ESCHERICH
DIE PORSTINSEKTEN
MITTELEUROPAS
DRITTER BAND
VERLAG PAUL PAREY BERLIN
ÜIIjp ®. 1. Bill ICtbrarg
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NORTH CAROLINA STATE UNIVERSITYL
This book is due on the date indicated below
and is subject to a fine of FIVE CENTS a
day thereafter.
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Die
Forstinsekten Mitteleuropas
Ein Lehr- und Handbuch
K. Escherich,
Dr. med. et phil., o. ö. Professor an der Universität München.
Dritter Band.
Spezieller Teil. Zweite Abteilung.
Lepidopteroidea: Die „Schnabelhafte" (Panorpa tae); die „Köcher-
fliegen" (Trichoptera); die „Schmetterlinge" I (Lepidoptera I):
Allgemeines, Kleinschmetterlinge, Spanner und Eulen.
Mit 605 Textabbildungen und 14 Farbendrucktafeln.
BERLIN
Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Verlag fUr Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen
SWll. Hedemannstraße 28U.29
193L
Als Neuauflage von
Judeich -Witsche,
Lehrbuch der mitteleuropäischen Forstinsektenkunde
bearbeitet.
ALLE EECHTE, AUCH DAS DER L'BERSETZUNG, VORBEHALTEN.
PEINTED m GERMANY.
COPYRIGHT BY PAUL PAREY, BERLIN 1981.
ANHALTISCHE BUCHDRUCKEEEI GUTENBERG GUSTAV ZICHÄUS G. M. B. H. DESSAU.
Vorwort.
Die Bearbeitung des III. Bandes fiel in eine Zeit größter Wandlungen
in unserer Wissenschaft und Praxis (1923 — 1930). Unsere Wissenschaft ist
heute kausal-analytisch eingestellt und steht unter dem Zeichen der epide-
miologischen Forschung. Waren vordem die einfache Beobachtung und Be-
schreibung der Formen und Einzelerscheinungen die Hauptgrundlagen der
Forstentomologie, so werden sie heute gebildet durch das physiologische Ex-
periment im Laboratorium und die Erforschung der Wellenbewegungen der
Gesamtbiocönose (in freier Natur) und ihrer ursächlichen Bedingtheit. Hat
man vordem mit unbestimmten Begriffen und mehr oder weniger subjektiv
gefärbten Meinungen operiert, so arbeitet man heute mit scharfen und klaren
Definitionen und sucht unter Heranziehung großen Zahlenmaterials Gesetz-
mäßigkeiten der epidemiologischen Erscheinungen zu entdecken. In der
kurzen Zeit seit Bestehen dieser Richtung sind schon sehr erfreuliche Fort-
schritte erzielt worden, die nicht nur für die Theorie, sondern auch für die
Praxis von größter Bedeutung sind, und zu hohen Hoffnungen für die Zu-
kunft berechtigen.
Diese Umstellung des Geistes bedeutet ein Heranreifen der an-
g e \\' a n d t e n Entomologie zur großen Wissenschaft vom Range
der Chemie und Physik, deren Ergebnisse ^\'eit über das
eigene Gebiet hinaus allgemeines Interesse finden werden
(z. B. Bevölkerungslehre). Sie stellt andererseits aber auch weit höhere
Forderungen an den Forscher und die Ausrüstung der forstentomologischen
Institute 1) (s. S. 51 — 71). Die ausführliche Behandlung, die verschiedene
Abschnitte im allgemeinen wie im speziellen Teil des vorliegenden Bandes
erfahren haben, ist durch jene Umstellung genügend gerechtfertigt.
Was die Wandlungen in der Praxis betreffen, so beziehen sich diese
vor allem auf die chemische Bekämpfung. War diese, als ich die ersten
Bände dieses Werkes schrieb, im Forstschutz so gut wie unbekannt, so
steht sie heute im Mittelpunkt des Kampfes gegen unsere Großschädlinge
(s. S. 82— 100).
Zu diesen beiden Momenten kam noch ein drittes: In der Zeit seit Er-
scheinen des II. Bandes ereigneten sich mächtige Waldkatastrophen von
bisher unbekannter Heftigkeit und Ausdehnung. Sie gaben der Wissenschaft
seltene Gelegenheit zum Studium des Ablaufs der Epidemien und zum
Sammeln von praktischen Erfahrungen. In dieser Beziehung ist bei der
Auswertung der letzten bayerischen Kieferneulenkalamität Vorbildliches ge-
leistet worden: Mit zielbewußter Fragestellung und xA.rbeitsteilung haben
hier Zoologen, Botaniker und Praktiker zusammengearbeitet, und so in
einem Jahr sowohl bezüglich der wissenschaftlichen Erkenntnis als auch
1) Das während des Druckes dieses Bandes erschienene Werk meines Freundes
K. Friederichs (Die Grundfragen und Gesetzmäßigkeiten der land- und forst-
wirtschaftlichen Zoologie. Berlin 1Q30. Paul Parey ) gibt dem beredten Ausdruck.
I\'^ \'or\\ort.
deren praktischen Anwendung große Fortschritte erzielt (s. den Abschnitt
über die Eule).
Die hier angeführten Umstände haben die Bearbeitung des III. Bandes
wesentlich beeinflußt. So hat denn der vorliegende Band teilweise auch
schon äußerlich ein verändertes Gesicht erhalten gegenüber den bisherigen
forstentomologischen Darstellungen.
Wie bei den beiden ersten Bänden, so habe ich mich auch bei diesem
Band um die Beschaffung eines möglichst reichen und guten Bildmate-
rials bemüht. Da es bei der Beschreibung der Schmetterlinge und Raupen
sehr viel auf die Färbung ankommt, so wurde eine Reihe farbiger Tafeln
beigegeben, die die wichtigsten Typen der Schmetterlinge und Lar\en
zeigen. Der größte Teil der Schmetterlingstafeln wurde von Prof. Dr.
J. vonKennel verfertigt i), der durch sein klassisches und monumentales
Tortricidenwerk sowohl als Kenner und Forscher der Kleinschmetterlinge
als auch als Künstler Weltruf genießt. Ich betrachte es als eine besonders
glückliche Fügung, daß Herr von Kennel just zur rechten Zeit von
Dorpat nach München übersiedelte und sofort bereitwilligst die nicht leichte
Aufgabe trotz seines Alters übernahm, die er in ausgezeichneter Weise ge-
löst hat-).
Außer den Schmetterlings- und Raupentafeln wurden noch drei nach
Farbenphotographien hergestellte Tafeln mit Habitusbildern von Raupen-
fraß beigegeben, die auch demjenigen, der noch keine größere Kalamität
gesehen, einen guten Begriff vom Aussehen und von der Größe des
Schadens geben werden. Für die wichtigsten Großschädlinge ließ ich ferner
Karten anfertigen, die die Schadgebiete (nach dem Vorkommen von über
ICO Jahren) im Zusammenhang mit den Jahresisothermen und Niederschlags-
mengen zeigen; ich glaube, daß sie Manchen zum Nachdenken anregen
werden 3).
Auch an Textabbildungen wurde nicht gespart, ihre Zahl beträgt
über 600, wovon ein großer Teil Originale sind. Fast alle der letzteren
sind nach Photographien reproduziert, die von Herrn Oberpräparator
W. Sei ff aufgenommen wurden und die in bezug auf Klarheit und Schön-
heit kaum zu übertreffen sind. Die Originaizeichnungen sind zum
großen Teil von Dr. E.O.Engel (München) mustergültig gefertigt.
Bezüglich der systematischen Übersichtstabellen, Beschreibungen, der
Nomenklatur usw. stützte ich mich in der Hauptsache auf Spulers großes
Schmetterlings-Werk, auf Kenneis „Paläarktische Tortriciden" und der
Pleringschen Bearbeitung der Schmetterlinge in Brohmers Tierwelt
Mitteleuropas.
Leider mußte davon abgesehen werden, die gesamten Schmetterlinge,
wie ursprünglich geplant, in den III. Band aufzunehmen, da dadurch
dessen Umfang zu groß geworden wäre. Die Behandlung der Spinner,
Schwärmer und Tagfalter wird daher erst im IV. Band erfolgen, der als
1) Nur zwei Tafeln (Spanner und Eulen" sind nach farhcnpholographischen
Aufnahmen hergestellt.
2) Die Kosten zur Anfertigung der farbigen Bilder wurden aus der J o li.
Christ. Kl oepf ersehen Forststiftung bestritten.
3) Die Karten wurden schon vor mehreren Jahren hergestellt. Heute, nach den
neuesten Erkenntnissen über die Zusammenhänge von Klima und Gradation, würde
ich weniger Wert auf die J ahr e s isothermen legen.
\'or\vort. \
Schlußband des Werkes neben diesem Rest der Schmetterlinge noch die
übrigen Insekten, also die Hymenopteren, Dipteren und Rhynchoten ent-
halten wird.
Mit einem Gefühl von Genugtuung kann ich feststellen, daß vieles, ja
sehr vieles von dem Neuen, das im vorliegenden Band zur Darstellung ge-
langt, auf Arbeiten beruht, die im Münchener Institut entstanden sind.
Wenn trotz der geringen Mittel, die dem Institut zur Verfügung stehen, so-
viel geleistet werden konnte, so ist dies vor allem auf die selbstlose Hingabe
und hohe Begeisterung zurückzuführen, von der alle meine Mitarbeiter, vom
ersten Assistenten bis zur Hilfspräparatorin, erfüllt sind. Ihnen allen möchte
ich hier in erster Linie herzlichst danken für ihre Treue und unentwegte
Arbeit, ohne die der III. Band in der vorliegenden Form nicht hätte zustande
kommen können.
Daß aber überhaupt eine Arbeit größeren Stiles möglich wurde, ist das
Werk des Chefs der bayerischen Forstverwaltung, des Staatsrates Theodor
Mantel, der die hohe Bedeutung der Forstentomologie für den Forstbetrieb
klar erkennend keinen nur irgendwie gangbaren Weg unbenutzt ließ, unsere
Bestrebung zu unterstützen. Ihm sei hierfür der ergebenste Dank aus=
gesprochen.
Großen Dank schulde ich noch Herrn Ministerialdirektor Streil und
Herrn Oberregierungsrat Schuster (Reichsministerium für Ernäh-
rung und Landwirtschaft), die seit einer Reihe von Jahren die Ar-
beiten unseres Institutes in der großzügigsten Weise gefördert haben, und
durch deren Entgegenkommen es auch ermöglicht wurde, den vorliegenden
Band mit bunten Tafeln zu schmücken. Ebenso großen Dank schulde ich
auch der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, die
stets helfend eingegriffen hat, wenn wir am Ende unserer Mittel waren.
Durch ihre Hilfe wurden wir in den Stand gesetzt, das für die wichtigen
epidemiologischen Forschungen unentbehrliche Instrumentarium anzuschaffen.
Groß ist die Zahl der Kollegen, die mir in Einzelfragen stets in
liebenswürdigster Weise Auskunft gaben, und denen ich hierfür auch hier
danken möchte. Ich nenne vor allem: W. Berwig (Sigmaringen),
F. Bodenheimer (Jerusalem), C. Börner (Naumburg), G. Cecconi
(Florenz), H. Eidmann (Hann. -Münden), E. O. Engel (München),
J. Fahringer (Wien), H. Gasow (Münster), Anton Handlir seh (Wien),
M.Hering (Berlin), N.A. Kemner (Stockholm), E. Malenotti (Verona),
Benno A. Marcus (München), S. Mokrzecki (Warschau), K. vonRosen
(München), E. Schimitschek (Wien), O. Schneider-Orelli (Zürich),
K.T.Schütze (Rachlau), M. Seitner (Wien), Max Sindersberger
(Ansbach), der mir die Darstellung über die Organisation der Eulen-
bekämpfung zur Verfügung gestellt hat, P. Spessivtseff (Stockholm),
L. Sprengel (Neustadt a. H.), F. Stellwaag (Neustadt a. H.), J. Trä-
gärdh (Stockholm), Aug. Thienemann (Plön), H. Thomann (Lan-
quardt), K. von Tubeuf (München) und A. von Vietinghoff (Neschwitz),
welch letzterer die verschiedenen xAbschnitte über die Bedeutung der Vögel
als Vernichtungsfaktor bearbeitet hat.
Ganz besonderen Dank schulde ich endlich W.Zwölfer, der mir
bereitwilligst die Ergebnisse seiner im Gang befindlichen Forschungen über-
lassen hat, und dem auch sonst keine x\rbeit zuviel wurde, wo es sich um
den Fortgang und die Vollendung des III. Bandes handelte. Welch große
VI X'orwort.
Förderung durch ihn die Epidemiologie erfahren hat. wird Jedem klar
werden, der den Abschnitt über die Kieferneule studiert.
Dr. Zwölfer hat sich auch sehr wesentlich an der Korrektur des
Werkes beteiligt. Diese wurde außerdem in dankenswerter Weise noch von
Herrn W. Sei ff und Fräulein Berta Führer mitbesorgt; ersterer hat
auch das Register bearbeitet.
Endlich sei noch dem Verleger gedankt, der allen meinen Wünschen
entgegengekommen ist und keine Mühe und Kosten gescheut hat, dem
III. Band eine in jeder Beziehung vorbildliche .Ausstattung zu geben.
München, im März 1931.
K. Escherich.
Inhalt des dritten Bandes.
Seite
Ordnungsgruppe Lepidopteroidea i
Ordnung Panorpatae (Schnabelhafte) i
Ordnung Trichoptera (Köcherfliegen) 3
Ordnung Lepidoptera (Schmetterlinge) 6
I. Allgemeiner Teil 6
1 . Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie . 6
A. I m a g o 6
Der Kopf und seine Anhänge 6
Die Brust und ihre Anhänge 9
Der Hinterleib 13
Die weiblichen Sexualorgane 15
B. Raupe 23
C. Puppe 32
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge . 35
A. L e b e n s w e i s e d e r F a 1 1 e r 35
Das Schlüpfen 35
Die Ernährung 37
Das Geschlechtsleben 39
B. Lebensweise der Raupe 42
Ernährung 43
Verschiedenes 46
Verpuppung 47
3. Die Rh um blersc he Bioformel 48
4. Nutzen und Schaden der Schmetterlinge. Forstliche
Bedeutung 50
5. Epidemiologie 51
A. Verlauf der Raupenkalamitäten 51
B. Ätiologie 51
Anhang: Zur Methodik 69
6. Raupenkrankheiten 71
A. Bakterienkrankheiten 72
B. Die Mikrosporidienkrankheiten 72
C. Polyederkrankheiten 79
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder
M o t o r V e r s t ä u b e r 82
Flugzeugmethode 83
Historisches 83
Gegen welche forstliche Schädlinge kann die Arsenbestäubung vor-
genommen werden? 85
Wann ist die Flugzeugbestäubung indiziert? 86
Das Gift r 87
Motor- und Handverstäuber 96
8. DasSystemderLepidopteren loi
System nach B örner (1925 — 1929) 102
System nach H and lirsch (1925) 107
VIII Inhalt des dritten Bandes.
Seite
System nach Hering (1926) . . - no
System nach H e y m o n s (19131 112
System nach Imms (1924) 113
System nach Wolf f und Krauße (1922) 114
Das hier angewandte System 115
Tabelle 116
9. Abkürzungen 122
A. Lepidopteren- Autoren 122
B. Häufig zitierte forstliche und entomologische Zeitschriften und
Handbücher 124
IG. Allgemeine Literatur über Lepidopteren
(Systematik und Biologie) 125
II. Spezieller Teil 127
I. Unterordnung: Microlepidoptera oder Kleinschmetterlinge ... 127
i.Tribus:Jugatae 127
Familie: Micropterygidae 127
Unterfamilie Micropteryginae 127
Unterfamilie Eriocraniinac 128
Familie:Hepialidae 129
2. Tr ib u s: M i c r of r enatae 131
Familie: Tineidae (s. 1 a t. ! (Motten) 131
Übersicht (in systematischer Reihenfolge) der hier behandelten
Tineiden T35
Übersicht der hier behandelten Tineiden nach ihrem biologisch-
forstlichen Verhalten 137
1. Unterfamilie: Nepticiiliiiac 138
2. Unterfamilie: 7'ischeriinae 143
3. Unterfamilie: Incurvariinae . . !45
4. Unterfamilie: Tineinac ... 147
5. Unterfamilie: Hyponomeutinae 152
6. Unterfamilie: Gracilariinae 177
7. Unterfamilie: Coleophorinae 185
8. Unterfamilie: Momphinae 19S
9. Unterfamilie: GeLechiinae 199
Literatur über die Tineiden 208
Familie: Tortricidae (Wickler) 211
Übersicht der hier behandelten Arten in systematischer Reihen-
folge 215
Übersicht der hier behandelten Arten nach ihrem biologisch-forst-
lichen Verhalten 216
1. Unterfamilie: Tortricidae 220
Literatur über Tortriciden I. Torlricinae 268
2. Unterfamilie: Phaloniinae 271
3. Unterfamilie: Epibleminae 271
Literatur über Tortriciden II (Epiblemittae) 277
F a m i 1 i e : C o s s i d a e 381
Literatur über Cossiden 394
Familie: Sesiidae (=^^Aegeriidae) 395
Systematische Übersicht 395
Bestimmungstabelle der forstlich beachtenswerten Arten der Gat-
tung Sesia L 399
Bestimmungstabelle der wichtigsten Sesiiden-Raupen .... 399
Inhalt des dritten Bandes. IX
Seite
Bestimmungstabelle der wichtigsten Sesiiden-Puppen .... 401
Übersicht der forstlich beachtenswerten Arten nach den Fraß-
pflanzen 1"^
Bionomie und wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Arten . . 403
Literatur über Sesiiden 4i9
Familie: Psychidae -^"^
Familie: Limacodidae (= C ochlidiidae) 422
Familie: Zygaenidae (Antrocer idae) 4^5
Familie:Pyralidae (Zünsler) 426
Unterfamilie: Ph\citinae -42?
Übersicht über die hier genannten Phycitinen in systematischer
Reihenfolge • ' •' i,' "^"^
Übersicht der hier genannten Zünsler nach ihrem biologisch-
forstlichen Verhalten 428
Literatur über Pyraliden 452
Familie: Pterophoridae ( F e d e r mo 1 1 en) 454
Familie: Orneodidae (Geistchen) 454
II. Unterordnung: Macrolepidoptera oder „Großschmetterlinge" ... 455
I. Tribus: Macrofrenatae 457
Familie: Geometridae (Spanner; 457
Übersicht der hier genannten Arten in systematischer Reihenfolge 460
Übersicht der hier genannten Spanner nach ihrem Vorkommen . 461
A. Nadelholzspanner • • • • 4 ^3
Bupalus piniarius L. (der gemeine Kiefernspanner) .... 403
Beschreibung 403
Bionomie ''■"^
Epidemiologie 497
Ätiologie 497
Örtlicher Verlauf 504
Zeitlicher Ablauf 5i"
Symptome der Gradation 5^2
Die Krisis 5i6
Geschichte der Spannergradationen 53^
Forstliche Bedeutung 54^
Prognose quoad vitam des Waldes 54^
Bekämpfung 544
Feststellung der Befallsstärke 544
Hebung des Parasitenstandes 555
Vertilgung der Puppen 557
Vertilgung der Raupen 5^6
Ellopia prosapiaria L. (der rote Kiefernspanner) 569
Semiothisa liturata Cl. (der veilgraue Kiefernspanner) ... 574
Hematurga aLomaria L. (der Heidekrautspanner) .... 575
Zapfenschädlinge 577
Weitere Nadelholzspanner ohne größere forstliche Bedeutung . 580
Literatur über Nadelholzspanner 583
ß. Laubholzspanner 587
Literatur über Laubholzspanner 608
Familie:Noctuidae (Eulen) 609
Kurze Charakteristik der hier behandelten Gattungen . . . . 612
Übersicht über die hier behandelten Eulen-Arten in systematischer
Reihenfolge ^'^
Bionomie und forstliches Verhalten der verschiedenen Eulen-
Arten 618
X Inhalt des dritten Bandes.
Seite
1. Bestandsschädlinge 6i8
A. An Nadelholz 6i8
Panolis flainmea Schiff, (die Kiefern- oder Forleulc j . . 619
Beschreibung 620
Bionomie 624
Fortpflanzung 624
Bionomie der Raupe 643
Epidemiologie 65S
Zur Theorie: Die Zwölf er sehe Populationsgleichung . . 657
Ätiologie der Gradation 666
Örtliche Disposition 666
Klimatische Einflüsse 670
Zeitlicher Ablauf der Gradation 682
Örtlicher Verlauf ... 683
Symptome der EuJengradation 685
Regenerationserscheinungen und Prognose quoad \itam des
Waldes 689
Die Krisis 701
Parasiten 702
Krankheiten 717
Räuberische Tiere 721
Beispiele einer Analyse der Hauptvernichtungsfaktoren
während eines Krisenjahres 727
Geschichte und forstliche Bedeutung der Eulengradation . . 728
Die Bekämpfung
Feststellung der Befallsstärke (Virulenz) 734
Vorbeugende Maßnahmen 736
Vertilgung der Eier yy]
Vertilgung der Puppen 737
Vertilgung der Raupen 739
Bekämpfung der Sekundärschädlinge 745
Organisation der Bekämpfung 746
Literatur über die Eulen I (Die Kieferneule l 758
B.Eulen am Laubholz 762
2. Kulturschädlinge 'J-]':)
Literatur über die Eulen II (Eulen an Laubholz und in Kul-
turen) 795
Autorenregister 801
Sachregister 807
Verzeichnis der Farbendrucktafeln.
Tafel I. Tineiden {Alotlen. nach Seite 176
II. Tortriciden (Wickler 1 I „ „224
III. Tortriciden (Wickler) II , „272
IV. Tortriciden (Wickler 1 III 352
,, V. Hepialiden, Cossiden, Sesien, Pyraliden ,, 456
„ VI. Der Kiefernspanner und seine Bionomie „ „ 464
„ VII. Spannerfraß im ersten Eruptionsjahr. Aussehen des Wal-
des im Oktober ,, .,512
,, VIII. Geometriden (Spanner , ., 576
„ IX. Spannerraupen ., ,, 592
„ X. Noctuiden (Eulen) „ ;, 624
„ XI. Eulenfraß im Eruptionsjahr. Aussehen des ^^'aldes JNIitte
Juni. Im Vordergrund Brandfläche mit jungen Kulturen ,, ,. 656
„ XII. Waldrand von der Eule befressen (Eruptionsjahr . .Aus-
sehen im Juni ,, ., 688
Karte 12 „ „ 752
,. XIII. Eulenraupen „ ,, 7^8
Druckfehlerverzeichnis zu Bd. III.
S. 140 ZIe. 17 von unten: Lies Tutt statt Taut.
S. 215 Zle. 21 \on unten: \ylos/ea/ia L. gehört zu Cacoecia und ist zwei Zeilen tiefer
unter Cacoecia podana Scop. zu setzen.
S.231: Im Text zu den .Abbildungen 192 und 193 lies /nitriiiana statt mii.riana.
S. 355 Zle. I : var. putaininana ist zu streichen.
S. 375 Abb. 322: Die Abbildung der Puppe umkehren.
S. 379 Zle. 6 von oben: lies Enderlin statt Ender lein.
S. 379 Zle. 16 von oben: lies Fank hauser statt Fankhausen.
S. 379 Zle. 4 von unten: lies Land mann statt Ladmann.
S. 431 Zle. 5 ^-on unten: ist zu Hyphantidium der Autorname Scott, zu setzen.
S. 539 Zle. IG \o\\ unten: lies Osterheld statt Ost erhold.
Ordnungsgruppe Lepidopteroidea.
Mundteile kauend oder saugend, oft stark rückgebildet, Prothorax klein,
frei oder mit dem Mesothorax verwachsen, dieser meist der größte Abschnitt
der Brust. Flügel meist wohl ausgebildet (selten reduziert), gleichartig, meist
mit typischem, vollkommenem Geäder, häutig, mit oder ohne Schuppen.
Larven meist raupenähnlich (eruziform). Holometabole Entwicklung mit
freier oder bedeckter Puppe.
Die Lepidopteroidea enthalten 3 Ordnungen:
Panorpatae (Schnabelhafte),
Trichoptera (Köcherfliegen),
Lepidoptera (Schmetterlinge).
Die beiden ersten Ordnungen werden hier, da forstlich kaum von Be-
lang, nur kurz erwähnt, während die Schmetterlinge, denen in forstlicher Be-
ziehung die größte Bedeutung unter allen Insekten zukommt, eine ausführ-
liche Darstellung verlangen, die sowohl diesen ganzen III. Band, als auch
noch einen Teil des \Y . Bandes einnehmen wird.
Ordnung Panorpatae (Schnabelhafte).
Die Schnabelhafte, die früher wegen ihres netzartigen Flügelgeäders zu den
Netzflüglern (Neuropteren, s. Bd. II, S. 29) gestellt wurden, bilden eine kleine
Gruppe von vorwiegend mittelgroßen, schlanken
Insekten, meist mit 4 gleichartigen, zarthäutigen,
voneinander unabhängigen Flügeln, die in der
Ruhe flach über dem Abdomen liegen.
Die Bezeichnung „Schnabelhafte" rührt von
dem schnabelartig nach unten verlängerten Kopf
her (Abb. i). An der Spitze des Schnabels be-
finden sich die Mundwerkzeuge: die kleinen Man-
dibehi, die Mittelkiefer ( i. Maxillen) mit getrennten
Laden und 5 gliedrigen Tastern und die Hinter-
kiefer (Labium) mit 2—3 gliedrigenTastern. Fühler
vielgliedrig, gleichartig borstenförmig, hoch oben
auf der Stirn vor oder zwischen den großen
Fazettenaugen inserierend.
Prothorax klein, frei, Meso- und Metathorax
groß. Die beiden Flügelpaare sowohl in Größe
und Form, als im reich entwickelten Geäder ein-
ander sehr ähnlich, nicht beschuppt und nicht
auffallend dicht behaart, oft mit Binden oder
Fleckenzeichnung. Beine schlank, mit freien,
großen Hüften und 5 gliedrigen Tarsen. Ab-
domen meist schlank, mit oft mehrgliedrigen Cerci, ^Männchen oft mit großen Gono-
poden. Darm ohne Saugmagen, dagegen mit Kaumagen (oder behaartem Pro-
ventriculus).
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 1
Abb. I. Schematische Darstellung
einer Pa/iorpa. Nach Handlirsch.
2 Ordnungsgruppe Lepidopteroidea.
Larven raupenähnlich mit 3 Brustfüßen und meist auch noch mit einer Reihe
von mehr oder weniger ausgebildeten Bauchfüßen.
Die Imagines wie die Larven sind Landtiere, die räuberisch oder von
Aas leben.
Die Ordnung der Panorpatae hat einen ausgesprochenen Reliktcharakter.
Bei uns kommen nur wenige Arten vor (Handlirsch gibt für die ganze
paläarktische Region nur 26 Arten an), von denen wir hier nur eine, näm-
lich die bekannte Skorpionfliege, erwähnen wollen.
Panorpa communis L. (Gemeine Skorpionshaft, Skorpionsfliege.)
Ein schlankes, langbeiniges Insekt mit 4 großen gescheckten Flügeln
(Abb. 2). Eine besondere Eigentümlichkeit, die dem Tier den Namen
,, Skorpionsfliege" eingetragen hat, besteht
darin, daß das Männchen das Hinterende
seines Abdomens, das von dem großen,
blasig aufgetriebenen Klammerorgan "g^-
I? i/^_ ^:-"'^ ' * '^ bildet wird, ähnlich wie der angreifende
■* * t •'^smXr^iA m*.^ Skorpion nach oben und vorn gehoben
trägt (Abb. i).
Die Panorpcn treiben sich an Ge-
büschen und Hecken umher, an Stellen,
an denen der Boden nicht zu trocken ist.
Bisweilen sieht man, wie die Tiere ihre
Flügel langsam wippend auf und nieder
Abb. 2. Paiiorha communis L., , . .
Skorpionsfliege. bewegen. „Im Flug legen sie mimer nur
kurze Strecken zurück, sie suchen sich
regelmäßig schon bald wieder einen Stützpunkt und sind daher im allge-
meinen nicht schwer zu erbeuten" (Heymons).
Die Skorpionsfliegen galten früher allgemein als Räuber. Neuere Beob-
achtungen zeigen jedoch, daß nur tote Insekten angefallen werden oder nur
solche lebende, die verwundet sind, und zwar namentlich dann, wenn Körper-
säfte ausgetreten sind. Sowohl der japanische Entomologe Miyake, als
auch der Schweizer Forscher S t ä g e r sind durch eine Reihe von Versuchen
übereinstimmend zu diesem Ergebnis gelangt. Völlig gesunde Insekten
wurden niemals von den Panorpen angegriffen oder auch nur gestört. So
scheinen sie also die Rolle von Aasgeiern in der Insektenwelt zu spielen,
die mit toten und verletzten Tieren aufräumen (S tag er).
Doch nehmen die Skorpionsfliegen auch Honigtau von Blättern auf, so-
wie Honig aus Blüten. Sie besuchen dabei manche Blumen mit etwas tiefer
gelegenem Honig und senken dann den schnabelförmigen Kopf in die ein-
zelnen Honigröhren. „Man könnte sogar geneigt sein, die schnabelartige
Kopfverlängerung als eine Anpassung an die Honiggewinnung aus diesen
Blüten zu betrachten" (Knuth, Handbuch der Blütenbiologie).
Die Eier (17 — 20 Stück) werden in kleine Erdspalten und Löcher ab-
gelegt. Die jungen Lärvchen schlüpfen in 8 — 11 Tagen. Anfangs leben sie
in einem engen Knäuelchen einige Millimeter tief unter der Erde beisammen,
um sich erst später zu trennen.
Die Larven (Abb. 3) sind raupenartig, besitzen 3 Brustfüße und 8 kegel-
förmige Bauchfüße, außerdem kann am 10. Hinterleibsring ein 4 fingeriger
Ordnung Panorpatae (Schnabelhafte)
Fortsatz (die „Haftgabel" Brauers) vorgestülpt
werden, der als Haftorgan dient beim Bohren von
Erdgängen. Bezüglich der Nahrung verhalten sich
die Larven wie die Imagines, d. h. auch sie nehmen
nur tote oder verletzte Insekten auf, während sie
unverletzte Tiere völlig unbehelligt lassen.
Die ausgewachsene Larve geht tiefer in die
Erde und verwandelt sich zur freien Puppe, deren
letzte Hinterleibsringe in beiden Geschlechtern
nach der Rückenseite hin umgebogen sind. Kurz
vor dem Ausschlüpfen steigt die Puppe bis zur
Oberfläche vor.
Literatur über Panorpatae.
Brauer, Fr., 1863. Beiträge zur Kenntnis der Pan-
orpiden-Larven. — Vrhdl. zool.-bot. Ges. Wien.
Handlirsch, A., Panorpatae. In: Schröders Hand-
buch der Entomologie, Bd. IH, S. 840 ff.
Heymons, R., 191 5, Panarpatae. — Brehms Tierleben.
Insektenband.
Miyake, 1913, The Life-History of Panorpa klugi
M'Lachl. — Journ. Coli. Agr. Imp. Univers. Tokvo.
IV. 2.
Stäger, R., 19 17, Beitrag zur Biologie der Skorpionsfliege
Abb. 3. LcU\c \uu Pa-
norpa communis L. Nach
F.Brauer (ausHand-
1 i r s c h ) .
Soc. entom. Jhrg. 32.
Ordnung Trichoptera (Köcherfliegen).
Kleinere oder mittelgroße, schlanke, an gewisse Schmetterlinge erinnernde Tiere
(Abb. 4), mit freiem, vertikal stehendem, nicht schnabelartig verlängertem Kopf, mit
kauenden, allerdings mehr oder weniger reduzierten Mundteilen und gleichartigen,
'"^:i;-\4t^ ,'*''*'^ r^^
Abb.
4. Imago eines Trichopteren.
Nach Handlirsch.
Abb. 5. Larven von Trichopteren,
a ,,eruciformer" Typus, Ij ,,campo-
deoider" Typus. Nach Ulmer (aus
Handlirsch).
meist langen, borstenförmigen Fühlern. Fazettenaugen gut entwickelt, Ocellen vor-
handen oder fehlend. Mandibeln rudimentär oder fehlend. Mittelkiefer (i.Maxille)
klein, meist mit 5 gliedrigen Tastern (beim Männchen oft 4gliedrig), Hinterkiefer
(Labiumi einen eigenartigen schaufeiförmigen Schöpfrüssel (Haustellum) darstel-
1*
4 Ordnungsgruppe Lepidopteroidea.
lend, mit meist 3 gliedrigen Tastern. Prothorax klein, frei, nur einen schmalen Ring
bildend, Mesothorax stark entwickelt, Metathorax meist etwas kleiner. Flügel ziem-
lich gleichartig, zart, häutig, meist dicht behaart. Hinterflügel mit den Vorder-
flügeln meist durch Haftapparate verbunden (wie bei den Schmetterlingen). In
Ruhestellung legen sich die beiden Flügelpaare wie bei vielen Schmetterlingen
dachförmig über den Leib. Das Längsgeäder mäßig verzweigt, Queradern nur
einzeln vorhanden. Beine schlank, mit großen, frei nach unten abstehenden Hüften.
Schienen immer mit Sporen, Tarsen 5 gliedrig. Abdomen mit 10 Segmenten, 10. Seg-
ment oft mit 1—2 gliedrigen Cerci. Gesamtfärbung meist düster.
Die im Wasser lebenden Larven (Abb. 5) sind entweder prognath (campodeid)
oder hypognath, d.h. mit vertikal gestelltem Kopf und raupenartigem Habitus (eruci-
form). Die meisten bauen sich kunstvolle Röhren oder Köcher, die sie mit sich
herumtragen. Als Material benützen die einzelnen Arten die verschiedensten Mate-
rialien: kleine, kurze Pflanzenstengelchen, die sie quer oder schief zusammenfügen,
bald Steinchen oder Muschelschalen oder Schneckengehäuse, die sie miteinander
fest verkleben. Die Köcher sind charakteristisch für die verschiedenen Arten
(Abb. 6).
Die Larve lebt im Köcher verborgen und streckt nur zum Fressen und
Fortbewegen den Kopf und die Beine aus der vorderen Öffnung heraus.
A B C D E
Abb. 6. Verschiedene Köcherformen von Trichopterenlarven. A Li)>titol^hiliis rliom-
bicus L., B — D Limnophilus flavicortiis F., E Limnop/ülus vil/o/its F.i).
Sie ist meist so fest im Köcher verankert, daß es nicht leicht ist, sie aus
demselben herauszuziehen. Die Atmung unter Wasser wird durch lange,
dünne Kiemenfäden, die am Hinterleib angebracht sind, ermöglicht.
Die Imagines ruhen gewöhnlich am Tage träge in der Nähe eines Ge-
wässers. Es gibt aber auch Arten, die wahre Tagtiere sind; man sieht sie
„in leichtem, hüpfendem Flug über den Wasserspiegel dahinschweben, oder
man erblickt sie bei warmem, windstillem Wetter in kleinen Schwärmen in
der klaren Luft, in der sie nach Art der Mücken oder Eintagsfliegen tanzen'"
(Heymons).
Die Eier werden fast immer ins Wasser abgelegt, meist ,,in Form
gallertiger Laichmassen, in der Regel an einen Stein oder eine Pflanze
unterhalb des Wasserspiegels".
Über die Nahrung der Imagines ist noch wenig bekannt, ja man hat
sogar darüber gestritten, ob sie überhaupt Nahrung aufnehmen. Doch steht
wohl außer Zweifel, daß sie Flüssigkeiten zu sich nehmen. Der finnische
Forscher S i 1 1 a 1 a sah einige Arten an Spiraeen Honig lecken. Die Larven
leben größtenteils von Wasserpflanzen. Doch ziehen manche Arten „tierische
1) Die
Bestimmung der Köcher verdanke ich Herrn Prof. A. Thiencman
Ordnung Trichoptera (Köcherfliegen). 5
Kost vor und räumen tüchtig unter den kleinen Flohkrebschen und ähn-
lichem Süßwassergetier auf".
Es gibt auch Holzzerstörer unter ihnen. „Wie S i 1 1 a 1 a berichtet,
wurde in Finnland eine Brücke von Köcherfliegenlarven (Hydropsyche)
schwer beschädigt, die Tiere hatten die unter Wasser befindlichen Teile
angenagt und in das Kiefernholz Löcher bis zu 8 cm Tiefe gefressen"
(H eymons).
Ist die Larve ausgewachsen, so verwandelt sie sich in dem Köcher zu
einer freien Puppe. Der Köcher wird vorher an einem Stein oder einer
Pflanze befestigt und oft vorn und hinten mit einem siebartigen Gespinst
verschlossen. Die Puppe verläßt vor dem Schlüpfen das Gehäuse, schwimmt
zur Wasseroberfläche oder an das Ufer, um dort nach Sprengung der
Puppenhaut das fertige Insekt zu liefern.
Köcherfliegen kommen in allen Erdteilen vor, am reichsten sind sie in
den kälteren und gemäßigten Gebieten vertreten. Als häufige Arten in
unseren Gegenden seien genannt: Phryganea grandis L. (die große Wasser-
motte), deren braune, unregelmäßig gefleckte Flügel bis 6 cm spannen, und
deren Larven ,,in tütenförmigen Gehäusen leben, die sie aus kleinen Pflanzen-
stengeln und ähnlichen Pflanzenteilen in Form einer linksgewundenen Spi-
rale zusammenfügen", Limnophilus rhombicus L., deren Köcher aus zahl-
reichen kurzen Pflanzenstückchen, quer und schief zusammengefügt, und
Limnophilus flavicornis F., deren Larvengehäuse meist aus allerlei winzigen
Schneckenschalen und kleinen Muscheln besteht.
Forstlich haben die Köcherfliegen nur durch den einen oben mit-
geteilten Fall von der Zerstörung von Brückenpfosten durch die Larven
einer Hydropsyc/ie-\rX einiges Interesse.
Literatur über Trichopteren.
Handlirsch, A., 1925, Ordnung Trichoptera. In: Schröders Handbuch der
Entomologie. Bd. III, S. 84511.
H eymons, R., 1915, Ordnung Wassermotten, Köcherfliegen (Trichopteren). Brehms
Tierleben, Insektenband, S. 205 ff.
Silfenius (Siltala), A. J., 1902 bis 1903, Über die Metamorphose einiger
Phryganiden. — Acta soc. faun. fenn. XXI, XXV u. XXVII.
— , 1903, Über die Metamorphose einiger Hydropsychiden. — Ebenda.
— , 1906, Über den Laich der Trichopteren. Ebenda XXVIII.
Thienemann, A., 1908, Trichopteren-Studien. — Zeitsch. f. wiss. Insektenbiologie.
Ulmer, G., 1901 — 1904, Beiträge zur Metamorphose der deutschen Trichopteren. —
Allg. Zeit. f. Ent.
— , 1907, Trichoptera. — In: Genera Insectorum.
Ordnung Lepidoptera.
Die Schmetterlinge, Lepidoptera, sind charakterisiert durch saugende
Mundwerkzeuge, durch Verwachsung der drei Brustabschnitte (von denen
die Vorderbrust sehr klein, ringförmig ist), durch die Beschuppung der vier
Flügel und durch eine vollkommene Verwandlung (mit echten Raupen). Sie
stellen eine sehr artenreiche, aber doch relativ recht gleichartige Insekten-
gruppe dar, „die mehr durch die Mannigfaltigkeit und Farbenpracht der
Flügelbeschuppung als durch höhere morphologische Differenzierung auf-
fällt, obwohl bei näherer Untersuchung sich natürlich im gesamten Körper-
bau allerlei Modifikationen nachweisen lassen" (Handli r seh).
Die Größe und Form der Schmetterlinge ist starken Schwankungen
unterworfen, von riesigen Tieren mit 27 cm Spannweite bis zu den win-
zigen Neptikulen mit nur 5 mm Spannweite finden sich alle möglichen
Zwischengrößen. Ebenso existieren bezüglich der Form eine große Reihe von
Übergängen, an deren einem Ende die breitflügeligen Tagfalter, am anderen
die Motten mit ihren schmalen, lanzettlichen Flügeln stehen.
I. Allgemeiner Teil.
1. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
A. Imago.
Der Kopf und seine Anhänge.
Der gewöhnlich halbkugelige Kopf der Schmetterlinge ist verhältnis-
mäßig klein und sitzt mit breiter Basis, wenig beweglich und vertikal ge-
Abb. 7. Körper eines Tagfalters. Seitenansicht, schematisch. Vergr. Nach Hand-
lirsch. ai Fühler, ;■ Rüssel- Außenladen der i. Maxille, w.r, Taster der 2. Ma-
xille, T I Prothorax, TU Mesothorax, T III Metathorax, teg Tegula, sc Scutum,
sct Scutellum, ep Episternum, em Epimerum, 5 // Sternum des Mesothorax, ex Hüfte,
/ — Q die Abdominalsegmente.
Stellt, am Prothorax. Die seitlich stehenden, fast kugeligen Fazetten-
augen sind durchgehends sehr gut entwickelt. Bei vielen Formen sind auch
O c e 1 1 e n , stets in der Zweizahl, vorhanden, die auf dem Scheitel zwischen
den Facettenaugen stehen (sie fehlen bei den Tagfaltern, vielen Spinnern,
den Spannern und anderen Familien).
Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
Hinter den Ocellen kann noch ein weiteres Sinnesorgan, das sog.
Chaetosema, liegen, dessen Funktion noch nicht geklärt ist. Es besteht
aus einer halbkugelförmigen Erhöhung, von der radial feine Börstchen ab-
stehen (Abb. 8).
Die Fühler sind bei fast allen Schmetterlingen gut entwickelt. Das
erste Glied (Wurzelglied, Scapus) ist meist besonders stark ausgebildet, auch
das zweite (Pedicellus) ist gewöhnlich noch C/t
stärker; an dieses setzt sich der meist aus sehr
vielen Gliedern bestehende Endteil (Geißel) an
(Abb. 9 b). Die Gestaltung der Fühler ist ver-
schieden und mehr oder weniger charakteristisch
für die einzelnen Gruppen. So sind sie bei den
Tagfaltern gekeult, bei den übrigen Faltern
meist zugespitzt, wobei sie borsten- oder faden-
förmig, spindelförmig, ferner bewimpert, gesägt,
gekämmt, einfach oder doppelt gefiedert usw.
sein können (Abb. 9). Nicht selten zeigen die
Fühler einen Sexualdimorphismus, indem die
männlichen Fühler weit stärker ausgebildet sind
als die weiblichen (besonders auffällig bei den
Spinnern, z. B. Nonne).
Die Mund teile gehören bei fast allen Schmetterlingen dem saugen-
den Typus an. nur bei einigen wenigen, sehr primitiven Formen (Micro-
pterygiden) finden wir noch ursprünglich ..kauende" Mundteile mit wohl
Abb. 8. Kopf eines Schmet-
terlings mit Chaetosema
(Ch). Nach Jordan (aus
H a n d 1 i r s c h ) .
ab c
Abb. 9. Verschiedene Formen von Schmetterlingsfühlern: a „gekeult" (Tagfalter),
b ,,borstenförmig"" (Spanner), c doppelt gekämmt (Psychide). Nach S p u 1 e r.
entwickelten gezähnten Mandibeln, mit 2 Kauladen und gut entwickelten
Tastern versehene Mittelkiefer und eine relativ gut erhaltene Unterlippe.
Den Hauptteil der saugenden Mundwerkzeuge stellt der „Säug-
rüssel'", auch ,, Rollzunge" genannt, dar (Abb. 10). Er wird gebildet von
den beiderseitigen, in die Länge gezogenen Außenladen der i. Maxillen, die,
I. Allgemeiner Teil.
^4jtt.
auf der Innenseite rinnenförmig ausgehöhlt, sich der ganzen Länge nach
aneinanderlegen und durch einen ungemein regelmäßigen und feinen
Borstenbesatz an den scharfen Rinnenrändern zusammengehalten werden.
Sowohl außen an der Rüsselspitze als im Innern der Röhre sind haarartige
Sinnesorgane vorhanden. Bei manchen Formen sind an der Rüsselspitze sog.
„Saftbohrer" vorhanden (umgewandelte Tastzäpfchen), die ein Anritzen der
Nektarien zum Zwecke leichterer Honiggewinnung gestatten. Die Ausbildung
des Rüssels kann sehr verschieden sein. Bei den auf den Besuch tiefkelchiger
Blumen angewiesenen Schwärmern, z. B. beim großen Windenschwärmer
(Sphinx convolvi/li L.) übertrifft der Rüssel den
Körper bedeutend an Länge, während bei anderen
Formen die Reduktion des Rüssels so weit gehen
kann, daß nur noch je ein Knöpfchen den Rest
einer Rüsselhälfte anzeigt i).
Die übrigen Komponenten der i. Maxille
sind stark rückgebildet, so
fehlt die Innenlade ganz
(mit wenigen Ausnahmen) und
die Taster („Nebenpal-
pen") sind meist klein (2 — 3-
gliedrig) und fast stets von
der Beschuppung des Kopfes
verdeckt, nur bei manchen
Kleinschmetterlingen sind sie
stärker entwickelt und lang.
Stark rückgebildet sind bei
dem Großteil der Schmetter-
linge auch die Mandibeln
(Vorderkiefer), die meist nur
noch als kleine, funktionslose
Spitzen vorhanden sind (Abb. 10 Md.) und unter den Kopfschuppen verborgen
liegen, ebenso auch die Unterlippe (Hinterkiefer), wenigstens in ihren
Stammteilen; sie stellt eine einheitliche kleine Platte dar, die am basalen
Verschluß der Rüsselröhre teilnimmt. Gut ausgebildet sind dagegen in den
meisten Fällen die meist 3 gliedrigen Unterlippentaster, die als „Lippen-
taster" oder „Lippenpalpen" oder kurzweg „Palpen" bezeichnet werden.
Sie sind gewöhnlich lang beschuppt und stellen neben der Rollzunge die
auffallendsten Bestandteile der Schmetterlingsmundwerkzeuge dar. Die
Basalglieder sind meist einander genähert, die Mittelglieder gewöhnlich nach
oben abgewinkelt („aufsteigend"), während die Endglieder entweder in der
Verlängerung dieser verlaufen („vorgestreckt") oder wieder nach oben („auf-
gerichtet") oder aber nach unten („geneigt") abgewinkelt sind. Selten sind
die Mittelglieder nach unten abgelenkt, die Palpen erscheinen dann „hän-
gend". Die Verschiedenheiten in der Form der Palpen, ihrer Länge, der
Abb. 10.
gesehen,
A Kopf eines Schmetterlings von vorne
B derselbe von der Seite (mit einge-
rolltem Rüssel). Ant Fühler, Md Mandibelreste,
Alx Maxillartaster („Nebenpalpen"), Uli Lippen-
taster oder kurzweg ,, Palpen".
1) Das Fehlen des Rüssels kann ein primitives Merkmal sein oder aber
auch auf sekundäre); Reduktion beruhen. Nach Petersen besteht eine deutliche
Relation zwischen Rüssel und Saugmagen. Ist letzterer klein bzw. be-
steht er nur aus einer kropfartigen Anschwellung, so ist das Fehlen des Rüssels ein
primärer Zustand, wo jedoch der Rüssel bei gut ausgebildetem, gestieltem Saug-
magen reduziert ist, liegt eine sekundäre Rückbildung vor.
I. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
9
Richtung ihrer Glieder, der Art der Behaarung oder Beschuppung werden
systematisch reichlich ausgewertet.
Wie die Unterlippe an dem ventralen Verschluß der Rüsselbasis teilhat,
so wird der dorsale Verschluß von der Oberlippe zusammen mit dem
Epipharynx besorgt.
Die Brust und ihre Anhänge.
An der Brust sind die 3 Segmente fest miteinander verbunden. Der
größte Abschnitt ist die Mittelbrust (Mesothorax) als Trägerin der Haupt-
flugorgane, der Vorderflügel. Die Hinterbrust (Metathorax) als Trägerin
der Hinterflügel ist meist schwächer entwickelt,
und die Vorderbrust (Prothorax) ist am
kleinsten, schmal ringförmig (Abb. 11). An den
hinteren Seitenecken der letzteren befinden sich,
wenigstens bei den höheren Formen, meist be-
weglich eingelenkte, flügelähnliche Anhänge, die
sog. Patagia (Halskragen). Auch am Meso-
thorax können, vor den Flügeln eingelenkt,
kleine, muschelförmig gewölbte, häutige Anhänge
vorhanden sein, die sog. Tegula (Abb. 7 teg
und II t).
Die ventralen Anhänge der Brust, die
Beine, sind bei fast allen Schmetterlingen in
3 Paaren gut ausgebildet, nur bei den in Säcken
lebenden Weibchen der Psychiden sind sie voll-
ständig verkümmert. Meistens sind die 3 Paare
gleichartig, die Hüften groß, genähert, die
Schienen, wenigstens an den Hinterbeinen, ur-
sprünglich mit 2 Sporenpaaren, und die Tarsen
fast immer 5 gliedrig mit 2 Klauen (s. Bd. I,
Abb. 32 A). Bei manchen Tagfalterfamilien sind
die Vorderbeine unter Verkümmerung der Tarsen
und Ausbildung eines Putzapparates in Putzbeine
umgewandelt (s. Bd. I, Abb. 32 B).
Die dorsalen Brustanhänge, die Flügel,
zeigen in Form, Färbung und Zeichnung und im
Geäder eine große Mannigfaltigkeit. Sie sind es
in der Hauptsache, die den Habitus eines
Schmetterlings bestimmen und auf welche die
Schmetterlingssystematik zum großen Teil aufgebaut ist. Wi
deshalb hier eingehender mit ihnen beschäftigen.
An jedem Flügel unterscheidet man (Abb. 12) den Vorderrand oder
Costalrand (A), den Innenrand, auch Dorsalrand oder Dorsum genannt (B)
und den die beiden verbindenden Saum oder Außenrand (C). Der vom
Vorderrand und Saum gebildete Winkel (D) heißt der Vorderwinkel,
bei den Vorderflügeln kurzweg die Spitze (Apex), der Winkel zwischen
Saum und Innenrand (E) der Innenwinkel oder Tornus, bei den
Hinterflügeln auch der Afterwinkel. Bei vielen Schmetterlingen, wie den
Motten, verläuft der Saum von der Spitze gleichmäßig gekrümmt, ohne
Winkel, bis zur Wurzel.
Abb. II. Dorsale Ansicht
von Kopf und Brust eines
Schmetterlings, ap vorderer
Flügelfortsatz, / Stirne, oc
Ocellus, p Patagium, pp hin-
terer Flügelfortsatz, s^ Me-
soscutum, sl^ Mesoscutellum,
^2 Metascutum, sU Metascu-
tellum, / Tegula (auf der
linken Seite entfernt ), v Ver-
tex. Nach Imms.
müssen uns
10
I. Allgemeiner Teil.
Aus der verschiedenen Richtung von \"order- und Innenrand (ob mehr
oder weniger parallel oder mehr oder weniger divergierend), aus deren ver-
schiedenem Längenverhältnis (ob der Innenrand nur wenig oder viel kürzer
als der Vorderrand), ferner aus dem Verlauf des \"orderrandes, des Saumes
und des Innenrandes (gerade, gebogen oder geschwungen, gewellt, mit Ein-
schnitten usw.) ergibt sich eine schier unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der
einzelnen Flügelformen, wozu noch die Verschiedenheit im Verhältnis der
Vorderflügel zu den Hinterflügeln kommt.
Von ganz besonderer Bedeutung für die Systematik ist das Geäder.
Wir wollen uns hier der Bezeichnungsweise von Comstock und Neecl-
ham (s. Bd. I, S. 35) bedienen i). Man unterscheidet in jedem Flügel einen
Spreiten- und Faltenteil, die durch die Analis voneinander getrennt werden.
Abb. 12. Vorderflügel einer Eule zur
Erläuterung der Ränder und Zeich-
nung. A Vorderrand, B Innenrand,
C Außenrand (Saum), D Vorder-
winkel (Spitze), E Innenwinkel (Tor-
nus), ab Wurzelfeld, am Mittelfeld.
al Saumfeld, md Zapfenmakel. ))w
Ringmakel, mr Nierenmakel, ms Pfeil-
flecke, sa innere Querlinie, sp äußere
Querlinie (sd basale halbe Querlinie 1,
um Mittelschatten. iv Wellenlinie.
Nach von H e i n e m a n n (aus
N i t sehe 1.
Abb. 13. Flügelgeäder eines ,, Klein-
schmetterlings", sc subcosta, r^ — A5 Ra-
dius mit seinen Ästen, m^ — W3 Mediana
I — 3, cu^ — r/Zo Cubitus i — 2. an Analis,
ß.v, und ax.^ Axillaris i und 2.
Im Vorderflügel zeigt das Geäder:
1. eine vom Costalrand abgerückte freie Subcosta (sc).
2. einen Radius (r). dessen Sektor in 5 Aste zerfällt [r^ — r-j,
3. eine Medialis (oder Mediana), die in 3 Äste zerfällt (in^ — >^''z)-
4. einen Cubitus, der zweiästig ist (cii^ — €11.2).
5. eine, die Grenze zwischen dem sog. Spreitenteil und Faltenteil des
Flügels einnehmende Analis (aifj. die aber gewöhnlich nur bei
primitiveren Formen gut erhalten ist.
1) Bei Nitsche und anderen sind die Adern mit arabischen Zahlen be-
zeichnet, und zwar vom Innenrand beginnend zum Vorderrand, beim Vorderflügel
durchgehend von i — 11 und beim Hinterflügel von i — 8, wo mehrere Innenrand-
adern vorhanden sind, mit la — ic (Abb. 14 Ai. Bei Spuler sind die Adern des
Spreitenteiis mit römischen Ziffern, eventuell mit arabischen Indices, die Adern des
Faltenteils mit griechischen Buchstaben bezeichnet (Abb. 14 B.
I. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
11
6. zwei Axillares ((7.\\ und ax.,). die häufig bald nach ihrem Ur-
sprung verschmelzen und eine kleine Zelle, die sog. „Wurzelschlinge"
bilden.
Die letzten 3 Adern werden als ,,I nn e n r a n da de r n" bezeichnet. Die
Adern r, m und cu sind fast immer durch Queradern miteinander verbunden.
Dadurch entsteht die sog. ,,Mittelzelle", auch „Discoidalzelle", Discus oder
einfach „Zelle" genannt, die in den meisten Fällen gegen den Saum zu ge-
schlossen ist. Bei primitiveren Formen kann die Zelle durch Erhaltenbleiben
des Basalteiles der Medialis geteilt sein, ja die Medialis kann innerhalb der
Zelle sogar noch gegabelt sein, so daß innerhalb der Discoidalzelle 2 — 3 ge-
schlossene Zellen entstehen. Außerdem kann an der Vorderecke der Zelle
außerhalb dieser durch Verbindung einiger Radialäste durch eine Querader
eine weitere Zelle zustande kommen, die als ,,Anhangszel le" bezeichnet
wird. Die meisten Aderäste, nämlich r^—ciu, entspringen aus der Mittel-
zelle, so daß also nur die Subcosta und die Innenrandadern (die Analis und
ffj tit
Abb.
1«^ jl2
Bezeichnung- des Geäders bei Nitsche {A\ und Spuler {B).
die beiden Axillares) direkt aus der Flügelwurzel kommen. Die aus der
Zelle kommenden Adern entspringen entweder getrennt, oder 2 benachbarte
Äste entspringen aus einem gemeinsamen Punkt, oder aber sie verlaufen
eine Strecke weit gemeinsam, um sich erst später zu gabeln; im letzten Fall
bezeichnet man diese Aste als ,,gestielt".
An der Basis des Innenrandes befindet sich bei einigen wenigen primi-
tiven Formen ein Fortsatz, das sog. Jugum, welches dem Zusammenhalt
von Vorder- und Hinterflügel dient.
Im Hinterflügel ist das Geäder (abgesehen von einigen Fällen bei
primitiven Formen) reduziert, vor allem dadurch, daß von den 5 Radial-
ästen nur einer, den wir kurzweg als r bezeichnen oder als rr (Radial-
ramus), bestehen bleibt. Die übrigen Bestandteile verhalten sich ganz ähn-
lich wie im Vorderflügel i).
Am \"orderrand des Hinterflügels befinden sich an der Wurzel auf
1) Untersucht man das Geäder im Vorpuppenstadium (also kurz nach Ab-
streifen der letzten Larxcnhaut vor der Vollendung der bedeckten Puppe), so enthält
es wesentlich mehr Adern und zeigt deutliche Anklänge an das Geäder altertüm-
licher Insektentypen.
12 I- Allgemeiner Teil.
einer Verdickung der Flügehvurzel, dem sog. Basalsockel aufsitzend, die
..Haf tbo r Sien'" (oder das Frenulum) (Abb. 13 u. 14 B), die meist in
eine Falte der Vorderflügel-Unterseite, das Retinaculum, hineingreifen und
so die beiden Flügel verbinden. Das Frenulum ist häufig .reduziert, dann
ist der Hinterflügel an der Wurzel oft stark nach vorn vorgebaucht oder es
gehen von der Subcosta ein oder sogar mehrere kleine, kurze Äderchen nach
vorn, die Praecostaladern.
Die Mannigfaltigkeit des Geäders, die systematisch so reichlich aus-
gewertet ist, beruht einmal auf Reduktion der Zahl der Adern (es werden
davon vor allem die Innenrandadern betroffen), auf dem Verlauf der ein-
zelnen Aste, auf der Stellung der Adern zueinander, auf der Lage des In-
sertionspunktes usw.
Noch mannigfaltiger als das Geäder ist die Zeichnung der Flügel,
die ja bei allen Beschreibungen in erster Linie berücksichtigt wird. Vielfach
liegt der Zeichnung ein bestimmtes Schema zu Grunde, das besonders deut-
lich bei den Eulen zu erkennen ist (Abb. 12), danach kann man den Flügel
der Länge nach in 3 Teile teilen, das „Wurzel"-, „Mittel"- und „Saumfeld",
daneben können oft auch noch am Vorder- und Innenrand besondere Bezirke
ausgezeichnet sein, die dann als ,, Vorder"- bzw. ,,Innenrandfeld" bezeichnet
werden. Gewöhnlich sind mehrere Querlinien vorhanden, in der Reihenfolge von
der Wurzel zum Saum: die „innere Querlinie" (^i•f^9, die „äußere Querlinie" (.y/);,
die „Wellenlinie" (w) und schließlich vor oder direkt am Saum die „Saum-
linie". Zwischen innerer und äußerer Querlinie liegen oft mehrere charak-
teristische Makeln, die als „Zapfenmakel" (j?id). „Ringmakel" (mo) und
,,Nierenmaker' (nir) oder „Mittelfleck" bezeichnet werden. Zwischen den
beiden letzteren kann oft noch eine undeutliche Querlinie, der „Mittel -
schatten" (inn) sein. Endlich können die Fransen durch andersfarbige Linie
„geteilt" oder hell oder dunkel „durchschnitten" sein. Die Zeichnungen
können auf Vorderflügel und Hinterflügel mehr oder weniger gleich sein
(ursprünglicher Zustand), gewöhnlich aber weichen sie beträchtlich vonein-
ander ab. '
Auch die Ober- und Unterseite der Flügel weisen meist große Ver-
schiedenheiten in Färbung und Zeichnung auf. Die Tagfalter zeigen auf
der Oberseite meist eine sehr lebhafte bunte Zeichnung, während die Unter-
seite, die in der Ruhestellung nach außen gekehrt ist, unauffällig gefärbt
ist. Bei den Nachtfaltern und überhaupt denjenigen Formen, die in der
Ruhe nur die Oberseite der Vorderflügel zeigen, ist diese in der Regel matt
und unauffällig gezeichnet. Wenn hier lebhafte Farben vorkommen, so sind
sie häufig auf die in der Ruhestellung nicht sichtbaren Hinterflügel be-
schränkt, wie z. B. in der Gattung Catocala (Ordensbänder).
Was das Größenverhältnis der beiden Flügelpaare betrifft, so sind nur
bei den primitivsten Formen Vorder- und Hinterflügel annähernd gleich,
bei der Mehrzahl der Schmetterlinge sind aber die Hinterflügel kleiner als
die Vorderflügel; der Unterschied kann recht bedeutend sein.
Die Reduktion der Flügel kann auch beide Flügelpaare betreffen; es
gibt eine ganze Reihe von Formen, deren Weibchen stark verkümmerte
Flügel besitzen oder auch ganz flügellos sind, so daß die Schmetterlings-
natur nicht ohne weiteres zu erkennen ist (Psychiden, Frostspanner u. a.).
Die Färbung und Zeichnung der Flügel beruht auf dem Vorhandensein
von Schuppen, die leicht von der Flügelmembran wie Staub abgerieben
Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
13
werden können. Die Schuppen sind ziemlich komplizierte Gebilde, die durch
Ausstülpung einer Hypodermiszelle entstanden sind. Jede Schuppe besteht
nachSüffert und Zocheri) aus zwei Lamellen, einer oberen und unteren,
die an den Seiten miteinander verbunden sind. Zwischen ihnen liegen kleine
Stützbälkchen, die vertikal gerichtet sind und die beiden Platten verbinden.
Die Oberseite der Schuppen ist oft mit Längsleisten versehen, die ihrerseits
wieder durch Querleisten verbunden sein können usw. Auch die Gestalt der
Schuppen kann sehr verschieden sein, schmal und dünn, haarförmig, breit-
oval, länglichoval, mit einfach gerundetem, gesägtem oder mit Fortsätzen
versehenem Hinterrand (Abb. 15). An der Basis besitzen s'ie ein Stielchen,
das entweder allmählich in den Schuppenkörper sich verbreitert, oder aber in
einer Ausbuchtung (Sinus) sich befindet. Das Stielchen sitzt in einem Säckchen
der Flügelhaut, die Schuppen an dieser befestigend. Die Schuppen sind auf
Abb. 15. Verschiedene Schuppenformen
von Tagschmetterlingen, i, 2 u. 8 ohne
Sinus, die übrigen mit Sinus. Nach
Lampe r t.
Abb. 16. Flügelstückeines Kohl-
weißlings (Pieris brassicae L. ).
Nach La mpe r t.
den Flügeln reihenweise und dachziegelartig gelagert, indem die Wurzeln
der Schuppen der einen Reihe immer von den Schuppen der dahinter-
liegenden Reihe bedeckt werden (Abb. i6j.
Außer den Flügeln trägt auch die übrige Körperoberfläche Schuppen,
die recht abweichend gebildet sein können. Über die sog. Duftschuppen
siehe Seite 40.
Der Hinterleib.
Der Hinterleib der Schmetterlinge sitzt mit breiter Basis dem 3. Brust-
ring an und besteht normalerweise aus 10 Segmenten. Von ihnen sind aber
die letzten mehr oder weniger modifiziert, so daß gewöhnlich nur 7 — 9 Seg-
mente äußerlich nachweisbar bleiben (s. Abb. 7). Bei manchen Formen
liegt an der Seite des i. bzw. 2. Hinterleibsringes ein großes, leicht wahr-
zunehmendes ,,T y m p a n a 1 o r g a n" - ) .
1) Süffert, F., u. Zocher, H., Morphologie und Optik der Schmetterlings-
schuppen. — Zeitschr. f. wiss. Biol. A. Morphologie. 1924.
-) Das „Tympanalorgan" besteht im wesentlichen aus einer seitlich am Ab-
domen eingesenkten Grube, deren Boden sehr dünn ist und vielleicht als Trommel-
fell wirkt. An den Boden setzt sich ein fädiges Organ an, das als Chordotonalorgan
14
I. Allgemeiner Teil.
Die Form des Hinterleibes kann sehr verschieden sein, dünn und schmal,
oder dick und plump, nach hinten zugespitzt oder mehr oder weniger parallel-
seitig usw. Die Verbindung des Abdomens mit der Brust wird gewöhnlich
durch Haarbüschel am Hinterende des Thorax verdeckt, auch der Hinterleib
selbst ist dicht behaart oder beschuppt, wobei die Behaarung gewöhnlich
die Segmente mehr oder weniger deutlich markiert. Auf der Rückenmitte
finden sich öfter noch besondere Haarbüschel, sog. „Rückenschöpfe". Bei
den Weibchen mancher Schmetterlinge (Spinner) finden sich ferner auch am
Ende auffallende, dichte Haarbüsche (Afterwolle), die oft besonders gefärbt
sind und bisweilen zur Bedeckung der Eier dienen.
Von den Segmentplatten ist das i. Sternit meist wenig deutlich aus-
gebildet bzw. mit dem 2. Sternit verwachsen, auch Tergit i und 2 zeigen
sich gewöhnlich inniger vereinigt als die folgenden. Die letzten Segmente
sind in Verbindung mit Geschlechtsorganen mannigfaltig ausgebildet.
Die männliche Geschlechtsöffnung liegt im 9. Segment, das
stark modifiziert ist; es stellt ein einheitliches Chitinstück von der Form
eines Siegelringes dar, dessen Siegelplatte dorsal gelegen ist. An der
A B
Abb. 17. Tympanalorgan. A einer Eule, B eines Spanners. Nach Hering.
schmalen Sternalregion des Ringes befindet sich eine oft weit nach vorn
reichende taschenförmige Einstülpung (Saccus), die aus der Intersegmental-
membran entstanden ist und als Muskelansatz dient. An die Seitenteile des
Ringes setzen sich jederseits die Valvae (auch Genital- oder Lateral-
klappen) an, die den auffallendsten Teil des Kopulationsapparates bilden. Sie
stellen ein Klammerorgan zum Festhalten des Weibchens während der
Copula dar und sind infolgedessen häufig mit nach innen gekrümmten Fort-
sätzen, Borstenfeldern usw. bewaffnet (Abb. 18).
Am Hinterrand des Tergits des 9. Segmentes (der ,, Siegelplatte"') ist
ein unpaarer, gewöhnlich ventral gekrümmter Fortsatz mit einfacher oder ge-
gabelter Spitze angeheftet, der sog. Uncus (Abkömmling des 10. Seg-
mentes), unter dem bei vielen Formen noch ein weiteres Chitingebilde, das
„Scaphium", das ebenfalls mehrere Fortsätze bilden kann, liegt. Zwischen
Uncus und Scaphium mündet der Darm (Abb. 19 A). Unter dem Scaphium
(s. Bd. I, S. 97) gedeutet wird. Tympanalorgane kommen durchaus nicht in allen
Familien vor, so fehlen sie bei den Tagfaltern, Sphingiden, Bombyciden, Cos-
siden usw. Wo sie unter der Pleura des i. Abdominalsegmentes liegen (Noctuiden,
Arctiiden, Lymantriiden), sind sie von der Rückenseite her oft recht deutlich als
dickliche Blasen beiderseits an der Basis des Abdomens zu erkennen, der Eingang
zeigt hier nach oben. Wo die Tympanalorgane unter der Pleura des 2. Abdominal-
segmentes liegen (Geometriden, Pyraliden) ist diese gewöhnlich nicht so stark an-
geschwollen. Die Eingangsöffnung zeigt hier nach der Seite oder unten.
Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
15
befindet sich der Penis in einer Tasche (Penistasche), die im allgemeinen die
Gestalt eines zartrandigen Trichters hat und sich aus einer Mulde im Bezirk des
g. Segmentes tief in ^ y^^
das Abdomen einsenkt.
Wo der schlauchför-
mige, proximale, ein-
gesenkte Teil der
Tasche in die äußere
Mulde übergeht, ist
häufig ein „Ringwall"
entwickelt, von dem
gewöhnlich nur die
Seitenteile und die
ventrale Hälfte stärker
chitinisiert ist, während
die dorsale Hälfte
meist membranös bleibt.
Die männlichen
Kopulationso rgane
zeigen einerseits eine
ungeheure Mannigfaltigkeit sowohl bezüglich der Form des Uncus als der
Lateralklappen usw., wobei die kompliziertesten, schwer entzifferbaren Bil-
dungen entstehen können, — andererseits aber eine relativ große Beständigkeit
bei den verschiedenen Arten, so daß
sie in der Systematik, besonders bei
Feststellung nahverwandter Arten wert-
volle Merkmale darstellen. Ihre
Kenntnis ist daher für jeden Systema-
tiker unentbehrlich.
Abb. iS. Männlicher Genitalapparat eines Tagfalters
(Apalura iris L.). Seitenansicht. P Endteil des Penis,
P/ Penistasche, Rio Ringwall, Sc Saccus, Scaph Sca-
phium, U/ic Uncus, T Valva, IX das einen einheitlichen
Ring bildende Segment IX. Nach Zander (aus
S p u 1 e r ) .
Die weiblichen Sexualorgane i).
Die Kenntnis der weiblichen Ge-
schlechtsorgane ist in neuester Zeit be-
sonders durch Ei dmann^) (1929) wesent-
lich gefördert worden. Wir werden hier
hauptsächlich seinen Ausführungen folgen.
Am weiblichen Abdomen ist das
7. Segment gewöhnlich deutlich verlängert
und in dieses sind in der Ruhelage die
folgenden stark modifizierten Segmente
zurückgezogen (Abb. 20). Nur wenige
primitive Formen (Börners Monotrysia)
besitzen eine einzige, im 9. Segment aus-
mündende Genitalöffnung, während allen übrigen Schmetterlingen 2 ge-
trennte Öffnungen zukommen, nämlich die in der Sternalregion des 8. Scg-
1) Vom inneren Bau der Schmetterlinge erwähne ich hier nur die weiblichen
Geschlechtsorgane, da deren Kenntnis für das Verständnis der für uns so wichtigen
Fortpflanzungsbiologie unentbehrlich ist.
äj Eidmann, H., Morphologische und physiologische Untersuchungen am
Abb. 19. Medianer Längsschnitt
durch das Hinterende einer männ-
lichen Puppe. AMi&r, D.ej. Duc-
tus ejaculatorius, .r erste Anlage
des Blindsackes. VIII, IX u. A'
Segmente. Die übrigen Bezeich-
nungen wie oben. Nach Zander
(aus S p u 1 e r).
weiblichen Genitalapparat der Lepidopteren. Zeit. f. ar
S. 1—66.
Entomol. Bd. XV (1029),
16
I. Allgemeiner Teil.
mentes liegende Mündung der Begattungstasche, das Ostium bursae.
und die im 9. Segment befindliche Mündung des Oviductus communis, die
„Scheidenöffnung", Ostium vaginae oder „Oviporus" (Abb. 21).
Das Ostium bursae ist in vielen Fällen sehr nahe an das 7. Seg-
ment herangerückt oder sogar in die weiche Intersegmentalhaut zwischen
diesen beiden Segmenten. Die Umgebung des Ostiums ist vielfach stark
2777^
3^5
Abb. 20. Abdomen einer Eule (Panolis flammea Schiff.) zur Darstellung der Seg-
mentverhältnisse. Ob Ostium bursae, ov Oviporus, i- Sternite, st Stigmen, t Tergite.
7 — 10 Abdominalsegmente i — 10. Nach Eidmann.
chitinisiert und weist oft verschiedenartige Bildungen, Zacken, Hörner usw.
auf. Die seitlichen Partien des 8. Segmentes laufen kopfwärts in 2 dünne
Chitinstäbe zum Ansatz der Muskulatur aus, die vorderen Apophysen.
Das 9. und 10. Segment, bei der Puppe noch getrennt, sind beim Falter
miteinander verbunden und bilden die
sog. Endplatten (Laminae abdomi-
nalis) von verschiedener Gestalt und
fast immer mit Borsten (Sinneshaaren)
dicht besetzt (Abb. 22 ep). Sie hängen
in der Regel nur auf der Rückenseite
zusammen, während sie nach vorn und
unten auseinanderklaffen und eine
Furche zwischen sich bilden. Auch die
Endplatten laufen nach vorn in dünne
Stäbe zum Ansatz der Muskulatur aus,
die „hinteren Apophysen". Durch die
an ihnen angreifenden Muskeln können
die Endplatten ebenso wie das 8. Seg-
ment weit nach hinten geschoben
werden, so daß der Hinterteil des Ab-
domens zu einer Legeröhre gestaltet
wird. Durch Verlängerung des 8. Seg-
mentes sowie der Endplatten und der
Apophysen kann die Legeröhre beinahe
so lang werden wie der ganze übrige
Teil des Abdomens (z. B. bei der
Nonne).
Oberhalb des Oviporus mündet der
Abb. 21. Schematische Darstellung der
weiblichen Genitalöffnungen. A bei einer
primitiven Schmetterlingsform (mit einer
Öffnung im 9. Segment), B bei einer
höher entwickelten Form (mit zwei Öff-
nungen, im 8. und 9. Segment), a Ostium
vaginae, a,^ Ostium bursae, bc Bursa
■copulatrix, od Oviduct, r Rectum. Nach
I mms.
Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
17
Darm. After und Oviporus liegen so nahe beieinander, daß sie von den
älteren Autoren für eine Öffnung gehalten wurden.
A B
Abb. 22. A Genitalsegmente einer Eule O (Pano/is flammea Schiff.). Ventralansicht.
«1 Apophysen des 8. Segmentes („vordere Apophysen" ), a.^ Apophysen der Endplatte
(„hintere Apophysen"), db Ductus bursae, ep Endplatte, ob Ostium bursae, oc Ovi-
ductus communis, ov 0\iporus und After. B isolierte Endplatte. Nach Eid mann.
2t\vj\
Abb. 23. Weibliches Abdomen von Lymantria monacha L., die hinteren Segmeiite zu
einer Legeröhre ausgezogen, a^ Apophyse des 8. Segmentes, ae Apophyse der End-
platte, ep Endplatte, ob Ostium bursae, ov Oviporus, st Stigmen. Nach Eidmann.
Die Ovarien und ihre Aus f uh rgänge.
Die Ovarien der Schmetterlinge gehören dem polytrophen Typus an,
d. h. jede Eizelle hat noch ein Paket Nährzellen bei sich, durch die die Er-
nährung des wachsenden Eies besorgt wird (Abb. 24). Jedes Ovar besteht
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 2
I. Allgemeiner Teil
fast stets aus 4 büschelförmig angeordneten Eis chläucheni), in der Regel
von beträchtlicher Länge und eine große Zahl von Eiern enthaltend (Abb. 25).
Sie sitzen meist durch Vermittlung der sog. Eiröhrenstiele dem E i -
kelch auf, der sich in die paarigen Ovidukte fortsetzt. Diese ver-
einigen sich nach kurzem oder längerem Verlauf zu dem Oviductus com-
munis, einem meist gerade gestreckten Rohr, dem verschiedene Anhangs-
gebilde ansitzen. Er nimmt den Verbindungsgang mit der Bursa copulatri.x:
auf, um dann zwischen den beiden Endplatten nach außen zu münden.
An dem Oviductus communis lassen sich häufig verschiedene Regionen
unterscheiden, wie das erweiterte Vestibulum (früher vielfach als Uterus
bezeichnet) und die den Endabschnitt bildende Vagina 2), die meist auch
Abb. 24. Zwei Eianlagen aus dem
Ovar eines frisch geschlüpften
Weibchens von Bupalus piniarius
L. — ef Eifach, eiv Wand der
Eiröhre (Peritonealepithel), / Fol-
likelepithel des Eifaches, ke Kern
der Eizelle, knz Kern einer Nähr-
zelle, nf Nährfach, nz Nährzelle,
vsl Verbindungsstiel aus Follikel-
zellmaterial. N ach E i d m a n n .
05 OC
Abb. 25. Schema des weiblichen Genitalapparates
der Lepidopteren. ag Ductus sebaceus, ar Glan-
dula receptaculi, bc Bursa copulatrix, ds Ductus
seminalis, gs Glandulae sebaceae, o Ovarial-
schläuche, ob Ostium bursae, oc Oviductus com-
munis, op Paarige Oviducte, os Oviporus, rg Re-
servoire der Glandulae sebaceae, rs Receptaculum
seminis, v Vestibulum. Nach Eidmann.
1) Nur bei einigen Kleinschmelterlingen und Psychiden sind mehr Eischläuche
(6 — 20) gezählt worden.
2) Eidmann weist mit Recht darauf hin, daß die Bezeichnung Vagina des-
wegen nicht ganz einwandfrei ist, weil dieser Kanal gewöhnlich nicht zur Aufnahme
des männlichen Begattungsgliedes dient.
I. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie. \Q
histologisch von dem vorhergehenden Abschnitt verschieden ist. Das Vesti-
bulum ist nicht bei allen Arten deutlich ausgeprägt, es tritt vielfach nur
dann in Erscheinung, wenn es ein Ei enthält. Die Eier machen nämlich auf
ihrem Weg im Vestibulum eine kurze Rast, um vom Receptaculum seminis
aus, dessen Ausführgang in das Vestibulum mündet, besamt zu werden.
Die Eischläuche der Schmetterlinge besitzen im allgemeinen — im
Gegensatz zu den meisten übrigen Insekten — keinen Endfaden, sondern
sie beginnen mit einem blind geschlossenen, manchmal etwas verdicktem Ab-
schnitt, der sog. Endkammer. Die Endkammern der 4 Eischläuche eines
Ovars werden durch eine Hülle zusammengehalten, während diese im übrigen
bis zu ihrer Einmündung in den Eikelch getrennt verlaufen. Der Inhalt der
Endkammern besteht gewöhnlich bereits aus Oogonien, aus denen sowohl die
Eizellen wie auch die Nährzellen hervorgehen. Die letzteren bilden zu-
sammen das Nährfach, die Eizelle das Eifach (Abb. 24). Anfangs von
etwa gleicher Größe, tritt das Nährfach gegenüber dem immer größer
werdenden Eifach durch Abgabe von Nährmaterial immer mehr zurück, wäh-
rend zugleich das aus Zylinderzellen bestehende Follikelepithel das Chorion
bildet, so daß die Eiröhren gegen den Eikelch zu meist beschalte, lege-
reife i) Eier enthalten (siehe Abb. 26).
So übereinstimmend die Ovarien der Schmetterlinge in morphologischer
Hinsicht sind, so große Unterschiede bestehen bei den verschiedenen Arten
hinsichtlich des Entwicklungszustandes der in den Eiröhren enthaltenen Eier
unmittelbar nach dem Schlüpfen.
Während man in den Lehrbüchern vielfach die Angabe findet, daß bei
Schmetterlingen „die Eier schon während der Puppenruhe völlig ausgebildet
werden, so daß bereits bei den frisch geschlüpften Tieren eine große Zahl
fertiger Eier in den Eiröhren enthalten sind" (siehe auch Bd. I, S. 108), hat
Eidmann gezeigt, daß dies nur für einen Teil der Arten zutrifft. Nach
Eidmann können wir die Schmetterlinge hinsichtlich des Entwicklungs-
zustandes der Ovarien in zwei große Gruppen teilen:
1. solche, die beim Schlüpfen noch keine oder sehr wenig legereife Eier
in den Ovarien haben, und
2. solche, die beim Schlüpfen bereits legereife Eier in mehr oder
weniger großer Zahl in den Eischläuchen haben.
Zur I. Gruppe gehören z. B. der Baumweißling (Apor/a crataegi L.), die
Ahorneule (Acronycta aceris L.) und der Kiefernspanner (Abb. 26 A), die von
der Puppe wohl eine große Zahl von Eianlagen, aber keine oder nur ganz
wenig legereife Eier mitbringen. Hier müssen also die Ovarien eine aus-
gedehnte postmetabole Entwicklung durchmachen, worauf auch die mäch-
tige Fettkörperentwicklung und die reiche Tracheenversorgung der Ovarien
hinweisen.
Die 2. Gruppe läßt sich nochmals in zwei Untergruppen gliedern, näm-
lich I. in solche, bei denen zwar legereife Eier in größerer Zahl vorhanden
sind, aber außerdem immer noch der Anteil der Eianlagen in den Ei-
1) Häufig wird bei diesen Eiern kurzweg der Ausdruck „reif gebraucht.
Eid mann macht darauf aufmerksam, daß dieser Ausdruck jedoch nicht korrekt
ist, da cytologisch nur solche Eier, die die Reifeteilung durchgemacht haben, als
reif bezeichnet werden dürfen. Bei den Insekten beginnt die Reifeteilung aber erst
dann, wenn die Samenfäden in das Ei eingedrungen sind.
2*
20
I. Allgemeiner Teil.
schlauchen weit überwiegt i), und 2. in solche, bei denen die Ovarien der
geschlüpften Weibchen bereits sehr weit entwickelt sind und die daher den
Eindruck der Vollreife machen (Abb. 26 C). Die Falter dieser Gruppe bringen
tatsächlich ihren gesamten legereifen Eivorrat aus der Puppe mit und be-
ginnen auch nach erfolgter Begattung in der Regel sofort mit der Eiablage.
Bei diesen Tieren ist der Fettkörper bereits völlig ver-
braucht, und das Abdomen ist zum größten Teil von den
Ovarien ausgefüllt, wenn die Tiere aus der Puppe schlüpfen.
Außerdem finden sich hier stets legereife Eier bereits in den
Ausführgängen der Ovarien. Eidmann führt als Beispiele
Abb. 26. Beispiele für die drei Typen in der Ausbildung der Ovarien frisch ge-
schlüpfter Schmetterlinge. A Bu^ali/s piniarius L., Eischlauch eines frisch ge-
schlüpften Weibchens ohne legereife Eier. — B Patiolis flammea Schiff. Eischlauch
eines frisch geschlüpften Weibchens, mit wenigen legereifen Eiern und zahlreichen
Eianlagen (e Endkammer, ez Eizelle, nz Nährzellen). — C Aglia tau L., Eischlauch
eines frisch geschlüpften Weibchens, der fast nur legereife Eier enthält Nach
E i d m a n n.
für diese Gruppe an: Aglia lau L., Dicramira vlnula L., DasycJiira pudi-
biinda L., Stilpiiolia Salicis L. und Deudrolimiis pini L.i).
1) Auch hier findet sich wie bei der i. Gruppe noch ein gut entwickelter Fett-
körper im Abdomen frisch geschlüpfter Weibchen, vor allem an der Übergangsstelle
der legereifen Eier und der Eianlagen.
1) Nur bei dieser Gruppe läßt sich durch Auszählen der beschälten Ovarial-
eier frisch geschlüpfter Falter die Eizahl, die die betreffenden Weibchen abzulegen
Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
21
Diese Feststellungen Eidmanns sind von großer Bedeutung für das
Verständnis der Fortpflanzungsbiologie. Daher muß auch der Forstentomo-
loge mit diesen Verhältnissen vertraut sein.
Die Bursa copulatrix.
Die Bursa copulatrix besteht aus 2 Teilen, dem Corpus bursae oder
Bursasack und dem Cervix bursae oder Bursahals, welcher durch das Ostium
bursae im Bereich des 8. Sternits nach außen mündet (Abb. 27). Hierzu
kommt der Ductus seminalis, welcher die Verbindung zwischen Bursa und
dem Oviductus communis herstellt. Die Bursa ist eine Hauteinstülpung und
daher von einer chitinösen Intima ausgekleidet, die alle möglichen Bildungen,
wie feine Zähnchen oder ganze Zahnplatten oder größere Dornen oder
Stacheln aufweisen kann. Bei der Co-
pula wird der Penis in den Bursahals
eingeführt und in die Bursa eine oder
mehrere Spermatophoren abgegeben,
die meist mit einem flaschenhalsartigen
Anhang versehen sind, dessen Mün-
dung sie der Einmündungssteile des
Ductus seminalis zuwenden. Durch
Druck auf die Spermatophoren wer-
den die Samenfäden herausgepreßt
und gelangen durch den Ductus se-
minalis in den Oviductus communis
(und von da in das Receptaculum
seminis, siehe unten), während die
leere Spermatophorenhülle in dem
Bursasack zurückbleibt.
Die Gestalt der Bursa wie auch
des Ductus seminalis und der Sperma-
tophoren ist von der denkbar größten
Mannigfaltigkeit, aber gleichzeitig von
großer Konstanz bei den verschiedenen
Arten, wie vor allem Petersen und
auch Eidmann dargelegt haben. Ersterer hat die morphologischen \^er-
schiedenheiten der Bursa usw. in weitgehendem Maße für die Systematik
auszuwerten versucht. Die Unterschiede betreffen sämtliche Einzelteile der
Bursa, wie die Größe und Gestalt des Sackes, die Form und Lage der Zahn-
platten, die Länge, Weite und Gestalt des Halses, die Ursprungsstelle des
Ductus seminalis und vor allem auch das Ostium und seine LImgebung. Oft
sind bei sich sehr nahestehenden Arten die Unterschiede der Bursa copu-
latrix besonders deutlich ausgeprägt, so daß sie, ähnlich wie der männ-
liche Kopulationsapparat, in solchen Fällen, wo die Trennung nach äußeren
Merkmalen sehr schwierig ist, systematisch oft sehr gut verwertbar sind.
Andererseits finden sich auch innerhalb höherer systematischer Gruppen
meistens gemeinsame charakteristische Züge im Bau der Bursa, so daß sie
Abb. 27. Schema einer hochspezialisier-
ten Bursa copulatrix; bs Bulla seminalis,
cb Corpus bursae, ex Cervix bursae, ds
Ductus seminalis, e Ausstülpung des
Bursasackes, / Fundus bursae, Id La-
mina dentata, ob Ostium bursae. Nach
E i cl m a n n.
imstande sind, ermitteln. Bei den übrigen Schmetterlingen, deren Ovarien noch eine
postmetabole Entwicklung durchmachen, ist es dagegen nicht angängig, von der
Zahl der Ovarialeier auf die definitive Eizahl zu schließen.
22
I. Allgemeiner Teil.
auch über die Verwandtschaftsverhältnisse der höheren systematischen Kate-
gorien Aufschluß geben kann.
Das Receptaculum seminis.
Das Receptaculum seminis ist ein Reservoir zur Aufnahme des Spermas,
das hier längere Zeit (bis zu mehreren Monaten) lebendig erhalten wird. Es
ist ein rundliches oder eiförmiges, ziemlich erweiterungsfähiges Organ, das
fast stets mit einer gut entwickelten, verschieden gestalteten Anhangsdrüse,
der Glandula receptaculi, versehen und durch einen längeren Kanal, dem
Ductus receptaculi, mit dem Oviductus communis verbunden ist (s. Abb. 25).
Die Einmündungssteile des Ductus receptaculi liegt (in der Regel auf der
höchsten Erhebung des Vestibulums des Oviductus communis) meist dicht
neben der Mündung des von der Bursa copulatrix kommenden Ductus semi-
nalis, so daß der Samen
beinahe unmittelbar von
der einen Öffnung in
die andere übergeleitet
wird. Der Ductus re-
ceptaculi läßt gewöhn-
lich verschiedene Ab-
schnitte erkennen, die
als Canalis receptaculi,
Canalis spiralis und Ca-
nalis vestibuli bezeichnet
werden (siehe Abb. 28).
E i d m a n n entdeckte
im Ductus einen chiti-
nösen Binnenapparat,
der wahrscheinlich als
Verschluß oder Pumo-
apparat dient.
Die Anhangsdrüse
(Glandula receptaculi)
stellt in den meisten
Fällen ein einfaches,
blind endigendes Rohr dar, das vor seiner Einmündung in den Ductus
receptaculi zu einem Reservoir, der Lagena receptaculi, erweitert wird.
Die Funktion der Anhangsdrüse besteht nach E i d m a n n wahrschein-
lich darin, ein Sekret zur Lebendigerhaltung des Spermas zu liefern. Wie
die Bursa, so ist auch das Receptaculum aus einer Einstülpung der äußeren
Haut entstanden und ist daher mit einer chitinösen Intima ausgekleidet.
Der Bau des Receptaculums zeigt eine große, der Bursa kaum nach-
stehende Mannigfaltigkeit, die sich hauptsächlich auf die Anhangsdrüse und
den Ausfuhrgang (Duct. receptaculi) bezieht. Hinsichtlich der Größe des
Receptaculums, das übrigens mit der Körpergröße des Schmetterlings manch-
mal in auffallendem Mißverhältnis steht, stellte Eidmann eine unverkenn-
bare Korrelation mit der Größe der Bursa copulatrix fest, insofern, als bei
Arten mit kleiner Bursa das Receptaculum klein, bei solchen mit großer
Bursa das Receptaculum groß ist (was vermutlich mit der Samenmenge der
verschiedenen Arten zusammenhängt).
Abb. 28. Schema eines Receptaculum seminis. er Ca
nalis receptaculi, es Canalis spiralis, cv Canalis vesti
buli, gr Glandula receptaculi, Ir Lagena receptaculi
r Receptaculum seminis, v Oviductus communis (\'esti
bulum). Nach Eid mann.
Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
23
Die Kittdrüsen.
Die Kittdrüsen, Glandulae sebaceae, gehören zu den auffallendsten
Teilen des weiblichen Geschlechtsapparates, ihr Sekret dient zum Ankleben
der Eier an die Unterlage. Sie bestehen gewöhnlich aus zwei mächtig langen
Drüsenschläuchen, die im Abdomen vielfach gewunden
und aufgeknäuelt neben und zwischen den Ausfuhr-
gängen des Geschlechtsapparates liegen, und sich an der
Basis zu je einem geräumigen Reservoir (Saccus sebaceus)
erweitern, in dem sich meist das wasserklare Sekret schon
während der Puppenruhe ansammelt. Der gemeinsame
Ausführgang, Ductus sebaceus, mündet in der Regel kurz
vor dem Oviporus dorsal in den Oviductus communis.
Auch die Kittdrüsen zeigen, wie die übrigen Teile des
weiblichen Geschlechtsapparates, eine große Mannigfal-
tigkeit, vor allem in der Ausbildung der Reservoire, wo-
bei Eidmann verschiedene Entwickkmgsrichtungen fest-
gestellt hat.
B. Raupe.
Die Larven der Schmetterlinge, die ,, Raupen", sind
habituell gänzlich verschieden von den Imagines: wurm-
förmig und mehr oder weniger gleichmäßig gegliedert
(Abb. 30). Dem hartschaligen Kopf folgt ein weich-
häutiger Rumpf, aus 14 Segmenten bestehend, von denen
-93-
Abb. 29. Schema
einer Kittdrüse, ds
Ductus sebaceus, ^j.-
Glandulae sebaceae,
SS Saccus sebaceus,
V Oviductus com-
munis. Nach E i d -
mann.
Abb. 30. Raupe von Cossus cossus L. Aus L a m p e r t.
die ersten 3, mit gegliederten Beinpaaren versehen, die
Brustregion, und die übrigen 11 die Hinterleibs- oder
i\bdominalregion darstellen. Die letzten 3 Abdo-
minalsegmente sind meist enger verbunden, den Eindruck
eines einzigen Segmentes machend, das auch als „Aft er-
ring" oder ,,Anals egmen t' bezeichnet wird. Vom
10. Segment ist in der Regel nur noch der dorsale Teil,
oft als hornige Platte, vorhanden. Ein Teil der Abdo-
minalsegmente, meist Segment 3 — 6 (oder auch nur Seg-
ment 6) und das Analsegment, ist mit sog. „Bauch-
füßen" versehen, ungegliederten fleischigen Ausstül-
pungen. Der Besitz der Bauch fuße stellt eines
der wesentlichsten Merkmale der Schmetter-
lingsraupen dari). Ihre Zahl schwankt, inklusive der
M Die Raupen teilen dieses Merkmal (außer mit den Larven
der Panorpaten, s. oben, S. 1 1 mit den Larven der Blattwespen
24
I. Allgemeiner Teil.
sogenannten Nachschieber (also der Bauchfüße des letzten Segmentes),
zwischen 2 — 5 Paaren i).
Der Bau der Bauchfüße kann verschieden sein, vor allem bezüglich
der Gestaltung und Bewaffnung der Sohle. Wir unterscheiden danach
2 Hauptgruppen, die Kranzfüße (Pedes coronati) und die Klammer-
füße (Pedes semicoronati). Die ersteren besitzen eine ungegliederte, kreis-
förmige Sohle, die von einem geschlossenen Kranz von oft ungleich langen
Haken besetzt ist (Abb. 31 d). Die Klammerfüße dagegen haben meist eine
zweilappige bewegliche Sohle, welche nur am äußeren Rand mit Häkchen,
die einwärts gebogen und zum Umfassen von Gegenständen eingerichtet sind,
bewaffnet sind (Abb. 31c). Kranzfüße finden sich hauptsächlich bei solchen
Schmetterlingsraupen, die im Innern der Pflanzen oder in Blattgehäusen, Ge-
spinsten usw. leben, während Klammerfüße hauptsächlich solchen zukommen,
die frei auf den Nahrungspflanzen leben. In der Systematik spielt der Bau
der Bauchfüße eine große Rolle, indem viele Autoren alle Schmetterlinge mit
kranzfüßigen Raupen als sog. „Klein- .„..^.„.^
Schmetterlinge", den übrigen Schmetter- ? 'jr*-"V3fl^BB^ ' ^_-
lingen mit klammerfüßigen Raupen, den <
sog. „Großschmetterlingen" gegenüber-
stellen 2).
Abb. 31. Raupenbeine, a Thorakalbein, b abdominaler Kranzfuß, c abdominaler
Klammerfuß, c/ Kranzfuß (von Cossus) vergrößert. <7— t: nach Handlirsch.
Die Zahl der Bauchfüße drückt sich auch in der Bewegungsform der
Raupen aus. Der wellige Gang der Eulenraupen mit verkümmerten Bauch-
fußpaaren am 6. und 7. Segment leitet über zu dem eigenartigen Gang der
Spanner, die, sich krümmend, die Bauchfüße an die Brustfüße heranziehen,
um dann, mit ersteren sich haltend, den Leib zu strecken und mit den Brust-
füßen einen neuen Halt zu suchen (Spul er).
Die Brustfüße sind im Gegensatz zu den Bauchfüßen echte Extremi-
(„ Afterraupen"), die ja auch habituell den Schmetterlingsraupen oft recht ähnlich werden
können. Doch ist die Unterscheidung der beiden leicht: bei den Afterraupen ist die
Zahl der Bauchfüße meist größer und nur das i. Abdominalsegment beinlos, während
bei den Raupen stets mindestens die zwei ersten Abdominalsegmente beinlos bleiben,
(s. Bd. I, S. 164 u. 165).
1) Nur bei den primitivsten Schmetterlingen, den Micropterygiden, ist eine
größere Zahl (8 Paar) von Bauchbeinen vorhanden, die übrigens auch in ihrem
Bau etwas abweichen und mehr den Brustbeinen gleichen.
-) Die Klammer- oder Kranzfüßigkeit ausschließlich als Einteilungs-
prinzip zu benutzen, würde zu manchen Irrtümern führen, da es auch Ausnahmen
gibt, wie z. B. auch typische „Kleinschmetterlinge" keinen geschlossenen Haken-
kranz an der Sohle mehr besitzen.
[. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
25
täten und bestehen aus 3 freibeweglichen zylindrischen Gliedern mit einer
Chitinklaue am Ende (siehe Abb. 31a).
Besonders starke Abweichungen von der Imago zeigt der Kopf der
Raupe, vor allem durch den Besitz von kauenden Mundgliedmaßen. Der
durch eine harte Chitinhülle ausgezeichnete Kopf ist meist von ansehnlicher
Größe und gewöhnlich rund, flach gewölbt. Auf seiner Vorderseite verläuft
in der Mitte eine Längsnaht, die sich nach unten in 2 Äste teilt und daher
als G a b e 1 1 i n i e bezeichnet wird. Durch die Längsnaht wird die Kopf-
kapsel in zwei gewölbte Stücke zerlegt, die „H emisphae r en", während
durch die Gabeläste das ,,Sti rndr eieck" (Clypeus) begrenzt wird (Abb. 32).
An letzteres reiht sich nach vorn bzw. unten, durch eine Quernaht abgesetzt,
die Oberlippe (Labrum) mit dem Epipharynx. Jede ,,Hemisphaere"
trägt seitlich unten 6 Punktaugen (Ocelli), als glänzende Pünktchen er-
kennbar 1). Vor bzw. unterhalb der
Ocellen sind die kurzen, gewöhnlich
3gliedrigen Fühler eingelenkt.
Abb. 32. Kopf einer Eulenraupe. Links von vorn, rechts von der Seite. .4 Antenne,
C7 Clypeus, 5/» Spindel, // Hemisphären, Jh/ Mandibeln, .11/ Maxillartaster,
Z/ Lippentaster, O Ocellen. Nach S p u 1 e r.
Die Mundgliedmaßen der Raupen gehören, wie schon gesagt, dem
kauenden Typus an, sie zeigen jedoch in mehreren Punkten wesentliche Ab-
weichungen von dem Grundtypus, als deren augenfälligsten nach den von
Engel 2) im hiesigen Listitut angestellten Untersuchungen folgende zu
nennen sind:
1. Die Stammglieder der Maxillen (Cardo, Stipes) und des Labiums
(Submentum, Mentum) sind zu einer einheitlichen Platte verschmolzen.
2. Am Labium (Unterlippe) sind auch die beiden Laden (Innen- und
Außenlade) in einen innigen Zusammenhang getreten zur Bildung des für
das Raupenleben so wichtigen Spinnorgans, das Engel kurz als Spindel be-
zeichnet, an der das ,, Mittelstück" und zwei ,, Außenstücke" unterschieden
werden.
1) Auch hieran sind die Schmetterlingsraupen von den habituell ähnlichen
Raupen der Blattwespen, die jederseits nur i Ocellus besitzen, zu unterscheiden.
-) Engel, H., Vergleichende morphologische Studien über die Mundglied-
maßen von Schmetterlingsraupen. — Zeitsch. f. ]\Iorph. u. Ökol. der Tiere. Bd. 9
(1927) 166 — 270.
26
I. Allgemeiner Teil.
3. Zwischen den Stammgliedern und sämtlichen Anhängen sind stets
Zwischenglieder eingeschaltet: zwischen Stipes und den Laden der Laden-
träger (Lobarium), zwi-
schen Mentum und je-
pml 1 1 dem Palpus labialis der
labiale Palpenträger
(Palparium labiale).
Die Mandibeln
sind bei fast allen
Raupen kräftig ent-
wickelt, in ihrer Form
und Bezahnung aber
sehr verschieden: beim
Kiefernspanner z. B.
weist der Kaurand 7 — 8
deutliche Zähne auf
(siehe auch Bd. LS. 147.
Abb. 143), beim Ringel-
spinner noch mehr
(8 — 10), bei Cossus 5
(Abb. 34 D), ebenso bei
Abb. 33. Mundwerkzeugplatte einer Raupe (Kiefernspinner,, der Nonne (wenigstens
c Cardo, le Lobus e.\ternus, li Lobus internus, Me Mentum, ni den ersten Sta-
Pi Palparium labiale, pl Palpus labialis, Pni Palparium dien), beim Prozessi-
maxillare, pni 1 — /// Glieder i — 3 des Palpus maxillaris, onsspinner 4 usw. Bei
Sh Sinnesborsten, Sm Submentum, spm Mittelstück der u d c ui^
c • , 1 ^ ^ n ,- 1 1 c • 1 1 c. c ■ 1 1. ■■ manchen Raupen fehlt
bpmdel, spa Aubenstuck der hpmdel, bt hpindellrager, ^
Z Zapfen. Nach Engel. die Bezahnung und
stellt der Kaurand nur
eine einfache scharf e Chitinkante dar, z.B. bei Phalera biicephala (Abb. 34 A).
Zwischen den bezahnten und unbezahnten Mandibeln gibt es alle möglichen
Übergänge. Nicht selten weisen auch die verschiedenen Entwicklungsstadien
ABC D
Abb. 34. Verschiedene Raupen- Mandibeln. A von Phalera hucep/iala L., B von Ly-
mantria monacha L. (jung, Zweihäuter), C von der gleichen (erwachsen), D von
Cossus cossus L. Nach Engel.
der gleichen Art Unterschiede auf, meist in der Richtung, daß die jüngeren
Stadien eine weit deutlichere Zähnelung zeigen als die erwachsenen Raupen
z. B. bei der Nonne (Abb. 34 B u. C).
Die Maxillen (Mittel- oder Unterkiefer) lassen als Stammstücke eine
kleine Cardo und einen stark ausgebildeten großen Stipes erkennen (Abb. 33),
der die Cardo von oben und lateral her umfaßt und medianwärts an das
Submentum sich anschließt. Oben wird der Stipes von dem Palparium maxil-
lare, das einen breiten, stark chitinisierten, gürtelförmigen Sockel darstellt,
abgegrenzt. Das Palparium trägt den dreigliedrigen Palpus maxillaris,
[. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
27
Ek pm III
piii II
dessen kleines, kegelförmiges Endglied kleine Sinneskegel trägt. Zwischen
dem I. und 2. Palpenglied entspringt eine kuppeiförmige Vorwölbung, das
Lobarium, auf dem die beiden Laden aufsitzen. Diese bestehen aus einem
stärkeren Basalstück und einem kleinen kegelförmigen Endstück. Außer-
dem trägt das Lobarium noch verschiedene Sinneshaare und Sinneszapfen
(Abb. 35)-
Das Lab i um (Hinterkiefer oder Unterlippe) besteht aus einem sehr
ausgedehnten Submentum, das seitlich von den beiden Cardines und Stipites
der Maxillen und oben durch den soliden
Chitingürtel des Mentums begrenzt wird.
Letzteres stellt die Basis für die labialen
Anhänge dar, nämlich die Palparia mit
den Palpen und die Spindelträger mit der
Spindel. Die Palparia labiaha sind paa-
rige, halbmondförmige, chitinöse Ringe,
die im Halbkreis unterhalb der Labial-
palpen gelegen sind (s. Abb. 33). Die
Palpen selbst bestehen aus einem meist
zylindrischen Grundglied, dem meist
2 starke Haare aufsitzen (einem medi-
anen, auf einem kleinen Zwischenstück
stehenden und einem lateralen, direkt
auf dem Grundglied angehefteten). Grund-
glieder wie Haare können sehr verschieden
gestaltet sein (Abb. 36).
Zwischen den Palpenträgern liegt
der Spindelträger, ein meist ovaler
Ring, der in der Regel chitinisiert erscheint, manchmal auch nur
durch eine Runzelung der membranösen Unterfläche markiert ist.
Die Spindel selbst bildet gewöhnlich eine röhrige, konische Warze,
deren Bestandteile teils membranös, teils chitinös sind. Die chitinösen
Teile sind ein unpaares mittleres Stück (verschmolzene Innenladen
des Labiums) und die paa-
rigen Außenstücke (entspre-
chend den Außenladen).
Das Innenstück ist stets
länger als die Außenstücke.
Der Ausführgang der Spin-
del durchsetzt die Spindel
genau in der Mitte der
Länge nach.
Auf der inneren ovalen
Fläche des Labiums be-
findet sich der H y p o -
pharynx als eine dop-
pelte Längsreihe mehr
oder weniger stark ausge- B L u
bildeter, unregelmäßig ge- Abb 36. Verschiedene Formen der Labialpalpen
,. ■ 1°, ,• • 1 von Schmetterlingsraupen. A von Cossus cossus L.,
formier Stacheln, die sich g ^.^^ Dendrolimus pini L., C von Phalern buce-
vom obersten vordersten, phala L., D von Hepialus. Nach Engel.
Abb. 35. Palpus maxillaris und Lo-
barium einer Schmetterlingsraupe
(Thaumelopoea processionea L.). Ek
Endkegel, Sbm modifizierte Sinnes-
borsten, L Lobarium. Die übrigen
Bezeichnungen wie in Abb. 33. Nach
Engel.
pm I
28 I- Allgemeiner Teil.
hinter der Spindel gelegenen Teil des Labiums aus nach abwärts über die
innere Fläche des Submentums erstreckt.
Das Lab r um (Oberlippe) ist meist eine herzförmig gestaltete gewölbte
Platte, die sich an den Clypeus ansetzt. Der Einschnitt zwischen den beiden
Seitenflügeln, der sehr verschieden tief sein kann (Abb. 37), stellt die
Führungsnute dar. Auf der Innenfläche der Oberlippe finden sich ganz
ähnlich wie bei der Unterlippe zwei Längsreihen von kleinen Stacheln, die
den Epipharynx darstellen.
Die vergleichenden Untersuchungen Engels haben dargetan, daß im
Bau der Raupenmundwerkzeuge doch größere Verschiedenheiten vorkommen,
als man bisher angenommen hat. Diese beziehen sich auf alle Teile, sowohl
die Stammstücke wie die Anhänge, vor allem die Palpen, Laden und die Spindel,
ihre Besetzung mit Sinneshaaren usw. Ich gebe hier (Abb. 38) eine Reihe von
Abbildungen, die die Verschiedenheiten besser als viele Worte zeigen. Ob
Beziehungen zwischen der Form der Mundteile und der Lebensweise be-
stehen, diese Frage glaubt Engel nur in sehr beschränktem Maße bejahen
zu dürfen, so z. B. für die in ihrer Ernährung so einseitig spezialisierten
Cossiden und Sesiiden, die durch besonders kräftige Mandibeln und eine
lange Spindel ausgezeichnet sind. Im übrigen zeigen systematisch sich nahe-
Ö
ABC
Abb. y] . Verschiedene Formen des Labrums von Schmetterlingsraupen. A von
Agrolis segetum Schiff., B von Panolis flammea Schiff., C von Malacosoma neust ria
L., D von Lymantria dispar L. Nach Engel.
stehende Arten, auch wenn sie in der Ernährung abweichen (z. B. Nadel- und
Laubfresser), meist mehr oder weniger weitgehende Übereinstimmungen im
Bau der Mundwerkzeuge.
Die Rumpfsegmente sind im Gegensatz zum Kopf größtenteils
weichhäutig, nur auf dem i. Brustring (mitunter auch auf den folgenden)
findet sich häufig eine größere, stärker chitinisierte, hornige Platte von ver-
schiedener Form, der Nackenschild (oder „Halsschild"), ebenso können
auf den letzten Abdominalsegmenten (dem sog. „Analsegment") größere
hornige Platten, die „Analklappe" (oder „Afterschild") vorhanden sein
(siehe Abb. 39). Farbe und Form dieser Platten stellen oft gute Artmerk-
male dar und finden daher bei den Beschreibungen (besonders bei den
Raupen der Kleinschmetterlinge) häufig besondere Berücksichtigung. Neben
diesen größeren Platten können auch noch auf anderen Segmenten, sowohl
der Brust-, als auch der Abdominalregion, kleinere Plättchen auftreten.
An der Seite sieht man ferner die mit einem Chitinring umgebenen
Stigmenöffnungen; es sind solche am i. Brustsegment und am i. — 8. Ab-
dominalsegment vorhanden, während die beiden letzten Brustsegmente sowie
die letzten Abdominalsegmente stigmenlos bleiben (siehe Abb. 30).
Außerdem treten vielfach auf allen Segmenten stärker chitinisierte,
borsten besetzte Warzen oder einfache Borsten auf, die in ihrer
I. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
29
Pm
Ale
E F
Abb. 38. Unterschiede zwischen den INIund Werkzeugen bei verschiedenen Raupen.
A Hepialiis spec, B Cossus cossus L., C Dioryctria splendidella H. S., D Panolis
flammea Schiff., E Agrotis segetum Schiff., F J'aiiessa polychloros L. Bezeich-
nungen wie oben. Nach Engel.
30
I. Allgemeiner Teil.
Ausbildung und vor allem in ihrer Stellung sehr charakteristisch sind und
daher auch systematisch ausgewertet werden. Im allgemeinen kann man eine
Anzahl Längsreihen der Warzen oder Borsten am Rumpfe erkennen; Wahl^)
bezeichnet die der Rückenmittellinie zunächst gelegene Reihe als die ,,para-
dorsale" (meist aus 2 Borsten in jedem Segment bestehend), die lateral
von dieser, zwischen dieser und der Stigmenlinie gelegenen als die ,,sub-
dorsale" (meist aus je i kräftigen Borste bestehend), ferner die in der
Stigmenregion gelegene als die „laterale" (aus 2 etwas ventral und vor
jedem Stigma befindlichen kleinen Borsten bestehend), sodann die zwischen
der lateralen Reihe und den Bauchfüßen gelegene als die ,,s u p r a v e n -
trale", und endlich noch zwei Reihen, innerhalb und außerhalb der Beine
gelegen, als „extra-" und „int rap odale" Reihe.
Abb. 39. Zwei Mottenraupen mit ver-
schiedener Ausbildung der Nacken-
und Analschilde und der Borsten-
bekleidung. A Raupe von Coleophora
oritae ZU., in Säcken lebend, ohne
Borstenbekleidung, dagegen mit
Nackenschilden auf den Thorakal-
segmenten und kräftigem Analschild.
B Raupe von Depressaria parilrlla
TAX. mit schwächerer Plattenbeklei-
dung (nur auf dem i. Thoraxsegment),
dagegen mit starker Borstenbewaff-
nung: man sieht hier deutlich den
Unterschied zwischen der Beborstung
der Thorakal- und Abdominalsegmente,
auf den letzteren gehören die der
Mitte am nächsten stehenden Borsten
(2 auf jedem Segment 1 der Parador-
salreihe und die seitlich stehende
Einzelborste der Subdorsalreihe an.
Nach S t a in t o n.
Die Stellung der Borsten zueinander ist gewöhnlich auf den Thorax-
segmenten eine andere als auf den Abdominalsegmenten, wo die Borsten der
Paradorsal- und Subdorsalreihe meist ein Trapez bilden (s. Abb. 39 B). Auch
sonst finden sich nicht selten Abweichungen an einzelnen Segmenten, die mit
dem Vorhandensein oder Fehlen der Stigmen, der Bauchfüße usw. zu-
sammenhängen. Auch in den größeren systematischen Kategorien finden sich
bisweilen charakteristische Unterschiede in Zahl und Stellung der Borsten,
wie z.B. Baer^) für die Raupen der Pyraliden und Tortriciden gezeigt hat.
Die Rumpf Segmente sind im übrigen sehr verschiedenartig bekleidet.
1) Wahl, Bruno, Zur Kenntnis schädlicher Schmetterlingsraupen, i. Die
Raupe von Plodia interpunclella Hw. — Zeitschr. f. d. landw. Versuchsw. in Öster-
reich, 1905.
-) Baer, W.. Ein Fraß von Slegaiwpt . iianaiia nebst Bemerkungen über ähn-
lich lebende Kleinfalter. — Nat. Zeit. f. Land- u. Forstw. 4. 1906.
I. Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie. 31
Viele Raupen sind mehr oder weniger dicht behaart (gleichmäßig oder in
Büscheln), andere sind ohne dichteres Haarkleid (,,nackt"), oft zeigen sie
verschiedenartige Fortsätze, Hörner, Verdickungen usw.
Sehr verschieden sind auch Färbung und Zeichnung, die einer-
seits das bunteste und lebhafteste Muster zeigen ^j; andererseits kann die
Färbung unscheinbar und eintönig und ohne jede Zeichnung sein; letzteres
trifft vor allem für solche Raupen zu, die im Inneren der Nahrungspflanzen
oder in besonderen Schutzhüllen leben.
Die Färbung der Raupen setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:
der Färbung des Chitins, also der äußeren Haut oder Cuticula, und der
Farbwirkung der unter der Cuticula liegenden Pigmentkörner. Letztere sollen
pflanzlichen Ursprungs sein, also von der aufgenommenen Nahrung stammen
und auf die bei der Pflanze vorhandenen Farbkörner, in der Hauptsache
Chlorophyllkörner, zurückzuführen sein. Das Chlorophyll würde danach im
Darm der Raupe eine Veränderung erfahren in der Weise, daß einige der es
zusammensetzenden Stoffe abgespalten werden, der Rest vom Körper auf-
genommen und mit dem Blut der Haut zugeführt wird, wo die so verein-
fachten Chlorophyllkörner als ,, Pigment" abgelagert werden-). ,,|e nachdem,
welche Stoffe und wieviel vom pflanzlichen Farbstoffträger abgesondert
werden, verändert sich auch die Farbe des Pigmentes." Endlich wirkt dann
die Chitinfarbe mit dem Pigment zusammen, und so setzen sich die oft recht
komplizierten Zeichnungen und Färbungen der Raupe zusammen (Hering).
Nach Hering erklärt sich auch daraus, daß manche Raupen im Herbst, da
sich die Blätter bräunlich färben, bräunlich, im Frühjahr, da der Raupe aus
frischem Blattgrün bestehendes Futter zur Verfügung steht, grün gefärbt sind,
wie dies z. B. bei der Raupe von Geometra papilionaria L. der Fall ist. Auch
die Färbungsänderung der Raupe von Dasychira pudibimda L. ist nach dem
gleichen Autor auf diese Ursache zurückzuführen, ebenso die Erscheinung,
daß die Räupchen, die eben aus dem Ei geschlüpft sind und noch keine
Nahrung zu sich genommen haben, oft anders gefärbt sind als nach der ersten
Häutung, da ja bei der Eiraupe die Färbungen lediglich auf Chitinfarben
beruhen. Übrigens können auch nach späteren Häutungen die verschiedenen
Stadien in Färbung und Zeichnung nicht unwesentlich voneinander ab-
weichen.
Die Zahl der Häutungen'') ist je nach den Arten recht verschieden,
die Raupen mancher Arten häuten sich nur 3 mal, während andere 7 — 8 Häu-
tungen durchmachen (z. B. Arctia caja). Am häufigsten sind 4 — 5 Häu-
tungen. Es gibt Arten, bei denen ein Teil der Individuen 4 mal, der andere
Teil 5 mal sich häutet, und zwar ohne Bezug auf das Geschlecht (z. B. Nonne).
1) Wo ausgesprochene Zeichnungen vorhanden sind, handelt es sich häufig um
über den ganzen Rumpf hinziehende Längsstreifen, die als Rückenlinie (Dorsale),
als Nebenrückenlinien (Subdorsale), noch weiter seitlich als Seitenlinie (Laterale
oder Stigmatale), über den Füßen als Fußstreif (Pedale), in der Bauchmitte als
Bauchstreif (Ventrale) und seitlich am Bauch als Nebenbauchlinie (Supraventrale)
bezeichnet werden.
2) Nach den neuesten Untersuchungen von P. F. Meyer (Sitzungsber. Nat. Ges.
Rostock, Bd. II, 1929) werden die Pflanzenfarbstoffe Chlorophyll und Xantophyll
vom Körper der Raupen nicht aufgenommen. Die Farbstoffe, die in der Lymphe der
Raupen auftreten, lassen sich auf chemischem Wege nicht mit Chlorophyll oder
dessen Derivaten identifizieren; es handelt sich hierbei wahrscheinlich um selb-
ständig vom Raupenkörper gebildete Farbstoffe.
S) Über die näheren Vorgänge bei der Häutung s. Bd. I, S. 145.
32
I. Allgemeiner Teil.
Bei anderen dagegen hängen die Häutungsunterschiede mit dem Geschlecht
zusammen, wie z. B. bei Orgyia, bei der die männlichen Raupen sich 3 mal,
die weiblichen 5 mal häuten. Durch die Häutungen werden die einzelnen
Stadien begrenzt: man nennt die aus dem Ei geschlüpfte Raupe bis zur
I. Häutung „Ei raupe", von der i. bis zur 2. Häutung „Einbaut er", von
der 2. bis 3. Häutung „Zweihäuter" usw. Wo die verschiedenen Entwick-
lungsstadien in Färbung usw. gleichbleiben, geben am besten die Maße des
Kopfes, der ja seine Größe während eines Stadiums nicht mehr ändert, Auf-
schluß über das Alter der Raupe.
Bezüglich der inneren Anatomie der Raupe sei nur kurz auf den
gewaltigen Unterschied gegenüber der Imago im Bau des Darmkanals hin-
gewiesen, begründet in der völlig verschiedenen Ernährungsweise der beiden
(s. Bd. I, Abb. 61). ferner auf das Vorhandensein paariger
Spinndrüsen, in die Spindel mündend, deren Sekret im
Leben der Raupen eine wichtige Rolle spielt, z. B. bei
der Fortbewegung, zur Herstellung von Gehäusen, zum
Spinnen von Kokons vor der Verpuppung usw.
Da das Geschlecht des zukünftigen Falters schon bei
der Befruchtung festgelegt wird, so sind auch die Raupen
schon \'om i. Stadium an geschlechtlich differenziert. Im
allgemeinen besitzen schon die jüngsten Raupen die An-
lagen der Geschlechtsdrüsen wie auch die der Ausführ-
gänge, ohne daß aber letztere schon ausmünden. Die An-
lagen der Keimdrüsen stellen ein Paar kleiner, ovaler
Körper dar, die etwa in der Gegend des 4. u. 5. Abdominal-
segmentes liegen (Abb. 40). Gewöhnlich sind die weib-
lichen Anlagen etwas größer als die männlichen. Außer
diesen primären Sexualdifferenzen kommen bei manchen
Raupen auch sekundäre Geschlechtsmerkmale
vor, die die Erkennung des Geschlechtes ohne weiteres er-
möglichen. Am häufigsten bestehen diese Differenzen in
einer verschiedenen Färbung der Blutflüssigkeit, indem
diese z. B. beim Männchen gelb, beim Weibchen grün ist
(wie bei Biston hirtariits GL). Bei manchen Klein-
schmetterlingen existieren auch morphologische Unter-
schiede, wie z. B. bei Chimabacche. deren männliche
Vorderbeinen merkwürdige Anschwellungen besitzen, die
Al)h.4o. Raupe eines
KIriiisrhnu'tterlings
{L '/ysld (inihiaiiella
Hb.) von oben ge-
sehen, die Hoden
sichtbar. Schema-
tisch nach Dewitz
(aus S t e 1 1 w a a g).
Raupen an den
den weiblichen Raupen fehlen.
Eine nachträgliche Änderung des Geschlechtes im Rau-
penstadium ist also unmöglich, und wenn behauptet wird, daß durch
unzureichende Ernährung der Raupen der Prozentsatz der Männchen ge-
hoben werden kann, so liegt hier ein Fehlschluß vor, darauf beruhend, daß
das männliche Geschlecht im allgemeinen gegen ungenügende Ernährung viel
widerstandsfähiger ist als das weibliche (Hering).
C. Puppe.
Die meisten Schmetterlingspuppen gehören dem Typus der Pupa ob-
tecta (s. Bd. I, S. 165) an, d. h. die Gliederhüllen sind fest miteinander ver-
schmolzen, so daß beim Auskriechen des Falters die Hülle nur in einigen
Stücken aufbricht. Nur bei den primitivsten Formen (Micropterygiden usw.)
Kurze Übersicht über die Morphologie und Anatomie.
33
kommen noch Pupae liberae (Abb. 41 A) vor. Zwischen diesen beiden Ex-
tremen kennen wir eine Reihe von Zwischenformen, Pupae semiliberae (oder
incompletae), bei denen die Verlötung der Chitinhüllen der einzelnen Teile
eine so lockere ist. daß beim Schlüpfen die einzelnen Gliederhüllen sich weit-
gehend voneinander trennen; die hierher gehörigen Puppen sind durch eine
große Beweglichkeit ausgezeichnet, die noch durch besondere Anhänge, wie
Dornenkränze usw. unterstützt wird (Cossiden, Sesiiden, Tineiden u. a.).
Auch die Pupa obtecta macht in ihrer Entwicklung gewissermaßen das
Stadium der Pupa libera durch (s. Abb. 41 B), indem unmittelbar nach dem
Abstreifen der letzten Raupenhaut die Extremitäten noch deutlich vom Leib
- I
'(AI) Y
II
III
A B
Abb. 41. A Puppe eines primitiven Schmetterlings ( Eriocrania), Pupa libera mit
großen Mandibeln. B Puppe eines Schwärmers, die eben die Raupenhaut abgestreift
hat, noch mit den Merkmalen einer Pupa libera. — Ä Fühler, E Epipharynx, Hfl
Hinterflügel, Z Labialpalpus, Md Mandibeln, Mrp Maxillarpalpus, O Auge, l'fl
Vorderflügel, /. //, /// Vorder-, Mittel- und Hinterbein, l'—X/F und All— A XI
Ziffern der Leibesringe. Nach S p u 1 e r.
abstehen und auch der Hinterleib noch langgestreckt erscheint (s. Bd. I,
Abb. 167). Doch sehr rasch schon geht dieses Stadium in die definitive Form
der bedeckten Puppe über.
In Gestalt und Färbung zeigen die Schmetterlingspuppen eine ziemliche
Eintönigkeit und Übereinstimmung: meist sind sie walzenförmig, nach vorn
und hinten mehr oder weniger verschmälert und hellbraun bis schwarzbraun
oder schwarz gefärbt, auch grünliche Töne sind nicht selten. Verhältnismäßig
wenige sind mit Ecken und Vorsprüngen versehen und zeigen eine bunte
Färbung (Tagfalter). Bei allen Puppen ist die Dreiteilung des Körpers in
Kopf, Brust und Abdomen deutlich zu erkennen, wenn auch der Kopf wenig
stark abgetrennt erscheint.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 3
84
I. Allgemeiner Teil.
Am Kopf sind die Augen, Fühler und Mundgliedmaßen gut erkennbar.
Mandibeln sind nur bei den primitiven Micropterygiden gut ausgebildet
(Abb. 41 A), bei allen übrigen sind sie nur noch als kleine erhabene Stellen
sichtbar. Der Rüssel ist sehr verschieden entwickelt, am stärksten bei den
Sphingiden (s. Bd. I. S. 166, Abb. 166 B). Die Brustsegmente sind dorsal
gut sichtbar, während sie ventral von den Anhängen (Beinen, Fühlern und
Flügelscheiden) verdeckt sind. Von den Flügelscheiden sind in der Regel
nur die der Vorderflügel zu sehen, die einen großen Teil der Ventralseite
einnehmen, sehr verschieden lang sein
und sich über einen großen Teil des
Abdomens erstrecken können. Zwischen
ihnen liegen die Fühler- und Bein-
scheiden, die bisweilen noch über die
Hinterenden der Flügelscheiden ein
Stück weit hinaus, ja bis zum Analende
ragen können (Abb. 42). Stigmen sind
an der Brust nur in i Paar vorhanden.
Am Abdomen lassen sich in der Regel
10 Segmente feststellen, von denen der
eine Teil unbeweglich fixiert, der an-
dere (meist die Segmente 4 — 6) beweg-
lich ist. Besondere Beachtung verdienen
die letzten Segmente, die die Anlagen
der Geschlechtsöffnungen tragen: bei
der männlichen Puppe am 9., bei der
weiblichen entweder am 8. oder, und
zwar in den weitaus meisten Fällen, am
8. und 9. Segment, am 8. entsprechend
dem Ostium bursae, am 9. dem Ovi-
porus (Abb. 42 B). Man kann an die-
sem Merkmal das Geschlecht
der Puppe ohne weiteres er-
kennen. Am IG. Segment ist die An-
lage der Afteröffnung gelegen, außer-
dem sitzt demselben meist noch ein als
Haftorgan dienendes Endstück an, der
sog. Cremaster, der wohl als Rest
des 1 1 . Segmentes aufgefaßt werden
kann. Er zeigt die verschiedensten
Formen, ist oft mit Dornen, Haken-
borsten usw. bewaffnet und gibt ein
gutes Merkmal zur Artbestimmung der Puppen ab. Stigmenanlagen sind an
den ersten 8 Abdominalsegmenten vorhanden, das i. Paar ist oft von den
Flügelscheiden bedeckt.
Als besondere Puppenorgane kommen bei den stark beweglichen Puppen
der primitiveren Formen am Hinterleib segmental angeordnet querverlau-
fende Dörnchen- oder Häkchenreihen vor, mit deren Hilfe sie sich aktiv
fortbewegen können (z. B. um sich vor dem Schlüpfen mit dem Vorderteil
aus ihrer Wiege herauszuarbeiten), ferner bisweilen auch besondere Vor-
richtungen am Kopf zum Durchbrechen des Kokons (Kokonbrecher).
Abb. 42. A Männliche Puppe von
Tinea pelionella, B Hinterende der
weiblichen Puppe von Pieris braasicae
■ — a Fühler, a bc Ostium bursae,
an After, a o Oviporus, c Clypeus,
cx^ — cx^ Coxae i — 3, e Augen, / Stirne,
ga männliche Genitalöffnung, If La-
bialpalpen, Ig^ Ig2 Beine, md Man-
dibeln, tnp Maxillarpalpen, fc Flügel,
VIII— X 8. bis IG. Abdominalseg-
ment. Nach Imms.
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge. 35
Über den Ort der Verpuppung. über die Befestigung der Puppe, über
den Schutz der Puppe durch Kokon siehe S. 47.
D. Ei.
Das Schmetterlingsei besitzt eine Eischale (das Chorion), die entweder
glatt bzw. eine nur mikroskopisch wahrnehmbare feine Felderung besitzt oder
mit deutlicher grober Skulptur, wie Körnern, Rippen usw. versehen sein kann.
Die Schale ist an einer Stelle von mehreren Kanälen durchsetzt zum Durch-
tritt des Spermatozoons, es ist dies die sog. Micropyle, die meist schon äußerlich
erkennbar ist durch die sie umgebende besondere Zeichnung oder Skulptur.
Die Lage des Micropylenfeldes ist verschieden, entweder am oberen, der An-
heftungsstelle gegenüberliegenden Pol oder an der Seite, im ersten Fall
spricht man von „aufrechten", im letzteren Fall von „liegenden" Eiern.
Die Form der Eier kann sehr verschieden sein: länglich oval, kugelig,
halbkugelig, birnförmig, kugelig, flachtellerförmig, kuchenförmig usw.
(s. Bd. I, Abb. 107).
Auch in der Färbung existieren nicht geringe Unterschiede bei den
einzelnen Arten, wir kennen neben den gelblichen, grünlichen vmd bräun-
lichen Eiern auch solche von sattgelber oder roter Farbe. Übrigens kann die
Eifärbung bei ein und derselben x^rt sich mehrfach ändern, wofür wir im
speziellen Teil zahlreiche Beispiele kennenlernen werden.
Über den Ort und die Form der Gelege siehe S. 42.
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge.
A. Lebensweise der Falter.
Das Schlüpfen.
Ist der Falter in der Puppe fertig entwickelt, so sprengt er die Puppen-
hülle meist am Kopf und den ersten Thoraxsegmenten (Bd. T Abb. 171) und
arbeitet sich durch die entstandene Öffnung heraus. Er macht dabei durch-
aus noch keinen fertigen Eindruck, da die Flügel noch völlig schlaff als
häutige Säckchen am Leib herabhängen. Doch in kurzer Zeit, in wenigen
Minuten bis einer halben Stunde, sind diese durch Einpumpen bzw. Auf-
saugen i) von Blut entfaltet, so daß sie das normale Aussehen erhalten.
Es bedarf dann aber erst noch einiger Zeit, bis die Flügel vollständig er-
härtet sind.
1) Nach Hasebroek (,, Neues zur Entwicklung des Schmetterlingsflügels,
speziell nach dem Schlüpfen des Falters aus der Puppe" in: Pflügers Arch. f. d.
ges. Physiol. 207. Bd., 1925, S. 140 — 155) ist hierbei die (bisher allgemein herr-
schende) Annahme eines aktiven Einpressens des Blutes von Seiten des Falters nicht
nötig. Als Triebkräfte für das Eindringen des Blutes in die Flügel kommt nach
Hasebroek in erster Linie eine kapillare Aufsaugung in Betracht, sodann tritt zur
restlosen Einfüllung des Flügelinneren in der Hängelage der noch weichen Flügel
die Wirkung der Schwere hinzu, wodurch zugleich die letzte Querfaltung der Mem-
branen beseitigt wird. Die Flügeladern stellen bis zum letzten Sta-
dium der Entfaltung nicht geschlossene Röhren, sondern Hohl-
rinnen auf der unteren Membran dar, die erst dann zu Röhren werden,
wenn die obere Membran sich auf die untere legt und mit dieser verklebt. Das
Eindringen des Blutes in das Innere des Flügelsackes erfolgt dementsprechend zu-
nächst als Ganzes, während der Blutinhalt in den Adern im fertigen Flügel auf die
nachträgliche Einengung des Blutes beim Abschließen der Hohlrinnen nach oben
durch die sich darüberlegende obere Membran zurückzuführen ist.
3*
36 I- Allgemeiner Teil.
Das Schlüpfen geht meist zu ganz bestimmten Tagesstunden vor sich,
oft mit erstaunlicher Pünktlichkeit. In der Regel verlassen die Tagfalter ihre
Puppenhülle in den frühen Morgenstunden, die Nachtfalter am späten Nach-
mittag. Die unmittelbare Veranlassung zum Schlüpfen soll zum Teil in
Witterungseinflüssen gelegen sein, insofern, als das Schlüpfen vornehmlich
bei einem barometrischen Minimum einsetzen soll. Zur Zeit des niederen
Luftdruckes sei der Druck der in der Puppe eingeschlossenen Luft stärker
und drücke so stark auf die Puppenhülle, daß es nur einer geringen Nach-
hilfe der darin eingeschlossenen Imago bedürfe, um ins Freie zu gelangen,
worüber sehr interessante Beobachtungen und Experimente von Pictet-)
vorliegen.
Nach Hering dürfte das Sprengen der Puppenhülle auch auf die zu
Zeiten eines geringen Luftdruckes gesteigerte Lebenstätigkeit des einge-
schlossenen Falters zurückzuführen sein. Wir wissen, daß bei einem baro-
metrischen Tief (z. B. in schwülen Nächten) die Falter sehr viel lebhafter
sind als sonst, sowohl bezüglich des Fluges als auch des Liebeslebens usw.
Möglicherweise wirken die beiden Faktoren zusammen, um die Sprengung
zu bewirken. Daß ein hoher Barometerstand hemmend auf das Schlüpfen
wirkt, wurde mehrfach beobachtet, ja, bei längerer Dauer desselben erfolgte
vielfach ein Schlüpfen überhaupt nicht, so daß der Prozentsatz der Sterb-
lichkeit der Falter in der Puppe ein recht hoher war.
Auch noch andere Faktoren begünstigen das Schlüpfen. So scheint bei
Faltern, die sehr lange als fertig ausgebildete Imagines noch in der Puppe
verbleiben, das Einsetzen von Nachtfrösten der letzte Anstoß zum Schlüpfen
zu sein. Auch durch mechanische Reize kann das Schlüpfen ausgelöst werden,
was Ti tschack bei den Puppen der Kleidermotte gelang. „Während nor-
malerweise jeden Tag eine bestimmte Anzahl von Puppen auskroch, erfolgte
nach einer Erschütterung das Schlüpfen explosionsartig, so daß alle schlüpf-
reifen Falter zur selben Zeit die Puppe verließen und in den nächsten
darauffolgenden Tagen keine Imagines mehr erschienen." Nach Hering
mag in diesem Fall die Erschütterung ähnlich wie der niedere Barometer-
stand zu einer gesteigerten Lebenstätigkeit des eingeschlossenen Falters ge-
führt haben. Auch die Luftfeuchtigkeit dürfte eine gewisse Rolle beim
Schlüpfen spielen, und oft ist eine Zeit großer Trockenheit die Ursache,
daß der Falter sich nicht seiner Hülle entledigen kann.
Bei vielen Schmetterlingen ist mit dem Sprengen der Puppenhülle der
Weg in den Lebensraum noch nicht frei gemacht. In allen Fällen, in denen
die Puppen verborgen sind, sei es in einem Blattgehäuse oder in einem
Kokon, muß erst auch aus diesem Gefängnis ein Ausweg geschaffen werden.
Vielfach ist diese Arbeit der Puppe selbst übertragen, die stark beweglich,
mit Dornenkränzen an den Segmenten und vielfach auch noch mit scharfen
Spitzen am Kopf versehen, die entgegenstehenden Hindernisse durchbricht,
so daß der schlüpfende Falter unmittelbar ins Freie gelangen kann.
Wo jedoch die Puppe nicht aktiv den Kokon verläßt, sondern in ihm
verbleibt, wird die Befreiung auf verschiedene Weise ermöglicht. In den
meisten Fällen treffen schon die Raupen beim Spinnen des Kokons Vorsorge
für das Auskommen des Falters, und zwar dadurch, daß der Kokon nur an
2) Pictet, A., Influence de la pression atmospherique sur le developpement
des Lepidopteres. Arch. Sei. Phys. Hist. Nat. Geneve. 44. 1917.
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge. 37
dem einen Ende geschlossen ist, am andern dagegen eine Öffnung besitzt,
welche das Eindringen von außen her verhindert, andererseits aber dem
Druck des nach außen strebenden Falters durch elastisches Nachgeben
keinen ernsten Widerstand entgegensetzt (Bd. I, Abb. i68).
Es gibt jedoch auch Kokons, die keine präformierte Öffnung besitzen,
sondern einheitlich gesponnen und also völlig geschlossen sind. Diese müssen
natürlich von dem Falter erst geöffnet werden. In vielen Fällen geschieht
dies dadurch, daß der Falter eine Flüssigkeit aus den Speicheldrüsen aus-
scheidet, durch welche die Bindesubstanz des Gespinstes (Sericin) zur Ver-
quellung gebracht und so das Gefüge des Gespinstes gelockert wird. Bei
manchen Kokons ist aber die Wand durch sekundäre Inkrustierung so ver-
härtet, daß durch Erweichen allein kein Ausweg geschaffen werden kann, in
solchen Fällen muß die Wand richtig mechanisch zerstört werden. Es ge-
schieht durch besondere Kokonzähne, wie sie z. B. auf dem Kopf des
Falters von Lasiocampa quercus L. vorhanden sind; auch die hahnenkamm-
artige Stirnleiste mancher Prozessionsspinner ist nach Prelis^) Unter-
suchungen nichts anderes als ein Kokonzahn 2).
Wenn der Falter geschlüpft ist, die Flügel entfaltet und die Adern
erhärtet sind, so entledigt er sich des noch vorhandenen meist rötlichen
Darminhaltes durch den After. Wo eine Schmetterlingsart in großen Mengen
geschlüpft ist, kann man bisweilen die Blätter, den Boden usw. dicht mit
solchen „Blutstropfen" bedeckt finden, was zur Sage vom „Blutregen" führte.
Bezüglich des Zeitpunktes des Schlüpfens zeigt sich oft ein deutlicher
Unterschied der Geschlechter insofern, als das eine Geschlecht, entweder das
Männchen oder das Weibchen, früher schlüpft als das andere. Im ersteren
Fall spricht man von Proterandrie, im letzteren von Protogynie. Die
Proterandrie ist weitaus die häufigere. „Es ist dabei zu berücksichtigen, daß
das Männchen besser zur Nahrungsaufnahme befähigt ist als das Weibchen;
das Geschlecht, das zuerst erscheint, muß längere Zeit sein Leben fristen
als das später auf den Plan tretende. Das Weibchen besitzt meist geringere
Flugtüchtigkeit, darf sich auch wegen seines wertvollen Eiinhaltes nicht so
sehr exponieren wie das Männchen, kann demzufolge also auch die Nahrung
nicht so aufsuchen wie dieses" (He ring) 3). Beide Erscheinungen, sowohl die
Proterandrie wie die Protogynie sind als Einrichtungen zur Verhütung der
Inzucht anzusehen, die bei Schmetterlingen von besonders großen Schädi-
gungen begleitet zu sein scheint.
Die Ernährung.
Das Ernährungsbedürfnis der Falter ist im allgemeinen recht gering.
Ja, es gibt eine ganze Anzahl von Schmetterlingen, die als Imagines über-
haupt keine Nahrung zu sich nehmen und bei denen infolgedessen auch die
Mundwerkzeuge mehr oder weniger verkümmert sind; es sind dies meist
kurzlebige Arten, deren Lebensdauer auf Tage oder Stunden oder gar Mi-
nuten (Psychiden) beschränkt ist. Die Ernährung, wo eine solche überhaupt
^) Prell, H., Die Kopfzierate der Prozessionsspinner in ihrer biologischen
Bedeutung. — Zeitsch. f. ang. Ent. 1924 (X), S. 400.
2) Daß beim nahverwandten Eichenprozessionsspinner der Kamm fehlt, beruht
(nach Prell) auf der viel weicheren Beschaffenheit von dessen Kokon.
•5) Der ganze Fragenkomplex bedarf aber wohl noch eingehender Untersuchung.
38 I. Allgemeiner Teil.
nötig ist, erfolgt in diesen Fällen von innen heraus, von dem von der Raupe
übernommenen Fettkörper ^ ).
Die meisten Falter aber holen die Nahrung von außen. Mit Ausnahme
der primitivsten Formen, der winzigen Micropterygiden, die noch funktions-
fähige Mandibeln besitzen, und mit diesen Pollenkörner (von Ranunciiltis
oder Caliha) fressen, sind alle übrigen Schmetterlinge auf die Aufnahme
von flüssiger Nahrung angewiesen. Die Aufnahme geschieht mit Hilfe
des Rüssels, der zu diesem Zweck ausgestreckt und mit der Spitze in die
Flüssigkeit getaucht wird-). Das Emporziehen der Flüssigkeit durch den
Hohlraum des Rüssels geschieht nicht durch den sog. ,, Saugmagen", sondern
durch den hinter der Mundöffnung liegenden, mit starken Muskeln und zwei
Ventilen ausgestatteten Saugapparat (Schlundkopf). Will der Falter Flüssig-
keit einziehen, wird das hintere Ventil geschlossen und der Schlundkopf aus-
gedehnt, wodurch ein luftverdünnter Raum entsteht, in den die Flüssigkeit
einströmt. Ist der Schlundkopf damit gefüllt, wird das vordere Ventil ge-
schlossen, das hintere geöffnet und zugleich der Schlundkopf verengt, wo-
durch die Flüssigkeit in den „Saugmagen" gepreßt wird. Indem sich das
Öffnen und Schließen der beiden Ventile mit großer Geschwindigkeit voll-
zieht, entsteht ein kontinuierliches Strömen der Flüssigkeit durch den Rüssel
in den Darm des Schmetterlings hinein (Hering).
Die meisten Schmetterlinge sitzen während des Saugens ganz ruhig auf
ihrer Nahrungspflanze, andere klappen dabei langsam die Flügel auf und zu,
wieder andere laufen eifrig auf den Blüten umher. Viele nehmen „mit den
Flügeln vibrierend" ,,in Bereitschaftsstellung" die Nahrung auf, während
wieder andere, die Sphingiden, bei ungeheuer schnellem Flügelschlag in der
Luft vor der Blüte stehend ihren Rüssel in das Innere derselben versenken.
Die Bewegung erfolgt dabei so schnell, daß man meist nur den Körper des
Tieres, nicht aber die schlagenden Flügel unterscheiden kann (z. B. beim
„Taubenschwänzchen").
Es ist hauptsächlich der von den Pflanzen abgesonderte Honig (Nek-
tar), der den Faltern, von dessen Geruch angelockt 3), zur Nahrung dient*).
Doch werden auch andere Säfte nicht verschmäht, so der süße Fruchtsaft
von geplatzten Birnen oder Äpfeln, ferner ausfließender Baumsaft, an dem
1) Das Fettgewebe im Schmetterlingskörper ist von einer dünnen Bindegewebs-
haut umgeben. Bei manchen Arten pflegt diese Haut leicht zu reißen, sei es durch
Verletzungen, sei es durch beim Eintrocknen des in die Sainmlung gebrachten
Falters entstehende Schrumpfung. Das Fett dringt dann in alle Teile des Körpers
und der Flügel, wodurch diese ein „öliges" Aussehen bekommen (Hering).
2) Bei der Nahrungsaufnahme der Schmetterlinge spielen nicht nur orale,
sondern auch pedale Geschmacksorgane (d. h. solche, die an den Fußspitzen sitzen j
eine bedeutsame Rolle. Sobald die Füße eines SchmetterUngs mit einer Zucker-
lösung in Kontakt kommen, wird der Rüssel vorgeschnellt, wobei er auf die süße
Unterlage trifft. Diese pedalen Geschmacksorgane besitzen eine überaus große
Empfindlichkeit; sie reagieren noch auf eine Zuckerlösung, die etwa 2 50 mal stärker
verdünnt ist als eine für den Menschen eben merkliche süße Zuckerlösung.
(K. v. Frisch, Versuche über den Geschmackssinn der Biene. — Die Naturw.,
1930-)
3) In der Hauptsache sind es die ,,terpenoiden Duftstoffe" Kerner von
Marilauns, die als Anlockungsmittel dienen, sie beruhen auf dem Gehalt an äthe-
rischen Ölen (s. Hering, S. 121).
*) Daß durch das Holen des Nektars aus den Blüten durch die Schmetter-
linge zugleich die Bestäubung der Blüten vermittelt wird, ist ja allgemein bekannt.
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge. 39
sich oft Scharen von Schmetterlingen ansammeln i), auch Blattlauskolonien
werden aufgesucht, um die von den Läusen ausgeschwitzten Exkrete zu
schlürfen. Daß der Bienenhonig eine beliebte Nahrung des Totenkopfes
(Acherontia atropos L.) darstellt, ist allen Imkern bekannt.
Manchmal scheint sich ein unstillbarer Durst einzustellen, vor allem bei
gewissen Eulen, die sich von den „Naturkneipen", die durch fließende Bäume
gebildet werden, oder auch von den „Kunstkneipen", die der ködernde
Sammler 2) errichtet hat, kaum mehr trennen können, und die sich bisweilen
so vollsaugen, daß sie am Flug behindert sind (Spul er) 3).
Manche Schmetterlinge werden durch andere Gerüche, die nichts
weniger als süß sind, angezogen. So übt der menschliche Schweiß auf viele
Tagfalter eine große Anziehungskraft aus, was man als Bergsteiger erfahren
kann, wenn man sich nach anstrengendem Marsch zur Ruhe hinsetzt und von
Faltern geradezu überfallen wird. Auch durch noch weniger angenehm
riechende Düfte werden manche Falter zur Nahrungsaufnahme angelockt,
wie durch zerfließenden Käse oder frische Exkremente.
Das Geschlechtsleben.
Das Geschlechtsleben der Schmetterlinge drängt sich in der Regel auf
eine kurze Zeit unmittelbar oder jedenfalls bald nach dem Ausschlüpfen der
Falter zusammen. Eine über längere Perioden sich hinziehende Geschlechts-
tätigkeit oder gar öftere Wiederholungen nach längerer mit Regenerations-
vorgängen ausgefüllter Unterbrechung, wie wir sie bei vielen Käfern kennen-
gelernt haben (z. B. Hylobius, Pissodes usw.), gibt es bei den Schmetter-
lingen nicht.
Die Anziehung der beiden Geschlechter wird in den weitaus meisten
Fällen durch den Geruch bewirkt (nur bei den Tagfaltern spielt auch der
Gesichtssinn hierbei eine bedeutende Rolle). So sind besondere Duft-
organe bei den Schmetterlingen eine häufige Erscheinung. Die von ihnen
abgeschiedenen Duftstoffe sind bei Männchen und Weibchen bezüglich ihrer
Reichweite und Wirkung verschieden. Beim Weibchen haben die Düfte die
Bedeutung eines Anlockungsmittels für das Männchen, sie sollen daher mög-
lichst weit wirken. Auf welch unglaubliche, ja für uns Menschen unfaßbare
Entfernungen die Wirkung bisweilen reicht, zeigen Beobachtungen, wonach
Männchen viele Kilometer weit geflogen sind, um zu einem eingesperrten
Weibchen zu gelangen. ,,Es werden sogar Fälle berichtet, wo die Männchen
durch den Schornstein in ein Zimmer gelangten, wo ein zu ihrer Art ge-
höriges Weibchen sich befand, ja es ist sogar vorgekommen, daß ein Anflug
zu einer Schachtel stattfand, in der im vorhergehenden Jahr ein Weibchen
1) In den Baumsäften sind oft Bakterien und andere pathogene Mikroben ent-
hahen. So können durch von Baum zu Baum fliegende Falter Krankheiten ver-
breitet werden.
2) Als Köder werden verschiedene Substanzen verwendet: getrocknete Apfel-
schnitten mit Zuckerwasser getränkt, oder Honig oder Sirup mit Braunbier und
Zucker versetzt (zu gebrauchen erst nach einigen Wochen, wenn die Mischung in
Gärung übergegangen ist).
3) Über die ernährungsphysiologischen Vorgänge hat in neuerer Zeit \V. K.
Stober Untersuchungen angestellt („Ernährungsphysiologische Untersuchungen bei
Lepidopteren," Z. f. vergl. Physiol. Bd. 6, 1927). Danach war bei solchen Faltern,
die Nahrung zu sich nahmen, nur eine Rohrzuckerspaltung nachweisbar, während
eine Stärke-, Fett- oder Eiweißspaltung oder -resorption nicht festzustellen war.
Bei Faltern, die keine Nahrung mehr aufnehmen, fehlt jedes Verdauungsferment.
Der Darm fungiert hier lediglich als Reservoir für den Puppenkot.
40
I. Allgemeiner Teil
m
gehalten wurde" (Hering). Auch ist der Anflug oft sehr groß, Fälle, daß
50 oder 100 und mehr Männchen sich in kurzer Zeit um ein Weibchen
scharten, sind nicht selten beobachtet worden. Das Abgeben von Duftstoffen
scheint nur von begrenzter Dauer zu sein, und in der Regel aufzuhören, so-
bald die Begattung vollzogen ist, wenigstens findet dann gewöhnlich kein
Anflug von Männchen mehr statt (eine Ausnahme bilden nur die Arten, bei
denen eine mehrmalige Kopula vollzogen werden muß, siehe unten).
Hering nimmt an, daß irgendein Zusammenhang zwischen den Genital-
bewegungen, die das zur Begattung geneigte Weibchen ausführt, und der
Duftausstrahlung besteht, etwa in der Weise, daß durch jene Bewegungen ein
Druck auf die den Duft-
stoff erzeugenden Drüsen
ausgeübt wird, wodurch
diese ihren Inhalt nach
außen abgeben.
Während also die
weiblichen Duftstoffe zur
Anlockung des Männ-
chens dienen, hat der vom
Männchen ausgehende
Duft hauptsächlich den
Zweck, das Weibchen
sexuell anzuregen, um es
zur Kopula zu treiben.
Da das Männchen den
Duft erst dann aus-
strömen läßt, wenn es ein
Weibchen gefunden hat,
so braucht dieser nur auf
geringe Entfernung wirk-
sam zu sein.
Auch bezüglich der
den Duft produzie-
renden Organe be-
stehen große Unterschiede
in beiden Geschlechtern.
Während sie beim Weibchen gewöhnlich am Ende des Abdomens, zwischen
dem 8. und 9. Abdominalsegment, sitzen, ist ihreLage beim Männchen außer-
ordentlich verschieden, sie können hier fast in jeder Körperregion vor-
kommen. Oft finden sie sich auf den Flügeln, über den ganzen Flügel zer-
streut oder an einzelnen Stellen auf der Ober- oder Unterseite lokalisiert,
oder in einem Umschlag („Costalumschlag") oder einer Einrollung des
Flügelrandes, oder aber an den Beinen, und zwar meist an den Hintertibien,
oder endlich auch am Abdomen, und zwar häufiger in der vorderen als in
der hinteren Region.
Die Duftorgane bestehen im allgemeinen aus zwei Hauptbestandteilen:
dem eigentlichen Drüsenorgan, das die Duftstoffe sezerniert und den meist
1) Kunike (Zeit. f. ang. Ent. Bd. XVI. 1930) wies nach, daß bei der kleinen
Wachsmotte (Achroea geisella F.) die cfcf Duftstoffe produzieren, die zur An-
lockung der OQ dienen. Das Verhältnis ist also hier umgekehrt.
A B C
Abb. 43. Verschiedene männliche Duftschuppen.
A \on Argynnis paphia L., B von Satyrus semele L.,
C von Pieris brassicae L., D von Lycaena arion L.
Nach Hering.
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge. 41
darüber sitzenden Dufthaaren, Duftschuppen oder dem Duftpinsel, die durch
möglichste Oberflächenvergrößerung eine schnellere Verdunstung bewirken.
Die Duftschuppen können die verschiedensten Formen zeigen, wie aus den
beigegebenen Abbildungen (xAbb. 43) zu ersehen ist.
Der Begattungsakt selbst vollzieht sich in verschiedener Weise. Bei
den Tagfaltern kommt das Männchen von oben herangeflogen und packt das
Hinterende des Weibchens mit seinen Genitalanhängen. Sobald es sich daran
verankert hat, dreht es sich herum, so daß es jetzt seinen Kopf vom Weib-
chen abgewendet hat, und schlägt nun seine Flügel nach oben zusammen,
worauf das Weibchen dasselbe tut; es kommen dann die männlichen Flügel
zwischen die weiblichen zu liegen. Bei den Nachtfaltern kommt das Männ-
chen unter heftigen Flügelschlägen von der Seite zu dem ruhig mit seinen
dachförmig an den Leib gelegten Flügeln dasitzenden Weibchen und sucht
mit seiner Hinterleibsspitze an die Genitalöffnung des Weibchens zu ge-
langen, um sich dort mit seinen Haftapparaten zu verankern. Dann dreht es
sich gewöhnlich ebenfalls wie das Tagfalter-Männchen um, so daß es wie
dieses vom Weibchen abgewandt sitzt. Dabei sitzt das Weibchen, wenn die
Kopula z. B. an einem Baum stattfindet, gewöhnlich oben, während das
Männchen herunterhängt (Bd. I, Abb. iioA u. B). Doch kommt es auch
vor, daß die verbundenen Tiere sich nach der Seite hin abbiegen, so daß die
Längsachsen der Tiere nicht mehr in einer Linie liegen, sondern einen
Winkel bilden, also die beiden Tiere mehr oder weniger nebeneinander sitzen
(s. Bd. I, Abb. III).
Die Vereinigung der beiden Geschlechter ist verschieden lang und auch
verschieden fest. Bei manchen Arten dauert sie nur wenige Minuten oder gar
Sekunden, bei andern dagegen stunden-, ja tagelang. Manche lassen bei der
geringsten Störung voneinander los, andere hängen so fest zusammen, daß
man sie in ein Giftglas stecken oder mit einer Nadel durchbohren kann, ohne
daß sie sich voneinander lösen (Hering).
Bei den meisten Schmetterlingen findet nur eine einmalige Begattung
statt. Bei manchen Arten ist aber eine mehrfache Begattung die Regel.
,,Bei ihnen scheint eine einmalige Befruchtung nicht auszureichen, den ge-
samten Eivorrat des Weibchens zu befruchten. In solchen Fällen unterbricht
das Weibchen nach einiger Zeit die Eiablage, um sich noch ein zweites und
später eventuell noch ein drittes Mal befruchten zu lassen. Verhindert man
die 2. oder 3. Kopulation, so bleiben die zuletzt abgelegten Eier unbefruchtet
und ergeben auch keine Raupen (z. B. bei einigen Orgyia- Arten).''
Über die Kopulationsorgane ist oben im xAbschnitt über Morphologie
schon das Wesentliche gesagt (siehe S. 14). Wir sahen dort, daß es sich im
allgemeinen um sehr komplizierte Organe handelt, die einerseits eine un-
geheure Mannigfaltigkeit, andererseits eine große Konstanz bei den einzelnen
Arten aufweisen. Eine Einrichtung, die wohl dazu dient, eine Kopula
zwischen zwei verschiedenen Arten mechanisch möglichst zu ver-
hindern. Es erscheint dies besonders nötig bei den Nachtfaltern (Hetero-
ceren), insofern, als bei diesen die Paarungslust der Männchen sehr stark
ausgeprägt und diese durch den weiblichen Duft so erregt werden, daß sie
keine Unterscheidungsfähigkeiten mehr haben und dann wahllos in der Nähe
befindliche Weibchen irgendeiner anderen Art zu begatten suchen. Daß aber
trotz der auf dem verschiedenen Bau der Kopulationsorgane beruhenden
„Abriegelung" bisweilen eine Kopulation zwischen artfremden Tieren statt-
42 I. Allgemeiner Teil.
finden kann, lehren uns zahlreiche Beobachtungen (siehe Hering, S. 170).
Es wurden nicht nur verschiedene Arten einer Gattung, sondern auch An-
gehörige verschiedener Gattungen in Kopula angetroffen. Doch bedeuten solche
Begattungen durchaus nicht immer auch Befruchtung; nur relativ selten folgt
der Kopula zwischen den Angehörigen zweier verschiedener Gattungen eine
Befruchtung, häufiger ist dies der Fall, wenn zwei nahverwandte Arten mit-
einander kopulieren. Die Bastarde, die aus solchen Kreuzungen entstehen,
sind gewöhnlich unter sich nicht zu weiterer Fortpflanzung fähig, wohl aber
kann eine solche durch Rückkreuzung mit der Stammart erzielt werden.
Fortpflanzungsfähige Nachkommen von Bastarden gehören zu den Selten-
heiten (z.B. Bislo/i po?no/iarii/s Yih.xB. hirtarius C\.). Einer interessanten Er-
scheinung ist in diesem Zusammenhang noch Erwähnung zu tun, daß näm-
lich bei Kreuzungen zweier verschiedener Arten zwitterartige Bildungen auf-
treten können 1).
Die meisten Weibchen schreiten unmittelbar nach der Kopula zur Ei-
ablage. Die Eier werden in der Regel auf der zukünftigen Nahrung oder
wenigstens nicht weit davon entfernt deponiert, meist an der Oberfläche an-
geheftet oder in Ritzen oder unter Schuppen geschoben, bisweilen auch etwas
in das Gewebe versenkt (bei gewissen Blattminierern). Es ist wohl fast aus-
schließlich der Geruch, der das Weibchen dabei leitet.
Das Weibchen dehnt bei der Eiablage die letzten x\bdominalsegmente
aus, oft zu einer langen Legeröhre, und preßt dann das Ei hindurch. Die
Eier werden nur in seltenen Fällen einzeln lose ausgestreut, meist werden
sie entweder einzeln oder paarweise oder in größeren Gelegen an der Unter-
lage festgeklebt. Die Gelege werden nicht selten mit der Afterwolle bedeckt
(wie beim Schwammspinner, dessen Eier unter einer schwammartigen Decke
verborgen sind, oder beim Goldafter usw.) oder mit einem Schutzüberzug
aus einem erstarrten Sekret überzogen usw. Bezüglich der Zahl, des Ortes
und der Art der Eiablage herrscht eine große Mannigfaltigkeit unter den
Schmetterlingen, so daß in vielen Fällen die Schmetterlingsart, von der die
Eier stammen, daran erkannt werden kann (s. Abb. 120, 122 u. 123 in Bd. I).
Die Zahl der Eier, die ein Weibchen ablegen kann, ist sehr verschieden,
bei manchen Arten bleibt sie unter 100, bei anderen steigt sie bis über 1000
(z. B. ^Irctia caja L.) und sogar bis fast 3000 (Bep. humuli L.)^).
Die Eiablage vollzieht sich nicht immer ununterbrochen, auf einmal.
Bei all den Arten, bei denen die Eier nach und nach reifen (siehe S. 19),
vollzieht sich naturgemäß auch die Ablage in verschiedenen Zeitintervallen.
B. Lebensweise der Raupe.
Ernährung.
Weitaus die meisten Raupen sind Pflanzenfresser. Die Art der
Pflanzennahrung ist ungemein verschieden. Es gibt wohl kaum irgendwelche
1) Verschiedentlich kommt auch Parthenogenese bei den Schmetterlingen
vor, und zwar sowohl fakultative als auch obligatorische. Es gibt Arten, die sich
ganz ohne Männchen fortpflanzen (verschiedene Psychiden), andererseits können wir
nicht selten beobachten, daß Falter, die normalerweise nur befruchtete Eier ablegen,
beim Fehlen von Männchen sich ihrer Eier auch in unbefruchtetem Zustand ent-
ledigen. Solche Eier gehen allerdings häufig zugrunde, doch können sie sich auch
zu normalen Raupen und Faltern entwickeln.
2) Die Zahl der Eier wird auch durch äußere Faktoren, wie Temperatur, Luft-
feuchtigkeit, Nahrungsmangel usw. stark beeinflußt. Näheres wird beim Spanner
und der Kieferneule ausgeführt.
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge.
43
Stoffe aus dem Pflanzenreich, die von den Raupen nicht gefressen werden.
Sowohl die Wurzeln als der Stamm, ferner Blüten oder Blütenknospen und
Früchte dienen als Nahrung, am meisten aber die Blattorgane. Die Art
und Weise, wie die Blätter bzw. Nadeln angegriffen werden, ist recht ver-
schieden. Meist beginnt der Fraß vom Blattrand her, es können dabei das
ganze Blatt bzw. die ganzen Nadeln mit Stumpf und Stiel verzehrt werden,
oder es werden nur Stücke herausgefressen. Ist im letzten Fall der Verlauf
des Fraßes derart, daß der größte Teil des Blattes abgeschnitten wird und
unbenutzt zu Boden fällt, so sprechen wir von einem „verschwenderischen
Fraß", der natürlich besonders schädlich wirkt (z. B. Nonne). Von den
vielen Fraßarten der Raupen seien erwähnt, der „Löcherfraß", „Skelettier-
fraß", ,, Schabefraß" und ,, Minenfraß" (Gang- oder Blasenminen). Bisweilen
werden durch Raupenfraß auch An-
schwellungen des befallenen Pflanzen-
teiles erzeugt, also Gallen. Übrigens
kommt es nicht selten vor, daß ein
und dieselbe Raupe während ihres
Lebens die Fraßart wechselt; so greift
die junge Kiefernspannerraupe die
Nadel von der Fläche an (Rinnen-
fraß), während die älteren Stadien
die Nadel vom Rand her befressen
(Schartenfraß); oder die Eschen-
zwieselmotte (Prays ciirtisclJus Don.)
miniert zuerst als junge Raupe in den
Eschenblättern, um später frei an
der Oberseite der Blätter zu fressen
usw., ähnliches finden wir bei vielen
anderen Motten. Manche Raupen er-
nähren sich ausschließlich von Algen,
so daß also von den niedrigsten
Pflanzen bis zu den höchstentwickelten
Blütenpflanzen kaum eine Pflanzen-
familie vom Raupenfraß verschont
bleibt.
Von den gefressenen Pflanzen-
stoffen wird die Zellulose in den
weitaus meisten Fällen nicht verdaut.
Als Hauptnährstoff kommt das Eiweiß in Betracht, daneben werden in ge-
ringerer Menge noch Fette und Öle aufgenommen. Alle übrigen Teile der
Pflanzensubstanz werden mit den Exkrementen wieder abgegeben. Der
Raupenkot ist verschieden geformt und oft sehr charakteristisch für die ein-
zelnen Arten (Abb. 44).
Bezüglich der Auswahl der Pflanzen verhalten sich die Raupen sehr
verschieden. Die einen sind mono p ha g, d. h. sie fressen nur eine einzige
Pflanzenart (oder höchstens nur ganz wenige sehr nah verwandte Pflanzen-
arten). Andere fressen gleichmäßig Pflanzen von einigen verschiedenen Gat-
tungen (meist aus derselben Familie, bisweilen aber auch aus verschiedenen
Familien): oligophage Raupen. Wieder andere fressen eine große An-
zahl der verschiedensten Pflanzen ohne jede Auswahl: polyphage Raupen.
i i 1 %%
L
Abb. 44. Raui)cnkot. A von S/'/ii/ix f'i-
iias/ri L., B \on DeiidroUniiis /^iiii L.
C von f.viiKinIria i/ioiiac/ia L. Vergr
44 I- Allgemeiner Teil.
Die polyphagen Raupen sind stammesgeschichtlich alte Formen, Monophagie
ist eine Erwerbung neueren Datums (Hering).
Die oligophagen Raupen verdienen auch vom botanischen Stand-
punkt aus besonderes Interesse, insofern, als durch sie bisweilen schon Ver-
wandtschaften von Pflanzenfamilien festgestellt wurden.
Hering erwähnt folgendes Beispiel: „Unsere Fliedermotte (Xanthospilapteryx
syringella F.) lebt an Flieder, Liguster und Eiche. Diese drei gehören mit dem Öl-
baum zur Familie der Oleaceen. Die Fliedermotte bezeugt durch den Fraß ihrer
Raupe, daß diese Zusammenfassung zu Recht besteht. Jn solchen Jahren jedoch,
wo sie sehr häufig auftritt und bald Futtermangel einsetzt, findet sie sich ausnahms-
weise auch an der Eisbeere [Sytnphoricarpus), die zu den Caprifoliaceen gehört.
Eine Verwandtschaft zwischen den letzteren und den Oleaceen ist erst in aller-
jüngster Zeit durch Serodiagnose festgestellt worden."
Interessant ist ferner die Beobachtung Herings, daß der Übergang der
obigen oligophagen Raupe auf eine so gewöhnliche Futterpflanze nur in Jahren
einer Massenvermehrung der Raupe gut bekommen ist, indem sie mit dem fremden
Futter fertig wurde, während sie in normalen Jahren, wenn sie auf neues Futter
gesetzt, zwar Minen verfertigte, aber bald darin zugrunde ging. Hering wirft da-
her die Frage auf, ob nicht in Jahren der Massenvermehrung einer Art die einzelnen
Individuen eine viel größere Zähigkeit besitzen, so daß sie dann der Schwierigkeit
der Nahrungsausnutzung Herr würden.
Bei manchen oligophagen Raupen besteht eine merkwürdige Zweiteilung
der Geschmacksrichtung; so haben viele der auf Rosaceen lebenden
Raupen (besonders von Kleinschmetterlingen) eine eigentümliche Zuneigung zur
Birke, d. h. sie leben außer auf Rosaceen nur noch auf Betula. Bei anderen,
z. B. den Arten der Tineidengattung Tischeria, bezieht sich die Zweiteilung des
Geschmackes auf Rosaceen und Quercifloren (Eichen). Von den Botanikern
werden die Betulaceen und Quercifloren für recht spezialisierte Pflanzenfamilien
gehalten, während die Rosifloren als ursprüngliche Familie gelten. „Eine nähere
Verwandtschaft zwischen beiden hat man nie zu konstruieren versucht, es scheint
aber, daß die Raupen hier besser Bescheid wissen und eine Verwandtschaft erkannt
haben, die vermutlich erst später von den Botanikern aufgefunden werden wird."
„So ist das Studium der Monophagie, Oligophagie und Polyphagie von Wichtigkeit
nicht nur für den Zoologen, sondern in gleichem Maße auch für den Botaniker"
(Heringji).
Die Oligophagie kann auch mit dem geographischen Vorkommen m
Beziehung stehen, so bevorzugt der graue Lärchenwickler (Semasia diiiiaiia
Gn.) in der Schweiz die Lärche, während er im Norden vor allem auf Fichte
und Kiefer vorkommt.
Auch ein und dieselbe Raupe kann während ihres Lebens die Ge-
schmacksrichtung ändern, so fressen die Raupen von den Incurvariiden
(aculeate Tineiden) zuerst in den Blättern von Birke, Weißbuche, Haselnuß
und anderen Bäumen, in späteren Stadien dagegen am Boden nur noch
niedere Pflanzen 2).
1) Gewiß wird man nicht selten oligophage Raupen auch auf Pflanzen an-
treffen, bei denen eine Verwandtschaft gänzlich ausgeschlossen ist. In vielen dieser
Fälle wird man aber finden, daß die in Frage kommenden Gewächse derselben
Biocönose, z. B. eines Torfmoores oder Buchenwaldes angehören. „Da liegt dann
der Verdacht nahe, daß hier eine Irritierung des Eier ablegenden Weibchens statt-
gefunden hat dadurch, daß dieses neue Substrat im Dunstkreis der normalen Futter-
pflanze gestanden hat." Man untersuche also in solchen Fällen genau, ob „die
Eiablage nicht im Geruchsschatten der gewöhnlichen Futterpflanze stattgefunden
hat; erst wenn dies unter allen Umständen ausgeschlossen ist, darf man versuchen,
auf ' verwandtschaftliche Beziehungen der Pflanze zu schließen" (Hering).
2) Man kann diese Arten in der Gefangenschaft auch zwingen, ihr Ursprung-
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge. 45
Auch monophage Raupen können unter bestimmten Bedingungen,
nämlich bei Massenvermehrungen, polyphag werden; so ist es eine bekannte
Erscheinung, daß die Raupen der „katastrophalen" Forstschmetterlinge
(Eule, Spanner usw.) bei Nahrungsmangel abbaumen und alle zur Verfügung
stehenden Pflanzen der Waldbiocönose fressen und dabei normale Falter
ergeben. Auffallend ist auch hier, daß im Zuchtkasten die betreffenden
monophagen Raupen lieber verhungern, als daß sie das ihnen gereichte
fremde Futter annehmen.
Manche Raupen sind an bestimmte Stoffe in der Pflanze so gewöhnt,
daß sie dieselben nicht mehr entbehren können. So nehmen Raupen, die an
den Gerbstoff angepaßt sind, Blätter, denen man künstlich die Gerbstoffe
entzogen hatte, nicht mehr an, dagegen fressen sie Blätter, die sie normaler-
weise verschmähen, wenn man sie mit Gerbstoff bestreicht i).
Auch parasitische und saprophytische Pflanzen haben ihre Liebhaber
unter den Schmetterlingen, wenn auch nur in sehr beschränkter Zahl. So
lebt z. B. die Raupe eines Kleinschmetterlings auf der Mistel. Manche
Raupen machen ihre Entwicklung in Pilzen durch, wie die Korkmotte
(71/iea cloacella Hw.), die außer im Kork auch in Baumschwämmen (Poly-
po/i/s) vorkommt.
Die Pilzfresser bilden einen gewissen Übergang zu den Formen, die
sich hauptsächlich von tierischen Stoffen nähren, wie die Kleidermotte,
deren Raupen von Wollhaaren, Hörn, Leder usw. leben, oder die Wachs-
motte, die durch Zerstörung der Wachswaben oft großen Schaden in Bienen-
stöcken anrichtet.
Es gibt auch Raupen, die von lebenden Tieren sich ernähren, wie
die Coccidiphaga scitula Rbr., die Schildläuse frißt (und dadurch nützlich
werden kann), oder die sogenannten Mordraupen, die neben ihrer Pflanzen-
kost andere Raupen anfallen. Es gibt eine ganze Anzahl solcher Mord-
raupen (s. Hering, S. 72 u. i'^), zu deren bekanntesten und bösartigsten
die Eule Calymnia trapeziiia L. gehört; sie greift alle nackten Raupen an
und verschont dabei ihre eigenen Artgenossen nicht. Kannibalismus ist über-
haupt ein hervorstechender Zug aller „Mordraupen"; ihm verfallen übrigens
bisweilen auch andere sonst harmlose Raupen, wenn sie z. B. bei Futter-
mangel in enger Gefangenschaft leben-).
Die Tageszeit, während der die Raupen dem Fraß obliegen, ist bei
den einzelnen Arten verschieden: viele Raupen fressen nur am Tage, andere
nur des Nachts. Von den ersteren bevorzugen manche den hellen Sonnen-
liches Futter beizubehahen, erhäk dann aber immer nur kümmerliche Zuchtresultate
(Hering).
1) Eingehende Untersuchungen über die Verarbeitung von tanninhaltigen Sub-
stanzen sind bei der Raupe des Eichenwicklers (Tort rix viridaiia L. ) gemacht
worden. Diese und andere sich von Eichenblättern nährenden Raupen besitzen in
den kelchförmigen Zellen ihres Mitteldarms Kristalle oder kristallähnliche Gebilde
einer tannoiden Substanz (wahrscheinlich eine Verbindung mit Proteinen). Durch
die Bindung in den kelchförmigen Zellen wird verhindert, daß die Tannine in das
Blut gelangen (Hering).
2) Es gibt auch einige Coprophagen (Kotfresser) unter den Schmetterlings-
raupen, die aber mehr gelegentlicher Natur zu sein scheinen. Das bekannteste Bei-
spiel hierfür ist die Kleidermotte (Tineola biselliella Hmm.j. „Wenn man einzelne
Raupen in ein fest verschlossenes Glas bringt und ihnen nur eine geringe Menge
Futter dazu reicht, so wird das gewöhnlich bald aufgefressen sein; die aus den
Puppen schlüpfenden Falter legen ihre Eier an den Kot der ersten Raupen ab,
46 I- Allgemeiner Teil.
schein, während andere im tiefsten Schatten leben. Während der Zeit, da
sie nicht fressen, pflegen manche sich zu verbergen, in den oberen Erd-
schichten, in Rindenritzen usw.
Verschiedenes.
Während die Mehrzahl der Raupen solitär leben, zeigen andere einen
ausgesprochenen Geselligkeitstrieb. Dieser kann sich auf das ganze
Raupenleben erstrecken oder nur auf einzelne Stadien. So leben die Raupen
verschiedener Spinner, wie die des Goldafters, Ringelspinners, Birkennest-
spinners usw. nur in der Jugend gesellig, während die Raupen des Pro-
zessionsspinners vom Schlüpfen bis zur Verpuppung in Gesellschaft bei-
sammen bleiben. Vielfach verfertigen die gesellig lebenden Raupen große
Gespinstnester, in denen sie dauernd bleiben und unter deren Schutz sie auch
fressen und sich verpuppen (Gespinstmotten), oder die Raupen verlassen
die Nester regelmäßig zur Nahrungsaufnahme, um sie ebenso regelmäßig
zur Ruhe oder zum Zwecke der Häutung und auch zur Verpuppung wieder
aufzusuchen (Prozessionsspinner) .
Auch bei den solitär lebenden Raupen gibt es viele, die sich Gespinst-
röhren machen oder Blattgehäuse, die sie durch Einrollen einzelner Blatt-
partien oder auch ganzer Blätter verfertigen. Manche Raupen tragen richtige
Säcke aus Pflanzenteilen oder anderen Stoffen (Erdpartikelchen usw.) ge-
fertigt mit sich herum, gleich wie die Schnecke ihr Schneckenhaus (Coleo-
phoriden und Psychiden).
Über die Häutungen der Raupen, ihre Zahl usw. wurde oben schon
berichtet; hier sei nur erwähnt, daß viele Raupen unmittelbar vor der
Häutung den Fraßplatz verlassen, um sich an geschützten Orten zu ver-
kriechen, weil sie in diesem Stadium, bevor die neue Haut erhärtet ist, vielen
Gefahren ausgesetzt sind. Durch die Häutung können die Raupen, worauf
auch schon oben hingewiesen wurde, wesentliche Veränderungen erfahren,
sowohl bezüglich Färbung, Zeichnung, Behaarung, als auch bezüglich der
Mundgliedmaßen, letzteres ist besonders da zu beobachten, wo sich die Er-
nährungsweise in den verschiedenen Stadien ändert.
Die Dauer des Raupenlebens ist ungemein verschieden, sie kann
von wenigen Tagen (manche Nepticula-Ar\.t.n) bis zu mehreren Jahren (Cos-
siden usw.) schwanken. Sie hängt auch von verschiedenen äußeren Faktoren
ab; ob die Raupenentwicklung in das Frühjahr oder in den Sommer oder in
den Herbst fällt und eventuell durch den Winter unterbrochen wird. Ferner
von der Temperatur und Feuchtigkeit; warme Witterung beschleunigt, kalte
verzögert im allgemeinen die Entwicklungsdauer. Deshalb hat die gleiche Art
in hohen kalten Gebirgslagen oder im Norden oft nur i, in warmen Gegenden
dagegen 2 — 3 Generationen (siehe darüber auch S. 57) ^). Des weiteren hat
auch die Nahrung einen gewissen Einfluß auf die Dauer der Entwicklung.
worauf die ganzen nun folgenden Generationen sich nur an dem Kot der vorigen ent-
wickeln, so daß man mehrere Jahre hindurch diese Zucht fortführen kann, ohne daß
die Tiere aussterben. Jede Generation nährt und entwickelt sich an den Exkre-
menten der vorigen. Doch kann man beobachten, daß bei den späteren Generationen
die Falter immer kleiner und kleiner werden, und es ist zu vermuten, daß diese
Entwicklung doch zeitig begrenzt ist."
1) Über die Abhängigkeit des Larvenlebens von Temperatur und Luftfeuchtig-
keit siehe auch bei der Kieferneule.
2. Ausschnitte aus der Lebensweise der Schmetterlinge. 47
„Im Frühjahr, wenn das Futter saftreich und wenig verholzt ist, vollzieht
sich diese wesentlich schneller als im Herbst, wo die Nahrungssubstanzen
viel schwerer aufgeschlossen und dem Körper der Raupe zugeführt werden
können." „Manche A'epü'cu/a- Arten machen in der i. Generation, wo die
Raupe im Frühjahr lebt, ihre ganze Entwicklung vom Ei bis zur Ver-
puppung in 2 — 3 Tagen durch, während dieselben Arten in der Herbst-
generation mehrere Wochen, bisweilen sogar Monate dazu benötigen." Be-
kannt ist auch das langsame Wachstum der im Herbst fressenden Kiefern-
spannerraupen (im Gegensatz zu den im Frühjahr fressenden Kieferneulen-
raupenj. Hungernde Raupen brauchen zu ihrer Entwicklung sehr viel länger
als reichlich mit Nahrung versehene. Auch Beengung im Raum kann ent-
wicklungsverzögernd wirken ^j.
Verpuppung.
Ist die Raupe ausgewachsen, treten Veränderungen in ihrer Lebens-
weise ein, Vorbereitungen zur Verpuppung. Bei manchen Raupen macht sich
im letzten Stadium, schon längere Zeit vor der Verpuppung, wenn die Raupe
noch frißt und an Größe zunimmt, eine Veränderung der Färbung bemerk-
bar: grüne Raupen werden rot oder braun, braune manchmal grün, ,,ein
Anzeichen dafür, daß im Innern des Raupenkörpers sich schon bedeutsame
Veränderungen vollziehen". Später, kurze Zeit vor der Verpuppung, hört
die Raupe allgemein zu fressen auf, sie wird meist unruhig, läuft viel umher,
bis sie einen geeigneten Platz für die Verpuppung gefunden hat. Gelingt ihr
dies nicht, so kann sie durch das dauernde Umherlaufen so geschwächt
werden, daß sie zugrunde geht.
Der Ort der Verpupp ung kann sehr verschieden sein. Viele Raupen
(Tagfalter) klettern an Baumstämmen, Bretterzäunen oder Mauern empor,
um dort an rauhen Stellen die Verwandlung durchzumachen, während andere
(viele Spinner, Schwärmer, Eulen, Spanner usw.) sich zu diesem Zweck mehr
oder weniger tief in die Erde eingraben 2). Die endophagen Raupen (wie
Minierer, Holzbohrer usw.) verpuppen sich zum Teil am Ort ihres Fraßes
in der Raupenwohnung. Viele von ihnen, wie die Holzbohrer, führen einen
Fraßgang bis kurz vor die äußerste Schicht, die sie von der Außenwelt
trennt, so daß nur noch eine ganz dünne Lamelle stehen bleibt, durch die
sich die Puppe oder der Falter leicht einen Weg nach außen bahnen kann.
Zahlreiche Minierer verlassen aber auch die Minen, um sich außerhalb in
einem besonderen Gespinst, in einem Blattumschlag oder dergleichen zu ver-
puppen. Bei den Sackträgern findet die Verpuppung gewöhnlich im Sack
statt. Da dieser von der Raupe an seinem offenen Vorderende an der Unter-
lage festgesponnen wird, so muß die Raupe vor der Verpuppung noch eine
Umdrehung machen.
Ist die Raupe am Verpuppungsort angelangt, so beginnt sie mit den
Arbeiten zur Befestigung und zum Schutz der zukünftigen Puppe, was
1) Es wurden in dieser Hinsicht im hiesigen Institut interessante Unter-
suchungen angestellt von Chr. Hof mann. Die Ergebnisse werden demnächst
veröffentlicht.
-) „Um sich die Arbeit des Wiihlens zu erleichtern, bestreichen sich \iele
Schwärmerraupen den ganzen Leib, selbst die Sohle der Bauchfüße mit einer ab-
gesonderten Flüssigkeit, um sich genügend schlüpfrig zu erhalten. Wahrscheinlich
kommt das auch bei anderen Familien, die sich in der Erde verpuppen, vor"
(Hering).
48 I. Allgemeiner Teil.
in der Hauptsache durch eine mehr oder weniger umfangreiche Spinntätig-
keit geschieht. Im einfachsten Fall wird nur am Hinterende ein kleines,
aus wenigen Fäden bestehendes Gespinst angelegt, an dem die Puppe an der
Unterlage aufgehängt wird (Sturzpuppe, Pupa suspensa), oder es wird ein Ge-
spinstfaden als Gürtel um den Leib gelegt, um so die Puppe an der Unter-
lage zu festigen (Gürtelpuppe, Pupa cingulata) usw.
Bei anderen Schmetterlingen (der Mehrzahl) findet die Verpuppung
mehr oder weniger verborgen statt, sei es in zusammengesponnenen Blättern
(wie viele Wickler, Zünsler usw.) oder in einer mit mehr oder weniger losem
Gespinst ausgekleideten Erdhöhle, oder in einem aus Erd- oder Holzteilchen
zusammengesponnenen oder lediglich aus Gespinstfäden bestehendem Kokon.
Letzterer kann von der verschiedensten Beschaffenheit sein, einerseits ganz
grobmaschig und durchsichtig, andererseits sehr dicht und völlig undurch-
sichtig, mitunter so fest, daß man ihn kaum zerdrücken kann. Auch die Farbe
und Struktur der Kokons sind sehr verschieden. Wir kennen weißliche,
braune, rote, grünliche, gelbliche, violette und auch marmorierte Kokons,
von seidenartigem Glanz, rauhem, wolligem oder schmelzartig glasigem
Aussehen; zuweilen wird der Kokon mit abgelagertem Kot überdeckt.
Unmittelbar vor der Verpuppung gibt die Raupe einen großen Kot-
ballen ab, der (bei Saturnia) bis 1/3 der Größe der Raupe betragen kann.
Nach Hering ist der Ballen um so größer, je gesünder die Raupe war,
während bei kränklichen Raupen nur eine geringe oder gar keine Absonde-
rung erfolgt. Nach Abgabe des Kotballens sinkt sie deutlich zusammen, be-
haarte Raupen haben dann größtenteils ihre Haare verloren, und die Raupen
der Spanner vermögen dann keine spannenden Bewegungen mehr auszuführen
(Hering).
Es beginnt nun eine Ruhezeit, die Tage, Wochen und sogar Monate
dauern kann, und in der eine tiefgreifende Umbildung des Tieres stattfindet.
Die Raupe wird kürzer, die Brustringe werden aufgetrieben usw., bis nach
vollendeter Umbildung auf dem Brustrücken die Haut aufreißt und nach
Abstreifen derselben die noch weiche, von durchsichtiger Hülle umgebene
Puppe entsteht. Zunächst noch eine Pupa libera, wird sie durch die unmittel-
bar darauf erfolgende Absonderung einer Chitinhülle in die definitive Pupa
obtecta übergeführt.
3. Die Rhumbler'sche Bioformel.
Zur raschen Übersicht über den zeitlichen Ablauf der verschiedenen
Entwicklungsstadien wollen wir uns hier an Stelle der Nitscheschen Tabellen
(s. Bd. I, S. 178) der von Rhumbler eingeführten kürzeren „Bioformeln"
bedienen, die außer der Raumersparnis den Vorteil haben, daß sie sich wie
mathematische Formeln sprechen und lesen lassen, daß sie infolge ihres ge-
ringen Raumverbrauches auf jeder Sammlungsetikette aufgeschrieben oder
aufgedruckt werden und auch in kurzen faunistischen Kompendien Ver-
wendung finden können usw.
Die Formel besteht aus einem Bruch, dessen Zähler in der mathematischen
Schreibform einer Differenz, dessen Nenner in jener einer Summe auftritt,
und der als solcher ohne weiteres gelesen werden kann; dabei haben die
Monatszahlen für jedes Stadium eine bestimmte Stelle, das Eistadium die erste
Stelle, das Larvenstadium (durch sein Minuszeichen besonders kenntlich)
die zweite Stelle im Zähler, das Puppenstadium die erste Stelle und das
3- Die Bioformel. 49
Imaginalstadium (durch ein Plusvorzeichen besonders kenntlich) die zweite
Stelle im Nenner. Ein Irrtum in der Deutung der Formel ist, sobald man
sich dies klar gemacht hat, ausgeschlossen.
Die Grundformel hat also folgende Form und Bedeutung:
Eizeit — ■ Larvenzeit
Puppenzeit -f- Imaginalzeit
Fängt die Formel mit einem Minuszeichen an, so ist die Eizeit in der
Formel weggelassen, und diese ist dann gleich der Imaginalzeit.
Die Zahlen bedeuten die entsprechenden Monate nach ihrer Reihenfolge
im Jahresverlauf, also i = Januar, 2 = Februar, 3 = März usw., sie werden
von I bis 9 ohne Zwischenzeichen aneinandergeschrieben, von 10 (Oktober)
bis 12 (Dezember) aber von ihren Vorgängern durch einen Punkt getrennt,
damit sie letzterenfalls nicht mit zwei einfachen Monatszahlen verwechselt
werden, also 8. 12 = August bis Dezember.
Die Buchstabenexponenten (also 1^,5? u. dgl.) bei den Monatszahlen
bedeuten a (anterior) = erste Hälfte p (posterior) =^ letzte Hälfte des be-
treffenden Monats 1).
Das Komma bedeutet Überwinterung, man nenne es kurz „Winter-
komma", um seine Bedeutung nicht zu vergessen. Es wird jedesmal dann ge-
setzt, wenn die Formel die Dezember-Januar-Grenze aufeinanderfolgender
Jahre durchläuft. Die Anzahl der Kommas in einer Formel ergibt hiernach
die Generationsdauer des Insekts, z. B. heißt in dieser Beziehung Sp//i//x
— So
pinastri L. = überwintert im Puppenstadium, weil das Winter-
10,5 + 67
komma in der Puppenmonatszahl im Nenner steht, und seine Generation ist
einjährig, weil nur ein Komma in der Formel vorkommt.
Jedes A (Annus) bedeutet ein ganzes Jahr, mit jedem A rückt also
die Formel um 12 Monate weiter in das folgende Jahr hinein, z. B. Blau-
X A /1
sieb, Zeiizera pyriiia L. = '- — ^ — d. h. Ei im Juni- Juli, Raupe vom
5 + 67
August an, überwintert, lebt als Raupe das folgende (zweite) Jahr hin-
durch (A), überwintert wieder und verpuppt sich im Mai des dritten Ka-
lenderjahres, um alsdann im Juni-Juli als Imago aufzutreten. Generation
2 jährig (vgl. zwei Winterkomma).
Eine eckige Einklammerung eines Formelteiles bedeutet, daß der be-
treffende Teil der Formel für eine weitere (2., 3. usw.) Generation im Jahre
gilt. Die Formel wird dann entsprechend kompliziert, bleibt aber immer-
hin einfacher als jede andere früher übliche Darstellungsweise. So würde
z. B. die Bioformel für die Kiefernbuschhornblattwespe Lophyrus piiii L.
4—56
zu lauten haben, eine Formel, die sich immer noch
78-89
7 + 78
10,3 + 4
rasch herunterlesen und bei einiger Übung auch mit dem Lesen zugleich
ohne weiteres deuten läßt.
Die ganze Formulierung läßt sich in wenigen Minuten vollkommen
sicher erlernen. Der Beidruck der Formeln zu den Namen kann die Be-
1) Für viele Zwecke wird eine Angabe ganzer Monate genügen, man läßt dann
die Exponenten weg, was die Formel wesentlich vereinfacht.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. *
50 I. Allgemeiner Teil.
Stimmung von Larven, Puppen und Imagines ungemein erleichtern, weil man
an den rasch zu überblickenden Formeln sofort sieht, ob ein zu gewisser
Jahreszeit gefundenes Stadium an der ihm zukommenden Formelstelle die
betreffende Zeit enthält oder nicht. Hat man z. B. eine Raupe im Juli ge-
funden und zu bestimmen, so fallen sofort alle Schmetterlinge außer Be-
tracht, die hinter dem Minuszeichen im Zähler den Monat Juli, d. h. die
Zahl 7 in nuce nicht eingeschlossen enthalten u. dgl. mehr (Rhumbler).
4. Nutzen und Schaden der Schmetterlinge.
Forstliche Bedeutung.
Wenn wir vom Nutzen der Schmetterlinge reden, so denken wir in
erster Linie an die Seidenspinner, von denen die Seide gewonnen wird.
Außer verschiedenen Saturniden ist der Hauptseidenlieferant der gewöhn-
liche Seidenspinner, Bombyx mori L., der schon sehr frühzeitig aus China
bei den Römern eingeführt wurde und von dessen Zucht heute große Be-
völkerungsteile in südeuropäischen und vielen asiatischen Ländern ihr Leben
fristen. Es gibt kein anderes Insekt, das dem Menschen soviel Gewinn bringt.
Ein weiterer Nutzen der Schmetterlinge ist darin zu erblicken, daß sie
als Blütenbestäuber eine ziemliche Rolle spielen.
Ungleich umfangreicher ist das Schade nkonto der Schmetterlinge,
da ja weitaus die meisten Raupen von lebender Pflanzensubstanz sich er-
nähren. Da nun gerade bei den Schmetterlingen die Neigung zu Massen-
vermehrung, w^enigstens in unserem Klima, ziemlich verbreitet ist, so können
die Schädigungen der Pflanzenwelt oft sehr beträchtlich werden und zu
völligem Kahlfraß und schließlich zur Vernichtung großer ausgedehnter
Kulturen führen. Alle Kulturen können davon betroffen werden; Gemüse-,
Wein-, Obst- und Forstkulturen leiden in gleicher Weise unter Raupenfraß.
Man denke an die Riesenschäden, die alljährlich durch den Heu- und
Sauerwurm dem Weinbau oder durch die Obstmade dem Obstbau, oder
durch den Kohlweißling dem Gemüsebau zugefügt werden.
Auch die größten Insektenkatastrophen in unseren Wäl-
dern beruhen auf Raupenfraß. Ich erinnere an die Eule (Panolis
flam?nea Schiff.), die in den Jahren 1923 — 25 in Norddeutschland Hundert-
tausende von Hektar Kiefernwald befallen hat, oder an die Nonne (Lymantria
monacJia L.), der einige Jahre vorher in Böhmen ebensoviel Fichtenwald
zum Opfer gefallen, oder an den Kiefernspanner (Bupalus piniarius L.), der
fortwährend unsere Kiefernwälder bald da, bald dort zerzaust.
Was bei den Schmetterlingskatastrophen erschwerend gegenüber den
Käferkatastrophen hinzukommt, ist der Umstand, daß jene meist primärer
Natur sind, also ganz gesunde Wälder betreffen, während letztere meist
sekundär auftreten.
Neben den katastrophalen Großschädlingen, deren Massenvermehrungen
in Intervallen Orkanen gleich über die Wälder dahinfegen, gibt es ein großes
Heer von Schmetterlingen, die stets, wenn auch in geringerer Zahl, in
unseren Wäldern hausen, immerwährend kleinere Schäden verursachend, und
so die Arbeit des Forstmanns mehr oder weniger erschwerend. Zu ihnen ge-
hören unter anderen viele der auf Forstpflanzen lebenden „Kleinschmetter-
linge" (Motten, Wickler, Zünsler, Sesien usw.), die oft daran mitwirken, daß
Kulturen nicht hochkommen, daß Mißbildungen entstehen oder daß die
4- Nutzen und Schaden der Schmetterlinge. Forstliche Bedeutung. 51
Bäume so geschwächt werden, daß sie sekundären Feinden zum Opfer fallen;
doch können manche von ihnen bisweilen auch zu so starken Massenvermeh-
rungen gelangen, daß sie ähnliche Schadwirkungen wie jene katastrophalen
„Großschmetterlinge" hervorrufen.
Wir sind also wohl berechtigt, die forstliche Bedeutung der Schmetter-
linge sehr hoch anzuschlagen, ja die Schmetterlinge zu den schäd-
lichsten Forstinsekten überhaupt zu rechnen.
5. Epidemiologie.
A. Verlauf der Raupenkalamitäten.
In der Regel nehmen die Kalamitäten einen für jede Art mehr oder
weniger charakteristischen \'erlauf, sowohl bezüglich des Zeitraums als auch
der Art des Aufstiegs und des Abfalls (Krisis). Im allgemeinen können wir
4 Phasen unterscheiden:
1. Vorbereitungsjahr. In ihm wird der erste Anstoß zur Gradation
gegeben. Eine Fraßbeschädigung ist noch nicht wahrzunehmen.
2. Prodromalstadium. Fraß meist noch sehr gering, wirtschaftlich
noch ohne Belang. Nur durch eingehende Untersuchungen (Zahl der
Puppen usw.) ist der Anstieg der Vermehrung festzustellen.
3. Eruptionsstadium. Die Übervermehrung hat einen hohen Grad
erreicht und zeitigt heftige Symptome (starke Fraßbeschädigungen bis
Kahlfraß).
4. Krisis. Die Cbervermehrung bricht zusammen.
Je nach der Dauer der Gradation, des Entwicklungstempos der ein-
zelnen Stadien kommen für die einzelnen Schädlinge charakteristische Kurven
zustande, die an die Fieberkurven menschlicher Infektionskrankheiten er-
innern. Wie diese in gewissen Grenzen variieren können, sind auch die Gra-
dationskurven nicht immer völlig übereinstimmend, sondern können auch
einen mehr oder weniger atypischen Verlauf zeigen. Oft macht die Gradation
schon im Prodromalstadium halt, ohne daß es zur Eruption gekommen ist,
oder es kann das Prodromalstadium verlängert werden usw.
Der heutige Stand unserer epidemiologischen Erkenntnis erlaubt es uns
in den meisten Fällen noch nicht, das Typische vom Atypischen zu unter-
scheiden. Nur bei der Eulengradation können wir dank der Arbeiten Ber-
wigs, der den Verlauf zahlreicher Kalamitäten der letzten hundert Jahre
durch mühsames i\ktenstudium festgestellt hat, mit einigem Recht von einer
typischen Kurve sprechen, die sich im allgemeinen über drei Jahre hinzieht.
Die Spanner- und Nonnenkurven scheinen in ihren Anfängen der Eulenkurve
nicht unähnlich, dagegen verharren sie gewöhnlich längere Zeit auf den
hohen Fraßstufen. Auch ist der Abfall oft nicht so steil wie bei der Eule.
Doch bedarf es zur Aufstellung typischer Kurven bei den meisten Schmetter-
lingen noch eingehender Untersuchungen.
B. Aetiologie.
Im Vorwort des im Jahre 1914 erschienenen I. Bandes dieses Werkes
schrieb ich: „Weit mehr als damals (d. h. zu Nitsches Zeiten) trachtet man
heute danach, den Ursachen der Schädlingsvermehrung nachzuforschen und
die bestehenden Kausalzusammenhänge aufzudecken". „Es genügt nicht
mehr, daß wir über die Entwicklungsgeschichte eines Schädlings Bescheid
4*
52
I. Allgemeiner Teil.
wissen, sondern wir müssen auch alle seine Abhängigkeiten von der Umwelt,
der organischen wie der anorganischen, genau kennen. Wir müssen wissen,
wie der Schädling resp. jedes einzelne Stadium desselben, sich gegen die
verschiedenen klimatischen Einflüsse, wie Hitze, Kälte, Feuchtigkeit.
Trockenheit, ferner gegen die verschiedenen Kulturformen, Pflanzenrassen
usw. verhält, welche Feinde er hat und in welchem Verhältnis die verschie-
Popuiafion denen Feinde auf ihn
einwirken, ferner muß
wieder jeder der Feinde
ebenso genau wie der
Schädling selbst studiert
werden, d. h. wir müssen
von jedem Feind die
Entwicklungsgeschichte
sowie seine Abhängig-
keiten von der gesamten
Umwelt zu eruieren su-
chen." Was ich vor
1 5 Jahren als Forde-
rung aufstellte, ist heute
zumselbstverständlichen
Hauptinhalt der Forst-
entomologie geworden.
Die epidemiologi-
sche Forschung be-
herrscht jetzt fast
jede forstentomolo-
gischeUntersuchung
größeren Stils, und
so kommt denn heute
auch den meisten Arbei-
ten allgemeines wissen-
schaftliches Interesse zu.
In ihrer bisherigen Ent-
wicklung hat die epide-
miologische Forschung
verschiedene Richtun-
-£S S^ -ö e^ c: "G e;^ s-S't? iS q.= s--- s^^ - S^ri eingeschlagen. In
I I ll^li^il^it^lllll Sl I Sen ersten beide^Dezen-
""^^ , "'^ , , „. . "" -^^ ^ nien dieses Jahrhunderts
Abb. Ac. A. Gradationskurve des Kiefernspanners. ■'
^^ glaubte man unter dem
Einfluß des nordamerikanischen Entomologen Howard und seiner Schule i)
stehend, in dem schwankenden Zahlenverhältnis der Parasiten und Räuber zu
den Schädlingen den Schlüssel zum Verständnis für den Massenwechsel der
letzteren gefunden zu haben: für den Beginn einer Kalamität wurde in der
Hauptsache das Versagen der Parasiten, für die Beendigung deren Überhand-
nähme verantwortlich gemacht.
1) Siehe Escherich, K.. Die angewandte Entomologie in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika. Berlin 1913.
5- Epidemiologie.
53
Population
Die Hochkonjunktur für Tarasiten ist im Schwinden begriffen und
schickt sich an, ins Gegenteil umzuschlagen, um von einer Hochkonjunktur
für den zweiten möglichen Ursachenkomplex, die abiotischen Faktoren, ab-
gelöst zu werden. Heute besteht die höchste Meinung für die kli-
matischen Faktoren. Sie sind es nach der gegenwärtig immer allge-
meiner werdenden Anschauung ausschließlich oder fast ausschließlich, die
den Massenwechsel beherr-
schen und die also die Ur-
sache sowohl für den Beginn,
als für die Beendigung einer
Schädlingskalamität darstel-
len. Durch experimentelle und
historisch-statistische Arbeiten
englischer und amerikanischer
Forscher (Hunter, Pierce,
Shelford, Cook, Kirkpa-
trick) und auf deutscher Seite
durch Untersuchungen von
Berwig, Blunck, Bremer,
Fr. Eckstein, Hase, Ja-
nisch u.a.*) eingeleitet, fand
diese Richtung den klarsten
und am schärfsten formulierten
Ausdruck in der im Jahre 1928
erschienenen Arbeit von Fr.
Bodenheimer: ,, Welche
Faktoren regulieren die Indi-
viduenzahl einer Insektenart
in der Natur?" (Biol. Zentrbl.
Bd. 48, 1928), eine Arbeit, die
einen Markstein in der Ge-
schichte der Epidemiologie
der Schädlingskalamitäten dar-
stellt-).
Bevor ich näher auf diese
,, klimatische Richtung" in der
MO
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Abb. 45 B. Gradationskurve der Kieferneule.
1) Eine Übersicht über die
neuere epidemiologische Literatur
findet sich bei Blunck (1928,
siehe unten). — Es sei in diesem
Zusammenhang auch auf die aus-
gezeichnete Übersicht unserer derzeitigen Kenntnis der Beziehungen zwischen Klima
und Insektenleben von Uvarow hingewiesen (B. P. Uvarow, Weather and
climate in their relation to insects. — London 1929; eine deutsche Übersetzung findet
sich in Band XVII der Zeitschr. f. angew. Entom.).
-) Die Lektüre dieser Studie hat mich derartig gefesseh, daß ich mich sofort
entschloß, zu Bodenheimer nach Palästina zu reisen, um seine Arbeitsweise
kennenzulernen und an Ort und Stelle den Einfluß des dortigen stark abweichenden
Klimas auf auch bei uns vorkommende Insekten zu beobachten. Für die überaus
liebenswürdige Aufnahme, die ich vom Kollegen Bodenheimer während meines
fast dreiwöchigen Aufenthaltes in Palästina erfahren habe, möchte ich an dieser
Stelle herzlich danken.
54 I. Allgemeiner Teil.
Epidemiologie eingehe, muß aber folgendes bemerkt werden: Die Anschauung, daß
die Vermehrungsgröße der Insekten wesentlich durch klimatische Faktoren beein-
flußt wird, ist nicht neu. Sie ist im Gegenteil sehr alt. Wer Ratzeburg
aufmerksam studiert, wird dies in vielen Stellen bestätigt finden. Klingt es
nicht vollständig neuzeitlich, wenn Ratzeburg (in seiner „Waldverderbnis"
Bd. II, S. 63) bei Gelegenheit einer Zurückweisung von Vogelschützlern, die
die Massenvermehrungen des grauen Lärchenwicklers (^Semasia diniana Gn.)
auf den Mangel der Vögel zurückführen möchten, sagt: „Allermeist w-erden
sich, wenn man die Ursachen größerer Insekteninvasionen gründlich unter-
sucht, dieselben mehr als klimatische und meteorologische nachweisen lassen."
Wir können also wohl mit Recht die „klimatische Richtung" überhaupt als
die erste epidemiologische Richtung ansehen, die dann durch die Parasiten-
Richtung verdrängt wurde, um nun neuerdings wieder die beherrschende
Stellung einzunehmen. Übrigens ist auch während der Zeit, da wir den Para-
siten eine überragende Rolle im Geschehen des Massenwechsels zuschrieben,
die Bedeutung der klimatischen Faktoren nicht völlig vernachlässigt worden.
Allenthalben finden wir in der damaligen Literatur neben der Wirkung
der Parasiten mehr oder weniger auch die Wirkung des Klimas zu Erklä-
rungsversuchen mit herangezogen. Ja, Reh hat in der im Jahre 1913 er-
schienenen I. Auflage seiner , .Tierischen Feinde" (in Sorauers Handbuch)
ausdrücklich betont: „Von nichts aber ist die Individuenzahl einer Tierart
derart abhängig wie von der Witterung. Allerdings wissen wir über ihre
Wirkung sehr wenig Bestimmtes. Einmal ist diese ja immer eine dreifache:
eine auf die Tiere direkt, eine auf deren Feinde und eine auf die Pflanze
und so indirekt auf die Tiere. Dann verhält sich auch jede Tierart ver-
schieden gegen die Wirkung der Witterung; ja selbst die verschiedenen
Stadien eines Tieres sind verschieden empfindlich."
Was heute neu ist und der angewandten Entomologie ein
verändertes Gesicht gibt, sind die Versuche, die bisher meist
nur vermuteten oder instinktiv gefühlten oder nur unzuläng-
lich abgeleiteten Beziehungen zwischen Klima und Massen-
wechsel durch immer feiner werdende experimentelle Me-
thoden, durch genaueste, durch mehrere Jahre ad hoc ange-
stellte Beobachtungen im Freien oder durch historisch-
statistische Untersuchungen über große Zeitabschnitte,
diese Zusammenhänge scharf zu erfassen und womöglich auf
eine mathematische Formel zu bringen.
Ich gebe nun im folgenden eine kurze Übersicht über die in den letzten
Jahren in der genannten Richtung erzielten Ergebnisse, wobei ich mich
hauptsächlich auf Bodenheimers Arbeiten stütze i).
Da die Insekten zu den wechselwarmen Tieren gehören, so hängen alle
physiologischen Vorgänge stark von der Außentemperatur ab. Der Begriff
Außentemperatur deckt sich aber (im Zusammenhang mit deren Einwirkung
auf die Insekten) durchaus nicht immer und überall mit der Durchschnitts-
temperatur eines Ortes. Wir müssen vielmehr nach Friederichs-) unter-
1) Vor allem auf die ausgezeichnete Zusammenstellung, die Boden heimer
in der Z. f. angew. Entomologie (Bd. XVI, H. 3) gibt.
^) Friederichs, K., Zur Epidemiologie des Kiefernspanners. Z. f. angew.
Entomologie. Bd. XVI, 1930, S. 197 — 205. — Inzwischen ist auch das große zwei-
bändige Werk von Friederichs „Grundfragen der land- und forstwirtschaft-
5- Epidemiologie. 55
scheiden i. das allgemeine meteorologische Klima, 2. das stand-
örtliche Klima (eines Waldes, eines Berghanges usw.) und 3. das Kleinklima
oder Mikroklima, d. i. das Klima eines Habitat, einer einzelnen Stelle
am Standort, wo der Schädling lebti). Beachten wir diese Unterscheidung
nicht, so eröffnen sich zahlreiche Fehlerquellen, während andererseits die
genaue Beachtung derselben viele bisher unverständliche Erscheinungen un-
gleichen Auftretens eines Schädlings in verhältnismäßig kleinen Gebieten uns
einigermaßen verständlich erscheinen läßt. „Eine Spannerraupe z.B., die sich
unter einer Buche oder in einer kleinen Senkung verpuppt, befindet sich in
ganz anderen physiologischen Verhältnissen als eine andere, die nicht weit
davon unter oder in einer dicken Rohhumuslage ruht. Denn nachdem im
Frühjahr die Buche sich belaubt hat, fängt sie die Sonnenstrahlen ab, deren
Wärme für die Entwicklung des Spanners zur Imago nicht ohne Bedeutung
sein kann, zum mindesten den Zeitpunkt seines Erscheinens bestimmen wird.
Seine Nachkommenschaft erscheint vermutlich später als die der früher
fliegenden Spanner, was für ihr Gedeihen nicht unwesentlich sein kann" 2).
Daß die Außentemperatur einen großen Einfluß auf die Entwick-
lungsdauer der Insekten hat, ist eine längst bekannte Tatsache. Jeder
Schmetterlingszüchter weiß, daß bei höheren Temperaturen die Entwicklung
schneller abläuft als bei niederen. Auch daß die oder jene Insektenart in
Gebieten mit wärmerem Klima oder in heißen Jahren zu mehr Generationen
im Jahr gelangen kann als in kälteren Gegenden oder in kalten Jahren, ist
jedem Entomologen geläufig. Ich habe im I. Band dieses Werkes (S. 172
und 173) einige Beispiele gebracht und im Zusammenhang damit auch den
folgenden Satz Ratzeburgs erwähnt: „Schließlich kommt hier alles, wie
bei den Pflanzen, auf die „Wärmesumme" in Boden und Luft an, welche
eine Gattung und Art zu ihrer Entwicklung braucht." Man hat auch dann
verschiedentlich versucht, die Wärmesumme für einzelne Schädlinge, z. B.
Borkenkäfer, festzustellen, indem man einfach die Zahl der Tage, die die
Entwicklung braucht, mit den Tagesmitteltemperaturen multiplizierte'), —
ein Weg, der aber irreführend war und falsche Schlüsse ergeben mußte.
Erst durch Bluncks verbesserte Wärmesummenregel*) ist eine Basis
geschaffen worden, auf der die Vergleiche mehr Berechtigung besitzen.
„B 1 u n c k geht von der Anschauung aus, daß die Entwicklung jeder
Art bei einem gewissen Kältegrad (wohl richtiger: Temperaturgrad — K. E.)
aufhört ä), den er den E n t w i c k 1 u n g s n u 1 1 p u n k t nennt. Alle Wärmegrade
oberhalb dieses Entwicklungsnullpunktes sind effektive Wärmegrade,
und nur diese werden als die maßgebende Entwicklungswärme betrachtet.
Die effektive Wärme erhält man durch Subtraktion des EntwicklungsnuU-
lichen Zoologie" erschienen, in dem alle hier berührten epidemiologischen Fragen
ausführlich behandelt werden, zum Teil allerdings unter anderen Gesichtspunkten.
1) Siehe hierüber auch: Geiger, Das Klima der bodennahen Luftschicht.
Braunschweig 1927.
2) Nach Schwerdtf eger (Z. f. F. u. J. 1930) ist beim Kiefernspanner keine
Beziehung zwischen Temperatur und Schlüpf termin festzustellen (siehe beim
Spanner).
3) Siehe Bd. I, Seite 173.
*) Blunck, H., Die Entwicklung des Dytiscus margitialis L. vom Ei bis zur
Imago. IL Teil. — Zeit. wiss. Zool. Bd. 121 (1923), S. 173 — 391.
5j Neuerdings, und wohl richtiger, wird der Entwicklungsnullpunkt als jene
Temperatur definiert, unterhalb der eine Entwicklung zum Vollinsekt
nicht mehr stattfindet.
56
I. Allgemeiner Teil.
Punktes von der absoluten Außenwärme. Beträgt also die Außenwärme
20 0 C, der Entwicklungsnullpunkt der betreffenden Art 12 » C, so ist die
effektive Wärme 20O— 12» = 8» C. Das Produkt aus effektiver Tempe-
ratur und Entwicklungsdauer ist aber konstant, und die mathematische Dar-
stellung dieser Abhängigkeit entspricht einer gleichseitigen Hyperbel
von der Formel:
Entwicklungsdauer (Außentemperatur — Entwicklungsnullpunkt) = konstant.
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Abb.46A. Die Entwicklungstemperaturkurve von SitoLroga cerealel/a Ul. (_ Getreide-
motte). Entwicklungsnullpunkt bei 16 0 C. Nach Bodenheimer.
Die Kurve kann gezeichnet werden, wenn die Entwicklungsdauer bei zwei
verschiedenen, im Rahmen der biologischen Grenzen liegenden Temperaturen
bekannt isf'i). (Abb. 45.)
„Die Hyperbel gestattet unter Berücksichtigung der begrenzenden
Faktoren die Berechnung der Lebensgeschichte eines In-
1) Nach Janisch, der sich seit Jahren um die mathematische Behandlung der
entwicklungsphysiologischen Probleme bemüht und sich besondere Verdienste in
dieser Hinsicht erworben hat, entspricht auch die ,, verbesserte Wärmesummenregel"
den theoretischen Anforderungen nicht, sondern bieten nur die Exponentialfunk-
tionen eine ausreichende mathematische Behandlungsweise.
Bodenheimer erkennt die grundsätzliche Bedeutung der Exponentialfunktion an,
zumal nach Anschauung des bekannten Physiologen P u e 1 1 e r ,,alle bisher in der
allgemeinen und vergleichenden Physiologie bekannten Gesetzmäßigkeiten Exponen-
tialfunktionen seien". Trotzdem aber schlägt er, den praktischen Bedenken Mar-
tinis (Zeit. f. ang. Entom., XIV, 273) folgend, vor, vorläufig mit der Hyperbel als
Ausdruck der Temperaturabhängigkeit der Entwicklungsdauer sich zu begnügen. Von
den vielen Arbeiten von Janisch seien hier nur erwähnt: Über die Temperatur-
abhängigkeit biologischer Vorgänge und ihre kurvenmäßige Analyse. Pflügers
Archiv 1925. — Das Exponentialgesetz. Abhandig. z. Theorie der organ. Entwick-
lung 1927. — Die Lebens- und Entwicklungsdauer der Insekten als Temperatur-
funktion. Z. f. wiss. Zool. Bd. 132. —
5- Epidemiologie.
57
Sektes, dessen allgemeine Temperaturentwicklungskurve uns bekannt ist,
für jeden Ort mit bekanntem Klima mit hinlänglicher Ge-
nauigkeit" (Bodenheimer).
Kennen wir dazu ferner auch noch die Eizahl des betreffen-
den Insekts, die übrigens je nach der Temperatur ebenfalls stark variieren
kann, so können wir ohne weiteres die maximale Vermehrungs-
ziffer pro Jahr oder das „Entwicklungsp o t ential" berechnen.
Das von Bodenheimer angegebene und hier aufgeführte Beispiel, das
Entwicklungspotential des Weinschwärmers Chaerocampa celerio L. zeigt,
welch ungeheure Unterschiede in der Vermehrungsziffer durch die Tempe-
raturdifferenzen bzw. durch die dadurch bedingten Schwankungen in der
Entwicklungsdauer und dementsprechend auch in der Generationszahl her-
vorgerufen werden können i).
Ort
Errechnete
Generationen-
zahl
Entwicklungspotential von
5 Männchen und 5 Weib-
chen im Verlaufe eines
Jahres
London
Berlin
Paris
Nizza
Rom
Neapel
Jaffa
Jerusalem
Tiberias
Alexandria
Cairo
Sierra Leone
Kapstadt, S. -Afrika . .
Wellington, S. -Afrika . .
Kalkutta, Indien . . .
Sidney, N. S. W. . . .
Coolgardie, W. A. . . .
Honolulu, Hawai . . .
Los Angeles, Kalifornien
Fresno, Kalifornien . .
2
6 250
156250
156250
3 906 250
156 250
61 035 156 250
97656250
6
2 441 406 250
0
953774316406250
2
6 250
2
6 250
9
38 150 972 656 250
3
156 250
4
3 906 250
8
I 525878906250
-2
6 250—156 250
4
3 906 250
Das so festgestellte Ent^^•icklungspotential ist die
Grundlage bz aw der Ausgangspunkt jeder epidemiologischen
Betrachtung.
Kennen wir das Entwicklungspotential, so können wir den für die Er-
haltung des Normalbestandes notwendigen Vernichtungsquotienten,
d. h. diejenige Zahl, welche angibt, welcher Anteil der Nachkommenschaft
einer Generation normalerweise ausgemerzt werden muß, um den Bestand
auf gleicher Höhe zu halten, errechnen. Bremer (1928)2) ermittelte hierfür
folgende Formel:
1) Dieser Berechnung liegt allerdings die Annahme zugrunde, daß die von
einem Weibchen einer jeden Generation produzierte Eizahl konstant und unabhängig
von den jeweils herrschenden Temperaturverhältnissen ist, was aber, wie ja oben
bereits angedeutet, durchaus nicht zutrifft. Nach unseren Erfahrungen ist die Ei-
zahl sehr großen Schwankungen unterworfen.
-) Bremer, Grundsätzliches über den Massenwechsel von Insekten. — Z. f.
ang. Ent. 1928.
58 I- Allgemeiner Teil.
loo (a — b)
loo q =
wobei a die durchschnittliche Eizahl und b den reziproken Wert des An-
teiles der CO am Gesamtbestand der zur Fortpflanzung gelangenden Eltern-
tiere bedeutet. Bei der Rübenfliege z. B. mit einer durchschnittlichen Ei-
produktion von 50 beträgt danach also der normale Vernichtungsquotient
— = q6oo, d. h. es müssen 960/0 der Nachkommenschaft einer Gene-
ration den ökologischen Begrenzungsfaktoren erliegen, wenn der Bestand sich
nicht vermehren soll.
Bei einem Insekt mit mehreren Generationen ist der normale Vernich-
tungsquotient (in 0/0 des Entwicklungspotentials)
(ac — b<^) 100
100 qc= ^ —
Im oben durchgeführten Beispiel von der Rübenfliege (50 Eier je o)
würde das für 3 Generationen, 'die sie bei uns gewöhnlich hat, bedeuten, daß
f^O'* — 2^) 100
im Jahr — = 99,990/0 der Nachkommenschaft von eigener Fort-
pflanzung jährlich ausgemerzt werden muß, wenn der Bestand sich nicht
mehren soll.
Ähnlich hohe Werte berechnete Blunck (1929)1) für die Saateule,
Agrotis segetiim Schiff., (bei 1500 Eiern und i Generation) mit 99,90/0, für
den Rapsglanzkäfer, Meligethes aeneus F., (bei 400 Eiern und i Generation)
mit etwa 99,50/0, für den Kohlweißling, Pieris brassicae L., (bei 200 Eiern
und 2 Generationen) mit 99,990/0, für die Nonne, Ly7nantria mofiacha L., (bei
250 Eiern und i Generation) mit 99,20/0, und selbst beim Maikäfer, Melo-
lontha vulgaris F., bei 24 Eiern je o in 4 Jahren etwa 92 0/0 (in i Jahr
etwa 230/0).
Wie schon aus diesen Beispielen ersichtlich, liegt der Vernichtungs-
quotient um so niedriger, je kleiner die Nachkommenzahl und
je länger die Ent\\'icklungsdauer ist, und umgekehrt, um so
höher, je größer die Nachkommenzahl und je geringer die
Entwicklungsdauer ist, aber selbst beim Maikäfer mit der geringen
Eizahl (24) beträgt er, bezogen auf die Generation, immer noch über 900/0
der Nachkommenschaft 2).
Jedes Absinken des Vernichtungsquotienten unter die
Normalzahl bedeutet ein naturgemäßes Ansteigen der
S c h ä d 1 i n g s z i f f e r und somit eventuell die Einleitung einer
Kalamität.
Welche ökologischen Begrcnzungsfaktorcn sind es nun, die diesen Ver-
nichtungsquotienten zusammensetzen? Dies zu ermitteln, ist die Haupt-
aufgabe der epidemiologischen Forschung.
Nach der heutigen Auffassung kommen hierfür, wie oben betont, weit
mehr die abiotischen als die biotischen Faktoren in Betracht. Immer mehr
1) Blunck, H., Die Erforschung epidemischer Pflanzenkrankheiten auf Grund
der Arbeiten über die Rübenfliege. — Z. f. Pflanzenkrankheiten u. Pflanzenschutz.
39. Jrg., 1928. (In dieser Arbeit ist ein ausführliches Schriftenverzeichnis z. Epide-
miologie der Insektengradationen gegeben. )
2) Schon ,, darin liegt eine Warnung vor der Überschätzung der seuchen-
dämpfenden Wirkung an sich hoher Vernichtungquotienten einzelner Begrenzungs-
faktoren", wie z. B. der Parasiten (Blunck).
5- Epidemiolog
59
Mittlere relative Feuchtigkeit
10 20 30 W 50 60 70 80 90 100
Abb. 46 B. Graphische Darstellung des Verhaltens des Bauniwollkapselkäfers gegen-
über verschiedenen Kombinationen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Nach
Pierce (aus Friederichs j.
60
I. Allgemeiner Teil.
bricht sich heute die Anschauung Bahn, daß es vor allem klimatische
Einflüsse sind, die die Sterblichkeit oder Mortalität be-
stimmen. Eine Menge von Versuchen in multiplen Thermostaten über Ein-
wirkung verschiedener Kombinationen von Temperatur und relativer Luft-
feuchtigkeit auf das Insektenleben und von Beobachtungen im Freien, die in
den letzten Jahren von verschiedenen Seiten gemacht wurden, sind geeignet,
diese Anschauung zu unterstützen.
Wie lassen sich nun die beiden an der Dezimierung der Nachkommen-
schaft am wirksamsten beteiligten Faktoren, Temperatur und Luftfeuchtig-
keit, am besten graphisch darstellen? Das Diagramm muß eine Kombination
der beiden Faktoren enthalten. Bereits 1916 hat Pierce^) ein solches
Diagramm errichtet, und zwar für die Einwirkung der verschiedenen Kombi-
nationen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit auf die Entwicklungsdauer
des Baumwollkapselkäfers (A^ithonomus grandis Boh.). Der allgemeinen Be-
deutung wegen gebe ich dasselbe hier (Abb. 46 B) wieder (und zwar in der von
Friederichs vereinfachten Form): Wir sehen hier die klimatischen Zonen in
konzentrischen Ellipsen um das ex-
perimentell ermittelte Entwicklungs-
daueroptimum von 83 0 F und 650/0
relative Luftfeuchtigkeit angeordnet.
Die Ordinate dieses Diagramms gibt
die Darstellung für die Temperatur,
die Abszisse die für die Luftfeuch-
tigkeit. Den inneren Entwicklungs-
zonen folgt die Starrzone (stupor-
zone), die Schlafzone (dormancy-
zone) und endlich die absolut töd-
liche Zone (zone of absolute fata-
lity).
Mit entsprechenden Diagrammen
sucht nun Boden heimer in seiner
eingangs erwähnten Arbeit (1928) den
Einfluß der beiden Hauptklimafak-
toren (Temperatur und Luftfeuchtig-
keit) auf die Höhe der Mortalität
darzustellen (Abb. 46 C). Nach Bo-
denheimer hat jede Insektenart
ihr vitales Optimum. „Dies ist die
Kombination einer bestimmten Tem-
peratur und Luftfeuchtigkeit, beider
die Individuen einer Insektenart
unter sonst gleichen Bedingungen
eine maximale Lebensdauer erreichen.
Bei jeder anderen Kombination herrscht eine kürzere Lebensdauer, die um so
kürzer ist, je größer der Abstand der betreffenden Temperatur/Luftfeuchtig-
keitskombination von der des vitalen Optimums ist. Die Linien gleicher
Sterblichkeit umgeben das vitale Optimum in der Form von Ellipsen."
Abb. 46 C. Schema der Verteilung eines
vitalen Optimums, wobei O das Opti-
mum, die Ellipsen die Grenze der
100 0/0 igen Sterblichkeit nach verschieden
langem Aufenthalt in den betreffenden
Kombinationen von Temperatur (Ab-
szisse) und Luftfeuchtigkeit (Ordinate)
bedeuten. Aus Bodenheimer.
ij Pierce, W. D., A new Interpretation of the relationships of Temperature
and Humidity to Insect Development. — Journ. Agr. Res. Bd. V, 1916, S. 1183— 1191.
5- Epidemiologie.
61
Boden heim er hat vor kurzem-) eingehende Studien über die Eier-
sterblichkeit der afrikanischen Wanderheuschrecke (Schistocerca gregraria
Forsk.) gemacht, deren Eier nur in einem verhältnismäßig engbegrenzten
Bereich zur Entwicklung gelangen, wobei das vitale Optimum bei 30*^ C und
looo/o relativer Luftfeuchtigkeit liegt (Abb. 46 D). Die absolute Grenze,
außerhalb deren kein Ei mehr zum Schlüpfen gelangt, liegt bei den jüngeren
Entwicklungsstadien zwischen 80 und 60 0/0 relativer Luftfeuchtigkeit und
20 und 39*^ C.
Shelford hat für die Puppe der Apfelmade (Carpocapsa po?nonella
L.) äußerst exakte Untersuchungen über deren Temperatur- und Luftfeuch-
tigkeitsbedingungen angestellt (siehe Bodenheim er, 1930), Janisch
ebensolche für den ägyptischen Baumwollwurm (Prode/iia littoralis Boisd.)
und für die Kieferneule ist eben Zwölfer im hiesigen Institut mit gleichen
Untersuchungen beschäftigt.
20VoRLrF
Abb. 46 D. Einfluß der Temperatur und Luftfeuchtigkeit auf die Mortalität der
Eier der afrikanischen Wanderheuschrecke in späteren Entwicklungsstadien (in o'o
der schlüpfenden Eier). (Aus B o d e n h e im e r.)
Es ist dies natürlich ein sehr mühsamer Weg, zumal für jedes Ent-
wicklungsstadium ein besonderes Diagramm errichtet werden müßte. xAller-
dings wird für die Praxis der Weg häufig insofern abgekürzt werden können,
als es meist genügen wird, nur für die empfindlichsten Entwicklungsstadien
(in der Regel Ei- und erstes Larvenstadium) Diagramme zu errichten.
Haben wir nun für einen Schädling und ein bestimmtes Gebiet
1. das Entwicklungspotential durch die xAnwendung der Blunck sehen
Wärmesummenregel eruiert und
2. das Mortalitätsdiagramm für die empfindlichsten Entwicklungs-
stadien errichtet.
2) Bodenheimer, Fr., Studien z. Epidemiologie, Ökologie und Physiologie
der afrikanischen Wanderheuschrecke (Sc/iislocerca s.reoaria Forsk.). — Zeit. f. ang.
Ent. XV. 1929.
62
I. Allgemeiner Teil.
so sind wir — besteht die Auffassung von dem Primat der klimatischen Ein-
flüsse zu Recht — in den Stand gesetzt (natürlich unter Berücksichtigung des
Mikroklimas) i) „den genauen Verlauf jeder Massenbewegung analytisch und
prognostisch zu erfassen". „Damit wird dann auch die Lehre von den Gra-
dationen der Schadinsekten zu einer theoretisch begründeten und praktisch
verwertbaren Wissenschaft geworden sein" (Bodenheimer, 1926).
Die große Bedeutung der klimatischen Verhältnisse für die Vermeh-
rung der verschiedenen Schädlinge läßt sich auch dadurch deutlich machen,
daß man das geographische Vorkommen derselben kartographisch festlegt,
und zwar nach den von Cook und Bremer vorgeschlagenen Zonen.
Letzterer unterscheidet
1. das gesamte Verbreitungsgebiet der betreffenden Art,
2. das Massenwech seigebiet, in dem wohl Gradationen von Zeit
zu Zeit vorkommen können, und
__. yerbreitungsgebiet
lÜH] MaisePi^erbreiiungsgebiet
Gebiet der Daueröchädigungen
i/on Pegomyia hyoscyami Pz.
Abb. 47 A. Verbreitungskarte der Rübenfliege nach der Bremerschen Einteilung (ge-
samtes Verbreitungsgebiet, Massenwechselgebiet und Gebiet der Dauerschädigung).
Nach Bremer.
3. das Gebiet der Dauerschädigungen, in dem sich die Massen-
vermehrungen ständig auf einer wirtschaftlich schädlichen Höhe
halten (s. Abb. 47 A).
Bringt man diese Unterschiede im Vorkommen mit den Unterschieden in
den klimatischen Verhältnissen in Beziehung, so wird man häufig jede dieser
Zonen von bestimmten Isothermen und Isohypsen begrenzt finden 2). Im spe-
ziellen Teil dieses Bandes werden für verschiedene Großschädlinge Grada-
1) Es wird anzustreben sein, durch eingehende Untersuchungen bzw. zahlreiche
Messungen der klimatischen Verhältnisse in unseren Wäldern die Beziehungen zwi-
schen Makro- und Mikroklima derart festzustellen, daß wir letzteres aus ersterem
wenigstens annähernd ableiten können.
-j Vergl. auch Schnauer, W., Zeit. f. ang. Entom. Bd. XV, 1929.
5- Epidemiologie.
63
tionskarten gegeben, die solche klimatische Begrenzungen erkennen lassen.
Noch deutlicher kommen diese Verhältnisse durch Vergleich der Verbreitung
mit den Kli mogrammen zum Ausdruck, wie sie von Cook in die Ento-
mologie eingeführt wurden (Abb. 47 B). Übrigens haben bereits Zeder-
bauer, Zweigelt u. a. und verschiedene meiner Mitarbeiter (F. Eck-
stein, Berwig) auf die Beziehungen zwischen Massenvermehrungsgebieten
und bestimmten klimatischen Bezirken hingewiesen.
Ganz eindeutig ergeben sich diese ferner aus den neuesten Forschungen
Knochesi) über die Abhängigkeit der Mortalität der Nonneneier vom
Klima bzw. von der Erhebung der einzelnen Gebiete über den Meeres-
spiegel;
Erhebung über den Meeresspiegel
Juli-Durchschnittstemperatur . .
Mortalität (7o der nicht ge-
schlüpften Eier)
100
18,5
300
17,7
400
500
15-9
700
•4,7
900 m
13,600
14 7o 21 7o 28 7„ 42 7o 93 7o ioo7„ .007,
-t
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77
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\
o
-2
0 10 20 30 '^ 0 70 20 30 W SO 60 70 SO 90
Miederschlag in yn m
Salt- laife City, Ul-air San Franasco, California
Abb. 47 B. Klimogramme nach Cook. Die Durchschnittswerte der Monate sind mit
I — 12 bezeichnet. Aus Bremer.
Wir ersehen hieraus ohne weiteres, warum in Höhenlagen über
6 — 700 m Nonnenkalamitäten nicht mehr zustande kommen können.
Werden derartige Untersuchungen weiter fortgesetzt und auf andere
Forstschädlinge ausgedehnt, so wird uns manches über die örtliche Begrenzt-
heit der Kalamitäten verständlich werden, was wir bisher nur rein empirisch
als Tatsache feststellen konnten.
Daß auch die Beendigung von Kalamitäten (die Krisis) durch
1) Knoche, E., Schädling, Klima und Bekämpfung.
Anst. Bd. XVI. 1929.
Arb. Biol. Reichs-
64 I. Allgemeiner Teil.
klimatische Einflüsse verursacht werden kann, steht außer Zweifel. So
konnte ich selbst beobachten, wie im Jahre 192 1 eine bedenklich ansetzende
Nonnenkalamität in der Oberpfalz durch die große Hitze und Trockenheit
coupiert wurde. Millionen von eingetrockneten Raupen bedeckten den Boden,
während die Kronen völlig raupenfrei waren i). Es konnte keinerlei Krank-
heit festgestellt werden, so daß nur die Trockenheit für das Massensterben
verantwortlich gemacht werden konnte. Auch die letzten Spannerkalamitäten
in Bayern brachen vielfach zusammen, ohne daß ein hoher Parasitenstand
oder bestimmte Krankheiten beobachtet werden konnten.
Ähnliches beobachtete Sachtleben-) bei einer der letzten Eulenkala-
mitäten, was Bodenheimer wie folgt zusammenfaßt: ,,Ein Probesammeln
im Zossener Kiefernforst im Frühjahr 1925 ergab auf 860 qm (33 Probe-
flächen): Von 7583 P(7nol/s -Fuppen waren 5230 gesund, 1070 tot und 1283
parasitiert, außerdem fanden sich 2249 Tönnchen von Eniestia und 11 44 Ko-
kons von Banchus und 37 von Enicospilus."
„Die Prognose, umgerechnet pro Kiefernstamm, lautete: pro Stamm
17,4 /^«/?<5'//i--Falter = 8 Männchen und 8 Weibchen ä 500 Eier3) = 4ooo Eier
— 800 Trichograrmna (1/5) — 800 sonst nicht schlüpfende (1/5) = 2400 Eier
pro Stamm. Probezählungen der Eier IV/V ergaben nur 250 Eier pro Stamm.
„250 — je 20 0/0 trichogrammierte und taube Eier. Prognose: 150 Raupen
pro Stamm. Probezählungen ergaben aber nur 8,4 Raupen pro Stamm im
Juni und 1,1 Raupen im Juli.
„Probezuchten ergaben, daß von 463 A?/'/(?//j'- Raupen 82 starben. 20 sich
verpuppten und 361 parasitiert waren.
,, Resultat: Die tatsächliche Eiablage betrug nur i/^^j der vorhergesehenen.
Von den tatsächlichen 250 Eiern pro Baum gelangten nur 8,4 in ein Raupen-
stadium, nur 1,1 in ein fortgeschrittenes Raupenstadium. Die großen Raupen
wurden zu 78,90/0 parasitiert (4,40/0 verpuppt, 17,70/0 tot). Von der Gesamtzahl
von 250 Eiern waren 50 (T richo gramma') und 8 (als Raupe) = insgesamt
23,30/0 parasitiert. Ein großer Prozentsatz der 50 trichogrammierten Eier
wäre aber i. sonst auch als Ei vernichtet worden (mindestens 200/0), 2. als
I. oder 2. Raupenstadium gestorben, so daß die tatsächlich epidemiologisch
belangreiche Parasitierung weit geringer zu veranschlagen ist.
„Eine Nachrechnung ergibt," schreibt Bodenheimer, ,,daß aus
1000 Eiern nur 10 Falter schlüpften. Bei Anbringung der erforderlichen
Korrekturen bezüglich derjenigen trichogrammisierten Eier, die der späteren
Mortalität sowieso zum Opfer gefallen wären und die daher als epidemiolo-
gisch belanglos ausgeschaltet werden müssen, wurden 2 0/0 der Eier, 60/0 der
Raupen und 17 0/0 der Puppen parasitiert oder, auf die ursprüngliche Eizahl
bezogen, 5,30/0 der Gesamtzahl. Diese 5,30/0 stellen den epidemiologischen
1) Bremer spricht in solchen Fällen vom Eintritt außergewöhnlicher klima-
tischer Verhältnisse, die „ohne erkennbare wesentliche Verknüpfung mit den durch-
schnittlichen ökologischen Begrenzungsfaktoren" stehen (ungewöhnliche Dürre, Platz-
regen, orkanartige Winde), als „Schicksale". Er kommt so zu einer Einteilung
in ständige und gelegentliche Begrenzungsfaktoren, deren Grenzen allerdings
fließend seien. „Das Gebiet der ständigen Faktoren wird sich immer mehr er-
weitern, je genauer wir den ökologischen Bedingungskomple.x einer Art kennen
lernen."
2) Sacht leben, H., Die Forleule Panolis flammea Schiff. — Monograph.
z. Pflanzenschutz Nr. 3. — Berlin 1929.
3) Die Zahl ist erheblich zu hoch gegriffen, wie Sachtleben selbst später
mitteilt.
5- Epidemiologie. 65
Anteil der Parasitengesamtwirkung an der \^erminderung der Entwicklungs-
potenzen dar, während ohne Berücksichtigung der Parasiten die Verminde-
rung durch klimatische Faktoren 93,70/0 ergibt" i).
Das von mir im I. Band dieses Werkes gegebene Bild von der
640'oigen Parasitierung der Kieferneule (Abb. 188, Seite 242) ist insofern
irreführend, als dieselbe ohne weiteres dem Gesamtvernichtungsquotienten
gleichgesetzt wird, während die 640/0 sich nur auf einen Ausschnitt aus der
Gesamtentwicklung einer Generation beziehen. Den gleichen Fehler machten
alle früheren Autoren. Wir übersahen eben, daß die Eizahl nicht ohne
weiteres der Zahl der erwachsenen Raupen mehr oder weniger gleichgesetzt
werden darf, während wir nach dem, was wir oben von der hohen Sterb-
lichkeit der ersten Entwicklungsstadien im allgemeinen und von der Eule im
speziellen gehört haben, annehmen müssen, daß die Eizahl die Zahl der
erwachsenen Raupen um ein Vielfaches übertrifft-).
Ich habe hier mit einigen Strichen die wesentlichsten Gedankengänge
Bodenheime rs, als des aktivsten \"ertreters der „klimatischen Richtung"
der Epidemiologie, wiedergegeben. Zweifellos hat die neue Richtung in der
kurzen Zeit ihres Bestehens die epidemiologische Einsicht bezüglich der In-
sektengradationen mächtig gefördert, und ich hege die größten Hoffnungen,
daß durch die vielen Arbeiten, die gegenwärtig im Gang sind, die Lehre der
Insektengradationen ein festeres Fundament erhält, als sie es heute besitzt.
Andererseits werden, je mehr Objekte wir untersuchen, sicherlich auch
die Fälle zunehmen, bei denen auch andere ökologische Begrenzungsfak-
toren einen wesentlichen, die klimatischen Faktoren vielleicht übertreffenden
Einfluß auf die Regulierung annehmen. Ich erinnere an die Borkenkäfer und
andere sekundäre Schädlinge. Das Klima hat auf die Vermehrung der
Borkenkäfer (wenigstens auf die „Beeinflußbaren", siehe Bd. I, S. 174) wohl
1) Daß bei den Gradationskrisen auch uns unbekannte innere Degenerations-
erscheinungen mitspielen, ist möglich. Die geringe Eizahl, die die Eulenweibchen
am Ende der Gradationsperiode produzierten, spricht jedenfalls für eine solche
konstitutionelle Schwächung.
2) Das Problem des für die Beendigung der Kalamitäten in Frage
kommenden Ursachenkomplexes scheint mir noch schwieriger zu sein als die Er-
forschung der die Gradation auslösenden Faktoren, und es sind auch darüber im
Sinne der klimatischen Richtung der Epidemiologie bis jetzt noch kaum viele greif-
bare Feststellungen gemacht. Übrigens sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, daß
Bodenheimer den Parasiten durchaus nicht etwa jeden regulierenden Wert ab-
spricht: ,,\Vas die Parasiten betrifft," schreibt Bodenheimer in seiner anfangs
zitierten Arbeit (1928), so bleibt deren tatsächliche Bedeutung voll erhalten. Es
war zunächst von theoretischem Interesse, festzustellen, daß die 10, 20, 30, .... So^'o
Parasitierung, mit der wir bisher rechneten, unter Bezugnahme auf die Gesamtnach-
kommenschaft einen viel, viel kleineren Prozentsatz ausmacht. Daß die eben er-
wähnten Prozentsätze der Parasitierung der tatsächlich Überlebenden entsprechen,
wird nun von Bedeutung. Die tatsächliche Parasitierungszahl genügt, um vielen
„Schaden" zu verhüten, den die Phytophagen sonst an Kulturgewächsen aller Art
angerichtet hätten. Es ist hier durchaus nicht nebensächlich, ob die tatsächliche
Individuenzahl eines „Schädlings" bei durchschnittlich 5oOoigem Parasitenbefall um
die Hälfte reduziert wird. In der Zunahme der Parasitenzahl bei längerer Andauer
der Übervermehrung eines Phytophagen haben wir ebenso wie in der in vielen Fällen
beobachteten verminderten Resistenz des in Vermehrung befindlichen Schädlings
(Herabsetzung der Eizahl, erhöhte Mortalität unter gleichen Bedingungen) durch-
aus eine Bremsvorrichtung der Natur zu erblicken, allerdings eine Bremsvorrichtimg
sekundärer Art.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 5
66 I. Allgemeiner Teil.
einen deutlichen Einfluß, indem z. B. die Generationenzahl durch warme
Witterung vermehrt werden kann { I ps typographus!'). oder indem bei gün-
stigem Schwarmwetter mehr Weibchen zur Eiablage kommen als bei naß-
kaltem usw., doch Massenvermehrungen, die zu wirtschaftlichen Schäden
führen, können nur dort entstehen, wo genügend geeignetes Brutmaterial (im
Saftstrom geschwächte Bäume!) vorhanden ist. Fehlt dieses, so werden auch
die günstigsten klimatischen Bedingungen keine Gradation in Gang bringen
können, und so ist es also hier vor allem die vorhandene Nahrungs-
menge, die die Vermehrungsgröße bestimmt.
Ferner sei auf jene Schädlinge hingewiesen, die nur wenig Parasiten
besitzen. Bodenheimer meint zwar, daß bei diesen der Massenwechsel
nach den gleichen Gesetzen verläuft wie bei den parasitenreichen Insekten.
Dies ist meines Wissens noch nicht bewiesen; andererseits können wir aber
auf Fälle hinweisen, die für eine gegenteilige Anschauung zu sprechen
scheinen. Ich denke dabei z. B. an die Fichtenblattwespe, Nematiis abietinum
Htg., die nur sehr wenig unter Parasiten zu leiden hat und die im Naunhofer
Wald (bei Leipzig) seit Dezennien, seitdem der Grundwasserspiegel künstlich
gesenkt wurde, zu einem Dauerschädling geworden ist. Es gibt zwar graduelle
Schwankungen im Massenauftreten, die, wie es scheint, in der Hauptsache
mit der Menge der Niederschläge zusammenhängen, doch gingen diese seit
jener Zeit in keinem Jahr bis zu einem wirtschaftlich bedeutungslosen Auf-
treten zurück. ,,Mit dem Verschwinden dieses argen Waldverderbers ist da-
her unter den gegenwärtigen Verhältnissen leider nicht oder erst dann zu
rechnen, wenn es ihm gelungen sein wird, die letzte Fichte hier zum Ab-
sterben zu bringen" (Sinz). Liegt es hier nicht nahe, kausale Beziehungen
zwischen Dauerkalamität und Parasitenmangel anzunehmen?
In diesem Zusammenhang sei auf die interessanten Verhältnisse des
Massenwechsels der Rübenfliege hingewiesen, wie sie durch die langjährigen
Untersuchungen von Blunck und Bremer aufgedeckt wurden, und die
uns „in einfachster Form ein Zusammenwirken abiotischer und biotischer
Faktoren auf den Massenwechsel eines Insekts zeigen und überdies veran-
schaulichen, wie ein dem Schädling an und für sich günstiges Moment sich
in das Gegenteil verkehren kann, wenn es gleichzeitig die Stoßkraft eines ihm
abträglichen Faktors verstärkt". ,,Die Entwicklungsgeschwindigkeit der
Rübenfliege steigt mit der Temperatur. Sie bringt es in Schweden oft nur
auf 2, bei uns aber bis auf 4 Generationen. Wärme ist ihrem Gedeihen also
an sich förderlich. Trotzdem liegt das Gebiet der Massen- und
Dauerschädigung bei und in den Rübenbaugebieten mit
relativ niedriger Temperatur." ,,Wir standen vor einem Rätsel,"
schreibt Blunck, „bis wir feststellten, daß die in Deutschland häufigsten
Parasiten der Rübenfliege wärmebedürftiger sind als ihr Wirt. Nur bei
höherer Temperatur, d. h. etwa bei 18 — 20 0 Durchschnittstemperatur können
sie in der Entwicklungsgeschwindigkeit mit der Fliege Schritt halten. Bei
kühler Witterung schlüpfen die Wespen erst, wenn die von ihnen zu be-
legenden Fliegenlarven schon zur Verpuppung in die Erde gegangen sind.
Ihr Stoß trifft ins Leere. Kühle Jahre müssen sich danach in verstärkter Ten-
denz zur Massenvermehrung der Rübenfliege auswirken. Im Einklang mit
dieser Folgerung sehen wir in der Tat die Rübenfliegenjahre nach Sommern
mit unternormaler Temperatur einsetzen" (und nicht nach solchen mit über-
normaler Temperatur, wie man a priori annehmen sollte, da eben warme
5- Epidemiologie. 67
Jahre die Wirksamkeit der Parasiten steigern). „Tatsächlich brachte 1925 als
das erste (warme) Normaljahr nach einer längeren kühlen Periode in Pom-
mern bereits wieder einen Parasitenbefall von über 900/0, und im Jahre 1926
ging die Kalamität dort stark zurück, um 1927 vollständig zu erlöschen."
Wir sehen aus dieser Feststellung, daß bei der Rübenfliege im Spiel
der regulierenden Kräfte die Parasiten einen sehr wesentlichen
Faktor ausmachen.
Zum Schluß sei noch folgendes fingierte Beispiel zur Überlegung angeführt :
Es handelt sich um zwei Kiefernwälder. Der Wald A trostlos, schlech-
teste Bonität, kaum Unterwuchs, kaum eine Bodenflora, außer vielleicht
Hungermoos — der andere Wald B im besten Wuchs, erstklassiger Boden,
reicher Unterwuchs, reiche Bodenflora. Der erste Wald extrem faunenarm,
kaum irgendwelches Tierleben zu entdecken — der zweite faunenreich, zahl-
reiche Insektenarten und -individuen auf der Hauptholzart, dem Untervvuchs
und der Bodenflora, ein reiches Vogelleben usw.
Durch Eintritt optimaler, klimatischer Verhältnisse wird die Mortalität
eines Schädlings im Wald A herabgesetzt und damit eine Gradation ein-
geleitet. Das gleiche tritt (vielleicht in einem andern Jahr) im W^ald B ein,
und zwar in völlig gleichem Ausmaß. Was wird nun in den beiden Wäldern
geschehen? Man kann wohl annehmen, daß die überzähligen Nachkommen
im Wald A sich in größerer Zahl werden behaupten bzw. in die nächste
Generation werden eintreten können als im Wald B, da im ersteren die Ab-
gänge durch die biotischen Faktoren weit geringer sein werden als im
Wald B, wo ein großes Heer von Feinden und Parasiten bereitsteht, über sie
herzufallen. Mit anderen Worten: Im tierarmen Wald A haben die Schäd-
linge einen starken Vorsprung vor den Feinden bekommen, der erst nach
Jahren eingeholt werden kann — im tierreichen Wald B wird der Vorsprung
sofort wieder mehr oder weniger ausgeglichen. Die Folgen: Im Wald A
wird die eingeleitete Gradation — vorausgesetzt, daß das Klima weiter
günstig bleibt — viel rascher sich zur Kalamität entwickeln können als im
Wald B, in dem diese Entwicklung zum mindesten viel langsamer verlaufen
dürfte.
Ein Zahlenbeispiel möge dies verdeutlichen: Angenommen, das Entwick-
lungspotential der in Frage kommenden Schädlingsart betrage 100 (wie es
etwa für den Kiefernspanner zutrifft). In ruhigen Jahren möge die normale
Mortalität als Auswirkung abiotischer Faktoren 960/0 betragen, jene durch
Parasiten, Feinde, Krankheiten usw. auf die Ausgangseizahl umgerechnet 2 0/0.
Die Gesamtdezimierung beträgt dann 980/0, wodurch das „Gleichgewicht" —
ein Geschlechterverhältnis von i:i vorausgesetzt — erhalten bleibt i).
Durch günstige Klimabedingungen sei nun in einem Jahre in beiden
Wäldern die abiotische Mortalität im Ei- und Junglarvenstadium auf 700/0
gesunken. Statt 4 Larven wie in ruhigen Zeiten, erreichen nunmehr 30 Larven
von der Nachkommenschaft eines Weibchens ein vorgerücktes Entwicklungs-
stadium. Das bedeutet, daß der vorhandene Bestand an Feinden und Para-
siten, da wo er vordem 4 Schädlinge vorfand, nunmehr 30 solchen gegenüber-
steht. Die durch Parasiten und Feinde zu bewältigende Schädlingspopulation
1) Der Begriff des „Gleichgewichtszustandes" ist selbstverständlich eine Fik-
tion. In Wirklichkeit liegen die Verhältnisse so, daß in aufeinanderfolgenden
Jahren ein Fluktuieren von Zu- und Abnahme der Population stattfindet, wodurch
der Ausgleich geschaffen wird.
68 I- Allgemeiner Teil.
hat sich demnach mehr als versiebenfacht. Es leuchtet ein, daß im faunen-
armen Wald A die Chancen für ein Überleben eines Teiles dieser 30 Nach-
kommen wesentlich günstiger sein werden als im faunenreichen Wald B, der
dank der hier vorhandenen Zwischenwirte usw. auch in normalen Zeiten einen
reicheren Bestand an Parasiten und Feinden beherbergen wird. Ein Einholen
des Vorsprunges, den die Schädlingspopulation gegenüber Feinden und Para-
siten infolge günstiger Klimabedingungen gewonnen hat, ist hier bedeutend
aussichtsreicher als im Wald A. Dasselbe gilt sinngemäß für alle Mono-
kulturen großen Maßstabes.
Ich weiß wohl, daß, wenn dieser fingierte Fall genau so eintreten würde,
wie er hier angenommen ist, eingewendet werden kann: Die Verschiedenheit
in der Entwicklung der Gradation kann ebensogut durch die zweifellos be-
stehenden beträchtlichen mikroklimatischen Differenzen in den beiden Wäl-
dern hervorgerufen sein. Doch bevor nicht der zwingende Beweis dafür er-
bracht ist, daß auch in diesem Fall die Parasiten gegenüber dem Klima
nur eine sekundäre Rolle gespielt haben, möchte ich meinen Erklärungs-
versuch der größeren Immunität der Mischwälder gegenüber den reinen
Wäldern durch das Vorhandensein einer reicheren Parasitenfauna vorerst
noch nicht aufgeben. Wenn auch die Parasiten an der Gesamt-
entwicklung der Nachkommenzahl einer Generation, wie wir
oben gesehen haben, meist nur einen relativ kleinen Anteil
haben, so ist es vielleicht gerade dieser kleine Anteil, der
die Lücke zwischen der Mortalität durch abiotische Fak-
toren und der zur Erhaltung des eigenen Bestandes not-
wendigen V e r n i c h t u n g s z i f f e r ausfüllt und für den Verlauf
des Massen wechseis ausschlaggebend ist.
Schließlich sei noch auf die charakteristischen Ablaufkurven
mancher Schädlinge bei den Gradationen aufmerksam gemacht, die sowohl
bezüglich der Gesamtdauer, als auch der Dauer der einzelnen Phasen (Vor-
bereitungsjahr, Prodromaljahr, Eruptionsstadium und Krisis) mehr oder
weniger fixiert sind (Abb. 45). Auch dieses Moment scheint darauf hinzu-
deuten, daß außer den klimatischen Einflüssen auch noch andere Faktoren
im Spiele sind.
Probleme über Probleme türmen sich vor unseren Blicken auf. Alles ist
noch im Fluß. Ein unendlich weites und fruchtbares Feld für die Forscher-
tätigkeit liegt vor der jungen Generation ausgebreitet da. Möge sie, die
Zeichen der Zeit verstehend, sich nicht in Kleinigkeiten verlieren, sondern
mit frischem Sinn und Begeisterung an die Erforschung der großen epide-
miologischen Probleme gehen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden
dann weit über ihr eigenes Gebiet hinauswirken und das Ansehen der Forst-
entomologie auch in den Kreisen der theoretischen Naturwissenschaften
wesentlich stärken. Doch auch die Praxis wird ihre großen Vorteile davon
haben, denn kennen wir einmal die Ursachen der Kalamitäten, und sind wir
imstande, ihren Verlauf mit einiger Sicherheit vorauszusagen, so ist schon
viel gewonnen. Man möge nicht einwenden, daß, falls die Ursachen in der
Hauptsache klimatischer Natur seien, die Praxis dem machtlos gegenüber
stehe. Denn der Praktiker hat es sehr wohl in der Hand, durch waldbauliche
Maßnahmen auch das Mikroklima wesentlich zu beeinflussen. Siehe auch
Nachtrag.
;. Epidemiologie.
69
Anhang.
Zur Methodik.
Die neue Richtung der epidemiologischen Forschung stellt auch er-
höhte Forderungen an die Ausrüstung der entomologischen Laboratorien.
Zum wichtigsten Rüstzeug der angewandt entomologischen Forschung gehören
heute Thermostaten, in denen die Insekten unter verschiedenen Kombina-
tionen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit gehalten werden können. Bisher
benutzte man hierzu den sog. Reihenthermostaten oder den multiplen Ther-
mostaten, wie er von Williams und Kirkpatrik beschrieben wurde. Um
in diesen verschiedene konstante Feuchtigkeitsgrade zu erzielen, bedient
man sich entweder Schwefelsäurelösungen von verschiedener Konzentration
(Boclenh eime r) oder konzentrierter Lösungen verschiedener Salze (Head-
Abb. 48 A. Der neue Arbeitsraum des Münchener Institutes für angewandte Zoologie.
Links ein Reihenthennostat, im Hintergrund der neue multiple Thermohygrostat.
lee. Janisch; Näheres darüber siehe bei Friederichs, Die Grund-
fragen usw. Bd. I).
Als Beispiel der Technik des Arbeitens mit konzentrierten Salzlösungen
zur Erzielung konstanter Luftfeuchtigkeit sei der von Zwölfer^) benutzte
einfache Apparat angeführt (Abb. 48 C), mit dessen Hilfe ihm bei Mit-
verwendung eines Reihenthermostaten die Aufzucht junger Forleulenraupen
unter verschiedenen Temperatur- Feuchtigkeitskombinationen gelang. Der
Hygrostat besteht aus einer flachen Doppelglasschale, deren Deckel (F-^^) zur
Aufnahme des angefeuchteten Salzes (S) dient. Der Zuchtraum (Z), der von
der kleineren Schalenhälfte (F2) gebildet wird, ist vom Salzraum durch ein
Stück Glasbatist (B) getrennt, welches mit Hilfe eines Leukoplaststreifens
^) Zwölfer, Experimentelle Untersuchungen zur Epidemiologie der Kiefern-
eule. — Z. f. ang. Entom. Bd. XVI L
70
I. Allgemeiner Teil.
(L) an die Salzschale (P^) festgekittet ist. Um bei gewissen leicht zerfließ-
lichen Salzen ein Verschmutzen des Zuchtraumes zu vermeiden, befinden sich
unterhalb des angefeuchteten Salzes mehrere Lagen Fließpapier (F), welche
alle zerfließenden Bestandteile aufsaugen. Die niedrige Form der Zucht-
und Salzschale bewirkt einen raschen Ausgleich von Luftfeuchtigkeitsunter-
schieden. Durch den seitlich übergreifenden Batistrand (B) der Salzschale
wird eine gewisse Durchlüftung des Zuchtraumes ermöglicht. Da die von
außen eindringende Luft erst über die feuchte Salzmasse streichen muß,
ehe sie in den Zuchtraum gelangt, ist hierbei eine Störung der Feuchtigkeits-
konstanz ausgeschaltet. Diese wird auch durch das Einbringen von Futter,
welches in kleinen Gaben zu reichen ist, nicht merklich gestört.
In jüngster Zeit ist ein Apparat konstruiert worden, der von den bis-
herigen Thermostaten-Systemen vollständig abweicht und der auf einfachere
Weise das Problem, bestimmte Luftfeuchtigkeitsgrade zu erzielen und kon-
stant zu erhalten, zu lösen versucht, und der außerdem noch den Vorteil der
ständigen Lufterneuerung und des allseitigen Lichtzutritts besitzt. Es ist dies
der von Gustav U. Escherich konstruierte „Multiple Thermo-
hygros tat " 1).
Die Grundlage des neuen Thermostaten beruht darauf, daß die Erwär-
mung der Zuchträume durch indirekte Beheizung, d. h. durch Zufuhr
erwärmter Luftströme bewirkt wird. Dadurch ist zugleich die Möglichkeit
gegeben, die Luftfeuchtigkeit in den einzelnen Abteilungen beliebig zu
regeln. Man verwendet zweckmäßig zwei gleichtemperierte Luftströme
von extrem verschiedener Luftfeuchtigkeit, die dem jeweiligen Bedarf ent-
Abb. 48B. Tischplatte des multiplen Thermohygrobtaten mit 12 Zuchtgefäßen.
sprechend gemischt werden können. Solange die beiden Luftströme in
konstanter Beschaffenheit zugeführt werden, ist es ein leichtes, durch Ein-
stellen empirisch geeichter Luftdrosseln jede gewünschte Feuchtigkeit her-
zustellen und konstant zu erhalten. Diese Art der Luftfeuchtigkeitsregelung
ij Siehe Anzeiger für Schädlingskunde. VL (930), Heft 2.
6. Raupenkrankheiten.
71
Abb. 48 C. Hygrostat (Querschnitt
natürl. Größe.
Erklärung im Text. Nach Zwölfer.
auf rein physikalischem Wege gewährleistet auch eine ständig gleichmäßige
Verteilung des betreffenden Feuchtigkeitsgehaltes im ganzen Räume (was
bei den chemischen Methoden kaum zu erreichen sein wird).
Die indirekte Beheizung der Zuchträume hat ferner den Vorteil, daß in
den letzteren überall annähernd die gleiche Temperatur herrscht, und daß
diese (ebenso wie die Luft-
feuchtigkeit) nach einem
kurzen Öffnen der Räume
(zum Futterwechsel usw.)
sich in kürzester Zeit wie-
der auf den alten Wert
einstellt; und endlich, daß
damit ein ständiger Luft-
wechsel in der Kammer
erzielt wird.
Das System der Be-
heizung von innen läßt es
fernerhin ohne weiteres zu,
die Zuchträume größtenteils in Glas (oder wenn es sein muß auch
in Ultraglas) auszuführen und so die Absorption der von außen eindringen-
den Strahlungen auf ein Minimum zu reduzieren. So wird den natürlichen
Lebensbedingungen der Objekte in weitgehendstem Maße Rechnung ge-
tragen i).
Man verwendet als Zuchträume am besten unverspiegelte Vakuum-
Mantelgefäße, die bei dünnster Schichtdicke des Glases einen guten Wärme-
schutz bieten. Der Boden, auf dem die Zuchtgefäße ruhen, besteht sowohl
aus Gründen des Wärmeschutzes wie der Schonung der feinen Glasgefäße
aus großen Korkplatten, durch die die Leitungen für die Luftzufuhr sowie
die Abzüge hindurchgehen.
Die Luftströme werden durch ein gemeinsames Elektrogebläse erzeugt,
in einem Lufterhitzer auf die gewünschte Temperatur und in einer Befeuch-
tungs- bzw. Trocknungskammer auf den entsprechenden Feuchtigkeitsgehalt
gebracht. Die verschiedenen Temperaturen werden durch verschiedene Ab-
kühlung der einzelnen, zu den Zuchträumen gehenden Luftströme erzielt.
6. Raupenkrankheiten ").
Im L Band (S. 258 — 306) dieses Werkes sind die Raupenkrankheiten
nach dem damaligen Stand eingehend behandelt. Wir haben dort die
Mykosen (Verpilzungen), Bakterienkrankheiten, Nosemakrank-
heiten (Pebrine) und Polyederkrankheiten besprochen. Seit dem
Erscheinen des L Bandes sind manche neue Entdeckungen gemacht und
manche Fortschritte in der Erkenntnis damals noch wenig geklärter Pro-
bleme erzielt worden. Sie betreffen sowohl die Bakterienkrankheiten, die
1) Welch großen Einfluß die Ausschaltung des Lichtes auf die Mortalität der
Insekten ausüben kann, zeigen aufs deutlichste die vor kurzem veröffentlichten Ver-
suche von Fried erichs und Steiner (Zentralblatt für Bakteriologie, II. Abt.,
1930, Bd. 30).
2) Bei der Bearbeitung dieses Abschnittes habe ich durch Herrn Dr.
W.Zwölfer wertvolle Unterstützung erfahren, wofür diesem auch hier herzlich
gedankt sei.
i'd^
I. Alleemeiner Teil.
Nosema-Krankheiten, die wir besser mit dem weiteren Begriff Microspo-
ridien-Krankheiten bezeichnen und vor allem die Polyederkrankheiten, die
ja für den Forstentomologen besondere Bedeutung besitzen i).
A. Bakterienkrankheiten.
Von den Bakteriosen wurde besonders die .,S ch 1 af f s u cht" der Raupen
der Mehlmotte (E. kühniella ZW.) — deren Erreger 191 1 von Berliner-) als
Bacillus thuringensis beschrieben wurde — von Mattes (1927) ■^) ein-
gehender studiert. Äußerlich fallen die ersten Anzeichen der Erkrankung erst
im fortgeschrittenen Krankheitszustand auf: Die Raupen verlassen ihren
normalen Aufenthaltsort und begeben sich — ähnlich wie verpuppungsreife
Larven — auf die ,, Wanderschaft". Der Krankheitsprozeß schreitet rasch
vorwärts. Im vorgerückten Stadium fühlt sich die Haut erkrankter Tiere
schlaff an. Schließlich findet man die Tiere, durch die Afterfüße an den
Wänden der Gefäße festgehalten, kopfüber tot herabhängen.
Der Erreger der Krankheit, ein stäbchenförmiges, peritrich bewimpertes
Bakterium von 5 |li Länge und 1,8 |li Dicke, sowie 2x1 II*- Sporengröße, wird
nach Mattes in Spo-
renform mit der Nah-
rung aufgenommen. Im
Darmtraktus des Wirtes
schlüpfen die Sporen
und beginnen mit einer
starken vegetativen Ver-
mehrung" im vorderen
Teil des Mitteldarms.
Durch ihre Tätigkeit soll
die chemische Zusam-
mensetzung des Mittel-
darmsaftes eine für die
Zellen des Darmepithels
schädigende Änderung
erfahren. In die Darni-
zellen selbst tritt der Pa-
rasit nicht ein. Hingegen
dringt ein Teil der Bak-
terien in einem bestimm-
tenEntwicklungszustand
der Krankheit zwischen
Zellen des Darmepithels durch (Abb. 49), gelangt in die Leibeshöhle und
damit in die Blutflüssigkeit des Wirtes, in der jetzt die Vermehrung noch
1) Neuere Beobachtungen über die Taric/iiu/n-^l\'ko?,e von Agrotis segeliim
Schiff, werden dort besprochen.
-) Berliner, E., Über die Schlaffsucht der Mehlmottenraupen (Epheslia
kühniella ZU.) und ihren Erreger Bacillus Ihiiriugensis n. sp. — Zeitschr. f. ang.
Entom. 191 5. Bd. II, pp. 29 — 56.
3) Mattes, O., Parasitäre Krankheiten der Mehlmottenlarven und Versuche
über ihre Verwendbarkeit als biologisches Bekämpfungsmittel. — Sitz.-Ber. d. Gesell-
schaft z. Fördg. d. gesamten Naturwiss. zu Marburg. Bd. 62, 1927, pp. 381 — 417. —
Derselbe, Über den Entwicklungsgang der Microsporidie Thelohania ephestiae
und die von ihr hervorgerufenen Krankheitserscheinungen. — Zeitsch. f. wiss. Zool.
1928, pp. 526—582.
Abb. 49. Schnitt durch den Darm einer Mehlmottenlarve
im Stadium der Überwanderung der Bakterien aus dem
Darmlumen in die Leibeshöhle. Vergr. 750 mal.
Nach Mattes.
6. Raupenkrankheiten. 73
bedeutend rascher vor sich geht als im Darmlumen. Schließlich wird die
Leibeshöhle des Wirtes von Bakterien vollkommen überschwemmt. Auch die
übrigen Organsysteme werden nicht direkt durch die Bakterien befallen.
Ihre Zerstörung findet vielmehr durch eine Art Auflösungsprozeß statt, der
an ihrer Oberfläche beginnt und allmählich die gesamten Organe ergreift.
Er wird ähnlich wie die Zerstörung des Darmepithels auf eine Wirkung von
Enzymen zurückzuführen sein, die von den Bakterien ausgeschieden werden.
Im Endstadium der Krankheit ist der Körperinhalt der erkrankten Raupe
völlig ver jaucht. Die Kadaver vertrocknen allmählich zu braunen Mumien.
Während des Austrocknungsprozesses schreitet die Mehrzahl der Bakterien
zur Ausbildung von Sporen, den Dauerformen des Parasiten, in welchen er
über 6 Jahre lebensfähig bleiben kann.
Die Infektion der Mehlmottenlarven durch Bacillus tJiuringensis, der
sich auf künstlichen Nährböden leicht züchten läßt, bereitet keinerlei
Schwierigkeiten. Unter günstigen Temperaturverhältnissen (25 — 30 0 C) be-
trägt die Inkubationszeit 6 Tage bei 100 0/0 Mortalität. Eine Steigerung der
Virulenz durch Passageimpfungen konnte nicht erzielt werden. Angesichts
der ausgesprochen pathogenen Wirkung des Bacillus Ihuringensis wurden von
Mattes mehrere Versuche über seine praktische Verwendbarkeit zur Be-
kämpfung der Mehlmotte durchgeführt. Es zeigte sich indessen, daß die
Gespinste der Mehlmottenlarven, in denen sich diese normalerweise aufhalten,
von den aufgespritzten oder aufgestäubten Sporenmassen des Bacillus thuri/i-
gensis nicht durchdrungen werden. Die im Innern der Gespinste befind-
lichen Larven sind so vor einer Infektion ausgezeichnet geschützt. Mattes
gelangte auf Grund seiner Versuche zu dem Ergebnis, daß eine Verwendung"
des Schlaffsuchterregers für die Praxis der Mehlmottenbekämpfung nicht in
Betracht kommt.
B. Mikrosporidienkrankheiten.
Die Mikrosporidien sind eine Gruppe durchwegs intrazellulär-parasitisch
lebender Protozoen, die systematisch neuerdings den Amöbosporidien
zugezählt werden. Kennzeichnend für sie ist die Struktur ihrer Sporen,
die als Endstadien und Dauerformen im Entwicklungsgang der Parasiten
auftreten. Sie finden sich in den Geweben der erkrankten Wirtstiere zu-
meist in imponierenden Massen. Die Gestalt der Sporen ist birn-bohnen-
förmig oder ellipsoidisch. Hinsichtlich ihrer Größendimension liegen sie
an der Grenze der optischen Sichtbarkeit. Im Aufbau der Sporen, der für
die Gruppe der Mikrosporidien typisch ist, lassen sich 3 Komponenten unter-
scheiden: die stark lichtbrechende, einheitlich gebaute, chitinöse Sporenhülle,
der ring- oder gürtelförmig quer zur Sporenhauptachse liegende i- oder
2 kernige Amöboidkeim und der Polfadenapparat. Der Polfaden — ein den
Nesselfäden der Cnidarier analoges Gebilde — liegt in der Ruhe spiralig
aufgerollt, frei in einem Hohlraum der Spore. Im allgemeinen unter dem
Einfluß der Darmsäfte des Wirtes, aber auch künstlich bei Einwirkung ge-
wisser Reagentien wird er handschuhfingerartig nach außen gestülpt. Wahr-
scheinlich dient er zur Fixierung der Sporen im Darm des Wirtstieres bei
dessen Infektion, die in den bisher näher untersuchten Fällen stets ,,per os"
durch Aufnahme der Sporen mit der Nahrung erfolgt. Nach dem Aus-
schnellen und Abw^erfen des Polfadens entweicht der Amöboidkeim durch die
Micropyle, eine in der Sporenhülle befindliche präformierte Stelle. Bei den
74 I- Allgemeiner Teil.
in der Darmwand wohnenden Arten dringt der Keim in das Darmepithel ein.
Im weiteren Entwicklungsgang läßt sich bei allen Microsporidien eine Phase
der vegetativen Vermehrung (Schizogonie, Merogonie Abb. 50, i — 9) und eine
solche der Sporenbildung (Sporogonie, Abb. 50,9— 15) unterscheiden. Erstere
dient der Vermehrung und Ausbreitung des Parasiten im Innern des Wirts-
körpers, letztere findet in der Ausbildung der Sporen ihren Abschluß, als
derjenigen Elemente, die der Ausbreitung des Parasiten außerhalb des Wirtes
dienen. Zwischen beiden Phasen sind wahrscheinlich die sexuellen Vorgänge
eingeschaltet, die jedoch noch der Klärung bedürfen. Ausgangspunkt der
Sporogonie sind ein- oder mehrkernige Plasmakörper (Pansporoblasten). Die
Anzahl der in ihnen zur Entwicklung gelangenden Sporen, die bei den
einzelnen Arten ziemlich konstant ist, wdrd zur systematischen Einteilung der
Gruppe herangezogen.
Das Hauptkontingent der Wirtstiere der Microsporidien wird von den
Arthropoden gestellt: von 222 bekannten Arten leben 139 in Arthropoden,
und hiervon entfallen 1 1 1 Arten auf die verschiedenen Gruppen der Hexa-
poden. Sie sind weitgehend an bestimmte Wirtsarten angepaßt und mit
wenigen Ausnahmen (Nosema bombycis Näg.) Spezialisten bestimmter Ge-
websarten. Man kennt Formen aus der Muskulatur, den Malpighischen Ge-
fäßen, dem Nervensystem und dem Fettkörper, aus Bindegewebszellen und
Darmepithelien. Entsprechend der größeren oder geringeren funktionellen Be-
deutung dieser Gewebsarten im Haushalt des Wirtsorganismus ist natur-
gemäß die pathogene Wirkung der einzelnen Microsporidien-Arten auf das
Leben ihrer Wirtstiere sehr verschieden. Sie ist in der Regel erheblich bei den
Darmschmarotzern (N . bombycis Näg., N . apis Zander, Plistophora schiibergi
Zwölfer), während die Spezialisten der Muskulatur, des Fettkörpers und der
Malpighischen Gefäße im allgemeinen von untergeordneter Bedeutung für
das Leben ihrer Wirtstiere bleiben.
Neben Nose?na bombycis Näg., dem Erreger der Pebrine der Seiden-
raupen, und N . apis Zander, welche die Nosemaseuche der Honigbiene
hervorruft, beansprucht Plistophora schubergi Zwölfer nach näheren Unter-
suchungen von Zwölf er 1) besonderes Interesse für uns. Ganz ähnlich wie
bei den beiden erstgenannten Krankheitserregern, auf die schon im I. Band
näher eingegangen wurde, liegen die Verhältnisse auch bei dieser Micro-
sporidie, die seu che n artige Erkrankungen bei Schwammspinner
und Goldafter verursacht. Die bei der Untersuchung dieser
Raupenkrankheit gewonnenen Daten lassen vermuten, daß
die Art eine erhebliche Bedeutung als regulierender Faktor
besitzt.
Die äußeren Symptome der Krankheit, die im Raupen-,
Puppen- und Imaginalstadium auftreten kann, sind wenig charakteristisch.
Die an ihr erkrankten Raupen werden freßunlustig, kriechen zunächst un-
ruhig umher, um schließlich bewegungslos im Kontraktionszustand oft
wochenlang bis zum Eintritt des Todes zu verharren. Zuweilen sieht man
sie wie „gebrochen" von den Wänden des Zwingers herabhängen — eine Er-
scheinung, die ganz ähnlich auch bei Polyederseuchen und Bakteriosen auf-
tritt und daher nicht als typisches Symptom gewertet werden darf. Zer-
ij Zwölfer, W., Die Pebrine des Schwammspinners (Porthetria dispar L.)
und des Goldafters (Euproctis chrysorrhoea L. ), eine neue, wirtschaftlich be-
deutungsvolle Infektionskrankheit. — Verhdl. d. D. Ges. f. ang. Ent. 1926.
6. Raupenkrankheiten. 75
schneidet man eine kranke Raupe, so zeigt der Mitteldarni ein milchweißes,
opakes Aussehen. Dies Merkmal ist jedoch kein unbedingt zuverlässiges
Diagnostikum, da es noch bei einer anderen Raupenkrankheit festgestellt
Abb. 50. Plislopliora scliiibergi Zwölfer, schematische Darstellung des Entwicklunc
zvklus. Nach Z \vö 1 f e r.
werden konnte. Das sicherste, allerdings nur mikroskopisch wahrnehmbare
Kennzeichen sind die in den Epithelzellen des Mitteldarms in ungeheurer
Zahl auftretenden winzigen Sporen des Parasiten. Sie sind stark licht-
brechend, von Gestalt bohnenförmig bis ellipsoidisch und besitzen im Durch-
76
I. Allgemeiner Teil.
schnitt einen Längsdurchmesser von 2,5 ^, bei einem Querdurchmesser von
1,5 li.
Bezüglich des Entwicklungsganges von F. schiibergi Zwölf., der in seinen
wesentlichen Zügen klargestellt ist, sei auf Abb. 50 verwiesen. Die vegetative
Vermehrung (Abb. 50, i — 9), die im Heranwachsen des ursprünglich ein-
kernigen Amöboidkeimes zu vielkernigen schlauchförmigen Gebilden im
Innern der Darmzellen besteht, endet mit dem Zerfall der Schlauchformen
Abb. 51. Mitteldarmepithelzellen von Malacosouia nciislria L. mit Stadien aus der
Schizogonie und Sporogonie von PL schiibergi Zwölf. Vergr. 800 mal. Nach
Zwölfer.
in zweikernige Stücke. Diese sind Ausgangspunkt für die Phase der Sporen-
bildung (9 — 15).
Die Sporen sind die einzigen Entwicklungsstaclien, die normalerweise
für eine Übertragung der Krankheit auf gesunde Wirtstiere in Frage
kommen. Diese erfolgt durch Aufnahme mit Sporen behafteter Nahrung.
Da im Puppen- und Falterzustand der Wirtstiere keine Nahrungsaufnahme
stattfindet, ist das Auftreten der Krankheit in diesen Stadien auf eine In-
fektion im voraufgehenden Raupenzustand zurückzuführen. Eine Über-
tragung der Seuche durch kranke Elterntiere auf die nächste Generation,
ähnlich wie dies bei der Seidenraupenpebrine der Fall ist, kommt nach
den histologischen Untersuchungsergebnissen der Gonadcnanlagen kranker
Raupen, die sich stets parasitenfrei erwiesen, nicht in Frage.
6. Raupenkrankheiten.
77
Da die Sporen keine aktive Bewegungsfähigkeit besitzen, werden bei
ihrer Ausbreitung in der freien Natur Atmosphärilien die wichtigste Rolle
als Transportmittel spielen. Auch kranke Falter, soweit sie ihr Flugvermögen
noch besitzen, dürften zur Verschleppung des Erregers auf geringere Ent-
fernungen befähigt sein.
In der Regel endigt die Krankheit mit dem Tode der
Wirtsraupe. Das durch die intrazellulär lebenden Parasiten vollkommen
zerstörte Mitteldarmepithel ist zur Aus-
übung seiner normalen Funktionen natur-
gemäß nicht mehr befähigt. Die Nahrungs-
resorption ist unterbunden, der Wirt dem
Hungertode ausgesetzt. Seltener, und an
scheinend nur, wenn die Infektion im
vorgerückten Raupenalter erfolgt, wird
die Krankheit bis ins Puppen- und Ima-
ginalstadium hinübergeschleppt.
Hinsichtlich der Beurteilung der \v i r t
schaftlichen Bedeutung des neuen
Parasiten ist das Ergebnis einer Aufzucht
von Goldafterraupen von Interesse. Von
rund looo Raupen, die aus im Freiland
gesammelten Winternestern aufgezogen
wurden, gelangten trotz sorgfältiger Pflege
nur 6 zur Verpuppung und hiervon wieder-
imi nur 4 zum Schlüpfen. Die Unter-
suchung der Raupenkadaver zeigte, daß
940/0 der Tiere der Mikrosporidienkrankheit
zum Opfer fielen, 2 o/g einer Polyederseuche
erlagen, während bei den restlichen 40/0
eine Doppelinfektion der Erreger beider
Krankheiten die Todesursache bildete.
Diese Daten lassen zur Genüge eine er-
hebliche Überlegenheit des Parasiten ge-
genüber dem Erreger der Polyederkrank-
heit erkennen.
Noch wichtiger für die Bewertung
der wirtschafthchen Bedeutung sind na-
türlich jene Befunde, die an den im
Freiland gesammelten Raupen erhoben
wurden. Von den Ende Juni gesammelten
Raupen erwiesen sich 70% des Schwamm-
spinners und 840/0 der Goldafterraupen von
der Krankheit befallen. Polyederkranke Tiere waren mit Insektenparasiten
verschiedener Art, 20/0 mit Tachinen und dem Mikroparasiten, gleichzeitig
besetzt.
Diese Zahlen zeigen zunächst, daß PI. schubergi Zwölf, in seiner Wir-
kung den Insektenparasiten keineswegs nachsteht, ja ihnen sogar überlegen
zu sein scheint. Berücksichtigt man gleichzeitig, daß Schwammspinner und
Goldafter am Fundort selbst Jahr für Jahr in annähernd gleichbleibenden
mäßigen Grenzen auftreten, ohne im Laufe der letzten Jahre jemals ver-
Abb. 52. Mit Sporen und Pansporo-
blasten von PI. schubergi Zwölf, erfüllte
Mitteldarmepithelzellen von Lym. dispar
L. \'ergr. 800 mal. Nach Zwölfer.
78 I- Allgemeiner Teil.
beerend überhand genommen zu haben, so führt dies zum Schluß, daß hier
ein regulierender Faktor vorliegt, der für die Erhaltung des ökologischen
Gleichgewichtszustandes in der Biocönose jener Gegend von großer Be-
deutung ist. Im Gegensatz zu Pilz- und Polyederseuchen tritt die Plisto-
phora-Seuche nicht erst auf dem Höhepunkt einer Kalamität in Entfaltung,
sondern sie trägt vielmehr dazu bei, deren Zustandekommen zu verhincicrn.
Letzteres dürfte für eine günstige Beurteilung seiner wirtschaftlichen Be-
deutung ausschlaggebend sein.
Neben Lymantria dispar L. und Euproctis chrysorrlwea L. erwiesen sich
auch die Raupen von Malacosoma neustria L. für die Krankheit empfänglich,
und es ist möglich, daß noch eine Reihe weiterer Lepidopteren als Wirte für
PI. schubergi in Frage kommt. Bombyx mori L. und Stilpnotia Salicis L.
zeigten sich bei künstlichen Infektionsversuchen stets widerstandsfähig.
Inwieweit die Mikrosporidie Plistophora schubergi Zwölf, zur biolo-
gischen Bekämpfung des Schwammspinners und Goldafters herangezogen
werden kann, darüber sind die Akten noch nicht geschlossen. Nach den vor-
liegenden Angaben besteht bei ihr hochgradige Virulenz und pathogene Wir-
kung; auch scheint eine gewisse Unabhängigkeit des Krankheitsverlaufes
von klimatischen Faktoren zu bestehen, doch bedarf letzterer Punkt in der
Lebensgeschichte des Parasiten noch eingehender Studien. Seine Züchtbar-
keit auf künstlichen Nährböden in großem Maßstab kommt — da es sich um
einen Gewebsparasiten handelt — mit unseren derzeitigen Hilfsmitteln nicht
in Frage. Selbst wenn künftige Forschungen eine weitgehende Unabhängig-
keit des Krankheitsverlaufes von äußeren Faktoren erweisen sollten, so ist
durch diesen Umstand doch die Verwendbarkeit des Parasiten für Groß-
kampfzwecke stark eingeschränkt.
Eine Reihe weiterer Microsporidien sind als pathogene Microorganismen wirt-
schaftlich wichtiger Lepidopteren bekannt geworden, ohne indessen größere prak-
tische Bedeutung als Krankheitserreger zu besitzen. Sie seien im folgenden kurz
genannt: Thelohania ephestiae Mattes aus dem Körper der Raupen der Mehlmotte
(Ephes/ia kühniella ZIL), Th.mesniU Paillott aus dem Fettkörper der Raupen von
Pieris brassicae L. ; Perezia mesnili Paillott, P . leger iV^XWoil und /*. />/em Paillott von
verschiedenen anderen Organen derselben Wirtsart, P. pyraustae Paillott aus den
Malpighischen Gefäßen und den Spinndrüsen der Raupen des Maiszünslers (Py-
rausla niibilalis Hb.) i).
C. Polyederkrankheiten.
Bekanntlich tritt bei dieser Kategorie von Raupenkrankheiten als typi-
sches Symptom in der Leibeshöhlenflüssigkeit befallener Wirtstiere eine
L^nmenge kleinster, stark lichtbrechender Körperchen auf, die zufolge ihrer
annähernd polyederförmigen Gestalt zu der Bezeichnung ,, Polyederkrank-
heiten" oder „Polyedrosen" Anlaß gaben (Bd. I, S. 299 ff.). Über die Natur
dieser Gebilde und ihre Bedeutung für den Krankheitsverlauf gingen die
Meinungen bisher weit auseinander. Während die eine Richtung (v. Prowa-
zek) in ihnen Reaktionsprodukte der Kerne des erkrankten Wirtsgewebes auf
1 ) Siehe Paillott, A., Sur Thelohania mesnili, microsporidie nouvelle, parasite
des chenilles de Pieris brassicae L. C. R. Soc. a. Biol. VXC. 1924, pp. 501 — 503.
— Derselbe, Sur Perezia pieris, microsporidie nouvelle, parasite de Pieris bras-
sicae L. Ebenda, pp. 1255 — 1257. — Derselbe, Sur deux protozoaires nou-
veaux parasites des chenilles de Pyrausta nubilalis. C. R. Acad. Sei. CLXXXV.
1927, pp. 673—675.
6. Raupenkrankheiten. 79
ein ultramikroskopisches Mrus erblickte, vertrat die andere Richtung
(Bolle, Knoche, Escherich und Miyajimai) die Auffassung, daß
die Polyeder die Träger des Krankheitserregers selbst vorstellten (s. Bd. I,
S. 302). Klarheit in den Widerstreit der Meinungen haben 1924 die ein-
gehenden Studien von Komarek und Breindl-) gebracht, die 1926 durch
PrelP) und Zwölfer in ihren Hauptpunkten bestätigt worden sind. Dem-
nach besitzen die bisher als homogene Gebilde angesehenen polyedrischen
Körperchen einen ziemlich komplizierten Bau, der nur bei Anwendung-
spezieller mikroskopischer Färbemethoden ^) in Erscheinung tritt.
Unter einer sehr zarten Hüllmembran lassen die Polyeder eine je nach
der Art mehr oder minder starke ..Rindenschicht" erkennen, die eine zentral
im Polyederinnern gelegene lockere Masse umschließt. In letzterer liegen in
größerer oder geringerer Zahl kleinste, kokkenartige, mit bestimmten Kern-
farbstoffen intensiv färbbare Körnchen (Abb. 53), die von Komarek und
Breindl, die ihre Untersuchungen an Nonnenpolyedern ausführten, mit den
Chlamydozoen von Prowazek identifiziert werden. Prell und Zwölfer
fanden dieselben Strukturen außer bei Polyedern der Nonne auch noch bei
jenen des Seidenspinners, des Schwammspinners und Goldafters, so daß an
der Einheitlichkeit des Baues der polyedrischen Körper, wie sie bei den ver-
schiedenen Lepidopteren-Larven auftreten, kaum zu zweifeln ist.
Auf Grund der Ergebnisse von Infektionsversuchen früherer Autoren
(Escherich und Miyajima) und jener von Komarek und Breindl, in
denen der Nachweis erbracht wurde, daß die Krankheit durch Verfüttern
oder Überimpfen von reinem Polyedermaterial übertragen werden kann, und
nach allem, was wir von anderen Mikroorganismen bereits wissen, dürfen die
kokkenartigen Körnchen im Polyederinnern als ein Entwicklungsstadium des
Krankheitserregers angesprochen werden. Die bislang so problematischen
Polyeder stellen seine Dauerformen vor. In einem Punkt, der
mehr von theoretischer Bedeutung ist, gehen allerdings die Ansichten der
Autoren noch auseinander. Komarek und Breindl erblicken in den
Polyedern ,, Cysten". Ähnlich wie etwa bei einer Galle sollen die Hüll Sub-
stanzen der Polyeder ein Reaktionsprodukt des Wirtsorganismus sein, welches
das Dauer- und Ruhestadium des Erregers, die Chlamydozoen, im Innern der
Polyeder umscliließt. Prell vertritt demgegenüber die Ansicht, die auch
schon früher von verschiedenen Autoren vermutuny-sweise geäußert wurde,
1) Escherich, K., und Miyajima, M., Studien über die Wipfelkrankheit
der Nonne. — Naturwiss. Zeitsch. f. Land- u. Forstw., 191 1, Bd. 9, pp. 381 — 402.
2) Komarek, J., und Breindl, V., Die Wipfelkrankheit der Nonne und der
Erreger derselben. — Zeitschr. f. ang. Entom. Bd. X, 1924, pp. 99 — 162.
3) Prell, H., Die Polyederkrankheiten der Insekten. — Verhdl. III. Intern.
Ent.-Kongr. Zürich 1925. — Weimar 1926. pp. 145 — 168.
^) Für diagnostische Zwecke sind sie unter Umständen von Bedeutung und
sollten in allen solchen Fällen zur Anwendung gelangen, wo Zweifel an der
,, Polyedernatur" der zu bestitnmenden Gebilde bestehen. Am einfachsten werden zu
diesem Zweck die fraglichen Körperchen in einem frischen Präparat der Leibes-
höhlenflüssigkeit auf dem Objektträger durch leichten Druck mit der Fingerbeere
auf das Deckglas zum Platzen gebracht. Hierauf wird das Deckglas abgehoben, der
am Objektträger haftende Blutaussttich in absolutem Alkohol fixiert, nach Giemsa
gefärbt, unter mehrmaligem Wechsel der Farblösung und anschließend unter gleich-
zeitigem Differenzieren und Entwässern in Azeton in Zedernholzöl überführt. Man
kann die Polyeder auch durch 24 stündige Vorbehandlung mit Darmsaft der Raupen
unter Zuhilfenahme des Thermostaten und anschließende Fixierung in geeigneter
Weise für die Färbung vorbereiten.
80
I. Allgemeiner Teil.
daß der gesamte Polyeder eine parasitäre Bildung sei, die eine Art „Spore",
die Dauerform des Mikroorganismus, vorstellt. Soviel steht fest, daß
der Erreger befähigt ist, in der Polyeder form jahrelang
Lebensfähigkeit und Virulenz zu erhalten.
Die Infektion der Raupen erfolgt normalerweise durch Aufnahme von
Nahrung, die mit Polyedern behaftet ist. Im Darmsaft des Wirtstieres lösen
sich deren Hüllsubstanzen auf und die kokkenartigen Inklusionen werden frei.
Wahrscheinlich wandern sie nunmehr aktiv durch die Darmwände in den
Körperhohlraum ein — den exakten Nachweis hierfür durch mikroskopische
Beobachtung zu erbringen, erweist sich als technich undurchführbar — wo sie
zunächst die Kerne der Hypodermiszellen und der Tracheenmatrix befallen.
Wenigstens lassen sich in die-
sen Organsystemen stets die
ersten Anzeichen der Krankheit
beobachten. Sie bestehen in
einem Anschwellen des Lumens
des Wirtszellkernes, in dessen
Inneren ein anfangs kleiner,
später aber sich stark ver-
größernder eigentümlicher Ein-
schlußkörper auftritt. Die Natur
dieses Einschlußkörpers ist
noch nicht ganz geklärt. Ko-
ma r e k und B r e i n d 1 deuten
ihn ähnlich wie auch schon
v. Prowazek als krankhaft
vergrößerten Nucleolus, d. h.
als einen Bestandteil des Wirts-
tieres. Er soll ein Reaktions-
produkt des Wirtszellkernes auf
den eingedrungenen Parasiten
vorstellen. Prell äußert ver-
mutungsweise, daß es sich hier-
bei um eine plasmodiumartige,
vielkernige Bildung handelt,
faßt ihn also als rein para-
sitäre Komponente auf. Dieser Autor nimmt auch auf Grund theoretischer
Überlegungen im Entwicklungsgang des Parasiten an dieser Stelle eine Art
vegetativer Vermehrung an. die zu einer Ausbreitung der Krankheit im
Wirtsorganismus führen soll. Doch läßt sich diese Annahme vorerst noch
durch keinerlei Beobachtung stützen. Soviel steht fest, daß im Innern des
„Einschlußkörpers" zahlreiche feinste Chromatingranula von verschiedener
Größe wahrnehmbar sind, aus denen im Laufe des Krankheitsprozesses die
Polyeder hervorgehen. Diese Umbildungsprozesse sind noch nicht bis ins
einzelne geklärt. Die Polyeder treten schließlich aus dem Innern der „Ein-
schlußkörper" aus und gelangen in das Kernlumen, das sie allmählich in
dichten Massen erfüllen. Sie werden dabei nur noch durch die Membran
des Wirtskerns prall zusammengehalten und täuschen dann Cysten vor, die
früher gelegentlich für Entwicklungsstadien der Erreger angesehen wurden.
Zuweilen werden diese „Pseudocysten" aus dem Zellverband abgestoßen und
Abb. 53. Teil eines polyedrischen Kernes mit großen
Polyedern, die im Innern das \'irus enthalten.
Nach Komarek und B rein dl.
6. Raupenkrankheiten. 81
sind dann frei in der Blutflüssigkeit anzutreffen. Früher oder später platzen
sie und entleeren ihren Inhalt in die Blutflüssigkeit, die schließlich von ihnen
vollständig erfüllt ist. Anfangs ist eine bestimmte Gruppe von Blutzellen
befähigt, einen Teil der im Blut schwimmenden Polyeder aufzunehmen und
wahrscheinlich zu verdauen. Späterhin, wenn die Krankheit auch den Fett-
körper, das Muskelsystem, das Nervengewebe und die Gonaden ergriffen hat,
tritt eine vollständige Zersetzung des Gewebes ein: die Raupe ver jaucht, der
Tod tritt früher oder später ein. Seltsamerweise scheint das Gewebe des
Darmapparates sich gegenüber den Angriffen des Krankheitserregers bei den
einzelnen Arten verschieden zu verhalten. So ist bei Nonnenraupen imd auch
beim Seidenspinner im allgemeinen der Darm polyederfrei, während anderer-
seits beim Kiefernspinner und Schwammspinner gelegentlich Darmpolye-
drosen beobachtet worden sind.
Eigentümlicherweise endigt die Krankheit nicht in allen
Fällen mit dem Tode des Wirtstieres. Die näheren Bedingungen
für diese Erscheinung kennt man noch nicht. Es scheint sich hierbei um
Immunität einzelner Raupen gegenüber dem Krankheitserreger zu handeln.
Auch sprechen gewisse Beobachtungen dafür, daß die Krankheit bei
manchen Raupen längere Zeit in latentem Zustand bestehen
kann, um erst unter dem Einfluß äußerer ungünstiger Bedingungen akuten
Verlauf anzunehmen. Überhaupt haben die klimatischen Voraussetzungen,
was schon früher bekannt war und durch Untersuchungen von Escherich
und M i y a j i m a und K o m a r e k und B r e i n d 1 wieder bestätigt wurde,
einen wichtigen, wenn nicht gar den ausschlaggebenden Einfluß für das
Zustandekommen der Epidemie in freier Natur. Dies gilt speziell für die
Wipfelkrankheit der Nonne, deren Verlauf durch anhaltendes Regenwetter
begünstigt werden soll.
In freier Natur werden die Polyeder durch die Wirkung der Atmo-
sphärilien aus den faulenden Raupenkadavern von den Bäumen in die Boden-
streu herabgeschwemmt, wo sie, wie Komärek und B rein dl festgestellt
haben, längere Zeit erhalten bleiben.
Bemerkenswert ist eine weitere Mitteilung von Komärek, derzufolge
die Virulenz der Polyeder in den aufeinanderfolgenden Jahren einer Nonnen-
kalamität allmählich steigt. Er schließt dies aus der Beobachtung, daß im
ersten Jahr des Auftretens der Wipfelkrankheit Spiegelräupchen und Jung-
raupen der Nonne stets polyederfrei sind, während in den folgenden Jahren
die Zahl erkrankter Jungraupen ständig steigen soll. Glaser^) will sinn-
gemäß durch Passageimpfung ebenfalls Virulenzsteigerung erzielt haben.
Was die „Vererbbarkeit" der Polyederkrankheit anbetrifft, d. h. die
Übertragbarkeit der Seuche von einer Generation auf die folgende durch
Infektion des Eikeims von selten der Elterntiere, so scheint sie für diese
Kategorie von Krankheiten nicht in Frage zu kommen. Die Möglichkeit
einer Infektion junger Nonnenraupen durch ein erkranktes Muttertier besteht
jedoch insofern, als die Eiräupchen die Gewohnheit haben, nach dem
Schlüpfen ihre Eischalen zu benagen. Haften diesen vom Muttertier stam-
mende Polyeder an, so liegt — worauf Prell hinweist — durch das Ver-
1) Glaser, R. W., The Polyhedrical Virus of Insects with theoretical Consi-
derations of filtrable Viruses generally. — Science V. XLIV. 1918, p. 301—302.
Escherich, Forstinsekten, Bd. HI. "
82 I. Allgemeiner Teil.
tilgen der Eischalen eine Übertragung der Krankheit auf die Eiräupchen im
Bereich des Möglichen.
Bezüglich der Verwendung der Polyederkrankheit im
Kampfe gegen die verschiedenen Forstschmetterlinge, wie
Nonne, Schwammspinner usw., brauche ich den Standpunkt, den ich im
I. Band eingenommen habe, nicht viel zu ändern, d. h. es ist auch heute noch
vor übertriebenen Hoffnungen zu warnen. Wenn auch K o m ä r e k und
B r e i n d 1 festgestellt haben, daß in Revieren, in denen die Polyederkrankheit
geherrscht hat, die oberflächlichen Lagen der Bodenstreu stark mit Polyeder
durchsetzt sind, die längere Zeit ihre Virulenz erhalten können, so wird die
Überführung solcher polyederhaltiger Bodenstreu in von einer frischen
Nonnengradation heimgesuchte Wälder nur sehr unsicheren Erfolg haben,
einmal wegen der starken Abhängigkeit des Krankheitsverlaufes von äußeren
Faktoren, vor allem solchen klimatischer Natur, auf die wir keinen Einfluß
haben, und sodann wegen der anfänglich nur geringen Virulenz des Er-
regers. Es darf eben bei derartigen Dispositionskrankheiten niemals außer
acht gelassen werden, daß die Anwesenheit des Erregers allein
nicht genügt, die Erkrankung hervorzurufen, zumal in unserem Fall, wie
wir oben gehört haben, bei manchen Raupen überhaupt eine gewisse Immu-
nität gegen die Polyederinfektion vorzuliegen scheint i).
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug
oder Motorverstäuber.
Im ersten Band dieses W^erkes (191 4) mußte ich folgenden Satz über
die chemische Bekämpfung schreiben: „Das Bereich der chemischen Be-
kämpfung ist in der Forstentomologie ein beschränktes: es bezieht sich vor-
nehmlich auf solche Formen des Forstes, die dem landwirtschaftlichen oder
gärtnerischen Charakter nahe kommen, also Pflanzgärten und Kulturen."
Kaum irgendeine andere Anschauung über Forstschädlingsbekämpfung
aus der damaligen Zeit hat einen größeren Umschwung erfahren als diese.
Während damals die chemische Bekämpfung im Forstbetrieb fast unbekannt
war, stellt sie heute das Hauptkampfmittel gegen die katastrophalen Groß-
schädlinge dar. Es ist daher notwendig, in diesem Band näher auf die neue
Kampfmethode einzugehen. Sie besteht darin, ein feines Giftpulver (Staub)
in die Kronen zu bringen, um die dort fressenden Raupen zu vergiften. Dies
kann entweder von oben her geschehen, von einem über die Kronen fliegen-
den Flugzeug aus, oder vom Boden aus durch Gebläse-Apparate (Motor-
und Handverstäuber) 2).
1) Selbst Ruziöka, der der Polyederkrankheit große Bedeutung beimißt,
warnt davor, sich zuviel von der Übertragung polyederhaltiger Stoffe zu erwarten.
Er ließ einen ganzen Waggon polyederhaltiger Waldstreu in ein noch gesundes
Nonnenrevier schaffen, ohne einen Erfolg zu erzielen, d. h. das Revier wurde trotz-
dem kahlgefressen. (Ruziöka, Erfahrungen über die Nonne [Liparis monacha]).
Prag, 1927.)
2| Siehe hierüber meine Flugschrift: „Die Flugzeugbestäubung gegen Forst-
schädlinge." 60 S. mit 22 Abb., Berlin, Paul Parey, 1929. Hier ist auch die ein-
schlägige Literatur angegeben.
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäuber.
83
Flugzeugmethode.
Historisches.
Der Gedanke, von einem Luftschiff oder Flugzeug aus Insektengifte auf die
Wälder zu bringen, wurde schon vor dem Kriege gefaßt, und zwar von dein
deutschen Oberförster Zimmermann, der sich im Jahre 191 1 sogar ein Patent
auf diese Bekämpfungsart geben ließ. Allerdings stand der praktischen Ausführung
dieses Planes damals der Umstand entgegen, daß man in jener Zeit noch nicht
über die staubförmigen Mittel, die ja eine ,, conditio sine qua non" für die Flugzeug-
bekämpfung sind, verfügte. Das Zimmermannsche Patent geriet in Vergessenheit,
und erst nach dem Krieg nahmen die Amerikaner den Gedanken, der jetzt infolge
der Vervollkommnung der Flugzeugtechnik und der immer stärkeren Einbürgerung
Abb. 54. Das Bestäuben eines Catalpa-Bestandes mittels Flugzeug im Staate Ohio
(U.S.A.). Erstes, in einer deutschen Zeitschrift (Zeitschr. f. ang. Entomologie)
erschienenes Bild einer ,,Flugzeugbestäubung'".
des Bestäubens (an Stelle des Bespritzens ) gewissermaßen greifbar nahegerückt war,
wieder auf.
Zuerst wurde er im Jahre 1921 praktisch durchgeführt, und zwar von
CR. Neillie und J. S. Houser, die einen kleinen Catalpa-Baumbestand, der
von einer Schwärmerraupe befallen war, von einem Kriegsflugzeug aus mit Blei-
arseniat bestäuben ließen (Abb. 54)1). Der Erfolg dieses ersten Versuches war
derart verblüffend, daß man gar nicht recht daran glauben wollte. Daraufhin ließ
1) Siehe Uphof, Die moderne Insektenbekämpfung in den Vereinigten
Staaten. Zeitsch. f. ang. Entom. Bd. IX, 1923; und A. D. Imms, The use of the
airplane for applying insecticides. Journ. Ministery of Agric. Vol. XXXIII, Nr. 3,
London, June, 1926.
84 I- Allgemeiner Teil.
1922 Co ad vom Delta-Laboratorium in Tallulah (Louisiana) Versuche mit Kalzium-
arseniat gegen einen Baumwollschädling (eine Schmetterlingsraupe) unternehmen,
die bewiesen, daß auch diese Raupe vom Flugzeug aus wirksam bekämpft werden
kann, und zwar mit geringeren Giftmengen und in weit kürzerer Zeit als mit den
gebräuchlichen Bodenbestäubungsmaschinen. 1923 wurden zum erstenmal auch gegen
den Baumwollkapselkäfer (Cotton boU weevil) Flugzeugversuche mit gutem Erfolg
gemacht.
Im Jahre 1925 ging man zur Großbekämpfung des schlimmsten Baumwoll-
schädlings, des schon genannten Cotton boU weevil (Kapselkäfer) über. Es wurden
in Louisiana allein 50000 Acres gegen diesen Schädling mit Kalziumarseniat be-
handelt, und zwar mit solchem Erfolg, daß auf den bestäubten Flächen eine etwa
500/0 höhere Ernte erzielt werden konnte als auf den unbestäubten Flächen.
Die Kosten betrugen rund 7 Dollar je Acre, während der Gewinn gegenüber
den unbestäubten Flächen 33 Dollar je Acre betrug. Dazu der große Vorteil der
Zeitersparnis. Ein Flugzeug bewältigte in der gleichen Zeit ebensoviel wie
75 Bodenverstäuber (mit einer Bodenmaschine können bestenfalls 30 Acre im Tag
bestäubt werden gegenüber 200 — 1000 Acres je Stunde durch das Flugzeug).
Außer gegen die Baumwollschädlinge verwandte man das Flugzeug in Amerika
neuerdings auch gegen andere Schädlinge: in Obst- und Citrus-Plantagen, in Tabak-
feldern, in Tomaten- und Erbsenfeldern, überall mit befriedigendem Erfolgt). Ja,
sogar gegen die Anophelesbrut wurde das Flugzeug herangezogen, um von ihm aus
die großen Wasserstellen mit Schweinfurtergrün zu bestäuben.
Übrigens wurden nicht nur Arsenverbindungen zum Bestäuben vom Flugzeug
aus benutzt, sondern es kamen auch Mischpulver zur Verwendung, wie z. B. Kalzium-
arseniat (940/0) und Nikotinsulfat (60/0), eine Mischung, die unter dem Namen
„Kalarnik" im Handel ist. Durch die Beimischung von Nikotin sollen auch die
saugenden Insekten, vor allem die Blattläuse, vernichtet werden. Auch Pilzgifte,
wie Kupferverbindungen, Schwefelpulver usw., hat man beigemischt.
Inzwischen hat man auch in anderen Ländern mit Flugzeugen Schädlings-
bekämpfung getrieben, vor allem in Südafrika 2) und Rußland 3), und zwar haupt-
sächlich gegen die Heuschrecken. Man verwandte hierzu Natriumarsenit, das man
auf die fliegenden Heuschreckenschwärme stäubte, mit dem Erfolg, daß große
Mengen der Heuschrecken zugrunde gingen. Auch auf die Brutplätze der Heu-
schrecken, besonders wo es sich um schwer zugängliche, mit Schilfrohr bestandene
Flächen handelte, hat man durch Bestäubung mit Natriumarsenit vom Flugzeug
aus gute Erfolge erzielt.
In Deutschland gaben die ausgedehnten forstlichen Verheerungen der letzten
Jahre die äußere Veranlassung, sich die amerikanischen Erfolge gegen die ver-
schiedenen Fortschädlinge nutzbar zu machen.
Die ersten Versuche wurden am 22. Mai 1925 durch die Firma Stolze nberg
im Biesenthaler Forst bei Eberswalde gemacht, die erste regelrechte Bekämpfung
wurde einige Tage später (24. — 29. Mai) auf Veranlassung von Forstmeister Ebert
im Sorauer Forst gegen die Nonne durchgeführt. Es wurden 240 ha starkbedrohten
Waldes behandelt, und zwar durch die Firma Güttler-Schärfe (jetzt Gut 1 1er
& Co., Hamburg), die dazu ihr für den Export nach Amerika bestimmtes 400/oiges
1) Moril, A. W., Airplane dusting for the Control of Vegetable Pests on the
Mexican West Coast. Journ. Econ. Ent. Vol. 19, Nr. 5 (1926).
2) Siehe O. W. Mally, Arsenite of Soda as a Locust Poison. Journ. of the
Dept. Agric. Marsch. 1923, Pretoria, S.-Africa.
3) A. A. Granowsky, The Control of Grasshoppers by Airplane Dusting.
Journ. Econ. Entom. 1926. — J. A. Par f ent j e w, Bekämpfung der Wanderheu-
schrecken in ihren Brutplätzen. Anz. f. Schädlingskunde, 1926, S. 127. — Siehe
ferner die Arbeiten von Korotkich, Wyschelesskaja, Vitkevitsch,
Galachov, Zarring und Sabin-Gus in der russischen Zeitschrift „Defense
des Plantes" V. 1928 (Ref. in Review of appl. Ent. 1928, S. 660 ff . und im Anz. f.
Schädlingskunde 1929, H. i).
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flügzeug oder Motorverstäuber. 85
Kalziumarsenit-Präparat „Silesia" verwandte. Die Raupen standen zwischen der
zweiten und dritten Häutung. Die Wirkung war durchschlagend, die ersten toten
Raupen waren bereits nach 3 Tagen festzustellen, und nach 5 Tagen war keine
lebende Raupe mehr auf den Bäumen. Am deutlichsten konnte man die Wirkung
am Kotfall ablesen, der schon nach> 2 Tagen erheblich nachließ, um nach 4—5 Tagen
ganz aufzuhören, während er in den unbehandelten Orten weiter zunahm und der
Fraß weitere Fortschritte machte. Nach Eberts Bericht wurde in dem behandelten
Bezirk nach der Bestäubung kaum mehr eine Nadel gefressen. Noch prompter wirkte
die Bestäubung auf die im gleichen Bezirk fressenden Eichenwickler. Vier Wochen
später wurden weitere 100 ha Wald bei Hohenbrück in Pommern ebenfalls gegen
Nonne von der Fa. E. Merck in Darmstadt bestäubt.
Abb. 55. Bestäubungsflug mit Junkers Limousine F. 13 (Juli 1925 im Forstamt Ens-
dorf in Bayern).
Diese beiden \'ersuche gaben den Auftakt zu weiteren Arsenbekämpfungen,
die von Jahr zu Jahr größeren Umfang annahmen und bis Ende 1929 sich bereits
auf ca. 27000 ha erstreckten. Der Kampf richtete sich in der Folgezeit außer gegen
die Nonne auch noch gegen die Kieferneule, den Kiefernspanner, Frostspanner, den
Eichenwickler und die Kiefernblattwespe (Lophyrus).
Gegen welche forstliche Schädlinge kann die Arsenbestäubung
vorgenommen werden?
Arsen gehört zu den Fraßgiften, also kann es nur gegen ,, beißende" In-
sekten verwendet werden, welche sich von Blattsubstanz nähren und mit
dieser den daran haftenden Giftstaub ihrem Darmkanal einverleiben. Da
das Flugzeug nur auf größeren Flächen eingesetzt werden kann und hohe
Kosten verursacht, so kommen vom wirtschaftlichen Standpunkt aus nur
Groß-Schädlinge in Betracht, deren Massenvermehrung schwere v.irtschaft-
86 I- Allgemeiner Teil.
liehe Schäden verursachen kann. Unter ihnen scheiden solche aus, die arsen-
bestäubtes Futter sichtlich meiden bzw. dieses nur in der Not, vom Hunger
getrieben, annehmen, zumal wenn diese Arsenscheu mit großer Beweglichkeit
(Flugvermögen) verbunden ist. Zu diesen flüchtigen, arsenscheuen Schäd-
lingen gehört z. B. der Maikäfer, gegen den daher die Arsenbestäubung
ziemlich wirkungslos ist.
Als nicht oder nur in geringem Maße arsenscheu haben sich die Raupen
der schlimmsten forstschädlichen Schmetterlinge erwiesen und ferner die
Larven (Afterraupen) der Blattwespen. Von den ,,arsenfreundlichen" Raupen
scheiden des weiteren solche aus. gegen die andere und billigere und dabei
ebenso wirksame Bekämpfungsmethoden angewendet werden können, wie der
Kiefernspinner, Dendrolimus pini L., gegen den der billigere Leimring,
richtig angewendet, vollen Erfolg verspricht.
So bleiben in der Hauptsache als Objekte für die Methode der Arsen-
bestäubung folgende Groß-Schädlinge:
Nonne, Kieferneule, Kiefernspanner, Frostspanner, Eichenwickler und
Kiefernblattwespe. Des weiteren wäre noch zu denken an: Prozessionsspinner,
Schwammspinner und die Fichtenblattwespe.
Wann ist die Flugzeugbestäubung indiziert?
Bedeutet es für den Revierverwalter schon eine große Verantwortung,
wenn die Frage auftaucht, ob geleimt werden soll oder nicht, so ist diese noch
weit größer bei der Entscheidung, ob das Flugzeug eingesetzt werden soll
oder nicht.
Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus wird sich die Flugzeugbekämp-
fung nur dann lohnen, wenn das Leben wertvoller, noch im Zuwachs be-
griffener Bestände wirklich in Gefahr ist. Bei haubaren Altholzbeständen
werden sich die Kosten nur unter bestimmten Umständen (z. B. Holzverwer-
tungsfragen) rechtfertigen lassen.
Die Entscheidung, ob bestäubt werden soll oder nicht, kann nur auf
Grund eingehendster und gewissenhafter Prüfung aller für die Beurteilung
des Verlaufes der Gradation wesentlichen Momente gefällt werden.
Vor allem ist das Stadium der Gradation festzustellen: Befindet sich
dieselbe im Aufstieg oder bereits im Abstieg (Retrogradation).
Befindet sich die Gradation im Aufstieg, so muß vor allem versucht
werden, die mutmaßliche Zahl der Raupen pro Baumkrone festzustellen.
Kann man bei vielen Schädlingen schon durch die Untersuchung der Puppen-
zahl im Boden während des Winters bzw. im Herbst und Frühjahr nützliche
Vorarbeit leisten, so gibt die Stärke des Falterfluges und die darauf zu er-
folgende Untersuchung der Ei- und Raupenzahl, die durch vorsichtiges Fällen
einzelner Stämme auf Tücher zu geschehen hat, und vor allem auch der Kot-
fall ein annähernd richtiges Bild von der Stärke der Gradation. Die Zahl
der Raupen, in Verbindung gesetzt mit der Größe der Krone, lassen einen
einigermaßen sicheren Schluß zu auf den voraussichtlichen Grad der Fraß-
beschädigung. Natürlich darf bei dieser Kalkulation der Gesundheitszustand
der Raupen nicht außer acht gelassen werden, wobei auch die im Vorjahre
festgestellte Stärke des Parasitenbefalls Berücksichtigung finden muß.
Ist man auf diese Weise zur Überzeugung gelangt, daß es, falls man
die Gradation sich selbst überläßt, auf größeren Flächen zu
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäuber. 87
Kahlfraß kommt, so ist die Indikation für die Flugzeug-
bekämpfung gegeben.
Es kann aber auch sehr wohl möglich sein, daß durch unvorhergesehene
Umstände, wie naßkalte Witterung, Ausbruch von Raupenkrankheiten usw.
die Gradation vor der Zeit von selbst zusammenbricht und daher der er-
wartete Kahlfraß nicht eintritt — was z. B. in nichtbestäubten Nächbar-
revieren, in denen die Gradation in genau dem gleichen Stadium sich be-
funden hatte, zu ersehen sein könnte — , so war der Entschluß zur Vornahme
der Bestäubung doch der richtige. Sich in solchen Fällen auf das Eintreten
eines wenn auch nicht wahrscheinlichen, so doch immerhin möglichen gün-
stigen Ereignisses zu verlassen, würde das gleiche bedeuten, wie wenn ein
Hausbesitzer angesichts seines in Flammen stehenden Hauses von der Her-
beirufung der Feuerwehr deswegen absehen würde, weil eventuell ein das
Feuer löschender Wolkenbruch eintreten könnte.
Ist die Gradation bereits auf der absteigenden Kurve (Retrogradation),
so wird die Entscheidung noch schwieriger werden. Läßt der Gesundheits-
zustand des Schädlings und die Zahl der Parasiten mit großer Wahrschein-
lichkeit den Zusammenbruch der Gradation in kurzer Zeit erwarten, noch
bevor ein zum Tode führender Kahlfraß eintritt, so wird man von einer
kostspieligen Bestäubung absehen. Sind dagegen die Parasiten und Krank-
heiten noch nicht so übermächtig geworden, daß der Zusammenbruch un-
mittelbar bevorsteht, andererseits aber Kahl- bzw. Todfraß zu erwarten ist,
so wird trotz Retrogradation die Bestäubung indiziert sein^).
Das Gift.
Die \^erschiedenen Verstä üb ungs mittel und ihre Eigen-
schaften.
Das wirksame Agens aller bis jetzt in Deutschland im forstlichen Groß-
kampf gebrauchten Streugifte ist Arsen, und zwar in Form von Kalzium-
arseniat (Gag [AsO^Ja HoO). Folgende staubförmige Präparate kamen bis jetzt
für die Begiftung der Wälder in Deutschland zur Verwendung:
„Forstesturmit" der Firma E. M e r c k - Darmstadt. Gehalt an
Arsensäure (AS2O5) 11 0/0 (nach Bedarf bis 160/0). Spez. Gewicht 45.
„Hercynia" der Firma Gebr. B or che rs - Goslar. Gehalt an AS2O5
ca. 1 1 0/0 .
„Meritol" der Firma Schering-Kahlbaum, Berlin, Gehalt an
AS2O5 ca. 180/0.
„Silesia" - Kalziumarsenia t der Firma Gut t le r- S c h ä r f e in
Reichenstein. Gehalt an AsoOj ca. 40 0/0.
Das letztere hochprozentige Mittel wurde in den letzten Jahren nicht
mehr verwandt (wegen der erhöhten Gefahr für Warmblüter usw.). Die Firma
ij Rhumbler beschreibt (Z. f. ang. Ent. XV., Heft i) eine während der
Retrogradation vorgenommene Flugzeugbestäubung gegen den Spanner und hebt be-
sonders hervor, daß die Retrogradation durch die Bestäubung nicht aufgehalten und
andererseits durch die Begiftung großer Schaden verhindert wurde. Daß die Be-
stäubung auf den Verlauf einer gerade ausbrechenden Polyederkrankheit (Wipfel-
krankheit) retardierend oder gar heilend wirkt, wie man nach den unten mitgeteilten
Beobachtungen Speyers vermuten könnte (die sich allerdings nur auf schwach
arsenhaltiges Futter beziehen), scheint nach den Beobachtungen Komäreks nicht
der Fall zu sein (s. Anz. f. Schädlingsk. 1928, Heft 7).
88 • I- Allgemeiner Teil.
(jetzt Güttier & Co. in Hamburg) hat neuerdings auch ein Präparat mit
geringerem Arsengehalt hergestellt („Forst- Vermisil"), das aber bei
„Flugzeugbestäubungen" bisher noch nicht gebraucht wurde.
Außerdem werden in Deutschland noch verschiedene andere staub-
förmige Arsenmittel hergestellt, die aber ebenfalls bisher vom Flugzeug aus
noch nicht verstäubt wurden, wie „Grallit" der I. G. Farben A.-G., „Du-
sturan" der Chemischen Fabrik in Schweinfurt u. a. m.
Von besonderer Wichtigkeit aller für den Pflanzenschutz bestimmten
Arsenstaubmittel ist, daß die Präparate keine oder höchstens nur Spuren von
wasserlöslichen Arsenverbindungen enthalten (wegen Verbrennungsgefahr
und der erhöhten Giftigkeit für Mensch und Tier).
Die ersten drei der oben genannten Mittel, die allein in den letzten
Jahren zur Verwendung gekommen sind, weichen in bezug auf den Gehalt an
dem wirksamen Agens (Arsen) nur geringfügig voneinander ab (ii — 180/0).
Dagegen bestehen einige Unterschiede bezüglich der beigegebenen Trans-
port- bzw. Haftmittel und des Verfahrens, nach dem das Präparat hergestellt
wird.
Für eine praktische Verwendbarkeit sind besonders folgende Eigen-
schaften wichtig 1):
1. geringes spezifisches Gewicht,
2. gute Haftfähigkeit und Regenbeständigkeit,
3. Feinkörnigkeit und leichte Verstäubbarkeit (keine Zusammenballung)
und dadurch bedingte gleichmäßige Verteilung,
4. Unentmischbarkeit,
5. das Präparat darf von Feuchtigkeit nicht beeinflußt werden.
Das geringe spezifische Gewicht ist deshalb von Vorteil, weil die
Staubwolke sich um so länger in den Kronen hält, je leichter und feiner die
Teilchen sind. Und je länger die Staubwolke in der Kronenregion verbleibt,
desto intensiver wird die Einstäubung der Nadeln sein. „Die einzelnen Prä-
parate zeigen in dieser Beziehung noch ziemlich große Unterschiede, Ver-
suche über das optimale Gewicht stehen noch aus."
Von großer Bedeutung ist die Haftfähigkeit und Regenbestän-
digkeit des Staubes. Was nützt das beste Gift, wenn es schon durch kleine
Erschütterungen, durch Wind oder leichten Regen wieder aufgeworfen oder
abgewaschen wird? Niemand wird natürlich eine Haftfähigkeit verlangen,
die einem unmittelbar nach der Bestäubung ausbrechenden Gewitter mit
wolkenbruchartigem Platzregen und orkanartigen Stürmen standhält. Man
kann jedoch verlangen, daß das Gift durch mäßige Erschütterungen und
jiormalen Regen nicht gleich wieder völlig entfernt wird. Bei einem rasch
und gut haftenden Mittel wird „die Dauer der Wirksamkeit verlängert, der
Einfluß ungünstiger Witterung herabgesetzt und infolgedessen die Menge
des Mittels und die Zahl der Bestäubungen verringert, was auf die Kosten
der Bekämpfung ganz beträchtlichen Einfluß hat".
Die Haftfähigkeit ganz exakt zahlenmäßig festzustellen, ist äußerst
schwierig, und wird wohl kaum ganz ohne Fehlerquellen durchzuführen sein.
1) Siehe hierüber die Arbeit von Eidmann und Berwig, Untersuchungen
über die physikalischen Eigenschaften, insbesondere die Haftfähigkeit von Arsen-
bestäubungsmitteln (Forstw. Centralbl. 1928), die den folgenden Ausführungen in
der Hauptsache zugrunde liegt.
■j. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäuber. 89
Es sind eine Reihe von Verfahren ausgearbeitet worden, zuerst von Gör-
nitz, dann von Eidmann und Berwig, Stellwaag, Völz u. a., die
heute wenigstens ziemlich genaue Haftfähigkeitsbestimmungen erlauben.
Neben der Haftfähigkeit (im weiteren Sinn) spielt auch die gleich-
mäßige Verteilung der Mittel eine hervorragende Rolle für die prak-
tische Wirkung. Es kommt vor allem darauf an, daß der Giftstaub möglichst
fein und gleichmäßig über die Nadel oder das Blatt verteilt wird (Abb. 56).
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Ü5 mm
Abb. 56. Beispiele verschiedenartiger Verteilung des Arsenstaubes (Mikrophoto-
gramme). A feinkörnig, gleichmäßig verteilt, B große Menge, stark flockenbildend,
C geringe Menge, teilweise flockig. Präparat A kommt den Forderungen, die an
einen guten Giftstaub zu stellen sind, am nächsten. Nach E i d m a n n und
Es ist leicht vorstellbar, daß, obwohl eine größere Gewichtsmenge Gift auf
dem Blatt oder der Nadel haften geblieben ist, die Wirkung eine schwächere
sein kann als bei geringer Menge — wenn nämlich im ersteren Fall das Gift
infolge einer zu starken „inneren Haftfähigkeit" zur Zusammenballung neigt
und infolgedessen in kleineren oder größeren Klümpchen haften bleibt,
zwischen denen arsenfreie Stellen auf den Blättern oder Nadeln vorhanden
90 I- Allgemeiner Teil.
sind. Wenn andererseits weniger Arsen haften bleibt, aber dieses Wenige
die Blattoberfläche gleichmäßig überzieht, so werden die Raupen viel
sicherer mit ihm in Berührung kommen.
Wirkung des Giftes auf die Schädlinge.
Arsen hat bis jetzt seinen Platz an erster Stelle unter den Insektengiften
(Fraßgiften) behauptet. Es wird allerdings gegenwärtig eifrig daran ge-
arbeitet, es durch einen anderen (für Warmblüter weniger giftigen) Stoff zu
ersetzen. Welch starke Wirkung das Arsen auf die Insekten hat, geht daraus
hervor, daß im allgemeinen minimale Spuren genügen, Raupen zu töten. Be-
trägt doch die letale Dosis Bruchteile eines Milligramms. Analysen arsen-
vergifteter Raupen ergaben 0,0003 — 0,02 mg (i mg =- g!). Daraus geht
ohne weiteres hervor, daß erstens hochprozentige Präparate (wie das anfangs
gebrauchte 400/oige Silesia) verwenden soviel bedeutet wie mit Kanonen auf
Spatzen schießen und daß zweitens die geringen Schwankungen, die die oben
genannten Präparate in bezug auf den Gehalt an AsgOg aufweisen, in
der Endwirkung auf die Insekten sich kaum wesentlich bemerkbar machen.
Die Giftwirkung tritt zuerst in einer Verringerung des Kotfalls
und Verkleinerung des Kotes, also Verringerung und allmählich völligen Ein-
stellung der Nahrungsaufnahme in Erscheinung. Bei nackten Raupen tritt
zugleich eine Verfärbung des ganzen Tieres ein (der Spanner z. B. nimmt
einen gelblichen Farbenton, der vom Kopf beginnend nach hinten fort-
schreitet und später ins Schwärzliche übergeht, an, was zum Teil auf die Ver-
änderung des durchscheinenden Darms zurückzuführen ist, der beim ge-
sunden Tier mit grünem, beim kranken mit braunem Inhalt 1) erfüllt ist). Als
weitere Vergiftungssymptome kommen folgende Erscheinungen hinzu: Die
Raupen werden schlaff, ähnlich wie bei der Polyederkrankheit, und fallen
endlich von der Fraßpflanze ab, oder sie verenden in verschiedenen charak-
teristischen Stellungen an der Fraßpflanze: entweder hängen sie am Ge-
spinstfaden herunter oder sie sind mit den Bauchfüßen festgeklammert, so
daß Hinter- und Vorderende hufeisenförmig abgebogen sind (Abb. 57). Nach
dem Tode trocknen sie vom Abdomenende her ein, so daß das Abdomen
immer spitzer wird.
Wenn auch, wie oben betont, die letale Arsendosis bei Insekten im all-
gemeinen nur minimal ist, so ist doch die Art der Wirkung des xArsenstaubes
auf das Befinden der Raupen großen Schwankungen unterworfen, vor allem
in bezug auf die Zeitdauer des Vergiftungsprozesses. Die Unterschiede be-
ziehen sich nicht nur auf die verschiedenen Arten von Insekten, sondern auf
die verschiedenen Entwicklungsstadien der gleichen Art. So gehen z. B. die
jungen Eiräupchen des Spanners schon nach i — 1V2 Tagen zugrunde, wäh-
rend die erwachsenen Spannerraupen bis 7 Tage, unter besonderen Um-
ständen sogar noch 16 — 36 Tage seit Darreichung arsenhaltigen Futters am
Leben bleiben können (Kalandadz e). Im allgemeinen kann man wohl
sagen, daß die Raupen um so „widerstandsfähiger" gegen die Arsenmittel
werden, je älter und größer sie sind. Ob diese Erscheinung nur darauf be-
ruht, daß die minimale tödliche Dosis mit dem Wachstum der Raupe zu-
1) Übrigens kann man auch bei Raupen, die durch andere Ursachen erkrankt
sind, braune Darmfärbung beobachten.
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäuber.
91
nimmt oder auf physiologischen Veränderungen in der Raupe, mag dahin-
gestellt bleiben.
Was die „Empfindlichkeit" der verschiedenen Insektenarten gegen den
Giftstaub betrifft, so hat sich von den bisher bekämpften Schädlingen am
hinfälligsten die Larve (Afterraupe) von Lophyrus pini L. erwiesen, die
durchschnittlich schon nach 2 — 4 Tagen nach der Bestäubung zugrunde ging.
Fast ebenso günstige Resultate wurden bei der Nonne, der Eule und
dem Eichenwickler erzielt, bei denen die Abtötung meist auch recht
prompt nach wenigen (3 — 5) Tagen eingetreten ist. Weniger günstig liegen
A Ji
Abb. 57. Charakteristische Stellung an Arsenvergiftung eingegangener Raupen.
A Lymantria dispar L., B Bupalus piniarius L. Nach Kalandadze.
die Verhältnisse beim Spanner, dessen Raupen, wenigstens in den älteren
Stadien, wie schon erwähnt, wesentlich schwieriger zu vergiften sind (siehe
unten) i).
Die Giftwirkung kann, wenn sie zur Abtötung der Raupen nicht aus-
reichte, auch auf die nachfolgenden Entwicklungsstadien übergreifen, so daß
der Tod erst im Puppenstadium eintritt. Ja, sie kann sogar noch weiter-
gehen. Es ist nämlich verschiedentlich beobachtet (Speyer, Kalan-
dadze), daß schwach vergiftete Raupen vom Schwammspinner und der
1) Im Walde läßt sich die Giftwirkung nach Bestäubungen am besten durch
Kot fange feststellen, vt-orüber unten bei der Besprechung der Spannerbekämpfung
nähere Einzelheiten angegeben werden.
92
I. Allgemeiner Teil.
Nonne sich verpuppten und nach der normalen Zeit Falter ergaben, daß
diese Falter auch kopulierten und Eier legten. Erst bei den Eiern kam
wieder die Giftwirkung zur Geltung, in dem sämtliche Eier, die von
Faltern aus vergifteten Raupen stammten, abstarben und eintrockneten
(Abb. 58). Analysen haben ergeben, daß wohl noch in der Puppe Arsen vor-
handen, jedoch weniger als in der letzten Raupe (z. B. 0,004 — 0,0^ mg pro
Puppe gegenüber 0,017 — 0,05 mg pro Raupe), daß dagegen die Imago
völlig arsenfrei war^).
Die zeitliche Verschiedenheit in der Giftwirkung kann außer auf der im
Organismus begründeten verschiedenen Empfindlichkeit der verschiedenen
Arten oder Entwicklungsstadien auch noch auf anderen Faktoren beruhen,
vor allem auf zeitweiser Freßunlust. Diese kann hervorgerufen werden, ein-
mal durch tiefe Temperaturen und schlechte Witterung, auf die die ver-
schiedenen Raupen verschieden reagieren, und sodann durch den \"organg
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Abb. 58. Arsenwirkung auf die Eier der folgenden Generation (Nonnen-Eier).
Links normale, gesunde Eier, rechts Eier von Weibchen aus schwach arsenisierten
Raupen. (Nach Kalandadze.)
der Häutung — • Momente, die bei der Beurteilung der Giftwirkung bzw. bei
der Vornahme der Bestäubung nicht außer acht gelassen werden dürfen,
wenn anders man nicht Gefahr laufen will, zu falschen Schlüssen zu ge-
langen.
Wirkung des Giftes auf die übrige Tierwelt des Waldes.
Einer der Hauptvorwürfe, die immer wieder, vor allem aus den Kreisen
des Naturschutzes gegen den Arsenkampf im Walde erhoben wurden und
noch erhoben werden, geht dahin, daß unter den Arsenbestäubungen nicht
nur die Schädlinge, sondern auch die übrigen Tiere, wie die nützlichen Kerb-
tiere, und besonders auch die Warmblüter, Vögel und Säugetiere, zu leiden
haben.
Bezüglich der Warmblüter sind nur einmal, nämlich in der Ober-
försterei Haste, Vergiftungen in größerem Maßstabe vorgekommen, und
1) Eine merkwürdige Giftwirkung stellte Speyer bei polyederkranken
Schwammspinnerraupen fest, indem bei diesen durch Aufnahme von schwach arsen-
haltigem Futter die Krankheit unterdrückt wurde.
7- Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäuber. 93
zwar bei Ve r w e n d u n g eines 4 o "o i g e n Präparates. Es sind dort eine
Anzahl Hasen, Rehe, Rinder und auch einige Vögel erkrankt bzw. einge-
gangen. Seitdem man von den hochprozentigen Präparaten Abstand ge-
nommen hat, ist die Gefahr wesentlich geringer geworden.
Bei der feinen Verteilung des Staubes, in dem ja das eigentliche Gift
(Arsen) nur einen Bruchteil ausmacht, ist dies ohne weiteres verständlich,
zumal ja die tödliche Arsendosis für Warmblüter eine recht beträchtliche ist.
Fro ebner (bei Stellwaag)i) gibt folgende tödliche Durchschnitts-
werte an:
Rinder 15 —30 g
Pferde, Schafe, Ziegen .... 8 — 10 g
Schweine 0,5 — i g
Hühner 0,1— 0,15 g
Daraus geht hervor, daß Hornvieh eine ganz außerordentlich große Arsen-
menge vertragen kann. Eine Vergiftungsgefahr ist so gut wie ausgeschlossen,
wenn das Vieh mehrere Tage von der in der Nähe des Bestäubungsgebietes
gelegenen Weide ferngehalten wird 2).
Wenn wir uns gar die minimalen Spuren Arsen vorstellen, die in ver-
gifteten Raupen gefunden wurden, die teilweise nur wenige Tausendstel eines
Milligramms betrugen, so können wir von vornherein annehmen, daß auch
nur ganz ausnahmsweise ein Vogel durch Fressen von vergifteten Raupen
zu der für ihn tödlichen Dosis gelangt.
Die Befürchtungen, daß durch den Arsenkampf auch die
Vogel- und Säugetier weit in unseren Wäldern ausgerottet
oder auch nur dezimiert ^\•erden könnte, ist also nicht be-
rechtigt.
Wie steht es mit der nützlichen Insektenwelt? Wie die Parasiten und
Raubinsekten auf die Arsenbestäubung reagieren, darüber wissen wir
nicht allzuviel. Daß manche Imagines von Tachinen und Schlupfwespen
durch Aufnahme von Arsen zugrunde gehen, ist mehrfach beobachtet Avorden.
Forstmeister Reissig teilte mir brieflich mit, daß in erster Linie Dip-
teren dem Arsen zum Opfer fielen, sodann konnten zahlreiche kleine Braco-
niden tot auf den ausgelegten Tüchern gefunden werden. Dagegen scheinen
Tachinenlarven, die in vergifteten Raupen leben, nicht unter dem Gift zu
leiden. Wolff beobachtete wiederholt, daß aus vergifteten toten Raupen
gesunde Tachinenmaden schlüpften; es konnte auch in den letzteren kein
Arsen festgestellt werden. Nach dem gleichen Autor bleiben auch die
Schlupfwespenlarven von dem vom Wirtstier aufgenommenen Gift un-
berührt. Es ist dies daraus zu erklären, daß, wie die chemischen Analysen
zeigen, das Gift sich fast ausschließlich im Darmkanal befindet, während
jene Parasitenlarven in der Leibeshöhle leben, von deren Säften sich nährend.
1) Stellwaag, F., Der Gebrauch der Arsemiiittel im deutschen Pflanzen-
schutzdienst. Berlin (P. Parey) 1926.
2) In Südafrika kommt der Verfütterung getöteter Heuschrecken eine große
Bedeutung zu. Es war daher notwendig, die durch Arsenköder vergifteten Tiere auf
ihren Arsengehalt zu untersuchen. Im Durchschnitt wurde bei 50 Heuschrecken i mg
(= g) festgestellt: ein Pfund Heuschrecken enthielt 15 mg As.,05. So konnte
^ 1000 ° *
eine Verfütterung der vergifteten Heuschrecken unbedenklich vorgenommen werden
(Stellwaag).
94 I- Allgemeiner Teil
Bezüglich der Wirkung des Arsens auf Raubinsekten teilt Wolff mit,
daß die im Bestäubungsgebiet gesammelten Puppenräuber (Calosovia)
keine nachweisbaren Arsenmengen enthielten, und daß an den Wa 1 d -
ameisen, die „schwer zur Aufnahme des Arsens zu bewegen" seien, nir-
gends Schädigungen eingetreten sind. Gerade Gegenteiliges bezüglich der
Ameisen berichtet mir Forstmeister Reissig. Nach ihm war die Wirkung
des Arsens auf die Ameisen eine sehr starke. Er teilt einen Fall mit, in dem
2 Tage nach der Betäubung 30 tote Raupen, 45 tote Baumläuse (Lachnus)
und 50 tote Ameisen auf den Probetüchern (4 qm) lagen.
Als weitere Nützlinge, die durch das Arsen getötet wurden, nennt
Reissig: Schildwanzen, Spinnen und Coccinellidenlarven.
Zweifellos sind auf diesem Gebiet noch viele Fragen zu lösen, und es
wird sich lohnen, spezielle UntersucTiungen hierüber anzustellen.
Eine unbestreitbare Gefahr bedeutet die Arsenbestäubung für die
Bienen, die sehr empfindlich gegen Arsen sind; liegt doch die tödliche
Dosis schon bei etwa 0,0005 mg! Bei den verschiedenen Bestäubungen sind
denn auch Verluste von Bienenvölkern zu beklagen gewesen, wenn auch
manche an anderen Krankheiten eingegangene Völker 'bei den Entschädi-
gungsansprüchen mit eingeschmuggelt worden sein mögen. Die betroffenen
Imker sind in den meisten Fällen mehr als reichlich entschädigt worden.
Nachdem die Gefahr für Bienen erkannt ist, sind wir aber in der Lage,
die Bienenschäden zu vermeiden.
Welche Verbreitung die Flugzeugbekämpfung in den wenigen Jahren
seit der ersten Bestäubung, also in etwa 5 Jahren, genommen hat, geht daraus
hervor, daß, wie oben bereits gesagt, bis Ende 1929 in Deutschland an-
nähernd 27 000 ha bestäubt wurden, und zwar hauptsächlich gegen Nonne und
Spanner, vereinzelt auch gegen die Eichenwickler.
Nach den dabei gewonnenen Erfahrungen i) ergibt sich, daß wir in der
Arsenbestäubung mittels Flugzeug eine sehr aussichtsreiche
Methode besitzen, den unsere Wälder immer mehr bedrohen-
den Schädlingskatastrophen wirksam entgegentreten zu
können.
Glänzende Erfolge wurden gegen Nonne, Frostspanner, Lophyrus und
Eichenwickler erzielt. In der Spannerbekämpfung liegen die Verhältnisse
nicht so eindeutig günstig, und man wird sich heute noch zuweilen mit Teil-
erfolgen begnügen müssen.
Mit besonderem Nachdruck sei hier nochmals betont, daß es heute nicht
mehr so sehr auf die Auswahl der Mittel ankommt, welche dank der un-
ermüdlichen Arbeit unserer Industrie in den letzten Jahren auf eine sehr
hohe Stufe in ihrer Wirkung gebracht wurden und sich bezüglich ihrer Eig-
nung nur noch unwesentlich unterscheiden, als vielmehr auf die Gewissen-
1) Über die technischen Einzelheiten bezüglich der Vorbereitung und Durch-
führung der Bestäubung, wie der Herstellung von Beflugskarten, der Markierung
der zu befliegenden Flächen mit Flaggen (Ausflaggung, Abb. 59), ferner der Tages-
zeit und Witterung, bei welcher geflogen werden kann, der Menge des zu stäubenden
Giftes, der Höhe und Richtung des Fluges, der Tagesleistung eines Flugzeuges (im
Höchstfall 150 ha bei günstigsten Bedingungen), endlich der Beobachtung des Be-
stäubens und Feststellung der Wirkung kann in der oben (S. 82, P\ißnote 2) ge-
nannten Flugschrift Auskunft erholt werden.
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäubei
95
96
I. Allgemeiner Teil.
haftigkeit der technischen Ausführung der Bestäubung. Die Forstbehörde
hat deshalb vor allem darauf zu sehen, daß der Beflug nur dann stattfindet,
wenn die äußeren Umstände (Witterungsverhältnisse usw.) eine günstige Aus-
sicht auf Erfolg bieten. Es ist besser, eine geringere Zahl von Hektar gründ-
lich bestäuben zu lassen, als eine größere Zahl unter Nichtbeachtung elemen-
tarer Bedingungen.
Ein Haupthindernis für die Flugzeugmethode besteht in
ungünstigen Witterungsverhältnissen, durch sie kann der Erfolg
wesentlich herabgedrückt werden. Ist es doch die Voraussetzung einer guten
gleichmäßigen Bestäubung, daß möglichst Windstille herrscht oder nur ganz
schwache Winde (2 — 3 sek./m) vorhanden sind. Selbstverständlich ist auch
bei Regenwetter ein Beflug völlig nutzlos i).
Abb. 60. Motorpulververstäuber ,. Platz", Modell 1928.
Motor- und Handverstäuber.
Als technisches Hilfsmittel zum Verstäuben des Giftstaubes im Walde
kommt außer dem Flugzeug noch der Motorverstäuber in Betracht, durch
den der Giftstaub vom Boden aus in die Kronen geblasen wird.
Die Erfahrungen über die Anwendung des Motorverstäubers sind noch
geringer als die Erfahrungen über die Flugzeugmethode. Doch sind die
1) Wie sehr die Flugzeugbestäubung durch ungünstiges Wetter beeinflußt
werden kann, haben wir selbst bei den ersten größeren Bestäubungen in Bayern
(Forstamt Ensdorf) erlebt, wo an 44 Tagen nur 9 Tage geeignet waren zum Beflug.
(s. Escherich, K., Die Flugzeugbekämpfung im bayerischen Forstamt Ensdorf. —
Forstwiss. Centralbl. 1926).
7. Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäuber.
97
meisten V^ersuchsansteller zu dem Ergebnis gekommen, daß die Verwen-
dung des Motor verstäubers im Forst durchaus aussichts-
reich ist, vor allem da, wo kleinere Insektenherde zu be-
kämpfen sind. Somit stellt der Motorverstäuber eine Ergänzung zum
Flugzeug dar.
Es sind heute schon eine ganze Reihe von Motorverstäubern im Ge-
brauch i), die alle im Prinzip mehr oder weniger übereinstimmen: Durch einen
Motor wird ein Ventilator betrieben, in dessen Luftstrom der Giftstaub von
einem zentrisch darüber angebrachten zylindrischen Tank fällt. Mit Luft
gemischt wird der Staub zunächst durch einen dicken Gummischlauch und
dann eventuell noch durch ein längeres oder kürzeres Aufsteckrohr nach
außen geführt (Abb. 60 — 63).
Je nach der Stärke des Motors bzw. des durch den Ventilator erzeugten
Luftstroms und den herrschenden Windverhältnissen schwankt die Reich-
Abb. 61. Holders Motorpulververstäuber ,,Sulfia" auf 3 Rädern.
weite der Giftwolke. Durchschnittlich wird dieselbe bei den heutigen Appa-
raten (mit 6 PS) bei 20 — 25 m Höhe ihr Ende haben. Nur unter ganz besonders
günstigen Bedingungen können größere Höhen erreicht werden. Die vertikale
Reichweite liegt bei günstigsten Wind- und Waldverhältnissen etwa bei
1) Ich nenne hier den Pulververstäuber ,, Platz" (Modell 1929) der Firma Carl
Platz, Rheinische Maschinenfabrik, Ludwigshafen a. Rhein, ferner Holders Motor-
Pulververstäuber „Sulfia" der Firma Gebr. Holder in Metzingen (Württemberg).
Das letztere Modell scheint wegen seiner Leichtigkeit und großen Wendigkeit für
den Gebrauch im Walde besonders geeignet. Endlich haben auch einige der den
Giftstaub herstellenden chemischen Firmen eigene Motorverstäuber bauen lassen,
wie die der Firmen Gebr. Borchers in Goslar und Schering-Kahlbaum in
Berlin; der Scheringsche Verstäuber wird durch Motorkraft fortbewegt.
Es che rieh. Forstinsekten, Bd. III. 7
98 I- Allgemeiner Teil.
30 — 40 m, im allgemeinen ist mit 15 — 20 m zu rechnen, so daß man also in
diesen Abständen den Wald zu durchfahren hat.
Die Durchschnittsleistung eines Motorverstäubers liegt bei dem Modell
Platz 1929 etwa bei 500 kg Giftstaub pro Tag, unter besonders günstigen Be-
Abb. 62. Selbstfahrender Motorverstäuber der Firma Schering-Kahlbaum.
dingungen (oder bei Verbesserung des Verstäubers) kann dieselbe noch
gesteigert werden, etwa auf ca. 700 — 800 kg pro Tag^).
Gegenüber der Flugzeugmethode bietet der Motorverstäuber eine
Reihe von Vorzügen, die Schotte folgendermaßen zusammenfaßt: ,,Bei
der Bestäubung von unten mittels Motorverstäuber dringt das Pulver von
unten in die Kronen ein, wird normalerweise in den Kronen eine Zeitlang
gehalten und sinkt dann ab. Es passiert also die Kronen zweimal, einmal
beim Aufstieg, das zweite Mal beim Absinken. Die Flugzeugbestäubung
kennt nur die zweite Phase. Das Passieren der Kronen geschieht aber beim
Motorzerstäuber oft noch häufiger, indem das absinkende Pulver dicht utiter-
halb der Kronen häufig nochmals ein auftreibendes Moment erhält."
„Mit dem Motorzerstäuber kann man bis auf die Mittagszeit praktisch
den ganzen Tag stäuben (während das Flugzeug gewöhnlich nur in den
Morgen- und Abendstunden arbeiten kann). Man kann ferner auch bei auf-
steigenden und relativ lebhaften horizontalen Luftströmungen arbeiten, weil
die Massen der Kronen die Luftströmungen bremsen. Wenn das Pulver erst
einmal in den Kronen ist, wird es von diesen festgehalten. Oberhalb des.
Waldes herrschen viele stärkere Luftströmungen als in dem Walde, deshalb
muß das Flugzeug schon bei geringeren Windstärken zu arbeiten aufhören
als der Motorzerstäuber."
„Die Geschwindigkeit des Zerstäubers beträgt etwa 6 km die Stunde.
Es ist verständlich, daß dadurch die Möglichkeit sorgfältigen Arbeitens ge-
1) Schotte, Herbert, Bericht über die Bekämpfung des Kiefernspanners in
den Forsten Lüderitz und Schnöggersburg mittels ,,]\Icritor' durch Pulverzerstäuber.
Als Manuskript vervielfältigt. Schering-Kahlbaum, Berlin 1929.
7- Die chemische Bekämpfung mittels Flugzeug oder Motorverstäuber.
99
geben ist. Man kann \icl kleinere Komplexe mit dem Motorzerstänber be-
streuen als mit dem Flugzeug. Die Dosis ist leichter zu variieren, und stark
befallene Baumgruppen können stärker belegt werden. Kurzum, die Motor-
zerstäubertechnik gestattet ein individuelleres Arbeiten und damit bis zu
einem bestimmten Grade eine bessere Ausnutzung des Streugutes. Hinzu
kommt noch, daß bei der Flugzeugmethode der Erfolg von der Geschick-
lichkeit und Gewissenhaftigkeit des Piloten abhängt, während beim Arbeiten
mit dem Motorverstäuber das Forstpersonal selbst ,das Geschick in der
Hand hat'."
Vergleichen wir die Durchschnittsleistungen der Flugzeuge mit denen
der Motorverstäuber, so berechnet Schotte nach den Erfahrungen, die bei
den Bestäubungen in Lüderitz und Schnöggersburg mit Motorverstäubern
gemacht wurden, daß die Durchschnittsleistung eines Flugzeuges etwa der
von 2 Zerstäubern, und nur im günstigsten Fall der Leistung von 5 Zer-
stäubern entsprach.
Damit soll nicht gesagt sein, daß der Motorverstäuber das Flugzeug
zu ersetzen hat. Das Flugzeug wird bei ausgedehnten Flächen nicht zu er-
setzen sein. Die Parole lautet nicht: ,,Mit Flugzeug oder Motorverstäuber",
sondern ,,mit Flugzeug und Motorverstäuber" gegen die Zerstörer unserer
Wälder! Je nach Größe, Lage und Beschaffenheit der befallenen Bestände
ist die Entscheidung, welches der beiden Verfahren einzusetzen ist, zu fällen.
Auch können in ein und demselben Gebiet die beiden Verfahren gleichzeitig
eingesetzt werden, in dem Sinne, daß mit dem Motorverstäuber die für das
Abb. 63. Der Motorverstäuber in Tätigkeit. Aus detn Film Moderne Schädlings-
bekämpfung (aufgen. von Gustav Es che rieh'.
7*
100 I- Allgemeiner Teil.
Flugzeug schwer zugänglichen Orte bearbeitet oder die vom Flugzeug aus
irgendwelchen Gründen nur schwach bestäubten Stellen nachgebessert werden.
Weniger günstig spricht sich Schwer dt feger i) über die Wirkung
des Motorverstäubers aus. „Zwischen Flugzeugbestäubung und Bodenbestäu-
bung besteht ein grundsätzlicher Unterschied hinsichtlich der Art und Weise,
wie das Giftmittel auf die Nadeln gelangt. Bei der Flugzeugbestäubung, die
im Idealfall bei Windstille, möglichst aber nur bei ganz geringen Wind-
stärken in den frühen Morgen- und Abendstunden ausgeführt wird, sinkt die
Giftwolke kraft ihrer Schwere nach unten, die einzelnen Staubkörnchen
legen sich auf die Nadeln. Der Motorverstäuber kann nur bei Wind ar-
beiten; der Staub wird nach oben geblasen, vom Wind erfaßt und seitwärts
durch die Baumkronen getrieben; die Staubkörnchen wehen gegen die
Nadeln. In dem einen Fall ist also die Schwerkraft, im andern der Wind
das Agens, welche das Gift den Nadeln zuführt.
,,Es scheint nun, daß im letzteren Falle häufig Luftströmungen und
Wirbel entstehen, die das Gift nicht an die Nadeln gelangen lassen, so daß
also beim Durchziehen der Wolke durch den Bestand Gift sich nicht in
nennenswertem Maße absetzen kann. Nur die Randbäume an den vom Ver-
stäuber befahrenen Wegen werden mit genügend Arsen belegt werden
können, da hier die Teilchen mit einem gewissen Druck aus dem Rohr
gegen die Nadeln geschleudert und angepreßt werden." Eine Reihe von Ver-
suchen zeigten, daß dem Motorverstäuber tatsächlich eine nur geringe Tiefen-
wirkung zukommt, und Schwerdtfeger glaubt denn auch die Mißerfolge
der Spannerbekämpfung mit dem Motorverstäuber in der Letzlinger Heide
hauptsächlich auf diesen Umstand zurückführen zu sollen." Für den hohen
Wald dürften die Bedenken Schwerdtfegers wohl gerechtfertigt sein; im
niederen Stangenholz dagegen wird die Staubwolke meist beträchtlich über
das Kronendach hinausgeblasen, so daß sie letzteres zweimal passiert, worauf
ja oben bereits hingewiesen wurde.
Wir stehen in der GiftlDckämpfung der Forstschädlinge noch im An-
fangsstadium, und es ist anzunehmen, daß die nächste Zeit uns noch wesent-
liche Fortschritte bringen wird, nicht nur in bezug auf die Verbesserung des
Streuapparates, sondern vielleicht auch in bezug auf das Gift. Vor allem ist
anzustreben, daß das Arsen durch ein für Warmblüter weniger
gefährliches Präparat ersetzt wird. In dieser Beziehung scheint
das von der Firma E. Merck- Darmstadt hergestellte Kontaktgift ,,Fore-
stit" einen erfreulichen Fortschritt zu bedeuten.
8. Das System der Lepidopteren.
„Einer rationellen phylogenetischen Systematik stellen sich ganz enorme
Schwierigkeiten entgegen, Schwierigkeiten innerer und äußerer Natur.
Letztere liegen in erster Linie in der meist unzulänglichen, oft erstaunlich
laienhaften Bearbeitung und in dem Umstände, daß das Material infolge
1) In einer während der Korrektur erschienenen Arbeit: „Beobachtungen und
Untersuchungen zur Biologie und Bekämpfung des Kiefernspanners während des
Fraßjahres 1929 in der Letzlinger Heide". Zeit. f. Forst- u. Jagdw. 1930.
8. Das System der Lepidopteren. 101
seiner , Schönheit' und des hohen Preises vieler Stücke nur schwer für gründ-
liche morphologische Untersuchung zu haben ist. Man müßte ja viele Stücke
ihres Schmuckes berauben, und das vermeiden die Sammler ängstlich!
Erstere liegen in dem Umstände, daß das Gros der Lepidopteren aus (geo-
logisch) jungen Formen besteht, wo Gruppen höheren Ranges eben noch
nicht scharf geschieden sind. Die Zwischenformen sind vielfach noch vor-
handen. Wir sehen viele Reihen in der Entwicklung irgendeines Organes
von der tiefen Stufe zur höchsten Spezialisation (Mundteile, Raupenform,
Puppenform, Flügelgeäder, Beine, Fühler usw.) aufsteigen. Aber diese
Spezialisationen ,kreuzen' sich so mannigfaltig, daß es sehr schwer ist, Ver-
wandtschaft und Konvergenz zu scheiden. Dazu kommt noch, daß die Spe-
zialisierung sehr oft in einer Reduktion besteht. Da nun die meisten
, Systeme' nur auf Grund eines oder des anderen Merkmales errichtet sind,
kommt es natürlich zu sehr verschiedenen Systemen, und man kann gerade
bei dieser scheinbar so gut bekannten Ordnung mit Heymons behaupten:
Es gibt noch kein allgemein angenommenes System" (Handlirsch).
Es ist deshalb durchaus nicht verwunderlich, daß wir in der entomolo-
gischen Literatur eine ganze Reihe verschiedener Systeme finden, ja, daß
beinahe jeder Autor eines größeren systematischen Werkes sein eigenes
Schmetterlingssystem hat. Es ist jedoch nicht zu bestreiten, daß, nachdem
durch Herrich-Schäfer, Zeller, Heinemann, Wocke u. a. um
die Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Abkehr von den früheren gänzlich
unwissenschaftlichen Einteilungsprinzipien i) eingeleitet worden war, in den
letzten Dezennien durch die immer mehr die gesamte Morphologie berück-
sichtigenden Arbeiten die Schmetterlingssystematik ganz wesentliche Fort-
schritte im Sinne eines phylogenetischen Systems gemacht hat. Wie aus
den verschiedenen, unten angegebenen Systemen zu ersehen ist, stimmen
die neueren Autoren einerseits in wesentlichen Punkten mehr oder weniger
überein, wie über die Auffassung der sog. ,, Kleinschmetterlinge", die heute
nicht mehr wie früher nur die kleinen Formen enthalten; andererseits
aber existieren doch auch noch recht große Meinungsverschiedenheiten, wie
z. B. bezüglich der Stellung der Hesperiiden oder über die Abgrenzung
ij Schon die Haupteinteilung des alten Systems nach der Größe der
Schmetterlinge in Klein- und Großschmetterlinge konnte keinen Anspruch auf
wissenschaftliche Begründung machen. Der Weg, der durch diese Einteilung ein-
geschlagen war, führte zu ganz unmöglichen Kombinationen, wie der Stellung der
Sesien und Cossiden zu den Schwärmern oder Spinnern usw. Das alte System, das
bis ins letzte Drittel oder teilweise noch bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts all-
gemein in den Lehrbüchern Geltung hatte, war kurz folgendes:
L Groß Schmetterlinge (Macrolepidopteren):
Familie Rhopalocera (Tagfalter),
,, Sphi/igidae (Schwärmer),
,, Bomhycidae (Spinner),
Noctuidae (Eulen),
Geometridae (Spanner).
IL Kleinschmetterlinge (Rlicrolepidopteren oder kurz Mi-
cro s ) :
Familie Pyralidae (Zünsler),
„ Tortricidae (Wickler),
„ Tineidae (Motten),
„ Micropterygidae (Kleinflügel-Motten),
„ Pterophoridae (Geistchen),
„ Alucitidae (Federmotten).
-[02 I- Allgemeiner Teil.
einzelner systematischer Kategorien usw. Von den vielen Autoren, die sich in
der letzten Zeit mit der Schmetterlingssystematik beschäftigt und zur Auf-
stellung eines besonderen Systems gekommen sind, möchte ich hier nur
folgende nennen: Börner, Handlirsch, Hering, Heymons und
S p ul e r.
Von allen imaginalen Merkmalen kommt den Flügeln die wich-
tigste Bedeutung zu, in erster Linie der Ausbildung des Flügel-
geäders. Je größer die Zahl der Adern und je mehr das Gcäder der
beiden Flügel übereinstimmt, desto altertümlicher sind die Formen. Sodann
wird der Art der Verbindung von Vorder- und Hinterflügel (ob
dieselbe durch ein vom Vorderflügel ausgehendes Jugum [„Jugatae"] oder
vom Hinterflügel ausgehendes Frenulum [„Frenatae"'] geschieht) hoher
systematischer Wert beigelegt; ebenso auch dem Vorhandensein von winzigen
Stacheln auf der Flügelmembran, worin ein altertümliches Merkmal erblickt
wird. Das gleiche gilt für das Vorhandensein von nur einer Geschlechts-
öffnung im weiblichen Geschlecht; Börner gründet darauf die Einteilung
der Schmetterlinge in 2 große Gruppen: die Monotrysia (mit i Geschlechts-
öffnung) und die Ditrysia (mit 2 Geschlechtsöffnungen).
Von imaginalen Charakteren spielen sonst die Fühler (gekeult oder
nicht gekeult) eine höhere Rolle in der Systematik, in der neuesten Zeit
wurde auch (vor allem von Börner) das Tympanalorgan systematisch
ausgewertet.
Von den Raupenmerkmalen ist in erster Linie die verschiedene
Bewaffnung der Bauchfüße zu nennen, d. h. ob Kranzfüße oder Klammer-
füße vorhanden sind. Die ersteren stellen zweifellos ein primitiveres phylo-
genetisches Merkmal gegenüber den Klammerfüßen dar. Mit wenigen Aus-
nahmen fällt die Kranzfüßigkeit der Raupen mit dem Vorhandensein eines
reichen Geäders (vor allem das Vorkommen der Analis) der Imagines zu-
sammen („Kleinschmetterlinge"). Wo das nicht der Fall ist, dürfen wir
wohl die abweichende Fußbildung als sekundäre Anpassungserscheinung
betrachten und die Entscheidung über die systematische Stellung nach dem
Geäder treffen (z. B. bei den Zygaenen oder Hesperiiden). Auch noch andere
Raupenmerkmale, wie die Art der Behaarung, die Stellung der
Borsten, das Vorkommen eines Endhornes usw. werden systema-
tisch berücksichtigt, wenn auch in engeren Grenzen als die Bildung der
Bauchfüße.
Schließlich finden wir auch an der Puppe Merkmale, die höhere syste-
matische Bedeutung- besitzen : wo die Hinterleibsringe mit Dörnchenreihen
besetzt sind (mit deren Hilfe sich die Puppe beim Schlüpfen aus ihrer Wiege
herausarbeitet), hegen meist altertümliche Formen vor (Börner).
Im folgenden gebe ich einige der neueren Systeme wieder, aus denen
ohne weiteres hervorgeht, wie sehr noch alles im Fluß ist.
System der Lepidopteren nach Börner 1925^19291).
1. Unterordnung: Monotrysia Börner 1925
Q mit einheillicher Genito-Analot'fnung im 9. (bzw. 10.) Abdominalring; diese führt
sowohl in die Bursa copulatrix wie in den Ovidukt. Puppen stets mit Stachel-
reihen, beim Schlüpfen aus Kokon hervortretend. Keine Gehörorgane.
1) Für die liebenswürdige Überlassung dieser Übersicht sei Herrn Kollegen
Börner auch an dieser Stelle herzlichst gedankt.
8. Das System der Lepidopteren. 103
1. Alle 3 Thorakaltergite wohlentwickelt. Mundteile der Imago verkümmert, vom
mandibulaten Typus abzuleiten (wie bei 3). Flügelgeäder primitiv, beide Flügel-
paare mit Analis und fünfästigem Radius. Raupen mit kranzförmig angeord-
neten Bauchfußkrallen:
1. Familienreihe: Hepioloidea Börner.
1 . F a m. : H e p i o li d a e.
i'. Pronotum rudimentär.
2. Q mit freiliegenden Analklappen (zweiteiliges Endsegment); Eilegeapparat kurz:
2. Familienreihe: Micropterygoidea Börner.
3. Mit Kaumandibeln, kein Rüssel. Flügelgeäder ähnlich 1. Raupen freilebend, mit
abdominalen Stiftbeinen:
2. Fam. : M i c r o p t e r y gi d a e.
3'. Mit Saugrüssel. Flügel + lanzettlich. Flügelgeäder spezialisiert, Hinterflügel
mit ungeteiltem Radius. Raupen minierend.
4. Flügelhaut wie bei i und 3 auf ganzer Fläche mit feinen Stachelhärchen.
Raupen am 2. und 3. Brust- und 2.-7. Hinterleibsring mit krallenlosen Bauch-
fußstummeln:
3. Fam.: N e p t i c u 1 i d a e.
4'. Flügelhaut nur am Vorderflügel zwischen Radius und Cubitus unterseits mit
Stachelhärchen. Raupen 16 füßig mit krallentragenden Bauchfußstummeln:
4. Fam.: Tischeridae.
2'. 9 mit heim- oder spießförmigem Hinterleibsende und verdeckten Analklappen;
Eilegeapparat verlängert, tief einziehbar:
3. Familienreihe: Eriocranioidea Börner.
5. 7. Abdominalsegment bei cf und 9 normal, Bauchplatte des 8. Segments beim 9
zugespitzt. Flügel ähnlich 3. Raupen minierend, beinlos:
5. Fam.: E r i o c r a n i i d a e.
5'. Bauchplatte des 7. Abdominalsegmentes beim 9 stark verlängert. Flügeladerung
wie unter 3' angegeben.
6. Rücken- und Bauchplatte des 7. Abdominalsegments quergestutzt; 8. Segment
wie bei 5. Raupen mit krallentragenden Bauchfüßen, jung minierend, später
in Sack:
6. Fam.: Incurvariidae.
6'. Rücken- und Bauchplatte des 7. Abdominalsegmentes beim 9 lang zugespitzt;
8. und 9. Segment versteckt.
7. Raupen ähnlich denen von 6, in an beiden Enden offenen Säcken:
7. Fam.: Adelidae.
7'. Raupen beinlos, minierend:
8. Fam.: H e 1 i o z e I i d a e.
2. Unterordnung: Ditrysia Börner 1925
9 mit getrennter Öffnung der Bursa copulatrix im 8. Abdominalsegment. Bursa
copulatrix mit Ovidukt durch einen feinen Samengang verbunden. Eileiter und
After münden im 9. (bzw. 9. -|- 10.) Hinterleibsring.
1. Falter ohne Gehörorgane.
2. Hinterflügel mehr als doppelt so lang wie breit (wenn breiter, dann fingerig
geteilt oder es sind die Raupen „kranzfüßig" und zugleich die Puppen mit ab-
dominalen Stachelreihen versehen: Nr. 6', 10', 17^. Raupen (mit Ausnahme von
Nr. 17') „kranzfüßig" (K 1 e i n s c h m e 1 1 e r 1 i ng e).
104 I. Allgemeiner Teil.
3. Puppen mit abdominalen Stachel- oder Dörnchenreihen, sich beim Schlüpfen
aus dem Kokon hervorschiebend (wie bei den Monotrysia):
4. Raupen in Säcken:
4. Familienreihe: Psycheoidea Börner.
5. Brustbeine der Raupen getrennt. Achselblatt des Vorderflügels unterseits mit
Stachelkamm, cf und 9 geflügelt:
9. Fam. : Teichobiidae.
5'. Brustbeine der Raupen mit paarweise verwachsenen Hüften.
6. Achselblatt des Vorderflügels mit Stachelkamm (wie bei 5). 9 zum Teil flügel-
los. Mesoscutellum normal:
IG. Fam.: Talaeporiidae (inkl. Lypusidae).
6'. Achselblatt ohne Stachelkamm. 9 stets ungeflügelt. Mesoscutellum beim (f auf-
fallend groß:
11. Fam.: Psy chidae.
4'. Raupen nicht in Säcken; bohrend, minierend oder spinnend.
7. 9 mit verlängertem Legeapparat. Achselblatt des Vorderflügels stets mit
Stachelkamm:
5. Familienreiiie: Tineoidea Börner.
8. Kopf mit Längsnaht auf der Stirn:
12. Fam.: Tineidae (inkl. Monopidae, Oenophili-
dae, Ochsenheim eriidae, Acrolepidae, Gly-
phipterygidae).
8'. Kopf ohne Längsnaht.
9. Flügelfläche ^b gleichmäßig beschuppt.
IG. Halskragen schmal:
13. Fam.: Orthotelidae (inkl. E u p lo c a mi dae).
ig'. Halskragen doppelt, sehr breit:
14. Fam.: Cossidae.
9'. Flügelfläche bis auf Rand und Adern glasig durchscheinend:
15. Fam.: Aegeriidae (Sesiidae).
7'. 9 mit kurzem Legeapparat :
6. Familienreihe: Gracilarioidea Börner.
11. Achselblatt des Vorderflügels unterseits mit Stachelkamm. Flügel lanzettlich.
12. Raupen 14 füßig:
16. Fam.: Gracilariidae.
12'. Raupen beinlos:
17. Fam.: P h y 1 1 o c ni s t i d a e.
11'. Achsclblatt ohne Stachelkamm. Raupen 16 füßig.
13'. Flügel breit oval:
18. Fam.: Tortricidae.
13'. Flügel schmal lanzettlich:
19. Fam.: B u c c u 1 a t r i g i d a e.
3'. Puppen ohne Stachelreihen, -hülle beim Schlüpfen im Kokon verbleibend:
8. Das System der Lepidopteren. 105
7. Familienreihe: Gelechioidea Börner.
14. Achselblatt des Vorderflügels unterseits mit normalem Stachelkamm.
15. Kopf mit Scheitelnähten:
20. Fam.: H y po no m e u t i d a e (inkl. Elachistidae,
Hello dinidae, Lyonitidae).
15'. Kopf ohne Scheitelnaht:
21. Fam.: Gelee hiidae (inkl. Momphidae).
14'. Achselblatt ohne (selten mit rudimentärem) Stachelkamm.
16. Vorderflügel an der Hinterkante unterseits mit „Haftfeld" (schinales Feld an-
liegender Stachelchen). Flügel ^ lanzettlich, ungeteilt:
22. Fam.: S c y t h r i d i i d a e (inkl. Cemiostomidae,
Coleophoridae).
16'. Vorderflügel ohne „Haftfeld", Flügel meist ^ tief eingeschnitten.
17. Beine mittellang. Vorder- und Hinterflügel 6 fingerig. Raupen erwachsen
„kranzf üßig" :
23. Fam.: O r n e o d i d a e.
17'. Beine sehr lang. Hinterflügel ungeteilt oder 3 fingerig. Raupen „klammer-
füßig":
24. Fam.: P t e r o pho r i d a e.
2'. Hinterflügel doppelt so lang wie breit oder breiter. Puppen meist ohne Stachel-
reihen, andernfalls Raupen ,,klammerfüßig" (nicht kranzfüßig). (Groß-
schmetterlinge.)
18. Achselblatt des Vorderflügels unterseits mit Stachelkamm. Alle Flügel mit
Analisader. Puppen mit Dörnchenreihen an den Hinterleibsringen, beim
Schlüpfen aus Kokon hervortretend. Krallen der Bauchfüße der Raupen, wenn
vorhanden, einreihig angeordnet und ziemlich gleich lang. Kopf der Raupen in
Vorderbrust rückziehbar:
8. Familienreihe: Anthroceroidea Börner.
19. Raupen mit bekrallten Bauchfüßen. Halskragen des Falters doppelt:
25. Fam.: Anthroceridae (Zygaenidae) (inkl. He-
terogynidae).
19'. Raupen ohne Bauchfüße, am i. — 7. Hinterleibsring mit hufeisenförmiger Saug-
scheibe. Halskragen einfach:
26. Fam.: Cochlidiidae.
18'. Achselblatt des Vorderflügels ohne Stachelkamm. Flügel ohne oder init rudi-
mentärer Analisader. Krallen der Bauchfüße der Raupen alternierend kürzer
und länger. Kopf der Raupe nicht einziehbar.
20'. Fühler gekämmt und behaart, nicht keulig endend :
9. Familienreihe: Bombycoidea Börner. ^
21. Puppen mit stumpfem Hinterleibsende. Falter mit walzlichem Hinterleib, oft
dicht pelzig. Bombycina.
22. Vorderflügel unterseits an der Hinterkante mit „Haftfeld" (vgl. unter 16).
Puppe wie bei 23':
27. Fam.: L a s i o c a m p i d a e.
22'. Vorderflügel ohne „Haftfeld".
23. Puppen wie bei 18 mit Dörnchenreihen, aus Kokon beim Schlüpfen hervor-
tretend:
10(3 I- Allgemeiner Teil.
28. Farn.: E nd r o mi d i d a e.
23'. Puppe ohne Dörnchenreihen, -hülle im Kokon zurückbleibend.
24. Fühler doppelt gekämmt, die beiden Kammzahnreihen einander zugeneigt:
29. Fam. : Bombycidae (Lemoniidae).
24'. Kammzahnreihen der Fühler einander gegenüberstehend:
30. Fam.: Saturniidae.
21'. Puppen und Falter mit zugespitztem, spindelförmigem Hinterleib. Sphingi-
dina.
25. Bauchfüße der Raupen mit kranzförmig angeordneten Krallen:
31. Fam.: T h y r i d i d a e.
25'. Raupen mit „Klammerfüßen":
32. Fam.: Sphingidae.
20'. Fühler endwärts keulenförmig verdickt oder verbreitert, unbehaart:
10. Familienreihe: Papilionidea Börner (= Rhopalocera).
26. Raupen mit kranzförmig angeordneten Bauchfußkrallen. Kopf des Falters hinter
den Augen scharfkantig gestutzt. Hesperidina:
^^. Fam.: Hesperidae.
26'. Raupen mit „Klammerfüßen". Kopf hinten gerundet. Papilionina.
27. Vorderschienen des Falters mit Schienblatt. Stets 6 Laufbeine. Hinterflügel
ohne ßXo-Ader:
34. Fam.: P a pi I i o n i d a e.
27'. Vorderschienen ohne Schienblatt. Hinterflügel stets mit a.Vo-Ader.
28. (f und g mit 6 Laufbeinen:
35. Fam.: Pieridae.
28'. cf nur mit 4 Laufbeinen, Vorderbeine in Putzpfoten mit i gliedrigem Fuß ver-
wandelt.
29. 9 mit 6 Laufbeinen:
36. Fam.: Lycaenidae (inkl. Erycinidae).
29'. 9 wie cf nur mit 4 Laufbeinen:
^7. Fam.: Nymphalidae.
i'. Falter mit Gehörorganen am Grunde des Hinterleibes. Puppen stets ohne
Stachelreihen. Analisader im Vorderflügel fehlend oder rudimentär. Achselblatt
des Vorderflügels stets ohne Stachelkamm.
30. Gehörorgan zum 2. oder i. und 2. Hinterleibsring gehörig. Krallen der Bauch-
füße der Raupen alternierend kürzer oder länger:
11. Familienreihe: Pyraloidea Börner.
31. Gehörorgan in der Bauchplatte des 2. Hinterleibsringes, i. Hinterleibsring nor-
mal. Pyralina.
32. Raupen mit kranzförmig angeordneten Bauchfußkrallen. Hinterflügel mit
Analisader:
38. Fam.: Pyralidae.
32'. Raupen klammerfüßig. Hinterflügel ohne Analisader:
39. Fam.: Geometridae (inkl. Brephidae).
31'. Seitenteile des i. Hinterleibsringes aufgeblasen, • innenseits das Trommelfell
tragend.
33. Raupen „kranzfüßig", ohne Nachschieber:
8. Das System der Lepidopteren. 107
40. F a m. : D r e p a n i d a e.
2,2'. Raupen ,,klammerfüßig", mit Nachschiebern:
41. F a m. : C y m a t o p h o r i d a e.
30'. Gehörorgan an Grenze von Brust und Hinterleib, mit inneren Schallhöhlen im
Diaphragma, i. Hinterleibsring seitlich mit einem Grübchen, das oft im Haar-
pelz oder hinter einem ,, Ohrläppchen" versteckt liegt. Raupen,, klammerfüßig",
mit I reihig angeordneten, meist ziemlich gleichlangen Krallen. Analisader
fehlend oder rudimentär:
12. Familienreihe: Noctuoidea Börner.
34. Seitenwand des i. Hinterleibsringes aufgebläht, darauf freiliegend das Stigma.
Analiswurzel im Vorderflügel ohne Stachelkamm. Arctiina.
35. Vorderflügel unterseits an der Hinterkante mit „Haftfeld". Hinterflügel groß:
42. F a m. : A r c t i i d a e ( inkl. N o 1 i d a e ).
35'. Vorderflügel ohne ,,Haftfekr", Hinterflügel sehr klein:
43. F a m. : S y n t o m i d a e.
34'. I. Hinterleibsstigma in der äußeren Gehörgrube, nicht freiliegend. Noctuina.
36. 2. Medialast im Vorderflügel inmitten des 3. und i. oder letzterem genähert aus
Mittelzelle entspringend. Gehörorgan schwach entwickelt. Raupen ohne Haar-
glättungsdrüsen:
44. Farn.: Notodontidae (inkl. Th a u m a t o po e i d ae).
36'. 2. Medialast im Vorderflügel näher dem 3. als dem i. aus Mittelzelle ent-
springend. Gehörorgan stark entwickelt.
;27. Analiswurzel im Vorderflügel ohne Stachelkamm.
38. Raupen mit je i trichterförmigen, ausstülpbaren, nackten Warze (Haarglättungs-
drüse) auf dem Rücken des 5. und 7. Hinterleibsringes:
45. F a m. : L y m a n t r i i d a e.
38'. Raupen ohne Haarglättungsdrüsen:
46. F a m. : H y p e n i d a e.
27'. Analiswurzel im Vorderflügel unterseits mit Stachelkamm. Raupen wie bei 38':
47. Fam.: Noctuiclae (inkl. N y c t e o 1 i d a e).
System der Lepidopteren nach Handlirsch (1925).
1. Unterordnung: Jugatae Comstock.
Radius der Hinterflügel mehrästig, Vorderflügel mit einem Jugum, Geschlechts-
öffnung beim Weibchen einfach. Mandibeln manchmal noch vollkommen entwickelt,
meist aber schon reduziert. Saugrüssel höchstens in den Anfängen vorhanden. Puppe
mit fast ganz freien Gliedern, außerdem mit Dornen an den Segmenten.
Familie: Micropterygidae Comstock.
Kleine mottenartige Tiere. Bei den freilebenden Raupen alle Abdominalseg-
mente mit Beinen.
Familie: Hepialidae Steph.
Mittelgroße bis große Tiere. Raupen nur mit 5 Abdominalbeinen.
2. Unterordnung: Frenatae Comstock.
Radius der Hinterflügel auf eine einzige Ader reduziert. Das Jugum der
Vorderflügel fehlt. Rüssel mehr oder weniger ausgebildet oder sekundär rück-
gebildet. Geschlechtsöffnung beim Weibchen mit wenigen Ausnahmen doppelt
(Ostium vaginae und Ostium bursae).
108 I. Allgemeiner Teil.
1. Überfamilie: Tineoidea Handl. (Mottenartige).
Familie: Tineidae Leach (Motten).
Vorwiegend kleine Tiere mit in der Regel schmalen, langen, mehr oder weniger
zugespitzten oder lanzettförmigen Flügeln.
Gruppe: Tineidae aculeatae Steph.
Kleine fixe Stacheln auf der Flügelfläche. Weibliche Genitalöffnung einfach.
4 Unterfamilien.
Gruppe: Acanthopleona (Börner) Handl.
Flügelmembran ohne fixe Stacheln. Weibchen mit 2 Genitalöffnungen. Zahl-
reiche Unterfamilien.
Familie: Tortricidae Steph. (Wickler).
Im allgemeinen kleine Tiere mit breiteren, meist nicht zugespitzten Flügeln.
Hinterflügel fast immer breit, mit 3 Analadern. (3 Unterfamilien).
Familie: Psychidae Boisd. (Sackträger).
Weibchen stark modifiziert, immer flügellos und oft auf das Larvenstadium
reduziert. Raupen mit Sack. Raupen mit Kranzfüßen. Puppen mit Dornreihen.
Familie: Cossidae Walk. (Holzbohrer).
Mittelgroße bis große Tiere. Im Vorderflügel und Hinterflügel w-Stamm fast
immer gut erhalten. Hinterflügel mit 3 Analadern. Raupe mit Kranzfüßen, Puppe
mit Dornreihen.
Familie: Sesiidae Steph. (Glasflügler).
Mittelgroße Tiere mit schmalen Flügeln, diese fast stets zum großen Teil
durchsichtig. w-Stamm der Vorderflügel fehlt. Hinterflügel mit 3 Analadern.
Raupe mit Kranzfüßen, Puppe mit Dornreihen.
Familie: Limacodidae Walk.
Mittelgroße Tiere, stark behaart und breitflügelig. /«-Stamm erhalten. Raupen
mit stark reduzierten Abdominalbeinen, mehr oder weniger schneckenähnlich. Puppe
mit kleinen Dörnchen besetzt.
2. Überfamilie: Pyralidina Meyr.
Im Flügelgeäder ist der w-Stamm erloschen, Raupen mit Kranzfüßen, Puppen
meist ohne Dornen.
Familie: Pyralididae Led. (Zünsler).
Kleinere bis mittelgroße Tiere mit schlankem Körper und relativ großen
Flügeln. Hinterflügel breit mit vergrößertem Analteil, in dem meist alle 3 Adern
erhalten sind.
Familie: Pterophoridae ZU. (Geistchen).
Flügel in der Regel in schmale Lappen oder „Federn" geteilt. Raupen jalump,
behaart, freilebend, mit langen Bauchfüßen, deren Krallen im Halbkreis stehen,
Puppen mit Längsreihen großer Dornfortsätze.
Familie: Orneodidae Meyr. (Federmotten).
Kleine Tiere mit breiten, in je 6 Federn gespaltenen Flügeln. Raupen mit
Kranzfüßen. Puppen ohne Dornen.
3. Überfamilie: Zygaeninae Comst.
Der »^-Stamm des Flügelgeäders fast immer vorhanden, Analis in beiden
Flügeln erhalten. Raupe mit Klammerfüßen, Puppen mit Dornreihen.
8. Das System der Lepidopteren. 109
Familie: Zygaenidae Leach.
Meist kleinere bis mittelgroße, recht bunte Tiere. Fühler meist schwach keulig
oder beim Männchen gekämmt. Puppe mit Dornen in steifem, dichtem Kokon.
4. Überfamilie: Macrofrenatae (Heym.) Handl.
In diese Überfamilie vereinigt H a n d 1 i r s c h alle höheren Heteroceren, bei
denen die Analis fast immer reduziert ist und zugleich die Raupen Klammerfüße
besitzen, und deren Puppen fast immer (Ausnahme: Endromis) unbedornt sind.
Familie: Endromididae Meyr. (Birkenspinner).
Giößere, breitflügelige, stark behaarte Tiere mit eigenartiger Zeichnung. Rüssel
reduziert, Taster klein, Fühler beim Männchen und Weibchen gekämmt. ?«-Stamm
und Analis sehr undeutlich. Hinterflügel mit reduziertem Frenulum. Raupe schwach
behaart, schwärmerähnlich, mit Höcker auf Segment 8. Puppe mit mehreren Reihen
kurzer, starker Dornen.
Familie: Lasiocampidae Waterh. (Glucken).
Meist größere, dickleibige und behaarte breitflügelige Tiere. Rüssel mehr oder
weniger reduziert. w;-Stamm und Analis reduziert. Hinterflügel mit reduziertem
Frenulum. Raupen behaart, mit 5 Paar Klammerfüßen. Puppe hart.
Familie: Sphingidae Comst. (Schwärmer).
Große, kräftig gebaute Tiere, mit dickem Thorax und schlanken, dreieckigen
Flügeln. Rüssel meist sehr lang, immer aber gut entwickelt, Fühler verschieden,
im Querschnitt kreisförmig und dreieckig. ;«-Stamm und Analis reduziert. Raupen
nackt, fast immer mit Hörn auf Segment 8. Puppe frei, hart.
Familie: Bombycidae (Leach) Handl. (Spinner).
Vorwiegend große, breitflügelige Tiere, meist bunt gezeichnet. Rüssel mehr
oder weniger reduziert, Fühler beim Männchen immer, beim Weibchen meist, aber
kürzer, gekämmt. Raupen verschieden, selten stark behaart, oft mit borstigen Höckern
oder Dornfortsätzen. Puppe fast immer im Kokon.
Mit den Unterfamilien: Thaumatopoeinae (Prozessionsspinner), Bombycidae
s. Str. (Seidenspinner) und Saturniinae (Nachtpfauenaugen).
Familie: Notodontidae Steph.
Vorwiegend mittelgroße, einfach gefärbte Tiere, mit kurzem Rüssel, gekämmten
Fühlern (beim Weibchen manchmal nur bewimpert). w-Stamm selten teilweise er-
halten, Analis nicht voll entwickelt. Hinterflügel mit Frenulum. Raupen mehr oder
weniger kahl, mit Klammerfüßen, von denen das letzte Paar (Nachschieber) oft fehlt
und durch eigenartige Anhänge ersetzt ist. Puppe hart.
Familie: Noctuidae (Steph.) Handl. (Eulenartige).
In dieser Familie faßt Handlirsch alle Familien zusammen, die mit den
„Eulen" und „Bären" verwandt sind. Als gemeinsame Charaktere werden angegeben:
Kein Chaetosema, m^ näher »23 als m^, sc der Hinterflügel nie einfach frei vom r
divergent, sondern wenigstens ein Stück angelagert oder mehr oder weniger weit
verschmolzen. Frenulum vorhanden, Abdomen mit Tympanalorgan.
Unterfamilie: Arctiinae Hdl. (Bären').
Mittelgroße, meist bunte Tiere, sc der Hinterflügel auf weitere Strecke mit
dem r anastomierend. Raupen fast immer stark behaart.
U n t e r f a m i 1 i e : S >' n t o m i n a e S w i n h.
Kleinere bis mittelgroße bunte Tiere mit oft teilweise unbeschuppten Flügeln,
sc der Hinterflügel ganz mit r verwachsen. Raupen mit Haarbüscheln.
110 I. Allgemeiner Teil.
U n t e r f a m i 1 i e : L i p a r i d i n a e H a n d 1 .
Meist mittelgroße oder größere Tiere mit breiten, einfach gezeichneten Flügeln
und oft weitgehender Geschlechtsverschiedenheit, sc der Hinterflügel im Bereich
der Zelle mit r anastomisierend, proximal davon eine deutliche Zelle bildend.
Tympanalorgan vorhanden wie bei den Arctiinen. Raupen oft mit Haarpinseln.
Puppe ziemlich hart, im Kokon.
Unterfamilie: Noctuinae Handl. (Euleni.
Mittelgroße bis große Tiere von ziemlich übereinstimmender Form, sc der
Hinterflügel höchstens an der Basis mit r eine kleine Zelle bildend, dann für kurze
Strecke anastomisierend. Tympanalorgan am Abdomen vorhanden. Raupen nur relativ
selten stärker behaart, meist nackt und mit 5 Paar Klammerfüßen versehen, manch-
mal die ersten i — 2 Paare verkümmert.
Familie: Geometridae Handl. (Spanner).
Mittelgroße Tiere mit im Verhältnis zum Leib großen Flügeln, sc der Hinter-
flügel meist nur an der Basis durch Brücke mit r verbunden oder kurz anastomi-
sierend. Raupen schlank, nur i Paar Bauchfüße auf Segment 7 und die Nach-
schieber vorhanden.
5. Überfamilie: Hesperioidea Walk. (Dickköpfe).
Einzige Familie :
Familie: Hesperiidae Steph.
Mittelgroße Tiere mit kräftigem Leib. Fühler gekeult. ;«-Stamm und Analis
fehlt. Raupen fein behaart oder fast kahl. Bauchfüße mit in Kreisen oder einer
Ellipse stehenden Krallen (Kranzfüße). Puppe etwas dünnhäutig, ohne Dornreihen.
6. Überfamilie: Rhopalocera Spul. (Tagfalter).
Einzige Familie :
Familie: Papilionidae Leach.
Mittelgroße bis große, vorwiegend bunte Tagfalter mit im Verhältnis zum Leib
großen Flügeln. Fühler stets mit Endkeule, nie gekämmt. Raupen verschieden, kahl
oder behaart, mit Klammerfüßen. Puppe fest.
System der Lepidopteren nach Hering (1926).
1. Microlepidoptera oder „Kleinschmetterlinge".
Decken sich zum größten Teil mit dem Begriff der „Stemmatoncopoda" (aus-
genommen die Megalopygiden und Zygaeniden). Die Analis im Hinterflügel vor-
handen, wenn nicht die Flügel so außerordentlich klein sind, daß eine weitgehende
Reduktion aller Adern vor sich gegangen ist.
Hepialidae und Micropterygidae. Beide Familien im Vorderflügel und Hinter-
flügel mit annähernd gleichem Geäder, Flügel durch ein Jugum verbunden.
Akuleate Tineiden. Flügelmembran mit Stacheln besetzt, Weibchen meist mit
einer Genitalöffnung. Mit 5 Familien.
Nicht akuleate Tineiden. Flügel ohne Stacheln. Weibchen mit 2 Genital-
öffnungen. Mit IG Familien.
Tortricidae. Geäder vollständig. Raupen in zusammengewickelten Blättern.
Wickler.
Cossidae. Geäder dem der Tortriciden recht ähnlich, weist viele ursprüngliche
Merkmale auf. Raupen xylotroph.
Aegeriidae (Sesien). Media basal und Vorderflügel-Analis reduziert, Flügel
sehr schmal. Raupen ebenfalls Holzfresser.
Psychidae. Adern relativ vollständig, sehr mannigfaltig. Weibchen flügellos,
oft stark rückgebildet. Sackträger.
8. Das System der Lepidoptercn.
111
Limacodidae. Geäder vollständig. Raupen freilebend, modifiziert, oft Nackt-
schnecken ähnlich.
Pyralididae. Geäder ziemlich vollständig, basale Media erloschen. Raupe mit
Kranzfüßen.
Pterophoridae. Vorderflügel meist in zwei, Hinterflügel in drei Federn zer-
spalten. Raupen frei lebend. Federmotten oder Geistchen.
Orneodidae. Flügel noch mehr zerspalten, Raupen endophag.
Zygaenidae. Geäder vollständig. Raupen frei lebend, mit Klammerfüßen.
Zur Veranschaulichung der stammesgeschichtlichen Verhältnisse gibt Hering
folgende
Ü ber sich t s - Tab e 1 le.
Diopt.
Notodont.
Geometr.
Noctuid.
Arctiid.
Lymantr.
Lasioc.
Endrom.
Bombvcid.
Sphingid.
Satyrid.
Nymphal.
Libyth.
Erycin.
Lycaen.
Papilion.
Pierid.
1
.Saturn. He
äper.
1
Heterogyn.
Orneod.
Zygaen.
Pteroph.
Psych.
Thyrid.
Megalop.
Pvral.
1
Limacod.
1
Cemiost.
Lyonet.
Flach.
Gelech.
Aeger.
Momph.
Cossid.
Coleophor.
Castn.
Hyponom.
Tortric.
1
Nepticul.
Gracilar.
Tischer.
Glyphipt.
Heliozel.
Teichob.
Incurv.
1
Ochsenh.
Hepialidae-Micropterygidae.
Lj Grenze zwischen „Groß"- und „Kleinschmetterlinsjen".
112 I- Allgemeiner Teil.
2. Macrolepidoptera oder „Großschmetterlinge".
Analis im Hinterflügel (und meist auch im Vordcrflügel) fehlend, Raupen
meist mit Klammerfüßen, deckt sich zum größten Teil mit dem Begriff der
,,Han>wncopoda" .
Endromididae. Media basal und Analis noch angedeutet. Birkenspinner.
Lasiocampidae. Analis und basale Media ganz verschwunden, Frenulum wie
bei den vorigen rückgebildet. Glucken.
Noctuidae, Arctiidae, Lymantriidae und Syntomididae. Analis und basale
Media fehlt, zweiter Media-Ast näher dem dritten als dem ersten, also relativ hinten
stehend.
Geometridae. Zweiter Media-Ast näher dem ersten oder in der Mitte, Raupen
mit teilweise verkümmerten Bauchfüßen. Spanner.
Bombycidae. Analis spurweise angedeutet. Zweiter Media-Ast dem ersten ge-
nähert. Seidenspinner.
Notodontidae, Drepanidae. Media wie bei den vorigen. Analis erloschen.
Raupen meist mit normalen Bauchfüßen.
Saturniidae. Frenulum primär fehlend. Zweiter Media-Ast wie bei den vorigen.
Nachtpfauenaugen.
Sphingidae. Flügel schmal, die hinteren stark verkleinert. Raupen meist mit
Hörn auf Segment 8. Schwärmer.
Bei den folgenden fehlt stets das Frenulum:
Hesperiidae. Alle Flügeladern aus der Zelle. Raupen mit Kranzfüßen. Dick-
köpfe.
Rhopalocera. Adern zum Teil gestielt, Fühler keulenförmig. Raupen meist mit
Klammerfüßen. Tagfalter.
System der Lepidopteren nach Heymons (1915).
1. Unterordnung: Jugatae.
Vorderflügel mit einem Jugum.
Mit 3 Familien:
Familie Micropterygidae.
„ Eriocephalidae .
„ HepiaJidae ( Wurzelf alter ).
2. Unterordnung: Frenatae.
Hierher sämtliche Schmetterlinge, die kein Jugum mehr besitzen. An Stelle des
Jugum meist ein Frenulum an den Hinterflügeln.
1. Tribus: Kleinschmetterlinge, Microfrenatae, Stemmatoncopoda.
Raupen mit geschlossenen Hakenkränzen an den Bauchfüßen.
Familie Cossidae (Holzbohrer).
„ Aegeriidae oder Sesiidae (Glasflügler).
„ Limacodidae oder Cochlididae (Schildmotten).
„ Tineidae (Echte Motten).
„ Psychidae (Sackspinner).
„ Orneodidae (Geistchen).
,, Tortricidae (Wickler).
„ Pyralidae (Zünsler).
„ Hesperiidae ( Dickkopf f alter).
2. Tribus: Großschmetterlinge, Macrofrenatae, Harmoncopoda.
Raupen fast stets mit Klammerfüßen (nur in seltenen Ausnahmefällen mit
Kranzfüßen).
8. Das System der Lepidopteren. 113
1. Familienreihe: Opisthoneura.
Die 5- Ader (m^) der Vorderflügcl steht im Zusammenhang mit der hinter ihr
befindlichen 4. Längsader, oder doch wenigstens in ursprünglicher Beziehung.
Familie Arctiidae (Bärenspinner).
„ Zygaenidae (Widderchen).
„ Lasiocampidae (Glucken).
„ Lymantriidae (Trägspinner).
„ Drepanidae (Sichelf lügler).
„ Endromüdae (Birkenspinner).
„ Noctuidae (Eulen).
„ Cyviatophoridae (Wollrückenspinner).
„ Syntomididae.
2. Familienreihe: Enantioneura.
Die 5. Längsader (m.-,) der Vordcrflügel gehört zum System der vor ihr be-
findlichen 6. Längsader.
A. H e t e r o c e r a.
Familie Xotodonlidae (Zahnspinner).
Thauinetopoeidae oder Cnethocampidae (Prozessionsspinner).
Pterophoridae (Federmotten).
Bombycidae (Spinner).
Saturniidae (Nachtpfauenaugen).
Geometridae (Spanner).
Sphingidae ( Schwärmer) .
B. Rhopalocera, Tagfalter.
Familie Nymphalididae.
„ Papilionidae.
System der Lepidopteren bei Imms (A general Textbook of Entomology,
1924).
1. Unterordnung: Homoneura.
Geäder im Vorderflügel und Hinterflügel ziemlich übereinstimmend, in beiden r
mit mehreren Ästen.
Familie Älicropterygidae.
„ Hepialidae.
2. Unterordnung: Heteroneura.
Geäder in Vorderflügel und Hintcrflügel verschieden, im Hinterflügel r auf
i Ast reduziert.
Überfamilie: Tineina.
Mit den Familien: Sesiidae und Tineina vera.
Überfamilie: Tortricina.
Mit den Familien: Cossidae und Tortricidae.
Überfamilie: Pyralidina.
Mit den Familien: Pyralidae, Pterophoridae und Orneodidae.
Überfamilie: Psychina.
Mit den Familien: Psychidae, Cochlidiidae und Zygaenidae.
Überfamilie: Lasiocampina.
Mit den Familien: Drepanidae, Lasioca/npidae und Endromüdae.
Überfamilie: Papilionidae.
Mit den Familien: Xymphalidae, Lycaenidae, Pieridae, Papilionidae und Hespe-
riidae.
Escherich, Forstinsekten. Bd. III. 8
114 I. Allgemeiner Teil.
Uberfamilie: Notodontinae.
Mit den Familien: Sphingidae, Thaumetopoeidae , N otodontidae, Geomelridae,
Saturniidae und Bombycidae.
Uberfamilie: Noctuinae.
Mit den Familien: Syntomidae, Arctiidae, Noctuidae und Lytnantriidae.
System der Lepidopteren bei Wolff und Krauße.
(Die forstlichen Lepidopteren, 1922.)
I. Subordo: Jugatae.
Mit den Familien: Micropterygidae, Eriocratiiidae und Hepialidae.
II. Subordo: Frenatae.
I. Sectio: Coronofrenatae.
1. Tribus: Tineaemorpha.
Hierher alle Tineidae (s. lat.), ferner die Aegeriidae (Sesiidae) und Psychidae.
2. Tribus: Tortricimorpha.
Hierher Tortricidae, Cossidae.
3. Tribus: Pyralimorpha.
Hierher Pyralidae, Pteropiioridae und Orneodidae.
11. Sectio: Nudifrenatae.
4. Tribus: Cochlidimorpha.
Hierher i Familie: Cochlididae.
III. Sectio: Semicoronofrenatae.
5. Tribus: Zygaenomorphae.
Mit der Familie: Anthroceridae (^ Zygaenidae).
6. Tribus: Arctiaemorpha.
Hierher Arctiidae (s. 1.), TJthosiidae, Syntomidae , N ycteolidae (= Cymbidae).
7. Tribus: Geometraemorpha.
Mit der Familie: Geometridae.
8. Tribus: Noctuaemorpha.
Mit der Familie: Noctuidae.
9. Tribus: Bombycimorpha.
Hierher: Bombycidae, Ly7nantriidae, Thaumetopoeidae, Lasiocampidae, Endro-
mididae, Drepanidae, Saturniidae und N otodontidae.
10. Tribus: Sphingimorpha.
Mit der Familie: Sphingidae.
11. Tribus: Grypoceromorpha.
Mit der Familie: Hesperiidae.
12. Tribus: Rhopaloceromorpha.
Mit den Familien: Papilionidae, Pieridae, Satyridae, Nymphalididae und
Lycaenidae.
Das hier angewandte System der Lepidopteren.
Die Frage, zu welchem System ich mich hier entscheiden sollte, war
nicht leicht. Einerseits mußte den neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen
Rechnung getragen, andererseits aber auch der Umstand berücksichtigt
8. Das System der Lepidopteren.
115
werden, daß das Buch für die Praxis bestimmt ist (was zu einer möglichsten
Einfachheit des Systems drängt). Der ersteren Forderung suchte ich da-
durch gerecht zu werden, daß ich bei der Einteilung in Hauptgruppen den
Gesichtspunkten, in denen die meisten Autoren übereinstimmen, folgte (z. B.
bei der Definition der Begriffe „Klein-" und ,, Großschmetterlinge"), der
zweiten Forderung dadurch, daß ich, wo irgend angängig, Zusammen-
ziehungen vornahm, z. B. mehrere Gruppen, die in den neuen Systemen als
Familien gelten, als Unterfamilien betrachtete und sie zu einer Familie ver-
einigte. So habe ich die zahlreichen Familien, in die heute die „Motten"
zerlegt sind, als ebenso viele Unterfamilien in eine Familie, Tineidae, zu-
sammengezogen. Ich glaubte dies um so leichteren Herzens tun zu können,
als auch Handlirsch, dem als Systematiker eine ungeheure Erfahrung
und ein feines Gefühl zur Verfügung steht, das gleiche (wenn auch unter
Vorbehalt) getan hat. Andererseits habe ich auch (ebenfalls aus Rücksicht
auf die Praxis) verschiedentlich Gruppen, die von manchen Autoren als
Unterfamilien betrachtet werden, den Rang von selbständigen Familien ge-
geben (z. B. die Noctuiden, Lymantriiden und Arctiiden, die bei Hand-
lirsch und anderen als Unterfamilien der Familie Noctuidae figurieren).
So kam folgendes System zustande, das sich sowohl mit den heutigen
wissenschaftlichen Erkenntnissen, als auch mit den Wünschen der Praxis
wenigstens einigermaßen vereinbaren lassen dürfte.
1. Unterordnung: Microlepidoptera oder „Kleinschmetterlinge"
(Polyneura).
Hinterflügel mit 3 Innenrandadern (an, ax^ und ax^), selten (bei stark
verschmälerten Hinterflügeln und überhaupt stark reduziertem Geäder)
nur mit 2; an der Vorderflügel meist erhalten. Wo die Raupen nicht mehr
als 5 Paar Bauchfüße (inkl. Nachschieber) besitzen, sind diese Kranzfüße
(mit ganz wenig Ausnahmen, wie die Zygaeniden).
Vorderflügel mit Jugum f Familie Micropterygidac
(fugalae )
Vorderflügel ohne Ju-
gum, Hinterflügel meist
mit Frenulum (Jlicro-
frenatae)
Hepialidae (früher bei den Großschmetterlingen).
Tineidae (s. 1.)
Tortricidae
Cossidae \
Scsiidae im alten System
Fsychidae J bei den Groß-
Limacodidae Schmetterlingen
Zygaenidae
Pyralidae
Pteroplioridae
Omeodidae
2. Unterordnung: Macrolepidoptera oder „Großschmetterlinge"
(Oligoneura).
Hinterflügel mit 2, seltener nur mit i Innenrandader, an im Hintcr-
flügel immer atrophiert oder höchstens in Spuren erhalten, ebenso im
Vordcrflügel. Raupen fast immer mit Klammerfüßen (2 — 5 Paare).
8*
116
I. Allgemeiner Teil.
Fühler verschieden: ein-
fach borsten- od. faden-
förmig, gesägt oder ge-
kämmt, nur selten
schwach keulenförmig,
Hinterflügel meist mit
Frenulum (Macrojrena-
/ae)
Fühler mit ausgespro-
chener Endkeule, Hinter-
flügel stets ohne Fre-
nulum
Familie Geofnetridae
Noctuidae
Arctiidae
Lymantriidae
Endromididae
Lasiocampidae
Bombycidae
Notodontidae (mit Thau-
metopoea)
Cymatophoridae
Drepanidae
Saturnidae
Sphingidae
Hesperiidae (Grypocera)
Papilionidae {Rhopalocera)
im alten System
als Spinner, Bom-
bycidae, zusammen-
gefaßt
früher auch
Rhopalocera zi
sammengefaßt
als
In folgendem sei eine Bestimmungstabelle der hier aufgeführten Familien
gegeben :
Tabelle der hier behandelten Familien.
1. Im Hinterflügel r mit mehreren freien Ästen, Vorderflügel mit Jugum
(/tigutae) (Abb. 64 A) 2
— Im Hinterflügel r nur einästig, Vorderflügel ohne Jugum, Hinterflügel
meist mit Frenulum (Abb. 64 B) 3
2. Falter groß, Länge des Vorderflügels immer über 10 mm. Raupen
mit 5 Paar Bauchfüßen Hepialidae
— Falter klein, Länge des Vorderflügels stets weit unter 10 mm. Bei
frei lebenden Raupen alle Abdominalsegmente mit Bauchfüßen, bei
den minierenden die Bauchfüße stark reduziert Micropterygidae
r±
~" ^
Abb. 64. A Flügel eines Hepialiden (r im Hinterflügel mehrästig, Vorderflügel mit Jugum),
B Flügel eines Tineiden {r im Hinterflügel einästig, Hinterflügel mit Frenulum).
Nach Handlirsch.
3. Fühler mit ausgesprochener Endkeule. Hinterflügel stets ohne Fre-
nulum. Flügel im Verhältnis zum Leib groß 4
— Fühler verschieden, einfach borsten- oder fadenförmig, gesägt oder
gekämmt, nur ganz selten schwach gekeult, dann Hinterflügel meist
mit Frenulum 5
8. Das System der Lepidopteren.
117
4. Alle Adern frei aus der Zelle entspringend (Abb. 65 A) . . . . Hesperiidae
— Im Vorderflügel eine oder mehrere Adern gestielt (Abb. 65 B) . Papilionidae
5. Flügel durch tiefe Einschnitte in eine Anzahl (2—6) „Federn" ge-
teilt (Abb. 66) 6
— Flügel ungeteilt 7
Abb. 65. A Flügel eines Hesperiiden (alle Adern entspringen frei aus der Zelle),
B Flügel eines Papilioniden (einige Adern gestielt). Nach Handlirsch.
A B
Abb. 66. A Flügel eines Pterophoriden (Vorderflügel in 2, Hinterflügel in 3 Federn
gespalten), B Flügel eines Orneodiden (beide Flügel in je 6 Federn gespalten).
Nach Handlirsch.
6. Jeder Flügel in 6 Federn gespalten (Abb. 66 B) Orneodidae
— Vorderflügel in 2, Hinterflügel in 3 Federn gespalten (Abb. 66 A) Plerophoridae
7. Hinterflügel meist mit 3 Innenrandadern. Analis der Vorderflügel
meist erhalten (Abb. 67 A), Raupen (mit Ausnahme der Zygaeniden)
meist mit Kranzfüßen (Microfrenatae) 8
— Hinterflügel mit 2, seltener nur mit i Innenrandader, an stets atro-
phiert. Ebenso im Vorderflügel an reduziert (Abb. 67 B). Raupen
meist mit Klammerfüßen (^iMacrofrenatae) 15
8. Flügelfläche fast stets zum größten Teil unbeschuppt. /«-Stamm der
Vorderflügel fehlt, Frenulum auffallend. Raupen Holzfresser. Puppe
mit Dornreihen Sesiidae (Aegeriidae)
118
I. Allgemeiner Teil.
— Flügel fast stets auf der ganzen Fläche beschuppt . . '. . . . 9
9. Große Formen (mit 6 — 9 cm Spannweite). ;«-Stamm der Vorder-
flügel meist vorhanden. Raupen Holzfresser, Puppe mit Dornreihen . Cossidae
— Mittelgroße bis kleinste Formen 10
ax2 axi
Abb. 67. A Flügel eines Microfrenaten (Tinea) (Hinterflügel mit 3 Innenrandadern
an, axi und ax^. auch im Vorderflügel die an erhalten), B Flügel eines Macrofrenaten
(Las/ocampa) (Hinterflügel nur mit 2 Innenrandadern, ^.Vi und ax^. im Vorderflügel
fehlt die an. Nach Handlirsch.
). Weibchen ungeflügelt und vielfach madenförmig, Männchen mit
dünn beschuppten Flügeln, zuweilen mit netzartiger Gitterung der
Vorderflügel. Mittlere bis kleine Tier« mit fast stets einfarbig gräu-
lichen oder bräunlichen Flügeln (Männchen). Raupen Sackträger,
Puppen mit Dornreihen Psychidae
- Weibchen geflügelt, Flügel stets dicht beschuppt 11
i. sc und rr der Hinterflügel meist frei und divergent (Abb. 68 A) oder
nur an der Basis verschmolzen (oder wenigstens so dicht genähert,
daß sie wie verschmolzen aussehen) oder durch Querader verbunden 12
- sc und rr der Hinterflügel zuerst getrennt, dann distal vom Ende der
Zelle verschmolzen und dann weiterhin wieder getrennt (Abb. 68 B).
w-Stamm der Vorderflügel erloschen, Vorderflügel gewöhnlich
schmal dreieckig, Hinterflügel sehr breit Pyralididae
A B
Abb. 68. A Flügel eines Tortriciden (sc und rr der Hinterflügel frei und divergent,
Vorderflügel geschultert), B Flügel eines Pyraliden (sc und rr der Hinterflügel getrennt,
dann verschmolzen und weiterhin wieder getrennt). Nach Handlirsch.
8. Das System der Lepidopteren. 119
Mittelgroße Falter mit mehr oder weniger plumpem Leib, ;//-Stamm
der Vorderflügel vorhanden 13
Kleine bis kleinste Falter, meist mit schlankem Leib. w-Stamm der
Vorderflügel vorhanden oder fehlend 14
Fühler sehr kurz, Falter stark behaart, breitflügelig, nachts fliegend.
Grundfarbe braun. Raupen asseiförmig Limacodidae
Fühler lang, schwach gekeult (zuweilen gekämmt), Flügel schmal,
meist sehr bunt gefärbt, bläulich oder grünlich und rot oder einfach
metallisch grün. Am Tage fliegend. Raupe mit Klammerfüßen . . Zygaenidae
Flügel meist schmal, lang, mehr oder weniger zugespitzt oder
lanzettförmig (Abb. 67 A), meist mit breitem Fransensaum. wz-Stamm
oft mehr oder weniger deutlich vorhanden, gewöhnlich innerhalb der
Zelle in einen gegabelten vorderen und einfachen hinteren Ast zer-
fallend (Abb. 67 A). Flügelmembran mit kleinen Dörnchen besetzt
oder ohne solche. Taster der i. Maxille oft noch erhalten, Taster der
2. Maxille fast stets gut entwickelt Tineidae
Flügel meist breiter, geschultert, nicht zugespitzt (Abb. 68 A), nie-
mals mit kleinen Stacheln auf der Flügelmembran. Fransen der
Hinterflügel meist kürzer als die halbe Flügelbreite. »z-Stamm der
Vorderflügel erloschen. Taster der i. Maxille reduziert, die der
2. Maxille gut ausgebildet Tortricidae
A B
Abb. 69. A Hinterflügel von Cymalhophora (sc im Hinterflügel jenseits vom Zellende
heruntergebogen und rr genähert), B Hinterflügel einer Saturnide (sc im Hinterflügel
von rr stark divergierend).
15. Fühler eigenartig, dick, nach der Basis und nach dem Ende verjüngt,
oft kantig. Meist sehr große Formen mit dickem, nach hinten zu-
gespitztem Hinterleib, Flügel schlank, Hinterflügel viel kürzer als
die Vorderflügel. Rüssel und Taster vorhanden, ebenso Frenulum.
Kein Chaetosema und kein Tympanalorgan. Raupen mit Hörn am
8. Abdominalsegment Sphingidae
— Fühler einfach, dünn, gesägt oder gekämmt, auch in der Körper- und
Flügelform von der vorigen abweichend 16
16. ni^ der Vorderflügel ausgesprochen näher an m-^ entspringend als an
;«3 oder in der Mitte zwischen den beiden letzteren Adern .... 17
— w, der Vorderflügel näher an m^ entspringend (Abb. 67 B ) . . .21
17. Im Hinterflügel sc jenseits vom Zellende heruntergebogen und an rr
genähert (Abb. 69 A) Cymathophoridae
— Im Hinterflügel sc höchstens vor dem Zellende an den Zellvorder-
rand genähert, meist mit rr stark divergierend (Abb. 69 B), zuweilen
ist aber rr stark an sc herangebogen 18
18. Haftborste stets ganz fehlend, auch ihr Basalsockel fehlt (Abb. 69 B),
Wurzel des Vorderflügels mit stark nach vorn vortretendem Vorder-
rand. Flügel immer mit Augenflecken Saturniidae
120 I. Allgemeiner Teil.
— Am Hinterflügel befindet sich eine Haftborste oder an der äußersten
Wurzel des Vorderrandes eine stärker chitinisierte Stelle (Basal-
sockel); Vorderrand der Vorderflügel nicht stärker als normal an
der Wurzel vortretend, nicht beide Flügelpaare mit Augenfleck auf
der Querader 19
19. Im Hinterflügel sc an der Basis sehr stark gebogen, von der Basis
geht meist ein kleiner Adersporn zur Basis des Frenulum, Haftborste
fast stets vorhanden, Leib meist verhältnismäßig dünn, Flügel weich
und zart. Chaetosema und großes Tympanalorgan an der Abdomen-
basis vorhanden. Raupen nur mit 2 Paar Bauchfüßen (inkl. Nach-
schieber) Geome/ridae
— Im Hinterflügel ist sc entweder nur wenig an der Basis gebogen, ist
sie es aber stärker, so geht doch von der Basis kein Aderstück nach
dem Frenulum hin, dieses oftmals reduziert, so daß die Borsten
fehlen können. Auch der Rüssel oft reduziert. Chaetosema und
Tympanalorgan nie gleichzeitig vorhanden 20
A B
Abb. 70. A Flügel von Bombyx mori L. (r^ an ihrem Ursprung weiter von m^
entfernt als an der Mündung, daher die beiden Adern gegen den Saum immer kon-
vergierend), B Flügel eines Notodontiden (/-g und m^ stets gegen den Saum hin parallel
oder divergent).
20. Im Vorderflügel ^5 immer an ihrem Ursprung weiter von m-^ entfernt
als an der Mündung, die beiden genannten Adern daher gegen den
Saum immer konvergierend (Abb. 70 A ) . . . Bombycidae (nur Bomb, mori)
— Im Vorderflügel r^ und m-^ stets gegen den Saum hin parallel oder
divergent (Abb. 70 B). Teilweise mit sehr eigenartig geformten
Raupen. Im Hinterflügel sc und rr vom Zellende an in normaler
Weise divergierend Notodontidae (inkl. Thaumelopoea)
21. Frenulum fehlend, Vorderrand der Hinterflügel an der Wurzel
stärker nach vorn ausgebogen (Abb. 67 B). Tympanalorgan und
Chaetosema fehlen 22
— Frenulum vorhanden, Tympanalorgan gut entwickelt, dagegen Chae-
tosema fehlend oder höchstens in Spuren 23
22. /2— 5 gestielt, sc der Hinterflügel durch Querader mit rr verbunden
(Abb. 71 A). Größere, breitflügelige, stark behaarte Tiere mit eigen-
artiger Zeichnung. Chaetosema fehlt. i%-Stamm der Vorderflügel un-
deutlich erhalten, ebenso die Analis. Raupe schwach behaart,
schwärmerähnlich, mit Höcker auf Segment 8. Puppe mit mehreren
Reihen kurzer, starker Dornen Endromididae
8. Das System der Lepidopteren.
121
Nur r.2 und r-^ gestielt, sc der Hinterflügel mit rr am Ende der Zelle
oder distal davon verbunden ( Abb. 67 B u. 71 B ). Größere, dickleibige
behaarte, breitflügelige Tiere. Ohne Chaetosema und Tympanalorgan.
?Ä-Stamm und Analis der Vorderflügel erloschen. Raupen behaart,
Puppe meist im Kokon Lasiocampidae
A B
Abb. 71. A Flügel von Efidromis versicolora L. (Frenulum fehlt, /-g—j gestielt, sc der
Hinterflügel durch Querader mit r verbunden), B Flügel einer Lasiocampide (nur r.^
und Tg gestielt, sc der Hinterflügel dem rr am Ende der Zelle genähert).
23. sc der Hinterflügel frei, nicht anastomisierend, höchstens außerhalb
der Zelle etwas genähert (Abb. 72 A) Drepanidae pp.
— sc der Hinterflügel nie einfach frei vom rr divergierend, sondern
wenigstens ein Stück weit aneinandergelagert oder mehr oder
weniger weit verschmolzen (und dann scheinbar fehlend) oder (sehr
selten) durch Querader verbunden 24
24. sc der Hinterflügel von der Basis an eine weitere Strecke mit rr
anastomisierend, an der Basis keine größere Zelle einschließend.
A B
Abb. 72. A Flügel einer Drepanide (sc der Hinterflügel frei, nicht anastomisierend,
distal vom Zellende dem rr genähert), B Flügel eines Arctiiden (sc der Hinterflügel von
der Basis an eine weitere Strecke mit rr anastomisierend).
122
I. Allgemeiner Teil.
(Abb. 72 B). Mittelgroße, meist sehr bunte Tiere, Raupen dicht be-
haart Arctiidae (inkl. Syntornis)
— sc der Hinterflügel mit rr eine größere oder kleinere Wurzelschlinge
bildend oder vor dem Zellende stark genähert 25
25. sc der Hinterflügel meist erst von der Mitte der Zelle mit rr ver-
bunden, ihr genähert oder mit Querader verbunden, so daß die
Wurzelzelle sehr groß ist (Abb. jt, A). Fühler, wenigstens beim
Männchen, stets doppelt gekämmt. Rüssel schwach oder verkümmert.
m^ im Hinterflügel gleichstark wie die benachbarten Adern. In der
Flügelfarbe herrscht als Grundfarbe weiß oder gelblich vor . . Lymantriidae
A B
Abb. J2,. A Flügel von Lymautria tnonacha L. (sc der Hinterflügel in der Mitte der
Zelle mit rr verbunden, eine große Wurzelzelle bildend, m.^ der Hinterflügel stark wie
Wj und OT3), B Flügel einer Eule (sc bald nach dem Ursprung mit rr verbunden, nur
eine kleine Wurzelzelle bildend, m., stets schwächer als w, und m,.
22. sc der Hinterflügel bald nach dem Ursprung mit dem Zellvorder-
rand verbunden, so daß die Wurzelschlinge nur klein ist (Abb. 73 Bj.
Fühler borstenförmig, meist mehr oder weniger bewimpert, nur sehr
selten gekämmt. Rüssel nur selten ganz verkümmert, m^ der Hinter-
flügel meist schwächer als die übrigen Adern. Flügelfärbung im all-
gemeinen düster. Raupen meist nackt, nur selten behaart ....
NocLuidae
Bkh.
Boisd.
Bosc
Cl.
Comst.
Curt.
Dbld.
Dup.
Esp.
9. Abkürzungen.
A. Lepidopteren-Autoren ^).
Borkhausen, M. B., 1760— 1806, Herzogl. Kammerrat in Darmstadt.
Boisduval, J. B. A., 1801 — 1879, Arzt und Konservator des Kabinetts
des Grafen Dejean, Paris.
Bosc d'Antic, L. Aug. GuilL, 1759 — 1828, Paris.
Clerck, Carl, gest. 1765, schwedischer Maler und Entomologe.
Comst ock, Professor der Entomologie in Ithaca. U. S. A.
Curtis, J. H., 1761 — 1861, englischer Maler und Entomologe.
Doubleday, Edw., Englischer Entomologe. 1810 — 1849.
Duponchel, Ph. A. J., 1774 — 1846, Präsident der Entom. Gesellschaft
zu Paris.
Esper, E. J. Ch., 1742 — 1810, Professor d. Naturgeschichte u. Direktor
d. Naturalienkabinetts zu Erlangen.
1} Die biographischen Angaben sind meist Wolff und Krauße, Die forst-
lichen Lepidopteren, und Hagen, Bibl. entomoL, entnommen.
g. Abkürzungen.
123
F. = Fabricius, H. Ch., 1745 — 1808 (nach Angabe des Sohnes 1810), Pro-
fessor d. Naturgeschichte u. dänischer Staatsrat in Kiel.
F.V.W. = Fischer von Waldheim, F., 177 1 — 1853, russischer Staatsrat, Pro-
fessor, Direktor d. Kaiserl. Museums zu Moskau u. Präsident der
Akademie d. Wissenschaften daselbst.
F. R. = Fischer, J. E., Edler von Rößlerstamm, schrieb 1727— 1843.
Fourc. = Fourcroy, A. F., 1755 — 1809, Arzt und Professor d. Chemie. Paris.
Frey = Frey, H., schrieb 1855 — 1860, Professor in Zürich.
Freyer = Frey er, C. F., schrieb 1828 — 1860, Stiftungskassier in Augsburg.
Froel. = Fr ö lieh, G. F., schrieb 1828 und 1829.
Gm. r=; Gmelin, J. F., 1748 — 1804, Professor in Göttingen.
Gn. = Guenee (de Chateaudun), A., 1809— 1880, französischer Lepidopterologe.
Gz. r^ Goeze, J. A. E., 1731 — 1793, Pastor u. erster Hofdiakonus zu Quedlin-
burg.
Handl. = Handlirsch, Anton, Hof rat in Wien, einer der umfassendsten Ento-
mologen der Jetztzeit.
Hb. = Huebner, Jakob, 1761 — 1826, Zeichner in einer Kattunfabrik in
Augsburg.
Hbst. = Herbst, J. F. W., 1743 — 1807, Garnisonprediger in Berlin.
Hein. = Heinemann, H. von, schrieb 1848 — 1859, Zollinspektor in Braun-
schweig.
Hfn. = Hufnagel, schrieb 1765 — 1768, Prediger in oder bei Berlin.
H. S. = Herrich-Schäffer, G. A. W., 1799— 1874, Kreis- u. Stadtgerichtsarzt
in Regensburg.
Htg. ^ Hart ig, Th., 1801 — 18S0, Forstrat u. Professor d. Forstwissenschaft
am Carolinum zu Braunschweig.
Hum. = Hummel, A. D., gest. 1836 in Ekenäs in Finnland, Ministerialbeamter
in St. Petersburg; schrieb von 1793 bis 1823.
Hw. = Haworth, A. H., 1767 — 1833, englischer Entomologe u. Botaniker.
Koll. = Kollar, V., 1797 — 1860, Direktor des K. K. Zool. Kabinetts in Wien.
L. = Linne, C. von, geb. 24. Mai 1707 zu Roeshuld in Smaland, gest.
IG. Januar 1778 zu Hammarby bei Upsala, Professor d. Botanik in
Upsala. (Hieß vor seiner Nobilitierung Linnaeus.)
Lasp. = Laspeyres, J. H., 1769 — 1809, Bürgermeister von Berlin.
Latr. = Latreille, P. A., 1762 — 1833, französischer Entomologe.
Led. = Lederer, Julius, Kaufmann und Redakteur der Wiener Entomolo-
gischen Monatsschrift, Wien; starb 1870, 40 Jahre alt.
Losch. = Loschge, F. H., 1755 — 1840, Professor in Erlangen.
Meyr. = M e y r i n k , englischer Entomologe, Spezialist für Kleinschmetterlinge.
Ochsh. = Ochsenheimer, F., 1767— 1822, Dr. phil. u. Hofschauspieler in Wien.
Oliv. = Olivier, A. G., 1756— 1814, Professor d. Zoologie an d. Tierarzneischule
zu Alfort bei Paris.
Pall. = Pallas, P. S., 1741 — 1811, Mitglied d. Kaiserl. Akademie in Peters-
burg, starb in Berlin.
Poda = Poda von Neuhaus, N.
Graz.
Pz. = Panzer, G. W. F., 1755—
Nürnberg.
Payk. = Paykull, G. von, esthländ. Edelmann, Kgl. schwed. Kanzleirat und
Akademiker zu Stockholm, schrieb 1785 bis 1809.
Rag. = Ragonot, Französischer Entomologe, Monograph der Phycideen. 1843
bis 1895.
Rtzb. = Ratzeburg, J. Th. Chr., 1801 — 1871, Professor d. Naturwissenschaften
an d. Forstakademie in Eberswalde.
Rbl. = Rebel, H., Direktor am Naturhistorischen Hofmuseum in Wien.
, 1723 — 1798, Jesuit, Professor der Physik in
1829, Landgerichtsphysikus zu Hersbruck bei
124
I. Alleemeiner Teil.
Rbr.
Rott.
Schiff.
Scop.
Spul.
Stgr.
Stph.
Stt.
S.V.
Tr.
Thunb.
Vill.
Wck.
Wlk.
w.v.
zu.
Zett.
Zinck.
Rambur, J. Pierre, Arzt in Fontainbleau, schrieb von 1828 — 1848.
Rottenburg, S.A. von, schrieb von 1775 bis 1781.
Schiffermiller, J. (vielfach wohl irrig als Schiffermüller ge-
schrieben), 1727^1809, Professor am Theresianum in Wien. Siehe
auch unter S. V. u. W. V.
Scopoli, J. A., 1723—1788, Arzt in Iclria, zuletzt Bergrat u. Professor
d. Chemie u. Botanik in Pavia.
Spuler, Arnold, Professor der Anatomie in Erlangen.
Staudinger, O., Entomologe in Dresden.
Stephens, J. F., 1792—1852, Entomologe in London.
Stainton, H. T., 1822—1892, Mountsfield, Lewisham bei London.
Schiffermiller, J., im „Wiener System. Verzeichnis".
Treitschke, Fr., 1776—1842, Hoftheaterökonom in Wien.
Thunberg, C. P., 1775. Linnes Nachfolger als Professor der Natur-
geschichte in Upsala. 1743 — 1828.
de Villers, Charles, Joseph, 1724—1810, Lyon, der Neubearbeiter
von Linne.
Wocke, M. Ferd., 1820 — 1906, Arzt in Breslau.
Walker, J. J-, ehemaliger Marinechefingenieur, Sekretär d. Entomo-
logical Society of London, lebte in Oxford.
Schiffermiller im ,, Wiener System. Verzeichnis".
Zeller, Ph. Chr., 1808—1883, Professor in Meseritz, starb in Stettin.
Zetterstedt, J. W., 1785—1875, Professor in Lund.
Zincken, J. L. Th. Fr., genannt Sommer, 1770—1856, Hofmedikus in
Braunschweig.
B. Häufig zitierte forstliche und entomologische Zeitschriften und Handbücher.
Insekten. 2. Aufl. 1881
A. f. Schädlk. = Anzeiger für Schädlingskunde.
Altum (F.) = Altum, B., Forstzoologie. Band 3
bis 1882.
Allg. F. u. J. = Allgemeine Forst- und Jagdzeitung.
A. Biol. R. A. = Arbeiten der Biologischen Reichsanstalt.
Bl. f. d. ges. Fw. = Blätter für das gesamte Forstwesen.
Ctrbl. f. d. ges. Fw. = Centralblatt für das gesamte Forstwesen.
D. D. F. = Der Deutsche Forstwirt.
D. Ent. Zeit. Iris = Deutsche Entomologische Zeitschrift Iris.
13. F. Z. = Deutsche Forstzeitung.
Eckstein (T.) = Eckstein, Karl, Die Technik des Forstschutzes gegen Tiere.
2. Aufl. Berlin 191 5.
F. Bl. = Forstliche Blätter.
F. N. Z. = Forstlich-Naturwissenschaftliche Zeitschrift.
Forstar. = Forstarchiv.
Fw. Ctrbl. = Forstwissenschaftliches Centralblatt.
Mitt. Biol. R. A. = Mitteilungen der Biologischen Reichsanstalt.
Mitt. d. D. L. G. = Mitteilungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft.
N. Z. f. F. u. L. = Naturwissenschaftliche Zeitschrift für Forst- u. Landwirt-
schaft.
Nitsche = Judeich-Nitsche, Lehrbuch d. mitteleuropäischen Forstinsekten-
kunde.
Ratzeburg (F. ) = Ratzeburg, J. T. C, Die Forstinsekten. Zweiter Teil, Die
Falter.
Ratzeburg (W.) = Ratzeburg, J. T. C, Die Waldverderbnis. Berlin,
Reh = Tierische Schädlinge an Nutzpflanzen. Sorauers
der Pflanzenkrankheiten. Bd. IV. Berlin 1925,
Schw. Z. f. F. = Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen.
866—1869.
Handbuch
lo. Allgemeine Literatur über Lepidopteren. \2b
Stett. ent. Z. = Stettiner Entomologische Zeitung.
Thar. J. =^ Tharandter Forstliches Jahrbuch.
Z. f. ang. Entom. ^ Zeitschrift für angewandte Entomologie.
Z. f. wiss. Insektb. ^ Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie.
Z. f. F. u. J. = Zeitschrift für Forst- u. Jagdwesen.
10. Allgemeine Literatur über Lepidopteren.
(Systematik und Biologie.)
Bau, Handbuch für Schmetterlingssammler. Magdeburg 1886.
Berge-Rebel, Schmetterlingsbuch. 9. Aufl. Stuttgart 1910.
Borkhausen, Naturgeschichte der europäischen Schmetterlinge. 5 Bde. Frankfurt
1788-1794.
Brehms Tierleben. 4. Aufl. Bd. 2: siehe Heymons.
Dahl, Fr., Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile nach
ihren Merkmalen und nach ihrer Lebensweise. Jena 1929.
Denis u. Schiffermiller, Systematisches Verzeichnis der Schmetterlinge der
Wiener Gegend. Wien 1776.
Disque, Verzeichnis der Kleinschmetterlinge der Umgebung von Speyer. 2 Teile.
,,Iris", Dresden 1901.
Eckstein, K., Die Schmetterlinge Deutschlands, mit besonderer Berücksichtigung
ihrer Biologie. 5 Bde. Verlag des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde,
E. V. Stuttgart 1914 ff.
Esper, E. J.C, Die europäischen Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur,
mit Beschreibungen. 7 Bde. Herausgeg. von Toussaint v. Charpentier.
Erlangen 1829 — 1839.
Fischer von Rößlerstamm, J. E., Abbildungen zur Berichtigung und Er-
gänzung der Schmetterlingskunde, besonders Microlepidopterologie. Leipzig 1834.
Frey, Die Schweizerischen Microlepidopteren. 6 Teile. Entomol. Ges. Schaffhausen
1865— 1868.
— , Die Lepidopteren der Schweiz. Mit 4 Nachträgen. Leipzig und Schaffhausen
1880— 1887.
Frey er, Beiträge zur Geschichte europäischer Schmetterlinge. 3 Bde. Nürnberg
1828— 1831.
— , Neuere Beiträge zur Schmetterlingskunde. 7 Bde. Augsburg 1831 — 1859.
Hart mann, A., Die Kleinschmetterlinge des europäischen Faunengebiets. Er-
scheinungszeit der Raupen und Falter, Nahrung und biologische Notizen.
München 1880.
Heinemann, von, Die Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz. 3 Bde.
Braunschweig 1850 — 1876. Ein grundlegendes Werk.
Hering, Martin, Biologie der Schmetterlinge. Berlin (J.Springer) 1926.
Herrich-Schäffer, Systematische Bearbeitung der Schmetterlinge von Europa.
Als Text, Revision und Supplement zu J. Hübners Sammlung europäischer
Schmetterlinge. 6 Bde. Regensburg 1843 — 1856. Grundlegend für die wissen-
schaftliche Systematik.
Heymons, R., Die Schmetterlinge. In: Brehms Tierleben. 4. Aufl.
Hof mann, E., Die Raupen der Großschmetterlinge Europas. Verlag der C. Hof-
mannschen Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1893.
Hübner, Jacob, Sammlung europäischer Schmetterlinge. Augsburg 1805^1834.
— , Geschichte europäischer Schmetterlinge (Raupen). Augsburg 1806— 1818.
Junk, W., Bibliographia Lepidopterologica. Berolini 1913.
Kenne 1, J., Die paläarktischen Tortriciden. Mit 42 kolorierten Tafeln. Stuttgart
1908— 1921.
126 I- Allgemeiner Teil.
Korb, M., Die Schmetterlinge Europas. Nürnberg 1893.
Lamper t, K., Die Großschmetterlinge und Raupen Mitteleuropas, mit besonderer
Berücksichtigung der Biologie. Mit 58 Tafeln. Eßlingen u. München 1907.
Ochsenheimer und Treitschke, Die Schmetterlinge von Europa. 10 Bde.
Leipzig 1807 — 1835.
Pagenstecher, Die geographische Verbreitung der Schmetterlinge. Jena 190g.
R ü h 1 , Heine und B a r t e 1 , Die paläarktischen Großschmetterlinge und ihre
Naturgeschichte. 2 Bde. (Mehr nicht erschienen.) Leipzig 1895 ^^^'^ 1^99 — 1902.
Schreiber, C, Raupen-Kalender. Nach den Futterpflanzen geordnet für das
mitteleuropäische Faunengebiet. 2. Aufl. Langensalza 1908.
Schütze, K. T., Die Kleinschmetterlinge der sächsischen Oberlausitz. 3 Teile.
Dresden, „Iris", 1899— 1902.
Seitz, A., Die Großschmetterlinge der Erde. Herausgeg. in Verbindung mit nam-
haften Fachmännern. I. Abt.: Die Großschmetterlinge des paläarktischen
Faunengebietes. 4 Bde. Stuttgart 1909 — 191 5.
Sorhagen, Die Kleinschmetterlinge der Mark Brandenburg. Berlin 1886.
Spul er, A., Die Schmetterlinge und Raupen der Schmetterlinge Europas. 4 Bde.
Stuttgart, Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Sprösser), 1901
bis 1910. Jedem ernsten Schmetterlingssammler zu empfehlen.
— , Die sogenannten Kleinschmetterlinge Europas, einschließlich der primitiven
Familien der sogenannten Großschmetterlinge sowie der Nolidae, Syntomidae,
Nycteolidae und Arctiidae; unter Mitarbeit von mehreren Gelehrten heraus-
gegeben. Mit 22 bunten Tafeln.
Stainton, Zeller, Douglas and Frey, The natural history of the Tineina.
13 vols. London 1858 — 1873. Mit zahlreichen handkolorierten Tafeln. In
drei Sprachen (englisch, deutsch, französisch).
Staudinger, O. und Rebel, H., Katalog der Lepidopteren des paläarktischen
Faunengebietes. 3. Aufl. Berlin 1901. (Hierin ausführliche Zitate der systema-
tischen Literatur.) Unentbehrlich für jeden Sammler.
Wagner, Lepidopterorum Catalogus. Berlin (W. Junk).
IL Spezieller Teil.
1. Unterordnung; Microlepidoptera oder „Kleinschmetterlinge".
Wenn wir heute von Kleinschmetterlingen reden, so dürfen wir, wie oben
bereits betont, diesen Begriff nicht mehr wörtlich nehmen. Die ,,Klein-
schmetterlinge" in unserem Sinne enthalten nicht nur die kleinen Formen,
sondern wir rechnen heute zu ihnen, ganz unabhängig von der Größe, alle
jene Schmetterlinge,
die im Hinterflügel 3 Innenrandadern (an, ax^ und ax^)
besitzen, bei denen im Vo rderflügel meist die an er-
halten ist und deren Bauchfüße (wo nicht mehr als
5 Paare vorhanden sind) typische Kranzfüße sind^).
Wir teilen die Microlepidopteren in 2 Gruppen ein:
1. die Jugatae: Vorderflügel mit Jugum, im Hinterflügel r mehr-
ästig (siehe Abb. 64 A).
2. die Microfrenatae: Vorderflügel ohne Jugum, dagegen die
Hinterflügel meist mit Frenulum, r im Hinterflügel stets ein-
ästig (siehe Abb. 64 B).
1. Tribus: Jugatae,
Die Jugatae stellen die primitivsten Schmetterlinge dar, deren Mund-
werkzeuge bei einigen Arten sogar noch als Beißwerkzeuge benützt werden
können. Die Vorderflügel und Hinterflügel stimmen in Größe und Form
und Geäder mehr oder weniger überein (Radius im Hinterflügel mehrästig).
Die Vorderflügel tragen einen vom Grunde des Innenrandes entspringenden
kleinen lappenförmigen Anhang (Jugum), der den Zusammenhalt derVorder-
und Hinterflügel während des Fluges bewirkt (s. Abb. 64 A).
Die Jugaten enthalten nur 2 Familien: die Micropterygidae und Hepia-
lidae.
Familie: Micropterygidae.
Die Micropterygiden enthalten wieder 2 Unterfamilien: Microptery-
ginae und Eriocraniinae.
Unterf amilie : Microptery ginae.
Die Micropteryginen stellen die niedersten Formen der Schmetterlinge
mit sehr primitivem Geäder (Abb. 74) dar. Sie besitzen noch zum Kauen
1) Wir kennen nur ganz wenig Ausnahmen; so sind bei einigen ganz schmal-
flügeligen Tineiden mit stark reduziertem Geäder nur 2 Innenrandadern vorhanden,
und so besitzen die Zygaeniden Klammerfüße (im letzten Fall entscheidet das.
Geäder über die Zugehörigkeit zu den Kleinschmetterlingen J.
128
II. Spezieller Teil.
geeignete gezähnte Mandibeln und Außen- und Innenladen an den
I. Maxillen. Sie sind durchwegs sehr kleine Tiere (ca. lo mm Spannweite),
die sich von Blütenstaub nähren. Raupen an allen Abdominalsegmenten mit
Bauchfüßen (den Brustbeinen ähnlich). Nur eine einzige Gattung (Micro-
pteryx Hb.); forstlich ohne Bedeutung.
3Xan
ax-r an cu-j
Abb. 74. Flügelgeäder von y///r/-ö/'/6?/_)'X Hb. Abb. 75. Flügelgeädei- von Ä>/or/-c?;//V7 ZU.
Nach Spuler. Nach S p u 1 e r.
Unterfamilie : Eriocraniinae.
Die Eriocraniidae unterscheiden sich von der vorigen Familie vor allem
durch den verschiedenen Bau der Mundwerkzeuge: Die Mandibeln sind ver-
kümmert, die Innenladen der i. Maxillen fehlen. Auf den Vorderflügeln
Ader sc nahe ihrem distalen Ende häufig mit einem Nebenast zum Vorder-
rand (Abb. 75), r^ am Ende häufig gegabelt. Die fußlosen Raupen minieren in
Blättern. Enthält nur die einzige Gattung Eriocrania ZU. Forstlich nur von
geringer Bedeutung, bis jetzt nur eine Art in der forstlichen Literatur er-
wähnt :
Eriocrania sparmanella Bosc.
Birkenminier motte.
Taf. I, Abb. i.
Der winzige Falter (Spannweite 10 — 12 mm) hat breitlanzettliche Flügel.
Vorderflügel goldgelb, stahlblau oder purpurviolett gegittert, mit i Fleck der
Grundfarbe am Innenwinkel. Fransen gelbgrau, undeutlich gescheckt, Fühler unter
halber Vorderflügel-Länge (Abb. 76).
Raupe gelblich weiß, Kopf flach, braun mit dunkelbraunem Fleck auf jeder
Seite, Beine rückgebildet.
Die Birkenminiermotte ist über ganz Mitteleuropa verbreitet, ihre Fraß-
pflanze ist die Birke.
Der Falter erscheint im ersten Frühjahr und
legt seine Eier an die eben ausbrechenden Knospen.
Die Raupen minieren in den Blättern, zuerst kann
man die Miniergänge deutlich erkennen, später wird
das ganze Blatt völlig und gleichmäßig ausgefressen.
Die Blätter bekommen dann ein fahlbraunes Aus-
sehen, vertrocknen und fallen ab. Bei durchscheinen-
dem Licht kann man den Kot in feinen Strängen
miniermotte, ÄV/orW^ "^^ Häufchen sehen. Die Raupen lassen sich an-
sparmanella Bosc. fangs Juni zur Verpuppung auf den Boden herab.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Hepialidae. ]^29
Die einzige Notiz über ein bemerkenswertes Auftreten der Birkenminier-
motte als Bestandsschädiger stammt von Lade (1904). Danach entblätterten
sich infolge ihres starken Frasses im Jahre 1904 von Ende Mai bis Anfang
Juni die ca. 38 jährigen Birken des Schwanheimer Gemeindewaldes (Cron-
berg) auf einer Fläche von 15 ha in auffälliger Weise. Die Bäume waren
nahezu kahl und der ganze Boden war — gleich wie im Herbst — mit
dürren Blättern bedeckt. Anfangs Juli haben sich die Birken wieder ziemlich
begrünt, so daß von einem bemerkenswerten Schaden außer einem kleinen
Zuwachsverlust kaum gesprochen werden konnte.
Familie: Hepialidae.
Die Hepialiden (auch Hepiolidenj wurden früher zu den Spinnern
gerechnet. Sie haben aber mit diesen außer einer oberflächlichen Formähn-
lichkeit nichts gemein. Es sind vielmehr noch sehr primitive Schmetter-
lingsformen, die morphologisch den Micropterygiden nahe stehen (Vor-
handensein eines Jugums); die Raupenbauchfüße sind Kranzfüße.
Mundteile verkümmert bzw. sehr klein, Nebenaugen fehlen, Fühler sehr
kurz, perlschnurförmig. Kopf und Thorax wellig behaart. Flügel lang und
schmal, hinten ganz flach gerundet, Vorderflügel und Hinterflügel fast
gleich. Die Raupen 16 füßig, weißlich oder gelblich, schlank walzig, mit
einzelnen dunklen Haaren auf den schwarzen Wärzchen, Kopf rund, glän-
zend, mit starken Mundteilen.
Die Falter sind Dämmerungstiere, die abends niedrig fliegen, tagsüber
mit dachförmig liegenden Flügeln ruhen. Sie lassen ihre etwa 500 sehr
kleinen Eier einzeln fallen.
Die Raupen leben in oder an Wurzeln und verwandeln sich in der Erde
in langen röhrenförmigen Gespinsten in schnell bewegliche Puppen mit
kurzen Flügelscheiden und langem, walzenförmigem, an den Ringen mit
Stachel rändern versehenen Hinterleib.
Die Hepialiden sind mittelgroße bis große Tiere (exotische Formen
nehmen zum Teil riesige Ausmaße an, bis zu 24 cm Spannweite).
In Europa nur i Gattung, Hepialus F. mit 13 Arten, von denen nur
eine hier zu erwähnen ist.
Hepialus humuli L.
Hopfen Wurzelspinner.
Taf. V, Abb. i.
Falter: Männchen silberweiß, Weibchen Vorderflügel lehmgelb mit rötlicher
Zeichnung, Hinterflügel rötlichgrau (Abb. ^f), Spannweite 43—68 mm.
Raupe gelblich beinfarbig, mit schwarzen Borstenwärzchen und Stigmen.
Kopf dunkelbraun, Nackenschild und je 2 hornartige Flecken auf Ring 2 und 3
hellbraun. 50 mm.
Puppe dunkel gelbbraun. — Ei anfangs weiß, später glänzend schwarz.
Die Raupe des über ganz Mitteleuropa und darüber hinaus verbreiteten
Hopfenwurzelspinners lebt in den Wurzeln der verschiedensten
krautartigen Gewächse, wie vor allem Rumex, dann Petasites, Leon-
todon. Solanum, Urtica, Spiraea und mehr, ausnahmsweise auch Daucus
carota. Zuweilen geht sie auch auf den Hopfen über und kann dann in den
Flopfengärten großen Schaden anrichten.
Escherich, f orstinsekten, Bd. III. °
130 II. Spezieller Teil.
Baer (1913) hat diesen reichhaltigen Speisezettel um eine weitere
Pflanze, und zwar um eine forstliche, vermehrt, nämlich Caryaalba (Hickory),
in deren Wurzeln im Pflanzgarten von Hubertusburg die Raupen im Jahre
1912 mehrfach angetroffen wurden (Abb. 78).
Die Raupe frißt hier gewöhnlich im Mark der Wurzeln einen Kanal,
der sich auf eine Länge bis zu 16 — 17 cm erstrecken kann. Am oberen Ende
des Kanals befindet sich das kleine Einbohrloch, am unteren Ende das große
Ausbohrloch. Die dünneren Wurzelenden können hierbei derartig ausgehöhlt
werden, daß sie nur noch einen aus der Rindenschicht bestehenden dünn-
wandigen Schlauch darstellen, der mit Kotkrümeln und Erde ausgefüllt ist.
Abb. T]. Der Hopfenwurzelspinner, Hep/ali/s IiudiuU L.
Links Männchen, rechts Weibchen.
Der Befall im Hubertusburger Garten blieb auf etwa 20/0 der Pflanzen
beschränkt.
Daß gerade die Hickorypflanzen vom Hopfenwurzelspinner angegangen
werden, erklärt sich ohne weiteres aus der Beschaffenheit der Wurzeln, die
eine außerordentliche Weichheit des Holzgewebes und Markes aufweisen und
darin den Wurzeln der obengenannten krautartigen Pflanzen kaum nach-
stehen.
Von den übrigen Hepialus-Krten seien noch genannt :
H . lupiilinus F., dessen Raupe unter anderem in den Wurzeln der Syringe und des
Ligusters gefunden wird (Marchai et Foex 1918), und
H. heda L. (Heidekrautwurzelspinner), dessen Raupe (glänzend schmutziggrau, mit
dunklerem Brustring und 2 schwarzen Flecken auf dem Rücken jedes Ringes)
in den Wurzeln von Heidekraut (Calluna), Adlerfarn (Pleris aquilina) und
anderer Kräuter lebt.
Literatur über Jugatae.
Baer, W., 1913, Hepialus humuU an Hickorypflanzen. In: Escherich u. Baer,
Tharandter zoolog. Miscellen. Vierte Reihe. — Nat. Zeitschr. f. Land- u.
Forstw. XI. 121 — 122.
Lade, 1904, Schädliches Auftreten einer Birken-Miniermotte. — Zeitsch. f. Forst-
u. Jagdwes. XXXVI. 671.
Marchai et Foex, 1918, Rapport Phytopathologique pour les Annees 1916 et
1917. — Ref. in Rev. appl. Ent. Vol. VII. 1919.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
131
2. Tribus: Microfrenatae,
Die Microfrenaten stellen eine sehr umfangreiche Gruppe der Unter-
ordnung der „Kleinschmetterlinge" dar, meist kleine bis kleinste, doch auch
eine Anzahl mittelgroßer bis großer Formen, die sich alle übereinstimmend
dadurch von den Jugaten unterscheiden, daß die Vorderflügel kein
J u g u m besitzen. An Stelle
des Jugums ist bei der Mehr-
zahl ein Frenulum an den
Hinter f lügein vorhanden.
Flügelgeäder im Vorder- und
Hinterflügel verschieden: r im
Vorderflügel stets mehrästig,
im Hinterflügel dagegen stets
einästig. Wir haben oben in
unserer Übersicht (S. 115)
10 Familien von Microfrenaten
angeführt, von denen aber in
forstlicher Beziehung nur 6 Be-
rücksichtigung verdienen, näm-
lich: die Tineidae (s. 1.), Tor-
tricidae, Cossidae, Sesiidae, Li-
macodidae und Pyralidae. Die
übrigen, die Psychidae, Zygae-
nidae, Pterophoridae und Or-
neodidae sind forstlich völlig
indifferent und werden hier
nur kurz erwähnt.
Familie: Tineidae (s. lat.).
Motte n.
Von vielen Systematikern
sind die Tineiden, die ja recht
verschiedene Formen enthalten,
in eine große Anzahl Familien
aufgelöst und zum Teil auch
auf verschiedene Gruppen ver-
teilt. So stellt Börner die
akuleaten Tineiden zusammen
mit den Micropterygiden und
Hepialiden zu den Monotrysia
und verteilt die übrigen Gattungen auf die drei Familienreihen: die
Gracilarioidea (mit den Gracilariiden und Tortriciden). die Tineoidea (mit
den Tineiden, Cossiden, Sesiiden und Psychiden) und die Gelechioidea (mit
den Gelechiiden, Hyponomeutiden, Orneodiden und Pterophoriden). Doch
konnte ich mich in diesem, vor allem der Praxis dienenden Werk nicht zu
dieser Aufteilung entschließen, ohne damit die mögliche Berechtigung des
Börnerschen Systems bestreiten zu wollen. Ich behalte also, dem Beispiel von
Handlirsch und Heymons folgend, die Familie der Tineiden in der
9*
\l3b. 78. Wurzeln von Hickoryheistern (Carya
alba) mit Fraß von Hepialus hiimuU L.
Nach B aer.
132
IL Spezieller Teil.
alten weiten Fassung bei und teile sie in eine Anzahl Unterfamilien ein, die
den von Staudinger-Rebel, Spuler, Börner, Hering usw. als
Familien betrachteten Gruppen entsprechen.
Die Motten oder Tineideii sind kleine, oft winzige, zarte Falter mit ge-
streckten, oft sehr schmalen, meist zugespitzten Flügeln (Abb. 79). Diese
sind gewöhnlich mit auffallend langen Fransen besetzt, die fast immer gegen
den Innenwinkel aller Flügel an Länge
bedeutend zunehmen, überhaupt um so
länger werden, je mehr sich der eigent-
liche Flügel verschmälert (wodurch die
Tragfähigkeit erhöht wird). Die großen
Netzaugen sind nackt, Ocellen oft
vorhanden, aber schwer sichtbar. Die
Fühler sind borstenförmig mit ver-
dicktem Wurzelglied, das sich mitunter
zu einem die Augen in der Ruhe über-
ragenden Deckel erweitert, gewöhnlich
etwas kürzer oder ebensolang wie die
Vorderflügel, mitunter aber ganz auf-
fallendverlängert. Die sehr verschieden
gestalteten Palpen oder Hinterkiefertaster sind 3 gliedrig, mit auf-
steigendem oder in der Richtung der Mittelglieder stehendem Endglied.
Nebenpalpen oder Mittelkiefertaster sind oft vorhanden, meist 2 — 3 gliedrig,
mitunter aber auch bis 6 gliedrig, und dann von der Mitte an nach abwärts
taschenmesserartig zusammengeklappt. Die Rollzunge ist meist gut ent-
wickelt und fest chitinisiert, mitunter aber weich oder verkümmert. Die
Beine sind gewöhnlich dünn und lang, die Hinterschienen nicht über dop-
rji
Abb. 79. Typischer Habitus einer Tineide
Vergr. Nach Stainton.
3^2 3X1 an cu-j
ax-f an cu^curi^
A B
Abb. 80. Beispiele verschiedener Flügelformen und von verschiedener Ausbildung des
Geäders bei Tineiden: A von Gelechia (Geäder vollkommen), B von einer Coleophoride
(Geäder reduziert). Nach S p u 1 e r.
pelt so lang wie die Schenkel und meist mit 2 Paar Sporen. Der Hinterleib
ist schmächtig, bei den Männchen meist mit kleinem Afterbusch, bei den
Weibchen oft mit hervortretender Legescheide, Genitalöffnung einfach oder
doppelt.
Die gestreckten Vorderflügel sind von der Wurzel ab nur schwach
erweitert und nach hinten wieder verengt oder zugespitzt, so daß der stets
wenigstens abgerundete Innenwinkel oft ganz verflacht und der Innenrand
I. Unterordnung; jMicrolepidoptera, Familie Tineidae.
133
ganz unmerklich in den Saum übergeht; letzterer fehlt dann eigentlich ganz,
und es ist nur ein Innenrand vorhanden, der in der Spitze direkt in den
Vorderrand übergeht. Die Flügelfläche ist bei den ursprünglichen Formen
(mit einfacher Genitalöffnung beim Weibchen) mit fixen Dörnchen besetzt
(akuleate Tineiden). Ihr Flügelgeäder ist sehr verschieden und vereinfacht
sich oft bei den kleineren Arten (Abb. 80 B). Die beiden Axillares bilden bei
vielen Arten eine große Wurzelschlinge. Die Analis meist gut ausgebildet.
An der meist langgestreckten Mittelzelle oft eine Anhangszelle.
Die Hinter flügel haben Haftborsten, sind manchmal so breit oder
noch etwas breiter als die Vorderflügel, meist aber ebenso gestreckt und
schmal oder noch viel schmäler als diese. Ihre Mittelzelle ist oft nicht durch
eine Querader abgeschlossen, sondern offen, und das Flügelgeäder ist oft
sehr vereinfacht.
Die Färbung der Flügel ist häufig unscheinbar, aber auch lebhaft und
glänzend, namentlich die kleineren Arten zeigen oft herrlichen Metallglanz
und Silber- und goldfarbige Zeichnungen. Die Haltung
der Flügel in der Ruhe ist dachförmig, selten sind sie
flach übereinandergeschoben oder um den Leib gerollt.
Es sind fast durchweg Dämmerungs- oder Nachttiere.
Die frei lebenden Raupen haben gut entwickelte
Thorakalbeine und meist 5 Paare von Kranzfüßen. Bei
den minierenden Arten verkümmern die Füße mitunter
vollständig. Auch die Bewaffnung der Segmente mit
Schildern und Borsten ist nach der Lebensweise recht
verschieden. Die frei lebenden Formen besitzen neben
verschieden geformten Nacken- und Analschildern eine
mehr oder weniger auffallende Beborstung in der oben
(S. 30) angegebenen charakteristischen Anordnung (s.
Abb. 39, S. 30), während bei den minierenden Raupen
die Beborstung mehr oder weniger zurückgebildet ist.
Die Puppen sind durch lange, oft bis gegen das
Afterende hin reichende Flügelscheiden ausgezeichnet.
Die ursprünglichen Puppenformen haben eine noch weit-
gehende Freigliedrigkeit und viele oder reihenweise an-
geordnete Dornen auf den i\bdominalsegmenten. Die
höher entwickelten zeigen bereits verkittete Gliedmaßen,
geringe Beweglichkeit und keine Dornen.
Die am Tage versteckt lebenden, bei Störung mitunter schnell fort-
laufenden Falter sind meist echte Dämmerungs- und Nachttiere. Wenige
fliegen auch bei Tage. Die Flugzeit fällt meist in den Sommer. Bei den
kleinen Arten kommt häufig eine doppelte Generation und demgemäß auch
ein zweimaliger Flug vor. Bei manchen Arten haben die Weibchen ver-
kümmerte Flügel, z. B. bei Chimabacche ZU.
Nur wenige Raupen leben frei an ihren Nahrungsgegenständen, meist
verspinnen sie Blätter oder Nadeln oder minieren in denselben, oder leben
im Innern anderer Pflanzenteile. Manche sind Sackträger. Einige, darunter
die wirtschaftlich so wichtigen Pelzmotten, leben von tierischen Substanzen.
Die Verpuppung geschieht meist in einem Gespinst, entweder am Fraß-
ort der Raupe oder außerhalb desselben, bei den Sackträgern innerhalb des
Sackes.
Abb. 81.
Puppe einer Tineide
(Argyreslhia).
Nach Trägärdh
134 IL Spezieller Teil.
Die Tineiden (s. 1.) umfassen ca. 20 Unterfamilien i), unter denen die
sog. akuleaten (Flügelmembran außer mit Schuppen auch mit festsitzenden
Chitinstacheln besetzt) eine besondere Stellung einnehmen.
Für unsere Belange kommen 9 Unterfamilien in Betracht, die sich
folgendermaßen dichotomisch darstellen lassen 2):
1. Wurzelglied der Fühler scheibenförmig verbreitert, einen „Augen-
deckel" darstellend 2
— Wurzelglied der Fühler nicht scheibenförmig, zuweilen aber keulen-
förmig, ein „Augendeckel" fehlt 3
2. Die abstehende Behaarung des Kopfes reicht in Ansicht von vorn
vom Scheitel nur bis zur Verbindungslinie der Fühlerwurzeln; die
Stirn darunter ist glattschuppig; der Augendeckel ist unten vorn mit
einem deutlichen Borstenkamm versehen (deutlich in Ansicht von
vorn und etwas von unten sichtbar) .... Gracilariinae pp. (Bucculatrix)
— Die abstehende Behaarung des Kopfes befindet sich auf Scheitel
und Stirn, in Ansicht von vorn also noch unterhalb der Fühler-
wurzelverbindungslinie: der untere Rand des Augendeckels ist
höchstens mit einigen schwachen Härchen, nie mit einem deutlichen
Borstenkamm besetzt Nepticulinae
3. Im Vorderflügel befindet sich an der Mitte des Vorderrandes eine
Trübung oder Verdickung der Membran (Stigma), die besonders
deutlich wird, wenn man den Flügel durch etwas Betupfen der
Unterseite mit Xylol durchsichtig macht; im durchfallenden Lichte
erscheint dann diese Stelle dunkler als der übrige Flügel . Hyponomeutinae
— Vorderflügel ohne solche Verdickung am Vorderrande .... 4
4. Kopf, wenigstens oben auf dem Scheitel, rauhhaarig .... 9
— Kopf glatt seh up pig, selten etwas aufgelockert, dann aber die
Schuppen breit, nicht haarförmig 5
5. Palpen parallel, nicht divergierend, nach oben stark aufgebogen,
meist bis zur Höhe des Scheitels reichend oder diesen überragend,
selten gerade vorgestreckt und stark buschig, die Hinterflügel meist
sehr breit, oft unter der Spitze etwas konkav, meist breiter als die
Vorderflügel, Weibchen zuweilen mit verkümmerten Flügeln . . Gelechünae
— Palpen entweder kurz und gerade, wenn lang und gebogen, dann
immer etwas gesenkt oder nach den Seiten divergierend, wenn
parallel und aufgerichtet, dann Fühler so lang wie der Vorderrand
oder die Hinterflügel sind schmal linealisch 6
6. Fühler so lang wie der Vorderrand, während gleichzeitig über den
Palpen deutliche Nebenpalpen sichtbar sind Gracilariinae
— Fühler kürzer als der Vorderrand der Vorderflügel, wenn ebenso
lang, dann sind Nebenpalpen nicht vorhanden oder praktisch nicht
sichtbar 7
7. Die Kopfschuppen sind breit, etwas nach vorn aufgelockert, be-
sonders auf dem Scheitel; kleinste Arten von nicht über 5 mm
Vorderflügellänge, Flügel einfarbig oder nur dunkler gerandet . Tischeriinae
— Kopf oben angedrückt beschuppt 8
8. Wurzelglied der Fühler nackt oder nur mit einigen abstehenden
Borsten an der L^nterseite besetzt, Fühler in der Ruhe nicht vor-
gestreckt Momphinae
— Wurzelglied der Fühler an der Unterseite mit dichter, haarbuschähn-
licher Beschuppung, Fühler in der Ruhe vorgestreckt .... Coleophorinae
1) In der ganzen Welt sind ca. 12000 Arten bekannt.
2) Ich verdanke diese Tabelle Herrn Dr. Hering, Berlin.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 135
9. Hinterflügel sehr schmal, ihre Fransen länger als der Flügel breit ist
Gracilariinae p.p. (Lithocolletis, Ornix)
— Hmterflügel breiter, lanzettlich, nicht von beiden Seiten her zu-
gespitzt, Fransen nicht länger als der Hinterflügel breit .... 10
IG. Mittelglied der Palpen mit langem vorgestrecktem Haarbusch, aus
dem das dünne Endglied aufsteigt . . Byponomeufinae p.p. (Cerostoma)
— Mittelglied der Palpen ohne einen solchen vorstehenden Busch . . n
II. Die Flügelfläche ist außer mit den beweglich eingelenkten Schuppen
noch mit mikroskopisch kleinen unbeweglichen Stacheln zwischen den
Schuppen besetzt; hierher gehören auch Falter, deren Fühler so lang
oder länger als der Vorderflügel ist hicurvariinae
— Die Flügelfläche ist nur mit den gewöhnlichen Schuppen besetzt, die
Fühler sind immer kürzer als der Vorderrand der Vorderflügel' . . Tine/inae
Uebersicht (in systematischer Reihenfolge)
der hier behandelten Tineiden.
1. Nepticulinae (Zwergmotten).
Nepticula sericopeza TAX.
— argyropeza ZU.
— und andere Arten.
2. Tischeriinae (Schopfstirnmotten).
Tischeria complanella Hb.
— decidiia Wck.
3. Incurvariinae (Miniersackmotten).
Incurvaria koerneriella ZU.
— muscalella F.
Adela cuprella Thunb.
— viridella Scop.
— • ochsenheimerella Hb.
4. Tineinae (Echte Motten).
l'inea pelionella L.
— granella L.
— cloacella Hw.
Trichophaga tapeiiella L.
Tineola biselliella Hum.
5. H y ponome u t inae (GespinstmottenV
Prays curtisellus Dup.
Scythropia crataegella L.
Hyponomeuta padella L. (= variabilis ZU.).
— malinella ZU.
— cognatella Hb.
— evonymella L. (nee. Scop.!).
Argyresthia fundella F. R.
— pygmaeella Hb.
— goedarlella L.
— glabraieUa ZU.
— certelta ZU.
— illuminatella F. R.
— laevigatella H. S.
— und andere Arten.
Cedestis gysselinella Dup.
Dyscedestis farinatella Dup.
Ocnerosloma piniariella ZU.
Cerostoma parenthesellum L. (Judeichiella Rtzb.).
136 II. Spezieller Teil.
6. Gracilariinae (Blatt-Tütenmotten).
Gracilaria rufipenella Hb.
— (XanlhospilapteryxJ syringella F.
— (Eutrichocnemis) simploniella F. R.
Lithocolletis faginella ZU.
— alniella ZU.
— platani ZU.
— und andere Arten.
7. Coleophorinae (Sackträgermotten).
Coleophora laricella Hb.
— fuscedinella ZU.
— luüpennella 7A\.
— binderella KoU.
8. Momphinae (Fransenmotten).
Eustaintonia pinicolella Dup.
Pancalia leeuwenhoekella L.
Gelechiinae (Palpenmotten).
Chimabacche fagella F.
Carcina quercana F.
Borkhausenia stipella L.
— similella Hb.
— cinnamomea TAX.
— luctuosella Dup.
— jourdheuillella Rag.
Stenolechia gemmella L.
Heringia dodecella L.
Teleia proximella Hb.
Gelechia electella ZU.
Sitotroga ce reale IIa Oliv.
Uebersicht über die hier behandelten Tineiden
nach ihrem biologisch-forstlichen Verhalten ').
A. Nadelholz.
An Fichte.
1. In den Nadeln minierend Eustaintonia pinicolella Dup. (S. 198)
— In den Knospen und Trieben 2
2. Die Raupen höhlen nur die Knospen aus, Ausflugsloch an der Basis
der Knospe, zusammengedrückt .... Argyresthia certella 7A\. (S. 166)
— Die Raupen fressen die Endknospen aus und dringen meist noch
mehr oder weniger weit in den Trieb ein. Ausflugsloch meist am
Ende des Triebganges; stets rund . . Argyresthia glabratella ZU. (S. 166)
An Tanne.
In den Nadeln minierend, Verpuppung in weißem Kokon an den
Nadeln Argyresthia fundella F. R. (S. 163)
In den Knospen Argyresthia illtaninatella F. R. (S. 164)
An Kiefer.
I. Ausschließlich in den Nadeln minierend, Verpuppung zwischen zu-
sammengesponnenen Nadeln 2
1) Diese Übersicht soll zur raschen Orientierung für den Praktiker dienen.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 137
— Als Junglarve in Nadeln, in späteren Stadien in den Knospen lebend,
meist mehrere Knospen zerstörend und auch noch bis in den Trieb
vordringend; Verpuppung in der angefressenen Knospe oder im Trieb
Heringia dodecella L. (S. 204)
2. Mine geht von der Spitze der Nadel zur Basis
Ocnerostoma piniariella ZU. (S. 174), copiosella Frey (an Arve) (S. 176)
Dyscedestis farinatella ZU. (S. 173)
— Mine geht von der Basis zur Spitze . . . Cedestis gysselinella Dup. (S. 172)
An Lärche.
In den Nadeln minierend. Raupe in Nadelsack Coleophora laricellaWo. (S. 188)
In den Längstrieben minierend, diese zum Absterben bringend
Argyresthia laevigatella H. S. (S. 169)
An Wacholder.
In den Nadeln minierend Argyreslhia abdominalis L. u. aurulentella Stt. (S. 171)
In den Triebspitzen Argyr. arcenthina ZU. (S. 171)
In den Beeren Argyr. praecoceUa ZU. (S. 171)
B. Laubholz.
1. Raupen gesellig in großen, die ganze Pflanze oder wenigstens Teile
davon überziehenden Gespinsten lebend; hier auch die Verpuppung:
Gespinstmotten
Gespinst sehr dicht. Verpuppung in länglichen Kokons im Gespinst;
an Eiche, Faulbaum, Schlehe, Weißdorn . . . Hyponomeuta-^rten (S. 156)
Gespinstschleier fein. Verpuppung in äußerst lichten, kugelförmigen
Kokons, in denen die dunkle Puppe lose hängt. An Weißdorn.
ScytJiropia crataegella L. (S. 161)
2. Raupen einzeln (oder höchstens zu 8 — 10 Stück) in Minen, Blatt-
tüten, Blattrollen, in Trieben usw., lebend, frei oder mit Sack.
An Eiche.
a) An Blättern.
Große Blasenminen (auch an Kastanie) . . Tischeria co}?ipla/iella Hb. (S. 144)
Geschlängelte Blattminen mit deutlicher Kotlinie (meist auf der
Oberseite) Nepticula-Knen (S. 142)
Faltenminen, meist auf der Unterseite .... Lithocolletis-kx'i&w. (S. 184)
Raupe auf der Unterseite in einem flachen Gespinst Carcina quercana F. (S. 202)
In Platzminen meist auf der Unterseite der Blätter. Raupen mit
Sack Coleophora lidipenneUa ZU. (S. 197)
Raupen schneiden, nachdem sie in dem Blatt miniert haben, runde
Löcher aus der Mine heraus (auch an Edelkastanie)
Incurvaria muscalella F. (S. 146)
b) An Knospen.
Raupe zuerst in den Knospen, diese zerstörend, dann in einem Sack
an den Blättern Coleophora liitipennella ZU. (S. 197)
c) In den Trieben.
Die jungen Triebe aushöhlend (als Folge Vertrocknen der Blätter
und Abfallen der zerstörten Triebenden) . . Stenolechia gemmella L. (S. 203)
d) In der Rinde.
Geschlängelte, äußerlich sich deutlich abhebende Minen in der
jungen, glatten Rinde Gracilaria simploniella F. (S. 181)
An Buche.
In zusammengesponnenen Blättern .... Chimabacche fagella F. (S. 200)
Faltenminen (meist auf der Unterseite) . Lithocolletis faginella ZU. (S. 184)
Die Plumulablätter des Aufschlags skelettierend
Cerostoma parenlhesellum L. (S. 177)
138 II. Spezieller Teil.
Raupen schneiden aus den Blättern kleine kreisrunde Löcher aus
Incurvaria koerneriella ZU. (S. 146)
In den Knospen Argyresthia albisiria Hw. (S. 172)
An Birke und Erle.
Zuerst in den Kätzchen fressend, dann an der Rinde
Argyresthia goedartella L. (S. 171)
Platzminen auf der Unterseite, die oft die ganzen Blätter bedecken
und zum Abfallen der Blätter führen
Coleophora fuscedinella ZU. (S. 193) und bindereUa KoU. (S. 197)
Schmale, geschlängelte Minen in den Blättern mit deutlicher Kotlinie
Ä'epticula-P^rt&n (S. 143)
In zusammengerollten Blättern Teleia proximella Hb. (S. 206)
In den Knospen Argyresthia albisiria Hw. (S. 171)
An Ahorn.
Raupe zuerst minierend im Blatt, später im Innern eines tüten-
förmig aufgerollten Blattes Gracilaria rufipennella Hb. (S. 178)
Schmale, geschlängelte Minen in den Blättern Nepticula aceris Frey. (S. 143)
Raupe den Samen ausfressend Nepticula sericopeca ZU. (S. 139)
An Esche und Sy ringe (Oleaceen).
Raupen gesellig (zu 6 — 10 Stück) zuerst im Blatt minierend, dann
frei in einem aufgerollten Blatteil den Fraß fortsetzend (häufig an
Syringa, doch auch an Esche) .... Gracilaria syringella F. (S. 179)
Raupe höhlt die Endknospe und bisweilen noch den Trieb aus
Prays curtisellus Dup. (S. 154)
An anderen Laubbäumen (Pappel, Weide, Ulme usw.)
Geschlängelte Minen in den Blättern, meist mit deutlicher Kotlinie
Nepticula-Krten (S. 142)
In den Knospen Argyresthia pygmaeella Hb. (S. 171)
und andere Argyresthia-Krten (S. 172)
Anhang.
Raupen unter Rinde, in faulem Holz, Mulm, an Flechten usw. lebend
Borkhausenia- A.r\en (S. 202)
Raupen (mit Sack) am Boden, an abgefallenen Blättern oder Nadeln
fressend Adela-P^ntn (S. 146)
In Hausvorräten.
Raupe zerstört Wollstoffe, Haare, Federn, Insektensammlungen usw.
Tineola biseliella Hum. (S. 148), Trichophaga tapetiella L. (S. 152)
Ebenfalls Wollstoffe, Federn, Felle usw. zerstörend. Vor allem
schädlich in Bettfedernlagern. „Pelzmotte" . . Tinea peUionella L. (S. 151)
In Schwämmen (Baumschwämmen, getrockneten Speisepilzen) und
in Korken. Vor allem schädlich durch die Zerstörung der Korke.
„Korkmotte" Tinea cloacella Hw. (S. 151)
In Getreidevorräten aller Art
Tinea granella L. (S. 151 ), Sitotroga cerealella Oliv. (S. 208)
1. Unterfamilie: Nepticulinae.
Zwergmotten.
Zu den akuleaten Tineiden gehörend, deren Flügelmembran außer mit
Schuppen auch noch mit Stacheln (mikroskopisch klein) besetzt sind.
Winzig kleine Falter mit teils prächtiger Färbung. Flügelgeäder stark
modifiziert (Abb. 82). Die Nepticulinae enthalten nur 4 Gattungen, von
denen Nepticula die artenreichste ist.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
139
Abb. 82. Flügelgeäder \'on Nep-
ticula (plagicoletta Stt.)
Nach Spul er.
Nepticula ZU.
Fühler von V2 bis Vi der Länge der Vorderflügel, die des cT meist länger als
die des Q; Kopfhaare hinten schopfig. — Vorderflügel mit rudimentärem Discus,
entweder cu sehr kurz, ganz mit m verschmolzen, an und ax^ lang, bis zum Saum
ziehend, oder cu lang, am Ende mit ru verbunden, ax-^ nach der Flügelmitte in cu
einmündend, in der so entstandenen Schlinge der Rest von an; Adern m und cu
der Hinterflügel ungeteilt (Abb. 82).
Die Raupen haben 18 ziemlich gleichförmige, manchmal stark rudimen-
täre Fußstummel an Segment 2 — 10. Sie minieren meist in Blättern, dann
auch in Samen. Die Minengänge sind zuerst
meist eng und besitzen in der Mitte eine Kot-
linie; sie können gerade, gebogen oder selbst
so konzentrisch aufgewunden verlaufen, daß
sie Platzminen vortäuschen i). Einige Arten
machen auch wirkliche Platzminen. Die Rau-
pen verlassen die Minen oberseitig und ver-
puppen sich außerhalb in ziemlich festem
Kokon an der Rinde usw. Zum Schlüpfen
tritt die Puppe aus dem stumpfen Kokonpol
hervor. Die Nepticulen sind ein- oder zwei-
brütig; manche Arten haben mehrere Generationen hintereinander. Bei
einigen Arten ist das Raupenstadium sehr kurz und braucht nicht einmal
2 Tage. Die Überwinterung erfolgt teils als Raupe im Puppenkokon, teils
wird das Wintergehäuse im Frühjahr verlassen und dann erst der Puppen-
kokon gefertigt.
Die Gattung enthält weit über 100 Arten, deren Minen meist in den
Blättern der verschiedenen Laubbäume vorkommen. Als forstlich beachtens-
wert ist bis jetzt nur eine Art (.V. sericopeza ZU.) bekannt geworden.
Nepticula sericopeza ZU.
A h o r n m i n i e r m o 1 1 e.
Taf. I, Fig. 2.
Falter: Kopf roströtlich behaart, Fühler bräunlich. Vorderflügel schwarz-
braun; die Wurzel, eine schräge Binde vor der Mitte und zwei Flecken in der End-
hälfte gelblich. Hinterflügel grau mit bräunlich grauen Fransen. Thorax dunkel,
Hinterleib braungrau. Spannweite 6 mm. Die Raupe ist bernsteinfarbig; bei den
jungen Stadien die Beine rückgebildet (Abb. 83 A), am Hinterende des Abdomens
mit 4 Chitinleisten, 2 seitlichen, i dorsalen und i ventralen. Puppe kurz und breit;
die Einzelheiten s. Abb. 83 B u. C. (Eine ausführliche Beschreibung der Larve und
Puppe bei Tragärdh).
Die Raupe scheint nur an Ahorn vorzukommen; die Angabe von
Altum, daß sie auch in Akaziensamen vorkommt, ist mit einem Frage-
zeichen zu versehen.
Die Ahornminiermotte wurde schon von Hartig (1870) als Zerstörerin
1) Manche Nepticula-VixnavL zeichnen sich dadurch aus, daß sie bzw. der von
ihnen eingenommene Blatteil bei der Herbstverfärbung ihre grüne Färbung behalten
(„grüne Inseln" im gelben Blatt). Man hat dabei an die Wirkung des Sekretes der
jungen Raupe gedacht. Tragärdh (1913) hat aber gezeigt, daß die „Chlorophyll-
konservierung" einfach darin besteht, daß durch Abbeißen der Leitungsbahnen der
herbstliche Abbau der Blattzellen an den Stellen der Mine verhindert wird. So
findet die Raupe auch noch im Herbst grüne Blatteile vor, in denen sie ihre Fraß-
tätiekeit fortsetzen kann.
140
II. Spezieller Teil.
des Ahornsamens in die Forstentomologie eingeführt. Ihre Biologie wurde
aber erst in neuerer Zeit geklärt, und zwar durch Trägärdh (1913c), der
sie in Schweden bei Stockholm eingehend zu untersuchen Gelegenheit hatte.
Doch sind auch jetzt noch verschiedene Lücken in unserer Kenntnis; so vor
allem bezüglich der Zahl der Generationen. Tutt spricht von 2 — 3 Gene-
rationen im Jahr (Flug des Falters April/Mai, Juni Juli und nochmals im
A
B
C
Abb. 83. A Junge Larve von Nepl. sericopeza ZU. (Bauchseite), B und C Puppe, dorsale
und ventrale Ansicht, a Fühler, ^1 und b^ erstes und zweites Beinpaar, bv Hinterflügel,
cxy erstes Coxenpaar, /?' Vorderflügel, Ib Labrum, //> Labialpalpen, ;//v Mesothorax,
mx Maxille, mxp Maxillarpalpen, p Prothorax, / und // erstes und zweites Abdominal-
segment. Nach Tr ä gä r d h.
August [Ende], September). Manche Autoren (Hartmann, Nitsche,
Nüßlin) geben ferner an, daß die Larve der ersten Generation in den
Blättern, jene der zweiten in den Früchten miniere; andere dagegen, wie
^^^ Sorhagen und Taut, stimmen
il^^ g^t/tMBm darin überein, daß die Larve der
^H^^ ^^^^^^m ersten Generation nicht bekannt
^^^g 1^^ ^^^^11^^^^^^^ ^^i- Wahrscheinlich herrschen,
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^ wenigstens bezüglich der Gene-
^^^^^^^^H^^^^^^ rationszahl, wesentliche Unter-
^^^^^^^^r schiede je nach der geographi-
^^^^^ sehen Breite. Trägärdh fand
/ bei Stockholm Larven zum ersten-
I mal Mitte August und dann noch-
mals Mitte Oktober.
Die Eier werden gewöhnlich
an die Samenflügel abgelegt; das
Räupchen bohrt sich durch die
Eischale, die Epi- und Hypodermis zum Parenchymgewebe durch. Die
Mine verläuft in mehr oder weniger gerader Richtung gegen die Samen-
kammer (Abb. 84), in die sie jedoch nicht an der nächstgelegenen Stelle
Abb. 84. Anfangsmine einer Ä^ep/icu/a-Kaupe
vom rechten ,, Flügel" zur Samenleiste.
Nach Trägärdh.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. X4j^
eindringt. Die Samenkammer ist nämlich mit einer dichten Lage von
Bastzellen ausgekleidet, die augenscheinlich ein undurchdringliches Hinder-
nis für die junge Larve darstellt. So wandert sie bis zu der Stelle, wo
diese Schicht fehlt, d. i. die Samenleiste (in der Mitte zwischen den beiden
Flügeln), und wo sie ohne Schwierigkeit eindringen kann. Ist die Raupe
in der Fruchtkammer angelangt, so frißt sie den größten Teil des Samens
aus und erfüllt den Raum mit ihren Exkrementen (Abb. 85). Erwachsen ist
die Raupe kräftig genug, die dichte Faserschicht zu durchnagen; sie verläßt
nun die Kammer, um in einem länglich-linsenförmigen Gespinst zu über-
wintern. Nach manchen Autoren soll letzteres nur provisorisch sein und erst
nach der Überwinterung durch einen definitiven Puppenkokon ersetzt werden,
während dies nach Trägärdh nicht immer zutrifft. Die Verpuppung
scheint nach den verschiedenen Angaben in der Literatur an verschiedenen
Stellen stattzufinden, an der Außenseite der ausgefressenen Samen, an den
Blättern usw.
Der Kokon besitzt am breiteren Ende einen horizontalen Spalt, welcher
sich seitwärts bis zu einem Drittel der Länge ausdehnt. Die Lippen dieser
Abb. 85. Ahornsamen, ausgefressen von der Raupe von Xeplicula sericopeza ZU.
Nach Trägärdh.
Spalte sind durch die Elastizität ihrer Gewebe zusammengepreßt. Durch
diese Spalte nimmt die Puppe ihren Weg, wenn die Motte ausschlüpft
(Abb. 86).
Forstlich macht sich der Raupenfraß durch vorzeitiges Ab-
fallen der Ahornsamen bemerkbar. Die reichlich am Boden liegenden
Samen zeigen im frischen Zustand unter der Oberhaut der grünen Samen-
hülle einen zarten, braunen, geschlängelten Gang (H artig).
Von den übrigen zahlreichen Nepticida-P^nen leben noch viele als Minierer in
den Blättern von Forstpflanzen, ohne jedoch eine wirtschaftliche Bedeutung zu er-
langen, wenn, sie auch dem aufmerksamen Beobachter durch ihre Minen nicht ent-
gehen. Vor allem findet man Nepticula-^iinen häufig an Eiche, dann an den ver-
142
II. Spezieller Teil.
schiedenen Popuhis- und .S«//.v- Arten, an Birke, Crataegus usw. Es seien nur fol-
gende genannt :
An Eiche.
N . atricapitella Hw. Mine unregelmäßig geschlängelt. Nach Werth (1925)
bisweilen bei Berlin so massenhaft (auf Quercus sessiliflora), daß kaum ein Blatt
zu finden ist, auf dem nicht eine oder mehrere Minen vorhanden sind.
N . ruficapitella Hw. Ebenso.
N . basigutlella Hein. Mine unregelmäßig, dunkelbraun.
N . subbimaculella Hw. Raupe erzeugt zuerst einen feinen Gang in dem Winkel
zwischen der Haupt- und einer Nebenrippe, dieser erweitert sich später zu einem
großen Platz in diesem Winkel, und die Umgebung desselben ist auch am schon
vergilbten Blatt noch frisch grün gefärbt (Abb. 87).
(Trägärdh 1913, Hering 1927.) //
N . quinqueJIa Bedell, Mine schmal, stark ge-
wunden, (bis 72 in einem Blatt beobachtet).
A n P o p u 1 u s - A r t e n :
N . lurbidella ZU. Erst im Stiel, dann in rund-
licher, brauner Mine im Blatt. Kot in zweizeiligen
Reihen angeordnet, da die Raupe in den Fraßpausen
usw. immer wieder in den Blattstiel zurückkehrt.
Abb. 86. Zwei Kokons von Neplicula sericopeza ZU.
Bei dem rechten Kokon ist die Puppe hervorgeschoben.
Nach Trägärdh.
Abb. 87. Eichenblatt mit 4 Minen
von X epticula si/bbii/iaculella
Hw. Die außerhalb der Minen [m)
gelegenen Blattpartien {g) haben
nach der Bräunung des übrigen
Blattes ihre grüne Farbe behalten.
Nach Trägärdh.
N. irimaculella Hw. In geschlängelter Mine an der Unterseite (Ausnahme
unter den Nepticulinen).
N . argyropeza ZU. Mine wie bei tiirbideUa zuerst im Stiel, dann im Blatt. Kot
ebenfalls wie bei turbidella zweizeilig angeordnet. Die Umgebung der Mine bleibt
im Herbst im gelbgewordenen Blatt grün. („Grüne Insel.") Über die Bedeutung
dieser Erscheinung siehe oben S. 139, Fußnote.
An Salix-Arten.
N . Salicis Stt. Mine anfangs schmal, dann fleckartig verbreitert. An Salix
caprea.
N . vimineticola Frey. Mine ähnlich. An Salix vim. und alba.
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
143
An Birke.
iV. beiulicola Stt. Mine geschlängelt; Kot als schmaler Streifen in der Mitte.
N . luteella Stt. Mine wenig geschlängelt, meist winklig gebrochen; Kot die
ganze Breite des Ganges ausfüllend.
An Buche.
N . basalella H. S. Mine ziemlich lang, stark gewunden (Abb. 88 A).
N . turicella H. S. Mine lang, unregelmäßig gewunden. Im Herbst 1924 bei
Berlin sehr häufig (zugleich mit LithocoUetis faginella Zll. s. unten) (Werth 1925).
An Ahorn.
N. aceris Frey. Mine lang geschlängelt (Abb. 88 B).
A B C
Abb. 88. \'erschiedene .Vf^/)//r///(/- Blattminen : A Xept. basalella H. S. an Buche,
B Nepl. aceris Frey an Ahorn, C Xept. tnarghücoleUa Stt. an Ulme. Nach Spul er.
An Ulme.
N . marginicolella Stt. Lange, geschlängelte Mine dem Blattrand folgend.
(Abb. 88 C).
N . ulmivora Fologne. Unregelmäßig geschlängelte Mine.
An Erle.
N . alnetella Stt. In langen, geschlängelten Minen.
N . rubescens Hein. Mine lang, geschlängelt, ganz mit Kot gefüllt.
2. Unterfamilie : Tischeriinae.
Schopfstirn motten.
Ebenfalls zu den akuleaten Tineiden gehörend. Nur eine einzige
Gattung
144
IL Spezieller Teil.
Gattung Tischeria ZU.
Scheitel mit aufgerichteten, breit abgestutzten Schuppen. Fühler lang, beim cf
unten mit sehr langen, borstigen Wimpern. Discus der Vorderflügel lang, mit
langer Anhangszelle, Basalteil von vi vorhanden. Äste von r getrennt in den VR,
2 Saumäste fehlen. Ader an und ax^ mehr beieinander. Analfeld groß, winklig. Auf
den langen schmalen Hinterflügeln t, m und cii getrennt, m^, 2 angedeutet, cu un-
geteilt (Abb. 89).
Die Bauchfüße der Raupen sind wenig entwickelt und oft undeutlich; sie
minieren in großer, flacher, oberseitiger Mine, aus welcher sie die Exkremente durch
einen Spalt hinausschaffen; Verpuppung innerhalb der Mine entweder ohne besonderes
Gespinst oder in einem flachen, tellerförmigen Gespinst. Die meisten Arten haben
nur eine Generation. In Europa etwa 1/2 Dutzend Arten, von denen eine Art
(T. complaneUa Hb.) forstlich beachtenswert ist.
Abb. 89. Flügelgeäder von Tischeria
ZU. Nach Spuler.
Abb. 90. Raupe von Tischeria com-
planeUa Hb. Nach S t a i n t o n.
Abb. 91. Eichenblatt mit Blasenmine
von Tischeria complaneUa Hb.
Nach Ratzeburg.
Tischeria complaneUa Hb.
Taf. I, Fig. 3.
Falter: Vorderflügel matt glänzend, mehr oder weniger hell dottergelb, am
Vorder- und Hinterrande, besonders um die Flügelspitze schwach bräunlich bestäubt.
Hinterflügel grau mit gelbgrauen, am Hinterrande und am Ende des Vorderrandes
an der Wurzel gelblichen Fransen. Kopf, Fühler und Brust gelb, Hinterleib gelblich
grau. Spannweite 12 mm.
Raupe (Abb. 90) stark flachgedrückt, gelb, nur Kopf und Afterring etwas
dunkler, die 6 Ocellen liegen in einer Reihe, Behaarung äußerst fein. Nur die
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
145
3 Paar Brustfüße angedeutet, die Afterfüße verschwindend, nur das letzte Paar als
2 Wülste unter dem letzten Ringe angedeutet. Länge 6 mm. Eine eingehende Be-
schreibung der Raupe gibt F u 1 m e k (1910).
Puppe gestreckt. Flügelscheiden lang und schmal. Nahe dem Hinterrande
der Ringe 2 — 5 je eine Reihe schwacher Dörnchen. Am Afterende zwei kegelförmige
Dornfortsätze.
Der kleine Falter, der von Frankreich bis Rußland und von Schweden
bis in die Mittelmeerländer verbreitet ist, fliegt im Mai oder Juni. Das Ei
wird wahrscheinlich durch einen besonders ausgebildeten Legeapparat in das
Blattgewebe versenkt. Die Raupe, deren Tätigkeit von Juli an bemerkbar
wird, frißt zwischen den Epidermisschichten das Blattfleisch der Eichen -
blätter aus und erzeugt so runde, blasige Minen ungefähr in der Größe
eines Zehnpfennigstückes, die aber oft, wenn mehrere Raupen ein Blatt be-
wohnen, zu einer großen, fast das ganze Blatt einnehmenden Blase zusammen-
fließen (Abb. 91). Die vertrocknende Epidermis erscheint weißgelb. Die
Raupen überwintern in den Minen der abgefallenen Blätter, in denen sie sich
auch verpuppen 1).
Die Motte tritt mitunter so zahlreich auf, daß fast jedes Blatt mit Minen
bedeckt ist. Schaal (1879) berichtet von einem Massenvorkommen in
Olbernhau (Riesengebirge), bei dem die Eichen schon im Juni eine gelb-
braune Farbe annahmen und im September völlig kahl dastanden.
Außer an Eiche kommt coviplaiiella auch an Kastanie (Cas/a/iea vesca)
vor (Hartmann, Cecconi)^).
3. Unterfamilie: Incurvariinae.
M i n i e r s a c k m o 1 1 e n.
Ebenfalls zu den akuleaten Tineiden gehörig, d. h. Flügel außer mit
Schuppen noch mit festsitzenden Chitinstacheln besetzt. Flügel oval, zu-
gespitzt, mit wohlentwickeltem Dis-
cus. Vorderflügel mit Anhangszelle
und erhaltenen Teilen von w.
Gattung Incurvaria Hw.
Fühler kürzer als der VR, beim cf
mit oder ohne kolbige Kammzähne. Auf
den Vorderflügeln rg und r^ nicht ge-
stielt, /-g in den VR (Abb. 92).
Die ineisten Raupen leben in
der frühesten Jugend in Minen an
den Blättern der verschiedenen Laub-
bäume. Nach der ersten Häutung
schneiden sie ein kreisrundes bis
Flügelgeäder von Incurvaria. elliptisches Stück aus dem ausge-
Nach Spuler. höhlten Blatt heraus, und in diesem
Abb. 92.
1) Eine andere Tischeria-An, T. decidua Wck. (ebenfa
aus der Mine ein kreisrundes Stück heraus, benützt dieses als
demselben zur Erde fallen, wo sie eine geschützte Stelle zur
2) Hering (1926, S. 124) macht darauf aufmerksam,
der T. complanella Hb. auf Eiche und Castanea sehr gut
Verhalten der beiden Pflanzen übereinstimmt, insofern, als
bei serologischer Prüfung die gleiche Reaktion geben, also
der Eiweiße ihrer Gewebe aufweisen.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III.
[ an Eiche) schneidet
Sack und läßt sich in
Verpuppung sucht,
daß die Beschränkung
mit dem serologischen
Castanea und Quercus
eine große Ähnlichkeit
10
146
II. Spezieller Teil.
flachen Säckchen lassen sie sich zur Erde fallen, wo sie dann angewelkte
Blätter benagen. Der Fraß ist an den ausgeschnittenen runden oder ovalen
Löchern leicht zu erkennen (Abb. 93).
Einige Raupen leben in Zweigan-
schwellungen.
Inc.koerneriellaZW. (Grünlich erzfarbig,
Kopfhaare hell rostgelb. Spann-
weite 16,5 — 18,5 mm.) An Birke,
Buche und Linde (Abb. 93).
I HC. muscalella F. (Dunkelgelbbraun
mit 2 weißlich dreieckigen IR-
Flecken. Kopfhaare rostgelb. Fühler
beim ^^ stark und gekämmt. Spann-
weite 14—16,5 mm.) An Eiche und
Castanea vesca.
Inc. pectinea Hw. (Der vorigen ähnlich,
V'orderflügel grünlicher, Flecken un-
deutlich.) An Betula. Corylus und
Alnus.
Inc. tenuicornis Stt. (Vorderflügel dun-
kelgraubraun, zeichnungslos.) Von
Baer und Schütze aus Zweig-
anschwellungen an Birke gezogen;
die Raupe lebt vielleicht auch als
Abb. 93. Ein Birkenblatt mit zahlreichen von Mitbewohner der Zweiggalle von
Inc. körnerie//a Kauften ausgeschnittenen Epiblema tetraqiietrana Hw. (siehe
Löchern. Nach T r ägä r d h. dort).
Gattung Adela Ltr.
Auffallend metallisch gefärbte Motten mit langen Fühlern. Die Augen auch
bei den cTcT um mehr als Augendurchmesser voneinander getrennt, das Gesicht
breiter als hoch. Fühler sehr lang, bis 4 mal so lang als der Vorderflügel (Abb. 94
und Taf. I, Fig. 4).
Die auffallenden Falter findet man von Mai bis August häufig auf
Blättern in dachförmiger Flügel haltung sitzend oder im Sonnenschein
fliegend. Sie tanzen oft in großer Ge-
sellschaft, zu Hunderten, dicht gedrängt,
auf und nieder, ,, wobei sie ihre langen
Fühler senkrecht in die Höhe halten
gleich Silberfädchen, getragen von den
__ \ herrlich glänzenden Flügeln". Es ist ent-
^Mtjl^^ \y ^ffiiflfiffy schieden eine Art Hochzeitsflug, den die
^^^^«^A^^nSo^^ hübschen Tierchen da aufführen. Erst
^^JUIPPr^^i^jjJIJPP^ gegen Abend, nach dem Scheiden der
V Sonne, löst sich der Knäuel, und die
f einzelnen Pärchen verschwinden dann
zwischen dem Laube (Taschenberg).
Abb. 94. Adela ochsenheimerella Hb. Die Raupen leben ganz ähnhch
^'2'^- wie die Incurvaria-'Rsca^Q.n (s. oben);
sie machen sich aus Blattstückchen ein flaches, ovales, oft in der Mitte ein-
geschnürtes oder birnförmiges, an beiden Seiten offenes Säckchen, in dem
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
147
sie die meiste Zeit ihres Lebens am Boden von abgefallenem Laub und
abgefallenen Nadeln leben.
Forstlich ohne Bedeutung; doch eine auffallende Erscheinung und
außerdem auch waldbiozönotisch nicht ohne Interesse (Verarbeiter der Streu).
Adela ochsenheimerella Hb. (Taf. I, Fig. 4i. Vorderflügel goldgelb, mit violetten
Binden. An abgefallenen grünen Nadeln.
Adela congruella F. R. Kleiner, Vorderflügel goldgelb, in der Wurzelhälfte und
vor der Spitze mit dunklen Längslinien, dazwischen mit einer goldgelben,
violett eingefaßten Querbinde. Raupe wie die vorige lebend.
Adela viridella TAX. Dunkelgrün, messingglänzend, am VR kupferig, Hinterflügel
schwarz, purpurblau angeflogen. Kopfhaare schwarz. An Buchen- und
Eichenlaub.
4. Unterfamilie: Tineinae.
Kopf ganz oder wenigstens doch auf dem Scheitel rauhhaarig. Fühler
stets kürzer als der VR der Vorderflügel; Wurzelglied nicht scheibenförmig;
Augendeckel fehlen. Palpen kurz,
dünn, hängend. Vorderflügel ge-
streckt, vom \'K und IR her
allmählich zu der meist gerun-
deten Spitze zulaufend. Discus
mit mehr oder weniger deutlich
abgegrenzter Anhangszelle. Ader
/"b teüs in den VR, teils in die
Spitze oder den Saum verlaufend;
/•s und ci/i nie gestielt. Hinter-
flügel breit lanzettlich, nicht von
beiden Seiten her zugespitzt,
Fransen nicht länger als die
Hinterflügel breit.
Raupen in ausgesponnenen
Röhren; Puppen vor dem Schlüp-
fen weit aus dem Gehäuse her-
vortretend.
Die Tineinen enthalten ca.
drei nennen wollen: Tinea ZU.
Abb. 95.
axf
Flügelgeäder einer Tinea-Art.
Nach Spuler.
17 europäische Gattungen, von denen wir hier
Tineola H. S. und Trichophaga Rag. Eine
eigentliche forstliche Bedeutung (Schädigung von Forstpflanzen) kommt
keiner Art dieser Gruppe zu. Doch machen sich einige Arten durch Zer-
störung von Pelzwerk, Hausvorräten (wie getrockneten Pilzen, Getreide, In-
sektensammlungen usw.) recht unangenehm bemerkbar, so daß sie wohl zu den
„populärsten" Kleinschmetterlingen gehören. Wir wollen daher die häufigsten
Arten hier behandeln, da sie gewiß auch für den Forstmann Interesse be-
sitzen.
Die drei genannten Gattungen, denen diese „Hausmotten" angehören,
lassen sich wie folgt charakterisieren:
I. Mittelsporne der Hinterschienen deutlich vor der Mitte der Schiene
(Abb. 96 A) 2
— Mittelsporne an oder hinter der Mitte. Im Vorderflügcl der Abstand
zwischen r^ und r^ an ihrem Ursprung mehrmals größer als der Ab-
stand zwischen r^, und r^ (Abb. 96 B). Fühler unbewimpert . . Tineola H. S.
10*
148
II. Spezieller Teil
2. Im Vorderflügel r^ und ro normal gegen den Vorderrand gerichtet
Fühler beim (f kurz und fein bewimpert Tinea Zell.
— Im Vorderflügel r^ am Ende an r« herabgebogen und dort mit ihr
vereinigt; das gleiche gilt für /-j, die an r^ gebogen ist (Abb. 96 C).
Vorderflügel mit deutlicher Zeichnung TrichopJiaga Rag.
Abb. 96. A Hinterbein von Tinea, B Vorderteil des Vorderflügels von Tineola (r^ näher
an r^ als an r^), C Vorderteil des Vorderflügels von Trichophaga (Radialäste umgebogen).
Nach Hering.
Tineola biseliella Hum.
Die Kleidermotte.
Taf. I, Fig. 6.
Vorderflügel glänzend hellockergelb, der VR an der Wurzel gebräimt; Hinter-
flügel gelblich grau mit grauen Fransen. Kopfhaare rostgelb. Spannweite 12 — 16 mm.
Die Bionomie dieser allverbreiteten und gefürchteten Motte (sie ist
unter den Hausmotten weitaus die schädlichste) ist in letzter Zeit gründlich
erforscht worden, vor allem durch Ti tschak (1922 und 1927).
„Sogleich nach der Kopulation beginnt das Weibchen mit der Eiablage,
wozu es die Legeröhre unter tastenden Bewegungen hervorstreckt und nach
und nach einzeha die Eier ablegt, die nicht angeklebt, sondern lose auf den
Stoff gelegt werden. Je nach der Wärme kann die Eiablage schon nach
2 oder erst nach 30 Tagen beendet sein. Die An-
zahl der Eier ist abhängig von der Ernährung des
Muttertieres im Raupenstadiuin und kann bis 220
betragen. Die Eier haben etwas unregelmäßig
ellipsoide Gestalt; ihre Länge schwankt von 0,4
bis 0.7, ihre Breite von 0,28 — 0,38 mm. Unbefruch-
tete Eier gelangen nicht zur Entwicklung. Bei
20 0 C verlassen die Räupchen die Eihülle nach
12 Tagen. Die Raupen spinnen Seidenfäden, die
ihnen einerseits auf glatten Flächen die Fort-
bewegung ermöglichen, andererseits zur Herstel-
lung ihrer Fraß- und Verpuppungslöcher dienen. Erstere sind langgestreckte
Gespinströhren, die die Länge der Raupe bis zu 15 mal übertreffen, die
Haarmassen der Felle, die Wollfäden der Gewebe durchbohren, sich dabei
oft spiralig winden oder geknickt, oft sogar ganz unregelmäßig verlaufen
(Abb. 98). Sie werden um so länger, je ungünstiger der Nährboden ist. Die
Raupe frißt an beiden Ausgängen des Köchers, in dem sie sich umwenden
kann. Wenn die Raupe genügend gefressen hat, schreitet sie zur Verpuppung.
Abb. 97. Die Kleidermotte
Tineola biseliella Hum.
2V2 X.
I. Unterordnung: INIicrolepidoptera, Familie Tineidae.
149
Die Dauer des R a u p e n s t a di u m s ist also von Wärme und Nähr-
stoff abhängig. Auf Rinder- und Kaninchenhaaren verläuft bei 20 — 25 " C
die gesamte Entwicklung in 3^2 — 4 Monaten, auf Wollstoffen dauert sie da-
Abb. 98. Fraßröhre einer Kleidermottenraupe mit Kokon. Die bereits vom Falter
verlassene Puppenhülle ragt aus dem Kokon hervor. Etwa 3 mal vergrößert.
Nach Severin aus Zacher.
gegen bei derselben Temperatur 10 Monate! Im allgemeinen kann man bei
uns mit 2 — 4 Brüten im Jahr rechnen. Die Entwicklungsdauer verkürzt sich
bei höherer Wärme. Sie beträgt bei 15° für Männchen durchschnittlich
186,5 Tage, für Weibchen 195,5, bei 30° aber nur 61,8 bzw. 72,5 Tage.
Zur Verpuppung wandert die Raupe häufig aus dem Nährmaterial
aus und klettert an höher gelegene Stellen, wo sie sich einen Verpuppungs-
köcher baut, der stets an Stellen an-
gelegt wird, wo der Falter unbeschä-
digt an die Oberfläche gelangen kann.
Zur Bekleidung des Verpuppungs-
köchers wird immer das Material aus
der unmittelbaren Umgebung genom-
men, so daß der Köcher stets in der
Farbe sich der Umgebung völlig an-
paßt. Dabei werden manchmal Stoffe
verwandt, die für die Ernährung der
Raupe gar nicht in Betracht kommen,
wie Baumwolle, Pappe, Asbest, Kork
usw. Der Puppenköcher ist allseitig
geschlossen und festgewebt, so daß er
der Puppe guten Schutz gewährt. Die
Puppenruhe bis zum Schlüpfen dauert
14 — 44 Tage" (Zacher 1927).
Die Kleidermotte zerstört nicht
nur wollene Kleidungsstücke
und Kleidungstücke aller Art,
sondern geht auch an Roßhaar und
andere Tierhaare (Bürsten), so-
wie an Federn (Abb. 99). Auch In-
sekt e n s a m m 1 u n g e n können ihr
zum Opfer fallen. Großen Schaden
Abb. 99. Mottenfraß an Federn.
Nach Zacher.
150 II. Spezieller Teil.
richten die Kleidermotten auch in Käsefabriken an, wo sie das Kasein
befallen. Endlich wurden sie auch in Pflanzenstoffen angetroffen, wie in
Peluschken und Grieß (Zacher).
Wie groß der Schaden zu bewerten ist, geht aus einer (allerdings theore-
tischen) Berechnung Titsch aks (1927) hervor, wonach die Nachkommen
eines einzigen Weibchens zu ihrer Ernährung bei 20 Grad im Laufe eines
Jahres rund 30 kg Wolle verbrauchen (bei dauernder Wärme von 30° würde
sich der entsprechende Nahrungsbedarf auf das 6000 fache erhöhen!).
Bekämpfung 1): Der Fang der durch die Zimmer fliegenden Motten
hat nur geringen Wert, da die fliegenden Stücke zumeist cfcT oder alte,
eierleere Weibchen sind. Die Beachtung der fliegenden Motten hat nur inso-
fern Wert, als man hierdurch auf die Brutstätten aufmerksam gemacht
werden kann.
Da die Eier nur lose sitzen, so kann die mechanische Behandlung der
Stoffe von guter Wirkung sein (klopfen, bürsten, schütteln). Aussetzen der
Stoffe dem Sonnenlicht ist zu empfehlen; bei dunklen Stoffen tritt die töd-
liche Wirkung rascher ein als bei hellen. Auch tiefe Temperaturen wirken
tödlich (Kühlräume). Dicht schließende Kästen oder Umhüllungen aus
Papier usw. halten die 9 ab.
Die Zahl der Mottenmittel ist Legion; die wenigsten davon halten das,
was deren Hersteller versprechen.
,.Das bekannteste Mottenmittel ist Naphthalin, dessen Wirkung je
nach Güte des Fabrikates verschieden ist. Es genügt im allgemeinen i Pfund
auf 6—10 Kubikfuß (450 g auf i/g bis 1/4 cbm). Kampfer wirkt schwächer und
weniger zuverlässig. Viel gebraucht wird auch Paradichlorbenzol, das unter
dem Namen „Globol fest" im Handel ist. Auch frisches, gutes Insekten-
pulver tötet die Mottenraupen, wenn man die Sachen gut damit bestäubt und
dann in dicht schließende Behälter bringt. Als langsam wirkendes Mittel hat
sich Hexachloräthan bewährt, das unter dem Namen „Mottenhexe" im
Handel ist. Pfeffer hat keine genügende Wirksamkeit und kann höchstens
manchmal die Weibchen von der Eiablage abhalten.
„Für die Bekämpfung in gewerblichen Betrieben kommt die Vergasung
der Lagerräume mit Schwefeldioxyd, Schwefelkohlenstoff, Areginal, Tetra-
chlorkohlenstoff oder Blausäure in Frage oder für Einzelstücke und kleine
Posten Anwendung derselben Gase (besonders Tetrachlorkohlenstoff oder
Areginal) in Vergasungskisten. Blausäure kommt nur für Großbetriebe in
Frage, da die Anwendung nur mit behördlicher Konzession vorgenommen
werden darf" (Zacher).
„Einen ganz neuen Weg der Bekämpfung bietet das unter dem Namen ,,Eulan"
von der Firma I. G. Farbenindustrie (Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer) in
den Handel gebrachte Präparat. Die Grundlage bildete die Beobachtung, daß ge-
wisse grüne Stoffe nicht von Motten gefressen werden, zu deren Färbung ein be-
stimmter, heute nicht mehr gebräuchlicher Teerfarbstoff, das „Martiusgelb" ver-
wendet worden war. Hiervon ausgehend, ist es gelungen, ein färb- und geruchloses
Mittel herzustellen, das die damit durchtränkte Wolle vollkommen ,, mottenecht"
macht. Die Mottenraupen fressen die mit diesem „Eulan" genannten Präparat be-
handelte Wolle nicht, und soweit sie doch kleine Teilchen davon abbeißen, zeigen
sie eine hohe Sterblichkeit, die durch die spezifische Giftwirkung des „Eulans" be-
ll Zacher, Fr., Die Vorrats-, Speicher- und Materialschädlinge und ihre Be-
kämpfung. Berlin (P. Parey) 1927.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 151
wirkt wird. Die Raupen verlieren jede Freßlust, wandern unstet umher und spinnen
keine Röhren mehr.
„Das ,Eulan'- Verfahren ist mit Erfolg anwendbar, sowohl für Garne, lose Wolle
und Kammzug wie für Strickware, ferner auch für Federn, Roßhaare und Borsten.
Pelze kann man bei der Gerbung oder Färbung, nicht mehr aber als tragfertige
Pelze behandeln" (Zacher).
Tinea pellionella L.
P e 1 z m o 1 1 e.
Kopf gelb, Augen breiter als der Zwischenraum zwischen ihnen. Vorderflügel
fettglänzend hellgelb, manchmal mit mehreren deutlichen dunklen Punkten. Flügel-
saum gelblich. Hinterflügel so breit wie die Vorderflügel, hellgrau. Fühler und
Palpen dunkel. Spannweite ii — 17 mm. Die Raupen unterscheiden sich von denen
der vorigen Art durch ihren schwarzen Kopf.
Diese kosmopolitische Art lebt ähnlich wie die Kleidermotte. Doch
unterscheiden sich die Raupen in ihrer Lebensweise insofern von diesen, als
sie nicht in festsitzenden Gespinströhren leben, sondern in selbstgesponnenen
Köchern, die sie dauernd mit sich herumtragen und entsprechend ihrem
Wachstum vergrößern. Erwachsen, heften sie ihre Köcher mit eigenen
Seidenfäden an der Unterlage fest (Zacher).
Die Pelzmottenraupe frißt an allerlei Wollstoffen, Fellen,
Federn usw. In Haushaltungen ist sie bei uns im allgemeinen nicht häufig;
dagegen treten sie in Bettfedernhandlimgen oft sehr schädigend auf
(Zacher). Bekämpfung wie bei der vorigen Art.
Tinea cloacella Hw.
Schleusenmotte, Kork motte.
Taf. I, Fig. 5.
Falter: Gelbbraun, weißlich gemischt ; der Schulterfleck rundlich, nicht bis zur
Falte reichend. Hinterflügel stumpfwinklig. Kopfhaare rostgelb. Raupe weißlichgelb,
mit feinen, braunen Wärzchen und hellbraunem Nackenschild. Spw. 15 — 18 mm.
Die Korkmotte steht sowohl mor-
phologisch als auch biologisch der in
Getreidespeichern so sehr gefürchteten
Getreidemotte (Tinea granella L.) sehr
nahe. Biologisch unterscheidet sie sich
insofern von dieser, als sie feuchte
Nahrung und Aufenthaltsorte bevor-
zugt, während die Getreidemotte nur
an trockene Samen geht.
Der Falter fliegt meist von Mai
bis Juli (kann aber auch schon im
April und noch im September beob- p^^^^ .^o. Die Korkmotte, Tinea
achtet werden). Die Raupen überwin- cloacella Hw. 2\'2 X-
tern und verwandeln sich im folgen-
den Frühjahr in die Puppe, die sich aus ihrem Gespinst herausschiebt.
Über den Schaden schreibt Zacher (S. 216): So lange die Raupen nur
Schiinmelpilze fressen oder im Freien an Baumschwämmen vorkoinmen, sind
sie ohne Bedeutung. In Weinkellern dagegen können die Verluste großen
152
IL Spezieller Teil.
Umfang annehmen. Hunderte von Flaschen wertvoller Weine sind schon
dadurch vernichtet worden, daß die Raupen die Korken zerfressen haben
(Abb. loi). Krausse (191 6) beobachtete die Raupen
in getrockneten Steinpilzen, die sie völlig zer-
störten bzw. unbrauchbar machten. Die zerfres-
senen Pilze bildeten Klumpen, bestehend aus durch
Fäden zusammengesponnenen Pilzresten und Ex-
krementen. Hartmann gibt als Fraßorte an:
faulendes Holz von Eichen, Buchen, Birken und
Weiden.
Zur Vorbeugung gegen Korkfraß empfiehlt
Stell waag (1928, S. 757) Anwendung von Me-
tallhülsen. Blausäureräucherungen des Kellers
haben guten Erfolg gezeitigt, lassen sich aber nur
in solchen Kellern durchführen, die ganz dicht ab-
_ gedichtet werden können.
Abb. loi. Kork einer Wein-
flasche, von Tinea cloa-
cella Hw. l3enagt^ ^^^ cloacella leben noch eine ganze Anzahl anderer
'='' T^/V^^^-Arten in faulendem Holz, Baumschwämmen usw., wie:
2\parasitella Hb. (in Holzschwämmen und faulem Holz).
T .corticella Curt. (in Buchenschwämmen),
T. quercicolella H. S. (in Schwämmen und krebsartigen Auswüchsen alter Eichen).
In Vogelnestern lebt:
T . fusci punctella Hw. (in Vogelnestern, Taubenställen, Mehlwurmtöpfen usw.)
Trichophaga tapetiella L.
T a p e t e n m o 1 1 e.
Eine größere Motte (12 — 24 mm i mit ausgesprochener Vorderflügel-Zeichnung:
Am Grunde sind die Vorderflügel schwarzbraun, die übrigen zwei Drittel gell:i]ich-
weiß mit bräunlichem Spitzenfleck. Die Kopfhaare weiß.
„Die Larven, die wie die Kleidermottenlarven Gänge in das Nährmate-
rial fressen und ihre Seidenköcher festspinnen wie diese, oder in einem
Säckchen leben wie die Pelzmotte, erreichen eine Länge von 13 mm. Ver-
breitung: Europa, Westasien, Japan, Nordamerika. Sie bevorzugen gröbere
Gewebe, schädigen Fußboden- und Wandbespannung, Möbelpolsterung,
Teppiche, Pferdedecken, Felle, Häute und Pelze und sollen sogar Papier-
tapeten angegriffen haben (letzteres wohl Irrtum, es wird Stoff tapete ge-
wesen sein). Sie ist bei uns auch im Freien vorhanden, wo sie in den vor-
wiegend aus Mäusehaaren bestehenden Gewöllen von Schleiereulen und
anderen Raubvögeln gefunden wurde. Auch in Bettfederhandlungen treten
sie zuweilen stark schädigend auf. Bekämpfung wie bei der Kleidermotte"
(Zacher).
5. Unterfamilie: Hyponomeutinae.
Kopf deutlich abgegrenzt, mit breiter, gewölbter Stirn, oben dicht
wollig oder etwas anliegend behaart. Fühler vorne über den Augen befestigt.
oder hängend, ziemlich klein. Vorderflügel bis -/s gleich breit, oder wenn
verbreitert, dann VR abgebogen. Zumeist geht r^ früh ab und ist eine große
. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
153
Anhangszelle vorhanden; r^ und r^ (trennen sich oft erst nach dem Discus)
umfassen die Spitze. Wenn /-o — r^ um die Discusspitze zusammengedrängt
stehen, so fehlt die Anhangszelle. Vor r^ meist die Membran getrübt
(Stigma). Ader an gegen den Saum kräftig, Wurzelschlinge bisweilen sehr
groß. Hinterflügel bis 1/3 oder 1/2 mit vorgebauchtem Vorderrand.
Raupen sehr verschieden lebend, viele minierend in Blättern, Nadeln,
Knospen oder Früchten, andere gesellig in großen Gespinsten lebend. Die
Falter ruhen mit dachförmigen Flügeln.
Ca. 20 Gattungen und ca. 120 europäische Arten, von denen nur wenige
forstlich schädlich bzw. beachtenswert sind.
Die hier behandelten Gattungen lassen sich dichotomisch folgender-
maßen darstellen:
1. Im Vorderflügel gehen 5 Adern in den VR (Abb. 102) 2
— Im Vorderflügel gehen nur 4 Adern in den VR 7
2. Im Hinterflügel rr und ?n^, also die die Spitze umgreifenden Adern,
lang gestielt 8. Cerosioma Ltr.
^^z^~~3)Cf^~"an ^^ ^^^ ^^7 ^"
Abb. 102. Flügelgeäder von Hypono- Abb. 103. Flügelgeäder von Frais curli-
meula Ltr. Vorderflügel mit Stigma. sellits Dup. Nach Spul er.
Nach S p u 1 e r.
— Im Hinterflügel die die Spitze umgreifenden Adern nicht lang-
gestielt 3
3. Im Hinterflügel gehen von den aus der Zelle entspringenden Adern
(also m^ bis cu^ 5 in den Außenrand des Flügels 4
— Im Hinterflügel gehen von den aus der Zelle entspringenden Adern
nur 4 in den Außenrand 5
4. Im Hinterflügel m^ und ?«,' ^Iso die beiden unterhalb der Spitze in
den Saum gehenden Adern gestielt (Abb. iio, S. 162) . . 4. ArgyreslJüa Hb.
— Im Hinterflügel 7n^ und Wo nicht gestielt 2. Scytliropia Hb.
5. Hinterflügel an der Wurzel mit einer glasklaren, schuppenlosen
Stelle. Vorderflügel meist grau oder weiß mit schwarzen Punkten
3. Hypoiio/nc!i/a Ltr.
— Hinterflügel ohne Glasfenster an der Wurzel 6
6. Im Vorderflügel die die Spitze umfassenden Adern {r^ und r.J ge-
stielt (Abb. 103), Kopf ziemlich angedrückt beschuppt, Palpen lang,
den Kopf überragend i. Prays Hb.
— Im Vorderflügel die die Spitze umfassenden Adern nicht gestielt
(Abb. 121, S. 172), Kopf, wenigstens oben, abstehend, Stigma dick,
groß und deutlich 5. Cedestis Hb.
154 II. Spezieller Teil.
7. Im Vorderflügel die die Spitze umgreifenden Adern nicht gestielt
6. Dyscedestis Spul.
— Im Vorderflügel die betreffenden Adern gestielt (Abb. 125, S. 173)
7. Ocnerostoma ZU.
Gattung Prays Hb.
Kopf anliegend behaart, Wurzelglied der Fühler verdickt, nackt. Palpen
länger als der Kopf. Ohne Nebenpalpen. Vorderflügel mit sehr langem Discus
und großer Wurzelschlinge, r^ und r^ gestielt. Stigma zwischen r^ und VR. Hinter-
flügel mit scharfer Spitze und stark erweitertem bzw. gebauchtem VR. Ader m^
und cu-j^ verschmolzen (Abb. 103).
Raupen zuerst minierend, dann in Knospen. Nur eine Art forstlich be-
achtenswert: P. curtisellus Dup.
Prays curtisellus Dup.
Eschenzwiesel motte.
(Taf. I, Fig. 7.)
Falter anliegend dicht behaart. Augen schwarz, Thorax weiß, seitlich
schwarz gerandet, Hinterleib oben braungrau, unten heller. Vorderflügel weiß mit
dunkel braungrauen Fransen. Am Vorderrande nicht weit von der Wurzel beginnend
und bis zu zwei Drittel der Flügellänge reichend ein grauer Dreiecksfleck, der mit
einer bedeutend dunkleren, oft schwarzen Spitze weit in die Flügelfläche hineinragt.
Am Vorderrande in demselben mitunter hellere Fleckchen. Nahe der Wurzel, an der
Spitze und am Innenwinkel noch mehrere kleinere dunkelbraune oder schwarze
Flecken. Hinterflügel braungrau mit etwas helleren Fransen. Spannweite 14 — 17 mm.
Raupe in der Jugend honiggelb mit braunem Kopfe und Nackenschilde;
später durchscheinend schmutzig grün, auf dem Rücken rotbraun gewässert, auf
dem Bauche dunkelgrün; der Kopf, das geteilte Nackenschild und die Afterklappe
schwarz. Länge 7 — 10 mm.
Puppe in lockerem Gespinste, anfänglich grün mit braunem Vorder- und
Hinterende; die verlassene Hülle ist ledergelb.
Verbreitung: Von England, Schottland und Schweden durch Frankreich
und Deutschland bis Piemont und Rußland, sowie in Armenien, aber immer mehr
lokal.
Über die Bionomie dieses recht lästigen Eschenschädlings hat zuerst
Kaltenbach nähere Angaben gemacht; besonders eingehend hat sich dann
Borg mann mit demselben beschäftigt, der das Tier in die Forstentomologie
eingeführt und mehrere Arbeiten darüber veröffentlicht hat (1888, 1891 und
1893). Von ihm stammt auch die Bezeichnung „Eschenzwieselmotte".
Wir folgen hier in der Hauptsache der Darstellung Borgmanns.
Unsere Motte hat, wenigstens in unserem Gebiet, eine doppelte Gene-
ration mit folgender Bioformel:
6P — 7
;a_[-8P
8P — 9,5
6^-[-6P \
Der Falter fliegt zum erstenmal in der zweiten Hälfte des Juni; die
Eier werden von den Weibchen an die Blätter abgelegt, und anfänglich
minieren die jungen Räupchen in denselben, indem sie das Blattfleisch
zwischen Ober- und Unterhaut ausfressen. Diese mit braunem Kot aus-
gefüllten Minen (Abb. 104 F) haben keine besonders charakteristische Gestalt.
Bald verläßt aber die wachsende Raupe die Mine und frißt nun die Ober-
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
155
Seite des Blattes und das Blattfleisch, so daß nur die Unterhaut des Blattes
stehen bleibt (Abb. 104 G). Bei weiterem Wachstum sucht die Raupe zwischen
aufeinanderliegenden Blättern Schutz, spinnt sie zusammen und frißt große
Löcher, welche mit einigen Spinnfäden, in denen Kotklümpchen hängen,
ijberzogen werden (Abb. 104 H). Die Verpuppung findet Ende Juli, Anfang
August meist nicht am Fraßorte, sondern am Boden zwischen dürren Blättern
statt. Die Puppenruhe dauert jetzt ungefähr nur 8 Tage.
Zum zweitenmal fliegt also der Falter Mitte und Ende August, legt
wieder seine Eier an die Blätter, und die jungen Septemberräupchen minieren
diese genau so, wie es die Juliräupchen zuerst taten. Anfang Oktober, wenn
die Blätter abfallen, verlassen sie aber die Minen und bohren sich nun durch
die Knospendeckblätter in die Terminalknospen der Eschentriebe ein. Ihr
Abb. 104. Die Eschenzwieselmotte, Prays ctirlisellus Dup. und ihr Fraß.
A der Falter (2 mal vergr.), B Herbstfraß der jungen Raupe in der Endknospe (das
Bohrloch ist durch einen schwarzen Punkt angedeutet, die punktierte Linie zeigt den
Schnitt an, durch den die Zwieselbildung vermieden werden kann). C die junge Raupe
hatjdie austreibende Knospe im Frühjahr verlassen und sitzt äußerlich zwischen den
Gespinstfäden. D und E Fraß der Frühjahrsraupe im Trieb, F, G, H Fraß der Sommer-
raupen an den Blättern, B — H 1/2 n^^. Größe.
Nach Borgmann und A 1 1 u m aus N i t s c h e.
Vorhandensein wird durch leicht zusammengesponnenes Bohrmehl um das
sehr feine Eingangsloch angedeutet (Abb. 104 C). Hier ruht die Raupe im
Winterlager. Bei Beginn des Frühjahres wächst sie rasch, frißt nun die in-
folge davon nicht austreibende Terminalknospe vollständig aus, gibt dann
ihre versteckte Lebensweise auf und frißt frei an den eben ausgebrochenen
Eschenblättern. Ist der Knospeninhalt aufgezehrt, ehe der Laubausbruch er-
folgt, so erwartet die Raupe diesen mitunter zwischen einigen äußerlich an
156 11. Spezieller Teil.
die Terminal- und die eine Seitenknospe angesponnenen Fäden (Abb. 104 C).
Mitunter scheint aber die Terminalknospe nur so wenig beschädigt zu werden,
daß sie doch noch austreibt, dann steigt die Raupe im Triebe nach abwärts
(Abb. 104 D u. E) und höhlt ihn auf eine Länge von i — 2 cm aus, worauf der-
selbe schwarz wird und mitsamt den entwickelten Blättern abstirbt. Mitunter
scheint aber auch letzteres nicht zu geschehen, vielmehr entwickeln sich zwar
oberhalb der Fraßstelle End- und Seitenknospen, doch bleiben sie schwäch-
lich, kümmern und sterben später wohl auch ab. Bei dem Fraß im Triebe
wird der Kot durch seitliche Löcher ausgeworfen. In diesem Fall scheint ein
äußerer Fraß an den Blättern nicht zu folgen. Aber auch dann verläßt die
erwachsene Raupe ihre Fraßstelle und verpuppt sich äußerlich am Zweige
Anfang Juni in einem weitmaschigen, hängemattenähnlichen, nur aus wenig
Fäden bestehenden Gespinste. Der Falter erscheint dann im Juni nach einer
etwas längeren aber höchstens drei Wochen dauernden Puppenruhe, mitunter
noch im Juli.
Die Raupe scheint monophag zu sein, wenigstens ist sie bis jetzt nur
an Esche (Fraxifius excelsior) gefunden worden. Mit Vorliebe werden junge
Pflanzen und Heister angegangen, und zwar meist die überschatteten und
dichtstehenden Stämmchen, seltener freistehende.
Der Fraß der Sommergeneration ist vollständig gleichgültig, dagegen
kann der Fraß der Wintergeneration recht lästig und schädlich werden. Er
ist wohl einer der Gründe für die Zwieselbildung, die „bei keiner anderen
einheimischen Laubholzart so häufig vorkommt als bei der Esche". Nach
Zerstörung der Terminalknospe entwickeln sich nämlich unter derselben die
beiden Seitenknospen, so daß eine Gabel entsteht. Der von Borgmann ge-
gebene Name Eschenzwieselmotte ist daher völlig zutreffend.
In den Beständen dürfte es kaum angehen, diesen Schädling zu be-
kämpfen. Doch kann dies in den Kämpen wohl geschehen. Allerdings ist es
schwer, bereits im Herbst die angebohrten Knospen aufzufinden, doch ist
dies beim zeitigen Frühjahrsfraß wohl möglich, wenn man auf die Triebe
achtet, an denen entweder eine Blattentwicklung unterbleibt oder die etwa
entstandenen noch grünen Blätter herabhängen. Dann kann man durch einen
Schrägschnitt die Terminalknospe nebst einer der Seitenknospen entfernen
und so die andere Seitenknospe veranlassen, sich zu einem Endtriebe auszu-
bilden. Ist die Knospe noch von der Raupe bewohnt, so wird diese gleich-
zeitig vernichtet; war die Raupe bereits ausgewandert, verhindert man wenig-
stens die Zwieselbildung (Abb. 104 B).
Die zweite europäische Art derselben Gattung, Prays oleella Farr., lebt im
Süden an der Olive und hat eine dreifache Generation: Die Frühlingsraupen
minieren die Blätter, die der folgenden Generation zerstören die noch nicht ge-
öffneten Blüten und die der letzten die Früchte selbst. Sie ist daher sehr schädlich.
Gattung Hyponomeuta Ltr.
Gespinstmotten.
Größere Motten mit charakteristischer Färbung: Vorderflügel weiß mit
schwarzen Punkten, Hinterflügel grau. Kopf anliegend, hinten seitlich in die Höhe
gestrichen behaart. Palpen von i — 2 Kopflänge, aufgebogen, schlank, Nebenpalpen
meist sehr klein. Vorderflügel lang, bis Vs der Länge verbreitert, mit deutlichem
Innenwinkel zwischen cu^ und cil^- Spitze abgerundet. Basal w ziemlich gut er-
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
157
halten, m^ und c//^ nahe beieinanderstehend. Kurze Wurzelschlinge, ax^ lang, nahe
bei an mündend. Hinterflügel bis zur Mitte verbreitert, dann der VR scharf an-
gezogen. /«, nahe bei m-^ entspringend, W3 stets mit cu-^^ verschmolzen (s. Abb. 102).
Die meist gelblichen, dunkel punktierten Raupen leben gesellig in
großen Gespinsten auf Sträuchern, Bäumen. An Obstbäumen oft großen
Schaden machend. In Europa ein Dutzend Arten.
Die Bionomie aller Gespinstmotten ist in der Hauptsache die gleiche,
so daß wir sie hier gemeinsam (nach H . 7nalinella) behandeln können. Wir
geben hier die Schilderung von Reh (S.307)
wieder, die alles Wissenswerte enthält:
„Der Falter fliegt von Ende Juni (im
Süden) bzw. Mitte Juli (im Norden) an bis
August. Das Weibchen legt je 50 — 80 Eier
dachziegelförmig in einem Häufchen an die
glatte Rinde der jungen Zweige und über-
deckt sie mit einer schleimigen, rasch er-
härtenden, zuerst gelblichen, glatten, später
braunen, runzeligen Ausscheidung seines
et
Abb. 105. Hypo)ioiueiita pade/la L. 2i/j X-
Hinterleibes. Nach 3 — 4 Wochen schlüpfen
die Räupchen aus, die aber unter ihrem
durch die Eischalen und ein dichtes Ge-
spinst verstärkten Schilde bleiben und über-
wintern. Sie scheinen sich dabei vom Baum-
safte zu ernähren, wenigstens bleibt die
Rinde unter ihnen immer grün und feucht.
Von Mitte März bis Anfang Mai verlassen
sie den Schild durch i — 2 nadelstichfeine
Öffnungen und begeben sich zur nächsten
Knospe. Ist diese noch geschlossen, so wird
sie ausgehöhlt; ist sie schon geöffnet, so
bohren sich die i mm langen, schwarz-
köpf igen Räupchen zu je 10 — 12 in die
äußeren Blättchen von der Spitze aus ein und minieren sie nach der
Basis zu aus; die betreffenden Blättchen werden von der Spitze aus zu-
nächst rot, dann braun, sterben und fallen ab. Wenn die Räupchen derart
eine Anzahl junger Blätter ausgefressen haben, gehen sie auf das nächste
größere Blatt und skelettieren es von oben unter einer schützenden Gespinst-
Abb. 106. Gespinst von Hy[^uiio-
mciita cogiialeUa Hb. an Pfaffen-
käppchen (Evony/ni/s). a einige
Kokons. Nach Nitsche.
158 II. Spezieller Teil.
decke. Nach weiteren lo Tagen sind sie etwa 5 mm lang, gelb mit schwarzen
Schildern und Brustfüßen. Nun wandern sie nach den Astgipfeln und ver-
fertigen das erste Nest (Abb. 106). Solange möglich, suchen sie dieses durch
Einspinnen neuer Blätter zu vergrößern; nur wenn keine Blätter mehr in er-
reichbarer Nähe sind, verlassen sie das alte und spinnen an einem neuen Trieb
ein neues Nest, wobei sich oft die Insassen verschiedener Nester vereinigen, so
daß große, bis 1000 Individuen zählende Sammelnester entstehen können.
Auch die Rinde junger Zweige wird im Notfalle abgenagt. Im Juni ver-
puppen sie sich in dem Gespinst, jede in einem eigenen, dichten, weißen
Kokon, die bei H . malinella in dichten Klumpen senkrecht nebeneinander-
stehen.
In manchen Jahren, nach Schreiner besonders in solchen mit trockenen,
heißen Sommern, treten die Gespinstmotten in ungeheuren Massen auf und
können dann ganze Bäume unter einem scheinbar zusammenhängenden Neste
entblättern. Im allgemeinen ist der Schaden nicht besonders groß, da der
Fraß so früh beendet ist, daß die Bäume sich später wieder belauben können;
so kann derselbe Baum oder Strauch fast jahraus jahrein kahl gefressen
werden, ohne ernstlich zu leiden. — An Obstbäumen wird selbstverständlich
die Ernte durch die Zerstörung des Laubes sehr beeinflußt und kann bei
Kahlfraß völlig zunichte werden i).
„Auf ein starkes Gfespinstmottenjahr braucht nicht ein gleiches zu folgen.
Nicht selten bedecken sich Mitte Mai Bäume und Sträucher dicht mit den
Gespinsten, die Ende des Monats oder Anfang Juni wieder ganz verschwun-
den oder wenigstens jämmerlich mitgenommen sind. Ob dieses auf tierische
Feinde oder auf ungünstige Witterung, namentlich kalte Regen zurück-
zuführen ist, muß dahingestellt bleiben."
Jedenfalls werden die Gespinstmotten von einem großen Heer von
Parasiten befallen, denen ein wesentlicher Anteil an den Gradationskrisen zu-
fallen dürfte. Durch Ratzeburg, Mokrzecki (1913) und Schwangart
(1915)2) sind die Parasiten eingehend studiert. Bei einem der Hyponoineuta-
Parasiten (Ageniaspis fuscicollis Thom.) kommt Polyembryonie vor, durch
die eine besonders starke und schnelle Vermehrung ermöglicht wird (s. Bd. I,
S. 128).
Die Gespinste der Hyponomeuten können große Festigkeit erlangen. Besonders
scheint sich in dieser Beziehung das Gespinst von evonymella hervorzutun, wie
Nitsche (S. 1065) erwähnt und neuerdings von Sihler (1920) näher erläutert
wird. Besonders bei Kahlfraß schieiern die Raupen dieser Art den ganzen befallenen
Baum von der Krone herab bis zum Fuß mit einem dichten Schutzgespinst ein, das
eine erstaunlich große Reißfestigkeit aufweist. Die mikroskopische Untersuchimg
zeigt deutlich eine Hauptrichtung der Gespinstfäden und das gleichzeitige Auftreten
anderer schief und senkrecht zur Hauptrichtung laufender und lassen somit ganz den
Charakter der Kunstprodukte des heutigen Maschinenpapiers erkennen, und zwar des
allerfeinsten Papiers (feiner und leichter als japanisches Seidenpapier und nur i/^o so
schwer als gewöhnliches Zigarettenpapier). Die große Reißfestigkeit und Dehnbar-
keit von Garnen aus diesem Raupengewebe entspricht dem „optimalen Drall" der
Papiergarne. Es wurden denn auch schon verschiedentlich Versuche unternommen,
1) Nach Schreiner beträgt der jährliche Verlust der Apfelernte bei Saratow
gegen 3 Millionen Mark.
2) Schwangart führt 10 Tachinen, 7 Braconiden, ■^2) Ichneumoniden und
19 Chalcididen an.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 159
die evo/iymella-Ges'pinsie technisch zu verwerten, ohne jedoch zu einem Erfolg ge-
kommen zu sein.
„Die Unterscheidung der verschiedenen Arten ist trotz anscheinend guter
morphologischer und biologischer Merkmale schwierig, da die Variabilität
eine recht breite ist; die Anschauung Marchals, daß die meisten Arten
nur biologische, an die verschiedenen Nährpflanzen angepaßte Formen seien,
hat manches für sich. Dagegen spricht allerdings die große Polyphagie der
meisten Arten, vorausgesetzt, daß die betreffenden Angaben nicht auf
ungenaue Bestimmung beruhen" (Reh). Große Verwirrung herrscht bezüg-
lich der Synonymie. Wir folgen hier der im Katalog von Staudinger-
Rebe 1 angenommenen Synonymik, die sich mit den Angaben Ratze burgs
deckt. Die vier häufigsten Arten sind:
H. padella L. (= variabilis ZIL). (Taf. I, Fig. 8.)
Vorderflügel mit ungefähr 30, in 3 Längsreihen stehenden, ziemlich großen
Punkten. Längs des Vorderrandes ein mehr oder weniger breiter, grauer Anflug.
Unterseite der Vorderflügel und Fransen graubraun. Spannweite 20 — 22 mm
(Abb. 105).
Raupe 16 füßig, nach vorn und hinten auffallend verschmälert, mit großem,
hinten ausgeschnittenem dunklem Kopfe und deutlichst geteiltem dunklem Nacken-
schilde. Leib grau, grünlich oder gelblich mit vier dunkeln, je ein langes Haar
tragenden Warzen auf der Oberseite der Ringe 4 — 12. An der Seite des Leibes zwei
Reihen weiterer solcher Wärzchen, zu je einer auf jedem Ringe. Auf den
Ringen i — 11 je zwei große, dunkle, nierenförmige Chitinschilder, die auf den
Ringen 4 — 11 nach außen von den beiden vorderen Wärzchen der Oberseite dicht an
denselben stehen. Letzter Ring mit kleiner, dunkler Afterklappe. Länge ungefähr 2 cm.
Puppe an Kopf, Brust, Flügelscheiden und Hinterleibsende braun, sonst gelb-
lich mit 6 hakigen Borsten am Aflerende, in einem spindelförmigen durchsich-
tigen Gespinste.
Die Raupe lebt hauptsächlich auf Eberesche, Schlehe, Schwarz- und
Weißdorn, Mispel und Pyrus- Arten, dann außerdem auch (nach Taschen-
berg) auf Weide und wildem Kirschbaum.
H. cognatella Hb. {^ evonymella Scop.).
Kopf, Brust und Vorderflügel rein weiß, letztere mit ungefähr je einem
Dutzend größerer schwarzer Punkte in 3 Längsreihen. Außerdem einige kleine
schwarze Punkte vor der Flügelspitze. Fransen auch rein weiß. Unterseite der
Vorderflügel grau, die hintere Hälfte des Vorderrandes und die Saumfransen rein
weiß. Hinterflügel grau, gegen die Spitze hin mehr weiß. Spannweite 19 — 24 mm.
Raupe der vorigen fast gleich, aber Farbe des Leibes gelb. Länge un-
gefähr 2 cm.
Puppe gleichmäßig rötlich gelb, ebenfalls mit 6 Borstenhaaren am Afterende.
Die Hauptfraßpflanze ist Evonymus europaeus (Pfaffenkäppchen) ; die Raupe
frißt aber auch auf Rhamnus Jrangula, Eberesche und Eichen (Berenger
1855).
H. malinella ZU.
Der vorigen Art äußerst ähnlich, aber durch die etwas mehr graue Färbung der
Fransen auf der Unterseite der Vorderflügel sowie auf den Hinterflügeln unter-
schieden.
Die Raupe lebt hauptsächlich auf Apfelbaum und anderen Pyrus-kxiftVL,
ferner auf Weißdorn, Traubenkirsche usw. Die Art ist weit verbreitet, über
ganz Mitteleuropa, Italien, Kleinasien, Japan, seit 1909 auch in Nordamerika.
160 II. Spezieller Teil.
H. evonymella L. (= padi ZU.).
Kopf, Brust und Oberseite der Vorderflügel rein weiß, letztere mit weißen
Fransen und je über 40 feiner, schwarzer Punkte, die in 5 Längsreihen und
vor dem Saume stehen. Unterseite grau, hintere Hälfte des Vorderrandes und die
Fransen des Saumes weiß. Hinterflügel grau, Fransen gegen die' Spitze hin weiß-
lich. Spannweite 22 — 25 mm.
Raupe den vorigen ähnlich, aber Leib gelb und auf den Ringen 4— 1 1 nicht
je 2, sondern je 4 dunkle Chitinschilder, von denen das hintere Paar kleiner ist als
das vordere. Länge ungefähr 2 cm.
Puppe durch den Mangel der Borstenhaare am Afterende deutlich unter-
schieden, in durchsichtigem, spindelförmigem Gespinste.
Raupe auf Prunus padus, cerasus, Sorbus, Rhamnus frangula u. a.
In welch ungeheuren Mengen die Gespinstmotten auftreten können, darüber
gibt Reh (1908) eine sehr anschauliche Schilderung, die ich hier wiedergebe:
„Direkt an der Bahnlinie (Lüneburg — Lauenburg) liegt der etwa i qkm im Geviert
messende „Große Bruch", bestehend in der Hauptsache aus hohen, starken Erlen.
Den Boden bedecken nahezu i^/g m hohe Brennesseln, Bärenklau, Gräser usw. Das
Unterholz bilden kräftige Büsche von Prunus padus, stellenweise dicht umrankt
von wildem Hopfen.
„Diese Prunus-Sträucher waren nun bereits am 14. Juni von den Raupen von
Hypono7neuta padi ZU. (^evonymella L. ) vollständig kahlgefressen. Wir konnten nur
mit Mühe einige wenige Blätter entdecken, um die Identität der Holzart sicher fest-
zustellen. Die Raupen saßen zum Teil in Klumpen bis zu doppelter Faustdicke an
geschützten Stellen (namentlich unter Astgabeln), z. T. kletterten sie einzeln an den
Büschen herum oder hingen an losen Gespinstteilen von den Ästen herab. Überall
fanden sich Mengen von bereits verhungerten Raupen. An den Prunus-Büschen
hatten sie nicht nur die Blätter verzehrt, sondern auch die Rinde der jungen Triebe
und deren Spitzen selbst abgenagt. (Das gleiche, für diese Arten ungewöhnliche
Verhalten habe ich auch mehrfach am Spindelbaum beobachtet.")
„Von Hunger getrieben müssen die Raupen ruhelos umhergewandert sein. Die
ganzen Zweige, Äste und Stämme der Prunus-Büsche waren überzogen von einem
festen, dichten, seidigen Gespinste, das so dicht war, daß sogar Schnecken daran
umherkletterten, die doch sonst klebrige, faserige Stoffe ängstlich meiden. Der
Anblick eines solchen Padus-Gebüsches war nahezu der einer Winterlandschaft: Alles
weiß, in der Sonne lebhaft glänzend" (Abb. 107).
In der forstlichen Literatur sind uns nur zwei spezielle Angaben über
größere Gespinstmottenschäden bekannt. 1854 hat nach v. Berenger (1855)
cogfiatella in dem Staatsforste Romagno in Friaul den ganzen Eichenbestand
dieses Hochwaldes sowie auch alle Hecken und Bäume der Umgegend gänz-
lich entblättert, während gleichzeitig eine Gespinstmotten-Art in den Herzog-
tümern Parma und Piacenza die Apfelbäume entlaubte. Ferner hat 1881 im
Baranyer Komitat und in Szegedin H.padella die Weiden vollkommen kahl-
gefressen und die Zweige vollkommen übersponnen. Der Schaden in diesen
Weidenhegern war bedeutend (Anonymus, 1882). Im Obstbau stellen die
Gespinstniotten schlimme Schädlinge dar, da hier Kahlfraß ein Ausbleiben
der Früchte zur Folge hat.
Bei mäßigem Auftreten ist das Ausschneiden und Verbrennen der Ge-
spinste oder das vorsichtige Abbrennen der Gespinste am Baum mittels
Raupenfackel ein einfaches Gegenmittel. Bei stärkerem Auftreten erfolgt die
Bekämpfung am besten durch Spritzen mit Arsenmitteln oder mit einer
iV2%igen Lysollösung oder Petroleum-Seifen-Brühe, die namentlich gegen
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
161
das skelettierende Raupenstadium von Wirkung sind,
diese Brühen nur schwer in die Gespinste ein, licsnnrlcr';
sind. Wo dies der Fall
ist, empfiehlt es sich, die
Lab ordsche Brühe, die
durch dichtere Gespinste
gut durchdringt, zu neh-
men. Dieselbe wird fol-
gendermaßenhergestellt :
Man löse loo g reines
Ätznatron in 3 1 Wasser
auf, gebe 1,5 kg Fichten-
harz hinzu und erhitze
die Mischung über ge-
lindem Feuer unter Um-
rühren. Dann füge man
noch 3 1 Wasser hinzu,
gieße das Ganze durch
ein Metallsieb, um die
Unreinigkeiten des Har-
zes zu entfernen, und
setze noch i 1 22 gra-
diges Ammoniak hinzu.
Zum Gebrauch verdünne
man endlich diese Brühe
noch bis auf 100 1 mit
Wasser (W a h 1). — Kar-
bolineum im Winter ver-
nichtet viele der Gelege.
Mokrzecki (1913)
empfiehlt, die Kokons
zu sammeln und unter
engmaschigem Drahtver-
schluß aufzuheben, so
daß die Parasiten aus-
kommen können.
Allerdings dringen
renn sie schon dicht
Abb. 107. PrunusSträucher von Gespinstmotten völlig kahl-
gefressen und stark mit weißen Gespinsten überzogen („an
eine Winterlandschaft erinnernd"). Nach Reh.
Gattung Scythropia Hb.
Kopf überall wollig behaart. Wurzelglied der Fühler nur schwach verdickt.
Nebenpalpen sehr klein. Vorderflügel länglich, Stigma erstreckt sich von /-» bis
vor sc. Anhangszelle klein. Basal m^, , und m.^ ziemlich gut erhalten. Hinter flügel
zugespitzt, mit spitzer und kurzer Mittelzelle, daher die Endäste lang (viel länger
als bei Prays) (Abb. 108).
Scythropia crataegella L.
W e i ß d o r n m o 1 1 e.
Vorderflügel weißlich aschgrau, mit 2 braunen Querbinden und braunen
Punkten am VR und Saum, Kopfhaare weiß (Abb. 1091.
Raupe gelblich grün, mit großen, glänzenden, behaarten Warzen, Kopf und
Nackenschild glänzend schwarzbraun.
Die Weißdornmotte steht biologisch den Gespinstmotten sehr nahe, indem die
Raupen ebenfalls gesellig in Gespinsten leben.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 11
162
II. Spezieller Teil
„Man findet zuweilen," schreibt AI tum (F. 205), „einen größeren oder
kleineren Teil von Weißdornpflanzen, ja das ganze große Gebüsch mit Ge-
spinst wie mit einem feinen Schleier behangen und den Weißdorn selbst
gänzlich kahl. In diesem Schleier befinden sich zahlreiche kugelförmige
Räume von etwa 2 cm Durchmesser, ebenfalls aus sehr zartem Gespinst be-
ri
3Xi an
CUi
Abb. 108. Flügelgeäder von 5n'//;AO/>/V/ c/-^//«?«?-
ge/la L. Stigma im Vorderflügel von r^, bis
vor sc sich erstreckend. Nach S p u 1 e r.
Abb. 109.
Scy/hro/'i
Die Weißdornmotte
cratnegella L. 3 X-
stehend. Jedes dieser äußerst lichten Kugelgespinste bildet den Verpup-
pungsraum einer einzelnen Raupe. Die schwarze Puppe hängt später an einem
Faden lose in diesem Raum."
Gattung Argyresthia Hb.
Kopf abgesetzt, oben rauhhaarig, im Gesicht glatt. Fühler von ^4 Vorder-
flügel-Länge. Vorderflügel lang lanzettenförmig zugespitzt, oft stark glänzend; mit
nach x^ stärker abgebogenem VR, ungleichmäßig gebogenem IR-Saum, ohne oder
mit schwach angedeutetem Innenwinkel, manchmal zur Spitze ausgeschwungen.
Ader sc nicht bis zur VR- Mitte reichend. Mit allen Endästen, Discus lang, hinten
meist breit quer abgestutzt. Große Wurzelschlinge. Hinterflügel an der Wurzel
deutlich verbreitert, etwas vor der Mitte
leicht geschwungen eingezogen. Ader /«i
und m^ erst erheblich nach dem Discus
geteilt. Ader m^ unmittelbar neben cu-^
an der Discus - Hinterecke entspringend
(Abb. iio).
Die Falter in der Ruhe mit ab-
wärts geneigtem Kopf und aufwärts
gerichtetem Hinterleib sitzend.
Die Gattung enthält zahlreiche
Arten (in Europa ca. 40), von denen
einige durch Knospen fraß an
Laub- und vor allem Nadel-
hölzern schädlich werden können.
Abb. I IG. Flug
goedarteUa L
von Argyresthia
Nach Spuler.
Dichotomische Uebersicht nach dem Vorkommen.
1. Raupe lebt an Nadelholz 2
— Raupe lebt an Laubholz 6
2. Raupe lebt in Nadeln von Tanne (oder Fichte) fundella F. R.
— Raupe lebt in Knospen und Zweigspitzen • • 3
I. Unterordnung: INIicrolepidoptera, Familie Tineidae.
163
3. An Tanne i/tinHina/cUa F. R.
— An anderen Coniferen 4
4. An Fichte 5
— An Lärche, in den Zweigspitzen laevigalella H. S.
5. Ausschließlich in den Endknospen; Schlupfloch zusammengedrückt cer/eUa ZU.
— In den Endknospen und (meist) auch in den Zweigspitzen; Schlupf-
loch rund glabralelln ZU.
6. An Birke, anfänglich in den Kätzchen, später in der Rinde goedartella L.
— An Weide, im Herztrieb pygmaeella Hb.
Argyresthia fundella F. R.
T a n n e n n a d e 1 m o 1 1 e.
Taf. I, Fig. 9.
Vorclerflügel des Falters weii3 glänzend, mit bräunlichen, gegen die Spitze
zu gehäuften Querstricheln (Abb. 1 1 1 ), Fühler scharf braun geringelt. Die
Raupe mattgrün, Kopf leuchtend schwarz, Nackenschild dunkel gekörnelt. Spvv. 10
bis 12 mm.
Die Art wurde durch R. Hart ig (1896) in
die Forstentomologie eingeführt, der in den neun- ^SStf-**».- ^^CilJÄ
ziger Jahren einen Massenfraß in 30 — 40 jährigen fr^'.i.jil?*^'"^" vt*?^
Tannen- Fichten-Mischbeständen im Forstamt Am- ^^t**^' -
berg (Bayern, Oberpfalz) beobachtete. Befallen
waren fast ausschließlich die Tannen.
Die Bioformel stellt sich nach Hartigs .,, r^. ^
„ , ,^ ,. , , „ 1 Abb. 1 1 1. Die 1 annennadel-
Beobachtungen folgendermaßen dar: ^^^^^^^ Argyresthia fun-
— 6P,4 ,lella F. R. 2V2 X-
Der Falter schwärmt von Ende
Mai bis Mitte Juni und belegt die
Oberseite der Nadeln (Tanne) mit je
I Ei. Das Räupchen frißt sich in das
Pallisadenparenchym der Nadeln ein,
zuerst bis zur Spitze minierend, um
sich dann auf die andere Seite hini.iber
und nach der Nadelbasis zu weiterzu-
fressen. ,, Wahrscheinlich bohrt sich in
vielen Fällen die Raupe im Herbst
noch einmal in eine neue Nadel ein,
in der sie überwintert." Im nächsten
Frühjahr setzt die Raupe ihren Fraß
in anderen Nadeln fort, bis sie er-
wachsen ist. Dann verläßt sie den
Fraßort, um sich anfangs Mai auf der
Unterseite einer unversehrten Nadel in
einem schneeweißen, spindelförmigen
Gespinst zu verpuppen (Abb. 112).
Letzteres ist am Kopfende der Raupe
geschlossen, am Afterende dagegen
offen; wo es der Nadel aufsitzt, ist der ^^^B^t^S^^^^ä^ /
Sack fast offen, und die beiden paral- ^^^^^^^^mfS^^^^ •
lelen Seiten sind nur durch dünne Abb. 112, ArgYrcslhia iiiiutella Y.\<.
Fäden locker verbunden. Das Puppen- Tannennadeln mit den Kokons.
11*
164
IL Spezieller Teil.
Stadium dauert ca. 3 Wochen. Die ausgefressenen Nadeln fallen zum größten
Teil ab (Abb. 113).
Die Hauptnahrungspflanze ist die Tanne; gelangt die Raupe jedoch im
2. Jahr zufällig an einen
Fichtenzweig, so frißt
1^^ sie sich auch in diese
Nadeln ein.
FnndeUa kann forst-
lich beachtenswert wer-
den; in dem oben ge-
nannten Beobachtungs-
gebiet waren die Tannen
im mittleren und unteren
Kronenteil stark durch-
lichtet.
Argyresthia
illuminatella (F. R.)
Schütze.
T a n n e n k n o s p e n m o 1 1 e.
Taf. I, Fig. II.
Diese Art wurde bisher
identifiziert mit Tinea {Bla-
stod ere) Bergt eUa Ratzb.
Baer (191 7) und Schütze
(191 8) haben durch ein-
gehendeUntersuchungen das
Irrtümliche dieser Auffas-
sung dargetan. Die echte
illmninatella F. R. ist ein
ausschließliches Tannen-
t ie r, während Bergiella von
Ratzeburg als Fichten-
tier beschrieben wird. Letztere Art vereinigt zwei verschiedene Arten in sich, näm-
lich glabrateUa ZU. und cerlella ZU. (siehe unten).
Die drei hier genannten Arten sind habituell sehr ähnlich und als Imagines
nicht leicht zu trennen, so einfach die Unterscheidung nach ihrem biologischen Ver-
halten ist.
Schütze führt als die besten Unterscheidungsmerkmale der Falter die Fär-
bung der Kopfhaare und der Fühler an: erstere sind bei illuminatella stets blaß-
gelb oder weißlich, letztere scharf und bis in die
Spitze hell und dunkel geringelt, während bei glabrateUa
die Kopfhaare rostrot bzw. rötlichgelb, niemals aber
blaßgelb sind und die Ringelung der Fühler nicht scharf
ist und schon vor der Spitze aufhört. Spw. 12 — 14 mm.
Die Raupe ist ca. 5 mm lang, wenig glänzend, der Kopf
schwarzbraun, glänzend, mit tiefen Teilungslinien, beiderseits
mit einem verloschenen rotbraunen Fleck, der auch fehlen
Abb 1 14 Tannenknospen- kann. Mundteile rotbraun, Nackenschild klein, glänzend grau,
motte, Argyresthia illumi- hinten schwarz; Afterschild klem, rund, glänzend grau. Brust-
natella F. R. 27.^ X- fuße schwarz geringt, Bauchfüße ziemlich verkümmert.
Abb.
3. Tannenzweig, dessen Nadeln infolge j 11 ml eil a-
Fraßes größtenteils abgefallen sind.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
165
Die Puppe zeichnet sich nach Schütze von allen anderen ArgyrcsUiia-
Puppen durch einen scharfen Längswulst auf dem Kojjf aus, welcher sich auch auf
den Thorax schwach fortsetzt. Auf3erdem trägt der Kopf 4 hornige, in Querreihen
stehende Stacheln an der Stirn.
Über die Bionomie finden wir bei Schütze eine eingehende Schilde-
rung, die hier zum Teil wiedergegeben sei. „Die Raupe lebt in den Zweig-
spitzen der Weißtanne, Abies alba, in der Hauptsache an jungen Bäumen, die
im Laubgebüsch eingesprengt stehen, doch auch auf solchen, die im hohen
Nadelwalde den Unterwuchs bilden. Sie kommt aber auch auf alten Tannen
im Hochwalde vor. Doch kommt sie durchaus nicht an allen Orten vor, wo
Tannen in der Mehrzahl stehen. Man kann sie manchmal stundenlang ver-
geblich suchen. Auch ist es eine Regel ohne Ausnahme, daß sie niemals
an Tannen zu finden ist, die voll von der Sonne beschienen werden; sie liebt
Schatten und Halbschatten."
„Die bewohnten Ästchen kann das geübte Auge schon im Herbst an der
schwach gelblichgrünen Farbe der Nadeln erkennen; letztere werden im
Frühjahr bei zunehmender Wärme gelb und machen sich dann auch dem
weniger Geübten leicht bemerkbar.
Das Ei wird jedenfalls an die End-
knospe abgelegt, welche selbst auch
ausgefressen wird, und von hieraus
höhlt die Raupe das Ästchen aus,
oft in einer Länge von 5 — 7 cm
(Abb. 115). Bewohnte Ästchen sind
meist daran zu erkennen, daß unter
der Endknospe einige Nadeln feh-
len, die äußerste Spitze also kahl
erscheint 1). Dieses Merkmal ist in-
des nicht immer vorhanden. Von
den ausgefressenen Ästchen bleibt
nur die äußerste Rinde stehen, und
der P^raßgang ist dicht mit Kot ge-
füllt. Bei den Herbststürmen und
im Winter kommt es nun sehr oft
vor, daß durch die Last des Schnees
oder Glatteises ein Teil des Äst-
chens abbricht und zu Boden fällt.
Beim Suchen muß man besonders
auf diese Art von Fraßstücken sein
Augenmerk richten, weil man aus
solchen am sichersten den Falter
zieht. Alle Ästchen, die Ende April
nicht abgebrochen sind, enthalten
Schlupfwespen oder tote Raupen.
ebenso alle Ästchen, die an der Bruchstelle zugesponnen sind; nur aus
den nicht zugesponnenen erhält man den Falter. Ist das Ästchen schon im
Abb.
5. Fraß von Aroyrcslliid illiimhialella
F . R. in Tannenknospen.
1) Nicht alle sitzengebliebenen Knospen enthalten /7///w///^//?//^-Raupen; es
kann auch eine Wickler-Raupe, EpibU-ma nigricana H. S. ^s. unten), die Zerstörerin
des Knospeninhaltes sein oder aber die Knospe kann aus irgendeinem anderen
Grunde abgestorben sein.
166
II. Spezieller Teil.
Herbste abgefallen, solange die Raupe noch beweglich ist, dann wird die
Bruchstelle sofort zugesponnen. Dadurch will sich wohl die Raupe gegen
das Eindringen von Feuchtigkeit schützen. Ist sie aber im Frühjahr er-
wachsen und die Zeit der Verpuppung gekommen, dann zerstört sie das
Gespinst wieder, um für den ausschlüpfenden Falter den Weg freizumachen.
Die erwachsene Raupe reinigt das übriggebliebene Zweigstück von allen
Exkrementen, fertigt am Grunde der Fraßröhre eine glatte Puppenwohnung
und schließt diese oben mit einem weißen Gespinstdeckel ab. Hier ver-
wandelt sie sich in eine gelbliche Puppe, deren Kopf und Flügelscheiden
rotbraun sind.
Die Raupen, welche teils erwachsen, teils halbgroß überwintern, haben
außer von Schlupfwespen auch von Vögeln zu leiden, welche viele
Ästchen aufhacken."
Argyresthia glabratella ZU. und certella ZU.
Fichtenknospen motten.
Taf. I, Fig. IG.
Ratzeburg: Tinea (Blastodere) Bergiella Rtzb. — Altum: Argyresthia illumi-
nalella ZU. — Nüßlin-Rhumbler, Argyrestliia iUumiiialeHa TAX. -- Wolff-Krauße:
Argyresthia ill iniiiiuitctla ZU. (= l)ergiella Rtzb.).
Die beiden Arten stehen sich sowohl habituell, als auch biologisch (Vor-
kommen in Fichtenknospen) sehr nahe, so daß Ratzeburg sie als eine Art
A ß
Abb. ii6. Fraß von Argyresthia certella ZU. in Fichte.
A befallene Fichtenknospe mit länglichem, schmalem Flugloch; B dieselbe aufgeschnitten.
(Bergiella) beschrieben hat. Daß die Rat z eb u r gsche Bergiella die beiden
Arten umfaßt, geht daraus hervor, daß er ihr sowohl runde als zusammen-
gedrückte Fluglöcher zuschreibt, während nach Schützes sorgfältigen
Untersuchungen gerade die Form des Flugloches das sicherste
(b i o 1 o g i s c h e ) U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a 1 der beiden Arten darstellt.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
167
Wie illuminatella gehören auch glabratella und certella zu den Arten
mit einfarbigen bzw. ungezeichneten Flügehi, die als Falter schwer zu unter-
scheiden sind. Über die Unterschiede der beiden Arten gegenüber iUtimina-
A B
Abb. 117. Fraß von Argyresthia glabrateUa ZU. in Fichte.
A befallener Fichtentrieb mit kreisrundem Schlüpfloch; B derselbe aufgeschnitten (der
Fraß geht von der Knospe noch eine Strecke weit in den Markkanal des Triebes).
tella sind oben bereits Merkmale angegeben (S. 164). Was die Unterschiede
der beiden Arten glabratella und certella betrifft, so sind diese sehr gering-
fügig. Heinemann gibt folgende Diagnosen:
certella TAX. Vorderflügel und Thorax glänzend, hell niessing färben,
die Kopfhaare rostgelb;
glabratella TAX. Vorderflügel und Thorax glänzend, 1 i c h t b r äun 1 i ch -
grau, Kopfhaare rostgelb.
So schwierig danach die Falter zu trennen sind, so sicher ist die Unter-
scheidung nach dem F r a ß b i 1 d :
Der Certella-Yxz.'i> beschränkt sich meist auf die Knospe oder greift
höchstens ein kleines Stück auf den Trieb über; das an der Basis gelegene
Flugloch ist stets zusammengedrückt (Abb. 116A). Der Glabratella-Yxz&
greift meist noch eine größere Strecke weit auf den Trieb über, und
das stets runde Flugloch befindet sich am Ende dieses Triebganges
(Abb. 117 A). Handelt es sich um besonders starke Knospen, so kann auch
der Glabratella-YxdL^ auf die Knospen beschränkt sein, dann aber gibt
die runde Form des Flugloches ein sicheres Erkennungsmerkmal ab.
Im übrigen scheint sich der Ablauf der Entwicklung bei beiden Arten
ziemlich übereinstimmend zu verhalten und für beide folgende Bioformel
zu gelten: — 8, 4
5 + 5IV
168 II. Spezieller Teil.
Trägärdhs (191 5) Arg. illuminatella TAX. dürfte sich in der Hauptsache
auf glabraLella beziehen, da er sowohl von einem in den Trieb sich fortsetzenden
Fraß, und sodann von einem runden Flugloch spricht i). In einem Punkt weicht
seine Schilderung des Fraßbildes von der von Schütze gegebenen ab, indem nach
ihm der Triebgang ausschließlich im Bast verläuft, während nach Schütze die
Markröhre ausgefressen wird. Trägärdhs Angaben stimmen andererseits mit
Ratzeburg (Bergiella partim) überein, der ebenfalls den Gang im Bast (nie-
mals in der Markröhre) verlaufen läßt. Worauf diese Widersprüche beruhen (ob
hier vielleicht wieder eine andere Art vorliegt), müssen erst weitere Beobachtungen
ergeben.
Die Bioiiomie von glabratella und certella läßt sich kurz folgender-
maßen darstellen:
Die Flugzeit fällt in die Monate Mai bis Juli (Trägärdh gibt als
Schlupftermin für Schweden 14. — 27. Juni an). Das 9 belegt die Triebe
besonders von jüngeren Fichten (aber auch älteren) dicht unter den End-
knospen mit einzelnen Eiern. Das auskommende Räupchen bohrt sich in die
Rinde des Triebes ein. Das Bohrloch ist nicht sichtbar, wohl aber erkennt
man die Stelle des Einbohrens an einem Harztröpfchen, welches dort aus-
quillt und verharzt. Im Bast frißt sich die Raupe einen gewöhnlich spiraligen
Gang bis zur Spitze des Triebes, um hier zuerst das Innere der Seiten- und
dann der Endknospen auszufressen. Der leere Raum ist zum Teil wieder
durch den Kot in Form eines bräunlichen oder schwärzlichen Pulvers aus-
gefüllt. Bei certella beschränkt sich der Fraß auf die Knospen; bei glabra-
tella dagegen frißt die Raupe, wenn die Knospen zur Nahrung nicht aus-
reichen, weiter abwärts einen Gang im Bast oder nach Schütze in der
Markröhre des Triebes. Die Länge des Triebganges scheint in Relation zu
stehen zur Größe der Knospe: je kleiner diese, desto länger jener. Die Raupe
überwintert in der Knospe oder im Fraßgang (glabratella^ um sich, nach-
dem sie das Flugloch genagt, zu verpuppen. Die Verpuppung findet ent-
weder in der Knospe (certella und glabratella') oder aber im Triebgang ober-
oder unterhalb des Flugloches (glabratella) statt. Die Falter verlassen durch
die Fluglöcher die Fraßstelle 2).
Das Fraßbild ist charakterisiert durch vertrocknete und ausgehöhlte
Knospen bzw. auch die abgefallenen Nadeln an den Endteilen der Triebe
(glabratella'). „Beim aufmerksamen Absuchen der jungen Fichten," schreibt
Schütze, „(sie müssen wenigstens mannshoch sein), wird man bald be-
merken, daß die Nadeln an manchen Zweigspitzen vergilbt sind und leicht
abfallen, manchmal auf einer Länge von kaum i cm, manchmal bis 5 cm und
mehr, das richtet sich ganz nach der Stärke des Ästchens. Man versuche
diesen nadellosen Teil zu biegen, knickt er leicht, dann ist er ausgefressen,
also bewohnt. Bei näherer Untersuchung sieht man, meist an der Knickstelle,
ein kreisrundes Löchlein: das Schlupfloch von Arg. glabratella TAX. Es ist
manchmal am Grunde der Röhre, meist aber mehr in der Mitte; zugesponnen
ist es niemals. Die Puppe liegt, auch ohne jedes Gespinst, entweder ober-
oder unterhalb desselben, manchmal nahe daran, manchmal weit davon.
1) In späteren Arbeiten hat Trägärdh selber diese Art als glabraleUa TAX.
bezeichnet.
-) Merkwürdigerweise übernahm Ratzeburg ohne weiteres die Angabe
Saxesens, wonach die Falter an der Spitze der Knospen ausschlüpfen sollen, so-
bald sich die Schuppen bei der Sonnenwärme zurückbieg^n; — obwohl er die Flug-
löcher erwähnt. Letztere schrieb er der Anwesenheit anderer Insekten zu.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 169
,,Um certella zu finden, richte man seine Aufmerksamkeit vor allem auf
die Endknospen. Findet man im Frühjahr zwischen den Trieben Knospen
noch völlig kahl stehen mit fest anliegenden Hüllschuppen, so sind diese in
den meisten Fällen bewohnt. .,Wer sie aufbricht, findet sie meist mit Kot
gefüllt, manchmal mit sehr feinem, dann hat eine Cecidomyien-\.2iXv^ darin
gelebt; sie verläßt aber vor der Verpuppung die Knospe. Ist der Kot gröber,
und sieht man beim Aufbrechen ein graues Räupchen oder eine kleine Puppe,
dann ist es eine Argyresthia, und zeigt sich am Grunde der Knospe ein läng-
liches, zusammengedrücktes Schlupfloch, dann ist es ganz sicher Arg.
certella ZU."
Bei vermehrtem Auftreten kann der Fraß forstlich bemerkenswert
werden, da ja durch jede Raupe ein ganzer Trieb zum Absterben gebracht
werden kann.
Eine Bekämpfung ist nicht durchzuführen, wird aber auch kaum wirt-
schaftlich notwendig werden.
Nicht selten treten die beiden Knospenmotten gleichzeitig mit dem
Wickler Epiblema ledella Cl. (s. unten) auf, wodurch der Schaden natürlich
wesentlich erhöht wird.
Argyresthia laevigatella H. S.
L ä r c h e n t r i e b m o 1 1 e.
Syn. Arg. Zelleriella Htg.
Taf. I, Fig. 12.
Falter: Vorderflügel lebhaft bleiglänzend, mit etwas dunklerem Vorderrande
und grauen Fransen. Hinterflügel weniger glänzend. Gesicht und Wurzelglied der
dunkel und weiß geringelten Fühler silberweiß. Kopfhaare etwas aufgerichtet,
bräunlichgrau. (Die Färbung derselben wird verschieden angegeben, grau [VVocke],
gelblich [AI tum] und zinnoberrot [Th. H artig].) Spannweite lo — 12 mm.
Raupe schwarzköpfig, in der Jugend hellgelb, später weißgrau, ins Rötliche
spielend mit durchscheinender dunkler Mittellinie auf dem Hinterkörper. Länge
6 — 7 mm.
Puppe dunkelbraun mit schwarzem Kopfe, nach hinten stark zugespitzt.
Der kleine Falter fliegt Ende Mai, Anfang Juni und belegt die nun-
mehr sich bildenden jungen Langtriebe in ihrem unteren Drittel oder Viertel
meist nur je mit einem Ei, das w^ahrscheinlich
in die Achsel einer Einzelnadel zu liegen
kommt. Selten kommen in einem Längstrieb
zwei oder mehr Räupchen zur Entwicklung; in
einem Falle (Loos 1898) konnten in einem
Trieb vier Räupchen festgestellt werden, welche
wahrscheinlich von verschiedenen Weibchen
stammten. Äußerst selten erfolgt die Eiablage
in einem vorjährigen Trieb. Abb. 118. DieLärchentriebmotte,
Das junge Räupchen frißt zunächst in Argyresthia laevigatella H. S.
der Rinde unter der Oberhaut einen un- " ''
regelmäßigen, geschlungenen Gang gegen die Spitze des Triebes zu.
Später „ändert es die Richtung und frißt entgegengesetzt tiefer in das JJolz,
bei schwachen Zweigen bis auf das IMark eindringend, entweder in ziemlich
gerader oder gewundener Richtung. An der Stelle, wo im Herbst der Fraß
unterbrochen wird, überwintert das ungefähr 4 mm lange Räupchen, in ein
ganz dünnes Gespinst gehüllt, um nach dem Wiedererwachen im Frühjahr
den tiefer im Holz verlaufenden Gang in der alten Richtung fortzusetzen.
170
II. Spezieller Teil
Äußerlich an der Rinde eines befallenen Baumes findet man kein Merk-
mal, welches auf das überwinternde Räupchen im nadellosen Zweig schließen
läßt. Will man die Fraßstellen auffinden, so kann man dies am einfachsten
dadurch erreichen, daß man den Zweig biegt, welcher
an der Fraßstelle leicht abbricht.
Im ganzen erreicht der Raupengang eine Länge
von etwa 4 cm. Hat das Räupchen den Fraß be-
endet, so wendet sich dasselbe im Gang um und nagt,
etwa 6 — 10 mm vom Ende des Ganges entfernt, ein
rundes Loch von i — i^/g mm Durchmesser, das es aber
wieder verspinnt, um sich dann in dessen unmittel-
barer Nähe in einer mit einem Gespinst ausgeklei-
deten Puppenwiege, mit dem Kopf nach oben, zu ver-
puppen. Der Falter durchstößt beim Schlüpfen das
leichte Gespinst am Flugloch, während die Puppe
unter der Rinde zurückbleibt (Loos 1898).
Als Folge des Fraßes findet man im 2. Früh-
jahr den größten Teil des befallenen vorjährigen
Triebes meist ganz ohne Nadelentfaltung (Abb. 119),
selten mit ganz wenig angetriebenen, bald sich röten-
den Nadelbüscheln im Absterben begriffen, den üb-
rigen Teil des Triebes unterhalb der Fraßstelle da-
gegen normal begrünt. Nicht nur vorjährige, sondern
auch zweijährige Zweige können mitunter durch den
Fraß getötet werden.
Der Fraß der Raupe wurde zuerst 1872 durch Gebbers
in Suderode am Harze aufgefunden und von ihm (1872) und
Th. Hartig (1872) beschrieben. 1874 erhielt Altum (F. 208)
den Fraß aus Schlesien und lernte ihn später bei Goslar kennen.
Bei aufmerksamem Suchen kann man ihn allent-
halben nicht selten finden. In England gilt laevi-
gatella neben Nematus Erichsoni Htg. als der Haupt-
schädling der Lärche (Green 1920).
Wie stark die Vermehrung werden kann, zeigt
die von Loos (1919) gegebene Gradationsgeschichte
von laevigaiella im Schluckenauer Domänengebiet:
„Im Frühjahr 1894 ließen sich an einer 3 m hohen Lärche 20—30 ab-
gestorbene Zweigenden (darunter ein Stück von 49 cm Länge) zählen; im
Jahre 1895 bereits 40 — 60 Stück an einem etwa 1V2 i^i hohen Bäumchen, weit
über 100 Stück an 3 m hohen und höheren. Das Insekt hat sich bis 1895
stark vermehrt, besonders an Lärchen einer älteren Lärchen- Fichtenmisch-
kultur." '
An der Beendigung dieser Gradation haben zahlreiche Parasiten mit-
gewirkt; auch scheinen (wie man aus langen, schmalen Öffnungen schließen
konnte) räuberische Tiere eingedrungen zu sein und viele überwinternde
Räupchen herausgeholt zu haben.
Daß die Vernichtung vieler vorjähriger Triebe den Lärchen schadet,
dürfte unzweifelhaft sein, besonders wenn sich noch andere Schädlinge (wie
Col. laricella Hb.) und Frost dazu gesellen.
Abb. 119. Durch Arg
laevigaiella H. S. ge
töteter Lärchentrieb.
Nach N itsche.
1. Unterordnung: Micro] epidoptera, Familie Tineidae. 171
Eine Bekämpfung ist schwierig; es käme höchstens das Abschneiden und
Verbrennen der befallenen Triebe zeitig im Frühjahr, vor dem Schlüpfen des
Falters, in Betracht. Gewöhnlich wird jedoch der Befall zu spät entdeckt.
Von Nadelholz-Argyresthien seien noch einige an Wacholder vorkommende
Arten genannt, die aber viel zu spärlich auftreten, um schädlich sein zu können.
Es sind: A. abdominalis L. und aurulenfella Stt., die in den Nadeln minieren (erstere
frißt sich von Nadel zu Nadel unter der Rinde durch, letztere verläßt jede aus-
gefressene Nadel); ferner A. arcenthitia ZU., die Gänge in die Triebspitzen frißt,
und praecocella ZIL, die in den Beeren lebt (Reh). —
Argyresthia goedartella L.
E r 1 e n b 1 ü t e n m o 1 1 e.
Falter: Vorderflügel stark glänzend, gelblichweiß, mit zwei goldbraunen
Binden, die 2. gegen den Vorderrand breit gegabelt, am Saum goldbraun, mit zwei
weißlichen Flecken. Kopf gelblichweiß, Thorax goldgelb. Spw. 13— 14 mm (Abb. 120).
— Die Raupe nur sehr kurz und sparsam behaart, mit kleinen Warzen besetzt, ist
entweder mehr rotbraun oder grünlich mit rötlichen Einschnitten.
Die Raupen dieser schönen Motte leben, wie schon Ratzeburg im
wesentlichen bekannt war, in den männlichen Blütenkätzchen der
Birke und Erle, und zwar von Herbst
bis Frühjahr, um dann zur Verpuppung
auf selbstgesponnenen Wegen herab-
zuwandern. Meistens verpuppen sie sich
in tieferen Rindenritzen, oder sie bohren
sich auch selbst etwas in die Rinde
ein, ohne aber hierbei nennenswerte Ver-
letzungen zu verursachen, oder endlich,
sie wandern tiefer hinab und gehen in
den Boden.
Im Jahre 19 12 erregte diese Art in ^bb, 120. Die Erlenblütenmotte,
Sachsen die Aufmerksamkeit des Forst- Argyreslhia goedarlella L.
mannes, als auf den gegen Nonne ge- 3"2X-
leimten Birken oberhalb des Leimringes
größere Mengen der grünlichen bis bräunlichen Räupchen sich ansammelten,
die ähnlich wie die Nonnenräupchen dichte Gespinste anfertigten. (Esche-
rich und Baer, 1913, S. 125). Meist wurde bei den Einsendungen, die von
verschiedenen Gegenden Sachsens zeitig im Frühjahr nach Tharandt gemacht
wurden, die Besorgnis ausgesprochen, daß es sich um einen neuen Feind zu
handeln scheine. Diese Befürchtung traf glücklicherweise nicht zu, denn
goedartella ist forstlich als ein harmloses Tier zu bezeichnen.
Argyresthia pygmaeella Hb.
W e i d e n k n o s p e n m o 1 1 e.
Falter: Vorder flügel stark glänzend, gelblichweiß, am IR mit einer schrägen,
vorne abgekürzten rotbraunen Binde in der Mitte und je einem goldbraunen Fleck
vor oder hinter derselben. — Raupe gelbgrün mit gelbbräunlichem Kopf und
Afterschild.
Raupe im April und Mai in Kätzchen und Knospen von Weiden, dringt auch
in das Mark der Zweige ein. Puppe Ende Mai an den Blättern oder am Boden.
Falter im Juni.
172
II. Spezieller Teil.
Noch eine ganze Reihe anderer Argyresthia-KxX^w. leben als Raupen in den
Knospen von Laubbäumen, wie A. piilchella ZU. in denen von Hasel und Eberesche,
Cornelia F. von Apfelbaum, albistria Hw., von Hasel, Buche, Birke usw., jedoch
meist nur in geringer, unschädlicher Zahl.
Gattungen Cedestis ZU. und Dyscedestis Spul.
Cedestis ZU.: Palpen kurz, hängend, plump, locker beschuppt. Vorderflügel
(Abb. 121) in der Weise zugespitzt, daß der IR hinter der Mitte bis zur Spitze
eine etwas schräge, aber ziemlich gerade Richtung hat und der VR vor der Spitze
stärker gebogen ist. Vorderflügel mit 2 Endästen von m. Hinterflügel mit 5 von
dem Discus ausgehenden Endästen (r, tn^, m.^, cu-y und cu.j)-
Dyscedestis Spul.: Von Cedestis nur durch das Geäder unterschieden. Im
Vorderflügel fehlen die zwei Endäste von ?n (vielleicht m^ und Wo mit cu^ ver-
schmolzen) und im Hinterflügel Wj näher an Wj, o verlaufend.
Die Raupen der beiden Gattungen, deren jede nur je eine Art enthält,
minieren in Kiefernnadeln.
'mJS
/-
Abb. 121. Flügelgeäder von: A Cedestis
gysselinella Dup. Nach S p u 1 e r.
Abb. 1:
. Cedestis gysselinella Dwp. 10 mal
ergr. Nach T r ägä r d h.
Cedestis gysselinella Dup.
Falter: Vorderflügel weißlich, bräunlich bestäubt, mit zwei goldbräunlichen
Binden vor der Mitte (Abb. 122). — Raupe glänzend blaugrün, Kopf gelb. Sie ändert
im letzten Stadium (freilebend) ihre Gestalt ganz wesentlich gegenüber der in den
Nadeln minierenden Raupe. Die letztere ist gelbrot, mit winzigen Spinulae besetzt
und stark chitinisiertem Prothorakalschild, während die erstere olivgrün gefärbt ist
und kräftige Borsten auf schwarzen Flecken besitzt usw. (Abb. 123 B und C).
Die Bionomie ist durch Trägärdh (1911 und 1915) geklärt. Die Gene-
ration ist einjährig. Der Falter fliegt im Juli und legt seine Eier, je i Stück,
an die Basis einer Kiefernnadel. Die Raupe dringt durch die Unterseite des
Eies in die Nadel ein und miniert in dieser gegen die Spitze zu einen Gang
von ca. 35 mm. Derselbe ist beim Beginn sehr schmal und erweitert sich
spitzenwärts immer mehr und mehr, bis er das ganze Innere der Nadel ein-
nimmt. Der ausgehöhlte Raum ist dicht mit den Exkrementen angefüllt. In
manchen Fällen reicht der Gang bis zur Spitze der Nadel, in anderen hört er
schon vorher auf (Abb. 123 A).
Wenn die Raupe erwachsen ist, verläßt sie den Gang durch ein rundes
Loch auf der konkaven Seite der Nadel und verweilt einige Tage außerhalb
der letzteren, bis sie sich zum letztenmal gehäutet. Im letzten Stadium nimmt
sie kaum Nahrung zu sich; nach 4 — 5 Tagen beginnt sie einige Nadeln lose
zusammenzuspinnen und sich zwischen ihnen zu verpuppen. Die Raupe hat
also zwei Perioden, eine endophyte und eine freilebende, was sich auch in
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
173
großen morphologischen \'erschiedenheiten der entsprechenden Stadien aus-
drückt, wie oben bereits erwähnt (Abb. 123 B u. C). Trägärdh (1911) gibt
eine ausführliche Beschreibung dieser interessanten Verhältnisse.
Dyscedestis farinatella Dup.
Vorderflügel hellgrau, dunkel bestäubt, in der Endhälfte bräunlich verdunkelt,
mit einer bräunlichen, hinten weißlich gesäumten Binde (Abb. 124).
Die Raupe miniert ebenfalls in Kiefernnadeln, und zwar, wie es scheint
(Trägärdh 191 5), in ganz ähnlicher Weise wie Ocnerostoma piniariella
ZU., nämlich von der Spitze der Nadel basalwärts vordringend (also um-
gekehrt wie bei der vorigen Art).
Auch in bezug auf den Ablauf der Entwicklung scheinen weitgehende
Übereinstimmungen der beiden genannten Arten zu bestehen, ebenso in bezusr
ABC
Abb. 123. A von Cedeslis gysselinella Dup.
minierte Kiefernnadel (im oberen Drittel
das Ausbohrloch), B junge minierende Raupe,
C vordere Hälfte der erwachsenen frei-
lebenden Raupe. Nach Trägärdh.
Abb. 124. Dyscedestis farinatella Dup.
7 mal vergr. Nach Trägärdh.
9^2 3Xi an
Abb. 125. Flügelgeäcler von Ocnero-
stoma piniariella ZU. Nach S p u 1 e r.
auf die Parasiten. Trägärdh (1914) hat bei beiden den interessanten poly-
embryonal sich entwickelnden Chalcididen Ageniaspis fuscicollis Dalm. (siehe
unten bei Ocnerostoma piniariella ) beobachtet.
Gattung Ocnerostoma ZU.
Kopf oben rauhharig, Gesicht glatt, Augen sehr klein. Palpen sehr kurz,
knospenförmig. Vorderflügel mit sehr großem Stigma; die Endäste (vom Discus
ausgehend) auf 6 reduziert, /•, mit z-^, Wj vielleicht mit r^ und Wj mit ci/-^ ver-
bunden. Hinterflügel breit lanzettlich, scharf zugespitzt (Abb. 125).
Die Gattung enthält zwei Arten, von denen die eine (O. piniariella ZU.)
in Kiefernnadeln und die andere (copiosella Frey) in Arvennadeln miniert.
174
IL Spezieller Teil.
Ocnerostoma piniariella ZU.
K i e f e r n n a d e 1 ni o t t e.
Taf. I, Fig. 13.
Falter: Kopfhaare weißlich, Fühler hellgrau, einfarbig oder verloschen ge-
ringelt, Vorderflügel glänzend, entweder weißlich und an der Wurzel des Vorder-
randes und am Innenrande mit schwachem grauen Anfluge, oder heller oder dunkler
bräunlich grau mit einem weißen, unbe-
stimmten Längsstreifen. Die Fransen des
Saumes grau angeflogen. Hinterflügel grau,
dunkler gefranst. Spannweite 4,5 — 5 mm.
Raupe schlank, mit sehr kleinem,
herzförmigem, glänzend schwarzem Kopfe;
Leib graugrün, glanzlos, unbehaart; Nacken-
schild dunkelbraun, \ orn gelappt; After-
klappe mit rundem, schwarzem Chitin-
.\bb. 126. Die Kiefernnadelmotte, Oc- schilde, Brustfüße dunkel chitinisiert.
nerosloma piniariella ZU. (7 mal ver- Puppe auffallend schmal und lang-
größert). Nach Trägärdh. gestreckt, fettglänzend, rötlich gelb. Flügel-
scheiden lang, an der Spitze frei vor-
ragend, Rücken der Segmente glatt, Hinterende unbewehrt.
Die Bionomie dieser Motte wurde zuerst von v. Hey den (1832), dann
von AI tum (1887), und endlich in neuerer Zeit am eingehendsten von
Trägärdh (1915) studiert.
Das 9 belegt einzeln meist ältere Nadeln nahe der Spitze mit je i Ei.
Das Räupchen nagt sich hier in die Nadel ein, zuerst einen schmalen Gang
Abb. 127. Minenfraß von Ocnerostoma piniariella
ZU. ä Einbohrloch des Räupchens, mg schmaler
Anfangsgang, e breite, die ganze Nadel einneh-
mende Mine mit Kot gefüllt, m, leerer Minenteil,
u Ausbohrloch, h Harzkanal, ex Exkremente. Nach
Trägärdh.
Abb. 128. Raupe von Ocnero-
stoma piniariella ZU., gefüllt
mit den Kokons von Agenias-
pis " fuscicollis Dalm. Nach
Trägärdh.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 175
minierend, um schon nach lo oder 12 mm das ganze Innere der Nadel aus-
zuhöhlen, lediglich die Hypodermis und Epidermis übrig lassend. In dieser
Weise miniert es nadelabwärts bis nahe der Nadelscheide. Die Mine vom
ersten Beginn an erreicht eine Länge von ca. 40 mm, der distale größte Teil
der Mine ist dicht mit Exkrementen angefüllt, während das proximale Ende
in einer Länge von etwa 9 — 10 mm völlig leer ist (Abb. 127). Es ist dies der
Platz für die Larve, bevor sie die Nadel verläßt und wo sie auch überwintert.
Übrigens scheint die Winterruhe nicht sehr tief zu sein, denn Trägärdh
fand die Raupe auch im Winter fressend, sobald die Temperatur -|-4,5'> C
erreichte.
Ausgewachsen verläßt die Raupe die Brutnadel, befestigt sich an einer
benachbarten, wo sie sich nochmals häutet. Im letzten Stadium nimmt sie
keine Nahrung mehr zu sich, sondern beginnt sogleich damit, die Brutnadel
und verschiedene benachbarte (4 — 6) zu einer Röhre zusammenzuspinnen, in
welcher die Verpuppung stattfindet.
Die Generations Verhältnisse sind noch nicht völlig geklärt;
A 1 1 u m nimmt eine einjährige Generation an, v. H e y d e n dagegen eine
doppelte mit dem ersten Flug im Juni und dem zweiten Flug im August.
Trägärdhs Beobachtungen sprechen für die letztere Annahme, indem er
Mitte Juli ältere Raupen und am 3. August an der gleichen Lokalität wieder
frisch geschlüpfte Räupchen fand. Letztere stellen jedenfalls eine zweite
Generation dar, die überwintert und im Juni die Falter gibt, von denen die
im Juli beobachteten Raupen und die im August von v. Hey den u. a. beob-
achteten Falter stammen. Die Bioformel wäre danach
6 — 67
7 + 8
ö — ö,5
"5T6 ,
O. piiiiariella ZU. ist eine über einen großen Teil von Europa verbreitete
Motte, die sich bisweilen so stark vermehrt, daß die Fraßerscheinungen auf-
fallend werden; so fand bei Eberswalde in den 80er Jahren in einem
schlechten 10 — 12 m hohen Kiefernbestand ein starker Fraß statt, der durch
die vielen gelben Nadeln und späterhin durch die zahlreichen zusammen-
gesponnenen Nadelbüschel die Aufmerksamkeit des Forstmannes erregte.
Die Raupe ging hier von den untersten Zweigen bis ungefähr 8 m Höhe; sie
ist eine Genossin des Rüsselkäfers Brachonyx pineti Payk und der Gallmücke
Cecidomyia brachyntera Schwaeg.
Als häufigsten Parasiten fand Trägärdh den Chalciciden Ageniaspis jusci-
collis Dalm. (wohl die var. praysincola), der durch seine polyembryonale Entwick-
lung bekannt geworden ist. Er ist bis jetzt nur aus Hyponomeutiden gezogen
worden, und zwar außer aus Ocnerostoma noch aus Hyp. cognatella Hb. und mali-
nella ZU., Prays oleellus F. und Dyscedestis farinalella Dup. (s. obeni.
Trägärdh nimmt an, daß die Wespe ihre Eier in die Eier von phiiariella
legt, da sie die Raupe in der Nadel infolge deren harten Epidermis nicht erreichen
kann. Wenn die Raupe erwachsen ist und die Nadel verläßt, ist sie vollkommen
angefüllt mit den Parasiten (Abb. 128). Sie kann sich aber trotzdem noch häuten
und ihren Kokon spinnen; dann erst geht sie zugrunde. Gewöhnlich entwickeln sich
8 — 12 Parasiten in einer Raupe. Zuweilen ist der Prozentsatz der parasitierten
Raupen sehr groß, bis 750/0 (Trägärdh, 1914).
176 II. Spezieller Teil.
Ocnerostoma copiosella Frey.
Arvenmotte.
Unterscheidet sich von piniariella nur durch die etwas größere Gestalt, die
dunklere graue Färbung und die breiteren, an der Spitze abgerundeten Vorderflügel.
Die meisten Autoren sehen sie als Lokalvarietät von piniariella an^).
„Streng an die Arvenregion gebunden, bildet copiosella eine markante
Erscheinung in den Hochgebirgswaldungen, indem sie erst bei 1600 m Höhe
auftritt, ihre stärkste Entwicklung jedoch zwischen 1700 und 1900 m erreicht"
(Keller 1910).
Bourgeois (1894) hat copiosella zuerst in die Forstzoologie ein-
geführt und auch die ersten näheren Angaben über die Bionomie gemacht,
die später Keller (1901 und 1910) mehrfach ergänzt und berichtigt hat.
Nach den Feststellungen des letzten hat die Arvenmotte doppelte Gene-
ration mit annähernd der gleichen Bioformel wie piniariella (s. auch Stand-
fuß 1894). Die erste Flugzeit fällt in die erste Hälfte des Juni, die zweite
Mitte bis Ende Juli. Der Hauptflug fällt in die ersten Morgenstunden von
5 — 7 Uhr. Um diese Zeit umschwärmen die beweglichen rfcf die Arven-
zweige, während die 99 gewöhnlich auf den Nadeln hin und her laufen. Um
8 Uhr läßt das Schwärmen nach, und in den heißen Mittagsstunden tritt
völlige Ruhe ein. Die Motten sitzen dann trag an den Nadeln, gewöhnlich in
der Nähe der Spitze. Sie lassen sich jetzt ganz bequem abklopfen und zeigen
gar keine Neigung zu fliegen. Auch während des Schwärmens entfernen sie
sich nicht von ihrem Nährbaum. In welchen Massen die Motten auftreten
können, geht aus einer Schätzung Kellers hervor, wonach eine etwa 4 m
hohe Arve von mindestens 800 — ^1000 Exemplaren umschwärmt wurde.
Bei der Begattung sind die Paare ziemlich fest verhängt und sitzen dann
meist ruhig am Nadelende. Die gelbgrünen Eier werden einzeln oder auch
wohl zu zweien an die Nadelenden (dicht an der Spitze) gekittet. Die
dunklen Räupchen mit glänzend schwarzem Kopf bohren sich in die Nadel
ein und minieren in derselben, wie oben bei piniariella geschildert. Auch die
Verpuppung findet in gleicher Weise zwischen zusammengesponnenen Na-
deln statt.
Die Arvenmotte kommt in ihrem Verbreitungsgebiet oft lokal scharf
begrenzt vor. Sonnige, der Insolation stark ausgesetzte Hänge scheinen be-
sonders bevorzugt, schattige Lagen dagegen gemieden zu werden. Jedes Alter
der Arven wird befallen, doch werden frohwüchsige, junge Arven entschieden
vorgezogen. Sie ist ein hartnäckiger und lästiger Schädling, der an demselben
Ort Jahr für Jahr in starker Vermehrung auftreten kann. Nehmen wir dazu
die doppelte Generation, so kann zumindest merklicher Zuwachsverlust nicht
ausbleiben. Ein Absterben von Arven ist selbst nach langen Fraßperioden
nicht beobachtet worden. Die befallenen Stellen sind schon von weitem an
einer Verfärbung des Nadelwerkes zu erkennen, die dadurch zu einer all-
gemeinen wird, daß die Beschädigung sich nicht nur auf die jeweils be-
fressene Nadel beschränkt, sondern auch die übrigen vier Nadeln des
Bündels absterben.
An natürlichen Feinden sind eine Schlupfwespe (f/'.e2:ö;;m<:////5-- Art),
1) Heinemann (S. 660) kann copiosella nicht von piniariella trennen, welch
letztere in der Form der Vorderflügel etwas veränderlich sei. Allerdings sah er die
Stücke aus dem Engadin (copiosella) niemals so weiß wie die hellen Stücke von
piniariella.
Eschench, Forstiiisekttii. III. Bd.
Tafel I
%^ju:.:^ß
26
20
iäjte..
24
'.^^
25
Tineiden
:v. Kennel del.
lErioci-aniasparmanellaBosc. 2 N'epticula sericopeza 7.11. ;1 Tischeiia complanella ///>. 4 Adela ochscn-
heimerella i/^). 5 Tinea cloacella //ir. ö Tineola biselliella '////». , Pravs curtisellus Z)«/'. S Hvpo-
nomeuta padella L. (= variabilis) 9 .Aravresthin fundella F R 10 A. certella /JI. U A. •.llumir.a-
tella /^. A' 12 A. Inevia-atella H.S. i:! Öcm-rostoma piniariella Z//. U Gracilaria ruiipcnn..lla /^ö.
15 Eutrichocnemis simplonieila F. 16 Coleophora laricella Hb 17 C. fuscedinclla ZU. 18 C. luli-
pemiella ZU. 19 Eustaintonia pinicolella Diip 2U u. 21 Chimabacche fairella F 22 Carcina quercana /<.
23Borkhauseniastipeilai:. 24Stenolechia gemclla Z.. 25 Teleia proximella il/ö. 26Gelechia electella Z//.
Vergr. 2' --mal.
[. Unterordnung: Alicrolepidoptera, Familie Tineidae.
177
Abb.
ferner zahlreiche Spinnen, die Jagd auf die Raupen machen (Lyniphia,
Theridiiim usw.) gefunden worden. „Die Vogelwelt scheint ganz untätig zu
sein." Bisweilen tritt eine Mykose auf, an der viele Raupen und Puppen
zugrunde gehen.
Als Bekämpfungsmittel empfiehlt Keller (1901) das Abklopfen der
Motten in den heißen Mittagsstunden in untergehaltene Hamen.
Gattung Cerostoma Ltr.
Palpen mit breitem, vorstehen-
dem Haarbusch. Vorderflügel mit
relativ kleinem Stigma (kann auch
fehlen). Basal m meist gut erhalten;
9 Endsätze vom spitzenwärtigen Teil
des Discus ausgehend. Lange, kräf-
tige Wurzelschlinge. Hinterflügel mit
breitem Faltenteil und vorgebauchtem
Analfeld; Adern rr und m^ lang
gestielt (Abb. 129).
Die Raupen auf Laubholz, die
Puppen in kahnartigem Gespinst.
Enthält ca. zwei Dutzend teils
recht abweichende Formen; forstlich
kaum bemerkenswert.
Cerostoma parenthesellumij L.
Syn. Tinea costella F. und Tinea ] udeichiella Rtzb.
Falter: Hellgelbbraun bis zimtfarben, glänzend, bisweilen violett schimmernd,
unter dem VR einen breiten weißen, bis gegen die Flügelmitte reichenden Längs-
streifen, der sich oft in feiner Linie bis zur Spitze fortsetzt. Mitunter fehlt die
weiße Strieme ganz oder ist nur als feine Linie vorhanden. Spannweite 17 — 19 mm.
Raupe gelbgrün, mit schwarzen Wärzchen und gelbbraunem Kopf.
Kommt in Buchen beständen vor. Die Raupe frißt auf der Unter-
seite der Blätter und ist wegen ihrer grünen Färbung schwer zu sehen. Am
meisten schadet sie den Keimlingen; sie kommt aber auch auf alten
Buchen vor, an welchen man sie häufig an einem Faden hängen sieht
(Ratzeburg W. II. 418). Auch Altum (1888a) hat parenthesellum als
Beschädigerin des Buchenaufschlages gefunden. Die Raupe frißt die Plu-
mulablätter, indem sie dieselben namentlich gegen die Spitze zu grob skelet-
tiert; sie spinnt hierbei und an diesen Stellen liegt auch die Puppe.
6. Unterfamilie: Gracilariinae.
B 1 a 1 1 - T ü t e n m o 1 1 e n.
Zierliche, schlanke Tierchen mit langem, dünnem Körper und meist sehr
schmalen Flügeln. Im Vorderflügel r-^ weit zurückgezogen, sc kurz; ??i2
129. Gcäder von Cerostotna paretithe-
sellnin L. Nach S p u 1 e r.
1) Ratzeburg führt in seiner Waldverderbnis (II. 418) zwei Tineiden unter
dem Namen Tinea costella F. und Judeichiella Rtzb. an, die aber nach dem Katalog
von Staudinger und R e b e 1 Synonyme von Cerostoma parenthesellum L. sind.
Allerdings gibt Ratzeburg für seine beiden Arten verschiedene Fraßpflanzen an:
für costella die Buche und für /udeichiella die Tanne (Knospen). Das letztere
Vorkommen scheint aber nicht direkt beobachtet zu sein, sondern wird lediglich
daraus geschlossen, daß ,J udeichiella der knospenbewohnenden Bergiella (siehe
oben S. 164) sehr ähnlich ist". (W. II. S. 14.) Altum (F. IL 313) identifiziert
irrtümlicherweise Judeichiella mit coraciella F. R., die der parenthesellum zwar nahe-
steht, aber nach Staudinger-Rebel, Spuler usw. eine eigene Art darstellt.
Escherieh, Forstinsekten. Bd. III. 12
178
II. Spezieller Teil
manchmal mit m.^ verschmolzen; an bis oder bis fast an den Saum deutlich.
Hinterflügel spitz lanzettlich, mit nahe an der Basis vorgebauchtem VR,
m-^ an cu^ angeschlossen; au stets deutlich, Faltenadern verkümmert
(Abb. 130).
Die Falter fliegen in der Dämmerung und nehmen in der Ruhe eine
eigentümliche Stellung ein: sie halten den Vorderkörper sehr hoch, indem die
Schienen und Füße der vier vorderen Beine fast senkrecht auf der Fläche
stehen, die Hinterbeine den Leib entlang ausgestreckt und die steil dach-
förmigen Flügel nach hinten abwärts gerichtet sind, so daß sie die Sitzfläche
berühren, die Fühler sind nach
hinten zurückgelegt. Raupen 14-
füßig, da das 4. Paar Bauch-
füße fehlt. In der Jugend sind alle
Blattminierer, ein Teil derselben
bleibt es bis zur Verpuppung, die
meisten verlassen aber die Mi-
nen und leben dann in einem
auf verschiedene Weise um-
geschlagenen oder zusammen-
gerollten Blatt, die innere
Seite benagend.
an
Abb.
130.
Geäder von Gracilaria TAX. Nach
Spul er.
Gattung Gracilaria ZU.
Scheitel und Gesicht glatt, zwischen den Fühlern vorgewölbt, beschuppt.
Fühler dünn, vor den Augen eingelenkt. Vorderflügel an der Spitze deutlich ab-
gebogen, mit sehr langem Discus, Ader r^ bis hinter die Discusmitte zurückgezogen;
(;«2 bis zur Abgangsstelle von r.2 zurückgezogen, mit cu^ nach dem Rand zu stark
konvergierend. Hinterflügel spitz lanzettlich mit nahe der Basis vorgebauchtem VR,
m^,^ spät geteilt, m^, an cu^ angeschlossen, an deutlich, ax-^ und ax.^^ verkümmert.
Die Raupen leben später in tütenförmigen Blattgehäusen.
In Europa 15 Arten, von denen nur eine Art in der forstlichen Literatur
Erwähnung findet, nämlich
Gracilaria rufipennella Hb.
A h o r n m o 1 1 e.
Taf. I, Fig. 14.
Falter: Vorderflügel zimtrot oder zimtgelb, mit ungezeichneten Fransen,
Schenkel und Schienen der 4 Vorderbeine schwärzlich gefleckt, Hinterschenkel weiß-
lich mit dunklem Mittelfleck. Spw. 11 — 13 mm.
Diese vor allem in Gebirgsgegenden verbreitete Gracilaria wurde unseres
Wissens bisher nur einmal in der forstlichen Literatur erwähnt, nämlich von
Fankhauser (1904). In der Schweiz allenthalben
nicht selten, trat sie 1896 in St. Gallen in auf-
fallender, starker Vermehrung auf, und zwar vor
allem an Bergahorn, während Spitz- und Feld-
ahorn weniger zu leiden hatten.
Die Flugzeit fällt in die Monate Juli bis Sep-
tember (doppelte Generation?). Der Raupenfraß
wurde in den Monaten Juni und Juli beobachtet.
^. ,, Das ganze Räupchen miniert zuerst im Blatt; später
Abb. 131. Die Ahornmotte, ,..° j- iT^- 1 , , • t . .
Gracilaria ruf ipennellaWh. verlaßt es die Mme und lebt nn Innern enies tuten-
2i/j,X- förmig zu einem Kegel eingerollten Blattlappens
Unterordnung: Microle])idoptera, Familie Tineidae.
179
(Abb. 132). Fankhauser gibt inter-
essante Einzelheiten an über die Art
und Weise, wie das Räupchen die
Tüte fertigt usw.
Eine nennenswerte forstliche Be-
deutung kommt rufipe)inella kaum zu.
Gracilaria (Xanthospilapteryx)i)
syringella F.
P' li e d e r ni o 1 1 e.
Falter: V^orderflügel gelblich
olivbraun, durch feine weißliche und
dunkelbraune Punkte und Flecken mar-
moriert, weißliche Querbinden bei ^ j
der Mitte, vor der Spitze am VP. 2
häkchenartige weiße Fleckchen, i drei
eckiges Fleckchen am I -Winkel und
I Häkchen am Saum vor der Spitze
Spannweite 12 — 14 mm (Abb. 133). —
Raupe im i. Stadium glashell, platt-
gedrückt, ohne Beine und Haare (Abb
134 A); im 2. Stadium weiß oder
schwach grünlich mit dunkelgrüner
Rückenlinie, mit Borsten besetzt und
schwach gebräuntem Kopf (Abb. 134B).
Die Fliedermotte gehört zu einem
unserer häufigsten Kleinschmetter-
linge, dessen Verunstaltungen an Fliederblättern fast in jedem Garten zu
sehen sind. Sie ist denn auch schon oft Gegenstand der Beobachtung gewesen
und hat zu einer ziemlich umfangreichen Literatur älteren und neueren Da-
tums Veranlassung gegeben (Amyot 1864, Bail 1908, Fulmek 1910,
Trägärdh 191 1, Stäger 1923). Der letztgenannte Autor gibt eine ausführ-
liche Darstellung der Lebensweise auf Grund eingehender eigener Unter-
suchungen, durch die mit manchen falschen Vorstellungen Bails aufgeräumt
und die Angaben F u 1 m e k s und Trägärdhs mehrfach ergänzt wurden.
Die Motte schwärmt an milden Maiabenden (bzw. im Juli) um Flieder-
büsche, Eschen usw., und zwar mit Vorliebe im Schatten. Die Ablage der
Eier findet stets an der Blattunterseite statt, meist im vorderen Drittel des
völlig entwickelten Blattes. Die Eier liegen gewöhnlich zu 6 — 20 Stück in
einer Reihe an der Seite des Haupt- oder eines Nebennerves.
Nach 8 — 10 Tagen schlüpfen die winzigen, glashellen Räupchen, die
sofort durch den Eiboden hindurch in das Gewebe des Blattes eindringen.
Die Räupchen bleiben a^wg aneinandergeschmiegt in einer Kolonne zusammen
Abb. 132. Fraß von Grac. rufipeiineUa Hb.
an Ahorn. Nach Fankhauser.
-; Spuler trennt Xanlhospilapteryx als besondere Gattung von Gracilaria;
wir wollen hier Xanthospilapteryx als Untergattung bei Gracilaria belassen. Spul er
gibt folgende Merkmale für seine Gattung an: Kopf hinter den Augen mit einpor-
gerichtetem Haarschuppenschopf. Fühler vorne über den Augen eingelenkt. Vorder-
flügel gegen die Spitze weniger stark abgebogen. Discus gegen die Spitze stark ver-
breitert, mit Andeutung von Anhangszelle. Von den 4 Adern, die hinter der Zell-
mitte von der Zelle in den Vorderrand abgehen, entspringen die ersten beiden
weniger weit voneinander getrennt als die letzten beiden.
12*
180
II. Spezieller Teil.
.^**
und vollführen in dieser Form gemeinsam ihren Minierfraß. Haben die
Raupen eine Mine nach allen Richtungen leergefressen, so daß die Mine die
größere Hälfte des Blattes oder selbst das ganze Blatt einnimmt, so verlassen
sie diese durch eine oder mehrere Öffnungen und begeben sich auf die
Unterseite eines frischen Blattes, um. dieses nach unten aufzurollen und zu-
sammenzuspinnen (Abb. 135). Der Platz- und Fraßwechsel findet nur des Nachts
oder in den ersten Morgenstunden statt. Um
das Aufrollen zu erleichtern, wird zunächst die
Hauptrippe des Blattes an mehreren Stellen
durchgebissen bzw. eingekerbt. Während
I — 2 Raupen mit dieser Arbeit beschäftigt
sind, beginnen andere mit dem Einbiegen
und Aufrollen des Blattes. Letzteres ge-
schieht mit Hilfe von Spinnfäden, und zwar
nicht so, daß die Raupen aktiv mit den
Fäden die Spitze einziehen und das Blatt auf-
rollen (wie Amyot meinte), sondern einzig
durch das Eintrocknen und der damit ver-
bundenen Verkürzung der Spinnfäden, die
am richtigen Ort angebracht worden waren.
Mit dem Aufrollen geht auch der Verschluß der seitlichen Öffnungen Hand
in Hand; der ganze Vorgang nimmt etwa i — i^/g Stunden in Anspruch.
Abb. 133. Die Fliedermotte Gra-
cilaria syrhigella F. 3 X-
A B
Abb. 134. Raupe von Gracilaria
syringella F. A junges minie-
rendes Stadium, B erwachsenes,
frei lebendes Stadium. Nach
Träsrärdh.
Abb.
35. Fraß von Grac. syringella F. im
aufsrerollten Fliederblatt.
Die ganze Raupengesellschaft befindet sich jetzt wohlgeborgen in dem
Wickel, in welchem der Fraß fortgesetzt wird durch Abnagen der Epidermis
der Blattoberseite. Ist der erste Wickel ausgefressen, so begeben sich sämt-
liche Raupen auf ein neues Blatt, das sie in der gleichen Weise behandeln.
Dies wird solange wiederholt, bis sie ausgewachsen sind (ca. 8 mm lang).
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 181
Dann verlassen sie gewöhnlich (nicht immer) ihre bisherige Wohnung ent-
weder mit Hilfe eines Gespinstfadens oder durch Kriechen, um sich in
Rindenspalten, Zweigachseln oder sonstigen kleinen Schlupfwinkeln oder im
Boden einzuspinnen bzw. zu verpuppen. Die Puppenruhe dauert ca. drei
Wochen; die ganze Entwicklung vom Ei bis zum Falter ca. sieben Wochen,
so daß mindestens zwei Generationen, in wärmeren Gegenden
sogar drei Generationen, die Regel sind.
Als Fraßpflanze kommt außer dem Flieder noch die Esche
(Fraxinus excelsior) und Liguster CLigustru?n vulgare) in Frage (nicht aber
Evonymus, wie vielfach in der Literatur angegeben).
Der Fraß wechselt in seiner Intensität nach den Jahren. Oft treten die
Raupen sehr zahlreich auf, daß jedes Blatt befallen ist; dann kommen wieder
Jahre, in denen ein Befall kaum zu bemerken ist. Als Parasiten sind gezogen
die Schlupfwespen: Angitia chrysosticta Gmel., Apanteles düectus Hai.,
A. fuliginostis Wesm., A. impurus Nees, A. ruficornis Nees und Ascogaster
rujidens Wesm. Eine Bekämpfung kommt wohl hauptsächlich in Baum-
schulen in Frage: Abpflücken der befallenen Blätter oder Zerdrücken der
Raupen in den Minen; Spritzen mit Petroleumseifenbrühe.
Gracilaria (Eutrichocnemis)i) simploniella F. R.
E i c h e n r i n d e n m i n i e r m o 1 1 c .
Taf. I, Fig. 15.
Die Motte (Abb. 136) gleicht in Gestalt, namentlich der langen Fransen der
grauen Hinterflügel, der bekannten Lärchenininiermotte, doch ist sie beträchtlich
größer und hat prächtig milchweiße Vorderflügel, die besonders in ihrem Spitzen-
'^X^^J^^
B
Abb. 136. Die Eichenrindenminier- Abb. 137. Hinterschiene: A von Gracilaria
motte Gracilaria (Eutrichocneiuis ) (Eiitric/wcnemis) simploniella F. R., B von
simploniella F. R. 3 X- einer anderen Gracilaria. Nach Hering.
teil noch mit bräunlich gelben, schwarz geränderten Binden geziert sind. Hinter-
schienen mit 2 Reihen abstehender Borsten besetzt. Spw. 10 — 11 mm (Abb. 137).
Die Raupe ist eine ausgeprägte Minier- Anpassungsform (Abb. 138). Der Körper
der erwachsenen Raupe ist stark deprimiert, die einzelnen Segmente springen
seitlich in der Mitte winklig stark hervor. Die Stigmen kommen in die Mitte der
Vorderwände dieser Ausbuchtungen zu liegen. Die ventralen und dorsalen Flächen
der Segmente werden zum größten Teil von stärker chitinisierten, rauhen Platten
eingenommen, die als Kriechschwielen dienen. Die Beine (sowohl die Brust- als die
Bauchfüße) sind fast völlig rückgebildet. An Stelle der Brustfüße finden sich nur
klauenlose, winzige Wärzchen, und anstatt der Bauchfüße kranzförmige Wülste.
Auch der Kopf ist stark deprimiert, sein Vorderrand fast schneidend.
1) Die von Spul er aufgestellte Gattung Eiitrichociieinis. die ich hier als
Untergattung bei Gracilaria belasse, zeichnet sich lediglich dadurch aus, daß die
Hinterschienen mit zwei Reihen abstehender Börstchen besetzt sind, während sie bei
Gracilaria anliegend behaart sind (Abb. 137).
182
II. Spezieller Teil.
Im \-orletzlen Stadium ist die Raupe noch flacher, die rauhen Chitinplatten
noch stärker ausgebildet und zum Teil mit starken Zähnen reibeisenartig besetzt. Die
IMandibeln sind in diesem Stadium fast völlig flach und gleichen gerippten Messer-
klingen (Baeri.
Obwohl die Fraßerscheinungen, die geschlängelten Rindenminen an
Eichen, durchaus nicht selten sind, ist der Urheber derselben erst im Jahre
1909 von W. Baer (1909) als Grac. simploniella F. R. festgestellt worden.
Der genannte Forscher gibt eine sehr eingehende Schilderung der Lebens-
weise und auch der Morphologie der Raupe, die durch ihre Anpassungsmerk-
male allgemeines Interesse beansprucht.
Wir folgen hier in der Hauptsache Baers Ausführungen: „Die Mine,"
schreibt dieser, „fand sich an der glatten Rinde der Stämmchen und Äste in
großer Anzahl. Äußerst schmal beginnend, schlängelt sie sich zuerst, oft
basalwärts, auf der einen Seite des Stämm-
chens oder Astes hin, kehrt sodann um
und verläuft unter mäandrischen Windungen
weiter, die sich einander parallel, oft eng
aneinanderlegen, in einer Breite von 2 — 4
und zuletzt sogar 5 mm; schheßlich endigt
sie als große Blasenmine, die etwa einen Platz
von 5 qcm bedeckt (Abb. 139). Je nach der
Stärke des Materials erstreckt sich die Mine
im ganzen an demselben i.iber eine Länge
von etwa 12 — 20 cm. Die mäandrischen
Windungen greifen auch an stärkeren Stämm-
chen von mehreren Zentimetern Durchmesser
mehr oder weniger weit um dasselbe herum und
"J*: ffftZ' ^~"^'^y' erinnern in ihrem Verlauf oft sehr an die Fraß-
'-S^HIW!^ a*£"^Sä gänge der Jgrili/s- Arien. Die unterhöhlten
Partien der Rindenoberhaut erscheinen auf-
getrieben und treten reliefartig hervor. Der
nachwachsende Wundkork sprengt schließlich
die Oberhaut selbst, namentlich aber platzt
die zarte Decke der großen Minenblase alsbald
beim Eintrocknen (Abb. 139). Dieser letzte
Umstand ist wohl nicht ganz ohne Bedeutung
für das auskommende Falterchen. Hier in der
Blasenmine schreitet nämlich das erwachsene
Räupchen zur Verpuppung, indem es sich
an der Decke derselben unter einem dichten und festen Schleier einspinnt.
Durch das Gespinst schiebt sich hier wohl die reife Puppe hervor, um die
zarte Motte zu entlassen, dagegen durchbricht dieselbe die abgelöste Rinden-
oberhaut nicht, wodurch der Weg ins Freie erst gänzlich gebahnt wäre;
wenigstens nach dem Verhalten bei unserem Zuchtmateriale zu schließen, das
freilich vielleicht nicht vollkommen maßgeblich ist."
„Die Puppe besitzt dieselben hochausgebildeten Scheiden der Extremi-
täten wie die übrigen Gracilarien, und läßt sich kaum noch als ,, Mumien-
puppe", sondern eher als „Freie Puppe" ansprechen. Die Flugzeit von
G. simplojiiella ist in Holland das Ende des Juni und der Juli. Sie dürfte
(4
A ]
Abb. 138. A Räupchen von Graci-
laria simploniella F. R. vor der
letzten Häutung (dorsale Ansicht),
B erwachsenes Räupchen (ventrale
Ansicht). Nach Baer.
I. Unterordnung: JMicrolepidoptera, Familie Tineidae.
183
dort wenigstens nur eine Generation im Jahre haben, entgegen den
meisten Gracilarien, die zweimal im Jahre fliegen. Die Räupchen zeigten sich
nach der Überwinterung im ersten Frühjahre kaum halbwüchsig."
GracUaria siinploiüella wurde
zuerst am Fuß des Simplon im Ober-
wallis aufgefunden. Später wurde sie
namentlich in Belgien und Holland,
sowie auch verschiedentlich in Mittel-
und Süddeutschland, Südfrankreich und
Ungarn beobachtet.
Daß die Eichenrindenminiermotte
f o r s 1 1 i c h r e c h t unangenehm
werden kann, geht aus einem Bericht
hervor, der dem Verfasser über ihr
Auftreten im ungarischen Forstamt
Sarvar zugegangen ist ( E s c h e r i c h
19251. ,,Die Beschädigung," heißt es
da, , .tritt im ganzen in mehreren 30
bis 40 km voneinander entfernten
Waldungen des Forstamts auf, be-
sonders stark auf einer Brandfläche,
wo etwa 4Jährige Eichen auf den Stock
gesetzt wurden und üppiger Ausschlag
sich gebildet hat. Sie ist besonders
an Zerreichen, doch auch an Trauben-
und Stieleichen, vereinzelt auch an
Weißbuchen, meist unmittelbar über
dem Boden, selten in i — 1,20 m Höhe
wahrzunehmen". Die allenthalben zu-
tage tretende Abschilferung der äu-
ßeren Rindenschichten ließ den Bericht-
erstatter (Dr. Graßmann) zuerst auf
Sonnenbrand schließen, doch brachte
ihn der Umstand, daß die Erscheinung
sich nicht auf die Sonnenseite be-
schränkte und außerdem Kot und
Gespinste an den beschädigten Stellen
gefunden wurden, bald zur rechten
Erkenntnis, daß ein tierischer Schäd-
hng als Urheber der Beschädigung
anzunehmen sei.
Gattung Lithocolletis ZU.
Abb. 139. Abschnitt von Eichenstangen
mit Rindenminen von GracUaria simplo-
nieUa F. R. Unten deutlich die ver-
schlungenen Minengänge, oben die gro-
ßen Minenblasen oder deren Reste.
Nach B a er.
Scheitel abstehend behaart, Palpen
kurz, hängend. Nebenpalpen verkümmert.
Im Vorderflügel r-^ fast ganz fehlend, von der Zelle gehen höchstens 3 Adern in den
Außenrand (bei Gracilaria 4 — 5). Hinterflügel schmal lanzettlich, Geäder siehe
Abb. 140.
Die Raupen 14 füßig, mit verdicktem Brustring; leben in faltigen Flecken-
184
II. Spezieller Teil.
minen, Faltenminen (Ptychonomien ) i) unter der Ober- oder Unterhaut von
Blättern. Verpuppung meist im Gespinst in der Mine. Doppelte Generation die
Regel.
Zahlreiche (in Europa 96) verschieden gefärbte Arten. Forstlich kaum von
Bedeutung. Da ihre Minen aber, wo sie zahlreich auftreten, eine recht auffallende
Erscheinung werden können, so seien hier einige der häufigsten Arten angeführt.
Die Lithocolletis-An&n sind winzige, 8—9 mm spannende Tierchen, deren
Vorderflügel meist silberweiß oder goldgrundiert sind und mit prächtigen feinen
Metallflecken gezeichnet sind.
Z. quercifoliella ZU. An der Unterseite der Eichenblätter, in gefleckter Mine
(Abb. 142).
Z. abnella ZU. An Alnus gliitinosa (Unterseite).
Z. faginella ZU. An Buche. Larve macht auf der Unterseite eine längliche
Mine zwischen zwei Nerven (Abb. 143).
Nach Lüstner (1925) trat faginella ZU. bei Wiesbaden so häufig auf, daß
ihre Minen allenthalben auffielen. Befallen werden nur die Blätter des Unterholzes
und der unteren Äste älterer Bäume. Bis zu 5 Minen in einem Blatt sind keine
Seltenheit. Sie erstrecken sich meist von der Mittelrippe bis in die Mitte der Blatt-
hälfte, gehen bisweilen aber auch bis zum Blattrand. Ihre Farbe ist zumeist grün-
lich, später bräunlich und zuletzt dunkelbraun oder auch weißlich. Der Kot des
Räupchens liegt als schwarzes Häufchen in dem mittleren Teil der Mine. Die
Verpuppung erfolgt in der Mine in einem weißlichen Gespinst. Die Puppe über-
wintert. Es treten zwei Generationen auf: Flugzeit April/Mai und August; Raupen-
Fraß Juli und September/Oktober.
Z. spinicolella ZU. Wohl identisch mit der von Ratzeburg (F. 252) ange-
führten Tinea pruniella L. Im S t aud inger-Reb e 1 - Katalog ist nur eine
priiniella H. S. angeführt als Synonym mit spinicolella St.
j^^__ ^^r.f
an cu ^2 ^
Abb. 140. Geäder von Lithocoltetis
ZU. Nach Spuler.
Faltenmine einer Lithocollelis. Nach
Hering.
Ratzeburg gibt an, daß die Raupe auf mehreren Pyrus- und Priinus-kxl^w.
lebt in den zusammengerollten und ausgesponnenen Ecken der Blätter. Hcine-
mann gibt für spinicolella als Fraßpflanze Prunus spinosa und dorne st ica an.
Z. salictella ZU. Raupe an verschiedenen Weidenarten (viminalis, petandra,
alba usw.).
1) Bei der Faltenmine (Ptychonom) wird die Aufwölbung der Minendecke
(die bei der Blasenmine durch Gase bewirkt wird) von der Larve dadurch erzielt,
daß „unter ihr Gespinstfäden gezogen werden, wobei einzelne Teile der Blatthaut
ausgespart werden, die sich dann durch den an ihren Seiten angreifenden Zug der
Gespinstfäden aufwölben. Indem diese Aussparung bei jedem Querfaden in der
gleichen Längslinie erfolgt, entstehen Längsfalten in der Epidermis, die der Mine
das charakteristische Gepräge geben" (Abb. 141). (Hering 1926, S. 10.)
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
185
Z. lantanella Schrk. Raupe an Viburnuvi und Lantana.
L. platani Stgr. An Platanus orientalis (Unterseite der Blätter). In manchen
Jahren so häufig, daß man an einem Blatt bis zu lo Minen zählen kann (Cecconii.
L. millieriella Stgr. An den Blättern von Celtis australis.
Abb. 142. Eichenblatt mit Lilhocolletis-
Mine. Nach Trägärdh.
Abb. 143. Buchenblatt mit drei Falten-
minen von Lilhocolletis faginella ZU.
Nach Lüstner.
7. Unterfamilie: Coleophorinae.
S a c k t r ä g e r m o 1 1 e n.
Eine geschlossene natürliche Gruppe, ausgezeichnet durch die Lebens-
weise der Raupen, die zuerst minieren und später in Säcken
leben, die sie aus abgeschnittenen Blattstücken usw. (siehe Coleophora)
verfertigen.
Gattung Coleophora ZU.
Kopf rundlich vortretend, anliegend beschuppt. Fühler mäßig lang, in der
Ruhe vorgestreckt. Vorderflügel lang und schmal, VR nach r^ zu einer scharfen
Spitze abgebogen, r^ weniger weit von ^2 entfernt als diese von r^; von m stets ein
Endast fehlend; ^w, manchmal nur als Trachee vorhanden oder sehr schwach ent-
wickelt oder auch ganz fehlend. Wurzelschlinge gut ausgebildet (Abb. 144). Hinter-
flügel schmal, lanzettlich, sehr lange gefranst, wohl selten alle Äste von m vor-
handen, meist m^ und m^ verschmolzen; axy und a.Vo verkümmert. — Die Raupen
16 füßig, mit verkümmerten Bauchfüßen.
186
II. Spezieller Teil.
Die Raupen leben zuerst miniere nd in Blättern, Nadeln,
Samenkapseln usw., später mit wenigen Ausnahmen in einem
Sack, minierend entweder vom Sack aus oder auch (seltener)
ihn zeitweise verlassend. Nur wenig Arten bilden keinen Sack. Die
Verpuppung findet im Sack oder Samen statt.
,,Die Säcke sind von sehr
verschiedener Bildung. Oft haben
nahestehende Arten auch ähn-
^-^^-^vT'^i' T'^ liehe Säcke, bisweilen sind aber
dX^^^ ^ die Säcke der nächstverwandten
^2 Arten ganz abweichend gebaut,
Abb. 144. Geäder von Coleophora. und zwar nicht allein infolge des
Nach Spul er. verschiedenen von der Futter-
pflanze entnommenen Materials.
Auch nach dem Alter sind die Säcke oft verschieden. Vorn haben sie meist
eine gerandete rundliche Mundöffnung, aus welcher der vordere Teil der
Raupe hervorkommt; das Afterende aus welchem der Schmetterling aus-
kriecht, hat eine Öffnung, welche entweder aus einer einfachen vertikalen,
durch zwei seitliche Klappen geschlossenen Spalte besteht oder dreispaltig
und von drei gleichen Klappen geschlossen ist (Abb. 145), welche in einer
pyramidenartigen Spitze in der Weise zusammentreten, daß die eine Klappe
an der Bauchseite, die beiden anderen an den oberen Seiten sich befinden.
Am Munde sind die Säcke entweder gerade oder mehr oder weniger schräg
abgeschnitten, und dadurch ist auch ihre Richtung in Beziehung auf die An-
haftungsfläche eine verschiedene.
„Innen sind die Säcke mehr oder weniger mit Seide ausgesponnen,
außen bestehen sie entweder aus trockenen Blattstücken, die aneinander-
geheftet sind, oder aus einer gleichförmigen, härteren, oft pergamentartigen
Masse, die gleichfalls das Produkt eines Gespinstes ist. Bei ersteren sind die
Blatteile deutlich wahrzunehmen, oft in flügelartigen Ansätzen, oder sie sind
so verarbeitet, daß sie eine homogene Masse bilden, deren Zusammensetzung
nicht mehr zu erkennen ist. Die Sackröhre selbst ist gleichmäßig rund oder
seitlich zusammengedrückt, besonders hinten, oft auf dem Rücken und am
Bauche mit einer Längskante oder einem Kiel, glatt oder rauh, mitunter
nadel rissig oder rundlich" (Heinemann).
Über die verschiedenen Sackformen gibt Hering (1926, S. TJ ] folgende Über-
sichtstabelle :
1. Analende zweiklappig (Abb. 145 Ab) 3
— Analende des Sackes dreiklappig (Abb. 145 Aa) 2
2. Sack zylindrisch, gerade, pergamentartig Röhrensack
— Sack unregelmäßig, aus Fruchtkapseln bestehend . . . . Samensack
3. Sack aus Einzelstücken bestehend 5
— Sack eine homogene, pergamentartige Masse bildend 4
4. Sack stark zusammengedrückt, am Ende höchstens schwach abwärts
gebogen (Abb. 145 B) Scheidensack
— Sack walzig-rund, sein Ende stark abwärts gebogen (Abb. 145 C)
Pistolensack
5. Sack aus einzelnen Teilen der Länge nach zusammengesetzt (Abb.
145 D und E) Blatt sack
— Die einzelnen Teile querliegend aneinandergereiht 6
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
187
6. Die Stücke, aus denen der Sack zusammengesetzt ist, stehen lappig
ab und sind alle gleichmäßig breit (Abb. 145 F) Lappen sack
Die einzelnen Stücke anliegend, die vorderen am Bauche nach hinten
vortretend (Abb. 145 G) Puppensack
Das Leben der Coleophoren verläuft nach Reh (S. 284) im allgemeinen
folgendermaßen :
„Die Falter fliegen von Mai bis Juli. Aus den einzeln an Blätter ge-
legten Eiern schlüpfen nach kurzer Zeit die Räupchen, die sich sofort ins
Innere bohren und hier bis Ende des Sommers unscheinbar minieren. Dann
verlassen sie die Blätter, fressen wohl noch etwas außen an ihnen herum und
verfertigen den ersten Sack. Mit seiner Mündung spinnen sie sich in mög-
lichster Nähe der Knospen fest und überwintern. Sie sind jetzt noch ganz
klein und unscheinbar, etwa Kümmelkörnern ähnlich. Im nächsten Frühjahr
Abb. 145. Verschiedene Säcke von Coleophora-KdiU\^ftn. A Schema des Analendes
(a dreiklappig, b zweiklappig), B Scheidensack, C Pistolensack, D und E Blatt-
säcke, F Lappensack, G Puppensack. Nach Hering.
begeben sie sich an die sich lockernden Knospen und bohren sich an deren
weichster Stelle senkrecht in sie ein, aber immer so, daß ihr Hinterende noch
im Sack bleibt. Da sie hierbei fast alle Knospenblätter durchbohren und,
soweit erreichbar, zerfressen, töten sie die Knospen häufig ab. Sind die
Blätter entfaltet, so setzen sie sich auf deren Unterseite fest und minieren
sie aus, soweit sie ohne Verlassen des Sackes und ohne stärkere Nerven zu
verletzen gelangen können. Dann verlassen sie diese Stelle, um an einer
anderen dasselbe zu beginnen. Mit ihrem Wachstum nehmen natürlich auch
die Minen an Größe zu. An dem vollständigen Ausweiden des Parenchyms
zwischen Ober- und Unterhaut und an dem in letzterem befindlichen
kreisrunden Lochet) mit aufgewulstetem Rande sind die völ-
1) An dem kreisrunden Loch sind die Coleop/iora-Minen ohne weiteres zu er-
kennen, da sonst die Öffnung in den Minen nie vollständig kreisrund ist, sondern
meist länglich oder halbbogenförmig.
II. Spezieller Teil.
lig kotfreien, zuerst nur weißen, später braunen Coleo-
phoren Minen sicher zu erkenn en^). Im Mai bis Juni sind sie er-
wachsen und spinnen sich wieder mit der Mundöffnung zur Verpuppung an
Zweigen fest. Dann drehen
sie sich im Sacke herum, so
daß der Falter aus dessen
Hinterende leicht ins Freie
gelangen kann.
,,Der Herbstfraß ist ohne
Belang. Im Frühjahre kann
der Fraß in Knospen und
Früchten und an den Stielen
recht merkbare Schäden be-
wirken. Bei stärkerem Auf-
treten kann ersterer zu
völligem Kahlfräße durch
Abtöten aller Frühjahrs-
knospen führen. Bei sehr
starkem Auftreten können
aber auch die Blätter der-
art ausgefressen werden,
daß sie verwelken und ab-
fallen, so daß im Juni
die Bäume völlig kahl da-
stehen."
Die Gattung Coleophora
enthält zahlreiche Arten
(S p u 1 e r führt für Europa
239 Arten an!), die ein-
ander oft äußerst ähnlich
und ohne Kenntnis der
Säcke und der Nahrungs-
pflanze oft schwer sicher
Abb. 146. Fraß einer ColeopJwra-^^w^a zu unterscheiden sind,
an der Unterseile eines Ulmenblattes. Nach Reh. Forstlich interessieren nur
einige wenige Arten, darunter wieder nur eine, die als arger Schädling auf-
tritt: es ist dies
Coleophora laricella Hb.
Lärchen miniermotte.
Taf. I, Fig. 16.
Ratzeburg: Tinea (Ornyx) laricinella Bechst. — Altum: Coleophora laricella H.
— Nitsche: Tinea (Coleophora) laricella Hbn. — Wolff-Krauße: Coleophora lari-
cella Hb.
Die kleine, kaum 10 mm spannende Motte ist eine treue Begleiterin der
Lärche; überall, wo Lärchen vorkommen, ist auch sie, bald spärlicher, bald
1) Die Coleophora-M\n& ist eine ,, Platzmine" (Stigmatonom) ; bei ihr behalten
die beiden Epidermen dieselbe Entfernung voneinander, die sie im unangegriffenen
Blatt haben.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. J 89
in Mengen auftretend. Sie gehört daher zu dem Kreis der forstlich all-
bekannten Schädlinge 1).
Falter: Vorderflügel bräunlich grau, schwach glänzend, ziemlich breit,
Fransen ohne Glanz. Hinterflügel dunkler grau, ihre lanzettliche Zuspitzung beginnt
von der Mitte. Kopf, Rücken und Halsschild bräunlich grau, ebenso die einfarbigen
Fühler des cT; Fühler des Q hell und dunkel geringelt. Wurzelglied der Fühler
doppelt so lang als breit, erstes Glied der Geißel schwach verdickt. Unterseite ein-
farbig, hell bräunlich grau. 9 gewöhnlich etwas kleiner als das cf. mit kauin vor-
ragender Legeröhre. Flügelspannung 9 mm (Abb. 147).
Raupe dunkel rotbraun mit dunklem Kopfe, geteiltem großem Nackenschilde
auf Ring i, kleinerem auf Ring 2, und großer Afterklappe. Kopf, Brustfüße und
die vier vorderen Afterfußpaare sehr klein, letztes Afterfußpaar, die Nachschieber,
sehr groß mit schwarzem Hakenhalbkranze, zur
Fixierung im Sacke dienend. Länge 5 mm.
Puppe schmal, braunschwarz, im Sacke liegend.
E i halbkugelförmig mit einem kleinen Wärzchen
in* der Mitte, von dem 12 flache Furchen strahlig ab-
gehen, so daß die Gestalt eines gerippten Napfkuchens
entsteht.
Die kleine Motte, die durch ganz Mittel-
europa von Finnland bis auf den Südabhang der
Alpen und in letzteren bis zu 1600 m Meeres- Abb. 147. Die Lärchenminicr-
höhe vorkommt (Frey 1880, Fankhauser "^°"^' ^hT^^X ^"'''"''^''
1908), fliegt im Mai bis Anfang Juni^), im Ge- ' "
birge erst im Juni, und zwar bei Tage. Die Eiablage findet an den Nadeln
statt. Nach 6 — 8 Tagen verfärbt sich das Ei schon in Grau, und bald darauf
kriecht das Räupchen aus, um sich an der Stelle des Eies in die Nadel ein-
zubohren. Es fängt hier gleich an zu minieren, schreitet aber anfänglich so
langsam, vor, daß erst nach mehreren Wochen die heller gefärbte Mine mit
dem durchschimmernden Räupchen die ganze Nadelbreite einnimmt. Die
Eischale schrumpft etwas ein, und auf der ihr entgegengesetzten Nadelseite
kommt ein hellgrüner, in Weiß verlaufender Fleck zum Vorschein, in dessen
Mitte ein bräunlicher Punkt die Stelle des minierenden Räupchens bezeichnet.
Erst gegen Mitte September, wenn die Nadeln sich schon zum Abfallen vor-
bereiten, erscheinen sie auf 4 — 7 mm Länge vollständig ausgehöhlt und hier
weißlich (Nitsche).
Nun schreitet das Räupchen zur Anfertigung des Sackes. Es streckt
sich in dem ausgehöhlten Teile der Nadel lang aus und, den Kopf nach
unten gerichtet, schneidet es hier die Nadel, welche auch an der Spitze eine
Öffnung zum Ausstoßen des Kotes erhält, ringsum ab; es wandert von jetzt
an, aus der Schnittöffnung mit Kopf und Brustringen hervorkommend, frei
umher. Die Räupchen begeben sich unter dem Schutze des Sackes, der braun
^) C. laricella wurde schon sehr frühzeitig in die Forstentomologie eingeführt
durch Blum und Bechstein (1816). Größere Beachtung wurde ihr aber erst
dann geschenkt, als Anfang der 50 er Jahre die ,, Lärchenkrankheit" sich bemerkbar
machte und man die Miniermotte in Zusammenhang mit dieser brachte, ja sie sogar
direkt als die Ursache der Lärchenkrankheit ansah (Borggreve). Wir wissen
heute, daß die „Lärchenkrankheif durch einen Pilz (Peziza willkommii) hervor-
gerufen wird, dessen Eindringen in die Pflanze durch den Fraß eines anderen
Kleinschmetterlings, eines Wicklers (GraphoUta zebeana Rtzb.) gefördert wird.
-) Rhumbler, F. (S. 379) beobachtete 1919 in Holzminden i. W. noch am
4. Juni und 1925 in Münden noch am 5. — 8. Juni starkes Schwärmen.
190
II. Spezieller Teil.
geworden ist und die Größe und Form eines kleinen Gerstenkornes hat, zu
den Über w intern ngsplätzen, zu den mit Flechten bewachsenen Ästen
oder zum Stamm (Reiß ig 1869), aber vor allem zu den Knospen der
Kurztriebe, wo sie sich mit dem Kopfende des Sackes festspinnen
(Abb. 148) und oft dichtgedrängt sitzen (Marti 1880, Loos 1891).
Im Frühjahre regen sich die Raupen wieder und wandern auf die Weide.
Wenn im April die Nadeln nur eben mit ihren Spitzen aus den Knospen
hervorgucken, sieht man schon die kleinen grauen Säckchen, die man eher
für angewehte Streu als für Raupenwohnungen halten würde, an ihnen sitzen.
Reißt man sie los, so bemerkt man das Loch, welches das Räupchen in die
Nadel gefressen hat, oder das Tierchen ist auch wohl schon teilweise in die
minierte, halb weiße Nadel hineingekrochen und muß mit Gewalt heraus-
A B r
Abb. 14S. Coleophora lariceUa Hbn. A und B im Sack gehäuft an den Endtrieben
überwinternde Raupen nach im Februar im Tharandter Forstgarten gesammelten
Exemplaren. 2/1 der natürlichen Größe. C an den ausbrechenden jungen Nadeln im
Frühjahr fressende Räupchen in ihren Säcken. Yi ^1^^ natürlichen Größe. D im
späteren Frühjahr die bereits entwickelten Nadeln minierende Räupchen. Ein Exem-
plar spinnt sich ab. i/^ der natürlichen Größe. A — C nach Nitsche, D nach
R a t z e b u r g.
gezogen werden. Die Raupen wandern nach Bedürfnis von Nadel zu Nadel,
so daß eine einzige eine ziemliche Anzahl Nadeln beschädigt. Auch fressen
sie die männlichen und weiblichen Blüten an (Loos 1892, S. 423), dagegen
werden die langen, einzelstehenden Triebnadeln verschont. „Um die Mitte
April hat die Larve an Größe so zugenommen, daß ein größerer Sack not-
wendig wird. Diesem Bedürfnis wird dann auf interessante Weise abge-
holfen. Die Larve verbindet das vordere Ende des alten Säckchens an dem
Eingangsloch einer eben erst rein ausgehöhlten Nadel mit dieser, wobei das
erstere auf den oberen Teil der letzteren zu liegen kommt. Darauf schneidet
sie von ihrem alten Kleide aus die neue Nadel rundum ab und hat nun zu
diesem ein gleich großes, neues Haus gewonnen. Beide sind wie zwei Finger
eines Handschuhes miteinander verbunden, und es bleibt nur übrig, sie der
Länge nach aufzuschneiden und seitlich miteinander zu verbinden, um sie
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae. 191
zu einem Sack von doppeltem Umfange zu vereinigen, ein Geschäft, welches
die Larve mit großer Geschicklichkeit nach und nach bewerkstelligt. Diese
mühsame Arbeit nimmt mehrere Tage in Anspruch. Während derselben sieht
man die Larven mit zwei teilweise vereinigten Säcken das Miniergeschäft
nebenbei verrichten, und man glaubt bei oberflächlichem Anblick, jedesmal
zwei Larven an einer Nadel vor sich zu haben" (Reiß ig). Sind zu der Zeit,
wo die Erweiterung des Sackes notwendig wird, die Lärchennadeln noch
sehr klein, so erfolgt die Ergänzung ganz oder teilweise durch Gespinst
(Loos 1892). Wenn in der Nähe Nahrungsmangel eintritt, so lassen sich die
Räupchen mitunter an Spinnfäden auf tiefere, noch unbefressene Zweige
herab, merkwürdigerweise mitunter mehrere an einem Faden (Loos 1892).
Dabei werden sie öfters vom Winde verweht (Nitsche).
Gegen Ende April, bei späten Frühjahren und in hohen Lagen erst im
Mai, ist die Larve völlig erwachsen und sie verpuppt sich im Innern des an
eine Nadel befestigten Sackes. Beim Auskriechen des Falters, welches Mitte
Mai, nach Witterung und Klima früher oder später erfolgt, schiebt sich die
Puppenhülse ein wenig aus dem Säckchen hervor. Die Generation ist also
einjährig und läßt sich durchschnittlich für unsere Gegenden folgendermaßen
darstellen:
— 6,4^
4P + 56
Als Fraßbaum kommt vor allem die gemeine Lärche in Betracht,
doch werden auch die ausländischen Lärchenarten befallen, was
bei der nahen Verwandtschaft derselben nicht Wunder nehmen kann. Aller-
dings sollen nach verschiedenen Autoren einige der Ausländer, wie die japa-
nische Lärche (Larix leptolepis Sieb.) und noch mehr die sibirische
Lärche (Larix sibirica Led.) mehr oder weniger verschont werden. Doch
wurde nach Rhumbler (F. 380) 1925 die japanische Lärche im Mündener
Revier Gahrenberg sogar stärker befallen als die gemeine Lärche i).
Der Fraß findet am stärksten in den äußeren Zweigen und an der
Krone statt, die weiter nach innen zu gelegenen Nadelbüschel werden ver-
schont. Am einzelnen Baum verbreitet sich der Fraß von dem Wipfel nach
abwärts, besonders durch das Abspinnen der Raupen (Coaz 1880 und
Loos 1892). Sie geht an alle Altersklassen von etwa 3jährigen Pflanzen
(Rittmeyer 1889) an bis zum Altholz, doch sollen jüngere (Stangenholz)
bevorzugt werden. Es soll keinen Unterschied ausmachen, ob die Lärche in
reinen oder gemischten Beständen steht.
Sonnige, dürre, flachgründige Lagen und Hänge werden besonders von
dem Falter aufgesucht. Die Bestandsränder (in der Schweiz nach Coaz
[1880] die untersten Waldränder) werden bevorzugt. Auch nach Fank-
hauser (1908) wird im Gebirge die Motte in den tieferen Lagen verderb-
licher als in den höheren, vermutlich weil dort die Nadelbüschel sich schon
frühzeitig, aber langsam entwickeln, und deshalb das Räupchen Zeit findet,
eine größere Anzahl von Nadeln zu zerstören als im Hochgebirge, wo deren
1) Boden (1902) meint, daß die japanische Lärche nur solange immun sei. als
„nicht die langen Jungnadeln in ihren Dimensionen denen unserer Lärche durch
Kümmerstadium etwa gleichkommen". In Wilhelmshöhe seien einige ältere Z. lepto-
lepis furchtbar von der Motte heimgesucht worden. Besonders da, wo die japanische
Lärche mit deutschen Lärchen gemischt waren, seien jene von der Motte gern befallen
worden, auch wenn sie sich noch nicht in einem Kümmerstadium befunden hätten.
192 II. Spezieller Teil.
Ausbildung ungemein rasch vor sich geht. Nach Boden (1902) werden voi
allem kümmernde, kränkliche (Krebs!) Lärchen befallen, während gesunde,
kräftige Pflanzen viel weniger unter der Motte zu leiden haben. Oft kann
man beobachten, daß von zwei benachbarten auf dem gleichen Boden
stockenden Lärchen die eine überaus stark befressen, die andere völlig ver-
schont ist. Worauf diese Verschiedenheiten beruhen, ist uns nicht bekannt.
C. laricella ist entschieden zu den sehr schädlichen Forst-
insekten zu stellen, zumal sie überaus aufdringlich und hartnäckig ist und
Jahr für Jahr wiederkehrt, allerdings in verschiedener Stärke. Die Folgen
des Fraßes, und zwar besonders die des Frühlingsfraßes, der stets schäd-
licher ist als der Herbstfraß, bestehen vor allem in Zuwachsverlust. Der
Frühlingsfraß geht häufig so allmählich in den Herbstfraß über, daß eine
volle Wiederbegrünung nicht stattfinden kann und die befallenen Pflanzen
sich nur durch die Langtriebe, deren Nadeln im Frühjahr immer verschont
bleiben, sich mehr oder weniger grün erhalten.
Als unmittelbare Folge des Frühlingsfraßes beobachtete Marti (1880)
Saftausfluß aus den unteren Stammteilen. Bei länger andauernden Angriffen
erfolgt eine Schwächung des ganzen Baumes, die sich in Verspätung der
Nadelbildung im Frühjahr und geringerer Ausbildung der Langtriebe, in
einer gesteigerten Disposition für andere Feinde ausspricht, und schließlich
so weit gehen kann, daß die Pflanzen eingehen. Mußten doch in Schluckenau
(Nordböhmen) im Frühjahr 1892 über 12000 Stück junge, in Fichten-
kulturen eingesprengte Lärchen ausgehauen werden (Loos 1892).
Die Miniermotte stellt sich zwar wohl überall, wo die Lärche vorkommt,
ein, doch ist ihr Auftreten an den einen Orten weniger stark und ohne wirt-
schaftliche Bedeutung, an den anderen Orten dagegen sehr stark und schäd-
lich. Auch an den letzteren bevorzugten Orten wechselt der Grad der Ver-
mehrung sehr wesentlich je nach den Jahren; periodenweise folgen An- und
Abschwellen, je nach den Witterungsverhältnissen und dem Stande der ver-
schiedenen Feinde. Durch feuchtes, regnerisches Wetter, namentlich starke
Platzregen zur Flugzeit werden die Motten massenhaft vernichtet; auch
rasche Temperaturwechsel sowie Spätfröste sollen den Raupen schädlich sein,
während kaltes Winterwetter ihnen wenig macht. Unter den Vögeln stellen
nach Loos (1892) und Zimmermann (1909) vor allem die Meisen, der
Buchfink und der Fitislaubvogel (Phyllopneuste trochilus L.) den
Larven nach ; sodann Goldhähnchen, Kleiber, Grasmücken, Gold-
ammer u.a.m. Außerdem sind eine ganze Anzahl Parasiten [aus laricella
gezogen, wie: Angiiia nana Grav., A. virginalis Grav., Bracon guttigerWesvn..,
Cirrospiliis arcuatus Nees, C. pictus Nees, Entedon lactus Rtzb., E. lari-
cinellae Rtzb., Hejniteles pulchellus Grav., Microdus pumihfs Rtzb., Ojnorgus
tiimidulus Grav., Pimpla examinator F., P. tiirionellae L., Pteromali/s larici-
7iellae Rtzb.
Eine durchgreifende Bekämpfung ist sehr schwierig. Eine Vor-
beugung durch waldbauliche Maßnahmen, wie durch Mischung der Holz-
arten, kommt kaum in Frage, da ja laricella die Lärchen in gemischten Be-
ständen ebenso befällt wie die reinen. Auch die technische Bekämpfung hat
bisher noch keine durchschlagenden Erfolge gezeitigt. Loos (1892) hat ver-
sucht, durch Abschütteln von den Zweigen der Vermehrung des Schädlings
entgegenzutreten; er hatte insofern Erfolg, als er auf diese Weise mit ganz
geringen Mitteln annähernd i Million Räupchen vernichten konnte; doch
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
193
blieb immer noch eine so große Zahl oben auf den Bäumen, daß der Fraß
sich fortsetzte. Auch Spritzen mit Nikotin-Seifenbrühe oder Schwefelkalk-
brühe (bzw. Solbar) knapp vor dem Austreiben der Knospen wird empfohlen.
Coleophora fuscedinella ZU.
Altum: Tinea (Coleof^liora) coraci^eiinella Hb. (,,Rabenfederchen").
Taf. I, Fig. 17.
Altum hat diese Motte als E r 1 e n s c h ä dl ing in die Forstento-
mologie eingeführt, und zwar irrtümlicherweise unter dem Namen corncipen-
nella Hb. (■= nigricella Steph.), obwohl sie ihm
von dem bekannten Spezialisten Hering als
fuscedinella TAX. bestimmt worden war. Die
Beschreibung, die Altum von der Motte gibt,
stimmt denn auch vollständig mit fuscedinella
überein. (Vgl. auch Nitsche, S. 125.)
Falter: Fühler weißlich, mit gegen die Spitze
verloschenen dunklen Ringen. Wurzelglied stark und
kurz, 1/3 länger als breit. V'orderflügel dunkel braun-
grau, etwas ins Gelbbraune ziehend, besonders beim (j',
das hierdurch einen bleich messingfarbenen Metall-
glanz erhält. Fransen gleichfarbig. Hinterflügel dunkel-
grau. Flügelspanne: ^f 10 mm, $ 12—13 "im.
Raupe (Abb. 151 u. 152) mit braunem bis
klappig, auf dem Rücken gekielt, Jugendsack gekrümmt, späterer
lang, bräunlich, runzelig, dorsal gekielt, Afterende dreiklappig.
Puppe (Abb. 150) schwarz, die Decke der Gliedmaßen bauchwärts etwas ab
stehend und bis nahe an das stumpfe Puppenende reichend. Länge 5 mm.
Außer Altum haben sich neuerdings K e m n e r
und Keller (1917) eingehender mit dieser Motte,
die in der Schweiz ebenfalls an Erle und in
Schweden an Birken schädlich auftrat, be-
schäftigt.
Abb.
149. Coleophora fuscedi-
nella ZU. 2V2X.
eibbraunem Röhrensack, drei-
Sack 7—8 mm
Abb. 1 50. Puppe von Coleo- Abb. 151. Überwinterungs-
phora fuscedinella ZU. sack von Coleophora fus-
Nach Kemner. cedinella ZU.
Nach Kemner.
E seherisch, Forstinsekten, Bd. III.
Abb. 152. Sack der ausge-
wachsenen Raupe von Coleo-
phora fuscedinella ZU.
Nach Kemner.
13
194
II. Spezieller Teil
Die kleine Motte führt während der kurzen Schwärmzeit (in Schweden Ende
Juni, anfangs Juli) im Laub eine verborgene Lebensweise. Die Eier werden
an die Zweigspitzen, an die Knospen oder kleinen Blättchen abgelegt. Sie
sind weiß mit charakteristischem Mikropylenfeld und sitzen isoliert oder
zu 2 — 3 zusammen; nach 14 Tagen kriecht die junge Larve aus und beginnt
ihre Wanderung auf den Blättern. Zunächst miniert sie frei in den Blättern
und geht erst nach der ersten Häutung an die Verfertigung ihres ersten
Sackes. Dieser ist anfangs sehr klein, muschelförmig und wird mit dem
Wachstum der Larve durch Anspinnen von Blätterteilen an der Mündung
und der Bauchnaht vergrößert und wird zuletzt hornförmig (Abb. 151).
Nach der Überwinterung wird ein neuer Sack verfertigt in der Weise,
daß die Larve eine Mine aus dem Blatt nagt (Abb. 154 a u. b), die Ränder
derselben zusammenspinnt und sie schließlich ganz aus dem Blatt heraus-
nagt. Je nach dem Ort des Verfertigens im glatten oder gezähnten Rand
des Blattes oder in der Fläche desselben fällt der Sack verschieden aus, mit
glatten Rändern oder mit einem verschieden gestaltigen Kamm versehen
(Abb. 152).
Der Fraß der alten Raupe geschieht nach Art der Halbminierer: durch
ein rundes Loch, meist an der Unterseite des Blattes, frißt die Raupe rings-
herum nach allen Seiten, so weit sie reichen kann, ohne den Sack zu ver-
lassen, und wenn sie die eine Stelle ausgefressen hat, so geht sie an eine
andere Stelle. So können die Blätter zuletzt durch zahlreiche Minen (Keller
zählte bis 60 Stück in einem Blatt) ganz zerstört werden, so daß die Blätter
wie versengt oder vertrocknet erscheinen und abfallen (Abb. 154 c).
Ende Juni ist die Raupe erwachsen und verpuppt sich dann im Sack,
den sie entweder an den Blättern oder an
Zweigen oder am Stamm befestigt (Abb.
153), macht dann eine Wendung in dem
Sack und geht in das Puppenstadium mit
dem Kopf nach der Sackspitze gerichtet
über. Anfangs Juli schwärmen die Motten
aus. Kemner nimmt für Schweden eine
einfache Generation an, desgleichen
Keller für die Schweiz, während nach
AI tum in Deutschland eine doppelte
Generation vorkommen soll.
Der Fraß, auf den sich Alt ums Mit-
teilungen beziehen, wurde 1893 und 1894 in
den Erlenbrüchen bei Stralsund beobachtet
und anfangs für Frostschaden angesehen
(die Ähnlichkeit des ersten Fraßes mit
Frostschaden betont auch Kemner). Er
erstreckte sich auf nicht weniger als 350 ha.
Zunächst wurde die Wipfeldürre in 20-
bis 30 jährigen Brüchen bemerkbar, bald
aber fand sich, daß auch 2 — 4 jährige
Brüche befallen waren und die 5 — 8 jäh-
rigen Stockausschläge am meisten litten.
Abb. 153. Verpuppungssäcke von
Coleophora fuscedinella ZU. Nach
Kemner.
von denen im Mai etwa ^/g
waren.
ohne Blätter
195
*^
j 2 ^ ^ 'i
P JV r^ F
— 'ji c en, die nach einer freundlichen Mitteilung von v. Rosen sämt-
lich die keulenförmige Anschwellung besitzen.
1) Die Raupen lassen zeitweise ein sehr deutlich wahrnehmbares Zirpen er-
tönen, ähnlich wie ein leises Grillenzirpen. Der Ton wird durch Reiben der keulen-
förmig verdickten Hinterbeine auf der Blattoberfläche hervorgerufen, wobei die nach
hinten gekrümmten krallenförmigen Klauen wahrscheinlich die Hauptrolle spielen
(v. Butovitsch).
202
II. Spezieller Teil
immer blasser und nehmen endlich eine gelblichweiße, wachsähnliche Fär-
bung an; die V^erpuppung findet in einem weißen, lockeren Gespinst im
Blattnest statt, und zwar im Oktober.
Man findet Chhnabacche meist in Gesellschaft anderer Buchenschäd-
linge, wie Dasychira pudibiinda L., Hylophila prasinatta L., Cheimatobia bo-
reata Hb. usw. x, ^^ ^ . ...
Gattung Carcina Hb.
Fühler dick, länger als die Vorderflügel (Abb. 162); Palpen lang, aufgebogen.
Vorderflügel länglich viereckig (wicklerartig), Anhangszelle sehr lang. Hinter-
flügel bis Mitte gleich breit, dahinter allmählich verengt, die Spitze wenig scharf,
rr und in-^ gesondert aus der Zelle entspringend, nicht gestielt. Die Raupe in einem
leichten Gespinst auf der Blattunterseite.
Nur eine Art:
Carcina quercana F.
Taf. I, Fig. 22.
Falter: Vorderflügel hellgraurot mit gelben Flecken an der Wurzel und
hinter der Mitte des VR, die Fransen gelb mit purpurner VVurzellinie, am Innen-
winkel grau. Spw. 18-^21 mm.
Raupe hellgrau mit weißumsäumter dunkler Rückenlinie; Kopf gelbbraun.
Ratzeburg (F. II, S. 237) erwähnt im
Anhang zu den Laubholz wickl ern eine Tor-
trix quercana Schrk. Da die Gattung Carcina
einen wicklerähnlichen Habitus besitzt, so ist
es wahrscheinlich, daß Ratzeburg damit
unsere Art gemeint hat. Cecconi führt die
Art in seinem Manuale Ent. Forest (S. 131) als
schädlich an; er erhielt sie aus Venedig zu-
sammen mit Tortrix viridana L.
Die Raupe lebt in einem leichten Gespinst
Abb. 162. Carcina quer- ^^^^ ^^^ Unterseite der Blätter von Eiche,
cana F. 2 X- Buche und anderen Laubbäumen.
Gattung Borkhausenia Hb.
Fühler nicht verdickt, Basalglied mit Borstenkämmchen. Vorderflügel ge-
streckt, zugespitzt, Anhangszelle meist klein, r^, 5 spät geteilt, Discus lang, seine
Hinterecke vorgezogen, cu^ vor ihr entspringend. Wurzelschlinge klein. Hinterflügel
A B
Abb. 163. Borkhausenia stipellaY^., A Falter (2V2X), B Flügelgeäder (B nach Spul er).
mit gut entwickeltem Analfeld (nicht vorgebaucht), Adern 7n^ und cii^ von der vor-
gezogenen Hinterecke des Discus entspringend. Spw. 16 — 19 mm.
Die Raupen leben unter Rinde, in faulem Holz, Mulm, an
Flechten usw.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
203
Zahlreiche Arten (bei Spuler 48), die aber ohne forstliche Bedeutung sind.
B.stipella L. (Taf. I, Fig. 23). Unter der Rinde der Kiefer und Fichte.
Heinemann vermutet, daß die Raupe zur Verpuppung in die Zapfen geht.
B. similella Hb. An Rinde von Kiefer und Fichte. Disque zog die Art
auch aus Tannenkrebsen.
B . cinnamomea ZU. Raupe in morschen Kiefernstrünken. Wohl auch
in morschem Laubholz.
B. luciuosella Dup. Unter der Rinde von Kiefern, auch von Laubholz.
B. jourdheuillella Rag. In verdorrten Kiefern knospen (Pimts maritima').
Gattung Stenolechia Meyr.
Kopf gewölbt, beschuppt, Fühler mit sehr dickem
Basalglied, Palpen lang, Mittelglied wenig aufgebogen.
Hinterschienen lang behaart, Mittelsporen dicht vor 72-
Discus der Hinterflügel offen, daher erscheinen rr und m^
gestielt. Im Vorderflügel Abstand von m^ und m^ sehr
groß, m^ bis cu.^ um die Hinterecke des Discus zusammen-
gedrängt.
Die Gattung enthält drei europäische Arten, von
denen eine in der forstlichen Literatur genannt wird :
ax-t 3n cu-j
Abb. 164. Flügelgeäder von
Stenolechia Meyr.
Stenolechia gemmella L.
E i c h e n t r i c b m o 1 1 c.
(^Syn. Poecilia nivea Hw. 1.
Taf. I, Fig. 24.
Falter: Vorderflügel weiß, schwach schwarzbraun bestäubt, vorne unterbrochenes
Schrägband in der Mitte, 2 VR- Flecken davor und 2 IR- Flecken an der Wurzel
und im Innenwinkel schwarz Spw. 9 — 10
mm. (Abb. 165).
Raupe weißlich mit durchscheinen-
dem Darmkanal und dunkelgrauen Pünkt-
chen; Kopf und der breite Afterschild sind
hellkastanienbraun; Nackenschild wenig
ausgeprägt, mit grünen Pünktchen gerandet.
"^i-.
=^
Abb. 165. Slenolechia gemella L. 3 X-
Neb lieh hat 1906 zum ersten-
mal in der forstlichen Literatur
auf diesen Eichenschädling auf-
merksam gemacht, nachdem er meh-
rere Jahre hindurch in den Laub-
holzwaldungen des Haardt-Gebirges
an den Eichen jeden Alters und
in Beständen der verschiedensten
Lagen, an Stockausschlägen wie an
Kernwüchsen aufgetreten war. Später
A B
Abb. 166. Fraß von Stenolechia ge-
mella L. in Eichentrieben. A Anschwel-
lung des Triebendes nebst Bohrloch,
B Fraßgang angefüllt mit Exkrementen,
a Ausflugloch, b ausgehöhlter und mit
Kot gefüllter Trieb. Nach Barbe y.
204
II. Spezieller Teil.
hat Barbey (1919) noch einige Beobachtungen über die Bionomie ge-
macht.
Das Auftreten der Eichentriebmotte macht sich dadurch bemerkbar, daß
in den Monaten Mai und Juni eine Anzahl Blätter, besonders an den
jüngsten Trieben, zuerst fleckig werden, sich aufrollen, sodann sich gelb
färben, vertrocknen und schließlich abfallen, allein oder zumeist mit den
obersten Zweigspitzen.
Die Flugzeit ist nach N e b 1 i c h sehr lang und dauert von Anfang Juli
bis Ende September, auch im April wurden schon Falter gefunden. Diese
Angaben deuten zweifellos auf eine doppelte Generation hin.
Das Räupchen bohrt sich in die jungen Triebe der Eichen ein und frißt
diese zu einer Länge von 6 cm aus, wobei der Trieb etwas anschwillt i)
(Gallenbildung) (Abb. 166 A). Die Verpuppung findet entweder in dem
ausgehöhlten Trieb statt oder nach Verlassen desselben an den Stämmen
zwischen Moos und Flechten in einem leichten Gespinst.
Nach Neblichs Angaben bohrt sich das Räupchen von der Spitze
des Triebes ein, während nach Barbey (1919) das kleine Einbohrloch mehr
oder weniger weit vor der Spitze gelegen ist. Letzterer fand die Spitze des
Triebes stets völlig intakt und nimmt deshalb an, daß die Raupe nur durch
das Einbohrloch, das sie etwas erweitert, nach außen gelangen kann.
Der durch die Triebmotte verursachte Schaden ist kein bedeutender und
besteht auch dort, wo sie sehr verbreitet ist und die Blätter und Triebe zu
Tausenden am Boden liegen, wohl nur in einem Zuwachsverlust.
Gattung Heringia Spul.
Vorderflügel mit einigen rauhen Wülsten, aus aufrechten Schuppen bestehend.
Die Adern ^«o "rid cu^ dicht beieinander an der Hinterecke des Discus entspringend.
Ader an erreicht den Saum nicht. Wurzelschlinge groß. Hinterflügel unter der
Spitze verschieden stark angezogen (Abb. 167).
Nur eine Art (H . dodeceUa L.), deren Raupe in Kiefernknospen lebt:
Abb. 167. Flügelgeäder
Heringia dodecella L.
Spul er.
von
Nach
Abb. 168. Die Kiefernknospentriebmotte, He-
ringia dodeceUa L. (8 mal vergrößert). Nach
Trägärdh.
Heringia dodecella L.
Kiefernknospentriebmotte.
Ratzeburg: Tinea Reussiella Rtzb. — Nitsche: Tinea (Gelec/ua, Teleia) dode-
cella L. — Altum: Gelechia dodecella L. — Nüßlin-Rhumbler : Gelechia dode-
cella L.
ij Eine ganz ähnliche Erscheinung ruft der Fraß eines mehr in Südeuropa vor-
kommenden Wicklers (Pelalea feslivana Hb.) an Eichen hervor (Cecconi, M.,
128).
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
205
Falter: Vorderflügel graubraun mit zwei breiten, verwaschenen hellgrauen
Querbinden, einer gebogenen, hellgrauen hinteren Querlinie und 6 paarweise über-
einander stehenden, aufgeworfenen schwarzen Punkten im [Mittelraum. Spannweite
IG — 12 mm.
Raupe rötlich mit schwarzem Kopf, Nackenschild und Brustfüßen. Die Be-
borstung des Protoracal- und Analsegmentes siehe Abb. 169 A und B.
Puppe braun, am Hinterleib heller als an den Flügelscheiden, letztere bis zu
2/3 der Körperlänge. Hinterende mit zahlreichen Hakenborsten besetzt (Abb. 169 Cj.
AB C
Abb. 169. A Beborstung des Thoracalschildes von H. dodecella, B dieselbe des
Analschildes, C Hinterende der Puppe mit zahlreichen Hakenborsten. Nach
T r ä g ä r d h.
Die Art wurde von Ratzeburg (F. 240)
schrieben und in die Forstentomo-
logie eingeführt, nachdem er sie in
größerer Zahl aus Kieferntrieben ge-
zogen, welche zum Teil mit hnoliaiia
besetzt waren. N ü ß 1 i n erweiterte
die Kenntnisse nach einer Mitteilung
von Disque dahin, daß die Larve
zuerst in den Nadeln miniert und
erst nach der Überwinterung in der
Nadel im folgenden Frühjahr in die
Knospen geht. Trägärdh (1915),
der eingehende Beobachtungen über
dodecella gemacht hat, bestätigt die
Angaben Nüßlins.
als Tinea Reussiella be-
Bioformel:
6,5
5 + 6
Flugzeit Ende Mai bis Juli.
Die junge Raupe findet man von
Mitte Juni ab minierend im Spitzen-
teil der Nadel. Im Herbst ist die
Hälfte der Nadel ausgehöhlt (etwa
7 — 15 mm). Die Exkremente schei-
nen zum größten Teil entfernt zu
werden; nur im äußersten Spitzenteil
findet man kleine Mengen (Abb. 170).
Gewöhnlich findet man zwei Öff-
nungen, eine größere am proximalen
Ende der Mine gelegen, die wohl
-i._^;Ü
i
Abb. 170. Minenfraß der Raupe von
Heringia dodecella I.. in einer Kiefern-
nadel. A Schematische Darstellung einer
befallenen Kiefernnadel, e Exkremente,
h Mine im Sommer und Herbst ge-
fertigt, V Mine des folgenden Früh-
jahrs, / Einbohrloch, u Ausbohrloch.
B Querschnitt durch eine minierte Nadel.
h Harzgang, p Parenchym. C Spitzen-
hälfte einer befallenen Nadel, ex Ex-
kremente, / Larve, m Mine.
Nach Trägärdh.
206
IL Spezieller Teil.
zum Auswerfen der Exkremente
dient, und eine mehr distal gelegene
(das Einbohrloch). Die Innenwände
der Mine sind mit seidenartigem Ge-
spinst ausgekleidet. Vor der Über-
winterung wird die distal gelegene
Öffnung (Einbohrloch) geschlossen.
Die Larve ruht in der Mine bis
zum nächsten Frühjahr, dann begibt
sie sich, von Mitte April ab, in die
Knospen, wobei sie weiße Gespinst-
röhren spinnt, höhlt die Knospe aus
(Abb. 171), verläßt auch diese wie-
der, um sich in eine zweite Knospe
und eventuell auch noch in einen
jungen Trieb einzubohren.
Die Verpuppung findet am
letzten Fraßort von Mai ab statt.
Dodecella tritt zuweilen so zahl-
reich auf, daß ein ähnlicher Schaden
wie durch buoUana (mit der sie
häufig zusammen vorkommt) ent-
steht. 1884 — -1887 ist sie in der
Rheinebene in starker Vermehrung und sehr schädlich, bedeutungsvoller als
buoliana, aufgetreten (Nüßlin).
Abb. 171. Knospenfraß der Raupe von
Her. dodecella L. Man sieht die weiße
Gespinströhre. Nach Trägärdh.
Gattung Teleia Hein.
Palpen schwach aufgebogen. Mittelglied unten durch dicke, flach angedrückte
Beschuppung verbreitert, Endglied pfriemförmig.
Vorderflügel mit geradem oder schwach geschwungenem Saum unter der Spitze.
Hinterflügel auf ax^ etwas eingezogen, Innenwinkel zwischen w., und cii^, Saum ge-
schwungen mit vorgezogener Spitze.
Die Raupen an verschiedenen Bäumen in zusammengesponnenen Blättern. In
Europa über 20 Arten. Keine erlangt eine größere forstliche Bedeutung.
Teleia proximella Hb.
Birkenmotte.
TaL I, Fig. 25.
Falter: Vorderflügel weißgrau und dunkelgrau gemischt, mit schwarzem
Fleck an der Wurzel des VR und feinen schwarzen Punkten, zwei sehr schräg
stehenden in der Mitte, zwei am Querast und einigen
nahe der Wurzel. Spw. 13—16 mm. (Abb. 172).
Raupe grün mit rötlichem, nach hinten zunehmen-
dem Anflug, schwarzen haartragenden Wärzchen und
graugrünen Längslinien. Kopf bräunlich, Nackenschild
mit vielen schwarzen Pünktchen und Flecken.
Raupe lebt oft recht zahlreich in zusammen-
gerollten Blättern an Birken und Erlen. Wohl
doppelte Generation. Juni und September. Bei
Ratzeburg (F. II, S. 252) erwähnt.
Abb. 172. Die Birkenmotte
Teleia proximella Hb.
2V2X.
:. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tineidae.
207
Gattung Gelechia ZU.
Palpen etwa so lang als der Thorax, verschieden stark aufgebogen. Vorder-
flügel gestreckt mit abgeflachtem Innenwinkel und schrägem Saum. Hinter-
flügel breiter als die Vorderflügel, unter der Spitze schwach eingezogen,
Discus geschlossen, Wg und cu^ aus einem
Punkt entspringend (Abb. 173).
Eine große Gattung mit zahlreichen
Arten (in Europa 89 Arten).
Die Raupen leben in Nadeln, zu-
sammengesponnenen Blättern, Blüten,
Kätzchen usw. Forstlich kaum beachtens-
wert.
Gelechia electella ZU.
Taf. I, Fig. 26.
Falter: Kopf,Thorax undVorderflügel weiß-
lich, diese mit schwarzen Punkten im Mittelraum ;
die Wurzel, 2 Binden vor und hinter der Mitte
und die Spitze wolkig graubraun. Spw. 13 — 14
mm. (Abb. 174A).
Die Raupe ist nach Baer (1906) vor allem dadurch charakterisiert, daß sie
unter der Afterklappe eine Reihe (6 — 7) sehr eigentümlicher starker, dunkel ge-
färbter Borsten besitzt, die am Grund verdickt und gebogen sind, und von denen die
zwei mittleren so lang sind, daß sie sich kreuzen (Abb. 174 B). — Die Puppe
(Abb. 159B, S. 199) ist in der Mitte deutlich verdickt, ihre Flügelscheiden reichen
bis zum 5. Abdominalsegment. An der Spitze befinden sich 15 — 20 Hakenborsten
(Baer).
Die Raupe lebt nach Baer ganz ähnlich wie Eustaiutonia phiicolella
Dup. (S. 199) und Semasia nanana Tr. (S. 309) in Fichtennadeln. Von
pinicolella unterscheidet sie sich nur darin, daß sie auch in der Oberhaut des
Abb.
^^^Z^XTs^-^^Uf
. Flügelgeäder von Gelechia
ZU. Nach Spuler.
i
^
Abb. 174. A Gelechia electella 7A\. (2i/,X), B Afterborsten der Raupe von Gelechia
electella ZU. (stark vergr. ). Nach Baer.
Zweiges eine flache, geschlängelte Rinne, die sie mit Gespinst auskleidet,
frißt. In der Literatur findet sich die Angabe, daß das electella-
Räupchen in Holzknoten an Zweigen und Stämmen verschiedener Koniferen
lebt, was entschieden unrichtig ist. Vielleicht, meint Baer, rührt diese Vor-
stellung von einem Beobachter her, der den Falter aus älteren verholzten
Chermesgallen erzog, in deren unmittelbarer Nähe das Räupchen tatsächlich
mit Vorliebe miniert, und dem das Wesen dieser Gallen nicht bekannt war.
Die Verpuppung, die in einem dichten Gespinst sich vollzieht, findet wohl
meist am Boden statt.
Baer berichtet über ein stärkeres Vorkommen (1904) gemeinsam mit
Se77i. nanana Tr. und Eustaintonia pinicolella Dup. in einer über 1000 m
208 II. Spezieller Teil.
langen Fichtenhecke bei Regensburg. An dem Fraß, der fast die ganze
Hecke ergriff, nahm electella etwa mit loo/o Anteil.
Gattung Sitotroga Hein.
Vorderflügel sehr lang gestreckt, hinten lang zugespitzt; m^ mit ^4—5 gestielt,
es entspringen also die beiden, die Flügelspitze umfassenden Adern aus demselben
Stiel; ?«i hinter ^4 entspringend. Hinterflügel lang viereckig, mit sehr langer, vor-
gezogener Spitze. Die die Spitze umfassenden rr und m^ entspringen auf gemein-
samem Stiel.
Die Raupe der einzigen Art:
5. cerealella Oliv, lebt in den Körnern aller Getreidearten, vom Mais herab
bis zur Hirse und frißt deren Inhalt aus. Richtet minunter großen Schaden an
(s. Zacher, Vorratsschädlinge, S. 227).
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Familie: Tortricidae.
Wickler.
Obwohl die Tortriciden den Tineiden sehr nahe stehen und von diesen
durch keine tiefgreifenden morphologischen Unterschiede getrennt sind^),
folge ich auch hier Handlirsch, der „aus praktischen Gründen vorläufig
die sehr eingebürgerte Scheidung beibehalten hat".
ij Handlirsch stellt die Tortriciden in die Überfamilie der Tineoidea, und
zwar als selbständige Familie neben die Tineiden, B ö r n e r in seine Familienreihe
der Gracilarioidea neben die Gracilariidae und Phyllocnistidae.
Unterordnung: Micro! epidoptera, Familie Tortricidae.
211
Die Tortricideni) sind im allgemeinen wesentlich größer und kräftiger
gebaut als die Tineiden und unterscheiden sich in den meisten Fällen auch
durch ihre Flügclform recht deutlich von diesen: Während die Vorder-
flügel bei den Tineiden gewöhnlich schmal und zugespitzt sind, zeigen diese
bei den Wicklern eine fast länglich-viereckige bzw. trapezoide Gestalt, da
sowohl der Vorder- (Costal-), als auch der Innenrand (Dorsalrand) schon
gleich nach der Basis sich stark krümmen und dann ziemlich parallel ver-
laufen. Da hierbei der Grund des Vorderrandes stark vorgewölbt erscheint,
bezeichnet man diese Flügelform auch als „geschultert" (Abb. 175). Bei einer
Anzahl von Arten geht allerdings die trapezoide Flügelgestalt mehr in die
dreieckige Form über.
Das Flügelgeäder der Vorderflügel ist meist vollständig; bei zwei Unter-
familier. ist die Ader an nur in der Nähe des Saumes deutlich, basalwärts
dagegen nur als Falte angedeutet, bei der Unterfamilie der Phaloniden fehlt
sie ganz. Die Innenrandsader ax^ vereinigt sich nahe der Basis mit ax^ zu
einer Wurzelschlinge (Abb. 176). Alle Adern ent-
springen gesondert, nur r^, und /s mitunter gestielt.
Abb. 175. Flügelform A
eines Tortriciden, B eines
Tineiden.
Abb. 176. Flügelgeäder
eines Tortriciden. Nach
Kenne 1.
.\bb. 177. Körper eines Tor-
triciden ( Paiidenüs). Seiten-
ansicht. Nach Kenne!.
Die Färbung und Zeichnung der Vorderflügel zeigen manche überein-
stimmende Züge. Die \^orderflügel sind lebhafter gefärbt, nur sehr selten
einfarbig, meist deutlich marmoriert gezeichnet. Bei vielen Arten stehen am
Vorderrand paarweise gestellte helle Häkchenzeichnungen, die Vorcler-
randhäkchen, von denen mitunter helle oder metallfarbene Linien aus-
gehen, die, wenn sie metallfarbig sind, Bleilinien genannt werden. Die
Häkchen werden von der Flügelspitze her gezählt, weil sie hier am deut-
lichsten ausgesprochen sind. Die aus den mittleren Häkchenpaaren ent-
springenden Bleilinien ziehen zum Innenwinkel und umschließen hier oft
einen abweichend gefärbten, mit schwarzen Punkten oder Längsstrichen ge-
zeichneten Fleck, den „Spiegel".
Die Hinterflügel sind auch häufiger mehr trapezoid als dreieckig. Die
Adern a)t, ax^ und axc, sind gut entwickelt (Abb. 176), ax^ an der Basis ver-
1) Ein Iclassisches Werte über die paläarlvtischen Tortriciden mit prächtigen
Icolorierlen Abbildungen fast sämtlicher besprochenen Arten verfaßte J.v. Kenne 1,
dem wir !üer in der Systematilc usw. in der Hauptsache folgen.
14*
212
II. Spezieller Teil.
breitert, scheinbar gegabelt. Ader ^/Zg und cu^ können getrennt aus der
Querader entspringen, oder aus einem Punkt, oder auch verschieden lang
gestielt sein, ja sie können in ihrer ganzen Länge zusammenfallen. Bei den
Männchen haben die Hinterflügel eine einzige kräftige Haftborste, bei den
Weibchen mehrere feine.
Auch sonst sind sexuelle Dimorphismen vielfach vorhanden, zum
Teil in Färbung und Zeichnung, zum Teil in besonderen Bildungen: bei den
Männchen mancher Gattungen ein Costalumschlag von der Basis der Vorder-
flügel aus mit oder ohne darunter verborgenem Haarbüschel, oder ein
schwächerer Costalumschlag am Hinterflügel mit längerer Behaarung oder
einem Haarpinsel usw.
Der Kopf ist glatt oder auch wollig beschuppt. Die Fühler sind im
allgemeinen fadenförmig, oft fein gewimpert, im männlichen Geschlecht
mitunter stärker. Der Rüssel ist gut entwickelt, nur in einzelnen Fällen rudi-
mentär, Maxillarpalpen fehlen. Die Labialpalpen sind gut ausgebildet, drei-
gliedrig, anliegend oder bärtig beschuppt, dem Gesicht anliegend oder
horizontal vorgestreckt, meist nur wenig über den Kopf vorstehend, das End-
glied ist kurz, versteckt oder nur wenig vorragend, nie pfriemenförmig oder
zurückgebogen wie bei den Motten. Die Brust ist in der Regel anliegend
behaart, die Beine sind kräftig, ziemlich kurz, die Hinterschienen tragen
zwei Paar etwas ungleich lange Sporen (Abb. 177).
„Die Raupen sind walzenförmig oder an beiden Enden etwas dünner
und haben 5 Paar mit Hakenkranz versehene Bauchfüße. Die Stigmata liegen
ziemlich genau an den Seiten des Körpers, sie fehlen dem 2., 3. und letzten
Segment. Letzteres trägt oberseits die Analklappe, die
bisweilen chitinig verstärkt und durch besondere Fär-
bung ausgezeichnet ist. Der Kopf und Nackenschild
sind stark chitinisiert und meist durch schwarze,
schwarzbraune oder hellbraune Färbung von der
Körperfärbung verschieden. Die Segmente tragen
feine, meist spärlich behaarte Punktwärzchen in cha-
rakteristischer Anordnung, und man kann auf jedem
Segment, abgesehen vom letzten, vier Rückenwärzchen,
jederseits zwei Seitenwärzchen und ein Beinwärzchen
(Supraventrale) unterscheiden. Auf dem zweiten und
dritten Segment stehen die Rückenwärzchen in einer
schwach gebogenen Querreihe, die Seitenwärzchen
(Subdorsalia und Lateralia) in gleicher Höhe vor-
einander, die supraventralen Wärzchen oberhalb des
Beinansatzes. Auf den übrigen Segmenten stehen die
paradorsalen Wärzchen wie die vier Ecken eines Tra-
pezes, die beiden vorderen näher beisammen als die
beiden hinteren, die subdorsalen Wärzchen unmittelbar
über dem Stigma, die lateralen kleineren etwas weiter
entfernt unter dem Stigma, die supraventralen Wärz-
chen, wie vorher angegeben, in den beinlosen Segmenten an gleicher Stelle.
Das letzte Segment zeigt nahe an seinem Vorderrand eine Querreihe von vier
Wärzchen 1). Jedes Wärzchen trägt ein steifes, meist ziemlich langes Härchen,
^) Nach Baer (1906) sind viele Tortriciclen-Raupen dadurch von den Pyra-
liden-Raupen unterschieden, daß bei den ersteren die Lateralwarzen des Prothorax,
Abb. 178. Raupe eines
Viari;,ar(>laiia H. S. (S. 294) und Laspeyresia iUutana H. S. (S. 377).
An Lärche.
An den Nadeln.
Raupen fressen die Nadeln, die sie vorher zu einem Trichter zusammenspinnen.
Hauptsächlich in den Tiroler und Schweizer Alpen. Semasia diniana Gu. (S. 311)
Hierher noch Tmetocera laricana (ZU.) Hein., die ganz ähnlich lebt, aber
bis jetzt nur einmal (im Taunus) in stärkerer Vermehrung beobachtet wurde.
Am Stamm und an den Zweigen.
Vorzugsweise an jungen 4— 10 jährigen Lärchen. Raupe frißt in der Rinde, meist
an Astwinkeln, und erzeugt dadurch Harzausfluß und Anschwellung (Galle), die
im 2. Jahr (Generation ist zweijährig) bis zur Kirschengröße heranwächst
Laspeyresia zebeana Rtzb. (S. 358)
Vorzugsweise an stärkeren, etwa 30 jährigen Stämmen. Raupe an verletzten Stellen
des Stammes in den Überwallungen der Wundränder oder unter der Ansatzstelle von
abgestorbenen Ästen Laspeyresia grunertiana Rtzb. (S. 368)
B. Laubholz.
An Blättern (und Blattknospen).
An Eiche: Tori rix viridana L. (S. 243), Tort rix loefflingiana L. (südlich)
(S. 266), Acalla ferrugana Tr. (nur gelegentlich an Eiche) (S. 220),
Cacoecia xylosteana L. (S. 224).
An Birke: Acalla ferrugana Tr. (Raupen spinnen kleine Raupennester) (S. 220),
2" ort rix ■waJdbo)nia]ia L. (S. 268).
An Buche: Acalla ferrugana Tr. (S. 220), Cacoecia podana Scop., besonders am
Aufschlag (S. 224), Argyroploce lacunana Dup., am Aufschlag (S. 302),
Tortrix wahlbomiana L. (S. 268).
An Ahorn: Tortrix forskaleana L. (S. 238).
An Esche: Cacoecia podana Scop., Raupen zwischen den Blättern des Endtriebesy
den sie vernichten (S. 224).
An Haselnuß: Epiblema penkleriana F. R. (S. 344).
In Blattgallen und Zweigan Schwellungen.
Raupe erzeugt durch ihren Fraß Zweiganschwellungen am Grund eines Seiten-
sprosses von Birke und Erle Epiblema tetraquetrana Hw. (S. 343)
Raupe lebt in den von Saperda populnea erzeugten Zweiggallen an Aspen
Laspeyresia corollana Hb. (S. 374)
Raupe lebt in Cynipidcn-Gallen an Eiche
Pammeiie gallicolana ZU. (S. 377) und fimbriaua Hw. (S. 377)
In den Früchten.
In Eicheln: Laspeyresia splendana Hb. (S. 356) und am plana Hb. (S. 358), Lam-
me ne Julia na Gurt. (S.377).
In Buchein: Laspeyresia grossana Hw. (S. 357) und amplana Hb. (S. 358),
Pammene juliana Gurt. (S.377).
In Haselnüssen: Laspeyresia grossana Hw. (S. 357) und amplana Hb. (S. 358).
In Walnüssen: Laspeyresia pomonella var. putaminana Stgr. (S. 356).
In Eßkastanien: Laspeyresia splendana var. reaumurana Hb. (S. 357 , Pam-
mene juliana Gurt. (S.377) und fimbriana Hw. (S.377).
An Heidelbeere.
Semasia vacciniana TAX. (S. 328). Raupe befrißt die Blätter.
220
II. Spezieller Teil.
1. Unterfamilie: Tortricinae.
Wickler ohne Behaarung der hinteren Mittelader der Hinterflügel. —
Vorderflügel mit einem gegen den Saum hin deutlich erhaltenen Rest von
Ader an. Ader cu2 entspringt aus der Mittelzelle
vor deren letztem Viertel (Abb. 182). — In
der Ruhe tragen die Falter die Flügel meist
ganz flach übereinandergeschoben (s. Abb. 183 A);
jedenfalls am wenigsten steil dachförmig unter
allen Wicklern. Die Raupen leben gewöhnlich
zwischen zusammengerollten oder versponnenen
Blättern und verpuppen sich meist in der Raupen-
vvohnung.
Spul er führt für Europa 16 Gattungen auf,
von denen wir hier nur vier zu berücksichtigen
Abb. 182. Flügelgeäder von haben: Acalla Hb., Cacoecia Hb., Pandemis Hb.
Acalla. Nach Kenne 1. und Tortrix L.
Gattung Acalla Hb.
Das charakteristische Merkmal der Gattung Acalla ist, daß auf den Vorder-
flügeln alle Äste von r, auch 7-5, in die Costa ziehen, was bei keiner anderen Gattung
der Fall ist. Hinterflügel rr und m^ dicht beisammen aus der Ecke der Zelle ent-
springend, W3 und cu aus einem Punkt oder gestielt (Abb. 182).
Vorderflügel auffallend trapezoid, Costa an der Basis gewöhnlich stark ge-
bogen, weiterhin gerade oder sogar etwas eingebogen, selten schwach gekrümmt.
Saum ziemlich steil, geschwungen, Spitze gerundet oder spitz vortretend; auf der
Fläche häufig Büschelchen aufgeworfener Schuppen, meist die Ränder der dunklen
Zeichnung begleitend oder andeutend. Hinterflügel stark seidenglänzend, durch-
scheinend mit langen Fransen gegen den Analwinkel hin.
Die meisten Acalla- Arten treten in zwei Generationen auf, einer gewöhn-
lich individuenarmen Sommer- und einer reichlichen Herbstgeneration.
Die Gattung Acalla hat eine sehr weite Verbreitung, vor allem in den
gemäßigten und nördlichen Teilen des paläarktischen Faunengebietes. Bei
Spul er sind 39 europäische Arten angeführt, von denen nur zwei als forst-
lich interessierend genannt zu sein verdienen.
Acalla ferrugana Tr.
Birkennestwickler.
Taf. II, Fig. I.
Falter: Die Färbung der Vorderflügel bleich ockergelb bis zimtbraun, mit-
unter dunkelbraun, mit feinen dunklen Querwellen. Zeichnung sehr variabel, bis-
weilen 3 dunkle Makeln an der Costa (v. tripunctana Hb.) oder an deren Stelle eine
einzige rhomboide Makel (v. rubidana H.S.) usw. Spannweite 14 — 18 mm.
Raupe: Erwachsen 14 mm lang und schön hellgrün gefärbt, ohne Zeichnung,
höchstens heben sich die borstentragenden glänzenden Warzen von dem matten
Grund als helle Pünktchen etwas ab. Im mittleren Alter ist die Färbung mehr grau-
grün und in der Jugend ganz unbestimmt etwas fahl hellbräunlich. Sämtliche stark
chitinisierten Teile glänzend schwarz (Baer).
Puppe: Länge 8 mm, heller oder dunkler braun, Analsegment in 2 kräftige,
ventralwärts gekrümmte Haken auslaufend.
Willkomm teilte (1860) Ratzeburg mit (siehe W. 416), daß ferm-
gana im Revier Wermsdorf (Sachsen) einen über ca. 8 ha sich erstreckenden
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
221
Kahlfraß an 7 jährigen Eichen ausgeführt habe und veröffentlichte später
(1863) eine Schilderung darüber, die Nitsche übernahm. Baer (1910) wies
nun darauf hin, daß hier eine Verwechslung vorliegen dürfte und daß jener
Fraß, wenigstens in der Hauptsache, auf einen anderen Schmetterling, einen
Zünsler, Acrobasis consociella Hb., zurückzuführen sein dürfte i). — • Acalla
jerrugana ist in erster Linie ein Birkenbewohner, worauf übrigens
schon AI tum hingewiesen hat (F. 176), erst in zweiter Linie Eicheninsekt,
und kommt außerdem auch noch auf anderen Laubhölzern vor (Fagifs,
Popidus tremula, Prunus cerasus, Pyrus communis').
Die Raupen spinnen die Blätter an Birkenzweigen zu kleinen Raupen-
nestern zusammen, ähnlich denen von Acrobasis oder den Winternestern des
Goldafters an Eiche. „Bald sind nur die einzelnen Blätter ober- oder unter-
seits entweder einfach schotenförmig, meist aber gleichzeitig von der Spitze
her zusammengezogen, seltener auch ganz unregelmäßig knäuelförmig, bald
sind mehrere Blätter und dann in der letzteren Weise zusammengesponnen."
Gegen Ende des Fraßes sind die Blätter von innen her so ausgenagt, daß
sie keine Spur von Blattgrün zeigen und die Nester fast farblos durch-
scheinend sind oder bräunlich; gewöhnlich sind sie von breiten Gespinst-
straßen überzogen, die besonders in den Winkeln der Blattstiele und Zweige
A C
Abb. 183. Der Birkennestwickler, Acalla jerrugana Tr. A sitzend an einem Birken-
zweig, B und C verschiedene Färbungstypen. B u. C 2I 2X.
1) Baer nimmt an, daß Willkomm (1863) bei der Abfassung der Be-
schreibung der Raupe die von Acrobasis consociella Hb. vor sich hatte, daß er aber
andererseits zweifellos auch Falter von ferrtigana aus den Nestern zog, daß also in
dem von ihm beobachteten Fraß (in Wermsdorf) die beiden, Zünsler und Wickler,
teilgenommen haben. Die Blattnester der beiden Arten an Eiche dürften wohl große
Ähnlichkeit haben. ,,Zwingerte Willkomm zur Zucht nur Spätsommernester ein,
so mußte ihm consociella mit ihrer einfachen Generation entgehen, und es bleibt die
Wahrscheinlichkeit bestehen, daß der Frühjahrsfraß zu Wermsdorf in der Haupt-
sache von consociella herrührte und nur der 2. Fraß im Jahr auf Rechnung von
ferrugatia kommt, deren 1 . Generation ja fast nie in erheblicher Zahl zu erscheinen
pflegt."
222
II. Spezieller Teil.
Schleier bilden. Auch das Innere der Nester ist reichlich mit dem Gespinst
und dem Kot der Räupchen erfüllt. Letztere finden sich gewöhnlich zu meh-
reren, 2 — 5 Stück, darin, bewohnen aber ihre besonderen Gespinströhren, von
Abb. 184. Birkenzweige mit Blattnestern und Gespinsten von Acalla ferrugana Tr.
Nach B ae r.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 223
wo aus sie die Blätter bis auf die Epidermis der entgegengesetzten Seite
skelettieren.
Es treten zwei Generationen im Jahr auf, von denen die erste sich
allerdings meist nur wenig bemerkbar macht. Die Falter der zweiten Gene-
ration überwintern unter dürren Blättern.
Baer (1. c.) berichtet über ein starkes Auftreten von A. ferrugana in
der Dresdener Heide im Jahre 1909, wo ein anscheinend verheerender Fraß
an den jungen Birken bis zur Heisterstärke sich bemerkbar machte. „Von
Woche zu Woche schwand an ihnen das Blattgrün mehr und mehr und es
blieben darauf nur mißfarbig bräunliche, von Gespinsten zusammengehaltene
Blätterbüschel zurück, bis schließlich die Bäumchen, schon weithin sichtbar,
fast kahl wie Besenreiser dastanden." Zweifellos kann der Fraß bei öfterer
Wiederkehr, zumal auf geringen, dürren Sandböden, zum Absterben der
Birken führen. AI tum (F. 176) beobachtete ferrugana nicht selten an den
Birken in Eberswalde, wo die Raupennester als „Knäuel von lose zusammen-
hängenden wie zerriebenen Blättern" auffielen; eine wirtschaftliche Be-
deutung hat jedoch der Fraß dort niemals erlangt. Im bayerischen Forst-
amt Bodenwöhr wurden im August 1928 sämtliche Birken, die in einer
Kiefernkultur eingesprengt waren, von ferrugana kahlgefressen (Escherich 1 930).
Als Nadelholz-.-^c:«/^« sei angeführt :
Acalla abietana Hb.
Vorderflügel braun bis dunkelbraun; Wurzelfeld, eine Schrägbindc und einige
Aderenden vor der Spitze dunkler. Die Zeichnung stark variabel, nicht selten fehlt
eine solche ganz.
Die Raupe lebt im Juni zwischen den Nadeln von Fichte und Tanne: Falter
fliegt von August ab und überwintert. Nähere Beobachtungen über diese Nadelholz-
Acalla sind sehr erwünscht.
Gattung Cacoecia Hb.
Die Gattung Cacoecia ist hauptsächlich dadurch charakterisiert, daß die cfö^
einen mehr oder weniger großen Umschlag der Costa nach oben haben
(Abb. 185). Derselbe beginnt bald unmittelbar an der Basis, bald erst in einiger
Entfernung davon; in beiden Fällen kann er lang sein und fast bis zur Mitte der
Costa reichen, oder bedeutend kürzer, breiter oder schmäler, bis er sich auf eine sehr
schmale Umrollung einer Strecke der Costa reduziert. Der Costalumschlag ist öfter
mit Silberglanz austapeziert oder mit langen Haarschuppen (als ausbreitbare Pinsel
usw.) besetzt. Ader ^5 geht in den Saum, r^ und r^ nahe beisammen entspringend,
doch meist getrennt, seltener gestielt. Die Fühler des
cf in den letzten zwei Dritteln gesägt. Flügelschnitt
verschieden : die Spitze kann gerundet vorgezogen, der
Saum sehr steil und bauchig geschwungen sein, oder
aber schräg und flach gebogen.
Die Raupen leben meist zwischen zusammen-
gesponnenen oder gerollten Blättern bzw. Nadeln,
wo sie sich gewöhnlich auch verpuppen. Die meisten
Arten haben i Generation, von einigen werden 2,
selbst 3 Generationen angegeben. Bei vielen
Arten überwintert die Raupe. In Europa 13 Arten. ^""^^-S^^^^'
Forsthch sind in unserem Faunengebiet 4 Arten ^^,^ ^g. ^j^geigeäder von
beachtenswert, von denen i auf Laubholz und 3 Cacoecia pociana (<. x Costal-
auf Nadelholz vorkommen. Umschlag.
224 II. Spezieller Teil.
Cacoecia podana Scop.
Eschenzwieselwickler.
Nitsche: Tortrix podana Scop. — Wolff-Krauße : Cacoecia podana Scop.
Taf. II, Fig. 2.
Falter: Vorderflügel beim cf lebhaft hell kastanienbraun, fast ganz ohne
Querwellen, mit dunkler, basalwärts weiß abgegrenzter Schrägbinde, im Wurzelfeld
mit einem dunklen weißumsäumten Schrägfleck, beim g einfarbig, graubraun, stark
quergewellt und durch die dunklen Adern im Saumfeld gegittert. Spannweite
19—26 mm (Abb. 186).
Raupe grün mit rotbratmem Kopf und Nackenschild, letzteres schwarz ge-
randet; oder auch glänzend grüngrau, Kopf schwarz, Nackenschild schwarzbraun,
nach vorne mehr blaßbraun, Analklappe schwarz.
Eine sehr polyphage Art, die an den
meisten Laubhölzern und auch an Nadel-
holz lebt. In der forstentomologischen
Literatur wurde sie zum erstenmal von
Altum (1888) genannt, und zwar als
Zerstörerin des Buchenaufschlages.
Die Raupe befrißt hierbei nicht die
Spitzenblätter der Plumula, sondern die
tiefer untenstehenden, die sie unregel-
mäßig zerfrißt und leicht zusammen-
,,, Qo. r^ ■ ^ j o zieht. Auch Ziegenmever f'Verhdl.
Abb. 186. Cacoecia podana Scop. tt-icii- t .i^ • 'o c \
(Eschenzwieselwickler). 2 X- Hils-Sollmg- Forst- Verems 1890. S. 29)
hat Ähnliches beobachtet, während Borg-
mann (1893) die Raupe an Eschen zwischen den Blättern des Endtriebes
eingesponnen fand, den sie vernichtete. Der Fraß führte dadurch zur Zwiesel-
bildung, weshalb Borg mann die Art als „Eschenzwiesel wickle r" be-
zeichnete.
Neben podana fand Borg mann an Eschen vereinzelt noch eine andere
Cacoecia-Art :
C. lecheana L. (Vorderflügel goldbraun mit bleiglänzenden Linien). Die
Raupe beschreibt Borgmann wie folgt: „Schmutzig grüngelb mit behaarten
dunklen Wärzchen. Kopf und Nackenschild schwarz, letzteres nach vorne hell
von der Körperfarbe." Nach Kennel sind aber die Wärzchen des lecheana-
Räupchens weißlich, und ist der Kopf gelbbraun schwarz gesäumt, der Nackenschild
gelb, seitlich mit schwarzem Strich. Danach ist es nicht ausgeschlossen, daß Borg-
mann ein anderes Tier vor sich hatte. Die von diesem beobachtete Raupe lebte „im
zusammengefalteten Eschenblatt in einem watte- oder seidenartigen Gewebe".
Cacoecia xylosteana L.
Falter: Die Grundfarbe der Vorderflügel (Abb. 186A) beim Männchen gelb-
lichbraun, die dunklen Zeichnungen mit schmaler heller Umrahmung. Die Zeich-
nungen gelblich kastanienbraun; am dunkelsten ist gewöhnlich der Dorsalfleck. Die
Schrägbinde an der Costa beginnend, wurzelwärts fast gerade begrenzt und nur
saumwärts verbreitert, mit einem schwärzlichen Zahn an der Querader. Praeapical-
fleck ziemlich breit, gegen die Verlängerung nach dem Tornus zu stark eingeengt,
oder als rechteckiger Fleck ganz abgetrennt. Flügelspitze am Saum entlang ver-
dunkelt. Die Fransen daselbst ebenfalls dunkler mit breiter Teilungslinie. Hinter-
flügel braungrau mit graugelblichen Fransen. Beim Weibchen ist die Grundfarbe
mehr grau, wodurch die braunen Zeichnungen schärfer hervortreten, ebenso auch
die gelblichen Umrandungen derselben. Spannweite 19 — 22 mm.
Raupe weißlichgrau oder blaß grünlich oder dunkelgrüngrau. Kopf, Nacken-
schild und Analklappe schwarz oder schwarzbraun.
EscJiericli, Forstiiisckicii. III. Bd.
Tafel n
Tortriciden I ^ i^"^nel del.
1 Acalla fcrrueana Tr. lau. b (S u. Q Varietät 2a u. b Cacoccia podana Sc. ß u. cf. /!a u. b C.
picoana L- Qv. r^. 4 C. histrionnna Froel. Q. 5 C. murinana Hb. &;. 6 Pandemis ribeana Hb. U-
7 Torlrix forskaleana L. &'. 8 T. politnna Hic. £. 9 T. viridana L. cf- 1" T. loefflingtana L. d-
11 T. viburniana Schiff, cf- 1'-' T. wahlbomiana L. ^. Vergr. 2' jmal.
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
225
Der über den größten Teil von Europa bis
Ostasien verbreitete Falter fliegt bei uns von
Ende Juni bis Anfang August. Die Eier über-
wintern, und die Raupe frißt im Mai und Juni
an allen möglichen Pflanzen. Zu den bevor-
zugten Fraßpflanzen gehört die Eiche; sodann
hat man die Raupe gefunden auf Sorbus aucu-
paria, Primus, Pyrus, Lonicera, Tilia, Rubiis
fructicosus, Acer, Salix caprea, Fraxinus, Myrica
und selbst an Hypericum. Die der viridana täu-
schend ähnliche Raupe verfertigt gewöhnlich
richtige Wickel, in denen sie lebt, frißt und sich
auch verpuppt.
In manchen Gegenden scheint xylosteana
immer häufiger zu werden und Tortrix viridana
zu verdrängen. Die Blattwickel von xylosteana
an Eiche mögen gelegentlich mit den Wickeln
von viridana verwechselt werden. Jedenfalls ver-
dient xylosteana die Aufmerksamkeit der Forst-
entomologen.
f
Abb. 186A. Oben Männ-
chen, unten Weibchen von
Cacoecia xylosteana L. 2^/2 X.
Aus Kennel.
Abb. 186 B. Blattwickel der Raupe von Cacoecia xylosteana L. Links von Eiche,
rechts von Linde.
Cacoecia piceana L.
Kiefernnadel Wickler.
Ratzeburg: Tortrix piceana L. ( Nadel wickler). — Altum: Tortrix piceana L. —
Nitsche: Tortrix (Cacoecia) piceana L. — Wolff-Krauße: Cacoecia piceana L.
Taf. II, Fig. 3.
Falter in beiden Geschlechtern sehr verschieden. Vorderflügel am Grunde
verbreitert, so daß Vorder- und Innenrand fast parallel sind. cT: Grundfarbe der
Vorderflügel bläulich veilrot. An der Wurzel ein rotbrauner, veilgrau gesäumter
und gegen die Costa veilgrau ausgefüllter Innenrandfleck. Dahinter eine schräge,
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 15
226 11. Spezieller Teil.
saumwärts in zwei langen Zacken vorspringende, rotbraune, gesäumte Schrägbinde.
Am Vorderrande ein langer rotbrauner Dreiecksfleck, am Saum ein unregelmäßig
eckig gestalteter, großer, rotbrauner Fleck. Fransen gelbgrau, nach der Flügelspitze
zu dunkler. Hinterflügel graubraun. Spannweite 22 mm.
Q bedeutend größer. Vorderflügel von ockergelber oder bräunlicher Grund-
farbe, überall stark, aber sparsam rotbraun gegittert, meist eine schräge Querbinde
und eine Zeichnung vor dem Saume besonders deutlich rotbraun ausgeprägt. Hinter-
flügel graubraun mit rostgelb überflogener Spitze. Spannweite 25 mm.
Raupe mit schwarzem oder rotbraunem Kopf, braunem, geteiltem Nacken-
schilde und gelblichgrüner Afterklappe. Leib in der Jugend hell grasgrün, hell
rostrot behaart, ausgewachsen schmutzig bräunlichgrün. Verteilung der haartragen-
den Wärzchen wie gewöhnlich. Länge bis 22 mm.
Puppe hellgelb mit abgeplattetem Aftergriffel und mit Hakenborsten, 12
beim cT', 8 beim 9.
Die geographische Verbreitung ist sehr groß und erstreckt sich
über Mitteleuropa, Skandinavien, Ostseeprovinzen bis Nordasien (vielleicht
bis Japan), Norditalien, Sardinien.
Als Fraßpflanze der Raupe werden Kiefer, Fichte, Tanne
(Wachtl 1882). Lärche und Wacholder angegeben. Ratzeburg führt
außerdem noch die Schimmel-
fichte (Picea alba) an. Stark be-
vorzugt wird aber zweifellos die
Kiefer, so daß wir piceana i n d e r
Hauptsache zu den Kiefern-
insekten rechnen dürfen.
Über die Bionomie von piceana
finden sich in der forstlichen Lite-
ratur verschiedene Darstellungen:
nach den einen Autoren lebt die
Raupe in den Trieben nach Art der
Abb. 187. Cacoecia piceana L. (Kiefern- Kieferntriebwickler, nach anderen
nadelwickler) cf • 2'/« X- ist sie eine Nadelf resserin, wieder
nach anderen ist sie beides, Nadel-
und Triebfresserin, Da an der Genauigkeit der Beobachter nicht zu zwei-
feln ist, so scheint sich die Lebensweise tatsächlich in verschiedenen Formen
abzuspielen. In Schweden lebt die jüngste Raupe minierend in Kiefern-
nadeln (nach Art der Coleophora-^z.\x^^x\), jedoch schon bald spinnt sie
zwei oder mehrere Nadeln zusammen, um diese von der Innenseite her zu
befressen. Die Larve überwintert in einer aus 6 — 8 Nadeln gefertigten
Röhre und greift im nächsten Frühjahr die jungen Nadeln an (Trägärdh
191 5). Das andere Extrem stellen die Fälle dar, in denen die Raupe in
dem Mitteltrieb junger Kiefern frißt, der sich infolgedessen nur kümmer-
lich entwickelt und gegen Ende des Fraßes, etwa anfangs Juni, abstirbt
(Altum).
Der gewöhnliche Ablauf der Bionomie, wenigstens in unseren Gegenden,
ist nach Ratzeburg, Eckstein und vor allem Baer (1909) folgender:
Bioformel: 67 — 8,5
6-1-67
Die Flugzeit erstreckt sich von Mitte Juni bis Ende Juli; die Ei-
ablage findet an den Nadeln statt. Das Jungräupchen miniert zuerst
I. Unterordnung: Rlicrolepidoptera, Familie Tortricidae. 227
und spinnt dann einige Nadeln zusammen, um sie von innen her zu benagen;
es überwintert auch hier. Im Mai und Juni des nächsten Jahres sieht man
die Raupe in einem leichten Gespinstrohr an den noch zarten, jungen Trieben,
meist mehrere durch Fäden aneinander heftend, wie sie die hervorbrechenden
Nadeln sowie teilweise auch die weiche Triebachse selbst verzehrt und
eventuell dabei auch in dieselbe sich einbohrt. Die Verpuppung findet am
letzten Fraßort statt, und zwar Anfang bis Mitte Juni.
Die Hauptfraßpflanze der pzceana-Rs-upe ist, wie schon betont, die
Kiefer, nur auf ihr erlangt sie auch eine forstliche Bedeutung, vor
allem durch den Triebfraß. Dessen Wirkungen an der Kiefer sind sehr auf-
fallend und erinnern ganz an die Wirkung des Fraßes der Raupe von
Evetria diiplana Hb., mit dem er leicht verwechselt werden kann und sicher-
Abb. i88. Kiefernzweige mit dem Fraß von Cacoecia piceaiia L. Die Enden der
jungen Maitriebe hängen wie abgeknickt welk und gebräunt herunter, während der
basale Teil des Triebes samt Nadeln in bester Entwicklung begriffen sind. Nach
Baer.
lieh auch oft verwechselt wird. Die Enden der jungen Maitriebe, deren
Nadeln kaum aus den Scheiden hervorgebrochen waren, hängen wie abge-
knickt welk und gebräunt herunter, während der basale Teil der Triebe samt
den Nadeln in bester Entwicklung begriffen sind (Abb. i88)i).
ij Zur Differentialdiagnose weist Baer (I.e.) darauf hin, daß ganz ähnliche
Bilder auch durch Hagelschlag hervorgerufen werden können. Hier führen uns das
Fehlen der charakteristischen Fraßspuren sowie andere Hagelbeschädigungen zur
richtigen Diagnose. Bei duplana-Yx'a& ist die Achse des Endteiles des in Entwick-
lung begriffenen Triebes ausgefressen, während der piceana-FraQ wenigstens teil-
weise außen an den Nadeln und der Triebrinde stattfindet.
15*
228
II. Spezieller Teil.
Cacoecia histrionana Froel.
Fichtentrieb Wickler.
Taf. II, Fig. 4.
Ratzeburg: Tortrix (Sciaphila) histrionana Fröl. (partim!) Ziegenmelkerfarbiger
Fichtenwickler. — Altum: Tortrix histrionana Frl. — Nitsche: Tortrix histrionana
Fr. — Nüßlin-Rhumbler: Tortrix (Cacoecia ) histrionana Fr. — Wolff-Krauße:
Cacoecia histrionana Fr.
Falter: Grundfarbe der Vorderflügel hell weißlich bis gelblich aschgrau mit
bräunlichen Wellenlinien und dunkel schwarzbraunen, oft rostfarbig angelegten
Zeichnungen. Die Schrägbinde ist hell unterbrochen. Saumlinie dunkel punktiert,
die Fransen grau oder bräunlich. Hinterflügel dunkel braungrau, Fransen weißlich
mit kräftiger brauner Teilungslinie. Beim (^ sind die
\'orderflügel kürzer, der Saum gerundeter, der Costal-
umschlag ist schmal und reicht von der Wurzel bis
beinahe zur Hälfte der Costa. Spannweite 18— 22 mm.
Raupe: Die junge, eben aus dem Ei gekommene
Raupe ist weißgelb, der dunkelbraune Kopf ist ver-
hältnismäßig sehr groß, indem namentlich die beiden
Hemisphären sehr stark entwickelt, aber ziemlich flach
sind. Der Clypeus ist etwas lichter (braun) als die
Hemisphären, der Nackenschild ist licht (gelblich-
braun), die Brustfüße sind lichtbraun, die Bauchfüße
von Körperfarbe, die Afterklappe fast honiggelb. Der
Körper ist vom dritten Segment an mit ziemlich großen,
hellen Wärzchen versehen, von welchen jedes ein aufrechtstehendes, verhältnismäßig
langes (V4 rnm) Börstchen trägt. Die erwachsene Raupe ist nach Spul er grasgrün,
Abb. 189. Cacoecia histrionana
Froel. (Fichtentriebwickler). 2 X-
Abb. 190 A. Fraß von Cacoecia histrionana Froel., a im Gespinst an einem vor-
jährigen Trieb, b an jungen sich krümmenden Maitrieben. Nach Ratzeburg (aus
Nitsche).
mit gleichfarbigen Wärzchen, der Kopf lebhaft braun, Brustfüße schwarz, Nacken-
schild braungrün, hinten dunkel gerandet, vorne weiß. Ratzeburg (F., p. 228)
beschreibt die über 1/, Zoll lange erwachsene Raupe als etwas schmutziggrün (in der
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
229
Jugend oft rein und lebhaft grün, doch nie braun) mit schwarzem, großem Kopf-
und Nackenschild. Nach Disque (Tortriciden-Raupen der Pfalz, Iris 1905, p. 215)
ist die aus der Lausitz stammende Raupe hellgrün mit braunem, manchmal schwarz
gestreiftem Kopf, gelblichgrünem, unten schwarz gerandetem Nackenschild und nicht
angedeuteter Afterklappe.
*Puppe einfarbig rotbraun, schlank mit 8 gekrümmten Hakenborsten an dem
Aftergriffel.
Die Eier sind kuchenförmig, breit elliptisch und sehr flach gewölbt. Ober-
fläche weiß, sehr fein punktiert und mit netzartigen Feldern.
Ratzebu rgs histriotiana umfaßt
zwei Arten, von denen die eine ein aus-
gesprochenes Fichtentier, die andere ein
monophages Tanneninsekt ist. Auf die
erstere beziehen sich die Angaben in
seinen Forstinsekten (Bd. II, S. 228 und
229), während die ausführliche Darstel-
lung in der Waldverderbnis (S. 13 — 20)
den Tannenschädling behandelt. Das
Fichtentier ist Cac. histrio)iaiia Froel.,
das Tannentier Cac. muriiiana Hb. (siehe
unten S. 230).
C. hisirioiiana ist über Deutschland,
Österreich und Frankreich verbreitet.
Ihre Hauptnährpflanze ist die
Fichte, wenn sie auch gelegentlich auf
Tanne vorkommen mag (Kenne 1) und
auch einmal (in i Exemplar) von Jud-
eich von Weimutskiefer gezogen wurde.
Wo verschiedene Holzarten gemischt
stehen, sind solche Abweichungen nichts
Außergewöhnliches.
Der Falter fliegt im Juli. Die Ei-
ablage findet (nach Wacht 1, 1882) in
ähnlicher Weise wie bei miirinana statt,
d. h. in Doppelreihen auf der Nadel
oder in unregelmäßigen Häufchen. Ein-
gehendere Beobachtungen über die Ei-
ablage (im Zuchtkäfig) und die Eientwicklung teilt Mitterberger
(19 10) mit: „Die Eier wurden, sämtlich dicht aneinandergereiht, in der Mitte
der Glaswand in einer Ausdehnung von beiläufig ^/^ cm zusammenhängend
abgesetzt. Bei oberflächlicher Betrachtung erweckt das ganze Gelege den
Eindruck, als ob dasselbe nur ein mit zahlreichen kleinen Erhöhungen und
Vertiefungen versehenes schleimartiges, grünes Gebilde oder ein an der
Glaswand eingetrocknetes Stückchen einer Meeresalge od. dgl. (z. B. Phyco-
seris usw.) sei.
„Nach acht Tagen verfärbt sich die ganze Masse, indem das vorerst
schöne Grasgrün allmählich in ein Schmutziggrün und schließlich in ein aus-
gesprochenes Braungrün übergeht. Nach Verfluß weiterer acht Tage kann
man mit Hilfe der Lupe bereits in jedem einzelnen Ei einen großen dunklen
Punkt, den Kopf des Räupchens, erkennen, der fast ein Drittel des ganzen
Abb. 190 B. Deformation eines
Fichtentriebes infolge von hislrio-
nana-YxdXi.
230 n. Spezieller Teil.
Eies einnimmt. Nach weiteren drei Tagen zeigt sich unter der Lupe bereits
auch der Körper der Raupe. Die Raupe liegt jetzt spiralig eingerollt im Ei,
und zwar derart, daß die Bauchseite des Tieres nach innen gewendet ist und
der Kopf über dem Afterende ruht. Vom ii. — 14- Juli desselben Jahres,
und zwar stets zeitlich morgens, schlüpften die Räupchen."
Ob auch in der freien Natur das Schlüpfen schon Mitte Juli stattfindet,
und ob nicht vielleicht sogar die Eier überwintern können, darüber fehlen
noch Beobachtungen!). Man hat bis jetzt die Raupen in der Natur stets erst
im Frühjahr gefunden, und zwar zunächst in einem Gespinst zwischen den
vorjährigen Nadeln fressend. Später, wenn die neuen Triebe hervorbrechen,
fressen sie diese oft noch unter den anhängenden Ausschlagschuppen an, so
daß die Triebe oft an einer Seite bis auf den Stengel abgefressen werden
und sich krumm biegen (Abb. 190 A). „Immer setzen sie dabei ihr röhriges
Gespinst fort, sowie sie weiterfressen" (Ratzeburg). Die Verpuppung
findet am Fraßort in dem Gespinst statt. Befallen wurden vornehmlich
jüngere Pflanzen im Alter von 10—30 Jahren; als Fraßfolge können post-
hornähnliche Krümmungen (ähnlich wie bei bi/oliana-Yr2iü an Kiefer) auf-
treten (Abb. 190 B).
Cacoecia murinana Hb.
Ziegenmelker farbiger Tannen trieb wickler, Weißtannentrieb-
wickler, Grüner Tannenwickler, Tannennadelnestwickler,
Schwarz köpfiger Tannenwickler.
Taf. II, Fig. 5.
Ratzeburg: Tor/ri.x /üs/rio/iaitaKtzh. (partim), Tortrix capruiiul oanaY.oc\\ ??. — Altum:
Tortrix fni/rinanaWa. ~ Witsche: Tortrix (Lozo/aenia U.S.) w«;-/«ß//ß Hbn. — Nüßlin-
Rhumbler: Tortrix (Cacoecia) murinana Hbn. -- Wolff-Krauße: Cacoecia miiri-
tiana Hb.
Falter: Kräftiger als die vorige Art die Flügelspitze schärfer und etwas auf-
gestülpt. Der Costalumschlag des o" ist sehr schmal, eigentlich nur eine Ausstülpung
der Costa. Die Färbung der Vorderflügel düsterer als bei der vorigen Art, bräunlich-
grau, viel verschwommener, mehr durch eine dichtere Häufung von Querlinien und
brauner Färbung dazwischen angedeutet, im Saumfeld einige stark dunkle Quer-
linien. Färbung und Zeichnung sind ungemein variabel bis zum fast völligen
Schwinden der dunklen Zeichnung (yar.
i))iiuaciila)i(i Wachtl). — Spannweite bis
24 mm.
Raupe: Kopf schwarz, glänzend,
mit seichten Querrunzeln. Leib oberwärts
licht pistaziengrün, mit auf dem Rücken
dunkel durchscheinendem Darme, an den
Seiten, unten und am letzten Ringe etwas
heller. Nackenschild geteilt, braunschwarz,
außerdem am Ring i seitlich noch einige
Chitinplättchen. Die haartragenden Wärz-
chen in gewöhnlicher Anordnung, ziemlich
.,, „ . . Tj, dunkel chitinsiert. Letzter Ring mit orange-
Abb. iQi. Cacoecia murinana Hb. „ , *r^ ,, j- • •
(Tannentriebwicklerj. 2 X- ^^^^^'^ gerunzelter Afterklappe, die emige
Härchen trägt. Lange bis 21 mm.
Puppe dunkelbraun mit langem und kräftigem, 8 lange Hakenborsten tragen-
dem Aftergriffel. Länge 13 mm.
1) Mitterberger ist die Winterzucht der im Zwinger im Juli erhaltenen
Räupchen nicht geglückt.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
231
Eier niedergedrückt, kuchenförmig von elliptischem Umriß mit breitem, hut-
krempenähnlichem Rande. Schale mit netzartiger Skulptur. Frisch gelegte Eier von
der Farbe der jungen Tannennadeln, aber mit hellerem Rande. Länge 1,5 mm,
Breite 1,2 mm (Wachtl).
Der Tannentriebwickler ist über Süddeutschland, Niederösterreich, die
Tschechoslowakei und die Schweiz verbreitet; in seiner vertikalen Ver-
Abb.
[92. A Raupe, B und C Puppe von Cacoecia
murUuKi Hb. Nach Wachtl.
Abb. 193. Eigelege von
Cacoecia muriaita Hb.
Nach Wachtl.
breitungsgrenze fällt er mit der Tannengrenze zusammen. Er ist ein mono-
phages Tanneninsekt, das vornehmlich in den Kronen von Althölzern
sich aufhält!).
Ratzeburg beschäftigt sich in seiner Waldverderbnis (S. 13 — 18) ein-
gehend mit dem Tannentriebwickler, den er dort mit histrioiiaua Froel. iden-
tifiziert (siehe oben).
Eine ausführliche, mit vielen Tafeln und Karten ausgestattete Mono-
graphie verdanken wir Wachtl (1882), dessen Darstellung wir hier im all-
gemeinen folgen.
Bioformel : 67,4 — 46
6 + 7
Die Flugzeit fällt in die Monate Juni und Juli. Die Begattung
scheint nachts stattzufinden. Die kuchenförmigen Eier werden (wenigstens
wie aus Zwingerversuchen zu schließen ist), sich dachziegelartig deckend, auf
den Nadeln der Tannen in Doppelreihen (Abb. 193) oder auf den Zweigen in
1) Nach Rimsky-Korsakow (1929) wurden im Leningrader Forstgarten
Abtes balsamica, sacchalinensis arizonia und fiobiiis stark befallen, während Abies
pectinata, nordmanniana und concolor gar nicht zu leiden hatten.
232
II. Spezieller Teil.
Häufchen abgelegt. Sie verbleiben daselbst, bis im nächsten Frühjahr i)
beim Ausbruche der Maitriebe die jungen Raupen ausschlüpfen und nun an
den jungen Nadeln zu fressen beginnen 2).
Die Raupen bilden nun ein röhrenförmiges, lockeres Gespinst, das sie
mit dem Wachstum des Triebes verlängern. Bei schwachem Fräße ist ge-
wöhnlich nur eine Raupe an jedem Triebe. Die Nadeln werden meist an der
Basis abgebissen und gewöhnlich nur teilweise verzehrt, so daß ein Teil der-
Abb. 194. Älterer Fraß von Cacoecia murinana Hb. Die Triebe (Tanne) der drei
letzten Jahrgänge sind mehr oder weniger kahlgefressen. Nach N i t s c h e.
selben in dem Gespinste hängen bleibt. Doch bleiben, wie sich Nitsche
überzeugte, mitunter auch Nadelstummel stehen. Auch die Epidermis der
ij Von Buk (siehe Ratzeburg) wurde berichtet, daß einmal ein Ei-
häufchen bereits im Juli ausgeschlüpft sei. Jedenfalls ein ganz vereinzelt dastehen-
der Fall, wenn nicht überhaupt eine Verwechslung vorgelegen hat.
2) Die Angaben, daß anfänglich die Knospen angefressen werden, beruht wahr-
scheinlich auf einer Verwechslung mit dem Fräße von Epiblema nigricana H. S.
(siehe weiter unten).
:. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
233
jungen Triebe wird häufig benagt, so daß diese, je nachdem die Beschädigung
an der Basis oder an der Spitze stattgefunden hat, entweder sich krümmen oder
oben absterben (Abb. 195 A). Allmählich (oft auch ganz plötzlich) nehmen die
abgebissenen Nadeln eine intensiv rote, späterhin braune Farbe an. Die Zweige
erscheinen dann bei starkem Fräße wie mit dünnen Gardinen überzogen, in
denen die trockenen Nadeln hängen. Im Laufe des Sommers gehen die Ge-
spinste durch Witterungseinflüsse verloren und die betreffenden Triebe
erscheinen kahl. Da diese sich nie wieder benadeln und auch die Raupen nur
junge Nadeln fressen, so kann man später nach der Anzahl der entnadelten
Triebe bestimmen, wieviel Jahre hintereinander der Fraß gedauert hat.
Die Verpuppung erfolgt nach Wacht 1 ausschließlich in der Boden-
streu und der Moosdecke, wohin sich die Raupen an Gespinstfäden herunter-
A B
Abb. 195. A eine durch Cacoecia muritiana Hb., fast ganz entnadelte Zweigspitze
(Tanne; mit den durch den Fraß bewirkten Krümmungen und den noch daran durch
Gespinstfäden befestigten Nadelresten. Daneben noch ein etwas vergrößertes Stück,
an welchem man die durch die Raupe in die Rinde gefressenen Stellen sieht. —
ß Stück eines von C. muri/ia/ia Hb. kahlgefressenen Tannentriebes mit den kurzen,
stehengebliebenen Nadelstumpen. A nach Ratzeburg, B Original.
lassen. In stark befallenen Orten geht dann mitunter ein förmlicher Raupen-
regen nieder. Andere Autoren geben allerdings an, daß die Verpuppung in
den Gespinsten am Fraßort stattfindet; so bemerkt Koch (1859) ausdrück-
lich: „Diejenigen Raupen, welche zur Verpuppung an den Zweigspitzen
keine passende Unterkunft finden, verpuppen sich zwischen den Nadeln der
älteren Triebe, zwischen welchen man Puppen mit der Afterspitze angeheftet
findet." Und Fankhauser (1893) führt an, daß die Verpuppung von
murinana bei den von ihm beobachteten Kalamitäten ausnahmslos an den
Zweigen stattfand (im Gegensatz zu riifi?}iitrana, die sich stets im Boden
234 I. Unterordnung: Microlepidoptera oder „Kleinschmetterlinge".
verpuppte). Fankhauser hat trotz allen Suchens niemals eine uiurinana-
Puppe am Boden entdecken können, dagegen aber fand er „recht zahlreich
ganz lose eingesponnen an den Zweigen hoch oben in der Krone befallener
Tannen, teils an den befressenen jüngsten Trieben, teils zwischen älteren
Nadeln, und zwar vorzugsweise gesunde, nicht von Schlupfwespen ange-
stochene Individuen" i).
Im allgemeinen werden nur Alt- und Mittelhölzer befallen, bei
größerer Vermehrung und der damit Hand in Hand gehenden größeren Ver-
breitung werden jedoch auch die Stangenhölzer nicht immer verschont.
Jungwüchse und der im Hochholz zumeist vorhandene Unterwuchs haben
dagegen weniger zu leiden, indem sie direkt von den Wicklern nicht an-
gegangen werden. Dagegen können herabgewehte Raupen auch auf den
Jungwüchsen ihren Fraß fortsetzen, und es werden daher mitunter auch die
Ränder von Schonungen, die an befallene Althölzer grenzen, angegangen.
Die Wickler sind also normalerweise Bestandsverderber. Solange
einzelne Raupen fressen, beschränkt sich ihr Angriff nur auf die Gipfel-
partie der Bäume, und zwar hauptsächlich auf diejenigen Äste, welche in der
Peripherie derselben gelegen sind. Bei größerer Vermehrung der
Raupen befallen sie außerdem auch noch die mehr im Innern der Gipfel
befindlichen und auch tiefer stehenden Äste, während bei massenhaftem
Auftreten der Fraß über die ganzen Baumkronen sich ausdehnt und dann
selbst die am tiefsten stehenden Äste davon nicht verschont werden. Daß
auch ältere Nadeln befressen werden, gehört zu den seltenen Ausnahmen
(Ratzeburg, W. i8).
Was die Folgen des Fraßes betrifft, so stellten frühere Beobachter
eine düstere Prognose quoad vitam des befallenen Waldes; meinten doch
Koch (1863) und Schulze (1862), daß der Wicklerfraß allein genüge, um
ganze Bestände bei mehrfacher Wiederholung zu töten. Doch haben die
späteren Beobachtungen dies nicht erkennen lassen. Vielmehr hat der Fraß
in den siebziger Jahren bewiesen, daß ältere Stämme „auch einen
selbst häufiger wiederkehrenden Fraß zu ertragen ver-
mögen, ohne deshalb einzugehen" (Wachtl, Fankhauser). Da-
gegen verursacht die Zerstörung der assimilierenden Organe einen Zuwachs-
verlust, der recht beträchtlich werden kann. Hepp (1883) fand, daß in
Württemberg bei länger andauerndem Fraß die letzten sechs Jahresringe
nur II mm, die vorhergehenden dagegen 19 mm maßen-). Ratzeburg
1) Fankhauser glaubt noch aus einer anderen Beobachtung auf die regel-
mäßige Verpuppung oben auf den Zweigen schließen zu dürfen: „Die Annahme,
daß die Verpuppung von murinana nur ausnahinsweise im Boden erfolgte, dürfte
übrigens durch die von Wachtl mitgeteilten Beobachtungen selbst bestätigt werden.
Es muß nämlich auffallen, daß bei Untersuchungen des Kropf- und Mageninhaltes
von Zaunkönig, Eichelhäher, Buchfink und Ringeltaube sich zahlreiche Puppen von
murinana, nie aber solche von rufimitratta vorfinden. Warum hätten diese Vögel,
wenn sie jene Puppen wirklich in der Bodendecke oder gar in der obersten Erd-
schicht sammelten, stets nur das eine Insekt angenommen, während doch, wie die
im Kropf und Magen des Mönchs, der Tannenmeise, der Misteldrossel usw. vor-
gefundenen Raupen von rufimitrana beweisen, auch diese Art vorhanden war?"
2) Nach Fankhauser (1893) wird Zuwachsverlust nicht nur durch die
Minderung der Blattmenge bedingt, sondern auch durch die nachteilige Einwirkung
aut die Bodentätigkeit, welche die Lichtung des Kronendachs für eine Reihe von
Jahren zur Folge haben muß, um so mehr, als ja reichliche Bodenfeuchtigkeit eine
Hauptbedingung für das gute Gedeihen der Tanne ist.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 235
(W. S. 19) allerdings konnte, wenigstens im Fraß jähr selbst, nur an schwä-
cheren Zweigen eine merkliche Abnahme feststellen, während er an den
Stämmen nirgends eine bedeutende Ringschwächung mit Sicherheit erkennen
konnte; er führt dies „auf die wirksame Tätigkeit der Altnadeln, welche ja
nicht angegriffen werden", zurück.
Wo die Triebe selbst eingehen, also auch die Endknospen abgetötet
sind, können als Fraßfolge Verzweigungsstörungen der Krone hin-
zutreten.
Aus Wachtls und anderer Beobachtungen ergibt sich, daß es ein
großer wirtschaftlicher Fehler wäre, allzu schnell mit der Axt zur Hand zu
sein. Allerdings werden mehr oder weniger ausgiebige Durchforstungen nach
länger dauerndem Fraß nicht ausbleiben, da sich dann zweifellos sekun-
däre Insekten, wie Ips curvidens, Pissodes piceae und andere einstellen
werden. Auf ihre Bekämpfung wird das Hauptaugenmerk zu
richten sein.
Die Erkennung des miirinana-Yx-2i^Q.% bietet keine Schwierigkeiten.
Die braune Färbung der Endtriebe bzw. der Kronen redet eine deutliche
Sprache. Differenzialdiagnostisch kommt höchstens noch Frost in Frage;
die Unterscheidung ergibt sich bei näherer Untersuchung ohne weiteres i).
Der Tannentriebwickler tritt zuweilen in Massenvermehrungen ein,
die sich auf große Gebiete erstrecken (s. unten) und verhältnismäßig lange
(bis 10 Jahre und mehr) bestehen bleiben. Er gehört also zu den hart-
näckigen Schädlingen.
In epidemiologischer Beziehung sind wir noch wenig unter-
richtet. Wir haben noch keine Anhaltspunkte darüber, durch welche Fak-
toren die Gradationen veranlaßt werden, ebensowenig, durch welche Faktoren
deren Ende, die Krisis, herbeigeführt wird. Wachtls Versuche, Zusammen-
hänge zwischen dem Verlauf der Gradationen und den klimatischen Kurven
aufzudecken, führten zu keinem greifbaren Ergebnis. Bezüglich der Dis-
position teilt Ratzeburg (W. II, 17) mit, daß der Fraß (nach Koch) in
schwächlichen Beständen und auf schlechtem Boden beginnt, daß er aber
dann bei weiterer Verbreitung auch auf das beste Holz geht. Ähnlich
schreibt Wachtl, daß, wenn eine Massenvermehrung eingetreten ist, gut-
und schlechtwüchsige, reine und gemischte Bestände, in der Ebene und im
Gebirge, auf gutem oder schlechtem Boden in gleich hohem Grade befallen
werden. Bezüglich der Dauer der Gradation finden sich in der Literatur
Angaben, die zwischen 4 und 12 Jahren schwanken (s. Geschichtliches,
S. 236).
Ob die tierischen Feinde allein mit der Massenvermehrung fertig
werden, läßt sich nach unseren heutigen Kenntnissen schwer beurteilen.
Wachtl führt eine Reihe von Vögel als Vertilger von murinana an, vor
allem Zaunkönig (Troglodytes parvidiis), Mönch (Sylvia atricapilla),
Tannenmeise (Pariis ater), Misteldrossel (Ttirdus viscivorus),
Eichelhäher (Garndus glandarius), Buchfink (Frmgilla coelebs) und
die Ringeltaube (Col. palumbns). Besonderes Interesse erweckt der Be-
fund des Kropf Inhaltes einer geschossenen Ringeltaube, der aus ca. 1000
^zz/r/ÄÄZ/ß-Puppen bestand.
1) Trotzdem aber ist es nach Wachtl häufig vorgekommen, daß ,,aus dem
Grund nichts gegen den Wickler geschehen ist, weil man durch Jahre hindurch den
FralSschaden für Frostschaden gehalten hat".
236 11. Spezieller Teil.
Außerdem zog W a c h 1 1 noch eine Anzahl von T a c h i n e n und
Schlupfwespen. Leider ist die darüber angekündigte Arbeit niemals er-
schienen.
Cac. miirhiana nimmt unter den Tannen Schädlingen einen hervor-
ragenden Platz ein, und zwar in erster Linie als Bestandsverderber. Sehr
häufig kommt sie zusammen mit dem rotköpfigen Tannenwickler (Sejjtasia
rufimitrana H. S.) vor.
Zur Bekämpfung werden im Laufe der Zeit eine Reihe von Mitteln
empfohlen, deren Nützlichkeit aber mehr als fraglich erscheint. Weder in
Räuchern mit dem aus der Durchforstung stammenden grünen Reisig, noch
in dem von W a c h 1 1 empfohlenen Streurechen kann ich eine rationelle Be-
kämpfungsmethode erblicken. Vielleicht kann mit Arsenbestäubung mehr
erreicht werden. Nachdem wir wissen, daß selbst längerer Fraß nicht tödlich
wirkt, wird vor allem darauf zu achten sein, daß die sekundären Feinde
(Borken- und Rüsselkäfer) nicht aufkommen und die durch den Wickler ge-
schwächten Bäume zum Absterben bringen.
Geschichtliches^).
Die erste, wohl mit Sicherheit, trotz der völlig verfehlten Falterabbildung und
der Bezeichnung Tortrix piceana unzweifelhaft auf Tannentriebwicklerfraß zu be-
ziehende Notiz stammt von Sechste in, der im Tabarzer Forst im Thüringer
Walde eine größere Verheerung fand. Er berichtet, daß die Raupen sich im Boden
verpuppten. Erst fast 50 Jahre später kommen wieder neue Beobachtungen. Im
Jahre 1852 brach im Nordwesten Böhmens, in den Forsten der Bezirke Karlsbad,
Eger und Falkenau, ein Tannenwicklerfraß aus, der anfänglich für Borkenkäferfraß
gehalten wurde und durch 12 Jahre wütete. Er dehnte sich noch auf den Bezirk
Teplitz aus, also über einen Flächenraum von 197500 ha (Wachtl). An Ort und
Stelle wurde er beobachtet und ausführlicher beschrieben von Koch, Tramnitz
(1859) und Schulz (1862), ferner von Gintl und Buk. Diese teilten ihre Beob-
achtungen, ebenso Judeich seine mit Karlsbader und Teplitzer Material ange-
stellten Zwingerbeobachtungen an Ratzeburg mit, der sie in verschiedenen Publi-
kationen verwertete (1861, 1862 und 1863, sowie W. II, S. 13—21). Durch Ratze-
burg, der sich auf verschiedene von ihm konsultierte Spezialkenner der Mikrolepi-
dopteren stützte, wurde die falsche Bestimmung des Hauptschädlings als Tor. histrio-
nana verbreitet, aber auch auf Mitteilung von Oberförster Schönbach in Herns-
kretschen und von J u d e i c h zuerst die Mitwirkung von Tortrix rufimitrana festgestellt
(1863). 1857 trat letzterer Wickler auch in der Gegend von Krakau auf (Ze-
brawski, 1858). Bereits 10 Jahre später brach ein neuer Fraß in Mähren aus.
1875 dehnte er sich nach ZI ick (1875) vom Murker Walde bei Neutitschein in
Nordmähren durch die ganze mittlere Höhenregion von 500 — 800 m in den Mäh-
rischen Karpathen bis nach Österreichisch-Schlesien über eine Fläche von 29000
bis 35000 ha aus. Von 1875 ab verbreitete sich der Fraß nach Niederösterreich, er
dauerte an einem Orte durchschnittlich sechs Jahre, erreichte seinen Höhepunkt 1877
und erlosch mit dem Jahrzehnt. Von den auf dem befallenen Bezirke stockenden
130000 ha Tannenbeständen wurden 70000 ha befallen; Absterben der Bestände trat
nirgends ein, jedoch ein Zuwachsverlust, den Wachtl auf 790000 fl berechnet.
Kleinere Tannenwicklerfraße v/urden wiederholt beobachtet. 1877— 1881 wurden
z. B. die Tannenbestände des Königlich Württembergischen Revieres Hirsau sowie
die angrenzenden Reviere im Nagold- und Enztale stark befressen. 1879 waren
bereits 780 ha befallen (Hepp). In Sachsen sind unter anderem im Gehringswalder
1) Bei dieser geschichtlichen Übersicht sind die beiden Tannentriebwickler,
Cac.miirittanaYxoftX. und Semasia rufimitranaH.S., die ja in ihrer Lebensweise und
ihrem Vorkommen fast völlig übereinstimmen, berücksichtigt.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 237
Revier 1877 einigermaßen bedeutendere Schäden der Tannenwickler aufgetreten. Sie
bezogen sich auf ungefähr 20 ha. Von 1888 an hat sich ferner der Tannenwickler-
fraß im badischen Schwarzwald (wo ?nurinana bis dahin auch den Entomologen
ganz unbekannt war) und in Polen verbreitet, und zwar besonders in der Oberförsterei
Bozentin, Gouvernement Kielce, in Höhenlagen bis zu 2200 m (Guse). 1890 scheint
hier der Höhepunkt des Fraßes gewesen zu sein. In der Schweiz, wo die Tannen-
wickler übrigens bereits früher beobachtet wurden, hat sich seit 1890 wieder eine
stärkere Vermehrung dieses Schädlings gezeigt, und zwar in den Kantonen Solo-
thurn, Aargau und in der Nähe des Züricher Sees (Anonymus, 1891, Bour-
geois, 1892, und J. H., 1892). Es ließ sich konstatieren, daß im ganzen östlichen,
nördlichen und zentralen Teile der Hochebene zwischen Alpen und Jura die Tannen-
bestände der Flußniederungen mehr oder minder infiziert waren und hier Fraß-
zentren vorkamen. Das wichtigste war „das offene Gebiet des Aartales zwischen
Langental und Aarau". Auch hier wurde meist nur haubares Holz in den Wipfeln
befallen, seltener 20— 30 jährige Stämme. An Bestandsrändern stieg der Fraß mit-
unter bis zu den tiefsten Ästen herab. Tortrix rufimitrana H. S. herrschte bei weitem
vor (Fankhauser, 1893).
Gattung Pandemis Hb.
Der folgenden Gattung Tortrix sehr nahestehend; von dieser lediglich durch
die „Ausnagung" an der Basis der Fühler beim cf unterschieden (Abb. 196 t.
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I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 243
großer Zahl und gleichzeitig in verschiedenen Gegenden Deutschlands auf
Kiefernsaaten und Kiefernanflug überzuwandern, auf eine Fraßpflanze, die
doch nur für seine 2. Generation in Frage kommt, bleibt völlig dunkel. Der
Auffassung, daß es sich um Notfutter gehandelt hat, hervorgerufen durch
außergewöhnliche Lebensbedingungen, steht die Tatsache entgegen, daß die
Hauptfraßpflanzen in den befallenen Revierteilen auch während der Zeit
der 2. Generation genügend zur Verfügung gestanden haben.
Was die forstliche Bedeutung von politatia betrifft, so treten trotz
des starken Befalls und des bedenklichen Aussehens der betroffenen Pflanzen
größere Schäden bzw. Ausfall an Pflanzen nicht auf. Weitaus die meisten
Pflanzen erholen sich wieder, da die Terminalknospe fast stets unbeschädigt
bleibt. „Betrachtet man heute (d. i. i Jahr nach dem Befall)," schreibt
Abb. 204. Geöffnetes Puppengespinst in der „Brücke"" zwischen 2 versponnenen Säm-
lingen. Nach V. Vietinghoff.
V. Vietinghoff, „die Saaten, die durch Tortrix politana Hw. deformiert und
gebräunt worden waren, so sieht man ihnen irgendwelche Beschädigung nicht
im geringsten an." Größere Bekämpfungsaktionen, die Zeit und Geld kosten
(wie Bestäuben mit Esturmit oder Zerdrücken der Raupen in den Ge-
spinsten), hält dementsprechend v. Vietinghoff für „eine überflüssige
Ausgabe, die der mit der Biologie des Wicklers vertraute Forstmann nicht
rechtfertigen kann".
Tortrix viridana L.
E i c h c n w i c k 1 e r oder Grüner E i c h e n w i c k 1 e r.
Taf. II, Fig. 9.
Auch Kahncichenwickler, Grünwickler, ganz grüner Eichenwickler, Weißgrünwickler,
Grüne Eichenmotte usw. — Französisch: La verte, La chape verte, Tordeuse verte,
Tordeuse du ebene. — Italienisch: Tortrice della Quercia.
Falter: Kopf gelblich, gelblichweiß oder grün, Thorax und Vorderflügel auf
der Oberseite schön hellgrün. Costa deutlich gelblich weiß. Fransen weißlich.
16*
244
II. Spezieller Teil.
Hinterflügel zartgrau (bei Earias chlorana L., die verschiedentlich in der Praxis
mit viridana verwechselt wird, sind die Hinterflügel weiß!). Abdomen mehr oder
weniger grau, zuweilen grünlich überhaucht. Als Geschlechtsunterschiede gibt
Gasow an: Beim 9 Vorderflügel meist (nicht immer) länger und breiter; Fühler
des cT stärker bewimpert als die des Q (mikroskopisch
festzustellen!); Hinterleibsende des cf durch die bei-
den, init grauen Schuppen besetzten Lateralklappen ge-
^^^^ kennzeichnet; beim Q fehlen diese ganz, und ist die
^^UÄl ganze Partie braun gefärbt.
"^Wjl 'IHe.^^^ -^^^ Farbe der Vorderflügel variiert bis zu grün-
^|S ^SBftk. lichgelb und sogar (sehr selten) rein gelb (ab. sult-
rWlu/^ \^^IB neriana Schiff, i). Spannweite 18—23 n"»™-
^^^^^k jg^^l Raupe: Grün, Kopf schwarzbraun (in den jungen
jJI^H^^L ^^^^H Stadien schwarz), Nackenschild mehr oder weniger
J^^^^^^^.JPM^B bräunlich oder grünlichgelb, hinten mit 2 schwarzen
^^II^P1Br'Ä.'/ö?c7//c7- Raupe ver-
schieden: Die Hauptfraßpflanze ist die Stieleiche, Quercus pediDicidata,
doch wird auch die Traubeneiche, Quercus sessiliflora, befallen (siehe
unten, S. 252), wenn auch meist geringer (stellenweise sogar überhaupt
nicht)!). Die nordamerikanischen Eichen werden immer viel ge-
Abb.
212. Eichenwald, von T. virhlana L. völlig kahlgefressen. Nach Cecconi.
ringer befallen als unsere einheimischen Arten; die österreichische oder
burgundische Eiche (Quercus cerris') soll ganz verschont werden; dagegen
t7>/^a;/,7-Raupen besonders zusagt, und gehört viridana zu den ,, Gerbstoffspezialisten"
(Grevillius, 1905).
1) Der geringere Befall der Traubeneiche hängt vielleicht mit dem späteren
Austreiben derselben zusammen. Auch einige morphologische Merkmale können viel-
leicht zur Erklärung herangezogen werden, wie die stärker bewimperten Schuppen-
ränder, die das Eindringen in die Knospen erschweren, oder die Büschelhaare auf
der Unterseite der Traubeneichcnblätler, die der Stieleiche fehlen und die mög-
licherweise einen Schutz gegen Tierfraß darstellen.
250 II. Spezieller Teil.
wurden Quercus pubescens auf der Krim und die immergrünen Eichen
Spaniens und Italiens stark mitgenommen i).
Die Spinntätigkeit der Raupen bleibt bis zuletzt bestehen. Bei
Kahlfraß hängen die Spinnfäden häufig wie Schleier von den Bäumen und
umhüllen auch mitunter den Stamm völlig, oder es wehen die Gespinste bei
starkem Fraß wie Fahnen im Wind (Taschenberg).
Reh (1907) erzählt, daß die Räupchen im kahlgefressenen Wald sich
in solchen Mengen an Fäden herabließen, daß „der Wald einige Tage mit
einem dichten Schleier erfüllt war, der unwillkürlich an die Schleier er-
innerte, die etwa im Tannhäuser im Theater den Venusberg halb verhüllen."
Und Wiese (1861) berichtet, daß Tausende von Raupen an Fäden vom
Blattschirm der Eichen herunterhingen; wer durchging, mußte beständig die
Hände rühren, um Augen und Gesicht von dem Gespinst zu befreien. ,;Aber
nicht nur unten war dieses Gespinst, sondern der ganze Baum war mit einem
dichten Gespinst überzogen, so daß man anfangs kaum glauben mochte, daß
dieses von den kleinen Raupen herrühren konnte."
Besonders bevorzugt werden freistehende Althölzer und Randbäume an
der Sonnenseite. Der Fraß beginnt entsprechend der Eiablage in den höheren
und höchsten Partien der Krone und schreitet von da nach unten fort, meist
durch Abspinnen der Raupen aus den kahlgefressenen Teilen auf die noch
belaubten unteren Partien des Baumes.
Der Kot der Raupen wird von den verschiedenen Autoren mit „grobem
Schießpulver" verglichen (Ratzeburg spricht von ausgestreutem Pirsch-
pulver.) Eine eingehende Beschreibung des Kotes nach den verschiedenen
Raupenstadien gibt Gasow; danach ist der Kot schwarz und zeigt die Form
unregelmäßiger, länglicher oder walziger Ballen. Der Kot des letzten
Stadiums ist durch eine völlig rauhe Oberfläche und eine Einschnürung in
der Mitte gekennzeichnet. Die Größe der einzelnen Kotballen beträgt im
ersten Stadium 0,08x0,05 mm, im letzten durchschnittlich 0,5x2,5 mm.
Bei Massenvermehrungen kann man des Nachts das Kotrieseln, besonders
gegen das Ende des Fraßes zu, deutlich hören.
Die Verpuppung erfolgt normalerweise an der Stelle des letzten
Fraßes, also unter einem umgeschlagenen Zipfel des zuletzt befressenen
Blattes. Die Puppe ist dabei vermittelst ihres Kremasters in der seidigen
Tapete, die den Wickel von innen auskleidet, verankert, so daß man beim
Einsammeln von Puppen oft ganze Fetzen der Tapete aus dem Wickel
herauszieht. Bei Kahlfraß findet die Verpuppung zum Teil in den Rinden-
ritzen des Stammes statt, wobei letzterer wie „mit einem weißen Filz über-
zogen werden kann" (Baumgarten, 1924), oder auch am Unterwuchs, an
dem die Raupe selbst nicht frißt, wie an Brennessel, Faulbeere usw.
(Krieg 1927).
Die junge Puppe ist zunächst von der gleichen „krassen Grünfärbung",
die die Raupe kurz vor der Verpuppung zeigt. Vom Rücken her tritt dann
allmählich die Verfärbung in Braun, meist bis zum satten Schwarz ein,
wobei die Flügel am längsten ihre anfängliche Grünfärbung behalten.
^) Smits von Bürgst (1926) macht darauf aufmerksam, daß man bisweilen
mitten unter kahlgefressenen einzelne völlig verschonte Individuen der gleichen Art
finden kann, so daß wohl auch individuelle Verschiedenheiten bezüglich der An-
fälligkeit vorkommen.
I. Unterordnung: Micro) epidoptera, Familie Tortricidae. 251
Die Verpuppung findet in Deutschland im allgemeinen von Ende Mai
bis Mitte Juni statt i). Die Dauer der Puppenruhe beträgt 14 Tage bis
3 Wochen; bei Gasow finden sich folgende Angaben über die Zeit der
Puppenruhe: einerseits 2. Juni bis 24. Juni, also 22 Tage, andererseits 23. Juni
bis 8. Juli, also 15 Tage.
Die Schlüpfzeit hängt wesentlich von den Witterungsverhältnissen im
Mai und Juni ab: Ist während dieser Zeit die Zahl der Regentage unter dem
Normalwert, die Sonnenscheindauer dagegen über demselben, so liegt der
Höhepunkt der Schlüpfzeit bedeutend früher als in Jahren mit regenreichem
und sonnenarmem Juni (Gasow 1926).
Die Gesamtentwicklung des Eichenwicklers beträgt also ca. 12 Monate
nach der Bioformel:
6P,4 — 5
5a -]_6P 7a
Von verschiedenen Autoren, angefangen von Rösel von Rosenhof
(1746) und Bechstein (1805) bis Kaltenbach (1874) wird das Vor-
kommen einer 2. Generation angegeben (mit Flug im Mai und September).
Auch noch in neuerer Zeit behauptet Baumgartner (1912), daß er Ende
September und im Oktober frischgeschlüpfte vir/dana-Räupchen in großer
Zahl, teils sich abspinnende, teils an Stämmen hinauf kriechende, beobachten
konnte; er meint, daß der abnorm heiße und trockene Sommer die Entwick-
lung des Embryos so gefördert habe, daß die Räupchen ausnahmsweise be-
reits im Herbst ausgefallen seien.
Die meisten Autoren (darunter Ratzeburg, Nitsche, Alt um) be-
streiten aber das Vorkommen einer 2. Generation; bezüglich der im Herbst
beobachteten Räupchen dürfte eine Verwechslung mit einer anderen Wickler-
art vorgelegen haben.
Gasow kommt auch durch ein eingehendes Studium der Embryonal-
entwicklung und durch Versuche, diese experimentell zu beeinflussen, zur
strikten Ablehnung einer 2. Generation. Die Embryonalentwicklung kommt
während der Wintermonate (im Gegensatz zu anderen überwinternden Eiern)
nicht zum Stillstand, macht also keine Latenz durch, sondern schreitet stetig,
wenn auch zeitweise sehr langsam („Pseudolatenz") vorwärts. Andererseits
läßt sie sich durch Einwirkung hoher Temperaturen nicht oder nur un-
wesentlich beschleunigen, so daß eine durch besonders heiße Sommer ver-
anlaßte 2. Generation so gut wie ausgeschlossen erscheint.
Epidemiologie und forstliche Bedeutung.
Nach Gasow wurden in Westfalen, „der klassischen Gegend für
Eichenwicklerfraße," die reinen oder fast reinen Bestände weitaus
stärker befallen als gemischte Bestände. Ferner sind dort die Stieleichen
deutlich bevorzugt worden, wenngleich „auch die Traubeneiche nicht ver-
schont wurde". Auch andere Autoren heben diese Bevorzugung der Stieleiche
1) Die Verpuppungszeit kann selbst im gleichen Jahr und in gleicher Gegend
starken Schwankungen unterworfen sein, je nach Lage der einzelnen Reviere. Nach
Krieg (1927) waren in Westfalen im Jahre 1927 die Raupen Ende Mai in fast
sämtlichen Revieren ausgewachsen und begannen sich zu verpuppen, während in dem
durch kühle und feuchte Lage ausgezeichneten Revier Brand die Raupen oft noch
nicht einmal die 4. Häutung hinter sich hatten und am 7. Juni noch keine Puppe zu
finden war.
252
II. Spezieller Teil.
hervor. Andererseits kennen wir auch Fälle, in denen große, fast ausschließ-
lich aus Traubeneichen bestehende Bestände vom Eichenwickler kahl-
gefressen wurden, wie im Spessart und in der Rheinpfalz, wo 1926 der Kahl-
fraß sich über große Flächen erstreckte. Im Süden leiden besonders die
immergrünen Eichen unter viridana-Yx-&.^.
Bevorzugt werden zunächst ältere und einzeln stehende Bäume und
kleinere Baumgruppen i), ferner sonnige Ränder und warme Lagen. Bei
starker Vermehrung werden alle Altersklassen bis zur Dickimg mitgenommen.
Ratzeburg erwähnt einen Fraß in dem bei Wittenberg gelegenen Revier
Garbe, der einen 20 jährigen Stangenort betraf.
Die Bodenverhältnisse scheinen keinen allzu großen Einfluß auf die
Wicklergradationen zu haben, wenigstens hat die verschiedene Azidität des
Cenh-afürfeuchHalfe
Perioden
mr und 17tO
ct^rs.um 19iS
oder ■J9?0
1919
Centrafürtrockenwarmt
Perioden vor und um
Abb.
213. Schematische Darstellung der Klimaschwankungen und Eichenwickler-
kalamitäten. Nach Gasow.
Bodens nicht die geringste Einwirkung auf den Grad der Befallsstärke er-
kennen lassen.
Über die Beziehungen zwischen Gradation, Witterung und
Klima hat Gasow eingehende Untersuchungen angestellt, die aber zu wenig
greifbaren positiven Ergebnissen geführt haben. Er glaubt zwar zwischen
den großen Klimaschwankungen (Brückner!) und den Eichenwickler-
gradationen insofern einen Zusammenhang annehmen zu können, als die
Mehrzahl der letzteren in die „trockenwarmen Perioden" fallen, ohne daß sie
allerdings mit dem Zentrum derselben zusammenfallen. „Sie können viel-
mehr vorher oder nachher liegen, auch als Periode von einem Zeitpunkt vor
dem trocken-warmen Zentrum sich über dasselbe hinweg bis zu einem Zeit-
punkt nach demselben hinziehen." „Wir müssen eine Beeinträchtigung der
Massenvermehrung des Eichenwicklers durch eine eintretende naßkalte Pe-
1) Backe (1925) berichtet, daß auch einzelne, inmitten ausgedehnter Kiefern-
bestände stockende Eichen und Eichengruppen befallen werden.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 253
riodc annehmen, wenn auch einmal eine Fraßperiode (1879 — 1888) in die
naßkalte Periode gefallen ist; auch bei jener lag allerdings der Höhepunkt
jenseits von deren Zentrum" (x'Ybb. 213).
Von bedonderer Bedeutung scheint die Witterung zur
Zeit kurz nach dem Schlüpfen der Räupchen zu sein, also Ende
April bis anfangs Mai. Geringe Niederschläge um diese Zeit sind als be-
günstigende Faktoren zu werten, da heftige Niederschläge die jungen Ei-
räupchen daran hindern dürften, in die Schuppen einzudringen. „Einmal in
den Knospen befindlich oder hernach in dem jungen Laub, ist das Räupchen
gegen die Unbilden der Witterung in hohem Maße geschützt. Selbst heftige
Spätfröste dürften dem Schädling nur dann verderblich werden, wenn das
Laub erfriert, so daß er verhungern muß." Auch die älteren Raupenstadien,
die Puppen und Falter, sind recht widerstandsfähig gegen Witterungsein-
flüsse, worauf schon Ratzeburg hingewiesen hat. Nur länger dauernde
starke Regen können den Flug und die Eiablage vermindern. „Es müssen
schon ganz katastrophale Witterungsverhältnisse sein," schreibt Gasow, „die
eine radikale Vernichtung der Imagines zur Folge haben können bzw. sehr
wesentlich in das Fortpflanzungsgeschäft einzugreifen vermögen".
Die Dauer der z>ir/da/ia-Gra.dationen ist sehr verschieden lang. Virt-
dana gehört zu den hartnäckigen Schädlingen, deren Fraß an besonders
disponierten Orten sich über mehrere Dezennien hintereinander mit kurzen
Unterbrechungen und abwechselnder Stärke erstrecken kann. In Reck-
linghausen (Westfalen) dauerte eine Fraßperiode 11 Jahre (1878— 1888); in
der Oberförsterei Haste (Kreis Minden) traten in einem Zeitraum von über
20 Jahren fortwährend Schädigungen durch den Eichenwickler auf. Durch-
schnittlich sind die Gradationen allerdings von kürzerer Dauer, und eine
Fraßdauer von 3 — 4 Jahren dürfte das Gewöhnliche sein. Volz (1926) gibt
folgende Angaben über das Auf und Ab der Gradationen in dem Württem-
berger Revier Herrenberg: „Erstmaliges Massenauftreten (seit seinem Amts-
antritt 1900) im Jahre 1905, dauerte bis 191 o, besonders stark in den
Jahren 1907 und 1908, 191 1 Abflauen, 1912 nur noch wenig und an ein-
zelnen, zerstreuten Orten, mit Ausnahme des Herrenberger Spitalwaldes
(Muschelkalkrücken), der überhaupt immer am reizbarsten war. 191 3 und 14
(Eichelmastjahr) frei, 191 5 — 18 unbekannt, 1919 — 21 frei. 1922 leicht, zer-
streut, vereinzelt (Eichelmast jähr). 1923 erhebliches Fraß jähr, da und dort
Kahlfraß. 1925 Kahlfraß selten, Auftreten immer noch erheblich, jedoch
einzeln und gruppenweise zerstreut über das ganze Revier. 1926 starkes
Abflauen, große Strecken ganz frei, dagegen Spätfrost am 9. /lo. Mai. Ferner
1926 ungeheuer starkes Auftreten des Mehltaus, der bis in die Gipfel der
höchsten Eichen hinaufsteigt. Die Traubeneiche 1926 allenthalben ganz frei,
gut austreibend und nachher schön belaubt. Sie war auch in den früheren
Jahren immer weniger befallen als die Stieleiche."
Die Krisis der Gradation wird, wie oben ausgeführt, nur selten
durch Witterungsverhältnisse herbeigeführt, dagegen sind meist zahlreiche
Feinde dabei beteiligt.
In erster Linie stehen wieder die Parasiten^), von denen ein ganzes
Heer aus viridana gezogen wurde.
1) Zahlreich sind die Arbeiten über die evA/V/iJ/zß-Parasiten; ich nenne von ihnen
neben Ratzeburg vor allem Silvestri (19231, Scott (1922) und Han-
cock (1926L
254
II. Spezieller Teil.
Von Schlupfwespen seien hier genannt :
Ichneumonidae : Livnn-r'Kini olbidum Gm., Exochus globuUpcs Desv., Canif^o-
■plex intcrnieijiiis Rtzb., Gly pl/ö'«/'/c?-Vermehrung, der wir folgende
Stellen entnehmen:
„Ins Auge fallend ist die Erregung, die sich fast der gesamten ende-
mischen und nichtendemischen Vogelwelt bei Massenvermehrungen des
Abb. 215.
Actia pilipennis Fall.
Silvestri.
Nach
(F. J.) und Walther
1) Unter den 267 Stück Schlupfwespen, die Gasow aus 1328 Wicklerpuppen
erzog, waren 189 Pimpla maculator F., 48 Pimpla quadridentata Th. und 21 Pi?npla
ruf ata Gm.
-j Prosopaea fugax Rond., die ein wichtiger Parasit des ,,Springvvurms" ist
(Weinschädling), hat zwei Generationen, von denen die erste vswiridana. in Gespinst-
motten usw. lebt und die zweite in den Springwurm übergeht. Schwangart hat
daher zur Bekämpfung des letzteren empfohlen, Gespinstmottenraupen durch Anbau
von Pfaflenkäppchen usw. in die Weinberge zu bringen.
256 II. Spezieller Teil.
Eichenwicklers mitteilt, auf jeden Fall. Der durch menschliche Kultur
massenweise gezüchtete Star fällt in riesigen Scharen in die Befallsherde
ein. Auf die Krähen und Dohlen übt die Gradation geradezu eine
saugende Wirkung aus, die Schwalben streichen an den Waldrändern
entlang und schnappen die Falter auf oder fangen die sich an Fäden herab-
lassenden Raupen auf. Von den Finkenvögeln sind es allein acht Arten,
die dem Eichenwickler nachstellen, bei manchen macht sich sogar eine voll-
ständige Umschaltung aller ökologischen und nahrungsbiologischen Ten-
denzen bemerkbar.
„Das sind auf jeden Fall Vögel, deren Besiedlung und Vermehrung
gerade die Kultur direkt Vorschub geleistet hat. Aber unter den etwa
40 Arten umfassenden Vögeln, die wir bisher als Vertilger des Eichenwicklers
kennen, sind auch viele, denen die Kultur Abbruch getan hat, nur scheinen
sie gerade dort, wo der Wickler zur Massenvermehrung schreitet, noch in
einer Dichte vorhanden zu sein, die dem Ausgleichsprinzip der Natur ent-
spricht. Buntspechte sind oft so vertieft in ihre Vertilgungsarbeit, daß
sie sich nicht einmal durch Schüsse stören lassen. Im Magen des Grün-
spechts wurden schon über 30 Raupen und 12 Puppen gefunden. Pirole
durchstreifen gemeinsam die Eichenkronen. Ansammlungen von Kuckucken
in den befallenen Beständen bilden eine fast regelmäßige Erscheinung der
mrida//a-Kala.mitäten. Im Magen der Nachtschwalben werden Reste
von Eichenwicklern wohl kaum mehr zu identifizieren sein. Trotzdem liegt
die Vermutung nahe, daß sie Jagd auf die schwärmenden Falter machen,
dagegen ist nachgewiesen, daß sich Mengen von Raupen des Eichenwicklers
im Magen von Ringeltauben gefunden haben.
,,Sehr wichtig scheint die Rolle der Meisen, Laubvögel und Gras-
mücken. Schwanzmeisen schleppten innerhalb 8 Tagen 2000 Raupen
des Eichenwicklers in ihr Nest zum Füttern der Jungen. Die Blaumeise
erwähnt schon Alt um als hervorragenden Vertilger, weil sie die Kronen der
höchsten Waldbäume absucht; Nonnen meise und Kohlmeise werden
ihr kaum nachstehen, auch der Kleiber. Wie die Blaumeise unter den
Paridae, so übertrifft der Weidenlaubvogel unter den Muscicapidae seine
Gattungsverwandten. Auch ihm singt schon AI tum ein Loblied wegen der
Baumhöhen, die seine Wirksamkeit erreicht und seines nie gestillten Hungers.
Aber auch Fitis- und Waldlaubvogel sind zu den Vertilgern zu
rechnen, von den übrigen Singvögeln Zaungrasmücke, Gartengras-
mücke, Nachtigall und Baumpieper. Zu versagen scheinen die
Drosseln, trotzdem gerade sie dem Biotyp der Wicklerkalamität angehören.
Als einziger Vertilger ist die Amsel nachgewiesen. Hier müssen aber noch
weitere Untersuchungen einsetzen.
„Trotz der eben skizzierten, oft geradezu fieberhaften Tätigkeit der
Vogelwelt, trotzdem viele von ihnen, nicht selten die Hauptvertilger, von der
Natur begünstigt werden, steht folgendes fest: die Wicklerkalamitäten haben
nicht abgenommen, eher zugenommen, und zwar nach Ausbreitung und In-
tensität.
„Um es vorwegzunehmen: wir sind der Ansicht, daß in dem Befalls-
gebiete von Tortrix viridana L. die Vogelwelt wahrscheinlich einer durch-
aus normalen Besiedlungsdichte entspricht, wobei nicht ausgesprochen werden
soll, daß diese Dichte nicht gesteigert werden kann. Aber einmal kann die
künstliche Steigerung der Brutgelegenheit und Reduzierung der von außen
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 257
drohenden Gefahr eine vorübergehende sein (Rückschläge durch zu dichte
Besiedlung erleben wir im Wald allenthalben). Zum andern kennen wir noch
nicht die Auswirkung einer zu dichten Besiedlung auf lange Sicht. Zum
dritten: Wie sollen wir die dichtere Besiedlung vornehmen? Sollen wir nur
die kleineren Vögel ansiedeln oder auch die ihnen zwar im Moment der
Katastrophe assoziierten, unter normalen Bedingungen ihnen selbst schäd-
lichen Corviden?
„In der Besiedlung der Höhlenbewohner: Spechte, Hohltauben, Trauer-
fliegenschnäpper, Wendehals, Meisen und auch bedingt der Stare, scheint
uns ein Weg offen, die Lücke, die durch Rationalisierung der Baumzucht
vorhanden ist, auszufüllen. Ausschlaggebend im Sinne der Aufhebung der
Wicklergefahr halten wir diese Maßnahmen dennoch nicht. Daß sie aber
lokal • — und sei es durch anormale Besiedlungsdichte! — helfen können,
beweisen die Erfolge des Freiherrn von B e r 1 e p s c h in Seebach und des
Oberamtmanns Behr.
„Trotzdem es uns vielleicht lokal und zeitlich begrenzt gelingen wird,
durch Vogelschutz eine Gradation des Wicklers zu verhüten, sprechen die
Tatsachen nicht dafür, daß diese Maßnahmen als Allheilmittel zu betrachten
sind. Dagegen spricht vor allem die Geschichte der Kalamitäten, dagegen
auch, daß die Kalamitäten sich in denjenigen Biotypen ereignen, deren so-
genannte „Schutzwirkung" im Sinne der Mischwaldtheorie eine ideale ge-
nannt werden muß."
Eine nur sehr untergeordnete Rolle spielen andere Vertcbraten: Hugo
Otto (1916) gibt an, daß in feuchten Wäldern die Grasfrösche an der Ver-
tilgung der zn'rida/m-Raupen sich beteiligt hätten. Nach Nördlinger hat die
Zauneidechse (Lacerta agilis L. ) in der Bretagne auf den Büschen sitzend Jagd nach
dem Eichenwickler gemacht, und Jordan hat einmal Eichhörnchen beob-
achtet, wie sie viridana-^VM^ftn aus den Verstecken hervorgeholt und gefressen haben
(Escherich F. Bd. I, 227).
Folgen des Fraßes, forstliche Bedeutung.
Die nächste Folge des Fraßes ist gewöhnlich eine Verfrühung des
Johannistriebes, der dann ungefähr 14 Tage vor dem regelmäßigen Zeit-
punkte eintritt. Da die Eiche sehr reproduktionskräftig ist, und da der Fraß
früh erfolgt, so schimmern an nicht zu alten Stämmen die Kronen zuerst im
äußersten Wipfel schon Ende Mai wieder grün, und prangen im Juni im
schönsten hellen, anfangs etwas rötelnden Frühjahrsgrün. Am meisten treiben
die Knospen des i — 2 jährigen Holzes und die Spitzenknospen der Maitriebe,
auch Blattachselknospen der letzteren, wenn sie recht kräftig sind. Dies neue
Grün bleibt oft bis zum Schneefall (Wiese 1861, 495). Feuchte Witterung
begünstigt das Wiedergrünen. In den Jahren, in welchen der Wickler nicht
massenhaft erscheint und die Bäume nur etwas durchfressen sind, leidet
wenigstens die Mast, wodurch die Verwaltungen, welche Saateicheln
brauchen, oft viele Jahre hintereinander in Verlegenheit kommen. Noch
größer ist die Beeinträchtigung der Mast natürlich bei Kahlfraß, und der
Ausfall wird namentlich dort empfindlich, wo sie eine wichtige Nebennutzung
bildet, also im Osten und Süden i).
1) Krichler (1890) berichtet aus Guadalupe in Spanien, daß fünf Jahre
hintereinander dort die Mast der immergrünen Eichen durch den Eichenwickler
vernichtet worden sei, so daß im Jahre 1889 ein räumdiger Bestand von 70000 alten
immergrünen Eichen, der normalerweise 1200 Schweine mästen konnte, nur für
120 Futter lieferte.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 17
258 II. Spezieller Teil.
Ein weiterer Verlust besteht in der Verringerung des Zuwachses.
Die Bäume werden, da durch die starke Ausbildung des Johannistriebes viel
Reservenahrung verbraucht wird, und überhaupt der ganze Ernährungsprozeß
abnorm verläuft, sehr erschöpft. Eichen, welche oft angegriffen werden und
nicht absterben, erreichen nie eine bedeutende Höhe, indem, wie namentlich
Ratzeburg genauer ausführt (F. II, S. 153 — 158), bedeutende Störungen
in der normalen Triebausbildung erfolgen. Allgemein wird ferner
hervorgehoben, daß infolge wiederholten Kahlfraßes oft Zweigspitzen
und Äste in den Kronen alter Eichen dürr werden und so eine
Rückbildung der Kronen erfolgt, die nach und nach ganz üble Mißgestalten
annehmen können (Volz 1926).
Ein Absterben der Bäume als direkte und alleinige Folge
des Wicklerfraßes ist nur selten beobachtet worden. Solches wird aus West-
falen einmal gelegentlich für einzelne Bäume in jüngerem Stangenholzalter
berichtet, ebenso aus dem Rheinland.
Dagegen spielt der Wickler als Glied in einer Kette schädigender Ein-
wirkungen in der Ätiologie des in der neueren Zeit in verschiedenen Gegen-
den (vor allem Westfalen) immer mehr um sich greifenden Eichen -
Sterbens zweifellos eine nicht unwesentliche Rolle. Falck (1920) unter-
scheidet für den Verlauf der tödlichen Eichenerkrankungen drei Phasen:
1. physiologische Schwächung (Durstperiode, Raupenfraß, Spät-
fröste usw.),
2. parasitäre Vorerkrankung (Mehltau, Buprestiden) und
3. parasitäre Enderkrankung (Rindenpilz, Hallimasch).
Wenn auch nicht alle diese Phasen überall festzustellen waren, so war doch
meist Wicklerfraß vorhanden.
Bezüglich der Bedeutung des Wicklerfraßes als dispositionsschaffend
für Mehltau macht Falck darauf aufmerksam, daß für gewöhnlich nur ein-
bis zweijährige Sämlinge und junge Loden durch den Eichenmehltau total
befallen und getötet werden, ältere Pflanzen dagegen nur dann, wenn sie sich
bei besonderer physiologischer Disposition, d. h. in geschwächtem Zustand
befinden. Ein solcher wird aber durch wiederholten Kahlfraß durch den
Wickler herbeigeführt, in besonders verstärktem Maß natürlich, wenn der
Fraß in Dürrjahre fällt. Die Annahme eines Zusammenhanges zwischen
Wicklerfraß und Mehltau scheint auch dadurch eine Bestätigung zu erfahren,
daß, wie Falck mehrfach feststellte, dem Grad des ersteren auch der Grad
der Pilzinfektion entsprach. Nach Baltz (1918) ist die 2. der Falckschen
Phasen, die parasitäre Vorerkrankung (Mehltau, Buprestiden) durchaus nicht
notwendig, um zur Enderkrankung zu führen; es kann diese (Hallimasch)
auch direkt auf den Wicklerfraß und Durstperioden folgen. Endlich kann aber
das Absterben auch schon in der 2. Phase erfolgen, wie Gasow speziell in
den auf besten und feuchtesten Böden stockenden Beständen zu beobachten
Gelegenheit hatte. Hier mußte der starke Wicklerfraß eine besonders tief-
greifende physiologische Wirkung auf die Bäume ausgeübt haben (vor allem
in dem Dürr jähr 1921); das Eichensterben trat ohne Dazukommen von
Mehltau als Folge von Buprestidenfraß ein. Wir haben demnach ver-
schiedene Wege, die zum Eichensterben führen, deren Ausgangspunkt aber
stets der Wicklerfraß ist, nämlich:
Wicklerfraß (bzw. Dürrjahre) — Mehltau (oder Buprestiden) — Halli-
masch oder Rindenpilz.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 259
Wicklerfraß (bzw. Dürrjahr) — Hallimasch.
Wicklerfraß (bzw. Dürrjahr) — Buprestiden.
Es braucht natürlich nicht immer der Wickler allein zu sein, der den
ersten Anstoß gibt, sehr häufig helfen andere Raupen beim Kahlfraß mit,
wie Goldafter, Schwammspinner i).
Welchen Umfang das Eichensterben infolge der angeführten Schädi-
gungen in Westfalen stellenweise angenommen hat, geht aus folgendem Bei-
spiel hervor: Im Gräflich von Stolbergschen Forstrevier Diersfordt (Wesel)
mußten in zusammen 3,04 ha 130 jährigem, frohwüchsigem, lichtem Eichen-
bestand wegen Absterbens ausgehauen werden:
1921: 90 Stämme mit Sa. 122 fm
1922: 54 „ ,, ,, 100 „
Sa. 144 Stämme mit Sa. 222 fm.
Geschichtliches-).
Übersicht über die wichtigsten Virida na-Kalamitäten in
Deutschland.
1744 Thüringen (Bechstein, 1805).
1798 Thüringen (Bechstein, 1805).
1826 — 1836 Magdeburger Eibforsten (Mey erinck, 1836).
1827 — 30 Hannover-Braunschweig.
1854 Pommern (Heß -Beck).
1856 Hessen.
1858 Odenwald (Gasow).
1858/59 Pommern (Wiese, 1861).
1862— 1864 Berliner Tiergarten (Israel, 1906, Wahnschaffe,
1864).
1867 — 69 Berliner Tiergarten (Israel, I.e.).
1869 — 72 Thüringen (Werneburg, 1873).
1880 — 90 2) Westfalen (Renne, 1890, Herwig, 1913, Gasow,
1925).
1884 Pommern (Allg. F. und Jagdztg. 1887. S. 68).
1888 Ganze westliche Hälfte Westfalens, durch das Ruhrtal
hinauf bis zu 1200 Fuß. (Forstl. Bl. 1889.)
1889 Hessen (Heß -Beck).
1889 Bayern (Heß -Beck).
1890 Pommern (Renne, 1890).
1890 Thüringen (Nitsche).
1891 Brandenburg (Heß -Beck).
1902 Schlesien (Eckstein, 1907).
1902 Hannover-Braunschweig (Eckstein, 1907).
1903 Posen (Eckstein, 1. c).
1) Oft sind es die letzteren allein, die den Kahlfraß bewirken und so den
Ausgangspunkt für die verschiedenen zum Eichensterben führenden Erkrankungen
bilden (s. hierüber Kliniesch, 1924).
") Bei der Bearbeitung der geschichtlichen Übersicht und vor allem der Ver-
breitungskarte fand ich weitgehende Unterstützung durch Herrn Dr. Gasow, wofür
ich auch an dieser Stelle danken möchte.
3; In Westfalen fand schon Dezennien vor 1875 starker Wicklerfraß statt.
17*
260
IL Spezieller Teil.
[903
1904
1904/05
1904 — 08
1905
1905
1905
1905
Das Jahr 1903: Beginn einer langjährigen Fraßperiode
im westlichen Teil Westfalens (Baum garten,
1912).
Ostpreußen und Westpreußen (Eckstein, I.e.).
Schlesien (Heß-Beck, Rockstroh, 1906).
Ostthüringen (Gasow).
Sachsen (Ende 1905).
Saarbrücken (Schneider, 1905).
Anhalt, Ballenstedt, Gernrode (Prediger, 1905).
Hessen-Nassau (Gasow).
Karte
Gradationskarte des Eichenwicklers: Schadgebiet und Jahresisothermen.
13
1905
1905
1906
1906
1906 — 12
1907
1907
1907
1908
1908
Württemberg, Herrenberger Revier (Volz, 1926).
Westfalen (D.F.Z. 1912, S. 835, Herwig, 1913).
Mackenzell bei Kassel (Eberts, 1906).
Gonsenheimer Wald bei Mainz (Schuster, 1906).
Rheingebiet von Koblenz bis Basel (Wild, 191 6).
Odertal (Schlesien) (Großer, 1908).
Wetterau, Hessen (Reh, 1907).
Brandenburg (Gasow).
Rheinpfalz (Lynker, 1908).
Geisenheim (Lüstner, 1909).
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
261
1908 Württemberg (Gasow).
191 5 Westfalen (Wolff).
1916 Rheinland-Westfalen (Otto, 1916, Eicke, 1916).
1916— 18 Hannover (s. Ritter).
191 8 Sachsen (Gasow).
1920 Südliches Oldenburg.
1920/21 Hannover-Braunschweig (s. Ritter).
1921 Ostpreußen, Schlesien (besonders in der Oderniede-
rung). Ferner Baden (Gengenbach) und Braun-
schweig (Lehre).
Karte 2.
Gradationskarte des Eichenwicklers: Schadgebiet und Jahresniederschlagsmenge.
1923—25
1923 — 26
1922 — 24
1924—27
1925
Württemberg, Herrenberger Revier (Volz, 1924).
Westfalen, Lippe (Baumgarten, 1924).
Hannover (Stotel), Brandenburg, Schlesien (Oppeln).
Bayern. Im Spessart teilweise Lichtfraß. In Mittel-
franken vielfach der reiche Blütenansatz durch
Kahlfraß vernichtet. Auch in Oberfranken stär-
kerer Fraß.
Zahlreiches Vorkommen, hauptsächlich im Nordwesten
und Westen. ,, Besonders hatten Hannover, Bremen,
Oldenburg und Teile von Westfalen und Rheinland
262 II. Spezieller Teil.
unter der Kalamität zu leiden. Vereinzelt starkes
Auftreten wurde südlich bis zur Donau, östlich bis
zur Oder beobachtet. Aus Hannover meldeten die
Kreise Bentheim, Weener, Diesholz und Northeim
fast völligen Kahlfraß. In Osnabrück und Lingen
wurden 70 — 80 0/0 der Eichen befallen. Über stär-
keren Kahlfraß berichteten die Kreise Celle, Fal-
lingbostel, Hameln, Lüneburg, Rotenburg und
Winsen. In Westfalen kam es in den Kreisen
Tecklenburg, Borken und im Landkreis Münster
zu erheblichem Fraß. Sogar im Sauerland, in bis-
her gemiedenen Stellen, hat der Wickler gefressen.
Auch aus dem Bergischen Land wurde zum großen
Teil Kahlfraß gemeldet, so besonders aus den
Kreisen Wipperfürth, Gummersbach, Waldbröl,
Altenkirchen und dem Landkreis Mülheim a. Rh.
Örtlich begrenzte Schäden mit teilweise erheblichem
Kahlfraß traten in Bismark (Kr. Stendal), Sarg-
stest (Kr. Halberstadt), Saalkreis, Querfurt, Werni-
gerode (in den Eichenwaldungen des Harzrandes),
Schleusingen, Neuhaldensleben, Genthin (Kr. Jeri-
chow II), Steinau (Kr. Schlüchtern) und in Ober-
hessen, ferner in Nenkersdorf, Swepnitz, Auerbach
i. V. und Oppitz (Freistaat Sachsen) und Schmölln
(Thüringen) zutage" (Goffart, 1927).
1927 Hessen-Nassau, Rheinprovinz Oldenburg vereinzelt.
(Nachrichtenblatt für D. Pfl. 1927, S. 82.)
1928 Auffallend stark in den Mittel- und Auewaldungen des
mittleren Rheintales, namentlich in der Gegend von
Offenburg. (Nachrichtenblatt f. D. Pflanzenschutz-
dienst 1928, S. 68.)
Viridana-Kalamitäten in außerdeutschen Ländern.
Der Engländer Rennie (1836) beschreibt einen Kahlfraß in Kent vom
Jahre 1827 und Nördlinger (1856) ein Massenvorkommen des Eichen-
wicklers in der Bretagne (1843 — 45)- Necola (1855) berichtet über einen
Kahlfraß an Eichen im Jahre 1854 auf vorzüglichem Eichenboden in Böhmen
(Domäne Pürglitz). In den 60 er Jahren ist der Eichenwickler wieder in
Frankreich und 1895 wieder in England in starker Massenvermehrung auf-
getreten (Girard, 1895, Barret 1896).
Koppen (1880) berichtet einiges über die Eichenwickler-Kalamitäten in
Rußland: an der Südküste der Krim 1853, 64 und 75 im Gouvernement
Lomza (1869 30 Deßjatinen völlig kahlgefressen), in den vierziger Jahren in
Kurland („wie verheerendes Wipfelfeuer"), auf der Insel Ösel und im
Gouvernement Tula.
In den Anfangsjahren unseres Jahrhunderts fand in Schweden im Tier-
garten zu Stockholm ein stärkerer Fraß statt, 1903 wieder in Frankreich, und
zwar zu gleicher Zeit in weit voneinander entfernten Gegenden (Henry,
1903). In den Eichenwäldern von Chassagne bei Orbe hat sich der Fraß
bis 1908 ausgedehnt (Barbey, 1906/07). Auch der Waadtländer Jura hatte
1. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 263
nach demselben Autor seit 1903 stark unter viridana-Yra.ü zu leiden, der sich
gleichzeitig über Savoyen ausdehnte. Auch in Belgien trat 1904 eine all-
gemeine Vermehrung ein, die 1905 ihren Höhepunkt erreichte (Poskin,
1905). Um die gleiche Zeit hat auch England wieder schwere Kalamitäten
erlebt, die die Landwirtschaftsgesellschaft Großbritanniens veranlaßte, einen
Preis für die Bekämpfung auszusetzen.
In Italien machten sich nach Cecconi größere Schäden erst seit dem
Jahre 191 1 bemerkbar, und zwar in den Provinzen Venedig, Piemont, Tos-
cana, Emilie und auch in den südlichen Teilen des Landes. Vielfach führte
der Fraß zum Absterben von kleineren und größeren Beständen, so z. B. in
der Provinz Venedig, wo von 700 befallenen Hektar ca. 350 abstarben (in-
folge LIinzutretens sekundärer Schädigungen, wie Chermes roboris, Mehl-
tau usw.). In den Jahren 1915/16 trat der Eichenwickler im Osten Frank-
reichs „als furchtbare Geißel der Eichenwälder auf", wo er große Ver-
wüstungen anrichtete. Endlich weiß 1919 Sedlaczek über ein starkes
F/>/^(?//«- Auftreten in der Wiener Gegend zu berichten.
Bekämpfung.
Die Erkenntnis, daß der Eichenwickler in der Ätiologie des Eichen-
sterbens eine wesentliche Rolle spielt (insofern, als sein Fraß zur Grundlage
weiterer Erkrankungen werden kann), führt uns dazu, heute den Eichen-
wickler unter die schlimmen forstlichen Großschädlinge ein-
zureihen und dementsprechend uns auch mit den Bekämpfungs maß-
nahmen einzustellen, d. h. mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln,
soweit sie wirtschaftlich tragbar, gegen den Schädling vorzugehen.
Zur Erzielung einer größeren Widerstandsfähigkeit der Eichenbestände
schlägt G a s o w die Aufzucht gemischter Bestände vor, wie sie ja
auch gegen andere Schädlinge heute allgemein gefordert werden. „Vielleicht
ist es auch möglich, stellenweise systematisch nur eine Verjüngung der am
spätesten austreibenden Eichen (eventuell Traubeneichen) zu begünstigen."
Daß in Eichenwicklergegenden durch weitgehendsten Vogelschutz
zur Vorbeugung beizutragen ist, braucht kaum besonders betont zu werden.
Bei bedrohlichem Auftreten wird man heute aber nicht zögern dürfen,
zur chemischen Bekämpfung zu greifen und die befallenen Eichen-
bestände mit einem gebräuchlichen Arsenpräparat zu bestäuben, sei es vom
Flugzeug aus, sei es vom Boden aus mit Hilfe eines Motorverstäubers. Eine
über ca. 1900 ha sich erstreckende „Flugzeugbekämpfung" wurde im Jahre
1926 in den Oberförstereien Haste und Bischofswalde ausgeführt, und zwar
durch die Firma Güttier (Hamburg), die das 400/oige Kalziumarseniat-
präparat Silesia dazu verwandte. Krieg (1927) gibt über diese Bekämp-
fungsaktion eine anschauliche Schilderung, aus der einige Stellen wieder-
gegeben seien:
„Am Abend des 7. und am Vormittag des 8. Mai wurden über 100 ha der
Försterei Hödingen (Bischofswald) behandelt. Auf den Hektar kamen hier bei
diesen sowie den folgenden Behandlungen ca. 20 kg eines Kalziumarsenpräparates
mit einem Mindestgehalt von 700/0 Trikalziumarseniat, das sind 40 0/0 Arsensäure
oder 240/0 Arsen. In der Zeit bis zum 9. schwankte die Temperatur zwischen 2,4
und 14,60 C. Vom 9. auf 10. fiel ein stärkerer Regen, der das Gift fast völlig
von den Bäumen abwusch. Kontrollen am 10. und 11. ergaben in den behandelten
Parzellen gegen 800/0 tote z7>/ö^^;/ß-Raupen in den Wickeln (aus 163 Wickeln; die
Zahl der tot zu Boden gefallenen Tiere war nur gering, wie aus den Zählungen auf
2\U
II. Spezieller Teil.
untergelegten Papieren hervorging, und betrug höchstens wenige Prozent). In den
Randgebieten der befallenen Zonen verringerte sich der Prozentsatz der toten
Raupen zusehends, während in den unbehandelten Gebieten keine toten in den
Wickeln gefunden wurden. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu meinen eigenen
Beobachtungen des Vorjahres in Sorau. Dort war die Wirkung gegen die Wickler-
raupen nach zweitägigem Liegen des Giftes eine vollkommene. Allerdings war die
Temperatur hier 25— 30" C und die Raupen, die fast ausgewachsen waren, in
stärkster Fraßtätigkeit. In Hödingen dagegen saßen die Raupen (2. — 3. Häutungs-
stadien l bei der Kälte ruhig in ihren Wickeln und fraßen wenig oder gar nicht.
Die wenige Nahrung entnahmen sie zudem noch dem Innern des Wickels, das von
dem Gift nicht oder kaum getroffen war. Es ist ferner anzunehmen, daß sich die
Häutung der Raupe bei kühlerer Temperatur länger hinzieht und dadurch der
Schädling längere Zeit nicht zum Fressen kommt. Die niedergehenden Regen
machten eine längere Einwirkung unmöglich. Bei Versuchen in Gläsern unter den
selben Temperaturverhältnissen blieben von den eingesetzten Tieren ebenfalls
10 — 200/0 am Leben, wenn man die Räupchen in den bestäubten Wickeln beließ und
nach drei Tagen in frisches, unbehandeltes Laub setzte.
Die Arbeiten wurden am 14. fortgesetzt. Der Erfolg vergrößerte sich mit
steigernder Temperatur. So betrug die Abtötung in dem Revier Bischofswald schon
nahezu looo/o. Der Kotfall, der hier vor der Behandlung zwischen 0,25 und 1,25 ccm
pro Quadratmeter geschwankt hatte, ging auf V4> ^/ö' V» Vis und sogar Vino zurück,
während er in den unbehandelten Teilen in derselben Zeit auf das Vier- bis Zehn-
fache stieg.
In Haste entfalteten die Raupen vor dem Beginn der Bestreuung eine lebhafte
Fraßtätigkeit, nur in den kühlen Morgenstunden hörten Fraß und Kotfall auf. Der
Kot bedeckte Pirschpfade und Wege. Die Behandlung fand hier zwischen dem 22.
und 31. Mai und am 7. Juni statt. Die Temperatur schwankte zwischen 5,5 und
Abb.
216 A. Mit Calciumarseniat (mit Motorverstäuber) bestäubter Eichenwald, vol
kommen begrünt. Nach Gasow.
Unterordnung: ]\Iicrolepidoptera, Familie Tortricidae. 265
Abb. 216 B. Nicht behandelter, von T. viridana L. kahlgefressener Eichenwald. Nach
Gaso w.
21,5 Grad und war meist hoch. Mindestens alle zwei Tage gingen Regengüsse nieder,
oft wurde das Mittel schon nach einigen Stunden abgewaschen. Trotzdem war der
Erfolg ein guter. Es zeigte sich hier, daß bei genügender Wärme eine volle Wirkung
eintritt, selbst wenn das Mittel nicht länger als einen Tag liegen bleibt. Schon in
den ersten Tagen nach der Behandlung ließ der Kotfall deutlich nach und hörte
nach 2 — 3 Tagen gänzlich auf. In den bestäubten Gebieten gingen die Raupen sämt-
lich ein, während sie sich in den unbehandelten Gebieten normal entwickelten und
ihr Zerstörungswerk fortsetzten.
Bei Versuchen in Gläsern zeigte sich hier, daß die Tiere in normal bestäubten
Wickeln unter Freilandtemperatur sämtlich eingingen, selbst wenn man sie nach
drei Tagen an unbehandeltes Futter setzte. Auch von Bischofswald mitgebrachte
Tiere verhielten sich ebenso. Die Kontrolltiere dagegen entwickelten sich größten-
teils schnellstens, verpuppten sich und lieferten normale Schmetterlinge.
Es war für den vollen Erfolg natürlich von größter Wichtigkeit, daß die
Arbeiten trotz ungünstiger Witterung beendet werden konnten, ehe die Verpuppung
begann. Nur in kleinen Teilen des Reviers Auhagen kam ein geringer Prozentsatz
der Raupen zur Verpuppung."
Allerdings ist darauf zu achten, daß die Bestäubung bei hinreichender
Wärme, am besten bei 15 0 und mehr auszuführen ist, da nur dann die
Raupen eine lebhafte Fraßtätigkeit entfalten und in kurzer Zeit dem Gift
zum Opfer fallen.
Infolge der unerwünschten Nebenwirkung der 400/oigen Präparate auf
warmblütige Tiere aller Art (Rehe, Hasen, Kaninchen, Vieh usw.) verwendet
man, wie oben schon gesagt, heute nur noch schwächere Präparate, die nach
Gaso WS Versuchen ebenfalls sehr rasch tödlich auf die Eichenwickler-
raupen wirken.
266
II. Spezieller Teil.
G a s o w (1926) hat mit einem 140 eigen Calciumarseniatpräparat
(Stoltzenberg) gearbeitet, das von unten mit einem Motorverstäuber ver-
stäubt wurde. Der Erfolg war ein augenfälliger: Nach zwei Wochen wurde
festgestellt, daß der bestäubte Teil des Bestandes (70— 80 jährige, durch-
schnittlich 20 m hohe Eichen) sich begrünt hatte, während der unbestäubte
kahlgefressen wurde und erst durch den Johannistrieb zur Begrünung ge-
langte." „Das sich darbietende Bild (Abb. 216A. u. B) erregte bei einer Be-
sichtigung und Vorführung des Motorverstäubers vor zahlreichen Wald-
besitzern und Sachverständigen großes Aufsehen und lebhaftes Interesse."
Neben der Bekämpfung der Raupen hat Gasow auch eine Winter-
bekämpfung der Eier durch Bespritzen mit verschiedenen Spritz-
mitteln in Betracht gezogen. Wenn dabei auch mit verschiedenen Mitteln, wie
Antisual und dem wasserlöslichen Baumkarbolineum Florium (10 Teile der
Ausgangslösung auf 100 Teile des spritzfertigen Mittels), gute Erfolge er-
zielt wurden, so dürfte diese Bekämpfungsart in der großen Praxis nicht in
Frage kommen bzw. der Bestäubung gegen die Raupen wirtschaftlich weit
unterlegen sein.
Tortrix loefflingiana L.
Taf. II, Fig. 10.
Falter: Vorderflügel heller oder dunkler ockergelb bis hellgelb, mehr oder
weniger reichlich fein braun quergerieselt, besonders im Saumfeld. In der Zeich-
nung sehr variabel. Gewöhnlich mehrere dunkel-
braune Schräglinien, von denen die basale nur
schmal und kurz, die beiden anderen viel breiter
sind (Abb. 217). Die var. ectypana Hb. entbehrt
diese dunklen Zeichnungen bis auf einige Quer-
wellen. Spannweite 14 — 18 mm.
Raupe (Abb. 218 A) blaßgrün bis bräunlich-
grün, Kopf, Nackenschild und Warzen, die etwas
größer sind als bei viridana L., schwarz. Länge
erwachsen 8 mm.
Puppe ziegelrot, am Kopf und Thorax ins
bräunliche gehend. Hinterleibssegmente mit feinen
Borsten und Dornen (Abb. 218 B). Länge 6,5
bis 7 mm.
Eier (Abb. 218 C) elliptisch, flach, gelb. Länge 0,8, Breite 0,65 (Silvestri).
Die über Mittel- und Südeuropa, Livland, Schweden, den Kaukasus und
Kleinasien verbreitete Art wurde von Silvestri (1923) in Italien als Eichen-
Abb. 217.
Tortrix loefjtingiana L. 2 V2 X
B C
Abb. 218. Tortrix loefflingiana L. A einzelne Raupensegmente (I _Pro- und Meso-
thorax, II 3., III 8. — 10. Abdominalsegment), B Puppe,
Silvestri.
C ein Eigelege. Nach
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 267
Schädling beobachtet und eingehend beschrieben nach seinen Entwicklungs-
stadien, seiner Bionomie usw.
Der Falter fliegt von Juni bis August, legt seine Eier an die Rinde
kleiner Zweige und bedeckt sie mit Detritus, mit Schuppen, jedoch nicht so
vollständig wie bei viridafia. Die Raupe lebt in zusammengesponnenen und
gerollten Blättern (Mai — Juni).
Befallen werden verschiedene Eichenarten. Bei starker Vermehrung
kann es zu Kahlfraß kommen; Silvestri vermutet, daß mancher Kahlfraß
von loefflingiana auf viridana geschoben wird. Da loefflingiana auch bei
uns nicht selten vorkommt, sei auf diese Form aufmerksam gemacht. Siehe
auch Cacoecia xylosteana L. (S. 224).
Tortrix viburniana Schiff.
Taf. II, Fig. II.
Falter: Die Vorderflügel des cf breiter als die des 9, Costa gleichmäßig
gebogen, Saum wenig schräg; Vorderflügel des Q schmäler, Costa geschwungen,
Saum viel schräger. Färbung der Vor-
derflügel beim cf lehmgelblich bis
dunkelgrau, mit dunkleren (braunen
oder rostfarbigen; Wellenlinien, mit-
unter auch noch mit dunklerem Schräg-
band und verdunkelter Flügelspitze.
Beim o Vorderflügel lebhafter ocker-
gelb bis zimtbraun, im Mittelteil auf-
gehellt; Wellenlinien können ganz
fehlen, können aber auch kräftig ent- ^
wickelt sein. Schrägbinde bald komplett,
bald nur bis zur Hälfte reichend.
Hinterflügel grau, Fransen heller. Abb. 219. Tortrix viburniana Schiff.
Raupe dunkel blaugrau oder oliv- 272 X-
grün, seitlich gelblich mit hellen Börst-
chen, Kopf hellbraun, hinten fein schwarz gerandet, Nackenschild von Körperfarbe
mit feinen, schwarzen Punkten, Analschild gelblich, schwarz gestrichelt.
Puppe am Hinterrand der Hinterleibssegmente mit auffallend langen Haaren.
Die für gewöhnlich an Heidekräutern (Vaccinium, Calltma, Atidrotneda,
Lediim, Lysimachia usw.) lebende Raupe geht zuweilen auch Koniferen an.
Den ersten Fall in dieser Beziehung teilt Ratzeburg (1861) mit: Im
Danziger Regierungsbezirk, und zwar im Revier Darszlub, trat im Jahre 1856
der genannte Wickler i) sehr häufig auf einer ca. 50 Morgen großen Scho-
nung an den Maitrieben der Kiefern auf. „Letztere waren von der
Raupe auf die sonderbarste Weise versponnen, zopfförmig, d. h. die Quirl-
triebe waren mit dem Kronentrieb zu einer Masse, einem langen Federbusch
ähnlich, verklebt, und in diesem Gewirr von Nadeln lebte die Raupe. Gegen
Ende Juli gab es noch Raupen, jedoch auch schon Puppen. Die Schmetter-
linge flogen etwa in der Mitte des Juli." „Im nächsten Jahr wurde das
Insekt nicht mehr bemerkt; die Maitriebe blieben verbogen, hatten sich sonst
aber entwickelt."
Später, in den 70 er Jahren (1876— 1880), wurde noch einmal ein Massen-
auftreten von viburniana an Koniferen beobachtet, und zwar in den forst-
1) Die Falter waren von Zeller bestimmt, so daß an der Richtigkeit der
Bestimmung nicht zu zweifeln ist.
268 II. Spezieller Teil.
liehen Baumschulen der südlichsten Küstendistrikte Norwegens. Befallen
wurden hier junge Fichten und Kiefernpflanzen (Pinus sylvestris und mon-
ta?ia) und auch Lärchen. Die Raupen gingen vom Heidekraut auf die
Koniferen über, an deren Jahrestrieben sie sowohl die Nadeln, als teilweise
auch die zarte Rinde verzehrten. Außerdem „scheinen sie gleichzeitig auch
verschiedene Laubbäume angegangen zu haben." (Schöyen 1893).
Tortrix wahlbomiana L.
Taf. II, Fig. 12.
Falter (Abb. 220) in Größe, Flügelschnitt und Zeichnung ungeheuer variabel.
Grundfarbe von weiß bis dunkelgrau und bräunlichgrau. Zeichnungen mehr oder
weniger abstechend, schärfer oder \er-
schwommen, hellbräunlich bis schwärzlich,
mehr oder weniger mit schwarzen Punkten
durchsetzt. Spannweite 16 — 23 mm.
Raupe gleichfalls stark abändernd,
weißlich, weißgrün, grasgrün, oliv,
schwarzgrün; die helleren Formen auch
auf den einzelnen Segmenten schwärzlich
bewölkt. Wärzchen kräftig, schwarz, der
Kopf hellbraun, Nackenschild bei heller
Körperfarbe gelblich, braun gefleckt oder
Abb. 220. Tor/rixwaMboniiana L. gesäumt, bis ganz schwarzbraun, fein weiß
' * geteilt. Analschild von Körperfarbe bis
schwarzbraun. Die Raupe hat die für Wickler seltene Gewohnheit, sich bei Be-
rührung zusainmenzurollen.
Diese weitverbreitete und nirgends seltene Art wurde von Ratzeburg
(1861) in die Forstentomologie eingeführt auf Grund einer Mitteilung, wo-
nach die Raupen in der Gegend von Karlsbad einen Fraß an „Hänge-
buchen" verursacht haben. In seinen „Waldverderbern" führt er zvahl-
bomiana als Birkenfeind an. Für gewöhnlich lebt die Raupe an den ver-
schiedensten niedern Pflanzen i).
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Kiefernpflanzen zugesandt, deren Nadeln versponnen und deren Triebe zum Teil
ausgefressen waren. Wir dachten zunächst an Tortrix politana Hw., doch stimmte
hiermit weder die Jahreszeit, noch auch das Fraßbild überein. Die wenigen aus-
gekommenen Weibchen ließen uns dann auch erkennen, daß hier ein anderer Wickler
tätig war, nämlich höchstwahrscheinlich Tortrix ivatilbomiana L. Bei der großen
Variabilität der Flügelzeichnung dieser Art ist jedoch eine sichere Bestimmung nur
durch Untersuchung der männlichen Genitalien möglich, die aber leider in diesem
Fall aus Mangel an Männchen nicht ausgeführt werden konnte. Es ist daher auch
möglich, daß es sich um die nahverwandte incertana Tr., die auch stark polyphag
und allenthalben recht häufig ist, handelte.
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2. Unterfamilie: Phaloniinae.
Die 2. Unterfamilie der Tortriciden, Phaloniinae, ist dadurch charakte-
risiert, daß in den Vorderflügeln die Analis fehlt und cu^ an oder hinter
3/4 der Mittelzelle entspringt (Abb. 181 B, S. 215). Im Hinterflügel cu ober-
seits ohne Haarkamm. In der Ruhe liegen die Flügel steil dachförmig, den
Körper umgebend.
Die Raupen leben fast ausnahmslos im Innern von Pflanzenteilen.
Die Unterfamilie der Phaloniinen stellt eine kleine Gruppe dar mit nur
wenig Gattungen. Keine der hierzu gehörenden Gattungen hat bis jetzt forst-
lich eine Bedeutung erlangt. Dagegen rechnet eine Art, Clysia ambiguella
Hb., zu den schlimmsten landwirtschaftlichen Großschädlingen („Heu- und
Sauerwurm" der Winzer). Siehe Stellwaag, Die Weinbauinsekten der
Kulturländer, 1928.
3. Unterfamilie: Epibleminae.
In der Unterfamilie der Epibleminae sind alle jene Wickler vereinigt,
bei denen auf den Hinterflügeln der Zeilhinterrand auf der Ober-
272
II. Spezieller Teil.
Seite mit straffen Härchen besetzt ist (Abb. 221). — Auf den
Vorderflügeln entspringt Ader ciu vor (basalwärts) ^'^ der Mittelzelle, Ader
an saumwärts deutlich ausgebildet.
Eine sehr umfangreiche Unterfamilie, deren Einteilung in Gattungen
wegen des gleichmäßigen Habitus und der oft innerhalb einer Art wechseln-
den Aderung der Flügel sehr schwierig ist. Eine sehr weitverbreitete Zeich-
nung ist der sog. „Spiegel", ein oft von glänzenden Linien umsäumter heller
Fleck über dem Analwinkel der Vorderflügel mit schwarzen Längsstricheln
oder Punkten, ferner die Costalhäkchen, dunkle Strichel in der 2. Hälfte
der Costa usw.
Abb. 221. Hinterflügel einer Epibleminc,
Basis des Zellenhinterrandes mit straffen
Härchen besetzt. Nach Hering.
A B
Abb. 222. A Kopf und Thorax (Seiten-
ansicht), B Flügelgeäder von Evetria
buoliatia Schiff. (Vfl m^ und m^ auf
einem Punkt, Hfl rr und m-^ dicht bei-
sammen entspringend, m^ und cu^^ ge-
stielt. NachKennel.
Gattung Evetria Hb.
Syn. Relinia Gu. — Rhyacionia Hb. (in der amerikanisch-englischen Literatur).
Das Hauptmerkmal dieser Gattung liegt darin, daß auf den Vorder-
flügeln Ader m^ und m^ auf einem Punkt entspringen. Dabei liegt ihr Ur-
sprung ganz nahe an der oberen Ecke der Mittelzelle, und die Wurzel von
cu^ liegt nahe dabei. Auf den Hinterflügeln entspringen Ader rr und m^
dicht beisammen, manchmal gestielt; m^ und cu^ gestielt (Abb. 222 B).
Antennen des cT kurz gewimpert, Palpen mäßig lang, gerade vor-
gestreckt, Thorax glatt oder geschöpft. Saum der Vorderflügel schräg, nicht
geschwungen.
Mehr noch als durch morphologische Merkmale der Imagines wird die
Gattung durch die Lebensweise der Raupen zusammengehalten. „Diese er-
nähren sich ausnahmslos von Früchten, Knospen, Trieben oder Bast von
Nadelhölzern und bedingen daselbst Verkrümmungen, Verkümmerung, Harz-
ausflüsse; sie überwintern meist als Raupe, seltener als Puppe, einzelne meh-
rere Male und verpuppen sich gewöhnlich in ihrer Fraßstelle" (Kennel).
Die Gattung ist hauptsächlich in Europa vertreten, in einigen Arten
auch weit in den Osten (bis Japan) verbreitet. Neuerdings ist eine Art nach
Amerika verschleppt und hat sich dort akklimatisiert.
Alle europäischen Arten haben forstentomologisches Interesse; größere
wirtschaftliche Bedeutung haben jedoch bis jetzt nur 4 Arten erlangt:
duplana Hb., turionana Hb., buoUana Schiff, und resinella L.
Escherich, Forstiiisckteii. 111. Bd.
Tajtl 111
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77
Kennelidel.
Tortriciden II
1 Evetria duplana //6. &. 2 E. turionana Hb. cf- :^ E. buolinna S,///;^-. Q. 4 E. sylvestrana Curt. Q,
5 E. posticana Ztt. ^'. 6 E. pinivorana ;?//. d- " E. retiferana H'oc/je Q.. 8 E. margarotana H. S. C,,
9 E. resinella L. 10 Ar2;vi-oploce herzvniana 7>. c?. 11 Cymolomia hartigiana ci . 12 Semasia rufimi-
trana H. S. rf. 13 S^ ratzebargrianä (Sax) i?/s&. Q. U S. nanana Tr. &. lo S. diniara rw/. cj.
16 S. vacciniana ZU. Q. 17 S. subsequana Htv. d- 1^ Asthenia pygmacana Hb. d- \ ergr. 2' 2mal.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
273
Evetria duplana Hb.
K i e f e r n t r i e b w i c k 1 e r , K i e f e r n q u i r 1 w i c k 1 e r.
Taf. III, Fig. I.
Ratzeburg: Tori rix (Coccyx) duplana Hb. — Altum: Retinia duplana Hb. —
Nitsche: Torlrix (Relinia) duplana Hb. — Nüßlin-Rhumbler : Grapholita (Evetria)
duplana. — Wolff-Krauße: Evetria duplana Hb.
Falter; Kopf, Fühler, Brust und Hinterleib braungrau. Vorderflügel sehr
gestreckt mit schrägem Saumrande, dunkelbraun-grau mit einigen Bleizeichnungen
im Wurzelfelde. Letzteres durch eine breite, weißgraue Doppelbinde saumwärts be-
grenzt, dahinter eine weitere, in der Mitte winklig vorspringende, doppelte Mittel-
binde. Flügelspitze rostgelb angeflogen und dadurch meist bei ganz guter Aus-
prägung eine dritte in den Innenwinkel verlaufende Doppelbinde, sowie eine vierte
die Mitte des Saumes vom Vorderrande auslaufende weißgraue Binde völlig ver-
löscht. Fransen grau mit dunkler Teilungslinie. Hinterflügel braungrau mit helleren,
dunkel geteilten Fransen. Spannweite 15 mm.
Raupe hellgelbbraun, wachsfarben, oft etwas rötlich durchscheinend, Kopf
dunkelbraun, Nackenschild blasser braun. Länge 9 mm.
Puppe in den ersten Wochen hellgelbbraun, später dunkler, durch lange
Flügelscheiden, einen langen Stirnzapfen und die sehr langen Hakenborsten des
stark bedornten Afterringes ausgezeichnet (Abb. 2241.
Abb. 223. Evetria duplana Hb.
I Kieferntriebwickler).
2'/3X.
Abb. 224. Puppe von Ev. duplana Hb.
Ventralseite (links Hinterende stärker ver-
größert). Nach Ratzeburg.
Der über Spanien, Frankreich, Mitteleuropa, Skandinavien, Westrußland
bis Japan und Nordamerika (eingeschleppt!) verbreitete Wickler hat als
Wirtspflanze ausschließlich die Kiefer. Er tritt in Kiefernkulturen oft
recht häufig auf, durch den Triebfraß der Raupe empfindlichen Schaden
\ erursachend. Er hat daher schon seit langem die Beachtung von selten der
Forstentomologen und Entomobiologen gefunden; in neuerer Zeit haben sich
besonders Baer (1909) und Thomann (191 4) mit ihm beschäftigt.
Die Bionomie bedarf noch mancher Klärung. Die Bioformel ist:
34 — 47
7,4 + 34
Der Falter fliegt am zeitigsten von seinen Verwandten,
nämlich schon im März, April. ,,Kaum daß ausgangs Winter die ersten
warmen Föhnstürme mit den letzten Schneeresten aufräumen, beginnt es sich
in den jungen Kiefernbeständen zu regen. Aus grauweißen, etwa weizen-
kornlangen, ovalen Gespinsten, gut versteckt in den Astwinkeln oder ein-
gesponnen in den von der Raupe im Vorsommer ausgefressenen und nun
Eseherich, Forstinsekten, Bd. III. 18
274 II. Spezieller Teil.
abgestorbenen Zweigstücken, entwickelt sich der zarte, schmalflügelige Falter.
Tagsüber an Stämmen, Zweigen und Knospen sitzend und durch sein grau
und rotbraun gestreiftes Kleid hier vortrefflich geschützt, verläßt das Tier
seinen Standort erst kurze Zeit vor Sonnenuntergang" (Thomann, 191 4).
„Das Weibchen legt seine Eier zweifelsohne zwischen die Deck-
schuppen an die Spitze der Winterknospen, denn die jungen Raupen findet
man stets im Endteil der jungen Triebe, die sich bis zum Schlüpfen der
Raupen aus den Knospen entwickelt haben. Die ersten Fraßspuren sind in
der zweiten Hälfte Mai wahrzunehmen, die Hauptfraßzeit ist der Monat
Juni." Die Raupen fressen von der Triebspitze gegen die Basis,
also abwärts, und zwar in der Weise, daß im Innern der Zweige nur die
Gefäßstränge übrig bleiben. Der ausgefressene Endteil trocknet rasch ein,
verfärbt sich, wird sehr brüchig und hinfällig, neigt sich zur Seite, um sich
endlich umzubiegen und herunterzuknicken. Zur Fraßzeit der Raupe sind
die Triebe im stärksten Wachstum begriffen, sie haben meist eine Länge
zwischen 10 und 20 cm, ihr Gewebe ist noch weich und nährstoffreich.
Da die Raupe von der Spitze her abwärts frißt, steht ihr stets frische
Nahrung zur Verfügung. Sie entwickelt sich demgemäß sehr rasch. Von
Mitte Juni an ist sie erwachsen (Thomann). Der Fraß einer Raupe be-
schränkt sich nicht auf einen Trieb, sondern sie wandert, wenn sie einen
Trieb ausgehöhlt hat, sofort zu einem neuen Trieb, um dort den gleichen Fraß
zu machen. So werden also von einer Raupe mehrere Triebe zerstört. Nach
Thomann sollen übrigens gewöhnlich mehrere Raupen (2 — 4) gleichzeitig
in einem Trieb fressen.
„Zur Puppe selbst verwandelt sich die Raupe erst nach mehreren Wochen
(Ende Juni, Anfang Juli), und bis zum Herbst bildet sich der Schmetterling
darin vollständig aus. Farbe und Zeichnung der Flügel sind durch die hell-
braune Puppenhülle hindurch bereits deutlich sichtbar. Das Tierchen sprengt
seine Puppe erst nach überstandener Winterszeit, wo die lauen Märzwinde es.
zu neuem Leben erwecken."
Die Verpuppung findet, wie schon bemerkt, in einem grauweißen
Kokon statt, am Fraßort in den ausgefressenen und abgestorbenen Zweig-
stücken oder in Astwinkeln (Nitsche, Thomann), an der ,, schon ver-
holzten Basis eines ziemlich starken Seitentriebes" (Ratzeburg); nach
Nüßlin meist nahe der Basis der Fraßpflanze. Die Puppe überwintert und
gibt im April oder schon Ende März den Falter.
Bevorzugt werden 2 — 6 jährige Pflanzen, „besonders kränkelnde oder
frisch umgepflanzte" (Ratzeburg, F. 210). AI tum (F. 184) traf die Falter
am häufigsten in „lückigen bis 10 jährigen Kulturen", wesentlich seltener in
Schonungen. Nach Joly (1906) traten sie im westfälischen Münsterland haupt-
sächlich ,,in solchen Kiefernkulturen und -dickungen auf, welche auf früheren
Acker- und Ödländereien angelegt worden waren und isoliert inmitten der
Felder lagen. In derartigen Kulturen, welche anfangs sehr üppigen und
schlanken Wuchs gezeigt hatten, fand sich kaum eine einzige verschonte
Kiefer."
Nach Thomann tritt di/ plana „nester- oder kolonieartig" auf, was dar-
auf hindeute, daß ,,die zarten Falter keine geübten Flieger sind und daß ihre
Eiablage mit Vorliebe in nächster Umgebung ihrer Geburtsstätte stattfindet.
Man beobachtet denn auch, daß die gleichen Pflanzen oft jahrelang von der
Art heimgesucht werden."
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 275
Die Erkennung des vollendeten Fraßes ist nicht schwierig: Gewöhn-
lich hängt das Ende des jungen Maitriebes, dessen Nadeln kaum aus den
Scheiden hervorgebrochen sind, welk und gebräunt herab, während der
basale Teil der Triebe samt seinen Nadeln in bester Entwicklung begriffen
ist (Abb. 225 A). Dazu kommt, daß die Achse des welken Endteiles aus-
gehöhlt ist. Allerdings können auch noch durch andere Ursachen Bilder
hervorgerufen werden, die dem ä/fplaua-FraßhUd wenigstens äußerlich
ähneln, worauf Baer (1909) aufmerksam gemacht hat: So durch Hagel -
schlag; hier ist auf das Fehlen des Achsenfraßes und anderweitige Hagel-
spuren zu achten (Abb. 225 B u. C). Ferner durch den Fraß von Cacoecia
A B C
junger Kieferntrieb von E. dupliDia Hb. befalleii.
Abb. 225. A junger Kieferntrieb von E.diiplana Hb. befallen. B und C (zum Ver-
gleich) durch Hagelschlag verletzte Kieferntriebe. Nach Baer.
piceana (s. oben, S. 225); hier kommt differentialdiagnostisch vor allem
der Umstand in Betracht, daß der piceana-Yx'dL^ zum Teil auch äußerlich an
den Nadeln und der Triebrinde stattfindet. Endlich kann ausnahmsweise
auch der Fraß von biioliana ähnliche Bilder erzeugen, doch führt in diesen
Fällen ein Kanal von der Knickungsstelle aus (nicht von oben her)
in das Triebinnere. (Für gewöhnlich findet der biioUaiin-Yx?i^ an der Basis
des Triebes statt, so daß die Unterscheidung von diiplana keine Schwierig-
keiten macht (s. unten, S. 292).
Wird ein und dieselbe Pflanze des öfteren befallen, so sehen sie wie
,, durch Ziegen oder andere Wiederkäuer verbissen aus. An Stelle der zer-
störten Leittriebe bildet die Pflanze im folgenden Jahr einen ganzen Büschel
gleichartiger Zweige, die in der Regel wieder befallen werden. So schreitet
18*
276
IL Spezieller Teil.
der Prozeß der Schädigung und Reaktion der Pflanze durch Vervielfältigung
ihrer Triebe immer weiter, bis die Föhre schließlich ein krüppelhaftes,
Aussehen erhält (Abb. 226) und, sofern der Befall fortdauert, die Pflanze
von der Spitze her abzusterben beginnt (Thomann).
Duplaua ist zweifellos häufiger und schädlicher, als man
früher angenommen hat.
AI tum nennt sie nächst
biioliana die häufigste Art
auf den Kiefernkulturen
Norddeutschlands. Nach
Eckstein (1906) trat sie
1906 in weiter Verbrei-
tung von Ostpreußen bis
Sachsen, Schlesien, auch
in Westpreußen und
Polen auf; nach J o 1 y
(1925) in der gleichen
Zeit in den Kiefern-
gegenden des westfäli-
schen Münsterlandes, wo
sie sehr erhebliche Schä-
digungen anrichtete, und
nach N ü ß 1 i n ist sie
auch in Baden ,,in ein-
zelnen Jahren wohl die
schädlichstej£"^'e//-/«-Art".
,,Im Anfang der 80 er
Jahre trat sie mehrere
Jahre hindurch gemein
und sehr schädlich an
jungen Kulturen auf, so
daß ständig Ausbesse-
rungen nötig wurden und
einzelne Kulturen nur
langsam in die Höhe
kamen." Auch in der
. T'- r • r 1 , 1 I j T. r 11 Schwciz ist sic vcrschie-
Abb. 226. Kielerngipiel, durch andauernden Belail von , ,. , , i^-ji- -u
Evelria duplaita Hb. im Absterben begriffen. Nach dentlicli recht scüadiicn
Thomann. geworden (Thomann,
1914).
Als Gegenmittel kann zeitiges Abbrechen und Vernichten der befallenen
Triebe, Mitte bis Ende Mai, empfohlen werden.
Evetria turionana Hb.
Kiefernknospen Wickler.
Taf. II, Fig. 2.
Ratzeburg: Tortrix (Coccyx) turionana L. — Altum: Retinia turionana Hb. —
Nitsche: Grapholita (Evetria) turionana Hb. — Wolff-Krauße: Evetria turio-
nana Hb.
Falter: Kopf und Fühler gelbbraun, desgleichen die Brust. Grundfarbe der
Vorderflügel braungelb, im Saumfelde rostgelb, in der Wurzelhälfte mit vielen blei-
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
277
grauen, unregelmäßigen Querwellen durchzogen, so daß hier mitunter die Grund-
farbe stark zurücktritt. Am Vorderrande vier bleigraue Häkchenpaare oder Einzel-
häkchen, von denen über das Saumfeld unregelmäßige, bleigraue Querbinden ver-
laufen. Fransen dunkel bleigrau mit dunkelgrauer Teilungslinie. Hinterflügel beim
Cf weißlich, mit grauer Spitze, beim Q mehr grau, an der Spitze rostgelb bestäubt;
Fransen hellbraun. Die alpine var. miighiana ZU. zeichnet sich durch dunkles
Braun der Vorderflügel (an Stelle des Rostgelb) und durch dunkleres Bleigrau des
Grundes aus. Spannweite i8 — 20 mm.
Raupe hell schmutzigbraun, Kopf schwarz, Nackenschild klein. Auf der
Oberseite der Ringe quer über jeden derselben mit zwei parallelen, dünnen, etwas
dunkleren, mehr rötelnden Gürteln. Länge 9—10 mm.
Abb. 227. Eveiria turionana Hb. Abb. 228. Puppe von Evetria iiirionana Hb.
(Kiefernknospenwickler). 2X. Venlralseite (rechts Hinterende stärker ver-
größert). Nach Ra t zeburg.
Puppe durch das Fehlen jeglicher Stirnfortsätze und den fast gänzlichen
Mangel eines Stachelkranzes über dem After von den verwandten Arten leicht zu
unterscheiden (Abb. 228).
Die Art ist über Deutschland, Schweiz, Österreich und Nachfolgestaaten,
Ungarn, Belgien, Holland, England, Westrußland, Finnland und Skandi-
navien verbreitet und kommt auch in Japan vor. In vertikaler Verbreitung
steigt sie bis zu einer Meereshöhe von 1200 m auf.
Ihre Hauptfraßpflanze ist die gemeine Kiefer (Pinus sil-
vestris); außerdem kommt sie auch an Bergkiefer vor, ferner an der drei-
nadeligen Pinus poiiderosa Dougl. (Frey, 1880) und der fünf nadeligen
Pinus strobus L.
Der Falter fliegt etwa 4 Wochen später als du plana, im Mai
(bis Juni). Er hat so große Übereinstimmung mit der rotbraunen Farbe
der Ausschlagschuppen, die um diese Zeit die Knospen noch bedecken, daß
man den Schmetterling nicht eher zu Gesicht bekommt, als bis man ihn ab-
schüttelt. Er legt seine Eier einzeln hauptsächlich an die Mittelknospe eines
Quirls ab (bei starker Vermehrung jedoch an sämtliche Knospen), meist des
Kronentriebes von jungen 6 — 15 jährigen Kiefern (wahrscheinlich an die Spitze
der Knospe zwischen die Schuppen).
Die Entwicklung vollzieht sich nach der Bioformel:
56 — 67,4
45 + 56
Das Ende Juni, anfangs Juli schlüpfende Räupchcn bohrt sich in die Spitze
der Knospe, höhlt diese bis zum Winter vollständig aus und dringt oft auch
noch etwas weiter abwärts in den Trieb ein, wo sie überwintert. Im nächsten
278
II. Spezieller Teil.
Frühjahr setzt sie noch kurze Zeit (von Mitte März bis Mitte April) den
Fraß fort und verpuppt sich dann in der mit feinen Fäden ausgesponnenen
Knospe, und zwar mit dem Kopf nach unten (in sehr seltenen Fällen auch
nach oben) gerichtet (Ratzeburg F., S. 208).
Im Mai „dringt die Puppe mit dem Kopf voran an der Basis der Harz-
beule, welche am Fuß der Knospe zwischen den gesunden liegt, hervor, der
Falter kommt aus der kleinen bleibenden Hülse und sitzt noch einige Zeit
an den Nadeln" (R.). Der Harzaustritt, der sich schon im Herbst be-
merkbar macht und im Frühjahr durch den zweiten Fraß noch verstärkt
wird, stellt ein Erkennungsmerkmal des t/(rio//aiia-Yr3.[iiCs dar. Dazu
kommt die Verfärbung der Knospe, die nicht die gewöhnlich braune,
sondern eine grauschwarze Farbe hat und endlich das Zurückbleiben
der befallenen Knospe im Wachs-
tum (s. unten), das schon im März er-
kenntlich ist und im April so merklich
kl B A ^ M ^ fi^« a wird, daß es von weitem zu sehen ist
VI " • * ' " "iS (Abb. 229); im Mai vollends ver-
V ^j ?/ schwindet die tote Mittelknospe im
^^ ä J^ Kranz der gesunden. So bietet die Er-
L ^iM n kennung des li/rionaiia-¥reiües keine
k ^ B Schwierigkeiten dar; durch Aufschnei-
^ Wk ^" den oder Aufbrechen der Knospe wird
m ™ .'.,.. die Diagnose bestätigt. Beschränkt sich
der Befall nicht auf die Mittelknospe,
sondern werden auch die Seitenknospen
zerstört, so kann es durch Austreiben
zahlreicher ,, Scheidentriebe" zu dichten,
,, besenartigen" Bildungen kommen, wie
bei der nachfolgenden buoliana Schiff.
(Abb. 230).
Die forstliche Bedeutung
unseres Wicklers wird im allgemeinen
unterschätzt, wohl aus dem Grunde,
daß man „seine Wirkungen mit denen
anderer Wickler zusammengeworfen
hat". Ratzeburg ist überzeugt, daß
tiirio>iaiia „hier und da merklich schäd-
lich werden kann". „Er verletzt die
Kiefer recht empfindlich, indem er ihr die Knospe des Höhentriebes raubt
und eine Seitenknospe zwingt, deren Stelle zu vertreten. Er ist ferner in
keinem Jahr ganz selten und vermehrt sich in manchen Jahren ziemlich be-
deutend."
Ein besonders starker und verderblicher Fraß fand am Ende des
vorigen Jahrhunderts (1895 — 1897) in Holland statt, worüber Ritzema-
Bos folgende interessante Mitteilungen macht: ,,Die starke Vermehrung in
den Kieferschonungen Hollands zeigte sich zuerst vor etwa 12 Jahren, sie
fand hier bald in fast allen auf diluvialem Boden wachsenden Kiefern-
wäldern von 4 — 16 jährigem Lebensalter statt, und turionana wurde bald das
schädlichste Insekt unserer Kiefernkulturen. Bei der stattfin-
denden Massenvermehrung wurden nicht bloß die Endknospen angegriffen,
Abb. 229. Fraß von li-j'ciria htrin)iana
Hb. In der zerstörten Mittelknospe
sieht man die Puppe. Nach Ratze-
bure;.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 279
wie dies nach Ratzebu rgs Mitteilung gewöhnlich geschehen soll, sondern
bisweilen fast sämtliche Knospen der jungen Kiefern, und es entwickelten
sich, wie ich schon oben sagte, ganze Besen von ,, Scheidentrieben", von
denen nur ausnahmsweise dieser oder jener sich zu einem normalen Zweig
entwickelte, während gewöhnlich alle klein blieben und starben.
„Weil die Scheidentriebe gewöhnlich kurz bleiben, tragen sie ihre Nadel-
paare dicht nebeneinander. Diese Nadeln sind oft abnorm breit und dick,
bisweilen hin- und hergebogen. Manchmal finden sich 3 Nadeln statt 2 in
einer Scheide zusammengefügt.
„Es versteht sich, daß die angegriffenen jungen Bäume bei starkem Fraß
klein bleiben, denn wenn auch einige Triebe zu normaler Entwicklung ge-
langen, so werden diese doch im nächsten Jahre angegriffen. Und wenn
ausnahmsweise einige Äste kräftig auswachsen, so wachsen diese in die
Höhe, der junge Baum bekommt keinen Hauptstamm, sondern mehrere
Stämme, wird also strauchförmig. Von der turionana angegriffene junge
Kiefernschonungen sind schon in weiter Entfernung an ihrem eigentümlichen
Aussehen kenntlich. Bisweilen sterben ganze Besen ab, ausnahmsweise
sterben auch ganze Bäumchen, es wird der ganze junge Wald gewöhnlich
völlig wertlos. Wenn später der Fraß aufhört, können bloß die relativ wenig
angegriffenen Kiefern einigermaßen sich erholen."
„Nur die Kiefern, welche jahrelang hintereinander in dem Grade an-
gegriffen werden, daß fast keine Knospe übrig bleibt, sterben an Mangel
von Nadeln ab. Die vorjährigen Zweige verlieren schon im Sommer ihre
Nadeln, also schon mehr als ein Jahr zu früh, und diese Zweige verlieren
ihre Festigkeit, sie werden schlaff und nehmen eine abnormale Farbe an."
„Zwar werden hauptsächlich Kiefern im Alter von 6 — 12 Jahren an-
gegriffen, es bleiben aber etwas jüngere und etwas ältere auch nicht frei.
Am meisten zeigt sich die turionana in jungen Schonungen. Wo die Kiefern
eine sehr verschiedene Größe haben, werden diejenigen, welche am
meisten zwischen den anderen Bäumchen emporragen, zu-
erst angegriffen und bilden Infektion scentra, von denen
aus das Übel sich in folgenden Jahren verbreitet. Also werden in erster
Reihe solche jungen Kiefernwälder heimgesucht, wo infolge unzweckmäßiger
Behandlung des Bodens, infolge ungünstigen Bodenzustandes usw. das
Wachstum der jungen Kiefern ein ungleichmäßiges ist, auch auf Böden, wo
stellenweise die ausgesäten Kiefern nicht zur Entwicklung gelangt sind, so
daß man später junge Kiefern hat einpflanzen müssen. Allein es werden
auch junge Kiefernwälder angegriffen, die regelmäßig gewachsen sind."
„Es geht mit dem turionana-Yx-d,^^ wie mit jedem Insektenfraße im
Walde. Nach einer kürzeren oder längeren Zeit wird ihm oft durch die
starke Vermehrung der Parasiten des betreffenden Insektes ein Ende ge-
macht. So ging es in den jungen Kiefernwäldern Hollands. Wenn irgend-
welche Gegend von turionana befallen wurde, kam das Insekt in jedem fol-
genden Jahre zu stärkerer Vermehrung und Verbreitung, bis oft nach
4 — 5 Jahren sich die Parasiten (hauptsächlich Glypta resinanae Htg., weiter
auch eine Pimpla-kxt, Tryphon impressus Grav., Entodon turionum Htg.) in dem
Maße vermehrt hatten, daß dem Turionana-Yx'A&^ ein Ende gemacht wurde."
„Im Frühling 1897 hielt ich," schreibt Ritzema-Bos, ,,in meinem
Laboratorium mehrere Hundert angegriffene Kiefernknospen, welche mir
von Herrn H.J. Lovink, damals Direktor der niederländischen Heide-
580
II. Spezieller Teil.
kulturgesellschaft, aus Bakel (Provinz Nordbrabant) zugesandt wurden. Ich
erhielt aus sämtlichen Knospen bloß 35 Stück lurtouana-Schmetterlmge.,
gegen 371 Glypta resinatiae^) und 18 andere Schlupfwespen. (Alle diese Ima-
gincs entwickelten sich zwischen 25. April und 29. Mai.l Es ergab sich also,
Abb. 230 A. Folgen eines starken ti/rionana-7xa.ües. Bildung von abnorm langen
Nadeln aus Scheidentrieben nach Zerstörung aller Knospen („Besen"). Nach
R i t z e m a - B o s.
1) Auch Ratzeburg hat als häufigsten Parasiten die Schlupf wespe Glypta
resinanae Htg. gezogen. „Die weniger stark ausgefressenen Knospen, aus denen fast
zur Flugzeit des Falters ein Ichneumon (Gl. resinanae Htg.) in großer Menge
kommt, der vor dem Auskommen die Knospe mit einem Kokon völlig austapeziert
und die Überreste der Raupe ausgesperrt hatte, zeigen bloß ein (von der Raupe
vor ihrem Tode gefressenes) Loch ohne Puppenhülse."
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
281
daß 920/0 der angegebenen Knospen keine turiottana, sondern eine Schlupf-
wespe enthielten, woraus erhellte, daß im nächstfolgenden Jahr der junge
Kiefernwald, aus dem die Knospen stammten, keinen Fraß mehr zeigen
konnte.
Abb. 230 B. Folgen eines starken /iirioiia/iu-Vxix?iCs. Die meisten Scheideniriebe sind
abgestorben. Nach Ritzema-Bos.
„Eine solche Schlupfwespenvermehrung scheint sich auf den meisten mit
jungen Kiefern bedeckten diluvialen Böden Hollands in den Jahren 1897
bis 1899 gezeigt zu haben, denn in diesen Gegenden nahm die Bedeutung
des turionana- Fraßes allmählich ab, und es erholten sich sogar mehrere junge
Kiefernwälder. Später aber sind die Knospenwickler in mehreren Gegenden
wieder zu stärkerer Vermehrung gelangt, und jetzt hat der Fraß dieser In-
282 II. Spezieller Teil.
Sekten zwar noch bei weitem nicht die Ausdehnung bekommen, welche er um
1895 — 1897 hatte, aber in mehreren Gegenden Hollands ist er jedenfalls jetzt
wieder gar nicht ohne große Bedeutung."
Zur Verhütung der Weiterverbreitung kann man die ausgefressenen
Knospen ausbrechen und die Raupe oder Puppe zerstören. Am besten
geschieht diese Arbeit gegen Ende April, wo sich die toten Knospen von den
schon bedeutend getriebenen lebenden leicht unterscheiden lassen.
Bei der oben genannten holländischen Kalamität wurde diese Methode im
großen durchgeführt, und zwar mit gutem Erfolg, worüber Ritzema-Bos (I.e.)
wie folgt berichtet: „In der Nähe von Bakel (Nordbrabant) wurde die lurionana
in Kiefernwäldern in 5 — 12 jährigem Alter entdeckt. Das tjbel hatte durch die große
Oberfläche, welche mit Kiefern desselben Alters bewachsen war, sich so schnell ver-
breitet, daß von dem Fangen auf dem ganzen angegriffenen Terrain keine Rede
mehr sein konnte. Unmittelbar an diese 12 jährigen, stark angegriffenen Scho-
nungen grenzte eine 60 ha große 3 jährige Kiefernschonung, so daß, wenn nicht
gleich kräftig aufgetreten wurde, das Übel sich bald auch über diese verbreiten
mußte, denn in der jungen Anpflanzung waren schon viele Knospen angegriffen.
Die junge Schonung sowie der Teil des 12 jährigen Kiefernwaldes, welcher an die-
selbe grenzte, wurde daher genau untersucht, und die angegriffenen Knospen wurden
ausgebrochen.
Im ersten Jahr wurden für diese Arbeit, soweit sie sich über die 16 ha alte
Bepflanzung erstreckte, 122,25 fl. (= etwa 204 M.) bezahlt, während für die junge
Bepflanzung von 60 ha 82,00 fl. {= etwa 137 M.) bezahlt wurden. Schon im nächst-
folgenden Jahr ließen sich die günstigen Erfolge der Bekämpfung nachweisen. Es
wurde diese aber im nächsten Jahre fortgesetzt. Die Resultate waren sehr günstige,
denn in den jungen Pflanzungen kam die turionana gar nicht mehr vor, und auch
die behandelten 12 jährigen Pflanzungen erholten sich zum größten Teil, sie bil-
deten neue Haupttriebe, deren Knospen nicht wieder angegriffen wurden. Die nicht
behandelten Teile der 12 jährigen Pflanzung aber waren gänzlich vernichtet und
mußten abgebrannt werden. — Hätte das Abbrechen der Knospen nicht statt-
gefunden, so wären zweifellos die 60 ha der jungen Anpflanzung zum größten Teil
von turionana vernichtet worden. Die Kosten betrugen in der alten Anpflanzung
7,60 fl. (= 13 M.) pro Hektar, in der jungen Anpflanzung 1,30 — 2,00 fl.
{^= 2,20 — 3,30 M.) pro Hektar."
„Ein anderes wirksames Bekämpfungsmittel ist das Entfernen der
stark angegriffenen Kiefern, das sind gewöhnlich diejeni-
gen, welche höher aufgewachsen sind als die anderen, wie
solches namentlich in angesäten jungen Kiefernkulturen vorkommt. Diese
höher emporgewachsenen Bäumchen treten, wie schon oben betont wurde,
gewöhnlich als Infektionszentra auf. Allein das Aufräumen derselben muß
geschehen, sobald der Fraß sich zu zeigen anfängt, also wenn noch bloß
oder fast ausnahmsweise diese Bäumchen befallen sind. Daß dies im Winter
geschehen muß, wenn die Räupchen noch in den Knospen sitzen, versteht sich
von selbst, auch daß die umgehauenen Kiefern entweder verbrannt oder weit
entfernt werden müssen.
„Sehr stark angegriffene Kiefernkulturen müssen abgebrannt werden,
denn aus ihnen wird doch nichts, und sie sind eine Gefahr für die Um-
gebung.
„Je besser die Existenzbedingungen der Kiefern auf einem gewissen
Terrain sind, desto besser können dieselben dem Angriff der Knospen-
wickler Widerstand leisten.
„Wo der Boden die Kultur von Laubhölzern erlaubt, müssen auf Heide-
I. Unterordnung: IMicrolepidoptera, Familie Tortricidae.
283
Abb. 231.
Evetria buoliana Schiff.
(Kieferntriebwickler ). 2 X.
flächen und sonstigen unbebauten diluvialen Sandböden, die man für den
Waldbau benutzen will, nicht ausschließlich Kiefernwälder angelegt werden,
wenigstens umsäume man die Kiefernwälder mit Laubholz. Wo der Boden
sich für die Fichte eignet, könnte man diesen Baum mit der Kiefer ab-
wechseln lassen." ^ ^ . . ,- c ^^'is
Evetria buoliana Schiff.
Kieferntriebwickler, Kiefernknospen triebwickle r.
Taf. III, Fig. 3.
Ratzeburg: Tort rix (Coccyx) buoliana Fabr. — Altum: Retinia buoliana W. V. —
Nitsche: Tortrix (Retifiia) buoliana Schiff. — Nüßlin-Rhumbler : Grapholitha (Re-
iinia) buoliana Schiff. — Wolff-Krauße: Evetria buoliana Schiff.
Der Falter ist durch die ziegelroten Vorderflügel mit silberigen Querlinien
auffallend und ohne weiteres von seinen Verwandten zu unterscheiden. Hinterflügel
einfarbig, bräunlichgrau mit gelblichen Fransen und
dunkler Teilungslinie. Spannweite iS bis 23 mm
(Abb. 231).
Färbung und Zeichnung der Vorderflügel sind
recht variabel. Bei der im südlichen Teil des Ver-
breitungsgebietes vorkommenden var. thurificana Led.
ist der ganze Flügel stark aufgehellt (mit Ausnahme
dei Mitte, die dunkler bleibt). Bei der var. fini-
colana Dbld., die mehr im nördlichen Teil des Ver-
breitungsgebietes (England) vorkommt, wird der ganze
Flügel dunkler, die metallisch silberglänzenden Strei-
fen treten sehr scharf hervor, die ganze Wurzel oft
einfarbig rot ohne Silberzeichnung.
Das Ei wurde erst in neuester Zeit entdeckt von Gasow (1925), der eine
ausführliche Beschreibung davon gibt: von länglich rundem Umriß, Unterseite eben,
Oberseite dagegen leicht gewölbt. Die Farbe der frisch gelegten und unbefruchteten
Eier ist hellgelb. Die befruchteten Eier neh- ^
men eine bräunliche Farbe an, etwa überein-
stimmend mit der Farbe der Terminalknospe
im Juli; sie sind daher hier schwer zu ent-
decken, auch von den Nadelscheiden heben sie
sich nicht besonders ab (auffälliger sind da-
gegen die weißlich perlmutterglänzenden Ei-
schalen). Das Aussehen der Eier erfährt bei
tortgeschrittener Embryonalentwicklung eine
leichte Veränderung dadurch, daf3 dann Kopf
und Nackenschild der Raupe durch die Ei-
schale hindurchschimmern; auch sind die äl-
teren Eier etwas dunkler als die jüngeren.
Als Längenmaße gibt Gasow an: 0,9 — 1,3,
als Breitenmaße 0,65 — 0,85 mm.
Raupe. Für die Jungraupe gibt
Gasow (1. c.) folgende Merkmale an: hell-
braun mit einem Stich ins Rötliche, Kopf
schwarz, Nacken- und Afterklappenschild
schwarzbräunlich, letzteres etwas heller, Kopf-
breite etwa 0,26 mm, Länge der Raupe ca. 2,2 mm
Segment durch helle, kleine Borsten ausgezeichnet, die auf dem Afterklappenschild
besonders lang sind. Die Wärzchen, auf denen die Haare aufsitzen, haben keine
besondere Färbung. Die ganze Raupenhaut ist mit mikroskopisch kleinen, spitzen
Stacheln dicht besetzt." Die relativ dicke und plumpe, fettigglänzende, erwachsene
Raupe wird bis 21 mm lang.
A
Abb. 232. Puppe von Evetria buo-
liana Schiff. A seitliche, B ventrale
Ansicht. C Hinterende g (stärker
vergr. ), D Hinterende o"- Nach
Ratzeburg.
Die kleine Raupe ist auf jedem
284 II. Spezieller Teil.
Puppe gelbbraun, auf dem Hinterleibsrücken mit feinen Stachelreihen. Stirn
etwas gehöhlt mit ansehnlicher, nach oben vortretender, kammförmig bis zum Hinter-
kopf verlaufender Hervorragung. Am letzten Ring ein halber, den After von hinten
umgebender Stachelkranz (Abb. 232).
Die geographische Verbreitung erstreckt sich von England bis
Rußland und weiter östlich bis Zentralsibirien, und von Schweden bis nach
Südeuropa und Syrien; neuerdings auch in Nordamerika eingeschleppt und
heimisch geworden.
Als Fraßpflanze kommt nur die Kiefer in Betracht, bei uns vor
allem die gemeine Kiefer (Piniis silvestris L.), sodann die korsische
Schwarzkiefer (Pinus laricio Poir), die Seekiefer (Pinus pinaster
Sol.), die Weimutskiefer (Pinus strobus L.) und verschiedene auslän-
dische Kiefern 1). Bevorzugt werden 6 — 12jährige Pflanzen; Stangen über
30 Jahre scheinen nicht mehr befallen zu werden.
Bionomie. — Obwohl buoliana zu den häufigsten Kieferninsekten
gehört, wiesen unsere Kenntnisse über die Bionomie bis vor kurzem noch
recht empfindliche Lücken auf, die erst in den letzten Jahren G a s o w
(1925a und b) auszufüllen gelang. Die Generation ist in Mittel- und
Südeuropa (bis nach Sizilien) eine einfache, während sie in noch südlicheren
Ländern (Palästina) nach Bodenheimer (1927) eine doppelte ist-).
Die Entwicklung vollzieht sich nach der Bioformel:
7 — 7,5
5 + 76
Die Flugzeit fällt in der Hauptsache in den Monat Juli, mit Schwan-
kungen einerseits zum Juni, andererseits zum August. Die Falter fliegen vor-
nehmlich des Abends in den jungen Orten und Kiefernsaaten oft in großer
Menge umher. Am Tage sitzen sie in der Gegend des neuen Knospenquirls
still und sind dann infolge der übereinstimmenden Färbung des Falters und
der Knospen schwer zu sehen. Die Lebensdauer der Falter beträgt (bei 22 '^j
1) Im Arboretum der Wiener Hochschule für Bodenkultur wurden am meisten
befallen die Schwarzkiefer und Pinus ponderosa Dougl. (Gelbkiefer), während Pinus
pumilio nur wenig zu leiden hatte und Pinus leucodermis Ant. ganz verschont wurde
(Wilhelm, 1918).
2) Bodenheimer berechnete die für die Entwicklung einer Generation not-
wendige Wärmesumme auf 3635 — 3675 Grad. Eine Gegenüberstellung der effektiven
Wärmesumme und Generationszahl von buoliana aus \erschiedenen Orten ihres Ver-
breitungsgebietes ergibt folgendes Bild:
Ort Wärmesumme Generation
London 2ßl2) " \
Berlin 3960 I
Paris 4077 ; einfach
Rom 5832
Palermo 6435
Haifa 7287 \ .^,^_,.
Jaffa 7262 r ^°PP^'^
„Wir sehen daraus, daß von den dargestellten Punkten Haifa und Jaffa die
einzigen sind, deren Wärmesumme das Doppelte der einfachen Entwicklungswärme
beträgt." Wahrscheinlich wird auch in Südspanien und Cypern, die ein nahezu
identisches Klima besitzen, die doppelte Generation die Regel sein. Die hier ge-
nannten Plätze umschließen das Verbreitungsgebiet der helleren Var. thurificana,
und es dürfte sich daher dieses mit dem der doppelten Generation decken. Nach
Bodenheimer ist danach die Möglichkeit einer 2jährigen Entwicklungsdauer in
den nördlichen Teilen des Z'«ö/m//ö- Verbreitungsgebietes nicht ausgeschlossen.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
285
für die o'o'' im Durchschnitt 3,6 Tage, für die Weibchen 7,7 Tage (Boden-
heim e r).
Über die Eiablage waren wir bis vor kurzem in Unkenntnis, und die
einzehien Autoren machten sich daher ihre verschiedenen Vorstellungen dar-
über. So meinte Ratzeburg (F. 204): „Es ist nicht dem geringsten
Zweifel unterworfen, daß das 9 die Eier zwischen die Knospen hineinschiebt,
weil man das noch außerordentlich kleine Räupchen schon im Flerbst findet
und es in diesem Zustand nicht
einen Zoll gewandert sein könnte." *'**
Erst neuerdings ist es Gasow (1925)
gelungen, die Art der Eiablage fest-
zustellen. Danach werden die Eier
einzeln in größerer oder kleinerer
Entfernung voneinander (als die
geringsten Entfernungen wurden
2 — 5 mm gemessen) abgelegt, und
zwar sowohl an die Terminalknospe,
als an die Quirlknospen, als auch,
und zwar, wie es scheint, am häu-
figsten, an oder in unmittelbarer
Nähe der Nadelscheiden, ganz selten
(nur in einem Fall beobachtet) an
der Xadel. Als die weiteste Ent-
fernung der Eier von den Quirl-
knospen wurde 3,5 cm festgestellt.
Als Höchstzahl erzielte Gasow
von einem Weibchen im Zwinger
82 Eier.
Das Schlüpfen der Räupchen
findet nach Gasow in der Haupt-
zahl gewöhnlich noch im Monat
Juli statt (die Angaben in der
Literatur lauten meist unbestimmt
oder bezeichnen den August als
Hauptschlüpfmonat). Die Schlupf-
öffnung liegt an der Seite des Eies.
Die kleinen Räupchen be-
geben sich spinnend zu der nächsten
Knospe. Gasow fand anfangs
August eine Raupe zwischen der
Quirlknospe und einer benachbarten
Nadelscheide: der Zwischenraum
war leicht übersponnen. ,,Ende
Oktober fand sich in einer Quirl-
knospe, und zwar an der der
benachbarten Quirlknospe zuge-
kehrten Seite, ein rundes Loch.
Durch Druck auf die Knospe wurde
die schon gänzlich darin befind-
liche kleine rotbraune Raupe zum
Abb. 233. Gipfel einer jungen Kiefer mit
Fraß von E. buoliaiia Schiff. Die Maitriebe
werden von der Basis aus angegangen. Man
sieht rechts einen in der basalen Hälfte aus-
gefressenen frischen Trieb. Nach Ratze-
b u r g.
286
II. Spezieller Teil.
Auskriechen veranlaßt. Sie war 3,5 — 4 mm lang und hatte eine Kopf-
breite von 0,6 mm (Kopf breite der Eiraupe 0,26 mm, siehe oben). Bis zum
Januarende scheint das Wachstum nur langsam fortzuschreiten und wohl nur
eine einmalige Häutung stattzufinden, da eine am
30. Januar gemessene Raupe nur 0,5 cm Lange
erreicht hatte.
„Dem entspricht auch, daß die Fraßbeschä-
\Ym m ■ . "W digungen erst im Frühjahr anfangen auffällig
^ vB^J iVl ^^ werden." Trotzdem konnte Gasow mitunter
m. \ XBI^^Llfl schon im Herbst, ja sogar schon im September von
l?i/olia//a-Kä.upchen ausgehöhlte Quirlknospen be-
obachten. ,, Zuweilen ist der Befall der Knospen
durch größeren Harzausfluß gekennzeichnet, jedoch
ist dies durchaus nicht immer der Fall und somit
kein diagnostisches Merkmal. In und unter der
Harzmasse kann man Kopfkapseln von früheren
Häutungen finden." Meist scheinen die befallenen
Knospen etwas gebräunt und sind mit mehr oder
weniger deutlichem Gespinst miteinander verbunden.
Der Herbstfraß ist gewöhnlich auf die Quirlknospen
beschränkt. Nur ganz selten wird um diese Zeit
auch einmal eine Terminalknospe angegriffen.
Die Hauptwachstumsperiode der Raupe
fällt in die Frühjahrszeit. Der Fraß findet
nun in den treibenden Knospen statt. Die Triebe
werden an der Basis angegangen und hier
entweder ein Stück weit in der Markröhre aus-
gehöhlt (Abb. 233) oder von außen her rinnenartig
unter dem Schutz einer aus Harz und Gespinst be-
stehenden Decke befressen. Meist wird der Trieb so
stark verletzt, daß er vertrocknet und abstirbt, und oft
gehen auf diese Weise alle Knospen eines Quirls zugrunde, indem die Raupe
von einer zur andern übergeht. Mitunter reicht der Fraß bis ins Holz, auf
dem der Maitrieb aufsitzt. Baer (1909) beobachtete mehrfach Fälle, in
denen ältere, schon herangewachsene Raupen, die ihren früheren Fraßort ver-
lassen hatten (Abb. 234), sich in der Mitte oder oberhalb der Mitte in den
Trieb eingebohrt haben, um hier noch ein wenig zu fressen, was zu ganz ähn-
lichen Fraßbildern führte, wie sie du plana erzeugt (s. oben S. 275). Wo der
Fraß nicht tödlich wirkt, knickt der betreffende Trieb meist um und wächst
weiter, allerdings in gekrümmter Form („Posthorn", s. unten).
Die Verpuppung findet im Juni und Juli (in ganz seltenen Fällen
auch schon Ende Mai) im basalen Teil eines Maitriebes statt, und zwar, wie
es scheint, sowohl in aufgerichteter, als auch in gestürzter Lage. Oft steckt
die Puppe zur Hälfte in dem Holzkörper des vorjährigen Triebes, bis in den
hinein die Raupe gefressen hatte, so daß beim Abbrechen der ausgefressenen
Knospen und Maitriebe die Puppe in dem Holzkörper stecken bleibt, aus dem
das Kopfende ein Stückchen hervorragt (Gasow) i). Die Puppenruhe dauert
ca. 3 Wochen; die Puppe schiebt sich vor dem Ausflug des Falters etwas vor.
Abb. 234. Von E. biwliana
Schiff, teilweise ausgefres-
sener Trieb mit Ausbohr-
loch der Raupe.
1) Ausnahmsweise kommt es vor, daß die Verpuppung nicht am eigentlichen
Fraßort stattfindet, sondern unter einer dünnen Harz- und Gespinstdecke in einem
I. Unterordnung: IVIicrolepidoptera, Familie Tortricidae. 287
Die Folgen des Fraßes bestehen, allgemein gesagt, in Störungen der
Triebbildung. Dieselben können einen verschiedenen Grad annehmen. Es
können sämtliche Knospen und Triebe zerstört sein: Dann entstehen durch
Bildung zahlreicher Kurztriebe mit Riesennadeln dicke, hexenbesenartige
„Bürsten" oder „Besen" (Abb. 235), die den Gipfeltrieb krönen (wie bei
turionana Hb.). Die meisten Autoren sehen in der Bürstenbildung die Wir-
kung von mehrjährigem, wiederholtem Fraß, während Nechleba (1926)
Abb. 235. Büschelbildung infolge Zerstörung fast aller normaler Knospen und Triebe
durch Evelria buoliana Schiff.
sie als die Folge eines einmaligen Fraßes erklärt. „Wurden alle vorjährigen
Knospen zerstört, so stirbt das Gipfelende ab und beim Safttrieb häufen sich
in der obersten lebenden Gipfelpartie so viele Nahrungsstoffe an, daß da-
Winkel zwischen Stamm und Seitentrieben, wo die Raupe zuvor die cäußere Rinde
etwas benagt hatte (Altum, F. S. 187).
288
II. Spezieller Teil.
selbst eine starke Überernährung und Bildung zahlreicher Kurztriebe aus
Zwischennadelknospen erfolgt." Nechleba bildet einen Gipfeltrieb ab, der
(nach der Entnadelung der ,, Bürste") „über 60 Kurztriebe zeigte, alle im
Spätherbst noch unverholzt" (Abb. 236). Die Bürstenbildung ist eines der
häufigsten und auffallendsten Merkmale der stark von hiioUatia befallenen
Kulturen.
Daneben kommen bisweilen (durchaus nicht immer) die sogenannten
Posthornbildungen vor. Sie treten auf, wo die Verletzungen durch den
Raupenfraß nicht tödlich waren (bei Rinnenfraß). In diesem Fall knickt wohl
der Trieb an der verletzten Fraßstelle um (im Juni), doch „bewirkt der zu dieser
Zeit sehr tätige Saftlauf bald einen starken Zufluß von Bildungssaft nach
dem Knick, so daß dieser verholzt und der Trieb im Bogen wieder die Höhe
zu gewinnen sucht" (Ratzeburg). „Die Krümmungen verwachsen nie
wieder ganz. In den ersten Jahren erkennt man sie in weiter Ferne, später
aber wird der Absatz immer geringer und ist nur noch für ein geübtes Auge
kenntlich." Die Posthörner können einen verschiedenen Krümmungsgrad
aufweisen (Abb. 237 u. 238); es können auch mehrere Triebe zur Posthorn-
bildung gelangen, so daß eine Lyra- oder Kandelaberform entsteht usw.
(s. Ratzeburg, W., Taf. 14 u. 15).
Die hier beschriebenen Bürsten- und Posthornbildungen stellen die Ex-
treme dar der verschiedenen durch biioliana-Yx2i& verursachten Wachstums-
A B
Abb. 236. A Kieferntrieb mit Bürstenbildung infolge bi/o/iaiia-Yra.{j. B derselbe ent-
nadelt. Nach Nechleba.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
289
Störungen; zwischen ihnen liegen alle möglichen Übergänge, so daß die
di/olia/m-Fra.Q)hi\dex eine große Mannigfaltigkeit aufweisen können (siehe
Borggreve 1895, Taf. XIX— XXI).
Die forstliche Bedeutung ergibt sich ohne weiteres aus dem hier
über die Fraßwirkung Gesagten: Wer einmal eine richtige duol/a/ia-Ku\tuv
gesehen, in der kaum ein gesunder Wipfel zu finden
ist, wird über die große Schädlichkeit des Wick-
lers nicht mehr im Zweifel sein und wird Ratze-
Abb. 237. Doppelte „Posthornbildung" (Lyraform)
nach duol/afia-Fraß.
(Sammlung des Münchener Institutes.)
Abb. 238. Zwei überein-
ander liegende Posthör-
ner als Folge von zeitlich
getrenntem buoliana-
Fraß. Nach Nitsche.
bürg recht geben, der ihn zu den sehr schädlichen Forstinsekten
zählt. Je schlechter der Boden, auf denen die Kulturen stocken, je schwächer
das Wachstum, desto schlimmer und nachhaltiger die Folgen! An und für
sich schlechtwüchsige Kulturen auf dürftigen Böden können durch ständig
sich wiederholenden Wicklerfraß völlig ruiniert werden. Wo Posthörner ent-
stehen, wird der Wert des Holzes als Schnittwaren stark gemindert, wenn
sich die Krümmung auch äußerlich mit der Zeit verwächst.
Besonders leiden unter dem Befall ausgedehnte, frei und sonnig
gelegene Kulturen im Alter von 6 — 12 Jahren auf schlechtem,
dürftigem Boden; doch werden auch frohwüchsige Kulturen auf Stand-
orten erster Bonität nicht verschont. So führt Ratzeburg (F. 203) eine
Mitteilung an, wonach buoliana gerade ,, diejenigen kleinen Stellen vorzog.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 19
290 II. Spezieller Teil.
wo sich die Pflanzen durch vorzüglichen, üppigen und kräftigen Wuchs aus-
zeichneten". Von Berg hat beobachtet (auf einem Revier auf dem Gorisch),
daß eine geschlossene und vordem im üppigsten Wuchs stehende Kultur stark
befallen wurde; und Nitsche teilt mit, daß in dem Revier Pillnitz
(Sachsen) 1883 — 1885 „eine 30 ha große Kultur aus dem Jahre 1878 ange-
gangen wurde, welche auf einem guten Felde des Kammergutes Graixpe, also
auf einem Standort I. Bonität ausgeführt worden war und bis dahin ein
geradezu mustergültiges Wachstum gezeigt hatte" (vgl. dazu das oben über
duplaiia Gesagte (S. 274). ,,Der Fraß griff so schnell um sich, daß 1884
bereits kein Trieb verschont war, eine Abwehr durchaus unmöglich wurde, die
Kultur in den Folgejahren ein erschreckend krüppeliges Wachstum zeigte
und Posthornbildungen massenhaft auftraten."
Zugige Lagen scheint buoliana zu meiden; Bodenheimer (1927) fand
an den dem Winde stark exponierten Stellen den Befall viel schwächer als
an den geschützt gelegenen im Talkessel.
In epidemiologischer Beziehung sind wir noch recht schlecht
unterrichtet; wir wissen nur, daß eine erhöhte Disposition bei schlechtwüch-
sigen Kulturen vorhanden ist, dagegen sind wir über andere wichtige Fragen,
vor allem über die Beziehungen zwischen Gradation und Klima, noch ganz
im unklaren, und es wäre zweifellos recht interessant, Untersuchungen in
dieser Richtung anzustellen.
Die Erkennung des buoliana-Yxdi^&s ist, wo es sich um einen An-
fangsfraß handelt, in den meisten Fällen leicht. Bei tiirionana ist im Spät-
herbst die Knospe völlig ausgefressen, so daß sie im nächsten Frühjahr über-
haupt nicht mehr austreibt, und bei duplana ist der Endteil des Triebes aus-
gehöhlt (der welk herabhängt), während der Basalteil unverletzt ist, und bei
biioUaiia ist der Basalteil des Triebes ausgehöhlt und angefressen, während
der Endteil unverletzt bleibt (Abb. 240)1). Wo ein älterer Fraß vorliegt, kann
die Unterscheidung schwieriger werden: ,, Bürsten" oder „Besen" kommen bei
buoliana und bei Lurionana vor, es können auch beide Arten gleichzeitig
daran beteiligt sein; „Posthörner" dagegen sind stets auf buoliana zurück-
zuführen.
Das Heer der natürlichen Feinde ist groß; man braucht nur be-
fallene Triebe einzuzwingern, um zahlreiche Parasiten zu erhalten. Baer
(Tach.) führt 4 Tac h i n en - A r t e n als buoliana -V-3iX2i%\X^M an: Phryxe vul-
garis Fall., ,[ctia pilipeiiuis Fall, und crassicornis Meig. und Leskia aurea
Fall.
Actia pilipenuis Fall, und crassicornis Fall, haben zwei Generationen
im Jahr, deren erste in Evetria resinella L. und deren zweite in E. buoliana
Schiff, sich entwickelt. „Die Fliegen der ersten Generation verlassen die
Harzgallen im Mai und anfangs Juni und belegen die ziemlich erwachsenen
Räupchen von E. buoliana in den austreibenden Kiefernknospen. Die hier
sich entwickelnden Maden erlangen ihre Reife im Juli, so daß die Fliegen der
zweiten Generation im Juli und August erscheinen. Bei der 2 jährigen Gene-
ration von E. resinella (s. S. 294) finden diese jedoch meist nur ein Jahr um das
andere wiederum genügend herangewachsene Räupchen der letzteren vor, so
daß sie jahrweise weiterer Zwischenwirte bedürfen. Damit hängt wohl teil-
1) Nur selten ergibt auch der buoliaua-¥r3,ü äußerlich ähnliche Bilder wie
der duplana-Yx3&, doch führt in diesen Ausnahmefällen, wie oben schon bemerkt
(S. 275), der Fraßkanal von der Knickungsstelle aus in das Triebinnere.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
291
weise das vielseitige Vorkommen der Art (in vielen anderen Tortricidcn und
Tineiden) zusammen" (Baer, Tach.).
An Schlupfwespen sind zahlreiche Arten gezogen worden. Schon
Hart ig führt 14 aus der Puppe gezogene Ichneumonen auf. Am häufigsten
erhielt Ratzeburg ( F. 205 ) (und auch Hartig) Pristome nis vubicralor
l'z.. Cre//ias/its i/i/ern/p/or Graw und Eubadizoii lepfocep/iah/s Htg. Die
Sil'
, / H.
:«r^V^fF'^^ .M/
:^
Abb. 239. Auch a
buoliana-YxdiVd m e i
ufern läßt sich ein \or langer Zeit überstandener
ilich erkennen. Im Hintergrund eine Lyra. Nach
R a t 2 e b u r g.
beiden ersten Arten wurden auch von Gasow (1925b) gezogen; außerdem
erhielt dieser aus seinen Zuchten noch Pimpla (Scambi/s) sagax Htg. und den
Braconiden Orgilus obscurator Nees. Besonders zahlreich ist die Gattung
Pimpla vertreten, von der außer der genannten sagax noch 7 Arten gezogen
wurden: buoliana Htg., examinator F., inqiiistor Scop., orbitalis Rtzb., riiji-
coUis Gr.. li/rioiicllae L. und variegata Rtzb.
19*
292
II. Spezieller Teil.
Als weitere I chneumoniden seien genannt: Cremastiis biioüanus
Curt., confluens Grav., Glypta flavolineata Grav., Lampronota 7nelaiichoUca
Grav., Liinneriu7n albidtcm Grav., lineolatiini Bche., iiiriomim Htg., Lissonoia
biiolianae Htg., robicsta Rtzb., nigra Brischke, Pimpla brevicornis Grav.,
li?iearis Rtzb., riificollis Grav., 0?norgus diffonnis Grav., Scambus planatiis
Htg., Pezomachus agilis F., instabilis Forst.
Von Braconiden wurde aus buoliana außer dem genannten Orgilus
gezogen: Chelonus siilcatus Jur.
Von Chalcididen werden als <^/^ö//«/^a-Parasiten angeführt: Entedon
turionmn Htg., Habritys brevicornis Rtzb., Perilampus levifro?zs Dalm., tristis
Mayr., Pteromaliis roborator F., variabilis Rtzb.
Als räuberische Feinde sind noch zu nennen: der Ohrwurm (Forfi-
cula aiiricularia L.), der des öfteren „neben bereits getöteten, ausgesogenen
oder eben erst erbeuteten Raupen und Puppen emsig beschäftigt" beobachtet
A B C-
Abb. 240. Schematische Darstellung des Fraßes von A Evelria turionana Hb. (Frab
beschränkt sich aut die Knospe, die getötet wird), B Evetria buoliana Schiff. (Fraß
von der Basis des Triebes aus) und C Evetria duplana Hb. (Fraß von der Spitze
des Triebes her).
wurde (Ratzeburg, F. 205) und Spinnen, in deren Netzen nicht selten
Falter gefangen werden.
Eine durchgreifende Bekämpfung auf ausgedehnten Flächen bietet
große Schwierigkeiten. Gasow schlägt, nachdem er die Art der Eiablage
entdeckt hat, vor, gegen die Eier mit einem Berührungsgift zu
spritzen. Vielleicht bringt auch ein Bestäuben gegen die aus dem Ei ge-
schlüpften Räupchen vor ihrem Eindringen in die Knospe Erfolg. Versuche
in dieser Richtung sind jedenfalls angezeigt.
In Knospen und Trieben von Kiefern kommen noch verschiedene andere
Evelria-hri&n vor, die jedoch meist vereinzelt, nur ganz ausnahmsweise häufiger
auftreten 1). Es sind dies:
Möglicherweise werden sie oft auch nicht erkannt und mit den vorigen ver-
wechselt.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
293
E. sylveslrana Curt. (Abb. 241 und Taf. III, Fig. 4). Vorderflügel schwarz-
grau, bis zur Mitte dunkelbleigrau gewellt, das Spitzendrittel rostgelb mit Blei-
linien, die Hinterflügel schwärzlich grau, der Kopf und der Thorax vorn rostgell^.
Spw. 12 — 15 mm. — Raupe violettbraun, Kopf schwarz, Nackenschild braun, hinten
schwarz gerandet. Lebt von August bis April in Knospen (ähnlich wie turionana),
jedoch viel seltener. Mehr in Norddeutschland.
E. posticana Zett. (Abb. 242 und Taf. III, Fig. 8). Vorderflügel graubraun,
bleigrau gewellt, im Saumfeld rostgelb, mit zwei Bleilinien, die Hinterflügel bräun-
lich grau, Kopf und Thorax rostgelb. Die kleinste Eveiria-Kxt. Spw. 12 — 15 mm.
m
Abb. 241. Evetria sylves/raua Curt. 2i/,X. Abb. 242. Evetria pos/icanaZen. 2i/2>
Abb. 243. EvelriapinivoranaZW. 2V2X. Abb. 24/ ETc/ria rr/iferaiiaV\^ock&. 2V2X.
Abb. 245. Eveiria margarolana H. S. 2^/2 X.
Zur Flugzeit der du plana hat man ihre Raupen zu suchen. — Raupe rotbraun,
violett schimmernd, Kopf und Nackenschild schwarz, Analklappe schwärzlich. Lebt
wie die vorige vom Juli, August bis April in den Knospen (meist Seitenknospen,
selten in der Mittelknospe) schwachwüchsiger, junger Kiefern und verpuppt sich
auch da (s. T ho mann, 19 14).
E. pinivorana ZU. (Abb. 243 und Taf. III, Fig. 6). Vorderflügel hell rostbraun
mit sparsamen, dicken, grauen, kaum glänzenden Wellenlinien, Kopf und Thorax
rostbraun und grau gemischt. Spw. 16 — 19 mm. — Raupe ähnelt derjenigen von
poslicana, jedoch etwas heller rötlichbraun als die vorige, Kopf schwarz, Nacken-
schild dunkelbraun, Analklappe braun. Lebt März bis Mai in Seitenknospen junger
294 II- Spezieller Teil.
Kiefern. Nach Nüßlin in manchen Jahren (Karlsruhe 1893) sehr häufig (s. auch
Thomann, 1914).
E. reliferana Wocke (= margarolana Hein., nee. H. S.!) (Abb. 244 und
Taf. III, Fig. 7). In Größe und Form der lurionana ähnlich. Vorderflügel glänzend
rötlich grau mit einer Anzahl schmäleren, fein schwarz gerandeten, gelbbraunen, un-
regelmäßigen Querbändern, vor der Spitze einige weiße Costalflecken. Hinterflügel
braun. Spw. 16 — 20 mm. Bei Ratzeburg als margarolana H. S. — Mit bitoliana
und lurionana aus den Quirlknospen einer 12 jährigen Kiefernschonung erzogen, in
welcher sämtliche Quirlknospen befallen waren (Ratzeburg, W. II 410).
E. margarolana H. S. (Abb. 245 und Taf. III, Fig. 8j. Vorderflügel braunrot
mit dicken, fein schwarz gesäumten, veilgrauen Bleilinien, der Kopf und die langen
Palpen rostbraun. Spw. 19 — 22 mm. — Raupe walzenförmig, kaum merkbar flach-
gedrückt, gegen beide Enden schwach verjüngt, Ober- und Unterseite einfach
hyazinthrot. kurz weißlich grau behaart. Kopf und Nackenschild glänzend, braun-
schwarz, ersterer mit tief eingebuchtetem Hinterrand (Wachtl, 1882).
Die \-on Ratzeburg (W. II. 410) als margarolana bezeichnete Art stimmt
nicht mit der H e r ri c h - S c h ä ff e r sehen Art überein, sondern ist mit der von
Wocke später beschriebenen relijerana identisch. Auch Wachtl (1878J sind
mehrfache Verwechslungen unterlaufen: Die von ihm 1878 beschriebene Raupe ge-
hört Dioryclria abielella und die von ihm zitierte von H ei nem annsche Be-
schreibung des Falters der reliferana Wocke an.
Nach späteren Angaben Wacht Is (1882) lebt die Raupe von margarolana W.?,.
in Tannenzapfen, der Angriff erfolgt zumeist nahe der Ansatzstelle des jungen
Zapfens. Die Verpuppung erfolgt im Juli, August; die Puppe überwintert.
Evetria resinella L.
K i e f e r n h a r z g a 1 1 e n w i c k 1 c r.
Taf. III, Fig. 9.
Ratzeburg: Tori rix (Coccyx) resinana L. — Altum: Relinia resinella L. — Nitsche:
Tori rix (Relinia) resinella L. — Wolff-Krauße: Evetria resinella L.
Falter: Kopf, Fühler, Brust und Hinterleib dunkelbraun mit hellgrauer Be-
stäubung. Vorderflügel dunkel schwarzbraun mit stark glänzenden bleigrauen
Wellenlinien, die aus mehr oder weniger deutlichen weißen Häkchen am Vorder-
rande entspringen. Die Bleilinien sind entweder deutlich und bestimmt, gleichmäßig
abgesetzt über den ganzen Flügel verteilt oder mehr oder weniger zusammenfließend
und nur schmale Linien der Grundfarbe übrig lassend. Fransen meist dunkelgrau.
Hinterflügel braungrau mit sehr hellgrauen Fransen, die am Grunde eine breite,
dunkle Teilungslinie haben. Spannweite 16—21 mm, Größe also sehr wechselnd.
Das Ei beschreibt Büsgen (1898) „hellgelb, \on der Gestalt eines Schildes
einer nur wenig konvexen Schildlaus". Es sitzt ,,mit einer nicht ganz kreisrunden,
ebenen Fläche dem Substrat auf und ist auf der Gegenseite schwach gewölbt".
Breite ca. i mm. Etwa 8 Tage nach der Ablage nehmen die Eier eine dunkelgelbe
Farbe an, und nach weiteren 8 Tagen etwa wird in ihnen der Kopf der jungen
Larve als schwarzes Pünktchen sichtbar." Nach Gasow, der diese Beschreibung
Büsgens nach beinahe 30 Jahren in einigem ergänzt, ist das resinella-YÄ „plankonvex
und von länglich-rundem, mehr oder weniger völlig elliptischem Grundriß und da-
durch dem buoliana-YÄ (siehe oben, S. 283) sehr ähnlich. Als Größenmaße gibt
Gasow 1,1X0,8 (bis 0,9) mm an.
Raupe großköpfig, gelbbraun (bis gelb) mit kleinen dunklen Wärzchen,
Kopf dunkelbraun, Nackenschild und Analklappe heller braun (oder bisweilen auch
ockergelb).
Puppe am Vorderteil dunkel, fast schwarz gefärbt, von ziemlich gedrungener
Form, mit etwas gehöhlter Stirne und einer ähnlichen Hervorragung wie bei
Unterordnung: Micro] epidoptera, Familie Tortricidae.
295
buolidiia. Stachelkranz hinten um den After nicht sehr stark, vorne und an den
Seiten nur durch einige haartragende Höckerchen angedeutet (Abb. 247 t.
Die geographische Verbreitung erstreckt sich über ganz Europa,
von England bis Rußland und von Lappland bis Spanien. Als Fraß-
pflanze ist bis jetzt nur die Kiefer bekannt, und zwar die gemeine
Kiefer und die Krummholzkiefer (Piniis /nontana Mill.).
Abb. 246. Evelria resinella L. (Harz-
gallenwickler 1. 2^ oX.
A B
Abb. 247. A Puppe (Ventralansicht 1,
B Hinterende (stärker vergrößert) von
Ei'elria resinella L.
Nach Ratzeburg.
B ionomie.
Der Harzgallenwickler gehört zu den gemeinsten und (infolge der auf-
fallenden Harzgallenbildung) zu den bekanntesten Wicklern, so daß schon
in der alten Literatur eingehend darüber berichtet wird (Rösel v. Rosen-
hof u. a.). Trotzdem sind manche wesentliche Züge seiner Bionomie erst in
den letzten Dezennien geklärt worden, und sind auch heute noch einige un-
gelöste Fragen vorhanden.
Im Gegensatz zu den Triebwicklern hat resiiiella eine zweijährige
Generation nach der Bioformel:
56 — 6, A, 4
45 + 56
Die Flugzeit fällt in die Monate Mai und Juni, die meisten Autoren
stimmen hierin überein. Bus gen erhielt seine Falter zu Beginn des Juni,
Gasow Ende Mai (der erste Falter schlüpfte am 23. Mai, die weiteren er-
schienen in den folgenden Tagen). Schon am nächsten Tag nach dem Aus-
schlüpfen findet die Kopula statt. Nach Baer (Escherich und Baer,
1908) hat resinella nur alle zwei Jahre ein Flug jähr, und zwar in den Jahren
mit gerader Zahl, also 1900, 1902, 1904 usw. (ebenso wie Saperda populnea,
s. Bd. II, 263). „Dies trifft nicht nur für ganz Mitteldeutschland und Hol-
land, sondern ebenso auch für Dänemark zu, worauf — wenigstens für die
Jahre 1890, 1892, 1894 — schon Boas' Landsmann Borries aufmerksam
macht."
Die Eiablage ist im Freien noch nicht beobachtet worden. Im
Zwinger strebten die Weibchen nicht zu den Kiefernzweigen, sondern zu den
hellsten Stellen des Zwingers, hier legten sie die Eier einzeln oder in un-
regelmäßigen Gruppen ab. Nach den Beobachtungen an biioliana (s. oben,
S. 285) nimmt Gasow (1925) an, daß die Eier an den Langtrieb des dem
296 II- Spezieller Teil.
endständigen Knospenquirl zugekehrten Zweigendes und eventuell an seine
Nadelscheiden abgelegt werden. Das Eistadium dauert nach Büsgen
2 — 3 Wochen.
Die frisch geschlüpften Räupchen streben im allgemeinen den Spitzen
der eben in der Entwicklung begriffenen Sprosse zu und beginnen, „bald sich
dicht unterhalb des Knospenquirls heimisch zu machen" (Büsgen). Wäh-
rend des nun folgenden Fraßes des Räupchens in der Triebrinde entsteht
die bekannte Harzgalle i). Über die Art der Entstehung war man lange im
unklaren, die meisten Autoren (Ratzeburg, Altum, Nitsche, Eck-
stein u. a.) sprechen kurzweg von „Harzausfluß" oder ,, gallenartigem Aus-
treten des Harzes" (Altum) als Folge des Rindenfraßes. So schreibt
Ratzeburg (F. 2ii): „Ich habe die Gegenwart des Räupchens immer erst
im Herbst in dem Harzausfluß unterhalb des Knospenquirls entdecken
können. Diese kleine Harzgalle hat die Größe einer Erbse. Daß sie nicht
zwischen den Knospen ihre Entstehung gehabt hat wie die Harzausflüsse
bei btiolia?ia und turionana, geht daraus hervor, daß zwischen ihr und dem
Knospenquirl immer noch einige Nadelpaare stehen. Diese Galle führt schon
bis auf das Mark des Triebes, welches hier mißfarbig erscheint und eine
längere Rinne von 6 — 8 mm neben sich hat. Im nächsten Frühjahr arbeitet
die innerhalb dieser Galle und im Innern des Triebes hausende Larve weiter
und veranlaßt dadurch einen neuen und stärkeren Harzausfluß, welcher sich
im Mai noch durch seine hellere (gelblich weiße) Farbe und seine Weiche
von dem vorjährigen unterscheidet. Diese Galle ist anfangs noch ganz dünn
wie ein Kartenblatt, wird aber durch den stets erneuten Harzzufluß immer
dicker und dicker, bis ihre Wände am Ende des Sommers eine Dicke von
2 mm erlangt haben. Die vorjährige kleine Galle ist dann von außen nur
noch durch eine kleine Einschnürung zu unterscheiden. Beide sind zu einer
etwa kirschgroßen, länglichen, schmutzigweißen Galle verschmolzen, die den
Zweig dicht unter dem Quirl der diesjährigen, schon mit Knospenquirlen
besetzten Triebe zuweilen fast ganz oder doch bis zwei Drittel umgibt. Im
Innern derselben hat sich eine vertikale Wand gebildet. Links von derselben
ist die mit Harz ausgegossene, 12 — 16 mm lange Hauptröhre der Raupe im
Innern des Zweiges und rechts von derselben befindet sich noch ein Kanal,
welcher sich dicht unter der äußeren Wand fortzieht, mit der Hauptröhre
kommuniziert und dadurch entstanden ist, daß sich die diesjährige Galle an
die vorjährige anlegt. In dieser Nebenkammer findet man den meisten Kot,
sie scheint der Raupe also nur als eine Art Abtritt zu dienen. Oft hat aber
auch die Hauptröhre die Nebenkammer zu beiden Seiten. Der Teil des
Zweiges, welcher nicht von der Galle besetzt ist, erscheint infolge des unter-
halb des Quirls zerstörten Saftlaufes dick und aufgetrieben." So genau und
zutreffend in allen sonstigen Angaben die Ratzeburgsche Schilderung ist, so
gibt sie über einen Punkt nur ungenügende Auskunft, nämlich über die Art
der Entstehung der Harzgalle.
Die Lücke wurde erst 60 Jahre später durch Büsgen (1898) ausgefüllt,
der den Gang der Entstehung der Galle genau beobachtete und feststellte,
daß es sich dabei nicht um einen einfachen Harzausfluß, sondern um einen
richtigen mühsamen Aufbau durch die Raupe handelt, die gewissermaßen
1) Nach Trägärdh (191 5) frißt die junge Raupe zuerst an der Basis der
Nadeln.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
297
Stein für Stein herbeischafft. Die Schilderung ist so interessant, daß ich sie
hier wörtlich folgen lasse:
„Zuerst wurde ein dünnes Gespinst angelegt," schreibt Bus gen, „welches sich
zwischen der Sproßachse und den unteren Teilen einiger nahestehender Nadelpaare
ausspannte und der Raupe ein zeltartiges Ohdach bot. Dann begann das Abnagen
der Sproßrinde und gleichzeitig eine höchst eigentümliche Verbesserung des Zelt-
daches. Ganz deutlich war mit der Lupe zu beobachten, wie von Zeit zu Zeit der
Raupenkopf sich dem Gespinst zuwandte und dort einen glänzenden Tropfen aus-
schied, der in Alkohol löslich, also doch wohl Harz war. In ziemlich kurzer Zeit
wurde so das ganze Gespinst mit Harz imprägniert und so zu einer wasserdichten
Decke gemacht.
Auf welche Weise das Tier das Harz an das Gespinst heranbrachte, war nicht
genau zu sehen. Dem Anscheine nach spuckte es die Harztröpfchen aus, es ist aber
A B .. .
Abb. 248. Fraß von Evetria resineUa L. an Kiefer. A einjährige, B zweijährige
Galle, aufgeschnitten. Nach Ratzeburg (aus Nitsche).
auch nicht ausgeschlossen, daß es dieselben zwischen seinen Kiefern und nicht im
Schlünde herbeitransportierte. Die Herkunft des Harzes kann nicht zweifelhaft sein.
Kiefernsprosse des betreffenden Alters — also von zwei bis drei Monaten — führen
nicht allzu tief unter ihrer Oberfläche einen Ring von Harzkanälen, welche bis in
die Gipfelknospen hinaufreichen und Seitenkanäle in die Nadeln hineinsenden. Aus
diesen Kanälen tritt, wenn die Raupe sie anbeißt, Harz hervor, aber nicht so rasch
und massenhaft, daß sie desselben nicht Herr werden könnte. Erst an den älteren
Teilen der heurigen Sprosse erfolgt beim Öffnen eines Harzganges momentan ein
stärkerer Ausfluß.
Mit der Herstellung des mit Harz imprägnierten Daches ist übrigens die Bau-
tätigkeit der Raupe noch nicht abgeschlossen. Das dünne Zelt reicht durchaus noch
nicht hin, sie gegen Angriffe von außen zu schützen.- Die Raupe beginnt alsbald
an seiner Verstärkung zu arbeiten. Wie so viele Pflanzenschädlinge benutzt sie als
298 II- Spezieller Teil.
Material zu weiterer Bedeckung die unverdaut ausgeschiedenen Reste ihrer Nahrung.
Diese letztere besteht aus den Zellen der Oberhaut, der Rinde und des Holzes der
besiedelten Kieferntriebe. Von den kräftigen Mundwerkzeugen abgenagt, durch-
wandern dieselben den Verdauungskanal der Raupe und werden dabei ihrer stick-
stoffhaltigen Substanzen und ihrer Stärke beraubt, wie durch mikroskopische Unter-
suchung der Exkremente sich feststellen läßt. Die Zellulosezellwände und die aus
Holzsubstanz bestehenden Stücke der zerkauten Tracheiden sind darin noch gut er-
kennbar, speziell geben die ersteren noch die charakteristische Reaktion mit Chlor-
zinkjodlösung. Zu kleinen rundlichen Klumpen zusammengeballt liefern die Reste
ein vortreffliches Baumaterial. Auch an Mörtel zum Bau fehlt es nicht. Als solcher
dient wieder das langsam aus den angebissenen Kanälen sich ergießende Harz. Da
es unter dem Schutze des Zeltdaches lange flüssig bleibt, breitet es sich auf dem
Boden der Fraßstelle aus und wird von den beschriebenen Exkrementen wie von
kleinen Schwämmen aufgesaugt. Diese harzdurchtränkten Bröckchen aber erfaßt die
Raupe mit ihren Kiefern, um sie mit großer Gewandtheit dem Zeltdache anzukleben
und außerdem noch gründlich festzuspinnen. Im Laufe der Zeit erfährt übrigens das
Gebäude noch eine Vergrößerung. Während der Bau fortschreitet, wird noch ein
Stück angeflickt, das als blasenförmige Erweiterung an der Seite des ursprünglichen
Zeltes hervortritt. Auch der Innenraum der Wohnung erfährt eine Ausgestaltung.
Durch den Fraß der Raupe wird eine Triebstrecke von etwa 2 cm Länge auf ihrer
Oberseite der Rinde beraubt. Auch der Holzkörper wird ausgehöhlt und von der
offenen Stelle aus sowohl nach der Basis, als nach der Spitze des befallenen Triebes
hin ein kurzer Kanal ausgefressen. Vom Rande der Wundöffnung her beginnt nun
schon im ersten Fraßjahre sich ein aus Harz und viel Gespinstmasse mit verhältnis-
mäßig wenig Exkrementbröckchen erbautes Tonnengewölbe zu erheben, welches oben
mit einem Längsschlitze gegen den übrigen Zeltraum geöffnet bleibt. Es ist dies der
Teil der Wohnung, welcher später, auf der Innenseite mit neuen Gespinstmassen aus-
tapeziert, als Puppenwiege dienen wird. Vom Fraßgang aus schief aufsteigend,
reicht er bis an das Zeltdach heran, dessen weitere Verdickung an der Berührungs-
und späteren Durchbruchsstelle nun unterbleibt. Der übrige Raum zwischen Puppen-
wiege und Zeltdach füllt unter Erweiterung sich allmählich mit Exkrementbröckchen,
welche bald mehr, bald weniger von Gespinstfäden und Harz durchsetzt sind.
,,So stellt die ganze Harzgalle ein ziemlich kompliziertes Ge-
bäude dar, welches einer eigentümlichen Bautätigkeit des
G a 11 e n t i e r e s sein Dasein \- e r d a n k t und durchaus nicht zu ver-
gleichen ist mit den H a r z a u s f 1 ü s s e n , welche sonst bei V e r -
wundungen der Nadelhölzer sich bilden. Daß die Harzansamm-
lung so bedeutend wird, erklärt sich daraus, daß der dauernde Fraß der
Raupe keine völlige Vernarbung der Wunde zuläßt. Wenn solche, wie es
wirklich geschieht, an einer Stelle eintritt, ist anderswo wieder ein Harzgang
angebissen, so daß es dem Baumeister nie an Mörtel fehlt. Übrigens ist
der Harzgehalt der Galle gar nicht so groß, wie es den Anschein hat. Bringt
man Gallen in Spiritus, welcher ihr Harz löst, so sieht man überrascht, daß
sie nicht viel von ihrer Größe einbüßen. So lange das Präparat in der
Flüssigkeit weilt, zeigt es sogar so ziemlich dieselbe Form wie vor der Weg-
lösung des Harzes. Man erkennt jetzt, wie groß der Anteil von Gespinstmasse
an dem Ganzen ist. Nimmt man freilich die harzfrei gewordene Galle her-
aus, so fallen ihre nicht mehr durch das hartgewordene Harz gesteiften
Wände zusammen und man hat nur einen mehr oder weniger formlosen
Exkrementklumpen vor sich, der aber immer noch beträchtliche Größe
besitzt"!).
1) Danach hätte der von Krauße während der Zeit der Harznot im Kriege
gemachte Vorschlag, die res/nella-Gallen zur Harzgewinnung heranzuziehen, keinen
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 299
Interessant ist auch die Beobachtung Büsgens, daß die Raupen unter
Umständen (wenn z. B. die Triebspitzen frühzeitig eintrocknen) ihren bereits
begonnenen Bau verlassen (indem sie das Zeltdach durchnagen), um sich
näher an der Basis des betreffenden Zweiges anzusiedeln i).
Die Verpuppung findet nach zweimaliger Überwinterung der Raupe,
also im 3. Kalenderjahre statt, und zwar in den Monaten April, Mai
(Gasow). \'erschiedentlich wird der März als Verpuppungsmonat ange-
geben, doch dürfte es sich hier, wenigstens im Freiland, um Ausnahmen
handeln.
Das Schlüpfen der Falter findet nach etwa vierwöchiger Puppen-
ruhe im Mai und Juni statt (s. oben S. 295). Wie die Puppe sich aus der
Harzgalle herausarbeitet, hat Büsgen (1898) sehr anschaulich beschrieben:
„Die bei niedriger Temperatur fast steinharte Harzmasse zu durchbrechen,
würde ihr wohl unmöglich sein, sobald aber das Harz in der Morgensonne
erweicht, sieht man an einem, gewöhnlich dem Vorderende der Galle benach-
barten Punkte eine Anschwellung auftreten. Dieselbe vergrößert sich rasch,
und bald wird in ihrem Zentrum, noch von Harz bedeckt, das Kopfende der
Puppe sichtbar. Immer wieder taucht das Tier aus der Harzmasse empor,
immer dünner wird die es bedeckende Harzschicht, bis sie endlich zerreißt
und die Puppe frei zutage tritt. Keine Spur von Harz bleibt dabei an ihr
hängen. So glatt und unbenetzt kommt sie zum Vorschein wie etwa ein Glas-
stab, welchen man in Quecksilber eingetaucht hat. Die fortschreitende Be-
wegung der Puppe im Harze ist eine Folge vom Drängen des eingeschlos-
senen Schmetterlings nach ihrem Vorderende hin. Dieses Drängen dauert
fort, nachdem sie das Harz durchbrochen hat, und führt nun zur Sprengung
der Hülle und zum Ausschlüpfen der Imago. Die Puppenhülle bleibt dabei
etwa bis zur Hälfte im Harze stecken, hier noch schwach festgehalten durch
doppelte Querreihen kurzer, rückwärts gerichteter Borsten auf den Hinter-
leibsringen, welche bei der Schiebung oder Wanderung vom Puppenlager
ans Tageslicht eine nützliche Rolle gespielt haben. Eine Viertelstunde etwa
dauert der ganze Vorgang der Befreiung des Schmetterlings, worauf dessen
erste Sorge ist, sich an eine benachbarte Kiefernadel anzuklammern, um dort
seine Flügel sich entfalten zu lassen."
Befallen werden meist junge Kiefern (6 — i o j ä h r i g e ) auf
kümmerlichen, dürftigen Böden. Doch kann man die Gallen nicht
selten vereinzelt auch an den Seitenzweigen älterer Bäume (Stangenholz und
Altkiefern) finden. Weitaus in den meisten Fällen werden auch an den
jungen Kiefern lediglich die Seitenzweige angegangen, ganz ausnahmsweise
auch die Höhentriebe (AI tum, F. 186).
Der Befall wechselt übrigens stark nach den Jahren; in manchen Jahren
sind kaum frische Gallen zu finden, in anderen hinwiederum treten sie un-
gemein zahlreich auf. Klimatische Verhältnisse in Verbindung mit stärkerer
oder schwächerer Parasitenentwicklung (s. unten) werden an diesen Schwan-
kungen den Hauptanteil haben.
allzu großen Erfolg versprochen. Übrigens wurde auch schon von Treitschke,
dem sich Ratzeburg anschließt, eine technische Verwertung der Harzgallen emp-
fohlen, nämlich ,,zur Gewinnung von Kienruß".
1; Bei künstlichen Verletzungen der Gallen blieben bei Büsgens Versuchen
die Raupen in ihrem alten Bau, letzterer wurde rasch repariert.
300 II. Spezieller Teil.
Die Folgen des Fraßes sind nach dem oben Gesagten im allge-
meinen weit geringer als bei den Triebwicklern, zumal noch dazu
kommt, daß die Knospen der befallenen Zweige für gewöhnlich nicht ein-
gehen, sondern sich normal weiterentwickeln, so daß dann die zweijährige
Galle an dem vorjährigen Trieb liegt.
Allerdings kann es unter ungünstigen klimatischen und schlechten
Standortsverhältnissen auch zu einem Absterben der Knospen kommen, so
daß also in solchen Fällen, wo es sich z. B. um Dünenaufforstungen han-
delt, resmella forstlich doch auch recht unangenehm werden
kann (zumal wenn sie, was sehr häufig vorkommt, mit den verschiedenen
Triebwicklern zusammen auftritt).
Die Erkennung des resinella-YrSi&QS wird durch die charakteristische,
weithin sichtbare Harzgalle so gesichert, daß eine Verwechslung mit anderen
Kiefernschädlingen ausgeschlossen ist. Selbst die kleine, eben erst im Ent-
stehen begriffene Galle ist an ihrer Lage sofort zu erkennen und von durch
andere Schädlinge, vor allem die Triebwickler, verursachten Harzausfluß
leicht zu unterscheiden.
Eine Bekämpfung wird sich nur bei starkem Befall und wo be-
sonders ungünstige forstliche Verhältnisse vorliegen, lohnen; sie kann nur in
einer mechanischen Vernichtung der Harzgallen bestehen, durch Abbrechen
derselben oder Abschneiden des Triebes unterhalb der Galle. Eine Ver-
wertung der Gallen wird unter normalen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht
in Frage kommen (s. auch oben S. 298 Anm.).
Der Vermehrung von resinella steht ein großes Heer von natür-
lichen Feinden gegenüber. Werden schon vom Buntspecht viele Gallen
aufgehackt, so stellen Dutzende von verschiedenen Parasiten -Arten den
verschiedenen Entwicklungsstadien des Harzgallenwicklers nach.
Von Tachinen wurden außer den beiden schon oben bei biioliana
genannten Actia pilipejinis Fall und crassicornis Fall noch Actia iiifa/i/,i/la
Zett. und Zenillia resinellae Girsch. gezogen (Baer).
An Schlupfwespen sind mehrere Dutzend Arten als resinella-
Parasiten bekannt, von denen folgende genannt seien: Ichnemoniden:
Angitia chysostica Grav., vestigialis Rtzb., Clistopyga incitator F., Ephialtes
brischkei D.T., strobilorum Rtzb., Glypta incisa Grav., resinana Htg., tenui-
cornis Thoms., Hemiteles coriarius Taschb., Limiterium assimile Grav., rami-
dulum Brischke, Lissonota hortorum Grav., parallela Grav., variabilis Holmgr.,
Pimpla brevicornis Grav., diluta Rtzb., graminella Sehr., inquisitor Scop.,
H/warisKtzb., maculatorY., orbitalis Ktzh., ptmctulata Ktzh., resinellae'L., n//i-
collis Grav., terebrans Rtzb., variegata Rtzb., Polyblastiis calcator Müll., Scam-
bus sagax Htg., Thero?iia atala?itae Poda, Tryphon integrator Müll. — Bra-
coniden: Apanteles octonarius Rtzb., Aphidius inclusiis Rtzb., Orgilus ob-
scurator Nees, Rhogas interstitialis Rtzb. — ■ Chalcidier: Entedon geni-
ciilatifs Htg., Pteromalus guttala Rtzb., Torymtis resinanae Rtzb. — Procto-
trupiden: Platygaster miccrouatus Rtzb.
Gattung Argyroploce Hb.
Syn. Olethreutes Hb.
Besonders charakteristisch für die Gattung Argyroploce sind zwei sekundäre
Sexualcharaktere; beim Männchen tragen die Hinterschienen einen ausspreizbaren
[. Unterordnung: Micro! epidoptera, Familie Tortricidae.
301
Haarbüschel, allerdings von verschiedener Länge (Abb. 249 B ) ; außerdem sind die
Hinterflügel des Männchens am Dorsalrand mehr oder weniger stark eingerollt und
die kleine Rolle wieder nach der Dorsalseite geschoben, oft mit verdickter Leiste
darin (Abb. 249 D).
Alle anderen Merkmale sind weniger von Bedeutung. Thorax geschöpft
(Abb. 249). Auf den Hinterflügeln sind Adern rr und m^ basalwärts stark ge-
nähert, nio, und cuy entspringen dicht beisammen oder aus einem Punkt, //?.> ist
basalwärts m^ angenähert (Abb. 249 C).
Die Gattung Argyroploce enthält zahlreiche Arten (Spuler führt
59 europäische auf).
.,Die Raupen leben teils ektophytisch als Blattroller, , .Wickler" im
engsten Sinn des Wortes, andere dagegen ebenfalls äußerlich zwischen un-
regelmäßig versponnenen Pflanzenteilen, sehr zahlreich endlich endophytisch
AB C
249. Argyroploce cf, A Kopf und Thorax
^-\
D
Abb. 249. Argyroploce cf, A Kopf und Thorax (Seitenansicht), B Hinterbein mit
kleinem Haarpinsel, C Flügelgeäder (Hinterflügel rr und Wj, Wj und (^//^ entspringen
stark genähert, bzw. aus einem Punkt, x Dorsalumrollung), D Umrollung des Dorsal-
randes der Hinterflügel. Nach Kenne 1.
in Samenkapseln, Stengeln und Wurzeln. Während die i. und 2. Gruppe in
der Regel in kurzer Zeit im Frühling und Sommer ihr Wachstum vollenden
und teilweise in zwei Generationen auftreten, brauchen die endophytischen in
der Regel längere Zeit, und überwintern als Raupen, um sich im Frühling
zu verpuppen" (Kenne 1).
Forstlich kommt der Gattung Argyroploce nur geringe Bedeutung zu,
es sind nur zwei Arten (hercyniafia Tr. und lacunana Dup.) in der forst-
entomologischen Literatur erwähnt, dagegen enthält sie einige landwirtschaft-
lich sehr schädliche Arten, wie Arg. variegana Hb. (Grauer Knospenwickler),
der durch Zerstören der Knospen dem Obstbau empfindlichen Schaden zufügt').
Argyroploce hercyniana Tr.
Großer Fichtennadel wickler.
Taf. III, Fig. 10.
Ratzeburg: Tor (rix (Coccyx) Clausthaliana Rtzb. — Nitsche: Tortrix (Penlhina)
hercyniana Tr. — Nüßlin-Rhumbler: Grapholilha (Olethreules) hercyniana Tr. —
Wolff-Krauße: Argyroploce hercyniana Tr.
Falter: Kopf, Fühler, Brust und Leib sowie Grundfarbe der Vorderflügel
sepiabraun, letztere mit feinen, weißlichen Flecken, die unregelmäßig bindenartig
1) In den Tropen gibt es eine ganze Reihe sehr schädlicher Argyroploce-
Arten, z. B. im Zuckerrohr, in Früchten usw.
302
II. Spezieller Teil.
Abb. 250. Argyroploce hercyniaiia
Tr. (= clausthaliana Rtzb.), Großer
Fichtennadelwickler. 2 1/2 X-
vereint den Flügeln ein feingegittertes Aussehen geben. Sie entspringen teilweise
aus den Häkchen des Vorderrandes, von denen bei guter Ausbildung die beiden
ersten einfach, die beiden folgenden doppelt und
das letzte, am weitesten wurzelwärts stehende,
dreifach geteilt ist. Fransen hellbraun mit ein-
zelnen weißen Fleckchen. Hinterflügel graubraun
mit helleren, dunkler geteilten Fransen. Spann-
weite 13 — 16 mm (Abb. 250).
Raupe schmutzig braunrötlich, Kopf, Brust-
füße und der Hinterrand des Xackenschildes
schwarz.
P u p p e dunkel, fast schw ärzlich braun.
Hercyiiiaiia wurde von Ratzeburg im
Harz beobachtet in Höhen von 400 — 700 m,
sie kommt auch sonst in Mittel- und Nord-
deutschland vor, ferner in Österreich, Ungarn,
der Schweiz, in Holland, Finnland, West-
rußland und Lappland. Als Fraßpflanze gibt Ratze bürg die Fichte an,
S p u 1 e r nennt Fichte, Tanne und Kiefer.
Sie fliegt von Mitte Juni bis Ende Juli. Die Raupe lebt in den stark
benadelten Zweigen junger Fichten und auch an den Wipfeln stärkerer
Bäume, wo sie sich zwischen den Nadeln ein Gespinst machen und die
Nadeln außen anfrißt. Zur \^erpuppung zieht sie 6 — 8 Nadeln zu einer Röhre
zusammen, die inwendig mit weißem Gespinst ausgekleidet ist. Vor dem
Ausschlüpfen schiebt sich die Puppe zur Hälfte aus dem Gespinst her\or
(Ratzeburg, F. 224).
Die forstliche Bedeutung ist nur gering, da //ercy/iia/ia nicht zur
Massenvermehrung zu kommen scheint.
Argyroploce lacunana Dup.
Falter: Vorderflügel olivgrün, Wurzelfeld schwarz gewellt, das folgende helle
Querband etwas gebogen, am Vorderrand breiter als am Innenrand, grünlich weiß
mit bleiglänzenden und schwärzlichen Wellenlinien. Die dunkle Mittelbinde nur wurzel-
wärts scharf begrenzt, olivgrün mit schwarzen Querwellen
und großen Bleiflecken. Auf die Mittelbinde folgt saum-
wärts ein gebogener Bleistreif. An der Costa 3 dunkle
W^_^.. I|i?i| Häkchen. Saumstreif olivgrün, mit dem 3. Costalhäkchen
iKnrJm^^^^l^ft^ sich verbindend, spitzenwärts von einem Silberstreif und
dieser von einem dunklen Schrägstreifchen aus dem i. Costal-
häkchen gefolgt. Apex mit schwarzem Fleckchen. Fransen
gelblich, nach außen bräunlich, an der Stelle des Saum-
streifs sowie am Tornus dunkel. Hinterflügel schwarzbraun,
Spannweite 18 mm (Abb. 251).
Die Färbung und Zeichnung ungemein variabel, was
zur Aufstellung einer Reihe von Varietäten geführt hat.
Auch die Raupe sehr variabel, von schwarz oder
dunkelbraun bis grauweiß, gelblich oder grün, Kopf, Nacken- und Analschild schwarz
oder hellbraun. Länge 10 mm.
Die Art, die mehrere Generationen hat, ist den ganzen Sommer über
einer der häufigsten Wickler. Die Raupe lebt polyphag zwischen versponnenen
Blättern und Blüten aller möglichen Laubpflanzen und Kräuter. Ding 1er
(1929) berichtet von ihrem Vorkommen auf Buchensaat, und zwar zwischen
den von ihr zusammengesponnenen Cotyledonen. „Sie frißt in der Haupt-
Abb. 251. Argyroploce
lacunana Dup. i^ oX.
Unterordnung: Micro] epidoptera, Familie Tortricidae.
H03
Sache an den chlorophyllhaltigen Bestandteilen der Cotyledonen, die daher
auch an ihrer Basis zu kleineren oder größeren weißen Inseln skelettiert
erscheinen." Der Sproß zwischen den zusammengesponnenen Blättern war
verkümmert, ob die Raupe sich von ihm ernährt, war nicht mit Sicherheit
festzustellen. Eine größere forstliche Bedeutung scheint lacunana Dup. nicht
zuzukommen.
Gattung Cymolomia Led.
Der Hauptunterschied gegenüber der vorigen Gattung besteht darin, daß der
stark umgerollte Dorsalrand am Hinterflügel des Männchens zipfelförmig vortritt
(Abb. 252).
Eine kleine Gattung mit nur zwei europäischen Arten, von denen die
eine an Baumstämmen (Laubholz), in faulendem Holz oder im Moos in
röhrenförmigen Gespinsten lebt, die andere in und an den Nadeln von
Koniferen. Nur die letztere Art (hartigiana Rtzb.) hat Eingang in die forst-
entomologische Literatur gefunden.
Abb. 252. Cymolo)riia. Umrollung des
Dorsalrandes der Hinterflügel beim cf.
Nach Kennel.
Abb. 253. Cymolomia hartigiatia Rtzb.
(Gabelbindiger Fichtenwickler).
2'/,X.
Cymolomia hartigiana Rtzb.
Tat. III, Fig. iK
Ratzeburg: Tori rix (Sciaf^hila) liarligiana Sxs. — Nitsche: Tori rix (Gra [^holilJin,
Cymolomia Led.) Jiarligiana Rtzb.
Falter: Kopf, Fühler, Brust und Hinterleib sowie Grundfarbe der Vorder-
flügel dunkelbraun. Im kleinen Wurzelfelde eine bleifarbene Querlinie, dann ein
mittleres braungelbes Feld, das durch eine bleigraue Querlinie in zwei Teile geteilt
ist. Saumfeld groß, von dunkler Grundfarbe, durch einige aus den bleigrauen
Häkchen des Vorderrandes entspringende und nach dem Innenrande zu zusammen-
fließende breite Querbinden durchsetzt. Die ganze Zeichnung ist oft sehr undeut-
lich. Hinterflügel blaugrau mit etwas helleren, dunkel geteilten Fransen. Spann-
weite 13 mm (Abb. 2531.
Raupe mit hellbraunem Kopfe, der jederseits hinter den Ocellen einen
schwarzen Fleck trägt, und grünlich braunem Nackenschilde. Letzter Ring ganz grün.
Puppe mit einem gezähnten hakenborstigen Aftergriffel und mit stark her-
vorragender, nach hinten in einen breiten Kamm auslaufender Stirn (Abb. 254^.
Der in Norddeutschland, Livland bis Petersburg vorkommende Wickler
wurde von Hart ig bei Berlin gefunden und von Ratzeburg beschrieben.
Als Fraßpflanze gibt Ratzeburg die Fichte an. Spul er die Fichte
und Tanne.
Der Falter schwärmt von Mai bis Juli (nach Kennel „von Mitte Juni
bis in den August, besonders um Fichtenhecken"), die Raupe miniert zu-
nächst in den Nadeln, wobei sie wie tedella (s. unten S. 348) nur ein Loch
in dieselben macht und eine Anzahl Nadeln zusammenspinnt. Später lebt sie
304
II. Spezieller Teil.
äußerlich in dem Gespinst und frißt die Nadeln von außen ab. Bisweilen
bleiben die Knospenschuppenhauben als „Mützchen" durch Spinnfäden be-
festigt an den Trieben hängen wie bei Semasia ratzebi/rgia/ia Rtzb., Asfhenia
pyg77taeana Hb. u. a.
Nach Spuler dauert das Raupenstadium von August bis April. Nach
Ratzeburg soll die Verpuppung größtenteils schon im Herbst im Boden
stattfinden, ,,doch müssen auch einzelne Raupen überwintern, da man aus-
gewachsene Exemplare während der Schwärmzeit im Frühjahr vorfindet, die
sich im Juli zwischen den Nadeln verpuppten" (F. 230).
Wenn hartigiafia bis jetzt auch noch nicht als forstlicher Schädling auf-
getreten ist, so verdient sie doch als Nadelminierer unser Interesse. Die
Bionomie bedarf noch in manchen Punkten der Aufklärung.
Abb. 254. Puppe von Cymoloiniit liarli-
gia/ia Rtz. (\'entralseite). Rechts Hinter-
ende vergrößert. Nach Ratzeburg.
Abb. 255. Flügelgeäder einer Se>?i(isia-Art
(Hinterflügel rr und w, dicht beisammen,
eine Strecke weit parallel verlaufend, m^
und cu^ gestielt). Nach Kennel.
Gattung Semasia Kenn.
Syn. Steganopiycha Stph., Epinotia Hb.
Kennel hat in der Gattung Semasia alle diejenigen Epibleminae zusammen-
gefaßt, welche weder am Körper noch an den Beinen, noch an den Flügeln be-
sonders bemerkenswerte Auszeichnungen haben. Es fehlen also jede Art von Um-
schlägen an Costa oder Dorsum der Flügel, jede ungewöhnliche Ausbildung irgend-
einer Art, jede Modifikation der Flügelmembran, Haarpinsel an den Beinen oder
Flügeln, besondere Auszeichnungen an Fühlern, Palpen oder Abdomen.
Die mannigfaltigen Verschiedenheiten im Verlauf der Adern auf den Hinter-
flügeln können nicht zur Abtrennung von Gattungen benützt werden, da dieselben
auch innerhalb der bisher aufgestellten Gattungen sogar bei ein und derselben Art
vorkommen.
Fühler fadenförmig, fein bis mittelstark bewimpert, Thorax meist glatt, nur in
wenigen Fällen mit kleinem Schopf. Auf den Vorderflügeln entspringen alle Adern
getrennt voneinander, ^4 und r^ umfassen die Spitze. Auf den Hinterflügeln ent-
springen die Adern rr und m^ dicht beisammen und ziehen eine Strecke weit
parallel, in einigen Fällen gestielt. Adern W3 und cu-^ entspringen entweder dicht
beisammen oder aus einem Punkt oder auch verschieden lang gestielt, oder sie
fallen in ganzer Länge zusammen (hierin kommen alle Übergänge vor zwischen
kurzem und sehr langem Stiel, so daß nur eine ganz kleine Gabelung vorhanden
ist). Ader m^ ist an ihrer Basis stets mehr oder weniger gebogen und dadurch in
ihrem Ursprung an Ader m.^ angenähert.
Die Gattung Semasia enthält über 50 europäische Arten, die biologisch
sich recht verschieden verhalten.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
305
Semasia rufimitrana H.S.
R o t k ö p f i g e r T a n n e n \v i c k 1 e r.
Taf. III, Fig. 12.
Ralzeburg: Tori rix rufimitrana H.S. — Altum: GraphoUUia rufiinilrana H.S. —
Nitsche: Tortrix (Grapholitha, Coccyx. Steganoptycha) rufimitrana H. Seh. —
Nüßlin-Rhumbler: Grapholitha (Steganoptycha) rufimitrana H. Seh. — Wolff-Krauße:
Epinotia rufimitrana H. Seh.
Falter (Abb. 256) recht veränderlieh. Kopf und Brust rostgelb. Vorderflügel
gelbgrau oder graubraun, oft init vielen hellen Bleilinien durchzogen. Wurzelfeld
dunkel, in der Mitte saumwärts scharfwinklig vorspringend, mit verschiedenen hel-
leren Querzeichnungen. Im Mittelfelde eine dunkelbraune, schräge Querbinde, die
oft rostgelb ausgefüllt und von Bleilinien eingefaßt ist. Mittelfeld wurzelwärts von
derselben, wenigstens am Innenrande, oft rostgelb überflogen. Im Vorderwinkel,
über dem rostgelben Spiegel, eine dunkelbraune, verschieden gestaltete Zeichnung.
Vorderrand dunkelbraun, von den hellen Häkchen unterbrochen, Saumrand dunkel.
Hinterflügel einfarbig graubraun mit helleren, von einer dunkleren Teilungslinie
durchschnittenen Fransen. Spannweite 12 — 16 mm (Nitsche).
Eier (Abb. 257) länglich oval mit netzartiger Skulptur aus unregelmäßigen,
länglichen Maschen bestehend, im frischen Zustande gelblich grau.
Abb. 256. Semasia rufimitrana H. S.
(Rotköpfiger Tannenwickler). 2i,2X.
Abb. 257. Eier von Semasia rufimitrana
H. S. A ein Ei stark vergrößert, B Eier-
haufen weniger stark vergrößert. Nach
W a c h 1 1.
Raupe (Abb. 258 A): Kopf (im Gegensatz zu der schwarzköpfigen mtirinana-
Raupe) licht rostrot mit zwei dunkleren Wischen hinter den Punktaugen. Leib matt,
chagrinartig gekörnt, schmutzig grünlichgelb. Ring i rein gelb mit geteiltem
Nackenschilde. Die haartragenden Wärzchen in gewöhnlicher Verteilung, Haare
gelblich. Afterklappe klein, mit einigen Haaren. Länge bis 9 mm.
Puppe (Abb. 258 B) glänzend, gelblich rostrot. Kopf mit 2 langen Haaren.
Hinterende abgestutzt mit 6—9 kurzen Afterdornen auf der Oberseite und 8 dünnen,
langen Hakenborsten. Länge bis 6 mm.
Als Verbreitungsgebiet gibt Kennel an: Mitteleuropa (mit x\us-
nahme von Holland), Nordwestrußland. Rufimitrana scheint (wie Cac. miiri-
nana Hb.) ein ausgesprochenes Tanneninsekt zu sein; außer der Weiß-
tanne (Abies pectiuata D. C.) wird noch die Griechische Tanne (Abies
cepfialotiica Link.) als Fraßpflanze genannt.
Die B i o n o m i e ist in den meisten Punkten übereinstimmend mit der
des schwarzköpfigen Tannenwicklers (Cac. murinana Hb., s. oben S. 230),
so daß auch die Bioformel der dort angegebenen mehr oder weniger gleichen
dürfte.
Über die Flugzeit finden sich verschiedene Angaben. Nach Altum
(F. 198) erscheint der Falter wohl schon Mitte Mai. zumeist erst im Juni,
E scherlich, Forstinsekten, Bd. UI. 20
306
II. Spezieller Teil.
und schwärmt fast bis Ende Juli. Die meisten anderen Autoren lassen die
Flugzeit 14 Tage später als bei miirinana fallen.
Die Eier werden in kleinen Häufchen abgelegt (s. Abb. 257), wahr-
scheinlich (worauf der schlank gebaute, lang vorstreckbare Ovipositor des
Weibchens sowie Zwingerbeobachtungen schließen lassen) in den Rinden-
ritzen der stärkeren Äste und des Stammes.
Die Eier überwintern und die Räupchen kommen im nächsten
Frühjahr mit der Entwicklung der Maitriebe aus. Die Fraßart scheint ganz
ähnlich zu sein wie bei Cac. murinana Hb. (s. dort, S. 232). Nur ist nach
Ratzeburg (W. II. 21) das Gespinst noch fester, auch „stecken die Raupen
darin fester und lassen sich nur schwer unversehrt herausziehen".
Die erwachsenen Raupen lassen sich (Ende bis Mitte Juni) an Fäden
herab und verpuppen sich in der Bodenstreu und in der Moosdecke in einem
mit Erde vermischten Kokon.
Rujimitrana kommt häufig in Gemeinschaft von Cac. murinana Hb. vor,
wobei bald die erstere (wie z. B. bei dem großen böhmischen Fraß), bald
die letztere Art (wie beim Schweizer Fraß) die häufigere ist.
Gewöhnlich werden Alt- und Mittelhölzer befallen, doch teilt
Schimitschek (1909) einen Fall aus den Kleinen Karpathen mit, in dem
Abb. 258. A Raupe (Vorderteil und Hinterende), B Puppe von Semasia rufimitrana
H. S. (a Ventralseite, b Seitenansicht, c Hinterende). Nach Wacht 1.
nur Junghölzer im Alter von 15 — 30 Jahren angegangen wurden, wäh-
rend auf den Mittel- und Althölzern der Umgebung nicht eine Raupe ge-
funden werden konnte. Das Fraßgebiet erstreckte sich auf drei räumlich
getrennte Unterabteilungen von zusammen ungefähr 200 ha, meist Misch-
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 307
vorhanden, daß man im Juni nur mit quer vor das Gesicht gehaltenem Stock
durch diese Bestände gehen konnte, um sich der herabspinnenden Raupen
und Fäden zu erwehren.
Der Fraß selbst ist ungefähr der gleiche wie der von murinana, daher
gilt bezüglich der Erkennung und der Folgen des Fraßes, der
Abb. 259. Frischer Fraß mit Gespinsten von Semasia riifimitrana H. S. Nach
N it sehe.
forstlichen Bedeutung, Bekämpfung usw. das oben bei murinana
Gesagte. Bei der Anwesenheit von Raupen ist die Unterscheidung von
murinana durch den hellroten Kopf ohne weiteres gegeben. — Über die Ge-
schichte der bisher beobachteten Gradationen siehe oben bei murinana
(S. 236).
Semasia ratzeburgiana (Sax.) Rtzb.
Rostroter Fichtenwickler.
Taf. III, Fig. 14.
Ratzeburg: Torlrix (Coccyx) Ratzeburgiana Sxs. — Nitsche; Tortrix CSteganoptycha)
Ratzeburgiana (Sxs.) Ratz. — Wolff-Krauße: Epinotia Ratzeburgiana Rtz.
Falter: Kopf mit Brust gelblich braun, Leib etwas dunkler, Vorderflügel von
rotgelber Grundfarbe, die in dem großen, saumwärts spitzwinklig vorspringenden
Wurzelfelde, besonders an dessen Hinterrande, dunkelbraun bestäubt ist. Ober- und
unterhalb von der vorspringenden Spitze des Wurzelfeldes ein hellerer, weißgelber
Dreiecksfleck am Vorder- und Innenrand. Beide stoßen in der Mitte zusammen
und werden saumwärts von einem breiten, aus der Mitte des Vorderrandes ent-
springenden, schräg nach dem Innenwinkel verlaufenden Band von Grundfarbe be-
grenzt. Diese Binde ist besonders in der Mitte dunkelbraun bestäubt. Saumwärts von
letzterer wieder weißgelbe Zeichnungen, die teilweise aus hellen Häkchen des dunkel
bestäubten Vorderrandes entspringen. Saum dunkel bestäubt und hell unterbrochen.
20*
308
II. Spezieller Teil.
Fransen hell graubraun. Hinterflügel mit helleren, dunkel
geteilten Fransen. Spannweite 12 — 15 mm (Abb. 260}.
Raupe (Abb. 261 A) schmutzig weißgrau, Kopf
klein, hellbraun, Nackenschild geteilt, fast von Körper-
farbe.
Puppe (Abb. 261 B und C) ausgezeichnet durch
lange Fühler, durch abgestutzte Stacheln des letzten
Ringes und den Mangel von Hakenborsten.
K e n n e 1 gibt als Verbreitungsgebiet an:
Mittel- und Nordeuropa, Nordamerika. Die Haupt-
fraßpflanze ist die Fichte (Ratzeburg),
gibt Tanne und andere Nadelbäume an, S p u 1 e r Fichte und
Abb. 260. Semasid rotze-
biirgiana (Sax.) Rtzb. $.
2V2X.
Kenne ]
Kiefer.
Der Falter fliegt ziemlich spät, im Juli und August. „Den Fraß be-
merkt man in den starken Endknospen der Zweige junger, kräftiger Fichten
von 20 — 50 Jahren, auch wohl älterer Bäume, wo die Raupe an der einen
Seite des Triebes gegen die Spitze hin ein tiefes Loch in die dichte, weiche
Masse der zarten, jungen Nadeln frißt. Wenn der junge Trieb sich ent-
wickelt und die Ausschlagschuppen abschiebt, spinnt sie diese an der Spitze
derselben fest, so daß die Knospenschuppenhauben als „Mützchen" an dem
sich weiter entwickelnden Trieb oft bis spät in den Sommer hängen bleiben i)
Abb. 261. Seniasia ralzeburgiana Rtzb. Abb. 262. Junger Fichtentrieb mit von der
A Raupe (Vorder- und Hinterende), B Puppe Raupe von Semasia ratzeburgiana Rtzb.
(^ (Ventralseite), C Hinterende der Puppe. an der Spitze festgesponnenen Ausschlag-
N ach Ratzeburg. schuppen.
Nach Ratzeburg.
(Abb. 262 B). Untersucht man die Fraßstelle näher, so ergibt sich folgendes
Bild: Der junge Trieb ist stets stark gekrümmt, die Vegetationsspitze stets
stark beschädigt, so daß hier keine Knospenanlagen entstehen können, Nadeln
nicht miniert, sondern in einem Längsstreifen auf der Triebunterseite ganz
abgefressen, Triebachse selbst ebenfalls angegriffen." Der Fraß findet sehr
1) Das Vorhandensein der „Mützchen" kommt auch bei anderem Wicklerfraß
^'or, wie auch bei der folgenden Art (nanana).
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
309
frühzeitig statt. Anfangs Juni ist die Fraßstelle bereits von den Raupen
\-erlassen (Baer, 1910).
Forstlich nur unmerklich schädlich, da die Art nicht zu
Massenvermehrung zu kommen scheint.
Semasia nanana Tr.
Kleinster Fichtennadel markwickler.
Taf. III, Fig. 14.
Ratzeburg: Tortrix (Coccyx) nanana Kuhlw. — Altum: Grapholitha (Steganoplycha)
jianana Kuhlw. — Nitsche: Tortrix (Steganopiycha) nanana Tr. — Nüßlin-
Rhumbler: Grapholitha (Steganoptycha) nanana Tr. — Wolff-Krauße: Epinotia
nanana Tr.
Falter: Vorderflügel dunkel graubraun, rötlich schimmernd, mit drei breiten,
hellen Querbinden, die von dunkleren Linien mehrfach durchzogen sind. Kopf oben
bräunlich grau, Gesicht weißgrau. Spannweite 9 — 10 mm (Abb. 263).
Raupe: Färbung meist schmutzig grünlich weiß, zuweilen hell,
seltener dunkelbraun (bei jüngeren Exemplaren). Kopf schwarz, der in
der Mitte geteilte Nackenschild ebenfalls dunkel, wie auch mehr oder
Abb. 263. Semasia nanana Tr. 3 X-
Abb. 264.
Puppe von
weniger die übrigen stark chitinisierten Teile. Ohne Borstenkamm über
dem After. Länge 8 — 9 mm.
Puppe (Abb. 264): Vorderflügelscheiden kurz, auf dem 4. Ab-
dominalsegment endend. Auf den Abdominalsegmenten mit dorsalen Semasia nä-
Dornenkränzen. Mit nur 6 apicalen Hakenborsten (und zwar 4 sehr ;/^//^ Tr.
starken am Dornenkranz des 10. und 2 ventralen am Hinterrand des Nach Baer.
9. Segmentes).
Der kleine Wickler ist über Mittel- und Nordeuropa verbreitet. Seine
Fraßpflanze ist die Fichte (besonders niedere Hecken).
Die Bionomie von nanana ist besonders durch Borries (1895),
W. Baer (1906) und Trägärdh (1915) aufgeklärt worden. Wir folgen
hier in der Hauptsache der sehr gründlichen Darstellung Baers, wonach
die Bioformel sich etwa folgendermaßen gestaltet:
67-8,4
56 + 67
Flugzeit Ende Mai bis Juli (in Dänemark nach Borries Ende Juni
und Juli), das stärkste Schwärmen von Mitte Juni bis Mitte Juli. Baer
beobachtet um diese Zeit „unzählbare Massen der winzigen Falter zu Beginn
der Abenddämmerung um eine Hecke schwärmen".
Die Eiablage findet vermutlich ähnlich der von tedella statt, d. h.
einzeln an Nadeln. Die Raupen kommen noch im Herbst aus und machen
einen ganz charakteristischen Herbstfraß i): Einzelne Nadeln werden
1) Trägärdh (191 5) nimmt an, daß nanana auch im Eistadium überwintert.
310 II- Spezieller Teil.
durch ein kleines Loch fast völlig ausgehöhlt und zeigen infolgedessen ein
bleiches und wenig gebräuntes Aussehen. Es scheint, daß der gesamte
Herbstfraß einer Raupe sich auf eine einzige Nadel beschränkt.
Die Überwinterung der Raupen geschieht in feinen, länglichen, weißen
Gespinsten am Grunde von unverletzten Nadeln (Baer, Borries) oder
auch in der ausgehöhlten Nadel selbst, den Kopf basalwärts gerichtet
(Pomerantzew). Beim Früh jahrsf raß werden 5, seltener 6 — 8 Nadeln
zusammengesponnen (zu „Nestern") wie bei tedella. Die einzelnen Nadeln
zeigen wie bei letzterer fast ausnahmslos nur ein einziges mit Gespinst aus-
gekleidetes Loch nahe der Basis, vor dem sich das zierliche Kothäufchen
befindet. Meist wird die besser besonnte Oberseite bevorzugt.
Die Verpuppung findet gewöhnlich an der Fraßstelle an den Zweigen
statt. Die Puppen befinden sich in feinen, weißen, ziemlich dichten, läng-
lichen Gespinsten, die, öfter mit Kotkrümchen oder feinen Rindenteilchen
verklebt, zwischen einigen Nadeln meist an deren Grund angebracht sind, öfter
auch in Astwinkeln und mit einer gewissen Vorliebe in den Höhlungen älterer
Chermesgallen. „Aus einer einzigen der letzteren schoben sich in einem Falle
nicht weniger als 7 Puppen hervor, so daß dieselbe mit den leeren Hülsen
gleichsam gespickt ein zierliches Präparat lieferte" (Baer). — Ob die Ver-
puppung auch, wie Ratzeburg vermutete, im Boden stattfindet, bleibt
dahingestellt (man findet bisweilen um die Verpuppungszeit die Fraßstelle
verlassen und auch nicht selten die Räupchen an Spinnfäden sich herab-
lassend). Baer und Schütze fanden bisweilen nanana-V\x\^'^QXv in zu kleinen
Klumpen versponnenen jungen Nadeln an eben sich entwickelnden Fichten-
maitrieben, weitab von der Fraßstelle.
Die Dauer der Puppenruhe beträgt ca. 14 Tage. Die Puppe schiebt
sich mit Hilfe der dorsalen Dornenkränze vor dem Schlüpfen aus dem Ge-
spinst hervor.
Wenn nanana auch im allgemeinen mehr vereinzelt auftritt, so gelangt
sie doch hier und da zur Massenvermehrung und zu schädlichem Fraß.
Baer (1906) berichtet von einem solchen aus dem Jahre 1904 an einer
ca. 1000 m langen 15 jährigen Fichtenhecke bei Regensburg. Ende Mai
hatten „große Teile der Hecke ein nahezu braunes Gewand angelegt, da auch
der frische Maitrieb abgewelkt war, und schienen dem gänzlichen Ver-
trocknen nahe zu sein, zumal von den obersten Zweigen die Nadeln abfielen
und diese nun wie dürre Reiser emporstarrten". Als Folge des Fraßes
starben außer dem Maitrieb samt den zukünftigen Winterknospen namentlich
im oberen Teil der Hecke auch noch die Triebe der letzten 2 — 3 Jahrgänge
vielfach bald ab, und eine größere Zahl von Stämmchen hatte schließlich
überhaupt nur noch in der unteren Hälfte oder im unteren Teil lebende
Zweige sich erhalten. „Wo der Maitrieb noch zur Ausbildung gelangte, ge-
schah es vielfach nur in der kümmerlichsten Weise." Der Fraß wiederholte
sich 1905 und erst 1906 ließ er etwas nach. Die am stärksten heim-
gesuchten Pflanzen starrten schon nach der 2. Fraßperiode wie dürre Besen
in die Luft, offenbar dem Eingehen nahe.
In Gesellschaft von nanatia fraßen noch zwei andere Nadelminierer,
nämlich Eustainlonia pinicolella Dup. (s. S. 198) und Gelechia electella TAX.
(s. S. 207), jedoch traten diese zahlenmäßig stark gegen naiiana zurück.
Biologisch stimmten die drei Arten ziemlich miteinander überein, doch
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 311
lassen sich ihre Raupen und Puppen gut voneinander unterscheiden (s. oben
S. 199 und S. 207). Bezüglich der Differentialdiagnose gegenüber dem Fraß
der übrigen Nadelminierer wie Epiblema tedella Cl. und Asthenia pygviaeana
Hb. siehe unten S. 334 und S. 338.
Nach Trägärdh trat nanana (im Jahre 1913) auch in Schweden und
Norwegen recht schädlich auf. Viele Fichten wurden gänzlich entnadelt,
doch bildeten sich die Triebe trotzdem normal aus.
Als natürliche Feinde nennt Baer verschiedene Vögel, wie Amsel,
Buchfink, Sperling, Tannenmeisen und Goldhähnchen. Bei ähnlichem Vor-
kommen wie dem obigen (an Hecken) würde man durch Bespritzen mit einem
Arsenmittel gewiß gute Erfolge erzielen.
Semasia diniana Gu.
Taf. III, Fig. 15 (cf).
Syn. pinicolana TAX.
Grauer L ä r c h e n w i c k 1 e r.
Ratzeburg: Tort rix phiicohma ZU. — Altum: Grapholitha pinicolana ZU. — Nitsche:
Tortrix (Stegauop/yr/ia 1 pinicolana ZU. — Nüßlin-Rhumbler : Grapholitha (Sle-
ga/ioptycha 1 diiiiana Gu. — Wolf f -Krauße : Epinotia diniana Gu.
Falter: Vorderflügel langgestreckt, glänzend hellgrau, braun gegittert. Der
in der Flügelmitte in spitzem Winkel vortretende Rand des Wurzelfeldes, eine
Abb. 265. Semasia diniana Gu. (Grauer Lärchenwickler K 2 X- Rechts in Ruhestellung.
schräge Binde aus der Mitte des Vorderrandes und ein unbestimmter Fleck vor der
Spitze dunkelbraun. Fransen grau mit 2 unbestimmten Augenpunkten. Färbung
übrigens sehr veränderlich, bisweilen stark weiß gemischt, bisweilen ziemlich gleich-
mäßig grau bestäubt, auch die Zeichnung variiert. Hinterflügel ziemlich breit und
etwas zugespitzt, bräunlich grau mit hellgrauen Fransen, die eine dunklere Teilungs-
linie haben. Spannweite 18 — 20 mm, Länge 9 — 10 mm.
Raupe mit schwarzem Kopf und Nackenschild, Leib in der Jugend schwärz-
lich, je jünger, desto dunkler, ausgewachsen in das Grüne spielend, mit schwarz-
grünen Streifen auf dem Rücken und den beiden Seiten. Über und unter den
letzteren zwei hellere Streifen von derselben grünlichen Färbung wie der Bauch.
Auf jedem der Hinterleibsringe oben vier runde, rauhe, punktierte und verhältnis-
mäßig ziemlich große, je ein Haar tragende Wärzchen, von denen die beiden
vorderen näher aneinanderstehen als die beiden hinteren. Ober- und unterhalb der
Luftlöcher jederseits ein weiteres solches Wärzchen, auf dem 11. Ring oben nur drei
im Dreieck gestellte Wärzchen, von denen das hinterste das größte ist. Afterklappe
mit 4 oder 5 kurzen, schwarzen Haaren. Länge 10 — 12 mm.
Dieser Beschreibung Nitsches (die größtenteils Herrich-Schäffer ent-
nommen ist) ist noch hinzuzufügen, daß die Färbung der Raupe recht variabel
312 n. Spezieller Teil.
zu sein scheint. Die von uns (Escherich, 1909 1 beobachteten erwachsenen
Raupen waren einfarbig schwärzlich grün. Nach Schernthaner (1892) wechseln
die Raupen 8 — 10 Tage vor ihrer Verpuppung sehr häufig die Farbe zwischen
„schwarz, schwarzgrün, schwarzgraugrün, schmutzig grün und bräunlich grün."
Puppe braun, auf dem Rücken der Hinterleibsringe mit Querreihen kleiner,
rückwärts gerichteter Stacheln zum Hervorschieben aus dem Gespinst. Länge 8 mm.
Die ovalen Eier besitzen nach N ä g e 1 i eine Länge von 0,6 — 0,7 mm. Sie sind
leicht abgeplattet, so daß der Querschnitt ebenfalls ovale Gestalt aufweist, mit
einem größten Durchmesser von ca. 0,5 und einem kleinsten von ca. 0,4 mm. Durch
die Aneinanderlagerung mehrerer Eier oder durch Quetschung seitens des Flechten-
thallus kann jedoch diese normale Form, ohne Schädigung des Ei-Inhaltes, oft be-
deutend verändert werden. Die Oberfläche erscheint unter der Lupe fein gekörnt,
was von einer Fältelung derselben herrührt. Eine Besonderheit der Struktur um die
Mikropyle ist nicht zu bemerken. Die Farbe des frisch abgelegten Eies ist ein
blasses, leicht ins Grünliche spielende Gelb (nach T ho mann orangegelb).
Die geographische Verbreitung des grauen Lärchenwicklers er-
streckt sich über ganz Nordeuropa, Norddeutschland, Skandi-
navien bis Nordrußland und von hier ostwärts bis weit nach Sibirien,
ferner über die gesamten Alpen, auch aus England und Nord-
amerika ist die Art gemeldet. Frey bezeichnet diniana Gu. als eine nor-
dische, Thomann als eine nordisch-sibirische Art. Zu mehr oder
weniger periodischen Massenvermehrungen gelangt sie vor allem in den
Schweizer, italienischen und französischen Alpen, doch auch in deutschen
Mittelgebirgen ist sie in neuerer Zeit recht schädlich aufgetreten.
Der graue Lärchenwickler ist ziemlich polyphag. Wenn er auch in
den Alpenländern vornehmlich die Lärche befällt, so findet man seine
Larve hier nicht selten auch auf der Arve und Kiefer und auch auf
Fichte, und zwar auch primär. Im Norden seines Verbreitungsgebietes
findet man die Raupe auch da, wo Lärchen vorhanden sind, hauptsächlich auf
Kiefer, in Mitteldeutschland vornehmlich auf Fichte (und sogar auf
Laubholz nach brieflicher Mitteilung von Prell). Mittelberger nennt als
Fraßpflanze in Salzburg Lärche, Weißtanne, Fichte, Arve und
Legföhre.
Bionomie.
Die Bionomie des nicht selten bestandsverderbend auftretenden Wick-
lers ist schon von verschiedenen Seiten studiert worden, vor allem von
Coaz und Schernthaner, sodann von Escherich, Fuchs, Nägeli,
Thomann u. a.i).
Die Entwicklung vollzieht sich nach der Bioformel:
8,6-67
78 + 7P9a
Die Flugzeit des Lärchenwicklers fällt in die Monate Juli bis Sep-
tember, je nach der geographischen Lage und dem herrschenden Klima.
Nach brieflicher Mitteilung von Forstmeister Koch schwärmte er im Erz-
gebirge von Mitte August bis Mitte September, und zwar am Tage, , .teil-
weise in dichten Wolken, wie Schneeflockengestöber". Nach Nägeli war
1) Während der Korrektur ist über die in den letzten Jahren aufgetretene
dm/ana-Kalamhät in den böhmischen und sächsischen Fichtenwäldern eine größere
Arbeit von Prell (1930J erschienen; doch enthält dieselbe gegenüber der hier ge-
gebenen Schilderung nur wenig grundsätzlich Neues (s. die verschiedenen Fußnoten).
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 313
im Engadin das Schwärmen namentlich in den Mittagstunden sehr
intensiv, besonders um die von der Sonne beschienenen Gipfel alter Lärchen.
Im Unterstand waren die Fichten und namentlich die Arven ebenso stark
umflogen wie die Lärchen. Beim x\nschlagen kleinerer Stämmchen wurden
meist eine Menge ruhender Falter aufgescheucht, wobei in der Regel die
schwereren Weibchen nach kurzer Zeit in schiefer Richtung zur Erde
flatterten, während sich die leichteren Männchen in die Luft erhoben. Auf
dem Boden erwiesen sich die Tierchen als sehr behende im Entschlüpfen,
indem sie sich durch Grashalme, Moos und Streu hindurch in tiefere
Schichten der Bodendecke hinabwanden. Ein großer Teil der Schmetterlinge
hatte (anfangs September) bereits ein stark abgeflogenes Aussehen, was nicht
weiter verwunderlich war, da dem sonnigen Septemberbeginn einige Tage
mit heftigen Regengüssen vorangingen.
Im Gegensatz hierzu berichtet Thomann (ebenfalls aus dem Engadin):
„Die Falter ruhen tagsüber im Geäst der Bäume, mit Vorliebe an den be-
laubten Zweigen — selten an den Stämmen. Ihr rindenfarbenes Kleid macht
sie fast unsichtbar. Doch werden sie schon durch leichte Erschütterung der
Äste aus ihren Verstecken aufgescheucht und fliegen dann auf benachbarte
Bäume oder suchen alsbald wieder auf denselben Baum zu gelangen.
Starken Luftströmungen setzen die aufgescheuchten Falter nur geringen
Widerstand entgegen. Manche fallen rasch auf den Boden, andere lassen
sich dagegen vom Wind oft auf w-eite Strecken abtreiben."
„Wie die Mehrzahl der Wickler gehört auch der Lärchenwickler zu den
Dämmerungstieren; bei ihm hebt erst mit sinkender Sonne (zwischen
5 und 7 Uhr abends) ein lebhaftes Schw^ärmen der Männchen um die Baum-
kronen an, es wird der Hochzeitsreigen aufgeführt. Das wichtige Geschäft
der Eiablage durch die Weibchen dürfte hauptsächlich während der Nacht
besorgt werden" i).
Über die Eiablage war man lange im unklaren; es fanden sich zwar
verschiedentliche Angaben, wonach die Eiablage im Herbst an Kurztrieben
oder in den Nadelwinkeln usw. stattfinden soll, doch handelte es sich hierbei
nur um Vermutungen, da die Eiablage in der freien Natur nicht beobachtet
werden konnte 2). Wohl hat Baer (s. Escherich, 1909) anfangs Sep-
tember im Zuchtkasten „drei ziemlich große gelbliche Eier" am Grunde eines
Kurztriebes gefunden, die nur von dem darin befindlichen Weibchen stammen
konnten, doch ließ diese Beobachtung keinen zwingenden Schluß für die
Verhältnisse im Freien zu, um so weniger, als die anderen Weibchen, die
gleichzeitig in Zwingern gehalten wurden, keine Eier legten, sondern ab-
starben. Auch gelang es mir nicht, in einem stark befallenen Gebiet (Iffigen-
alp, Simmenthai) trotz eingehendster Lupenuntersuchung von Hunderten von
Lärchenzweigen kurz nach Beendigung der Flugzeit auch nur ein Ei zu
finden, ebenso wenig an Zweigen, die uns anfangs des Winters aus der
gleichen Gegend zugesandt wurden. Alle diese Umstände führten uns zu der
1) Ganz ähnliches berichtet Prell. Nach ihm beginnen die Falter „freiwillig
erst nach Beginn der Dämmerung zu schwärmen, um zur Kopulation und Eiablage
zu schreiten; wegen ihrer großen Zahl können sie dann in dichten Scharen ins-
besondere die Wipfel der Bäume umfliegen und sich an starken Lichtquellen ge-
radezu in Wolken ansammeln".
2) Davall gibt an, daß die Eier im Monat .\ugust innerhalb der Nadel-
büschel abgelegt werden, doch erschien dies, worauf schon Ratzeburg (W.
II. 62' hingewiesen, von vornherein wenig wahrscheinlich, da ja die Nadeln abfallen.
314
II. Spezieller Teil.
Vermutung, daß die Eiablage normalerweise erst im nächsten Frühjahr, nach
Überwinterung der Falter, stattfinden könnte. Diese Anschauung erwies sich
indessen als Irrtum: Standfuß fand im September 191 1 im Engadin zahl-
reiche kopulierende Pärchen, meist im Gras unter stark befressenen Lärchen.
In Gazebeutel gesetzt, die über die Zweigenden älterer Lärchen gezogen
wurden, legten die Weibchen bald ihre Eier ab: mit Hilfe ihrer Legeröhre
schoben sie die Eier unter Rindenschuppen und in Rindenrisse,
und zwar in kleinen Gruppen von je 5 bis etwa 15 Stück. Auch zwischen den
Schuppen der miteingebundenen Lärchenzapfen fanden sich solche Ei-
häufchen eingeschoben. Die anatomische Untersuchung einiger frisch ge-
paarter Weibchen ergab eine Eizahl von 150 — 300 Stück in beiden Ovarien
(s. Coaz, 1917).
Die Standfuß sehe Beobachtung fand neuerdings eine Bestätigung
durch zwei Autoren: Nägeli (1929) und Thomann (1929), die, unabhängig
voneinander, zu den gleichen Resultaten gekommen sind. Nägeli gelang es
am 20. September, Augenzeuge der Eiablage zu sein: „An einer ca. 10 m
Abb. 266. Eigelege des Lärchenwicklers (Semasia diniana Gu.). a frei, b auf der
natürlichen Unterlage, d. h. einer umgelegten Flechtenschuppe. Vergr. Nach
Thomann.
hohen Lärche," berichtet dieser, „setzte sich ein Lärchenwicklerweibchen auf
einen in Augenhöhe befindlichen Zweigt). Derselbe zeigte einen leichten
olivgrünen Flechtenbesatz, insbesondere waren die Kurztriebe an dieser
Stelle von einem solchen wie von einem Futteral umhüllt. Nachdem das
Weibchen etwa 2 Minuten geruht hatte, begann es auf dem Zweig herum-
zukriechen, wobei es mit dem lang vorgestreckten Ovipositor tastende Be-
wegungen ausführte. An zwei Stellen, die ich mir während des Vorganges
genau merkte, nämlich an der Seite eines Kurztriebes und auf der Oberseite
des Zweiges, zwischen zwei Kurztrieben, verharrte der Falter besonders lange,
d. h. je ungefähr 10 Minuten. Kurz nachher flog er davon. Der ganze Vor-
gang spielte sich zwischen 16 und 17 Uhr ab und dauerte vom An- bis zum
1) Im allgemeinen wählen die schwärmenden Lärchenwicklerfalter als Ruhe-
punkte nicht den Stamm oder die Zweige, sondern lassen sich bei den Arven in der
Längsrichtung auf eine einzelne Nadel nieder, bei der Lärche in beliebiger Stel-
lung auf ein Nadelbüschel.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
315
Abflug etwa 40 Minuten. Bei näherer Untersuchung des Zweiges zeigte sich
äußerlich gar nichts Auffallendes. Nach sorgfältigem Aufheben der Flechten-
decke jedoch kamen auf dem Kurztriebe
vier, an der anderen Stelle drei gelbliche
kleine Eier zum Vorschein" (Abb. 266b).
,,Von diesem Moment an war es durch-
aus nicht mehr schwer, solche Eier zu
sammeln, und zwar in allen Teilen der
Krone an alten sowohl als auch an jungen
Lärchen. Wie an einer im März 1929 von \^^\
Herrn Oberförster Guidon erhaltenen
Sendung von Lärchen- und Arvenzweigen
aus den Beständen von Chuoz festgestellt
werden konnte, blieb auch die letztere
Holzart durchaus nicht von der Eiablage
Abb. 267. Legeröhre von Se/nasia diuiana Gu.
jNach N ägel i.
verschont. Sie schien im vergangenen
Sommer sogar stärker belegt zu sein als
die Lärche. So fanden sich an einem ein-
zigen, ca. 7 mm starken Arvenästchen auf
einer Länge von 11 cm 39 Eier in kleineren
Gruppen.
,, Bevorzugt zur Eiablage werden blei-
stift- bis fingerdicke Zweige und Äste, und
zwar meistens nur deren äußeres Ende. Wenn
sich auch die meisten Eier, wie ja längst ver-
mutet wurde, bei der Lärche an der Basis
der Kurztriebe befinden, so sind doch auch
Fälle, in denen die Ablage zwischen den-
x\
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UL
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Abb. 268. Lärchenzweig mit Fraß
von Semasia diniana Gn. In der
unteren Hälfte des Triebes mehrere
„Trichter" sichtbar. Nach Coaz.
316 II. Spezieller Teil.
selben auf den Langtrieb erfolgt, durchaus nicht selten. Bei der Arve ist die
Ablage auf dem Langtrieb vollends von den Kurztrieben unabhängig. Von
ausschlaggebender Bedeutung ist bei beiden Holzarten
lediglich das Vorhandensein von Flechten. Nirgends konnten
frei an der T r i e b o b e r f 1 ä ch e Eier beobachtet werden"i).
Der Ovipositor des Lärchenwicklerweibchens eignet sich für diese ver-
steckte Ablage der Eier außerordentlich gut, da er bis etwa 2 mm über das
Hinterleibsende hinaus vorgestreckt und sehr weit herumgebogen werden
kann (Abb. 267).
In der Regel werden die Eier in Haufen von 3 — 6 Stück abgelegt. Hier
und da kommt auch Einzelablage vor, und das Maximum der Eizahl in der
Natur beobachteter Gelege betrug 14 Stück auf der Lärche und 11 Stück
auf der Arve.
Diese Beobachtungen Nägelis finden eine vollkommene Bestätigung
durch Thomann (1929), nur fand dieser häufig die Eier einzeln abgelegt
oder in Gelegen von 5 — 10 Stück.
Nach der Eiablage sterben die Weibchen ab, so daß also kein Falter
den Winter überdauert; die Lebensdauer beträgt durchschnittlich 3 Wochen.
Über das Raupenleben und den Fraß an Lärchen hat Schern-
thaner (1892) eingehende Beobachtungen gemacht, die wir der folgenden
Schilderung zu Grunde legen. „Bis zur ersten Häutung lebt das junge
Räupchen in einem Gespinstsäckchen in der Mitte des Nadelbüschels eines
eben aufbrechenden Kurztriebes, dessen „fleischiges Herz und Mark" es aus-
frißt. Im Säckchen macht es seine Häutung durch. Erst nach der zweiten
Häutung, die es in einem ähnlichen Säckchen durchmacht, sucht das Räup-
chen ein neues Nadelbüschel auf, verspinnt die inneren Nadeln desselben zu
einer Art „Trichter" (Abb. 268) und beginnt nun außer dem Parenchym des
Vegetationskegels die versponnenen Nadeln von ihrer Innenfläche zu be-
nagen, so daß nur die Epidermis der Außenfläche erhalten bleibt. Hier
macht es seine dritte Häutung durch, frißt nun das obere Drittel des
Trichters ab, wandert zu einem neuen Kurztrieb, spinnt in dessen Innern die
Nadeln zu einem neuen größeren Trichter zusammen und benagt sie wieder
von der Fläche. Erst nach der vierten Häutung benagt die Raupe die Nadeln
des neu bezogenen Kurztriebes von der einen Seite her, so daß nur der ent-
gegengesetzte Nadelrand als feiner Faden stehen bleibt, an dem die öfters
unbefressenen Endteile der Nadeln hängen. Einen solchen Fraß scheint die
(hier wiedergegebene) Abbildung, welche Coaz gibt (1894), darzustellen. Nun
verläßt die Raupe ihren Trichter und macht am Zweige selbst ein röhren-
artiges Gespinst, in das sie abgebissene Nadeln hineinzieht und verzehrt.
1) Während der sächsischen Kalamität konnte auch die Eiablage an Fichte
beobachtet werden. Die QQ legten in den von W. Baer durchgeführten Zuchten die
Eier „bald einzeln oder in kleinen Gruppen von 2 — 4 Stück, bald in größeren, ver-
klebten Häufchen von bis zu 10 Stück oder wenig darüber unter alten Knospen-
schuppen ab, wo sie nur ganz locker befestigt waren". „Bevorzugt wurden dabei die
Knospenschuppen des vorjährigen Maitriebes, also der zweite Schuppenkranz unter-
halb der Knospe am Triebende." „Auch an Freilandzweigen konnte die Eiablage an
den gleichen Stellen in beliebigem Umfange immer wieder bestätigt werden." Daß
die Eiablage an Flechtenbesatz gebunden sei, konnte in Sachsen nicht nachgewiesen
werden; „da mit Flechten besetzte dünnere Fichtenzweige in dem Befallsgebiet nicht
leicht erhältlich waren, können sie sicher keine nennenswerte Rolle als bevorzugte Ei-
ablageplätze spielen" (Prell, 1930).
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
317
Während der Fraß bis zur dritten Häutung den Nadeln nur ein weißliches
Aussehen gibt, röten sich nach dem geschilderten stärkeren Fräße der er-
wachsenen Raupe die Kronen. Sind viele Raupen vorhanden, so machen sie
gar keine Röhre, sondern fressen direkt die Nadeln, gewöhnlich einen feinen
Randfaden übrig lassend. Die in den Gespinsten sich häufenden Kotmassen,
der herabfallende Kot und die Nadelreste sowie die Gespinstfäden der sich
Abb. 269. Abb. 270.
Abb. 269. Arvengiptehrieb, durch Raupen des Lärchenwicklers vollständig zerstört.
Nach T ho mann.
Abb. 270. Ein durch 5. diniana Gu. kahlgefressener Lärchenzweig. Die Kurztriebe (b)
sind kahlgefressen, die eingetrockneten (roten) Nadelreste am Zweig festgesponnen (^«9-
Nach Tho m ann.
häufig abspinnenden Raupen, welche die Wipfel oft wie mit einem Schleier
umkleiden, und zwar sowohl an älteren wie an ganz jungen Pflanzen (Coaz),
geben den Beständen ein höchst widerliches Ansehen (Abb. 270). Der Fraß
beginnt meist an den unteren .\sten und schreitet von da nach oben fort."
318
II. Spezieller Teil.
Der Fraß an anderen Nadelhölzern vollzieht sich in wesentlich
anderer Form.
Auf den Arven bewohnen nach T ho mann die Raupen ausschließlich
die Knospenquirle, meist in einer Anzahl und sehr verborgen im Innern der-
selben, indem sie die einzelnen Knospen fest zusammenspinnen. Die vor-
jährigen Nadeln bleiben unberührt. So bleibt der Arve trotz starken Befalls
das grüne Nadelkleid erhalten und der Fraß wird weniger augenfällig, doch
ist der forstliche Schaden gleichwohl bedeutend. Die Raupen verzehren das
saftige Parenchymgewebe, und die befallenen Knospenquirle trocknen später
am Baume ein, beredte Zeugen der verursachten Verwüstung (Abb. 269).
An Fichten werden, wie mir Herr Forstmeister Koch (Neudorf
i. Erzgeb.) mitteilte und wie aus den zahlreichen von ihm eingesandten Fraß-
Abb. 27]
Endteil eines Fichtentriebes mit von Semasia diniana Gu. kahlgefressenen
Maitrieben.
stücken zu ersehen ist, in erster Linie die Nadeln der jungen Triebe voll-
kommen gefressen; die stehen- oder hängenbleibenden Nadelreste bekommen
ein rotbraunes Aussehen, so daß das Fraßbild sehr an das von Nematus
abieium Htg. (der Fichtenblattwespe) erinnert (Abb. 271, 272, 273). Vielfach
treten auch Krümmungen der befallenen Triebe ein. Außerdem werden an
Fichte auch die jungen Zapfen befressen, und zwar vor allem äußerlich,
so daß die Oberfläche ein stark angenagtes Aussehen erhält mit Fraß-
gängen usw. (Abb. 273 und 274 A), doch dringt die Raupe auch in den
Zapfen ein, um dort ihren Fraß fortzusetzen (Abb. 274 B).
Die Verpuppung findet „ausnahmsweise am Fraßort statt, seltener
auf Lärchen, häufiger auf der Arve. Die große Mehrzahl läßt sich an einem
Seidenfaden zur Erde nieder, ein Teil mag auch dem Stamm nach hinunter-
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
319
kriechen. Die Verpuppung findet mit Vorliebe in der Nadeldecke am Fuße
der Lärchen statt. Bevorzugte Örtlichkeiten sind insbesondere die am Grunde
der Stämme zwischen die Rindenspalten eingeklemmten trockenen Nadel-
büschel, wo die Puppenlager oft in Mehrzahl eng nebeneinander zu finden
sind. Die Raupe verfertigt sich einen ziemlich dichten, wenn auch nicht sehr
festen, an der Außenseite mit Nadeln belegten Seidenkokon, in welchem sie
sich nach wenig Tagen in die rotbraune Puppe verwandelt" (T ho mann).
Abb.
272. Fichtenzweig mit von Se/nasia diniana Gu. kahlgefressenen Maitrieben
und benagten jungen Zapfen.
Die Fraßzeit der einzelnen Raupe dauert ca. 3—4 Wochen, das Puppen-
stadium nicht ganz 3 Wochen. Die Gesamtfraßzeit der Raupenmassen dauerte
in Windisch-Matrei, wo S ehern t haner seine Beobachtungen machte, von
Mitte Mai bis Mitte Juli, die Puppenruhe von Mitte Juli bis Mitte August,
der Flug von Mitte August bis Mitte Oktober. Je nach Klima und Witterung
können diese Zeiten mehr oder weniger verschoben, verlängert oder verkürzt
werden.
320
II. Spezieller Teil.
Epidemiologie, forstliche Bedeutung, Bekämpfung.
Wir müssen hier unterscheiden zwischen dem Vorkommen in den Alpen-
ländern an Lärchen und dem Vorkommen im übrigen Verbreitungsgebiet an
anderen Koniferen.
Bisher am eingehendsten untersucht ist der L ä r c h e n b e f a 1 1 in den
Alpen, da der Wickler hier seit langem bestands verderbend auftritt
und so in der Fraßwirkung den schädlichen Großschmetterlingen an die
Seite gestellt werden kann.
Besonders disponiert sind im allgemeinen lichte, ältere
Lärchenbestände mit flachgründigem, magerem Boden in
sonniger, warmer, trockener Lage, und zwar vornehmlich die
reinen Bestände, wenn auch mit anderen Holzarten gemischte Bestände
keineswegs verschont bleiben. Daher ist der Befall an den Sonnenseiten
Abb. 273. Fichtenzweig mit von S. diniaiia Gu. benagten jungen Zapfen und zer-
störten Maitrieben.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
321
der Täler meist viel stärker als an den Schattenseiten i). Bei starker Massen-
vermehrung bzw. bei längerer Dauer gleichen sich diese Unterschiede meist
etwas aus. Es fehlt übrigens auch nicht an Meldungen, daß die Nord-
seite schlimmer befallen war als die Südseite.
Bei starkem Massenvorkommen gehen
die Raupen auch auf untergepflanzte junge
Fichten und Arven, deren Höhen- und
obere Seitentriebe nicht selten unter
starker Gespinstbildung kahlgefressen
werden; auch benachbarte ältere Fichten
und Arven werden in solchen Fällen an-
gegangen (Davall)-).
A B
Abb. 274. A stark von S. dJHiaua Gu. befressener Zapfen mit Einbohrloch, B der-
selbe durchschnitten mit Raupe.
Bezüglich der bevorzugten Höhenlage lauten die meisten Berichte
dahin, daß vornehmlich ein bestimmter Gürtel, der in den einen Gegenden
etwa zwischen 1600 und 1800 m, in anderen zwischen 1900 und 2000 oder
2200 m gelegen ist, befallen wird, während die darüber und die darunter
liegenden Waldstreifen mehr oder weniger verschont bleiben (siehe Coaz,
1) Abweichend hiervon waren im Jahre 1913 im Tessin, im Valle di Malvaglia,
15— 25 jährige Bestände in westlicher Lage und etwa 1700 m ü. M. gebräunt, und in
der „Riviera" sämtliche reinen und gemischten Lärchenwaldungen jeglicher Lage
nach den Himmelsrichtungen bis zu einer Höhe von ca. 1800 m ü. M. befallen (nur
die obersten und untersten Waldungen blieben verschont).
2) Nach Badoux (1922) wurden übrigens in der Schweiz auch unabhängig
von Massenvermehrungen, also primär, sowohl die Arve, als auch die Legeföhre
(Pinus pumilio) angegangen, wobei sogar benachbarte Lärchen verschont blieben.
Escherich, Eorstinsekten, Bd. III. ^1
322 II- Spezieller Teil.
191 7, Enderlin, 1913, Badoux, 1922). Doch kommen auch hierin Aus-
nahmen davon und Unregelmäßigkeiten vor, insofern, als nicht selten auch
die ganzen Hänge von oben bis unten befallen werden.
Ausgelöst scheinen die Gradationen durch klimatische Ein-
flüsse zu werden, worauf schon Ratzeburg (W. II. 64) hingewiesen hat^).
Thomann nimmt, zweifellos mit Recht, an, daß hauptsächlich die Witte-
rung des Frühjahrs ausschlaggebend für die Entwicklung
von di?iiana ist. Wenn im Frühjahr die Schneeschmelze über Gebühr früh
eintritt und unter dem Einfluß von Sonne, Föhn und milden Nächten das
Leben im Ei zur Unzeit erwacht, so kann durch nachfolgende schwere
Temperaturstürze, wie sie im Gebirge nicht selten vorkommen und die länger
anhaltenden Frost im Gefolge haben, die Brut sicherlich schwere Einbußen
erleiden. Die Mortalität würde danach vor allem durch spät einsetzende
Schneeschmelze mit nachfolgender, gleichmäßig ansteigender Temperatur
verringert und dadurch würde ein Anstoß zur Gradation gegeben sein.
Natürlich werden auch noch später günstige Momente hinzutreten müssen,
wie trockene, warme Witterung während der Entwicklungs- und Flugzeit.
„Die Vielgestaltigkeit der Topographie des Gebirges bringt es mit sich,
daß bei einer Wetterkatastrophe die Tiere in ein und derselben Talschaft,
je nach Lokalität, ungleich betroffen werden können. In einem Jahr kann es
die Sonnenseite sein, auf welcher die Insekten intensiver zu leiden haben, in
einem anderen die Schattenlage. In ganz besonders windgeschützten und
sonnigen Orten vermag das Ungeziefer möglicherweise bis zum Eintritt
manchen Wetterumschlages auch bereits so weit erstarkt sein, daß es die
Schlechtwetterperiode ohne Schaden überdauert.
„Im Oberengadin, wo die Talsohle schon relativ nahe der oberen Wald-
grenze liegt, finden sich daher fast immer einzelne inselartig verteilte Ört-
lichkeiten auf annähernd gleicher Höhenlage, die sich in Perioden zunehmen-
der Frequenz des Lärchenwicklers durch besonders rasches Überhandnehmen
desselben in unangenehmer Weise bemerkbar machen. Im Unterengadin, wo
zufolge des tiefer liegenden Talgrundes der Waldgürtel eine ungleich
größere vertikale Ausdehnung besitzt, ist das Bild oft ein anderes.
„In den tieferen Lagen ist nicht selten vom Wickler überhaupt wenig zu
spüren. Hoch oben an den Hängen und in den schluchtenartigen Seiten-
tälern, wo der Winter nur langsam dem Frühling weicht, kann man dagegen
häufig im Sommer starken Wicklerfraß feststellen. Nicht selten treten auch
nur Streifen stärkeren Befalles an den Hängen auf, oberhalb und unterhalb
intakte Bestände! Auch diese an sich recht befremdliche Erscheinung dürfte
wenigstens teilweise mit den unberechenbaren Launen des alpinen Klimas im
Zusammenhang stehen."
Daß die Verbreitung der diniana auch durch Wind und aktive
Wanderung geschehen kann, geht aus verschiedenen Beobachtungen
hervor. So schreibt Fuchs (1913) das Abwärtsschreiten der Massenvermeh-
rung vom Oberengadin ins Unterengadin dem sog. Engadiner Wind zu, und
Thomann (1929) läßt sich über die Art der Verbreitung folgendermaßen
aus: „Standfuß hat angenommen, daß der Geruch der an den Bäumen
1) Die in der Schweizer Literatur mehrfach geäußerte Anschauung, daß die
Massenvermehrung der diniana eine Folge der Verminderung kleiner Vögel durch
den Massenmord in Oberitalien sei, hat Ratzeburg (ebenda) gebührend zurück-
gewiesen. Siehe auch oben S. 54.
I. Unterordnung: Jilicrolepicloptera, Familie Tortricidac. 323
hängenden dürren Nadeln (und Kotmassen) die Weibchen des Lärchen-
wicklers veranlasse, zur Eiablage weniger frequentierte Gebiete aufzusuchen.
Thomann vermutet, daß auch die Unmasse von gleichzeitig anwesen-
den Faltern dazu treiben werde. So schreitet die Verheerung im Ober-
cngadin öfters, in den unteren Lagen beginnend, im Verlauf von 2 — 3 Jahren
bis an die obere Waldgrenze fort. In diesem Stadium ist nun der Waldgürtel
so ziemlich in seiner ganzen vertikalen Ausdehnung — mehr oder weniger —
infiziert, wie wir das im vergangenen Sommer genugsam Gelegenheit hatten
zu konstatieren.
„Wir können uns nun leicht vorstellen, daß jetzt ein Teil der Weibchen
in der Sorge um ihre Nachkommenschaft auch über den an der oberen
Grenze in kleinere Gruppen und einzelstehende Bäume sich auflösenden
Lärchenwald hinausfliegen und so die Fahrt ins Ungewisse antreten. Ein
eigentlicher Dauerflieger ist der Lärchenwickler auf keinen Fall, auch kein
besonders rascher Flieger. Vermag er den nächsten Bergrücken zu über-
wältigen, und finden sich auf dessen Rückseite noch unversehrte Lärchen-
bestände, so ist das Experiment als gelungen zu bezeichnen.
„Wie leicht ist aber der Fall denkbar, daß das Ziel nicht erreicht wird,
sei es durch Ermüdung oder durch kältere Luftschichten in größerer Höhe
oder durch widrige Windströmungen, die die Flieger in die Fels- und Eis-
wüsten verschlagen!" Standfuß, Fuchs, v. Etzel und Escherich
haben auf Gletscherwanderungen öfters Lärchenwickler in großer Zahl im
Eis eingefroren aufgefunden.
Die Dauer der Gradationen beträgt gewöhnlich nicht mehr als
drei Jahre, im Engadin erstreckten sich die Fraßperioden über folgende
Jahre: 1855 — 57, 1863—65, 1878—80, 1886—88, 191 1 — 13, 1919— 21 und
1926 — 28. Die fraßfreie Zwischenperiode zwischen den letzten Gradationen
betrug also nur einmal (1888 — ^1911) längere Zeit, nämlich 23 Jahre, während
die früheren und späteren Massenvermehrungen durch weit kürzere Inter-
valle, nämlich acht, dreizehn und meist sechs Jahre voneinander getrennt
waren. Auch Marchand (1869) betont, daß in den Basses-Alpes der
Lärchenwickler nie länger als drei Jahre in Massenvermehrung beobachtet
wurde und daß zwischen zwei Fraßperioden meist ein Zeitraum von 9 bis
IG Jahren lag.
Ein sehr plastisches Bild über den Verlauf einer Fraßperiode bietet
folgende Darstellung, die Coaz (191 7) nach Berichten vom Forstinspek-
torat des Kantons Graubünden gibt:
„Der graue Lärchenwickler hat sich im Oberengadin, gleich wie bei
seinem früheren massenhaften Erscheinen, zuerst anfangs Juni 191 1 in den
Lärchenwaldungen der sonnseitigen, warmen Hänge des Silser Sees in einem
jungen bis mittelalten Bestände, in einer Ausdehnung von etwa 10 ha bemerk-
bar gemacht. Der Fraß erreichte um den 21. Juli herum sein Maximum.
Der Boden daselbst ist felsig, meist schwachgründig, hier und da steinig und
sehr trocken, Grundgebirge kristallinisch. Nachdem die Raupe ihren Fraß
vollendet und sich an ihren Fäden vom Baum zum Boden heruntergesponnen
hatte, fingen die Lärchen wieder an zu grünen.
,,Im folgenden Jahr, 19 12, zeigten sich fast sämtliche Lärchenwaldungen
des Oberengadins vom Wickler befallen, am stärksten die reinen Lärchen-
bestände der Sonnenseiten und längs Gewässern in einem Höhenstreifen
zwischen 1900 und 2200 m ü. M. Unter und über diesem Streifen verlor sich
21*
324 II- Spezieller Teil.
der Fraß allmählich. In den mit Fichten nach unten, mit Arven nach oben
gemischten Lärchenwaldungen war der Schaden geringer, verbreitete sich
aber hier und da aus Mangel an Lärchenwaldungen auch auf Fichten und
Arven. Der am Silser See 191 1 vom Insekt befallen gewesene Bestand blieb
191 2 verschont, wohl deshalb, weil die Benadelung noch kümmerlich war, er
erschien als eine grüne Oase mitten in den vom Wickler ringsum gebräunten
Lärchenwaldungen. '
,,Die größte Verbreitung hatte der Fraß 191 2 bereits Ende Juni er-
reicht. Die ersten Puppen wurden unter der trockenen Nadeldecke des
Bodens am 11. Juni gefunden und die ersten Falter anfangs August beob-
achtet, gleichzeitig aber auch noch Raupen verschiedener Entwicklung. Die
stärkste Flugzeit des Falters fiel in die ersten Septembertage, doch wurden
auch noch Ende November einzelne Exemplare gesehen.
„Im folgenden Jahre, 1913, waren die Lärchen nochmals stark vom
Wickler befallen, aber nicht so allgemein verbreitet wie im vorausgegangenen.
Beim Grünen der Lärchen fanden sich in den frischen, zarten Nadelbüscheln
auch wieder die kleinen Räupchen dieses Insektes, von welchen sich aber ein
Teil nur langsam entwickelte und dann abstarb. Auch die übrigen, die eine
normale Größe erreichten, hatten ein kränkliches Aussehen, waren matt und
reagierten kaum beim Berühren. Die Puppen dieses Jahrganges waren zum
Teil leer, zum Teil abgestorben, so daß zur Flugzeit des Falters nur wenige
Exemplare beobachtet werden konnten.
,, Befallen waren 191 3 wieder am stärksten die sonnseitigen Lärchen-
waldungen, so ein Bestand ob dem Dorfe Samaden, der bereits 1912 sehr
gelitten hatte, ferner die Lärchen am rechtsseitigen Hang des Flazbaches,
unterhalb Pontresina, und diejenigen zwischen St. Moritz und Silvaplana.
„Im Frühling 191 4 war die Belaubung der Lärchen des Oberengadins
wieder normal frischgrün, mit Ausnahme einiger alter Baumgruppen und
Einzelstämme an der Julierstraße, oberhalb Silvaplana, die durch ihre
schmutzigbraune Färbung an den früheren Fraß des Lärchenwicklers er-
innerten. Letzterem erlagen in den Jahren 191 1, 1912 und 1913 nur wenige
alte und kränkliche Stämme sofort, besonders auf schwachgründigem,
trockenem, humusarmem Boden, eine größere Zahl wird aber allmählich
noch folgen."
Mit dem letzten, also dritten Jahr der Fraßperiode bricht
die Gradation meist dermaßen plötzlich ab, daß im folgenden
Jahr gewöhnlich nur noch ganz selten Falter oder Raupen zu finden sind^).
Wodurch diese plötzliche Krisis nach einer bestimmten Dauer ver-
ursacht wird, wäre spezieller eingehender Untersuchungen wert.
Mehrfach finden sich in der Literatur Andeutungen über den Ausbruch
einer Raupe nkrankheit im dritten Fraß jähr, so in der eben angeführten
Gradationsgeschichte von 191 1 — 13. Auch im letzten Jahr der Gradation,
1886 — 88 trat nach Coaz (1894) eine Art Wipfelkrankheit unter den Raupen
auf. Daneben wurden auch zahlreiche Parasiten und Pilzkrank-
heiten beobachtet. Nach Standfuß (bei Coaz, 1917) schlüpften 1911
aus 352 g Nadelstreu aus dem Befallsgebiet 107 Falter und 24 Schlupf-
wespen, 191 2 hatten die Schmarotzer schon so zugenommen, daß etwa 9oi^yo
1) Dieser Gradationsverlauf, vor allem der plötzliche Abfall im dritten Jahr,
roße Ähnlichkeit mit der Kurve der Eulenarradatron (siehe Seite 53).
hat große Ähnlichkeit mit der Kurve der Eulengrad.
I. Unterordnung: .Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 325
der Raupen parasitiert waren und an Pilzkrankheiten starben i). Außer
Schlupfwespen wurden häufig auch Tachinen beobachtet (Coaz, Ender-
lin), sodann scheinen auch die Ameisen dem Wickler nachzustellen. Nach
Thomann kümmern sich die Ameisen weder um die Eier, noch um die
Raupen in den Nadelbüscheln, um so mehr aber fallen sie die Raupen an,
wenn sie die schützenden Trichter verlassen, um sich auf dem Boden zur
Verpuppung niederzulassen. In diesem Moment schleppen die Ameisen die
fetten Bissen in großer Zahl in ihre Bauten. Die Untersuchungen des Bodens
in der Nähe der Ameisenhaufen ergaben denn auch nur 2 — 3 Puppen im Um-
kreis des Stammes (i m Radius), während abseits der Ameisenhaufen
Dutzende von Puppen gefunden wurden.
Endlich w^erden in den verschiedenen Berichten noch eine Anzahl von
Vögeln als eifrige Vertilger des Lärchenwicklers genannt. Fuchs (1913J
sah ganze Schwärme von Meisen und Finken die Bäume im Befallsgebiet
Ast für Ast absuchen, und am Boden konnte er in großer Anzahl Tannenhäher
(Nucifraga caryocatactes L.) beobachten, die zweifellos die Puppen des
Wicklers suchten. Daneben nennt Coaz noch verschiedene Spechte, das
Goldhähnchen u.a. Der Oberförster Court in sah, wie Alpenlerchen und
Alpenflühvögel auf dem Fexgletscher wacker unter den Faltern aufräumten,
die auf einem Überflug begriffen waren (v. Etzel, 1S80). Doch darf die
Rolle der Vögel, schreibt Thomann mit Recht, in der Bekämpfung des
Lärchenwicklers nicht überschätzt werden.
Zweifellos gehört der graue Lärchenwickler, soweit es sein Vorkommen
in den Alpen betrifft, zu den sehr schädlichen Forstinsekten; stellt
er doch dort das gefährlichste Lärcheninsekt dar.
In seiner ersten Arbeit von 1894 spricht sich Coaz sehr pessimistisch
über die Folgen des ö'/;//«//«- Fraßes aus: ,,So viel ist sicher, daß die
Lärchenwaldungen des Oberengadins unter dem Fraß des Lärchenwicklers,
namentlich 1887 und 88, schwer gelitten, daß durch denselben Tausende von
Stämmen eingegangen sind und die Bestände, hauptsächlich der Südseite des
Tals, sich bedenklich gelichtet haben." ,,Im Val Bevers sind 900/0 der Stämme
eines 4 ha großen reinen Lärchenwaldes eingegangen, auf dieser Fläche und
in ihrer nächsten Umgebung kamen 2000 Stämme zum Hiebe." ,,Der Fort-
bestand der Waldungen des Oberengadins, die fast auschließlich aus Lärchen
bestehen, ist durch den Lärchenwdckler ernstlich bedroht." Etwas weniger
pessimistisch klingen seine Ausführungen in der letzten Arbeit von 19 17. Es
heißt dort: Der Schaden, den der Fraß des Lärchemvicklers zur Folge hat,
besteht in Störung der Wirtschaftspläne durch den über die Waldungen
mehr oder weniger zerstreuten Eingang von Stämmen und in einer mate-
riellen Einbuße durch Zuwachsverlust an den betreffenden Stämmen." Zu
optimistisch scheint mir Fuchs die Folgen des diniana-Yx^&(t% einzu-
schätzen, wenn er sagt: ,,So bedrohlich und übel die äußerliche Wirkung des
Fraßes des Lärchenwicklers erscheint, dürfte sie, abgesehen von einigen
Schäden und Zuwachsverlust, keine Folgen nach sich ziehen, da die Lärche
sehr widerstandsfähig ist und im August bereits begann, sich frisch zu be-
grünen." Denn nach übereinstimmenden Berichten verschiedener Praktiker
1) Thomann führt folgende Schlupfwespen an: Phytodistes obscurus Dew.
(selten), TricUstus palUdipes Hol. (selten), Limneriiim turioimm Rtz. (selten),
Dioctes exareotalus Rtz. (gemein», Rhogas circumscriptus Nees., Phaeogenes liscivus
Wsm., Leplocrypliis claviger Taschbrg., Plectocryptus arrogans Grav.
326 II. Spezieller Teil.
können trotz des Wiederbegrünens im Fraßjahre wiederholte Angriffe die
Bäume zum Absterben bringen.
Die Diagnose des äi//ia/m-Fra.ßes in den Alpen bietet gar keine
Schwierigkeiten. Schon von weitem fällt die rote Färbung der befallenen
Lärchenbestände auf. Bei näherer Besichtigung geben die noch vorhandenen
Nadeltrichter, die Raupen, die sich teilweise an Gespinsten herablassen, und
der Kot, der die Baumscheibe bedeckt, sichere diagnostische Merkmale ab,
so daß eine Verwechslung mit anderen Erkrankungen ausgeschlossen ist.
Die direkte Bekämpfung des Schädlings ist sehr schwierig. In der
Schweiz wurde bei der letzten Kalamität mehrfach das Sammeln der Puppen
durchgeführt, meist durch Schulkinder unter Aufsicht der Lehrer: an einer
Stelle wurden 108000 Puppen zusammengebracht, in St. Moritz 20000 für
115 Fr., in Ponte Campovasto 60000 Stück für 300 Fr. Eine große Bedeutung
für die Beendigung der Kalamität dürfte dem Puppensammeln kaum bei-
zumessen sein, zudem der Boden in jenen Gegenden meist uneben ist, steinig,
geröllig, oft auch mit Rasen und niedrigem Gesträuch bewachsen.
Auch Leuchtfeuer, die verschiedentlich vorgeschlagen, und Rauchent-
wicklung wird zu keinem durchgreifenden Erfolg führen.
Dagegen wäre es angezeigt, einmal Versuche mit Arsenbestäu-
bung zu unternehmen, bei den lichtstehenden Beständen dürften wenigstens
in manchen Gegenden mit den leichten, tragbaren Motorverstäubern, wie sie
neuerdings gebaut werden, möglicherweise Erfolge zu erzielen sein^).
Zur Vorbeugung ist neben Vogelschutz vor allem die Umwand-
lung der reinen Lärchen Waldungen in tunlichst geschlossene
gemischte Waldungen mit schwacher Verbreitung der Lärche. Als
Mischhölzer eignen sich nach Coaz bis zu einer Höhe von 1800 m ü. M. die
Fichte und Arve. Für noch größere Höhen (bis 2300 m) werden folgende
ausländischen Holzarten empfohlen: Ficea puuge)is Eglm., EugebnaJirii'Kglvn.
und sitcheiisis Frautr. et Meyer.
Was das Vorkommen im Norden seines Verbreitungsgebietes-) be-
trifft, so wurde ein stärkeres Auf treten des Lärchenwicklers an Fichte erstmalig
186S auf der Insel Ösel und in den baltischen Ländern beobachtet (Koppen,
1880). Neuerdings (1928) wird eine ö'/z/m//«- Kalamität an Fichte aus Böhmen
und dem sächsischen Erzgebirge gemeldet 3). Forstmeister Koch f Neudorf
i. Erzgeb.) teilte mir hierüber brieflich folgendes mit: ,,Ende Mai 1928
wurde im sächsischen Staatsforstrevier Neudorf im Erzgebirge in den süd-
östlichen Partien bis zu 900 m ü. M. starker Fraß an jungen Fichtennadeln
beobachtet. Der Schaden besteht in vollständigem Fraß junger Nadeln —
1) Gelegentlich des schädlichen Auftretens von diiiiaiia in den sächsischen
Fichtenwaldungen wurden, wie mir Herr Forstmeister Koch (Neudorf i. Erzgeb.)
mitteilte. Versuche mit Forstestur mit und Meritol (Arsenpräparate) ge-
macht, und zwar mit gutem Erfolg.
2j Im Norden wird, wie oben schon betont, hauptsächlich die Fichte befallen
(die Lärche dagegen verschont), dann auch die Kiefer (erstere nach Standfuß
in den norddeutschen Mittelgebirgen, letztere mehr im norddeutschen Flachland).
3j Durch Vermittlung von Prof. Schneider-Orelli (Zürich) erhielt ich
lebende diniana-Yzliev aus der Schweiz. Ein Vergleich dieser Exemplare mit den
aus dem sächsischen Material gezüchteten ergab eine völlige Übereinstimmung. Auch
die Untersuchung der männlichen Genitalien, die Prof. v. Kenne 1 vorgenommen
hat, ließ keine morphologischen Unterschiede zwischen den Schweizer und säch-
sischen Exemplaren erkennen.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 327
vorzüglich der obersten — , die von der Spitze aus befressen wurden. Es
wurden Bestände aller Altersstufen in Mitleidenschaft gezogen. Die Nadel-
reste, sofern solche übrig blieben, bekamen ein rotbraunes Aussehen und
ließen auch die Bestände rotbraun erscheinen, in gleicher Weise wie bei
Befall durch Nematus abiettun Htg. Der starke Fraß hat zweifelsfrei eine
Minderung der Jahrestrieblänge zur Folge gehabt, wie der Vergleich mit nicht
befallenen Fichten ergibt. Eine weitere schädliche Nachwirkung wird der
diesjährige Fraß kaum zur Folge haben, da die Knospen allgemein gesund
geblieben sind" i).
„Der Befall ist von den böhmischen Fichtenrevieren her erfolgt, die
augenscheinlich noch stärker betroffen sind. In gleicher Weise wie das Neu-
dorfer Staatsforstrevier sind auch die sächsischen Staatsforstreviere Ober-
und Unterwiesenthal betroffen, hier reicht der Befall in noch höhere Lagen."
Geschichtliches.
Die ersten Nachrichten über verheerendes Auftreten des Lärchenwicklers in
den Alpen stammen aus den Jahren 1820 und 28, in denen sein Fraß in verschie-
denen Tälern des Wallis beobachtet wurde. Dann fanden größere Kalamitäten in
den Lärchenwäldern durch diese Wicklerraupe statt: 1855 in der Schweiz bei Zernez
und Fettan, sowie 1856 und 1857 in Frankreich in dem Departement des Basses
Alpes, in der Schweiz im Wallis und auch in Graubünden. Im Wallis waren damals
die Wälder des Rhonetales von Sitten aufwärts, sowie die der Seitentäler in einem
300 m breiten Gürtel, der 300 — 400 m über der Sohle des Haupttales begann, an-
gegriffen (Davall). In den Jahren 1864 und 1865 waren die Waldungen des
Engadin, Samnaum und des Münstertales stark befallen. Der Fraß verbreitete sich
aus dem Oberengadin in das Unterengadin. Wallis wurde ebenfalls stark heim-
gesucht, 1878 und 1879 wurden wiederum das Unter- und Oberengadin, das Münster-
tal, Samnaun und Puschlav auf einer Gesamtfläche von 7000 ha stark verheert. Nur
ein etwa 80 m breiter Streifen an der oberen Baumgrenze blieb verschont (v. Etzel).
Der Fraß verbreitete sich 1879 in die Tiroler Grenzwaldungen und griff dann 1880
auch in dem Inntale und seinen Seitentälern um sich. Auch diesmal blieben die
Waldungen zunächst der Talsohle und ein Streifen an der oberen Holzgrenze ver-
schont (Maresch). Später hat sich der Lärchenwickler wieder in Tirol bei
Windisch-Matrei unangenehm bemerkbar gemacht (S eher n t h aner). Die letzten
größeren Kalamitäten in den Alpen fallen in die Jahre 191 1 — 13, 1919— 21, 1926—28,
wo wiederum hauptsächlich das Ober- und Unterengadin betroffen waren. Seit 1924
bis heute herrscht eine große Kalamität in den Fichtenwäldern Böhmens und
Sachsens 2).
1) Nach Prell (1930) hängt die Gefährlichkeit des Lärchenwicklers in erster
Linie von der Dauer des Fraßes ab. „In Preßnitz (Böhmen) mit seiner länger an-
dauernden Schädigung ist es bereits soweit gekommen, daß Althölzer dürr werden
und abgetrieben werden müssen, und daß darüber hinaus viele Bäume durch die
alljährliche Entfernung des Maitriebes ganz bedenklich licht geworden sind." Eine
entsprechende Gefahr droht auch den sächsischen befallenen Wäldern. Prell sieht
denn auch „die allgemeine Situation bei der sächsisch-böhmischen Lärchenwickler-
kalamität sehr ernst und wenig hoffnungsvoll an". Nur die sehr langsame Aus-
wirkung der Schädigungen läßt mit der Möglichkeit einer unvorhergesehenen Wen-
dung der Dinge vor dem Eintritt einer Katastrophe rechnen."
2 I Nach Prell ging die Ausbreitung der sächsisch-böhmischen Kalamität sehr
rasch vor sich. Im Jahre 1924 wurde der Fraß in Böhmen auf einer Fläche von
80—100 ha festgestellt, 1925 erweiterte sich die Fläche auf 2000 ha, 1926 27 auf
6000 ha und 1928 auf 9000 ha. Im Jahr 1929 wurde das Gesamtausbreitungsgebiet
des Schädlings auf 500 qkm geschätzt. In Sachsen wurde im Jahr 1929 der Befall
von 21 Forstämtern gemeldet.
328 11. Spezieller Teil.
Semasia vacciniana Z.
Tat". III, Fig. i6q.
H e i d e 1 b e e r w i c k 1 e r.
Falter: Ein kleiner Wickler von ca. ii mm Spannweite und graubraunem
Kolorit, der bei flüchtiger Betrachtung Ähnlichkeit mit pactolana hat. Am Vorder-
flügel Wurzelfeld aschgrau mit dunkler, schmaler Querlinie, weiter folgt eine gleich-
mäßig breite, hell aschgraue Querbinde (von einigen feinen
, dunkleren Linien geteilt). Auch der Spitzenteil der Vorder-
v^lÜJ^^/ft.^^^'X^' flügel aschgrau, mit verschiedenen dunklen Zeichnungen.
J^^»!^^^' Hinterflügel braun.
^^^■^'^^m^^ Raupe weißlich mit blassen Punkten, Kopf und Nacken-
schild schwarz, Analplatte blaß gelblich.
Die Raupe des über Mittel- und Nordeuropa ver-
Abb. 275 Semasia vac- breiteten Wicklers lebt an verschiedenen Pflanzen,
Liniana L. (Heidelbeer- • n , • r- / ,
Wickler). 2'/, X- "^'^^ Berbern, bediiin palustre. Com. sanguniea und
rarri//ii///i myrliUus.
Wenn die Art hier aufgeführt wird, so geschieht es deshalb, weil sie
bisweilen zu großen Massenvermehrungen gelangt und dadurch zu einem
Heidelbeerschädling werden kann. Baer (1909) hat eingehend über
einen solchen Fall berichtet.
Der Falter fliegt Mai und Juni. Die Räupchen beginnen im Juli
mit ihrem Fraß, der bis in den September sich fortsetzt. Zur Verpuppung
begeben sie sich in den Boden, um sich hier in einem dichten weißen Ge-
spinst zu verwandeln, aus dem sich nach der Überwinterung die Puppe her-
vorschiebt.
Das einzelne Fraßbild beschreibt Baer (1919, S. 196) folgender-
maßen: „Die Blätter der Heidelbeere waren zierlich skelettiert und an die
Triebachsen sowohl angesponnen, als miteinander mehr oder weniger durch
Fäden verklebt. Die dichtesten Blattbüschel waren zuweilen von einem
äußerst feinen Gespinst derartig überzogen, daß auf ihnen ein eigenartiger
Schein, wie von einer milchigen Trübung herrührend, lag. Wo die Abstände
der wechselständigen Blätter voneinander nicht zu groß waren, waren sie
meist paarweise mit ihren Oberseiten flach aneinandergeheftet. Anhäufungen
von Kotkrümeln waren zwischen den versponnenen Blättern kaum zu finden,
so daß solche jedenfalls an dem charakteristischen Aussehen des Fraßes
keinen Anteil hatten. Die Blätter zeigten sich stets von der Oberseite her,
also der Innenseite bei den versponnenen Blattpaaren, skelettiert, und zwar
so, daß die Rippen und die Oberhaut der Blattunterseite verschont geblieben
waren." — „Der Fraß betrifft offenbar in erster Linie die Spitzen der
Ästchen. Denn wo wir noch ganz oder teilweise verschonte Blätter vorfanden,
waren es am ehesten noch die untersten."
Der in der Muskauer Heide beobachtete Fraß erstreckte sich 1901 über
Hunderte von Hektaren. „Hier gewahrte das Auge am Waldboden kaum eine
grünende Stelle, sondern statt dessen nur ein Meer von bald leuchtenden,
bald fahlen Blättchen."
Der jahrelange Ausfall der Beerenernte wurde mancherorts bitter emp-
funden, und auch dem Waidmann machte sich der Mangel an Äsung für das
Wild bemerkbar. Auf größeren Flächen hat der Fraß auch zum völligen Ab-
sterben der Heidelbeere geführt.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
329
Bei der Ausbreitung des Fraßes' traten sehr auffallend zunächst einige
kleinere Herde hervor, die sich allmählich konzentrisch vergrößerten, bis
sie schließlich zusammenflössen.
Abb. 276. Fraß von Semasia vacciniana Z. an Heidelbeere (Vaccinium myrtiUus'L.).
Das Räupchen hat die Blätter miteinander und mit den Ästchen versponnen und von
oben her skelettiert. Nach B a e r.
Semasia subsequana Hw.
Taf. III, Fig. 179.
Syn. abiegaiia Dup.
Tannennadel Wickler.
Falter: Vorderflügel etwas glänzend, grau mit braunen, gegen die Spitze
etwas mehr rostbräunlichen Zeichnungen. Das Wurzelfeld ist nach außen von einem
winkelig gebrochenen dunklen Wisch begrenzt. Etwas hinter der Flügelmitte liegt
eine ziemlich schmale, schräge Binde, welche vom Vorderrande ausgeht und vor
dem Hinterrande endigt. Das rostbräunliche Spiegelfeld hat 4—5 parallele schwarze
Längslinien und ist gegen die vorhergehende Binde sowie gegen den Außenrand
glänzend silberweiß eingefaßt. Von der Binde bis an die Flügelspitze ist der
330
II. Spezieller Teil.
Vorderrand schmal, weißlich und durch drei kleinere schwarze Fleckchen und da-
zwischen durch drei feine schwarze Strichelchen unterbrochen. Von der ocellen-
ähnlich braunen Flügelspitze herab ist der Raum zwischen dem Spiegelfelde und
dem Außenrande rostbräunlich ausgefüllt. Die schwarz-
braune Außenrandlinie ist innen sehr fein grauweiß ge-
säumt. Die Fransen sind grau, an der Basis weiß,
Hinterflügel schmutzig weiß, gegen die Spitze graulich
verdunkelt, die Fransen weißlich (x\bb. 277). Spann-
weite 12 — 13 mm.
Raupe grasgrün bis gelblichgrün mit spärlichen
grauweißen Haaren besetzt. Kopf nach Horväth hell
bräunlichgelb (nach Kenne 1 schwarz). Länge 6 bis
7 mm.
Puppe 4 — 43/4 mm lang, spindelförmig, nach hinten
zu etwas stärker verjüngt, glänzend rostbraun, auf der
Dorsalseite der Abdominalsegmente je 2 Querreihen kur-
zer Dörnchen. Analsegment mit 6 kurzen, dreieckigen
Analdornen und mit 4 stärkeren und längeren gekrümmten Börsen (Abb. 27S;.
Das Ei (Abb. 279) ist flach, kuchenförmig, breit elliptisch, ca. ^/^ mm lang und
V2 mm breit, anfangs beinahe wasserhell, später weißlich und endlich schmutziggelb.
Oberfläche unregelmäßig gefeldert.
Der über Mitteleuropa verbreitete Wickler scheint ein monophages
Tanneninsekt zu sein. Er wurde von Horväth (1896) als Tannenschäd-
ling in die Forstentomologie eingeführt.
Die Bionomie ist von Horväth eingehend beschrieben i): „Der
Falter fliegt von Ende April bis Mitte Mai. Die Hauptschwärmzeit ist
Mitte Mai. Am zahlreichsten fliegen die Falter bei hellem Sonnenschein.
Bei bewölktem Himmel fliegen verhältnismäßig nur wenige; in dieser Hin-
Abb. 277. Semasia sub-
sequana W^n \= abie gana
Dup.), Tannennadel-
wickler. 2 X-
Abb. 278. Puppe von Set?iasia subseqiiaiia
H\v. A Ventrale, B seitliche Ansicht.
Nach Horväth.
A B
Abb. 279. A jVier Eier von S. subsequana
Hm. auf der Oberfläche einer Tannennadel,
B zwei Eier ebenda (stärker vergrößert).
Nach Horväth.
sieht sind sie so empfindlich, daß, sobald die Sonne durch eine Wolke ver-
deckt wird, der größte Teil der schwärmenden Falter sich sogleich zwi-
schen die Tannenzweige flüchtet und unter den Nadeln verbirgt. Wenn man
1) Die Angaben beziehen sich auf die klimatischen Verhältnisse des Karst-
Gebirges, 790 — 1140 m ü. M. (bei Novi), wo 1893 der Wickler schädlich in den
Tannenwäldern auftrat.
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
331
einen solchen Tannenzweig schüttelt, so schwärmen die aufgescheuchten
Falter wie kleine Rauchwolken empor, begeben sich aber gleich wieder zur
Ruhe. Die meisten Falter halten sich an den oberen und äußeren Partien der
Tannen, die an Wegrändern, Waldblößen stehen, und überhaupt an solchen
Bäumen auf, welche dem Licht und der Sonne am meisten ausgesetzt sind.
In den geschlossenen Beständen sind sie nur in den Baumkronen häufiger.
Abb. 280. A Von S. subsequana Hw. aus-
gefressene Nadeln mit Ein- bzw. Aus-
gangsloch, B zusammengesponnene aus-
gefressene Nadeln. Nach Horväth.
Abb. 281. Von Botrytis befallene und ge-
tötete Puppen von Semasia subsequana
Hw. in der Bodenstreu. Nach Horväth.
,,Die Eier werden im Mai an die Oberseite der vorjährigen Nadeln ab-
gelegt, und zwar gewöhnlich 4 — 5 (höchstens 10 — 12J an je einer Nadel, meist
an deren Basalhälfte, am zahlreichsten an den oberen und äußeren Zweigen
und Zweigspitzen, die der Sonne und dem Licht am meisten ausgesetzt sind.
„Die Räupchen schlüpfen anfangs Juni, gehen sogleich an die Mai-
triebe und bohren sich in deren junge Nadeln hinein. Sobald sie eine Nadel
mehr oder weniger ausgefressen haben, spinnen sie eine nächstliegende Nadel
dazu und dringen in das Innere dieser letzteren. Das geht dann so fort, etwa
bis zum Ende ihrer zweiten Häutung. Nach der zweiten Häutung greifen sie
schon die alten Nadeln an, und erst jetzt beginnt eigentlich der durch sie
bewirkte Schaden größere und auffallendere Dimensionen zu erlangen.
„Die Tannennadehi wurden fast ohne Ausnahme an der Unterseite in der
einen oder anderen Längsrinne angegriffen und ein mehr oder weniger läng-
liches, selten kreisrundes kleines Loch verrät dort die Stelle, wo die Raupe
in das Innere der Nadeln eingedrungen ist. Dieses Loch ist 1/0 — ^/s mm
lang und 1/3 — 1/2 "^^n breit und liegt gewöhnlich im ersten (basal) oder im
mittleren Drittel der Nadel.
„Die Raupe dringt in derselben Hälfte der Nadel, in welcher das kleine
Loch liegt, immer zuerst gegen die Spitze der Nadel, biegt dann plötzlich
in die andere Nadelhälfte hinüber, um dort den Fraß in der Richtung gegen
die Basis der Nadel fortzusetzen. Die Nadeln werden entweder ganz oder
nur zum Teil ausgefressen, aber der Fraß erstreckt sich in beiden Nadel-
hälften immer auf dieselbe Länge. Die Raupe verläßt die ausgefressene
Nadel gewöhnlich durch dasselbe Loch, durch welche sie in die Nadel ge-
332 II- Spezieller Teil.
drungen ist. Ausnahmsweise macht sie sich aber zu diesem Zwecke im End-
drittel der Nadel ein zweites Loch.
„Wenn die Raupe eine Nadel verläßt, so greift sie eine zunächstliegende
Nadel an und spinnt diese mit 2 — 3 anderen Nadeln vor allem an die soeben
verlassene an, oder sie läßt sich an einem Gespinstfaden auf einen anderen
Zweig hinunter und sucht sich dort eine passende Nadel aus.
„Ende Juli sind die Raupen ganz ausgewachsen. Sie verlassen nun defi-
nitiv die Nadeln, lassen sich an Gespinstfäden von den Bäumen herab und
gehen zur Verwandlung in die Bodendecke. Dort bereiten sie sich einen
weißen Kokon und verwandeln sich darin zur Puppe. Der Kokon liegt
nicht frei in der Bodenstreu, sondern es sind daran wenigstens einige trockene
Nadeln, Erdklümpchen, Moosteile u. dgl. angeheftet.
„Die Puppen bleiben dann in der Bodenstreu bis zum nächsten Frühjahr,
bis aus ihnen die Falter in der zweiten Hälfte vom April ausfliegen."
Die Entwicklung von si/bseqi/ana verläuft also nach der Bioformal :
45 — 67
8,4 + 45
Forstliches Verhalten. ,,S. siibsequaua kommt nur an Tannen
(Abies pecänata) vor, und zwar sowohl in reinen, als auch in gemischten Be-
ständen. Alt- und Mittelhölzer werden von ihr besonders bevorzugt. Jung-
wüchse sowie auch Unterwuchs und unterdrückte Bäume werden von ihr
direkt nicht angegangen, sondern nur indirekt, und zwar so, daß einzelne
Raupen durch Wind, Regen oder andere Ursachen vom Hochholze herab-
geworfen werden und dann den Fraß auf den niedrigeren Pflanzen fort-
setzen. Am stärksten werden solche lichte Bestände beschädigt, in welche
Licht und Sonne gut eindringen können.
,,Die Fraßzeit der Raupen fällt in die Monate Juni und Juli. Sie greifen
zuerst die jungen Nadeln der frischen Maitriebe an. Die inwendig aus-
gefressenen jungen Nadeln schrumpfen bald zusammen, vertrocknen und
werden braun. Der dadurch verursachte Schaden pflegt gewöhnlich weder
groß noch auffallend zu sein. Die Sache wird nur von Mitte Juni an bedenk-
licher, wenn die Raupen nach ihrer zweiten Häutung die alten Nadeln an-
greifen. Die ausgehöhlten Nadeln verlieren ihre normale grüne Farbe,
werden anfangs bleich, dann gräulich, endlich rötlichbraun und vertrocknen.
Die so beschädigten roten und trockenen Nadeln sind an den Gipfelpartien
und an den äußeren Zweigen am zahlreichsten, ihre Zahl wird mit dem
Wachstum der Raupen immer größer. Bei intensivem Fraß erscheinen die
betreffenden Bäume oder ganze Bestände anfangs Juli schon von fern gelb-
lichgrau, nach Mitte Juli aber ganz rostrot.
„Gegen Ende Juli hört das Rotwerden und Vertrocknen der Nadeln auf,
es beginnt das Herabfallen der kranken Nadeln, das dann bis in den Herbst
hinein dauert. Die Nadeln werden durch Wind und Wetter teils einzeln, teils
durch Gespinstfäden zusammengehalten, gruppenweise herabgeworfen. Die
Gipfelpartien und äußeren Zweige der Bäume w^erden infolgedessen immer
mehr entnadelt und zeigen bei starkem Raupenfraß ein recht trauriges Bild"
(Horväth). Trotzdem aber scheint selbst eine mehrjährige Wie-
derholung des Fraßes keine ernsten Folgen für das Leben der
Bäume nach sich zu ziehen. Nirgends konnte man die Beobachtung machen,
daß die betroffenen Bäume, selbst wenn sie 1/3 oder gar die Hälfte der
I. Unterordnung: ISIicroIepidoptera, Familie Tortricidae.
333
Nadeln verloren hatten, kränkelten oder gar eingegangen wären. So dürfte
also der Hauptschaden im Zuwachsverlust bestehen.
Die von Horväth beschriebene Gradation im Karst scheint drei Jahre
gedauert zu haben. Tierische Parasiten wurden keine beobachtet, dagegen
verschiedene Vögel (Buchfinken und Hänflinge), die den zur Verpuppung in
den Boden gegangenen Raupen nachstellten.
Die Beendigung der Gradation scheint allerwärts durch eine Mykose,
von der die Puppen im Winterlager befallen wurden, herbeigeführt worden
zu sein. Ende August wurden die ersten Puppenerkrankungen festgestellt,
zehn Tage später waren schon ca. 70 o/o der Puppen getötet, und bald war die
Bodenstreu ganz durchsetzt von den weißen Fäden und den linsen- bis-
bohnengroßen Sporenmassen des Pilzes, welche je eine tote mumifizierte
Puppe umhüllten (Abb. 281). Nach Giards Untersuchungen handelte es sich
um einen in die Verwandtschaft von Botrytis Bassiaiia gehörigen Pilz.
Gattung Asthenia (Hb.) Meyr.
Von der Gattung Semasia lediglich durch
die Fühler des Männchens unterschieden, die
beiderseits mit Büscheln langer Härchen besetzt
sind, so daß sie wie doppelt gefiedert aussehen i).
Auf den Hinterflügeln entspringen Ader rr und
ni^ dicht beisammen, eine Strecke weit parallel
verlaufend, Wg und cii^ gestielt, w, deren Ur-
sprung genähert.
Die Gattung enthält nur eine einzige Art,
die als Fichtenschädling unser Interesse verdient.
A B
Abb. 282. A Stück eines F'ühlers
von Asthenia pygmaeana Hb. (^,
B Geäder von derselben.
Nach Kennel.
Asthenia pygmaeana Hb.
Taf. III, Fig. iS.
Der kleine Fichtennadelma rk wickle r.
Ratzeburg: Tort rix (Coccyx) pygmaea/ia Hb. — Nitsche: Tort rix (Steganoptycha)
pygmaeana Hb. — Nüßlin-Rhumbler : Grapliolitha (Asthenia) pyg?naeana Hb. —
Wolff-Krauße : Asthenia pygmaeana Hb.
Falter (Abb. 283) mit bräunlich grauem Kopf und Thorax, Abdomen reiner
grau. Vorderflügel mit graubraunem Wurzelfeld, saumwärts scharfwinklig vor-
springend. Die darauffolgende bleigraue Querbinde ist
in der Mitte durch die vortretende Spitze des Wurzel-
feldes fast unterbrochen. Das Saumfeld mehr rotbräun-
lich, zart glänzend, nur Costa mit 3 scharfen, schwarzen
Häkchen, die durch weiße Zwischenräume getrennt sind.
Vor der Spitze meist noch eine hellere, gegen den
Hinterrand zu schmäler werdende Querbinde. Hinter-
flügel weiß, an der Spitze allmählich schwarzgrau wer-
dend. Spannweite 14 mm (Abb. 283).
Das Ei (Abb. 284) ist oval, Oberseite flach ge-
wölbt, runzlig gefeldert, Unterseite völlig eben, Länge 0,8,
Breite 0,5 mm.
Die Raupe ist im Jugendstadium farblos, wird später blaßgrün oder gelblich,
und nimmt schließlich in den älteren Stadien eine lebhaft grüne Färbung an.
Abb. 283.
Asthenia pygmaeana Hb.
(Kleiner Fichtennadel-
mark- Wickler). 2 X-
1) Kennel ist der Meinung, daß dieses Merkmal kaum dazu ausreicht, die
Abtrennung von Semasia zu rechtfertigen, zumal es sich nur um eine einzige
Spezies handelt, die davon betroffen wird.
334
II. Spezieller Teil.
Abb.284. Eivon
Asthenia pyg-
maeanaKh.am
Grunde einer
Fichtennadel.
Stark vergr.
Nach Baer.
Abb. 285. Raupe
(Vorderteil und
Hinterende)
von Astlienia
pygmaeanaYLh.
Nach Ratze-
. bürg.
Kopf hellbraun oder schwarz, Nackenschild grünlich oder gelblich (oder auch
dunkelbraun). Unter der Afterklappe mit einem zierlichen, aus 5 — 7 geraden, steifen
Borsten bestehenden Kamm. Warzen verhältnis-
mäßig sehr groß, auf dem 9. Segment einreihig
(Abb. 285). Länge ca. 10 mm.
Die Puppe gleicht der von Semasia inii/ana
Tr. (siehe oben, S. 309) außerordentlich, ist aber
etwas größer, die Dornen der dorsalen Kränze und
Erhebungen des Analsegmentes sind kräftiger und
die apikalen Borsten entbehren der hakenförmigen
Krümmung am Ende. Sie schiebt sich vor dem
Auskriechen aus dem Kokon hervor.
Asthenia pygmaeaua Hb. ist über Mittel-
europa, mittleres Westrußland und Skandinavien
verbreitet. Ihre Fraßpflanze scheint aus-
schließlich die Fichte zu sein (Kennel gibt
zwar auch die Kiefer an).
Die B i o n o m i e des in der forstlichen
Literatur wenig genannten Wicklers — außer
Ratzeburg (F. IL S. 226) und Nitsche, der
Ratzeburgs Angaben übernommen hat, 'findet
sich noch einiges bei Borries (1895) -- wurde erst in neuerer Zeit eingehend
studiert durch W. Baer (1910):
Die Flugzeit fällt im wesentlichen in die erste Hälfte des Mai
(nach Ratzeburg schon von „Ende März an, wenn der Schnee kaum an-
fängt zu schwinden"), der Falter schwärmt bei warmem, sonnigem Wetter
vornehmlich in den späteren Morgen- und den Nachmittagsstunden bis gegen
4 Uhr, bisweilen auch noch später, sogar
bis Sonnenuntergang.
Die Eier werden einzeln abgelegt,
und zwar an vorjährige Nadeln, ge-
wöhnlich an die Unterseite ^der Zweige,
und auch an die Unterseite der Nadeln,
meist an deren Grund (Abb. 284), selten
mehr spitzenwärts oder an die Oberseite.
Das junge Räupchen verläßt sofort nach
dem Auskriechen seinen Geburtsort, um
auf den Maitrieb überzuwandern und dort
sich in eine der jungen Nadeln einzubohren.
Wenn es größer geworden und keinen
%' "V!!^^ Platz mehr in der Nadel hat, so spinnt es
"^^1^^^^ mehrere Nadeln eng und fest zusammen
^ M^. mm^ ^j-^(j befrißt in der so hergestellten Röhre
die einzelnen Nadeln von einer der Flächen
her, bis schließlich fast nur noch die
Oberhaut der gegenüberliegenden Fläche
stehen bleibt. Dabei bleibt nur wenig Kot
in dem Gespinst hängen — im Gegensatz
zum tedella-YrdiiS (siehe unten, S. 348).
Ratzeburg gibt als Charakteristikum des
pyg??jaea)ia-¥rdi&&s an, daß die minierten
Abb. 286. Fichtennadeln von Asthe-
nia pygmaeana Hb. ausgefressen,
meist mit zwei Löchern.
Ratzeburg.
Nach
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
335
Nadeln zwei Löcher »zeigen, ein Ein- und ein Ausgangsloch (Abb. 286).
Solche Nadeln kommen wohl vor, jedoch nicht gerade häufig, können daher
nicht als charakteristisch für pygmaeana bezeichnet werden. Auch die weitere
Angabe Ratzebu rgs, daß die Jungraupen vorjährige Nadeln angreifen,
bezieht sich auf Ausnahmen; der Hauptfraß betrifft stets den
Abb. 287. Starker Fraß von Asthenia pygmaeana Hb. an den Maitrieben eines.
Fichtenwipfels, der schon im Vorjahr teilweise entnadelt worden war. Nach B a c r.
jungen Maitrieb. Vorjährige Nadeln werden wohl nur als Notnahrung
angenommen, und dann meist nur von älteren Raupen, die, vom Maitrieb
herkommend, zu den vorjährigen Nadeln gewandert sind. Wenn auch, wie
oben bemerkt, die älteren Raupen in der Regel nicht mehr minieren, so
kommt es doch auch vor, daß diese die dicken, fleischigen Nadeln an den
336 II. Spezieller Teil.
saftigen und buschigen Maitrieben noch richtig aushöhlen (wie tedella), wo-
bei die betreffenden Nadeha allerdings oft stark verlängerte Löcher zeigen.
Als bemerkenswerte Erscheinung des pygmaeana-Yx-A&^% hebt Baer
noch hervor, daß sehr häufig an den befallenen Maitrieben die Knospen-
schuppenhauben angesponnen werden und daß der Fraß zunächst
nur die darunter befindlichen Nadeln betrifft. Wir haben oben schon die
gleiche Erscheinung bei ratzeburgiana und nanana kennengelernt i).
Die Verpuppung findet im August statt, und zwar mehr oder weniger
tief im Boden. Vor der Verpuppung spinnt sich das Räupchen einen weißen
Kokon, welcher mit Teilchen der Bodenstreu verklebt und bedeckt und in-
folgedessen nicht ohne weiteres zu sehen ist. Die Puppen überwintern und
geben im nächsten Frühjahr den Falter.
Die Entwicklung ist also eine einjährige, nach der Bioformel:
5-67
8,4 + 5
Pygmaeana kommt lediglich als Fichtenschädling in Betracht. Be-
vorzugt werden Stangen- und Althölzer (bis 100 jährige), wenn auch
die Kulturen keineswegs ganz verschont werden (Ratzeburg fand sie im
Harz sowohl an jungen 12 — 20 jährigen als auch an älteren, selbst starken
Beständen, und Borries hat in Dänemark den Fraß sogar hauptsäch-
lich an 9 — 15 jährigen Kulturen beobachtet).
Während an den Stangen- und Althölzern die Wipfel gegenüber den
Seitenzweigen entschieden bevorzugt zu sein scheinen, waren in dem von
Baer beobachteten Fall in den Kulturen hauptsächlich die Seitenzweige
befallen, die Wipfel dagegen verschont, wenigstens im ersten Fraßjahr, im
zweiten Fraßjahr ging der Fraß auch bei Althölzern vielfach auch auf die
mittleren und unteren überhängenden Zweige herab. „Oft hatte es den An-
schein, daß der Falter die am schlimmsten mitgenommenen Wipfel mit
ihren verspätet und kümmerlich austreibenden Maitrieben mit wiederholter
Eiablage überhaupt verschonte, denn die bürstenartigen Maitriebe waren hier
oft nur schwach, gewöhnlich aber gar nicht befressen.
Auch sonstige Beobachtungen deuten darauf hin, daß „der Schäd-
ling durchaus primär ist: nicht nur, daß im zweiten und dritten Jahr
die bereits geschädigten Bestände verhältnismäßig viel schwächer befallen
wurden, als zu erwarten gewesen wäre, waren es auch regelmäßig die kräf-
tigsten und dominierendsten Stämme, die am meisten angegriffen wurden".
Zu welch starker Massenvermehrung pygmaeana neigt, geht aus der von
Baer beschriebenen Gradation in der Fürstl. Pleßschen Forstinspektion
Waidenburg hervor, wo in den Jahren 1906 — 1909 ein über die drei Ober-
förstereien Wüstegiersdorf, Langwaltersdorf und Waidenburg sich erstrecken-
der Massenfraß von überraschender Ausdehnung stattfand. Ich gebe hier
einen Auszug aus dem Bericht:
1906 wurde in Wüstegiersdorf (im Juni) zum erstenmal eine intensive
Braunfärbung zahlreicher Fichtenwipfel bemerkt, jedoch nicht als Insekten-
fraß, sondern als Frosterscheinung angesprochen.
1) Nach Schütze kommen solche ,, Mützchen" auch noch bei dem Fraß
anderer Arten vor: so z. B. bei Dioryclria schülzeella Fuchs, Cymol. hartigiana Rtzb.,
Torlrix ficeana L. und /lisfrionana Froel.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
387
1907 wurden die grünen pygmaeami-Räupchen als Urheber der Ver-
färbung entdeckt. Letztere gewann bedeutend an Ausdehnung: Von den
ca. 6480 ha Fichtenwald der drei oben genannten Oberförstereien waren
ca. 834 ha befallen, und zwar 502 ha stark und 332 ha nur teilweise (4o''/'o).
Am stärksten waren die 30— 70 jährigen Bestände befallen, weniger die7ojäh-
Abb. 288. Fichtenzweig mit beginnendem Fraß von Asthenia pygmaeana Hb. Die
jungen Raupen Jiaben an den Enden der Maitriebe die „Knospenschuppenhauben"
versponnen. Nach B a e r.
rigen und am wenigsten die jüngeren, bis 30 jährigen Orte. Der Fraß be-
schränkte sich in der Hauptsache auf die Hang- und Tallagen, während die
Hochebenen durchwegs davon verschont blieben. Beginn des Fraßes anfangs
Juni, Ende in der zweiten Hälfte des Juli, nur ganz vereinzelte Räupchen
Escherich, Forstinsekten, Bei. III. - 22
338 II- Spezieller Teil.
wurden noch Mitte August gefunden. Der Fraß betraf fast ausschließlich die
Maitriebe der Fichtenwipfel, wobei freiwüchsige besonders bevorzugt Avaren.
Von den befressenen Trieben zeigten die meisten saftige, grüne Winter-
knospen, während nur wenige eingegangen erschienen.
1908 wurde zum erstenmal der Falterflug beobachtet (im wesentlichen
in der ersten Hälfte des Mai). Das Fraßgebiet hat sich gegen 1907 weiter
ausgebreitet und mit Ausnahme eines einzigen nun sämtliche Reviere der
drei Oberförstereien ergriffen. Als stark befressen erscheinen jetzt 600 bis
700 ha. Im allgemeinen zeigte der Einzelbaum eine geringere Verfärbung
als 1907, was teilweise darauf zurückzuführen war, daß die zahlreichen
Regengüsse des Sommers 1908 die roten Nadelreste größtenteils herab-
gespült haben. Der Befall betraf wieder hauptsächlich über 30 jährige Orte
(bis 100 jährige), und zwar mit merklicher Bevorzugung der Ränder. Die im
Vorjahr befressenen Wipfel blieben vielfach verschont, und der Fraß rückte
dann abwärts auf die tieferen Äste. In erster Linie wurden — wie auch in
den Vorjahren — junge Nadeln befressen, sodann teilweise auch vorjährige
und nur selten (aus Not) ältere; die jungen Triebe waren oft schon unmittel-
bar unter den Knospenschuppen befallen. Die Hauptfraßzeit fiel in die
zweite Hälfte des Juni, die letzten abspinnenden Raupen wurden Ende Juni
beobachtet.
1909 ist der Fraß wesentlich zurückgegangen. Einzelfraß macht sich
allerdings noch überall bemerkbar, besonders an den freistehenden Bäumen,
doch konnte nirgends mehr die Verfärbung größerer Komplexe oder ganzer
Bestände beobachtet werden. Die Kalamität hat offenbar den Höhepunkt
überschritten und ist im Verlöschen begriffen.
Worauf der Zusammenbruch der Gradation zurückzuführen war, konnte
nicht ermittelt werden. Parasiten scheinen kaum einen Anteil an der Krisis
gehabt zu haben, da aus den zahlreichen Puppen, die 1908 eingezwingert
wurden, nicht ein einziger Parasit auskam.
Der forstliche Schaden besteht wohl hauptsächlich im Zuwachs-
verlust. Ein Absterben von Beständen oder auch von Einzelbäumen wurde
nirgends beobachtet.
Differentialdiagnostisch kommt vor allem der Fichtennest-
wickler, Epiblema tedella GL, in Betracht, dessen Fraßbild große Ähnlich-
keit mit dem von pygmaeana hat. Doch gibt hier die zeitliche Verschieden-
heit des Auftretens einen guten Anhaltspunkt: Der Fraß von pygmaeana
findet viel früher statt (Juni und Juli) als der von tedella, der erst im
August und September in sein Hauptstadium tritt. Dann werden bei tedella
meist eine größere Anzahl (10—16) Nadeln zu einem Nest versponnen, in
dem sich der Raupenkot ansammelt, während die wenigen von pyginaeana
zusammengesponnenen Nadeln meist frei von Kot sind. Die tedella-V<2i.^&\w.
sind in der Mehrzahl ausgehöhlt und besitzen ein Loch in der Nähe der
Basis, die pygmaeana-^2^<\€\xv sind weniger miniert als von der einen Fläche
her befressen, und wo Minierfraß vorhanden, sind nicht selten zwei Löcher
zu finden.
Des weiteren kommt differential-diagnostisch Semasia natiana Tr. in
Betracht, deren Raupe ebenfalls die Nadeln miniert und zusammenspinnt,
doch fällt bei dieser die Hauptfraßzeit in den Mai (bei pygmaeana in den
Juni/Juli), ferner zeigen die Nadeln nahe der Basis ein einziges mit Gespinst
ausgekleidetes Loch, vor dem sich das zierliche Kothäufchen befindet. End-
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
339
lieh könnte noch eine Verwechslung mit Seinasia ratzeburgiaiia Rtzb. möglich
sein wegen der angesponnenen ,, Mützchen"' an den Trieben. Nach Baer
läßt sich der Fraß der beiden folgendermaßen auseinanderhalten:
Ratzebiirgiana: der junge Trieb stets stark gekrümmt, die Vegetations-
spitze stets stark beschädigt, so daß hier keine Knospenanlagen entstehen
können, Nadeln nicht miniert. sondern in einem Längsstreifen auf der Trieb-
unterseite ganz abgefressen, Triebachse stets ebenfalls angegriffen. Fraß
sehr frühzeitig, anfangs Juni Fraßstelle von der Raupe bereits verlassen.
Pygmaeana: der junge Trieb weniger oder gar nicht gekrümmt, Trieb-
achse und Vegetationsspitze stets unverletzt, Nadeln wenigstens zum Teil
miniert (unter der Schuppenhaube von der Spitze her). Fraß später; an-
fangs Juni die Raupen höchstens halbwüchsig.
Gattung Tmetocera Led.
Auch diese Gattung unterscheidet sich wie die
einen sekundären Sexualcharakter von Semasia: Die
haben in der Nähe ihrer Wurzel eine Ausnagung
Hinterflügeln sind die Adern Wg und cii^ gestielt.
;äo entspringt mit diesem Stiel aus einem Punkt, rr
und Wj^ entspringen getrennt, aber dicht beisammen
und ziehen eine Strecke parallel.
Die Gattung enthält zwei europäische Arten,
die allerdings von einer Anzahl von Autoren als
zwei verschiedene Formen einer Art (ocellana) an-
gesehen werden. Ich glaube aber hier in diesem
der Praxis dienenden Buch die Trennung in zwei
verschiedene Arten wohl verantworten zu können,
zumal neben den wesentlichen Unterschieden in
Form und Färbung des Falters wie der Raupe auch
beträchtliche Unterschiede in der Bionomie der
beiden Formen bestehen:
Die eine Form, 7V;/. ocellana F., ist ein Laub-
holztier (als Schädling an Obstbäumen unter dem
Namen „Roter Knospenwickler" den Obstzüchtern
allgemein bekannt), die andere Form, Tm. laricana
Hein., ein Nadelholztier (auf Lärche).
vorige lediglich durch
Fühler des Männchens
(Abb. 289 A). Auf den
Abb. 289. A Kopf und Fühler
von Tmetocera ocellana F.
Fühler an der Basis mit
„.\usnagung" ((j'), B Flügel-
geäder von derselben.
Nach Kennel.
Tmetocera laricana (ZU.) Hein.^)
Taf. IV, Fig. I.
Syn. T)n. zellerana H. Borgm.
L ä r c h e n n a d e 1 w i c k 1 e r.
Falter: H. Borg mann gibt folgende Unterscheidungsmerkmale zwischen
ocellana und laricana an (s. Abb. 290): Laricana ist etwas kleiner als ocellana, ihre
Vorderflügel im ganzen deutlich schmäler und gestreckter. Bei ocellana erstreckt
sich das helle Mittelfeld der Vorderflügel bis fast an die Flügelspitze, das dunklere
Saumfeld ist gegen das vorige meist scharf begrenzt, schräge und gerade ab-
geschnitten, während bei laricana das Mittelfeld überall dunkel gewellt ist, und
wenn sich das dunklere Saumfeld überhaupt abhebt, letzteres mehr gleich breit und
niemals gerade nach der Flügelspitze abgeschnitten. Bei ocellana \%\. der Spiegel
1) Spätere Autoren schreiben meist: lariciana.
22*
340
II. Spezieller Teil.
einseitig bleigrau eingefaßt, während bei laricana die Bleilinien gänzlich fehlen.
Spannweite 14 — 15 mm.
Raupe schmutzig grau bis graubraun (ocellana rötlich braun), runzlig, ziem-
lich gleich dick (ocellana in der Mitte etwas verdickt), mit wenigen einzelnen feinen
Haaren besetzt. Kopf, Nackenschild und Afterklappe sowie die Brustbeine schwarz,
Nackenschild durch eine helle Linie halbiert. Länge 7 mm.
Puppe rotbraun mit zuerst dunkelgrünen Flügelscheiden. Die Hinterleibsringe
mit feinen Borsten besetzt, Kremaster stumpf abgerundet.
Die Hauptfraßpflanze von laricana ist die Lärche. Nach Borgmann
(1895) ist die Raupe monophag, nach Kennel
geht sie auch an Laubholz.
T. laricana wurde von H. Borgmann (der
ihr den Namen Zellerana gab) in die Forst-
entomologie eingeführt :
Über die Bionomie teilt derselbe folgen-
des mit: Der Falter fliegt im Juni, die Über-
winterung scheint im Eistadium zu geschehen.
Die Raupe spinnt die inneren Nadeln in
ihrem unteren Teil zur Hälfte bis drei Viertel
längs zusammen (Abb. 291 A). Zieht man anfangs Mai die einzelnen Nadeln
eines solchen Gespinstes behutsam von oben nach unten herunter, so sieht
man zuletzt ein weißgraues, mattglänzendes Seidengewebe, durch welches
das Räupchen etwas hindurchscheint (Abb. 291 B). „Zur Nahrung dient dem
Abb. 290. Tmetocera laricana
ZU. (Lärchennadehvickler).
2V2 X.
A B
Abb. 291. Fraß von Tmetocera laricana TAX. an Lärche. A zusammengesponnene
Nadeln, B dieselben auseinandergezogen, Gespinst und Räupchen sichtbar. Nach
B o r g m a n n.
Räupchen in erster Linie das Parenchym der Oberseite der zusammen-
gesponnenen Lärchennadeln. Mit dem Heranwachsen wird aber auch die
ganze Nadel von der Spitze her durchfressen, so daß oft nur die Mittelrippe
und die Nadelränder stehen bleiben. Der Fraß erstreckt sich hauptsächlich
auf die innersten Herznadeln, welche bis tief in die Sprosse hinein weg-
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 341
gefressen werden, infolgedessen die letztere verödet. Da man öfters auch
verlassene Röhren findet, in denen nur wenig Kot vorhanden ist, so ist an-
zunehmen, daß das Räupchen öfters seine Wohnung verläßt und eine neue
anfertigt, sobald ihm die erstere zu klein wird und die innersten Nadeln
verzehrt sind. Hierdurch kann der Fraß bei einigermaßen starkem Auf-
treten der Raupe besonders schädlich werden."
Die Verpuppung geschieht am Fraßort, wo die Puppe aufrecht in
dem röhrenförmigen Gespinst steht.
Größere Schäden sind bis jetzt nicht aufgetreten, doch war der
Wickler 1891 im Taunus in stärkerer Zunahme begriffen, so daß Borg-
mann die Praktiker auf ihn aufmerksam machen zu müssen glaubte.
Gattung Epiblema Hb.
Auch die Gattung Epiblema Hb. ist hauptsächlich auf einem sekundären Se.xual-
charakter basiert : Die Vorderflügel des Männchens besitzen an der basalen Hälfte
einen Costalumschlag, der verschieden lang und breit sein kann, meist aber
breit und bis zur Flügelhälfte reichend ist und einen meist kräftigen Haarpinsel
verborgen enthält. Letzterer, der an der Flügelwurzel angewachsen ist, kann aus-
gebreitet (Abb. 292 B) und her\orgeschnellt werden (was hauptsächlich beim Flug
A B
Abb. 292. .A Flügel von Epiblema focuella L. (^ (c Costalumschlag), B \'orderflügel
von derselben mit ausgebreitetem Haarpinsel. Nach Kennet.
vorzukommen scheint, was aber auch künstlich durch Blasen auf den Flügeln be-
wirkt werden kann). Wenn der Umschlag schmal ist, kann der Haarpinsel auch
fehlen, zwischen den beiden Extremen gibt es zahlreiche Übergänge.
Das Geäder zeigt keine besonderen Merkmale; auf den Hinterflügeln sind
Ader m^ und cu^ kurz oder länger, mitunter sehr lang gestielt, so daß sie erst in
der Nähe des Saumes eine kurze Gabel bilden, sie können auch in ihrer ganzen
Länge zusammenfallen. Ader rr und m^ entspringen ganz nahe beisammen und
divergieren erst gegen den Saum hin.
Die Raupen leben größtenteils im Innern von Pflanzenteilen (Wurzeln,
Stengeln, Nadeln, Knospen, Früchten usw.). Häufig überwintern die Raupen,
erwachsen in ihrer Wohnung oder in einem Gespinst, um sich im nächsten
Frühjahr zu verpuppen. Die Falter ruhen mit eng an den Körper gelegten
Flügeln.
Die Gattung Epiblema enthält zahlreiche Arten (Spul er führt 71 euro-
päische Arten an), nur wenige kommen für uns in Betracht, nämlich:
Epible?na nigricana H. S. (Raupe in Tannenknospen).
— tetraquetrana Hw. (= fruletana Hb.) (Raupe an Laubholz).
— penkleriana F. R. (Raupe an Laubholz).
— tedella Cl. (Raupe in Fichtennadeln 1.
— proximana H. S. (Raupe in Tannennadeln).
342 II. Spezieller Teil.
Epiblema nigricana H. S.
Taf. IV, Fig. 2.
T a n n e n k n o s p e n w i c k 1 e r.
Ratzeburg: Tort rix nigricana H. Seh. — Altum: GrapholitJia nigricana H. Seh. —
Nitsche: Tortrix (Grapholitha, Paedisca) nigricana H. Seh. — Nüßlin-Rhumbler :
Grapholitha nigricana H. Seh. — Wolff-Krauße: Epiblema nigricana H. Seh.
Falter (Abb. 293) braunköpf ig. Vorderflügel dunkel braungrau, das Wurzel-
feld ziemlich lang, quer bleigrau gewellt, dahinter ein helleres Band aus zwei
schrägen, bleigrau und weißlich gemischten Linien, das von einem Paar feiner
Doppelhäkchen am Vorderrande entspringt. Dahinter ein nicht sehr breites Schräg-
band der dunklen Grundfarbe, das in der Mitte mit einer Ecke saumwärts vortritt.
Hier wird es wieder von helleren, bleigrauen Linien begrenzt, die aus dem /weiten
und dritten Häkchenpaar des Vorderrandes entspringen und konvergierend nach dem
Innenwinkel ziehen. Am Vorderrand zwei weitere Häkchenpaare. Flügelspitze meist
ganz von Grundfarbe oder mit einer helleren Linie, die aus dem äußersten Häkchen-
paar entspringt. Die Fransen dunkel braungrau mit scharfer, dunkler Teilungslinie.
Hinterflügel dunkelgrau mit etwas helleren Fransen. Spannweite 11 — 13 mm.
Rau])e schwarzköpfig mit schwarzem Nackenschilde, auffallend behaart; in
der Jugend hellbraun bis rötlich braun. Länge un-
gefähr 8 mm.
Als Verbreitungsgebiet gibt K e n n e 1
an: Mitteleuropa, Schweden, Oberitalien, Dalma-
tien, Griechenland, Taurus. Die Hauptfraß-
pflanze ist die Tanne, verschiedene Autoren
(Herrich -Schäffer, Hartmann, Heine-
niann) geben auch Fichte an.
Die Bionomie dieses Tannenwicklers ist
Abb. 293. Epiblema nigricana hauptsächlich durch Ratzeburg (W. 11,
H.S.(Tannenkn^spenwickler.) ^^^_,^^ bekannt geworden; seit dieser Zeit ist
^ ' nicht viel Neues dazu gekommen.
Danach verläuft die Entwicklung nach der Bioformel:
67-7,5
56 + 67
Die Flugzeit fällt in die Monate Juni, Juli. Das Weibchen legt die
Eier einzeln an die Knospen junger Tannen, mit Vorliebe an die Gipfel-
triebe. Das Räupchen beginnt bald mit seinem Knospenfraß; wenn es eine
Knospe ausgefressen hat, wandert es unter dem Schutze einer Gespinstdecke
zur Nachbarknospe, die es ebenfalls ausfrißt (Abb. 294). Bis zur Über-
winterung, die in der Knospe stattfindet, erreichen die Räupchen etwa ihre
halbe Größe. Im Frühjahr wird der Fraß in der gleichen Weise fort-
gesetzt, der sich nun durch vermehrten Harz- und Kotaustritt auch äußer-
lich deutlich bemerkbar macht. Zur Verpuppung spinnt sich die Raupe zum
Boden herab, eine Verpuppung am Fraßort gehört zu den Ausnahmen.
Befallen werden vornehmlich jüngere 10 — 30 jährige Tannen, doch liegt
auch ein Bericht über Knospenfraß an älteren 50 — 90 jährigen Tannen vor
(Czech, 1880).
Von Ratzeburg, Altum u.a. wird nigrica/m zu den ,, merklich
schädlichen" Tanneninsekten gerechnet. Nach Hochhäuslers Beobach-
tungen in Schlesien, die der Schilderung Ratzeburgs hauptsächlich zu-
grunde liegen, kommt der Wickler „durchgängig auf allen Bodenklassen vor
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 343
und nimmt gutgeschlossene wie raumbestandene Tannen gleich gern an, am
liebsten aber die Altersklassen von lo — 30 Jahren." Wenn alle drei Knospen
zerstört werden und der Fraß sich mehrere Jahre hintereinander wiederholt,
so kann die weitere Verzweigung krüppelhaft werden, indem die Zweige häß-
liche Krümmungen annehmen und auch der normale Höhenwuchs gefährdet
werden kann. Ratzeburg glaubt, daß der nigricana- Fraß auch eine der
Ursachen für die Entstehung der sogenannten „Leuchterwipfel" ist. Von
den 8 — 10 jährigen Tannen des Eberswalder Forstgartens haben verschiedene
eine besenartige Form angenommen. Besonders schädlich kann nigricana in
Verbindung mit dem Fraß der beiden Tannentriebwickler (Cac. murinana
Hb. und Semasia nifimitrana H. S.) werden, da hier die Erhaltung der
Knospen besonders wichtig ist.
Die Erkennung des nigricana-Yx^&&% ist nicht schwierig. Das Nicht-
austreiben der Knospen in Verbindung mit deren Aushöhlung, mit Kot-
krümeln und weißen Gespinsten geben gute Erkennungsmerkmale ab. Diffe-
rential-diagnostisch kommt vor allem die „Tannenknospenmotte" ( Argy-
resthia iUiiniiiialeUa F. R.) in Betracht, doch geht hier der Fraß von der
Abb. 294. Von der Raupe von Epiblema nigricana H. S. ausgefressene Tannen-
knospen.
Knospe aus noch ziemlich tief in das Ästchen, das auf eine Strecke von
5 — 7 cm ausgehöhlt wird. Infolgedessen werden auch einige Nadeln unter
der Endknospe gelb und fallen schließlich ab (siehe oben, S. 165). Auch
Dioryctria abietella Schiff., die ebenfalls, allerdings nur ausnahmsweise, in
den Knospen der Tannentriebe vorkommt, frißt den Trieb abwärts weithin aus
und greift außerdem die Basis der Knospen oder vielmehr die Spitze des
Triebes von außen her an (siehe S. 444). Endlich verwechsle man nicht aus
anderen Ursachen ausgetrocknete Knospen mit nigricana-Yx2&; die nähere
Untersuchung der Knospen gibt hier ohne weiteres Aufschluß.
Eine wirksame Bekämpfung ist nicht durchzuführen, sie wird aber
kaum nötig werden.
Epiblema tetraquetrana Hw.
Taf. IV, Fig. 3.
• Syn. fruletana Hb. (bei Ratzeburg).
Birkengallenwickler.
Falter: Kopf und Thorax graugelb. Vorderflügel gelbbraun, dunkelbraun
gewellt, mit hellgrauer, gegen den Vorderrand undeutlicher Mittelbinde und einem
344 II. Spezieller Teil.
schwarzen Fleck vor dem mit dicken Bleilinien umzogenen Spiegel. Hinterflügel
hellgrau mit weißlichen Fransen. Spannweite 15 — 16 mm.
Raupe grünlichgelb bis hellgrün, die Wärzchen grau bis schwärzlich, Kopf-
und Nackenschild gelbbraun.
Die Bionomie dieses Wicklers ist vor allem von Baer (1910) klar-
gestellt worden:
,,Der Falter fliegt im wesentlichen im Juni. Das kleine Räupchen findet
man von August ab in einer zunächst noch kleinen Zweiganschwellung, die
sich wohl ausnahmslos am Grund eines Seitensprosses befindet, und zwar
ebensowohl an Birke wie an Schwarz- und
Weiß er le. Später wird die Gallenbildung auf-
fälliger und erscheint als ein bald mehr kuge-
liger, bald mehr eiförmiger Zweigknoten von
etwa I cm Länge, selten aber ebensoviel Breite.
Im Innern derselben befindet sich ein mit Ge-
spinst ausgekleideter Markröhrenkanal, der das
Räupchen enthält. Der Fraßkanal erstreckt sich
Abb. ic)^ Epiblema tetraque- spitzenwärts noch über die Ansatzstelle des Seiten-
trana Hw. (Birkengallen- . , . i ■• i ^ i • • a ^ • 1 1 ^
Wickler^ 2V X zweiges hinaus und mundet hier im Astwinkel nach
außen, wo ihm gewöhnlich versponnene Kotkrümel
vorgelagert sind. Ihre volle Reife erlangt die Raupe indessen nicht in der
Galle, sondern die Raupe geht später im Herbst noch zu einem Fraß an den
Blättern über. Hier lebt sie unter einem umgeschlagenen Blattrand oder in
einer Blattrolle und frißt ähnlich skelettierend wie Acalla ferrugana Tr.,
bis sie wohl schließlich mit dem Blatt abfällt, um im Boden ihre Weiter-
verwandlung zu bestehen."
Die Zweiganschwellungen an Birken usw. waren den Entomologen schon lange
bekannt; so hat Rübsaamen in den Heubergen des Siegner Landes an Birken
Zweiganschwellungen an den Astgabeln gefunden, in deren Markröhren im Sommer
eine graugrüne Raupe war. Bei Zimmerzuchten kamen die Raupen heraus und
nährten sich noch eine Zeitlang von den Blättern, zwischen denen sie in dichtem
Gespinst saßen, hier fand auch die Verpuppung statt. Der auskommende Schmetter-
ling wurde fälschlicherweise als Ac. ferrugana Tr. bestimmt (s. Nitsche, S. 1059).
Auch V. Schlechtendal und Kieffer erwähnen die Galle, ersterer nennt die
Eiche als Wirtspflanze, was aber wohl auf einem Versehen beruht.
Als Folge des Fraßes bzw. der Gallbildung stirbt ,,zwar selten der
Hauptzweig, oft aber der von der Galle ausgehende Nebenzweig ab"
(v. Schlechtendal, i8gi). Die tetraqiietrana-G^AX^n sind stellenweise ,,so
häufig und verunstalten oft derartig die Bäume, daß man sich wundern muß,
daß sie den Forstentomologen nicht eher aufgefallen sind" (Baer).
Eine Bekämpfung kommt nicht in Frage.
Epiblema penkleriana F. R.
Taf. IV, Fig. 4.
Syn. millerpacheriana Tr. (bei Ratzeburg).
H a s e 1 n u ß w i c k 1 e r.
Falter: Vorderflügel rostgelb bis rostbraun. Ein dunkles Wurzelfeld meist
deutlich stumpfwinklig abgeschnitten. Darauf folgt eine ebenso gebrochene helle
Querbinde, die sich am Dorsum zu einem viereckigen weißen Fleck erweitert.
Spiegel breit, von deutlichen Bleilinien eingefaßt. Am Vorderrand (Costa) von der
Spitze bis zur Mitte 5 feine, scharfe, weiße Häkchenpaare, aus dem 4. und 5. ziehen
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 345
die Bleilinien gegen den Spiegel, aus dem 2. und 3. zwei sich vereinigende unter den
Augenpunkt. Fransen gelbbraun bis rötlichbraun, mit scharfer Teilungslinie. Hinter-
flügel graubraun bis reiner braun, wurzelwärts heller, Fransen blasser, mit brauner
Teilungslinie. Variiert stark in Färbung und Zeich-
nung: es kommen auch Stücke vor, deren Vorderflügel
fast einfarbig rostgelb sind, als Zeichnung nur die
Einfassung des Spiegels und die Vorderrandhäkchen
haben. Spannweite 14 — 15 mm.
Raupe blaß gräulich, mit dunklen Wärzchen
(nur auf dem i. Segment deutlich), Kopf braun,
Nackenschild schmal, heller und dunkler braun, hinten
mit 2 schwarzen Punkten.
Puppe mehr oder weniger dunkel gelbbraun, mit Abb. 296. Epiblema penk-
schwarzen Dornen. Hinterende breit abgestutzt, mit leriana F. R. (Haselnuß-
6 hakenförmig gekrümmten Borsten (4 ventral, 2 clor- wickler). 2X.
sal). Länge 5 mm.
Ei strohgelb, breitoval, nur wenig länger als breit, schwach gewölbt. Länge
0,60 — 0,65 mm; Breite 0,52 — 0,58 mm.
Geographische V^erbreitung: Mittel- und Nordeuropa, Nord-
spanien, Piemont, Mittel- und Süditalien, Dalmatien, Kaukasus.
Fraß pflanzen: Ahn/s. Betiila, Corylus und Ulmiis.
Nähere Angaben über die B i o n o m i e verdanken wir S i 1 v e s t r i
(1922), der eingehende Beobachtungen in Italien über das Vorkommen an
Haselnuß angestellt hat:
Danach erscheinen die ersten Falter im Mai^), im Juni wurden die
ersten Pärchen in Kopula gesehen. Die Weibchen leben durchschnittlich
ca. 5 — 6 Monate, die Männchen nur 2 — 3 Monate. Die Eier reifen sehr
langsam heran: im August sind sie noch sehr klein (ca. 0,26 mm), und erst
im September, also vier Monate nach dem Schlüpfen, erreichen
sie ihre normale Größe. Die Eiablage setzt etwa Mitte September ein
und zieht sich bis Mitte Oktober hin. Die Eier werden einzeln oder zu
zweien oder dreien auf die Knospen gelegt.
Die Raupen schlüpfen nach vier Wochen und dringen in die Blatt-
knospen ein, die sie ausfressen. Wenn sie eine ausgefressen haben, gehen sie
in eine andere oder auch in eine weibliche Blüte. Die Verpuppung findet
in weißem Gespinst in der Umgebung der Knospen oder im Boden statt.
Die Puppenruhe dauert ca. vier Wochen.
Der Schaden, den die Raupe durch ihren Fraß an Haselnuß ver-
ursacht, kann recht empfindlich werden, wie Silvestri verschiedentlich
in Italien beobachtete.
Epiblema tedella Cl.
Taf. IV, Fig. 5.
Fichtenn est Wickler, Hohlnadel wickler.
Syn. : taedella L., comitana Schiff., (Heinemann!), piceana Hb., hercyniana Froel.,
hyrciniana Willk., pinetana Hb. (bei Bechstein).
Ratzeburg: Tori rix (Coccyx) hercyniana Usl. — Altum: Grapholitha comitana W. V.
(Toririx hercyniana Rtzb.) — Nitsche: Tortrix tedella Cl. — Nüßlin-Rhumbler :
Grapholitha (Epiblema) tedella Clerck. — Wolff-Krauße: Epiblema tedella Clerck.
Falter: Vorderflügel dunkelbraun mit silberweißen, mehr oder weniger in
unregelmäßigen Querbändern zusammengeflossenen Querlinien: meist nahe der
Die hier angegebenen Entwicklungsdaten beziehen sich auf Süditalien.
346
II. Spezieller Tei
Abb. 297. Epiblet/ia tedella Cl.
( Fichtennestwickler). 3 X.
Wurzel eine weiße, oft fein geteilte breitere Linie etwas geschwungen quer durch
den Flügel, vor der halben Länge eine zweite breite, in der Mitte saumwärts vor-
springende, noch einmal fein geteilte Mittelbinde, eine aus einem Häkchenpaar
hinter der Mitte des Vorderrandes entspringende, dem Innenwinkel zulaufende
Schrägbinde und ein vor der Flügelspitze stehendes Häkchenpaar, das eine Art
Dreiecksfleck darstellt. Die hellgrauen, ein-
mal oder zweimal durchbrochenen Fransen mit
dunkler Teilungslinie. Hinterflügel ziemlich
schmal und spitz, graubräunlich mit weißen
Fransen, Spannweite 13 — 14 mm (Abb. 297 ).
Raupe licht gelbbraun mit 2 braunroten
Rückenstreifen oder auch grünlich mit helleren
oder schmutzigeren Linien. Kopf, Nackenschild
und Brustfüße braunschwarz. Afterklappe wol-
kig, schwarzgrau verlaufend. Bis g mm lang.
Puppe (Abb. 298 B) ca. 6 mm lang,
dunkelbraun (Abdomen etwas heller), mit „dor-
nigem Afterwulst"; 9 Fühler kürzer als beim
Cf (Ratzeburg).
Die Eier messen in der Länge 0,56 — 0,70 mm, in der Breite 0,48 — 0,50 mm.
Sie sind zuerst perlmutterglänzend, später fleischrot.
Die geographische Verbreitung erstreckt sich über ganz Mittel-
und Südeuropa bis nach Südfrankreich und Piemont sowie Südostrußland.
Sowohl in der Ebene wie im Gebirge, in den Alpen bis 1800 m.
Die Hauptfraßpflanze ist die Fichte, doch geben manche Au-
toren auch die Tanne an (Nördlinger, L. F.
52, Henry, 1892, Keller u. a.). Nitsche
glaubte zunächst, daß die Mitteilungen über das
Vorkommen auf Tannen auf Verwechshmgen mit
Ep. proximana H. S. beruhten, gab aber später
(ebenda S. 1352) diese Annahme wieder auf.
Wolff-Krauße nennen als Fraßpflanzen von
tedella außer Tanne und Fichte auch noch Kie-
fer und Wacholder. Nach AI tum wurde im
Eberswalder Forstgarten auch die Schimmel-
fichte (Picea albaXlv^.) befallen, undjentsch
(1899) berichtet von einem ziemlich starken
tedella-Yx2i& an der Sitkafichte (Picea sit-
chensis Traut, et Meyer) bei Hann.- Münden i).
A B
Abb. 298. A Raupe (Vor-
derteil und Analsegment)
B Puppe (q) von Ep. te-
della Cl. Nach Ratze
bürg.
B i o n o m i e.
Da tedella ein weitverbreitetes und überall
vorkommendes Insekt ist, das nicht selten auch
zu Massenvermehrung gelangt und auffallende
Erscheinungen verursacht, so liegen in der forstlichen und forstentomolo-
gischen Literatur eine Reihe von Mitteilungen über seine Bionomie vor:
ij Der bekannte Mikrolepidopterologe K. T. Schütze hat, wie er mir brief-
lich mitteilte, tedella stets nur an Fichte gefunden und vermutet (wie früher auch
Nitsche), daß bei den Angaben über das Vorkommen auf Tanne Verwechslungen
mit Epiblema proximana H. S. vorliegen, die ausschließlich auf Tanne vorkommt
und die der tedella so nahe steht, daß sie von manchen als Var. von dieser ge-
halten wurde.
I. Unterordnung: ]\Iicrolepidoptera, Familie Tortricidae. 34 (
Ratze bürg widmet dem Fichtennestwickler eine eingehende Schilderung
(F. 220 bis 223), die später mehrfach ergänzt wurde, vor allem chirch
Dolles (1893), Baer (1903), Trägärdh (1915) u. a.
Die Entwicklung vollzieht sich nach der Bioformel
6 — 6,4
5 + 6
Die Hauptflugzeit fällt in die Monate Juni und Juli, doch kann der
Beginn schon in den Mai fallen und das Ende sich bis in den August fort-
setzen, die Höhenlage und die klimatischen Verhältnisse wirken sich dabei
merklich aus^).
Die Falter sitzen tagsüber mit dachförmig gefalteten Flügeln im Geäste
der Fichten, vor allem der Randbäume. Ein leises Berühren der Zweige
genügt aber, um die Tiere aufzuscheuchen und (bei Gradationen) „ganze
Wolken derselben rege zu machen", gewöhn-
lich fallen aber die so aufgescheuchten
Tiere in nächster Nähe wieder ein. Baer
teilt eine Beobachtung mit, wonach die
kleinen Wickler besonders die mit der
Fichtenquirlschildlaus (Lecanium heinicry-
phinii Dalm.) besetzten Stellen aufsuchten,
um dort die zuckerreichen Ausscheidungen
der Läuse aufzusaugen. Auch Keller
(1885) glaubt einen gewissen Zusammenhang
zwischen Zea^w/V/w-Befall und tedeUa-\ox-
kommen annehmen zu dürfen: „Der Wickler
scheint," schreibt er, „mit einer gewissen
Vorliebe seine Eier an die von Chermes
und Schildläusen befallenen Fichten abzu-
legen"-).
Die Eiablage findet meist auf der Abb. 299. Fichtennadeln mit je
Oberseite der Nadeln statt, und zwar wird i Ei von Epiblema tedella Cl.
gewöhnlich die einzelne Nadel mit nur i Ei h&\&%t. Nach Baer.
belegt (Abb. 299), seltener mit 2 — 3, in letz-
terem Fall liegen sie nicht nahe beisammen, sondern stets durch größere
Zwischenräume getrennt. Die Eiproduktion scheint eine geringe zu sein, nach
V. Berg (1834) legt ein Weibchen nur 18 — 25 Eier.
Nach 14 Tagen schlüpfen die Räupchen aus, die „vor Beginn des
Fraßes eine Zeitlang sich in aalartigen Windungen um die Nadel bewegen".
Sie sind Minierer und bringen den größten Teil ihres Lebens in den Nadeln
zu. Jedes Räupchen „sichert sich an den Zweigen einen begrenzten Rayon,
selten finden sich mehrere Räupchen im engen Raum beisammen". LTnweit
1) Bemerkenswert ist die Beobachtung von Dolles (1893), wonach bei mehr-
jähriger Dauer die Flugzeit sukzessive sich gegen das Frühjahr zu verschoben hat : 1890
fiel dieselbe (bei 500 m Meereshöhe 1 in den Anfang des Monats Juli, 1891 in die
zweite Hälfte des Monats Juni und 1892 mehr um die Mitte dieses Monats, ja
einige Falter waren in diesem Jahr bereits am 10. Mai zu sehen.
2| Keller führt tedella unter den Feinden von Lecanium auf: durch Aus-
höhlen der Nadeln durch tedella „wird den Lecanium-'L^rxexx die Nahrung entzogen
und sie gehen zugrunde".
348
II. Spezieller Teil.
am Grunde der Nadel
bohrt sie sich durch eine
länglich runde Öffnung
in dieselbe ein und höhlt
sie bis zur Spitze aus,
so daß nur ihre äußere
Hülle übrig bleibt. Meist
verläßt die Raupe die
ausgehöhlte Nadel durch
das Einbohrloch, doch
zuweilen frißt sich die
Raupe durch ein zwei-
tes Loch an der Spitze
der Nadel nach außen.
Teilweise bohrt sich das
Räupchen auch in der
Mitte oder nahe der
Mitte der Nadel ein.
Die Raupen wachsen an-
fänglich nur sehr lang-
sam, weshalb auch der
Fraß in dieser Zeit
kaum zu bemerken ist
und sich nur auf weni-
ge Nadeln beschränkt.
Später wird das Nah-
rungsbedürfnis größer,
so daß die Zahl der aus-
gehöhlten Nadeln rasch
wächst und die Fraß-
erscheinungen auffällig
werden i). Sind die
Raupen beinahe ausge-
wachsen, so kriechen sie nicht mehr mit dem ganzen Körper, sondern
nur noch mit dem Vorderteil hinein oder sie weiden die Nadel von
außen her ab (Lüstner, 1926). ,,Lidem sie zugleich eine Menge unregel-
mäßig sich kreuzender Fäden spinnen, in welchen die bald trocknenden und
vom Winde abgeworfenen Nadeln hängen bleiben, ebenso wie der während
des Fraßes ausgestoßene Kot, so bilden sich größere oder kleinere Klumpen
an den Bäumen, in welchen Nadeln, Kot und Gespinst verworren durchein-
andersitzen (Abb. 300) und an der braunen und weißlichen Farbe schon den
Fraß von weitem verraten" (Ratzeburg) 2). Die Zahl der Nadeln, die in
einem Nest versponnen sind, beträgt gewöhnlich 12 — 16.
Abb. 300. Fichtenzweig mit zahlreichen Nadelnestern
\"on Epibleuia tedella Cl.
^) Die Nestchen, oder wenigstens Teile \on ihnen, bleiben oft noch jahrelang
am Zweig haften, wobei die Nadeln allmählich ein schmutziggelbes Aussehen er-
langen. Neue Nester unterscheiden sich von solchen durch die Frische der weiß und
grün gescheckten Nadeln.
~) Baer (1903) berichtet auch von einer gelegentlichen S c h 1 e i e r b i 1 d un g.
,,Im Oktober kam bei einem Fraß in Sachsen noch eine auffallende Erscheinung
hinzu, die anderwärts in den gleichen Fällen weniger hervorgetreten zu sein scheint.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
349
Im Oktober, teilweise schon im September, sind die Raupen ausge-
wachsen; sie verbleiben noch eine Zeitlang in den Nestern, um sich dann zum
Boden abzuspinnen. Nach Dolles fand das Abspinnen am häufigsten von
Ende Oktober bis Ende November statt, aber auch im Dezember bei sehr
starker Kälte und dem Vorhandensein einer Schneedecke, in einem Fall auch
noch am lo. Januar an einem sonnenklaren Wintertag bei grimmiger Kälte,
wurden abspinnende Räupchen wahrgenommen i). Nach Baers Angaben,
die im wesentlichen hiermit übereinstimmen, wurde das Abspinnen sogar
noch im Februar und März bemerkt. Nach Keller (1885) findet in der
Schweiz die Überwinte-
rung der Wicklerraupe
stets im Nadelwerk der
Fichte statt. ,.Zu An-
fang April erkennt man
überall zwischen den zu-
sammengesponnenen Na-
deln frische Exkremente
und zahlreiche Räupchen,
welche um die Mitte
April ^'on den Bäumen
herabsteigen."
Die im Herbst und
Winter in den Boden
gelangten Raupen über-
wintern als solche unter
oder auch in der Boden-
decke. Die Verpup-
pung findet hier im
April (mitunter auch erst
im Mai) statt, und zwar
ohne jegliches Gespinst.
Die Puppenruhe dauert
5 — 6 Wochen, so daß also
eine einjährige Genera-
tion vorliegt.
Epidemiologie, forst-
liche Bedeutung, Be-
kämpfung.
Aus den vielen Be-
richten, die über tedella- ^bb. soi. Junge Fichte, zum größten Teil von EMhL
Gradationen m der forst- tedella Cl. kahlgefressen.
In den stärker befressenen Kulturen und angehenden Dickungen zeigten sich nämlich
plötzlich zahlreiche Stämmchen mit dichten Gespinstschleiern, die in den Wipfeln
gardinenartig von Quirl zu Quirl herabhingen, mehr oder weniger vollständig be-
deckt." Der Schleierbildung war naßkaltes Wetter vorhergegangen, so daß man in
den Schleiern Schutz gegen die Witterungsunbilden erblicken zu können glaubte.
1) Nach Ilse (1926) wurden im Winter 1925 im Südharz bei 2 Grad Kälte und
Schneetreiben (nach vorhergegangenem sehr kaltem November) zahlreiche Raupen
beobachtet, die teils auf den Schnee herabgeschleudert waren, teils sich an Fäden
von den Kronen herabspannen, ohne daß ihnen der Frost etwas schadete.
350 II- Spezieller Teil.
liehen Literatur vorliegen, unter denen ich den von Baer (1903) als be-
sonders wertvoll hervorheben möchte, geht hervor, daß die „wärmeren Süd-
und Südwesthänge, überhaupt die geschützteren Hänge, namentlich Talzüge,
Mulden und windstille Einsenkungen" zur Eiablage besonders bevorzugt
werden, ebenso Bestände, die auf ärmeren Böden stocken, ferner rauch-
beschädigte und ebenso die unter Druck aufgewachsenen kümmerlichen
Fichten. Dabei scheinen gebirgige Gegenden bevorzugt zu werden,
wenn auch die Grenzen seiner vertikalen Verbreitung, wie oben angegeben,
sehr weit auseinanderliegen. Bezüglich des Alters stimmen die meisten An-
gaben darin überein, daß Bestände im Alter von 10 — 30 Jahren, also
Dickungen und Stangenhölzer am anfälligsten sind. Doch wird
kein Alter ganz verschont, werden doch einerseits selbst 3 jährige Pflanzen
befressen (Anonymus, 1892), andererseits auch Altholz heimgesucht und
auch Fichtenhecken befallen. An jungen Pflanzen werden die Gipfeltriebe
bevorzugt, an älterem Stangenholz die unteren und äußeren Zweige. Bei dem
großen sächsischen Fraß (1897 — 99) hatten „lichte Bestände stets am meisten
zu leiden, je besser die Bestände geschlossen waren, um so weniger wurden
sie angegriffen. Sehr gut geschlossene Orte wurden zuweilen inmitten ver-
heerenden Fraßes vollständig verschont." Ähnliches berichtete D olles (1893)
und Sproßmann (1926). Jedenfalls werden die Ränder, soweit sie dem
Luftzug nicht sehr ausgesetzt sind, gewöhnlich zuerst am meisten befallen.
Von Berg (1834) berichtet im Gegensatz hierzu, daß gerade die nicht
durchforsteten Orte deutlich mehr zu leiden hatten als die durchforsteten.
„Ganz dasselbe beobachtete der aufmerksame Förtsch, der die Raupen
am häufigsten in den geschlossensten Beständen auf gutem Boden, wo es
etwas feucht und dumpfig war, antraf" (Ratzeburg). Wo Fichte mit
Tanne gemischt stehen, wird gewöhnlich die erstere bevorzugt, wenn auch in
einzelnen Fällen die Tanne ebenso stark oder sogar noch stärker befallen
wurde als die Fichte (Henry) i). Bei starker Massenvermehrung fallen die
meisten der hier angeführten Unterschiede fort, und der Fraß erstreckt sich
dann mehr oder weniger gleich über alle Revierteile.
Die Dauer einer leäella-GrsLda.tion ist regelmäßig nur kurz, im
dritten, mitunter schon im zweiten, spätestens aber im vierten Jahr bricht sie
von selbst zusammen.
Der erste in der Forstliteratur genannte große Fraß, der sich über alle
Fichtenreviere des Harzes erstreckte, dauerte zwei Jahre, 1795 — 1796 (v. Uslar,
1798). Eine weitere starke Gradation trat wiederum im Harz (Andreasberg) im
Jahre 1831 auf (an „jungen rauchgeschädigten Fichtenkulturen"), 1832 zeigten sich
die Raupen noch ebenso tätig, desgleichen 1833. „Mit dem Jahre 1834 aber war das
Insekt ohne weiteres menschliches Zutun fast spurlos verschwunden" (Beling, 1865).
Auch die später folgende Massenvermehrung (Clausthal und Lautenthal in 50 — 60-
jährigen Beständen) war nur von kurzer Dauer: 1845 — 4^- Ebenso erstreckte sich
die Gradation im Braunschweigischen nur über 2 Jahre (Beling, 1865). Der von
Dolles (1893) beschriebene Fraß in Wondreb (Oberpfalz, Bayern) dauerte von
i8go — 92. Bei der großen sächsischen Gradation, die sich über 95 Forstreviere aus-
breitete, trat der Fraß nirgends 2 Jahre hintereinander in gleicher Stärke auf
(Baer).
Über die äußeren Faktoren, die die Gradation begünstigen, wissen
wir noch sehr wenig. Es wird sich empfehlen, bei künftigen Gradationen
1) Bezüglich des Vorkommens auf Tanne siehe oben S. 346 Anm.
I. Unterordnung: Älicrolepidoptera, Familie Tortricidae. 351
auf die klimatischen Verhältnisse in den Sommer- und Herbstmonaten (Flug-
zeit und Zeit der Raupenentwicklung) zu achten. Jentsch (1899) meint,
daß langdauernder Herbst und danach ein milder Winter günstig auf die
Entwicklung des Insekts wirken, wie umgekehrt, nasser Herbst, zeitiger
Kälteeintritt und strenger Winter ihm verderblich werden. Nach dem, was
wir oben über das Abspinnen der Raupen bei grimmiger Kälte gehört haben,
scheinen aber die Raupen sehr widerstandsfähig gegen Kälte zu sein.
Über die Art der Ausbreitung finden sich verschiedentliche An-
gaben, wonach der Fraß an den Rändern oder in geschützten Lagen be-
gonnen und von da sich ins Innere ausgebreitet hatte. Eine sehr interessante
Schilderung über die allmähliche Ausdehnung der großen sächsischen Kala-
mität gibt Baer; danach ist die Gradation im Osten und Norden von
Sachsen zuerst bemerkt worden, von da ist sie nach dem Süden und Westen
„gewandert".
„Seinen Anfang hat der Fraß offenbar in den tieferen Lagen des Ostens und
Nordens von Sachsen genommen und sich von da erst über den höher gelegenen
Süden und Westen des Landes verbreitet. Denn auf den im Osten gelegenen Re-
vieren Rohrsdorf und Fischbach war der Höhepunkt des Fraßes 1897, als er sich
anderwärts fühlbar machte, bereits vorüber. Für den Bezirk Grimma, den Tharandter
Wald, Hohenstein und Königstein in der Sächsischen Schweiz war 1897 das Haupt-
fraßjahr und 1898 bereits ein merklicher Rückgang zu verspüren, Hohenstein und
Königstein erlebten zwar 1898 noch einen starken Falterflug, aber keinen erheb-
lichen Fraß mehr. Sämtliche übrigen Reviere, also die meisten der Sächsischen
Schweiz, diejenigen des Erzgebirges, des Zellwaldes, des Forstbezirks Zschopau und
die im Westen gelegenen, Pansa, Langenbernsdorf und Neudeck, wurden jedoch
überhaupt erst 1898 ernstlicher bedroht."
Wodurch die rasche Krisis der Gradation eingeleitet wird, dar-
über wissen wir noch sehr wenig. Es ist hier die Mitteilung von D o 1 1 e s
anzuführen, daß durch wolkenbruchartige Gewitterregen während der
Hauptflugzeit „die Wirkung des Insekts stark dezimiert wurde". ,,Doch
scheinen an der Dezimierung noch andere auf die Raupen wirkende Einflüsse
beteiligt gewesen zu sein, da sich bereits Ende August, also lange bevor das
Abspinnen begonnen hatte, sich viele leere Raupennester fanden. Es müssen
daher eine Anzahl Räupchen bereits in ihren Fraßstätten zugrunde gegangen
sein."
Bei der sächsischen Kalamität wurde eine unter den Räupchen ver-
heerend wirkende Mykose beobachtet. Im November wurden sowohl an
der Unterseite der Zweige sowie am und im Boden zahlreiche weiße Klümp-
chen gefunden, die, aus der Ferne und oberflächlich betrachtet, das Aussehen
von Vogelkot hatten, bei näherem Zusehen sich aber als schwammige Gebilde
erwiesen, die sämtlich ein winziges schwarzes Fleckchen, die fest chitinisierte
Kopfkapsel einer kleinen Raupe, zeigten. Stellenweise waren die Klümpchen
so häufig, daß der Waldboden wie mit Kalk bespritzt aussah. Es handelte
sich um verpilzte /edel/a -Räupchen, die der Infektion von Entotnophthora
radicans Er. zum Opfer gefallen waren. Die Mykose wurde in fast allen
befallenen Revieren Sachsens festgestellt.
Die Hoffnungen aber, daß dadurch die Kalamität mit einem Schlage
beendet würde, haben sich nicht erfüllt. Ja, es trat im folgenden Jahre
stellenweise eher noch ein stärkeres Schwärmen ein als zuvor, so daß man
sich auf eine ungeschwächte Wiederholung des Fraßes gefaßt machen
mußte. Diese Befürchtungen traten aber nicht ein, auf das starke Schwärmen
352 II. Spezieller Teil.
folgte nur ein ganz unbedeutender und in keinem Verhältnis zu diesem
stehender Fraß. Der Zusammenbruch muß also hier durch andere Faktoren
herbeigeführt worden sein, man kann an starke Reduktion der Eiproduktion
denken, oder an eine starke Mortalität der Eier oder Jungraupen. — Über die
Rolle der tierischen Feinde (Parasiten usw.) bei der Beendigung von tedella-
Gradationen liegen noch keine Beobachtungen vori).
Bei der Beurteilung der forstlichen Bedeutung ist vor allem
zu berücksichtigen, daß der Fraß sehr spät im Jahre stattfindet, wenn die
Kambialtätigkeit des Baumes bereits ihrem Ende naht und daß ferner die
Knospen verschont bleiben 2). Nehmen wir zu diesem günstigen Moment noch
die kurze Dauer der Gradationen und endlich den Umstand, daß einmal
kahlgefressene Bäume nur ungern zum zweitenmal angenommen werden
(Baer, 1903, Sartorius, 1926), so verstehen wir, daß trotz des trostlosen
Aussehens, das die kahlgefressenen Bäume und Bestände im Herbst zeigen
können, ein Absterben ganzer Bestände bis jetzt noch nirgends beobachtet
worden ist. Mögen auch einzelne unterdrückte Stämmchen bei wiederholtem
Fraß zugrunde gehen (s. Abb. 301), so fällt dies wirtschaftlich im allge-
meinen kaum ins Gewicht.
Wirtschaftlich fühlbar und berechenbar wird bei tedella-Yx2& stets nur
der Zuwachsverlust sein. Baer teilt einige vergleichsweise Messungen
des Höhenzuwachses in 12 — 16 jährigen Kulturen mit. Danach fand im Fraß-
jahr, wie nicht anders zu erwarten war, nirgends eine auffallende Verminde-
rung desselben gegenüber dem Vorjahr statt, wohl aber in dem Nachjahr an
ziemlich kahlgefressenen Orten eine solche bis zu 540/0 vom Zuwachs des
Vorjahres. Nach v. Uslar „trieben die Fichten nach dem großen Fraß im
Harz (1796) sehr spät und langsam, die Vegetation war ungeachtet eines sehr
fruchtbaren Sommers gering, die Jahresschüsse kurz, und der Wald erhielt
nicht das fröhliche, üppige Aussehen des blühenden Wachstums, eine Folge
der vorangegangenen Entnadelung".
Bedenklicher wird die Lage, wenn in Begleitung von tedella, was nicht
selten vorkommt, andere Schädlinge auftreten, wie vor allem pactolana und
glabratella oder certella (Beling, 1864, Baer, 1903).
Nach Baer sind beim sächsischen Fraß ernste Beschädigungen nur da vor-
gekommen, wo ,,alle 3 Genossen zusammen gewirkt haben". Namentlich, wo sich ab-
gestorbene Wipfel in den Kulturen und Dickungen zeigten, ergab die nähere Be-
sichtigung stets, daß hier pactolana die saftleitenden Rindenschichten vollständig
zerstört hatte. Auch der Prozentsatz, der durch glabratella und certella vernichteten
Knospen war in den am schlimmsten aussehenden Orten ein so hoher, daß ihre Mit-
wirkung nicht niedrig veranschlagt werden durfte. Es standen daher einige Aus-
besserungen in Kulturen allenthalben in den Folgejahren zu erwarten, namentlich
auf der 1,15 ha großen kahlgefressenen Fläche des Sosaer Revieres und auf dem
Lengefelder Reviere, wo man 1899 mehrere Hunderte eingegangener Stämmchen
zählte. Am ärgsten war die Verwüstung im Georgswalde zu Thum, wo sich die Ober-
1 ) Die Zahl der Schlupfwespen ist verhältnismäßig gering. T a c h i n e n
sind überhaupt keine aus tedella bekannt. — Nach Sproßmann (1926)
scheint das Schwarzwild sich an der Vernichtung der im Boden befindlichen
Raupen und Puppen wesentlich zu beteiligen; bei der letzten tedella-VexTaiiSxxwn^
im Harz (1924 — 1926) haben die Sauen in den Hauptfraßbeständen, zumal am Rand,
stark gebrochen.
") Sproßmann (1926) berichtet allerdings, daß die Endknospe des be-
fressenen Zweiges häufig abtrocknet". Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um
gleichzeitigen Fraß von Arg. certella ZU. oder glabratella TAX. (siehe oben S. 166}.
Escitcrich, Forsiinscktoi. III. Bd.
Tafel I V
^^^
^f^
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13 ▼ /^ 16
7<^
Tortriciden III
r. Kenncl del.
1 Tmctocera laricana ZU. Q. 2 Epiblema nisrricana H. S. ^. 3 E. teiraquetrana IIic. Q. 4 E. penk-
leriana i^. i?. 5. 5 E. tedella C7. C^'. 6 E. proximana i/ S. ^. 7 Laspeyresia (Caipocapsa) splendana
Hb. 0. 8 L. ijrossana ///>. i. 9 L. amplana Hö. Q. 10 l^. zeheana. jRtsb. ^. 11 L. pactolana Z//. C^.
12 L. duplicana /^//. ^. 1:5 L. coniferana i?/äö. Q. U L. cosmophorana T;-. Q. l^i L- corollana ^/). (^.
16 L. strobileila Z. ^'. 17 Pammene fitnbriana Hu\ c^. Vergr. 2' jmal.
I. Unterordnung; .Alicrolepidoptera, Familie Tortricidae. 353
forstmeisterei zu Ende des Jahres 1899 dazu entschließen mußte, den baldigen Ab-
trieb der zusammen 2 ha haltenden, kahlgefressenen 15 jährigen Kulturen vorzu-
schlagen. Sonst aber kam es nirgends bis zu einem derartigen Vorgehen."
Die Diagnose des tedella-Yxz&Q.% ist nicht schwer: Die „Nester", die
aus 10 — 16 mit einem Loche versehenen ausgehöhlten, zuerst weißen, dann
braunen Nadeln bestehen und auch Kot enthalten, sind ein untrügliches
Kennzeichen. Bei starkem Fraß verdichten sich diese Nester zu einem auf-
fallenden, weithin sichtbaren Bild, indem dann im Spätherbst , .ganze Wald-
mäntel wie verbrannt aussehen" (Baer).
Differentialdiagnostisch kommt vor allem der Fraß von Astlienia pyg-
maeafia Hb. in Betracht und sodann auch Semasia nanana Tr. Über die
Unterscheidungsmerkmale ist oben bei A. pvgmaeana Hb. Näheres angeführt
(S. 337).
Eine Bekämpfung läßt sich schwer durchführen und würde sich
nach dem Ablauf der Gradation und den verhältnismäßig geringen
Folgen des Fraßes wirtschaftlich kaum rechtfertigen lassen. Die Versuche
einer künstlichen Verbreitung der Entomophthoramykose, die auf Veranlas-
sung Nitsches in Sachsen ausgeführt wurden, zeigten gar keinen Erfolg
(Baer). Ebenso erfolglos waren die anderen Mittel, die da und dort an-
gewandt wurden, wie Ausschneiden und Verbrennen der befallenen Zweige,
Durchträtiken des Bodens mit Kalkmilch, Abfangen der Falter in Lichtfallen
usw. Vielleicht ließe sich am ehesten mit Arsenverstäubung mittels Hand-
und Motorverstäuber ein Erfolg erzielen. Doch Avürde sich nur in besonders
dringlichen Fällen diese Methode empfehlen.
Epiblema proximana H. S.
Taf. IV, Fig. 6.
Falter von der vorigen Art (tedella) ,,kaum zu unterscheiden" (Spuler),
von manchen Autoren als Var. von tedella betrachtet. Vorderflügel ockergelb, im
Mittel- und Saumfeld mehr oder weniger schwarz bepudert. Wurzelfeld gegen den
Rand hin schwarz quergewellt, darauf folgt eine schmale weiße, fein schwarz geteilte
Querbinde, die dann kommende Querbinde ist breit, fein schwarz gemischt, dann
folgt wieder eine schmale, zusammenhängende weiße Querbinde, hierauf zwei weiße,
feine, dunkel geteilte Costalhäkchen vor dem Apex. Die Fransen haben eine starke,
schwarze Teilungslinie, sind hinter dieser fein hell, im übrigen dunkelgrau. Hinter-
flügel graubräunlich, nach außen etwas dunkler, Fransen blasser bräunlichgrau mit
dunklerer Teilungslinie. Spannweite 12 — 13 mm.
Raupe einfarbig blaßgrün (im Gegensatz zu tedella), Kopf hellbraun, Nacken-
schild klein, bräunlich.
Der in Mitteleuropa (und auch in Griechenland) vorkommende
Wickler scheint ein ausschließliches Tanneninsekt
zu sein. Nach Wood lebt die Raupe wie tedella in
den Nadeln der Tanne 1), und da auch die Ent-
wicklung der proxitnana zeitlich annähernd mit der
von tedella übereinstimmt (Flugzeit von proximana
Ende Mai bis Juli, Raupenfraß August bis Ende Ok-
tober), so sind V'erwechslungen der beiden nahe-
liegend. Ob allerdings die anfänglich von Nitsche ^^b .^^ Epiblema
vertretene Meinung, daß die Angaben über das Vor- proximana H. S. 2X.
1) Bei Kennel heißt es: zwischen den Nadeln, und bei Spul er: an den
Nadeln.
Escherich, Forstinsekten. Bd. III. 23
354 II- Spezieller Teil.
kommen der tedella an Tanne samt und sonders auf proximana zu beziehen
sind, mag dahingestellt bleiben. Die Frage verdient weiter studiert zu
werden, wobei vor allem auf die Unterschiede der Raupenzeichnung zu
achten ist (s. oben S. 346).
Gattung Laspeyresia (Hb.) Kenn.
GraphoUtha Tr. (p.p.), Carpocapsa Tr. (p.).
Kennel charakterisiert die Gattung folgendermaßen: Vorderflügel ohne be-
sondere Auszeichnung, Geäder normal. Auf den Hinterflügeln entspringen die
Adern rr und Wj dicht beisammen aus der vorderen Ecke der Mittelzelle und di-
vergieren erst später, Wg und cu^ entspringen aus einem Punkt, oder mit gemein-
samem Stiel aus der hinteren Ecke der Mittelzelle, m^ entfernt davon aus der
Querader, verläuft gerade und ist an ihrem Ursprung gegen den Ursprung von m^
und cui gebogen (Abb. 303).
Bei vielen Arten ist beim Männchen der Dorsalrand der Hinterflügel verdickt
und samt seinen Fransen etwas aufwärts gebogen, Ader an verdickt und verbreitert,
sogar rinnenförmig ausgehöhlt und mit eigenartigen Schuppen besetzt, der Raum
zwischen ihr und dem Dorsalrand mehr oder weniger muldenförmig vertieft und
mit kleinen glatten Schüppchen tapeziert. Diese Eigentümlichkeit kommt indessen
in den verschiedensten Abstufungen vor, so daß sie nicht als Gattungsmerkmal
benutzt werden kann. Auch die Gattung Carpocapsa kann daher nicht abgetrennt
bleiben. Die Palpen liegen dem Gesicht gekrümmt an. Das Abdomen des Männ-
chens hat am Ende keinen Haarbusch. Hinsichtlich der Flügelzeichnung kann im
allgemeinen gesagt werden, daß fast überall ein wohlausgeprägter ,, Spiegel" vor-
handen ist, meist von metallisch glänzenden Linien umsäumt.
Die Raupen leben zum großen Teil in
Früchten und Samenkapseln, manche auch in
Zweigen, unter der Rinde in Anschwellungen, nur
wenige zwischen versponnenen Blättern. Meist
überwintern die Raupen eingesponnen in einem
Versteck und verpuppen sich darin erst im Früh-
jahr.
Die Gattung Laspeyresia in der von Kennel
^ g erweiterten Fassung enthält eine große Zahl von
Abb. 303. A Seitenansicht Arten, von denen einige als erhebliche Forst-
des Leibes (o), B Flügel- Schädlinge in Betracht kommen, auch landwirt-
geäder einer Laspeyresia- schaftlich spielen mehrere Arten eine recht ver-
Art. Nach kennel. ... . ,, ,-. n • 1 ■ ± 1
hangnisvolle Rolle, wie zvoebenana, funebrana,
pof/iöjiella usw., letztere gehört sogar zu den schlimmsten Obstschädlingen.
Wir behandeln hier folgende Arten:
Lasp. (Carpocapsa) pomonella L. (in Äpfeln),
var. putaminana Stand, (in Walnüssen).
— — splendana Hb. (nee. Rtzb. !) (in Eicheln und Walnüssen).
— — var. reaumureana Hein, (in Edelkastanien).
— — grossana Hw. (in Buchein und Haselnüssen).
— — amplana Hb. (in Eicheln, Nüssen, Buchein, Edelkastanien).
Laspeyresia zebeana Rtzb. (in Lärchenrinde).
— pactolana ZU. (in Fichtenrinde).
— grunertiana Rtzb. (in Lärchenrinde).
— strobilella L. (in Fichtenzapfen).
— corollana Hb. (an Aspe, in den Gallen von Saperda popuhiea L.).
— cosmophorana Tr. (an Kiefer, in verlassenen resinella-GctW^xv und an son-
stigen harzigen Rindenstellen, auch in Zapfen).
I. Unterordnung: IMicrolepidoptera, Familie Tortricidae. 355
— var. putcuiiiiiaiia Stand, (in Walnüssen).
— dupUcana TAX. (in Fichtenrinde).
— coniferana Rtzb. {\\\\ Tannenkrebs und in Harzflüssen der Weimutskiefer).
Laspeyresia (Carpocapsa) pomonella L. i)
A p f e 1 w i c k 1 e r , O b s t m a d e.
Ratzeburg: Tori rix (Carpocapsa) pomonana L.
Falter: Groß, mit 14 — 18 mm Spannweite. Vorderflügel aschgrau, mit
dunklen, schwärzlichen oder schwarzbraunen Querwellen im Wurzel und Mittelfeld.
Spiegel rötlich dunkelbraun, wurzelwärts tiefschwarz begrenzt. Hinterflügel dunkel-
braun, Fransen gelblich graubraun, mit schwarzer Teilungslinie.
Bei der var. putaminana Stgr. sind die Vorderflügel bleicher grau, gegen die
Wurzel hin allmählich dunkler, die Wellenlinien blasser und verwaschener. Hiuter-
flügel heller braun, Fraiisen weißlich mit brauner Teilungslinie.
Raupe weißlich mit rötlichem Anflug, mit verschiedenen deutlichen Punkten,
Kopf heller oder dunkler braun, Nackenschild ebenso, manchmal auch von
Körperfarbe.
Ei länglich oval 0,96 — i X 1,17 — 1.32 mm, zuerst weißlich, später gelblich.
Puppe gelblichbraun bis braun, an den Hinterleibsringen mit Dornen be-
setzt, mit deren Hilfe sie sich aus dem Kokon herausschiebt. Am Hinterleibsende
ein Kreis von hakenförmig gekrümmten Borsten. Länge 9 — 10 mm.
L. pomonella ist über ganz Europa verbreitet, ferner über Nordafrika und
Nordamerika, die var. putaminana kommt
mehr in Südeuropa vor und Kleinasien.
Überall, wo Äpfel (und Birnen) ge-
zogen werden, ist po?nonella als einer der
schlimmsten Schädlinge unter dem Namen
„Apfelwickler", „Obstmade" bekannt und
gefürchtet. Die „Wurmstichigkeit" der
Äpfel und das vorzeitige Abfallen der-
selben ist zum weitaus größten Teil auf
den Fraß der pomonella -Ks^mpe zurückzu-
führen. Der Schaden, den die obstbau- ^bb. 304. Laspeyresia (Carpocap-
treibenden Länder dadurch erleiden, geht sa) pomonella L. (Apfelwickler,
in die Hunderte von Millionen Mark Obstmade). 21 2X.
im Jahr.
Die Lebensweise des Apfelwicklers ist in Deutschland hauptsächlich von
H. Lehmann (1922) studiert worden 2); ein sehr brauchbares Flugblatt ist
von Speyer (1925) herausgegeben.
Flugzeit Ende Mai bis Juli. Die Falter schlafen am Tage mit dach-
förmig zusammengelegten Flügeln, dem Stamm oder Ast dicht angeschmiegt,
wo sie dank ihrer dunklen Färbung kaum zu entdecken sind. Beim Eintreten
der Dämmerung umschwärmen die Falter die Apfel- und Birnbäume, die
Weibchen legen ihre kleinen, abgeflachten Eier an die jungen Früchte, auf
Blätter und Zweige. Nach 8 — 14 Tagen schlüpfen die jungen Räupchen, die
1) Wenn hier poi/ionc/la besprochen wird, so geschieht dies deshalb, weil sie
die beste erforschte Art der Untergattung Carpocapsa ist und die übrigen Carpo-
capsa-Avien sich bionomisch mehr oder weniger übereinstimmend zu verhalten
scheinen.
~) In dieser Schrift finden sich auch sehr umfangreiche Literaturangaben.
Einen ganz ungeheuren Umfang hat die pomo//e//a-Lher^\.ur in Nordamerika ange-
nommen (Coldling moth).
23*
356 II. Spezieller Teil.
alsbald in die Fri.ichte einzudringen suchen. In der Mehrzahl der Fälle
wählen sie den Fruchtkelch als Eingangspforte, wo sie sich von den bereits
vertrockneten Staubgefäßen ernähren. Dann erst bohren sie sich weiter ein
und streben dem Kernhaus zu. Mit zunehmender Größe muß die Raupe den
angesammelten Kot aus einem eigens zu diesem Zweck genagten Bohrloch
entfernen, wodurch der Schaden offenbar wird, wenn die Früchte nicht
schon vorher zu Boden gefallen sind.
Die erwachsenen Raupen verlassen die Frucht, indem sie sich entweder
an einem Faden zur Erde herunterlassen oder längs eines Zweiges dem
Stamm zustreben. Aus den abgefallenen Früchten wandern die Raupen sehr
bald aus, um je nach der Reife entweder den Baum wieder zu ersteigen und
eine neue Frucht anzubohren oder einen geeigneten Platz zur Winterruhe auf-
zusuchen, wie rauhe Borke, enge Ritzen zwischen Brettern, Baumpfählen oder
dergl. Hier spinnt die Raupe einen pergamentartigen, mit abgenagten Teilen
verfilzten Kokon, in dem sie den Winter zubringt. Im Mai des nächsten
Jahres (frühestens im April) findet die Verpuppung statt. Die Bioformel
ist also 57 — 7,4
5 + 57 _
In wärmeren Gegenden können allerdings zwei Generationen auftreten,
in Amerika kommen sogar drei und mehr Generationen im Jahr vor.
Die Zahl der natürlichen Feinde ist eine sehr große (Vögel, Para-
siten usw.), trotzdem genügen sie nicht, die Vermehrung auf ein wirtschaft-
lich erträgliches Maß niederzudrücken, so daß eine energische Bekämpfung
Jahr für Jahr durchzuführen ist, wenn nicht ein großer Teil des Ertrages
verloren gehen soll.
Die wirksamste Bekämpfung besteht in dem rechtzeitigen Be-
spritzen mit Arsenbrühen, d. h. unmittelbar nach Abfallen der Blüten-
blätter, damit die Raupe noch vor ihrem Eindringen in die Frucht vergiftet
wird. Daneben leisten (neben sauberer Stammpflege) auch Madenfallen (aus
Wellpappe und wasserdichtem Deckpapier gefertigte Fanggürtel) gute
Dienste. Auch regelmäßiges Aufsammeln des Fallobstes kann die Be-
kämpfungsaktion etwas unterstützen, wenn auch gewöhnlich die Mehrzahl
der am Boden liegenden Früchte keine „Maden" mehr enthalten.
Die var. putainhiaiia Stgr. entwickelt sich in Walnüssen bei sonst
gleicher Bionomie.
Laspeyresia (Carpocapsa) splendana Hb. (nee. Ratzb.),
Taf. IV, Fig. 7.
Eichel Wickler.
Falter: Vorderflügel hell aschgrau bis bräunlichgrau, bräunlich gewässert,
Wurzel feld etwas dunkler, eckig vortretend, Spiegel gelb mit schwarzen Strichen,
Wurzel wärts tief schwarz begrenzt. Hinterflügel braungrau. Spannweite 18 — 20 mm.
Die var. reaiimurana Hein, ist in ausgesprochener Form fast einfarbig dunkel-
braun. Der Spiegel bleibt im Innern ockergelbbraun. Hinterflügel ebenfalls dunkler.
Die Raupe ist weißlich mit ebensolchen Wärzchen, Kopf blaßbraun, Nacken-
und Anal Schild von Körperfarbe.
Die geographische Verbreitung erstreckt sich über den größten Teil von
Europa. Im Süden mehr die var. reaumurana Hein.
Die Raupe lebt in den Früchten von Quercus und Castanea vesca.
Die Flugzeit fällt in den Juni. Über die Stelle, an der das Ei ab-
gelegt wird, kennen wir nur die Beobachtung von Reaumur, wonach die
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 357
Narbe, welche den ersten Angriff des Räupchens auf die Eichel bezeichnet,
nicht nur an dieser, sondern sowohl äußerlich wie innerlich an der Cupula
zu sehen ist. Der Fraß der Raupe zerstört ganz oder teilweise das Innere
des Samens, das alsdann mit Kotkrümeln angefüllt ist. Die angegriffenen
Früchte fallen meist vorzeitig ab und die
Raupe bohrt sich dann aus den am Boden
liegenden Früchten heraus. Seltener verlassen
sie die Früchte, solange diese noch am
Baum sitzen. Die Überwinterung geschieht
in einem weißen Kokon, in dem die Raupe
bis zum Frühjahr liegt. Der Kokon befindet
sich entweder in Rindenritzen oder im
Boden. Die Verpuppung geschieht erst im
Frühjahr, einige Wochen vor der Flugzeit. ^i,,, .q. Laspeyresia (Car/^o-
Die Entwicklung vollzieht sich also ganz cafisa) spl'.'iidana Hb. (Eichel-
ähnlich wie bei pomonella. Wickler). 2X.
Die var. reaumurana Hein, macht ihre
Entwicklung in Eßkastanien durch und verursacht in südlichen Ländern,
wie in Italien, mitunter empfindlichen Schaden (Cecconi).
Forstlich nur selten von Bedeutung. Nach AI tum (1876) fand 1875
ein größerer Fraß von splendaua in der Oberförsterei Grünheide (Posen)
statt: 95C^'o der Eicheln wurden von dieser Raupe (allerdings im Verein mit
Balamniis) zerstört. Auch Walnüsse werden von splendaua befallen i).
Laspeyresia (Carpocapsa) grossana Hw.
Taf. IV, Fig. 8.
B u c h e 1 n w i c k 1 e r.
Syn. : annulala Htg., splendaua Rtzb., /ai;ii;laitdaiia ZU.
Falter dem vorigen ähnlich, Vorderflügel bläulich aschgrau, dunkler ge-
wässert mit scharfer Ausprägung der hellen Linien. Spiegel braungrau, schwarz ge-
strichelt, wurzelwärts von einem braunen, dreieckigen Fleck begrenzt. Hinterflügel
dunkel graubraun. Spannweite bis 20 mm (Abb. 306).
Raupe weißlich, auf jedem Segment karminrot gesattelt, mit roten Wärzchen.
Kopf hellbraun, Nackenschild von Körperfarbe.
üac-r „-,t^^
Abb. 306. Lasp'yrrsid {(' ar pocapsa ) Abb. 307. Laspeyresia {Carpocapsa)
qrossana Hw. 1^ BuchL'hvirkler ■. amplaiia Hb. ( Haselnußwickler 1.
2V4X. 2V,iX.
1) Dufrenoy (1923) beobachtete, daß die von splelldana-^?^\x•^QVi. Ijefallcncn
Walnüsse stets mit einem Pilz infiziert waren, dessen Sporen im Darm der Raupen
festgestellt werden konnten.
358 n. Spezieller Teil.
Die Bionomie entspricht im allgemeinen ganz der vorigen Art. Doch
-e Raupe vornehmlich in Buch ein, zuweilen auch in Haselnüssen.
Nur selten forstlich schädlich. A 1 1 u ni berichtet einen Fall aus dem
ahre 1875, in dem „Tausende von ausgefressenen Buchein zu finden waren".
Laspeyresia (Carpocapsa) amplana Hb.
Taf. IV, Fig. 9.
Haselnußwickler.
Falter: Von der \origen Art durch die hellere Färbung verschieden. Vorder-
flügel hell zimtfarben, mit grauen Querwellen und mit großem, lichtem, auf beiden
Seiten braun beschattetem Innenrandfleck. Spannweite 18 mm (Abb. 307).
Raupe heller oder dunkler ziegelrot, Kopf hellbraun, Nackenschild von
Körperfarbe.
Die Raupe scheint ziemlich polyphag zu sein. S p u 1 e r gibt als Fraß-
objekt an: die Früchte von Quercus, Corylus, Juglans, Fagus, Castanea. Die
Raupe frißt von August bis Oktober, der Falter fliegt im Juni und Juli.
Die Generation soll zuweilen zweijährig sein (Kennel)i).
Laspeyresia zebeana Rtzb.
Taf. IV, Fig. IG.
Lärchenrindenwickler, Lärchengallenwickler.
Ratzeburg: Tori rix (Coccyx) zebeana Rtzb. — Altum: Grapholitha zebeana Rtzb. —
Nitsche: Tort rix (Grapholitha, Semasia) zebeana Rtzb. — Nüßlin-Rhumbler : Grapho-
litlia zebeana Rtzb. — Wolff-Krauße: Laspeyresia zebeana Rtzb.
Falter: Vorderflügel breit und verhältnismäßig kurz, nach außen wenig ver-
breitert, Costa leicht gebogen. Saum steil, geschwungen, dunkel olivgrün bis dunkel
schwärzlichgrau, mit einein tiefschwarzen Fleck vor dem großen schwarz ge-
strichelten, von einer veilblauen Metall-Linie eingefaßten Spiegel. Hinterflügel breit,
trapezoid, dunkelbraun, Fransen gelblich mit dunkelbrauner Teilungslinie. Spann-
weite 16 mm.
Raupe einfarbig hellgrau oder schmutzig gelbgrün. Kopf dunkelbraun oder
schwarz, Nacken- und Analschild bräunlich. Länge bis 16 mm.
Puppe glänzend schwarzbraun mit abgestumpftem Hinterende. Länge 8 mm.
Der Lärchenrindenwickler wurde von Ratzeburg beschrieben und
nach dem Oberförster Zebe benannt, von dem er die ersten Exemplare aus
Jägerndorf (im ehemaligen Österreichisch-Schlesien) zugesandt erhielt. In
der Folgezeit wurde zebeana an vielen Plätzen in Deutschland, der Tschecho-
slowakei, Österreich und der Schweiz (bis zu einer Meereshöhe von 1800 m)
festgestellt. Als Fraßpflanze kommt ausschließlich die Lärche in Be-
tracht.
Die Entwicklung ist zweijährig und verläuft nach der Bioformel
5-6, A,3
4+5
Der Falter belegt im Mai bis Anfang Juni die Stämmchen und Äste der
jüngeren und die Zweige der älteren Lärchen mit vereinzelten Eiern, am
liebsten die Astwinkel der zweijährigen Triebe, da, wo von ihnen ein ein-
jähriger Trieb abgeht. Der Fraß der auskommenden und in die Rinde sich
^) Außer den hier genannten Carpocapsen kommen auch noch verschiedene
Pammene-Pi.r\.en in Laubholzsamen vor, unter anderen P. jiiliana Curt., die bei
Spul er unter Carpocapsa angeführt ist (s. unten, S. ■^77).
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
359
3
Abb. 308. Laspeyresia zebeana
Rtzb. (Lärchenrindenwickler).
2V4X.
Man kann
einbohrenden Räupchen verursacht Harzaus-
fluß und Anschwellung des Holzkörpers, also
eine Galle, die entweder als eine einfache Ver-
dickung des Haupttriebes erscheint oder, wenn
sie in einem Astwinkel steht, auch teilweise die
Basis des Seitentriebes umfaßt. In ihr frißt
die Raupe unter der Rinde einen Hohlraum
aus, der seitlich gangartig verlängert wird und
oft in den Splint eingreift, die angegriffene
Stelle mehr oder weniger umfassend. Das
Innere der Raupenwohnung ist mit Spinn-
fäden ausgekleidet. Durch eine untere Öffnung wird ein Teil des Kotes aus-
gestoßen. Auf der Galle sammelt sich Harz an, das auch oft in großen,
weißen Tropfen weit am Stamme herabläuft. Bis zum Winter wird die Galle
erbsengroß, und in ihr ruht die Raupe nach Verspinnung der Öffnung, die
sie aber bei mildem Wetter wieder öffnet, um Kot auszustoßen (Torge).
Im nächsten Jahr setzt die Raupe im März oder April ihren Fraß fort, wobei
die Galle bis zur Größe einer Kirsche heranwächst (Abb. 309)
den älteren, bräunlichen Harz-
ausfluß von dem neuen, wei-
ßen, oft in großen Tropfen
herabhängenden unterschei-
den. Das Harz bleibt lange
ziemlich weich. Vor der Ver-
puppung wird die Kotöff-
nung wieder versponnen.
Nach vierwöchiger Ruhe
schiebt sich die Puppe etwas
vor und entläßt den Falter.
Die Generation ist also zwei-
jährig.
Ursprünglich kannte man
diese Gallen nur an jungen
Lärchen, allmählich lernte
man sie aber auch an älteren
kennen. Z e b e fand sie an
4 — IG jährigen, Henschel an
4 — 16jährigen, Hochhäusler
(Ratzeburg, W. I. 69) an
18jährigen, Altum(i886) an
4 — 35 jährigen und B o r g -
mann (1882) an 40jährigen.
An den jüngeren Bäumen
finden sich die Gallen über-
all, am Stamm sowohl wie an
den Zweigen, häufig mehrere
hintereinander an demselben
Stamm oder Ast. Henschel
zählte an einem Bäumchen
43 Gallen. An etwas älteren
Abb. 309. Lärchenzweige mit
(Gallen), verursacht durch den
zebeana Rtzb.
Anschwellungen
Fraß von Lasp.
360 n. Spezieller Teil.
Bäumen von 7 — 8 m Höhe fand sie Torge hauptsächlich an den oberen
Ästen bis in die Spitze hinauf, und B o r g m a n n hebt hervor, daß
das Vorkommen der Gallen an den höheren, nicht direkt erreichbaren Ästen
älterer Lärchen weit häufiger ist, als man nach den durchschnittlichen An-
gaben der Lehrbücher bisher annehmen konnte. Nitsche fand dies gleich-
falls, als er, um zu sehen, wie hoch die Lärchengallmücke an den Stämmen
geht, von einigen Lärchen im Tharandter Forstgarten in verschiedener Höhe
Zweige entnehmen ließ. Bei einer im Februar 1893 wiederholten Entnahme
solcher Zweige fanden sich Wicklergallen in 10 m Höhe an einer etwa 40 jäh-
rigen Lärche.
Je nach der Ausdehnung, den die Zerstörung der saftleitenden Schichten
durch den Wicklerfraß erfährt, ist der Einfluß der Galle auf den Zweig
oder das Stämmchen ein verschiedener. Ist sie gering, so entsteht nur eine
Deformierung durch die Galle, deren Harz späterhin vertrocknet oder ab-
bröckelt, und welche häufig Risse bekommt. Ist die Zerstörung stärker,
so geht entweder der Seitentrieb oder auch der Haupttrieb ein, und es ent-
stehen Verzweigungsfehler, die bei jungen Lärchen, an denen viele Gallen,
namentlich an dem Stämmchen selbst vorhanden sind, dazu führen können,
daß die Pflanze Strauchform annimmt. An älteren Lärchen ist, wie Borg-
mann durch Zählung der Gallen und Messung der abgestorbenen Astteile
an zwei 35- und 40 jährigen Lärchen nachweist, ein großer Teil der ver-
trockneten Äste durch die Wicklerraupe getötet worden. Er ist geneigt an-
zunehmen, daß bei starkem Auftreten der Wickler allein imstande sei, selbst
40 jährige Lärchen zum Absterben zu bringen.
Zu dieser direkten Schädigung kommt noch eine indirekte, indem die
Verwundungen, die der Lärche durch den Fraß zugefügt werden, den
Sporen des den Lärchenkrebs verursachenden Pilzes, Peziza Willkommii
(= Dasyscypha calycina Fuck.) „Tür und Tor" öffnen, wie Borgmann und
Hartig festgestellt haben. So wird die Ausbreitung des Lärchenkrebses
durch zebeana wesentlich gefördert.
Wir haben also allen Grund, den Lärchenrindenwickler als ein sehr
schädliches Forstinsekt anzusprechen. Als milderndes Moment kommt
in Betracht, daß zebeana nicht überall, wo die Lärche wächst, Schaden stiftet,
sondern daß ihr schädliches Auftreten mehr sporadisch ist. Welche Faktoren
es sind, die die 2e^e«;z«-Vermehrung begünstigen und fördern, darüber
wissen wir noch gar nichts, wie überhaupt die ganze Epidemiologie (auch
die natürlichen Feinde) zum großen Teil noch in Dunkel gehüllt ist.
Bezüglich der Bekämpfung kann nach dem heutigen Stand unserer
Kenntnisse, nur die direkte Vernichtung des Schädlings in Be-
tracht kommen, sei es durch Abschneiden und Verbrennen der Gallen oder
Bestreichen derselben mit Raupenleim zur Verhinderung des Schlüpfens.
Beide Maßnahmen müssen vor dem Abschluß der Entwicklung, also späte-
stens im März oder April des dritten Jahres ausgeführt werden. Natürlich
kann diese Methode nur da, wo die Gallen in erreichbarer Höhe sitzen, zur
Anwendung kommen. An höheren Stämmen rät Borgmann durch Auf-
astung des Stammes wenigstens die an den unteren Zweigen sitzenden Gallen,
die oft die Hauptmasse ausmachen, zu vernichten. Die Schnittflächen sind
gegen das Eindringen von Z'^s/s«- Sporen durch Teeren zu schützen.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
3G1
Laspeyresia pactolana ZU.
Taf. IV, Fig. II.
Fichtenrinden Wickler.
Ratzeburg: Toririx (GraphoUtha) dorsana Hb. — Altum: Grapholitha pactolana
Kuhlm. — Nitsche: Toririx (Grapholitha, Semasia) pactolatta ZW.. — Nüßlin-Rhumblcr :
Grapholitha pactolana ZU. — Wolff-Krauße: Laspeyresia pactolana ZU.
Falter: Vorderflügel kurz und breit, nach außen etwas verbreitert, Costa
gebogen, Saum steil; olivbraun bis hellrötlichbraun mit einem Stich ins Olivgrün-
liche mit einer glänzend weißlichen, in scharfer Ecke saumwärts vortretenden dop-
pelten Querlinie in der Mitte, Spiegel wenig auffallend, oben und unten offen, so
lareit wie hoch, saumwärts von einer feinen Bleilinie eingefaßt, dicht an dieser
3—4 schwarze Punkte, in der 2. Hälfte der Costa 5 schwarze Häkchen mit einfachen
Abb. 310. Laspeyresia pactolana ZU.
(Fichtenrindenwickler ). 3 X.
A B
Abb. 311. A Raupe ( Vorderteil
und Analsegment), B Puppe
von Lasp. pactolana ZU. Nach
R a t z e b u r g.
hellgelblichen oder weißlichen Zwischenräumen, Fransen graubraun, Teilungslinie
fein schwarz. Hinterflügel heller braun bis schwarzbraun, Fransen gelblichweiß bis
grauweiß mit dunkler Teilungslinie. Spannweite 14 — 15 mm (Abb. 310).
Raupe: Weißlich oder blaßrötlich, Kopf, Nackenschild und Analklappe hell-
braun, auf der Mitte des letzten Segmentes eine Reihe paariger Wärzchen (Abb.
311 A). Länge bis 11 mm.
Puppe: Schmutzigbraun, der stumpf abgerundete Aftergriffel mit einigen
kurzen Borstenhärchen (Abb. 311 B). Länge 6 mm.
Die von den Engländern als cognata Barr, als selbständige Art aufgeführte
Form, die nur in England stellenweise vorkommt und die von M e y r i c k mit
LMSp. conijerana Rtzb. verglichen wird, hält Kennel nur für eine dunkle Rasse
von pactolana ZU.
Die geographische Verbreitung erstreckt sich über ganz Mittel-
europa, Südschweden, Lappland, sowohl in der Ebene als im Mittelgebirge.
Die Hauptfraßpflanze ist die Fichte, auch Blaufichte (Müller-
Thurgau und eigene Beobachtung).
Die Bionomie ist besonders durch Ratzeburg, Altum, Nitsche,
Judeich und Baer^) aufgeklärt worden. Die Entwicklung verläuft nach
der Bioformel 56 — 6,4
5+56
1) Letzterer hat das Verdienst, eine reinliche Scheidung der bis dahin biono-
misch mit pactolana zusammengeworfenen Arten dnplicana, coniferana und cosmo-
phorana durchgeführt zu haben.
362
II. Spezieller Teil
Die Flugzeit fällt in die Zeit von Ende Mai bis Mitte oder Ende
Juni. Zur Eiablage werden junge Fichten im Alter von lo — 20 Jahren be-
vorzugt, doch werden auch jüngere Kulturen, bis zu 5 jährigen (J u d e i c h
1869) und bei stärkerer Vermehrung auch Stangenhölzer angegangen. Die
Ablage erfolgt an die Stämme, und zwar meist zwischen die Quirl und
Zwischenquirlzweige oder unter, selten über dieselben i). Bei jüngeren
Pflanzen werden meist nur die 2 — 3 letzten Quirle und die Wipfel verschont,
bei älteren auch die untersten Quirle ungefähr bis zum 6.
„Die Rinde," meint AI tum, „muß zum Wohlbefinden der Raupe wohl
gerade diese mittlere Konsistenz und Dicke haben." „Da der Falter nicht in
größerer Höhe schwärmt, so sind ältere
Fichten seinem Angriff entwachsen, der
untere Stammteil ist bereits zu borkig, der
passende zu hoch" (AI tum, F. 194).
Die auskommenden Räupchen boh-
ren sich unter die Rinde ein und fressen
hier kurze, 2 — 4 cm lange, unregelmäßige
Gänge, die sie mit feinem Gespinste aus-
kleiden. Mitunter gehen die Gänge von
einer größeren Höhlung aus, steigen aber
auch nach oben oder unten oder ver-
laufen mehr horizontal (Abb 312). In das
Holz dringen sie kaum. Ganz frischer
Fraß verrät sich zunächst durch die
hellen Harztränen, die, oft weit am
Stamme herablaufend, weiße Streifen
bilden. Später treten auch die äußerst
charakteristischen Kothäufchen auf, die
wie kleine Klümpchen Schnupftabak aus-
sehen. Der Fraß wird fortgesetzt, so-
lange keine sehr kalte Witterung eintritt
und auch im Winter bei milder Witte-
rung wieder aufgenommen. Im Frühjahr
beginnt er jedenfalls mit voller Stärke
aufs neue. In dem Fraßgang, in der
Kotauswurföffnung, erfolgt dann vom
Mai ab die Verpuppung. Die befallene
Stelle zeigt eine deutliche Anschwellung
(Abb. 313).
Vor dem Ausschlüpfen des Falters
schiebt sich die Puppe aus der Rinde
hervor, und zwar meist durch das Kothäufchen hindurch oder hart an dessen
Seite, selten aus dem ausgefressenen Harz. Die Hülle ist dann nur noch lose
mit den letzten Hinterleibsringen am Stamm befestigt, so daß sie bei leichter
Berührung, durch Regen, Wind usw. herabfällt.
Epidemiologisch scheint das eine festzustehen, daß schlechtwüch-
sige, vor allem in Frostlöchern stehende oder unter Wildverbiß leidende
Abb. 312. Fraß von Laspeyresia fac-
tolana Zll. an Fichte, a Kotklümp-
chen, b ein bloßgelegter Gang,
c Harztränen, d die aus dem Kot-
klümpchen vorragende Puppenhülle.
Nach Ratzeburg (aus Nitsche).
1) Ausnahmsweise auch an nah dem Stamm stehenden Chermes-Gallen (Ratze
bürg).
Unterordnung: Alicrolepidoptera, Familie Tortricidae.
363
Fichten besonders anfällig gegen pactolana sind. Im Ebersberger Park bei
Mi-inchen gibt es auf der großen „Nonnenfläche" (vom Nonnenfraß 1890
bis 1892), die ein klassisches Frostgebiet darstellt, kaum eine Fichte, die
nicht stark von pactolana befallen ist. Auch in den vielen anderen Frost-
löchern, an denen die oberbayerische Hochebene so reich ist, fehlt pactolana
nie ; ja letztere gehört geradezu zu den charakteristischen Symptomen von Frost-
gebieten. Wachtel (bei Ratzeburg 1852) beobachtete, daß bei Neuhaus (in
Böhmen) auf der dortigen
Hochebene Flachgründig
keit des Bodens am meisten
disponiert habe und Fichten-
horste auf großen Blößen
am meisten befallen gewesen
seien. Als Gelegenheitsur-
sache erwähnt der gleiche
Autoi noch starken Hagel-
schlag, der die Pflanzen
verletzte und reichen Harz-
ausfluß bewirkte. Auch Bü-
schelpflanzungen sollen
für pactolana-V>^i2\\ dispo-
nieren (Wachtel), ebenso
geschnittene Hecken
wie überhaupt buschiger
W u c h s , der ja auch bei
Spätfrösten und Wildverbiß
eintritt. Nach Baer (1917)
„zeigt pactolana, abgesehen
von Zeiten sehr starker Ver-
mehrung, eine Vorliebe für
unterdrücktes, schwächliches
oder kränkelndes Material" ^ ).
Andererseits fehlt es
nicht an Berichten, daß auch
die gesündesten und
kräftigsten Kulturen
nicht verschont A\erden
(Schier, 1S74, Jude ich,
1869). Auch Nitsche hat
auf dem sächsischen Revier
Lößnitz 1890 „eine im
besten Wachstum befindliche, auf sehr gutem Boden stockende, fast meter-
hohe Gipfeltriebe zeigende Fichtenkultur von doppelter Mannshöhe so stark
Abb. 313. Ein von Lasp. pac/o/aiia ZU. stark be-
tallener Fichtenquirl, an dem dunklen Kot und
der Anschwellunsr leicht zu erkennen.
1) Baer schreibt 1. c: ,, Charakteristisch für die ganze Gruppe (pactolana.
conifejana, duplicana und cosmophorana) dürfte sein, daß sie wenigstens ursprüng-
lich von dem irgendwie krankhaft veränderten Bastgewebe der Nadelhölzer und
dessen Umgebung lebt, wie solches Wund-Korkbildungen aller Art, die Verkienungen
infolge Wucherungen von Pilzmyzelien u. clgl. mehr bieten. Nur die ja hinlänglich
beobachtete pactolana hat sich zu einem Parasiten weiter entwickelt, jedoch verrät
auch sie den Weg, den sie zurückgelegt hat, noch durch ihre V^orliebe für unter-
drücktes usw. Material."
364
II. Spezieller Teil.
mit pactolaiia besetzt gefunden, daß fast jeder Quirl mehrere Harztränen
zeigte." Im allgemeinen scheinen die Ränder der Kulturen, ferner
besonders einzelstehende Horste auf großen Blößen sowie in
weiterem Verband ausgeführte Pflanzungen stärker angegangen zu werden
als das Innere von gut schließenden Kulturen i).
Über die klimatischen Einflüsse auf die Vermehrungsintensität
der pactolana wissen wir leider noch sehr wenig.
Landmann (1905) bringt das Massenauftreten in Böhmen mit der
großen Dürre im Sommer 1904 in Zusammenhang, was Sedlaczek
(1906) dahin modifiziert, daß nicht die Dürre an und für sich, sondern der
gesamte Witterungscharakter von 1903 und 1904 zur starken Vermehrung
beigetragen habe. Denn man konnte schon im Winter 1903/04 überall die
/
A B
Abb. 314. A Längsschnitt, B Querschnitte durch Fichtcnstämmchen, die von Lasp.
pactolana Zll. befallen waren.
ij Nach Ebermayer (1880) „verschwindet das Insekt, sobald die Pflan-
zungen sich schließen."
1. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
365
Kotklümpchen finden, und im Mai
1904 flogen die Falter in den Kul-
turen wie die Mücken in Schwärmen
herum.
Die forstliche Bedeutung
ist durchaus n i c h t g e r i n g anzu-
schlagen.
Die Folgen des Fraßes
auf das Leben der einzelnen Pflanze
richten sich in erster Linie nach der
Stärke des Befalls und sodann nach
dem Zustand der Pflanze. Handelt es
sich nur um vereinzelten Befall an
gesunden Pflanzen, so wird der Fraß
leicht überwunden. Wo der Befall
aber sehr stark und hartnäckig ist
und zudem die Pflanze durch andere
vorhergegangene Einflüsse oder
schlechten Standort geschwächt ist,
so wird die Prognose wesentlich un-
günstiger. Wie stark der Befall an
der einzelnen Pflanze werden kann,
zeigt eine von Wachtel herrührende
Beschreibung eines 13 jährigen,, un-
gefähr 4 m hohen Stämmchens, an
dem sich von unten bis zum elften
Jahrestrieb neben 50 alten 55 neue
Gänge vorfanden, von denen 13 auch
wieder verlassen waren. R a t z e b u r g
(W. I 264) konnte an 5 Quirlen wenig-
stens 40 braune Kothäufchen unter-
scheiden. Wenn an einem Quirl meh-
rere Raupen, sechs und mehr, fressen und die Gänge das ganze Stämmchen
,, umklammern", d. h. das saftleitende Gewebe im ganzen Umkreis des
Stämmchens ringeln, so stirbt der oberhalb dieser Gänge liegende Teil des-
selben ab (Abb. 316). Ratzeburg bildet in seinen Waldverderbern, Taf. 30,
Fig. S und 9, zwei derartige Fälle ab^).
Abb. 315. Stück einer Fichtenpflanze,
die unter Wildverbiß und dem Fraß von
Lasp. pactolafta TAX. stark zu leiden hatte.
1) Anfang dieses Jahrhunderts fand ein langer Streit über die Ursachen der in
Oberbayern häufig aufgetretenen ,,G i p f e 1 d ü r r e der Fichten" statt. Es waren
um diese Zeit zahlreiche Fichten, besonders in Ahholzbeständen, ferner vereinzelte
Fichten, oft alte, kurze, bis zum Boden beastete Bäume, aber auch höhere Stangen
in Jungholzforsten zu beobachten, deren Gipfel völlig dürr waren, mitunter weit
herab, so daß -j^ des Baumes abgestorben war. v. Tubeuf (1903) erklärte diese
Erscheinung als eine Blitzbeschädigung, als eine Folge von „elektrischen Aus-
gleichungen". Von anderer Seite, ^•or allem von Möller (1903 und 1904), wurde
dieser Anschauung widersprochen und die Gipfeldürre auf paciolana-Yrai) zurück-
geführt. Wer die paclolana-Jiionomie kennt und die von v. Tubeuf gegebenen
Bilder sieht, wird letztere Anschauung von vornherein ablehnen. Abgesehen davon
erstreckte sich, wie v. Tubeuf mitteilte, die Gipfeldürre auch auf andere Nadel-
hölzer, wie die Kiefer und Lärche, und endlich wurden viele gipfeldürre Fichten
ohne jede Spur von pacLolana-Yx2& festgestellt (Schoepf, 1904, u. a.i.
366 n. Spezieller Teil.
In solchen Fällen ist die ganze Rinde der Befallsstellen so verharzt,
daß ,,oft das schärfste Messer nur mühsam durchdringen kann."
Sehr schlimm wird die Prognose quoad vitam, wenn sich zu pactolaiia
noch sekundäre Schädlinge hinzugesellen, was häufig der Fall ist, da der
pactola7ia-Yx2& die Pflanze für letztere zugänglich macht. In solchen Fällen
ist die Fichte wohl sicher verloren. Als sekundäre Schädlinge kommen vor
allem die kleinen Fichtenborkenkäfer (chalcographus usw.) in Betracht, und
sodann die Blaurüßler Magdalis violacea L. (Jude ich, 1876, S. ']^), dupli-
cala Grm. und phlegmatica Hbst. Die letzteren beiden fand Czech (1879)
„in Böhmen als stete Begleiter von pactolai/a, sie verursachen das völlige
Absterben vieler von diesem befallenen Fichten, die sich ohne ihre Da-
zwischenkunft wieder erholt hätten" (s. Bd. II, S. 414 und 415).
Außer diesen sekundären Insekten stellt sich, wie Hart ig nachwies,
auch ein Pilz als Folgeerscheinung" (ähnlich wie bei zebeafia-Yxdi^ an
Lärche) ein, nämlich Nectria ciiciirbitula Fr. Die Sporen und Conidien dieses
den Fichtenrindenkrebs erzeugenden Pilzes können nämlich nur an Wund-
stellen ihre Keimschläuche in das Innere der Pflanze senden, und daher sind
es, außer Hagelschlagwunden, gerade die Gänge der Fichtenrindenwickler,
von denen die Pilzinfektion ausgeht. R. Hart ig fand dies 1879 häufig im
südlichen Bayern.
Aber auch in den leichteren Fällen, in denen der Befall nicht so stark
ist, keine Nachkrankheiten sich einstellen und also die Pflanze den Angriff
übersteht, macht der pactolana-Yx^& sich meist recht unangenehm bemerk-
bar: Die Wuchsfreudigkeit und die Wuchsform werden stark beeinträchtigt
(Verwallungs- und Verzweigungsfehler, gestauchter Wuchs) und der Zuwachs
stark herabgemindert, und also die Aufforstungsarbeit in jeder Beziehung
wesentlich erschwert, vor allem wenn pactolana in Verbindung mit Frost und
Wildverbiß auftritt (Abb. 315) oder die Pflanzen auf geringen Böden stehen.
In solchen Fällen kränkeln die befallenen Pflanzen lange, ehe sich die Fraß-
stellen durch Überwallung ausheilen. „Immer bleiben dann aber häßliche,
rauhe, von Rissen durchsetzte Knoten am Stamm übrig." Die Bilder im
Ebersberger Park usw. stellen ein beredtes Zeugnis dafür dar.
Welche Ausdehnung der pactolana -Yx^A und -Schaden nehmen kann,
geht aus einer bei Ratzeburg (1. c.) wiedergegebenen Schilderung Wach-
tels über das Auftreten unseres Insekts bei Neuhaus (Böhmen) hervor: ,,Es
ist dort in den ausgedehnten Pflanzungen das schädlichste Insekt und, wenn
man nicht ununterbrochen durch aufmerksame Untersuchung und durch Aus-
hauen der angegangenen Fichten entgegenarbeitet, so würde auf ganze
Strecken kaum mehr etwas dastehen." Czech berichtet im Jahr 1879 eben-
falls aus Böhmen, daß im oberen Egerland im nordwestlichen Böhmen der
Rindenwickler sich seit 10 Jahren so ausgebreitet habe, daß in meilenweitem
Umkreis keine Fichtenkulturen zwischen 5 und 15 Jahren bestehen, in der
nicht die Mehrzahl der Stämmchen mehr oder weniger stark befallen war.
Im Badi-Gebiet (Mittelböhmen) wurden 1904 sämtliche 2-(?) bis 5 jährigen
Kulturen ganz, die 6 — 15 jährigen Kulturen zu 20 — 500/0 auf einer Gesamt-
fläche von ca. 190 Joch vernichtet (Landmann, 1905). Auf die große Aus-
dehnung des pactola>ia-Yx?ii^ts in den Nonnenflächen im oberbayerischen
Frostgebiet wurde oben schon hingewiesen.
Über die natürlichen Feinde wissen wir nur wenig, wir kennen
zwar eine Reihe von Schlupfwespen, die aus pactolana gezogen wurden,
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
367
doch über die Rolle bzw. Bedeutung, die den einzelnen Arten bei der Ver-
mebrungsregulierung zukommt, sind wir noch wenig unterrichtet (siehe auch
Ratzeburg, 1852, S. 137). Nach Sedlaczek (1906) waren bei der böh-
mischen Kalamität 1904 die Puppen zu 300/0 parasitiert (von Schlupfwespen).
Als weitere Krisenanzeichen nennt Sedlaczek die ungleiche Entwicklungs-
dauer der einzelnen Individuen und als Folge davon eine verlängerte Flugzeit.
Die Erkennung des pactola/ia-'Beia.lls ist leicht: Die kurzen Höhen-
triebe, die Anschwellungen und Dunkelfärbung der Quirlgegend mit Harz-
ausfluß und den braunen,
schnupftabakähnlichen
Kothäufchen, eventuell in
Verbindung mit Dürrwer-
den einzelner Zweige oder
des Wipfels, lassen eine
Verwechslung mit einem
anderen Schädling nicht zu.
Die Bekämpfung
bietet große Schwierig-
keiten.
Als Vo r b e u g u n g s -
maßregcl ist die Er-
ziehung der Fichten im
engen Verband, eventuell
unter dem Schutze von
Kiefern, Birken, Erlen
und anderen Weichhölzern
zu em.pfehlen. „Mit dem
Aushauen der befallenen
Stämmchen und insbeson-
dere der Schutzpflanzen
soll höchst vorsichtig und
dann weitergegangen wer-
den, wenn die Pflanzung
sich bereits so ziemlich
geschlossen hat" (E b e r -
mayer 1880). Einmal ent-
standene Löcher in den
Kulturen sollen womög-
lich mit Kiefernballen-
pflanzen, die dem Schäd-
ling keine neue Entwick-
lungsstätte geben, ausge-
pflanzt werden (Schier,
Die direkte Bekämpfung kann da, wo es sich um ausgedehnte
Befallsgebiete handelt, nur darin bestehen, die schwer erkrankten Stämmchen,
deren Absterben mit Sicherheit zu erwarten ist, vor allem also solche, die
auch von sekundären Schädlingen oder der Nectria befallen sind, möglichst
bald zu entfernen und zu vernichten. Wo es sich um kleinere Verhältnisse
oder nur einzelne Pflanzen (in Gärten usw.) handelt, kann man durch An-
teeren oder Leimen der besetzten Quirlstellen das Vorschieben der Puppe
Abb. 316. Ein durch den Fraß von Lasp. pac/olatia
ZU. abgetöteter Gipfel (Planegg bei München).
1874)-
368 n. Spezieller Teil.
und das Schlüpfen der Falter verhindern (AI tum). Auch das Auskratzen
der besetzten Stellen, das Wachtel empfohlen hat, dürfte nur im kleinen
durchzuführen sein, abgesehen davon, daß bei , .nicht ganz sorgfältiger Aus-
führung dieser Operation durch neue Verwundungen mehr geschadet als ge-
nützt würde", besonders, da nun von neuem den Pilzsporen Eingangstore
geöffnet wej'den.
Laspeyresia grunertiana Rtzb.
Diese Art hat eine merkwürdige Geschichte. Thomann (1914) spricht
daher auch von einem „beinahe sagenhaften Tierchen".
Ratzeburg hat in seiner Waldverderbnis (II. 414 u. Taf. V9) unter
dem Namen Tortrix Grunertiana einen der vorigen Art pactolana sehr nahe-
stehenden Wickler beschrieben, den er einmal aus schlesischen Lärchen-
stangen gezogen hat. Da in der Folge während Jahrzehnte jede Nachricht
von diesem Tier fehlte, wurde dessen Existenz ernsthaft in Zweifel gezogen.
Im Staudinger-Rebel- Katalog wird grunertiana lediglich als Syno-
nym von pactolana aufgeführt, und auch N i t s c h e setzt Zweifel in die Exi-
stenz der grunertiana mit den Worten: „Was eigentlich die von Ratzeburg
auf ein einzelnes Exemplar hin aufgestellte, in Lärchenstangen wie Tortrix
pactolana lebende Tortrix grunertiana ist, steht dahin." Er vermutet, daß
es eine dunkle Form von T . coniferana sei. Ebensowenig glaubte von
K e n n e 1 an die Artberechtigung der grunertiana, führt er sie doch in seiner
Bearbeitung der Wickler in Spulers Werk überhaupt gar nicht an, und in
seinem Hauptwerk stellt er sie als Synonym zu pactolana.
Andererseits hat sich Rebel schon 1907 dahin ausgesprochen, daß
grunertiana existiere und möglicherweise eine eigene Art sei.
Im Jahre 191 1 ist sie nun auch plötzlich in der Literatur wieder auf-
getaucht. Der bekannte Microlepidopterologe Schütze (191 1) hat sie in
größerer Zahl aus jungen Lärchenstämmen in Schlesien gezogen, glaubte
aber, daß die Unterschiede kaum genügten, um grunertiana als besondere
Art aufzufassen. Baer, der 191 7 über diese Funde Schützes berichtet,
ist der Meinung, daß die Lärchenexemplare mit pactolana morphologisch
identisch seien, wohl aber sei grunertiana als „biologische Varietät" von
pactolana aufzufassen, d. h. es handle sich bei ihr offenbar nicht um ein nur
gelegentliches und vorübergehendes Übergehen von pactolana von Fichte auf
Lärche, sondern um eine besondere Abzweigung, die sich dauernd an die
letztere Holzart gewöhnt und angepaßt hat. So konnte Schütze die Gruner-
iia7ia in einem isolierten Lärchenbestand nicht wiederum von neuem erstehen
sehen, nachdem er sie in demselben einmal ausgerottet hatte, trotzdem in
den Fichtenorten ringsumher pactolana überaus häufig war. Zudem sei auch
die Lebensweise an den beiden Llolzarten keineswegs die gleiche. Gru)!er-
tiana wählt nicht wie pactolana junge Bäume, sondern findet sich vorzugs-
weise an stärkeren, etwa 30 jährigen Stämmen, und hier auch nicht am
Grunde der lebenden Äste, sondern an verletzten Stellen des Stammes in den
Überwallungen der Wundränder und besonders gern unter der Ansatzstelle
von abgestorbenen Ästen. Auch Baer konnte im Tharandter Walde das
gleiche Vorkommen kennenlernen, indessen gelang ihm die Erziehung von
Faltern nicht.
Inzwischen, d. h. 2 Jahre nach der Schütz eschen Veröffentlichung,
war auch von dem Schweizer Entomologen Thomann grunertiana in Grau-
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 369
bünden gezogen worden. Er berichtet in einer im Jahre 1914 erschienenen
Arbeit, die Baer unbekannt geblieben ist, ausführlich über die Bionomie und
systematische Stellung von grüne rtiana und kommt durch eingehenden Ver-
gleich zu dem Ergebnis, daß pactolana und grunertiana zwar zwei ein-
ander nahestehende, aber doch gut getrennte Arten sind. Diese Unter-
scheidung fand durch die Untersuchung des männlichen Genitalapparates der
beiden Formen eine vollkommene Bestätigung. So ist also nun die
Ratzeburgsche gricnertiana als gut begründete, selbständige Art
wieder auferstanden.
Bezüglich der Beschreibung von grunertiana sei die Schilderung von
Thomann hier wiedergegeben:
Falter: Ein Vergleich der beiden Arten (pactolana und grunertiana) sagt
uns auf den ersten Blick, daß wir hier zwei durchaus verschiedene Tiere vor uns
haben. Der auffälligste Unterschied liegt in der Grundfarbe, grauschwarz bei
grunertiana Rtzb., hellgraubraun bei pactolana TAX. Das Wurzelfeld ist bei gruner-
tiana meist etwas heller, mehr schiefergrau abgetönt als der übrige Teil der Vorder-
flügel, und auch bei pactolana erhält die Färbung hier etwelchen Schein ins Graue.
Letztere Art zeigt ferner im Saumdrittel eine äußerst feine gelbe Punktierirag, her-
rührend von zweifarbigen Schuppen, die an der Spitze gelb, im übrigen die Grund-
farbe (graubraun) tragen, was grunertiana stets fehlt. Die helle Zeichnung ist bei
beiden Arten ziemlich dieselbe und bei beiden meist deutlicher im weiblichen als
im männlichen Geschlecht. Bei grunertiana ist sie jedoch viel auffälliger, erstens
ist der Kontrast größer gegenüber der Grundfarbe, und sodann ist die Zeichnung
an sich heller als bei pactolana, wo sie mit gelblichen Schuppen überdeckt ist. Bei
weiblichen Exemplaren der grunertiana sind die Linien meist rein weiß und scharf
abgegrenzt gegen die Grundfarbe, während sie im Mittelfeld beim Männchen etwas
verschwommen hell bläulichgrau erscheinen. Rein weiß und scharf akzentuiert
bleiben jedoch auch hier die Vorderrandshäkchen. Die Metall-Linien des Saum-
feldes sind bei grunertiana schön blau oder violett, dagegen hell bleigrau bei
pactolana, höchstens mit schwach violettem Glänze. Die Zeichnung im Spiegel be-
schränkt sich bei dieser Art meist auf einige schwarze randständige Punkte, selten
sind komplette Linien vorhanden, bei grunertiana ist der Spiegel durch dicke
schwarze Längsstriche ausgefüllt, die höchstens durch einige weiße oder violette
Schuppen voneinander getrennt werden.
Die Augenpunkte vor dem Saume sind bei grunertiana in der Regel schärfer
ausgeprägt, und während bei dieser Art auch der dem Innenwinkel näher gelegene
Punkt Saumlinie und Fransen weiß durchschneidet, und zwar auf der Ober- wie auf
der Unterseite, trifft dies für pactolana in der Regel nur für den vorderen Punkt zu,
während der hintere Saumlinie und Fransen nicht mehr tangiert, meist schwächer
entwickelt ist und namentlich auf der Unterseite öfters fehlt. Grtmertiana ist durch-
schnittlich etwas größer und kräftiger gebaut als pactolana.
Raupe rötlich-hellgrau, mit durchscheinendem dunklerem Darm und bräun-
lichem Kopf- und Nackenschild.
Puppe glänzend hellbraun.
Als Fraßpflanze scheint ausschließlich die Lärche in Betracht zu
kommen, und zwar im Stangenholzalter. An jungen Lärchen braucht man
nach Schütze die Raupe ebensowenig zu suchen als an alten; man findet
sie am sichersten an 30jährigen Stämmen. Thomann konnte ihre Gegen-
wart nur an Bäumen von ca. 8 — 15 cm Stammdurchmesser (ca. i m über dem
Boden gemessen) feststellen.
Die von der Raupe bewohnten Stellen fand Thomann von nur
wenigen Dezimetern über dem Boden bis zu Mannshöhe, öfters unmittelbar
unter den etwas rissigen Ansatzstellen von grünen oder auch an solchen be-
E sehe rieh, Forstinsekten, Bd. III. 24
370 II. Spezieller Teil.
reits toter, abgebrochener Äste. Mehrere Infektionsstellen wurden an Lärchen
beobachtet, welche i oder 2 Jahre vorher mit der Axt gezeichnet worden
waien. Die Lasp. grunertiana darf daher als ein Wundparasit jüngerer
Lärchen angesehen werden. Das Weibchen legt seine Eier zweifellos mit
Vorliebe an Stellen, wo die Rinde gespalten oder rissig ist, sowie direkt an
die Ränder offener Wunden.
„Die Raupe lebt zwischen Rinde und Holz im Bast, von diesem und dem
Cambium sich nährend. Sie frißt einen kurzen, breiten Hauptgang aus, von
welchem sich öfters einige kurze seitliche Fraßgänge nach oben oder schräg
seitwärts abzweigen."
„Die glänzend hellbraunen Puppen findet man von Ende Mai ab. Sie
liegen in einer aus schneeweißer Seide gefertigten Wiege, deren vorderes
Ende dicht unter dem Kotklumpen liegt, der uns die Anwesenheit der
grunertiana im Lärchenstamm verrät." Die Falter erscheinen anfangs bis
Mitte Juni.
Laspeyresia duplicana Zett.
Taf. IV, Fig. 12.
Dunkelbrauner Fichtenrinden wickler.
Ratzeburg: Tortrix (Grapholitha) dorsana Hb. — Altum: Tort rix duplicaun Zett. —
Nitsche: Tortrix duplicana Zett. — Nüßlin-Rhumbler : Grapholitha duplicana Zett.
— Wolf f-Krauße : Laspeyresia duplicana Zett.
Falter: Der pactolana sehr ähnlich. Vorderflügel dunkelbraun, mit schwarz
gestricheltem und glänzend bleigrau eingefaßtem Spiegel. In der Mitte des
Dorsums (Innenrand) ein weißer, saumwärts gebogener, durch eine feine dunkle
Linie geteilter Dorsalfleck i). Außerdem 4 Häkchenpaare hinter und ein sehr
großes vor der Mitte des Vorderrandes weiß. Hinterflügel dunkel graubraun. Spann-
weite 15 mm (Abb. 317).
Raupe schmutzig weißlich, Kopf braun, Nackenschild schwärzlich braun.
Analschild ohne Auszeichnung.
Die weit über Mittel- und Nordeuropa (von Italien bis Lappland) ver-
breitete Art ist bisher in allen forstentomologischen Lehrbüchern in biolo-
gischer und forstlicher Hinsicht der pactolana gleichgestellt und meist mit
dieser gemeinsam abgehandelt. Erst Baer (1917)
hat auf das Irrtümliche dieser Anschauung hin-
gewiesen und gezeigt, daß duplicana eine von
pactolana gänzlich verschiedene Lebens-
weise führt: sie lebt in Harz bzw. harz-
reichen Bildungen an Nadelholz. Bis
"? jetzt wurde sie vor allem gezogen aus den harz-
reichen Anschwellungen der Tanne, die durch
., , die Aecidienform (Aecidium elatinum) der Ale-
LaspevresiaduplicanaZtt. 2X- lamspora cerastii Schrot, hervorgerufen werden,
also aus den sogenannten Tannenkrebsen, so-
wie aus den ebenfalls von Rostpilzen, und zwar den Gymnosporangienarten her-
rührenden Zweigverdickungen der /iiniperus-\rte.n. Baer fand sie ferner im
Tharandter Wald als eine regelmäßige, wenn auch nicht häufige Bewohnerin
der verharzenden Wundränder der Sommerschälungen des Rot-
1) Ratzebu rgs Abbildung (W. IL, Taf. V, Fig. 10) zeigt diesen Dorsalfleck
sehr deutlich; sie stellt zweifellos duplicana dar.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 371
wildes an Stämmen und Stangen der Fichte (in Gesellschaft von Dioryctria
spJendidella H.S.). ,.Der Fraß verrät sich hier nicht nur durch Häufchen von
braunem( zuweilen auch weißlichem) Kot, die denen von pactolana gleichen,
sondern vor allem durch auffallende, zierliche, in der Gestalt an Korallen
erinnernde Harzkrusten. Den mit Gespinst ausgekleideten Fraßkanal selbst
findet man darunter in der Überwallung des Wundrandes." Übrigens findet
sich auch bei Ratzeburg (F. II, 217) eine Bemerkung, die sich auf ein
solches Vorkommen bezieht: , .Außer diesem gewöhnlichen Aufenthaltsort"
(d. h. der Rinde an den Quirlen), heißt es da, ,, findet sich die Raupe (seiner
dorsana) in den trockenen Harzklumpen, die sich an Stämmen und Zweigen
größerer und kleinerer Bäume, meist beschädigter, finden." Meist handle
es sich dabei um die helle Varietät (seiner dorsanaX und das ist eben diipli-
cana. An Kiefer ist die Art bisher noch nicht gefunden worden. Gegenüber
diesem Vorkommen in Harzgebilden aller Art hebt Baer besonders hervor,
daß weder ihm noch dem an Erfahrung so reichen Züchter wie Schütze
bei ihren vielen paclola na -Zuchten jemals ein dup/ira/nf-Faltev mit partohuia
zugleich aus demselben Material ausgekommen sei, wie es nach den bis-
herigen Angaben in der forstentomologischen Literatur zu erwarten ge-
wesen wäre.
Auch bezüglich der Flugzeit konnten die beiden Forscher die bis-
herigen Angaben, daß dieselbe etwa 4 Wochen später stattfindet als von
pactolana, nicht bestätigen. Baer hat im Gegenteil di/plica na -hei Tharandt
schon am 17., 18. und 24. Mai erbeutet, zu einer Zeit, in der von pactolana
noch kaum die ersten Falter erscheinen.
Forstlich ist duplicana ihrem hier beschriebenen Vorkommen nach
ohne wirtschaftliche Bedeutung. Dazu kommt, daß sie durchaus
nicht häufig ist, ja in vielen Gegenden als eine Seltenheit gilt. ,,Dies braucht
jedoch," schreibt Baer, ,, durchaus nicht immer der Fall gewesen zu sein,
da gegenwärtig die ,, reine Wirtschaft im Walde" der Vermehrung des In-
sekts keineswegs günstig ist, namentlich aber haben früher zeitweise die Rot-
wildschälungen einen viel größeren Umfang angenommen oder — was dem
gleichkommt — die Harzgewinnung unserer Fichte mit ihrem Lachen-
verfahren hat (ehedem) der Art Brutstätten viel reichlicher geboten."
Laspeyresia coniferana Rtzb.
Taf. IV, Fig. 13.
Schwarzer N adelholz wickler, Tannenkrebs wickle r.
Ratzeburg: Tortrix {GraphoUtha) coniferana Saxs. — Nitsche: Tortrix (Grapholit/m.
Semasia) coniferana Rtzb. — Nüßlin-Rhumbler : Grapholitha coniferana Rtzb. —
Wolff-Krauße: Laspeyresia coniferana Rtzb.
Falter: Vorderflügel braungrau, Wurzelfeld durch eine saumwärts scharf ge-
brochene, doppelt weißliche Querlinie begrenzt, deren beide Hälften am Hinterende
weiter auseinanderstehen als am Vorderrande. Am Vorderrande zwei weiße Häkchen-
paare, dazwischen ein oder zwei einfache weiße Häkchen. Aus dem am weitesten
wurzelwärts stehenden Häkchenpaare eine undeutliche, doppelte, an dem Spiegel
vorbeiziehende helle Linie. Spiegel dreieckig, scharf schwarz gestrichelt, von Blei-
linien eingefaßt. Fransen etwas heller als der Grund, mit dunklerer Teilungslinie.
Hinterflügel braungrau mit hellgrauen Fransen und dunklerer Teilungslinie. Oft
werden die Exemplare viel dunkler, und die Zeichnung tritt dann \iel weniger
scharf auf. Spannweite 9 — 13 mm (Abb. 318).
24*
372 II- Spezieller Teil.
Raupe weißlich, Kopf hellbraun, Nackenschild noch heller, schmal, die Anal-
klappe kaum angedeutet.
Die geographische Verbreitung dieser Art erstreckt sich über
Mitteleuropa (bis Norwegen). Sie lebt wie die vorige in harzreichen
Bildungen a- o n Nadelhölzern.
Colli feraiia wurde von Ratzeburg aus Fichte gezogen, und zwar aus
dem übrig gebliebenen unteren Ende eines durch Sturm splittrig abgebro-
chenen Fichtenstammes, wo die Raupe senkrechte
Gänge in den Bast gefressen hatte, besonders in
aL||, aÄfi *-^^^ Nähe der Ränder." Außerdem teilt Ratze-
nQfe^^^g^^Ul bürg auch noch das (von Zebe beobachtete)
I^^^HH^KSr^ \"orkornmen in Kiefer mit (zusammen mit Pis-
^mPra^fllU^ sodes iiotatiis F. in jungen Kiefernstämmchen).
^ Jude ich (1S76) berichtet eine Beobachtung
F r i t s c h e s , der conijerana aus Tharandter
Fichten gezogen hat, und zwar in Gesellschaft
Abb. s'o. Laspevresia com- ^ _, , r^ii^j- r •n.u
ü'raiia Rtzb ' ''V X "^'*^'"^ pactolaiia. Doch bestand nisofern eni Unter-
schied zwischen beiden, als letztere an den Ast-
quirlen sich fand, während conijerana entfernt davon, an anderen Stellen des
Stämmchens sich entwickelte. Nitsche vergleicht coniferana biologisch mit
pactolana. doch sei conijerana nicht so monophag.
Nach Baer (191 7) ist conijerana, die im allgemeinen zahlreicher als
diiplicaiia auftritt, hauptsächlich eine Bewohnerin von verharzten, pilz-
kranken Teilen der Kiefer. „Regelmäßig trifft man sie daher, meist in
Gesellschaft von Dioryctria, in den durch Peridermium pini (Kiefernrinden-
blasenrost) verursachten Astanschwellungen sowie den von diesem herrühren-
den bekannten „Kienzöpfen". Ganz besonders zahlreich pflegt sie sich an
Weimutskiefern einzustellen, die von dem entsprechenden Blasenrost,
der Aecidienform (Peridermium slrobi) ^•on Cronartinm ribicolion Dietr.,
befallen sind^). In Dänemark wurde sie auch an S chwa r z kief e rn an-
scheinend unter ähnlichen Verhältnissen beobachtet. Kaum weniger bevor-
zugt sie ferner die verharzende Rinde der von Agaricus melleus Vahl befal-
lenen Stämme, und auch in einfachen Schälwundrändern fehlt sie nicht."
Auch aus Tann enk r eb s en wurde sie öfter gezogen.
Laspeyresia cosmophorana Tr.
Taf. IV, Flg. 14.
K i e f e r n b e u 1 e n w i c k 1 e r.
Ratzeburg: Tortrix (Coccyx) cosmophorana Tr. — Nitsche: Tor/ rix (Grapholilhn.
Semasia) cosmophorana Tr. — Wolff-Krauße : Laspeyresia cos7nophoraiia Tr.
Falter: Vorderflügel dunkel olivenbraun, die hinteren zwei Drittel von
feinen, in Querlinien stehenden, goldgelben Stäubchen bedeckt. Wurzelfeld saum-
wärts begrenzt durch eine ziemlich breite, in der Mitte manchmal unterbrochene
Bleilinie. In ihm mitunter zwei kleine silberne Pünktchen. Mittelfeld saumwärts
begrenzt durch eine etwas geknickte helle Bleilinie, die in der Mitte manch-
mal bläulich bestäubt ist und dicht an dem Spiegel vorüberzieht, der schwarz
1) Auch von Butovitsch (1930) fand die Raupe von coniferana an \er-
harzlen Stellen von Weimutskiefern. „Die Raupe frißt unregelmäßige, mit Ge-
spinstfäden umkleidete und durchzogene Gänge und Höhlen, die stark \crharzt und
zum Teil mit Kot erfüllt sind."
I. Unterordnung: Alicrolepicloptera, Familie Tortricidae. 373
gestrichelt und glänzend bleigrau eingefaßt ist. Die hintere Bleilinie entspringt aus
dem vierten einfachen Häkchen des Vorderrandes, hinter dem noch drei weitere ein-
fache Häkchen stehen. Das erste Häkchen verbindet sich mehr oder weniger mit
einem etwas unter der Spitze an 'dem Saum stehenden hellen Fleckchen, so daß die
Grundfarbe an der Flügelspitze hell eingefaßt wird. Fransen grau, mit scharfer,
schwarzer Teilungslinie. Hinterflügel dunkelbraun, Fransen hell mit dunklerer
Teilungslinie. Spannweite 10—13 mni (Abb. 319).
Raupe fast weiß, Kopf hellbraun, Nacken und Analschild von Körperfarbe.
Puppe durch den Mangel an Dornen leicht kenntlich.
Die über Mittel- und Nordeuropa verbreitete Art lebt als Raupe in
den Harzgallen der Evetria resinella \^. und anderen Harzaus-
flüssen der Kiefer.
Die ersten Beobachtungen über das Vorkommen dieser Art in Harz-
gallen stammen von Hart ig (1834). Ratzeburg schrieb ihr eine ähnliche
Lebensweise wie resiiiella zu: ,,Sie stimmt so vollkommen in ihrer Ökonomie
mit dem. Harzgallenwickler überein, daß man wenig zur Unterscheidung
beider anführen kann." Nur seien ihre Harzgallen „kleiner und nähmen nur
die eine Seite des Astes ein, dessen andere Seite sehr stark aufgetrieben er-
scheine".
Baer (191 7) hat auch hier wieder Klarheit geschaffen. Ich gebe hier
seine Schilderungen wieder: „Für Sammlungen wird cosinophoraiia fast nur
durch Zucht aus den Harzgallen von Eveiria resineUa L. an Kiefer erlangt.
Hier lebt das Räupchen im wesentlichen in der eigentlichen Gallbildung,
d. h. in der am Grunde des Harzgehäuses befindlichen Zweiganschwellung,
und zwar von dem hier durch den resiiiella-Yx2i& entstandenen Wundgewebe,
also ganz entsprechend den sich ebenfalls daselbst zuweilen findenden
Raupen von Dioryctria abietella Schiff. Gleichwohl zeigt sich später nach
der Entwicklung die vorgeschobene Puppenhülse ebensowohl an diesem hol-
zigen, wie an dem harzigen Teile des ganzen Gallengebildes. Man nimmt
allgemein an, daß nur die von ihrem Erzeuger wenn auch soeben erst, so
doch bereits verlassenen Gallen, die sogenannten „alten", von L. cosmo-
phorana belegt werden. Bevorzugt hierbei werden die an den Stämmchen
befindlichen Gallen, bei denen die Kallusbildung sich kräftiger und
saftreicher zu erweisen und länger anzudauern pflegt als an den Enden der
Zweige. Ich selbst habe indessen cosrjiophorcuia
auch zugleich mit resinella, also als eine Art von
Einmieterin, aus deren Galle gezogen. Diese Vor- t^fc^ ^Nk^*
kommnisse sind wohl sozusagen als eine Zufluchts- »..^Jj^y|g|^j^<*f'
Stätte für den „eisernen Bestand", die sich jederzeit
bietet, anzusehen, gewiß ist aber die Art auf sie
nicht beschränkt, sondern tritt auch im Gefolge
der verschiedensten mechanischen Beschädigungen,
z.B. auch durch Hagelschlag an Kiefern- Abb. 3 1 g. Lasf^eyresia
stämmchenund-zw eigen auf. Auch erscheint cosmof^horuna Tr. 2 V, X.
ihr angebliches Vorkommen in K i c f e r n z a p f e n
ihrer sonst mit Dioryctria abietella übereinstimmenden Geschmacksrichtung
nicht unglaublich, zumal in solchen, die durch den Angriff der letzteren ver-
bildet werden und verharzen. Außer an Kiefer scheint cosi/H)p/?oraiia bis-
her nur an Wacholder beobachtet worden zu sein, an welchem Zweig-
knoten als die Wohnstätte des Räupchens angegeben werden."
^toii^'
374 11. Spezieller Teil.
Laspeyresia corollana Hb.
Taf. IV, Fig. 159.
Falter: Vorderflügel schwarzbraun, mit einer aus mehreren hellen (weißlich-
gelblich-rötlichen) Strichen bestehenden, in der Mitte fast rechtwinklig geknickten
Querbinde. Spiegel ockergelb, mit mehreren schwarzen Strichen, von dunklen Blei-
linien eingefaßt. Fransen grau glänzend, mit schwarzer Teilungslinie. Hinterflügel
beim Männchen gewöhnlich weiß mit brauner Spitze, beim Weibchen immer dunkel-
braun. Spannweite 12 — 13 mm (Abb. 320).
Raupe weiß, mit blassen, nur bei Vergrößerung sichtbaren Punkten, Kopf
hellbraun, Nackenschild gelblichbraun, Analplatte kaum angedeutet.
Der über Mitteleuropa verbreitete Wickler hat dadurch einiges forst-
entomologisches Interesse, daß sich seine Raupe in den Gallen des kleinen
Aspenbockes, Sa per da popiilnea L. (s. Bd. II,
S. 260 ff.) entwickelt. Sie „benagt die Rinde
der Astanschwellungen vom Aspenböckchen im
Schutze einer von Exkrementen und Genagsei
erfüllten Gespinstdecke und zieht sich da-
zwischen mehr oder weniger auch in die meist
verlassene Gallenwohnung zurück". Wenn es
auch meist verlassene Gallen sind, in denen die
Raupe lebt, so wurde sie von Baer (1908) doch
Abb. 320 mehrfach auch an „noch besetzten, erst zwei-
2I/..X. jahngen Gallen beobachtet, in welchem tall
,,sie also als eine Art Einmieterin bei der zum
zweiten Male überwinternden Bockkäferlarve lebt". Die Flugzeit des Falter-
chens fällt in den Monat Mai.
Der Befall der popi/l/iea-GdA\en mit corolla/ia ist an dem Kot zu er-
kennen, der an den Gallen äußerlich anklebt.
Laspeyresia strobilella L.
Taf. IV, Fig. 160.
Fichtenzapfenwickler.
Ratzeburg: Tor/ rix fCocry.xi slrobilana L. (Tannenzapfenwickler). — Nitsche:
Tort rix {Gra f^Iiolilha . Soiui'^iin sirobilella L. {slrobilana L.). — Nüßlin-Rhumbler:
GrapJiolilJia slrobilclla L. — Wolff-Krauße : Laspeyresia strobilella L.
Falter: Vorderflügel olivbraun, gegen den Saum zu etwas heller, Wurzelfeld
dunkler, von 2 schwach gebogenen, dunklen Bleilinien begrenzt, Vorderrand mit
6 weißen Häkchen. Spiegel undeutlich, nur selten mit einer Spur schwarzer Punkte
an der Saumseite. Hinterflügel graubraun oder schwarzgrau mit weißlichen Fransen.
Spannweite 13 mm (Abb. 321).
Raupe einfarbig weißlich oder gelblichweiß, Nackenschild kaum dunkler,
Kopf hellbraun. Segmente mit hellbräunlichen, nicht von Wärzchen entspringenden
Härchen besetzt.
Puppe mit vorspringender Stirn, Afterwulst mit 4 Hakenborsten.
Die Art ist über ganz Mittel- und Nordeuropa verbreitet und scheint
überall häufig zu sein. Als Fraßpflanze ist bis jetzt nur die Fichte
(Zapfen) beobachtet worden. Bechstein führt zwar auch die Weißtanne
an, doch bedarf diese Angabe noch der Bestätigung.
Die Bionomie ist von Ratzeburg (F. 218 — 220), Gericke (1S89),
Nitsche, Trägärdh (1915), Holste (1922) u. a. geschildert worden.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae.
37;
Die Entwicklung ist meiste) einjährig und vollzieht sich nach der
Bioformel
45 — 6,4
4 + 45
Die Flugzeit erstreckt sich in der Hauptsache von Ende April bis Ende
Mai, anfangs Juni. Holste erhielt die ersten Falter in den Freilandzuchten
sogar schon am 30. März, in der Mehrzahl
schlüpften sie aber von Mitte April bis Mitte Mai.
Nach dem 15. Mai erschien kein Exemplar mehr 2).
Der Falter fliegt am Tage, sowohl vor- wie
nachmittags, anfangs mehr unten, später mehr in
der Nähe der Wipfel. In geschlossenen Beständen
liebt er die besonnten Stellen. Die weißen Eier
werden äußerlich an einer beliebigen Stelle der
jungen, grünen Zapfen abgelegt. AM.32.^ ^"'(^S^:.
Die Raup chen, von denen öfters mehrere. zapfenwickler). 2 X-
bis zu 10 und mehr, einen Zapfen befallen, bohren
sich ein und fressen das Mark der Spindel aus, bald von dem einen, bald
von dem anderen Ende anfangend. Erst wenn die Raupen fast aus-
gewachsen sind, werden die Zapfenschuppen und auch die Samen angegangen
(Abb. 323). In den Gängen der Raupen liegt krümeliger brauner Kot. Bis-
weilen krümmen sich die Zapfen, zeigen Harzaus-
fluß oder bleiben überhaupt verkümmert, doch be-
wahren sie oft ein völlig normales Aussehen, selbst
bei starkem Befall. Holste zog aus Zapfen, die /'l/'
„ganz normal gebildet waren und weder eine ivi
Krümmung noch Harztropfen zeigten", bis zu ]^CliL''>^
10 Falter.
Im Herbst sind die Raupen erwachsen, über-
wintern in den Zapfen und verpuppen sich, mit-
unter schon im Februar oder März, nach Ger icke
(1889), der die Generation am genauesten beobach-
tete, meist erst gegen Ende April. Die Puppen V^t-tv^
schieben sich dann zwischen den Zapfenschuppen ^r?^
vor und entlassen den Falter. An den leeren
Puppenhülsen, die halb hervorragend zwischen den
Zapfenschuppen hängen bleiben, läßt sich der vor- ^^b. 322. A Raupe (Vor-
, ^ r> r 11 1 • -u. r . . ii derteil und Analsegment),
hergegangene Befall leicht feststellen. B p^ppe ^^^^ i^^^p ^f^obi-
Einige Beobachtungen von Ratzeburg weisen lella L. A nach Ratze-
darauf hin, daß auch ein Ü b e r 1 i e g e n d e r b u r g ; B nach Trägärdh.
Raupen bis in das zweite Jahr vorkommen kann,
so daß also die Generation zweijährig wird. Holste konnte diese Beob-
achtung allerdings nur für einen geringen Prozentsatz der Raupen bestätigen.
Ratzeburg stellt strobilella zu den merklich schädlichen Forst-
insekten. Wie stark verbreitet der Wickler ist, ergab sich aus den Unter-
suchungen, die im hiesigen Institut von Holste ausgeführt wurden und bei
1) Über das Überliegen siehe unten.
-] Im geheizten Zimmer schlüpfte die ]\Iehrzahl der Falter schon Mitte März,
also vier Wochen früher.
376
II. Spezieller Teil.
denen sämtliche sehr zahlreiche Zapfenproben aus ganz Oberbayern den
Wickler enthielten.
Die Folgen des Fraßes sind mehrfacher Art:
I. Die befallenen Zapfen, mögen sie auf dem Baum bleiben oder ab-
fallen, öffnen sich nicht vollständig, so daß der Samen zwischen
den Schuppen hängen bleibt. Dadurch kann
auch in sehr günstigen Samenjahren die
■ '; natürliche Besamung verhindert und die
Samenernte beeinträchtigt werden.
2. Durch den Fraß wird die Keimkraft der
Samen stark verringert. Nach Ger icke
A B
Abb. 323. A Durchschnittener Fichtenzapfen, in welchem mehrere Raupen in der
Markröhre sitzen und von hier aus die Früchte anfressen. Nach Ratzeburg.
B Stück eines durchschnittenen Fichtenzapfens mit fast erwachsener Raupe von
L. sirobilella L. Links in der Höhe des Raupenkopfes sieht man Kot zwischen den
Samen.
(1889), der eingehende LTntersuchungen in dieser Richtung vor-
genommen, gingen von den Samen von 7 Zapfen, die besetzt waren
mit 123456 Stück Raupen
auf: 26 7o I 5 7o 1 8 u. I 5 7o 23 7o 6 7n o 7o
3. Werden in vielen Fällen auch beträchtliche Zerstörungen in den
Samen selbst verursacht. So ergab i hl befallene Zapfen statt 600 g
nur 350 g Samen. „Lagern die Zapfen im Winter über warm, so
werden allmählich alle Samen verzehrt" (Rehj.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Tortricidae. 377
Über den Schaden von strobilella wird zwar vielfach geklagt, schon vom Ende
des vorvorigen Jahrhunderts an (v. Linker 1798), doch sind Literaturangaben
über größere Verwüstungen selten. 1860 waren die Raupen im Schönbusch bei
Aschaffenburg in den Zapfen so häufig, daß das Sammeln der Fichtenzapfen zur
Samengewinnung eingestellt werden mußte (Döbner, 1862). 1886 und 1888
wurden in den niederbayrischen Waldungen fast die gesamten Zapfen zerstört
(v. Raesfeld, 1889). Am Ende der achtziger Jahre, namentlich 1888, ist die
Samenproduktion in den preußischen Oberförstereien Glatz, Carlsberg, Reinerz,
Nesselgrund usf. schwer geschädigt worden (Ger icke, 1889).
In epidemiologischer Beziehung, vor allem über die Zusammen-
hänge zwischen Klima und Gradation, herrscht noch völliges Dunkel. Wir
wissen nur, daß der strobilella-W ^xvix^^xMn'g ein großes Heer von Parasiten
entgegensteht, mit denen sich vor allem Trägärdh (1915) eingehend be-
schäftigt hat. In Schweden wurden als die wichtigsten Parasiten Neineritis
cremastoides Hgn. und eine Bracon- Art (anthracinus Nees?) festgestellt, von
denen in manchen Gegenden 300/0 der strobilella hesfitzt waren; weit weniger
wirkungsvoll erwies sich Ephialtes glabratus Rtzb., der es meist nur auf 50/0,
nur in Ausnahmefällen auf 20 — 30 0/0 brachte.
Eine Bekämpfung könnte höchstens darin bestehen, die unreif ab-
gefallenen Zapfen einzusammeln und zu vernichten.
Als weitere Laspeyresia- Art sei hier noch genannt:
Laspeyresia illiilana H. S., die in der Zeichnung der co/ii/erana ähnelt. Sie lebt
nach Kenne 1 als Raupe im August in den Zapfen der Weißtanne, nach
Wolff-Krauße ,,von Juli bis September in Gallen von Chermes viridis auf
Fichte, zusammen mit Dioryctria abietella Rtzb. und EiipitJiecia abietaria Gz.".
Anhangsweise sei noch die Wickler-Gattung
Pammene Hb. kurz erwähnt, die hauptsächlich durch Eigentümlichkeiten
des männlichen Geschlechtes betreffend das Geäder der Hinterflügel und das Ab-
domen (die Tergite 6 und 7 sind in der Ruhelage so nach oben und unter das
5. Tergit geschoben, daß von oben gesehen auf das 5. Tergit gleich das 8. folgt)
von Laspeyresia unterschieden ist, sonst aber, besonders in Färbung und Zeichnung,
sich letzterer eng anschließt.
Die Raupen leben teils in Zweigen oder in zusammengesponnenen Blättern,
teils in Früchten oder Cynips-G'dW^w. „Zur Überwinterung und Verpuppung gehen
viele von ihnen unter die Rinde von Bäumen oder in morsches Holz, wo sie häufiger
und leichter zu finden sind als an ihrer Nahrungsquelle" (Kennel).
Es seien hier genannt :
Pammene fimbriana Hw. (Taf. IV, Fig. 17 Q). Raupe von Juni bis August in
Eichengallen. Überwinterung in morschen Eichenzweigen. D i s q u e fand sie
einmal in der Frucht von Castanea vesca.
Pammene splendidulana Gu. — Raupe (weißlich mit schwarzen Punkten) lebt
an Eichen zwischen zusammengesponnenen Blättern, die sie skelettiert; zur Ver-
puppung frißt sie sich in dürres Holz ein (Neblich, 1906).
Pammene juliana Gurt. — Raupe von August bis Oktober in den Früchten
von Eichen, Buchen, Edelkastanien, auch Ahorn, geht dann unter
die Rinde und in das Moos der Stämme, wo sie überwintert und sich dann verpuppt.
Literatur über Tortriciden IL
Epibleminae.
Gattung Evetria bis Pammene.
Allers, 1927, Vom diesjährigen Auftreten des Fichtennestwicklers (Tor/rix ledeUa)
im Harz. — Forstarchiv 22 — 23.
Altum, 1876, Eicheln- und Bucheinwickler. — Z.f. F.u.J. VIH, S. 284— 285.
378 11. Spezieller Teil.
— , i8S6, Toririx (GrapJwlitha ) zebeana Rtzb. — Dieselbe XVIII, S.44 — 45.
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S.89.
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Familie: Cossidae.
Die Cossideu wurden wegen ihrer Größe früher zu den Großschmetter-
lingen gestellt, und zwar wegen ihres Spinnerhabitus zu den Spinnern
(Bombycidae). Sie erweisen sich aber wie die Sesien (siehe unten) durch ihr
primitives Flügelgeäder (Vorhandensein der Analader usw.) und den Bau
der Bauchfüße der Raupen als echte „Kleinschmetterlinge", unter
denen sie die größten Formen darstellen. In ihrer Lebensweise und forst-
lichen Bedeutung stehen sie den Sesien (siehe dort, S. 395) sehr nahe, von
denen sie sicli durch die beträchtlichere Größe und die vollkommene Be-
schuppung der Flügel unterscheiden.
Körper plump, Kopf klein, Hinterleib sehr lang, o weit größer als
das cf- Fühler meist ziemlich kurz, mit kurzen Gliedern, beim cS unten mit
Lamellen, Kammzähnen oder stark seitlich erweitert, beim 9 ähnlich oder
einfach. Augen nackt, Palpen kurz, mit kugeligem Endglied. Rüssel ver-
kümmert. Beine kurz und plump. Hinterschienen mit 2 Sporenpaaren oder
nur mit kurzen Endsporen. Flügelgeäder: Die Ader an auf Vorder- und
Hinterflügel deutlich vorhanden, die Vorderflügel mit Wurzelschlinge ax^
und (7.Vo. auch die basalen Teile /•, m^. o und meist auch m^ mehr oder weniger
stark vorhanden. Dadurch wird das Discoidalfeld in 3 Zellen zerteilt und
H82
II. Spezieller Teil.
eine Anhangszelle auf den Vorderflügeln zwischen den Adern von r (bis-
weilen auch von m^ gebildet (Abb. 324).
Die Raupen sind 16 füßig, nackt mit einzelnen kurzen Börstchen besetzt,
die Bauchfüße sind Kranzfüße (Abb. 325 ). Kopf groß, abgeplattet,
A B
Abb. 324. Flügelgeäder von: A Cossus cossus L., B Zeuzera pyrina L. (Mittelzelle
durch die Basalteile von m in 3 Zellen geteilt, außerdem eine Anhangszelle vor-
handen, an im Vorderflügel und Hinterflügel deutlich.)
Abb. 325. Bauchfüße der
Raupe von Cossus cossus
L. (Kranzfüße).
mit sehr kräftigen Mandibeln; Nackenschild stark
entwickelt.
Die Puppen gehören zu den „halb freien
Puppen" (pupae semiliberae), und sind mit
Stachelgürteln auf den Hinterleibsringen besetzt,
mit Hilfe deren sie sich auch aus der Puppenwiege
oder dem Kokon herausarbeiten 1).
Die Falter fliegen des Nachts, am Tage
sitzen sie ruhig mit um den Leib gelegten Flügeln
an den Stämmen. Sie legen mittels langer Lege-
röhre die Eier in Rindenritzen usw. entweder in
kleinen und größeren Häufchen (Cossus) oder ein-
zeln [Zeuzera'). Die Raupen, deren Mandibeln so
kräftig sind, daß sie sogar Blei durchfressen
können, nagen zunächst platzend unter der Rinde
und gehen dann in den Stamm, um hier längere
oder kürzere Gänge zu fressen. Sie überwintern in
unserem Klima zweimal und verpuppen sich also
erst im 3. Kalenderjahr. Die Verpuppung findet
entweder im Stamm am Ende eines besonderen bis
zur Rindenoberfläche genagten Ganges oder in der
Nähe der Einnagestelle (Kotauswurfstelle) oder
1) AI tum (F. III. 2, S. 31) hat bereits die Frage aufgeworfen, ob die Xylo-
Iropha (Sesien + Cossiden) „nicht besser von den Macrolepidopteren zu trennen und
trotz ihrer oft so bedeutenden Größe den Kleinschmetterlingen einzureihen wären".
Er bezieht sich hierbei vor allem auf die Gestalt der Raupen und Puppen.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Cossidae.
383
außerhalb des Fraßobjektes in der Erde statt. Im letzteren Fall wird stets
ein Kokon (aus Holzspänenj gefertigt, im ersteren Fall kann ein Kokon
fehlen.
Vor dem Schlüpfen schiebt sich die Puppe aus dem Stamm bzw. dem
Kokon hervor (s. Abb. 334); beim Schlüpfen trennen sich die Scheiden der
einzelnen Kopf- und Thoraxanhänge (Abb. 326).
Wirtschaftlich sind die Cossiden recht beachtenswert und ver-
ursachen besonders im Obstbau oft schwerste Verluste (vgl. Boden-
heimer, 1927). Auch forstlich können sie recht
schädlich werden, vor allem in Baumschulen, wo die
befallenen Pflanzen leicht vom Wind gebrochen werden.
Der physiologische Schaden an älteren Bäumen ist weniger
bedeutend, abgesehen davon, daß sie Baumflüsse über-
tragen können (Ludwig, 1909, und Annal. Epiphyties IX,
1923); dagegen werden die befallenen Stämme technisch
stark entwertet.
Als natürliche Feinde sind vor allem Fleder-
mäuse, Eulen, Nachtschwalben usw. zu nennen,
die die nächtlich fliegenden Falter schnappen. Den Raupen
stellen die Spechte nach, und die Eier werden von
Meisen gefressen. Parasiten sind nicht allzu viele be-
kannt. Baer nennt drei Tachinenarten, und an Schlupf-
wespen sind bis jetzt etwa ein halbes Dutzend aus Cos-
siden gezogen worden. Zur Vernichtung der Raupen tragen
auch die eigenen Artgenossen durch ihren Kannibalis-
mus bei.
Forstlich kommen nur zwei Arten in Betracht,
nämlich Cossi/s cossiis L. und Zeuzera pyrina L., die so-
wohl habituell als auch in der Färbung der Falter und der Raupen grund-
verschieden sind, so daß ihre Erkennung keine Schwierigkeiten bereitet.
Abb. 326. Puppen-
hülle von Cossus
cossiis L. nach dem
Schlüpfen des
Falters.
Cossus cossus L.
Taf. V, Fig. 2.
Weidenbohrer.
Ralzeburg: Bombyx Cossus L. — Altum: Cossus ligniperda F. — Nitsche: Cossus
ligniperda F. — Wolff-Krauße: Cossus cossus L.
Ein großer plumper Falter, der durch seine Färbung mit keinem an-
deren Schmetterling verwechselt werden kann, ebenso wie die fingerlange,
schön rosenrote bis braunrote Raupe nicht ihresgleichen unter den Schmetter-
lingsraupen findet.
Falter: Vorderflügel braungrau, in der Mitte und gegen die Spitze zu weiß-
grau gewässert; von den vielen die Vorderflügel quer durchziehenden dunklen
Wellenlinien treten einige hervor, besonders im äußeren Flügeldrittel. Hinterflügel
braungrau, mit matten, dunklen Wellenlinien. Scheitel und Halskragen gelblich;
Rücken des Thorax dunkel, nach hinten zu weiß, mit abschließendem schwarzem
Kragen. Hinterleib dunkel mit hellen Ringen, Q bedeutend größer ( Flügelspannung
bis 95 mm) als das cf.
Raupe (Abb. 328) etwas abgeflacht, in der Jugend fleischfarbig oder dunkel-
rot mit schwarzem Kopf und Nackenschild. Erwachsen gelblich fleischfarben mit
rotbraunem Rücken, oben und an den Seiten mit einzelnen grauen Haaren besetzt.
384
II. Spezieller Teil.
Nackenschild gelblich mit 2 schwarzen Flecken. Stigmen braun. Sehr groß. Weib-
liche Raupe bis 10 cm. Die Raupen riechen so stark nach Holzessig, daß ein mit
feiner Nase begabter Sammler deren Anwesenheit schon auf ziemliche Entfernung
bemerken kann.
Puppe (Abb. 329 j groß, braun, gedrungen. Flügelscheiden bis zur Mitte des
Körpers reichend; Hinterleibsringe mit i oder 2 Reihen kurzer, meist dunkler Dornen.
Abb. r.
Cossi/s cosst/s L.
(Weidenbohrer 1.
starken unc
Afterende mit einem Dornenkranz, jederseits aus je i starken und 2 — 3 schwächeren
Dornen bestehend.
Eier länglichoval, 1,2 mm, hellbraun schwarzgestreift, mit gegitterter Ober-
flächenstruktur; werden mit bräunlicher Kittsubstanz an der Unterlage festgeklebt.
Kot groß, walzig, ohne Längsfurchen, also von rundem, nicht sternförmigem
Querschnitt.
Die geographische Verbreitung ist sehr groß und erstreckt sich
südlich von 60 0 nördlicher Breite durch ganz Europa und Asien.
Abb. 328. Die verschiedenen Stadien der Raupe
\on Cossi/s cossus L. (die vorletzte helle Raupe
frisch gehäutet).
Abb. 329.
Puppe von Cossus
cossjish. ( Dorsal-
ansicht).
Als Fraßpflanze kommen unsere meisten Laubbäume in Betracht,
vor allem Weiden und Pappeln, dann Obstbäume, Walnuß,
Traubenkirsche, Ulme, Erle, Birke, Eiche, Linde, Esche,
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Cossidae.
385
Buche, Ahorn usw. Israel (1920) fand die Coss/fs -Larve außer in
Maulbeere auch in Lärche.
Bioformel
— 8, A, 4
5 + 67
Die Flugzeit fällt in die Monate Juni (Ende) und Juli. Der Falter
ist sehr träge und sitzt am Tage ruhig an den Stämmen, meist tief unten; er
zeigt dabei eine ganz charakteristische Haltung, indem er, sich mit den
hinteren Beinen festhaltend und auf die Ränder der Flügel stützend, vorn vom
Stamm absteht, dadurch etwa einem abgestutzten Ast ähnelnd (Abb. 330 A).
Das 9 legt mit seiner „lang aus dem Leib herausgestreckten" Legeröhre die
Eier in Häufchen von 15 — 50 Stück in Rindenritzen ab, mit Vorliebe an den
unteren Stammpartien, den Wurzelhals, seltener höher. Die Eier werden mit
einem klebrigen braunen Saft benetzt,
der zusehends trocken wird und zur
A B
Abb. 330. Cossus cossus L. an einem Stamm sitzend. A von der Seite gesehen
(Vorderkörper abstehend), B von der Rückenseite gesehen (seine Färbung stimmt
mit der Rinde mehr oder weniger überein, so daß er schwer zu entdecken ist).
Befestigung und dem Schutz der Eier dient (Ratzeburg, nach Rösel).
Die Gesamtzahl der Eier eines Weibchens ist sehr groß und wird auf 700
angegeben. Bevorzugt werden ältere, stärkere, einzeln stehende freie Bäume,
Alleebäume usw.
Nach ca. 14 Tagen schlüpfen die jungen Raupen, die sich sogleich
in die Rinde einbohren und hier zunächst gemeinsam platzend fressen. Nach
der ersten Überwinterung gehen sie tiefer ins Holz, immer noch nahe bei-
sammen, doch jede einen besonderen Gang fressend. Die Gänge verlaufen
sehr unregelmäßig, zeigen aber allgemein eine aufsteigende Tendenz. Der
Querschnitt der Gänge ist oval, oft von großer Breite, die Wandungen sind
gewöhnlich braun bis schwarz (Abb. 332). Wird die aufsteigende Richtung
E s c h e r i c h , Forstinsekten. Bd. III. 25
886
II. Spezieller Teil.
beibehalten, so können die Gänge eine
Länge bis zu i Meter und mehr erreichen
(Abb. 333). Mitunter beschränkt sich der
Fraß lediglich auf die unteren Stamm-
partien und verläuft in die größeren
Wurzeln. Wenn der Fraß vielleicht auch
an anbrüchigen Stellen beginnt, so ver-
laufen die meisten Gänge doch in ganz
gesunden Stammteilen. Die Gänge wer-
den in der Regel rein gehalten; die
Nagespäne und der Kot werden durch
eine untere Öffnung (Abb. 331) hinaus-
^^^ ^^ geschafft. Letztere kann so groß sein,
/ B^B^^K |1 . Im daß man leicht einen Finger hinein-
* j^Mßfm 1 ' I stecken kann ; sie muß wohl von Zeit zu Zeit
wieder erweitert werden, da sie sonst vom
Cambium ganz überwallt werden würde.
Die Raupen verlassen bisweilen ihren
ersten Fraßbaum und unternehmen grö-
ßere Wanderungen, wobei sie ,, emsig
über die Erde wegkriechen" (Ratze-
burg, F. 86). Ob sie sich dann in andere
Bäume zur Fortsetzung des Fraßes ein-
bohren oder aber zur Verpuppung in die
Erde gehen, darüber liegen keine Beob-
achtungen vor. Ratzeburg nimmt das
erstere an in solchen Fällen, in denen
die Raupen in zu schwaches Material ge-
raten sind, das ihnen zu wenig Ernäh-
rungsmöglichkeit geboten hat — also eine
Auswanderung aus Nahrungsmangel.
Nach der 2. Überwinterung frißt die
Raupe im 3. Kalenderjahr noch ganz
kurze Zeit und schreitet dann im Mai
zur Verpuppung.
„Einen merkwürdigen Zug der Raupen, welcher die Gefräßigkeit der-
selben besonders bezeichnet, führt uns Rösel an" — nämlich den Kanni-
balismus. „Nachdem das ihnen dargereichte Futter verzehrt war, machte
sie der Hunger so rasend, daß sie einander selbst anfielen und die stärkeren
nicht nur die schwächeren erwürgten, sondern auch mit Haut und Haar, bis
auf die Köpfe auffraßen. Auch eine, die schon verpuppt war, wurde so ver-
zehrt" (Ratzeburg, F. S. 87). Eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft
der C OS s US -RsLupen ist die große Kraft, die sie mit ihren Kiefern
entwickeln können; sie können damit nicht nur das härteste Holz, sondern
sogar Bleiplatten durchfressen, was sonst nur noch (wenigstens von mittel-
europäischen Insekten) von einigen Käfern und von den Holzwespen be-
kannt isti).
Abb. 331. Fr.iljyaiiyc \ un Coi^^/zs
cossus L. (rechts unten Auswurf-
öffnung).
1) Nach Varrichon (1925) haben Cossus-'Larven dadurch großen Schaden in
einer Schwefelsäurefabrik gemacht.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Cossidae.
387
Die Raupe hat, wie oben (S. 3S4) schon erwähnt, einen eigenartigen
sehr charakteristischen Geruch (nach Holzessig) i). Sie scheidet aus
dem Munde eine ölartige Substanz aus, die nach Ratzebu rgs
Meinung zur Erweichung der Holzfaser dienen soll (F. S.86), was aber nach
Henseval (La Cellule T. 12. 1897) nicht zutrifft.
Die Verpuppung findet meist in dem peripheren Ende eines Ganges
statt, den die Raupe bis an die Außenfläche fortführt und wieder mit Holz-
spänchen verstopft; sie kann aber auch im Boden stattfinden in der Nähe
ihres Fraßbaumes. Im letzteren Fall ist stets ein aus Holzspänen gefertigter
Kokon vorhanden, der mitunter eine ansehnliche Größe erreichen kann, an
der Außenseite rauh, uneben und meist dunkel gefärbt erscheint, innen aber
schön weiß und zart ausgesponnen ist. Bei der Verpuppung im Stamm kann
der Kokon auch fehlen, besonders in schwachen Sortimenten. Die Puppen-
ruhe dauert 3 — 4, mitunter auch 6 Wochen. Vor dem Ausschlüpfen arbeitet
sich „die unruhige Puppe mittels der gegen die Gespinstwand angestemmten
Hinterleibsstacheln halb aus dem Kokon heraus", worauf der Falter die
Puppenhülle in der oben angegebenen Weise sprengt (Abb. 334).
Die Erkennung des Befalls ist nicht schwierig: Der geformte Kot
und die Bohrspäne, die an der Stammbasis um eine große Öffnung an-
gesammelt sind, verbunden mit dem eigentümlichen Raupengeruch, lassen
eine Fehldiagnose kaum
zu. Der differentialdia-
gnostisch noch in Frage
kommende Fraß ver-
schiedener Cerambyciden,
wie Saperda carchariiis
L. oder Aromia moschata
L. ist an dem Fehlen des
Raupenkotes und des Ge-
ruches leicht vom Cos-
i-//5--Fraß zu unterschei-
den; letzteres gilt auch
für die Sesie TrochHiiim
api forme (s. unten 403).
Die forstliche Be-
deutung des Weiden-
bohrers ist keineswegs
gering und man kann ihn
getrost zu den merk-
lich schädlichen In-
sekten rechnen. Da die
Raupen oft in großer
Zahl vorkommen — man
kann 200 Stück und mehr
in einem Stamm finden- — ,
so werden die befallenen ^^b. 332. Querschnitt durch einen von C^..//.- Fraß-
Partien technisch voll- gangen durchsetzten Stamm.
1) Die englische Bezeichnung „Goat Moth'
zurückzuführen (Goat = Ziegenbock).
ist wohl auf diese Eigenschaft
25=*
388 II. Spezieller Teil.
kommen entwertet; außerdem aber besteht für solche Stämme erhöhte Wind-
bruchgefahr. Die Angabe Ratzeburgs, daß auch ganz schwaches Material
befallen und durch den Fraß zum Absterben gebracht würde, hat durch
spätere Beobachtungen keine Bestätigung gefunden.
Der Schaden macht sich vor allem in Alleen, Gärten usw. fühlbar,
wo schöne Zierbäume (Trauerweiden usw.) den Cossus-LsLYven nicht selten
zum Opfer fallen. Vor wenigen Jahren (1926) wurde eine Eschenallee auf der
Landstraße zwischen Kempten und Pfronten (Allgäu) so stark von Coss//s
Abb. 333. Gespaltener, \on ^cavs/z-Ijc-
fallener Stamm. Die FralJ-iMir^i' kön-
nen bis zu I m lang werden. Ant-
genommen im Allgäu. 1
Abb. 334. Kokon \ on Cos-
s/r9 ross/fs L. mit her\-or-
geschobener Puppenhülle.
befallen, daß eine größere Anzahl der Bäume gefällt werden mußte.
Kutter (1901) meldet ähnliches von einer Allee bei Biberach (Ober-
schwaben).
An n a t ü r 1 i c h en Feinden sind außer den oben erwähnten Vögeln
und Säugetieren bis jetzt noch eine Anzahl von Parasiten bekannt geworden,
von denen folgende genannt seien:
Tachinen: Zenillia fauna Rond., Lydella ambuhmis Rond. (= S/i/nnia
[Xylotachina] ligniperdae B.B.) und Phorocera assimilis Fall. (Baer).
Schlupfwespen: Die Ichneumoniden Mesostenus gladiator Scop.,
Meniscus setosiis Frcr. und Herpestomus xcniUiops Gr. (= I chnciiDinii pi/sil-
lator Gr.).
Keiner dieser Schmarotzer scheint besonders häufig zu sein. Wenn
trotzdem die Vermehrung von Cossus bei der hohen Eizahl in erträglichen
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Fanulic Cossidae. 389
Grenzen bleibt, so fehlt uns heute noch die Einsicht in die Ursachen.
Möglicherweise spielt der stark ausgeprägte Kannibalismus der Raupen
dabei eine wesentliche Rolle (Reh). Nach P et seh (1925) gehen die Cossiis-
Larven bisweilen an einer Mykose (Spicaria cossi/s Petsch) zugrunde. In
unserem Institut gingen mehrere Cossus-Vn\>Y>ftn durch Cordyceps miliiaris
(künstliche Infektion!) ein.
Zur Bekämpfung empfiehlt es sich, die basalen Stammpartien mit
Raupenleim oder einem Baumkarbolineum zu bestreichen. Bei sehr starkem
Befall wird es wohl das beste sein, die betreffenden Stämme zu fällen und
zu zerklüften, um alle darin befindlichen Raupen vernichten zu können.
E^'entuell wäre auch die unten S. 406 bei Trochiliitm apiforme angegebene
Methode mit gepulvertem Cyannatrium zu versuchen.
Es gibt noch eine zweite Cossus-hxt in Deutschland, Cossiis terebra F. (Pappel-
bohrer), deren Falter etwas kleiner und dunkler gefärbt ist als Cossus cossus L. und
deren Raupe schmutzigweiß ist mit gelblichen Ringen und dunkelbraunem Kopf.
Ratzeburg erwähnt diese Art in seinen „Forstinsekten", doch kommt sie so selten
vor, daß sie kaum forstliches Interesse besitzt. Die Larve lebt vornehmlich in
Pappeln.
Zeuzera pyrina L.
Taf. V. Fig. 3.
Blau sieb, Roßkastanienbohrer.
Ratzeburg: Bombyx aesculi L. (blaupunktierter Holzbohrer). — Nitsche: Cossus
aescidi L. — Altum: Cossus aesculi L. — Wolff-Krauße: Zeuzera pyrina Latr. —
Wesentlich kleiner als Cossus und durch die auffallende Färbung des
Falters (weiß und stahlblaue Flecken) sowie der Raupe (gelb mit dunkel-
braunen Punkten) leicht kenntlich i).
Falter : Flügel weiß mit kleinen, runden, stahlblauen Flecken, die auf der
Flügelfläche zwischen den Adern, am Rande auf den Enden der Adern stehen und
auf den Hinterflügeln blasser als auf den Vorderflügeln sind. Kopf, Brust und
Hinlerleib weiß behaart, mit 6 blauen Flecken auf dem Rücken des Thorax und
blauen Querbinden auf dem Hinterleib. Fühler stahlblau, kurz und dünn, nur beim
Cf in der unteren Hälfte lang doppelt gekämmt. Das bedeutend größere o mit
langer Legröhre. Länge: cf 25 mm, G 53 mm, Flügelspannung: cT 50 mm, 9 60 bis
70 mm (Abb. 335).
Puppe hellbraun, bauchwärts etwas eingekrümmt, mit kurz schnabelförmigem
Kopfende, kurzen Flügelscheiden, zwei nach hinten gerichteten Reihen kurzer
Stacheln, einer vorderen längeren und einer hinteren kürzeren auf den mittleren und
einer Reihe solcher auf den letzten Hinterleibsringen. Hinterende abgestutzt, mit
kleinem Dornenkranz. Länge 4 cm.
Raupe (Abb. 336) drehrund, 16 füßig, mit geschlossenem Hakenkranz an den
Afterfüßen. Kopf dunkelbraun, Mundwerkzeuge und ein ankerförmiger Fleck
auf dem Scheitel gelb. Leib wachsgelb mit einem großen, in der Mitte längs-
gefurchten, am Hinterrande warzigen, dunkelbraunen Nackenschilde, zwei großen
in der Mitte gleichfalls längsgefurchten, dunklen Chitinschildern und zwei
seitlichen Flecken auf dem letzten Segment und einer Querreihe kleiner, flacher,
dunkler, je ein kurzes Chitinhaar tragenden Warzen auf Ring 2— 11. Länge bis un-
gefähr 5 cm.
ij Bei der Gattung Zeuzera Latr. Vorderflügel r^ und r-^ erst spät geteilt und
im Hinterflügel sc mit rr durch eine kleine Querader verbunden, die saumwärts
von der Zelle, also in den freien Ast rr mündet (Abb. 324 B).
390
II. Spezieller Teil.
Kot ziemlich groß, walzig mit meist abgerundeten Enden und einigen unregel-
mäßigen Querfurchen, ohne Sterneindrücke und Längsfurchen, faserig, uneben,
glänzend wie lackiert, rötlich oder bräunlich gelb (Abb. 337).
Ei walzenförmig, an beiden Seiten flach gerundet, weich, fleischfarben.
Das Blausieb besitzt wie der Weidenbohrer eine weite geogra-
phische Ve rbreitung über Europa, Kleinasien, Palästina, Cypern, Korea,
Japan und ist außerdem nach Süd-
afrika und Nordamerika (in Nord-
amerika zum erstenmal 1882 erwähnt)
verschleppt und dort heimisch ge-
worden.
Die Polyphagie der Zeuzera-
Raupe ist noch weit größer als die des
Weidenbohrers; sie kommt wohl in den
meisten Laubholzarten vor,
allerdings Harthölzer bevorzugend.
Außerdem in der Rebe, schwarzen
Johannisbeere, Spiraee und
Schneeball. Altum nennt ferner
die Mistel und die Fichte, und
zwar letztere unter den häufiger be-
fallenen Pflanzen. Bei dieser Poly-
phagie des Blausiebs ist es besonders
auffallend, daß sie in einigen Fällen
Unterschiede zwischen Rassen der glei-
chen Pflanzenart macht. So werden
nach Bodenheim er (1927) in Palä-
stina die einheimischen Olivenbäume
nicht oder viel weniger befallen als
gewisse eingeführte Rassen, die stellen-
weise völlig vernichtet wurden; ähn-
lich verhält es sich dort mit verschie-
denen Obstbäumen. Durchschnittlich
verhält sich dort der Befall der ein-
heimischen zu den fremden Rassen
nach den Bohrlöchern gemessen wie 2,25 : 20,65. Es ist hierbei allerdings die
Frage aufzuwerfen, ob nicht eher der physiologische Zustand der betreffen-
den Pflanzen ausschlaggebend war als die Rasseneigenschaften (s. unten).
Abb. 335. Zeuzera pyrina L. (Blau-
sieb) auf einem Stamm sitzend, unten
die verlassene Puppenhülle.
Abb. 336. Raupe von Zeuzera f^yrii/a L. Nach Ritze ma-Bos (aus Stellwaag).
Im Gegensatz zu Cossi/s werden dünnere Stämme oder Äste bevor-
zugt. Ein weiterer Gegensatz besteht darin, daß es sich bei Zeuzera meist
um einen solitären Befall handelt, während die Cöi-i-z/^T- Raupen gewöhnlich
in großer Zahl gemeinsam eine Stammpartie bewohnen.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Cossidae. 391
Bioformel:
- 7, A, 5
5 + 67
Die Bionomie ist in den letzten Jahren wesentlich gefördert worden
durch Bodenheimer (1927), und vor allem durch Ciopkalo (1928), der
in der Ukraine Gelegenheit hatte, das forstliche Verhalten der Zeitzera zu
studieren.
Die Flugzeit fällt in unserem Faunengebiet in der Hauptsache in den
Monat Julii). Das 9, das wesentlich lebhafter ist als das Cossi(.s-(^, legt seine
Eier meist einzeln an verschiedene Stellen der Fraßpflanze ab, nach Ciop-
kalo (1928) hauptsächlich an die Blattstiele oder in die Blattstielwinkel,
auf Knospen oder auf die Wipfel junger Schößlinge, selten auf dickere Äste.
„Nach IG — 14 Tagen schlüpfen die Räupchen aus, bohren sich in das
Mark der Zweige oder Blätter ein und nähren sich zunächst nur von diesem
zarten Futter, so daß die Beschädigung
vorerst unbemerkt bleibt. Jedoch nach ^
einiger Zeit fangen die Räupchen an, <|||^ ^
auch die leitenden Gefäße anzugreifen, ^| ^^ ^ J||
und indem sie diese durchnagen, be-
wirken sie das Absterben des ganzen
oberen Teiles des Schößlings oder der
Blätter, welche an der Stelle des Ein-
bohrens knicken und schnell abfallen.
Von hier aus ziehen sie allmählich in ^p^ ^"^ ^ ^^»
dickere Baumteile über, indem sie eine ^^ok. ^B t^ Q^ft
ganze Reihe von provisorischen Gängen ^^^ ^ ^P ^**
nagen. Den letzten Gang bereiten sie ^1^ ^^ ^^
gewöhnlich im Stamm vor" (Ciop- ^P ^
kalo). Er beginnt mit einem Plätzgang
von ansehnlichen Dimensionen (AI tum ,,, „ , „
. _, ^ . Abb. 337. Exkremente von /.euzera
spricht von emem Raum von 7 — 9 cm), pyrina L
von wo aus gewöhnlich ein ziemlich aus-
gedehnter Längsgang nach oben führt (Abb. 338 und 339).
Der Rindenfraß ist sehr unregelmäßig, der Gang im Holz in stärkerem
Material stets völlig drehrund (Abb. 340), ungefähr 10 mm im Durchmesser;
im schwächeren Material dagegen zeigt er oft große Unregelmäßigkeiten, wie
verschiedene Ausbuchtungen, die bis an die Peripherie heranreichen können,
Quergänge usw. 2).
Die Plätzgänge können um die Peripherie des Stammes laufen und fast
alle saftleitenden Gefäße durchschneiden. Bei starkem Befall kann ein der-
artiges Ringeln des Stammes auch dadurch Zustandekommen, daß sich meh-
rere auf gleicher Höhe befindliche Plätzgänge gegenseitig berühren.
„Die Raupe überwintert zweimal, gewöhnlich im Sackende des Ganges,
indem sie sich durch einen Verschlag von Nagespänen und Kot, versponnen
mit Gespinstfäden, absondert."
1) In Palästina, wo einjährige Generation die Regel ist, fällt die Flugzeit nach
Bodenheimer (1927) in die Monate August bis Oktober.
2) Wie ungeheuer variabel das Gangsystem von Zeuzera ist, geht aus den
Zeichnungen von Bodenheimer (1927) hervor.
392
II. Spezieller Teil.
Der Kot (seine Form siehe oben S. 391) wird von Zeit zu .Zeit aus-
gestoßen, und zwar durch eine am oberen Rand der geplatzten Stelle befind-
liche ziemlich enge Öffnung; letztere ist aber nicht leicht zu finden, da sie
fast immer mit einem der Rinde gleichsehenden Gespinst geschlossen ist.
Dieses nagt die Raupe von Zeit zu Zeit durch, um den angesammelten Kot
und die Späne hinauszuschaffen, und es aber dann gleich wieder zu
schließen.
Nach der 2. Überwinterung, also im Frühjahr des 3. Kalenderjahres,
steigt die Raupe herab, um sich in der Nähe der Kotauswurföffnung zu ver-
puppen, nachdem die letztere vorher mit Nagespänen verstopft wurde. Kurz
vor dem Schlüpfen des Falters schiebt sich die Puppe wie bei Cossus , und den
Sesien etwas über die Rindenoberfläche vor.
V
Abb. 338. Fraßgang von Z.euzera
pyrina L., am unteren Ende
ausgedehnter Plätzfraß.
Abb. 339.
Dünne Zweige mit
Zeuzera pyrit
Fraßgängen von
a L.
:. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Cossidae.
898
Abb. 340. Querschnitt durch
einen Stamm mit zentralem
Fraßgang von Zeuzera pyrina
Ob die Raupe auch wandert (wie die
Co Ji'Zifi' -Raupe), ist noch nicht bestimmt beob-
achtet, jedoch schließt dies Henschel (1895)
aus einem Fund von voll erwachsenen Raupen
in den jüngsten Trieben von Bandweiden. Da
der Fraßgang nur sehr kurz war, so meint
Henschel, daß die Raupen hier erst sekundär
eingewandert sind, vielleicht veranlaßt durch
Vertrocknen ihrer früheren Wohnstätte.
Der Schaden ist im Obstbau usw. bis-
weilen sehr schlimm (vgl. Bodenheimer,
1927); forstlich können wir das Blausieb zum
mindesten zu den „merklich schädlichen
Insekten" stellen. Da im allgemeinen nur ein-
zelne Raupen den Stamm bewohnen, so bleibt
bei älteren Stämmen der Fraß physiolo-
gisch ziemlich gleichgültig, abgesehen davon,
daß die Verwundungen den Ausgangspunkt für ^'
Fäulnisstellen bilden können; dagegen werden die befallenen Stämme natür-
lich technisch entwertet. Handelt es sich um dünnere Äste, so werden
diese zum Absterben gebracht; dasselbe gilt für schwächere Stämmchen, die
meist eingehen, wenn sie nicht schon vorher an der Angriffsstelle durch
Wind usw. abgebrochen werden. Von ernsteren Schäden werden daher vor
allem Baumschulen und Heisterpflanzungen betroffen. Ratzeburg be-
richtet von empfindlichen Verlusten im Eberswalder Forstgarten, wo 1835/36
zahlreiche junge Birken, Ebereschen, Buchen usw. durch Zeuzera getötet
wurden. Auch AI tum führt mehrere ähnliche Schäden an.
Einen Fall von Massenvermehrung und bestandsverderbendem Auf-
treten teilt Ciopkalo (1928) aus der Ukraine mit. Befallen wurden Laub-
holzbestände (Esche, Ulme, Eiche, Ahorn), die in der 2. Hälfte des vorigen
Jahrhunderts auf den südlichen Steppen der Ukraine angelegt worden
waren. Die Wälder befinden sich heute in wenig guter Verfassung, weder
der Boden noch das Klima bieten gute Wachstumsbedingungen. Dieser Um-
stand mag die Vermehrung der Zeuzera gefördert habend). Durch genaue
Aufnahme stellte Ciopkalo fest, daß mit der Zunahme des Stammdurch-
messers auch die Besetzung mit Zeuzera-^dcvi^^^ zunimmt (bei einer
Diameterzunahme von i cm beinahe um 9 0/0). Ferner konnte eine deut-
liche Vorliebe von Zeuzera für Esche gegenüber Ulme, Eiche und
Ahorn beobachtet werden und endlich auch eine unverkennbare Abhängigkeit
des Befallsgrades vom Bestandstypus. Der größte Unterschied in dieser
Beziehung herrschte zwischen reinen Baumpflanzungen und solchen mit
dichtem Buchenunterwuchs.
x\n natürlichen Feinden scheint Zeuzera pyrina noch ärmer zu
sein als Cossus. Parasiten sind bis jetzt nur ganz wenig Arten bekannt^).
1) Auch Bodenheimer berichtete mir bei einem Besuch in Palästina, daf3 vor
allem solche Bäume von Zeuzera befallen werden, die schon etwas geschwächt sind.
2) Ciopkalo nennt einen Ichneumon (I . abeillei Berth.) aus der Puppe und
zwei Chalcididen (Enderus sp. und Elasmus sp.U Fahringer den Chalcididen
Lithomastix truncatella Dalm.
394 11. Spezieller Teil.
An Vögeln kommt vor allem der große Buntspecht in Betracht, der sich
ab und zu eine Raupe aus dem Holz meißelt. Dabei sind Fehlhiebe nicht
selten, wie aus Altums Bericht und Abbildung (F. S.35) hervorgeht und wie
ich selbst in Tharandt an einem Eschenstamm in völlig übereinstimmender
Weise mit der genannten Abbildung beobachtet habe. — Jedoch stellt sich
der Specht durchaus nicht so regelmäßig ein, daß wir ihm allein die Regu-
lierung der Vermehrung zuschreiben können i).
Entdeckt man den Fraß an jüngeren Stämmchen frühzeitig, so kann
man durch Abtöten der Raupe die befallene Pflanze noch retten. Das Ab-
töten kann durch einen starken Draht geschehen, den man in das Auswurfs-
loch so weit einführt, bis man die Raupe damit trifft; oder aber man bringt
eine rasch verdampfende Flüssigkeit in das Loch ein und verstopft nachher
das Loch mit Baumwachs. Bodenheimer hat sehr gute Erfolge mit
Paradichlorbenzol erzielt; mit einer Dosis von 0,15 — 0,25 g pro Loch
wurde eine icoo/oige Abtötung erzielt. Auch Calcium Cyanid hatte eine
gute Wirkung.
Ist der Fraß schon weit fortgeschritten (im 2. Jahr), so daß das Leben
des Baumes gefährdet ist, so ist bei jungen Stämmchen und Zweigen die
radikale Entfernung vor dem Auskommen des Falters die richtigste Be-
kämpfungsart. An starken Stämmen kann auch nach Vollendung des auf-
steigenden Ganges die Draht- oder Paradichlorbenzinbekämpfung vorge-
nommen werden.
Tritt Zeuzera als Bestandsverderber auf, so ist mit dem Abholzen nicht
allzu lange zu zögern, da bei Vergrößerung des Diameters auch die Blaü-
siebzahl im Bestände wächst. Zur Vorbeugung empfiehlt Ciopkalo in ge-
fährdeten Gegenden, die Aufforstung von reinen Eschenbeständen zu ver-
meiden und neue Bestände nur mit dichtem Buchenunterholz anzulegen.
Literatur über Cossiden.
AI tum, 1880, Cossiis aesciili L. in Mistel. Z. f. F. u. J. S. 380.
Bodenheimer, F. S., und Klein, H. Z., 1927, Studies on the Life-History and
the Control of Zeuzera pyrina. — Agr. Rec. Nr. i. P. Z. E. Inst. Agr. Tel-Aviv,
Palästina.
Bongini, V., 1920, II Perdilegno rosso (Cossiis cossus L.j. — R. Oss. Fitopatolog.
Turin, Taglio d.'Istruzioni. 3.
Ciopkalo, W., 1928, Das Blausieb (Zeuzera pyrina) in den südlichen Steppen-
forstre\ieren. Mitt. Forstl. Vers. Ukraine. Heft IX.
Del Guercia, G., 19 13, Nuova contribuzione alla conoscenza dei nemici dell'
Olivo. II. Intorno ad un trascurato o pur grave nemico dell' Olivo (Zeuzera
pyrina L.j.
Feit, E. P., 1905, Insects affecting Parkland and Woodland Trees. New York
State Museum, Memoir 8. S. 75 — 79.
Gleisberg, W., 1924, Zur Madenfallenfauna. — Dtsche. Obst- u. Gemüsebau-Ztg.
Israel, W., 1920, Dendrologische Notizen. — Mitt. d. Deutsch. Dendrologischen
Ges. 1920, p. 301.
1) AI tum (F. S. 38) glaubt in der relativen Seltenheit der cfcf einen wich-
tigen regulierenden Faktor sehen zu dürfen. Die cfcf sind so spärlich und werden
(da sie wesentlich kleiner sind und sich daher wohl auch wesentlich rascher ent-
wickeln) so trüh erscheinen, daß „von den später sich entwickelten 99 nur selten
eines befruchtet wird". „Dieses durchstreift dann des Nachts die Gegend, um in
weiten Abständen hier und dort einem Stamm oder Zweig mit seinem langen Lege-
bohrer ein Ei tief in eine feine Rindenritze beizubringen."
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Sesiidae (= Aegeriidae)
39f
Kutter, 1901, Schaden durch den Weidenbohrer (Cossks liginperda). — AUg. F.
u.J. S. 155.
Ludwig, 1909, Fünfter Phytopath. Bericht d. Biol. Centralstelle f. cl. Fürstentum
Reuß alt. u. jg. Linie.
Petsch, F., 1925, Studies in Entomogenous Fungi IIL Cambridge. (Ref. Rev.
appl. Ent. 1926. S. 644. 1
Schuster, L., 1905, Zur Biologie der Raupe des Weidenbohrers (Cossiis cossus).
Allg. F. u. J. S. 68.
Stichel, 1918, Einiges über Zei/zera pyrina L. — Z. f. wiss. Insektb. Bd. XIV.
S. 198 — 200.
Trägärdh, Ivar, 192 1, Bjorksplintborrer och trädödaren tva fiender tili vara
björkdungar. Lustgarden. Arsskr. f. Dendrol. och Parkvard. S. 119 — 127.
Varrichon, M., 1925, Degats causes par des insects aux chambres de plomb,
dans les usines procluctrices d'acid sulfurique. — Bull, bi-mens. Soc. Lin.
Lyon. IV.
Familie: Sesiidae (= Aegeriidae).
G 1 a s s c h w ä r m e r.
Allgemeines.
Die Sesien sind meist mittelgroße bis kleine Falter mit Schwärmer-
habitus, weshalb man sie ja auch früher zu den Schwärmern gestellt hat. Sie
sind vor allem durch die wenig beschuppten, größtenteils glashellen Flügel
auffallend charakterisiert. Die Fühler
sind spindelförmig, d. h. hinter der Mitte
allmählich verdickt und am Ende zu-
gespitzt. Leib meist schmächtig und am
Ende einen Afterbusch tragend. Neben-
augen sehr groß, Augen nackt, Palpen
wohlentwickelt, Maxillarpalpen verküm-
mert, Zunge meist kräftig, spiralig.
Mesothorax mächtig entwickelt.
Flügel schmal; Vorderflügel ohne
Anhangszelle, r^, 5 erst spät geteilt.
Basale Teile von m öfter deutlich er-
halten; Hinterflügel stets mit nur zwei
Ästen von m, basale Teile von ;;/ nur
ausnahmsweise erhalten. a)i fast stets
bis zum Saum entwickelt, von den
gabelten, meist eine deutliche Tasche umgreifenden Ader a\
vordere, bald der hintere bis zum Saum
reichend. Haftborste stets vorhanden. Hinter-
flügel fast ausnahmslos großenteils, Vorder-
flügel meist auf Teilen des Discoidalfeldes
(„Keilfeld"), im basalen Teil der Saumzellen
(„äußeres Glasfeld") und basal zwischen cii
und ax („Längsfeld") spärlich durchsichtig
beschuppt, so daß diese Flügelpartien durch-
sichtig erscheinen.
Die Raupen sind nur mit wenigen
Härchen besetzt, gelblich oder schmutzig
weiß, mit dunklem Kopf und Nackenschild,
und starken Mundteilen. An Augen sind
Abb. 341. Flügelgeäder einer Sesie,
Trochilium api forme Cl. (Vfl r^ und
^5 gestielt, OT-Stamm erhalten. Hfl
nur 2 ?;?-Äste, axc, am Grunde ge-
gabelt!.
beiden Endästen der
basal ge-
bald der
Abb. 342. Raupe einer Sesie.
.A Unterseite, B Oberseite.
396
II. Spezieller Teil.
jederseits 6 Ocellen vorhanden, die in ihrer Stellung verschieden sind und ein
gutes Unterscheidungsmerkmal abgeben (s. Tabelle). Von Bauchfüßen
sind in der Regel nur die ersten 4kranzfüßig; das letzte Paar hat
nur einen vorderen Häkchenbogen. Die Häkchen der Kränze sind übrigens
verschieden stark ausgebildet bei den verschiedenen Gattungen (am stärksten
bei Sesia und Sciapteron, schwächer bei Trochilium und am schwächsten bei
Bembecia'). — Die Segmente sind ein wenig dorsoventral abgeplattet, die
Chitinisierung ist schwach, nur beim Pronotum und letzten Tergit meist
etwas stärker. Letzteres ist mit einigen steifen Borsten versehen und bei
einigen Gattungen außerdem noch mit Chitinhaken (bei Trochiliinn mit i,
bei Sciapteron mit 2)1) (Abb. 349).
Die Puppen der Sesiiden (Abb. 343) sind sog. halbfreie Puppen
(„pupae semiliberae"), d. h. die Verlötung der einzelnen Teile ist eine sehr
lockere, so daß die Puppenhülle beim Schlüpfen derart gesprengt wird, daß
die einzelnen Gliedhüllen sich weitgehend voneinander trennen. Sie sind
stark beweglich, was sie dazu befähigt, mit Hilfe der Abdominaldornen aus
ihren Spankokons sich herauszuarbeiten (wie die Cossidenpuppen). — Die
Dornenreihen auf den Hinterleibssegmenten kommen in verschiedener Aus-
bildung vor; auf den meisten Segmenten befinden sich 2 Reihen (Abb. 344); auf
dem 2. jedoch nur i, desgleichen bei den cfcf auf dem 8. und 9., bei den 99
auf dem 7. — 9. Segment. Männliche und weibliche Puppen können also an
der Zahl der Dornenreihen auf dem 7. Segment ohne weiteres unterschieden
werden: wo 2 Reihen vorhanden sind, handelt es sich um cfcf, bei 1 Reihe
dagegen um 99 (s. Abb. 350 B u. D). — Die Hinterleibsspitze ist mit
einem Kranz von Dornen ausgerüstet, deren Zahl und Größe je nach Art ver-
schieden sein kann. Die Flügelscheiden sind kurz und reichen selten
über das 4. Abdominalsegment hinaus. Beine, Antennen und M a x i 1 1 e n
haben verschiedene Längen und bieten gute
Unterscheidungsmerkmale (siehe Tabelle). —
An dem Vorderende der Puppen befindet
sich der sog. „Fron talf o r t satz", der zum
Herausarbeiten aus den Puppenwiegen dient
und verschieden geformt sein kann (Abb.
350), je nach den Funktionen: die in ge-
sponnenen Kokons ruhenden Puppen brau-
chen diesen Fortsatz zum Zerschneiden ihrer
Hülle; die in nackten oder fast nackten
Holzgängen ruhenden brauchen ihn, um da-
mit das Flugloch zu öffnen. Die hinter
einem Holz- oder Rindendeckel ruhenden
Puppen scheinen in den meisten Fällen höhere
und schärfere Frontalausrüstung zu haben
als die, welche hinter einem offenen Flug-
loch in einem Kokon ruhen. — Eine weitere
auffallende Bildung des Puppenkopfes sind die verschiedenen Chitin-
spitzen unter dem Frontalfortsatz. Die Oberlippe ist bei meh-
A B
Abb. 343. A Puppe, B leere
Puppenhülle einer Sesie (Trochi-
lium api forme Cl.).
1) Derartige Haken sind bei im Holz lebenden Larven häufig anzutreffen, be-
sonders bei Käferlarven, und spielen eine lokomotorische Rolle in der Weise, daß
sie, mit den Bauchfüßen zusammenwirkend, die Hinterleibsspitze bei der Bewegung
rückwärts fixieren.
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Sesiidae (= Aegeriidae)
397
reren Arten mit 2 nach vorne gerichteten Spitzen versehen, bei anderen Arten
unbewaffnet, dagegen finden sich dann ähnliche Bildungen an anderen
Organen (auf dem Clypeus usw.).
Die Eier sind durch ihre harte, feste Schale charakterisiert; Oberfläche
mehr oder weniger deutlich netzartig skulpiert. Die Form ist meist kugelig,
an den Seiten ein wenig abgeplattet; bisweilen auch oval. Ihre Größe
schwankt sehr, von 0,6x0,4 mm bis 1,0X0,75 mm (BeTubecia). Die Farbe ist
meist gelbbraun, ausnahmsweise (bei Sciapteron) schwarz.
Die Sesien sind mit wenigen Ausnahmen
Tagestiere und schwärmen mit Vorliebe bei
Sonnenschein. Sie legen ihre Eier gewöhnlich
oberflächlich an den Pflanzen ab, in Ritzen, an
Unebenheiten usw. Man findet die Eier hier mit
einer ihrer Breitseiten ziemlich lose befestigt,
meist einzeln, in einiger Entfernung voneinander.
Manche Arten lassen ihre Eier einfach zu Boden
fallen (Kemner, 1922; Schulze, 1926).
Was die Zahl der Eier betrifft, so steht
diese in direkter Proportion zu deren Größe.
T/ochiliion mit seinen kleinen Eiern legt nach
Staudinger bis 1200, nach Schulze sogar bis
1800 ab. Sesia scoUiformis Bkh. ca. 400, Beul-
te da mit ihren großen Eiern nur ca. 100.
Die Raupen dringen nach dem Schlüpfen
durch Ritzen, Wunden usw. in die Rinde ein,
nagen zunächst an der Grenze zwischen Rinde
und Splint eine Höhlung, aus der sie ihren Kot
durch eine besondere Auswurfsöffnung ent-
fernen. Ein Teil der Raupen bleibt in der
Rinde, wobei sie die Höhlung erweitern, andere dagegen gehen in das Holz
und nagen hier besondere Gänge. Nicht selten reagiert die Pflanze auf den
Fraß mit einer leichten Anschwellung (Gallbildung).
Die Nahrung besteht vornehmlich aus Pflanzensaft; Holzteile finden
sich nur verhältnismäßig wenig im Darm. Daß die Säfte die Hauptnahrung
darstellen, geht u. a. auch aus einer Beobachtung Kemners hervor, der
drei erwachsene Sc. tabaiii /ornie-harxen zusammen in einem kleinen Stamm-
stück von 7 >; 1,5 cm fand.
Sind die Raupen ausgewachsen, so verlassen sie entweder den Fraßort,
um sich in der Erde in einem Kokon zu verpuppen, oder sie nagen sich bis
dicht unter die äußerste Rindenschicht durch, letztere nur als papierdünnes
Häutchen stehen lassend, wenn anders sie nicht auch noch dieses durch-
fressen, so daß das Flugloch offen bleibt. Die Verpuppung geschieht auch
in den letzteren beiden Fällen meist in einem Kokon, der häufig noch mit
einem Gespinst ausgekleidet ist oder aber nur in einem Gespinst.
Vor dem Schlüpfen bohrt sich die Puppe durch rotierende Bewegungen
mit Hilfe der Dornenreihen durch die etwa stehengebliebene dünne Rinden-
schicht durch, bis sie etwa zu ihrer halben Länge aus dem Flugloch heraus-
ragt und es so dem Schmetterling ermöglicht wird, in die Freiheit zu ge-
langen. Die \olle Entfaltung desselben geht ungemein rasch vor sich. „So-
bald sich die Puppe aus ihrem verborgenen Lager bis über die Flügel-
Abb. 344. Stück einer Sc-
sienpuppe (Trorhiliufn api-
forme Cl. ) mit Dornenreihen
auf den Hinterleibssegmen-
ten, stark vergr.
398
IL Spezieller Teil.
scheiden ins Freie hinausgeschoben hat, platzt der vordere Teil, und der
langbeinige Falter rennt häufig sogleich eine ziemliche Strecke fort, ehe er
zur Ruhe kommt. Hier wachsen seine Flügel so schnell, wie es nur bei
Microlepidopteren bekannt ist. In einer oder wenigen
Minuten ist er völlig entwickelt" (AI tum, F., S. 40).
rDie Entwicklungsdauer ist nach K e m n e r bei den
meisten Arten einjährig; doch kann sie durch äußere
Faktoren stark beeinflußt werden. Bei manchen Arten
ist eine zweijährige Generation die Regel, und auch
dreijährige Generation soll zuweilen in einzelnen Fällen
(Trochilium) vorkommen.
An natürlichen Feinden stehen den Sesien
außer den Spechten, vor allem dem großen Bunt-
specht (s. Bd. I, S. 234), noch ein ganzes Heer von
Parasiten gegenüber.
Von Tachinen ist vor allem zu nennen Leskia
aurea Fall., die in fast allen Arten schmarotzt, ferner
Pelatachina übialis Fall, (in Sesia tipuliformis Gl.) und
Sesiaphaga glivina Rond. (in , .nicht forstlichen" Sesien-
Abb. 345. Spankokon Arten) i).
von Trochilium api- Weit größer ist die Zahl der Schlupfwespen,
forme Cl. mit her- die aus Sesien gezogen wurde 2), ich werde dieselben bei
ausgeschobener ^^^ einzelnen Arten nach einer Liste anführen, die mir
uppe. Herr Dr. Fahr inge r , Wien, in liebenswürdigerweise
zur Verfügung gestellt hat.
Die forstliche Bedeutung der Glasschwärmer kann recht beträchtlich
werden, besonders an jungen Stämmchen, die dem Fraß direkt zum Opfer
fallen können, so daß die Sesien in der Hauptsache als Kulturverderber
zu werten sind. Auch sollen einige Arten an der Übertragung bakterieller
Erkrankungen der Pappel beteiligt sein (Ann. Epiphyties 1923, Nr. 6).
Systematische Übersicht.
Die Familie der Sesiiden ist verhältnismäßig klein und enthält nur
ca. 65 europäische Arten auf 8 Gattungen verteilt. Die forstlich beachtens-
werten Arten gehören den drei GzXXMxv^QwTrochilium Scop. (Aegeria F.), Scia-
pteron Stgr. und Sesia F. an, die sich folgendermaßen unterscheiden lassen:
1. Vorderflügel fast völlig beschuppt, nur wenig Stellen glashell.
Große Form. Flügelspanne bis 35 mm Sciapieron Stgr.
— Vorderflügel größtenteils unbeschuppt 2
2. Vorderflügel fast ganz glashell, nur der Vorderrand trägt dicht-
stehende Schuppen, ebenso die Rippen. Größte Form. Flügelspanne
40 mm Trochilium Cl.
— Vorderflügel teilweise beschuppt, hinter der Mitte mit einer dicht-
beschuppten Querbinde, wodurch 3 glashelle Felder entstehen: das
„Längsfeld", über dem Hinterrand hinziehend, das zweite, das „Keil-
feld", die Mittelzelle einnehmend, und das dritte, das „äußere Glas-
feld", zwischen der Querbinde und dem Saum liegend. Kleinere
Formen. Flügelspanne bis 30 mm. Zahlreiche Arten Sesia F.
1) S. Baer, W., Die Tachinen als Schmarotzer der schädl. Insekten. Z. f . ang.
Entom. Bd. 7 (S. 405).
^j S. auch Sitowski, 1927.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Sesiidae (= Aegeriidae i
399
Die meisten Arten gehören der Gattung Sesia an, während auf 2'roclü-
Viuiu nur 3 und auf Sciapfero// gar nur i Spezies entfallen.
Bestimmungstabelle der forstlich beachtenswerten Arten
der Gattung Sesia F.
1. Hinterleib gelb oder weißlich geringelt 2
— Hinterleib rot geringelt 6
2. Fühler schwarz, oben vor der Spitze breit weißlich oder gelblich . . 3
— Fühler oben einfarbig schwarzblau 4
3. Augen oben weiß umrandet, Hinterleibsring 2 und 4 hinten gelb.
Afterbusch rotockerfarben. Raupe in Erle und Birke . . . scoliiforinis Bkh.
— Augen oben nicht weiß umrandet, nur Hinterleibsring 2 hinten mit
schmaler gelber Querbinde. Afterbusch schwarzblau. Raupe in Erle
und Birke spheciformis Gern.
4. Metathorax ohne gelben Querfleck. Afterbüschel bei cf i-mcl 9 ein-
farbig schwarzblau. Raupe in Johannisbeere tipiiliformis Gl.
— Metathorax mit gelbem Querfleck 5
5. Afterbusch beim cf schwarz, in der Mitte unten gelb gemischt, beim
Q goldgelb. Raupe im Tannenkrebs cepliifoniiis Ochsh.
— Afterbusch bei cf und 9 blauschwarz. Raupe in Eiche . . . coiiopiforinis Esp.
6. Brust seitlich ohne farbigen Fleck. Mittelbinde der Vorderflügel
und der Vorderrand blauschwarz, Saumbinde lebhaft mennigrot.
Raupe in Weide formicaejorinis Esp.
— Brust seitlich mit farbigem oder weißem Fleck 7
7. Vorderflügel an der Wurzel gelblichrot, Palpen rotgelb, außen
schwarz. Hinterleibsring 4 rot. Raupe in Erle und Birke . . culicijormis L.
— Vorderflügel oben ohne Rot an der Wurzel, der rote Ring (Seg-
ment 4) unten nicht geschlossen. Palpen des cT weiß, außen schwarz,
die der 9 grauschwarz. Raupe in Johannisbeere myopiformis Bkh.-
Bestimmungstabelle der wichtigsten Sesiiden-Raupen.
Durch Kemners (1922) eingehende Untersuchungen sind wir heute in
der Lage, die bei oberflächlicher Betrachtung so einförmig erscheinenden
Sesien-Raupen zu unterscheiden. Es ist dabei hauptsächlich auf folgende
Merkmale zu achten: die Stellung der Ocellen zueinander und zu den
Borsten; die 4 oberen Ocellen bilden eine Gruppe, ebenso die 2 unteren eine.
Bei Bembecia steht die obere Gruppe unter der oberen Augenborste (Abb.
346 A), bei IWochilinm steht letztere zwischen den zwei oberen Augen dieser
ABC
Abb. 346. Augenstellung einiger Sesienraupen. A Bembecia hyaeliformis Lasp.,
B TrocJiUium apiforme Gl., C Sesia tipiiliformis GL, a obere Augenborste. Nach
K e m n e r.
400
II. Spezieller Teil.
Gruppe (Abb. 346 B), bei Sesia und Sciapteron in der Mitte dieser Vierer-
gruppe (Abb. 346 C).
Systematisch wichtig ist auch die „Frontalplatte" (Abb. 347 Fr u. 348),
die bei den verschiedenen Gattungen und Arten abweichende Formen zeigt
(herzförmig, keilförmig usw.). Des weiteren bietet auch die Bewaffnung des
letzten Tergits gute Unterscheidungsmerkmale dar, ob i oder 2 Chitinhaken
vorhanden sind (Abb. 349). Endlich zeigen auch die Bauchfüße in ihrem Bau
Abb. 347. Raupenkopf \-on: A TrocJüUiim af^i forme CL, B Sciaf>leroii lahaiiifonue
Rott., Fr Frontalplatte. Nach K e m n e r.
gewisse Verschiedenheiten, vor allem in der mehr oder minder starken Aus-
bildung der Hakenkränze.
Unter Benützung dieser Merkmale lassen sich die Sesien-Raupen fol-
gendermaßen dichotomisch übersichtlich darstellen:
1. 5 Paar Bauchfüße mit Häkchen 2
— Nur die 3 ersten Bauchfußpaare haben Häkchen. Die obere Augen-
gruppe unter der oberen Augenborste (Abb. 346 A). In Himbeere
Bembecia /iy/aei/or//iis Lasp.
2. Tergit des 9. Segmentes ohne Häkchen. Die obere Augengruppe mit
einer deutlichen großen Borste zwischen den Augen (Abb. 346 C)
(Gattung Sesia) 4
— Tergit des 9. Segmentes mit Häkchen 3
ABC
Abb. 348. Frontalplatte von: A Sesia
myopiformis Bkh., B Sesia scoliijormis
Bkh., C Sesia spheciformis Gern. Nach
Kemne r.
A B
Abb. 349. Hinterleibsende (mit Haken
auf 9. Segment) der Raupen von: A.Tro-
chilium. apiforme Gl., B Sciapt. labani-
forme Rott. Nach K e m n e r.
3. Tergit des 9. Segmentes mit i Häkchen (Abb. 349 A). Frontalplatte
breit mit winkelig hervortretenden Seiten (Abb. 347 A). In Pappeln
(Weiden, Linde, Birke) Trochiliuin apiforme Gl.
— Tergit des 9. Segmentes mit 2 Häkchen (Abb. 349 B). Frontalplatte
keilförmig (Abb. 347 B). In Pappeln und Weiden Sciapteron tabaniforme Rott.
Unterordnung: jMicrolepidoplera, Familie Sesiidae (= Aegerüdae ).
401
4. Frontalplatte hinten abgestumpft (Abb. 348 A ) 5
— Frontalplatte in eine gleichförmige Spitze auslaufend, nicht abge-
stumpft (Abb. 348 B und C) 6
5. Frontalplatte breit abgestuinpft, vor der Spitze breiter als die Hälfte
ihrer größten Breite (Abb. 348 Ai. In Apfelbäumen . Sesia myopiiormis Bkh.
— Frontalplatte länger, vor der Spitze schmäler als die Hälfte ihrer
größten Breite. In Johannisbeere Sesia ti piiJijormis Cl.
6. Labrum vorne schwach ausgeschnitten. Frontalplatle an den Seiten
des vorderen Drittels ein wenig winkelig hervortretend (Abb. 348 Ci.
In Erlen und Birken Sesia sphecifonnis Gern.
— Labrum nicht ausgeschnitten. Frontalplatte vorne nicht winklig hervor-
tretend 7
7. Seiten der Frontalplatte fast gerade (Abb. 348 B). In Erlen und
Birken Sesia scoliijormis Bkh.
— Seiten der Frontalplatte geschweift. Die zwei dorsalen Augen der
oberen Gruppe stehen einander näher als die zwei unteren. In Erlen
und Birken Sesia culiciformis L.
AB CD E F
Abb. 350. Verschiedene Sesien-Puppen: A u. B Bembecia hyaeliforinis Lasp., C u. D
Sesia lipuiiformis CL, E Sesia formicaeformis Esp., F Troc/iiNi/i/i apiforme CI.
Nach K e m n e r.
Bestimmungstabelle der wichtigsten Sesiiden-Puppen.
Wie die Raupen, so lehrte uns Kemner aucli die wichtigsten Sesien-
Puppen unterscheiden. Die Verschiedenheiten bestehen in der Zahl der
Dorne an dem Puppenhinterende, in der Länge der Maxillen, Beine und
iVntennen und in der Form des Frontalfortsatzes und der verschiedenen
Chitinspitzen unter dem Frontalfortsatz (auf der Oberlippe usw.).
1. Maxillen kiirz, nicht oder nur unbedeutend über die Tarsen des
I. Beinpaares hervorragend (Abb. 350A u. F) 2
— Maxillen länger, bis zur Spitze der Flügel oder über diese hinaus-
reichend (Abb. 350 C) 4
2. Das 2. sichtbare Abdominalsegment mit 2 Dornenreihen. Frontalfort-
satz gerundet 3
— Das 2. sichtbare Abclominalsegment mit i Dornenreihe. Frontalfort-
satz spitz, dreieckig. Clypeus mit i Chitinspitze . Bembecia hylaeijormis Lasp.
3. Maxillen sehr kurz, reichen nicht über die Tarsen des i. Beinpaares
hinaus, ihre Basalpartie jederseits winklig vorgezogen (Abb. 350 Fl
Trochilium apiforme Cl.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 26
402 II. Spezieller Teil.
— • Maxillen länger, über die Tarsen des i. Beinpaares hinausragend,
ihre Basalpartie nicht vorgezogen Sciaf)teron tabaniforme Rott.
4. Oberlippe unbewaffnet, Frontalfortsatz hoch herausstehend, mit einer
zungenförmigen mittleren Partie Sesia spheciformis Gern.
— Oberlippe vorne mit 2 Chitinspitzen (Abb. 350 Dj 5
5. Frontalfortsatz mit einer verlängerten Mittelpartie über den Scheitel
hinausstehend 6
— Frontalfortsatz ohne verlängerte Mittelpartie 7
6. Spitze des Frontalfortsatzes geteilt, zweispitzig (Abb. 350 C). Puppe
klein, 7 — 8 mm lang Sesia tipiiliforinis Cl.
— Spitze des Frontalfortsatzes quer abgeschnitten (Abb. 330 Ei. Puppen
größer, 14 — 15 mm Sesia formicaeformis Esp.
7. Frontalfortsatz ein stumpfer, ventralwärts gerichteter Kegel, in eine
eckige Spitze auslaufend. Bewaffnung der Oberlippe sehr schwach
Sesia cuUcijonuis L.
— Fronlall'ortsatz ganz ohne Spitze, eine scharfe Kante bildend ... 8
8. Scheitel hinter dem Frontal fortsatz an den Seiten der erhöhten
^littellinie tief eingedrückt Sesia myopiforniis Bkh.
— Scheitel hinter dem Frontalfortsatz nicht tief eingedrückt; Maxillen
kürzer als die .\ntenncn Sesia scoliifonnis Bkh.
Übersicht der forstlich beachtenswerten Arten
(nach den Fraßpflanzen).
In Pappeln.
Troclnliiiiii (/pi/or/ne Cl. (auch an Weide, Linde und Birke).
— iiK hiiioi'c piliala Dalm.
Sciapleroii labaniforme Rott. (auch an Weide).
In Weiden.
TrochiliiiJii crabronijorme L.
Sesia joniiicaeformis Esp.
Gelegentlich auch:
Trochilium apiforme Cl.
Sciapieroit tabaniforme Rott.
In Erlen und Birken.
Sesia spfieciformis Gern. (Erle).
— cidiciformis L. (Erle und Birke).
— scoUifonnis Bkh. (Birke).
Gelegentlich auch:
Sesia myopifoniiis Bkh.
In Eichen:
Sesia vespijormis L. (= asiliformis Rott., cynipiformis Esp.) (auch in
Buche, Castanea sativa Thill. und Tamarix gallica L.).
— conopiformis Esp. (= uojnadaeformis Lasp.).
In Tannen.
Sesia cepJiijortnis Ochsh.
In Obstbäumen usw.
Sesia myofi/ormis Bkh. (Apfelbaum).
— tipulifonnis Cl. (Johannisbeere, auch in Junipenis, Coryliis, Evonyinits).
Bembecia Iiylaeiformis Lasp. (Himbeere).
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Sesiidae (= Aegeriidac;
403
Bionomie und wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Arten.
Wir behandeln die für uns in Betracht kommenden Sesien nach ihren
Fraßpflanzen :
In Pappeln.
Trochilium apiforme Cl.
Taf. V, Fig. 4.
Hornissen schwärm er.
Ratzeburg: Sfs/a upijorDiis L. (,, Wespenschwärmer" ). — Altum: Sesia apijonnis L.,
(„Bienenschwärmer"). — Nitsche: Sesia apifortnis L. (,, Hornissenschwärmer"). —
Wolff-Krauiie: Aegerio apiforinis Clerck („Großer Pappelglasflügler").
Der Hornissenschwärmer, so genannt wegen seiner täuschenden habi-
tuellen Ähnlichkeit mit einer Hornisse, ist die größte Sesiide Europas; er ist
weit verbreitet über den größten Teil
dieses Gebietes und überall häufig oder
wenigstens nicht selten.
A B
Abb. 351. A Troc/ii/ium apifonne Cl. (Hornissenschwärmer) (1V2X). B Ein an einer
horizontalen Fläche hängendes Weibchen von Trocli. apifonne Cl. bei der Eiablage
(die Eier fallen frei aus der Legeröhre zu Boden). B nach Schulze.
Falter: Kopf gelb, Fühler oben schwarz, unten rostfarben. Halskragen blau,
Rücken des übrigen Thorax schwarzbraun mit 2 großen, gelben, eckigen Flecken vor
der Flügelwurzel. Hinterleib gelb, Ring i und 4 ganz und der Hinterrand der
übrigen Ringe in wechselnder Ausdehnung stahlblau oder braun, cf mit einem sehr
kurzen, lamellenartigen Fortsatze an jedem Fühlergliede. Länge 16 mm, Flügel-
spannung bis 45 mm.
Raupe am Bauch flach, mit einzelnen Härchen besetzt; weißlichgelb mit
dunkler durchscheinendem Rückengefäß. Luftlöcher braun gesäumt, Nackenschild
gelblich, Kopf groß, schwarzbraun, 4 — 5 cm.
Puppe dunkelrotbraun, in einem aus Holzspänen oder Erdkrümchen ge-
fertigten Kokon.
Die Flugzeit fällt bei uns in die Monate Juni, Juli (in Italien von
Mai bis Anfang Juli). Die Falter sind ziemlich träge und schwerfällig.
Wenn sie sitzen, lassen sie sich leicht mit der Hand vom Stamm abnehmen;
beimx Schütteln des Stammes fallen sie schwerfällig zu Boden. Ratzeburg
sah sie niemals am Tage schwärmen, auch Cecconi nennt apiforme ein
nächtliches Tier, während nach anderen Autoren der Falter nur im Sonnen-
schein schwärmt. Die Kopula findet in der für Schmetterlinge charakteristi-
404
II. Spezieller Teil.
sehen Stellung statt (s. Bd. I, Abb. iioA). Das 9 legt seine Eier einzeln,
gewöhnlich ganz unten am Stamm, am Wurzelknoten oder auch an starken
Wurzeln, selten höher am Stamm bis Brusthöhe ab — vorzugsweise in
Rindenritzen. Übrigens scheinen die apifor??ie-\\[ft\\:)c\ien auch gelegentlich
die Eier während des Fluges einfach auf den Boden fallen zu lassen (Har-
wood, 1911). Ja, nach Hanna Schulze (1926) scheint das „Fallenlassen"
der Eier bei Troch. apiforme die Regel zu sein. ,,Zur Eiablage," schreibt die
Genannte, „setzt sich das Weibchen gewöhnlich in senkrechter Stellung, d. h.
mit dem Kopf nach oben, an irgendeiner Unterlage an. Der Hinterleib wird
ein wenig durch die Flügel durchgedrückt, und nun fällt ein Ei nach
dem anderen aus der Legeröhre frei heraus. Bleibt einmal das
Ei an den Härchen hängen, so schnellt es das Weibchen durch eine ruck-
artige Bewegung des Hinterleibes fort. Irgendwelche Flüssigkeit wird
während der Eiablage nicht abgesondert. Auch treten die Eier immer voll-
kommen trocken aus, so daß gar kein Ankleben an der Rinde statt-
finden kann." ,,Sehr gerne nehmen die Weibchen auch eine hängende Stel-
lung an einer horizontalen Fläche ein, so daß der schwere Hinterleib einen
rechten Winkel mit den Flügeln bildet (Abb. 351 B). Diese Stellung scheint
den Tieren sehr angenehm zu sein,
denn sie ließen sich auch durch mäßige
Erschütterungen nicht aus der einmal
eingenommenen Stellung bringen." —
Die braunen Eier sind sehr klein
(0,74 X 0,60 mm) ; dementsprechend (s.
oben S. 397) die Zahl sehr groß, sie
soll nach Staudinger bis 1200, nach
Schulze bis 1800 betragen.
Die nach etwa 4 Wochen erschei-
nenden Raup che n bohren sich so-
gleich in die Rinde ein, fressen die
erste Zeit platzend unter der Rinde,
wo sie überwintern. Im 2. Jahr gehen
sie ins Holz der Wurzeln oder der
Stämme (ähnlich denen des großen
Pappelbockes, Saperda carcharias L.,
siehe Bd. II, S. 257), wo sie lange
Gänge ausfressen. Der grobe, säge-
späneähnliche Kot wird durch eine
meist tief unten am Stamm liegende
Öffnung ausgestoßen.
Die 2. Überwinterung erfolgt in
den Gängen. Auch im 3. Jahr soll die
Raupe noch eine kurze Zeit fressen
(bis zum April). In der 2. Hälfte dieses
Monats oder im Mai findet gewöhnlich
die Verpuppung statt. In der Regel
nagt die Raupe vor der Verpuppung
das Flugloch vollständig aus, ist also
Abb. 352. Fraß von Trochilium api- vollkommen offen (Abb. 353). So
forme Cl. in Pappel. ist erklärlich, daß die Puppe einen
I. Unterordnung: Microlepidoptera. Familie Sesiidae (^ Aegeriidae
405
Abb. 353.
Flugloch
für »IC Cl.
Offen stehendes
\on Troch. api-
Nach Kemner.
Kokon für ihre Sicherheit Ijraucht (Kemner.
1922). Der Kokon ist sehr fest aus braunen,
groben Nagespänen gefertigt. Er liegt meist
dicht an der Ausflugöffnung im vordersten
Teile des Fraßganges. Nicht selten findet man ihn
auch außerhalb in der Bodendecke in unmittel-
barer Nähe der Wurzel i). V'or dem Schlüpfen
schiebt sich die Puppe aus dem Kokon heraus
(s. Abb. 345).
Die Generation ist bei uns in der Regel
zweijährig mit folgender Bioformel:
— 8, A4
5 + 67
Nach Kemner kommt bisweilen (in Schweden)
auch dreijährige Generation vor.
Als Fraßpflanzen kommen in erster
Linie alle Pappelarten in Betracht; aus-
nahmsweise werden auch andere Laubhölzer be-
legt (Weiden, Linden, Birken, Eschen).
Die Erkennung ist nicht schwierig. Die
Verwundungen am unteren Stammteil, die mehr
oder weniger deutliche Anschwellung dieser Stammpartie und die Bohrspäne
sind auffällige Merkmale. Allerdings finden wir ganz ähnliche Symptome
auch beim Fraß eines anderen Pappelschädlings, des
großen Pappelbockes, Saperda carcharias L. (s. Bd. II
S. 257 ff.). Auch er belegt den Stamm mit \^orliebe am
Ijasalen Teil, auch er macht den gleichen Anfangsfraß
unter der Rinde und später die gleichen Gänge im Holz.
Hier kann differentialdiagnostisch die Anwesenheit des
charakteristischen Raupenkotes bei TrocliiUiiin-Yx3& gute
Dienste leisten; bei älterem Fraß können uns Puppenreste
gute Anhaltspunkte geben. Auch sind die Nagespäne der
7><9dV/////'//;/- Raupen kleiner als die von carcharias. Häu-
fig kommen die beiden Schädlinge zusammen in den-
selben Stämmen vor.
Der Schaden kann in Baumschulen und
Alleen recht beträchtlich werden. Stark be-
fallene junge Stämme können infolge des Fraßes ein-
gehen, wenn anders sie nicht durch Wind gebrochen ,,, .. ,
1 TTT-1TT- !•• , 1 Abb. ^;4. Kokon
werden. In Italien ist der Hornissenschwarmer besonders ,^-qj^ Troch api-
in Großkulturen der Canadischen Pappel sehr schäd- iorinc Cl.
^] Kemner meint, daß die Raupen in solchen Fällen aus den manchmal sehr
weit offenstehenden Gängen herausgefallen seien. Nach anderen Autoren dagegen \er-
lassen die Raupen aktiv den Gang, um sich im Boden zu verpuppen. Ratzeburg
(F. 80) sah die Raupen „stets dicht über der Erde hervorkommen, gewöhnlich ver-
weilen sie noch einige Zeit in den anbrüchigen Stellen der Rinde und gehen dann
erst in die Erde, um sich zu verpuppen"'. Um einen kräftigen 8 jährigen Silber-
pappelstamm fand er dicht an den oberen Teil der Pfahlwurzel angedrückt 8 Puppen
von ihrem Kokon umschlossen. Die in der Erde ruhenden Kokons bestehen zum Teil
auch aus Erdpartikclchen.
406 II. Spezieller Teil.
lieh geworden, zumal wenn er in Gesellschaft des großen Pappelbockes
auftritt.
Zur Vorbeugung kann man zur Zeit der Eiablage die bevorzugten
Stammpartien mit einer Ölemulsion oder Nikotinlösung (20/0) bestreichen
(Cecconi). Sind die Raupen schon eingedrungen, so kann man durch Ein-
führen von Watte, die mit Schwefelkohlenstoff, Benzin oder dergl. getränkt
ist, in die Auswurföffnung und nachherigem Verschließen derselben mit
Lehm oder Baumwachs die Raupen töten. Auch das Bestreichen mit Raupen-
leim zur Verhinderung des Auskommens der Schmetterlinge wird empfohlen.
In Amerika wird auch folgende Methode angewendet: Die Erde um die
Stammbasis aufgraben, dann einen Ring gepulverten Cyannatriums oder
Paradichlorbenzols um den Stamm legen, ohne diesen damit zu berühren, und
dann die Erde aufhäufeln und festdrücken. Handelt es sich um einen starken
und schon weit vorgeschrittenen Fraß, der voraussichtlich an und für sich
zum Tode führen würde, so ist die radikale rechtzeitige Entfernung der be-
fallenen Stämmchen das einzige Mittel, um eine Weiterverbreitung zu ver-
hindern. Endlich kann auch das Fangen der trägen Falter durch Absuchen
oder Abschütteln Erleichterung schaffen.
Über die natürlichen Feinde ist oben schon einiges gesagt: An Schlupf-
wespen ist nach Fahringer nur eine Art gezogen : Cryptus pseudonymus Tschck.
(= spofisor F.).
Trochilium melanocephala Dalm.
Z i 1 1 e r p a p p e 1 s c h w ä r m c r.
Ratzeburg: 5. lap/triaefonnis Hb.
Falter: Wesentlich kleiner als die vorige Art. Fühler gelbbraun 'bei api-
forme oben schwarz!). Der ganze Körper blauschwarz, Halskragen und Scliulter-
decken nur gelb gerandet, auch an den Hinterleibsringen nur die Ränder gelb.
Beine gelb. Spannweite 35 mm.
Raupe beinfarben mit dunkelbraunem Kopf, rotgelbem Nackenschild und
gelber Afterklappe.
Puppe ohne Gespinst, hellrotbraun.
Diese Art wurde von Ratzeburg (W. II. 396) in die Forstentomologie
eingeführt. Er schreibt hierüber: „Die Herren Ka lisch und Tieffen-
bach haben diese Species wiederholt aus Aspen erzogen, wo die Raupe so-
wohl in den Stämmen, wie auch in stärkeren und schwächeren Zweigen lebt,
nach dem Auskommen ein auffallend großes Flugloch hinterläßt usf. Herr
Tieffenbach glaubt sogar dreijährige Verwandlung beobachtet zu haben.
Ob das Vorkommen im Weinstock, wie v. H e i n e m a n n angibt, nicht
auf einem Irrtume beruht? Der verstorbene Kirchner, welcher, soviel
ich mich aus seinen mündlichen Mitteilungen erinnere, die Species auch
aus Aspen erzog, fand sie sogar bei Berlin sehr häufig; auch ich muß Zweig-
störungen an Aspen — die man immer leicht von denen der allerdings
viel häufigeren Cerambyx popidneus unterscheidet — , die ich bei Neu-
stadt und anderswo fand, auf diese Spezies beziehen. Schädlich ist sie
also jedenfalls, wenn auch die lebenszähe Aspe nicht so leicht dadurch ge-
tötet wird."
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Sesiidae (= Aegeriidae ;
407
Sciapteron tabaniforme Rott.
Tat". V, Fig. 5.
Kleiner P a p p e 1 s c h w ä r m e r.
Syn. asili forme Schiff.
Ratzeburg: Sesia asili fonnis Y. (nee. Rott.!). — Ahum: Sesia asili /ormis F. — Nitsche:
Sesia tabanijorrnis Rott. — Wolff-Krauße: Sciapteron tabanifor7ne Rott.
Nimmt durch die fast vollkommene Beschuppung der Vorderflügel eine
Ausnahmestellung unter den Sesien ein.
Falter: Vorderflügel mit Ausnahme eines schmalen Längsstreifens braun,
ebenso die Adern und Fransen der sonst glashellen Hinterflügel, Körper stahlblau.
Einige feine Zeichnungen an Kopf und Brust, Hinterrand von Hinterleibsring 2, 4
und 6 beim 9, sowie Ring 2, 4, 6 und 7 beim cf hellgelb. Länge 12 mm, Flügel-
spannweite bis 35 mm.
Raupe weißlichgelb mit dunkler Rückenlinie und einzelnen dunklen Härchen,
Kopf und Nackenschild schwarzbraun. (Siehe Tabelle S. 400.)
Puppe gelbbraun. Spitze mit 5 großen Dornen jederseits, Frontalfortsatz
niedrig, eine runde, scharfe Kante bildend. (Siehe Tabelle S. 402.)
Eier besonders grob und rauh skulptiert, 0,8X0,5 mm groß.
Das Q legt seine Eier an
die verschiedenen Pappel-
xArten ab, mit Vorliebe an Po-
piilits treiniila und canadeusis.
dann aber auch an Schwarz-
pappeln und ausnahmsweise
auch an Weiden. Bevorzugt
werden die unteren Stammpar-
tien, in I — 2 m Höhe; an der
Aspe trifft man die Raupe zu-
Abb. 355. Sciapteron tabaiiiforme
Rott. (Kleiner Pappelschwärmeri.
Wenig vergrößert.
Abb. 356. Anschwellungen (Gallenbildungeni
an Pappelstämmchen, hervorgerufen durch
den Anfangsfraß von Sciapt. tabaniforme
Rott.
meist nur in fingerdicken Stämmchen an. Verwundete Stellen (welche
z. B. durch Reiben der Stämmchen an Baumpfählen entstanden sind) scheinen
bei der Eiablage bevorzugt zu werden; AI tum fand solche Stellen an
jungen Chausseepappeln so dicht von Raupen besetzt, daß später oft „eine
Puppenhülse neben der andern aus dem freigelegten Splint oder der rauhen
Rinde hervorragte"'. An unverwundeten, glatten Rindenstellen fand sich die
408
II. Spezieller Tel
Raupe nur vereinzelt. Die Raupe macht nach AI tum (1885J zuerst einen
platzenden Fraß unter der Rinde, um dann in den Holzkörper einzudringen
und einen aufsteigenden Gang zu fressen, der durchschnittlich 24 cm lang
wird, oben blind endigt und nunmehr von der sich umkehrenden Raupe etwas
Abb. 357. Durchschnittene Pappelstämm- Abb. 358. Pappelstämmchen, ^•on Sc/np/.
chen mit den Fraßplätzen und -gangen labaiii/ortne Rott. befallen. An den bei-
von Sciapt. tabaniforme Rott. Die An- den Anschwellungen sieht man die vorge-
schwellungen bedeuten die Stellen des schobenen Puppenhüllen, etwas unterhalb
Anfangsfraßes (i. Jahr), im 2. Jahr erst der Mitte sitzt ein trischgeschlüpfter
werden die Gänge genagt, an deren Falter,
oberen Enden sieht man die Puppen-
wiegen (besonders deutlich am linken
Fraßstück).
unterhalb seines oberen Endes seitlich bis zur Peripherie des Stammes fort-
geführt wird. Hier ruht die Raupe den 2. Winter ihres Lebens in einem aus
Nagespänen gefertigten Kokon, in dem sie sich schließlich im Frühjahr ver-
puppt. In einigen Punkten hiervon abweichend sind die Angaben Kemners
(1922): ,,Die junge Larve geht von ihrem Eingangspunkt erst oberflächlich in
den Stamm, der durch diesen Fraß leicht anschwillt (Gal 1 en b i 1 düng)
(Abb. 356). In ihrem zarten Gespinst eingesponnen überw intert die Larve
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Scsiiclac {= Aegeriidaei. 409
(in Schweden) das erstemal in diesem Gang und dringt erst im nächsten
Sommer tiefer ins Holz ein" i). ,,In der höchsten Spitze des Ganges baut
sie ihre Wiege, kehrt sich vor der Verpuppung um und ruht mit dem Kopf
nach unten. Das Flugloch wird nicht ganz vollständig von der Raupe aus-
genagt und ist gewöhnlich von Rindenstücken zugedeckt. Die Puppe liegt
in einem Kokon von weißem Gespinst mit wenigen Pflanzenfasern verstärkt.
In unseren Fraßbildern (Abb. 357) sind die Gänge wesentlich kürzer
(als bei Alt um angegeben), nämlich etwa 6 — 10 cm; auch finden wir keine
besonders genagten Gänge für das Schlüpfen, sondern dieses geschieht durch-
gehends an der angeschwollenen Stelle des Anfangsfraßes (x\bb. 358).
Die Generation ist zweijährig 2). Man erkennt die Anwesenheit der
Raupen an den mittelfeinen Nagespänen (nebst Saftausfluß), welche aus einer
kleinen Rindenöffnung austreten.
Der Schaden durch iabaniforme ist ähnlich zu werten wie der von
apiforme. Der kleine Pappelschwärmer kommt ebenfalls nicht selten mit
Saper da carcharias zusammen vor; er tritt bisweilen in auffallender Menge
auf. Die befallenen Pappeln werden durch den jahrelang anhaltenden Fraß,
der die Wundstellen nicht zum Verwallungsschluß kommen läßt, sondern im
Gegenteil dieselben fortwährend vergrößert, sowie durch den Holzfraß, durch
den zahlreiche Schadstellen bleiben, nicht unerheblich entwertet. In Italien
bisweilen großer Schaden; viele junge Pflanzen sind durch den Fraß zum
Absterben gebracht. Die aus der Wunde ausfließenden Säfte bilden den
Nährboden schädlicher Pilze (Cecconi).
Die Bekämpfung geschieht in gleicher Weise wie bei api/oniie (s. dort'.
An Parasiten wurde die Schlupfwespe Pa/iisci/s leslaceiis Grav. gezogen
(Fall ringe r).
In Weiden.
Sesia formicaeformis Esp.
Kleiner W e i d c n g I a s s c h w ä r m c r.
Syn. : Sesia /loi/iadaefon/iis FIb. (nee. Lasp.li.
Dieser kleine Glasschwärmer, der gleichfalls im Mai, Juni und Juli fliegt,
ist durch die schön bräunlichrote, von schwarzen Adern durchzogene Saum-
binde der Vorderflügel und den breiten, roten Hinterleibsring gekenn-
zeichnet (s. Tabelle S. 399). Er ist im allgemeinen selten und scheint im
südöstlichen Deutschland zu fehlen.
Falter blauschwarz, Unterseite der Palpen, Hinterleibsring 4 ganz und Unter-
seite von Hinterleibsring 5, beim o" oft auch \on Ring 6, sowie Saum der Vorder-
flügel rot. Ein Strich vor den Augen rein weiß, Teile der Schienen und Fül.'ie
gelblich. Hinterleib oben auf Ring 2 und 3 gelb bestäubt, Seiten des Afterbusches
gelb. Länge 10 mm, Spannweite ungefähr 20 mm.
Die Raupe dieser Art lebt in Stämmen und Ästen der Hegerweiden,
namentlich in Salix 7'i//ii//(ilis L.. 6'. Iriaiidra L. und auch S. alba L., caprea L.
und aurita L. Der Fraß wird am genauesten von AI tum (1885) geschildert.
1) Kemner (1922) fand einmal ,,3 erwachsene Raupen zusammen in einem
Stammstück von einem Raum von nur 7X 1,5 cm. Der eine Gang war nur 37X6 mm.
was sehr wenig für eine Raupe ist, die selbst erwachsen 30X4,5 mm groß ist".
2) Cecconi (Man. entom. for. S. 88- gibt für Italien einjährige Gene-
ration an.
410
II. Spezieller Teil.
welcher angibt, daß bei dieser Art die
Raupe gleich in das Holz geht, hier
eine größere Höhlung ausfrißt und
dann erst aufwärts steigend die Mark-
röhre anfangs stärker, dann schw^ächer
ausfrißt. Der nur lo cm lange Gang
wendet sich schließlich der Peripherie
zui). An seinem Ende ruht ohne
eigentlichen Kokon die Puppe, die,
um sich herauszuschieben, nur ein
dünnstes Rindcnhäutchcn zu durch-
Abb. 359. Sesia formicaeformis Esp.
( Kleiner Weidenglasschwärmer 1 . 2 X.
Abb. 361. Weidenstamm mit herxorgescho-
bener Puppenhüllc \on Sesia formicaefor-
mis Esp., an der Basis das aufgestoßene
Deckelchen. Nach K e m n e r.
Abb. 360. Durchschnittene Weiden-
stämmchen mit Fraßplätzen und
-gangen \-on Sesia formicaeformis Esp.
stoßen braucht (Abb. 361). Weiden-
heger, in denen die Ruten zu hoch ab-
geschnitten werden, bilden gute Ent-
wicklungsstätten für diese Art, weil
die stehenbleibenden Rutenstummel
gern mit Eiern belegt werden. Dieses
Tier wird also im Verein mit Cryptor-
rJiyiicJius lapatlü L. hier erheblichen
Schaden tun können. Fälle eines sol-
1) Nach Kemner (1922) geht die Raupe (wol
ins Holz, sondern lebt nur in der Rinde.
in dickeren Stämmen) nicht
Unterordnung: Microlepiclopteia, Familie Sesiidae (= Aegeriidae'
411
chen sind aber bis jetzt nicht bekannt geworden, obgleich Alt um wohl mit
Recht vermutet, daß die Schäden in Weidenhegern, welche bisweilen dem
Trochilitim apiforme Cl. zugeschoben werden, von dieser Art herrühren. Nach
Sorhagen (Spuler) ,,lebt die Raupe besonders auch in kropfigen Aus-
wüchsen (,, Wirrzöpfen") der jüngeren Stämme
und Zweige von Salix capreae L. an sonnigen . : 7:pi
Plätzen". Den gleichen Fundort gibt Schütze
(1918) an.
Als Abwehr ist tiefes, richtiges Schneiden
der Ruten, Entfernen und Verbrennen noch be-
wohnten Materials zu empfehlen.
Sesia formicaeformis Esp. ist der Wirt zahl-
reicher Parasiten; Fahringer (i. 1.) zählt fol-
gende Arten auf: Proxus sesiae Phoes., Phaenolobus
arator Rossi, Gambrus ornatus Grav., Hemiteles ornala
Brisch., Ferosis annulata Brisch., Theniscus bilineatus
Grav. und impressor Grav., Anilaslus longicornis
Brisch., Ophioii luteus L. und obscurus F., Pitnpla
roborator L., ferner den Braconiden Macroceittrus
marginator Nees. und den Chalcididen Elaclüslus
leiicogramma Rott.
Außerdem kommt in \\>iden noch vor:
Trochiiiuin crabroiii forme Lew. Zweijährig, in
Wurzeln und Stamm der Salweide (Salix caprea L.,
Abb. 362); ferner gelegentlich Troclüliiim a pi forme
Cl. (Salweide) und Sciapleroii /abaui forme Rott.
In Erlen und Birken.
Wir behandeln die Erlen- und Birken-
bewohner der Glasschwärmer gemeinsam, weil
die praktisch wichtigeren Formen beide Holz-
arten bewohnen.
Sesia spheciformis Gerning.
Taf. V, Fig. 6.
E r 1 c n g 1 a s s c h w ä r m e r.
Ratzeburg: Sesia sphegiformis F.
Von allen Sesien die forstlich beachtenswer-
teste Art, die in Erlenpflanzungen beträchtlichen
Schaden anrichten kann.
Falter: Blauschwarz, Unterseite der Palpen, ein großer Seitenfleck unter-
halb der Flügelbasis an der Brust, zwei Längsstriche oben auf den Seiten des
Thorax, der Rückenrand von Hinterleibsring 2, der Bauchrand von Hinterleibs-
ring 4 und Unterseite der Flügel an dem Vorderrande gelb. Ein Fleck vor der
Fühlerspitze, Schienensporen und Unterseite der Füße weißlich. Länge 15 — 17 mm,
Spannweite 25—30 mm (siehe Tabelle S. 399).
Raupe nach beiden Seiten etwas abgeflacht, gelblichweiß, mit braungelb
durchscheinendem Rückengefäß, braunrotem Kopf und gelblichem Nackenschild.
30 — 40 mm (siehe Tabelle S. 401).
Puppe hellgelb. Frontalfortsatz hoch herausstehend (siehe Tabelle S. 402).
Abb. 362. Stück eines Weiden-
stammes mit Fraß von 7'ro-
cliiiium crabroni forme Lew.
412
II. Spezieller Teil.
Der Er 1 en - G lasschwä rmer fliegt Ende Mai. Anfang Juni und ist
wohl über ganz Europa als gemeinere Art verbreitet. Er legt seine Eier am
liebsten an junge Erlenstämmchen von 2 — 5 cm Durchmesser tief unten am
Wurzelknoten, und zwar gewöhnlich einzeln oder nur zu wenig Stücken, aus-
nahmsweise auch in größeren Partien (AI tum). Die Raupe frißt zunächst
unter der Rinde platzend einen größeren Hohlraum und steigt dann inner-
halb des Holzes in einem kurzen, geraden, meist kaum 10 cm langen Gange
in die Höhe (Abb. 364 j. Der mit Nagespänen gemischte Kot tritt wurst-
förmig durch eine Öffnung in der Rinde über dem Anfangsfraße hervor,
und ist daher zwischen dem Graswuchse meist nur schwer rechtzeitig zu
erkennen. Der Fraß dauert zwei Sommer hindurch, die Verpuppung tritt
im Frühjahre des dritten Kalenderjahres in einem dünnen, aus lockerem Ge-
spinste und feinsten kurzen Nagespänen bestehenden Kokon ein. Die Puppe
schiebt sich gewöhnlich durch eine am oberen Ende des Ganges von der
Raupe unter Belassung einer dünnsten Deckschicht hergestellten Öffnung
\or (Abb. 365), kann dies aber auch ausnahmsweise an der Auswurfsöffnung
für den Kot tun. Auch frische Stöcke
älterer Erlen werden von dieser Raupe be-
wohnt (AI tum, 1885) und desgleichen Stock-
aus seh läge von Birken.
Der Schaden ist vielfach nicht unbeträcht-
lich. Es werden häufig sehr gutwüchsige Erlcn-
pflanzungen durch dieses Tier, dessen Fraß er-
fahrungsgemäß von den Forstleuten ge\\öhnlich
mit dem von i' ryplorrhyiic/ius l
/iia//es maiii-
jesiator L. und liiberculatiis Fousor., Pini/^la rohoralor F.. Lissoiiota nigra Br. ; ferner
die Braconiden Macroceutnis mariiiiKilor Nees. und )iiluIiilalor Nees.
Abb. 363. Erlenstamni mit Ausfluglöchern und
hervorgeschobenen Puppenhüllen von Sesia sflie-
cifor?nis Gerning.
^-
Abb. 364. Durchschnittener Erlen-
stamm mit Fraßgängen von Sesia
spheciformis Gerning. Auf der
rechten Seite unten und auf der
linken unter der Mitte der plat-
zende Anfan2;sfraß.
Abb. 366. Querschnitt durch einen Erlenstamm
mit Fraßgängen \o\\ Sesia spheci jorniis Gerning.
Sesia culiciformis L.
Taf. V, Fig. 8.
Kleiner Birken glasschwärm er.
An der breiten roten Querbinde des Hinterleibes leicht kenntlich (siehe
Tabelle S. 399). Gehört wie die vorige x-\rt zu den gemeineren, durcli ganz
Europa verbreiteten Arten.
414
II. Spezieller Teil.
Falter blauschwarz, die Wurzel der Vorderflügel und der Saum braunrot
bestäubt. Die Unterseite der Palpen und der ganze Hinterleibsring 4 braunrot. Ein
Strich vor den Augen weiß, Schenkel und Schienen innen weißgelb. Länge 10 mm,
Spannweite 22 (cf) — 28 mm (9).
Raupe weißgrau oder weißlichgelb, mit goldbraunem Nackenschild und hell-
braunem Kopf; 20 mm lang (siehe Tabelle S. 401).
Puppe ockergelb, mit nur schwachen, mit freiem Auge kaum sichtbaren
Dornenkränzen auf den Hinterleibssegmenten. Länge 12 mm (siehe Tabelle S. 4021.
Dieser Schmetterling ist ursprünglich ein echtes Birken - Insekt, dessen
Raupe die starke Birkenrinde und Birkenmasern bewohnt, also Stellen, wo
der Falter seine Eier leicht unterbringen kann. Namentlich werden frische
Stöcke von dem Ende Mai, Anfang Juni schwärmenden Weibchen gern an
der Grenze von Rinde und Splint mit Eier belegt, ebenso auch Aststümpfe,
die an älteren Birken durch Aufasten, an jüngeren durch Schneidein ent-
stehen. Die Raupe frißt zunächst platzend unter der Rinde und macht später
aufsteigende Gänge, die bei stärkerem Material oft bloß den Splint tief
furchen, bei schwächerem vollständig im Holze verlaufen. Sie bleiben kurz,
sind gewöhnlich nur ungefähr 6 cm lang und werden mit feinen, bis i cm
langen, durch Gespinstfasern verbundenen Holzfasern ausgelegt, welche auch
eine Art Puppenwiege bilden. Auch hier wird der Kot durch eine Auswurfs-
öffnung an der Anfangsstelle des Fraßes entfernt.
Die Art kommt in gleicher Weise an frischen E r 1 e n s t ö c k e n und
jüngeren Erlen pflanzen vor.
Die Generation ist einjährig.
Der Schaden ist an den Stöcken verschwindend, desgleichen an den
Aufastungsstellen älterer Stämme. An Stöcken hat er sogar das Gute, einen
tieferen Ausschlag zu erzeugen.
Dagegen gehen jüngere, geschnei-
delte Stämmchen bis 5 cm Stärke,
wenn ihre Rinde von den Schnitt-
stellen aus unterwühlt wird, viel-
fach ein. Auch ist neuerdings
dieses Tier in Erlenpflanzungen
bis Heisterstärke verheerend auf-
getreten.
Wenn auch bereits Ratze-
burg (W., S. 397 u. 398) den Fraß
dieses Tieres in Birke und Erle
kannte, so verdanken wir ausge-
dehntere Mitteilungen hierüber erst
AI tum. Er berichtet (1885} über
einen größeren Fraß in Uhrmann-
dorf bei Horka, Regierungsbezirk
Liegnitz, bei welchem zunächst
starke, 1881 auf geastete Allee-
birken 1S82 von dem Falter be-
fallen worden waren, von denen er
dann 1883 auf junge, in der Nähe
--^ befindliche geschneidelte Birken
Abb. 367. Ein von Srs/n cdinionnh L. Überging und diese zum großen
stark befallener Birkenstock. Teile tötete. Desgleichen berichtet
I. Unterordnung: ^Nlicrolepidoptera. Familie Sesiidae (= Aegcriidae;. 415
er über einen \crhecrenden Fraß an Erlen bis Heisterstärke zu Cladow,
Regierungsbezirk Frankfurt a. d. O. (1885). Bei den Erlen scheint der Fraß
nicht immer von einer Wundfläche auszugehen (Nitsche).
A
B
C
Abb. 368. A Birkenstamm mit zahlreichen Fraßgängen von Sesia culicifonnis L.,
B Stück eines Birkenstammes mit einer aus langen Spänen errichteten Puppenwiege
und her\ orgeschobener Puppenhülle, C Puppenwiege isoliert.
Außer an Erle und Birke kommt cidici/or/nis auch an Linde und
Obstbäumen (Apfel-, Birn-, Pflaumenbäumen) vor.
Unter den Ab w eh r - Maßregeln ist zunächst als Vorbeugung ein
Anteeren der frischen Erlen- und Birkenstöcke besonders an der Grenze von
Rinde und Holz zu erwähnen, da auf solche Weise keine Brutstätten für die
Vermehrung dieser Schädlinge entstehen, von denen aus sie auf benachbarte
jüngere Stämmchen übergehen können. Teert man Birkenstöcke nicht, so
muß man in dem nächsten Jahre wenigstens das Schneidein der jungen
Birken in der Nähe unterlassen. Bereits befallenes junges Material ist am
besten vor der Flugzeit tief abzuschneiden und zu verbrennen. An befallenen
Stämmchen kann man das Ausschlüpfen der Falter durch Bestreichen der
am Kotaustritt erkannten Fraßstellen mit Teer verhindern. An Erlen, wo
der Fraß meist sehr tief ist, geht das allerdings schwer, wie denn überhaupt
hier der Schaden meist erst erkannt wird, wenn die Bäumchen kränkeln und
eingehen (Nitsche).
Als Parasiten gibt F ah ringe r nur den Braconiden Macrocentrus
marginator Nees. an.
416
II. Spezieller Teil.
Sesia scoliiformis Bkh.
Taf. V, Fig. 7.
Ratzeburg: scoliaeformis Lasp.
An den vor der Spitze oben weißlich gefärbten Fühlern und dem ocker-
gelben Afterbusch leicht kenntlich (s. Tabelle S. 399). Nach Ratzeburg
(Waldverderbnis 11. 398) lebt die Raupe (s. Tabelle S. 401) in Birken,
vorwiegend auf feuchtem Gelände, in alten, mit starker Rinde bedeckten
Stämmen am unteren Teil zwischen Holz und Rinde in unregelmäßig ge-
fressenen Gängen, er fand sie „an mittleren Stämmen, die aber unten schon
fingerdicke Rinde hatten; entweder waren nur Risse vorhanden oder es
fehlten schon Rindenstücke, welche die Natur durch Verwallung zu ersetzen
suchte". ,,Die braunen Gänge sind nicht lang, die Raupe frißt mehr plätzig
und macht vor dem Ausflug des Falters einen holzbraunen Kokon von Größe
(und Farbe) einer Mandel, wenn man sich diese walzig und nicht flach
denkt." Die Generation ist zweijährig.
Von einem Schaden kann kaum gesprochen werden.
In Eichen.
Sesia vespiformis L.
Syn.: S. asilijoDuis Rott. (nee. Schiff. !i, S. cyni [^ijonnis Esp. (bei Ratzeburi; .
Falter: Die mondförmige Mittelbinde der Vorderflügel lebhaft rot gef:ärln,
Saumbinde schwarz. Afterbusch beim o fast ganz gelb, beim cf dagegen mit nur
wenig Gelb. Körper blauschwarz, am Hinterrand des Thorax ein gelber Doppelfleck.
Fühler blauschwarz. Spannweite 20 mm.
Raupe schmutzigweiß mit dunkelbraunem, \orne schwarz eingefaßtem Kojjf
und braungelbem, mit braunen Reihen versehenem Nackenschild.
Bei Ratzeburg (W. II, 398) finden sich folgende forstlich-biolo-
gischen Angaben über diese Art: ,,In stehenden Stämmen erscheint die Raupe
nicht, sondern nur in frisch ge-
hauenen Stöcken, am liebsten im
Mittelwald, weil die stehenbleiben-
den Oberständer und Lasreidel die
Stöcke so beschatten, daß ihre Saft-
haut noch frisch genug für die An-
Abb. 369. Sesia vespijormis L. Abb. 370. Ein Stück Eichenrinde mit
i^/iX- vorgeschobener Puppe und Falter von
Sesia vespiformis L.
griffe der Sesien bleiben. Der Falter legt dann seine Eier (gewöhnlich Juni,
Juli) in die Cambialschicht, und die Räupchen fressen sich nach ihrem Aus-
kriechen in die Rinde abwärts. Solange sie gesondert bleiben, kann man ihre
Esche ncli, Forstinsekten. 111. Bd.
Tajel V
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Hepialiden, Cossiden, Sesien und Pyraliden
I Hep. huniuli /.. (links cf. rechts L) L' Coss. cossus /,. ;! /euz pyrina i. (rechts £., links rf)
4 Trochilium apiforme Cl. 5 Sciaptcron tabanilürme ffo//. 0 Sesia spheciformis Gcniiiig
7 S. scoliiforme 5/c/7. 8 S. culiciformis L. 9 S. mvopiformis Bk//. 10a u. b .s. tipuliformis C/
II Ephestia elutella Hb. 12 Hvphnntidium terebrcllum Zck. V, Dioryctria splendidella //. S
14 D. abictella Sclii/f. 15 D. schiitzeella Fuchs. 16 D. mondacella Stgr. 1/ Acrobasis zelleri Fag
18 A. consociella Hb. Sämtliche Figuren schwach vergrößert.
I. Unterordnung: Microlepidoplcra, Familie Sesiidae (= Aegeriidae j. 417
Gänge unterscheiden; kommen aber mehrere zusammen, so bilden sich auch
Plätze. Einmal wurden 15 — 20 Puppen aus einem und noch dazu schwachen
Stock gelöst; sie lagen unter einer sehr schwachen Rindendecke. Zur Flugzeit
schieben sie sich nach Sprengung der Rinde daraus hervor und entlassen den
Schmetterling. Können die Raupen den Stock ganz umspannen, so ist er
verloren. Befressen sie denselben an einer Seite, so geht nur der Stock-
ausschlag zugrunde" 1).
Die Generation ist zweijährig.
An Parasiten nennt Fahringer: The ruscus bilineatiis Gr. und Syceuc-
tus irisorius Rossi.
Sesia conopiformis Esp.
Syn. : S. nomadaeformis Lasp. (nee. Hb.!) (bei Ratzeburg).
Falter: Die breite Querbinde der Vorderflügel blauschwarz, Saumbinde mit
dem Vorderrand der Vorderflügel intensiv goldglänzend. Afterbusch bei cf und o
blauschwarz. Metathorax mit gelbem Querfleck, Hinterleib mit 3 gelben Ringen.
Fühler oben einfarbig schwarzblau. Spannweite 20 mm.
Raupe weißlich mit dunkel durchscheinendem Rückengefäß, schwarzen Stig-
men und einem gelblichen verwischten Längsstreifen darunter. Nackenschild hell-
braun, Kopf braun, vorne schwarz.
Generation zweijährig. Unter der Rinde und im Holz von Kropfbil-
dungen in weiten Gängen in alten, kranken Eichen und Eichenstümpfen.
Verpuppung in mit Holzspänen vermischtem Gespinst von Mai bis Juli
(Spuler). Ratze bürg (W. II. 397) führt die Meinung eines Beobachters
an, wonach die Raupe ziemlich schädlich werden könne (was aber kaum
zutreffen dürfte).
In Nadelholz.
Sesia cephiformis Ochsh.
Tannenkrebsglasschwärmer.
In seinen ,,Forstinsekten"" hat Ratzeburg diese Art (s. Tab. S. 399), ob-
wohl sie ihm als Tannenbewohner bekannt war, nicht erwähnt, da sie als große
Seltenheit galt. Dagegen hat er ihr in der „Wald-
verderbnis" (IL S. 29ff.) eine ausführliche
Darstellung gewidmet, da ihm inzwischen ein
häufigeres Auftreten bekannt geworden war.
und zwar stets in Verbindung mit Anschwel-
lungen und „Beulen" an Weißtanne. Dieser
letztere Umstand brachte ihn zu der Über-
zeugung, daß die Sesien die Verursacher der
Beulenbildung seien. Die Überzeugung stand
so fest bei ihm, daß auch die Einsendung
von anscheinend nicht bewohnten Beulen ihn ^-^ ^^^ Sesia cephUorinh
davon nicht abzubringen vermochte. Wenn er Ochsh. (Tannenkrebs'glas-
in ihnen auch keine solchen Gänge wie an den Schwärmer). 21 «X.
ij Kemner (1922, S. 50) berichtet von einem Sesienfraß an jungen Eichen-
trieben, die durch einen quergestellten Gang angegriffen und dort gallenartig an-
geschwollen waren. Nielsen hat die Sesie als vespiformis bestimmt (nach einer
Larve) ; da diese aber bis jetzt nur in der Borke alter Eichen gefunden wurde, so
hält es Kemner für wahrscheinlich, daß es sich hier um eine andere .Art ge-
handelt habe.
E scher ich. Forstinsekten, Bd. III. 27
418 11. Spezieller Teil.
mit fressenden Raupen versehenen Exemplaren fand, so glaubte er dennoch
auch hier überall „feine Höhlungen zu entdecken, welche auf Gänge deuteten,
in denen wahrscheinlich die noch kleinen Räupchen gestorben waren".
Seitdem aber de Bary (1869) als wirkliche Ursache dieser Anschwel-
lungen das Mycel derselben Pilzspecies erkannt hatte, welches auch die
Hexenbesen der Weißtanne erzeugt, des Aecidium elatimmi, muß man diese
Sesie lediglich als sekundären Bewohner dieser Bildungen ansehen. Wahr-
scheinlich ist es die rissige Oberfläche der Masern, welche das Weibchen
veranlaßt, gerade hier vorzugsweise seine Eier abzulegen. Der Fraß schadet
nur dadurch, daß er ein Abfallen der Rinde verursacht und nun der Holz-
körper von der bloßgelegten Stelle an morsch und faul wird. Man kann
diesem Schaden durch Anstreichen der Anschwellungen mit Raupenleim
begegnen, wodurch sowohl das Ausschlüpfen der Falter als das Ablegen der
Eier verhindert wird.
Übrigens ist cephiformis keineswegs auf die Tanne beschränkt, sondern
sein Vorkommen ist ein weit allgemeineres innerhalb der Nadel-
hölzer. Wurde er doch auch je einmal aus Wacholder i) (Hartmann),
Fichte, Lärche (Spuler) und Kiefer (Baer) gezogen-). Doch über-
all beschränkt sich das Vorkommen auf krankhafte Stellen, die besondere
Ernährungsverhältnisse bieten. Der Kiefernast, der die Sesie lieferte, war
durch Peridermium pi/ii Will, verunstaltet; die „Wülste und Anschwel-
lungen" der Wacholderzweige, aus denen Hartmann seine Exemplare zog,
lassen unschwer die Wirkungen einer Gymnosporangium-hxX erkennen, und
das aus der Fichte erhaltene Exemplar stammt aus einem „Knollen, bei dem
es nahe genug liegt, ähnliche Bildungsverhältnisse anzunehmen". „Also
überall, wo wir die Sesienraupen sich einnistend finden, üppige Rinden-
wucherung und eiweißreiches Pilzmycel" (Baer, 1908). Von allen diesen
Hypertrophien scheint der Tannenkrebs die größte Anziehungskraft auf
unsere Sesie auszuüben. Wurden doch aus einer einzigen derartigen Beule
einmal 67 Falter gezogen, und nicht selten erhält man Schilderungen, wo-
nach die Beulen so dicht mit den hervorgeschobenen Puppenhülsen bedeckt
waren, daß sie an Igel erinnerten (Baer).
Der Falter fliegt im Juni, und zwar im schattigen Wald (Schütze,
1918). Die Generation wird übereinstimmend als zweijährig angegeben.
An Obstbäumen.
Anhangsweise seien hier noch einige an Obst schädliche Sesien genannt. Die
häufigsten sind :
Sesia myopiformis Bkh. („Apfelbaum-Glasflügler). (Taf. V, Fig. 9). Gehört
zu den kleineren Sesien mit rotgeringeltem Hinterleib (siehe Tabelle). Eiablage
von Mai bis August in Rindenritzen, lieber noch in schlecht verheilenden Wund-
rändern, absterbenden Knospen usw., an Apfel-, seltener Birn-, Pflaumen-
und Aprikosenbäumen, auch an Weißdorn. Der Raupenfraß, der teils im
i> Schütze (1918) bezweifelt, daß cephiformis am Wacholder und überhaupt
an anderen Nadelhölzern außer der Tanne vorkommt.
2) Daß cephiformis auch in Evonym.us-?)\.d,\x^&xv vorkommt, wie Tomala in der
D. Ent. Zeit. Iris Bd. 18 (1890) angibt, dürfte auf einem Irrtum beruhen.
Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Sesiidae (= Aegeriidae i
419
Splint, teils im Holz stattfindet, erzeugt Krebswunden, oft in großer Zahl an einem
Baum (Abb. 372).
Sesia tipuliformis Cl. (,,Johannisbeer-Glasflügler"' ). (Taf. V, Fig. loaundb.)
Gehört zu den gelbgeringelten Arten mit oben einfarbig schwarzblauen Fühlern
's. Tabelle). Besitzt eine sehr große geographische Verbreitung über Europa und
Asien; außerdem auch in Nordamerika, Tasmanien und Neuseeland vorkommend.
Eiablage im Juli, August. Etwa 60 Eier einzeln dicht an
Knospen, durch die die Raupe eindringt; den Sommer über in
den dünnen Spitzenzweigen, erst zur Überwinterung in den
Stamm gehend. Ihre Gänge haben stets schwarze Wände (Abb.
373). Folgen des Fraßes: welkende und absterbende Zweige.
Kommt vornehmlich in Johannisbeere vor, dann aber auch in
Stachelbeere; auch in Hasel beobachtet. .A.bschneiden und
Vernichten der welkenden Zweige.
Bembecia hylaei form/s Lasp.
(„Himbeer- Glasflügler"). Eine
durch besonders schmale Flügel
ausgezeichnete Art. Fühler ohne
Haarpinsel am Ende (im Gegen-
satz zu Sesin). Das äußere Glas-
feld scharf begrenzt. Körper
blauschwarz. Hinterleibsscgmente
4, 5, 6, beim rj' auch 7 hinten
gelb begrenzt. Bezüglich Raupe
und Puppe, die in mehreren
Punkten von Sesia abweichen,
siehe Tabellen.
Die Eier (ca. looi werden
einfach während des Fluges fallen
gelassen. Die jungen Raupen
bohren sich in die unterirdischen
Teile der Himbeer- oder Brom-
beerpflanze ein und minieren liier
zunächst oberflächlich, oft rin-
gelnd, so daß eine Galle ent-
steht ; erst später geht die größere
Larve in den Stamm ( K e m n e r ) .
Puppe im Mark vorjähriger Sten-
gel. Generation einjährig.
Unter den natürlichen Fein-
den nennt Kemner (1919) eine
Cordyceps-kxX, die an den Raupen
Abb. 372. Krebswunde an
einem Apfelbaum, hervor-
gerufen durch Sesia »ly-
opiformis Bkh. Nach
Reichelt (aus Reh).
Abb. 373.
Ein Johannisbeer-
stämmchen mitFraß-
gang von Sesia li-
piiUfoDuis Cl.
lebt und die einige Zenlimetcr lange, graue, mit
hornartigen Fortsätzen \erschene Fruchtkörper bildet.
Literatur über Sesiiden.
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dem Münsterlande IIL Stett. ent. Zeit. p. 84.
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Lasp. och Sesia tipuUformis Cl.) Medd. Nr. 181 Centralanst. Entom. avdel. Nr. 32.
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S. 41-57-
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Zukowsky, B., 1910/11, Die deutschen Sesien. Genaues über die Sammelweise
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Familie: Psychidae Boisd.
S a c k t r ä g e r.
Die Psychiden sind unansehnliche Schmetterlinge von geringer Größe
und mit düster gefärbten, oft nur unvollkommen beschuppten Flügeln. Die
Raupen besitzen die Kunst des Sackspinnens, die ja verschiedenen Klein-
schmetterlingen zukommt, in ganz besonders hohem Maße. Das auffallendste
Merkmal dieser Familie ist der starke Sexualdimorphismus. Die Weibchen
sind durchweg stark modifiziert und oft auf das Larvenstadium reduziert. Es
sind stets flügellose, vielfach (infolge des stark vergrößerten Hinterleibes)
madenförmige, plumpe Tiere, bei denen oft die Augen, Fühler und Beine
stark rückgebildet sind und die in der Regel den von der Raupe verfertigten
Sack nicht verlassen. Nur in wenigen Fällen hat das Weibchen gegliederte
Beine und Fühler und normal ausgebildete Fazettenaugen; es kriecht dann
aus dem Sack heraus, um sich an diesem anzuklammern und auf das Heran-
kommen eines Männchens zu warten (Fumea Stph.).
Die zottig behaarten Männchen dagegen besitzen wohlausgebildete, mehr
oder weniger breite Flügel, die wenigstens bei den höheren Formen zeich-
nungslos und dünn beschuppt (häufig mit Haarschuppen durchsetzt) sind.
Wo eine Zeichnung vorhanden ist, hat sie einen netzförmigen Charakter. Das
Geäder entspricht einem niederen Typus und ist häufig durch den Mangel
oder die Überzahl einzelner Adern auffallend. Die Analis neigt am meisten
zur Rückbildung; stets ist auf den Vorder- und Hinterflügeln der Stamm
der Mediana erhalten. Adern r^ und r^ im Vorderflügel stets näher bei-
einander entspringend als iii^ bei cu^^; bisweilen /o und r^ gestielt (Abb. 375).
Unterordnung": Mirrolepidoptera, Familie Psychidae Boisd.
421
Die Fühler sind im männlichen Geschlecht bewimpert oder doppelt-
kammzähnig. Die Augen klein, oft unter der stets rauhen Kopfbehaarung
verborgen. Taster sind meist ganz rückgebildet. Mandibeln rückgebildet,
ebenso fehlt ein Rüssel überall.
Die Raupen leben in selbst angefertigten Säckchen. Sie besitzen stets
gut entwickelte Thorakalbeine, aber meist nur rudimentäre Bauchfüße mit
Hakenkränzen („Kranzfüße"). Alle Teile, die aus dem Sack hervortreten
Itfcliilllf
B D
.\bb. 374. Imagines und Säcke mit vorgeschobener Puppe von: A und B Ps]
eckst eint Led., C und U Psyche ( Pochylelia ) i/nico/or L. Falter 1^ 4X, Säcke i^
(zum Fressen und Fortbewegen), also Kopf und Thorax, sind kräftig chiti-
nisiert, während der dauernd im Sack verborgene Hinterleib nackt und weich
bleibt. Zur Verpuppung spinnen sich die Raupen mit ihrem Sack gewöhn-
lich an einem Baumstamm oder ähnlichen Gegenständen fest. Die mit
Borstenkränzen bewaffnete männliche Puppe schiebt sich vor dem Aus-
schlüpfen des Schmetterlings bis zur Hälfte aus dem Sack hervor, während
die weibliche Puppe gewöhnlich im Gehäuse stecken bleibt. Bei manchen
Arten (Gattung Psyche u. a.) schlüpft das Weibchen überhaupt nicht mehr
422
IL Spezieller Teil.
aus der Puppenhülle, sondern begnügt sich damit, seinen Körper aus letzterer
etwas herauszustrecken.
Die Begattung erfolgt gewöhnlich in der Weise, daß das Männchen
seinen lang ausdehnbaren Hinterleib in den Sack bzw. in die Puppenhülle
einschiebt. Die Dauer der Begattung ist in der
Regel sehr kurz. Die Lebensdauer der Imagines
währt oft nur wenige Stunden.
Die Eier gehören der Flachform an und sind
in der Regel glatt und oval. Sie werden in großer
Zahl (200 — 500) immer in den Sack bzw. in die
Puppenhülle abgelegt. Die frisch geschlüpften
Räupchen fertigen sich gleich nach dem Verlassen
der Eihülle, meist aus den Fragmenten des mütter-
lichen Sackes, ein kleines Säckchen an.
Ein weiterer interessanter biologischer Zug
ist das Vorkommen der Parthenogenese. Beim Aus-
bleiben des Männchens können die Weibchen bei
verschiedenen Arten trotzdem entwicklungsfähige
Eier ablegen. Bei einigen Psychiden ist die Par-
thenogenese sogar zur Regel geworden, wenigstens
in bestimmten Regionen ihres Verbreitungsgebietes.
Die Familie enthält ca. 100 europäische Arten,
die auf annähernd 20 Gattungen verteilt sind.
Forstlich sind sie ohne Bedeutung, jedoch begegnet der Forstmann
nicht selten ihren Gehäusen an Baumstämmen, besonders unter Leimringen,
wo z. B. verschiedene Arten der Gattung Sole/io/>i(i ZU. sich häufig ein-
stellen.
Abb. 375. FlügelgeäcliT
einer Psychide (Pu'c/ic
viciella Schiff, o"). Nach
Spul er.
Familie : Limacodidae (= Cochlidiidae).
S c h i 1 d m o 1 1 e n.
Über die systematische Stellung der Limacodidae herrscht eine recht
verschiedene Auffassung: die einen Autoren rechnen sie zu den ,, Groß-
schmetterlingen" (Börner stellt sie zusammen mit den Zygaeniden in die
Familienreihe der Anthroceroidea (Zygaeuina'), die anderen (Heymons.
Handlirsch usw.) zu den „Kleinschmetterlingen", in die Nähe der Se-
siiden (Flügelgeäder!). Letzterem Vorschlag schließen wir uns hier an.
Was die Limacodiden besonders auszeichnet, ist ein Larvenmerkmal.
Die Raupen (Abb. 376) gleichen bei oberflächlicher Betrachtung eher einer
Nacktschnecke als einer Schmetterlingsraupe; sie sind kurz, eirund, oben
hochgewölbt, unten stark abgeplattet, mit kantig abgeschrägten Seiten. Die
Bauchfüße sind stark reduziert bzw. zu Langwülsten umgewandelt, mit denen
sie sich nur langsam, schneckenartig fortbewegen können. Meist sind sie
grünlich gefärbt und daher auf den Blättern schwer zu sehen i). Sie leben
auf Laubholzbäumen und fertigen im Herbst feste, tonnenförmige Kokons
an, in denen sie überwintern, um sich erst im nächsten Frühjahr zu ver-
puppen.
ij Bei einer Reihe von tropischen Formen besitzen die Raupen , .Brennhaare",
die starke Hautentzündungen hervorrufen.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Limacodidae (= Cochlidiidae ). 423
Die Puppe ist ursprünglich mehr oder weniger weich, ihre Anhängsel
sind frei und der ganze Hinterleib ist frei beweglich.
Die Falter sind mittelgroße Tiere, stark behaart, breitflügelig (siehe
Abb. 378). Fühler relativ kurz (etwas über halb so lang wie der V^orderrand
der Vorderflügel), dicht beschuppt, beim Männchen gezähnt. Augen nackt,
Nebenaugen fehlen. Palpen mäßig lang, ihr Mittelglied am längsten. Rüssel
rudimentär oder fehlend. Die Flügel mit wohlerhaltenem Stamm der Me-
diana, die Analis kräftig in beiden Flügeln, die Axillaris in den Vorder-
flügeln mit deutlicher Wurzelschlinge (Abb. 377). In der Ruhestellung
werden die Flügel dachförmig getragen. Beide Geschlechter fliegen nachts,
die Männchen auch nachmittags in der Sonne.
Die Schildmotten haben ihre Hauptentwicklung in den Tropen, in der
indo-australischen und äthiopischen Region, von wo etwa 800 Arten bekannt
sind, während sie in unserem Faunengebiet nur mit 2 Arten vertreten sind:
CocJdidioji liinacodes Hfn. und Heterogenea asella Schiff.
Abb. 376. Raupe einer Limacodide (Codi- .Abb. 377. Flügelgeäder einer Limaco-
Udion Umacodes Htn.). dide (Cochlidion litnacodes Hfn.).
Nach Krauße. Nach S p u 1 e r.
Cochlidion limacodes Hfn.
(j r o ß e S c h i 1 d m o 1 1 e.
Ratzeburg: Tori rix lesliidinaiia Hb. (Schildmotte, Erdschneckenmotte, Zwergeichen-
spinner).
Der Falter (Ratzeburg nennt ihn ,,den merkwürdigsten Falter") ist beim
Männchen von rotgelber Grundfarbe (die bei starker schwarzbrauner Bestäubung
in Form heller Flecken, namentlich im. Innenwinkel hervortritt), beim Weibchen
gewöhnlich ockergelb, manchmal gelbgrau oder auch rotockerig. Die Zeichnung
besteht aus 2 nach hinten gebogenen dunklen Bindenstreifen auf den Vorderflügeln.
Das Männchen ist wesentlich kleiner als das Weibchen. Spannweite 20 — 25 mm.
Die Raupe (Abb. 376) ist gelblichgrün mit drei Reihen weißlicher und gelber
glänzender Knopfwärzchen auf dem Rücken, dessen Seiten kantig vorstehend und
rot und gelb punktiert sind. Stigmen schwarz, weißlich gesäumt. Kopf klein, braun.
Länge 15 — 18 mm.
Als Flugzeit des über ganz Europa verbreiteten und in unseren Eichen-
und Buchenwaldungen durchaus nicht seltenen Falters gibt Ratzeburg
(F. 11. 237) Mai bis Juni, Spul er Mai bis Juli an. Die Raupen fressen im
424 11. Spezieller Teil.
September/Oktober an den Blättern verschiedener Laubbäume, vor allem von
Buche und Eiche, sodann auch an Weißdorn, Schwarzdorn, Kastanie,
Nußbaum u.a. Der Fraß erinnert nach Krauße (1915) etwas an den der
Nonne (Abb. 379). Die erwachsenen Raupen fallen im Herbst zu Boden,
spinnen an der Erde zwischen abgefallenen Blättern einen harten, braunen,
tönnchenartigen Kokon, in dem sie überwintern und im nächsten Frühjahr
sich verpuppen.
Über ein stärkeres Auftreten der Schildmotte (im \'erein mit dem fol-
genden Asselspinner) wird in der Literatur nur einmal berichtet, und zwar
von Kraußei) (s. auch unten bei der folgenden Art).
X
B
Abb. 378. A Coclilidioii liiHdcodes Hfn., rechts 9, links cf (i^AX); B Heterogenea
asella Schiff. 2X.
Feinde und Parasiten sind nur wenige bekannt. Als Parasit zog Ratze -
bürg eine sehr interessante vSchlupfwespe: Sphiiietiis serotinus Grav. (lehn.
IL 1848 und in. 1852). Krauße fand im Blut der Raupen die Sporen
eines Pilzes.
Heterogenea asella Schiff.
Asselspinner.
Falter (Abb. 378B): Wesentlich kleiner als die vorige Art. Auch hier ist das
Männchen dunkler gefärbt und kleiner als das Weibchen. Das Männchen kann
sehr dunkel sein bis rotschwarz, das Weibchen rotbraun, manchmal ockergelb.
Spannweite 15 — 17 mm.
Die Raupe ist zuerst wie die der vorigen Art mit ausgestülpten Dornen
versehen. Erwachsen ist sie grünlich oder gelblich mit heller Rückenlinie und einem
breiten, sehr wechselnden, olivgrün, bräunlich oder rot gefärbten Streifen über den
Rücken.
1) Krauße, A., 191 5, Die Limacodiden und ihr Fraß bei Eberswalde.
Arch. f. Naturgeschichte. 81. Jahrg. Abt. A. Heft 8.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Zygaenidae ( Anthroceridae
425
Der Asselspinncr ist über ganz Europa (bis Korea) verbreitet. Der
Falter findet sich im Juni und Juli, vornehmlich in Buchenwäldern. Die
Raupe zieht nach Krauße allerdings die Hainbuche vor, sie kommt
außerdem noch an Eiche, Pappel,
Ahorn und Hasel vor.
Krauße fand einmal (im Jahre
191 5) die Raupe zusammen mit der der
vorigen Art im Herbst (September Ok-
tober) bei Eberswalde in großer An-
zahl: „Besonders ins Auge fiel der
Fraß an CarpitiKS betulus L., doch
wurde auch Fagus silvaüca L. und
Eiche befressen. Zuerst tauchte die
Raupe der kleinen Art, Heterogeiia
asella Schiff., auf, erst etwas später
die der größeren Art, Cochlidion lima-
codes Hfn. Die größere Art war an-
fangs weniger häufig als die kleinere.
Letztere verschwand schon anfangs
Oktober, die größere war dann Mitte
Oktober in Mengen vorhanden. Auf
allen Wegen bei Eberswalde fand ich
zertretene Raupen. Bei Sommerfeld,
Eberswalde und Spechtshausen waren
fast alle Hainbuchen befressen. Er-
freulicherweise hatte dieser ausgedehnte
Spätfraß keine große praktische Bedeutung" (Krauße, 1. c). Es handelt
sich also jedenfalls um ,, unmerklich schädliche Forstinsekten" \).
Abb. 379. Fraß von CochlUlioii Uiiu.
Codes Hfn. Nach Krauße.
Familie: Zygaenidae (Anthroceridae).
\V i d d e r c h e n.
Die Zygaeniden wurden früher ganz allgemein zu den Großschmetter-
lingen gestellt und auch heute noch haben sie bei manchen Autoren ihren
Platz dort beibehalten. Die Dornenbewaffnung der Bauchfüße (Klammer-
füße) spricht denn auch dafür. Doch zeigt das Flügelgeäder so primitive
Merkmale, daß die Einreihung der Zygaeniden bei den „Kleinschmetter-
lingen" wohl gerechtfertigt ist.
Es sind im allgemeinen plumpe Tiere mit allmählich keulig verdickten
oder mit gefiederten (cf) bzw. gesägten (g) Fühlern und meist gut ent-
wickelter Rollzunge. Das Flügelgeäder im Vorderflügel und Hinterflügel be-
1) In den Tropen sind die Cochlidiiden durch den Raupenfraß oft recht schäd-
lich, fast mehr aber noch ihrer Brennhaare wegen gefürchtet. In der indischen
Region kommen viele Arten oft in großer Menge auf Tee, Kakao, Kaffee usw. vor.
Sie schaden nicht nur durch ihren Fraß an den Blättern, der nicht selten bis zum
Kahlfraß führen kann, sondern fast noch mehr dadurch, daß sie zur Verpuppung
in die Erde gehen und diese dabei dermaßen mit ihren Brennhaaren spicken, daß
die barfüßigen Kulis nicht in den Pflanzungen arbeiten können (Reh).
426
II. Spezieller Teil.
^K
sitzt eine kräftige Analis, der
///-Stamm deutlich erhalten. —
Die Raupen sind dick, auf dem
Rücken gewölbt, meist lichtgelb,
reihenweise schwarz gefleckt,
fein behaart, mit kleinem, run-
dem, stark einziehbarem Kopf.
Die Bauchfüße sind Klammer-
füße, d. h. sie tragen einen
inneren Halbkreis von Haken.
Die Verpuppung findet in
einem seidenglänzenden, festen,
weißen oder gelben Gespinst
statt. Die Puppen, deren Hin-
terleibssegmente 3 — 6 beim o
und 3 — 7 beim cf (wohl auch
das I. und 2.) frei beweglich,
und deren Fühler-, Bein- und
Flügelscheiden nur lose mitein-
ander verklebt sind, arbeiten
sich vor dem Ausschlüpfen weit
aus dem Gespinst heraus.
Die meist buntgefärbten
Tiere (Vorderflügel oft bläu-
lich, grünlich mit dunkelroten
Flecken oder einfarbig grün)
sind eifrige Blütenbesucher, die
häufig im Sonnenschein zu mehreren auf einem Blütenkopf saugen und ziem-
lich schwerfällig schwirrend davonfliegen, wenn sie nichts mehr finden. Sie
sitzen auf den Blüten so harmlos, oft in Kopula, daß sie sich immer ohne
Mühe erhaschen lassen. Die Raupen, die auf allen möglichen Blütenpflanzen
leben, überwintern in ziemlich erwachsenem Zustand, um im Frühjahr ihren
Fraß noch einige Wochen fortzusetzen und dann endlich zur Verpuppung an
einem Stengel in die Höhe zu kriechen (Heymons).
Man findet die Zygaenen in den Sommermonaten auf Wiesen, in lichten
Waldungen, besonders auf den Kalkbergen oft in großer Anzahl, so daß der
Forstmann ihnen oft begegnet.
Als die häufigsten Arten seien genannt: Zygaeiia fUipendiilae L., sca-
biosae Schew., trifolii Esp.
Abb. 380. Zygaena (AnHirocera) filipendidae
L. auf Distelköpf eil. (Aus Brehms Tier-
leben. Bd. II. >
Familie: Pyralidae.
Zünsler.
Die Zünsler sind im allgemeinen größer als die Tortriciden und durch
die schmal dreieckigen Vorderflügel und die breit dreieckigen, faltbaren
Hinterflügel habituell gut gekennzeichnet. Im Vorderflügel fehlt die Analis
stets, m^ entspringt nahe dem Zellenwinkel, in der Regel stark an 7n^ ge-
nähert. Ader r^ und r-^ fast immer gestielt. Hinterflügel mit 3 Hinterrands-
[. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae.
427
ädern (an. ax^ und ax.^), /n^ entspringt in der Regel aus dem unteren Winkel
der Mittelzelle, //i-^ weit getrennt von m^, nahe bei rr (Abb. 381).
Die Fühler sind verschieden gestaltet, beim Männchen häufig stärker
gewimpert, bei vielen Arten mit besonderer Auszeichnung der Basalglieder
(Ausschnitte. Knoten usw.). Rüssel gut entwickelt, ebenso die Maxillar-
palpen, Labialpalpen sehr verschieden geformt, in mehreren Gruppen lang,
schnabelförmig. Körper in der Regel schlank,
mit langen, dünnen Beinen.
Das E i gehört der Flachform (wie das
der Tortriciden) an. Die Raupen sind meist
gestreckt, schwach behaart, mit 5 Paaren mit
Hakenkränzen besetzten Bauchbeinen. Nach
Baer (1906) besitzen die ersten Lateralwarzen
des Prothorax, die vor dem Stigma liegen, nur
2 Borsten im Gegensatz zu den Tortriciden. bei
denen die betreffenden Warzen 3 Borsten tragen
(s. Abb. 179. S. 213). Sie leben meist in Ge-
spinstgängen (Galerien) an sehr verschiedenen
Pflanzen und Pflanzenteilen oder an toten orga-
nischen Stoffen. Manche Formen zeigen sogar
eine weitgehende Anpassung an das Wasserleben.
Die zahlreichen Arten der Pyraliden (ca.
500 europäische Arten) werden von Rebel (in
Spul er) hauptsächlich nach dem Flügelgeäder
in II Unterfamilien eingeteilt: Galleriinae , Cram-
biiiae, Anerastiinae, Phycitinae, Epipaschiinae,
Endolrichinae . Pyralinae, Hydrocampinae. Sco-
pariinae und Pyraustiiiae.
Forstlich besitzen die Pyraliden bei weitem nicht die große Be-
deutung wie die Tortriciden; für die Forstentomologie kommt überhaupt nur
eine Unterfamilie in Betracht, die Phycitinae, während die Vertreter der
übrigen Unterfamilien forstlich ohne Interesse sind. Dagegen stellen eine
ganze Reihe von ihnen landwirtschaftliche Schädlinge, teils schlimmster
Natur, vor; diese gehören in der Mehrzahl den Pyraustinen an^), dann auch
den Galleriinen (Wachsmotten).
Abb. 381. Flügelgeäder einer
VyxdiMde (Crambus) (Vfl stets
ohne an, m<, nahe dem Zellen-
winkel entspringend, stark ge-
nähert an 771^, Hfl Wo ^us
dem unteren Winkel der Zelle
entspringend, m-^ weit ge-
trennt von Wo ). Nach S p u l e r.
Unterfamilie : Phycitinae,
Die Phycitinen gehören in die i. Gruppe der Zünsler, bei denen die
Ader cii auf der Oberseite der Hinterflügel mit einem Haarkamm besetzt xmd
bei denen auf den schmalen und langgestreckten Vorderflügeln die Ader /■-
stets fehlt (Abb. 382).
Die männlichen Fühler sehr verschieden gestaltet, häufig mit knotiger,
ausgehöhlter und einseitig beschuppter Verdickung im Basalteil, zuweilen
auch mit starker Ausrandung daselbst, meist kurz bewimpert. Palpen ver-
schieden gestaltet.
1) Unter ihnen macht in der letzten Zeit vor allem Pyrausla Huhilalis Hb.
(European corn-borer) von sich reden, der vor etwa 16 Jahren in Nordamerika ein-
geschleppt wurde und durch seine Vermehrung dem dortigen Maisbau schwerste
Schäden zufügt, ja, den Maisbau in manchen Gegenden geradezu in Frage stellt.
428 II. Spezieller Teil.
Die Raupen sind in der Regel gestreckt, schwach behaart mit einem
deutlichen Augenfleck am Metathorax. Sie leben meist in schlauchartigen
Gängen, zum Teil auch im Innern ihrer Nährpflanzen.
Von den 50 europäischen Gattungen der Phycitinen sind hier 6 zu be-
rücksichtigen, und auch unter diesen kommt nur wenigen eine größere wirt-
schaftliche Bedeutung zu, wie vor allem der Gattung Dioryctria ZU.
Übersicht über die hier genannten Phycitinen
in systematischer Reihenfolge.
Ephestia elutella Hb.
Plodia interpuncteUa Hb.
Hyphantidium terebreUiim Zinck.
— conicolellum Comst.
Dioryctria splendidella H. S.
— abietella Schiff.
— Schützeella Fuchs.
— mendacella Stgr.
— pineae Stgr.
Acrobasis tumidana Schiff.
— zelleri Rag.
— consociella Hb.
Myelois ceratoniae ZU.
Übersicht der hier genannten Zünsler nach ihrem biologisch-
forstlichen Verhalten.
In Same n.
Raupe lebt in Kiefernsamen (außer in getrockneten Früchten.
Kräutern usw.) Ephestia elutella Hb. (S. 429)
Raupe lebt in Samen von Robinia, Castanea vesca usw.
Myelois ceratoniae ZU. (S. 452)
In Zapfen.
Raupe lebt in den Zapfen von Fichte, Tanne, Kiefer oder Lärche
Hyphantidium terebrellum Zinck. und conicolellum Comst. (S. 432), Dioryctria
abietella Schiff. (S. 440), mendacella Stgr. (S. 449), pineae Stgr. (S. 450)
An Kiefer.
Raupe lebt in verpilzten und verharzten Stellen der Stämme
und Zweige der verschiedenen Kiefernarten, bes. Weimuts-
kiefer, starke Harzflüsse erzeugend, die durch Ver-
mischung des Harzes mit den Nage- und Kotkrümeln ein mörtelähn-
liches Aussehen bekommen .... Dioryctria splendidella H. S. (S. 434)
Raupe lebt ähnlich wie die vorige an verharzten Stamm- oder
Zweigstellen der Kiefer, besonders Weimutskiefer, jedoch
selbst keine Harzflüsse erzeugend, sondern nur durch den
Austritt des braunen Kotes bemerkbar . Dioryctria abietella Schiff. (S. 4401
Raupe lebt an durch Agaricus befallenen jungen Kiefern
(hier dicht über dem Erdboden, mehr an dem Wurzelhals)
Dioryctria splendidella H. S. (S. 434)
Raupe lebt in den Harzrändern von Schälwunden
Dioryctria splendidella H. S. (S.434)
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae.
429
Raupe lebt in den durch E^'elria resiiiella L. verursachten Anschwellungen
am Grunde der Harzgallen Dioryctria abietella Schiff. (S.440)
Raupe lebt in den Wipfeltrieben, die jüngsten verholzten Triebe aus-
höhlend Dioryclria abietella Schiff. (S. 440)
An Fichte.
Raupe lebt an den Schälwunden (Sommerschälung des Rotwildes) in
den verharzenden Wundrändern . . Dioryclria splendid ella H. S. (S. 434!
Raupe lebt an den Wipfeltrieben der Fichte, diese meist zum Ab-
sterben bringend Dioryclria abietella Schiff. (S. 4401
Raupe lebt zwischen den Nadeln der Fichte, die sie mit wenigen Fäden
zusammenspinnt Dioryclria sc/ii/tze:dla Fuchs. (S. 448)
Raupe lebt in Chermes-Gallen Dioryctria abietella Schiff. S. 440,
An Tanne und Lärche.
Raupe lebt an den Wipfeltrieben .... Dioryctria abietella Sch.\ii. (8.442)
An Eichen.
Raupe lebt an Eichen, wo sie ein größeres Blattnest herstellt und die
Blätter skelettiert Icrobasis zelleri Rag. (S. 451)
Außerdem an Eiche noch die Raupen von Acrobasis coiisociella Hb.
(S.4511 und turnidaiia Schiff. (S. 451)
Gattung Ephestia Gn.
Flügelgeäder (Abb. 382) reduziert. Auf dem Vorderflügel fehlen die Adern
m^ und rj, auf dem Hinterflügel sind Ader cu^ und W3 oft gestielt, m.^ fehlt,
rr anastomisiert mit sc nach der Mitte. Das Gesicht ist glatt,
Palpen aufgebogen mit aufgerichtetem Endglied, Neben-
palpen deutlich. .^===-^- .;A-^__7/77j
Die Raupen sind wachsartig, mit feinen dunklen Punkt- "^T^T" — — .^^ ~y(^7
Warzen. Die \'erpuppung erfolgt meist in einem Kokon.
Die meisten Ep/iesfia-Anen sind Begleiter des i\\\->v_ ^^y
menschlichen Haushaltes, ihre Ranpen leben in der \\ \\~^^^V^«7 '
Regel in getrockneten Früchten; eine Art, Ep/t. M~^.:^Ji^-->^'^/
kuehtiieUa ZU. (die Mehlmotte), ist ein schlimmer Abb. 382. Flügelgeäder
Mühlenschädling, der durch Verspinnen des Mehls y°/^ Fjll''"''' ""'"'fi^
r, T,, ° , T^ • 1 •■ Hb. (VfL /-., u. nio feh-
zu großen Klumpen schwere Betriebsstörungen ver- ^en. Hfl /« u. cu ge-
ursachfi). stielt, Wo fehlt). Nach
Forstlich kommt nur eine Art in Betracht. Spul er.
nämlich
Ephestia elutella Hb.
Taf. V, Fig. II.
Kiefernsa menzünsler, Dörrobstschabe, Heu- oder Kakaomotte.
Ratzeburg: Tinea hageniella Rtzb. (Kiefernsamenmotte). — Altum: Ephestia elu-
tella Hb. — Nitsche: Phycis (Ephestia) elutella Hb. — Nüßlin-Rhunibler : Phycis
(Ephestia) elutella Hb.
Ratzeburg beschrieb diese Art in seiner Waldverderbnis (II. 419) als
Tiiieci haoetüella. Es fiel ihm zwar die Ähnlichkeit mit Ephestia elutella
Hb. auf. doch schien ihm weder die Zeichnung (nach der Beschreibung),
noch auch die Lebensweise („Raupe in trockenem Obst" usw.) die Identifi-
zierung zu rechtfertigen. Die Unterschiede aber, die Ratzeburg bezüglich
1) Die Bekämpfung dieses Schädlings geschieht am wirkungsvollsten durch
Blausäuredurchgasung (nach dem Zyklonverfahren) der befallenen Mühlen.
430 II. Spezieller Teil.
der Flügelzeichnung angibt, sind unwesentlich, und bezüglich der Lebens-
weise hat sich elutella Hb. als ungemein polyphag erwiesen (darauf deuten
schon die verschiedenen deutschen Namen des Tieres hin).
Falter: Vorderflügel bräunlich aschgrau, am Innenrand rötlichgrau, gewöhn-
lich mit dunkler Schrägbinde nach i/o, zwei verloschenen Doppelpunkten am Quer-
ast und feiner dunkel gesäumter hinterer Querlinie, nicht selten ist diese Zeichnung
mehr oder weniger undeutlich. Hinterflügel staubgrau oder weißlichgrau, Fransen
etwas heller mit dunkler Saumlinie. Spannweite ca. 15 mm.
Raupe verschieden gefärbt, weißlich bis bräunlich, Kopf hellbraun, Nacken-
schild dunkelbraun, in der Mitte durch einen Strich geteilt; mit gelbbraunen, je ein
Borstenhaar tragenden Wärzchen und dunkler Afterklappe. Länge 1 1 mm.
Eier oval, plattgedrückt.
Die Verbreitung von elutella ist eine sehr große; sie erstreckt sich nicht
nur über ganz Europa von den südlichsten Teilen bis nach Skandinavien,
sondern auch über außereuropäische Länder, wie ganz
Nordamerika und auch viele tropische Länder. Bei
der leichtenVerschleppbarkeit des Tieres mit Waren-
transporten ist diese weite Verbreitung leicht erklärlich.
Die Raupe lebt von Vegetabilien aller Art. Zacher
(1927) führt als Nahrung an: Heu, getrocknete Kräuter
. . „ und Früchte, Graupen, Getreide, Keks, altes Brot,
Ephestia elutella Hb. ferner Reis, Rhabarberwurzeln, Sesamkuchen, Kokos-
(Kiefernsamen- preßkuchen, Zitronenschalen und Rohkakao. Andere
Zünsler). 1^/2 X. Autoren nennen außerdem noch als gelegentliche Nah-
rung trockene Insekten.
Das Vorkommen in Kiefernsamen wurde zuerst \on Ratze-
burg mitgeteilt und später noch mehrfach beobachtet i).
Die Ratzeburgsche Mitteilung bezieht sich auf einen Bericht und
verschiedene Sendungen des damaligen Oberförsters Greulich zu Taber-
brück (Reg.-Bez. Königsberg). „Die Samen," schreibt Ratzeburg, ,, bil-
deten Klümpchen von ca. 15 — 20 Körnern, welche das darin sitzende Räup-
chen versponnen und mit Kotstückchen durchwebt hatte. Die Samen hatten
ein Loch von 1/3 der Samengröße und waren ausgefressen. Nur wenn die
Raupe gestört wurde, kroch sie hervor, war dann aber träge und schien sehr
wesentlich in ihrer Lebensordnung gestört." Nach dem Bericht Greulichs
trat die Erscheinung bei den aufbewahrten Samen regelmäßig alljährlich
in den Monaten August und September auf. Weitere Fälle über schädliches
Vorkommen der elutella in Samendarren teilt AI tum (F. IL 173) mit; er
macht dabei darauf aufmerksam, daß hauptsächlich die oberen Schichten des
Samens leiden.
Die Haup tf lugzei t in den Lagerräumen fällt nach Zacher (1927)
in die Monate Mai bis September. Einzelne Falter sind aber in einiger-
1) Eine ähnliche Lebensweise führt eine andere, sehr auffällig gefärbte Pyra-
lide, Plodia interpunctella Hb., die „kupferfarbige Dörrobstmade" (Vorderflügel
sind zu 2/3 rotbraun-kupferfarben, während das wurzelwärts gelegene Drittel hellgrau
gefärbt ist). Die Raupen (weiß, hellrosa, gelblich oder grünlich gefärbt, Kopf und
Nackenschild bräunlich) fressen neben allen möglichen Vegetabilien (Gewürze ver-
schiedener Art, getrocknete Rinden und Wurzeln, Klec;amen, Hülsenfrüchte, Eß-
kastanien, Erdnüsse, Mehl und Mehlwaren, Getreide) auch Pinien samen.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae. 431
maßen warmen Räumen das ganze Jahr hindurch zu finden. Aus den
kleinen, fast kugelrunden Eiern schlüpfen die Raupen je nach der Tempe-
ratur schneller oder langsamer, und zwar nach Zache rs Beobachtungen bei
28IA. OC nach drei, bei 25 — 27 ^ nach vier, bei 19^ 9 — 24" nach sechs Tagen aus.
Es ist sicher, daß die Temperatur für die Entwicklungsdauer ein maß-
gebender Faktor ist, jedoch wirken darauf auch Schwankungen der Feuchtig-
keit und vor allen Dingen die Ernährung stark ein. Als kürzeste Entwick-
lungsdauer der Heumottenraupe vom Ei bis zur Verpuppung beobachtete
Zacher im Sommer 1925 die Zeit von 25 Tagen; wenn angegeben wird,
daß sie im Hochsommer schon nach 2 — 3 Wochen erwachsen sein können,
so fand er dafür in seinen Versuchen keine Bestätigung. Dagegen waren
andere Raupen, die im gleichen Raum, aber mit anderem Futter aufgezogen
wurden, noch nicht einmal nach 194 Tagen verpuppt. Diese Unterschiede
müssen in erster Linie durch die Ernährung bedingt worden sein, was
Zacher durch verschiedene Versuche erhärten konnte. Die kürzeste Ent-
wicklungsdauer mit 58 Tagen erzielte er bei Darreichung von Nougat, in
Erdnüssen dauerte die Entwicklung 64 Tage, in Haselnußmasse 72, in Bitter-
schokolade 81, in süßen Mandeln 84 Tage, während andererseits die längste
Entwicklungsdauer in einer Nougatmasse 182, in süßen Mandeln 169 Tage be-
trug. Wodurch die großen Schwankungen bei Tieren zu erklären sind, die
unter den gleichen Bedingungen von Temperatur, Feuchtigkeit und Er-
nährung aufgezogen wurden, kann noch nicht erklärt werden. Weitere
Untersuchungen über die Entwicklung der Heumotte werden vielleicht dar-
über Aufschluß geben.
Die Dauer der Puppenruhe betrug bei 30 — 31 0 etwa 4, bei Zimmer-
temperatur 16 — 19 Tage, während im Winter nach Angabe von Reh die
Puppe 5 — 6 Monate lang liegen bleiben kann. Die Latenzperiode der Raupen
scheint im Winter sich noch länger ausdehnen zu können. Auf Grund dieser
Beobachtungen kann man die kürzeste Entwicklungsdauer der Heumotte bei
Zimmertemperatur von der Eiablage bis zum Schlüpfen des Falters auf
etwa 82, die längste auf etwa 200 Tage berechnen. Das würde für den ersten
Fall 4, für den zweiten dagegen nicht einmal 2 Brüten im Jahr ergeben,
während van Emden auf Grund seiner Beobachtungen in Halle bei der
Heumotte i — 2 Generationen im Jahr annimmt. Als höchste Zahl der von
einem Weibchen abgelegten Eier stellte Zacher 137 Stück fest, während
Reh nur 50 — 60 annimmt.
Zur Bekämpfung empfiehlt AI tum, die am meisten befallenen oberen
Schichten zu entfernen. Ferner wird häufiges Umstechen der Haufen störend
auf die Entwicklung des Schädlings wirken und diesen allmählich ver-
schwinden lassen.
Eine radicale \'ernichtung wird sich indessen wohl nur durch Aus-
räucherung mit giftigen Gasen (Blausäure, Areginal u. dgl.) erreichen lassen.
Gattung Hyphantidium.
Auf den Vorderflügeln Wo vorhanden, /-_i und a, gestielt, auf den Hinter-
flügeln W3 und r//i kurz gestielt, in^ fehlend, rr stark an sc genähert.
Die Gattung enthält zwei europäische Arten, die in den Zapfen von
Nadelhölzern leben.
432
II. Spezieller Teil.
Hyphantidium terebrellum Zinck.
Taf. V, Fig. 12.
Falter: Vorderflügel schwarzbraun mit 2 weißen Querstreifen und 2 schwarzen
Mittelpunkten innerhalb eines großen weißen Vorderrandfleckes. Hinterflügel dunkel -
grau. Spannweite 20 mm.
Raupe weißlich oder gelblich weiß mit dunklen haartragenden Punktwarzen:
Kopf, Nacken- und Afterschild braun.
Der über ganz Mitteleuropa bis Rußland und Mittelitalien verbreitete Falter
fliegt bei uns in den Monaten Juni und Juli. Die Raupe findet man im Sep-
tember/Oktober in am Boden liegenden verkümmerten Fichten- und Tannenzapfen
(und auch in Kiefernzapfen, nach Disque), die gewöhnlich noch grün und durch
den daran haftenden Kot kenntlich sind. — Die Verpuppung erfolgt im Zapfen oder
in der Erde.
Holste (1922) zog die Art „aus alten, schon lange im Boden liegenden, zum
Teil kümmerlichen und halbwüchsigen Zapfen", die er am 22. Februar bei München
sammelte. Am 12. April fand er noch 3 große und 2 kleine Raupen. Eine von diesen
lebte noch am 26. Mai als Raupe und war erst am 24. Juni verpuppt. Von den
Faltern schlüpfte i Exemplar bereits am 19. Mai, die übrigen 14 Exemplare vom
19. Juni bis 16. Juli.
Außerdem sei noch erwähnt :
Hyphantidium conicolellum Const.
Falter mit einfarbig schwärzlichbraunen, glanzlosen Vorderflügeln und weiß-
lichgrauen Hinterflügeln. Die fast pigmentlose Raupe lebt in den Zapfen von Piiii/s
Jialepcnsis Mill. (Südfrankreich).
Gattung Dioryctria ZU.
Flügelgeäder (Abb. 384) vollständig, auf den
Vorderflügeln sind Ader /-j und r^ sowie m.^ und m.^ ge-
stielt, auf den Hinterflügeln sitzen m^, m^ und cu^ auf ge-
meinschaftlichem Stiel. In der Vorderflügelzeichnung
ist charakteristisch, daß sich ein mehr oder weniger
heller, meist weißlicher Mittelfleck an der Querader
befindet, von dem aus ein schwärzlicher Schatten
zum Innenrand geht.
Die Fühler beim Männchen über dem Wurzel-
glied gebogen mit einem Schuppenwulst in der
Biegung, die Geißel gesägt und gewimpert oder ein-
seitig kammzähnig. Labialpalpen mäßig lang, auf-
gebogen, mit kurzem, spitzem Endglied.
Die Dioryctrien gehören zu den größten
Abb. 384. Flügelgeäder einer Zünslern. Es gibt ein halbes Dutzend euro-
Dioryclria-P^xK. (Vfl ^3 u. a^ päischer Arten, deren Raupen sämtlich an
ferner m^ u. m, gestielt. Hfl xr , ,, , , , , ^ •^ r ^t t, -^^
„, „, -;, ,.,. °,+ rro,i-,o;T. Nadelholz leben und zum Teil forstlich recht
-///o, rri--^ u. cuy auT genieiii-
schaftlichem Stiel.) schädlich werden können.
Übersicht über die europäischen Dioryctria-Arten.
Die Querstreifen und der Mittel fleck auf den Vorderflügeln weiß und daher
sich deutlich vom Grund abhebend.
A. Falter groß, Spannweite 31 — 34 mm. Ein fahlroter Innenrandfleck wurzcl-
wärts von der vorderen Querbinde. — Raupe mehr oder weniger einfarbig,
mit sehr großen, dunklen, haartragenden Warzen (Abb. 385 A u. B), Stigma i
und 9 von den übrigen Stigmen in der Größe nicht auffallend verschieden.
Die beiden Borsten auf dem Chitinschild \or dem i. Stigma mehr in der Mitte
Unterordnung: Micro] epidoptera, Familie Pyralida
433
stehend (Abb. 387 A). — Puppe: Hakenborsten des letzten Segmentes auf
einem deutlichen Kamm inseriert. Endsegment auf der Dorsalseite sehr grob
gefurcht (Abb. 388 A). Verpuppung an der Fraßstelle. — Raupe lebt in ver-
harzten Stellen der Kiefer (und auch der Fichte)
Splendidella H. S. (sylvestrella Rtzb.)
Falter kleiner, Spannweite 25 — 28 mm. Der rote Innenranclfleck fehlt ganz
oder ist nur angedeutet. — Raupe mehr oder weniger deutlich längsgestreift.
B
Abb. 385. Raupen von: A Dioryctria Splendidella H. S., B dieselbe (stärker ver-
größert), Vorderteil von Seite (Warzen sehr groß), C Dioryctria abietella Schiff.
(Warzen wenig sichtbar), D Dioryctria schützeella Fuchs (Warzen wenig sichtbar,
deutliche Streifenzeichnung).
die haartragenden Warzen klein und nur undeutlich sichtbar (Abb. 385CU. D).
Stigma I und 9 um vieles größer als die übrigen Stigmen.
a) Querstreifen auf den Vorderflügeln, vor allem die hinteren stark gezackt
und scharf liniert. Raupe lebt in Zapfen und Wipfeltrieben von Fichte,
Tanne, Kiefer und Lärche, ferner in verharzten Stellen an Kiefernstämmen
und Ästen abietella Schiff.
b) Querstreifen auf den Vorderflügeln weniger stark gezackt und breiter,
weniger scharf liniert. Raupe deutlich längsgestreift, lebt an Fichte
zwischen den jungen Nadeln schützeella Fuchs.
II. Die lichten Querstreifen und der Mittelfleck auf den Vorderflügeln kaum heller
als der Grund und daher sich kaum von diesem abhebend. Südliche Arten.
A. Falter sehr groß, Spannweite bis 38 mm. Raupe in den Zapfen von Pinus
halepensis pineae Stgr.
B. Falter klein, Spannweite ca. 24 — 28 mm. Raupe wie bei der vorigen Art.
mendacella Stgr.
Escherich, Forstiiif^ekten, Bd. III. 28
434
II. Spezieller Teil.
Unter den zahlreichen Autoren, die sich mit der Erforschung der
Dioryctria- \rt&n beschäftigen, seien genannt: Ratzeburg, Altum, Ra-
gonot, Schütze, Borries, und vor allem W. Baer, dem wir die ein-
gehendsten Untersuchungen über die beiden wichtigsten Arten (splendidella
und abietella) verdanken und der uns diese präzis zu unterscheiden lehrte.
Dioryctria splendidella H. S.
Taf. V, Fig. 13.
Harz-Zünsler.
Ratzeburg: T. (Phycis) sylvestrella Rtzb. i) (Kiefernmotte). — Altum: Phycis syl-
vestrella Rtzb. (Harzbeulenzünsler). — Nitsche: Phycis (Dioryctria) abietella Zck.
(partifn). — Nüßlin-Rhumbler : Phycis (Dioryctria) splendidella H. S. — Wolff-
Krauße: Dioryctria splendidella H. S.
„Seit länger als einem Dezennium hat mich Ratzeburgs Tinea sylve-
strella wie ein unfaßbares Schemen geneckt," damit beginnt 1894 Altum
einen seiner Aufsätze über Dioryctria splendidella, die unter Ratzeburgs
sylvestrella zu verstehen ist (Baer, 1906). Und lange noch mußten die
Forstentomologen ähnliches empfinden, bis W. Baer durch seine eingehen-
den Studien Klarheit über dieses Tier gebracht hat. Zwar wurde schon 1893
Ragonot in seiner „Monographie des Phycitinae et des Galleriinae" (in
Romanoffs Mem. sur les Lepidopteres) die Unterschiede der beiden Arten
A B C
Abb. 386. Dioryctria splendidella H. S. (Harz-Zünsler); A Falter, B Raupe, C Puppe.
A Original, B und C nach Eid mann.
(splendidella und abietella) eingehend behandelt, doch blieb diese Literatur
den deutschen Forstentomologen so gut wie unbekannt. Außerdem ist es
Baer gelungen, das Artrecht der splendidella noch über Ragonot hinaus
1) Disque (1908) führt sylvestrella Rtzb. als besondere Art auf, doch
zweifellos zu Unrecht. Der einzige als sylvestrella Rtzb. bezeichnete Falter in der
Disqueschen Sammlung läßt sich nicht von splendidella H. S. unterscheiden. Das-
selbe gilt von der dort enthaltenen Raupe; diese zeigt die großen schwarzen Warzen,
wie sie für die splendidella-B.?i\x^e.n charakteristisch sind.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae. 435
sehr wesentlich zu erhärten und auch biologisch zu begründen, so daß die
Möglichkeit der sicheren Unterscheidung von spleiididella und abietella erst
durch Baers Arbeiten der deutschen Forstentomologie gegeben wurde.
Falter (Abb. 386 A) groß, Spannweite 31 — 34 mm. Vorderflügel aschgrau, mit
2 weißlichen, schwarz eingefaßten, zackigen Querbinden und weißlichem Mittelfleck,
der saumwärts schwarz beschattet ist. Am Innenrand vor (wurzelwärts) der vorderen
Querbinde ein rotbrauner breiter Fleck. Schuppen, die den Kamm auf dem Hinter-
rand des Scheitels bilden, bei den Männchen sehr lang und dünn, bei den Weibchen
zwar weniger dünn, aber immerhin nicht so kurz und breit wie bei abielella. Die
haarförmigen Duftschuppen der Männchen, die in der Spalte zwischen dem Meso-
und Metathorax beiderseits zu einem Bündel vereinigt liegen, nach der Spitze zu
kaum merklich verdickt (im Gegensatz zu abietella siehe unten) i).
A B
Abb. 387. Erstes Stigma mit dem davor gelegenen Hornschild. A von Dior, splendi-
della H. S. (die Borsten stehen etwa in der Mitte des Schildes); B von Dior, abie-
tella Schiff, (die Borsten stehen nahe dem Vorderrand des Schildes). Nach Baer.
Raupe meist farblos, höchstens zart grünlichgrau oder rosafarbig, „wie
glasiert aussehend", meist ohne jegliche Längsstreifung. Höchstens treten kurz vor
der Häutung, zu welchem Zeitpunkt die Raupe gewöhnlich dunkler, schmutzig grau-
grün erscheint, zuweilen Spuren einer Längsstreifung auf. Die haartragenden
Warzen sehr groß, stark chitinisiert und schwarzbraun, so daß sie wie zahl-
reiche schwarze Punkte auf dem hellen Körper erscheinen. Stigma i und 9 (letztes
am II. Körperring) in der Größe nicht auffallend verschieden von den übrigen
Stigmen. Die beiden Borsten auf dem Chitinschild vor dem i. Stigma stehen etwa
in der Mitte (Abb. 387 A).
Puppe (Abb. 386 C) hellbraun; Endsegment beiderseits nur schwach gewölbt,
auf der Ventralseite runzlig gefurcht, dorsal sehr grob gerunzelt (Abb. 388 A). Die
6 Hakenborsten auf einem, den Endsegmenten aufgesetzten deutlichen Kamm stehend
(Abb. 388 A). Länge 15 — 17 mm (abietella nur 9— 11 mm!).
Der über Europa verbreitete Zünsler kommt hauptsächlich auf der
Kiefer vor, und zwar ist er auf den verschiedensten Arten gefunden worden,
vor allem auf der Weimutskiefer und der gemeinen Kiefer, dann
auf der Seekiefer (P.pinasler ^q\.) und der Tränenkiefer (P.excelsa
Wall.). Geeignetenfalls mag er überhaupt wohl an jeder Kieferart auftreten
(Baer). In zweiter Linie kommt er auch auf Fichte vor.
Die Bionomie ist vor allem durch Baer klargestellt worden, dessen
Beobachtungen durch Eidmann ergänzt wurden.
Die Generation dürfte in Mitteldeutschland im großen und ganzen eine
einjährige sein: Falterflug Ende Juli bis anfangs August, Raupe überwintert
erwachsen in der Puppenwiege und verpuppt sich im nächsten Frühjahr, ohne
noch einmal gefressen zu haben.
Die Entwicklung läuft in diesem Fall nach folgender Bioformel ab:
78 — 8,6
1) Außerdem sind die lateral-dorsal gelegenen ,, Klappen"' des männlichen Geni-
talapparates anders geformt als bei abietella, wie die von Baer (1907, Fig. 3) ge-
gebene Abbildung deutlich zeigt.
436
II. Spezieller Teil.
Ventralansicht.
Dorsalansicht.
Doch scheint sich in klimatisch günstigen Jahren noch eine 2. Generation
einschieben zu können. Die Nachkommen dieser 2. Generation würden dann
im nächsten Frühjahr nach der Überwinte-
rung nochmals fressen. In diesem Falle
kann man unter Umständen zu allen Jahres-
zeiten Raupen des verschiedensten Alters
finden, was Baer auch tatsächlich beob-
achtet hat. In südlichen Ländern, wo der
Falter (nach Ragono t) bereits in der
ersten Julihälfte gefangen wird, wird Avohl
eine doppelte Generation die Regel sein.
Die Raupe lebt vornehmlich in ver-
harzten Stellen am Stamm oder an
den Zweigen in erster Linie an Kiefer,
besonders Weimutskiefer. Bei letzterer ist
es meist der Rindenblasenrost (Peridermium
sirobi), der den Boden für den Befall vor-
bereitet. Letzterer stellt sich hier fast stets
in der Nähe bzw. unmittelbar unter den
Astquirlen ein.
„Das augenfälligste Merkmal des Be-
falls sind die starken Harzflüsse. Wo sie,
wie gewöhnlich, senkrecht am Stamm her-
ablaufen, bilden sie bald einzelne kleinere,
bald zusammenfließend größere Krusten
oder Decken (Abb. 389) und seltener auch,
v.'o sie von geneigten Ästen abtropfen kön-
nen, stalaktitenartige Formen (Abb. 390).
Infolge der Vermischung des Harzes mit
Nage- und Kotkrümeln haben sie ein mörtel-
artiges, dabei oft schön bunt, besonders rötlich gefärbtes Aussehen und
ähneln dadurch manchen Harztrichtern von Dendroctonus micans Kug. (siehe
Bd. II, S. 560) zuweilen so sehr, daß man beide, namentlich wenn alt und
verwittert, nicht ohne weiteres unterscheiden kann. Besonders nach dem Aus-
flug des Falters zeigen sie ein deutliches, im Durchmesser 3 — 4 mm großes
Flugloch, das übrigens schon die erwachsene Raupe angefertigt, nur mit
einem leichten Gewebe wieder versponnen hat."
Das Flugloch befindet sich meist auf dem Gipfel des Harztrichters,
was biologisch insofern von Vorteil ist, als das frische und vielfach noch
klebrige Harz zweifellos ein unüberwindbares Hindernis gegen das Ein-
dringen von Raubinsekten usw. bildet.
„Öffnet man eine der Harzkrusten, so findet man darin einen Gang oder
eine Höhle, die meist bis in den Splint des Baumes hineingreift und mit
einem weißen, seidenpapierartigen Gespinstrohr ausgekleidet ist, das je
nachdem die verlassene Puppenhülse, die Puppe oder die erwachsene Raupe
enthält. Ist die Raupe jünger, so muß man oft noch weiter zu ihr vor-
dringen; sie befindet sich dann im Bast in einem zu dem Harzausfluß hin-
führenden, mit harzigen Kotkrümeln erfüllten (nach Eidmann bleibt fast
stets ein größerer oder kleinerer Hohlraum frei von Kot, s. Abb. 391h) län-
geren Gang, der dem Lotgang des großen Waldgärtners gleichen kann, oder
Seitliche Ansicht.
A B
Abb. 388. Die zwei letzten Ab-
dominalsegmente der Puppe: A
von Dior, splendid eil a H. S.,
B von Dior, abielella Schiff.
Nach Baer.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae.
437
in einem mehr unregelmäßig ausgenagten Platz von etwa 4 — 5 cm Länge und
2 cm Breite. Räupchen des allerjüngsten Alters findet man einfach unter der
Rinde eingebohrt, sie verraten sich nur durch einige dunkelbraune Kotkrümel
(im Gegensatz zu den hellbraunroten von D. abieiella), ohne bereits einen
nennenswerten Harzausfluß erzeugt zu haben. Später zeigen sich über der
Fraßstelle korallenähnliche Harzgebilde, aber schon ehe die Raupe halb-
wüchsig ist, die eigentlichen Harzkrusten."
Die Puppenwiege, die mit einem dünnen, seidenpapierartigen Ge-
spinst ausgekleidet ist, liegt oberhalb des Flugloches und in der Regel
parallel zur Längsachse des Stammes (Abb. 391), die Puppe ist mit dem
Kopfende nach unten gerichtet.
„Als die eigentliche Heimstätte des Harzzünslers gelten in Deutschland
zweifellos mit Recht die sog. Kienzöpfe, d. h. jene verkienenden Wipfel-
partien der Wa 1 d k i e f e r , die von dem Rindenblasenrost, Peridermiiun pini,
befallen sind. Hier fressen oft 6 Raupen und wohl auch noch mehr dicht
beieinander, so daß ihre Harzbehausungen oft zu großen Decken zusammen-
fließen. Gefunden wird freilich hier aus naheliegenden Gründen von dem
sammelnden Entomologen der Fraß verhältnismäßig am seltensten und wird
auch wohl sonst wenig be-
achtet, da er bei der Fäl-
lung der Kiefern oft schon
alt und wenig mehr auf-
fällig ist. Eher noch be-
gegnet der Interessierte
dem Fräße, wenn auch
einem viel spärlicheren, in
erreichbarer Höhe an jün-
geren peridermiumkranken
Kiefernstämmchen, sowie
sonstigen terpentinausschei-
denden Stammteilen, z. B.
den Wundrändern von me-
chanischen Verletzungen,
wie AI tum dies an sol-
chen beobachtete, die von
Wagenrädern herrührten."
Gegenwärtig tritt spleit-
didella am auffälligsten an
der Weimutskiefer auf.
Einmal lenkt letztere wohl
„als Zierbaum und als sel-
tene Erscheinung im forst-
lichen Großbetrieb die Auf-
merksamkeit im besonderen
Maße auf sich" und sodann
aber „wird sie verhältnis-
mäßig viel mehr als die
gemeine Kiefer vom Rin- ^^^- 3^*^- Befall von Dior, splendidella H. S. an
c\exyU\^^e^^rc.^\iPr>rhh>ruih,u, '^^'^^"^ Astquirl einer 50 jährigen Weimutskiefer.
denblasenrost(/^v/r/^'/-w.'//w Harztrichter und starker Harzfluß Nach Eid-
strobi) und auch Agaricus mann.
438
II. Spezieller Tel
melleus angegriffen, und zwar von erstereni vorzugsweise in noch jugend-
lichem Alter und daher auch in erreichbarer Höhe" (Baer).
In den von Agaricus befallenen Stämmen fand Baer Splendidella dicht
über dem Erdboden nahe dem verharzenden Wurzelhalse. Auch in den Harz-
rändern der vom Rotwild geschälten Stellen konnte er splendidella-'K^.w^ftw
feststellen, und zwar sowohl an Kiefer als auch an Fichte.
Wenn auch das Vorkommen an Fichte im Verhältnis zu den zahl-
losen Schälwunden nicht häufig ist, so stellt es doch nicht etwa Ausnahme-
erscheinungen dar. Baer beobachtete den Fraß an Fichte ausschließlich in
den verharzenden Wundrändern der Sommerschälungen. Infolge des verti-
kalen Verlaufes dieser bilden die Harzflüsse hier meist lange, schmale
Krusten, unterscheiden sich sonst nicht irgendwie wesentlich von den an den
verschiedenen Kiefernarten auftretenden i).
Wie zahlreich der Harzzünsler auftreten kann, zeigt ein an Baer ein-
gesandter Astzwiesel einer Weimutskiefer von 30 cm Länge und 12 cm
Durchmesser, der außer einigen Raupen 2,7 Puppenhülsen enthielt.
Bei der Beurteilung der forstlichen Bedeutung des Harzzünslers
ist zunächst zu berücksichtigen, daß sich die Raupen an Kiefer wie an Fichte
nur an verharzenden Stellen einfinden, gleichviel, ob Pilzmycel oder Ver-
wundungen dabei im Spiel sind.
Wo es sich um Verpilzungen handelt, ist der spleiidideUa-Yx'A.\S ohne
Bedeutung. Es wird durch ihn höchstens das Zerstörungswerk des Pilzes und
verschiedener anderer sekundärer Schädlinge, die durch den Krankheits-
Abb. 390. Harzstalaktiten an einem peridermiumkranken Weimutskieferast, hervorgerufen
durch den Raupenfraß von Dioryclria s feiend idellu H. S. Nach Baer.
zustand der Pflanze angezogen wurden, noch gefördert und zum baldigen
Abschluß gebracht, w^as in forstlicher Hinsicht nur von Vorteil sein kann.
Anders beim Fraß in Schälwunden. „Für deren Verheilung kann es
ij In Gesellschaft der splendidella fand Baer häufig noch die Räupchen des
Wicklers L.duplicana Zett. (s. oben, S. 370!, außerdem zahlreiche Fliegenmaden,
eine CheUosia-kx\. (Ch. viorio Zett.Pi.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae.
439
nicht gleichgültig sein, ob sie ungestört vor sich gehen kann oder ob Jahre
hindurch immer aufs neue die frischen Wundränder von den Raupen durch-
wühlt werden und damit zugleich ungleich größere Harzmassen zum Ausfluß
gelangen, als dies an sich der Heilungsvorgang mit sich bringen würde."
ABC
Abb. 391. Fraßbilder (schematisch) von Dioryciria splendidella H. S. A mit senk-
recht, B mit wagrecht liegender Puppenwiege, C von einer tachinierten Raupe. Die
schraffierten Partien bezeichnen die mit Kot und Harz ausgefüllten Teile des Gang-
systems, a Flugloch, p Puppenwiege, h fiohlraum, s Scheidewand. Nach Eid-
m a n n.
„Damit entbehrt also D. splendidella nicht jeglicher forstlichen Bedeutung,
zumal gerade ihre Gänge die Schälwundenränder oft ihrer ganzen Länge
nach tief furchen. Umgekehrt erweist sich unser Zünsler da auch wiederum
nützlich, wo die Terpentingewinnung eine wichtige forstliche Nutzung bildet
und er, wie an den Lachen der Seekiefern, den Harzfluß steigert" (Baer).
Eine Bekämpfung kann höchstens beim Auftreten im Gefolge von
mechanischen Verletzungen in Frage kommen: Hier kann das Überteeren
der befallenen Stellen ein Auskommen der Falter wie auch eine Neu-
belegung verhüten und so zur glatten Verheilung der Wunden beitragen.
Unter den natürlichen Feinden scheinen die Parasiten eine nicht
geringe Rolle zu spielen, und zwar vor allem eine Tachine, Actia (Gymno-
pareia) pilipennis FIL, die auch bei den verschiedenen Evetria- Arten und
vielen anderen Kleinfaltern schmarotzt. Nach Eidmann (1925) erfolgt
die Infektion der Raupe schon sehr frühzeitig, vielleicht beim Einbohren
der jungen Raupe in die Rinde. Eine spätere Infektion ist aus dem Grunde
nicht anzunehmen, weil das Fraßbild tachinierter Raupen schon gewisse Ver-
änderungen aufweist, so fehlt der „Hohlraum", der sonst stets vorhanden
ist, und auch der Harztrichter wird vermißt, so daß das Flugloch direkt auf
der Rinde mündet. „Es ist eine höchst bemerkenswerte Tatsache, daß tachi-
nierte Raupen wohl das Flugloch anfertigen, daß aber weder das Gespinst
in der Puppenwiege, noch die Scheidewand im Ausfluggang hergestellt wird.
440
II. Spezieller Teil.
Die Raupe ist gewissermaßen ihrem schlimmsten Feind bei seiner Entwick-
lung in jeder Weise behilflich, denn die ausschlüpfende Tachine findet so
den Weg ins Freie offen, während sie unter normalen Umständen aus ihrem
Gefängnis nicht heraus könnte und elend umkommen müßte."
Als Parasiten hat Baer außerdem noch gezogen: Pimpla examinafor F.
und inquisitor Scop. und Macrocentrus thoracicus Nees.
Dioryctria abietella Schiff.
Taf. V, Fig. 14.
Fichtenzapfen-Zü nsler.
Var. mutatella Fuchs.
Ratzeburg: Tinea (Phycis) abietella Fbr. — Altum: Phycis abietella W. V. —
Nitsche: Phycis (Dioryctria') abietella Zck. — Nüßlin-Rhumbler : Phycis (Dioryc-
tria) abietella S.V. — Wolff-Krauße: Dioryctria abietella Schiff.
Wie oben schon bemerkt, wurde in der forstentomologischen Literatur
abietella lange Zeit mit Splendidella bzw. sylvestrella vermengt, obwohl so-
wohl die Falter als besonders auch die Raupen der beiden sehr deutliche
Unterschiede aufweisen i).
Der Falter (Abb. 392 A) unterscheidet sich von Splendidella schon durch
seine viel geringere Spannweite: 25 — 30 mm. Auch in der Zeichnung lassen sich
A B C
Abb. 392. Dioryctria abietella Schiff. (Fichtenzapfenzünsler), A Falter (i^/2X),
B Schuppen aus dem Scheitelkamm, C Duftschuppen vom Mesothorax. B und C
nach Baer.
Unterschiede feststellen, so fehlt der braunrote Innenrandfleck der Vorderflügel,
auch ist der Verlauf der hinteren Querbinde mehr winklig. Mittelfleck schmal,
nach außen nur schwach dunkel beschattet. Die Grundfarbe ist schmutzigweiß bis
gelblich- oder bräunlichweiß 2). Bei den Männchen sind die Schuppen auf dem
Hinterrand des Scheitels kurz und breit (Abb. 392 B) und die Duftschuppen
(zwischen Meso- und Metathorax) zur Spitze auffallend zum Teil keulenförmig
verdickt. Die Klappen des männlichen Genitalapparates sind viel breiter als die
der Splendidella.
Raupe deutlich längsgestreift, beiderseits der dunklen Rückenmitte je einen
ziemlich schmalen, hellen Längsstreifen, so daß die dunklen, braunroten Körperseiten
abermals ein breites Längsband bilden. Ein weiteres sehr deutliches Unterschei-
dungsmerkmal bilden die Warzen, die nur schwach chitinisiert sind
1) Wenn Ratzeburg ,, nicht imstande war, an den Raupen und Puppen (von
abietella und sylvestrella) irgendeinen Unterschied zu finden", so kann dies, wie
Baer mit Recht bemerkt, nur daher rühren, daß er die echte Splendidella- (bzw.
sylvestrella-) Raupe niemals mit eigenen Augen gesehen hat.
2) Die von Fuchs aufgestellte var. mutatella zeichnet sich durch stumpfere
eintönigere Zeichnung und blaugraue Grundfarbe aus. Thomann (1914) hält
mutatella für eine eigene Art. Er gibt eine Reihe minutiöser Unterschiede in der
Zeichnung und Färbung an.
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae. 441
und nur bei ganz hellen Raupen sich deutlicher abheben (Abb. 385C).
Stigmen i und 9 um vieles größer als die übrigen Stigmen, besonders das letzte.
Die beiden Borsten auf dem vor dem i. Stigma gelegenen Chitinschild am Vorder-
rand stehend (Abb. 387 B).
Puppe 9 — II mm; die 6 Hakenborsten der letzten Segmente nicht auf einem
besonderen Kamm, sondern auf einer feinen Kante aufsitzend. Endsegment dorsal
und ventral gleichmäßig halbkugelig gewölbt, ohne Skulptur (Abb. 388 B).
Bei der Schilderung der Bionomie folgen wir wie bei spletididella in der
Hauptsache wiederum Baer. Als ein auffallender bionomischer Unter-
schied gegenüber sple/ididella sei gleich vorweg betont, daß die erwach-
sene Raupe von abietella ihren Fraßplatz verläßt, um sich im
Boden zu verpuppen, während die sple/ididella-R.din'^^ sich am Fraßort
verpuppt. Wenn sie schon im Herbst erwachsen ist, überwintert sie zunächst
in einem weißen, scheibenförmigen Ge-
spinst, um sich im nächsten Frühjahr
in einem neuen, mit Erde und Pflanzen-
teilen verklebten Kokon zu verpuppen.
Was ferner die abietella -KdiU])^
ganz besonders auszeichnet, ist ihre
erstaunliche Polyphagie:
I. Fraß in Zapfen. Am häu-
figsten trifft man bei uns die Raupe
in den Zapfen der Fichte (Baer
fand sie im Tharandter Forstgarten
häufig auch in den Zapfen der Schim-
melfichte, Picea alba Lk.), wo sie oft
zu mehreren in einem Zapfen (Baer
hat bis zu 9 Stück gefunden) leben.
Sie fressen hier die Samen und Samen-
lagen sowie die Zapfenschuppen, letz-
tere ankerförmig, aus (Abb. 393),
während sie die Spindel verschonen
(im Gegensatz zu der Raupe von Lasp.
strobilella L., die in der Spindel lebt,
s. S. 374. Die Hohlräume sind meist
dicht mit Kot angefüllt, der sich auch
außen zwischen den Schuppenrändern
zeigt (Abb. 394) und den Fraß verrät
(ebenfalls im Gegensatz zu den mit Abb. 393. Fraß Aon Dioryctria abielella
strobilella besetzten Zapfen). Die Schiff, an Fichtenzapfenschuppen.
Zapfen fallen, früh sich bräunend und
oft gekrümmt, zeitig ab. Die Raupen verlassen im Oktober durch eine
runde Öffnung die Zapfen und gehen in die Bodendecke, um hier in rund-
lichem Gespinst zu überwintern und sich im nächsten Frühjahr zu verpuppen.
Außer in den Zapfen von Fichte wurde die abietella-K^iXvpQ auch in den
Zapfen der Weißtanne festgestellt (Wachtl, Ragonot, Schütze,
Borries u. a.) und in Nordmannstanne (Abies nordmanniana Lk.)
(Boas) und der Lärche (Baer). Auch die Zapfen der Kiefer werden
nicht verschont. ,,ln denen von P. silvestris,"' schreibt Baer, ,,und zwar den
vorjährigen, zur Zeit des Fraßes also i — i^'o Jahre alten, findet man die
442
II. Spezieller Teil.
Raupe meist ungleich seltener als
in den Fichtenzapfen und auch
kaum mehr als eine einzige in
einem solchen, zudem vielfach
auch noch in vorgerückterer
Jahreszeit, wenn jene sich bereits
an den Boden begeben, ja sogar
den Winter über. Zapfen von noch
jugendlicherem Alter scheinen
höchstens äußerlich etwas be-
fressen zu werden, wenigstens be-
gegnet man zuweilen solchen mit
allerhand Aushöhlungen, die mit
den kaum verkennbaren Exkre-
menten der Dioryctria-^diVi'^^ er-
füllt sind. Abbildungen dieser
Vorkommnisse verdanken ^\■ir
Eckstein. Fast stärker als an
der Waldkiefer scheint der Fraß
bisher an der Bergkiefer aufge-
getreten zu sein, denn Borries
fand in den jütischen Heidekul-
turen die Zapfen dieser bis zu
50 o/o angegriffen. Auch den Fraß
in den Zapfen der südfranzösi-
schen Seekiefern bezieht Nörd-
linger jedenfalls mit vollem
Recht auf unsere Art, wiewohl in
diesen Gegenden bereits die süd-
licheren Arten mit gekämmten
Fühlern im männlichen Ge-
schlechte auftreten, D. mendacella
Stgr. und die große D. pineae
Stgr., die Staudinger beide
aus andalusischen Zapfen von Pinus halepeiisis Mill. zog. Schließlich fand
Borries auch die Zapfen der aus dem Himalaja stammenden P. excelsa
Wall., nach Ragonot von Hornig die von P. laricio Poir. var. austriaca und
ich (Baer) die von P. strobus in der entsprechenden Weise befallen"
(Baer).
2. Fraß in Chermes-Gallen. Wie verschiedene Wickler (Las-
peyresia pactolaua ZU. und illiitatia H. S.) kommt auch die abief.ella-'R.din^G
bisweilen von Juli bis September sehr zahlreich in den frischen Gallen von
Chermes viridis vor (Abb. 396).
3. Fraß in Wipfeltrieben. Baer schreibt hierüber: „Der Fraß
des Zapfenzünslers in dem Wipfeltriebe jüngerer Fichten ist schon von
Ratze bürg gut beschrieben und abgebildet. Er konnte aber die Erschei-
nung, trotzdem sie ihn stark interessierte und er sich sehr darum bemühte,
niemals selbst in der Natur studieren, sondern lernte sie nur durch Ein-
sendungen kennen, die aber auch spärlich genug blieben. Nicht anders
scheint es den meisten übrigen Forstentomologen nach ihm ergangen zu sein.
Abb. 394. Von Dioryctria abieiella Schiff,
befallene Fichtenzapfen. (Man sieht hier
zahlreiche Kothäufchen zwischen den Zapfen-
schuppen hervortreten im Gegensatz zu dem
Befall von Laspeyresia strobilella L., dem
Fichtenzapfenwickler, bei dem äußerlich
kein Kot sichtbar ist.)
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie P\ralidae.
443
Nur bei den umfangreichen Aufforstungen in Dänemark sind ausgedehnte
Schädigungen dieser Art durch den Zapfenzünsler vorgekommen, so daß
sich dort reichliche Gelegenheit zu Beobachtungen bot. Dieselbe ist von den
dortigen Entomologen Borries und Boas auch trefflich benutzt worden.
,, Diese Umstände weisen jedenfalls darauf hin, daß das Auftreten des
Zünslers in Trieben ein ganz unregelmäßiges, gelegentliches oder mehr oder
weniger ausnahmsweises ist. Es liegt dies ja auch nahe genug, da das Insekt
doch in erster Linie Zapfenbewohner ist. Auch für den Tharandter Wald
trifft dies sicherlich zu, denn sonst hätte über das Vorkommen hier un-
bedingt etwas bekannt werden müssen, da in einer Reihe von Jahren auf das
eifrigste danach geforscht wurde.
„Erst 1907 gelang es uns, zum erstenmal hier diesen eigentümlichen
Fraß des Zapfenzünslers vereinzelt zu entdecken. 1908 zeigte er sich bereits
über die ganze Gegend verbreitet, wenigstens fiel er uns, einmal auf ihn auf-
merksam geworden, überall auf, wenn auch oft nur spärlich vorkommend.
Stellenweise allerdings dürften die Schädigungen im Tharandter Wald denen
in Dänemark kaum nachstehen, denn in älteren Kulturen ließ der Fraß sich
an ca. 10 — 1500 der Wipfelenden finden. Dazu verschonte er nicht einmal
Abb. 395. Kiefernzapfen, von der Raupe
von Diuryciria abietella Schiff, befallen.
Rechts unten am Zapfen ist ein deut-
licher Kothaufen zu sehen, mit dem
einige Nadeln verbunden sind. Nach
N i t s c h e.
Abb. 396. Fraß von Dioryctria abielslln
Schiff, in Chermes-Gallen, die zum Teil
ausgefressen und mit Kot gefüllt sind.
Stangenhölzer, und selbst 10 m hohe Fichten zeigten zuweilen die charakte-
ristischen Spuren des Fraßes. In den Kulturen sind es namentlich die
kräftigsten vorwüchsigen Stämmchen, deren Wipfel verunstaltet wurden, was
die ganze Erscheinung noch auffälliger macht. Besonders traurig ist in
444
II. Spezieller Teil.
dieser Hinsicht der Anblick der gegatterten Kulturen, die wohl gegen den
Verbiß durch das Rotwild geschützt werden konnten, nicht aber gegen die
Angriffe des Zünslers."
„Die Beschädigungen können ein verschiedenes Bild zeigen. Entweder
ist nur das äußerste Ende des Wipfelsprosses beschädigt; dies ist der Fall,
wenn die Raupe hauptsächlich nur die Endknospen ausgefressen und den
Trieb nur wenig basalwärts ausgehöhlt hat. Hat sich aber die Raupe unter-
Abb. 397. Wipfeltriebe (Fichte), ausgehöhlt von der Raupe von Dioryctria ableiella
Schiff, (die beiden ersten mit den charakteristischen Krünimuno:en).
halb der Spitze, in größerer oder geringerer Entfernung davon, in den Trieb
eingebohrt und von da aus den Trieb eine Strecke weit ausgehöhlt, so zeigt
sich der Endteil des Triebes in größerer oder geringerer Ausdehnung ver-
trocknet, gebräunt, geschrumpft und in der verschiedenartigsten Weise ge-
krümmt oder verbogen" (Abb. 397). Der gekrümmte Endteil kann aber noch
bedeutend länger sein, als auf den Abbildungen dargestellt ist (besonders
bei den schlanken Wipfeln von vorwüchsigen Stämmchen) und beträgt bei-
spielsweise bei einem von Baer gesammelten Stücke 22 cm!
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae. 445
„Bei einer Art von so vielseitiger Lebensweise kann es nicht auffallen,
daß sie sich auch in ihren Triebzerstörungen durch keine Regel beschränken
läßt. So kommt es vor, daß eine Raupe ihren ursprünglichen Trieb resp.
den darin angelegten Fraßkanal verläßt, um sich von neuem anderswo ein-
zubohren oder eventuell auch nur durch äußerliches Benagen anderer Triebe
ihren Fraß fortzusetzen. Mehrfach fanden wir sie unter groben Kot-
anhäufungen im obersten Quirl am Grunde der Maitriebe fressend, wo sie
unter teilweiser Verschonung der Rindendecke hauptsächlich die Bastschicht
benagte.
„Nicht selten begegnet man auch Trieben, die zwar deutlich die Spuren
des Zünslerfraßes aufweisen, sich aber wieder gut erholt haben. Sie sind
allerdings etwas gekrümmt oder sonstwie deformiert (klumpig verdickt) und
zeigen meist auf der Innenseite der Krümmung den Rest einer verheilten
Rinne. Hier mag die Raupe nur einen ganz oberflächlichen Kanal unter der
Rinde oder überhaupt nur äußerlich gefressen haben und vielleicht durch
üppiges Wachstum des Triebes wieder vertrieben worden sein.
„In der Regel ist es der Wipfelsproß, der „Kronast" Ratze burgs,
der von dem Zünsler befallen wird. Doch kommt der Fraß auch in den
übrigen Trieben des obersten Quirls, sowie schließlich auch noch in weiteren,
besonders kräftigen Maitrieben vor.
„Ratzeburg und AI tum führen den Triebfraß des Zapfenzünslers
auf Zapfenmangel zurück („Surrogat-Nahrung"). Borries betont dem-
gegenüber, daß der Triebfraß keineswegs nur in der Nähe älterer, bereits
samentragender Bestände vorkomme, sondern auch eine längere Reihe von
Jahren hindurch in jüngeren Beständen auftrete. Bei dem Triebfraß im
Tharandter Wald lag es nahe, denselben mit dem außergewöhnlichen
Zapfenreichtum von 1906 und der unmittelbar darauffolgenden großen
Zapfenarmut in Zusammenhang zu bringen. Mit dem ersteren mögen sich
wohl zugleich die Zapfenzünsler stark vermehrt haben, im folgenden Jahre
nun, da Zapfenmangel herrschte, mußten viele derselben sich um andere
Nahrung umsehen und versuchten es mit den Trieben. Ihr Gedeihen daselbst
mag dann den stärkeren Fraß von 1908 herbeigeführt haben."
Was die Richtung des Fraßes betrifft, so haben Ratzeburg, Bor-
ries und Baer beobachtet, daß die Raupe von der Spitze nach der Basis
frißt. Wenn Boas die Raupe spitzenwärts fressen läßt, so handelt es sich
zweifellos um Ausnahmefälle. Möglicherweise hat Boas auch, so vermutet
Baer, das Ein- und Ausbohrloch miteinander verwechselt, bzw. das einzige,
an dem basalen Ende des Fraßkanals befindliche ziemlich große Loch für
das Einbohrloch gehalten. ,, Dasselbe ist aber zweifellos das Ausbohrloch,
während das Einbohrloch bei der Kleinheit der aus dem Ei komm.enden
Raupe jedenfalls so winzig ist, daß es kaum und später wohl überhaupt gar
nicht mehr sichtbar sein dürfte."
Der Triebfraß beschränkt sich nicht nur auf die Picea excelsa Lk., son-
dern wurde von Baer vielfach auch an der Sitkafichte beobachtet, ferner
an Tanne, Kiefer und sogar an der Lärche.
Der Triebfraß an Tanne wurde zuerst von Ratzeburg beschrieben
und abgebildet (W. IL S. 24, Taf. 35, Fig 4— 6) und dann auch von Boas
beobachtet. In dem von Ratzeburg beschriebenen Fall handelte es sich
„um IG — 20jährige Tannenbestände, und zwar in verschiedenen Expositionen,
sowohl auf der Mittags- wie auf der Mitternachtsseite". Die befallenen
446 II. Spezieller Teil.
kräftigsten Kronäste waren auf doppelte Art zerstört: bei den einen waren die
Knospen vertrocknet, ohne Triebe gemacht zu haben, bei den anderen waren
die Triebe halb entwickelt und dann vertrocknet, teils hingen sie noch mit
ihren roten Nadeln am Ast herab, teils waren sie schon soweit abgefallen,
daß nur die Spindel samt der Schuppenhülle stehengeblieben war.
Der Triebfraß an Kiefer vollzieht sich in ganz ähnlicher Weise wie
der Fraß in Wipfeltrieben der Fichte, indem auch hier die jüngsten ver-
holzten Triebe ausgehöhlt werden. Nur scheint der Fraß hauptsächlich zu
einer anderen Jahreszeit stattzufinden, da im Frühjahr halbwüchsige Raupen
fressend beobachtet wurden. „Stange (1869), Atmore (1888) und
Schütze und Thomann (1914)1) stellten dieses Vorkommen für P. sil-
vestris L., Nördlinger und Ragono t für P. pinaster Sol. und Borries
für P. motitatia Mill. und P. laricis Poir. fest. Ein Fraß an dem später er-
scheinenden jungen Maitrieb ist fast nie bemerkt worden, nur einmal von
Borries an Bergkiefern, und zwar nach der Art und Weise von Evelria
biiolia?ta'' (Baer).
Der Triebfraß an Lärche wurde von Schütze beobachtet, der die
Raupe im Höhentrieb in der gleichen W^eise wie an den Fichtentrieben
fressend angetroffen hat.
4. Fraß an verharzten und pilzkranken Stamm teilen und
Ästen. Eine der überraschendsten Feststellungen B a e r s ist das Vor-
kommen der abietella-^^xv^exv in 2i\\Peridermiu7n- und auch sonstwie kranken
Stellen an der Kiefer ganz nach Art der splendidella-Kdin^e, ja sogar in
deren unmittelbarer Gesellschaft. „Wäre Splendidella nicht so völlig aus-
reichend morphologisch gekennzeichnet, man könnte diesem Vorkommnisse
gegenüber an den Artrechten der beiden geradezu noch einmal irre werden.
Indessen fehlt es auch an einem auffallenden biologischen Unterschied hier-
bei nicht, indem die a biete lla-KdiU^e keinen jener eigenartig gestalteten Harz-
flüsse erzeugt, die wir bei Splendidella kennen lernten. Sie verrät vielmehr
auch hier ihre Anwesenheit allein durch den Austritt von lebhaft braunroten
Kotmassen, genau wie bei dem Fräße in den verschiedenen Zapfen usw.,
wobei es naturgemäß an dem Ausfluß einzelner Harztröpfchen und wohl
auch einmal größerer, aber ungeformter und unregelmäßiger Harzmengen
nicht fehlt, in die aber niemals wie bei Splendidella die Exkremente gleich-
sam hineingeschmolzen sind. Auch hat sie dabei, wenigstens an P. strobus,
meist die Gewohnheit, ihr Versteck unter der Rinde vorübergehend zu ver-
lassen und, oberflächlich in einem Gespinstrohre lebend, die Rinde von
außen platzweise zu benagen. Wohl möglich, daß der im Vergleich zu
Splendidella bei abietella so spärliche Harzaustritt mit der schon ein-
getretenen Erschöpfung der befallenen Baumteile zusammenhängt, denn ich
ij Die aus Kielerntrieben gezogenen Tiere weichen in Größe und Färbung
etwas von der typischen abietella ab, was Fuchs veranlaßt, eine besondere Varietät
mutatella aufzustellen. Thomann hält, wie oben schon betont, mutatella für eine
besondere Art, deren Bionomie er folgendermaßen charakterisiert: ,,Die junge Raupe
lebt im Herbst in einjährigen Föhrenzweigen, wo sie im halberwachsenen Zustand
überwintert. Nach vollzogener letzter Häutung im folgenden Frühling (Ende März
oder anfangs April) begibt sie sich an den Grund der Knospen von neuen Zweigen,
bohrt sich zwischen Holz und Rinde ein und höhlt von hier die Knospen aus. In
kurzer Zeit ist sie erwachsen und die Verpuppung findet im Laufe der Monate April
oder Mai flach unter der Erde statt. Puppenruhe 7 — 8 Wochen. Hauptflugzeit der
Monat Juni. Diese Entwicklung scheint bei mutatella die Regel."
I. Unterordnung: Microlepidoptera, Familie Pyralidae. 447
(Baer) fand den abietella-Yrsiü oftmals, bei P.strobus sogar stets an den
Stellen, die auch Splendidella in früheren Jahren aufgesucht, aber bereits
verlassen hatte, und, wo beide Raupen nebeneinander vorkommen, schien
abietella doch die der Austrocknung mehr ausgesetzte Stelle gewählt zu
haben. Derartiger Fraß ist schon von den dänischen Forstentomologen beob-
achtet und namentlich von Boas ein solcher an einem kränkelnden Weimuts-
kieferstämmchen unverkennbar abgebildet worden (Dansk Forstzool., S.300)."
„Ein mannshohes Weimutskieferstämmchen bei Niesky war stellenweise
unter der Rinde fast zerwühlt von den abietella-^zxv^^w und äußerlich fast
bedeckt mit den weithin leuchtenden Exkrementen. Aber auch in unseren
Waldkieferndickungen, in denen Peridermiiojt pini so gern haust, bildet dieser
Fraß eine charakteristische Erscheinung. Sieht man hier die durch die Pilz-
wucherung und Saftstauung aufgetriebenen Zweigpartien durch, so wird man
zwischen den grindigen Rindenschuppen und Resten der Aecidienhäufchen
auch selten vergeblich nach den charakteristischen Kotkrümeln suchen und
die Raupe darunter in dem verkienenden Baste und Splinte finden i)."
Was die Generation betrifft, so scheinen bei abietella ähnliche Ver-
hältnisse vorzuliegen wie bei Splendidella, d. h. in der Regel dürfte sie ein-
jährig sein, etwa nach der Bioformel:
67-8,5
56 + 67
Daneben kommt, wenigstens in den heißen Sommern, teilweise auch eine
doppelte Generation vor, die sich mehr oder weniger vollständig einschiebt.
Dafür sprechen die verschiedenen Funde von erwachsenen Raupen bereits
im Juli, ferner von noch halbwüchsigen Raupen im Winter und Frühjahr.
„Bedenkt man," schreibt Baer, „daß die Raupe bei höheren Wärmegraden
und geeigneter Nahrungsquelle, wie im ZuchtlDehälter leicht zu beobachten
ist, außerordentlich schnell heranwächst, so ist es wohl das Wahrscheinlichste,
daß der ganze Entwicklungsgang der Art lediglich von der Temperatur und
der Güte des Brutmaterials abhängig und wenig an den Lauf der Jahres-
zeiten gebunden ist. Das heißt: es entwickeln sich Falter, so lange die Tempe-
ratur über einer gewissen Grenze sich hält, unbekümmert um ihre Nach-
kommenschaft, die als Raupe in jedem Altersstadium zu überwintern be-
fähigt ist, sei es erwachsen in dem scheibenförmigen Gespinst am Boden, sei
es noch jung an der Fraßstelle selbst. Allein die Puppenruhe, für die wohl
ausschließlich der Boden gewählt wird, fällt stets in die warme Jahreszeit,
nimmt aber hier einen so kurzen Zeitraum vor dem Falterflug in Anspruch,
daß sie fast als mit demselben zusammenfallend zu betrachten ist. Eine teil-
weise Regelung des Entwicklungsganges liegt allerdings in der Natur des
Jahreszeitenwechsel selbst, wie auch in der teilweise so abweichenden Be-
schaffenheit des verschiedenartigen Brutmaterials begründet. So erklärt sich
1) „Außer der a^/W^/Zi^-Raupe bewohnt diese eigentümlichen Gebilde noch
Grapholitha conijerana Rtzb. und Pissodes piniphUus Hbst., und in den abgestorbenen
Zweigenden jenseits der Infektionsstelle findet man regelmäßig PityophtJwnis oJabratus
Eichh. und auch Magdalis frontalis Gyllh., wenn das Material noch die für diesen
erforderliche Stärke hat. An stärkeren Ästen oder kranken Stammteilen begegnet
man ebenso häufig oder vorwiegend, und zwar abietella meist vorausgehend, splendi-
della. Diese einander so nahe berührenden Vorkommnisse der beiden Arten dürften
es auch hauptsächlich gewesen sein, die Ratzeburg irre gemacht haben, von dem
letztlich die Unklarheiten über sie in der Forstentomologie herrühren" (Baer).
448 n. Spezieller Teil.
wenigstens am ungezwungensten der Flug des Falters während des größten
Teiles der warmen Jahreszeit und das Vorkommen junger wie alter Raupen
fast zu jeder Zeit, während sich sonst das Durcheinander höchstens durch
künstliche Annahmen entwirren läßt, wie es die Versuche von Borries
und Ragonot zeigen."
Forstlich ist der Fraß an den Wipfeltrieben vor allem an
jungen Fichten in Kulturen und Stangenhölzern zweifellos der bedeu-
tungsvollste. Infolge des Fraßes stirbt immer ein Teil des Kronenastes
bzw. des befallenen Triebes ab. „Die Spitzenknospen vertrocknen und anstatt
deren entstehen im nächsten Jahr neue Triebe entweder nahe der trockenen
Spitze oder sehr tief unten." In zweiter Linie ist der Zapfenfraß zu
nennen, durch den die Samenernte mehr oder weniger stark geschmälert wird.
In der forstlichen Literatur wird verschiedentlich von Ratzeburg (W.),
Altum, Borries, Baer u. a. über ein stärkeres schädliches Auftreten be-
richtet, vor allem in den Wipfeltrieben, von denen in manchen Fällen lo bis
150/0 durch abietella-Yx^& vernichtet wurden.
Eine Bekämpfung könnte höchstens durch rechtzeitiges Aufsammeln
und Vernichten der abgefallenen Zapfen oder durch Abschneiden der sich
bräunenden befallenen Triebe ausgeführt werden.
LTnter den natürlichen Feinden des Zapfenzünslers spielen die Schlupf-
wespen (zum Teil die gleichen Arten wie bei Splendidella) eine Hauptrolle,
sodann sind auch 2 Tachinen daraus gezogen: Acüa pilipennis Fall, (eben-
falls splendidella-V^X2A\X) und Digonochaeto setipennis Fall.
Dioryctria schützeella Fuchs.
Taf. V, Fig. 15.
Diese der abietella nahestehende Art wurde erst vor drei Dezennien ent-
deckt, und zwar von dem verdienstvollen Kleinschmetterlingsforscher
Schütze, nach dem Fuchs (1899) die Art benannt hat. Sie unterscheidet sich
von abietella durch die etwas kleinere Gestalt des Falters sowie verschiedene
geringe Abweichungen in Färbung und Zeichnung der Vorderflügel, dann
auch durch die deutlich abweichende Raupenzeichnung und endlich durch die
gänzlich verschiedene Lebensweise, die in der Gattung Dioryctria
vereinzelt dasteht.
Falter: Vorderflügel von der Wurzel bis zur Spitze 11 mm gegen 14—15 der
verwandten abietella, silbergrau, sehr fein und sparsam braun bestäubt, mit zwei
breiteren lichtweißlichen Querstreifen und kräftigem, lichtem Mittelfleck; die etwas
veränderlichen Querstreifen wie bei abietella auf den zugekehrten Seiten schwarz
angelegt, doch nur ausnahmsweise so scharf liniert und gewinkelt wie bei dieser
Art, die Rippen im Mittelfelde mehr oder weniger schwärzlich, strichartig, bisweilen
das Mittelfeld braun verdunkelt, so daß außer dem weißlichen Mondfleck nur
zwischen den Rippen etwas lichtere Stellen bleiben, oder diese Verdunkelung fehlt,
dafür führt es, vom Innenrande ausgehend, einen Mittelschatten, der bis zur Flügel-
mitte reicht und oben von der schwarzen Rippe strichartig durchschnitten wird.
Zwischen dem vorderen Querstreif und der Wurzel eine schrägstreifenartige Ver-
dunkelung, die nur undeutlich ist und auch ganz fehlen kann, wurzelwärts liegt vor
ihr auf dem Innenrand ein undeutlicher lichter Fleck. Die schwarze Saumlinie ist
auf allen Flügeln deutlich, auf den vorderen schärfer als auf den hinteren. Die
grauen, an der Wurzel nicht lichteren Hinterflügel führen vor dem Saume einen
verwaschenen lichten Bogenstreif, welcher an zwei Stellen etwas wie einen lichten
Fleck bildet, am Vorderrand und jenseits der Flügelmitte, ein wenig gegen den
I. Unterordnung: Microlepidoj3tera, Familie Pyralidae. 449
Hinterrand gerückt. Unten zeigen die Hinterflügel vor dem Saume eine breite,
lichte Binde, die zuweilen gegen die graue Wurzel abgegrenzt ist, bei dem einen
Exemplar deutlicher als bei dem anderen, und auch auf den Vorderflügeln etwas
zur Gellung kommt, selten ist sie nur verwaschen.
..Die Raupe (Abb. 385 D) mißt (ausgeblasen!) 231/2 mm. sie ist dunkelrot bis
braunrot, Kopf glänzend schwarz, Nackenschild gelbbraun, Afterschild gelblich. Auf
dem Rücken ein breiter Streif der Grundfarbe, durch zwei gelbliche zerrissene
Längslinien geteilt, zu beiden Seiten des Rückenstreifs ein rotbrauner Streifen, der
nur bis zum drittletzten Segment geht, beiderseits von einer gelblichen zerrissenen
Linie eingefaßt und durch eine ebensolche, in einzelne unregelmäßige Fleckchen
aufgelöste Linie geteilt ist. Die Seiten und der Bauch von der Grundfarbe, erstere
mit zwei unbestimmten zerrissenen gelblichen Längslinien, letzterer auf den drei
ersten Segmenten schwärzlich angehaucht. Brustfüße glänzend schwarz, auf der
Innenseite zweimal licht geringt, am Grunde glänzend schwarz eingefaßt. Doch ist
diese Einfassung auf der Außenseite breit unterbrochen, Bauchfüße und Nach-
schieber nicht ausgezeichnet. Wärzchen undeutlich, nur mit der Lupe zu sehen." (Eine
eingehende Schilderung der Raupe gibt Trägärdh 191 5.)
Die Puppe ist rotbraun bis dunkelbraun."
D. Schützeella wurde zuerst in den Fichtenwäldern Sachsens (in Rachlau
bei Bautzen) gefunden. Daß sie aber eine weitere Verbreitung hat, geht schon
daraus hervor, daß sie von Trägärdh bei
Stockholm festgestellt wurde. Auch die Angabe
Wockes (1874), daß die abietella-^ZM^^ „im
Mai bis anfangs Juni zwischen den zusammen-
gesponnenen Nadeln lebe", bezieht sich wohl auch
auf schützeeUa. Als Fraßpflanze scheint nur die
Fichte in Betracht zu kommen.
Die Raupe lebt nach Schütze „bis Mitte
Juni zwischen den Nadeln von Fichten, Picea
excelsa. Den röhrenförmigen Fraßgang spinnt Abb. 398. Dioryclria
sie nur mit wenigen Fäden aus. Die den Gang schütze eil aYvxc\^^. 1V2X.
bedeckenden äußeren Nadeln sind etwas ge-
krümmt, mit den Spitzen gegeneinander gebogen, und das ist das einzige
leitende Merkmal beim Suchen der Raupen. Ob sie klein oder gar noch im
Ei überwintern, konnte noch nicht festgestellt werden, doch scheint eher
letzteres der Fall zu sein, da die Raupe gegen Ende Mai immer noch sehr
klein ist, während andere zwischen den Nadeln lebende überwinterte Raupen
zu dieser Zeit schon erwachsen waren. Der Falter erscheint in der zweiten
Hälfte des Juli." Nach Trägärdh (1915) ,, ähnelt der Fraß dem von
Pande??iis ribeana Hb. (s. S. 237); die schützeella-'R.di\x^& greift jedoch nicht
die Rinde an, sondern verzehrt nur den Basalteil der Nadeln, während die
übrig bleibenden Nadelreste zu einer Art Tunnel zusammengesponnen
werden".
Im Süden (Südfrankreich, Andalusien, Mittelitalien usw.) kommen noch zwei
weitere Dioryctria-A.xttn vor: D. mendacella Stgr. (Taf. V, Fig. 15) und pineaeSl^sener
kiefernzweiff. 1", Die Schl';pi \-, ,-p> llcteropclma calcaior TIVs///. 14 IDie Rav,per,flie£rc Lvdella
nigripes Fall. 15 Die Schlupi w lsiv- Ichneumon iiig:ritarius ürav.. Ilauptparasit des Kiefernspanners.
16 Von einem Parasiten befallene Kielernspannerpuppe. 17 Puppe vom Parasiten verlassen, mit
abg^ehobenem DecUelchen.
(Nacli der Tafel: Der Kiefernspanner. Von Escherich und Ei d mann)
II. llnterordnung: Macrolepicloptera. Familie Geometridae (Spanner). 465
Weibchen: Färbung ein dunkleres und helles Rostbraun. Die helleren Töne
entsprechen ungefähr der weißlich gelben Zeichnung beim cf, und die dunkleren
Töne der dunklen Zeichnung, doch tritt letztere mehr zurück, die Abgrenzungen der
Zeichnung sind weniger scharf, so daß die Oberseite im allgemeinen rötlich braun
erscheint, mit Ausnahme der Fransen, die auch hier dunkel und weiß gefleckt sind.
Auf der Unterseite zeigen die Vorderflügel die gleiche verwaschene rötlich-
braune Zeichnung wie auf der Oberseite, während die Hinterflügel denen der cf in
Färbung und Zeichnung annähernd gleich sind. Flügelspanne 32 — 40 mm.
Fühler borstenförmig, gelbbraun, Brust und Leib etwas stärker und heller.
Abb. 407. Stück einer Kiefernnadel mit Eiern und frisch geschlüpften Eiräupchen
\on ßii flatus l^iuiariiis L.
Färbung und Z e i c h n u n g ist in beiden Geschlechtern, vor allem aber
beim cT, ungemein variabel, was zur Aufstellung zahlreicher Aberrationen ge-
führt hat. Letztere beruhen einmal in der verschiedenen Tönung der hellen Farbe
'weiß, gelblich, bräunlich) und sodann in der verschiedenen Verteilung der dunklen
und hellen Färbung, die einerseits zur fast völligen oder völligen Verdrängung der
hellen Färbung (ab. nigricaria Backh. ), andererseits zur starken Ausdehnung der-
selben führen kann (ab. albidaria Dziurz.). Eine ausführliche Darstellung der euro-
päischen Formen des Kiefernspanners gibt Dziurzynski (1912), der 17 Varie-
täten beschreibt und abbildet (s. Wolff, 1913, Taf. I).
Verschiedentlich sind auch Zwitter beschrieben, die auf der einen Seite
Fühler und Flügelzeichnung des cf. auf der anderen die entsprechenden Charaktere
des 9 zeigen, was bei dem großen Geschlechtsdimorphismus sehr auffallende Formen
ergibt (vgl. Wolff, 1913).
Ei (Taf. VI, Fig. I. u. 2). Hellspangrün gefärbt, ohne auffallende Skulptur. Oval
geformt (Größe i : 1/2 : V4 mm), auf der Oberseite dallenförmig eingedrückt. Die
Abb. 408 A. Raupe, Zweihäuter, von Bupalus piiiiaritis L.
Eier werden zellenförmig aneinandergereiht, und zwar so, daß ihre längste Achse
der Längsachse der Nadel parallel läuft (Abb. 407). Über die Veränderung des
Eies während der Embryonalentwicklung s. unten S. 477.
Raupe (Taf. VI, Fig. 3 — 5). Das frisch geschlüpfte Eiräupchen ist 3 — 4 mm
lang, ungleichmäßig hellspangrün gefärbt. Die beiden Bauchfußpaare fallen durch
ihre kräftige Entwicklung auf (Abb. 407). Mit dem weiteren Wachstum geht die Farbe
mehr in ein gelbliches oder gräuliches Grün über, während die charakteristische
Längszeichnung immer deutlicher wird. K.Eckstein (1893) liefert eine sehr gute
Beschreibung einer nahezu ausgewachsenen (26 mm langen) Raupe. ..Die Raupe ist
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 30
466
II. Spezieller Teil.
blaugrün (genauer graugrün mit grauer Schlangenzeichnung, Nachschieber etwas
gelblich grün). Der Kopf flach, wird mit dem Untergesicht vorgestreckt, also sehr
flach getragen, blaugrün mit drei breiten blaßweißen Streifen, die sich
auf den Körper fortsetzen (Abb. 408 A), der mittlere wird auf dem etwas festeren,
hornigen ersten Segment leuchtend weiß, etwas später matter, bekommt einen Stich ins
Gelbliche und wird nach hinten immer mehr gelblichweiß, er verjüngt sich auf der
Nachschieberplatte. Die beiden seitlichen Rückenstreifen sind sehr schmal gelblichweiß
und verlieren sich dicht vor dem Nachschieber; zu beiden Seiten eines jeden dieser
Nachschieber hat die Haut einen blauen Anflug. Stigmen rot; darunter eine breite
gelbe Binde. Diese vor den Augen intensiv beginnende, dann blasse Binde setzt am
ersten Brustsegment mit leuchtender Farbe ein, ist auf den Brustsegmenten nach
Falten getrennt gelb oder weiß, am Abdomen gelb, und setzt sich auf die Nach-
schieber fort; Beine grün; Krallen der Brustbeine braun. Unterseite weißlich grün-
grau mit drei gelben Längsstreifen. Körper einzeln behaart, z. B. jedes Abdominal-
segment auf dem Rücken mit 4, über dem Stigma mit i und unterseits mit etwa
6 schwarzen Börstchen; Kopf, Brust, Nachschieber und Beine ebenfalls behaart. Die
ruhende Raupe legt die Haut in der hinteren Hälfte der Segmente in unregelmäßige
Falten."
Das auffallendste Merkmal der Kiefernspannerraupe ist das Übergreifen der
Längsstreifen auf den Kopf, wodurch eine Unterscheidung von der jungen Kiefern-
eulenraupe ohne weiteres gegeben
ist (Abb. 408 B u. Cj.
Der Kot (Abb. 409) ist klein
und eckig, jedes einzelne Klümp-
chcn aus noch deutlich erkenn-
baren, fast unveränderten kurzen
Nadelabbissen unregelmäßig zu-
sammengesetzt.
Puppe. Die Größe der Spanner-
puppe schwankt sehr stark, zwi-
schen II und 15 mm (ohne After-
griffel gemessen). Die Mehrzahl
mißt II — 12 mm, unter 10 mm
lange sind zu den Kümmerformen
zu rechnen. Die weiblichen Puppen
sind meist deutlich größer als die
männlichen. Die Geschlechter lassen
sich außerdem noch dadurch unter-
scheiden, daß die Fühlerscheiden
beim cf breiter sind als beim Q
und vor allem an der .abweichen-
den Lage der Geschlechtsöffnung:
beim cf stellt dieselbe, resp. die
sie markierende Skulptur, einen
kürzeren, auf einem mehr oder
weniger deutlichen Wulst liegenden
Spalt dar, der etwa in der
Mitte zwischen Segmentgrenze 7/8
und der Afteröffnung sich be-
findet, beim 9 ist der Spalt viel
, , , o n T. 7, , T länger und liegt viel näher an der
Abb. 408 B. Raupe von Bupuliis hiiiuiniis L. „ '^ ,0 1 ^
am Ki^fernzweig Man beachte, daß hi^r die Segmentgrenze 7/8 uncl dement-
Streifenzeichnung auf den Kopf übergreift, sprechend weiter von der Atter-
im Gegensatz zu der daneben abgebildeten Öffnung entfernt (Abb. 410).
Eulenraupe Nach S e i f f . Die Form der Puppe ist ge-
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner j. 467
drungen, in der Mitte am brei-
testen, nach dem Kopf etwas
schmäler, Hinterleib konisch zu-
laufend. A f t e r g r i f f e 1 kurz,
p 1 u m p , s t u m p f kegelför-
mig", der glatte E n d t e i 1
kürzer als die grob s k u 1 p -
tierte Basis (Abb. 411 Bi.
Flügelscheiden bis über die Mitte
des Körpers reichend, ziemlich
deutlich gerippt. Fühlerscheiden
deutlich gegliedert. beim n'
breiter als beim 9, nicht ganz bis
zur Spitze der dicht zusammen-
stoßenden Flügel reichend. Das
2. Fußpaar überall der Rüssel-
scheide dicht anliegend, ohne
sichtbare Hüften. Scheitel ge-
rundet. Halsschild mit einer mehr
oder weniger deutlichen Mittel-
leiste, vorne mit 6 Härchen.
F ä r b u n g a n f a n g s
d u r c h g e h e n d s grün; später
beschränkt sich die grüne Fär-
bung (meist etwas dunkler ) mehr
und mehr auf die Flügelscheiden.
Differentialdiagno-
stisch sind noch einige andere
Spannerpuppen zu berücksichti-
gen, die bisweilen ebenfalls in
größerer Zahl im Kiefernwald
auftreten können und dann zu
Verw^echslungen mit der Kiefern-
spannerpuppe Anlaß geben können.
In erster Linie kommt in dieser Beziehung der Heidekrautspanner, Hemalurga
alomaria L. in Betracht. Bei der letzten oberpfälzischen Kalamität wurde uns der-
selbe massenweise zusammen mit Kiefernspannerpuppen zugesandt und von den
Forstbeamten auch als solche bewertet, was mitunter zu unnötiger Besorgnis Ver-
anlassung gegeben hat.
Die Unterscheidung der beiden ist nicht schwer: Abgesehen davon, daß Hewa-
//(V.^tf-Puppen durchschnittlich klei-
ner, nämlich 8 — 12 mm, sind (was
aber bei den starken Größenschwan-
kungen der Bupalus-V\xp\)& nicht
viel zu sagen hat), weichen sie in der
Gestalt des Aftergriffels
wesentlich ^•oneinander ab. Wäh-
rend der glatte Endteil des Kre-
masters \on Bu/^aius. wie eben er-
wähnt, kurz und stumpf ist, ist
derselbe bei der Hema/urga-'PuYipe
lang, d ü n n , mehr cl o r n f ö r m i g
und am Ende gespalten.
Außerdem besitzt der rauhe Basal-
teil eine viel geringere Ausdehnung
30*
Abb. 408 C. Kieferneulenraupen. Die Län^
streifen greifen nicht auf den Kopf über.
Nach Sei ff.
Abb. 409. Raupenkot \on Bi/f^alus f^i/üarius L.
468
II. Spezieller Teil.
(er beträgt etwa Vf. des glatten Teils), so daß auch in solchen Fällen, in denen der
lange Kremaster abgebrochen ist, eine sichere Erkennung der Heinaturga-V\x^^&
möglich ist. Eidmann (1925) bringt eine sehr instrukti\e Abbildung dieser
Unterschiede, die ich hier wiedergebe (Abb. 41 n.
Neben dem Heidekrautspanner werden nicht selten noch die Puppen von
anderen Spannerarten neben den i?/('/'«/«.f-Puppen gefunden, wie Ellopia prosapiarjn L..
?/
=^
H
Mter-y^
Cremaster
9 .
10'
^After
Cremaster
k^9
10
A B
Abb. 410. A Puppe von Bupalus piniarius L. B Hinterhälfte (Ventralseite 1 der
Puppe von Bup. piniarius L., a männlich, b weiblich. Nach E i d m a n n.
SemioiJüsa liturala Cl. (blaugrauer Kiefernspanner) oder Boarinia crepiisciilaria
Schiff. Diese sind durch ihre braune oder rotbraune Farbe und ebenfalls durch
die Kremasterform zu unterscheiden (Kremaster bei liturata: höckerig mit stumpf -
gabiiger Spitze, bei crepuscularia: kegelförmig,gabelspitzig ).
A B
Abb. 411. Abdominalgriffel der Puppe von: A Hematurga atomaria L. (Heide-
krautspanner), B Bupalus piniarius L. Nach Eidmann.
Über das Aussehen der parasitierten oder verpilzten Kiefernspannerpuppen
siehe unten S. 537 und 551.
Bionomie.
Fortpflanzung.
Das Schlüpfen der Falter. Nach Schwerdtfeger (1930) vollzieht
sich das Schlüpfen des Falters ziemlich unabhängig von der herrschenden
Temperatur und auch von der Niederschlagsmenge, wie aus beistehender
Kurve (Abb. 412) zu ersehen ist^). Dieselbe zeigt gleichzeitig, daß die
1) Allerdings hat es bei der Betrachtung derselben zunächst den Anschein, als
ob der jähe Absturz, der nach dem Höhepunkt der Kurve folgt, im Zusammenhang
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner
469
Schlüpf kurve von Männchen und Weibchen sich verschieden verhält: Bei den
Männchen, die auch früher erscheinen, steigt die Kurve nach einiger Zeit
schwächeren Schlüpfens plötzlich stark an, bleibt einige Zeit auf der er-
langten Höhe, um ebenso plötzlich wieder abzufallen, während die Schwan-
kungen beim Weibchen bei weitem nicht so groß sind und das Schlüpfen
also viel gleichmäßiger erfolgt 2).
Falterflug. Die Flugzeit des Spanners ist von auffallend langer Dauer.
Sie beginnt gewöhnlich im Mai — vereinzelte Falter fliegen (bei entsprechen-
der Witterung) schon im April — erreicht im Juni den Höhepunkt, dauert
bis tief in den Juli hinein, um im August zu enden, mitunter kann man sogar
noch im September die letzten Falter beobachten.
Hier spielen die Witterungsverhältnisse eine bestimmende Rolle, worauf
alle Autoren hinweisen. In der neueren Zeit wurden diese Zusammenhänge
vonM.Wolff (191 2) und besonders eingehend
von F. Eckstein (1923) behandelt. Natürlich
ist für den Flugtermin der Beginn und die
Dauer des Puppenstadiums von aus-
schlaggebender Bedeutung. Ratzeburg führt
das außerordentliche Schwanken des Flug-
termins auf die frühere oder spätere Beendi-
gung des Fraßes und auf die A'erschiebungen
der Verpuppung im vorhergehenden Herbst
zurück. Nach Wolff (1912) ist es vor allem
„die intensivere oder geringere Durchwärmung
der Puppen im Winterlager", durch die die
Schwärmzeit beeinflußt wird. „Böden mit ge-
ringer Schneedecke tauen früher auf, werden
im Frühjahr intensiver durchwärmt als solche
mit stärkerer Schneedecke. Auch die Schwan-
kungen in der Bestandesdichte wirken in die-
sem Sinne. So berichtet die Oberförsterei Reh-
berg: ,,In lichten Beständen, wo die Schneedecke entfernt war, flog der
Spanner zuerst, es folgten die beharkten dichteren Abteilungen, später zeigte
sich der Flug auf den nicht beharkten Flächen, und zwar hiervon besonders
spät in Beständen mit dichtem Wacholderunterwuchs. Zuletzt flog der
Spanner in dichten jungen Stangenorten" (Wolff).
Auch kaltes, regnerisches Wetter kann den Beginn der
Flugzeit hinausschieben, indem dadurch die ausgeschlüpften Falter
am Flug verhindert werden. Der Falter scheint überhaupt recht empfindlich
gegen Witterungseinflüsse zu sein, indem plötzlich eintretende niedere Tem-
peraturen während der Flugzeit das Schwärmen unterbrechen, ja zuweilen
sogar coupieren können. Ebenso schwarmunterbrechend können starke Regen-
güsse wirken. Nach zahlreichen Berichten sind verschiedentlich durch starke
Gewitterregen große Faltermengen vernichtet worden, so daß das Schwärmen
30.1. 5.
Juli
Abb. 412. Schlüpfkurve. Nach
S c h w e r d t f e g; e r.
stünde mit dem Abfall der Temperatur. Das ist jedoch nicht der Fall, denn die
Abnahme im Ausschlüpfen beginnt schon am 20. Juni, während die Temperatur am
gleichen Tage noch steigt und erst am 21. erheblich sinkt.
-) Die hier angegebene Temperaturkurve bezieht sich nicht auf die Boden-
temperaturen, worauf ich besonders hinweisen möchte im Hinblick auf die unten
angegebene Schlüpf kurve der Eule.
470 II. Spezieller Teil.
aufhörte und Kalamitäten ihr vorzeitiges Ende fanden. So erklärt auch
Trägärdh (1919b) die geringe Eizahl nach vorhergegangenen ungeheuren
Schwärmen im Jahre 191 6 damit, daß während der Schwärmzeit mehrere
Wolkenbrüche (bei einem einzigen Schauer fielen 62 mm Regen) nieder-
gegangen sind, durch die die Falter massenhaft getötet wurden.
Allerdings sind solche Fälle nicht die Regel, und es wäre ein schwerer
Fehler, wenn der Praktiker sich auf die Hilfe derartiger Naturereignisse
verlassen wollte. Es gibt mindestens ebenso viele Berichte, die ein Weiter-
gehen der Kalamität trotz heftigster Gewitterregen während der Flugzeit
melden. (F. Eckstein, 1923, S. 266.) ,,Die Falter, die durch Regen
heruntergeschlagen worden waren und in großer Zahl scheinbar als tote
Tiere den Boden bedeckten, haben sich nach einiger Zeit wieder erholt" —
oder ,, trotz fortwährender heftiger Gewitterregen und trotzdem diese starke
Verheerungen unter den schwärmenden Faltern angerichtet zu haben schienen,
haben die nachfolgenden Untersuchungen einen überaus starken Eibelag er-
geben". Solche und ähnliche Bemerkungen kann man immer wieder in der
Literatur oder den Akten finden.
Jucht (1. c.) berichtet hierüber folgendes:
„Am 30. Mai, 2. und 3. Juni 1913 gingen abends heftige Gewitter- und Platz-
regen über den Forst; die Hoffnung, sie möchten den Faltern geschadet haben, hat
sich nicht erfüllt. Am sonnigen Vormittag des 4. Juni (10 — 12 Uhr) schwärmte der
Falter ungewöhnlich stark."
„Beschädigte Falter wurden in bemerkenswerter Anzahl nicht gefunden. Es
mag sein, daß auf baumkronenfreien, ungeschützten Wegflächen Schmetterlinge
durch den Niederprall starker Regengüsse zu Boden gequetscht werden. Im Innern
der Bestände aber schwächt das Kronendach und etwa vorhandener Unterwuchs die
Wucht des Regens zu sehr ab, als daß die Schmetterlinge auf weichem Streupolster
oder gar in schützendem Beerenkraut- oder Heidewuchs in Massen vernichtet würden.
Zudem ist der Schmetterling sehr zählebig. Er erholt sich selbst von starken Quet-
schungen des Thorax wieder."
,,Vom 6. Juni 1913 abends 10 Uhr bis zum Abend des nächsten Tages regnete
es im Dürrnbucher Forst unaufhörlich. Die Falter krochen am Boden umher, nahm.en
aber keinen sichtlichen Schaden."
„Am 14. Juni 1914 trat zur Hauptflugstuncle, etwa 3 Uhr nachmittags, ein
starker Gewitterregen ein. Große Mengen von Faltern wurden zu Boden gedrückt,
ein Teil kam in Pfützen um. Es wurden jedoch QQ^/o Männchen und nur 1 0/0 Weib-
chen gezählt."
Der Kiefernspanner ist ausgesprochen protandrisch, d.h. zuerst er-
scheinen die cf cf, die also das Schwärmen einleiten; erst einige Tage
später die 99, anfangs vereinzelt, dann allmählich immer mehr an Zahl zu-
nehmend, doch in der Regel die Zahl der cfcf nicht erreichend. Das Ve r -
hältnis der beiden Geschlechter scheint stark zu schwanken, wenig-
stens lauten die Angaben der verschiedenen Autoren sehr ungleich: Nach
Bernas wurden aus 200 Puppen nur 18 weibliche und 182 männliche Falter
gezogen, des weiteren aus 7 Proben von je 100 Puppen durchschnittlich
230/0 99; Wolff beobachtete 60 — 700/0 cfcf; nach F. Eckstein und
Nitsche (1896) ergaben verschiedene Zuchten ein annähernd gleiches
Zahlenverhältnis (43 cTcT und 40 99, oder 37 cfcf und 32 09 usw.). Nach
Schwerdtfeger (1930) betrug das Zahlenverhältnis von cfcf zu 99 36:37.
Der Spanner ist ein Tagtier, sein Hauptflug fällt in die Vormittags-
stunden zwischen 9 — 11 Uhr; auch nachmittags zwischen 2 und 6 Uhr kann
II. Unterordnung: Macrolepidoplera. Familie Geometridae (Spanner). 471
man oft wieder zahlreiche Falter schwärmen sehen. Nach Jucht (1925)
dauert die Flugzeit täglich gewöhnlich etwa 3 Stunden. „Bei heiteren,
sonnigen Vormittagen begann der Flug etwa um 9 — 10 Uhr und dauerte bis
12— I Uhr. Kühle Morgentemperatur, Regen oder sonstige Wetterungunst
verzögerte den Vormittagsflug, dann sah man noch tief in den Nachmittag
hinein schwärmende Falter." „Nach etwa 3 stündigem Fluge setzte sich der
Falter, auch das lebhafteste cf, zur Ruhe." Die stärksten Schwärme
finden an sonnigen Tagen statt. „Tage mit schwachem Wind bei gleich-
zeitigem Sonnenschein brachten die stärksten Flüge in dichten Schwärmen
über weite Bestandsflächen hin." An warmen und schwülen Tagen, besonders
auch vor Regen, flogen die Falter truppweise, anfänglich am Boden und
erhoben sich allmählich zur Höhe der Schäfte und Kronen, diese besonders
an der besonnten Seite umtanzend."
Es sind in der weitaus größten Mehrzahl die Männchen, die sich an
diesen Tagesflügen beteiligen, während die gg, wenigstens tagsüber, viel
träger sind und meist ruhig in den Baumkronen oder auch im Unterwuchs
sitzen.
Die Flugart ist unruhig und rasch und wird von verschiedenen Autoren
a]3,,taume Ind" bezeichnet, d. h. die Flugbahn folgt nicht einer bestimmten
Richtung in gerader Linie, sondern gaukelt unruhig hin und her, auf und
nieder. Doch sind die Tiere, wie Wolf f bemerkt, in ihrem taumelnden Flug
durchaus nicht „steuerlos", sie können vielmehr Hindernissen recht gut aus-
weichen und sind daher auch gar nicht so leicht mit dem Netz zu fangen.
Beim Aufsteigen vom Boden in die Krone sollen die Falter gewöhnlich in
Spirallinien um den Stamm fliegen (Spul er).
Das Schwärmen findet meist ziemlich hoch in der Kronen-
r e g i o n statt oder auch unterhalb derselben (wohl in Abhängigkeit von der
Witterung, Bewölkung usw.). Wenn in der Literatur des öfteren von einem
Schwärmen der Falter dicht über der Bodendecke berichtet wird, so liegen
wohl auch Verwechslungen mit anderen Spannerarten (Heidekrautspanner
usw.) vor. Und wenn Knauth berichtet, daß zwischen j^/.^ — S^/, vormittags
eine große Anzahl der cfcf und wahrscheinlich fast alle 99 an den Gräsern
und Forstunkräutern oder auf und in der losen Streudecke sitzen, um etwa
von 9 Uhr ab sich vom Boden zu erheben, anfangs in etwas schwerfälliger
Weise, dann aber in raschem, taumelndem Fluge der Baumkrone zueilen, um
das Schwärmen zu beginnen, so meint Wolff, daß es sich „sicherlich um
eben in den frühesten Morgenstunden ausgeschlüpfte und schon zur Flügel-
entfaltung gelangte Falter handelte". Es kommt allerdings auch vor, daß die
cfcf von der Krone herunterkommen, um mit eben ausgeschlüpften 09 zur
Kopula zu schreiten. Auch durch regnerisches Wetter werden die Falter zu
Boden gedrückt; sie halten sich dann auf den Gräsern und Beerenkräutern
auf. „Mitunter ballen sich, namentlich gegen Abend, die Männchen auf dem
Boden zu förmlichen Klumpen zusammen" (Nitsche). „Sonst bemerkt man
nur noch dann den Kiefernspannerfalter am Boden, wenn das altersschwache
Tier, gewöhnlich kurze Zeit nach Beendigung seiner geschlechtlichen Auf-
gaben, matt und dem Tode nahe, unfähig ist, sich im gewohnten, lebhaften
Fluge noch in der Luft zu halten" (Wolff).
Der Spanner meidet für gewöhnlich zugige Bestandsränder und
der Wetterseite zu liegende Gestellgrenzen. „So lebhaft bei schönem Wetter
sein Flug ist, ein Bild der Unrast, so wenig ist er, wie alle seine gleichfalls
47:
II. Spezieller Teil
fast immer sehr grazil gebauten P'amiliengenossen, imstande, einem auch nur
mäßigen Luftzug Trotz zu bieten" (Wolff). Daher findet das Schwärmen
in der Hauptsache im geschützten Innern geschlossener Bestände statt;
vielleicht läßt sich darauf (außer auf Bodenverhältnisse) auch die häufig
gemachte Beobachtung zurückführen, daß in den lichteren, viele Bestands-
abwechslungen zeigenden kleinen bäuerlichen Waldungen meist weit weniger
Falter schwärmen als in den geschlossenen Waldteilen der Staatswaldungen.
Ausnahmen kommen auch hier vor, wie z. B. F. Eckstein (1923, S. 267;
aus Kosbach berichtet, wo „die Falter auch an ungeschützten, selbst vom
Wind stark bestrichenen Waldsäumen und isolierten kleinen Feldgehölzen
flogen, während sie im Jahr vorher nur im Innern der geschlossenen Wal-
dungen sich hielten" — allerdings handelte es sich hier wie auch bei anderen
derartigen Beobachtungen fast stets um spätere Jahre einer Kalamität. Der-
selbe Autor macht uns mit einer anderen Beobachtung (des Forstamtes Bam-
berg) bekannt, wonach der Falter
an windigen Tagen die durch Unter-
/M^ wuchs geschützten Bestandesteile
-^BRfc aufsuchte und zahlreich den Fichten-
unterstand umschwärmte 1). Daß die
Falter Wälder mit reichlichem
/£^ ^RQI^Bl Unterwuchs meiden, wie manche
mK si^^Swfl^ Autoren angeben, trifft in der Regel
Mr^^I^J^^^^^^ ^^ nicht zu^).
Daß Lichtquellen die Span-
ner, die mit Vorliebe in hellem
Sonnenschein fliegen, am Abend
weniger anziehen als z. B. die Noni:ie
und andere nächtlich fliegende
Falter, kann nicht sonderlich wun-
dernehmen. Dennoch bleiben auch
die Spanner auf sehr starke Licht-
quellen nicht vollkommen reaktions-
los, was die Mitteilungen N i t s c h e s
(1896) beweisen, daß am Bahnhof
Nürnberg am g. Juni ein starkes Schwärmen des Spanners um die elek-
trischen Lampen bemerkt wurde und daß er selbst „am 18. Juni an einer
elektrischen Bogenlampe auf dem Balkon des Hotels Kaiserhof, also mitten
in der alten Stadt, eine große Ansammlung von Kiefernspannern, und zwar
vorzugsweise Weibchen beobachtet hat". Auch F. Eckstein !!923.
S. 258) berichtet einen ähnlichen Fall: ,,In der Stadt Erlangen, 3 — 4 km vom
Staatswald entfernt, zeigten sich in der Zeit vom 18. — 20. Juni 1895 auf-
Abb. 413. Ein Pärchen des Kiefernspanners
in Kopula. Nach S e i f f .
1) Daß durch starke Winde während der Flugzeit kleine Verwehungen statt-
finden können, scheint außer Zweifel, „doch betreffen diese meist nur die o^cT» tla
die (^r:^ an windigen Tagen mehr im Innern der Krone sich aufhalten". Scliwcrdt-
fcger berichtet von Verwehungen bis zu 3 km.
-) Eine merkwürdige gegenteilige Beobachtung, deren Erklärung- bis heute aus-
steht, machte Wolff bezüglich Wacholderunterwuchs: ,,Von zwei ganz vereinzelt
dastehenden Fraßherden abgesehen, waren Bestände mit dichtem Wacholderuntcr-
wuchs vom Spanner überhaupt nicht befallen, so daß sie für das Puppcnsammeln
ganz ausscheiden konnten."
II. Umerordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 473
fallend viele und namentlich weibliche Falter, welche des nachts die elek-
trischen Bogenlampen und Gaslaternen umschwärmten."
Begattung, Eiablage und Eientwicklung. Die Kopula findet bald nach
dem Schlüpfen (nach Seh we r dt feger nach 24 Stunden) statt, und zwar
am Tage auf den Nadeln oder Zweigen sitzend. Die Köpfe sehen dabei in
direkt entgegengesetzter Richtung, die Flügel wie in der Ruhestellung auf-
gerichtet bzw. nach oben zusammengeklappt (Abb. 413). Die Dauer der
Kopula beträgt mehrere Stunden.
Innerhalb weiterer 48 Stunden nach der Kopula (Seh wer dtf eger)
findet die Eiablage statt, normalerweise in der Krone. Die Frage, ob
hierbei besondere Partien bevor-
It
zugt werden, findet in der Lite- * '\^. '• *
ratur eine recht verschiedene Be- ^
antwortung. Nach Wolff findet
die Eiablage gewöhnlich nur in
den höchsten Teilen der Krone
statt. Kolster (1927) fand die
größte Zahl der Eier in der
Kronenmitte ; nach Seh w e r d t -
feger findet die Eiablage ohne
erkennbare Regel statt (nur den
unteren Teil der Krone scheinen
die Weibchen bei der Eiablage
etwas zu meiden). Ähnliches be-
richtet Heß (1S64), der die Ei-
ablage diffus über die ganze
Krone verteilt an fast sämtlichen
Nadeln stattfinden läßt, wogegen
Knauth (1895) die Hauptmasse
der Eier im unteren geschützten
Teil der Krone, hin und wieder
in dem inneren Kronenraum fest-
gestellt hat. Ob hier äußere
Faktoren (Witterungsverhältnissc,
Alter der Bäume, Lage und Form
der Bestände) einen Einfluß auf
die Verteilung der Eier in der
Krone ausüben, muß in Zukunft
noch geklärt werden. Der Um-
stand, dafi der Fraß häufig von
oben nach unten fortschreitet,
spricht dafür, daß auch die Eier,
wenigstens zu Anfang einer
Gradation, gewöhnlich in den obersten Kronenpartien abgelegt werden i).
Bezüglich der diffusen Verteilung ist an die ganz allgemein zu beob-
achtende Erscheinung zu erinnern, daß bei fortschreitenden Massenvermeh-
Abb
414-
Eiablage an einer jungen Nadel
eines frischen Triebes.
') Seeling (Ratzeburg, \V. 166! berichtet wieder das Gegenteil; nach
ihm „beginnt der Fraß auf den unteren und inneren Ästen und erweitert sich all-
mählich nach den äußeren Rändern der Krone, um in der Spitze zu enden, welche
am längsten grün bleibt".
474
IL Spezieller Teil.
Abb. 415. Eiablagen an befressenen Nadeln: sowohl an den unbefressenen, grünen,
basalen Hälften, als auch an den befressenen, braunen Hälften. Im Freiland ge-
sammelt.
rungen die gg ihre Eier mehr oder weniger walillos überall ablegen, wo Platz
ist. Daß ungünstige Witterung auf die Wahl des Ortes der Eiablage ein-
wirken kann, scheint aus den Angaben Ratzebu rgs (W. I, 167) hervor-
zugehen, wonach im Gefolge eines durch unnatürliche Witterung veranlaßten
Fluges Eier auch auf Unterholz abgelegt waren. Ja, nach Nitsche
(1896) wurden ,,im Forstamt Allersberg bei regnerischem Wetter auch an
dem Beerenkraut und an der Rinde der unteren Stamm teile
abgelegte Eier bemerkt".
Daß die Weibchen bei der Eiablage ein bestimmtes Alter der Bäume
bevorzugen, trifft nicht zu; sie belegen ebensowohl Stangenholz wie Altholz
und, wenigstens bei Massenvermehrungen, auch Schonungen.
Die Eiablage findet an die Nadeln, und zwar deren Unterseite
statt. In der Regel werden nur die alten Nadeln belegt. Ganz selten
konnten wir an jungen Nadeln frischer Triebe Eier finden (Abb. 414), es
handelte sich in diesen Fällen stets um wiederbegrünte, im vergangenen Jahr
kahlgefressene Kiefern. Ähnliches hat schon Nitsche (1896) beobachtet.
An befressenen Nadeln werden meist die stehengebliebenen basalen Stumpfe
IL Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 475
belegt, doch konnten wir auch an den braunen Endstücken Eizellen entdecken
(Abb. 415).
Das 9 nimmt Ijei der Eiablage (nach Beobachtungen im hiesigen In-
stitut) in der Regel verschiedene Stellungen ein: entweder sitzt es auf der
Nadel oder aber es hängt an der Nadel, die Beine nach oben, das Abdomen
nach unten gerichtet. Im ersteren Fall biegt es das Abdomen um die Nadel
herum, um mit dessen Spitze auf die Unterseite der Nadel zu gelangen, im
letzten Fall wird dies, wo die Nadel eine normale Stellung hat, durch ein
einfaches Aufwärtsbiegen des Abdomens erreicht; wo die Nadel da-
gegen gedreht ist, so daß die Unterseite nach oben gekehrt ist, so
wird das Abdomen in gleicher Weise wie im ersten Fall, hier aber natür-
lich nach oben um die Nadel gebogen, um die Eier auf die nach oben
liegende Unterseite zu
bringen 1).
Die einzelnen Eier
Averden in Pausen von
iS — 30, im Durchschnitt
von 25 Sekunden abge-
legt. Es wird damit am
Spitzenteil der Nadel
begonnen. Nach der Be-
festigung des ersten Eies
geht das 9 in die Ruhe-
stellung zurück, um nach
einer kurzen Pause in
der gleichen Weise das
zweite Ei abzulegen. Die
Abdomenspitze berührt
beim Austritt desselben
die Nadel meist i — 2 mm
vom ersten Ei entfernt,
rutscht dann mit dem
deutlich sichtbaren Ei
die Nadel entlang, bis
dieses am ersten Ei an-
stößt, wo es befestigt
wird. Nun geht das o
wieder in die alte Stel-
lung zurück und es wie-
derholt sich der gleiche
Vorgang wie beim zwei-
ten Ei bei allen weiteren
Eiern. Während des
Eierlegens ist beim o
eine deutliche Unruhe
(Zittern) zu merken
(Seiff, 1928).
Abb. 416. Kiefernspanner-Weibchen bei der Eiablage
(in Gefangenschaft). Die große Zahl der Eier in den
Eizellen ist eine Folge der Beengung
Schaft.
in der Gefangen-
i| Nach Kolstcr (1927) saßen 25«
und 75 o/o an der Unterseite.
der Eier an der Oberseite der Nadel
476 II. Spezieller Teil.
Die ,,Zeilen" können von verschiedener Größe sein; man hat solche mit
nur 3, andererseits aber solche mit 30 Eiern beobachtet. Letztere Zahl dürfte
allerdings die oberste Grenze darstellen, in der Regel bestehen die Zeilen aus
5 — 12 Eiern. Schwerdtfeger (1930a) fand i — 26 Eier auf einer Nadel
und errechnete als Durchschnitt 7 Eier. Die Eizellen zeigen bisweilen Unter-
brechungen in der Weise, daß einige (2 — 6) Eier mit leeren Zwischenräumen
abwechseln. Aus solchen Fällen gleich ohne weiteres auf Degenerations-
erscheinungen schließen zu wollen, ist unberechtigt i). Es können für die
normale Fortpflanzung völlig belanglose Faktoren (Witterungsverhältnisse
während der Eiablage!) Ursache der Unterbrechung sein, wenn nicht die
Lücken einfach durch Abspringen einzelner Eier aus der Reihe ent-
standen sind. Der Kitt, mit dem die Eier an der Nadel befestigt werden,
wird sehr schnell „in einem solchen Maße glasartig spröde, daß die Eier bei
einer einigermaßen unvorsichtigen Berührung von der Nadel abspringen"
(Wolff)-). Auch Jucht sucht das starke Mißverhältnis, das oft zwischen
der festgestellten geringen Eizahl und der später \orhanclenen überraschend
großen Raupenzahl besteht, zum Teil damit zu erklären, daß ,, infolge reg-
nerischen Wetters zur Zeit der Eiablage die Nadeln befeuchtet waren, die
Eier nur schlecht daran klebten und bei der Erschütterung durch den Auf-
schlag der Krone des gefällten Untersuchungsbaumes absprangen" 3).
Für gewöhnlich findet man nur eine Eizelle an einer Nadel; doch
kommen auch zuweilen, mitunter auch häufiger (Kolster 1927), zwei Ei-
zellen an der gleichen Nadel vor, die wohl von verschiedenen gg herrühren
(Nitsche). In solchen Fällen konnte Kolster als Höchstzahl 75 Eier an
I Nadel feststellen.
Was die Fruchtbarkeit des Spanners anbetrifft, so steht diese den
anderen Großschädlingen (Eule, Nonne usw.) wesentlich nach. Die Angaben
über die Zahl der von einem o abgelegten oder im geöffneten Hinterleib in
den Ovarien vorhandenen Eier gehen stark auseinander. Wolff teilt eine
Reihe Untersuchungsergebnisse vom Spannerfraß in der Tuchler Heide mit.
wonach die Zahl der „im Abdomen erkenn- und zählbaren Eier z\Aischen 30
und 160 schwankte." Wolff selbst hat im Zwinger als Höchstzahl von i g
156 Eier erhalten. Nitsche (1896) gibt die Eizahl eines o auf ungefähr
90 — 120, Knauth auf durchschnittlich 107 an. Im hiesigen Institut wurde
im Zwinger als Höchstzahl von i g 189 Eier erreicht, andere go legten 119.
114, 106, 88 und 80 Eier ab. Nach Eidmann (1929) gehört der Kiefern-
spanner zu der Gruppe von Schmetterlingen, die beim Schlüpfen noch keine
evtl. sehr wenig legereife Eier in den Ovarien haben, bei denen also die
Ovarien noch eine ausgedehnte postembryonale Entwicklung durchmachen
müssen (Abb. 418, s. ferner Abb. 24 S. 18 und Abb. 26 A S. 20).
Was die Dauer des Eistadiums betrifft, so ist diese je nach der
herrschenden Witterung starken Schwankungen unterworfen. Bei den Labo-
^1 Wenn allerdings die Eier allgemein nur \'ereinzelt (in Gruppen \on
2 oder 3) abgelegt sind, so kann hieraus wohl auf eine Abnahme der Gradations-
stärke geschlossen werden. Schon Ratzeburg (W. 177) hat au± die Erscheinung
hingewiesen: „Liegen diese nicht mehr in langen Reihen, sondern vereinzelt, so hat
man starken Fraß nicht mehr zu befürchten."
-) Untersucht man die Lücken der Eireihen näher mit der Lupe, so lassen sich
olt deutlich die Reste der Kittsubstanz als zarter, lackartiger Überzug feststellen.
3; Das Zählen der Eier an gefällten Bäumen zur Feststellung der ßetallb-
stärke hat daher nur bedingten Wert.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner
ratoriumsversuchen Schwerdt f eg e r s (1930CJ ergaben sich
bei einer mittleren Temperatur
von ca. 22
0 C eine Eidauer
von 13 — 14 Tagen, bei einer solchen von iS^ C eine Eidauer
von etwa 18 Tagen, bei
17 0 C eine Eidauer von ca.
19 Tagen, bei 16 0 C eine Eidauer von ca. 22 Tagen, bei
14 0 C eine Eidauer von 31 Tagen. Man ersieht hier, daß bei
der tieferen Temperatur die Unterschiede sich weit stärker
auswirken auf den Ablauf der
Embryonalentwicklung als bei
den höheren Temperaturen.
Starke Temperaturabschläge im
Juni w^erden also die Dauer des
Eistadiums noch wesentlich ver- PV ^~
längern können.
Seh w e r d t f e g e r stellt
des Spanners von der Tempe-
ratur nach der B 1 u n c k sehen
Gleichung in Form einer Hy-
perbel (Abb. 419) dar
T (t — to) = konstant,
wobei t die Temperatur (in "
Celsius), T die Entwicklungs-
dauei und t^ eine zu berech-
nende Konstante (Entwicklungs-
nullpunkt) bedeutet (s. S. 56).
Er kam dabei zu folgendem
Ergebnis:
T(t — 7,95) = 179.77
oder abgerundet
T(t — 8) = 180.
Während der Embryonalent-
wicklung zeigen die Eier äußer-
lich kaum Veränderungen; erst
gegen das Ende zu, kurz vor
dem Ausschlüpfen, werden die
Eier glasartig durchscheinend.
„Man kann bei stärkerer Ver-
größerung dann deutlich das dar-
in liegende Räupchen erkennen.
Der gelblich gefärbte Kopf liegt
über den ebenso gefärbten letzten
Abdominalsegmenten (von oben
gesehen). Meist ist auch das
erste Brustsegment gelblich ge-
färbt. Der ganze übrige Körper
schimmert orünlich durch" M.
Abb. 417. Eine ,, Eizelle"
des Kiefernspanners.
(Stärker vergröß. ) Nach
S e i f f .
1) Unbefruchtete Eier oder solche,
die zu Beginn der Embryonalentwick-
Abb. 418. Ovarialschlauch eines frisch ge-
schlüpften Kiefernspanner-O. (Nur die 2
untersten Eier sind legereif. 1 Nach Eid-
mann.
478
II. Spezieller Teil.
Das Ausschlüpfen der Räupchen erfolgt entsprechend der langen
Flugzeit zu recht verschiedenen Terminen, schwankend zwischen der ersten
Juliwoche und Mitte August. Das junge Räupchen nagt in die seitliche
Eiwand ein Loch, durch das es das Ei verläßt. Nach Wolff zeigen sämt-
liche Eier einer Nadelreihe auf ein und derselben Seite die Ausgangsöffnung,
nach Seh werdt feger dagegen liegen die Schlüpf löcher der gleichen Ei-
zelle wohl sämtlich in der gleichen Richtung, entweder der Nadelspitze oder
der Nadelbasis zugewandt, jedoch unregelmäßig teils auf der einen, teils
auf der anderen Seite (s. Abb. 407). Die Eischale wird später nicht mehr
weiter benagt, weshalb Bernas geradezu von einer ,, Deckelöffnung spricht.
die sämtliche Eier auf einer Seite hätten". Das Ausschlüpfen dauert nach
Bernas einen halben Tag. während Wolff hierfür 6 — 7 Stunden angibt.
Die leeren und normalerweise von den Räupchen verlassenen Eischalen sind
25°C
10 15 20 25 30 asTage
Abb. 419. Kurve für die Dauer des Eistadiums. Nach S c h w e r d t f e g e r.
leicht daran zu erkennen, daß sie „beim Wenden der Nadeln schwach in
Rosa „changieren"' — ä la changeant-Stoff — bzw. perlmuttcrartig glänzen"
(Knauth).
Bionomie der Raupe.
Lebensdauer und Häutungen. — Nach Beobachtungen im hiesigen
Institut (Kalandadze, 1927 bj macht die Spannerraupe normalerweise vier
Häutungen durch. Die I. Häutung fand (im Laboratorium) frühestens nach
10 Tagen statt, sie kann sich aber auch noch um mehrere Tage verschieben.
Ungefähr ebenso lange wie das Eiräupchenstadium dauert das IL Stadium,
während des III. Stadium etwas längere Zeit, bis 14 Tage, beansprucht.
Noch länger, nämlich bis 16 Tage, währt das IV. Stadium, und endlich am
hing abgestorben sind, werden sehr bald an ihrem veränderten Äußeren kennt-
lich. Ihre Färbung wird schmutziggrau oder gelbgrün, und ihre Wandung fällt
alsbald, da der Inhalt vertrocknet, unter Faltenbildung ein, so daß die Eier schon
mit bloßem Auge unregelmäßig eingedellt erscheinen. Bei fortschreitendem Ein-
trocknen berühren sich die Schalenwände in der Mitte der Delle. Das Ei erscheint
dann hier vollkommen durchsichtig.
II. Unterordnung: Macrolepidopttra. Familie Geometridae (Spanner). 479
längsten das V. Stadium, in dem die Raupen bis zur W-rpuppung 34 und je
nach Witterung noch viel länger lebend).
Danach betrug also die Raupenzeit vom Ausschlüpfen bis zur Ver-
puppung im kürzesten Fall 84 Tage. Im Freien fressen die allen Witte-
rungsverhältnissen ausgesetzten Raupen im Durchschnitt über 3 Monate.
Doch kann die Dauer des Raupenstadiums noch weit länger sein; können
doch die Raupen den ganzen Winter über in der Streudecke verbringen, um
sich erst im nächsten Frühjahr zu verpuppen.
Das Wachstum der Spannerraupe von 3 mm Länge (Eiräupchen) bis zu
30 mm (erwachsene Raupe) vollzieht sich also im Verhältnis zu anderen
Raupen außergewöhnlich langsam. Eingehende Studien über das
Längenwachstum hat Schwerdtf eger angestellt; er legt den Verlauf des
Längenwachstums an Hand einer graphischen Darstellung dar. Die Kurve
der Abb. 420 hat ungefähr den ^"crlauf einer Geraden; die Schwankung nach
30 mm
^ ^ ^ , , , .Alher
"t 10 20 30 W 50 60 Wage
Tag des Schlüpfens
xA.bb. 420. Kurve für das Längenwachstum der Raupen. Nach S c h w e r d t f e g e r.
unten um den 50. Tag dürfte die Folge mangelhafter Versuchsdurchführung
sein, da die Raupen einige Zeit gehungert und darauf anscheinend durch
Verzögerung des Längenwachstums reagiert haben. Wenn man sich das durch
Hungern verursachte Absinken wegdenkt, läßt sich die Kurve auch als sehr
flache S-Kurve im Sinne der von Janisch (Das Exponentialgesetz, Berlin
1927, Abb. 136/138) gegebenen Wachstumskurven deuten. Gleichgültig, ob man
die Kurve als Gerade oder als sehr flache S-Linie ansieht: das Wachstum
der Spannerraupen verläuft bei konstanter Temperatur und
ausreichender Nahrung außerordentlich gleichmäßig und
I1 et ragt in Zimmerwärme rund 0,4 mm je Tag.
Fraßpflanzen. Die normale Fraßpflanze ist die Kiefer, vor allem
unsere gemeine Kiefer, doch werden auch andere Kiefernarten, z. B. Wei-
mutskiefern, nicht verschont. Bei Massenvermehrungen und Nahrungs-
mangel werden auch Fi c h t e n un t e r wuc hs und Wacholder angegangen
1) Das 5. Stadium kann ganz fehlen, so daß die Raupen schon im 4. Stadium
zur Verpuppung gelangen. Doch liegen dann stets ungewöhnliche Verhältnisse
(Nahrungsmangel, frühe Fröste usw. 1 vor, die zur Notverpuppung führen.
480
II. Spezieller Teil.
und nicht selten völlig entnadelt. Nach Nitsche (1896) wurden im Reichs-
wald (bei Nürnberg) auch ältere eingesprengte Fichten gänzlich kahl-
gefressen, während größere eingesprengte Fichtenhorste meist verschont blie-
ben. Ratzeburg (F. II. 183) nennt auch noch die Tanne als Nahrungs-
pflanze. Zur praktischen Bedeutung dürfte jedoch nur der Fraß
auf der Kiefer gelangen. Allerdings erwähnt Guth (nach Wolff 1913)
einen Fall von einem schädlichen Kiefernspannerfraß an Fichte, und nennt
Kaltenbach als Fraßpflanzen der schädlichen Raupe in einem Atem
Kiefer und Fichte; doch dürften diese Angaben auf seltenen Ausnahmefällen
beruhen, da bei den großen Kalamitäten der späteren und neuesten Zeit nie-
Abb.
A B
421. A zwei Kiefernnadeln mit dem Rinnenfraß der E
aupen des Kiefern-
spanners, B charakteristischer Fraß alter Raupen.
mals von einem verderblichen Fraß an Fichte, etwa gleichbedeutend mit
dem an Kiefer, berichtet wurde.
Fraßart. Was die Fraßart betrifft, so ist diese bei den Eiräupchen
eine andere als bei den späteren Stadien. Gemeinsam ist jedoch allen
Stadien, daß sie mit Vorliebe alte Nadeln befressen (siehe oben S. 474
das über die Eiablage Gesagte).
Das Eiräupchen begibt sich, sowie es die Eischale verlassen, an eine
alte Nadel, um nicht weit von der Spitze derselben entfernt den Fraß zu be-
ginnen. Es greift dabei die Nadel nicht vom Rande her an, sondern von der
Fläche, in die es kleine Streifen oder Rinnen frißt, anfänglich nur
oberflächliche, später tiefergehende, harzende. Zuerst werden die Seiten der
Rinne benagt und sodann die Mitte ausgefressen, bis die Rinne etwa die
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner;. 481
Breite des Raupenkopfes erreicht hat. Ist sie so tief ausgefressen, daß der
Kopf fast in der Rinne versenkt werden kann, so kriecht die Raupe etwas
zurück, um den Fraß in der gleichen Weise fortzusetzen. Die Nadeln ver-
färben sich an den Fraßstellen und bekommen ein gelbgeflecktes Aussehen
(Taf. VI, Fig. 9).
Der Einhäuter dagegen geht zum Sc harten fraß der Nadel-
ränder über, der dann charakteristisch für alle weiteren Stadien
bleibt. Der Fraß beginnt, wie beim Rinnenfraß des Einhäuters, stets nahe
der Spitze der Nadel und setzt sich bis etwa zur Mitte fort. Die Raupe
frißt zunächst ein meist dreieckiges oder halbbogenförmiges Stück aus dem
Nadel rand heraus, kriecht dann rückwärts, um direkt dahinter wieder ein
Dreieck herauszunagen, und wiederholt dies so oft, bis sie etwa in der Mitte
oder beim letzten Drittel der Nadel angelangt ist. So entstehen mehr oder
weniger scharfe Scharten, die zum Teil ein treppenförmiges Aussehen zeigen.
Bei stärkerem Fraß wird auch der andere Rand in der gleichen Weise be-
fressen, so daß dann nur die Mittelrippe mit spärlichen zackigen Nadelresten
übrig bleibt (Abb. 421 B). An ihnen befinden sich meist kleine Harz-
tröpfchen, die schnell vertrocknen und weiß werden, und die geradezu
charakteristisch für Spannerfraß sind. Der befressene Nadelteil bräunt sich
rasch, während der unversehrte Basalteil zunächst noch grün bleibt. Bei star-
kem Fraß wird jedoch auch hier angegriffen und der Zackenfraß bis zur
Scheide fortgesetzt, so daß dann die ganzen Nadeln bzw. Nadelreste braun
werden. Die so befressenen Nadeln fallen, besonders wenn die beiden Nadeln
eines Paares betroffen sind, meist ab, so daß die Zweige völlig kahl er-
scheinen. Im günstigeren Fall jedoch, wenn die Nadelbasen unversehrt und
grün sind, bleiben die Nadeln aufrecht und dicht stehen, den Zweigen ein
grob borstenförmiges Aussehen verleihend i). Ausnahmsweise wird von
älteren Raupen die Mittelrippe durchbissen und der basale Stumpf von oben
her völlig verzehrt.
Der geschilderte einseitige oder doppelseitige Scharten- oder Treppen-
fraß der Nadelendhälfte, die Bräunung dieser, die kleinen Harztröpfchen an
den Scharten, verbunden mit dem Grünbleiben der unversehrten Nadelbasen
bei mäßigem Fräße erzielen ein sehr charakteristisches Fraßbild, das kaum
zu \^erwechslungen Anlaß geben kann.
Wann fressen die Raupen? Diese Frage wurde zuerst durch Rhumb-
1er (1929) exakt zu lösen versucht, und zwar durch zeitlich bestimmt be-
grenzte Kotsammlungen in den befallenen Revierteilen. Es stellte sich dabei
heraus, daß die bei Nacht abgegebene Kotmenge die bei Tag abgegebene
wesentlich überwiegt, und zwar in einem Verhältnis von 5:1. Davon machte
die in der ersten Nachthälfte (19 — i Uhr) gefallene Menge den größeren
Teil aus, sie verhielt sich zu der in der 2. Hälfte (i — 7 Uhr) wie 100:64.
Nach Fütterungsversuchen mit gefärbter Nahrung beträgt die zwischen Fraß
und Kotabgabe liegende ,, Darmzeit" durchschnittlich 6 Stunden. Ziehen wir
diese von der Zeit des Hauptkotfalles (19 — i Uhr) ab, so erhält man als
Hauptfraßzeit 13 — 19 Uhr.
1) Das langsame Wachstum der Raupen und das daraus resultierende lang-
same Fortschreiten des Fraßbildes, verbunden mit dem Stehenbleiben der befres-
senen Nadeln, macht es ohne weiteres verständlich, claf5 der Spannerfraß oft erst
spät (im September oder noch später; entdeckt wird.
Escherich. Forstinsekten, Bd. III. 31
482 II. Spezieller Teil.
Zu ähnlichen Resultaten gelangten Friederichs und Steiner (1930),
auch sie beobachteten bei Nacht einen weit stärkeren Kotfall als bei Tag
(etwa wie 3:1). Allerdings läßt dies nach den beiden Autoren keinen zwin-
genden Schluß auf die Hauptfraßzeit zu. Nach ihren Beobachtungen began-
nen die Raupen (im erwachsenen Stadium) erst bei Einbruch der Dunkelheit
mit dem Fraß, während sie tagsüber in ihrer charakteristischen Ruhestellung
verharrten. ,,Wird nicht wahrscheinlich die starke Nahrungsaufnahme bei
Beginn der Dämmerung den Darm zu erhöhter Peristaltik anregen und dem-
nach auch bald eine beträchtliche Kotabgabe zur Folge haben?" „Der
, Darmzeit' wäre dann für die Berechnung der Hauptfraßzeit keine große
Bedeutung beizumessen."
Nahrungsmenge, Stoff wechselquotient. über die Nahrungsmenge,
die eine Raupe verzehrt, wurden im hiesigen Institut durch Kalandadze
(1927b) eingehende Untersuchungen gemacht und folgende Zahlen gefunden:
Die Eiräupchen fressen nur sehr wenig, so verzehrte ein Räupchen an
I Tag 0,71 qmm der Nadelfläche. Im II. Stadium steigt mit dem Wachstum
der Raupe auch die Freßlust. Eine frisch gehäutete Raupe brauchte hier an
I Tag schon 1,71 qmm. Besonders auffallend vergrößert sich die Fraßmenge
im III. Stadium. In diesem Fall frißt eine Raupe an i Tag sogar 14,4 qmm
der Nadelfläche. Diese Erscheinung wird dadurch erklärt, daß zu Ende des
IL Stadiums (in der Natur schon kurz nach der Häutung!) der Schartenfraß
beginnt, bei welchem selbstverständlich die Fraßflächen viel größer werden.
Hier ist außerdem zu beobachten, daß die Zahl der befressenen Nadeln
im Vergleich mit dem II. Stadium 2 — 3 mal größer geworden ist. Im
IV. Stadium vermehrt sich der Futterverbrauch ums Doppelte: eine Raupe
frißt in i Tag 28,6 qmm der Nadelfläche, obwohl die Zahl der befres-
senen Nadeln nur wenig gestiegen ist. Diese Tatsache aber wird leicht
verständlich, wenn man berücksichtigt, daß die Raupen von jeder Nadel
mehr fressen als die Raupen im III. Stadium. Im letzten Raupenstadium
entwickelt sich die größte Freßlust. Die Zahl der befressenen Nadeln
und die Fraßfläche wächst 2 — 3 mal (bei gleicher Zeit und Zahl der
Raupen) gegenüber den Raupen im IV. Stadium: jetzt frißt eine Raupe in
I Tag schon 74,3 qmm der Nadelfläche. Bei diesem Stadium werden bei
Futtermangel die Nadeln bis zum Stumpf verzehrt i).
„Die Untersuchungen Kalandadzes geben ein deutliches Bild von
dem Anwachsen der Fraßintensität mit zunehmender Raupengröße, sie
hatten aber insofern keine genauen Ergebnisse erfahren, als bei der zwei-
dimensionalen Ermittlung der Fraßmenge durch Ausmessen von Länge
und Breite der Nagespur die dritte Dimension, die Tiefe, unberücksichtigt
bleibt, wobei zu bedenken ist, daß die älteren Raupen erheblich tiefer nagen
als die jüngeren. Ferner ist die Nahrungsaufnahme nicht während des
ganzen Raupenlebens, sondern nur an einigen typischen, durch das Raupen-
stadiuni gekennzeichneten Vertretern beobachtet worden, selbst innerhalb des
gleichen Stadiums ist die Fraßintensität der Raupen aber sehr unter-
schiedlich: zu Anfang z. B. des III. Stadiums frißt die Raupe erheblich
weniger als zu Ende, nach einer Zeit beachtlichen Längenwachstums. Zur
Kennzeichnung einer Raupe genügt also Angabe des Stadiums nicht, die
1) Bei Hunger fressen die Raupen selbst die trockenen braunen Nadeln, wie
sich aus der braunen Farbe des Kotes erkennen läßt (Schwerdtfeger).
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 483
genaue 1) Länge muß gleichfalls mitgeteilt werden" (S ch \v e r d t f ege r ,
1930 c).
Diesen Mangel suchte Schw e reit fege r chirch eine andere Unter-
suchungsmethode zu beheben, wobei zugleich auch der Stoffwechsel-
quotient ermittelt wurde. Der allgemeinen Bedeutung wegen gebe ich
diese Untersuchungen hier ausführlich wieder:
Es wurden drei Gläser (a, b und c) benutzt. Jeweilig bei Einbringung frischer
Zweige wurde auf einer Apothekerwage deren Gewicht festgestellt, durch Wägen
der gleichen Zweige bei der nach einigen Tagen stattfindenden Futtererneuerung
ergab sich ein Gewichtsverlust, der sich zusammensetzt aus der Minderung durch den
Fraß der Raupen und durch Verdunstung. Der Verdunstungsverlust, prozentual aus-
gedrückt und Anfangsgewicht des Zweiges, wurde in einem Kontrollversuch er-
mittelt, indem ein Zweig in genau der gleichen Weise wie die Zweige a, b und c in
ein Glas gebracht, aber nicht mit Raupen belegt wurde. Durch Abzug des Ver-
dunstungsprozentes von der Gesamtgewichtsminderung gelangt man zu dem durch
den Raupenfraß verursachten Gewichtsverlust, mit anderen Worten zu der Nadel-
menge, welche die auf den Zweigen sitzenden Raupen innerhalb der Versuchsdauer
aufgenommen hatten. Durch Division durch die Zahl der Raupen und Versuchstage
erhält man die von einer Raupe innerhalb 24 Stunden aufgenommene Nahrungs-
menge.
Ferner wurde bei jeder Zweigerneuerung der seit der letzten Futterdarreichung
gefallene Kot gewogen, nachdem er vorher durch längeres Stehenlassen in flachen
Petrischalen zimmerlufttrocken gemacht war. Die von einer Raupe in 24 Sttmden
abgeschiedene Kotmenge wurde wiederum durch Division des Kotgewichtes durch
die Versuchstage und Raupen ermittelt.
In den Tabellen a — c sind die gefundenen Nahrungs- und Kotmengen in Be-
ziehung zu der Länge der Raupen gesetzt worden. Es wurde nicht das Alter der
Raupen als Vergleichsmaßstab gewählt, da jederzeit die Länge, aber nicht das Alter
einer Raupe festzustellen ist. Die Raupengröße wurde wie oben geschildert ermittelt.
Die angegebene Länge ist nicht die bei Wägung des befressenen Zweiges bzw. der
Kotmenge gemessene, sondern das Mittel aus den Längen bei Einbringung des
Zweiges und bei seiner Herausnahme. Beispiel: Die unmittelbar nach dem Aus-
schlüpfen an die Zweige gesetzten Eiräupchen waren 1,9 mm lang; nach 4 Tagen
wurde der Zweig gewogen und eine aufgenommene Nahrungsmenge von 2,3 mg und
eine Kotmenge von 0,1 mg festgestellt (Tab. a, erste Reihe); die Raupenlänge war
zu diesem Zeitpunkt 3,6 mm. Aus den Größen 1,9 und 3,6 wurde das arithmetische
Mittel gezogen und es ergab sich die in der ersten Reihe der Tabelle a mitgeteilte
Länge von 2,8 mm. Dieses Verfahren mußte eingeschlagen werden, da sich innerhalb
des genannten Zeitraums Raupen in den Größen von 1,9 bis 3,6 mm an der Aus-
scheidung der schließlich ermittelten Kotmenge bzw. an der Aufnahme der Nahrung
beteiligen; es ist daher richtiger, die Wägeergebnisse auf die mittlere Größe zu
beziehen, nicht auf die Endgröße-).
1) Allerdings läßt sich die ,, genaue" Länge der Raupen nach der Schwerdt-
feger sehen Methode auch nicht völlig einwandfrei ermitteln, da dabei Verschieden-
heiten des jeweiligen Kontraktionszustandes nicht berücksichtigt werden. Doch
können diese Ungenauigkeiten durch Verwendung von Mittelwerten aus zahlreichen
Messungen einigermaßen ausgeglichen werden.
_-,) Die Beziehung auf die mittlere Größe bringt nur eine Annäherung an die
wirklichen Verhältnisse, da die Nahrungsaufnahme ("und in gleicher Weise die Kot-
abscheidung) nicht in einfacher Proportion zum Wachstum steht, sondern die
größeren Raupen ungleich mehr fressen. In dein angeführten Beispiel würde die
Nahrungsmenge von 2,3 mg also nicht genau einer Raupe von 2,8 mm entsprechen,
sondern einer solchen, deren Länge zwischen 2,8 und 3,6 mm, jedoch sehr nahe nach
2,8 mm hin läge. Der bei der Mittelberechnung gemachte Fehler wird um so kleiner,
je kürzer die Zeiträume gewählt werden.
31*
484
II. Spezieller Teil.
In der letzten Spalte ist das Verhältnis der Nahrungsmenge zur Kotmenge
aufgezeichnet; über seine Bedeutung wird später gesprochen.
Hin und wieder wurden Raupen aus Freiland unter den gleichen Bedingungen
wie die in den Gläsern gezogenen Raupen eingezwingert und ihre Nahrungs- bzw.
Kotmengen gemessen. Es sollte damit kontrolliert werden, ob sich die Zuchtraupen
nicht etwa anders verhielten als Freilandraupen. Säintliche Kontrollen fielen zur
Zufriedenheit aus: die Wägungsergebnisse der Freilandraupen stimmten mit denen
entsprechender Zuchtraupen überein.
Tabelle für Zuchtglas a.
Gewicht der von i Raupe
in 24 Stunden
Länge
Stoffwechsel-
der Raupen
aufgenommenen
abgegebenen
quotient
in mm
N a h ru n gs m enge
Kotmenge
in mg
in mg
2.8
2,3
0,1
23,0
4,3
1,7
0,1
17,0
6,0
3,8
0,4
9,0
8,6
4,7
0,7
6,7
10,4
6.6
1,3
5,1
10,8
5.2
0,9
5,8
10,9
6,8
1,4
4,9
12,9
9,1
1,5
6,1
13,8
11.0
2,8
3,9
14,2
9,1
2,4
3,8
14,6
11,3
3,3
3,4
16,8
14,0
3,8
3,7
17,6
20,1
5,6
3,6
18,2
18,5
4,6
4,0
18,5
13.8
3,9
3,9
18,7
12.6
3,6
3,5
20,5
24^8
8,1
3,1
22,0
37,7
12.9
2.9
22,4
47,5
18,1
2,6
23,1
39,7
13,9
2,8
23,8
35,7
13,7
2,6
24,1
52,0
20,4
2,5
26,4
34,8
13,2
2,6
28,0
35,9
13,2
2,7
29,0
27,5
15.0
1,8
29,3
26,1
12,2
2.1
Tabelle für Zuchtglas b.
2,9
1,4
0,1
14,0
4,2
2,1
0,2
10,5
6,4
3.0
0,3
10,0
7,4
3,0
0,4
7,5
8,6
6,4
0,9
7,1
10,3
6,8
1,1
6,2
11,2
7,5
0,9
8,3
11,2
8,2
1,3
6,3
12,2
10,9
2,4
4,5
14,5
10,0
3,0
3,3
15,6
14,5
3,8
3,8
16,2
15,0
3,8
3,9
17,1
10,0
2,4
4,2
17,7
12,4
3,3
3,6
II. Unterordnung: Macrolepidoplcra. Familie Geometridae (Spannei
Tabelle für Zuchtglas c.
485
Gewicht der von i Raupe
in 24 Stunden
Länge
Stoffwechsel-
der Raupen
aufgenommenen
abgegebenen
quotient
in mm
Nahrungsmenge
Kotmenge
in mg
in mg
2,6
0,7
0,1
7,0
4,1
2,5
0,1
25,0
7,0
4,0
0,4
10,0
8,0
3,1
0,5
6,2
9,2
7,2
1.4
5,1
11,3
6,3
1,4
4,5
11,9
7,8
1,7
4,6
12,4
9,6
2,8
3,4
14,5
12,6
3,9
3,2
14,9
11,1
4,6
2,4
15,5
13,5
4,1
3,3
17.4
15,1
4,3
3,5
17,7
12,3
4,5
2,7
18,0
12,7
4,1
3.1
18,4
13,2
4,4
3,0
18,5
26,9
10,2
2,6
22.1
37,1
12,3
3,0
23,0
45,6
17,3
2,6
23,7
57.1
20,6
2,8
25.1
47,6
17,1
2.8
25,3
36,0
14,2
2,5
25,7
41,6
16,2
2,6
27,4
38,4
15,0
2,6
In Abb. 422 sind die Zahlen der ersten Spalte der Tabellen a— c graphisch
dargestellt; auf der Abszisse sind die Raupenlängen in Millimeter, auf der Ordinate
die von einer Raupe täglich verzehrte Nadelmenge in Milligramm aufgezeichnet. Die
Punkte liegen anfangs dicht beieinander, streuen aber mit zunehmender Raupen-
größe sehr.
Um zu einer der Punktelagc gerechtwerdenden Durchschnittskurve zu ge-
langen, wurden die Längen dreimal zu Klassen verschiedener Größe und Anordnung
zusammengefaßt und für diese Klassen das Mittel der aufgenommenen Nahrungs-
menge berechnet. Die so gewonnene Tabelle — nicht nur für die Nahrungsmenge,
sondern auch für Kotmenge und Stoffwechselquotienten — ist hier der Raum-
ersparnis halber nicht wiedergegeben. Durch Übertragung ihrer Zahlen in die
Abb. 422 kommt man zu Punkten, die miteinander verbunden die dünn ausgezeich-
neten Kurven ergeben. Unter Benutzung dieser drei Hilfskurven wurde dann die
dick ausgezogene Durchschnittskurve gezeichnet.
„Wir sehen, daß bei konstanten Temperaturverhältnissen die Menge
der von einer Raupe täglich aufgenommenen Nahrung mit zunehmender
Größe der Raupe anwächst, zunächst schwach, dann iminer stärker, einen
Höhepunkt erreicht und schließlich ziemlich rasch absinkt." i)
1) Die Kurve (Abb. 422) ähnelt außerordentlich der von Janisch gebrachten
Abbildung über die täglich durchschnittlich gefressene Nahrungsmenge der Stabheu-
schrecke. Durch Häutung hervorgerufene Unterbrechungen des Fraßes, wie sie auf
der Heuschreckenkurve zu finden sind, lassen sich in unserer Abbildung nicht er-
kennen, da sie nicht wie jene die Fraßmenge eines einzigen Tieres darstellt, sondern
486
II. Spezieller Teil.
„Die Gesamtmenge der von einer Raupe
zehrten. Nadelsubstanz betrug
in Glas a 1,23 ;
„ „ b 1,17 ,
,, c 1,26 ,
während ihres Daseins ver-
im Durchschnitt 1,22 g
Frischgewicht. Nach einer auf Anregung Ecksteins in der Letzlinger
Heide durchgeführten Zählung, über deren Ergebnis Angaben in den Akten
der Regierung zu Magdeburg stehen, besaß eine mittlere Kiefer in 60 jähri-
gem Bestände rund 450000 Nadeln; 100 Nadeln wogen 3,2 g. Unter
Zugrundelegung dieser Zahlen frißt eine Spannerraupe in
ihrem Leben rund 38 Nadeln; zur völligen Entnadelung
einer 60jährigen Kiefer sind dann theoretisch i i 8 4 2 (5 d e r
rund 12000 Raupen er f o r de r lieh." i)
60rmg/2<^S/-unden
1 2 3 f 5
Länge der Raupen
Abb. 422. Kurve für die von einer Raupe aufgenommene Nahrungsmenge. Nach
S c h w e r d t f e g e r.
die einer Population, aber auf ein Tier reduziert, ein Verfahren, welches die Unwäg-
barkeit der von einem Tiere namentlich in den jüngeren Stadien aufgenommenen
Fraßmenge notwendig macht, das aber individuelle Schwankungen in der Fraßinten-
sität infolge der zeitlichen Ungleichmäßigkeit der Häutungen verschwinden läßt.
1) In praxi ist diese Zahl wesentlich zu verringern, vielleicht auf die Hälfte
oder gar ein Viertel; denn einmal werden Nadelstücke abgebissen und fallen zur
Erde, kommen also als Nahrung für die Raupen nicht mehr in Frage, zum andern
II. Unterordnung: Macrolepidoplera. Familie Geometridae (Spanner). 487
Abb. 423 gibt die Kurve der täglichen Kotmenge in Beziehung zur
Raupengröße wieder. Sie ist in genau derselben Weise entstanden wie Ab-
bildung 422. Der Verlauf der Kotabgabe ähnelt außerordentlich der
Nahrungsaufnahme.
20^mg/2tSf-unden
18
1 2 3 f 5 10 15 20 25 30mm
Länge der Raupen
Abb. 423. Kurve für die von einer Raupe abgegebene Kotmenge. Nach S c h w c r d t -
feger.
„Die Gesamtmenge des von einer Raupe vom Schlüpfen bis zur Ver-
puppung ausgeschiedenen Kotes betrug
in Glas a 0,43 g
„ ,. b 0,47 ,,
„ ,, c 0,60 ,,
im Durchschnitt 0,48 g Lufttrockengewicht.
Wenn wir von den im Verhältnis zur Kotmenge geringfügigen Exkreten
absehen, die nicht durch den Anus den Körper verlassen, gibt uns das Ver-
hältnis zwischen aufgenommener Nahrungsmenge und ausgeschiedener Kot-
menge ein gutes Bild über die Ausnutzung der Nahrung, über den zum Auf-
bau und Betrieb des Individuums verwandten Nahrungsanteil. Wenn wir z. B.
dieses Verhältnis a rungsmengj? .^.g^^^j-^gg jj-^-^ folgenden kurz als Stoff-
Kotmenge
w e c h s e 1 q u o t i e n t Q bezeichnet wird, in der ersten Reihe der vierten Spalte
von Tabelle a mit 23,0 angegeben finden, so heißt dies, daß die von den
werden auch die stark, aber nur zum Teil befressenen Nadeln braun und sterben ab.
Die Erfahrung der Praxis gibt an, daß Kahlfraß, d. h. Verlust von mehr als 750/0
der Nadelmasse, zu erwarten ist bei einem Besatz von mehr als 3000 Raupen (z. B.
Heß-Beck, Kolster u. a.).
488 n. Spezieller Teil.
Eiräupchen aufgenommene Nahrungsmenge 23 mal so groß wie die ab-
gegebene Kotmenge war, daß umgekehrt nur 1/93 der abgefressenen Nadeln
den Darm als Kot verließ, daß also —jo^ für Aufbau und Betrieb des Raupen-
körpers verwandt wurden.
„Die Größe von Q zu einem bestimmten Zeitpunkt sagt uns nicht viel;
außerdem stimmen die in Tabelle a — c angegebenen Werte für Q nicht
a
25
1 2 3 ¥ 5 10 15 20 25 30 mm
Länge der Raupen
Abb. 424. Kurve für den Stoffwechselquotienten. Nach S c h w e r cl t f e ge r.
mit dem wirklichen Quotienten überein, da die Berechnung des Quotienten
einen Fehler enthält: die Nahrungsmenge ist mit ihrem Frischgewicht, die
Kotmenge mit ihrem Lufttrockengewicht eingesetzt, ein Fehler, der zwar die
absolute Größe, aber kaum die uns hier interessierende, mit zunehmender
Raupengröße eintretende Änderung des Stoffwechselquotienten beeinträch-
tigen dürfte.
„Die in der gleichen Weise wie die Kurven 422 und 423 entstandene
Kurve 424 stellt den Stoffwechselquotienten in Beziehung zur Raupen-
länge dar. An sich könnte erwartet werden, daß das Verhältnis zwischen auf-
genommener Nahrung und abgegebener Kotmenge während des ganzen
Raupenlebens konstant bleibe. Das ist nicht der Fall: Q nimmt mit zu-
nehmendem Längenwachstum der Raupen beständig ab, und zwar zunächst
stark, dann schwächer; die Kurve ähnelt einer Hyperbel. Das Eiräupchen
nutzt am l^esten die Nahrung aus; je größer die Raupe wird,
um so schlechter wird die N a h r u n g s a u s n u t z u n g , um so größer
wird, wahrscheinlich durch Zunahme des den Darm unver-
ändert passierenden Anteils, im Verhältnis zur Fraßmenge
die Kotabgabe. Das gewaltige Anwachsen der Fraßstärke
gegen Ende des Raupenlebens ist also nicht nur eine Folge
des durch das Wachstum bedingten Mehrbedarfs, sondern
wird weiterhin auch verursacht durch die mit zunehmendem
Alter beständig schlechter werdende Ausnutzung der auf-
genommenen Nahrung" (Schwerdtfeger, 1930c).
Der oben mitgeteilten Kotkurve der einzelnen Raupe entspricht auch der
allgemeine Gang des Fraßes in den Beständen. Schwerdtfeger stellt hier-
von verschiedene Kotkurven auf, von denen ich hier zwei wiedergebe (Abb. 425
u. 426). Auf der Ordinate sind die täglich je qm gesammelten Kotmengen,
auf der Abszisse die einzelnen Tage der Versuchszeit angegeben. „Der Gang
II. Unterordnung: Macrolepidoplera. Familie Geometridae (Spanner;. 489
des Kotfalls und damit des Fraßes verläuft in allen Beständen völlig parallel,
unterschiedlich ist nur die Menge des Kotes, also die Zahl der fressenden
Raupen; bis Ende September steigen die Kurven ganz langsam und all-
mählich an, dann verlaufen sie steiler, erreichen in 14 Tagen (gegen Mitte
Oktober) ihren Kulminationspunkt und fallen darauf bis Ende Oktober
ziemlich steil ab. Am 25. Oktober setzte kaltes, regnerisches Wetter ein,
das bis zur Verpuppung der Mehrzahl der Raupen andauerte. Die Raupen
saßen während dieser Zeit regungslos an den Nadeln, am Stamm und auf
dem Boden und nahmen keine Nahrung zu sich. So dürften die Kurven im
wesentlichen die ganze Fraßzeit umfassen."
„In die Biologie der Raupen übersetzt sagen die Kurven folgendes:
die abgegebene Kotmenge und somit auch die aufgenommene Nahrungs-
menge steigt stetig entsprechend dem Wachstum der Raupen bis Mitte
Oktober an. Unterbrechungen des Fraßes durch Witterungseinflüsse oder
den Vorgang der Häutung sind aus der Kurve nicht herauszulesen. Der
Fraß erreicht seinen Höhepunkt Mitte Oktober, einzelne Raupen beginnen
sich zu verpuppen, die Zahl der fressenden Individuen wird ständig geringer.
Die Fraßintensität nimmt gewaltig ab; obwohl noch bis weit in den Novem-
ber hinein große Mengen von Raupen in den Kronen und an den Stämmen
saßen, war die ab Ende Oktober fallende Kotmenge nahezu gleich Null^).
2.0 \ ^
-^ ^- /
2. 5
/lug.
10. 15 20. 85 30.1 5.
Sepf
15 20 25 30.1. 5
Okf
10 15. 20 25.
Abb.
425. Kotkurve im Bestand (Alter 75 Jahre). Raupenzahl je qm: 124,
Stamm: 1430. Nach Schwerdtfeger.
„Die Menge des gefallenen Kotes läßt sich durch Berechnung des
Inhalts des von der Abszisse, der Ordinate und der Kurve gebildeten
Polygons ermitteln. Die absolute Gesamtmenge hat für uns wenig Inter-
esse, da sie in direkter Abhängigkeit zur Raupenzahl und zur vorhan-
denen Nahrungsmenge steht, wohl aber das Verhältnis der Kotmengen in den
einzelnen Abschnitten der Fraßzeit. Es fand sich weitgehende Überein-
stimmung in den Kurven. Es fielen
im I. 2. 3. 4. Viertel der Fraßzeit
(5.bis 25.VIII. 26. VIII. bis 15. IX. i6.IX.bis 5.x. 5.bis25.X.)
7 16 26 5i°/o
ij Einen ganz anderen Verlaut nimmt die Kotkurve bei einer zum Hunger-
tod verurteilten Spannerpopulation. Nachdem die Raupen eine Zeit-
lang trockene, braune Nadeln gefressen hatten, begann gegen Ende September das
große Sterben; die Kotmengen wurden allmählich geringer. Das ganz langsame,
durch den Hungertod der Raupen verursachte Absinken der Kotkurve steht in
charakteristischem Gegensatz zu dem in den obigen Kurven sich findenden schroffen
Absinken als Folge der Verpuppungsreife (s. Abb. 427).
490
II. Spezieller Teil.
der Gesamtkotmenge. Im letzten Viertel der Fraßzeit fraßen die Raupen
also mehr als in der gesamten vorhergegangenen Zeit. In den Monaten
fielen: August iC/o, September 300/0, Oktober 6on/o der Gesamtkotmenge.
2. 5. 10. 15. 20. 25. 30.1 5. 10. 15. 20 25. 30.1 5.
Aug. Sept. Okt.
15. 20. 25.
Abb. 426. Kotkurve im Bestand (Alter 45 Jahre). Raupenzahl je qm: 600, je
Stamm 2430. Nach S c h w e r d t f e g e r.
2. 5. 10 15. 20. 25. 30 1. 5.
^ug. Sept
70 15 20 25. 301 5.
Okt
Abb. 427. Kotkurve im Bestand (Alter 45 Jahre) einer an Hunger zugrunde gehen-
den Spannerpopulation. Nach Schwer dtfeger.
Eine zahlenmäßige Erklärung für die bekannte Erscheinung, daß sich die
durch den Spanner verursachten Schäden spät, meist erst im Oktober
bemerkbar machen!"
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridac (Spanner).
491
Was den Einfluß der Witterung auf die F r e ß 1 u s t betrifft,
so wird derselbe von manchen Autoren (Borchers 1929, Methner 1929)
als besonders hoch eingeschätzt insofern, als l^ei kaltem, regnerischem Wetter
die Freßlust der Raupen bis auf den
Nullpunkt sinken solH). Schwerdt-
feger, der auch darüber Untersuchun-
gen mit Kotfängen anstellte, kommt
dagegen zu einem anderen Resultat:
„Auch bei Regen fand sich Kot auf
den Papierflächen, so daß von einem
völligen Abdrosseln des Fraßes durch
Regenwetter nicht die Rede sein kann.
Die übrigen Witterungsverhältnisse
haben, wie sämtliche Kurven überein-
stimmend zeigen, nur geringen Einfluß.
Die täglichen Schwankungen mögen
zum Teil eine Folge von Sammel-
fehlern, zum Teil auf das Konto von
Witterungsverhältnissen zu setzen sein,
für die Tendenz der Kurve, für das
stete langsame Ansteigen ist in über-
ragender Weise maßgebend das Wachs-
tum der Raupen" (Abb. 428).
Beweglichkeit der Raupen. —
N i t s c h e (1 896 ) spricht mit Recht von
geringer Beweglichkeit und
großer Trägheit der Spannerraupen.
Sie verlassen den Ort ihrer Fraßtätig-
keit nur sehr ungern und bleiben,
wenn irgend möglich, während ihres
ganzen Lebens in der Krone, die sie
erst zur Verpuppung verlassen. Die
jungen Raupen lassen sich selbst durch
starke Erschütterung des Fraßbaumes
nicht herunterbringen. Sie stellen sich
bei Erschütterungen vielmehr „tot", ein Schutzreflex, den sie später verlieren.
Die älteren Raupen dagegen lassen sich mehr oder weniger prompt bei
Erschütterungen des Baumes an einem Gespinstfaden herunter, um sich aber
dann meist bald wieder an demselben hinaufzuhaspeln. Ratzeburg (F. IL
183) hat diese eigentümliche Erscheinung zuerst beschrieben und auch ab-
gebildet. „Die Raupen lassen sich auch wohl an langen Fäden herunter, an
denen man sie aber schon während des ganzen Herbstes hie und da hängen
sieht. Wenn sie bis zu einer Höhe von 5 — 7 Fuß über der Erde .sich
herabgelassen haben, fangen sie öfters mit einemmal wieder an, sich an dem
Faden hinaufzuhaspeln, indem sie denselben um ihre Brustfüße wickeln und
hin und her schaukeln."
Bei großen Massenvermehrungen werden die Raupen oft durch Nahrungs-
5,0
W
3.5
3.0
2.5
20
15
0.5
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1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
25. 30. 1. 5.
Aug. Sept.
10. 15 20. 85. SO
Abb. 428. Temperatur und Fraß-
tätigkeit der Spannerraupen. Oben
Temperaturkurve, unten Kotkurve.
Nach Seh werdt feger.
1) Man glaubte hierin auch eine Erklärung für verschiedentliche Mißerfolge
bei der Spannerbekämpfung mittels Arsenbestäubung gefunden zu haben (siehe auch
Esche rieh, 1929 l.
492
II. Spezieller Teil.
mange] bzw. Hunger veranlaßt ihren Geburtsbaum zu verlassen entweder
durch Abspinnen oder durch Abwärtskriechen. Viele gelangen dabei auf
Unterwuchs 1), auf dem sie ihren Fraß fortsetzen, die andern, die auf den
Boden gelangen, unternehmen hier keineswegs weite Wanderungen,
sondern streben an dem nächstbesten erreichbaren Stamm wieder nach oben,
„ohne Gefühl dafür, ob derselbe noch benadelt ist oder nicht" (Nitsche
1896). Fast alle Autoren stimmen darüber übercin, daß die Spannerraupen
keine Wanderungen z. B.
in noch unbefallene Re-
vierteile zwecks besserer
Nahrungsversorgung ma-
chen; zahlreiche Versuche
mit Leimstangen und
Fanggräben lieferten ein-
wandfreie Beweise hierfür
(Nitsche, 1896, Wolff,
S. 70 u. a.) 2).
Normale, d. h. in der
Biologie der Raupe be-
gründete größere Ortsver-
änderungen finden nur im
Herbst zum Zweck der
Verpuppung statt, wobei
sie ebenfalls entweder
sich abspinnen oder den
Stamm herabkriechen.
Das Spinnvermögen
ist bei den Jungraupen
nur wenig ausgebildet und
nimmt bei den älteren
immer mehr zu, schlägt
also gerade die gegentei-
lige Entwicklungsrichtung
wie bei der Eule ein, bei
der das Eiräupchen das
höchst ausgebildete Spinn-
vernKigen besitzt.
Empfindlichkeit bzw.
Widerstandsf ähigirgleich
der Kalamitätenjahre 191 1 und 1912 deutlich hervor; 191 1 niederschlagsarm,
hohe Temperaturen, Verpuppung Oktober bis November — 19 12 nieder-
schlagsreich, niedere Temperaturen, Verpuppung meist erst im folgenden
Kalenderjahr bis in den Februar und März hinein.
Die Verpuppung geschieht ohne jegliche G e s p ins t b i 1 d un g , die
Puppe liegt völlig nackt im Boden, auf höhere oder tiefere Schichten
verteilt!).
Knauth (1895) ü^ß über die Verteilung genaue Untersuchungen beim
Oberpfälzischen Fraß anstellen, wonach
in der Moos- und Nadeldecke 350/0 der Puppen,
in der eigentlichen Humusschicht 60 0/0 der Puppen,
im Mineralboden 50/0 der Puppen
lagen. Leythäuser (1897, S. 455) gibt die entsprechenden Zahlen mit
25 — 30O0, 600/0 und 10 — 1500 an. In anderen Böden, z. B. mit geringer Strcu-
1) Nach Bernas (1889/90) können sich auch die Puppen selbst aktiv
in den Boden einbohren: In Waldsteinruh wurde beobachtet, daß ,,von den
durch die Entfernung der Moosdecke auf der sandigen Erdoberfläche freigelegten
Puppen nur die matten von der kalten Regenzeit getötet wurden, die Irischeren
sich durch Bewegung ihres Hinterleibes in che Erde einzubohren suchten, was
manchen bis auf i^/o Zoll Tiefe gelang".
496 n. Spezieller Teil.
decke, werden sich natürlich andere Zahlen ergeben; Jucht (1925) fand bei
geringer Streudecke 40 0/0 der Puppen im Sand, bei schwacher reiner Nadel-
decke 620/0, bis bei Böden, die der Streu fast völlig entblößt sind, bis 100 0/0
der Puppen auf den Mineralboden entfallen. Letzteres hatten wir selbst bei
der jüngsten Spannerkalamität in der Oberpfalz (1926/27) in manchen der-
artigen vollgerechten Forstorten zu beobachten Gelegenheit. Ratzeburg (W.)
zitiert übrigens einen Bericht, Avonach auch an solchen Orten, die eine sehr
starke Moosdecke hatten, Spannerpuppen in dem Mineralboden gefunden
wurden 1).
Es scheint, daß auch die Art der lebenden Bodendecke nicht ohne
Einfluß auf die Verpuppung bleibt. Wolff gibt an, daß „unter starken
Beerkrautdecken oder unter hohem und dichtem Heidekraut, ebenso unter
den Polstern des den Boden stark durchwurzelnden Polytrichiim formosiim
auffallend wenig Puppen gefunden wurden 2). Laboratoriumsversuche zeig-
ten dann auch, daß die Spannerraupe nicht kräftig genug ist, um tiefer in
den dichten Wurzelfilz einzudringen; sie bohrten sich nur da weiter ein, wo
Risse ihr das möglich machten. Jucht (1925 S. 220) dagegen fand unter
starken Beerkrautdecken ebenso viele Puppen wie in beerkrautfreien Orten.
Wie die Raupe, so ist auch die Puppe sehr widerstandsfähig gegen
Witterungseinflüsse. „Gegen Frost sind die Puppen praktisch als ganz vm-
empfindlich anzusehen. In Junkenhof hatten die Puppen den Aufenthalt in
der fest gefrorenen Humusschicht ausgezeichnet vertragen" (Wolff S.97).
Allerdings scheint dem eine Beobachtung, die Eidmann (1926 a) mitteilt,
zu widersprechen: „Auf den Versuchsflächen der Forstämter Burglengenfeld,
wo durch Umhacken der Streu decke die Puppen freigelegt waren, gingen
bei einem Nachtfrost von — 70C am 22/23. April sämtliche freiliegenden
Puppen zugrunde, wobei die bloßliegenden olivgrünen Partien sich deutlich
verfärbten." Durch kaltes, regnerisches Frühjahrswetter wird das Tempo der
Entwicklung des Schmetterlings in der Puppe wesentlich verlangsamt (bis
eben die nötige Wärmesumme erreicht ist). Die Verzögerung kann mehrere
Wochen betragen (Leythäuser, 1897; Wolff, 1913).
Auch gegen Vertrocknen scheint die Spannerpuppe nicht so emp-
findlich zu sein, wie vielfach in der Praxis angenommen wird (im Gegensatz
zur Eulenpuppe, s. unten). Das Freilegen der Puppen z. B. durch Streurechen
oder Beharken bedeutet durchaus nicht ohne weiteres deren Eingehen; die
Puppen können vielmehr das Freiliegen, ebenso die damit verbundene inten-
sive „Belichtung" im allgemeinen recht gut vertragen, wie sowohl aus vielen
Berichten, als auch aus verschiedenen Versuchen Wolffs und Juchts her-
vorgeht (Wolff, S. 103—106, Jucht, S. 227)3).
1) Bei Wolff (S. 92) findet sich eine Mitteilung aus Danzig vom Jalire
1908, daß die etwa zu gleichen Teilen vorhandenen Raupen und Puppen klumpen-
weise und tief im Sande unter der Humusschicht zusammengelegen haben. Wolff
hält dies für einen rein zufälligen Befund, vielleicht zum Teil für das Werk der
Waldmaus, die ja gelegentlich ihre Beutetiere in der beobachteten Art in ihren
Gängen zusammenbringt.
2) Vergleiche unten die Angaben von Vietingshoffs über den Einfluß
der Bodenflora auf die Verpuppung der Eule.
3) Des allgemeinen Interesses halber sei noch die große Unempfind-
lichkeit der Spannerpuppen — die sie vielleicht mit allen Puppen teilt — gegen
Röntgenstrahlen erwähnt, wie sich gelegentlich von Versuchen, die Herr
Dr. Wallnöfer hier anstellte, erwies.
II. Unterordnung: INIacrolepidoptera. Familie Geometridae (Spannen. 497
Endlich sei noch erwähnt, daß sich die Spannerpuppen (wie wohl die
meisten Schmetterlingspuppen) gegen eine Reihe v^on cliemischen Stoffen
(Kalisalze, Petroleum usw.), mit denen wir draußen im Freien Versuche
machten, völlig unempfindlich erwiesen haben, und daß sie auch manch kräf-
tige mechanische Einwirkung ohne Schaden vertragen können i).
Die Zeit der P u p p e n r u h e ist, wie aus den sehr verschiedenen
Verpuppungsterminen (siehe oben) hervorgeht, sehr ungleich lang. Normaler-
weise beträgt sie annähernd öi/, — 7 Monate; sie kann jedoch, wenn die Ver-
puppung erst im März stattfindet, auf etwa 4 — 5 Monate verkürzt werden
(die Wärmesumme wird ja in dieser Jahreszeit auch viel schneller erreicht).
Das Ausschlüpfen der Falter vollzieht sich gewöhnlich in den
frühen Morgenstunden, in denen man die frischgeschlüpften Tiere mit noch
unentfalteten Flügeln am Boden, an Gräsern oder Forstunkräutern sitzend
finden kann. Daß der Falter beim Emporkriechen vom Puppenlager an die
Oberfläche stets den Gang benützt, der von der sich einbohrenden Raupe ge-
fertigt wurde, und daß andernfalls, d. h. wenn dieser Gang nicht mehr
besteht, der Schmetterling nicht nach oben gelangen könne, sondern zugrunde
gehen müsse — diese Meinung, die in manchen Berichten aus der Praxis
aufgestellt wurde, trifft nicht zu, wie ja jeder Züchter ohne weiteres fest-
stellen kann (s. auch Wo! ff S. 90).
Epidemiologie.
Ätiologie.
Zederbauer (1911) kommt Ijci seinen eingehenden Untersuchungen
ü])er die Zusammenhänge von Klima und Gradation zu dem Ergebnis, daß
der Spanner (gleich wie der Spinner, die Eule und die Nonne) sein
PI a u p t g r a cl a t i o n s g e b i e t in r e g c n a r m e n Landstrichen mit 400
bis 800 mm Niederschlagsmenge hat. Nach unseren über mehr
als hundert Jahre sich erstreckenden Erhebungen fallen weitaus die mei-
sten Gradationen in Gebiete mit 500 — 600mm Niederschlags-
menge, nur ein verhältnismäßig geringer Prozentsatz in Gebiete mit 600
bis 700 mm, und diese sind mit wenigen Ausnahmen auf die südliche Hälfte
Deutschlands beschränkt (siehe Karte 4). Die Jahresdurchschnitts-
temperaturen der Hauptspannergebiete liegen (mit einer Aus-
nahme) über 70, meist über 8° (Karte 3)-), und was die Höhenlagen
betrifft, so dürfte in Deutschland die oberste Grenze bei 600m zu
suchen sein.
Wolff und F. Eckstein sind bezüglich der klimatischen Verhältnisse
zu ganz ähnlichen Resultaten gekommen — Wolff bezeichnet „als die
Standorte für die Entwicklung der Spanncrkalamitäten ausgesprochene
1 ) Die Angaben von der Oberförsterei Hagen, daß die Spannerpuppen so
empfindlich seien, daß von mit der Hand gesammelten Puppen nur 7 — 120/0 zur
Entwicklung kamen, beruhen, wie auch Wolff S. 96 bemerkt, aui völlig irriger
Auslegung. Die vielen Tausenden von Puppen, die wir oft recht schlecht verpackt
erhielten und die infolgedessen während des Transportes stark durcheinandergeschüt-
telt worden waren, ergaben zum größten Teil (soweit sie nicht parasitiert waren} ge-
sunde Falter.
2) Allerdings wäre hierbei noch zu berücksichtigen, daß die jahreszeitliche
Verteilung von Niederschlag und Temperatur den ausschlaggebenden Einfluß
auf den Gang der Gradationen ausüben dürfte (vgl. Ecksteins Angaben auf
S. 503).
Escherich. Foistinsekten, Bd. III. 32
498
II. Spezieller Teil.
Trockengebiete und hier wieder sonnige Kuppen" — und auch für Schweden
scheinen dieselben Gesetzmäßigkeiten Geltung zu haben, indem nach Trä-
gärdh (1919) Spannergradationen „nur im östlichen Schweden vorkommen,
wo die jährliche Niederschlagsmenge geringer als 550 mm ist."
Vergleichen wir die Gradationskarte des Spanners mit der der Eule (s. unten),
so sehen wir einerseits, daß sich die Gradationsgebiete der beiden Schädlinge
vielfach decken, andererseits können wir aber auch Unterschiede feststellen:
einmal umfassen die Eulengebiete größere zusammenhängende Flächen
als die Spannergebiete und sodann geht der Spanner wenigstens in Nord-
und Mitteldeutschland mehr nach dem Westen (Elbegebiet) und auch weiter
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Karte 3.
Gradationskarte des Kiefernspanners: Schadgebiete und Jahresisothermen.
nach Süden. So sind südlich der Donau nennenswerte Eulengradationen noch
nicht vorgekommen, während der Spanner in der Ingolstädter Gegend die
Donau nach Süden überschreitet und dort schon zu wiederholten Malen um
Geisenfeld herum zu schweren Kalamitäten geführt hat (Karte 3 und 4).
Danach scheinen also beim Spanner die Bindungen (durch Klima usw.)
etwas weniger eng zu sein als bei der Eule.
Nicht alle Kiefernwälder in dem hier aufgezeichneten, durch Nieder-
schlagsmengen und Jahresisothermen umgrenzten Gebiet sind den Spanner-
angriffen in gleicher Weise ausgesetzt, sondern es sind meist bestimmte
Alter, Lagen und Waldtypen, die befallen werden und denen also
eine besondere Disposition für Spannergradation innewohnt.
IL Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Gcometridae (Spanner
499
Was ist die Ursache, daß bestimmte Lagen und gerade ein bestimmtes
Alter der Wälder vom Spanner bevorzugt wird? ..Warum", fragt Frie-
derichs. ..wird ein Bestand kahlgefressen und ein benachbarter verschont?"
„Warum sind es meist nur gewisse , Lagen', in denen der Spanner kata-
strophal auftritt, während benachbarte Bestände grün bleiben?" Als aus-
geschlossen darf es gelten, daß die betreffenden Bäume den Raupen als
Nahrung nicht zusagen. ,,Sie bleiben vielmehr deshalb verschont, weil in
ihnen auch in den Spannerjahren Verhältnisse vorliegen, die in den gefähr-
deten Beständen nur in den gewöhnlichen Jahren obwalten. Was unter-
scheidet nun die gefährdeten Lagen von anderen? Offenbar das, was in der
Karte 4.
Gradationsgebiete des Kiefernspanners: Schadgebiete und Niederschlagsmengen.
epidemiologischen Literatur als .örtliches Klima' nicht sehr genau bezeichnet
wird."
Für die zur Erörterung stehenden Fragen müssen wir, wie im all-
gemeinen Teil bereits angeführt ist, unterscheiden: ,,i. Das allgemeine meteo-
rologische Klima, 2. das standörtliche Klima (eines Waldes, eines Berg-
hanges), 3. das Kleinklima, die Verhältnisse eines Habitat, einer einzelnen
Stelle im Standort, wo unser Schädling lebt. Eine Spannerpuppe, die sich
unter einer Buche oder in einer kleinen Senkung verpuppt, befindet sich in
ganz anderen physiographischen Verhältnissen als eine andere, die nicht weit
davon unter oder in einer dicken Rohhumusschicht ruht. Denn nachdem im
Frühjahr die Buche sich belaubt hat, fängt sie die Sonnenstrahlen ab, deren
32*
500 II. Spezieller Teil.
Wärme für die Entwicklung des Spanners zur Imago nicht ohne Bedeutung
sein kann, zum mindesten den Zeitpunkt seines Erscheinens bestimmen wird.
Seine Nachkommenschaft erscheint vermutlich später als die der früher flie-
genden Spanner, was für ihr Gedeihen nicht unwesentlich sein kann, denn die
Sonnenwärme (Mecklenburgs) reicht ohnehin nur aus zu einer sehr späten,
vielfach erst zu Winteranfang erfolgenden Beendigung der Raupenentwick-
lung. Leben mehrere Generationen von Spannern unter solchen Verhält-
nissen, so ist diese SpanncrbcvöJkerung schwer benachteiligt und mag
schließlich da, wo entsprechende Verhältnisse vorherrschen, fast erlöschen.
Diese Verhältnisse bedürfen selbstverständlich w^eiterer experimenteller Auf-
klärung."
,,Die Ökologen versuchen die klimatischen Verhältnisse zu 2 und 3 zu
erfassen und begegnen dabei nicht geringen Schwierigkeiten. Der umfas-
sendste Ausdruck dieser Verhältnisse ist die Verdunstung. Aber wenn diese
gemessen wird, zeigt sich, daß sie ganz verschieden ist an verschiedenen
Stellen ein und desselben Standortes, etwa einer schattigen und einer son-
nigen Stelle, und H. Walter kommt gar zu dem Schluß, daß es , .allgemeine
Standortsbedingungen" für ein größeres Gebiet nicht gibt. Harris u.a. ver-
suchen mit biometrischen Methoden gleichwohl die Verdunstung in gewissen
Waldtypen mit der in anderen zu vergleichen. Wir werden in der gleichen
Richtung arbeiten müssen, um epidemiologisch voranzukommen, dazu Raupen
unter verschiedenen Verhältnissen von Temperatur, Feuchtigkeit und Licht
aufzüchten und die Mortalität feststellen müssen. Es kann schon heute als
sehr wahrscheinlich bezeichnet werden, daß wir auf diesen beiden Wegen
zusammen zum Ziel gelangen werden, denn mit der Möglichkeit, daß innere,
in der Raupe liegende Faktoren zuzeiten eine stärkere Vermehrung herbei-
führen, brauchen wir vorerst gar nicht zu rechnen."
„Wodurch ist nun das .Bestandesklima' bedingt? Erstens durch die
Lage im Gelände. Zweitens durch die Bodenbeschaffenheit einschließlich
der Streudecke. Drittens durch die Pflanzendecke. Viertens unter Umstän-
den auch durch Tiere, etwa durch einen großen Wildstand, der jeglichen
Unterwuchs vernichtet. Die Verhältnisse zu i. und 2. entziehen sich unserer
Einwirkung, wir wollen nur bei dem dritten Punkt verweilen. Es ist selbst-
verständlich, daß in verschieden alten, in sich aber gleichalterigen Bestän-
den ein verschiedenes Bestandesklima herrscht. In der Dickung ist Wind-
stille und Schatten; der Boden ist daher kühl; seine Feuchtigkeit wird
durch die geringe Dicke der Streudecke beeinflußt. In hohen fast schlag-
reifen Beständen gelangt mehr Sonne zum Boden als in jüngeren; dieser
muß daher wärmer, und soweit nicht eine starke Streudecke etwa viel Roh-
humus modifiziert, trockener sein. Jedenfalls wechselt das Bestandesklima
mit dem Alter und der damit erfolgenden Auflichtung der Bestände: eine
Selbstverständlichkeit, aber der springende Punkt, welcher den verschiedenen
Grad des Befalls der Altersstufen hypothetisch zu erklären geeignet ist. Wir
dürfen annehmen, daß für die Raupe oder für die Puppe oder für beide
oder für die Imago nur bestimmte Altersstufen des Bestandes zusagende Ver-
hältnisse des Bestandesklimas gewähren, und daß daher in jungen Beständen
immer das eine oder das andere Entwicklungsstadium des Spanners nicht
gut gedeihen kann, daß andererseits in älteren Beständen bei günstigem
Wetter das betreffende Stadium sich in so günstigen klimatischen Verhält-
nissen befindet, daß die Mortalität bis zu dem Grade herabgedrückt ist,
II. Unterordnung: Macrolepidoplcra. Familie Geometridac (Spanner). 501
welche Gradation bedeutet. Man muß mit der Möglichkeit rechnen, daß
diese günstigen Wetterverhältnisse ziemlich komplizierter Art sein mögen,
daß ihnen ein Rhythmus des Wetters zugrunde liegen kann und daß dieser
nicht allein die Mortalität der Eier, Raupen und Puppen beeinflussen mag,
sondern auch die Vermehrungsenergie des Falters, sei es, daß es sich um
Wetterverhältnisse handelt, die ihn als solchen treffen oder die er während
seiner Entwicklung erlebt hat. Außerdem wird natürlich der Massen-
wechsel der Parasiten beeinflußt."
„Versuchen wir uns eine genauere Vorstellung von den Verhältnissen
zu machen, die die verschiedenen Grade der Eignung verschiedener Alters-
stufen der Bestände für den Spanner bedingen, so kann folgendes gesagt
werden: Wenn die Dickung zum Stangenholz heranwächst, beginnt die Auf-
lichtung des Bestandes. Die Sonne beginnt den Boden stärker zu erwärmen
und die Erwärmung steigert sich im Verhältnis der Auflichtung; es wird ein
Grad derselben erreicht, der für die Spannerpuppe günstig ist, indem er die
zu ihrer Entwicklung im Frühjahr erforderliche Wärmesumme darstellt, so
daß mehr Spanner als vorher zu rechtzeitiger Entwicklung oder zur Ent-
wicklung überhaupt gelangen; und jetzt ist das Alter des Bestandes heran-
gekommen, in dem bei günstigen Wetterverhältnissen Massenvermehrung zu
erwarten ist. Welches Alter oder was dasselbe heißt, welcher Grad der Auf-
lichtung hierfür erforderlich ist, das hängt offenbar von dem allgemeinen
Klima ab; von den in verschiedenen Klimazonen sehr unterschiedlichen mitt-
leren und maximalen Temperaturen der in Betracht kommenden Monate,
indem diese Temperaturen zusammen mit anderen Verhältnissen einen
rascheren oder langsameren Wuchs der Bestände bedingen, deren Auf-
lichtung demgemäß nicht überall gleich schnell vonstatten geht. Mit anderen
Worten, auch bei gleichem Grad der Auflichtung wird die Erwärmung des
Bodens je nach Klima und Wetter verschieden stark sein; sie wird in der
einen Gegend und in dem einen Jahre stärker sein als anderswo bzw. in
einem anderen Jahre, und so sehen wir, soweit die Wärmeansprüche der
Puppe in Frage stehen, die epidemiologischen Voraussetzungen der Spanner-
kalamität in großen Zügen vor uns, haben aber die „ökologische Valenz" in
dieser wie in anderen Hinsichten noch experimentell zu untersuchen, um die
erforderliche Wärme (und Feuchtigkeit) genau zu kennen. Kaum nötig zu
sagen, daß auch die Art der forstlichen Bewirtschaftung diese Verhältnisse
beeinflußt und daß sie in dieser typischen Form nur dann sich entwickeln,
wenn die Bäume des Bestandes von gleichem x\lter sind."
„Gefolgert werden kann aus dem Vorstehenden, daß in einem kühlen
Klima die Altersgrenze der Gefährdung der Kiefer durch den Spanner nach
oben sich verschieben muß, und tatsächlich sind in Mecklenburg-Schwerin,
das größtenteils zum nordatlantischen Klimabezirk gehört, Dickungen und
jüngere Stangenhölzer weniger gefährdet als höhere Altersstufen, während
in dem zum subsarmatischen Bezirk gehörigen Mecklcnburg-Strclitz die
Dinge schon etwas anders liegen" (Friederic hsV
Im allgemeinen sind es vor allem dürftige, s ch 1 ech t w ü c hs ig e,
auf magerem Boden stockende Bestände von 25 — 70 Jahren,
die dem Spanner zum Opfer fallen. In den meisten Berichten kehren die
Angaben immer wieder, daß derartige Wälder in den „Spannerjahren"
zuerst und am stärksten l^efallen waren.
502 n. Spezieller Teil.
Eine besondere Bedeutung scheint der Trockenheit bzw. Feuch-
tigkeit des Bodens zuzukommen. Bei dem großen Spannerfraß in
der Tucheier Heide standen die feuchten Senken und Mulden mit ihren
unversehrten Bäumen „als fast vollendete Oasen inmitten der stark gelich-
teten Wipfel des übrigen Bestandes" (Wolff S. 254). Auch anderwärts
wurden ähnliche Beobachtungen gemacht (s. F. Eckstein S. 254). Es ist
jedoch zu weit gegangen, wenn Wolff Kiefernbestände, die auf feuchten
Lagen stocken, direkt als immun ansieht (S. 109), denn es liegen auch
gegenteilige Beobachtungen vor. So berichtet das Forstamt Schrobenhausen
(Oberbayern), daß gerade die Hauptfraßstellen „sehr zu Nässe neigen", und
aus den Forstämtern Nürnberg und Erlangen sind Fraßbeschädigungen aus
anmoorigen bzw. moorigen Böden bekannt geworden (F. Eckstein, S.255,
und Nitsche, 1895). Es mag sich hier um Ausnahmen handeln; doch geht
aus diesen hervor, daß unter gewissen Umständen (die uns noch nicht näher
bekannt sind) eine ,, Immunität" nasser Böden nicht besteht.
Daß die Bodendecke nicht ohne Bedeutung auf die Spannerver-
mehrung sein kann, geht aus dem eben über Feuchtigkeit Gesagten ohne
weiteres hervor. Hängt doch der Feuchtigkeitsgehalt sehr wesentlich von
der Art der Bodendecke ab. Eine Moosdecke z. B. besitzt ein weit höheres
Speicherungsvermögen an Feuchtigkeit als eine Grasnarbe oder ein grob-
maschiges Wurzelgeflecht von Heide und Beerkraut.
Fried crichs äußert sich in seiner epidemiologischen Studie nach
Angaben Völkers in ähnlichem Sinn über den Einfluß der Bodendecke: „Im
Gegensatz zu den stark wandelbaren Einflüssen des Baumbestandes wirken
Boden und Bodendecke stets gleichsinnig, und zwar dahin, daß sie die
Folgen der Auflichtung für die Puppe stark modifizieren. „Betrachten wir
auf der einen Seite Verhältnisse, wie sie in der Letzlinger Heide vorliegen:
im allgemeinen nur eine schwache Bodendecke, oft nur eine dünne Nadel-
decke mit sehr schwacher Rohhumusschicht, die Puppen liegen mehr im
wasserdurchlässigen, gleichmäßig trockenen Sand. Auf der anderen Seite
unsere mecklenburgischen Verhältnisse: bis in das höhere Bestandcsalter
hinein mäßige H y p n u m - und D i c r a n u m - Decken mit starker Rohhumus-
unterlage, die später mehr oder weniger von Gräsern durchsetzt werden.
Moos und Rohhumus sind beträchtliche Wasserspeicher, die namentlich im
atlantischen Klimagebiet (Winterniederschläge reichlicher und meist als
Regen!) oft längere Zeit hindurch erhebliche Feuchtigkeitsmengen in sich
bergen. Die Puppen dürften unter letzterem zu leiden haben. Erhebliche
Verluste treten ein. Dazu kommen die im gleichen Sinne wirkenden, an den
Rohhumus gebundenen stärkeren Grade von Azidität. Daraus folgt aber,
daß der zunächst in der Auflichtung begründete Beginn des durch Gradation
gefährdeten Alters hinausgeschoben wird."
Dazu kommt vielleicht noch das mechanische Hindernis, das den
in den Boden eindringenden Raupen durch gewisse Bodendecken, z. B.
durch ein sehr dichtes Wurzelgeflecht, entgegengesetzt wird und die
Raupen an der Verpuppung hindert. Daß das völlige Fehlen einer
Streudecke (in streuberechten Wäldern) gradationshemmend wirkt oder gar
Immunität bedeutet, ist, wie oben schon betont, nicht richtig, da die Raupen
sich dann in den mineralischen Boden zur Verpuppung einbohren. Zudem
ist die Trockenheit, die hier herrscht, ein direkt günstiges, förderndes
Moment für die Spannerentwicklung (gesunde fJberwinterung), wie man ja
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Gcometridae (Spanner). 503
auch immer wieder beobachten kann, daß die sonnigen, wärmeren und
trockenen Orte, wie Südabhänge von Kuppen usw., besonders
stark befallen sind.
Ob außer den hier behandelten Faktoren auch dem Ernährungs-
zustand des Baumes selbst eine gewisse Bedeutung für die Entwick-
lungsbedingungen des Spanners zukommt, diese Frage, die Wolff auf-
geworfen hat, möchte ich vorerst mit F. Eckstein verneinen. Wenig-
stens gibt uns die Biologie des Spanners, soweit sie uns bekannt ist, keine
Anhaltspunkte dafür, während wir aber andererseits wissen, daß die Boden-
verhältnisse, die die Ursache der Schlechtwüchsigkeit sind, die Entwicklung
des Spanners stark begünstigen. Der schlechte Ernährungszustand der Bäume
und die Spannergradation hängen also wohl nur insofern zusammen, als
beiden die gleiche Ursache (trockene, arme Böden) zugrunde liegen.
Als gradationsaus lösende Faktoren kommen wohl auch beim
Spanner in erster Linie die meteorologischen Verhältnisse in Be-
tracht. ,, Trockene, warme Jahre" sind es, die die Entwicklung einer Spanner-
kalamität begünstigen, schreibt Nitsche. ,,Die trockenen, für Insekten-
vermehrung so günstigen Sommer der Vorjahre und günstiges Wetter zur
Flugzeit des Schmetterlings in den nachfolgenden Jahren dürften wohl als
erster Grund der Massenvermehrung anzusehen sein," meint Leythäuser,
während in einem Bericht der Oberförsterei Warlubien (aus dem Jahre 1908)
„dem auffallend warmen und trockenen Herbst" besondere Bedeutung für
die Zunahme des Spanners zugeschrieben wird.
F. Eckstein, der sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt hat,
schreibt: ,,in letzter Linie scheint jedoch stets die Witterung derjenige
Faktor zu sein, der durch hervorgerufene Störungen in den wechselseitigen
Beziehungen der Organismenmengen zueinander das treibende Moment für
das Zustandekommen des Mißverhältnisses zwischen dem Schädling und
seinen Feinden bildet, und zwar besonders dann und dort, wo die geringen
Niederschlagsmengen im Trockengebiet einen besonders niedrigen Stand er-
reichen." Zum Beleg dieser Anschauung gibt er eine Tabelle über die
Jahres-Niederschlagsmengen von 40 Jahren (1897 — 1918), aus der deutlich
ersichtlich ist, daß der Beginn der Spannerperioden stets in besonders
niederschlagsarme Zeiträume fällt. Trägärdh gibt an, daß in den der
Spannervermehrung vorhergehenden Jahren die jährliche Niederschlagsmenge
allmählich um 15 — 270/0 herabgesunken war.
Wie die Witterungsverhältnisse im einzelnen wirken, cl. h.
auf welche Zeit im Jahre bzw. auf welche Entwicklungsstadien des Spanners
sie besonderen Einfluß ausüben, darüber wissen wir noch recht wenig.
F. Eckstein hat auch über diese Frage aus den Akten Aufschluß zu erhal-
ten versucht. Er kam durch Vergleich der Temperatursummen einmal
während der Raupenperiode (August bis November) und sodann während der
Puppenperiode (Dezember bis Mai) im Ablauf einer Kalamität zu dem
Ergebnis, daß der Beginn einer Gradation durch hohe Tem-
per a t u r s u m m e n w ä h r e n cl der R a u p e n p e r i o cl e und niedere
Temperatursummen während der Puppe nperiode charak-
terisiert wird; und umgekehrt, daß mit allmählich abklingender Kala-
mität die Temperaturen während des Raupenstacliums sich erniedrigen,
dagegen während der Puppenruhe stark in die Höhe gehen. Andererseits
504 II. Spezieller Teil.
wirkt die Niederschlagsmenge gleichsinnig auf das Raupen-
und Puppenstadium, indem der Beginn der Gradation durch niedere
und das Ende durch hohe Niederschlagsmengen sowohl während der Raupen-
ais auch der Puppenzeit gekennzeichnet ist. Nach F. Eckstein scheint
ferner die März-April- Witterung eine ganz besondere Bedeutung zu
besitzen, „so zeigt sich für Nürnberg, Bamberg, Amberg, Cham, Regensburg
und Ingolstadt im Jahre der größten Ausbreitung des Spanners gleichzeitig,
daß dort die geringste Niederschlagsmenge im April eines Zeitraumes
von 40 Jahren gefallen ist, während im Jahre 1896 in Nürnberg, also im letz-
ten Jahr der Kalamität, die höchste Niederschlagsmenge im April fiel."
Es sind allererste Anfänge, die in dieser Frage gemacht sind. Es wird
eine Hauptaufgabe der zukünftigen Forschung sein, genaue Untersuchungen
über den Einfluß verschiedener Temperaturen und Feuchtigkeitsgrade auf
das Leben bzw. die Mortalität der verschiedenen Entwicklungsstadien des
Spanners vorzunehmen, so wie sie Zwölfer für die Eule angestellt hat
(s. unten).
Örtlicher Verlauf.
Über die Frage der örtlichen Ausbreitung des Spannerbefalls ist schon
sehr viel geschrieben und diskutiert worden. Besonders ausführlich hat sich
Wolff damit beschäftigt. In der Mehrzahl der Berichte über den Ablauf
von Kalamitäten finden wir die Angabe, daß der Fraß sich zunächst nur
in einzelnen Horsten oder gar nur stammweise bemerkbar macht, und daß
dann von diesen „Fraßherden" aus in den folgenden Jahren der Befall
sich weiter ausbreitet, meist so, daß die Herde sich konzentrisch erweitern,
bis sie mit den Nachbarherden zu einem größeren, zusammenhängenden
Befallsgebiet zusammenfließen.
Daß in größeren Kieferngebieten die einen Orte mehr, die anderen
weniger disponiert sind zu Spannergradationen, ist aus dem oben (über die
Disposition) Gesagten, ohne weiteres klar: denn die Beschaffenheit des
Bodens, sein Feuchtigkeitsgehalt, die Bodendecke usw., kurz alle Faktoren,
die das Mikroklima bestimmen, zeigen in jedem größeren Kiefernwald je
nach den Orten Unterschiede. Es wird dementsprechend in solchen Ge-
bieten auch der eiserne Bestand in Normalzeiten ein wechselnder sein. Die
mikroklimatisch der Entwicklung besonders günstigen Orte werden natürlich
beim Einsetzen der gradationsauslösenden Faktoren zuerst in Bewegung
geraten, und es wird hier auch zuerst eine Fraßwirkung bemerkbar werden
in Form jener Horste oder „Fraßherde". Wenn nun im folgenden Jahr
— vorausgesetzt, daß die gleichen gradationsfördernden Verhältnisse fort-
dauern — das Fraßbild sich erweitert und auch die zwischen denselben
gelegenen Gebiete sich zu verfärben beginnen, schließt man hieraus gewöhn-
lich ohne weiteres: die Gradation breitet sich von den „Fraßherden" oder
„Fraßzentren" aus. Und zwar in dem Sinne, daß diese die Ursache des
allgemeinen Befalls darstellen, indem von ihnen aus die hier geborenen
Falter die noch gesunden Waldteile massenweise zur Eiablage überschwem-
men oder die Raupen infolge Nahrungsmangel aus den kahlgefressenen
Orten in die noch grüne Umgebung auswandern.
Die tatsächlichen Beobachtungen über die Bionomie des Spanners
sprechen jedoch gegen eine solche Anschauung. Wir haben oben (S. 472)
gehört, daß die Falter in der Regel keine weiten Flüge machen, sondern
II. Unterordnung: INIacrolepidoptera. Familie Geonietridae (Spanner:. 505
beim Schwärmen gewöhnlich am Ort ihrer Geburt verbleiben i) und ebenso,
daß die Raupen keine Wanderungen in unbefallene Revierteile zum Zweck
besserer Nahrungsversorgung unternehmen. Abgesehen davon ist es auch
a priori nicht zu verstehen, wie durch allmähliche Ausbreitung von einzelnen
Zentren aus schon im 2. Jahr der Befall eine das Vielfache erreichende
Ausdehnung erlangen kann. Im Nürnberger Reichswald betrug z. B. die
Kahlfraßfläche im Jahr 1893 etwa 284 ha, um im folgenden Jahr bereits
auf 10882 ha, d.h. auf das 38 fache hinaufzuschnellen. Derartige Erschei-
nungen lassen sich — besonders wenn wir die geringe Beweglichkeit des
Spanners mitberücksichtigen — viel besser durch die Annahme erklären, daß
der Spanner von vornherein überall, wenn auch in ungleicher Verteilung, im
Wald vorhanden war, daß aber in den weniger gradationsgünstigen Orten
mit geringerem eisernen Bestand die Gradation langsamer zur Entwicklung
kam als an den prädisponierten Stellen mit höherem eisernen Bestand, und
daher dort erst im 2. Jahr zur Kahlfraßstärke anwuchs, so daß dann das
Bild eines allgemeinen Befalls entstand.
Auch die Ausbreitung der letzten Spannerkalamität in der Ober-
pfalz von 1924 — 1927 ist auf ähnliche Weise zu erklären. Hier spielt aller-
dings auch die Verschiedenheit der Makroklimas zweifellos eine wichtige
Rolle insofern, als in den Gegenden, in denen die Kalamität zuerst ein-
setzte, ein milderes allgemeines Klima herrscht als in den Gegenden, wo die
Kalamität schließlich auslief. Ich gebe hier 4 Karten und eine tabellarische
Übersicht, die ich nach den Aufzeichnungen des Herrn Oberregierungsrat
Hellwig2) (Regensburg) herstellen ließ (Escherich, 1929), aus denen
deutlich zu ersehen ist, wie die Spannervermehrung im Jahre 1924 in der
Gegend von Ensdorf, Amberg, Freudenberg einsetzend in der ganzen Ober-
pfalz herumzog, ein Fortschreiten von Süden nach Norden zeigend. Während
in den Jahren 1924 und 1925 die Vermehrungskurve in der südlichen Hälfte
der Oberpfalz den höchsten Gipfel erreicht, beginnt sie von 1926 hier stark
abzufallen, um so mehr aber in den nördlichen Gebieten anzusteigen und
1927 ihren Höhepunkt zu erreichen 3).
Andererseits soll nicht bestritten werden, daß auch Verbreiterungen
kleinerer Herde vorkommen dadurch, daß die 99, die in kahlgefressenen
Horsten auskommen, die Randbäume belegen. Ebenso scheinen verschiedene
Beobachtungen dafür zu sprechen, daß vereinzelt auch in entfernteren Wäl-
dern Neuinfektionen vom Befallsgebiet aus erfolgen können. So teilt F.Eck-
stein (S. 258) einen Fall vom Forstamt Kosbach (Oberfranken) mit, wo
„selbst isoliert in der Feldflur, jedoch unweit des Staatswaldes gelegene, im
1) Es kommen allerdings, wie oben bereits erwähnt, gelegentlich Verwehungen
(bis zu 3 km) vor.
2) Demselben sei für seine liebenswürdige und tatkräftige Unterstützung aller
meiner Untersuchungen auch hier herzlich gedankt.
3) Außerdem bietet die Tabelle einen Einblick in den jeweiligen Verlauf der
Gradationen; er erstreckt sich (ohne Vorbereitungsjahr 1 im allgemeinen auf 3 bis
4 Jahre, wobei zu berücksichtigen ist, daß an vielen Gegenden Abwehrmaßregeln er-
griffen wurden, durch die der natürliche Ablauf etwas abgebogen wurde. Endlich ist
aus der Tabelle noch zu ersehen, daß aus der Höhe des Puppenbelages durchaus
nicht immer auf die Stärke des Falterfluges oder des Fraßes zu schließen ist; in
Waldsassen z. B. folgte im Jahre 1926 auf 20 Puppen starker Falterflug und Kahl-
fraß, während andererseits in Burglengenfeld 1926 auf 100 Puppen (Höchstzahl!)
nur ein mäßiger Falterflug und Lichtfraß folgte.
506
II. Spezieller Teil.
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508
IL Spezieller Teil.
Übersicht über den Verlauf der Spannergradation in der Oberpfalz
in den Jahren 1924—1927 %
Forstamt
1924
1925
1926
1927
BemerkiiiiP-en
Fiele nhofen
Fuppenbelag . . .
Falterflug-
Fraßbeschädignng
B e i 1 n g r i e s
Pnppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
Burglengenfeld
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
Teublitz
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädiguug
Nittenau
Puppenbelag . . .
Falterflug .... .
Fraßbeschädigung
R 0 d i n g
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
N e u m a r k t
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
Pf af f enhof en
l'uppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
E n s d 0 r f
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
A m b e r g
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraß b eschädigung
Lichtfraß
20
20
Halbfraß
über 100
Halbfraß
über 100
mäßig
Lichtfraß
50
mäßig
Lichtfraß
über 100
stark
Lichtfraß
100
mäßig
über 100
mäßig
Lichtfraß
20
schwach
20
schwach
über 100
stark
Kahlfraß
100
schwach
Naschfraß
50
schwach
über 100
mäßig
Lichtfraß
100
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Hall^fraß
100
schwach
50
schwach
20
über 100
mäßig
Naschfraß
20
Ende der Gradation
keine weiteren Folgen
100
Ende der Kalamität
über 100
Ende der Kalamität
20
Ende der Kalamität
20
Ende der Kalamität
Bodenbearbeitung-
im Jahre 1926
Bodenbearbeitun
im Jahre 1926
Bodenbearbeitung
192Ö.
20
Ende der Kalamität
Flug-zeug-bekämpf.
1925 und Boden-
bearbeitung'
1) Die Reihenfolge der Forstämter ist nach ihrer geogra]ihischen Lage von
Süden nach Norden aufgestellt. Die Zahlen stellen Hüchstzahlen je qm dar.
II. Unterordnung: INIacrolepidoptera. Familie Gcometridae (Spanner). 509
Forstamt
1924 1925
1926
1927
Bemerkungen
F r e u (1 e n b e r g
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädiguiig
Lichtfraß
über 100
mäßig
Lichtfraß
über 100
stark
Lichtfraß
20
Schweineeintrieb
1926
Pfreimd
Puppenbelag . . .
Falterflug .....
Fraßbeschädigung
-
50
schwach
20
20
Bodenbearbeitung-
Neu haus a. E.
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
50
mäßig
Naschfraß
50
schwach
20
Yilseck
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
Lichtfraß
über 100
stark
Kahlfraß
100
schwach
20
E t z e n r i c h t
Puppeubelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
Halbfraß
über 100
mäßig
Kahlfraß
20
20
Bodenbearbeitung-
1925
K i r c h e n t h u ni -
b a c h
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
Lichtfraß
100
mäßig
Naschfraß
50
20
P r e s s a t h
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbesehädigung
Naschfraß
50
mäßig
Lichtfraß
über 100
mäßig
Kahlfraß
50
mäßig
Kahlfraß
F a 1 k e n b e r g
Puppenbelag . . .
Falterflug.". . . .
Fraßbesehädigung
Naschfraß
20
schwach
schwach
50
schwach
Tirschenreuth
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbesehädigung
Naschfraß
50
mäßig
Lichtfraß
über 100
mäßig
Kahlfraß
über 100
mäßig
Kahlfraß
Bodenbearbeitung-
1Ö27/28
Wondreb
Puppenbelag . . .
Falterflug
Fraßbeschädigung
E
50
mäßig
Lichtfraß
über 100
mäßig
Kahlfraß
ül)er 100
mäßig
Kahlfraß
W a 1 d s a s s e n
Puppenbelag . . .
Falterflug .""....
Fraßbeschädigung
-
20
schwach
Naschfraß
20
stark
Kahlfraß
100
stark
Kahlfraß
Bodenbearbeitung-
1927;28
510 n. Spezieller Teil.
Innern nur schwach befallene Privatwaldungen plötzlich an den Grenzen
einen lebhaften Falterflug zeigten und meist auch an den Rändern (ent-
gegen der normalen Spannerbionomie) kahlgefressen wurden". ,,Daß hier
Falterflug nur aus den benachbarten, bereits im Vorjahr teilweise kahl-
gefressenen Staatswaldungen erfolgt sein konnte, ist um so weniger zu be-
zweifeln, als derselbe in einigen Fällen am Tage durch das Lokalpersonal
beobachtet wurde."
Doch wir können diese Fälle nur als Ausnahmen ansehen, und es fehlt
uns jede Berechtigung, auf ihnen die These von dem Entstehen großer
Spannergradationen von einzelnen Fraßzentren aus (Ausbreitung per con-
fluentiam) aufzubauen, zumal ja, wie schon gesagt, auch die bionomischen
Tatsachen dagegen sprechen. Die verschiedenen Angaben über ein „plötz-
liches Verschwinden der Falter", über das große Mißverhältnis zwischen
der Stärke des Falterfluges und der Eiablage, der Raupenzahl oder des
Puppenbelages sind durchaus keine zwingenden Beweise für die Fraßzentren-
theorie; sie können auch auf andere Weise erklärt werden (s. Wolff , S. 119
bis 145).
Zeitlicher Ablauf.
Als Dauer der Spannerfraßperioden wird in den Berichten aus der
Praxis meist 3 — 4 Jahre angegeben: im i. und 2. Jahr Nasch- bis Lichtfraß,
im 3. Jahr Kahlfraß und im 4. Jahr nochmaliger Kahlfraß nach teilweiser
Wiederbegrünung. Zu diesen Jahren augenfälligen und wirtschaftlich in Be-
tracht kommenden Fraßes müssen wir noch ein oder zwei Vorjahre mit
einer dem Praktiker nicht auffallenden Übervermehrung rechnen, die mit
demi Einsetzen der gradationsauslösenden Faktoren (bestimmter klima-
tischer Verhältnisse) beginnt. Wir kommen somit im ganzen mindestens auf
5 — 6 Jahre (siehe die Gradationskurve, Abb. 431).
Bei dem Spannerfraß in der Tucheier Heide ließen „die Beobachtungen
des Bestandes an forstschädlichen Insekten schon im Jahre 1907, in der Ober-
försterei Hagenort sogar noch früher, während der Flugzeit des Spanners hie
und da auf eine Vermehrung des Schädlings schließen". 1908 setzte bereits
starker Fraß ein, der sich im folgenden Jahr fortsetzte und erst 19 10 sein
Ende fand. Demnach würde hier eine Gradationsdauer von 4, oder wenn
wir die Vorbereitungszeit hinzurechnen, von 5 Jahren vorliegen, nämlich:
1906 Vorbereitungsjahr,
1907 Prodromaljahr,
1908 I. Eruptionsjahr,
1909 2. „
1910 Krisis.
Bei der großen Spannergradation im Nürnberger Reichswald zeigten sich
1892 die „ersten Anfänge eines Fraßes";
1893 brachte noch keine bedenklichen Beschädigungen für den Wald
(die im Spätherbst stark befressenen Flächen, 284 ha, begrünten
sich im Frühjahr 1894 wieder);
1894 brachte Kahlfraß auf großen Flächen (12000 ha);
1895 weitere Ausdehnung des Kahlfraßes, Zahl der Raupen bis zu
10 000 pro Stamm;
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 511
Population
1896 Starker Rückgang, Zahl der Raupen nur noch 50—100 pro Stamm,
die im Spätherbst fast auf Null herunterging.
In diesem Fall können wir von einer 5jährigen, und rechnen wir das
„Vorbereitungsjahr" hinzu, sogar von einer 6jährigen Dauer der
Spannergradation reden.
Bei der letzten
Kalamität in der Letz-
linger Heide wurden
nach S c h w e r d t -
feg er (1930a; fol-
gende Durchschnitts-
puppenzahlen festge-
stellt:
1924 0,14 je qm
1925 0,92 ,,
1926 1,1 1 „ „
1927 8,71 „ „
1928 33.04 „ „
Im Jahre 1924 war
noch der eiserne Be-
stand vorhanden, 1925
setzt die Vermehrung
ein (um fast das 7-
fache!), die dann 1927
und namentlich 1928
weiter in die Höhe ging.
,,Den gefundenen
Puppenzahlen entspra-
chen die gefundenen
Schäden. 1926 wurde
von sämtlichen Ober-
förstereien gemeldet,
das Auftreten des
Spanners gebe vorläu-
fig noch keinen Anlaß
zu Bedenken, nur ein-
zelne Stämme zeigten
Fraßspuren. Auch 1927
war der Fraß noch
sehr gering. Die Ober-
försterei Colbitz mel-
dete horstweisen Lichtfraß auf 15 ha. Planken Nasch- und Lichtfraß auf
etwa 100 ha, Burgstall berichtete, daß nur an einigen auf Verjüngungen
stehenden Überhältern die Spitzen kahlgefressen i). und Letzlingen und
1) Die Regierungsforstabteilung unterschied bei ihrer Zusammenstellung Fraß-
flächen mit einem Nadelverlust \on mehr als 500/0 der vorhanden gewesenen Nadel-
masse und solche mit einem Nadelverlust von weniger als 5oO'o. Die erstgenannte
Fraßstärke entspricht den üblichen Bezeichnungen ,, Kahlfraß" oder „starker Licht-
fraß", die andere etwa „schwacher Lichtfraß" und ..Naschfraß". Die Bestände mit
einem Nadelverlust von mehr als 500/0 können als gefährdet angesehen werden
(Schwerdtfeger).
Abb. 43
a)~ti
II
g|| 5,=^ cgi' ^^
E
Gradationskarte des Kiefernspanners.
512 II. Spezieller Teil.
Jävenitz meldeten gar keine Schäden. 1928 erfolgte der erste starke Fraß."
Im Jahre 1929 setzte sich der Fraß fort und die Kahlfraßfläche wuchs von
2315 ha im Jahr 1928 auf 3476 ha. Erst 1930 war die Kalamität beendet.
Danach haben wir das i. Vorbereitungsjahr in dem Jahr 1925 zu er-
blicken: bei der prozentual stärksten Vermehrung der Puppenzahl (von 0,14
auf 0,92) ist noch kein Fraß zu bemerken. 1926 stellt das 2. Vorbereitungs-
jahr dar, 1927 das Prodromal jähr, 1928 und 1929 die Eruptionsperiode und
1930 die Krise. Der Verlauf (6 Jahre) entspricht also der aufgestellten
Gradationskurve.
Andererseits kennen wir auch viele Fälle kürzeren Ablaufs, in denen die
Gradation bereits nach i Jahr auffallenden Fraßes wieder abflaute, infolge
eines Umschlags der Witterung oder dem Vorhandensein zahlreicher Para-
siten (z. B. an Orten, wo vorher die Nonne gefressen oder aus unbekannten
Ursachen).
Symptome der Spannergradation (Fraßbild).
Regenerationserscheinungen.
Ein überaus charakteristisches diagnostisches Merkmal ist die späte
Jahreszeit des Spannerfraßes, die dieser noch mit dem Lophynis-Yxdi&
(II. Generation) gemein hat. Doch sind die Einzelheiten der beiden Fraß-
bilder so verschieden, daß eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Über die
Symptome des Anfangsfraßes vom Spanner gibt AI tum (1890) eine aus-
gezeichnete Beschreibung, die ich hier im Wortlaut wiedergebe:
„Die Eigentümlichkeiten dieses Fraßbildes beruhen, dem des Kiefern-
spinners und der Forleule gegenüber, in der späteren Jahreszeit des
Fraßes und in der Schwäche und den Aufenthaltsstellen der fressenden
Spannerraupen."
„Der späte Fraß findet die neuen Triebe mit ihren Nadeln bereits ent-
wickelt, die schwache Raupe vermag diese Nadeln, geschweige die vor-
jährigen, nicht auf dem Stumpfe abzufressen, sondern wie in ihrer ersten
Jugend auch die kräftigeren anderen Kiefernraupen nur der Länge nach an
den Seiten zu benagen. Sie dringt dabei jedoch nicht auf längere, solide
Strecken bis auf die Mittelrippe, sondern läßt beider- oder einerseits einen
zackigen, unbestimmten Saum der Nadelf lache stehen (Abb. 432 B). Ihre Auf-
enthaltstellen sind schließlich vorwiegend die äußersten Triebe. Da sie ferner
die Nadeln von oben nach unten befrißt, so bilden etwaige nicht angegriffene
Nadelteile die Basis der Nadeln und können so das Charakteristische des
Fraßbildes nicht verwischen."
„Da die so angenagten Nadeln nicht wie die bis auf die nackte Mittel-
rippe beim Blattwespenfraß verzehrten Nadeln sofort vertrocknen und völlig
dürr werden und somit durch Einwirkung von Regen und Wind rasch ab-
fallen, sondern bis in den Spätsommer hinein aufrecht, wenn auch in der
Längsrichtung etwas gedreht, und dicht dastehen, so erhalten die befal-
lenen Triebe ein grob borsten-, besen- oder bürstenartiges
Aussehen (Abb. 432 A u. B). Dieses Fraßbild ist, in der Nähe gesehen
oder in größerer Höhe mit bewaffnetem Auge betrachtet, ein so spezifisch
eigentümliches, daß eine Verwechslung mit einer anderen Fraßbeschädigung
kaum möglich erscheint. Sogar dem unbewaffneten Auge fällt an den
spannerfräßigen Wipfelspitzen des Stangen-, sogar noch des Altholzes das
faserige Aussehen der benadelten Triebe auf."
Escherich, Forstinsekttn. III. Bd.
Tafel VII
II. Unterordnung: INIacrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 513
Ein weiteres von A 1 1 u m zuerst beachtetes Merkmal ist die eigentüm-
liche hellbräun lieh graue Färbung der einzelnen Nadeln. Dieser
graue Farbton breitet sich in dem Maße wie der Fraß fortschreitet über den
Zweig und schließlich über die Krone aus.
„Bald tritt dieser charakteristische Farbton nur an einzelnen Nadeln
inmitten normal grüner, doch von diesen sich schon scharf abhebend, bald
~N§
Abb. 432 A. Habitusbild des Spannerfraßes im September.
stark mit diesen gemischt, bald vorwiegend, schließlich allein herrschend auf.
Ein bräunlich grauer Schimmer hat sich mehr oder weniger stark und rein
über einen Teil der Krone verbreitet, ja die ganzen Kronen können von
diesem Tone eingenommen sein."
Die anfänglich wenig aufdringlichen Symptome, die zudem erst in so
später Jahreszeit sichtbar werden, ferner der Umstand, daß die Raupen die
Krone nur ungern verlassen, machen es verständlich, daß schwache Vermeh-
rungen im Beginn einer Gradation häufig übersehen werden, so daß das fol-
Eschericli, Forstinsekten, Bd. III. 33
514
]I. Spezieller Tei
gende Jahr, das vielleicht schon aus-
gedehnte Kahlfraßflächen bringt, für
den Revierbeamten oft eine große
Überraschung bedeutet. Die Sym-
ptome sind jetzt so aufdringlich, daß
sie nicht mehr übersehen werden k<')n-
nen. Von September an beginnen sich
die Kronen immer mehr zu verfärben;
der graue Ton geht in ein inten-
sives Rotbraun über. Von der
Ferne betrachtet heben sich diese
braunen Fraßstellen sehr deutlich von
den gesunden Waldteilen ab, wobei die
braune Farbe an den Rändern der
Fraßflächen allerdings gewöhnlich all-
mählich in die grüne Farbe übergeht,
wie auf der Farbenphotographie auf
Tafel VII zu ersehen ist. Später, im
nächsten Frühjahr, fallen die braunen
Nadeln meist ab, so daß dann die
Kronen völlig nackt werden. Beim
Fortschreiten der Kalamität wird auch
der Fichtenunterwuchs angegriffen und
mehr oder weniger kahlgefressen (Abb.
433). Wie bei anderen Gradationen
bleiben auch beim Spanner bisweilen
einzelne Baumindividuen oder Baum-
gruppen grün, die dann wie Oasen in
der braunen Wüste erscheinen.
Der Einzelfraß beziehungsweise
das charakteristische Aussehen der be-
fressenen einzelnen Nadeln ist oben
bei der Raupenbionomie ausführlich
beschrieben (s. S. 481).
Der erste Kahlfraß bedeutet durchaus nicht den Tod des Baumes, da ja
die Knospen erhalten geblieben sind bzw. schon vor dem Fraß völlig aus-
gebildet waren. Und so kommt es im nächsten Jahr auf ganz normalem
Wege, d. h. durch Austreiben der Knospen gewöhnlich zu einer Wie de r-
begrünung (Abb. 435), allerdings erfolgt das Wiederergrünen
der Maitriebe viel später und auch wesentlich langsamer,
und die Nadeln bleiben kurz. Noch im Juli machen sie sich oft so wenig
bemerkbar, daß der Bestand von weitem mehr braun als grün aussieht. Die
gleiche Erscheinung wiederholt sich im zweiten Nachfraßjahr. Nicht alle
Spitzenknospen kommen zur Entwicklung; und die sich entwickelnden er-
langen vielfach nicht einmal vor Eintritt der ersten Herbstfröste ihre volle
Ausbildung, so daß sie Frostschaden erleiden und rostspitzig werden. Die
Holzbildung im Innern ist im i. Fraß jähr weniger gestört als bei
anderem Raupenfraß und zeigt erst im Nachfraßjahr auffallende Abnahme.
Doch tritt natürlich auf die Dauer stets merklicher Zuwachsverlust ein.
Als ein charakteristisches Merkmal zweimal be fressener Triebe
Abb. 432 B. Besenartiges Aussehen eines
vom Spanner befressenen Kiefernzweiges.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geomelridac (Spanner). 515
gibt Ratzeburg (W. 171) ,,die mehr schwarzen als roten und an der Basis
stark verharzten Knospenschuppen" an. Ferner wird nach Ratzeburg
(W. 172) auch die Zapfenbildung durch Spannerfraß beeinträchtigt,
indem sie für einige Jahre zurücktritt. Auch .^werden die Zapfen, die sclion
vor dem Fraß angelegt waren, nicht reif und zeigen zuweilen an mehr
kugeliger Form oder schwärzlicher Farbe die mangelhafte Ernährung an;
oft lassen sich die jährigen wie Pulver zerreiben". Auch Nitsche (1896)
hat das Zapfensymptom im Nürnberger Reichswald beobachtet: an gesunden
Stämmen hatten die vorjährigen Zapfen Mitte Juni ,, bereits annähernd die
noimale Größe erlangt, während sie an entnadelten Kiefern unterhalb der
neuen Triebe höchstens erst haselnußgroß waren."
Der Wipfel ist in den meisten Fällen erhalten, auch wenn viele
untere Zweige abgestorben sein können. Andererseits kann man auch nicht
selten schon im i. Jahr Spieße am Kronenast bemerken (x\bb. 436). „Im
ganzen macht jedoch der reproduzierte Wald nach Spannerfraß nicht den
jSpießigen' Eindruck wie nach Eulenfraß" (Ratzeburg, W. 172).
„Rosetten- und Scheidentriebe," die im eulenfräßigen Wald
eine so hervorragende Rolle spielen (s. unten), kommen bei der Regeneration
des „Spannerwaldes" so gut wie gar nicht in Betracht. Ratzeburg hat
hierauf sein besonderes Augeninerk gerichtet und keine Spur von solchen
Ersatztrieben (als Folge von Spannerfraß) entdecken können. Wohl fand er
bisweilen bei eifrigem Suchen im Spannerwald vereinzelt Scheidenknospen,
doch ließen sich für diese stets eine andere Ursache bzw. andere Ver-
Abb. 433. Spannerfraß an Fichte, auch hier sind nur die Endhälften der Nadeln bc-
fressen, während die basalen Hälften unversehrt bleiben.
33*
516
II. Spezieller Teil
letzungen nachweisen. .„Die Abwesenheit dieser Nebenknospen läßt sich
leicht erklären, wenn man den Grund ihrer Anwesenheit bei Spinner und
Eule erwägt" (Ratzeburg, W. 173).
Die Krisis.
Werden die Spanner-Gradationen sich selbst überlassen, so brechen sie
nach 3 — 4 Jahren nach den ersten Anzeichen des Beginns von selbst zu-
sammen. Sie können auch schon eher ihr natürliches Ende finden bzw. in
ihrer Entwicklung abgeschnitten werden, wenn für den Spanner besonders
ungünstige Verhältnisse eintreten.
Der Zusammenbruch kann durch verschiedene Faktoren vollendet wer-
den: durch ungünstige Witterungsverhältnisse, z. B. einen naß-
kalten Sommer, der eine hohe Raupenmortalität zur Folge hat, oder einfach
durch Verhungern der
Raupen, oder durch natür-
liche Feinde, Mykosen
oder aber aus unbekannten
Ursachen.
Daß es durchaus nicht
immer allein die Parasiten
sind, durch die die Krisis be-
wirkt wird, konnte bei den
letzten Kalamitäten mehrfach
(durch R h u m b 1 e r , mich
selbst, S c h w e r d t f e g e r ,
Steiner u. a.) festgestellt
werden; betrug doch nicht
selten die Parasitierung beim
Zusammenbruch kaum mehr
als 20 0/0.
Parasiten.
Die Artenzahl der Span-
nerparasiten ist nicht allzu
groß, jedenfalls wesentlich
geringer als die Zahl z. B.
der Eulen- und Spinnerpara-
siten. Doch ihre Wirksamkeit
kann in kurzer Zeit einen so
hohen Grad annehmen, daß
der Ablauf der Gradation
wesentlich beeinflußt wird.
Meist handelt es sich um
Raupen Parasiten, deren
Entwicklung erst in der
Spannerpuppe zum Abschluß
gelangt. Manche von ihnen,
z. B. Anomal Oll big ///tat!/ zu
.'\bb. 434. Ein Kiefernzweig, durch Spanner an- ^rav. und verschiedene Ta-
nähernd kahlgefressen. chinen, belegen erst altere
II. Unterordnung: Macrolepicloptcra. Familie Geometridae (Spanner). 517
Raupen, so daß sie noch wenig entwickelt in die Puppe gelangen, also die
Hauptentwicklung in der Puppe durchmachen. Die von diesen Parasiten be-
setzten Puppen behalten dann infolgedessen noch mehr oder weniger lang ihr
Abb. 435. Wiederbegrünter Kiefernwipfel, der im vorhergegangenen Jahr durch
Spanner kahlgefressen worden war.
normales iYussehen; so weisen z. B. die von Anomalon bigiiltatiim befallenen
Spannerpuppen ,,bis tief in den Monat Juni hinein noch dunkelgrüne Flügel -
scheiden und ihre volle Beweglichkeit auf" (Seitner), während dagegen
solche Puppen, in denen die Parasitenentwicklung schon frühzeitig beendet
ist, schon im Winter sich wesentlich verändern und ihr ganz charakteristi-
sches Aussehen erhalten (s. Tafel VI, Fig. 16). Es wird darüber unten bei
Besprechung der Feststellung des Parasitenprozentes noch Näheres mit-
geteilt werden (s. S. 551). Die Eiparasiten treten beim Spanner in bezug
auf allgemeine Bedeutung wesentlich hinter die Raupenparasiten zurück.
Die zwei Hauptparasitengruppen Ichneumonen und Tachinen
518
II. Spezieller Teil.
haben annähernd gleichen Anteil, jedoch nicht etwa in dem Sinne,
daß zu gleicher Zeit und an gleichen Orten Tachinen und Ichneumonen zu
je 50 o/o wirksam sind, sondern insofern, als bei der einen Kalamität die
Ichneumonen, bei einer anderen die Tachinen die Hauptarbeit besorgen. So
berichtet Wolff , daß bei dem großen Fraß in der Tucheier Heide in einem
Revier fast ausschließlich ichneumonierte Puppen (950/0) gefunden wur-
den, während ein anderes Revier 800/0 tachinierte Puppen aufwies (das
Neustädter Material
war eine Reinkultur"
von Tachinen, dasWil-
dunger eine solche von
Ichneumonen). Auch
Seitner (1921) beob-
achtete beimgalizischen
Spannerfraß (191 5 bis
\ f ; 19 17) bald ein Über-
.« •; ;■ wiegen der Tachinen,
bald ein solches der
; Ichneumonen, ,.,wie
überhaupt ein oft auf-
fallender Wechsel im
numerischen Verhalten
zwischen den beiden
Parasitengruppen fest-
stellbarwar". Und ähn-
liche Angaben finden
sich bei F. Eckstein
(1923), Eidmann und
anderen Autoren. Auch
die Arten der Haupt-
parasiten können je
nach dem Gradations-
gebiet verschiedene sein
(s. unten).
Des weiteren ist
die in vielen Berichten
betonte Tatsache zu
berücksichtigen, daß
die Parasiten selbst im
einzelnen Revier sehr
ungleich verteilt sein
können. ,,Oft ist ein einzelner Jagen stark von ihnen besetzt, im benach-
barten fehlt jede Spur, und alle Puppen des Schädlings erweisen sich als
vollkommen gesund"' (Wolff, S. 138). F.Eckstein (1923, S. 298) gibt
eine Übersicht über den Parasitenbefall von 24 Forstämtern beim ober-
pfälzischen Spannerfraß 1895, aus der diese Ungleichheit besonders deut-
lich hervorgeht. Die Prozentzahlen schwanken zwischen o und 71 0/0. Wenn
hier auch die Verschiedenheit der Untersuchung mit in Rechnung gestellt
werden muß, so spiegeln die großen Unterschiede doch zweifellos im
großen und ganzen die tatsächlichen Verhältnisse wieder.
Abb. 436. „Spießbildung" bei Spannerfraß.
Phot. Schotte.
IL Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 519
Worauf beruhen die mitunter so gewaltigen Ungleichheiten des Para-
sitenbestandes in oft ganz nahe gelegenen Revierteilen? Zum Teil wohl auf
den Verschiedenheiten in der gesamten Struktur der einzelnen Waldgebiete,
des Mikroklimas usw., insofern, als diese Faktoren an den einen Forstorten
der Bionomie der verschiedenen Parasiten mehr förderlich sind als an
anderen (vielleicht beruht hierauf das wechselnde Überwiegen von Tachinen
oder Ichneumonen^).
Oder der höhere Parasitenstand ist die Folge der vorhergegangenen
Gradation eines anderen Insektes. Da die wichtigsten Spannerparasiten
mehr oder weniger polyphag sind, so ist eine solche Erklärung nahe-
liegend. Wolff und auch Eidmann (1926) weisen mit besonderem Nach-
druck auf diesen Zusammenhang hin. Ersterer betont als „unleugbares
Faktum, daß dort, wo vor dem Spanner die Nonne oder die Eule gefressen
hat, bisweilen ein späterer Spannerfraß auffallend plötzlich erlischt". Und
Eidmann hat festgestellt, daß „in den Revieren, wo ein hoher Prozentsatz
der Kiefernspannerpuppen parasitiert war, der Heidekrautspanner Hema-
lurga atoinaria L. sehr stark geschwärmt hatte". Da hier als Hauptparasit
des Spanners Ichneumon nigritarius Grav. aufgetreten war, der auch als
häufiger i7e/Ä(?/«/-^«- Schmarotzer beobachtet wurde, so ist dieser Zusammen-
hang wohl kaum von der Hand zu weisen.
F. Eckstein hat noch auf einen Punkt hingewiesen, der noch kurz
berührt werden soll, nämlich auf die Schwankungen der Parasiten-
vermehrung in den verschiedenen Jahren. Er schiebt diese zum Teil auf
den Einfluß der Witterungs Verhältnisse. Er sucht aus dem Ver-
gleich von Parasitenvermehrung und Klima Schlüsse auf die optimalen Ent-
wicklungsbedingungen der Parasiten zu ziehen und glaubt in manchen Fällen
konstatieren zu können, daß dieselben denen des Wirtstieres ent-
gegengesetzt seien, insofern, daß warmes, trockenes Wetter den Para-
siten abträglich sei, reichliche Niederschläge dagegen die Parasitenentwick-
lung förderte (1923, S. 294 und 295). Damit sucht F. Eckstein, zum Teil
wenigstens, die verschiedentlich beobachtete Erscheinung zu erklären, daß
die Parasitenvermehrung während einer Spannergradation durchaus nicht
immer in gerader Linie aufsteigend ist bis zum Zusammenbruch, sondern daß
dieselbe bisweilen nach einem erfreulichen Ansatz durch einen empfindlichen
Rückschlag unterbrochen wurde. So ist der Zusammenbruch des
Spannerfraßes in Boden wöhr (Oberpfalz) im Jahre 1806
scheinbar ohne Beteiligung von Parasiten erfolgt, während im
Frühjahr 1894 dort 32 — 440/0 der Puppen von Parasiten befallen waren.
Ebenso wurde in Oberfranken ein zeitweises Zurückgehen des Parasiten-
befalls beobachtet, dem allerdings ein rascher Aufstieg folgte. ,,Die Unter-
suchung der im Frühjahr 1894 aus verschiedenen Bezirken gesammelten
Puppen hat nicht, wie erwartet werden durfte, einen höheren, sondern einen
geringeren Prozentsatz von Schmarotzern ergeben als im Vorjahr, und es
vermochte demnach die Vermehrung der Schmarotzer mit denen der Schäd-
lingsraupen wohl aus dem Grunde nicht gleichen Schritt zu halten, weil die
außerordentliche Trockenheit während des Frühjahres und Sommers 1893
1 ) Vergleiche hierzu die Beobachtung Pernedes', wonach der Parasiten-
belall (beim Kiefernspinner) an der Sonnenseite ein wesentlich höherer war als im
Innern des Bestandes.
520
II. Spezieller Teil.
auf die Entwicklung des Spanners einen überaus günstigen, auf jene der
Schmarotzer aber einen höchst nachteiligen Einfluß ausübte i)."
Endlich kann der Rückgang des Parasitenstandes während der
Spannergradation auch durch Hyperparasiten verursacht werden. So
wurde als Hyperparasit von Lydella nigripes Fall., der wichtigsten Spanner-
tachine, von S i t o w s k i und Steiner ein Ophionine, Mesochonis poliü/s
Grav., gezogen.
In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Parasiten des Spanners
zusammengestellt -) :
Parasiten folge des Kiefernspanners.
Schmarotzt im
Name des Parasiten
Ei
Juni, Juli
Raupenstadium
Juni bis November,
Dezember
Puppenstadium
November bis Mai,
Juni
Hymenoptera.
Ichneumonidae.
„ pachymeriis Rtzb.
Heteropelma calcator Wesm
Anomalon biguttalum Grav.
Chalcididae.
Trichogra>?i>na evanescens
Westw
Prototrnpidae.
Teleno/nus spec
Diptera.
Tachinidae.
Carcelia rutilla B B
Lydella nigripes Fall
Zenillia libalrix Pz
1) Die hier mitgeteilte Schlußfolgerung Ecksteins würde meiner Ansicht
nach nur dann zwingend sein, wenn die absoluten Zahlen der Parasiten und
Wirte in den aufeinanderfolgenden Generationen verglichen worden wären.
2) Außer den hier angegebenen sind noch eine Reihe anderer Parasiten aus
dem Spanner gezogen, die aber wenigstens in unserem Gebiet bisher noch keine
größere wirtschaftliche Bedeutung erlangt haben. Wolff gibt noch über ein
Dutzend weiterer Schlupfwespen an. Eidmann (1926) erhielt aus seinen Zuchten
noch: Ic/weumott ruficeps Grav., albicinctus Grav., Pimpla instigator F., ßleiopius
fuscipentns Wesm. und Lamachus lophyrorum Htg. (die letzteren beiden sonst als
Parasiten von Lophyrus pinl bekannt). Baer nennt von Tachinen noch Carcelia
excisa Fall. — Plotnikow (1914) beobachtete in Rußland noch folgende Arten:
Campoplex oxyacanihae (erreicht dort die höchste Prozentzahl, verläßt den Wirt
vor der Verpuppung, die in einem Kokon stattfindet), Platylabus cothurnalus Grav.
Ichneumoft dissimilis Grav. — Trägärdh (1914) züchtete in Schweden noch
Ichneumon locutor Thunb. und Pleclocryptiis arrogans Grav. — Fahringer führt
(i. lit.) außer diesen noch folgende Arten an: Banchus falcatorius Rtzb., Aphanistes
xanlhopus Schrk., Polysphincla velata Htg., Glypta longicauda Htg., Platylabus
daemon Wesm., nigrocyaneus Grav., orbilatus Grav., Ichneumon annulator F., cotni-
tator L., fabricator F., procerus Grav., sicarius Grav., Apanteles immunis Marsh.,
und Steiner fügt nach Cryp/its dianae Grav. und Platylabus vibicariae Krchb, hinzu.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 521
Von den genannten /chnen7?ion- Arten ist Ichneumon nigritarius Grav. (in
Bayern) der wichtigste. Auch Ratzeburg bezeichnet ihn als den Hauptpara-
siten des Spanners, und Eidmann erzielte bei seinen Zuchten gelegentlich
der letzten oberpfälzischen Kalamität unter 3378 Schlupfwespen nicht weniger
als 2947 oder 87,20/0 Ichneumon nigritarius Grav. Nach Steiner (1931)
stand dagegen bei der letzten mecklenburgischen Kalamität (1927 — 30) Ano-
malon biguttalum Grav. als Hauptparasit an der Spitze, dem allerdings im
nahen Abstand lehn, nigritarius folgte, während in Galizien nach Seitner
Anomalon biguttatum Grav. an Individuenzahl allen anderen weit überlegen
und ihm in erster Reihe das rasche Zusammenbrechen der Kalamität zuzu-
schreiben war. Unter den Tachinen trat sowohl bei der letzten bayerischen
als auch bei der mecklenburgischen Kalamität Lydella nigripes Fall, weit in
den Vordergrund; sie übertraf an Zahl die beiden anderen Arten zusammen.
Bei der Spannerkalamität in Polen (1927 — 29) traten nach Czerwinski und
Kuntze (1930) als wirksamste Parasiten Lydella nigripes, Heteropebna
calcator und Ichneumon nigritarius auf, während Anomalon weniger häu-
fig war. I
Im einzelnen sei noch folgendes über die verschiedenen Parasiten
bemerkt:
Die S c h 1 u p f \\- e s p e n.
Ichneumon nigritarius Grav. (Abb. 437 A), einer der wichtigsten Spanner-
parasiten (in Deutschland), Raupen- und Puppenparasit (s. auch bei den
Eulenparasiten). Eingehende
Untersuchungen über diese Art
verdanken wir E i d m a n n
(1926) und Steiner (1931).
Ersterer schildert nach seinen
an großem Material in Bayern
gemachten genauen Beobach-
tungen den Lebensverlauf von
nigritarius folgendermaßen :
„Der Parasit legt im Herbst
seine Eier in die Raupen des
Kiefernspanners. Durch die Pa-
rasitierung werden diese zu vor-
zeitiger Verpuppung veranlaßt.
Sie übernehmen dabei die Pa-
rasitenlarven auf ziemlich vor-
gerücktem Stadium mit in die
Puppe. Hier zehrt der Parasit
die letzten Reste der Körper-
substanzen seines Wirtes auf
und ruht in der Spannerpuppe -^^b. 437 A. Ichneumon nigri/arias Grav. cT- 4X.
• j .j tTT- -i 1 • Nach Eidmann,
unverändert den Winter über bis
zum Eintritt der warmen Jahreszeit. Dann wandelt sich die Schlupf wespenlarve
in die Pseudonymphe um, ein Vorgang, bei dem der gesamte Darminhalt
entleert, das Körpervolumen beträchtlich verkleinert und die Larvenform
stark verändert wird. Dann erfolgt nach einigen Tagen die Häutung zur
Puppe (Abb. 437 B). Das Puppenstadium dauert bei Zimmertemperatur etwa
522
II. Spezieller Teil.
i6 Tage; dann schlüpft die Imago aus, indem sie am Vorderende der Wirts-
puppe ein kleines kreisrundes Deckelchen abschneidet (Abb. 438) und durch
die entstandene Öffnung die Freiheit gewinnt. Die Schlupfwespen erscheinen
etwa 8 Wochen früher als der Falter."
„/. 7iigritarius Grav. ist ausgesprochen protandrisch, Männchen luid
Weibchen sind in ungefähr gleicher Zahl vorhanden. Die Kopulation erfolgt
sehr bald nach dem Schlüpfen, ebenso finden sich schon beim Ausschlüpfen
oder doch wenige Tage später reife Eier in den Ovarien. Daraus scheint
hervorzugehen, daß die Weibchen sehr bald nach dem Schlüpfen mit der
Eiablage beginnen können. Versuche über die Lebensdauer der Parasiten
sowie über den Entwicklungsgang der Ovarien zeigen, daß die Zahl der ab-
gelegten Eier sehr groß sein und die Eiablage sich über eine lange Zeit hin
erstrecken kann. Spannerpuppen werden von den Schlupfwespen nicht an-
gestochen. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, daß
der Parasit einen Wirtswechsel durchmacht, daß also die im
Frühjahr aus den Kiefernspannerpuppen schlüpfenden Individuen ihre Eier
in einen anderen Wirt ablegen, und daß dann erst die zweite Generation
wieder auf den Kiefernspanner übergeht." Als Zwischenwirt kommt vielleicht
der Heidekrautspanner Hematiirga atomaria L. in Betracht (s. unten, S. 528).
Anders wie in der Oberpfalz, wo Eidmann seine Untersuchungen
anstellte, verhält sich lehn, nigritarius nach Steiner (1921) in Mecklenburg.
Hier liegen die Höhepunkte der Schlüpfkurven der 99 von lehn, nigritnriits
und des Kiefernspanners nur 10 — 14 Tage auseinander (s. phänologische
Kurve Abb. 443, S. 530). Zur Zeit, wo hier die ersten jungen Kiefernspanner-
räupchcn schlüpfen, haben die nigritarius-^:,} etwa ein Alter von 4 Wochen.
ySh
Abb. 437 B. Entwicklung von Ichneumon nigrilarius Grav. in der Spannerpuppe:
a erwachsene Larve, b Semipupa mit abgeschiedenem Kot, c Parasitenpuppe in der
Puppenhülle des Spanners, am Hinterleib der Kotbecher. Nach Eidmann.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spannen. 523
Da aber die /ligriiarius-QQ, sofern sie nicht zur Eiablage gelangen, ein Alter
von S Wochen erreichen können, so brauchen sie keinen Zwischenwirt, um
ihre Generationcnfolge zu sichern. Steiner nimmt daher als sicher an, daß
a b c
Abb. 438. Leere Puppenhülsen des Kie- Abb. 439. Heteropelma calcalor Wesm.,
f ernspanners : a vom Schmetterling, b u. ein sehr häufiger Parasit des Kief ern-
c von Ichneumon iiigrilarius Grav. ver- Spanners,
lassen. Nach Eidmann.
im mecklenburgischen Klimabezirk IcJm. nigritarius nur eine Jahresgene-
ration hat und in direkter Folge von einer Spannergradation in die andere
übergeht. Übrigens ist in Mecklenburg auch der Heidekrautspanner, der in
Bayern sehr häufig ist und als Zwischenwirt angesehen wird, recht selten.
Ichneumon bilunulatus Grav. Näheres siehe unten bei den Eulen-
parasiten.
Ichneumon pachymerus Rtzb. Tritt beim Spanner stark zurück, während
er bei der Eule zu den häufigsten Schlupfwespen gehört (s. dort).
Heteropelma calcator Wesm. (Abb. 439 u. 440). Unter den von Eid-
mann gezüchteten Schlupfwespen war neben I chfieumon nigritarius Grav.
diese Art zahlenmäßig am stärksten vertreten. Sie schlüpft wesentlich später
als nigritarius. Seitner (1921) gibt für Galizien als Flugzeit die 2. Hälfte
Juni an. „Kommt fast ebenso lange nach dem Falter aus als jener vorher,
so daß wir hier kaum von einer doppelten Generation reden können." „Die 99
werden vielmehr gleich genügend Spannerraupen vorfinden, in denen sie ihre
Eier unterbringen können." Über die Kopula von Heteropelma (Abb. 440)
berichtet E. O. Engel (1928). Auch diese Schlupfwespe ist ausgesprochen
protandrisch (Steiner).
Anomalon biguttatum Grav.') Nach Steiner (1930) war diese Schlupf -
wespe der Hauptparasit bei der letzten mecklenburgischen Kalamität, und
nach Seitner (1921) war ihr in erster Reihe das rasche Zusammenbrechen
der Kalamität in Galizien zuzuschreiben. Seitner hat dieses häufige Vor-
kommen zu eingehenden Studien benützt, die zu folgenden Ergebnissen
führten :
1) Anomalon bigutlulum Grav. wird nicht selten mit der vorigen Art Helpro-
pelma calcator Wesm. verwechselt. Auch unter dem Eidmann sehen bayerischen
„Heteropelma"-M7i.ter\^\ fanden wir bei einer nachträglichen Prüfung eine große An-
zahl Anomalon. Man kann jedoch letzteren „leicht an dem gelben Schildchen er-
kennen gegenüber dem mattschwarzen Thorax bei Heteropelma. Außerdem unter-
scheidet sich Heteropehna von Anomalon durch den auffallend verlängerten Meta-
tarsus der hinteren Beinpaare, welcher 4—5 mal so lang als das folgende Tarsal-
glied ist" (Steiner).
524 II. Spezieller Teil.
Besonders auffallend ist das späte Schlüpfen. Die von ^inomalon
bigiittatum befallenen Spannerpuppen weisen noch bis tief in den
Monat Juni hinein ihr normales Aussehen, d. h. noch dunkelgrüne
Flügelscheiden auf und bewahren auch bis zu diesem Zeitpunkt ihre volle
Beweglichkeit. Erst gegen Ende Juni „verändern sie allmählich ihr äußeres
Ansehen, machen einen gelinden Erhärtungsprozeß durch und entlassen den
Parasiten am Kopfteil. Auch bei dieser Art scheint Protandrie die Regel zu
seini). Die cTcT sterben bald nach der Kopula ab, während die 99 bis in den
Oktober hinein schwärmend angetroffen wurden. Die Untersuchung der
Ovarien legereifer <:i<^ hat annähernd 90 Stück Eier für eine Wespe ergeben,
deren Zahl sich jedenfalls durch weiter vor sich gehende Neubildungen noch
um etwas erhöhen dürfte." Vom 20. Juli ab konnte im Zwinger die Copula
(Abb. 441 B) wiederholt beobachtet werden; sie dauert sehr lange. 15 Stunden
und mehr.
„Die Eiablage vollzieht sich an der wie hingegossen an der Nadel ruhen-
den unbeweglichen Spannerraupe in der Art, daß die Wespe letztere direkt in
Abb. 440. Ein Pärchen von Heteropeliua calcator Wesm. in Kopula. Nach F.. O. Enge 1.
der äußersten Hinterleibsspitze oder im Kopfe selbst ansticht (Abb. 441 C).
Die Raupe läßt sich durch die langwierigen und umständlichen Vorberei-
tungen der Wespe kaum jemals stören." Sobald die Wespe die richtige Stel-
lung angenommen hat, schnellt auch schon der Bohrer pfeilgeschwind vor.
In der Regel sitzt der i. Stich gut, die Raupe schlägt heftig mit dem Vorder-
oder Hinterleib und läßt sich auch oft an einem Gespinstfaden nach unten
fallen. War die Ortsveränderung der Raupe nach dem i. Stich nur eine
kurze, dann kriecht die Wespe derselben vorsichtig nach, um dem Opfer
noch einen 2. Stich zu versetzen. Seitner fand in einer Spannerpuppe oft
eine größere Anzahl A}io??talo?i-'Ldir\en, so einmal deren 10, noch dazu ]ieben
I Tachinen-Larve. Von diesen vermag sich nur eine einzige zu behaupten,
während alle anderen eingehen müssen. Daß die 10 A/iomalon-'L^rvQn nicht
von einem, sondern von mehreren 99 herrühren, hält Seitner für fest-
stehend.
Die Embryonalentwicklung dauert nur etwa 8 — 10 Tage; um so längere
1) Nach Steiner trifft dies jedoch nicht zu.
II. Unterordnung: Maciolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner'
525
Zeit beansprucht die Larvenentwicklung, bei der fünf Stadien unterschieden
werden können. Das I. Stadium ist von sehr kurzer Dauer und dürfte nur
wenige Tage anhalten. Das IL Stadium umgibt sich mit dem sog. Bildungs-
sack (Sackstadium), geht in die Puppe über, um hier bald in das IIL Stadium
D E
Abb. 441. Anomalon biguttatum Grav. A im Flug, B ein Pärchen in Kopula, C ein o
beim Anstechen einer Spannerraupe, D Larve im III. Stadium. E erwachsene Larve.
Nach Seitner.
sich zu verwandeln (Abb. 441 D). Dieses dauert am längsten, etwa bis Mitte
Juni. Beim Übergang in das IV. Stadium beginnen die ersten äußerlich
wahrnehmbaren Veränderungen der Spannerpuppe (s. oben). Mit dem er-
reichten IV. Stadium erfolgt das weitere Wachstum außerordentlich rasch,
526 II. Spezieller Teil.
bis schließlich das V. Stadium (Abb. 441 E) den Innenraum der Spanner-
puppe vollkommen ausfüllt. Die Stadien I — IV besitzen am Hinterleib ein
wohl zur Fortbewegung dienendes schwanzartiges Organ, das im V. Stadium
verschwindet. Die drei ersten Stadien können wohl nur flüssige Nahrung
aufnehmen, während im IV. und V. Stadium außerordentlich kräftig ent-
wickelte Mandibeln auftreten, die für die Aufnahme fester Nahrung geeignet
sind. Dafür spricht auch das mit dem IV. Stadium beginnende über-
raschend schnelle Wachstum der Larven, und nunmehr wird auch mit dem
Wirtskörper in allerkürzester Zeit vollständig aufgeräumt.
In Mecklenburg schlüpften nach Steiner die ersten Exemplare am
7. Juli, und noch Mitte September wurden außerordentlich starke Massen-
flüge von Afioinaloji biguttatmn beobachtet, welche zum Teil in den Kronen
stark befressener Kiefern schwärmten, zum Teil auch über der Bodendecke
des Waldes flogen. Die letzteren Tiere waren ausnahmslos Männchen, v.elche
vermutlich auf noch schlüpfende Weibchen warteten. Welch ungeheure
Mengen hier noch in dieser späten Jahreszeit vorhanden waren, geht daraus
hervor, daß mit wenigen Netzschlägen leicht Hunderte von Parasiten er-
beutet werden konnten.
Trichogramma evanescens Westw. und Telenomus spec. Bei der letzten
mecklenburgischen Kalamität konnte Steiner die beiden Eiparasiten fest-
stellen, und zwar erstere im allgemeinen in der Mehrzahl. Doch traten auch
hier lokal bedingte Verschiedenheiten auf und es herrschte bald die eine,
bald die andere Art vor. Das allgemeine Überwiegen der Trichogramma
dürfte in deren überaus kurzer Entwicklungsdauer (10 — 14 Tage) gegenüber
der viel längeren von Telenomus begründet seini).
In einem Bericht aus der Oberpfalz vom Jahre 1S96 (siehe F. E c k -
stein, 1923, S. 289) ist von einem häufigen Vorkommen von Teleas die
Rede; die Gattung Teleas ist jedoch von Kief f er (Tierreich, 1926)- in eine
Anzahl Genera zerlegt worden, so daß keine Art bei jener Gattung geblieben
ist, die Eiparasit von Lepidopteren ist. Die Arten der Kiefferschen Gattung
Teleas schmarotzen bei Ipiden und Hemipteren. Die in Schmetterlingseiern
parasitierenden Arten gehören nunmehr größtenteils der Gattung Teletiomus
an. Nach den dortigen Beobachtungen waren durchschnittlich 60 0/0 der Eier
parasitiert. „Die besetzten Eier nahmen eine dunkle, fast schwarze Färbung
an. Die Belegung der Spannereier wurde im Inspektionsweg auch in den
übrigen Spannerfraßgebieten in ausgedehntem Maße beobachtet, und ist
daher ohne Zweifel diese Insektengattung bei dem starken Rückgang der
Spannerentwicklung im Jahre 1896 erfolgreich tätig gewesen."
Besonders interessant sind die Beobachtungen Steiners über den Unter-
schied in der Stärke der Eiparasitierung in reinen und gemischten Beständen.
Danach verhielten sich die Prozentzahlen der Eiparasitierung in reinen
Kiefernwäldern, in Kiefernwäldern mit Fichtenunterwuchs und in Kiefern-
wäldern mit Buchenunterbau zueinander wie 17,66: 37,62 : 49.2. Diese Zahlen
reden eine deutliche Sprache für den pa rasi ten f ö r de r nden Einfluß
der Mischwälder gegenüber den Monokulturen. Sie bringen zu-
gleich eine Bestätigung der Angaben des Japaners Yano, der bei seinen
Untersuchungen über die Eiparasitierung beim Kiefernspinner ebenfalls
1) Über die Bionomie von Trichogramma werden unten (bei der Eule) ausführ-
lichere Angaben gemacht.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 527
wesentliche Differenzen in der Stärke der Parasitierung in reinen und ge-
mischten Beständen fand.
Die Tachinen.
Die Tachinenmaden gehen meist in sehr frühen Entwicklungsstadien in
die Spannerpuppe über, so daß es am Anfang nicht ohne weiteres möglich ist,
die tachinösen Puppen zu erkennen. Die Maden überwintern wohl meist in
den Wirtspuppen und verlassen dieselben gewöhnlich erst im Frühjahr, um
sich im Boden zum Tönnchen zu verwandeln. Über die Biologie der drei
unten genannten Arten sind wir noch wenig unterrichtet i); einige Angaben
finden wir bei W. Baer.(i92i), neuerdings bei Steiner (1931).
Carcelia rutilla B. B. Von Baer und von Eidmann bei mehreren
Spannerkalamitäten in großer Zahl gezogen. Überwintert als winzige Larve
in der Puppe des Wirtes, verläßt den letzteren im Frühjahr und schwärmt
einige Zeit nach dem Auskommen des Spanners.
Lydella nigripes Fall. (Abb. 442). Die weitaus häufigste Art ihrer Gat-
tung, durch große Polyphagie ausgezeichnet und vom Frühjahr bis zum
Spätherbst fliegend. Die qq werden in 3 — 4 Tagen geschlechtsreif, die
Puppenruhe währt nur 7 — 10 Tage, und die Dauer
des Larvenlebens beträgt nur 2 Wochen. Nach
To w n s e n d soll uigripes in einem Jahr wenigstens
3 Generationen haben. Ihrer Fortpflanzung nach
gehört sie zur Compsilura-Gxw^'i^Q, das sind ovo-
vivipare Arten, welche nach voraufgegangener
Verwundung des Wirtes durch einen besonderen
Dorn ihre Brut in denselben hineinbefördern. Be-
sonders zahlreich wird Z. ?tigripes Fall, aus dem
Kiefernspanner gezogen 2). Sie überwintert als
Larve in dessen Puppen, verläßt die letzteren An-
fang Mai, so daß die Tönnchen im Boden zu
suchen sind, und schwärmt zugleich mit dem
Falter. Eidmann erhielt in seinen Kulturen diese
Tachine erst mehrere Wochen nach dem Falter,
etwa zu gleicher Zeit mit H eteropelma calcator
und noch nach diesem. Baer gibt eine lange Liste
von Wirten dieser Tachine aus allen möglichen
Schmetterlingsfamilien und sogar aus Blattwespen.
Eidmann zog sie auch aus Hematurga atoinaria L.. die somit der Ba er-
sehen Liste noch beizufügen wäre.
Aus der von Steiner aufgestellten phänologischen Kurve (Abb. 443,
S. 530) kann man deutlich ersehen, welche überragende Stellung Lydella nigripes
unter den Spannerparasiten einnimmt. „Die Kurve von Lydella kommt an
Höhe fast der ihres Wirtes gleich und übertrifft sie noch an Breite. Die
ersten Lydella erscheinen in den Zuchten bereits mit den letzten Spannern
(Mitte Juni). Der Höhepunkt ihrer Flugzeit liegt Ende Juni und anfangs
Abb. 442.
Lydella nigripes Fall.,
die häufigste Tachine
des Kiefernspanners. 4X.
1) Ein eingehendes Studium der Spannertachincn ist dringend erforderlich.
2) Die Made lebt zuerst im Mitteldarm des Wirtes; erst später bohrt sie sich
durch die Darmwand durch, um in der Leibeshöhle des Wirtes ihre Entwicklung zu
vollenden (Steiner).
528 II. Spezieller Teil.
Juli. Im letzten Drittel des Monats Juli sind die letzten Exemplare ge-
schlüpft." Lydella nigripes Fall, ist ausgesprochen protandrisch. Der Höhe-
punkt der Männchenkurve lag bei Steiners Zuchten in der Zeit vom
20. — 28. Juni, derjenige der Weibchenkurve in der Zeit vom 29. Juni bis
9. Juli.
Die Lebensdauer der Zvö^^/Zö'-Imagines beträgt nach Steiner über
4 Wochen. Da die beiden Geschlechter das Puppentönnchen vollständig ge-
schlechtsreif verlassen, findet die Kopula kurz nach dem Ausschlüpfen statt.
Da die ersten Räupchen des Spanners gleichzeitig mit den Tachinenweibchen
schlüpfen, so werden auch diese wohl von den Tachinen infiziert werden.
Zenillia libatrix Pz. Gleichfalls eine stark polyphage Form. Sie gehört
hinsichtlich ihrer Fortpflanzung zur Co;//«- Gruppe, -d. h. sie legt ihre abnorm
kleinen Eier auf die Nadeln in die Nähe der weidenden Raupen, die sie mit
der Nahrung in den Darmkanal aufnehmen. Dort schlüpfen die Larven
aus und bohren sich durch die Darmwand hindurch, um dann die gleichen
Bedingungen zur Weiterentwicklung zu finden wie die übrigen Tachinen-
maden. Die Art wurde von Eidmann bei der letzten bayerischen Kalamität
häufig gezogen, bei der letzten mecklenburgischen Kalamität dagegen fehlte
sie nach Steiner ganz.
Die Polyphagie ist „von großer Bedeutung für die Vermehrung der
Tachinen und vor allem für die Erhaltung eines eisernen Bestandes derselben
in einem Revier. Kennen wir doch für C. rutilla B. B. bereits 24, für
Z. libatrix Pz. deren 18 und für L. nigripes sogar 30 Wirte. Und diese
Zahlen werden sich durch weiter fortgesetzte Beobachtungen noch vermehren
lassen."
Die Bedeutung des Heidekrautspanners [Heviaiurga atomaria L.)
für die Parasiten Vermehrung.
Wir haben oben betont, daß die Ungleichheit des Parasitenstandes inner-
halb eines Waldgebietes möglicherweise zum Teil darauf zurückzuführen
ist, daß vorher die Vermehrung anderer Insekten, die den meist stark poly-
phagen Spannerparasiten als Wirtstiere gedient haben, stattgefunden hat. Zu
diesen Wirtstieren gehört der Heidekrautspanner, der mitunter in
großer Zahl auf dem Heidekraut in Kiefernwäldern auftritt. Eidmann
(1926) hat die wichtige Frage nach diesen Zusammenhängen studiert und ist
dabei zu folgenden Resultaten gekommen:
„Aus den Heidekrautspannerpuppen (die bei der oberpfälzischen
Spannerkalamität 1924 — 26 mit Kiefernspannerpuppen massenweise an das
Münchener Institut eingesandt wurden) kamen zahlreiche Parasiten aus, die
sich auf folgende Arten verteilten:
1. Ichneumon nigritarius Grav., etwas kleinere Stücke als aus dem
Kiefernspanner.
2. 1 chneumon biliiniilatus Grav., ebenfalls kleiner als sonst und mit roten
statt dunklen Hinterschenkeln. Diese Variation war seither nur für das
Männchen beschrieben.
3. Ichneumon bilunulatus var. derivator Wesm., auch aus Kiefernspanner
gezüchtet.
4. Plectocryptus arrogans Grav., ebenfalls ein beim Kiefernspanner vor-
kommender Parasit. Aber auch hier stimmen die Stücke nicht ganz überein,
sie sind kleiner und mit stärkerem Zahn am Medialsegment.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 529
5. Plectocryptus perspicillator Grav.
6. Pimpla turionellae L.
7. Anonialon cerinops Grav.
Dazu kommt noch die Tachine Lydella (Ceromasia) nigripes Fall. (det.
Dr. E. O. Engel), die auch in großer Menge aus dem Kiefernspanner ge-
züchtet wurde und Ramphomia marginata (= platyptera Fall.)."
„Ein Vergleich dieser Parasiten mit den aus dem Kiefernspanner ge-
züchteten zeigt sofort, daß in der Tat eine große Anzahl — • nicht weniger
als 5 — auch im Kiefernspanner vorkommen. Das vielfach ganz andere Aus-
sehen der Parasiten aus Hematurga atomaria L. gegenüber den gleichen
Arten aus dem Kiefernspanner ließ zunächst Zweifel an der Identität auf-
kommen, die aber durch die Bearbeitung Ruschkas sichergestellt wurde."
„Jedenfalls ist die Tatsache von großem Interesse, daß der Phänotyp der-
selben Parasitenart durch den Übergang in eine andere Wirtsspezies so stark
beeinflußt und abgeändert wird. Nicht nur die Systematiker, die ihre Be-
arbeitung fast nur auf gefangenes Material gründen und die Färbungsunter-
schiede viel zu hoch einschätzen, worunter natürlich die genaue Determina-
tion der Ichneumoniden sehr leidet, können hieraus ein lehrreiches Beispiel
ziehen, auch für den Physiologen böte sich hier ein dankbares und sicher er-
folgreiches Arbeitsfeld."
,, Zahlenmäßig war unter den Heidekrautspannerparasiten Ichneumon
bilu)iulatiis Grav. am stärksten vertreten, also auch ein Parasit des Kiefern-
spanners, während /. nigritarius Grav. in weit geringerer Zahl als beim
Kiefernspanner gezüchtet wurde. Wir können daher nach alledem mit Recht
annehmen, daß ein starker Heidekrautspannerbestand ein Para-
sitenreservoir darstellt, das unter Umständen bei der Vor-
beugung und auch bei der biologischen Bekämpfung einer
Kiefernspannerkalamität vorzügliche Dienste leisten
kann" i).
„Nun bliebe noch eine andere interessante Frage, nämlich die, ob
H . atomaria L. vielleicht als Wirt der Sommergeneration von /. nigritarius
Grav. in Betracht kommen könnte. Wenn dies der Fall wäre, würde nämlich
der Heidekrautspanner noch wesentlich bedeutungsvoller für die Vermeh-
rung des Hauptkiefernspannerparasiten sein. Ausschlaggebend für die Be-
antwortung dieser Frage ist natürlich der Generationsverlauf von H . ato-
maria L."
„Aus der Literatur (Spuler, Berge, Blaschke) läßt sich entnehmen,
daß der Heidekrautspanner zwei Generationen hat, von denen die erste im
April und Mai, die zweite im Juli bis September fliegt. Die Raupe frißt
dementsprechend im Mai — Juni und September — Oktober. Sie wird an
Heidekraut, Ginster, Birke, Beifuß und ähnlichen Gewächsen angetroffen.
Der Flug der im Frühjahr ausschlüpfenden Falter findet also i — 2 Monate
früher als der des Kiefernspanners statt, und dementsprechend früher trifft
man auch die Raupen an. Es trifft sich also zeitlich so, daß die im Früh-
jahr aus den Kiefernspannerpuppen schlüpfende Generation
von I . nigritarius Grav. gerade recht kommt, um die Raupen der
zweiten Generation des Heidekrautspanners anstechen zu
können. Wenn dann die zweite Parasiten generation aus den infi-
1) Vom Verfasser gesperrt.
Escherieh, Forstinsekten, Bd. HI. 34
530
II. Spezieller Teil.
zierten alomaria -Fuppen im Sommer ausschlüpft, kommt es wiederum
gerade recht, um die inzwischen fressenden Raupen des Kie-
fernspanners infizieren zu können, in deren Puppen sie dann als
Larve überwintert."
„Damit wäre der Kreislauf geschlossen, und es ist höchst wahrscheinlich,
daß //. atomaria L. (vermutlich neben anderen Wirten) als ein wichtiger
Träger der zweiten Generation von /. nigritarius Grav. anzusehen ist. Damit
ist die große Bedeutung des Heidekrautspanners für die Vermehrung unseres
wichtigsten Kiefernspannerparasiten zum mindesten in hohem Maße wahr-
scheinlich geworden." Daß diese Verhältnisse nicht für alle Klimabezirke
des Spannervorkommens (wie z. B. für Mecklenburg) Geltung haben, ist oben
des näheren ausgeführt.
Kontinuität der Parasitier ung.
Steiner stellte auf Grund seiner Beobachtungen in Mecklenburg eine
phänologische Kurve der Flugzeit des Spanners und seiner Hauptparasiten
auf, die hier wiedergegeben ist (Abb. 443). Aus ihr ist ohne weiteres zu ent-
nehmen, daß der Ablauf einer Spannergeneration von einer kontinuierlichen
Reihe von Parasiten begleitet wird. Schon die Ichneumoniden allein bilden in
ihrer xA.ufeinanderfolge eine fast geschlossene Linie, die im Frühjahr mit
yj
■
_ Jchneumon nigritarius BraK
. . Heteropelma calcahr Wesm.
/jir^p//^ nigripp.che^n das Ei durch ein seitlich
herausgefressenes Loch. Das Herausbeißen des Ausgangsloches erfolgt je-
doch nicht ununterbrochen, sondern nach einigen Minuten Arbeit tritt eine
kürzere oder auch stundenlange Pause ein, und erst nach dieser Zeit frißt
das Räupchen an der Eischale weiter. Das vom Räupchen verlassene Ei ist
hell perlmutterglänzend, durchsichtig und ist kaum mehr von den leeren
Kiefernspannereiern zu unterscheiden. Nachdem das Räupchen ins Freie
gelangt ist, werden die Eischalen nicht mehr berührt, sondern nach kurzer
Zeit begeben sich die Tiere an die Nadeln und beginnen zu fressen. Dabei
werden ganz entschieden die alten Nadeln bevorzugt und, solange solche
vorhanden sind, die Nadeln der heurigen Triebe kaum angenommen.
„Das Eiräupchen ist nach dem Ausschlüpfen 2,5 mm lang, erreicht
aber schon nach einigen Tagen eine Länge von 3 — 3,5 mm. Die Kopfbreite
beträgt 0,55 mm, so daß der Kopf des jungen Räupchens ziemlich groß er-
scheint (Abb. 457 A). Die Hautfarbe dieser Räupchen ist ein gelbliches Rot,
welches sich über den Rücken und die Seiten hinzieht. Den Rücken entlang
laufen zwei kräftige, grünlichgelbe Längsstreifen, desgleichen ein solcher an
jeder Seite; dieser ist jedoch bedeutend feiner und des öfteren etwas ver-
waschen. So wie die Längsstreifen ist auch die Bauchseite gefärbt. Der
Kopf ist gelblichbraun mit einigen hellen Flecken an der Stirn und mit
wenigen einzelnen Haaren besetzt. Die Ocellen sind schwarz. Jedes Seg-
ment trägt am Rücken 4 und an den Seiten je 3 helle, kleine Wärzchen, die
mit einem kräftigen, schwarzen Haar versehen sind. Die Brustbeine sowie die
Bauchfüße sind grünlichgelb, die Nachschieber dagegen ein klein wenig
dunkler.
„Die Raupe gehört, wie schon gesagt, zu den 12 füßigen Spannerraupen;
schon bei dem Eiräupchen ist das kürzere Bauchfußpaar am 8. Segment
leicht angedeutet, aber dennoch sicher festzustellen. Weder bei der Eiraupe
noch in älteren Stadien wird dieses kürzere Bauchfußpaar bei der Fort-
bewegung benützt. In der Ruhe ist das Eiräupchen ausgestreckt und sitzt
auch mit den Brustbeinen an der Nadel. Bei leichter Berührung des Räup-
chens mit einem Pinsel nimmt dieses auf kurze Zeit eine Schreckstellung ein.
Es sitzt dann mit Nachschieber und Bauchfüßen an der Nadel, der Körper
wird katzenbuckelartig gewölbt und ist vorn etwas nach aufwärts gehoben,
aber schon nach einigen Sekunden streckt das Räupchen den Körper und
setzt sich wieder mit den Brustbeinen an die Nadel. Die späteren Stadien
schlagen bei einem Reiz ein- oder zweimal nach rückwärts oder seitwärts,
nehmen dann die typische Spannerstellung ein, d. h. sie setzen Brust- und
Bauchfüße nah zusammen, so daß der Körper hoch gewölbt ist; nach ganz
kurzer Zeit setzen sie sich wieder ausgestreckt zur Ruhe. Die Eiräupchen
können spinnen, machen aber sehr wenig Gebrauch davon, auch sind sie sehr
beweglich und lebhaft, besonders wenn sie eine für sie entsprechende Fraß-
stelle suchen.
572
II. Spezieller Teil.
„Der Fraß des prosapiaria-'Eirä.upch.ens unterscheidet sich wesentlich
von dem des Kiefernspanner-Eiräupchens. Man kann den Fraß des ersteren
als einen Plätzfraß an den Nadelflächen bezeichnen. Es werden die Nadeln
ganz wahllos an der Ober- wie an der Unterseite angegriffen, in der Nähe
der Spitze wie auch bei den Nadelscheiden, desgleichen in der Mitte der
Nadelfläche oder nahe am Nadelrand. Das Räupchen frißt zuerst eine ganz
kurze Rinne, die aber bald erweitert und dann wieder verlängert wird. Dieses
Manöver wird fortgesetzt, bis schließlich eine Fläche von i — 5 mm Länge
und I — 2 mm Breite befressen ist. Für gewöhnlich sind die Flächen meist
mehr lang als breit, die Fraßränder sehr unregelmäßig, so daß das Fraßbild
bald breiter und dann wieder schmäler wird (Abb. 457 A u. B). Ist der Fraß
1 1
AB C
Abb. 457. A Eiräupchen von FAlopia prosapiaria L. an einer Kiefernnadel fressend,
B Kiefernnadeln mit dem Anfangsfraß des Eiräupchens, C Schartenfraß der älteren
Raupen. Nach Sei ff.
in der Mitte der Nadelfläche, so erreicht die Tiefe desselben kaum die Quer-
schnittmitte der Nadel; in der Nähe der Nadelränder jedoch frißt das
Räupchen fast bis zur gegenüberliegenden Epidermis in die Nadel hinein.
„Der Fraß des Einbaut ers wird nun schon dem des gemeinen
Kiefernspanners ähnlich. Die Raupen greifen jetzt die Nadeln von der
Seite an, jedoch wird nur die Spitzenhälfte derselben befressen. Nicht nur
die eine, sondern beide Seiten können angenommen werden; letzteres be-
sonders, wenn aus irgendeinem Grund einmal etwas Futtermangel eingetreten
war. Da der Fraß nicht bis zur Längsmitte der Nadel reicht, so bleiben die
oberen Nadelreste stehen, und man hat das gleiche Bild wie beim Naschfraß
II. Unterordnung: Macrolepidopvera. Familie Geometridae (Spanner). 573
des Kiefernspanners. Die Fraßränder sind stets schartig und uneben. Die
Länge dieses Fraßes ist sehr verschieden; oft ist nur von der Spitze aus ein
kurzes Stück nach abwärts befressen, manchmal aber geht derselbe ununter-
brochen bis fast zur Nadelhälfte; weiter nach unten befrißt der Einhäuter
die Nadeln nicht, doch kommt es seltener vor, daß das Räupchen zuerst nahe
der Nadelspitze einen kurzen Fraß macht, nun ein kurzes Stück der Nadel
nicht annimmt und dann etwas weiter unten weiterfrißt, so daß zwischen zwei
Fraßstellen an einer Nadelseite ein unberührtes Stück zu sehen ist.
„Die weiteren Stadien befressen die Nadeln bedeutend stärker,
doch stets in der gleichen Weise wie der gemeine Kiefernspanner. Die
Nadeln sind nicht nur seitlich leicht benagt, sondern der Fraß geht weit über
die Längsmitte derselben. Öfter wird die Nadel so weit durchgefressen, daß
der obere Teil herabfällt, so daß abgebissene Nadelreste am Boden liegen.
Auch geht der Fraß bis weit über die Nadelhälfte herunter, doch niemals
bis in die Nadelscheiden; ca. i cm über denselben bleiben die Nadelstümpfe
unberührt. Manche Nadeln werden von den größeren Raupen bis zum
untersten Drittel ganz gefressen, auch wenn noch genügend andere ganze
Nadeln zur Verfügung standen; doch ist diese Fraßart seltener zu beob-
achten. Wir können im Fraß dieser Raupen alle Formen beobachten, die
wir beim Kiefernspanner antreffen. Die Abb. 457 C zeigt einige, von erwach-
senen Raupen mehr oder weniger stark befressene Nadeln.
„Die älteren Raupen fressen nur des Nachts, während sie tagsüber in
der erwähnten Ruhestellung unbeweglich an der Nadel sitzen; lediglich die
Eiraupen konnten auch bei Tag beim Fraß beobachtet werden.
„Der Kot der prosapiaria-Ra.upen ist ebenfalls dem der Kiefernspanner-
raupen sehr ähnlich. Er besteht in der Hauptsache aus deutlich erkennbaren
Nadelresten, die zu kleinen, unregelmäßigen,
eckigen Klümpchen zusammengeklebt sind.
Die Größe jedes Stückchens (erwachsene
Raupe) schwankt zwischen 0,75 — 1,5 mm in
der Länge und etwa in derselben oder etwas
geringeren Breite und Höhe. Die Farbe
bleibt auch nach dem Trocknen grün.
„Am 3. Februar hat sich nun die erste
Raupe eingesponnen. Dieselbe umzog einige
am Boden liegende Nadeln und Kot mit
ihren Fäden, und unter diesem Gespinst
(Abb. 458), das ziemlich locker war und
durch das man auch die Raupe beobachten
konnte, blieb die Raupe zunächst ruhig sitzen.
Die geringste Berührung des Gespinstes je-
doch beantwortete die Raupe mit nervösen,
schlagenden Bewegungen. Nach 9 Tagen,
also am 11. Februar, lag des Morgens die
Puppe statt der Raupe im Gespinst, welche
die gleichen Bewegungen wie die Raupe nach
einer Berührung machte, vielleicht sogar in
noch größerem Maße. Als zum Zweck der ,,, „ t.
genaueren Besichtigung die Puppe aus dem ,r'^/4-<.T-"?S?'=S"h
Gespinst herausgenommen und auf den Tisch S e i f f .
574 II. Spezieller Teil.
auf Löschpapier gelegt wurde, schlug diese so kräftig und rasch mit dem
Abdomen, daß sie dadurch 4 — 5 cm von der Stelle rollte. Der gleiche Vor-
gang zeigte sich bei jeder leichten Berührung der nackten Puppe mit einem
Haarpinsel."
Die forstliche Bedeutung des „gebänderten Kiefernspanners" be-
steht nach den bisherigen Erfahrungen nur darin, daß er häufig in größerer
Zahl mit dem gemeinen Kiefernspanner (und auch dem Spinner) auftritt und
so zur Verstärkung des Schadens beiträgt. Das Vorkommen an anderen
Nadelholzarten (Fichte usw.) scheint ohne jede praktische Bedeutung zu sein.
Die Ansicht, daß die auf Fichte (und Tanne) lebende Raupe stets den grünen
Falter (var. prasinaria Hb.) ergeben soll, ist, wie oben schon betont, nicht zu-
treffend. Können doch aus den Eiern eines Weibchens beide Formen gezogen
werden. Wehrli (Mitt. d. Münchener Ent. Ges. 1929. S. 317) hat in den Pyrenäen
in den geschlossenen Föhrenbeständen ausschließlich die var. prasinaria Hb.
gefangen, und Heydemann berichtet das gleiche von der Nordseeinsel Amrum
(a. a. O. 1930, S. 96).
Semiothisa liturata Cl.
Taf. VIII, Fig. 15.
Der veilgraue Kiefernspanner.
Ratzeburg: Phalaena, Geometra (Ennomos) lituraria L., veilgrauer Kiefernspanner.
— Judeich-Nitsche: Geometra (Macaria Curt.) liturata Cl. (lituraria Hb.). — Wolff-
Krauße: Macaria liturata Clerck.
Die Gattung Semiothisa Hb. läßt sich folgendermaßen charakterisieren
(Spul er): Fühler der cf borstenförmig, gewimpert oder sägezähnig. Palpen schräg
aufgebogen, etwas über die Stirne vortretend. Hinterschienen mit 2 Paar Sporen.
Vorderflügel beim cT mit einer Basalgrube, Ader cu-^ entspringt aus dem unteren
Zellenwinkel, r^, r^ und r^ gestielt, r^ und sc verlaufen frei. Hinterflügel auf Ader
nio, geeckt. Ader cu^ aus dem unteren Zellenwinkel (Abb. 459).
Der Falter ist an seiner veilgrauen Färbung, die wie piniarius
grüne und hellgestreifte Raupe an ihrem roten Kopf leicht zu erkennen.
Falter: Vorderflügel unter der Spitze seicht ausgeschnitten; Hinterflügel mit
vorspringendem Zahn auf Ader m.y Grundfarbe der Flügel veilgrau (Taf. VIII,
Fig. 15). Die Querstreifen und der halbe Querstreifen höchstens durch dunkle
Punkte angedeutet, die zunächst dem gelblichen Vorderrande der Vorderflügel am
deutlichsten sind. Gewässerte Binde nicht sehr scharf ausgeprägt, rostgelb, an dem
Vorderrande außen mit einem dunkelbraunen, wurzelwärts verlöschenden Flecke be-
beginnend. Fransen mit dunklerer Randlinie und dunkleren Flecken an den Adern.
Kopf und Halskragen rostgelb. Fühler des cf nur ganz kurz doppelt gesägt. Hinter-
schienen verdickt, mit Haarpinsel. Länge ungefähr 12—15 mm, Flügelspannung
25—33 mm.
Raupe (Taf. IX, Fig. 15) 10 füßig, Kopf rotbraun, mit hellgrünlichem Stirn-
dreieck. Grundfarbe des Leibes gelbgrünlich mit dunkelgrüner, schmaler Rücken-
binde und jederseits zwei weißlichen Längsbinden, einer oberen und einer durch die
Luftlöcher gehenden. Zwischen je zweien dieser 5 stärkeren Längszeichnungen immer
2 feine, dunkelgrüne Linien. Unterhalb der Binde durch die Luftlöcher jederseits
drei dunkelgrüne, feine Linien und in der Mitte der Bauchseite ein grüngelbes
Mittelband. Brustfüße braun chitinisiert. Länge bis 30 mm.
Puppe braun, schlank, mit einem höckerigen, mit einer stumpfgabeligen Spitze
besetzten Aftergriffel.
Dieser an Größe den Kiefernspanner nicht ganz erreichende Falter ist
durch ganz Mittel- und Südeuropa bis Spanien, Südrußland, Armenien und
Sibirien verbreitet.
Über seine Lebensweise herrscht keine Einstimmigkeit bei den ver-
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 575
schiedenen Autoren. Ratzeburg (S. i86) gibt an, daß er genau wie der ge-
meine Kiefernspanner lebt. Dagegen stimmen Wilde, A. Speyer und
Borgmann überein, daß er eine doppelte Generation habe und der Falter
im Mai und Juli fliege. Auf jeden Fall scheint die Puppe zu über-
wintern. Genauere Angaben über Fraß usf. fehlen vorläufig, und wir
können nur die Angaben von Ratzeburg wiederholen, „daß bei einem
ziemlich bedeutenden Spannerfraße in den Jahren 1837 und 1838 fast die
Hälfte oder wenigstens ein Drittel" der Raupen dieser Art angehörte.
Als Parasiten zog Ratzeburg sehr häufig Ichneumon nigritarius
Grav., der ja auch beim Bupalus piniarius L. der wichtigste Parasit ist.
Als Anhang zu den verschiedenen Kiefernspannern sei der Heide -
krautspanner Hematurga ato^naria L. erwähnt, der mit jenen insofern zu-
sammenhängt, als er häufig in großer Zahl in den gleichen Waldtypen auf-
tritt und sodann dadurch, daß er vielfach von den gleichen Parasiten v/ie
jene befallen wird und so für manche Schlupfwespen der letzteren als
Zwischenwirt dienen und überhaupt eine ergiebige Parasitenquelle darstellen
kann (s. oben S. 528).
Abb. 459. Flügelgeäder von
Semiothisa Hb.
Abb. 460. Flügelgeäder von
Hematurga atomaria L.
Hematurga atomaria L.
Taf. VIII, Fig. 13 und 14.
Der Heidekrautspanner.
Die Gattung Hematurga Led. steht der Gattung Bupalus Leach nahe, doch fehlt
die nackte Basalgrube der Vorderflügel beim cf (s. oben S. 463). Die Palpen sind
grobborstig. Der Rüssel stark. Flügelgeäder ähnlich wie bei Bupalus; im Vorder-
flügel fehlt r^, dafür sind r.^ und sc durch einen Schrägast verbunden. Im Hinter-
flügel verläuft sc eine längere Strecke, bis über die Mitte, parallel mit dem Zell-
vorderrand (Abb. 460).
Die einzige Art dieser Gattung, atomaria L., ist an ihrer Färbung leicht zu
erkennen: Flügel beim cf ockergelb, beim Q weißlich mit brauner Sprenkelung,
Vorderflügel mit 3, Hinterflügel mit 2 braunen Querbinden, Fransen braun, hell
gescheckt (Abb. 461). Spannweite 25—30 mm.
576
II. Spezieller Teil.
Raupe (Taf. IX, Fig. 25) gelbbraun oder braun, meist mit einer in Flecke
aufgelösten dunklen Rückenlinie und hellgelben Seitenstreifen.
Puppe durch den langen, dünnen, am Ende gegabelten Kremaster unschwer
von der Kiefernspannerpuppe zu unterscheiden (s. oben S. 468).
Der Falter fliegt bei Tage. Zwei Generationen; Flugzeit im April/Mai
vnicl im August/September. Raupe lebt hauptsächlich auf Heidekraut,
dann auch auf Hauhechel (Ononis), Ampfer (Rianex), Besenginster usw.
Über die Parasiten des Heidekrautspanners und seine Bedeutung für die
Kiefernspanner-Gradationen siehe oben S. 528.
* *
Zapfenschädlinge.
Als Zapfenschädlinge treten in Nadelwäldern auf:
Eupithecia abietaria Goeze (Taf. VIII, 17) und strobilata Hb.i).
Die Zapfenspanner.
Eup. strobilata Hb. wird mehrfach von Ratzeburg erwähnt, zuerst in
den ,, Forstinsekten" (S. 188), wo sie auch als Zapfenschädling genannt wird
(nach einer Beobachtung De Geers, der „sie zu Ende Juli in den noch
Abb. 461. Hemafurgaatomaria'L.{Y{.&\dftkra.\i\.?,^2inntx). A Männchen, B Weibchen. i^/^X.
grünen Tannenzapfen — wahrscheinlich ist die Fichte gemeint — ■ fand, welche
eine Öffnung zum Hinausschaffen des Kotes haben"), sodann noch einmal in
der „Waldverderbnis", wo er an der Richtigkeit der De Geer sehen Beob-
achtung zweifelhaft wird und als Hauptfraßort nur die Chermesgallen angibt.
Daß die De Geer sehe Beobachtung aber dennoch richtig war, wird
durch die neuen eingehenden Untersuchungen des schwedischen Entomologen
Spessivtseff bestätigt.
Die Gattung Eupithecia Curt., die zu den Larentiinen gehörig ist, enthält zahl-
reiche Arten meist kleiner Spanner, deren Unterscheidung oft große Schwierigkeiten
macht. Als Gattungsmerkmale führt Spul er an: die cf Fühler gewimpert. Palpen
gut entwickelt, das rauh beschuppte Gesicht überragend. Ader cu^ der Vorderflügel
nahe dem unteren Zellwinkel entspringend, m.2 aus der Mitte des Querastes, To ana-
stomisiert mit r^ bis ^5. Auch an den Hinterflügeln entspringt Ader cu^ nahe dem
Zellwinkel, Wg aus der Mitte des Querastes, w^ und rr sind in wechselnder Länge
gestielt.
1) Als Synonyme kommen folgende Namen in Betracht: Eupithecia abie-
taria Goeze 1781 = pini Retz. 1783 = strobilata Bkh. 1794 = togata Hb. 1796; Eup.
strobilata Hb. 1796 = bilunulata Zett. 1840.
Eschericil, Forstiiisektcii. III. Bd.
Tafel VIII
^^^^7 ^^i^9 ^^M^^ ^k^^
wm WrP wf^ WS^
^ ^t^ ^^1^ ^^^
-^ Wv^ W^ wf9
^Ȋ0 IIm^ ^:'-r'* ^^^^ V^
i3 14
m^
18
T
27
25 ^"^ 27 28
Geomctriden ^Spanner)
t— 8 Bup. piniarius Z. c^. 9 — 12 Bup. piiiiarius /,. ü. 13 Hematurga alomaria Z. cf. 14 Hcmaturga ato-
maria L. ^'. 15 Semiothisa liturata C/. 16 Semiothisa signaria Hl^. 1- Eupithecia abietaria Goes.
ISSelcnia bilunaria Esp 19 Selenia tetralunaria i///;. 20 Biston hirtaria (7. 21 Hibernia aurantiaria l//\
22 Hibernia ilefoliaria /..£.. 23 Hibernia defoliaria /,. cf. 24 Himera pennaria L 25 Boarmia ribeata Cl.
26 Boarmia secundaria E'ip. 27 Ellopia prosapiaria L. 28 EUopia prasinaria Hb. ^,'4 nat. Größe.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 577
Die Eupithecien-Raupen führen eine recht verschiedene Lebensweise,
was sich auch in der Gestalt ausprägt. Leben sie frei, so sind sie schlank ge-
baut, leben sie jedoch verborgen oder gar im Innern von Blütenständen,
Zapfen usw., so werden sie kurz und gedrungen und nehmen bisweilen
sogar einen kriechenden Gang an (an Stelle des ,, spannenden").
Abb. 462
Flügelgeäder \on Eupithecia Abb. 463. Eupilhecia abiPtaria Goeze.
Curt. Nach S pe s s i v t s e f f. 2 X-
Die beiden Arten sind als Imago kaum voneinander zu unterscheiden. Sie sind
beide von kleiner Gestalt (Spannweite 20 — 22 mm). Vorderflügel hellgrau mit
großem, schwarzem Mittelf leck ; Mittelfeld von bräunlich roten Querbinden ein-
gefaßt, Wellenlinie hell gezackt. Hinterflügel bräunlichgrau mit zwei dunklen Quer-
linien. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal der beiden Arten sind die Palpen, die bei
A B Abb. 465. Puppe von Eupithecia
Abb. 464. A Raupe von Eupithecia abietaria abietaria Goeze.
Goeze. B Raupe von Eup. strobihUa Hb. Nach S p es s iv t s ef f.
Nach Spessivtseff.
abietaria kurz sind und den Kopf nur wenig überragen, bei sirobilata dagegen lang
und den Kopf weit überragen. Außerdem existieren noch wesentliche Unterschiede
im Bau der Bursa copulatrix.
Die Puppen unterscheiden sich kaum voneinander. Sie sind braungelb, fast
nackt, mit selbst unter dem Mikroskop kaum bemerkbaren sparsamen kurzen Haaren.
Auf dem vorletzten Abdominalsegment tragen sie 5 Paar hakenförmige Borsten
(Abb. 465).
Escherich, Eorstinsekten, Bd. III. 37
578
II. Spezieller Teil.
Die Raupen (Taf. IX, Fig. 5 und Abb. 464 A und B) unterscheiden sich von-
einander durch folgende Merkmale: i. Bei abietaria ist der Rücken schmutzig-
fleischrot ohne Zeichnung, die Bauchseite schmutzig-weiß; bei strobilata ist die
Raupe von derselben Farbe, aber auf dem Rücken finden sich 5 helle Längsstreifen.
2. Bei abietaria sind Kopf, Prothorax- und Analschild dunkelbraun, fast schwarz:
bei strobilata sind sie braungelb. 3. Bei abietaria stehen auf dem Analschild 5 Paar
Borsten, bei strobilata dagegen 4 Paar. 4. Bei abietaria ist die Haut an der Basis
jeder Borste dunkel, fast schwarz gefärbt; bei strobilata fehlen diese dunklen
Flecke. 5. Bei abietaria wird die Raupe etwa 15 mm, bei strobilata nur 12 mm lang.
Die Biologie der beiden Arten wurde von Spessivtseff eingehend
studiert, und zwar anläßlich eines Massenauftretens derselben im Jahre 1924
A B
Abb. 466. Fichtenzapfen: A von Eupithecia abietaria Goeze (nur wenig Kothäufchen 1
B von Eiipilliecia strobilata Hb. (zahlreiche Kothäufchen) befallen. Nach Spessiv
t s e f f.
im Versuchspark von Siljansfors, der in der schwedischen Provinz Dar-
lekarlien liegt. Sein Bericht hierüber sei im folgenden wörtlich wieder-
gegeben:
EupitJiecia strobilata Hb. Ende Juli war fast an jeder Fichte ein Teil
der jungen Zapfen durch Raupen von strobilata beschädigt. Derartige Zapfen
zeigten einen Belag von braunroten Körnern, den Exkrementen der Larven,
wodurch sie leicht von gesunden zu unterscheiden waren. Im Anfang waren
die kleinen Exkrementkörnchen in regelmäßigen Halbkreisen längs den
Rändern der meisten Schuppen angeordnet, mit dem Wachstum der Raupen
aber bedeckten sie nach und nach fast die ganze Oberfläche des Zapfens
mehr oder weniger gleichmäßig (Abb. 466 B). Ein jeder angegriffene Zapfen
enthielt 20 — 30 Raupen.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 579
Nach den eben beginnenden Fraßspuren junger Raupen zu urteilen,
legt der Falter je ein Ei auf jede Schuppe. Die aus dem Ei ausschlüpfende
Raupe benagt auf der äußeren Oberfläche der Schuppe eine Stelle von un-
regelmäßiger Form. Nachdem sie sich hier gehäutet, durchnagt sie die erste
Schuppe, um zur zweiten zu gelangen, die sie in eben derselben Weise be-
nagt. Hier zu einer bedeutenden Größe herangewachsen, geht sie auf die
nächsten Schuppen über, welche sie in der auf Abb. 467 dargestellten Weise
befrißt. Die herangewachsene Raupe nährt sich hauptsächlich von den saf-
tigeren und dickeren Basalteilen der Schuppen, die sie nicht selten ganz auf-
frißt. Wenn sie dabei saftigen Samen begegnet, werden auch diese gefressen,
jedoch nur so nebenbei. Schließlich trocknet der befallene Zapfen rasch ein
und fällt meistens ab, ohne daß die Samen zur Reife kommen.
Die Raupen wachsen sehr schnell, und ungefähr ein Monat nach dem
Ausschlüpfen aus dem Ei erreichen sie ihre volle Größe. Die ersten Puppen
zeigen sich schon Mitte August, wenn auch die Massenverpuppung erst von
Ende August bis Mitte September stattfindet. Die Verpuppung geschieht in
Abb. 467. Drei Fichtenzapfens(-hu])ijen, Abb. 468. Zwei Puppenkokons von Eupi-
\on einer jungen Raupe von Eii pilh. siro- thecia strobilata Hb. Nach .Spessiv-
bilala Hb. befressen. Nach Spessiv- t s e f f .
t s e f f .
einem lockeren Kokon, iK-deckt mit den Exkrementkörnern der Raupe
(Abb. 468) und meist außerhalb des Zapfens. Indessen ist es bisweilen ge-
lungen, Puppen zwischen den Schuppen solcher Zapfen zu finden, die aus
irgendwelchem Grunde am Baume hängen geblieben waren.
In der entomologischen Literatur finden sich Hinweise darauf, daß diese
Art ihre Eier auf die Gallen von Chermes-hxt&n abgelegt und nur in seltenen
Fällen sich der Fichtenzapfen bedient. Die Beobachtungen Spesivtseffs
bestätigen diese Angabe nicht. Obgleich in Siljansfors nicht selten Gallen mit
Raupen von strobilata vorkommen, so war doch die Zahl dieser Gallen sehr
unbedeutend im Vergleich mit den angegriffenen Zapfen. In einer solchen
Galle fanden sich nur 2 — 4 Raupen, und diese waren älter als die Raupen
in den Zapfen. Augenscheinlich legten die ersten schwärmenden Falter ihre
Eier auf Gallen, und erst später erscheinende wählten zu diesem Zweck
Zapfen. Die Verpuppung geschah außerhalb der Galle, nicht selten in ihrer
unmittelbaren Nähe am Zweige.
Eupitheciaabietaria GoQze. Diese Art beginnt zu schwärmen und PLier zu
37*
580 n. Spezieller Teil.
legen etwa / — lo Tage später als die vorige. Erst gegen Ende Juli und
Anfang August wurden Zapfen gefunden, die von diesem Schmetterling an-
gegriffen waren. In jedem solchen Zapfen konnten gewöhnlich 2 — 4 Raupen
gefunden werden. Entsprechend dieser Zahl fanden sich auf der Oberfläche
des Zapfens die Exkremente nur in 2 — 4 Häufchen (Abb. 466 A). Diese
Häufchen erreichen selbst bei erwachsenen Raupen keine bedeutende Größe
und unterscheiden sich hierdurch von den großen Exkrementhaufen der
Raupen von Dioryctria abietella Schiff. Die durch die Raupen den unreifen
Fichtenzapfen zugefügte Beschädigung trägt denselben Charakter wie bei
der vorigen Art, jedoch mit dem Unterschied, daß die junge Raupe sich
nicht lange auf der Oberfläche der zuerst angegriffenen Schuppe aufhält,
sondern bald nach dem Verlassen des Eies sich in die 2. und 3. unter der
ersten liegenden Schuppe hindurchnagt.
Die Verpuppung geschieht wie bei der vorigen Art in einem lockeren
Kokon, bisweilen im Zapfen, sonst außerhalb desselben, und beginnt etwa
1I/2 Wochen später. Während des ganzen Septembers finden sich in den
kranken Zapfen hauptsächlich Raupen. Hinsichtlich der Dauer des Puppen-
stadiums bei abietaria sind schon früher Beobachtungen gemacht worden.
1921 erhielt die schwedische forstliche Versuchsanstalt aus verschiedenen
Gegenden in Schweden junge Fichtenzapfen zu näherer Untersuchung, die
im Laufe des Septembers von den Bäumen gepflückt waren. Aus vielen
dieser Zapfen gelang es. Raupen von abietaria zu ziehen und sie bis zur Ver-
puppung zu halten. Die Puppen wurden in offenen Insektarien im Garten der
Versuchsanstalt untergebracht. Erst nach zwei Jahren schlüpften aus ihnen
die ersten Falter von abietaria aus.
Beide Arten sind in Europa, im europäischen Rußland und im öst-
lichen Sibirien im Bereich der Fichtenwälder sehr verbreitet.
Die von den Raupen von abietaria und strobilata angegriffenen Zapfen
vertrocknen vor der Reife und fallen meistens ab. Ihre Samen, auch wenn
sie nicht von den Raupen gefressen werden, werden nicht reif und verlieren
die Keimkraft. Es ist schwer zu entscheiden, welche von beiden Arten den
Waldbau mehr schädigt, weil eine Zählung der angegriffenen und beschädigt
abgefallenen Zapfen nicht tunlich ist und in den infizierten Zapfen gewöhn-
lich Raupen beider Arten sich vorfinden.
Wenn trotz der forstlichen Bedeutung, die Eupithecia abietaria Goeze
und strobilata Hb. nach diesen Untersuchungen Spessivtseffs haben, die
beiden Arten bisher in der forstentomologischen Literatur so wenig Berück-
sichtigung gefunden haben, so liegt der Hauptgrund wohl darin, daß man
bisher den von ihnen den Zapfen zugefügten Schaden gewöhnlich ohne
weiteres dem Zapfe nzünsler Dioryctria abietella Schiff, zugeschrieben
hat, dessen Biologie ja auch in vieler Hinsicht derjenigen der beiden er-
wähnten Eupithecia- Axt&n ähnelt (s. oben S. 440).
Weitere Nadelholzspanner ohne größere forstliche Bedeutung.
Wenn ich im folgenden noch eine Reihe forstlich unbedeutender Spanner
anführe, so geschieht dies deshalb, weil dieselben bisweilen die Aufmerksam-
keit des Forstmannes erregen, vor allem wenn die eine oder andere Art ein-
mal etwas häufiger auftritt. Zu merklichen Schäden ist es bis jetzt noch bei
keiner der folgenden Arten gekommen.
II. Unterordnung: Macrolcpidoptera. Familie Geomctridae (Spanner). 581
Larentia variata Schiff, und
obeliscata Hb.
Ratzeburg: Phalaena, Gcoiitelra (Chcsias , lulvala F. (ubeliscala Hb., pinetata Bkh.).
Falter: Vorderflügel sehr \eränderlich (daher der Name variata), hell bis
dunkel aschgrau, mit 3 hellen Querlinien; Wurzel und Mittelfeld dunkelgrau.
Wellenlinie hell beschattet. Hinterflügel hellgrau, mit undeutlicher Schattenbinde.
Flügelgeäder siehe Abb. 404 B, S. 458. Spannweite 26 — 32 mm.
Raupe: Schmutziggrün, mit dunkler (brauner), weiß gesäumter Mittellinie
und breiten weißen seitlichen Linien. Stigmenlinie schmal weiß. Auch mit schmaler
weißer Mittellinie.
Puppe: Nach Spul er ,,grün mit weißen Seitenlinien, glatt, Cremaster kurz
kegelig, mit einem Büschel von Häkchen an der Spitze und mit einem Kranz von
6 unterhalb derselben. Verpuppung in der Erde."
„Lebt im April und Juli auf Fichten und Föhren (var. obeliscata Hb.)"
(Spul er). „Raupen manchmal recht häufig, ohne jedoch merklichen Schaden zu
tun" (Ratzeburg, F. 187).
Larentia juniperata L.
Falter: Den grauen Stücken der vorigen Art (variata) sehr ähnlich, aber
kleiner. Spannweite 23 mm. Die Mittelbinde ist oft vor dem Innenrande unter-
brochen und ihre Zacken ändern vielfältig ab (Abb. 469 .A.).
Raupe (Taf. IX, Fig. 4): Grün, mit dunkler, weiß gesäumter Rückenlinie,
Seiten und Stigmenlinien zitronengelb, letztere oben breit graurot gesäumt. Bauch-
füße mit ziemlich langen Horizontalfortsätzen.
Puppe: Schlank, graubraun oder grünlich, Cremaster kurz, kegelförmig, mit
6 büschelig stehenden, am Ende stark umgebogenen Häkchen. Verpuppung in
leichtem Gespinst zwischen den Nadeln der Futterpflanze.
Abb. 469. A Larciilia jn/ii/^f
B
Eiif^ilJircia f^usillala Schiff.
Lebt nach Spuler im Juni und August auf Wacholder, nach Ratze-
burg „im September, Oktober auf Wacholder und Kiefern". „Soll nach
Zinke (D. Besorgte Forstm., S. 1921 auch auf Rottannen leben und junge Triebe
zerstören" (Ratzeburg, F. 1871.
An Wacholder kommt außerdem noch die nahverwandte Larentia cognala
Thunb. vor, die sowohl in der Färbung und Zeichnung des Falters, als auch in der
Färbung der Raupe der juiiif)erata L. sehr ähnlich ist. Verpuppung am Boden
zwischen Moos oder abgefallenen Nadeln der Futterpflanze. „Puppe glatt, dunkel
grasgrün mit helleren Segmenten, das vorletzte oben mit einer Reihe brauner,
stumpfer Zähne. Cremaster walzig, gekörnt, braun mit gebüschelten End- und je
2 seitlichen Häkchen."
582 II. Spezieller Teil.
Eupithecia (Tephrociystia) lariciata Freyer, pusillata Schiff., indigata Hb.
und lanceata Hb.
Die hier genannten E!//)/7/iec/a- Arten, die zu den kleinsten Spannern (von
ca. 20 mm Spannweite ) gehören, sind ausgesprochene Nadelholztiere.
E. lariciata Freyer: Haupe grün oder braun mit dunkler Rückenlinie, gelben
Subdorsalen und ebensolchen breiten Seitenstreifen, lebt im August auf Lärche
und W a c h o 1 d e r.
E. pusillata Schiff.: Falter siehe Abb. 469 B. Raupe mit verdickten Thorax-
segmenten, braungelb mit dunkler Rückenlinie, — lebt im Juli, August auf Fichten,
Lärchen und anderem Nadelholz.
E. indigata Hb.: Raupe schlank, gelblich bräunlich mit rotbrauner Rücken-
linie, hellgelben Subdorsalen und ebensolchen Seitenstreifen — lebt bis August auf
Kiefern (erst in den Blüten, dann an den Nadeln), auch auf Lärchen.
E. lanceata Hb.: Raupe sehr schlank, ockerfarben bis schwärzlichbraun, mit
dunkler Rückenlinie mit rötlichen feinen Subdorsalen (Taf. IX, Fig. 6). ,,Eine sehr
charakteristische Nadelholzart, die im Mai und Juni fliegt." Raupe im Juni an den
frischen Trieben der Fichte, seltener auf Tanne oder Lärche.
Semiothisa signaria Hb.
Taf. VIII, Fig. 16.
Falter: Wesentlich kleiner (Spannweite 25 mm) als S.liliirala Cl. (s. oben
S. 574), sonst dieser nahestehend. Flügel grauweiß mit brauner Bestäubung, Vorder-
flügel mit 3 grauen, dunkel beschatteten Querstreifen, die von dunkelgrauen Flecken
am Vorderrand ausgehen. Das Eck der Hinterflügel kurz, die Spitze nur wenig
hervortretend.
Raupe grün mit weißlichen Rückenlinien und breiten, weißen, gelb gefleckten
Seitenlinien; Kopf dick, gelbbraun.
Fliegt von Mai bis Juni. Raupe im August auf Nadelholz, namentlich auf
Fichte.
Boarmia secundaria Schiff., ribeata Cl., crepuscularia Schiff.
und consortaria F.
Von den hier genannten Boarmia-ArXen ist nur die erste ein ausgesprochenes
Nadelholztier, während die anderen auch auf Laubholz vorkommen; ja die letzteren
beiden (crepuscularia Schiff, und consortaria F.) sind in erster Linie Laubholztiere
und gehen nur gelegentlich auch auf Nadelholz über.
B. secundaria Schiff. (Taf. VIII, 26) : Ein ziemlich großer Spanner (Spann-
weite 32—34 mm). Flügel mit rostbrauner Mischung und dunkler Bestäubung;
Vorderflügel mit 2 dunkelbraunen Querlinien, von denen die äußere scharf ge-
zeichnet ist.
Raupe braungrau mit schwarz gesäumten Rautenflecken und gelblichen
Seitenflecken.
Puppe rotbraun, in leichtem Gespinst in der Erde.
Flugzeit Juli, August. Raupe lebt im Mai, Juni auf Fichte und Wacho Ide r.
B. ribeata Cl. (Taf. VIII, 25): Etwas größer als der vorige (Spannweite
33— 36 mm 1 und wesentlich dunkler gefärbt. Flügel dunkelbraun, mit schwarzbrauner
Bestäubung. Vorderflügel mit 2 schwarzbraunen Querlinien.
Raupe rötlichbraun mit hellen Rückenflecken, weißgelben Seitenlinien und
dunklen Schrägstrichen.
Puppe glänzend gelbbraun, in der Erde.
Flugzeit Juni, Juli. Raupe im April und Mai auf Tannen und Fichten,
aber auch an Eichen und Weiden.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner i. 583
B. crepuscularia Schiff. (Abb. 470): Ein großer (Spannweite 34 — 40 mm) hell
gefärbter Spanner; Flügel weißgrau mit brauner Bestäubung. Vorderflügel mit
2 braunen, auf den Rijjpen schwarz gefleckten und
gezähnten Q)uerlinien auf einer weißlichen, dunkel
beschatteten, ebenfalls zackigen Wellenlinie. Hinter-
flügel mit einer Quer- und Wellenlinie.
Raupe (Taf. IX, Fig. 23) hellgrau oder bräunlich-
grün, mit doppelter dunkler Rücken- und rötlich-
gelben Seitenlinien.
Puppe matt rotbraun, mit weichem Gespinst in
der Erde.
Der Falter fliegt zweimal, im Frühjahr und im
Hochsommer. Die Puppe überwintert im Boden.
Ist in erster Linie Laubholztier. Die Raupe ,,, ,.
II. T7- u ü u c ui u r.u .u- Abb. 470. Boarmta crepus-
lebt an Eichen, Buchen, Schlehen, Obstbäumen, cularia Schiff
Weiden, Pappeln, Erlen, Ulmen, sodann auf Birke
und Heidelbeere. Der einzige bisher beobachtete einigermaßen stärkere Fraß fand
nach Bachstein (1878) im Jahre 1876 in der Dresdener Heide statt und erstreckte
sich außer auf Laubholz und Heidelbeere auch auf Kiefern, Fichten und
Tannen.
B. consortariaF.'. Noch größer als die vorige Art (Spannweite ca. 5 cm). In
Färbung und Zeichnung der crepuscularia Schiff, ähnlich. Flügel aschgrau, dunkel-
braun bestäubt, mit schwarzen, scharf gezähnten äußeren und erloschenen inneren
Querstreifen.
Raupe (Taf. IX, Fig. 24) grau mit braunen Flecken und Warzen und dunkler
[Mittellinie.
Zwei Generationen. Raupe im Mai und Juli, gewöhnlich an Laub holz, wie
Pappeln, Weiden, Eichen und Schlehen. Ausnahmsweise auch an Nadel-
holz. Borgmann (1891) berichtet über einen größeren Kahlfraß an
Fichten, die unter Kiefern untergebaut waren.
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B. Laubholz-Spanner.
Obwohl die Zahl der Laubholzspanner die der Nadelholzspanner weit
übertrifft, so tritt ihre forstliche Bedeutung doch stark in den Hintergrund
gegenüber den ersteren. Sind die Laubholzschädlinge wegen der größeren
Regenerationskraft der Laubbäume schon an und für sich selten so gefährlich
wie die Nadelholztiere, so kommt hier noch hinzu, daß keiner der Laubholz-
spanner zu solchen großen, ausgedehnten Massenvermehrungen, geschweige
denn zu solchen Riesengradationen gelangt, wie wir sie oben beim Kiefern-
spanner kennengelernt haben. Der Spannerschaden an älteren Laubbäumen
ist nur ausnahmsweise so stark, daß er sich wirtschaftlich auswirkt. Dagegen
kann die Nachzucht durch A'ernichtung von jungem Aufschlag
empfindlich gestört werden. Anders verhält es sich natürlich in der Land-
wirtschaft, besonders im Obstbau. Wenn hier im Frühjahr die Blätter völlig
zusammengefressen werden, so bedeutet dies für das betreffende Jahr einen
Ausfall der Ernte.
Für uns kommen in der Hauptsache die
Frostspanner
in Betracht, die systematisch durchaus keine einheitliche Gruppe darstellen.
Die unter die Bezeichnung Frostspanner fallenden Gattungen und Arten
stehen vielmehr zum Teil im System weit voneinander entfernt (so z. B. ge-
hört die Gattung Clieiinatobia Stph. zu den Larentiinen, während die Gattung
Uibernia Latr. und Aiüsopteryx Stph. typische Boarmiinen sind), dagegen
stimmen sie in einer biologischen Eigentümlichkeit, die den üb-
rigen Spannern, ja wohl den meisten sonstigen Schmetterlingen fremd ist,
vollkommen überein: ihre Flugzeit fällt in eine Zeit, in der die
meisten übrigen Insekten sich bereits zur Überwinterung
eingerichtet haben bzw. noch im Winterschlaf sich befinden,
also ganz spät im Herbst oder ganz zeitig im Frühjahr. Diese
biologische Eigentümlichkeit hat zu dem Namen „Frostspanner" geführt. Zu
dieser biologischen Eigentümlichkeit kommt noch eine morphologische Kon-
vergenzerscheinung, nämlich die Rückbildung der Flügel beim o (die
allerdings auch noch bei anderen Gattungen vorkommt).
Wir wollen im folgenden die wichtigsten Frostspanner, die sich haupt-
sächlich auf die drei Gattungen Cheimatobia Stph. (Operoplühera Hb.), Hi-
benüa Latr. und Aiüsopteryx Stgr. verteilen, eingehender behandeln.
II. Spezieller Tel
Cheimatobia (Operophthera) brumata L. und boreata Hb.
Die kleinen F r o s t s p a n n e r.
Die Gattung Cheii)uitobia Stph. besitzt im männlichen Geschlecht gut
ausgebildete Flügel, im weiblichen jedoch sind die Flügel stark rückgebildet
zu kurzen Stummeln. Die Fühler des cT kurz, nur
Vs der Vorderrandslänge erreichend. Rüssel und
Palpen sehr schwach und kurz. Im Vorderflügel
/;?o aus der unteren Hälfte des scharf gebro-
chenen Querastes entspringend, m^ aus der vor-
deren Hälfte des Innenrandes der Anhangszelle,
aus deren Spitze )\ und r^ aus einem Punkt; /g
entspringt ungefähr in der gleichen Höhe wie )\,
/•g aus z"^. Auf den Hinterflügeln geht axy sehr
nahe am Innenrand in den Innenwinkel, cu^ und
;//3 weit gesondert, niy und rr lang gestielt
(Abb. 471).
Ch. brumata L., der gemeine Frost-
spanne r.
P'alter: Vorderflügeides J gelbgrau mit verloschenen
dunklen Wellenlinien, Hinterflügel heller. Spannweite
23—25 mm (Abb. 472 A). $ mit sehr kurzen, bräunlich-
oder grünlichgrauen Flügelstummeln, kaum die Hälfte
des Hinterleibes erreichend (Abb. 472 B).
Raupe (Taf. IX, Fig. 3) erwachsen gelbgrün, mit dunkler Rückenlinie und
jederseits mit 3 weißen Seitenlinien; Kopf grün. (Beim Eiräupchrn sdiwarz.)
Eier oval, von Mohnkorngröße, anfangs blaßgrün, später, bis vor dem Aus-
kriechen, rotgelb.
Puppe hellbraun mit 2 kurzen Häkchen am abgerundeten Cremastcr.
Abb. 471. Flügelgeäder von
Cheimalobia boreata Hb.
>v
Abb. 472. Cheimalobia bniDuihi L., der .Ablx 473. Ein Pärchen von Cheimalobia
gemeine Frostspanner. A Männchen, bruiiiala L. in Kopula. Nach Thiem.
B Weibchen. 1^/3 X.
Ch. boreata Hb., Buchen- Frostspanner.
Falter dem vorigen sehr ähnlich, nur etwas größer (Spannweite: o" 28 bis
30 mm I ; beim o"' die Vorderflügel weißgrau, mit braungelbem Anflug und ver-
waschener Querbinde, Hinterflügel weißlich, nur selten mit einem verloschenen duiik-
II. Unterordnung: INIacroIepidoptera. Familie Geometridae (Spannen. 589
leren Querstreifen durch das Ende der r^Iittelzelle. o mit längeren Flügelstummeln,
nur wenig kürzer als der Hinterleib. Vorderflügel gelbgrau mit 2 dunklen Quer-
streifen.
Raupe (Taf. IX, Fig. 2 ) von der vorigen Art hauptsächlich durch den
schwarzen Kopf (auch der älteren Stadien 1 unterschieden.
Puppe rotbraun.
Die Bionomie der beiden Arten, die auch als die „kleinen Frost-
spanner" zusammengefaßt werden, scheint in den meisten Zügen übereinzu-
stimmen. So dürfte die im folgenden dargestellte Bionomie der Ch. britinata
L. auch für boreata Hb. im wesentlichen Gültigkeit haben.
Obgleich der „gemeine Frostspanner"' zu den längst bekannten und all-
gemein verbreiteten schlimmen Schädlingen des Obstbaus gehört, ist seine
Bionomie erst in dem letzten Dezennium einigermaßen geklärt worden, vor
allem durch die Arbeiten von Schneider-Orelli (191 6) und Thiem
(1922), auf die sich die folgenden Schilderungen in der Hauptsache stützen.
Die cfcf eröffnen und beschließen die Flugzeit im Herbst, gewöhnlich
wird Ende Oktober als Beginn angegeben. Erst vereinzelt erscheinend,
mehren sich die Falter von Tag zu Tag; ,,in ausgesprochenen Seuchengebieten
glaubt man an milden ruhigen Abenden in der Nähe von Bäumen förmlich
ein Schneetreiben vor sich zu haben". Die og erscheinen einige Tage später.
Der Flug der cTo'' setzt überraschend pünktlich mit beginnender Dämmerung
ein. „Im unsicheren, unruhigen Flug suchen die cfcf zunächst den Boden ab.
umkreisen den unteren Stammteil der Bäume und erheben sich zuweilen mit
zunehmender Sicherheit des Fluges zur Zeit eintretender Dunkelheit in Höhe
der Baumkrone. Sie durchsuchen nur einige Bäume und entfernen sich nie
weit von ihnen. Finden sie keine qq, so lassen sie sich im Gras oder zumeist
an den unteren Baumteilen nieder, laufen den Stamm ab oder sitzen, die
Flügel über dem Rücken zusammengeklappt, still" (Thiem). Ebenso halten
sie sich im Tag unter Blättern, Brettern, in geschützten Baumwinkeln usw. auf.
Die QQ laufen, ebenfalls mit Beginn der Dämmerung und Dunkelheit, am
Stamm empor, wobei sie bei windiger oder regnerischer Witterung die ge-
schützte Seite desselben benützen. Glatte Flächen überschreiten sie schneller
als rauhe und zerrissene. Die Behendigkeit der $$ ist groß. Bei anhalten-
dem Laufen können sie den Gipfel eines 3 m hohen Baumes in 5 Minuten
erreichen. Auch während der Begattung sucht das g seinen Weg stammauf-
wärts fortzusetzen, wobei das (J sich völlig passiv verhält. Natürlich wird
durch das daranhängende o" das Marschtempo verlangsamt. Ein kopulieren-
des Paar vermag 40 — 50 cm etwa innerhalb i/g Stunde zurückzulegen.
Die Kopula findet in der Regel gegen Abend in der Dämmerung statt.
Dabei sitzt das cf unten, den Kopf nach unten gerichtet, die Flügel gewöhn-
lich tagfalterartig aufgerichtet (Abb. 473). Eine umgekehrte Stellung (o nach
unten gerichtet) kommt nur ganz ausnahmsweise vor. Die Angaben, daß das
o" das Q in einer Art Hochzeitsflug nach oben in die Baumkrone tragen soll,
gehören nach Thiem in das Reich der Fabel. Die Dauer der Kopula währt
mehrere Stunden. Der Ort der Kopula wechselt sehr; kopulierende Tiere
wurden meist an Baumstämmen (bis 3 m Höhe) gefunden, dann auch, aber
ganz selten, auf der Erde. Wenige Tage nach der Kopulation gehen die Tiere
zugrunde, die cfcf nach etwa 2 — 3, manchmal auch erst nach 8 Tagen, die QO
dagegen scheinen im allgemeinen etwas länger zu leben. 8 — 9 Tage. Die ge-
590 11. Spezieller Teil.
samte Lebensdauer beträgt bei den q'ö' bis zu 17, bei den qq bis zu
24 Tagen.
Die Eiablage beginnt zumeist unmittelbar nach der Begattung. Die
bevorzugten Stellen sind die letzten Verzweigungen der Äste der
Baumkrone, gewöhnlich in der Nähe von Knospen, in Rinden-
spalten, Narben, an Aststümpfen oder auch direkt an den Knospen. Die Zahl
der Eier beträgt nach Schneider-Orelli ca. 200 — 300 1). Die Ablage er-
folgt einzeln oder in ganz kleinen Partien von 2 — 3, selten (bei besonders
günstigen Ablagestellen) mehr, bis 20. Die Eiablage eines o kann sich auch
über mehrere Bäume verteilen. Die 00 lassen sich nämlich nicht selten von
den Zweigen herunterfallen (wobei sie die ausgespannten Flügelstummel als
Fallschirm benutzen), um dann an einem anderen Baum wieder aufzusteigen
(Schneider-Orelli). Höchstwahrscheinlich erstreckt sich die Ablage
des Gesamteivorrates über mehrere Tage.
Die anfänglich hellgrünen Eier nehmen schon bald (2 — 14 Tage) nach
der Ablage eine rotgelbe Färbung an. um kurz \or dem Auskriechen auch
diese Färbung zu verlieren und „unansehnlich und l^ald darauf dunkel
metallisch-blävüich und grünlich glänzend zu werden." Die unbefruchtet ab-
gelegten Eier verändern ihre grüne Anfangsfarbe nicht und schrumpfen ein.
Der Eizustand dauert ca. 5I/0 — 6 Monate, kann aber durch höhere Tempe-
raturen wesentlich (bis auf beinahe den fünften Teil) verkürzt werden
(Schneider-Orelli).
Die ersten Räupchen kommen durchschnittlich Ende April, T,\enn die
Knospen aufzubrechen beginnen, heraus. Sie laufen alsbald unruhig umher,
wie gewissermaßen auf Nahrungssuche. Unter natürlichen Verhältnissen in
der Nähe von Knospen geschlüpft, haben sie letztere bald gefunden. Das Ei-
räupchen ist 1,5 mm lang und hat ein dunkelgraues, mattes Aussehen, einen
tief schwarz glänzenden Kopf, ein dunkel graues Nackenschild und zwischen
diesem und dem Kopf eine weißliche Binde. Schon nach der i., spätestens
nach der 2. Häutung treten deutliche Färbungsveränderungen auf. Die graue
Farbe geht allmählich in ein gelbliches Grün über und es bilden sich außer
einem dunkelgrünen Mittelstreifen jederseits drei weiße oder gelbliche
Längsstreifen aus, von denen der mittlere am schwächsten ausgebildet und
sehr oft unterbrochen ist. Auch der Kopf verliert die schwarze Farbe. Im
ganzen macht die Raupe 4 Häutungen durch, die i. zwischen dem 4. und
6. Tage nach dem Schlüpfen der Räupchen, die 2. zwischen dem S. und
II. Tage, die 3. zwischen dem 14. — 16. und die 4. zwischen dem 22. — 26. Tage.
Die Gesamtentwicklung der Raupe nimmt ca. 35 — 40 Tage, in sehr günstigen
(warmen) Jahren noch weniger in Anspruch.
Die Bewegungen der Raupen sind sehr rasch; auch besitzen sie ein gut
ausgebildetes Sp i nn ve rmögen. ,, Bereits die frisch gehäuteten Räupchen
können sich an einem Spinnfaden, den sie während des Umherkriechens an
der Unterlage festkleben und den sie sehr schnell verlängern können, fallen
lassen. Indem sie den Faden unter Zuhilfenahme der Oberkiefer und unter
schlängelnden Bewegungen des ganzen Körpers auf die Brustbeine auf-
wickeln und von hier mit den hochgeschlagenen letzten Bauchbeinen ab-
nehmen, erreichen sie wieder die Unterlage. Zwischen den Ästchen spinnen
Die Angabe Uff eins von 50 Eiern beruht auf einem Irrtum.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner).
591
sie zuweilen Fäden, auf denen
sie sich entlang bewegen kön-
nen" (Thiem). Die Räup-
chen sind ausgesprochen posi-
tiv lichtempfindlich.
Der erste Fraß des Ei-
räupchens geschieht meist an
aufbrechenden Blatt- even-
tuell Blütenknospen. Knospen
mit noch dicht anliegenden
Schuppen vermögen die klei-
nen Räupchen nicht anzu-
bohren und auszufressen. Der
Fraß ist stets von einer
reichlichen S p i n n t ä t i g -
keit begleitet. Die kleinen
Raupen spinnen die sich ent-
wickelnden Blätter der aus-
treibenden Knospen zusammen
und auch in den späteren
Raupenstadien wird diese Ge-
wohnheit beibehalten, so daß
der Fraß fast stets in zu-
sammengesponnenen Blättern
stattfindet. Die Jungräupchen
fressen meist nur des Nachts,
während die älteren Raupen
in ihren Fraßgewohnheiten an
keine bestimmte Zeit gebun-
den sind.
Das F r a ß b i 1 d zeigt in
der Hauptsache Löcher-
fraß, der zunächst durch das Einfressen in die noch zusammengefalteten
Blattflächen (in den sich entfaltenden Knospen) entsteht. Späterhin werden
diese Löcher erweitert, bis sie zusam_menfließen und der größte Teil der
Blattfläche verschwunden ist (Abb. 474). Schließlich werden in der Not
auch noch die etwa stehengebliebenen gröberen Nerven verzehrt, so daß also
völliger Kahlfraß eintreten kann. Viele Blattstücke fallen dabei auch un-
benutzt zu Boden. Wo Früchte vorhanden sind, werden auch diese an-
gefressen, entweder nur äußerlich oder es werden auch die Kerne ausgehöhlt
(bei Kirschen), so daß die Frucht abstirbt.
Die Zahl der Fraß pflanzen von bniiiiata ist Legion: Thiem zählt
annähernd deren 100 auf. Obstbäume scheinen besonders bevorzugt zu
werden, daneben werden aber auch fast alle anderen Laubholzarten an-
gegangen, wie Eiche, Hainbuche, Buchet), Roßkastanie, Ahorn,
Faulbaum. Eberesche. Weide. Hasel. Linde usw.
Fral.'i (le> gemeinen
briDuald L. I an Hainbuche
N ü ß 1 i n - R h u m b 1 e r.
nners
Nach
1) In den meisten forstentomologischen Lehrbüchern wird angegeben, daß die
Buche \"on hruiuula nicht angenommen wird: letzteres soll ein Reser\at für boreala
sein. Dies trifft nach neuen Beobachtungen nicht zu (vgl. Thiemi.
592 II. Spezieller Teil.
Die Verpuppung, zu der sich die Raupe an einem Faden herabspinnt,
findet Ende Mai anfangs Juni statt, und zwar in und auf der Erde, mit und
ohne Gespinst. Freie Puppen liegen oberflächlich, während die sich im
Boden eingrabenden Raupen ein dünnes Gespinst herstellen, das sie an
größere Gegenstände anheften und mit Quarzsteinchen, Erdklümpchen, Geäst,
Stroh, dünnen Blättern verkleben (Abb. 475). Sie erscheinen auf diese
Weise verschieden groß und lassen sich schwer auffinden. Die Lage der
Puppe im Boden ist verschieden tief, in lockerem Boden tiefer (bis 14 cm)
als in mittelschwerem vind schwerem (bis 10 cm). Die Dauer der Puppenruhe
schwankt in Deutschland zwischen 4I/2 — 5 Monaten, während sie in höheren
Gebirgslagen wesentlich kürzer ist (3 1/2 Monate). Durch höhere Tempe-
raturen kann nach Thiem die Puppenruhe verlängert werden, ebenso wie
durch anhaltend künstliche Einwirkung von tieferen Temperaturen. Dagegen
ist es noch nicht gelungen, eine Verkürzung der Puppendauer auf künst-
lichem Wege, sei es durch hohe oder niedere Temperaturen, hervorzurufen.
In epidemiologischer Beziehung spielen die Witterungsverhältnisse
nach Thiem zweifellos eine nicht unbedeutende Rolle. ,,Nach starkem
ABC D
Abb. 475. A Freie Puppe von Cliciinalobia bnimaia L. (rechts Cremaster vergr. i,
B Erdgehäuse derselben nat. Gr., C und D dasselbe \ergr. Nach Thiem.
Raupenfraß im Frühjahr ist, wenn die Raupen sich bei günstiger Witterung
verpuppt haben, auch ein starker Frostspannerflug zu erwarten. Herrscht je-
doch zur Zeit der Verpuppung anhaltend feuchte Witterung und zeichnet sich
auch der Herbst durch starke, längere Niederschläge oder gar durch längere
und häufige Frostperioden aus, dann steht trotz des starken Raupenfraßes
kein entsprechender Flug in Aussicht und demzufolge auch kein starker
Frostspannerfraß im nächsten Frühjahr." Ätiologisch wäre auch noch der
Umstand heranzuziehen, daß es scheinbar zu den notwendigen Entwicklungs-
bedingungen des Frostspanners gehört, daß die kleine Raupe bereits auf-
brechende Knospen findet, und daß, wenn solche nicht rechtzeitig vor-
handen sind, die Eiraupen wohl zugrunde gehen müssen. Im letzteren Fall
würde der Vermehrung starker Abbruch geschehen (ähnliches liegt bei der
Kieferneule vor, s. unten). Die Gradationsperioden können mehrere Jahre
dauern.
Der Schaden durch den Frostspanner kann, wie oben schon betont,
im Obstbau ungeheure Dimensionen annehmen. Bedeutet doch
hier Kahlfraß einen vollkommenen Ausfall der Ernte. Dagegen ist seine
Bedeutung in der Forstwirtschaft geringer zu veranschlagen. Wieder-
Escherich, Forstinsekteii. III. Bd.
Tajel IX
Spannerraupen
1 Geometra pnpilionnria L. 2 Chcimatobia (Opeiüpluhera) borenta ///'. 3 Ch. hrumata L. 4 Larcntia
juniperata L- 3 Eupiihecia (Thcphrochsiiai strobilata ///'. 6 E. lanceata Nö. 7 Ephyra (Codonia)
pendulaiia (_'/. s Abraxas srossulariata' L. 9 A. svlvata L. 10 EUopia prosapiaiMa L. 11 Ennomos
quercinaria I/i/fii. l'J Sclcnia 1-iiliinaiia Esp. V, Gonodontis bidcntata C/. 14 Himera pcnnaria L.
15 Semioihisa litiiiaui f 7. In Hihernia detoliaria C/. 17 11. auramaria Zisy. li^ Anisoptervx aescularia
Schiß. \9 Phicaliii ji. daiiii F. 20 Biston hirtnrius (7. '-'1 Amphidasis betiilaria L. '2'1 Boannia
ribeata Cl. _; IS. cropuscularia Schiß. -4 B. consortaria F. 125 Hemaiurga atomaria L.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (S])anncr). 593
holter starker Fraß kann aber auch zu empfindlichem Schaden, \or allem
zum Ausfall der Mast und zu Zuwachsverlust führen. Nach Hart ig (1875)
ist in solchen Jahren bei Eichen die Breite des Jahrringes auf 1/2 — ^'3 ^^^^ nor-
malen Breite reduziert, und auch in den Folgejahren bleibt sie noch gegen
normale Verhältnisse zurück. Einzelne Zweige an alten Eichen können auch
dürr werden. Besonders scheinen Heisterpflanzungen zu leiden, und
auch beim Befressen des Aufschlags kann bnimata beteiligt sein (siehe
bei boreola. S. 595).
In den jähren 1872 und 1873 trat der Frostspanner am Nordrande des Harzes
bis in die Gegend von Hannover so stark auf, daß größere Eichen- und Hainbuchen-
bestände bis zum Juni laublos blieben, in einem Mittelwalde z. B. ungefähr der
dritte Teil des Eichenoberholzes. Diese Eichen belaubten sich erst wieder im Juli
langsam aus Blattachselknospen (Hart ig). Die Fraßperiode dauerte drei Jahre.
Ende der 70 er und Anfang der 80 er Jahre sind mehrere Jahre hindurch die Eichen
in Neuvorpommern und Rügen, namentlich aber in den Forsten der Universität
Greifswald so stark befressen worden, daß schließlich zur Abwehr geschritten wer-
den mußte (Wiese, 1873 und 1882'.. Im Jahre 1905 war starker Fraß (Kahlfraß)
am Unterharz (Prediger, 1905) und 1914 15 Kahlfraß in 80— 100 jährigen Eichen-
beständen eines westfälischen Schutzbezirkes. In den meisten Fällen war auch der
Eichenwickler {Tortrix viridaiia L. i an dem Fraß beteiligt.
An natürlichen Feinden scheint es dem Frostspanner nicht zu
fehlen, w^enn dieselben vielleicht auch bei der Verminderung der überhand
genommenen Individuenzahl keine so erhebliche Rolle spielen wie bei an-
deren Schmetterlingen (dem Kiefernspanner, der Eule usw.). „Der späte
Flug der Falter im Herbst, der frühzeitige Fraß der Raupen im Frühjahr sind
Anpassungserscheinungen des Frostspanners an insektenarme Jahreszeiten,
ein Schutz gegen Schmarotzerinsekten." Die Regulierung erfolgt beim Frost-
spanner wohl mehr durch abiotische (klimatische) Faktoren (siehe oben».
Als Feinde des F r o s t s p an n e r s werden genannt:
von Vögeln: Stare, Saatkrähen, Spechte, Kleiber, Grasmücken, Meisen. Gold-
hähnchen, Finken, Sperlinge;
von Insekten: Silpha qiiadri punctata L., Calosoiua inc/uisilor L. (s. Bd. II,
S. 44), Ameisen, Florfliegenlarven, Panorpa communis L. (Eid-
mann), Wanzen und Spinnen. Die beiden letzteren setzen auch den
Faltern mit Erfolg nach (Thiem).
Als Parasiten von Ch. l^ruDuitti führt Thiem (nach Stell waag)
folgende Arten an:
a) von I chn e u mon icl en: Ca/upDplc.x pugi Ilator Grav., Crypt//s poeci-
lops Krchb., Pezo»uulnis audax Forst., Phygadeuoii brumatae Rd\\-., IcJineu-
moii jabricator L., /J lu/icriui/i spectabile D. T. und unici/ictum Grav.;
h) \on Braconiden: Apanteles all)i peuiiis Nees., carbonarius Wesm.,
iiniuuuis Marsh., ju/ii peratae Bouchc, Meteorus irlcricus Nees., paUidus Nees.
und pulcJiriconiis Wesm.
Auch Mykosen scheinen hie und da aufzutreten, jedoch ohne prak-
tische Bedeutung (Reh).
Die Bekämpfung des Frostspanners ist beim Obstbau sehr wirksam
durchzuführen durch rechtzeitiges (vor den ersten Frösten!) Anlegen von
Leimringen in i — 1,5 m Höhe. Sie müssen bis Ende Mai fängisch bleiben
bzw. erneuert oder angerauht werden. Auch durch Bespritzen oder Bestäuben
mit einem Arsenpräparat im Frühjahr können gute Erfolge erzielt w^erden.
Escherich. Forstinsekten, Bd. III. 38
594
IL Spezieller Tel
Im Forst wird man wohl kaum jemals oder nur ganz selten in die Lage
kommen, zum Leimring zu greifen (s. Wiese, 1882, Wolf f, 191 5). Dagegen
kann bei besonders hartnäckigem Fraß Arsenbestäubung angezeigt sein.
Eidmann (1930) berichtet über einen solchen Fall von der preußischen
Oberförsterei Kottwitz (bei Breslau), wo seit einer Reihe von Jahren Laub-
holzaltbestände derart von Cheimatobia briimata L. (in Verbindung mit
Tortrix viridafia'L.) befressen wurden, daß eine Arsenbekämpf ung notwendig
erschien. Die Bestäubung wurde vom Boden aus mit Motorverstäuber (von
der Firma Schering) ausgeführt und brachte einen vollen Erfolg. Bereits un-
mittelbar nach der Bestäubung ließ der Fraß sehr stark nach und nahm dann
rasch bis zu fast völligem Stillstand ab. „Die Wirkung des Giftes steigerte
Abb. 476.
Buchenaufschlag von Cheimatobia boreata Hb. zerfressen,
stein (aus Nüßlin-Rhumbler).
Nach Eck-
sich nach 3 Tagen zu tödlicher Wirkung. Der Frostspanner wurde durch die
Bestäubung nahezu völlig vernichtet und die befallenen Bestände vor wei-
terem Fraß gerettet."
Die Bionomie der an der schwarzköpfigen Raupe unschwer zu er-
kennenden Cheimatobia boreata Hb. (bei Wolff und Krauße: Opero-
phthera fagata Scharf b.), des „Buchenf rost spann e rs", stimmt in den
wesentlichen Punkten mit der von brii^nata überein; so in bezug auf die Flug-
zeit, die Dauer der einzelnen Entwicklungsstadien, den ganzen Ablauf der
Entwicklung usw. Auch die Art des Raupenfraßes (Löcherfraß), die Ge-
wohnheit, die Blätter zu verspinnen, hat boreata mit bnimata gemeinsam. Wo
die Eiablage von boreata stattfindet, ist nicht näher bekannt.
Die geographische Verbreitung von boreata scheint etwas enger zu sein
als die von brumata und in England und der Nord- und OstseeküsLe seine
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Geometridae (Spanner). 595
nördlichste, in der Schweiz und Mittelfrankreich seine südlichste Grenze zu
erreichen. Bezüglich der F r a ß p f 1 a n z e n ist boreata weit wählerischer als
brumala. Er scheint vor allem Birke und ganz besonders Buche zu
lieben 1).
Ch. boreata Hb. ist forstlich weit beachtenswerter als bnnnala,
vor allem deshalb, weil durch sie der Buche naufschlag nicht selten
völlig vernichtet wird (Abb. 476). Der junge Aufschlag geht meist
gleich zugrunde; der ältere Aufschlag begrünt sich allerdings aus Blatt-
achselknospen wieder, jedoch bleiben die Blätter schwach und die Knospen
für das nächste Jahr kommen nicht zur Ausbildung. Es beteiligen sich zwar
daran auch noch andere Spanner, wie Hibenna defoliaria L. (der große
P^rostspanner) und nach Thiem auch brumata L.; doch als Hauptmissetäter
kommt in solchen Fällen stets boreata Hb. in Betracht. Auch durch Kahl-
fraß in älteren Buchenbeständen kann boreata Hb. recht lästig werden (vor
allem durch den Ausfall der Buchelmast), doch tritt dieser Schaden gegen-
über dem erstgenannten an nachhaltiger Bedeutung wesentlich zurück.
In der Literatur (Borgmann, 1886, Ebermayer, 1883) und in den
Akten finden sich zahlreiche Berichte über Vernichtung des Buchenauf-
schlages, so daß man boreata als einen sehr schädlichen Buchen-
k u 1 1 u r V e r d e r b e r bezeichnen muß-).
Bezüglich der Bekämpfung gilt das bei brumata Gesagte (s. S. 593).
Hibernia defoliaria L.
(Taf. VIII. Fig. 22 u. 23).
Großer Frostspanner.
Durch seine größere Gestalt des o', die gelbliche Färbung der Vorder-
flügel, durch die gänzliche Flügellosigkeit des q, durch die Färbung der
Raupe ohne weiteres von den beiden vorigen C hei matobia- Arien zu unter-
scheiden. Außerdem zeigt auch das Flügelgeäder von Hibernia Latr. wesent-
liche Unterschiede; gehört doch diese Gattung zu den Boarmiinen, Cheinia-
tobia Stph. dagegen zu den Larentiinen (s. oben S. 460).
Forstlich nicht unwichtig; kommt nicht selten mit den beiden vorigen
zusammen vor.
Falter: cf gelb und braunrot mit grobem, rostbraunem Staube. Vorderflügel
mit geschwungenem Saume, gewöhnlich mit zwei schwarzen, stark geschwungenen,
auf den abgekehrten Seiten breit rostbraun oder schwarz gefärbten Querstreicen,
deren hinterer auf Ader 5 mit abgerundeter Spitze weit saumwärts tritt. Auf diese
Weise entsteht dann häufig eine breite hintere Querbinde. Wellenlinie durch dunkle
Flecken angedeutet; Fransen auf den Adern dunkel gefleckt. Alle Flügel mit
dunkelbraunem Mittelfleck. Nicht selten fehlt alle Zeichnung. Hinterflügel mit un-
gefleckten Fransen und ohne Bogenlinie. Flügelspannung reichlich 40 mm (Abb. 477 A).
Q flügellos, gelb, schwarz gefleckt.
Eier merklich größer als die des kleinen Frostspanners, länglich, gelbweiß,
später pomeranzenfarbig.
1) In der Literatur ist auch noch Hainbuche und Eiche angegeben, doch
dürften die Angaben betr. dieser beiden Pflanzen auf Verwechslungen beruhen
(Borgmann, 1886).
2j Früher wurde allgemein brumata für die Schäden verantwortlich gemacht,
bis Borgmann (1886) auf die Unterschiede zwischen beiden Arten aufmerksam
machte und boreata als das hauptsächliche Buchentier feststellte.
38*
596
IL Spezieller Teil.
Raupe (Taf. IX, Fig. i6). Rotbraun mit doppelter dunkler Rückenlinie und
gelben Seitenstrcit'en. Stigmenlöcher weiß, \on einem schwarzen Ring umgeben,
Kopf rotbraun.
Puppe hellbraun, am Kopfende neben den Augendecken 2 Knotenspitzchen,
mit langer Cremasterspitze.
Die Bioformel ist:
94 — 46
79 + 910
Der über Nord- und Mitteleuropa, mit Ausnahme der Polargegenden,
verbreitete Falter fliegt etwas früher als der gemeine Frost-
spanner, nach AI tum (18S9) bereits Ende September und im Oktober.
Der cf Falter hält sich gern niedrig auf und versteckt sich oft am Boden auf
ihm in Färbung sehr gleichenden abgefallenem Laub. Die Eier werden
einzeln oder in kleinen Gruppen in der Krone in der Nähe der Knospen ab-
gelegt. Die Raupe sitzt frei auf ihren Fraßpflanzen, nicht zwischen zu-
sammengesponnenen Blättern, und geht erst im Juli zur \>rpuppung
in die Erde. Sonst ist die Lebensweise der der kleinen Frostspanner ähnlich.
Als Fraß pflanzen werden die verschiedensten Obstbäume an-
gegeben, auch Nußbäume, sowie Eiche, Linde, Ulme, Hainbuche,
Birke, Buche, Sorhits. und zwar sowohl Eisbeere als \^ogelbeere,
B e r g m i s p e 1 , C 'o/o/irds/cr. W e i ß d o rn , S ( h w a r z d o r n , Rosen-
strauch usf.
Der Haupt schaden wird an Obstl)äumen \crursacht, an denen die
Raupe auch die Früchte angeht, z. B. die unreifen Kirschen seitlich aus-
^
B C
en (oben Männchen, unten Weibchen
Abb. 477. Verschiedene llil>criii(i-\
dejolinria L., B Hib. leiicopliaedria Schiff., C H ib. iiiori^iiiiiria F
A Hib.
Etwas verkleinert.
höhlt. Forstlich wird sie namentlich an Eiche schädlich. Bei dem oben er-
wähnten Fräße von C/i. bnimata L. in den Greifswalder Forsten war nach
Wiese der große Frostspanner stark beteiligt. 1853 fand im Spessart nach
Döbner an Eiche und Buche und nach Heß wiederum im Jahre 1883 an
Eiche ein Fraß dieser Art daselbst statt. Ratzeburg berichtet nach
Werneburg von einem starken Fräße in den Mittelwaldbeständen des
Viernauer Schutzbezirkes der preußischen Oberförsterei Schwarza (Erfurt)
im Jahre 1835, und in demselben Jahre fand er die Raupe mit einer grünen
IL Unterordnung: Macrolepidoptcra. Familie Geometridae (Spanner). 597
Spannerraupe, also wahrscheinlich Cli . borcata Hb. an dem zweijährigen
Buchenaufschlage bei Eberswalde. Ein solcher gemeinsamer Fraß scheint
sehr häufig vorzukommen. Im Frühjahr 1929 fand ein Kahlfraß eines
großen Teiles der Eichen im Bienwald (Rheinpfalz) statt, an dem haupt-
sächlich dejoliaria beteiligt war. Auch Buchein und U hnenfrüchte werden
durch die Raupe häufig zerstört.
Außer defoliaria seien noch folgende Hibernia-ts.x\.h, vor-
handen.
Vorderflügel breit, dreieckig, grün mit weißlicher Querzeichnung. Hinterflügcl
kurz und schmal, das Ende des Hinterleibes nicht erreichend. Palpen lang, mit
dünnem, langem Endglied, das die Stirn ganz überragt. Fühler borstenförmig, be-
wimpert. Raupen glatthäutig, nach vorne verdickt, leben an Laubhölzern (Buchen
und Eichen).
Acronyctinae.
1. Im Hinterflügel in.^ annähernd so stark wie in^ und jji.^, Fühler des rf
kammzähnig 2
1 ) Die Angabe Herings, daß bei den Chloephorinae im Vorderflügel die ax^
fehlt, beruht auf einem Irrtum (s. Abb. 497).
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
613
— Im Hinterflügel w.> deutlich schwächer als die anderen Adern
(Abb. 498) ..." 3
2. Vorderflügel schwarz mit weißen Zackenbinden, Fühler des (f kurz
kammzähnig. Im Vorderflügel die Anhangszelle breit auf der Mittel-
zelle sitzend, Augen bewimpert, Nebenaugen und Palpen sehr klein.
Raupe ziemlich lang behaart, mit ringförmigem Haarbesatz an den Ein-
schnitten der Brustringe und mit Haarbüscheln auf dem 4. und 11. Ring
Paiilhea Hb.
— Im Vorderflügel herrschen graue oder braune Töne vor, Fühler des cf
lang, kammzähnig. Im Vorderflügel Anhangszelle auf einem Stiel aus
der Mittelzelle entspringend; im Hinterflügel ?/?2 stark m.^ genähert.
Raupe stark behaart mit längeren Haarpinseln am i., 4., 5. und am
II. Ring (Taf. XIII, 6) Colocasia Ochsh. {^= Demas Stph.)
3. Hinterleib mit einer Reihe von Rückenschöpfen, Fransen der Hinter-
flügel mehr oder weniger schwarz und weiß gescheckt. Palpen nicht ab-
stehend behaart. Im Vorderflügel entspringt r^ aus der Anhangszelle.
Raupe nur wenig behaart CraniopJiora Snell.
Abb. 497. Flügelgeäder von Earias chlo-
rana (Vorderflügel ro,—r-^ gestielt, Hin-
terflügel ohne mj).
.\bb. 498. Flügelgeäder von Acronycta
aceris L. (Hinterflügel m<, schwächer als
die übrigen Adern).
Hinterleib höchstens auf dem Basalsegment mit einem Rückenschopf,
Fransen der Hinterflügel meist ungescheckt. Palpen kurz und grob
behaart mit kurzem Endglied. Fühler einfach borstenförmig. Vorder-
flügel meist weißgrau mit dunklen Zeichnungen. Raupen meist lang
und dicht behaart (Taf. XIII, 2) Acronycta Ochsh.
Trifinae.
Augen auf ihrer Oberfläche kurz behaart (man verwechsle nicht damit
die um das Auge herumstehenden Wimpern!) 2
Augen ganz nackt, höchstens von Wimpern umgeben 4
Hinterleib mit aufrechtstehenden Rückenschöpfen. Saugrüssel lang
und stark. Thorax grob haarschuppig, mit geteilten Vorder- und Hinter-
schöpfen. Hinterleib kegelförmig, beim Q am Ende abgestutzt, ohne
vorstehenden Legebohrer. Im Vorderflügel cu^ und m-^ gestielt; im
Hinterflügel m^ schwächer als die übrigen (Abb. 499). Raupen walzig,
nach hinten oft etwas dicker, mit einzelnen Härchen auf Punktwarzen
besetzt Mamestralx.
Hinterleib ohne Rückenschopf 3
614
II. Spezieller Teil.
Palpen verkümmert, trotz der langen Behaarung kaum bis zum Stirn-
schopf reichend, Endglied ganz undeutlich. Saugrüssel spiralig. Fühler
beim cf mit sehr kurzen, pinselartig bewimperten Zähnen (Abb. 504 A).
Im Vorderflügel m^^ und m.^ kurz gestielt, im Hinterflügel m^ nur an-
gedeutet, ?«3 und CU]^ kurz gestielt (Abb. 500). Vorderflügel lebhaft
bunt, heller oder dunkler rotbraun. Raupe nackt, grün, hellgestreift;
an Nadelholz (Kiefer) Panolis IIb.
Abb. 499. Flügelgeäder von Ulameslra
pisi L. (Vorderflügel W3 und ci/-^ ge-
stielt, Hinterflügel ;«, schwächer als die
übrigen Adern).
Abb. 500. Flügelgeäder von Panolis
flamtttea Schiff. (Vorderflügel m,^ und
W3 gestielt, Hinterflügel m^ nur ange-
deutet).
— Palpen länger als die Stirnbehaarung, nach unten hängend oder schräg
nach vorn unten gerichtet, Endglied deutlich. Thorax breit, dicht-
wollig, ohne Kamm, Beine und Hinterleib kurz. Flügel klein. Raupen
nackt oder mit einzelnen Härchen, walzig, nach dem 11. Ring hin etwas
verdickt (Taf. XIII, 12); meist an Laubhölzern TaeTiiocampa Gn.
4. Mittelschienen immer, oft auch alle Schienen mit Dornborsten. — Meist
düster, braun oder grau gefärbte Eulen, seltener mit lebhaft gelb ge-
färbten und schwarz bebänderten Hinterflügeln. Stirn unter der Be-
haarung flach. Palpen aufsteigend, das Endglied geneigt. Thorax
robust ohne schneidigen Längskamm. Hinterleib ohne Schöpfe. Im
Hinterflügel »Zg erheblich schwächer als die übrigen; m^ und cu^
kurz gestielt (Abb. 501). Raupen nackt, meist plump (Taf. XIII, 7),
leben an niederen Pflanzen oder an Wurzeln Agrotis Ochsh.
— Mittel- und Hinterschienen stets ohne Dornborsten 5
5. Vorderschenkel keulenartig verdickt, innen mit einer Rinne zur Auf-
nahme der Schiene. Kopf und Thorax grob und flach behaart,
mit ausgeschnittenem Halskragen und eckig vortretendem Vorder-
winkel der Schulterdecken. Hinterleib mit flachen Rückenschöpfen.
Fühler des cT büschelweise kurz bewimpert. Raupen dick, walzig,
nackt, mit ausgesprochenen Zeichnungen, leben an Laubholz . Dichonia Hb.
— Vorderschenkel nicht verdickt 6
6. Thorax trägt hinter dem Halskragen (Patagia) eine kämm- oder
gratartige Erhebung 7
— Thorax hinter den Patagia ohne Längskamm, aber oft mit vereinzelten
Schöpfen 9
7. Saum der Vorderflügel gezähnt. Palpen sehr kurz, hängend, bis zur
Spitze lang wellig behaart, das Endglied sehr klein versteckt, Thorax
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
615
breit, viereckig gewölbt. Hinterleib flachgedrückt. Raupe schwarz mit
heller Zeichnung, mit einzelnen feinen Haaren besetzt (Taf. XIII, 15);
lebt an Laubholz (Mordraupe) Scopelosomn Curt.
— Saum der Vorderflügel glatt (wenn eine Andeutung von Zähnen vor-
handen ist, ist der Apex scharf, fast sichelartig vorgezogen) ... 8
8. Augen an den Rändern mit langen Wimperborsten. Vorderflügel von
lebhaft gelber Grundfarbe, mit scharfer Spitze, Hinterflügel hell.
Raupen schlank, nackt, leben an Laubbäumen, Sträuchern und niederen
Pflanzen Xanthia Tr.
— Augen ohne lange Randwimpern. Hinterleib sehr lang, den Analwinkel
der Hinterflügel so weit überragend, daß der vor demselben gelegene
Teil ebenso lang ist wie der dahinterliegende Teil. Vorderflügel breit,
dreieckig, mit schwach geschwungenem Saum. Palpen aufsteigend,
wollhaarig, mit einem kurzen, dicken, geneigten Endglied. Thorax ge-
wölbt, quadratisch, vorn mit einem Längskamm, hinten schwach ge-
schöpft. Raupe dickwalzig, mit schwarzen Punktwarzen und hornigem
Nackenschild (Taf. XIII, 13) ; lebt in den Stengeln verschiedener
Pflanzen Gortyna Hb.
9. Rüssel verkümmert, kurz und weich. Plumper Falter von ausgesprochen
spinnerartigem Habitus. Fühler des cf stark gekämmt, beim 9 säge-
zähnig. Die ersten Glieder der Palpen vorn abstehend behaart, das
lineare Endglied beschuppt. Thorax kurz und breit, wollig behaart,
ebenso der Hinterleib, jedoch ohne Schöpfe. Im Hinterflügel rr und
m-^ gestielt, m^ nahe bei cu^ entspringend (Abb. 502). Raupe dick,
walzig, mit borstentragenden Punktwärzchen (Taf. XIII, 9), lebt an
Laubbäumen Diloba Boisd.
— Rüssel normal, hornig, meist lang 10
Abb. 501. Flügelgeäder von Agrolis se-
getum Schiff. ( Hinter flügel 771 und cu-^
kurz gestielt, w, erheblich schwächer als
die übrigen).
Abb. 502. Flügelgeäder von Diloba coeru-
leocephala L. (Hinterflügel rr und rrt^
gestielt, ?«3 nahe bei cu-^ entspringend).
Kleinere Eulen von 25 — 30 mm Spannweite. Vorderflügel von deutlicher
Querzeichnung beherrscht. Palpen, Stirn und Beine anliegend behaart,
erstere aufwärts gekrümmt, mit emporstehendem, zylindrischem End-
glied. Thorax gerundet, fein anliegend behaart. Hinterleib schlank.
Vorderflügel kurz, mit rechtwinkliger Spitze. Raupen dickwalzig, nach
vorn etwas verdünnt, mit einzelnen Härchen auf Punktwarzen; leben an
Laubbäumen (Mordraupen) Calyiniiia Hb.
616 II. Spezieller Teil.
— Große Eulen von 50— 60 mm Spannweite; Vorderflügel mit längsgerich-
teter Zeichnung. Flügel schmal. Palpen dicht am Kopf anliegend,
bis an das Ende dicht filzig behaart. Vorderschopf des breiten Thorax
flach. Die Falter tragen in der Ruhe die Flügel der Länge nach ge-
faltet und dem Leib angeschmiegt, so daß sie dürrem Holz ähnlich
sehen. Raupen nackt, gestreckt, mit bunter Färbung (Taf. XIII, 14);
leben vorwiegend an niederen Pflanzen Calocamf>a Stph.
Quadrifinae.
1. Hinterflügel bunt, mit roten, gelben oder blauen Zeichnungen; Falter
groß. Vorderflügel mindestens 20 mm lang, oben unansehnlich grau,
unten mit scharfen, grellen Zeichnungen. Stirn und Palpen anliegend
behaart, letztere stark entwickelt. Saugrüssel lang und stark. Augen
nackt, groß und kugelig. Fühler dünn, beim cf büschelweise be-
wimpert. Brust und Beine fein wollig behaart. Vorderschienen un-
bewehrt, Mittelschienen mit Dornborsten. ,, Ordensbänder" . . Catocala Schrk.
— Hinterflügel nicht mit roter, gelber oder blauer Zeichnung (wenn doch
gelb, dann die Vorderflügel unter 20 mm lang) 2
2. Augen am Rande mit langen Wimpern; Augen selbst nackt. Mittel-
große, ziemlich schlanke, metallglänzende Eulen. Fühler borsten-
förmig, beim cf kurz und dicht bewimpert. Stirn und Palpen fein und
anliegend wollig behaart, Halskragen gewölbt. Rücken kurz, mit sehr
feiner, glatter Behaarung, die hinter dem Halskragen sattelförmig auf-
steigt und hinten steil abgestutzt ist. Hinterleib schlank, mit starken
Haarschöpfen über der Mitte. Vorderflügel scharf zugespitzt, am
Hinterwinkel meist eckig vortretend. Hinterflügel einfarbig oder gelb-
lich mit schwarzer Saumbinde, ca. 50 Arten Plusia Ochsh.
■ — Augenrand unbewimpert. Kräftig gebaute, große Eulen. Endglied der
Palpen linear. Thorax breit, dicht wollig behaart. Die kräftigen Beine
mit bedornten Mittel- und Hinterschienen Pseudophia Gn.
Hypeninae.
Gattung Hypena Schrk.
Vorderflügel gestreckt, mit scharfer Spitze und bauchig geschwungenem Saum.
Palpen mit sehr langem, schneidig beschupptem Mittelglied und kleinem, etwas
aufgerichtetem Endglied. Fühler borstenförmig, bei den cfcf länger oder kürzer
gleichmäßig bewimpert. Augen nackt, unbewimpert. Stirn mit horizontal vorstehen-
der grober Beschuppung, die zwischen den Fühlern einen spitzen Schopf bildet.
Hinterflügel breit und verhältnismäßig kurz. Raupen nur I4füßig (i. Bauchfußpaar
fehlt). Forstlich indifferent, dagegen landwirtschaftlich als Hopfenschädling von
Bedeutung (Z'. rostralis L.).
Übersicht über die hier behandelten Eulen-Arten
in systematischer Reihenfolge.
I. Chloephorinae.
Earias (Halias) chlorana L., Weidenkahneule (S. 762).
Hylophila prashtana L., Buchenkahneule (S. 765).
2. Acronyctinae.
Acronycia aceris L., Ahorneule (S. 767).
— leporina L., Wolleule (S. 768).
— megacephala F., Großkopf (S. 768).
— alni L., Erleneule (S. 769).
— tridens Schiff., Dreizackeneule (S. 769).
— psi L., Pfeileule (S. 769).
II. Unterordnung: Macrolepicloptera. Familie Noctuidae (Eulen). 617
— cuspis Hb., Gabeleule (S. 770).
— auricoma F., Schleheneule (S. 770).
Craniophora ligustri F., Ligustereule (S. 770).
Panthea coenobita Esp., Klosterfrau (S. 618).
Colocasia (De?nas) coryli L., Graue Eicheneule (S. 770).
3. Trifinae.
Agrotis vestigialis Rott., Kiefernsaateule (S. 776).
— segetum Schiff., Wintersaateule (S. 780).
— tritici L., Weizeneule (S. 786).
— exclamationis L., Graseule (S. 787).
— nigricans L. (S. 788).
— coriicea Hb., Graue Erdeule (S. 788).
Mamestra pisi L., Erbseneule (S. 789).
Biloba coeruleocephala L., Blaukopf (S. 771).
Dichonia aprilina L., Aprileule (S. 773).
Panolis flammea Schiff., Fori- oder Kieferneule (S. 619).
Taeniocampa iiicerta Hfn. (S. 7741.
— pulverulenta Esp. (S. 774).
Xanthia ciirago L. (S. 772).
Gortyna ochracea Hb., Gemeine Markeule (S. 772).
Calocampa exoleta L., Moderholzeule (S. 794).
— vetusta L. (S. 794).
Calymnia trapezina L., Ulmeneule (S. 774).
Scopelosoma satellitium L., Mordraupeneule (S. 788).
4. Quadrifinae.
Plusia gamma L., Gammaeule (S. 791).
Pseudophia lunaris Schiff., Braunes Ordensband (S. 790).
Catocala fraxini L., Blaues Ordensband (S. 775).
— nupta L., Rotes Ordensband (S. 775).
— elocata Esp., Pappelordensband (S. 775).
— sponsa L., Mittleres Eichenkarmin (S. 775).
— promissa Esp., Kleines Eichenkarmin (S. 775).
— paranympha L. {fulminea Scop.), Gelbes Ordensband (S. 775).
und andere.
5. Hypeninae.
Hypeiia roslralis L., Hopfeneule (S. 616).
Übersicht der hier behandelten Eulen nach ihrem biologisch-
forstlichen Verhalten.
I. Bestandsschädlinge.
A. Nadelholz.
Nur eine Art :
Panolis flatmnea Schiff. An Kiefer (S. 619).
Als „täuschendes" Forstinsekt:
Panthea coenobita Esp. (S. 618).
B. Laubholz.
Earias chlorana L. An Weide (S. 762).
Hylophila prasinana L. An Buche und Eiche (S. 765).
Acronycta aceris L. An Ahorn, Roßkastanie, Pappel u. and. (S. 767)
und verschiedenen anderen AcroHycta-hx\.&Ci. (S. 768).
Craniophora ligustri F. An Liguster und Syringe (S. 770).
Colocasia (Demos) coryli l^. .An Hasel und Buche, Eiche, Birke, Pappel (S. 770).
618 II. Spezieller Teil.
Biloba coeruleocephala L. An Obstbäumen, Schlehe, Weißdorn (S. 771).
Xanthia citrago L. An Linde (S. 772).
Gortyna ochracea Hb. An Holunder, Weide usw. (S. 772).
Dichonia aprilina L. An Eichen, Obstbäumen (S. 773).
Taeniocampa incerta Hfn. An Eiche, Birke, Pappel u. and. (Mordraupe)
(S.774).
— pulverulenta Esp. An Eiche, Ahorn u. and. (S. 774).
Calytnnia trapezina L. An Eiche, Birke, Ulme, Weide, Pappel (Mordraupe)
(S.774).
Catocala fraxini L. An Pappel, Esche, Ulme, Ahorn (S. 775).
— nupta L. An Weide und Pappel (S. 775).
— elocata Esp. An Weide und Pappel (S. 775).
— sponsa L. An Eiche (S. 775).
— • promissa Esp. An Eiche (S. 775).
— paranynipha L. An Schlehe, Weißdorn, Pflaume (S. 775).
II. Kulturschädlinge.
Agrotis vestigialis Rott. In Kiefern- und Fichtenkulturen (S. 776).
— segetum Schiff. Sehr polyphag, auch in Forstkämpen (Nadelholz, Buche)
(S.780).
und verschiedene andere Agrotis- A.rxen (S. 786).
Scopelosema satelUtium L. An Eiche, Buche, Ahorn, Weide (Mordraupe)
(S.778).
Plusia gamma L. Sehr polyphag, auch in Kiefernkulturen (S. 791).
Pseudophia lunaris Schiff. In Eichenkulturen (S. 790).
Mamestra pisi L. Polyphag, auch in Nadelholzkulturen (Fichte, Kiefer, Lärche)
(S.789).
Calocampa exoleta L. Polyphag an Laubholz (S. 794).
— vetusta L. Polyphag an Laubholz (S. 794).
Unter den genannten Eulen spielt die Kieferneule, Panolis flammea
Schiff., die größte forstliche Rolle, sie gehört zu den schlimmsten Forst-
schädlingen überhaupt. Unter den Kulturschädlingen sind die beiden Saat-
eulen {Agrotis vestigialis Rott. und segetum Schiff.) als forstlich besonders
beachtenswert hervorzuheben. Die übrigen hier genannten Eulen spielen
forstlich im allgemeinen nur eine recht untergeordnete Rolle und sind nur
ausnahmsweise als Schädlinge hervorgetreten.
Bionomie und forstliches Verhalten der verschiedenen Eulen -Arten.
Wie bei den Spannern werden wir auch bei den Eulen die Be-
sprechungen der einzelnen Arten nicht in systematischer Reihenfolge vor-
nehmen, sondern nach ihrem forstlichen Verhalten, und zwar je nachdem
es sich um Bestands- oder Kultur-, Nadel- oder Laubholzschädlinge handelt.
I. Bestandsschädlinge.
A. An Nadelholz.
Als Schädling in Nadelwäldern kommt für unser Faunengebiet nur
eine Art in Betracht i).
1) An Fichte kommt die zu den spinnerartigen Eulen gehörende Patithea coeno-
bi/a'E?,Y>- (Taf. X, Fig. 10) vor, welche deshalb besonders erwähnenswert ist, weil sie bis
auf die mangelnde rote Zeichnung des Hinterleibs der Nonne täuschend ähn-
lich sieht und mit ihr nicht selten verwechselt wird. Auch die Raupe entbehrt
nicht einer gewissen Ähnlichkeit mit der Nonnenraupe, ebenso wie auch mit der
Kiefernspinnerraupe (vgl. auch Nitsche, 1896). Panthea coenobita kommt als
Schädling nicht in Betracht, sie stellt lediglich ein sog. täuschendes Forstinsekt dar.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
619
Panolis flammea Schiff.
(Taf. X, Fig. 1 — 5.)
Kiefern- oder Forleule.
Ratzeburg: Noctua (Trachea) piniperda Esp. — Altum: Trachea piniperda L. —
Nitsche: Noctua (Panolis, Trachea) piitiperda Pz. — Wolff-Krauße: Panolis flam-
mea Schiff. — Nüßlin-Rhumbler: Noctua (Panolis) griseovariegata Goeze. — Son-
stige Synonyme: Noctua piniperda Loeschke, telifera Payk, spreta F., pini Vill.i).
Die Eule gehört zu den
schlimmsten Forstschädlingen.
Wissenschaft und Praxis haben
sich daher von jeher schon ein-
gehend mit ihr beschäftigt, so
daß eine umfangreiche Literatur
über sie besteht. Besonders die
Kalamitäten des letzten Dezen-
niums in Preußen und Bayern,
die riesige, vorher nicht gekannte
Dimensionen angenommen haben,
haben unsere Kenntnisse mächtig
gefördert. Sachtlebens Mono-
graphie gibt einen guten Über-
blick über den Stand unseres
Wissens von der Zeit nach Been-
digung der großen norddeutschen
Katastrophe (1923 — 1925). Seit-
dem haben unsere Kenntnisse
noch eine ganz wesentliche Er-
weiterung erfahren, durch die
zielbewußten Forschungen und
Arbeiten, die während der eben
abgelaufenen bayerischen Kala-
mität von Seiten des zoologischen
und botanischen Institutes der
Forstlichen Versuchsanstalt wie
von Seiten der Forstverwaltung
durchgeführt worden sind. Von
den zoologischen Arbeiten seien
vor allem die grundlegenden Un-
tersuchungen Zwölfers ge-
nannt, sodann die Studien von
Meyer, B e r w i g und Weis.
Von botanischer Seite hat v. T u -
beuf das außerordentlich wich-
tige Problem der Wiederbe-
grünung nach Eulenfraß sehr
erfolgreich bearbeitet, und end-
lich ist auch noch Mustergül-
tiges auf dem Gebiete der
B
Abb. 503. Die Kiefern- oder Forleule, Pano-
lis flammea Schiff., A an der Rinde sitzend,
B gespannt. Nach Sei ff.
Über die Synonymie siehe Sachtleben (1929, S. 9).
620
II. Spezieller Teil.
Organisation der Bekämpfung durch Forstmeister Sindersbergcr ge-
leistet worden 1). So ist die Kieferneule heute wohl das nach
den neuesten wissenschaftlichen Gesichtspunkten am besten
durchgearbeitete Forstinsekt. Ich betrachte es als eine glückliche
Schicksalsfügung, daß ich die Ergebnisse dieser wertvollen Arbeiten in
letzter Stunde noch in diesen Band aufnehmen konnte.
Beschreibung.
Der Falter. Kopf und Brust lang rötlich grau behaart mit weißlichem Rande
des Halskragens. Hinterleib kurz gelbgrau behaart, mit hellen, feinen Querstreifen
und dunkler Seitenrandbehaarung. Übrigens variiert die Färbung dieser Körperteile
sehr stark, ebenso wie die der Flügel, bei denen die Grundfarbe leberrot (ab.
lomnickü Mokr.), ziegelrot, rötlich-gelbbraun (forma typica), gelblich, gelblichgrau,
grau bis graugrün (var. griseovariegata Goeze) sein kann. Dieser Veränderlichkeit
ist auch die Zeichnung mehr oder weniger unterworfen.
Für gewöhnlich stellt sich die Zeichnung folgender-
maßen dar: Die nach vorne stark auseinanderlaufen-
den, dunkelrotbraunen, gezackten, heller gerandeten
Querstreifen der Vorderflügel stoßen am Hinterrande
fast zusammen. Wellenlinie weißlich, sehr verloschen,
der Raum zwischen ihr und dem hinteren Querstreifen
durch ovale, gelbrote Flecke ausgefüllt. Nierenmakel
hellgrau, weiß und dunkel gerandet. Ringmakel schnee-
weiß, saumwärts unten spitz ausgezogen, mitunter auch
dunkel gerandet, Adern am Saum schwarz, Fransen
dunkelgrau, den Adern entsprechend weiß durch-
schnitten. Hinterflügel dunkelgrau mit weißen Fransen.
Fühler des Männchens mit kurzen Wimperpinseln (Abb.
504). Spannweite 30 — 35 mm.
Das Ei. Die Farbe des frisch abgelegten Eies ist
hellgelblich oder weißlich grün. In der Form gleicht
es einem Napfkuchen, d. h. es ist oben in der Mitte mit
einer näpfchenartigen Vertiefung versehen, von deren
Grund sich eine kleine Warze abhebt. Die gegenüber-
liegende Seite ist abgeflacht, mit ihr sitzt sie der Nadel
auf. Von der Vertiefung bzw. von der Ringfurche am
oberen Pol ziehen zahlreiche Rillen oder Riefen, die sich hier und da verzweigen,
nach abwärts (Abb. 505). Am Grunde der Rillen ist eine seichte Grübchenreihe be-
merkbar (ähnlich wie auf den Flügeldecken mancher Borkenkäfer). Die Eier sind
sowohl mit den benachbarten, als auch mit der Unterlage durch einen Kitt fest ver-
bunden. Die Größe des frisch gelegten Eies beträgt 0,6X0,8 mm. Über die Form
der Eigelege siehe unten S. 637 und Abb. 523.
Während der Embryonalentwicklung erfährt das Ei manche
Veränderungen. Nach einigen Tagen, bei Zimmertemperatur gewöhnlich vom
4. Tag an, vollzieht sich eine deutliche Umfärbung, indem die Eier eine mehr
braune oder vielmehr rosabräunliche (nach Sachtleben violettbraune) Farbe
zeigen, die wiederum nach Verlauf von mehreren Tagen, makroskopisch betrachtet,
in eine graublaue, bis zum Ende der Eiperiode in eine dunkler werdende
1) Ich möchte bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, den Herren der Praxis,
unter ihnen insbesondere Herrn Forstmeister Dr. Kuhn in Heideck, der stets mit
dem größten Entgegenkommen unsere wissenschaftlichen Forschungen unterstützt
hat, ferner Herrn Oberforstmeister Sinn er, der uns Gelegenheit gegeben hat zur
Aufnahme der auf Taf. XI und XII wiedergegebenen Farbenphotographien, auch
hier meinen verbindlichsten Dank abzustatten.
Abb. 504. Einige Fühler-
glieder von Panolis flam-
mea Schiff. A Männchen
(mit Wimperpinseln),
B Weibchen. Stark vergr.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 621
violette Tönung übergeht. Mit der Lupe betrachtet sehen die Eier in diesem
Stadium mehr rosa-bläulichgrau aus und zeigen je nach der Stellung des Beob-
achters mehr oder weniger schönen Goldglanz.
Die Rillen, die anfänglich sich nur wenig abheben, werden mit der Zeit
deutlich sichtbar, und auch die Umrißform des Eies erfährt am Ende der Eiperiode
dadurch eine Veränderung, daß die dellenartige Vertiefung am oberen Pol ver-
schwindet, d. h. der eingedrückte Teil sich hebt und so das Ei höher wird. Die Größe
beträgt jetzt 0,7X0,8 mm.
Erfolgen die hier genannten Veränderungen nicht oder weicht die Farbände-
rung von der gegebenen Schilderung ab, so deutet dies darauf hin, daß die Eier
abgestorben sind, sei es infolge Parasitierung oder anderer Ursachen.
Die Raupe. I. Stadium. (Eiraupe.) (Abb. 506.) Kopf auffallend groß, honig-
farben, Kopf breite 0,40 mm i). Färbung der Raupe mit Ausnahme des i. und letzten Seg-
mentes blau- bzw. graugrün. Bindenzeichnung noch wenig ausgesprochen. Dagegen
treten die Insertionsstellen der feinen Borsten deutlich als schwarze Pünktchen her-
vor. Die Bauchfüße von hinten nach vorn an Größe merklich abnehmend; das
I. Paar fast rudimentär. Daher geschieht die Fortbewegung durch Spannen. (Ach-
tung vor Verwechslung mit Spannerraupen!) Siehe S. 6432).
Abb. 505. Ei \'on Pa/iolis flai>u//c'a Schiii. Alib. 506. Eiraupe von Panolls flanimca
(Stark vergr. 1. Nach Mokrzecki. Schiff, (i. Bauchfußpaar fast rudimen-
tär). 6X.
II. Stadium. (Ein haut er.) Kopf breite 0,69 mm. Kopf mit spärlicher,
heller Behaarung versehen, stark glänzend, hinten gelbbraun, vorne heller mit ver-
tiefter Scheitellinie; beiderseits je ein halbkreisförmiger, schwarzbrauner Fleck.
Mundwerkzeuge hell graugrün. Nackenschild auf dem i. Segment glasig grün, an
den Seiten schwach aufgebogen, mit undeutlicher, heller Mittellinie und 8 schwarzen
Flecken, aus deren Mitte schwarze, nach vorn oder aufwärts gerichtete Haare her-
vorragen. Grundfarbe der Raupe dunkel mattgrün (unter der Lupe mehr blau-
graugrün't, nach dem Körperende zu heller, letztes Segment leuchtend glasig grün,
ähnlich wie der Nackenschild. Über die Rückenmitte der Raupe zieht sich, am
I. Segment schmal beginnend und dann sich verbreiternd, eine weiße Binde, beider-
1) Die Kopfkapselbreite der verschiedenen Stadien ist übrigens durchaus nicht
konstant, sondern, wie aus Zwölfers Messungen hervorgeht, sogar ziemlich
variabel; die hier angegebenen Zahlen stellen den Durchschnitt dar (siehe unten
S. 623).
2) In der Praxis unterläuft zuweilen eine Verwechslung der Eiraupe mit jungen
Lophyrus-\^zx\&\\. Uns wurden mehrfach solche gebracht unter der Angabe, daß die
Eiraupen der Eule doch auch alte Nadeln fressen. Die Lop/iyrus-'LdiWen sind aber
ohne weiteres an ihrer dunklen Kopffarbe und der Zahl der Bauchfüße zu erkennen.
622
II. Spezieller Teil.
seits begleitet von zwei weiteren hellen Längsstreifen, von denen der innere dunkel
gesäumt erscheint. Endlich verläuft oberhalb der Stigmen noch eine leuchtend
schwefelgelbe Längsbinde, die in der Mitte des letzten Segmentes endigt. Im
ganzen sind also 7 Längsbinden vorhanden i).
Außerdem stehen auf jedem Segment dorsal 4, weiter seitlich 2 oder 3 schwarze
Haare inmitten schwarzer Flecken, die von einem helleren Hof umgeben sind. Die
4 dorsalen sind auf dem 2. und 3. Segment in einer Querreihe, auf den übrigen
Segmenten wieder trapezförmig angeordnet.
Bauchseite in der Mitte heller. Brustfüße glasig graugrün, nach dem Ende zu
schwarz chitinisiert und mit kurzen, hellen Haaren besetzt. Bauchfüße heller, das
I. Paar noch deutlich kürzer als die übrigen, daher noch Spannbewegung. Auch
das Spinn vermögen noch stark ausgebildet. Körperlänge vor der 2. Häutung 12 mm.
Abb. 507. Zweihäuter-Raupe von .A.bb 508. Vierhäuter-Raupe von Panolis flani-
Panolis flammea Schiff, (das erste mea Schiff. Nat. Gr.
Bauchfußpaar ist fast voll ent-
wickelt). 2I/2X.
III. Stadium. (Z w e i hä u t e r. ) (Abb. 507.) Kopfbreite 1,42 mm. Kopf nach
der Häutung hellrotbraun mit weißer, netzartiger Zeichnung; bald dunkelt die
Färbung nach.
Färbung und Zeichnung der Raupe wie beim Einhäuter, nur zeigt die über den
Stigmen gelegene breite Längsbinde einen mehr orangefarbenen Ton und tritt noch
deutlicher hervor. Nach Sachtleben soll auch der dunkle Saum über dem
obersten hellen Seitenstreifen für dieses Stadium charakteristisch sein. Brustfüße
rotbraun, Bauchfüße grünlich. Das i. Bauchfußpaar ist nun fast voll
entwickelt und den übrigen Bauchfüßen gleichwertig (daher kein „Spannen"
mehr). Spinnvermögen geringer. Körperlänge vor der Häutung 19 mm.
IV. Stadium. (D r eihäut e r.) Kopfbreite 2,08 mm. Der Kopf ist meist
glänzend schwarzbraun gefärbt. Gelegentlich zeigen einzelne Raupen jedoch die gelb-
lich-rötliche Kopffärbung des folgenden Stadiums. Die direkt nach der Häutung auf-
tretende netzartige Zeichnung verliert sich allmählich. Die Färbung der Raupe ist im
allgemeinen dieselbe wie beim vorigen Stadium, nur die orangegelbe Seitenlinie be-
1) Zur Unterscheidung der Eulen- und Spannerraupe sei darauf hingewiesen,
daß bei der letzteren die Streifenzeichnung auf den Kopf übergreift (s. oben S. 466
und 467, Abb. 408 B und C).
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
623
kommt dorsalwärts eine weißliche Einfassung. Es kommen allerdings von diesem
Stadium an auch viel dunklere Exemplare vor, die ,,ganz dunkelgrüne, fast schwarze
Grundfarben haben" (Ratzeburg). Spinnt nicht mehr. Körperlänge vor
der Häutung 29 mm.
V.Stadium. ( V i e r hä u t e r.) (Abb. 508.) Kopfbreite 3,04 mm. Kopf fast
stets gelblich rot, sonstige Färbung im allgemeinen wie beim Dreihäuter.
Stigmenbinde dunkel orangefarben. Mittelbinde breit und sehr deutlich hervor-
tretend, Seitenbinden im Verhältnis dazu schmäler erscheinend und weniger leuch-
tend weiß. Körperlänge vor der Verpuppung yj — 40 mm.
Wie oben schon erwähnt, sind die hier angegebenen Maße für die K o p f -
kapselbreite der verschiedenen Häutungsstadien Durchschnittszahlen, denn nach
Zwölfer (1931) können die Maße „für jedes einzelne Stadium erheblich variieren.
Besonders zwischen dem 3. und 4. Stadium (Zwei- und Dreihäuter) können auf der
einen Seite gelegentlich Maximal-, auf der anderen Seite Minimalgrößen auftreten,
die fast ineinander übergehen und eine sichere Unterscheidung dieser Entwicklungs-
stufen zuweilen erschweren. Genauere Messungsergebnisse unter Berücksichtigung
der Variationsbreite sind in der folgenden Zusammenstellung enthalten."
Kopfkapselbreite der Raupen von P . fla?n??iea Schiff.
Häutungsstadium
Zahl der
Minimum
Mittel
Maximum
Messungen
mm
mm
mm
I.
(Eiraupe)
20
0,39
0,40
0,43
11.
(Einhäuter)
20
0,66
0,69
0,76
111.
(Zweihäuter)
23
1,1 1
1,42
1,82
IV.
(Dreihäuter)
57
1.95
2,08
2,27
V.
(Vierhäuter)
66
2,61
3,04
3,20
Vor jeder Häutung wird die Färbung der Raupen dunkler
grün, der Kopf schwärzlich. Übrigens variiert vom III. oder IV. Stadium
an, wie oben schon bemerkt, die Grundfarbe nicht unwesentlich; von hell bis dunkel-
grün, ja fast bis schwarz.
Abb. 509. Raupenkot der Kieferneule. 4X.
ABC
.\bb. 510. Puppe der Kieferneule.
A seitliche, B ventrale, C dorsale
Ansicht. Schwach vergr.
Der Raupenkot ist lang und dünn, walzenförmig, aus 3 deutlich getrennten
semmelförmigen Stücken zusammengesetzt (Abb. 509).
Puppe. Die Puppe (Abb. 510) hat eine Länge bis 18 mm; es gibt auch weit
kleinere Formen (Kümmerformen) von 15 mm und darunter. Sie ist glänzend braun,
auf der Oberseite meist etwas dunkler. Von den anderen Eulenpuppen ist sie
daran leicht zu unterscheiden, daß dorsal am Vor der ende des 4. Hinter-
leib s segment e s ein dreieckiges oder nie r enf ö r m i ge s Grübchen
sich befindet, das von einem dunklen, quergestreiften Wall umgeben ist
624
II. Spezieller Teil
(Abb. 511 A). Der Aftergriffel ist oben gewölbt, unten etwas eingedrückt und endet
mit 2 langen, geraden Dornen, deren Spitzen entweder einfach oder gegabelt
sind (Abb. 511 B). Außerdem befinden sich an ihm jederseits noch 2 hellbraune
Borsten, die allerdings häufig abgebrochen sind.
Bezüglich der Skulptur ist vor allem auffallend, daß es 2 verschiedene
Formen von Eulenpuppen gibt: bei der einen ist die Ventralseite des Thorax-
abschnittes grübchenartig punktiert (Fingerhutskulptur) (Abb. 512), bei der anderen
ist sie glatt. Diese Erscheinung hängt nicht mit sexuellen Differenzen zusammen
(Krauße, 1925; Sachtleben, 1929). Die beiden Geschlechter lassen sich im
übrigen an der Lage der Geschlechtsöffnungen (s. oben S. 34) leicht unterscheiden
(s. Abb. 511 B).
Geographische Verbreitung.
Die geographische Verbreitung der Kieferneule ist eine sehr große und
erstreckt sich über „das nichtpolare Nord- und Mitteleuropa, südlich bis
Katalonien, Südfrankreich, Mittelitalien, Südwestrußland und bis ins Wolga-
A B
Abb. 511. Puppe der Kieferneule. A Rückengrübchen am 4. Hinterleibssegment,
B Hinterende vom Männchen und Weibchen (Ventralseite). C die letzten Segmente
(dorsale und seitliche Ansicht). B und C nach Ljungdahl aus Sacht leben.
gebiet (auch in Japan, wohl weiter verbreitet in Asien)" (Spul er). Ihr
Verbreitungsgebiet fällt wohl im großen und ganzen zusammen mit dem
Verbreitungsgebiet der gemeinen Kiefer. „Doch scheint es, als ob sich
klimatische Bedingungen in der Ausdehnung der Forleule nach Norden und
Süden, wo sie nicht bis zur Kieferngrenze reicht, geltend machten: In Nord-
europa geht die Kiefer bis etwa 70 ^ nördlicher Breite, die Forleule nur bis
63 0; in Spanien erreicht die Südgrenze der Kiefer die Sierra Nevada, die
Forleule soll, wenn die bisherigen Angaben in der Literatur vollständig sind,
nur bis Katalonien reichen" (Sacht leben 1929).
Bionomie.
Fortpflanzung.
Schlüpfen der Falter. Im Wald beginnt das Schlüpfen der Falter
Ende März und kann bis Anfang Juni andauern. Es liegen sogar
Beobachtungen vor, die von einem Auskommen der Falter Mitte Februar
berichten (Brettmann, 1925). Die genannten Zeitpunkte sind Extreme.
Die Hauptschlüpfzeit kann bald früher, bald später liegen — je nach den
Esclieiich, Forstitisektcii. III Bd.
Tafel X
W^ ^^0 ^^V ^^#
^|W ^fV ^1^ ^f^
1 2
W'
22
Noctuiden
1—5 Panolis Elammea Sf///^. 6 Asjrotis vestisialis i?o«. 7 Agrotis segetum Sc///^'. 8 Agrotis exclama-
tionis L. 9 Acronycta aceri-; L. 10 Panthea coenohita £'--^. 11 Taeriiocampa incerta H/n.
12 Scopelosoma satellitia L. in Catocala paranvmpha L. 14 Plus'a gamma L. 15 Diloba caeruleo-
cephalaZ. 16 Fseu iophia lunaris Sl///;/^'. 17 Demas corvli £. 18 Calvmnia trapezina L. 19 Calocampa
vetusta H/>. 20 Gortyna ochracea H/i. 21 Mamestra'pisi L. 22 Dichonia aprilina. 23 Acronvcta
leporina Z. 3,4 nat. Größe.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 625
Witterungsverhältnissen, die in den einzelnen Jahrgängen herrschen, und
unter denen die Temperaturen den Haupteinfluß auszuüben scheinen. So
begann z. B. bei der letzten Kalamität in Heideck das Schlüpfen Ende
März, erreichte zwischen 27. April und 5. Mai seinen Höhepunkt, zu welchem
Termin ca. 80 0/0 der Puppen geschlüpft waren, um dann immer mehr ab-
zuflauen und am i. Juni zu enden (Abb. 513).
Experimentelle Untersuchungsergebnisse über die Temperaturabhängig-
keit des Schlüpf ens teilt Zwölfer (1931) mit. Nach ihm müssen
die Puppen der Kieferneule, die bereits im Herbst den äußerlich
fertig ausgebildeten Falter enthalten, im Frühjahr im Anschluß an die
Überwinterung noch eine weitere Entwicklung durchlaufen, die sich auf
innere Organe, zum mindesten auf das generative System bezieht. Die Er-
reichung eines bestimmten Entwicklungszustandes des letzteren ist — wie
dies an QQ Puppen gezeigt werden konnte — Voraussetzung für die Er-
langung der Schlüpfreife. Zu diesen Entwick-
lungsvorgängen „bedürfen überwinternde Forleulen-
puppen im Frühjahr einer gewissen Temperatur-
summe. Als wirksam erwiesen sich hierbei nur Tem-
peraturen oberhalb eines Grenzwertes, der zwischen
40 bis 80 C liegt. Beobachtungen über den Zeitraum,
den das Schlüpfen der Puppen in verschiedenen
konstanten Temperaturen beansprucht, und theo-
retische Überlegungen sprechen dafür, daß dieser
Grenzwert annähernd bei 6^ C liegt, — eine Tem-
peraturstufe, die auch sonst im Leben der Kiefern-
eule als Entwicklungsnullpunkt eine ausgezeichnete
Rolle spielt". Die Wärmesumme (Thermalkon-
stante^), die zu diesen Entwicklungsvorgängen not-
wendig ist, wird von Zwölfer annäherungsweise
mit 160 angegeben. So war das Schlüpfen dem Abb. 512. Puppe der
Winterlager im Dezember entnommener Puppen in Kieferneule. Fingerhut-
seinen Versuchen bei einer konstanten Temperatur skulptur der Thorax-
von 22 0 C in 10 Tagen beendigt, während es bei
8 0 C rund 2 V2 Monate währte.
„Der Vorgang des Schlüpfens selbst ist von der Temperatur des Ent-
wicklungsnullpunktes unabhängig: Puppen, die die Schlüpf reife einmal er-
langt haben, vermögen auch bei Temperaturen unterhalb des Entwicklungs-
grenzwertes von ö^C zu schlüpfen", wie auch Meyer berichtet, daß bei
5 0 C das Schlüpfen einiger Falter stattfand. Für die untere Temperatur-
grenze des Schlüpfaktes ist vermutlich der Aktivitätsnullpunkt maßgebend,
d. h. jene Temperatur, bei der die Kältestarre der Falter eintritt. Für
letztere werden auf Grund orientierender Messungen Temperaturen zwischen
— 20 bis + 40 C angegeben. Doch liegen in der Literatur Beobachtungen
vor, wonach die Falter noch bei Lufttemperaturen von — 5 0 C in Bewegung
angetroffen worden sein sollen (T heuerkauf, 1925).
Theoretisch ist nach Zwölfer aus diesen Erwägungen zu folgern, daß
jene Puppen, die an Plätzen mit geringem Wärmeschutz liegen, welche im
Frühjahr der raschesten Erwärmung ausgesetzt sind, im allgemeinen ihre
1) Siehe hierüber oben S. 56.
;scherich, Forstinsekten, Bd. III. 40
626
Schlüpfen derFalher
19 20 2122 23 24 25 26 27 28 29 30 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 1f 15 16 17 18 19 20
^Pril Mai
geschlüpfte Fa/ter TemperaturCMittel aus Abendmessung i ftegen
desl/ortages u. Morgenniessung des
Schlüpfl-ages)
Abb. 513. Diagramme des Schlüpf ens der Falter, in: in 28 jährigem Stangenholz,
Streutyp i, obere (unzersetzte) Streuschicht = 6,4 cm, Rohhumus = 2,4 cm, Boden:
Sand. — ib: ungefähr 40 jähriges Stangenholz, Streutyp i, obere (unzersetzte) Streu-
schicht = 4,8 cm, Rohhumus = 6,2 cm, Boden: Sand, stellenweise anmoorig. —
2. 83 jähriges Altholz, Streutyp 2, obere (unzersetzte) Streuschicht = 2 cm, Humus
= 2 cm. Nach Meyer.
II. Unterordnung: jMacroIepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen)
627
Schlüpf reife früher erlangen werden als solche, die an Orten mit gutem
Wärmeschutz überwinterten. Dies gilt allerdings nur dann,, wenn sowohl an
den Plätzen mit geringem als auch an jenen mit starkem Wärmeschutz die
Abkühlung während kalter Zwischenperioden unter den Entwicklungsnull-
punkt von 60 C sinkt. Ist dies nicht der Fall, oder sinkt nur an den schlecht
wärmegeschützten Orten die Temperatur unter den genannten Grenzwert,
während sie an gut geschützten gleichzeitig auch während der kühlen Peri-
oden (nächtliche Abkühlung!) oberhalb des Grenzwertes verbleibt, dann kann
ein Ausgleich erfolgen: Der etwa vorhandene Entwicklungsvorsprung der
Puppen an Orten mit rascher Erwärmungsmöglichkeit würde in diesem Fall
von Puppen, die an gut geschützten Orten liegen, wieder ausgeglichen
werden. Die Abb. 514 a und b erläutern diese Verhältnisse schematisch: die
1/ V
-
/ \ Entmcklungs-
\^'lpunkt
1'Temp. -Verlauf in lyp 1
2- " " " " 2
2
/\ Enhvicklungs-
nullpunkf-
Abb. 514. Temperaturverlauf im Puppenlager mit verschiedenem Wärmeschutz
(schematisch). Nach Meyer.
flache Kurve stellt den Temperaturgang in wärmegeschützten Puppenlagern
vor, die Kurve mit großer Amplitude würde dem Temperaturgang an schlecht
wärmegeschützten Plätzen entsprechen. Wirksam sind in beiden Fällen theo-
retisch nur die über dem Entwicklungsnullpunkt liegenden Wärmegrade,
welch letzterer durch die Gerade dargestellt ist.
„Als Überwinterungsplätze mit geringem Wärmeschutz im obigen Sinn
haben Böden mit dünner Streudecke und dünnem Humusbelag zu gelten
(welche dem Meyerschen Typ 2 entsprechen), insbesondere wenn sie der Inso-
lation ausgesetzt sind. Auch streuberechte Flächen wären hierher zu zählen.
Guten Wärmeschutz bieten demgegenüber Böden mit dicker Humusschicht,
mit hohem Moosbelag, dichter Beerkrautdecke usw. (Meyers Typ i 1)".
Es dürfte hiermit zusammenhängen, daß Beobachtungen aus dem Frei-
land vorliegen, die sowohl von einem zeitigeren Schlüpfen der Puppen bei
dünnem Streubelag sprechen (streuberechte Flächen; vergl. Sachtleben,
1929, S. 24, Judeich- Nitsche, S. 930) als auch andere, nach denen ein
Unterschied der Schlüpfintensität bei gut wärmegeschützten Böden und
solchen mit geringem Wärmeschutz nicht in Erscheinung trat. Letzteres geht
deutlich aus den Beobachtungen Meyers hervor, deren Einzelheiten aus den
beigegebenen Diagrammen (Abb. 513) ohne weiteres zu ersehen sind.
Da die beiden erörterten Fälle stets in der Natur vorkommen,
da ferner die Beschaffenheit der Bodendecke überall großen Schwan-
kungen unterliegt, und da endlich die Puppen selbst unter gleichen Boden-
verhältnissen in verschiedenen Horizonten der Bodendecke überwintern.
1) Über die Meyerschen Typen wird bei der Epidemiologie Näheres mitgeteilt.
40*
628 II. Spezieller Teil.
so erscheint es verständlich, daß die gesamte Schlüpfperiode sich immer
über einen längeren Zeitraum erstreckt: jeder Lage entsprechen die ver-
schiedenartigsten Wärmeschutzverhältnisse.
Falterflug. Das eigentliche Schwärmen setzt unmittelbar nach
Sonnenuntergang ein und dauert etwa eine halbe bis dreiviertel Stunden in
voller Stärke 1). Die Eule umschwärmt dann bei Massenvermehrung in
dichten Wolken unter einem deutlich hörbaren Summen die Wipfelregion.
Entgegen mehrfachen Angaben in der Literatur, wonach die Witterung
wenig Einfluß mehr auf das einmal im Gange befindliche Schwärmen haben
soll, und weder Regen noch auch niedere Temperaturen die Tiere vom Schwär-
men abzuhalten vermöchten (Eckstein), liegen von der letzten Kieferneu] en-
kalamität in Mittelfranken und der Oberpfalz Beobachtungen verschiedener
Forstämter vor, die von einem schlagartigen Abbrechen des Schwärmens
beim Einsetzen einer kühlen, regnerischen, rund lo Tage andauernden
Witterungsperiode im Mai 1930 berichten (siehe auch Meyer, 1931). La-
boratoriumsversuche von Zwölfer (1931) zeigten, „daß die Falter bei sämt-
lichen Versuchstemperaturen (8 0 bis 28 ^C), die konstant mit extrem hohen
Luftfeuchtigkeitswerten von 100 0/0 kombiniert waren, im allgemeinen nur
wenige und schwerfällige Bewegungen ausführten. Sie hingen größtenteils
bis zu ihrem Tode in einer Art Starrezustand an den Nadeln der Kiefern-
zweige." .,In den Temperaturstufen, die mit 80 — 90 0/0 r. L. F. verbunden
waren, zeigten die Falter bei 18 — 28*^ lebhafte bis sehr starke Beweglichkeit,
bei der 140-Stufe war diese mäßig, bei der 8 0-Stufe endlich wiesen die
Versuchstiere zumeist ein schwerfälliges, an Starrezustand erinnerndes Ver-
halten auf."
Die Eule scheint ein seßhaftes Insekt zu sein, und beim
Schwärmen in der Regel sich nicht weit vom Geburtsort zu
entfernen. Doch sind auch Ausnahmen bekannt geworden. Abgesehen
davon, daß die Falter durch Winde verweht und durch Licht auf weitere
Strecken angezogen werden können, sind auch Fälle berichtet, in denen
ein Überfliegen der Falter auf längere Strecken beobachtet wurde (siehe
unten S. 684).
Das Verhältnis der beiden Geschlechter beträgt nach Eckstein (1923),
Sachtleben (1929) und Zwölfer (1931) durchschnittlich 1:1, während
nach Wolff-Krauße (1924a) regelmäßig auf 2 Männchen i Weibchen
kommt.
Lebensdauer. Was die Lebensdauer der Falter angeht, so weisen
Beobachtungen von Eckstein darauf hin, daß sie von der Temperatur der
LTmgebung abhängig ist: Im ungeheizten Raum betrug sie im Januar im
Mittel beim 9 32 Tage, beim cf 28 Tage, im Februar entsprechend 29 und
24 Tage, im März 28 und 24 Tage, im geheizten Zimmer dagegen nur
5 — 15, im Mittel 9 Tage. Sachtleben (1929) gibt an, „daß der Forleulen-
Falter im Wald bis zu 4 Wochen leben kann."
1) Nach Meyer (1931) setzte das Schwärmen (anfangs Mai) gewöhnlich gegen
19,45 Uhr ein. Nur an einem Tag (12. Mai) begann das Schwärmen schon um
19 Uhr, zu welcher Zeit sich der Himmel infolge Aufziehens einer schweren Kiesel-
wolke verfinsterte. Der bald darauf einsetzende Kieselschauer vertrieb die Tiere
bald wieder, so daß, als es wieder hell geworden, keine schwärmenden Falter mehr
zu sehen waren. Erst um 19,45 Uhr, als die wirkliche Dämmerung einsetzte, begann
dann wieder der Flu^, der bald seine alte Stärke erreichte.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
629
Genauere experimentelle Untersuchungsbefunde über die Abhängigkeit
der Lebensdauer der Imaginalstadien von Temperatur und Luftfeuchtigkeit
der Umgebung teilt Zwölfer mit. Darnach wird die Lebensdauer der
Falter sowohl von der Temperatur wie auch von der Luftfeuchtigkeit der
Umgebung beeinflußt. Im besonderen übt eine konstant extrem hohe
Luftfeuchtigkeit von ioqo/o eine erheblich lebens verkürzende
Wirkung aus. Die folgenden Zusammenstellungen enthalten die beob-
achteten Minimal-, Maximal- und Mittelwerte der Lebensdauer bei ver-
schieden konstanten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhältnissen:
Lebensdauer der Kieferneulenfalter in Tagen:
Temperatur
80C
14« c
18
a C
22
'C
27—280 C
d
2
6
?
d
9
d
?
c^
9
bei j Minimum . .
80—90 % ' Mittel ....
L. F. ^ Maximum . .
, . ni ( Minimum . .
L °F ^" \ ^^i«^' • ■ • •
^^ Maximum . .
31
32,4
38
10,2
31
44.5
21
8
13,6
24
4
8,4
9
14.8
4
10,1
19
4
8,2
16
6,2
5
8,8
6,1
9
4
6,8
12
4
4
9
4.2
6
3
5>3
10
3
8
3-4
4
Übersichtlich sind die Verhältnisse in Abb. 515 und 516 dargestellt. Als
längste Lebensdauer wurden in einem Fall bei i 9 51 Tage beobachtet (bei
8° und 80 — 900/0 L. F.). Die Männchen zeigen im allgemeinen kürzere
Lebensdauer als die Weibchen, doch verschwinden diese Unterschiede bei
höheren Temperaturen. Begattete und unbegattete Weibchen ließen keine
bemerkenswerten Unterschiede der Lebensdauer erkennen. Die Kenntnisse
6 8 10 12 n 16 18 20 22 2f 26 28 30 32 3¥ 36 38 W f? iff %
mitt/. Lebensdauer bei 80-9Ö^Lf
Abb. 515. Mittlere Lebensdauer von Männchen und Weibchen bei 80— 90O0 rel. Luft-
feuchtigkeit und verschiedenen Temperaturen. Nach Zwölfer.
630
II. Spezieller Teil.
der letzteren geben im übrigen gewisse Anhaltspunkte zur Beurteilung, in-
wieweit ungünstige Witterungsverhältnisse die Eiablage der Falter zu beein-
trächtigen vermögen. Hierauf wird weiter unten noch eingegangen werden.
Begattung, Eiablage und Eientwicklung. Die Begattung findet an-
scheinend meistens des Nachts statt. Ratzeburg (F.) beobachtete im
Zwinger, daß die Schmetterlinge, sowie es dunkel wurde, in die größte Be-
23
26
2f
n
~^
\
22
20
18
16
12
\
\
\
L
\
\
8
6
¥
2
0
\
_J
J
0 2 ¥ 6 8 10 12 n 16 18 20 22 2¥ 26 28 30 32 3¥ 36 38 W K ¥f \
milH. Lebensdauer bei 100% L.F
Abb. 516. Mittlere Lebensdauer von Männchen und Weibchen bei iooi>ü rel. Luft-
feuchtigkeit und verschiedenen Temperaturen. Nach Zwölfer.
wegung gerieten und sich zur Begattung anschickten. „Sie nähern sich ein-
ander rückwärts, bringen die Leiber zusammen und bleiben so aneinander
hängen. Am anderen Morgen war nichts mehr davon zu sehen; viele trugen
die Flügel aufgerichtet." Doch hat Eckstein (1924) auch am Tage kopu-
lierende Tiere angetroffen: „Am 8. März waren 2 cfcT mit i 9 zusammen-
gebracht worden, am 11. März wurde die Copula bei Tage festgestellt, des-
gleichen am 19. März. Es kommt also wiederholte Copula des Weib-
chens vor. Eine solche beobachtete auch Jazentkowski (1915), der in
einer Bursa copulatrix einmal 6 Spermatophoren gefunden hat. Nach Zwöl-
fers Beobachtungen hat es den Anschein, als ob im Freien eine mehrmalige
Copula sogar die Regel ist: Von 6 im Wald natürlich verendeten Weibchen
wiesen 4 Exemplare 2 und 3 Spermatophore in der Bursa copulatrix auf.
Die Copula vollzieht sich in verschiedenen Stellungen: entweder mit
von einander abgewandten Köpfen oder mit gleichgerichteten Köpfen;
im letzten Fall liegt die Nadel zwischen beiden Tieren, deren Hinterenden
sich seitlich von ihr vereinigen (Eckstein).
Meyer beobachtete von seinen Kanzeln in den Kronen aus des öfteren
im Freien kopulierende Tiere und zwar stets vor Einbruch der Dämmerung:
„Der eine Falter, jedenfalls das Weibchen, saß, die Flügel bewegend, an
einem Zweig oder einer Nadel, oder lief auch unruhig daran herum, um-
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen^
631
schwärmt von einer Anzahl Männchen. Sobald der Partner die entsprechende
Stellung eingenommen hatte, verharrte das Pärchen in seiner Stellung und
blieb unbeweglich, solange das schwindende Licht die Beobachtung erlaubte."
Eingehende Untersuchungsergebnisse über die geschlechtliche Aktivität
teilt Zwölfer mit. Wird für diese als Maßstab der Prozentsatz zustande
gekommener Kopulationen benutzt, so ergeben sich als optimaler Bereich für
die geschlechtliche Aktivität der Kieferneulenfalter Temperaturen zwischen
12 — i6o C und Werte der relativen Luftfeuchtigkeit kleiner als 90 o/o. Extrem
hohe Luftfeuchtigkeitswerte von 100 0/0 zeigen auch hier — wenn sie während
der ganzen Lebensdauer konstant gehalten werden — schädigenden Einfluß:
Der Prozentsatz zustande gekommener Kopulationen sinkt bei diesen, gleich-
viel ob sie mit niederen, mittleren oder höheren Temperaturstufen kombiniert
werden, auf ein Minimum herab. Im übrigen ist als untere Temperaturgrenze
der geschlechtlichen Aktivität ein Wert anzusehen, der zwischen 4 — 8° C
liegt. Die diesbezügliche obere Grenze liegt bei etwa 30 *' C. Anschaulich
sind diese Verhältnisse im Diagramm Abb. 517 dargestellt, das die Ünter-
suchungsergebnisse für 2 Feuchtigkeitsstufen und 5 verschiedene Tempera-
turen umfaßt. Die den durch Kreise markierten Punkten zugeordneten
Zahlen geben die Prozente zustande gekommener Kopulationen an.
Abweichende Beobachtungen hiervon Tp
teilt Eckstein mit; darnach sollen die %^
Falter durch ungünstige Witterung, wie
Regen usw. weder im Schwärmen noch in
der Begattung gestört werden. Dabei ist
aber zu berücksichtigen, daß seine Beob-
achtungen in einem im Freien stehenden
Zwinger gemacht wurden. Die in dessen
Inneren herrschenden Temperaturen usw.
können nicht ohne weiteres mit den
äußeren Witterungsverhältnissen verglichen
werden.
Was die Eiablage bzw. die Zahl
der Eier betrifft, die ein Eulenweibchen
ablegt, finden wir in der Literatur die ver-
schiedensten Angaben, die zwischen 90 und
vielen Hundert schwanken. Baer (1910)
hat von 3 99 im Zwinger 189, 202 und
228 Eier abgelegt erhalten. In Eck-
steins Versuchen (1924) betrug „die
geringste Gesamtzahl abgelegter Eier
eines Weibchens 8, die höchste 291, im
Mittel 150. Die Eier reifen in den
8 Eischnüren des Eistocks allmählich
heran." Das 9 hat bald (nach Eckstein)
nach dem Schlüpfen in den einzelnen Eischnüren durchschnittlich 12 — 16
legereife und 36 — 79 unreife Eier bzw. Eianlagen; im ganzen Ovarium
wurden gezählt 28 — 92, im Mittel 56 reife und 348 — 544, im Mittel 433 An-
lagen, so daß nach diesem Autor unter günstigsten Bedingungen das 9 483
bis 636, rund 500 Eier produzieren kann. Sprengel (1928) fand in den
Ovarien eines eine Stunde alten Weibchens 78 reife und 250 unreife, im
Abb. 517. Diagramm der geschlecht-
lichen Aktivität zur Bestimmung
ihres optimalen Temperatur-Luft-
feuchtigkeitsbereiches. Nach
Zwölfer.
632
II. Spezieller Teil.
ganzen 331 Eier, bei einem 12 Stunden alten Weibchen 253 reife und 198
unreife, im ganzen 457 Eier, und bei einem 24 Stunden alten Weibchen 439
reife und 266 unreife, im ganzen 712 Eier. Auf eine viel geringere Zahl kommt
Sachtleben (1927), der von 20 Weibchen durchschnittlich je 90 Eier
erhielt.
Zu einem von Sachtleben nicht viel abweichenden Resultat ist Eid-
mann (1928 und 29) auf Grund eingehender anatomischer Studien ge-
A B C D E
Abb. 518. Eiröhren von Kieferneulen verschiedenen Alters (am Eikelch abgetrennt);
A frisch geschlüpft, B 3 Tage alt, C 7 Tage alt, D Eier zum größten Teil abgelegt,
E Eier sämtlich abgelegt. Nach Eid mann.
kommen. Darnach ist es, wie auch aus Sprengeis Untersuchungen
hervorgeht, bei der Eule durchaus nicht erlaubt, aus der Zahl der in den
Ovarialschläuchen befindlichen Eier und Eianlagen ohne weiteres auf die
Produktionsziffer zu schließen. Bei frisch geschlüpften Weibchen geht die
'Reifezone ganz allmählich und ohne scharfe Grenze in die Zone der unreifen
Eier über, „so daß eine Eiröhre wie eine Perlschnur aussieht, deren ein-
zelne Perlen nach dem dünnen Ende hin ganz gleichmäßig an Größe ab-
nehmen". „Schon nach 3 Tagen dagegen setzt sich die Reifezone ganz
scharf gegen den Endabschnitt der Eiröhre ab, so daß auf das letzte Reifei
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 633
ganz plötzlich und ohne Übergang ein viel dünnerer Abschnitt folgt, der wie
ein Rattenschwanz dem prall gefüllten Basalteil der Eiröhre anhängt" (Abb.
518). „Man hat den Eindruck, daß die Eier sich nur von einem bestimmten
Punkt ab fertig entwickeln, der Rest aber auf der Entwicklungsstufe stehen
bleibt, wie er beim Ausschlüpfen des Falters gegeben ist."
„Zählt man die Eier (bzw. Eianlagen) in den Eiröhren aus, so findet
man, daß die Gesamteizahl frisch geschlüpfter Forleulen in beiden Ovarien
durchschnittlich 580 beträgt. Von diesen gelangen jedoch nur etwa ^5 zur
völligen Reifung und Ablage; der Rest bleibt unentwickelt im Ovar zurück."
Darnach wäre also mit E i d m a n n die Fortpflanzungsziffer eines
Eulenweibchens durchschnittlich mit etwa 120 Eier zu veranschlagen.
Einen etwas anderen Weg als die genannten Autoren hat Zwölfer
eingeschlagen, um die Durchschnittseizahl eines Weibchens zu bestimmen,
die es im Optimum sämtlicher maßgebender Bedingungen ablegen kann.
Er sezierte die Weibchen, nachdem sie unter verschiedenen Versuchsbedin-
gungen ihre Eiablage beendigt hatten und natürlich verendet waren und
bestimmte die Zahl legereifer Eier, die in ihren Ovarien zurückblieb. In-
dem er diese Zahl zu jener hinzuzählt, welche die betreffenden Weibchen
während ihres ganzen Lebens abgelegt hatten, gelangt er zu der Anzahl lege-
reifer Eier, die ein Weibchen im ganzen produzieren und — optimale Be-
dingungen vorausgesetzt — auch ablegen kann.
Dabei ergab sich, daß Temperaturen von 8 — 28 0 C mit einer Luft-
feuchtigkeit von 80 — 90 0/0 kombiniert, ohne Einfluß auf die Gesamtzahlen
legereifer Eier sind, die ein Weibchen im Durchschnitt seines ganzen Lebens
erzeugt. Lediglich eine Verzögerung der Entwicklungsdauer in den niederen
Temperaturstufen ist feststellbar. Im Mittel von 48 Versuchstieren ergab sich
auf diese Weise als durchschnittliche Zahl legereifer Eier pro Weibchen 190.
Sie wäre nach dem genannten Autor als die ideale oder „absolute
Eizahl" der Forleule anzusehen, während den unter ver-
schiedenen Versuchsbedingungen oder auch in freier Natur
abgelegten Durchschnittseimengen in den meisten Fällen nur
relative Bedeutung zukommt.
Im Gegensatz zu den Luftfeuchtigkeitsverhältnissen von 80 — 90 0/0 zeigte
es sich ferner, daß extrem hohe konstante Luftfeuchtigkeit von
100 0/0, gleichviel mit welcher Temperatur sie kombiniert wird, die durch-
schnittliche Erzeugung legereifer Eier beträchtlich herabsetzt. Bei dieser
Versuchsreihe betrug sie im Mittel von 44 Weibchen nur 150 Eier je Weib-
chen. Im übrigen sind nach Zwölfer außer den Luftfeuchtigkeitsverhält-
nissen während des Imaginallebens besonders die Ernährung der Generation,
welcher die untersuchten Weibchen entstammten und alle Umstände, die auf
dieselbe einwirkten, für die Produktion legereifer Eier von Bedeutung: die
Reservestoffe (Fettkörper), welche die Weibchen aus ihrer larvalen Lebens-
periode mitbringen, dienen in erster Linie dem Aufbau legereifer Eier aus
den vorhandenen Eianlagen. Je umfangreicher die ersteren, desto größer
kann naturgemäß der Anteil an Eianlagen werden, der zu legereifen Eiern
umgebildet wird — vorausgesetzt allerdings, daß während des Falterlebens
keine schädigenden Einflüsse vorliegen, die diesen Entwicklungsgang hem-
men. So ergab sich bei den Z w ö 1 f e r'schen Beobachtungen in den Tem-
peraturstufen von 8° — 28 0, die mit 80 — 900/0 Luftfeuchtigkeit kombiniert
waren, ein Verbrauch des Fettkörpers bis auf minimalste Reste, während in
634
II. Spezieller Teil.
den entsprechenden mit looo/o L. F. verknüpften Versuchen bei den ver-
endeten Weibchen meist noch größere oder geringere Mengen an Fett-
körpersubstanz vorhanden waren. Wie schon die lebensverkürzende Wirkung
der extrem hohen Luftfeuchtigkeit, so weist auch diese Erscheinung auf
schädigende Einflüsse hoher Luftfeuchtigkeit für das Imaginalstadiu'm der
Kieferneule hin.
Ob und inwieweit die Zahl der von einem Weibchen erzeugten Eier
zur Ablage gelangt, ist eine Frage für sich, auf die weiter unten eingegangen
werden wird. Im folgenden seien noch 2 Zusammenstellungen der Versuchs-
ergebnisse Zwölfers mitgeteilt, die das Gesagte zahlenmäßig belegen.
Produktion legereifer Eier während der gesamten Lebensdauer.
r. L. F.
Tempe-
ratur-
stufe
0 (■
Zahl der
Versuchs-
tiere
??
Gesamtzahl
abgelegter
Eier
Gesamtzahl
legereifer
Eier in ver-
endeten
22
Abgelegte
-|- legereife
Eier
zusammen
Durchschnitt
pro 1 $
80
5
56
1040
1096
219
-90 7o '
14«
15
1260
1511
2771
185
80
180
9
786
825
1611
179
220
8
580
1043
1623
203
27°
II
265
1917
2182
198
z
usammen
48
-
-
9283
193
(
80
9
88
1438
1526
169
14«
9
8
1344
1352
150
100%
180
9
196
1413
1609
179
220
8
22
1199
1221
153
(
270
9
0
763
763
85
z
usammen
44
-
6471
147
Der Beginn der Eiablage fällt nach Eckstein auf den 2. — 9. Tag
nach der Begattung, meist auf den 4., selten erst auf den 8. und 9., im
Mittel auf den 5. Tag. In verschiedenen Zuchten Sachtlebens fand die
erste Eiablage immer erst am 11., 12. oder 13. Tag nach dem Schlüpfen
statt. Die Zeit, die ein Weibchen braucht, um die Gesamteimenge abzulegen,
ist nach dem gleichen Autor durchschnittlich etwa 14 Tage, kann jedoch
bis zu 20 Tagen betragen. Nach Zwölfer dagegen beginnt innerhalb
eines vitalen Temperaturbereichs (io[?] — 27°) die Eiablage ziemlich unab-
hängig von den jeweiligen Temperaturbedingungen am 3. bis 4. Tage nach
dem Schlüpfen der Weibchen. Auch die Begattung fällt in diese Zeitspanne.
Hingegen wird die Dauer der Legeperiode wesentlich von der
herrschenden Temperatur beeinflußt: „So erfolgte die Beendigung
der Eiablage bei 80 — 90 0/0 Luftfeuchtigkeit in der 140-Temperaturstufe
nach dem 15. bzw. 17. Tage (vom Schlüpfen der Weibchen an gerechnet),
bei 18 0 nach 8 und 13 Tagen, bei 22 0 nach 7 bzw. 9 Tagen, in der 27 — 28°-
Temperaturstufe endlich nach 6 bzw. 8 Tagen. Diese Verhältnisse sind im
Diagramm Abb. 519 anschaulich dargestellt. (Die Linien verbinden die Mittel-
werte der Versuchsergebnisse. Dick ausgezogen ist die Variationsbreite.)"
IL Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
63^
In den Zwingerversuchen Ecksteins legte:
ein Weibchen
ein anderes
ein
drittes $
21. Februar 6 Eier
10.
März
58 Eier
15-
März 18 Eier
28
29 „
1 1.
36 ,.
18.
19 -
I
März
55 '■
1 2.
8 „
19.
13 -
2
,,
12 ,,
13-
34 -'
20.
35 "
3
15 -.
14.
27 „
21.
20 ,,
s
26 „
15-
44 "
22.
79 ,•
6
37
20.
7
23-
25 „
9
,,
27 ,.
26.
7 ,-
24.
42 „
II
,,
6 „
26.
10 „
15
5 "
10 Legetage 219 Eier 8 Legetage 291 Eier 9 Legetage 261 Eier.
:^=-
6 "J 8 9 fO f1 12 13 n 15 16 1f 18Tage
Abb. 519. Zeitdauer der Gesamteiablage der Forleule vom Schlüpfen der Weibchen
an gerechnet. Nach Zwölfer.
Die tägliche durchschnittliche Eiablage eines Weibchens beträgt nach
diesen und anderen Beobachtungen ca. 24 — 29 Eier, dabei soll die Witterung
nach Eckstein auf die Eiablage ebenso wenig Einfluß haben als auf das
Schwärmen und die Kopula; bei seinen Versuchen wurde weder durch Regen,
noch Schnee, noch auch durch geringe Minustemperaturen das Eierlegen
unterbrochen. Hierbei ist jedoch wie oben darauf hinzuweisen, daß diese
Beobachtungen in einem im Freien stehenden Zwinger gemacht wurden.
So geben denn auch die experimentellen Untersuchungsergebnisse
Zwölfers, die bei konstanten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerten ge-
wonnen wurden, ein wesentlich anderes Bild dieser Verhältnisse. Darnach
wird die Eiablage bei anhaltend extrem hoher Luftfeuchtig-
keit von 100 0/0 außerordentlich beeinträchtigt, gleichviel mit
welcher Temperaturstufe zwischen 8— 2 7 « C die Luftfeuchtig-
keit kombiniert wird. Bei Luftfeuchtigkeitswerten unter 90 0/0 übten
Temperaturen von 8° auf der einen und 27—28° auf der anderen Seite
636
II. Spezieller Teil.
80
70
50 %rl.L.F
einen erheblich vermindernden Einfluß auf die Gesamtzahl abgelegter
Eier aus. Die untere Grenze für die Eiablage würde nach Zwölfer bei
Temperaturen zwischen 4O— 8» C liegen. Der optimale Bereich für die Ei-
ablage der Kieferneulenweibchen liegt im übrigen zwischen Temperaturen
von 14 0 — 19 0 C und Luftfeuchtigkeits-
werten von 90 0/0 bis schätzungsweise 60 0/0.
Das Diagramm Abb. 520 veranschaulicht
diese Verhältnisse. Die den einzelnen
Kreisen zugeordneten Zahlen geben die
Durchschnittszahl von einem Weibchen in
der betreffenden Temperatur- Luftfeuch-
tigkeitskombination während seiner ge-
samten Lebensdauer abgesetzten Eier an.
Es darf hieraus noch nicht gefol-
gert werden, daß ein vorübergehen-
der Aufenthalt der Falter in ungünstigen
Witterungsverhältnissen die Eiablage gänz-
lich verhindert. 5 Versuchspärchen, die
25 Tage lang einer Temperatur von 8 0,
verbunden mit 80 — 90 0/0 Luftfeuchtigkeit,
ausgesetzt waren und in dieser Zeit nur
2 Eier ablegten, setzten, anschließend un-
ter optimale Bedingungen verbracht, in den
folgenden 7 Tagen rund 340 Eier ab. Die
Weibchen verlieren demnach ihre Lege-
fähigkeit trotz relativ langen Aufenthaltes in
ungünstigen Bedingungen keineswegs. Im
Zusammenhang hiermit ist die Kenntnis der Lebensdauer der Falter praktisch
von großer Bedeutung, worauf oben schon hingewiesen worden ist. Danach
müßte unmittelbar im Anschluß an das Schlüpfen der Hauptmasse der Falter
eine trockene Witterungsperiode, verbunden mit anhaltend niederen Tem-
peraturen (unter 8 ^), von mindestens 3 — 4wöchentlicher Dauer einsetzen,
wenn diese einen erheblichenEinflußauf den Gang der Eiablage gewinnen soll.
Regenwetter, verbunden mit niederen Temperaturen müßte dement-
sprechend mindestens 2 Wochen ununterbrochen anhalten, um größere Wir-
kung zu zeigen. „Würde das Schlüpfen der Falter" — so folgert Zwöl-
fer — „in freier Natur gleichmäßig erfolgen und sich auf eine kurze
Zeitspanne von wenigen Tagen beschränken, so wäre die Gefahr einer
Ausschaltung des größten Teils der Eulenpopulation vom Fortpflanzungs-
geschäft durch ungünstige Witterungsverhältnisse wesentlich größer als bei
einer Verzettelung des Schlüpfens über einen längeren Zeitraum. Letzteres
wird in der Tat bei der Kieferneule als Regel beobachtet. Unter den obigen
Gesichtspunkten betrachtet, stellt diese zeitliche Verzettelung des Schlüpfens
gleichsam eine Sicherung vor, die selbst in ganz ungünstigen Jahrgängen
zum mindesten einem Teile der Population noch die Ausübung seines Fort-
pflanzungsgeschäftes ermöglichen wird. Es trägt damit zur Sicherung des
Bestandes der Art bei."
Zu ähnlichen Resultaten, wie sie Zwölfer im Laboratorium erzielte, ist
Meyer durch Beobachtungen im Freien gelangt. Nach ihm ist „die Kurve
der Eiablage im wesentlichen ein Abbild der Schlüpfkurve (Abb. 521). Tempe-
Abb. 520. Diagramm der Gesamt-
eiablage der Forleule zur Bestim-
mung ihres optimalen Temperatur-
Luftfeuchtigkeitsbereiches. Nach
Zwölfer.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen)
637
ratur und Feuchtigkeit vermögen sie zu modifizieren. Namentlich übt sehr
hohe relative Luftfeuchtigkeit einen hemmenden Einfluß auf die Eiablage aus."
Der Vorgang der Eiablage spielt sich gewöhnlich folgendermaßen
ab: Die eierlegenden qq wenden gewöhnlich den Kopf der Nadelbasis zu,
(nur selten nehmen sie eine umgekehrte Stellung ein) und klettern an der
Nadel von der Spitze bis zur Basis fort, ein Ei nach dem andern an dieselbe
andrückend (Abb. .522). Daher befinden sich die meisten Eigelege auf der
distalen Hälfte der Nadel, mehr oder weniger der Nadelspitze genähert.
Zum Ablegen eines einzelnen Eies bedarf das Weibchen ca. 5 Sekunden
(Eckstein). Die Ablage findet gewöhnlich an vorjährige Nadeln statt.
Die Eigelege zeigen in der Regel Zeilenform (Abb. 523). Allerdings
kommen auch Einzeleiablagen vor, doch wohl mehr als Ausnahmen, nicht als
Regel, wie Kob^), AI tum u.a. annahmen. Die Zahl der Eier in den einzelnen
Zeilen ist sehr verschieden und schwankt zwischen 2 und 25; am häufigsten
sind nach Sachtleben Gelege von 2 — 7 Eiern; Walter gibt als Durch-
schnittszahl 9 — IG Eier an. Die meisten Eier liegen an der Unterseite der
Nadeln, doch kommen auch Eizeilen auf der Oberseite vor. Verschiedentlich
haben wir beobachtet, daß Eizeilen von der Unterseite zur Oberseite der
Eiablage in 2
100
\
A
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\
A
\ j
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N
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90
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y.
AbgelegteEier,
verteilt
I 11 .,0 «.,/, -ff ., U .0 » ^^K.,^^,. ^ -,J^ 00^9 on^ ^J
/abgelegte Eier
20 22 2f 2S 28 30
-Kronentemperatur
(zur Flugstunde)
3 ^ S
-ßelat Feuchtigkeit
im Kronen bereich
Abb. 521. Eiablage der Forleule in 83 jährigem Altholz, Streutyp 2, gesunde Puppen
pro qm 2,7, Nadelmasse der täglich kontrollierten Äste 62 500, Eizahl pro 1000 Na-
deln insgesamt 25. Nach Meyer.
1) Kobs Angaben beruhen, wie Nitsche ausgeführt hat, nach den Ab-
bildungen zu schließen, wohl auf einer Verwechslung mit den Eiern von Lyda
Stella ta.
638
IL Spezieller Teil.
Nadeln umbiegen i). Die Eier der einzelnen Zeilen sind fest aneinander-
geklebt, ebenso wie sie an der Nadel festgekittet sind. Der Kitt tritt oft
an der Basis des Eies wasserhell glänzend hervor.
Ganz abnorme Gelege, die
teils in unregelmäßigen Klumpen,
teils in säulenartigen Zeilen auf die
Nadeln abgesetzt wurden, beobach-
tete Zwölfer bei Weibchen, die an-
haltend hoher Luftfeuchtigkeit von
IOC o/o ausgesetzt waren, — einem
Feuchtigkeitsgrad, der sich auch
sonst für die Eiablage sehr ungün-
stig erwies. Nach der Deutung des
Genannten sind diese Gelege (Abb.
524) unter dem Einfluß der schä-
digenden Bedingungen wohl im
Todeskampf von den betreffenden
Weibchen abgestoßen worden.
Betreff der Verteilung
der Eier in der Krone fin-
den sich in der Literatur rnehr-
fach Angaben, daß die Haupt-
masse der Eier meistens in den
oberen Teilen der Krone ab-
gelegt wird, andererseits aber
auch, daß die Eiablage gleich-
mäßig verteilt über die ganze
Krone stattfinden kann. Nach
Meyers Beobachtungen werden
die verschiedenenKronen-
zonen gleich stark be-
legt. Er ließ bei der Fällung
von Probestämmen die Krone
in drei Abschnitte zerlegen und die Eizahl getrennt feststellen: dabei ergab
sich, daß die nachträglich ermittelte Nadelzahl und die Eizahl
stets proportional waren, z. B.
Eier
Abb.
522. Kieferneulen-Weibchen bei der Ei-
ablage. Nach Sei ff.
1007
145 000 Nadeln
320000
121 000
Gipfel
Mitte . . . 2143
Unterstück 1069
wobei sich also sowohl die Eizahlen als auch die Nadelzahlen wie rund
1:2:1 verhalten.
Zwischen Stangen- und Altholz scheinen die Weibchen bei der
Eiablage keinen Unterschied zu machen. Dagegen meiden sie junge
1) „Daß sich die Eiablage nicht ausschließlich auf die morphologische Unter-
seite der Nadel beschränkt — wie an manchen Stellen in der Literatur behauptet
wird — kann man der Tatsache entnehmen, daß zahlreiche Eiablagen der Eule auf
der durch Wuchsverkrümmung dem Erdboden in der Wachstumsperiode des Vor-
jahres nachträglich zugewendeten Nadeloberfläche gefunden wurden" (Walter).
Bevorzugung der runden oder der flachen Seite der Nadel bei der Ablage der Eier
konnte auch Sachtleben nicht feststellen. Von 436 Eigelegen fand er 222 aut
der runden, 215 auf der flachen Nadelseite.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
639
Kulturen vollständig, auch wenn ringsherum alles kahlgefressen ist.
Sie legen dann ihre Eier lieber an die kahlen Stangen- und Althölzer als
an benachbarte grüne Kusseln oder junge Kulturen (Wolf f- Krau ß e).
Abgesehen von anhaltend extrem hoher Luftfeuchtigkeit (ioqo/o) sind
die Eier gegen sonstige Witterungseinflüsse sehr wider-
standsfähig. Im Einzelnen wird hierauf im epidemiologischen Teil noch
eingegangen werden.
Auf die Dauer des Eistadiums haben die klimatischen Faktoren
ganz wesentlichen Einfluß. Schon Ratzeburg (F. 172) berichtet, daß die
Räupchen im Zimmer 4 Wochen früher schlüpften als im Freien, da der
A B
Abb. 523. Zellenförmige Eigelege der Kieferneule (B stark vergr.), erhalten im
Zwinger (in der Natur sind die Eizellen meist wesentlich kleiner).
April und zum Teil auch noch der Mai des betreffenden Jahres sehr un-
freundlich gewesen waren.
Von K. Eckstein (I.e.) liegen folgende Beobachtungen über die Dauer
der Embryonal entwicklung vor:
1. Aus 32 Eiablagen, erhalten in der Zeit vom i. April bis 7. Mai, schlüpften
die ersten Räupchen nach 11 — 28 Tagen, im Mittel nach 20 Tagen. Auffallenderweise
benötigten die im Mai abgelegten Eier mit 22, 24 und 26 Entwicklungstagen etwa
ebensoviel Zeit wie die Eier aus den ersten Apriltagen mit 28-, 27-, 26- und 25tägiget
Entwicklungsdauer, während die Eier vom 20. — 23. April nur 11 — 13 Tage brauchten,
um Raupen zu liefern.
2. 58 Eiablagen von je i Tag, die in der Zeit vom i. bis 7. April gewonnen
wurden, lieferten die ersten Räupchen frühestens nach 14, spätestens nach 31 Tagen,
im Mittel nach 28 Tagen.
640
II. Spezieller Teil.
Die hier mitgeteilten Zahlen bezüglich der Entwicklungsdauer lassen sich im
allgemeinen gut mit den damals herrschenden Temperaturverhältnissen in Einklang
bringen: i. — 7. April hohe Temperatur (von 4,6 bis 11 "j, vom 8. — 17. April tiefe
Temperatur ( — 1,5 bis 3,9°), vom 18. April bis 5. Mai wieder hohe Temperatur (von
4,5 bis 19,20), dann wieder eine längere Periode von relativ tiefen Temperaturen.
Am 2. Mai (16,6"), dem 8 Tage mit hohen und sehr hohen Temperaturen voraus-
gegangen waren, setzte aus den vom 4. — 20. April abgesetzten Eiablagen ein Massen-
schlüpfen ein. Es scheint danach, daß die Embryonalentwicklung der in der ersten
Hälfte des Monats April (bzw.
4. — 16. April) gelegten Eier durch
die niederen Temperaturen (teil-
weise sogar Minus) zurückgehal-
ten wurde, so daß sie nicht eher
beendet war, als bei den 14 Tage
später abgesetzten Eiern. Mög-
licherweise bleibt auch das Räup-
chen bei niederen Temperaturen
vollkommen entwickelt in der Ei-
schale, bis es, durch günstige Wit-
terung beeinflußt, die Eischale
durchnagt.
Auffallend ist allerdings,
daß verschiedentlich auch die
Eier ein und desselben Geleges
^ ma beträchtliche Differenzen auf-
"«^IHH^ W weisen können. So ist im E c k -
ÄOTa^Pr mt st einschen Versuch von einem
•*MK^ fjE Eigelege das i. Räupchen nach 14,
das 2. nach 19, das 3. nach 23,
das 4. nach 24 und das 5. gar erst
nach 27 Tagen ausgekommen. Wor-
auf diese Unterschiede beruhen,
wissen wir nicht.
In Sachtlebens Zuchten
(im Freien) schwankte die
Dauer der Embryonalentwick-
lung von 26 — 27 Tagen (bei
Eiern vom 16. April), bis zu
9 Tagen (Eier vom 14. Mai).
Genauere Daten über die Abhängigkeit der Entwicklungs-
dauer des Eies von den Hauptwitterungsfaktoren, der Tem-
peratur und Luftfeuchtigkeit, sind Zwölfers Untersuchungsergebnissen zu
entnehmen. Seine Resultate beziehen sich zwar auf Versuche über die Ei-
entwicklungsdauer bei konstanten Temperaturen, doch wurden die hieraus
abgeleiteten Schlußfolgerungen, denen rund 2700 Einzelbeobachtungen zu-
grunde liegen, durch einen Kontrollversuch mit wechselnden Temperaturen,
ebenso durch Freilandbeobachtungen von Meyer weitgehend bestätigt.
Aus diesen Versuchen geht zunächst hervor, daß die untere Grenze
der für die Eientwicklung wirksamen Temperaturen bei
einem Wert zwischen 40 — 8^ C liegt — ähnlich wie dies auch schon
für die früher geschilderten Lebensäußerungen der Kieferneule gilt: kon-
stanter Aufenthalt der Eier durch 4I/2 Monate hindurch bei einer Tem-
peratur von 40 hat — gleichviel mit welcher Luftfeuchtigkeit sie kombiniert
Abb. 524. Abnorme Eiablagen der Forleule bei
feuchtigkeitsgesättigter Atmosphäre abgesetzt.
Nach Zwölfer.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae ( Eulen j.
641
wird — deren allmähliches Absterben zur Folge, ohne daß ein einziges Ei
zum Schlüpfen gelangt. Demgegenüber schlüpfte bei Temperaturen von 8 '^
ein relativ hoher, von den betreffenden Feuchtigkeitskombinationen ab-
hängiger Prozentsatz im Durchschnitt nach 47,8 Tagen.
Die relative Luftfeuchtigkeit hat mit verschiedenen Tempera-
turen verbunden, nur auf die Lebensfähigkeit der Eier einen er-
heblichen Einfluß, dagegen konnte eine auffällige Wirkung derselben
auf die Entwicklungsdauer der Eier, wie das bei einigen anderen
Insekten beobachtet worden ist, für das Kieferneulenei nicht festgestellt
werden. Seine Entwicklungsdauer scheint allein durch die Temperatur
ausschlaggebend bestimmt zu werden. Im übrigen zeigen die Versuche, daß
die Variationsbreite der Entwicklungsdauer bei den tieferen Temperaturen
(8 0) erheblich größer ist als bei den höheren (22 — 28 o). Dies gilt selbst
für ein und dasselbe Gelege, also für Geschwistereier: Während in den
oberen Temperaturstufen das Schlüpfen der Eier eines Geleges fast stets
innerhalb eines Tages erfolgte, lag es bei der Temperatur von 8 0 C häufig
mehrere Tage auseinander. (Vergleiche hierzu die oben mitgeteilte Beob-
achtung von Eckstein.) Nach Zwölfer hängt diese Erscheinung ver-
mutlich mit der sehr verminderten x^ktivität der Eiraupen bei niederen
Temperaturen zusammen.
Die folgende Tabelle enthält die Minimal-, Mittel- und Maximalwerte
für die Entwicklungsdauer des Forleuleneies bei verschiedenen Tempera-
turen zwischen 40 — 28 0 C. Da sich kein nennenswerter Einfluß der Luft-
feuchtigkeitsverhältnisse auf die Entwicklungsdauer der Eier feststellen ließ,
sind in derselben die Beobachtungen bei verschiedener r. L. F. und gleicher
Temperatur zusammengefaßt. Als kürzeste Entwicklungsdauer ergab sich
im übrigen bei 28 0 5 Tage, als längste wurden bei 8° 50,5 Tage beobachtet.
Entwicklungsdauer des Eies von P. flammen Schiff, in Tae;en.
Teniperaturstufe in » C
4"
8»
140
18«
22"
26 0
28 0
-
41,5
47,8
50,5
145
17,0
19,5
9,5
II, I
12,5
6,5
7,5
9,5
6,5
6,8
8,5
5
5,7
7,5
Mittel
Maximum
Beobachtete Anzahl geschlüpfter Eier
—
572
698
870
623
18
49
Eine rechnerische Verknüpfung der Mittelwerte dieser Zahlen unter
Zugrundelegung der Blunck-Bodenheimerschen Wärmesummenregel^)
für die Entwicklungsdauer und der Formel T (t — to) = k, in welch letzterer
T die Entwicklungszeit, t die jeweils herrschende Temperatur, to und k zwei
artspezifische Konstanten vorstellen, ergibt für die letzteren Werte von
to = 6,i und k = i25. to wird in der obigen Formel als Entwicklungsnull-
punkt definiert. Er wäre demnach 6,1 0 C. Die Konstante k= 125 stellt die
Thermalkonstante, gleichsam die zur Entwicklung erforderliche Wärme-
summe vor. Die Blunck-Bodenheimersche Gleichung zur Berechnung der
Entwicklungsdauer des Kieferneuleneies bei konstanten Temperaturen würde
demnach die Form haben:
T(t-6,i) = i25.
ij Vgl. hierzu S. 55 ff.
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 41
642
II. Spezieller Teil.
Die Hyperbel Abb. 525 gibt die bildliche Darstellung dieser Gleichung.
In ihr sind gleichzeitig die beobachteten Mittelwerte der Entwicklungs-
zeiten (Kreise) und die festgestellten Variationsbreiten (dick ausgezogen)
eingezeichnet. Mit Hilfe der Hyperbel ist es möglich für bestimmte Tem-
peraturen die zugehörige Entwicklungsdauer des Eies in Tagen einigermaßen
25
55
60 65 70 rage
Entwick/ungsdauer
Abb. 525. Beobachtete Entwicklungsdauer der Eier der Forleule bei verschiedenen
Temperaturen und theoretische Entwicklungsdauerhyperbel. Nach Zwölfer.
genau der Abbildung zu entnehmen. Rechnerisch kann dies mit der oben
mitgeteilten Formel geschehen. Gröbere Fehler ergeben sich dabei nur für
die extrem niederen Temperaturen (und wohl auch für extrem hohe über
28 f') — ein Umstand, der mit einer gev/issen UnvoUkommenheit der Hy-
perbelgleichung als mathematischer Ausdruck der Entwicklungsdauer von
Insekten zusammenhängt. Immerhin nähern sich innerhalb eines vitalen
Temperaturbereiches die errechneten bzw. graphisch bestimmten Werte recht
gut den beobachteten und sind praktisch verwendbar, wie dies auch die
folgende Zusammenstellung erkennen läßt:
Errechnete und beobachtete Entwicklungsdauer des Eies
von P. flammea Schiff, in Tagen.
Temperatur
8"
26 o 28 0
errechnet für to = 6,l und k
beobachteter Mittelwert . .
I25
66
47,8
5,8
7,0
10-5
7,8
7,5
6,2
6,8
5,7
5,7
Ein Kontrollversuch, in welchem die Eier bis zum Schlüpfen ab-
wechselnd Temperaturen von 14 0 und 22 '^ C ausgesetzt wurden, gibt eine
gewisse Bestätigung der Richtigkeit der Wärmesummenregel, — zum min-
desten für diesen Temperaturbereich. Die bei dem betreffenden Versuch
beobachteten Entwicklungszeiten lieferten bei Berücksichtigung der wech-
selnden Temperaturen für die Gesamtentwicklung einen Wert der Thermal-
konstante von k == 117. Derselbe nähert sich gut dem oben mitgeteilten aus
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen'i.
643
einer großen Zahl von Beobachtungen errechneten Mittelwert von k = 125.
Allerdings ist dabei eine auf die Stunde genaue Bestimmung der Wirkungs-
dauer der beiden Temperaturstufen in Rechnung gestellt. Wollte man, so
folgert Zwölfer in Übereinstimmung mit Shelford, im Freiland mit
seinen stark schwankenden Wärmeverhältnissen die Entwicklungsdauer ge-
nau bestimmen, dann müßten die Temperaturablesungen am Aufenthaltsort
der Eier sich im Abstand von wenigen Stunden ununterbrochen folgen.
Die einfachen Mittelwerte der Tagestemperaturen geben — auch wenn sie
aus täglichem Maximum und Minimum berechnet sind — ■ keine richtige
Vorstellung der wirksamen Wärmegrade, wie sie für eine genaue Bestim-
m.ung oder Voraussage der Entwicklungsdauer erforderlich wäre. Immerhin
kann mit Hilfe der Tagesmittel, sofern sie am Aufenthaltsort der Eier be-
stimmt sind, in einem für praktische Zwecke voraussichtlich genügenden
Genauigkeitsgrad die Dauer der Eientwicklung ermittelt werden. Letzteres
zeigt sich beim Vergleich der Zwölferschen Ergebnisse mit den Frei-
landbeobachtungen von Meyer, nach denen die Eier im Freien bei
einer Mitteltemperatur von 16,1 *^ C rund 13 Tage und bei einer Mitteltem-
peratur von 10,50 c rund 20 Tage zur Entwicklung brauchten.
Bionomie der Raupe.
I. Stadium (Eiraupe). Das Eiräupchen verläßt das Ei durch ein
Schlüpfloch, das sowohl in Form und Größe wie auch in der Lage außer-
ordentlich verschieden ist. Das kleine Räupchen überrascht vor allem durch
sein „Spannen" (siehe oben bei der Beschreibung). ,,Wäre ich nicht fest
überzeugt gewesen", schreibt Ratzeburg, „daß nur Eulenpuppen in den
Kasten gekommen waren, so hätte ich geglaubt, junge Raupen des Kiefern-
spanners vor mir zu haben." Ferner zeichnen sich die jungen Raupen auch
noch durch ihr großes Spinn vermögen aus, das ihnen ermöglicht, bei
Beunruhigung sich schleunigst an den Spinnfäden aus der Krone herabzu-
lassen auf untere Äste oder auf den Boden. Im letz-
ten Fall versuchen sie sofort wieder aufzubäumen,
wobei allerdings viele ihr Ziel nicht mehr erreichen
mögen und zugrunde gehen. Ratzeburg schreibt
der jungen Eulenraupe eine „nicht gerade große
Beweglichkeit" zu, ja, er zählt sie sogar zu den
„trägsten Raupen", die „nur von den Spannern und
den kleinsten Raupen übertroffen werden", was
aber nach unseren Beobachtungen nicht zutrifft.
Auffallend ist die große Empfindlichkeit
der Eiraupe; geht sie doch oft schon nach einer
leisen Berührung mit der Hand zugrunde. Auf
diese große Hinfälligkeit der Eiraupe wird im
einzelnen im epidemiologischen Teil noch näher ein-
gegangen werden 1).
Häufig beobachten wir eine eigentümliche Be- ,, , ^ -c- ,
, -r^. .. , ,. , . , 1 , n •■^hb. s26. Eiraupe der
wegung des Eiraupchens, die dann besteht, daß Forleule in Kältestarre
es sich mit den Nachschiebern und den drei letzten Nach Zwölfer.
i) Mit auf dieser Hinfälligkeit beruht auch die Schwierigkeit der Zucht der Ei-
raupen, worauf schon Kob (17861 und viele spätere Autoren hingewiesen haben.
41*
644 II. Spezieller Teil.
Fußpaaren festhält und mit dem Vorderteil lebhaft in der Luft herum-
schlägt (wohl Suchreflex). Eine ähnliche Stellung nimmt das Eiräupchen
vielfach im Zustande der Kältestarre ein (Abb. 526): Es haftet mit den Nach-
schiebern an der Unterlage, auf welche auch die letzten Abdominalsegmente
eng angeschmiegt sind, während der Vorderkörper schräg nach vorne er-
hoben in bewegungslosem Zustande verharrt (Zwölfer).
Das junge Räupchen, das außerordentlich photophil ist und schon auf
die schwächsten Lichtreize positiv reagiert (Zwölfer), wandert bald zu
dem Maitrieb, wo es seine Nahrung findet, denn als solche dienen
ihm vor allem die jungen Nadeln i). Schon Ratzeburg (F. 172) hat darauf
aufmerksam gemacht, daß die Ernährungsweise der Eiraupe von der der
älteren Stadien wesentlich abweicht, indem sich die Eiräupchen „durch die
roten Ausschlagschuppen bis zur Scheide der jungen Nadeln durchfressen
und oft so tief darinstecken, daß man sie gar nicht mehr bemerkt", während
die älteren Raupen die alten Nadeln von außen her befressen. i\uch nachher
(W. 154) weist er wieder darauf hin, daß „das Wichtigste und Eigentüm-
lichste immer das Einbohren der jungen Räupchen in die weichen Maitriebe
bleibt". Während spätere Autoren diese Beobachtung Ratzebu rgs be-
stritten haben (Altum, Nitsche), wurden sie durch Beobachtungen in
neuerer Zeit in vollem Umfang bestätigt. Alle neueren Autoren stim-
men darin überein, daß das Eiräupchen bis zur ersten Häu-
tung auf den jungen Maitrieb als Nahrung angewiesen ist 2).
Wolff und Krauße geben an, daß mindestens der Spitzenteil der
jungen Nadel, eventuell noch mit der umgebenden Scheide schon frei stehen
muß ; dagegen zeigten die Zwingerversuche Sachtlebens, daß das Ei-
räupchen befähigt ist, die Maitriebe schon im früheren Zustand, in dem die
jungen Nadeln mit ihrer Scheide sich noch kaum von den Knospen abheben,
anzunehmen. Die Räupchen bohren sich in solche Knospen ein und fressen
diese von innen her mehr oder weniger aus. Bisweilen werden zuerst die
Hüllblätter und dann erst die jungen Nadeln gefressen. Die Einbohrlöcher
sitzen bald an der Spitze bald der Basis genähert; die Zahl derselben kann
bis drei betragen. Meist wird die untere zarte Hälfte der Nadel ausge-
fressen, so daß die Spitzenhälfte in der Scheide stecken bleibt und später
abfällt (Abb. 527).
Wenn der Maitrieb sich streckt, wird auch dessen grüne saftige
Rinde angegangen, aus der größere oder kleinere Plätze herausgefressen
werden. Die befressenen Stellen werden grindig (ähnlich wie bei Hyiobius-
fraß) und bald verwelken die ganzen Triebe. Das Absterben der Triebe
kann übrigens schon allein durch das Anbohren der jungen Nadeln herbei-
1) Die verlassene Eischale wird von den frischgeschlüpften Raupen nur dann
befressen, wenn keine andere Nahrung zur Verfügung steht (Zwingerversuch Sacht-
lebens).
2) Nach Sachtleben vermögen ältere Eiräupchen allerdings kurz vor der
ersten Häutung in vereinzelten Fällen vorjährige Kiefernnadeln zu befressen. Doch
erreichten von den 578 Eiraupen, die, nachdem sie zuerst mit Knospen gefüttert
waren, vorjährige Nadeln erhielten, nur noch 15 das III. Stadium, und auch diese
starben sämtlich vor der 3. Häutung ab. Nach Hilf und Witt ich (1924) sollen die
Eiräupchen überhaupt auch vorjährige Nadeln befressen, wenn die Maitriebe noch
nicht genügend entwickelt sind; mit dieser Anschauung stehen die beiden letzteren
Autoren aber ziemlich isoliert da.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen;
645
geführt werden, da auch bei diesen Verletzungen der Saft tropfenweise
austritt 1).
Auch Zwölfer erwähnt, daß sowohl das I. wie das II. Raupenstadium
in seiner Ernährung auf Maitriebe angewiesen ist und zwar „dürfen die-
D E F
Abb. 527. Triebentwicklung und Fraß junger Kieferneulenraupen. Die Knospen im
Zustand A werden von den Räupchen noch nicht angenommen, dagegen werden sie
bereits im Zustand, wie er unter B und C abgebildet ist, befallen. Bei D hat die
Raupe die Hüllblätter aufgerissen, um zu den darunter liegenden Nadeln zu ge-
langen. E und F zeigen die Einbohrlöcher zum Minierfraß, C Längsschnitt, auf
dem der Fraß im Innern zu sehen ist. Nach Sacht leben.
1) Eckstein und Sachtleben haben beobachtet, daß die Eiräupchen auch
für männliche Blüten große Vorliebe zeigen, ja, letzterer hat in Zwinger-
versuchen sogar festgestellt, daß bei gleichzeitiger Darreichung von Blüten und Mai-
trieben stets die ersteren stark bevorzugt wurden. Eckstein wirft die Frage auf,
ob die Eiräupchen vielleicht zuerst an die männlichen Blüten und dann erst an die
Maitriebe gehen? Demgegenüber betont Sachtleben, daß die Maitriebe wohl
meist früher einen dem Räupchen zusagenden Zustand erreichen als die männlichen
Blüten.
646
II. Spezieller Teil.
selben einen gewissen Entwicklungszustand nicht überschritten haben. Wenn
die Achse der Maitriebe zu verholzen beginnt und die Nadeln von der Basis
an gemessen, eine Länge von ungefähr i8 — 20 mm erreicht haben, kommen
sie zum mindesten für die Eiraupe als Futter kaum noch in Frage": In
Zuchtversuchen bei konstanten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhält-
nissen konnten im Mai mit jungen Trieben bzw. geschälten Knospen 60 — 70 0/0
und darüber von den schlüpfenden Raupen bis zur ersten Häutung gebracht
werden, Avährend unter ähnlich günstigen Temperatur- Feuchtigkeitsbedin-
gungen im Juni mit einem Futter, das aus Maitrieben in einem fortge-
schrittenen Entwicklungszustand bestand, die Sterblichkeit der Eiraupen
80— 100 0/0 erreichte.
Tp.
28
26
2t
22
20
18
16
12
10
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•. V
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V)
012396678 97äge
m/W. Lebensdauer
Abb. 528. Mittlere Lebensdauer frisch geschlüpfter Eiraupen der Forleule im
Hungerversuch. ( : bei looo'o rel. Luftfeuchtigkeit; : bei "j^ — 78o'o rel.
Luftfeuchtigkeit; : bei ca. 50/0 rel. Luftfeuchtigkeit). Nach Zwölfer.
Auf Grund dieser Beobachtungen vermutet Zwölfer, daß in der Natur
bei rascher Entwicklung der Maitriebe ein Teil derselben den Eiraupen
„entwächst" und diese, soweit es sich um spätgeborene Exemplare handelt,
die von Faltern abstammen, welche Ende Mai bis Anfang Juni schlüpften,
schwerlich ihr erstes Häutungsstadium erreichen werden. Es ist nach dem
genannten Autor sehr wohl denkbar, daß „das unterschiedliche Verhalten
der Kiefernstangen- und Althölzer i), von denen die ersteren zu Beginn einer
Kalamität meist einen erheblich stärkeren Befall aufweisen, zum Teil mit
dieser Erscheinung in Zusammenhang steht". Allerdings müßte hierzu noch
1) Näheres hierüber S. 666 ff.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
647
der Nachweis erbracht werden, daß die Maitriebe der Althölzer normaler-
weise rascher „ausreifen" als jene der Stangenhölzer.
Im Zusammenhang mit all diesen Fragen ist auch das Hungerver-
mögen der Eiraupen von großer Bedeutung. Nach Wolff-Krauße
können die Eiräupchen höchstens 3 — 4, nach Sachtleben (1927 S. 469) nur
in seltenen Ausnahmefällen bis 6 Tage hungern. Zwölfer stellte auch hier-
über eine Reihe von Versuchen an, deren Ergebnisse erkennen lassen, daß
sowohl Temperatur als auch Luftfeuchtigkeit einen erheblichen Einfluß auf
die Lebensdauer frisch geschlüpfter, hungernder Eiraupen besitzen. Die
folgende Zahlenzusammenstellung ist seinen Angaben entnommen. Jedem
Einzelversuch liegen die Beobachtungen von 50 frischgeschlüpften Eiraupen
zugrunde. Abb. 528 stellt die ermittelten Lebensdauerwerte hungernder Ei-
raupen graphisch dar.
Lebensdauer frisch geschlüpfter hungernder Eiraupen in Tagen
bei verschiedenen Temperaturluftfeuchtigkeitskombinationen:
Temperatur
80
R. Luftfeuchtigkeit
[oo7„
787o S%
ioo7o
787o
5 7„
100»/, I 767o
57o
Minimum
Mittel .
Maximum
4
8,2
[3
3
7,1
4
4,9
9
2
3,0
6
2
4,5
1,5
3,5
4
2,1
4
Temperatur
180
22»
28"
R. Luftfeuchtigkeit . .
ioo7„
757o
57o
ioo7o
757o
5%
lOoVn
737o
57o
Minimum
Mittel
Maximum
1,5
2,5
5
1,5
2,2
4
0,5
0,7
1,5
1,0
2,4
3
0,5
1,4
2,5
0,5
1,2
0,5
0,9
1,5
0,5
0,6
1,5
0,5
0,5
1,5
Tabelle und Abbildung lassen eine deutliche lebensverkürzende Wir-
kung höherer Temperaturen und niederer Luftfeuchtigkeitsgrade erkennen.
Stets sind es Luftfeuchtigkeitswerte von 100 0/0, welche in den einzelnen
Temperaturstufen mit der längsten Lebensdauer Hand in Hand gehen. Die
Raupen sind gegenüber hoher Luftfeuchtigkeit im übrigen weniger empfind-
lich als das Ei und Imaginal Stadium, worauf im epidemiologischen Teil
noch näher eingegangen werden wird. Als längste Lebensdauer wurden
13 Tage bei einer Temperatur von 40 C beobachtet.
„Berücksichtigt man", so schließt Zwölfer, „daß es im Freien gerade
niedrige Temperaturen sind, die einen hemmenden Einfluß auf das Wachs-
tum der Kiefernknospen ausüben, daß ferner eben diese Temperaturstufen
auch das Schlüpfen der Falter, die Eiablage sowie die Entwicklungsdauer
der Eier außerordentlich verzögern, und stellt man endlich noch das relativ
lange Hungervermögen geschlüpfter Eiraupen bei niederen Temperaturen in
Rechnung, dann erscheint die Annahme von W o 1 f f und K r a u ß e äußerst un-
wahrscheinlich, derzufolge in „normalen" Jahren die Mehrzahl der Eiraupen
durch vorzeitiges Schlüpfen dem Hungertod erliegen sollen. Für vereinzelte
Exemplare mag dies immerhin zutreffen. Im großen und ganzen aber dürfte
die Entwicklung der Kiefernknospe auf der einen, die Eiablage und Eient-
wicklung auf der anderen Seite weitgehend parallel laufen," wie dies
648 II. Spezieller Teil.
übrigens auch aus Meyers Beobachtungen zu entnehmen ist. Auch letzterer
bemerkt, daß in seinem Beobachtungsgebiet die Triebentwicklung und das
Schlüpfen der Räupchen günstig zusammengetroffen sind.
II. bis V. Stadium. In Ecksteins Zuchten verlief die Weiterentwick-
lung der Raupen folgendermaßen: Die erste Häutung erfolgt frühestens
am 5., spätestens am 10., im Mittel am 7. Lebenstag. Die feste, kapselartige
Kopfhaut bricht von der Haut ab, letztere wird nach hinten abgestreift; fällt
die Kopfkapsel nicht ab und kann sich das Räupchen nicht von ihr befreien,
dann stirbt es. Die abgestreifte Haut wird zuweilen verzehrt.
Vor der ersten Häutung ist die Raupe fast 6mm lang geworden;
kurz vor dieser zieht sie sich etwas zusammen ohne zu fressen. Am Tage
nach derselben hat sie sich gestreckt und mißt 8 mm. Der Fraß wird
stärker: typischer Löcherfraß, der die Hüllblätter durchbohrt oder die
länger gewordenen grünen Spitzen erfaßt: Zwischen 2 und 11 Löcher, im
Mittel 6 Löcher, frißt die Raupe bis zur zweiten Häutung, manche versucht
sich auch an der Kante einer jungen Nadel, andere zehren sie auf, oder drin-
gen in den Trieb ein, der vielleicht noch von den kurzen, dicht stehenden
Nadeln überlagert ist. Auch die braunen Hüllblätter werden befressen;
Nadelspitzen werden abgebissen. Doch ist der ältere Einhäuter nach Sacht -
leben ausnahmsweise auch imstande, vorjährige Nadeln zu befressen.
Die zweite Häutung geht in seltenen Fällen schon nach 3 Tagen
vor sich, zieht sich auch bis zum 9. Tage hin; im Mittel wurden 6 Tage
festgestellt. Vorher waren die Raupen 8 — 13, im Mittel 10,4 mm lang ge-
worden, nachher sind sie zwischen 11 und 14,5, im Mittel 12,5 mm lang. In
diesem Alter beginnt allgemein der Fraß an der Nadelkante vorjähriger
Nadeln (manche fressen auch noch Löcher).
Die dritte Häutung erfolgt am 4. oder 5. Tage nach der zweiten.
Die Raupe ist von 12,5 auf 19 mm herangewachsen. Der Nadelfraß beginnt
allgemein. Die alten Nadeln werden von der Spitze mehr oder weniger
weiti), oft bis in die Scheide aufgefressen. An den Nadelstümpfen fällt der
glatte, scharfe Schnitt auf, ferner ein starker Harzausfluß, der das Stumpf-
ende bedeckt.
Die vierte Häutung erfolgt am 5. oder 6. Tage, manchmal schon
am 4. oder erst am 7. Tage nach der dritten. Die Raupe ist nun 27 bis
35 mm, im Mittel 29 mm lang.
Nach der vierten Häutung dauert es im Mittel noch 11 Tage bis sie
zur Verpuppung in den Boden geht; sie nimmt in dieser Zeit bedeutend zu
und erreicht im Mittel eine Länge von 40 mm. Unter der Bodenstreu dauert
es noch 3 — 5 Tage, bis sie sich zur Puppe häutet".
Ausnahmsweise kommt auch eine fünfte Häutung vor, wenn nämlich
nach Zurückbleiben im Wachstum infolge irgend welcher Störungen des
Gesundheitszustandes die wiedergesundete Raupe längere Zeit braucht, sich
zur Verpuppung vorzubereiten, und bei nun wieder stärkerer Körperzunahme
die Haut zu eng wird (Eckstein).
Gesamtentwicklung. Die Raupenzeit vom Ausschlüpfen aus dem Ei
bis zur Verpuppung betrug also nach diesen Zwingerzuchten im Durchschnitt
^) In seltenen Fällen beginnt die Raupe mit ihrem Fraß in der Mitte der
Nadel, diese von der Kante her anfressend, bis die Nadel an dieser Stelle durch-
nagt ist; der Spitzenteil fällt dann zu Boden, der basale Teil wird nach dem Ast
zu wie üblich aufgefressen.
II. Unterordnung: Macrolepicloptera. Familie Noctuidae (Eulen).
649
39 Tage, wovon auf das letzte Stadium (nach der 4. Häutung) die längste
Zeit entfiel.
Wie sehr aber die Entwicklungsdauer der Eule von dem Klimafaktor
Temperatur abhängig ist, zeigen uns deutlich die eingehenden experi-
mentellen Untersuchungen, die Zwölfer außer für das Eistadium
auch für die Larvenstadien der Kieferneule mit konstanten Versuchs-
bedingungen durchgeführt hat. Seine Ergebnisse, die auf rund 3700
Einzelbeobachtungen fußen, sind in der folgenden Zusammenstellung ent-
halten. Gut studiert sind darin die Daten für Ei, Larve I, Larve II und
Larve IIL Für Larve IV und V beruhen die Angaben auf Beobachtungen
an einigen wenigen Tieren. Diese Werte sind nach Angabe des genannten
Autors revisionsbedürftig. (Doch sie sind in dieser Zusammenstellung auf-
genommen und in der Kurvenschar Abb. 529 mit benutzt, da sie immerhin
.gewisse Anhaltspunkte geben.)
Entwicklungsdauer der Kieferneule
von der Ablage des Eies bis zum verpuppungsreif en Larvenstadium in Tagen.
Gesamtentwicklun
dauer
gs-
8« C
10" C
i4"C
i6«C
180C
20OC
22° C
24 »C
28°C
Ei
Larve I
47,8
25>5
32
20,8
17,6
12,2
12,6
10,3
II, I
9,8
9,0
7,7
7,5
6,3
7,0
6,1
5-7
4,8
Ei + Larve I . , . .
Larve II .
73,5
20
52,8
13,5
29,8
8,3
22,9
6,3
20,9
5,8
16,7
5,2
13,8
4,5
13,1
4,2
10,5
3,7
Ei + Larve I + L
Larve III . . .
II .
93,3
15,3
66,3
10,9
38,1
6,9
29,2
5,9
26,7
4,9
21,9
4,6
18,3
4,1
^7,3
3,7
14,2
3,0
Ei . LI-f-LII + I
Larve IV .
III
108,6
15,3
77,2
10,9
45,0
6,9
35,1
5,9
31,6
4,9
26,5
4,6
22,4
4,1
21,0
3,7
3,0
Ei + LI-^LII-f L
+ L IV . . .
Larve V . . .
III
1 23,9
23,0
88,1
15,3
51,9
9,2
41,0
7}7
36,5
6,6
31,1
5,8
26,5
5,0
24-7
4,6
20,2
3,8
Ei + LI-f-LII + L
-f L IV + L \-
III
146,9
103,4
61,1
48,7
43,1
36,9
31,5
29,3
24,0
Werden die Gesamtentwicklungsdauerwerte dieser Tabelle, die teils
empirisch festgestellte Mittelwerte sind, teils durch Interpolation gefunden
wurden^), in ein Koordinatensystem eingetragen, dessen Abszisse die Ent-
wicklungsdauer, dessen Ordinate ferner die jeweilige Temperatur angibt, und
verbindet man zwanglos die zueinandergehörigen Punkte, so erhält man eine
Kurvenschar, wie sie in Abb. 529 dargestellt ist. Die Einzelkurven, die an
flache logarithmische Kurven erinnern, weisen in ihrer zwanglosen Verlänge-
rung sämtlich auf einen Wert hin, der zwischen 40 — S*^ C, genauer zwischen
40 — 60 C liegt. Eine entsprechende Parallele zur Abszisse würde als Asymp-
tote der Kurvenschar in Erscheinung treten. Letzteres bedeutet, daß bei
diesen Temperaturen die Entwicklungsdauer unendlich lang währt, mit
anderen Worten, daß auch für die Larvenentwicklung der entsprechende
Temperaturgrenzwert als Entwicklungsnullpunkt anzusehen ist.
1) Über Einzelheiten der hierbei angewendeten Methode sei auf die Original-
arbeit verwiesen.
650
II. Spezieller Teil.
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E+I+ff+ia*W+V
II. Unterordnung: Macrolepicloptera. Familie Noctuidae (Eulen). 651
Natürlich ließe sich wie für die Eientwicklung die Wärmesummenregel
auch für die Entwicklungsdauer der Larven in Anwendung bringen. Werden
beispielsweise die oben mitgeteilten Werte der Gesamtentwicklungsdauer von
der Ablage des Eies bis zur Erreichung des verpuppungsreifen Larven-
zustandes nach der Formel T (t — tg) = k rechnerisch verknüpft, so ergibt
sich für k ein Wert von rund 565, für den Entwicklungsnullpunkt to ein
solcher von rund 4,6°. Die Formel für die Gesamtentwicklung der Kiefern-
eule von der Ablage des Eies bis zur verpuppungsreifen Larve würde dem-
nach lauten: T (t — • 4,6) = 565. In der Tat sind auch die mit Hilfe dieser
Formel errechneten Gesamtentwicklungszeiten praktisch bis zu einem ge-
wissen Grade brauchbar. In entsprechender Weise kann für die Entwick-
lungsdauer von Ei + Larve I, Ei -]- Larve I -|- 1 1 usw. eine Hyperbelgleichung
aufgestellt werden. Doch ergeben sich hierbei für die niederen Temperaturen
stets merkliche Abweichungen von den beobachteten Entwicklungsdauer-
werten, so daß im ganzen die in Abb. 529 niedergelegte, empirisch gewonnene
Kurvenschar eine bessere Möglichkeit darstellt, die Entwicklungszeiten der
einzelnen Stadien bei verschiedenen Temperaturen auf graphischem Wege
näherungsweise zu bestimmen.
Auffallend ist, daß die Gesamtentwicklungsdauer bis zur verpuppungs-
reifen Larve für den Entwicklungsnullpunkt einen Wert für to von 4,6° C
lieferte, während die Eientwicklung allein einen solchen von 6,1 0 C ergab.
Ob dieser geringen Verschiedenheit des Entwicklungsnullpunktes eine grund-
sätzliche Bedeutung zukommt, ob sie die Folge einer gewissen ünvoll-
kommenheit der Hyperbelgleichungen als mathematischen Ausdruck der Ent-
wicklungsdauer bei Insekten ist, oder ob unvermeidliche Fehler der Ver-
suchstechnik an ihr schuld sind, läßt sich einstweilen noch nicht entscheiden.
Zur praktischen Benutzung der Abb. 529 ist kurz folgendes zu sagen: E be-
deutet in ihr die Entwicklungsdauerkurve des Eies; E -|- I jene von der Ablage des
Eies bis zur ersten Häutung; E-j-I-f-H entsprechend bis zur zweiten Häutung usw...
E-|-I-|-II-j- Ill-f IV-j-V endlich stellt die Kurve der Entwicklungsdauer von der
Ablage des Eies bis zum verpuppungsreifen Zustand der Larve vor. — Soll bei-
spielsweise die Dauer der Entwicklung bei einer bestimmten Temperatur von der
Ablage des Eies bis zur II. Häutung festgestellt werden, dann ist lediglich erforder-
lich, vom betreffenden Temperaturpunkt der Ordinate aus eine Parallele zur Abszisse
bis zum Schnittpunkt mit der Kurve E-|-I-|-II zu ziehen. Der Schnittpunkt, auf
die Abszisse projeziert, ermöglicht die unmittelbare Ablesung der gesuchten Ent-
wicklungszeit. Wird statt dessen die Entwicklungsdauer eines bestimmten Larven-
stadiums allein bei einer gegebenen Temperatur gewünscht, etwa die Zeitdauer von
der I. bis zur II. Häutung bei 16" C, dann ist entsprechend zu verfahren, lediglich
mit dem Unterschied, daß nunmehr die Entfernung der beiden Schnittpunkte der
Parallele mit den Kurven E -j- I sowie E -(- I -|- II den gewünschten Wert ergibt.
Auf diese Weise läßt sich auf graphischem Wege die Entwicklungsdauer für jedes
beliebige Stadium von der Ablage des Eies bis zur Erreichung der Verpuppungs-
reife annähernd feststellen, mit einer für praktische Zwecke ausreichenden Genauig-
keit. Die Abweichungen von den beobachteten Werten betreffen in den allermeisten
Fällen nur Bruchteile eines Tages. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, daß die
Kurvenschar auf Grund von Mittelwerten aufgestellt worden ist. Die Variations-
breiten der Entwicklungszeit, die im übrigen bei niederen Temperaturen nicht nur
für das Ei, sondern auch für die Larven erheblich zunehmen, sind der Übersichtlich-
keit wegen aus dem Bild fortgelassen. Die Kurvenschar gibt also das Verhalten
der Hauptmasse der Eier bzw. Larven bezüglich der Entwicklungsdauer wieder,
auf die es ja in der Praxis allein ankommt.
652
II. Spezieller Teil.
Wie schon erwähnt, fußen die hier mitgeteilten Beobachtungen auf
Untersuchungen bei konstanter Temperatur. Ihre Übertragung auf die
schwankenden Wärmeverhältnisse des Freilandes ist nur bedingt zulässig.
11 12 13 Tage
Ehtwick/ungsdauer
Abb. 530. Einfluß der Luftfeuchtigkeit auf die Entwicklungsdauer der Lar\ e I bei
verschiedenen Temperaturen. Nach Zwölfer.
Tägliche Kot menge
in mg bei
22 °C
18°C
Eiraupen iHäuter- 2Mäuter-
Kotmenge bei 8 °C
OHäuter^
¥ftäuter=
Stadium
" 22°»
Abb. 531
Graphische Darstellung für die Abhängigkeit der Fraßtätigkeit ( Kot-
menge j von der Temperatur. Nach B e r w i g.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
653
Im einzelnen gelten hierfür die bereits oben bei Besprechung der Eient-
wicklung ausgeführten Überlegungen.
Was die Einwirkung der Luftfeuchtigkeit auf die Entwicklungsdauer
der Larven anbetrifft, so ergaben die Versuche Zwölfers eine geringe Be-
schleunigung mit zunehmender relativer Luftfeuchtigkeit. Die kürzeste Ent-
wicklungszeit wurde bei ein und derselben Temperatur stets beim Luft-
feuchtigkeitsextrem von loo o/o festgestellt (Abb. 530). Indessen kommt dieser
Erscheinung bei der Kieferneule keine grundsätzliche Bedeutung zu; sie be-
ruht sehr wahrscheinlich auf unvermeidlichen Fehlern der Versuchstechnik:
Der bessere Erhaltungszustand des Futters der Versuchstiere in der looo/o
Feuchtigkeitsstufe dürfte nach Ansicht des Genannten Anlaß zu der ge-
ringen Verkürzung der Entwicklungszeit in höheren Feuchtigkeitsstufen sein.
Nahrung, Verdauung usw. Über die Nahrungsmengen, die eine
Raupe verzehrt, hat K. Eckstein eine Reihe von Zählungen vorgenommen,
wonach der Bedarf in den 5 Tagen zwischen der 3. und 4. Häutung 31 Na-
deln, pro Tag also 6 Nadeln beträgt. Der Bedarf nimmt im letzten Stadium
(nach der 4. Häutung) wie bei allen Raupen beträchtlich zu und steigt bis
auf 18 Nadeln täglich. Während des ganzen Stadiums verzehrt sie durch-
schnittlich 192 Stück oder 5,38 m Nadeln (25—28 Nadeln entsprechen i m).
Über die Kotmengen, die eine Eulenraupe im Lauf ihres Lebens täg-
lich produziert, hat Berwig (1931) genaue Angaben gemacht. Er hat
jedes einzelne Stadium studiert, und zwar unter verschiedenen Temperaturen,
nämlich bei 8^, 18 0 und 22 0 C. Danach betrug
Die
tägliche Kotmenge einer
Eulenraupe.
Stadium
bei 80C
bei 180C
bei 22 »C
Eiraupe .
Einhäuter
mg
nicht wägbar
0,186
1,300
2,913
5,813
mg
nicht wägbar
0,582
4,500
16,100
79,000
mg
nicht wägbar
0,896
6,850
28,020
Vierhäuter
85,070
Man sieht aus dieser Tabelle und der gegebenen Kurve (Abb. 531),
welch ungeheueren Einfluß die Temperatur auf die Fraßtätigkeit der Raupe
ausübt. Die Berwigschen Resultate stehen damit in vollkommener Über-
einstimmung mit den oben mitgeteilten Ergebnissen Zwölfers über die
ungemein starke Entwicklungsbeschleunigung der Eulenraupe durch erhöhte
Temperaturen.
Nicht nur in dem Kotgewiclit, sondern auch in der Kotballengröße
drückt sich der Einfluß der verschiedenen Temperaturen sehr deutlich aus.
Die Kotballen der unter 8° C gehaltenen Raupen sind wesentlich kleiner
wie die unter 22 0 C gehaltenen, wie aus Abb. 532 deutlich hervorgeht.
Berwig hat auch eine Reihe von Versuchen über die sog. „Darm-
zeit" angestellt, d. h. darüber, wie lange die Nadeln im Darm der Eulen-
raupe verweilen. Er hat hierzu (mit Brillantcresylblau) gefärbtes Futter ver-
wandt und ebenfalls wieder mit verschiedenen Temperaturen gearbeitet; als
Versuchsobjekt dienten ältere Raupen (Vierhäuter).
654 n. Spezieller Teil.
Bei 24 "C betrug die Darmzeit im Durchschnitt 1^30
22 "C „ „ „ „ „ 2 h
,! 18 "C '! l l l l 2 h
. iS^C ., ,, „ „ „ 2h 30
,. 8"C „ 6h
Also auch in der Verdauungsgeschwindigkeit macht sich ein deutlicher
Einfluß der Temperatur bemerkbar. Wenn wir die „Darmzeit" anderer
Raupen mit den Berwigschen Zahlen vergleichen, so kommt der
Eulen raupe bez. der Schnelligkeit des Verdauungsprozesses
ein gewaltiger Vorsprung zu mit einer durchschnittlichen ..Darmzeit"
von 2 Stunden gegenüber z. B. dem Spanner, dessen Darmzeit nach
Rhumbler 5—7 Stunden, und der Nonne, deren Darmzeit nach Berwig
im Durchschnitt ca. 4 Stunden beträgt.
Zu welcher Tages- oder Nachtzeit üben die Eulen raupen
ihren Hauptfraß aus? Auch darüber hat Berwig Versuche angestellt,
indem er alle 2 Stunden (auch während der Nacht) Kotsammlungen gemacht
und nach Trocknung gewogen hat. Durch Abzug der „Darmzeit" konnte
dann die Hauptfraßzeit ermittelt werden (Abb. 533). Danach scheint die
Eule ziemlich gleichmäßig bei Tag und bei Nacht zu fressen,
^
«. «*
% ^ g
i
• i
Abb. 532. Kotballen der Forleulen-Raupe als Ein-, Zwei-, Drei- und Vierhäuter.
Oben bei 8 " C, unten bei 22° C. Nach Berwig.
im Gegensatz zum Spanner und zu der Nonne, deren Hauptfraßzeit in die
Nacht fällt. Als Hauptfraßstunden konnte Berwig (in Zimmerzuchten) bei
der Eule die Zeit von lo^o — iS^o und von 22^0 — 430 feststellen, während bei
der Nonne in den unter gleichen Bedingungen gehaltenen Zuchten die
Hauptfraßzeit zwischen 16 — 24 Uhr lag.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Euk
65r
Eine Bestätigung des Berwigschen Ergebnisses liefert auch der Frei-
landversuch Meyers, nach dem „zwischen den während der Nacht und des
Tages aufgenommenen Nahrungsmengen kein wesentlicher Unterschied be-
steht", und selbst „durch erhebliche Temperaturschwankungen (29,9'^ bis
17,20 c) die Fraßtätigkeit nicht wesentlich beeinflußt wird".
Kohin
mg
100
o30
Zeil- 1030
630
bis
830Uhr
/Co /-mengen in mg am t l^ersuc/is/sg
Ko/'m engen in mg am 2. ^ersuc/istag
Abb. 533. Graphische Darstellung der Hauptfraßstunden der Forleule durch Kot-
messung. Nach Berwig.
Nahrungspflanzen. Die normale Nahrungspflanze ist die gemeine
Kiefer (P. silvestris). In Zeiten der Massenvermehrung geht die Raupe
auch auf andere Pflanzen, die eingestreut oder als Unterwuchs in den
Kiefernbeständen vorhanden sind. So wurden Weymutskiefern völlig
kahlgefressen, ebenso Fichten- und Wacholderunterwuchs. Wolff
(1924c) berichtet einen Fall, in dem 20 — 3ojälirige Tannen als Unterholz
in einem etwa 83jährigen Kiefernbestand stark von der Eulenraupe be-
fressen wurden; es blieb kaum ein Exemplar vom Fraß verschont. Das
Fraßbild ist typisch folgendes: Die Kurztriebe des diesjährigen Triebes sind
überall restlos aufgefressen, ebenso meist die vorjährige Benadelung. Der
Fraß nimmt dann mit dem Alter der Nadeln ab. Dadurch kommt es. daß
die Tannen in der oberen Kronenhälfte lichtgefressen aussehen, während der
untere Kronenteil infolge seiner vorwiegend älteren Benadelung weniger mit-
genommen, meist sogar bis auf die Triebe der letzten zwei Jahre verschont
ist. Bemerkenswert war in diesem Falle, daß in diesem Revier der Fichten-
656 II. Spezieller Teil.
unterwuchs völlig verschont geblieben ist, so daß also die Tanne der Fichte
deutlich vorgezogen wird; das gleiche scheint auch für die Weymutskiefer
der Fall zu sein. Bouvier (1926) nennt ferner noch Lärche, Banks-
kiefer, Douglasie und Sitkafichte als gelegentliche Fraßpflanze
der Eulenraupen; im Zwinger nehmen sie auch Piniis laricio Poir., und
P. montana an (Sacht leben).
Außer Coniferen werden auch Laubhölzer von der Eulenraupe ange-
nommen : So können Eichen und Weiden stark bef ressen werden (bis zum
Kahlfraß!); auch an Birke ist die Raupe bei der letzten norddeutschen Kala-
mität nicht selten beobachtet worden, wobei der Fraß sich folgendermaßen
vollzog: Die Raupe beißt die Blattstiele dicht am Ansatz der Blattspreite durch,
so daß das Blatt zu Boden fällt. Die Blattstiele befrißt die Raupe dann
vom Stumpfende her ganz nach Art an den Kiefernnadeln. Ähnlich frißt die
Raupe auch am Graswuchs: auch hier beißt die Raupe den Halm in der
Nähe der Spitze durch und frißt ihn nun mit über die Schnittstelle ge-
beugtem Kopf — • also in der Fraßstellung, die sie auch an der Kiefer ein-
zunehmen pflegt — ein Stück herunter. (Wolf f, 1924.) Endlich wurde auch
Adlerfarn mehrfach bef ressen. (Nitsche.)
„Unverträglichkeit", Kannibalismus. Über die „Unverträglichkeit" der
Eulenraupen gibt Kob (1786) (zitiert nach Sachtleben) folgende sehr an-
sprechende Beschreibung: „Die Forlraupen sind nicht gesellschaftlich und
wenn man auch bisweilen, besonders junge noch beysamen sah, so war doch
unter ihnen beym geringsten Anlaß ein Schlagen mit dem halben Vorderleib
gegeneinander und die den stärksten Schlag bekam, fiel gleich ab. Die
größern, altern Raupen aber sind sehr empfindlich, und so zu sagen böß,
hauptsächlich im Walde, und nicht so sehr im Zimmer, wo sie bald zahmer
werden. Wenn zwoo Raupen ungefähr im hurtigen, muntern Gang zu-
sammentreffen, so schlagen sie gleich hefftig gegeneinander, bleiben so
dann beyde in einer entschlossenen, drohenden erwartenden Positur mit dem
halben Leib in der Höhe sitzen, und ein guter Physiognomist würde viel-
leicht manches in ihren Augen alsdann lesen, die ich selbst oft mit Ver-
wunderung betrachtete. Gemeiniglich giebt eine oder die andere Raupe nach,
und fällt oder spinnt sich herab, und räumt so fliehend das Feld. Wenn
die Raupen von Mucken, Spinnen, Ameissen, Ichneumons, Schlupffwespen
angegriffen werden, so wehren sie sich besonders gegen Ameissen und
Spinnen recht verzweiffeit, und wälzen sich mit dem Feind viertelstunden-
lang auf der Erde herum, wobey dieser offt verstümmelt und an Gliedern
gelähmt unterliegt."
Nicht nur bei der Abwehr von Parasiten, sondern auch im Verhalten der
Raupen eines Zuchtgefäßes untereinander hat Sachtleben ähnliche Kämpf e
wie Kob beobachten können. In zwei Fällen wurde sogar eine (lebende!)
Raupe von einem Zwingergenossen angefallen und zur Hälfte angefressen.
Auch wir haben die heftige Kampfeslust der Eulenraupen bei der Ab-
wehr von Calosoma beobachtet und die Kämpfe auch im Film festgehalten.
Zwölfer hat bei seinen Versuchen verschiedentlich wahrgenommen, daß
die Eiraupen, denen kein Futter zur Verfügung stand, schlupfreife Eier aus-
fraßen und selbst die eigenen bereits geschlüpften Artgenossen gelegentlich
nicht verschonten. Dies war vor allem in Versuchen mit geringer Luft-
feuchtigkeit der Fall, so daß die Vermutung nicht unberechtigt ist, diesen
Kannibalismus auf das Bedürfnis nach Feuchtigkeit zurückzuführen.
Escherich, Forstiiisektoi. III. Bd.
Tnfd XI
J
II. Unterordnung; JMacrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 657
Verpuppung. Wenn die Raupen ausgewachsen sind, durchschnittlich
II Tage nach der 4. Häutung (Ende Juni bis Ende Juli), begeben sie sich
von der Fraßpflanze herab in den Boden, um sich da zu verpuppen. Die
Art und Weise dieser Ortsveränderung ist verschieden: entweder wandern
die Raupen am Stamm herab oder sie lassen sich von den Ästen herabfallen,
oder sie gelangen spinnend auf den Boden. Meist unternehmen nach
Nitsche, Wolf f -Krau ße u. a. die am Boden angekommenen Raupen
noch eine kurze Wanderung, bevor sie sich einbohren (wohl um besonders
geeignete Verpuppungsplätze aufzusuchen). Es erklärt sich daraus ohne
weiteres, daß die Puppen durchaus nicht immer nur im Umkreis des
Stammes oder im Bereich der Krone, sondern über den ganzen Bestand ver-
streut zu finden sind. Bando (1850) beobachtete, daß sich die Raupen
vorzugsweise an solchen Stellen zusammenziehen, „an denen sich eine Schicht
Mulm aus noch nicht völlig verwesten, aber schon fast erdig gewordenen
vegetabilischen Substanzen, namentlich aus Holz und Nadeln gebildet hatte".
,,Hier lagen die Puppen dicht zusammengedrängt, nesterweise, während da-
neben, da wo Sand, selbst mit einer starken Moosschicht überzogen, sich
fand, wenig oder gar keine Puppen sich zeigten." Ähnliches wurde auch von
anderer Seite (Wo 1 f f - K rau ß e, Ratzeburg) beobachtet. Bando erklärt
die Vorliebe für Mulm aus dem größeren Wärmeschutz, den der Ilolzmulm
bietet 1).
Die verpuppungsreife Raupe wird fast überall gleichmäßig schmutzig-,
aber dunkler grün, so daß die weißen Streifen immer undeutlicher werden
und nur noch die schwarze Zeichnung deutlicher erhalten bleibt. ,,Sie zieht
sich etwas zusammen und liegt (im Zwinger) wurmförmig gekrümmt da. In
diesem Stadium kann die Raupe nicht mehr kriechen, sondern bewegt sich,
besonders wenn sie berührt wird, schnellend und schlängelnd fort." „Wurden
solche Raupen in Zuchtgefäßen, die mit Erde und auf dieser mit einer
dicken Streulage gefüllt waren, auf die Streu gelegt, so bohrten sie sich
meist augenblicklich in die Streu ein; nur wenige verweilten noch kurze
Zeit an der Streuoberfläche" (Sac ht leb en).
Während von einem Teil der Autoren angegeben wird, daß die Forl-
eule sich völlig ohne Gespinst im Boden verpuppt, sprechen andere
Autoren von einem, wenn auch schwachen Gespinst, das die Raupe vor der
Verpuppung fertigt, wie Kob („das lose dünne Gespinst, welches ganz zu
-Anfang über den Puppen gefunden wird"), Hennert (1798) („hiezu macht
sie ein dünnes Gespinst, in welches sie Kiehnnadeln und Moos verwebet"),
Zinke (1798), („hier bereiten sie sich ein längliches Gewölbe und befestigen
es von innen mit einigen Seidenfäden"), Hartig (1838) („verbindet, an der
Stelle, wo sie sich verpuppen will, die zunächst liegende Erdkrume mit
wenigen Seidenfäden zu einem lockeren Gespinste") und in ihrer neuesten
Darstellung auch Wolff und Krauße (,,Die Verpuppung geht in einer
nur mit wenigen, später kaum nachweisbaren Spinnfäden versehenen Höhle
vor sich"). Eingehend hat Eckstein (1924a) nach Zwingerversuchen solche
Puppenhöhlen aus Moos und Kotkrümeln, die durch Spinnfäden verbunden
waren, beschrieben: ,,Auch in meinen Zwingerzuchten stellten die zur
Verpuppung schreitenden Raupen Puppenhöhlen her (Abb. 534), die teils aus
Kotkrümeln, teils aus den zur Nahrung gereichten Kiefernnadeln, teils aus
it Bei dem Bedürfnis der Puppen nach feuchter Umgebung dürfte auch der
Schutz vor Austrocknung derartiger Plätze hierbei eine Rolle spielen.
Es che rieh, Forstinsekten, Bd. III. 42
658
II. Spezieller Teil.
Streunadeln und -teilchen — je nach dem Material, das den Raupen im
Zuchtgefäß zur Verfügung stand — bestanden. Die einzelnen Teile waren
durch feine Spinnfäden miteinander verbunden." ,,Von den Gespinstfäden
bemerkt man wenigstens im Winter und zum Frühjahr hin kaum noch
etwas, da sie wohl nach einiger Zeit durch atmosphärische Einflüsse zerstört
werden."
Die Zeit, die vom Verschwinden der Raupe im Boden bis zur Ver-
puppung verstreicht, beträgt durchschnittlich 5 Tage.
/ Die Lage der Puppe
richtet sich nach der Beschaf-
fenheit des Bodens. Ist eine
unversehrte Streudecke vorhan-
den, so sind die meisten Puppen
im dichtesten Wurzelfilz unmit-
telbar über dem mineralischen
Boden zu finden. Wo die Streu-
decke fehlt, gräbt sich die
Raupe zur Verpuppung mehr
oder weniger tief (mehrere
Zentimeter) in den minerali-
schen Boden ein. Übrigens ist
auch der Gesundheitszustand der
Raupen nicht ganz ohne Ein-
fluß auf die Lage der Puppe
im Boden, insofern als kranke
oder parasitierte Raupen ge-
wöhnlich nicht mehr so tief in den Boden einzudringen vermögen wie
gesunde, und infolgedessen auch die Puppen von kranken Raupen meist
oberflächlicher liegen als die von gesunden. Es sei hier auch auf die An-
gaben V. Vietinghoffs auf den Einfluß der Bodendecke auf die Ver-
puppung verwiesen (S. 666).
Was die Dauer der Puppen ruhe anbelangt, so währt diese im all-
gemeinen 9I/2 bis 10 Monate, im Mittel 300 Tage. Wie die Puppenzeit durch
verschiedene klimatische Verhältnisse beeinflußt werden kann, darüber ist
oben beim Abschnitt über das Schlüpfen der Falter Näheres ausgeführt
(S. 624).
Epidemiologie.
Zur Theorie: Die Zwölfersche Populationsgleichung.
Bevor wir auf die Epidemiologie der Kieferneule im speziellen ein-
gehen, müssen noch — als Ergänzung der im Allgemeinen Teil dieses Bandes
gegebenen Darstellung der neueren epidemiologischen Anschauungen (S. 51 ff).
— einige Erörterungen allgemeiner theoretischer Art vorausgeschickt werden,
die sich auf die vor kurzem aufgestellte Zwölfersche Populations-
gleichung beziehen 1). Letztere bildet einen Versuch, die Erscheinungen
des Massenwechsels der Insekten einer allgemeinen quantitativen Behandlung
zugänglich zu machen, und ist daher auch für die Praxis von größter
Bedeutung.
Abb. 534 Von der Raupe vor der Verpup-
pung gefertigte Puppenhöhle. Nach Sacht-
1 ehe n.
^) Zwölfer, W., Biol. Zentralblatt 1930 und Z. f. ang. Entom. 1931.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Xoctuidae (Eulen). 659
Quantitative Forschungsmethoden setzen Meßbarkeit der untersuchten
Erscheinungen voraus. Ist diese Voraussetzung erfüllt und sind die Er-
scheinungen gesetzmäßig verknüpft, dann muß auch eine mathematische
Formulierung ihrer gegenseitigen Beziehungen möglich sein.
Ausgangspunkt der Überlegungen Zwölfers ist das „organische Gleich-
gewicht". In der Natur wird es durch das Gegeneinanderwirken zweier
Kräfte geregelt: „der Zeugungskraft der Organismen auf der einen — des
Widerstandes der Umwelt auf der anderen Seite. Das Resultat des Spieles
dieser Kräfte ist die Populationsdichte der einzelnen Organismenarten, d. h.
die Zahl der Individuen einer Art auf irgendeine Einheit ihres Lebens-
raumes bezogen".
Theoretisch sind die genannten drei Größen mit beliebiger Genauigkeit
meßbar: die „Zeugungskraft" durch die von einem Weibchen durchschnitt-
lich produzierte Nachkommenzahl, der Widerstand der Umwelt durch den
Anteil vernichteter Individuen, am zweckmäßigsten in Prozenten der vor-
handenen bzw. erzeugten Nachkommen ausgedrückt, die Populationsdichte
endlich durch die auf irgendeine Lebensraumeinheit reduzierte Individuen-
zahl der Art.
Änderungen eines im Gleichgewicht befindlichen Systems setzen Ände-
rungen der wirkenden Kräfte voraus: jede Mehrung oder Minderung des
Widerstandes der Umwelt und ebenso jede Mehrung oder Minderung der
Zeugungskraft kann theoretisch eine Verschiebung des Systems bedingen.
Ausdruck dieser Verschiebung sind die von Generation zu Generation beob-
achtbaren Schwankungen der Populationsdichte einer Art an einem be-
stimmten Biotop. Verschiebungen in der einen Richtung während einer oder
mehrerer Generationen werden in den folgenden erfahrungsgemäß durch
Verschiebungen in entgegengesetzter Richtung ausgeglichen. Unter der Vor-
aussetzung, daß innerhalb einer gegebenen Population keine grundsätzliche
vmd dauernde Änderung einer der beiden wirkenden Kräfte eintritt, wird
daher im Laufe zahlreicher Generationen ein Gleichgewichtszustand ange-
strebt. Seiner wahren Natur nach stellt er ein dynamisches System vor.
Epidemien sind zeitweilige Verschiebungen dieses dynamischen Systems
im Sinne einer erheblichen Zunahme der Populationsdichte. Aus dem Ge-
sagten folgt, daß sie durch Änderung einer der beiden wirkenden Kräfte
(Zeugung und Widerstand) oder durch eine gleichsinnige Änderung
beider zusammen bedingt sein können.
Durchschnittliche Nachkommenzalil einer Art und Widerstand der Um-
welt sind von Art zu Art und Ort zu Ort verschieden. Auch von Generation
zu Generation sind sie innerhalb gewisser Grenzen Schwankungen unter-
worfen. Letzteres ist für den Widerstand der Umwelt hinlänglich bekannt i).
Was die Nachkommenzahl angeht, so mehren sich in neuer Zeit Beobach-
tungen, die für die Richtigkeit des Satzes sprechen. Neben artspezifischen
Eigenschaften hat Einfluß auf sie das Geschlechterverhältnis, der Ernäh-
rungszustand der Elterntiere, klimatische Einwirkungen am Aufenthaltsort
der Tiere während der Zeugungsperiode, ja sogar biotische Faktoren, wie
Sterilität der Weibchen infolge Parasitierung.
Streng genommen mußte demnach bei mathematischer Formulierung
der Beziehungen zwischen Zeugungskraft und Widerstand der Umwelt mit
der Möglichkeit einer Änderung beider Kräfte von Generation zu Generation
1) Vergleiche hierzu das im .Mlgemeinen Teil dieses Bandes (S. 51 ff.) Gesagte.
42*
660 n. Spezieller Teil.
gerechnet werden. Indessen erweist es sich als zweckmäßig und läßt sich
auch theoretisch begründen, die eine der beiden wirkenden Kräfte, die
,, Zeugungskraft", als konstant und artspezifisch anzusehen, wie das bisher in
der Regel auch schon geschehen ist. Danach würde jeder Insektenart eine
ideale oder ,,absolute" Zeugungskraft zukommen, der gegenüber die
in freier Natur oder unter wechselnden Versuchsbedingungen erzielten Werte
der Durchschnittsnachkommenzahl je Weibchen nur relative Bedeutung be-
sitzen. Der Wert der relativen Durchschnittsnachkommenzahl ist von den
oben genannten und vielleicht auch noch von anderen Umweltseinflüssen
abhängig. Die ,, absolute Zeugungskraft" einer Art kommt demgegenüber nur
unter dem Optimum sämtlicher maßgebender Bedingungen zur vollen Aus-
wirkung.
Die Differenz der Werte der ,, absoluten Zeugungskraft" und der rela-
tiven Durchschnittsnachkommenzahl läßt sich als eine Reduktion der art-
spezifischen Zeugungsfähigkeit auffassen, die durch Umwelteinflüsse bedingt
ist. Damit erfährt der oben definierte Begriff des Widerstandes der Umwelt
eine Erweiterung: „Neben dem Anteil vernichteter Individuen der Gene-
ration einer Art umfaßt er auch die Reduktion ihrer idealen Naclikommen-
zahl. Mißt man die Reduktion in Prozenten der absoluten Zeugungskraft
der Art, dann kann dieser Wert rechnerisch in derselben Weise behandelt
werden, wie der Umweltswiderstand, der in Prozenten vernichteter Indi-
viduen einer Generation gemessen wurde.
So ist beispielsweise die absolute Zeugungskraft der Kieferneule mit
190 anzusetzen 1). An Hand von E. Meyers Freilandbeobachtungen, die
durch Untersuchungen von Zwölfer eine gewisse Bestätigung fanden, war
in Heideck im Eruptionsjahr 1930 die durchschnittlich von einem Weibchen
abgelegte Eizahl 130. Der Umweltswiderstand, der eine Reduktion der ab-
soluten Zeugungskraft von 190 auf 130 zur Folge hatte, war demnach im
vorliegenden Fall gleich 60 Eier je Weibchen oder in Prozenten der ab-
soluten Zeugungskraft der Art gemessen = 31. — Sachtlebens Beobach-
tungen an der Kieferneule im Zossener Revier ergaben 1925 eine durch-
schnittliche Eiablage je Weibchen von 30 Eiern. In diesem Fall war der
Widerstand, der die Reduktion der idealen Eizahl \'on 190 auf 30 bedingte,
in Prozenten gemessen = 84. Die beiden Beispiele zeigen gleichzeitig, welch
erheblichen Schwankungen die Umwelts\\iderstände unterliegen, die die
ideale Eizahl in den einzelnen Generationen reduzieren.
Die Beziehungen, die zwischen ,, Zeugungskraft" und , .Widerstand der
Umwelt" bestehen, wenn der Gleichgewichtszustand der Art in aufeinander-
folgenden Generationen gewahrt bleiben soll, sind bereits von Bremer all-
gemein formuliert worden 2). In der von Zwölfer benutzten Fassung lautet
der Ausdruck:
m 4-f\
W„=— i
„Hierin stellt Wf, den Prozentsatz vor, welcher von der theoretisch
im Optimum aller Bedingungen möglichen Nachkommenschaft durch den
1) Vergleiche S. 633.
2) Vergleiche den Allgemeinen Teil des Bandes. Wegen der Ableitung dieser
und der folgenden Formeln muß auf die Originalarbeiten verwiesen werden.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae Eulem. (361
Widerstand der Umwelt ausgemerzt werden muß, um den Gleichgewichts-
zustand zu erhalten, e ist der Wert der absoluten Zeugungskraft der Art,
m:f deren Geschlechterverhältnis. Nach den obigen Erläuterungen umfaßt
somit der Widerstandswert Wq nicht nur den Anteil direkt vernichteter
Nachkommen, sondern auch die Reduktion der absoluten Zeugungskraft
der Art."
Dieser der obigen Gleichung entsprechende Widerstandswert Wq, der
für den Fall der Erhaltung des organischen Gleichgewichtes besteht, wird
von Zwölfer als „Gleichgewichtswiderstand" bezeichnet. Ihm kommt bis
zu einem gewissen Grad ebenso wie der „absoluten Zeugungskraft" art-
spezifische Bedeutung zu.
Für die Kieferneule beispielsweise mit einem Geschlechterverhältnis von
rund i:i und einer idealen Eizahl von 190 ist der Wert des Gleichgewichts-
widerstandes
1 00 1 90 —
Wo ^ '— = 98,95
190 V"'V3
Mit anderen Worten: 98,950/0 von der theoretisch im Optimum aller Bedin-
gungen möglichen Nachkommenschaft der Kieferneule müssen von eigener
Fortpflanzung ausgeschaltet werden, wenn der Gleichgewichtszustand er-
halten bleiben soll. Dabei kann dieser Prozentsatz teils durch Reduktion
der idealen Eizahl, teils durch direkte Vernichtung der Nachkommenschaft
als Auswirkung abiotischer und biotischer Widerstandskomponenten erreicht
werden.
In derselben Weise läßt sich für jede Art, deren „absolute Zeugungs-
kraft" und deren Geschlechterverhältnis bekannt sind, der Wert ihres Gleich-
gewichtswiderstandes ermitteln. Zunächst nur von theoretischem Interesse,
erlangt er, im weiteren Zusammenhang betrachtet, praktische Bedeutung.
Für die Berechnung des gesamten Um welts widerstand es, der
auf irgendeine Generation einer Insektenart einwirkte, leitet Z a\ ö 1 f e r
2 Gleichungen ab, die im folgenden mitgeteilt seien.
Bezeichnet man mit P^ die Populationsdichte einer Insektenart an einem
gegebenen Biotop zu Beginn einer Generation, mit Pg die Populationsdichte
zu Ende der Generation, nennt man ferner die „absolute Zeugungskraft
einer Art" e, und ihr Geschlechterverhältnis cf o^ : Qo = m : f, dann gilt für
den Gesamtwiderstand Wx, der auf die betreffende Generation einwirkte,
die Formel :
Hiernach ist der Gesamtwiderstand W^, der auf die Generation wirkte,
bestimmbar, wenn Anfangs- und Endpopulationsdichte der Generation durch
Beobachtung ermittelt worden, und die ideale Nachkommenzahl sowie das
Geschlechterverhältnis der Art bekannt sind. Nach diesem Ausdruck be-
rechnet gibt Wx denjenigen Prozentsatz an, der von der im
Optimum aller Bedingungen möglichen Nachkommenschaft
der Ausgangspopulation in der betreffenden Generation
vernichtet wurde.
662
II. Spezieller Teil.
Wx
Für die praktische Anwendung ist eine Modifikation des obigen Aus-
druckes zur Bestimmung des Gesamtwiderstandes vorteilhaft. Sie kann durch
algebraische Umformung aus der Gleichung abgeleitet werden und lautet:
ioo.(P-P,) + W,.P,
Fl
Hiernach ist der Gesamtwiderstand Wx in gleicher Weise wie oben be-
stimmbar, wenn bekannt bzw. durch Beobachtung ermittelt worden sind
Ausgangs- und Endpopulationsdichte der Generation, sowie der „Gleich-
gewichtswiderstand" Wq der betreffenden Art.
Ein Beispiel möge die praktische Anwendung des Gesagten erläutern:
Schwerdtfeger, der den Kiefernspanner in der Letzlinger Heide unter-
suchte, gibt eine Zusammenstellung der Durchschnittspuppenzahlen, die bei
Probesammlungen in einzelnen aufeinanderfolgenden Jahrgängen je qm
Bodenstreu festgestellt wurden. In der nachfolgenden Tabelle sind seine
Werte zusammengestellt:
Herbst, Jahrgang 1924 1925 1926 1927 1928 1929
Puppenzahl je qm (im Gesamtdurchschnitt) 0,14 0,92 1,1 1 8,71 33,04 30
Wie groß war in den einzelnen Generationen der Gesamtwiderstand der
Umwelt? — Das Geschlechterverhältnis in der Generation 1927/28 betrug
nach Schwerdtfeger m:f = 63 -.y] , also rund m : f = 2 : i . Da auch ander-
weitig gleichlautende Literaturangaben vorliegen, kann es für die ver-
schiedenen Generationen als konstant angenommen werden. Die Durch-
schnittseizahl pro Weibchen (, .absolute Zeugungskraft") sei nach Nüßlin
mit e=i20 angesetzt. Der Gleichgewichtswiderstand beträgt dann in diesem
Fall
/ 2+l\
100 I 120 — I
Wo = ^-— ^- — = 97^5
Für die Generation 1924/25 war P^ = 0.14 und Po = 0,92. Mithin betru^
der Gesamtwiderstand Wx für diese Generation:
W.=
100 . (0,14 — 0,92) -[- 97,5 . 0,92
äl4
83^57
Mit anderen Worten: 83,570/0 der theoretisch im günstigsten Fall möglichen
Nachkommenschaft der Ausgangspopulation fiel im Laufe der Generation
1924/25 teils durch Reduktion der Eizahl, teils durch direkte Einwirkung
der Umwelt auf die gezeugte Nachkommenschaft der Vernichtung anheim.
In entsprechender Weise lassen sich für die übrigen Generationen die Werte
der Gesamtwiderstände berechnen. In der folgenden Tabelle sind sie zu-
sammengestellt, wobei gleichzeitig die einzelnen Jahrgänge mit den oben
gebrauchten Bezeichnungen belegt sind:
I. Vor-
bereitung«
2. Vor-
bereitungs
jähr
Prodromal-
jahr
Eruptions-
jahr
2. Eruptions-
jahr, Beginn
der Krise
Generation .
Gesamtwiderstand
1924/25
83>57 7o
1925/26
96,98 7o
1926/27
80,38 7o
1927/28
90,5270
1928/29
97,73 7o
IL Unterordnung: jNIacrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen i. 663
Der Widerstand der Umwelt war demnach im i. Vorbereitungsjahr und
im Prodromaljahr am geringsten und dementsprechend die Zunahme der
Populationsdichte in diesen Generationen am größten.
Während in den Jahrgängen 1924 — 1928 die Werte des Gesamtwider-
standes unterhalb des Gleichgewichtswiderstandes lagen, was den Ausbruch
einer Kalamität bedingte, übertraf er ihn im Jahrgang 1928/29 um 0,230/0.
Damit war die Krise der Gradation eingeleitet.
Welche Folgerungen ergeben sich hieraus? — Die mitgeteilten Werte
für den Gesamtwiderstand in den einzelnen Jahrgängen lassen erkennen, in
welchem Ausmaß dieser schwanken kann. Sie zeigen ferner zahlenmäßig,
daß der Anstoß zu der Gradation in eine Zeit fällt, in der die Zunahme
der Population des Schädlings sich noch in keiner Weise durch auffallend
vermehrten Fraß bemerkbar machte. Des weiteren ist ihnen zu entnehmen,
daß die größte Zunahme der Schädlingspopulation keineswegs
im Eruptionsjahr einer Kalamität liegt, wie vielfach irrig ange-
nommen wird, sondern in den vorhergehenden Jahrgängen. End-
lich geht aus den mitgeteilten Widerstandswerten noch hervor, daß, um
eine Eruption zu erzielen, stets mehrere Generationen auf-
einanderfolgen müssen, in denen der Gesamtwiderstand
unterhalb des Gleichgewichts Widerstandes für die betref-
fende Art liegt.
Weitere systematisch durch Jahre hindurch fortgeführte Freilandunter-
suchungen in dieser Richtung würden zu einer Kenntnis der niedersten und
höchsten Widerstandswerte sowie ihrer sämtlichen Zwischenstufen führen,
die innerhalb eines Biotops für einen bestimmten Schädling herrschen. Der
Vergleich der gefundenen Werte mit den jeweiligen Klimaverhältnissen der
zugehörigen Jahrgänge würde vermutlich ergeben, daß einer bestimmten
Klimakonstellation ein bestimmter Wert des Gesamtwiderstandes zugeordnet
ist. Ist noch die Populationsdichte der betreff enden Schädlingsart für normale
Jahre bekannt, dann läßt sich die Steigerung oder Verminderung der Population
von Jahr zu Jahr rein rechnerisch mit Hilfe der Widerstandswerte und der
meteorologischen Daten verfolgen, ohne daß dazu weiterhin umständliche
Einzeluntersuchungen notwendig wären. Überraschungen für die Praxis
wären auf diese Weise ausgeschlossen.
Die Richtigkeit dieser Überlegungen wird bis zu einem gewissen Grad
bestätigt durch die Untersuchungen von B e r w i g über Klima und Kief ern-
eulengradation und entsprechend von F. Eckstein über den Kiefernspanner.
Beide Untersuchungen lassen die klimatische Bedingtheit der Gradationen
erkennen, beide zeigen, daß das erste Jahr mit klimatischen Besonderheiten
der Eruption um mehrere Jahre vorausgeht, aus der Arbeit des letzt-
genannten Autors geht ferner hervor, daß mehrere Jahre mit güi:istigen
Klimabedingungen einander folgen müssen, ehe das Eruptionsjahr erreicht
wird. Unter Berücksichtigung obiger Überlegungen würden derartige Unter-
suchungen eine noch präzisere Fassung dieser Verhältnisse gestatten. —
In seiner Gesamtheit erscheint der Widerstand der Umwelt als Resul-
tante eines Systems von Widerstandskomponenten oder Einzelwiderständen.
So werden bekanntlich unter den Einflüssen der Umwelt, die auf das Leben
der Insekten einwirken, solche abiotischer und biotischer Art unterschieden.
Erstere umfassen — um nur einige der wesentlichen zu nennen — Klima,
Boden usw., letztere jene der Ernährung, Krankheiten, Feinde, Parasiten
664 n. Spezieller Teil.
USW. Wie aus der Zusammenstellung hervorgeht, sind diese Widerstands-
komponenten ihrem Wesen nach außerordentlich mannigfaltig. In ihrer
Wirkung indessen — sofern man diese in der Vernichtung lebender Indi-
viduen erblickt — stimmen sie überein. Wie der Gesamtwiderstand in Pro-
zent der theoretisch möglichen Nachkommenschaft gemessen wurde, so sind
die Einzelwiderstände in Prozent des jeweils vernichteten Individuenanteils
einer Population meßbar.
Neben diesen direkt wirkenden Einzelwiderständen müssen noch solche
unterschieden werden, welche eine gegebene Insektenpopulation indirekt
beeinflussen, indem sie deren Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen. Deren
Wesen wurde bereits oben kurz angedeutet. Ihr Wirkungsgrad kommt in
der Reduktion der absoluten Eizahl der betreffenden Insektenart zum Aus-
druck. Mißt man diese Reduktion in Prozent der absoluten Eizahl, dann
lassen sich auch die indirekt wirkenden Widerstandskomponenten mit den
direkt wirkenden vergleichen. Beide können alsdann in gleicher Weise
rechnerisch behandelt werden.
Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen ist es möglich einen all-
gemeinen Ausdruck aufzustellen, der alle für die Schwankungen der Popu-
lationsdichte einer Art unmittelbar maßgebenden Glieder vereinigt. Er gestattet
die Berechnung der Populationsdichte zu Ende einer Generation (Px), wenn
bekannt sind die Ausgangspopulationsdichte (P^) der Art, ihr Geschlechter-
verhältnis (m:f), ihre absolute Eizahl (e), sowie sämtliche Widerstands-
komponenten (w^, Wg, W3 usw.), die auf die betreffende Generation ein-
wirkten. Dabei ist vorausgesetzt, daß die direkt wirkenden Einzelwiderstände
in Prozent des jeweils vernichteten Individuenanteils der Population ge-
messen wurden, die indirekt wirkenden in Prozent der Reduktion, welche
die absolute Eizahl in der betreffenden Generation erfuhr. Hiernach lautet
die Formel zur Bestimmung der Endpopulationsdichte (Px) unter Berück-
sichtigung der Einzel widerstände:
p^ = — CT (■--)(■--) f'--^ (■--
m + f \ 1 00/ \ 1 00/ \ 1 00 \ 1 00
Die theoretischen Folgerungen, die sich aus der Diskussion dieser
Gleichung ergeben, seien im folgenden zusammenfassend mitgeteilt:
Im Laufe mehrerer Generationen betrachtet, lassen sich unter den Wider-
standskomponenten „unabhängig veränderliche" und ,,abhängig
veränderliche" unterscheiden. Erstere besitzen auf die Dauer größeren
Einfluß auf Änderungen der Populationsdichte als letztere. In diesem
Sinn kann von Widerstandskomponenten mit primärer und se-
kundärer epidemiologischer Bedeutung gesprochen werden.
Zu den Einzelwiderständen mit sekundärer epidemiologischer Bedeu-
tung gehören solche, die durch den Einfluß von Parasiten, Feinden, Krank-
heiten usw. bedingt sind. Diese sind in der Stärke ihres Auftretens wesent-
lich von der jeweiligen Populationsdichte des Wirtstieres abhängig.
Primäre epidemiologische Bedeutung besitzen demgegenüber in der un-
berührten Natur Klima und physiographische Änderungen geologischer Art,
soweit sie direkt oder indirekt an der Dezimierung der Population eines In-
sekts beteiligt sind. Im Gegensatz zu den sekundären Widerstandskompo-
nenten (siehe oben) ist ihre Wirkungsgröße von der Populationsdichte des
Schädlings gänzlich unabhängig. Unter den Verhältnissen des Kulturlandes
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen'. 665
kommen eine Reihe weiterer, durch die Tätigkeit des Menschen bedingte
Widerstandskomponenten mit primärer epidemiologischer Bedeutung hinzu:
wie jene der Ernährung (Fruchtwechsel in der Landwirtschaft und wald-
bauliche Eingriffe in der Forstwirtschaft), der Beeinflussung des Lebens-
raums durch Kulturmaßnahmen (Trockenlegung von Sümpfen, Änderungen
des Grundwasserhorizontes, Bodenbearbeitung usw.), der Bekämpfung mit
technischen oder biologischen Hilfsmitteln. Hier sind sie im Einzelnen oder
in ihrer Gesamtheit für die Schwankungen der Populationsdichte einer In-
sektenart von Generation zu Generation verantwortlich. In der unberührten
Natur ist dies in der Hauptsache das Klima.
Was den praktischen Anwendungsbereich der Populationsgleichung an-
geht i), so vereinfacht sie das in entsprechenden Fällen bisher gebräuchliche
direkte Rechenverfahren. Im übrigen ist sie hinsichtlich Beginn und Ende
einer Generation zeitlich nicht begrenzt: jedes Entwicklungsstadium, gleich-
viel ob Larve, Puppe oder Vollkerf, kann in ihr als Anfang bzw. Ende einer
Generation angenommen, und diese dementsprechend vom Ei bis zum Ei,
von Larve bis zur Larve usw. gerechnet werden.
Auch die Populationsdichte der Art zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt
der Generation — also beispielsweise für irgendein Entwicklungsstadivim, das
praktisch besonders bedeutvmgsvoll ist — kann nach ihr ermittelt werden,
wenn x^usgangspopulationsdichte, ideale Eizahl, Geschlechterverhältnis vmd
diejenigen W^iderstände bekannt sind, die bis zu dem betreffenden Zeitpunkt
gewirkt haben. Letzteres ist für Prognosestellungen von Wichtigkeit.
Bei quantitativ analytischen Untersuchungen von Massenwechselerschei-
nungen gibt die Populationsgleichung die Möglichkeit sich rasch über die
Vollständigkeit und Richtigkeit der empirisch gefundenen Daten zu ver-
gewissern. Sind nämlich bei einer solchen Untersuchung Ausgangs- und
Endpopulationsdichte der Generation festgestellt worden, und sämtliche
wesentliche Einzelwiderstände ihrer Wirkungsgröße nach empirisch ermittelt,
dann müssen die gefundenen Werte, in die Populationsgleichung eingesetzt,
diese befriedigen. Ist dies nicht der Fall, und weicht der berechnete Wert
der Endpopulationsdichte P^ erheblich vom beobachteten Wert ab, so zeigt
dies, daß ein oder mehrere wichtige Umweltseinflüsse, die auf die betref-
fende Generation wirkten, der Beobachtung entgangen sind.
Endlich gestattet die Populationsgleichung, wenn bei einer quantitativ
analytischen Untersuchung alle wesentlichen Einzelwiderstände bis auf einen
empirisch ermittelt werden konnte, die Wirkungsgröße dieses einen unbe-
kannt gebliebenen in einfacher Weise zu bestimmen. Es ist hierzu lediglich
erforderlich, in der Gleichung die gesuchte Widerstandskomponente (wx) als
„Unbekannte" zu behandeln, und die Gleichung entsprechend nach Wx auf-
zulösen.
So betrachtet, ist die Populationsgleichung ein einfaches Hilfsmittel für
quantitativ analytische Massenwechseluntersuchungen. Bei den empirisch er-
mittelten Daten können naturgemäß nur Durchschnittswerte berücksichtigt
werden. Dementsprechend stellen auch die mit Hilfe der Gleichung gefun-
denen Ergebnisse nur Mittelwerte vor, die allerdings den wirklichen Ver-
1) Bezüglich weiterer Einzelheiten und praktischer Beispiele über die An-
wendung der Formel muß auf die Originalarbeiten \erwiesen werden. Im übrigen
vergleiche die Beispiele (S. 727 ff. u. 735ff. '.
666 n. Spezieller Teil.
hältnissen um so näher kommen werden, je umfangreicher das Material ist,
auf dem die empirischen Daten fußen.
Die Anwendung der Formel für Prognosezwecke im besonderen setzt
voraus, daß die Wirkungsgröße der wesentlichen Einzelwiderstände bis zu
dem Zeitpunkt zuverlässig vorausgeschätzt werden kann, für den die Pro-
gnose gestellt werden soll. Wie Zwölfer im einzelnen näher ausführt, kann
dieser Zeitpunkt sich selbst über mehrere Generationen erstrecken. Ist eine
derartige Schätzung der Einzelwiderstände möglich, — und die neuere epi-
demiologische Untersuchungsmethodik gibt hierfür eine Handhabe — ■ dann
ist künftig auch eine praktisch brauchbare Prognosestellung durchführbar.
Ätiologie der Gradation.
örtliche Disposition.
Als Seuchen gebiete kommen in Betracht trockene, mit ausgedehnten
reinen Kiefernwäldern bedeckte Gegenden, deren jährliche Niederschlags-
menge zwischen 400 und 800 mm beträgt und deren Meereshöhe 500,
höchstens 600 m, nicht übersteigt (Berwig, 1925). Eine besondere Dispo-
sition für die Eulengradation zeigen Kiefernwälder imStangen holz-
alt er von 25 — 50 Jahren^). Nach den meisten älteren Autoren sind es Wälder
auf dürftigen Sandböden („armselige Kiefernheiden, die auf sterilen Sauden
stocken"), in denen sich die Eule am stärksten vermehrt und die in Gra-
dationsperioden ihr zuerst zum Opfer fallen. Nach neueren Beobach-
tungen bei den letzten Kalamitäten scheint aber diese Annahme nicht allgemein
gültig zu sein. So wurden nach Hilff-Wittich (1924a) beim letzten Fraß
gerade die schlechtesten Standortsklassen (neben der Mischwaldzone) auf-
fallend gemieden. Ganz ähnliches berichten Lehn er und Berwig: Im
Geißeler Bezirk trat der Fraß am stärksten auf den besten Böden (I. und
II. Klasse) auf; etwas weniger befressen wurde die III. und IV. Bonität,
während die V. Bodenklasse und die ganz geringen Standorte unter V.
Bonität und Sanddünen fast ganz verschont blieben.
A. von Vietinghoff glaubte diese Widersprüche durch die Ver-
schiedenartigkeit der Bodendecke, bzw. die damit zusammenhängende mecha-
nische Behinderung der zur Verpuppung schreitenden Raupe erklären zu
können. Er äußert sich (1925 a) darüber wie folgt:
,,Die abgebaumte Raupe ist beweglich und sucht sich die ihr zusagenden Ört-
lichkeiten, die ihr Schutz vor Vertrocknung oder Nässe gewähren und ihr ein leichtes
Einbohren unter die Streudecke erlauben. Wir können in unseren Kiefernwäldern
nur selten von einer Reinheit der Bodenflora im bestandsbildenden Sinn sprechen,
sondern meist nur von dominierenden Typen bzw. deren Durchsetzung mit anderen
Typen in gewissen prozentualischen Verhältnissen. Doch auch dieses Mischungs-
verhältnis gibt immerhin ein gutes Bild und scheint für das quantitative Vorkommen
der Eulenpuppen ausschlaggebend zu sein."
„Für die fünfte Bestandsbonität kommen in Frage:
a) Kohliger Humus: eine Verpuppung findet nicht statt, da jede
Feuchtigkeit durch den Wachsüberzug fern gehalten wird, die Insolation eine be-
sonders starke ist und eine Streudecke sich nicht bilden kann. Der Typ ist innerhalb
der Bestände selten, öfter dagegen an deren Peripherie zu finden.
ij Nach Müller (1925) ist ,,kein Ort im Walde in seinen Temperaturverhält-
nissen ausgeglichener als der gleichförmige Stangenort, so daß hier den Puppen
die günstigsten Überwinterungsmöglichkeiten geboten seien".
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen\ 667
b) Der C 1 ad o nia - Ty p: die Flechte Cladonia raiigijeri>ia und Verwandte
bieten der Raupe alle Vorteile leichter Durchdringung neben Schutz vor Ver-
trocknung.
c) Der H y p n u m - S ehr eb e r i - Ty p: neben Dicraneen Scleropodium puriim,
Stereodon cupressifori/ie u. a. ist er vorzüglich für die Verpuppung der Forleule ge-
eignet.
d) H y p n u m - S c h r e b e r i X Cladonia r a n g i f e r i n a : wie b und c.
e) Cladonia XCalluna- Typ: Hier sei vorweggenommen, daß ältere Cal-
luna ganz ungeeignet für die Verpuppung ist wegen der mechanischen Flindernisse,
die ihr starkes Wurzelsystem darstellen. Die Durchwachsung von CaUuna mit
Cladonia kann alle Stadien zeigen. Cladonia als Dominante wird noch gute Ver-
puppungsmöglichkeiten bieten.
ij CladoniaXMyrtillus-T\'p: / accinium Myrlillus ist nicht mehr der
Anzeiger schlechtester Bonität. Myrlillus bildet ein im allgemeinen geringeres Ver-
puppungshemmnis als Calluna. besonders dort, wo Cladonia nur leicht durch-
wachsen ist.
g ) C 1 a d o n i a X H y p n u m - S c h r e b e r i X Calluna.
h) C 1 a d o n i a X H y p n u m - S c h r e b e r i X C a 1 1 u n a X M )• r t i 1 1 u s : g und
h sind auf ihre mechanische Struktur hin zu prüfen und daraus das Ergebnis zu
ziehen, ob die Eule ein ihr zusagendes Lager erreichen kann, oder ob die Ver-
wurzelung des Rohhumus ein Hemmnis bildet. Ebenso weitere mögliche Kombi-
nationen, z. B. mit V accinium Vilis idaea (Heidelbeere).
i) Der reine Calluna-Typ: Er wird bei der Verpuppung gemieden.
k ) Der reine M y r t i 1 1 u s - T y p wird fast ebenso gemieden."
,,Die Typen a — k sind Anzeiger einer schlechten Bonität, Cladonia der schlech-
testen. Soweit Calluna in ihnen nicht dominiert, sind sie zur Verpuppung geeignet:
besonders tritt das im Stangenholzalter hervor, wo Calluna wenig Raum einnimmt."
„Bodenflora von Molinia coerulea, Pleris aquilina und Ledum falustre, starke
Polylnchum-Vo\?,Xer an vernäßten Stellen, Sp/iagnuni-BlüXen auf Moor oder Funaria
hygrometica deuten schon auf eine so starke Verhärtung des Oberbodens hin und
sind so innig mit ihm verwachsen, daß die Puppe eine Horizontalschicht zwischen
Flora (bzw. Streu) und Boden gar nicht vorfinden würde. Dagegen schiebt sich die
Raupe gern unter die Polster von Leucobryum glaucum, durch die sie aber nicht von
oben, sondern von der Seite dringt. Es wäre interessant, den Einfluß anderer
Moose auf die Verpuppung zu studieren."
„Wie verhält sich nun das Alter der Bestände zu diesen Typen?
„I. In ganz schlechten Bonitäten bleibt die Bodenflora oft von Anfang bis
Ende — mit Ausnahme von kurzen Dickungsperioden — die gleiche. Hier kann man
aber von Altholzbeständen nur im physiologischen, nicht im forstlichen Sinne
sprechen (Abtriebsnutzung höchstens 150 fm pro ha). Das Altholz wird hier das
Aussehen von lückigem Stangenholz haben.
„2. In Beständen, die man \om forstlichen Gesichtspunkt aus in Kultur-,
Dickungs-, Stangenholz- und Altholzbestände einteilt, ist der Beschattungskoeffizient
je nach dem Alter ein verschiedener. Zuerst gering (Ansiedlung von CaUuna oder
weiterwuchernde Calluna-'E>\.'6z\i& aus der letzten Abtriebsepoche), dann stärker, als
Folge davon ein Zurücktreten der Calluna bis zum vollständigen Verschwinden,
doch häufig auch ein Verbleiben; im Stangenholzalter wird Calluna meistens wenig-
stens insular zurückgedrängt, sie geht dann die oben unter e, g und h genannten
Mischungen ein. In Altholzbeständen, besonders, je mehr sie die finanzielle Um-
triebszeit überschritten haben, werden Calluna und Vaccinien (inyrlillus und Vitis
ideae) wieder bestandsbildend und halten, je mehr sie sich ausbreiten, desto stärker
die Eule vor der Verpuppung zurück."
„Auf etwas anmoorigen Stellen oder feuchterem Sand treten als Rohhumus
bildende und vcrpuppungshemmende Bodenpflanzen Leduni paluslre. Pleris aquilina
und V accinium l'itis ideae auf."
668 II. Spezieller Teil.
„Die autochtone Vermehrung der Kieferneule wird also, der typischen Zu-
sammensetzung der Bodenflora entsprechend, in Stangenhölzern geringerer Boni-
täten eher vor sich gehen als in Althölzern mit Beerkrautüberzug, Sumpfporst,
Pfeifenkraut (Molinia coerulea) oder Adlerfarn."
Vietinghoff hat gewiß ein Verdienst, auf die bis dahin zu wenig
gewürdigte Bedeutung der Bodendeckenstruktur für die Verpuppung der
Eule hingewiesen zu haben, doch kommt er, da er das Hauptgewicht auf
mechanische Hinderung legt, mehrfach zu irrigen Schlußfolgerungen.
So ist es nicht richtig, daß Molinia- usw. Bodendecken puppenfrei sind:
hex der letzten mittelfränkischen Kalamität waren die Jlolin/a-One sogar
sehr reichlich mit Puppen belegt.
Demgegenüber spielt zweifellos der Feuchtigkeitsgrad des Bodens
bzw. der Bodendecke für das Leben der Puppe eine große Rolle: leichte,
durchlässige Böden sind, wenn sie eine hohe Streudecke besitzen (s. unten),
für die Überwinterung der Puppe weit günstiger als schwere, undurchlässige.
Die Disposition für Eulengradation wird noch erhöht, wenn die Be-
stände in großer Ausdehnung völlig gleichaltrig sind und keine Unter-
brechung des Schlusses zeigen, vielleicht neben anderem auch eine
Folge geringerer Luftströmungen („Waldluft"). Braza sagt in
einem Ministerialbericht (siehe Berwig, 1926), daß die Privatwaldungen
wegen ihrer isolierten und parzellierten Lage viel mehr von der Eule ver-
schont geblieben sind als die zusammenhängenden Staatswaldungen. Auch
L e h n e r und Berwig führen an, daß die sogenannten Kulissenbestänclc,
in denen in Abständen von 40 — 50 m Streifen von 8 — 10 m Breite herein-
gehauen waren, mitten im Fraßgebiet lange nicht so geschädigt wurden als
unmittelbar angrenzende geschlossene. Den Grund hierfür glauben die
l^eiden darin suchen zu dürfen, daß die Falter vom Wind abgeweht wurden
und daher hier nicht zur Eiablage kamen (siehe dagegen die unten gegebene
Erklärung Zwölfers).
Zur Klärung der Dispositions- Frage lieferten die experimentellen Unter-
suchungen Zwölfers (193 1) und die Freilandbeobachtungen von E. Meyer
(1931) wertvolle Beiträge.
Nach dem Erstgenannten liegt das Optimum der Kleinklimabedin-
gungen für die überwinternde Puppe bei Temperaturen unter-
halb 6° C und bei looo/o rel. Luftfeuchtigkeit (Abb. 535). Die untere
Grenze des Temperatur-Optimums, die aus versuchstechnischen Gründen
noch nicht ermittelt werden konnte, wird schätzungsweise bei 0° C liegen.
Bemerkenswert ist die auffallend große Empfindlichkeit der Puppe gegen
Feuchtigkeitsgrade kleiner als 100 0/0. 4— 5wöchentlicher Aufenthalt der
Puppen beispielsweise in einer Temperatur-Luftfeuchtigkeitskombination von
4^' C und 930/0 L. F. hatte 820/oige Sterblichkeit der Puppen zur Folge.
Dieselbe Temperatur mit 780/0 Luftfeuchtigkeit verbunden, bewirkt in der
nämlichen Zeit eine 980/oige Mortalität und bei noch niederen Luftfeuchtig-
keitsgraden endlich wurde durchweg looobige Puppensterblichkeit fest-
gestellt. Demgegenüber hatte die Kombination 40 C/iooob L. F. relativ die
geringste Puppensterblichkeit (10 — 320/0) zur Folge.
Es ist hieraus zu entnehmen, daß diejenigen Ü b e r w i n t e r u n g s -
platze den Puppen besonders verhängnisvoll werden, also gradationshem-
mend wirken können, die der Gefahr vorübergehender Austrock-
nung am ehesten ausgesetzt sind. Im Gegensatz zu Böden mit dickem
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
669
Moos- und Beerkrautbelag, wie sie vorwiegend in Stangenhölzern gefunden
werden, wird dies namentlich für Sandböden mit dünner Hunius-
u n d V e g e t a t i o n s d e c k e gelten, insbesondere dann, wenn sie
bei lockerem Baumstand (Altholz!) und in stark parzellierten
Beständen der austrocknenden Wirkung bewegter Luft
(Windverhältnisse!) und der Insolation stark ausgesetzt sind.
Was die Wärmeverhältnisse der Überwinterungsplätze angeht, so sind
diejenigen Orte als die günstigsten anzusprechen, in denen eine vorüber-
gehende Steigerung der Temperatur über den kritischen Wert von ca. 6" C
während der Wintermonate ausgeschlossen ist. Sie hätte — wie das früher
bereits ausgeführt wurde — die Gefahr eines vorzeitigen Schlüpfens der
Falter zur Folge, was für das Fortpflanzungsgeschäft und die Nachkommen-
schaft verhängnisvoll werden könnte. „Theoretisch bieten auch in dieser
Hinsicht Standorte mit dicker Bodendecke (hohem Humus- und Vegetations-
belag) für die Puppe die günstigsten Überwinterungsplätze" (Zwölfer).
Tp
12
y
1
1
w%
90%
80%
70%
60%rL/r
Abb. 535. Theoretisches vitales Optimum der überwinternden Puppe.
Nach Zwölfer.
Diese hier mitgeteilten Zwölfer sehen Versuchsergebnisse finden wieder
ihre Bestätigung durch die Freilandbeobachtungen Meyers. Letzterer unter-
scheidet (im Gegensatz zu v. Vi e tingho f f : ) nur 2 Typen von Boden-
decken:
1. den Rohhumus-, Moos-Beerenkraut-Typ (hohe Streu), den
er als Typ i bezeichnet und
2. den Nadel-Heide-Cladonia-Typ (niedere Streu) = Typ 2.
Typ I überwiegt in Stangenhölzern, Typ 2, der in seiner Zusammen-
setzung jenem von berechten Beständen nahekommt, in Althölzern. Meyer
fand durchgehend die größten Puppen zahlen in Typ i auf durch-
lässigen Böden, wo nach seinen kleinklimatischen Messungen die re-
lative Luftfeuchtigkeit im Puppenlager niemals unter looob sinkt, die
geringsten Puppen mengen dagegen in Beständen des Typs
2 mit sehr dünner Streu- und Humusschicht auf ebenfalls
durchlässigen Böden, wo die relati\e Luftfeuchtigkeit bei Trocken-
670 II. Spezieller Teil.
Perioden unter loooo sinken kann. Völlig übereinstimmend mit obigen ex-
perimentellen Untersuchungsresultaten Zwölfers konnte Meyer feststel-
len, daß in der Tat die größere Mortalität zumeist an Stand-
orten mit niederer Streu (Typ 2) angetroffen wird, i)
Sind die gradationsfördernden Faktoren von besonderer Wucht und
längerer Dauer, wie bei der letzten Riesenkalamität in Norddeutschland, so
sind keine Unterschiede mehr zu bemerken zwischen den verschiedenen
Altersklassen, Bestandsformen usw. Selbst in Mischwäldern wurden dann
vielfach die Kiefern zwischen den Laubhölzern kahlgefressen. Einer solchen
elementaren Sturmflut wie sie in den Jahren 1923/24 über die preußischen
Kieferngebiete dahinbrauste, mußten auch die gesündesten bzw. widerstands-
fähigsten Wälder, wenn sie nicht von genügend großer Ausdehnung waren,
zum Opfer fallen. Es kann darin kein Beweis gegen das Vorhandensein
von Unterschieden in der Disposition der verschiedenen Waldtypen erblickt
werden.
Klimatische Einflüsse.
Klima als auslösender Faktor. — Als auslösende Momente für die
Eulengradation scheinen, wie für die meisten übrigen Übervermehrungen
klimatische Verhältnisse in Betracht zu kommen. Schon Ratze-
burg (W. 153J widmet der Frage ,, des Zusammenhangs der Eulenent-
wicklung mit Witterung (und Böden)" ein ganzes Kapitel. Er kommt dabei
zu dem Resultat, daß als „begünstigende Momente für schnelles Ein-
treten von besorglicher Vermehrung sind: i. ein milder, schneearmer Winter
(besonders auf Waldböden, wo die Puppen sich nicht einwühlen können),
2. mildes, stilles Wetter während der Flugzeit, 3. gleichmäßige, trockene
Witterung während der letzten Häutung (Mitte Juni)." „Es scheint,
als wenn gute Wein jähre auch Eulen jähre wären." Auch Zeder-
bauer (191 1) weist darauf hin, daß die Massenvermehrung der Forleule
gewöhnlich in den trockenen, warmen Klimaperioden stattfindet.
Ebenso ist Berwig (1926) durch seine über 100 Jahre sich erstrecken-
den statistischen Untersuchungen über die Eulengradation in Bayern zu
dem Ergebnis gekommen, daß deutliche Beziehungen zwischen Wein- und
Eulenjahren bestehen. Nach Berwig stellen die „Weinjahre" meist die
Vorbereitungsjahre dar, auf die dann gewöhnlich in 2 Jahren nach einem
Prodromal jähr die Eruption folgt, z. B. 191 1 Weinjahr — 1913 Eruption,
1921 Wein jähr — 1923 Eruption. Die Weinjahre, d. h. solche Jahre, in denen
nicht unbedingt sehr viel Wein, aber ein ausgezeichneter Tropfen gedeiht,
brauchen nach einem meist strengen Winter viel Sonne von der
Weinblüte im Frühjahr bis zur Weinlese im Herbst, zeichnen
sich also durch „hohe Wärmesumme und geringen Niederschlag"
aus, wobei auf letzteren noch mehr Gewicht als auf ersteren zu legen ist.
(Abb. 536).
1) Die Annahme, daß die Unterschiede des Puppenbelages auf Verschiedenheit
der Parasitierung zurückzuführen seien, läßt sich auf Grund der Meyer sehen
Untersuchungen nicht bestätigen. Wenn auch ein gewisser Zusammenhang zwischen
Parasitenbefall und Streuhöhe besteht, so finden sich gerade in den hohen Streu-
lagen, die die meisten Eulenpuppen enthalten, auch die meisten Parasiten. Dagegen
kann die geringe Junglarven-Sterblichkeit, die Meyer im Stangenholz gegenüber
dem Altholz festgestellt hat, auch zu einer Erklärung des höheren Puppenbelags im
ersteren mit herangezogen werden.
II. Unterordnung: Alacrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
671
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' h { iVP.'- ;f^=;^ H.W.
Abb. 550. Schema zur Wiederbegrünungsfrage der Kiefer. Nach v. T u b e u f .
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 695
Erläuterungen zu nebenstehendem Schema.
I a b — c d normaler Zweig, und zwar:
a Zweig im Sommer: 3 Jahrgänge normal benadelt.
b Zweig im Herbst und Winter: 2 Jahrgänge normal bcnadelt.
c Derselbe Zweig im folgenden Jahre im Sommer mit dem neuen Maitriebc,
also wieder mit 3 benadelten Jahrgängen.
d Im Herbst und Winter: der 3 jähr. Jahrgang entnadelt, also wieder 2 be-
nadelte Jahrgänge.
II a b— c d Maitrieb allein kahl gefressen, und zwar:
a Zweig mit dem kahlen Maitriebe und den ganz oder teilweise benadelten
2- und 3 jähr. Sprossen im Sommer.
b Im Herbst und Winter: nur der 2 jähr. Sproß ist benadelt, der 3 jähr, normal
entnadelt, der i jähr, kahl gefressen.
c Im folgenden Jahre:
Der neue Maitrieb ist entwickelt, da sein Muttertrieb zwar kahl gefressen
war, aber mit normalen Knospen abschloß und vom benadelten Großmutter-
sproß ernährt werden konnte. Die Bildungsstoffe wanderten in den Siebröhren
durch den kahlen Muttersproß zu ihm und das Wasser durch den Holzkörper
ebenso. Da eigene Benadelung fehlt und hierdurch die Bildungsstoffzufuhr
sehr vermindert ist, hat er nur halbe Größe erreicht und oft nur mit i Knospe
abgeschlossen.
d Im Herbst und Winter ist er der einzige benadelte Sproß, so daß auch sein
Folgesproß nur schwach werden kann.
III a b Der Maitrieb und sein Muttersproß werden kahl gefressen. Benadelt bleibt
nur der 3 jähr. Sproß (a), der aber im Herbste (b) seine Nadeln verliert. Das
ganze Sproßsystem ist kahl, der Maitrieb schwach, oft mit noch grüner Rinde
(unfertig) und oft ohne oder mit nur kümmerlicher Knospe. Der Sproß stirbt ab.
IV a b Der Maitrieb wird fast kahl gefressen, sein Muttertrieb trägt keine oder nur
wenige Nadeln, aber Nadelstummel, der 3 jähr. Sproß verkahlt im Herbste.
Die Stummel des 2 jähr. Sprosses bilden zum Teil Scheidenknospen. Der i jähr.
(Mai-) Trieb ist schien im Sommer (a) meist verkrümmt und von der Spitze
herein soweit abgestorben, als er seine Kurztriebe ganz verloren hatte. Wo
solche, wenn auch die Stümpfe in den die Scheide bildenden häutigen Schuppen
— weil tief abgefressen — verborgen waren, noch am Leben blieben und Rege-
nerationsbemühungen machten, blieb auch der Sproß am Leben. (Das ist immer
so; auch ein abgeschnittener Laubholzzweig stirbt nur bis zur letzten Laubknospe
herunter ab und diese treibt aus.)
Diese Regeneration besteht zunächst darin, daß die noch wachstumsfähigen
Nadelreste (die Wachstumszone der Nadel liegt am Nadelgrunde) sich ver-
längern, ja nicht nur das, sondern sogar länger und breiter und dicker werden,
weil sie nicht nur einem starken Wachstumsreiz unterliegen, sondern auch
größere Mengen von Bildungsstoffen zugeführt erhalten, da sie nur noch ver-
einzelte Sproßbewohner sind und die Konkurrenz ihrer Nachbarn nicht mehr
fühlen; sie kommen auch oft noch dazu, eine Scheidenknöspe zu bilden, die
ruhend überwintert, oder auch, diese nicht abzuschließen, sondern gleich ein
Scheidenbüschel aus Primärblättchen zu treiben. Nur in günstigen Fällen ent-
stehen auch noch in der Achsel einzelner dieser Primärblättchen Kurztriebe mit
ihren 2 Folgeblättern (den typ. Nadeln).
696
II. Spezieller Teil.
Die Entfaltung der Reproduktionsknospen, sowohl der schlafenden
Quirlknospen als der Scheidenknospen und der Endknospen infolge vor-
jährigen Fraßes kurz gebliebener Quirläste, erfolgt in Büschelform, d. h.
in Form gestauchter Sprosse und besteht — wenigstens zunächst —
nur aus grünen Primärblättchen.
Ihrer Herkunft nach benennt von Tubeuf sie
I. Quirlrosetten: Diese entstehen aus schlafenden Quirlknospen,
bilden meist überhaupt nur Primärblätter (Abb. 551) und haben daher keine
wesentliche Bedeutung für die Er-
holung kahlgefressener Beastung und
somit für die der Bäume.
2. Kurztriebbüschel: Diese ent-
stehen aus Scheiden knospen und
bilden zunächst Primärblätter, bei ge-
nügender Ernährung auch Kurztriebe
und können sich bei ^uter Ernährung
durch alte Nadeln auch zu Langtrieben
strecken. Letzteres geschieht stets bei
Gipfelverlust normal benadelt bleiben-
der Sprosse, nicht aber oder nur selten
nach Kahlfraß. Man spricht hier auch
von Scheidenbüscheln bzw. Scheiden-
sprossen (wegen der Ähnlichkeit mit
den Quirlrosetten könnte man sie auch
Scheidenrosetten heißen, was aber wegen
eventueller Verwechslungen nicht zweck-
mäßig wäre). Da sie stets alte Kurz-
triebe krönen, stehen sie horizontal vom
Sproß ab und breiten ihre Büschel
flach aus.
3. Pinselbüschel: Treiben End-
knospen oder Quirlastknospen nur zu
eng zusammenhängenden Büscheln aus,
so entstehen die Pinselbüschel. Auch
diesen Fall findet man an Kahlfraß-
sprossen.
Außer durch Entfaltung neuer Knos-
pen, kann die Wiederbegrünung auch
durch Auswachsen der stehen-
gebliebenen Nadelstümpfe un-
terstützt Averden, wobei gewöhnlich
zwei große, breite, hell- und mattgrüne
Nadeln (mit Verkrümmungen zur Halb-
kreisform) erscheinen (Abb. 553 B).
Zur Beantwortung der eingangs
gestellten Fragen betr. Beurteilung des
Zustandes befressener Kiefernzweige
hat man also nach v. T u b e u f s An-
gaben auf folgende Punkte zvt achten:
Abb. 551. Typische ,, Rosettentriebe"
(Quirlrosetten), d.h. gestauchte Triebe
mit Büscheln von Primärblättern. Sie
sitzen im Knospenquirl und sind aus
sonst schlafenden Quirlknospen ent-
standen. Nach Ratzeburg. Aus
V. Tubeuf.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 697
Beurteilung.
I. Nadeln (alte Nadeln).
1. Unbefressen.
2. Befressen.
a) Teilfraß.
1/4, V2J V4 abgefressen. (Im letzteren Falle sind die grünen Nadel -
Stümpfe noch sichtbar.)
b) Totalfraß. (Stümpfe nicht mehr sichtbar, oft aber versteckt in
der Scheide noch vorhanden.)
II. Kur z triebe.
a) mit Reproduktionserscheinungen.
b) ohne Reproduktionserscheinungen.
c) abgeworfen.
III. Sproß (einjähr. Sproß).
A. Maisproß.
a) Nadeln abgefressen.
b) Kurztriebe verloren.
c) Rinde benagt.
d) Teilweise abgestorben.
e) Ganz abgestorben.
f) Im lebenden Teile Reproduktionserscheinungen.
[Rinde, a) Braun mit Korkhaut, Knospen normal.
b) Rinde im Herbste noch grün. Knospen gut.
c) Knospen schwach.
b) und c) ist gefährdet, durch Frost und Trocknis abzusterben.]
B. Vorletzter (2 jähr.) Trieb.
a) Nicht befressen.
b) Befressen (nach Schema I).
c) Gute Scheidenknospen infolge der Verluste am Maitriebe vor-
handen.
C. Dreijähriger Trieb.
a) Nicht befressen.
b) Befressen (wie ?).
c) Normal entnadelt (ab Okt.).
IV. Bäume.
A. Stangenholz.
a) Oberstes Astwerk mit Gipfelsproß (oft kahl gefressen), untere
Partien oft noch benadelt, so entstehen die zentralen, toten
„Spieße", die später von tieferen Ästen überwachsen werden.
b) Mittleres Astwerk (bei engem Schluß schwach).
a) Kahl, ß) Nur mit Rosetten, dann schlechte Aussichten, y) Mit
alten Nadeln, dann bessere Aussichten.
B. Altholz.
a) Obere Krone.
b) Mittlere Krone.
c) Untere Krone.
Die untere Krone ist oft ganz oder fast ganz kahl und macht,
von unten betrachtet, einen schlechten Kroneneindruck.
Mittlere Krone oft nur Rosetten, obere Krone oft erholungs-
698
II. Spezieller Teil
fähig. Zuweilen ist die ganze Krone kahl, d. h. ohne alte Nadeln
und ohne oder mit wenig Reproduktionen. Der Baum ist verloren.
Für die Praxis ergeben sich aus dem Gesagten folgende Hauptgesichts-
punkte:
Das Erscheinen lediglich von Q ui r 1 r ose t ten im Herbst des Fraß-
jahres an völlig kahlgefressenen Bäumen, ändert nichts an der unmittelbar
nach dem Kahlfraß gestellten hoffnungslosen Prognose auf einen Exodus
letalis (Abb. 554). Die Primärblätter werden teils schon im Winter durch
Frost abgetötet, teils sterben sie im Frühjahr ab, so daß der Baum dann
wieder ebenso kahl dasteht wie im Sommer. Die Bildung der Quirlrosetten
stellt eben eine letzte Kraftanstrengung, eine unnütze Verausgabung der
letzten Reserven des Baumes dar, — also ein sehr schlechtes prognostisches
Zeichen, was Ratzeburg bereits völlig richtig erkannt hat.
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Abb. 552.
Kurztriebbüschel mit daraus gebildeten Nadel
Sachtleben).
Nach Liese (aus
Wo Kurztriebbüschel auftreten, wird die Prognose um so günstiger
je mehr alte Nadeln vorhanden sind, da sich aus jenen dann Kurztriebe
bilden können.
Was die Mai triebe betrifft, so ist deren Erhaltungszustand durch-
aus nicht entscheidend für das Leben der Bäume. Der Verlust des Mai-
triebes an und für sich hat keine Bedeutung für das Leben des Baumes,
wenn nur genügend Nadeln der zweijährigen Sprosse erhalten geblieben
sind. Auf diese kommt es in erster Linie an! Sie sind es ja allein, welche
nach Verlust des Maitriebes im nächsten Jahr noch vorhanden sein können,
da ja der dreijährige Sproß im Winter nicht mehr belaubt ist (s. Schema
Abb. 550,11b).
Übrigens bedeutet eine Erholung durchaus nicht immer eine völlige
Wiederherstellung, sondern sehr häufig nur eine Bewährungsfrist
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
699
von kürzerer oder längerer Zeit (womit aber vom Standpunkt der Holzver-
wertung aus schon viel gewonnen ist).
Der Grad der Erholung hängt außer natürlich von dem Erhaltungs-
zustand des befressenen Baumes auch noch sehr viel von äußeren Um-
ständen ab, vor allem von Witterung und Boden. Ein feuchter, regen-
reicher Sommer und Herbst wird der Erholung weit günstiger sein als
Trockenheit. Andererseits werden auf trockenen Böden stockende Bestände
sich leichter erholen als solche
auf nassen Böden, wie sowohl ^
bei der letzten norddeutschen
als auch bei der jetzigen bayeri-
schen Kalamität vielfach beob-
achtet werden konnte. (W o 1 f f ,
H i 1 f - W i t t i c h , Wagner
usw.) ,,Auf reinem, trockenem
Kiefernstandort", schreibt Wag-
ner, ,, gehören die wenigen
Bäume, die abgestorben sind,
fast ausschließlich den unter-
drückten an. die an sich nicht
viel Lebenskraft mehr haben.
Etwas stärkeren Abgang erwar-
ten wir auf nassen Böden, ins-
besondere auf Moor. Die Erfah-
rung machten wir schon bei dem
großen Nonnenfraß 1907/08, daß
die Kiefer auf nassen Böden
viel anfälliger ist. Diese Er-
scheinung beruht wohl darauf,
daß die Bäume auf trockenen
Böden durch ihren xerophilen
Charakter auf weit geringere
Transpiration eingestellt sind als
die Kiefern auf feuchteren Stand-
orten."
Endlich darf bei der I'rog-
nosestellung auch das A u f -
treten sekundärer Schäd-
linge nicht außer acht gelassen
werden.
Der letzte Faktor ist für die Prognose quoad vitam von besonders
großer Bedeutung. Die schönsten Ansätze zur Wiedererholung eines Eulen-
waldes können durch die verschiedenen Sekundärschädlinge zunichte ge-
macht werden. Bei allen Eulenkalamitäten hat man in dieser Beziehung
manche bittere Erfahrungen machen müssen.
Als sekundäre Schädlinge kommen hauptsächlich in Betracht die
beiden Waldgärtner {Myelophilus piuiperda L. und minor Htg.), ferner
die verschiedenen Pissodes-\xt(t\\ vor allem pinip/iiliis Hbst. und notatiis F.
Dazu kommen noch der Zimmer bock (Ac. aedilis L.) und der Blau-
rüßler {Aiagdalis frontalis Gyll.), welche beide bei der letzten norddeut-
Abb. 553 A. Zahlreiche Nadelpaare aus Kurz-
triebbüscheln entstanden.
700
II. Spezieller Teil.
sehen Kalamität teilweise in großer Zahl aufgetreten sind (siehe Esche-
rich, 1925, S. 14). Die Vermehrung und Wirkung der Sekundärschädlinge
ist um so größer, je trockener und heißer der Sommer ist.
Abb. 553 B. Nachgeschobene Nadelstümpfe.
Zusammenfassend können wir sagen, daß wir heute dank der sehr er-
folgreichen wissenschaftlichen Forschungen und der vielen praktischen Er-
fahrungen der letzten Jahre nicht mehr so sehr im Dunklen tappen wie
früher. Der Praktiker ist heute in den Stand gesetzt recht-
zeitig und mit ziemlicher Sicherheit Vorhersagen einmal
bezüglich des Verlaufs der Kalamität und sodann bezüglicli
des Schicksals des eulen fräßigen Waldes zu machen. Er kann
daher heute bereits recht feine Unterschiede zwischen hoffnungslosen und
hoffnungsvollen Beständen machen und damit vieles, was früher ohne
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
701
weiteres der Axt ausgeliefert wurde, erhalten (näheres siehe unten bei der
Bekämpfung S. 749 ff.).
Die Krisis.
Bei keinem der anderen Forstschmetterlinge tritt der Zusammenbruch
der Gradation mit solcher Sicherheit, Wucht und Vollkommenheit ein wie
bei der Eule. Diese Erscheinung ist von Alters her bekannt und in der
Literatur hundertfach erwähnt. Immer wieder wird da die Plötzlichkeit des
Erlöschens der Kalamität betont. Beispielsweise hatte „das Forstamt Gunzen-
hausen noch für den 4. Juli 1808 ein Aufgebot von tausend Arbeitern zum
Abb. 554. Wiederbegrünung nach Kahlfraß, fast ausschließlich durch Quirlrosetten.
Hoffnungslos.
702 11. Spezieller Teil.
Anprellen in der Schwaningerhaide angeordnet, bereits am 12. Juli war aber
dort keine lebende, gesunde Raupe mehr aufzufinden; dagegen lagen un-
zählige tot auf dem Boden oder klebten halb vermodert auf den Bäumen".
Bei Berwig (1926) finden sich zahlreiche ähnliche Fälle zusammengestellt,
und auch bei der jüngsten bayerischen Kalamität war vielerorts die Plötz-
lichkeit des Zusammenbruchs auffallend.
Als Ursachen dieser heftigen Krisen werden in früheren Zeiten , .un-
günstige Witterungsverhältnisse", „starke Gewitterregen", „Hagelschlag und
Regengüsse", „kühle Witterung nach schweren Gewittern", „kühle Nächte"
usw. angegeben. Einmal wird sogar auch „die Hitze" genannt, „durch die
die Raupen verbrannt seien" (vergl. Berwig).
In späteren Zeiten mehren sich die Berichte, in welchen für die natür-
liche Beendigung der Gradationen Krankheiten der Raupen im Zusammen-
wirken mit Parasiten und anderen tierischen Feinden verantwortlich gemacht
werden. Die naßkalte Witterung, die in früheren Angaben als die direkte
Ursache angesehen wurde — und nach den neueren Untersuchungen zum
Teil sicher mit vollem Recht — , wird nunmehr als indirekte Ursache
angesprochen, insofern als durch sie die verschiedenen Mykosen gefördert
werden.
Wir wissen heute, daß neben ,, inneren Erschöpfungszuständen" (z. B.
Rückgang der Zeugungsfähigkeit) hauptsächlich folgende Faktoren an dem
Zusammenbruch beteiligt sein können: Parasiten, Pilzkrankheiten
(Mykosen) und andere Krankheiten (B akteriosen). Von diesen
treten manchmal die Parasiten mehr in den Vordergrund, manchmal die
Mykosen und Bakteriosen, häufig aber wirken ^lle drei Faktoren zusammen.
Daneben helfen noch zahlreiche räuberische Tiere an der Vernich-
tung mit.
Parasiten.
Die Zahl der in den verschiedenen Entwicklungsstadien der Forleule
lebenden Schlupfwespen und Raupenfliegen ist sehr groß und
wird höchstens noch durch die Zahl der Kiefernspinnerparasiten über-
treffen!). Sie stellen sich sehr schnell ein, so daß gewöhnlich schon im
Prodromalstadium ein hoher Parasitenstand vorhanden ist. So ergab eine
Zucht im Tharandter Institut (ausgeführt von W. Baer) am Ende des
Prodromal Jahres bereits einen Parasitenstand von 64 0/0 (460/0 Tachinen und
180/0 Ichneumonen) (Abb. 555). Dieses rasche Anwachsen der Parasitenfauna
hängt wohl mit der großen Polyphagie zusammen, die die meisten Eulen-
parasiten auszeichnet. Dazu kommt, daß alle Entwicklungsstadien, also Ei,
Raupe und Puppe von Parasiten befallen werden, was natürlich für die
Gesamtwirkung von großer Bedeutung ist.
Baer (1925) teilt die Forleulenparasiten in drei Kategorien: i. Haupt-
schmarotzer, 2. wichtigere Schmarotzer und 3. bedeutungslose Schmarotzer.
1) Es existiert daher auch eine große Literatur über die Forleulenparasiten.
Besondere Verdienste um die Kenntnisse der letzteren haben sich W. Baer (1925)
und H. Sachtleben (1927 und 1929) erworben. Baer hat als erster eine kri-
tische und epidemiologisch brauchbare Liste der Eulenparasiten, geordnet nach ihrer
wirtschaftlichen Bedeutung, aufgestellt. Sachtleben hat durch eingehendes Stu-
dium der umfangreichen Literatur, vor allem auch der cälteren, eine Klärung der
teilweise recht verworrenen Synonymie herbeigeführt und sodann auch im einzelnen
die Kenntnisse der Bionomie wesentlich erweitert.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 703
Zu den Hauptschmarotzern stellt er folgende 9 Arten : Trichogramma
evanescens Westw. Meteorus albidiiarsis Curt., Banchus fe?noralis Thoms.,
Aphanistes armatus Wesw., Exochilum circumflexum L., Enicospüus rami-
dulus L., Ichneumon bilunulatus Grav., pachymerus Htg., Ernestia rndis Fall.
Als wichtigere Schmarotzer erwähnt er ferner: Pteromalus albo-
anmilatus Rtzb.. Tyloconmus scaber Grav., Anomalon bigiittatmn Grav.,
Amblyteles rubroater Rtzb., Ichneumon comitator L., fabricator L., nigri-
tarius Grav., Eudoromyia magnicornis Zett., Winthemia amoena Mg. und
Afithrax hottentottus L.
Sachtleben (1929) ändert nach seinen Beobachtungen dieses
Baersche Verzeichnis in einigen Punkten ab und kommt zur folgenden
Aufstellung:
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Abb. 555. Durchschnittliches Ergebnis einer Aufzucht von 100 Kieferneulenpuppen
im Prodromaljahr einer Eulengradation.
1. Hauptschmarotzer: Banchus femoralis Thoms., Ichneurnou. pachy-
merus Htg., Meteorus albidiiarsis Curt., Ernestia rudis Fall.
2. Wichtige Schmarotzer: Aphanistes armatus Wesm., ExochiUiui
circumflextwi L., Enicospilus merdarius Grav., Ichneumon bilunulatus Grav.,
Trichogramma evanescens Westw., Pteromalus alboannulatus Rtzb.
3. Häufige Schmarotzer: Anomalon biguttatum Grav., Tyloco?nnus
scaber Grav.. Amblyteles rubroater Rtzb., Ichneumon comitator L., fabricator
F.. uigritarius Grav., Echiuomyia inagnicornis Ztt., JVinthe?7iia amoena Meig.
und Anthrax hottentottus L.
4. Seltene Schmarotzer: Zahlreiche Arten 1).
1) Die seltenen bzw. wirtschaftlich bedeutungslosen Parasiten sind bei Baer
und Sachtleben aufgeführt. Übrigens kann es sehr wohl vorkommen, daß einer
dieser seltenen Parasiten einmal zu einem wichtigen Parasiten wird.
704
II. Spezieller Teil.
In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Eulen-Schmarotzer nach
der Art ihres Vorkommens in den verschiedenen Entwicklungsstadien der
Eule dargestellt:
Parasitenreihe der Kieferneule.
Name des Parasiten
Ei
April, Mai
Schmarotzt im
Raupenstadium
Puppenstadiui
Hymenopteren.
Ichneumon idae.
I cIiiieuiHOii hilKiiiilaliis Grav. '
pacJiymerus Ht
comilalor I,. .
fabricalor F. .
nigrilarius Grav. 2)
Aphanistes armalus Wesm.
Anomalon higuttaium Grav.
Exochiliou ci rciiniflexum L
Enicospil US ra//i/(/iilus L.
Banchus fciiiora/is Thoms.
Tylocottuim seither Grav. ^)
Braconidae.
Meteorus all)'uiilarsis Gurt. ^)
Chaicididae.
Pteromalus (Dirhicnus), ulbo-
annulalus Rtzb
Trichogramma evanescens
Westw
Dipteren.
Bombxjlidae.
Anthrax holleiilolliis L. . .
Tachinidae.
Ernestia rudis Fall
Echinomyia magniconüs Zett.
W'iiiHiemia amoena Mg. .
Im einzelnen sei über die Bionomie der hier genannten Parasiten
folgendes angeführt*):
Die Schlupf w e s p e n.
Ichneumon pachymer US Htg.{ Abb. 556). Einer der häufigsten Eulenparasiten;
verläßt Ende Mai die Forleulenpuppe, in der er den Winter verbracht hat.
1) Die Doppelstriche bedeuten, daß das Schlüpfen teils im Herbst, teils erst
nach Überwinterung erfolgt.
2) Nach Pfankuch auch Hyperparasit von Banchus femoralis Thoms.
3) Auch Hyperparasit von Banchus femoralis Thoms.
*j Die bionomischen Angaben beruhen in der Hauptsache auf den Arbeiten von
Sachtleben und B a e r.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Euleni
705
Die Flugzeit dauert bis Mitte oder Ende Juni. Nach Sachtleben beträgt
die mittlere Lebensdauer der Weibchen 23 Tage, die der Männchen ca.
6 Tage. Die parasitierte Eulenraupe schreitet noch zur Verpuppung und die
Schmarotzerlarve geht in die Eulenpuppe über, in der sie überwintert. Forl-
eulenpuppen aus dem November enthalten den Parasiten in einem Stadium,
das man als Präpupa bezeichnen kann, da die Imaginalanlagen zu diesem
Zeitpunkt bereits sichtbar sind. In der ersten Maihälfte verpuppt sich
pachyincnis in der Forlculenpuppe, schlüpft nach einigen Tagen aus seiner
Puppenhülle und verläßt kurze Zeit darauf die Forleulenpuppe.
In Holland scheint pachymerus nach Smits van Bürgst in zwei
Generationen aufzutreten. Auch in Deutschland scheint dies bisweilen vor-
zukommen, da nach Baers Beobachtungen die Wespe zum kleinen Teil
schon vor der Überwinterung auskommen kann. In solchen Fällen könnte
vielleicht der Kiefernspanner als Wirt der zweiten Generation in Frage
kommen (s. oben S. 523)1). Beim Ausschlüpfen schneidet die Wespe am
Abb. 556. Ich?wu?nofi pachymerus Yilg.-g. Abb. 557. Kieferneulenpuppen, aus denen
Eine der häufigsten Schlupfwespen der Ichneu?non pachymerus Htg. ausgekom-
Eulenraupe (in die Eulenpuppe über- men sind. Nach Sachtleben,
gehend*. 3 X.
Vorderende der Eulenpuppe einen Deckel ab, dessen rund um die Puppe
verlaufende Schnittfläche etwas ausgezackt ist (Abb. 557). In der Regel
wird der Deckel ganz abgeschnitten oder bleibt nur noch an einer schmalen
Stelle mit der Eulenpuppe in Verbindung. In solchen Fällen, in denen der
Deckel nicht genügend abgeschnitten ist, wird die Schnittfläche an einer
Stelle nach unten durch Ausnagen eines Loches erweitert (s. Abb. 557
rechts). Von der Größe des Parasiten und seiner Lage hängt es ab, in
welcher Höhe die Schnittfläche gelegen ist.
Ichneumon bilunulatus Grav. Solitärer Raupenparasit, wie die vorige
Art in die Puppe übergehend. Entwickelt sich ebenfalls teilweise schon vor
der Überwinterung (etwa im September) zur Imago, die größere Hälfte
jedoch erst im Frühjahr zur Flugzeit der Eule (Baer). Die im Herbst
geschlüpften Tiere befallen wahrscheinlich wie pachymerus die Spanner-
raupen als Zwischenwirt (siehe auch Anm. i).
Ichneumon nigritarius Grav. Ebenfalls Raupenparasit, in die Puppe
1) Allerdings haben wir bei der letzten bayerischen Kalamität während der
Wintermonate häufig Imagines von pachymerus und bilunulatus in der Bodenstreu
angetroffen, wo sie also zum Teil in diesem Zustand überwintern.
Esc he rieh, Forstinsekten, Bd. 111. 45
706
II. Spezieller Teil.
übergehend!). Ein häufiger Eulen- (wie auch Spanner-) Parasit. In Tharandt
ausnahmsweise auch als Hyperparasit aus den Kokons von Banchiis femo-
ralis Thoms. gezogen (Baer). Schlüpft zum Teil schon im Frühherbst.
Krauße hat im Eulenjahr 1924 schon am 11. August massenweise (er zählte
bis 14 Stück pro qm) frischgeschlüpfte nigritarius auf der Bodenstreu
herumlaufen sehen, v. Geyr hat im Laboratoriumsversuch beobachtet, daß
die frischgeschlüpften Weibchen gleich wieder die Eulenpuppen anstechen.
Wolff und Krauße (1925) schließen daraus auf eine zweite Generation
innerhalb ein und derselben Wirtgeneration, wodurch die wirtschaftliche
Bedeutung dieses Schmarotzers wesentlich erhöht würde. Demgegenüber
weist Prell (1925) mit Recht darauf hin, daß dieser Schluß nicht zwingend
sei, da i. überhaupt noch nicht erwiesen sei, daß das Anstechen tatsächlich
auch Eiablage bedeutet (s. unten bei Trichogramtna) und 2. die Bestätigung
aus der freien Natur mangle. „Es ist durchaus unwahrscheinlich, daß die
Schlupfwespen sich in die Erde wühlen und dort Eulenraupen suchen, statt
daß sie an den Bäumen die Raupen des Kiefernspanners suchen, als dessen
regelmäßiger Parasit nigritarius längst bekannt ist." Es sind jedenfalls
noch weitere Beobachtungen zu dieser Frage notwendig.
Exochilum circumflexum L. (Abb. 558). Raupenparasit in die Puppe
übergehend. Daß dieser wichtige Kiefernspinnerparasit auch bei der Eule
einen wesentlichen Vernichtungsfaktor aus-
macht, darauf ist vor allem durch Baer
(s. Escherich und Baer, 1910) hingewie-
sen worden. „Bedenkt man", schreibt dieser,
„die so abweichende Lebensweise des Spin-
ners, dessen Räupchen im Herbst von der
Schlupfwespe belegt werden, während dieses
bei der Eulenraupe im Frühjahr geschehen
muß, so muß ein solches Vorkommen bei
den beiden Arten wohl sehr überraschen."
Allerdings erweisen sich die Eulen-^a-ö-
chilu?n als deutlich kleiner, so daß man an
eine besondere, biologisch mehr oder weniger
fixierte Art denken könnte 2). Die erwach-
sene i5'xö6V?////;;;z-Larve füllt die Eulenraupe prall aus. Die befallenen Puppen
sind von den gesunden ohne weiteres an der lebhaft rotbraunen Färbung zu
unterscheiden.
Enicospilus ramidulus L. (= merdarius Grav. 3) (Abb. 559). Reiner
Raupenparasit. Fliegt Mitte Mai bis Mitte Juni. „Das parasitäre Leben in
der Forleulenraupe dauert etwa 20 Tage. Die ausgewachsene E. ramidulus-
Larve verläßt wie Banchus fenwralis Thoms. die Forleulenraupe, die zum
Teil noch das Stadium der Verpuppungsreife erreicht und fertigt wie
Banchus fenioralis Thoms. einen Kokon an. Der Kokon wird von Ratze-
burg treffend beschrieben: „Ich habe die Tönnchen häufig zur Zeit eines
Eulenfraßes im Winter unterm Moose getunden, wiewohl immer seltener als
Abb. 558.
flexum L
ebenfalls
Exochilum circiDu-
., ein Raupenparasit,
in die Puppe über-
ehend. i^/g X-
1) Eine ausführliche Schilderung von /. tiigritarius, der ein Hauptparasit des
Spanners ist, gibt Eidmann (s. oben S. 521).
2) Ausführlich geht auf diese Frage Sachtleben (1929, S. 64) ein.
3j Baer faßt merdarius Grav. als Synonym von ramidulus L. auf; Sacht-
leben möchte die beiden als Rassen einer Form ansehen. Ich folge hier Baer.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Xoctuidae (Eulen).
707
die von Banchus. Die Tönnchen beider haben viel Ähnlichkeit miteinander, die
Nennt
Baer (1925, S. 28) deren 15 und Sachtleben gar deren 32 Arten,
denen folgende genannt seien : Mesochoriis brevipetiolatiis Rtzb., Asti-
phromiua sculcfhitiim Grav. und slrenmim Holmg.
Angilhi li'iiuipes Thoms., Tyloroni/ius sci/hcr
Gra\-., C/yp///s (ihiiuu' Grav., verschiedene //c-
/////cVf^^s-- Arten, 6 P]iyg(ulciioii-\xiQ\\, Microcypdis
hcisicoiiiis Grav., abdoDiiiialor Grav. und h la-
ch yplents Grav., mehrere Pleclocryptiis-\\\Q\\.
I chiiciinioii iiigrilariiis Grav. und pircolor
Thunb., Melconis üll)idil(irsis Gurt, und die
Dipteren Aul h nix jiiorio L. (Abb. 574 B) und
iiutiirns L.
Die meisten Hyperparasiten wurden aus den
beiden wichtigsten Primärparasiten der Eule,
Baiic/iKS jenioralis Thoms. und Er/ies/ia riidis
Fall., gezogen. Vielfach werden die beiden von den gleichen Hyperparasiten
befallen. So wurde die Fliege Aiitlirax iiwrio L. sowohl aus y?(?//r////5'-Kok'ins
II
Abb
. 575. Tachinentönncht
t Schlupflöchern von
Hyperparasiten.
1) IJber die Stellung der Echhionty.
leben (1927,476—478).
zu iiKigiiir
7.c{{
iehe S a c h
II. Unterordnung: ^lacrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 717
als auch aus Ernesl/a-Tönnchen gezogen; das gleiche gilt für die Schlupf-
wespen Hemiteles caslaiieus Taschb. und Plectocryphis arrogans Grav.
(welch letzterer auch als Primärparasit bei der Eule vorkommt) und vielen
anderen. Die Phygadeuon-Arten sind wohl mehr Parasiten von Ernestia,
^^•ährend Cryptus dianae Gra\". und spinosiis Gra\'. \'orwiegend aus Banchus
gezogen wurden i).
Krankheiten.
Sowohl die Raupen als auch die Puppen der Eule werden von ver-
schiedenen Krankheiten befallen, von denen noch nicht näher untersuchte
Bakterienkrankheiten und 2 Mykosen die Hauptrolle spielen.
Daneben tritt auch die Polyederkrankheit bei der Kieferneulcn-
raupe auf. Doch scheint sie im Gegensatz zu den Angaben W o 1 f f s bei
dieser Art keine allzu große Rolle zu spielen. So berichtet Zwölfer, daß
er unter ca. 500 aus verschiedenen mittel fränkischen und oberpfälzischen
Forstämtern stammenden, an Krankheiten zugrunde gegangenen Raupen-
kadavern, die einzeln untersucht wurden, nur bei 2 Stück das Vorliegen
einer Polyederkrankheit mit Sicherheit feststellen konnte. Demgegenüber
trat diese Krankheit in seinen Zuchten etwas stärker auf, ohne aber auch
hier im Gegensatz zu Bakteriosen epidemische Formen anzunehmen.
B a k t e r i e n - K r a n k h e i t e n.
Bei den meisten großen Eulengradationen tritt im Eruptionsjahr eine
Seuche unter den Raupen auf, deren äußere Symptome zwar denen der
Polyederkrankheit ähneln, bei denen aber keine Polyeder im Blut festzu-
stellen sind. Wir fassen sie vorläufig als Bakteriosen auf. Die Raupen
verfärben sich und werden freßunlustig; im vorgeschrittenen Stadium hängen
sie massenweise nur mit einem Paar Afterfüße am Stamm oder an den
Zweigen fest, während ihre beiden Hälften schlaff herabhängen. Ihr Inhalt
besteht aus einer milchkaffeeartig jauchigen Flüssigkeit. Die meisten Raupen
gehen vor der Verpuppung zugrunde.
Eine sehr lebendige Schilderung des Verlaufs einer derartigen Bakteriose gibt
von Kessel (1924): ,,Bis zum 18. Juli," heißt es da. ,, spannen die Eulen sich
noch am Faden zur Erde. Am ig. Juli wurde im Südteil beobachtet, wie sich die
Eulen zu Tausenden oder noch zahlreicher an einzelnen, besonders nach Süden ge-
legenen Randstämmen sammelten. Sie krochen die Stämme matt und langsam etwa
5 — 8 m in die Höhe, und zwar bis zu der Stelle, wo die Borke in die Spiegelrinde
übergeht. Dort blieben sie wie schwärmende Bienen sitzen. Oft konnte man an
solchen Stämmen die Rinde nicht mehr sehen. Auf der Spiegelrinde oben aber
waren auch mit einem Zeißglase nur ganz wenige Eulen zu entdecken. Diese Er-
scheinung breitete sich von diesem Tage an innerhalb von 8 — 10 Tagen über das
ganze Revier aus, zuerst im Südteil, wo der Fraß auch etwa 14 Tage eher begonnen
hatte. Sichtbar wurden die Raupen Stunde für Stunde kränker. In Beständen, die
Förster Kühne rt oder ich am Vormittag untersucht hatten, waren am Nachmittag
die Bilder schon oft ganz andere, und die Eulen inzwischen schon wieder viel
kränker geworden. Das Ende der Raupen ging so vor sich, daß die Raupen in
1) Fuchs bezeichnet Cryptus diafiae Grav. als Eulenschmarotzer im. mittel-
fränkischen Fraßgebiet 1902; Habermehl zog ihn sowohl als ,, primären Para-
siten" aus der Eule, als auch als ,, sekundären Parasiten" aus Banchus jemoralis
Thoms., Sachtleben (1927) zog ihn als Primärparasiten aus Eulenpuppen.
718 II. Spezieller Teil.
ihrer großen Mehrzahl das Innere der Bestände verließen, sich an der Sonnenseite
der Bestände sammelten, und dort, in dem Bestreben, wieder auf die Bäume herauf-
zukriechen, an deren Fuß nach Millionen zählende, wimmelnde, ekelhafte Haufen
bildeten. Die wenigen Exemplare, denen es gelang, wieder an einen Stamm heran-
zukommen, waren so matt, daß sie sich bei der kleinsten Berührung gegenseitig
herunterrissen. Bei den Bäumen, bei denen eine Beobachtung der Krone möglich
war (Förster Kühne rt hat mehrere Stämme in 80 jährigem Bestände erklettert),
konnte festgestellt werden, daß die Raupen, denen es schließlich gelungen war, bis
zu den Nadeln zu gelangen, den Fraß nicht mehr aufnahmen, sondern matt in den
grünen Nadeln hingen. Nach wenigen Stunden oder Tagen waren sie tot, wie von
innen heraus verfault. Bei den zum Glück im ganzen ja nicht sehr stark befallenen
Schonungen konnte man beobachten, wie die Raupen sich im Bestreben, immer
höher heraufzukommen, in Mengen auf der obersten Spitze sammelten, so daß diese
sich infolge des Gewichts manchmal bog; dort hingen sie, ohne zu fressen, in den
grünen Nadeln und starben bald in der geschilderten Weise ab."
Bei Berwig (1926) finden sich eine Reihe von Angaben aus früheren
Zeiten, die auf die Beendigung der Kalamität durch Ausbruch derartiger
Krankheiten schließen lassen. Wenn von „Ruhr" gesprochen wird oder wenn
berichtet wird, daß die Raupen „in eine jauchige Masse verwandelt wurden",
oder daß sie „braun und schwarz werden und am Gipfel und Zweigstücken
in 3 — 4 Tagen verenden", oder, daß „Schlaffsucht eingetreten sei und dabei
auch Wipfeln beobachtet werden konnte" usw., so deuten diese Angaben
zweifellos auf Bakterienkrankheiten hin.
Mykosen.
Bei der Eule sind hauptsächlich 2 Pilzkrankheiten zu erwähnen, von
denen die eine die Raupe, die andere die Puppe befällt.
Die Raupenmykose, die durch den Pilz Einpiisa aulicae Reich, her-
vorgerufen wird, ist wohl die häufigste bei Eulengradationen zu beob-
achtende Krankheit, die sehr oft die Beendigung der Kalamität bedeutet.
Der Pilz sowie die Krankheitserscheinungen sind zum erstenmal von Bail
beschrieben und sodann von v. Tubeuf (1893) ausführlich dargestellt.
(Siehe auch Band I dieses Werkes S. 262.) Die keimende Spore sendet
durch die Haut des Tieres einen Schlauch in das Tierinnere hinein. Hier
wuchert der Pilz durch das Tier hindurch, alle Weichteile desselben auf-
zehrend. Die befallenen Raupen, die zuerst eine mißfarbig blaßgrüne Fär-
bung und ein aufgedunsenes Aussehen zeigen, hören zu fressen auf und
sterben ab, wobei sie meist mit den hinteren Beinpaaren an den Kiefern-
nadeln festgeklammert sind, die verschiedensten Stellungen einnehmend,
mit erhobenem Vorderkörper, oder gerade gestreckt usw. (Abb. 576). Auf
der ganzen Körperoberfläche erheben sich in dichtem Rasen Conidien-
träger, so daß die Raupe wie von einem gelbgrünen Mehl eingestäubt er-
scheint. Die Unterlage zeigt ebenfalls in der Nähe der verendeten Raupen
eine feine Mehlbestäubung, die von den abgeschleuderten Conidien herrührt.
Ist der Staub durch Regen von der Raupe abgewaschen, so erscheint diese
schwarzbraun, seltener gelblich mit dunkleren Streifen. Die Raupen sind
brüchig wie Holundermark. Die abgestorbenen Raupen trocknen an den
Zweigen und Nadeln gewöhnlich fest an, so daß sie dort oft noch mehrere
Monate nach dem Fraßende nachzuweisen sind. Sehr häufig findet man
größere Ansammlungen von Empusa-y[x\m\^VL an den Wipfeln. Außer an
den Zweigen findet man auch am Boden ausgestreckte verpilzte, einge-
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 719
trocknete Raupen, d. s. solche, die bei Beginn der Erkrankung vom Baum
gefallen waren und nicht mehr hochkommen konnten.
Die Überwinterung der Empiisa geschieht durch Dauersporen und zwar
Azygosporen, die sich in den Raupen-Kadavern im Boden oder auf den
Zweigen entwickeln. Durch sie werden im folgenden Jahr die jungen
Raupen infiziert.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Einpusa -Mykose ist
sehr groß; wird doch sehr häufig durch sie allein eine plötzliche Krisis
Abb. 576. Fichtenwipfel (Unterholz', bedeckt mit zahlreichen Empusa-V\-Ax\k.(t\\ Forl-
eulenraupen.
der Gradation herbeigeführt. Es sind eine ganze Anzahl solcher Fälle in
der Literatur verzeichnet (siehe von Tubeuf, 1893 und Berwig, 1925)
und auch bei der jüngsten bayerischen Kalamität wurde stellenweise der
Zusammenbruch durch Einpusa herbeigeführt. Andererseits sind auch Fälle
bekannt, in denen die Empifsa-Mykose erst im zweiten Jahr zur vollen
Wirkung gelangte, z. B. in Grafenwöhr, wo, trotzdem der Pilz im Jahre
1891 eine allgemeine Erkrankung verursachte, noch so viele Puppen gesund
ins Jahr 1892 kamen, daß abermals heftigster Fraß eintrat, der erst im
720
II. Spezieller Teil.
Sommer 1892 durch den Pilz völlig beendet wurde, (von Tubeuf,
1893 b)i).
Die Puppenmykose wird durch den zu den Fungi imperfecti gehören-
den Pilz Isaria farinosa Fries, verursacht (siehe Lakon im I. Band dieses
Werkes S. 281 ff.). Eingehende Angaben über das Auftreten dieses Pilzes
bei Eulengradationen finden sich bei Wolff-Krauße (1925). Die In-
fektion findet meist um die Zeit der Verwandlung der Raupe in die Puppe
statt (ausnahmsweise werden abgebaumte Raupen noch vor der Verpuppung
durch den Pilz abgetötet). Die frischinfizierten Puppen (etwa im August)
unterscheiden sich von den normalen dadurch, daß sie eine eigentümliche,
runzelige und auch meist
hellfarbigere Haut haben
als gesunde und sich natür-
lich auch nicht m.ehr be-
wegen. Es kann um diese
Zeit auch schon das erste
Hindurchbrechen der Pilz-
hyphen nach außen erfolgt
sein (Abb. 579 A).
Im Innern sind die
Puppen von einer gelblich
weißen, holundermarkarti-
gen Masse erfüllt. Später
werden sie in sklerotien-
artige Körper verwandelt,
aus denen die Fruchtträger
(Coremien) des Pilzes her-
auswachsen (Abb. 579 B).
Wenn man im November
die Streudecke abhebt, fin-
det man nicht selten aus
jeder Puppe einen Pilz
hervorwuchern, „gleichsam
das Bild einer mit wei-
ßen Blumen übersäten Wiese darbietend". Die „weißen Blumen" werden
von den phantastisch verzweigten, nicht selten mehrere Zentimeter langen
Fruchtträgern dargestellt, die auf einem scheinbar nur aus Hyphenmasse
bestehenden Körper aufsitzen. In diesem Zustand werden die Puppen von
den mit Probesammeln beschäftigten Personen leicht übersehen bzw. nicht
als solche erkannt.
Die /.ff^r/ß- Infektion kann bei entsprechend günstiger Witterung eine
große Verbreitung erlangen. Doch kann die Ausbreitung durch zeitig ein-
setzende, sehr strenge und langandauernde Winter schwer gehemmt werden.
Wolff-Krauße nehmen an, daß durch den Frost im Boden die zahl-
losen tierischen Organismen, die sonst wohl zum größten Teil die Ver-
breitung der Sporen von Puppe zu Puppe besorgen, in Erstarrung geraten,
wodurch der Hauptverbreitungsfaktor ausgeschaltet wird.
Abb. 577. Von Empusa aulicae befallene Kiefern-
eulenraupen, die tot an den Nadeln hängen. Nach
Wo I f f und K r a u ß e.
1) Auch bei der jetzigen mittelfränkischen Kalamität sind an vielen Orten trotz
der allenthalben aufgetretenen j5'm/'«J-rt-Erkrankungen noch zahlreiche Raupen in den
Boden gegangen und haben da gesunde Puppen ergeben.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen)
721
Räuberische Tiere.
Gegenüber den Parasiten und Krankheiten treten die räuberischen Tiere
in ihrer Krisen-Wirkung beträchtlich in den Hintergrund. Sie wirken zwar,
oft sogar recht augenfällig, an der Vernichtung der Eule mit, doch sie
allein würden wohl schwerlich mit einer großen Eulengradation fertig
Averden, während die erstgenannten Faktoren auch ohne Mithilfe der Räuber
die Krisis der Epidemie herbeiführen können. Der Grund für die schwächere
Wirkung der Räuber liegt in dem
Mißverhältnis der Vermehrungs-
ziffer des Schädlings zu der des
Feindes, worauf ja oben schon
mehrfach hingewiesen wurde. Lokal
(horstweise) allerdings können von
einzelnen Räubern größere Wir-
kungen, ja sogar Vollwirkungen er-
zielt werden (Ameisen), doch im
allgemeinen können wir in den
Räubern nur vorbeugende Fak-
toren sehen.
Räuberische Arthropoden. ,,, ,, ., ,. ,. i-, ■ i
'■ Abb. i/cS. Von J-^inpusu aulicae Reich, ge-
Unter diesen spielt die rote " tötete Kieferneulenraupen.
Waldameise {Fonnica riifa L. )
die Hauptrolle. Sie ist imstande, selbst bei heftigsten Gradationen ihre Um-
gebung gesund zu erhalten, wie die grünen „Ameisenhorste" im Kahlfraß-
meer beweisen, die besonders deutlich da hervortreten, wo die kahlgefressenen
Bestände abgeholzt wurden und
jene als kleine grüne Gehölze auf
den weiten Kahlflächen stehen-
geblieben sind (Abb. 580). Ber-
w i g schreibt darüber bei E i cl -
A B
Abb. 579: Von Isaria farinosa Fries licfallcne Kieferneulenpuppen (A), mit heraus-
gewachsenen Fruchtträgern (Bi.
mann, 1927): ,,Als ich im Frühjahr 1925, also nach dem schlimmsten
Fraßjahr, nach der Oberförsterei Griesel (Neumark) kam, bot sich mir über-
all ein Bild der Verwüstung. In der ganzen Oberförsterei von 7000 ha war
fast überall Kahlfraß. Grün waren nur noch die jungen Schonungen und
als grüne Inseln in diesem toten Wald sah man gewissermaßen als einzigen
Escherich, Forstinsekten, Bd. HI. 46
722
II. Spezieller Teil
Lichtblick nur hie und da kleine Flächen, die durch Ameisen nicht nur
gerettet, sondern restlos grün geblieben waren. Jetzt nach Beendigung des
Hiebes, der eine halbe Million fm Holz ergab und zu einer Kahlfläche von
2000 ha und einer stark gelichteten von weiteren looo ha führte, ist man
dankbar für diese „Ameisenhorste", die meist isoliert in weiten Kahl- und
Lichtungsflächen liegen."
,,Zwar bedeutet die gerettete Fläche nur einen Tropfen auf den heißen
Stein gegenüber der großen verwüsteten Fläche, aber diese durch die
A.meisen erhaltenen Bestände haben den Vorzug, daß sie meist vollkommen
unversehrt sind, ihre Gipfeltriebe noch haben und gesunde lange Benadclung
im Gegensatz zu allen übrigen Beständen, die man nur mit sehr vieler Mühe
Abb. 580. ,,Ameisenhorsl" auf einer großen Kühlfläche. Nach E i cl m a n n (phot.
B e r w i g ) .
retten konnte, die jahrelang im Wuchs zurückbleiben werden und deren
Höhenwuchs abgeschlossen ist." „Ameisenhaufen, die nicht in mehr
oder minder großem Lim kreis den Bestand gerettet haben, gibt
es nicht."
Auch bei der eben beendeten und teils noch im Gang befindlichen
Eulenkalamität in Bayern sind die Beziehungen zwischen Ameisenhaufen
und grünen Inseln mit völlig unversehrten Kronen so konstant und auffällig.
daß sie niemandem entgehen konnten.
Daß tatsächlich die Ameisen durch ununterbrochenes Töten frisch ge-
schlüpfter Falter und Einholen der Raupen die Bäume in der Umgebung
ihrer Nester raupenfrei halten, und daß nicht etwa irgendwelche andere
Beziehungen unbekannter Art zwischen den Amciseninscln und den Ameisen
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 723
bestehen, dürfte nach den zahlreichen Beobachtungen und Untersuchungen
Eidmanns, Meyers und Wel lenst eins^) keinem Zweifel mehr unter-
liegen (siehe auch Escherich, 1925 S. 15). Meyer beobachtete in Heideck
an einem Maivormittag bei etwa 20'^ C Ameisen {For/iiica rufa L.), die in der
Hauptsache Eulenfalter oder Teile von solchen zu ihren Haufen schleppten,
der etwa 1,50 m Durchmesser und ^/2 m Höhe hatte. In einem Achtel der
Peripherie wurden in einer halben Stunde gezählt: i Leib mit Kopf, 8 Leiber
ohne Kopf, 5 Köpfe und i Flügel mit Kopf, zusammen 9 Falter. Daraus würde
sich die Stundenmenge, die die Bewohner des Haufens zusammenbringen, auf
150 Falter berechnen lassen. Oft konnte Meyer späterhin auch interessante
Beobachtungen über Kämpfe zwischen Eulenraupen und Ameisen machen.
Er sah Raupen, die mehrere tote fest in die Raupenhaut verbissene Ameisen
mit sich herumschleppten. Wenn sich die Ameise an einem Körperteil der
Raupe festbeißt, den diese mit ihren Mandibeln erreichen kann, so gerät
die Ameise in große Gefahr: sie verliert ein Glied nach dem andern und
wird oft getötet. Die ermattete Raupe fällt aber letzten Endes der Über-
macht doch zum Opfer, namentlich wenn es einer Ameise gelingt, die Raupe
an einer Stelle zu fassen, die für die Mundwerkzeuge unerreichbar ist.
(Meyer, 1931.)
Nächst den Ameisen ist der Puppen raub er [CuIoso/zki sycop'/anfa l^.)
zu nennen, der bei Eulengradationen oft zahlreich auftritt. Altum (Z. 55)
zählt unter seinen Lieblingsraupen auch die Eulenraupen auf, und bei B e r -
w'ig (1926) finden wir mehrfach Angaben über die nützliche Rolle der
Sycophanten. Auch bei der letzten mittelfränkischen Katastrophe konnte
man zahlreiche Calosomen zwischen den massenhaft an den Stämmen auf
und ab laufenden hungerigen Eulenraupen herumjagen sehen, um bald da
und dort einen fetten Bissen herauszuholen. Übrigens ergeben sich die
Raupen durchaus nicht ohne weiteres in ihr Schicksal, sondern sie suchen
durch erregtes Hin- und Herschlagen des Vorderkörpers ihren Feind abzvi-
wehren, was ihnen auch nicht selten gelingt. Wie gierig die Calosomen auf
die Eulenraupen sind, geht aus einer Schilderung Pfeils hervor, wonach
.,ein Puppenräuber mit der Raupe von Noctua piniperda herabgestürzt sei,
die Raupe gewürgt, verlassen, den Stamm wieder erklettert habe, wieder mit
einer solchen herabgefallen sei und dieses Spiel 10 — I5mal eiligst nachein-
ander wiederholt habe" (Altum, S. 55).
Neben den kletternden Calosomen, die als Imagines und als Larven den
Raupen auf den Bäumen nachstellen, machen zahlreiche andere (nicht klet-
ternde) Caraben und Cicindelen Jagd auf die herabgefallenen Raupen.
Ebenso verzehren Staphylinen und andere räuberische Käfer gelegent-
lich Eulenraupen oder Puppen. So beteiligen sich zweifellos die zahlreichen
Coccinelliden (Halyzia, Attatis), die bei der letzten mittelfränkischen
Kalamität oft in großer Zahl zu sehen waren, an der Vertilgung der Eule.
Eine beträchtliche Bedeutung bei der Vertilgung der Puppen kommt nach
freundlicher Mitteilung von Herrn Oberregierungsrat Fuchs (Bayreuth)
den Helops -'LTirwcn (Tenebrioniden, siehe Bd. IL 205) zu. Genannter Ge-
währsmann hat häufig eine Helops-\.?i.Y\Q in einer frischen Eulenpuppe
steckend gefunden. In welcher Zahl die //("/c/>5--Larven \orkommen können.
1) Wellensteins überaus gründliche Uniersuchungen werden demnächst \er-
öff entlieht werden.
'24
IL Spezieller Teil.
Abb. 581
Hinterende einer I/elops-
Larve.
zeigt ein Befund aus dem Forstamt Forchheim, wonach auf 408 c[m 330 Larven
gefunden wurden. In Berücksichtigung der Größe der Helops -l^iiwen dürfen
wir wohl annehmen, daß jede Larve eine ganze Anzahl von Eulenpuppen
ausfrißt; dann ist ohne weiteres klar,
daß bei den genannten Zahlen die
Helops-'L2irven einen nicht zu unter-
schätzenden Vernichtungsfaktor dar-
stellen i).
Ratzeburg nennt auch noch
Scolopender als eifrigen Puppen-
vertilger; neuere Beobachtungen hier-
über liegen nicht vor. Auch Wanzen
(Ratzeburg [F. 175] führt Cimex
(Mesocerus) viarginatus L. und Peiita-
toma rufipes L. an, und ^\^ o I f f -
Krauße nennen Troilus luridus F. i
wurden des öfteren beim Anstechen
von Eulenraupen beobachtet.
Von Fliegen werden Laphria
gilva L. und Leplis scolopacea L. als Eulenfeinde erwähnt (Sedlaczek),
und von Hymenopteren Vespa crabro L. (Koppen) und Ammophila
sabulosa L. (Sedlaczek, Ritzema-Bos, Eidmann, 1930). Die letztere,
die Sandwespe, trat bei der mittelfrän-
kischen Kalamität an manchen Orten un-
gemein häufig auf. Allenthalben sah man
dort die langbeinigen Wespen, unter sich
eine Raupe, viel länger als sie selbst,
tragend, mit großer Geschwindigkeit
clahinjagen — von der Ferne mußte man
glauben, die Wespen fuhren auf eiligen
Schlitten dahin — , um ihr Nest aufzu-
suchen und mit der Beute in dessen Ein-
gangsöffnung zu verschwinden. In großer
Zahl konnte man solche Nesteingänge
besonders an den sandigen Wegrändern
finden; „öffnete man ein solches Nest,
so gelangte man durch einen wenige Zen-
timeter langen, schräg abwärts führenden
Gang in eine kleine Kammer, in der man regelmäßig eine Eulenraupe fand,
die durch den Stich der Wespe gelähmt, fast zu einem Kreisbogen zu-
sammengekrümmt, regungslos hier lag. Das große langgestreckte Ei der
Sandwespe war auf der Seite, etwa in der Mitte des Raupenkörpers ange-
klebt (Abb. 582). Die aus dem Ei herauskommende Sandwespenlarve frißt
die gelähmte Eulenraupe bei lebendigem Leibe auf, um sich dann in der
Nesthöhle zu verpuppen" (Eidmann, 1930).
Abb. 582. Eulenraupe mit dem Ei
der Sandwespe belegt. Nach E i d -
mann.
1) Schon Redtenbacher (Fauna austr. II. S. 125) vermutet, daß die Helops
Jagd auf andere Insekten machen; er stand aber mit dieser Meinung bis jetzt ziem-
lich vereinzelt da. Eine eingehende Untersuchung der epidemiologischen Bedeutung
der Helops-\.2iXv&n ist sehr erwünscht. Die Larven sind durch starke, aufwärts ge-
richtete Haken ausgezeichnet (Abb. 581).
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 725
Daß auch Spinnen an der Vertilgung der Eulenraupen beteiligt sind,
wird in der Literatur mehrfach erwähnt (Sedlaczek, 1915, Wolff-
Krauße, 1925). Auch bei der gegenwärtigen bayrischen Kalamität wurde
von verschiedenen Praktikern das häufige Auftreten von Spinnen erwähnt;
doch wissen wir noch gar nichts über die Rolle, die sie als Krisenfaktor
spielen 1).
Vögel.
Über die Beteiligung der Vogelwelt an der Eulenvernichtung stellt mir
A. V. Vietinghof f 2) folgende Schilderung zur Verfügung:
Alle Entwicklungsstadien der Forleule wirken reizausübend auf die
Fraßlust der Vögel des Biotops ein. So ist die Zahl der eulenvertilgenden
Vögel sehr groß. — Die unsichtbarste und doch wichtigste Rolle fällt der
endemischen Vogelwelt in der Ausübung der Prophylaxe zu. An ihr be-
teiligen sich fast sämtliche Vögel, deren Nahrung ganz oder teilweise aus In-
sekten besteht. Wahrscheinlich bilden nur Schwarzspecht und Waldbaum-
läufer eine Ausnahme. Die Wirkung der Prophylaxe läßt sich experimentell
kaum nachweisen, sie wird aber jedem klar, der je beobachtet hat, wie
schnell jeder Infektionsherd im Walde von den umherstreifenden Vögeln
aufgesucht Avird und wie gründlich er gereinigt wird. Meisen, besonders
Hauben- und Tannenmeisen, sind die konstanten Träger der prophy-
1 aktisch en Wirkung, ebenso Buchfink und Eichelhäher.
Tritt eine plötzliche Übervermehrung der Forleulc lokal begrenzt auf,
so ändert sich das Bild. Jetzt tritt die saugende, assoziationsbildende Wir-
kung der Nahrungsfülle in Erscheinung, welche allen Beobachtern der Erup-
tion aufgefallen ist. Ein Teil der insektenfressenden Vogelwelt des Biotops
konzentriert sich: Haubenmeisen, Tannenmeisen, Kohlmeisen,
Goldhähnchen, Buchfinken, Große Buntspechte durchstreifen
das Gebiet, Eichelhäher^) halten sich in ihm mit Vorliebe auf. Fast
immer ist die scheue Misteldrossel zu sehen. Die artlich zahlreicheren,
cjuantitativ dagegen kaum wirkungsvoll werdenden sporadischen Bewohner
des Kiefernwaldes wie Singdrossel, Amsel, Grauer- und Trauer-
fliegenschnäpper, Fitis- und Weide nlaubvo gel. Dorn- und
Klappergrasmücke, Haus- und Garten rotschw an z, Fleide-
1 e r c h e , Baumpieper, Steinschmätzer zeigen dagegen kaum eine
Änderung ihrer normalen biologischen Gewohnheiten. Nur die letzten drei
Vogelarten, deren Aufenthaltsorte seltener der geschlossene Kiefernwald als
große Heideflächen und räumdige Stellen bilden, zeigen eine Tendenz zum
Ortswechsel. Goldammern scheinen nach Untersuchungen ganz auf ani-
malische Nahrung — die Forleulc — überzugehen.
In anderen Vogelarten — vornehmlich den sozialen — tritt dagegen
eine wesentliche ,, Störung", ein Umschlagen aller Gewohnheiten, ein. Die
dem geschlossenen Kiefernwald wesensfremden Stare fallen in ungeheuren
Massen in den befallenen Beständen ein. Besonders nach der ersten und
zweiten Brut waren diese Massen oft unübersehbar. Sie übernachteten sogar
1) Eine eingehende Untersuchung der Rolle der Spinnen im Wald wäre sehr
erwünscht.
"') Siehe auch v. Vi e tinghoff, 1925 b u.c.
^) Bei der letzten bayerischen Kalamität konnte man allenthalben im Boden
massenhaft Suchlöcher, herrührend hauptsächlich vom Eichelhäher und der
Drossel, sehen; oft erschien der Boden siebartig durchlöchert.
726 II. Spezieller Teil.
am Befallsherd. — Weindrosseln werden \'on ihren normalen Zugwegen
abgelenkt und nähren sich im Frtihjahr wochenlang von Eulenraupen.
Dohlen, Nebelkrähen (bzw. Rabenkrähe oder deren Bastarde), sogar
Kraniche und Bergfinken beteiligten sich in Scharen oder truppweise
an der Vertilgung. Nur der Fraß des Kiefernspanners und des Eichen-
wicklers bringt in Mitteleuropa ähnliche Bilder großer Vogelkonzentrationen,
hervorgerufen durch Nahrungsfülle, nur die Heuschreckeninvasionen im
Süden zaubern noch grandiosere Bilder hervor.
An ökologisch geeigneten Stellen wird die Puppe der Forlculc von
Auerwild^), Birkwild, Großem Brachvogel, Ringeltaube,
Mandelkrähe und Wiedehopf, die Raupe von Elster, Pirol und
wahrscheinlich noch anderen Bewohnern der artenreicheren Peripherie
vei tilgt.
Es ist selbstverständlich, daß auch die Parasiten — nicht aber Calosoma
— von allen Vertilgern der Forleule mitgefressen werden. Fliegen-
schnäpper und Laubvögel scheinen Parasiten direkt zu bevorzugen. Die
Tönnchen der Tachinen werden von scharrenden Vögeln natürlich ebenso
aufgenommen wie die Eulenpuppen (s. dagegen die Anmerkung).
Zusammenfassend läßt sich sagen:
1. Im Stadium der Eruption kann die Vogelwelt auf großer zusammen-
hängender Fläche als Faktor im Kampf gegen die Forleule nicht in Betracht
gezogen werden.
2. Die prophylaktische Mitwirkung der Vogelwelt muß anerkannt
werden, obgleich sie sich mathematisch nicht nachweisen läßt.
3. Die Bedeutung der Vogelwelt bei kleinen Gradationen ist um so
größer als
a) die Parasitenwirkung verspätet eintreten würde.
b) die Vertilgung restlos erfolgen kann.
c) der Forstmann durch das lebhafte Treiben der Vögel auf die Gefahr
aufmerksam gemacht wird.
d) (auch auf größeren Flächen) durch Nachlese, etwa nach dem Aus-
bruch von Empiisa. die sich noch verpuppenden gesunden Raupen
vertilgt werden.
Säugetiere.
Von den Säugetieren ist in erster Linie das Wildschwein (Stis
scrofa L.) zu nennen, das bei seinem Erdmahl massenweise die Eulenpuppen
verzehrt, und zwar nicht nur die oberflächlichen, sondern auch die tiefer
gelegenen. Das Verschwinden des Wildschweins bedeutet, wie schon bei den
anderen Schädlingen betont, zweifellos eine Begünstigung der Eulengra-
dation. Berwig (1926) berichtet, daß beim letzten Eulenfraß in Nord-
deutschland „die verpönten Schwarzkittel dort, wo sie die neuzeitliche Kultur
wegen des Wildschadens noch nicht ausgerottet hat, hervorragendes ge-
leistet" haben. Ähnliche Bemerkungen finden sich auch sonst noch häufig
in der forstlichen Eulenliteratur.
1) Daß auch das Auerwild lokal sehr günstig wirken kann, konnten wir
bei der letzten bayerischen Kalamität im Forstaint Erlangen-West feststellen, wo
große Scharrplätze und -Straßen zu sehen waren; in ihnen waren die Eulenpuppen
zum großen Teil verschwunden, während auffallenderweise und im Gegensatz zu der
obigen Darstellung v. V i e t i n g ho f f s die Tachinen-Tönnchen noch zahlreich \ox-
handen waren.
II. Unterordnung: Macrolepicloptera. Familie Noctuidae (Eulen). 727
Ähnlich wie das Schwarzwild macht sich der Dachs stellenweise durch
Puppenvertilgung oft recht nützlich. Endlich werden auch Spitzmäuse.
Igel, Waldmäuse und Fuchs als Eulenvertilger genannt. Bei der
letzten bayerischen Kalamität wurden die Mäuse mehrfach als starke
Puppenvertilger gerühmt.
Beispiel einer Analyse der Hauptvernichtungsfaktoren während eines
Krisenjahres.
Das folgende der Zwölferschen Eulenarbeit entnommene Beispiel ver-
anschaulicht den Wirkungsgrad jener Umweltseinflüsse, die das Schicksal
einer Kieferneulengeneration während des Eruptionsjahres einer Kalamität
bestimmten und zeigt gleichzeitig eine der Anwendungsmöglichkeiten der
Populationsgleichung bei quantitativen Massenwechseluntersuchungen:
An Hand von Meyers Beobachtungen läßt sich eine Vorstellung von
der Wirkungsgröße derjenigen Widerstandskomponenten gewinnen, die
während der Eulengeneration 1930 im mittelfränkischen Fraßgebiet lokal
in Erscheinung getreten sind. Die Daten beziehen sich auf einen näher
untersuchten Stangenholzbestand des Forstamts Heideck, der schon während
der Generation 1929 stark befressen worden war und 1930 nicht der Arsen-
bekämpfung unterlag.
Im März 1930 wurden hier durchschnittlich 174 Puppen auf 5 qm ge-
funden. Die Ausgangspopulationsdichte war mithin 34,8 Puppen je qm; dem-
nach Pi = 34,8. Insgesamt gingen rund 500/0 dieser Puppen an Parasitierung
(Schlupfwespen) und Verjauchung (Bakteriosen?) und Mykosen zugrunde.
\\as einer Widerstandskomponente w^ = 50 entspricht.
Die in der Folgezeit von einem Weibchen dieser Eulengeneration durch-
schnittlich abgelegte Eizahl betrug 130. Nach früheren Erörterungen ist
dies bei der Kieferneule gleichbedeutend mit einer Reduktion der idealen
Eizahl von 31 Oo; mithin W2 = 3i.
2,6oo der in diesem Bestand abgelegten Eier wurden parasitiert (Tricho-
iiramma). 7,600 gingen hier während der Entwicklung wahrscheinlich infolge
abiotischer Einflüsse zugrunde. Weitere 5.600 der ständig kontrollierten
p:ier verschwanden spurlos. \'ermut]ich sind die letzteren der räuberischen
Tätigkeit von Vögeln und von Feinden aus dem Insektenreich zum Opfer
gefallen. Diese entspricht im ganzen einer Widerstandskomponente W3=-2,6
-r 7,4 +5-6= 15,6.
Im Junglarvenstadium wurden nach Meyers Ermittlungen mi Stangen-
holz rund 200,0 des vorhandenen Raupenbestandes vernichtet, wohl größten-
teils infolge abiotischer Einwirkungen. Demnach \\\ = 20.
Im Altlarvenstadium wurde auf Grund äußerer Merkmale der Raupen
eine Tachinierung von rund 550b festgestellt. Die durch Krankheiten (Bak-
teriosen, Empusa und vielleicht auch direkte klimatische Einflüsse) ver-
ursachte Verminderung des Altraupenbestandes läßt sich nur schätzlmgs-
weise ermitteln. Ein Vergleich der auf einer Kotfangfläche in dieser Ab-
teikmg sich ansammelnden Raupenkadaver mit den bei Probezählungen
ursprünglich in der Krone festgestellten Raupenzahlen, führt — wie das
von Zwölfer genauer erläutert wird — auf ca. 350/0 durch Krankheiten
vernichteter Altraupen. Durch Tachinierung und Krankheiten zusammen
728 II. Spezieller Teil.
wären demnach 550/0 + 350/0 = 900/0 des Altraupenbestandes ausgemerzt
worden. Mithin ergibt sich ein weiterer Widerstandswert W5 = 90."
Noch schwieriger gestaltet sich die Schätzung der in diesem kahl-
gefressenen Bestand durch Hunger zugrunde gegangenen Raupenmengen.
Vorausgesetzt, daß sie derjenigen Zahl entspricht, die aus dem untersuchten
Bestand in benachbarte Schläge abzuwandern versuchte, und hierbei in die
allseitig angelegten Fanggräben geriet, wäre dieser Anteil schätzungsweise
mit 980/0 des Restes der Altraupen zu veranschlagen, wie das Zwölfer im
einzelnen nachzuweisen versucht. Es würde dies einer durch Nahrungsmangel
bedingten Widerstandskomponente Wg = 98 entsprechen.
Im vorstehenden ist nur die Wirkung der hauptsächlichen Einzelwider-
stände berücksichtigt, denen gegenüber Umweltseinflüsse von epidemiologisch
untergeordneter Bedeutung kaum ins Gewicht fallen, wie beispielsweise jene,
die durch die Tätigkeit der Puppenräuber, Grabwespen, Vögel usw. bedingt
sind. Da bei der Kieferneule die Wirkung der wichtigsten Hymenoptercn-
Parasiten sich bekanntlich erst während des folgenden Puppenstadiums
äußert, welches in die gegebene Analyse nicht mehr mit einbezogen werden
konnte, so mußte auch die durch diese späterhin verursachte Verminderung
gesunder Puppen unberücksichtigt bleiben.
Wenn diese Überlegungen zutreffen und die wesentlichen Widerstands-
komponenten richtig erfaßt bzw. geschätzt worden sind, müssen nach früheren
Erörterungen die gefundenen Werte in die Populationsgleichung eingesetzt
eine Endpopulationsdichte ergeben, die mit der zu Ende der aktiven Lebens-
periode dieser Generation an Ort und Stelle ermittelten überein-
stimmt. Über letztere teilt Meyer mit, daß im fraglichen Bestand Anfang
Juli auf 10 qm 8 verpuppungsreife Raupen und 6 Puppen gefunden wurden.
Mithin ist dort die beobachtete Endpopulationsdichte 1,4 Individuen pro
qm gewesen.
Zur rechnerischen Ermittlung der Endpopulationsdichte Px mit
Hilfe der Populationsgleichung stehen nach obigem folgende Werte zur
Verfügung :
Pi = 34j8; Wi = 50; Wo = 31; W3 = 15,6; W4 = 20; W5 = 90; Wfj = 98.
Ferner sind zu berücksichtigen die absolute Eizahl der Kieferneule mit e-- ico
und das Geschlechterverhältnis m: f = i : i, somit m + f = 2; f = i. Hieraus
folgt für Px:
= 34.8 ■ -9° ■■ . / _i5 W, _11U, _i5,6\ , _io^ / ^goX / _^ ,
2 \ 100' \ 100/ \ 100/ 100/ \ 100/ \ 100/
= 17,4 ■ 190-0,5 • 0,69 • 0,844 • 0'8 • 0,1 • 0,02
= 1,540.
„Die weitgehende Übereinstimmung des errechneten Wertes für die End-
populationsdichte von rund 1,5 Individuen je qm mit der beobachteten von
1,4 Individuen je qm bestätigt die Richtigkeit der obigen Analyse und zeigt
gleichzeitig, daß die Wirkungsgröße der Hauptwiderstandskomponenten gut
erfaßt bzw. zuverlässig geschätzt worden ist."
Geschichte und forstliche Bedeutung der Eulengradationen.
Wer im August 1924 von Berlin aus ostwärts fuhr, wird die trostlosen
Waldbilder, die sich stundenlang auf beiden Seiten der Bahnlinie darboten,
nicht vergessen können. Soweit das Auge reichte, kahlgefressene Kiefern,
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
'29
deren Kronen nur noch als nacktes, jeglichen Grün entbehrendes dunkles
Astwerk gegen den Himmel starrten: Eulenwald!
In bisher noch nicht gekannter Ausdehnung war der deutsche Kiefern-
wald von einem Schädling, der Eule, zerzaust und vernichtet. Wurden
doch während der letzten Fraßperiode (1922 — 24) in den norddeutschen
Kieferngebieten nicht weniger als ca. 500000 ha befallen, davon 170000 ha
kahlgefressen (Lemmel). Der Mittelpunkt des Hauptfraßgebietes lag in
der Neumark, dem Regierungsbezirk Frankfurt a. Oder, von dessen 43 Staats-
oberförstereien 39 betroffen und stark mitgenommen wurden. Es schlössen
sich im Osten an die Grenzmark, angrenzende Teile von Hinterpommern, im
Karle 9. Übersicht über das Eulentraßgebiet in Norddeutschland, Sommer 1924.
Süden Niederschlesien bis weit südlich Sagan und Sprottau, im Westen der
nördliche Teil des Regierungsbezirkes Potsdam bis etwa zum Meridian von
Berlin. Außer diesem Hauptgebiet trat die Eule in denselben Jahren noch
im südlichen Ostpreußen (Masuren), in der Johannisburger Heide (die schon
191 2/14 von dem gleichen Schädling befallen war) und endlich in Pommern
im Dreieck Alt-Damm und Stargard, Gollnow und (links der Oden in der
Ukermünder Heide auf (König, 1925) (Karte 9).
Sachtleben (1927 und 29) gibt eine detaillierte Übersicht über die
einzelnen Fraßorte mit Angaben über die Ausdehnung des Kahlfraßes bzw.
Totfraßes in denselben, über den zeitlichen Verlauf usw. Wir entnehmen
dieser Zusammenstellung, daß in den preußischen Staatsforsten etwa
730 II. Spezieller Teil.
20 000 ha (bei einem Befall von 200000 ha) abgetrieben werden mußten.
Der Gesamteinschlag in Staats- und Privatwald infolge Eulenfraß wurde auf
12 Millionen fm Derbholz (mit einer Nutzholzausbeute von ca. 8 Millionen
fm) geschätzt.
Aus diesen Ziffern geht hervor, daß die Eule in Deutschland zu
einem der gefährlichsten Forstschädlinge und zum schlimm-
sten Kiefernschädling überhaupt geworden ist. War doch die ge-
nannte Eulenkalamität die größte Insektenkatastrophe, von der
Deutschlands Waldungen je heimgesucht wurden.
Es gab auch in früheren Zeiten zahlreiche Eulengradationen in Deutsch-
land. Für den Zeitraum vom 15. bis zum 18. Jahrhundert findet sich eine
Übersicht bei J. F. Krebel (1802). Für den Zeitraum von 1725 — 1892
finden wir historische Angaben über die Eulengradationen und ihren Zu-
sammenbruch bei v. Tubeuf (1893). Für das 19. und 20. Jahrhundert gibt
Berwig eine Übersicht über die Eulengradationen in Bayern. Die Orte
der Gradationen liegen in der Hauptsache im mittelfränkischen, ober-
pfälzischen und pfälzischen Kieferngebiet, während es südlich der Donau bis
jetzt noch zu keiner zur Eruption gelangten Massenvermehrung gekommen
ist. Vielfach wurden die gleichen Forstämter in den verschiedenen Gra-
clationsperioden wiederholt befallen. Für Nord- und Mitteldeutschland fin-
den wir Zusammenstellungen früherer Eulenkalamitäten bei Beck (1909),
Wolff-Krauße (1925) und König (1925), aus denen hervorgeht, daß
auch hier die Eulengradationen nicht selten waren. Auch in den Grenz-
ländern traten verschiedentlich Eulenkalamitäten auf, wie in Holland,
Polen und vor allem in Böhmen. Eine wohl vollständige Übersicht aller
bekannt gewordenen Eulenkalamitäten gibt neuerdings Sa cht leben in
seiner Monographie.
Im folgenden gebe ich eine Zusammenstellung der Eulenkalamitäten seit
Anfang des 18. Jahrhunderts, die ich Herrn Dr. Berwig verdanke (ver-
schiedentlich ergänzt durch Angaben aus Sachtleben).
Übersicht über die Eulengradationen seit 1725.
1725 Nürnberger Reichswaldungen, Ansbach und Schwandt.
1760 Nürnberger Reichswaldungen.
^77^i77 Brandenburg (Groß-Schönebeck, Rgbz. Potsdam).
1779 Görlitzer Forste (nach König).
1780 In Württemberg (Wolff).
1781 In Vorpommern.
1783 Görlitzer Heide, Mittelfranken (Ansbach, Schwandt, Wendelstein,
Raubersried), Oberpfalz (Pyrbaum).
1792 Görlitzer Forsten (König).
1801 Zerbst i. Anhalt (König).
1802 Meininger Unterland (König).
1806/08 Lausitz mit gewaltigen Waldgärtner-Schäden (König).
1807/08 Mittelfranken (Forst, Forsthof, Schwabach, Allersberg, Lichtenhof,
Lellenfeld, Triesdorf, Ansbach, Gunzenhausen ) : wahrscheinlich auch
in Holland.
1809/10 Oberpfalz (Amberg, Etzenricht, Teublitz, Weiden).
1809/12 Lausitz mit gewaltigen Waldgärtner-Schäden (König).
18 15 Mittelfranken (Dinkelsbühl, Forsthof, Lichtenhof, Feucht, Triesdorf),
Ostpreußen (Wolff).
]8i5/i6 Schlochauer Forst (König), Rgbz. Marienwerder.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
731
1817/18 Oberfranken (Pegnitz).
1818/19 Mittelfranken (Schwabach, Erlangen, Forsthof, Lichtenhof, Feucht,
Heideck).
1819/22 Bamberg-Ost (Kosbach), Oberfranken.
1820 In der Mark.
1S26 Hohenfinower und Tramper Forsten, Oberbarnim.
1827 Mittelfranken (Feucht), Rußland (Kurland, Witebsk).
1S27/28 Mittelfranken (Lauf a. Holz), Hannoversches Flachland (König).
1828 Unterfranken (Heigenbrücken), Mittelfranken (Schwabach, Allersberg,
Heideck).
1830 Lingen, Rgbz. Osnabrück, Pommern, Mecklenburg, Uckermark, bei
Berlin, bei Eberswalde (Wolff).
1836/39 Mittelfranken (Schwabach), Oberfranken und Oberpfalz (Amberg).
1837 Tucheier Heide, Aschaffenburg.
1837/39 Eberswalde, Charlottenburg (Wolff), Mittelfranken (Erlangen, He-
roldsberg, Nürnberg-Süd, Nürnberg-Ost, Lauf a. Holz, Fischbach,
Feucht, Altdorf, Kadolzburg, Neustadt a. A., Ansbach, Allersberg).
1838/39 Oberpfalz (Pressath, Grafenwöhr, Gmünd, Etzenricht, Vilseck, Weiden,
Pyrbaum), Mittelfranken (Herrenhütte, Behringersdorf, Dinkelsbühl).
1S42 Rußland (Neugut, Tauerkaln, Seegen, Baldohn, Kijew).
1843/44/45 Holland (Gelderland und Utrecht, 985 ha kahl).
1844/45 Mittelfranken (Lellenfeld und Dinkelsbühl).
1845 Schleißheim bei München (unbedeutend, nur Prodromalstadium), Clop-
penburg i. Oldenburg.
Schelitz in Oberschlesien (König).
Oberpfalz (Pyrbaum, Pegnitz).
Mittelfranken (Lichtenhof).
Katholisch-Hammer und Trachenberg i. N.-Schles. (König), Marien-
werder.
Rußland (Twen.
Mark und Provinz Sachsen (großer
(König).
Hessen. Unterfranken.
Seyda.
Oberpfalz (Grafenwöhr, Weiden. Etzenricht, Vilseck). Schlesien
(König).
Eberswalde (Wolff).
Zirke, östlich Schwerin, Westpreußen, Masuren, Tucheier Heide, Jo-
hannisburger Heide, Grondowken, Nikolaiken (König), Weichsel-
münde, Rußland (Grodno), Rhein-Main-Ebene.
Hessen (Main-Rhein-Ebene).
Oberpfalz (Neumarkt, Nittenau, Bodenwöhr, Amberg). Mittelfranken
(Nürnberg-Ost, Nürnberg-Süd, Fischbach, Herrenhütte, Petersgmünd,
Schwabach).
Mittelfranken (Feucht, Schwabach). Oberpfalz (Neumarkt).
Vorpommern, Bez. Frankfurt a. d. Oder, Niederschlesien (Primkenau ,
Oberpfalz (Grafenwöhr und Wernberg), Mecklenburg, Hoyerswerda
(Wolff).
Niederschlesien (Bunzlau, Sprottau, Malmitz Primkenau) (Wolff).
Mecklenburg (Ludwigslust), Oberfranken (Bamberg-Ost, Kosbach, Zent-
bechhofen, Forchheim), Saßnitz.
1889 Oberpfalz (Bodenwöhr), Mittclfrankcn (Heideck, Triesdorf, Kadolz-
burg, Lellenfeld, Altdorf, Feucht, Lauf a. Holz, Behringersdorf,
Herrenhütte), Pfalz (Edenkoben), Holland (Gelderland und Utrecht).
1S90 Nordwest-Galizien (Wolff).
[845/46
1S46
1847
1850/52
1857/59
1859
1862
1863/64
1864/65
1866/69
1867
1S69
1874
1S82/84
18S7
1888 89
Eulenfral?) ). Dresdener Heide
732
II. Spezieller Tei
1890/92 Oberpfalz (Grafenwöhr, Vilseck, Wernberg, Freudenberg, Kirchenthum-
bach), Oberfranken.
1894/95 Pfalz (Homburg, Landstuhl), Unterfranken (Großostheim u. Aschaffen-
burg), Rhein-Main-Ebene.
1 900/1902 Mittelfranken (Heideck, Petersgmünd, Allersberg, Kadolzburg, Engel-
tal, Erlangen, Nürnberg-Ost, Nürnberg-Süd, Schwabach), Oberfranken
(Lauf a. Holz, Kosbach), Pfalz (Kaiserslautern-Ost), Oberpfalz (Am-
berg, Pyrbaum, Etzenricht), Holland (Geldcrland und Utrecht).
Karte 10. Gradationskarte der Kieferncule: Schadgebiete und Jahresniederschläge.
1903
1912/13/14
1918/19
1919/20
Hannover.
Dresdener Heide, Masuren (Johannisburger Heide), Westpreußen,
Posen, Mittelfranken (Heideck, Allersberg, Altdorf, Behringersdorf,
Lellenfeld, Nürnberg-Ost, Schwabach, Triesdorf, Kadolzburg, Feucht,
Petersgmünd, Erlangen-Ost, Nürnberg-Süd, Ipsheim, Gunzenhausen,
Heilsbronn, Herrenhütte), Unterfranken (Wasserlos), Oberpfalz (Neu-
markt, Bodenwöhr), Altdamm. GoUnow, Stargard, nahe Stettin, Riga,
Nordböhmen (Wolechna).
Putten in Holland.
Pfalz (Speyer, Haßloch, Frankenstein, Ramsen, Kaiserslautern-Ost,
Landstuhl-Nord, Hohenecken, Hochspeyerl, Mittelfranken (Ansbach.
Kadolzburg, Altdorf, Behringersdorf, Feucht, Herrenhütte, Nürnberg-
Ost), Schleißheim bei München (nur schwaches Prodromalstadium),
Oberpfalz (Wernberg, Amberg, Etzenricht, Pressath, Kirchenthum-
bach, Vilseck, Weiden, Grafenwöhr, Neumarkt, Pfreimd, Waldsassen,
11. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
733
Arzberg), Baden (Schwetzinger Haardt looo ha), Forstamt Wiesloch
(Walldorf und Offersheim), Mannheim (Stadtwald), Hessen (Viern-
heim ) .
192 1 — 1924 Die große norddeutsche Kalamität (s. oben S. 729).
1928 — 193 1 Die große bayerische Kalamität (^littclfranken, Oberpfalz und Ober-
franken).
Keine der hier genannten früheren Kalamitäten hat auch nur annähernd
die enorme Ausdehnung erlangt wie die letzte große norddeutsche Gradation
Kicferncule: Srhadgebietc und Isothermen.
von 1921/24. „Selbst der große 58 er Fraß blieb doch auf die Mark und
Provinz Sachsen beschränkt und griff nicht auf Schlesien über, das wieder-
um seine eigenen Massenvermehrungen anfangs der 50 er und 60 er Jahre
hatte. Auch der vorletzte masurische Fraß 191 2/1 4 blieb auf die Johannis-
burger Heide und einige weitere masurische Reviere beschränkt, während
der übrige ostdeutsclie Kiefernwald in diesen Jahren wenig oder gar nichts
zu spüren hatte" (König, 1925). Wenn daher Ratzeburg (F. S. 175) mit
Pfeil sagt, daß „die Eule sich mehr als die meisten anderen Raupenarten
zusammendrängt", so hat die jüngste norddeutsche Riesengradation gezeigt,
daß dieser Satz heute keine Gültigkeit mehr hat, ja wir können denselben
geradezu ins Gegenteil verkehren und sagen, daß der Eulenfraß in
seiner Ausdehnung nahezu unbeschränkt erscheint.
Die forstliche Bedeutung ist also gegen frühere Zeiten wesentlich
anders zu werten, d.h. wir inüssen in der Eule heute, wie uir oben
734
II. Spezieller Teil.
bereits betonten, die schlimmste Gefahr von Seiten der Insekten
für unsere Kiefernwälder erblicken. Es besteht wohl kein Zweifel,
daß die Art der Forstwirtschaft im vorigen Jahrhundert, die zur Schaffung
ausgedehnter zusammenhängender, gleichaltriger Kiefernplantagen geführt
hat, wesentlich zur Steigerung des Gefahrsmoments beigetragen hat. Ge\vif.'>
waren auch in früheren Zeiten weite Strecken, besonders in Norddeutsch-
land, fast ausschließlich mit Kiefern bestockt, jedoch zeigten diese früheren
Kiefernwälder infolge fortwährender Bestandsunterbrechungen, starker Mi-
schung der Altersklassen und großer Räumigkeit, einen ganz anderen Habi-
tus, wie sich jeder durch Einblick in alte Karten überzeugen kann. Diese
Form der früheren Kiefernwälder wirkte zweifellos ähnlich entwicklungs-
hemmend auf die Eule wie die Mischwälder (vergl. auch von Vi et in g-
hoff, 1925).
Die Bekämpfung.
Feststellung der Befallsstärke (Virulenz).
Bei der Untersuchung der Gradationsvirulenz ist das Schwergewicht auf
die Feststellung der Zahl der gesunden Puppen im Winterlager zu legen.
Nach den Erfahrungen bei den letzten großen Kalamitäten hat sich ergeben,
daß das bisher übliche Verfahren (ringförmiges Absuchen des Stammtellers
in I m Umfang) durchaus ungenaue und gerade hinsichtlich der Feststellung
des Gesundheitszustandes wesentlich zu günstige Resultate ergab, insofern,
als die Puppenzahl pro Stamm nach außen allmählich ab-
nimmt, während gleichzeitig das E r k r a n k u n g s p r o z e n t ganz
wesentlich sinkt. (Hilf -Witt icli, 1924.) Es empfiehlt sich daher,
um Durchschnittswerte zu erhalten, Probestreifen von 5x1 (oder 1/0) m
zwischen zwei nicht über 6 m entfernten Stämmen, abzusuchen (Abb. 5S3 1.
5m
5m
1m
nichh
nichh
Abb. 583. Lage der ,, Probestreifen" (5X1 mi zu den Stämmen (oben
falsch). Nach Wo I f f - K r a u ß e.
ichtis
In jedem zur Sammlung bestimmten Bestände werden je nach dem ge-
wünschten Genauigkeitsgrade verschieden viele, im Durchschnitt etwa 4
solcher rechteckiger Probestreifen derart in die verschiedenen Bestandsteile
gelegt, daß nach Möglichkeit alle Bestandes- und Standortsverschieden-
heiten, die auf die Verteilung des Schädlings einen Einfluß ausgeübt haben
können (Verschiedenheiten in der Bodendecke, Bestandsalter usw.) berück-
sichtigt werden (Hil f -Witt ich, 1924).
Auch in vertikaler Richtung läßt sich eine ähnliche Differenzierung
zwischen der Lagerung von gesunden und kranken Puppen feststellen, indem
die erkrankten Individuen in starkem Maße in der oberen Bodenschicht sich
befinden. Ein zu flaches Absuchen wird also das gleiche fehlerhafte Bild
des Gesundheitszustandes geben wie die alte Methode der tellerförmigen
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 735
Probesammlung. Hierbei ist vor allem zu beachten, daß die Tachinen-
tönnchen in der Mehrzahl in den höheren Schichten liegen, so daß ein zu
oberflächliches Suchen ein fehlerhaftes Verhältnis von Tachine und Eule
ergibt.
Das Puppensuchen kann zur ersten Orientierung im August einsetzen
und hat mehrmals zu geschehen, um etwaige fortschreitende Erkrankung
(s. o. 720) festzustellen. Wie stark der Rückgang der Puppen sein kann, geht
aus den Untersuchungen von Hilf- Wittich (1924b) hervor, wonach im
Biesenthal er Revier im Lauf der ersten fünf Wochen die Zahl der Puppen
im Jahre 1923 von 14 auf 9, im Jahre 1924 sogar von 1,64 auf 0,39
zurückgegangen ist. Später, im September, trat nochmals eine starke Ver-
m.inderung ein, indem die Puppenzahl von Ende September bis zum No-
vember von 9 auf 2 gesunken ist. Die Verminderung war im Altholz wesent-
lich stärker als im Stangenholz; im ersteren (hundertjähriger Bestand) sank
die Puppenzahl von ^'^ auf ^ 5, im zwanzig- bis sechzigjährigen Holz dagegen
nur auf V3 der ursprünglichen Menge. Auch Schneider (1925) berichtet
eine Beobachtung aus Okrilla, wonach die zahlreichen Puppen, die im Herbst
festgestellt wurden und zu großer Besorgnis Anlaß gaben, Ende des Winters
vollständig verschwunden waren. (Vergl. auch Hause ndorff, Wolff-
Krauße u. a.) Starke Rückgänge der Puppenzahlen (von x-lugust bis No-
vember) konnten auch wir bei der letzten bayerischen Kalamität beobachten,
und zwar in verschiedenem Maße je nach der Beschaffenheit der Bodendecke.
Jedenfalls brauchen uns hohe Puppenzahlen frühzeitiger Puppensamm-
lungen nicht allzusehr zu erschrecken, da aus den obigen Erfahrungen her-
vorgeht, daß eine Probesammlung um so weniger Anspruch auf Genauigkeit
(der Voraussage) erheben kann, je früher sie durchgeführt wird. Ferner
wissen wir heute, daß die im fortgeschrittenen Stadium einer Fraßperiode
gefundenen Puppenzahlen prognostisch wesentlich günstiger zu beurteilen
sind als die zu Beginn einer Massenvermehrung gefundenen; und allgemein.
daß es gänzlich verfehlt wäre etwa bestimmte Puppenzahlen für alle Ver-
hältnisse als Grenze der Gefahrenzone angeben zu wollen. Vor allem müssen
die zu einer bestimmten Zeit festgestellten Puppenzahlen in Vergleich gesetzt
werden mit den entsprechenden Zahlen des \^orjahres: Sind sie durchschnitt-
lich kleiner geworden gegenüber dem Vorjahre oder sind sie im Durchschnitt
angestiegen? Erst nach Beantwortung dieser Frage kann eine einigermaßen
sichere Prognose gestellt werden. So wird z. B. die Puppenzahl 4 pro qm
nichts Beunruhigendes bedeuten, wenn im Vorjahr die betreffende Zahl viel
höher, etwa 12, war, dagegen zu ernster Sorge führen müssen, wenn im Vor-
jahr der durchschnittliche Puppenbelag nur 0,5 oder i betrug. Zur raschen
Orientierung empfiehlt es sich, die jeweils gefundenen Puppenzahlen — je
nachdem sie gegenüber dem Vorjahr größer oder kleiner geworden sind, mit
dem mathematischen Symbol „kleiner als" oder ,, größer als" zu versehen,
also z. B. I2>>4 oder 1 << 4, oder als Bruch zu schreiben, also — bzw.—.
12 I
Natürlich muß der Gesundheitszusta nd (Verjauchung, Verpil-
zung, Parasitenbefall) mit in die Rechnung eingestellt werden; ich verweise
in dieser Beziehung auf das beim Spanner Gesagte (S. 549).
Im einzelnen Fall lassen sich mit Hilfe der Zwölf er sehen Popu-
lationsgleichung (vgl. S. 658) rasch ungefähre Anhaltspunkte für die Höhe
der für einen Bestand jeweils kritischen Puppenzahl finden. ..Nach den Er-
736 II. Spezieller Teil.
fahrungen der letzten Kalamität in Mittclfranken, hat in etwa 30 jährigem
Stangenholz auf mittleren Bonitäten ein Belag von rund
500 Altraupen Kahlfraß zur Folge. Wird die ideale Eizahl der Eule
mit 190 angesetzt, ihr Geschlechterverhältnis mit i: i, und rechnet man ferner
unter für die Kieferneule günstigen Witterungsverhältnissen mit einer
Eireduktion von 200/0 und einer Junglarvensterblichkeit von ebenfalls 200/0,
dann läßt sich auf Grund der Populationsgleichung der Ansatz aufstellen:
Pi ■ 190 / 20 \ / 20
^ ~ 2 \ 100/ \ 100
worin nach früheren Erörterungen P^ die Ausgangspopulationsdichte, also
im vorliegenden Fall die Zahl gesunder Puppen je Stamm zu Beginn der
Generation vorstellt. Aus obiger Gleichung folgt für Pj :
^ 2 ■ 500 100
Pi = ö E = ca. = ca. 8,4
' 190 . 0,8 . 0,8 12 ^
Bei looo/oigem Kronenschluß und rund 2 qm Schirmfläche würde dies
einem durchschnittlichen Puppenbelag von rund 4 je qm gleichkommen,
der in diesem Fall als kritische Puppenzahl anzusehen wäre.
Dabei muß berücksichtigt werden, daß die Wirkung der Witterungslage in
der obigen Gleichung vorausgeschätzt worden ist. Fällt die Witterung für
die Eule etwas ungünstiger aus, als angenommen wurde, dann würde sich
eine entsprechend höhere kritische Puppenzahl ergeben. Ferner führt ein
Kronenschluß, der kleiner ist als der im Beispiel angenommene (von looo/o)
auf kleinere kritische Puppenzahlen. Für das Krisenjahr einer Kalamität im
besonderen muß die Eireduktion erheblich höher angesetzt werden infolge
schlechter Ernährungsverhältnisse, „innerer Erschöpfung" usw. (s. Sacht -
leben 1927). Doch fehlen einstweilen noch genauere Unterlagen über die
Höhe, welche die Eireduktion in diesem Sonderfall erreicht.
In entsprechender Weise läßt sich auch für Althölzer die kritische
Puppenzahl schätzungsweise bestimmen, wobei jedoch in Rechnung zu stellen
wäre, daß bei einem ca. 80jährigen Bestand erst ein Altraupenbesatz von
4 — 5000 Stück je Krone zum Kahlfraß führt und die Junglarvensterblichkeit
nach Meyers Untersuchungen selbst bei einer für die Eule günstigen
Wetterlage hier erheblich höher ist (40 — 500/0)."
Neben dem Puppensammeln ist natürlich der Falterflug (Zeitpunkt,
Stärke usw.) genau zu beobachten, ebenso Zahl und Gesundheits-
zustand der Eier und Raupen. Das Bild kann sich, wie wir oben
mehrfach gehört haben, rasch ändern, wodurch unsere Entschlüsse bezüglich
Ergreifung oder Unterlassung kostspieliger Bekämpfungsmaßnahmen wesent-
lich beeinflußt werden können.
Vorbeugende Maßnahmen.
Als vorbeugende Maßnahmen kommen alle jene in Betracht, die auf
die Erziehung möglichst gesunder, widerstandsfähiger Wälder hinzielen, also
vor allem Mischung der Holzarten und damit natürliche Anreicherung
der Fauna, ferner weitgehendste Schonung und eventuell auch künstliche
Vermehrung der tierischen Feinde der Eule (Vogelschutz, Ameisenvermeh-
rung). Wenn auch bei der letzten Riesenkalamität vielfach auch Misch-
wälder, die in dem Gradationsgebiet gelegen waren, zum Opfer fielen, so
finden wir doch überall in der Literatur über frühere Kalamitäten Be-
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 737
richte, aus denen die größere Widerstandsfähigkeit der Mischwaldungen
deutlich hervorgeht. Jedenfalls ist dringend zu raten, daß der durch die
Eulendurchforstung freigewordene Raum, wenn irgend möglich, ausgiebig
zu Laubholzunterbau benützt wird. (Allers, 1924.)
Früher wurde gründlichste Streuentnahme zur Vorbeugung
empfohlen. So wurde bei einer früheren bayerischen Kalamität von Braza
(1900) zu einer systematischen Streunutzung in eulengefährdeten Revierenge-
raten, da man beobachtet hatte, daß Tausende von Hektaren berechten
Privatwaldes grün geblieben waren, während die benachbarten, unberechten
Waldungen kahlgefressen wurden. Diese Beobachtung ist oft und zu ver-
schiedenen Zeiten gemacht worden. Anderseits liegen aber auch zahlreiche
gegenteilige Beobachtungen vor, wonach auch die stärkste Streunutzung das
Auftreten der Eule nicht verhindern konnte. (Berwig, 1925, S. 324.)
Ja, Ratzeburg gibt sogar an, daß nach seinen Erfahrungen die Eule
am meisten Stangenhölzer auf einem dürftigen, durch Streurechen ent-
kräfteten Boden liebt. Aus den verschiedenartigen Angaben in der Lite-
ratur geht jedenfalls so viel hervor, daß Verallgemeinerungen hier nicht
angebracht sind. Vor allem wäre es verfehlt, solche ohne Berücksichtigung
des Untergrundes (Durchlässigkeit!) zu machen (s. oben S. 668 ff.).
Vertilgung der Eier.
Eine Vertilgung der Eier könnte höchstens auf dem Wege der Zufuhr
bzw. Vermehrung der Eiparasiten ermöglicht werden. Das, was wir oben
über Trichogramma gehört haben, läßt die Hoffnung nicht ganz unberechtigt
erscheinen, daß durch künstliche Verbreitung dieses winzigen Parasiten die
Eruption abgeschwächt werden kann. Das Aussetzen von Trichogramma
evanescens Westw. in entsprechenden Mengen muß sich nach dem jeweiligen
Beginn der Eiablage der Forleule richten. Die günstigste Zeit wäre in der
Regel Mitte bis Ende April, bei später Eiablage der Forleule auch noch bis
Mitte Mai.
Vertilgung der Puppen.
Wie beim Spanner, so richtete sich auch bei der Eule bis vor kurzem
die Bekämpfung in der Hauptsache gegen das Puppenstadium.
Vermehrung von Parasiten. — Wie man gegen das Eistadium evtl.
Trichogramma einsetzen könnte, so könnte auch das Aussetzen des Puppen-
parasiten Pteromalus alboannulatus Rtzb. zur Vernichtung der Eulenpuppen
in Erwägung gezogen werden. Dieses müßte frühenstens von „Ende Juli an
erfolgen, d. h. nach der Verpuppung aller Forleulenraupen. Da vermutlich
bei günstiger Temperatur vor der in der Forleulenpuppe überwinternden
Generation wenigstens noch eine Generation von Pt. alboannulatus Rtzb. zu-
stande kommt, würde gegebenenfalls bereits Mitte Juli begonnen werden
können."
„Im Gegensatz zum pantophagen Trichogratnma evafiescens Westw. ist
Pteromalus alboannulatus Rtzb. ein polyphager Parasit, der auf wenige, der
Biocönose des Kiefernwaldes angehörende Wirte angewiesen zu sein scheint.
Der Nachteil, der sich hieraus für die künstliche Züchtung ergibt, wird
durch den Vorteil aufgewogen, daß beim Aussetzen von Pt. alboannulatus
Rtzb. der Parasit sich auf die Forleulenpuppe und die Puppen einiger
anderer forstschädlicher Lepidopteren, wie Bupalus piniarius L. und Sphinx
pinastri L., beschränken wird" (Sachtleben, 1927).
Escherich, Forstinsekten, Bd. III. 47
738 II- Spezieller Teil.
Schweineeintrieb. — Auch bei der Eule hat man immer wieder durch
Schweineeintrieb die Puppenzahl zu vermindern gesucht. Bei der Eule liegen
die Verhältnisse besonders günstig, da durch die frühzeitige Verpuppung ein
langer Zeitraum zum Eintrieb zur Verfügung steht. Die Behauptung, daß
durch Schweine in der Hauptsache die parasitierten, meist oberflächlich
gelegenen Eulenpuppen vernichtet werden, während die gesunden, tief er-
liegenden verschont bleiben, bedarf erst noch eingehender Untersuchungen.
Aus der Praxis liegen jedenfalls verschiedene günstige Urteile über die
Wirkung des Schweineeintriebs bei Eulengradationen vor (s. Neumeister,
1915).
Hühnereintrieb. — Auch Hühnereintrieb wurde verschiedentlich versucht.
Wo ein hoher Bodenüberzug vorhanden ist, der die Tiere am Scharren
hindert, blieb ein Erfolg aus (Berwig, 1925). In anderen Fällen dagegen
war eine Wirkung nicht zu verkennen. So blieben nach Sedlaczek (1913)
beim böhmischen Eulenfraß die Waldpartien in der Nähe von hühnerreichen
Gehöften grün. Natürlich wird dieses Verfahren nur einen sehr beschränkten
Wirkungskreis haben, noch weit beschränkter als der Schweineeintrieb.
Bearbeitung der Streu. — Das Streurechen stellte bis vor kurzem
das Hauptbekämpfungsmittel gegen die Eule dar. Es kommt ihm auch
zweifellos ein hoher Wert als Puppenvertilgungsmittel zu. Die Streu ^\•ird
am besten in mindestens i m hohe, feste Wälle oder Haufen zusammen-
gebracht, wobei besonders darauf zu achten ist, daß die Streu gründlich bis
zum mineralischen Boden entfernt wird, damit die Mehrzahl der Puppen in
den Wällen bzw. Haufen fest und tief eingeschlossen ist und so die Falter am
Auskommen verhindert werden^). Wolff-Krauße (1922) berichten, daß
der Falterflug in den so behandelten Orten vollkommen unterblieb und dort,
wo diese an unbehandelte Revierteile angrenzten, so scharf abgeschnitten
aufhörte, als ob eine unsichtbare, gläserne Wand die beiden Bezirke von
einander getrennt hätte. Fast mit den gleichen Worten schilderte mir A. von
Vietinghoff eine übereinstimmende Beobachtung, die er 1923 in seinen
Eulenwäldern bei Bautzen gemacht habe (s. dagegen die Angaben von
E. Meyer, S. 684).
Als beste Zeit für das Zusammenbringen der Streu ist der Herbst zu
empfehlen, da ja wegen des frühen Schlüpfens im Frühjahr zu wenig Zeit
dafür verbleibt. Die Arbeit geschieht in kleinen Verhältnissen mit eisernen
Rechen oder Plaggenhauen, auf größeren Flächen mit Grubbern (Kranold-
schen Grubbern) oder E^gen. Nach Beendigung der Gradation ist die Streu
aus bodenpfleglichen Gründen wieder auszubreiten 2). Die Methode des Zu-
sammenbringens und Wiederausbreitens der Streu kostet viel Geld (200 bis
300 RM. je ha); sie ist daher, wo irgend angängig, aus wirtschaftlichen
Gründen besser durch die radikale Entfernung und Abgabe der Streu zu
ersetzen (s. unten S. 748).
Beim Abziehen der Streu werden trotz aller Gründlichkeit nicht alle
Puppen erfaßt werden. Viele — und es sollen dies nach verschiedenen
1) Wir haben auch versucht, durch Beigabe von Ätzkalk und anderen Chemi-
kalien die Wirkung des Anhäufeins zu erhöhen, konnten aber keinen Unterschied
zwischen den reinen Streuhaufen und den gekalkten erkennen.
2) Über die Technik des Streurechens sowie über die Art der Wirkung der
Streuhaufen auf die darin eingeschlossenen Puppen ist oben beim Spanner Näheres
angegeben (S. 56off ).
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
739
Autoren gerade die gesündesten Puppen sein — werden auf dem Boden oder
in den oberflächlichen Schichten desselben verbleiben. Diese werden zum
größten Teil zugrunde gehen, indem sie teils vertrocknen, teils den ver-
schiedenen Räubern zum Opfer fallen, vor allem den Vögeln.
Außer der hier geschilderten Streubehandlung wird auch V o 1 1 u m -
bruch des Bodens empfohlen, „um die Puppen möglichst tief zu versenken"
(Berwig, 1925, S. 3^3),
eine Methode, die nach
den Erfolgen bei der
Spannerbekämpfung { S .
566) in kleineren begrenz-
ten Orten gute Dienste
leisten kann.
Vertilgung der Raupen.
Bei großen Euleii-
kalamitäten wird nvAu
heute letzten Endes stets
zu dem Radikalmittel
der Vernichtung der
Raupen durch :\ u t' -
streuen von Giftpul-
vern greifen. Diese
Bekämpf tmg ist den bis-
her gebräuchlichen Me-
thoden der Raupenvertil-
gung so weit überlegen,
daß letzteren heute fast
nur noch historischer
Wert zukommt.
So wird heute kein
Praktiker mehr auf dem
Wege des Leimens und
nachfolgenden Preilens
die Eule bekämpfen wol-
len, obwohl seinerzeit, als
in Bayern (1892) und
Sachsen (191 5) Versuche
in dieser Richtung an-
gestellt wurden, diese
Methode mangels anderer Mittel als beachtenswert (Abb. 584) gebucht wurde
(Nitsche, Neumeister, 191 5 i).
Nur das Abfangen der aus den kahlgefressenen Beständen nach den
Kulturen abwandernden Raupen durch Fanggräben (bzw. durch Pflug-
Abb. 584. Eulenraupen, die sich nach dem Prellen
unter dem Leimring angesammelt haben. Nach Neu-
meister.
1) In noch früheren Zeiten hat man auch, ohne vorher zu leimen, die Bäume
geprellt (in Württemberg hat man um das Jahr 1780 starke Seile um 3—4 nahe bei-
einanderstehende Bäume gewunden und dann mit großen Hebeln auf das straff
gespannte Seil geschlagen). Die so herabgeworfenen Raupen wurden zertreten oder
auf Tücher gesammelt und vernichtet. Welch großer Menschenaufwand damals ge-
trieben wurde, geht daraus hervor, daß bei solchen Bekämpfungsaktionen 1000 Mann
aufgeboten wurden (Berwig).
47*
740
II. Spezieller Teil.
furchen) wird heute noch geübt, und zwar, wie auch bei der letzten baye-
rischen Kalamität wieder zu sehen war, mit bestem Erfolg. Jedoch kann
man heute die Kulturen auch ohne Raupengräben durch Bestäuben mit einem
Fraß- oder Kontaktgift (mit Handbestäuber) retten.
Kot
in mg
Parallelyersuch
Gift^ersuch
noo
1200
800
WO
200
100
0
Kot nach 1
klagen
Abb.
585. Arsenwirkung auf Eulenraupen (Vierhäuter).
Nach B er wig.
Was die Giftbestäubung zur Eulenbekämpfung im Großen
betrifft, so mußten erst die Grundlagen hierfür im Laboratorium geschaffen
werden, d.h. es mußte die Wirkung der gebräuchlichen Gifte auf
die verschiedenen Stadien der Eulen raupe geprüft werden, da
hierüber bisher noch keine genaueren Erfahrungen vorhanden waren. Die
notwendigen Vorarbeiten wurden durch B er wig (1931) und durch Weis
(1931) im hiesigen Institut ausgeführt.
B er wig studierte die Wirkung der gebräuchlichsten Arsengifte
(Esturmit und Meritol) und kam dabei zu folgenden Resultaten:
Die Wirkung von Arsenpräparaten auf Forleulenraupen
ist als äußerst günstig anzusehen. Schon eine kleine Giftmenge
genügt, um die Fraßtätigkeit stark herabzumindern (Abb. 585), die Raupen-
entwicklung zum Stillstand zu bringen und nach 1/2 — 5 Tagen eine zuverlässig
abtötende Wirkung zu erzielen. Nach der Vergiftung nimmt nicht nur
die Kotmenge an sich sofort ab, sondern es verändert sich auch die Kot-
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Tamilie Noctuidae (Eulen). 741
ballengröße. Die Kotballen von vergifteten Raupen sind wesentlich kleiner
und unregelmäßiger geformt als die von gesunden, so daß man schon daran
die Vergiftung erkennen kann (Abb. 586).
Die schnellste Giftwirkung wurde bei Zweihäutern erzielt (Einhäuter
standen nicht zur Verfügung). Bei ihnen waren bereits nach i Tag 80 0/0 tot.
Auch auf Dreihäuter war die Arsenwirkung noch sehr gut, indem schon nach
eintägiger Giftaufnahme die Raupen fast nichts mehr fraßen und nach
2 Tagen bereits die Hälfte starb. Dasselbe gilt auch noch für die Vier-
häuter. Selbst bei für das Auge äußerst schwacher Bestäubung, bei der ver-
sucht wurde, 800 Staubteilchen pro Nadel (= ca. 50 kg je ha) aufzustäuben,
wurde sowohl durch Meritol als auch durch Forstesturmit eine vollkommen
ausreichende Wirkung auf Vierhäuter erzielt. Bei Meritol waren nach 3, bei
Forstesturmit sogar nach 2 Tagen die Raupen verendet. Nach einem Ver-
such im Thermostaten, bei dem die Raupen unter 15, 18 und 22° C an be-
stäubte Zweige gesetzt wurden, war die Arsenwirkung bei 22° am besten.
Aus diesen Untersuchungen Berwigs, deren Einzelheiten in der
Originalarbeit nachzusehen sind, geht hervor, daß die Eulenraupe zu den
arsenempfindlichsten Raupen gehört und also ein sehr günstiges
«
m.
«'v.i
9
4r %
r
' - -/ 4 ' ""^
Abb. 586. Kot der Eulenraupe als Zwei-, Drei- und Vierhäuter, oben von vergifteten,
unten von gesunden Raupen. Nach B e r w i g.
Objekt für die Arsenbekämpfung darstellt. Man kann, wenn die
Bestäubung rechtzeitig und sachgemäß ausgeführt wird, mit Sicherheit auf
einen vollen Erfolg rechnen (im Gegensatz zum Spanner, s. S. 56S). Da-
durch hat die Eule, obwohl sie an Virulenz zugenommen, ihre Schrecken
für den Waldbesitzer verloren, da ihm heute ein sicheres Mittel an die Hand
742
II. Spezieller Teil.
gegeben ist, noch in letzter Stunde den Wald vor dem Verderben 7A1
retten ^).
Von allergrößter Wichtigkeit für den vollen Erfolg der Arsenbestäii-
bung ist die richtige Bestimmung des Zeitpunktes, an welchem der Kampf
einzusetzen hat. Ein zu spät oder zu früh kann zu Teilerfolgen, ja selbst
zum Mißerfolg führen.
Nach den eben mitgeteilten Untersuchungen Berwigs verspricht der
Arsenkampf am erfolgreichsten zu werden, wenn er sich gegen die Jung-
Abb. 587. Arsenwirkung- auf Eulenraupen nach 12 Stunden Giftfraß und 24 Stunden
weiteren Fraß an unbegiftetem Futter. Links Kontrollversuch mit nur unbegiftetem
Futter. Nach B e r w i g.
raupen, insbesondere das I.— III. Stadium richtet. Danach empfiehlt es sich
mit der Bestäubung zu beginnen, wenn die Hauptmasse der Eier, rund Sqo/o,
geschlüpft ist. Durch Probefällungen kann man sich über das allmähliche
Fortschreiten der Eiablage und der Eientwicklung unterrichten, und der-
gestalt den gesuchten Zeitpunkt festlegen. Doch ist dieser Weg umständlich
und nicht absolut zuverlässig. Zweckmäßiger erscheint es, den fraglichen
1) Dem wird entgegengehalten werden, daß die wenigsten Privatwaldbesitzer
imstande sind, die hohen Kosten zu tragen. Hier muß auf irgendeine Weise Ab-
hilfe geschaffen werden, sei es durch Kreditgewährung, sei es auf dem Wege der
Versicherung oder dergleichen. An und für sich, d. h. im Verhältnis zum Verlust,
sind die Kosten mäßig und unbedingt gerechtfertigt, stehen doch den Ausgaben
für die Bekämpfung in Höhe von ca. 70 M. die Ausgaben für die Kulturen usw. in
der Höhe von mindestens 300—400 M. pro ha gegenüber.
II. Unterordnung: Macrolepicloptera. Familie Noctuidae (Eulen).
743
Zeitpunkt durch Verfolgung des Temperaturverlaufes im Freien unter Berück-
sichtigung der im bionomischen Teil (Abb. 529) dargestellten Entwicklungs-
dauerkurven zu bestimmen, bzw. wenn die Wetterlage den Temperaturverlauf
vorauszusehen gestattet, den fraglichen Zeitpunkt an Hand der Kurven
schätzungsweise zu ermitteln.
Um brauchbare Unterlagen über die Hauptzeit des Falterfluges, der
Eiablage usw. zu gewinnen, wird am einfachsten die von Meyer benutzte
Methode angewendet: Aussetzen einer bestimmten kurz zuvor eingesammelten
Anzahl gesunder Puppen unter möglichst naturgetreuen Bedingungen im
Walde an einem durch Holzleisten und Drahtgaze abgeschlossenen Raum.
Durch tägliches Absammeln der hier schlüpfenden Falter läßt sich der
Zeitpunkt, an dem die Hauptmasse der Falter ausgekommen ist, (rund 800/0)
ohne Schwierigkeit ermitteln. Berücksichtigt man nun das im bionomischen
Teil (S. 630 ff.) über die Temperaturabhängigkeit von Lebensdauer und Eiab-
lageperiode Gesagte, dann ist auch der Zeitpunkt, an dem die Hauptmasse
der Eier abgesetzt worden ist, leicht und für praktische Zwecke ausreichend
Abb. 588. .^rsenwirkuno- auf Eulenraupen (Vierhäuter ) nach i Tag. Links: schwacher
Fraß an bestäubtem Futter, geringe Kotmengen; rechts: Kahlfraß an unbegiftetem
Futter, große Kotmengen. Nach Berwig.
bestimmbar. Das weitere über die Dauer der Eientwicklung ergibt sich,
wie bereits erwähnt, aus dem Gang der Temperatur im Freien unter Berück-
sichtigung der Entwicklungsdauerkurven.
Neben Arsenpräparaten kamen in letzter Zeit auch verschiedeiae Kon-
taktgifte in den Handel, von denen hier zwei genannt seien: Forestit
(der Fa. E. Merck-Darmstadt) und Polvo (der Firma Cooper, Mc. Dougall
and Robertson, Ltd., Berkhamsted, England).
Über die Wirkung dieser beiden Präparate wurden in jüngster Zeit ein-
gehende Untersuchungen von Weis angestellt, die zu folgenden Resultaten
führten:
Forestit: Forleulenraupcn des IL und HL Stadiums zeigten sich
gegen Forestit äußerst empfindlich. Schon geringe Giftmengen (0,03 mg pro
744 II. Spezieller Teil.
Raupe für Einhäuter, 0,07 mg für Zweihäuter) genügten, um die Raupen in
I resp. 2 Tagen zu vernichten. Die Reaktion auf das Gift, die bereits 15 bis
30 Minuten nach der Bestäubung einsetzte, äußerte sich in krampfartigem
Krümmen (Abb. 589 a — d) und Ausspucken des Darminhaltes. Dieser Zu-
stand dauerte nur wenige Stunden, danach waren die Tiere völlig erschöpft
und bewegten sich kaum mehr. Tote Raupen waren stark eingeschrumpft
vmd hatten die Beine vom Körper abgestreckt (Abb. 589 e).
So empfindlich sich die Ein- und Zweihäuter gegen Forestit zeigten, so
widerstandsfähig erwiesen sich die Drei- und Vierhäuter dagegen. Bei Vier-
häutern konnte selbst bei Anwendung großer Giftmengen (0,6 mg pro Raupe)
keine looo/oige Abtötung erreicht werden, obwohl zunächst Vergiftungs-
erscheinungen zu beobachten waren. Das Intervall zwischen Bestäubung und
erstem Auftreten der Vergiftungssymptome war trotz größerer aufgestäubter
er v
<«i» v.
d e
Abb. 589. Vergiftungserscheinungen bei Eulenraupen nach Bestäubung mit Forestit.
a^d sich krümmende Raupen, e tote, vergiftete Raupe. Nach Weis.
Giftmenge bei diesen älteren Stadien wesentlich größer als bei Ein- und
Zweihäutern. Es betrug bei Dreihäutern durchschnittlich i Stunde, bei Vier-
häutern 1V2 Stunden.
Forestit wirkt auch als Fraßgift: Von Eulenraupen des V. Stadiums
gingen eine kleine Anzahl durch Fressen des vergifteten Futters zugrunde.
PolvorDie Wirkung von Polvo (das ein D er ris - Präparat darstellt)
auf Eulenraupen des II. und III. Stadiums war ebenfalls sehr gut. Schon
mit geringen Giftmengen (ca. 0,05 mg pro Raupe für Einhäuter, ca. 0,09 mg
für Zweihäuter) konnten alle Raupen nach 2 resp. 3 Tagen abgetötet werden.
Die Vergiftung äußerte sich ähnlich wie nach Bestäubung mit Forestit in
krampfartigem Krümmen und Erbrechen. Verendete Raupen waren gleich-
falls stark geschrumpft; Verätzungen der Haut wurden nicht beobachtet.
Vierhäuter zeigten sich gegen Polvo nicht so widerstandsfähig wie gegen
Forestit; allerdings mußten sehr große Giftmengen (ca. 0,9 mg pro Raupe)
IL Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 745
angewendet werden, um die Mehrzahl der Versuchstiere in 4 — 5 Tagen zu
vernichten.
Mit Polvo bestäubte Kiefernnadeln besaßen für Raupen des V. Stadiums
fraßabschreckende Wirkung. Nur vereinzelt krochen Tiere auf das begiftete
Futter, um es jedoch bald wieder zu verlassen.
Diese Laboratoriumsversuche von Weis wurden ergänzt durch Frei-
landversuche von Meyer mit Motor- und Handverstäuber in Krüppel-
beständen und Kulturen. Die Ergebnisse dieser Versuche waren nicht sehr
ermutigend. Das unter dem Namen „Polvo" im Handel befindliche Prä-
parat scheint in seiner gegenwärtigen Form wegen seiner Grobkörnigkeit,
schlechten Verstäubbarkeit und nicht zuletzt auch wegen des hohen Preises
zur Forstschädlingsbekämpfung wenig geeignet zu sein. Jedenfalls ist ihm
Forestit für den Großkampf überlegen. Nachdem mit letzterem
bereits gegen den Spanner so glänzende Erfolge erzielt wurden (s. oben
S. 569), sollten auch gegen die Eule Großversuche unternommen werden.
Bekämpfung der Sekundärschädlinge.
Ist die Eulengradation zu Ende, so heißt es, der durch diese einge-
leiteten Gradation die Sekundärschädlinge entgegenzutreten. Für den
Forstmann beginnt jetzt die Zeit gespanntester Aufmerksamkeit, wenn nicht
all die Mühen der Eulenbekämpfung umsonst gewesen sein sollen. „Mit aller
Tatkraft", schreibt König (1925a), ,,muß dafür gesorgt werden, daß die
den stark befressenen Kiefern gebliebene Erholungsmöglichkeit von ihnen
auch ausgenutzt werden kann und nicht durch die Folgeschädlinge gestört
wird. Während der Wirtschafter keinen Einfluß auf die Erholungsfähigkeit
an sich und auf die sie beeinflussende Witterung hat, kann sich sein Willen
und Geschick an der Lösung dieser Aufgabe erproben. Die Bekämpfung der
Folgeschädlinge wird in der kurzen Zeit, die namentlich der Waldgärtner
uns läßt, zur wichtigsten Aufgabe, deren Vernachlässigung sich bitter rächen
würde, stellenweise schon gerächt hat. Denn manchenorts gewinnt man den
Eindruck, daß gegen den Waldgärtner im Frühjahr 1924 nicht mit der nach-
haltigen Tatkraft gearbeitet worden ist, die nötig gewesen wäre; die Folge
ist schon jetzt eine starke Verbreitung in den Fraßorten und eine erhebliche
Vermehrung und Erschwerung der im Frühjahr 1925 zu leistenden Arbeit."
Der Kampf gilt vor allem den beiden Waldgärtnern (Alyel. piniperda L.
und minor Htg.), die sich regelmäßig nach Eulenfraß einstellen und den
Eulenschaden hauptsächlich durch den Triebfraß noch stark vermehren
können. Die Erkennung des Befalls ist bei pi/iiperda nicht schwierig: die
gelben Harztrichter (bei stark kränkelnden Stämmen fehlen allerdings oft
die Harztrichter) und vor allem das Bohrmehl sind sichere Kennzeichen.
Bei minor dagegen ist die Diagnose nicht so einfach, wenn nicht Specht-
einhiebe in den glattrindigen Stammpartien oder Bohrmehlspuren den Besatz
verraten. Jedenfalls wird man sich dabei eines guten Glases bei den Fest-
stellungen bedienen müssen, außerdem werden Probefällungen notwendig
werden. König rät nach Vorschlag von Wolff (Forstliche Flugblätter
Nr. 3), das Verhältnis der beiden Waldgärtner bezüglich der Häufigkeit
ihres Vorkommens an den Stämmen zu untersuchen, um so auf indirektem
Wege Schlüsse auf die Häufigkeit des minor ziehen zu können. Der gefähr-
lichere und schädlichere (wenn auch im allgemeinen seltenere) ist zweifellos
746 II. Spezieller Teil.
iniiior, da dieser primärer ist und Quergänge macht (Unterbrechung der
Saftleitung).
Der Kampf gegen die Waldgärtner im stark befressenen Eulenwald hat
in erster Linie in dem rechtzeitigen Fällen der mit Brut besetzten
Bäume, die vorher ausgezeichnet sind, zu bestehen. Es werden natürlich
bei großen Katastrophen anfangs — später wird der „Blick" für den Befall
immer sicherer werden — nicht wenig befallene Bäume übersehen w^erden,
so daß immer wieder neue Fällungen zu machen sein werden. Fangbäume
haben' in solchen starkbefressenen Revieren keinen Zweck, da ja alle Bäume
m_ehr oder weniger Fangbäume darstellen.
Dagegen wird man bei Lichtfraß und zum Schutz von an Kahlfraß-
flächen angrenzenden verschonten Beständen durch Fangbäume viel er-
reichen können (Vetter, Oberdieck, Stubenrauch, Lehn er und
B e r w i g und andere) .
Das Gleiche, was hier über die Bekämpfung der Waldgärtner gesagt
ist, gilt auch für die übrigen etwa auftretenden Borkenkäfer [pidentaLus
Hbst., aciiuiinatiis Gyll. usw.), ferner für Pissodes, Ac(7/i///()c//ii/s usw. (Einzel-
heiten über alle diese Folgeschädlingc finden sich im IL Band dieses
W^erkes).
Organisation der Bekämpfung einer Eulengradation.
Nachdem im \'orhergchendcu Abschnitt alle uns heute zur Verfügung
stehenden Bekämpfungsmittel im einzelnen besprochen sind, sei hier die
Organisation der Bekämpfung einer über große Gebiete ausgedehnten Eulen-
kalamität mitgeteilt, wie sie von dem bayerischen Forstmeister M. Sinders -
berger aufgestellt und durchgeführt wurde und die als Vorbild für jede
größere Bekämpfungsaktion überhaupt dienen sollte i).
Die Grundformen einer organisierten Kampfhandlung sind seit Men-
schengedenken die gleichen geblieben, wenn auch die Waffentechnik sich
geändert hat. Einheitliche straffe Leitung, Erkundung der Lage beim
Feinde, planmäßige Mobilmachung, rücksichtsloser, das Kampfziel im Auge
behaltender Einsatz aller als wirksam erkannten Mittel und rasche Heilung
der Schäden, die auch der gewonnene Krieg verursacht, waren von jeher und
bleiben immer die Voraussetzungen des Kampferfolges.
Nach diesen Gesichtspunkten wurde auch die Bekämpfung der Fohren-
eule organisiert, die im Jahre 1930 in dem bayerischen Regierungsbezirke
Mittelfranken verheerend aufgetreten ist und im Jahre 1931 wiederum zur
Massenvermehrung zu kommen droht.
I. Die einheitliche Leitung der ganzen Kampfaktion ist durch Schaf-
fung eines besonderen Bekämpfungsreferates an der Regierungsforstkammer
(Mittelstelle) gewährleistet. Dem Referat obliegt neben der Leitung der
eigentlichen Schädlingsbekämpfung auch die Entscheidung über den Ein-
schlag der von der Eule befallenen Bestände im Benehmen mit dem
Handels- und Forsteinrichtungsreferat, ferner der Entwurf eines Arbeits-
planes über die notwendig werdenden Kulturmaßnahmen in durchlichteten
Beständen und auf Kahlflächen, die Beratung der Gemeinden und Privaten,
deren Waldungen durch die Eule gelitten haben, in Rücksicht auf Fällung
1) Herrn P'orstmeister M. S i n d e r s b e r g e r sei auch an dieser Stelle für die
Überlassung seines Berichtes herzlichst gedankt.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Xoctuidae (Eulen;. 747
und Wiederaufforstung und endlich noch die mehr in wissenschaftlicher
Richtung sich bewegende Auswertung aller gemachten Erfahrungen, haupt-
sächlich durch Vergleich der Entwicklung der Kalamität mit der in anderen
Fraßgebieten in engster Fühlungsnahme mit dem Zoologischen und Botani-
schen Institut der Forstlichen \"ersuchsanstalt.
2. Der Schwerpunkt der ,, Erkundung der Verhältnisse beim Feinde"
liegt in der Feststellung des Belages an gesunden Puppen je qm
von Bestand zu Bestand. Bei der Lösung dieser wichtigsten Frage muß der
Zoologe in erster Linie zu Wort kommen und zwar ist die Zeit der Puppen-
suche von einschneidender Bedeutung. Erfolgt sie zu früh, so kann weder der
Belag noch der Gesundheitszustand der Puppen, die im Laufe des Herbstes
und Winters mannigfachen Gefahren ausgesetzt sind, mit der für die Be-
kämpfung erforderlichen Zuverlässigkeit ermittelt werden. Setzt sie aber zu
spät ein, etwa erst Anfang März, so wäre zwar eine hinreichende Genauigkeit
gewährleistet, es bliebe aber nicht mehr genügend Zeit, den Kampfeinsatz so
gründlich vorzubereiten, daß der Erfolg auch unter ungünstigen Witterungs-
verhältnissen während der Bestäubungszeit im großen garantiert werden
kcnmte.
Es wurde daher zunächst eine Puppensuche in allen von dem Fohren-
eulenfraß bedrohten Forstämtern für den Monat September angeordnet.
Sie sollte aber den auf die Puppensuche sich aufbauenden Mobilmachungs-
arbeiten nur einen allgemeinen Rahmen geben, insofern, als sie erwies, wo
überhaupt keine Gefahr droht. Denn in allen Beständen, in denen der Belag
an gesunden Puppen im September weniger als 3 Stück je qm beträgt, sind
ernstere Fraßbeschädigungen nicht zu befürchten, da der Puppenbelag im
Laufe des Winters sich noch wesentlich verringern wird. Es wird deshalb
auch nicht mehr notwendig werden, in solchen Beständen nochmals eine
Puppensuche vorzunehmen, wodurch sich bei der außerordentlichen Aus-
dehnung der bedrohten Flächen eine wesentliche Kostenersparnis in den
Vorbereitungsmaßnahmen erzielen läßt. Weiter bietet die Puppensuche
im September den Vorteil, daß sie schon bald die Brennpunkte
der Gefahr erkennen vi n d noch Zeit für die W i n t e r b e k ä m p -
f ung lä ß t.
Die Winterbekämpfung kann sowohl durch Streuentnahme wie durch
Umarbeiten der Streu in räumigen Beständen mit der Rollspatenegge er-
folgen. Sie ist aber nur in jenen Forstämtern durchführbar, wo ein hoher
Puppenbelag nur in einzelnen Beständen festgestellt wurde. Hier ist sie der
Giftbekämpfung vorzuziehen, da sie billiger ist und der Einsatz von Motor-
verstäuber und Flugzeug in vereinzelten, getrennt voneinander liegenden
Beständen der nicht der Hauptgefahrenzone angehörenden Forstämter die
Bekämpfungsaktion nur zersplittern und damit den Gesamterfolg in den am
meisten bedrohten Waldgebieten in Frage stellen würde.
In jenen Waldbezirken aber, in denen die Septemberpuppensuche, wie
es bei der Eule in der Regel der Fall zu sein pflegt, auf weiten zu-
sam.men hängenden Flächen einen bedrohlich hohen Puppenbelag be-
sonders in den 20 — 60jährigen Beständen ergeben hat, muß auf die Winter-
bekämpfung durch Streuentnahme in der Regel verzichtet werden. Denn
abgesehen davon, daß die Streunutzung die Widerstandskraft besonders der
jüngeren Bestände schwächt, wären zu große Streumengen weder im Wege
des Verkaufs noch durch Abgabe an die Forstberechtigten absetzbar. Das
748 II. Spezieller Teil.
in Lehrbüchern vielfach empfohlene Zusammenrechen der Streu auf Haufen
im Herbst und das Wiederausbreiten im Frühjahr würde aber je nach der
Bestandesverfassung auf 200—300 RM. je ha zu stehen kommen, wäre also
gegenüber der Giftbestäubung, die nur 60 — 75 RM. je ha kostet, viel zu
teuer. Auch die Bekämpfung des Schädlings im Puppenlager durch Um-
brechen der Streu mittels der Rollspatenegge ist im großen kaum durch-
führbar. In dem Hauptgefahrengebiet wird also von vornherein mit Gift-
verstäubung gerechnet werden müssen.
Da jedoch die Puppensuche im September deshalb kein zuverlässiges
Bild ergibt, weil eine große Zahl von Puppen um diese Zeit noch nicht ein-
wandfrei auf ihren Gesundheitszustand geprüft werden kann und im Laufe
des Winters noch zugrunde gehen wird, ist in den ernstlich gefähr-
deten Forstämtern nochmals eine Puppensuche \orzunelimen.
Als beste Zeit hierfür wurde vom Zoologischen Institut der Forstlichen Ver-
suchsanstalt in München der Monat Dezember vorgeschlagen. Die an Ort
und Stelle vorgenommenen Untersuchungen haben nämlich erwiesen, daß im
Dezember die Verjauchung und Parasitierung der Puppen schon so weit vor-
geschritten ist, daß sich wesentliche Änderungen am Belag von gesimden
Puppen bis zum Schlüpfen der Falter kaum mehr ergeben werden. Die Puppen-
suche ist von den Forstämtern nach einem vom Zoologischen Institut der
Forstlichen Versuchsanstalt ausgearbeiteten Merkblatt durchzuführen, das die
für die Puppensuche wichtigsten allgemein anerkannten Richtlinien enthält.
Das Einsammeln der Puppen hat in kleinen, etwa 100 Stück enthaltenden
Schachteln zu erfolgen, die mit feuchtem Moos auszukleiden und in größeren
Sammelsendungen balchnöglichst an das Zoologische Institut der Forstlichen
Versuchsanstalt zur Untersuchung auf den Gesundheitszustand einzuschicken
sind. Die Aufschrift auf den Schachteln läßt das Forstamt, die Bezeichnung
des Bestandes, den Sammeltag, die qm-Zahl der Probeflächen, sowie die
Boden- und Streubeschaffenheit der Bestände ersehen. Auf 1000 ha Holz-
bodenfläche sollen mindestens 200 qm Probeflächen nach Puppen abgesucht
werden.
Der Erörterung bedarf noch die Frage, ob die Untersuchung der
Puppen auf den Gesundheitszustand für das ganze bedrohte Gebiet im
Zoologischen Institut selbst, oder auf eigenen, zu diesem Zweck am Sitze
der Forstämter zu errichtenden sog. Feldstationen durch liierfür bestelltes
Personal, das von der Versuchsanstalt zu schulen wäre, erfolgen soll. Diese
Feldstationen hätten zweifellos den Vorzug, daß die Puppenuntersucliung
rascher vor sich ginge und daß vor allem das längere Aufbewahren und das
Versenden der Puppen mit der Post vermieden bliebe. Andererseits ist die
Einheitlichkeit der Arbeit nicht voll gewährleistet und wenn nach Abschluß
der Untersuchung sich größere Unterschiede unter sonst gleichen Verhält-
nissen ergeben würden, so käme in die Vorbereitung der Kampfm.aßnahmen
ein Moment der Unsicherheit herein, das hemmend auf die zu fassenden
Entschlüsse wirkt.
Es wird daher doch der einheitlichen Untersuchung der Puppen am
Zoologischen Institut der Vorzug zu geben sein, dem zur möglichst raschen
Bewältigung der Arbeit Hilfskräfte beigegeben werden müssen. Dem Zoo-
logischen Institut bleibt auch, wenn es die Puppenuntersuchung für das
ganze Fraßgebiet selbst vornimmt, die Möglichkeit gewahrt, die mannig-
fachen Beobachtungen wissenschaftlich auszuv/erten.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 749
Für die Verwaltung jedoch ist zunächst nur die Kenntnis des Belages
an gesunden Puppen je qm von Bestand zu Bestand von Wichtigkeit, da
hierauf alle Kampfmaßnahmen aufgebaut werden müssen, die einer um-
fassenden Vorbereitung bedürfen. Die Puppenuntersuchung muß daher bis
spätestens Mitte Januar beendet sein.
Im März, kurz vor dem Schlüpfen der Falter, hat dann nochmals, aber
nur stichprobenweise, in dem am stärksten bedrohten Gebiete eine Unter-
suchung der Puppen auf den Gesundheitszustand zu erfolgen, die Klarheit
darüber schaffen soll, ob und inwieweit die im Dezember ermittelte Zahl
des Belages an gesunden Puppen je qm noch reduziert werden muß.
Mit der Feststellung des Belages an gesunden Puppen hat aber noch
eine andere, für die Vorbereitung der Bekämpfung kaum minder wichtige
Arbeit Hand in Hand zu gehen, nämlich eine Erhebung darüber, in
welchem Umfang und Grade einzelne Bestände oder ganze
Komplexe im Laufe des Jahres schon von der Eule befressen
wurden. Fraßerscheinungen vom schwachen Lichtfraß bis zum Kahlfraß
werden sich in einem bedrohten Gebiete auch dann finden, wenn es erst das
Prodromalstadium durchlaufen hat. Stand es bereits im Eruptionsstadium,
so werden die kahlgefressenen Flächen eine größere Ausdehnung annehmen.
Da nun eine Giftbestäubung in einem bereits stark befallenen oder gar kahl-
gefressenen Bestände nicht nur zweck-, sondern auch wirkungslos ist, weil der
Giftstaub, wenn die Nadeln fehlen, nicht haften bleiben kann, so ist es für
die Entscheidung der Frage, in welchem x^usmaße und wo die Giftbekämp-
fung vorgesehen werden muß, von ausschlaggebender Bedeutung, jene Be-
stände zu kennen, die bereits stärker befressen wurden.
Nun hat die Praxis gezeigt, daß die bisher üblichen Bezeichnungen:
Naschfraß, Lichtfraß und Kahlfraß, auch wenn ihnen noch einige Unter-
abstufungen gegeben werden, viel zu weite Begriffe umfassen und kein an-
schauliches Bild über den Grad des Befalles und die in Zukunft notwendig
werdenden Maßnahmen ergeben. Es mußte daher eine schärfere Klassi-
fizierung des Befallsgrades gefunden werden. Die Unterlage hierfür hat
eine Bereisung des mittelfränkischen Fraßgebietes durch Professor Dr.
K. von Tubeuf geschaffen.
Dr. von Tubeuf hat, wie oben bereits mitgeteilt (s. S. 689), festgestellt,
daß in jedem stärker befressenen Bestand sich je nach dem Befallsgrad
deutlich 3 Stammklassen unterscheiden lassen, und zwar: i. Stämme, die noch
einen erheblichen Anteil alter Nadeln, besonders in den oberen Kronenteilen
aufweisen und daher sowohl als erholungsfähig zu bezeichnen sind, als auch
bei der Wiederkehr des Fraßes mit Aussicht auf Erfolg bestäubt werden
können. 2. Stämme, die noch mehrere Büschel alter Nadeln und auch
vereinzelte Nadeln oder Nadelstummeln an den Zweigen tragen. Die
Erholungsfähigkeit dieser Stämme bezeichnet v. Tubeuf als fraglich.
3. Stämme, die nur noch Rosettentriebe, aber keine oder ganz vereinzelte
alte Nadeln zeigen und nach der von Dr. v. Tubeuf vertretenen Anschau-
ung als verloren zu betrachten sind, da die Rosettentriebe entweder noch
im Laufe des Herbstes vergilben, oder während des Winters absterben, und,
selbst wenn sie sich bis zur Entfaltung der Knospe halten, die für die
Bildung eines Sprosses notwendigen Reservestoffe nicht zu liefern vermögen.
Auf Grund der Feststellungen Dr. v. Tubeuf s wurde eine Bonitierung
sämtlicher stärker befallenen Bestände des mittelfränkischen Fraßgebietes
750 11. Spezieller Teil.
des Jahres 1930 nach dem Befallsgrad angeordnet. Zu diesem Zwecke
wurden 3 Stammklassen gebildet; und zwar sollte bedeuten:
Stammklasse I: Stämme mit erheblichem Anteil alter Nadeln, daher
erholungsfähig,
Stammklasse II: Stämme, die besonders im unteren Kronenteil in
der Hauptsache nur Rosettentriebe, im oberen Kronenteil aber noch Büschel
alter Nadeln, ferner einzelne Nadeln und Nadelstummeln an den Zweigen
aufweisen; ihre Erholungsfähigkeit ist als fragwürdig zu bezeichnen.
Sta mm k lasse III: Endlich Stämme, die nur mehr Rosettentriebe
oder höchstens noch ganz vereinzelte Büschel alter Nadeln an Seitenästen
haben, daher als verloren zu betrachten sind.
Die Bonitierung der Bestände nach dem Befallsgrad mit Hilfe der
Stammklassenbildung hat in der Weise zu erfolgen, daß der prozentuale
Anteil der der I., II. und III. Klasse zuzuweisenden Stämme geschätzt wird.
Wenn z. B. in einem stärker befressenen Bestand 800/0 der Stämme nur
Rosettentriebe, 10 0/0 in der Hauptsache Rosettentriebe mit einigen alten
Nadelbüscheln im oberen Kronenteil und 100,0 nur lichtgefressene Kronen
mit noch zahlreichen alten Nadeln aufweisen, so würde die Bonitierung des
Bestandes lauten: I = loo/o, II = loo/o, III = 800/0, d. h. es werden SoOu
aller Stämme als verloren zu betrachten sein, der ganze Bestand wird sonach
als dem Abtrieb verfallen gelten müssen, auch wenn er nicht noch einmal
befressen wird; eine Bestäubung wäre also sinnlos.
Die Bonitierung der Bestände nach dem Befallsgrad wurde im mittel-
fränkischen Fraßgebiet auf 2000 ha von den Forstämtern Allersberg, Heid-
eck, Petersgmünd und Schwabach innerhalb 14 Tagen vorgenommen. Die
Durchführung ist viel leichter, als es den Anschein haben möchte. Denn
wenn der die Bonitierung leitende Beamte zu Beginn der Arbeiten sich durch
Fällung von Probestämmen davon überzeugt, ob er einen stehenden Stamm
in die richtige Klasse eingereiht hat, eignet er sich bald soviel Übung an,
daß die unterlaufenden Fehler praktisch bedeutungslos sind.
Im allgemeinen hat die Bonitierung der Bestände nach dem Befallsgrade ge-
zeigt, daß die seither übliche Bezeichnung Kahlfraß in der Regel viel zu pessi-
mistisch gedeutet wurde. Daher rühren auch die in der Literatur mehrfach erörterten
Meinungsverschiedenheiten in der Frage her, ob ein von Eule oder Spanner kahl
gefressener Bestand sich wieder erholen wird. Man kann bei einer Bereisung des
mittelfränkischen Keupergebietes, in dem in ziemlich regelmäßiger Wiederkehr
Spanner oder Eule verheerend aufgetreten sind, oft die Behauptung hören, ein
Bestand sei vor 30 Jahren völlig kahl gefressen worden und habe sich in kürzester
Zeit prächtig erholt. Meist sind es die berühmten ältesten Leute, besonders Forst-
arbeiter, die hierfür als Zeugen genannt werden. Alle diese Bekundungen sind für
die in der Praxis zu fassenden Entschlüsse deshalb wertlos, weil der Grad des
Befalles nicht ziffernmäßig festgelegt war.
Die geschilderte Bonitierung der Bestände wird jedenfalls viel zuver-
lässigere JJnterlagen für die Entscheidung der Frage schaffen, welchen
Fraßgrad ein Bestand auszuhalten vermag, wie die seither übliche Bezeich-
nung, die eine ganz verschiedene Auslegung erfahren hat.
Um die Bonitierung festzulegen, wurden in zahlreichen, nach Alter und
Boden verschiedenen Beständen 10 — 20 im Befallsgrad charakteristische
Stämme in der Natur mit einer weißen Ölfarbnummer versehen und die
Klassenzugehörigkeit in der Weise ersichtlich gemacht, daß bei Stämmen
II. Untrrorclnung; Macrolepidoptera. Familie Nocluidae (Eulen). 751
der I.Klasse (erholungsfähig) ein weißer Olfarbpunkt über, bei Stämmen
der II. Klasse (Erholungsfähigkeit fraglich) neben und bei Stämmen der
Klasse III (nicht erholungsfähig) unter der Nummer angebracht wurde.
Diese Probestämme, über die ein Verzeichnis geführt wird, sind, auch wenn
der ganze Bestand kahl abgetrieben werden muß, solange zu halten, bis sie
unzweifelhaft absterben oder sich voll erholt haben. Ihre Entwicklung sowie
Tag und Ursache ihres Absterbens sind in dem Verzeichnis zu vermerken.
Dadurch werden sich wichtige botanische Feststellungen treffen und für die
Zukunft zahlenmäßig sichere Unterlagen über die Wirkung eines Kahlfraßes
gewinnen lassen.
Selbstverständlich wurden die Probestämme nicht über den ganzen Be-
stand verteilt ausgewählt, sondern auf kleine Flächen unter Beachtung der
Windrichtung, der Hanglage und Bringungsmöglichkeit so zusammen ge-
rückt, daß sie auch bei vorzeitigem Abtrieb der Umgebung möglichst lange
gehalten werden können.
Abb. 590 zeigt eine solche Probefläche mit der Numerierung und
Klassifizierung der Bestände.
3. Mit der Feststellung des Belages an gesunden Puppen je qm und den
zahlenmäßigen Erhebungen über den seitherigen Befallsgrad ist die „Lage
beim Feinde" soweit geklärt, daß sie in den sog. Bekämpfungskarten
dargestellt werden kann, deren Anfertigung unerläßlich ist, wenn das be-
drohte Gebiet sich auf größere Flächen erstreckt, da die Karte einen viel
rascheren und zuverlässigeren Einblick gewährt, wie die Zusammenfassung
der Erkundungsergebnisse in Tabellen und Übersichten.
Die Bekämpfungskarten werden zweckmäßig im M. 1:10000 angefertigt.
Zunächst ist das Alter der Bestände auf den Karten vorzutragen; hierbei
kann, wenn die Karten nur der Eulenbekämpfung und nicht auch anderen
Zwecken dienen sollen, darauf verzichtet werden, die Bestandesalter in
Klassen von 20 zu 20 Jahren, wie sie die bayerische Forsteinrichtungsan-
weisung vorschreibt, darzustellen, es genügen 4 Altersabstufungen, die nach
dem Gefahrenmoment gebildet werden und zwar die Altersstufen 0—20, die
in der Regel von der Eule, auch wenn ein hoher Puppenbelag festgestellt
wurde, nicht befressen wird, die Altersstufe 20—60, die am meisten bedroht
ist und bei Todfraß kaum verwertbares Material liefert, die Altersstufe
60 — 100, die zwar noch stark befressen wird, aber deren Holz wenigstens als
Grubenholz abgesetzt werden kann und die über 100 Jahre alten Bestände,
die für die Bekämpfung erst in letzter Linie in Betracht kommen, da das
hiebsreife Holz ohne besondere Verluste eingeschlagen werden kann.
Der Eintrag des Belages an gesunden Puppen je qm, wie ihn die
Dezember-Puppensuche ergeben hat, von Bestand zu Bestand, sowie die
Bonitierungsergebnisse in den bereits stärker befressenen Beständen hat in
möglichst plastischer, in die Augen springender, gleichzeitig aber arbeits-
f ordernder Darstellung zu erfolgen. Für das mittelfränkische Fraßgebiet
wurde hierfür folgende Methode gewählt: Mittels eines Gummistempels
wird nebenstehende Signatur in jedem Bestand so aufgedruckt, daß der
Kreis sich etwa in der Mitte des Bestandes befindet. /^ I M I I I I I I I
In den Kreis wird der Belag an gesunden Puppen je qm, den die
Dezember-Puppensuche ergeben hat, mit roter Tusche eingeschrieben. Die
Einteilung des wagrechten Grundstriches in 10 Teile gestattet die Dar-
752 II. Spezieller Teil.
Stellung des bereits erfolgten Fraßes in der Weise, daß der in der Be-
kämpfungskarte rot auszuziehende oberste Querstrich den prozentualen
Anteil der Stämme der III. Klasse, der mittlere Querstrich den Anteil
der Stämme der II. Klasse, der untere Querstrich den i\nteil der Stämme
der I. Klasse anzeigt.
So würde z. B. die Signatur r^ I i I i I I I I I i bedeuten, daß der Be-
stand einen Belag von r8 gesunden Puppen je qm aufweist, und daß ferner
bereits im laufenden Jahre ein Fraß stattgefunden hat, der 60 o/o der Stämme
aller Nadeln beraubte (Klasse III), während noch je 200/0 der Stämme der
IL und I. Stammklasse eingereiht werden konnten. Es würde sich nicht
mehr empfehlen für einen solchen Bestand eine Giftverstäubung vorzusehen.
Denn abgesehen davon, daß bei der geringen Anzahl der noch vorhandenen
Nadeln sehr viel Giftstoff nutzlos Verblasen würde, ist ein Bestand in dem
schon 60 0/0 der Stammzahl als verloren zu betrachten sind, nicht mehr zu
halten, selbst wenn es gelingen würde, die Mehrzahl der in ihrer Erholungs-
fähigkeit fraglichen Stämme der Klasse II und die sämtlichen Stämme der
Klasse I zu retten.
Auf Grund der in die Karte eingetragenen Signatur wird nun jeder
Bestand oder eine ganze Bestandesgruppe in eine der 3 zu bildenden Be-
kämpf ungsklassen eingereiht und zwar bedeutet:
Bekämpfungsklasse I = Bekämpfung nicht erforderlich,
Bekämpfungsklasse II = Bekämpfung erwünscht,
Bekämpfungsklasse III = Bekämpfung dringend.
Maßgebend für die Einreihung in eine Bekämpfungsklasse ist in erster
Linie der Belag an gesunden Puppen, sodann das Alter des Bestandes, d. h.
die Verwertungsmöglichkeit des Holzes und endlich noch der bereits er-
folgte Fraß.
Karte 12 zeigt den Ausschnitt einer ausgearbeiteten Bekämpfungs-
karte. Auf ihr weisen die sämtlichen Bestände der Abteilung i Brand und
4 Dachsbau einen bedrohlich hohen Puppenbelag auf und sind so wenig
befressen, daß sie die Giftverstäubung noch zu retten vermag. Sie sind da-
her sämtlich in die Bekämpfungsklasse III (Bekämpfung dringend) einzu-
reihen, und zwar ist, da es sich hier um eine zusammenhängende größere
Fläche handelt, das Flugzeug zum Einsatz zu bringen. Sie wurden auf der
Karte grün umrandet, ferner wurde durch Eintrag der Bezeichnung III/F
in grüner Farbe die Bekämpfungsklasse vmd der Flugzeugeinsatz zum Aus-
druck gebracht.
In den Abteilungen 2 Graben und 3 Sandweg zeigt nur der Bestand 3 c
einen hohen Puppenbelag und geringen bisherigen Fraßgrad. Er ist also
in die Bekämpfungsklasse III einzureihen, was durch die 3 im unteren Teil
des Kreises eingetragenen grünen Striche kenntlich gemacht ist. Der Be-
stand 3 d weist zwar auch hohen Puppenbelag und geringen seitherigen Fraß
auf, da es sich hier aber um einen Altbestand handelt, der an und für sich
bald zum Abtrieb kommen würde, kann er in die Bekämpfungsklasse II
(2 grüne Striche im unteren Teil des Kreises) eingereiht werden. Die
übrigen Bestände der Abt. Graben und Sandweg können der Bekämpfungs-
klasse I zugeteilt werden, da sie entweder nur geringen Puppenbelag oder
bereits so starken Fraß aufweisen, daß die Bestäubung zwecklos wäre.
Escherich, Forstinseiden, fff. Bd
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Verlor) von Paul Parey. Berlin
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
753
Da sonach in den Abteilungen 2 und 3 nur 2 kleinere, von einander
getrennt liegende Bestände zu bestäuben sind, wird zweckmäßig der Motor-
verstäuber zum Einsatz kommen. Einer besonderen Signatur für die Motor-
verstäubung bedarf es nicht mehr.
In der Abteilung 3 Sandweg liegt ein Fremdgrundstück. Hier wäre bei
der Giftverstäubung besondere Sorgfalt insofern geboten, als keine Spur
der Giftstaubwolke auf das Fremdgrundstück geraten darf, wenn der Eigen-
tümer der Enklave nicht ausdrücklich seine Einwilligung zur Mitverstäubung
seines Grundstückes gegeben hat, da sonst sofort Schadensersatzansprüche
seitens der Bienenzüchter und sonstiger Tierhalter mit Aussicht auf Erfolg
" . .'iß. -c,- -7 'Z i"
Abb. 590. Numerierte und klassifizierte Probestämnie.
geltend gemacht werden können. Es wird daher zweckmäßig sein, in der
Nähe von Fremdgrundstücken nicht das Flugzeug, sondern den Motorver-
stäuber einzusetzen, bei dem die Giftstaubwolke sich doch leichter dirigieren
läßt wie vom Flugzeug aus, wenn in solchen Örtlichkeiten nicht überhaupt
der Winterbekämpfung des Schädlings durch Streuentnahme der Vorzug vor
der Giftverstäubung gegeben werden will.
Die Anlage der Bekämpfungskarten soll bis spätestens Ende Januar
beendet sein, daß noch hinreichend Zeit für die eigentliche Mobilmachung
zur \'erfügung steht.
Für die Entscheidung der Frage, ob bekämpft werden muß und welches
Kampfmittel zur Anwendung kommen soll, ist von folgenden Erwägungen
auszugehen.
Escherich. Forstinsekten, Bd. III. 48
754 II. Spezieller Teil.
a) Nach den gemachten Erfahrungen und dem Gutachten der Ento-
mologen sind Bestände, in denen die Puppensuche einen Belag von 4 — 5 und
mehr gesunden Puppen je qm ergeben hat, als ernstlich bedroht anzusehen.
b) Liegen bedrohte Bestände von weniger als 20 ha Flächengröße
(Tagesleistung eines Motorverstäubers) vereinzelt inmitten einer Umgebung
für die eine Bekämpfung nicht erforderlich ist, so wird es sich, um die Be-
stäubungsaktion nicht allzusehr zu zersplittern, empfehlen, hier die Bekämp-
fung durch Streuentnahme im Monat Februar und in der ersten Märzhälfte
zu versuchen, oder wenn die Streu nicht absetzbar ist, die Streudecke in
diesen Beständen mit der Rollspatenegge zu durchreißen, wodurch der
größte Teil der Puppen vernichtet oder wenigstens so bloßgelegt wird, daß
sie von den Vögeln aufgenommen werden und die Gefahr des Kahlfraßes
nicht mehr besteht.
c) Überschreitet die gefährdete Fläche zusammenhängend 60 ha so ist
die Flugzeugbekämpfung vorzusehen, während auf kleineren Flächen der
Motorverstäuber den Vorzug verdient.
d) Die Tagesleistung eines Flugzeuges kann auf 100 ha Bestäubungs-
fläche, jene eines Motorverstäubers auf 20 ha veranschlagt werden.
e) Die Bestäubung soll die Raupen vor der 3. Häutung, also ungefähr
während der ersten 20 Tage nach dem Schlüpfen treffen, da ältere Raupen
gegen den Giftstaub unempfindlicher werden. Sonach stünden für die Be-
stäubung ca. 20 Tage zur Verfügung. Nachdem aber die Bestäubungsaktion
durch ungünstiges Wetter gestört werden kann, darf für die wirkungsvolle
Bestäubungszeit mit höchstens 10 Tagen gerechnet werden. Sonach könnten
von einem Flugzeug insgesamt 10 X 100= 1000 ha, von einem Motorverstäuber
10X20 = 200 ha bestäubt werden.
Unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Gesichtspunkte
können nunmehr mit Hilfe der Bekämpfungskarten die Kostenvoranschläge
für die Bestäubung aufgestellt, ferner die Verhandlungen mit den ein-
schlägigen Firmen über Bereitstellung von Flugzeugen, Motorverstäubern
und Giftstoff, über Anlage von Landungsplätzen für das Flugzeug, Errich-
tung von Schuppen und Zelten zur Unterbringung des Giftstoffes usw. ge-
pflogen und Verträge mit Bestäubungsfirmen auf so sicherer Grundlage und
so zeitig abgeschlossen werden, daß die Verwaltung vor nachträglichen Über-
raschungen in jeder Hinsicht gesichert ist.
Bei der Vorbereitung der Bekämpfungsaktion spielt auch die Klärung
der Frage eine große Rolle, welche Maßnahmen zum Schutz der den Wald
befliegenden Bienen zu treffen sind. Aus einem Urteil des Oberlandes-
gerichtes Celle V. 31. I. 1929 (abgedruckt in der Zeitschrift „Der deutsche
Jäger" 1930 Nr. 42) geht hervor, daß Bienenzüchter, deren Bienen fremden
Wald bef liegen, keinerlei Schadensersatzansprüche an den Waldbesitzer
stellen können, wenn die Bienen durch Giftstaub Schaden leiden, voraus-
gesetzt, daß die Bienenzüchter genügend und rechtzeitig gewarnt wurden,
ihre Bienen den zu bestäubenden Wald befliegen zu lassen. Für die War-
nung selbst empfiehlt es sich den Weg des Art. 120 des Pol. Str. Gesetz-
buches zu beschreiten.
Sofern der Waldbesitzer, der eine Bestäubung vornehmen will, mit
Bienenzüchtern Verträge über Errichtung von Bienenheimen und Zulassung
der Zeidelweide in seinem Wald abgeschlossen hat, wären diese Verträge
rechtzeitig unter Einhaltung der vereinbarten Frist zu kündigen. Wenn die
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 755
Imker darum nachsuchen, von einer Kündigung der Verträge abzusehen und
die Zeidelweide auf ihre eigene Gefahr trotz der Verstäubung ausüben
wollen, so wären sie zu einem schriftlichen Verzicht auf alle Ersatzansprüche
zu veranlassen.
Es will nicht verkannt werden, daß in der im Vorstehenden geschil-
derten Mobilmachung ein schwacher Punkt insoferne liegt, als auf dem
Belag und dem Gesundheitszustand der Puppen im Dezember alle Vor-
bereitungsmaßnahmen aufgebaut werden. Denn es kann, besonders in Ge-
bieten, in denen bereits eine Eulen-Eruption erfolgt ist, wie in Mittelfranken,
immerhin mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß die Kalamität von
selbst zusammenbricht. Teilweise Ungeklärtheit der Lage beim Feinde ist
aber wie im Kriege so auch im Kampfe mit der Eule die Regel. Sie darf nicht
dazu führen, die Hände in den Schoß zu legen und sich Überraschungen
auszusetzen, die zu katastrophalen Auswirkungen führen können. Denn wollte
man alle Vorbereitungsmaßnahmen auf jenen Zeitpunkt verschieben, in dem
der Ausbruch einer Kalamität mit unbedingter Sicherheit festgestellt werden
kann, nämlich auf den Monat Mai, wenn die ersten Räupchen schlüpfen,
dann wäre es in großen Verhältnissen nicht mehr möglich, den Kampfeinsatz
so zu organisieren, daß eine Gewähr für den vollen Erfolg bestände, und
der Waldbesitzer könnte leicht Millionenverluste erleiden, weil er einige
tausend Mark, die eine rechtzeitige Vorbereitung kostet, sparen wollte.
4. Über die Technik der Bekämpfung selbst durch Flugzeug und
Motorverstäuber finden sich in der Literatur schon so viele Abhandlungen,
daß hier nicht der Platz ist, näher darauf einzugehen, x^ußerdem schreitet
die Entwicklung in der Waffentechnik so rasch fort, daß morgen überholt
ist, was heute als modern galt. Grundsatz für die Bekämpfungsaktion wird
aber stets bleiben müssen, die Kräfte nicht zu zersplittern, sondern kon-
zentrisch in den Brennpunkten der Gefahr mit äußerster Tatkraft einzu-
setzen, die besonders vom Leiter der Arbeiten ausgehen und dem letzten
Gehilfen den Willen zur Erreichung des Erfolges einflößen muß.
5. Jeder Kampf bringt Verluste und Einbußen, auch für den Sieger
mit sich. Ohne solche wird es auch bei einer Eulenkalamität trotz sorg-
fältiger Vorbereitung und energischen Kampfeinsatzes nicht abgehen. Die
Wunden alsbald zu heilen gehört mit zu den wichtigsten und dankbarsten
Aufgaben der Forstverwaltung. Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis des
Umfanges und des Grades der eingetretenen Beschädigungen. Als brauch-
barste Unterlage hat sich wiederum die in Ziff. 2 dieser Abhandlung ein-
gehend besprochene Bonitierung der befallenen Bestände nach dem Fraß-
grad erwiesen.
Die Auswertung der von den Forstämtern angelegten Bonitierungs-
tabellen ist in Abb. 591 in folgender Weise wiedergegeben:
a) Zunächst wurde das Altersklassenverhältnis des die bayer. Staats-
forstämter Allersberg, Heideck, Petersgmünd und Schwabach umfassenden
Eulenfraßgebietes des Jahres 1930 graphisch dargestellt. Hieraus ergibt
sich, daß der Anteil der o — 20jährigen Bestände mit 2240 ha und der
20 — 40jährigen Bestände mit 1440 ha ganz bedeutend gegenüber den älteren
Alterklassen überwiegt. Diese Erscheinung ist weder durch Zufall noch
durch zu hohe Hauptnutzungshiebssätze veranlaßt, sondern hat ihren Grund
darin, daß das fragliche Gebiet immer wieder von Spanner und Eule heim-
gesucht wurde — vom Spanner besonders schwer in den Jahren 1892 — 1897
48*
756 II. Spezieller Teil.
— so daß sich eine regelmäßige Altersklassenabstufung nicht zu bilden
vermochte.
b) Innerhalb der die Größe der Altersklassen darstellenden Säulen ist
der Befallsgrad in der Weise ersichtlich gemacht, daß in allen Beständen,
in denen der Anteil der der III. Stammklasse (nicht mehr erholungsfähig)
zuzuweisenden Stämme mehr als iqo/o der Gesamtstammzahl betrug, der
prozentuale Anteil jeder der 3 Stammklassen auf die Fläche umgerechnet
wurde. Wenn z. B. in einem Bestand von 10 ha 500/0 der Stammzahl der
Klasse III, 300/0 der Klasse II und 200/0 der Klasse I eingereiht werden
mußten, so ergeben sich für die Fläche der Klasse III 5 ha, für die Fläche
der Klasse II 3 ha, für die Fläche der Klasse I 2 ha. Die Darstellung
zeigt, daß die jüngste Altersklasse fast gar nicht, höchstens in ihren ältesten
Gliedern von der Eule befressen wird, daß hingegen der Befall in den
20 — 40jährigen Stangenhölzern sowohl nach der Fläche, wie nach der Heftig-
keit am stärksten ist, und mit zunehmendem Alter der Bestände im großen
und ganzen wieder sinkt.
c) Im Allgemeinen wird man von der Annahme ausgehen dürfen, daß
Bestände, in denen 50 0/0 der Stämme keine alten Nadeln mehr haben, so-
nach als verloren betrachtet werden müssen, nicht mehr gehalten werden
können, auch wenn sich die sämtlichen der Klasse II zugehörigen, in ihrer
Erholungsfähigkeit fragwürdigen Stämme und die Stämme der Klasse I
wieder voll begrünen würden.
Die Fläche dieser als verloren anzusehenden Bestände ist in Abb.
591 neben den Altersklassensäulen durch einen T-Balken graphisch dar-
gestellt. Sie beträgt in der Altersklasse o — 20 = 61 ha, in der Altersklasse
20—40 = 493 ha, in der Altersklasse 41 — 60 = 188 ha, in der Altersklasse
61 — 80 = 87 ha, in der Altersklasse 81 — -loo = 52 ha, in der Altersklasse
loi — 120 = 59 ha, in der Altersklasse 121 — 140 =32 ha und in den über
140jährigen Beständen = 15 ha, insgesamt also 987 ha.
Es ist naturgemäß für die Verwaltung von außerordentlichem Wert,
frühzeitig von den voraussichtlich anfallenden Kulturflächen Kenntnis zu
bekommen. Denn wenn auch mit dem Abtrieb von Beständen im i. Winter
nach dem Fraß noch möglichste Zurückhaltung geübt werden soll, so können
doch die für die Neukulturen erforderlichen Maßnahmen nicht zeitig genug
vorbereitet werden, da für die Beschaffung von Maschinen zur Boden-
bearbeitung sowie für die Bereitstellung des entsprechenden Pflanzenvor-
rates durch Fühlungnahme mit Pflanzenfirmen und Anlage forsteigener
fliegender Saatbeete in ausgedehntem Maße Sorge getragen werden muß.
Die schon im Abschnitt 2 erwähnte kartenmäßige Darstellung des Be-
fallsgrades in den einzelnen Beständen hat noch den weiteren Vorteil, daß
jene Waldorte festgelegt werden, in denen die Virulenz des Raupenfraßes
am heftigsten zu sein pflegt. Denn hier rechtfertigt sich am allerersten ein
erhöhter Kostenaufwand zur Erzwingung eines Bestockungswechsels oder
wenigstens zur reichlichen Beigabe noch standortsgemäßer Laubhölzer, unter
denen die Weißerle auf den armen Böden das beste Gedeihen zu finden
scheint.
Auch über den voraussichtlichen Massenanfall geben die Bestandes-
bonitierungen einen einigermaßen zuverlässigen Aufschluß. Hierbei müssen
wiederum jene Bestände herausgefaßt werden, in denen der Anteil der
Stammklasse III mehr als 50 0/0 beträgt. In ihnen wird der ganze derzeitige
IL Unterordnung: iMacrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen i
757
Vorrat als dem Abtrieb verfallen einzustellen sein. In jenen Beständen, in
denen der Anteil der Stammklasse III weniger als 500/0 beträgt, soll nur
die Masse der Stammklasse III, ferner die Hälfte der Stammklasse 11 als
einschlao-bedürftig bezeichnet werden, denn es ist anzunehmen, daß hier die
ha
mo
2200
2000
1600
mo
1ß)0
1000
800
600
fOO
¥3
22¥0
= Zeichenerklärung =
in den einzelnen A//-ersl 7^
7p 8* + 8p 9P
Der Falter fliegt (auch bei Tage) von Mitte August bis Mitte Sep-
tember. Die Eiablage erfolgt auf der Bodendecke. Die mohnkornförmigen
1) Charakterisierung der Gattung Agrotis siehe oben S. 614.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
777
Eier werden einzeln abgelegt. Die Räupchen kommen gewöhnlich Mitte
bis Ende September aus; sie sind sehr polyphag und nehmen anfänglich
wohl nur die zarten Wurzeln von Gräsern und Kräutern an. Nach diesem
schwachen, unschädlichen Herbstfraß überwintern sie in der Bodendecke
oder der obersten Schicht des
Mineralbodens. Im Frühjahr,
März — April, sobald der Boden
frostfrei geworden, beginnt der
zweite Fraß, der den Kiefern- '',^ »^i,''
Saaten, vor allem den i jährigen
Pflanzen, verhängnisvoll wer-
den kann. Die Raupen beißen
im Mai bis Juni die Pflänzchen
meist in der Nähe des Wurzel -
knotens, nicht tiefer als 2 cm
unter der Erdoberfläche durch
und verzehren das Wurzel stück
nebst Stämmchen, anfangs ohne
die Nadeln, die unberührt bleiben.
Später frißt die Raupe auch die
Nadeln; sie beißt dieselben ge-
wöhnlich in der Mitte durch und
verzehrt den Stumpf samt Blatt-
scheide (Abb. 601), seltener die
abgebissenen Enden. Auch das
Stämmchen und die oberen Wur-
zelpartien werden jetzt ange-
gangen. Im Juni, wenn die Pflan-
zen bereits erstarkt sind, werden
diese gewöhnlich nicht mehr ganz,
sondern nur bis zur Mitte durch-
gebissen, so daß sie umknicken.
An zweijährigen K i e -
fern werden meist nur die schwa-
chen Seitenzweige durchgebissen
und deren Nadeln verzehrt, das
Stämmchen aber meist nicht so
stark benagt, daß es einginge
(v. Kujawa). Andererseits wird
auch berichtet, daß die Raupe
neben den Seitentrieben auch die
Mitteltriebe abbeißt und verzehrt.
Gegen den Schluß der Fraß-
periode wird dann auch das verholzte Stämmchen oft über der Erde durch-
gebissen, so daß es umsinkt.
Die Raupen verlassen nicht gerne das kühle und feuchte Versteck im
Boden und fressen daher bei Tage gewöhnlich unterirdisch und nur des
Nachts oberirdisch. Wegen der geringen Größe ihrer einzelnen Fraßobjekte
sind die Raupen gezwungen, von Pflanze zu Pflanze zu wandern. Die
Wanderung geschieht meist des Nachts oberirdisch, bei Tage wühlen sie
V
Abb. 601. Raupenfraß der Kiefernsaateule
(Agro/is vesligialis Rott. ) an Nadeln und
Rinde zweijähriger Kiefern. Nach Eck-
stein.
778 II. Spezieller Teil.
sich unter der Bodenoberfläche fort, selten über i cm tief. Bei trübem, be-
decktem Himmel zeigen sie sich auch bei Tag an der Oberfläche, um als-
dann oberirdische Pflanzenteile abzubeißen und in ihre Gänge zu ziehen und
sie dort zu verzehren. Die oberirdischen Wanderungen können sich mehrere
Meter weit erstrecken, unterirdisch viel weniger weit (kaum 1/3 Meter) i).
Die Verpuppung findet Ende Juni bis Juli in lockerem Gespinst
im Boden, nur ausnahmsweise in büschelig gewachsenen Kiefernpflanzen
statt. Die Puppenruhe dauert nvir wenige Monate.
Forstliche Bedeutung. Die forstliche Bedeutung kann in manchen
Gegenden (Sandböden!), namentlich im Norden und Nordosten Deutschlands
(Brandenburg, Pommern, Dünengegenden der Küste und Inseln, Schlesien)
recht erheblich werden. Der Schaden bezieht sich in der Hauptsache auf
Kiefernkulturen, die vollständig vernichtet werden können. Selbst ver-
hältnismäßig wenige Raupen können schon einen empfindlichen Ausfall ver-
ursachen. Nach den Mitteilungen von Kujawas wurden in einer Kiefern-
kultur 250/0 der einjährigen Pflanzen getötet, obgleich ungefähr nur eine
Raupe auf 26 Pflanzen kam, d. h. 505 Raupen auf i ha-), und obgleich fort-
während viele Raupen durch Aufsuchen vertilgt wurden. Nach Eckstein
(T. 198) wird in der Regel die Mitte der Kultur an sonnigen, freien Lagen
befallen, nur ausnahmsweise auch die Ränder der Kulturen, die im Schutze
höherer Schonungen oder Starkhölzer stehen.
In der Literatur finden sich eine Reihe größerer Schäden an Kiefernsaaten
angegeben, zum erstenmal von Ratzeburg (1847 und 1853) aus den Liegnitzer
Stadtforsten in Schlesien (1846) und in Tauer bei Frankfurt a. d. Oder (1853).
Später (1871) wird ein größerer Fraß wieder in Schlesien (Polnisch-Wartenberg)
und in der Neumark (Crossen) gemeldet. 1873 schildert von Kujawa einen
weiteren Fraß in Hoyerswerda bei Liegnitz (Schlesien). Weitere Fraßberichte
liegen (nach Eckstein, 1896) vor aus Pütt in Pommern, Buchlowitz in Mähren
(1879), Tauer, Waice Obornik und Zirke, alle in Posen (1895) 3). In Waice wurden
ca. 15 ha Kiefernkulturen vernichtet, in Tauer (1895) kamen die Nachbesserungen
auf 25 ha fast einer Neukultur gleich.
Übrigens ist die Kiefernsaateule nicht nur in Kiefernsaaten schädlich
aufgetreten, sondern sie hat in einem Revier in Mähren auch die Sämlinge
von Lärchen erheblich geschädigt (Anonymus 1879) und ist auch an
Fichte (in Schweden) und auch an Laubholz beobachtet worden, was
bei der Polyphagie der Raupe nicht verwunderlich erscheint.
Vorbeugung und Bekämpfung. Als Vorbeugungs mittel wird von
verschiedenen Autoren in erster Linie gründlichste Bodenbearbeitung
in der Richtung einer völligen Beseitigung der lebenden Bodendecke emp-
fohlen — in der Annahme, daß die Weibchen ihre Eier nur an bewachsenem
Boden ablegen. Nach Eckstein (1896) dürfte aber diese Anschauung nicht
durchgehendst berechtigt sein. Ferner hat die Erfahrung gezeigt, daß der
Schaden gerade da gering war, wo der Boden einen reichlichen Überzug
von Heidelbeerkraut und Gras hatte. Fand man doch z. B. in Pütt auf
kahlen Kulturstellen bis zu 6 Raupen an einer Kiefer, wo hingegen auf be-
narbten I Raupe die Regel bildete, da eben hier die Raupen auch noch
*) Nach Eckstein (T. 199) finden unterirdische Wanderungen überhaupt
nicht statt.
" ) Diese Zahl erscheint wohl sehr nieder gegriffen.
2) Auffallend in all den Berichten ist der häufige Hinweis, daß hauptsächlich
Kulturen auf Brandflächen befallen werden.
II. Unterordnung: ■Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 779
anderes Futter hatten. Zur Pflanzung sind vorteilhaft 2 — 3jährige Kie-
fern zu verwenden. Die H e r b s t p f 1 anzung ist vorzuziehen, da frisch-
gepflanztes Material mit Vorliebe angenommen wird und dann sicher zu-
grunde geht. Ballenpflanzungen würden der Biologie der Raupe
zweifellos wenig entsprechen, eignen sich jedoch nicht gut für die von der
Saateule bevorzugten Sandböden. Vielleicht ließen sich durch Bestreuung
des Saatkampes mit Ätz kalk während der Zeit der Eiablage (s. im
II. Band bei Maikäfer S. 87) oder mit Naphthalin die Weibchen von der
Eiablage abhalten.
Die Erkennung des Befalls bietet keine großen Schwierigkeiten. Das
\"orhandensein von Raupen bemerkt man an der Verfärbung des Grases so-
wie an einzelnen oberflächlich abgefressenen, umgefallenen Pflanzen. Auch
die zuweilen bemerkbaren Gänge verraten den Feind. Bei trockenem Wetter
erkennt man den Sitz der Raupen daran, „daß an dieser Stelle die Erde in
der Größe einer halben W^alnuß erhöht und gesprungen ist." Früh morgens
oder bei trübem Wetter auch den ganzen Tag über kann man vereinzelte
Raupen auch oberirdisch finden. Ebenso kann man bei Nacht die Raupen
mit Hilfe einer Blendlaterne feststellen.
Die Bekämpfung kann auf verschiedene Weise vorgenommen werden:
Die Falter können durch Köderfang in großer Zahl vernichtet werden.
Man verwendet hierzu flache Gefäße von möglichst großem Durchmesser,
die man mit verdünnter Melasse und Bierhefe (5 — 10 cm hoch), der etwas
Natriumarsenit zugefügt ist, füllt. Durch Fanglampen, die bei diesen auf-
gestellt werden, kann die Wirkung erhöht werden.
Das Vernichten der Raupen kann geschehen:
1. Durch Raupengräben. Diese werden ebenso angelegt wie Rüssel-
käfergräben (s. Band II), nur genügt es nicht, daß die Kulturen mit einem
solchen Graben umgeben werden, vielmehr muß die zu schützende Fläche
von mehreren Gräben rechtwinkelig durchschnitten werden, damit nicht nur
die ab- und zuwandernden Raupen, sondern auch die auf der Kultur sich
bewegenden Raupen gefangen werden. In Waice wurden in 27 Tagen auf
0.5 ha in den Gräben annähernd 25000 Raupen erbeutet (Eckstein, 1896).
2. Durch Sammeln. Man faßt mit der Hand bei jeder Pflanze in die
Erde, wo man mit dem Zeigefinger in etwa 2 — 3 cm Tiefe die Raupe fühlt,
und wirft dann diese heraus. Die damit herausgeworfene Erde wird wieder
an die Pflanze gegeben. Eine Frau mit 3 Kindern konnte nach von
Kujawa in einem Tag ungefähr i ha auf diese Weise absuchen. Den Er-
folg des Sammeins zeigt folgendes Beispiel, das Eckstein (T. 199) an-
führt: 1903 sammelten 20 Personen vom 25. — 30. Mai auf 7,5 ha 10800 Rau-
pen, 1904 ebenda auf 8,5 ha nur noch 3200 Raupen und 1905 war der Fraß
beendet 1). Ein Aufsuchen und Absammeln der Raupen in der Nacht mit
einer Blendlaterne sollte versucht werden.
3. Durch Vergiften. Als ein Mittel, das bei anderen Erdraupen gute
l'',rtolgc gezeitigt hat, kann empfohlen werden Ausstreuen von Giftköder auf
den Saatkämpen 2).
1) Ob dieser Rückgang lediglich durch Absammeln bedingt war? Möglicher-
weise handelte es sich auch um einen durch die Krisis veranlaßten natürlichen
Rückgang.
2) Man verwendet hierzu gewöhnlich vergiftete Kleie. Zur Befeuchtung von
50 kg Kleie genügen etwa 4 1 Wasser, dem vorher 0,5 kg Zucker oder Melasse zugesetzt
780
II. Spezieller Teil.
Auch durch Bestäuben der Pflanzen mit Arsenstaub oder Bespritzen mit
x\rsenbrühen können wohl Erfolge erzielt werden.
Als Parasiten sind einige Ichneumoniden und Tachinen aus den
Raupen gezogen worden, über deren wirtschaftliche Bedeutung wir aber noch
wenig wissen. Eine größere Bedeutung scheint vor allem der Tachine Gonia
ornata Mg. zuzukommen. Nach Baer (Z. f. ang. Entom. VII. S. 363) wird
sie in sandigen Gegenden des Tieflands oft geradezu in Massen angetroffen.
Bezüglich der übrigen Feinde und Krankheiten der Raupen verweise ich auf
die folgende Eule, Agrotis segetum.
Agrotis (Euxoa) segetum Schiff.
(Taf. X, Fig 7.1
Wintersaateule.
Ratzeburg: Noctua segetum Schiff. — Altum: Ägrolis segetum W. V. — Nitsche:
Noctua (Agrotis) segetum Schiff, {clavis Rott., segeiis F.). — Nüßlin-Rhumbler:
Agrotis segetum Schiff. — Wolff-Krauße: Euxoa segetum Schiff.
Die der vorigen Art nahestehende Eule gehört zu den schlimmsten land-
wirtschaftlichen Großschädlingen, vor allem der Feldfrüchte. Ihre Biologie
m
■f^r '
Abb. 602. Agrotis segetum Schiff. A Ei (a flache Form im Durchschnitt, b ge-
wöhnliche Form). B junge Raupe unmittelbar nach dem Auskriechen, C Zeichnung
der ersten Segmente einer 17 Tage alten Raupe. Nach Herold.
ist daher weit eingehender studiert als die der vestigialis, trotzdem harren
auch hier noch manche wichtige Fragen der Klarstellung.
Forstlich hat sie eine weit geringere Bedeutung als landwirtschaftlich;
sie ist in dieser Beziehung kaum der vestigialis gleichzustellen, wenn auch
vereinzelt schon größere Kulturschäden durch segetum angerichtet wurden.
Falter: Kopf und Brust lang gelbgrau behaart, letztere mit zwei dunklen,
geschwungenen Querstreifen auf dem Halskragen. Vorderflügel gelbbraun, dunkel-
vvorden war. Die Masse wird mit 0,5 kg Schweinfurter Grün (Uraniagrün od. dergl.)
mittels Hölzern gut durchgearbeitet. Der Köder soll in kleinen Brocken vor Sonnen-
untergang ausgestreut werden; er wirkt nur so lange anlockend als er feucht ist. Die
angegebene Menge genügt etwa für i Hektar. Auch Ferrit (Chem. Fabrik
Schleich, Berlin) dürfte gute Erfolge geben, ebenso nach Malenotti (münd-
liche Mitteilung), sein gegen die Maulwurfsgrille empfohlener Zinkphosphid-
Köder (A. f. Schädlk. VI, 1930, S. 20).
II. Unterordnung: ]\Iacrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 781
braun gesprenkelt, bei stärker werdender Sprenkelung gleichmäßig braungrau ge-
färbt. Wenn Zeichnung noch erkennbar, die drei Makeln braun, scharf umrandet,
der Saum dunkler mit noch dunkleren Mondflecken in der Saumlinie. Hinterflügel
milchweiß, deren Adern und Rand gelbbraun bestäubt, Fransen weiß, cf mit mäßig
lang doppelt gekämmten Fühlern, deren Kammzähne im Enddrittel verschwinden.
Spannweite 35 — 40 mm.
Ei: Die Größe beträgt 0,5 mm. Frisch abgelegte Eier sind rein weiß und
zeigen von dem buckelartig vorgewölbten iNIikropylenfelde zur Anheftungsbasis her-
ablaufende, durch Querfurchen in einzelne warzenartig erhabene Kettenglieder auf-
gelöste Rippen. Nach einigen Tagen färbt sich das Ei durch den sich entwickelnden
Embryo zuerst gelb, dann bräunlich, bis es kurz vor dem Ausschlüpfen ein pech-
braunes bis schwärzliches Aussehen erhält, das nur durch einzelne hellere Stellen
des Räupchens und wohl auch Überreste des Dotters etwas gefleckt erscheint. Die
Form kann etwas variieren, wie Abb. 602 zeigt; vorherrschend ist die mehr zu-
gespitzte Form (Herold).
Raupe: Je nach dem Alter in Färbung, Beborstung usw. stark wechselnd.
Eiraupe blaßgrau mit leicht violettem Schimmer. Nackenschild relativ groß, scharf
umgrenzt, pechbraun; Kopf schwarz. Borsten hohl, zu einer rundlichen Blase an der
Spitze erweitert (Toxophore). Die ersten beiden Bauchfußpaare fehlen (Abb. 602 B).
Nach der ersten Häutung (10. — 12. Tag): Färbung grünlich grau, Kopf pechbraun,
Nackenschild stark verkleinert, braun, 2. Bauchfußpaar entwickelt (wenn auch noch
kürzer). Die bläschenförmige Erweiterung an der Spitze der Borsten zu einer
keulenförmigen Anschwellung reduziert. Nach der 2. Häutung (am 17. Tage) Fär-
bung schmutzig gelb, deutliche schmutzig gelbe Mittellinie und 2 wellenförmige
Seitenlinien, dazwischen dunkelbraune Grenzlinie (Abb. 602 C). Die sonstigen dunk-
leren Zeichnungen sind gelbbraun, Kopf glänzend schwarz; Nackenschild braun. —
Nach 30 Tagen (Dreihäuter?) sind alle Bauchfußpaare ausgebildet und die hohlen,
keulenförmigen Borsten durch normale Borsten ersetzt. Nach 45 Tagen (Vier-
häuter?) ist die Färbung dunkel graugrün. Nackenschild nur bei genauem Hinsehen
als wenig dunkler und stärker glänzend erkennbar. Nach A 1 1 u m unterscheidet sich
die segelum-Kau-pe von der vestigialis-'R.a.u\yQ, dadurch, daß die beiden chitinisierten
Kopfhälften zusammenstoßen, so daß Kopfschild und Scheiteldreieck einander nicht
berühren.
Puppe: Der vorigen Art sehr ähnlich, aber mit wesentlich längerer Doppel-
spitze am Afterende.
Die geographische Verbreitung ist ungemein weit und erstreckt sich
zwischen dem 40. ^ und 64. 0 nördlicher Breite über Europa, Asien und Nordamerika.
Außerdem kommt die Eule auch in Ceylon und Südafrika vor.
Bionomie. Als Bioformel gibt Rhumbler an:
— 6 p, 4
5 + 5p 6a
Dieselbe ist jedoch nicht allgemein gültig, da die Entwicklungszeiten je nach
Klima usw. recht verschieden sein können und auch doppelte Generation
vorkommt.
Bei einjähriger Generation fällt nach übereinstimmenden Angaben in der
forstlichen Literatur der Falterflug in die Monate Mai und Juni. Herold
(191 9) dagegen, dem wir eingehende Untersuchungen über die Biologie der
Wintersaateule verdanken, gibt (in Übereinstimmung mit vielen landwirt-
schaftlichen Autoren) an, daß die Flugzeit sich über den ganzen Sommer
erstreckt. Er konnte ferner bei Bromberg (Posen) fast zu jeder Jahreszeit
mehrere Stadien nebeneinander feststellen; so hatte er z. B. im Oktober zeit-
weise das Eistadium neben dem ersten Larvenstadium, ferner ältere Larven
verschiedener Größe, Puppen und Imagines gefunden.
782 n. Spezieller Teil.
Es ließen sich in jenem Beobachtungsgebiet im Jahre 191 7 drei Havipt-
zeiten der Eiablage feststellen: die i. im Mai, die 2. im und um den Juli
und die 3. im September bis Oktober. Darnach wird also die Überwinterung
sowohl im Eistadium als auch im jungen oder altern Larvenstadium sowie
als Puppe stattfinden können. Findet die Verpuppung noch im Jahr der
Eiablage statt, so ergibt sich eine doppelte Generation.
Die Eier werden einzeln abgelegt und zwar wohl meist an Pflanzen, an
niederliegende Blätter und Stengel der verschiedenen krautartigen Gewächse
oder an Pflanzenabfälle, schlecht untergepflügte Gründüngung usw. Ob die
Eiablage auch einfach im Boden erfolgt, wie manche Autoren angeben,
möchte Herold bestreiten, schon aus dem Grunde, weil den Eiern ein stark
klebender Kitt mitgegeben wird (was sonst nur bei Eiablagen an Pflanzen-
teilen etc. der Fall ist). Die Zahl der Eier ist sehr groß und kann bis
1600 betragen (Herold).
Die Eiräupchen haben eine Länge von 1,4 — 1.5 mm. Da ihnen die
ersten Bauchfußpaare noch fehlen, kriechen sie nach Art der Spanner umher.
Ihre Bewegungen sind sehr lebhaft, während der Wanderungen wird Kopf
und Vorderkörper fortgesetzt suchend nach rechts und links bewegt, bis sie
zusagende Nahrung gefunden haben.
Nach I Monat — die Raupen sind jetzt 10—12 mm lang ~ sind auch
die ersten Bauchfußpaare ausgebildet; damit verschwindet auch der spanner-
artige Gang. Es verändern sich in den ersten 4 Wochen auch die Färbung
und vor allem auch die Beborstung sehr wesentlich. Die mit kugelartigen
Anschwellungen versehenen Toxophoren des Eiräupchens werden nach einem
Übergang über keulenförmige Borsten (2. Stadium) nach 30—45 Tagen durch
normale Borsten ersetzt.
Mit der vollkommenen Ausbildung der Bauchfußpaare und der end-
gültigen Beborstung ist auch eine einschneidende Änderung der Lebensweise
verbunden: Während die jugendlichen Raupen ausgesprochen positiv photo-
taktisch sind und nur von oberirdischen Pflanzenteilen leben, verlegen sie
nach jener morphologischen Umgestaltung den Schauplatz ihrer Tätigkeit
in den Erdboden. Herold stellt daher die ersten Lebensabschnitte der
Raupe als „Jugendstadien" den späteren, die mit der Übersiedelung in den
Erdboden beginnen, entgegen.
Auch die Fraßart bzw. das Fraßbild ändert sich mit dem Heran-
wachsen der Raupe: Das Eiräupchen frißt nur kleine Löcher in die Ober-
wie Unterseite des Blattes, die stets nur bis zur jenseitigen Blattepidermis
gehen; nach der i. Häutung (10—12 Tage) frißt die Raupe schon Löcher
durch das ganze Blatt (die Blätter sehen wie von feinem Schrot durch-
schossen aus) und in späteren Stadien werden die Blätter vom Rand her
befressen. ,
Mit dem Verschwinden der Spannereigenschaft und dem Beginn des
Wühlens in der Erde verkehrt sich die positive Phototaxis in ihr Gegenteil,
indem die Raupe jetzt das Licht meidet, doch kommen sie auch jetzt, be-
sonders an trüben Tagen, noch häufig an die Oberfläche zum Fraß an ober-
irdischen Pflanzenteilen. Dieser findet im allgemeinen außerhalb der Erde
statt, doch werden zuweilen die Pflanzen, besonders ganz kleine, in die Erde
hineingezogen.
Die Tiefe, in der sich die Raupen tagsüber im Erdboden aufhalten, be-
trägt während der Fraßperiode 2—3 cm. Nur ganz ausnahmsweise fand sie
II. Unterordnung: Macrolepicloptera. Familie Noctuidae (Eulen). 783
Herold (1920) in größeren Tiefen bis zu 15 cm; andererseits aber auch
in nur i cm, sie lagen hier unmittelbar unter der verkrusteten Oberfläche,
die von zahlreichen runden Löchern durchbohrt war, durch die die Tiere
abends oder an trüben Tagen ihre Schlupfwinkel verließen. Zur Über-
winterung gehen die Raupen in eine Tiefe von 10 — 15 cm, wo sie in einer
glatten, etwa 2 cm im Durchmesser aufweisenden Höhle zusammengerollt
liegen. Sie erwachen im nächsten Frühjahr zu neuem Leben, wenn die
Bodentemperatur auf 15 — 19° C ansteigt (Rossikow).
Die Anschauung, daß die Raupe nur in leichten, lockeren Böden vor-
kommt und schwere Boden meidet, ist nach Herold (1920) nicht durchaus
richtig; er stellte vielmehr fest, daß auch schwere, feste Böden kein Hinder-
nis für die sehr muskulöse Raupe darstellen. Auch Kleine (1920) ist zu der
Überzeugung gekommen, daß kaum ein Unterschied bezüglich des Befalles
von leichten und schweren Böden existiert. Dagegen scheint reicher Humus-
gehalt verbunden mit starkem Kalkgchalt der sei^e/u/// -Raupe besonders
günstige Bedingungen zu bieten.
Bei Nahrungsmangel unternehmen die Raupen größere Wanderungen
(bis zu mehreren 100 m), die aber ausschließlich auf dem Erdboden statt-
finden. Eine Fortbewegung in der Erde erfolgt wohl stets nur auf geringe
Strecken und dann nur ein bis wenige Zentimeter tief unter der Oberfläche,
so daß häufig die Erdkruste über ihnen durchbrochen ist.
Aetiologisch spielen bei Gradationen zweifellos die Witterungs-
verhältnisse eine ausschlaggebende Rolle. Müller und Molz (1919)
konnten feststellen, daß trockene Witterung, vor allem in den
Monaten Mai und Juni die Entwicklung sehr begünstigt, während Nässe
den Raupen sehr schädlich ist. Auch Zimmermann (1918a) und Kleine
(1920) sind durch ausgedehnte Vergleiche von Eulengradation und Tem-
peratur zu dem gleichen Ergebnis gekommen; außerdem legt Kleine aber
auch dem Winter eine große Bedeutung bei, insofern als nach seinen
Erfahrungen in kalten Wintern die Raupen viel besser überwintern als in
warmen, in denen sie massenweise zugrunde gehend). „Beim Ausbleiben
größerer Kälte bleiben die Tiere in den oberen Bodenschichten. Tritt nun
oft Wechsel von Frost und Tauwetter ein, verbunden mit Niederschlägen, so
ist denselben der Zutritt zum Boden leicht. Liegt gar noch zu Zeiten Schnee,
wenn auch nur in dünnen Lagen, so wird die Temperatur sich wenig um den
Gefrierpunkt bewegen. Das sind aber gerade die Temperaturen, bei denen
sich die pathogenen Pilze entwickeln."
Forstliche Bedeutung. Bekannt als Forstschädling wurde die Raupe
durch Ratzeburg (W. I. 245 und 246), welcher einen bei Liegnitz 1864
aufgetretenen Fraß erwähnt, der die Fichten- und Lärchen- Saatkämpe
fast vernichtete. Die Raupe biß hierbei die Keimlinge i cm unter den Coty-
ledonen ab und entrindete die einjährigen Pflanzen an den Wurzelknoten.
1880 fraß sie nach Altum (1881) in der preußischen Oberförsterei Abts-
hagen (Stralsund) auf neu angelegten Kämpen an Buchen, Fichten und
einjährig verschulten Kiefern. Bei den Buchen trat der Schaden
bereits im Juli, bei den Nadelhölzern erst später ein.
Auch in Weidenhegern scheint die Wintersaateule schädlich auf-
1) Für Porosagrolis orthogonia Morr., eine amerikanische Erdraupe, hat Cook
eine ausgesprochene Klimaabhängigkeit des Massenwechsels nachgewiesen.
784 II. Spezieller Teil.
getreten zu sein, wenigstens kann der von Altum (1875) berichtete Fall
eines Fraßes von Ackereulen an Caspischen Weiden wohl in erster Linie auf
A. segetum bezogen werden. Eine weitere Beobachtung über Weidenzer-
störungen teilt Altum (1882b) aus Böhmen mit, wo 1882 im Frühjahre bis
zum Juni in Malowitz bei Mies die Neukulturen der Weiden so arg von einer
Ackereulenraupe angegangen waren, daß fast i ha neu angelegt werden
mußte und auch viele Nachbesserungen notwendig wurden. Die Triebe
wurden meist oberirdisch, nur bei Nahrungsmangel bis 1,5 cm unter der
Erde abgenagt. Sogar die verholzenden Triebe und die Augen wurden mit-
unter angegangen.
Tierische Feinde. Herold (1923) führt als Parasiten 15 Schlupf-
wespen (8 Ichneumoniden, 6 Braconiden und i Chalcidide), 6 Tachiniden,
2 Bombyliden und i Museide an. Unter den Schlupfwespen scheinen
einige Amdlyleles- Arten eine bedeutende Rolle zu spielen, wie Amblyteles
vadatorius Wesm., der sich durch eine kurze Entwicklungsdauer (38 — 45
Tage) und lange Lebensdauer der Imago (bis 85 Tage) auszeichnet, ferner
AmblyielesfusclpennisWtsm.Vindmelanocasfafiezis'L., die Fahringer (1922)
für wertvoll für die Bekämpfung hält. Unter den Braconiden wurde Micro-
plitis seuratiM.2iX'^. in Frankreich als häufiger 5e^e/«;;z-Parasit gezogen; der
größte Teil der Raupen waren von den Larven dieser .Micropliüs befallen,
40 — 50 Stück in I Raupe. Auch Apanteles glomeratus L. beteiligt sich oft in
ausgiebiger Weise an der Vernichtung der Erdraupen. Als Eiparasit
wurde in Rußland (von Pospielow) Oophthora (Pentharthroii') semblidis
Aur. (Chalcid.), dessen Gesamtentwicklung nur 11 Tage dauert, sehr häufig
gezogen.
Tachinen scheinen in Deutschland bisher noch nicht aus segetiim-
Larven gezogen zu sein; dagegen nennt Pospielow aus Rußland 4 Arten.
Unter ihnen dürfte wohl die sehr polyphage Gonia capitata Deg., die ihre
Eier an den Futterpflanzen der W^irte ablegt, die wichtigste sein. In ihrer
Bedeutung kommt ihr vielleicht nahe Peletieria nigrlconiis Meig., die ihre
Eier in ungewöhnlich großer Zahl in der Nähe der Wirte absetzt. Unter den
Bombyliden sind nach Baer (1920) wohl nur A)ithrax hotte ntottus L. und
paniscus Rossi echte Parasiten, während A. morio L. als Hyperparasit zu
betrachten ist. Herold hat beim Bromberger Fraß 1917 weder eine Tachine
noch eine Bombylide feststellen können, dagegen aber die Museide
Muscina stabidatis Fall, sehr häufig beobachtet, und zwar als echten Para-
siten. Doch dürften die davon befallenen Raupen wohl schon krank gewesen
sein, da stabulans völlig gesunde Raupen wohl kaum annimmt.
Unter Raubinsekten sind einige Histeriden hervorzuheben: H ister
jimetarius Hrbst. und quadrimaadatus L. und der Carabicide Broscus
cephalotes L., den Müller und Molz (i. c.) als ,, ausgezeichneten Erd-
raupenvertilger" rühmen.
Von den Vögeln sind seit langem als wichtige .^^/ö/Zi-- Raupen- Ver-
tilger die Corviden bekannt, vor allem die Saatkrähe, sodann Nebelkrähe,
Elster, Eichelhäher. Ebenso wichtig sind die verschiedenen Hühnervögel,
wie Rebhühner, Fasane, Puten, Haus- und Perlhühner, ferner der Star, der
in großen Flügen in die Felder fällt und große Mengen der Raupen ver-
nichtet. Außerdem werden noch als Feinde der .^^röZ/j-- Raupen genannt:
Möve, Kuckuck, Wiedehopf, Storch, Bachstelze, Sperling, Grasmücke, Bussard
und Steinkauz; als Feind der Imago, der Ziegenmelker (Herold, i. c.).
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
785
Auch Säugetiere sind an der Raupenvernichtung beteiligt, wie Maul-
wurf, Igel, Spitzmaus, Fuchs, Dachs und das Schwein. Dem Falter stellen
Fledermäuse nach.
Krankheiten. Noch wichtiger für die Beendigung einer Kalamität als
die Parasiten und anderen tierischen Feinde scheinen nach den Beob-
achtungen von Herold (1923) Pilze zu sein, vor allem Tarichiiun mega-
spermum Cohn (s. Bd. I. S. 266 1). Seit der Beschreibung des Pilzes durch
Cohn (1870), der ihn erstmalig in Schlesien beobachtete, ist in der Literatur
nur wenig über seuchenartige Erkrankungen von .^^/ö/Zj'- Raupen berichtet.
Erst 1923 hat Herold sich wieder eingehender mit dieser Raupenkrankheit
beschäftigt und eine ausführliche Beschreibung über den Verlauf gegeben,
der wir hier folgen.
Die Erkrankung setzte erst Mitte September ein; ob eine besondere
Disposition der Raupe für eine wirksame Infektion nötig ist, konnte nicht
festgestellt werden. Dagegen scheinen schwere Böden, vor allem solche mit
reichlichem Humus- und Kalkgehalt die Verbreitung der Mykose zu fördern.
Im Endstadium der Krankheit schrumpfen die Raupen zu
kohlschwarzen Mumien ein, die immer zerbrechlicher werden
und schließlich schon bei leiser Berührung in schwarzen
Staub zerbröckeln.
Die Entwicklung zu dieser auffallenden schwarzen Mumie geht nach
Herold folgendermaßen vor sich :
,,Im I. Stadium der Krankheit sind die Raupen zwar schon freßunlustig, be-
sitzen aber ihre natürliche Körperfarbe, die Haut ist prall, das ganze Tier noch leb-
haft beweglich. Einzig die leichte Schwarzfleckigkeit, die ja, wie schon Cohn be-
kannt, gelegentlich auch bei nicht tarichiumkranken Agrolis-'Ra.n^&n in ganz ge-
ringem Umfange festzustellen ist, weist in unserem besonderen Falle auf die An-
fangsstadien der Tarichium-Seuche hin.
Das II. Stadium zeigt die einsetzende Allgemeinverfärbung der Haut durch
das Auftreten brauner Töne in der Hautfarbe bei gleichzeitiger Zunahme der
Abb. 603. Schwarzfleckige, an Tari-
chium erkrankte Larve von Agrotis
segetum Schiff. Nach Herold.
ab cd
Abb. 604. Raupen von Agrotis segetum
Schiff, a gesund, b soeben an Tarlchium
eingegangen, c und d eingetrocknete Mu-
mien. Nach Herold.
1) In Nord-Rußland wurde noch ein anderer Pilz in j^i^f'///;/'/- Raupen festgestellt:
Sorosporella agrotidis Sarokin, der aber nur sehr mangelhaft bekannt ist.
Escherich, Forstinsekten, Bd. lU. 50
786 II. Spezieller Teil.
Flecken an, die auch z. T. nicht mehr scharf abgegrenzt sind, sondern braun ver-
schwimmende Konturen haben. Im übrigen machen die Tiere noch äußerlich einen
frischen Eindruck.
Im III. Stadium nimmt die Verfärbung der Haut stark zu, Hand in Hand mit
ihr geht ein Faltig- und Schlaffwerden der Haut. Die Tiere bewegen sich nur noch
langsam und schwerfällig und erwecken jetzt den Eindruck einer schweren All-
gemeinerkrankung.
Das IV. Stadium führt zum Tode der Raupe. Die Schwarzfärbung breitet sich
über mehrere Körpersegmente aus, das Tier ist nur noch schwach beweglich, die
Haut an den nicht schwarz gefärbten Körperstellen stark gerunzelt. Meist, wenn
auch nicht immer, geht die Schwarzfärbung der Raupe, wie auch Cohn betont,
vom Kopfe aus. Sie schreitet aber auch von der Leibesmitte aus nach beiden Seiten
fort. Die Raupe ist in diesem Zustande oft stark zusammengeschrumpft und ver-
kürzt. Erst beim völligen Schwarzwerden unmittelbar nach dem Tode wird die Haut
erneut geglättet und gestrafft, das ganze Tier bis auf seine normale Länge, ge-
legentlich darüber hinaus, gestreckt. Es scheint das durch die bei der Zersetzung des
Fettkörpers freiwerdenden Gase bewirkt zu werden. Jedenfalls sieht die Raupe
kurz nach dem Tode wie aufgeblasen aus und das die Haut durchdringende Öl ver-
leiht dem Tiere, besonders an den Stellen, die eine stärkere Chitinbedeckung auf-
weisen, wie Cohn treffend vergleicht, den tief schwarzen Glanz polierten Ebenholzes.
Unter Abgabe des Öls, das bei der fortschreitenden Zersetzung frei wird, trocknen
die Raupenleichen dann in wenigen Tagen zu einer Art Mumie ein. Hierbei werden
sie, wie oben bemerkt, immer zerbrechlicher, bis sie schließlich schon bei leiser Be-
rührung in schwarzen Staub zerbröckeln."
Die Infektion der Raupe mit dem Pilz scheint in erster Linie durch die
Beine, Bauchfüße und Mundwerkzeuge zu erfolgen, da an diesen Körper-
teilen gewöhnlich die Schwarzfleckigkeit zuerst auftritt. Wie verheerend
die Seuche unter den Raupenmassen wirken kann, zeigt ein Sammelbefund
Herolds von anfangs Oktober, wonach unter ca. 600 Raupen nur 21 lebend
und „anscheinend" gesund waren, während alle übrigen entweder die ver-
schiedenen Krankheitsstadien aufwiesen oder eben gestorben oder bereits
mumifiziert waren. Die Beendigung der großen Kalamität auf den Feldern
Posens und Westpreußens im Jahre 191 7 ist zweifellos zum weitaus größten
Teil auf die Tarichium-Seuche zurückzuführen.
Bekämpfung. Es sind zwar schon eine Reihe von Versuchen die Saat-
eule biologisch mit Hilfe von Parasiten zu bekämpfen gemacht
(Pospielow) oder wenigstens Anregungen hierzu gegeben worden (Fah-
ringer, 1922), doch ist bis jetzt in dieser Richtung noch kein Erfolg
erzielt worden. Die Versuche in dieser Richtung (besonders mit Eiparasiten)
sollten aber trotzdem weitergeführt werden. Auch Schweine- und Hühner-
eintrieb werden von verschiedenen Autoren empfohlen, doch von anderen
als wenig erfolgreich abgelehnt. Ob die Tarichium-Seuche sich künstlich
verbreiten läßt, ist nach den Erfahrungen mit anderen Mykosen recht
zweifelhaft.
Im übrigen gilt bezüglich der technischen Bekämpfung (Fanggräben,
Vergiften usw.) das oben (S. 779) für Agr. vestigialis Rott. Gesagte auch
für segetmn.
Agrotis tritici L.
Getreideeule.
Falter (Abb. 605 A): Kopf und Brust lang gelbbraun, Hinterleib kürzer und
etwas heller behaart. Vorderflügel graubräunlich, etwas dunkler gewölkt, am Vorder-
rande mit hellen Punkten, mit zwei hellgrauen, braungesäumten Querlinien und einer
II. Unterordnung: Macroiepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen)
"87
hellbraun umschatteten, aus Pfeilflecken bestehenden Wellenlinie. Ring- und Nieren-
makel hellgrau, braungesäumt. Zwischen, vor und hinter denselben bräunliche bis
schwarzbraune Schattenbinden. Unter der Ringmakel die dunklere, schwarz ge-
ränderte Zapfenmakel. Die Färbung ist übrigens sehr veränderlich. Hinterflügel
weißlich, Adern und Saum braungrau bestäubt, Fransen hell. Fühler des o^ mit
kurzen, scharfen, gewimperten Zähnen. Etwas kleiner als die anderen Arten. Spann-
weite 30—34 mm.
Raupe ähnlich der vorigen. Grau, helle, dunkel eingefaßte Rückenlinie, ver-
wischte dunkle Seitenstreifen. Nacken- und Afterschild glänzend schwarz mit je
3 lichten Längslinien. Kopf braun, hinten mit dunklem Fleck. Ausgewachsen
32 mm lang.
Die Getreideeule ist forstlich, soweit uns bekannt, nur in
einem einzigen Falle beachtenswert geworden, nämlich in der Oberförsterei
Hundeshagen (Reg. -Bez. Posen). Hier war ihr Fraß Mitte der siebziger
Jahre sehr bedeutend. Eine 3 ha große, einjährige, im April ausgeführte
Kiefernpflanzung war bereits im Mai so geschädigt, daß sie von neuem aus-
A B
Abb. 605. A Agrotis Iritici L., B Agrolis corlicea Hb.
geführt werden mußte. Aber auch die neue Kultur wurde bis zum Herbst
wieder fast ganz abgefressen, ebenso die im zweiten und dritten Jahre ge-
machten Nachbesserungen. Die Art \vurde in diesem Falle durch Altum
festgestellt (1878). Irgendwelche Besonderheiten gegenüber dem der Kie-
fernsaateule bot der Fraß nicht. Die Flugzeit fiel nach Zwingerbeob-
achtungen in den Juli, Anfang August, also etwas zeitiger als die der Agr.
vesiigialis Rott. An Getreide, Buchweizen, Mais und an Reben ist diese Art
schon oft sehr schädlich geworden.
Die übrigen oben noch genannten Agrofis-XrtGn (e.xcla/nalio/iis L.
nigricans L. und corticea Hb.) sind noch nicht direkt als Forstschädlinge
beobachtet worden, stimmen jedoch in vielen Punkten mit den 3 vorigen
Arten biologisch überein, so daß ihr gelegentliches Vorkommen an jungen
Forstpflanzen sehr wahrscheinlich ist. Aus diesem Grunde hat sie Ratze -
bürg in seiner Waldverderbnis (II. S. 403 und 404) aufgenommen, ebenso
Nitsche, der sie als „verdächtig'" bezeichnet. Es sei hier wenigstens
eine kurze Charakteristik der 3 Arten gegeben.
Agrotis exclamationis L. (Braungraue Graseule, ,,Ausrufungs-
zeichen"j. Falter (Taf. X, Fig. 8) : Kopf und Brust lang gelbgrau behaart, Hals-
kragen mit tiefschwarzem, in der IMitte erweitertem Bogen. Vorderflügel gleichmäßig
gelbgrau, rotgrau oder schwärzlich grau, meist ohne deutliche Querstreifen, nur der
50*
788 II. Spezieller Teil.
hintere mitunter gezähnt angedeutet. Die drei Makeln schwarz umzogen, die Nieren-
makel mitunter zum Teil, die lange Zapfenmakel stets ganz schwarz ausgefüllt,
Hinterflügel des cf milchweiß, des o gelbbraun bestäubt. Fühler des cf rnit kurzen,
scharfen, bewimperten Zähnen. Spannweite 33 — 39 mm.
Raupe: Heller oder dunkler braungrau mit bleicher Rückenlinie, zu deren Seiten
je zwei schwarze Punktwärzchen auf jedem Ring stehen und einem breiten Schatten-
streifen an den Seiten. Luftlöcher schwarz. Bauch grau. Kopf braun mit schwarzem
Stirndreieck. 4 — 5 cm.
Puppe rotbraun mit zweispitzigem Kremaster.
Flugzeit Juni, Juli. Raupe August bis Anfang Mai, Hauptfraßzeit also schon
im Herbst.
Agrotis nigricans h. {fumosa Hbn.). Falter: Kopf und Brust lang rotbraun
behaart. Vorderflügel tief rotbraun ins Schwärzliche, mit schwarzem Längsstrich aus
der Wurzel; Querstreifen meist undeutlich, die Wellenlinie, wenn deutlich, aus ein-
zelnen hellgelben Fleckchen zusammengesetzt. Die Makeln schwarz umzogen, die
Nierenmakel zum Teil hell ausgefüllt. Hinterflügel gelbgrau, auf Adern und Saum
dunkler. Fühler des cj' mit kurzen, scharfen, gewimperten Zähnen. Spannweite
35 mm.
Raupe: Glänzend braun, mit schwarzen Punkten, einer zackigen helleren
Seitenlinie und braungrauem Kopf. Länge 4 cm. Lebt bis April, Mai an niederen
Pflanzen und verwandelt sich in einem Erdgehäuse zu einer glänzend braunen Puppe.
Agrotis corticeaUhn. Falter (Abb. 605 B ) : Kopf und Brust lang gelbgrau
behaart, weißlich gemischt mit undeutlicher dunkler Querbinde auf dem Halskragen.
Vorderflügel weißbräunlich bis erdgrau, dunkler gesprenkelt, ohne Querzeichnungen,
Vorderrand des Flügels bis zu den Makeln dunkler. Letztere schwarz eingefaßt und
dunkel ausgefüllt. Hinterflügel des cf trüb bräunlichweiß, am Saume dunkler, das
9 braungrau. Fühler des cf in den unteren zwei Dritteilen kurz doppelt gekämmt.
Spannweite 36 — 38 mm.
Raupe: Schmutzig braungrau mit heller Rückenlinie und schwarzen Punkten,
sowie einem schwarzgrauen Schattenstreifen an den Seiten. Kopf braun. Lebt bis
Mai, Juni an Löwenzahn, Wolfsmilch und anderen niederen Pflanzen.
Puppe rotbraun.
A. corticaea scheint sehr spät zu fliegen und als ganz kleine Raupe zu über-
wintern.
Scopelosoma^) satellitium L.
(Tal.X, Fig. 12.)
Diese Eule wurde von AI tum (1882 a) (als Noctiia satelliüa L.) in die
Forstentomologie eingeführt: Die dunkel rötlichbraune Raupe trat 1882 im
Revier Bischofswalde (Reg.-Bez. Magdeburg) als Hauptzerstörer in des
Buche naufschlages auf; auch wurde sie sonst des öfteren vereinzelt
beim Befressen desselben beobachtet.
Falter: Kopf und Brust lang rostbraun behaart. Vorderflügel mit gewelltem
Saume, rostbraun; Querstreifen, Wellenlinie und Saumlinie, sowie ein halber Quer-
streifen im Wurzelfelde dunkler. Als Nierenmakel tritt ein weißer oder gelber Fleck
auf, daneben zwei kleine, weiße Punkte. Hinterflügel gelbgrau mit Metallschimmer.
Spannweite 37 mm.
Raupe (Taf. XIII, Fig. 15) in der Jugend schwärzlich grau mit drei hellen
Rückenlinien und einem weißen, auf jedem Ringe fleckenartig erweiterten Seiten-
streifen. Erwachsen dunkelköpfig, Leib samtartig rotbraun oder schwarz, an den
Seiten der Ringe i, 2, 4 und 10 ein weißlicher Längsfleck als Rest des früheren
Seitenstreifens. Nackenschild und Afterklappe schwarz, ersterer mit 3, letztere mit
2 gelben Strichen.
1) Die Beschreibung der Gattung siehe oben S. 615.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen}. 789
Die Weibchen überwintern und legen ihre runden, anfangs hellroten,
zuletzt schwarzblauen Eier im Frühjahre ab. Die Raupen fressen bis Ende
Juni gewöhnlich auf den verschiedensten Laubhölzern wie Eichen, Schlehen,
Ahorn, Ulmen, Pappeln, Weiden usw. Sie gehören zu den sogenannten
„Mordraupen", welche bei Nahrungsmangel ihre Genossen auffressen i). Die
Verpuppung findet in einem leichten Erdgespinst statt.
Mamestra pisi L.
(Taf. X, Fig. 21.)
Erbseneule.
Ratzeburg: Nocliia (Mamestra) pisi L. — Altum: Mamestra pisi L. — Nitsche:
Noctua (Mamestra) pisi L. — Nüßlin-Rhumbler : Noctiia (Mamestra) pisi L. —
Wolff-Krauße: Polia pisi L.
Die an der auffallenden Zeichnung (vier hellgelbe, scharfe Längs-
streifen auf rotbraunem Grund) kenntliche Raupe nährt sich von den ver-
schiedensten niederen Pflanzen, ohne irgendeine, auch nicht die Erbse, be-
sonders zu bevorzugen, so daß, wie Altum (F. IL 133) hervorhebt, ihr
Name durchaus willkürlich gewählt erscheint. In die Forstzoologie wurde
sie eingeführt durch Ratzeburg, der über einen größeren Fraß in
Fichtenkulturen auf dem hohen Venu berichtet (im Jahre 1863).
Falter: Kopf und Brust bräunlich und weißlich gemischt, lang behaart;
Hinterleib gelbgrau, kürzer behaart, auf Ring 3 und 4 mit stärkeren Schöpfen.
Vorderflügel rotbraun, veilgrau bestäubt mit ziemlich verloschener Zeichnung. Nur
die Wellenlinie scharf gelblich weiß, am Innenwinkel zu einem Flecken erweitert,
Mittelschatten und drei Flecken an der inneren Einfassung der Wellenlinie am dun-
kelsten. Die Makeln nicht deutlich hervortretend. Hinterflügel bräunlich weiß, am
Saume dunkler. Saumlinie dunkel, Fransen heller. Mitunter ein undeutlicher Mittel-
mond. Fühler des cf büschelweise gewimpert. Spannweite 35—40 mm.
Raupe (Taf. XIII, Fig. 8) i6füßig, ganz unbehaart. Kopt hell rotbraun,
Leib tief rotbraun oder braungrün mit vier leuchtend gelben, breiten Längslinien,
zwei zu Seiten der sehr dunklen Rückenbinde, zwei unterhalb der etwas helleren
Seitenbinden durch die dunklen Luftlöcher verlaufend. Bauch fleischfarben, dort
wo er an die gelbe Längslinie stößt, mit feinen dunkleren Fleckchen. Länge
4—5 cm.
Puppe in schwachem, mit Erde vermischtem Gespinste im Boden, rotbraun mit
helleren Einschnitten, mit walzig abgesetztem Aftergriffel, an dessen zugespitztem
Ende zwei längere, abwärts gerichtete Haken und vier kurze Borsten stehen.
Die Verbreitung des Schmetterlings ist eine sehr weite. Sie reicht
von Nord-Amerika und Island durch ganz Europa vom Polarkreis bis in die
Breite von Oberitalien, östlich bis zum Ural, und geht in den Alpen bis zur
Höhe von Andermatt und dem Oberengadin.
Der Falter fliegt im Mai und Juni. Die Raupe ist ungemein polyphag
und lebt auf Wiesen und in Gärten an den verschiedensten Pflanzen, nament-
lich auch auf Schmetterlingsblütlern wie Besen pfrieme, Klee,
Wicke, Erbse, Bohne, aber auch auf Pflaumen, Eichen, Weiden
und Ebereschen, sowie auf Fichte, Heide- und Farrenkräutern.
Beim Berühren richtet sie den halben Körper in die Höhe und fährt damit
1) Nach Eid mann ( A. f. Schädlk. 1930. S. 1 14) haben sich Mordraupen auch
an der Vertilgung des Eichenwicklers {Tortrix viridana L. ) und des Frostspanners
(CJieimatobia brumata L. l beteiligt, sich also als Nützlinge erwiesen.
790 11. Spezieller Teil.
sehr schnell, wie zur Verteidigung umher. Sie frißt vom Juli bis zum
Herbste und verpuppt sich alsdann in der Erde in lockerem Gespinste. Die
Puppe überwintert.
Forstlich ist die Erbseneule zum erstenmal durch einen größeren
Fraß in Fichtenkulturen bei Malmedy (im hohen Venn) bekannt geworden,
worüber Ratzeburg (W. IL 247 — 249) folgendes berichtet: „Auf dem
Fraßgebiet wächst Heide (Erica vulgaris') und dazwischen sind 3 — 5 jährige
Fichtenpflanzungen. Die Raupe hatte beide (die Heide auch an den
jüngeren Trieben) befallen, dazu auch noch das gelegentlich vorkommende
Farrenkraut und die feinen Blättchen des Ginsters. Auf einer einzigen
Fichtenpflanze konnte man 20 — 30 Raupen absammeln. Die Verbreitung im
hohen Venn (also ca. 2000 Fuß über dem Meere) erstreckte sich von der
belgischen Grenze bis zum Kreis Montjoie und umfaßte ca. 16000 Morgen.
Hier wurde die Raupe auf der ganzen Fläche mehr oder weniger wahr-
genommen, am stärksten auf den entwässerten, mit Gras bewachsenen
Stellen. Der Schaden war stellenweise nicht unbeträchtlich, da nicht blos
viele Fichten eingingen, sondern auch die überlebenden ein kränkliches Aus-
sehen hatten." Ratzeburg hielt den hier beschriebenen Erbseneulen- Fraß
an jungen Fichten für „eine solche Seltenheit, daß er vielleicht nie wieder-
kehrt, da vermutlich ganz ungewöhnliche Verhältnisse hier mitwirkten, also
z. B. Spätfröste im rauhen Gebirgsklima die zarten Raupen nötigten, zwischen
den nadelreichen Fichten Schutz zu suchen, oder hoher Schnee die be-
drängten Falter ihre Eier abzulegen." Nach AI tum ist aber das Vor-
kommen an Fichten durchaus nicht so selten, wie Ratzeburg wähnte; er
erhielt vielmehr des öfteren Zusendungen und Anfragen infolge zahlreichen
Auftretens der auffallenden, gelbgestreiften Raupe in Fichtensaatbeeten oder
Kämpen aus den östlichen Provinzen Deutschlands und hat sie selbst in
Thüringen und Oberbayern auf solchen gefunden. Auch in der Nähe von
München, im Forstamt Erling sind (1927) /»m-Raupen schädlich in Fichten-
kulturen aufgetreten.
Bei der sehr auffallenden Zeichnung, sowie bei ihrem stets ober-
irdischen Aufenthalt auf der Futterpflanze kann die Raupe auch dem nur
sehr mäßig aufmerksamem Beobachter nicht verborgen bleiben, so daß sie
für gewöhnlich wohl leicht durch Sammeln vernichtet werden kann.
Pseudophia lunaris Schiff.
(Taf. X, Fig. 16.1
Braunes Ordensband.
Das braune Ordensband ist zum erstenmal im Jahre 1902 als forst-
schädlich beobachtet worden und zwar von Wilbrandt (1903), der be-
trächtliche Zerstörungen durch dasselbe in Eichenkulturen in Hessen fest-
stellen konnte. Falter wie Raupe sind infolge ihrer Schutzfärbung schwer
zu entdecken, besonders letztere, die tagsüber gewöhnlich dicht an einen
Zweig geschmiegt ruht.
Falter (Abb. 606): Vorderflügel bleichgrau, rostbraun gemischt. Querlinien
licht, dunkel beschattet; Wellenlinie dunkel; Nieren- und Ringmakel bräunlich, letz-
tere nur ein kleiner Punkt, ein ebensolcher nahe der Wurzel und eine Reihe dunkler
Saumpunkte. Hinterflügel rotbraun, gegen die Wurzel heller. Spannweite 52 — 54 mm.
Raupe (Taf. XIII, Fig. 17) 16 füßig, jedoch das erste Bauchfußpaar stark
verkümmert und auch das zweite deutlich kleiner als die hinteren, daher spanner-
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
791
Abb. 606. Pseudophia
Braunes Ordensband.
lunaris Schiff.,
Nach Nüßlin-
artiger Gang. Färbung in der Jugend bis zur III. Häutung grün, weiß punktiert
mit rötlichen Seitenstreifen, nach der III. Häutung braungrau mit zahlreichen ge-
schlängelten, dunkleren Längsstreifen und roten Seitenstreifen. Am 4. Segment mit
2 rötlich gelben Flecken, am 11. Segment ebenso gefärbte spitze Wärzchen. Länge
bis 7 cm.
Die großen Falter ruhen tagsüber; aufgescheucht schießen sie schnell
in weitem Bogen empor, um dann plötzlich wieder niederzustürzen. Bereits
im Mai zeigt sich der aus der überwinterten Puppe ausgekommene Schmet-
terling. Man kann ihn jedoch auch noch im Juni und Juli antreffen (2 Gene-
rationen?). Die Raupe liebt die zarten, saftigen und weichen Gip-
feltriebe junger Eichen (und auch Pappeln) und frißt nicht nur die
Blätter ab, sondern nagt auch die Stengel selbst ab, soweit diese
noch zart sind. Dadurch entsteht ein
Fraßbild, das einem Verbiß durch
Rotwild sehr ähnlich sieht und sehr
wohl als solches angesprochen wer-
den kann. Die Blätter werden meist
vollkommen zerstört, mitunter blei-
ben aber auch die Blattrippen und
kleinere Teile der Blattrispen ver-
schont.
Forstlich machte sich die große
Eule zum erstenmal 1902 in 2 — 6jäh-
rigen Eichenkulturen in den Hes-
sischen Oberförstereien Viernheim
und Lampertsheim durch teilweise
recht empfindliche Fraßbeschädi-
gungen unangenehm bemerkbar. In Viernheim handelte es sich um durch-
schnittlich 6jährige Eichenhegen, in Lampertsheim um eine ca. 7 ha große
vorjährige Eichenriefensaat.
Als Feinde der Raupe wurden Calosoma sycophaiita L., ferner einige
Vögel beobachtet, vor allem Amsel und Buchfink, welche die sich zur Ver-
puppung anschickenden Raupen, resp. die Puppen aufsuchten.
In Lampertsheim wurde mit Absammeln durch Schulkinder gute
Erfolge erzielt (es wurden in 3 Tagen ca. 40 Liter Raupen gesammelt). In
den 6 jährigen Hegen von Viernheim konnte diese Maßregel nicht durch-
geführt werden. Es dürfte sich auch Bestäuben mit Esturmit empfehlen.
Plusia gamma L.
(Taf. X, Fig. 14.)
Gammaeule, Ypsilonvogel.
Die zu den spannerartigen Eulen — die Raupe ist nur i2füßig — • ge-
hörige Gamma-Eule ist wohl die häufigste Noctuide Europas. Sie gelangt
periodenweise zur Massenvermehrung und kann dann großen Schaden in
landwirtschaftlichen Kulturen anrichten. Da die Raupe sehr polyphag, ja
fast panthophag ist, so werden fast alle Feldfrüchte und Gemüsearten an-
gegangen; wie Erbsen, Wicken, Klee, Flachs, Raps, Hanf, Salat, Möhren,
Rüben usw. So ist es nicht verwunderlich, daß die Raupe, wenn keine andere
Nahrung mehr zur Verfügung steht, auch in forstlichen Kulturen schädlich
wird. Einen derartigen Fall, in dem eine Kiefernsaat fast völlig vernichtet
R h u m b 1 e r.
792 IL Spezieller Teil.
wurde, berichtet Altum (F. II. 140), durch den die Gamma-Eule in die
Forstentomologie eingeführt wurde.
Falter ( Abb. 607 A u. B) : Brust lang behaart, graubraun und weißrötlich ge-
mischt. Hinterleib mit kürzerer Behaarung. Vorderflügel graubraun und veilrötlich
gemischt. Die Wurzel, die Umgebung der Vorderhälfte des hinteren Querstreifens,
der Saum und ein großer Fleck am Afterwinkel am hellsten; häufig ein goldiger
Schimmer über die Fläche verbreitet. Die beiden Querstreifen doppelt, innen heller
ausgefüllt, fast parallel, die Wellenlinie stark gezackt, hell, wurzelwärts breit dunkel
angelegt. Die hell umrandete Nierenmakel nur undeutlich saumwärts dunkel an-
gelegt. In der Mitte des Mittelfeldes die hellgelblich silberne Zeichnung in Form
eines liegenden griechischen Gammas oder lateinischen Ypsilons. Daher die Namen.
Der gewellte Saum und die Fransen mit dunklen, gebrochene Linien bildenden
Monden gezeichnet. Hinterflügel gelblich grau mit goldigem Schimmer, Saumhälfte
viel dunkler. Fransen weißlich, an der Spitzenhälfte mit dunklen Monden. Spann-
weite 30 — 40 mm.
Im übrigen ist die Färbung und Zeichnung sehr variabel, was zur Aufstellung
einer Reihe von Aberrationen geführt hat: ab. pallida Tutt (Grundfarbe heller,
Zeichnung stärker kontrastierend hervortretend); ab. rufescens Tutt (die rostbraune
Färbung auf den Vorderflügeln tritt stärker hervor); ab. nigricans Spuler (stärkeres
Hervortreten der schwarzen und Reduktion der rostbraunen Färbung) ; ab. purpurissa
Waer. (die dunkelbraune Grundfarbe mit einer mehr oder weniger gleichen Bei-
mischung der schwarzen und rostbraunen Zusatzfarbe der Vorderflügel besitzt eine
veilchenblaue Schattierung besonders längs der Wellenlinie) und ab. comma Ostr.
(an Stelle des y steht ein einheitliches, recht dickes Stäbchen, das mit einem Ende
dem äußeren Flügelsaum zugekehrt ist).
Raupe (Taf. XIII, Fig. 16): Durch Verkümmern der beiden ersten Bauchfuß-
paare nur 12 füßig (Abb. 607 C). Die Raupe ist mit Härchen besetzt, die entweder
einzeln oder paarweise auf kleinen Höckern (tubercula) sich befinden. Die Zahl
dieser Höcker vermehrt sich nach der ersten Häutung und bleibt dann konstant. Nor-
malerweise häutet sich die Raupe 4—5 mal; jedes Stadium besitzt eine charakteristi-
A B C
Abb. 607. Plusia gamma L., A gespannt, B sitzend, C Raupe („spannend"). Nach
Mokrzecki.
sehen Merkmale, nach denen sie unterschieden werden können. Diese Verschiedenheiten
machen sich bemerkbar in stufenweiser Reduktion der Färbung der Höcker und in
der Vergrößerung der Anzahl der Längsstreifen. Die ausgewachsene Raupe besitzt
einen kleinen Kopf, der vordere Körperabschnitt ist schmäler und abgeplatteter als
der hintere, welcher walzenförmig sich verbreitert. Kopf wie die übrige Raupe grün,
zu beiden Seiten mit schwarzen Streifen, außerdem 2 braune, stäbchenförmige
Flecken zu beiden Seiten der Stirn. Leib grün oder bläulich mit feinen, weißen oder
gelben Längslinien, über den Füßen ein schmaler, gelblicher Längsstreifen. Die
haartragenden Höcker (Wärzchen) an der Basis weiß geringt. Länge 3—4 cm.
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen).
f93
Abb. 608. Pliisia gamma L. Hinterende der
weiblichen und männlichen Puppe mit auf-
fallendem Kremaster.
Nach Ostreykowna.
Puppe in einem zuweilen doppelten Gespinst, völlig schwarz oder auf der
Dorsalseite rötlich schwarz. Flügelscheide konvex, Rüsselscheide länger als diese
und am Ende frei von der Puppe abstehend. Kremaster mit einem stärkeren, anker-
förmigen Doppelhäkchen und außerdem mit 3 Paar kleineren Haken versehen
(Abb. 608). Geschlechtshöcker bei der männlichen Puppe auf dem 9., bei der weib-
lichen auf dem 8. Abdominalsternit.
Eier halbkugelig, gelblich hellgrün (vor dem Ausschlüpfen scheint der hell-
blaue Körper der Raupe mit dem schwarz gefärbten Kopf unter der Micropyle
durch), gerippt. Zwischen den 35 — yj strahlenförmig angeordneten Rippen befinden
sich konkave Alveolen, die durch Querrippen geteilt sind.
Die geographische Verbreitung der Gamma-Eule ist ungemein
groß und erstreckt sich von Nordamerika und Grönland durch ganz Europa
bis Japan und Kaschmir, süd-
wärts bis Abessinien und viel-
leicht sogar Neuholland. In den
Gebirgen Europas kommt sie
bis fast 2000 m Höhe vor.
B i o n o m i e und forst-
liche Bedeutung. Die Gam-
ma-Eule fliegt von April bis
November zu jeder Tageszeit
auf freiem Gelände lebhaft
umher, mit ihrem langen Rüssel
Blütensaft saugend. Das Weib-
chen legt seine Eier einzeln
an die Blattunterseite verschie-
dener niederer Gewächse. Die
Zahl der Eier ist sehr groß, Ostreykowna (1924) erzielte annähernd
1000 Stück von I befruchteten Weibchen. Die Dauer der Eiablage beträgt
bis 22 Tage, die Lebensdauer des Falters 30 — 44 Tage und wohl noch mehr
(Ostreykowna 1. c). Nach etwa 14 Tagen kriechen die Raupen aus, die
man fast das ganze Jahr über, am häufigsten aber im Sommer an den ver-
schiedensten Kräutern findet. Sie fressen frei an den Pflanzen, lassen sich
aber bei Beunruhigung fallen und ringeln sich zusammen. Ist ein Feld kahl-
gefressen, so wandern sie in Massen auf ein benachbartes. Nach 4 Wochen
verpuppen sie sich an der Unterseite eines Blattes oder an einem Stengel.
Nach 12 — 14 Tagen schlüpft der Falter aus, so daß eine Generation im
günstigsten Fall in 6 Wochen beendet sein kann. Es folgen sich daher
mehrere Generationen im Jahr und es können alle Entwicklungsstadien zur
Überwinterung gelangen. In kälteren Gegenden kommt es wohl nur zu einer
Generation (mit Überwinterung des Falters).
Infolge der großen Polyphagie der Raupe sind die Schäden im all-
gemeinen nicht allzu groß; in den Perioden der Massenvermehrung" aber
können sie der Landwirtschaft sehr große Verluste bringen. Als besonders
schlimme Gamma-Eulen-Jahre sind bekannt 1828 (Ostpreußen), 1829 (Hol-
land — in der Provinz Groningen allein 1/2 Million Mark Schaden), J831
(Bayern), 1868 (Prov. Sachsen), 1871 (Deutschland, Österreich), 1879 (West-
preußen), 1900 (England), 1922 (Nord- und Mittelrußland, Polen) und 1928
(Mitteldeutschland, s. Müller K. R., 1928 und Pape, 1928). Klimatische
Faktoren dürften wohl wesentlich an dem Entstehen der Gradationen be-
teiligt sein. „Kälte, kurze Sommer sind der Entwicklung nachteilig, lange,
794 II. Spezieller Teil.
warme Sommer fördern sie; sonst liebt die Gamma-Eule eher etwas mehr
als zu wenig Feuchtigkeit."
Forstlich trat sie in dem schlimmen Gamma-Eulenjahr 1871 als
Schädling in Kiefernsaaten in Waice (Posen) auf, worüber AI tum (i. c.)
sich folgendes berichten ließ: „In der 15 ha großen diesjährigen Kiefern-
streifensaat des Jagens 76 der hiesigen Revierabteilung hatten sich im Laufe
des vorigen Monats auf den dort sehr zahlreich verbreiteten Wucherblumen
grüne Raupen eingefunden. Da dieselben forstlich unschädlich schienen, so
blieben sie unbeachtet. Nachdem sie indessen das Unkraut gänzlich kahl-
gefressen, fielen sie in großen Massen über die jungen Kiefernpflanzen her.
Die meisten Pflänzchen sind bis auf die Wurzel gefressen und bereits tot.
Eine kleinere Anzahl, welche weniger gelitten hat, wird sich unzweifelhaft
wieder erholen. Der Fraß an den jungen Kiefern fing am 10. August an und
dauerte bis incl. den 13. Die Raupen verhungerten alsdann aus Futter-
mangel " Es handelt sich also hier nur um einen Notfraß von
Raupen, die auf anderen Pflanzen geboren, nach deren Vernichtung vom
Hunger getrieben die zunächst befindlichen Kiefernpflänzchen aufsuchten.
Die Gradationen sind meist nur von kurzer Dauer und brechen ge-
wöhnlich schon im 2. Jahr zusammen, vor allem an der Polyederkrank-
heit, über die Mokrzecki (1923) und Ostreykowna (1924) eingehende
Mitteilungen machen (nach Ostreykowna treten dabei 2 verschiedene
Typen von Polyedern auf), und sodann durch die zahlreichen Parasiten,
sowohl Tachinen (Baer gibt 10 verschiedene Arten an) als auch Schlupf-
wespen. Von letzteren sind bis heute etwa i Dutzend aus der Gamma-Eule
gezogen, unter denen vor allem die Braconiden-Gattungen Apanteles, Micro-
plitis und Rhogas und die Chalcididen-Gattungen Oophihora, Litomastix und
Pteromalus neben verschiedenen Ichneumoninen zu nennen sind.
Bekämpfung. Zur Verhinderung der Überwanderung der Gamma-
Eulenraupe auf Kulturen, wie sie eben geschildert wurde, empfiehlt AI tum
(1. c.) Fanggräben. Ein Bespritzen der Kulturen und der angrenzenden von
den Raupen bereits befallenen Unkrautflächen mit Giftbrühen (Arsen, Chlor-
barium) dürfte einfacher und erfolgreicher sein. Über Ködern der Falter
siehe oben S. 779.
Der Vollständigkeit halber seien noch die beiden „M od e r ho Iz" - E ul en an-
geführt :
Calocampa vetusta Hb. und exoleta L. (Taf. X, Fig. 19) wurden von
Ratzeburg (W. II, 405) deshalb in die Forstentomologie eingeführt, weil sie
„von Lärchen gezogen wurden".
Die beiden „Moderholzeulen" sind nach den „Ordensbändern" wohl die größten
einheimischen Formen. Sie haben bis 6 cm Spannweite, einen scharfen Haarkiel auf
dem Halskragen und schmale, zugespitzte Vorderflügel von heller Holzfarbe. Bei
C. exoleta ist die vordere Längshälfte derselben dunkler gemischt mit deutlicher
Ring- und Zapfenmakel, und die Brust sowie die Oberseite der hinteren Leibes-
hälfte dunkel gefärbt, während bei vetusta die Ringmakel undeutlich wird, und die
hintere Längshälfte der Vorderflügel, sowie die Brust dunkelbraun erscheinen. Die
Hinterflügel sind bei beiden gelbgrau.
Sie gehören zu den wenigen als Falter überwinternden Eulen, die im ersten
Frühjahr um die Weidenkätzchen fliegen. Ihre großen Raupen (Taf. XIII, Fig. 14)
sind 16 füßig, walzig, von grüner Grundfarbe. Die von exoleta hat einen braunen
Kopf, drei gelbe Längsstreifen auf dem Rücken, zwischen diesen jederseits auf
II. Unterordnung: Macrolepidoptera. Familie Noctuidae (Eulen). 795
jedem Ringe drei weiße Punkte und einen gelben, oberwärts braun gesäumten Längs-
streif durch die Luftlöcher. Die von vetusta ist grünköpfig, mit zwei gelben Längs-
streifen und einem roten, weiß gesäumten Luftlochstreifen; über diesem auf jedem
Ringe drei weiße, schwarz geringte Punkte und über dem gelben Längsstreifen, jeder-
seits von der Rückenmitte zwei weiße, schwarzgeringte, schwarz verbundene Flecke.
Die Raupen finden sich im Frühling und Vorsommer und verpuppen sich in einer
Erdhöhle. Merkwürdig ist, daß namentlich exoleta sich gern von nadelähnlichen
Blättern, z. B. denen von Asparagus L. und Euphorbia L. nährt, die eine gewisse
Ähnlichkeit mit Lärchennadeln haben (Nitsche). Ein forstlicher Schaden durch
die beiden Raupen ist bis jetzt noch nicht beobachtet.
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Woroniecka- Siemaszko wa, Jan., 1928, Observations on the pests of culti-
vated plants, performed in the surroundings of Pulawy and Lublin in 1928. M6m.
Inst. Nat. Polon. d'Econ. Rus. ä Pulawy. T. IX. Mem. Nr. 136. (Polnisch, mit
engl. Resume.)
Zimmermann, H., 1918a, Lebensweise u. Bekämpfung der Erdraupe (Agr. sege-
tum). Frühlings landw. Zeit. 67. Jhrg. 130 — 148.
— , 1918b, Die Erdraupenplage. Mitt. d. D. L. Ges. Nr. 15, S. 214— 216.
— , 1919, Über die Erdraupe der Wintersaateule (Agr. segetum ). Arch. Ver. d.
Freunde d. Naturgesch. in Meckl. S. 25 — 54.
Nachtrag.
Tortriciden.
Acalla hastiana L.
Falter: Eine der veränderlichsten Schmetterlingsarten nicht nur in Färbung
und Zeichnung, sondern auch in Größe und Flügelschnitt (Kennel bildet in seinem
Tortriciden- Werk nicht weniger als 30 verschiedene Formen ab). Der Typus hat auf
den Vorderflügeln ein dunkleres oder wenigstens dunkler abgegrenztes Wurzelfeld
und einen ebensolchen unscharf begrenzten, großen, dreieckigen Costalfleck, der sich
aus dem Anfang einer Schrägbinde bei 1/3 der Costa und den damit zusammen-
geflossenen verdunkelten Aderenden, welche in die Costa münden, zusammensetzt.
Raupe hellgrün mit braungelbem Kopf. Puppe schlank, schwarzbraun.
Die über fast ganz Europa (mit Ausnahme des Südens) bis Sibirien ver-
breitete Art ist in den letzten Jahren in Böhmen verschiedentlich als Weiden-
schädling aufgetreten, worüber S am all) einiges berichtet: Der Falter sitzt
tagsüber meist ruhig an den Blättern oder Trieben und schwärmt erst gegen
Abend, oft in großer Zahl. Die Eier werden einzeln an den jungen Trieben
abgelegt, von einem Weibchen etwa 40 — 60 Stück. Die Raupen spinnen
mehrere Blätter an den Triebspitzen zusammen und befressen die Innenseite
der jüngsten Blätter. Die Verpuppung findet in dem Blattgespinst statt, wo
auch die Puppe überwintert.
Als Parasit wurde ein Proctotrupide beobachtet, der 40 — 60 0/0 der
Puppen der zweiten Generation getötet hat. Die überbleibenden genügten
aber vollauf, um großen Schaden zu machen, der im Verkümmern imd Ab-
sterben der Triebe bestand.
Zur Bekämpfung empfiehlt Sämal Bespritzen mit Arsenmitteln so-
gleich nach dem Schlüpfen der jungen Raupen. Später, wenn die Raupen im
Schutze der Blattgespinste sind, hat das Spritzen keinen Zweck mehr.
Evetria buoliana Schiff.
Hier ist folgende Literatur nachzutragen:
Feytaud, J., Les ennemis du Pin. La Tordeuse de Buol {Evelria buoliana Schxif.).
— Rev. Zool. Agr. et Appl., Bordeaux, XX, Nr. 8, p. 88—91.
Nach Feytaud ist buoliana in Frankreich einer der schlimmsten Kiefern-
schädlinge. Zur Vorbeugung werden Mischkulturen empfohlen. Zur Be-
kämpfung die Verbrennung der befallenen Triebe. Es werden ferner eine
Reihe von Parasiten angegeben.
i| SämaL J., Acalla hastiana a destroyer of osiers in Czechoslovakia.
4th Int. Congr. Ent. Ithaka. 1928. p. 414— 415. Tring 1929.
798 Nachtrag.
Jolyet, A., 1918, The Use of Bats in the Control of Insects especially Tortricidae,
injoLirious to Pine Woods. Revue des Eaux et Forets. p. 121 — 216.
Schlägt vor, gegen die Triebwickler Schlaf- und Brutplätze für Fledermäuse
in der Nähe von Kiefernkulturen anzulegen.
Smits van Bürgst, C. A. L., 1919, Sluipwespen, gekweekt uit de Dennenlotrups
{Evetria buoliana Schiff.). Tijdschr. Ent. The Hague p. 143 — 146.
Im Literaturverzeichnis (s. oben S. 381) ist wohl der Autor, aber nicht der
Titel der Arbeit angegeben. Außerdem ist anstatt 19 19 irrtümlicherweise
19 18 angeführt.
Semasia diniana Gn.
Über die große böhmische Kalamität (s. oben S. 327) sind in neuerer
Zeit noch zwei Arbeiten i) erschienen: Komärek berichtet, daß die Raupe
sich nicht mehr mit Abnagen der Nadeln begnügte, sondern sich nach Art
der duoliana-KsiVL^Q in die jungen Maitriebe einbohrte und sie aushöhlte. Es
entstand ein Markfraß, der das Absterben des ganzen Triebes und De-
formation des Terminalästchens zur Folge hatte.
„Erst jetzt, also nach 5 Jahren, zeigten sich die schweren Folgen des
Wicklerfraßes für die Fichten. Man rechnete stets damit, daß das Kahl-
fressen der Maitriebe unmöglich die älteren Fichten irgendwie ernstlich be-
schädigen könne. Das Jahr 1928 brachte leider eine traurige Enttäuschtuig.
Die alten Bäume, denen seit 5 Jahren alle frischen Nadeln gleich im Früh-
jahr weggefressen wurden, haben schließlich auch die ganze alte Benadelung
verloren und standen nun fast kahl da. Sie müßten auf mehreren hundert
Hektar abgeholzt werden. Besonders gelitten haben Exemplare mit schüt-
terer oder schwach entwickelter Krone.
„Obwohl der Verlust der Maitriebe bei einem alten Fichtenbaum nur
als kleinfügige Beschädigung angesehen werden könnte, erscheint nach mehr-
jähriger Wiederholung im Gegensatz eine alte Fichte viel empfindlicher zu
sein als jüngere oder gar ganz junge Bestände.
„Die letzteren haben es bis jetzt ziemlich gut vertragen, natürlich mit
Einbuße des Zuwachses. Hier schadet vielmehr der Markfraß in den Trieb-
spitzen, der besonders in der Terminalspitze eine Deformation und Verlust
des Höhenzuwachses zur Folge hat.
„Hochinteressant ist es, daß auf dem ganzen verseuchten Gebiet, das
mehrere Tausend Hektar Waldfläche umfaßt, die angebliche Mutterpflanze
— die Lärche — vollständig verschont geblieben ist."
Auch A. Pfeffer stellte diese Vorliebe für Fichten fest, wenn auch in
einem der vielen befallenen Forstreviere junge Lärchen und auf dem Torf-
moor auch die Sumpfkiefer etwas angefressen wurden.
„Der ursprüngliche Brennpunkt des böhmischen Kalamitätsgebietes liegt
nach Pfeffer nördlich vom Keilberg in einer Höhe von etwa 900 m. Der
Boden ist ziemlich arm, geologisch gehört er zu den Schiefern und zeigt
schlechte Bonität. Der dort wachsende, etwa 100 jährige Fichtenbestand mit
einzelnen beigemischten Vogelbeerbäumen, ist ziemlich licht und von Schnee-
bruch in den Baumkronen beschädigt. Von da verbreitet sich der Wlckler-
1) Komärek, J., Der Lärchenwickler (Grapholila diniana) als Fichten-
vernichter. — Verhandl. Intern. Kongreß Forstl. Versuchsanst. Stockholm, 1929.
Pfeffer, Ant., Zavijec modrinovy Enarmonia (Epino/ia, Steganoptycha) diniana
Gn. {pinicolana Z.). — Lesn. prace, roc. IX (1930).
Nachtrag. 799
fraß auf alle Seiten, hauptsächlich nach Norden und Nordosten. Zuerst
wurden die alten (loo jährigen) Fichten befallen, später konnten wir den
Fraß auf allen Altersklassen beobachten."
Die oft beobachtete Ungleichheit im Fräße an den einzelnen Bäumen
ist durch die zeitliche Verschiedenheit im Austreiben der Knospen bedingt.
Sehr früh treibende Fichten wurden fast ganz verschont, ebenso auch sehr
spät treibende. „Meistens werden die höchsten Kronenpartien der alten
Fichten beschädigt, während die unteren Teile immer verschont bleiben. Auf
ganz jungen Fichten ist der Fraß bis zur 3. Häutung der Raupen kaum zu
bemerken, da die jungen Raupen unter den Deckschuppen sitzen, wo sie eine
kleine Höhlung ausfressen." „Die einzelnen Nadeln werden von der Spitze
bis zur Basis benagt, oft wird auch der Trieb selbst befressen, so daß dieser
sich dreht." Durch den sich alljährlich wiederholenden Fraß und durch den
natürlichen Abfall der alten Nadeln werden die Kronen immer lichter, so
daß der Wald ein ganz eigentümliches Aussehen erhält und der Boden sich
rasch mit verschiedenem Gras usw. bedeckt.
Als Feinde wurden in Böhmen eine Reihe von Vögeln, Raubinsekten
und Parasiten beobachtet. Von den Vögeln nennt Pfeffer Sperling und
Ammer und außerdem große Schwärme von Finken, Staren und Kreuz-
schnäbeln, von Raubinsekten Calosoma sycophanta L., Carabus nemoralis,
Anatis ocellata (Imago und Larve) und die Larven von verschiedenen Syr-
phiden.
An Parasiten führt Pfeffer an: Die Tachinen Nemorilla macu-
losa Meig. und Lydella nigripes Fall., und die Schlupfwespen: Phaeogeues
lascivus Wesm., ischio7neliniis Grav., Microcryptus micropterus Grav., Pimpla
examinator F., Triclistiis pallidipes Holmgr., Bassus laetatorius F., und
Nemeritis caudatula Thoms.
Die meisten dieser Parasiten wurden ursprünglich hauptsächlich in den
Raupen von Argyroploce variegana Hb. und Pandemis ribeana Hb., die in
jenen Wäldern zwischen versponnenen Blättern von Vogelbeeren leben, fest-
gestellt (und zwar bis zu 80 0/0 Parasitierung), erst später gingen sie auch
auf die Lärchenwicklerraupen über.
Epidemiologisch spielte bei der böhmischen Kalamität das Klima
zweifellos eine wesentliche Rolle. Die trockenen und warmen Sommer-
monate in den Jahren 1928 und 1929 haben die Vermehrung außerordentlich
begünstigt. Die abnorm warmen Monate Mai und Juni 1930 waren ebenfalls
noch sehr günstig für die Raupenentwicklung. Die sehr kalten und nassen
Monate Juli und August waren dagegen sehr ungünstig für die Puppen-
entwicklung wie für die Eiablage, so daß mit einem Abflauen der Gra-
dation im Jahr 1931 zu rechnen ist.
Bekämpfungsversuche mit Esturmit (40 — 45 kg pro ha) hatten
guten Erfolg; es dürfte der einzige Weg sein, dem Schädling wirksam ent-
gegenzutreten.
Pyraliden.
Salebria marmorata Alph. und Etiella zinckenella Tr.
Die beiden Zünsler Salebria mannorata Alph. und Etiella zinckenella
Tr. werden verschiedentlich als Schädlinge an Akazie bzw. Robinien genannt.
Nach Kiß (Erdeszeti Lapok. 1901. p. 522 — 529, siehe Ecksteins Jahres-
800 Nachtrag.
bericht f. 1901, S. 97) hat Etiella zincketiella in den 22000 Joch großen
Akazienbeständen bei Scegedin im Jahre 1895 nicht weniger als 950/0 der
Samen zerstört. Als Parasit wurde der Braconide Phanerotoma dentata Pz.
gezogen, welcher in den folgenden Jahren 790/0 der Schädlinge tötete.
Nach N. Sakharov (Report of the Entomological Department for the
years 1910 — 1925. Trans. Saratov Agr. Exp. Stat. 1925) kommen die beiden
Arten in Rußland als wichtige Akazienschädlinge vor. Eingehende Beobach-
tungen über die Lebensweise der beiden Zünsler teilt O. Pilyugina mit
(s. Rev. of appl. Ent. XIV, p. 29 und XVII, p. 149).
Autorenregister.
A.
Adler 684.
Aigner-Abafi 606, 608.
Allers ^-iT, 683, -j-il-
Altum 162, 169, 170, 174,
175. 177, 193, 208, 221,223,
224, 226, 251,268, 274,276,
287, 296, 299, 305, 342, 346,
357, 358, 359, 361,362,368,
?>n, 382, 391, 393,394,398,
407, 408, 409,411,412,414,
419, 430, 431, 434,437,445,
448, 451, 452, 495, 5 '2, 513,
539, 569, 570, 583, 596, 608,
637, 644, 723, 758,762,763,
764, 765, 766, 767,770,781,
784, 787, 788, 7S9, 790, 792.
794, 795-
Amyot 179, 208.
Anonymus 160, 208, 237,268,
350, 378, 539, 5S3. 795-
Atmore 446, 453.
B.
Bachstein 583.
Backe 252, 268.
Badermann 544, 583.
Badoux 321, 322, 378.
Baer 30, 130, 131, 164, 182,
183, 198, 199, 207,208,212,
213, 220, 221, 222,223,226,
227, 255, 268, 273,275,286,
290, 291, 295, 300,309,310,
311, 313, 316, 328,329,334,
335, 336, 337, 339, 344, 347-
348, 349, 350, 351,352.353.
361, 363, 368, 369,370,371,
372, 373, 374, 378,388,398,
418, 419, 427, 434,435,436,
438, 439, 440,441,442, 444,
445, 446, 447, 448, 451,453,
520, 527, 534, 535, 556.631,
702, 703, 704, 705, 706, 708,
715, 716, 758, 780,784,794.
Bail 179. 208, 718, 758.
Baltz 258, 268.
Bando 657, 758.
Barbey 203, 204, 208. 262,
269,^450, 583-
Barger 419.
Barret 262, 269, 453.
Bau 12t;.
Bauer 767.
Baumer 539, 583.
Baumgarten 250, 260, 261,
269.
Baumgartner 251.
Bechstein 236, 251, 259 ,374,
569.
Bechstein und Scharfenberg
269.
Beck 538, 730.
Behr 257.
Beling 350, 352, 378.
Berenger 159, 160, 208.
Berg, V. 290, 347, 350, 378.
Berge 529.
Berge-Rebel 125.
Berlepsch, v. 257.
Berliner 72.
Bernas 478, 492, 495, 583.
Bertog 583.
Bervvig 51, 53, 63, 539, 619,
652, 653, 654, 663,666,668,
670, 671, 672, 673,681,682,
687, 702, 718, 719,721,722,
726, 730, 737, 738, 739, 740,
741, 742, 743, 746, 758.
Biebl 766.
Blaschke 529.
Bledowski und Krainska 707,
708, 75S.
Blum 208.
Blum und Bechstein 189.
Blunck 53, 55, 58, 61, 66,
477-
Blunck-Bodenheimer 641.
Boas 295, 443, 445, 447, 453-
Boden 191, 192, 208.
Bodenheimer 53, 54, 55, 56,
57, 60, 61, 62, 64, 65, 66,
69, 284, 285, 290, 378, 383,
391, 393. 394-
Bodenheimer und Klein 394.
Börner 15, 102, 131, 132,210,
422, 454, 455.
Bohutinski 758.
Bolle 79.
Bongini 394.
Borchers 87, 97, 491, 583.
Borchers und May 568, 584.
Bordas 254, 269.
Borggreve 189, 208,289,378.
Borgmann 154, 156, 208,224,
Ischerich, For-ntinsekten, Bd. III.
269, 339, 340, 341,359,360,
378, 453, 569, 570, 575, 583,
584, 595, 608.
Borgmann und Altum 155.
Borkhausen 125.
Borries 208, 295, 309, 310,
334, 336, 378,434,441, 442,
443, 445, 446, 448, 453.
Bourgeois 176, 208, 237, 269.
Bouvier 656, 758.
Brauer 3.
Braza 543, 668, T^-j.
Brecher 584.
Brehm 125, 426.
Bremer 53, 57, 62, 63, 64,
66, 660.
Brettmann 624, 758.
Bülow, V. 567, 568, 584.
Büsgen 294, 295, 296, 297,
299.
Buk 232, 236.
Büro 758.
Busk 378.
Butovitsch, V. 201, 208, 372,
378, 609.
C.
Cecconi 145, 185, 202, 204,
244, 248, 249, 263,357,403,
406, 409, 772.
Champion 584.
Ciopkalo 391, 393, 394.
Coad 84.
Coaz 191, 208, 312, 314, 315,
316, 317, 321. 323,324,325-
326, 378.
Cohn 785, 786, 795.
Comstock u. Needham 10.
Conrad 683, 684, 758.
Cook 53, 62, 63, 783.
Courtin 325.
Czech 342, 366, 378.
Czerwinski und Kuntze 521,
551, 554. 5S4.
Dafert u. Kornauth 584.
Dahl 125.
Danilow 584, 598, 599.
Davall 313, 321, 327, 378.
51
802
Autorenregister.
De Bary 418 ,419.
De Geer 576.
Del Guercia 394.
Denis u. Schiffermiller 125.
Dewitz 32.
Dingler 302, 378.
Disqu^ 125, 201, 203, 205,
208, 229, Z71, 432,434,450,
451, 453-
Döbner -^n, 379, 596-
Dolles 347, 349, 350, 351,
379, 758.
Drohsin 584.
Dufrenoy 357.
Dziurzynski 465, 584.
E.
Ebermayer 364, 367, 379,
595, 608.
Ebert 84 ,85.
Eberts 260, 269.
Eckstein, F. 53, 63, 469, 470,
472, 493, 495> 497, 502, 503,
504, 505, 518, 519,520,532,
533, 534, 535> 584-
Eckstein, K. 125, 201, 209,
226, 240, 241, 259, 260, 269,
276, 296, 379, 442,453,456,
465, 486, 545, 553, 557, 559,
584, 594, 606, 607, 608, 628,
630, 631, 634, 635,637,639,
640, 641, 645, 648, 653, 657,
663, 758, 764, 777,77^,779,
795. 799-
Efd. 269.
Ehlert 549, 565.
Eicke 261, 269.
Eidmann 15, 16, 17, 18, 19,
20, 21, 22, 23, 434, 435,
436, 437, 439, 453, 468, 476,
477, 496, 518, 519,520,521,
522, 523, 527, 528, 532, 534,
535> 536, 550, 551,552,554,
555, 556, 558, 560, 566, 584,
593, 594, 608, 632,633,706,
721, 722, 723, 724,758,789.
Eidmann u. Berwig 88, 89.
Ende 260, 269.
Enderlin 322, 325.
Engel, E .0. 523, 524, 529.
Engel, H. 25, 26, 27, 28, 29.
Escherich, G. U. 70, 99.
Escherich, K. 52, 79, 81, 95,
96, 183, 209, 223, 257, 312,
313, 323, 379, 491.505,516,
566, 584, 700, 723, 759.
Escherich u. Baer 171, 295,
379, 419, 706, 759-
Esper 125.
Etzel, V. 323, 327, 379.
Eulefeld 269, 379.
Fahringer 393, 398, 406,411,
413, 415, 417, 520,784,786,
795-
Falck 258, 269.
Fankhauser 178, 179, 189,
191, 209, 233, 234, 237, 269,
379-
Feit 394.
Feytaud, J. 797.
Fischer von Rößlerstamm
125.
Flos 557, 558, 559, 560, 565,
584.
Förtsch 350.
Franz 379.
Frey 125, 189, 209, 277, 379.
Freyer 125.
Friederichs 54, 59, 60, 69,
499, 501, 502, 584, 679.
Friederichs u. Steiner 71,
482, 547, 568, 584.
Frisch, v. 38.
Fritsche 372.
Froehner 93.
Fuchs 312, 322, 323, 325,
379, 440, 446, 448, 453.
Fuchs, Gilb. 717, 723, 759.
Fürst 759.
Fulmek 145, 179, 209, 795.
G.
Galachow 84.
Garthe 584.
Gasow 244, 245, 246, 247,
248, 250, 251, 252,253,254,
255, 258, 259, 260,261,263,
264, 265, 266, 269, 283, 285,
286, 291, 292, 294, 295, 299,
379-
Gebbers 209, 379.
Geiger 55.
Gericke 374, 375, 376, 377,
379-
Gerstäcker 612.
Geyr, v. 706.
Gieseler 584.
Gigglberger 759.
Gillmer 773, 795.
Gintl 236.
Girard 262, 269, 333.
Glaser 81.
Gleisberg 394.
Görnitz 89, 554, 584.
Goffart 262, 269.
Granowsky 84.
Graßmann 183.
Green 170, 209.
Gretsch 584.
Greulich 430.
Grevillius 249, 269.
Großer 260, 269.
Guderian 565.
Güttier 263.
Güttler-Schärfe 87.
Guidon 315.
Guse 237, 269, 584, 759.
Guth 480.
H.
Habermehl 717, 759.
Hänel 533, 534.
Hagen 122.
Hancock 253, 269.
Handlirsch i, 2, 3, 5, 6, 7,
24, loi, 102, 107, 115, 116,
117, 118, 131, 210,422,454,
455, 456, 609, 611, 612.
Harris 500.
Hartig 139, 141, 163, 169,
170, 197, 198, 209, 291, 303,
366, 373, 379, 538, 541, 542,
543, 585, 593, 608, 657, 693,
759-
Hartmann 125, 140, 145, 152,
209, 342, 418.
Harwood 404, 420.
Hase 53, 709, 710, 711, 759.
Hasebroek 35.
Hausendorff 672, 684, 735,
759-
Headlee 69.
Hein 795.
Heinemann 10, loi, 125, 167,
176, 186, 197, 199,209,294,
342, 406.
Heinrich 379.
Hellwig 505, 565, 585.
Hennert 570, 657, 759.
Henschel 359, 393, 773, 795.
Henry 262, 269, 346, 350,
379-
Henseval 387.
Hepp 234, 236, 269.
Hering 14, 31, 32, 36, 37,38,
40, 41, 42, 44, 45, 47, 48,
102, 110, 125, 132, 134, 142,
145, 148, 181, 184, 186, 187,
193, 200, 209, 272,456,611,
612.
Herold 780, 781, 782, 783,
784, 785, 786, 795.
Herrich-Schäffer loi, 294,
311, 342.
Herwig 259, 260, 269.
Heß 473, 585, 596, 608.
Heß-Beck 259, 260, 487.
Hesse 679.
Hesselink 672, 759.
Hey 269.
Heydemann 574.
Autorenreo^ister.
803
Heyden 174, 175, 209.
Heymons 2, 3, 4, 5, loi,
102, HO, 125, 131, 422,426,
454, 455-
Hilf und Wittich 644, 666,
672, 699, 734, 735, 759-
Hintzelmann 709.
Hochhäusler 342, 359, 379.
Hoffmann 795.
Hofmann, Chr. 47.
Hofmann, E. 125.
Holder 97.
Holmers 492, 585.
Holste 374, 375, 432, 453.
Plorväth 330, 331, 332, 333,
379-
Howard 52.
Hübner 125.
Hunter 53.
I.
I. H. 270.
Hse 349, 379.
Imms 9, 16, 34, 113.
Israel 259, 269, 394.
J.
Janisch 53, 56, 61, 69, 479,
485.
Jazentkowski 630, 759.
Jentsch 346, 351, 379.
Joly 269, 274, 276.
Jolyet, A. 798.
Jordan 7, 257.
Jucht 470, 471, 476, 496, 532,
S33, 536, 549, 563, 564, 565,
585.
Judeich 229, 236, 361, 362,
363, 366, 372, 379.
Judeich-Nitsche 625.
junk 125.
K.
Kalandadze 90, 91, 92, 478.
482, 566, 585.
Kaiisch 406.
Kaltenbach 251, 480, 585,
762.
Kamptz 534.
Keller 176, 177, 193, 194,
196, 209, 346, 347,349,379-
Kemner 193, 194, 195, 196,
209, 397, 398, 399,400,401,
405, 408, 409, 410,417,419,
420.
Kennel 125, 211, 212, 214,
215, 220, 224, 225,229,237,
238, 239, 270, 272,301,303,
304, 305, 308, 326,330,333.
334, 339, 340, 341, 342, 353,
354, 358, 361, 377, 799-
Kerner v. Marilaun 38.
Kessel, v. 717, 759.
Kieffer 526.
Kirchner 406.
Kirkpatrick 53, 69.
Kiss 799
Kleine 783, 795-
Klimesch 259, 270.
Knauth 471, 473, 476, 494,
495. 585-
Knoche 63, 79.
Knuth 2.
Kob 637, 643, 656. 657, 759-
Koch 233, 234, 236, 270,312,
318, 326.
Kohli 534.
König 585, 672, 689, 729, 730,
731, 733, 745, 759-
Koppen 262, 270, 326, 379,
724, 759-
Kolster 473, 475, 47^, 487,
536. 537, 585-
Komärek 81, 87, 270, 798.
Komärek u. Breindl 79, 80,
81, 82.
Korb 126.
Korotkich 84.
Kossobuzkij 795.
Krätzl 539, 585.
Kranold 565.
Krauße 152, 209, 241, 270,
298, 423, 424, 425, 602, 603,
609, 624, 706, 759.
Krebel 539, 585, 730, 759.
Krichler 257.
Krieg 250, 251, 263, 270.
Kuhn 620.
Kuhnert 717, 718.
Kujawa, v. 777, 778, 779,
795-
Kunike 40.
Kutter 388, 395.
L.
Lade 129, 130.
Lakon 538, 720.
Lambillon 420.
Lampert 13, 23, 126.
Landmann 364, 366, 379.
Lang_ 585.
Laubinger 270.
Lebert 537, 538, 585.
Lederer 795.
Lehmann 355, 380.
Lehner u. Berwig 666, 668
746.
Lehre 261.
Lemmel 729.
Leythäuser 495, 496, 503
540, 544, 585.
Liebig 679.
Liese 689, 698, 759.
Linker, v. 377.
Linne 460.
Ljungdahl 624, 759.
Loos 169, 170, 190, 191, 192,
209, 380, 534.
Lovink 279.
Lovink en Ritzema Bos 380.
Ludwig 383, 395.
Lüstner 184, 185, 209, 255,
260, 270, 348, 380.
Lynker 260, 270.
M.
Mac Dougall 209.
Malenotti 780.
Mally 84.
Marchai 159.
Marchai et Foex 130.
Marchand 323, 380.
Maresch 327, 380.
Marti 190, 192, 209.
Martini 56.
Mattes 72, 73.
May 585.
Mer 380.
Merck 87, 568.
Methner 491, 585.
Mey 585.
Meyer, E. 619, 625, 626, 627,
628, 630, 636, 637, 638, 640,
643, 647, 655, 658,660,668,
669, 670, 672, 673,677,681,
684, 685, 723, 727,728,736,
738, 743, 745- 760.
Meyer, P. F. 31.
Meyer, R. 568, 585.
Meyerinck 259, 270.
Meyrick 238, 361.
Minkiewiez 795.
Mitterberger 229, 230, 270,
312.
Miyajima 79, 81.
Miyak6 2, 3.
Möller 365, 380.
Mokrzecki 158, 161, 209,621,
760, 792, 794, 795-
Moril 84.
Mühlwenzel 539, 585.
Müller 666, 760.
Müller, K. R. 793, 796.
Müller und Molz 783, 784,
795-
Müller-Thurgau 361.
MüUer-Thurgau, Osterwelder
und Schneider-Orelli 380.
Münch 693.
Mütze 270.
N.
Nägeli 312, 314, 315, 316,
380.
Neblich 203, 204, 209, 377,
380.
51*
804
Nechleba 287, 288, 380, 760.
Necola 262, 270.
Neillie und Houscr 83.
Neumeister 738, 739, 760.
Nitsche 10, 11, 51, 140, 155,
157, 158, 189, 190, 191, 193,
221, 228, 232, 247, 249, 251,
259, 274, 289, 290, 296, 297,
305, 307, 311. 334,346,353'
360, 361, 362, 363, 368, 372,
374, 412, 415, 443,451,452,
470, 471, 472, 474,476,480,
491, 492, 502, 503,515,540,
541, 543, 569, 585,604,610,
611, 612, 618, 637,644,656,
657- 739. 760, 762,771,773,
7^7' 794-
Nördlinger 239, 257, 262,
270. 346, 442, 446.
Nüßlin 140, 205, 206, 274,
276, 294, 662.
Nüßlin-Rhumbler 591, 594,
612, 762, 791.
Oberdieck 746, 759.
Ochsenheimer u. Treitschke
126.
Oehme 420.
Osterhold 539, 585.
Ostreykowna 793, 794, 796-
Otto 257, 261, 270.
Oudemans 684, 760.
P.
Pagenstecher 126.
Paillott 78.
Pantel 712.
Pape 793, 796.
Parfentjew 84.
Pernedes 519.
Petersen 8 ,21.
Petsch 389, 395-
Pfankuch 704.
Pfeffer, Ant. 798, 799.
Pfeil 585, 723, 733.
Pictet 36.
Piercc 53, 59, 60.
Pilvugina, O. 800.
Plat/;97.
Plotnikow 520, 585.
Pomerantzew 310, 380.
Poskin 263, 270.
Pospielow 784, 786, 796.
Praun 200.
Prediger 260, 270, 585, 593.
Prell 37, 79, 80, 81, 312,313,
316, 327, 706, 709,712,713,
714, 715, 760.
Prowazek 79, 80.
Puetter 56.
Autorenregister.
R.
Roethel 539, 585.
Raesfeld, v. 377, 380.
Romanoff 434.
Ragonot 434, 436, 441. 442,
Rosen, v. 201.
446, 448, 453.
Rossikow 783.
Ragusa 420.
Rotberg 766.
Ratzeburg 54, 55, 144, 158,
Rübsaamen 344, 380.
159, 164, 166, 168, 177, 184,
Rühl, Heine u. Bartel 126,
190, 199, 202, 205,206,220,
Ruschka 529.
226, 228, 229, 230, 231, 232,
Ruzicka 82.
233, 234, 235, 236,246,247,
250, 251, 252, 253,258,267,
S, Seh, St.
268, 270, 274, 278, 279, 280,
Saalas Uunio 760.
283, 284, 288, 289, 291, 292,
Sabin- Gus 84.
294. 295, 296, 297,295,302,
Sachtleben 64, 619, 620, 622,
303, 304, 306. 308,310,313,
624, 627, 628, 632, 634, 637,
322. 334, 335, 336,342,343,
638, 640, 644, 645, 647, 648,
346. 347, 348, 350, 358, 359,
656, 657, 658, 660, 673, 677,
361, 362, 363,365,366,367,
698, 702, 703, 704, 705, 706,
368, 369, 370, 371,372,373,
707, 708, 709, 710,711,712,
374, 375, 376, 380,385,386,
715, 716, 717, 729,730,736,
387, 388, 393, 403,406,411,
737, 739, 758, 760.
414, 416, 417, 423,429,430,
Sakharow (S. Ssacharow), M.
434, 440, 442, 445, 447, 448,
800.
453, 462, 469, 473, 474, 476,
Samal 797.
480, 491, 493, 496,5:5, 516,
Sartorius 352, 380.
521, 532, 533, 534,539,541,
Saxesen 168, 597.
542, 545. 570, 575,581,596,
Schaal 145, 210.
597, 599, 606, 607,623,630,
Scheidter 555, 586.
639, 643, 644, 657, 670, 672,
Schering-Kahlbaum 87, 97,
688, 689, 696, 698, 706, 707,
98.
708, 709, 724, 733, 737, 760,
Schernthaner 312, 316, 319,
768, 771, 772, 778,783,787,
327, 380.
789, 790, 794, 795-
Schewyreuw 586, 604, 609.
Reaumur 248, 356.
Schier 363, 367, 380.
Rebel 368, 380, 427.
Schimitschek 306, 380.
Redtenbacher 724.
Schlechtendal, v. 344, 380.
Reh 54, 157, 159, 160, 161,
Schmidt 586.
171, 18S, 196, 197,209,250,
Schnauer 62.
260, 270, 376, 389,419,420,
Schneider 260, 270, 735, 760.
425. 593. 599. 776.
Schneider-Orelli 326, 586,
Reichclt 419.
589, 590, 609.
Reif 608.
Schönbach 236.
Reiß 380, 585.
Schoepf 365, 380.
Reißig 93, 94, 191, 209, 568,
Schöyen 268, 270, 586, 599.
585.^
Schotte 98, 99, 518, 567,586.
Renne 259, 270.
Schreiber 126.
Rennie 262.
Schreiner i 58.
Reume 270.
Schütze 126, 164, 165, 166,
Rhumbler 48, 50, 87, 189,
168, 210, 310, 336,346,368,
481, 516, 547, 548,585,781.
371, 380, 411, 418, 420,434,
Richir 270.
441, 446,448, 449. 453-
Rimsky-Korsakow 231, 270.
Schulz 236, 270.
Ritter 261, 270.
Schulze 234, 397, 403, 404,
Rittmeyer 191, 210.
420, 710, 711, 760.
Ritzema-Bos 278, 279, 280,
Schuster 255, 260, 270, 395.
281, 292, 380, 390,724,760,
Schwangart 158, 210, 255.
796.
Schwerdtfeger 55, 100, 468,
Rockstroh 260.
469, 470, 472, 473, 476, 477,
Rodzianko 380.
478, 479, 482, 483, 486, 487,
Rörig 533.
488, 489, 490, 491,511,516,
Rösel von Rosenhof 251,255,
546, 548, 549, 556, 559, 560,
295, 385, 386.
561, 562, 565, 567, 586, 662.
Äutorenrcgister.
805
Scott 253, 270.
Sedlaczek 263, 364, 367, 381,
687, 724, 725, 738/760.
Sedlaczek u. Kubelka 760.
Seelig 473.
Seeling 534.
Seiff 466, 467, 472, 475,477,
560, 569, 570, 571,572, 573,
586, 619, 638.
Seitner 517, 518, 521, 523,
524- 525, 586.
Seitz 126.
Severin 149, 381.
Shelt'orcl 53, 61, 643.
Sich 248, 270.
Sihler 158, 210.
Silfeniiis 5.
Siltala 4, 5.
Silvestri 244, 246, 253, 254,
255, 266, 267, 271,345,381,
796.
Sindersberger 620, 746.
Sinner 620.
Sinz 66.
Sitowski 398, 420, 520, 586,
707, 760.
Smits van Bürgst 250, 271,
381, 705, 708, 761, 798.
Sorauer 54.
Sorhagen 126, 140, 2:0,411.
Spangenberg, v. 539, 586.
Spessi\tseff 463, 576, 577,
578, 579 ,580, 586.
Speyer 87, 91, 92, 355, 381,
575-
Sprengel 631, 632, 761.
Sproßmann 350, 352, 381.
Spuler 7, IG, II, 15, 24, 25,
33, 39, 102, 126, 128, 132,
139, 143, 144, 145, 147, 153,
162. 172 ,173, 177, 178, 179,
181, 184, 188, 198, 199,200,
201, 202, 203, 204,207,220,
228, 301, 302, 303, 304, 308,
341, 353, 358, 368,411,417,
418, 422, 423, 427,429,454,
456, 460, 471, 529, 574,576,
581, 611, 624, 762,763,768,
776.
Ssacharow (S. Sakharow) 604,
605, 606, 609.
Stainton 30, 132, 144, 210.
Stainton, Zeller, Douglas and
Frey 126.
Stäger 2, 3, 179, 210.
Standfuß 176, 210, 314, 322,
323, 324, 326, 381.
Stange 446, 453.
Staudinger 126. 397, 404,
420, 442, 453.
Siaudinger-Rebel 132, 159,
177, 184, 368, 456, 611.
Stein 715.
Steiner 516, 520, 521, 522,
523, 524, 526, 527, 528, 530,
531- 538, 553, 554, 586.
Stellwaag 32, 89, 93, 152,
210, 271, 390, 593.
Stichel 395.
Stober 39.
Stoltzenberg 266.
Streck 761.
Stschelkanovzeff 605, 609.
Stubenrauch 746, 761.
Süffert und Zocher 13.
T.
Taschenbe
•g I
+6,
239,
250,
255-
Teichmann
549
Terstesse 602.
Theuerkau
f 625, 76
I.
Thiem
589. 591, 592,
593,
595.
609
Thienemann 4,
5-
Thomann
273-
274.
276
293,
294,
312,
313.
314
316,
317,
319-
322,
323,
325,
368, 369,
38..
446.
Tieffenbach 406.
Titsch
ack
36, I
48,
150,
210.
Tomal
a 41
8.
Torgc
359.
360,
381
Tov.nsend
527.
Trägä
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133,
139,
140,
141,
142,
146,
i68.
172
173
174,
175-
179,
180,
185
204
205,
206,
210,
226,
238,
239,
240,
271,
296,
309,
31'
347
374.
375.
2>n,
381,
395
449
453,
470,
498,
503,
520
534
535,
586,
600,
609
Tramr
itz 236, 2
71-
Treitschke
299.
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• 365, 3
81,
619,
689,
690.
691,
692,
693, 694,
696,
718,
719,
720,
730,
749,
758,
761.
Tullgreen
796.
Tutt 1
40,
210.
U.
Uff ein 271
. 590, 609.
Uphot
83.
Ulmei
5-
Uslar,
\-.
350,
352,
381
Uvarow 53
V.
Varendorf 586.
Varrichon 386, 395.
Vetter 746, 761.
Vietinghoff, v. 241, 242,243,
255, 271, 496, 533,658,666,
668, 669, 684, 725,734,738,
761.
Villeneuve 715.
Vitkevitsch 84.
Voelkel 567, 586, 711, 761.
Völker 502, 586.
Völz 89.
Volz 253, 258, 260, 261, 271.
W.
Wachtel 363, 365, 366, 368.
Wachtl 226, 229, 231, 233,
234, 235, 236, 237,271,294,
305, 306, 381, 441, 453.
Wagner 126. 539, 586, 69g,
761.
Wahl 30, 210, 796.
Wahnschaffe 255, 259, 271.
Wallnöfer 496.
Walter 500, 637, 638, 761.
Walther 255, 271.
Wehrli 574.
Weis 619, 740, 743, 744.745,
761.
Wellenstein 723.
Wendt 558, 559, 587.
Werneburg 259, 271, 596.
Werth 142, 143, 210.
Wiese 250, 257, 259, 271,
593. 594, 595, 609.
Wilbrandt 790, 796.
Wild 260, 271.
Wilde 575.
Wilhelm 284, 381.
Williams 69.
Willkomm 220, 221, 271.
Wocke loi, 169, 453.
W^olff 93, 94, 261, 271, 463,
464, 465, 469, 470,471,472,
473, 476, 478, 480, 492, 493,
494, 496, 497, 502, 503, 504,
510, 518, 519, 520,532,537,
538, 544, 545, 548, 549, 550,
555, 557, 560, 565, 587, 594,
609, 655, 656, 672,699,709,
710, 7'i2, 717, 730,731,745,
76i._
\\'olff u. Krauße 114, 122,
346, -^.Tj, 455, 594,628,639,
644, 647, 657, 672, 686, 706,
720, 724, 725, 730, 734, 735,
738, 761.
Wolff, Krauße, Hilf u. Liese
761.
Wood 353, 381.
Woroniecka-Siemaszkowa
767, 796.
Wyschelesskaja 84.
806
Autorenregister.
z.
Zacher 149, 150, 151, 152,
208, 210, 430, 43 i, 453.
Zander 15.
Zarring 84.
Zebe 358, 359, 372.
Zebrasoski 271.
Zebrawski 236.
Zederbauer 63, 497, 587, 670,
761.
Zeller loi, 210, 267.
Zeußner und Märtens 271.
Ziegenmeyer 224.
Ziegler 531, 587.
Zimmermann 83, 192, 210,
783, 796.
Zincken gen. Sommer 453.
Zinke 657, 762.
Zlick 236, 271.
Zukowsky 420.
Zweigelt 63.
Zwierizomb-Zubkow
Zwölfer 61, 69, 71
76, n, 79, 504,
623, 625, 628, 629,
633, 634, 635, 636,
641, 642, 643, 644,
647, 649, 650, 653,
660, 661, 666, 668,
672, 673, 674, 675,
678, 679, 680, 68 r
687, 717, 727, 728,
Ski 599.
, 74, 75,
619, 621,
.630,631,
, 638, 640,
645, 646^
. 656, 659,
669, 670,
676, 677 ,
683, 684,
735, 762.
Sachregister.
Die kleingeschriebenen Wörter bedeuten Artnamen, die hinter diesen Namen stehenden Buchstaben die
Gattung-en. Die mit * bezeichneten Seitenzahlen beziehen sich auf Abbildung-en. Fettgedruckte Zahlen
weisen auf die hauptsächliche Behandlung hin.
Abbrennen der Bodendecke
565.
Abdomen einer Eule 16*.
abdominalis A. 137.
abdominalis M. 254.
abdominator M. 716.
abeillei I. 393.
abiegana Syn. 329.
abietanaA. 215,216, 218, 223.
abietaria E. 460, J.62, 463,
576, 577*, 578*, 579*-
abietella D. 428, 429, 433,
440, 441*, 442*, 443*, 444*-
abietella Ph. 434, 440.
abietella T. 440.
Abkürzungen 122.
Abkürzungen der Zeit-
schriften 124.
Abraxas grossulariata L. 460,
461, 607.
— sylvata Scop. 460, 461,
608.
— ulmaria Hb. 608.
Acalla Hb. 220.
Acalla abietana Hb. 215, 216,
218, 223.
— ferrugana Tr. 215, 219,
220, 221*, 222*.
— hastiana L. 797.
— xylosteana L. 215.
Acanthocinus aedilis L. 699.
Acanthopleona Handl. 108.
aceraria A. 461, 462, 599.
aceris A. 613*, 616, 617, 762,
767, 768*.
aceris N. 138, 143.
Acidaliinae 460.
Acrobasis ZU. 450, 451.
Acrobasis consociella Hb.
428, 429, 450, 451.
— sodalella ZU. 450, 451.
— tumidana Schiff. 428, 429,
450, 451.
— tumidella Zok. 450, 451.
— zelleri Rag. 428, 420, 450,
451, 452*.
Acrolepidao 104.
Acronycta üchsh. 611, 613.
Acronycta aceris L. 613*, 616,
617, 762, 767, 768*.
— alni L. 616, 762, 769.
— auricoma F. 617, 762, 770.
— cuspis Hb. 617, 762, 770.
— leporina L. 616, 762, 768.
— (Craniophora) ligustri F.
762, 770.
— megacephala F. 616, 762,
768.
— psi L. 616, 762, 769.
— tridens Schiff. 616, 762,
769.
Acronyctinae 611, 612.
Actia crassicornis Meig. 255,
290, 300.
— infantula Zett. 300.
— pilipennis Fall. 255, 290,
300, 439, 448.
Aculeate Tineiden iio.
Adela- Arten 138.
Adela Latr. 146.
Adela congruella F. R. 147.
— cuprella Thumb. 135.
— ochsenheimerella Hb. 135,
146*, 147.
— viridella Scop. 135, 147.
Adelidae 103.
Aecidium elatinum 418.
Aegeria F. 398.
Aegeria apiformis Clerk.
403.
Aegeriidae 104, 110,112,114,
117, 395.
aereus var. viridanae M. 254.
aescularia A. 461, 462, 597,
598*, 599*, 605.
aescularia G. 597.
aescularia Ph. G. 597.
aesculi B. 389.
aesculi C. 389.
Ätiologie 51.
Ätiologie d. Gradation (Kie.
Eule) 666.
Ätiologie (Kie. Spanner) 497.
Agaricus melleus 372, 438.
Ageniaspis fuscicollis Thom.
158, 173, 175-
agilis P. 292.
agrotidis S. 785.
Agrotis Ochsh. 611, 614, 776.
Agrotis corticea Hb. 617, 775,
788.
— exclamationis L. 617, 775,
787.
— fumosa Hb. 788.
— nigricans L. 617, 775,788.
— segetum 615*, 617, 618,
775, 780.
— tritici L. 617, 775, 786,
787*.
— valligera W. V. 776.
— vestigialis Rott. 617,618,
775, 776, m*.
Ahorneule 616, 767.
Ahornminiermotte 139.
Ahornmotte 178.
Ahornwickler 215, 238.
albicinctus I. 520.
albidaria ab. B. 465.
albiditarsis M. 703, 708, 716.
albidum L. 254, 292.
albipennis A. 593.
alboannulatus Pt. 703, 711.
Allgemeiner Teil 6.
alnetella N. 143.
alni A. 616, 672, 769.
alniaria E. 461, 462, 603.
alniella L. 136, 184.
alpina var. C. 413.
Alsophila aescularia Schiff.
597.
alternans v. Kolthoffi I.601.
alternans v. petulans G. 601.
alternaria S. 461.
Alucitidae loi,
ambiguella Cl. 215.
Amblyteles fuscipennis
Wesm. 784.
— melanocastaneus L. 784.
— rubroater Rtzb. 703.
— vadatorius Wesm. 784.
ambulans L. 388.
Ammophila sabulosa L. 724.
amoena W. 703, 716.
Amphidasis betularia L. 461,
606, 607*.
808
Sachregister.
amplana L. 216, 219, 354,
357*, 358.
Anatis 723.
Anatis ocellata L. 799.
Anerastiinae 427.
angelicae L. 255.
Angitia chrysosticta Gmel.
181.
— chysosticta Grav. 300.
— nana Grav. 192.
— tenuipes Thoms. 716.
— vestigialis Rtzb. 300.
— virginalis Grav. 192.
Anhang 69.
Anilastus longicornis Brisch.
411.
Anisopterix aceraria Schiff.
461, 462, 599.
— aescularia Schiff. 461, 462,
597, 598*, 599*, 605.
annulata L. 357.
annulata P. 41 1, 413.
annulator I. 520.
Anomalon biguttatum Grav.
516, 520, 523, 525*, 703.
— cerinops Grav. 529.
anthracinus B. y]"] .
Anthrax hottentottus L. 703,
716, 784-
— maurus L. 716.
— morio L. 716, 784.
— paniscLis Rossi 784.
Anthroceriidae 105, 114, 425.
Anthroceroidea Börner 105,
422, 455-
Apanteles albipennis Nees.
593-
— carbonarius Wesm. 593.
— dilectus Hai. 181.
— fuliginosus Wesm. 181.
— glomeratus L. 784.
— immunis Marsh. 520, 593.
— impurus Nees. 181.
— juniperatae Bouche 593.
— octonarius Rtzb. 300.
— ruficornis Nees. 18 t.
Aplelbaumglasf lügler 418.
Apfelwickler 216, 355.
Aphanistes armatus Wesw.
703.
— xanthopus Schrk. 520.
Aphidius inclusus Rtzb. 300.
apiforme Tr. 400, 401, 402,
403, 404*, 405*, 411.
apiformis A. 403.
apiformis S. 403, 416.
Aprileule 617.
aprilina D. 617,618,762,773.
arator Ph. 41 1.
arcenthina A. 137.
Arctia caja 31.
Arctiaemorpha 114, 455.
Arctiidae 107, 112, 113, !I4,
116, 122, 456.
Arctiina 107.
Arctiinae 109.
arcuatus C. 192.
areator H. 254.
Argyresthia-Arten 138.
Argyresthia Hb. 153, 162.
Argyresthia abdominalis L.
137-
— albistria Hw. 138.
— arcenthina ZU. 137.
— certella ZU. 135, 136, 16-^,
166.
^- fundella F. R. 135, 136,
162, 163.
— glabratella ZU. 135, 136,
163, 166.
— goedartella L. 135, 138,
162*, 163, 171.
— illuminatella F. R. 135,
136, 163, 164, 165*, 166.
— laevigatella H. S. 135,
137, 163, 169, 170*.
— praecocella ZU. 137.
- pygmaeella Hb. 13;, 138,
163, 171.
— Zelleriella Htg. 169.
argyropeza N. 135, 142.
Argyroploce Hb. 300.
Argyroploce-Raupe 212*.
Aig)roploce herzvniana Tr.
^i6, 301.
— lacunana Dup. 216, 219,
302.
— variegana Hb. 799.
armatus A. 703.
arrogans PI. 325, 520, 717.
Arvenmotte 176.
Ascogaster rufidens Wesm.
181.
asella H. 424.
asiliformis S. 402, 407.
Aspenbockgallenwickler 216.
Assel Spinner 424.
assimile L. 300.
assimilis Ph. 388.
Asthenia (Hb.) Meyr. 333.
Asthenia pygmaeana Hb. 216,
217, 333, 334*, 335*,
337, 353-
Astiphromma scutellatum
Grav. 716.
— strenuum Holmg. 716.
Ast Spanner 606.
atalantae Th. 254, 300.
atomaria H. 461, 463, 467,
468*, 528, 575.
atricapitella N. 142.
audax P. 593.
Augenstellung einiger Sesien-
raupen 399*.
aulicae E. 71S.
aurantiaria H. 4'^i, i'^_.
aurea L. 290, 398.
auricoma A. 617, 762, 770.
auricularia F. 292.
aurulentella A. 137.
Ausrufungszeichen 787.
B.
Bacillus thuringensis 72.
Bären 109, 456.
Bärenspinner 113.
bajaria H. 461, 462, 597.
Bakterien ( Kie. Spanner 1 537.
Bakterienkrankheiten 72.
Bakterienkrankheiten (Kie.
Eule) 717.
Banchus falcatorius Rtzbg.
520.
— f emoralis Thoms. 703, 707.
basalella N. 143.
basiconus M. 716.
basiguttella N. 142.
Bassus laetatorius F. 799.
Beflugskarte 95*.
Begattung, Eiablage u. Ent-
wicklung (Kie. Eule) 630,
632*, 638*, 639*.
Begattung ( Kie. Spanner ) 473.
Begattungsakt, Der 41.
Beispiel einer Analyse der
Haupt Vernichtungsfak-
toren ff. (Kie. Eule) 727.
Bekämpfung der Sckundär-
schädlinge (Kie. Eule 1745.
Bekämpfung (Kie. Eule) 734.
Bekämpfung (Kie. Spanner)
544-
Bembecia hylaeiformis Lasp.
400, 401, 402, 419.
Bergiella T. 166.
Bestandsschädlinge (Eulen)
618.
betularia A. 461, 606, 607*.
betulicola N. 143.
Beweglichkeit der Raupe
(Kie. Spanner) 491.
bidcntata G. 461, 462, 603.
Bienenschwärmer 403.
biguttatum A. 516, 520, 523,
525*, 703.
bilineatus Th. 411, 413, 417.
bilunaria S. 461, 462, 603.
bilunulatus L 520, 523, 703,
705.
bilunulata E. 576.
bimaculata St. 716.
binderella C. 136. 138, 197.
Bionomie der Puppe (Kie.
Spanner) 494.
Sachregister.
809
Bionomie der Raupe (Kie.
Eule; 643, 645*.
Bionomie der Raupe (Kie.
Spanner) 478.
Bionomie (Kie. Eule) 624.
Bionomie (Kie. Spanner) 468.
Birkengallenwickler 216, 343.
Birkenglasschwärmer,
kleiner 413.
Birkenminicrmotte 128.
Birkenmotte 206.
Birkennestwickler 213, 220.
221*.
Birkenspanner 602.
Birkenspanner, großer 460,
606, 607.
Birkenspinner 109, 113, 456.
biselliella T. 135. 138.
Biston hirtarius Cl. 461, 462,
604, 605.
— hispidarius F. 605.
— pomonarius Hb. 461, 462,
605.
— stratarius Hfn. 605.
Blastodere Bergiella Rtzb.
166.
Blatt-Tütenmotten 136, 177.
Blaues Ordensband 617.
Blaukopf 617, 771.
blaupunktierter Holzbohrer
389.
Blausieb 389.
Boarmia consortaria F. 461,
583, 607.
— crepuscularia Schiff. 461,
468, 583, 607.
— ribeata Cl. 461, 462, 582,
607.
• — secundaria Schiff. 461,
462, 582.
Boarmiinac 460.
Bombycidae loi, 105, 109,
112, 113, 114, 116, 120,
455. 456.
Bombycimorpha 114, 455.
Bombycina 105.
Bombycoidea Börner 105,
455-
Bombyx acsculi L. 389.
— Cossus L. 383.
boreata Ch. 460, 462, 588,
594*.
Borkhausenia- Arten 138.
Borkhausenia Hb. 200, 202.
Borkhausenia cinnamomea
ZU. 136, 203.
— jourdheuillella Rag. 136,
203.
— luctuosella Dup. 136, 203.
— similella Hb. 136, 203.
— stipella L. 136, 202*, 203.
brachypterus ^I. 716.
Bracon anthracinus Nees.
377-
— guttiger Wesm. 192.
Braconidae 254.
brassicariae P. 254.
Braunes Ordensband 617, 775,
790.
braungraue Graseule 787.
Brephidae 106.
brevicornis H. 292.
brevicornis P. 292, 300.
brevipetiolatus M. 709, 716.
Brillenvogel 771.
brischkei E. 300.
Broscus cephalotes L. 784.
brumata Ch. 460, 462, 588,
591*, 592*.
Brust und ihre Anhänge,
Die 9.
Bucculatrigidae 104.
Bucculatrix 134.
Bucheinwickler 216, 357.
Buchenfrostspanner 460, 588.
Buchenkahneulc 616, 765.
Buchenkahnspinner 765.
Buchenmotte 200.
buoliana E. 215, 21S, 272,
283, 285*, 286*, 287*, 288*.
buolianae L. 292.
buoliana G. 283.
buoliana P. 291.
buoliana R. 283.
buoliana T. 283.
buoHanus C. 292.
Bupalus piniarius L. 461,
463, 465*, 466*, 467*, 468*,
472*, 473*, 474*, 475*,
477*, 480*, 492*, 495*.
Abbrennen der Boden-
decke 565.
Ätiologie 497.
Begattung 473.
Bekämpfung 544.
Beweglichkeit der Raupe
491-
Bionomie 468.
Bionomie der Puppe 494.
Bionomie der Raupe 478.
Chemische Mittel 560.
Eiablage und Eient Wick-
lung 473.
Empfindlichkeit der
Raupe 492.
Epidemiologie 497.
Falterflug 469.
Feststellung der Befalls-
stärke 544.
Forstliche Bedeutung 541.
Fortpflanzung 468.
Fraßpflanzen 480.
Geschichte der Spanner-
gradation 538.
Gradationsvirulenz 544.
Hebung des Parasiten-
standes 555.
Krisis 516.
Mechanische Bearbeitung
der Streu 560.
Mykosen und Bakterien
537-
Nahrungsmenge, Stoff-
wechselquotient 482.
Örtlicher Verlauf 504.
Parasiten 516.
Polyederkrankheit 537.
Prognose quoacl \ itam
des Waldes 541.
Puppe 466.
Räuberische Arthropoden
532.
Regenerationserscheinung
512.
Säugetiere 536.
Schlüpfen der Falter 468.
Symptome der Gradation
512.
Vertilgung der Puppen
557-
Vertilgung der Raupen
566.
Vögel 533.
Wann fressen die Raupen?
481.
Zeitlicher Ablauf 510.
Bursa copulatrix 21.
C.
Cacoecia Hb. 223.
Cacoecia histrionana Froel.
215. 217, 228, 229*.
— lecheana L. 215.
— murinana Hb. 215, 218,
230, 231*, 232*, 233*.
— piceana L. 215, 217, 225,
226*, 227*.
— podana Scop. 21s, 219,
224.
— xylosteana L. 219, 224,
225*.
caja A. 31.
calcator H. 520, 523, 524*.
calcator P. 300.
Calluna-Typ 667.
calobata P. 254.
Calocampa Stph. 611, 616.
Calocampa exoleta L. 617,
618. 775, 794.
— vestuta L. 617, 618, 775,
794.
Calosoma inquisitor L. 255,
593-
— sycophanta L. 253, 723,
799- .
Calymnia Hb. 611, 613.
810
Sachregister.
Calymnia trapezina L. 617,
618, 762, 774.
Campoplex intermedius
Rtzb. 254.
— oxyacanthae 520.
— pugillator Grav. 593.
candidatus D. 254.
capitata G. 784.
capreolaria H. 597.
caprimulgana T. 230.
Carabus nemoralis 111. 799.
carbonarius A. 593.
Carcelia excisa Fall. 520.
— rutilla B. B. 520, 527.
Carcina Hb. 200, 202.
Carcina quercana F. 136, 202.
Carpocapsa Tr. 354.
castaneus H. 717.
Catocala Schrk. 611, 616.
Catocala conversa Esp. 762.
— electa Bkh. 762.
— elocata Esp. 617,618,762,
775.
— fraxini L. 617, 618, 762
775.
— fulminea Scop. 617.
— nupta L. 617, 618, 762,
775.
— paranympha L. 617, 618,
762, 775.
— promissa Esp. 617, 618,
762, 775.
— sponsa L. 617, 618, 762,
775.
caudatula N. 799.
Cedestis Hb. 153, 172.
Cedestis gysselinella Dup.
135. 137, 172.
Cemiostomidac 105.
cephiformis S. 399, 402, 417.
ceratoniae M. 428, 452.
cerealella S. 136, 13S, 208.
cerinops A. 529.
Ceromasia 529.
Cerostoma Ltr. 135, 153,177.
Cerostoma parenthesellum L.
135, 137, 177.
certella A. 135, 136, 163,166.
Chalcididae 254.
Chalcis intermedia Nees. 254.
Cheimatobia boreata Hb. 460,
462, 588, 594*.
— brumata L. 460, 462, 588,
591*, 592*.
Chelonus sulcatus Jur. 292.
chemische Bekämpfung mit-
tels Flugzeug od. Motor-
verstäuber, Die 82.
Chemische Mittel 560.
Chesias 581.
Chimabacche ZU. 200.
margi-
203.
, 706.
'• 300.
:i5.
Chimabache fagella F. 136,
137, 200, 201*.
Chloephorinae 611, 612, 616.
chlorana E. 616, 617, 762,
763*, 764*.
chrysosticta A. 181.
chysostica A. 300.
cicatricosa Gl. 254.
Cidaria dilutata 601.
Cimex (Mesoccrus)
natus L. 724.
cincteJlus M. 254.
cinnamomea B. 136,
circumflexum E. 70^
circumscriptus Rh. 325, 601.
Cirrospilus arcuatus Nees.
192.
— pictus Nees. 192.
citrago X. 617, 618, 762, 772.
CladoniaX Calluna-Typ 667.
Cladonia X Hypnum-Typ 667.
CladoniaX Myrtillus-Typ
667.
Cladonia rangiferina 667.
Cladonia-Typ 667.
Clausthaliana T. 301.
claviger L. 325.
Clistopiga incitator F
cloacella T. 135, 138.
Clysia ambiguella Hb
Cnethocampidae 113.
Coccyx 273, 276, 283, 294,
301, 305.307,309-333.358,
372, 374-
Cochlidiidae 105, 112, 113,
114. 422.
Cochlidimorpha 114.
Cochlidion limacodes Hfn.
423, 424*, 425*.
coenobita P. 617.
coeruleocephala D. 615''=, 617,
618. 762, 771.
cognata L. 460.
cognatella H. 135, 159.
Coleophora ZU. 185, 188*.
Coleophoridae 105.
Coleophorinae 134, 136, 185.
Coleophora binderella Koll.
136, 138, 197.
— fuscedinella ZU. 136, 138,
193, 194*, 195*.
— laricella Hb. n6, 137,
188, 189*, 190*.
— lutipennella ZU. 136, 137,
197, 198*.
— milvipennis ZU. 197.
— oritae ZU. 30*.
Coleophora-Sackformen 186,
187*.
Colocasia Ochsh. 611, 613.
Colocasia (Demas) corvli L.
617, 762, 770.
Comedo larvarum L. 254.
— longicornis Th. 254.
comitana G. 345.
comitana Syn. 345.
comitator I. 520, 703.
communis P. 2, 3, 593.
complanella T. 135, 137, 144.
Compsilura concinnata Meig.
255-
concinnata C. 255.
confluens C. 292.
congruella A. 147.
conicolellum H. 428.
coniferana Gr. 371, 447.
coniferana L. 216, 218, 219
355, 371.
coniferana S. 371.
coniferana T. 371.
conopiformis S. 399, 402,
417.
consociella A. 428, 429, 450,
451-
consortaria B. 461, 583, 607.
conversa C. 762.
copiosella O. 137, 176.
coi'acipennella T. 193.
Cordyceps 419.
Cordyceps militaris 389.
coriarius H. 300.
corollana L. 216, 219, 355,
374.
Coronofrenate 114.
corticella T. 152.
corticea A. 617, yj^. 788.
coryli C. 617, 762, 770.
coryphaeus Ph. 254.
cosmophorana Gr. 372.
cosmophorana L. 216, 218,
355, 372, 373*--
cosmophorana S. 372.
cosmophorana T. 372.
Cossidae 104, 108, 110, 112
113, 114, 115, 118, 131,
381, 382*.
Cossus aesculi L. 389.
Cossus B. 383.
cossus C. 382*, 383. 384*,
385*, 386*, 387*, 388*.
Cossus cossus L. 382*, 383,
384*, 385*, 386*, 387*,
388*.
— ligniperda F. 383.
— terebra F. 389.
costella T. 177.
cothurnatus PL 520.
crabro V. 724.
crabroniforme Tr. 402, 411.
Crambinae 427.
Craniophora Snell. 613.
Craniophora ligustri F. 617.
crassicornis A. 255, 290, 300.
Sachregister.
811
crataegella S. 135, 137, 161,
162*.
Cratocryplus Icucopsis Gr.
413-
— var. alpina Strobl. 413.
cremastoides N. 2)11 ■
Cremastus buolianus Curt.
292.
— confluens Grav. 292.
— interruptor Graw 291.
crepuscularia B. 461, 462,
468, 583, 607.
Cronartium ribicolum Dietr.
V-
Cryptus dianac Gra^^ 520,
■716, 717.
— poecilops Krchb. 593.
pseudonymus Tschck. 406.
— spinosus Grav. 717.
culiciformis S. 399, 401, 402,
413, 414*. 4iV*.
cuprella A. 135.
cupreus Pt. 254.
curtisellus P. 13;. 138, 154,
155*.
cuspis A. 617, 762, 770.
Cymatophoridae 107, 113,
1 16, 1 19, 456.
Cymolomia Led. 303.
Cymolomia harti^iana Rtzb.
216, 217, 303, '304*.
Cyml^idae 114.
cynipitormis S. 402, 416.
Dachslosuni^ mit Spanner-
pu].i>cn ;37*.
daemcm l'l. ^jo.
Dasys(-\pha calycina Fuck.
360.
Dasychira pudibunda L. 31.
Dauer der Raupenlebens 46.
decidua T. 135, 145.
decipiens M. 709.
defoliaria H. 461, 463, 595,
_5q6*.
Deilinia pusaria L. 460, 462,
602.
Demas Stph. 611, 613.
deplanatus Pt. 254.
Depressaria parilella ZU.
30*.
derivator \ar. 1. 528.
dentipes M. 254.
Diadromus candidatus Gr.
254.
dianac C. 520, 716, 717.
Dichunia Hb. 611, 614.
Dichonia aprilina L. 617,
618, 762, 773.
Dickköpfe 110.
Dickkopffaller 112. 436.
difformis O. 254, 292.
Digonochaeta setipcnnis Fall.
448.
dilectus A. 181.
Diloba Stph. 611, 615.
Diloba coeruleocephala L.
615*, 617, 618, 762, 771.
diluta P. 300.
dilulata C. 601.
dilutata L. 460, 462, 599.
dineana E. (E.St.) 798.
diniana G. 311.
diniana S. 216, 217, 2 19,311,
314*, 315*, 317*, 318*,
319*, 320*, 321*.
Dinctes exareolatus Rtzb.
325-
Dioryctria ZU. 432.
Dioryctria abietella Schiff.
428, 429, 433, 440, 441*,
442*, 443*, 444*.
— mendacella Stgr. 428, 433,
449, 450*.
— pineae Stgr. 428, 433, 449,
450*.
— Schützeella Fuchs. 428,
429, 433, 448, 449*-
— splendidella H. S. 428,
429. 433, 434, 437*, 438*,
439*-
— syhcstrella Rtzb. 433.
Dirhicnus 704.
Dischüchaeta evonymellae
Rtzb. 254.
dissimilis I. 520.
Ditrysia Börner 10^.
dodecclla G. 204.^
dodecella H. 136, 137, 204,
206*.
dodecella T. 204.-
Dörrobstmade, kupferfarbige
430.
dorsana T. 361.
Dreizackcueule 616.
Drepanidae 107, 112, 113,
114, 116, 121, 456.
dubia L. 254.
Duftorgane 39.
Duftschuppen, männliche
40*.
Dunkelbrauner Fichten-
rindenvvickler 216, 370.
duplana E. 215, 218, 272,
273, 275*, 276*.
duplana G. 273.
duplana R. 273.
duplana T. 273.
duplicana Gr. 370.
duplicana L. 216, 217, 219,
370.
duplicana T. 370.
Dusturan 88.
Dycedestis Spul. 154, 172.
Dycedestis farinatella Dup.
135, 137, 173.
Earias Hb. 612.
Earias chlorana L. 762.
Earias (Halias) chlorana L.
613*, 616, 617, 762, 763*,
764*.
Echinomyia magnicornis
Zett. 703, 715.
Echte Motten 112, 135.
Echte Spinner 456.
ecksteini P. 421*.
Ehlertsche Moosegge 565.
Ei 35.
Eiablage 42.
Eiablage und Entwicklung
( Kie. Spanner ) 473.
Eialalage ( Kie. Eule i 630.
Eichelwickler 216, 243, 356.
Eicheneule, graue 617, 770.
Eichenkarmin, kleines 617.
Eichenkarmin, mittleres 617.
Eichenknospenmotte 197.
Eichenmehltau 258.
Eichenmotte, grüne 243.
Eichenrindeimiiniermotte
181, 182*, 183*.
Eichentriebmottc 203.
Eichentriebzünsler 451.
Eichenwickler, grüner 215,
243.
Eigentliche Eulen 611.
Einfluß der Temperatur u.
Luftfeuchtigkeit 61*.
Elachistus leucogramma
Rott. 411.
— obscuripes Rtzb. 254.
Elasmus sp. 393.
electa C. 762.
electella G. 136, 199.
Ellopia fasciaria Schiff . 569.
— prosapiaria L. 461, 463,
468, 569, 570*, 571*, 572*.
— var. prasinaria Hb. 461.
elocata C. 617, 618, 762.
elutella E. 428, 429.
elutella Ph. 429.
Empfindlichkeit der Raupe
( Kie. Spanner ) 492.
Empusa aulicae Reich. 718,
721*.
Enantioneura 113, 455.
Enarmonia (Epinotia, Stega-
noptycha) diniana Gn.
(pinicolana Z. ) 79S.
Enclerus sp. 393.
Endotrichinae 427.
Endromididae 109, 112, 113,
1 16. 120, 456.
812
Sachregister.
Enicospilus merdarius Grav.
703, 706.
— ramidulus L. 703, 706,
707*.
Ennomos alniaria L. 461,
462, 603.
— erosaria Schiff. 461, 603.
— lituraria L. 574.
— quercaria Hb. 461, 462,
603.
— quercinaria Hfn. 461,462,
602.
Entedon geniculatus Htg.
300.
— lactus Rtzb. 192.
— laricinella Rtzb. 192.
— turionum Htg. 279, 292.
Entomophthora radicans Br.
531-
Entwicklung (Kie.Eule) 630.
Entwiciclungstempcratur-
kurve 56*.
Ephestia Gn. 429.
Ephestia elutella Hb. 428, 429.
Ephialtes brischkei D. T. 300.
— glabratus Rtzb. 377.
— manifestator L. 413.
— strobilorum Rtzb. 300.
— tuberculatus Fousor. 413.
Ephyra (Codonia) pendu-
laria Cl. 460, 462, 607.
Ephvra punctaria L. 460,
462.
Epiblema Hb. 341.
Epiblema focuella L. 341*.
— frutetana Hb. 341, 343.
— mitterpachcriana Tr. 344.
— nigricana II. S. 165, 216,
218, 341, 342, 34.3*.
— penkleriana F. R. 216,
219, 341, 344.
— proximana H. S. 216, 218,
341, 353.
— tedclla Cl. 216, 217, 341,
345, 346*, 347*, 34^*, 349*-
— tetraquetrana FIw. 145,
216, 219, 341, 343.
Epibleminac 215, 271, 272*,
Epidemiologie 51.
Epidemiologie (Kie.Eule)
658.
Epidemiologie (KieSpanner)
497-
Epinotia Hb. 304.
Epinotia diniana Gu. 311.
— nanana Tr. 309.
— Ralzcburgiana Rlzb. 307.
— rufiinitrana H. S. 305.
Epipasrhiinac 427.
Erbseneule 617, 775, 789.
Erdeule, graue 617.
Erdschneckenmotte 423.
Eriocephalidae 112.
Eriocrania sparmanella Bosc.
128.
Eriocraniidae 103, 114.
Eriocraniinae 127, 128.
Eriocranioidea Börner 103.
Erlenblütenmotle 171.
Erleneule 616.
Erlenglasschwärmcr 411.
Ernährung, Die 37, 42.
Ernestia rudis Fall. 703, 712,
713*, 714*, 715*.
Eruptionsstadium 51.
erosaria E. 461, 462, 603.
Erycinidae 106.
Eschenzwieselwickler 215,
224.
Etiella zinkenella Tr. 799.
Eubadizon e.Ktensor L. 254.
— leptücephalus Htg. 291,
Eudora 715.
Eucloromvia Bezzi 715.
Eulan 15Ö.
Eulen 10 1, HO, ii^, 455,
456, 609.
Eulen an Laubholz 762.
Eulenartige 109.
Eupithecia abietaria Goeze
460, 462, 463, 576, 577*,
578*, 579*-
— bilunulata Zett. 576.
— indigata Hb. 460, 461, 582.
— lanceata Hb. 460, 461,
582.
— lariciata Freyer 460, 461,
582.
— pini Retz. 576.
— pusillata Schiff. 460,461,
582.
— strobilata Hb. 460, 462,
463, 576, 577*, 578*, 579*-
— togata Hb. 576.
Euplocamidae 104.
Eustaintonia Spul. 198.
Eustaintonia pinicolclla Dup.
136, 198, 207.
Eutelus tibialis Wlk. 254.
Eutrichocnemis 136, 181.
Euxoa segetum Schiff. 780.
evanescens T. 520, 526, 703,
709, 710*.
Evetria Hb. 272.
Evetria buoliana Schiff. 215,
218, 283, 28;
iW% 287*,
288*, 797.
— duplana Hb. 215, 218,
273, 275*, 276*, 278*.
— margarotana H. S. 216,
219,'" 294.
— pinivorana ZU. 2t6, 218,
293.
Exelria posticana Zett. 216,
218, 293.
— resinella L. 216, 218, 294,
295*, 297*.
— retiferana Wocke 216,
2)8, 294.
— svlvestrana Curt. 216,218,
293.
— - turionana Hb. 215, 218,
276, 277*, 280*, 281.
evonymella H. 135, 159.
evonymellae D. 255.
Exaereta ulmi Schiff. 605.
examinator P. 192, 291, 440,
603.
exareolatus D. 325.
excisa C. 520.
exclamationis A. 617, 775,
787.
Exochilum circumflcxum L.
703, 706.
Exochus giobulipes Desv.
254.
exoleta C. 617, 618, 775,
794.
extensor E. 254.
fabricator I. 520, 593, 703.
fagata O. 594.
fagella Ch. 136, 137, 200,
201*.
fagilanclana L. 357.
faginella L. 136, 1^,7, 184,
183*.
falcatorius B. 520.
P^alterflug (Kie.Eule) 628.
Falterflug ( Kie. Spanner )
469.
farinatella D. 135, 137, 173.
farinosa I. 720.
fasciata G. 716.
fauna Z. 388.
Federmotten loi, 108, 113
454.
femoralis B. 703, 707.
lerrugana A. 215, 219, 220,
221*, 222*.
Feststellung cl. Befallsstärke
(Kie.Eule) 734.
Feststellung d. Befalh stärke
(Kie. Spanner) 544.
Fichtcnknospenmollen 166.
Fichtennadelmarkwicklcr
216, 309.
kleiner 333,
Fichtennaclclmark Wickler,
Ficht ennaclcl Wickler, großer
216, 301.
Fichtenncstwickler 216, 345.
Fichtenrindenwicklcr 2 1 6,
361.
Sachregister.
813
Fichtcnrindenwickler,
dunkelbrauner 216, 370.
Fichtentriebwickler 215, 228.
Fichtenwickler,
pabclbindiger 2 1 6.
Fichtenwickler, rostroter 2 1 6,
307.
Ficlitcnw icklcr, ziegcn-
mclk.rt\irl)i-er 228.
Fichlcn/aptVn Wickler 216,
374.
Fichtenzapfen-Zünsler 440.
Fidonia piniaria L. 463.
filipendulae Z. 426.
finibriana P. 216, 219, 377.
flammea F. 614*, 617, 619,
620*, 621*, 622*. 623*,
624*, 625*.
flavicans P. 254.
flavicornis L. 4*, 5.
flavicoxis P. 254.
flavipes P. 254.
flavolineata Gl. 254, 292.
Fliedermotte 179, 180*.
Flugzeiten des Kie. Spanners
u. seiner Parasiten 530*.
Flugzeugmethode 83, 85*.
focuella E. 341*.
Forficula auricularia L. 292.
Fori- oder Kieferneule 617,
619.
formicaeformis S. 399, 402,
409, 410*.
Formica gagates Latr. 255.
Formica rufa L. 532, 721.
forskaleana T. 215, 219, 238,
239*, 240.
Forstesturmit 87.
Forstliche Bedeutung der
Eulengradation 728, 733.
Forstliche Bedeutung der
Schmetterlinge 50.
Forstliche Bedeutung (Kie.
Spanner) 541.
Fortpflanzung (Kie. Eule 1
62a.
Fortpflanzung (Kie. Spanner)
468.
Fransenmotten 136, 198.
Fraßpflanzen (Kie. Spanner)
480.
iraxini C. 617, 618, 762.
Frenatae Comstock 107, 112,
114.
Frostspanner 587.
Frostspanner, gemeiner 460
588.
Frostspanner, großer 461.
Frostspanner, kleine 588.
Frostspanner, orangegelber
461, 597.
frutctnna E. 341, 343.
fugax P. 255.
fuliginosus A. 181.
fulminea C. 617.
fulvata G. 581.
fulvata Ph. 581.
fumosa A. 788.
fundclla A. 135, 136, 162,
163.
luscedinella C. 136, 138,193.
fuscicollis A. 158, 173, 175.
fuscipennis A. 784.
fuscipennis M. 520.
fuscipunctella T. 152.
Gabelbindig. Fichten wickler
216.
Gabeleule 617.
gagates F. 255.
Galleriinae 427.
gallicolana P. 216, 219.
Gambrus ornatus Grav. 411.
Gammaeule 617, 791.
gamma PL 617, 775, 791,
792*, 793*.
ganz grüner Eichenwickler
243.
Gebändert er Kiefernspanner
569.
Geistchen loi, 108, 112, 454.
Gelbes Ordensband 617.
Gelechia ZU. 200, 207.
Gelechia dodecella L. 204.
— electella ZU. 136, 199,
207.
Gelechiiclae 105.
Gelechiinae 134, 136, 199.
Gelechioidea Börner, 105,
131-
Gelis alternans Thubg. v.
petulans Forst. 601.
Gelis instabilis 601.
Gemeine Markeule 617, 772.
Gemeiner Frostspanner 460,
588.
Gemeiner Kiefernspanner
461. 463.
gemella St. 136, 137, 203.
geniculatus E. 300.
Genitalapparat, männlicher
Genitalapparat, weiblicher
18*.
Genitalsegmente einer Eule
17*.
Geographische Verbreitung
(Kie. Eule) 624.
Geometra (Anisoptervx) aes-
cularia Schiff. 593.
Geometra (Anisoptervx 1, Al-
sophilai aescularia Schiff.
593.
Geometra (Bupalusj piniaria
L. 463.
Geometra (Bupalus, Fido-
nia) piniaria L. 463.
Geometra fulvata F. 581.
— lituraria L. 574.
— liturata Cl. 574.
— papilionaria L. 31, 460,
462, 607.
Geometracmorpha 114, 455.
Geometridae 101, 106, iio,
112, 113, 114, 116, 120,
455- 456, 457, 458*, 459*.
Geometrinae 460.
Geschichte der Eulengrada-
tion 728.
Geschichte der Spannergra-
dationen 538.
Geschlechtsleben, Das 39.
Geselligkeitstrieb 46.
Gespinstmotten, 135, 137,
156.
Gespinströhren 46.
Gesundheitszustand der
Puppen 549, 550*, 552^^
Getreidceule 786.
Gift, Das 87.
gilva L. 724.
glabratella A. 125, 135, 136,
163, 166, 167*.
glabratus E. 377.
gladiator M. 388.
Glandulae sebaceae 23.
Glasflügler 108, 112.
Glasschwärmer 395.
glivina S. 398.
globulipes Ex. 254.
glomeratus A. 784.
Glucken 109, 113, 456.
Glyphipterygidae 104.
Glypta cicatricosa Rtzb. 254.
— flavolineata Grav. 254
292.
— incisa Grav. 300.
— longicauda Htg. 520.
— resinanae Htg. 279, 280,
300.
— tenuicornis Thoms. 300.
goedartella A. 135, 138, 163,
171.
Gonia capitata Deg. 784.
— fasciata Meig. 716.
— ornata Mg. 780.
Gonodontis Hb. 603.
Gonodontis bidentata Cl.
461, 462, 603.
Gonopterinae 611.
Gortyna Ochsh. 611, 615.
Gortvna ochracea Hb. 617,
6l8. 762, 772.
Gracilaria ZU. 178.
814
Sachregister.
Gracilaria rufipenclla Hb.
136, 138, 178.
— simDloniella F. R. 136,
137; 181, 182*, 183*.
— svringella F. J36, 138,
179, 180*.
Gracilariidae 104.
Gracilariinae 134, 135, 136
177.
Gracilarioidea Börner 104
131-
Gradationskarte des Eichen
Wicklers 260*, 261*.
Gradationskarte der Kie
Eule 732*, 72,3*-
Gradationskarte d. Kiefern
Spanners 498*, 499, 511*
Gradationskarte 52*, 53*.
Gradationsvirulenz (Kie.
Spanner; 544.
Grallit 88.
graminella P. 254, 300.
grandis Ph. 5.
granella T. n5, 138.
Grapholitha tr. 354.
Grapholitha buoliana Schiff.
283.
— comitana W. V. 345.
— coniferana Rtzb. 371,447.
— diniana Gu. 311,
— duplana Hb. 273,
— duplicana Zett. 370,
— hartigiana Rtzb. 303.
— herzyniana Tr. 301.
— nanana Kühl. 309.
— nigricana H. Seh. 342.
— pactolana Kuhlm. 361.
— pinicolana ZU. 311.
— pygmaeana Hb. 333.
— rufimitrana H. S. 305.
— strobilella L. 374.
— tedella Clerck. 345.
— lurionana Hb. 276.
— zebeana Rtzb. 358.
Graseule 617.
Graseule, braungraue 787.
Graue Eicheneule 617, 770.
Graue Erdeule 617.
Grauer Lärchenwickler 216,
311.
griseovariegata N. 619.
Großer Birkenspanner 460,
606, 607.
Großer Fichtennadel wickler
216, 301.
Großer Frostspanner 461.
Großer Pappelglasflügler
403.
Große Schildmotte 423.
Großkopf 616.
grossana L. 216. 2iq, 354,
357.
Großschmetterlinge 101,112,
115, 455.
grossulariata A. 460, 462,
607.
Grüne Eichenmotte 243..
Grüner Eichenwickler 215,
243.
Giüner Tannenwickler 230.
grunertiana L. 216, 219, 354,
368.
Grünwickler 243.
Grypocera 116, 456.
Grypoceromorpha 114, 456.
guttala Pt. 300.
guttiger B. 192.
Gymnosporangium 418.
gysselinella C. 135, 137, 172.
H.
Habritys brevicornis Rtzb.
292.'
Häutung 46.
Hagebuttenspanner 461, 6C4.
hageniella T. 429.
Halias Tr. 612.
Halias chlorana L. 762.
Halias (Earias) chlorana L.
762.
Halvzia 723.
Harlekin 607.
Harmoncopoda 112.
hartigiana C. 216, 217, 303,
304*.
hartigiana G. 303.
hartigiana T. 303.
Harzl)culcnzünsler 434.
Harzzünsler 434.
Haselnußknospenwickler
216.
Haselnußwickler 216, 344,
358.
hastata L. 460, 462, 607.
hastiana A. 797.
Hebung des Parasitenstandes
(Kie. Spanner) 555.
hecta H. 130.
Heidekrautspanner 461, 595.
Heidelbeerwickler 328.
Heliozelidae 103.
Helops 723, 724*.
Hematurga atomaria L. 461,
463, 467, 468*, 528, 575.
Hemiteles 716.
Hemiteles areator Pz. 254.
— castaneus Taschb. 717.
— coriarius Taschb. 300.
— ornata Brisch. 411.
— pulchelus Grav. 192.
— scabriusculus Th. 254.
Hepialidae 107, 110, 112, 113,
114, 115, 116, 127, 129.
Hepialus hecta L. 130.
— humuli L. 129, 130*, 131*.
— lupulinus F. 130.
Hepioloidea Börner 103.
Heringia Spul. 200, 204.
Heringia dodecella L. 136,
137, 204, 206*.
Herpestomus xanthops Gr.
38S.
Hercynia 87.
herzyniana A. 216, 301.
herzyniana G. 301.
herzyniana Syn. 345.
herzyniana T. 301, 345.
Hesperidina 106.
Hesperiidac 106, iio, 112,
113, 114, 116, 117, 455,
456.
Hesperioidea Walk. iio.
Heterocera 113, 455.
Heterogenea asella Schiff.
424.
Heterogynidae 105.
Hetcroneura 113.
lleteropelma calcator 520,
523, 524*.
Heumotte 429.
Hibernia aurantiaria Esp.
461, 462, 597.
— bajaria Schiff. 461, 462,
597.
— capreolaria Esp. 597.
— defoliaria Cl. 461, 462,
595, 596*.
— leucophaearia Schiff. 461,
462, 597.
— marginaria Bkh. 461, 462,
597.
— progemmaria Hb. 597.
Himbeer-Glasflügler 419.
Himeria pennaria L. 461,
462, 604.
Hinterleib, Der 13.
hirtarius B. 461, 462, 604,
605.
hispidarius B. 605.
Hister fimetarius Hrbst. 784.
— quadrimaculatus L. 784.
histrionana C. 215, 217, 228,
229*
histrionana T. 228, 230.
Hohlnadelwickler 345.
Holzbohrer 108, 112.
Holzbohrer, blaupunklierter
389.
Homoneura 113.
Hornissenschwärmer 403.
honoraria M. 461.
Hopfeneule 617.
Hopfenwurzelspinner 129.
Sachregister.
815
hortorum L. 300.
hottentottus A. 703, 716, 784.
Hühnereintrieb 559.
Hühnereintrieb (Kie.Eule)
738.
humuli H. 129, 130*, 131*.
Hydrocampinae 427.
Hydropsyche 5.
Hygrostat 71*.
hylaeiformis B. 400,401,402,
419.
Hylophila Hb. 612.
Hylophila (Halias) prasi-
nana L. 616, 617, 762,
765, 766*.
Hypena Schrk. 616.
Hypena rostralis L. 616, 617.
Hypenidae 107.
Hypeninae 611, 612, 616,617.
Hypenini 61 1.
H vperparasiten Kie.Eule )
716.
Hyphantidium 431.
Hyphantidium conicolcllum
Comst. 428, 432.
— terebrellum Zink. 428,
432.
Hypnum-Schreberi-Typ 667.
Hyponomeuta-Arten 137.
Hyponomeuta Ltr. 153, 156.
Hvponomeuta cognatella Hb.
135. 157*, 159.
— evonvmella L. ns, 159,
160.
— malinella ZU. 135, 159.
— padella L. 135, iS7*, 159.
— padi ZU. 160.
— variabilis ZU. 135, 159.
Hyponomeutinae 134, 135,
152.
hyrciniana Syn. 345.
I.
Ichneumon abeillei Berth.
393-
— albicinctus Grav. 520.
• — annulator F. 520.
— bilunulatus Grav. 520,
523, 703, 705.
— comitator L. 520, 703.
— dissimilis Grav. 520.
— fabricator F. 520, 593,
703-
— locutor Thunb. 520.
— nigritarius Grav. 519, 520,
521, 522*, 523*, 575, 703,
705, 716.
— pachymerus Rtzb. 520,
523, 703, 704, 705*.
— piccator Thunb. 716.
— procerus Grav. 520.
Ichneumon pusillator Grav.
388.
— ruficeps Grav. 520.
— sanguinatorius Grav. -j-jT)-
— sicarius Grav. 520.
Ichneumonidae 254.
illuminatella A. 135,136,163,
164, 165*, 166.
illutana L. 216, 217, 219,
377.
Imago 6.
immaculana var. Wachtl. 230.
immunis A. 520, 593.
impressor Th. 411, 413.
impressus T. 279.
impurus A. 181.
incerta T. 617, 618, 702,774.
incisa G. 300.
incitator Gl. 300.
inclusus A. 300.
Incurvaria Hw. 145.
Incurvaria koernerniella ZU.
135, 138, 146.
— muscalella F. 135, 137,
146.
— pectinea Hw. 146.
— tenuicornis Stt. 146.
Incurvariidae 103.
Incurvariinae 135, 145.
indigata E. 460, 461, 582.
infantula A. 300.
inquisitor C. 255, 593.
inquisitor P. 254, 291, 300,
440.
instabilis G. 601.
instabilis P. 292.
instigator P. 254, 520.
integrator T. 300.
intericus M. 593.
intermedia Ch. 254.
intermedius C. 254.
interpunctella P. 428, 430.
interruptor C. 291.
interstitialis Rh. 300.
irisorius S. 417.
Isaria farinosa Fries. 720,
721*.
ischiomelinus Ph. 799.
Itoplectis alternans var.
Kollhof fi Auriv. 601.
Johannisbeer-Glasf lügler 419.
jourdheuillella B. 136, 203.
Judeichiella C. 135.
Judeichiella T. 177.
Jugalae Comstock 107, 112,
114, 115, 127.
juliana P. 216, 219, 358, 377.
juniperata L. 460, 461, 581.
juniperatae A. 593.
K.
Kahneichenwickler 243.
Kahnspinner 762.
Kakaomotte 429.
Kiefernbeulenwickler 216,
372.
Kieferneule 617, 619.
Kiefernharzgallenwickler
216, 294.
Kiefernknospentriebmotte
204.
Kiefernknospentriebwickler
215. 283.
Kiefernknospenwickler 215,
276.
Kiefernmotte 434.
Kiefernnadelmotte 174.
Kiefernnadelwickler 2 1 v 225.
Kiefernquirlwickler 273.
Kiefernsaateule 617, 776.
Kiefernsämlingswicklcr 239.
Kiefernsamenmotte 429.
Kiefernsamenzünsler 429,
Kiefernspanner, gebänderter
569.
Kiefernspanner, gemeiner
461, 463.
Kiefernspanner, roter 569.
Kiefernspanner, veilgrauer
_ 461, 574.
Kieferntriebwickler 215,273,
283.
Kittdrüsen 23.
Klammerfüße 24.
Kleidermotte 148, 149*.
KleinerBirkenglasschwärmer
413.
Kleiner Fichtennadelmark-
wickler 333.
Kleiner Pappelschwärmer
407.
Kleiner Weidenglas-
schwärmer 409.
Kleines Eichenkarmin 617
Kleinflügel- Motten loi.
Kleinschmetterlinge loi, iio
ri2, 115, 127.
Kleinster Fichtennadelmark
Wickler 309.
Klima als auslösender Fak
tor (Kie. Eulengradation
670.
Klima u. Eimortalität (Kie
Eule) 674.
Klima u. Eiproduktion (Kie
Eule) 673.
Klima u. Raupenmortalität
(Kie.Eule) 677.
Klimogramme 63*.
Klosterfrau 617.
Köcherfliege i, 3.
816
Sachregister.
Köcherformen 4*.
koerneriella I. 135, 138, 146.
Kombinationen von Tempe-
ratur u. Luftfeuchtigkeit
59*-
Kopf einer Eulenraupe 25*.
Kopf und seine Anhänge,
Der 6.
Korkmotte 138, 151.
Kotfang 547*.
Kotkurven (Kie. Spanner)
556*, 561* 562*.
Kotsammeiapparat 548*.
Krankheiten (Kie.Eule) 717.
Kranoldscher Streurechen
564*, 565.
Kranztüße 24.
Krisis 51.
Krisis (Kie.Eule) 70 j.
Krisis ( Kie. Spanner ) 516.
Kritischer Stadium (Kie.
Eule 1 679.
Kulturschädlinge (Eulen)
775.
Kupferfarbige Dörrobstmade
430.
Kurztriebbüschel 696, 6g8*.
699*-
Labialpalpen 27*.
Labrorhynchus nigricornis
Wesm. 254.
Labrum-Formen 28*.
La chape verte 243.
lactus E. 192.
lacunana A. 216, 219, 302.
Lärchengallenwickler 358.
Lärchenkrankheit 189.
Lärchenminiermotte 188,
189*, 190*.
Lärchennadelwickler 216,
339.
Lärchenrindenwickler 216,
358.
Lärchentriebmotte 169.
Lärchenwickler, grauer 216,
311.
laetatorius B. 799.
laevigatella A. 135, 137, 163,
169, 170*.
Lamachus lophyrorum Htg.
520.
Lampronota melancholica
Grav. 292.
lanceata E. 460, 461, 582.
lanceolator O. 254.
lantanella L. 185.
Laphria gilva L. 724.
laphriaeformis S. 406.
Larentia cognata Thunb. 460,
461.
Larentia dilutata Bkh. 460,
462, 599, 600*.
— hastata L. 460, 462, 607.
— juniperata L. 460, 461,
581.
— variata Schiff. 460, 461,
581.
— var. obeliscata fib. 460,
461, 581.
Larentiinae 460.
laricana T. 216, 219, 339,
340*.
laricella C. 136, 137, 188,
189*, 190*.
laricella T. 188.
lariciana Tm. 339.
lariciata E. 460, 461, 582.
laricinella T. 188.
laricinellae E. 192.
laricinellae Pt. 192.
larvarum C. 254.
lasci\us Ph. 799.
Lasiocampidae 105, 109, 112,
113, 114, 116, 121, 456.
Lasiocampina 113.
Laspeyresia ( IIb. ) Kenn.
354.
Laspeyresia amplana Hb.
216, 219, 354, 357*, 358.
— annulata Htg. 357.
— (Carpocapsa) pomonella
L. 216, 219, 354, 355.
— coniferana Rtzb. 216,218,
219, 355, 371, 372*.
— corollana Hb. 216, 219,
354- 374.
— cosmophorana Tr. 216,
218, 354, 372, 373*.
— duplicana Zett. 216, 217,
219. 355, 370.
— fagiglandana ZU. 357.
— grossana H\v. 216, 219,
354, 357.
— grunerliana Rtzb. 216,
219, 354, 368.
— illutana H. S. 216, 217,
219, 377.
— pactolana ZU. 216, 217,
354, 361, 362*, 363*, 364*,
365*. 367*-
— splendana Hb. 216, 219,
354, 356.
— splendana Rtzb. 357.
— strobilella L. 216, 217,
354. 374, 375*> 376*.
— var. putaminana Stgr. 216,
219, 354, 355.
— var. reaumureana Hvv. 216,
219, 354, 357.
— zebeana Rtzb. 216, 219,
354, 358, 359*.
Laubholzspanner 587.
La verte 243.
Lebensweise der Falter 35.
Lebensweise der Raupe 42.
Lebensweise der Schmetter-
linge 35.
lecheana C. 215.
leeuwenhoekella P. 136, 199.
Lemoniidae 106.
Lepidoptera i, 6.
Lepidopteren-Autoren 122.
Lepiclopteroiclea i.
leporina A. 616, 762, 768.
Leptis scolopacea L. 724.
leptocephalus E. 291.
Leptocryptus claviger
Taschenbrg. 325.
Leskia aurea Fall. 290, 398.
leucogramma E. 411.
leucophaearia H. 461, 462,
597.
leucopsis C. 41 3.
libatrix Z. 520,^ 528.
ligniperda C. 383.
ligniperdae St. (X.) 388.
Ligustereule 617.
ligustri A. 770.
ligustri C. 617, 762, 770.
limacodes C. 423, 424'^, 425*.
Limacodidae 108, iii, 112,
155, 119, 131, 422.
Limnerium albiclum Gm.
254, 292.
— assimile Grav. 300.
— lineolatum Bche. 292.
— ramidulum Brischke 300.
— spectabile D. T. 593.
— turionum Htg. 292, 325.
— unicinctum Grav. 593.
Limnophilus flavicorms F.
4*. 5.
— rhombicus L. 4*, 5.
— viltalus F. 4*.
linearis P. 292, 300.
lineolatum L. 292.
Liparidinae iio.
liscivus Ph. 325.
Lissonota buolianae Htg. 2.^2.
— dubia Hlmgr. 254.
— hortorum Grav. 300.
— nigra Brischke 292, 413.
— parallela Grav. 300.
— robusta Rtzb. 292.
— Sternalis Costa 254.
— variabilis Ilolmgr. 300.
Literatur „Die Kieferneule"
758.
Literatur über Cossiden 394.
Literatur über Eulen I 758.
Literatur über Lepidoptercn,
Allgemeine 125.
Sachregister.
817
Literatur über Nadelholz-
spanner 583.
Literatur über Sesiiden 419.
Literatur über Tineiden 208.
Literatur über Tortriciden 1
268.
Literatur über Tortriciden II
Literatur über Trichopteren 5.
Lithocollctis-Arten 137.
Lithocollctis ZU. 135, 183.
Lithocollctis alniella .ZU.
136. 184.
— faginclla ZU. n6, n7,
184, 185*.
— lanlanella Schrk. 185.
— millieriella Stgr. 185.
— platani ZU. 136, 185.
— quercifoliella ZU. 184.
— salictella ZU. 184.
— spinicolella ZU. 184.
Lithomastix truncatella
Dalm. 393.
Lithosiidae 114.
lituraria E. 574.
lituraria G. 574.
lituraria Ph. 574.
liturata G. 574.
liturata M. 574.
liturata S. 461, 463, 468,
574.
locutor I. 520.
loefflingiana T. 215, 219,
266. ^
longicauda G. 520.
longicornis A. 41 1.
longicornis C. 254.
lophyrorum L. 520.
Lozotaenia H. S. 230.
luctuosella B. 136, 203.
lunaria S. 461, 462, 603.
lunaris Ps. 617, 775, 790.
lupulinus H. 130.
luridus T. 724.
luteella N. 143.
luteus O. 411.
lutipennella C. 136, 137, 197,
198*.
Lycaenidae 106, 113, 114.
Lydella ambulans Rond.388.
— angelicae Meig. 255.
— nigripes Fall 520, 527,
529> 599-
Lymantriiclae 107, 112, 113,
114, 116, 122, 456.
Lypusidae 104.
M.
Macaria liturata Gl. 574.
Macrocentrus abdominalis F.
254.
Escherich, Forstinsekten.
Macrocentrus marginator
Nees. 41 1, 413, 415.
— nitidulator Nees. 413.
— thoracicus Nees. 254.
Macrofrenatae Handl. 109,
112, 116, 455, 456, 457.
Macrolepicloptera 112, 115,
455.
Macrolepidopteren loi, ;i5.
maculata PI. 255.
inaculator P. 254, 300.
maculosa N. 255.
Magdalis frontalis Gyll. 699.
niagnicornis E. 703, 715.
malinella H. 135, 159.
Mamestra Tr. 611, 613.
Mamestra pisi L. 614''', Ü17,
618, 775, 789.
Mandibeln 26*.
manifestator E. 413.
margaritata M. 461, 462,
607.
margarotana E. 216, 219,
294.
marginaria H. 461, 402,397.
marginata R. 529.
marginator M. 411, 413,415.
marginatus C. 724.
marginicolella N. 143.
Markeule, gemeine 617, 772.
marmorata S. 799.
maurus A. 716.
Mechanische Bearbeitung d.
Streu 560.
Mechanische Bearbeitung d.
Streu (Kie.Eule) 738.
megacephala A. 616, 762,
768.
megaspermum T. 785.
Melamspora cerastii Schrot.
370.
melancholica L. 292.
melanocastaneus A. 784.
melanocephala Tr. 402, 406.
mendacella D. 428, 433, 449,
450*.
Meniscus setosus Frcr. 388.
merdarius E. 703, 706.
Meritol 87.
Mesochorus brevipetiolatus
Rtzb. 709, 716.
Mesostenus gladiator Scop.
388.
Meteorus albiditarsis Gurt.
703, 708, 716.
— cinctellus Nees. 254.
— ictericus Nees. 593.
— pallidus Nees. 593.
— pulchricornis Wesm. 593.
Methodik 69.
Metopius fuscipennis Wesm.
520.
Bd. III.
Metrocampa margaritata L.
461, 462, 607.
— honoraria Schiff. 461.
Microcyptus basiconus Grav.
716.
— micropterus Grav. 799.
Microdus pumilus Rtzb. 192.
— rufipes Nees. 254.
Microfrenatae 112, 115, 127,
131.
Microlepidoptera iio, 115,
127.
Microlepidopteren loi, 115.
Microplitis decipiens 709.
— seurati Marsh. 784.
Micropterygidae loi, 103,
107, IIO, 112, 113, 114,
115, 116, 127.
Micropteryginae 127.
Micropterygoidea Börner
103.
micropterus M. 799.
Micropteryx Hb. 128..
Micros loi.
Mikrosporidienkrankheit en
73.
millieriella L. 185.
milvipennis C. 197.
Minier sackmotten 135, 145.
mitterpacheriana E. 344.
Mittleres Eichenkarmin 617.
Moderholzeule 617, 794.
Momphidae 105.
Momphinae 134, 136, 198.
Monodontomerus aereus v.
viridanae Mayr. 254.
— clentipes Boh. 254.
Monopidae 104.
Monotrysia Börner 102, 131.
Mordraupeneule 617.
niorio A. 716, 784.
Morphologie u. Anatomie 6.
Motorpulvei verstäuber
„Platz" 96*.
Motorpulververstäuber
,,Sulfia" 97*.
Motor- und Handverstäuber
96.
Motorverstäubcr-Schering-
Kahlbaum 98*.
Motten loi, 108, 131.
Mottenartige 108.
Mottenraupen zwei 30*.
mucronatus P. 300.
mughiana var. E. 277.
Multipler Thcrmohygrostat
70.
Mundwerkzeugplatte einer
Raupe 26*.
Mundwerkzeuge vcrsch. Rau-
pen 29*.
52
818
Sachregister.
murinana C. 215, 218, 230,
231*, 232*, 233*.
murinana T. 230.
muscalella I. 135, 137, 146.
Muscina stabulans Fall. 784.
mutatella var. D. 440.
Mycosen (Kie.Eule) 718.
Mycosen (Kie. Spanner) 537.
Myelois Hb. 452.
Myelois ceratoniae ZU. 428,
452.
Myelophilus minor Htg. 544,
699- 745-
— piniperda L. 544, 699, 745.
mvopiformis S. 399, 401,402,
418.
N.
Nachtpfauenauge 113.
Nadelholz-Eulen 618.
Nadelholz-Spanner 463.
Nadelholzwickler, schwarzer
216, 371.
Nahrungsmenge
(Kie. Spanner) 482.
Nahrung, Verdauung (Kie.
Eule) 653.
nana A. 192.
nanana E. 309.
nanana G. 309.
nanana S. 199, 207, 216, 217,
309, 353-
nanana T. 309.
Nectria cucurbitula Fr. 366.
Nemeritis caudatula Thoms.
799-
— cremastoides Hgn. 377.
nemoralis C. 799.
Nemorilla maculosa Meig.
255-
Nepticula ZU. 139.
Nepticula-Arten 137, 138.
Nepticula-Blattminen 143*.
Nepticulidae 103.
Nepticulinae 134, 135, 138.
Nepticula aceris Frey. 138,
143.
— alnetella Stt. 143.
— argyropeza ZU. 135, 142.
— atricapitella Hw. 142.
— basigutella Hein. 142.
— basalella H. S.143.
— betulicola Stt. 143.
— lutecella Stt. 143.
— marginicolella Stt. 143.
— quinquella Bedell 142.
— rubescens Hein. 143.
— ruficapitella Hw. 142.
— Salicis Stt. 142.
— sericopeza ZU. 135, 138,
139, 140*, 141*.
Nepticula subbimaculata Hw,
142.
— trimaculella Hw. 142.
— turbidella ZU. 142.
— turicella H. S. 143.
— ulmivora Fologue 143.
— vimineticola Frey. 142.
nigra L. 292, 413.
nigricana E. 165, 216, 218,
341, 342, 343*.
nigricana G. 342.
nigricana T. 342.
nigricans A. 617, 775, 788.
nigricaria ab. B. 465.
nigricornis L. 254.
nigricornis P. 784.
nigricella Steph. 193.
nigripes L. 520, 527, 529.
nigriscaposa P. 254.
nigritarius I. 519, 520, 521,
522*, 523*, 575, 703, 705,
716.
nigrocyaneus PI. 520.
nitidiventris Ph. 255.
nitidulator M. 413.
nivea P. 203.
Noctua (Agrotis ) clavis Rott.
780.
— (Agrotis) segetis F. 780.
— (Agrotis) segetum Schiff .
780.
— (Agrotis) vestigialis Rott.
776.
— (Mamestra) pisi L. 789.
— (Panolis) griseovariegata
Goeze 619-
— (Panolis, Trachea) pmi-
perda Pz. 619.
^ pini Vill. 619.
— satellitia L. 788.
— segetum Schiff. 780.
— spreta F. 619.
~- telifera Payk. 619.
— (Trachea) piniperda Esp.
619.
— valligera W. V. 776.
Noctuae chloephoridae 762.
Noctuaemorpha 114, 455.
Noctuidae loi, 107, 109, 112,
113, 114, 116, 122, 455,
456, 609.
Noctuina 107.
Noctuinae iio, 114, 611.
Noctuinae bombyciformes
611.
— genuinae 611.
— geometriformis 611.
Noctuini 611.
Noctuoidea Börner 107.
Noctuoidea 455.
Nolidac 107.
nomadaeformis S. 402, 409,
417.
Nosema apis Zander 74.
— bombycis Näg. 74.
notata S. 461, 462, 607.
Notodontidae 107, 109, 112,
113, 114, 116, 120, 456.
Notodontinae 114.
nucum P. 254.
Nudifrenatae 114.
nupta C. 617, 618, 762.
Nutzen und Schaden der
Schmetterlinge 50.
Nycteolidae 107, 114.
Nymphalidae 106, 113, 114.
O.
V. obiliscata L. 460.
obscuratur O. 291, 300.
obscuripes E. 254.
obscurus O. 411.
obscurus Ph. 325.
Obstmade 355.
ocellata A. 799.
ochracea G. 617, 61S, 762,
772.
ochsenheimerella A. 135,147.
Ochsenheimeriidae 104.
Ocnerostoma ZU. 154, 173.
Ocnerostoma copiosella Frey
176.
— piniariella ZU. 135, 137,
173,. 174.
octonarius A. 300.
Oenophilidae 104.
Örtlicher Verlaut (Kie.
Eulengradation) 683.
Örtlicher Verlauf (Kie.
Spannergradation) 504.
Olethreutes Hb. 300, 301.
Oligoneura 115.
Omorgus difformis Gm. 254,
292.
— tumidulus Grav. 192.
Oncophanes lanceolator
Nees. 254.
Oophthora (Pentharthron)
semblitis Aur. 784.
Operophthora fagata
Scharfb. 592.
Ophion luteus L. 411.
— obscurus L. 411.
Opisthoneura 113, 455.
Orangegelber Frostspanner
461, 597.
orbilatus PI. 520.
orbitalis P. 291, 300.
Ordensband, blaues 617.
Ordensband, braunes 617,
775, 790.
Ordensband, gelbes 617.
Ordensband, rotes 617.
Sachregister
819
Organisation d. Bekämpfung
einer Eulengradation 746,
753*-
Orgilus obscurator Nees. 291,
300.
ornata H. 411.
ornatus G. 411.
Orneodes Ltr. 454.
Orneodidae 105, 108, in,
112, 113, 114, 115, 117,
131, 454.
Ornix 135, 188.
oritae C. 30*.
orthogonia P. 783.
Orthostixmae 460.
Orthotelidae 104.
Ovarien und ihre Austuhr-
gänge, Die 17.
Ovarien (Typen) 20*.
oxyacanthae C. 520.
pachvmerus I. 520, 52^,703,
7Ö4, 705*.
pactolana Gr. 361.
pactolana L. 216, 217, 354,
361, 362*, 363*, 364*, 365*,
367*.
pactolana S. 361.
pactolana T. 361.
padella H. 135,159.
padi H. 160.
Paedisca 342.
Pales pavida Meig.255.
pallidipes T. 325.
pallidus M. 593.
Palpenmotten 136.
Palpus maxillaris 27*.
Pammene Hb. 377.
Pammene gallicolana ZU.
216, 219.
— fmibriana Hw. 216, 219,
377.
— juliana Curt. 216. 219, 358,
— splendidulana Gu. 377.
Pancalia leeuwenhockella L.
136, 199.
Pandemis Hb. 237.
Pandemis ribeana Hb. 215,
216, 218, 237.
Paniscus testaceus Grav. 409.
paniscus A. 784.
Panolis Hb. 611, 614.
Panolis flammea Schiff.
614*, 617, 619, 620*, 621*,
622*, 623*, 624*, 625*.
Ätiologie der Gradation
666.
Begattung 630.
Beispiel einer Analyse
der Hauptvernichtungs-
faktoren 727.
Bekämpfung 734.
Bekämpfung der Sekan-
därschädlinge 745.
Bionomie 624.
Bionomie der Raupe 643.
Ei 620.
Eiablage und Eientwick-
lung 630.
Epidemiologie 658.
Falter 620.
Falterflug 628.
Feststellung der Befalls-
stärke (Virulenz) 734.
Forstliche Bedeutung t^-})-
Fortpflanzung 624.
Geographische Verbrei-
tung 624.
Geschichte 728.
Kannibalismus 656.
Klima als auslösender
Faktor 670.
Klima und Eimortalität
Klima und Eiproduktion
673-
Klima und Raupenmorta-
lität 674.
Klimatische Einflüsse
670.
Krankheiten 717.
Krisis 701.
Kritisches Stadium 679.
Mechanische Bearbeitung
der Streu 738.
Nahrung 653.
Nahrungspflanzen 655.
Örtlicher Verlauf 683.
Organisation d. Bekämp-
fung einer Eulengra-
dation 746.
Parasiten 702.
Puppe 623.
Räuberische Tiere 721.
Raupe 621.
Regenerationserscheinun-
gen und Prognose 689.
Schlüpfen der Falter 624.
Symptome der Eulengra-
dation 685.
Verdauung 653.
Verpuppung 657.
Vertilgung der Eier "jy].
Vertilgung der Puppen
Vertilgung der Raupen
739-
Vorbeugende Maßnahmen
736.
Zeitlicher Ablauf der
Gradation 682.
Zwölfersche Populations-
gleichung 658.
Panorpa i*.
Panorpa communis L. 2, 3,
593-
Panorpatae 1.
Panthea Hb. 611, 613.
Panthea coenobita Esp. 617.
Panzeria 712.
Pappelgiasflügler, großer
403.
Pappelordensband 617.
Pappelschwärmer, kleiner
407
papilionaria G. 31, 460, 462,
607.
Papilionidea Börner 106,
HO, 113, 114, 116, 117,
455. 456.
Papilionina 106.
parallela L. 300.
paranympha C. 617, 618,762.
parasitella T. 152.
Parasiten (Kie. Eulei 702,
703*.
Parasiten (Kie. Spanner ) 516
Parasitenreihe der Kiefern-
eule 704.
parenthesellum C. 135, 177.
parilella D. 30*.
pavida P 255.
pectinea J. 146.
pedaria Ph. 461, 462, 600*,
605.
Pedes coronati 24.
Pedes semicoronati 24.
Pelatachina tibialis Fall.398.
Peletieria nigrocornis Meig.
784.
pelionella T. 135, 138.
Pelzmotte 138, 151.
pendularia E. 460, 462, 607.
penkleriana E. 216, 219, -^41,
344.
pennaria H. 461, 462, 604.
Pentatoma rufipes L. 724.
Penthina 301.
Peridermium pini Willk.372,
418, 437, 447.
— strobi 372, 436.
Perilampus levifrons Dalm.
292.
— tristis Mayr. 292.
Perosis annulata Brisch. 411,
413-
perspicillator PL 529.
Pezomachus agilis F. 292.
— audax Forst. 593.
— instabilis Forst. 292.
— rusticus Forst. 254.
Peziza Willkommii 360.
52*
820
Sachregister.
Pfauenspinner 456.
Pfeileule 616.
Phaenolobus arator Rossi
411.
Phaeogenes ischiomelinus
Gray. 799.
— lascivus Wesm. 323, 799.
— Stirn ulator Gr. 254.
Phalaena fulvata F. 581.
— Geometra (Fidonia) pim-
aria L. 463.
— lituraria L. 574.
Phaloniinae 215, 271.
Ph. B. (Cabera) pusaria L.
602.
Ph. G. r Fidonia) aescularia
Schiff. 597.
Phigalia pedaria F. 461, 462,
600*, 605.
Phorocera assimilis Fall. 388.
Phryganea grandis L. 5.
Phryxe yulgaris Fall. 290,
716.
Phycis abietella Zck. 434,
440.
— elutella Hb. 429.
— splendidella H. S. 434.
sylvestrella Rtzb. 434.
— tumidella Zck. 451.
Phycitinae 427.
Phygadenon 716.
Phygadenon brumatae Rdw.
'593-
Phyllocnistidae 104.
Phytodiaetus coryphaeus Gr.
254.
— polygonius Forst. 254.
— segmentator Gr. 254.
Phytodistes obscurus Dew.
325-
Phytomyptera nitidi\entris
Rond. 255.
piccator J. 716.
piceana C. 215, 217, 218,
225, 226*, 227*.
piceana Syn. 345.
piceana T. 225.
pictipes P. 254.
pictus C. 192.
Pieridae 106, 113, 114.
pilipennis A. 255, 290, 300,
439,- 448.
Pimpla brassicariae Poda
254.
— brevicornis Gray. 292,
300.
— buoliana Htg. 291.
— calobata Gr. 254.
— diluta Rtzb. 300.
— examinator F. 192, 254,
291, 440, 603, 799.
Pimpla flavicoxis Th. 234.
— flayicans L. 254.
— flavipes Gr. 254.
— graminellae Schrk. 254,
300.
— Inquisitor Sc. 234, 291,
300, 440.
— instigator F. 254, 320.
— linearis Rtzb. 292, 300.
— maculator F. 234, 300.
— nigriscaposa Th. 254.
— nucum Rtzb. 234.
— orbitalis Rtzb. 291, 300.
— pictipes Gr. 234.
— punctulata Rtzb. 300.
— quadridentata Th. 254.
— resinellae L. 300.
— roborator L. 411, 413.
— ruf ata Gm. 234.
— ruficollis Gr. 291, 292,
300.
— • sagax Htg. 291.
— scanica Gr. 254.
— terebrans Rtzb. 300.
— turionellae L. 192, 234,
291, 529.
— yariegata Rtzb. 291, 300.
pineae D. 428, 433, 449,
430*.
pinetana Syn. 343.
pinetata Ph. 581.
pini E. 376.
pini N. 619.
piniaria F. 463.
piniaria G. 463.
piniaria Ph. 463.
piniariella O. 133, 137, 173,
174.
piniarius B. 461, 463, 463*,
466*, 467*, 468*,472*,473*,
474*, 473*, 477*, 480*.
pinicolana E. 798.
pinicolana G. 311.
pinicolana T. 311.
pinicolana yar. E. 283.
pinicolella E. 136, 198, 207.
piniperda N. 619.
piniperda P. 619.
piniperda Tr. 619.
piniyorana E. 216, 218, 293.
Pinselbüschel 696.
pisi M. 614*, 617, 618, 773,
789.
pisi N. 789.
Pissodes notatus F. 699.
— piniphilus Hbst. 544,699.
planatus Sc. 292.
platani L. 136, 185.
Platygaster mucronalusRtzb.
300.
Platvlabus cothurnaLus Gray.
— claemon Wesm. 320.
— nigrocyaneus Gray. 320.
— orbilatus Gray. 520.
— yibicariae Krchb. 520.
platyptera R. 329.
Plectocryptus 716.
Plectocryptus arrogans Grav.
323, 520, 717.
— perspicillator Gray. 329.
Plesina maculata Fall. 253.
Plistophora schubergi Zwöl-
fer 74, 73*, 76*, ^T^.
Plodia interpunctella Hb.
428, 430.
Plusia Ochsh. 611, 616.
Plusia gamma L. 617, 618,
775, 791, 792*, 793*.
Plusiini 611.
podana C. 213, 219, 224.
podana T. 224.
Poecilia nivea Hw. 203.
poecilops C. 593.
Polia pisi L. 789.
politana T. 213, 218, 239,
242-^, 243*.
Polyblastus calcator ]\Iüll.
300.
Polyederkrankheiten 78, 80*.
Polyederkrankheit (Kie.
Spanner) 337.
polygonius Ph. 234.
Polyneura 115.
Polysphincta yelata Htg. 320.
pomonana T. 355.
pomonarius B. 461, 462,603.
pomonella L. 216, 219, 334,
355.
Porosagrotis orthogonia
Morr. 783.
Posthornbildung 288, 289*,
291*.
posticana E. 216, 218. 293.
praecocella A. 137.
prasinana H. 616, 617, 762,
765, 766*.
V. prasinaria E. 461, 569.
Prays Hb. 133, 154.
Prays curtisellus Dup. 133,
.138, 154, 153*.
Pristomerus yulnerator Pz.
291.
procerus J. 320.
Prodromalstadium 31.
progemmaria H. 597.
Prognose quoad vitam d.
Waldes (Kie. Spanner)
341.
promissa C. 617, 618, 762.
prosapiaria E. 461, 463,468,
569, 370*, 372*, 373*-
Prosopaea fugax Rond. 233.
Proterandrie 37.
Sachresrister.
821
Protogynie 37.
proximana E. 216, 218, 341,
353.
proximella T. 136, 138,206.
Proxus sesiae Phocs. 411.
Prozessionsspinner 113.
pseudonymus C. 406.
Pseudophia Gn. 616.
Pseudophia lunaris 617, 618,
775. 790.
psi A. 616, 762, 769.
Psyche ecksteini Led. 421*.
— (Pachytelia) unicolor L.
421*. '
— viciella Schiff. 422*.
Psycheoidea Börner 104.
Psychidae 104, 108, 110,112,
113, 114, 115, 118, 131,
420.
Psychina 113.
Pteromalus alboannulatus
Rtzb. 703, 711.
— cupreus Nees. 254.
— deplanatus Nees. 254.
— guttala Rtzb. 300.
— laricinellae Rtzb. 192.
— roborator F. 292.
— variabilis Rtzb. 292.
Pterophoridac loi, 105, 108,
111, 113, 114, 115, 117,
131, 454.
pugillator C. 593.
pudibunda D. 31.
pulchelus H. 192.
pulchicornis M. 593.
pulverulenta T. 617, 618,
762, 774.
pumilus M. 192.
punctaria E. 460, 462.
punctulata P. 300.
Puppe 32, 33*, 34*.
Puppe ( Kie. Spanner ) 466.
Puppenmykosen (Kie. Eule)
720.
pusaria D. 460, 462, 602.
pusaria Ph. B. 602.
pusillata E. 460, 461, 582.
pusiHator J. 388.
putaminana L. 216, 219, 354,
355.
pygmaeana A. 216, 217, 333,
334*, 335*, 337*, 353-
pygmaeana G. 333.
pygmaeana T. 333.
pvgmaeella A. 135, 138, 163,
171.
Pyralidae 10 1, 106, 108, 11 1,
112, 113, 114, 115, 118,
131, 426.
Pyralidina Meyr. 108, 113.
Pyralimorpha 1 14.
P\ ralina 106.
Pyralinae 427.
Pyraloidea Börner 106.
Pyraustinae 427.
pyrina Z. 383, 389, 390*,
391*, 392*, 393*.
Qu.
quadriclentata P. 254.
Quadrifinae 611, 612, 616,
6.7.
quadripunctata S. 255, 593.
quercana C. 136, 202.
quercaria E. 603.
quercifoliella L. 184.
quercicolella T. 152.
quercinaria E. 461, 462,602.
quinquella N. 142.
Quirlrosetten 696.
R.
Rabenfederchen 193.
Räuberische Arthropoden
(Kie. Spanner) 532.
Räuberische Tiere (Kie. Eule)
721.
ramidulum L. 300.
ramidulus E. 703, 706,707*.
Ramphomia marginata 529.
Ramphomia platyptera Fall.
529.
ratzeburgiana S. 216, 217,
307, 308*.
Raupe 23.
Raupenbeine 24*.
Raupenkot 43*.
Raupenkrankheiten 71.
Raupenmvkose (Kie. Eule)
718.
reaumureana L. 216,219,354,
357.
Receptaculum seminis 22.
Regenerationserscheinungen
u. Prognose quoad vitam
d. Waldes (Kie.Eule) 689,
690*, 691*, 692*, 693*,
696*.
Regenerationserscheinung
(Kie. Spanner ) 512.
resinana T. 294.
resinanae G. 279, 280, 300.
resinella E. 216, 218, 272,
294, 295*. 297*.
resinella T 294.
resinellae P. 300.
resinellae Z. 300.
retiferana E. 216, 218, 294.
Retinia Gu. 272.
Retinia buoliana W. V. 283.
— duplana 273.
— resinella L. 294.
— turionana Hb. 276.
Reussiella T. 204.
Rhogas circumscriptus Nees.
325, 601.
— interstitialis Rtzb. 300.
rhombicus L. 4*. 5.
Rhopalocera loi, 106, iio,
112, 113, 116, 455, 456.
Rhopaloceromorpha 1 14, 456.
Rhumbler' sehe Bioformel 48.
Rhvacia vestigialis Roit.
776.
Rhyacionia Hb. 272.
ribeana P. 215, 216, 21 8,237.
ribeata B. 461, 582, 607.
roborator Pt. 292, 411, 413.
robusta L. 292.
roscanae Z. 255.
Roßkastanienbohrer 389.
Roßkastanieneule 767.
Roßkastanien- Frostspanner
597.
Roßkast. -Winterspanner 461.
rostralis H. 616, 617.
Rostroter Fichtenwickler 216,
307.
Roter Kiefernspanner 569.
Rotes Ordensband 617.
Rotköpfiger Tannenwickler
216, 305.
rubescens N. 143.
rubroater A. 703.
rudis E. 703, 712, 7n*.7i4*,
715-
rufa F. 532, 721.
rufata P. 254.
ruficapitella N. 142.
ruficeps J. 520.
ruficollis P. 291, 292, 300.
ruf icornis A. 1 8 1 .
ruficlens A. 181.
rufimitrana E. 305.
rufimitrana G. 305.
rufimitrana S. 216, 218, 305,
306*, 307*.
rufimitrana T. 305.
rufipenella G. 136, 138, 178.
rufipes M. 254.
rufipes P. 724.
rusticus P. 254.
rutilla C. 520, 527.
S.
sabulosa A. 724.
Sackspinner 112.
Sackträger 108, 420.
Sackträgermotten 136.
Säugetiere (Kie.Eule) 726.
sagax P. 291.
sagax S. 300.
Salebria marmorata Alph.
799-
Salicis N. 142.
822
Sachregister
salictella L. 184.
sanguinatorius J. 773.
Sarrothripinae 611.
satellitia N. 788.
satellitium S. 617, 618,775,
788.
Saturniidae 106, 112, 113,
114, 116, 119, 456.
Satyridae 114.
scaber T. 703, 708, 716.
scabiosae Z. 426.
scabriusculus H. 254.
Scambus 291.
Scambus planatus Htg. 292.
Scambus sagax Htg. 300.
scanica P. 254.
Schematische Darstellung d.
Wicklerfraßes 292*.
Schildmotte 423.
Schildmotte, große 423.
Schildmotten 112, 422.
Schlaffsucht 72.
Schleheneule 617.
Schleusenmotte 151.
Schlüpfen, Das 35.
Schlüpfen der Falter (Kie.
Spanner) 468.
Schlupfwespen (Kie. Eule)
704.
Schmetterlinge 1.
Schmidtella P. 199.
Schnabelhafte 1.
Schopf stirnmotten 135, 143.
Schützeella D. 428, 429, 433,
448, 449-
Schuppenformen 13*.
Schwärmer loi, 109, 113,
455- 456.
Schwarzer N adelholz wickler
216, 371.
Schwarzküpfigcr Tannen-
wickler 230.
Schweineeintrieb 557, 558*.
Schweineeintrieb (Kie. Eule 1
738,
Sciaphila 303.
Sciapteron Stgr. 398.
Sciapteron tabaniforme Rott.
400, 402, 407, 408.
Scoleoptergynae 611.
scoliaeformis S. 416.
scoliiformis S. 399, 401,402,
416.
scolopacea L. 724.
Scopariinae 427.
Scopelosoma Curt. 611, 615.
Scopelosoma satellitium L.
617, 618, 788.
Scorpionsfliege 2.
Scorpionshaft 2.
scutellatum A. 716.
Scythridiidae 105.
Scythropia Hb. 153, 161.
Scythropia crataegella L.
'135, 137, 161, 162*.
secundaria B. 461, 582.
segetis N. 780.
segetum A. 615*, 617, 618,
775, 780.
segetum E. 780.
segetum N. 780.
segmentator Ph. 254.
Sekundäre Geschlechtsmerk-
male cl. Raupen 32.
Selenia Hb. 603.
Selenia bilunaria Esp. 461,
462, 603.
— lunaria Schiff. 461, 462,
603.
— tetralunaria Plfn. 461,
462, 603.
Semasia Kenn. 304.
Semasia conifcrana Rtzb. 371.
— cosmophorana Tr. 372.
— diniana Gu. 216, 217,219,
311, 314* ,315*, 317*, 318*,
319*, 320*, 321*, 798.
— nanana Tr. 199, 207, 216,
217, 309, 353-
— pactolana ZU. 361.
— ratzeburgiana (Sax.) Rtzb.
216, 217,^307, 308*.
— rufimitrana H. S. 216,
218, 305, 306*, 307*.
— strobilata L. 374,
— subsequana Hw. 216, 218,
329, 330*, 331*.
— vacciniana ZU. 216, 219,
328, 329*-
— zebeana Rtzb. 358.
semblitis O. 784.
Semicoronofrenate 114.
Semiothisa alternaria Hb.
461.
— liturata Cl. 461, 463, 468,
574.
~ notata L. 461, 462, 606.
— signaria Hb. 461, 582.
sericopeza N. 135, 138, 139.
Sesia F. 398, 399.
Sesia apiformis L. 403.
— asiliformis Rott. 402, 407,
416.
— - cephiformis Ochsh. 399,
402, 417.
— conopiformis Esp. 402,
417.
— culiciformis L. 401, 402,
413, 414*, 415*-
— cvnipiformis Esp. 402,
416.
— formicaeformis Esp. 402,
409, 410*.
— laphriaeformis Hb. 406.
Sesia myopiformis Bkh. 401,
402, 418.
— nomadaeformis Lasp. 402,
409, 417.
— scoliaeformis Lasp. 416.
— scoliiformis Bkh. .^01,
402, 416.
— spheciformis Grn. 401,
402, 411, 412*, 413*.
— sphegiformis F. 411.
— tabaniformis Rott. 407.
— tipuliformis Cl. 401, 402,
419.
— vespiformis L. 402, 416.
sesiae P. 41 1.
Sesiaphaga glivina Rond. 398.
Sesiidae 104, 108, 112, 113,
115, 117, 131, 395, 396*,
397*, 398*.
sesinanae T. 300.
seurati M. 784.
setipennis D. 448.
setosus M. 388.
Sexualorgane, weibliche 15.
sicarius I. 520.
Sichelf lügler 113.
Sichelspinner 456.
signaria S. 461, 582.
Silesia-Kalziumarseniat 87.
Silpha quadripunctata L
255, 593-
similella B. 136, 203.
simploniella G. 136, 137,18!
182*, 183*.
Sitotroga Hein. 200, 208.
Sitotroga cerealella Oliv
136, 138, 208.
sodalella A. 450, 451.
Sorosporella agrotidis Saro
kin 785.
Spanner loi, 110, 113, 455
456, 457, 458*, 459*.
Spannerartige Eulen 611.
Spannerfraß 513*, 514*, 5 15*
516*, 517*.
Spannergradation i. d. Ober
pfalz 508, 509.
Spanner in der Oberpfalz
der 506*, 507*.
sparmanella E. 128.
spectabile L. 593.
Spezieller Teil 127.
Spicaria cossus Petsch. 389.
spinicolella L. 184.
Spinner loi, 109, 113,455,456.
Spinnerartige Eulen 611.
Spinnereule 770.
spinosus C. 717.
Spießbildungen (Kie. Eule)
688*.
Spießbildung bei Spanner-
fraß 518*.
Sachregister
823
spheciformis S. 399, 401, 402,
411, 412*, 413*.
sphcgiformis 411.
Sphingidac loi, 106, 109,
112, 113, 114, 116. 119,
455- 456.
Sphingidina 106.
Sphingimorpha 1 14, 456.
splendana L. 216, 219, 354,
356.
splendidella D. 428,429,433,
434, 437*, 438*, 439*- '
splendidella Ph. 434.
splendidulana P. 377.
sponsa C. 617, 618, 762.
spreta N. 619.
stabulans N. 784.
Stachelbecrspanner 460, 607.
Stadien der Raupen 32.
Steganoptycha 798.
Stcganoptycha Stph. 304,
305, 307, 311, T,T,2,.
Stemmatoncopoda 112.
Stenolechia Älcyr. 200, 203.
Stenolechia gcmella L. 136,
137. 203.^
Sternalis L. 254.
stimulator Ph. 254.
stipella B. 136, 202*, 203.
strobilana T. 374.
stratarius B. 605.
strenuum A. 716.
strobilata E. 460, 462, 576,
577*, 578*.
strobilella Gr. 374.
strobilella L. 216. 217, S54,
374, 375*> 376*.
strobilella S. 374.
strobelella T. 374.
strobilorum E. 300.
Sturmia bimaculata Htg. 716.
Sturmia (Xvlotachina ) ligni-
perdae B. B. 388.
subbimaculcUa N. 142.
subsequana S. 216, 218, 329.
330*. 331*.
sulcatus Ch. 292.
suttneriana ab. Schiff. 244.
Syceuctus irisorius Rossi4i7.
sycophanta C. 255, 723.
sylvata A. 460, 462, 608.
sylvestrana E. 216, 218, 293.
sylvestrella D. 433, 434.
syhestrella Ph. 434.
Symptome der Eulengrada-
tion 685, 687*, 688*.
Symptome der Gradation
(Kie. Spanner) 512.
Syntomidae 107.
Syntomididae 112, 113, 114.
Syntominae 109.
Svntomis 122.
svringella G. 136, 138, 179,
180*.
System der Lepidopteren,
Das JGG.
System der Lepidopteren bei
Imms 113.
System der Lepidopteren bei
VVolff u .Krauße 1 14.
System der Lepidopteren
nach Börner 102.
System der Lepidopteren
nach Handlirsch 107.
System der Lepidopteren
nach Hering iig.
System der Lepidopteren
nach Heymons 112.
T.
tabaniforme Sc. 400, 402, 407,
408*, 411.
tabiniformis S. 407.
Tachinen (Kie. Eule) 712.
tacdella Syn. 345.
Taeniocampa Gu. 611, 614.
Taeniocampa incerta Hfn.
617, 618, 762, 774.
— pulverulenta Esp. 617,
618, 762, 774.
Tagfalter loi, iio, 113, 4155,
456.
Talaeporiidac 104.
Tannenknospenmotte 164,
165^
Tanncnknospenwickler 216,
342.
Tannenkrcbsglasschwärmer
417.
Tannenkrebswickler 371.
Tannennadelmotte 163.
Tannennadelnestwickler 230.
Tannennadelwickler 216, 329.
Tannentriebwickler 215.
Tannentriebwickler, ziegen-
melkerfarbiger 230.
Tannen Wickler, grüner 230.
Taimen Wickler, rot köpf iger
305.
Tonnenwickler, schwarzköp-
figer 230.
tapctiella T. 135, 138, 152.
Tapetenmotte 152.
Tarichium megaspermum
Cohn. 785.
tedella E. 216, 217, 341,
345, 346*, 347*, 348*, 349*.
tedella G. 345.
tedella T. 345.
Teichobiidae 104.
Teleia Hein. 200, 206.
Teleia proximella Hb. 136,
138, 206.
Telenomus spec. 520, 526.
telifera N. 619.
tenuicornis G. 300.
tenuicornis I. 146.
icnuipes A. 716.
Tephroclystia 582.
terebra C. 389.
terebrans P. 300.
terebrellum H. 428, 432.
testaceus P. 409.
testudinana T. 423.
tetraquetrana E. 146, 216,
219, 341, 343.
tetralunaria S. 461, 462, 603.
Thaumatopoea 120, 456.
Thaumatopoeidae 107, 113,
114, 116.
Theniscus bilineatus Grav.
411, 413, 417.
— impressor Grav. 411, 413.
Theronia atalantae Poda254,
300.
thoracicus M. 254, 440.
thurificana var. E. 283.
Thyrididae 106.
tibialis E. 254.
tibialis P. 398.
Tinea ZU. 147, 148.
Tinea abietella F. 440.
Bergiella Rtzb. 166.
cloacella Hw. 135, 138, 151.
— coracipennella Hb. 193.
— corticella Curt. 152.
— costella F. 177.
— dodecella L. 204.
— fuscipunctella Hw. 152.
— granella L. 135, 138.
— hageniella Rtzb. 429.
— Judeichiella Rtzb. 177.
-- laricella Hbn. 188.
— laricinella Bechst. 188.
— parasitella Hb. 152.
— pelionella L. 135, 138,
151.
— quercicolella H. S. 152.
— Reussiella Rtzb. 204.
Tineaemorpha 114.
Tineidae loi, 104, 108, 112,
114, 115, 119, 131, 132*.
Tineidae aculeatae Steph.
108.
Tineiinae 135, 147.
Tineina 113.
Tineina vera i 13.
Tineola H. S. 147.
Tineola biselliella Llum. 135,
138, 148, 149*-
Tincoidea Börner 104, 131.
Tineoidea Handl. 108.
tipuliformis S. 399,401,402,
419.
Tischeria ZU. 144.
824
Sachregistei
Tischeria complanella Hb.
135, 137, 144.
— decidua Wck. 135, 145.
Tischeridae 103.
Tischeriinae 134, 135, 143.
Tmetocera Led. 339.
Tmetocera laricana (Zll.l
Hein. 216, 219, 339, 340*.
— lariciana 339.
togata E. 576.
Tordeux du chene 243.
Tordeux verte 243.
Tortricidac 104, Jo8, J 10,
112, 113, 114, 115, 119,
131, 210, 211* 212*, 214*.
Tortricimorpha 114.
Tortricina 113.
Tortricinae 215, 220,
Tortrix L. 238.
Tortrix buoliana Fabr. 283.
— caprimulgana Koch 230.
— (Carpocapsa) pomonana
L. 355.
• — chlorana L. 762.
— Clausthaliana Rtzl). 301.
— coniferana Saxs. 371.
— cosmophorana Tr. 372.
— della Quercia 243.
— (Grapholitha) dorsana
Hb. 361, 370.
— duplana Hb. 273.
— duplicana Zett. 370.
■ — forscaleana L. 215, 219,
238, 239*, 240*.
— hartigiana Rtzb. 303.
— herzyniana Tr. 301.
— herzyniana Usl. 345.
— histrionana Frocl. 228,
230.
— loefflingiana L. 215, 219,
266.
— murinana Hb. 230.
— nanana Kuhlw. 309.
— nigricana H. Seh. 342.
— pactolana ZU. 361.
— piceana L. 225.
— pinicolana ZU. 311.
— poclana Scop. 224.
— politana Hw. 215, 218,
239, 242*, 243*.
— pygmaeana Hb. 233,
— Ratzeburgiana (Sxs.)
Ratz. 307.
— resinana L. 294.
— resinella L. 294.
— rufimitrana H. S. 305.
■ — strobilana L. 374.
— strobilella L. 374.
— tedella Cl. 345.
— testudinana Hb. 423.
— turionana L. 276.
— viburniana Schiff. 215,
218, 267.
— viridana L. 215, 219. 243,
244^ 248*, 249*, 264*,
265*.
— wahlbomiana L. 215,219,
268.
— zebeana Rtzb. 358.
Torymus resinanae Rtzb. 300.
Trachea piniperda L. 619.
Trägspinner 113.
trapezina C. 617, 618, 762,
774.
Trichogramma evanescens
Westw. 520, 526, 703, 709,
710*.
Trichophaga Rag. 147, 148.
Trichophaga tapetiella L.
135. 138, 152.
Trichoptera i, 3.
Triclistus pallidipes Hol.
325 •
tridens A .616, 762, 769.
Trifinae 611, 612, 613, 617.
trifolii Z. 426.
trimaculella N. 142.
tritici A. 617, 775.
Trochilium Cl. 398.
Trochilium apiforme Cl. 400,
401, 402, 403, 404*, 405*,
411.
— crabroniforme L. 402, 411.
— melanocephala Dalm. 402,
406.
Troilus luridus F. 724.
truncatella L. 393.
Tryphon impressus Grav.
279.
— Integrator Müll. 300.
tuberculatus E. 413.
tumidana A. 428, 429, 450,
451.
tumidella A. 450, 451.
tumidella Ph. 451.
tuinidulus O. 192.
turbidella N. 142.
turicella N. 143.
turionana E. 215, 218, 272,
276, 277*, 278*, 280*,
281*.
turionana G. 276.
turionana R. 276.
turionana T. 276.
turionellae P. 192, 291, 529.
turionum E. 279, 292.
turionum L. 292, 325.
Tylocomnus scaber Grav.
703, 708, 716.
Tympanalorgan 14*.
u.
Übersicht über das Eulen-
fraßgebiet in Nord-
deutschland 729*.
Übersicht über die Eulen 616.
Übersicht über die Spanner-
Arten 460.
ulmaria A. 608.
Ulmeneule 617.
ulmi E. 605.
ulmi^•ora N. 143.
unicinctum L. 593.
unicolor P. 421*.
„Unverträglichkeit", Kanni-
balismus (Kie.Eule) 656.
V.
vacciniana S. 216, 219, 328,
329*.
valligera A. 776, T]-]*.
valligera U. 776.
variabilis H. 135, 159.
\ariabilis L. 300.
variabilis Pt. 292.
variata L. 460, 461.
variegana A. 799.
variegata P. 291, 300.
Veils^rauer Kiefernspamier
461. 574.
velata P. 520.
Vermehrung der Parasiten
(Kie.Eule) T^l ■
Verlauf der Raupenkalami-
täten 51.
Verpuppung 47.
Verpuppung (Kie.Eule) 657,
658*.
Verticillium corymbosum
Leb. 537.
Vertilgung der Eier (Kie.
Eule) T^-].
Vertilgung der Puppen (Kie.
Eule) 737.
Vertilgung der Puppen (Kie.
Spanner) 557.
Vertilgung der Raupen (Kie.
Eulej 739, 740*, 741*,
742*, 743*, 744*-
Vertilgung der Raupen (Kie-
Spanner) 566.
Vespa crapro L. 724.
vespiformis S. 402, 416.
vestigialis A. 300,617, 618, 776,
vestigialis N. 776.
vestigialis Rh. 776.
vestuta C. 617, 618, 775, 794.
vibicariae PI. 520.
viburniana T. 215, 218, 267.
viciella P. 422*.
vimineticola N. 142.
\irginalis A. 192.
Sachregister.
825
viridana T. 215, 219, 243,
244*, 248*, 249*, 264*,
265*.
viridella A. 135, 147.
Vitales Optimum 60*.
vittatus L. 4*.
Vögel (Kie.Eule) 725.
Vögel (Kie.Spamier) S33-
Vorbereitungsjahr 51.
Vorbeugende Maßnahmen
(Kie.Eule) 736.
vulgaris Ph. 290, 716.
vulnerator P. 291.
W.
vvahlbomiana T. 215, 219,
268.
Wann fressen die Raupen ?
( Kie. Spanner ) 481.
Wassermotte, große 5.
Weidenglasschwärmer,
kleiner 409.
W^eidenkahncule 616, 762.
Wcidenkahnspinner 762.
Weidenknospenmotte 171.
Weidenwickler 762.
Weißdornmotte 161, 162*.
Weißtannentriebwickler 230.
Weizeneule 617.
Wespenschwärmer 403.
Wickler loi, 108, 112, 210.
Wicklerartige Eulen 762.
Widderchen 113, 425.
Wintersaateule 617, 780.
Winterspanner 461.
Winthemia amoena ^Ig. 703,
716.
Wirkung des Giftes auf die
Schädlinge 90, 91*, 92*.
Wirkung des Giftes auf die
übrige Tierwelt 92.
Wolleuie 616.
Wollrückenspinner 313, 456.
Wollspinner 456.
X.
Xanthia Tr. 615.
Xanthia citrago L. 617, 618,
762, 772.
xanthops H. 388.
xanthopus A. 520.
Xanthospilapteryx 136, 179.
xylosteana C. 215, 219, 224,
225*.
Xylotachina 388.
Xylotropha 382.
Y.
Vpsiloneule 791.
Zahnspinner 113, 456.
Zapfenschädlinge 576.
Zapfenspanner. 576.
zebeana G. 358.
zcbeana L. 216, 219, 354,
358, 359*.
zebeana S. 358.
zebeana T. 358.
Zeitlicher Ablauf der Gra-
dation (Kie.Eule) 682.
Zeitlicher Ablauf (Kie,
Spanner) 510.
zellerana Tm. Syn. 330.
zelleri A. 428, 429, 450, 451,
452*.
Zelleriella A. 169.
Zenillia fauna Rond. 388.
— libatrix Pz. 520, 528.
— resinellae Girsch. 300.
— roscanae B. B. 255.
Zeuzera Latr. 389.
Zeuzera pyrina L. 383, 389,
390*, 391*, 392*, 393*.
Ziegenmelkerfarbiger
Fichtentriebwickler 228.
Ziegenmelkerfarbiger
Tannentriebwickler 230.
zinkenella E. 799.
Zitroneneule 772.
Zitterpappelschwärmer 406.
Zünsler loi, 108, 112, 426.
Zwergeichenspinner 423.
Zwergmotten 135.
Zwölfersche Populations-
gleichung (Kie.Eule 1
658.
Zygaena filipendulae L. 426.
— scabiosae Schew. 426.
— trifolii Esp. 426.
Zygaeniclae 105, J09, in,
■^I3, 114, 115, 119, 131,
425.
Zygaenina 422.
Zygaeninae Comst. 108.
Zygaenomorphae 114, 455.
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Zusammenhang des Einzelnen mit dem Ganzen klar erkennen lassen und eine Brücke
zwischen Produktionslehre und technischen Betrieb schlagen. Nicht Forstzoologie und Forst-
botanik soll ein Lehrbuch über Forstschutz umfassen, nicht alle tierischen und pflanzlichen
Schädlinge, die sich gelegentlich im Wald ungünstig bemerkbar machen, sollen Gegenstand
der Lehre vom Forstschutz sein, vielmehr nur jene, deren Beschädigung betriebsbestimmend
auf den Wirtschaftswald, den Forst, einwirken. In Beschränkung auf die wirtschaftswichtigen
Schäden fällt somit dem Forstschutz die Aufgabe zu, alle betriebsbestimmenden Forde-
rungen für Vorbeugung, Abstellung und Wiederaufbau herauszuschälen und zusammen-
zufassen, um ihre Beachtung im Betriebsaufbau sicherzustellen.
VERLAG PAUL PAREY • BERLIN SW 11 • HEDEMANNSTR. 28/29