Dir furſt ie Beſtandesgründ dung ban Hermann Reuß N or TORENTD Ec 3 ST, Pr } 73 R IV I Be N 2.3 \ * ü . N 1 A 1 a n IR An Pin NE ne | 5 | | | 7 * U 15 u 1 5 1 N | m | R h u i . 2 ae A 1 * Die forſtliche Beſtandesgründung. Ein Lehr- und Handbuch für Anterricht und Praxis. Auf neuzeitlichen Grundlagen bearbeitet von Hermann Neuß, k. k. Oberforſtrat, Direktor der höheren Forſtlehranſtalt Mähriſch- Weißkirchen. Mit 64 Textfiguren. LIBRARY 3 UNIVERSITY OF TORONTO Berlin. Verlag von Julius Springer. 1907. — 7 = = 8 7 2 > 1 1 E N u = r\ 2 u — e 3 & 8 3 A 7 Fin 8 ee ö “ 8 \ 3 * — — e nn. 4 a . * Alle Rechte, insbeſondere das der Überſetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. SD 391 8 1907 Druck von E. Buchbinder in Neu⸗Ruppm. — ze 5 Ph N ee 2. 25 pi Vorwort. Das heute in modernem Stile vor uns ſtehende Geſamtgebäude unſerer Forſtwiſſenſchafts- und -wirtſchaftslehre hat namentlich in den letzten drei Jahrzehnten einen überaus flotten Ausbau erfahren und in zielbe— wußtem Aufſtreben ſich einen würdigen Platz an der Seite der anderen ſtaatswirtſchaftlichen und techniſchen Wiſſenszweige errungen. Wer aber tiefer in unſere Fachliteratur und ihre Entwickelung einblickt, der gewinnt den Eindruck, als ob nicht alle forſtlichen Disziplinen in gleichem Schritte fortgebildet, nicht alle Gebiete mit gleichem Fleiße, gleicher Sorgfalt und gleichem Erfolge bebaut worden wären — vielleicht auch nicht bebaut werden konnten, weil ja die Fortbildung aller Spezialgebiete immer von dem Ausbau der einſchlägigen Grundwiſſenſchaften abhängig bleibt. Kann das nicht gerade für die Waldbaulehre im allgemeinen gelten, ſo trifft es doch gewiß für die Ausbildung der Speziallehre von der Beſtandes— gründung zu. Schon die Verſchiedenheit der Anſchauungen in den aller— einfachſten Angelegenheiten, die noch immer lebhafte Diskuſſion einſchlägiger Tagesfragen und die außerordentlich verſchiedenen Erfolge, welche mit gleichen Maßregeln unter verſchiedenen Verhältniſſen zu allen Zeiten erzielt wurden, weiſen darauf hin, daß auf dem Gebiete der Beſtandesgründung bewährte Einzelerfahrungen viel zu ſehr generaliſiert, die grundlegenden Leitſätze aber nicht immer glücklich angepaßt und abgeändert wurden. Die Notwendigkeit aber, zu ſpezialiſieren und zu individualiſieren, Urſache und Wirkung zu trennen und die im Walde als Summe verſchiedener Wirkungen hervortretenden Erſcheinungen in ihre Einzelwirkungen aufzu— löſen, die leuchtet aus dem Streben nach Einigung ebenſo wie aus dem Widerſtreit der Anſchauungen hervor und ſcheint um ſo berechtigter, je größer die Fortſchritte auf dem Gebiete jener naturwiſſenſchaftlichen Spezialzweige, welche der Lehre der Beſtandesgründung Stütze und Unterlage zu bieten berufen ſind. Der Lehrer des Waldbaues empfindet zunehmend das Bedürfnis nach mancherlei Abänderungen des Lehrſtoffes, nach Ergänzungen und Kürzungen, wie ſie der Zeit und den Fortſchritten auf dem Gebiete der IV Vorwort. einſchlägigen Wiſſenſchaften entſprechen. Der Lehrſtoff wächſt von Jahr zu Jahr an. Jede neue Auflage ſteigert die Seitenzahl des Lehrbuches. Die Materie drängt überall aus dem Rahmen des Unterrichtsplanes heraus. Das Semeſter kommt mit der zugemeſſenen Stundenzahl nicht mehr aus, und damit wird die Frage einer weiteren ſpezialiſierenden Trennung des Lehrſtoffes, wie ſie vor nicht langer Zeit ſchon durch die Ausſcheidung der Standortslehre eingeleitet wurde, auf die Tagesordnung geſtellt; und nicht für die Waldbaulehre allein, auch für Forſtbenutzung und Forſt— ſchutz uſw. werden mit der Zeit anpaſſende Anderungen notwendig werden. Auch das geſonderte Lehr- und Handbuch für alle Fragen der Beſtandes— gründung dürfte ſonach ſeine volle Berechtigung haben. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Lehre der Beſtandesgründung auch mancherlei Kürzung zugänglich, ja ſogar bedürftig iſt. Die ver— ringerte Raumzumeſſung in den jüngeren Lehrbüchern ſcheint ſogar das einſchlägige Beſtreben in greifbarer Geſtalt ſchon zum Ausdruck zu bringen, und es wird ſich nur darum handeln, darüber zu wachen, daß nicht etwa eine der Fortbildung der Geſamtlehre unzuträgliche Richtung eingeſchlagen werde. Raum nach Vorwärts für die freie Fortentwickelung auf ſtreng wiſſenſchaftlichen Grundlagen, Kürzung nach Rückwärts im Bereiche ver— alteter Anſchauungen! Weitgehende direkte Ausſcheidungen wären heute wohl noch nicht am Platze, aber doch muß Anſtalt getroffen werden, die Sonderung von Spreu und Weizen einzuleiten und das, was wirklich Geltung hat und haben ſoll, von dem zu trennen, was als unnützer Ballaſt über Bord geworfen werden kann. Veraltete Theorien, zweifel— hafte Lehrmeinungen, die oft auf rein empiriſcher Grundlage herangebildet worden ſind und nur für ganz ſpezifiſche Vorausſetzung Berechtigung haben, können ohne jede Benachteiligung der Fortbildung der Lehre aus— gemerzt werden. Das vorliegende Handbuch ſucht die Beſtandesgründung, insbeſondere die künſtliche Beſtandesgründung, tunlichſt auf die naturgeſetzlichen Grund— lagen der Waldbaulehre zu ſtellen. Es erkennt der Wiſſenſchaft und dem Fortſchritte das Recht ab, als Korrektiv der Natur und ihres weiſen Waltens aufzutreten, legt ihnen aber immer und überall die Pflicht auf, die Natur zu unterſtützen, zu lenken, wo ſie nicht mit jenen wirkenden Kräften ausgerüſtet iſt, um den Anforderungen des Ertragswaldes prompt gerecht werden zu können. Nur zu oft werden die einfachen von der Natur vorgezeichneten Wege verlaſſen. Das wiſſenſchaftliche Streben denkt, ſeine höchſten Aufgaben verkennend, oft gering über die handwerks— mäßigen Verrichtungen, ohne welche keine Beſtandesgründung, keine Boden— Da Vorwort. V kultur beſtehen kann; es überſieht zu leicht, daß dieſelben bis zum letzten und einfachſten Handgriffe von grundlegender Bedeutung für die Be— ſtandeszukunft ſind und phyſiologiſch, biologiſch richtig ausgeformt ſein müſſen, wenn das Individuum, der Beſtand nicht ſchon von erſter Jugend an die Krankheitskeime in ſich aufnehmen ſoll. Die Lehre hat als an— gewandte Wiſſenſchaft eben immer eminent praktiſche Seiten hervorzu— kehren. Schwierigkeiten beſonderer Art gab es rückſichtlich der Syſtematik zu beſeitigen. Im allgemeinen hat ſich dieſelbe an die älteren Lehrbücher angelehnt, ſich namentlich diejenige des Heyer-Heßſchen Lehrbuches zum Vorbilde genommen, deſſen detaillierende Auflöſung des ganzen Lehrſtoffes für das Lehr- und Handbuch gleich große Vorzüge hat. In mancher Richtung aber ſind auch abweichende Wege eingeſchlagen worden. So widerſtrebte es mir z. B. die Ausſchlagsverjüngung als eine „natür— liche“ Form der Beſtandesgründung beizubehalten. Das Lehr- und Handbuch unterſcheidet die Verjüngung durch Samen und durch Ausſchlag und trennt die erſtere in die natürlichen und künſtlichen Verjüngungsformen. Für die Anordnung und Trennung des reichen Lehrſtoffes war auch der Wunſch maßgebend, das Buch nicht allein den Anforderungen der verſchiedenen forſtlichen Unterrichtsitufen, ſondern auch den Bedürfniſſen des praktiſchen Gebrauches in der Hand des Berufsforſtwirtes anzupaſſen. Es wird genügen, die wiſſenſchaftlich einführenden und begründenden Ab— handlungen (3. B. SS 1, 5, 15, 40, 41, 50 u. a. m.) vom Vortrage aus— zuſcheiden, um das Buch auch für die niedere Stufe des forſtlichen Unter— richtes vollkommen geeignet zu machen. Die älteren Lehrbücher ſtellen auch meiſt die künſtliche Beſtandes— gründung der natürlichen nach und es kann ohne weiteres zugegeben werden, daß hierdurch das Verſtändnis für die Lehre der letzteren gefördert wird. Gleichwohl habe ich mich nicht entſchließen können, dieſe Reihenfolge der Materie beizubehalten, habe vielmehr verſucht, das Verſtändnis für die natürliche Beſtandesgründung durch einleitende Entwickelung der Ver— jüngungsvorgänge im Urwalde zu wecken und den beſtandes wirtſchaft— lichen Teil ſorgfältig auszuſcheiden. Im Hinblick auf das innige Inein— andergreifen der nutzenden und beſtandesgründenden Tätigkeit iſt dieſe Trennung allerdings niemals ſtreng durchführbar. Leichte Übergriffe in die eigentliche Wirtſchaftslehre können nicht vermieden werden. Gewiß aber iſt, daß die in der natürlichen Verjüngung gelehrten, ſozuſagen der Natur abgelauſchten Regeln grundlegend ſein ſollen und in die Lehre der künſtlichen Beſtandesgründung — niemals umgekehrt — übertragen werden dürfen, VI Vorwort. eine Forderung, welche wohl geeignet geweſen wäre, die letztere vor manchen Verirrungen zu bewahren. — Die Natur iſt die beſte Lehr— meiſterin. In dieſem Sinne hat auch der umfangreiche Abſchnitt der Beſtandes— pflanzung auf mancherlei abändernde Grundlagen geſtellt werden müſſen. Die Methodik der Pflanzung, die im Streben nach billigen Ausführungs— formen in eine recht bedenkliche Richtung hineingedrängt wurde, iſt auf die allein richtige Grundform der Pflanzung mit naturgemäß aus— gebreiteten Wurzeln zurückgeführt und die billigen Verfahrungsarten, unzählbar ſchier in ihren kleinlichen Variationen, als Nebenſächliches, Ent— behrliches gekennzeichnet, ſind zur definitiven Ausſcheidung vorgeſehen. Eingehende Erörterungen der Koſtenfrage für die verſchiedenen Ar— beitsverrichtungen und Ausführungsformen habe ich abſichtlich nicht ein— geſchaltet. Die Koſtenbeträge bewegen ſich nach Maßgabe zahlloſer Einflüſſe meiſt in ſo weit gehaltenen Grenzen, daß auch nur einigermaßen brauch— bare Durchſchnittsgrößen nicht aufzuſtellen ſind, vielmehr aus einer Anzahl von Einzelſätzen zuſammengefügt werden müſſen, die man aus anderen hand— licheren Behelfen (jeder Forſtkalender bietet Auskunft) leichter entnehmen kann. Zur Entlaſtung des Lehrbuches, das ja ohnehin hochaufwandvolle Methoden außer Bereich ſeiner Abhandlungen ſtellt oder zum wenigſten als „zu teuer“ kenntlich hervorhebt, ſchien es zweckmäßig, die Koſten, ebenſo die Angabe von Bezugsquellen für Kulturgeräte und ihr reiches Bilderwerk wegzulaſſen. Sie ſind mehr Gegenſtand ſpezieller Bearbei— tung. Dafür iſt aber ein nach der Materie getrennt abgefaßtes Lite— ratur-Verzeichnis beigefügt worden, welches in Fällen gewünſchter Spezial— literatur in konkreten Fragen der Beſtandesgründung willkommene An— haltspunkte bieten wird. Ob und inwieweit es mir gelungen iſt, die im vorſtehenden Arbeits— programm entwickelten Geſichtspunkte bei der Arbeit immer hoch zu halten, der Löſung der aus ihnen erfließenden Aufgaben einigermaßen nahe zu kommen und einige Bauſteine zur Vervollkommnung der Lehre von der Beſtandesgründung beigetragen oder auch nur anregend gewirkt zu haben, das zu beurteilen bleibt der berufenen Kritik überlaſſen; doch ſei mir, mich gewiſſermaßen zur Sache legitimierend, kurz zu bemerken geſtattet, daß ich an der Hand eines auf dem Gebiete des Forſtkulturweſens wohl zu ungewöhnlicher Tätigkeit berufenen Mannes in das Berufsleben ein— geführt worden bin, an der Hand meines Vaters, der in jüngeren Jahren als Chef der Anhalt-Bernburgſchen Staatsforſtverwaltung, ſpäter in den fürſtlich Wittgenſteinſchen Forſten in Weſtfalen und endlich auf den Vorwort. VII fürſtlich Colloredo-Mannsfeldſchen Großdomänen in Böhmen eine gewaltige Tätigkeit zu entfalten hatte und ſich in den großen Erfolgen Denk— mäler ſetzte, welche von einer ſeltenen Meiſterſchaft zeugen. Ich war ſein Schüler, ſtand ihm ſpäter als Helfer zur Seite, habe ſeinen reichen Er— fahrungsſchatz geerbt und bei der vorliegenden Arbeit verwertet. Allen geehrten Fachgenoſſen, die mich mit freundlichen Auskünften beſchenkten, insbeſondere den Herren Oberforſtrat C. Reuß, Profeſſor Schweder und Profeſſor Kraus, welche mir beim Leſen der Korrekturen in reichem Maße Hilfe und Rat liehen, ſage ich auch an dieſer Stelle meinen verbindlichſten Dank. An botaniſch- und bodenkundlich-wiſſenſchaftlichen Werken zog ich öfter zu Rate: Prof. Dr. Frank, „Die pilzparaſitären Krankheiten der Pflanzen“, Breslau 1896. — Prof. Dr. G. Krafft, „Ackerbaulehre“, Wien 1900. — Prof. Dr. So- rauer „Handbuch der Pflanzenkrankheiten“, Berlin 1905. — Prof. Dr. Pfeffer, „Pflanzenphyfiologie”, Leipzig 1904. — Prof. Dr. E. Ramann, „Forſtliche Bo— denkunde und Standortslehre“, Berlin 1895. — Prof. Dr. Strasburger, „Lehr buch der Botanik“, Jena 1900. — Prof. Dr. Tubeuf, „Pflanzenkrankheiten“, Berlin 1905. — Prof. Dr. Wollny, „Forſchungen auf dem Gebiete der Agrikulturphyſik“, Heidelberg 1890. Als Nachſchlagebücher zur jeweiligen Weiterung des Geſichtskreiſes lagen mir bei der Arbeit zur Hand: Dr. Burckhardt, „Säen und Pflanzen“; Dr. Gayer, „Der Waldbau“; Dr. Heyer-Dr. Heß, „Waldbau oder die Forſtproduktenzucht!; Dr. Corey Dr. Stoetzer, „Handbuch der Forſtwiſſenſchaft“ (Dr. Lorey-Dr. Ramann); auch Dr. Fürſt, „Die Pflanzenzucht im Walde“ und Weiſe, „Leitfaden für den Waldbau“. Die ſonſt benutzten Autoren und ihre Werke ſind im Text ſelbſt angeführt. Auguſt 1907. Der Derfafler. Gebrauchte Abkürzungen von Autorennamen. Aschers. Carr. D DaB. Ehrh. Fabr. Foudr. Hbst. Hoess. Ascherson. Carriere. De Candolle. Du Roi. Ehrhardt. Fabrieius. Foudras. Herbst. Hoess. L. Lamk. Lk. Osb. R. Htg. Roth Rtz b. Schrad. Willd. inne Lamarck. = Link. — Osbeck. —= Rob. Hartig. — Roth. — Ratzeburg. — Schrader. — Willdenow. un Un ap Inhaltsverzeichnis. I. Abteilung. Die Beſtandesgründung durch Samen. I. Die natürliche Verjüngung. 1. apitel. Einführung. Die Selbſtverjüngung im Urwalde. Geſchichtliches bis zur . Gliederung der natürlichen Verjüngung Allgemeine Würdigung der natürlichen 8 ne Samen . Formen und Arten der natürlichen Verjüngung durch Samen . 2. Bapitel. Die Erziehung des Mutterbejtandes . 3. Kapitel. Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. A. Die Beſamung durch Schirmſtand. Allgemeines Die Verjüngung im mn Be Senefätag des blehellenge dag. waldes 1. Das Stadium der e 5 2. Das Stadium der Bejamung . 3. Das Stadium der Kräftigung und 5 des Bange Verlauf und Dauer der Schirmbeſamung Die Schirmverjüngung im Saumſchlage, im Horſt di: in der Gruppe Die Schirmverjüngung im Femelwalde C 1. Die Borbereitungshauung . 2. Die Samenſchlagſtellung 3. Die Nachhiebe. B. Die Beſamung durch Seitenſtand. Allgemeine Würdigung. Die ſchlagweiſe Randbeſamung Die Randbeſamung in Löcherhieben Die Anflugverjüngung . Seite 1 20 N un UN UN UN UN UN UN UN UN UN UN UN N nn UN Un un un N UN UN UN UN UN UN UN UN UN UN UN UN tis de is ie is ie 8) nn ID Ne) ID 18. er G S mo Inhaltsverzeichnis. 4. Bapitel. Die Nachbefferungsarbeiten in der natürlichen Verjüngung durch Samen. Allgemeines . II. Die künſtliche Beſtandesgründung. 5. Bapitel. Das Saatgut. Die Bedeutung der Zuchtwahl für die künſtliche ee Die Samenbezugsformen Die Gewinnung des Saatgutes . 5 5 Die Behandlung des im Kern geſammelten Samens. 2 Die Klengung des Nadelholzſamens, das Ausbringen aus 5 Bauten Die Überwinterung und Aufbewahrung des Samens. Die Keimdauer des Samens. 6. Kapitel. Die Beſtandesgründung durch Saat. Allgemeine Würdigung . Die Saatformen . Die Samenmenge pro Flächeneinheit Orientierung über den Keimprozeh . Die Bodenbearbeitung und ihre Geräte Die Zeit der Bodenbearbeitung. Die Zeit der Saatausführung Keimbeförderungsmittel . Die Saataus führung i Die Geräte und Maſchinen zur Ausſaat . Die Bedeckung des Samens . Bapitel. Die Hilfs- und Schutzmaßregeln der Beflandesfant. Im a Die Beſtandesſaat als Vorkultur Schutz⸗ und Beiſaaten Beiſaat einer Feldfrucht Künſtliche Schutzmaßregeln Schutz gegen Tiere Saatpflege des erſten Jugenddaſeins 8. Bapitel. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. A. Allgemeines. Geſchichtliches. Einführung Die wirtſchaftliche Bedeutung der Bene e Die Beſchaffung des Pflanzmaterials im allgemeinen . Form und Art des Pflanzmaterials RER £ Gewinnung der verſchiedenen Pflanzenarten in a Mei x B. Die Erziehung von Sämlingen. Die Gewinnung und Anzucht der Ballenpflanze g Die Gewinnung und Erziehung der ballenloſen Pflanze . Seite 37 92 100 Inhaltsverzeichnis. Formen und Arten der Pflanzenzuchtſtätten . Platzwahl für die Pflanzenzuchtſtätten . Größe und Form der Pflanzenzuchtſtätten Bodeneigenſchaften und die Wurzelbildung Bodenbearbeitung im Saatkampe aus 5 Geſichtspuntten Die herbſtliche Bodenbearbeitung Sicherung und Einfriedigung der Kampe Düngung des Kampbodens : Die Frühjahrsarbeiten im Kampe bis z zur Ausſaat Die Kampjaat . Spezifische e (Biermang, v. Buttlar, v. Wan⸗ teuffel, Levret). N Pflege der Kampſaat C. Die Verſchulung. Begriff, Zweck und Vorgang des 5 Allgemeine Würdigung . : Anlage des Schul- und Pflanzkampes Dauer und Wiederholung der Verſchulung Das zur Verſchulung geeignetſte Alter Jahreszeit zur Verſchulung ; Vorbereitung der Pflanzen für den Akt Bez Berfcutung Die Verſchulung (ausführender Akt) g Die Pflege der Schulbeete . D. Die Erziehung von Pflanzheiſtern. Würdigung im allgemeinen k Die Heiſterſchule . E. Die Verpflanzung ins Freie. Allgemeines Eigenſchaften und Anforderungen baude Geſtalt, Stärke ud. Alter ber Pflanzen. a n Wahl der Pflanzzeit. Die Pflanzweite . a Die geregelten Pflanzverbände N 3 Vorzüge ; Abſtecken und Vormerken der Pflanzverbände Berechnung des Pflanzenbedarfes F. Die Pflanzung mit entblößten Wurzeln. Das Ausheben der Pflanzen . N Ä Sortieren und Sammeln der Pflanzen zur 5 f Verpackung und Transport der Pflanzen Die Normalpflanzung a) Allgemeine Dispoſition und Aüibeits eilung b) Herrichtung der Pflanzgrube 25 c) Das Zutragen der Pflanzen und deren Verwahrung bis ao Ein- ſetzen 8 5 ER d) Das Einjegen 955 Pine | XII Inhaltsverzeichnis. * Seite G. Andere Formen der Beſtandespflanzung. 5 81. Die Furchenpflanzn gs ee le 82. Die Hugelpflanznnl( nun Era ee Be 83. Die Ballenpflon zung ee En § 84. Die Gerätemethoden . r $ 85. Die Zwei⸗, Drei⸗ und Büſchelpflanzung. %%ꝓꝓTFFFFCCTCT a 22° H. Überwachung der erſten Jugendjahre. § 86. Schutz, Verwahrung und Pflege der Kleinpflanzungen 229 J. Die Heiſterpflanzung. § 87. Allgemeines über die wirtſchaftliche Bedeutung.. 232 § 88. Das Ausheben der Heiſter . IT ee § 89. Beſchneiden und Verwahrung der 1 8 — & 90. Verpackung und Transport 8:91. Herrichtung der Pflanzgrub nun ol 8 92. Das Einſetzen der Pflanzheiſte rr Zud rı ae ee 8: 93. Pflege und Verwahrung der Heiſ tee mr ae K. Die Pflanzung mit unvollſtändigen Pflanzen. $ 94. Allgemeines e e EEE § 9. Stecklings- und S * e § 96. Pflanzung von Ablegern, Wurzelbrut, 1 ee L. Anhang zur Beſtandespflanzung: Die Technik und Methodif. § 97. Die gehen der älteren Literatur und der irreführende Einfluß des Strebens nach billigen Ausführungs formen 2241 § 98. Die nachteiligen Folgen der zu tiefen Pflanzung. 248 § 99. Die nachteiligen Folgen der eigentlichen Gerätemethoden 264 5 100, Nückhlittk kk Qß— ü 9. Kapitel. Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. $ 101. Allgemeines J $ 102. Vorkultur mit bodenperheſſer den Holzarten PP § 103. Der Mitanbau von Schutz⸗, Treib⸗ und Füllholzʒ 277 $ 104. Zutragen von Pflanzerde. .. 8 u a § 105. Der Waldfeldbau im Dienſte des Pflanzkulturbetriebes 223 „ e S 106. Die Verbeſſerung geringer Waldböden durch Stidjtoffiammler . . . 299 10. Kapitel. Die Arbarmachung von der unmittelbaren Aufforſtung nicht zugänglichen Waldböden. A. Die Entwäſſerung. 107. Formen, Arten und Entſtehung der Vernäſſungen .. 310 108. Bedeutung überflüſſigen Waſſers für das Gedeihen der Holzgewächſe 8 109. Die praktiſchen Arbeitsdurchführungen der Entwäſſerung . 313 110. Allgemeine Würdigung der Entwäſſerung im großen Stile 317 un UN UN UN Inhaltsverzeichnis. * XIII 4 Seite B. Die Flugſandbindung. * § 111. Allgemeines .. FV $ 112. Die praktiſchen Arbeiten der Bindung A $ 113. Die Aufforſtung des beruhigten Fluglandes . 2 2 e 330 C. Die meliorierende Behandlung von Waldböden mit Roh— humusauflagerungen. 5114. Allgemeines. Formen und Arten 332 % ⁰ͤ O 333 — Ü. . ĩ 0. ĩð 384 2. Der Heidehfumus . .. el le 3. Der fohlige Humus, die Stauberbe Sa ee ya te Be % . ei 0 er BB D. Ortſtein und ſeine Urbarmachung. $ 116. Allgemeines 7 EEE N $ 117. Verhalten des Baumwuchſes au Ortſtein PTS $ 118. Die Arbeiten der Durchbrechungg .. . $ 119. Die Aufforſtung des durchbrochenen Ortſteinfeldes . II. Abteilung. Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. 11. Kapitel. Die praktifchen Arbeiten. S 120. Weſen und allgemeine zn c r § 121. Formen und Arten 1J7ͤ TT $ 122. Erziehung des Mutterbeſtandes o 2 eh $ 123. Die Operationen der Wiederverjüngung . .. er Bu S 124. Die Nachbeſſerung und Komplettierung des Ausſchlagwaldes „ III. Abteilung. Die angewandte Lehre. 12. apitel. Die Beftandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. TT ten. ee der... 0 Vr ee RR JJ ae: . . 371 , , . 898 8 120. Die Ahorne %%% MEN er; ; $ 130. Sonſtige wichtigere Laubhölzer n . Ulme, Linde, Birke, Aſpe, Erle, Weide. XIV Inhaltsverzeichnis. Seite § 181. Die Fichte 0 8 12 Die Tanne Are ne ee 8 133. Die Kiefer 8 . ee r Meer ae 3371 § 134. Andere wichtigere K EN Ser a Weymouthskiefer, Schwarzkiefer, Zirbelkiefer. § 135. Die Pärchen 8 Anhang. Namensverzeichnis der zitierten Autoren und Praktikeeee nun.. 391 Verzeichnis der neueren Literatur zur weiteren Orientierung in wichtigen Spezialfragen der Beſtandes gründung. „ I. Abteilung. Die Beſtandesgründung durch Gamen, Reuß, Beſtandesgründung. 1 I. Die natürliche Verjüngung. 1. Kapitel. Einführung. $ 1. Die Selbſtverjüngung im Urwalde. Geſchichtliches bis zur ſyſtematiſchen Gliederung der natürlichen Verjüngung. Als eigentliche Naturverjüngung im engeren Sinne des Wortes kann wohl nur die „Entſtehung“ und laufende Regeneration eines Beſtandes oder Beſtandesteiles durch das vom Mutterſtamm abgefallene Samenkorn ange— ſehen werden, das in natürlichem Reifeprozeß vom Baume innerhalb ſeines Kronenbereiches abfällt oder vom Winde mehr oder minder weit vertragen wird und ohne nutzenden oder fördernden Eingriff des Wirtſchafters ſich ſelbſt überlaſſen bleibt. In dieſer Form hat ſich der Baum, der Beſtand, der Wald von jeher verjüngt. Ohne Zutun der Menſchenhand beſorgte die Natur die Ernte, die Nachzucht. Wo der hinfällige Altholzſtamm vom Winde geworfen wurde oder haltlos in morſche Trümmer zuſammenbrach, waren die Vorbedingungen zur Fortentwicklung der ſchon vorhandenen jüngeren Individuen und zur Anſiedelung einer neuen Generation gegeben. Der abfallende Same, von der Mutter Natur in verſchwenderiſcher Gabe geſpendet, belebte die entſtandene Lichtung oder Lücke und je nach dem Grade der Beſchattung durch ältere Genoſſen wuchs die Jugend mehr oder weniger hoffnungsfreudig empor, gegenſeitig ſich drängend, hier im Kampfe um Licht und Luft mühſam aufſtrebend, dort in vollem Freiheitsgenuſſe ſchnell und energiſch-kraftvoll ſich entwickelnd. Die ſchwächer veranlagten oder unter minder günſtigen Vorbedingungen arbeitenden Altersgenoſſen bleiben unter dem Schatten dominierender Kronen zurück, um in dem einen Falle nach dem Vorrechte des Stärkeren ganz auszuſcheiden, in dem anderen Falle aber zu ſpäterer Entwicklung berufen zu werden, wenn der Vorausgeeilte, an der natürlichen Altersgrenze angelangt, ſein Kronendach lichtet und ab— ſtändig, morſch, von Fäulnis ergriffen, in ſich zuſammenſinkt, um der jüngeren Generation wiederum Platz zu machen. 1# 4 Die natürliche Verjüngung. So ſtellte von jeher der Urwald in ſelbſterhaltender Kraft, in ſtändi— gem Kommen und Gehen der Generationen die Holzarten und Altersklaſſen in buntem, regelloſem Wechſel der Erſcheinungen über- und durcheinander. Der Kampf ums Daſein und ſeine Entſcheidung blieb den treibenden Kräften, der Entwickelungsenergie der Art und des Individuums überantwortet; der Schwächling wurde nach den ewig wahren Geſetzen der Naturzüchtung aus— geſchieden, ein Prozeß, welcher den Anforderungen der Zuchtwahl auf natürlichſtem Wege gerecht werdend, das Geſchlecht auf ſeiner Höhe erhält, die Art zur höchſten Vollkommenheit emporführt; denn wir ſtehen hier vor Züchtungsvorgängen, die nur das Beſte, das Kraftvollſte und Widerſtands— fähigſte zur Nachzucht berufen. x Als mit wachſender Bevölkerungsdichte, mit kulturellen Fortſchritten die an den Wald geſtellten Anforderungen bei beſtändigem Zurückweichen vor der andrängenden Landwirtſchaft ſich ſteigerten und die früher geübte ſtammweiſe plenternde Nutzung, die roheſte Form der Holzernte, zu mehr flächenweiſen Angriffen zuſammengezogen wurde, da offenbarte die Natur die dem Walde innewohnende Kraft der Selbſtverjüngung durch Samen oder, bei ausſchlagfähigen Laubholzarten, der Regeneration durch Stockausſchlag; denn durch die flächenweiſe Nutzung waren die Vorbedin— gungen zur erfolgreichen Anſamung und zur Entwickelung der jungen Gene— ration gegeben und die wirkenden Naturkräfte traten augenfälliger weg— weiſend und lehrend hervor, wie und wo die wirtſchaftende Hand unter— ſtützend eingreifen könne. Und ſchon zu einer Zeit, wo der Holzmangel in den dichtbevölkerten Gauen Mittel- und Süddeutſchlands an die Türen pochte, wo die Not auf die Bahnen des Fortſchrittes drängte, zu einer haushälteriſchen Umformung der Waldbenutzung, zur Pflege und Wieder— verjüngung des Waldes die mächtigſten Impulſe gab, da machte ſich der Menſch die natürliche Kraft der Selbſterhaltuug des Waldes mehr und mehr zunutze. Er lenkte die von der Natur gelehrte Urform der Verjün— gung, hier früher, dort ſpäter, in mehr wirtſchaftlich geordnete Bahnen und ſuchte die Natur zu unterſtützen, indem er durch lichtende Eingriffe dem abfallenden Samenkorn ein geeignetes Keimbett, dem jugendlichen Orga— nismus den nötigen Lichtgenuß zu feiner Entwickelung ſchaffte und nach- ſchaffte, ſo die Nachzucht des Waldbeſtandes ſichernd. An Stelle der urwaldmäßigen „Entſtehung“ tritt die „natürliche Begründung“ des Baumes und Beſtandes als die älteſte Form der verjüngenden Tätig— keit im Wirtſchaftswalde überhaupt. Mühſam ſich entwickelnd und durch mannigfache Rückschläge aufge⸗ halten, hat die Naturverjüngung durch Samen der Ausbildung zur ſyſte⸗ Einführung. 5 matiſchen Wirtſchaftslehre lange entbehrt.“ Die Forſtordnungen des 15. und 16. Jahrhunderts bringen namentlich für Gegenden mit früh— entwickelter Induſtrie, mit blühendem Bergbau und Hüttenweſen die erſten Andeutungen für die Verjüngung des Waldes (anjcheinend zunächſt des Nadelwaldes) durch Stehenlaſſen von Samenbäumen in Einzel- oder Grup— penſtellung, die als eigentliche Vorläuferin der Samen-Schlagwirtſchaft in zuſammenhängender Fläche anzuſehen iſt und von den wirtſchaftlich vorwärts drängenden Zeiten nicht mehr aus den Augen verloren wurde. Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts finden wir mit dem deutlicher her— vortretenden Streben nach einem geordneten Waldwirtſchaftsbetriebe auch die erſten klaren Abriſſe der ſchlagweiſen Samenholzverjüngung und 1775 behandelt Oberforſtmeiſter v. Löhneyſen in einem Wirtſchaftsgutachten die Samen⸗ oder Dunkelſchlagſtellung, welche den eigentlichen Verjüngungsakt, den Samenabfall oder die Beſamung begleitet, in vollkommen klaren und zielbewußten Details. Die Buche wurde ſozuſagen Lehrmeiſterin. In ihren bodenreichen, oft ſamentragenden und einigermaßen ſturmſicheren Be— ſtänden bildete ſich der natürliche Verjüngungsbetrieb durch Schirmbeſamung, welchen man ſeiner femelnden, plenternden Nutzungsangriffe halber kurz den Femel⸗ oder Plenterſchlagbetrieb nannte, heran. Die um dieſe Zeit in jugendlicher Energie aufſtrebende forſtliche Fachliteratur nahm kräftig för— dernd an der Ausbildung dieſer Lehre teil. Kregting behandelte in ſeiner „Darſtellung des Buchenverjüngungsbetriebes“ ſchon 1788 die getrennten Stadien des Samen-, Licht: und Abtriebsſchlages. Es bedurfte nur noch der eine größere Betriebsbeweglichkeit herbeiführenden Vorlegung des Vor— breitungshiebes in Form von einigen den Boden und Beſtand zur Be— ſamung vorbereitenden Hiebsoperationen, wie ſie durch v. Witzleben, Sa— rauw, Hartig und v. Cotta uſw. eingeführt wurden, und wir ſtehen vor dem ſyſtematiſch vollſtändigen Naturverjüngungsbetriebe moderner Ver— faſſung, wie er in den allmählich verfeinerten und den allgemeinen wirt— ſchaftlichen Fortſchritten angepaßten Formen im heutigen Ertragswalde gehandhabt wird. a § 2. Allgemeine Würdigung der natürlichen Verjüngung durch Samen. Die natürliche Verjüngung durch Samen hat den richtunggebenden Vorzug für ſich, daß ſie jedwede naturwidrige Behandlung des Indivi— duums, wie ſie der künſtlichen Beſtandesgründung bei der Gewin— nung, Behandlung, Aufbewahrung und Ausſaat des Samens oder bei der Erziehung und Verſetzung der Pflanze unbedingt anhaftet, vollkommen ausſchließt, die Entwickelung des zarten Keimlings von früheſter Jugend 6 Die natürliche Verjüngung. nicht aus den von Mutter Natur vorgezeichneten Bahnen herausdrängt und ſomit jedenfalls die geſündeſten, vollkommenſten und ertragsreichſten Beſtände erzieht. Sie ſteht mehr wie jede andere Beſtandesgründungs— form im Dienſte des Waldbaus, der ſich die Aufgabe zu ſtellen hat, höchſt— mögliche Werte mit geringſtmöglichem Aufwande zu erziehen. Tatſächlich kommt der natürlichen Verjüngung auch die letztgenannte Forderung ſehr zuſtatten, denn die wirtſchaftende Hand ſtellt die ſchaffenden Naturkräfte in den Dienſt der Beſtandesgründung, ſo daß es unter gün— ſtigeren Standortsverhältniſſen des Aufwandes künſtlichen Eingreifens nicht bedarf. Das Material zur Beſtandesgründung, welches der Menſch mit großen Koſten ſammeln, behandeln, ausſäen, beziehungsweiſe erziehen und herbeiſchaffen müßte, liefert die Natur freiwillig in meiſt verſchwenderiſchem Überfluß und bietet unter normaler Beſtandesbeſchaffenheit dem Samen auch das geeignete Keimbett. Wo dieſe Hauptvorzüge durch günſtigere Standortsverhältniſſe zu voller Geltung gebracht werden, wo einigermaßen gleichmäßige und prompte Er— folge gewährleiſtet erſcheinen, da gewinnt die natürliche Verjüngung durch Samen eine geradezu ſouveräne Bedeutung für die Waldwirtſchaft, der gegenüber ihre Schattenſeiten: Anzucht zu dichter Jungbeſtände, zu frühes Pflegebedürfnis, Unmöglichkeit einer ſtandortsgerechten Miſchung und Verteilung der Holzarten vollſtändig zurücktreten müſſen. — Aber es darf eben nicht überſehen werden, daß die Naturverjüngung recht unzuverläſſig und an beſſere Standortsverhältniſſe gebunden iſt, und daß fie auf üärmerem Boden in rauhen Lagen den Anforderungen des modernen Nachhaltsbetriebes nicht gerecht zu werden vermag. Wo die Samenjahre in unregelmäßiger, oft lang unterbrochener Folge eintreten, wo die Ungunſt der äußeren Bodenbeſchaffenheit die Anſamung erſchwert und der junge Nachwuchs unter den nachteiligen Einflüſſen von Witterungsunbilden leidet, kümmert, verkommt und Jahrzehnte verſtreichen, ohne daß ein durchſchlagen— der Erfolg verzeichnet wird; wo der herabgekommene Boden als einziges Er— gebnis langwieriger Verjüngungsprozeſſe endlich doch der künſtlichen Be— ſtandesgründung zur aufwandvollen, oft erſt nach koſtſpieligen bodenmeli— orierenden Maßnahmen durchführbaren Aufforſtung übergeben werden muß, da hat die natürliche Verjüngung im Ertragswalde ihre wirtſchaftliche Berechtigung verloren. Die Betriebspraxis kann ſie im kleinen noch zuhilfe nehmen, an beſonders günſtigen Stellen eine horſt- oder gruppenweiſe Vor— verjüngung auf natürlichem Wege anſtreben, aber ſie kann ſich nicht auf dieſelbe verlaſſen; denn es geht nicht an und rächt ſich bitter, der Natur in hartnäckigem Feſthalten an einem an ſich richtigen Prinzip Leiſtungen aufzuerlegen, denen ſie an vielen Orten nicht gewachſen iſt. Einführung. * Die Naturbeſamung findet ſonach nur auf reicheren Standorten ein dankbares Arbeitsfeld und wo dieſe Vorausſetzung zutrifft, da iſt ſie ge— wiß ſehr am Platze, da hätte man auch nie von ihr abgehen ſollen. Wo ſie aber eine prompte Arbeitsleiſtung verſagt, gedeihliche Verjüngungser— folge innerhalb kürzerer Zeiträume nicht zu erwarten ſind, da derangiert ſie den geregelten Wirtſchaftsbetrieb in ſtörendſter Weiſe, führt bei zähem Feſthalten zu enormen Zuwachsverluſten, zum Rückgang des Waldbodens, ja zum Ruin des Waldes. — Wie oft ſieht man im herabgekommenen Buchenhochwalde durch längere Jahrzehnte die Wirtſchaft vergeblich ſich abmühen! Sie ſteht theoretiſch auf der Baſis eines vielleicht 100 jährigen Umtriebes, wird aber bei ſo langwierig ſich hinſchleppendem Verjüngungs— verlauf nur zu oft genötigt, den Erntebetrieb in 70 — 80 jährige Beſtände einzulegen, bzw. den Umtrieb beträchtlich zu erhöhen. § 3. Formen und Arten der natürlichen Verjüngung durch Samen. Sehr treffend unterſcheidet Gayer zwei Grundformen der natürlichen Verjüngung: 1. die Beſamung durch Schirmſtand, 2. die Beſamung durch Seitenſtand. 1. Im Schirmſtande beſamt ſich die Fläche durch den ſenkrecht ab— fallenden oder vom Winde leicht vertriebenen Samen aus dem Kronenſchirm jener Mutterbäume, welche zum Zwecke der Beſamung in annähernd gleich— mäßiger und die zuſammenhängende Anſamung ſichernder Entfernung und Verteilung ſtehen gelaſſen wurden. Stehen die Altersſtufen in mehr we— niger urwaldartig⸗natürlichem Gemiſch bunt durcheinander und beteiligen ſich ſonach alle ſamentragenden Individuen laufend an der Beſtandesver— jüngung, jo haben wir es entſprechend den femel- oder plenterartigen . Ernteformen mit dem Femel- oder Plenterverjüngungsbetriebe zu tun; ſtehen dagegen die Altersſtufen in gleichalteriger Vergeſellſchaftung flächenweiſe vereint, ſo erfolgt die Holzernte flächen- oder ſchlagweiſe und wir haben es dann mit der Femel- oder Plenterſchlag-Verjüngung zu tun. — Kombiniexende Formen ſind die horſt- und gruppenweiſe, ſowie die Saumſchlagform. 2. Die Beſamung durch Seitenſtand erfolgt von nicht unmittel— bar auf der Verjüngungsfläche ſtehenden Mutterbäumen, ſetzt alſo mehr min— der flüchtigen Samen voraus, der vermöge ſeiner Flügel uſw. vom Winde ausgetragen wird. Die eigentliche Randbeſamung geht von dem längs der Verjüngungsfläche ſtehen gebliebenen Beſtandesrande aus, während die Anflug verjüngung von Mutterbäumen eingeleitet wird, die entweder 8 Die natürliche Verjüngung. ganz vereinzelt auf der Verjüngungsfläche oder aber auch weit abſeits von derſelben ſtehen und ihren leichtflüchtigen Samen (Aspe, Birke, auch Lärche, Fichte, Kiefer) dem Spiele des Windes überantworten. 2. apitel. § 4. Die Erziehung des Mutterbeſtandes. Dem praktiſchen Wirtſchaftsbetriebe ſteht in der Regel rückſichtlich ſeiner eigenen beſtandesverjüngenden Tätigkeit eine nur ſehr beſchränkte Einfluß— nahme auf die züchteriſche Behandlung und Pflege des Mutterbeſtandes zu. Er übernimmt das erntereife Beſtandesmaterial meiſt in fertigem Zuſtande und kann allenfalls durch Pflege des Vorhandenen, nicht aber durch züch— teriſche Eingriffe noch einen Einfluß auf die Qualität des Mutterbeſtandes ausüben. Um ſo mehr aber wird es Pflicht der Gegenwart bezüglich ihrer züchteriſchen Zukunftsaufgaben in jüngeren Beſtandesklaſſen ſich zu betä— tigen und dafür zu ſorgen, daß in jenen Beſtandesanlagen, welche ſie den ſpäteren Zeitläufen überliefert, bei der Begründung und Behandlung bis hinauf in das ernte- oder verjüngungsreife Alter nichts geſchehe und alles unterlaſſen werde, was der Geſundheit und der züchteriſchen Güte des Beſtandes irgendwie abträglich ſein könnte. Ein Betrieb, der ſich bewußt iſt, daß die zuchtgerechte Behandlung des Beſtandes mit der Begründung beginnen muß, ſich bewußt iſt, daß in der fürſorglichen Pflege des Baumes und Beſtandes die Zukunft des Waldes liegt, der wird der Erziehung des Mutterbeſtandes nach folgenden Richtungen ſeine beſondere Aufmerkſamkeit zuwenden: 1. Die zur Verjüngung geſtellten Beſtände oder Beſtandesteile ſollen in der Vollkraft ihrer Entwicklung ſtehen. Der Samenbaum muß in das zuchtreife Alter, in das Alter der Mannbarkeit eingetreten, darf aber auch der oberen Grenze ſeiner phyſiſchen Haubarkeit noch nicht zu nahe gerückt ſein. Rückſichten der Zuchtwahl verlangen für die wichtigſten Holzarten Samen von nicht unter 60 —70jährigen und nicht über 100 jäh— rigen Mutterbäumen und geſtatten nur für Eiche, Buche und Tanne eine den Standorten entſprechende im allgemeinen aber mäßige Überſchreitung dieſer oberen Grenze. Es iſt deshalb Aufgabe des aufmerkſamen Ver— jüngungsbetriebes, durch entſprechende Schlußſtellung der vorzeitigen An— ſamung beziehungsweiſe der Entwicklung des Nachwuchſes vorzubeugen, den überreifen Baum und Beſtand aber ſo zu nutzen, daß er zu verjüngender Tätigkeit nicht mehr berufen wird. Die Erziehung des Mutterbeſtandes. 9 2. Im ausſchlagfähigen Laubholzbeſtande iſt Gewicht darauf zu legen, daß nur wurzelechte Samenwüchſe (Kernwüchſe) an der Beſtandes— beſamung ſich beteiligen. Dem Stockausſchlage, an und für ſich eine zweifel— hafte, verſtümmelte Exiſtenz, wird die Fähigkeit, zuchttüchtigen Samen zu produzieren, abgeſprochen. Die häufige und intenſive Erkrankung der Mutterſtöcke, die von Generation zu Generation ſchwächlicher, ärmer und krankhafter werdenden Ausſchläge deuten auf degenerierende Vorgänge hin, welche durch Samen übertragen werden können. 3. Der Mutterbeſtand des gleichaltrigen Hochwaldes oder die zur Verjüngung herangezogene Baumgruppe des Plenterwaldes werden von allem züchteriſch minder geeignetem Material geſäubert. Holzarten, deren Beteiligung an der Verjüngung nicht erwünſcht erſcheint, und In— dividuen, die in Wurzel, Schaft oder Krone irgend welche, die Geſundheit und Vollkraft verdächtigende Merkmale aufweiſen ( unmertige Formen, Schaft: und Wurzelfäule, ſtärkere mechaniſche Beſchädigungen, Gipfeldürre, Krebs, Drehwuchs, überhaupt krankhafte Veranlagung:) müſſen vor der Anſamung zur Ausſcheidung gelangen. Nur die eigentliche „Elite“ des Beſtandes beziehungsweiſe der Art wird zur Verjüngung durch vollgütige Samen berufen. 4. Iſt die Beſamung erfolgt, ſo haben die Mutterbäume ihre wich— tigſten und nächſtliegenden Aufgaben an die Zukunft erfüllt, die ganze züchteriſche Aufmerkſamkeit des Betriebes wendet ſich der Erziehung der aufſtrebenden Jugend zu. Er kann dabei der Mithilfe des ſchützenden Mutterbeſtandes meiſt nicht gleich entraten, aber er ſtellt die Rückſichten der Pflege des Nachwuchſes entſchieden in den Vordergrund. Die Reſte des Mutterbeſtandes werden in den Intereſſen des Nachwuchſes nach Zeit und Grad ſich anpaſſender Folge durch femelnde Aushiebe entfernt. Eine ſchonende Fällung und Ausbringung der Althölzer ſoll nach Tun— lichkeit alle Beſchädigungen des Jungwuchſes hintanhalten, damit der paraſitären Infektion, Mißbildung und der krankhaften Veranlagung nicht Schon in jugendlichem Alter Vorſchub geleiſtet werde. 5. Der junge Beſtand tritt ſehr bald in das Stadium der Beſtan— despflege ein. Der Beginn derſelben darf unter keiner Bedingung von der Verwertbarkeit des Materials abhängig gemacht werden. Das Beſtandes— bedürfnis allein iſt maßgebend. Reinigung und Läuterungshiebe haben von Jugend auf die zuchtgerechte Beſtandeszuſammenſetzung und Ausfor— nung ins Auge zu faſſen und ſo zu arbeiten, daß ſie den Verjüngungs— aufgaben der ferneren Zukunft nie entgegentreten. Unbeſchadet der Er— haltung wertvollerer Miſchhölzer muß die verjüngungswürdigſte Holzart 10 Die natürliche Verjüngung. durch alle Stadien der Beſtandespflege hindurch begünſtigt, ihr nor— maler Entwickelungsgang laufend gefördert und ihr ſoweit eine prädeſti— nierte Stellung eingeräumt werden, daß im erntereifen Alter eine die zu— ſammenhängende Beſamung und Verjüngung ſichernde Beſtockung vor— handen iſt. Angeſichts der langen, viele Jahrzehnte umfaſſenden Zeiträume, die zwiſchen Begründung und Ernte (Verjüngung) liegen, müſſen dieſe hohen Zielpunkte der Beſtandesbehandlung durch mehrere wirtſchaftende Genera— tionen einheitlich verfolgt werden. Die Wichtigkeit und Vielſeitigkeit der Aufgaben wächſt mit den Jahren, bis endlich die die Beſamung eigent— lich vorbereitende Hauung die letzte Hand anlegt und dafür ſorgt, daß im gleichalterigen Hochwalde (Schlagwirtſchaft) der Mutterbeſtand nur aus vollgütigen, züchteriſch tadelloſen Individuen ſich zuſammenſetzt, im ungleichalterigen Hochwalde (Plenter- oder Femelwirtſchaft) nur die beſten, auch ihrem Alter nach zuchtreifen Bäume zur Beſtandesgründung durch natürliche Beſamung berufen werden. 3. Bapitel. Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. A. Die Beſamung durch Schirmſtand. § 5. Allgemeines. Die Beſamung erfolgt von den auf der Berjüngungsfläche ſelbſt ſtehenden Mutterbäumen. Der Betrieb umfaßt größere Flächenausmaße zu gleichzeitiger Inangriffnahme der Verjüngungsoperationen und arbeitet eine längere Reihe von Jahren hindurch, im eigentlichen Femelwalde ſo— gar andauernd jährlich, um die Anſamung zu fördern, den jungen Nach— wuchs zu kräftigen und die Vorbedingungen für ſein nachhaltiges Gedeihen laufend zu beſchaffen. Er nimmt nach erfolgter Beſamung den Mutter— beſtand in ſtammweiſe plenternden Aushieben hinweg, bis der nachgezüch— tete Jungwuchs ſeine wirtſchaftliche Selbſtändigkeit erlangt hat und als fertige junge Beſtandesanlage der ſchützenden Beihülfe des Mutterbeſtandes nicht mehr bedarf. Die praktiſchen Verrichtungen der Schirmbeſamung ſind unter allen Umſtänden vorbereitender Natur. Ihnen ſchließen ſich im geeigneten Mo— ment die Maßnahmen zur Beförderung der eigentlichen Beſamung und zur allmählichen Herbeiführung der wirtſchaftlichen Selbſtändigkeit des jun— gen Nachwuchſes an. Demgemäß trennen wir die Operationen der Schirm— Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 11 verjüngung in drei nach Aufgaben und Zielen zunächſt abweichende Ar— beitsgruppen: 1. das Stadium der Vorbereitung, 2. das Stadium der Beſamung, 3. das Stadium der Kräftigung und Jugenderziehung. Bezüglich der Mittel und Wege, deren ſich die Einzelverrichtungen bedienen, ſteht die Betriebspraxis vor einer ſehr beſchränkten Auswahl. Sie ſtellt ſozuſagen die Holzernte in den Dienſt der Beſtandesgründung und findet in den allmählichen Durchlichtungen des Mutterbeſtandes das bewährteſte, allerdings auch das einzige Mittel zur Erfüllung der viel— ſeitigen Aufgaben der vorgenannten Verjüngungsoperationen. Nur wo unzulängliche Erfolge vorauszuſehen ſind, iſt im modernen Wirtſchafts— walde die künſtliche Nachhilfe unentbehrlich. Die ausführenden Arbeiten geſtalten ſich im gleichalterigen Hochwalde mit ſeinen abgegrenzten Verjüngungsflächen und ſyſtematiſch geordneten Wirtſchaftsformen weit einfacher und leichter als im ungleichalterigen Be— ſtande des Femelwaldes. Es ſcheint ſonach angezeigt, den Werdegang der natürlichen Beſtandesverjüngung im gleichalterigen Hochwalde zunächſt in Behandlung zu nehmen. § 6. Die Verjüngung im Schirm⸗ oder Femelſchlage des gleichalterigen Hochwaldes. 1. Das Stadium der Vorbereitung. Das Stadium der Vorbereitung hat ſein Augenmerk zu richten auf die Vorbereitung a) des Bodens und b) des Beſtandes. Im allgemeinen wird ein Beſtand, der von Jugend auf eine vom Standpunkte der Boden- und Zuwachspflege rationell ausgeformte Be— handlung erfahren hat, der, um es kurz auszudrücken, zur Verjüngung erzogen wurde, beim Eintritt in das erntereife Alter in einer Verfaſſung ſich befinden, in welcher er ohne weiteres auch als verjüngungsfähig und verjüngungstüchtig bezeichnet werden darf. Ideal gedacht, iſt das wenigſtens der Fall. Und doch werden in der Regel ſpezielle Vor— bereitungsmaßregeln zum Zwecke der Beſamung und zur Sicherung der Erfolge nötig, ſchon deshalb, weil die erzieheriſchen Eingriffe der wirt— ſchaftenden Hand nie ganz fertig werden, immer noch der Vervollkommnung zugänglich bleiben und die Beſtandespflege in den ſeltenſten Fällen durch genügend lange Zeitläufe aus ſo einheitlichen Geſichtspunkten und mit fo zielbewußtem Verſtändnis geleitet wird, daß in quali et quanto gute Verjüngungserfolge geſichert erſcheinen könnten. Spezielle Vorbereitungs— maßregeln können ſonach nie ganz entbehrt werden. 12 Die natürliche Verjüngung. Der Zeitpunkt für deren Einlegung kann in den ſeltenſten Fällen genau beſtimmt werden, wenn allen einſchlägigen Rückſichten Rechnung getragen werden ſoll. Die Wirtſchaft legt aber auch einer aufs Jahr ge— nauen Vorheranſage keinen beſonderen Wert bei und beanſprucht eine gewiſſe Bewegungsfreiheit ſchon aus dem Grunde, weil ſie auch mit mancherlei Zufällen rechnen muß, die ſich ihrer Einflußnahme vollkommen entziehen. Eintritt und Wiederkehr der Samenjahre, abnormer Witterungsverlauf in der kritiſchen Zeit, Standortsunbilden jeder Art bringen oft recht ſtörende Zwiſchenfälle mit ſich und legen dem erfolgreichen Fortſchreiten des Verjüngungsbetriebes arge Feſſeln an. Gleichwohl ſoll die Wirt— ſchaft nach eingehender Würdigung und Abwägung aller einſchlägigen Verhältniſſe ihre Maßnahmen ſo treffen, daß Boden und Beſtand mit Eintritt des auszunutzenden Samenjahres den geſtellten Anforderungen in tunlichſt vollkommenem Maße entſprechen. Von dieſem Geſichtspunkte beurteilt, iſt der Zeitpunkt für die Einlegung vorbereitender Maßregeln gekommen, wenn der Beſtand in ſein verjüngungstüchtiges Alter, in ſeine volle Mannbarkeit eingetreten iſt, der Baum alſo vollgütigen Samen zur Zucht erzeugt. Für die engere Wahl des Verjüngungs— termines, für den Abſchluß der Vorbereitung ſind dagegen Rückſichten wirtſchaftlicher und haushälteriſcher Natur maßgebend. a) Die Bodenvorbereitung. Der Bodenvorbereitung obliegt es, ähnlich wie bei der künſtlichen Be— ſtandesſaat, für ein günſtiges Keimbett des im natürlichen Reifezuſtande abfallenden Samenkornes zu ſorgen, den beſtockten Waldboden in jene Verfaſſung zu bringen und durch einige Jahre zu erhalten, daß der fal— lende Samen mit dem Boden in innige, einen normalen Keimprozeß an— regende Berührung treten kann und dem zarten Keimwürzelchen die Er— reichung der mineraliſchen Nährſchichte geſichert wird, eine Aufgabe, die ja auch bei der künſtlichen Beſtandesgründung vorbereitend dem eigentlichen Beſtellungsakte vorausgeſchickt wird. Die natürliche Verjüngung, mit natürlichen Mitteln arbeitend, ſucht dieſe unter dem Namen „Bodenemp— fänglichkeit“ eingeführte Verfaſſung des Waldbodens durch eine ſchon vom Stangenalter her richtig geleitete Beſtandesbehandlung herbeizuführen und legt durch die lichtenden Eingriffe des Vorbereitungshiebes gewiſſermaßen letzte Hand an. Dieſelben dürfen niemals gleichmäßig erfolgen. Sie müſſen ſich nach Grad und Art der Bodenbeſchaffenheit und der Beſtok— kung anpaſſen, damit die Bodenempfänglichkeit nicht leide, wo dieſelbe etwa ſchon vorhanden iſt. Nur ausnahmsweiſe bedient man ſich auch Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung— 13 künſtlicher Nachhilfe, wo die Empfänglichkeit des Bodens noch nicht her— geſtellt oder aber örtlich infolge einer zu intenſiven Einwirkung der Atmoſ— phärilien ſchon wieder verloren gegangen iſt. Die Empfänglichkeit des Waldbodens für die natürliche Anſamung kann beeinträchtigt oder ganz aufgehoben werden 1. durch loſe Auflagerungen von Rauhdecke (Bodenſtreu und Abfälle), 2. durch Überzug von roher unzerſetzter Humusſchichte, 3. durch lebende Bodendecke: Moos, Gras, Unkrautwuchs. Flächen, welche dieſe der Verjüngung unzuträglichen Bodenzuſtände in ſehr ausgeprägtem Grade oder ausgedehntem Zuſammenhange aufweijen, ſind für die Verjüngung durch Beſamung überhaupt nicht geeignet. Die Vorzüge der natürlichen Verjüngung können da nicht zur Wirkung ge— langen; um ſo mehr aber bei langwierigen und doch unvollſtändigen Er— folgen ihre Schattenſeiten. Wo dagegen die oben erwähnten Hemmniſſe weniger ausgeprägt, in nicht ungetrenntem Flächenzuſammenhange und einem der wirkungsvollen Be— ſeitigung zugängigen Maße vorliegen, da findet die vorbereitende Tätigkeit des Verjüngungsbetriebes ihr eigenſtes und dankbarſtes Arbeitsfeld. 1. Loſe Auflagerung von Rauhdecke. Starke Bodenrauhdecke, Laub, Nadelwerk uſw., Streu überhaupt weiſt in der Regel auf mindere Zerſetzungstätigkeit des Bodens, unter Umſtänden aber auch auf minder ſachlich geleitete Beſtandespflege oder endlich im Laubholzwalde auf Zu— ſammentragen der Streu durch eintretende Winde hin. Das letztere kann mehr oder weniger durch Lage und Terrainverhältniſſe begünſtigt ſein. Inſoweit die Streumaſſen-Anſammlung als Folgeerſcheinung träger Zerſetzungsvorgänge anzuſehen iſt, wird durch umſichtig lichtende Vorhiebe, die den inneren Beſtandesraum öffnen und dem Boden mehr Licht, Luft und Wärme zuführen, in der Regel die ſchlummernde Zerſetzungstätigkeit des Bodens wieder belebt und angeregt. Die ungehinderter zu Boden gelangenden Niederſchläge dichten und ſetzen die angehäufte Rauhdecke, führen zur Gahre der Humusauflagerung und ſichern hiermit dem abfallen— den Samenkorn das geeignete Keimlager, dem Keimpflänzchen aber mit dem Eindringen des Würzelchens in den mineraliſchen Nährboden auch ſeine phyſiologiſche Selbſtändigkeit. Wo die Streudecke (der Laubholzbeſtände) durch die wehende Tätigkeit der Winde in Mulden, Niederungen, Keſſeln zu höherer Schichte zuſammengetragen wurde, da vermag die Natur aller— dings die Zerſetzung meiſt nicht rechtzeitig zu bewältigen, und da gerade derartige bodenreiche, friſche, überhaupt ſtandörtlich bevorzugte Lagen in der Regel der natürlichen Verjüngung am erfolgreichſten zugänglich ſind, * 14 Die natürliche Verjüngung. ſo pflegt man an dieſen Stellen die überflüſſige Rauhſtreu auf künſtlichem Wege zu entfernen, zu vernichten, zu verbrennen. 2. Überzug von roher unzerſetzter Humusſchichte. Roh— humusauflagerungen jeder Art ſtellen in der Regel der Anſamung ſchon ernſtere Hinderniſſe entgegen. Sie verdanken in erſter Reihe der unvoll— ſtändigen, unfertigen Zerſetzung der Bodenſtreu oder einer abgeſtorbenen Pflanzendecke ihre Entſtehung — infolge Mißverhältniſſes der wirkenden Zerſetzungsfaktoren Luft, Wärme und Feuchtigkeit. — Wo Luft- und Wärmemangel als Urſachen der Rohhumusauflagerung erkannt werden, wie es häufiger in übermäßig dicht geſchloſſenen, dumpfen Beſtänden ſchluch— tiger Hanglagen der Fall, da kann die Zerſetzung ebenfalls durch ſchärfere Lichtungshiebe in normale Bahnen geleitet, die Bodenempfänglichkeit noch herbeigeführt werden; wo aber Mangel oder bedeutender Überſchuß an Feuchtigkeit die Zerſetzung hemmten oder Wind und Sonne auf licht beſtockten Plateau⸗, Rücken⸗ und Südlagen die Bildung von ſogenannter „Stauberde“ begünſtigten, da bleibt die künſtliche Entfernung des Rohhumus oder beſſer deſſen langſam ſchmodende Einäſcherung oft der einzige Ausweg. Des hohen Aufwandes halber wird man aber meiſt von dieſer Melioration ab— ſehen und lieber zur künſtlichen Beſtandesgründung ſeine Zuflucht nehmen müſſen. 3. Lebende Bodendecke. Haftende Bodendecke, Gras, Moos, Unkrautwuchs jeder Art, Folgeerſcheinungen ſtarker Lichteinwirkungen, markieren mehr oder weniger die beginnende Bodenverarmung und -Ver— wilderung und disponieren in der Regel wenig oder gar nicht zur An— ſamung oder machen die natürliche Verjüngung durch den notwendig werdenden Aufwand der künſtlichen Bodenbearbeitung überaus koſtſpielig, ſo daß die Wirtſchaft ſicherer und billiger mit künſtlicher Aufforſtung zum Ziele gelangt, umſomehr, als auch der Beſtand auf derartig herabgekom— menen Böden nicht mehr in verjüngungstüchtiger Verfaſſung zu ſein pflegt. — Geringer, ſporadiſcher Graswuchs ſtört übrigens die Beſamung in der Regel nicht. Die künſtliche Vorbereitung des Bodens beſchränkt ſich wie vorher ſchon angedeutet, wegen ihres hohen Aufwandes meiſt auf ſtellenweiſe Ein— griffe unmittelbar vor der Beſamung und überläßt der künſtlichen Beſtan— desgründung das Feld, wo die Unempfänglichkeit des Bodens in großem Maßſtabe behoben werden müßte. Ihre Arbeiten erſtrecken ſich auf die zuſammenhängende oder ſtellenweiſe Entfernung der Streudecke und Roh— humusauflagerung oder auf direkte Wundmachung und oberflächliche Locke— rung des Bodens. — Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 15 Das Abziehen von der Beſamung hinderlichen Auflagerungen jeder Art geſchieht mit dem eiſernen Rechen oder mit der Hacke. Der Abraum wird zu Haufen oder Schwaden zuſammengebracht, unter Umſtänden ſo— gar als Streu verwertet, beſſer aber in abgetrocknetem Zuſtande in lang— ſamem Schmodefeuer eingeäſchert und die Aſche zur Hebung der Boden— phyſik und chemie ausgeſtreut. Selbſt die Anwendung des Feuers in der Form des Unterlandbrennens (Lauffeuer) iſt bei entſprechender Siche— rung mit Vorteil namentlich in ſolchen Beſtandesteilen zu empfehlen, wo es ſich um Vernichtung einer gleichmäßig verteilten trockenen und lockeren Bodendecke handelt. Mehr noch als die Oberflächen-Vorbereitung iſt die eigentliche Locke— rung und Wundmachung des Bodens auf den räumlich beſchränkten Eingriff angewieſen, wo örtlich Gras- und Unkrautwuchs die Anſamung in ſonſt verjüngungsfähigen Lagen hemmt oder der trockene, kruſtig feſte Boden dem Samen kein genügendes Keimbett zu bieten vermag. Terrain und Bodenbeſchaffenheit, insbeſondere das Vorhandenſein von groben Steinen, Wurzelwerk, hochſtaudigem Unkrautwuchs beſtimmen die Wahl des Gerätes zur Bodenbearbeitung, doch wird auf beſtocktem Waldboden meiſt nur eine den Verhältniſſen angepaßte Hacke in Frage kommen können. Die teure Handarbeit verbietet von ſelbſt die größere Ausdehnung der Boden— verwundung. Ein bewährtes Hilfsmittel für die Bodenbearbeitung iſt der Vieh— eintrieb. Wo es gilt den Boden anzutreten, die Streudecke zu dichten und zur Zerſetzung anzuregen, leiſtet der Auftrieb von Schafen, Rindvieh, Schweinen, welche zugleich die Empfänglichkeit des Bodens durch Wühlen und Brechen herbeiführen, meiſt gute Dienſte. b) Die Beſtandes vorbereitung. Die Aufgaben der Beſtandesvorbereitung ſind ungleich vielſeitiger. In der Hauptſache müſſen und können dieſelben mit dem Eintritt des Be— ſtandes in das verjüngungsfähige Alter ſchon durch die Beſtandespflege gelöſt, beziehungsweiſe ihrer Löſung nahe gebracht ſein, ſo daß mit Be— ginn des Verjüngungsſtadiums eigentlich nur noch die abſchließenden Ar— beiten nötig werden. Dieſelben treten in ihrem herzhafteren Eingriff natur— gemäß aus den Grenzen der Beſtandespflege heraus. Um den engeren Rahmen der Beſtandesgründung einzuhalten, können hier nur jene Maßnahmen zur Erörterung gelangen, welche, den Ver— jüngungsverlauf und =erfolg zu fördern, im Auge haben, das ſind: 1. die verjüngungstüchtige Ausformung des Beſtandes, 16 Die natürliche Verjüngung. 2. die Förderung der Samenproduktion, 3. die Hebung der Standfeſtigkeit für die Lichtſtandsſtadien. 1. Die verjüngungstüchtige Ausformung des Beſtandes. In S 4 „Erziehung des Mutterbeſtandes“ find die Aufgaben der Be— ſtandespflege in züchteriſcher Richtung bereits gekennzeichnet worden und wenn dieſelbe, ſchon vom Stangenalter beginnend, ihre beſondere Aufmerkſamkeit der Heranbildung guter, geſunder Samenbeſtände zuzu— wenden hat, ſo muß unmittelbar vor der Verjüngung noch die letzte Hand angelegt werden, um vor allen Dingen minderwertige Holzarten, deren Beteiligung an der Verjüngung mit Rückſicht auf Abſatz, Standort uſw. nicht erwünſcht erſcheint, auszumerzen. Die Birke, die Aspe ſind wegen ihrer Aufdringlichkeit, mit welcher ihr weitflüchtiger Samen die Verjüngungs⸗ ſchläge befliegt, und wegen ihrer jugendlichen Schnellwüchſigkeit, mit welcher ſie der beſtandbildenden Hauptholzart vorauseilen, ſie verdämmen, verdrängen, rechtzeitig herauszunehmen. Die Hainbuche, deren hervorragende Beteili- gung an der Beſtandesbildung meiſt nicht erwünſcht iſt, die Lärche, deren Nachzucht durch Selbſtverjüngung in unſeren Breiten erfahrungsmäßig ausſichtslos, die Kiefer auf ungeeignetem Standorte u. a. m. ſind im Stadium der Verjüngung miſchende Elemente des Mutterbeſtandes, welche bei Einlegung des Vorbereitungshiebes die lebhafteſte Aufmerkſamkeit auf ſich lenken, damit auch den Standortsanforderungen der Holzarten Rech— nung getragen, die Holzartenmiſchung für den Zukunftsbeſtand ſo gewählt werde, wie ſie für den konkreten Standort geeignet iſt und in ihren führenden Elementen eine verträgliche Haltung gegeneinander beobachtet. Aber nicht allein die Holzart, auch die züchteriſch verſtändnisvolle Wahl des Individuums iſt für die Beſtandesgründung von hervorragen— der Bedeutung. Kronenkranke Kümmerlinge, Stämme mit techniſchen Mängeln oder Fehlern, ſchlecht geformte Beſtandesglieder, zweifelhafte Exiſtenzen überhaupt, die vielleicht bisher im Schlußſtande noch nicht ent— behrt werden konnten, müſſen im Vorbereitungshiebe nunmehr unbedingt und ſelbſt auf die Gefahr einer intenſiveren Durchbrechung des Kronen— ſchluſſes hin ausgeſchieden, unſchädlich gemacht werden, damit ſie ihre ſchlechten Eigenſchaften, ihre geringe Veranlagung und typiſche Eigenart nicht auf den Zukunftsbeſtand übertragen können. Nur die eigentliche Elite, dies ſind die Normalbäume der dominierenden Klaſſe, ſoll zur eigent— lichen verjüngenden Tätigkeit berufen werden. Tiefangeſetzte Kronen, be— ſonders ſtarke, ſchwere Schaftmaße, „protzenhafte“ Erſcheinungen im Ver— jüngungsbeſtande, auch etwaige Überhaltſtämme ſcheiden im Vorbereitungs⸗ hiebe aus. Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 17 2. Förderung der Samenproduktion. Die Förderung der individuellen Fruchtbarkeit wird ſelbſtverſtändlich gleichzeitig mit dieſem Beſtandes-Ausformungshiebe ins Auge gefaßt. Die Erfahrung lehrt, daß der dichte Schluß im allgemeinen der Samenbildung nicht zuträglich iſt. Die intenſivere Seitenbeſchattung, die gegenſeitige Reibung der Baumkronen bei Wind ſchädigen den Knospen- und Blüten⸗ anſatz, hemmen überhaupt die Kronenfülle des Samenbaumes. Der Vor— bereitungshieb hat deshalb auch darauf zu achten, daß durch lichtende Eingriffe der Krone freier Raum zu ungehinderter Entwickelung gegeben, die peitſchende und reibende Beſchädigung durch Nachbarſtämme hintan— gehalten werde. Wenn auch durch dieſen energiſchen Vorhieb vielleicht nicht die Häufigkeit der Samenjahre geſteigert wird, ſo iſt doch zweifel— los die größere Fruchtbarkeit der Krone und die Produktion zuchttüchti— geren Samens die natürliche Folge. 3. Hebung der Standfeſtigkeit für die Lichtſtandsſtadien. Die dritte Aufgabe der Beſtandesvorbereitung, die Steigerung der Widerſtandsfähigkeit für höhere Lichtſtandsſtadien hat mit ihren vor— bereitenden Arbeiten ſchon im angehenden Baumalter und namentlich bei hinfälligeren Holzarten früher einzuſetzen; doch ſind dieſelben zu allen Zeiten ſo zu leiten, daß ſie mit den Rückſichten, welche die Bodenvorbe— reitung auferlegt, nicht kollidieren. Ihre Behandlung kann hier auch nur inſoweit intereſſieren, als das zunächſt noch vorliegende Schutzbedürfnis des jungen Nachwuchſes die Erhaltung eines allmählich lichter zu ſtellenden Altholzſchirmes durch einige Jahre notwendig macht. Wird dieſer Schirm— ſtand durch den Wind oder andere elementare Gewalten vorzeitig geworfen, ſo leidet dadurch der Verjüngungserfolg notwendig, nicht allein weil die Entwickelung des jungen Nachwuchſes nachteilig beeinflußt wird, ſondern auch deshalb, weil der Nachwuchs weitgehender mechaniſcher Beſchädigung und Vernichtung viel mehr preisgegeben wird, als es bei einem vorſichtigen Fällungsakte der Fall iſt. — Aus dieſem Geſichtspunkte beleuchtet iſt die Erziehung einer größeren Widerſtandsfähigkeit des Samenbaumes von gewiß hoher Bedeutung. Beginn und Verlauf der darauf abzielenden Vorhiebe hat ſich der Eigenart der Holzart, der Expoſition uſw. anzu— paſſen. Im allgemeinen aber iſt damit eine etwas zeitigere Einlegung der Vorbereitungshiebe unbedingt verbunden. — Manche andere Erör— terungen über die Anerziehung einer größeren Widerſtandsfähigkeit durch den Vorbereitungshieb, ſpeziell auch ſeine praktiſchen Durchführungsarbeiten gehören in das Gebiet der Wirtſchaftslehre. Reuß, Beſtandesgründung. a 2 18 Die natürliche Verjüngung. 2. Das Stadium der Beſamung. Das Stadium der Beſamung umfaßt den Akt der eigentlichen Be— ſtandesgründung und bedient ſich, ſoweit es ſich um Förderung der Ver— jüngung durch natürliche Mittel handelt, nur der im Vorbereitungsſta— dium begonnenen Lichtungshiebe. Die hierher gehörigen Operationen ſind in Literatur und Praxis allgemein unter der Bezeichnung Samenſchlag— ſtellung, Samenſchlag, Samenhieb, auch Dunkelſchlag eingeführt. Dieſer Terminus hat wohl nur inſoweit Berechtigung, als tatſächlich im Jahre der Beſamung immer ein Hieb eingelegt werden muß, der aber in dem einen Falle dem eigentlichen Beſamungsakte unmittelbar voraus— geſchickt wird: dann ſchließt er ſtrenggenommen das Vorbereitungs- ſtadium ab, im anderen Falle unmittelbar nach erfolgter Anſamung eingelegt wird: dann bildet er ſozuſagen den erſten Nachlichtungshieb. Der Samenſchlag oder Samenhieb hat alſo mit der Anſamung als wirkender Faktor nichts zu tun, d. h. der Fällungsbetrieb wird nicht zu dem Zwecke der eigentlichen Anſamung eingelegt, da ja offenbar der Samenabfall natürlicher, gleichmäßiger und ie erfolgt als vom fallenden oder liegenden Baume. Die Spezialaufgaben der Samenſchlagſtellung ſind: a) Gleichmäßige Anſamung und Unterbringung des abgefallenen Sa— mens, Förderung der Keimung und des jugendlichen Gedeihens durch die erſten zwei bis drei Jahre. b) Schutz vor Verwilderung des Bodens und weitere Beſamung, wo dieſelbe unvollſtändig war oder ganz ausblieb. a) Der Samenhieb darf gewiſſermaßen als Fortſetzung und Abſchluß der vorbereitenden Hiebsoperationen zunächſt deren Ziel nicht aus dem Auge verlieren, um ſo weniger, je weniger der Beſtand fertig vorbereitet in das Beſamungsſtadium eintritt. Streng genommen ſoll der Vorbereitungs- hieb das Objekt in Boden und Beſtand fix und fertig zur Beſamung vor= bereitet übergeben. Im praktiſchen Betriebe aber läßt ſich in dieſer Rich— tung eine große Gleichmäßigkeit nie erzielen und es wäre mit den Aufs gaben und Zielen des Vorbereitungshiebes abſolut nicht vereinbar, wollte man dieſelben etwa unter Preisgabe der Bodenempfänglichkeit durch ver— ſtärkte Hiebe herbeiführen. Ein richtig geleiteter Verjüngungsbetrieb muß ſogar dem Vorbereitungsſtadium immer eine gewiſſe Reſerve auferlegen, denn er muß die Empfänglichkeit des Bodens bis zu dem Moment der Beſamung erhalten. In dieſem Sinne bringen Boden- und Beſtandes— verhältniſſe oft die Notwendigkeit mit ſich, auch minderwertiges, nach Holz— art und individuellen Eigenſchaften für die Beſamung nicht geeignetes Material Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 19 bis zur Beſamung mitgehen zu laſſen und dann muß der Samenhieb ge— wiſſermaßen als Abſchluß der Beſtandesvorbereitung unmittelbar vor dem Samenabfall oder doch erſt dann eingelegt werden, wenn die normale Ausreifung des Samens am Mutterbaume geſichert iſt. Das wird beim Nadelholz in der Regel nach ungeſtört verlaufener Blüte, beim Laubholz aber erſt nach wirklich ſichtbar werdendem, geſundem Fruchtanſatz der Fall ſein. Wo dagegen der Beſtand zur Beſamung fertig vorbereitet, aller zuchtuntüchtigen Beimiſchung ledig iſt, wird im Intereſſe der Gleichmäßig— keit und Ausgiebigkeit der Anſamung vorher kein Hieb mehr eingelegt, es ſei denn bei Holzarten, bei denen die räumliche oder ungleichmäßige Stel— lung der Samenbäume ſelbſt die Gleichmäßigkeit des Anfluges nicht all— zuſehr beeinträchtigt. i Die Hiebsführung nach erfolgtem Samenabfall fördert aber nicht allein die gleichmäßige Anſamung, ſie ſichert auch die Unterbringung des abge— fallenen Samens am meiſten und verdient aus dieſem Grunde den Vor— zug. In letzterer Richtung iſt zur Geltung zu bringen, daß durch den Faällungsbetrieb, durch den Verkehr der Holzhauer im Schlage, durch die Aufarbeitung, Rückung und Ausfuhr des Materials uſw. die Samen unter die Bodenſtreudecke gebracht, durch Antreten in den Boden eingedrückt und vor mancherlei Schäden (Froſt, Vernichtung durch ſamenfreſſende Tiere uſw.) geſchützt werden. Selbſtverſtändlich wird durch alles das der Keim— prozeß ſehr gefördert. Von der richtigen Samenſchlagſtellung iſt aber mehr oder weniger auch das Wohl und Wehe des jungen Aufſchlages in den erſten 2—3 Jahren abhängig, da es nicht angeht, in der Zeit der zarteſten Jugendentwicke— lung weitere Hiebsoperationen einzulegen. Der Altholzſchirm muß alſo dunkel genug gehalten ſein, daß er allen Fährlichkeiten, denen der zarte Sämling ausgeſetzt iſt, wirkſam vorbeuge, und doch auch licht genug ge— halten ſein, daß allen Gedeihensanforderungen rechtzeitig genüge geleiſtet werde. In der Erfüllung dieſer von ſo vielſeitigen Rückſichten abhängigen Aufgaben liegt der Schlüſſel zur richtigen Löſung der wichtigen Frage des Angriffsgrades. Das Stadium der Vorbereitung ſetzt ſich in der Regel aus einer größeren Anzahl von Hiebsoperationen zuſammen, deren die folgende immer die vorhergehende korrigieren und ergänzen kann; bei Stellung des Samenſchlages handelt es ſich dagegen in jedem Samen— jahre um einen einzigen Hieb, der deshalb mit um ſo größerer Vorſicht geführt werden muß, weil Mißgriffe nach dieſer oder jener Seite nicht oder doch erſt im Nachhiebsſtadium wieder gut gemacht werden können. Wo es ſich darum handelt, den jungen Aufſchlag vor allerhand nachteili— * 20 Die natürliche Verjüngung. gen Einflüſſen atmoſphäriſcher Natur, vor der Wirkung kalter oder aus— dorrender Winde, vor Froſt und Hitze und, auf von Natur friſchem Boden, vor Feuchtigkeitsmangel, vor verdämmender Wirkung des Gras- und Un⸗ krautwuchſes und vor den Nachteilen der Bodenverangerung zu ſchützen, da wird unter allen Umſtänden die dunklere Schlagitellung mehr am Platze jein; inſofern aber dem jungen Aufſchlag das nötige Licht und, auf trok— kenem Standorte, die nötige Feuchtigkeitszufuhr geſichert werden ſoll, wird der ſcharfe Eingriff zu empfehlen ſein, der für 2— 3 Jahre für Lichtgenuß im voraus ſorgt und den Zutritt der atmoſphäriſchen Niederſchläge er— leichtert. Holzart, inſonderheit ihr jugendliches Schutzbedürfnis, dann Beſtandes- und Standortsverhältniſſe nehmen naturnotwendig einen hervor— ragenden Einfluß auf die Samenſchlagſtellung und wollen nach allen Seiten mit Umſicht geprüft und gewürdigt ſein. b) Das Stadium der Beſamung hat endlich aber noch andere Zu— kunftsrückſichten ins Auge zu faſſen, insbeſondere der jpäteren Nachbeſa— mung noch dienſtbar zu ſein. In den meiſten Fällen kann das Nach— beſamungsbedürfnis im voraus nicht beſtimmt werden. Es tritt oft erſt nach einigen Jahren kenntlich hervor, eine Tatſache, die ihrerſeits zu umſo größerer Vorſicht beim Samenhiebe mahnt, je mehr die ſtandörtlichen Ge— fahren den Verjüngungserfolg noch beeinträchtigen. Wird der Hieb auf ſtark zur Verraſung geneigtem Boden zu ſcharf geführt, ſo iſt der Boden ſehr bald mit Gras- und Unkrautwuchs derart überzogen, daß der junge Aufſchlag der auszehrenden und verdämmenden Wirkung in großer Menge zum Opfer fällt und der Boden ſchnell ſeine Empfänglichkeit für etwa er— wartete weitere Anſamung einbüßt Die Unzulänglichkeit und Ungleichmäßig⸗ keit der jeweiligen Beſtandesfruchtbarkeit, örtlich ungünſtig wirkende Witte— rungseinflüſſe und daran ſich knüpfende Eingänge, der Wunſch, noch miſchende Anſamung eingeſprengter Holzarten zu erzielen, die hier und da ungenügende Beſamung noch zu ergänzen, üben auf die Samenſchlagſtellung hervorragenden Einfluß. Die Anforderungen, welche in dieſer oder jener Richtung noch an die Samenbäume geſtellt werden, müſſen ſonach un= mittelbar nach der Beſamung umſichtig gewürdigt werden, ehe der Samen— hieb ſelbſt beendet iſt. 5. Das Stadium der Kräftigung und Erziehung der Jugend. Die Waldbaulehre faßt die in dieſem Stadium noch einzulegenden Operationen in dem ganz bezeichnenden Begriff „Nachhiebe“ zuſammen und ſpricht allgemein von einem Nachhiebsſtadium. Dasſelbe hat mit der natürlichen Beſtandesgründung im engeren Sinne des Wortes, alſo [| A Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 21 mit der Anſamung, nichts oder doch nur inſofern zu tun, als noch mehr oder minder ausgiebige Nachbeſamungen zur Ergänzung unregelmäßi— ger und unvollſtändiger Verjüngungen notwendig werden. Jedenfalls aber iſt die ſachgemäße Leitung der Nachhiebe auf den abſchließenden Er— folg der natürlichen Verjüngung von ſo maßgebendem Einfluß, daß die Lehre der Beſtandesgründung auch ihre Maßnahmen, insbeſondere die erſten Nachhiebe mit in ihren engeren Geſichtskreis einbeziehen muß. Als Spezialaufgaben der Nachlichtungshiebe ſind demnach zu be— handeln: a) Fortſetzung und Abſchluß der Beſamung, p) Allmähliche Kräftigung des Nachwuchſes und gedeihenfördernde Regelung aller extremen atmoſphäriſchen Einflüſſe, c) Schutz des Bodens vor Aushagerung und Verwilderung bis zur wirtſchaftlichen Selbſtändigkeit des Jungbeſtandes. a) Nachbeſamungen jeder Art, mögen ſie einfach ergänzende oder beſtandesmiſchende Abſichten verfolgen, greifen ihrem Weſen nach zurück in das eigentliche Beſamungsſtadium und unterliegen den dort hervorge— hobenen Rückſichten. Sie legen naturgemäß der Beweglichkeit der weite— ren Lichtungshiebe nach Raum und Zeit weitgehende Feſſeln an und ge— ſtatten die Führung lichtender Kräftigungshiebe zugunſten des Nachwuchſes erſt dann, wenn der Beſamung vollſtändig oder doch in den Grenzen der Möglichkeit genüge geleiſtet wurde. Beſonders wünſchenswert iſt es, noch die Nachbeſamung von ſolchen wirtſchaftlich wichtigeren Holzarten her— beizuführen, die nur ſehr untergeordnet im Mutterbeſtande eingeſprengt waren, vielleicht im Maſtjahre der Hauptholzart nicht oder doch unzu— reichend fruktifizierten und vermöge ihres flugtüchtigen Samens die An— flugverjüngung über weitere Strecken herbeizuführen in der Lage ſind. Nadelholzeinſprengungen in Buchenverjüngungen z. B. ſind, auf dieſe Weiſe veranlaßt, ſtets hochwillkommen. Häufig werden auch gerade im Stadium der Nachbeſamung künſtliche Bodenvorbereitungen durch oberflächliche Locke— rung und Verwundung ganz ausgezeichnete Dienſte leiſten, wo man nach der Hauptbeſamung die Überzeugung gewinnt, daß der Boden die nötige Empfänglichkeit entbehrte und dieſer Mangel den Erfolg der Verjüngung örtlich benachteiligt hat. Man wartet in ſolchen Fällen bis zum Eintritt des Samenjahres und führt die Bodenbearbeitung unmittelbar vor dem Samenabfall aus. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß in dieſem Stadium der Nachbeſamung auch der günſtigſte Moment für die künſtliche Vervollſtändigung und Er— gänzung der natürlichen Verjüngung, insbeſondere auch für Beimiſchung 22 Die natürliche Verjüngung. jener Holzarten gegeben iſt, welche im Mutterbeſtande überhaupt nicht vorkommen oder ſonſt an der natürlichen Anſamung nicht in dem ge— wünſchten Maße ſich beteiligt haben. Saat und Pflanzung gelangen zu ihrer komplettierenden Einführung mit beſtem Erfolge zur Anwendung. Die nähere Behandlung dieſer wichtigen Nacharbeiten erfolgt ſpäter (§ 14). b) Schon bei der Beſprechung des Beſamungsſtadiums iſt auf die hochwichtige bemutternde Rolle hingewieſen, welche die Samenbäume in den erſten Jahren dem jungen Nachwuchs gegenüber zu erfüllen haben, Aufgaben, die je nach Holzart, Boden und Lage an Wichtigkeit, Viel— ſeitigkeit der Beurteilung und Ausführung ungemein zunehmen und die bei minder umſichtiger Löſung noch ein böſes Hemmnis für die Entwicke— lung des Anwuchſes werden, den Enderfolg der Verjüngung nachträglich noch ſehr ſchädigen können. Dieſe erzieheriſchen Aufgaben des Altholz— ſchirmes treten nun insbeſondere am Anfang des Nachhiebsſtadiums noch mehr in den Vordergrund und ihre Löſung geſtaltet ſich bei der Viel— ſeitigkeit der Einzelwirkungen, welche der Geſamteffekt der Beſchirmung in ſich vereinigt, oft recht kompliziert. So iſt u. a. zu berückſichtigen, daß die Sonne als Wärme- und Lichtquelle anregend wirkt, die phyſio— logiſche Wirkung des Lichtes aber jedenfalls den größeren Anteil an der Geſamtleiſtung hat; es iſt zu berückſichtigen, daß der Schirmſtand den Zutritt der Tagewäſſer nach Menge und Verteilung nachteilig beeinflußt, anderſeits die Austrocknung und Feuchtigkeitsverdunſtung des Bodens hemmt; daß ferner die Wärmeausſtrahlung des Jungwuchſes und damit auch die Gefahr des Erfrierens herabgeſtimmt wird. Im allgemeinen ſpricht das höhere Schutzbedürfnis der Holzart (3. B. bei Buche, Tanne) gegen Witterungsextreme (Froſt, Dürre) für eine ſehr vor— ſichtige Einlegung der Nachhiebe und doch fällt auch die Lichtbedürftigkeit und Schattenerträglichkeit des jungen Nachwuchſes in dieſer Richtung ſehr modifizierend ins Gewicht. Und die Entſcheidung der wirtſchaftenden Hand geſtaltet ſich hier um ſo ſchwieriger, weil das Verhalten der Holzarten gegen Licht und Schatten nicht allein artenweiſe, ſondern auch bei gleicher Art mit der Bodengüte, Lage uſw. außerordentlich veränderlich iſt und nur jener Nachlichtungshieb ſich voll und ganz in den Dienſt der Jugend— kräftigung ſtellen wird, der dieſe veränderliche Haltung zutreffend zu wür— digen vermag. — Auf ärmerem, trockenem Standorte verſchwindet der jugendliche Anwuchs, wenn nicht energiſche Hand für die nötige Durch— lichtung des dichteren Kronenſchirmes ſorgt, damit Licht- und Feuchtigkeits— zufuhr durch atmoſphäriſche Niederſchläge (für von Natur trockenen Boden und Lagen, für die natürliche Verjüngung überhaupt von großer Wichtig— Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 23 keit) in entſprechendem Maße geſichert erſcheinen. Im allgemeinen iſt das Lichtbedürfnis auf guten, nährkräftigen, friſchen Standorten nicht ſo groß als auf geringeren Bodengüteklaſſen, und insbeſondere verlangt die not— wendige Feuchtigkeitszufuhr immer einen ſchärferen Eingriff der Nach— lichtungshiebe. Die feuchtigkeitskonſervierende Bedeutung des Beſtandes— ſchirmes ausdrücklich anerkennend, muß an dieſer Stelle doch gewürdigt werden, daß jene Bodenzonen, welche die Wurzeln des jugendlichen Auf— ſchlages nahrungswerbend durchſetzen, aus dem vom ſchirmenden Altholz— beſtande mitunter förmlich „ausgepumpten“ Untergrunde nicht immer den nötigen Feuchtigkeitsnachſchub erhalten, ſondern mehr auf die atmoſphä— riſchen Niederſchläge angewieſen ſind. Reden dieſe Rückſichten einem flotten Eingreifen und Fortſchreiten der Nachlichtungshiebe das Wort, ſo treten auf der anderen Seite wie— der mancherlei Schutzfragen für den jungen Aufſchlag gegen Dürre, Froſt, kalte Winde, ſelbſt gegen gewiſſe Inſekten und Pilze in den Vorder— grund, die für ein vorſichtiges und verlangſamtes Hiebstempo ſprechen. An Südhängen, in eigentlichen Froſtlagen, wie ſie oft durch Boden- und Terrainverhältniſſe bedingt werden, auf Rücken und exponierten Plateaus uſw. werden ſtandörtliche Gefahren ihren zurückhaltenden Einfluß auf den Gang der Nachlichtungshiebe ſtets zur Geltung bringen. Im allgemeinen darf aber nie außer acht gelaſſen werden, daß das Licht für alle Holzarten ein wichtiges, wuchsförderndes Agens iſt und daß der Schirm des Altholzes da zu weichen hat, wo derſelbe zur Be— mutterung der Jugend nicht mehr benötigt wird. c) Soweit es nicht mit den vorher dargelegten Zwecken der Ju— gendpflege in Widerſpruch tritt, haben die Nachhiebe auch eine ausge— ſprochen bodenpflegliche Rückſicht hervorzukehren, denn eine weitgehende Unaufmerkſamkeit in dieſer Richtung würde nur zu oft ſchädigend auf das Gedeihen des Jungbeſtandes zurückwirken. Starker zuſammenhängen— der Gras: und Unkrautwuchs, wie er kräftigen Verwitterungsböden, feuchteren Lagen uſw. eigen iſt, ſind namentlich in den erſten Jah— ren nach der Anſamung böſe Feinde des Verjüngungserfolges. Sie zeh— ren den Boden aus, erhöhen die ſchädigende Wirkung der Dürre, unter Umſtänden auch des Froſtes; ſie überwuchern die im jugendlichſten Al— ter meiſt langſamen Samenwüchſe, verdämmen im lebenden und tra— gen im abgedorrten Zuſtande die Gefahr der Vernichtung durch Bodenfeuer in die Verjüngungsflächen hinein. Gegen alle dieſe Gefahren kämpft ein vorſichtiger Betrieb durch langſam und zurückhaltend geführte Nach— hiebe an, bis der junge Nachwuchs ſelbſt in Schluß tritt und in wirtſchaft— 24 Die natürliche Verjüngung. licher Selbſtſtändigkeit den Bodenſchutz aus eigener Kraft übernimmt. Bei froh gedeihlicher Entwicklung des Aufſchlages braucht man in dieſer zu— wartenden Haltung nie zu ängſtlich zu ſein. Der Jungbeſtand bezwingt den Unkrautwuchs aus eigener Kraft, wenn er einigermaßen vollſtändig und gleichmäßig einmal in die Bahnen gedeihlicher Entwickelung einge— treten iſt. 6 Wie der Vorbereitungs- und Samenſchlag ſo greift auch der Nach— hieb — ſoweit keine Beſamung mehr erwartet wird — vorweg zu den ſchwer— ſten, ſtärkſten, breitkronigſten und wertvollſten Stämmen, um der Beſchä— digung des Jungwuchſes durch Fällung und Ausfuhr und der Entwertung des Mutterſtammes durch allfällig nötig werdende Zerlegung vorzubeugen. § 7. Verlauf und Dauer der Schirmbeſamung. Bei kurzem Rückblick auf die Operationen der Beſamung durch Schirmſtand feſtigt ſich die Überzeugung, daß die Einzelverrichtungen nach Zeit und Raum nie in jo abgegrenzter Form und Folge in praxi abge— tan werden können, als es in der gegebenen mehr idealen Schilderung des Arbeitsganges zum Ausdruck gelangt. Es entſpricht einfach nicht den Vorgängen der natürlichen Verjüngung, auch nicht der Natur des Waldes überhaupt, daß die Vorbedingungen für eine Naturanſamung auf größeren Flächen gleichzeitig und in gleich vollkommenem Maße gegeben ſeien; es entſpricht nicht der Natur des Standortes und Beſtandes, daß das Gedeihen des jungen Nachwuchſes ſo gleichmäßig fortſchreite, um auch die gleichzeitige Einlegung der einzelnen Hiebsoperationen zu rechtfer— tigen. Ebenſo wie das Vorbereitungsſtadium in die Stellung des Samen— ſchlages hinübergreift, ebenſo ſetzt ſich der letztere in das Nachhiebsſtadium fort, ſo daß bei vorgeſchrittenem Verjüngungsprozeß ſelbſt unter günſtigen Verhältniſſen alle Hiebsſtadien zeitlich und räumlich in den Verjüngungs⸗ flächen vereinigt ſind. Naturnotwendig ergibt ſich daraus eine gewiſſe Ungleichheit des Alters und der Entwicklung im Jungbeſtande, die, in engeren Grenzen ſich bewegend, nicht gerade zum Nachteile der natür— lichen Verjüngung durch Schirmſtand ſpricht. Sie beugt der allzu engen Altersgleichheit vor, an der die künſtliche Beſtandesgründung mit ihren uniformen Anlagen in mehr oder minder zuwachsſchädigender Weiſe krankt. Unter günſtigen Verhältniſſen, auf humoſem, zerſetzungstätigem, friſchem Boden und bei häufiger Wiederkehr der Samenjahre kann die Anſamung als eigentlicher Beſtandesgründungsakt, wenn auch zwei verſchiedene Samen— jahre dazu nötig werden ſollten, innerhalb 3—5 Jahren erfolgen. In dieſem Falle iſt eine der künſtlichen Beſtandesgründung ziemlich ebenbürtig zur Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 25 Seite tretende Altersgleichheit geſichert, ſelbſt dann, wenn durch beſondere Umſtände veranlaßt, das Vorbereitungs- und Nachhiebsſtadium über eine längere Reihe von Jahren, ja ſelbſt über mehrere Dezennien ſich erſtreckte. Unter ungünſtigen Verhältniſſen aber (ſeltenere Samenjahre, geringer Boden, klimatiſche Unbilden uſw.) kann der ausreichende Beſamungserfolg auch 20 und mehr Jahre auf ſich warten laſſen und dann trägt der ungleich— mäßige Verlauf der Anſamung Altersdifferenzen in die jungen Beſtandes— anlagen, welche auf die Ausgeſtaltung des praktiſchen Wirtſchaftsbetriebs nicht ohne Einfluß ſein können. Dieſelben haben auch Anlaß gegeben (Gayer), je nach der Dauer des Verjüngungs- (bejier des Beſamungs—) ſtadiums die Verjüngung durch Schirmſtand zu trennen und zu unter— ſcheiden: Die Schirmſchlagverjüngung bei geringeren, nicht über 10 Jahre anſteigenden Altersdifferenzen und die Femelſchlagverjüngung mit Altersdifferenzen von 20 und mehr Jahren. Die erſtere rechnet Gayer zu ſeinen gleichalterigen, die letztere zu ſeinen ungleichalterigen Formen. Das Kriterium der Geſamtdauer des Verjüngungsprozeſſes iſt aber für ihre Charakteriſtik weniger maßgebend. — § 8. Die Schirmverjüngung im Saumſchlage, im Horſt und in der Gruppe. Dieſe mehr ſtellenweiſe eingreifenden Verjüngungsformen arbeiten nicht in der dem Betriebe geläufigen Schlaggröße, verzichten über— haupt auf flächenweiſen Zuſammenhang. Sie ſtellen Abänderungen der ſchlagweiſen Verjüngungsformen dar, die zwar einer gewiſſen ſyſtema— tiſchen Ordnung nicht ganz entbehren, doch aber an keinerlei Regelmäßig— keit ſich binden und in freier Beweglichkeit mehr ſprungweiſe arbeiten. Ihrem Weſen nach ſchreiten ſie im Gewande der früher behandelten ſchlag— weiſen Formen einher. Sie finden ihr geeignetes Arbeitsfeld da, wo die Standortsverhältniſſe der natürlichen Verjüngung durch Beſamung im großen minder günſtig geartet ſind und arbeiten da in der Regel mit der künſtlichen Beſtandesgründung in der Weiſe zuſammen, daß ſie, mit vorſichtiger Auswahl der Örtlichkeit dem Abtriebe vorausſchreitend, die ſelbſtverjüngende Tätigkeit des Beſtandes anregen, der erſteren aber ohne langes Zuwarten das Terrain überlaſſen, wo die letztere verſagt. Opfer an Zuwachs, Rückgang des Bodens uſw. ſollen ihr fremd ſein. Wenn derartige vorgreifende Verjüngungsbeſtrebungen in Form von ſchmal ſich nebeneinander legenden Abſäumungen in das Innere des Be— ſtandes eintreten, ſo ſtehen wir vor der ſchlagweiſen Schirmbeſamung 26 Die natürliche Verjüngung. im Kleinen, vor der Saumſchlagverjüngung, die übrigens auch in der ſogenannten Kuliſſenform mit Springſchlägen ihre bandartigen Licht— ſtreifen als Angriffspunkte für die Beſamung in das Beſtandesinnere ein— legt. Die gruppen- und horſtweiſe Verjüngung iſt dem Raum nach an gar keine Ordnung und Regelmäßigkeit gebunden. Sie geſtattet ſich auch zeitlich große Freiheiten, jo daß vorverjüngte Horſte von 20 —30 und mehrjährigem Altersvorſprunge in die Schlagſtellung ſpäter eingeführt werden. Sie ladet in regellos-ſprungweiſem Vorgehen ſo zu ſagen die Natur mit vorſichtigen Lichtungen zu freiwilligen Beitragsleiſtungen für die Beſtandesverjüngung ein und findet in der Regel im Beſtande ſelbſt die Fingerzeige für die Geneigtheit zur Verjüngung. Alles was die Natur bietet wird dankbar in ſorgliche Pflege genommen. Es wird aber nie hartnäckig lange auf dieſe Beitragsleiſtungen gewartet, wo ſich die Natur der geſtellten Aufgabe nicht gewachſen zeigt. Die horſtweiſe Verjüngung legt ſich ſonach in ihren einleitenden Operationen eine gewiſſe Reſerve und Vorſicht auf und tritt nur dann in die abſchließende Tätigkeit ein, wenn die Anſamungserfolge örtlich ſchon ſichtbar ſind. Die eingehende Behandlung ihrer Einzelverrichtungen ſcheint für dieſe ſtellenweiſen Verjüngungsformen nicht mehr notwendig und kann dies— bezüglich auf die einſchlägige Erörterung des S 6 Bezug genommen werden. So ſehr dieſe Formen in wirtſchaftlich-techniſchen und haus— hälteriſchen Hinſichten von der ſchlagweiſen Verjüngung abweichen, ſo ſehr ſtimmen ihre aus Vorbereitungs-, Beſamungs- und Nachhiebsſtadium ſich zu— ſammenſetzenden Einzelarbeiten mit dem Gange der erſteren überein. Denn auch ſie arbeiten immerhin noch in flächenweiſem Angriffe, aller— dings im Angriffe „auf kleinſter Fläche“; gewiß aber laſſen ſich alle Ein— zelverrichtungen in den Rahmen der ſchlagweiſen Verjüngung einfügen. In ihren extremen Durchführungsformen nähert ſich die horſt- und gruppen— weiſe Verjüngung ſchon mehr der eigentlichen Plenter- oder Femelbe— ſamung. — Der Saumſchlag kann das eigentliche Vorbereitungsſtadium mit ſeinen boden- und beſtandes vorbereitenden Aufgaben nicht wohl entbehren. Er ſtrebt, wenn auch in langſamerem Fortſchreiten, doch die flächenweiſe zuſammenhängende Verjüngung an und ſchließt allenfalls nur jene Stellen aus, wo der Anſamungserfolg nach Boden und Beſtand ganz ausſichtslos iſt. Samenſchlag und Nachhiebe erfolgen dann aus den bei der ſchlag— weiſen Verjüngung dargelegten Geſichtspunkten. Die gruppen- und horſtweiſe Schirmbeſamung legt auf den Vorbereitungshieb minder großes Gewicht. Sie ſucht ſich ohnehin die zur A Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 27 Verjüngung beſonders geeigneten Beſtandespartien aus und findet dieſe rückſichtlich der Bodenbeſchaffenheit in der Regel in guter Verfaſſung. Vor— handene Bodenſtreuanſammlungen in Mulden und Geſenken, dem dankbarſten Arbeitsfelde der horſtweiſen Verjüngung, können allerdings der zerſetzungs— fördernden Einwirkung der vorgreifenden Lichtungen nicht entbehren. Wo aber Rohhumusauflagerungen, haftende Bodendecke oder ſonſt die Anſamung erſchwerende Bodenzuſtände vorliegen, ſetzt die horſtweiſe Verjüngung über— haupt nicht ein. Ungleich größeres Gewicht legt ſie aber der Beſtandes— vorbereitung durch rechtzeitigen und fürſorglichen Aushieb aller nicht zur Verjüngung geeigneten Beſtandeselemente d. i. alſo den züchteriſchen Aufgaben des Vorbereitungshiebes bei. — Samenſchlag und Nachhiebs— ſtadium nehmen den früher dargelegten Verlauf. Gelingt die Verjüngung örtlich in der Gruppe, im Horſt, ſo greift ſie konzentriſch um ſich und ſucht ſelbſt mit künſtlicher Nachhilfe die vor— verjüngten Beſtandespartien zu größeren wirtſchaftlich abgerundeten Flächen zu vereinigen. $ I. Die Schirmverjüngung im Femelwalde. Zur allgemeinen Würdigung ſei hervorgehoben: Es iſt eine nicht gerade ſehr vorteilhafte Eigenart des Plenterwaldes, daß an ſeiner natür— lichen Verjüngung alle fruktifizierenden Holzarten, Altersitufen und Baum— individuen ſich beteiligen können, ſo daß eigentlich kein Termin für Beginn, Verlauf und Ende der Verjüngung, vielmehr eine unvorteilhafte und komplizierende Verquickung aller einſchlägigen Operationen beſteht, die den Femelwald nach mancher Seite hin in ernſte Kolliſionen mit den Anforderungen der modernen Ertragswirtſchaft bringt und die wirtſchaft— liche Bedeutung des Femelbetriebes mehr herabdrückt, als es mit Rück— ſicht auf ſeinen ſonſt ſo ausgeprägten naturgemäßen Charakter wünſchens— wert wäre. So können z. B. ſpeziell vom Standpunkte der Zuchtwahl gewiß mancherlei Bedenken gegen ihn erhoben werden, welche im Verein mit dem regelloſen Ineinandergreifen ſeiner Operationen und mit den der Ingerenz der Wirtſchaft vollſtändig entrückten Vorgängen in der Na— tur ohne weiteres erkennen laſſen, daß die zuchtgerechte Verjüngung im ungleichalterigen Hochwalde eine weit höhere Aufmerkſamkeit und Intelligenz erheiſcht, als der gleichalterige Hochwaldbeſtand, in welchem Termin und Raum für den Angriff der Verjüngung konkret durch die flächenweiſe Altersklaſſengruppierung feſtgelegt erſcheint. Auch der Femelwald ſoll unter dem ordnenden Einfluſſe eines tüch— tigen Wirtſchaftsbetriebes nur aus dem Samen ſeiner älteſten d. h. ſeiner 28 Die natürliche Verjüngung. nutzungs- oder wenigſtens vollkommen zuchtreifen Altersſtufe ſich verjün- gen. Dieſe Forderung bedingt nicht allein die einigermaßen gleiche Ver— teilung geſunder mannbarer Samenbäume, ſondern auch eine laufend ſehr auf— merkſame Wirtſchaftsführung, damit die jüngeren Klaſſen möglichſt wenig zur Samenbildung ſchreiten oder wenigſtens der von ihnen abfallende Samen nicht zur dauernden Teilnahme an der Beſtandesbildung berufen werde. Schon die Natur des Plenterwaldes beugt durch die Beſchattung der jüngeren ſeitens der älteren Klaſſen dieſem Übelſtande mehr oder weniger wirkſam vor, doch erwächſt dem Verjüngungsbetriebe im wirt— ſchaftlich geordneten Plenterwalde die wichtige Sonderaufgabe, dieſe na— türlichen Zuchtvorgänge im ungleichalterigen Hochwalde nach Möglichkeit zu unterſtützen. — Die Operationen der natürlichen Verjüngung im Fe— melwalde haben ſich offenbar an den Entwickelungsgang im Urwalde eng anzuſchließen. * Die Vorbereitungshauung iſt, ſoweit es ſich um bodenvorbereitende Wirkungen handelt, meiſt weniger belangreich. Die anerkannt bodenpfle— gende Kraft des Plenterwaldes ſorgt mehr wie jede andere Hochwaldform für eine regere Zerſetzungstätigkeit und laufende Empfänglichkeit des Wald— bodens. Dagegen gelangt die Bedeutung des Vorbereitungshiebes, ſo— weit er den Baum zur Samenerzeugung, den Beſtand zur zuchtgerechten Beſamung vorzubereiten hat, zu voller Geltung. Derſelbe geſtaltet ſich um ſo komplizierter, je regelloſer die Beſtandesſtellung, in welcher ſich der Plenterwald zur Verjüngung darbietet. Da der Aushieb nicht mannbarer Stämme in der Regel ausgeſchloſſen iſt, ſo ſoll der Vor— bereitungshieb ſtets bemüht ſein, den Beſtandesſchluß tunlichſt zu erhalten, damit die unreifen Altersſtufen nicht zur Samenzeugung angeregt werden; er hat aber anderſeits die reifen Horſte, Gruppen und Einzel— ſtämme zu treffen, damit deren Samentüchtigkeit tunlichſt gefördert werde. Nebſtbei hat er dafür zu ſorgen, daß minderwertige Holzarten, die ſich nicht an der Verjüngung beteiligen ſollen, und Individuen, gegen deren züch— teriſche Eignung irgend welche Bedenken erhoben werden können, recht— zeitig ausſcheiden und umgekehrt die wertvollen Holzarten und zuchttüch— tigſten Individuen rechtzeitig freigehauen und zum Samentragen angeregt werden, wo ſie im Schirm- oder Seitendruck minderwertiger Beſtandes— elemente nicht verjüngend zur Geltung kommen würden. Ideal gedacht regelt, wie ſchon angedeutet, die Untereinanderſtellung der Altersklaſſen die Samen— bildung im Sinne der Zuchtwahl, da ja nur die im Lichtgenuß ſtehenden, das ſind in der Regel die älteren Stammklaſſen, Samen tragen werden. Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 2. Die Samenſchlagſtellung verfolgt die gleiche Tendenz wie im ſchlag— weiſen Betriebe, erreicht aber ihr Ziel nie ſo prompt. Sie arbeitet ſchwerfällig, unſicher und geht eigentlich im Vorbereitungs- und Nach— hiebsſtadium vollſtändig auf, inſofern im Samenjahre ſelbſt nur noch der letzte Eingriff im vorbereitenden Sinne gemacht werden muß. Er hat da nicht allein der Schirm-, ſondern auch einer allzu dichten Seiten— beſchattung ſeine Aufmerkſamkeit zuzuwenden, die im Hinblicke auf die regelloſe Altersmiſchung gleich hinderlich für Keimung und erſte Jugend— entwickelung werden kann. Intenſivere Offnung des Kronenraumes, ſelbſt kleine Lückenhiebe, die den unteren Beſtandesraum dem Lichte und der Wärme zugänglich machen und die erſte Anſiedelung des Samens ſichern helfen, ſind nötig. 3. Die Nachlichtungen haben auf Kräftigung des Nachwuchſes ihr Augenmerk zu richten, ſie arbeiten vorſichtig zur Herbeiführung des Verjüngungs⸗Enderfolges, werden aber durch die Rückſichten auf die Erhal— tung der jüngeren Altersklaſſen in ihrer Bewegungsfreiheit immer ſehr ge— hemmt und gehen deshalb meiſt mit durchforſtenden Aushieben in den letzteren Hand in Hand. Die Eingriffe ſelbſt erfolgen der Natur des Plenterbetriebes ent— ſprechend alljährlich, wenn auch nicht überall und nicht gleichmäßig. Die wechſelreiche Eigenart des Femelwaldes zeichnet vor und bindet nach keiner Richtung an Regelmäßigkeit oder Schablone. So ſehen wir alle Hiebsoperationen in buntem Wechſel der Ausführungsdetails alljährlich den Plenterwald durchwandern, ſie verfolgen denſelben Zweck, wie im gleichalterigen Hochwalde, haben ſich aber der regelloſen Altersklaſſen— Miſchung und Gruppierung nach allen Richtungen anzupafjen. Sturmgefahren für den Mutterbeſtand erheiſchen in der Regel keine beſonderen Rückſichten. Graswuchs, Kronenſchirm, Expoſition, umgebende Beſtandesgruppen kommen für Anſamung und Gedeihen mehr in Betracht und legen den einzelnen Hiebsoperationen in oft ganz unvermittelter Folge hier ein langſameres, dort ein beſchleunigteres Fortſchreiten, an dritter Stelle zeitweiſe ſogar ein „Halt!“ auf. In Gruppen und Horſten iſt auch dem ſyſtematiſch geordneten Femel— walde eine gewiſſe Altersſtufenregelung nicht unbedingt fremd. Seine Verjüngung nähert ſich dann der horſt- und gruppenweiſen. 30 Die natürliche Verjüngung. B. Die Beſamung durch Seitenſtand. Die Anſamung erfolgt nicht durch ſenkrechten Abfall aus dem Kronenſchirm, ſondern durch Zutragung des Samens von der Seite her. Stehen die Samenbäume unmittelbar neben der Verjüngungsfläche, dieſe von einer oder mehreren Seiten in unregelmäßiger Beſtandesform um— ſäumend, ſo geht die Beſamung von den Rändern aus, wir ſprechen von „Randbeſamung“. Stehen dagegen die Samenbäume ganz ver— einzelt auf, neben oder auch weit ab von der Verjüngungsfläche, ihren Samen günſtigen Windſtrömungen überlaſſend, ſo ſprechen wir von der „Anflug verjüngung“. In beiden Formen kann die Beſamung nur auf Holzarten mit ſehr leichtem oder wenigſtens flugfähigem, d. h. mit Flügeln verſehenem Samen angewendet werden. § 10. Allgemeine Würdigung. Ihrer wirtſchaftlichen Bedeutung nach ſteht die Beſamung durch Seitenſtand, ganz abgeſehen von ihrer beſchränkten Anwendbarkeit auf Holzarten mit Flügelſamen, weit hinter der Schirmbeſamung zurück. Sie arbeitet auf kahl abgeſtockten Verjüngungsflächen, verzichtet alſo auf den Hauptvorzug der natürlichen Verjüngung, auf die Möglichkeit der Boden— konſervierung und ſieht ihre Erfolge von einer Reihe von Zufällen be— einflußt, von denen die Wirtſchaft im Ertragswalde ſich nicht abhängig machen darf. Ihre Verbindung mit dem Kahlabtriebe der Verjüngungsfläche ſchließt mancherlei Gefahren für die Zukunft des Waldes in ſich, die nur da belanglos ſind, wo die Beſamung der Schlagſtellung unmittelbar auf dem Fuße folgt oder doch ebenſo ſchnell wie bei der künſtlichen Beſtan— desgründung herbeigeführt werden kann. Das iſt nur in den ſeltenſten Fällen, nicht einmal bei der weit ſicherer arbeitenden Schirmverjüngung, geſchweige denn bei der Randverjüngung zu erwarten, da voraus— geſetzt werden muß, daß in der Zeit des Samenfalles auch günſtigere Winde herrſchen, die nach Stärke und Zugrichtung das Amt des Säe— mannes mit Erfolg übernehmen. Dieſe Grundbedingung, deren Er— füllung nur dem Zufall anheimgegeben iſt, ſteigert die Unſicherheit der Verjüngung durch Seitenſtand abermals gewaltig und beſchränkt ihre Anwendbarkeit obenein auf jene Holzarten, deren Samenfall ſich über monatelange Zeiträume erſtreckt. Die Unzuverläſſigkeit der Beſamung durch Seitenſtand wird durch die vorher behandelten Anforderungen, welche ſie bezüglich der Flug— Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 31 fähigkeit und bezüglich der Samenfalldauer an die Holzart ſtellt, in ſo grelles Licht geſtellt, daß eine kurze Sichtung der Holzarten in der Rich— tung ihrer Tauglichkeit für die Randbeſamung hier eingeſchoben wer— den muß. Von den wirtſchaftlich wichtigeren Holzarten kommen die ſchwer— ſamige Eiche und Buche gar nicht in Betracht; ſelbſt der geflügelte Tannenſamen wird nur ſehr wenig über den Schirmbereich des Mutter— baumes hinausgetrieben. Fichte, Kiefer, Lärche erfüllen die Bedingung: „leichtes Flügelkorn und langanhaltender Samenabfall“ am meiſten. Die minder wichtige Erle, Eſche, Bergahorn, allenfalls auch Birke und Winter— linde ſamen auch länger aus, gelangen aber nicht im großen zur Ver— jüngung. Die meiſten anderen Holzarten, ob flugtüchtig oder nicht, ſind zur Randverjüngung gar nicht geeignet, da der Samenfall innerhalb kur— zer Friſt ſich vollzieht. Tatſächlich hat ſich auch die Randbeſamung in Fichten- und Kiefern- forſten am meiſten ausgebildet, doch iſt ſie auch hier nicht zur Ver— jüngung im großen Stile herangezogen worden und wird niemals eine ſolide Grundlage für die moderne Ertragswirtſchaft bieten können. Ihre Unzuverläſſigkeit gibt ihr allenfalls die Eignung zu einer will— kommenen Gehilfin, zur Vorläuferin der künſtlichen Verjüngung, für die ſie immerhin ſchätzenswerte Beiträge, namentlich auch im Wege der An— flugverjüngung, liefern kann. Die Wirtſchaft allein auf ſie aufzubauen, wäre aber nur unter ganz ungewöhnlich günſtigen Vorausſetzungen, wie ſie im großen in keinem Waldgebiete vorkommen, möglich. Und wo die Beſamung länger auf ſich warten läßt, iſt ſie mit beiſpielloſen Zuwachs— verluſten und Bodenverwilderung verbunden, die ihr jede wirtſchaftliche Berechtigung benehmen. § 11. Die ſchlagweiſe Randbeſamung. Sie iſt die einzige Form, in welcher die Verjüngung durch Seiten— ſtand wenigſtens ortsweiſe zu einer wirtſchaftlichen Durchbildung gelangt iſt; ſie iſt auch die einzige, welche in ihrem Fortſchreiten nach Raum und Zeit eine gewiſſe Ordnung und Regelmäßigkeit vorausſetzt und für eine ſolche geeignet iſt. Sie arbeitet in eigentlichen Schlägen oder in ſchmalen Abſäumungen, je nach der Gunſt der einſchlägigen Verhältniſſe. Rückſichten einer wirkungsvollen Anſamung ſtehen dabei im Vordergrund. Windſtärke und Flugfähigkeit des Samens, auch die Terrainbe— ſchaffenheit beſtimmen das zweckmäßige oder zuläſſige Breitenmaß des Schlages und inſoweit die Windſtärke von Lage und Expoſition abhängig 32 Die natürliche Verjüngung. iſt, üben auch letztere einen mittelbaren Einfluß auf die Breite der Ver— jüngungsfläche aus. Der Oſtwind iſt als breiter, trockener und regel— mäßig fließender Luftſtrom der Beſamung günſtiger, als der feuchte Weſt— wind mit ſeiner mehr ſtoßweiſe wechſelnden Vehemenz. Gleichwohl kann die Anhiebsfolge dieſen Rückſichten nicht etwa unter— geordnet und die Verjüngungsrichtung gegen Oſten gewählt werden, welche die ungedeckten Schlagfronten dem Angriffe der wurfgefährlichen Weſt— winde öffnen würde. Übrigens dürften die letzteren durch Kraft meiſt reichlich erſetzen, was ihnen an Trockenheit und Gleichmäßigkeit der Wir— kungsweiſe abgeht. In der Form der ſogenannten Springſchläge oder Kuliſſen— hiebe, d. ſ. ſchmale Durchhauungen, welche in größerer Anzahl und in kürzeren Zwiſchenräumen vorgreifend in das Beſtandesinnere eingelegt werden, macht ſich die Randverjüngungspraxis auch die anſamende Eig— nung des Oſtwindes wohl zu nutze, doch tritt dieſelbe außer Wirkung, ſobald die Schläge in weiterem Fortſchreiten gegen W. eine gewiſſe Breite erreicht haben. Nicht mit Unrecht rühmt man dieſen Kuliſſenhieben auch nach, daß ſie durch die Vermehrung der Angriffspunkte dem Verjüngungs— betriebe durch Randbeſamung eine größere Beweglichkeit geben. Doch darf nicht überſehen werden, daß mit der Zahl dieſer Angriffspunkte, welche die haubare Verjüngungsklaſſe durchſetzen, auch die Windbruchgefahr in ſo bedenklicher Weiſe ſich ſteigert, daß auf die Anwendung der Kuliſſenhiebe in der Regel verzichtet werden muß. Die Erfolge der Anſamung durch Seitenſtand ſind ceteris paribus um ſo vollkommener, je ſchmäler die Schläge, eine Tatſache, die unter minder günſtigen Umſtänden für die Anlage von ſchmalen Saumſchlägen ſpricht. Der Vorbereitungshieb verfolgt wohl denſelben Zweck wie bei der Schirmverjüngung; er bereitet den Boden und den Beſtand zur Be— ſamung vor. Aber er ſucht ſeine Ziele auf ganz anderem Wege zu er— reichen. Auf der eigentlichen Verjüngungsfläche kommen ausſchließlich die Rückſichten der Bodenvorbereitung zur Geltung; die Beſtandesausformung die Förderung der Samenerzeugung kommen nicht in Frage, da die An— ſamung ſelbſt nicht von dem auf der Verjüngungsfläche ſtockenden Be— ſtande erwartet wird. Letztere geht vielmehr vom Rande des nächſtfol— genden Schlages aus und bedingt ſonach, daß dieſer in ſeinen äußeren Rand— lagen ausſchließlich aus züchteriſchen, d. h. aus beſtandesvorbereiten— den Geſichtspunkten in Angriff genommen werde. Aushiebe von nicht zur Verjüngung brauchbaren Holzarten und Baumindividuen ſind von maß— gebender Bedeutung für den qualitativen Erfolg der Verjüngung. Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 33 Der Beſamungsſchlag wird in Form der kahlen Abſtockung der Verjüngungsfläche eingelegt und ſetzt voraus, daß dieſelbe ihrer Boden— empfänglichkeit nach das Optimum erreicht hat. Korrigierende Eingriffe in die Randlagen des Nachbarſchlages ſind ſelbſtverſtändlich bis zu dem Augenblicke des Samenabfalles nicht allein ſtatthaft, ſondern geradezu ge— boten. Das Nachhiebsſtadium entfällt bei der Randbeſamung ganz. Die Erhaltung eines wirkſamen Seitenſchutzes iſt zunächſt ſehr willkommen und der Beſtandesrand bleibt um ſo länger unberührt, je mehr derſelbe noch nachbeſamend in Wirkung treten ſoll. Vorſichtige Randöffnungen zugunſten des jungen Nachwuchſes kommen ſpäter inſofern in Frage, als dieſer etwa durch die intenſivere Beſchattung des Randſchirmes in ſeiner Entwickelung ſehr zurückgehalten würde. § 12. Die Randbeſamung in Löcherhieben. Als eine Unterform der echten Randbeſamung iſt analog der gruppen— weiſen Schirmverjüngung auch die Beſamung von Beſtandeslöchern und lücken anzuſehen. Nicht unberechtigter Weiſe hat der Begriff: „Loch, Lücke“ für die forſtliche Praxis einen gefürchteten Beigeſchmack und doch ſteht ſie hier vor einer Form der natürlichen Beſtandesgründung durch Samen, die tatſächlich nicht davor zurückſchreckt, Lücken und Löcher mit Schluß und Beſtockung durchbrechender Wirkung im Inneren haubarer Beſtände einzulegen und dieſe im Wege der Randbeſamung vorgreifend zu verjüngen. Selbſtverſtändlich bezieht ſie auch die durch Zufallswirkungen des Windes, Schnees uſw. etwa entſtandenen Lücken in jeder Größe in den Bereich ihrer Wirkſamkeit mit ein und iſt in dieſer Form eigentlich ein Nachgebilde der Vorgänge im Ur- und Naturwalde, in eben dieſem auch überall und zu jeder Zeit tätig. Sie iſt ſich der Gefahren, welche ſich an eine Durchlöcherung erntereifer Beſtände ſtets knüpfen, vollkommen be— wußt und trifft als eine echte „ſtellenweiſe“ Verjüngungsform die Wahl für ihre „Angriffe in kleinſter Fläche“ nur mit äußerſter Vorſicht und Umſicht. Sie arbeitet auch nur in widerſtandsfähigen Holzarten und beſchränkt ſich mehr auf den ungleichalterigen Hochwald, den echten Femel— wald. Gewiſſe Standortseigentümlichkeiten: Flach- und Feuchtgründigkeit, Expoſition, froſt⸗ und ſchneebruchgefährliche Lagen meidet ſie unbedingt. Die Löcherverjüngung hat deshalb keinen Anſpruch auf eine wirt— ſchaftliche Selbſtändigkeit und gewinnt ſelbſt unter günſtigen Voraus— ſetzungen ſelten jenes Maß von Zuverläſſigkeit, daß ſie dem praktiſchen Reuß, Beſtandesgründung. 3 34 Die natürliche Verjüngung. Wirtſchaftsbetriebe eine ſichere Stütze bieten könnte. Und doch können ſelbſt ihre Gegner nicht in Abrede ſtellen, daß ſie von geſchickter Hand glücklich geleitet und nicht engherzig die künſtliche Beihilfe in allen Stadien zurückweiſend, im ungleichalterigen, ja ſogar im gleichalterigen Hochwalde vielerorts Gutes leiſtet und partielle Verjüngungsbeiträge liefert, die der nachfolgenden künſtlichen Beſtandesgründung als vorwüchſige Horſte und Gruppen außerordentlich willkommen ſind. Ihr dankbares Arbeitsfeld liegt entſchieden im ſturmfeſten Laubholz walde, wo ſie, rechtzeitig auf die Mitwirkung der künſtlichen Beſtandes— gründung zurückgreifend, im Intereſſe der Starkholzzucht einigermaßen be— weglich den Beſtandeszuſammenhang unterbricht, um Vorwuchshorſte von nutzholztüchtigen Holzarten in den Grundbeſtand mit kürzerer Umtriebs— zeit einzubetten. So werden z. B. vielfach die eingeſprengten Nadelhölzer, Eiche oder Edelholzarten im Buchengrundbeſtande die Ausgangspunkte wertvollſter Verjüngungshorſte und wo die gewünſchte Holzart nicht vor— handen iſt oder ihre Dienſte verſagt, ſpringt zur Erreichung des Zweckes die künſtliche Beſtandesgründung jederzeit hilfreich ein. Ausſchlaggebend für die wirtſchaftliche Geſamtleiſtung der Löcherver— jüngung iſt in hervorragendem Maße die Größe der einzelnen Angriffs- fläche. Die Vorausſetzungen für die Anſamung liegen zwar für eine von allen Seiten vom Mutterbeſtande umſchloſſene Verjüngungsfläche ausneh— mend günſtig, aber doch wird notwendig der Beſamungserfolg ſehr bald beeinträchtigt, wenn dieſelbe über eine gewiſſe vom Winde beherrſchte Aus— dehnung hinausſchreitet, und die Gefahren für den Grundbeſtand ſelbſt wachſen mit der Lochgröße in geradezu geometriſcher Progreſſion. Gayer verlegt die Größe der Angriffsfläche in die ziemlich weit gehaltenen Grenzen von 2— 10 Ar nnd in der Praxis werden dieſelben wenigſtens im ſturmfeſten Grundbeſtande nach oben noch weit überſchritten. Im Nadelwalde iſt allerdings die äußerſte Vorſicht ſtets geboten und hier ſollte „als bedenk— lich“ die Löcherverjüngung der horſt- und gruppenweiſen Schirmverjün— gung überall nachgeſtellt werden, wenn man ihre Aufgaben und Ziele durch die erſtere auf ſicherem und gefahrloſerem Wege erreichen kann. Ein formgerechter Vorbereitungshieb iſt nicht notwendig und nicht üblich. Richtige Platzwahl nach Maßgabe der Bodenempfänglichkeit und Beſtandes-Verjüngungstüchtigkeit vorausgeſetzt, wird ſie den Boden ſeiner äußeren Verfaſſung nach immer in anſamungsfähigem Zuſtande vorfinden, im übrigen aber ſich nie abhalten laſſen auch mit künſtlicher Verwundung des Bodens vor der Beſamung einzugreifen und ſogar mit künſtlicher Ver— jüngung nachzuhelfen, wo es gilt, ſonſt als günſtig erkannte Lagen und Be— Die praktiſchen Verrichtungen der natürlichen Verjüngung. 35 ſtandespartien vorgreifend zu verjüngen und etwa mangelnde Bodenempfäng— lichkeit, Mißerfolg der Anſamung oder Ausbleiben der Samenjahre es rätlich erſcheinen laſſen. Der Beſtandesvorbereitung vom engeren Standpunkte der zuchtgerechten Beſamung kann ſelbſtverſtändlich auch die Löcherver— jüngung nicht entbehren, doch bringt ſie dieſelbe in der Regel mit einem kurzen, energiſchen Eingriff in zeitliche Verbindung mit der Samenſchlag— ſtellung. Der Samenſchlag wird wie bei der ſchlagweiſen Randbeſamung in Geſtalt der kahlen Abſtockung der Verjüngungsfläche vor Eintritt des Samenjahres eingelegt und gleichzeitig wird die Randumgebung des Loches, ſoweit ſeine Beteiligung an der Beſamung zu erwarten ſteht, auf minder— wertiges Beſtandesmaterial im Sinne der Zucht- und Holzartenwahl durch— hauen, um alles auszuſcheiden, was ſich an der Beſamung nicht beteiligen ſoll. Bei vorliegender Bodenempfänglichkeit verzeichnet die Beſamung meiſt ausgezeichnete Erfolge, da die Fläche von allen Seiten beflogen wird und den Zufälligkeiten der einſeitigen Randſtellung nicht ausgeſetzt iſt. Das Nachlichtungsſtadium hat wie bei der ſchlagweiſen Rand— beſamung nach der erfolgreichen Verjüngung darauf zu achten, daß der umgebende Altholzbeſtand durch Randlichtungen ſeiner verdämmenden Wir— kungen entkleidet und dem weiteren Fortſchreiten der Beſamung Vorſchub geleiſtet werde. § 13. Die Anflugverjüngung. Sie iſt die ſozuſagen älteſte Form der natürlichen Verjüngung durch Samen im Nadelhochwalde. Schon die Forſtordnungen des 15. und 16. Jahrhunderts erwähnen ſie und normieren die Stellung der Samen— bäume. Vollſtändig ſyſtemlos und nicht fortbildungsfähig iſt die eigentliche Anflugverjüngung und doch kann ihr eine gewiſſe Bedeutung für die Be— ſtandesgründung nicht abgeſprochen werden, wenn ſie ſich nicht über die Stellung einer beſcheidenen Gehülfin derſelben emporhebt. Sie ſpielt na= mentlich in der Erziehung des Miſchbeſtandes eine recht beachtenswerte Rolle, bedingt aber beſonders da, wo es ſich um Beſamungserfolge auf weitere Abſtände handelt, einen verſtändnisvollen Blick für die Aus— geſtaltung der Beſtandesverhältniſſe der nächſten Zeit und für die Ver— änderungen, welche der laufende Betrieb mit ſich bringt. Flüchtiger, ja weitflüchtiger Samen, empfänglicher offener Boden ſind die unerläßlichen Vorausſetzungen, ohne welche an die Herbeiführung einer Anflugbeſamung überhaupt nicht gedacht werden kann. Als eine gern geſehene Verbündete 3* 36 Die natürliche Verjüngung. der Kahlſchlagwirtſchaft hilft ſie dieſer durch die Unregelmäßigkeit ihrer Verjüngungsbeiträge in Alter, Gruppierung und Miſchung oft über die unzweckmäßige Einförmigkeit ihrer uniformen Jugendanlagen in glücklichſter Weiſe hinweg. Vereinzelte Samenbäume, geſund an Wurzel, Schaft und Krone, Zuchtbäume hervorragender Güte bleiben auf dem Schlage oder auch abſeits von demſelben übergehalten ſtehen; ſie geben ihren Flügelſamen den Launen des Windes preis und dieſer trägt ſie nach Maßgabe ſeiner treibenden Kraft und Richtung „ins Blaue“ hinaus, planlos, regellos, ein Spiel des Zufalls. Findet das Samenkorn ein günſtiges Keimlager und arbeitet ſich der junge Sämling aus eigener Kraft durch alle Ge— fahren des erſten Jungenddaſeins hindurch, ſo wird die Anflugverjüngung ein Segen für die Beſtandeszukunft; fängt der Anflug nicht, ſo iſt nichts verloren. Beſondere Koſten werden in der Regel nicht aufge— wendet, es ſei denn, daß die Anſiedlung wertvoller Miſchhölzer durch künſtliche Bodenbearbeitung (Waldfeldbau) herbeigeführt werden kann. — Kiefer, Lärche, auch manche Laubhölzer mit leichtflüchtigem Samen können auf dieſe Weiſe als iſolierte Samenbäume immerhin zu ſehr an— genehmen Beitragsleiſtungen veranlaßt werden. — Die Anflugverjüngung geht aber ſehr häufig auch von Samen— bäumen aus, die weitab vom Schlage ſtehen gelaſſen werden, und er— weiſt auch in dieſer primitivſten Form namentlich der Miſchbeſtandsgrün— dung recht dankenswerte Dienſte. Birke und Aspe, die vernachläſſigten Stiefkinder des Wirtſchaftswaldes und die leichtflüchtigen Nadelholzarten werden auf dieſe Weiſe häufig mit belebender Wirkung in die künſtlichen Kulturen angeſiedelt, um hierſelbſt bei vorübergehender Beteiligung an der Beſtandesbildung ihre Eigenſchaft als Boden- und Beſtandesſchutzholz, insbeſondere aber ihre ertragsſteigernde Einflußnahme auf die Zwiſchen— nutzung zur Geltung zu bringen. Wo man die Anflugverjüngung aus dieſen Geſichtspunkten ſchätzen gelernt hat, wo man würdigt, daß ſelbſt die Parias unſerer Wirtſchaft, die Aspe und Birke, vom jagdlichen Standpunkte eine beachtenswerte Bedeutung gewinnen, den Angriff des Wildes von den wertvollen Holz— arten ab- und auf ſich ſelbſt lenken, da bringt man der Anflugverjüngung bereitwillig auch kleine Opfer durch Wundmachung der Bodenoberfläche in der Flugrichtung des Samens oder durch Aufbinden von ſamenbehan— genen Zweigen auf bodenempfängliche Kahlflächen, damit der Wind nach eigenem Willen ſeines Amtes als Säemann walte. Verlaß iſt auf dieſe Form der natürlichen Verjüngung nie. Man Die Nachbeſſerungsarbeiten in der natürlichen Verjüngung durch Samen. 37 gehe alſo mit dem vorbereitenden Aufwande nicht zu weit. Gewiß aber bietet ſie überall jenem Wirtſchafter mancherlei Anregung und Freude, der ſie zu meiſtern und in den Dienſt der künſtlichen Beſtandesgründung zu ſtellen verſtand. 4. Kapitel. Die Uachbeſſerungsarbeiten in der natürlichen Verjüngung durch Jamen. § 14. Allgemeines. Was die natürliche Nachbeſamung vor Eintritt der Unempfänglichkeit des Bodens nicht gezwungen hat, was an nachträglicher Einführung von Miſchholzarten in die Verjüngungen jeder Form und Art noch geſchehen ſoll, das bleibt der künſtlichen Beſtandesgründung im Wege der Kom— plettierung durch Saat und Pflanzung vorbehalten. Keine Methode der Naturbeſamung, keine konkrete Arbeitsver— richtung auf dem weiten Gebiete der Beſtandesgründung überhaupt kann ſich gleich im erſten „Gange“ der abſoluten Vollkommenheit ihrer Erfolge rühmen. Überall wird die wirtſchaftende Hand noch zu ergänzen, zu vervollſtändigen und zu verbeſſern finden, um das Walten der ſchaffenden Natur rückſichtlich ihrer beſtandesgründenden Tätigkeit mit den Aufgaben und Zielen der Wirtſchaft in Einklang zu bringen. Die Tätigkeit, welche der Forſtwirt in dieſer Richtung zu entfalten hat, liegt auf dem Gebiete der künſtlichen Beſtandesgründung. Sie hat ihre praktiſchen Verrichtungen deren Lehre zu entlehnen. Es iſt deshalb an dieſer Stelle auch auf die einſchlägigen Ausführungen des zweiten Abſchnittes verwieſen. Die künſtliche Saat als Nachfolgerin der Naturbeſamung hat im allgemeinen auf den Verjüngungsflächen keine große Bedeutung. Wo die Naturanſamung fehl ſchlug, ſind auch die Vorbedingungen für die Saat— kultur gewöhnlich nicht günſtig und iſt beſonders der Boden ſeiner äußeren Beſchaffenheit nach ſchon in einen Zuſtand der Aushagerung, der Ver— raſung und Verunkrautung eingetreten, welcher einesteils die beſchleunigte Herbeiführung des Bodenſchutzes durch den Beſtandesſchluß dringend wün— ſchenswert macht, andererſeits die Erfolge der Saat auch ſehr in Frage ſtellen wird. Wo man zur Saat greift, wird es ſich immer um größeren Flächenzuſammenhang der Fehlſtelle handeln. Sie wird dann meiſt in der Form der ſtellenweiſen Saatausführung nach vorheriger entſprechender Bodenbearbeitung angewendet. Sonſt iſt mehr die Pflanzung am Platze. Sie eignet ſich für die Komplettierungsarbeiten um ſo mehr, als ſie Altersvorſprünge eher aus— 38 Die künſtliche Beſtandesgründung. gleicht, wenn darauf Wert gelegt werden will, weil ſie die großen, kleinen und kleinſten Lücken mit größerer Sicherheit und Gleichmäßigkeit füllt und ſich mit ihren Ausführungsformen überhaupt beſſer in den Rahmen der Nachbeſſerungsarbeiten einfügen läßt. Die beliebteſte und gerade hier auch bewährteſte Form iſt die Ballenpflanzung mit Pflanzen, die aus der umgebenden natürlichen Verjüngung ſorgfältig ausgeſtochen und mit geringen Koſten auf die nächſtgelegene Lücke übertragen werden. Bei allen dieſen Arbeiten iſt darauf zu achten, daß nicht zu nahe an die ſchon vorhandenen Verjüngungshorſte herangeſäet oder herange— pflanzt und der flotten Entwicklung der angeſamten Jungwüchſe gebührend Rechnung getragen wird, damit die nachträglich ausgeführte Saat und Pflanzung nicht von der vorwüchſigen Umgebung verdämmt, verdorben werde und die Koſten des Komplettierungsaufwandes ganz zwecklos ver— geudet ſind. Kleine Lücken, die vorausſichtlich bald verwachſen, bleiben ganz unberückſichtigt. Im übrigen möge wohl im Auge behalten werden, daß die künſt— liche Nachbeſſerung der Verjüngungsflächen in der Regel die allerbeſte aber auch die letzte Gelegenheit bietet, den verjüngten Grundbeſtand mit wertvollen, nutzholztüchtigen Miſchholzarten zu durchſetzen. Stand— ortsgerechte Wahl der Holzart, beſonders ſorgfältige Durchführung des Säe⸗ oder Pflanzaktes haben hier ganz hervorragend hohe Bedeutung. II. Die künſtliche Beſtandesgründung. Die Lehre des Waldbaues verſteht unter „künſtlicher“ Waldver— jüngung jene Form der Neubegründung, bei welcher an die Stelle der naturgeſetzlich wirkenden Kräfte die wirtſchaftliche, mehr oder minder gärtnermäßige Tätigkeit des Menſchen tritt, die das Material zur Auf— forſtung und Ausführung der Kultur ſammelt, vorbereitet, erzieht und dem Boden anvertraut. Die künſtliche Beſtandesgründung iſt unter allen Verhältniſſen mit direkten Auslagen, „Kulturkoſten“, verbunden, welche auf die Rentabilität der Waldwirtſchaft einwirken und offenbar erſt zu einer Zeit und nur da Berechtigung hatten, wo der geſteigerte Wert des Holzes zu einem gewiſſen Erziehungsaufwande anregte, bezw. einen ſolchen vom finanz— wirtſchaftlichen Standpunkte geſtattete. Sobald aber ſpäter die lohnende Verzinſung des Produktionsaufwandes einſchließlich des Kulturkoſtenkapi— Das Saatgut. 39 tales durch den geſteigerten Holzbedarf gefichert erſchien, mußte naturnot— wendig die ſicherer arbeitende künſtliche Beſtandesgründung namentlich auf minder günſtigen Standorten der natürlichen Verjüngung ſehr bald den Rang ablaufen. Wenn auch zu allen Zeiten bekannt und ausgeübt, iſt ſonach die forſt— gerechte Anwendung der künſtlichen Beſtandesgründung doch erſt auf jene Zeit zurückzuführen, in der die Landwirtſchaft vielfach den Wald zurückgedrängt, ein ſorgloſer Nutzungsbetrieb produktionsloſe Waldöden geſchaffen hatte, welche nur künſtlich wieder aufgeforſtet werden konnten und um ſo mehr aufgeforſtet werden mußten, als die mangelhaften Ver— kehrsverhältniſſe den räumlichen Ausgleich zwiſchen Holzvorrat und Holz— bedarf zunächſt nicht ermöglichten. Die Zeit der Einführung der künſt— lichen Beſtandesgründung im großen Stile und ihre Ausbildung iſt alſo nach Ort und Zeit eine ſehr verſchiedene. 5. Kapitel. Das Saatgut. Die zuchtgerechte Beſchaffung und Behandlung des Saatgutes iſt offenbar maßgebend für die Erfolge der künſtlichen Beſtandesgründung durch Saat und Pflanzung überhaupt. $ 15. Die Bedeutung der Zuchtwahl für die künſtl. Beſtandesgründung. Es iſt eine allgemein anerkannte Tatſache, daß der Samen unſerer Holzarten nach Keimfähigkeit, Entwickelungsenergie uſw. ein ſehr verſchiedener iſt, daß die Zuchtqualität des Samens mit dem Jahrgange außerordent- lich variiert, der Verlauf ſund Charakter der Witterung ſonach zweifel— los von Einfluß iſt auf die Güte des Jahrganges. Es iſt aber anderer— ſeits auch bekannt, daß es in ein und demſelben Jahrgange jeweilig vorzüglichen, mittelguten, minderen und ganz untauglichen Samen gibt. Auch dieſer Unterſchied in der Güte muß unbedingt ſeine Gründe haben und letztere können im allgemeinen kaum wo anders geſucht werden als in der Abſtammung des Samens, in der Individualität des Mutterſtammes und in der Behandlung des Samens. Und wenn wir annehmen müßten, daß die Provenienz des Samens für die Entwickelung der Pflanze, für die Zukunft des Baumes und Beſtandes überhaupt ganz irrelevant wäre, ſo würden wir für alle Zeiten darauf verzichten müſſen, manche auf— fällige Erſcheinungen im Leben des Individuums und des Waldbeſtandes zu erklären und die Waldbaulehre in ſtets fortbildenden Beſtrebungen 40 Die künſtliche Beſtandesgründung. doch endlich auf naturwiſſenſchaftlich korrekte und einwandfreie Grund— lagen zu ſtellen. Der Forſtwirt, der aufmerkſam die jungen Beſtandesanlagen durch— ſchreitet, ſieht ſich namentlich bis hinauf in jenes Entwickelungsſtadium, in welchem das Einzeldaſein dem geſellſchaftlichen Zwange des Beſtandes— lebens unterworfen wird und den ſeiner Individualität vorgeſchriebenen Entwickelungsgeſetzen nicht unbeeinträchtigt mehr folgen kann, d. i. alſo bis zum Eintritt des Beſtandesſchluſſes, vor eine Unzahl von auffälligen Wahrnehmungen geſtellt. Wenn er auch davon viele auf äußere Ein— wirkungen von nach Raum und Zeit eintretenden Standortsveränderungen zurückzuführen vermag, ſo drängt ihm doch der ewige, mit Schritt und Tritt ſich vollziehende und jähe Wechſel dieſer Erſcheinungen, das oft total abweichende Verhalten von unmittelbar nebeneinander in voll— kommen einheitlich begrenztem Bodenraume lebenden Individuen (Zwil— lings-Büſchelpflanzung uſw.) die ſchwerwiegende Frage auf: Wie weit laſſen ſich dieſe Wahrnehmungen im Einzeldaſein zurückverfolgen? Wohnen gewiſſe Erſcheinungen, die wir ſchon in der allererſten Entwickelung des Keimlings und Pflänzleins beobachten, nicht etwa als „Anlage“ ſchon dem Samenkorn inne, durch welches ſie von den Eltern über— tragen und vererbt werden? Mit dieſer Frage halten wir vor dem un— endlich wichtigen „Problem (?)“ der waldbaulichen Zuchtwahl. Hat es auch nicht an früheren Anregungen gefehlt, ſo iſt es doch das Verdienſt des im Jahre 1890 in Wien zuſammengetretenen inter— nationalen Kongreſſes der Land- und Forſtwirte, „die Zuchtwahl in der Forſtwirtſchaft“ in der Sektion VIe!) angeregt und deren grundlegende Bedeutung für den Waldbau in den Vordergrund geſtellt zu haben durch die Beſchlußfaſſung: 1. „Die Berechtigung und Notwendigkeit der metho— diſchen Zuchtwahl in der Forſtwirtſchaft iſt nicht zu leugnen; die wiſſen— ſchaftliche Erforſchung dieſes Gegenſtandes iſt Aufgabe der forſtlichen Verſuchsanſtalten und der mit der forſtwiſſenſchaftlichen Forſchung be— trauten Inſtitute.“ — 2. „Die waldbauliche Praxis hat, ſoweit dies nach dem gegenwärtigen Stande unſeres Wiſſens möglich iſt, ſchon jetzt der wirtſchaftlichen Bedeutung der Zuchtwahl bezüglich der Auswahl des Kulturſamens Rechnung zu tragen.“ Die in dieſen Leitſätzen der Theorie und Praxis gegebene Anregung, von der man hoffen durfte, daß ſie nach beiden Seiten hin ein dank— bares Arbeitsfeld erſchließen würde, hat nicht den Erfolg gehabt, den ) Referenten: Dr. Cieslar und der Verf. Das Saatgut. 41 man bei der Wichtigkeit des Gegenſtandes wohl zu erwarten berechtigt war. Die Praxis, die durch den zweiten Teil der Reſolution gewiſſer— maßen vorgreifend und unbeſchadet der durch die wiſſenſchaftliche For— ſchung etwa erfolgenden Berichtigungen und Ergänzungen für die Zucht— wahl intereſſiert werden ſollte, hat der Samenprovenienz und -behandlung — von einzelnen rühmlichen Ausnahmen abgeſehen — eine erhöhte Auf— merkſamkeit nicht zugewendet, und die Wiſſenſchaft hat ſich der ange— deuteten Sonderrichtung entſchieden nicht ſo tief und ſo vielſeitig ange— nommen, als es zur Klärung eines ſo umfangreichen Komplexes ſchwer— wiegender und durch die Einzelforſchung nicht zu löſender Fragen unbe— dingt notwendig und wünſchenswert geweſen wäre. Umſomehr können es aber die forſtlichen Fachkreiſe jenen wenigen Mitarbeitern Dank wiſſen, die ihre Arbeitskraft in den Dienſt der zweifellos grundlegenden Frage geſtellt und nach Maßgabe ihrer Zeit und ihres Wirkungskreiſes die Fundamente für einen ſtolzen Zukunftsbau ſuchen und legen halfen. In dieſer Richtung ſind vor allem die verdienſtvollen Arbeiten Dr. Cieslars y, deſſen Anregung wir wohl in erſter Linie die Aufrollung der forſtlichen Zuchtwahlfrage im modernen Sinne des Wortes verdanken, zu erwähnen. Dieſelben haben, wenn auch ein abſchließendes Urteil in den verſchiedenen Einzelfragen nicht gefällt werden konnte, zum mindeſten dargetan, daß und wie ſehr die Waldbaulehre des fortbildenden Ausbaues nach dieſer Seite hin noch bedarf. Wenn ſchon in den 60er Jahren die Über— tragung des Drehwuchſes bei der Kiefer von Judeich, die Übertragung der Lärchenkrankheit durch den Samen von L. Reuß?) nachgewieſen wurde; wenn H. Reuß?) die Pyramiden-Type bei der Eiche, die Schlan— gen-Type bei der Fichte im Samen ſich vererben ſah, wenn endlich ) Dr. A. Cieslar, „Erblichkeit des Zuwachsvermögens bei den Waldbäumen.“ Centrbl. f. d. geſ. Forſtw. 1895, und „Neues auf dem Gebiete der forſtlichen Zucht— wahl“ ebendaſelbſt 1899. 2) L. Reuß, „Die Lärchenkrankheit.“ Hannover 1870. — Dieſe Arbeit bietet überhaupt für die waldbauliche Zuchtwahl hervorragendes Intereſſe. R. führt aus, daß organiſche Veranlagung überhaupt und krankhafte insbeſondere, daß Fehler und Vorzüge im Keime ſich vorbilden und durch den Samen vererben dürften. Er hält dafür, daß alle die verſchiedenen Abſtufungen in der Entwickelungs- und Lebens- fähigkeit des einzelnen Baumes ſozuſagen im Samen prädeſtiniert ſeien und jedem Individuum ſchon im Keime ſein Ziel geſetzt ſei. R. weiſt auch ausdrücklich der Peziza Willkommii eine ausgeſprochen ſekundäre Bedeutung zu, eine Anſicht, die heute auch von jüngeren Autoren vertreten wird. 3) H. Reuß, „Die Zuchtwahl in der Forſtwirtſchaft.“ Internationaler Kongreß, Wien 1890; „Die Aufgaben des forſtlichen Verſuchsweſens“, Oſterr. V. J. Schrift 1888, und „Verſuche mit Fichtenſamen“ Centralbl. f. d. geſ. Forſtw. 1884. 42 Die künſtliche Beſtandesgründung. Dr. Cieslar die Erblichkeit des Zuwachsvermögens und typiſcher Formen in Aſt⸗ und Kronenbildung nachwies, ſo liegt wohl die Vermutung nahe, daß die Vererbung durch den Samen bei der Übertragung von äußerlich wahrnehmbaren Formen nicht haltmache, daß vielmehr auch innere Eigen— ſchaften und Folgeerſcheinungen von pathologiſchen Prozeſſen durch den Samen fortgepflanzt werden können und die krankhafte Konſtitution des Mutterbaumes auf die Güte und nachhaltige Entwickelungsenergie der nachgezogenen Pflanze einen beeinträchtigenden Einfluß ausüben müſſe, umſomehr je individuell reiner die Befruchtung erfolgte. Wenn wir die Vererbung durch Samen bei unſeren Waldbäumen nach Grad und Art auf Grund der vorliegenden Einzelforſchungen als eine naturgeſetzlich begründete in ihrem phyſiologiſchen Zuſammenhange und ihren einzelnen Phaſen geklärte Tatſache nicht hinſtellen können, ſo darf ſie angeſichts der unendlichen Schwierigkeiten, welche der induktiven Forſchung namentlich in der Richtung der Iſolierung der wirkenden Faktoren ent— gegentreten, noch weniger deshalb in Abrede geſtellt werden, weil ſie in be— ſtimmten Fällen nicht nachgewieſen werden konnte. Dieſelben Momente, welche die nach Zeit und Menge ſo abweichende Übertragung von Formen und Geſtalten in Verfaſſers vorher angezogenen Verſuchen!) verurſacht haben, dieſelben Momente dürften auch eine Ungleichmäßigkeit in der Vererbung von Eigenſchaften und Raſſeeigentümlichkeiten herbeiführen, die ſich dahin äußert, daß die Individualität des Mutterbaumes bei dem einen Samen gar nicht, bei dem zweiten in minder auffälligem Grade, bei einem dritten erſt ſpäter in Erſcheinung tritt. Es liegt die Ver— mutung nahe, daß Befruchtungsvorgänge mit dieſen auffälligen Diffe— renzen in urſächlichem Zuſammenhange ſtehen, und daß die individuell reine Befruchtung (Beſtäubung des Eichens der ? Blüte durch den Pollen der c' Blüte ein und desſelben Baumindividuums) bei unſeren monöciſchen Waldbaumarten zum mindeſten nicht Regel, eher Ausnahme ſei. Die häufig beobachtete ungleiche Entwickelung und ungleichzeitige Geſchlechtsreife der Z und 2 Blütenorgane ein und desſelben Baumes ſtützen dieſe Annahme. ) Zuchtverſuche mit dem Samen zweier 35 jähr. Pyramiden-Eichen, quercus pedunculata var. pyramidalis, ergaben aus der Ernte 1883 eine Übertragung von 0 beziehungsweiſe 22 ; aus der Samenernte v. J. 1885 eine Übertragung von 9 beziehungsweiſe 7%. — Zwei 25—31jähr. Schlangenfichten picea vulgaris var. viminalis ergaben aus der Zapfenernte v. J. 1887 eine Übertragung von 6 be— ziehungsweiſe 17 %/,, aus der Zapfenernte v. J. 1892 eine Übertragung von 0 be— ziehungsweiſe 7%. — Ahnliche Zuchtergebniſſe teilte das Ciſtercienſer Kloſter „Lilien— feld“ dem Verf. im Jahre 1890 mit. Dort ſchwankte die Typenübertragung einer 70 jähr. Schlangenfichte zwiſchen O und 40 % in den verſchiedenen Jahrgängen. rn Das Saatgut. 43 In neueſter Zeit kommen den einſchlägigen Forſchungen auf dem hier in Rede ſtehenden Gebiete, die Fortſchritte der botaniſchen Wiſſenſchaften außerordentlich zuſtatten. Sie beweiſen zunächſt, daß unſere tüchtigſten Phyſiologen und Biologen mit raſtloſem Eifer neue Tatſachen zum Aus— bau der Jean Lamarck'ſchen Lehre (der Anpaſſungstheorie) und der Dar— win'ſchen Lehre (Deszendenz- und Selektionstheorie) zuſammentragen und nähren in ihren neueſten Fortſchritten die Hoffnung, in der vereinigenden Fortbildung beider Lehren, von denen mit Unrecht behauptet wird, daß ſie ſich gegenſeitig ausſchließen, einen ganzen Erfolg herbeizuführen, einen Triumph der Wiſſenſchaft von epochaler Bedeutung. Es ſei diesbezüglich verwieſen auf die Aufſehen erregende Arbeit von A. Weismann ), welcher im Sinne des Darwinismus eine „Allmacht der Naturzüchtung“ unterſtellend, alle Veränderungen als vom Organismus ausgehend hinſtellt, es ſei erinnert ferner auch an den namentlich von Dr. Wettjtein?) vertre— tenen Neo-Lamarckismus, der ſchon zu Anfang des 19. Jahrhunderts be— gründeten, ſpäter vom Darwinismus zurückgedrängten Lehre Jean Lamarcks, welche auf die Tatſache ſich ſtützte, daß alle Organismen in höherem oder geringerem Maße die Fähigkeiten haben, im Verlaufe ihres Lebens ſolche Eigentümlichkeiten ſich anzueignen, welche unter den obwaltenden Lebens— bedingungen als zweckmäßig erſcheinen, und von der Vorausſetzung aus— geht, daß derartige durch individuelle Anpaſſung erworbene Eigentüm— lichkeiten durch den Samen vererbt werden. „Die erſte Vorausſetzung“, ſagt Dr. Wettſtein, „die direkte Anpaſſungsfähigkeit des Individuums iſt eine längſt allgemein anerkannte Beobachtungstatſache; die zweite Voraus— ſetzung, die Möglichkeit der Vererbung von durch direkte Anpaſſung er— worbenen Eigenſchaften wurde vielfach auf das entſchiedenſte bekämpft, ſie iſt aber heute durch zahlreiche Beobachtungen und Verſuche als zutreffend anerkannt“. Sehr entſchieden und überzeugend tritt auch Dr. Sorauer?) für die Erblichkeit ein. Er hebt hervor, daß die verſchiedenartige Prädispoſition zu Krankheiten bei dem Maſſenanbau einer Kulturpflanze eine alltägliche Er— fahrung ſei. Über die Erblichkeit dieſer Prädispoſition ſagt er unter An— 1) „Vorträge über Deſzendenztheorie“ gehalten an der Univerſität zu Freiburg im Breisgau. — 2 Bde. Jena 1902, G. Fiſcher. 2) R. v. Wettſtein: „Über direkte Anpaſſung“. Almanach der Wiener Akademie der Wiſſenſchaften 1902. — Der „Neo-Lamarckismus und ſeine Beziehungen zum Dar— winismus“. Jena 1902 u. a. a. O. 3) Prof. Dr. Sorauer, Handbuch der Pflanzenkrankheiten, Berlin 1905, 1. Liefe— rung. 44 Die künſtliche Beſtandesgründung. ziehung der Lehren Darwin's, Haeckel's, Weismann's, Nägeli's, de Vries“ u. a., daß es nach ſeiner Auffaſſung „zur Erklärung des Erblichkeitsvor— ganges weder einer beſonderen Lokalität, wie etwa der embryonalen Zellen, noch einer beſonderen Keim- oder Erbmaſſe oder eines Ahnenplasmas“ bedürfe, denn die Erblichkeit iſt ein „mechaniſches Muß, eine not— wendige, überall vorhandene mechaniſche Folge der Struktur der organiſchen Subſtanz“. — Weiter hebt er an anderer Stelle unter Hinweis darauf, daß die Anlage des Mutterindividuums auch in jener „Organform ſich erhalte, die wir Samen nennen“, hervor: „Es werden mithin auch zweckwidrige Zuſtände, alſo ſolche, welche die Ab— kürzung der Lebensdauer des Individuums einleiten, wie z. B. geringe Feſtigkeit der Subſtanz, erblich ſein und in dieſem Sinne wird man mit einer Erblichkeit der Krankheiten und der zu einer Erkrankung beſonders geneigt machenden Zuſtände rechnen müſſen“. Wenn ſolche Männer mit grundlegenden Lehrmeinungen vor die Offentlichkeit treten, wenn Dr. Wettſtein hervorhebt, daß die Theorie der Raſſebildung durch direkte Anpaſſung und deren Vererbung durch den Samen „von größter Wichtigkeit für die Forſtwirtſchaft“ iſt; wenn. Dr. Sorauer ſeine tiefen Forſchungen in weſensgleiche Leitſätze zuſammen— faßt: dann ſtehen die forſtlichen Fachkreiſe, welche den Fortſchritt zu lehren: und zu betätigen berufen ſind, vor der unabweislichen Pflicht, die Errungen— ſchaften der Wiſſenſchaft ehetunlichſt in die Dienſte der praktiſchen Holz— zucht zu ſtellen. Sie dürfen nicht warten, bis die auf forſtlichem Gebiete jo. mühſam vordringende induktive Verſuchsforſchung das Terrain in ſeiner vollen Tiefe durchdrungen und die logiſchen Konſequenzen dieſer Forſchungs— ergebniſſe in allen Details durch handgreifliche Zuchterfolge erſchöpfend und ziffermäßig nachgewieſen hat. Sie müſſen einſtweilen aus der Analogie der Tierzucht die Stütz- und Richtpunkte für die Zuchtwahl im Waldbau ſuchen und die ſtreng züchteriſche Eignung des Samenbaumes nicht allein verlangen, ſondern auch die Mittel und Wege finden, daß nur der Samen der zuchtwürdigen Vollkommenheit zur Kultur verwendet werde. Mit dieſer Forderung wird übrigens kein neues Prinzip in die Wald— baulehre hineingetragen, denn ihrer Theorie nach iſt die Bedeutung der Zuchtwahl längſt anerkannt, aber nicht genug gewürdigt worden und vor allem hat man bei Übertragung ihrer Lehren auf das Gebiet der prak— tiſchen Holzzucht eine zögernde Haltung beobachtet, die es bis heute nicht darüber hinausgebracht hat, die Regeln züchteriſcher Auswahl der Eltern wenigſtens für beſtimmte waldbauliche Verrichtungen in beſchränktem Maße zur Anwendung zu bringen: für die natürliche Verjüngung durch Samen. © Das Saatgut. 45 Wenn die ältere und neuere Literatur — ſchon von Carlowitz an— gefangen — der Wahl des Mutterbaumes im Femelſchlagbetriebe bei der natürlichen Verjüngung überhaupt die vollſte Aufmerkſamkeit zugewendet wiſſen, eine Hauptaufgabe des Vorbereitungshiebes darin erblicken will, daß alle minderen, krankhaft veranlagten, mißgeformten — ſagen wir — aus züchteriſchen Geſichtspunkten verdächtigen Stämme ausſcheiden ſollen, um ihrer Beteiligung am Verjüngungsprozeß vorzubeugen; wenn die neu— eren Lehrbücher des Waldbaues verlangen, daß dem Beſamungsſchlage nur vollreife, aber nicht überreife, nur in der Vollkraft der Entwicklung und der Geſundheit ſtehende, formenreiche Beſtandesglieder eingereiht werden ſollen !), jo kann dieſe Vorſchrift nur züchteriſche Tendenzen ver— folgen, deren Forderungen — bewußt oder unbewußt — den Rückſichten der Zuchtwahl in hervorragendem Maße Rechnung tragen, in einer Weiſe, über die hinaus die Wirtſchaftspraxis kaum jemals ſich wird erheben können Es erübrigt ſonach nur, in der vorgezeichneten Richtung ergänzend einzu greifen, damit die einſchlägigen Regeln der natürlichen Verjüngung mit allem Nachdrucke auf das Gebiet der künſtlichen Beſtandesgründung durch Saat und Pflanzung, denen heute doch wohl der erſte Rang im Wirt— ſchaftsbetriebe des modernen Ertragswaldes zuerkannt wird, übertragen wer— den. Denn es muß in der Tat ſehr auffällig vermerkt werden, wenn die fortgeſchrittene Praxis in dieſer Richtung zwar rühmliche Ausnahmen auf— weiſt, die große Menge aber heute noch mit einer gewiſſen Gleichgültig— keit arbeitet, ohne über die Provenienz über Güte und Behandlung, d. i. über die volle Zuchteignung des Samens nur im allerentfernteſten unterrichtet zu ſein. — Die Keimkraft, die Ermittelung des Keimprozent— ſatzes, wenn auch unter ſtaatliche Kontrolle geſtellt, iſt wohl für die Rück— ſichten der Zuchtwahl von allergeringſter Bedeutung. Die Praxis ſteht nunmehr heute vor der wichtigſten Aufgabe, die Lehre von der Vererbung und der Zuchtwahl in die vorbereitenden Maß— nahmen der künſtlichen Beſtandesgründung zu übertragen und dafür zu ſorgen, daß die veredelnde Kraft der Naturzüchtung und die Vererbung der durch Anpaſſung erworbenen vollkommeneren Eigenſchaften nicht durch ſorgloſe Samengewinnung und -behandlung abgeſchwächt, ſondern durch Aufſtellung ſtrenger Zuchtnormen unterſtützt und gefördert werde. ) Auch die Haltung der Landwirtſchaft intereſſiert in dieſer Richtung, welche längſt den Grundſatz kennt und alljährlich als richtig beweiſt, daß die paſſende Samenwahl die Erträge am billigſten und oft in überraſchendſter Weiſe erhöht. — Von ganz beſonderem Intereſſe ſind auch die Arbeiten Dr. Tſchermaks: „Die neu⸗ entdeckten Vererbungsgeſetze und ihre praktiſche Anwendung für die rationelle Pflanzen— züchtung“ u. a. (ſiehe Literaturnachweis). 46 Die künſtliche Beſtandesgründung. § 16. Samenbezugsform. Die Zuchtwahl würde ſozuſagen als grundlegende Richtſchnur eine abſolut zuverläſſige Orientierung über die Herkunft und nicht über dieje allein, ſondern auch über die Behandlung des Samens bis zu jenem Augenblicke vorausſetzen müſſen, in welchem derſelbe dem Kulturboden an— vertraut wird. Dieſes wichtige Beurteilungsvermögen liegt heute bei dem bequemen Bezuge des fertigen Saatgutes durch Ankauf nicht im Be— reich der Möglichkeit und der Forſthaushalt kann ſich eines ſolchen nur dann verſichern, wenn er die Samengewinnung ſelbſt in die Hand nimmt und das Saatgut bis zur Verwendung unter ſeiner ſichern Obhut behält. Ob und inwieweit bei Gewinnung des Samens den Anforderungen der Zuchtwahl Rechnung getragen wurde, ob und inwieweit der Samen bei der Nachreife, Klengung, Aufbewahrung eine die Vollkraft der Keiman— lage erhaltende Behandlung erfahren habe, das kann dem fertig vorlie— genden Samenvorrat nicht angeſehen und durch keine Keimproben oder ſonſtige Unterſuchungen erhärtet werden; es wird erſt bewieſen, wenn es zu ſpät iſt, durch das Gedeihen und durch die Entwickelung des mit dieſem Samen begründeten Beſtandes. — Es bedarf aber keiner Erörterung und liegt in der Natur der Sache, daß keine andere Stelle die Samen— gewinnung und Behandlung mit jenem Intereſſe und Verſtändnis be— treiben wird, wie es beim Waldbeſitzer, beziehungsweiſe beim Forſtwirte als ſelbſtverſtändlich vorausgeſetzt werden muß, der in einer hingebenden Tätigkeit auf dem Gebiete des Kulturbetriebes ſeine Haupt-, ja vom dienſt⸗ lichen Standpunkte ſeine Lebensaufgabe zu erblicken hat. Die ſachlich gleichgültigere und ſorgloſe Haltung des Samenhandels darf uns nicht überraſchen, ſie iſt ſogar vollkommen entſchuldigt, ja durch materiell-kommerzielle Rückſichten geradezu aufgedrungen und eine natur— notwendige Folgeerſcheinung des Freihandels und der freien Konkurrenz. Man darf aber nicht überſehen, daß die von der Zuchtwahl auferlegten Verpflichtungen und nicht minder die zuchtgerechte Behandlung den Preis des verwendungsfertigen Saatgutes beträchtlich ſteigern, eine Tatſache, die den Samenbezug von geſchäftsmäßig arbeitenden Betrieben, deren vornehmliches Streben auf Produktion billiger Ware gerichtet ſein muß, als mit den züchteriſchen Aufgaben und Zielen des Waldbaues unver- einbar erſcheinen läßt und die Freiheit des forſtlichen Samenhandels als bedenklich für den Wald und ſeine Zukunft Hinftell: Eine ſtaatliche Kon- trolle von einwandfreier Wirkſamkeit wäre vollkom n undenkbar und der Nachweis eines gewährleiſteten Keimprozentſatzes iſt en die Beſtandeszukunft gegenitandlos, Nur eine, die Konkurrenz und ihre qualitätsſchädigenden Das Saatgut. 47 Folgen ausſchließende Monopoliſierung des Samenhandels fünnte bei ent— ſprechender Organiſation allen Unzukömmlichkeiten vorbeugen und wenn ſich der Verſtaatlichung wirklich unüberwindliche (?) Schwierigkeiten!) ent— gegenſtellen, jo bietet offenbar die Selbſthilfe, d. i. die Samengewinnung in eigener Regie der Verwaltung, die einzige Möglichkeit, die ſo wichti— gen Grundſätze der Zuchtwahl für die Zwecke des Waldbaus in die Praxis zu übertragen. Hiernach kommt Verf. behufs vorgreifender Befruchtung ber Lehre von der Zuchtwahl für den forſtlichen Kulturbetrieb zu dem grundlegenden Leitſatz: Die Regiebeſchaffung des Samens gehört zu den vor— nehmlichſten und ernſteſten Pflichten des Forſthaushaltes, wenigſtens inſoweit, als es ſich um Waldſämereien handelt, welche im eigenen Forſte in genügender Menge und von qualitätsfähigen, d. h. nach Standort, Alter, Geſundheit und Wuchseigenſchaften wirklich als zucht— tüchtig erkannten Mutterſtämmen geſammelt werden können, die auch die Gewähr bieten, daß aus ihrem Samen Individuen von mindeſtens elter— lichem Vollkommenheitsgrade gezüchtet werden. Der Bezug aus fremder Hand, welche die Samenerzeugung geſchäftsmäßig betreibt, iſt prinzipiell zu verwerfen. — Dementſprechend werden die Richtpunkte für die Gewinnung und Behandlung des Samens in folgenden Sätzen feſtzulegen ſein: $ 17. Die Gewinnung des Saatgutes. 1. Der Samen für Kulturzwecke iſt nur von wurzelecht-froh— wüchſigen, geſunden, normal gewachſenen und unzweifelhaft zuchtreifen aber auch nicht über das phyſiſche Haubarkeitsalter hinausgeſchrittenen, nutzholztüchtig-formenreichen Stämmen und von Standorten zu ſammeln, deren Eigenſchaften jenen einiger— maßen ſich anpaſſen, in welchen die Nachkommen des Mutterbaumes die Rolle der Beſtandesbildung übernehmen ſollen. Dieſe Regel gilt ſelbſt— verſtändlich für alle Holzarten und hat namentlich für die Nutzholz— zucht im Hochwalde eine hervorragende Bedeutung, weil hier die Ertrags- höhe durch die Vollkraft der Entwickelung in maßgebender Weiſe beeinflußt wird. Wuchsenergie, Schaftreichtum und Form werden übertragen. Un— wüchſigkeit, Gabelteilung des Schaftes, tiefangeſetzte Kronen, Gipfeldürre, ) Bereits auf dem internationalen Kongreß der Land- und Forſtwirte, Wien 1890, hat Verfaſſer in ſeinem erſtatteten Referate auf dieſe Löſung hingewieſen. Ohne die Schwierigkeiten zu verkennen, hält er ſie heute noch für möglich. 48 Die künſtliche Beſtandesgründung. Rinden- und Krebskrankheiten, ja ſelbſt der Verdacht etwa vorhandener innerer Krankheitserſcheinungen ſoll Grund ſein zur Ausſchließung vom Sa— menſammeln zu Zuchtzwecken. Gerade deshalb ſpricht z. B. die phyſikaliſche Beſchaffenheit und Nahrungsfülle des Bodens bei der Wahl des Mutter— baumes ein Wort mit, indem es falſch wäre, Stämme zur Samen— gewinnung heranzuziehen, die nach Maßgabe der zwiſchen Standort und Holzart beſtehenden Wechſelbeziehungen die Vermutung innerer Krank— heitsprozeſſe nahe legen. Es würde z. B. nicht angehen, die Zapfen von Fichten in beſonders bodenreichen Muldenlagen oder in vernäßtem Bo— den zur Kultur zu ſammeln, weil hier oft Rotfäule vorliegt, die ſich der Beurteilung von außen entzieht, vom Standpunkte der Zuchtwahl aber als Ausſchließungsgrund angeſehen werden müßte. — Daß aus Stock— ausſchlag hervorgegangene oder aus Stecklingen, Ablegern uſw. gezogene Bäume nicht zur Samengewinnung herangezogen werden dürfen, verſteht ſich von ſelbſt. Der oben gebrauchte Begriff „Zuchtreife“ oder Mannbarkeit muß, ſoweit es um waldbauliche Zuchtzwecke ſich handelt, in engere Grenzen eingedämmt werden. Die Forſtbotanik ſcheint geneigt, den Eintritt der Ge— ſchlechtsreife, äußerlich markiert durch Samenbildung, mit dem Begriff „Mannbarkeit“ ) zu identifizieren, weiſt aber ſelbſt darauf hin, daß das frühe Samentragen in der Regel auf beſonders unzuſagende Lebens— bedingungen zurückzuführen und als Ausfluß krankhafter Zuſtände zu be— trachten ſei. Der Waldbau hat deshalb unter allen Verhältniſſen ſich mehr an das Alter der wirtſchaftlichen Erntereife anzupaſſen und dem— entſprechend den Nadelholzbeſtand etwa zwiſchen dem 70. und 100. Jahre, Eiche und Buche zwiſchen dem 80. und 150. Jahre zur Samen- gewinnung heranzuziehen. Für die anderen Laubholzarten liegt die un— tere Grenze der Mannbarkeit tiefer, doch ſoll auch bei ihnen nicht unter das 60. oder 50. Jahr herabgegriffen werden. — 2. Alle zu Zuchtzwecken verwendeten Samen ſind erſt im Zuſtande voller Zuchtreife zu ſammeln, denn es liegt auf der Hand, daß das Optimum der dem Samen innewohnenden Keimanlage, die höchſte Zucht— 1) Willkomm verlegt z. B. die Mannbarkeit der Fichte im Freiſtande auf är⸗ merem, trockenem Standort auf das 15., auf beſſerem Standort in das 50., im Schluß⸗ ſtande in das 70. Jahr; der Tanne im Freiſtande ins 30., im Schlußſtande ins 60. bis 70. Jahr; der Kiefer im Freiſtande ins 15. bis 20., im Schluß ins 50 Jahr: der Eiche von Stockloden in das 20., vom Kernwuchs im Freiſtande ins 50., im Schlußſtande ins 100. Jahr; der Buche im Freiſtande ins 40. bis 50., im Schluß ins 80. Jahr. Das Saatgut. 49 vollkommenheit nur in einem ungeſtört verlaufenen und beendeten Reife— prozeſſe erworben werden kann. Samen, deren normale Ausreifung und Entwicklung durch irgend welche äußeren Einflüſſe (Witterung, mechaniſche Beſchädigungen uſw.) geſtört und unterbrochen ſein könnte, ſind von der Verwendung auszuſchließen. a Für jene Holzarten, bei denen das natürliche Abfallen des geſunden unbeſchädigten Samens ſozuſagen den Moment der Reife markiert (Buche, Eiche uſw.), ſind brauchbare Anhaltspunkte für den Erntebeginn leicht gefunden. Jedoch verdient der Zuſtand der ſogenannten Notreife, durch zeitiges Abfallen gekennzeichnet, wie er z. B. bei langanhaltender Dürre im Hochſommer oder Frühherbſt, auch nach Inſektenbeſchädigungen an Blatt und Blüte oder bei zeitig eintretenden Herbſtfröſten nicht zu den jelteneu Erſcheinungen gehört, volle Beachtung, da er gegebenenfalls unbedingt als Ausſchließungsgrund reſpektiert werden müßte. Bei den übrigen wichtigeren Holzarten, deren Same am Baume hängend einem Nachreife— prozeß unterzogen wird, trage man dieſem Fingerzeige der Natur voll Rechnung, ſammle ſonach erſt im Spätherbſt, bezw. bei den Nadelhölzern (Tanne und Weymouthskiefer ausgenommen) erſt vom Vorwinter be— ginnend. Die meiſten Holzarten unſeres heimiſchen Wirtſchaftswaldes reifen im Oktober des Blütejahres, doch ſind folgende Ausnahmen zu beachten: Weymouthskiefer und Tanne, auch Birke reifen in der erſten Septemberhälfte (erſtere im zweiten Jahre) und müſſen alsbald gebrochen werden; auch alle anderen Kiefernarten reifen erſt in dem der Blüte fol— genden zweiten Jahre ihre Samen; Ulme, Pappel und Weiden ſchon im Mai bis Juni des Blütejahres. Im übrigen iſt nicht zu überſehen, daß der Eintritt der Reifezeit mit Witterung und lokalklimatiſchen Verhält— niſſen um 10—20 Tage wechſelt. Der lockere Zapfen der Weymouths— kiefer gibt die Samen in warmen Septembertagen frei; der Tannenzapfen zerfällt auf dem Baume; nur die Zapfenſpindel bleibt oben. 3. Womöglich ſoll das Sammeln bei einigermaßen trockener Witte— rung erfolgen, damit der Samen lufttrocken eingebracht werden kann. Naſſer Samen erheiſcht eine ſorgfältigere und aufwandvollere Behand— lung. 4. Die Erfahrung lehrt, daß z. B. die Zapfen des unterſten und oberſten Kronenraumes bei der Fichte eine minder reiche Samenausbeute liefern, als die Zapfen der mittleren Kronenzone. Es iſt ſehr möglich, daß dementſprechend auch die Zuchtgüte ſich ändert, und daher zu empfehlen, tunlichſt aus dem mittleren Kronenraum den Samen zu ge— winnen. Reuß, Beſtandesgründung. s 4 50 Die künſtliche Beſtandesgründung. § 18. Behandlung des im Kern geſammelten Samens. Ein Saatgut, das mit erhöhtem Aufwande an Mühe, Sorgfalt und Barmitteln, welchen die Rückſichten der Zuchtwahl auferlegen, ge— ſammelt worden iſt, hat ſelbſtverſtändlich ſchon wegen ſeines größeren Wertes einen erhöhten Anſpruch auf eine ſtreng konſervierende Behandlung, auf eine Behandlung, die den Vorgängen in der Natur ſich möglichſt anpaßt, alle nachteiligen Einflüſſe abhält und ihre Aufgabe darin erblickt, die Beſtrebungen der Zuchtwahl weiterhin zu fördern. Schon aus rein logiſchen Gründen muß angenommen werden, daß ebenſo gut wie ein Samenkorn durch eine falſche Behandlung ſeiner Entwicklungsfähigkeit verluſtig gehen kann, auch eine Reihe mindergradiger Einwirkungen denk— bar iſt, welche die Keimkraft und die morphologiſche Energie der An— lage, ſagen wir allgemein, die Zuchtgüte des Samenkornes beeinträchtigt, herabſtimmt, und dann muß offenbar die Samenbehandlung bis in die kleinſte Einzelheit die Gewähr bieten, daß dem einzelnen Samenkorn ſeine dauernd bildungstüchtige Keimanlage in ungeſchwächter Fülle erhalten bleibt. Die, wenn auch vielſeitig, ſo doch nur handwerksmäßig empiriſch ge— arteten Verrichtungen dieſer Behandlung ergeben ſich in der Praxis von ſelbſt. Ihre Details etwa nach den einzelnen Holzarten getrennt hier zu behandeln, wäre zwecklos. Die allgemeinen Geſichtspunkte, welche zur zuchtgerechten Behandlung hervorgekehrt werden müſſen, ſind: 1. Jene Samen, die einer Abtrennung von Anhängſeln (Flügeln, Fruchtſchuppen, Deckblättern uſw.) oder auch einer Sonderung von um— hüllenden Fruchtgehäuſen nicht bedürfen, in erſter Reihe die großfrüchtigen Samen der Eiche, Buche, ſind nach der Ernte einem mehrwöchentlichen Abtrocknungsprozeß zu unterziehen. Sie werden zu dieſem Behufe in überdachtem aber dem regſten Luftwechſel zugängigem Raume in mäßig hohe Schüttung gebracht und hier durch fleißiges Umſchaufeln und Um— rühren ſo lange behandelt, bis der Samen vollſtändig lufttrocken geworden und keine Neigung mehr zum Erhitzen und Schwitzen bemerkbar iſt. 2. Die mit loſen und verwachſenen Anhängſeln verſehenen Samen (Weißbuche, Eſche, Birke, Ahorn), ebenſo wie die im Zapfen zerfallenen Tannenſamen werden ohne Abſonderung von denſelben in lockerer Schichtung einer Abtrocknung unterzogen, ehe ſie in das Winterlager kommen. Die Samen der Ulmen, der Pappel- und Weidenarten werden am beſten gleich nach dem Sammeln im Juni wieder ausgeſäet. Das Saatgut. 51 $ 19. Die Klengung des Nadelholzſamens, das Ausbringen der Samen aus den Zapfen. Die Zapfen der klengbedürftigen Nadelhölzer (Fichte, Kiefer, Lärche) erhalten ſich wohl am beſten auf dem Mutterbaume frei hängend. Sie mögen deshalb bis in den März hinein (ſpäter geben die von der Frühjahrsſonne geöffneten Zapfen die Samen frei!) laufend ſo gebrochen werden, wie es das Fortſchreiten der Klengung vorſchreibt. Müſſen Zapfenvorräte aufbewahrt werden — und für kürzere Zeitdauer iſt das offenbar ſtets der Fall — ſo ſind auch ſie nach den vorher dargelegten Grundſätzen zu behandeln (luftige, nicht kellerartig dumpfe, trockene Boden— räume, Remiſen uſw. und öfters Umrühren mit hölzernen Rechen bei regem Luftwechſel). — Die Klengung ſelbſt bildet in der Behandlung des Samens den gefährlichſten, deshalb auch den wichtigſten Moment. Kann die Keim— anlage durch ſehr hohe Temperatur vernichtet, ſo kann ſie auch durch minder hohe Wärme verſchiedengradig abgeſchwächt werden und ſchon daraus erwächſt für die Praxis die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, daß die zur Klengung angewendeten Temperaturgrade nicht jenes Maß über— ſchreiten, welches die Natur in, wenn auch langſamem, ſo doch durchaus wirkungsvollem Prozeß anwendet. Es bedarf kaum der Begründung, daß die Naturklengung unter Einfluß von Luft und Sonnenwärme not— wendig die beſten Ergebniſſe liefern müſſe und daß bei ihr, aber auch nur bei ihr, die zeitweilige Wirkung nachteilig hoher Hitzegrade mit ab— ſoluter Gewißheit ausgeſchloſſen iſt. Man ſetze die im Winter ge— ſammelten und im waldtrockenen Zuſtande aufbewahrten Zapfen in primitiv hergerichteten Klenghorden (einfache Flachkäſten von Holz mit Gitterboden und untergeſpannter Sackleinwand) der gewöhnlichen behaglichen Wärme des Stubenraumes aus oder ſtelle im Frühjahr kleine Sonnendarren in ein— fachſter und billiger Konſtruktion bei den Forſt- und Hegerhäuſern auf, in welchen der Samen unter dem wechſelnden Einfluſſe von Luft, Wärme und Feuchtigkeit ſehr zweckmäßig ausgeklengt wird. Eigentliche Darr— öfen (Klenganſtalten), wie ſie vielfach in größeren Verwaltungen beſtehen, müſſen ſtets ſehr gut ventilierbar ſein und ſtreng überwacht werden, damit Temperaturen über 35“ R niemals in Anwendung kommen. Es iſt grundgefehlt und unſtatthaft, etwa den Darrprozeß durch Anwendung hoher Hitzegrade abzukürzen, die Samenausbringung zu verbilligen. Ge— rade in der Richtung fehlt der geſchäftsmäßig arbeitende Betrieb, deſſen materielles Intereſſe die Beſchleunigung des Klengprozeſſes erheiſcht, am meiſten. 4 * 52 Die künſtliche Beſtandesgründung. Überdies lehrt die Erfahrung, daß die vollſten, ſchwerſten, alſo auch die zuchttüchtigſten Samenkörner zuerſt aus den Zapfen herausfallen. Es iſt daher ein allzu intenſives Ausklengen der Zapfen ſogar zu widerraten, ſelbſt auf die Gefahr hin, daß die Samenausbeute dadurch eine Einbuße an der Menge erleide. Die Samen jener zapfenfrüchtigen Holzarten, welche ohne Darr— prozeß freigegeben werden, wie es bei Weymouthskiefer, auch Schwarz- kiefer, Erle, Birke der Fall iſt, werden in luftigen Räumen und Be— hältniſſen unter öfterem Umrühren in mäßig hoher Schüttung zunächſt in nicht entflügeltem Zuſtande der Abtrocknung unterzogen. $ 20. Die Überwinterung und Aufbewahrung des Samens. Die nach den Anleitungen des vorigen Paragraphen abgetrockneten und nachgereiften Samen werden in den meiſten Fällen überwintert, da die herbſtliche Ausſaat wohl nur bei wenigen Holzarten und auch da nur unter ganz beſtimmten Vorausſetzungen ſtatthaft iſt. Die Aufbewahrung bildet ſozuſagen den Schlußakt der Samengewinnung und die größte Sorgfalt rückſichtlich der Zuchtwahl, die beſte Behandlung bezüglich der Zuchtgüte kann durch unvorſichtige Aufbewahrung in ihren Erfolgen ver— eitelt oder beeinträchtigt werden. Sie iſt ſonach von außergewöhnlicher Bedeutung, erheiſcht viel Umſicht und Aufmerkſamkeit, iſt auch unter Um— ſtänden nicht ganz aufwandlos. Sie hat ihre Hauptaufgabe darin zu er— blicken, den Samen im Vorrat vor allen nachteiligen phyſikaliſchen, meteori— ſchen und mechaniſchen Schäden, auch vor Vertilgung durch Tiere zu ſchützen. Der Keim ſoll bis zur Ausſaat ruhen, aber er ſoll in ſeiner phyſiologiſch-morphologiſchen Energie nicht geſchädigt werden. Die Auf— bewahrung hat ſonach in praxi folgende Momente ins Auge zu faſſen: 1. Der Samen darf nicht ſo ſtark austrocknen, daß die Zucht— güte der Keimanlage dadurch beeinträchtigt, der Keimprozeß nach Beginn und Verlauf verzögert und verlangſamt wird; er darf andererſeits aber auch nicht jo friſch-feucht bleiben, daß die Keimtätigkeit vorzeitig an— geregt wird. 2. Die Aufbewahrung hat dafür zu ſorgen, daß der Samen im Winterlager nicht durch Froſtwirkungen in ſeiner Zuchtgüte beeinträchtigt und andererſeits, namentlich gegen das Frühjahr hin, vor höheren, die Keimung belebenden Wärmegraden behütet werde. 3. Den beſonders bei jähem Witterungswechſel vorkommenden Erſcheinungen der Erhitzung, Vermalzung des Samenvorrates muß vor— gebeugt und Das Saatgut. 53 4. der Andrang allerhand ſamenfreſſender Tiere wirkſam abgehalten werden. Die Forderungen 1 und 2 werden erreicht durch Einwinterung in gut überdachten, vor äußeren Witterungseinflüſſen abſchließbaren Räumen, die nach Lage und Bauart den äußeren Temperaturſchwankungen nicht allzuſehr unterworfen ſind, dabei leicht und wirkſam durchlüftet werden können, auch geräumig genug ſind, daß ein zeitweilig nötig werdendes Umrühren und Umſchaufeln ſowie bei Eintritt ſtarker Winter— kälte die Einbringung ſchützenden Deckmateriales ermöglicht iſt. Jede direkte Berührung des Samens mit Feuchtigkeit anziehenden oder kapillar leitenden Medien (Erde, Moos, Sägeſpäne, Stroh uſw.) iſt auf längere Dauer (Hainbuche und Eſche ausgenommen) zu vermeiden und wenn gegen nach— teilige Fröſte ſolche Stoffe als ſchlechte Wärmeleiter zur Eindeckung oder ſeitlichen Einfütterung des Samenvorrates benutzt werden, muß dafür geſorgt werden, daß eine trennende Wand, eine Art Zwiſchendeck von Flechtwerk, Latten, Brettern uſw. angebracht wird. Kellerartig im Erdboden angebrachte Aufbewahrungsräume müſſen gegen Näſſe durch entſprechend tiefe Gräben geſchützt werden!). Den Rückſichten ad 3 wird am einfachſten dadurch Rechnung getragen, daß der Samenvorrat nie zu hoch aufgeſchüttet, öfter umgeſchaufelt und der Lagerraum fleißig durchlüftet werde. Die Forderungen 4 endlich verlangen, daß der Zutritt von ſamen— freſſenden Tieren verhindert wird oder die Tiere ſelbſt vertilgt werden. Im Freien überwinterte Vorräte werden gegen Mäuſeandrang mittels Gräben (in die Sohle eingelaſſene glaſierte Töpfe) umzogen; in den Be— ) Die Methode der Aufbewahrung hat ſich in ihren Einzelheiten den örtlichen Umſtänden und Verhältniſſen anzupaſſen. Trockenere Keller- und Stallräume, Tennen, Dachböden uſw. ſind durchaus geeignet. — Für die Überwinterung großfrüchtiger Samen (Eichel, Kaſtanie, Buchel) im Freien hat ſich der ſogen. v. Alemannſche Eichelkeller beſonders bewährt. Ein ca. 30 em tiefer Graben, deſſen Länge und Breite von der Saatgutmenge abhängt, wird mit Brettern nach Art einer Kegelbahn ausgelegt und mit einem einfachen, mannshohen Giebeldach überſetzt, welches, mit Stroh, Reiſig, Raſenplaggen gedeckt, dem eingelagerten Samenvorrat wirkſamen Schutz gegen nach— teilige Witterungseinflüſſe gewährt. Die Dacheindeckung iſt mehrfach fenſterartig durch— jet, um den von- den Giebelſeiten unterhaltenen lebhaften Luftzug verſtärken zu können. Der mit Brettern verkleidete Graben wird mit dem gut abgetrockneten Saatgut ca. 25 cm hoch beſchickt. Je nach Bedürfnis wird dasſelbe öfter umgeſchaufelt (Holzge— räte) oder gut durcheinander gemengt und die Temperatur durch Offnung und Schließung der Fenſteröffnungen und des Giebels ſo geregelt, daß keine nachteiligen Froſtwirkungen eintreten und doch lebhafter Luftwechſel die Keimgüte konſerviert. Bei großer Kälte muß das Saatgut ſelbſt vorübergehend noch mit Stroh und Reiſig uſw. gedeckt werden. — Gegen eindringende Tagewäſſer wird dieſer Eichelkeller durch Stichgräben geſichert. 54 Die künſtliche Beſtandesgründung. hauſungen greifen die bekannten Vertilgungsmaßregeln durch Fangen, Vergiften uſw. Platz. Samen, die organiſch mit den Flügeln verbunden, verwachſen ſind, werden leichter mit den Flügeln, Deckſchuppen gelagert, weil dieſe An— hängſel eine beſſere Durchlüftung ſichern, als ein Reinkornvorrat. Aus eben dieſem Grunde wird auch mit Recht die Einlagerung unſerer ge— wöhnlichen Flügelſamen (Fichte, Kiefer, Lärche, Birke) in ungereinigtem, d. h. mit den Flügeln gemiſchtem Zuſtande vielfach vorgezogen. Kleine Vorräte werden auch in Säcken hängend aufbewahrt und nur vor ſtarken Fröſten geſchützt. § 21. Keimdauer des Samens. Ein Forſthaushalt, der, getragen von der Überzeugung, daß Prove— nienz und zuchtgerechte Behandlung des Samens das Daſein und die Leiſtung des Baumes und Beſtandes vorzeichnen; der ſeinen Kultur— ſamen durch Organe der eigenen Verwaltung ſtreng nach den hier ſkizzierten Vorſchriften ſammelt, behandelt, aufbewahrt, ſtellt der künſt— lichen Beſtandesgründung ein Saatgut zur Verfügung, das nach ſeiner züchteriſchen Veranlagung und nach ſeinen biologiſchen Eigenſchaften die Garantie der Zuchtgüte in erreichbar vollkommenſtem Maße in ſich trägt. Es kann wohl nicht in Abrede geſtellt werden, daß Beſchaffung und Be— handlung mancherlei Unbequemlichkeiten, Weitläufigkeiten und höhere Koſten verurſachen, aber die erzielten Vorteile und zwar: die genaue Orien— tierung über Provenienz und Behandlung und die Möglichkeit der Ausſchließung aller für nachteilig gehaltenen Einflüſſe ſind, vom Standpunkte der Zuchtwahl beurteilt, von ſolcher Bedeutung und Tragweite, daß ſie ſelbſt mit den größten Opfern nicht zu teuer er— kauft werden, aber — eben deshalb — auch im praktiſchen Betriebe nach Möglichkeit ausgenutzt werden ſollen, eventuell durch die Benutzung jogar eines ſchon 1—2 Jahre übergelegenen Saatgutes. Die Laubhölzer (mit Ausnahme der ein Jahr überliegenden Samen der Eſche und Hainbuche) bewahren ihre an bauwürdige Keimkraft nur ein Jahr, auch die Tanne tritt aus dieſen Grenzen nicht heraus. Dagegen ſind die Samen der Kiefer, Fichte, Lärche auch im zweiten, dritten Jahre noch verwendbar. Keimverſuche mit den Samen einer 65jährigen und einer 112jährigen Fichte!) ergaben bei getrennter Beobachtung des Keim— prozeſſes das in folgender Weiſe abnehmende Durchſchnitts-Keimprozent: ) H. Reuß „Einige Verſuche mit Fichtenſamen“ Zentralbl. f. d. geſ. Forſtw. Febr. 1884. Die Beſtandesſaat. 55 Im erſten Jahre reiften 82% Sämlinge, „ zweiten „ 56% 5 „ dritten „ 1 51% a „ vierten „ ats 1 fünften „ N 19% 1 Hiernach ließe ſich bei entſprechender Steigerung der Samenmenge wohl mit 3jährigem Samen noch arbeiten. Allerdings begründet die Ver— wendung des älteren Samens einen Verſtoß gegen die Zuchtwahl, denn der gleichmäßigen Abnahme der Keimfähigkeit geht offenbar eine Abnahme der Keimkraft und Keimenergie, eine Schwächung der Zuchtgüte voraus, welche der Waldbau nicht gutheißen kann. Die Erfahrungsregel für die Beſtandesgründung kann deshalb nur alſo lauten: Friſcher Samen! Jedoch iſt jener Samen, der nach allen Regeln der Zuchtwahl in eigener Regie der Verwaltung geſammelt und behandelt wurde, ſelbſt im zweiten oder dritten Jahre noch dem von der Samenhandlung bezogenen vorzu— ziehen. 6. Bapitel. Die Beſtandesſaat. § 22. Allgemeine Würdigung. Die Beſtandesgründung durch Saat ſoll eine tunlichſt getreue Nachahmung der natürlichen Verjüngung anſtreben. Sie nimmt, was An— paſſungsvermögen an die Vorgänge in der Natur anlangt, von allen künſt— lichen Formen der Beſtandesgründung den erſten Rang ein; ſie ſteht der natürlichen Verjüngung durch Samen am nächſten. Wenn man nicht gerade ein übermäßig tiefes Unterbringen des Samens vorausſetzen will, ſo iſt die Gefahr eines mißhandelnd naturwidrigen Verlaufes des eigent— lichen Beſtandesgründungsaktes, wie er bei der Pflanzung ſo leicht unter— läuft, geradezu ausgeſchloſſen. Leider muß aber die Saat in der Regel der unterſtützenden Mitwirkung des Mutterbeſtandes entbehren, welcher der natürlichen Anſamung über die Gefahren der erſten Jugendentwicklung durch wohltätige Schirmgewährung hinweghilft. Widrige Witterungs— einflüſſe: Froſt und Dürre, ſtarke Regengüſſe, verdämmende Wirkung dichteren Unkrautwuchſes, Samenfreſſer, Beſchädigungen durch Wild, Weide— vieh, Inſekten und die Grasnutzung beeinträchtigen je nach Standorts— beſchaffenheit ihre Erfolge in bedenklichſter Weiſe. Sie wird daher der erfolgſicherern Pflanzung um ſo mehr nachzuſtellen ſein, als ihr früh ein— tretendes Pflegebedürfnis oft recht empfindliche Koſten verurſacht, und viel geringes Material zur Verfügung ſtellt, deſſen Unverwertbarkeit nur zu 56 Die künſtliche Beitandesgründung. oft die Vernachläſſigung der erſten Jugendpflege herbeiführt und Urheberin einer hoffnungsloſen Beſtandeszukunft wird. Die Saatkultur hat mehr für jene Standorte eine wirtſchaftliche Be— deutung, welche die Vorbedingungen der oben genannten Gefahren nicht oder doch nur in minderem Maße in ſich tragen, und für jene Holzarten, die auch in den erſten Jugendjahren einer gewiſſen Widerſtandsfähigkeit und einer flotteren Entwickelung ſich erfreuen, beziehungsweiſe für die Verpflanzung weniger geeignet ſind. Wo die Beſtandesgründung die immer— hin ſehr beachtenswerten Vorteile der Saatkultur, d. i. naturgemäße und unter Umſtänden auch billigere Ausführung, ſich zunutze machen kann, da, aber auch nur da iſt die Beſtandesſaat gewiß zu empfehlen. § 23. Saatformen. Die Praxis der Beſtandesgründung durch Saat unterſcheidet ihrer räumlichen Ausführung nach zwei Grundformen: Die Voll- oder Breit— ſaat und die ſtellenweiſen Saatformen. Erſtere verlangt eine tunlichſt gleichmäßige und zuſammenhängende Verteilung des Saatgutes über die zuſammenhängend vorbereitete Fläche und hat den belaſtenden Nachteilen des großen Aufwandes an Bodenbearbeitung und Samenmenge und an etwa nötig werdenden Schutzmaßregeln (gegen Froſt, Dürre, Vogelfraß), ferner des früheren Pflegebedürfniſſes eigentlich nur den Vorteil entgegen— zuſtellen, daß ſie dem beſonders ſchutzbedürftigen Boden früher Schutz gewährt. — Die ſtellenweiſen Formen beſchränken die Saatausführung auf be— ſtimmte nach räumlicher Ausdehnung und Anordnung ſehr verſchiedene Flächenteile, über welche ſelbſtverſtändlich auch nur die Bodenbearbeitung ſich zu erſtrecken braucht. Die Streifen-, Rillen-, Riefen- ), Plätze- und bei großſamigen Holzarten auch die Punkt- und Einzelſaat ſind die gebräuch— lichſten. Ihre Verbandweite und ihre geometriſchen Formen und Dimen— ſionen machen ſie von der Beſchaffenheit und dem Schutzbedürfnis des Bodens ſowie von der Holzart und ihren Wuchseigentümlichkeiten ab— hängig. Sie wird im Wirtſchaftsbetriebe ſchon deshalb entſchieden bevor— zugt, weil Bodenvorbereitung und Samenverbrauch weſentlich geringer, die Entwickelung der Randpflanzen eine günſtigere, kräftigere, das Bedürf— ) Der Begriff „Streifen“ ſetzt eine ausgeſprochene Breitendimenſion von min— deſtens 25 em voraus; man unterſcheidet dann Schmal- und Breiteſtreifen. Unter Rille und Riefe verſteht man ſchmale Saatausführungen etwa von der Breite des Hackenſchlages. P Die Beſtandesſaat. 57 nis nach iſolierenden und reinigenden Eingriffen nicht jo groß iſt wie bei der: Vollſaat. Recht ungünſtig werden dagegen die Erfolge aller ſtellenweiſen Saaten durch die Gefahr ſeitlicher Unkrautwucherung bedroht, welche min— deſtens die Ränder der Saatausführung verdämmen und vernichten, um ſo mehr, je langſamer die Jugendentwickelung, je mehr der Boden zur Verun— krautung geneigt und je geringer die Breitendimenſion der ſtellenweiſen Saat— ausführung. Bei langſamer Entwickelung und in unkrautwüchſigem Boden wird daher die Rillen- und Riefenſaat nicht angewendet und ſelbſt bei der Streifen- und Platzſaat die weiſe Vorſicht, nicht bis an die äußerſten Ränder der vorbereiteten Stellen heranzuſäen, beobachtet. $ 24. Samenmenge pro Flächeneinheit. Schon aus rein haushälteriſchen Rückſichten muß die benötigte Samen— menge für den Kulturbetrieb vorher bekannt ſein. Die rechtzeitige Deckung des Bedarfes verlangt das. Allerdings iſt es oft recht ſchwer, dieſen Bedarf für den bekannten Flächenraum zu ermitteln, weil er von dem mutmaßlichen Erfolge, dieſer aber von einer Unzahl von Zu— fällen und Einflüſſen abhängt, die ſich dem Eingreifen der wirtſchaftenden Hand vollſtändig entziehen. Die Saatpraxis kann und ſoll deshalb bei Bemeſſung des Samenbedarfes nie von ängſtlichen Erwägungen ſich leiten laſſen; ſie kann in dieſer Richtung, ſoweit nicht der Samenwert mitſpricht, getroſt mit einer gewiſſen Leichtfertigkeit zu Werke gehen, ſoll ſich einerſeits die aus ſtandörtlichen und namentlich aus klimatiſchen Eigentümlichkeiten er— fließenden Erfahrungsſätze ſorgfältig zunutze machen, anderſeits ihr Augen— merk darauf richten, nicht zu dichte Saatſtellungen zu erzielen, die im allgemeinen dem Wirtſchaftszwecke nur abträglich ſind. Es iſt viel leichter, aufwandloſer und beſſer für die Beſtandeszukunft, die Fehlſtellen einer Saat aus dem reichen Überſchuſſe an Sämlingen zu komplettieren, als eine frühzeitige Durchjätung, Reinigung und Läuterung vornehmen zu müſſen, die in der Regel noch keinen Ertrag liefert und das Kultur— koſtenkapital ungleich höher belaſtet als die richtig durchgeführten Nach— beſſerungsarbeiten einer minder vollſtändigen Saat. Die nachſtehenden Bedarfsangaben unterſtellen günſtige Stand— ortsverhältniſſe, Samen entſprechender Güte in Vollſaataus— führung und ſind teils der eigenen Erfahrung, teils auch Burckhards „Säen und Pflanzen“ entnommen: Der Minimalbedarf pro 1 ha bewegt ſich je nach Alter und Trocken— zuſtand des Samenvorrates: 58 Die künſtliche Beſtandesgründung. Bei der Eiche zwiſchen 2,5 und 8 hl für dichtere Einzel- oder Steckſaat, „ Buthe 1 2,5 „ 4,5 „ „ „ „mit der Hacke ausge⸗ führte Steckſaat, Ahorn und Eſche zwiſchen 32 u. 40 kg für unentflügelten Samen, „ Weißbuche 7 35—42 „ „ reinen Kornſamen, „ Fichte 5 6— 8 „ „ 7 15 „ Tanne 5 40 —50 „ „ „ " „ Kiefer je 835 4 R „ Lärche 5 12—14 „ „ 5 He „ Schwarzfiefer ” 10—12 „ 3 in geflügeltem Zuſtande um 30-50% mehr. Für die ſtellenweiſen Saatausführungen berechnet man die Samen— menge nach Verhältnis der zu beſäenden Bodenfläche; doch pflegt man einen 10—20% Zuſchlag zu geben, da man die ſtellenweiſen Saaten im allgemeinen etwas dichter ſät. § 25. Orientierung über den Keimprozeß. In dem Maße als die rein züchteriſchen Rückſichten im Waldbau hervortreten, wird die in den älteren Lehrbüchern und in der Praxis ſo hochgehaltene Bedeutung einer quantitativen Ermittelung des Keimergeb— niſſes im engeren Sinne weſentlich in den Hintergrund geſtellt, wenigſtens jene Unterſuchungen, die ſich darauf beſchränken, mittels der ſogenannten „Lappen- oder Keimplattenprobe“ den Keimprozentſatz durch einfache Beobachtung des Quellprozeſſes oder des mechaniſchen Momentes der Keimung bis zur Sprengung der Samenhülle und zum Hervortreten des Keimwürzelchens (der radicula) feſtzuſtellen. Eine derartig oberflächliche Unterſuchung iſt offenbar für die Beſtandesbegründung und ihre ſpäteren Erfolge völlig bedeutungslos, denn waldbaulich kann nur intereſſieren 1. wann der Keimprozeß beginnt, wie derſelbe verläuft und binnen welcher Zeit das Auflaufen des Samens abgeſchloſſen iſt und 2. welchen Prozentſatz an ſelbſtändigen Saatpflanzen das verwen— dete Saatgut in Ausſicht ſtellt. Beide Fragen ſetzen die Beobachtung des Keimprozeſſes und der Entwickelung des Keimpflänzchens bis zur phyſiologiſchen Selbſt— ſtändigkeit des Individuums d. h. bis zu dem Augenblicke voraus, in welchem der Keimling mit fortſchreitender Entwickelung der radicula und des cauliculus bis zur Aufzehrung der in den Keimblättern (Kotyle- donen) oder im Speichergewebe (Endosperm) abgelagerten Nähr— beſtandteile vorgeſchritten und das ſelbſtändige Wachstum aus den Nähr— Die Beſtandesſaat. 59 ſtoffvorräten des Bodens und der Luft durch die phyſiologiſchen Wechſelwirkungen des Wurzel- und Blattvermögens geſichert iſt. Eine Keimunterſuchung, die dieſen weitgehenden Anforderungen gerecht werden will, muß ſich abermals dem naturgemäßen Verlauf der Dinge eng anpaſſen d. h. ſie muß die Beobachtung des Keimprozeſſes in Erde unter Mitwirkung beiläufig jenes Maßes von Feuchtigkeit und Wärme ermöglichen, welches dem Samen im Freien geboten zu werden pflegt. Nur dann können durch die Keimproben jene Vorteile erzielt werden, die man erreichen will: Aufſchluß über Verlauf, Dauer und Energie der Keimung und über den Saatpflanzen-Prozentſatz. Die vorher erwähnte Lappenprobe, die in verſchiedenen Abänderun— gen des Verfahrens den Samen zwiſchen Flanell-Lappen oder dergleichen unter den Einfluß reichlicher Feuchtigkeit und Wärme zu ſtellen trachtet, ſowie die Anwendung der auf gleichem Prinzip beruhenden Keimapparate von Weiſe und v. Liebenberg und die mit poröſen Tonplatten arbeitenden Apparate von Hannemann, Nobbe, Stainer uſw. können ſonach die Fragen, welche vom waldbaulichen Standpunkte durch die Keimprobe geſtellt werden ſollen, nicht zur Genüge beantworten. Die einfache Abzählung der gequollenen Körner mit geſprengter Samenhülle oder mit ausgetretener radicula bietet im günſtigſten Falle nur Anhaltspunkte für die Be— meſſung der Samenmenge, und ſelbſt dieſe ſind bedeutungslos, weil ſoviel Samen als dem gedeihlich dichten Saatſtande zuträglich iſt, jede Saat überall und unter allen Umſtänden zur Verwendung bringt. Übrigens gewährt die einfache und ganz müheloſe Okularunterſuchung, die Schnittprobe, über das Keimprozent meiſt auch recht zuverläſſige Orientierung. Weit bedeutungsvoller für die Wirtſchaftspraxis iſt die Beſtimmung weg— weiſender Einzelheiten rückſichtlich des Beginnes, Verlaufes und Abſchluſſes des Samenauflaufes, d. h. die Feſtlegung des Zeitraumes, innerhalb wel— ches beiläufig die phyſiologiſche Selbſtändigkeit des Keimlings erreicht wird. Dieſe Beobachtung bietet die wertvollſten Anhaltspunkte bezüglich der Zeit, wann zur Ausſaat geſchritten werden kann, um das Auflaufen des Samens über die im Frühjahr ſo häufigen Temperaturrückſchläge und ſonſtige ſchädigende Einflüſſe hinwegzubringen; ſie gewähren ſogar willkommene Anhaltspunkte, ob in außergewöhnlich kritiſchen Fällen (3. B. bei anhaltender Dürre) etwa mit künſtlicher Waſſerzufuhr eingeſchritten und der Keimprozeß dadurch zu glücklichem Ende geführt werden könne. — Derartige Fingerzeige für die Saatausführung nach Zeit und Art ſind gewiß für die Erfolge von größter Bedeutung. Sie können nur durch 60 Die künſtliche Beſtandesgründung. die einfache und tunlichſt naturgemäße Kaſten- oder Topfkeimung in Erde gewonnen werden. — § 26. Bodenbearbeitung und ihre Geräte. Für die Bodenbearbeitung zum Zwecke der unmittelbaren Be— ſtandesgründung gelten dieſelben Grundſätze wie für die Landwirtſchaft. Je tiefer, je wirkſamer der Boden durchgearbeitet und gelockert werden kann, um ſo günſtiger und um ſo nachhaltiger wird die Entwickelung der jungen Beſtandesanlage beeinflußt. Die Lockerung des Bodens iſt das natur— gemäßeſte und ſegensreichſte Förderungsmittel, welches der Saatausführung, der Beſtandesgründung überhaupt gewährt werden kann, indem ſie von vorn— herein zu einem flotten Jugendgedeihen anregt und über alle Jugendgefahren der erſten Jahre leicht hinweghilft. Schon die mit der Lockerung und Klä— rung des Bodens verbundene Hebung der Vorbedingungen der Keimung, das abgekürzte Keimlager, die geſteigerte Energie des Keimprozeſſes und des Auflaufens begründet ſehr beachtenswerte Vorteile. Leider verbietet uns die Eigenart des forſtlichen Gewerbes, ſpeziell der enorme Koſten— aufwand, welcher die Mühe des Landwirtes ſo reich und ſo ſchnell lohnt, die durchgreifende Bearbeitung des Waldbodens in die Dienſte der künſt— lichen Beſtandesgründung zu ſtellen. Sie muß ſich in der Regel auf eine oberflächliche und meiſt nur auf die zur Samenaufnahme beſtimmte Stelle beſchränken. Analog den Saatformen (S 23) unterſcheiden wir demnach zwei Grund— formen der Bodenbearbeitung: Die volle zuſammenhängende — ſie iſt teuer und nicht überall anwendbar — und die ſtellenweiſe Be— arbeitung, welche den geringeren Koſtenaufwand und die leichtere Aus— führbarkeit auf allen überhaupt kulturfähigen Böden für ſich hat. Jeder eigentlichen Bodenbearbeitung geht die vorbereitende Entfer— nung der äußeren Bodendecke voran, die ſich rückſichtlich der räumlichen Ausdehnung der beabſichtigten Bodenbearbeitung anzupaſſen hat, alſo eben— falls eine flächenweiſe zuſammenhängende oder eine ſtellenweiſe ſein muß. Hoher Unkrautwuchs von Heidelbeergeſträuch uſw. muß in der Regel vor jeder Bodenbearbeitung mit der Hand ausgeriſſen oder aber mittels eines dem Grade und der Art der Verunkrautung angepaßten Gerätes (ſtarke Senſe, Sichel, Hacke) entfernt, dürres Gras eventuell durch Feuer (überland— brennen) vernichtet werden, weil jeder hochſtaudige Unkrautwuchs die Hand— habung und Wirkſamkeit der bodenlockernden Geräte ungemein beeinträch— tigt. Nach dieſer einleitenden Arbeit ſchreitet man zur Bloßlegung des mineraliſchen Nährbodens: Die Beſtandesſaat. 61 a) durch Aushacken der etwa vorhandenen durchwurzelten Roh- und Heidehumusſchichte, b) durch Abſchälen (Abplaggen) etwa vorhandener zuſammenhängender Grasnarbe, c) durch Abziehen von Haftmoſen, von lockeren Auflagerungen, von Rohhumus und Rauhdecke. Das hierzu geeignete Gerät, in der Regel eine Platthacke, wird je nach der verlangten Leiſtung gewählt. Aller vegetabiliſcher Abraum, ohne Unterſchied der Art und der Menge, wird dem Waldboden in dieſer oder jener Form zu Gute gebracht, da die Verwendung außerhalb des Waldes vom waldbaulich-bodenpfleg— lichen Standpunkte nicht gebilligt und nur ausnahmsweiſe bei Vorhanden— ſein ſehr bedeutender Abraummaſſen geſtattet werden kann. Am wohl— tätigſten wirkt die Einäſcherung aller vegetabiliſchen Abfälle und das Aus— ſtreuen der Aſche unmittelbar vor der eigentlichen Bodenbearbeitung, die dem nachgegründeten Jungbeſtand eine wuchsfördernde Bereicherung des Bodens mit leicht aufnehmbaren Nährſtoffen ſichert. Auch die Häufung der Abfälle zu Kompoſterzeugung und deren Verwendung im Forſthaus— halte iſt verbreitet und recht empfehlenswert. Der eigentlichen Bodenlockerung und-verwundung fällt die Auf— gabe zu, den Boden in ſeiner oberflächlichen Nährſchicht für die Aufnahme des Samenkornes empfänglich zu machen. Sie hat unter Anwendung des für die beabſichtigte Saatform und für die konkrete Beſchaffenheit des vorbe— reiteten Nährbodens geeignet erſcheinenden Gerätes ein tunlichſt günſtiges Keimlager zu ſchaffen, durch Herbeiführung einer entſprechenden Krümel— ſtruktur dafür zu ſorgen, daß der einzeln dem Boden anvertraute Samen mit der mineraliſchen Erde in innigſte Berührung gelange. Für die Anlage von Streifen, Riefen, Rillen uſw. im Terrain iſt zu beachten, daß dieſelbe immer horizontal erfolge, damit ſchädigenden Wirkungen abfließender Tagewäſſer vorgebeugt werde. Im übrigen legt man die Streifen uſw. gern gegen die Geſtelle, Schneißen, Wege, um die Rückung des Durchforſtungsmateriales zu erleichtern. Das für die koſtenfreie Erzielung einer zuſammenhängenden Boden— bearbeitung ſo wichtige Verfahren der „Waldfelderung“, welches durch ſeine bodenmeliorierende Wirkung einerſeits und durch ſeine koſten— erſetzenden Erträge des landwirtſchaftlichen Zwiſchenbaues ſich einer be— rechtigten Aufnahme erfreut, wird bei der Beſtandespflanzung, für welche es unbedingt einen höheren Wert beſitzt, beſprochen werden. Es hat aber namentlich auf minder unkrautwüchſigen Böden auch für die Saat— kultur anerkannt wirtſchaftliche Bedeutung. 62 Die künſtliche Beſtandesgründung. 9 Die Geräte zur Bodenbearbeitung. Die Vielſeitigkeit der Bodenverhältniſſe bedingt die Anwendung der mannigfachſten Geräte und eine ſehr umſichtige, der Bodenbeſchaffenheit angepaßte Auswahl derſelben. Ihrer Konſtruktion nach weichen ſie von den ortsüblichen Geräten der Landwirtſchaft wenig ab: Die Pflüge: Sie beſtehen aus Pflugbalken oder Grindel mit der am rückwärtigen Ende befindlichen Pflugſäule oder Grindelſäule und der Pflugſchar. Mit dieſen Hauptteilen ſtehen in Verbindung die Streichbretter und die zum Lenken und Regieren nötigen Sterze oder Handgriffe. In den Grindelbalken eingelaſſen, ſo zwar daß es vor der Spitze der Pflugſchar etwas tiefer als dieſe in den Boden eingreift, ſteht das Sech ein mehr oder weniger nach vorn d. h. in der Bewegungsrichtung vorſtrebender meſſerartiger Teil, der die in Bereich der Pflugſchar treten— den Hinderniſſe, Steine und Wurzeln, entfernt oder lockert. Der Grin— delbalken ſelbſt ruht auf dem Vordergeſtell, welches behufs Regelung des Tiefganges mit einfachen Vorrichtungen zur Auf- und Niederſchiebung des Stützpunktes verſehen iſt. Nach der Zahl und dem Vorhandenſein der Streichbretter unter— ſcheidet man 1. Feldpflüge mit einem Streichbrett, das entweder beweglich ( Wende— pflug), Furche an Furche reiht oder unbeweglich als Beetpflug ver— wendet, nicht auf der Stelle wenden kann. 2. Waldpflüge mit zwei Streichbrettern, welche die gehobene Scholle nach beiden Seiten auswerfen, ſomit für die Bearbeitung im Flächen— zuſammenhange weniger geeignet ſind. 5 . Untergrundpflüge ohne Streichbrett, kräftige, widerſtandsfähige Konſtruktionen, welche die tieferen Bodenſchichten lockern, ohne eigent— liche Furchen aufzuwerfen. os Nach dem Bau und dem Vorhandenſein eines Vordergeſtelles pflegt man zu trennen: 1. Vollſtändige Pflüge mit ſtützendem und führendem Vorder— geſtell: a) in Form eines Karren- oder Wagenvorderteils — Räder- oder Karrenpflug; b) in Form einer Stelze S Stelzpflug und zwar Radſtelzen, wenn am Fuß der Stelze ein kleines Rad, Schlittſtelzenpflug, wenn am Fuße der Stelze eine kurze aufgebogene Schlittenkufe zur Er— leichterung der gleitenden Bewegung angebracht iſt. Die Beſtandesſaat. 63 2. Unvollſtändige Pflüge ohne Vordergeſtell. Der Vorderteil des Grindelbalkens ſchwebt frei: Schwingpflug. In dieſem Falle wird die Zugkraft direkt an den Pflugbalken angeſpannt. Die wichtigſten Konſtruktionen ſind die Wald- und Untergrundpflüge von Alemann und Eckert; allenfalls der Schwingpflug von Rüders— dorf. Die Anwendung der Pflüge ſetzt einen zuſammenhängenden Um— bruch des Bodens und zwar den flächenweiſen mittels des Feldpfluges und den ſtreifen- oder furchenweiſen mittels der Wald- und Untergrundpflüge voraus. Für offene Böden genügt der Feldpflug; für benarbte, verun— krautete der v. Alemannſche Waldpflug, für ſtarken Bodenüberzug der Eckertſche Waldpflug, deſſen Streichbretter mit ſogenanntem Abſtreicher das Zurückklappen der gehobenen Scholle in die Furche verhüten. Für einfache Tieflockerung mit nachfolgender Furchenſaat, Durchbrechung flach— ſtreichender Ortſchicht uſw. ſind die Untergrundpflüge, namentlich der Eckertſche, verwendbar, deſſen ſtählerne Pflugſcharſpitze durch einen be— weglichen, herausnehmbaren und leicht reparaturfähigen Meißel gebildet wird. Die Eggen ſind für eine ſelbſtändige Bodenvorbereitung zur Saat nur im offenen Sandboden brauchbar, werden aber in der Regel wie in der Landwirtſchaft nach dem Pfluge im rohen Umbruch mit Vorteil an— gewendet. Die gewöhnliche Konſtruktion mit feſtem Rahmen iſt auf dem unebenen, an kleinen Hinderniſſen reichen Waldboden minder wirkſam. Die Gliederegge, die ſich aus loſe geketteten Gliedern zuſammenſetzt, ſchmiegt ſich dagegen den Unebenheiten gut an, iſt deshalb ſehr emp— fehlenswert. Die Spaten beſtehen aus Stiel und Spatenblatt, die entweder aus einem Stück verfertigt oder künſtlich zuſammengeſetzt ſind. Der gewöhn— liche Gartenſpaten iſt aus ſtarkem Eiſenblech und wird mittels kräftiger Hülſe am Stiel befeſtigt. Je nach Form der Schneide unterſcheidet man Spitz⸗ und Flachſpaten, von denen der erſtere wohl das leichtere Ein— dringen in die Tiefe für ſich, dagegen das Obenaufbringen von ſtarken Erdpatzen aus dem Untergrund gegen ſich hat. Bei dem Spaten von Alemann und bei dem Wetterauer-Spaten ſind Stiel und Blatt aus einem Stück Holz verfertigt; das Blatt, entſprechend klein, mit Eiſenblech verſehen. — Die Anwendungsfähigkeit der Spaten iſt an günſtige innere und äußere Bodenbeſchaffenheit gebunden; ihre Arbeitsleiſtung iſt ſehr gut, aber ſehr teuer, und höchſtens für ſtellenweiſe Bodenbearbeitung oder für die gärtneriſche Tätigkeit in den Saat- und Pflanzſchulen geeignet. 64 Die künſtliche Beſtandesgründung. Die Hacken. Ein Gerät, welches allen Bodenverhältniſſen gewachſen und bei denkbar einfachſter Konſtruktion von vielſeitigſter Leiſtungsfähig⸗ keit iſt und mit Recht als waldbauliches Univerſalgerät bezeichnet werden darf, iſt die Hacke. Sie beſteht aus dem Hackblatt und Hackenſtiel und wird nach der Konſtruktion des erſteren in verſchiedene Gruppen unter— ſchieden: Die Breit- oder Schälhacken, die Kulturhacken und die Schwer- hacken. Die Schälhacken mit mehr oder weniger winkelig geſtelltem breitem Hackblatt werden zur Entfernung zuſammenhängenden Bodenüberzuges, namentlich des haftenden Überzuges, der im Boden losgetrennt werden muß (durchwurzelte Heidehumusſchicht, Raſenfilz uſw.) mit Vorteil ver— wendet. Die eigentlichen Kulturhacken führen ein ſchmales, mehr der Rodehaue ſich näherndes Hackblatt, deſſen Konſtruktion der Arbeitskraft und den Bodenverhältniſſen angepaßt wird, und taugen namentlich zur eigentlichen Erdbewegung. Gute Dienſte tut auch die ſogenannte Zinken— hacke oder der Karſt ſpeziell für die Bodenlockerung. — Die Schwer— hacken in der Form der Spitz-, Rode- oder Doppelhaue haben für die forſtkulturelle Bodenbearbeitung kaum Bedeutung. Wo ihre Anwendung nötig wird, hat die Kulturmaßregel zumeiſt keine Berechtigung mehr. Die Rechen ſind nur auf ſehr lockerem offenen Boden mit Erfolg anzuwenden, werden aber unter dieſer Vorausſetzung bei ſtellenweiſer Bodenbearbeitung gute Dieſte tun. Ihr dankbarſtes Arbeitsfeld liegt auf dem bereits bearbeiteten Rohboden und namentlich in den Saat- und Pflanzſchulen. Ihre Konſtruktion wird der verlangten Leiſtung angepaßt. — Die leichten Holzrechen des Gartenbaues finden nur im Forſtgarten— betriebe Verwendung. — Als beſondere Konſtruktionen verdienen Er— wähnung: Der heſſiſche Kulturrechen mit rechtwinklig umgebogenen Rechenzinken, welche ſelbſttätig den eingezwängten Bodenabraum ausſtoßen, und der Kreisrechen mit rechtwinklig ſich kreuzenden Rechenbalken, der eine ſehr ſorgfältige Bodenlockerung in Kreisform ermöglicht. § 27. Die Zeit der Bodenbearbeitung. Jede zu Anbauzwecken vorgenommene Bodenbearbeitung faßt als ihre nächſtliegenden Aufgaben die Verbeſſerung der phyſikaliſchen, mehr oder weniger auch der chemiſchen Eigenſchaften ins Auge. Sie wirkt nicht allein unmittelbar durch die mechaniſche Lockerung der Nährſchicht, ſondern auch mittelbar inſofern, als ſie den Boden den äußeren, zerſetzungs— anregenden Faktoren öffnet. Die Möglichkeit eines flotten Wechſels der Bodenluft, die reichere Sauerſtoffzufuhr, das erleichterte Eindringen der Die Beſtandesſaat. 65 Niederſchläge fördert die Zerſetzungstätigkeit, wirkt ſomit in hohem Grade aufſchließend. Je länger und je intenſiver dieſen zerſetzungsanregenden Faktoren zu wirken die Gelegenheit geboten wird, um ſo mehr wird der Zweck der Bodenbearbeitung in chemiſcher Richtung erreicht; dagegen werden die direkten Vorteile der Lockerung in phyſikaliſcher Richtung der Beſtandesgründung dann am meiſten zugute kommen, wenn die Bearbeitung dem Anbau nicht zu lange vorausgeſchickt wird, weil der Waldboden je nach Lage, nach Beſchaffenheit und je nach Einwirkung meteoriſcher Momente mehr oder weniger ſchnell zu ſeiner natürlichen Beſchaffenheit zurückkehrt. Hiernach wird die Kulturpraxis von ſelbſt darauf hingeleitet, daß die herbſtliche Bodenvorbereitung wohl beiden Rückſichten am meiſten ge— recht zu werden vermag. Tatſächlich iſt auch die Herbſtvorbereitung, die den roh umgebrochenen Boden den wohltätigen Wirkungen der veränder— lichen Winterwitterung ausſetzt, bei allen bodenwirtſchaftlichen Betrieben am meiſten in Aufnahme, ein Brauch, der ſich übrigens bis in die älteſte Zeit zurückverfolgen läßt, denn ſchon die hervorragendſten scriptores rei rusticae Roms haben ſich einſtimmig für die herbſtliche Bodenbe— arbeitung zum landwirtſchaftlichen Anbau und zur Baumzucht (arbustum) ausgeſprochen. Ihre Vorteile laſſen ſich in folgenden Sätzen zuſammenfaſſen: 1. Sie ſchließt die mineraliſchen und organiſchen Nährſtoffvorräte des Bodens auf, wirkt zerſetzungsanregend und nährſtofflöſend; 2. Die winterlichen Froſtwirkungen verſetzen das Erdreich in eine krümelig lockere Beſchaffenheit, welche die Saatausführung im Früh— jahr erleichtert, die innige Berührung des einzelnen Samenkornes mit feinerdigen Subſtanzen ſichert und ſomit auch den Verlauf des Keimprozeſſes und die Entwickelung des Keimpflänzchens ſehr günſtig beeinflußt. 3. Sie ſäubert den Boden von allerhand ſchädlicher Inſektenbrut, welche durch die tiefer eindringenden Fröſte vernichtet, durch die ſpätherbſtliche Bearbeitung mehr an die Oberfläche gebracht werden. 4. Sie ermöglicht dem Forſthaushalt eine pünktlichere Löſung ſeines An— baupenſums, weil der zeitraubendere, vorbereitende Teil für dasſelbe ſchon im Herbſte durchgeführt wurde. In der Regel wird damit auch eine Koſtenerſparnis erzielt werden, namentlich bei raſchem Eintritt des Frühjahrs, das meiſtens einen läſtigen Mangel an Arbeitskraft mit ſich bringt. Reuß, Beſtandesgründung. = 66 Die künſtliche Beſtandesgründung. § 28. Zeit der Saatausführung. Für die Ausführung der Saat kommt Herbſt und Frühjahr in Frage; nur bei Pappel, Weide, Ulme iſt die Sommerſaat unmittelbar nach der Reife üblich. — Die Herbſtſaat überhebt den Forſthaushalt der Mühe und des oft recht empfindlichen Aufwandes und das Saatgut der vielen Gefahren, welche an die zuchtgerechte Aufbewahrung und Über: winterung gebunden ſind. Es wäre ihr ſonach aus wirtſchaftlichen und ſachlichen Gründen der Vorzug vor der Frühjahrsſaat umſomehr einzuräumen, weil ſie rückſichtlich der Überwinterung und Konſervierung der Keimanlage mit den Vorgängen in der Natur am meiſten in Ein— klang ſteht und dem Verfahren der natürlichen Verjüngung vollkommen ſich anzupaſſen vermag. — Dagegen fallen der Herbſtſaat die nam— haften Gefahren zur Laſt, welche unmittelbar durch ſamenfreſſende Tiere, durch Froſtwirkungen uſw., mittelbar dadurch hervorgerufen werden, daß das feuchte Winterlager die Keimtätigkeit zu früh wachruft und die noch im Bereich der nachteiligen Spätfröſte auflaufende Saat oft völlig vernichtet wird. Es darf nicht überſehen werden, daß die natürliche Verjüngung in dieſer Richtung die maſſige Verwendung des Saatgutes, die Koſten— loſigkeit des Verfahrens und in der Regel auch noch die wohltätigen Schutzwirkungen des Mutterbeſtandes voraus hat, ihre Verluſte ſonach ſelten ſo ſehr empfunden werden. Die Herbſtſaat hat deshalb wohl wichtige theoretiſche Vorteile, gleichwohl nur da praktiſch-wirtſchaftliche Berechtigung, wo die Vertilgungs— gefahr durch Samenfreſſer, Fröſte und die Höhe des Verluſtprozentes der künſtlichen Überwinterung für ſie ſprechen, bezw. die ihr ſonſt anhaftenden Nachteile kompenſiert erſcheinen. Sie muß dann ſo ſpät ausgeführt werden, daß die Samen nicht etwa noch im Herbſte ankeimen. Die Frühjahrsſaat iſt unbedingt die gebräuchlichſte, beſonders bei jenen Holzarten, deren Überwinterung bei Sicherheit des Erfolges keinen größeren Aufwand verurſacht. Die Ausſaatzeit erſtreckt ſich über die Monate März, April, Mai. — Wenn aber der Herbſtſaat das frühe Ankeimen und Auflaufen des Samens im Frühjahr, wegen der damit verbundenen Vernichtungsgefahr durch Fröſte, als beachtenswerter Nach— teil zur Laſt gelegt wurde, ſo folgt daraus für die Frühjahrsſaat der logiſche Schluß, daß dem ſpäteren Anbau im allgemeinen der Vorzug ein— geräumt werden müſſe, dem Anbau in jener Zeit nämlich, die nach Maß— gabe des lokalen Witterungsverlaufes die Gewähr bietet, daß das Auflaufen des Samens erſt nach den froſtgefährlichen Maitagen ſtattfinde. Bei der Saat ſpielen die Winterfeuchtigkeitsvorräte des Bodens keine ſo wichtige Die Beſtandesſaat. 67 Rolle wie bei der Pflanzung und es iſt deshalb gewiß richtig, immer erſt den Pflanzkulturbetrieb vorauszuſchicken, die Saaten ſpäter, Ende April, ja ſelbſt im Mai, doch auch nicht ſo ſpät folgen zu laſſen, daß es etwa den Saatpflänzchen an Zeit gebricht, vor Eintritt des Winters normal ſich zu entwickeln, zu verholzen, auszureifen. § 29. Keimbeförderungsmittel. Die Keimung unſerer Phanerogamen iſt die durch äußere Einflüſſe eingeleitete Entwicklung der im Samen ſchlummernden Embryonalanlage, auf deren Vollkommenheit und ungeſchwächte Erhaltung vom züchteriſchen Standtpunkt ſo großes Gewicht gelegt werden muß. Mit Feuchtigkeit in Berührung kommend wird durch Waſſeraufnahme bei Luftzutritt und ent— ſprechender Wärme der Keimprozeß durch Quellung des Samens und damit auch die Bildung von Kohlenſäure eingeleitet. Die Hülle wird erweicht, ge— ſprengt, der Samenkern wird ſichtbar. Mit dieſer mechaniſchen Einleitung ſchreitet die chemiſche Umbildung der in den Kotyledonen oder im Endoſperm abgelagerten Reſervenährſtoffe einher, welcher unmittelbar die erſte Wachs— tumsregung, der geſtaltende, bildende Akt der Keimung, ſich an— reiht. Der Beginn der Keimung wird äußerlich gekennzeichnet durch die Straffung und durch das Hervortreten des Keimwürzelchens (radicula). Die Samenhülle wird durch die wachſenden Kotyledonen allmählich abgeſtreift und gibt, entweder auf dem cauliculus über den Boden emporgehoben, die blattartig ergrünenden Kotyledonen frei (epigäiſche Keimung) oder fie behält, unter der Erdoberfläche verbleibend, die Kotyle— donen umſchloſſen, welche das Keimſtengelchen (cauliculus) mit der End— knoſpe (plumula) aus dem Boden hervortreiben und den ganzen Organismus bis nach erfolgter Bildung der erſten eigentlichen Blätter ernähren (hypogäiſche Keimung). Die Vorbedingungen für die Keimung ſind ſonach Feuchtigkeit, Wärme und ſauerſtoffreiche Luft. Der Sauerſtoff bewirkt bei freiwerdender Wärme die Oxydation der organiſchen Verbindungen und regt die ſtoffliche Neubildung aus den Reſerve-Nähr⸗ ſtoffbeſtandteilen (Stärkemehl, Fette in lösliche Kohlehydrate) an. Es liegt auf der Hand, daß die Wirkung der anregenden Faktoren auf künſtlichem Wege leicht eine Steigerung erfahren kann und tatſäch— lich werden keimfördernde Mittel vielfach in Anwendung gebracht. Vom züchteriſchen Standpunkte ſind dieſelben prinzipiell unſtatthaft, in mancher Richtung ſogar gefährlich, denn ſie rufen — mögen ſie geartet ſein, wie ſie wollen — nur zu leicht Keimanlagen ins Leben, die ohne dieſe auf künſtlichem Wege herbeigeführte günſtige Ausgeſtaltung der Keimbedingungen 5 68 Die künſtliche Beſtandesgründung. nicht geweckt worden wären. Ohne künſtliche Beihilfe ſchließt die Natur unge— zählte Mengen von ſchwächlich veranlagten Individuen aus und übt einen Akt züchteriſcher Selektion, die durch künſtliche Beförderung der Keimung ſchädlich durchkreuzt wird. Überdies tragen alle dieſe Mittel unverkenn— bar die Vorbedingungen für die Beeinträchtigung der Zuchtgüte in ſich und müſſen ſchon aus dieſem Grunde unterbleiben. Wer will die Grenze der Unſchädlichkeit bei Anwendung verdünnter Säuren zur Zermürbung der Samenhülle, zur Quellung uſw. beſtimmen, wer überhaupt nach— weiſen, daß die Anwendung, ſelbſt der ſchwächſten Miſchungen, voll— kommen unſchädlich für die Zuchtgüte des Samens ſei? Iſt ja ſelbſt das unſchuldigſte Mittel, die Quellung in Waſſer, notoriſch von empfindlichen Nachteilen begleitet, inſofern der gequellte Samen (wenigſtens Kleinkornſamen) vor der Ausſaat äußerlich wieder abgetrocknet, überdies gegen die Wirkungen einer nach der Ausſaat etwa eintretenden dürren Witterung äußerſt empfindlich iſt. Richtige, d. h. nicht allzutrockene Aufbewahrung, die der Einſchrumpfung des Kernes vorzubeugen weiß, eventuell die Verwendung nicht zu lange liegenden Saatgutes überhebt die Praxis der unbedingt zweifelhaften Beförderungsmittel und lehrt ſie, durch gute Keimbettbereitung und durch entſprechende Unterbringung des Samens, durch die richtige Wahl der Saatzeit alle jene Mittel auf natürlichem Wege in Wirkung treten zu laſſen, die der zuchtgerechte Ver— lauf der Keimung benötigt. § 30. Die Saatausführung. Großkörnige Samen werden in Form der ſogenannten Steck- und Einſtufſaat einzeln oder paarweiſe mit Anwendung der Hacke (Hacken— ſchlagſaat) oder des Pfluges (Furchenſaat) uſw. dem Boden anvertraut). Kleinkornſaat dagegen wird nach den Regeln des Acker- und Garten— baues ausgeübt und bedient ſich ebenſo wie dieſe zur Erleichterung mannig— faltiger, dem einzelnen Falle angepaßter Geräte und Maſchinen. Der Anbau des Großkornſamens iſt dagegen unter allen Umſtänden an die Handſaat gebunden. Der Säeakt ſelbſt ſoll nach Art und Zeit jo beſchaffen und gewählt ſein, daß die tunlichſt gleichmäßige Verteilung des Samens auf dem vor— bereiteten Bodenraum erzielt wird. Er ſoll alles vermeiden, was der ohnehin ſo ſchwer erreichbaren Gleichmäßigkeit der Saatſtellung Abbruch ) Saathammer, Setzſtöcke, Saatſchlägel, Steckbrett, Pookſche Doppelhacke ſind unwichtig und können mit den Leiſtungen der gewöhnlichen Hacke nicht konkurrieren. Die Beſtandesſaat. 69 tun kann. Die Vollſaat erfolgt breitwürfig. Der Säemann greift im Gehen in den handgerecht mitgetragenen Samenvorrat und wirft den Samen mit kräftig ausholendem Arm breitwürfig vor ſich hin, wie der Landmann, der ſeinen Acker beſtellt. Die Saatſtelle wird zu dieſem Zwecke mit Richtlinien, deren Entfernung ſich nach der Wurfbreite zu richten hat, abgeſteckt, da die Waldſaatfläche in der Regel keine An— haltspunkte für die Gangrichtung des Sämanns bietet, welche allein den Zuſammenhang der Saat zu ſichern vermag. — Die Vollſaat kann nur gut abgetrockneten, entflügelten und gereinigten Samen verwenden und ſoll ſich eines gleichmäßigen Tempos des Ganges, Griffes und Wurfes d. h. nur wohlgeſchulter Kräfte zur Saatausführung bedienen. Die ſtellenweiſe Saatausführung paßt ſich, ſoweit es ſich nicht etwa um breite Streifen handelt, mehr den analogen Vorgängen der Gartenkultur an. Sie wird meiſt in die empfindlichere Hand der weiblichen Arbeitskraft gelegt, welche das Saatgut „prieſenweiſe“ mit den Fingern erfaßt und dasſelbe in leicht bröſelnder Bewegung über die vorbereiteten Stellen der Kulturfläche ausſtreut. Im Intereſſe einer gleichmäßigen Verteilung des Samens ſoll die ſtreuende Hand bei Wind— ſtille nicht zu dicht über der Bodenoberfläche ſich bewegen, weil der aus ca. 0,5 - 1,00 m Höhe herabfallende Same ſich beſſer verteilt. Von dieſem Geſichtspunkte muß auch bei der ſtellenweiſen Saatausführung dem entflügel— ten Samen und ruhiger Witterung der Vorzug eingeräumt werden; obwohl ſie im allgemeinen nach beiden Richtungen hin ſonſt minder empfindlich iſt. Mit Rückſicht auf die der ſtellenweiſen Saatausführung immer eigene Gefahr der ſeitlichen Verdämmung durch Forſtunkräuter, läßt man gern die Ränder der bearbeiteten Streifen, Plätze uſw. unbeſamt und rechnet ſchon bei deren Anlage mit dieſem Umſtande. Sollen gemiſchte Beſtandesſaaten angelegt werden, jo iſt in der Regel die Ausſaat, nach Holzarten getrennt, auszuführen, da eine gleichmäßige Miſchung des Saatgutes um ſo weniger erreichbar ſcheint, je mehr die Samenarten in Form, Größe, Volumen und Gewicht differieren. Der kleine Mehraufwand an Arbeit wird durch die Möglichkeit einer den ſtandörtlichen Verhältniſſen des Schlagbodens angepaßte Verteilung der Holzarten reichlich gelohnt. (Fichte, Kiefer und Lärche werden oft vor der Ausſaat gemiſcht. § 31. Geräte und Maſchinen zur Ausſaat. So gewagt und verwerflich die Anwendung von Hilfsgeräten bei Ausübung des eigentlichen Pflanzgeſchäftes, ſo unbedenklich, ja zweckdien— 70 Die künſtliche Beſtandesgründung. lich ſind dieſelben für die Saat. Sie erſtrecken ihre Wirkſamkeit ledig— lich auf die nach Grad und Art zweckmäßige Regelung des Samenaus— ſtreuens, können alſo auf Entwickelung und Gedeihen der jungen Anlage zum mindeſten keinen nachteiligen Einfluß ausüben. Alle dieſe Geräte und Maſchinen können allerdings nur für gut gereinigten trockenen Klein— kornſamen angewendet werden, tun aber hier ausnahmslos gute Dienſte, da ſie neben erhöhter Leiſtung die Gleichmäßigkeit der Saatausführung bei mehr oder minder zuverläſſig regulierbarem Samenverbrauche und vor allem eine außerordentliche Samenerſparnis für ſich haben. Terrain und Bodenverhältniſſe nehmen auf Anwendungsfähigkeit und auf die Wahl der Geräte hervorragenden Einfluß, doch ſind dieſelben auch jo vielſeitig konſtruiert, daß für alle Verhältniſſe wenigſtens primi— tive Hilfsapparate zur Verfügung ſtehen. Die Geräte werden eingeteilt: a) ihrer Konſtruktion nach in einfache Handgeräte und in maſchinenartig gebaute Werkzeuge, die meiſt auf Karrengeſtellen aufmon— tiert ſind. b) nach der Art und Weiſe des Samenausſtreuens in ſolche, die den Samen einfach ausfallen laſſen und in ſolche, die ihn mittels beſonderer mechaniſch-automatiſch wirkender Hilfskonſtruktionen in regulier— baren Mengen ausſchleudern. c) nach der Vielſeitigkeit ihrer Leiſtung in einfache Samen— ſtreuer, in ſolche, die den Boden ſelbſttätig vorbereiten, ſolche, die den Samen ſelbſttätig unterbringen und endlich in ſolche, welche alle drei Funktionen übernehmen. Die einfachſten Formen ſind das Säehorn, der Saattrichter und die Saatflaſche, einen Übergang zu maſchineller Leiſtung repräſentiert die Saatflinte, und die eigentlichen Maſchinen liegen in ſehr zahlreichen Konſtruktionen vor. Das Säehorn, ein rund oder oval geformtes Blechgefäß mit Klapp— deckel und Handgriff mit hornförmig geknicktem Anſatz, der ſich nach unten ſchnell verjüngt und gegen die Spitze in mittels Bajonettverſchluſſes verbundenen Samenausfalldüllen verſchiedenen Kalibers gegliedert iſt, durch welche der Samenausfall ganz zweckmäßig geregelt werden kann. Der Saattrichter, ein kurzer Hohlkegel von Blech mit Schiebe— deckel und Handgriff, der in mehr horizontaler Haltung geführt wird und den Samen am Spitzende aus einer elliptiſch-ſchräg geſtellten Offnung ausfallen läßt. Auch die gewöhnliche glattgebauchte Weirflaſche findet Verwendung. Die Beſtandesſaat. 71 Die Saatflinte gehört mehr in den Bereich der Spielerei, leiſtet aber rückſichtlich der Gleichmäßigkeit und Sparſamkeit der Samenver— wendung weit mehr als die beiden erſteren. Ein flintenartig-geſtreckt gebauter, nach unten ſich verjüngender Holzkaſten läßt durch ein durchlochtes Verſchlußſtück den Samen in einer ſich verengernden Blech— dülle zu Boden fallen. Von außen wird ein durch das Verſchlußſtück hindurchgreifender, mit einem kleinen Schließkegel verſehener Schieber— mechanismus auf und nieder bewegt, der den Samenausfall regelt. Der Apparat wird mit der Hand regiert und bedient. Alle dieſe Geräte eignen ſich ausſchließlich zur ſtellenweiſen Saat— ausführung in jeder Form. Ihre richtige Handhabung und die Aus— nutzung ihrer erleichternden, verbilligenden und ſamenerſparenden Leiſtungs— fähigkeit bedingt einige Übung. Von den eigentlichen Säemaſchinen, welche auf dem ebenen Schlag— boden des Flach- und Hügellandes ihr geeignetſtes Arbeitsfeld finden, verdient wohl die Drewitzſche Kiefernſamen-Drillmaſchine in erſter Reihe Erwähnung. Sie iſt durch die Vielſeitigkeit ihrer Arbeitsverrich— tungen, durch die zuverläſſige und außerordentlich haushälteriſche Rege— lung des Samenausfalls ausgezeichnet. Der durchweg aus Eiſen verfer— tigte Apparat ruht auf einem einrädigen Karrengeſtell, das nach hinten in zwei Führungsſchenkel ausläuft. Das maſſiv gebaute Hauptrad drückt eine feſtwandige und glatte Schmalrille von minderer Eignung in das vor— her ſtellenweiſe gelockerte Erdreich ein. Die rotierende Bewegung des Karren— rades wird durch einen Zahnradmechanismus auf ein kleines in die Samen— trommel eingreifendes Schöpfrädchen übertragen, durch welches der Samen in leicht regulierbarer Menge und mit großer Gleichmäßigkeit durch einen Ausfalltrichter in die Rille geworfen wird. Dieſe wird durch die hinter der Ausfallöffnung angebrachte Egge und Walze beſtens geſchloſſen. Der Samenſtreuapparat kann beliebig außer Tätigkeit geſetzt werden. Die Rundeſche Säemaſchine iſt einfacher konſtruiert. Hinter dem Karrenrade greift ein kleiner Furchenzieher in die Bodenoberfläche ein, in deſſen Rille der im Fallrohr herabgeleitete Samen gebettet wird. Die Samenausfallmenge wird reguliert mittels einer am Grunde des Samen— behälters angebrachten Schiebervorrichtung, welche durch die Wechſelwir— kung eines mit dem Rade in Verbindung ſtehenden Winkelhebels und einer Schlagfeder hin- und hergeſchoben wird. Die Unterbringung des Samens erfolgt mittels eiſernen Rechens. Die Rochſche Maſchine hat die eigentliche Schiebfarrenform. Das Karrenrad überträgt durch Zahnrad und Transmiſſionskette ſeine rotie— 72 Die künſtliche Beſtandesgründung. rende Bewegung auf die Samentrommel, aus welcher der Samen durch 2—4 mit durchlochten Schiebern verſchloſſenen (beliebig einzuſtellenden) Ausflußöffnungen in das vorher rillen- oder ſchmalſtreifenförmig be— arbeitete Erdreich eingeführt wird. Unter dem Karren iſt eine eggen— artige Kratze mit ſcharf umgebogenen Zinken angebracht, die durch ihr Eigengewicht die Saatrille ſchließt. Die Maſchinen von Göhren, Klaehr, Spitzenberg ſind der vori— gen ſehr verwandte Konſtruktionen. Ihre Samentrommel iſt jedoch hoch— geſtellt, wird durch Riementransmiſſion bewegt und der Samen ſelbſt durch ein Fallrohr zu Boden geführt. Die vorher genannten maſchinenartigen Konſtruktionen eignen ſich in erſter Reihe für die in der Längsrichtung zuſammenhängenden Saataus— führungen (Rille, Riefe und Schmalſtreifen), doch werden ſie bei zuſam— menhängender Bodenbearbeitung oder im lockeren Sandboden der Ebene auch zur Ausführung der Drillſaat mit Vorteil verwendet. Sogar die große landwirtſchaftliche Drillmaſchine wird in den ebenen Kiefer-Kultur— flächen z. B. der Mark mit beſtem Erfolg in die Dienſte der Beſtandes— ſaat geſtellt. Eine gute Breitſaatmaſchine iſt die Rotterſche. Sie iſt ebenfalls auf einem Karren angebracht. Durch das Karrenrad werden die um eine Achſe angeordneten Schöpflöffelchen in rotierende Bewegung verſetzt. Sie greifen in den Samenvorrat ein und ſchleudern kleine Teilmengen gegen eine glatte Schrägfläche, die ihn in entſprechend geregelter Verteilung zwiſchen die Rechen abgleiten läßt, deren einer den Boden rauh macht, der andere den Samen unterbringt. Die Samenmenge wird durch beliebige Aus— ſchaltung der Schöpflöffelchen und durch die mehr oder minder ſchnelle Vorwärtsbewegung der Maſchine ſehr zuverläſſig reguliert, ſo daß gleich— mäßige Samenverteilung und Samenerſparnis in ausgezeichnetem Maße erreicht werden. Die Maſchine ſetzt günſtige Boden- und Terrainbeſchaffen— heit voraus. Der Hackerſche Rillenſäer. Am Ende eines zweiarmigen Holzſtieles drehen ſich um eine gemeinſchaftliche Horizontalachſe zwei Wellen verſchie— denen Kalibers. Die größere dient zur Führung des Gerätes am Boden, die kleinere zur Vermittelung des Säeaktes. Sie iſt mit eingegrabenen Hohlrippen gefurcht. Oberhalb dieſer Saatwelle iſt in Form eines drei— eckigen Kaſtens der Samenbehälter angebracht, welcher mit der erſteren mittels eines nach den Seiten von kräftigem Borſtenkranze abgeſchloſſenen Spaltes in offener Verbindung ſteht. Der Samen füllt durch ſeine eigene Schwerkraft fortlaufend die Höhlungen der Saatwelle aus und dieſe ent— u 5 ,b Die Beſtandesſaat. 73 leeren ſich bei der Umdrehung in die vorher bearbeitete Saatrille. Die Samenmenge wird durch ſchmale Meſſingreifen, welche die Längsfurchen der Saatwelle beliebig ſperren, ſehr einfach reguliert. Der kleine Apparat iſt ſpeziell für die Rillenſaat ſehr leiſtungsfähig, doch muß die Bedeckung des Samens mit der Hand erfolgen. Für Platz⸗ uud Plattenſaaten ſind die Kreisſaat-Apparate von Zitny und Ganghofer recht verwendbar. Der Zitnyſche Plattenſäer. Unter einem trichterartig konſtruierten Samenbehälter iſt in einer Meſſingblechmuffe eine von außen mittels Kurbel drehbare Holzwelle angebracht. Dieſelbe hat in der Mitte eine napfartige Vertiefung, welche den Samen in gleichmäßigen Portionen aus dem Samenbehälter übernimmt und nach einer halben Umdrehung aus der unteren Ausflußöffnung der Muffe freigibt. Der Samen kollert auf einem breiten Streukegel gegen die Wandungen des umſchließenden Blech— mantels, der ihn in einigermaßen gleichmäßiger Verteilung über die künſt— lich bearbeitete Bodenfläche zurückprellt. Der Kreisrechen-Säer von Ganghofer verbindet denſelben Streu— apparat mit einem Kreisrechen, deſſen hohler Stiel den Samen über einen kleinen Streukegel zu Boden fallen macht. Der Apparat glänzt durch die Vielſeitigkeit ſeiner Leiſtungen, inſofern er ſozuſagen in einem Zuge die Keimbettbereitung, die Ausſaat und die Unterbringung des Samens in ganz entſprechender Weiſe beſorgt. Ohne die früher anerkannten Vorteile präziſer, reicher und ſparſamer Arbeitsleiſtung abſchwächen zu wollen, ſei ſchließlich bemerkt, daß die Praxis unter allen Umſtänden ihr Auskommen mit der eigentlichen Hand— ſaat findet, daß aber für jene Forſthaushaltungen, die mit dem Saat— kulturbetriebe im Großen arbeiten (in erſter Reihe in Kiefernforſten der Ebene), die verhältnismäßig hohen Anſchaffungskoſten der Maſchinen ſich bald bezahlt machen. (Näheres über Säemaſchinen ſ. Literaturnachweis). § 32. Die Bedeckung des Samens. Die Handſaat und jene Geräte, welche den ausgeſtreuten Samen nicht ſelbſttätig unter das Erdreich bringen, beziehungsweiſe mit demſelben vermiſchen, erheiſchen eine nach Holz- und Bodenart ſowie eine nach äußeren Gefahren abzuändernde Bedeckung des Samens mit Erde. Dieſelbe ſoll unmittelbar nach der Saatausführung erfolgen und hat die Aufgabe, durch eine innige, umſchließende Berührung des einzelnen Samenkornes mit dem Boden die Vorbedingungen zur Keimung möglichſt günſtig zu geſtalten. Die Höhe der Bedeckung muß aus ſehr verſchiedenen Geſichtspunkten zu— 74 Die künſtliche Beſtandesgründung. gemeſſen werden. Sie ſoll dem Samen eine gleichmäßig⸗-nachhaltige Ein— wirkung von Feuchtigkeit und Wärme ſichern, zugleich aber auch die Tem— peraturextreme ausgleichen und namentlich den dritten Faktor der Keimung, den Zutritt der atmoſphäriſchen Luft, nicht abhalten. Dieſe Auforderun— gen ſtehen unverkennbar im Widerſpruch zu einander, inſofern die Erfül— lung der beiden erſten Rückſichten ein tieferes Unterbringen ſtatthaft, vielleicht ſogar ratſam macht, welches die letztere Forderung gerade— zu und um ſo mehr verbietet, je dichter, je bündiger das Erdreich. Als theoretiſche Richtſchnur wären die Grenzen der Bedeckungshöhe zwiſchen 0,2 und 2,9 em feſtzulegen und im allgemeinen ihr zuläſſiges Maximum für die epigäiſch keimenden Holzarten auf 0,5, für die hypogäiſchen auf 3 em zu beſtimmen. Kleinkornſamen der Nadelhölzer keimt auch ſchon obenaufgeſtreut und leicht angewalzt einigermaßen zuverläſſig, doch iſt eine geringe Erddecke auch ſchon zur Verminderung des Andranges ſamenfreſſender Tiere unerläßlich. — Die Bedeckung des Samens kennt zwei verſchiedene Verfahren: das Unterbringen und das Übererden. Bei der erſten Form handelt es ſich um ein wirkliches Unterarbeiten des ausgeſtreuten Samens oder wenigſtens um eine innige Vermiſchung des— ſelben mit dem gelockerten Erdreich, welche mittels Anwendung der ver— ſchiedenſten Geräte herbeigeführt werden kann. Der Pflug kommt nur bei der mit großfrüchtigen Samen wohl üblichen Furchenſaat in Frage. Die Breitſaat ermöglicht die vorteilhafte Verwendung der Eggen ſchwerer oder leichterer Konſtruktionen (ſogar der Strauchegge) und die ſtellenweiſen Saatausführungen bedienen ſich der Rechen. An alle dieſe Geräte bindet ſich die neuerliche Bewegung der Boden— nährſchicht und des ihr anvertrauten Samens, eine Tatſache, welche ſelbſt die ſtrengſte Gleichmäßigkeit der Saatausführung wieder nachteilig beein— fluſſen muß und darlegt, daß die Saatpraxis auf eine peinlich gleichmäßige Verteilung des Saatgutes keinen allzu großen Wert legen ſoll. Im übrigen iſt zu konſtatieren, daß die Bedeckung des Samens bei Anwendung oben angeführter Geräte mit abſoluter Zuverläſſigkeit überhaupt nicht erreicht wird, daß nicht allein die Lagertiefe für das einzelne Samenkorn ſehr verſchieden iſt, ſondern auch viele Samen ganz ohne Bedeckung bleiben. Es iſt deshalb ganz im allgemeinen ein nachfolgendes Anwalzen, wenn ſonſt der Boden es geſtattet, von ſehr guter Wirkung aber nicht unbedingt not— wendig, weil die Gleichmäßigkeit des Auflaufens und der Saatſtellung nicht mit Opfern erkauft werden ſoll, die vielleicht weit höher ſich be— laufen, als der verhältnismäßig geringe Aufwand der etwa notwendig werdenden Komplettierungen. Hilfs⸗ und Schutzmaßregeln der Beſtandesſaat. 75 In ſehr humuslockerem oder ſandigem Boden wird oft auch das Unterbringen oder wenigſtens die innige Berührung des Samens mit dem Erdreich der Bodenoberfläche durch das wiederholte Eintreiben von Weide— viehherden zu erreichen ſein. Die Methode des Übererdens iſt weniger gebräuchlich. Sie be— ſchränkt ſich mehr auf feſte Böden deren Bearbeitung wegen beſonderer Schwierigkeiten unterbleiben mußte und beſteht in einem Überwerfen der obenauf geſäeten Samen mit Erde, die möglichſt bequem und aufwandlos auf der Kulturfläche ſelbſt gewonnen wird. Übrigens werden Bodenzu— ſtände, welche die Herrichtung des Keimbettes ſo ſehr erſchweren, immer beſſer der Pflanzung überwieſen. 7. Kapitel. Hilfs⸗ und Schutzmaßregeln der Beftandesfant. § 33. Im allgemeinen. Unter einigermaßen günſtigen Verhältniſſen findet die Beſtandes— gründung durch Saat mit dem früher behandelten Verfahren ihr Aus— kommen. Sehr oft aber ſieht ſich der Kulturbetrieb in die Notwendig— keit verſetzt, über die mannigfachen Schwierigkeiten und Gefahren, welche die Ungunſt des Standortes, das entſchiedene Schutzbedürfnis gewiſſer Holzarten oder auch der Andrang ſchädlicher Tiere uſw. begründen, durch beſondere, dem konkreten Fall umſichtig angepaßte Maßregeln hinwegzu— helfen. Es handelt ſich da häufig um die Erziehung eines Schutzbe— ſtandes für ſchwachen Boden oder die ſchnelle Wiederkehr einer ungünſtigen durch die Bearbeitung eben erſt aufgehobenen Bodenbeſchaffenheit zu verhüten; es handelt ſich häufig auch um eine förmliche Vorkultur, die einen völlig ausgezehrten, erſchöpften Boden durch Hebung der Bodenphyſik und Boden— chemie der Holzproduktion erſt wiedererobern muß; handelt ſich endlich auch um den Schutz des Samens während der Keimung und der Saat ſelbſt vor den mannigfachſten Gefahren und Schäden durch widrige Einflüſſe der Witterung, durch Tiere und durch Pflanzen. § 34. Die Beſtandesſaat als Vorkultur. Auf verangerten Hutweiden, ausgezehrten Feldern mit trockener erd— armer Nährkrume, die ſeinerzeit eine extenſive Landwirtſchaft dem Walde raubte und in vollkommen erſchöpftem Zuſtande der Holzzucht wieder zu— weiſt, iſt ſehr häufig die unmitelbare Aufforſtung mit ertragstüchtigen Holz— arten vollkommen ausſichtslos. Zu einer wirkungsvollen Bodenmelioration 76 Die künſtliche Beſtandesgründung. durch aufſchließende Lockerungen oder gar durch Düngungen kann der Forſtwirt ſehr ſelten greifen. Er muß durch wirtſchaftliche Maßregeln den Boden zu einer (jeden Aufwand tunlichſt meidenden) Selbſthilfe anregen, ihn durch eine ſogenannte Vorkultur der Holzzucht wieder gewinnen. Wir verſtehen unter einer derartigen Vorkultur den Anbau einer Holzart, die ſich durch ihre Widerſtandsfähigkeit gegen die Unbilden eines ärmlichen Standortes, durch ihre ſchnelle Jugendentwicklung ſowie durch boden— ſchützende und -verbeſſernde Eigenſchaften auszeichnet, ohne daß unter den gegebenen Verhältniſſen von ihr ſelbſt eine nennenswerte Ertrags— leiſtung erwartet werden müßte. Eine ſolche Vorkultur iſt im wahren Sinne des Wortes ein Übergangsſtadium zur definitiven Aufforſtung, das in erſter Reihe bodenpflegliche Abſichten verfolgt. Hervorragend geeignet für dieſen wichtigen Dienſt iſt die Eiche. Sie iſt als eigentliche Ertragsholzart zwar außerordentlich anſpruchsvoll und vielleicht gerade deshalb rückſichlich ihrer ſehr beachtenswerten Leiſtungen im Dienſte der Bodenpflege nicht genügend gewürdigt. Und doch liegen reiche Erfahrungen dafür vor, daß die allerelendeſten Lagen!) mit Hilfe der Eiche innerhalb einiger Quinquennien in vollkommen auf— forſtungsfähige und ertragsleiſtende Verfaſſung zurückverſetzt werden. Die Eiche ſelbſt bietet einen ganz minimalen Ertrag; ſie iſt im Vergleich zu ihrer Entwicklung auf kräftigem mildlehmigem Boden gar nicht wieder zu erkennen. Aber ihre ſchon durch die Tiefenentwicklung der Wurzel bedingte große Widerſtandsfähigkeit gegen Dürre, ihr gerade den ärmlichen Boden charakteriſierender ſperräſtiger Wuchs, ihre bodendeckende Wirkung ſind Eigenſchaften, die ſie, wenn auch nur im elenden Krüppelwuchſe, für die Bodenregeneration beſonders geeignet machen. Der Boden ſammelt ſich unter der mittels dichter ausgeführter Steckſaat vorgebauten Eiche; er wird geſchützt vor den auszehrenden Wirkungen der Sonne und des Windes und der wenn auch ſpärliche Laubabfall bietet immerhin wohl— tätige humoſe Beimengungen, welche die Arbeiten der eigentlichen Auf— forſtung mit einer dem Standorte angepaßten Holzart (Fichte) ungemein erleichtert, ihre Erfolge in erfreulichſter Weiſe ſichert. Eine zweite Holzart, welche die vollſte Beachtung für die nächſt— liegenden Aufgaben der Vorkultur verdient, iſt die Kiefer. Auch ſie arbeitet ſich vermöge ihrer tiefen Bewurzelung ſiegreich durch die mannigfachen ) Verfaſſer hat mit Eichenvorkultur auf erdloſen, flachgründigen Tonſchiefer— böden, die nach langjähriger unwirtſchaftlicher Ausbeute durch die Landwirtſchaft bis zum Außerſten erſchöpft waren und allen Aufforſtungsbemühungen widerſtanden, die ſchönſten Erfolge erzielt, nachdem alles andere verſagt hatte. Hilfs⸗ und Schutzmaßregeln der Beſtandesſaat. 1 71 Gefahren des armen verwahrloſten Odlandes hindurch; ſie glänzt geradezu durch ihre Jugendleiſtungen, ſelbſt auf ungeeignetem Standorte, auf dem jede andere Holzart verſagt, und wenn ſie auch keine direkten Wertserträge zu liefern vermag, ſo wirkt ſie um ſo günſtiger und zuverläſſiger in der Richtung der Bodenpflege und Bodenverbeſſerung. Auch ihr kommt die ſperrigbreite Jugendentwicklung rückſichtlich des Bodenſchutzes ſehr zu ſtatten; ihr Nadelabfall leiſtet der kulturfördernden Humusbildung Vor— ſchub und die neueſten Forſchungen ſtehen, im weiteren Ausbau der Frankſchen Lehrmeinung, daß die Wurzelſymbioſe für die Ernährung der Waldbäume von großer Bedeutung iſt, im Begriff, die Kiefer vermöge ihrer gerade auf nahrungsarmen Böden ſo auffallend reichen Mycorhizen— bildung unter jene Holzarten einzureichen, denen, ähnlich wie den Le— guminoſen, eine Fähigkeit, den Stickſtoff zu ſammeln, zugeſchrieben werden müſſe. E. P. Müller — „Über das Verhalten der Bergkiefer zur Fichte in den jütländiſchen Heidekulturen“. Naturwiſſenſch. Zeitſchrift für Land- und Forſtwiſſenſchaft, München 1903 — beobachtete die überaus günſtige Einflußnahme des Bergkieferzwiſchenſtandes auf das Gedeihen der Fichte und ſah ſich dadurch angeregt, der Frage nachzuhängen, „ob nicht irgend ein Unterſchied zwiſchen den Mykorhizen der Fichte und Bergfiefer beſtehen ſollte, da doch dieſe beiden Holzarten in der von Pilzen angefüllten humoſen Schichte der Heiden ſo auffallend ungleich gedeihen. Es iſt umſomehr Anlaß dazu vorhanden, die Wurzelpilze dieſer Holzarten zu ſtudieren, als ſchon Franks Unter— ſuchungen und ſpäter Stahls zuſammenſtellende Orientierungen zeigten, daß die Pilz— ſymbioſe eine hervorragende Rolle bei der geſamten eigentlichen Heidevegetation ſpielen muß, weil alle für die Pflanzengeſellſchaft charakteriſtiſchen Arten ſich als mykotrophe Pflanzen erwieſen haben, alſo als ſolche, die in Symbioſe mit Pilzen leben, deren Hyphen normaler Weiſe ſich in ihren Wurzeln finden.“ Soweit es ſich darum handelt, die Vorbauwürdigkeit der Kiefer als Stickſtoffſammlerin zu ſtützen, laſſen ſich die Ergebniſſe dieſer hochintereſſanten Studie in teilweiſem Widerſpruche mit anderen Forſchungen etwa dahin zuſammenfaſſen: Die Mykorhizen kommen an der Kiefer in beiden Formen, in der verzweigten ſowohl wie in der knotigen, vor. „Der Umſtand, daß die Bergkiefer (auch die gemeine) in dem völlig humusfreien Medium, von dem man annehmen muß, daß es andere Nahrungsſtoffe als Stickſtoff in hinreichender Menge enthält, ſich gut entwickeln kann und ſelbſt bei langſamſtem Wuchs eine reiche und dichte Benadelung von friſcher dunkelgrüner Farbe bewahrt, ohne daß irgend ein anderes Organ von wirklicher Bedeutung für die Nahrungsaufnahme aus dem Boden als die knollenförmigen Mykorhizen vorhanden wäre, macht es höchſt wahrſcheinlich, daß letztere den freien Stickſtoff der Luft zu aſſimilieren vermögen“. Findet dieſer Leitſatz ſeine einwandfreie Beſtätigung, ſo iſt die hervorragende Eignung der Kiefer zur Vorkultur in nahrungsarmen Odlagen auch aus dieſem Geſichtspunkte erwieſen. Tatſächlich hat ja auch die große Kulturpraxis die überaus günſtige Wirkung der Kiefer — wenn auch nicht wiſſenſchaftlich begründet, ſo doch 73 Die künſtliche Beſtandesgründung. längſt erkannt, gewürdigt und durch reiche Erfahrungsſätze auf den ärmſten Standorten belegt, in denen die Bedingungen zur Bildung aſſimilierbaren Stickſtoffes (Salpeterſäure und Ammoniah denkbarſt un— günſtig liegen und durch die Kiefer gehoben werden. Spricht in dieſer Richtung ſchon das relativ gute Gedeihen, die üppig dunkelgrüne Be— nadelung der Fichtenkulturen im Schutzſtande oder auch im Nachbau der Kiefer ſchon ſehr zugunſten der letzteren, ſo iſt ja die bodenverbeſſernde Bedeutung ſpeziell der Schwarzkiefer längſt als eine waldbaulich er— härtete Tatſache allgemein anerkannt, ihr Vorbau für die verödeten Böden beſonders emfohlen, nicht etwa weil ſich hier große Hoffnungen an ihre Nutzbarkeit knüpfen, als vielmehr deshalb, weil ſie bei großer Genügſam— keit ungemein nützlich wirkt durch ihre bodenverbeſſernde Kraft. Weiſt ja doch Burckhardt („Säen und Pflanzen“) ſchon darauf hin, daß die franzöſiſche Regierung für die Wiederbewaldung des ausgedehnten öden Berglandes der Schwarzkiefer eine beſondere Aufmerkſamkeit zuwendete; hebt ja doch Grebe in ſeiner Monographie der Kiefer in dem faſt 10 U -Myriameter großen Kieferngebiete des Regierungsbezirkes Danzig (Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1885) den außerordentlichen Reich— tum des Bodens an Salpeterſäure hervor. Als treue Gehilfin für die Aufforſtung verarmter Lagen verdient weiter die Beſenpfrieme (spartium scoparium L.) als ſtickſtoffſammelnde Papilionacee die größte Beachtung. Sie iſt bisher im forſtlichen Betriebe nur als ein läſtiges Unkraut behandelt und verachtet worden. Ihr Auf— treten war ſozuſagen das Kennzeichen einer läſſigen Forſtwirtſchaft. Heute wird ſich der Kulturbetrieb bei der Aufforſtung beſonders ſchwieriger Böden kaum eines zuverläßlicheren Mittels bedienen können, als der Beſenpfrieme im Vorbau oder Mitanbau, in welchem letzteren Falle ſie allerdings wegen ihrer häufig verdämmend wirkenden Wucherung eine aufmerſame Überwachung beanſprucht. Verfaſſer beobachtetete durch lange Jahre mit wachſendem Intereſſe das über— aus gedeihliche Verhalten der Fichtenkulturen in Beſenpfrieme ſelbſt auf den geringſten Standorten und ſtellte angeſichts der hervorragenden waldbaulich-wirtſchaftlichen Be⸗ deutung dieſer Erſcheinung die definitive Klärungsfrage durch die induktive Verſuchs— forſchung. Die Reſultate derſelben auf Boden und Beſtand ſprachen außerordentlich zugunſten der Beſenpfrieme. Sie ſind in § 102 bei der Beſtandespflanzung näher behandelt. Die Vorkultur wird übrigens auch häufig indirekt in die Dienſte der Beſtandeserziehung geſtellt, wo es ſich um Beſtandesgründung durch Saat von ſchutzbedürftigen Holzarten z. B. der Tanne und Buche handelt, die als echte Kinder der Femelſchlagwirtſchaft des vorwüchſigen Schirmſtandes Hilfs⸗ und Schutzmaßregeln der Beſtandesſaat. 79 im zarten Jugendalter nur ſchwer entbehren können. Hier treten oft die Rückſichten des Bodenſchutzes (namentlich auf beſſeren Standorten) mehr oder ganz zurück. Es handelt ſich lediglich um den bemutternden Schutz für die nachzuziehende Jugend. Für dieſe eigentlichen Beſtandesſchutz— zwecke ſind neben der Kiefer auch die Lärche, Birke, Weißerle und Akazie zu empfehlen, da hier die Schnellwüchſigkeit allein, nicht aber die bodenver— beſſernde Kraft oder gar die Ertragsausſicht der angebauten Holzart in Betracht kommen und gerade in der erſtgenannten Richtung die drei Holzarten ſelbſt auf ungeeigneten Standorten Vorzügliches leiſten. Die Akazie wird als Papilionacee gleichzeitig ſtickſtoffbereichernd wirken. § 35. Schutz⸗ und Beiſaaten. Standorte, welche die Saaterfolge weniger gefährden, gleichwohl aber des Bodenſchutzes durch einen bald eingetretenen Beſtandesſchluß nicht lange entbehren können, auch ſchutzbedürftige oder durch beſonders langſame Jugendentwicklung gekennzeichnete Holzarten, die aus eigener Kraft den Boden nicht ſo bald gegen die nachteiligen Einflüſſe der Atmo— ſphäre zu decken vermögen, werden durch gleichzeitig mit der Anſaat der be— ſtandbildenden Holzart ausgeführte Schutz- und Beiſaaten begünſtigt. Auch hier handelt es ſich um ſchnellwüchſige Schirmhölzer, die der Haupt— holzart in der Entwicklung zwar vorauseilen, den Boden aber ſelbſt bald decken helfen und nicht etwa durch dichten Kronenbau verdämmend auf die nachwüchſige Jugend wirken. Kiefer, Lärche, Akazie, Birke, Weißerle, Beſen— pfrieme ſind auch in dieſer Richtung wieder auf die Wahl zu ſtellen, da ſie ein hochgradiges Anpaſſungsvermögen beſitzen und ſelbſt auf ungeeignetſtem Standorte ihre nächſtliegenden Aufgaben des Boden- und Beſtandes— ſchutzes, aber auch nur dieſe, in anerkennenswerteſter Weiſe erfüllen. Die Anſaat wird entweder gemiſcht mit der Hauptholzart oder auch in ſtreifen— weiſer (kuliſſenartiger) Anordnung und in einer Richtung ausgeführt, daß die aushagernden Wirkungen von Wind und Sonne möglichſt hint— angehalten werden. Dieſe Schutz⸗ und Treibhölzer ſelbſt werden ſehr rückſichtslos be— handelt. Sie werden in ihren oberen Schaftteilen geäſtet, entgipfelt, ſo lange ſie unten dem Bodenſchutze noch dienſtbar ſind, und werden erſt ausgehauen, wenn die Hauptholzart ſelbſt den Bodenſchutz ſchon über— nehmen kann. § 36. Beiſaat einer Feldfrucht. Es liegt namentlich bei zuſammenhängender Bodenbearbeitung und Vollſaatausführung ſehr nahe, den Bodenlockerungsaufwand zum Teil 80 Die künſtliche Beſtandesgründung. durch einen landwirtſchaftlichen Ernteertrag wieder zurückzugewinnen, um ſo mehr, da es tatſächlich oft möglich wird, die gleichzeitig mit ausge— führte Beſtandesſaat vor mancherlei Gefahren der erſten Lebensmonate, beſonders vor nachteiligen Froſtwirkungen zu ſchützen. Das ſchnelle Auf— keimen der nach landwirtſchaftlichen Grundſätzen ausgeführten Korn- oder Haferſaat, deren flotte, die Holzſaat weit überholende Entwicklung, ſichert der letzteren einen wohltätigen Schutz gegen den grimmigſten Feind des zarten Keimlingsalters, gegen die Spätfröſte, während des Auf— laufens und ſelbſt die Barfroſtwirkungen im folgenden Winter werden durch die Kornſtoppel und deren dichte Bewurzelung weſentlich abge— ſchwächt. Dagegen läßt ſich anderſeits nicht in Abrede ſtellen, daß die Bei— ſaat der Feldfrucht den Boden zu ungunſten der Beſtandesſaat ausſaugt; daß die reiche Bewurzelung der erſteren bei trockenem Witterungsverlaufe die Feuchtigkeit begierig für ſich in Anſpruch nimmt, die aufkeimende Holzſaat zum Darben verurteilend, und daß bei dem im Sommer ein— gelegten Ernteakte nicht allein direkte Beſchädigungen der Holzſaat unver— meidlich, ſondern auch die unvermittelte Überführung derſelben von einer Schirm- zur abſoluten Freiſtellung von ſehr nachteiligen Folgen ſein kann. Für Holzarten, die eines bemutternden Schirmſtandes für einige Jahre benötigen, für ſchutzbedürftige Böden, iſt Beiſaat einer Feldfrucht nicht allein gegenſtandslos, ſondern geradezu zu widerraten. § 37. Künſtliche Saatſchutzmaßregeln. Um Boden und Saat vor ungünſtigen Einwirkungen atmoſphäriſcher Natur zu behüten, wird häufig da, wo es ſich nur um ein plötzlich eintretendes und nur vorübergehend fühlbares Schutzbedürfnis handelt, zu künſtlichen Maßregeln gegriffen. Dieſelben haben ihres hohen Koſten— aufwandes halber wohl nur für die ſtellenweiſen Saatausführungen und allenfalls für Vollſaaten von geringer Flächenausdehnung Bedeutung. Ihre gebräuchlichſte Form iſt die Bedeckung mit Nadelholzreiſig, welches nicht allein die Froſt- ſondern auch die austrocknenden Wirkungen von Wind und Sonne abhält. Sie wird ſowohl auf dem Boden aufliegend oder auch in ſchwebender Form, d. h. auf einer in gegabelten Pfählen ruhenden horizontalen Lattenroſtung angewendet. — Selbſt das Beſtecken der Saatfläche mit aufrecht ſtehenden Aſten, ſogar in Streifen- und Reihenanordnung, gewährt gegen Wind und Sonne einen durchaus aus— reichenden und ſehr wirſamen Schutz. . ²˙ —ĩ—ĩ—j —— wön ĩã Hilfs⸗ und Schutzmaßregel der Beſtandesſaat. 81 § 38. Schutz gegen Tiere. Der Saatenſchutz gegen Tiere, ſoweit er überhaupt mit wirtſchaft— lich⸗waldbaulichen Maßregeln ſich befaßt, ſtützt ſich in erſter Reihe auf die richtige Wahl der Saatzeit, auf eine entſprechende Bodenbearbeitung und Unterbringung des Samens d. i. auf jene Maßregeln, welche die Keimung und das Auflaufen der Saat begünſtigen und fördern, ſomit die Dauer jener Gefahren kürzen, welche das Samenkorn und den an der Bodenoberfläche erſcheinenden Keimling bedrohen. Gegen Vogelfraß iſt die aufliegende Reiſigdecke bei ſtellenweiſer, bei Vollſaat die Bewachung wohl noch das zuverläſſigſte Mittel. Dagegen muß die vielfach empfohlene Anwendung von Mennige (rotem Bleioxyd) als mit züchteriſchen Rückſichten im all— gemeinen nicht vereinbar widerraten werden, da man abſolut nicht über— ſehen kann, welche nachteiligen Wirkungen dadurch noch im letzten Mo— mente in die Beſtandesgründung eingeführt werden. Die Mennige iſt ja allerdings in Waſſer unlöslich, aber es erſcheint nicht ausgeſchloſſen, daß die in den atmoſphäriſchen Niederſchlägen nie ganz fehlenden Salze lösliche Verbindungen mit dem Bleioxyd eingehen, die dann ſchädigend, vergiftend wirken können. Aus ähnlichen Rückſichten ſind verdünnte Karbolſäure, Petroleum abſolut verwerflich. Wo die Praxis mit den früher genannten, die Zuchtgüte des Samens nicht beeinträchtigenden Maßregeln ihr Auskommen nicht findet, möge ſie daran denken, daß quantitativ geſchmälerte Erfolge, ja totale Mißerfolge, welche durch Ver— nichtung des Individuums herbeigeführt werden, im zuchtgerechten Auf— forſtungsbetriebe noch lange nicht der Übel größtes ſind. Als Deckreiſig bietet die Fichte aus den nächſten Durchforſtungen oder auch durch vorſichtige, ad hoc vorgenommene Aufaſtungen in jüngeren Beſtänden ſehr geeignetes Material, weil dasſelbe nach etwa vier Wochen ſeine Nadeln ſchüttet und dadurch den zarten Keimpflänzchen einen wohltätigen Übergang von der Schatten- zur Lichtſtellung ſichert. Gegen Mäuſe und Inſektenſchäden wird mit dem aus der Lehre vom Forſtſchutz bekannten Vorbeugungs- und Vertilgungsmitteln einge— griffen; Wild und Weidevieh durch Umfriedigung, durch Bewachung, durch Verhegung uſw. abgehalten. § 39. Saatpflege des erſten Jugenddaſeins. Die Saaterfolge werden namentlich da, wo ſchirmender Vor- und Mitanbau nicht angewendet wurde, von mancherlei Fährlichkeiten ſehr be— einträchtigt, die ſich nach Grad und Vielſeitigkeit um ſo mehr ſteigern, Reuß, Beſtandesgründung. 6 82 Die künſtliche Beſtandesgründung. je ungünſtiger der Standort, je langſamer die Jugendentwickelung der beſtandbildenden Holzart. Heftigere Regengüſſe ſchlagen namentlich den lehmigen Boden oft ſo feſt, daß der im Aufkeimen begriffene Samen in der verhärteten Kruſte ein ſchwer zu bewältigendes mechaniſches Hindernis findet, welche das Auflaufen nicht allein verlangſamt, ſondern auch in quali et quanto auf das nachteiligſte beeinträchtigt. Ein rechtzeitiges Durchbrechen der ver— kruſteten Bodenoberfläche mittels Egge, Rechens oder Zinkenhacke, Spitzen— berg'ſchen Wühlrechens beugt in der Regel allen nachteiligen Folgen wirk— ſam vor. Vor ihrem grimmigſten Feinde, der verdämmenden Unkrautwucherung, iſt die Beſtandesſaat wohl nur ſehr ſchwer zu ſchützen und ſo wichtig die Jäte- und Lockerungsarbeiten für die Jungſaat, ſo unausführbar ſind ſie wegen des hohen Koſtenaufwandes in der Beſtandesſaat von größerer Flächenausdehnung, ein Nachteil, der die Anwendbarkeit der Beſtandes— gründung durch Saat ſtandörtlich jo ſehr beſchränkt. Starke Verun— krautung raubt den Saatpflänzchen alle Lebensbedingungen, ſie raubt die Nahrung, die Feuchtigkeit, den Lichtgenuß und wenn auch die dichte Un— krautwucherung im rohen Waldboden der Kulturfläche mehr zu den Ausnahmen als zur Regel gehört, ſo werden doch immer nur die ſtellen— weiſen Saatausführungen, ſelten die Vollſaaten der günſtigen Wirkungen der Lockerung und reinigenden Ausjätung teilhaftig werden können. Die Pflege der Beſtandesſaat nach dieſer Richtung hin wird ſich meiſt be— ſchränken auf die Entfernung dichten Unkrautwuchſes mittels der Sichel oder durch Ausrupfen in der Blütezeit, um der Anſamung des Unkrautes vorzubeugen. Zu den gärtnermäßigen Reinigungen durch Auszupfen des Unkrautes mit der Wurzel kann nur ausnahmsweiſe geſchritten werden. Am gefährlichſten und am ſchwierigſten zu bekämpfen iſt die Graswucherung, weshalb auch graswüchſige Böden nie der Beſtandesſaat überwieſen werden ſollen. Eine weitere ſehr wichtige Pflegemaßregel iſt die rechtzeitige Komplettierung der Saat. Keine, ſelbſt nicht die beſte Saatausführung, wird einen tadelloſen, des korrigierenden Eingriffs nicht mehr bedürftigen Erfolg zeitigen. Immer und überall werden größere und kleinere Lücken zu füllen bleiben und ſobald die Saaterfolge im 2., 3. höchſtens 4. Jahre mit entſprechender Sicherheit überblickt werden können, ſoll die letzte Hand ungeſäumt angelegt werden. Größere Fehlſtellen kann man allenfalls nochmals beſäen, doch iſt der Pflanzung immer und nament— lich für die Komplettierung kleinerer Fehlſtellen prinzipiell der Vorzug Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 83 einzuräumen. Das Pflanzenmaterial wird wohl meiſt der Saat ſelbſt entnommen und dann gern mit Ballen gehoben und einfach verſetzt. Übrigens bietet dieſe Arbeit die beſte Gelegenheit zur Einführung ent— ſprechender Miſchholzarten. Zu dicht aufgelaufene Saatſtellen müſſen in der Regel im 2.—3. Jahre durchzupft werden. Unwertige Vorwüchſe, welche die Entwicklung der Hauptholzart gefährden, ſind auszuhauen (Schlagpflege). 8. Kapitel. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. A. Allgemeines. § 40. Geſchichtliches. Einführung. Zur richtigen Würdigung der Pflanzkultur und ihrer ſchwankenden Entwickelungsphaſen ſcheint eine zuſammenhängende geſchichtliche Skizze angebracht. Uralt, ja wahrſcheinlich ſo alt wie das Menſchengeſchlecht, iſt das Prinzip der Baumpflanzung. Bereits in den älteſten Überlieferungen finden wir beſtimmte Angaben, daß die Anzucht und Verſetzung junger Baumſtämme — um die Götter zu ehren, den Gärten und Wohnungen kühlenden Schatten zu ſpenden — ſchon vor Beginn des geſchichtlichen Zeit— alters bekannt war und die älteſten Klaſſiker erzählen, daß die Baum: pflanzung bei den Kulturvölkern des Altertums: den Perſern, Griechen, Römern, ja auch ſchon bei den Phöniziern geübt wurde, die ja mit ihrem ackerbaulichen Schriftdenkmale ihres großen Mago noch weit über die römiſchen „scriptores rei rusticae“ zurückreichen und letzteren nicht unwahrſcheinlich vielfach die Unterlagen boten“). Es iſt ja auch der von jeher volkstümliche und ehrwürdige Brauch genugſam bekannt, daß der Baum gepflanzt wurde, um nach Ort und Zeit das Andenken an eine große Tat oder wichtige Begebenheit an die Nachwelt zu über— liefern, eine ſchöne Sitte, die ſich bis auf den heutigen Tag erhalten hat; denn noch heute vertritt oft der gepflanzte Baum in würdigſter Weiſe das Denkmal aus Stein und Erz. ) Ohne Details anzuführen, ſei hier nur ganz kurz hingewieſen auf den uns endlich reichhaltigen Nachrichtenſchatz von Auguſt Seidenſticker: „Die Waldgeſchichte des Altertums“, Frankfurt a.) O. 1886, welcher namentlich die Waldwirtſchaft der Römer und Griechen mit reichen Zitaten beleuchtet und unſere Verwunderung wachrufen muß über das Maß von Aufklärung in bezug auf Waldverjüngung und künſtliche Holz- zucht des Altertums. — Die Baumpflanzung iſt ſchon dem Agamemnon bekannt ge⸗ weſen, der um 1200 v. Chr. einen Palmenhain in Arkadien anpflanzte. 6* 84 Die künſtliche Beſtandesgründung. In vollkommen klaren Umriſſen tritt uns die Baumzucht durch Saat und Pflanzung im „seminarium, plantarium und arbustum“ der römiſchen Ackerbauſchriftſteller entgegen. Sie kannten und würdigten, allerdings mehr im engeren Rahmen der Baumſchule, die Bearbeitung und Lockerung des Bodens und deren vorbereitenden Wert für Saat und Pflanzung. Es verdient ferner hervorgehoben zu werden, daß der Bologneſer Senator Peter de Crescentiis, der Begründer der deutſchen Agronomie, in ſeinem „opus ruralium commodorum“ am Ende des 13. Jahrhunderts die Beſtandesgründung im forſtlich waldbaulichen Sinne hervorhebt. Wenn der genannte Autor „von wäldten, die von menſchlichem Fleiß gemacht und gehauwen“, ſpricht; wenn er für die Täler die Kaſtanie, für ſteinige Böden die Eiche, für warme Lagen den Mandelbaum, die Feige uſw. zum Anbau empfiehlt, ſo iſt gewiß die Annahme berechtigt, daß Säen und Pflanzen zu dieſer Zeit nicht mehr auf Garten und Park allein beſchränkt geblieben, ſondern auch — in Italien wenigſtens — für den Wald und ſeine Wiederverjüngung einige Bedeutung gewonnen hatten. Und wenn keine konkreten Tatſachen über— liefert werden, ſo liegt es wohl mehr an den klimatiſch eigenartigen und an den Bodenkulturverhältniſſen Italiens, welche die waldwirtſchaft— lichen Beſtrebungen gegenüber der Garten— und Parkkultur jo ſehr zurüd- treten ließen. In Deutſchland ſtehen wir einer viel ſpäteren und langſameren Ent- wicklung gegenüber. Ohne Sorge um die natürliche oder gar künſtliche Nachzucht der genutzten Produkte wurde dem Walde bis ſpät in das Mittelalter hinein alles ohne merkliche Einbuße an räumlicher Ausdehnung und Leiſtungsfähigkeit des Urwaldſegens entnommen. Er war vielfach noch über das karolingiſche Zeitalter hinaus Kulturhindernis und jo energiſch — nach Tacitus' Aufzeichnungen — der Ackerbau als naturge— mäßeſte Erwerbsquelle von den alten Germanen betrieben wurde, ſo wenig hatten ſie bis in die ſpäteren Jahrhunderte hinein Veranlaſſung, ihre Tätigkeit auch der Waldkultur zuzuwenden. Daß übrigens das Prinzip der Saat und Pflanzung auch im frühen Mittelalter den Germanen bekannt war, geht u. A. aus dem „Capitulare de villis“ Karls des Großen hervor, der auf ſeinen Landgütern auch Nadelhölzer gezogen wiſſen wollte und nach dem „specimen breviarii rerum fiscalium Caroli M.“ waren ſie tatſächlich auch vorhanden. Eine waldwirtſchaftliche Bedeutung konnten aber die Saat und Pflanzung in Deutſchland erſt dann gewinnen, als im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts die regellos ſtammweiſe Plenternutzung zu einer mehr flächenweiſen Nutzung ſich zuſammenzog. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 85 Im Laubholzwalde übernahm die Natur die Wiederverjüngung vor— nehmlich durch die Reproduktionskraft der Wurzelſtöcke, im Nadelwalde durch den Samenanflug von den Rändern her; und wo die Ungunſt der Verhältniſſe die Leiſtungen der Natur lahm legte, da entſtanden Blößen. Dieſe wuchſen — hier langſamer dort raſcher — zu großen Waldöden, die ihrerſeits bei der ſteigenden Holznot die naturnotwendigen Vorläufer der künſtlichen Beſtandesgründung waren. Denn wie ſollte die rohe, von kaltem Egoismus diktierte Tätigkeit des Menſchen früher zu einem Auf— wande zu bewegen geweſen ſein, der keinen anderen Lohn in Ausſicht ſtellte, als die Befriedigung von Bedürfniſſen, welche der Waldüberfluß der Natur bisher in freiwilliger Gabe ſo reichlich dargeboten hatte? Wir wiſſen auch nichts Zuverläſſiges darüber, wann und wo der Holzmangel am früheſten das zwingende Motiv für die künſtliche Auf— forſtung abgab !), wiſſen insbeſondere nichts Zuverläſſiges über die älteſten Pflanzausführungen im forſtgerechten Stile; aber wenn auch die Weistümer, Gedinge, Wirtſchaftsordnungen und ſogar die älteſten Forſtordnungen des 16.—17. Jahrhunderts wenig oder gar nichts über die künſtliche Be— ſtandesgründung erwähnen, ſo kann man ſprungweiſe doch die Spur der Pflanzung durch das Mittelalter in die Neuzeit verfolgen. Hier möge zunächſt konſtatiert werden, daß der „Sachſenſpiegel“, das älteſte ge— ſchriebene Recht in Deutſchland vom Jahre 1215 in Artikel 28, 2 ſchon von ſtrenger Be— ſtrafung der Entwendung von gepflanztem Holze (Holcz daz geſazt iſt ..) ſpricht. Dem Urkundenverzeichnis der Oberlauſitz hat Dr. Leo die intereſſante Notiz entnommen, daß in der Görlitzer Heide ſchon Anfang des 14. oder Ende des 13. Jahrhunderts große Pflanzungen ausgeführt worden ſind. Nach Schott v. Schottenſtein (Bauerſche Monatſchriſt 1866) wird 1424 in einer Urkunde des Frankfurter Stadtarchivs „das Verſetzen junger Bäumchen“ als nicht erfolgreich verworfen und die Anleitung zur großen Beſtandesſaat gegeben. — Die Forſtordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts erwähnen der künſtlichen Beſtandesgründung durchweg noch in recht unſicherer Dar— ſtellung, liefern aber poſitive Anhaltspunkte, daß Saat und Pflanzung immer mehr an Verbreitung gewannen und daß namentlich auch die Nadelholzpflanzung und die Anlage von Nadelholzkämpen ſchon als bewährt im Dienſte der Aufforſtung erkannt und empfohlen war. So ordnet u. a. die Magdeburgiſche F. O., 1618, die Pflan- zung von je 6 Eichen an Stelle eines genutzten Altholzſtammes an und die Anlage von Forſtgärten bei allen Städten, Flecken und Dörfern, damit immer der nötige Vorrat an Eichen, Buchen, Tannen zur Verfügung ſtehe. Die kurſächſiſche Forſtreſolution (1697), die naſſau⸗dillenburgſche (1711, 1726, 1748) und viele andere legen jedem Heiratskandidaten die Pflicht auf, daß er eine Anzahl Bäume pflanzen mußte und eine braunſchweig-lüneburgſche Forſtordnung (1761) eifert die Forſtangeſtellten zur Pflan— ) Nach Dr. v. Schröder und Karl Reuß, „Beſchädigungen der Vegetation durch Rauch“, Berlin 1883, entwickelte die Not um Holz für den Bergbau im Harz ſchon um 1300 den Kulturbetrieb. 86 Die künſtliche Beſtandesgründung. zung an mit der drakoniſchen Beſtimmung: „jo ſollen ihnen beſagte Aceidentien nicht ehender in Rechnung paſſieren, bis ſie an ſtatt eines ausgewieſenen und gefällten Stammes harten Holzes ſechs derſelben Art hinwiederum gepflanzt und auf das dritte Blatt gebracht haben“ — ein intereſſanter Beweis dafür, daß auch auf die gedeihliche Ent- wickelung der Anpflanzungen beſonderer Wert gelegt wurde und dieſe gedeihliche Ent⸗ wickelung des geſetzten Baumes nicht unbedingte Regel war. Verhältnismäßig früh erſcheint auch die Beſtandespflanzung ſchon in den Blättern unſerer älteſten Fachliteratur. Johann Colerus ging als erſter Autor zu Beginn des 17. Jahrhunderts daran, die ſpärlichen und durchaus nicht geläuterten Regeln forſtkultureller Tätigkeit in ſeiner be= kannten „Oeconomia ruralis ac domestica“ zuſammenzuſtellen und wenn ſeine von Aberglauben und waldwirtſchaftlicher Ignoranz getragenen Be— mühungen ſich nicht über das Niveau ſophiſtiſch-ſcholaſtiſcher Theorie zu erheben vermochten, jo darf dieſem wackeren Magiſter, der ja forſtlich-fach⸗ lich eigentlich nur vom Hörenſagen ſchrieb, die Anerkennung nicht verſagt werden, daß er das geringe Wiſſen und Können in Sachen der künſt— lichen Waldverjüngung der damaligen Zeit entſprechend ſichtete und wie wir ſpäter ſehen werden, namentlich auf dem Gebiete der Beſtandes— pflanzung anregend wirkte. Seine Lehren waren nicht ſein geiſtiges Eigentum; ſie waren dem „opus ruralium commodorum“, noch mehr vielleicht dem praktiſchen Waldwirtſchaftsbetriebe entnommen, ſtanden in mancher Richtung nicht einmal auf der Höhe der letzteren; aber trotz alledem waren ſie gerade auf dem Gebiete der künſtlichen Beſtandesgrün— dung von beſonderer Bedeutung, einfach ſchon wegen ihrer ſammelnden und verbreitenden Wirkung. Und wiederum ſehen wir ein volles Jahrhundert ohne merkliche Fort— ſchritte auf forſtkulturellem Wege verſtreichen, ein Jahrhundert, das durch gewaltige Erſchütterungen der allgemeinen wirtſchaftlichen Entwickelung eine ſchwer hemmende, ja faſt erdrückende Feſſel auferlegte und nament- lich auch das durch die geſteigerte Holznot mächtig angeregte „Forſt— handwerk“ wieder weit zurückwarf, die Verwüſtung des Waldes ins Un- gemeſſene ſteigernd, ſeine Verjüngung und Nachzucht verhindernd. Die koſtenloſe Wiederbegründung durch Beſamung und Ausſchlag trat ſelbſt da, wo die künſtliche Beſtandesgründung ſchon feſten Fuß gefaßt hatte, wieder in den Vordergrund und verwiſchte unter dem Drucke der mate— riellen Not auch die erfreulich fortgeſchrittenen Anpflanzungsbeſtrebungen, welche das vergangene Jahrhundert vielfach da ſchon gezeitigt hatte, wo die Waldverwüſtung und die ſchnelle Steigerung der Bevölkerung auf die Pflege des künſtlichen Holzanbaus hingedrängt hatten. In dieſer Zeit der wirtſchaftlichen Stagnation und der drohenden Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 87 Verbreitung von Irrlehren durch die vollkommen unfruchtbare Tätigkeit der fachlich ganz hilfloſen Polyhiſtoren Hohberg, Böckler, Flori— nus, der ſogenannten Hausväter, welche in ihren dickleibigen, aberglauben— und märchenſtrotzenden Folianten auch das ihnen vollkommen fremde Wiſſensgebiet der Waldwirtſchaft mit bearbeitet hatten; in dieſer Zeit der größten Not, wo es galt allem Unheil auch auf waldwirtſchaftlichem Ge— biete vorzubeugen, tritt uns die kraftvolle Erſcheinung Hans Freiherrn v. Carlowitz entgegen, eines Mannes, der ſeine tiefe kameraliſtiſch-natur— wiſſenſchaftliche, durch Reiſeerfahrungen geläuterte Bildung namentlich auch in die Dienſte der auf fortſchrittlichen Ausbau drängenden Holzzucht ſtellte und ſeine Waldwirtſchaftslehre nach ſtofflichem Inhalte und mehr noch nach wiſſenſchaftlichen Grundlagen ſo bahnbrechend bearbeitete, daß alles auf dem Spezialgebiete der Verjüngung und namentlich der künſtlichen Beſtandesgründung bisher Geleiſtete in den Schatten geſtellt wurde. Seine bekannte „Sylvicultura“ iſt von dem klaſſiſch-phyſiologiſchen Geiſte ſeines Zeitalters durchweht und wenn er im „Vorberichte“ zu ſeinem epochalen Werke ſagt, daß es vor allem ſein Beſtreben ſei, „eine deutlich natur— gemäße Anweiſung zur Holzkultur anzuregen, wie man der Natur in Be— rückſichtigung der Holzart und des Standortes behilflich ſein könne“, ſo ſtellt der bewundernswerte Mann, den wir leider nicht als Standesange— hörigen unſeres grünen Faches reklamieren können, die ganze Lehre der Holzzucht auf ausnehmend geſunde Grundlagen und rahmt die Disziplin der Beſtandespflanzung in eine dem damaligen Stande der Naturwiſſen— ſchaften vollkommen entſprechende und logiſch durchdachte Syſtematik. In Oſterreich ſpeziell hatte das Aufforſtungsweſen während der ge— ſegneten Regierung der Kaiſerin Maria Thereſia einen hervorragenden Aufſchwung genommen. Dies beweiſt ſchon die große Aufmerkſamkeit, welche die Wald- und Holzordnung vom Jahre 1754 der künſtlichen Auf— forſtung durch Saat und Pflanzung zuwendet, beweiſt der direkte Befehl der Regierung, die „gänzlich abgerodeten Flächen“ — unter Androhung der empfindlichſten Zwangsmittel — „zum Wachstum wieder zu befördern“. Über— haupt wird es gegen Mitte des 18. Jahrhunderts lebendig auf den pro— duktionsloſen Waldöden. Der Weckruf eines v. Carlowitz hatte überall verfangen; alle Regierungen, vor allem diejenigen der großen Zeitgenoſſen Maria Thereſias und Friedrichs des Großen, die mit ſtarker Hand auch das Gebiet der Waldkultur wirkungsvoll erfaßten, griffen mit Edikten, Mandaten und Verordnungen tatkräftig im Intereſſe der künſtlichen Auf— forſtung der Waldöden ein und wenn auch die Saat meiſt noch im Vorder— grunde ſtand, ſo weiſt doch die Anleitung zur Anlage von Baumſchulen, 88 Die künſtliche Beſtandesgründung. die Prämienausſchreibung für die beſten Pflanzungen, die Anſtellung ſtaatlich honorierter „Planteurs“ ganz unzweideutig darauf hin, daß die Beſtandes— pflanzung ſeit Mitte des 18. Jahrhunderts raſch an Verbreitung gewann. Nicht in letzter Reihe trug auch die tiefe Fehde der „holzgerechten Jäger“ unter ſich und gegen die Cameraliſten geſunde Keime des Fortſchritts in ſich, die allerdings erſt einige Jahrzehnte ſpäter in die Halme ſchoſſen, jedenfalls aber das Geſichtsfeld der künſtlichen Beſtandesgründung erweiterten. Sie ſtellte namentlich auch die wirtſchaftliche Berechtigung der Pflanzung in das rechte Licht und arbeitete einem G. L. Hartig vor, welcher um die Wende des 19. Jahrhunderts die Aufgabe übernahm, die geſamte Holzzucht in einen ſyſtematiſch gegliederten, naturwiſſenſchaftlich richtig konſtruierten Rahmen zuſammenzufaſſen und in dieſem auch der Pflanzung ihren berech— tigten Platz endgiltig zuzuweiſen. Wenn wir nun auch die Pflanzkultur im großen Stile entſchieden als ein Kind des 19. Jahrhunderts bezeichnen müſſen, ſo ſteht doch außer Frage, daß wo und aus welcher Veranlaſſung immer die Waldwirtſchaft aus den roheſten Formen des regelloſen Plenterbetriebes örtlich oder zeitlich ſich herausarbeitete, wo immer die Notwendigkeit der Holznach— zucht durch künſtlichen Anbau hervortrat, neben der Beſtandesſaat auch die Pflanzung zur Anwendung gelangte. Wenn letztere der Saat nach— geſtellt wurde, ſo war das natürlich; denn lange fehlte jedes zwingende Motiv zum künſtlichen Anbau überhaupt. Als im Laufe des 18. Jahr— hunderts die Furcht vor Holzmangel zur ſchnelleren Regeneration des Waldes nötigte, da hielten ſich naturgemäß die gemachten Anſtrengungen mehr in den Grenzen der natürlichen Verjüngung und der Beſtandesſaat und ſelbſt in jenen Gegenden, wo der früh aufblühende Bergbau (am Harz, im Salzburgiſchen uſw.) die Einführung einer weiſeren Holz— verbrauchs-Okonomie und eines ſtreng nachhaltigen Nutzungsbetriebes auf— drängte, wird der Beſtandespflanzung ungeachtet ihrer bereits bekannt gewordenen und vielfach gewürdigten Vorzüge noch bis Ende des 18. Jahr— hunderts eine untergeordnete Bedeutung — als ein bewährtes Komplet— tierungsmittel für unvollſtändige Saaten — zuerkannt. Aber die Praxis zögerte nicht, mit vollem Vertrauen wenigſtens da an den Ausbau der Pflanzkultur heranzutreten, wo die große Sicherheit ihrer Erfolge die Be— rechtigung ihres höheren Aufwandes nachwies. Mit Recht brachte man zur Geltung, daß die Saat unter ungünſtigen Verhältniſſen nichts leiſte, ihre dichte Jugendſtellung die Entwickelung ungemein hemme; mit Recht wies man darauf hin, daß das geringe Aushiebsmaterial aus den Be— ſtandesſaaten keiner Verwertung entgegengeführt werden könne und die Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 89 Koſten der erſten Jugendpflege häufig den Pflanzaufwand überſchreiten. Man wies aber auch hin auf die glänzenden Wuchsleiſtungen der Pflanz— beſtände, die mit überzeugender Gewalt alle gegneriſchen Theorien nieder— werfen mußten. Gleichwohl blieb es — vom wirtſchaftlichen Standpunkte beleuchtet — erſt dem mächtigen Aufſchwunge der Nutzholzpreiſe in den erſten De— zennien des 19. Jahrhunderts vorbehalten, ein lebhaftes und opferwilliges Intereſſe an der Waldkultur zu wecken und namentlich dem Anbau nutz— holztüchtiger Holzarten, ſpeziell der Nadelhölzer, durch die aufwandvollere Pflanzung mehr Aufmerkſamkeit zuzuwenden. Auch zwangen die bedeu— tenden Wind- und Inſektenverheerungen, welche die Forſte ganz Deutſch— lands zu erleiden hatten, zu einem flotten und energiſchen Aufforſtungs— betriebe, der die unproduktiv liegenden Waldböden von oft rieſiger Flächen— ausdehnung zielbewußt für die Holzzucht zurückerobern konnte, eine Aufgabe, welcher nur die gegen alle Unbilden widerſtandsfähigere Pflanzung ſich gewachſen zeigte. Damit beginnt der Siegeslauf der Pflanzung im großen Forſtkulturbetriebe. Aus dem Harz, dem Thüringer Wald, aus den Forſten Böhmens, Salzburgs uſw. ebneten ihr die erzielten Erfolge nach allen Seiten die Wege und ſchon in den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts hatte die Pflanzung vielfach der Saat den Rang abge— laufen. Es hieße nun, aus dem engeren Rahmen der hier geſtellten Aufgabe weit heraustreten, wenn ich den im 19. Jahrhundert ſchnell und reich ſich verzwei— genden Spuren der Pflanzkultur eingehend nachgehen wollte. Es möge ge— nügen, hier noch kurz hervorzuheben, daß die Beſtandesgründung durch Pflan— zung nach Raum und Zeit überaus ungleichmäßig vordrang, daß ſie hier den Wald ſozuſagen in kühnem Anſturm eroberte, dort, durch widrige Ein— flüſſe aufgehalten, nur mühſam das Terrain gewann, nicht ſelten ſogar von ſchon gewonnenen Poſitionen wieder verdrängt wurde. Aber ungeachtet dieſes örtlich auftretenden rückläufigen Entwickelungsganges iſt die Pflanzung ſeither auf der ganzen Linie in ſtändigem Vordringen begriffen und hat ſich trotz allen berechtigten und unberechtigten Gegenſtrömungen zu hervor— ragender wirtſchaftlicher Bedeutung aufgeſchwungen, aus der ein tüchtiger Waldbauſchriftſteller der Neuzeit, Guſtav Wagener, („Der Waldbau und ſeine Fortbildung“, 1884) mit Unrecht die Lehrmeinung glaubte ſchöpfen zu dürfen, daß die Saatkultur als Merkmal eines mit dem Zeitgeiſte nicht fortgeſchrittenen Forſthaushaltes anzuſehen ſei. Mehr als die Einzelheiten über die örtliche Verbreitung des Prinzips intereſſiert für unſer Thema die Frage der Entwickelung der Technik 90 Die künſtliche Beſtandesgründung. und der Methodik der Pflanzenkultur und dieſer wird an anderer Stelle noch näher nachgeſpürt werden. § 41. Die wirtſchaftliche Bedeutung der Beſtandespflanzung. Bei kritiſcher Würdigung der natürlichen Verjüngung und des künſt— lichen Anbaues durch Saat wurden gewiſſe, die Waldverjüngung aller Zeiten beherrſchende Nachteile und Bedenken dieſer beiden Verfahrungs— arten hervorgehoben. Es wurde erkannt, daß die wirklich guten und zu— verläſſigen Leiſtungen dieſer älteren Grundformen tatſächlich nur an günſtige Standortsverhältniſſe gebunden ſeien; daß viele minder bodenreiche und über den Bereich des milderen Klimas ſich erhebende Forſte ihnen ein überaus undankbares Arbeitsfeld bieten, viele auch unter dem Ein— fluß eines hartnäckigen Feſthaltens an der Naturverjüngung oder Saat— kultur ſchwer herabgekommen ſind. Wenn wir nun weiter nach den Grundſätzen der neuzeitlichen Ertragswirtſchaft hervorragend Wert darauf legen müſſen, daß der produktive Waldboden, der Urquell der werbenden Kraft, zeitlich und räumlich in angeſpannter Leiſtung erhalten, tunlichſt intenſiv ausgenutzt werde, ſo leuchtet ein, daß das jüngſte Glied der forſtgerechten Waldverjüngung, die Pflanzung, welche ungeachtet der widerſtrebenden Haltung von Theorie und Praxis ſich ſiegreich behauptet hat, heute im Verjüngungsbetriebe die erſte Rolle ſpielt und daß keine Autorität an dieſer durch eine überwältigende Fülle von Erfahrungen belegten Lehrmeinung zu rütteln vermag. Das oberſte Ziel jeder Beſtandesgründung iſt die ſchnellfertige Wiederbeſtockung nach der Ernte, die Anzucht von jungen Anlagen, die nach Vollſtändigkeit und Entwickelung die volle Verzinſung der Produktions— kapitalien ſichern und den Schutz des Bodens ſelbſtändig, d. h. ohne übermäßige Inanſpruchnahme der erntereifen, meiſt ſogar erntebedürftigen Kapitalwerte des Altholzbeſtandes übernehmen können. Dieſer Aufgabe iſt die natürliche Verjüngung nur im kurzen Verjüngungszeitraume, die Saat nur unter beſonders günſtigen Standortsverhältniſſen notdürftig, die Pflanzung aber unter allen Verhältniſſen gewachſen. Ihre zuver— läſſigen Leiſtungen, welche auch die zeitgerechte Behebung erntereifer Werte geſtatten, werden durch die Samenverjüngung auf natürlichem und künſtlichem Wege nicht und am allerwenigſten unter ungünſtigeren Stand— ortsverhältniſſen erreicht. Es iſt Sache eines rationellen Kulturbetriebes, die Technik der Beſtandespflanzung jo auszugeſtalten, daß der Pflanz— beſtand auch den ferneren Zukunftsaufgaben rückſichtlich der Wertertrags— leiſtung gerecht werden könne. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 91 Die wundeſte Stelle der Pflanzung, welche zu allen Zeiten auch die wirkſamſten Angriffspunkte geboten hat, iſt die Koſtenfrage und wo der Aufwand der Pflanzenerziehung und Kulturausführung den geringen Koſten einer „im erſten Gange“ gelungenen Samenverjüngung gegenüber— geſtellt wird, da wird auch die Pflanzung unbedingt den kürzeren ziehen. Ganz anders aber fällt die Entſcheidung, wenn die Erfolge einer natür— lichen oder künſtlichen Anſamung — wie es ja infolge zufälliger Störungen ſelbſt unter günſtigen Vorbedingungen ſo oft der Fall iſt — nach Zeit und Grad minder vollſtändig ſind. Man ſtelle nur den Zuwachsverluſt, der an einen 30—40 jährigen Verjüngungsprozeß gebunden iſt, den Zinſen— verluſt und Wertrückgang am Altholze, ſowie namentlich auch am Boden— kapitale in Rechnung; man würdige die Beſchädigungen der nachwachſenden Jugend bei der Ernte des Altholzes und die Koſten der Bodenbearbeitung, die in der künſtlichen Saatausführung ebenſo wie in langwieriger Natur— verjüngung oft unvermeidlich ſind; man bedenke endlich, daß der Wirt— ſchaftsbetrieb ſehr häufig doch auch auf die Pflanzung zurückgreifen muß, dann wird man volle Klarheit darüber gewinnen, daß die Beſtandes— gründung durch natürliche oder künſtliche Beſamung da, aber auch nur da eine Berechtigung hat, wo die praktiſche Erfahrung im engeren Wirt— ſchaftsgebiete den durchſchlagenden Erfolg in ſichere Ausſicht ſtellt. Aber ſelbſt in dieſem Falle wird ſie beſondere Vorzüge für ſich ſelten in Anſpruch nehmen können, denn auch die Leiſtungen der Pflanzung ſteigern ſich unter günſtigen Standortsverhältniſſen ebenſo, wie ſich ihr Aufwand verringert. Die Vorzüge der Beſtandesgründung durch Pflanzung laſſen ſich daher alſo zuſammenfaſſen: 1. Die Pflanzung beſitzt ein weitgehendes Anpaſſungsvermögen an den Standort. Ihre Leiſtungen geſtalten ſich unter günſtigen Bodenverhältniſſen geradezu glänzend, befriedigen aber auch in allen dürftigeren und klimatiſch minder zuträglichen Standorts— gebieten vollkommen und überflügeln ebenda die Erfolge der natürlichen Verjüngung und der Saat beiweitem. 2. Sie iſt für nicht ganz beſonders günſtige Wuchsbedingungen die einzige zuverläſſige Aufforſtungsmethode, während Saat und natürliche Verjüngung den Boden oft ſchmählich preisgeben und Zuwachsverluſte nach ſich ziehen, die mit der Dauer des Ver— jüngungszeitraumes ins Ungemeſſene ſich ſteigern. 3. Die Pflanzkultur ermöglicht und begünſtigt die ſchadloſe Ein— legung gewiſſer forſtlicher Nebennutzungen (Grasnutzung, Weide, Felderung uſw.). 92 Die künſtliche Beſtandesgründung. 4. Sie iſt gegen alle Gefahren widerſtandsfähig und vermag die Wahl des Verwendungsalters der Pflanzen den jeweilig vor— liegenden örtlichen Gefahren anzupaſſen. 5. Die Pflanzung kann der zeitraubenden und koſtſpieligen Schlag— pflege entbehren, glänzt infolge ihrer geöffneten, freie Ent— wickelung geſtattenden Verbände durch ausgezeichnete Zuwachs— leiſtungen und 6. ſichert dadurch den zeitigen Eingang ſehr reichlicher und dabei ſchon wertvollerer Zwiſchennutzungserträge. 7. Die Pflanzung zeitigt durchweg widerſtandsfähigere, gegen Wind-, Schnee-, Duftbruch uſw. mehr gewappnete Beſtände. § 42. Beſchaffung der Pflanzen im allgemeinen. Die züchteriſchen Aufgaben der Beſtandeserziehung ſind offenbar mit der zuchtgerechten Auswahl und Behandlung des Samens nur ein— geleitet, keineswegs erſchöpft und wie die Beſtandesſaat in ihren Aus— führungsdetails keinen Augenblick die vorgeſteckten Zielpunkte aus dem Auge verlieren darf, ſo wird auch jede andere Daſeinsſtufe des In— dividuums und das ganze Beſtandesleben von dieſen Aufgaben beherrſcht, ſodaß die Ausleſe des Vollkommenen, die züchteriſch korrekte Behandlung und die laufende Herſtellung und Erhaltung natürlicher Wachstums— bedingungen im Sinne der allgemeinen Anpaſſungslehre, der Erwerbungs— und Vererbungstheorie bis hinauf in das erntereife Beſtandesalter fortgeſetzt werden müſſen. Ein wichtiger Zeitpunkt, in welchem ſich der Beſtandesgründung nochmals hervorragende Gelegenheit zur Betätigung zuchtwähleriſchen Strebens bietet, iſt die der Beſtandespflanzung voraus— gehende Beſchaffung und Erziehung des Pflanzmaterials. Auch hier unterſcheiden wir die beiden Grundformen: die Entnahme beziehungsweiſe Erziehung im eigenen Forſte und die Beſchaffung aus fremder Hand. Es bedarf keiner Begründung, daß in Konſequenz der im § 16 dargelegten Geſichtspunkte die Beſchaffung aus fremder Hand den Rück— ſichten der Zuchtwahl noch weit weniger Rechnung tragen kann und deshalb auch weit weniger Berechtigung hat, als bei der Beſtandesbegründung durch Samen. Denn abgeſehen davon, daß die Herkunft und Behandlung des Saatgutes vollkommen unbekannt ſind, werden ja auch durch Er— ziehung, Behandlung, Pflege, Aushebung, Verpackung und Transport neuerdings eine Menge Zweifel, Unzukömmlichkeiten und Gefahren in Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 93 * das Beſtandesleben hineingetragen, die nicht einmal ihrer Art, geſchweige denn ihrer Wirkung nach bekannt ſind. Wenn auch das Optimum des Gedeihens für jeden Organismus ſozuſagen im Keime ſchon prädeſtiniert ſein mag, ſo unterliegt es doch auch keinem Zweifel, daß nach den Satzungen der Anpaſſungslehre die Entwickelung des Individuums durch äußere Umſtände, durch die Gunſt der äußeren Lebensbedingungen, d. i. durch die Maßnahmen der Erziehung und Gewinnung hervorragend beeinflußt wird. Niemand aber wird in dieſer Richtung mit mehr Sorgfalt und Verſtändnis zu Werke gehen, als der Forſtwirt. Niemand auch wird die Einzelheiten der Pflanzen— behandlung ſo ſehr den gegebenen Standortsverhältniſſen anzupaſſen wiſſen als der werktätige Züchter ſelbſt. Die Beſchaffung der Pflanzen aus fremder Hand bleibt daher unter allen Umſtänden ein, mitunter allerdings notwendiges Übel, das nur in ganz beſonderen Ausnahmsfällen, in jenen Zwangslagen in Frage kommen kann, wo es gilt, einen ganz unerwartet eingetretenen Maſſenbedarf ſchnell zu decken oder wo Holzarten zu Miſchungszwecken verwendet werden ſollen, die der eigene Forſthaushalt nicht zur Verfügung ſtellen kann. Und ſelbſt in ſolchen Ausnahmsfällen ſoll die Verwendungsſtelle die Verrich— tungen des Aushebens, Verpackens, des Transportes uſw. nach Möglich— keit durch eigene Aufſichtsorgane überwachen, um alle ſchädigenden Ein— flüſſe fern zu halten. Aus der Ferne bezogene Pflanzen ſollen nach dem Eintreffen ſofort ausgepackt und in friſche Erde eingeſchlagen werden. § 43. Form und Art des Pflanzmateriales. Der praktiſche Kulturbetrieb unterſcheidet die reichen Abänderungen in ſeinem Pflanzmaterial nach drei Hauptmerkmalen: Nach dem organiſchen Bau, nach Alter und Entwickelung und nach der Form des Aus— hebens. Er paßt auch die Methodik der Erziehung reſp. Gewinnung der Pflanzen dem geſteckten Ziele einigermaßen an. 1. Nach dem organiſchen Bau: I. Vollſtändiges Pflanzmaterial: Die einzelnen Pflanzen haben normal entwickelte ober- und unterirdiſche Achſen, A. mit natürlicher Bewurzelung: d. h. echte Kernpflanzen, direkt aus Samen. 8 1. Sämlinge: die Pflanzen haben ſich ohne ſtörende Verſetzung im Keimlager entwickelt; 94 Die künſtliche Beſtandesgründung. a) Wildlinge: ſie ſind auf ungelockertem Boden aus natürlichem Samenabfall hervorgegangen: a) Anflug bei Nadelholz, 6) Anwuchs oder Nachwuchs bei Laubholz. b) Zuchtſämlinge: ſie ſind aus Beſtandes- oder Kampſaaten hervorgegangen. 2. Schulpflanzen: ſie find ſpäter aus dem Keimbette mit Stand— raumerweiterung verſetzt, d. h. ein-oder mehrmals verſchult worden. B. mit anerzogener Bewurzelung: die Pflanzen find aus Teilen der oberirdiſchen Achſe durch künſtliche Wurzelzüchtung hervor— gegangen. 1. Bewurzelte Stecklinge: ſie wurden in gut bearbeitetem Boden aus ein- oder zweijährigen Zweigen reproduktionstüchtiger Laub— hölzer erzogen. 2. Ableger und Senker: ſie entſtanden aus den in die Erde um— gebogenen Teilen der oberirdiſchen Achſe, die erſt nach der Bewurzelung abgetrennt wurden. 3. Wurzelbrut wird mehr auf natürlichem als auf künſtlichem Wege durch die Ausſchlagstätigkeit flach verſtreichender Baumwurzeln einiger Laubholzarten hervorgerufen. Die Baumwurzel bildet in der Verlängerung der oberirdiſchen Achſe in der Regel Feinwurzelſtränge und kann, ausgeſtochen, als ſelbſtändige Pflanze verwendet werden. II. Unvollſtändiges Pflanzmaterial: Die einzelne Pflanze beſteht nur aus Teilen der oberirdiſchen Achſe oder nur aus der Wurzel. 1. Unbewurzelte Pflanzen: Die von reproduktionskräftigen Laubhölzern gewonnenen Achſenteile werden unter günſtigen Standortsverhält— niſſen direkt in den Boden der Kulturfläche eingeführt. a) Steckreiſer gewonnen von ſchwachem Gezweige ein- oder zwei— jährigen Alters. b) Setzſtangen gewonnen von älteren Aſten in drei- bis fünfjährigem Alter. . Stummelpflanzen: das find der oberirdiſchen Achſe beraubte, meiſt ſchon ältere Laubholzſetzlinge, die namentlich von ſchlecht gewachſenen, krummen, aſtigen oder deformierten Individuen gewonnen ſind. 2. Nach Alter und Entwickelung. . Keimlinge oder Keimpflänzchen. Sie umfaſſen das zarte Keimlings— alter vom Jahre des Anbaues. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 95 2. Ein⸗ oder zweijährige Sämlinge, drei- oder vierjährige Saatpflanzen, bei Laubholz: zwei- bis vierjährige Samenloden. 3. Zwei⸗, drei-, vierjährige Schulpflanzen, bei Laubholz: zwei-, drei-, vierjährige Schulloden bis zu 1 m. Hohe drei-, vierjährige Halbheiſter bis zu 2 m. Hohe vier- bis ſechs- und achtjährige Starkheiſter über 2 m Höhe. 3. Nach dem Vorgang beim Ausheben. 1. Ballenpflanzen: Der Erdballen im unmittelbaren Wurzelbereiche der Pflanze wird mit ausgeſtochen und die Pflanze mit dieſem Ballen auf der Kulturfläche wieder eingeſetzt. 2. Ballenloſe Pflanzen, die mit freien Wurzeln ausgehoben und ver— pflanzt werden. § 44. Die Gewinnung der verſchiedenen Pflanzenarten in eigener Regie. Alle im Haushalte verwendeten Wildlinge, Naturloden, Natur— heiſter werden aus dem Überfluß der natürlichen Verjüngungen, aus Anflügen, Anwüchſen oder Nachwüchſen ohne beſondere erzieheriſche Ein— griffe durch Menſchenhand gewonnen. Dieſelben ſind zunächſt in der Regel dürftig entwickelt in Wurzel und Krone, gleichwohl für jene Ver— wendungszwecke, die eine beſondere Widerſtandsfähigkeit des Individuums namentlich rückſichtlich der Wurzelentwickelung nicht beanſpruchen, recht geeignet. Gerade die durch natürliche Konſiſtenz des nicht gelockerten Waldbodens bedingte, mühſame Entwickelung macht z. B. das jugendliche ein- und zweijährige Material der Nadel- und Laubholz⸗ verjüngung für die Zwecke der Verſchulung ganz vorzüglich geeignet, weil in der Regel die Tiefenentwickelung im nicht bearbeiteten Boden ſehr zurückſteht. Alteres Pflanzmaterial, Naturloden und namentlich Naturheiſter, werden allerdings aus den natürlichen Verjüngungen ſelten in geeigneter Qualität gewonnen, da ſie mit den tiefer eingedrungenen Wurzeln immer nur ſchwer, und mehr oder weniger beſchädigt ausgebracht werden können. Zuchtſäm linge werden meiſt mühe- und koſtenlos den Beſtandes— ſaaten entnommen. Selbſt die Erziehung derſelben im gelockerten Kamp— boden iſt bei der außerordentlich intenſiven Ausnutzung des Bodenraumes durch die dichte Stellung der Voll- und Rillenſaat mit verhältnismäßig ſehr geringem Aufwande verbunden. Ihrem Baue nach nähern ſich dieſe Saatpflanzen mehr den aus Naturverjüngungen entnommenen Wildlingen 96 Die künſtliche Beſtandesgründung. und zwar um ſo mehr, je weniger z. B. bei den Beſtandesſaaten die Bearbeitung und Lockerung des Bodens ihren günſtigen Einfluß zur Geltung bringen konnten. Tiefgelockertem Boden entnommene Pflanzen ſind für die Pflanzkultur, namentlich über das dritte Jahr hinaus zu widerraten, weil die tiefentwickelte Wurzel ſchwer auszubringen und noch ſchwerer wieder einzubringen iſt, Wurzelverluſte und -beſchädigungen un— vermeidlich ſind. Saatpflanzen aus den Kämpen werden deshalb ſelten über das zweite Jahr hinaus verwendet, liefern aber ebenſo wie die Be— ſtandesſaaten im erſten und zweiten Jahre ein vorzügliches Material für die Zwecke der Verſchulung d. i. zur Erziehung von iſolierten Schul— pflanzen. Künſtlich bewurzelte Stecklinge oder Steckreiſer ſind 20 bis 30 em lange, mit geſunden Knoſpen verſehene Schnitte von ein— bis dreijährigen, jedenfalls gut ausgereiften Zweigen reproduktions— kräftiger Laubholzarten, welche zu / bis ä ihrer Länge in ſchräger Richtung in den gut bearbeiteten Boden eingeführt werden, ſo daß mindeſtens zwei Augen (Knoſpen) zur Begrünung des oberirdiſchen Teiles frei bleiben. Die Stecklinge werden gegen Frühjahr nahe oberhalb und unterhalb eines geſunden Knoſpenorganes ſchräg abgeſchnitten, feucht aufbewahrt und in ein vorgeſtecktes Loch mit Vermeidung aller Rindenſchürfungen am unteren Ende ſo eingeſteckt, daß der untere Teil des Stecklinges tunlichſt im Bereich der leichter erwärmten Nährſchichte verbleibt. Durch dieſe Vorſicht und durch die Belaſſung einer Knoſpe nahe dem Endſchnitt wird, von dem lebenskräftigen Parenchym der Knospenumgebung an— geregt, die Überwallung der Schnittfläche und die Bewurzelung außer— ordentlich gefördert und damit die baldige Selbſtändigkeit der Pflanze, auch ihre Dauer und ihr Gedeihen ſehr günſtig beeinflußt. Die Adventiv— wurzeln erſcheinen bei entſprechender Feuchtigkeit im Laufe der nächſten Monate. Sie entwickeln ſich kurz unter der Bodenoberfläche, dem natür— lichen Sitz der Nährwurzeln, ſehr kräftig und ſehr reichlich, nehmen nach Länge und Dichtheit des Beſatzes nach unten ſchnell ab. Beſonderer Wert iſt auf baldige Verwallung der unteren Schnittfläche zu legen, durch deren Schließung dem Eintreten von Zerſetzungsprozeſſen in den Schaft vorgebeugt wird. — Im zweiten Jahre iſt die Verwallung zumeiſt vollendet, der Steckling zur ſelbſtändigen, oft ſogar ſehr reich bewurzelten Pflanze erzogen, die zur Übertragung ins Freiland benutzt werden kann. Rück— ſichtlich ihrer Wuchsleiſtungen, ihrer Geſundheit und Dauer kann ſich die künſtlich bewurzelte Pflanze mit der Kernpflanze bei weitem nicht meſſen. Die Beſtandesgründung durch Stecklingspflanzen hat daher Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 97 keine allgemeine wirtſchaftliche Bedeutung; ſie iſt für die Anzucht von Hochwald- und namentlich von Nutzholzbeſtänden zu verwerfen und hat nur für die Weidenkultur und den Niederwald eine Berechtigung. Unter günſtigen Standortsverhältniſſen (wärmerer Lage, feuchtem Boden) werden die Stecklinge auch zur Beſtandesgründung direkt ohne vorherige Erziehung verwendet. Doch arbeitet man da immer mit größerem Verluſtprozent, als bei zwiſchengelegter Wurzelerziehung im Kampboden. Die Setzſtange, für die Beſtandesbegründung überhaupt nicht in Brauch, wird von drei- bis ſechsjährigen Aſten in 2—3 m Länge gewonnen. Sie wird nur bei Einzelpflanzung der Pappel (mit Ausnahme der Aſpe) und bei Baumweiden angewendet. Behandlung und Verfahren wie vorher. Die Verwendung von Ablegern oder Abſenkern tritt im Wald— bau ebenfalls ſehr zurück. Sie ſtützt ſich auch auf die Reproduktionskraft der Laubhölzer, kommt aber auch bei einigen Nadelholzarten vor und beruht auf der Eigentümlichkeit, daß in die Erde eingebogene zunächſt vom Individuum nicht oder nicht ganz abgetrennte Achſenteile in zwei, drei oder mehr Jahren ſich bewurzeln, dann abgetrennt und als ſelb— ſtändige Individuen verwendet werden können. Man biegt zu dieſem Behufe den oberirdiſchen Achſenteil oder auch die Hauptachſe (Schäftchen eines Heiſters z. B.) in eine vorher wundgemachte Ausmuldung des Bodens ein, fixiert dieſelbe mittels einer Klammergabel und überſchüttet ſie in Form eines Hügels mit Erde. Nach zwei Jahren treiben die Wurzeln aus, ſo daß in der Regel in drei bis vier Jahren die Abtrennung erfolgen kann. Dieſe unnatürliche Beſtandesgründungsform wird eigent— lich nur zur Beſtockungsergänzung im Niederwalde angewendet (S 124). Bei der Fichte kommen an durch Streu verwehten Aſten nach längeren Jahren ebenfalls Adventivwurzeln zum Vorſchein, die eine Selbſtändigkeit mit der Zeit herbeiführen. Wachstum und Ausdauer der Abſenker iſt meiſt gering. Wurzelloden, auch Wurzelbrut genannt, laſſen ſich von Aſpe, Weißerle, Akazie, Ulme und einigen wichtigeren Straucharten zu Zwecken der Verpflanzung gewinnen. Sie bilden ſich bei entſprechendem Lichtgenuſſe von ſelbſt aus den flach unter der Bodenoberfläche verſtreichenden Wurzeln der ſtehenden Bäume ſowohl als auch nach der Fällung des Mutter— ſtammes. Namentlich liegt die Wurzel der Aſpe oft lange Jahre in einer Art Schlummerzuſtand im Boden, bis der Zufall die Vorbedingungen für das Austreiben der Wurzelbrut, „reichlichen Lichtgenuß“ bringt. Auf künſtlichem Wege läßt ſich die Bildung dieſer 8 dadurch Reuß, Beſtandesgründung. 98 Die künſtliche Beſtandesgründung. fördern, daß man die flach unter der Bodenoberfläche verſtreichenden Langwurzeln mechaniſch verletzt, verwundet und für entſprechende Feuchtig— keit, Wärme- und Lichtzufuhr Sorge trägt. An eigentlichen Erziehungs— maßregeln kann neben der üblichen Fällung des Mutterbaumes wohl nur das Abſtoßen des mit dem Wurzelſchößlinge beſetzten Stückes der Mutterwurzel in Frage kommen, wodurch die Wurzellode mehr zu einer ſelbſtändigen Bewurzelung angeregt wird. Behufs Gewinnung der Wurzelloden werden die mit ihnen beſetzten Stücke der Mutterwurzel abgetrennt, ausgegraben und auch wieder mit eingeſetzt. Die erzogenen Bäume ſind kurzlebig, leiden zeitig durch zerſtörende Wurzelfäulnis, welche von der abſterbenden Mutterwurzel ausgeht. Gleichwohl werden die Pappelarten, namentlich die Aſpe, häufig durch Wurzelſchöß— linge fortgepflanzt. Eine wirtſchaftliche Bedeutung hat das Verfahren auch für dieſe Holzarten nicht und für die Erziehung guten Baumholzes iſt es zu verdammen. Stummel- oder Stutzpflanzen werden aus natürlichem Anwuchs, aus der Saatſtellung oder auch aus dichterer Stellung der Kampbeete in mindeſtens angehender Heiſterſtärke gewonnen. Wenn auch ihre Ver- wendung für die Erziehung von Nutzholz entſchieden verworfen wird, für die hochwaldartige Erziehung überhaupt wenig Bedeutung hat, ſo iſt ſie doch für den Niederwaldbetrieb ſchon deshalb eine beachtenswerte Beſtandesgründungsform, weil ſie keiner aufwandvollen Pflege- und Er— ziehungsmaßregeln bedarf und jedes mißgeformte, geringſchäftige Indivi— duum noch als Stummelpflanze verwendbar iſt. Veranlaſſung zur Stummelung wird a) ſtarke Wurzelbeſchädigung und Wurzelverluſt, die das Gleichgewicht zwiſchen Wurzel und Blattvermögen ſtörten, b) ſchlaff-ſchlanker Wuchs, wie ihn zu dichte Stellung zeitigt, c) abnorme, krumme oder ſtrauchartige Schaftbildung. Die Heiſter werden behufs Stummelung vorſichtig kurz über dem Wurzelſtock abgeſchnitten (unter Umſtänden mittels der Säge, deren rauher Schnitt mit dem Meſſer zu glätten iſt) oder auf feſter, glatter Unterlage abgehackt, ſo zwar, daß Splitterungen vollſtändig vermieden werden. Oft erfolgt auch das Einſetzen der Pflanzheiſter in bekrontem Zuſtande und das Stummeln nach einigen Jahren, erſt wenn die Pflanze vollſtändig angewachſen iſt. Die Ausſchläge erſcheinen an der Schnitt— fläche. Sie werden im Intereſſe einer kräftigen Entwickelung meiſt ver— einzelt. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 99 B. Die Erziehung von Sämlingen. § 45. Gewinnung und Erziehung von Ballenpflanzen. Das Ausſtechen von Pflanzen mit haftenden Erdballen iſt an zwei Vorausſetzungen gebunden: 1. an das Vorhandenſein eines bindigeren, friſchen Erdreiches und an die Bildung einer dichten Unkraut- und Grasnarbe, durch deren Wurzelwerk der Zuſammenhalt des Erdballens geſichert wird, 2. an eine ſchüttere Stellung der Saatpflänzchen, damit die Ge— winnung, das Ausſtechen der einzelnen Pflanze ohne Beſchädigung der anderen ſtattfinden kann. Werden dieſe Bedingungen in Beſtandesſaaten oder natürlichen Ver— jüngungen erfüllt, jo können die Ballenpflanzen gewiß mit großem Vor- teile aus dieſen entnommen werden. Da jedoch hier meiſtenteils die dichte Stellung das Ausheben hindert oder auch die natürliche Be— ſchaffenheit des Bodens (mindere Feſtigkeit) die Aushebung transport— fähiger Ballenpflanzen unmöglich macht, ſo muß wohl ſehr häufig auf beſondere Erziehung der Ballenpflanze in hierzu geeignetem Standorte Bedacht genommen werden. Dieſem Zwecke dienen die ſogenannten „Freiſaaten“ Der Boden wird zu dieſem Behufe an offenen oder an vorher von aufliegender beziehungsweiſe haftender Vegetabilien-Decke befreiten Stellen mit eiſernen Rechen aufgekratzt (eigentliche Lockerung iſt nicht zweckmäßig), der Samen breitwürfig eingeſät und mit dem Rechen untergebracht. Leh— miger, graswüchſiger Boden iſt durchaus geeignet. Außer etwaigem Be— decken mit Reiſig zum Schutze der Saat gegen allerhand Gefahren unter— bleiben in der Regel alle weiteren Pflegemaßregeln. Die Saatplätze werden dem Zutritt des Wildes und Weideviehes durch entſprechende Umzäunung geſperrt, werden allenfalls auch von hochſtaudigem Unfraut- wuchſe, welcher leicht eine verdämmende Wirkung ausübt, befreit, bleiben aber im übrigen ſich ſelbſt überlaſſen. Sie werden namentlich nicht ge— jätet, damit der Boden auch oberflächlich in dem dichten Raſengewürzel Halt und Zuſammenhang finde. Im zweiten oder dritten Jahre gewinnt man aus dieſen freien Saatſtellen ein vorzügliches Ballenpflanzmaterial, deſſen gedrungenes Wurzelſyſtem der Notwendigkeit aufwandvollen Aus— hebens und Transportes ſchwerer Ballen vorbeugt. Die Saatplätze zur Anzucht von Ballenpflanzen werden überall da. angelegt, wo der Betrieb die Verwendung von Ballenpflanzen in den nächſten Jahren in Ausſicht ſtellt, und in ſolcher Verteilung, daß der 7 ** 100 Die künſtliche Beſtandesgründung. aufwandvolle Transport ſelbſt für kürzere Entfernungen tunlichſt ver— mieden werden kann. § 46. Gewinnung und Erziehung der ballenloſen Pflanze. Die ballenloſe Pflanze iſt unzweifelhaft die meiſt verwendete und, richtige Erziehung und Behandlung vorausgeſetzt, auch die empfehlens— werteſte Pflanzenart. Sie vermag ſich den äußeren Verhältniſſen am leichteſten anzupaſſen, kann auch überall gewonnen, erzogen und verwen— det werden. Für die Verpflanzung älteren, namentlich in der Wurzel ſchon erſtarkten Materials (3. B. Heiſter) bildet ſie die einzig mögliche Pflanzen— form. Wohl nur ausnahmsweiſe gewinnt man ſie aus Saaten und natür— licher Verjüngung, da hier immer eine dürftigere Wurzelentwicklung vor— liegt, welche der Überwindung der mit dem Pflanzakte verbundenen Un— bilden und Störungen abträglich iſt. Der ballenloſen Pflanze werden überall die ſchwierigſten Aufgaben zugewieſen, auch die ungünſtigſten Standortsverhältniſſe anvertraut. Sie muß durch ein reicheres Wurzel— ſyſtem für dieſe Aufgaben meiſt erzogen werden. Nur für die Zwecke der Verſchulung können die ballenloſen Pflanzen aus den Beſtandesſaaten und natürlichen Verjüngungen entnommen werden; für den eigentlichen Pflanzkulturbetrieb aber werden ſie nach forſtgärtneriſchen Regeln erzogen. Jeder moderne Wirtſchaftshaushalt, der überhaupt in großem Stile mit— telſt Beſtandesgründung durch Pflanzung arbeitet, kann der ſchulgerecht— ſicheren Erziehung ſeines Pflanzenbedarfes in gärtnermäßig bearbeiteten und geſchützten Saat- und Pflanzſchulen, „Kämpen“ nicht entraten, denn nur dieſe Form gewährt ihm die Sicherheit, daß die im normalen Ab— nutzungsbetriebe entſtehenden Ernteflächen rechtzeitig wieder aufgeforſtet und beſtockt werden können. Die Kampwirtſchaft iſt ſonach ein unentbehr— licher Stützpunkt, ja, die unerläßliche Grundlage für den gedeihlichen Kulturbetrieb, welche nach lehrgerechten Grundſätzen geordnet und geregelt werden muß. Sie ſei deshalb der eingehendſten Behandlung unterzogen. § 47. Formen und Arten der Pflanzenzuchtſtätten. Die gebräuchlichſten Bezeichnungen für die Pflanzenzuchtſtätten ſtützen ſich auf die Kollektiv-Begriffe: Kamp, Schule, Garten. Wo es ſich um kürzere Benutzungsdauer und minder ausgeſprochen gärtneriſchen Be— trieb handelt, ſpricht man von Kampanlagen, während die Ausdrücke Schule, Garten mehr jenen Zuchtſtätten beigelegt werden, die der Er— ziehung der Waldpflanzen in mehr oder minder aufwandvolleren Formen dauernd dienſtbar ſind und mit einer gewiſſen gärtneriſchen Sorgfalt angelegt Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 101 und behandelt werden. Auch haftet den Begriffen Schule, Garten ge— wöhnlich die Vorausſetzung beſonderer Pflegemaßregeln an. Man bezeichnet Anlagen, welche nur durch kürzere Zeitläufe einer ein⸗ oder zweimaligen Pflanzenernte dienſtbar gemacht werden, die ſich mehr im Gefolge des Abnutzungsbetriebes halten und deſſen Operationen örtlich ſich anpaſſen, die alſo ſozuſagen mit dem Erntebetriebe wandern, als Wanderkämpe im Gegenſatz zu den ſtändigen Kämpen, den eigentlichen Baumſchulen, Pflanz- oder auch Forſtgärten, welche durch eine lange Reihe von Jahren und ganz unabhängig von dem fort— ſchreitenden Betriebe der Holzernte zur Erziehung der Pflanzen benutzt werden. Die Bezeichnung Baum- oder Pflanzſchule findet nament— lich bei Laubholzzuchtſtätten, wo es ſich um Erziehung älteren Materials handelt, der Ausdruck Forſtgarten mehr für die räumlich vereinigte Erziehung von Laub- und Nadelholzarten Anwendung. Eine Kampfläche, die zunächſt nur der Erziehung von Saatpflanzen dient, nennt man Saatkamp; dient fie zur Verſchulung, jo ſpricht man von Schul- oder Pflanzkamp. Für die Laubholzerziehung, die mit Meſſer und Scheere die normale Ausbildung von Schaft und Krone überwacht, iſt die Benennung Heiſterſchule ſehr gebräuchlich. Zur wirtſchaftlichen Würdigung der ſtändigen Forſtgärten und der Wanderkämpe ſind folgende Momente zu beachten: Der ſtändige Forſtgarten verurſacht zwar bei ſeiner erſten An— lage in der Regel einen höheren Aufwand durch ſorgfältigere Bodenbe— arbeitung, Umzäunung uſw., geſtattet aber anderſeits auch deren Aus— nutzung und drückt die Koſten der auf verhältnismäßig kleinen Raum zuſammengedrängten Aufſichts- und Pflegemaßregeln herab. Er wird ſomit für die Anzucht von älteren Laubholzpflanzen, die höhere Anforderungen an Pflege und Überwachung ſtellen, ſich eignen und beſonders da am Platze ſein, wo es ſich um Pflanzenerziehung zum Verkaufe, zur Abgabe in die Ferne oder in jene unwirtlichen Lagen handelt, die für die Pflanzen— zucht überhaupt die ſtandörtliche Eignung nicht beſitzen. Weit gewichtiger als ihre Vorteile ſind aber die Nachteile der ſtän— digen Kampwirtſchaft: 1. Sie ſchließt unbedingt und überall die Notwendigkeit der Düngung nach jeder Ernte in ſich, verurſacht alſo nicht allein hohen Aufwand, ſondern ſie ſetzt auch die Pflanzen mehr oder weniger fremdarti— gen, in der Waldnatur nicht gebotenen Lebensbedingungen aus. 2. Sie bedingt den Transport der erzogenen Pflanzen auf weitere Ent- fernungen, verurſacht dadurch abermals hohen Aufwand und ſetzt 102 Die künſtliche Beſtandesgründung. die Wurzel während des Transportes mancherlei Gefahren aus, welche das Gedeihen zeitlich oder dauernd auf das empfindlichſte beein— trächtigen. 3. Da die Pflanzen meiſt weit ab von den ſpäteren Kulturflächen erzogen werden, jo beſtehen zwiſchen der Zucht- und Verwendungsſtelle keine oder wenigſtens keine ſo innigen ſtandortsverwandtſchaftlichen Bezie— hungen, wie es bei dem Wanderkampe, der immer auf oder in der Nähe der Kulturfläche angelegt wird, der Fall iſt. Mit dem Grade dieſer Standortsverwandtſchaft ſteigern und verringern ſich die Ge— fahren und Nachteile, welche der mit jedem Pflanzakte verbundene ſtörende Eingriff und die Anderung der äußeren Lebensbedingungen im Gefolge haben. Dieſe Nachteile der ſtändigen Forſtgärten ſind zugleich die Vorzüge der Wanderkämpe. Jeder Forſthaushalt hat deshalb den Eigenbedarf an Pflanzmaterial im Wanderkampbetriebe zu erziehen, inſofern überhaupt die Standortsverhältniſſe des Forſtes geeignete Zuchtplätze bieten. Nur für die Heiſterzucht und für den Verkauf nach außen iſt der ſtändige Forſt— garten empfehlenswert. § 48. Die Platzwahl für die Zuchtſtätten. Die Platzwahl zu ſtändigen Forſtgärten hat, zunächſt aus allge— meinen Geſichtspunkten erörtert, ganz andere Rückſichten zu verfolgen als diejenige für die Wanderkämpe. Die letztere ſtrebt die tunlichſte Nähe der Verwendungsſtelle d. i. der Kulturfläche an, während erſtere gern an fahrbare Wege, an fließendes Waſſer zum Begießen, namentlich auch näher den Forſthäuſern angelegt werden. Die Tätigkeit des auf— ſichtführenden Perſonales, die rechtzeitige Einlegung der Arbeiten, deren Leitung und Überwachung, überhaupt die Pflege und Bewirtſchaftung des Kampes wird dadurch außerordentlich erleichtert. Jede dienſtfreie Stunde kann im Forſtgarten nutzbringend angelegt werden, wenn derſelbe in nächſter Nähe des Forſthauſes ſich befindet. Für die Platzwahl im beſonderen kommen weiter in Betracht: der Boden und die Lage. ; Der Boden: In Würdigung des Umſtandes, daß die Pflanzen— zucht nie Endzweck, ſondern nur Mittel zum Zweck ſein kann, ſollen bezüglich der in Wirkung tretenden Wachstumsfaktoren nach Grad und Art ganz andere Rückſichten gelten als bei der Beſtandesgründung ſelbſt. Für dieſe kann der künſtliche Aufforſtungsbetrieb die Wuchsbe— dingungen nie günſtig genug ſchaffen oder geſtalten; für die Pflanzener— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 103 ziehung als Zwiſchenakt gibt es dagegen ein Optimum, an deſſen Über— ſchreitung die mindere Tauglichkeit des Individuums zum Pflanzkultur— betriebe gebunden iſt. Den beſten Standortsgüteklaſſen ſteht auch eine übermäßig reiche, üppige Entwickelung des jugendlichen Pflanzenorganis— mus zur Seite. Dieſelbe erſchwert und verteuert das ſchonende Ausheben der Pflanze ſowie den Pflanzakt ſelbſt, ohne den Kulturerfolg zu för— dern. Unter Umſtänden wird ſogar das Gedeihen zu üppig entwickelter Pflanzen infolge Wurzelverluſtes und infolge von Wurzelbeſchädigungen, ungeeignetem Einſetzen uſw. für Zeit und Dauer ſehr beeinträchtigt. Als einen der wichtigſten Wachstumsfaktoren erkennen wir den Boden, ein Umſtand, welcher der Pflanzenzucht die Pflicht auferlegt, bei der Platzwahl namentlich auch der Bodengüte die beſondere Aufmerkſamkeit zuzuwenden. Die Pflanzenzucht hat ſich die große Aufgabe zu ſtellen, einen kräftigen, widerſtandsfähigen Organismus, d. h. Pflanzen zu er— ziehen, welche allen aus der Beſchaffenheit des Bodens oder aus der klima— tiſchen Eigenart des Standortes ſich ergebenden Unbilden, auch allen an— drängenden Gefahren gewachſen ſind. Die äußeren Merkmale, nach denen die Widerſtandskraft der Pflanze gegen alle Schäden und Gefahren beurteilt werden kann, ſind eine dem Alter entſprechende kräftige Geſamt— entwickelung, eine geſunde, ſtufig gewachſene oberirdiſche Achſe ohne über— ſtürzte Höhenentwickelung, aber mit normalem Zweigwerk und Blatt— vermögen und mit reich angeſetztem, mäßig geſtrecktem Wurzelſyſtem, welches das leichte, beſchädigungsloſe Ausbringen und das naturgemäße Wiedereinbetten beim Pflanzakte ermöglicht, ſonach vor allem nicht in die Tiefe, ſondern mehr gedrungen oder auch nach der Seite ausgebildet iſt. Alle Erziehungsmaßregeln, welche dieſem Ziele der Pflanzenzucht dienſtbar gemacht werden können, müſſen mit Umſicht und Sorgfalt an— gewendet werden. Die Erfahrung lehrt nun, im Gegenſatz zu der von neueren Autoren mehrfach vertretenen Anſchauung, daß der üppig — geil entwickelte Organismus, in ärmeren Boden übertragen, nur ein minderes Fortkommen findet; daß er ſich früher oder jpäter zwar akkommodiert und zu ſtandorts— gemäßer Entwickelung übergeht, falls nicht die durch eine ſtockende Jugend— entwicklung bedingte längere Bodenfreilage Zuſtände der Verarmung und Verwilderung herbeiführte, welche Gedeihen und Beſtandeszukunft auf das empfindlichſte ſchädigen. Ebenſo gewiß wie eine verzärtelte Pflanze, welche im gedüngten Beete künſtlich getrieben wurde, unter ungünſtige Lebensbedingungen gebracht, oft eingeht, ebenſo wird auch jede empfindliche Verſchlechterung der Ernährungsverhältniſſe, die übrigens das Individuum 104 Die künſtliche Beſtandesgründung. auch in der Muttererde ohne Verſetzung ſofort durch herabgeſtimmte Leiſtung quittiert, von mehr oder minder augenfälligen Folgenachteilen für die Pflanze begleitet ſein; denn es entſpricht der Natur des organiſchen Lebens im allgemeinen, daß plötzliche Stockungen in der bisher über— reichen Nahrungszufuhr auf den verwöhnten Organismus ſelbſt nachteilig rückwirken. Dieſer Satz ſteht auch vollkommen im Einklang mit der Lehre der Anpaſſungstheorie. Ein pflanzlicher Organismus wird ſich offenbar viel leichter an verbeſſerte, als an verſchlechterte Wachstums— bedingungen anpaſſen und wird im erſteren Falle einen aufnehmenden, kraftvoll ſich ſteigernden, im letzteren Falle einen abnehmenden Ent— wickelungsgang beobachten. Was das aber für die Zukunft des Indivi— duums bedeutet, bedarf der näheren Erörterung nicht. Die Pflanzenzucht muß eben einen Unterſchied zu machen wiſſen zwiſchen kräftiger Entwickelung und verweichlichter Üppigkeit, zwiſchen einem widerſtandsfähigen und einem verzärtelten Organismus. Sie ſoll auch nie überſehen, daß ſpeziell die Nährkraft des Bodens, ſeine Eignung zur Pflanzenerziehung durch die bearbeitenden Eingriffe eine außerordentliche Steigerung erfährt; daß die Leiſtungsfähigkeit eines relativ nahrungsarmen Bodens durch die aufſchließende Wirkung der Lockerung, Klärung uſw. hervorragend angeregt und ſomit der gute Boden durch die Hebung ſeiner phyſikaliſchen Eigenſchaften leicht mit einem für die Pflanzenerziehung überreichen Maße von Nährkraft und Leiſtungsenergie ausgerüſtet wird. Die Pflanzenzucht ſoll ſich endlich auch ſtets gegen— wärtig halten, daß der Wanderkampbetrieb die Platzwahl auf beſſeren Standortsbonitäten in der Mehrzahl der Fälle nicht einmal verwirklichen kann, wenn ſie nicht die Forderung der Standortsverwandtſchaft und die Anlage in der Nähe der Kulturorte fallen laſſen will. Grundfalſch wäre es, dieſe Lehrmeinung verallgemeinernd dahin aus— zudehnen, daß der Kampboden unter allen Umſtänden von geringerer Güte gewählt werden müſſe, als der Boden der Kulturſtätte. Ein armer Boden wird immer nur ein ärmliches Produkt zeitigen. Seine Wahl würde ſonach mit dem früher ausgeſteckten Ziele der Pflanzenzucht in Widerſpruch treten, denn die geforderte Widerſtandsfähigkeit gegen Un— bilden und Gefahren iſt an eine kernige, jugendkräftige Entwickelung, ſpeziell an ein reiches Wurzelſyſtem gebunden, wie es weder die beſten noch die geringſten, wohl aber die mittleren Bodengüteklaſſen erziehen. Sie ſichern in Verbindung mit den wohltätig-aufſchließenden Wirkungen der Bodenbearbeitung und Pflege einen ſtufigkräftigen Aufbau in mählichem Entwickelungsgange, beugen aber der Heranbildung eines verzärtelten rn Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 105 und anſpruchsvollen Individuums vor, das mit ſeinen üppigen Wuchs— leiſtungen das Auge beſticht, für die Beſtandesgründung auf ärmerem Standorte aber minder verwendbar iſt. Aus den vorſtehenden zur Bodenwahl gepflogenen Erörterungen er— fließt folgende Regel: Man wähle für die ſtändigen Kampanlagen einen Boden mittlerer Güteklaſſe und verzichte im Kampe auf den Glanz der Erziehungsprodukte, der dem ſachkundigen Auge wenig imponieren kann. Für den Wanderkamp paſſe ſich die Platzwahl möglichſt den Kulturorten an. Man gehe auch hier nicht über die Mittelgüte hinaus für gute Standorte, be— ſinne ſich aber auch nicht, für ungünſtige Standorte unter Mittel— güte herabzugehen und beachte, daß der Reichtum der Wurzel— entwickelung hervorragend durch die mit Bodenbearbeitung verbundene Hebung der phyſikaliſchen Eigenſchaften herbeige— führt wird. Die Zuchterfolge werden allerdings in manchen Fällen auch quantitativ nicht mit denjenigen der beſſeren Standortsgüte konkurrieren können. Nicht aber dieſe, ſondern die Qualität, d. i. die Eignung des Pflanz— materiales zu den einzelnen Kulturausführungen iſt maßgebend für die gedeihlichen Arbeiten der Beſtandesgründung, deren Güte immer nur an dem erſprießlichen Verhalten der jungen Beſtandesanlagen, nimmer nach der Üppigkeit der Pflanzenerziehungsreſultate gemeſſen werden darf. Die mineraliſch-chemiſche Zuſammenſetzung des Bodens und ſein Gehalt an Pflanzennährſtoffen treten bei der Platzwahl zurück; die phyſi— kaliſchen Eigenſchaften treten in den Vordergrund. Strenge bündige Böden ſind ebenſo zu meiden wie ſandig lockere, feuchte Lagen ebenſo wie trockene, harte, ſchwer bearbeitungsfähige. Ein friſcher, geſunder Schlag— boden mit Beimengung oder Auflagerung von reifem Humus, wie ihn der Erntebetrieb nach dem Abtriebe von Beſtänden mittlerer Qualität zu übergeben pflegt, vereinigt in der Regel alle notwendigen Eigenſchaften für die erſprießliche Pflanzenzucht. Beſondere Anforderungen an die Tiefgründigkeit werden nicht geſtellt, dagegen ſind ſtarke Neigung zur Verraſung, zur Verunkrautung, zum Auffrieren und dergleichen mehr oft Grund zur Ausſchließung von der Wahl. Lage: Bei Berückſichtigung der Lage kommen zunächſt die Neigung nach Grad und Himmelsrichtung, weiter aber auch die Lage bezüglich der Umgebung zur getrennten Betrachtung. Stärker geneigte Hänge ſind im allgemeinen zu meiden, da hier die Kampanlagen als ſolche, die Wege, die Beete mit ihrem Anbau den empfindlichſten Beſchädigungen durch abfließende Tagewäſſer ausgeſetzt ſind. 106 Die künſtliche Beſtandesgründung. Ebenſo iſt die abſolut plane Lage nicht angenehm, weil die Tagewäſſer ſchwer abfließen, die Beete ſpät abtrocknen, die Bodenbearbeitung beeinträchtigt wird, ſtagnierende Näſſe, auch ſelbſt von kürzerer Dauer, die vegetative Tätigkeit der Pflanze arg beeinträchtigt, auch der Gefahr von Barfroſt— wirkungen Vorſchub leiſtet. Den Vorzug verdient immer die ganz mäßige Neigung, eben ſtark genug, um das ſchadloſe Abfließen der Tauwäſſer im Frühjahr, des Regenwaſſers im Sommer zu fördern, und doch nicht ſo bedeutend, daß die abſtrömenden Tagewäſſer durch Bodenvertragung, Verſchlämmung, Beſchädigung der Wege und Beete nachteilig wirken können. In Fällen, in denen das Intereſſe der Pflanzenerziehung in der Nähe der Kulturorte die Platzwahl im geneigten Lehngelände be— dingt, erfährt die Kampanlage eine den örtlichen Verhältniſſen angepaßte Abänderung von der normalen Einteilung, welche die Gefahren der ſtärkeren Abdachung zu beheben geeignet iſt (vergl. S 55). Was die Neigungsrichtung anlangt, ſo ſind neben ſchutzloſen Frei— lagen auch alle jene Orte zu meiden, an denen die vegetative Tätigkeit der Pflanzen durch Erwärmung des Erdreiches vorzeitig wachgerufen oder auch durch lang andauernde Fröſte allzuſehr verzögert wird. Auch in dieſer Richtung muß der Pflanzkulturbetrieb die Forderung verwandter Standorte zwiſchen Pflanzenzucht- und Verwendungsſtätte ſtellen. Es liegt auf der Hand, daß ihr nur die Wanderkamppwirtſchaft gerecht werden kann und ſonach auch dieſer Umſtand ſehr für letztere ſpricht. Die Kamp— anlage hat im allgemeinen die austrocknende Wirkung von Wind und Sonne am meiſten zu fürchten, deshalb die eigentlichen Süd- und Oſt— lagen zu meiden und mit Vorliebe die Neigungsrichtungen zwiſchen Südweſt und Nordoſt, mit Bevorzugung der nördlichen und nordweſtlichen Abdachungen zu wählen, ohne übrigens in dieſer Beziehung ängſtlich zu ſein, denn die der Neigungsrichtung anhaftenden Mängel können durch andere Rückſichten ſehr leicht übertönt, durch ſtandörtliche Vorzüge vollkommen zurückgedrängt werden. Von entſchiedener Bedeutung für die Platzwahl iſt endlich die Um— gebung der in Frage kommenden Fläche. Eng eingeſchloſſene Täler, Mulden, Keſſellagen, in denen die kalte Luft nicht abſtrömen kann, ferner die Nähe von feuchtgründigen Wieſen, Seen, Sümpfen, Teichen bieten der Pflanzenzucht wegen der Spätfroſtgefahren keine geeignete Lage. Die Nachbarſchaft des Feldes gefährdet die Kampanlage durch Andrang der Mäuſe, gewiſſer auch dem Walde verderblicher Inſekten ſowie durch maſſigen Unkrautanflug. Rückſichtlich der Beſtandesumgebung verdienen offene Lagen im allgemeinen den Vorzug. Schützende Hochbeſtände von Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 107 ein oder zwei Seiten, inſofern dieſelben nicht ſo nahe herantreten, daß ſie verdämmend, licht- und regenraubend wirken können, ſind angenehm; vollſtändige Umſchließung von Beſtänden wirkt um ſo nachteiliger, je näher ſolche an die Kampfläche herantreten, je höher dieſelben und je dichter ihr Kronendach. In derartigen „Löchern“ ſtagniert die kalte Luft und ſtagnierende Luft iſt die Feindin der Walsdpflanzenerziehung. § 49. Größe und Form der Pflanzenzuchtſtätten. Die Flächengröße der Forſtgärten und Kämpe kann nur nach dem Be— darfe an Pflanzen bemeſſen werden. Sie wird modifiziert durch Saatform und bei der Verſchulung durch die Verbandweite oder den Standraum, welchen man dem einzelnen Individuum zu kräftiger Entwickelung je nach Holzart und Verwendungsalter geben muß. Der Forſtgarten zieht die Pflanzenzucht auf eine oder wenige Stellen zuſammen; er rechnet alſo im allgemeinen mit weit größerem Flächenzuſammenhange als der Wanderkampbetrieb, der, die Pflanzenzucht den wirtſchaftlichen Bedürf— niſſen anpaſſend, nach Raum und Zeit verteilt und die Flächenſumme in eine größere Anzahl kleiner Einzelanlagen auflöſt. Jeder Forſthaus— halt ermittelt leicht den Jahresbedarf an Pflanzmaterial aus dem Jahresſchlage, d. i. aus der Größe jener Fläche, die der geregelte Ernte— betrieb normalmäßig jählich dem Kulturbetriebe überweiſt. Betriebsart, Erfolge und Beitragsleiſtungen der natürlichen Ver— jüngung oder Beſtandesſaaten, die gewählten Pflanzverbände (S 73) auf der Kulturfläche, ſowie namentlich auch der auf Grund von Er— fahrungsſätzen ermittelte Nachbeſſerungsaufwand bieten ſehr zuverläſſige Anhaltspunkte für die Ermittelung des ziffermäßigen Pflanzenbedarfes. Dieſer geſtattet ſodann vollkommen brauchbare Rückſchlüſſe auf die Flächengrößen-Summe, wenn man ſich auf die Erfahrung jtüßt, daß zur Erziehung von 1000 1=oder 2 jährigen Sämlingen in Vollſaat etwa 0.6 — 0.7 qm , = in Rillenſaat 0.9— 10 „ 1000 3jährigen Schulpflanzen von Nadelholz etwa 10.0 14.0 „ 1000 4 „ * 5 N 5 15.0— 16.0 100 Stück Laubholzloden, je nach Pflanzweite „ 18.0 22.0 „ 100 „ Laubholzheiſter, je „ a 7 32.0 — 40.0 „ bebaute Fläche mit Einrechnung der Beetſteige notwendig ſind. Die Form der Saat- und Pflanzkämpe hat ſich in erſter Reihe dem Terrain und der Bodenbeſchaffenheit anzupaſſen und muß ſo ge— wählt ſein, daß z. B. im Terrain keine Beſchädigungen durch abſtrömende 108 Die künſtliche Beſtandesgründung. Tagewäſſer und bei ungünſtiger Bodenbeſchaffenheit nicht übermäßig hohe Koſten durch Beſeitigung von etwa eingeſchloſſenen Kulturhinderniſſen entſtehen. In zweiter Linie iſt ſodann die Frage der Umfriedigung in Er— wägung zu ziehen. Bei einfachen Umzäunungsarten ohne Belang, iſt die Geſtalt der Forſtgärten und Kampanlagen mit einigermaßen aufwand— vollen Zaunkonſtruktionen für die haushälteriſche Ausformung der Pflanzenzucht von hervorragender Bedeutung. Die einzig mögliche Grund— form für den Kamp⸗- und Forſtgarten iſt das Rechteck. Gleichen Flächen— raum vorausgeſetzt iſt die Längenſumme der Seiten des Rechteckes um ſo geringer, je mehr das Rechteck der Figur des Quadrates ſich nähert. Daraus erfließt für den praktiſchen Wirtſchaftsbetrieb die Regel, daß rückſichtlich des Zaunaufwandes die Geſtalt des kompakteren Rechteckes oder die Quadratform ſelbſt immer die vorteilhafteſte ſei. § 50. Die Bodeneigenſchaften und die Wurzelbildung. Wenn die forſtliche Praxis vollgütiges Pflanzmaterial erziehen will, ſo muß ſie ſich vor allem darüber klar ſein, welche nächſtliegenden Ziele ſie ſich zu ſtecken und welche Wege ſie einzuſchlagen hat, um die Pflanzen— zucht in die angeſtrebte Richtung zu leiten. Für den Waldbau gehört zweifellos ſchon die erſte Bodenbearbeitung zu den grundlegenden, weil richtunggebenden Maßregeln, denn ſchon die Wurzelausbildung des Sämlings, als erſtes Entwickelungsſtadium iſt das maßgebende Moment für die Zukunft der Pflanze und des Baumes; ſie beherrſcht das Daſein des Individuums und entſcheidet über Wohl und Wehe desſelben. Auf die Wurzelaus bildung aber übt der Bodenzuſtand, ſomit auch die Bodenbearbeitung, die ſeine natürlichen Eigenſchaften verändert, den her— vorragendſten Einfluß. Die botaniſche Wiſſenſchaſt ſtellt der Pflanzenzucht in dieſer Richtung folgende ſtützende Lehrſätze zur Verfügung: 1. Die junge Wurzel entſteht endogen, d. h. im Innern des Mutter: organes und durchbricht in ſenkrechter Richtung die Rinde desſelben, vor— wiegend die horizontale Strichrichtung annehmend. Das jährliche Wachstum der Wurzel läßt ſich nach Reſa, Büsgen u. a. in zwei ziemlich deutlich begrenzte Perioden trennen, deren erſte in die Monate März Juli fällt, während die zweite nach einer mehr oder minder langen Pauſe erſt im September einſetzt, um dann, je nach Witterung, auch bis in den Oktober anzuhalten. Gewiß ſehr richtig glaubt Prof. Dr. Klein aus der relativ ſpät (3—4 Wochen nach dem Erſcheinen der Wurzeltriebe) in Erſcheinung Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 109 tretenden Wachstumstätigkeit des Baumes ſchließen zu ſollen, daß nur die erſte Wuchsperiode die eigentliche Zuwachstätigkeit beſtimme, während die herbſtliche Triebtätigkeit der Wurzel, die ja äußere Wachstums— erſcheinungen an der oberirdiſchen Achſe meiſt nicht hervortreten läßt, mehr der Aufſpeicherung der Reſerveſtoffe diene ). 2. Die Triebtätigkeit der Pflanzenwurzel beginnt am eheſten und verläuft am lebhafteſten in den oberen leicht durchwärmten Flachſchichten des Nährbodens. Sie nimmt mit der Tiefe an Energie ſchnell ab und be— ginnt nach eben dieſen Geſetzen auch ihre aufnehmenden und leitenden Funktionen viel ſpäter als die oberflächlich verſtreichenden Wurzeln. 3. Die Ausbildung der Wurzel im allgemeinen ſteht zur Gunſt der phyſikaliſchen Eigenſchaften und der chemiſchen Beſchaffenheit des Bodens in direkten Beziehungen?). Auch Wurzelſchnitt, Verſchulung, alſo auch Verletzung haben kräftige Neubildung durch Verzweigung zur Folge. Der flachgründige oder nicht gelockerte Boden hält die Tiefenentwickelung der Wurzel zurück, der mäßig gelockerte begünſtigt den Reichtum und die ſeitliche Entwickelung, ohne der Tiefenentwickelung Vorſchub zu leiſten. In der gut durchlüfteten, ſauerſtoffreichen Lockerſchichte verzweigen ſich die Wurzeln ungleich reicher als im feſten, bündigen, dichten Boden. Mit dem Sauerſtoffgehalt nimmt ſelbſtverſtändlich auch die Nitrifikation ab. 4. Die Verdunſtungstätigkeit der Blattorgane, ebenſo auch der Standraum beeinfluſſen die Wurzelbildung in hervorragendſter Weiſe und ebenſo wie die dichte Saatſtellung die oberirdiſche Achſe der Pflanze in ſpirlich⸗ſchwächlicher Entwickelung nach oben treibt, ebenſo zwingt die .) Dieſe Anſicht dürfte u. a. auch durch Verfaſſers Arbeit: „Beiträge zur Zuwachs— leiſtung des Baumes uſw.“; forſtl. naturw. Zeitſchrift, 1893. 4. beſtätigt werden. Eine durch zwei Jahre beobachtete Sommerlinde begann ihre Zuwachstätigkeit nach vollſtändiger Entfaltung der Blätter, erreichte Ende Juli ihre Maximalleiſtung, ſtellte mit Eintritt der vollen Blüte ihre Jahresarbeit in der erſten Auguſtdekade ein. Ein ſpäter beobachteter acer negundo arbeitete bis in den September hinein. Eine Fichte ſchloß Ende Juli ihren Höhenwuchs, anfangs September ihren Stärkenzuwachs ab. 2) Dr. Pfeffer (Pflanzenphyſiologie, Leipzig, 1897) jagt in Kapitel IV, § 26 „Ausblicke über die Bedeutung des Wurzelſyſtems“, daß die Pflanzen ſich in ihrer Wurzelausbildung an die Bodenverhältniſſe akkommodieren und deshalb die Bewurzelung unter dem Einfluß äußerer Bedingungen recht ungleichartig ausfalle. „Außer den mechaniſchen, direkten und indirekten Effekten wird im allgemeinen für Wachſen und Geſtaltung der Wurzel und überhaupt der im Boden befindlichen Pflanzenteile von Bedeutung ſein: der Waſſergehalt und die Waſſerverteilung im Boden, die mehr oder minder reichliche und günſtige Darbietung von Nahrung ſowie die Qualität und Konzentration der Bodenlöſung, die Durchlüftung und die damit verbundene Sauer— ſtoffzufuhr, die Bodenwärme und unter Umſtänden der Zutritt des Lichtes.“ 110 Die künſtliche Beſtandesgründung. Wurzelkonkurrenz des dichten Saatſtandes auch die Wurzel in die Tiefe auf Koſten ihrer ſeitlichen Ausbildung. Figur 1—6 in Tafel 1 (S. 112) weiſt nach, daß tiefe Lockerung in gemeinſchaftlicher Wirkung mit dichter Stellung im Saatbeete die Fichte z. B. dahin zu bringen vermag, daß ſie, ihre Natur vollſtändig verleugnend, an Stelle des flachen und breitverſtreichenden Wurzelſyſtems einen ausgeſprochenen Wurzelpfahl von bedeutendem Tief— gang entwickelt. 5. Ausſchlaggebend für die Ernährung der Pflanze, für die Ent— wickelung und Wachstumsenergie iſt der Reichtum an Feingewürzel, an Zaſerwurzeln oder, vielleicht beſſer geſagt, die Zahl der Wurzelenden. Denn an den letzteren erfolgt das Wachstum der Wurzel und nur an den jungen Wurzeltrieben bilden ſich aus den Epidermiszellen jene einzelligen ſchlauchartigen Organe, welche die aufnehmende Wurzeloberfläche bis auf ihr Zehnfaches ſteigern. Dieſe Wurzelhaare dienen der eigentlichen Nähr— ſtoffaufnahme, die älteren Teile der Wurzel ſind kaum mehr als Leitungs— organe, denn ihr Haarbeſatz ſtirbt mit eintretender Korkbildung ab. Die Bildung, das Vorhandenſein der Wurzelhaare iſt die notwendige Vor— bedingung für die Entfaltung einer höheren Lebensenergie, um ſo mehr, als dieſelben durch Ausſcheidung von phosphorſauren, ameiſenſauren und oxalſauren Salzen bodenaufſchließend wirken und in dieſer Richtung die Funktionen der freien Kohlenſäure im Boden unterſtützen und ergänzen. Gewöhnlich treten die Wurzelhaare anfangs Mai ſchon gut ent— wickelt in Erſcheinung, ſo daß ſie bei manchen Holzarten ſogar mit freiem Auge direkt fichtbar werden. Ihr Sitz iſt häufig auch gekenn— zeichnet durch auffällige, die Wurzelenden innig umſchließende Erd— bällchen (Höschen), mit denen die Wurzelhaare förmlich verwachſen ſind und die ſich ohne Vernichtung und Lostrennung des Haaranſatzes kaum entfernen laſſen. Die Wurzelhaare funktionieren nur kurze Zeit; ſie ſterben ab, ohne deshalb ihre Beteiligung an der Nährſtoffaufnahme gleich einzubüßen und bilden ſich kurz (etwa 0.5 —2.0 em) hinter dem Wurzelende laufend immer wieder, ſo lange die Wurzel in Neubildung begriffen bleibt. Sie durchdringen ſomit je nach Gunſt der allgemeinen Wuchsbedingungen von Woche zu Woche immer wieder neue noch nicht genutzte Boden— teilchen und kennzeichnen eine ſyſtematiſch geregelte Lebensökonomie der Pflanze, welche uns die beſondere Wichtigkeit der Wurzelhaare im Er— nährungshaushalte derſelben recht klar vor Augen führt. Nach Stahl, Pfeffer u. a. ſcheint nur unter erſchwerter Nährſalzgewinnung, wo die Baumwurzel rückſichtlich der Nahrungsaufnahme mit den Pilzhyphen des Humusbodens in Konkurrenz treten muß, die Mykorhiza an Stelle der Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 111 Wurzelhaare zu treten, welche dann die ſymbiotiſche Vermittelung der Ernährung übernimmt. Aus dieſen der botaniſchen Forſchung entlehnten Sätzen laſſen ſich unſchwer die Hauptzielpunkte der Pflanzenerziehung für den Kulturbetrieb ſpeziell in der Richtung der Wurzelbildung erkennen. Sie gipfeln in der Begünſtigung der Bildung der Wurzelhaare. Wenn nun dieſe Wurzelhaare nahe an der Haube der im Wachstum begriffenen Feinwurzeln laufend ſich bilden, wenn die Anzahl der zur Haarbildung geeigneten Stellen an den Reichtum an Zaſer— wurzeln gebunden iſt und dieſer wiederum — ceteris paribus — nur in der gut durchlüfteten Flachſchicht des Nährbodens ſeine höchſte Voll— kommenheit erreicht, ſo muß das ganze Streben der Pflanzenzucht offenbar auf die Anerziehung eines endenreichen, gedrungenen Wurzelſyſtems gerichtet ſein. Und wenn weiter zugegeben werden muß, daß die Boden— bearbeitung, die Hebung der Bodenphyſik und -chemie die Wurzel— ausbildung hervorragend beeinflußt, daß ſpeziell die tiefe Lockerung und die enge Pflanzenſtellung die Wurzel auf Koſten ihrer ſeitlichen Ent— wickelung in die Tiefe zwingen, ſomit die Bildung der Zaſerwurzel als Sitz der Wurzelhaare hintanhalten, jo iſt der grundlegende Leitſatz für die Bodenbearbeitung der Kampbeete: „flache nur in die obere Nähr— ſchicht eingreifende Lockerung“, denn nur dieſe leiſtet der Aus— bildung eines flachverſtreichenden, zaſerreichen Wurzelſyſtems Vorſchub. Dieſer Satz gewinnt noch bedeutend an Wichtigkeit, wenn man bei der Unterſuchung der Pflanzenwurzeln im Mai konſtatiert, daß die Trieb— tätigkeit an den im leichtdurchwärmten Nährboden verſtreichenden Flach— wurzeln am früheſten beginnt, am energiſcheſten verläuft und daß endlich auch der Haarbeſatz in den tieferen Bodenſchichten an Dichte und Breite der okkupierten Zone auffallend nachläßt, ſomit die tiefe Bewurzelung in jeder Richtung an Wert für die Pflanze verliert. Zur Illuſtration des Einfluſſes der Bodenlockerung und des dichten Standes auf die Entwickelung der Wurzel ſei auf Figur 1—6 verwieſen: Die Wurzelbildung der Fichte 1, 2, 3 aus dichter Saatſtellung auf tief— gelockertem Boden; 4 in geräumiger Stellung auf flachgelockertem Boden; 5 und 6 des natürlichen Anfluges auf ungelockertem Boden. Dieſe für die Pflanzenerziehung hergeleitete Regel weiſt darauf hin, daß deren Lehre und Praxis mit ihren tiefgelockerten Kampbeeten auf weniger geeigneten Grundlagen ſich entwickelt haben. Sie legt dar, daß wir nur bei einer ſehr mäßig gehaltenen Bodenlockerung das er— ziehen können, was wir brauchen: ein reiches, gedrungenes aber nicht 112 Die künſtliche Beſtandesgründung. a Fig. 1—6. A * ann eee Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 113 langſträngiges und namentlich nicht in die Tiefe entwickeltes Wurzelſyſtem, das, wie ſpäter darzulegen ſein wird, auch die Verſchulung und die Pflanzkultur ungemein erleichtert, verbilligt und die Kulturerfolge ſichert. Es ermöglicht die natürliche Behandlung der Wurzel beim Aus— heben der Pflanzen und zwingt nicht zu mißhandelnden Gewaltakten beim Pflanzgeſchäfte. § 51. Bodenbearbeitung im Saatkampe aus allg. Geſichts punkten. Schon bei Beſprechung der Bodenbearbeitung zur Beſtandesſaat (§ 26) iſt hervorgehoben worden, daß der Beſtandesgründung im engeren Sinne des Wortes die wohltätigen Wirkungen der Bodenlockerung in nur untergeordnetem namentlich zeitlich ſehr beſchränktem Maße zugute gebracht werden können, nicht allein weil die Gelegenheit zu bodenmeliorierenden Eingriffen dieſer Art nur mit dem jeweilig eingelegten Ernteakte, alſo in langen, bis 100 Jahre und darüber hinaus anſteigenden Intervallen wiederkehrt, ſondern auch deshalb, weil die Koſten der Bodenlockerung ſo enorm hohe ſind. Selbſt ihre einmalige Anwendung in Verbindung mit der Beſtandesgründung kann nur da in Frage kommen, wo der Boden ſelbſt durch eine zwiſchengelegte landwirtſchaftliche Benutzung die Koſten zurückerſtattet. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung wird dieſer Spezialfrage an anderer Stelle noch näher treten. Jedenfalls erblickt die Wirtſchaftspraxis in der Bodenlockerung ein bewährtes Mittel zur Anregung der Wuchsleiſtungen der Holzarten im jugendlichen Alter. Vergleichende Beobachtungen und Verſuche führen dieſe Tatſache in beweiskräftigſten Belegen tagtäglich vor Augen und die hohe Ertragsleiſtung der landwirtſchaftlichen Produktion — mehr oder weniger auch für den Forſtkulturbetrieb giltig — ſtützt ſich hervorragend auf die Bodenlockerung. Hier wie bei der forſtlichen Beſtandesgründung gilt der Leitſatz: „Je tiefer und je intenſiver deſto beſſer.“ Für die Pflanzenzucht aber, die ja der Beſtandespflanzung nur vorzuarbeiten hat, kommen andere Geſichtspunkte zur Geltung. Wenn wir einen Wildling, einen natürlichen Anflug einer Holz— art mit einer Schulpflanze vergleichen, ſo ſehen wir, daß die Wurzel im gewachſenen Naturboden, dem der Wildling entnommen iſt, nach ganz anderen Geſetzen ſich entwickelt, als im gelockerten Beete des Saat- oder Pflanzenkampes. Der Wildling zeigt mehr geſtreckte, ſtärkere Wurzel— ſtränge, gering an Zahl und auffallend arm an Zaſerwurzeln; die Schul— pflanze zeichnet ſich aus durch ein kompaktes, reich verzweigtes, aber mehr konzentriertes Wurzelſyſtem mit reichem Zaſerwurzelbeſaß Vergleichen Reuß, Beſtandesgründung. 114 Die künſtliche Beſtandesgründung. wir weiter zwei Wildlinge, die unter ſonſt gleichen Lebensbedingungen einem feſten und einem lockeren Boden entſtammen, oder vergleichen wir unter eben dieſer Vorausſetzung zwei Schulpflanzen, deren eine auf einem flach, die andere auf einem tief gelockerten Boden erzogen iſt, ſo werden wir in beiden Fällen konſtatieren, daß der dem feſten Boden entnommene Wildling beziehungsweiſe die in flach gelockertem Beete ge— züchtete Schulpflanze mehr gedrungene, die Pflanzen aus dem lockeren oder tiefgelockerten Boden dagegen geſtreckte, lang in die Tiefe entwickelte Formen aufweiſen. Aus dieſer einfachen Demonſtration leitet ſich ganz klar der grundlegende Lehrſatz für die Pflanzenerziehung her, daß die Bodenbeſchaffenheit, insbeſondere die Lockerheit und die Lockerungstiefe von ganz hervorragendem Einfluß auf die Wurzelbildung ſein müſſen. Und wenn die Nutzanwendung dieſes Lehrſatzes in die Praxis übertragen werden ſoll, jo erwächſt daraus der Beſtandesgründung die Aufgabe, vor Inangriffnahme der mechaniſchen Bodenbearbeitung ſich die inhaltsſchwere Frage vorzulegen und zu be— antworten, welche Anforderungen ſie an die Ausbildung des Wurzelſyſtems des künſtlich erzogenen Pflanzmaterials überhaupt ſtellen ſoll. Der Pflanzakt auf freier Kulturfläche kann offenbar nur dann in einigermaßen erſprießliche Ausführungsformen gekleidet werden, wenn die Wurzeln beim Ausheben geſchont, unbeſchädigt geblieben, reich, aber ge— drungen entwickelt und des Beſchneidens möglichſt wenig bedürftig ſind. Nur dann kann die Wiedereinbettung der Wurzeln bei der Verſetzung leicht und naturgemäß erfolgen. Muß nun zugegeben werden, daß das geſtreckte Wurzelgebilde ſtets den ärgſten Beſchädigungen ausgeſetzt iſt, daß ein ſolches der ſachgemäßen Ausführung des Pflanzaktes in hohem Grade abträglich, ſogar direkt hinderlich werden kann, ſo wird nur ein reich verzweigtes und gezaſertes, aber gedrungen gebautes, konzentriertes, in Breite und Tiefe mäßig entwickeltes Wurzelſyſtem als nächſtliegendes Ziel der Pflanzenzucht ins Auge zu faſſen ſein. Es iſt ſo— zuſagen die unerläßliche Vorbedingung einer gedeihlichen Pflanzung und da wir das gedrungene Wurzelſyſtem im flach oder mäßig gelockerten Boden erziehen, ſo iſt dementſprechend die Bodenbearbeitung zuzuſchneiden. Im Hinblick auf die Tatſache, daß die Folgewirkung der Boden— lockerung ſtets in Form der geſteigerten Geſamtentwickelung, in der er— höhten Wachstumsenergie zum Ausdruck gelangt, iſt es nur zu begreiflich, daß die forſtliche Praxis dieſe allgemein zu Recht erkannte Wachstums- begünſtigung durch eine tunlichſt tiefgreifende Bodenlockerung auch der Pflanzenzucht zugute bringen wollte. Und doch wurde ſie durch dieſes e wg Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 115 Streben in eine nicht einwandfreie Richtung gedrängt, inſofern ſie über— ſah, daß der Lockerungsgrad rückſichtlich der zweckmäßigen Wurzelaus— bildung ſehr leicht die Grenze der Zuträglichkeit überſchreiten könne. Es iſt ein Optimum, keineswegs aber das Maximum zu erſtreben. Letzteres erzielt ein langſträniges Wurzelſyſtem, welches alle Handhabungen mit der Pflanze erſchwert, verteuert und den Pflanzakt ſelbſt notwendig auf Abwege drängt. Wir unterſcheiden die erſte rohe Umarbeitung, auch herbſtliche Bodenvorbereitung genannt, und die zweite feinere oder auch Früh— jahrsbearbeitung. § 52. Die herbſtliche Bodenvorbereitung. Die erſte Bodenbearbeitung kann der Platzwahl auf dem Fuße folgen. Sie iſt rückſichtlich der Lockerungstiefe ausſchlaggebend und von Wichtigkeit, weil ſich die feinere Bearbeitung im Bereich der von ihr um— faßten Schichten bewegt. Abgeſehen von beſonderen Ausnahmen ſoll ſie im Herbſte vor dem Anbau ausgeführt werden. Man erzielt dadurch folgende Vorteile: 1. Sie fördert die Aufnahme der Niederſchläge und erleichtert nament— lich das tiefere Eindringen der Winterfeuchtigkeit in den Boden. 2. Sie macht den Boden den zerſetzungsanregenden Einflüſſen der Winterwitterung zugänglich. Dieſelben wirken chemiſch aufſchließend, mechaniſch zermürbend und verſetzen den Boden in eine vegetations— freundliche Krümelſtruktur. 3. Sie kürzt die Arbeitsverrichtungen der ohnehin kurzen Frühjahrs- ſaiſon, beſchleunigt die oberflächliche Abtrocknung im Frühjahr, ſo daß die weitere Bearbeitung und der Anbau rechtzeitig in Angriff genommen werden können. Dieſe Vorteile werden im vollkommenſten Maße erreicht, wenn der Boden in rohem, grobſcholligem Umbruch über Winter liegen bleibt. Die Bearbeitung ſelbſt nimmt folgenden Verlauf: Auflagernde vegetabiliſche Rauhdecke wird mittels eiſerner Rechen abgeräumt, haftender Unkraut— wuchs mit Anwendung des zweckdienlichen Gerätes abgetrennt, zu Haufen gebracht und entweder zur Kompoſtbereitung verwendet oder aber ab— getrocknet und zu Aſche (Raſenaſche) verbrannt. Für letzteren Fall macht man ſich die heiteren Septembertage zunutze, damit die Abtrocknung, Einäſcherung der vegetabiliſchen Abfälle ſowie die Durchglühung der etwa ihnen anhaftenden Erde (Raſenplaggen) recht intenſiv mit ſterili— ſierender und aufſchließender Wirkung erfolge. Die Aſche kann, mit 8* 116 Die künſtliche Beſtandesgründung. Raſenplaggen gedeckt, zur Bodenkräftigung nach der erſten Ernte auf— bewahrt, auf dürftigem Standorte auch ſofort ausgeſtreut werden. Einer eigentlichen Düngung des Kampbodens kann dieſer Vorgang nicht gleich— geſtellt werden, denn es handelt ſich um Rückgabe von in aſſimilierbare Formen umgeſetzten Nährſtoffen, die der Boden ſelbſt hergegeben hat, alſo um einfache Rückverſetzung in ſeinen urſprünglichen Ernährungs- zuſtand. Die Aſche wird gegebenenfalles in trockenem Zuſtande bei ruhigem Wetter gleichmäßig ausgeſtreut und unmittelbar darauf die Kamp⸗ fläche flach — eine Tiefe von 6— 10 em genügt vollkommen — ums gebrochen. Die Wahl der Geräte hat ſich den jeweiligen Umſtänden an— zupaſſen; in der Regel kommen Hacke, Spaten und Pflug in Frage. Schwierige Bodenverhältniſſe (Steine, Wurzelwerk uſw.), feſte Böden be— zwingt die Hacke am beſten; lockere, ſtein- und wurzelfreie Flächen ge— hören dem Spaten. Die Anwendung des Pfluges iſt in erſter Reihe an Terrain, Form und Größe des Kampes gebunden, wenn möglich, aber beſonders empfehlenswert, weil neben größter Billigkeit des Ver— fahrens auch der grobſchollige und gleichmäßigſte Umbruch erreicht wird. Um dieſe ſehr beachtenswerten Vorteile des Umpflügens zu genießen, iſt gar nichts dagegen einzuwenden dem Kamp die mehr geſtreckte Form des Rechteckes zu geben, um die Handhabung des Pfluges zu erleichtern. Die Kampfläche bleibt über Winter in dieſer Verfaſſung liegen, doch werden oft im Herbſte auch die Wege ſchon aus gehoben, da dieſe ſozuſagen Entwäſſerungsdienſte tun und die zur Bearbeitungsfähigkeit nötige Abtrocknung im Frühjahr raſcher herbeiführen. Auch die Um— friedigung kann im Herbſte ſchon vorbereitet, je nach Umſtänden auch fertig geſtellt werden. § 53. Sicherung und Einfriedigung der Kampflächen. Die Kampanlage in geneigtem Terrain erheiſcht gewiſſe Vor— beugungsmaßregeln gegen die durch abfließende Regenwäſſer drohenden Schäden. Verdienen in dieſer Beziehung ſchon die Ausdehnungs— richtung der Fläche und die inneren Details der Anlage volle Auf— merkſamkeit, ſo muß anderſeits auch dem weit gefährlicheren Andrange der Regenwäſſer uſw. von außen her mit Umſicht vorgearbeitet werden. Das wirkſamſte Mittel zur Hintanhaltung von Waſſerſchäden, die im Inneren der Kampfläche ihren Urſprung nehmen, bietet die Anlage und die Beeteinteilung mit tunlichſt horizontaler Breitſeite. In mehr geneigtem Terrain wird zweckmäßigerweiſe oft von einer rechtwinkligen Einteilung Abſtand genommen (S 55). Gegen andringende Tagewäſſer, die von n Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 117 außen her die Kampfläche bedrohen, tut das Aufwerfen von Schutz- und Deckgräben gute Dienſte. Dieſelben ſollen den Kamp namentlich von der oberen Seite in winkelig gegeneinander verlaufender Richtung um— faſſen, die anſtrömenden Regenwäſſer auffangen und ſeitwärts ſchadlos ableiten. Die Praxis findet damit überall ihr aufwandloſes Auskommen und bedient ſich dieſer Deckgräben um ſo lieber, als ſie in entſprechender Konſtruktion auch wirkſamen Schutz gegen gewiſſe Kampſchädlinge (Mäuſe, Rüſſelkäfer uſw.) unmittelbar bieten oder aber die Anwendung ſpezifiſcher Schutz⸗ und Vertilgungsmaßregeln erleichtern. Gegen Wild aller Gattungen, gegen Weidevieh, auch gegen den freien Zutritt unberufener Menſchen werden die Kampanlagen meiſt durch entſprechende Einfriedigungen, Umzäunungen geſchützt, deren Form und Art einerſeits der verlangten Dauer, den abzuhaltenden Wild- und Viehgattungen, anderſeits aber auch dem jeweilig in der Nähe der Kamp— fläche disponiblen Baumaterial, ſowie — unter Umſtänden — auch Schönheitsrückſichten ſich anzupaſſen hat. Für die verlangte Haltbarkeit des Zaunes iſt die Benutzungsdauer der Kampfläche ausſchlaggebend. Der ſtändige Forſtgarten erkauft ſich die ihm zuträgliche größere Haltbarkeit oft mit bedeutenden Koſten und findet dabei auch vollkommen ſeine Rechnung. Der Wanderkamp wählt billigere Ausführungsformen, deren Haltbarkeit mit der beabſichtigten Be— nutzungsdauer zuſammenfällt, eventuell aber auch transportable Zäune. Die Dauerhaftigkeit des Zaunes iſt abhängig von der Qualität und Wider— ſtandsfähigkeit der verwendeten Zaunſäulen, -pfoſten, -pfähle, die, etwa % ihrer Länge in den Boden eingelaſſen, den Angriffen durch Fäulnis ſtark ausgeſetzt ſind. Zur Füllung der Zwiſchenräume der Zaunfelder wird meiſt geringwertiges Material in entſprechend dichter Anordnung verwendet. Seine Dauer iſt durch den frei von allen Seiten zutretenden Luftſtrich ohnehin geſichert. Wir unterſcheiden zwei Hauptgruppen von Umzäunungen: die ab— ſchließenden oder Vollzäune und die offenen oder durchbrochenen Zäune. Die erſteren umfaſſen jene Konſtruktionen, die den ſeitlichen Luftzug hemmen: die Mauer-, Bretter⸗, Planken⸗ oder Paliſſadenzäune, auch die lebende Hecke. Unter letztere ſubſummiert ſich eine ſtattliche, an kleinen Abänderungen ungemein reiche Anzahl, die nicht mit dichter Wandfläche abſchließen, ſondern dem Luftzuge und dem Luftwechſel von der Seite genügenden Spielraum laſſen. Die Umzäunungen der erſten Gruppe eignen ſich allgemein für die Kampwirtſchaft ſehr wenig. Sie find durchweg ſehr teuer und leiſten mangels an Luftwechſel den nachteiligſten Froſtwirkungen Vorſchub. 118 Die künſtliche Beſtandesgründung. Die Mauer kann ſelbſt in einer ſtreckenweiſen Beteiligung am Geſamtzaune nur da in Frage kommen, wo das Rohmaterial (Stein) zu unmittelbarer Verwendung aus oder in nächſter Nähe der Kamp— fläche ſelbſt gewonnen und ſeine geordnete Aufſchlichtung vielleicht im Intereſſe der Raum⸗ oder Fortſchaffungskoſten-Erſparnis als zweckmäßig erkannt wird. Die Mauer darf als ſolche immer nur von einer oder zwei (gegenüber— liegenden) Seiten aufgeführt werden; ſie wird in dieſer Form den Luft⸗ zug eher fördern als hemmen. Man gibt ihr an der Baſis eine reich— liche Breite, verjüngt dieſelbe (mit der ſenkrechten Wand nach außen ge— kehrt) nach oben und baut roh zuſammenlegend auf, als Bindemittel nur Mooseinlage verwendend. Der Bretterzaun verlangt kräftige, dem Anprall des Windes ge— wachſene und entſprechend tief eingerammte Säulen oder Pfoſten von natürlicher Widerſtandsfähigkeit gegen Fäulnis (Eiche, harzreiche Kiefer, Lärche uſw.) oder auch von künſtlich durch Imprägnierung, antiſeptiſchen Anſtrich, Ankohlung uſw. erhöhter Dauer. Die Zaunfelder werden mit geſäumten Brettern geringer Qualität (Schwarten) in horizontaler Ver— plankung vernagelt — in dieſem Falle dürfen die Säulen nicht über zwei Meter voneinander entfernt ſtehen — oder in vertikaler Verplankung an zwei, die Zaunſäulen verbindende ſtärkere Querlatten befeſtigt. Die Bretterzäune nähern ſich umſomehr den durchbrochenen Umzäunungen, je größer die zwiſchen den Latten gelaſſenen Zwiſchenräume werden. Die lebenden Hecken ſind mehr Luxuszäune. Sie verlangen einen hohen Erziehungs- und Pflegeaufwand, erfüllen ihren eigentlichen Schutz— zweck meiſt nicht oder nur ſehr mangelhaft, ſo daß man ihnen noch durch eine künſtliche Zaunanlage ergänzend beiſpringen muß. Sie haben überdies gewiſſe Bedenken gegen ſich, als deren wichtigſte zu nennen ſind: die Anziehung von Kampſchädlingen und Darbietung von Brutſtätten für ſchädliche Inſekten, ſamenvertilgende Vögel und in der Bodenſtreu— decke auch für Mäuſe, ferner die nachteilige Wuchsbeeinträchtigung durch Schlagſchattenwirkung und Bodenauszehrung in ihrem Wurzelbereiche. Die lebenden Zäune find deshalb wenig nnd wohl nur aus Schönheitsrückſichten in beſchränkter Aufnahme. Die zweite Gruppe umfaßt Holz-, Draht- und allenfalls auch kombinierte Zaunarten. Sie ſind feſtſtehend oder zerlegbar und trans— portabel und finden immer in feſt eingelaſſenen Säulen ihre Stützpunkte. Die Zaunfelder werden in verſchiedener Weiſe gefüllt und gedichtet. Höhe und Dichte der Füllung werden ſo gewählt, daß die gefährdenden Wild- und Weideviehgattungen nicht eintreten können. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 119 Lattenzäune gelangen in horizontaler und vertikaler Aufführung zur Verwendung. Die erſteren verbinden die 2—4 Meter voneinander entfernten Säulen durch unten entſprechend dicht, oben lichter geſtellte Querlatten und binden dieſelben bei größerer Spannweite mittels einer diagonalen oder vertikalen Latte. Die letzteren heften die Zaunſtäbe mittels Drahtnägel in ſenkrechter Stellung an zwei kräftige Querlatten an. Wo es ſich um Abſperrung gegen Hoch- und Niederwildgattungen handelt, die Zäune ſomit eine auch entſprechend hohe Aufführung haben müſſen, wird im Intereſſe der Billigkeit die horizontale und vertikale Verlattung gern vereinigt, unten gegen Kleinwild die dichte ſenkrechte, oben gegen überſetzendes Großwild die lichtere horizontale Verlattung angewendet. Dauer und Gefälligkeit des Anſehens wird durch Verwendung entrindeter und geſpaltener Latten ſehr erhöht. Pfahlzäune repräſentieren ſozuſagen die einfachſte Bauart und eignen ſich nur für kurze Benutzungsdauer. Sie können der ſtützenden Zaunſäulen ganz entbehren oder begnügen ſich mit Eckſäulen. Die 80-100 em hohen Stecken werden in geſpaltenem oder rundem Zuſtande mit geſpitzten Enden etwa 10-15 em tief in den Boden eingetrieben und am oberen Ende mittels einer einzigen Querlatte gebunden. Wo es gilt, die Drahtnägel zu erſparen, werden die ſenkrecht eingeſchlagenen Stecken zwiſchen zwei parallel in gleicher Höhe verlaufenden Latten eingeklemmt und nur ſtellenweiſe angenagelt. Spriegelzäune, auch Flechtzäune genannt, ſind ebenfalls in horizon— taler wie in vertikaler Ausführung recht gebräuchlich. Die horizontale verlangt dichtere Stellung von ſchwächeren, auch minderwertigen Zaun— pfählen. Das Füllmaterial wird faſchinenartig horizonal zwiſchen fie eingeflochten. Sie iſt minder zu empfehlen, da ſie namentlich den Klein— wildgattungen das Eindringen in den Kamp erleichtert. Dagegen iſt der ſenkrechte Flechtzaun, der eigentliche Spriegelzaun, mit Recht ſehr beliebt. Er beſteht aus drei kräftigen Verbindungslatten zwiſchen den Säulen und flicht ſchwaches Geſtänge von Nadel- und Laubholz (auch gerade Aſte der Fichte und Tanne) von entſprechender Länge bis zum Erdboden herabreichend und in entſprechender Dichte ein. Dieſer ein— fache Waldzaun iſt der zweckmäßigſte und praktiſcheſte für alle Kamp— anlagen, für. welche keine allzulange Dauer erforderlich iſt. Er hat große Haltbarkeit, ſchnelle Fertigſtellung und große Billigkeit wenigſtens dann für ſich, wenn der Durchforſtungsbetrieb die Zaunſpriegel in nächſter Nähe zur Verfügung ſtellt. Drahtzäune ſind im allgemeinen nur für ſtändige Forſtgärten oder 120 Die künſtliche Beſtandesgründung. in transportablen, leicht zerlegbaren Formen zu empfehlen. Der reine Drahtzaun mit in Quadern eingelaſſenen Stützen „7-Eiſen“ und langen Drahtzügen bewährt ſich wegen der durch Temperaturextreme bedingten Ausdehnungsdifferenzen weniger. Transportable Felder mit gerahmter Gitterung oder Netzung ſind für den reinen Drahtzaun entſchieden mehr zu empfehlen. Weit verbreiteterer Anwendung erfreuen ſich die gemiſchten Konſtruktionen, hölzerne Säulen mit Drahtfüllung der Felder. Ge— wöhnlichſte Form: An den hölzernen Zaunſäulen werden die 2—4 mm ſtarken Drahtzüge, nach vorheriger kräftiger Spannung mittels einer ganz einfach gebauten, verankerten Winde, mit Klammernägeln feſtgeheftet, unten ſo dicht und ſo niedrig vom Boden, daß kein Kleinwild durch— ſchlüpfen kann, oben in entſprechend ſich erweiternden Abſtänden. Haltbar— keit und Spannung werden ſodann durch ſenkrecht eingeflochtene Zaun— ſpriegel erhöht. Um Verroſtung zu verhüten wird der Drahtzaun ge— teert, falls man nicht die Verwendung verzinnten Drahtes vorzieht. Die Gitterzäune, transportable Drahtgeflechte, werden auch zwiſchen Holzſäulen mit Vorteil verwendet, ihre unzureichende Höhe durch einige horizontale Drahtzüge ergänzt. Ihre erſte Anſchaffung, ganz gleich ob in gerahmten Feldern oder gerolltem Geflecht, iſt teuer, doch macht ſich der höhere Aufwand bei leichter Transportfähigkeit durch die hohe Dauer bezahlt. Die transportablen Holzzäune kommen nur für den Wander— kamp in Frage. Es handelt ſich da meiſt um leichte Bauarten. Hori— zontale in den Zaunſäulen gerahmte Latten werden ſo dicht und ſo hoch an— geordnet, daß der Zaun ſeinen Schutzzweck erfüllt. Auch haben ſich kurze Felder von genagelten Lattenzäunen, die in ganzen Stücken be— fördert und, zwiſchen leichte Zaunſäulen aufgeſtellt, mittels geglühten Drahtes unter ſich verbunden werden, ſehr bewährt. Wo nur Reh- und Hochwild die Forſtkämpe bedrohen, genügt oft die einfache Eindeckung der Beete zur Winterszeit mit ſchwachen Latten, die über eingeſchlagene Gabeläſte in horizontalroſtartiger Anordnung kreuz und quer in 30—40 cm Höhe aufgelegt werden. Zwiſchen ihnen wechſelt das Wild nicht einher. 54. Die Düngung des Kampbodens. So wichtig, ja ſo unentbehrlich die Bodenmelioration durch mecha— niſche Lockerung und Bearbeitung für die Pflanzenzucht iſt — denn ſie allein ſichert die Erziehung kräftiger, widerſtandsfähig entwickelter Pflanzen — ſo überflüſſig, ja bedenklich iſt die künſtliche Zufuhr von Pflanzennähr— | | Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 121 mitteln, die eigentliche Düngung eines mit natürlicher Leiſtungs— fähigkeit ausgerüſteten Kampbodens, denn ſie erzeugt den üppigen, verwöhnten und verzärtelten Organismus. Die Lockerung des Bodens ſtellt ſich die Aufgabe, die phyſikaliſchen Eigenſchaften zu heben. Sie übt auf jeden pflanzlichen Organismus einen wohltätig wuchsfördernden Einfluß und befähigt jeden Boden zu einer ſeinem anorganiſchen Nährſtoffgehalt entſprechenden Leiſtung. Einiger— maßen zutreffende Platzwahl vorausgeſetzt, findet die Praxis mit den bodenverbeſſernden Wirkungen der Lockerung ihr Auskommen. Nur in jenen Ausnahmefällen, in denen die Kampfläche auf ſehr bindige oder ſehr lockere (Sand-) Böden gelegt werden mußte, wird man zugunſten der Bodenphyſik die Beimengung von Sand, Kohlengeſtübbe, auch Stein— kohlenaſche, Humus, gebranntem Kalkſtaub uſw. im erſteren, von humoſer Walderde im letzteren Falle ins Auge zu faſſen haben. Eine weitere Verbeſſerung durch Beigabe von düngenden Stoffen jeder Art iſt voll— ſtändig überflüſſig, ſolange es ſich um Pflanzenzucht auf dem geſunden Schlagboden des Wirtſchaftswaldes handelt; ſie iſt anderſeits aber auch unentbehrlich, wenn es ſich um verödeten Boden oder um Wieder— benutzung von durch vorhergegangene Ernten bereits erſchöpften Beeten des ſtändigen Forſtgartens handelt. Sie iſt auch in dieſem Falle ein Übel, aber ein notwendiges Übel, das der Wald- und Pflanzen— natur nicht entſpricht und nicht gerecht wird und das allein ſchon ge— eignet wäre, den definitiven Bruch mit dem ſtändigen Forſtgarten her— beizuführen. Die Düngerfrage bildet eine heißumſtrittene Poſition in der Lehre von der Pflanzenerziehung. Dieſelbe iſt leicht endgültig und zugunſten der Düngung gelöſt, wenn man das Heil des Kulturbetriebes in üppig getriebenen Pflanzen erblickt, die vom dritten Jahre an durch mächtige Höhentriebe ſich hervortun. Sie wird aber immer da mit berechtigtem Mißtrauen erörtert, wo man die Wirkungen der Düngerzufuhr über die Grenze des Kampes hinaus in die Freikulturen verfolgt, wo man die Güte des Aufforſtungsbetriebes an der jugendlichen Beſtandesanlage allein zu meſſen gewohnt iſt und von der Pflanzung einen ungeſäumt auf— nehmenden Entwickelungsgang verlangt, welcher einem gedeihlichen Wachs— tumsgange und einer ertragsreichen Zukunft des Beſtandes die Wege vor— zeichnet. In Verfolg der in § 48 über die Bodenwahl entwickelten Lehr: meinung muß jeder über das natürliche Maß geſteigerte Nährwert des Bodens widerraten werden, denn er gewöhnt die Pflanze an Lebens— 122 Die künſtliche Beſtandesgründung. bedingungen, die ihr im Freilande nicht im entfernteſten wieder geboten werden können. Mit Recht ſagt Profeſſor Dr. Wettſtein in praktiſcher Nutzanwendung der neo-lamarckſchen Lehre auf forſtwirtſchaftlichem Ge— biete, daß die Einflußnahme von Boden und Klima in beſtimmten An— paſſungserſcheinungen zur Geltung gelange; daß die Anpaſſungslehre bei Aufforſtungen von für die betreffende Pflanze beſonders günſtigen Stand— orten wohl keine beſondere Beachtung verdiene, da ſie infolge ihres An— paſſungsvermögens leicht ihr Fortkommen finden werde, daß es aber ſchlimm um jene Aufforſtungen beſtellt ſei, welche unter ſchwierigen Verhältniſſen und beſonders in einem Gebiete mit extremen Lebens— bedingungen vollzogen werden. — Es möge auch gewürdigt werden, daß die Hauptwirkung der Düngung immer mehr in der Entwickelung der oberirdiſchen Achſe als in der Entwickelung der Wurzel zum Ausdruck gelangt und ſomit der vornehmlichſten Forderung der Pflanzenzucht „reiches Wur zelſyſtem“ nicht in dem verlangten Maße gedient wird. Profeſſor Dr. Pfeffer ſagt in ſeiner Pflanzenphyſiologie, daß zu ge— ringe, aber ebenſo auch zu große Mengen gelöſter Salze das Gedeihen herabdrücken müſſen, und Profeſſor Dr. Schwarz erhärtete durch Ver— ſuche (Z. f. F. u. J. 1892 S. 88.), daß bei der gewöhnlichen Kiefer im Sande „die höhere Konzentration der Bodenlöſung die Ausbildung des Wurzelſyſtems hemmt.“ Schwarz weiſt ſehr intereſſant nach, daß das geſamte Wurzelvermögen, weniger aber die Streckung einzelner Haupt— wurzeln mit der Steigerung des Salzgehaltes im Boden abnimmt. Auch forſtliche Autoren nehmen auf Grund praktiſcher Beobachtungen und Erfahrungen, die Verfaſſer aus eigener Wahrnehmung vollkommen beſtätigt, bezüglich der üppigen Ernährungsweiſe der Pflanze einen ſehr reſervierten Standpunkt ein. „Nur keine übermäßige Düngung“, ſagt Dr. Ed. Heyer, „welche zu viele (2) Wurzeln und zu empfindliche Pflanzen erzeugt! Differieren alsdann jetziger und künftiger Standort zu ungunſten der Pflanze, ſo ſtirbt der größte Teil der Wurzeln wegen Mangels an Nahrung und Beſchäftigung ab. Es entſteht ein Miß— verhältnis zwiſchen Wurzeln und Stammteilen. Die ſchwammigen, voll— ſaftigen Pflanzen leiden auch noch beſonders durch Wild, kümmern längere Zeit oder ſterben ganz ab, ſobald noch Hitze und Froſt ein— wirken“. Ahnlich weiſt Booth darauf hin, daß durch reichliche Düngung die Pflanzen zu verlängerter Triebtätigkeit veranlaßt werden, ſchlecht ver— holzen, von Frühfröſten arg heimgeſucht werden, und erklärt namentlich für die Nadelhölzer den allzu nährkräftigen Boden für verderblich. Auch Gayer vermag „die aus tiefgelockerten, gedüngten Pflanzbeeten ſtammenden, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 123 übermäßig ſtark entwickelten, jog. gemäſteten Pflanzen als Normal— pflanzen“ nicht zu betrachten. Alle dieſe Anführungen beſtätigen den ſchon früher aufgeſtellten Satz, daß die Anpaſſung an verbeſſerte Lebensbedingungen un— gemein leicht vor ſich gehe und immer mit einem gedeihlich-aufnehmenden Entwickelungsgang verbunden ſei, daß umgekehrt aber dieſe Anpaſſung an ſchlechtere Ernährungsverhältniſſe, wie ſie an die Erziehung im reich gedüngten Kampbeete in der Regel gebunden ſind, ungemein ſchwer ſich vollzieht und Folgenachteile von geradezu unberechenbarer Tragweite für Beſtand und Boden in ſich ſchließt. Wiederholt möge hier betont werden, daß die kräftige, widerſtands— fähige, den Unbilden des Freiſtandes gewachſene Pflanze auf dem ein— fach gelockerten Waldboden erzogen wird, die Düngerzufuhr da— gegen zu leicht ein ſchädliches Übermaß an Nährſtoffen herbeiführt. Für die Wan der kampwirtſchaft, die in der Lage iſt, ihre Pflanzen auf unverdorbenem, durch die Wirtſchaft konſerviertem Wald— boden der Nutzungsſchläge zu erziehen, hat deshalb Düngung in der Regel zu unterbleiben. Die Benutzung der Beete zur Saat und ſo— dann zur Verſchulung oder auch zur zweimaligen Verſchulung iſt — nur wirklich armen Boden ausgenommen — durchaus ſtatthaft, ſogar zu empfehlen. Selbſt auf ärmerem Boden findet die Pflanzenzucht mit der kräftigenden Beihilfe von Raſenaſche, welche aus den von der Kampfläche ſelbſt abgeräumten Vegetabilien gewonnen wurde, ihr Aus— kommen. Ganz anders liegen allerdings die Vorausſetzungen im ſtändigen Forſtgartenbetriebe. Hier muß eine Düngung nach jeder erſten oder zweiten Ernte erfolgen. Die jugendlichen Pflänzchen entziehen in ihrer meiſt ſehr dichten Stellung und infolge der hervorragenden Wurzel— ernährung dem Boden, wie durch Aſchenanalyſen nachgewieſen iſt, ſehr be— deutende Mengen — weit größere als ſpäter der aus ihnen gebildete Beſtand — der wichtigſten Pflanzennährſtoffe (Kali, Phosphorſäure, Stickſtoff, Calcium uſw.). Nach Schütze, v. Schröder, Dulk, Councler, Von— hauſen, Birnbaum u. v. a., die ſich mit den analytiſchen Unterſuchungen der Pflanzenaſchen befaßten, verbrauchte z. B. die einjährige Kiefernſaat ziemlich zwei Dritteile jener Phosphorſäuremenge, ziemlich die gleiche Kalimenge und faſt die doppelte Menge an Kalk, welche dem Boden durch eine mittlere Roggenernte entzogen wird. Angeſichts ſolcher durch die Forſchung einwandfrei erhärteter Tatſachen muß ſelbſt der beſſere zur Pflanzenzucht verwendete Waldboden an den wichtigſten Pflanzennährſtoffen 124 Die fünftliche Beſtandesgründung. bald erſchöpft und deshalb zu einer ergänzenden Zufuhr geſchritten werden: a) wenn die Kampfläche durch längere Zeitläufe zur Pflanzenzucht benutzt werden ſoll; b) wenn der ausgetragene Kampboden durch Aufforſtung dem regelmäßigen Betriebe wieder zugewieſen wird. In beiden Fällen hat die Düngung aber nur den Zweck zu erfüllen, dem Boden einen annähernd gleichwertigen Erſatz für die ihm durch die Pflanzenzucht entzogenen nach Art und Menge verſchiedenen Nähr— ſtoffe zu bieten, wobei manche Forſcher den durch die Verwitterung laufend dargebotenen Zuſchuß berückſichtigt ſehen wollen. Dieſe grund— legende Regel iſt für die Düngung der Forſtgärten von größter Be— deutung und wenn auch die Menge und das Mengenverhältnis der im Boden aufgeſpeicherten und durch die Pflanzenzucht laufend verbrauchten Nährmittel nie feſtgeſtellt, die Bilanz zwiſchen Vorrat und Bedarf nie ge— zogen werden kann, ſo läßt ſich immerhin der allgemeine Lehrſatz daraus herleiten, daß die Düngung nie einſeitig eingreifen und das Kräftigungs— mittel immer ſo gewählt ſein ſoll, daß es die meiſt verbrauchten Nähr— ſtoffe (Kali, Phosphorſäure, Stickſtoff, Kalk) auf ihr natürliches Menge— verhältnis wieder ergänzen kann. Als theoretiſche Richtſchnur hat dieſer Leitſatz immerhin auch ſeine praktiſche Bedeutung. Düngungsmittel. Formen und Arten der Düngungsmittel ſind in neuerer Zeit außer— ordentlich erweitert worden. Man hat alle Düngungsmittel, welche die Landwirtſchaft ſo vorteilhaft verwendet, mit analogen Erfolgen auch in den forſtlichen Betrieb übertragen. Nur die Koſtenfrage hat in mehr— facher Richtung dem Forſtwirte die Hände gebunden. Wir unterſcheiden: a) waldgerechte Düngungsmittel: Humus, Kompoſte, Pflanzen⸗ aſche, Gründüngung; b) tieriſche Dünger: Stallmiſt, Fäkalien, Knochenmehl, Guano und alle ſonſtigen tieriſchen Abfallſtoffe und Überreſte; c) Kunſt- oder Mineraldünger: ſtickſtoff-, phosphor-, kali⸗, kalk⸗ haltige uſw. a) Waldgerechte Dün gungs mittel. Die erſte Gruppe umfaßt jene im Walde ſelbſt vorkommenden oder überall leicht zu erzeugenden Düngerarten, welche als natürliche dem Waldboden ſelbſt entnommene Kräftigungsmittel die billigſten, mildeſten Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 125 und ſpeziell für die Pflanzenerziehung die zuträglichſten ſind, auch nicht leicht zu einer Überſättigung führen können. Humusbeimengungen werden nicht allein zur Hebung der Boden— phyſik, ſondern auch zur Ergänzung der entzogenen Pflanzennährſtoffe gegeben. Sie ſind als Quellen der Elemente, aus denen der Pflanzen— körper hauptſächlich ſich aufbaut, der Pflanze jedenfalls beſonders zuträg— lich. Die Verwendung von rohem, unreifem Humus würde eine reichliche Bodendurchlüftung beziehungsweiſe eine öftere Wiederholung der Boden— bearbeitung vorausſetzen. Kompoſte. Dieſelben werden aus der auf der Kampfläche oder in deren nächſter Umgebung gewonnenen vegetabiliſchen Bodendecke (organiſche Reſte und Abfälle jeder Art) erzeugt. Holzige, ſchwer zerſetzbare Stoffe überhaupt werden verbrannt, Raſen, Unkrautwuchs, Rohhumus, mit zer— ſetzungsanregenden mineraliſchen Subſtanzen (Kalk, Aſche uſw.), auch tieriſchen Abfallſtoffen, Straßenkot uſw. vermiſcht zu Haufen gebracht, gut gemengt und jährlich ein- oder zweimal durchgearbeitet. Ihre Verwendung auf den Saat- und Pflanzbeeten der Forſtgärten nach Maß— gabe der ſtattgehabten Entkräftung oder auch im Wanderkampbetriebe nach Auflaſſung des ausgetragenen Bodens iſt ſehr zu empfehlen. Aſche. Die in den Abtriebshauungen von den Mittagsfeuern der Holzhauerſchaft zurückbleibende Holzaſche wird ebenfalls ſehr vorteilhaft zur Kampdüngung verwendet. Sie wird zur Bereitung des Mengedüngers in die Kompoſthaufen beigemiſcht oder auch durch Ausſtreuen zur unmittel- baren Düngung verwertet. Erſtere Verwendungsart verdient jedoch den Vor— zug, namentlich, wenn ſtickſtoffanme Böden in Frage kommen. Stickſtoff verflüchtigt ſich bei der Verbrennung und kann durch Aſche allein nicht ergänzt werden. Noch weit gebräuchlicher und in größeren Mengen auch leichter zu beſchaffen iſt die Raſenaſche. Dieſelbe wird nach gewiſſen Arbeitsregeln erzeugt, indem man allen vegetabiliſchen Abraum der Kamp— fläche, namentlich auch die mit der Platthacke in zuſammenhängenden Schollen (Plaggen) abgeſchälte Raſendecke durchglüht, verbrennt, ein— äſchert. Die Raſenplaggen werden zu dieſem Behufe in nicht zu ſtarken Schwarten abgezogen, zuckerhutartig gerollt (Erdſeite nach außen) aufs geſtellt, abgetrocknet, dann mit leicht brennbaren Einlagen (Dürrholz uſw.) durchſetzt, zu Haufen gebracht und angezündet, „geſchmodet“. Die ab— gedorrte Benarbung der Bodenoberfläche und das tote, dichtfilzige Wurzel— gewebe führt durch ſeine glutleitende Wirkung auch die wohltätig auf— ſchließende Durchglühung des haftengebliebenen Erdreiches herbei, das, mit der eigentlichen Pflanzenaſche vermengt, namentlich in nicht ganz 126 Die künſtliche Beſtandesgründung. friſchem Zuſtande, ein vollkommen ausreichendes Düngungsmittel für den ſonſt geſunden Waldboden bietet. Die Aſche wirkt in friſchem d. h. nicht überwintertem Zuſtande leicht (und beſonders bei Dürre) etwas ätzend, bietet aber ſonſt bei allem Reichtum an leicht löslichen Nährſalzen noch den für die Waldkultur gewiß ſehr beachtenswerten Vorteil, daß ſie in ihrer ſteriliſierten Verfaſſung vor jeder mit der Düngung nur zu oft verbundenen Infektion mit tieriſchen und pflanzlichen Organismen behütet. Auch der Wandergartenbetrieb bedient ſich dieſer Düngungsform, indem er die erzeugte Raſenaſche unter einer ſchützenden Decke von Raſenplaggen oft jahrelang aufbewahrt, um ſie dann bei Auflaſſung eines Kampes zur Wiederkräftigung des ausgeſogenen Bodens zu verwenden. Die Gründüngung verfolgt den Zweck, den Boden durch Zufuhr leicht verweſender Pflanzen an Humusgehalt zu bereichern, ſomit nicht allein die Bodenphyſik zu heben, ſondern auch die Nährkraft durch die in der Pflanze enthaltenen Nährſalze zu ſteigern; ſie erſtrebt anderſeits aber auch, dem Boden jenen wichtigen, auf künſtlichem Wege ſehr auf— wandvoll zu beſchaffenden Nährſtoff zuzuführen, an welchem unſere meiſten Waldböden von Natur arm und ſomit durch die Pflanzenzucht am eheſten erſchöpft ſind, den Stickſtoff. Die Pflanzenerziehung bedient ſich zur Er— füllung dieſer Doppelaufgabe der weißen und gelben Lupine (lupinus albus und luteus L.) oder maſſenhaft produzierender Wickenarten (vicia villosa, sativa uſw.) und anderer Papilionaceen. Dieſelben werden nach den Regeln der Landwirtſchaft angebaut und im Hochſommer vor der Samenbildung untergepflügt oder untergehackt. Sie nehmen den freien Stickſtoff der Luft unter lebenstätiger Mitwirkung gewiſſer Mikroorganis— men (Bakterien) im Boden, für deren Vorhandenſein die Bildung der ſogenannten Wurzel- auch Bakterienknöllchen das äußere Merkmal iſt, im Wege der Symbioſe auf und geben denſelben durch die Grün— düngung — im Falle der Aberntung nur in geringerem Maße durch ihre Abfälle: Wurzel, Stoppel — an den Boden ab. Dieſer ſetzt ihn durch aufſchließende Verweſungsprozeſſe (Nitrifikation) in Formen um, in welchen er auch von den Waldpflanzen aufgenommen wird (Ammonium- ſalze, Nitrate). Viele dieſer ſtickſtoffwerbenden Pflanzen fördern die Ver— witterung durch ihre die Geſteinsreſte angreifenden tiefgehenden Wurzeln. Auch die Operationen der eigentlichen Beſtandesgründung ſtellen in neueſter Zeit die ſtickſtoffwerbende Tätigkeit der Leguminoſen in ihre Dienſte und wird diesbezüglich namentlich den ſchmetterlingsblütigen Holzarten die volle Aufmerkſamkeit zugewendet (§ 102). Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 127 b) Tieriſche Düngungsmittel. Die tieriſchen Dünger oder Stalldünger, reine oder mit Streumaterialien vermengte Exkremente der Haustiere, haben vor allem die ſchwierige und aufwandvolle Beſchaffung, weiter aber auch den Nach— teil gegen ſich, daß der Boden leicht mit Inſektenbrut und Mikroorganis— men infiziert wird, die der Beſtandesgründung und ihren Zukunftaufgaben leicht abträglich werden. Erfahrungen, welche in auf zugelegten Fel— dern, alten Hutweiden uſw. ſtockenden Beſtänden gemacht wurden, mahnen rückſichtlich der Anwendung tieriſcher Düngungsmittel im Walde zur Vorſicht, wiewohl nicht verkannt werden darf, daß ſie nach Güte und Zuſammenſetzung zu den ſtoffreichſten, beſſer geſagt, vielſeitigſten ge— hören. Rindvieh- und Schweinedünger („kalte“ Dünger) eignen ſich be— ſonders für lockere Böden. Sie zerſetzen ſich langſam. Schweinedünger iſt überdies arm an Stickſtoff. Pferde- und Schafdünger, ſogenannte „hitzige“ Dünger, zerſetzen ſich ſchnell. Sie ſind für feſtere, bindigere, kalte Böden beſonders geeignet. Jauche iſt da recht wohl anwendbar, wo man nicht gleichzeitig auf die lockernde Wirkung der in Zerſetzung begriffenen Streubeimengung re— flektiert. Sie enthält die Nährſtoffe in löslichſten Formen, wenn auch nicht in ſo reichem Maße als der Dünger ſelbſt. Kloaken- oder Latrinen düngung (Poudrette) iſt wegen ihrer Biel ſeitigkeit an Pflanzennährſtoffen (Kali, Phosphorſäure, Stickſtoff) durchaus zu empfehlen. Doch hat die Kampdüngung namentlich bei ihrer etwas reich— licheren Anwendung auch recht ungünſtige Erfahrungen verzeichnet. Die Wirkung der Fäkalien ſcheint eine zu ſcharfe zu ſein. Auch muß die gemeingewöhnliche Beimengung von Desinfektionsmitteln Bedenken erregen. Sie hebt zwar die düngende Wirkung nicht auf, kann aber unter Um- ſtänden den Boden geradezu vergiften. Beſondere Arten tieriſchen Düngers, die hoher Koſten halber ſeltener für die Kampwirtſchaft in Frage kommen und ſozuſagen den Übergang zur Kunſtdüngung bilden, find: Guano, beſonders reich an ſtickſtoff- und phosphorſauren Verbindungen, und Knochenmehl, das wegen ſeines bei weitem überwiegenden Gehaltes an phosphorſaurem Kalk nur in jenen ſpe— ziellen Fällen zur Anwendung empfohlen werden kann, wo es ſich um Zu— fuhr von Phosphorſäure und Kalk handelt. Übrigens ſind beide Dünge— mittel ſehr konzentrierte Verbindungen, deren Verwendung Vorſicht er- heiſcht. 128 Die künſtliche Beſtandesgründung. c) Kunſt- oder Mineraldüngung. Die Mineral düngung iſt mehr oder weniger einſeitig in ihrem Gehalt, ein Umſtand, der ihren praktiſchen Wert namentlich für die Wald— wirtſchaft ſehr beeinträchtigt. Sie bietet die Nährſtoffe in meiſt ſehr konzentrierter Form und ſchützt den Boden vor jeder Infektion mit ſchädlichen Organismen tieriſcher und pflanzlicher Natur, Eigenſchaften, die da zugunſten der Mineraldüngung ſprechen, wo mit weiter Zufuhr bis zur Verwendungsſtätte gerechnet werden muß. Es läßt ſich aber weiter nicht in Abrede ſtellen, daß die konzentrierte Form und die Einſeitigkeit der chemiſchen Zuſammenſetzung die Gefahr einer ört— lichen oder zeitlichen Überdüngung in ſich ſchließen und daß aus eben dieſem Grunde mit einer ſo großen Vorſicht und Sachkenntnis zu Werke gegangen werden muß, wie ſie in der Revier-Praxis nicht immer dem Gegenſtande zugewendet werden können. Es iſt eine Tatſache, daß Boden— vergiftungen mit abſolut tötlichen Folgen ziemlich häufig vorkommen und daß geringere Vergiftungsgrade, die ja allerdings meiſt nur von vorüber— gehender Wirkung ſind, faſt die Regel bilden. Je einſeitiger das Dünge— mittel, um ſo zweifelhafter ſein Wert. Die bekannten Gefäßdüngeverſuche eines ſtickſtoffarmen Bodens mit Phosphorſäure und Kali von Profeſſor Wagner ergaben, daß ſtickſtoffbedürftige Agrikulturgewächſe nur elend vegetierten und daß nur die ſelbſttätig ſtickſtoffſammelnde Erbſe nach der oben angeführten Düngung gut gedieh. Wenn man bedenkt, daß die wohltätige Wirkung eines Düngemittels nur dann voll zur Geltung gelangen kann, wenn es dem Boden jene mangelnden Nährſtoffe zuführt, welche die zu erziehende Pflanze zur voll— kräftigen Entwickelung gebraucht, ſo würde die vollwertige Anwendung der einſeitigen Mineraldüngung unbedingt vorausſetzen, daß vorher eine zuverläſſige Orientierung über Menge und Art des Nährſtoffbedarfes der Pflanze und des Bodens einerſeits und über den Spezialgehalt des ge— wählten Mineraldüngers anderſeits gewonnen werde. Iſt auch die letztere leichter erreichbar, ſo würden doch in erſterer Richtung nur durch genaue, ſich immer wiederholende Bodenanalyſen einigermaßen brauch— bare Anhaltspunkte!) zu erzielen ſein. Dieſe find aber aus praktiſch materiellen Rückſichten nicht durchführbar. Das iſt wohl auch die Urſache, warum die Anwendung zuſammengeſetzter Düngerarten, die alle Pflanzen— nährſtoffe in entſprechendem Mengeverhältnis enthalten, ſogenannter ) Und ſelbſt ſie würden an Zuverläffigkeit zu wünſchen übrig laſſen, da ſich cährſtoff- und Düngerbedürfnis nicht decken. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 129 Mengedünger, im Forſtkulturbetriebe allezeit den Vortritt behaupten und die eigentliche Mineraldüngung in den Forſtgärten ſich auf Zufuhr jener Nährmittel beſchränken wird, die erfahrungsmäßig in großer Menge dem Boden durch die Pflanzenernte entzogen werden, beziehungsweiſe im Waldboden immer nur ſpärlich vorhanden ſind (Kalk, Kali auch Phos— phorſäure und Stickſtoffverbindungen). — Die Mineraldüngung ſetzt aber weiter auch voraus, daß es, was bei Kampböden wohl immer der Fall ſein ſoll, an humoſen Beimengungen, den Quellen für aufſchließende und nährende Zerſetzungsprodukte, für Kohlen- und Salpeterſäure, und namentlich an reicher Feuchtigkeit nicht fehlen darf und daß eventuell vegetabiliſche Stoffe zur Ergänzung der Kunſtdüngung beigegeben werden. Ohne zeitweilige Zufuhr an or— ganiſchen Subſtanzen, z. B. durch eine zwiſchengelegte Gründüngung, würde eine durch längere Zeitläufe wiederholte Mineraldüngung nur zu oft verſchlechternd auf die phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens ein— wirken müſſen. Die wichtigſten Kunſtdüngermittel gehören der Gruppe der Nitrate, Phosphate (und Superphosphate) und der Kalidüngung an: Stickſtoffdüngung. Die gebräuchlichſten Stoffe dieſer Gruppe ſind ſalpeterſaure Salze (Chiliſalpeter, ein in der ſüdamerikaniſchen Re— publik Chile maſſenhaft vorkommender Mineraldünger mit etwa 75% ſalpeterſauren Natrons). Auch Ammoniakſalze, z. B. ſchwefelſaures Ammon tun gute Dienſte, während ſalzſaure Ammoniakverbindungen zu widerraten ſind. Sie bilden leicht lösliche Chloride und mit dieſen werden in den Forſtgärten ſehr ungünſtige Erfahrungen gemacht. Phosphat- und Superphosphatdüngung: Das verbreitetſte und bisher wohl auch bewährteſte Mineralphosphat iſt die Thomasſchlacke, ein phosphorſaures Kalkabfallprodukt, welches bei der Entphosphorung des Eiſens namentlich bei der Stahlfabrikation in großer Menge ge— wonnen und in pulveriſiertem, gemahlenem (je feiner deſto wirkſamer) Zu— ſtande (Thomasmehl) in den Handel gebracht wird. Es enthält nach Krafft 10-25% Phosphorſäure, 38 — 60% Kalk und etwas Magneſia, hat alſo auch ſchon wegen ſeiner Mehrſeitigkeit beſonderen Düngewert und eignet ſich namentlich für kalkarme Böden. Nach Prof. Wagner und Hallbauer bewährten ſich tunlichſt fein gemahlene Schlacken beſon— ders gut und beſſer als die aus ihnen durch Säureaufſchluß hergeſtellten Superphosphate, nicht allein, weil ſie die nachhaltigere Wirkung für ſich haben, ſondern auch deshalb, weil die Herſtellung des Superphosphat— Thomasmehles unverhältnismäßig hohe Koſten verurſacht. — Über: Reuß, Beſtandesgründung. 9 130 Die fünftliche Beſtandesgründung. haupt neigt ſich die Praxis mehr der Phosphat- als der Superphosphat⸗ düngung zu, weil es ſich im Pflanzgarten nicht — wie im Ackerboden — um eine hochgradige Löslichkeit der Phosphordüngung, ſondern mehr um die nachhaltige, über mehrere Jahre ſich erſtreckende, gleichmäßige und allmähliche Wirkung handelt und das rohe, nicht präzipitierte Thomas— mehl einen Vorrat von langſam ſich aufſchließender Phosphorſäure im Boden ſichert. Auch Phosphorite werden ebenſo wie tieriſche Phosphat— dünger (Knochenmehl, Guano) mit Vorliebe für die Zwecke der Land— wirtſchaft zu Superphosphaten (mit Schwefel- und Salzſäure) verarbeitet, um bei geſteigertem Düngerbedürfnis die Phosphorſäure in bereits auf— geſchloſſener, waſſerlöslicher Form zu bieten. Für die Pflanzenzucht iſt das aber minder zweckdienlich. Kalidüngung: Dieſelbe wird im Forſtwirtſchaftsbetriebe in Form des bekannten Kainits verwendet, eines Doppelſalzes (Kalium- und Mag— neſiumſulfat), welches als Abraumſalz in den Salzwerken von Staßfurt— Leopoldhall (Anhalt) ſehr billig gewonnen wird. Sie zeigt ſich am wirk— ſamſten in Verbindung mit einer Phosphat- und Kalkdüngung und wird für leichtere, lockere Böden empfohlen. Das Mengeverhältnis ſchwankt zwiſchen 0,3 und 0,5 der Phosphatdüngung. Als einfache und billige Mineraldünger werden wohl am häufigſten gebrannter Kalk und Gips verwendet, welche beide in ſehr bedeuten— dem Maße von der Pflanze dem Boden entzogen werden und ſomit, ſelbſt in reicheren Mengen zugeführt, nicht leicht zu einer unzuträglichen Über— ſättigung führen können. Gips iſt auch wegen ſeiner Ammoniak binden— den Eigenſchaft (ſchwefelſaures Ammoniak verflüchtigt nicht) beſonders wertvoll. Viele andere in den Handel kommende Kunſtdüngerprodukte ſind noch zu wenig ausprobiert und deshalb von der Verwendung zu Pflanzen— zuchtzwecken noch auszuſchließen. Düngermenge, Aus führung und Wirkungsdauer der Düngung. Wenn angeſichts der glänzenden Ernte-Ertragsſteigerung, welche dem höheren Grade der Düngung auf dem Gebiete der landwirtſchaft— lichen Produktion zur Seite ſteht, nicht daran gezweifelt werden kann, daß auch jede Kräftigung des Waldbodens von außerordentlich günſtigem Einfluß auf die Wuchsleiſtungen aller Holzarten ſein werde, ſo iſt durch die Düngeverſuche doch im allgemeinen nachgewieſen, daß das zuträg— liche Optimum der Wirkung im Forſtgarten viel tiefer liege als im landwirtſchaftlichen Betriebe, und der Forſtwirt alle Urſache habe, mit Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 131 mehr Vorſicht zu Werke zu gehen. Es darf abermals daran erinnert werden, daß die Düngung zu Pflanzenzuchtzwecken ganz andere Ziele verfolgt. Die Landwirtſchaft übt durch die Düngung direkten Einfluß auf die Qualität und die Ergiebigkeit der Ernte. Die Düngung wird unmittelbar in die Dienſte des Endzieles der Produktion geſtellt. Im forſt— lichen Betriebe reicht ihre Wirkung kaum über die Grenzen des Pflanz— kampes hinaus; die nach Jahrzehnten erfolgende Ernte und die Entwicke— lung des Individuums wird durch die Düngung nicht nachhaltig, nicht günſtig, oft ſogar nachteilig beeinflußt. Die Analogie der Landwirtſchaft iſt ſonach für die forſtliche Produktionslehre zunächſt nur inſoweit anwend— bar, als man die Düngung geraden Weges in den Dienſt der eigentlichen Beſtandesgründung ſtellt, und auf der freien Kulturfläche, auf herab— gekommenen Odflächen, auf denen die Jungbeſtände verſagen, in küm— mernden Beſtandesanlagen angewendet, dürfte der forſtlichen Düngungs— lehre ein weit dankbareres Arbeitsfeld blühen als auf dem Gebiete der Pflanzenzucht. Überdies ſind die Holzgewächſe nicht allein genügſamer; ſie ſtellen im allgemeinen auch höhere Anforderungen an die Vielſeitig— keit des Bodennährſtoffkapitales und legen dem Forſtwirte deshalb große Vorſicht auf, da überreiche Düngung direkt nachteilig wirkt, einen üppig— verwöhnten Organismus aufbaut und ſpeziell bei zu reichlicher Verwendung von konzentrierteren Mineraldüngern die verſchiedenſten Grade der Ver— giftungswirkungen zu den gewöhnlichſten Erſcheinungen gehören)). Iſt es der Landwirtſchaft, deren Lehren und Erfahrungen ſich viel eher in gewiſſe geſetzmäßige Regeln kleiden laſſen, ſchon ſchwer, die zu— trägliche Menge der Düngerzufuhr zu beſtimmen, ſo mehren ſich die in Wirkung tretenden Faktoren ſchon bei der Pflanzenzucht bis zur aus— ) Prof. Engler hat feſtgeſtellt, daß für die Gründüngung eine möglichft ge— naue Kenntnis der chemiſchen und phyſikaliſchen Eigenſchaften zur Vermeidung grober Fehler nötig ſei. Das gilt für die künſtliche Düngung in erhöhtem Maße. Labora— toriumverſuche erwieſen, daß die Pflanze nur ſehr verdünnte Löſungen benötigt, kon— zentriertere Löſungen von 5 pro 1000 unter Umſtänden ſchon ſtark vergiftend ein— wirkten. — Prof. Dr. G. Krafft „Ackerbaulehre Wien 1906“ ſagt über die künſtliche Düngung: „Die Wirkſamkeit der Handelsdünger wird nicht allein vom Bodendüngungs— und ⸗kulturzuſtande, der mit dem Nährſtoffbedürfnis der Pflanzen zuſammenhängt, ſondern auch von der Witterung und dem Düngerbedürfniſſe der Pflanzen beeinflußt. Unzureichende und übermäßige Vegetationsfaktoren (Waſſer, Wärme, Luft) beein⸗ trächtigen die Wirkung der Kunſtdünger und können ſie ſelbſt zu einer nachteiligen machen (3. B. wenn auf trockenem Boden die Nährſtoffkonzentration zu ſtark wird); nur bei einem Optimum iſt der höchſte Erfolg zu erreichen, ſomit bei entſprechender Durchfeuchtung, Erwärmung und Durchlüftung des Bodens.“ 9* 132 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſichtsloſen Verwirrung, da der Forſtwirt über Nährſtoffgehalt, Nährſtoff— entzug und -erſatzbedürfnis in quali et quanto nie jo genau orientiert ſein kann. Im allgemeinen hat übrigens auch die Landwirtſchaft den beachtenswerten Leitſatz aufgeſtellt: lieber öfter ſchwache, als ſeltener reiche Düngung. Einige zuſammengeſuchte Daten über approximative Düngermenge für einen ausgetragenen, d. h. durch Pflanzenzucht erſchöpften Waldboden mögen hier Raum finden: An tieriſchem Dünger (Stallmiſt) genügt nach E. Bayer 3—4 9 pro ar; Kompoſte, je nach Zuſammenſetzung und Zugabe an Kunſtdüngerpräparaten, 3 —10 q pro ar. Mineraldünger wird im allgemeinen weniger und lieber von verſchiedenen Sorten gegeben: Chiliſalpeter 2—4 kg pro ar, Stickſtoffphosphat (3. B. Guano) 2—3 kg pro ar; Phosphate 2—4 kg, Kali 2—3 kg pro ar. Man darf nicht überſehen, daß alle dieſe Mineraldünger in konzentrierten Formen mehr oder weniger kauſtiſche Wirkung üben, die namentlich dem jugendlich zarten Organismus ſehr nachteilig iſt. — An gebranntem Kalk werden pro ar 12—20 kg, an Gips 2—4 kg angewendet. Über Nachhaltigkeit der Wirkung und Wiederholung der Dün— gung herrſcht noch große Unſicherheit. Im allgemeinen werden für die Zwecke der Pflanzenerziehung die nachhaltig wirkenden Düngerarten den Vorzug verdienen. Als ſolche wären in erſte Reihe zu ſtellen die nicht allzu vollreifen Stalldünger, Kompoſte, Humusdüngung, welche in laufender Zerſetzung die verſchiedenen Verweſungs- und Fäulnisſtoffe freigeben. Nach Prof. Bayer verteilt ſich die Wirkung des Stalldüngers auf vier Jahre in abnehmender Reihe von 50% im erſten, 25% im zweiten, 10% im dritten, 5% im vierten Jahre. Die Mineralphosphate erſtrecken ihre Wirkſamkeit über zwei bis drei Jahre, während Superphosphat, Chiliſalpeter kaum über das erſte Jahr hinausreichen. Was die Zeit der Düngung anlangt, jo iſt zu bemerken: Jung- fräulicher, aus dem rationellen Wirtſchaftsbetriebe überkommener Wald— boden wird überhaupt nicht gedüngt; auch nach der erſten Ernte iſt in der Regel eine Düngung noch nicht nötig. Nach einer zweiten Aberntung des Kampbeetes muß dagegen die Ergänzung der verbrauchten Pflanzen- nährſtoffe — nach Menge und Art dem Verbrauch ſelbſt einigermaßen angepaßt — erfolgen und nach jeder weiteren Ernte wiederholt werden, wenn man nicht vorzieht, zur Vermeidung dieſes notwendigen Übels lieber zur Wanderkamp⸗-Wirtſchaft überzugehen. Obenaufdüngung (Kopfdüngung) kann zu jeder Zeit gegeben werden. Sonſt erfolgt die Düngung meiſt im Frühjahr mit der zweiten Boden— — Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 133 bearbeitung. Stalldünger, Kompoſte, ſelbſt Mineralphosphate werden oft ſchon im Herbſte des Vorjahres beigebracht; Superphosphat, Chiliſalpeter immer erſt kurz vor dem Frühjahrsanbau. Auf regelmäßige Verteilung und flache Unterbringung der Dünge— mittel iſt unter allen Umſtänden Bedacht zu nehmen. § 55. Die Frühjahrsarbeiten im Kampe bis zur Saat. Iſt im Herbſte das Hauptwegenetz ausgehoben, auch der etwa nötige Sicherungsgraben gegen eindringende Tagewäſſer gezogen worden, ſo iſt das Erdreich im zeitigen Frühjahr ſchon ſo weit abgetrocknet, daß die zweite, feinere Bodenbearbeitung zur normalen Anbauzeit ſtattfinden kann. Die Einteilung wird im Rahmen des im Herbſte ſchon feſtgelegten Wegenetzes, das ſich nur auf die Umgrenzung der Kampfelder oder -quartiere beſchränkt hatte, nach Bedarf ergänzt und vervollſtändigt, jo daß die Beetlänge durch die Nebenwege begrenzt erſcheint (Tafel— einteilung). Sodann greift die eigentliche Bodenbearbeitung Platz. Dieſelbe hat ſich rückſichtlich ihrer Tiefe in den Grenzen der herbſtlichen Vorlockerung zu halten, vollzieht ſich aber im übrigen bezüglich ihrer Intenſität und Sorg— falt ganz nach den Regeln gärtneriſcher Ausführung: Reinigung von gröberem Stein, von Wurzelwerk und vegetabiliſchen Beimengungen, Her— ſtellung einer feinkrümeligen Beſchaffenheit des Erdreiches, wie ſie zur keimgerechten Aufnahme des Samens erwünſcht erſcheint. Spaten und Rechen — bei entſprechender Flächengröße und lockerer Bodenſtruktur auch Egge — ſind die empfehlenswerteſten Geräte. Der Spaten werde mit geradliniger Blattſchneide gewählt. Spitzige Form bringt bei jedem Stich einen feſten Untergrundsballen mit herauf. Die Klärung des Bodens wird dadurch erſchwert und eine ungleiche Lockerungstiefe bedingt, die ihrerſeits der ungleichmäßigen Bewurzelung der Saatpflanzen Vorſchub leiſtet. Wenn die „Tafeln“ in dieſer Weiſe hergerichtet ſind, ſo erfolgt mit Zuhilfenahme der Schnur die regelmäßige Einteilung in Beete von 80—100 em Breite, von etwa 20 em breiten Beetſteigen begrenzt. Beete über 1 m breit zu machen, empfiehlt ſich nicht, da die Handlichkeit, die Bedienung der Beete von den Beetſteigen her, namentlich auch das ſchonende Ausheben der Pflanzen ſehr erſchwert wird. (S 77). Die Beet— ſteige werden längs der geſpannten Schnur einfach durch Feſttreten mar— kiert. Das Ausſchaufeln derſelben iſt nur da zu empfehlen, wo bindige Bodenbeſchaffenheit und ſchweres Abtrocknen der Beete es nötig erſcheinen laſſen. Soll eine oder die andere der Tafeln mittels Vollſaat angebaut 134 Die künſtliche Beſtandesgründung. werden, ſo kann von der eigentlichen Schmalbeeteinteilung 8 ganz oder zum Teil abgeſehen werden. Eine ſtreng rechtwinkelige Einteilung mit leicht vertieften Wegen wird für die innere Kampanlage ſtets die Regel bilden, doch kommen namentlich im Terrain, auch andere Geſichtspunkte zur Geltung, welche nach beiden Richtungen Abweichungen erheiſchen (ſ. S 48 Platzwahl). In jedem Kampe hat das Wegenetz auch regulierende Aufgaben rückſichtlich der Waſſerbewegung zu erfüllen. Es ſoll den Abfluß der Tagewäſſer bei ſehr ſchwacher Bodenneigung beſchleunigen, in mehr geneigtem Terrain \ a \ \ 7 - URN 7 7 NI Aa N 17 Zum ) m 10 U f AAN , 5 7 6% m M 7 6% ||| ||| \ KIA N W 75 1 IA N IM fi 1} 1 RR | WAG \\ ARM \ METER: | AS TINTLEINNEN AL) We 77 74 . 2 10 r 2 III WX. N \ / „ S N WX A ö ı Ih INNEN — N 0 | N 0 N 0 1 \ \ \ * N ö e NN INN N \ IN M ee WII RN Klrıy\ Ws N * * Aale m N \ AUT N NAH N J N N 00 e WN N = 7. bis zur Unſchädlichkeit verlangſamen. Da die Einteilung des Kampes unter allen Umſtänden zur Anlage irgend einer Klaſſe von Wegen mehr oder minder in der Richtung des Hauptgefälles zwingen wird, ſo muß das Wegenetz einen ganz eigenartigen Ausbau erfahren, der in der Gefälls— richtung allen reißenden Wirkungen vorzubeugen, anderſeits aber die ab— leitende Wirkung der mehr horizontal verlaufenden Wege zu ſteigern ge— eignet wäre. Die beigegebene Skizze ſtellt eine im Terrain außerordentlich bewährte Einteilung eines Kampes dar, die allerdings auf äußeren Glanz und auf den Eindruck der kunſtgärtneriſchen Anlage verzichtet, im Walde aber oft mehr Berechtigung hat als prunkender Aufwand und kleinliche Sorgfalt. — Die Beſtandesgründung durch Pflanzung— 135 Der Kamp wird mit der Breitſeite rechtwinkelig auf die Haupt— gefällsrichtung gelegt. Das Hauptwegenetz, das iſt der eigentliche Hauptweg und die Nebenwege, bleibt ſchon bei der Herbſtbearbeitung in Form von unbearbeiteten Zwiſchenſtreifen (Leiſten) ohne Entfernung ſeines lebenden Überzuges oder ſeiner toten Rauhdecke liegen. Dasſelbe wird das Tagewaſſer in langſamem Abſickern und vollkommen ſchadlos ſeit— wärts gegen die Kampgrenzen ableiten. Dieſe Wirkung wird noch ver— ſtärkt, wenn der Abraum der Beete (Stein, Raſen, Wurzelwerk uſw.) eben— falls auf die Zwiſchenſtreifen gehäuft wird, ſo daß dieſe eine leicht-wallartige Erhöhung erfahren. Der Hauptweg a wird das Waſſer nie zu ſchädigend raſchem Abfluß vereinigen, ſondern an die Seitenwege b abgeben, längs derer es ſeitwärts geleitet wird. Die Beetſteige werden parallel zum Hauptſtreifen, die Seitenſtege aber unter ſpitzem Winkel vom Haupt— wege mit ſo mäßigem Gefälle abgezweigt, daß die aufgefangenen Regen— wäſſer vollkommen ſchadlos abfließen können. Die erhöhten Zwiſchen— ſtreifen trocknen auch immer ſchneller ab als die ausgehobenen Wege, erleichtern ſonach den Verkehr in den Kampanlagen und ſind namentlich auch für Pflanzſchulen in bindigeren, oberflächlich leicht durchweichten Böden ſehr zu empfehlen. — Die zwiſchen den Seitenwegen liegenden, etwas ſchief— winkeligen Tafeln werden im Herbſte und Frühjahr nach den früher gege— benen Vorſchriften bearbeitet, dann die Beeteinteilung durch die längs der geſtrafften Schnur feſtgetretenen Beetſteige durchgeführt und beim Anbau darauf geachtet, daß unterſeits am Beetrande, nicht ſo nahe an die Neben— ſtreifen b heran, angebaut werde, da längs dieſer das Waſſer abfließt. In ſtändigen Pflanzgärten, in denen Düngerzufuhr, Pflanzentransport für den Verkauf uſw. in Frage kommt, werden ein oder mehrere Haupt— wege auch für den Verkehr von Wirtſchaftswagen eingerichtet und zu dieſem Zwecke entſprechend breit ausgehalten und mit Sturzpflaſterung ſolid grundiert. Sonſt wird im allgemeinen mit der Wegefläche recht geſpart, nicht über das eigentliche Bedürfnis hinausgegangen. Jede Kampanlage ſoll mit mindeſtens zwei gegenüberliegenden, den Hauptweg erſchließenden Türen (Toren) verſehen ſein, damit ſie von ver— ſchiedenen Seiten her begangen (befahren) und verlaſſen werden kann. § 56. Die Kampſaat. Rückſichtlich der Auswahl des Saatgutes wird auf S 15—21 verwieſen ). ) Zur Frage der Zuchtwahl möge hier noch ein Nachtrag eingeſchaltet werden, der wegen vorgeſchrittener Drucklegung an rechter Stelle nicht mehr zu bringen war, 136 Die künſtliche Beſtandesgründung. Die Saatzeit bewegt ſich in den früher (S 28) feſtgelegten Grenzen. Ihre Wahl unterliegt auch denſelben Rückſichten. Spätere Termine haben den Vorzug, daß die Samen ſchnell und energiſch auflaufen, ein Umſtand, an welchen ſich ſehr beachtenswerte Vorteile binden: 1. Alle Gefahren, welchen der Samen als ſolcher im Boden liegend ausgeſetzt iſt, erfahren zeitlich eine willkommene Einſchränkung. 2. Das Auflaufen des Samens erfolgt zu einer Zeit, in der die Spät⸗ fröſte nicht mehr vernichtend zu wirken pflegen. Genaue Orientierung über den Verlauf des Keimprozeſſes (S 25) wird den Zeitpunkt der Ausſaat ſo feſtlegen, daß der Samen erſt Ende Mai aufgeht. Er iſt damit in unſeren Breiten der Froſtgefahr ſo ziemlich entrückt. Was die Keimbeförderungsmittel anlangt, ſoll auch die Kampſaat mit einer gärtneriſch ſorgfältigen Bodenvorbereitung unbedingt ihr Auskommen finden. Alle künſtlichen Anregungsmittel (S 29), ſelbſt die Einquellung in Waſſer ſind möglichſt zu vermeiden. Dagegen iſt das Angießen des dem Boden ſchon anvertrauten Saatgutes ſtatthaft, ſogar notwendig, wenn etwa nach der Ausſaat anhaltende Dürre eintreten und der Samen zu „vermalzen“ drohen ſollte. Samenmenge und Saatdichte. Rückſichtlich der zweckmäßigſten Samenmenge kommen die im S 24 dargelegten Geſichtspunkte zur Geltung. Allzu dichte Saaten werden auch im Saatkampe vermieden, da ſie immer nur ſchwächliche, für Verſchulung und Freikultur minder taugliche Sämlinge mit geſteigerter Längenentwickelung der Hauptachſen liefern. Beſonders iſt die dichtere Saatſtellung da nachteilig, wo die Pflänzchen erſt im zwei— jährigen Alter verſchult oder gar als dreijährige Sämlinge zur unmittelbaren Verpflanzung im freien Kulturlande verwendet werden ſollen. Die meiſten Holzarten verdoppeln im Saatbeete in den erſten drei Jahren die Wuchs— leiſtungen des vorhergegangenen Jahres. Es treten ſonach innerhalb dieſes Zeitraumes hohe Anforderungen rückſichtlich der Standorts— erweiterung ein, denen unbedingt ſchon bei der Saatausführung Rechnung getragen werden muß. Zu ſeiner normalen Entwickelung braucht der ein— der Hinweis nämlich, daß Profeſſor Dr. Mayer, München, eine die Vererbung ab— lehnende Theorie vertritt. Er ſagt unter anderem in ſeinem an den internationalen Kongreß der Land- und Forſtwirte Wien, Mai 1907 erſtatteten Referate: „Es iſt ein in uns wohnendes Gefühl, das uns ſagt, daß die guten und ſchlechten Eigenſchaften der Mutterpflanze ſich in der Nachkommenſchaft wieder einſtellen müſſen; aber bewieſen iſt es nirgends, daß bei holzreichen Gewächſen dem ebenſo iſt wie bei den holzarmen, annuellen und binnenlandwirtſchaftlichen Pflanzen.“ Profeſſor Mayer hält deshalb die richtige Erziehung der Beſtände im Waldbau für viel wichtiger, als die richtige Provenienz des Saatgutes. — Ann. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 137 jährige Nadelholzſämling etwa 1 gem, der zweijährige 4 qem, der drei— jährige 9— 12 gem Minimal-Wachsraum. Kann man dieſen auch nicht regelmäßig herſtellen, ſo bieten dieſe Zahlen immerhin eine willkommene theoretiſche Richtſchnur, der man bei der Saat beziehungsweiſe bei Be— handlung und Pflege der Saatbeete (Durchzupfen und Jſolieren) tunlichſt nahe zu kommen trachten ſoll. Dieſe Norm gibt auch brauchbare An— haltspunkte für die Samenmenge, wenn man erwägt, daß nach Burckhardt die Eiche pro h! 16000 — 22000 Samenkörner „ Buche „ „ 150000200000 0 „Fichte „ kg 120000 — 180000 u „ Tanne „ „ 24000— 32000 5 „ Kiefer „ „ 150000200000 1 „Lärche „ „ 160000180000 5 zählen. Als zuträgliche Normalmenge für einen Quadratmeter beſäeter Beetfläche empfiehlt Verfaſſer nach ſeinen eigenen Erhebungen folgende Durchſchnittsſätze: für Eiche bei ca. 80% Keimkraft 1,80 — 2,00 kg 77 Buche war 75% 77 0,40 0,60 7 „ Weißbuche 0 € 200—250 g „ Erle „ 9% 5 50 — 60 „ „ Ahorn 5 0% 5 200-240 „ mit Flügeln „ Eſche 53 70 7 180-200 „ „ 1. „ Ulme „ „ 0/5 a 100 120 „ „ 8 „ Birke ra u 40— 50 „ „ 3 „ Fichte =, 80% I 75— 80 „ entflügelt „ Tanne 5 „ 50% > 160—200 „ 5 „ Kiefer TEN 7 70 — 80 „ - „Lerche eee 90 00 %% „ Schwarzkiefer „ „ 75% 7 140-180 „ 5 „ Weymouthskiefer „ „ 75% 1 120—170 , Hierbei iſt die gemeingewöhnliche Aprilbeſchaffenheit des über⸗ winterten Samens und weiter vorausgeſetzt worden, daß die Samen einen genügenden Keimlagerraum erhalten. Die Samenquantitäten find alſo knapp bemeſſen. Es ſoll damit dem dichten Anbau tunlichſt vor— gebeugt werden. Die Beſtellung. Die Kampſaat wird wie die Freiſaat in voller oder in ſtellenweiſer Ausführung geübt, doch gelangen von letzterer nur die Formen der Rillen- und Riefenſaat zur Anwendung. 138 Die künſtliche Beſtandesgründung. Die Vollſaat verlangt in der Regel zuſammenhängende Kamp— felder oder -quartiere ohne Einteilung und wird, wenn es ſich um größere Flächen handelt, breitwürfig nach Art der Ackerſaat ausgeführt, während auf kleineren Tafeln und einzelnen Beeten der Samen nach gärtneriſchen Grundſätzen ausgeſtreut wird. Sie hat den Vorzug der gleichmäßigen und ſtufigen Entwickelung der Pflänzchen für ſich, iſt des— halb namentlich da zu empfehlen, wo die Pflanzen unvermittelt, alſo ohne Ver— ſchulung, auf die Kulturfläche übertragen werden ſollen; ſie hat anderſeits aber auch den Nachteil, daß der Schutz der Saat und deren Pflege (Vogel— fraß, Witterungseinflüſſe, Jätung, Lockerung uſw.) mit größerem Auf— wande und mit größeren Beſchädigungen verbunden iſt. Die Rillenſaat iſt die gebräuchlichſte, nicht aber die beſte Saat— form im Kamp. Sie unterſcheidet ſich von der Riefenſaat dadurch, daß ihr eine eigentliche Breitenausdehnung (4—10 em) gegeben wird; daß ſie die Sämlinge auch nebeneinander anordnet und ſomit bei dichterem Stande in ihren Innenflächen immer nur ſchwächliches Material liefert. Mit der Vollſaat verglichen, hat ſie immerhin bei gleich dichtem Stande der Sämlinge in der Rille die leichtere und aufwandloſere Pflege für ſich. Im dichten Stande kümmern die inneren Pflanzen im zweiten, dritten Jahre zunehmend ſtark; nur die Randpflänzchen entwickeln ſich kräftiger aber auch nicht normal, mehr oder weniger einſeitig. — Weit mehr zu empfehlen iſt die Riefen- oder Reihenſaat. Sie ordnet die Samen mehr reihenweiſe hintereinander in ſchmal aufgezogene oder eingedrückte kleine Furchen an, deren Tiefe dem Bedeckungsbedürfnis der verwendeten Samenſorte angepaßt iſt. Die Richtung der Rillen und Riefen wird in ebener Lage wohl in der Längsausdehnung der Beete gelegt, im Terrain dagegen horizontal quer über die Schmalſeite derſelben, da ſelbſt bei geringen Neigungen die Rille und Riefe leicht waſſerleitend wirken und zu Verſchlämmungs— beſchädigungen Anlaß geben kann. Rillenbreite und entfernung find nach Holzart und Erziehungs— alter abzuändern, doch verdienen ſchmale Rillen mit engem Verbande den entſchiedenen Vorzug. Je mehr ſich die Rille der Riefe nähert, um ſo beſſer, und die beſten Erziehungsreſultate liefert die Rille, ſelbſt mit Ab— Zuchtzieles. Für Laubholz und höheres Entwickelungsalter iſt der Rillen— und Riefenabſtand entſprechend zu erweitern. Die Tiefe der Rille und Riefe wird der Holzart angepaßt, ſie beträgt für Großkornſamen (Eiche, Buche) 2—3 em, für Kleinkornſamen ebenſoviel mm. ER ir Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 139 Geräte. Jedes Gerät, welches die Gleichmäßigkeit, Sicherheit und Schnelligkeit des Säeaktes fördern kann, iſt willkommen: Säehorn, Saat— trichter, die gewöhnliche enghalſige Weinflaſche (S 31) ſtehen in Ver— wendung; doch kann ſich keines derſelben nach Vielſeitigkeit und An— paſſungsvermögen mit den Leiſtungen der geſchickt ſäenden Hand meſſen. Beſonders aber iſt der Hacke rſche Rillſäer (S31), namentlich da, wo die Rille oder Riefe in die Längsrichtung der Beete verlegt werden kann, nach ſeiner quantitativen und qualitativen Leiſtung zu empfehlen. Zur Herſtellung der Rille und Riefe ſelbſt kann jede leichte Hacke, an einem aufgelegten Rillenbrett oder aber an der geſpannten Schnur geführt, benutzt werden; doch muß man in dieſem Falle in der Regel auf gleichmäßige und ſorgfältige Anlage der Rille umſomehr verzichten, je weniger der Beetboden geklärt und zerkrümelt wurde. Für Kleinkorn— ſamen wird die Rille auch oft zu tief, ſo daß wohl nur für die hypo— gäiſche Keimung (Eiche, Nuß, Kaſtanie) das Aufziehen mittels leichter Hacke, auch Rillenzieher genannt, empfohlen werden kann. Die Praxis bedient ſich mit Vorliebe wohl einiger ſehr einfacher aber ſehr zweck— mäßiger Hilfsgeräte, ſogenannter Lattengeſtelle oder Rillenbrettchen, die, in den Beetboden eingedrückt, ſcharf begrenzte Rillen und Riefen von gewünſchter Tiefe, Breite und in regelmäßigen Abſtänden erzeugen. Die eigentlichen Rillenlatten haben einen ſcharfkantig dreieckigen (Riefen— latten) oder einen rechteckig flachen und breiten Querſchnitt (Rillenlatte). Sie werden auf kräftige Querleiſten oder auf Bretter unterſeits in dem Rillenabſtande entſprechenden Entfernungen aufgenagelt. Die Länge eines ſolchen Lattengeſtelles oder Rillen- und Saatbrettes muß beiläufig der Beet— breite entjprechen. Sie werden beim Gebrauch quer über das Beet auf— gelegt und durch Antreten in den Boden eingedrückt. Der Negativab— druck der unten vorſtehenden Saatleiſten bildet die Rille oder Riefe. Für Großkorn-Samen iſt die Herſtellung zuſammenhängender Preß— riefen meiſt nicht nötig, nicht einmal ratſam, da die für ſie nötige tiefere Rille nur mittels ſtarken Belaſtungsdruckes erreicht werden kann und die Rille dadurch hartwandig, für das Keimwürzelchen ſchwerer durchdringbar wird. Man bedient ſich deshalb für Ausführung der Rillenſaat der Eiche, Kaſtanie, Nuß und Buche wohl auch des ſogenannten Steck- oder Zapfenbrettes, eines in Beetbreite zugeſchnittenen ſtärkeren Brettes, zur bequemeren Handhabung oben mit einem leichten Geſtell verſehen, in deſſen Unterſeite 2— 4 em voneinander entfernte kurze Holzzapfen ein— gelaſſen ſind. In das Beet eingedrückt, hinterläßt jeder Zapfen ein Steck— loch von entſprechender Tiefe zur Aufnahme eines Samenkornes. 140 Die künſtliche Beſtandesgründung. Auch Walzen mit erhabenen Rillenleiſten und manche andere mehr in das Reich der Spielerei gehörigen Hilfsgeräte ſind konſtruiert worden; doch findet die Praxis mit den gebräuchlichſten Formen ihr Auskommen und zwar 1. mit dem „bayriſchen Saatbrett“: Rillenleiſte, hohlgeſchient, zwei Rillen nebeneinander erzeugend; 2. mit dem Nürnberger Saatbrett: Rillenleiſte dreikantig, doppelt nebeneinander angeordnet oder auch einfach geſtellt; mit dem Lang'ſchen Rillenbrettchen: vierkantige Rillenleiſten ver⸗ ſchiedener Breite und Tiefe; 4. für großſamige Holzarten mit dem Steckbrette. Die Bedeckung des Samens erfolgt bei der Vollſaat mittels des Rechens oder bei größerem Flächenzuſammenhange auch mit der Egge, von denen ſich namentlich die leichten Handkonſtruktionen, die dreieckige und die Dornenegge empfehlen. Die Rillen- und Riefen— ſaaten werden entweder durch Überziehen des erhabenen Rillen— randes geſchloſſen oder der Samen mit Kulturerde übererdet (S 32). Ein recht verwendbarer Apparat zur Beetrillenſaat, mittelſt deſſen auch die Übererdung des geſtreuten Samens beſorgt werden kann, iſt die Wiehl'ſche Rillenſaatwalze. Dieſelbe vereinigt ſozuſagen den Saat— trog mit der Samenſtreuvorrichtung von Zitny und Ganghofer. Die ſchräg gegeneinander geſtellten Backenteile des Saattroges leiten den ein— geſtreuten Samen in die Längsriefe einer der Beetbreite entſprechenden Holzwalze, welche, von der außerhalb des umgebenden Holzgehäuſes an— gebrachten Kurbel gedreht, den Samen nach unten durch den im Kaſten— boden angebrachten Längsſchlitz in die vorher aufgezogenen oder einge— preßten Rillen ausfallen läßt. Zur Deckung des Samens wird auf dieſelbe Weiſe ſandig trockene Krümelerde durch die Walze ſelbſt zugeführt. os § 57. Spezifiſches Pflanzenerziehungsverfahren. Die gegen Mitte des 19. Jahrhunderts in ſiegreichem Vordringen ſich verbreitende Pflanzkultur und ihre vielfach ſehr unbefriedigenden Erfolge mögen dazu beigetragen haben, daß man, in leicht erkennbarer Unſicherheit der vorgeſteckten Ziele haltlos hin und her ſchwankend, für konkrete Holzarten und Standorte beſondere Erziehungsverfahren aus— bildete, welche örtlich und unter jenen Vorausſetzungen, unter denen ſie erdacht waren, zunächſt auch wohl ganz befriedigendes geleiſtet haben. Es ſind das die Erziehungsverfahren nach Oberförſter Biermans, Kammerherrn v. Buttlar, Freiherr v. Manteuffel und M. Levret, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 141 welche auf Grund etwas voreilig gebildeter günſtiger Urteile mit verall— gemeinernder Wirkung in die große Kulturpraxis übertragen wurden. Dieſelben haben ſich zwar zu einer allgemeinen wirtſchaftlichen Bedeutung dauernd nie aufſchwingen können, haben aber zweifellos zu mancherlei Anregungen und Nachbildungen Anlaß gegeben und zur Ausbildung der Lehre von der künſtlichen Beſtandesbegründung immerhin wertvolle Bau— ſteine geliefert. Wenn ſonach auch die Originalverfahren ſelbſt als ver— altet aus der modernen Waldbaulehre ausgeſchieden werden müſſen, jo möge ihre kurze Würdigung doch hier Raum finden. — Biermans!) ſtellte ſich, wohl in erſter Reihe ſeinem ſpäter zu be— handelnden Pflanzverfahren zuliebe, die Aufgabe, Pflanzen mit recht ge— drungenem Wurzelſyſtem zu erziehen und ſuchte dieſe Aufgabe durch die Verwendung einer großen Menge von Raſenaſche zu löſen. Er gibt auf den im Herbſt zirka 20 cm tief vorgelockerten Boden im Frühjahr 10—12 em Raſenaſche, vermiſcht dieſe bei einer zweiten Bearbeitung mit dem Kampboden, trägt auf die planierte Fläche abermals 3—5 cm reine Raſenaſche auf und glättet die Beete mittels Schlagbrettes, um ſie dann recht dicht zu bejüen. Die Samen werden mit Raſenaſche nach dem Ver— fahren des Übererdens bedeckt. v. Buttlar!) konſtruierte ſein auf Erziehung eines tief entwickelten Wurzelſyſtems gerichtetes Verfahren für milde, lockere Böden. Koſten— erſparnis beim Pflanzakte ins Freie war auch ihm Grundmotiv. Er lockerte nach dem ſogenannten Riolungsverfahren den Boden auf 40 cm Tiefe im Herbſte vor und ſtürzte die Humusauflagerung, haftende oder auflagernde Rauhdecke mitſamt der eigentlichen Nährſchichte in die Tiefe, den ſterilen Untergrund oben aufbringend. Die Pflanze ſollte in dieſem riolten Boden gezwungen werden, ihre Wurzel nahrungsſuchend in die Tiefe zu richten. Die Frühjahrsbearbeitung des Bodens erfolgte aus gewöhnlichen Geſichtspunkten, ebenſo die Beſtellung. v. Manteuffel) ſuchte für ſein Hügelpflanzverfahren geeignetes Pflanz- material mit gedrungenem, den engen Raumverhältniſſen des aufgeſchütteten Hügels ſich einigermaßen anpaſſendem Wurzelbau. Er lockerte im Herbſte auf Spatenſtichtiefe, ließ im Frühjahr die zweite Bearbeitung folgen und trug dann die ſchon im Herbſte gewonnene ſogenannte Branderde (Ge— miſch der aus Raſenplaggen ausgeklopften Feinerde mit der aus den ) Forſt⸗ und Jagdzeitung Jahrgang 1845, 1846 u. a. a. Orten. 2) „Forſtkulturverfahren in ſeiner Anwendung ...“ 1853. 3) Anweiſung für die Hügelpflanzung der Laub- und Nadelhölzer 1846, 1855 uſw. 142 Die künſtliche Beſtandesgründung. Raſenreſten erzeugten Aſche) auf die Kampfläche auf und beſäete dann das ſo hergerichtete Keimbett nach gemeingewöhnlichen Rückſichten. Ahnlich haben ſich auch in entgegengeſetzter Richtung einige Ver— fahrungsarten auf geſtampften, geſchotterten, gepflaſterten Saatbeeten herausgebildet, die der Entwickelung der Längsachſe ein Ziel zu ſtecken beſtrebt waren. Die bekannteſte dieſer Methoden iſt die des Franzoſen M. Levret zunächſt für Eichenſämlinge. Zur Würdigung dieſer Methoden kurz Folgendes: Verfaſſers Verſuche (Mit- teilungen des forſtl. Verſ. Weſens Oſterreichs, II, 2 Wien 1879) mit Fichte, Kiefer und Schwarzkiefer ergaben ohne Unterſchied der Methode bei den einjährigen Sämlingen eine Wurzelentwicklung von verſchwindend geringer Breitenentwickelung und von der 3—4 fachen Längenentwicklung der oberirdiſchen Achſe. Nur v. Buttlar erreicht alſo das angeſtrebte Zuchtziel. Im übrigen wieſen die Verſuchsergebniſſe nach, daß der Einfluß der Lockerungstiefe und der dichte Stand der Saat in der Richtung der Wurzelausbildung bei weitem alle anderen Faktoren übertöne. Die Wurzellänge der einjährigen Sämlinge bewegte ſich bei den drei Erziehungsverfahren und Holzarten in den verhältnismäßig engen Grenzen von 14—18 em. Auch die zur Analyſe der Methode Levret angeſtellten Verſuche hatten keine befriedigenden Reſultate. Kiefer und Eiche, beides Holzarten von hervorragender Tiefenentwicklung in den erſten Jugendjahren, haben überall die Fugen der Schotter» oder Pflaſterſchichte aufgeſucht und ſich dann ebenſo tief in den Boden hineingearbeitet, wie auf den Beeten ohne mechaniſches Hindernis. Die morſchwerdenden Ränder einer Holzſchwarten-Pflaſterung waren von der Wurzel der 3 jährigen Eiche ſogar ohne Anſtrengung durchwachſen worden. — Bei allen flachwurzelnden Holzarten (namentlich Fichte) war aber die ſeit— liche Entwicklung durch das eingelegte Pflaſter ſehr gefördert. In beiden Fällen darf auf die Nichtigkeit der Methoden geſchloſſen werden, welche die von der Natur vorgezeichneten Entwickelungsgeſetze der verſchiedenen Holz— arten in unnatürliche Bahnen abzulenken bemüht ſind. § 58. Pflege der Kampſaat. Im Saatkampe kann es ſich immer nur um künſtliche Schutz— und Pflegemaßregeln handeln. — Die Gefahren, welche die Saat von dem Augenblicke, in welchem das Samenkorn dem Boden anvertraut wurde, bis zur fertigen Entwicklung des ſelbſtändigen Sämlings bedrohen, ſind ſehr mannigfaltig, nach Grad und Art auch ſehr verſchieden. Allein anderſeits ſind die angedeuteten Hauptetappen der Entwickelung durch den Keimprozeß phyſiologiſch ſo innig miteinander verbunden, daß eine nach den Entwicklungsſtadien getrennt gehaltene Erörterung der Saatpflege ganz unzuläſſig iſt. Die Saat wird vor, während und nach der ) Note sur deux nouveaux procedes ayant pour effet d'activer le deve- oppement des racines latérales du chene dans la culture en pepiniere. Paris 1878. DDr rr , IE EEE EEE Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 143 Keimung, alſo im Zuſtande der phyſiologiſchen Selbſtändigkeit in gleichem Maße gefährdet, mehr weniger auch durch die gleichen Mittel geſchützt. Als wirkſame Univerſalmittel ſeien, unter Hinweis auf die früheren Paragraphen beſonders in Erinnerung gebracht: richtige Platzwahl, um— ſichtige Anlage, gute Bodenbearbeitung, richtige, den lokalklimatiſchen Ver: hältniſſen angepaßte Saatzeit und entſprechende Samenbedeckung, welche dem Bedürfnis der Holzart und der Bodenbeſchaffenheit Rechnung trägt. a) Gefahren durch Witterung und Elementarerſcheinungen. Gegen Froſt und Dürre iſt als forſtgerechteſtes Mittel die ſtehende, liegende oder auch die ſchwebende Reiſigdecke (S 37) in An— wendung zu bringen. Sie iſt im Kampe weit empfehlenswerter und wirk— ſamer herzuſtellen als in der Freiſaat, weil es ſich im erſteren Falle immer nur um den Schutz kleiner Flächen handelt, der ohne beſonderen Zeit⸗ und Geldaufwand gewährt werden kann. Anhaltende Trockenheit — durch Sonnenhitze, austrocknende Winde, Regenmangel verurſacht — iſt die gefährlichſte Feindin der Saat, namentlich dann, wenn der ſchon angekeimte Samen der zur Fortſetzung und Vollendung des Keim— prozeſſes notwendigſten Feuchtigkeit länger entbehren muß. Das An— quellen des Samens zur Förderung der Keimung mußte aus dieſem Grunde widerraten werden. Zur Abwendung der in ſolchen Fällen drohenden Gefahr eines gänzlichen Mißerfolges muß die Zuflucht zu einem ein- oder mehrmaligen Angießen der Saatbeete unter tunlichſter Vermeidung einer Kruſtenbildung genommen werden. Iſt das Pflänzchen erſt ſelbſtändig, ſo iſt es zumeiſt mit der Kraft der Selbſterhaltung der Dürre gegenüber ausgerüſtet und wird nur aus— nahmsweiſe noch empfindlich leiden, da die gelockerten Beete infolge ihrer günſtigen phyſikaliſchen Eigenſchaften die nötige Feuchtigkeitszufuhr laufend ſichern. Auch das Überlegen der ſogenannten Saatgitter und nach dem Auflaufen das Auflegen von Schutzbrettchen, von Moos, Rauhdecken oder von Strohmatten zwiſchen den Rillen und Riefen (eine Bedeckung des Samens ſelbſt mit den letztgenannten Mitteln ſoll vermieden werden) iſt von beſter Wirkung, nicht allein zur Er— haltung der Bodenfeuchtigkeit, ſondern gleichzeitig auch zur Vorbeugung der dem ein- und zweijährigen Sämling aller flachwurzelnden Holzarten ſo ſehr gefährlichen Baarfroſtwirkungen. Die gefährlichſten Froſtwirkungen während der Keimung werden mit den gegen Dürre angewendeten Mitteln gleichzeitig bekämpft. Schäden durch Triebfröſte, welche im Frühjahr bei Temperaturrückſchlägen entſtehen, wird durch verzögerte Ausſaat und durch 144 Die künſtliche Beſtandesgründung. die Reiſigſchutzdecke in loſe aufliegendem Zuſtande wohl am ſicherſten vorgebeugt. Die Beſchädigungen durch Winterfröſte (meiſt die unab— wendbare Folge einer langandauernden Triebtätigkeit im Vorherbſte) ſind weniger gefährlich, denn die etwa ungereiften Triebe würden ohnehin zurückgeſchnitten werden müſſen, da die gedeihliche Fortentwickelung der Pflanze auf ſie nicht geſtützt werden kann. Ganz beiläufig erwähnt ſei auch gegen Froſtwirkungen die Anwen— dung der Rauchfeuer bei verdächtig heiterem Abendhimmel und das Stehenlaſſen einiger Altholzſtämme mit hohem Kronenanſatze, welche die Kampfläche etwas beſchirmen. Gegen verſchlämmende Wirkung der Regen wäſſer ſchützt vor allem die richtige Anlage des Kampes. Im Terrain iſt zur Verhütung einer verſchlämmenden Anſammlung des Regenwaſſers auf dem Beete ſelbſt das ſtreifenweiſe Auflegen von Moos zwiſchen den Saatrillen und zur feſtigenden Belaſtung desſelben die Bedeckung des Beetes mit Reiſig uſw. zu empfehlen. b) Der Schutz gegen Tiere Der Schutz gegen Tiere gehört mehr in den Bereich der Aufgaben des Forſtſchutzes. Zur Abwendung der Schäden von dieſer Seite werden alle bekannten Vorbeugungs- und Vertilgungsmittel, welche mit Rückſicht auf das geringe Flächenausmaß auch eine weit wirkſamere Anwendung er— fahren können, mit entſprechend geſteigerter Sorgfalt empfohlen. Gegen Zutritt von Haarwild und Weidevieh genügt eine entſprechende Umzäunung, eventuell auch nur Reiſigdecke oder horizontal angebrachte Lattenroſtung und Scheuchmittel aller Art. Mäuſegefahr wird bekämpft durch lotwandige Gräben mit vertieften glaſierten Töpfen, Vergiftung mit Strychnin-, Phosphor- und Arſenikpräparaten, die jedoch für Menſch und Tier unſchädlich untergebracht werden müſſen. Gegen Vogelfraß kommen, neben Überwachung, die Schutzdecke von Reiſig, das Aufſtellen von Scheuchen in dichter, öfter veränderter Grup— pierung (Figuren, Federlappen, erlegte Exemplare des Schädlings ſelbſt) und mit wechſelnder Wahl der Mittel in Frage. Auch Saatgitter, die Überſpannung mit Netzen oder netzartiger Anordnung von farbigen Fäden leiſten gute Dienſte. Das Auerwild, ein ſehr läſtiger Gaſt in den Saat- und Pflanzſchulen, wird durch das aufrechte Einſtecken von trock— nen Aſten mit regellos wechſelnder Anordnung der Breit (Fächer) -ſeite abgehalten. Es iſt dies ein abſolut zuverläſſiges, noch wenig bekanntes Schutzmittel. 7 ⁰ů n d Pre Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 145 Inſektenſchäden gehören in den Kämpen zu den gewöhnlichen Erſcheinungen, doch werden nur wenige Spezies vernichtend ſchädlich. Die große Anzahl der Kampfeinde kann hier nur kurz aufgezählt werden. Rückſichtlich ihrer Bekämpfung erteilen die Lehrbücher des Forſtſchutzes Auskunft. Wurzelverderber: Melolontha vulgaris (Fabr.) der Maikäfer; im Engerlingsſtadium ein hervorragender Wurzelſchädling. Vermeidung der Kampanlage in der Nähe von Fraßbäumen des Käfers (namentlich der Eiche). Sammeln, Vertilgen, Begießen, der Kampwege mit Karbolineum— Waſſer in der Flugzeit. Verſenkung engmaſchiger Drahtgitter oder eng— fugiger Lattengitter in den Boden der Beete. Gryllus grillotalpa L. Wurzelſchädiger. Fangen in eingegrabenen Töpfen. Ausgraben der Neſter im Juli. Rüſſelkäfer: Otiorrhynchus ater (Hbst) und Brachyderes incanus (L.) Wurzelſchädiger im Larvenzuſtande an der Kiefer und Fichte; Hylobius abietis (L). Stengelſchädiger als Käfer. Spring: oder Schnellkäfer (Elateridae) Dolopius marginatus (L.), Diacanthus aeneus (I.) ſchädigen im Larvenzuſtande (Drahtwürmer) die Wurzeln ein- und zweijähriger Nadelhölzer, Agriotes lineatus und ob— scurus (L.) höhlen als Larven die Samen der Laub- und Nadelhölzer aus. Auch Laufkäfer, Harpalus tardus und ruficornis (Fabr.), dann Anthomyia rufipes, ein Zweiflügler, Tauſendfüßler z. B. Julus terrestris (L.) und Ameiſen ſind mehr oder weniger als Samenvertilger ſchädlich. Erdflöhe (Chrisomelidae) Haltica quercetorum (Foudr.) und Haltica oleracea (L.) namentlich an der Eichel, letzterer auch an anderen Laub— hölzern, die jungen Blätter ſkeletierend und verderbend. Beſtreuen mit Holzaſche, Begießen mit geringem Zuſatz von Karbolſäure, Kreolin ("/100), auch Aufſtreuen von pulveriſiertem Naphthalin bei trockenem Wetter. Cotyledonen- und Blätterpilze: Phytophthora fagi (R. Htg.) Buchenkeimlingsverderber, auch an Nadelholz beobachtet. Abſterben nach vorheriger Bräunung und Schrumpfung. Pestalozzia Hartigii desgl. an Eiche, Ahorn, Eſche; das Keimpflänzchen ſtirbt nach vorheriger krankhafter Einſchnürung über dem Wurzelknoten ab, auch an Nadelholzkeimlingen nicht ſelten. Hysterium pinastri (Schrad.), Kiefernſchüttepilz mit braun— fleckig⸗ſcheckiger Nadelfärbung ſich ankündigend, ſpäter vollſtändige Bräu— nung und Abdorrung. Hysterium macroporum (R. Htg.) Fichten— ritzenſchorf, die Fichtennadelſchütte hervorrufend, allmähliche Rötung und Bräunung. Harpotrichia nigra (R. Htg.) an der Fichtennadel namentlich im Gebirge, welche durch einen umſtrickenden Überzug von ſchwarzer Reuß, Beſtandesgründung. 10 146 Die künſtliche Beſtandesgründung. Färbung abgetötet wird. Peridermium pini (Willd.) gelber Blaſenroſt an der Kiefernnadel, ſeltener zum Abſterben führend. Auch ein Wurzelpilz Rosellinia quercina (R. Htg.) wird der Eiche in den Saatbeeten ver— derblich. Ob die nach dem derzeitigen Stande der Forſchung allgemein aner— kannte Anſicht, derzufolge dieſe Pilze die eigentlichen Krankheitserreger und primäre Urſache des Eingehens, ob ſie nicht vielfach bloß Begleit— erſcheinungen ſekundärer, fördernder Natur ſind, ſei hier dahingeſtellt. c) Schutz gegen Unkraut. Die hierher gehörigen Maßnahmen bilden ſozuſagen den Übergang zur Saatpflege im engeren Sinne des Wortes. Sie erſtrecken ſich nur auf das Stadium der bereits erreichten Selbſtändigkeit der Pflanze, ſind mehr oder weniger mit Bodenlockerungen verbunden, die ihrerſeits anregend auf das Gedeihen der Saat wirken. Vorbeugende Mittel gegen ſtarke Verunkrautung, denen die Praxis oft wenig Aufmerkſamkeit ſchenkt, ſind: Meidung der Feldnähe bei der Anlage, fleißige Reinigung und Säuberung des Bodens bei Herrichtung der Beete, Abmähen des Unkrautes in der Umgebung des Kampes, auch auf den etwa zur Verwendung vorberei— teten Kompoſten vor der Samenreife. — Auch wird die Unkrautwucherung durch Auflegen von Deckbrettchen, Latten, dichter Moosjchicht verhindert und zurückgehalten. Wegen Abſchluſſes der Bodenoberfläche gegen Zutritt der Atmosphärilien, der Bodendurchlüftung iſt jedoch dieſe Maßregel minder empfehlenswert. Die gründlichſte Ausrottung des Unkrautwuchſes erfolgt durch das Jäten. — Dasſelbe bildet auch die gemeingewöhnlichſte und empfehlens— werteſte, nicht aber gerade die billigſte Pflegemaßregel für die Saatbeete. Das Unkraut wird tunlichſt mit der Wurzel ausgezogen. Es ſind ſomit immer Bodenlockerungen mit dem Jäten verbunden. Am zweckmäßigſten wird dieſe Reinigung nach einem Regen oder nach vorhergehendem An— gießen der Beete vorgenommen, weil dann der durchweichte Boden ſelbſt die Tiefwurzeln des Unkrautes leichter hergibt. Oft gehen auch ober— flächliche Lockerungen mit einer flachzinkigen Jätegabel oder mit dem zweizinkigen leichten Karſt voraus, doch iſt derſelbe zur Vermeidung von Wurzelbeſchädigungen ſehr vorſichtig, nicht ziehend und reißend zu handhaben; ſchwere Geräte ſind zu widerraten; ſie gefährden die flach— ſtreichenden Wurzeln. — Gegen Herbſt wird die Jätung überhaupt nicht mehr wiederholt. Die Lockerung des Bodens würde die ausziehende Wirkung der winterlichen Barfröſte ſehr ſteigern, während ſtehenbleibender, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 147 namentlich niedriger, deckender Unkrautwuchs dieſelbe mildert. Aus eben dieſem Grunde wird in Lagen und auf Böden, welche der Gefahr des Ausfrierens beſonders ausgeſetzt ſind, oft auch das Unkraut nicht aus— gejätet, ſondern nur tief abgeſchnitten, um den Boden durch das Un— kraut zu decken und zu befeſtigen, dem Unkraut nur ſeine verdämmenden Nachteile zu nehmen. — Der Pflege der Kampbeete und der Saat im engeren Sinne des Wortes dienen ferner die Durchbrechung einer etwa gebildeten Erd— kruſte; die Bodenlockerung und das Durchzupfen oder Durchläutern der zu dichten Saatſtellung ſelbſt. Die gut gelockerten und geklärten Beete werden ſehr häufig von ſtärkeren Regengüſſen oder auch infolge wiederholt notwendig gewordenen Begießens in ihrer Oberfläche ſo feſt geſchlagen, daß das normale Auf— laufen des Samens beeinträchtigt wird. In ſolchem Falle muß die Durchbrechung der Kruſtenbildung platzgreifen. Man bedient ſich dazu am zweckmäßigſten des leichten Holzrechens, der in ſenkrecht-kurz— häckelnder, nicht in ziehender Bewegung gehandhabt wird, damit der Samen ſelbſt tunlichſt wenig berührt, nicht aus ſeiner Lage und Anordnung ge— bracht werde. Bei tiefer eingelegten Großkornſamen können auch leichte Konſtruktionen der Hacke, des Karſtes und des Spitzenbergſchen Mühl— rechens angewendet werden. Ahnliche Lockerungen, die ſich ſpäter allerdings nur auf die Zwiſchen— räume der Rillen und Riefen beſchränken, in der Vollſaat ganz unter— bleiben müſſen, finden im Laufe des Sommers bis etwa in den Sep— tember hinein öfter ſtatt, um dem Boden die wohltätig anregende Durch— lüftung und die aufſchließende Wirkung des lockernden Eingriffes, der gleichzeitig auch die Waſſerbewegung im Boden in ſo zuträglicher Weiſe regelt, zugute zu bringen. Wegen der geſteigerten Barfroſtgefahren muß im September in der Regel die Lockerung ſchon unterlaſſen werden. Ihre dankbarſte Anwendung findet ſie wohl nur im erſten Jahre. Im zweiten nimmt die Gefahr der Seitenwurzelbeſchädigung bedenklich zu. Um dieſer möglichſt vorzubeugen, greift die Lockerung nicht bis unmittelbar an die Saatrillen heran, auch nicht zu tief ein und beſchränkt ſich rück— ſichtlich der Wahl auf die oben erwähnten, leicht und ſicher zu führenden Geräte. Die mehrfach empfohlenen Exſtirpatoren (Fünfzack und Drei— zack) ſind als direkt gefährlich zu verwerfen. Aus gleichem Grunde muß Verfaſſer ſich auch gegen die Verwendung des jog. bayeriſchen Hand— pfluges ausſprechen. Derſelbe wird übrigens ebenſo wie der Nördlinger— ſche Reihenkultivator mehr in der Abſicht der Pflanzenbehäufelung ge— 10* 148 Die künſtliche Beſtandesgründung. braucht und gehört mehr in den Schulkamp, woſelbſt er weitere Er⸗ wähnung finden wird. Eine ſehr wichtige und echte Saatpflegemaßregel, der in der Praxis noch wenig Aufmerkſamkeit zugewendet wird, iſt das Durchzupfen der dichten Rillenſtände, welches ähnlich wie die Jätung ausgeführt und ſtreng genommen auch dieſer ſubſummiert werden kann. Faſt immer ſtehen die Kampſaaten viel zu dicht, als daß dem Einzelſämlinge eine einigermaßen gedeihliche Entwickelung über das erſte Lebensjahr hinaus geſichert wäre. Wo deshalb die Pflänzchen ein zweites, drittes Jahr in der Saatſtellung aushalten ſollen, muß pflegliche Durchzupfung zum Zwecke der Er— weiterung des Standraumes für das einzelne Pflänzchen platzgreifen, da— mit die normale Entwickelung der unter- und oberirdiſchen Achſe gefördert werde. Tiefwurzelnde Sämlinge (Eiche, Buche) werden wohl auch durch— ſchnitten. — Wie oft verkommen in den Kämpen hunderttauſende von Pflanzen in dichter Rillenſaatſtellung, die durch dieſe einfache Maßregel des Durchzupfens des Rillen-Innern leicht zu retten geweſen wären! C. Die Verſchulung. § 59. Begriff, Zweck und Vorgang des Verfahrens. Unter Verſchulung verſteht man die ein- oder mehrmalige Ver— ſetzung der jugendlichen Pflanze mit gleichzeitiger Erweiterung des Stand raumes in einem der fortſchreitenden Entwickelung entſprechenden Maße. Dieſe Begriffserklärung kennzeichnet das Verfahren ſelbſt, ſeinen Vorgang und zugleich ſeinen Zweck. Die Verſchulung will kräftige, widerſtandsfähige, in Wurzel und Schaftbildung erſtarkte Pflanzen er— ziehen, wie ſie der Kulturbetrieb nach Maßgabe der gegebenen Standorts— verhältniſſe für ſeine erfolgreichen Aufforſtungsarbeiten benötigt. Sie will einer übermäßigen Achſenſtreckung in Wurzel und Schäftchen vorbeugen, wie ſie auf Koſten der ſtufigkräftigen Entwickelung im dichten Stande der Saat ſtets Platz greift und in der Regel zur Erziehung von haltlos ſchwäch— lichen Pflänzchen mit ganz abnormer Wurzelbildung führt. Sie will mehr für die ſeitlich geſunde Entwickelung, für die reiche Bildung der Nähr- organe: der Blattorgane und namentlich des dichten Feingewürzels geſorgt wiſſen und überträgt deshalb die Pflanzen unter ſorgfältiger Ausleſe des Beſſeren aus der dichten Saatſtellung in entſprechend vorbereitete Pflanz⸗ beete, dem einzelnen Individuum einen einheitlich bemeſſenen Standraum zuweiſend, welcher die Gleichmäßigkeit der Ausbildung in Wurzel und Schaft einigermaßen zu ſichern vermag. 2 N 6 ²˙ . —ͤ◻ͤrT M — - m gar Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 149 Zur Erziehung von drei- oder vierjährigen Pflanzen genügt die ein— malige, zur Erziehung der fünf- und mehrjährigen Pflanzen (Laubholz— heiſter) muß die zwei- oder dreimalige Verſchulung Platz greifen. § 60. Allgemeine Würdigung der Verſchulung. Kaum eine andere Spezialfrage der Pflanzenzucht hat von jeher eine ſo grundverſchiedene Beurteilung erfahren als die Verſchulung, jener zwiſchen Saat und Freikultur eingeſchobene Zwiſchenakt, der ſich die Aufgabe ſtellt, das einzelne Individuum rechtzeitig den Folgenachteilen der dichten Saatſtellung zu entrücken. Von jeher ſtanden ſich in Sachen der Verſchulung zwei extreme Lager in harter Fehde gegenüber. Die einen erkannten in ihr, namentlich auf ungünſtigem Standorte, das bewährteſte Mittel zur Erzielung ſicherer Aufforſtungserfolge, die anderen verwarfen ſie bedingungslos als entbehrlich, überflüſſig, ja, als nachteilig und beide ſtützten ihre Argumentationen auf vollkommen einwandfreie Erfahrungs— ſätze. Sie überſahen aber, daß auch hier das Richtige in der Mitte liege, daß die Überſchulung tatſächlich nicht überall notwendig, noch viel weniger aber überall entbehrlich iſt. Heute muß der Widerſtreit der Meinungen, ſo grell ſie auch vielfach noch aufeinander platzen, einigend zu— ſammenſchließen in dem nivellierenden Ausgleich, welchen die umſichtige Berückſichtigung der Standortsverſchiedenheit auferlegt. Jene Forſtwirte, welche unter günſtigen Bodenverhältniſſen arbeiten, ſtehen geſchloſſen gegen die Verſchulung und haben dazu eine unverkenn— bare Berechtigung; die Forſtwirte dagegen, die auf „abſoluten“ Waldböden pflanzen, auf ungünſtigen, trockenen, mancherlei Gefährdung des jugendlich zarten Organismus in ſich ſchließenden Standorten tätig ſind, — dieſe ſchwören auf die Unentbehrlichkeit der Verſchulung und ſie haben noch mehr recht, denn ohne kräftige wurzelreiche Schulpflanze gibt es auf armem Standorte überhaupt kein Fortkommen. Abſolut ungerechtfertigt, ja falſch verſteigt ſich auch einer der neueſten Waldbauſchriftſteller, Guſtav Wagener, in ſeinem ſonſt ſo anregenden Werke (Der Waldbau und jeine Fortbildung, Stuttgart 1884) zu der extremen Verurteilung, wenn er die Verſchulung als „eine ebenſo koſtſpielige, als völlig zweckloſe und entbehrliche Kulturkünſtelei“ hinſtellt. Auch Wagener hat bei dieſer überraſchenden Lehrmeinung nur von ſehr einſeitigen Geſichtspunkten ſich leiten laſſen, hat nur die bodenreichen Forſten Süddeutſchlands im Auge haben können und ſelbſt für dieſe wäre ein abfälliges Urteil von jo generaliſierender Tendenz noch lange nicht gerechtfertigt, denn ſelbſt auf den beſten Standorten wird die richtig er— 150 Die künſtliche Beſtandesgründung. zogene Schulpflanze der Saatpflanze unter ſonſt gleichen Bedingungen immer den Rang ablaufen, — womit nicht geſagt ſein ſoll, daß ſie auch für gute Standorte unentbehrlich ſei. Es hieße den Zweck der Verſchulung nicht in ſeinem vollen Umfange erkennen, wollte man glauben, derſelbe liege nur in der Erziehung ſtarker Pflanzen allein. Man darf eben nicht überſehen, daß die mit ihr ver— bundene Verſetzung eine tiefgreifende Störung im Leben und Sein des Individuums bedeutet, unter anderem auch mit einem künſtlichen Zurück— halten der Wurzelſtreckung verbunden iſt, welche das Pflanzmaterial für ſeinen Verwendungszweck auf der Freikultur ganz beſonders geeignet macht. Ein einfacher Vergleich der Saat- und Schulpflanze ein und desſelben Alters wird einzelne Wurzelorgane der erſteren in den Dimenſionen zwar ſtärker, der Zahl, dem Reichtum, dem Leiſtungsvermögen nach aber weit ſchwächer zeigen als die der Schulpflanze, welche ſich immer durch ein gedrungenes, zaſerreich gedrängtes Wurzelſyſtem mit hintangehaltener Streckung der Hauptſtränge auszeichnet. Ein ſolcher Wurzelbau, aber nicht die ärmlich in die Tiefe entwickelte Hauptachſe und noch weniger die Üppigfeit der Schaftformung, beſtimmt die Zukunft des Individuums. Die Saatpflanze, welche drei Jahre und länger ungeſtört im Mutter— boden geſtanden, hat ſelbſt dann, wenn ihre Fortentwickelung mittels iſolierender Durchzupfungen laufend angeregt worden iſt, nur wenige, da— für aber ſtarke und langgeſtreckte Wurzelſtränge, die minder reich an Faſerwurzeln, alſo auch ärmer an jenen Organen ſind, an welchen die Bildung der Wurzelhaare ſich vollzieht. Sie hat namentlich auch die Zeit gefunden, ſich tief in den Boden hineinzuarbeiten. Ganz abgeſehen von den Schwierigkeiten, eine derartige Wurzelbildung unverſehrt aus— zubringen, ganz abgeſehen von der Unmöglichkeit und den enormen Koſten einer nur einigermaßen naturgemäßen Wiedereinbettung dieſes Wurzel— ſyſtems, kann die Pflanze auf minderem Standorte mangels des Fein— gewürzels nur ein geringeres Fortkommen finden. Die Entwickelung des allerdings mittels gewalttätigen Eingriffes im erſten oder zweiten Jahre dem Mutterbeete entriſſenen Sämlings wird im Schulbeete in eine ganz andere Richtung geleitet. Die prävalierende Achſenſtreckung wird zurück— gedrängt, die Neubildung der Wurzel angeregt und mit ihr die Bildung eines gedrungenen, flachliegenden Faſerwurzelſyſtems gefördert, welches mit ſeinen zahlreichen Wurzelenden der Bildung der eigentlichen Nähr— organe, der Wurzelhaare, Vorſchub leiſtet. Wenn man dieſe Tatſachen würdigt, ſo kommt man — naturgemäße Ausführung des Pflanzaktes im Freilande vorausgeſetzt — bei unbefangener Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 151 Prüfung zu der Überzeugung, daß nicht einmal der wuchtigſte Vorwurf der hohen Koſten gerechtfertigterweiſe gegen die Verſchulung ausgeſprochen werden kann, denn der erhöhte Aufwand, den eine mit ſehr geſtrecktem Wurzelſyſtem erzogene Pflanze beim ſchonenden Ausheben, beim Trans— port und bei der naturgemäßen Durchführung des Pflanzaktes ſelbſt auferlegt, wird die Koſten einer vernünftigen Pflanzenerziehung im Schul— beete weſentlich überſteigen. Die Verurteilung der Verſchulung kann daher nur als Ausfluß ein— ſeitiger Beobachtung und kurzſichtiger Erwägungen hingeſtellt werden, über welche die künſtliche Beſtandesgründung tatſächlich längſt zur Tages— ordnung übergegangen iſt. Trotz aller Gegnerſchaft hat ſich ja die Ver— ſchulung zu hervorragender wirtſchaftlicher Bedeutung aufgeſchwungen, weil die Kulturpraxis weit klarer wie die Theorie ihre Leiſtungen über— blickt und längſt erkannt hat, daß ſie für die Beſtandespflanzung unter allen Umſtänden eine ſichere Stütze bietet und um ſo unentbehrlicher wird, je größer die Gefahren, denen die Pflanze im Freiſtande aus— geſetzt iſt. Je älter die Pflanze vor der Verſetzung ins Freie werden ſoll, ein um ſo reicheres Wurzelſyſtem benötigt ſie zur Überwindung aller Stö— rungen. Deshalb wird bei Verwendung älterer Pflanzen auch mehr— malige Verſchulung nötig. Die Nadelhölzer ſind für eine reiche Wurzel— bildung beſonders dankbar. Die Vorteile der Verſchulung laſſen ſich ſonach dahin zuſammenfaſſen: 1. Sie erzieht durch rechtzeitige Erweiterung des Wachsraumes nicht allein die kraftvolle, ſtufige, ſondern auch die gleichmäßige Entwickelung in Wurzel- und Kronenbau. Selbſt unvermeidliche Zerreißungen und Verletzungen zarter Wurzeln wirken in dieſer Rich— tung günſtig, indem ſie zu dichotomer Teilung anregen. 2. Sie hält insbeſondere die für die Pflanzkultur ſo ſchädliche Tiefenentwickelung der Wurzel zuverläſſig zurück, leiſtet da— gegen der Heranbildung eines dichtgedrungenen, faſerreichen Wurzel— ſyſtems durch Begünſtigung der Bildung von kurzen Saugwurzeln Vorſchub. 3. Sie ermöglicht und verbilligt ſonach die naturgemäße Ein— bett ung der Wurzel in das Pflanzloch und erleichtert den Pflanz— akt überhaupt. 4. Sie ſichert den Kulturerfolg in außerordentlicher Weiſe und wappnet die Pflanze gegen alle Gefahren, welche ihr in der Un— gunſt des Standortes, durch Tiere uſw. erwachſen. — 152 Die künſtliche Beſtandesgründung. Ihr höherer Koſtenaufwand wird durch dieſe Vorteile gewiß ge— rechtfertigt. Doch darf nicht überſehen werden, daß letztere in ihr Gegenteil umſchlagen, wenn die Bodenbearbeitung im Schulkampe und der Verſchulungsakt ſelbſt nicht durch ſtreng ſachgemäße Ausführung auf die Heranbildung eines reichen, aber gedrungenen Wurzelſyſtems bedacht waren. Der Gärtnerei iſt übrigens die Verſchulung ſchon im Altertum als ein bewährtes Mittel zur Erzielung eines ſtarken Wurzelvermögens be— kannt geweſen. § 61. Die Anlage des Schul- oder Pflanzkampes. In den meiſten Fällen werden Saat- und Pflanzkamp räum— lich vereinigt. Eine derartige Zuſammenziehung hat, inſofern ſie nicht etwa nach anderer Seite hin den Zielen der Pflanzenzucht widerſtreitet, ihre handgreiflichen Vorzüge. Sie drückt den Aufwand der Erziehung ebenſoſehr herab, als ſie deren Erfolge begünſtigt und hebt. Sie iſt auch um jo leichter durchführbar, weil die Erziehung der Saatpflanzen immer nur ein ſehr geringes Flächenausmaß benötigt, die Größe des Kampes ſchon bei der erſten Anlage nach dem Raumbedürfnis der Ver— ſchulung beſtimmt zu werden pflegt. Für die Herrichtung des Schulkampes und der Pflanzbeete gelten im allgemeinen ganz dieſelben Regeln wie für den Saatkamp, und alles, was über die Anlage des letzteren im 8 51—54 gejagt worden iſt, behält auch für den Pflanzkamp ſeine volle Giltigkeit. Der Schwer— punkt liegt hier wieder in der richtigen Bodenbearbeitung und mehr noch wie im Saatbeete muß derſelben im Schulbeete die größte Sorgfalt und Sachkenntnis zugewendet werden, denn die beſten Zuchterfolge der Saat können ſehr leicht durch eine ungeſchickte Verſchulung vollkommen zunichte gemacht werden. — Man darf eben nie überſehen, daß die Saat für den mit verſchultem Material arbeitenden Pflanzkulturbetrieb nur das vorbereitende Stadium iſt, daß Fortſetzung und Schluß der Erziehung in das Schulbeet verlegt erſcheinen, und daß deshalb die Aufgaben und Ziele der Saaterziehung auch bei Anlage der Schulbeete keinen Augen— blick und am allerwenigſten bei der Bodenbearbeitung außer acht gelaſſen werden dürfen. Es wird in dieſer Beziehung auf das in S 50 über die Bodenbearbeitung und über deren Beziehungen zur Wurzelbildung Geſagte verwieſen. Eine Neuanlage, beziehungsweiſe die etwa im Kampe für die Zwecke der Überſchulung zunächſt unbebaut gebliebenen Fläche, erheiſcht herbſtliche Vorbearbeitung und Frühjahrszurichtung unmittelbar vor der Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 153 Beſtellung. Wo die Saatbeete ſofort nach der Aberntung wieder be— nutzt werden, entfällt ſelbſtverſtändlich der herbſtliche Umbruch. Die ſachgemäße Klärung und krümelig feinere Lockerung des Beetbodens ſind für das ſchnelle Anwachſen der Pflanzen und für die quantitativen Zucht— erfolge zweifellos von größter Bedeutung. Als Maßſtab aber, an welchem die Güte des Pflanzmateriales d. i. ihre Eignung für die Pflanzkultur im Freilande gemeſſen werden muß, kann nur der Wurzelbau angeſehen werden. Die tiefe Entwicklung der Wurzel, überhaupt die Streckung einiger weniger Hauptſtränge ſoll verhindert, die Seitenwurzelbildung zu möglichſt gedrungenen, faſerreichen Formen angeregt werden. Das geeig— netſte Mittel dazu bietet neben der im Schulbeete erfolgenden Iſolierung der Saatpflänzchen nur die ſachgemäße Bodenbearbeitung. Sie darf rückſichtlich ihres Tiefenmaßes — bei entſprechender Abänderung nach Maßgabe der Holzart — nur ſehr wenig über die Lockerungstiefe des Saatbeetes hinausgreifen, ſo tief eben, daß die Wurzeln des nor— mal in den Boden eingeführten Pflänzlings in natürlich geſtrecktem Zu— ſtande eingebettet werden können. Tiefere Lockerung würde den Auf— gaben und Zielen, welche ſich die Verſchulung ſteckt, geradezu entgegenar— beiten und die Erziehungsbeſtrebungen der Saat vollſtändig fruchtlos machen; denn ſie würde eine übermäßige Streckung der Hauptwurzel zur Folge haben, welche die Verwendbarkeit für die Pflanzkultur nachteilig beeinflußt. Bei Verſchulung von ein- und zweijährigen Pflänzchen wird ein Lockerungsgrad von 10—15 em für den normal erzogenen Sämling genügen. Wenn längere Wurzeln im Saatbeete gebildet worden ſind, ſo iſt deren entſprechende Kürzung durch ſchonendes Beſchneiden (S 65) zu empfehlen. Dasſelbe gilt auch für etwa vorhandene längere Seiten— wurzeln, die ſich den engen Verbandweiten des Schulbeetes nicht fügen. Bei der Platzwahl für den Pflanzkamp verdient die Nähe der Verwendungsſtätte noch viel höhere Berückſichtigung wie für den Saat— kamp, weil die Transportkoſten und Transportgefahren ebenſo wie die Standortsverwandtſchaft weit mehr ins Gewicht fallen. Die Größe der Pflanzkampfläche läßt ſich aus dem bekannten Pflanzenbedarf und dem im Schulbeete gewählten Pflanzverbande leicht entwickeln. Sie ſoll in ihrer Flächenſumme ſo bemeſſen werden, daß die um einen entſprechenden Zuſchlag für Nachbeſſerungen geſteigerte Bedarfs— menge laufend und überreichlich zur Verfügung geſtellt werden kann. Die Größe des Einzelkampes faßt die Befriedigung eben dieſer Rückſichten für jene Schlagflächen ins Auge, für welche der Kamp das Pflanz— material zu liefern beſtimmt iſt. — 154 Die künſtliche Beſtandesgründung. Die Einteilung des Kampinnern erfolgt nach den früher für den Saatkamp dargelegten Grundſätzen. Die Beeteinteilung iſt auch hier im Intereſſe der Beet- und Pflanzenpflege zu empfehlen. § 62. Dauer und Wiederholung der Schulung. Jede Verſetzung eines pflanzlichen Organismus bedeutet eine tief— greifende Störung im Entwickelungsgange. Die Pflanze wird ſonach im erſten Jahre nach der Verſchulung — wenigſtens ſoweit äußerlich wahrnehmbar — eine ſehr geringe Lebensenergie entfalten; ſie wird ſich erholen, wird ſich ſammeln und erſt im zweiten Jahre in ihre volle Triebtätig— keit eintreten. Daraus folgt, daß die Pflanze mindeſtens zwei Jahre im Schulbeete ſtehen muß, wenn man der Verſchulung ihre gute Seite abgewinnen will. Wenn nun anderſeits das Geſetz der Wurzelbildung lehrt, daß die Streckung der Wurzel mit den Jahren überraſchend ſchnell zunimmt und im dritten Jahre ſchon Dimenſionen erreicht werden, welche die Eignung zur Pflanzung beeinträchtigen, ſo erſcheint die Dauer der Er— ziehung im Schulbeete auf die engen Grenzen des zweiten Jahres be— ſchränkt. Tatſächlich entſpricht das auch dem allgemein geübten Brauch der Praxis. Man beläßt die Pflanze nicht weniger und nicht mehr als zwei Jahre im Pflanzbeete, weil man darüber vollkommen im klaren iſt, daß in der zweiten Jahresarbeit alle Vorteile der Verſchulung erreicht werden, die flott fortſchreitende Entwickelung im dritten Jahre aber über das nächſte Ziel der Pflanzenerziehung hinausſchießen würde. Will man ſtärkere, ältere Pflanzen erziehen, wie es z. B. bei der Laubholzheiſterzucht der Fall iſt, ſo wird die Verſchulung in Intervallen von zwei zu zwei Jahren wiederholt, ſo lange, bis das Pflanz— material das verlangte Maß von Alter und Stärke erreicht hat. Die Heiſterzucht SS 68, 69 wird das näher auszuführen haben. Der große Pflanzkulturbetrieb findet ohnehin ſein dankbarſtes Arbeitsfeld nur im Nadelhochwalde und für dieſen wird im allgemeinen die einmalige Ver— ſchulung mit zweijährigem Stande im Pflanzbeete angewendet. Einem längeren Belaſſen im Schulkampe ſtehen folgende Bedenken entgegen: 1. Eine über das zweite Jahr hinausgehende Entwicklung im Pflanz— beete würde die Wahl entſprechend weiter Schulungsverbände be— dingen und damit den Koſtenaufwand der Pflanzenerziehung ſehr bedeutend ſteigern. 2. Alle Handhabungen mit den erſtarkten Pflanzen würden weſent— lich erſchwert, verteuert (Verpackung, Transport uſw.). Wc D Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 155 3. Insbeſondere würde die im dritten Jahre überhandnehmende Achſen— ſtreckung arge Beſchädigungen der Wurzel beim Ausheben nach ſich ziehen, günſtigſten Falles die naturgemäße Einbettung des Wur— zelſyſtems erſchweren oder auch ganz unmöglich machen. Das Anwachſen und Gedeihen wäre gefährdet. § 63. Das zur Verſchulung geeignetſte Pflanzenalter. Die nachteiligen Folgen des mit der Verſetzung verbundenen Ge— waltaktes ſteigern ſich mit zunehmendem Alter und mit der Stärke der Pflanze nicht allein ihrem Grade, ſondern auch ihrer Nachhaltigkeit nach. Der jugendlichſte Organismus beſitzt unter allen Umſtänden das höhere Anpaſſungsvermögen. Er wächſt leichter an und verbürgt das beſſere Gedeihen. Der große Kulturbetrieb kann ſonach nur mit drei-, höchſtens vierjährigen Pflanzen erſprießlich arbeiten und da die Pflanzen zwei Jahre in der geräumigeren Stellung der Schulbeete ver— bringen ſollen, ſo erſcheint das für die Verſchulung geeigneteſte Alter auf ein oder zwei Jahre feſtgelegt. Holzart und beſonders die typiſche Eigen— art der Wurzelentwicklung ſprechen mit; doch muß ganz im allgemeinen dem kräftigen einjährigen Sämling die höhere Eignung für die Verſchulung zugeſprochen werden. — Manche Laubholzarten mit epigäiſcher Keimung werden auch im zarten Keimlingsalter mit Erfolg verſchult. So ſammelt man z. B. häufig die aufgelaufenen Anflüge der Hainbuche, des Ahorns, der Eſche — Holzarten, die ſich nicht leicht überwintern laſſen — aus ihrem natür— lichen Keimbette, um ſie in ſorgfältig hergerichtete Pflanzbeete zu über— tragen — zu 1 Überaus reiche Wurzelbildung lohnt dieſes Vor— gehen. Im fürſtlich Liechtenſtein'ſchen Pflanzgarten bei Olmütz (Mähren) werden faſt alle Laubholzarten in dieſer Weiſe mit überraſchendem Er— folge pikiert. § 64. Die Jahreszeit zur Verſchulung. Wie jeder Pflanzakt, ſo wird auch die in der Vegetationsruhe durchgeführte Verſchulung unter ſonſt gleichen Vorausſetzungen immer die beſten Erfolge verzeichnen. Hiernach kommen das zeitige Frühjahr vor Beginn und der Spätherbſt nach Abſchluß der vegetativen Jahresarbeit in erſter Reihe für die Verſchulung in Frage. Wenn früher ſchon hervorgehoben wurde, daß die zweite Wachstumsperiode der Wurzel bis 156 Die künſtliche Beſtandesgründung. über den Monat Oktober ſich zu erſtrecken pflegt“); wenn man erwägt, daß dieſe herbſtliche Tätigkeit dem für den Ernährungshaushalt der Pflanze ſo wichtigen Akte der Reſerveſtoff-Aufſpeicherung dient, daß endlich die vegetative Tätigkeit vieler Holzarten, beſonders in feucht-warmen Herbſt— tagen, oft ſehr lange anhält, und die Zweigtriebe nicht ſelten von den Fröſten in noch ungereiftem Zuſtande überraſcht werden, ſo iſt damit wohl nichts gegen die ſachliche Anwendung der Herbſtverſchulung, gewiß aber der Umſtand erwieſen, daß die Arbeitszeit für die Herbſtverſchulung in der Regel ſehr kurz bemeſſen und deshalb auf ſie kein Verlaß iſt, weil dem Abſchluß der Vegetation die Fröſte und Einwinterung häufig auf dem Fuße folgen. Gleichwohl bringt eine trockene Herbſtwitterung oft auch einen zeitigen Vegetationsabſchluß, ſo daß weitere grundſätzliche Bedenken gegen die Herbſtverſchulung wenigſtens dann nicht erhoben werden können, wenn man in der Lage iſt, die auf den gelockerten Kamp— beeten allerdings große Gefahr des Ausfrierens abzuwenden. Leichte Böden, überhaupt barfroſtgefährliche Standorte machen die Herbſtarbeiten im Schulkampe überhaupt unmöglich und ſtellen die naturgemäßere und ſichrere Frühjahrsverſchulung gebührend in den Vordergrund. — Auch für letztere gelte im allgemeinen die Regel: je früher die Pflanzbeete beſtellt werden, deſto beſſer. Wo ſonſt der Kulturbetrieb und ſein jeweiliges Arbeitspenſum es geſtatten und die Bodenklärung recht— zeitig vorgenommen werden konnte, wird, vom engeren Standpunkte der Lebenstätigkeit beurteilt, die bei vollſtändiger Vegetationsruhe erfolgende Märzverſchulung die geringſte Störung für das Individuum und Die beiten Erfolge bringen. Aber auch ihr werden in dem gelockerten Boden der Pflanzbeete die Barfroſtwirkungen durch Ausziehen der friſch eingeſetzten Pflanzen oft in hohem Maße gefährlich. Die Inangriffnahme größerer Verſchulungsarbeiten wird deshalb ſelbſt in milderen Standortsgebieten in der Regel auf die zweite Aprilhälfte verſchoben. Die Tätigkeit der Triebwurzeln iſt um dieſe Zeit allerdings bei den meiſten Holzarten ſchon im Gange, doch lehrt die Erfahrung, daß dieſe Störung unter den günſtigen Wachstumsbedingungen, denen die Pflanze in den Schulbeeten unterſtellt wird (Bodenlockerung, künſtliche Feuchtigkeitszufuhr durch Be— gießen uſw.), leicht und ohne nachteilige Beeinfluſſung der Entwickelung überwunden wird. Die große Praxis ſcheut ſich gar nicht, die Ver— ſchulung auch mit leicht angetriebenen Pflänzchen an das Ende der Kultur— ſaiſon zu verlegen, alſo dem Pflanzkulturbetriebe nachzureihen. Stand— ) Verf. hat noch im Dezember bei milder Witterung Wurzelſtreckung a. d. Fichte beobachtet. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 157 ort und Eigenart der Holzart ſprechen in dieſer Richtung mit, inſofern z. B. die wärmere trockene Lage, dann von den Holzarten die Laubhölzer die ſpätere Verſchulung bei weitem nicht ſo gut vertragen als friſche Standorte und die Nadelhölzer, unter denen namentlich die Fichte eine ge— ringe Empfindlichkeit gegen die ſtörende Verſetzung mit ſchon angetriebenen Wurzeln aufweiſt. In Fällen, in denen die Verſchulung im Arbeitsdrange des Kultur— betriebes verzögert werden muß, kann dem vorzeitigen Antreiben der Saatpflanzen durch Ausheben und Einſchlagen an kalten, der Sonne minder zugänglichen Ortlichkeiten mit gutem Erfolge vorgebeugt werden. Das Ausheben hat dann jedenfalls ſchon zeitlich im März, ſobald die Witterung es erlaubt, noch bei voller Vegetationsruhe, das Einſchlagen in nicht zu dichter Schichtung an winterkalten Plätzen zu erfolgen. Zur Abhaltung der Beſonnung in der wärmeren Frühjahrsluft iſt auch die Eindeckung mit ſchlechten Wärmeleitern, Moos, Reiſig uſw. zu empfehlen. Dieſes einfache Verfahren giebt ein bewährtes Mittel, die Triebtätigkeit in zuträglicher Weiſe zurückzuhalten, an die Hand, welches in der Praxis mit Rückſicht auf die Wichtigkeit der Verſchulung in Vegetationsruhe einer verbreiteteren Anwendung ſich erfreuen ſollte. Verfaſſer hat ſogar die im Herbſte ausgehobenen Pflanzen in ſorgfältigem Erdeinſchlage mit beſtem Erfolge für die ſpäte Frühjahrsverpflanzung überwintert und damit einen gangbaren Weg gefunden, Pflanzen im letzten Winter vor ihrer Verwendung vor allerhand Gefahren (3. B. Verbeißen durch Auer- und anderes Wild) zu behüten und im Einſchlagbett für die Frühjahrs— verpflanzung unbeſchädigt und unangetrieben zu konſervieren. § 65. Vorbereitung der Pflanzen für den Akt der Verſchulung. Es bedarf nicht der beſonderen Hervorkehrung, daß die ſchonende Behandlung der jugendlichen Pflanze, namentlich die Konſervierung der zarten Wurzelorgane ausſchlaggebend für die weiteren Erziehungs— erfolge ſei. Alle bisherige Mühe und Sorgfalt würde zunichte, wenn nicht die weitere Behandlung das gleiche Ziel nach Maß und Richtung feſt im Auge behalten würde. Es handelt ſich alſo zunächſt darum, den vielſeitigen Fährlichkeiten vorzubeugen, denen das Pflänzchen vom Momente des Hebens aus dem Mutterbeete bis zu dem Momente ausgeſetzt iſt, in welchem dasſelbe wieder wuchsgerecht im Schulbeete eingebettet iſt. Und wie die Erziehung bis hierher das Hauptgewicht auf die normale Wurzelausbildung gelegt hat, ſo wird auch bei den hier in Frage kommenden 158 Die künſtliche Beſtandesgründung. Hantierungen das gleiche Streben in den Vordergrund zu treten haben; denn das Wurzelſyſtem beſtimmt die Entwickelung im Schulkampe ebenſo wie den eigentlichen Kulturerfolg im Freilande. Das Ausheben der Saatpflanzen. Beim Ausheben der Pflanze aus dem Saatbeete ſollen vor allem direkte Beſchädigungen durch das angewendete Gerät oder durch das Ausziehen der Pflänzchen aus dem vorſichtig gehobenen Lockerballen hintangehalten werden. Das Ausreißen der Saatpflanze ohne vorheriges Untergreifen mit einem lockernden Werk— zeuge iſt durchaus unſtatthaft. Was die Wahl des geeigneten Gerätes anlangt, ſo wird der Wurzel— ſchonung in nicht allzu lockerem Erdreich, bei Anwendung einer kräftigen, geradzinkigen Pflanzengabel, wie ſie jeder Dorfſchmied herſtellt, am meiſten Rechnung getragen. Die Hacke ſoll wegen Unſicherheit der Führung überhaupt ausgeſchloſſen ſein; gegen die Anwendung von Spaten oder Grabſcheit ſpricht die Beſchädigung der Seitenwurzel und das Wegſchneiden — beſſer geſagt das Abquetſchen — der Wurzelenden, ein Vorwurf, der allerdings beim Ausheben von ein- oder zweijährigen Saatpflänzchen noch nicht ſo ſehr ins Gewicht fällt als ſpäter bei der Hebung der ſchon erſtarkten Pflanzen aus dem Schulbeete. — Im all— gemeinen wird der regelmäßige Rillen- und Riefenſtand das ſchonende Ausheben ſehr begünſtigen und iſt in dieſen auch die Anwendung des Spatens zum Ausheben von ein- oder zweijährigen Sämlingen ſtatthaft, wenn die Rillenentfernung weit genug gehalten iſt, daß der Spaten ohne Seitenwurzelbeſchädigung überhaupt geführt werden kann. Unregelmäßige Stellung, z. B. in der Vollſaat, enge Anordnung von Rillen und Riefen bedingen die Anwendung der Pflanzengabel, deren Haupt-Arbeitsfeld ſonſt wohl mehr im Schulbeet liegt (S 77). — Gabel oder Spaten werden von den Beetſteigen aus in entſprechender Entfernung von den zu hebenden Pflanzen (in der Mitte zwiſchen den Rillen und Riefen) und in reichlich bemeſſener Tiefe ſteilſchräg ein— geſtoßen und mit dem Stielende hebelartig niedergedrückt. Aus dem in Ballenform ſich hebenden Erdreich werden die Pflänzchen in hand— gerechten Büſcheln mit leicht rüttelnder Bewegung herausgenommen, be— hutſam durch klopfende Erſchütterungen von der anhaftenden Erde befreit, ſo daß tunlichſt auch die zarteſten Saugwürzelchen und Wurzelenden erhalten bleiben. Werden dieſelben abgeriſſen oder durch die abdorrende Wirkung von Wind und Sonne vernichtet, ſo muß die Pflanze ſie erſetzen, da nur durch ſie der Ernährungsprozeß eingeleitet werden und das An— wachſen der Pflanze erfolgen kann. — Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 159 Ausleſe, Sortierung. Die gehobenen, von haftenden Erdballen befreiten Pflanzen werden auf ihre allgemeine Zuchtgüte ſowie auch auf vorgekommene Wurzelbeſchädigungen unterſucht. Starker Wurzelverluſt, ſchwere Verletzungen durch Abſchürfungen, Quetſchungen, Zerreißungen, Spaltungen uſw., dann ſchwächlich-kränkliche Entwicklung der oberirdiſchen Achſe, Mißformungen oder ſonſtige Wahrnehmungen, welche den Ge— ſundheitszuſtand des Organismus verdächtigen, geben Anlaß zur Aus— ſcheidung, ſo daß nur die vollkommeneren Individuen der weiteren Zucht überliefert werden. Geringere Beſchädigungen an Wurzeln, Zerreißung von Saugwürzelchen und Wurzelenden werden nicht beachtet, geben allen— falls bei einzelnen ſchon etwas erſtarkten Wurzelſträngen zu einem glatten Zurückſchneiden Anlaß. Ahnlich ſoll eine vorſichtige Kürzung der Wurzel dann ſtattfinden, wenn dieſelbe etwa in tiefer gelockerten Saatbeeten ſich länger entwickelt hat, als es für die Zwecke der ſachgemäßen Ver— ſchulung zweckdienlich erſcheinen würde. An Schaft und Aſt kommt ein korrigierender Eingriff mit Meſſer und Scheere bei der erſten Verſchulung nur ſelten in Frage. Spätere Verſchulungen, ſpeziell die Heiſterzucht, be— dienen ſich dieſes Zuchtmittels allgemein. Sie werden ebenda auch noch näher behandelt werden. — Nach Verfaſſers Verſuchen (Mitteilungen des Oſterr. forſtl. Verſ.— Weſens II 2 1879) hat der Wurzelſchnitt vor der Verſchulung einen ganz eminent günſtigen Einfluß geübt. Im erſten Jahre war die Trieb— tätigkeit der Pflanze gegenüber den unbeſchnittenen etwas geringer. Die Beſchnittenen hatten auch ziemlich bedeutende Eingänge, weil man, büſchel— weiſe beſchneidend, die tiefer im Büſchel ſteckenden Pflänzchen oft bis dicht unter den Wurzelſtock getroffen hatte. Im zweiten Jahre zeichneten ſich die beſchnittenen Pflanzen ſehr vorteilhaft aus durch die Energie der Entwickelung und durch die Heranbildung eines ganz vorzüglichen, ge— drungenen und faſerreichen Wurzelſyſtems, das ſich für die Zwecke der Pflanz— kultur beſonders eignete. Die vergleichenden Verſuche waren in großem Maßſtabe ausgeführt worden und ſprachen in ihren Enderfolgen ſehr zugunſten der Wurzelkürzung, die, vorſichtig vollzogen und mehr auf die Langwurzeln ſich erſtreckend, für die Ausführung des Verſchulungs— aktes ſowie für die pflanzgerechte Ausbildung des Wurzelſtockes gewiß empfohlen werden kann. — Verwahrung und Transport. Nach dieſer zuchtgerechten Sichtung werden die Pflanzen in die friſche Erde der Beete wieder eingeſchlagen, ſo zwar, daß die Wurzeln ganz und gar überdeckt ſind und möglichſt auch mit friſcher Erde in innige Berührung treten. Sollen die 160 Die künſtliche Beſtandesgründung. Pflanzen in dieſem Erdeinſchlag länger verharren, ſo iſt eine Decke von Nadelholzreiſig ſehr empfehlenswert, durch welche die Triebtätigkeit wohltätig zurückgehalten wird. Werden die Pflanzen in andere Reviere oder Kämpe übertragen, ſo müſſen ſie für dieſen Zweck beſonders um— ſichtig verpackt werden, um das zarte Feingewürzel vor der ausdorrenden Wirkung von Wind und Sonne zu ſchützen. Die Unterlaſſung dieſer Fürſorge rächt ſich immer ſehr empfindlich, denn ſelbſt eine 10 Minuten lang andauernde freie Einwirkung der Sonne oder des trockenen Oſtwindes genügt, um das feine Sauggewürzel abzutöten, eine Tatſache, die beim Pflanzgeſchäfte überhaupt nicht immer genügend beachtet wird. Die Ver— wahrung gegen dieſe Gefahren geſchieht am beſten mit bodenfriſchem Mooſe. Die Pflänzchen werden in ein beliebiges Behältnis (Kiſte, Korb, Wagen uſw.) auf ein feuchtes Moosbeet ſchräg geſtellt und ſo dicht ge— ſchlichtet, daß die Pflanzen im Wurzelraum ſich ſelbſt ſchützen; von den Seiten her wird das Wurzelwerk ebenfalls mit friſchfeuchtem Mooſe ein— gefüttert. Deckt man die untere Lage mit etwas tragkräftigem Reiſig, ſo können unbedenklich mehrere Schichten übereinander gepackt werden. Übrigens ſteigern ſich Schwierigkeiten und Aufwand der Pflanzenverpackung mit Alter und Stärke ziemlich bedeutend. Die weiteren Erörterungen werden auf die Verpackung älteren Pflanzmaterials an anderer Stelle (S 79) noch zurückkommen. — Selbſtverſtändlich dürfen die Pflanzen in dieſer Verpackung nur für die Dauer des Transportes verbleiben. Sobald ſie an der Verwendungsſtätte anlangen, ſind ſie ſofort auszu— packen und, wie früher dargetan, in feuchte Erde bis zur Verſchulung ſelbſt wiederum einzuſchlagen. § 66. Die Verſchulung. In weiterer Verfolgung des geſteckten Zuchtzieles hat der eigentliche Pflanzakt ſeine Aufmerkſamkeit in erſter Reihe darauf zu richten, daß nichts unterlaſſen wird, was die mehr gedrungen-kräftige Geſamtentwickelung der Pflanze begünſtigen, aber auch nichts getan wird, was der über— mäßigen Streckung der unter- und oberirdiſchen Achſe Vorſchub leiſten könnte. Sind in dieſer Richtung die Wurzelkürzung und mäßig gehaltene Bodenlockerung der Pflanzbeete als bewährte Vorbauungsmittel an— gewendet worden, ſo iſt nunmehr bei der Verſchulung ſelbſt auf die Wahl einer entſprechenden Verbandweite und auf die normale Wurzel— einbettung, namentlich rückſichtlich der Tiefe, bedacht zu nehmen. Die zweckmäßige Verbandweite der Verſchulung iſt für jede Holz— art verſchieden; ſie variiert auch mit Alter und Stärke ſowie mit Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 161 der Zeitdauer, welche die Pflanzen im Schulbeete verbringen ſollen, in ziemlich weit gehaltenen Grenzen. Enge Verbände ſind im allgemeinen zu widerraten. Sie zwingen zur Achſenſtreckung, regen namentlich die Wurzel zur Tiefenentwickelung auf Koſten der ſeitlichen Verzweigung be— denklich an und treten ſonach mit den Zielen der Pflanzenerziehung in Widerſpruch. Kleinpflanzen von ein- und zweijährigem Alter werden in Reihenabſtänden von etwa 12 — 15 em und in dieſen in Pflanzen— abſtänden von etwa 10—12 em oder auch in Quadratverbänden ver— ſetzt. Die Anordnung iſt ſtreng regelmäßig reihenweis zu halten, da— mit die Pflege der Beete erleichtert und namentlich das beſchädigungs— loſe Wiederausheben der Pflanze ermöglicht werde. Spätere Wieder— holungen der Verſchulung, die Anzucht von Großpflanzen (Heiſtern), erheiſchen Verbandweiten bis zu 40 und mehr Zentimetern. Das Einſetzen der Pflänzchen hat ſich wie jedes Pflanzgeſchäft dem Wurzelbau des Individuums tunlichſt anzupaſſen, in allen Details die Wurzelbettung in natürlicher Lage anzuſtreben und ſoll nicht da— vor zurückſchrecken, den möglichſt naturgemäßen Verlauf des Pflanzaktes ſelbſt mit erhöhtem Aufwande zu erkaufen. Mit dem nicht einwandfreien Streben nach Verminderung der Kulturkoſten muß gebrochen, es muß der beſſeren Einſicht Raum gegeben werden, daß ſelbſt der verdoppelte Kulturaufwand die Bodenrente bei weitem nicht ſo ſehr herabdrücken kann, als verſpäteter Eingang minder reicher Zwiſchennutzung und Ver— minderung des Ernteertrages, wie ſie mittels ungeeigneten Pflanz— materials infolge der Erziehung wuchsuntüchtiger, obenein wurzelkranker, geringwertigerer Beſtände erzielt werden. Man darf auch nicht über— ſehen, daß die erhöhten Erziehungskoſten in der Kampanlage, welche zu— gunſten der reichen und gedrungenen Wurzelbildung etwa aufgewendet wurden, durch die Erleichterung des Pflanzaktes auf der freien Kultur— fläche wieder reichlich eingeſpart werden. Der oben geſtellten Anforderung einer naturgemäßen Einbettung der Wurzeln im Schulbeete vermag wohl nur die Handverſchulung in aufgezogene kleine Furchen oder Rinnen gerecht zu werden und es iſt deshalb dieſes Verfahren als das empfehlenswerteſte zu würdigen. Als Handgeräte verlangt dasſelbe eine leichte Kulturhacke, ferner die Pflanzſchnur oder beſſer das ſogenannte Schulbrett, d. i. ein einfaches Brettchen, deſſen Länge der Beetbreite, deſſen Breite dem Reihen— abſtande entſpricht und an deſſen Kanten zwei oder vier verſchiedene Pflanzverbandweiten durch eingeſchnittene Kerben markiert ſind. Der Arbeiter tritt vom ſchmalen Beetſteige aus mit dem einen Fuß auf das Reuß, Beſtandesgründung. 11 162 Die fünftliche Beſtandesgründung. rechtwinklig über die Beetbreite gelegte Schulbrett und zieht, dasſelbe als Lineal benutzend, mittels der leichten Hacke (herzförmig ſich verjüngendes Hackblatt, deſſen Form dem Querſchnitt der Pflanzfurche entſpricht, iſt am zweckmäßigſten) eine Furche von dem Wurzelbau der Pflanzen ent— ſprechender Breite und Tiefe auf. Die inzwiſchen aus dem konſervierenden Erdeinſchlage gehobenen Saatpflänzchen werden bündelweiſe abermals in bodenfriſchem Moosbette verwahrt, in kleinen handgerechten Gefäßen (Körbchen, Topf uſw.) zur Einſchulung bereitgeſtellt, einzeln aus den— ſelben herausgezogen und ſo in die aufgeworfene Rinne eingehalten, daß die Wurzel in ihrer natürlichen Tiefe (wie ſie im Saatbeete geſtanden) und, ſoweit es ohne weitläufige Hantierungen erreicht werden kann, auch in ihrer natürlichen ſeitlichen Ausbreitung verharrt. In dieſem Zuſtande wird mit der rechten Hand die ſeitwärts aufgehäufte lockere Furchenerde zu den Wurzeln herangezogen und das Pflänzchen ganz leicht angedrückt. Die natürliche Ausbreitung des ſeitlich ſo gering entwickelten Wurzel— ſyſtemes iſt für die ein- und zweijährige Pflanze noch von minderer Be— deutung; ſie ſoll deshalb nicht etwa mit beſonderem Aufwande herbei— geführt werden, jedenfalls aber iſt zu ihren Gunſten das beliebte An— ſchlämmen der Pflanzen, d. i. das Eintauchen der Wurzel in einen dünnflüſſigen Lehmbrei, zu unterlaſſen, weil dadurch einer unnatürlichen Einbettung der Wurzel Vorſchub geleiſtet würde. — Das Anſchlämmen der Pflanzen vor der Verſchulung iſt eine weit verbreitete Maßnahme, die nicht ganz aufwandlos iſt und dabei mehr ſchadet als nützt. Das Ver— fahren bedarf ſeiner Einfachheit halber nicht der Anleitung. Seinen nächſtliegenden Zweck, die Wurzel vor abdorrender Wirkung durch Wind und Sonne zu ſchützen, erreicht es bei ſonſt ſachgemäßer Behandlung wohl, jedenfalls aber nicht ſo natürlich und nicht ſo billig, als durch die Einbettung in bodenfriſches Moos. Dabei bleibt der Lehm— brei mit mehr oder minder belaſtender Wirkung an dem zarten Gewürzel der Pflanze haften; er macht dasſelbe zu Knäulen und Strähnen zuſammenbacken und richtet auch das Seitengewürzel, welches in der durchlüfteten Bodenoberfläche verſtreichen ſoll, ſteil abwärts in die Tiefe. Dadurch wird nicht allein die weitere Wurzelausbildung in unnatürliche Bahnen gedrängt, ſondern auch die ganze Ernährungstätigkeit und das Anwachſen der Pflanze auf das empfindlichſte beeinträchtigt, weil die zur Haarbildung berufene Horizontalſtreckung an den Wurzelenden zunächſt und bis zum ergänzenden Um bau der Wurzel ſtockt, weil auch die zuſammengebackenen Wurzeln zur laufenden Aufſchließung immer neuer Bodenteilchen nicht befähigt ſind und die nach der An— ſchlämmung häufig eintretende Kruſtenbildung die Lebensfunktionen der Wurzel empfindlich beeinträchtigt. Neben dem oben beſchriebenen Norm alverfahren ſoll dem Bor: ſtechholze (Setz- oder Pflanzholze, in mannigfachſten Formen dem Gartenbau entlehnt) die Anwendbarkeit im gelockerten Pflanzbeete zu— geſprochen werden, wobei jedoch eine ſeitlich ſchwache Wurzelentwickelung, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 163 wie ſie dem Sämling im erſten und zweiten Jahre eigen iſt, voraus— zuſetzen wäre. Mit Nachdruck ſei aber hervorgehoben, daß die qualita— tiven Erfolge der Handverſchulung nicht erreicht werden können. Pflanz— ſchnur oder Schulbrettchen bieten auch dieſer Methode die nötigen Behelfe für die regelmäßige Anordnung. Anſtatt eine zuſammenhängende Furche aufzuziehen, wird das Setzholz an den Marken eingeſtoßen und das Pflanzloch nach Bedürfnis durch hebelartiges Hin- und Herbewegen er— weitert. Die Pflanze wird mit den Wurzeln möglichſt normal in das vorgeſteckte Pflanzloch eingeführt und entweder von der rechten Hand mit krümelig lockerer Kulturerde eingefüttert oder aber die Schließung des Pflanzloches nach Einführung der Pflanze mit der linken Hand durch das ſchräge Einſtoßen des Pflanzholzes und durch Druck von der Seite her ge— ſchloſſen. Die Schließung des Pflanzloches durch Erdeinfüllung allein genügt übrigens ſelten, weil die Füllung des unteren Raumes ſchwer zu erreichen iſt und dann nachteilige Höhlungen zurückbleiben. Dieſe zu ver— meiden oder nachträglich zu ſchließen, muß in der Regel das Pflanzholz noch von der Seite her mit klemmender oder preſſender Wirkung gehand— habt werden, eine Notwendigkeit, die dazu führte, daß man die Erd— einfüllung ganz unterläßt und die Schließung des Pflanzloches dadurch bewirkt, daß man das Setzholz ſchräg ſeitlich einſtößt und das vorſtehende Erdreich gegen die Pflanze mit entſprechendem Drucke anpreßt. Selbſt— verſtändlich müſſen dabei alle quetſchenden Verletzungen an Stengel und Wurzel vermieden werden. Wo Steine oder auch das angelegte Pflanz— brett Widerhalt bieten, iſt dieſe Gefahr oft naheliegend, ein Umſtand, der neben der minder natürlichen Einbettung der Wurzel unbedingt gegen das Verfahren ſpricht. Das Setz⸗ oder Pflanzholz wird in mannigfachſtem Formenreichtum verwendet. Kreisrunde, dreieckige und rechteckige Querſchnitte herrſchten vor. Die Eignung des Setzholzes und ſeine jchonende Handhabung find in erſter Reihe von der Form der Druckfläche abhängig, welche die durch ſeitliches Einſtoßen erfaßte Erdſchicht behufs Schließung gegen das Pflanz— loch anſchiebt und anpreßt. Die gerundete Druckſeite gefährdet die Pflanze im Wurzel- und Schaftbereich offenbar am meiſten durch Quetſchungen. Günſtiger wird das Setzholz mit ebenflächiger Breitſeite wirken, wie ſie das v. Buttlarſche Pflanzeiſen und der Spitzenberg— ſche Spaltſchneider aufweiſen, und die beſten Dienſte leiſtet die Konſtruk— tion mit leicht hohlflächiger Druckſeite. Dieſe bringt zwiſchen Pflanze und Setzholz einen ſtärkeren Erdzylinder, der, wenn auch mit kräftigem Drucke gegen die Pflanze geführt, die quetſchende Beſchädigung eher ausſchließt. 11* 164 Die künſtliche Beſtandesgründung. Die eigentliche Geräteverſchulung iſt immer bedenklich, denn alle ihre Methoden entrücken mehr oder weniger die Pflanze den regelnden Eingriffen der Hand und das iſt vom Übel. Sie widerſtrebt geradezu der Anzucht von normal gebildeten Pflanzen und kann auf eine volle wirtſchaftliche Berechtigung umſoweniger einen Anſpruch erheben, als die Saatpflänzchen nie jene Gleichmäßigkeit der Entwickelung aufweiſen, welche auch bei Anwendung eines zuſammenfaſſenden Verſchulungs— verfahrens verlangt werden müßte. Man kann wohl Apparate kon— ſtruieren, welche abſolut gleiche Pflanzengebilde ſachlich korrekt und gleich— mäßig einſetzen, aber man kann nie ein Gerät erfinden, welches rückſicht⸗ lich der Ausführung des Pflanzaktes den Bedürfniſſen des Einzelindividuums nach Breitung und Tiefeneinbringung der Wurzel ſich anpaſſen könnte. Das verführeriſche Streben nach Herabminderung der Kulturkoſten hat der Geräteverſchulung zum Nachteile unſerer Pflanzbeſtände eine weite Verbreitung gebracht. Eine ganze Flut von Erfindungen iſt in die Praxis eingeführt worden, welche ihrer Maſſenleiſtung nach die Hand— verſchulung allerdings ſehr in Schatten ſtellen, in ihren qualitativen Zucht— erfolgen die letztere aber nie erreichen. Die Gerätekammer der Verſchulung weiſt drei verſchiedene Gruppen von Gebrauchsgegenſtänden auf; die einen ſind einfache Markierapparate zur Vorpickierung der Pflanzenabſtände — ſie ſind unſchuldig; die anderen dienen zur Erleichterung der Rinnen-, Furchen- oder Pflanzloch— herſtellung — ſie ſind überflüſſig, aufwanderhöhend, verdächtig; die dritten beſorgen mit außerordentlicher Koſtenermäßigung das ſummariſche Einführen der Pflanze in die aufgezogenen Rinnen und Furchen ſie ſind mehr oder weniger bedenklich und verwerflich. 1. Gebräuchlichere Hilfsgeräte zum Vormarkieren der Pflanzenabſtände ſind: Die Hornichſche Pickierwalze, eine die Breite der Schulbeete beherrſchende ca. 30 em ſtarke Walze von hartem Holze, in deren Peripherie kurze Zapfen in dem Pflanzenverbande entſprechenden Abſtänden ein— geſchlagen ſind. Die Walze wird über das Beet hingeführt. Die Zapfen markieren die Pflanzlöcher. Der Kreplerſche Pickier-Scheibenapparat. Seine Konſtruk— tion weicht von derjenigen der Pickierwalze wenig ab. An Stelle der kompakten Walze treten Scheiben, in deren Peripherie die Markierzapfen auf verſchiedene Entfernungen (10, 12, 15 cm) eingeſetzt werden können. Die Scheiben ſelbſt ſind an einer vierkantigen Achſe, beliebig verſtellbar, anzuordnen. Durch drehendes Überlaufen in der Längsrichtung des Beetes Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 165 markiert der in Beetbreite gehaltene Apparat die eingeſtellten Pflanzen— verbände. — Das Zapfenbrett wird in der Breite des Reihenabſtandes und in der Länge der Beetbreite zugerichtet; in ſeiner Mitte werden in be— liebigen Entfernungen ſchwache Holzzapfen eingeſetzt. Beim Gebrauch wird das Brett winkelrecht zur Längsachſe des Beetes aufgelegt. Leicht eingedrückt markieren die Zapfen die Pflanzſtellen. Die drei Apparate ſind vollkommen unſchädlich und können ange— wendet werden, wo man glaubt, die Arbeit der Verſchulung zu erleichtern. Es wird das aber in der Regel nicht der Fall ſein. Überdies ſetzen die Markierapparate meiſt die Verſchulung mittels Setzholzes voraus. 2. Die Geräte zum Aufziehen oder Eindrücken der Pflanz— furche oder zum reihenweiſen Vorſtechen der Pflanzlöcher über die ganze Breite des Beetes: Der Biermansſche Rillenzieher, eine leichte Hacke mit ſchmalem mantelförmig eingebogenem Blatte. Er wird an der geſtrafften Schnur oder am Schulbrett gehandhabt und kann gegenüber der leichten Hacke keinen Vorteil für ſich in Anſpruch nehmen; er greift leicht tiefer wie nötig und zerreißt oft das minder gut geklärte Beet. Der Handpflug in verſchiedenen Abänderungen beſteht aus einer leichten an einem Stiel und Zugſeil gehandhabten Pflugſchar, die, in der Längsrichtung des Beetes geführt, das Erdreich nach beiden Seiten ausfurcht. Unſichere Führung und der Umſtand, daß ein leichtes Hindernis (Wurzel, Steine, Erdklumpen) das ganze Beet auseinander— reißen kann, fallen ihm zur Laſt. Nur ſehr gut geklärter Boden ermög— licht ſeine Anwendung. Der Langſche Rinnenkeil, ein der Beetbreite entſprechender Holz— klotz mit dreieckigem Querſchnitt, wird an zwei ſenkrecht angebrachten Hand— haben quer auf das Beet geſtellt und mit dem Fuß von den Beetſteigen her eingedrückt. Er erzeugt eine feſtwandige Rinne, bedingt Zutragen von Füllerde und ſubtile Handhabung. Beſonders bei feuchtem bindigem Erdreich nicht zu empfehlen. — Das Eckſche Zapfengeſtell. Dasſelbe iſt eigentlich nur eine Vervollkommnung des Zapfenbrettes. An die Stelle der Markierzapfen tritt eine Reihe von verſtellbaren und zwiſchen zwei parallellaufenden kräftigen Latten von Beetbreite befeſtigten Setzhölzern, mittels derer die Pflanzlöcher in regelmäßiger Reihenordnung gleichzeitig eingeſtochen werden. Der Apparat wird ähnlich wie der Rinnenkeil an einem kräfti— tigen Rahmengeſtell von den Beetſteigen her (zwei Arbeiter) gehandhabt. 166 Die künſtliche Beſtandesgründung. Der Pflanzakt ſelbſt erfolgt wie bei der Setzholzpflanzung. Die Schwer— fälligkeit ſeiner Anwendung und das leichte Zuſammenfallen der Pflanz— löcher ſprechen gegen, kein Vorteil für dieſes Zapfengeſtell. 3. Die Apparate zum reihenweiſen Einſetzen der Pflanzen in mehr maſchinenmäßiger Arbeit: Die Pflanzlatten. Die Harzer Pflanzlatte iſt ein in Beet— breite gehaltenes Brettſtück mit Einſchnitten, in welchen die eingelegten Pflanzen Halt finden. Die Latte wird, mit ihren Einſchnitten nach oben gerichtet, auf den Boden gelegt, mit Pflanzen beſchickt, dann ſo gegen die aufgeworfene Beetfurche gedreht, daß die Wurzeln in dieſelbe einhängen. Die Einbettung der Wurzeln erfolgt mit dem Rechen oder mit der Hand. Es iſt klar, daß die Pflänzchen bei Drehung der Latte leicht abrutſchen und dann zu tief eingepflanzt werden. Derſelbe Vorwurf trifft die kon— ſtruktionsverwandte Thygeſonſche Pflanzlatte oder -harke. — Mutſcheller ſuchte dieſen Übelſtand durch eine an ſeiner verbeſſerten Pflanzlatte angebrachte Klemmſchnur zu beheben, welche nach Einlegung der Pflänzchen ſtraff angezogen wird und dieſelben in der ihnen gegebenen Lage erhalten ſoll, wenn die Drehung der Latte gegen die geöffnete Furche erfolgt. Die Abhilfe hat ſich als zureichend nicht erwieſen. Die Gerlachſche Schullatte, dem Prinzip nach wohl das Ein— fachſte und Beſte in dieſer Art. Eine vierkantige Latte von der Länge der Beetbreite wird geſpalten. Die Teile ſind an einem Ende durch ein Scharnier verbunden, am andern mit Handhaben verſehen. Die gegeneinander gerichteten glatten Spaltflächen ſind in entſprechender Pflanzweite gekerbt. Die Latte wird aufgeſchlagen auf den Boden ge— legt, bis in deſſen Niveau eingedrückt, in den Kerben mit Pflanzen belegt und dann geſchloſſen. Der Pflanzakt vollzieht ſich wie bei der Latte. Um Quetſchungen zu vermeiden werden Tuch oder Gummi— ſtreiken an den inneren Spaltflächen der Latte angebracht. Da die Schullatte das einzelne Pflänzchen feſtklemmt, ſo kann dieſem Verfahren die Erreichung der normalen Pflanztiefe zugeſprochen werden; doch wird dieſelbe nicht immer erreicht. Überdies wirft ſich die Latte leicht und it dann unbrauchbar. Metallkonſtruktion könnte dem abhelfen. Die Hackerſche Verſchulungsmaſchine ſteht ebenfalls auf der Grundlage der Pflanzlatte und bringt dieſelbe in Verbindung mit einem ſinnreichen Mechanismus von flachzinkigem Schlagrechen in einem leichten Wagengeſtelle, von dem aus der ganze Apparat geleitet wird. Die Pflanzlatten (Pflanzlineale) werden durch Arbeiterinnen mit der Hand beſchickt. Die Maſchine wirft mit ſchlagend eingreifender Bewegung die Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 167 Furche auf. Das mit Pflänzchen verſehene Lineal wird eingeführt. So— dann wird das Wagengeſtell um die Entfernung des Reihenabſtandes nach rückwärts bewegt und der Rechen abermals kräftig eingeſchlagen. Er öffnet die nächſte Furche, indem er die vorhergehende ſchließt. — In ihrer Maſſenleiſtung und in der gefälligen Ordnung und Regelmäßigkeit ihrer Arbeit iſt dieſe Maſchine nicht übertroffen worden, rückſichtlich der Güte ihrer Leiſtung iſt ſie aber doch von dem Vorwurfe des ſummari— ſchen Schulverfahrens nicht ganz frei zu ſprechen, da ſie die individuali— ſierende Einbettung der Wurzel (beſonders der Tiefe nach) nicht gewähr— leiſtet. Zu ihren Gunſten ſpricht aber entſchieden der nur ihr eigene Vorzug, daß ſie zur Schließung einen ausgiebigen Damm von Lockererde von der Breite des Rillenabſtandes zur Einbettung der Wurzel verwendet, ſomit gewalttätigen Beſchädigungen vorbeugt. Die Maſchine hat ſpäter eine vereinfachende Abänderung erfahren, indem die Pflanzenfurchen mit ent— ſprechend ſchräg geſtielten Grabrechen durch Menſchenhand von den Beet— ſteigen her aufgeworfen und geſchloſſen werden. Dieſer mehr zur Vollſtändigkeit gegebene Überblick muß zur Wür— digung der Geräte und Methoden der Verſchulung genügen. Der im Anhang gegebene Literaturnachweis bietet die Unterlagen zur näheren Orientierung über die Konſtruktion und Leiſtung. Aber ſchon die hier gegebenen Skizzen legen dar, daß ein Forſthaushalt, der das Heil des Waldes nicht in der Billigkeit der Kulturen allein erblickt, der den Schwer— punkt der Pflanzenzucht weniger auf die Maſſenleiſtung als auf die Leiſtungsgüte verlegt, bei Verwendung dieſer Geräte äußerſt vorſichtig und wähleriſch ſein muß. Bei allen Arbeiten der Verſchulung iſt ſorgfältig darauf zu achten, daß der mit einem bedeutenden Aufwande herbeigeführte lockere Zuſtand der Beete, auf deſſen Erhaltung (reine Sandböden ausgenommen) auch rückſichtlich des Gedeihens der Pflanzen der größte Wert zu legen iſt, durch Betreten nicht verloren gehe, überhaupt die Ordnung und garten— mäßige Zurichtung der ganzen Anlage durch ungeſchickte Hantierung mit den Geräten oder durch die Sorgloſigkeit der Arbeiter nicht wieder arg zerſtört werde. Vor allem iſt darauf zu ſehen, daß die geſamte Be— dienung der Beete ausſchließlich von den Steigen aus erfolge und daß die Arbeiter ſich dabei des Schul- oder Laufbrettes mit Umſicht bedienen. Dasſelbe wird von den beiden Beetſeiten her aufgelegt. Die links und rechts ſtehenden Arbeiter betreten dasſelbe vom Beetſteige her mit einem Fuß und verrichten aus der Mitte gegen die Ränder die Arbeiten des 168 Die künſtliche Beſtandesgründung. Furchenziehens und Pflanzens. Nach Ausführung der Verſchulung wird das Beet geebnet. — § 67. Die Pflege der Schulbeete. Die Schutz- und Pflegemaßregeln im Schulkampe bewegen ſich in demſelben Geſichtskreiſe wie die einſchlägigen Arbeiten im Saatkampe. Die Sachlage muß nur inſofern eine andere Beurteilung erfahren, als wir im Schulbeete ſchon den ſelbſtändigen Pflanzenorganismus zu ſchützen und zu pflegen haben, der im Saatkampe erſt erzogen werden mußte. Damit erleiden auch die verſchiedenen Gefahren, wenn auch nicht ihrer Art, ſo doch dem Grade und ihrer wirtſchaftlichen Bedeutung nach eine ſehr beachtenswerte Verſchiebung, welche auf die Schutz- und Pflege- maßregeln nicht ohne Einfluß bleibt. So werden z. B. alle Gefahren, die auf Unbilden der Witterung zurückzuführen ſind (Froſt und Dürre, Abſchwemmung, Verſchlämmung), nicht in dem Maße zu fürchten ſein wie im Saatkampe, während die Beſchädigungen durch Tiere, insbeſondere auch durch Inſekten ſchon deshalb eine größere Aufmerkſamkeit erheiſchen, weil ſich dieſelben auf eine weit geringere, obenein mit dem erhöhten Zuchtaufwande belaſtete Individuenzahl vereinigen, ihrer Intenſität nach ſomit weit mehr ins Gewicht fallen. Jedenfalls ſind die Mittel zur Bekämpfung dieſer Gefahren dieſelben wie im Saatbeete, wenn ſie auch in einer der Situation angepaßten Form zur Anwendung gelangen müſſen. Es mag deshalb auf § 58 hier kurz verwieſen und nur nochmals hervorgehoben werden, daß die Bodenlockerung und Jätung im Saatkampe mit ganz beſonderer Sorgfalt im Auge behalten werden muß, nicht allein, weil beide auf die Entwickelung der Pflanzen ungemein anregend wirken, ſondern mehr noch deshalb, weil dieſe Arbeiten bei einer nach Zeit, Grad und Art nicht ganz ſachkundigen Durchführung oft mehr Schaden wie Nutzen bringen können. Im Saatbeete verfolgt die Lockerung in erſter Linie den Zweck, die durch aufſchlagende Regen ſo leicht eintretende Bodenhartkruſte zur Erleichterung des Samenauflaufens zu durchbrechen und die Reinigung der Beete vom Unkraut zu erleichtern. Wenn nicht die letztere, ſo tritt doch die erſtere Rückſicht im Pflanzgarten mehr in den Hintergrund; da— für iſt aber die Erhaltung und Wiederherſtellung günſtiger phyſikaliſcher Bodenverfaſſung von um ſo größerer Bedeutung und in dieſer Richtung bietet die flache Bodenlockerung das bewährteſte Mittel, da ſie nicht allein die wohltätig anregende Durchlüftung der oberen Nährſchicht bewirkt, ſondern auch die Feuchtigkeitsvorräte der dichten Untergrundsſchichten in— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 109 folge Hemmung der kapillaren Verdunſtung konſerviert. Der grimmigſte Feind der Schulkämpe wird dadurch wirkſam bekämpft. Nur hat man ſich auch hier zu hüten, die Lockerung in die Herbſtmonate hinein fort— zuſetzen, um nicht die im erſten Jahre noch beſtehende Gefahr des Aus— frierens zu ſteigern. C. Die Erziehung von Pflanzheiſtern. § 68. Allgemeine Würdigung. Schon an anderer Stelle (S 62) wurde hervorgehoben, daß der große Kulturbetrieb in der Hauptſache mit drei- oder vierjährigem Pflanz— materiale arbeiten müſſe, nur ſelten und nur gezwungen zu älteren Pflan— zen greife, die dann ausnahmslos mittels Wiederholung der Ver— ſchulung erzogen werden könnten. Es iſt als Grundſatz aufgeſtellt worden, daß die Pflanzenerziehung ihre Pfleglinge nicht kürzere und nicht längere Zeit im Mutterbeete und Schulbeete belaſſen dürfe als zwei Jahre; eine kürzere Zeit deshalb nicht, weil die Pflanze erſt im zweiten Jahre eine volle, von den Störungen der Verſetzung unbeeinträchtigte Jahresarbeit verrichtet, eine längere Zeit aber deshalb nicht, weil ſich die Wurzel nach dem zweiten Jahre zu ſehr in die Tiefe hineinarbeitet und die Verſetzungs— fähigkeit der Pflanze dadurch ſehr beinträchtigt wird. Die eigentlichen Vorteile der Verſchulung d. i. die gedrungene und doch reiche Entwickelung in Wurzel und Krone wird mit einer einmaligen Verſchulung erreicht, mit der Wiederholung der Verſchulung werden ihre Nachteile in empfindlicher Weiſe hervorgekehrt und zwar: 1. Die Koſten der Erziehung und der demnächſtigen Verpflanzung ins Freie erfahren eine raſche Steigerung, weil a) die Bodenbearbeitung viel tiefer eingreifen und über eine zur Pflanzweite im quadratiſchen Verhältniſſe wachſende Flächengröße ſich erſtrecken muß. Die Pflanzweite ſteigt aber in der Heiſter— ſchule auf das 4 bis 6fache an; b) die Pflanzen eine erhöhte Anforderung an die Pflege, namentlich rückſichtlich der überwachung der Schaftbildung ſtellen; c) die erſtarkte Wurzel mühſamer ausgebracht und aufwandvoller wieder eingebracht werden muß. 2. Auch die an jede Verpflanzung gebundenen Gefahren und Zu— kunftsnachteile werden bei der Anzucht und ſchließlichen Verpflanzung der fertigen Heiſter ſehr geſteigert, weil S Die künſtliche Beſtandesgründung. 170 a) das Ausheben der ſtärkeren Pflanze immer mit größeren Beſchädi— gungen und größeren Verluſten an Wurzeln verbunden tit; b) die ſichernde Verpackung und ſchonende Behandlung auf dem Transport ungemein erſchwert wird; c) das ſachgemäße Wiedereinſetzen der Heiſter, insbeſondere die natür— liche Einbettung der Wurzeln mit dem Alter und der Stärke der Pflanzen zunehmend beeinträchtigt wird. Es liegt auf der Hand, daß ſpeziell die Nachteile ac 2 das An— wachſen der Pflanzen ungemein erſchweren. Die Heiſter ſtocken mehr oder minder lange, weil ihnen beim Ausheben gerade jene Teile der Seitenwurzeln abgeſtochen und beſchädigt wurden, welche ſie zum An— wachſen am notwendigſten gebrauchen und erſt wieder bilden müſſen. Auch müſſen in der Regel die kräftig entwickelten Pfahlwurzeln und Seiten— äſte ſchon infolge der unvermeidlichen Beſchädigungen ſtark zurück— geſchnitten werden. Größere Schnittwunden aber überwallen unter un= günſtigen Verhältniſſen ſchwer und leiſten paraſitären Infektionen Vor— ſchub. Sie beeinträchtigen alſo die Geſundheit des Wurzelſtockes und die Entwicklung des Baumes auf das empfindlichſte. Nach vielen und ſchweren Opfern dringt heute zunehmend die prak— tiſche Erfahrung durch, daß die Heiſterpflanzungen lange im Wuchſe zurückbleiben; daß der durch gewaltſame Eingriffe der verſchiedenſten Art empfindlich geſtörte Organismus lange Zeit benötigt, um ſich zu ſammeln, und unter allen Umſtänden einer zweifelhaften Zukunft entgegengeht. Damit iſt aber die Stellung der Heiſterpflanzung in der Reihe der eigentlichen Beſtandesgründungsformen im Ertragswalde der Neuzeit für alle Zeiten ſehr erſchüttert. Ihre Blüte liegt um 50 und mehr Jahre zurück. Mode, Luxus, Laune und vor allem das Beſtreben, einen ferti— gen Baumſchlag auf die von der Nutzung kahlgelegte Fläche wieder hin— zuzaubern, haben ihr über Verdienſt vielfach die Stange gehalten und den Bodenreinertrag örtlich mit vielen unwiederbringlichen Tauſenden be— laſtet. Heute aber iſt die Überzeugung durchgedrungen, daß die jugend— liche Pflanze viel früher, ſicherer und billiger zum Ziele führt, und daß derzeit der Heiſterpflanzung im Forſthaushalte nur noch die unterge— ordnete Bedeutung einer zweifelhaften Ergänzungsform bei der Beſtandes— gründung zugewieſen werden darf. — Das moderne Betriebsziel „Nutzholz von hervorragender Güte“ hat alle jene Betriebsarten verdrängt, die der Brennholzproduktion dienſtbar ſind; zu ihnen gehört auch der Mittelwald. Und wenn wir dieſen als minder zeitgemäß fallen laſſen müſſen, ſo iſt auch das Hauptkulturfeld für die Laubholzheiſter verloren. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 171 Ungeachtet aber dieſer vielleicht ſchonungsloſen Entkleidung ihres ehemaligen Glanzes wird ſich die forſtliche Praxis doch häufig in die Zwangslage verſetzt ſehen, auf die Heiſterpflanzung ſich zu ſtützen, nicht etwa weil ſie unter beſtimmten Vorausſetzungen ein beſonderes Ver— trauen in ihre Leiſtungsfähigkeit ſetzt, ſondern einfach deshalb, weil gewiſſe wirtſchaftliche Rückſichten, z. B. die Oberholzpflanzung im Mittelwalde, die Aufforſtung von Hutweiden, von Wildäſungsplätzen, die Einmiſchung von langſamwüchſigen Holzarten in ſchnellwüchſigere Grundbeſtände u. a. m. die Verwendung von vorwüchſigen, d. h. ſchon hochſtämmig entwickelten Pflanzen erheiſchen, junge Pflanzen dagegen im Druck der Umgebung oder vom Wild und Weidevieh total vernichtet würden. Das iſt der Grund, warum auch die Heiſterpflanzung in der Beſtandesgründung als willkommener Gehilfe noch eine gewiſſe Bedeutung behaupten wird. In geringer Anzahl gezogen und gepflanzt, kann ja, allen Hantierungen mit Laubholz-Großpflanzen, wenn auch nur mit be— deutender Aufwandserhöhung, ein um ſo höheres Maß von Vorſicht und Sorgfalt zugewendet werden. Nadelholz wird in der Form von Großpflanzen nur in der Park— wirtſchaft verſetzt, bleibt waldbaulich alſo ganz außer Rechnung. Für die Laubhölzer und namentlich für die nutzholztüchtigen Edelholzarten iſt die Heiſteranpflanzung z. B. im monotonen Einheitsbeſtande aus Waldver— ſchönerungs- und äſthetiſchen Rückſichten, oder im minderwertigen Grund— beſtande auch zur Steigerung der Ertragsausſichten ſowohl im Einzel— beſtande wie in Horjt- und Gruppenform nicht ganz entbehrlich. Die Lehre der ſchwierigen Heiſterzucht muß daher mit einer gewiſſen Sorg— falt behandelt werden, die geeignet wäre, die Nachteile der Heiſterpflanzung einigermaßen abzuſchwächen. § 69. Die Heiſterſchule. Zweck der Heiſterzucht. Der Heiſterzucht wird Ziel und Richtung zugleich gegeben, wenn man ſich den eigentlichen Zweck dieſes Ver— fahrens klar vor Augen hält. Dieſer Zweck darf viel weniger in der Erziehung älterer Großpflanzen, als in erſter Reihe darin geſucht werden, daß dieſe Großpflanzen bis zu ihrer Verwendung im Freilande auch in einer ver— ſetzungsfähigen Verfaſſung erhalten werden. Altpflanzen von kräftiger Ent— wickelung können endlich auch erzogen werden, wenn man bei der erſten Ver— ſchulung den für das einzelne Individuum nötigen Wachsraum von Anfang gewährt oder mit und nach Maßgabe der fortſchreitenden Entwicklung mittels fleißigen Durchſchneidens oder Durchzupfens uſw. laufend herbeiführt. 172 Die künſtliche Beſtandesgründung. Derartige unerzogene Heiſter wären aber für die Zwecke der Beſtandes— gründung total unbrauchbar, weil ihre über 4—6 Jahre ungeſtört ge— bliebene Entwickelung eine nach Tiefe und Breite zu mächtige Wurzel— bildung gefördert haben würde. Der Schwerpunkt der Heiſterzucht liegt eben in der Wiederholung der Verſchulung, welche die übermäßige Wurzelſtreckung hintanhält, dafür aber zur Bildung um ſo reicheren und leiſtungsfähigeren Fein- und Kurzgewürzels anregt. Bodenbearbeitung. Mit dem Alter der Pflanze hat ſich natur— gemäß die Bodenvorbereitung zu vertiefen, ſich dem erweiterten Umfange des Wurzelſyſtems anzupaſſen. Sie hat, mehr vielleicht wie im Saat— und erſten Schulbeete, auch die wichtige Aufgabe im Auge zu be— halten, der Wurzelſtreckung, namentlich in der Tiefenrichtung, nicht allein nicht Vorſchub zu leiſten, ſondern dieſelbe in den Grenzen der Möglichkeit zu— rückzuhalten. Damit iſt das Maß für die Lockerungstiefe gegeben. Sie ſoll im Einklang ſtehen mit den Dimenſionen der Wurzel ſelbſt, aber nicht tiefer greifen, als deren normale Einbettung verlangt. Die Abteilung von Beeten iſt im Heiſterkampe nicht üblich, da die Pflanzſtelle ſelbſt betreten werden muß. Es werden daher größere zuſammenhängende Flächen (Felder, Quartiere) planiert und zur reihen— weiſen Bepflanzung vorbereitet. — Ausheben und Vorbereitung der Schulpflanzen. Das Aus— heben der in den Pflanzbeeten gezogenen drei- oder vierjährigen Pflanzen (Loden) ſoll tunlichſt mit entſprechend breitzinkiger Pflanzengabel und zwar durch Stürzung der Pflanzreihe in einen vorher vorderſeits aufge— zogenen Graben erfolgen, der mit ſeiner Sohle unter das Niveau des Wurzelſyſtems herabgreift. Die Pflanzen werden einzeln, unter rüttelnder Bewegung des umhüllenden Erdballens herausgenommen, ihrem Geſamt— eindruck nach auf ihre Eignung für die teuere Heiſterſchule geprüft und nur in ihren würdigen Exemplaren für die weitere Erziehung aus— erleſen. Leichte Wurzelbeſchädigungen werden glatt geſchnitten, zu lang geſtreckte, wenn auch unverſehrte Wurzelſtränge mit Schere und Meſſer ſo gekürzt und korrigiert, wie ſie zur Pflanzung im zweiten Schulbeete ver— wendet werden ſollen. Nach Maßgabe der Schwächung des Wurzelver— mögens wird gutachtlich auch eine entſprechende Verringerung der Blatt— menge durch Knoſpenbruch oder leichten Aſtſchnitt vorgenommen. Die Pflanzen werden dann eingeſchlagen, bei Transportnotwendigkeit ſicher ver— packt, um auf der Verwendungsſtätte abermals bis zur Einpflanzung ſelbſt ſorgfältig eingeſchlagen zu werden. Auf manche Details, die hier intereſſieren, hat § 79 näher einzugehen. — Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 173 Die zweite Verſchulung der drei- oder vierjährigen Laubholzloden wird in der Regel noch nach dem Muſter der erſten in entſprechend tiefere Pflanzfurchen erfolgen können. Es werden zu dieſem Behufe längs der geſtrafften Pflanzſchnur mittels der Hacke die dem Wurzelbau des Schul— materiales angepaßten Furchen aufgeſchlagen und die Pflanzen einzeln mit der Hand unter Vermeidung jeder Gerätebeihilfe eingeſetzt. Auf natürliche Lage der Wurzeln iſt das größte Gewicht zu legen. Die Ver— bandweite werde nach Maßgabe des geſteckten Zuchtzieles reichlich be— meſſen, damit die Pflanze nicht zu einer unvorteilhaften Streckung der Längsachſe genötigt wird. Im Intereſſe eines ſchonenden Aushebens ſind die Quadrat-Verbände empfehlenswert. Die dritte Verſchulung. In der zweiten Verſchulung reifen die Pflanzen nach zweijährigem Stande zu ſchwachen oder ſogenannten Halb— heiſtern heran. Sollen Starkheiſter erzogen werden, ſo wird im dritten Jahre eine weitere Verſchulung notwendig, die ſich die Aufgabe ſtellt, die Wurzelbildung ſtörend zu unterbrechen, übermäßige Langſtreckung zu verhindern, reiche gedrungene Neubildung von Faſern und Zaſern zu begünſtigen. Die Bodenbearbeitung hat ſich abermals dem erweiterten Wurzelumfange anzupaſſen, ſeiner Tiefe nach aber unbedingt nicht über das Maß der Notwendigkeit hinaus zu greifen. Das Ausheben erfolgt analog der vorher beſchriebenen Stürzung in vorgezogene Gräben mit Zuhilfenahme der Pflanzgabel und der Stechſchaufel, welche letztere mit Rück— ſicht auf die maſſigere Erdbewegung namentlich in trockeneren Böden beſſere Dienſte leiſten wird. Beide Geräte werden in dieſem Falle ſo weit von dem Wurzelſtock eingeſtoßen, daß die unvermeidlichen Beſchädigungen der Seitenwurzeln weit ab von der Hauptachſe und an jenen Teilen der Wurzelſtränge erfolgen, die im Intereſſe des ſpäteren Pflanzaktes ohne— hin gekürzt werden müßten. Dem Wurzelſchnitt, welcher die Bildung reicher Faſerwurzeln dicht um die Hauptachſe herum befördern ſoll, und einer dem Wurzelverluſt annähernd entſprechenden Verringerung des Blattver— mögens iſt erhöhte Aufmerkſamkeit zuzuwenden. Im übrigen erfahren die Halbheiſter dieſelbe Behandlung wie die Loden bei der zweiten Ver— ſchulung. Das Einſetzen erfolgt jedoch nicht mehr in Gräben, ſondern in ausgehobene Pflanzgruben von dem Wurzelbau angepaßten, reichlich be— meſſenen Dimenſionen, in denen die Hand des Pflanzers genügenden Raum zur ſachgemäßen Einbettung der Wurzel findet. Die Pflege der Heiſter. Ausjätungen und Bodenlockerungen werden auch im Heiſterkamp fortgeſetzt. Sie haben wohl für den kräftigen und widerjtandsfähigen Organismus nicht mehr jene hohe Bedeutung, 174 Die künſtliche Beſtandesgründung. die ihnen im Saat- und Schulkamp beigemeſſen werden mußte, üben aber auf das Gedeihen dieſelbe wohltätige Wirkung aus. Ungleich wichtiger für die Heiſtererziehung iſt die Überwachung ihrer Schaft- und Kronen- bildung durch das umſichtige Beſchneiden. Wenn auch weniger für das Nadelholz ſo tritt um ſo mehr beim Laubholz ſchon im jugendlichen Alter das Bedürfnis nach erzieheriſchen Eingriffen in die Schaft- und Kronenbildung hervor, um der mehr oder minder ausgeprägten Neigung zu Schaftverzweigungen und -ver— krümmungen ſchon in ihrer erſten Entſtehung entgegenzuarbeiten und Formen heranzubilden, wie die moderne Ertragswirtſchaft ſie benötigt. Der Wert des Baumes ſteckt nur im Schaft. Seine Dimenſionen und Formen be— dingen ſeine techniſche Verwendbarkeit und die heutige Forſtwirtſchaft hat ſich nicht in letzter Reihe gerade von allen denjenigen Betriebsarten mehr losgeſagt, die in der Richtung der intenſiven Nutzholzerziehung nicht auf zeitgemäßer Höhe ihrer Aufgaben ſtehen. Höhe, Geradſchaftigkeit, Vollholzigkeit und Aſtreinheit bilden die goldenen Zielpunkte der Nutz— holzwirtſchaft, denen auch die Jugendpflege ſchon in der Heiſterſchule mehr oder weniger zu dienen hat. Die der Pflanzenzucht im allgemeinen zur Verfügung ſtehenden Mittel zur Förderung und Begünſtigung des Gedeihens: Bodenbearbeitung, Gewährung entſprechenden Standraumes, Jätung, Lockerung uſw. erfahren im Heiſterkampe eine ſehr beachtenswerte Bereicherung durch das gerade im jugendlichen Entwicklungsſtadium ſo ſehr bewährte Beſchneiden, eine Maßregel, die bei ſachkundiger An— wendung auf die Aſt-, Kronen- und Schaftbildung einen außerordentlich günſtigen Einfluß nimmt. Gar mannigfacher Art ſind die Einflüſſe, welche Krümmungen, Miß— formungen des Schaftes herbeiführen können: natürliche Wuchsveranlagung des Individuums, Entwicklungseigentümlichkeiten der Holzart, ungünſtige Wachstumsbedingungen, Beſchädigungen jeder Art, Verluſt der Terminal— knospe uſw. drängen oft in abnorme Entwicklungsbahnen, die nur durch den korrigierenden Eingriff mittels Meſſers und Schere behoben werden können. Die einſchlägigen Maßregeln finden in der Form des Gipfel-, Schaft- und Aſtſchnittes Anwendung. Sie ſcheinen grundſätzlich von— einander ſehr verſchieden, werden auch aus ganz anderen Geſichtspunkten praktiſch durchgeführt, verfolgen aber ausnahmslos das einheitliche Ziel der Schaftpflege. a) Der Endtrieb iſt in ſeiner herbſtlichen Schlußarbeit vom Froſte überraſcht worden. Er iſt nicht ganz ausgereift, nicht verholzt, zeigt äußerliche Verſchrumpfungen der Rinde und ſchwach entwickelte Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 175 Knoſpen. Einem ſolchen Triebe kann die Führung nicht überlaſſen werden; er würde die Veranlaſſung zu allerhand Mißbildungen geben. Er wird deshalb bis auf das geſunde, vollkommen aus— gereifte Holz und zwar dicht über einer kräftig entwickelten Seiten— knoſpe zurückgeſchnitten. Gleichzeitig müſſen auch jene Aſte ein— geſtutzt werden, welche den gekürzten Gipfeltrieb allenfalls überragen oder ſeine Entwickelung beeinträchtigen könnten. b) Die Terminalknoſpe iſt infolge von Inſektenbeſchädigungen ver— C d — — nichtet oder im trockenen Spätſommer des Vorjahres nur kümmer— lich entwickelt. — Iſt in dieſem Falle eine der quirlſtändigen End— knoſpen normal ausgebildet, ſo kann dieſe den Höhentrieb übernehmen. Man bricht dann die Terminalknoſpe und die minder kräftigen Quirl— knoſpen aus, um die Saftzufuhr auf die zukünftige Endknoſpe zu vereinigen. Sind die quirljtändigen Knoſpen des Triebendes von ſchwächlicher Beſchaffeuheit, ſo wird der Höhentrieb auch in dieſem Falle bis auf die nächſte normale Seitenknoſpe zurück— geſchnitten. Der Gipfel der Heiſter iſt mehr buſchig entwickelt; er zeigt eine mehr oder minder zahlreiche Verzweigung ohne ausgeſprochen dominie— renden Endtrieb. Ein ſolcher Schaft iſt, ſich ſelbſt überlaſſen, für die Nutz— holzzucht verloren. Ein umſichtiges Zurückſchneiden ſämtlicher Quirl— triebe und Übertragung der Höhenentwicklung an den iſolierten beſten derſelben bringt aber zuverläſſig die gewünſchte Abhilfe. Gabelteilige Schaftbildung, ſtreng genommen ſchon das Zeichen einer in den Vorjahren vernachläſſigten Gipfelpflege, beeinträchtigt unter allen Umſtänden die Eignung für die Nutzholzerziehung. Das Zurückſchneiden oder auch glatte Wegſchneiden des ſchwächlicheren Gabelteiles lenkt die Schaftbildung in gute Wege. e) Der Schaft weiſt Krümmungen und Knicke auf, die in dem einen Falle durch äußere wuchsbeeinträchtigende Umſtände (dichte Stellung, Einflüſſe mechaniſcher Natur) veranlaßt wurden, im andern Falle auch in den natürlichen Wuchseigenſchaften der Holzarten ſich begründen, in allen Fällen aber gefördert, wenn nicht gar hervor— gerufen werden durch kräftige Aſtgebilde, welche die Nahrungszufuhr an ſich reißen. Wohl tritt die Neigung zur Achſenſtreckung, unter— ſtützt durch die erzieheriſchen Einflüſſe des Schlußſtandes, bei fort— ſchreitender Entwickelung in ihre Rechte und doch iſt es ein Gebot der nutzholztüchtigen Schafterziehung, durch rechtzeitige Eingriffe 176 Die künſtliche Beſtandesgründung. die Schaftbildung und Aſtreinheit entſprechend zu fördern, denn der jugendliche Organismus läßt ſich immer leichter korrigieren wie das reifere Alter. Es genügt in ſolchem Falle den auf der Krümmung ſtehenden in der Regel zu üppiger Entwickelung geneigten Aſt glatt wegzuſchneiden. Die Zuleitung des Bildungsſaftes erfährt dadurch wieder eine normale Verteilung; die in der unmittelbaren Umgebung der Aſtbaſis verſtärkte Holzbildung hört auf und die Krümmung wird in diejenige Baumzone eingereiht, innerhalb welcher nach dem Geſetze der Stammbildung der Stärkezuwachs von allen Stellen gleich iſt. Der Aſtſchnitt im engeren Sinne des Wortes richtet aber ferner ſein Augenmerk auch f) auf die Verringerung der Saftkonſumtion zugunſten der Schafternährung durch die Entnahme zu dicht geſtellter Aſte oder durch Einſtutzen zu breiten Kronengezweiges in nach oben pyramidal ſich ausformendem Kronenſchnitte; g) auf glattes Wegſchneiden tief angeſetzter Aſtbildungen zur Erzielung aſtreiner, vollgeformter Schäfte. Der Knoſpenbruch kann alle dieſe Maßregeln ergänzen, unterſtützen und erſetzen, doch wird durch den letzteren immer nur eine vorübergehende Abhilfe in dem angeſtrebten Sinne erreicht werden. Was die Jahreszeit der Ausführung anlangt, ſo iſt die Vegetations- ruhe unter allen Umſtänden der günſtigſte Moment. Im Februar, März werden ſich die Bedürfniſſe des einzelnen Baumes, die Entwickelungs— fähigkeit ſeiner Knoſpen und Achſen am ſicherſten beurteilen laſſen. Un— mittelbar vor und während der Frühjahrstriebtätigkeit ſoll das Beſchneiden nur ausnahmsweiſe, etwa bei vorgekommenen gewaltſamen Beſchädigungen ſtattfinden, dagegen iſt wider verbeſſernde Eingriffe im eigentlichen Sommer gar nichts einzuwenden. — Im übrigen ſoll die Pflege des Individuums in der Heiſterſchule ſo geleitet werden, daß ein Beſchneiden im Jahre der Verſetzung ins Freie keine größeren Dimenſionen anzunehmen braucht. Mit einem überreichen Wurzelvermögen ausgerüſtet, bekommt der Pflanze die Verſetzung immer beſſer als umgekehrt und beim Verſetzen ins Freie ſoll das Beſchneiden höchſtens noch die Verringerung des Blattvermögens nach Maßgabe ſtattgehabter Wurzelverluſte anſtreben. Die geeigneten Geräte für das Beſchneiden in der Heiſterſchule ſind das Garten- oder Krummmeſſer, in ſchrägem Schnitt geführt, und die allgemein bekannte Dittmarſche Aſtſchere. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 177 E. Die Verpflanzung ins Freie. § 70. Allgemein. Die eigentliche Beſtandespflanzung iſt unter allen Umſtänden ein gewalttätiger Eingriff in den Entwicklungsgang des Individuums, deſſen nachteilige Folgen nur bei größter Vorſicht bis zu jenem Maße herab— gedrückt werden können, daß dauernde Lebensſtörungen daraus nicht er— wachſen. Die allgemeinen Grundlagen für die Beſtandesgründung durch Pflanzung ſind in den früheren Erörterungen über die Pflanzenerziehung gefunden worden. Sie gipfeln, kurz zuſammengefaßt, in der Forderung eines reichen gedrungenen, weniger in die Breite und am wenigſten in die Tiefe geſtreckten Wurzelſyſtems, das vermöge ſeines oberflächlichen, hori— zontalen Verſtreichens und vermöge ſeiner zahlreichen Wurzelenden die Bildung und Wiederbildung der Wurzelhaare begünftigt, die aufnahms— fähige Wurzeloberfläche außerordentlich vermehrt und ſomit dem erſten Anwachſen und der zukünftigen Entwicklung des Individuums gute Wege vorzeichnet. Nur mit einer normalen Bewurzelung wird eine nor— male Pflanzung vorzunehmen ſein. Der Pflanzakt iſt die wichtigſte, aber auch die ſchwierigſte Verrichtung der künſtlichen Beſtandesgründung überhaupt. Iſt die Erziehung nicht aus richtigen Geſichtspunkten geleitet worden, ſo kann die Pflanzausführung allerdings die begangenen Fehler nicht mehr gut machen, ihre nachteiligen Wirkungen auch nicht aufheben, wohl aber bis zu gewiſſem Grade abſchwächen. Dahingegen wird aber ſelbſt der muſterhaft normal erzogene, kernigſte Organismus unter allen Um: ſtänden durch einen unverſtändigen Pflanzakt auf der freien Kultur⸗ fläche zu einem kränkelnden Daſein, zu Siechtum und zum Verderben verdammt. Die Erziehung des Pflanzmaterials allein und ſei ſie die denkbar vollkommenſte — vermag ſonach die Zukunft des Be— ſtandes nicht zu ſichern. Die ſchonende Behandlung der Pflanze und vor allem der naturgemäß ausgeführte Pflanzakt ſelbſt geben den Ausſchlag. Sie bilden die Grundſäulen des erſprießlich arbeitenden Pflanzkulturbetriebes überhaupt. Und was verſtehen wir unter einem naturgemäßen Pflanzakt? Wir verſtehen darunter denjenigen, der die Wurzel nach Tiefen- und Breiten- ausdehnung in jene Lage zurückzuverſetzen weiß, welche ſie im Zuchtbeete eingenommen hat; denn die Pflanze hat ſich dieſe Wurzel nach Menge, Verteilung und Leiſtungskraft ſo gebildet, wie ſie dieſelbe zur Ernährung Reuß, Beſtandesgründung. 12 178 Die fünftliche Beſtandesgründung. ihres Organismus benötigt. Eine unnatürliche Beibringung der Wurzel nach Tiefe und Ausbreitung hat ebenſo wie arge Beſchädigungen und Verzwän— gungen die Um- und Neubildung des Wurzelſtockes zur Folge und dieſe ſind, wie in Kap. 10 nachgewieſen, von unbe— rechenbarem Nachteil für die Zukunft des Pflan⸗ zenbeſtandes. — Sorauer (Hand— buch der Pflanzenkrank⸗ heiten) erwähnt das Ab— ſterben und Kränkeln zu tief gepflanzter oder ſpäter verſchütteter Bäu⸗ me als eine ganz ge— wöhnliche Erſcheinung und hebt hervor, daß die Baumwurzelintiefer, ſauerſtoffbarer Boden— ſchicht unbedingt zu— grunde gehe (in erſter Reihe Kohlenſäurever— giftung), in ſauerſtoff— armer kümmere. Manche Bäume, er nennt ſpeziell Pappel und Weide, überſtehen die zu tiefe Pflanzung, indem ſich der Wurzelſtock aus eigener Kraft durch Bildung kräftiger Ad— ventivwurzeln in der ſauerſtoffreichen Boden— oberſchicht regeneriere. Dieſelbe Beobachtung hat Verfaſſer an allen forſtlich wichtigeren Holzarten gemacht, am ausgeprägteſten aber an der Fichte. Sorauer zitiert auch an anderer Stelle Bouché, welcher die Empfindlichkeit der Bäume gegen zu tiefes Pflanzen auf Grund prak— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 179 tiſcher Erfahrungen behandelt und konſtatiert hat, daß Birke, Ahorn, Eiche, Buche und die meiſten Nadelhölzer nach zu tiefem Einpflanzen durch mehr oder minder reiche Wurzelneubildung ſofort ein Gegengewicht ſchaffen. Eine beſonders intereſſante Illuſtration zur Neubildungsenergie der Wurzel an der Fichte befindet ſich in dem fürſtlich Liechtenſteinſchen Forſt— muſeum zu Mähriſch Ausſee (Fig. 8). Eine 25 jährige Fichte wurde beim Wegebau 189 verſchüttet. Sie kränkelte ſeither. Als ſie 1898 gefällt wurde, hatte ſie 70 em über dem Wurzelſtock kräftige Adventivwurzeln ausge— trieben. § 71. Eigenſchaftliche Anforderungen bezüglich der Geſtalt, der Stärte und des Alters der Pflanzen. Wenn wir die Verſchulung anwenden, um ein widerſtandsfähi— geres Pflanzenmaterial zu erziehen, ſo iſt damit im allgemeinen zuge— geben, daß die Güte und Beſchaffenheit der Pflanzen den im konkreten Standorte des Kulturfeldes begründeten Wachstumsbedingungen angepaßt, alſo mit einer entſprechenden Widerſtandskraft ausgerüſtet ſein müſſe, die ihre Stützpunkte nur in einem erſtarkten Organismus finden kann. Wie der verſchulten Pflanze, ſo wird in den von der Verſchulung geſteckten Grenzen auch ganz im allgemeinen der ftärferen Pflanze eine mit der Ungunſt des Standortes ſich ſteigernde Eignung zugeſprochen werden müſſen und es erübrigt ſonach nur, zu der hier geſtellten Frage zu er— örtern, nach welchen Kriterien die Widerſtandsfähigkeit der Pflanze zu— verläſſig beurteilt werden könne. — Das Alter der Pflanze bietet wohl brauchbare Anhaltspunkte zur Beurteilung der Entwickelung im allgemeinen und wir können der Pflanze jeder Altersſtufe das Epitheton „kräftig“ beilegen, wenn ſie eine ihren Jahren entſprechende Ausformung in Wurzel und Krone ſich angeeignet hat. Anderſeits aber darf nicht überſehen werden, daß der jugendlichere Organismus unbedingt auch der zartere iſt und daß, ganz abgeſehen von dem gewaltſamen Eingriff in das Pflanzenleben an und für ſich, die Verſetzung eine Menge begleitender Fährlichkeiten beim Ausheben, Trans— port uſw. mit ſich bringt, die einen jo hohen Grad von Widerſtandskraft ver— langen, wie er dem jugendlichen Organismus des ein- und zweijährigen Pflänzchens ſeltener innewohnt. Es kann ſonach wohl zugegeben werden, daß die junge Pflanze bei recht ſchonender Behandlung und bei beſon— ders günſtigen Lebensbedingungen ſchon wegen ihres größeren Anpaſſungs— vermögens mit vollkommener Zuverläſſigkeit zur Pflanzkultur verwendet wird; mit Rückſicht aber auf die Schwierigkeiten einer ſolchen Behand— 12* 180 Die künſtliche Beſtandesgründung. lung und mehr noch mit Rückſicht darauf, daß die Gunſt der gebotenen Wachstumsbedingungen in erſter Reihe auch vom Witterungsverlauf ab— hängig iſt, greift der große Kulturbetrieb ſelbſt unter günſtigen Standorts— verhältniſſen bei der Saatpflanze nicht unter das zweite Lebensjahr herab und hält ſich bei Verwendung von geſchultem Material gerne in den engen Grenzen des drei- und vierjährigen Alters. Mehr ausnahmsweiſe wird in kleinerem Maßſtabe mit fünf- bis zwölfjährigen Pflanzen gearbeitet, doch ſetzen dieſe ſtets mehrmalige Verſchulung, überhaupt eine aufwandvollere Erziehung voraus, wie wir ſie im Heiſterkamp kennen gelernt haben. — Alteren Pflanzen gehen aber beim Ausheben oft viel Zaſerwurzeln verloren. Dadurch wird die Summe der Berührungsfläche der Wurzeln mit dem Erdreich ſo verringert, daß die laufende Verdunſtung nicht gedeckt werden kann und die Pflanzen dann eingehen. Die Stärke der Pflanze iſt nach zwei Richtungen, nach Wurzel- und Kronenvermögen zu beurteilen. Die vornehmlichſte Forderung aber iſt, daß beide in einem normalen Verhältnis zu einander, in einem phy— ſiologiſchen Gleichgewichtszuſtande ſich befinden. Die Pflanze eignet ſich einen ſolchen unter zuſagenden Lebensbedingungen naturgemäß an und es muß ſomit bei richtiger Erziehung nur darüber gewacht werden, daß das natürlich gebildete Wurzelſyſtem beim Ausheben und beim Trans— port unverkürzt und unbeſchädigt erhalten werde. Ganz gewiß hat die Beurteilung der Güte des Pflanzmaterials die Wurzelentwickelung in erſte, die oberirdiſche Achſe in zweite Linie zu ſtellen. Die Wurzel ſoll in reich veräſtelter Anordnung immer eine mehr kompakte als langgeſtreckte, dabei auch ſymmetriſche Bauart auf— weiſen, damit der Pflanze die größtmögliche Ausnutzung des ihr zuge— wieſenen Stand- und Bodenraumes geſichert werde. Das Leiſtungs— vermögen der Wurzel ſoll ſich alſo weniger auf lange Stränge als auf die Zahl und den Reichtum an kurzen und dünnen Verzweigungen (Faſer⸗ und Zaſerwurzeln) ſtützen. Die Tiefenentwickelung des Wurzelſtockes ſoll ſich nach Maßgabe der natürlichen Wuchseigentümlichkeiten der Holzart in beſonders mäßigen Grenzen halten, recht gedrungen und namentlich nicht rübenartig entwickelt ſein. Weiter ſoll das Wurzelſyſtem in ſeinen Haupt⸗ und Nebenorganen ſelbſtverſtändlich tunlichſt geſund und ar— beitstüchtig, hochgradig aufnahms- und leitungsfähig, frei von Rinden⸗ ſchörfen, überhaupt in einer Verfaſſung ſein, wie es ſich in einem ſehr mäßig tiefgelockerten Boden, in entſprechender Verbandweite auszubilden pflegt. Auch in ihrem Kronenbau ſoll die Pflanze frei von allen ab— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 181 normen Erſcheinungen ſein und den Eindruck der Geſundheit und jugend— lichen Kraft erwecken. Sie ſoll eine dem Alter entſprechende Entwicklung in Schaft⸗ und Aſtbildung aufweiſen, jedenfalls aber mehr ſtufig als ſchwächlich aufgeſchoſſen und keineswegs üppig getrieben und nicht von jener Type ſein, wie ſie der tiefgelockerte und gedüngte Kraftboden züchtet — von Gayer treffend als „gemäſtet“ bezeichnet. Beim Nadel— holz werden ausgereckte, friſch grüne Benadelung, kraftvoll gedrungene Langtriebe, aber beileibe keine übermäßig üppig aufſtrebende Höhentrieb— entwickelung verlangt. Die Knoſpen, namentlich die Endknoſpen, ſollen an Schaft und Gezweige kräftig entwickelt und geſund, der Trieb des letzten Jahres gut ausgereift und verholzt ſein. Stärkere Krümmungen und Gabelteilungen des Schaftes, bei Laubholz häufige Erſcheinungen, verringern ebenſo wie buſchig aſtige Kronenbildung die Eignung des In— dividuums für die Pflanzkultur und können in hochgradigem Auftreten die Untauglichkeit begründen. Krankhafte Rindenſchorfbildungen, Kork— bildung, ſelbſt verheilte Beſchädigungen ſollen als Ausſchließungsgrund angeſehen werden. § 72. Wahl der Pflanzzeit. Wenn der Pflanzakt einen unnatürlichen, gewaltſam ſtörenden Ein— griff in das Leben des Individuums involviert, ſo muß offenbar alles auf— geboten werden, die damit verbundene Störung durch ſorgfältig ſich an— paſſende und ſchonende Behandlung auf das geringſtmögliche Maß herab— zudrücken. In dieſer Richtung ſpricht aber die Pflanzzeit ein ſehr gewichtiges Wort mit. Von jeher hat der Grundſatz allgemeine An— erkennung gefunden, daß die Verſetzung des jungen Baumes am leichteſten und erfolgreichſten im Zuſtande der Vegetationsruhe bewerkſtelligt werden könne. Nun iſt es allerdings eine offene Frage, ob überhaupt und wann eine abſolute Ruhe — ſpeziell die unterirdiſche — eintrete, da wir ja eine augenfällige Wurzeltätigkeit nicht allein bis tief in den Winter hinein, ſondern auch im zeitigſten Frühjahr (oft ſchon im Februar) nachweiſen können!). Doch aber muß in Konſequenz obiger, aus der Natur des Pflanzenlebens erfließenden Wahrheit die Verſetzung in der Ruhe— periode grundſätzlich feſtgehalten und, da die Pflanzung im Winter aus— geſchloſſen iſt, das zeitige Frühjahr vor Beginn und der ſpätere ) Verf. beobachtete, daß die Fichtenwurzel im Dezember noch, im Februar ſchon wieder arbeitete. Er ſah die Hainbuche im Januar und Februar „bluten“; an acer negundo lange Eiszapfen des aus Aſtwunden ausgetretenen Saftes im ganzen Winter haften. 182 Die künſtliche Beſtandesgründung. Herbſt nach Beendigung der wirkſamſten Jahresarbeit als diejenigen Termine hingeſtellt werden, in welchen eine Verſetzung unter veränderte äußere Lebensbedingungen, der Gewaltakt des Aushebens aus der Mutter- erde, die Gefahren des Transportes und Wiedereinſetzens mit allen ſtörenden Folgenachteilen relativ leicht überwunden werden. Je tiefer die Pflanze im Frühjahr ſchon in vegetative Tätigkeit eingetreten iſt, je tiefer ſie im Herbſte noch in der Arbeit ſteckt, um ſo ungünſtiger müſſen ſich die Erfolge der Pflanzkultur geſtalten, ſoweit ſie von der Pflanzzeit überhaupt abhängig ſind. Anderſeits iſt es aber vollkommen klar, daß jeder pflanzliche Organismus, welcher nach dem Pflanzakt bald in eine energiſche Lebenstätigkeit ein— tritt, die vorgedachten Störungen viel leichter überſteht als derjenige, der nach dem Vollzuge der Verpflanzung in einem langandauernden Ruhe— zuſtande verharren muß. Im erſteren Falle beginnt die Anpaſſung an neue Daſeinsverhältniſſe ſofort in einem kräftig aufnehmenden Ent— wickelungsgange, im letzteren Falle folgt der Verſetzung ein mehr oder minder vollſtändiger Stillſtand aller phyſiologiſchen Funktionen, deren latente Energie durch einen oft monatelangen Schlummerzuſtand zum mindeſten nicht gehoben werden kann. Die, wenn auch in voller Vege— tationsruhe verſetzte Pflanze ſieht ſich mit Wiederaufnahme ihrer Arbeit vollſtändig veränderten Lebensbedingungen mit einem obenein geſchwächten Organismus gegenüber geſtellt. — Hieraus ergibt ſich für die Wahl der Pflanzzeit ganz allgemein der Leitſatz: Im Pflanzkulturbetriebe ſchreitet rückſichtlich ihrer wirtſchaftlichen Bedeutung die zeitige Frühjahrspflanzung einwandfrei an der Spitze, ihr tritt zunächſt die ſpäte, nach Abſchluß der Haupt⸗Jahresarbeit voll- führte Herbſtpflanzung zur Seite und erſt in dritter Reihe ſteht die ſpätere Frühjahrspflanzung. 1. Die Frühjahrspflanzung. Es gibt offenbar einen Zeitpunkt, in welchem die nachteiligen Folgen einer durch Verſetzung herbeigeführten Unterbrechung der Triebtätigkeit alle jene Bedenken übertönen, welche gegen die Herbſtpflanzung auch dann zur Geltung gebracht werden, wenn ſie vor Eintritt des Winters nicht mehr Zeit zum Anwachſen findet. Dieſer Zeitpunkt — gleichſam das ſtatiſche Moment der Pflanzzeit — hat als theoretiſche Richtſchnur gewiß eine Bedeutung. Er läßt ſich aber im voraus nie beſtimmen, weil er unter allen Umſtänden von dem der Pflanzausführung folgenden Witterungsverlaufe abhängig iſt und in weit gehaltenen, vorher nie feſtzulegenden Grenzen ſchwankt. Folgt der Pflanz⸗ ausführung warme und reichlich feuchte Witterung, ſo geht unter einiger— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 183 maßen günſtigen Bodenverhältniſſen (3. B. ſchon im gelockerten Boden der Pflanzſchulbeete) auch die ſpäte Frühjahrspflanzung noch recht gut; folgt dagegen dem Pflanzakte kühle, minder feuchte oder gar trockene Witterung, welche die Lebensenergie der Pflanze weniger anregt, ſo wird der Erfolg der ſpäteren Pflanzung umſo unſicherer, je geringer der Stand— ort und je tiefer die Pflanze ſchon in die Frühjahrstätigkeit eingetreten iſt. Wenn nun gewürdigt wird, daß der große Kulturbetrieb den ſicheren Boden des Erfolges nie verlaſſen und ſich nie von den Zufälligkeiten des überaus veränderlichen Charakters der Frühjahrswitterung abhängig machen darf, ſo muß die obige Lehrmeinung rückſichtlich der Frühjahrs— pflanzung dahin präziſiert werden, daß nach dem Grundſatz „lieber zu vorſichtig als leichtfertig“ der Pflanzkultur im zeitigſten Frühjahr unbe— dingt der beſte Erfolg zur Seite ſtehe, und daß dieſelbe im Freilande gewöhnlich nicht über Anfang, in der Pflanzſchule nicht über Mitte Mai hinausgreifen ſollte. Lokalklimatiſche Eigenheiten des Standortes können Ausnahmen von dieſer Regel rechtfertigen. Sonſt gehen Ab— weichungen leicht auf Koſten des Erfolges. — Verſuch. Eine größere Windbruchfläche vom Jahre 1876 auf erdarmem Tonſchiefergeſchiebe wurde in gut kenntlicher Weiſe durch einen Holzabfuhrweg in zwei Teile geteilt. Der eine Teil wurde in den erſten Tagen des März, der andere erſt Ende April mit kräftigen verſchulten Fichten von vierjährigem Alter unter ſonſt vollkommen vergleichungsfähigen Vorausſetzungen ausgepflanzt. Zwiſchen der erſten und zweiten Ausführung lag im März ein ziemlich heftiger Nachwinter, im April eine 12 tägige Periode ſcharfer, ausdorrender Oſtwinde; nach oder eigentlich ſchon während der zweiten Pflanzung herrſchte warme, ausreichend feuchte Witte— rung. Gleichwohl hat ſich die Märzkultur durch geringe Eingänge und durch die Energie ihrer Triebtätigkeit und Entwickelung ſehr hervorgetan. Sie hatte im erſten Jahre 4%, im zweiten 2,9%, die Aprilpflanzung dagegen im erſten Jahr 19%,q im zweiten 7,5%, im dritten 2% Verluſt. Die durchſchnittliche Höhenwuchsleiſtung der beiden erſten Jahre bezifferte ſich bei der Märzkultur auf 7,2 cm, bei der Aprilkultur auf 5,3 em. — Dieſes Verſuchsergebnis ſteht auch mit den Erfahrungen der großen Praxis vollkommen im Einklange. — Der beſte Erfolg ſteht offenbar immer auf Seite jener Pflanzung, die noch in vollſtändiger Vegetationsruhe ausgeführt wurde. Die Knoſpen— ſchwellung kennzeichnet äußerlich den Beginn der nährenden Wurzeltätigkeit. 184 Die künſtliche Beſtandesgründung. Beide treten ſchon ſehr zeitig in Erſcheinung und oft genügt an Süd— hängen ſchon der ungehinderte Zutritt der Februar-Sonne, um die Trieb— tätigkeit der Wurzel zu wecken. Je nach Witterungsverlauf ſind in der zweiten Märzhälfte, früher oder ſpäter, die lichtgefärbten Längstriebe der flachſtreichenden Seitenwurzeln ſchon eine häufige Erſcheinung. Wenn nun auch die tägliche Erfahrung lehrt, daß das bereits geweckte Längenwachstum der Wurzel die Pflanzerfolge nicht ausſchließt, ſo ſteht anderſeits doch außer Zweifel, daß dieſe Erfolge mit dem Fortſchreiten der Wurzeltätigkeit in quali et quanto herabgeſtimmt werden. Die Frühjahrspflanzung ſoll deshalb nie auf die Knoſpenſchwellung, etwa als Signal für den Anfangs— termin warten, vielmehr ſo zeitig wie möglich, d. h. ſobald es der Rücktritt des Winters erlaubt, ihre Arbeiten beginnen. Die dagegen oft laut werdenden Einwendungen: „kurze Tage, teuere Arbeit, kalter Erdboden“ ſind an und für ſich vollkommen gerechtfertigt, können aber und ſollen nicht abhalten. Höhere Auslagen werden durch die Sicherheit des Er— folges reichlich gelohnt und es iſt vollkommen falſch, in dieſer Richtung am Kulturaufwande ſparen zu wollen. Denn je tiefer das Individuum im Augenblicke der Verſetzung ſchon in der Arbeit ſteckt, um ſo mehr tritt das Abſterben der Wurzelhaare ſowie die Verletzungen und Verluſte an zarten Wurzeltrieben und Faſerwurzeln ein, die ja ſelbſt bei größter Sorgfalt nie vermieden werden können. Dadurch wird in einem an und für ſich gefährlichen Momente die Lebensenergie der Pflanze in bedenk— lichſter Weiſe herabgeſtimmt, und der Erfolg der Pflanzkultur in unberechen— barer Weiſe geſchädigt. Überdies verdient wohl beachtet zu werden, daß die Wurzel nach der Verſetzung durch einige, je nach Witterung mehr oder minder langbemeſſene Zeit in Untätigkeit — im Stadium der Samm— lung — verharrt und daß in dieſer oft ſchon eine ſtärkere Inſolation von mehrſtündiger Dauer zur Abdorrung führt, weil die ruhende Waſſerzufuhr durch die Wurzeln bei erhöhter Verdunſtungstätigkeit der Blattorgane den phyſiologiſchen Gleichgewichtszuſtand noch nicht herzu— ſtellen vermochte. Dieſe Gefahr iſt aber offenbar umſo größer, je ſpäter die Pflanze ihr exponiert wird — je ſpäter ſie gepflanzt wird. — Der Ballenpflanzung wird in dieſer Beziehung vielfach eine größere Widerſtandsfähigkeit nachgerühmt, ein Lob, welches nur dann berechtigt iſt, wenn ein ſchonend ausgehobenes, in breiten Erdballen konſerviertes Wurzelſyſtem vorausgeſetzt werden kann. Mit ſtärker abgeſtoßenen Seiten— wurzeln geht die Ballenpflanzung ebenſo ſchlecht, oft ſchlechter als die mit ballenloſem Material. 2. Die Herbſtpflanzung hat im Gegenſatz zu den Anſchauungen Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 185 der älteren Schule und in direktem Widerſpruch zu der allgemein geübten Praxis in jüngſter Zeit Angriffe und Verurteilung erfahren, die mit ihren namentlich in faſt allen Nadelholzforſten vor Augen tretenden guten Erfolgen nimmer in Einklang gebracht werden können und ſie deshalb auch aus ihrer berechtigten Stellung im Wirtſchaftshaushalte nicht ver— drängen konnte, um ſo weniger als die Grundlagen jener groß angelegten Verſuche, aus deren Ergebniſſen das Urteil gegen die Herbſtpflanzzeit geſchöpft wurde, nicht ganz einwandfrei vergleichungsfähig erkannt wurden und ein Maßſtab aufgeſtellt worden war, nach dem die Wachstumsleiſtungen der Frühjahrs- und Herbſtpflanzung nicht richtig gemeſſen werden konnten, denn er ſtellte den Höhentrieb der Herbſtpflanzung des der Pflanzung unmittelbar folgenden Jahres (das iſt erſte Jahresleiſtung nach der Verſetzung) mit dem Höhentriebe der Frühjahrspflanzung von dem der Pflanzung folgenden zweiten Vegetationsjahre (das iſt alſo mit der zweiten Jahresarbeit nach der Verſetzung) zur Vergleichung. Daß ein auf dieſer Grundlage ſtehendes Urteil im Hinblick auf die notoriſch nachteiligen Einwirkungen des Pflanzaktes beſonders im erſten Jahre zu einer unver— dienten Belaſtung der Herbſtpflanzung führen mußte, liegt auf der Hand). Die gegen die Herbſtpflanzung erhobenen Einwände ſtützen ſich wirk— ſam auf die Tatſache, daß die unterirdiſche Vegetationsruhe für den Akt der Verſetzung im Herbſte noch viel weniger abzupaſſen iſt wie bei der Frühjahrspflanzung, und daß die Verſetzung im Herbſte bei abnehmender und nicht wie bei der Frühjahrspflanzung bei aufnehmender Lebens— energie erfolgt. Es iſt eine wiſſenſchaftlich erhärtete, ſchon von Du— hamel, Th. Hartig, v. Mohl uſw. nachgewieſene Tatſache, daß der Jahresring der Wurzel keineswegs gleichzeitig mit demjenigen des Stammes fertig wird, ſondern viel ſpäter abſchließt, und Wurzelwachstum öfter im Winter noch konſtatiert wird. Man braucht nur die jugendliche Pflanze im Spätherbſte aus dem noch froſtfreien Boden auszuheben, um zu beſtätigen, daß namentlich die Triebwurzeln der wintergrünen Nadelhölzer noch in mehr oder minder lebhafter Neubildung (Streckung) begriffen ſind. Unter— ſucht man dieſe Spättriebe genauer, ſo gewahrt man an ihnen keine oder doch nur eine verſchwindend geringe Haarbildung, ſo daß die ſpäte Tätig— ) Nähere Orientierung in Heft 14 der „Mitteilungen des forſtlichen Verſuchs— weſens Oſterreichs“ vom Jahre 1892: „Dr. Cieslar, die Pflanzzeit in ihrem Einfluß auf die Entwickelung der Fichte .. . .“ und die Rezenſionen dieſer Arbeit in der Oſterreichiſchen Vierteljahrſchrift IV. 1892, I. 1893 vom Verfaſſer; ferner in der A. F. und J. Z. XII 1892 von Dr. Lorey. — 186 Die künſtliche Beſtandesgründung. keit der Wurzel wohl mehr mit Einwanderung und Aufſpeicherung von Aſſimilaten in die Reſerveſtoffbehälter in Zuſammenhang gebracht, weniger aber als Ausfluß einer phyſiologiſchen Wechſelwirkung zwiſchen Pflanze und Nährboden aufgefaßt werden muß. Wenn nun die zu rechter Zeit ausgeführte Herbſtpflanzung tatſächlich gute Erfolge zeitigt, ſo muß daraus geſchloſſen werden, daß eine Unterbrechung der im Zuge befindlichen Wurzelwuchsregungen nicht allzu ſtörend auf die Lebenstätigkeit des Geſamtorganismus zurückwirkt. Vergeſſen wir nicht, daß eine ähnliche und in den meiſten Fällen wohl eine empfindlichere Störung auch bei der Frühjahrspflanzung ſtattfindet, daß bei letzterer öfter ſogar eine zweifache Unterbrechung der eigentlichen an Wurzel und Krone bemerk— baren Triebtätigkeit eintritt, ſobald der veränderliche Charakter der Früh— jahrswitterung zwingt, die bereits ausgehobenen Pflanzen wochenlang im Erdeinſchlag zu konſervieren, bis der Wiedereintritt beſſerer Witterung die Fortſetzung des Pflanzgeſchäftes geſtattet. Und wie oft werden im zeitigſten Frühjahr Pflanzen in Vorrat ausgehoben, an kalten Lagen ein— geſchlagen und mit Reiſig zugedeckt, um vorzeitiges Antreiben zurück— zuhalten und ſo die Frühjahrspflanzzeit zu verlängern. — Übrigens iſt ſelbſt an der im Spätherbſt verſetzten Pflanze, dank den höheren Temperaturverhältniſſen des noch ſommerlich durchwärmten Bodens, ſchon nach wenigen Tagen eine neubildende Tätigkeit an den Wurzelenden nachweisbar, durch welche ein inniger Kontakt zwiſchen Pflanze und Nährboden herbeigeführt, das Anwurzeln vor dem Ein— wintern vermittelt wird. Wenn nun aber die Erfahrung lehrt, daß z. B. die wintergrünen Nadelhölzer auch ohne dieſen innigen Kontakt, alſo in nicht angewachſenem Zuſtande überwintern können, Anlage und Bildung der Seitenwurzeln bis zur neuen Entwicklungsperiode ohne Nachteil ruhen können, ſo liegt gewiß kein Grund vor, das herbſtliche Anwachſen als un— erläßliche Vorausſetzung für den befriedigenden Kulturerfolg hinzuſtellen. Verſuch (angeſtellt über Anregung des Verfaſſers vom Ober— förſter R. Teynil, Chouzawa-Dobriſch). Im Jahre 1884 galt es, einen größeren Vorrat von kulturreifen Fichtenpflanzen (ca. 26000 St.) vor den winterlichen Schäden durch Verbeißen des Hochwildes zu ſchützen. Die Pflanzen wurden gehoben und im Garten eines der Verwendungsſtätte nahegelegenen Forſthauſes hinter ſichernder Um— zäunung eingeſchlagen. Mäßig hohe Schichtung, z. T. überdeckt mit einem auf ſchwebender Stangenroſtung aufgelegten dichten Reiſigſchirm. Im folgenden Frühjahr ſind die Vorräte aus dem Erdeinſchlage gehoben und im Schlage Kobyla 43 d ausgepflanzt worden. Als Ver— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 187 gleichspflanzung wurden 8000 Stück dreijährige verſchulte Fichten, die erſt im Frühjahr und unmittelbar vor der Pflanzausführung aus den Mutterbeeten gehoben waren, auf demſelben Schlage verwendet. Weder in den Verluſten der erſten Jahre noch in der Haltung und Entwickelung der beiden Vergleichskulturen ſind irgend welche Er— ſcheinungen hervorgetreten, die zu ungunſten des winterlichen Erd— einſchlages hätten ſprechen können. Im Jahre 1897 wurde die ge— ſchloſſene Dickung ſchon in die beiten Triebe der Hochwildjagd ein— gereiht. Ein Unterſchied in der Entwickelung der Jungbeſtände iſt auch heute abſolut nicht zu konſtatieren. Wird die Herbſtpflanzung zu guter Zeit, d. h. um die Monatswende Oktober⸗November beginnend, und auch ſonſt aus den für die Frühjahrs— pflanzung für richtig erkannten Geſichtspunkten durchgeführt, ſo tritt ihr der letzteren gegenüber der Vorteil zur Seite, daß ſie minder hohen Inſo— lationsgraden ausgeſetzt iſt, und ſomit Eingänge durch Abdorrung infolge erhöhter Verdunſtungstätigkeit der Blattorgane ſelbſt bei loſe im Boden haftenden Pflanzen nicht ſo leicht eintreten. Sehr empfindlich ſind da— gegen die zeit- und ortsweiſe durch phyſikaliſche Einflüſſe, insbeſondere durch Barfroſtwirkungen hervorgerufenen Nachteile und Verluſte, und dieſe ſind es auch, welche unter Umſtänden die Erfolge der Herbſtpflanzung in ſehr ungünſtiges Licht ſtellen, ja in Standorten, die dem Auffrieren des Bodens Vorſchub leiſten, den Pflanzakt zur Herbſtzeit geradezu ver— bieten. Nicht unerwähnt ſoll auch für wildreiche Reviere das ſtärkere Ver— beißen und Ausziehen der vor dem Winter ausgeſetzten (namentlich recht üppigen) Pflanzen bleiben. Wenn ſonach an der ſouveränen Stellung der eigentlichen d. h. der zeitigen Frühjahrspflanzung im Forſthaushalte nicht gerüttelt werden kann, ſo unterliegt es anderſeits doch auch keinem Zweifel, daß, abge— ſehen von beſonders ungünſtigen Barfroſtlagen, auch der Herbſtpflanzung eine wirtſchaftliche Bedeutung zuerkannt werden muß und daß ſie unter jeder Bedingung der verſpäteten Verſetzung ſchon in Aſſimilations— tätigkeit eingetretener Pflänzlinge bis in den Mai hinein voranzuſtellen iſt. Bei Laubhölzern, deren Wurzel eigentlich den ganzen Winter hindurch zu arbeiten ſcheint, iſt die Herbſtpflanzung ebenſo wie die ſpätere Früh— jahrspflanzung weit unſicherer und deshalb nur da ſtatthaft, wo die Wachstumsbedingungen beſonders günſtig geartet ſind, beziehungsweiſe durch künſtliches Zutun günſtig geſtaltet werden können. Bei ſchon an— getriebenen Laubhölzern wird die unterbrochene Korrelation zwiſchen Wurzel— 188 Die künſtliche Beſtandesgründung. und Blattvermögen immer nur ſchwer wiederhergeſtellt. Durch Aushebung mit großen Ballen wird der Erfolg ſicherer. — Verſuch. Die Leiſtungen der Herbſt- und Frühjahrspflanzung. (Angeſtellt und beobachtet bis zum Eintritt des Beſtandesſchluſſes vom Verfaſſer unter Mitwirkung der Oberförſter A. Knittel und Al. Arnoſcht.) Angeregt durch die vorher erwähnten Publikationen der k. k. forſtlichen Verſuchsleitung wurden im Jahre 1893/94 in den Revieren Platz und Kozohor der Domaine Dobriſch einige komparative Verſuchsreihen zur Pflanzzeitfrage auf der allein zu⸗ läſſigen auch von Dr. Lorey geforderten Grundlage angelegt, daß die Herbſtpflanzung vom Jahre 1893 mit der Frühjahrspflanzung des folgenden Jahres 1894 in Konkurrenz treten mußte. Nur auf dieſe Weiſe konnte die Triebtätigkeit a dato der Verſetzung in zeitliche Übereinftimmung gebracht und ein einwandfreier Maßſtab ge— funden werden, an welchem Leiſtung und Entwicklung zu jedem ſpäteren Termine zu meſſen waren, denn das Leben des Indivi— duums iſt durch den Akt der Verſetzung in zwei gleiche und ver— gleichungsfähige Zeitperioden geſondert. Um die nachteilige Wirkung der Barfröſte durch Heben und Ausziehen der Pflanzen iſolieren zu können, iſt die Herbſtpflanzung des Platzer Revieres in zwei Parallelen aus— geführt, deren die eine mit freien Pflanzlöchern in den Winter ein— trat, während die andere mit Moos und Stein in der Umgebung der friſch eingeſetzten Pflanze eingedeckt und ſo gegen den Zutritt ſtarker Barfröſte geſchützt wurde. In Kozohor ſind zwei Flächen am 21. Oktober 1893 und am 20. April 1894 angelegt worden; in Platz dagegen ſechs Flächen und zwar zwei Parallelpflanzungen im Herbſte mit und ohne Schutzdecke gegen Barfröſte und vier Früh— jahrspflanzungen vom 3. und 16. April, vom 7. und 15. Mai. — Jede Verſuchsreihe iſt in ſich ſelbſtändig, jede mit einheitlich er— zogenen Pflanzen gleicher Provenienz und von denſelben Arbeitern ausgeführt. Die Details der Verſuchsanlage, Beobachtung und die Ergebniſſe behält ſich Verfaſſer an anderer Stelle zu veröffentlichen vor. Auf Seite 189 die Schlußergebniſſe in ſummariſcher Zu— ſammenſtellung. Beſondere Aufmerkſamkeit wurde der Beobachtung etwaiger Veränderungen im Bereiche der Wurzeln zugewendet und konſtatiert, daß die Herbſtpflanzung beſonders im Granitſande des Platzer Re— viers ſehr bald nach ihrer Ausführung in lebhafte Wurzel-Trieb— tätigkeit eintrat, die äußerlich in Form von kräftigen „Spargel— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 189 1894 1895 1898 1902 85 Plan: 7 * Ne der 7 Ver⸗ Ver⸗ Ber: durch] Ver- durch- i ; e I s zpen⸗ Aößhben⸗ | zenzahl Revier | Ber: ß en 17 luſte Höfen: luſte Höhen luſte ſchnittl.] luſte ſchnittl. je ſuchs Anfang Stück, trieb Stück, trieb Stück, Hohe d.| Stüc. Höhe d.] Schluß fläche zahl em zahl em zahl Pflanze zahl Pflanze Platz] I 2000 21. X. 93] 152 3,17] 84 10,22 11 | 74 | 69 | 125 | 1684 Ia [2000| desgl..) | 11 1464| 1 12,644. | 80 | 44 | 131 | 1944 II |2000|3.IV.94| 47 3,41 16 10,65 1 75 | 91 | 116 | 1845 III |2000[16.IV.94| 32 4,19 9 |11,20| 1 79 | 55 | 125 | 1903 IV /2000|5.IV.94| 72 3,83] 24 |10,99| 18 | 74 | 52 | 121 | 1834 V |2000 j17. V. 94| 185 |2,81| 55 9,37] 10 | 69 | 94 | 112 | 1656 i. Jahr 1900 1809 21. X. 93 13 3,9 8 19,12 . : 135 | 1788 1703]10.IV.94| 10 | 5,3 14 17,5 5 . 75 | 132 | 1674 — Kozohor jpigen“ an den Wurzelenden der vorſichtig gehobenen Probe— pflanzen nachweisbar waren. Eine Anzahl ausgewählter Pflanzen wurde überdies vor dem Einſetzen im Herbſte photographiſch auf— genommen. Ihre zweite Aufnahme im Frühjahr konnte keinerlei nachteilige Veränderung, insbeſondere kein dezimierendes Abſterben des zarten Feingewürzels nachweiſen und ſpätere Wiederholungen der photographiſchen Aufnahme und okularen Unterſuchung erkannten überall an den Herbſtpflanzen eine überaus geſteigerte Wurzelbildung als unmittelbare Folge der wiederholten Hebungen und Wieder— einſetzungen der Pflanze, die ohne Wurzelſchädigungen nicht ablaufen, zur Wiederbildung der Wurzelkrone führen und ähnlich wie der kurze Wurzelſchnitt eine Menge kräftiger Neben- und Faſerwurzeln hervorrufen. Es war ſomit auch in der weiteren Entwickelung keine nachteilige Einflußnahme der Herbſtpflanzung feſtzuſtellen. Der andere Teil der im Verſuch geſtellten Frage wurde durch ſorgfältige Abzählung der Verluſte und durch Meſſungen der Höhenwuchsleiſtung alſo beantwortet: Die Verſuchsergebniſſe ſprechen im einzelnen wie im ganzen durchaus nicht zu ungunſten der Herbſtpflanzung, denn weder die Verluſte noch die Daten über die Höhenwuchsleiſtungen des erſten Jahres noch die Entwicklung der ſpäteren Jahre bis zum Eintritt des Beſtandesſchluſſes laſſen belaſtende Urteile nach dieſer oder jener Richtung zu. Die Leiſtungen der Herbſtpflanzung ſtehen vielleicht gegen die zeitigſte Frühjahrspflanzung zurück, doch ) Ia Wurzelbereich mit Moos und Stein gegen Barfroſt eingedeckt. 190 Die künſtliche Beſtandesgründung. verſchwinden dieſe geringen Differenzen mit fortſchreitender Ent— wicklung vollſtändig. Beſonders günſtig hat ſich die gegen Froſt— wirkungen mit Moos und Stein eingedeckte Variante der Herbſt— pflanzung gehalten. Sie hat bei geringſten Verluſten die beſten Leiſtungen und legt dar, daß weniger der herbſtliche Pflanzakt, als die Barfroſtwirkungen die Erfolge der Herbſtpflanzung beeinträch— tigen, gleichzeitig dokumentierend, wie notwendig es war, die nach— teilige Einflußnahme der Froſtwirkungen zu iſolieren. — Dieſe Ver— ſuchsergebniſſe beſtätigen in präziſen Zifferdaten die Erfahrungen und Wahrnehmungen der großen Praxis, ſie beſtätigen auch im all— gemeinen die bereits im Jahre 1849 von einem hervorragenden Forſcher, Th. Hartig, niedergelegten Beobachtungsreſultate von Pflanz zeitverfuchen im Sommer und Herbſte 1848 (vgl. Juniheft d. A. F. u. J. 3. 1849). In kurzem Reſumé wird ſonach für die Wahl der Pflanzzeit folgende allgemeine Richtſchnur aufzuftellen ſein: Jeder Forſt haushalt, der mit einem großen Arbeitspenſum, mit kurzer Arbeitsſaiſon und Arbeitermangel zu rechnen hat oder infolge örtlich ungünſtiger klimatiſcher Einwirkungen durch langanhaltende Dürre im Frühjahr ſeine Kulturerfolge erfahrungsmäßig gefährdet weiß, wird in allen Fällen, wo die herbſtlichen Vorarbeiten durch Löcherhacken uſw. die rechtzeitige Beendigung der Frühjahrskulturen nicht herbei— führten, ganz ohne Bedenken durch ſpätere Herbſtpflanzung (nach Mitte Oktober) ergänzend eingreifen. Wo ſtandörtliche Verhältniſſe erfahrungsmäßig die Befürchtung ſtarker Barfroſtwirkungen nahelegen oder empfindlicher Wildverbiß droht, iſt von der Herbſtpflanzung abzuſehen, oder doch nur dann Gebrauch zu machen, wenn die Eindeckung des Wurzel— raumes mit Moos und Stein und ſonſtige Schutzmaßregeln tunlich er— ſcheinen. Über den April hinaus vermag die Frühjahrspflanzung ihre ſouveräne Stellung nicht zu behaupten. Wo der Herbſtpflanzung ſpezifiſche Bedenken entgegentreten, empfiehlt es ſich, eine künſtliche Verlängerung der Frühjahr⸗Pflanzzeit durch herbſtliche Vorarbeiten herbeizuführen und durch Ausheben und Einſchlagen an kalten Winterlehnen das zeitige An— treiben im Frühjahr zu verhüten. Für Laubholz iſt die zeitige Frühjahrs— pflanzung allein anwendbar, nur unter beſonders günſtigen Wachstums⸗ bedingungen iſt die Herbſtpflanzung ſtatthaft. N § 73. Die Pflanzweite. Die große Kulturpraxis bekannte ſich bis in die neueſte Zeit hinein zur engeren Pflanzung. Sie ſtützt ihre Anbauregeln mehr auf die Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 191 natürliche Verjüngung und auf die Beſtandesſaat und kann ſich deshalb auch heute von der vermeintlichen Notwendigkeit einer dichteren Anfangs— beſtockung im Jungbeſtande noch nicht ganz frei machen. Den Pflanz— beſtänden ſelbſt blieb es vorbehalten, dieſen Irrweg des Pflanzkultur— betriebes, der auf die zukünftige Beſtandes-Entwickelung einen ſehr nach— teiligen Einfluß ausüben mußte, vor Augen zu führen, indem ſie in ihren älteren Anlagen die beſten Lehrobjekte boten zu vergleichenden Studien über den Entwickelungsgang und die Zuwachsleiſtungen der lichten Jugend— ſtellung des Pflanzbeſtandes gegenüber den dichten Beſtockungsgraden der Saat und der natürlichen Verjüngung. Die in den Pflanzbeſtänden ge— ſammelten Erfahrungen lehren ganz allgemein zwei wichtige Vorzüge der räumlicheren Beſtandeserziehung, die darin gipfeln, daß ceteris paribus 1. die Ertragsleiſtung des Pflanzbeſtandes bei ſpäter eintreten— dem Durchforſtungsbedürfnis ungleich höher ſteht als die des Saatbeſtandes und daß 2. die Widerſtandsfähigkeit des einzelnen Baumes und Beſtandes infolge der vollkommeneren Entwickelung gegen alle Gefahren, ins— beſondere aber gegen Belaſtungsdruck durch Schnee, Eis, Rauhreif, Wind uſw. eine ungemeine Steigerung erfahre. Die überzeugende Kraft dieſer in handgreiflicher Geſtalt hervor— tretenden Erfahrungsregeln führte naturgemäß zu vergleichenden Beobach— tungen über die günſtige Einflußnahme der Verbandweite im Pflanzbeſtande und zu dem Beſtreben, jene Grenzen feſtzulegen, bis an welche die Be— ſtandespflanzung rückſichtlich der Pflanzweite herantreten darf, ohne ihre Bedenken und Gefahren herauf zu beſchwören und zwar 1. die Bodenverwilderung und -verarmung bei länger aus— bleibendem Beſtandesſchluß, 2. die, wenn auch nur vorübergehend eintretende Verminderung der vollen Bodenertragsleiſtung. Die hinſichtlich der jugendlichen Entwickelung hervortretenden Wir— kungen ſind nun aber ſo vielſeitig, daß ſie in der Regel nicht einmal der Zahl nach, geſchweige denn ihrer eigentümlichen Wirkung nach über— blickt werden können, und es iſt deshalb ganz ausſichtslos, einwandfreie Regeln feſtzulegen, nach welchen ſtandörtlichen Rückſichten das zweckdienliche oder zuläſſige Maß der Beſtockungsdichte vorausbeſtimmt, beziehungsweiſe abgeändert werden müßte. Hier bietet die Wiſſenſchaft in einer umſich— tigen Beurteilung der chemiſchen und phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften uſw. wohl theoretiſche Anhaltspunkte, aber ſie vermag nicht geſetzmäßig zu entwickeln, und da die nachteiligen Folgen einer zu lichten Beſtockung, 192 Die künſtliche Beſtandesgründung. namentlich Verſtöße gegen die Bodenpflege ſo ſchwer ſich wieder aus— heilen laſſen, ſo ergibt ſich für den Pflanzkulturbetrieb die allgemeine Richtſchnur „lieber dichter als zu licht“. Den nachteiligen Folgen einer zu dichten Beſtandesſtellung kann die rechtzeitig eingreifende Beſtandes— pflege vorbeugen. Verödung des Bodens infolge ungenügenden Schutzes dagegen iſt immer gleichbedeutend mit dem Rückgang der Wirtſchafts— erfolge und der Wirtſchaft überhaupt. — Wenn ſonach vor einer zu hoch bemeſſenen Pflanzweite im allgemeinen nicht dringend genug gewarnt werden kann, ſo treten anderſeits die nachteiligen Folgen zu dichter Pflanzverbände in gröb— lichſten Widerſpruch mit den grundlegenden Forderungen der mo— dernen Ertragswirtſchaft. Es gehört deshalb die Wahl des richtigen d. h. den einſchlägigen Verhältniſſen Rechnung tragenden Maßes der Beſtandesdichte wohl zu den wichtigſten, aber auch zu den ſchwierigſten Vorentſcheidungen des Pflanzkulturbetriebes, zu jenen Erwägungen, die aus einheitlichen Geſichtspunkten nie für größere Waldkörper, auch nicht für ganze Reviere, ja nicht einmal für die einzelne Schlagfläche getroffen werden können, die vielmehr dem fortwährenden Wechſel des Stand— orts, der Holzart, des Abſatzes uſw. ſich anzupaſſen haben. Die Pflanz⸗ weite ſoll ſich der zuläſſigen Grenze nach oben tunlichſt nähern, damit der Wirtſchaft die Vorteile der geräumigen Erziehung zugute kommen, ohne daß fie deren Nachteile mit in den Kauf nehmen müßte. Dazu ge⸗ hört ein in praktiſcher Erfahrung gereifter Blick, der ſich von Fall zu Fall darüber klar wird, wie weit er ohne Verſtoß gegen bodenpflegliche Rück— ſichten gehen könne. Jede ſchablonenmäßig einzwängende Generalregel iſt vom Übel. Zur Beſtimmung des wirtſchaftlichen Optimums der Pflanzweite dienen die folgenden Erwägungen als Leitſätze. Wie früher ſchon kurz angedeutet, wird die weitſtändige Pflanzung jedem fortſchrittlichen Waldwirtſchaftsbetriebe, dem es ernſt iſt um die Betätigung ſeiner hohen privat- und volkswirtſchaftlichen Aufgaben, durch die hervorragenden Vorteile der geräumigen Jugenderziehung geradezu aufgenötigt: 1. Die Ertragsleiſtung des Beſtandes wird nach Maſſe und Wert durch eine bis zu gewiſſen Grenzen geſteigerte Verbandweite außer⸗ ordentlich gehoben. Dem aufmerkſamen Beobachter treten die Illu— ſtrationen zu dieſer Lehrmeinung bei Schritt und Tritt in tauſendfacher Geſtalt in jedem Beſtande, ja in jeder Baumgruppe entgegen, in welchen Zufall oder Behandlung ungleichmäßige Beſtockungsgrade herbeigeführt Die Beſtandesverjüngung durch Pflanzung. 193 haben. Wo der Baum — auch am Beſtandesrande trifft das zu — laufend den nötigen Raum zur Entwickelung findet, wo er arbeitstüchtige Kronen ausbilden kann, da baut er auch nach Maſſe und Formenreichtum die wertvollſten Stämme auf. Das iſt eine über jeder Diskuſſion ſtehende, naturgeſetzlich begründete Wahrheit, welche eine der vornehmlichſten Grund— lagen der Waldertragswirtſchaft bildet und für alle Altersſtufen zutrifft. v. Guttenberg hat in ſeinen trefflichen Unterſuchungen über „Zuwachsleiſtung und Zuwachsgang in Fichtenpflanzbeſtänden“, (Oſterr. V. J. S. II 1888) den ziffer⸗ mäßigen Nachweis über den günſtigen Einfluß der räumlicheren Jugenderziehung er— bracht und aus den, in zwölf zu vergleichenden Erhebungen herangezogenen Fichten— beſtänden erhobenen Daten geht hervor, daß im allgemeinen auch die Zuwachsleiſtung mit der Pflanzweite — wenigſtens bis zu der unterſuchten oberen Standraumgrenze von 4,5 qm pro Pflanze — ſich ſteigert. Schon vom 10. Jahre an zeigte der weitere Verband eine günſtigere Entwicklung und im 30. Jahre hatte der Mittelſtamm des weiteren Verbandes nahezu den doppelten Kubikinhalt gegenüber jenem des dichten Beſtandes, ohne daß etwa die Formausbildung zu ungunſten des weiteren Verbandes hätte ſprechen können. 2. Die höhere Ertragsleiſtung hat die vollkommenere Entwickelung des einzelnen Beſtandesgliedes zur notwendigen Vorausſetzung, und da an dieſe die höhere Widerſtandsfähigkeit des Baumes und Beſtandes gegen elementare Gefahren, insbeſondere gegen Schneebruch gebunden iſt, ſo muß eine Maßnahme, welche die Entwickelung des einzelnen Individuums ſördert, notwendig auch in letztgedachter Richtung von günſtigem Einfluß ſein. Daraus ergibt ſich ein anderer wichtiger Vorteil von unabſehbarer wirtſchaftlicher Tragweite: Die weitſtändige Beſtandesgründung trägt hervorragend zur Sicherung der Beſtandeszukunft und Forſtwohl— fahrt bei. — Klar und verſtändnisvoll hat ſchon Gottlieb Zötl in ſeiner bekannten „Forſtwirtſchaft im Hochgebirge“ darauf hingewieſen, daß in der geräumigen Erziehung das wirkſamſte Mittel zu ſuchen ſei, um „die Beſtände ſchon frühzeitig gegen die ihnen drohenden Gefahren von Stürmen und Schneedruck u. dgl. abzuhärten“ und es iſt gewiß zu verwundern, daß eine ſchon vor 80 Jahren vertretene Lehrmeinung von ſo packender Kraft den Weg jo unendlich ſchwer in den Wald gefunden hat und findet ). Ladet ja das Verhalten der Saat- und Pflanzbeſtände, der engeren und weiteren Pflanzverbände in jeder exponierteren Lage zu vergleichenden ) Verfaſſer hat vor Kurzem ein Gutachten über den Wirtſchaftsbetrieb eines Großwaldbeſitzes abgegeben und als bewährtes Vorbauungsmittel gegen die bedenklichen Schneebruchſchäden in den höheren Lagen die rechtzeitig beginnende und oft wieder— kehrende Durchforſtung zur Erziehung höherer Widerſtandsfähigkeit empfohlen. Die Lokalverwaltung glaubte dieſe Maßregel nicht verantworten zu können, „weil ſie die Bruchgefahr dadurch geſteigert wähne“. Reuß, Beſtandesgründung. 13 194 Die künſtliche Beſtandesgründung. Beobachtungen ein und ſie alle reden der lichteren Anfangsbeſtockung, der geräumigeren Erziehung ſo überzeugend das Wort, daß die Wirt— ſchaftspraxis der Neuzeit in den weiteren Pflanzverbänden die beſte und die grundlegende Präventivmaßregel erkennt, um den Beſtänden eine kräftige Jugendentwickelung zu ſichern und namentlich vor vernichtenden Schneebruchſchäden zu behüten. Maſſenbruch (Neſterbruch) iſt im ge— räumiger erzogenen Beſtande kaum möglich, Einzelbruch un verhältnismäßig ſeltener und ſelbſt in den bruchgefährlichſten Lagen unſchädlicher. — Der überaus günſtige Einfluß der geräumigeren Jugenderziehung durch ent— ſprechende Pflanzweite und rationelle Beſtandespflege iſt auch durch unzählige Unter- ſuchungen, Erfahrungen und Verſuche vollkommen einwandfrei feſtgelegt. Speziell ſei u. a. auf den „intereſſanten Fall aus der Schneebruchpraxis“ von Kraft (Z. f. F. u. J. W. XIX S. 454), wo inmitten eines vom Schnee total vernichteten engeren Pflanzbeſtandes einige weiter gepflanzte Reihen vollſtändig intakt blieben, und auf die Unterſuchungen Bühlers hingewieſen (Jahrb. d. Forſtkunde v. Wedekind 1845), aus denen hervor⸗ geht, daß die Beſtände durch ſtärkere Durchforſtungsgrade gegen Schneebruchſchäden geſichert wurden. Verſäumtes kann ſelbſtverſtändlich nicht auf einmal nachgeholt werden. 3. Ein dritter ſehr beachtenswerter Vorteil der größeren Pflanz— weite begründet ſich in ihrem geringeren Koſtenaufwande. Wenn der Kulturbetrieb aus haushälteriſchen Rückſichten mit den Ausgaben ſparen und zwar nur an der richtigen Stelle ſparen ſoll, wo es der Güte der Arbeitsausführung keinen Abbruch tun kann, ſo ſind die Hebel zur Herab— minderung des Pflanzkulturaufwandes wohl nirgend wirkſamer einzuſetzen, als bei der Wahl der richtigen Pflanzweite. Kaum durch eine andere Maßnahme werden Kulturkoſten obenein mit ausgeſprochen nachteiligen Folgen für die Beſtandeszukunft ſo leichtfertig und ſo zwecklos geſteigert, als durch die Anwendung von Pflanzverbänden, die dichter als unbedingt notwendig gehalten ſind, eine Tatſache, die zur Genüge kennzeichnet, wie wichtig eine, wenn auch vorſichtige und auf örtliche Erfahrung ge— ſtützte Beſtimmung der zuläſſigen Pflanzweite iſt. Sie gehört zu den vornehmlichſten Aufgaben des praktiſchen Wirtſchafthaushaltes und wird recht klar vor Augen geführt durch die Erwägung, daß die Pflanzkoſten mit abnehmendem Standraum des Einzelindividuums eine raſche Steigerung erfahren daß z. B. bei einem 2 m Quadratverbande nur 2500 Pflanzen, bei einem 1 m Quadratverbande aber ſchon 10000 Pflanzen pro ha benötigt werden. — Den hier dargelegten Vorzügen der weiteren Verbände mögen nun mer läuternd und regulierend zur Seite treten: Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 195 1. Holzarten. Dieſelben legen je nach den typiſchen Entwickelungs— eigentümlichkeiten im jugendlichen Alter ſehr verſchiedene Rückſichten auf. Manche Holzarten (Kiefer, Eiche u. a.) laſſen ſchon im früheſten Jugend— daſein eine ausgeſprochene Neigung zu ſperräſtig-buſchiger Kronenent— wickelung hervortreten, welche der Erziehung guter Nutzholzbeſtände ab— träglich iſt. Für ſie iſt ſomit eine dichtere Beſtandesgründung und Jugend— erziehung von größerer Bedeutung als bei Fichte, Tanne u. a., die ihre regelmäßig pyramidalen und nutzholztüchtigen Formen auch im räumlicheren Stande ſich anzueignen und zu behaupten wiſſen. 2. Standort nach Bodengüte, Lage, Abdachung, Expoſition. Armere Böden, ſchutzloſe Freilagen, großer Zuſammenhang beſtandesbarer Flächen, Südhänge uſw. ſind allen nachteiligen Einwirkungen atmoſphäriſcher Natur mehr ausgeſetzt und empfindlicher gegen dieſelben. Sie bedürfen des ſchützenden Beſtandesſchluſſes frühzeitiger und in höherem Maße, verlangen daher im allgemeinen eine dichtere Beſtandesgründung, welche dieſen Schluß herbeiführt, ehe nachteilige Wirkungen der Freilage am Boden wahrnehmbar werden. — 3. Auch Abſatzverhältniſſe ſtehen mehr oder weniger im Vorder— grunde der Erwägungen. Eine dichte Anfangsbeſtockung führt ſtets die Notwendigkeit frühzeitigen Eingreifens der Beſtandespflege herbei. Kann nun das geringe Material, welches die erſten Reinigungen und Durch— forſtungen in der Regel in Menge liefern, nicht abgeſetzt werden, ſo iſt die dichte Stellung oft ein Fluch für das ganze Beſtandesleben, inſofern die Pflegehiebe aus materiellen Rückſichten hinausgeſchoben und damit die gedeihlichſten Jungbeſtände nur zu oft einer dürftigen, kümmerlichen Entwickelung preisgegeben werden. 4. Grasnutzungserträge. Jeder geſunde Waldboden produziert bis zum Eintritte des Beſtandesſchluſſes eine reichliche Menge von Futter: gräſern. Dieſe Nebennutzung wird um ſo länger eingehen, je mehr die ge— wählte Pflanzweite den Eintritt des Beſtandesſchluſſes hinausſchiebt. Darf auch die Ausſicht auf dieſe Ertragseingänge unter keiner Bedingung zu einer Überſchreitung des ſonſt zuläſſigen Maßes der Pflanzweite verführen, ſo gehört ſie doch namentlich da, wo die Viehzucht auf Zuſchüſſe an Futter— mitteln aus dem Walde angewieſen iſt, zu den Erwägungen, die für die Wahl weiterer Verbände ſprechen. Höhere Bodengüteklaſſen müſſen aber unter allen Umſtänden vorausgeſetzt werden, weil länger andauernde Gras— nutzung an und für ſich den Boden angreift. Leitſatz: Die zuläſſigen Grenzen für die Pflanzweite laſſen ſich ſchwer und nie in allgemein giltigen Regeln feſtlegen. Ihre Beſtimmung 13* 196 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſoll ſich ausſchließlich auf die im engeren Wirtſchaftsgebiete mit Sach: kenntnis geſammelten Erfahrungen ſtützen und tunlichſt nahe, aber ohne Verſtoß gegen bodenpflegliche Rückſichten, an die obere Grenze heran— gehen. Die unerläßliche Vorausſetzung der Konſervierung des Waldbodens mahnt aber zu hoher Vorſicht und verlegt für alle Zeiten den Schwer— punkt der Jugenderziehung in den Bereich der Beſtandespflege. Das abſolute Maß der Pflanzweite ſchwankt bei großen Kultur— ausführungen und bei Verwendung von Kleinpflanzen zwei- bis vierjährigen Alters zwiſchen 1—2 m und überſchreitet die obere Grenze nur in ganz beſonders günſtigen Ausnahmefällen. Für Großpflanzen Loden und Heiſter werden weitere Verbände angewendet, doch wird in ſolchem Falle im Intereſſe der Bodenpflege oder Beſtandesentwickelung in der Regel ein Schutz⸗ und Füllholz beigegeben. § 74. Die geregelten Pflanzverbände und ihre Vorzüge. Unter Pflanzverband verſteht man die nach gewiſſen geometriſchen Grundſätzen erfolgende Anordnung und Verteilung der Pflanzen auf der Kulturfläche. Die ungleichmäßige, etwa durch ungeeignete Bodenbeſchaffenheit bedingte Verteilung der Pflanzen verzichtet auf einheitliches Entfernungs— maß, ſomit auch auf einheitlich zugemeſſenen Wachsraum. Dem immer nachahmungswürdigen Vorbilde der natürlichen Ver— jüngung und der Beſtandesſaat nachſtrebend, wird zwar der unregel— mäßigen Bepflanzung der Schlagfläche vom „grünen Tiſche“ her öfter das Wort geredet. Allein dieſe Sympathien werden unter Hinweis auf den immerhin künſtlichen Charakter der Pflanzkultur im allgemeinen in der Praxis nicht geteilt und haben auch tatſächlich keine Berechtigung. Die Herſtellung einer gefälligen Unregelmäßigkeit der Pflanzenanordnung und -verteilung iſt, ſoweit fie nicht durch die Ungunſt der Bodenbeſchaffenheit vorgezeichnet wird, viel ſchwieriger als man glaubt, deshalb auch mit größerem Aufwande verbunden. Wir unterſcheiden den Quadratverband mit gleichen Abſtänden nach allen Seiten — die Pflanzen ſtehen in den Ecken der Quadrate — und die Reihenverbände, bei denen Reihen- und Pflanzenabſtand in der Reihe mehr oder weniger differieren. Der eigentliche Reihenverband ordnet die Glieder nach der geometriſchen Figur des Rechteckes, der ſo— genannte Dreiecksverband dagegen nach der Grundform des gleich— ſeitigen Dreieckes, d. h. mit alternierend um das Maß der halben Dreiecksſeite verſchobenen Reihen. Der Quadratverband iſt als der zweckmäßigſte und verbreitetſte eee Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 197 zu empfehlen, da er alle Vorteile der regelmäßigen Anordnung in ſich vereinigt, ihm aber nicht auch die Nachteile der eigentlichen Reihenſtellung anhaften. Er ſchafft mit ſeinen gleichen Abſtänden die Vorbedingung für eine regelmäßige Entwickelung des Einzelindividuums im Wurzel— und Kronenraum, die, wenn auch früher oder ſpäter durch die Maßnahmen der Beſtandespflege aufgehoben, doch hervorragend dazu beiträgt, die durch Schnee, Rauhreif uſw. hervorgerufenen Jugendgefahren herabzu— mindern. — Ungleiche Beaſtung — ungleiche Belaſtung. Reihen verbände mit rechtwinkliger oder alternierender Anordnung ſind in dieſer Richtung minder empfehlenswert und die ihnen nachgerühmten Vorzüge der erleichterten Ausrückung des Durchforſtungsmateriales und der Förderung der Gras— nutzung ſind in gleichem Maße auch dem Quadratverbande eigen, denn auch er „reiht“. — Kann ſonach auch der Wahl der Verbandart ein ſo beſonderer Wert kaum beigemeſſen werden, ſo ſind die allgemeinen Vorteile der ge— regelten Pflanzverbände um jo gewichtiger und beachtenswerter. Sie ſind aber mehr haushälteriſch-finanzieller als waldbaulich-wirtſchaftlicher Natur: 1. Arbeitsförderung. Für jede auf ſtellenweiſe Bodenbearbeitung ſich ſtützende Kulturausführung bedeutet die regelmäßige Abſteckung und Vormarkierung des Verbandes einen erheblichen Arbeitsgewinn. Voll— kommen berechtigter Weiſe tritt deshalb auch die große Kulturpraxis mit allem Nachdruck für die beachtenswerte Aufwanderſparnis durch die ge— regelten Pflanzverbände ein. Sie weiſt darauf hin, daß namentlich die ungeübte Arbeitskraft — und mit ſolcher muß der Forſthaushalt der Neuzeit in der Regel ſein Auskommen finden — ſchwankend und unent— ſchloſſen in der Arbeit ſtockt, wenn ihr, die ja über Aufgaben und Zweck ſelbſt der einfachſten handwerksmäßigen Verrichtungen weniger genau orien— tiert iſt, die Regelmäßigkeit des Pflanzverbandes nicht wegweiſend zur Seite tritt und ihr die Stelle vorzeichnet, an der ſie die Hacke wieder einzuſchlagen hat. Nur die vorgezeichnete Pflanzſtelle gibt die zu fließender Arbeitsleiſtung nötige Sicherheit. So wichtig und gewichtig dieſes Motiv für die regelmäßige Pflanzweite ſpricht, ſo unverkennbar ergibt ſich auch bei näherem Einblicke die Notwendigkeit einer abwägenden Iſolierung von Urſache und Wirkung, denn das arbeitsfördernde Moment für den Pflanzkulturbetrieb begründet ſich, ſtreng genommen, weniger in der peinlichen Regelmäßigkeit der Pflanzenanordnung als im Prinzip einer umſichtigen Arbeitsteilung, in dieſem Falle alſo in dem Bormarfieren der Pflanzlöcher. Der flotte Arbeitsvollzug erſcheint ge— 198 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſichert, wenn auch dem unbeholfenen Arbeiter durch leicht wahrnehmbare Merkzeichen über die Zweifel der Platzwahl hinweggeholfen wird. Ob dabei aber die Pflanzlöcher um einige Zentimeter nach links oder rechts, nach vor⸗ oder rückwärts von der geometriſchen Schablone abweichen, das bleibt auf den Fortgang der Arbeit ganz ohne Einfluß. Ihre Einhaltung müßte aber den Kulturkoſtenaufwand in jenen Fällen ſehr bedenklich ſteigern, wo die ſtrenge Regelmäßigkeit der Verbandabſteckung in einer bis zur Spielerei ausartenden Genauigkeit mit Zuhilfenahme von Inſtrumenten und Geräten herbeigeführt würde. 2. Auch für die Arbeiten der Nachbeſſerung und Kom— plettierung, für die Kulturpflege uſw. bietet der regelmäßige Pflanz— verband außerordentliche Erleichterung, inſofern er, durch die ſyſtematiſche Anordnung die Pflanzſtellen markiert, das Auffinden und damit auch die Orientierung über Verluſte, Nachbeſſerungs- oder Pflegebedürfnis er— leichtert. Auch dieſer Vorteil wird ohne ſtreng geometriſche Genauig— keit erreicht. — 3. Die Möglichkeit einer rechneriſchen Feſtſtellung des Pflanzenbedarfes. Eine einigermaßen genaue Vororientierung über den nach Ort und Zeit nötigen Pflanzenbedarf iſt für jeden größeren Kultur— betrieb ganz unentbehrlich, denn nur ſie geſtattet ein richtiges Disponieren mit den eigenen Vorräten, nur ſie gibt die ziffernmäßigen Anhaltspunkte für die Erziehung, für Ankauf und Verteilung im engeren Wirtſchafts— gebiete. Kleinliche Genauigkeit iſt auch hier überflüſſig. — 4. In regelmäßig angeordneter Pflanzenſtellung wird auch die ſchad— loſe Ausübung der Grasnutzung, der Waldweide und etwaigen land— wirtſchaftlichen Zwiſchenbaus weſentlich erleichtert. Der letztgenannte Vorteil erfährt mit dem bei der Abſteckung ge— handhabten größeren Genauigkeitsgrade wohl eine Steigerung. Für alle anderen vorſtehend erwähnten Vorzüge aber ſind höhere Grade geo— metriſcher Genauigkeit gegenſtandslos und es kann deshalb nur in ſeltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt erſcheinen, mittels allerhand Hilfs— geräte peinlich genaue Verbände abzuſtecken. Man darf dabei nicht über— ſehen, daß allzuſtrenge Regelmäßigkeit auch wieder Nachteile zur Folge hat, inſofern ſie immer nur mit größerem Koſtenaufwande erreicht werden kann und in ihren gaſſenförmig geordneten Pflanzenreihen auch leicht Anlaß gibt zur Bildung, Fortpflanzung und Verſtärkung von austrock— nenden Luftſtrömungen im Beſtandesinnern. Leitſatz: Der regelmäßige Verband iſt für die Beſtandes— gründung durch Pflanzung, ſeiner handgreiflichen Vorzüge halber, eine Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 199 durchaus berechtigte Forderung. Dieſe Vorteile ſollen aber nicht durch peinliche Genauigkeit geometriſcher Hilfsoperationen herbeigeführt werden. Die Kulturpraxis ſoll ſich mit jenem Maß der Genauigkeit begnügen, welches die beſſere Arbeitskraft nach dem Augen- und Schrittmaße er— reicht. Nur wo geübte Arbeiter für die Vormarkierung der Pflanz— löcher fehlen, ſind die einfachſten Hilfen (Pflanzſchnur und Maßſtab) ſtatthaft, um die Arbeiter für die Vormarkierung aus freier Hand ge— wiſſermaßen zu erziehen. — § 75. Abſtecken und Vermerken der Pflanzverbände. Die einfachſten Hilfsgeräte zur geometriſchen Feſtlegung des Pflanzverbandes ſind auch die zweckmäßigſten und empfehlenswerteſten für den großen Kulturbetrieb; es iſt die ſelbſtverfertigte Pflanzſchnur, ein primitiv zuſammengeſtellter Stangenzirkel und die rohe Meß— latte. Nur ausnahmsweiſe werden im Terrain oder auf großen, ſchwer überſichtlichen Kulturflächen auch Winkelſpiegel, Winkelſcheibe uſw. benützt. Die Pflanzſchnur, der Gärtnerei entlehnt, wird aus derben Hanf— ſchnüren hergeſtellt und behufs Erzielung einer gewiſſen Unempfindlich— keit gegen Witterungseinflüſſe mit einer fettigen Flüſſigkeit durchtränkt. Sie wird an den Enden an kräftige Spitzpflöcke aus hartem Holze, die je nach Bedürfnis mit Eiſenblech beſchlagen ſind, befeſtigt und gehand— habt. Die der gewählten Pflanzweite entſprechende Einteilung der Schnur erfolgt durch Einſchleifen irgendwelcher augenfälliger Marken. Der Stangenzirkel wird aus zwei etwa unter einem Winkel von 45° gegeneinander geſtellten ſchwachen Nadelholzſtangen, die durch eine Quer— latte verbunden ſind, ſo zuſammengenagelt, daß mittels der Schenkel— enden die Pflanzenentfernungen von zwei gegebenen Fixpunkten (Pflanz⸗ löchern) aus aufgetragen werden können. Die Meßlatte kann ſich jeder Arbeiter aus einem Stabe oder einer kräftigen Rute ſelbſt herſtellen und die Strecken des Verbandes auf derſelben markieren. Die Abſteckung der Verbände ſoll ſich in regelmäßig-rechteckigen Figuren bewegen. Wo die Fläche zu groß oder die rechteckige Grund— form des Schlages nicht gegeben iſt, da wird in der Regel vorher eine Einteilung in rechteckige, von der Pflanzſchnur beherrſchte Quartiere erfolgen müſſen, zu deren Abſteckung die Verwendung eines einfachen Winkelinſtrumen— tes ſtatthaft erſcheint. Auf zwei einander gegenüber liegenden Seiten des Recht— eckes — im Terrain werden dazu immer die bergablaufenden gewählt — werden die Abſtände der Pflanzreihen aufgetragen, ſodann ſpannt man zwiſchen 200 Die fünftliche Beſtandesgründung. zwei korreſpondierenden (ſymmetralen) Fixpunkten die Pflanzſchnur — im Terrain horizontal an der Lehne verlaufend — und markiert die Pflanzenentfernung nach den Marken der Schnur. Meiſt genügt dazu ein kräftiger Einſchlag mit der Hacke, verbunden mit dem Umlegen der von derſelben erfaßten Scholle, doch werden häufig auch ſchwache Pflöcke, Stäbchen, mit denen die Kulturfläche förmlich pikiert wird, benutzt. Der verhältnismäßig hohe Aufwand iſt meiſt nicht gerecht— fertigt. — Im Reihen- und Quadratverbande ſind Reihen- und Pflanzenab—⸗ ſtand bekannt, ſie laſſen ſich in der angedeuteten Weiſe direkt auf die Kulturfläche übertragen. Im Dreiecksverbande muß dagegen der Reihen— abſtand aus dem Pflanzenabſtand erſt entwickelt werden. Im gleich— ſeitigen Dreieck verhält ſich die Seite zur Höhe (Reihenabſtand) wie 1: 0,866. Bei einer Pflanzenentfernung von 2 m ergibt ſich ſonach ein Reihenabſtand von 2 X 0,866 — 1,73 m. Dieſer wird auf zwei gegen— überliegenden Seiten des rechtwinkelig abgeſteckten Rahmens aufgetragen und dann der Pflanzenabſtand nach der Schnur in der vorher be— ſchriebenen Weiſe vormarkiert mit dem Unterſchiede, daß von Reihe zu Reihe eine alternierende Verſchiebung derſelben um die halbe Länge der Dreiecksſeite ſtattfindet. — Die geſchulte Praxis, welche mit ſtändiger Arbeitskraft für die Be— triebsarbeiten zu rechnen gewohnt iſt, wirft dieſen ſchwerfälligen, immer— hin koſtſpieligen Apparat zur Abſteckung des Pflanzverbandes über Bord. Sie arbeitet aus freier Fauſt, allerdings auf Koſten geometriſcher Genauigkeit. Sie heimſt aber dabei doch alle Vorteile der geregelten Verbände in vollkommenſtem Maße ein, gleichzeitig die Nachteile allzu ängſtlicher Gleichmäßigkeit vermeidend. Das Vormarkieren aus dem Steg— reif vollzieht ſich in folgender Weiſe: Man ſteckt am Rande der Kulturfläche eine beliebige gerade Linie, eine Richtlinie aus. Auf ihr wird der gewandteſte Vorarbeiter ange— ſtellt, der auf der Linie vorwärts ſchreitend nach dem Schritt- und Augenmaße die Pflanzlöcher durch kräftige Hackenſchläge vormarkiert oder auch gleich anfertigt. Seitwärts in rechtem Winkel zur Richtlinie reihen ſich in der Entfernung der Pflanzweite die anderen Arbeiter beſſerer Qualität an. Sobald der erſte Arbeiter am Flügel ein oder zwei Löcher voraus iſt, ſchließt ſich der zweite, der dritte, vierte uſw. an, jeweilig an der Arbeit des Vordermannes die Anhalts- und Richt— punkte für die eigene Tätigkeit nehmend, ſo daß die Löchermacher oder -marfierer ganz nach Art des Korps der Schnitter auf Feld und Wieſe Die Beſtandesgründung durch Pflanzung, 201 ſtaffelförmig fortſchreiten, dem Vordermann jeweilig einen Arbeitsvor— ſprung von 2 oder 3 Pflanzlöchern oder Lochmarken einräumend. Die Schnelligkeit des Arbeitsvollzuges bei dieſer „Näherungsmethode“ des Vormarkierens iſt einleuchtend und die Schulung der Arbeiter für die— selbe um jo dringender zu empfehlen, als es ſich hier um eine Arbeits— förderung handelt, mittels welcher, ohne Gefährdung der qualitativen Aus— führung, der Kulturaufwand erheblich herabgedrückt werden kann. § 76. Die Berechnung des Pflanzenbedarfes. Den Pflanzenbedarf findet man allgemein, wenn man die Fläche durch den Standraum der einzelnen Pflanze teilt. Ein Hektar — 10000 Quadratmeter wird bei einem Standraum von 4 Quadrat: = — 2500 Pflanzen faſſen. — meter pro Pflanze Bezeichnen wir mit Z — die Pflanzenanzahl F = die Kulturfläche „ E = die Entfernung der Reihen (Reihenabſtand) e — die Entfernung der Pflanzen i. d. Reihen (Pflanzweite) „s = den Standraum der einzelnen Pflanze, ſo finden wir für den Standraum der verſchiedenen Verbände folgende allgemeine Ausdrücke: für den Quadratverband: s Se. e = e „ „ Reihenverband s E. e Für den Dreiecksverband muß aus der Pflanzweite zunächſt der Reihenabſtand durch Multiplikation mit der Verhältniszahl zwiſchen Höhe und Seite im gleichſeitigen Dreiecke (0,866) entwickelt werden und es ergibt ſich ſodann der allgemeine Ausdruck für den Dreiecksverband: s Se (e. 0,866) Se. 0,866. Die allgemeine Formel für die Berechnung der Pflanzenanzahl für die gegebene Fläche ohne Unterſchied des Verbandes hieße ſonach: F ee 8 oder bei Berückſichtigung der verſchiedenen Grundformen für den Stand— raum: für den Quadratverband: 2d. i für 1 ha u. e 2 mj Z 4 2500 202 Die künſtliche Beſtandesgründung. für den Reihenverband: F x: E. e für den Dreiecksverband: F F 1 F 3 50 880 STE re d. i. für 1 ha bei e 2 m 8 1,155 2887 d. h. der Pflanzenbedarf des Dreiecksverbandes iſt das 1,155fache des Bedarfes des Quadratverbandes. Der Bedarf an Pflanzmaterial pro Flächeneinheit wird übrigens im praktiſchen Kulturbetriebe immer leicht aus den Bedarfstabellen der Taſchenkalender entnommen und daraus für die gegebene Kulturfläche ermittelt. Unter Umſtänden handelt es ſich auch darum, mit einem beſtimmten Vorrat von Pflanzen auf einem beſtimmten Flächenmaße das Auskommen zu finden, d. h. den Pflanzverband zu berechnen, wenn Fläche und Pflanzenzahl gegeben ſind. Solche Aufgaben ſind zwar ſelten, doch verlangt ihre Löſung genaues Rechnen. Für den Reihenverband ergibt ſich aus F F F . —— — 9 - 2 — Dr die Formel e = E. Z u. E ag: B. Annahme: 9000 Pflanzen, 1 ha Fläche, Pflanzverband 1 m, jo iſt Reihenverband E e 9000.1 a f Für den Quadratverband ergibt ſich aus N 5 die Formel e = 15 z. B. Annahme: 9000 Pflanzen und 1 ha re E= 2 m 1090 % d d. i. für ein ba bei lt Terre Fläche, jo iſt ML d. i. logarithm. aufgelöſt —= 1,05 m Pflanz⸗ verband. Für den Dreiecksverband ergibt ſich aus F N 4 ge 1,155 die Formel e — 77 - V1,155. Für den letzteren Aus- druck entwickelt ſich in logarithm. Auflöſung die Konſtante — 1,074, mit welcher man die für den Quadratverband gefundene Größe zu multi— plizieren hat: 1505 X 1,07 — 1,12 cm, d. h. die Pflanzweite des Dreiecks— verbandes beträgt unter gleichen Vorausſetzungen reichlich 7% mehr als diejenige des Quadratverbandes. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 203 F. Die Pflanzung mit entblößten Wurzeln. Die zur Ausübung des eigentlichen Pflanzaktes notwendigen Einzel— verrichtungen geſtalten ſich bei Pflanzen mit erdfreien Wurzeln ganz anders als mit Ballenpflanzen. Sie gelangen deshalb zu getrennter Be— handlung. § 77. Das Ausheben der Pflanzen. Mit dem Ausheben der Pflanze aus dem Mutterbeete beginnt eine Kette von Gefahren und Mißhand lungen, welche das An— wachſen und Gedeihen des Baumes und Beſtandes hervorragend beeinfluſſen. Ihr letztes, in der Regel auch gefahrdrohendſtes Glied iſt der Pflanz— akt ſelbſt. Das ſoll ſich der Pflanzkulturbetrieb bei den nunmehr folgenden ganz handwerksmäßigen Einzelverrichtungen gewiſſenhaft und bis zu dem Momente vor Augen halten, in welchem die Pflanze zur Erfüllung ihrer eigentlichen beſtandbildenden Aufgaben dem Erdboden der freien Kulturfläche anvertraut worden iſt. — Die Hebung aus dem Mutterbeete wird ihre nächſtliegenden Auf— gaben in dem eifrigen Beſtreben zu erfüllen haben, die einzelne Pflanze mit einem in quali et quanto ungeſchwächten Wurzelvermögen auszu— bringen. Sie hat deshalb als direkte Einleitungsmaßregel für die Ver— ſetzung der Pflanze, mehr noch wie bei der Verſchulung, ihr Verfahren und ihre Geräte ſo zu wählen, daß der Forderung der Schonung in er— reichbar vollkommenſtem Maße auch ſeitens der rohen Arbeitskraft Rechnung getragen werden kann. Es iſt zu widerraten, die wichtige Verrichtung des Pflanzen-Aushebens jedem beliebigen Arbeiter anzuver— trauen. Man nehme dazu nur gewiſſenhafte, geſchulte Leute, die mit einer gewiſſen Liebe zur Sache Hand anlegen und willig den erhaltenen Weiſungen Folge leiſten. Man nehme auch keinen Anſtand, die empiriſch abgerichteten und mit Verſtändnis tätigen Arbeiter entſprechend höher zu entlohnen und verbanne prinzipiell den Akkordlohn für eine ſo wichtige Arbeitsverrichtung, die obendrein ſo ſchwer kontrollierbar iſt. Alles, was dazu beitragen kann, zu einem unbedachtſamen Haſten zu verleiten, ſoll ſtreng gemieden werden. Eine beſondere Bedeutung muß der Er— haltung der unverletzten Seitenwurzeln mit den Wurzelenden, d. i. dem behutſamen Ausheben der wachſenden Wurzel beigemeſſen werden. Gerade ſie iſt beim Ausheben den Zerrungen, Zerreißungen und Ver— letzungen am meiſten ausgeſetzt. Die Enden der flachverſtreichenden Seitenwurzeln bilden den Hauptſitz der Wurzelhaare und mit ihnen gehen daher die zum Anwachſen der Pflanze wichtigſten Organe ver— 204 Die künſtliche Beſtandesgründung. loren. Ihre Wiederbildung zu begünſtigen, iſt für die allernächſte Zu— kunft des Individuums von ausſchlaggebender Bedeutung und der Forſt— wirt hat hierzu kein anderes Mittel, als die ſorgfältigſte Erhaltung der zarten Seitenwurzeln, die, wieder flach in der wärmeren Bodennähr— ſchichte eingeführt, ſchnell zur Streckung und Neubildung der Wurzelhaare übergehen, der Pflanze über die ſchlimmſten Gefahren hinweghelfend. Die hier aufgeſtellte Forderung einer Aushebung mit unverſehrten Wurzeln ruft vor allem ins Gedächtnis zurück, wie ſehr die Verſchulung (S 66) berufen iſt, dem ſchonenden Wiederausbringen der Pflanze in die Hand zu arbeiten: 1. durch mäßige Bodenlockerung, welche die Tiefenentwickelung der Wurzel hemmt, 2. durch weitere Reihenabſtände, welche das unſchädliche Einſtoßen des Gerätes zwiſchen den Reihen ermöglichen, 3. durch ſtrenge Beachtung der aufgeſtellten Regel, daß die Pflanze nicht über das zweite Jahr hinaus im Schulbeete verbleibe, damit der größeren Ausbreitung des Wurzelſyſtems vorgebeugt werde. Allgemein muß ferner verlangt werden, daß die Pflanzen trupp⸗ weiſe mit der von den Wurzeln durchdrungenen Bodenſcholle gehoben werden. Das ſetzt ein genügend feuchtes und nicht zu leicht-lockeres Erdreich voraus, und wo der nötige Feuchtigkeitszuſtand nicht vorhanden, iſt derſelbe durch ein reichliches Angießen einige Stunden vor dem Aus— heben herbeizuführen. Auch die Wahl des Gerätes wird ſich dieſer Forderung einigermaßen anzupaſſen haben. An Geräten kommen die bei der Verſchulung ſchon erwähnten in Betracht: Der Spaten, die Hacke und Zinkenhacke (Karft) und endlich die Pflanzengabel. — Der Spaten begünſtigt zwar das ſchollige Ausheben des Bodens ſehr, aber er ſticht auch alle von ihm erfaßten Wurzeln mit rauher Wundfläche ab, eignet ſich ſonach zum Ausheben gar nicht oder doch nur für ſehr jugendliche Pflänzlinge mit geringer Seitenwurzelentwickelung. — Die Hacke wirkt infolge ihrer unſicheren, ſchlagenden und reißenden Handhabung aus der Front ſehr ungünſtig durch Beſchädigung nicht allein der Wurzel, ſondern auch der oberirdi— ſchen Pflanze, ein Vorwurf, der mehr oder weniger auch der Zinken— hacke zur Laſt gelegt werden muß. Als beſonders geeignetes Gerät iſt dagegen die eiſerne Pflanzengabel zum Ausheben zu empfehlen. Sie iſt von der Bauart einer gewöhnlichen Heugabel, nur entſprechend maſſiver gehalten, und kann von jedem Dorfſchmied hergeſtellt werden. Die kräftigen Zinken — in der Regel drei an der Zahl, ſpitzig, mit Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 205 breitovalem Querſchnitt, gerade und ca. 20 em lang — ſind oben durch einen maſſiven Querbalken gebunden, aus deſſen Mitte ſich eine längere, ſcheidenartig' gehaltene Oſe zur Aufnahme des ſtarken, ca. 1,5 m langen Stieles befindet. In leichtem Boden, der das Durchrutſchen der Gabelzinken befürchten läßt, iſt der Querſchnitt der Zinken etwas breiter zu halten, ihre Zahl wohl auch auf vier zu erhöhen. Dieſe Pflanzen— gabel wird in der Regel von den Beetſteigen aus behufs Hintanhaltung von Beſchädigungen nach Art des Spatens inmitten zwiſchen den Pflanzen— reihen eingeſtoßen, beziehungsweiſe durch Auftreten bis zum Querbalken vertieft und durch hebelartiges Niederbiegen des Stieles der von ihr be— herrſchte Pflanzenbüſchel mit ſcholligem Ballen aus dem Schoße der Erde emporgehoben. Ein zweiter Arbeiter faßt mit beiden Händen den in der Scholle ſtockenden Pflanzentrupp und hebt ihn mit leicht rütteln— der Bewegung und unter fortwährender Unterſtützung ſeitens des Gabel— führers behutſam aus der gehobenen Scholle heraus. Hierbei wird die letztere immer nach vorne gezogen, dann erſt die Pflanze vorſichtig ausgelöſt, damit „vorort“ ein den Wurzelbereich der folgenden Pflanzenreihe bloßlegender Graben entſtehe, in welchen die Pflanzen ſo— dann eingeſchoben oder geſtürzt werden. Wo das Ausheben nicht von den Beetſteigen erfolgt, muß der Arbeiter zwiſchen die Pflanzenreihen treten und mag ſich dann vorſehen, daß die Pflanzen nicht durch Vertritt beſchädigt werden. § 78. Das Sortieren und Sammeln der Pflanzen zur Verpackung. Der zweite Arbeiter, welcher die gehobenen Pflänzlinge ſozuſagen von der Gabel aufnimmt, gibt dieſelben büſchelweiſe in dritte Hand. Dieſer fällt die wichtige Doppelaufgabe zu, die Pflanzen auf ihre züchteriſche Eignung für ihre beſtandesbildende Rolle zu unterſuchen, ungeeignetes Material auszuſcheiden, das geeignete aber bis zum Trans- port zu verſorgen, ſpeziell vor nachteiligen atmoſphäriſchen Einflüſſen auf die Wurzeln zu behüten. Die kleinen Büſchel ſind in der gehobenen Form vollkommen überſichtlich. Sie werden auf ihre unter- und ober— irdiſche Entwickelung geprüft. Augenfällige Kronenmißbildungen, krank— hafte Erſcheinungen, mißgeformter Schaft, ſchwache Knoſpenentwickelung geben ebenſo wie ſtärkere Wurzelbeſchädigungen oder Wurzelverluſte zur ſofortigen Ausſcheidung Anlaß. Geringe Verletzungen im Wurzelbereiche: Schürfungen, leichte Spaltungen bei dichotomer Verteilung, Zerreißungen, Quetſchungen werden zurückgeſchnitten, wenn damit nicht etwa eine be— denkliche Schwächung des Wurzelvermögens, namentlich der haarbildenden 206 Die fünftliche Beſtandesgründung. Seitenwurzeln, verbunden iſt. Die auf dieſe Weiſe geſichteten, bezw. leicht korrigierten Pflänzlinge werden ſodann auf den ſchon freigewordenen Teilen der Schulbeete in aufgezogenen Gräbchen ſorgfältig einge— ſchlagen, ſo daß die Wurzeln, mit friſcher Beeterde einige Zentimeter hoch bedeckt, gegen alle atmoſphäriſchen Einwirkungen vollkommen geſchützt erſcheinen, die oberirdiſche Achſe aber aus dem Erdbett hervorſteht. Iſt der Boden wenig friſch, die Witterung trocken und durch ſcharfe Oſt— winde gefährlich, ſo iſt ein Angießen und Bedecken der eingeſchlagenen Pflanzen mit Reiſig namentlich da zu empfehlen, wo dieſelben voraus— ſichtlich längere Zeit im Erdeinſchlage zu verbringen haben. Die Pflanzen werden in dieſer Weiſe zu größeren Vorräten angeſammelt, zum Trans— port auf die Kulturfläche vorbereitet, in der Regel auch annähernd ab— gezählt. Was das Beſchneiden der Wurzeln anlangt, ſo iſt dieſes bei Klein— pflanzen entſchieden zu widerraten und, wie erwähnt, nur auf die not— wendigſte Korrektur von leicht beſchädigten Organen zu beſchränken. Wenn jo hoher Wert darauf gelegt wird, daß die Pflanze mit ungeſchwächtem Wurzelvermögen gehoben wird, ſo wäre es unzuläſſig und unlogiſch, dasſelbe mit Meſſer und Scheere zu verringern. Allerdings kann es wohl vorkommen, daß in tiefer gelockerten Beeten ſich längere Wurzelſtränge (namentlich Tiefwurzeln) bilden, die im Intereſſe der ſachgemäßen Aus⸗ führung des Pflanzaktes ein Zurückſchneiden erfahren müſſen. Oft wird es vorzuziehen ſein, ſolche Mißformungen der Wurzel als Ausſcheidungs— grund zu betrachten. Jedenfalls aber iſt der mit der Behandlung der Pflanze betraute Arbeiter darauf aufmerkſam zu machen, daß auch die länger entwickelten Seitenwurzeln der ſchwebend gehaltenen Pflanze nach unten hängen und nicht abgeſchnitten werden dürfen. § 79. Verpackung und Transport der Pflanzen. Der meiſt weniger günſtige Witterungsverlauf des Kontinental-Klimas erſchwert im Frühjahr in der Regel den Schutz der Pflanzen gegen äußere Einflüſſe, namentlich die Erhaltung der ſorgfältig mitausgebrachten Feinwurzeln in funktionsfähiger Verfaſſung, auf die der Pflanzkultur— betrieb ſo hervorragenden Wert legen muß. Sonne und Wind ſind von ſehr nachteiliger Wirkung für die aus der Muttererde gehobenen zarten Wurzelorgane, umſomehr, da und jemehr dieſelben ſchon in ihre Trieb— tätigkeit eingetreten ſind. Es bedarf deshalb unter allen Umſtänden einer überaus ſorgfältigen Verwahrung der Pflanzen zum Zwecke des Abtransportes auf die Kulturfläche, denn erfahrungsmäßig genügt oft eine Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 207 nur nach Minuten zählende ungehinderte Einwirkung der Sonne oder des im Frühjahr in der Regel herrſchenden, markausdorrenden Oſtwindes, um die zarten Würzelchen, die Wurzelhaare und die mit ihnen beſetzten Wurzelenden, welche die Pflanze ſo nötig zum Anwachſen braucht, abzutöten. Naher Transport von kurzer Dauer oder, bei feuchtem ruhigen Wetter, die gewöhnliche Übertragung der Pflanzen vom Kampe auf die nahe Kulturfläche überhebt in der Regel der Mühe und des Aufwandes beſonderer Verwahrung. Die Pflanzen werden aus dem Erdeinſchlage in Tragkörben, Tragtüchern, Schiebkarren uſw. dicht gedrängt geſchichtet, in ihren Wurzeln von unten und von den Seiten her um ſo ſorglicher mit bodenfriſchem Mooſe verwahrt, je mehr die Witterung ein Abdorren der feineren Wurzeln beſorgen läßt. — Für größere Entfernungen von mehreren Wegſtunden, für den Trans— port zu Wagen oder durch die Eiſenbahn, bei trockenen, ſcharfen Oſtwinden auch für kürzere Transportfriſten ſind die Pflanzen durch eigentliche Ver— packung ordnungsmäßig vorzubereiten, doch ſoll auch hierbei den Pflanzen keinerlei Zwang und unnatürliche Behandlung angetan werden. Die ge— bräuchlichſten Verfahren ſind, 1. Das loſe Zuſammenſchichten im Kaſtenwagen. — Der Boden des Wagens wird mit feuchter Moosdecke dicht belegt; die Pflanzen werden in etwas ſchräger Schichtung dicht gedrängt darauf geſtellt und die Wurzeln auch von den Seiten her gegen die Wände des Wagens mit Moos gehörig eingefüttert, ſo daß ſie gegen austrocknende Luft— ſtrömungen vollkommen geſichert ſind. Selbſt auf die Gefahr hin, daß die unteren Lagen etwas zuſammengedrückt werden, können mehrere ſolche Schichten übereinander gepackt werden, umſo eher, je ſchräger die untere Schichte geſtellt wurde. 2. Die Bündelverpackung in Moos und Reiſig. — Zwei dem beabſichtigten Umfang des Pflanzenbündels entſprechende Bänder (Wehden, Strohſeile, Hanfſtricke, Drähte uſw.) werden etwa in der Ent— fernung der Durchſchnittshöhe des Pflanzmateriales parallel nebeneinander gebreitet; vertikal darüber legt man glattes Reiſig von Fichte oder Tanne von entſprechender Stärke und Länge, die Abhiebsenden abwechſelnd nach der einen und nach der anderen Seite gekehrt. In die Mitte dieſer „Zweigroſtung“ wird in der Richtung der unterliegenden Bänder ein dichtes und feuchtfriſches Moosbett hergerichtet. Nun werden die Pflanzen in größeren Büſcheln aus dem Erdeinſchlage entnommen und in doppelter Schichtung, mit den Wurzeln gegeneinander geſchoben, auf das Moos— bett aufgeſchichtet. Wie das Bündel nach oben zunehmend zum Ballen 208 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſich ausformt, wird der Wurzelraum mit feuchtem Mooſe von den Seiten und von oben vollſtändig umfüttert und Deckreiſig in der vorher ange— deuteten Anordnung und Dichte zugegeben, welches nicht allein das Moos an die Wurzeln preßt, ſondern auch dem ganzen Doppelbund Halt und Geſtalt ſichert, ſobald die untergelegten Bänder entſprechend angezogen und geſchloſſen ſind. Dieſe Pflanzenbündel haben ſich für den Transport im allgemeinen, auch für den Bahntransport, ganz vorzüglich bewährt. — 3. Die Verpackung in Lattenverſchlägen. Rohe Latten von 5—8 cm Breite werden zu kiſtenartigen Behältniſſen zuſammengenagelt und die Pflanzen in guter Mooseinbettung der Wurzeln, ähnlich wie ad 2, dicht zuſammengedrängt, eingelagert. (Für den Ferntransport durch die Eiſenbahn in der in Fachkreiſen rühmlichſt bekannten Brünner Baum: ſchule des Forſtmeiſters Wibiral ſehr bewährt befunden). Alle Pflanzen, welche nach der Art ihrer Verwahrung und des Trans— portes intenſiver Beſonnung oder ſtärkeren Luftſtrömungen, namentlich ſcharfen Oſtwinden ausgeſetzt ſind, ſollen mit einer ſchützenden Reiſig— decke verſehen werden, damit die Tranſpiration durch die Blattorgane uſw. tunlichſt herabgeſtimmt wird. — Der Transport ſelbſt ſoll unter allen Verhältniſſen raſch und ohne Zeitverluſt von ſtatten gehen, da die Gefahr ſchädigender Erhitzung der dicht zuſammengepreßten Pflanzen nicht ausgeſchloſſen iſt. Kommen die- ſelben auf der Kulturſtelle an, ſo werden ſie nach Maßgabe ihrer Ver— wendung gutachtlich verteilt. Für kleinere Schläge genügt ein Vorrats— platz von tunlichſt zentral gewählter Lage, auf größeren Kulturflächen werden dagegen gerne mehrere ſolcher Vorratsplätze angelegt, damit der Aufwand des Zutragens zu den Pflanzlöchern tunlichſt vermindert und die Gefahren des weiteren Austragens vermieden werden. Auf den Vorrats— plätzen ſind alle jene Pflanzen, die nicht ſofort an die Arbeiter zum Ein— ſetzen verteilt werden können, in ein friſches Erdbett neuerdings ſorgfältig, locker und nicht zu hoch geſchichtet, einzuſchlagen, nachdem ſie ihrer für den Weittransport vorgeſehenen Verpackung entnommen wurden. Wo die Pflanzenvorräte tage- oder gar wochenlang liegen bleiben, ſind ſie aber— mals mit Nadelholzreiſig gegen Wind und Sonne zu ſchützen. Von dieſen Vorratsplätzen werden die Pflanzen nach Bedarf den mit dem Einſetzen beſchäftigten Arbeitern laufend und unter Beobachtung des un— bedingt nötigen Wurzelſchutzes zugetragen. $ 80. Die Normalpflanzung. Als Normalpflanzung kann nur diejenige angeſprochen werden, welche die Pflanze im peinlichſten Sinne des Wortes wieder ſo einſetzt, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 209 wie ſie in der Muttererde geſtanden war. Dieſer Anforderung kann offenbar genügt werden, wenn man zur Aufnahme des Pflänzlings ent— ſprechende Pflanzgruben in dem natürlich gewachſenen Boden anlegt. a) Allgemeine Arbeitsdispoſitionen und Arbeitseinteilung. Flotter Verlauf des Pflanzgeſchäftes bedeutet halben Erfolg und ein richtiges, den jeweiligen Verhältniſſen angepaßtes Verfügen über die Zeit, über die Arbeitskraft und über das Pflanzmaterial iſt deſſen Vorbedingung. Die Arbeiter werden nach Maßgabe der Aufſichtskraft gedungen. Sobald die Pflanzen auf der Kulturfläche angelangt, alle ſonſtigen Bedingungen zur Arbeit gegeben ſind, beginnt der kräftigere Teil der Arbeiterſchaft mit dem Löcherhacken. Die Pflanzer holen ſich auf den Vorratsplätzen die nötigen Pflanzen und legen ſich tunlichſt kurz hinter den Löchermachern an. Weiter werden die Pflanzen aber nach Bedarf durch die minder zuverläſſigen, für das Pflanzgeſchäft nicht geeigneten Arbeiter laufend zugetragen und an die Pflanzer verteilt, denn das Hin— und Herlaufen der ganzen Arbeiterſchaft um jeden kleinen Pflanzenbedarf iſt durchaus unſtatthaft. Löcherhacker und Pflanzer bleiben getrennt; nicht allein, weil dadurch eine vorteilhafte Arbeitsteilung erreicht, ſondern auch die Gefahren abgekürzt werden, welchen die Pflanzen bis zur defini— tiven Einbettung ausgeſetzt ſind. — Es iſt nach Möglichkeit darauf zu achten, daß die Pflanzlöcher alsbald beſetzt werden, daß alſo die Pflanzer in nicht zu großem Abſtande den Löchermachern folgen. Man erreicht dadurch den Vorteil: bei trockener Witterung, daß die Wurzeln gleich wieder in anregend friſche Erde kommen; bei naſſer Witterung, daß die Erde nicht vorher ſchmierig wird. Rücken dabei die Löchermacher ſchneller vor, als die Pflanzer folgen können, ſo läßt man von den erſteren einige mitpflanzen und umgekehrt einige Pflanzer zeitweilig mit Löcher hacken. Bei kalter, feuchter Witterung kommt es oft vor, daß das Pflanzen in den erſten Vormittagsſtunden nicht gut ausführbar iſt, weil die Arbeiter die Finger nicht gehörig gebrauchen, überhaupt dem Eindruck der Kälte wegen unzureichender Bewegung nicht widerſtehen können. Dann beſchäftigt man ſie einſtweilen ſämtlich mit Löcherhacken und läßt das Pflanzen nachholen, wenn das Hindernis behoben iſt. Überdies iſt auf der Kultur— fläche ſtreng darüber zu wachen, daß die Arbeiter ſich nicht zerſtreuen, vielmehr tunlichſt zuſammengehalten werden; nur dann hat ſie das aufſichtsführende Organ in der Hand, kann ſie überſehen und kontrollieren. b) Die Herrichtung der Pflanzgrube. In voller Würdigung des Beſtrebens, bei Ausführung des eigent— Reuß, Beſtandesgründung. 14 210 Die künſtliche Beſtandesgründung. lichen Pflanzgeſchäftes der Natur möglichſt nahe zu kommen, muß der ſachgemäßen Herrichtung des Pflanzloches eine grundlegende Be— deutung beigemeſſen werden. Fehlerhafte Begehungen und Unterlaſſungen drängen notwendig den Pflanzakt aus dem Rahmen normaler Ausführung heraus. Möge deshalb Lehre und Praxis es ſtets der Mühe wert halten, die einfach handwerksmäßigen Verrichtungen mit der Kulturhacke ein— gehend mit zu erläutern, denn auch ſie müſſen auf ſtreng wiſſenſchaft— licher Baſis ſtehen. — Die Pflanzgrube ſoll — bei Einpflanzung junger Bäume iſt das ein von jeher als ganz ſelbſtverſtändlich angeſehener und verwirklichter Grund— ſatz — den Dimenſionen der Wurzeln angepaßt ſein und hinreichenden Raum gewähren, nicht allein, daß die aus dem Mutterboden mitgebrachten Wurzeln nach Breiten- und Tiefenentwickelung in ihrer natürlichen, d. h. im Mutterbeete innegehabten geſtreckten Lage untergebracht werden, ſondern auch, daß die einbettende Hand des Pflanzers ihres fürſorglichen Amtes ungehindert walten kann. Es muß als falſch und als Grundübel von unberechenbarer Trag— weite bezeichnet werden, wenn man für drei- und vierjährige Pflänzlinge kleine topfartig enge Löcher auswirft, welche den Arbeiter geradezu zwingen, die ſeitlich ſtehenden Wurzeln ballig zuſammengedreht in das Pflanzloch einzuzwängen und die Füllung mit Erde oder gar die Ein— bettung der Wurzeln in Pflanzerde ganz unmöglich machen. Derartige ſchwere Mißhandlung verträgt der pflanzliche Organismus nicht, das Gros ſeines Wurzelſyſtems tritt mit dem Nährboden überhaupt nicht in innige Berührung, Hohlräume im Wurzelbereiche ſind die Folge. Bei ungünſtigem Witterungsverlaufe geht die Pflanze ſehr bald zugrunde, bei günſtigen Wachstumsbedingungen vegetiert ſie durch längere Zeit kümmer— lich, bis ſie ihr Wurzelſyſtem umgebildet, die Wurzelſtreckung und Haar— bildung wieder in Angriff genommen hat. Nur das geräumige ſchüſſel— förmig flach geöffnete Pflanzloch, das in ſanfter Böſchung aus der Mitte gegen die Ränder des Bodenniveaus anſtrebt, ſorgt für die Wurzel— breitung und -einbettung durch die Hand des Pflanzers. Beide Momente ſind unerläßliche Notwendigkeit für das Anwachſen; ſie entſcheiden für den Augenblick über Leben und Tod, für die ferne Zukunft aber über Gedeihen und Ertrag. Das breitere Pflanzloch bringt auch für die einzelne Pflanze alle Vorteile der Bodenlockerung in ungleich höherem Maße mit ſich als das eng topfförmig ausgehobene mit ſteilen Wandungen, insbeſondere rück— ſichtlich des Feuchtigkeitshaushaltes des Bodens; denn: Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 211 1. der gänzliche Mangel einer Benarbung in unmittelbarer Um— gebung der Pflanze verlangſamt und hemmt die Verdunſtung der Boden— oberfläche gegenüber der lebhafteren Verdunſtungstätigkeit des unbear— beitet gebliebenen mehr weniger benarbten Naturbodens. 2. Die aufliegende Lockerſchicht des Pflanzloches konſerviert an und für ſich die Feuchtigkeitsvorräte der dichten Untergrundſchichte infolge Hemmung der kapillaren Verdunſtung. 3. Geringere atmoſphäriſche Niederſchläge, ſogar die Taubildung, werden leichter bis zur Wurzeltiefe in die Lockerſchicht des Pflanzloches eindringen und die ausgiebigeren Niederſchläge den mit höherer Waſſer— kapazität ausgeſtatteten Untergrundboden leichter erreichen, ſo daß das natürliche Feuchtigkeitsreſervoir des Bodens, die Tiefſchicht, laufend reich— licheren Zufluß von außen erhält. 4. Die aus dem dichten Untergrund kapillar aufſteigende Feuchtig— keit wird nächtlich in der ſtärker abgekühlten Lockerſchicht tauartig nieder— geſchlagen, ſomit für die Pflanze gewonnen. Bei langanhaltender Dürre iſt ſie von großer Bedeutung. Das einzige für die Herrichtung des Pflanzloches geeignete Gerät, welches auch allen in der inneren und äußeren Bodenbeſchaffenheit auf— ſtoßenden Hinderniſſen ſich am meiſten gewachſen zeigt, iſt die Hacke von einer dem Boden ſich anpaſſenden Konſtruktion. In dem einen Falle genügt die leichte Form, welche der Gartenbau verwendet, in einem andern Falle muß eine kräftigere, mehr der Rodehaue ſich nähernde Bauart, in einem dritten Falle gar die breitere Schneide der Schälhacke gewählt werden, wenn es gilt, Raſenfilz abzuſchälen oder holzigen Un— krautwuchs (Heide, Vaceinien) im Boden abzutrennen. Im allgemeinen aber ſind die ortsüblichen Hacken des Landmannes für die Pflanzen und Kulturarbeiten vollkommen verwendbar, d. i. in der Regel eine leichte Rodehaue mit etwa 8— 10 cm breitem Hackblatt, deſſen Stärke und Länge der Bodenbeſchaffenheit ſich anpaßt. Die für das Pflanzloch aus— erſehene Stelle wird zunächſt bis auf den mineraliſch reinen Boden frei— gelegt. Haftender Unkrautwuchs, Grasnarbe mit der Hackenſchneide ab— getrennt, hochſtaudiges Unkraut ausgeriſſen, loſe Auflagerung unzerſetzter Bodenrauhdecke mit queraufgelegtem Hackblatte abgezogen und der Abraum links⸗ſeitwärts, im Terrain nach vorn, ſo weit aus dem Rayon des Pflanzloches weggezogen, daß neben dem geräumigen Pflanzloch ſelbſt noch ein genügender, ebenfalls freigeſchürfter Raum zur Ablagerung der ausgehobenen Pflanzerde zur Verfügung ſteht. Nun wird die Hacke mit leichten Einhieben an der dem Arbeiter zugekehrten Peripherie 14* 212 Die künſtliche Beſtandesgründung. eingeſetzt und die nach vorn ſich ausbreitende Fläche des Pflanzloches kurzgehackt, ſo daß im erſten Gange eigentlich nur die Auflockerung der Dammerdeſchicht in dem engbegrenzten Raume des Pflanzloches bewirkt, die Erde zerkleinert und in pflanzgerechte krümelige Verfaſſung gebracht wird. Dabei iſt ſpeziell darauf zu achten, daß die mit der Hacke erfaßte Erde nicht ruckweiſe ausgeworfen und verſpritzt werde, denn in der Regel hat man alle Urſache, ſehr haushälteriſch mit der Pflanzerde umzugehen. Nach dieſer vorbereitenden Lockerung wird die Erde vorſichtig mit der Hacke nach rechts (im Terrain nach vorn) ausgezogen, das Pflanzloch nach Bedarf in einem zweiten Gange entſprechend vertieft und die aus— gezogene Erde ſo gelagert, daß eine Vermiſchung mit dem Bodenabraume, mit vegetabiliſchen Stoffen (Moos, Raſenfetzen, Laub uſw.) überhaupt ausgeſchloſſen erſcheint; denn jede Einmiſchung von unzerſetzten Reſten der Bodendecke beeinträchtigt erfahrungsgemäß die Widerſtandsfähigkeit der Pflanze bei eintretender Dürre ſehr augenfällig. Es unterliegt zwar keinem Zweifel, daß die Verweſung die in der organiſchen Bodenſtreu gebundenen Elemente wieder frei macht, daß ſomit ein düngender Wert vor allem durch die Bildung von Ammoniak und deſſen Nitrifikation zu— gegeben werden muß, anderſeits ſcheint aber die Aufzehrung der Boden— feuchtigkeit durch Verdunſtungsſteigerung und Waſſerbedarf des Ver— weſungsprozeſſes oft ein ſolches Maß zu erreichen, daß in trockenen Böden und bei längerer Dürre arge Verluſte zu beklagen ſind. Verſuch. Oberförſter Konjas, Revier Platz, 1887. Ziemlich armer Granitſand. — Die Unterſuchung häufiger Kulturverluſte nach verhältnismäßig kurzer Dürre führte zu der Vermutung, daß die mit in das Pflanzloch eingebrachten Raſenfetzen dieſe Eingänge weſentlich förderten. Die angeſtellten kleinen Verſuche beſtätigten das vollkommen. Im April 1887 wurden mehrere Verſuchspflanzungen angelegt, 4jährige verſchulte Fichten unter vollſtändig vergleichungs⸗ fähigen Verhältniſſen, nur mit der Abänderung eingepflanzt, daß in den Flächen a mineraliſch reine Erde zur Füllung des Pflanzloches verwendet, während in den Flächen b die ſporadiſch auf der Kultur— ſtelle vorkommenden Grasbüſchel in einigen Stücken der Pflanzerde beigemengt wurde. Im Juni trat trockenes Wetter ein, die Pflanzen der Verſuchsflächen b, bisher in ihrer Triebtätigkeit von denjenigen der a-Flächen nicht zu unterſcheiden, ließen ihre Triebe ſchon nach 6—Stägiger Dürre ſchlaff hängen und gingen in der folgenden Woche maſſenhaft ein, während auf den Flächen à gar keine oder minimale Verluſte verzeichnet wurden. — Bei näherer Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 213 Unterſuchung der Pflanzlöcher wurden die eingebrachten Raſenfetzen der Verſuchsflächen b auffallend reich an Feuchtigkeit gefunden. Die verweſenden Pflanzenſtoffe ſchienen die geringe Bodenfeuchtigkeit aus dem Rayon des Pflanzloches angezogen und ſo der Pflanzenwurzel vorzeitig geraubt zu haben. e) Das Zutragen der Pflanzen und deren Verwahrung bis zum Einſetzen. Das Zutragen der Pflanzen von den Vorratsplätzen iſt eine untergeordnete Handlangerarbeit, die, leicht kontrollierbar, der ungeübten Arbeitskraft am eheſten übertragen werden kann. Der Arbeiter bedient ſich zu dieſem Zwecke eines Tragkorbes, eines Schiebkarrens oder ſonſtigen ortsüblichen Beförderungsmittels, das am Boden mit einer entſprechenden Schichte feuchten Mooſes belegt und nach dem Einlegen der partieweiſe aus dem Erdeinſchlag gehobenen Pflanzen auch ſeitlich mit Moos ein— gefüttert wird, ſo daß die Wurzeln gegen Einwirkung von Wind und Sonne, ſelbſt von wenigen Minuten Dauer, geſichert ſind. Mit dieſem wohlverwahrten Pflanzmaterial ſchreiten die Zuträger die Pflanzerkolonne ab und teilen laufend nach Bedarf die Pflänzlinge zu. Die Pflanzer haben jeder einzelne oder je zwei gemeinſchaftlich einen flachen Korb (Schwinge) oder ein ſonſtiges, wenn auch noch ſo einfach geartetes Behältnis mitzuführen, in welchem ſie die Pflanzen bis zum Einſetzen abermals auf einer Unter— lage und unter einer Decke von feuchtem Mooſe aufbewahren. Auch dieſe Moogeinlage und ihr Feuchtigkeitsgehalt wird von den Zuträgern laufend ergänzt, ſo daß der Pflanzer ausſchließlich ſeine Zeit und Aufmerkſam— keit dem eigentlichen Pflanzgeſchäfte zuwenden kann. Von Konſervierung der Pflanzenwurzeln in mit Waſſer, dünnflüſſigem Lehmbrei uſw. gefüllten Gefäßen iſt abzuraten. Abgeſehen von vielen anderen, früher ſchon hervorgehobenen Nachteilen, werden die natür— lichen Ausführungsformen des Pflanzaktes dadurch beeinträchtigt. d) Das Einſetzen der Pflanze. Die Handgriffe beim Pflanzen ſelbſt laſſen ſich wohl leichter praktiſch demonſtrieren als beſchreiben. Sie ſollen frei ſein von jeder kleinlichen Spielerei, frei aber auch von jeder leichtfertigen Pfuſcherei, denn in der ſachgemäßen Ausführung des Pflanzaktes liegt die beſte Gewähr für die volle Erfüllung der beſtandesbildenden Aufgaben des Baumes und für die gedeihliche Zukunft des Beſtandes. Ganz allgemein wird folgendes zu beachten ſein: 214 Die künſtliche Beſtandesgründung. 1. Vor allem iſt darauf zu ſehen, daß die Pflanze nicht zu tief eingeſetzt werde. Da die Dimenſionen des Pflanzloches nach Tiefe und Weite unter allen Umſtänden etwas reichlich bemeſſen ſein müſſen, ſo liegt die Gefahr einer zu tiefen Einbettung der Wurzeln da ſehr nahe, wo die Tiefe des Pflanzloches die Länge der Hauptwurzel übertrifft. Der Pflanzer nimmt mit der linken Hand den einzelnen Setzling aus dem mitgeführten Vorrat, überprüft mit kurzem Blick ſeine Bauart und füllt in Fällen, in denen nach Maßgabe der individuellen Wurzelausbildung ein zu tiefes Einſetzen befürchtet werden muß, etwas Erde in das Pflanzloch zurück, ſo daß deſſen Tiefmulde ausgefüllt oder ſogar flach hügelartig erhöht erſcheint. Bei flachwurzelnden Holzarten iſt die Aufführung kleiner Hügel in der Sohle des Pflanzloches ſogar als allgemeine Regel hinzuſtellen, da dieſelben die natürliche Einlagerung der Wurzeln ganz außerordentlich erleichtern. Jedenfalls ſoll das Pflanzloch ſo ausgeformt ſein, daß die Enden der Horizontalwurzeln nicht in die Tiefe gerichtet erſcheinen. 2. Nunmehr wird die Pflanze mit gebreiteten Wurzeln auf die ihrem Bau angepaßte Sohle je nach der Entwickelung derſelben zentriſch oder exzentriſch aufgeſetzt, die Wurzeln ſelbſt ohne jede gewalttätige Ver— biegung, Verzwängung in ihrer natürlichen Lage und Verteilung — nie aber etwa zu Strängen vereinigt — geſtreckt und dann die Erde mit der hohlen rechten Hand ruckartig-ſchnell übergezogen. 3. Beim Schließen des Pflanzloches iſt zu beachten: a) Das Aus- ſcheiden kleiner Steine aus der Pflanzerde iſt unnötig und zu unterlaſſen; ſie können unbedenklich zur Füllung des Pflanzloches mitverwendet werden. b) Die Wurzeln ſollen überall mit Erde ſorgfältig eingefüttert werden, nicht mit Raſen, Moos, Laub und faſerigen Subſtanzen der Bodenrauh— decke in Berührung kommen. c) Die Pflanzlöcher ſind möglichſt voll— ſtändig bis in das Bodenniveau hinein wieder zu füllen, damit keine Vertiefungen bleiben, welche, ſpäter vom Regen vertragen, die gefürchtete Tieflage der Wurzeln noch nachträglich herbeiführen würden. 4. Iſt der Pflanzakt bis zu dieſem Stadium vorgeſchritten, ſo erfolgt die ſpezielle Prüfung rückſichtlich der normalen Pflanztiefe. Die Pflanze ſoll ſo eingebettet ſein, daß ſie nach Setzung des Bodens nicht tiefer zu ſtehen kommt, als ſie im Mutterbeete geſtanden war, d. h. der Wurzel— knoten ſoll 1 bis höchſtens 3 cm hoch mit Erde überdeckt ſein, wenn das Pflanzloch bis in das Bodenniveau wieder angefüllt iſt. Erſcheint die Pflanze tiefer eingeſetzt, ſo wird ſie unter leicht rüttelnder Bewegung etwas gehoben. Minder geübten Arbeitern gibt man zur Einhaltung des richtigen Tiefenmaßes gern einen ſogenannten „Pflanzſtock“ zur Hand, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 215 ein ſchwaches, gerades Holzſtäbchen von 60—70 em Länge, welches beim Pflanzen quer über das Pflanzloch gelegt wird, gleichſam das Bodenniveau markierend. Geſchulte Arbeiter bedürfen dieſes Behelfes nicht mehr. 5. Die auf gefälliges Ausſehen gerichteten „Appreturarbeiten“: Eb— nung des Pflanzloches, die Ordnung und Säuberung ſeiner Umgebung ſind als überflüſſige und aufwanderhöhende Maßnahmen zu unterlaſſen. Das Pflanzloch wird nach der Füllung mit flach aufgelegten Händen leicht angedrückt, und damit iſt der Pflanzakt beendet. Raſenfetzen oder ſonſtigen Abraum an der Peripherie des Pflanzloches aufzulegen, iſt nicht gerade unſtatthaft, doch ſoll derſelbe nie nahe an die Pflanze herangezogen werden, damit auch geringe Niederſchläge, ſelbſt der Tau am Eindringen nicht gehindert ſind. Ein förmliches Eindecken mit Raſen iſt zu widerraten. Es iſt bei eintretender Dürre ein zweiſchneidiges Schwert. In § 50 iſt eingehend entwickelt worden, welchen hervorragenden Wert die Pflanzenerziehung auf ein flachſtreichendes Wurzelſyſtem im Intereſſe einer raſchen und reichen Haarbildung legen müſſe. Da die weitere Entwickelung der Pflanze, insbeſondere die Wiederaufnahme der geſtörten Arbeit, das Anwachſen nach der Verſetzung nach denſelben Geſetzen erfolgt, ſo müſſen die Seitenwurzeln nicht allein ſchonend aus— gebracht und konſerviert, ſondern auch flach in der oberen Nährſchicht ver— ſtreichend wieder eingebettet werden. Nur dann treiben die Wurzelenden energiſch die „Spargelſpitzen“, an denen die Haarbildung ſtattfindet. Jede vorſichtig ausgehobene Pflanze beſtätigt die flach in der Dammerdeſchichte verſtreichende Seitenwurzel als den Sitz dieſer einzelligen Nährorgane, die in die Tiefe gerichteten Wurzeln führen ſpärlichen, oft gar keinen Haarbeſatz, ſind überhaupt weniger energiſch in ihrer Entwickelung und wenn auch von einer ſtrengen Arbeitsteilung der Wurzeln (Nahrungs— aufnahme, Befeſtigung, Reſerveſtoff-Vorratskammer) nicht geſprochen werden kann, ſo unterliegt es doch keinem Zweifel, daß die eigentlichen Nährwurzeln in der nahrungsreichen, wärmeren Dammerdeſchicht verlaufen und verlaufen wollen. Darauf muß die Pflanzung wohl bedacht ſein, wenn ſie mit den naturgeſetzlichen Vorbedingungen für Pflanzenernährung und Wachstum nicht in Widerſpruch treten will. Eingehende Unterſuchungen der Pflanzenwurzel im Frühjahr, auch zu jeder anderen Jahreszeit, legen dar, daß die Wurzelſtreckung und Haarbildung am zeitigſten und ener— giſcheſten in der leicht durchwärmten Obergrundſchicht beginnt, und daß beide Erſcheinungen nach Zeit und Grad mit der Tiefe ſehr augenfällig ab— nehmen. 216 Die künſtliche Beſtandesgründung. Verſuch: In lockere, durch ſandige Beimengung präparierte Gartenerde wurden zwei- und dreijährige, zu dieſem Verſuche be— ſonders langbewurzelt ausgeſuchte Fichtenſämlinge ſo eingepflanzt, daß ein Teil der Seitenwurzeln, flach und horizontal verſtreichend, kaum zwei Zentimeter hoch mit Erde bedeckt war, während die übrigen Wurzeln (darunter abſichtlich auch eine lange Seitenwurzel, die im Mutterbeete eine horizontale Lage gehabt) in vorgeſteckte Löcher ſenkrecht in die Tiefe gerichtet wurden. Die Pflanzen ſind vom dritten Tage nach dem Einſetzen an in Intervallen von ſieben Tagen gehoben und auf ihre Tätigkeit im Wurzelraum unterſucht worden. Schon am dritten Tage waren die Horizontalwurzeln in flotter Neu— bildung begriffen; am ſechſten Tage konnte ſchon die Haarbildung kurz hinter den Wurzelenden konſtatiert werden. Die Energie dieſer Er— ſcheinungen behauptete ſich durch längere Wochen in aufſteigender Tendenz und ihnen angemeſſen trat auch eine ſehr lebhafte Trieb— tätigkeit der oberirdiſchen Achſe in Erſcheinung. Die ſenkrecht ein— geführten Wurzeln ſchritten mit zunehmender Tiefe ſpäter und ſpärlicher zur Sproßbildung und zeigten überhaupt nur eine ſehr geringe, an den tiefſten Enden überhaupt gar keine Haarbildung. Einige Vergleichspflanzen, deren ganzes Wurzelwerk ſenkrecht tief ein— gebracht war, ſtanden auch in ihrer oberirdiſchen Leiſtung außer— ordentlich zurück. Dieſer einfache Verſuch erweiſt durch ſeine Ergebniſſe, daß die flache, natürliche Einbettung der Wurzel von hervorragendem Einfluß für den Kulturerfolg iſt. Er beweiſt den Aerotropismus der Nährwurzel, beweiſt auch ebenſo wie die oberflächliche Verſtreichung der Wurzel älterer Bäume, wie der exzentriſche Wachstumsgang der Tagewurzeln und die Umbildung zu tief eingeſetzter Wurzelſtöcke, daß die Wurzel als atmendes Organ mit den atmoſphäriſchen Einflüſſen in innigerem Kontakt ſtehen will und ohne dieſen Kontakt nicht arbeiten, auch nicht leben kann. Die ſonſtigen ſchweren Nachteile zu tiefer Pflanzung für die Geſundheit und Wohl— fahrt des Baumes und Beſtandes find an anderer Stelle (§S 93, 98) entwickelt worden. Mit Genugtuung ſei die vorſtehend entwickelte Lehrmeinung auf einen hervorragenden Forſcher der Neuzeit geſtützt. Profeſſor Dr. Pfeffer, Leipzig, jagt u. a. in ſeiner Pflanzenphyſiologie: „Der Ausfall der Bewurzelung hängt in allen Fällen von den ſpezifiſchen Eigentümlichkeiten im Verbande mit den äußeren Verhältniſſen ab. Durch letztere wird es natürlich be— dingt, daß die Wurzeln und Rhizome derſelben Pflanzen in lockeren Boden— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 217 arten in größere Tiefe einzudringen pflegen als in zäheren Bodenarten und daß die Hauptbeſtockung ſich nicht überall in ganz gleichem Abſtand von der Oberfläche erhebt. Hierbei dürften beſonders Feuchtigkeits— verteilung und Durchlüftung, auch Licht- und Temperaturverhältniſſe in— fluieren.“ — Pfeffer weist auch darauf hin, daß die Nitrifikation bei Sauerſtoff— armut der tieferen Schicht aufhört, die Ernährungsverhältniſſe ſonach ſich ver— ſchlechtern, und ſagt, daß „naturgemäß die den jeweiligen Verhältniſſen ent— ſprechende Geſtaltung und Poſition angeſtrebt wird“, die Pflanze den Gleich— gewichts zuſtand durch Um- und Neubildung wieder anſtrebt. Er leitet aus ſeinen Unterſuchungen auch die Antwort auf die Frage her, „warum eine er— hebliche Tieferlegung des Wurzelſyſtems durch Auffüllung von Erde oder durch Verpflanzen von Bäumen nachteilig und verderblich wirkt“ und bietet eine wichtige wiſſenſchaftliche Grundlage für die Pflanzenkultur. Fig. 9 veranſchaulicht die Normal- pflanzung mit gut, d. h. naturgemäß gebreiteten Wurzeln. Das in künſtlich aufgeführtem Erdreich angefertigte Pflanz— loch iſt flach und breit geöffnet, in der Mitte leicht erhöht. Die Wurzeln der 4jährig⸗verſchulten Fichte ſind mit Kalk— milch weiß getüncht. Man kann nun zur Geltung bringen, daß ein derartig ſubtiles Vorgehen hohe Koſten verurſache und, von ganz unge— übter Hand ausgeführt, mag dieſer Ein— wand wohl auch in der Praxis ſeine Beſtätigung finden. Sobald aber die Pflanzer den vorſtehend beſchriebenen Arbeitsgang ſich zu eigen gemacht haben, können ſie mit jeder anderen Ausführungsform in Konkurrenz treten. Und wenn wirklich ein höherer Koſtenaufwand erwachſen ſollte, ſo wäre derſelbe vollkommen gerechtfertigt und immer nur hoher Gewinn, weil damit ein frohes Gedeihen und hohe Ertragsleiſtung des Baumes und Beſtandes erkauft wird. — Verfaſſer hat nach oben beſchriebenem, von ſeinem Vater, Forſtrat L. Reuß, auf den großen Waldgütern des Fürſten Colloredo-Mannsfeld in Böhmen eingeführten Pflanzverfahren mit leicht gehügelter Lochbaſis viele Millionen Fichten gepflanzt und ſieht mit freudiger Genugtuung die Jungbeſtände, herrlich gedeihend, ſich entwickeln, um ſo freudiger, als der Kulturkoſtenaufwand, insbeſondere durch die Verringerung des Nachbeſſerungsbedürfniſſes auf fait / ſeiner früheren Höhe herabgedrückt wurde. Auch Fig. 9. 218 Die künſtliche Beſtandesgründung. an anderen Orten, in welche dieſes Verfahren aus den Colloredo-Mannsfeldſchen Forſten übertragen wurde (u. a. in den Odenwald. Vergl. Forſtw. Centr. Blatt Jahrg. XXVI. 1904), hat ſich dasſelbe gleich gut bewährt. Übrigens iſt nicht diejenige Kultur die billigſte, welche den geringſten Aufwand an direkten Koſten verurſachte, ſondern diejenige, welche die geſamten Produktionskapitalien (zu denen die Kulturkoſten gehören) am früheſten verzinſt. G. Andere Formen der Beſtandespflanzung. § 81. Die Furchenpflanzung. Eine namentlich in erdarmem Schiefergeſchiebe und trockenen Lagen außerordentlich bewährte Abänderung hat die eigentliche Grubenpflanzung in der Form der ſogenannten Pflug-Furchenkultur erfahren. Sie führt die Pflanzung in mit dem Pfluge aufgezogene Furchen durch. So— weit die Terrain- und Bodenverhältniſſe die Anwendung des einfachen „Hakens“ (Pflug ohne Streichbrett von leichter Konſtruktion, der nach Art des Waldpfluges die gehobene Scholle nach beiden Seiten wirft) geſtatten, werden — im Terrain horizontal verlaufende — Furchen in Entfernungen aufgezogen, wie ſie dem gewählten Verbande entſprechen. In dieſen Furchen wird das Pflanzgeſchäft nach Anleitung der Normalpflanzung mit naturgemäß eingebetteten Wurzeln durchgeführt und nur ſelten wird in der etwa zu flach geratene Furche noch eine lochartige Vertiefung mittels der Hacke notwendig werden. Die Vorzüge dieſes ſehr einfachen Verfahrens, das ſich unter beſonders ſchwierigen Bodenverhältniſſen herausgebildet hat, liegen auf der Hand: 1. Die Furche ſtellt auf Verbandlänge eine überreiche Menge von Pflanzerde zur Verfügung, an der es der Löcherpflanzung namentlich in erdarmen Lagen in der Regel ſo ſehr gebricht. 2. Dieſe Pflanzerde eignet ſich zur Einbettung der Wurzeln ganz beſonders und begünſtigt das Gedeihen der Pflanze, da ſie, nur in der oberſten Dammerdeſchicht gewonnen, die beſten phyſikaliſchen und chemiſchen Eigenſchaften des Bodens in ſich vereinigt. 3. Die vertiefte Furche ſammelt die Feuchtigkeit und ſichert der Pflanze eine größere Widerſtandsfähigkeit auch bei Dürre. 4. Das Verfahren hat auch geringen Koſtenaufwand für ſich und verleitet in keiner Weiſe zu unnatürlicher Behandlung der Pflanze. Die Herſtellungskoſten der Pflugfurchen in 1,5 m Entfernung durch ein Ochſengeſpann ſchwankten pro Hektar in durchgeführten Probearbeiten, auf einer allerdings durch Waldfeldbau vorbreiteten Fläche, zwiſchen 5 und 6 Kronen, ein Aufwand, für den die nötigen Pflanzlöcher bei weitem uicht herzuſtellen ſind. — Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 219 § 82. Die Hügelpflanzung. Die Hügelpflanzung ſtellt ſich in richtiger Ausführung als eine Grubenpflanzung dar mit der Abänderung, daß das Pflanzloch nicht unter dem Niveau des Bodens, ſondern oberhalb desſelben in aufgeſchüttete Lockererde angelegt wird. Da das Verfahren bei entſprechender Hügel— breite die natürliche Einbettung der Wurzeln ſehr wohl geſtattet, ſo muß demſelben nicht allein eine vollkommen methodiſche Berechtigung, ſondern auch unter ſchwierigen Bodenverhältniſſen eine ausgeſprochen wirtſchaftliche Bedeutung beigemeſſen werden. Sie findet unter der Bezeichnung „neues Hügelpflanzverfahren“ in lokalen Vernäſſungen, wie ſolche ſo häufig nach dem Abtriebe und für die Dauer der aufgehobenen Waſſerver— dunſtung durch den Beſtand entſtehen, und auf ſehr unkrautwüchſigen Böden ihr dankbarſtes Arbeitsfeld, beſitzt hier ſogar ihre entſchiedenen Vorzüge der Löcherpflanzung gegenüber, indem ſie 1. die Wurzel in dem künſtlich aufgeſchütteten Hügel dem Bereich des Grundwaſſerſpiegels entrückt, ihr Gedeihen ſonach weſentlich fördert und 2. die Pflanze vor verdämmender Wirkung ſtarken Graswuchſes behütet, die namentlich ſchwächeren Saatpflanzen oft ſehr gefährlich wird. — Das Original-Verfahren der Hügelpflanzung, von ſeinem Be— gründer Obfm. Freiherrn v. Manteuffel zunächſt weniger für naſſe als für äußerlich verwahrloſte Böden empfohlen, verlangt in ſeiner Original— Anleitung die Aufſchüttung der Pflanzhügel mit ſogenannter „Branderde“, die durch Abklopfen der Raſenplaggen, Verbrennen des Raſengewürzels uſw. (S 57) gewonnen wird, oben auf die Bodendecke, ſoweit ſie nicht aus hochſtaudigem Unkrautwuchs beſteht. v. Manteuffel hat ein über— aus großes und richtiges Ziel angeſtrebt und wenn dieſes Ziel durch das Verfahren nicht erreicht wurde, ſo iſt doch in ſeiner bekannten „Hügel— pflanzung der Laub- und Nadelhölzer, Leipzig 1865“ eine hochwichtige Lehrmeinung ausgeſprochen, durch welche der Pflanzkulturbetrieb in gedeih— liche Wege eingelenkt worden wäre, wenn Lehre und Praxis dem guten Kern der Manteuffelſchen Theorie mehr Aufmerkſamkeit zugewendet hätten als ſeinem praktiſchen Pflanzverfahren, welches dieſe Lehrmeinung unterſtützen ſollte. Golden war die Lehre, aber minder glücklich ihre Realiſierung und Übertragung in den Wald. — v. Manteuffel legt im 3. Kapitel ſeiner oben angezogenen Arbeit der Pflanzung in Löcher, die Verführung zu übermäßig tiefen Pflanzen zur Laſt, deſſen nachteilige Folgen er, ſeiner Zeit vorauseilend, vollkommen klar erkannt hatte, und glaubt dieſem zu tiefen Einſetzen durch die Hügel vorbeugen zu können. Hochbeachtenswert ſagt er S. 24: „Wir waren der Anſicht, daß die zu tief eingeſetzten Wurzeln nach der humoſen Erdoberfläche hin ſich verlängern und die Pflänzlinge erſt dann erfreulicher zu wachſen anfingen, nach— 220 Die künſtliche Beſtandesgründung. dem es ihnen gelungen ſei, nahrungsreichere Schichten zu erreichen. Vielfache ſeitdem angeſtellte Unterſuchungen und Erfahrungen haben uns aber gelehrt, daß dem nicht ſo iſt, ſondern daß von den in die unfruchtbare Erde verſenkten Wurzeln diejenigen, denen keine oder doch nur ſehr wenig genießbare Nahrung zufließt, ſich gar nicht oder doch nur ſehr unbedeutend verlängern und nach und nach abſterben. — Trifft dieſer Übelſtand ſämtliche Wurzeln einer Pflanze, ſo kümmert dieſe noch einige Zeit fort und geht in den meiſten Fällen ein. Gelingt es ihr aber durch zufällig ihr höher oben zufließende Nährſtoffe dort bereits vorhandene, oft kaum ſichtbare Wurzelanſätze mehr auszubilden oder mit anderen Worten: beleben ſich die am unteren Teile des Stämmchens ſich befindlichen Wurzelknoſpen, jo entſteht oft 1-1 ½ Zoll über dem eigentlichen Wurzel knoten ein neuer Wurzelſtock und der Längenwuchs der Pflanze nimmt in eben dem Maße zu, als es ihr gelungen iſt, ſich neue Wurzeln zu verſchaffen, während der eigentliche ältere Wurzelſtock nach einiger Zeit verfault und abgeſtoßen wird. Unter- ſuchen wir aber dergleichen Pflanzen, welche ſich einen neuen Wurzelſtock bildeten, ge— nauer, indem wir ſie vom unteren abgeſtorbenen Wurzelſtock an aufſpalten, ſo werden wir bei vielen derſelben finden, daß ſich die Fäulnis bereits dem Stämmchen inſoweit mitgeteilt hat, daß oft über den neuen Wurzelſtock hinaus eine rote Färbung des Holzes be— merkbar wird und demnach kaum noch auf die Erziehung eines geſunden Beſtandes gerechnet werden kann, obſchon die zunehmenden Triebe dieſes zu verſprechen ſcheinen.“ Dieſe hochintereſſante Stelle aus oben zitierter Arbeit v. Ms. hier einzuſchalten, hat Verf. des vorliegenden „Lehrbuches der Beſtandesgründung“ um ſo mehr für Pflicht gehalten, als er die Folgen zu tiefen Pflanzens in ganz ſelbſtändigen Studien verfolgt und behandelt hat und heute, nachdem er die Arbeit von Manteuffels näher zu würdigen Veranlaſſung fand, ſeine Lehre mit beſonderer Genugtuung auf dieſen ſtützt. Durchaus zutreffend und übereinſtimmend mit Verfaſſers eigenen, in Wort und Bild dargeſtellten Unterſuchungen, illuſtriert v. M. die unausbleiblichen Folgenach— teile der zu tiefen Pflanzung und ſteckt vollkommen klar auch die Ziele zur Abhilfe, ohne die Wege zu finden, auf denen dieſes Ziel erreicht werden ſollte. v. Manteuffel hoffte, auch in der Hügelpflanzung eine Präventiv— maßregel gegen das zu tiefe Einpflanzen gefunden zu haben, und wenn die Hügelhöhe, beziehungsweiſe die Herrichtung des Pflanzloches im Hügel der individuellen Tiefenentwicklung der Wurzel ſorgfältig angepaßt wird, ſo kann der Hügel ebenſo wie die richtig angelegte Pflanzgrube im ge— wachſenen Naturboden günſtig auf die Einbettung der Wurzel wirken, wenigſtens nicht dem Gegenteil Vorſchub leiſten. — Die Hügelpflanzung iſt aber vielfach nicht richtig ausgeführt worden. Die lockere, nähr— kräftige Pflanzerde verführte zur Verwendung ſchwacher Saatpflanzen in großen Hügeln und in dieſem Falle lud der Hügel geradezu zur Tief— pflanzung ein. Tatſachen lehren, daß alle die vorher genannten Er— ſcheinungen in ausgeprägteſtem Maße in Hügelpflanzungen vom Verfaſſer gefunden worden ſind. Ihres hohen Aufwandes wegen hat ſich die Hügelpflanzung zu einer dominierenden Stellung im Kulturbetriebe nirgends aufwerfen können, um ſo weniger, da die ihr nachgerühmten Vorzüge der Löcherpflanzung gegen— —— ee Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 221 über einer ſchärferen Kritik nicht ſtandhalten. Die neuere Zeit hat ſie als Obenaufpflanzung in naſſes Terrain zurückgedrängt, wo es darauf ankommt, der Pflanze in Hügeln oder dammartig aufgeworfenen Rabatten einen ge— eigneten Standort außer Bereich des Grundwaſſerſpiegels zu geben. Hier iſt das Verfahren auch als Mitbehelf mehr am Platze. Es beobachtet folgenden Vorgang: Der Boden wird in voller Breite der Hügelbaſis freigelegt. Die etwa vorhandene Raſenplagge wird abgezogen und tunlichſt zu weiterer Verwendung erhalten. Die Erde zum Aufſchütten des Hügels gewinnt man der Verwendungsſtätte ſo nahe, als es die Bodenbeſchaffenheit ge— ſtattet, womöglich unmittelbar neben der einzelnen Pflanzſtelle und be— obachtet dabei dieſelbe Sorgfalt, wie bei Herrichtung des Pflanzloches: Abziehen des Bodenüberzuges, Abtrennen der Raſenplagge, Auflockern der oberen Dammerdeſchicht auf einer genügend großen Fläche, ſo daß der Pflanzhügel aufgeworfen werden kann, ohne die tief ausgehobene Unter— grundſchicht zu Hilfe nehmen zu müſſen; endlich Reinhalten der Pflanz— erde, damit vegetabiliſche Beimengungen mit der Wurzel nicht in Be— rührung kommen. Bis zu dieſem Stadium kann die Arbeit unabhängig von der Pflanzung länger, unter Umſtänden ſchon im Herbſte vorher durchgeführt werden, ja bei Aufforſtung feuchter Lagen, in denen die Hügelerde aus dem naſſen Boden gewonnen wird, iſt die herbſtliche Vor— arbeit ſogar notwendig, damit die Hügel im Frühjahr zeitig abtrocknen. Das Pflanzgeſchäft ſelbſt hat ſich nunmehr ganz in den Rahmen der Normalpflanzung einzupaſſen: Der Hügel wird mit einem leichten Ge— räte oder auch nur mit der Hand geöffnet, bis ein flachſchüſſelförmiges Loch zur natürlichen Einbettung der Wurzeln angefertigt erſcheint. In dieſes wird die Pflanze mit ſorgfältig gebreiteten Wurzeln eingeſetzt. Da der Hügel der austrocknenden Wirkung von Wind und Sonne hervor- ragend ausgeſetzt iſt, da ferner die lockere Erde von Regengüſſen leicht abgeſchwemmt wird und endlich der Hügel im Winter durch Barfroſt— wirkungen leicht zerriſſen, die Pflanze leicht ausgezogen wird, ſo muß der erſtere in der Regel mit einem ſchützenden Mantel umkleidet werden. Dazu werden die in regelmäßigen Formen bei Errichtung des Hügels gewonnenen Raſenplaggen verwendet. Man legt ſie, diagonal halbiert, gern mit der Raſennarbe nach unten, weil dadurch die Bodenverdunſtung etwas aufgehalten, auch nachteiliger Graswuchs hintangehalten wird. Die Hügelpflanzung hat mannigfache kleine Abänderungen erfahren, die, den örtlichen Verhältniſſen ſich anpaſſend, von ſelbſt ſich ergeben, da— her einer beſonderen Behandlung weder bedürftig noch wert ſind. 222 Die künſtliche Beſtandesgründung. § 83. Die Ballenpflanzung. Dieſes Verfahren verwendet ein Pflanzmaterial, welches mit dem von den Wurzeln umfaßten Erdreich ausgehoben, transportiert und wieder eingepflanzt wird. Seine praktiſche Durchführbarkeit iſt von dem regel— rechten Ausbringen und von der Haltbarkeit der Ballen abhängig und ſtellt deshalb an die Bodenbeſchaffenheit der Zuchtſtätte beſtimmte, wohl zu beachtende Anforderungen: 1. Der Boden muß einigermaßen ſteinfrei ſein, damit die Ballen glattwandig ausgeſtochen werden können, 2. der Boden muß entſprechend bindig, feucht und haltbar, ober— flächlich womöglich verraſt und verunkrautet ſein, damit der Ballen beim Transport nicht zerbröckelt. Mit Rückſicht auf ihre Eigenart iſt die Erziehung der Ballen- pflanzen in § 45 beſonderer Behandlung unterſtellt worden. (S. daſ.) Richtiges Ausheben der Pflanzen vorausgeſetzt, ſteht die Ballen- pflanzung rückſichtlich ihrer Ausführungsformen der Natur wohl am nächſten, da die vom Erdballen umfangenen Wurzeln vor allen nach— teiligen Einflüſſen beim Transport geſchützt ſind und beim Wiederein— ſetzen nicht aus ihrer natürlichen Lage gebracht werden, noch irgend welche gewalttätige Behandlung erfahren können. Die Ballenpflanze iſt auch gegen die Gefahr des Ausfrierens und Ausziehens durch verbeißende Wildſtücke ziemlich geſichert und kann ſelbſt mit ſtärker angetriebenen Pflanzen noch ausgeführt werden, da bei günſtigen Vorausſetzungen kaum eine Störung mit der Verpflanzung verbunden iſt. Wenn fie un= geachtet dieſer anerkennenswerten Vorteile zu einer dominierenden Kultur— methode ſich nicht hat aufſchwingen können, ſo iſt das auf die Tat— ſache zurückzuführen, daß ihr auch Nachteile anhaften und zwar: 1. Das unbeſchädigte Ausbringen älterer Pflanzen iſt ungemein ſchwer und die Beſchädigung des Wurzelſyſtems iſt um ſo bedenklicher, als dieſelbe nach Grad und Art in der Regel nicht überblickt werden kann, zudem in erſter Reihe auf die Enden der Seitenwurzeln ſich erſtreckt. 2. Die Transportkoſten wachſen mit der Entfernung raſch und be— deutend, erhöhen den Kulturaufwand enorm und bis zur abſoluten Un— durchführbarkeit. Sie findet deshalb auch vorzugsweiſe nur Anwendung bei Nachbeſſerung von Saaten und Pflanzungen, wo das Material überall zur Hand iſt, in lückigen Saaten, Froſtlagen und bei ſpäter Früh— jahrspflanzung. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 223 a) Das Ausheben. Der Schwerpunkt für Ausführung und Erfolg der Ballenpflanzung liegt nach dem vorher geſagten im Ausheben der Pflanze. Dasſelbe kann nur mit dem flachen oder mit dem mehr weniger mantelförmig nach innen gebogenen Spatenblatt, deſſen Länge ſich der Tiefenent— wicklung der Wurzel anzupaſſen hat, erfolgen, muß alſo unter allen Umſtänden mit einem Geräte geſchehen, welches ſich leicht in den Boden einführen läßt und den Ballen in glattem Stich von dem gewachſenen Boden lostrennt. Selbſtverſtändlich werden dabei alle vom Gerät erfaßten Wurzeln durchſtoßen und der Pflanze in den Wurzelenden gerade die— jenigen Organe geraubt, die ſie zum Anwachſen am meiſten benötigt. Die Ballenpflanzung iſt deshalb in ihren Erfolgen um ſo mehr gefährdet, je ſtärker die Seitenwurzel beſchädigt wird, eine Tatſache, die den prak— tiſchen Ausführungsarbeiten Ziel und Richtung gibt. Das zum Ausheben benutzte Gerät gibt den Ausſchlag. Dem flachen Spaten ſteht jedenfalls das größte individuelle Anpaſſungs— vermögen zur Seite. Beim Hohlſpaten tritt dasſelbe um ſo mehr zurück, je mehr das Spatenblatt mantelartig umgebogen iſt; je mehr dasſelbe ſich der Konſtruktion des Hohlbohrers nähert, je enger das Kaliber und je älter die Pflanzen. Pflanzen bis zu zweijährigem Alter laſſen ſich mit einem Bohrer— kaliber von 10 em noch ausheben, der dreijährige Sämling verlangt dagegen in der Regel ſchon den Spaten und ältere Pflanzen eignen ſich zur Ballenpflanzung überhaupt wenig, weil die Wurzelbeſchädigungen beim Aus⸗ heben zunehmen und große Erdgewichte mit befördert werden müßten. Der Hohlbohrer (Fig. 10), ein mantelförmig umgebogenes Spatenblatt, wird ſenkrecht ſo eingeſetzt, daß die zu hebende Pflanze, durch die Mantelöffnung eingeführt, in zentraler Stellung vom Bohrer umfaßt wird. Derſelbe wird nunmehr tunlichit ſchonend mit dem Fuße eingeſtoßen und mehrmals nach links und rechts gedreht, ſo daß der Rundballen voll— kommen geformt, abgeſtochen, auch in ſeinem Grunde gelöſt wird. Da das Kaliber des Boh— rers nach unten ſich leicht verjüngt, der Ballen ſonach nicht vollſtändig zylindriſch geformt iſt, ſo wird beim Ausziehen des Gerätes, welches in drehender Bewegung zu erfolgen hat, die Pflanze in einem blumentopfartigen Ballen mit aufgehoben und dieſer dann mit der Hand gegen die erweiterte Fig. 11. 224 Die künſtliche Beſtandesgründung. Oberfläche ausgeſchoben. — Beim Ausheben mit Flach- oder Hohlſpaten (Fig. 11) wird der Ballen von zwei, drei oder vier Seiten umſtochen und dann gehoben, auch in der Weiſe, daß zwei Spaten gleichzeitig gegen— einander wirken. Beide Geräte werden weiter abſeits von der Pflanze ein— geſetzt und ſchräg gegen die verlängert gedachte Schaftachſe geführt, eine Richtung, die offenbar dem Wurzelbau — oben länger unten kürzer — in ſchonendſter Weiſe Rechnung trägt. Ihre Anwendung verdient deshalb bei Hebung von Material mit kräftigeren Seitenwurzeln, ſomit vor allem bei älteren Pflanzen den Vorzug. Ein durchaus zweckmäßiges Gerät iſt auch der ſogenannte Kegelſpaten oder Kegelbohrer, welcher ebenſo wie die früher erwähnten Spaten Spitzballen fördert, ſonach den Transport überflüſſiger Erdmaſſen erſpart. Die gehobenen Ballenpflanzen werden behutſam nebeneinander ge— ſtellt, ſo daß ſie ſich gegenſeitig Schutz und Halt gewähren. Der Trans— port erfolgt ohne beſondere Verpackung in Tragtüchern, Karren oder Wagen. Auf der Kulturfläche werden ſie in kleinere Vorräte handge— recht verteilt und, wo längeres Stehen notwendig, allenfalls von den Seiten her mit Erde eingefüttert und mit einer Reiſigdecke geſchützt. b) Herrichtung des Pflanzloches und das Einſetzen der Pflanze. Das Pflanzloch wird nach denſelben Grundſätzen und unbedingt mit gleichgeformten und gleichdimenſionierten Geräten verfertigt, wie beim Ausheben der Ballen, denn der Pflanzerfolg iſt weſentlich davon ab— hängig, daß der Ballen gut in das Pflanzloch einpaßt. Hohlbohrer müſſen von gleichem Kaliber in entſprechender Anzahl vorhanden ſein, daß Ausheber und Pflanzer damit beteilt werden können. Ebenſo werden Hohl-, Flach- und Kegelſpaten derart gehandhabt, daß die einheit— liche Größe des Pflanzloches den tunlichſt gleichmäßig geformten Ballen entſpreche. Es iſt durchaus empfehlenswert, auch dieſelben Arbeiter zum Ballen- und Lochausheben zu verwenden. Das Einſetzen der Ballenpflanze ſelbſt iſt eine rein mechaniſche Arbeitsverrichtung, die an Fertigkeit und Findigkeit der Arbeitskraft bei weitem nicht die Anforderungen ſtellt wie die ballenloſe Pflanze. Es handelt ſich einfach um die Herſtellung eines innigſten Schluſſes zwiſchen dem Ballen und dem gewachſenen Boden einerſeits und um die Verſenkung des Ballens ſelbſt bis in das Bodenniveau. Die erſtere Forderung er— gibt ſich bei Handhabung des Bohrers von ſelbſt, denn hier paßt der Ballen wie der Stöpſel in die Flaſche; bei Handhabung des Hohl-, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 225 Flach⸗ oder Kegelſpatens wird in der Regel eine entſprechende ſeitliche Einfütterung mit lockerer Pflanzerde nötig, damit allen Hohlräumen an den Seitenwandungen vorgebeugt werde. Der zweiten Forderung trägt der Pflanzer Rechnung, wenn er die Lochtiefe durch Einfüllen von etwas Erde ſo regelt, daß der Ballen nicht unter die Ränder des Pflanz— loches einſinkt. Wegen ſpäterer Verſchlämmungsgefahr iſt das zu ver— meiden. § 84. Die Gerätemethoden. Die Pflanzverfahren, welche hier gewiſſermaßen in offenem Bruche mit allen Kulturſpielereien und -künſteleien kurz erwähnt und der Mehr— zahl nach aus der Waldbaulehre geſtrichen werden ſollen, ſind aus— nahmslos in dem kuͤrzſichtig einſeitigen Streben nach billigen Aus— führungsformen für ganz beſtimmte Vorausſetzungen herangebildet, dann aber mit generaliſierender Tendenz verbreitet worden. Sie haben viel Unheil über den Wald gebracht und wo immer ſie angewendet wurden, ſind ſie nur beurteilt worden aus dem einſeitigen Geſichtspunkte der Maſſenleiſtung, der Koſtenfrage und der Kulturverluſte der erſten Jahre, die ja zweifellos vielfach zu ihren Gunſten ſprachen. Leider aber wurde ihr Wert nie gemeſſen an dem Gedeihen und an den Erträgen des Baumes und Beſtandes. Sonſt hätte man längſt würdigen müſſen, daß allen dieſen Methoden die Vorbedingungen für eine normale Einbettung der Wurzeln fehlen. Die Gerätemethoden entſtammen einer Zeit, in welcher die Be— ſtandespflanzung etwa gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts ihren Siegeslauf vom Harze aus begann und wo es galt, den gegen ſie er— hobenen und Mißtrauen erregenden Vorwurf des hohen Koſtenaufwandes zu entkräften. Ein höherer Aufwand konnte nur dann gerechtfertigt erſcheinen, wenn unzweifelhaft dargetan wurde, daß die Erfolge ſicherer und qualitativ günſtiger ſeien. Um dieſe Beweisführung in den Pflanzenbeſtänden ſelbſt zu demonſtrieren, mußten Jahrzehnte verſtreichen, und in dieſer Zeit ſehen wir Freund und Feind der Pflanzkultur dem Streben nach Verbilligung des Verfahrens ihre Aufmerkſamkeit zuwenden. Jede Wirtſchaft, jeder Standort bilden eigenartige Methoden aus, die wohl für konkrete Verhältniſſe, nicht aber für die Allgemeinheit be— rechnet waren. Die traurigen Folgenachteile aller dieſer ungeeigneten gewalttätigen Pflanzverfahren, die Verf. bis hinauf in die dritte Altersklaſſe verfolgte, find an anderer Stelle ($ 99) behandelt und illuſtriert. Sie ſtellen ſich 15 Reuß, Beſtandesgründung. 226 Die fünftliche Beſtandesgründung. fait ausschließlich dar als unnatürliche Abänderungen der Lochpflanzung mit Anwendung von Geräten, die den Methoden ſelbſt den Namen, der Ausführung ihr eigenartiges Gepräge verleihen, und es genügt faſt die namentliche Vorſtellung dieſer Methoden: Pflanzung mit dem Setz holze, Setzpfahle, Stieleiſen, Pflanzdolche, Pflanzeiſen, Pflanzbleche, mit der Fig. 12. Fig. 13. Pflanzlanze, mit dem Hammer, Beil, Keil- und Klemmſpaten, Pflanzſchnabel uſw., um ihre unnatürlichen, gewalttätigen und wurzelſchädigenden Ausfüh— rungsformen in das rechte Licht zu rücken. Alle dieſe Methoden richten ihr Augenmerk auf die billige Offnung des Pflanzloches, deſſen ſachgemäße Her— richtung unter allen Umſtänden als die erſte Vorbedingung für das korrekte Pflanzgeſchäft ſelbſt hingeſtellt wurde. Fig. 12, 13 bringen die Typen von nicht naturgemäß gepflanzten Fichten aus einer fünfjährigen Fichten— pflanzkultur. Die Neubildung kräftiger Seitenwurzeln iſt beachtenswert. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 227 Die Gerätemethoden laſſen ſich nach drei Richtungen hin gruppieren. Die einen fertigen mehr runde oder quadratiſche, jedenfalls aber nach allen Seiten ſehr eng bemeſſene, die anderen mehr länglich-ſpaltförmige, in beiden Fällen aber übermäßig tiefe Pflanzlöcher an; die einen ſchließen das Pflanzloch mit dem Geräte unter Anwendung von Gewalt, die anderen hüllen die eingeführten Pflanzen mit lockerer Kulturerde ein; die einen endlich ſetzen die Pflanze in den unbearbeiteten natürlich-feſten Waldboden, die andern ſchreiben örtliche Lockerung im Wurzelbereiche vor und fertigen das Pflanzloch ſelbſt in der vorgelockerten Erde an. Wollte man an dieſen drei Richtungen Kritik üben, ſo würde dieſelbe unbedingt zugunſten jener Methoden ausfallen, die das geräumigere Pflanzloch öffnen, zur Schließung desſelben keine Gewalt, kein Gerät verwenden, ſondern vorſichtig Kulturerde einfüllen, und es iſt an anderer Stelle auch ſchon darauf hingewieſen, daß ein derartiges Verfahren mit ein⸗ und zweijährigen Sämlingen ganz befriedigende Erfolge zeitigen kann. Aber ebenſo ſicher iſt es, daß bei derartiger Sorgfalt auch die Gerätemethoden nicht mehr billiger ſind als die normale Löcherpflanzung; denn wenn der Boden vorgelockert wird, ſo iſt es wohl ein leichtes, die Erde auszuziehen und die Pflanze mit gebreiteten Wurzeln einzubetten. Es kann das zum mindeſten keinen höheren Aufwand verurſachen, als wenn in dem mit der Hacke vorbereiteten Boden mittels Setzholzes, Setz— pfahles, Spatens uſw. ein enges Pflanzenloch anfertigt wird, um unter Ver— zichtleiſtung auf alle Segnungen der natürlichen Wurzellage die Pflanze einzuzwängen. Die moderne Schule würdigt übrigens vielfach ſchon die nachteiligen Folgen naturwidriger Behandlung der Pflanze. Sie erkennt aber den billigen Pflanzmethoden (den „Martermethoden“, wie Kozesnik fie treffend nennt), für die Begründung des Zwiſchenbeſtandes eine wirtſchaftliche Bedeutung zu und proklamiert gewiſſermaßen für die Anpflanzung des Haupt⸗ und Zwiſchenbeſtandes verſchiedene Methoden der Ausführung. Bei Lichte betrachtet, ſteht dieſe Lehrmeinung mit den Aufgaben und Zielen der Ertragswirtſchaft in offenem Widerſpruch, nicht allein, weil das Kulturkoſtenkapital unter den im Walde arbeitenden Kapitalwerten keine gar ſo wichtige Rolle ſpielt, ſondern mehr noch deshalb, weil die Bodenrente durch zeitige und reich eingehende Zwiſchennutzungserträge ſehr geſteigert wird und ſomit alle Urſache vorliegt, dieſelbe durch richtige Maßnahmen der Beſtandesgründung auf die erreichbare Höhe zu bringen. Unter Hinweis auf das im § 99 und hier Geſagte wird von einer 15* 228 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſpezialiſierenden Behandlung der Gerätemethoden abſichtlich abgeſehen. Der Fortſchritt kann denſelben nur noch bedingungsweiſe die Einführung in die Waldbaulehre geſtatten und die Praxis muß ihnen die allge— meine Anerkennung im Ertragswalde verſagen. Spezielle Würdigung der einzelnen Methoden kann nur bei der Beſtandesgründung der Holzarten (Kap. 12) erfolgen. § 85. Die Zwei⸗, Drei⸗ und Büſchelpflanzung. Das Einpflanzen von mehreren oder vielen ſchwächlichen, zu einem dichten Büſchel vereinigten Sämlingen, d. i. die ſogenannte Büſchel— pflanzung, iſt die älteſte Form der im großen forſtgerechten Stile ausgeführten Beſtandespflanzung. Ihre Wiege ſteht am Harz und Thüringer Walde und in jener Zeit, wo das Pflanzmaterial des hohen Aufwandes halber noch nicht zum erſtarkten Einzelindividuum heran— gezogen, ſondern den natürlichen Verjüngungen und dichten Vollſaaten entnommen wurde. Die übermäßig dicht ſtehenden und ſchwer zu iſolie— renden Sämlinge, in Einzelſtellung haltlos und hinfällig, wurden zu Büſcheln bis zu 30, 40 Stück und mehr vereinigt eingepflanzt und bildeten ſozuſagen den Übergang von der dichten Voll- und Platzſaat der älteren Zeit zur Pflanzung. Die ungünſtige Entwickelung, die vernichtende Wirkung atmoſphäriſcher Unbilden (Schnee, Rauhreif uſw.) in Büſchelpflanzungen trat erſt zutage, als die Methode ſchon durch Jahrzehnte auf größeren Flächen praktiziert worden war. Man verringerte die Pflanzenanzahl, beugte dadurch den vorher erwähnten Nachteilen bis zu gewiſſem Grade vor und ging bald zur Einzelpflanzung kräftig entwickelter Individuen über. Die heutige Beſtandesgründung hat zumeiſt die Büſchelpflanzung aus ihrem Programm geſtrichen. Gleichwohl ragen gewiſſe Anklänge an die veraltete Methode bis in die neueſte Zeit hinein in der ſogenannten „Truppflanzung“, welche durch das Einſetzen zweier oder dreier Pflänzchen gewiſſermaßen die Tendenz einer Reſerveſtellung verfolgt, falls eines der Pflänzchen eingeht. In beſonders ungünſtigen Stand— orten, unter denen dieſe Befürchtung zutrifft, iſt deshalb der Zwei- und Dreipflanzung eine gewiſſe Berechtigung nicht abzuſprechen, und doch iſt es klar, daß auch ihr die Nachteile der Büſchelpflanzung zur Laſt fallen, denn, gegeneinander gekehrt, entwickeln ſich die Pflanzen in der Truppſtellung ebenſo einſeitig wie im Büſchel. Einſeitige Beaſtung bringt bei Schnee auch einſeitige Belaſtung und erhöht ſomit die Gefahr des Schneebruches. Überdies kommen in Truppflanzungen, in denen die Natur die Vereinzelung durch Abſterben nicht rechtzeitig herbeiführte, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 229 erfahrungsmäßig ſehr häufige Verwachſungen vor, ſogenannte Dubletten oder Zwillingsſtämme, die bei der Beſtandespflege ſpäter vereinzelt werden müſſen und inſofern eine Gefahr in ſich ſchließen, als das ſtehen— bleibende Individuum leicht durch einen vom weggenommenen Nebenſtamme ausgehenden Fäulnisprozeß erfaßt wird. Aus dieſem Grunde wird gerade für exponierte Lagen, die ja in der Regel auch die Schneebruchgefahr in ſich ſchließen, vor der Zwei— und Dreipflanzung gewarnt. Sie ſoll auf trockene, arme Lagen beſchränkt bleiben, in denen tatſächlich der ſtärkere Eingang die Regel bildet, und ſelbſt da möge ſie aus den Schranken des Notbehelfes nicht heraustreten. H. überwachung der erſten Jugendjahre. § 86. Schutz, Verwahrung und Pflege der Kleinpflanzungen. Wie bei der Beſtandesſaat ſo tritt auch bei den mit Kleinpflanzen ausgeführten Kulturen ein mit den Jahren abnehmendes Schutz- und Pflegebedürfnis zutage. Die einſchlägigen Maßregeln gehören zumeiſt in das Gebiet der Lehre vom Forſtſchutz, ſtehen aber mit der Beſtandes— gründung in ſo innigem Kontakt, daß ſie hier nicht ganz übergangen werden können. 1. Einwirkungen atmoſphäriſcher Unbilden. Sie lenken namentlich in den erſten Jahren nach der Ausführung die Aufmerkſamkeit auf ſich: a) Gefahren durch Waſſer. Der Vertragung und Verſchlämmung der Pflanzlöcher, durch welche alle Nachteile der zu tiefen Pflanzung herbeigeführt werden können, wird wirkſam vorgebeugt, wenn man das Pflanzloch bis in das Niveau des gewachſenen Bodens ausfüllt und in ſteilerem Terrain die bergſeitig gelegene Böſchung des Pflanzloches recht abflacht. Vorkommende Zuſchlämmungen der Pflanzlöcher durch Tage— wäſſer müſſen mit leichten Geräten abgezogen werden. b) Beſchädigungen durch Froſt und Dürre, erſtere in Form von Barfroſtwirkungen in feuchten, letztere in trocknen Lagen eine gewöhnliche Erſcheinung, ſucht man wohl durch Eindecken der Pflanzlöcher mit Raſen— plaggen oder flachen Steinen, die das Auffrieren des Bodens verhüten und die Feuchtigkeitsvorräte des Bodens konſervieren, vorzubeugen. Die Gefahr des Auffrierens wird tatſächlich dadurch beſeitigt. Gegen Dürre iſt dagegen das Eindecken eine fragwürdige Maßregel, deren Kehrſeite namentlich dann hervortritt, wenn bei langanhaltender Dürre der Boden 230 Die künſtliche Beſtandesgründung. unter der Raſenplagge doch austrocknet und nun die ſchwachen Nieder— ſchläge ſchwer eindringen können. 2. Schutz gegen Tiere. a) gegen Inſekten. Vorbeugung und Vertilgung nach den Regeln des Forſtſchutzes. b) Verbeißen und Ausziehen der Pflanzen durch Wild, eine Gefahr, die namentlich den üppig gezogenen Kamppflanzen droht, welche ſozuſagen das Wild zum Verbeißen einladen. Friſch geſetzte Pflanzen ſind der Beſchädigung durch Wild am meiſten ausgeſetzt. Auch das Fegen und Schlagen des Hirſches und Rehbockes gehört hierher. Als Schutz— maßregeln bewähren ſich: Anlage von Schutzkörben, Beſtreichen oder Be— ſprengen mit „verwitternden“ Stoffen, Schutz der Endtriebe und -knoſpen, Umbinden mit Dornen und Reiſig u. a. m. — Die Gefahr des Aus— ziehens ſchwindet, wenn die Pflanze angewachſen iſt. Das wirkſamſte Mittel gegen dasſelbe iſt die nächtliche Bewachung der friſch ausgeführten Kulturen, bis ſie in die regelrechte Triebtätigkeit eingetreten ſind. Auch Ballenpflanzung wird gegen Ausziehen durch das verbeißende Wild mit Erfolg angewendet. c) Vertreten durch Wild und Weidevieh. Allgemein vorbeugend wirken regelmäßige Pflanzverbände. Im Terrain genügt jedoch dieſe Maß— regel nicht. Man greift da zu der ſogenannten Verpflockung, indem man von drei Seiten an der Peripherie des Pflanzloches kräftige Pflöcke ſo eintreibt, daß ſie ſich über der Pflanze vereinigen. Dieſe einfache Schutzmaß— regel iſt in Hochgebirgsforſten allgemein in Brauch. Starke Wildſtände, namentlich in Tiergärten oder bei Weidebe— laſtung zwingen oft zur Einfriedigung der Pflanzkulturen. 3. Schutz gegen Unkrautwuchs und Weichholz. In den erſten Jahren wird oft der Graswuchs recht läſtig. Er hindert nicht allein durch Verdämmung, ſchließt vielmehr auch die Gefahr vernichtender Bodenfeuer in ſich und wird deshalb gern im Wege der Grasnutzung entfernt. Auch etwaiger holziger Unkrautwuchs (Heide, Vaccinien) muß oft, wenigſtens aus der unmittelbaren Umgebung der Pflanze, entfernt werden. Später drängen ſich Brombeere, Himbeere, Weichhölzer und minderwertige Anflüge der Birke, Aspe oft in gefähr— dender Menge in die Kultur ein. Hier muß mittels Heppe, Hecken— ſchere uſw. wenigſtens inſoweit läuternd eingegriffen werden, daß die beſtandbildende Holzart ihre Gipfeltriebe vollkommen frei aufrecken kann. * Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 231 Ein grundſätzliches und ſchablonenmäßiges Aushauen derartiger Vor— wüchſe iſt dagegen verwerflich, da im Intereſſe des Bodenſchutzes und der Bodenpflege auch minderwertiges Buſchwerk willkommen geheißen werden muß, bis der Beſtandesſchluß eingetreten iſt und die forſtgerecht angebaute Holzart den Boden ſelbſttätig ſchützen kann. — 4. Nachbeſſerungen und Komplettierungen. Selten hat eine Pflanzkultur im erſten Angriff einen durchſchlagenden, jeder Nachhilfe überhebenden Erfolg. Rechtzeitigen Nachbeſſerungen wird deshalb die volle Aufmerkſamkeit zuzuwenden, dabei aber wohl darauf zu achten ſein, daß jeder über den Zweck hinausgehende Aufwand ver— mieden werde. Im erſten Jahre nach der Aufforſtung läßt ſich das Nachbeſſerungsbedürfnis gewöhnlich noch nicht mit Sicherheit überblicken. Manche Pflanzen, die noch geſund zu ſein ſcheinen, gehen erſt im zweiten Jahre ein; während andere, die ſich im erſten Jahre zweifelhaft und dürftig verhalten, im zweiten ſich erholen. Wo alſo nicht ganze Kulturen oder erhebliche Teile von zuſammenhängender Flächenausdehnung verloren gehen, ſondern nur einzelne Pflanzen abſterben, da wird die Nachbeſſerung immer bis in das zweite oder dritte Jahr zu verſchieben ſein, um Arbeit und Aufſicht nicht übermäßig zu zerſplittern. Die Ausführungsarbeiten ſelbſt ſollen ſich eine gewiſſe Reſerve auf— erlegen. Wenn bei engeren Verbande z. B. 1,3 m? nur hier und da einzelne Pflanzen eingegangen ſind, ſo kann deshalb eine Nachbeſſerung noch nicht als notwendig erkannt werden, denn die dadurch entſtehenden Lücken haben in der Tat keine Bedeutung und ihre Ausfüllung verurjacht einen un verhältnismäßig hohen Aufwand. Erſt wo zwei oder mehr Pflanzen nebeneinander fehlen, wo überhaupt die Verluſte ſo geartet ſind, daß ſie dauernde Unvollſtändigkeit der Beſtände oder Rückgang des Bodens herbeizuführen drohen, muß durch Nachbeſſerungen geholfen werden. Und ſelbſt dann ſind gewiſſe Einſchränkungen noch zuläſſig und ratſam. Es iſt durchaus nicht nötig, die abgegangenen Pflanzen voll— zählig zu erſetzen. An die Stelle zweier nebeneinander fehlender Pflanzen ſetze man nur eine in die Mitte und wähle überhaupt bei den Nach— beſſerungen einen etwas weiteren Verband, ſchon deshalb, weil es oft unrätlich iſt, die alten Pflanzlöcher wieder aufzunehmen. In der Regel wird ſchon bei der erſten Kulturausführung ein Verluſt an Pflanzerde eintreten. Sie wird beim Löchermachen verſpritzt und in der Umgebung des Loches zerſtreut. Wiederholt ſich dieſe Einbuße bei der Nachpflanzung, ſo kann es leicht an Erde zum Einfüllen der Wurzeln fehlen, beſonders auf ſteinigem oder verfilztem Boden. Auch darf nicht überſehen werden, daß den Eingängen häufig 232 Die fünftliche Beſtandesgründung. Krankheiten zugrunde liegen, deren Keime im Boden zu ſuchen find, jo daß die Gefahr paraſitärer Infektion im alten Pflanzloch in erhöhtem Grade vorliegt. Hierin iſt auch vornehmlich der Grund der Erſcheinung zu ſuchen, daß Nachbeſſerungen in die alten Pflanzlöcher immer verhältnismäßig größere Verluſte erleiden als Erſtlingsausfüh— rungen. Es iſt alſo beſſer, für die Nachpflanzung neue Löcher machen zu laſſen, es ſei denn, daß die erſten etwa mit zugetragener Pflanzerde aufwandvoll gefüllt waren und für das neue Pflanzloch ein gleicher Aufwand nötig würde. In jungen, lückigen Beſtandesanlagen, die ſchon eine gewiſſe Höhe erreicht haben, wird man zu erwägen haben, ob eine Nachbeſſerung über— haupt noch Erfolg verſpricht und in welcher Weiſe man dieſelbe zu be— wirken hat. Es iſt vollkommen unſtatthaft, in älteren Kulturen den früheren Verband einzuhalten und nahe an die vollbeſtockten Ränder der Umgebung, welche die nachgeſetzten Pflanzen im Handumdrehen überwachſen und verdämmen, heranzupflanzen. Im übrigen iſt noch zu bemerken: Man verwende dabei nur aus— geſuchte, tadelloſe und kräftige Pflanzen und laſſe ſie mit doppelter Sorg— falt einſetzen, um wiederholte Flickarbeiten zu vermeiden. Daß die Nach— beſſerungen im allgemeinen ſehr zur Einführung von Miſchholzarten ſich eignen, namentlich auch gern mit raſchwüchſigen Holzarten ausgeführt werden, die den Vorſprung der Umgebung leicht nachholen, ſei hier nur beiläufig erwähnt. — J. Die Heiſterpflanzung. § 87. Allgemeines über die wirtſchaftliche Bedeutung. Aus ganz anderen Geſichtspunkten, wie die Beſtandesgründung mit— tels Kleinpflanzen im großen Stile, wird das Einſetzen von ſogenannten Großpflanzen, von Loden und Heiſtern geleitet. Die Heiſterpflanzung iſt zweifellos die Übertragung der Park- und Obſtbaumkultur in den Wald. Sie hat ihre eigene Geſchichte. Schon im 16. Jahrhundert hatte ihre Technik eine Durchbildung erfahren, welcher die ſpätere Zeit nur wenig hinzuzufügen hatte, und der deutſche Brauch, am Hochzeitstage junge Eichenbäumchen zu pflanzen, reicht zurück bis tief in das Mittelalter. Gleichwohl hat ſie ſich im Wirtſchaftswalde nie und nirgends zur Be— deutung eines anerkannten Verfahrens aufzuwerfen vermocht und iſt über eine Ausnahmeſtellung im Forſtkulturhaushalte als beliebte, aber keines— wegs bewährte Methode zu Anpflanzungen im Hut- und Mittelwalde, in Tiergärten und Alleen kaum hinausgekommen. Die Neuzeit räumt ihr eigentlich nur unter ganz beſonderen Vorausſetzungen auf günſtigem Stand— ort eine gewiſſe Berechtigung aus „Waldſchönheitsrückſichten“ oder da ein, rr Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 233 wo es gilt dem Auge ſofort auffällige Anhaltspunkte für die durchgeführte Beſtockungsmaßregel zu bieten. Vom wirtſchaftlich-haushälteriſchen Stand— punkte haften ihr Nachteile an, welche die Praxis beſtimmen ſollten, ihr die forſtgerechte Anwendung im Ertragswalde tunlichſt zu verſagen, um ſo mehr, da man mit jugendlichen Pflanzen auch ſchneller zum Ziele kommt. Ihre Nachteile liegen zu handgreiflich vor Augen: 1. Die Erziehungskoſten werden durch die Notwendigkeit der zwei— oder dreimaligen, mit ſteigender Verbandweite zu vollziehenden Verſetzung in den Baumſchulanlagen enorm geſteigert und der Aufwand der Aus— hebung, der Verpackung, des Transportes und endlich des Wiedereinſetzens vermehrt das Kulturkoſtenkapital bis zur finanzwirtſchaftlichen Wider— ſinnigkeit. 2. Die Erfolge der Heiſterpflanzung ſind im allgemeinen ſehr geringe und können nicht anders ſein, wenn man würdigt, daß die mit der Ver— ſetzung verbundenen Störungen und Gefahren mit zunehmendem Alter und mit der Entwicklung des Individuums ſich bedeutend mehren. Im übrigen wird rückſichtlich der Würdigung der Heiſterpflanzung auf S 68 verwieſen. — $ 88. Das Ausheben der Heiſter. Die Erziehung der Pflanzheiſter (S 68) erkennt ihre wichtigſte Aufgabe in der Heranbildung eines kompendiöſen Wurzelſyſtems, das ſein leiſtungs— tüchtiges Feingewürzel weniger an ſeiner Peripherie, ſondern in ſeinem inneren Bau entwickelte. Die Aus hebung hat, dieſer Aufgabe Rechnung tragend, mit beſonderer Sorgfalt ſo zu arbeiten, daß der durch wieder— holte Verſchulung in ſeinem Längenwachstum zurückgehaltene Wurzel— apparat möglichſt unbeſchädigt ausgebracht werde. Für die kräftiger nach der Seite oder in die Tiefe ausgereckten Wurzelſtränge iſt das aber voll— kommen unmöglich; ſie reißen ab oder werden durch das eingeführte Ge— rät abgeſchunden. Und gerade darin begründet ſich die geringe wirt— ſchaftliche Eignung der Heiſterpflanzung. Aus der lockeren Muttererde der Baumſchule erfolgt das Ausheben der Heiſter in der Regel mittels tüchtiger Spaten, die mit entſprechend tief greifendem, ſcharfem Blatte in der Lage ſind, die weiter ausgeſtreckten Seitenwurzeln glatt abzuſtoßen. Der Spaten wird mit wenig ſchrägem Einſtoße und ſo weit um das Stämmchen herumgeführt, als es die Verband⸗Stellung der Heiſter im Schulbeete geſtattet; — es ſei hier nochmals auf die Wichtigkeit ſtreng quadratiſcher Schulverbände hinge— wieſen. Am beſten treten je zwei Arbeiter zu gemeinſchaftlicher Tätigkeit 234 Die künſtliche Beſtandesgründung. gegenüber und heben die ſeitlich losgelöſten Heiſter mittels gegenſeitig ein— geſtoßenen Spatens mitſamt dem größeren Erdballen heraus. Selbſtver— ſtändlich werden die über dem umſtochenen Erdballen herausragenden Seitenwurzeln abgeſchnitten, die Tiefwurzel in mehr oder minder be— ſchädigter Länge ausgehoben. Nur im Ballen ſelbſt bleibt das arbeits— tüchtige Feingewürzel, mit dem der Heiſter den ſtörenden Eingriff über— winden ſoll, unverletzt. Die Muttererde wird durch vorſichtiges Rütteln entfernt, ſo daß der Wurzelſtock vollkommen frei überblickt werden kann. In feſtem, ſteinigem Boden oder wo es ſich um die Aushebung ſehr ſtarker Heiſter handelt, nimmt der Vorgang des Aushebens ſchon mehr den Charakter der Baumrodung an. Man umfährt den auszuhebenden Heiſter in entſprechender Entfernung mittels eines ſchmalen Grabens, ſucht allenfalls das Wurzelſyſtem gegen die Achſe hin etwas zu jfeletieren und hebt dann den Ballen mittels Spatens und flachen Hebebaumes wie vorher aus. Die der Muttererde entledigten Heiſter werden rückſichtlich ihrer Nutzholztüchtigkeit und Wurzelkraft überprüft und ſortiert. Etwa notwendig erkannte Ausſcheidungen werden ſofort vorgenommen, das zur Verſetzung geeignete Material aber wird fachkundigen Händen zu pfleg— lichem Wurzel- und Aſtſchnitt überwieſen. § 89. Beſchneiden und Verwahren der gehobenen Heiſter. Angeſichts der unvermeidlichen Beſchädigungen iſt das Beſchneiden der Heiſter von weit größerer Bedeutung wie bei den Kleinpflanzen. Alle verletzten Wurzeln, ob ſtark oder ſchwach, ob Tief- oder Seiten— wurzeln müſſen mit glattem Schnitt bis auf den unbeſchädigten Teil zurückgeſchnitten werden, und von der ſachkundigen Durchführung dieſer Arbeit iſt das Wohl und Wehe des Pflanzheiſters, die Zukunft des Baumes und Beſtandes ganz hervorragend abhängig. Beim Beſchneiden ſoll auch darüber Orientierung gewonnen werden, in welchem Grade etwa das Wurzelvermögen Einbuße erlitten hat, und ſomit auch das Blatt— vermögen eine dementſprechende Reduktion erfahren müſſe, um den im Ernährungshaushalte jeder normal entwickelten Pflanze beſtehenden phy— ſiologiſchen Gleichgewichtszuſtand zu erhalten. Daß derſelbe beim Aus— heben infolge Wurzelverluſtes geſtört wird, iſt ſchon in der Heiſterſchule gewürdigt worden, und daß ſeine Wiederherſtellung bei der Verſetzung ins Freiland von weit größerer Bedeutung iſt als bei der Verſchulung, liegt auf der Hand, nicht allein deshalb, weil die Hebung des älteren Heiſters eine weit größere Störung infolge Verluſtes der haarbildenden und haarführenden Organe bedingt, ſondern auch deshalb, weil die Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 235 Pflanze nunmehr mindergünſtigen Wachstumsbedingungen der freien Kulturfläche ausgeſetzt wird. Ein zuverläſſiger Maßſtab, der zur Bemeſſung des Wurzelverluſtes angelegt werden könnte, iſt nicht zu finden. Das in Erfahrung gereifte Urteil muß je nach dem Grade der vorgekom— menen Wurzelverluſte auf gutachtliche Wiederherſtellung der ge— ſtörten Korrelation durch Aſt- und Kronenſchnitt bedacht ſein und dabei ſich wohl vor Augen halten, daß ein zu geringes Blattvermögen leicht wieder ergänzt wird, weil die Nahrungszufuhr auf eine kleinere Anzahl von Knospen vereinigt erſcheint, daß aber anderſeits ein unzureichendes Wurzelvermögen leicht den Eingang des Individuums nach ſich zieht, weil in dieſem Falle die Verdunſtungsmenge durch die Blätter von den Wurzeln nicht laufend gedeckt werden kann. Der Aſtſchnitt ſoll deshalb in den meiſten Fällen kräftig eingreifen, zugleich auch eine korrigierende Tendenz rückſichtlich der Schaft- und Kronenbildung verfolgen, im allgemeinen aber die obere Kronenpartie mehr verſchonen, weil die Schnittwunden um ſo leichter verheilen und verwallen, je größer der Blätterapparat oberhalb derſelben und je intenſiver die Beteiligung des Kambiumringes. Die Pfahl— wurzel ſoll nicht weiter zurückgeſchnitten werden, als es die Beſchädigung diktiert, denn ſie iſt als vornehmlicher Reſerveſtoffbehälter für die erſten Wachstumsleiſtungen des Heiſters von Wichtigkeit. — Nach dem Beſchneiden werden die Heiſter in entſprechender Sor— tierung in die Muttererde wieder eingeſchlagen und zum Transport geſammelt. — § 90. Die Verpackung und der Transport. Die Verpackung der in Wurzel- und Kronenentwickelung ſchon erſtarkten Pflanzheiſter iſt ungleich ſchwieriger, aber zur Konſervierung des Feingewürzels ebenſo notwendig wie bei dem Kleinpflanzmaterial. Man entnimmt ſie behutſam dem Erdeinſchlage und legt ſie mit gut in— einander geſchobenen Wurzeln zu größeren Bündeln zuſammen. Darauf werden die Wurzeln reichlich mit friſcher Mooshülle ſorgfältig eingefüttert, der Ballen mit grober Leinwand ſackartig umfangen und oberhalb der Wurzelknoten feſtgeſchürzt. Die Schäfte der Heiſter werden unten knapp über dem Wurzelſtock und oben dicht unter dem Kronenanſatz mit kräftigem Strohbande zuſammengeſchnürt und in dieſer Verfaſſung durch die Eiſen— bahn, im Wagen oder Schiebkarren zur Verwendungsſtätte befördert. Auf der Kulturfläche werden ſie ausgepackt und in entſprechender Verteilung wieder in Erde eingeſchlagen. 236 Die künſtliche Beſtandesgründung. § 91. Die Herrichtung der Pflanzgruben. Für die Anfertigung der Pflanzgruben werden im allgemeinen die in S 80 dargelegten Grundregeln aufrecht gehalten. Die Einbringung des bereits erſtarkten Wurzelapparates ſtellt aber an die Tiefe und Weite derſelben ganz andere Anforderungen wie bei der Kleinpflanzung und wird demgemäß die Arbeitsfolge bei der immerhin ſchon beträchtlicheren Materialbewegung in drei ſelbſtändige, von einander getrennt zu haltende Verrichtungen zu zerlegen ſein: 1. Loſer Bodenüberzug wird mit der Hacke abgezogen, haftender Unkrautwuchs mit etwaiger Rohhumusbildung im Bereiche des Pflanzloches bis auf die mineraliſche Erde ausgehackt und als Abraum ſeitlich ſo ge— häuft, daß eine Vermiſchung mit der Pflanzerde nicht ſtattfinden kann. 2. Sodann wird der obere Nährboden mittels der Rodehacke oder des Spatens — bei Starkheiſtern wird ſogar die Schaufel zu Hilfe ge— nommen — bis auf halbe Spatenſtichtiefe ausgehoben und abermals ſeparat neben die Pflanzgrube gelegt, damit dieſe Dammerdeſchicht zum Einfüttern der Nährwurzeln wieder verwendet werden kann. 3. Endlich wird die Grube in eine dem Wurzelbau entſprechende Tiefe eingetrieben, die Erde mit der Schaufel ausgehoben, etwas geklärt und zur Einbettung der Tiefwurzeln zuerſt wieder verwendet. Heiſter mit wohlerhaltener Pfahlwurzel verlangen zur Aufnahme der letzteren noch eine beſondere ſchachtartige Vertiefung. Auch empfiehlt es ſich, die eigent— liche Sohle der Pflanzgrube auf zirka 10 cm zu lockern, um die Über: wallung der Wurzelſchnittwunden zu fördern. Dem Pflanzloch eine gegen das Niveau des gewachſenen Bodens allmählich anſteigende Böſchung zu geben, iſt nicht notwendig. Die damit verbundene Aufwandserhöhung hätte kaum einen Zweck, weil der mehr oder weniger künſtlich (durch Beſchneiden) appretierte Wurzelbau ohne langgeſtreckte Seitenwurzeln eingebettet wird und oberflächlicher Streckung in der Regel nicht bedarf. — Die Behandlung des Pflanzaktes ſelbſt kommt darauf zurück. § 92. Das Einſetzen der Pflanzheiſter. Zur Ausführung des eigentlichen Pflanzgeſchäftes haben ſtets zwei Arbeiter Hand anzulegen. Der eine nimmt zunächſt den Heiſter und paßt ihn in das Loch hinein, während der zweite zugunſten der normalen Wurzeleinbettung mit der Hacke noch kleine Ergänzungen nach der Seite oder Tiefe vornimmt. Sind auf dieſe Weiſe die Vorbedin— gungen für die ſachgemäße Durchführung des Pflanzaktes geſchaffen, ſo Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 237 wird der etwa notwendig erkannte Baumpfahl vorſichtig eingepaßt und nach Wegnahme des Heiſters in den gewachſenen Boden der Grubenſohle eingeſtoßen oder eingeſchlagen. Nunmehr führt der erſte Arbeiter den Heiſter wieder in der angepaßten Stellung in die Pflanzgrube ein, ab— ſichtlich zunächſt etwas tiefer als er im Schulbeete geſtanden und in der Pflanzgrube ſchließlich ſtehen ſoll. Der zweite Arbeiter ſchaufelt zuerſt die aus der Tiefe gehobene Erde, ſodann die ſepariert gelagerte Boden— oberſchicht in den Bereich der Nährwurzeln in die Pflanzgrube zurück, wobei der erſte Arbeiter mit geſpreizten Beinen über dieſelbe tretend, den Heiſter mit beiden Händen erfaßt und durch wiederholtes, kurzes, in ſenkrechter Richtung vollzogenes Rütteln für die naturgemäße Einbettung der Wurzeln ſorgt. Durch die vertikale Rüttelung werden die Wurzeln nicht allein in innige Berührung mit den krümeligen Bodenteilen, ſondern auch in natürliche horizontale Lage gebracht und, was der Hauptzweck iſt, der ganze Wurzelſtock wird bei dieſer Gelegenheit bis zur normalen Pflanztiefe gehoben. Ein Antreten des Heiſters iſt durchaus nicht notwendig, in lockerem Boden aber auch nicht gerade nachteilig, wenn es eben nur leicht erfolgt. Dagegen ſoll darauf geachtet werden, daß die Pflanzgrube wieder bis in das Bodenniveau mit Erde gefüllt wird. Der Abraum kann dazu in der Regel Verwendung finden. Wo Erd— mangel herrſcht, muß in der Umgebung etwas Kulturerde oberflächlich gewonnen werden. § 93. Pflege und Verwahrung der Heiſter. Nach dem Einflanzen des Heiſters wird deſſen Schaft ſofort an den miteingeſetzten Baumpfahl angebunden, proviſoriſch zunächſt und ſo locker, daß das ſich ſetzende Erdreich ihn mitniederzieht, ohne daß der— ſelbe etwa am Pfahl aufgebunden, mit Hohlräumen unter den Wurzeln ſchwebt. Nach einiger Zeit — in der Regel nach den erſten ausgiebigen Regengüſſen — wird der Schaft mit ein oder zwei Bändern definitiv an— gebunden. Dazu verwendet man ſchwache Weiden, Baſt, Filzſtreifen oder breitere Hanfbänder, welche in Bauch- und Halshöhe ſo angebracht werden, daß ſie, Schaft und Baumpfahl umfaſſend, zwiſchen beiden in Form einer liegenden „ ſich kreuzen. Zur Schonung der Rinde wird der Schaft gern mit etwas Moos, Holzwolle oder ſonſtigen locker-luftigen Stoffen umfüttert. Der Baumpfahl ſelbſt wird, wie erwähnt, ſtets in das offene Pflanz— loch eingeſetzt, da ein ſpäteres Einſtoßen in der Regel ſchwere Wurzel— beſchädigungen verurſacht. Man wählt dazu weiches Holz (Nadelholz) 238 Die künſtliche Beſtandesgründung. je nach Stärke des Heiſters 4—7 em ſtark und bis 2,5 m lang, da zirka 0,5 m in den Boden getrieben werden muß. Die Baumpfähle werden entrindet und in gut abgetrocknetem Zuſtande verwendet, womöglich ſchon ein Jahr vor der Kulturausführung in der Nähe erzeugt und auf— bewahrt. Eine beſondere konſervierende Behandlung mit antiſeptiſchen Stoffen iſt zu widerraten, da die imprägnierte Stelle mit der Wurzel in Berührung tritt und dieſe verdirbt. Das leichte Ankohlen des Baum— pfahles ſcheint namentlich da ſtatthaft, wo die Heiſterpflanzung in größerem Stile ausgeführt und der Baumpfahl vielleicht wiederholt verwendet werden ſoll. — übrigens iſt die kurze Dauer des Baumpfahles von nicht gar ſo großer Bedeutung, denn ſobald der Heiſter nur einigermaßen ſeine Stütze entbehren kann, ſoll ihm ſeine Selbſtändigkeit werden. Bei ſtufigen Erziehungsprodukten iſt das in der Regel ſchon im zweiten, dritten Jahre der Fall. Nur bei ſehr ſchlanken Schaftformen und in vollkommen ſchutzloſen Freilagen iſt die Feſſelung durch längere Jahre nötig. An und für ſich kann aber das Anbinden dem jungen Baum— ſtamm nie gut bekommen. Bindet man lockerer, ſo wird der Schaft in— folge Reibung beulig, brandig, unwertig zur Nutzholzerziehung und ſchnürt man ſehr feſt, ſo wird die Saftzirkulation leicht eine empfindliche Störung erfahren. Das Anbinden iſt ſonach mehr als ein notwendiges Übel an— zuſehen, das womöglich durch die Maßregeln der Erziehung vermieden, jedenfalls aber tunlichſt abgekürzt werden ſoll. — Beſonders exponierte Lagen, wertvollere Starkheiſter (Exoten) oder auch die nach der Verpflanzung erſt erkannte Notwendigkeit einer Ver— pfählung geben oft zu einem anderen Verfahren Anlaß, darin beſtehend, daß drei Baumpfähle ſchräg oberflächlich in den Boden eingeſtoßen werden, deren oberen Enden ſich am Schaft des Heiſters vereinigen und dieſen mittels eines kräftigen moosgefütterten Bandes umfangen. — In Tiergärten, auch Hutweiden und reich beſetzten Niederwildjagden, wo den Heiſtern durch Fegen, Reiben, Schälen die mannigfachſten Gefahren drohen, iſt das Anlegen von Schutzkörben, das Einbinden in Dornen und Reiſig zu empfehlen, der luftabſchließende Anſtrich mit übelriechenden Flüſſigkeiten dagegen zu widerraten, da er die Teilnahme der jungen, grünen Schaftrinde am Lebensprozeſſe in einem ſehr kritiſchen Momente beeinträchtigt oder aufhebt. Im übrigen iſt der Heiſter durch eine längere Reihe von Jahren noch mit Schere, Meſſer und Aſtſäge ſorgfältig zu überwachen, da durch ſachkundige Eingriffe die Schaft- und Kronenbildung ſehr beeinflußt und die Heranziehung guter Nutzholzſchäfte ſehr gefördert werden kann. — Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 239 K. Die Pflanzung mit unvollſtändigen Pflanzen. § 94. Allgemeines. Die Beſtandesgründung mittels unvollſtändiger Pflanzen: Steck— lingen und Setzſtangen, Ablegern, Wurzelbrut, Stummel— pflanzen hat für die Waldbaulehre nur ſehr untergeordnete Bedeutung. Sie tritt mit den Grundſätzen der Zuchtwahl durchaus in Widerſpruch, iſt überhaupt eine unnatürliche Fortpflanzungsmaßregel, mit der allenfalls der mehr auf den vorübergehenden Effekt bedachte Gartenbau, nie aber der Waldbau ſein Auskommen findet, der für nachhaltig tüchtige Arbeits— leiſtung und für hohe Bodenreinerträge tätig iſt. Dauer, Vollkommen— heit und Wuchsleiſtung der Samenwüchſe werden nie erreicht. Die ein— ſchlägigen Verfahrungsarten haben ſich auch nur im Nieder- und Buſch— walde, namentlich aber in der Weidenkultur eine gewiſſe wirtſchaftliche Berechtigung erworben, nicht allein weil hier faſt ausſchließlich in ſehr kurzen Umtrieben Ruten, Faſchinen- und Brennholzzucht ins Auge ge gefaßt wird, ſondern auch deshalb, weil die Weidenarten durch Samen ſehr ſchwer, durch Stecklinge uſw. ſehr leicht fortgepflanzt werden. Die Nutzholzzucht, ja ſogar die Brennholzwirtſchaft in hochwaldmäßig be— meſſenen Umtriebszeiten hat längſt den Stab über alle hierher gehörigen Beſtandesgründungsformen gebrochen. Rückſichtlich ihrer näheren Würdi— gung wird auf S 44 verwieſen. § 95. Stecklings⸗ und Setzholzpflanzung. Die Pflanzung von Stecklingen, die in dem ſorgfältig bearbeiteten Boden des Pflanzbeetes künſtliche Bewurzelung ſich angeeignet haben (S 44), erfolgt nach denſelben Regeln wie bei der vollſtändigen Pflanze. Unter den günſtigen Wachstumsbedingungen der Flußniederung, des Au— bodens uſw. werden aber die Stecklinge, einfach durch Meſſerſchnitt aus dem Verbande der Mutterpflanze losgelöſte Achſenorgane reproduktions— kräftiger Holzarten, namentlich der Weiden, auch in unbewurzeltem Zu— ſtande mit gutem Erfolge gepflanzt. Sie bilden ſich durch Adventivwurzeln und ⸗knoſpen innerhalb der erſten Vegetationsperiode zu vollſtändigen Pflanzen um und je raſcher und energiſcher dieſer Umbildungsprozeß ſich vollzieht, um ſo günſtiger der Kulturerfolg. Der Schwerpunkt liegt offenbar in der Neubildung der Wurzelorgane, weil auf die Dauer nur ſie in der Lage ſind, den durch die Verdunſtung der Blätter bedingten Waſſerverluſt ent— ſprechend zu erſetzen. Wenn der Gärtner im Warm- und Vermehrungs⸗ hauſe bei ſeiner Stecklingszucht die Verdunſtung durch eine übermäßig 240 Die künſtliche Beſtandesgründung. feuchte Atmoſphäre weſentlich herabzuſtimmen vermag, ſo muß der Forſt— wirt bei der Stecklingskultur ſich darauf beſchränken, der in den Boden eingeführte Achſe bei möglichſter Schonung den Genuß von reichlicher Feuchtigkeit und Wärme zu ſichern, die Wurzelbildung ſonach zu begünſti— gen, anderſeits aber die zu reichliche Entwickelung der Blattorgane zu ver— hüten, damit das Mißverhältnis zwiſchen Blatt- und Wurzelvermögen möglichſt bald aufgehoben werde. Eine vegetative Sproßbildung würde es leicht bis zum Abſterben des Individuums ſteigern. Die Stecklingspflanzung ſucht dieſes Ziel durch folgendes Verfahren zu erreichen: Je nach der Tiefe des Grundwaſſerſpiegels, dem Feuchtig— keitsgrade des Bodens überhaupt, je nach dem mehr oder minder dichten Knoſpenbeſatz werden die Zweigſchnitte in einer Länge von 20—50 cm erzeugt, denn ſie ſollen einerſeits in den feuchten Untergrund hinabreichen, anderſeits aber auch nicht übermäßig tief ſtecken, weil die Wurzelbildung hauptſächlich in der leicht erwärmbaren, oberen Flachſchicht erfolgt. Auch ſollen nicht mehr als 2—3 Blattknoſpen über den Boden heraus ſtehen, weil ſonſt das Blattvermögen zu ſehr hervortritt. Die Stecklinge werden in der Regel in ein mittels ſchwachen Vorſtecheiſens ſchräg vorgeſtecktes Loch eingeführt. Dasſelbe wird durch Antreten geſchloſſen und das weitere der Natur überlaſſen. An Stelle der beiderſeits beſchnittenen Stecklinge werden wohl auch unbeſchnittene Achſenorgane mit vollem Kronengezweige verwendet, die aber z. B. bei Uferbefeſtigungen (mit Weiden) horizontal in den Boden eingelegt werden, ſo daß nur das zarte Gezweige hervorſteht. Beſondere Formen der Stecklingspflanzung haben ſich bei der Weiden— kultur ausgebildet: Die Rabattenpflanzung, welche in naſſem Boden die Stecklinge quer über aufgeworfene Gräben legt und deren Enden mit der Graben— erde bedeckt, und die ſogenannte Keſſel-, Neſter- oder Sternpflanzung, welche eine Anzahl von Steckreiſern radial um einen gemeinſchaftlichen tittelpunft anordnet. Die Setzſtangen erfahren eine ganz ähnliche Behandlung. Sie ſind zu forſtlichen Anpflanzungen noch weniger geeignet als die Stecklinge, da mit dem Alter und der Stärke der verwendeten Achſenorgane auch alle Schwierigkeiten und Nachteile beträchtlich ſich ſteigern. — § 96. Pflanzung von Ablegern, Wurzelbrut und Stummeln. Die Verwendung von Ablegern, von Wurzelbrut und Stummel— pflanzen zu Kulturzwecken in forſtgerechter Ausführung kommt noch Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 241 ſeltener vor wie die Stecklingspflanzung, da ſie mit den modernen Be— triebszielen nicht im Einklang ſteht. Übrigens handelt es ſich hier um das Einpflanzen von, wenn auch künſtlich bewurzelten oder künſtlich geſtummelten, ſo doch von vollſtändigen Pflanzen, deren Einſetzen unter die früher dargelegten Geſichtspunkte fällt. — IL. Anhang zur Beſtandespflanzung: Die Technik und Methodik. $ 97. Die Haltung der älteren Literatur und der irreführende Einfluß des Strebens nach billigen Ausführungsformen. Mehr als bei anderen Maßnahmen der Beſtandesgründung iſt gerade bei der Pflanzung der Erfolg von der ſachgemäßen Ausführung abhängig. Der praktiſche Wirtſchaftsbetrieb hat ſonach alle Urſache, der letzteren ſeine erhöhte Aufmerkſamkeit zuzuwenden, denn es fehlt in den Pflanz— beſtänden nicht an beunruhigenden Erſcheinungen, in der Literatur nicht an belaſtenden Anhaltspunkten dafür, daß die Beſtandespflanzung ſeit jeher gute aber auch ſchlechte Erfolge verzeichnet hat. Es ſei erinnert an die intereſſanten Ausführungen Schott von Schottenheims, ſei erinnert an die Beſtimmungen der braunſchweig-lüneburgſchen Forſt— ordnung, die auf ungünſtige Erfahrungen nach ungeeigneter, liederlich ausgeführter Pflanzung unbedingt ſchließen laſſen und die ſtürmiſche Gegnerſchaft begründen; welche aber anderſeits vielleicht auch den Schlüſſel bieten, warum wir verhältnismäßig früh ſchon eingehende Ausführungs— vorſchriften in der forſtlichen Fachliteratur finden, eine Sorgfalt bekundend, die mit der ſonſtigen Oberflächlichkeit im Forſtbetriebe jener Zeiten nicht im Einklang ſteht und auf beſtimmte Mißgriffe im Pflanzakte hindeutet. Die älteſten Spuren der Methodik greifen bis auf Joh. Colerus (1600) zurück. Er warnt im 6. Kapitel des ſechſten Buches vor tiefem Einſetzen der Pflanzen, tritt für eine ſchonende Behandlung und natürliche Aus— breitung der Wurzeln ein und verlangt Pflanzgruben, deren Weite und Tiefe dem Bau der Wurzeln und des Stämmchens angemeſſen ſind. — Hans Freiherr v. Carlowitz (1713) beſchreibt auf Seite 149 ſeiner „Sylvicultura oeconomica“ das Prinzip der Ballenpflanzung ſchon durchaus zutreffend. Er tritt für ſorgfältige Hebung, Behandlung und Einpflanzung des Stämmchens mit naturgemäßer Ausbreitung der Wurzeln ein und jagt in $ 20 des Kapitels 16: „Das meiſte Unheil bei der Pflanzung geſchieht dadurch, daß die Bäume insgemein zu tief gepflanzt werden“, und weiter § 24: „wenn der Baum zu tief ſtehet, kann er kein rechtes Reuß, Beſtandesgründung. 16 242 Die künſtliche Beſtandesgründung. d Fortkommen haben“, das rechte Maß ſei, „wenn ſie ſo tief zu ſtehen kommen, als ſie zuvor geſtanden“. So wollten die „Alten“ gepflanzt wiſſen und es iſt wohl die An— nahme geſtattet, daß zu einer Zeit, in der die Auswahl der Methoden und Geräte noch auf das denkbar niedrigſte Ausmaß beſchränkt war, wo Haue und die fünf Finger der geſunden Hand das Pflanzgeſchäft allein zu beſorgen hatten, wirklich auch ſo gepflanzt wurde. Und in der Tat, ein unſagbares Glück wäre es für den Wald geweſen, wenn man zu allen Zeiten bei dieſen golden-einfachen, der Natur abgelauſchten Regeln geblieben wäre. Nur zu bald aber erhob mit zunehmender Verbreitung der Pflanzkultur auch die Oppoſition kampfluſtig ihre Stimme und drängte mit oft recht kurzſichtigen Beweisführungen die Pflanztechnik und -methodif auf beklagenswerte Irrwege. Sie ſtützte ſich naturgemäß auf den hohen Anfangsaufwand der Pflanzung, der ja nur da und nur dann gerechtfertigt erſcheinen kann, wo und wann die Erfolge entſprechend ſicherer und qualitativ günſtiger ſind. Nur zu bald erkannten die Ver— treter der Pflanzkultur, welch' wuchtige Waffe das gegneriſche Lager mit dem hohen Kulturaufwande führte, und dieſe Erkenntnis trieb zu dem unglückſeligen Beſtreben, den Aufwand des Verfahrens auf Koſten der ſachgemäßen Ausführung herabzudrücken. Mit zunehmendem Eifer ging man daran, die Technik der Methode auszubauen, Maſchinen und Geräte in Unzahl zu konſtruieren, und, jo unglaublich es klingt, ſie alle ohne Ausnahme wurden als willkommene Fortſchritte begrüßt; jedes Gerät wurde immer nur auf ſeine Maſſenleiſtung, nie aber aus jenen wichtigeren Geſichtspunkten geprüft, ob die Qualität der Leiſtungen auch die Vorbe— dingungen für eine gedeihliche Entwicklung des Baumes und Beſtandes in ſich trage. Der unbefangenen Forſchung bietet ſich nur zu oft das eigentümliche Schauſpiel dar, daß die älteſten Freunde und berufenſten Vertreter der Pflanzkultur in dem einſeitigen Beſtreben, ihrem Ver— fahren durch Herabdrückung des hohen Ausführungsaufwandes eine halt— bare Grundlage zu geben, unbewußt die wirklichen Feinde der Pflanze kultur wurden, indem ſie dieſelbe durch ungeeignete Methoden und durch zahlloſe Kulturſpielereien in Mißkredit brachten. Verfolgen wir nur für einen Augenblick die weitere Entwicklung der Technik des Pflanzkulturbetriebes. In Stahls Forſtmagazin, Bd. J, 1763 wird auf Seite 322 u. f. nach Darlegung der Wichtigkeit einer wurzel— konſervierenden Behandlung beim Pflanzakte gefordert, daß alle „Neben— wurzeln und ihre Faſern nicht aufeinander gepackt, ſondern ringsherum geräumig verteilt und mit Erde eingeſchichtet“ werden. — Die „Fürſtl. Heſſen— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 243 Kaſſelſche Verordnung wegen des Baumpflanzens“ (Stahl, Forſtmag. II), ſagt in Sachen der Pflanzung, „daß es nicht genug ſeie, wann ſie etwa einen Spaten voll Erde ausheben, den Baum in das Loch hineinſtecken und ſolches mit dem Fuß zutretten: ſondern wann die Mühe nicht ver— gebens ſein noch der Baum nicht onfehlbar verderben ſoll, ſo muß zu jedem Bäumchen (Weidenſtecklinge ausgenommen) ein raumliches und, falls der Grund ſteinig oder ſonſt rauh iſt, wenigſtens 3 —4 Schuh weit und breites Loch gegraben, ſelbiges mit guter Erde angefüllt, der Baum nicht tiefer, als er vorher geſtanden, eingeſenket und veſt geſezet werden“. — In Moſers Forſtarchiv, IV. B., 1788 wird die aus— gedehnte „Obenaufpflanzung“ von Eichenheiſtern durch Forſtmeiſter Ahlers erwähnt und deren vorzügliches Gedeihen hervorgehoben; es werden Stim— men laut gegen die zu koſtſpielige Verwendung älteren, erſtarkten Pflanzen— materiales; v. Burgsdorf kennt in ſeiner „Anleitung zur Erziehung und Anpflanzung der einheimischen und fremden Holzarten ...“ 1787, ſchon die Verſchulung und begründet deren Vorzüge in vollkommen zu— treffender Weiſe. Er verlangt die Wiederholung der Verſchulung für die Erziehung ſtärkerer Pflanzen (Heiſter) — alles Anzeichen, daß man wohl die Notwendigkeit eines haushälteriſchen Gebahrens bei der Pflanzkultur erkannte, die Billigkeit der Ausführung aber keineswegs über die Rück— ſichten auf eine gedeihliche Entwicklung ſtellte. Etwa in dieſem Stadium übernahm G. L. Hartig um die Wende des 19. Jahrhunderts die rühmliche Aufgabe, die geſamte Holzzucht in ein ſyſtematiſch gegliedertes, naturwiſſenſchaftlich fundiertes Ganze zu— ſammenzufaſſen in ſeiner zuerſt 1791 erſchienenen „Anweiſung zur Holz— zucht für Förſter“, welche bis 1818 acht Auflagen erlebte. Eine faſt noch präziſere Stellung zur künſtlichen Holzzucht nahm er in ſeiner „Anleitung zur wohlfeilen Kultur der Waldblößen“ 1828 und in dem „Forſtl. natur: wiſſenſchaftlichen Konverſations-Lexikon“ von 1834. Ihrer ſyſtematiſchen Durchbildung nach ſtand ſeine Lehre ſchon ziemlich auf der Höhe unſerer Zeit; ſie hatte ſich auch die fortſchrittlichen Arbeiten auf dem Gebiete der einſchlägigen Naturwiſſenſchaften, der allgemeinen Botanik, der Boden- kunde uſw. zunutze gemacht. Aber trotzdem läßt ſich nicht verkennen, daß die Hartigſche Lehre und mehr noch die Pfizenmeyerſche Arbeit vom Jahre 1798 in ihrem, der Zeitſtrömung Rechnung tragenden Streben nach billigen Verfahrungsarten die naturgemäße Pflanzausführung ſelbſt mehr zurücktreten ließen und den erſten Keim legten, welcher ihrer weiteren Ausbildung eine ungeſunde Richtung vorzeichnete. Hartig ſelbſt ver— vollkommnete und korrigierte ſeine Lehre vielfach in den ſpäteren Arbeiten, 16* 244 Die künſtliche Beſtandesgründung. aber den zur förmlichen Manie ausartenden Bemühungen, billige und zweifelhafte Pflanzmethoden auszubilden, vermochte er nicht mehr Einhalt zu tun. Und ſelbſt das ernſte Mahnwort eines Pfeil in ſeiner „Deutſchen Holzzucht“ v. J. 1860: „Die Anleitung zur Holzzucht will den Holz— züchter nur hinleiten, daß er örtliche Verhältniſſe und Zuſtände genau prüfen ſoll, damit er imſtande iſt, dieſen ſein Verfahren anzupaſſen,“ mit dem er das individualiſierende Studium über Urſache und Wirkung der bildenden Naturkräfte in die Lehre von der Beſtandesgründung ein— führte, konnte dem ungeſunden Zuge der Zeit nicht Einhalt tun. Finden wir ja ſelbſt unſere bahnbrechenden Altmeiſter jener Zeit mehrfach auch mit der Begründung und Ausbildung der Pflanztechnik beſchäftigt, welche ſeither, in wahrem Wetteifer der Theorie und Praxis, durch viele Jahrzehnte hindurch eines lebhaften Ausbaues ſich erfreute und vielfach heute noch nicht überwunden iſt. Auch die Pflanzverfahren und Geräteerfindungen Biermans, v. Manteuffels und v. Buttlars gehören hierher. Der Eingang in die Blütezeit dieſer merkwürdigen Epoche der „Erfindungsmanie“ wird äußerlich auch ſehr treffend gekenn— zeichnet durch die in die Mitte des 19. Jahrhunderts fallende Erſcheinung verſchiedener Spezialwerke der forſtlichen Gerätekunde. Es ſei diesbezüg— lich erinnert an Dr. Ant. Beil: „Forſtwirtſchaftliche Kulturwerkzeuge und Geräte“; König: „Beſchreibung und Abbildung der nützlichſten Geräte und Werkzeuge zum Betriebe der Land- und Forſtwirtſchaft“. Zur Ehrenrettung der damaligen „Schule“ ſei übrigens rühmlich her— hervorgehoben, daß, vielleicht auch im Nachklang der Carlowitzſchen Lehre, welche die „Tiefpflanzung“ ) als der Übel größtes hinſtellte, die Autoren aus jener Zeit ſich einſtimmig gegen die zu tiefe Einpflanzung ausſprechen; ſelbſt die jüngeren Autoren verwerfen dieſelbe und ſtellen als theoretiſche Richtſchnur die möglichſt natürliche Behandlung der Pflanze und der Pflanzausführung auf. Um ſo mehr muß es befremden, daß dieſe grundlegenden Regeln in die große Praxis ſo wenig Eingang fanden, daß auch manche Autoren in offenem Widerſpruch mit den grundlegenden Sätzen ihrer Lehre den unnatürlichſten und mit barbariſcher Behandlung der Pflanze verbundenen Methoden das Wort redeten, ſich überhaupt über die Einzelheiten der Ausführung und die meritoriſche Würdigung der einzelnen Pflanzmethode leicht hinwegſetzten, immer nur die größtmögliche Maſſenleiſtung im Auge hatten und in ungezählter Reihenfolge alle mög— ) Verfaſſer verſteht darunter mit v. Carlowitz jenen Pflanzakt, welcher die Pflanze tiefer in den Erdboden einführt, als ſie früher geſtanden hat. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 245 lichen und unmöglichen Methoden und Geräte, deren Reihen in wechſel— ſeitigem Erfindungsdrange noch heute mit Ausdauer und Erfolg ergänzt werden, beſchrieben. In jeder anderen Richtung hat ſich der Forſtkulturbetrieb die Fort— ſchritte auf allen Gebieten der Wiſſenſchaft mit Umſicht zu nutze gemacht, mit manchem Fehler der Alten aufgeräumt, aber die verderblichſten Fehler, die bei der Pflanzung begangen werden, hat man mit fortgeſchleppt ſeit der Zeit, wo man im einſeitigen Drange nach Herabdrückung der Kultur— koſten die Bahnen einer naturgemäßen Beibringung der Pflanzenwurzel verließ und die für konkrete Verhältniſſe erdachten, vielleicht auch bewährten Verfahren mit generaliſierender Tendenz einführte. — Alle unſere heute bekannten, aus dem Rahmen der alten Löcherpflanzung heraustretenden Methoden und Abänderungen kranken mehr oder weniger an dem Übel, daß ſie ſtarken Beſchädigungen und Mißhandlungen des Wurzelſyſtems und einem zu tiefen Einpflanzen nicht allein nicht vorbeugen, ſondern geradezu Vorſchub leiſten und ſomit in Widerſpruch treten mit den Grund— lehren der Beſtandesgründung durch Pflanzung. Vergegenwärtigen wir uns nur das Vorgehen der Spalt-, Keil-, Klemm⸗, Beil, Hammer-, Setzholzpflanzung uſw. in ihren verſchiedenen Ausführungsformen. Wo bleibt da die natürliche Lage und Einbettung der Wurzeln, wo der richtige Tiefenſtrich und die horizontale Breitung der— ſelben, ſpeziell bei der Fichte, die ja unſtreitig am meiſten gepflanzt wird und von früheſter Jugend eine entſchiedene Neigung zur Ausbildung eines ſeitlich und flach verſtreichenden Wurzelſyſtems zeigt? Nicht allein, daß die kräftiger entwickelten Seitenwurzeln, deren Länge die Breiten— ausdehnung des engen Pflanzloches weit übertrifft, gewaltſam zuſammen— gedreht, eingezwängt und beſchädigt werden müſſen, kann auch die Pflanz— tiefe nicht kontrolliert werden, ſo daß ſelbſt da, wo man gegen die Tief— pflanzung eifert, die Pflanze oft bis über den unterſten Aſtquirl und tiefer in die Erde verſcharrt und mit allerhand ſchweren Hilfswerkzeugen, deren Handhabung ſelbſt bei größter Vorſicht nicht ohne Beſchädigung möglich iſt, auf das unverſtändigſte bearbeitet und mißhandelt wird. Selbſt der ſchlichte Arbeiter ſagt: „Das kann nicht gut ſein“ und er hat gewiß recht, aber das Verfahren iſt wohlfeil und mit dieſer Tatſache beſteht es nur zu leicht vor dem Richterſtuhle der Theorie und Praxis. Um Mißverſtändniſſen vorzubeugen, legt Verfaſſer Wert darauf, hier ausdrücklich hervorzuheben, daß er die billigen, einer natürlichen Bei— bringung der Pflanzwurzel mehr oder weniger abträglichen Methoden nicht bedingungslos in Bauſch und Bogen verdammen will, daß vielmehr man— 246 Die künſtliche Beſtandesgründung. ches dieſer Verfahren unter der Vorausſetzung lockerer, krümeliger Boden— beſchaffenheit, und ſehr jugendlichen Pflanzmateriales, mit ganz befriedigen dem Erfolge angewendet werden kann, dann aber eine Sorgfalt der Aus— führung erheiſcht, die jede Koſtenerſparnis illuſoriſch macht. Auf unſeren gemeingewöhnlichen Waldböden aber und da, wo Standortseigentümlich— keiten, Betriebsart, Schutzrückſichten gegen jagdbare Tiere, Inſekten, Un— kraut zur Arbeit mit kräftigeren, vielleicht im Schulbeete erzogenen Pflanzen nötigen, da liegen die Bedingungen für eine andere Pflanz- methode nicht vor, als für diejenige, welche nach Tiefe und Ausbreitung eine natürliche Einbettung der Wurzel am meiſten gewährleiſtet, das iſt die Pflanzung in Gruben von entſprechendem Ausmaße (S 80), welche ſelbſtverſtändlich in naſſen Lagen auch in aufgeſchütteten breiten Hügeln angefertigt werden können (§S 82). Und wenn man nun bedenkt, daß im heutigen Pflanzkulturbetriebe, ſpeziell bei unſerer wichtigſten Holzart, der Fichte, die Verwendung ſtärkeren Pflanzmateriales von drei- und mehrjährigem Alter entſchieden überwiegt, ſo wird man es gerechtfertigt finden, wenn vielfach die Theorie und Praxis), mißtrauiſch geworden durch ihre Erfahrungen, die Leiſtungsfähigkeit, bezw. die Zuträglichkeit der neueren Pflanzmethoden für die Beſtandeszukunft und »etragleiſtung in ernſte Zweifel zieht. Es iſt auch tatſächlich eine auffällige Lücke in unſeren modernen Wirtſchaftsbeſtrebungen, wenn einerſeits mit anerkennenswertem Eifer die Lehren der Reinertragstheorie mehr und mehr in der Betriebspraxis ver— wirklicht werden, anderſeits aber ſo unendlich wenig Rückſicht auf die aller— erſte Grundbedingung der Bodenrente, auf die Begründung geſunder, nutz— holztüchtiger Beſtände genommen wird. Man glaubt den Forderungen der Reinertragsſchule Genüge getan zu haben, wenn man das Kultur— kapital um einige Kronen herabdrückt, legt den Schwerpunkt ihrer Beſtre— bungen auf den rationellen Ausbau der Beſtandes- und Zuwachspflege, bringt auch die Operationen der Ertragsregelung und Betriebseinrichtung ängſtlich genau mit reinerträgleriſchen Rückſichten in Einklang; an eine rationelle, die Zukunft und Ertragsleiſtung ſichernde Beſtandesgründung denkt man aber oft viel zu wenig. Und doch hat es nicht an Stimmen ge— fehlt, welche auf die Wachstumsſtockungen im jugendlichen und gereiften Alter, auf das Überhandnehmen der Rotfäule und auf den mutmaßlichen ) Verfaſſer darf hier auf ſeine dieſe Frage behandelnde Expoſition auf der land— und forſtwirtſchaftlichen Ausſtellung in Wien 1890, auf ſeine Arbeiten für den internatio- nalen Kongreß Wien 1890, für die Pariſer Ausſtellung 1900 uſw. hinweiſen. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 247 Zuſammenhang dieſer beunruhigenden Wahrnehmungen mit Wurzelbe— ſchädigungen und ungeeigneter Pflanzausführung aufmerkſam machten. Ohne etwa für die Details ihrer Ausführungen einzutreten, ſei hier nur der einſchlägigen Arbeiten Graßmanns, Gerdings, Kozesniks, Hegers und des Verfaſſers, vor allen Dingen unſeres Altmeiſters H. Burckhardts gedacht, auf deſſen Autorität Verf. ſeine Erörterungen mit beſonderer Genugtuung ſtützt. Burckhardt verwirft ſpeziell bei der Fichte jene Pflanzmethoden durchweg; er warnt nachdrücklich vor der Tiefpflanzung und will die Verſchulung ausſchließlich in „Riefen mit der Hand“, die Pflanzung im Freilande ausſchließlich in „flache, ſchüſſelförmige Löcher“ ausgeführt wiſſen. Den anderen Methoden erkennt er nur unter ganz beſtimmten Vorausſetzungen eine beſchränkte Berechtigung zu. Nun, Burckhardt hat auch in dieſer Richtung ſeiner Anſchauungen einen großen Anhang; denn ſoweit Verfaſſer orientiert iſt, gärt es in ein— ſichtsvollen Fachkreiſen gegen die Tiefpflanzung und gegen alle Methoden, die einer naturwidrigen Behandlung der Pflanze und den leidigen Wurzel— beſchädigungen Vorſchub leiſten. Dem internationalen Kongreß der Land⸗ und Forſtwirte, Wien 1890, gebührt das Verdienſt, dieſe hoch— wichtige Frage vor dem großen Fachpublikum aufgerollt zu haben, indem er die nachteilige Einflußnahme einer naturwidrigen Ausführung des Pflanzaktes auf die Beſtandeszukunft (Referent: der Verfaſſer, Korref. Kozesnik) in ſein umfangreiches Verhandlungsprogramm aufnahm. Das vom Verfaſſer erſtattete Hauptreferat ſtützt ſich auf ſeine reiche, in der land⸗ und forſtwirtſchaftlichen Ausſtellung (Wien 1890) eingereihte Kollektion von ausgegrabenen Wurzelſtöcken (bis hinauf zu 50 jährigem Baumalter), an welchen die gradatim ſich ſteigernden Folgenachteile der Mißhandlung von der Untätigkeit der verletzten oder zu tief verſcharrten Wurzeln und von den erſten Spuren ihrer eintretenden Zerſetzung bis zum fertigen Umbau und zur ausgeprägten Fäulnis des Wurzelſtockes illuſtriert wurden. Und ein öſterreichiſcher Forſtwirt, Guſtav Henſchel, war es, der in der ſich anſchließenden Debatte die Bedeutung der ſorgfältigen, nach Tieflage und Ausbreitung natürlichen Wurzeleinbettung rückſichtlich der ſtatthaften Gerätebeihilfe mit den markigen Worten kennzeichnete: „Der Krampen und die fünf Finger der geſunden Hand! — Was dar— über, iſt vom Übel!“ — Der internationale Kongreß würdigte die Frage durch Annahme des von den Referenten vorgeſchlagenen Reſo— lutionsantrages an die Regierung; „Der Kongreß erkennt die hervor— ragende wirtſchaftliche Bedeutung eines rationellen Pflanzkulturbetriebes 248 Die künſtliche Beſtandesgründung. für die Beſtandeszukunft. Er ſpricht die Überzeugung aus, daß die Qualität der Ausführung mit den Forſchungsergebniſſen auf dem Gebiete der Pflanzenphyſiologie und der Bodenphyſik in ſtrengſtem Einklang zu ſtehen habe und durch die Sorge vor zu hohen Kulturkoſten nicht in den Hintergrund gedrängt werden dürfe.“ Nach dieſem einführenden Exkurſe in das Gebiet der Entwickelungs— geſchichte der Pflanztechnik obliegt es dem Verfaſſer, in die praktiſchen Erörterungen der aufgeworfenen Fragen einzutreten, zu unterſuchen und nachzuweiſen, welcher Art die nachteiligen Folgen ungeeigneter Pflanz— methoden ſind und wie ſich dieſelben äußern. Wir treten zu dieſem Be— hufe hinaus in den Wald und laſſen die Kulturen und Pflanzbeſtände ſelbſt zum Worte kommen, um durch ſie die Folgen der Tiefpflanzung und der billigen „Gerätemethoden“ zu erhärten. § 98. Die nachteiligen Folgen der zu tiefen Pflanzung. „Das größte Unheil bei der Pflanzung,“ ſagt Meiſter v. Carlowitz, „geſchieht dadurch, daß der Baum insgemein zu tief eingepflanzt wird.“ Heute nach 200 Jahren ſpricht Verf. ihm dieſes ſchlichte Wort in voller Überzeugung ſeiner Giltigkeit für die Gegenwart nach, denn wo immer er Gelegenheit hatte in dieſer Richtung zu forſchen, iſt die „Tiefpflanzung“ von allen Fehlern, die auf der Kulturfläche unterlaufen, der häufigſte, in ſeinen Wirkungen auf die Beſtandeszukunft auch der verderblichſte. Die tiefe Pflanzung iſt kein ſelbſtändiges Verfahren, iſt auch keine be— ſondere Eigentümlichkeit irgend einer konkreten Verfahrungsart und es iſt ſchon an anderer Stelle hervorgehoben worden, daß jeder Pflanzakt, der das Individuum ſo einpflanzt, daß es nach erfolgter Setzung des Erdreiches tiefer im Boden ſteht, als es früher geſtanden iſt, als zu tief und unnatürlich bezeichnet werden müſſe. Jeder pflanzliche Orga— nismus wird die mit ſeiner Verſetzung ihm angetanen Gewaltakte um ſo leichter überwinden, je weniger die Pflanze durch den Standorts— wechſel einer Verſchlechterung der äußeren Lebensbedingungen unterſtellt wird und je mehr die Hintanhaltung aller mechaniſchen, phyſikaliſchen und pathologiſchen Schädigungen ſeines Wurzelvermögens gelungen iſt. Zu dieſen Schädigungen iſt aber jede Mißhandlung der Wurzel, jeder Ver— ſtoß gegen deren normale Ausbreitung und Tieflage in erſter Reihe zu rechnen, denn das tief eingeſetzte oder ſonſt mißhandelte Wurzelſyſtem muß ſich zunächſt akkomodieren. Sein Entwickelungsgang und ſeine Tätig— keit wird auf den Umbau, auf die Anpaſſung an die veränderten Be— dingungen gerichtet ſein und offenbar in ganz andere Richtung gedrängt, Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 249 als wenn die Pflanze in ihrer früher innegehabten „Wiege“ verblieben wäre. — Die Nährwurzeln des Baumes, ganz beſonders diejenigen der Fichte, geben wohl ſchon durch ihr flaches, horizontales Verſtreichen, durch ihren exzentriſchen, gegen die Bodenoberfläche geſteigerten Zuwachsgang und durch die auffällige Verdickung der zu— tage tretenden Wurzelpartien zu } | erkennen, daß ſie mit den atmo— 1 ſphäriſchen Einflüſſen von außen NZ her im innigen Kontakt ſtehen wollen, bezw. in den von atmo— ſphäriſcher Luft intenſiv durch— drungenen, zerſetzungstätigen Bo⸗ denſchichten die Vorbedingungen für gedeihliche Arbeit finden. Jeder Pflanzakt nun, welcher die Wurzeln ganz oder nur teilweiſe — in der Regel die wichtigſten Teile, die Wurzelenden — zu tief, d. h. in die den atmoſphäri— ſchen Einflüſſen minder zugäng— lichen Bodenſchichten einführt, ſetzt den Pflanzenorganismus völlig veränderten phyſikaliſchen (mehr oder weniger auch veränder— ten chemiſchen) Einwirkungen aus. Er zwingt zur Rekonſtruktion des Wurzelſyſtems. Die Wechſel— beziehungen zwiſchen unter- und oberirdiſcher Achſe, zwiſchen Blatt⸗ und Wurzelvermögen ſind auf das empfindlichſte geſtört und verſchoben. Die in die ſterilere Bodenſchicht vergrabenen Nährorgane, obenein vielleicht noch beſchädigt und verzwängt, vermögen zunächſt die Tätigkeit des Stämmchens gar nicht zu unterſtützen, die Pflanze kümmert ſichtlich und vereinigt ihre Anſtrengungen auf den notgedrungenen Um— bau und Erſatz der durch zu tiefes Einſetzen funktionsunfähig gewordenen Wurzeln. Je nach dem Grade der Pflanztiefe mehr oder minder hoch über dem Wurzelſtocke und ſelten tiefer als 2 em unter der Erdoberfläche Fig. 14. 350 Die künſtliche Beſtandesgründung. bilden ſich in der Regel gleich im erſten Jahre junge Nährwurzeln am Pflanzenſchafte, die ſich unter ſonſt günſtigen Wachstumsbedingungen ungemein raſch und kräftig entwickeln. Fig. 14 zeigt eine 4jährige Fichte, = Ted weg] Fig. 15. die im Frühjahr 1903 mit einem kleinen Reſtvorrat nicht zur Verwendung gekommen war. Sie hatte im Erdeinſchlag tief vergraben ein Jahr ge— legen und im folgenden Jahre ſchon ſehr kräftige Flachwurzeln (a) in Aſthöhe ausgetrieben. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung— 251 Dieſe Nährwurzeln helfen der Pflanze über die Zeit der Not hin— weg. Sie friſten ihr Daſein und pflegen bei zunehmender Leiſtungskraft auch das ſtockende Geſamtgedeihen bald wieder zu heben. Der urſprüng— liche, zu tief eingeſetzte Wurzelſtock dagegen wird von Jahr zu Jahr ent— behrlicher, er tritt allmählich ganz außer Tätigkeit, verkümmert, ſtirbt ab und geht den Weg aller organiſchen Subſtanz — er verweſt, verfault. Und je wirkſamer der Abſchluß von den äußeren atmoſphäriſchen Ein— flüſſen, ſei es infolge tiefen Einſetzens oder bindiger Bodenbeſchaffenheit uſw., deſto ſchneller ſterben die Wurzeln ab. Sie erſticken förmlich, ſo daß man ſchon im 3., 4. Jahre nach der Kulturausführung tote Wurzel— enden uſw. findet. Fig. 15 zeigt eine im 3. Jahre nach der Verſetzung aus— gezogene Fichte, die nicht allein zu tief, ſondern auch in ein ungenügend geöffnetes Pflanzloch mit zuſammengedrehten Wurzeln eingezwängt worden war. Der aufgeſchnittene Wurzelſtock war in ſeinen unteren Partien (bei a) bis in die durch Strich markierte Höhe ſchon abgeſtorben und der Zerſetzung verfallen, offenbar von gefährlichen Pilzen (Polyporus— und Nectria-Arten) ſchon paraſitär angegriffen. Nach ſeinen zahlreichen Unterſuchungen von Pflanzungen der ver— ſchiedenſten Jahrgänge und Standorte hat Verf. übrigens den Eindruck gewonnen, als ob das baldige Abfaulen tiefvergrabener Wurzeln immer noch der günſtigere Fall ſei, weil die Überwallung der zunächſt kleinen Faulflächen im jugendlichen reproduktionskräftigen Alter gewöhnlich leicht und ohne Stockung von ſtatten geht und ſo die Umbildung des Wurzel— ſtockes ohne nachteilige Folgen für die Zukunft des Individuums ſich vollzieht. Wenn aber der urſprüngliche Wurzelſtock, unter minder zer— ſetzungsfördernden Einflüſſen ſtehend, eine Zeit lang ſich erhält und mitwächſt, ſo artet der langſam fortſchreitende oder ſpäter noch be— ginnende Zerſetzungsprozeß in der erſtarkten Tiefwurzel derart aus, daß auch die nachgebildeten Wurzeln in Mitleidenſchaft gezogen werden. Was das für Baum und Beſtand bedeutet, bedarf der näheren Er— örterung nicht; aber angeſichts ſolcher packender Erſcheinungen, welche die Zuwachstätigkeit der mittels zu tiefer Pflanzung gegründeten Beſtände von früheſter Jugend an ſchwer beeinträchtigen müſſen, welche die Widerſtands— fähigkeit derſelben ſchon im jugendlichen Alter zu nichte machen und ihre Ertragsleiſtung auf ein Geringes herabdrücken, drängt ſich doch die Frage in den Vordergrund, ob denn wirklich die Billigkeit des Verfahrens das erſtrebenswerteſte Ziel des Pflanzkulturbetriebes ſei; ob es nicht ein grober Irrtum von volkswirtſchaftlicher Tragweite war, in einſeitigem Streben nach Herabdrückung der Kulturkoſten ganz und gar die ſach— 252 Die künſtliche Beſtandesgründung. gemäße Ausführung des Pflanzaktes und deſſen hohe Bedeutung für Beſtandeszukunft und Waldertragsleiſtung ſo ſehr außer acht zu laſſen. Ihre eifrigen Anhänger rühmen der Tiefpflanzung eine größere Wider— ſtandsfähigkeit bei Dürre im jugendlichen Kulturſtadium nach und es iſt bekannt, daß viele tüchtige, auf ärmeren, trockenen Böden arbeitende Forſtwirte, bekümmert durch die bei Dürre ſtets eintretenden Kulturverluſte, das richtige Pflanzverfahren gefunden zu haben wähnten, wenn fie die Setzlinge abnorm tief in die Erde einbrachten und der Wurzel dadurch die nachhaltigere Feuchtigkeit der Untergrundſchichte ſicherten. Es iſt nicht zu beſtreiten, daß durch ein derartiges Vorgehen den Eingängen der jüngeren Kulturjahrgänge bei Dürre wirkſam entgegengetreten werden kann, — derartige Pflanzungen erhalten ſich, ſie vegetieren auch, aber ſie wachſen nicht. Und, ſo darf man fragen, ſind denn Verluſte bei an— haltender Dürre nicht ganz naturgemäße, ja notwendige Erſcheinungen? Gehen denn nicht auch Saaten und natürliche Verjüngungen aus gleichen Urſachen denſelben Weg? Es wäre geradezu unzuläſſig, wenn man die Eingänge bei abnormer Dürre als Maßſtab für die Güte des Kultur— betriebes, als Anzeichen für den ſachgemäß durchgeführten Pflanzakt und für die Beſtandeszukunft anſehen wollte. Gerade die Beurteilung des Erfolges nach dem erſtjährigen Verhalten führte zu jenen unglückſeligen Verfahren, die für die ſpätere Entwicklung der jungen Anlagen von den ſchwerſten und nachhaltigſten Folgeübeln begleitet waren, die, wie weiter zu entwickeln ſein wird, die Geſundheit und Widerſtandsfähigkeit des Baumes und Beſtandes untergraben und Beſtände ſchaffen, mit denen die moderne Ertragswirtſchaft überhaupt nicht rechnen darf und kann. Verfaſſer geht nun daran, die vorſtehenden, allgemein gehaltenen Aus— führungen über die Folgenachteile unnatürlicher Tiefpflanzung an einer Reihe photographiſcher Reproduktionen von ausgegrabenen Wurzelſtöcken der Fichte aus Kulturen, Jung- und Mittelbeſtänden zu demonſtrieren und ſtützt ſich dabei auf eine über Anregung des Spezialkomitees für Forſtwirtſchaft und Holzhandel für die öſterreichiſche forſtliche Kollektiv— ausſtellung, Paris 1900, verfaßte Broſchüre „Über die nachteiligen Einflüſſe naturwidrig mißhandelnder Pflanzmethoden auf die Beſtandes— zukunft mit ſpezieller Bezugnahme auf die Fichte“. Derſelben ſind auch die bildlichen Darſtellungen entlehnt. Die Wurzeltypen, welche im Bilde vorgeführt werden, entſtammen jungen Beſtandesanlagen, die, aktenmäßig oder durch Gedenkmänner nach— gewieſen, mittels zu tiefer Pflanzausführung begründet wurden. Sie bekräftigen das übrigens durch ihre äußere Erſcheinung hinlänglich und „ „ D Dörr e Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 253 erzählen mit untrüglichen Merkmalen die Geſchichte ihrer Erziehung und Entwickelung weit überzeugender, als es durch Worte geſchehen könnte. 18 17 Fig. 16-18. 16 Wurzeltypen der Saatpflanze'). Es muß vor allem daran liegen, die normale Wurzelbildung der Fichte an natürlichem Anfluge auf ungelockertem Waldboden und an 1) Die nachfolgenden Abbildungen fallen auf durch die Armut an feinerem 254 Die künſtliche Beſtandesgründung. Saatpflanzen zu illuſtrieren (vergleiche auch Fig. 1—6 S 50), um einen Anhaltspunkt und Maßſtab für die Beurteilung einer naturgemäßen Be— wurzelung überhaupt zu gewinnen. Fig. 17 repräſentiert eine dreijährige, Fig. 16 eine ſechsjährige Saatpflanze. Beide aus lichter Vollſaat hervor— gegangen, überdies aus iſolierter Stellung entnommen, ſo daß eine freie, ungehinderte Ausbildung in unter- und oberirdiſcher Achſe vom erſten Aufkeimen geſichert war. Lage: eben oder ſehr mäßig geneigt; Boden: ziemlich kräftiges Verwitterungsprodukt des Grauwackeſchiefers, mildlehmig aber ſteinig, behufs Ausführung der Vollſaat auf etwa 10 cm Tiefe gelockert mittels Pfluges und Egge. Die Wurzelbildung dieſer Saatpflanzen zeigt das charakteriſtiſche natürliche flache Verſtreichen; die Seitenwurzeln treten aus dem ſehr kurz entwickelten Wurzelſtock hervor. Sie verlaufen in mäßiger Tiefe horizontal und ausſchließlich im Bereich der leicht erwärmbaren und gut durch— lüfteten Bodennährſchichte. Eine Neigung zur Herzwurzelbildung, wie ſie in tief gelockertem Boden vorkommt, tritt naturgemäß nicht in Er— ſcheinung, obwohl dieſelbe in der II. Altersklaſſe auch in nicht gelockertem Boden vielfach und namentlich da beobachtet wird, wo die Wirkung ſtändiger Luftſtrömung das Individuum nötigt, ſich gegen die Gefahr des Windwurfes zu wappnen. Fig. 18, ein ſiebzehnjähriger Anflug unter lichtem Seitenſchirm am Rande einer Blöße, in tannen- und buchengemiſchtem Fichtenbeſtande, auf ungelockertem Naturboden freiſtehend erwachſen. Auch hier ſehr flach und ſtreng horizontal verſtreichende Seitenwurzeln, ein eigentlicher Wurzel- ſtock und Tiefwurzelbildung als Verlängerung der Stammachſe fehlen ganz. Von beſonderem Intereſſe iſt als Kommentar zu den ſpäteren Aus— führungen an dieſem Anfluge hervorzuheben, daß in der bis zum Boden herabreichenden Beaſtung Buchenlaub geſammelt, Humusbildung und eine kräftige Mooswucherung eingetreten war, welche im Laufe der Jahre den Schaft bis über den unterſten Aſtquirl eingefüttert hatte. Infolge dieſer „Erhöhung des Bodenniveaus“, die für das Individuum die tiefere Unterbringung des primären oder urſprünglichen Wurzelſtockes be— Faſergewürzel. Dieſe Erſcheinung iſt dadurch aufgeklärt, daß die Objekte zum über- wiegenden Teil auf der Wiener Land- und Forſtwirtſchaftlichen Ausſtellung (1890) bereits ihre Dienſte getan hatten. Sie wurden erſt ſpäter photographiſch aufgenommen, zu einer Zeit, wo das vertrocknete Wurzelſyſtem durch Verpackung und Transport namentlich von dem ſpröden Feingewürzel viel verloren hatte. — Nichtsdeſtoweniger ſind die Hauptſtränge gut erhalten und ſtellen den Grundbau der Wurzel noch ſehr überſichtlich dar. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 255 deutete, war zwiſchen und dicht über dem unterſten Aſtquirl die er— gänzende Umbildung des Wurzelſyſtems durch Ausbreitung kräftiger 23 22 26 0 Fig. 19—26. 21 20 24 19 Sekundärwurzeln „4“ eingetreten, eine Erſcheinung, die ganz im allgemeinen dafür ſpricht, daß die Fichte gegen eine unnatürliche Behandlung bei der Pflanzung und insbeſondere gegen zu tiefes Einſetzen außerordentlich empfindlich iſt. Mehr vielleicht als andere Holzarten will gerade die 256 Die künſtliche Beſtandesgründung. Fichte ihr Wurzelſyſtem mit den atmoſphäriſchen Einwirkungen in innigerem Kontakt halten und ſtellt denſelben durch Um- und Neubildung wieder her, wo er (wie im vorliegenden Falle) durch natürliche Vorgänge oder durch künſtliche Eingriffe der Menſchenhand aufgehoben wurde. Wurzeltypen der gepflanzten Fichte bei normaler Erziehung und normaler Ausführung des Pflanzaktes. Dieſe Gruppe enthält acht Fichtenpflanzen in fünf- bis vierzehnjähri— gem Alter von vorwiegend dürftigem Standorte entnommen, welche in mäßig dichter Riefenſaat, auf etwa 12 cm tief gelockerten Saatbeeten erzogen, als zweijährige Sämlinge in ebenfalls ganz flach gelockerte Pflanzbeete verſchult und als vierjährige Pflänzlinge auf die freie Kultur— fläche verſetzt wurden. Die Verſchulung wurde in mittels der leichten Kul— turhacke aufgezogene Riefen mit der Hand ausgeführt, wobei auf eine normale Einbringung der Wurzel nach Tieflage wie nach Ausbreitung und Streckung der Seitenwurzeln Bedacht genommen wurde. Die Typen 20, 21, 24, 25, 26 ſind aus der Löcherpflanzung, der naturgemäßeſten Methode, ausgeführt in ſchüſſelförmig ſich verflachende Pflanzgruben, deren Breiten- und Tiefendimenſion dem Wurzelſyſtem angepaßt waren, hervor— gegangen. Die Typen 19, 22, 23 dagegen illuſtrieren die immerhin eigenartige Wurzelbildung bei der Hügelpflanzung. Sie ſind in künſtlich mit gewöhnlicher Erde des Schlagbodens (nicht mit Branderde) aufge— ſchüttete lockere Hügel von entſprechend breiter Baſis — im übrigen aber ganz nach Art einer Löcherpflanzung — eingeſetzt worden. Der Form des Hügels entſprechend ſtrebt die Wurzel zunächſt ziemlich ſteil nach unten, um zu horizontaler Verſtreichung überzugehen, ſobald ſie unter der Hügel— baſis den natürlich „gewachſenen“ Erdboden erreicht hat. Bei der Ausführung des Pflanzaktes iſt ſowohl im Loch wie im Hügel auf die ſtreng naturgemäße Einbringung der Wurzel geachtet und außer der Hacke zur Herrichtung der Pflanzgrube, beziehungsweiſe zur Offnung des Hügels, kein Kulturgerät zur Hand genommen worden. In dieſen unter Ver— meidung jedes ſchädigenden Gewaltaktes ausgeführten Pflanzmethoden zeigt ſich an der Wurzelbildung der Fichte den Saatpflanzen der Fig. 16 —18 gegenüber keinerlei auffallende Erſcheinung. Die horizontale Verſtreichung der kräftigen Seitenwurzeln — das reiche, der Schulpflanze ſonſt eigene Feingewürzel iſt leider, wie oben erwähnt, durch den wiederholten Transport der trockenen Pflanzen abgebrochen — iſt überall deutlich erkennbar, eine Nei- gung zu einer Herzwurzelbildung tritt auch hier nirgends hervor. — Beſondere Aufmerkſamkeit nimmt die ſchön ausgeprägte Sekundärwurzelbildung der Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 257 Pflanze Fig. 24 in Anſpruch. Dieſe Fichte wurde als Randpflanze an einem Wege anläßlich der Aufwerfung eines Waſſerabzugsgrabens namentlich von der einen Seite her auf etwa 12 em Höhe überſchüttet und war bereits nach 3 Jahren im ergänzenden Ausbau ihres Wurzelſyſtems durch das Austreiben flachſtreichender Seitenwurzeln (a) in Höhe des durch den Aſtwulſt (5b) deutlich markierten Aſtquirles ziemlich weit fortgeſchritten, abermals das Bedürfnis kennzeichnend, daß die Wurzel mit den äußeren atmoſphäriſchen Einflüſſen in innigerem Kontakt bleiben will. Wurzeltypen der zu tief gepflanzten Fichte in der erſten Altersklaſſe. Fig. 27—35, ſechs- bis ſiebzehnjährige Pflanzen von ſteinigem Verwitterungsboden des Tonſchiefers. Erzogen in tiefer gelockerten Saat— beeten, in ein- und zweijährigem Alter mittels Setzholzes verſchult und nach zweijährigem Stande im Schulbeete „zu tief“ auf die freie Kultur— fläche ausgepflanzt. Ein vollkommen veränderter, mehr die Eiche als die Fichte charakteriſierender Wurzelbau tritt uns vor Augen. Fig. 27—33 ſechs- bis zehnjährig; Pflanzakt nachweisbar mit dem „Setzholz“, „Buttlarſchen“ Eiſen oder „Setzpfahl“ ausgeführt. Für Fig. 34 war die Pflanzmethode nicht genau zu ermitteln, Fig. 35 endlich eine zu tief ausgeführte Pflanzung im Hügel. — Sämtliche Pflanzen zeigen mehr oder minder fortgeſchrittene Um- und Neubildungen am Wurzelſtocke. Die Pflanzen 28, 30, 31 haben bei der Verſchulung augenſcheinlich ſtarke Mißhandlung erfahren; die Seitenwurzeln des urſprünglichen, ſpäter zu tief eingebrachten Wurzelgebildes (a) find behufs Einführung in zu enge und tief vorgeſteckte Pflanzlöcher zuſammengeballt, verbogen, ver— krümmt, gedreht und haben ſeither in der ſterilen Bodenſchicht in völliger Untätigkeit verharrt. Bei den Pflanzen 27, 28, 29, 33 iſt bereits der Verſchulungsakt „zu tief“ ausgeführt worden. Es haben ſich infolgedeſſen ſchon im Schulbeete Sekundärwurzeln (5) gebildet und durch die abermals „zu tiefe“ Verſetzung ins Freiland ſind die Pflanzen zu neuerlichen Er— gänzungen des Wurzelſyſtems gezwungen worden, welche die Bildung einer dritten Wurzeletage (c) zur unmittelbaren Folge gehabt haben, während an 30, 31, 32, 34, 35 bei normaler Verſchulungstiefe aber „zu tiefer“ Pflanzung auf der Kulturfläche nur die Neubildung kräftiger Sekundär— wurzeln wahrzunehmen iſt. Bei allen Pflanzen dieſer Gruppe fällt das verhältnismäßig kräftige Gedeihen der oberſten, jüngſten Wurzeletage und anderſeits das kümmerlich untätige Verhalten der zu tief eingepflanzten älteren Wurzelgebilde ſehr ins Auge. An den äußerſten (tiefſten) Enden Reuß, Beſtandesgründung. 17 258 Die künſtliche Beſtandesgründung. der Wurzeln von 32 und 34, den älteſten Pflanzen, waren ſchon leichte Spuren beginnender Zerſetzungserſcheinungen, abgeſtorbene Wurzelſpitzen 31 ir] oc} D “m * E 2 7 [5 os a a = 5 8 2 * 2 a 2 E 8 = mit bläulich violettem Holzkörper bemerkbar. Es mag behufs Beurteilung des Maßes der Tiefpflanzung noch darauf hingewieſen werden, daß bei Type 31, 33, 35 bereits Adventivwurzelgebilde oberhalb der Aſte bei „d“ ausgetreten ſind. — Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 259 In ihrer Geſamterſcheinung zeigen ſämtliche Objekte in den Jugend— jahren eine auffallende Stockung im Wuchſe, die einer gedeihlichen Ent— wicklung erſt dann weicht, wenn die Um- und Neubildung des Wurzel— ſtockes in der oberen Bodennährſchichte entſprechend fortgeſchritten iſt. Wurzeltypen der zu tief gepflanzten Fichte in der zweiten Altersklaſſe. zu tief ausgeführten Pflanzkulturen ausgerodet. Über die Erziehung derſelben waren einwandfreie Daten nicht mehr zu gewinnen, doch unter— liegt es keinem Zweifel, daß ſie im Anfang dieſelbe Jugendbehandlung genoſſen haben, wie fie in Fig. 27—35 dargeſtellt wurde. Spricht ja ſchon die Analogie der Wurzelbildung und beſonders die wunderbar illuſtrierende Type 38 für dieſe Annahme, inſofern deren drei über— einander geſtellten Wurzeletagen auch das Zwiſchenſtadium der zu tiefen Verſchulung ſo wirkſam feſtgehalten haben. Über die Provenienz dieſer in Frage ſtehenden Jungbeſtände war aktenmäßig nur das zu erheben, was ſie in der Abbildung der Wurzelſtöcke ſelbſt erzählen, daß ſie nämlich ausnahmslos nach zu tiefer Pflanzmethode begründet und erzogen wurden. Man wollte durch dieſelbe den erfahrungsmäßig ſehr hohen Kulturverluſten während der dem Lokalklima eigenen Dürre der Hochſommermonate vor— beugen. Dieſes nächſtliegende Ziel iſt auch tatſächlich erreicht worden, inſofern die tief in den Boden verſcharrte Wurzel in eine Untergrundſchichte eingeführt wurde, deren Feuchtigkeitsgrad von äußeren Witterungseinflüſſen einigermaßen unabhängig blieb. Die maſſig durchgeführten Rodungen von unwüchſigen Beſtandesgliedern weiſen durch untrügliche Merkmale auf abnorm tiefe Pflanzung hin, als deren übliche Folgeerſcheinung die Ver— kümmerung des primären Wurzelſtockes, Abdorrung und Zerſetzung, ausgehend von den in ſteriler, kalter und ungenügend durchlüfteter Tiefenſchicht untätig bleibenden Wurzelenden, angeſehen werden muß. Speziell bei den Pflanzen 36, 38, 39, 40 ſind dieſe Erſcheinungen ſchon recht augenfällig fortgeſchritten, bei Type 36 ſogar bis zur ausgeſprochenen Fäulnis der Herzwurzel gediehen. Inzwiſchen haben die Pflanzen, ſozuſagen die Natur der Stecklinge annehmend, oberhalb des primären Wurzel— knotens kräftige Flachwurzeln ausgetrieben, die ſich ſchnell entwickelten und die Ernährung des Individuums ſpäter übernahmen. Mit ihrer Erſtarkung ſteht auch die Hebung des allgemeinen Geſamtgedeihens in augenſcheinlichem Zuſammenhange. 17* 360 Die künſtliche Beſtandesgründung. Auch bei den Objekten Fig. 36—41 iſt das Maß der Pflanztiefe mehrfach erkennbar durch den zwiſchen und unter den Sekundärwurzeln 41 37 40 Fig. 36—41. 36 39 38 — noch ſchwach markierten Aſtwulſten (ſie ſind bereits überwallt und treten in der photographiſchen Reproduktion allerdings nicht mehr hervor) und namentlich zeigt der aufgeſpaltene auch durch die Verkümmerung der urſprünglichen Wurzeln beſonders intereſſante Stock Fig. 41 die Wurzel— PFAFF We Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 261 bildung über Aſthöhe bei (a) an einer der Natur entſprechenden Retuſche recht deutlich. Wurzeltypen der zu tief gepflanzten Fichte in der dritten Altersklaſſe. Drei aufgeſpaltene Wurzelſtöcke aus einem 48jährigen Pflanzbeſtande führen die Folgenachteile der zu tiefen Pflanzung im Mittelbeſtande, dem älteſten auffindbaren, vor. Der auf einer großen Windbruchfläche vom Jahre 1849 ſtockende reine Fichtenbeſtand wurde nachgewieſenermaßen auf recht verwahrloſtem Boden und nach einſtimmiger Ausſage von Gedenkmännern in Hügel mittels Setzholzes in ungewöhnlich liederlicher Ausführung noch in der Zeit gepflanzt, wo die Arbeitskraft der Robot— pflichtigen mit Vorliebe im Forſtkulturbetriebe angelegt zu werden pflegte. Der Beſtand erregte ſchon ſeit längeren Jahren in zunehmendem Maße die Aufmerkſamkeit durch ſtetig ſich mehrende Dörrlinge, Schnee- und Windwürfe. An den umgeworfenen Stämmen bemerkte man äußerlich durch— weg eine ſehr vorgeſchrittene Wurzelfäule, welche die Widerſtandskraft des Baumes gegen Schnee und Wind vollſtändig aufheben mußte und das maſſenhafte Auftreten von Wurfſchäden im Beſtandesinnern direkt ver— anlaßt hatte. Die nach vorſichtiger Rodung wurzelkranker Stämme vorgenommene Unterſuchung zeigte nun auch hier, daß wir es mit den bereits ausgearteten Folgenachteilen der zu tief ausgeführten Pflanzung zu tun hatten. Denn die aufgeſpalteten Wurzelſtöcke ſelbſt führten deren charakteriſtiſche Beweismomente abermals vor Augen und boten in ihrem weit vorgeſchrittenen Stadium der Zerſetzung ein fertiges Bild der Zerſtörung und der Unhaltbarkeit von Beſtänden dar, die mittels zu tiefer, gewalttätiger Pflanzung begründet wurden. Der urſprüngliche Wurzel— ſtock des jugendlichen Individuums war total abgefault (Fig. 42) oder nur noch in reſtlichen Stümpfen (Fig. 43, 44 bei a) vorhanden; bei vielen Ausgrabungen war der primäre Wurzelſtock in Form von fauliger Moder— maſſe in der Tiefe des Rodeloches noch ſichtbar, aber nicht mehr auszubringen. Die in Fig. 27—35 an den Stämmen der zweiten Altersklaſſe mehr— fach ſchon nachweisbare Zerſetzung hatte, in eigentliche Fäulnis ausgeartet, ſich auch dem ſekundären Wurzelſtocke mitgeteilt, häufig auch dieſen vernich— tet und ihren Herd in das Innere des Baumſchaftes verlegt. Das weit— porige Holz des Wurzelſtockes und unteren Schaftes war vollſtändig zerſtört und nur die widerſtandsfähigeren Aſtquirle hatten ſich erhalten und über— lieferten mit ihren öfter in der Schaftachſe zuſammenſtoßenden Ausgangs— punkten den ſchlagenden Beweis, daß die Stämme, denen dieſe Wurzel— — 262 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſtöcke entnommen wurden, im jugendlichen Alter zu tief gepflanzt worden waren: Wir finden dieſe Aſtquirlreſte der jungen Kulturpflanze in und unter Höhe der ſpäter entwickelten Sekundärwurzeln. 44 43 Fig. 24—44. Im Bilde treten die Aſte infolge einer Gipsübertünchung als weiße Körper gegen den dunkeln Hintergrund der verfaulten, zum Teil hohlgewordenen Wurzelſtöcke hervor. Es ſei beſonders auf den minder gut markierten linken unterſten Aft der Fig. 42 aufmerkſam gemacht. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 263 Gerade dieſe Wahrnehmungen in einem 488 jährigen Fichtenbe— ſtande waren es, die dem Verfaſſer bereits in den achtziger Jahren zu Fig. 46. Fig. 45. Il. dem anregenden Studium der Folgenachteile ungeeigneter, zu tiefer oder ſouſt gegen die Natur verſtoßender Pflanzmethoden Veranlaſſung gaben. Im weiteren Verlaufe der induktiven Forſchung wurde dann erkannt, daß die gefundenen Erfahrungsſätze über die folgenſchweren Nachteile 264 Die künſtliche Beſtandesgründung. mißhandelnder Pflanzakte im allgemeinen auch auf die anderen Nadel— hölzer und auf die Laubhölzer übertragen werden können, daß aber Tanne, Lärche und Kiefer ſich nicht ſo empfindlich und noch weniger empfind— lich die Laubhölzer, wenigſtens in der Richtung der Wurzelfäule, zeigten, während Wuchsſtockung und Sekundärwurzelbildung auch hier zu ge— wöhnlichen Erſcheinungen nach Tiefpflanzung gehören. Es ſei geſtattet, dieſe Erſcheinung noch mit zwei intereſſanten Abbildungen zu belegen. Wurzeltypen älterer Laubhölzer. Zur allgemeinen Demonſtra— tion der Wurzelbildung im Kontakt mit der Atmoſphäre. Fig. 45, ein älterer Obſtbaum, der vor etwa 20 Jahren bei einer Gartenmelioration auf reichlich 0,75 m Höhe mit Erdreich verſchüttet wurde. Die Rodung des ſeither kränkelnden Stammes wies auch hier eine vollſtändige Umbildung des Wurzelbaues, einen überaus kräftigen, flach verſtreichenden Kranz von Nährwurzeln auf, während der tief ver— ſchüttete primäre Wurzelſtock in ſeiner Fortentwicklung ſtockte, vielfach tot und faulfleckig war. Fig. 46, eine ca. 20 jährige, aus Setzſtangenpflanzung hervorgegangene Weide (aus den Elbauen der Mark), welche den Hergang der Wurzel— bildung an der Setzſtange in ſehr intereſſanter, ebenfalls zu unſerem Thema beweiſender Form vorführt. Dieſe Wurzelbildung nimmt nach Menge und Energie, nach Stärke und Länge augenfällig raſch ab und der eigentliche Nährwurzelkranz hat ſich ungemein kräftig auch bei der Weide nur knapp unter dem Bodenniveau, alſo in lebendigem Rapport mit der atmoſphäriſchen Luft entwickelt. § 99. Die nachteiligen Folgen der eigentlichen Gerätemethoden. Hierunter ſind alle jene Verfahren zu verſtehen, welche an Stelle flacher und weit geöffneter Pflanzgruben (gehackter Löcher), ſehr enge und tiefe, mehr ſpalt- oder trichterförmige Löcher mit eigens zu dieſem Zweck konſtruierten Geräten herrichten. Das Tiefenmaß dieſer Pflanzlöcher geht faſt immer weit über die Grenzen der Notwendigkeit, ja, der Zuträglich— keit hinaus, während die unzureichende Weite derſelben bei Verwen— dung von nur halbwegs entwickeltem Pflanzmaterial nie eine normale Ausbreitung der Wurzeln geſtattet. Alle dieſe Methoden leiſten offen— bar der Tiefpflanzung Vorſchub, inſofern die übermäßige Lochtiefe ſörmlich dazu einladet, umſomehr einladet, als die Unmöglichkeit der Wurzelaus— breitung der flach eingeſetzten Pflanze nicht die nötige Standfeſtigkeit zu ſichern vermöchte. Sie tun aber auch der Pflanze ſehr empfindliche Ge— Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 265 waltakte an, weil das Mißverhältnis zwiſchen Pflanzlochweite und Seiten— wurzellänge den Arbeiter geradezu zwingt, das reichentwickelte Wurzel— Fig. 47-51. 18 ſyſtem zu einem Knäuel zuſammenzuballen, zu verdrehen, zu verbiegen, zu verzwängen und zu zerbrechen oder günſtigen Falles in dickflüſſigen Lehm— brei getaucht, zu einem einzigen Strang zuſammenzubacken und in die Tiefe zu richten. Mit derartig mißhandelten Wurzeln, die weniger mit 266 Die künſtliche Beſtandesgründung. dem nährenden Erdboden als unter ſich in Berührung treten, von Hohl— räumen durchſetzt, umgeben oder unterfangen werden, kann die Pflanze ihr Fortkommen nicht finden; auch ſie muß ihre Wurzeln ergänzend um— bauen und bis dahin nur kümmerlich ihr Daſein friſten. Sie wird und zwar um ſo ſicherer einem langen, ja, ausſichtsloſen Siechtum entgegengehen, je mehr etwa eine gewalttätige Schließung des Pflanzloches noch Wurzel— quetſchungen, -brüche und Rindenabſchürfungen nach ſich gezogen hat. Wurzeltypen der Setzholz- oder Setzpfahlpflanzung (ohne vorherige Verſchulung). Fig. 47— 51, ſechs- und ſiebenjährige Fichtenpflanzen, welche in ſehr tief gelockerten Saatbeeten, Rillenſaat, erzogen, als dreijährige Sämlinge mit auffällig tiefgreifender Wurzelbildung mittels des Setzholzes, Buttlar— ſchen Eiſens oder auch mittels eiſenbeſchlagenen Setzpfahles, Stieleiſens uf. ins Freiland (verwahrloſte Waldwieſe) verſetzt worden waren. Unmittel— bar vor Ausführung des Pflanzaktes wurden die Setzlinge in einen dick— flüſſigen Lehmbrei eingetaucht, welcher die Wurzeln beſchwerte, nach unten ſtreckte und mehr weniger ausgeprägt zu einem förmlichen Zopf zu— ſammenballte, eine Maßregel, die bei der Setzholzpflanzung umſomehr notwendig wird, je mehr es ſich darum handelt, die etwa reichlicher vorhandenen und kräftig entwickelten Seitenwurzeln vor gewalttätigem Einzwängen in das viel zu enge Pflanzloch zu bewahren. Vergleicht man die Reſultate dieſer ungeeigneten Erziehungs- und Pflanzmethoden mit den in Fig. 16— 18 dargeſtellten natürlichen Wurzel— gebilden der Saat und Normalerziehung durch Pflanzung, ſo vermißt man jede Horizontalverzweigung der unterirdiſchen Achſe im Wurzelſtocke und findet an deren Stelle in direkter Verlängerung des Schäftchens eine Tiefenentwicklung der Wurzel, die nur zu deutlich beweiſt, wie empfindlich die Fichte — mehr oder weniger auch alle anderen Holz— arten — für mißhandelnde Eingriffe iſt und wie leicht ſie ihre natürliche Eigenart des Wuchſes ſpeziell in der Richtung ihres Wurzel— ausbaues verleugnet. Treibt ſie doch einen ausgeſprochenen Wurzelpfahl, eine Herzwurzel, die wir bei der Eiche und Kiefer gleichen Alters zu finden gewohnt ſind und die im vorliegenden Falle — ausdrücklich zugegeben — durch die Tiefe der Bodenlockerung und dichte Saatſtellung im Kampe einerſeits, wie durch zu tiefe „Einſtopfung“ in den verhältnismäßig leicht zu durchteufenden Wieſenboden anderſeits eine abnorme Förderung er— fahren haben mochte. Die ſteil nach unten gerichteten Wurzelenden lajjen zunächſt keinerlei Entwicklungstätigkeit erkennen. Etwa vom dritten Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 267 Jahre nach der Pflanzausführung bemerkt man die erſten Regungen zur Neubildung von Sekundärwurzeln (Fig. 47a und 49a). Im allgemeinen 54 Fig. 52—566. kümmern die Pflanzen und vermögen ſich lange nicht zu entſcheidendem Ge— deihen aufzuraffen, weil ihre ſchwer mißhandelten und tief in den ſterilen Untergrund gebrachten Wurzeln nicht ernährend tätig ſein konnten. 268 Die künſtliche Beſtandesgründung. Wurzeltypen der Setzholz- oder Setzpfahlpflanzung nach vor— heriger Verſchulung. Fig. 52—56, fünf- bis ſiebenjährige Pflanzen, in Rillenſaat auf mäßig gelockertem Boden erzogen, als einjährige Sämlinge mit dem Setz— holze in tief bearbeitete Pflanzbeete verſchult und in dreijährigem Alter ebenfalls mittels Setzpfahles oder Stieleiſens ins Freiland verpflanzt. Ein Eintauchen in Lehmbrei hat beim Pflanzakt nicht (vielleicht aber bei der Verſchulung) ſtattgefunden; die Wurzeln find mehr oder minder zuſammen— geballt und, ſteil in die Tiefe gerichtet, in das eng vorgeſteckte Loch ein— gezwängt oder eingedreht. — Sämtliche Pflänzlinge ſind augenſcheinlich zu tief geſetzt worden, da ſich bei ihnen ohne Ausnahme die Ausbreitung von kräftigen Sekundärwurzeln „a“ in der Höhe des unteren Aſtquirls bemerkbar macht. Bei Type 55 und 56 iſt das verhältnismäßig reich entwickelte Wurzelwerk behufs Einführung ins Pflanzloch zu einem förm— lichen Knäuel zuſammengedreht, in deſſen Innenraum die Pflanzerde über— haupt nicht hat eintreten können. Im übrigen treten die in Fig. 47—51 behandelten ungünſtigen Folgeerſcheinungen, das iſt Untätigkeit der ſteil abwärts gerichteten Seitenwurzeln ſowie beſonders ruhende Geſamtent— wicklung und kümmerliches Vegetieren auch hier ganz deutlich hervor. Wurzeltypen nach Ausführung anderer gewalttätiger Pflanzakte. Fig. 57 —61, mehr oder weniger kümmerliche, zuwachsuntätige Pflanzen von fünf- bis achtjährigem Alter, erzogen in Rillenſtellung auf bearbeite tem Kampboden, zum Teil als Sämlinge zum Teil auch als Schulpflanzen ins Freiland übertragen. Fig. 57, Type der Beilpflanzung, Fig. 58, Type der Hammer— pflanzung; erſtere ausgeführt mit dreijährig verſchulten Pflänzchen, letztere mit zweijährigen Sämlingen. Die Pflanzen ſind in die engen, für die gegegebenen Wurzelbildungen ungenügend geöffneten Erdſpalten gewaltſam eingepreßt, die Wurzeln unnatürlich zuſammengeballt. Bei Fig. 57 iſt eine kräftiger entwickelte, unfügſame Wurzel (a) nach oben gerichtet mit dem Ende zutage geblieben und abgeſtorben. Beide Pflanzen, ſtark kümmernd, haben in der oberirdiſchen Achſe eine dichte beſenartige Beaſtung enwickelt und laſſen, nach drei Jahren ausgerodet, weder eine Fort⸗ noch eine Umbildung des Wurzelſyſtems erkennen. Sie machen den Eindruck ausſichtsloſen Kümmerns. — Die nachteiligen Folgen der Beilpflanzung (Fig. 57) haben vermutlich infolge der Verwendung zu alter, ſtarker Pflanzen eine extreme Steigerung erfahren. Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 269 Fig. 59, entnommen einer mittels der Pflanzlanze ausgeführten Spaltpflanzung mit dreijährigen Sämlingen; zwei Jahre nach der Pflan— 61 60 61. Fig. 57- 59 58 57 — 5 2 >= — — * . As Gr BEE nn — zung ausgerodet. Die Wurzel ſcheint, der Pflanzmethode entſprechend, ſehr in die Tiefe gerichtet, ſie iſt in ihren unteren Teilen vollſtändig untätig geblieben. Am oberen Wurzelſtock war die Neubildung von Adventiv- wurzeln (a) ſchon zu beſtätigen. 270 Die künſtliche Beſtandesgründung. Daß übrigens auch die rühmlichen Leiſtungen der eigentlichen Gruben— pflanzung ad absurdum geführt werden können, beweiſt ſchlagend Fig. 60. Dieſe Pflanze entſtammt einer in bindig feuchtem Boden mit vierjährigen Schulpflanzen ausgeführten Grubenpflanzung auf einer unbeſamt gebliebenen, verangerten Buchenverjüngungsfläche. Die Pflanzgruben ſind zwar mit der Hacke, aber wegen der ſtarken Bodendurchwurzelung ungenügend ge— öffnet worden, ſo daß die in ſolchen Fällen ſchon erſtarkten Wurzeln des älteren Pflanzmateriales gewaltſam in das mehr tief als breit her— geſtellte Loch eingezwängt waren. Die Schließung des Pflanzloches wurde dann wohl mit Zuhilfenahme der umgekehrten Kulturhacke (à la „Beilpflanzung“) beſorgt. Die Ausrodung erfolgte im fünften Jahre nach der Pflanzausführung. Das wohl nur mäßig tief eingebrachte, aber arg ver— zwängte Wurzelwerk hat reiche Faſerwurzeln nach der Seite getrieben. Der Pflanzakt ſelbſt war mit empfindlichen Beſchädigungen der ſtärkeren Wurzelſtränge verbunden; ſie zeigen Verwallungen, Verwachſungen, Wucherungen und oben in Aſthöhe eine ſchwächliche Adventivwurzelbildung (a), die in einer etwa 3 em hohen Mooswucherung verlief. — Geſamtein— druck hoffnungslos kümmernd. Fig. 61 ſtammt aus einer mittels Klemmſpatens ausgeführten kleinen Probepflanzung mit dreijährigen Pflanzen, die als einjährige Sämlinge in Reihen mit der Hand verſchult waren. Ausgerodet im dritten Jahr nach der Pflanzung. Die Wurzel erſcheint analog der Spaltpflanzung (Fig. 59) ſtark in die Tiefe gezogen, zeigt aber ſchon kräftige Neubildung (4) am oberen Wurzelſtocke. Geſamtverhalten dürftig aber keineswegs hoffnungslos, wiewohl an den Enden des ſteil in die Tiefe geſtreckten Wurzelſchopfes ſchon zahlreiche Abdorrungen und Zerſetzungserſcheinungen ſichtbar waren. § 100. Rückblick. Ein kurz wiederholender Rückblick auf die in Wort und Bild ein— gehend abgehandelten und bis in das reife Stangenalter verfolgten Nach— teile unnatürlich mißhandelnder Pflanzmethoden belaſtet im allgemeinen die Tiefpflanzung ebenſo wie die Gerätemethoden nicht allein in gleicher Richtung, ſondern auch jo ziemlich in gleichem Maße. Wenn auch ver— ſchieden in den äußeren Formen, ſcheint es ſich doch bei beiden um ziem— lich einheitliche Wirkungen zu handeln, die wenigſtens in ihrer Einfluß— nahme auf phyſiologiſche und pathologiſche Vorgänge keine auffällige Abweichung erkennen laſſen, denn die empfindlichſten Wuchsſtockungen, Neu— bildung des Wurzelſtockes, Abſterben, Zerſetzung und Fäulnis der Wurzel Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 271 ſind in den verſchiedenen Stadien bei jedem groben Verſtoß gegen die aus der Naturbeobachtung hergeleiteten Grundregeln der Pflanzung nach— gewieſen und verfolgt worden. Es iſt damit wohl auch erhärtet, daß es nicht angeht, den Erfolg der Beſtandesgründung nach dem Augenblicke zu beurteilen, daß der Kulturbetrieb nicht ängſtlich mit dem Gulden geizen darf, wo es ſich ſo augenſcheinlich um die Begründung einer ſicheren Zu— kunft handelt, denn durch die Höhe des Kulturkapitales wird die Wald— rente bei weitem nicht ſo herabgedrückt als durch die, wenn auch mit halbem Aufwande erfolgte Anpflanzung von exiſtenz- und leiſtungsunfähigen Beſtänden. Allerdings darf man daran nicht einen Augenblick zweifeln, daß die geſchilderten Folgeübel für Geſundheit, Gedeihen und Leben des Indi— viduums mit den einſchlägigen Standortsfaktoren ſowohl nach der Zeit ihres Eintrittes wie auch nach Art, Grad und Verlauf etwaiger patho— logiſcher Prozeſſe ungemein veränderlich ſind, unter beſonders günſtigen Vorausſetzungen erſt ſpät und in geringem Maße in Erſcheinung treten, daß aber anderſeits doch auch jeder die natürlichen Wuchseigentümlichkeiten der Holzart außer acht laſſende Pflanzakt früher oder ſpäter ſich rächt. Wo Tiefpflanzung mit gewaltſamer Mißhandlung, mechaniſchen Be— ſchädigungen uſw. verbunden war, — es iſt das bei den Gerätemethoden beinahe immer der Fall — da treten die Folgeübel auch am auflälligſten hervor. Die Tiefpflanzung allein mit ſonſt normaler Wurzelbehandlung muß wenigſtens nicht unbedingt von ſo nachteiliger Wirkung ſein, denn unter allgemein günſtigen Wuchsverhältniſſen vollzieht ſich die Umbildung des Wurzelſtockes ebenſo wie die Überwallung etwa vorhandener Wurzel— faulflächen ſo flott und energiſch, daß die Fäulnis nicht in den ſekun— dären Wurzelſtock übertritt und das Individuum mit den, während des Umbaues erlittenen Zuwachsverluſten davon kommt. Übrigens iſt gerade dieſe Periode der Wuchsſtockung auch in anderer Richtung noch gefahr— voll, um ſo mehr, je länger ſie andauert, denn es treten infolge des verzögerten Beſtandesſchluſſes meiſt ſehr bedenkliche Bodenverwilderungszu— ſtände ein, welche die Zukunft derartiger Beſtände für alle Zeiten gefährden. Dieſer Übelſtand iſt aber den mißhandelnden Gerätemethoden in entſchieden höherem Maße eigen und es kommt hier die Gefahr hinzu, daß jede Wurzelverletzung paraſitäre Infektion bringen kann, welche Fäulnisprozeſſe einleitet. — Gleichwohl ſoll durchaus nicht in Abrede geſtellt werden, daß bei beſonders umſichtiger Beurteilung der Vorbedingungen und bei ſorgſam ſchonender Durchführung des Pflanzaktes bei einzelnen Geräte— methoden den nachteiligen Folgen bis zu gewiſſer Grenze vorgebeugt 272 Die künſtliche Beſtandesgründung. werden kann. Als ſolche Vorbedingungen wären anzuſehen: höchſtens zweijähriges Pflanzenalter, Anpaſſung der Pflanzlochbreite an die Seiten— wurzellänge und Schließung des Pflanzloches mit krümlig - lockerer Füllerde, welche der Bildung von Hohlräumen vorbeugt und die Bei— behaltung der natürlichen Wurzellage ſichert. Es liegen mir in dieſer Hinſicht zwei intereſſante Mitteilungen aus anderen Wuchsgebieten der Fichte, aus dem Sollinge (Hannover) und aus dem ſächſiſchen Erzgebirge vor, welche für die bedingte Anwendbarkeit gewiſſer Gerätemethoden zu ſprechen ſcheinen, wiewohl ſie die wichtige Frage offen laſſen, ob das weitere Gedeihen der Jungbeſtände den geſtellten Erwartungen entſpricht und ob dieſelben ſich nicht noch beſſer entwickelt hätten, wenn ſie aus normaler Grubenpflanzung hervorge— gangen wären. — In der Oberförſterei Grubenhagen am Solling wurde in den 60⸗, 70er Jahren ſtark in Umwandlung herabgekommener Buchenhochwaldungen in Fichte gearbeitet. Aus eigener Anſchauung wußte Verfaſſer, daß mit Vorliebe die Klemmpflanzung mit dem ſchweren Sollinger Klemmſpaten angewendet worden war, gegen die er ſchon damals die größten Bedenken hegte. Auf eine an den jetzigen Königlichen Oberförſter Stahl in Grubenhagen gerichtete Anfrage über das Befinden dieſer Beſtände erging ſehr freundlicher Beſcheid. Darnach haben vorgenommene Stammrodungen in einem 27jährigen Fichtenbeſtande auf friſchem, tiefem Verwitterungsboden des Buntſandſteins an ihren Wurzeln keinerlei auffallende Erſcheinungen gezeigt, die auf eine Mißhandlung durch die „Klemmethode“ hätten ſchließen laſſen. Kollege Stahl ſelbſt ſpricht darüber ſeine Verwunderung aus und weiſt darauf hin, daß die „Pflanzen mit dem ſchweren Sollinger Rodeeiſen geklemmt und zum Überfluß mit hölzernem Hammer oder Stampfer feſtgeklopft wurden.“ Allerdings war eine „Herzwurzelbildung, welche an die Buche erinnert“, nachweisbar und Stahl glaubt, daß Wurzelfäule ſpäter eintreten werde. Er ſagt ganz richtig, die letztere ſei eine Folge mangelhafter Durchlüftung der tieferen Bodenſchichten und ſtellt ſich damit vollkommen auf den Boden von Verfaſſers Aus- führungen, die gegen jede Methode ſich wenden, welche die Wurzeln den nachteiligen Faktoren der Tiefſchichten ausſetzet. Und zu dieſen Methoden gehört auch die Klemmpflanzung, — Eine andere nicht minder dankenswerte Mitteilung liegt vom Königlich ſächſiſchen Oberförſter Beil in Eibenſtock vor. Derſelbe ſchreibt über ſeine 16 jährigen Erfahrungen mit der Setzholzpflanzung (Stieglitzpflanzung) und jagt: „Ich verwende 2—3 jährige Sämlinge von mäßig gelockerten Saatbeeten und benutze beim Pflanzen ſelbſt Kulturerde. Schon nach Wochen konnte man deutlich bemerken, daß die Wurzeln ihre natürliche Lage (war dieſe überhaupt geſtört?) wieder an— nahmen.“ Nun, wenn das der Fall iſt, ſo iſt die Methode gewiß unſchädlich; aber es iſt nicht Eigenverdienſt der Setzholzpflanzung, ſondern Verdienſt des Wirtſchafters, der durch Anwendung krümliger Kulturerde zur Pflanzlochſchließung ihre Gefahren ablenkte, Verdienſt auch des Bodens, der ihre Anwendung minder bedenklich macht. Oberförſter Beil ſagt an anderer Stelle: „So ungünſtig ſich die Erfolge auf lettig— bindigem Boden, z. B. des königlichen Forſtreviers Roſental zeigten, ſo vortreff— liche Reſultate habe ich auf dem hieſigen Boden erzielt, welcher in der Hauptſache das Verwitterungsprodukt eines mittelfeinkörnigen Turmalingranites iſt. Dasſelbe iſt locker, durchläſſig und vorwiegend produktiv. Auch im Diluvium und Moor wurden günſtige Erfolge erzielt.“ Im übrigen ſchließt ſich aber Kollege Beil vollkommen „ TE Die Beſtandesgründung durch Pflanzung. 273 den vom Verfaſſer vertretenen Anſchauungen an. Auch ſeine Ausführungen argumen— tieren für eine nur bedingte Anwendbarkeit gewiſſer Gerätemethoden. Wenn nun auch derartigen Beobachtungen durchaus keine einwand— freie Beweiskraft innewohnt — ich würde ihnen dieſelbe nur bei induk— tiver Vergleichsforſchung zuerkennen und dieſe würde wahrſcheinlich zu ganz anderen Ergebniſſen führen — ſo werden doch ähnliche Erfahrungen aus der großen Kulturpraxis von den Anhängern billiger Gerätemethoden Ver— faſſers Ausführungen entgegengeſtellt und die Tatſache belegt werden können, daß mancher Forſthaushalt unter beſtimmten günſtigen Voraus— ſetzungen und ſoweit es überhaupt von der Gegenwart beurteilt werden kann, auch mit dieſer oder jener Gerätemethode örtlich ſein leidliches Auskommen findet. Verf. will ſich deshalb auch gegen den Vorwurf einer bedingungsloſen Verurteilung aller Gerätemethoden verwahren und die beſchränkte Anwendungsfähigkeit einiger Geräte, unter den früher ge— kennzeichneten Vorausſetzungen und von vernünftig geſchulter Hand geführt, zugeben. Aber ſelbſt mit dieſer bedingten Zuſtimmung tritt er rückſicht— lich der Ausführung des Pflanzaktes voll und ganz gegen die Geräte— methoden und für die eigentliche Grubenpflanzung ein, als das einzig ſtatthafte Verfahren für die Begründung von Nutzholzbeſtänden, von Hochwaldbeſtänden überhaupt. Alle Mißgriffe bei der Pflanzung — ſie iſt ja ſelbſt ein rauher, ſtörender Eingriff in das jugendliche Daſein des zarten Pflanzenorga— nismus — insbeſondere zu tiefes Einſetzen, Beſchädigungen und jede naturwidrige Behandlung ſollen gemieden, den Wurzeln nach Tiefe und Breitung tunlichſt ihre frühere Länge gegeben werden. Die einzige Me— thode, welche dieſe Forderung einigermaßen ſichern kann, iſt die Pflan— zung in weite Gruben. Und wenn auch ſie gegen mißhandelnde Aus— führungsdetails nicht unbedingt gefeit iſt, ſo muß ihr doch unbeſtritten allen anderen Verfahrungsarten gegenüber der Vorzug eingeräumt werden, welche weit mehr als die Grubenpflanzung zu einer unnatürlichen Behandlung und Einbettung der Wurzel ſozuſagen einladen, verführen oder auch zwingen. Das gilt für jeden Standort, für alle Holzarten und Entwickelungsſtadien — wenn auch nicht immer für alle in gleichem Maße. Wolle man nie überſehen, daß wir immer und überall die wichtigſte Verrichtung im Wirtſchaftshaushalte, den wichtigſten Akt der Beſtandesgründung minder vertrauenswürdigen Arbeitskräften anver— trauen müſſen, daß in ihrer Hand der Schwerpunkt für die Qualität der Pflanzausführung und ſomit auch für die Beſtandeszukunft liegt und die Technik und Methodik der Pflanzung nie aus dem Geſichtspunkte Reuß, Beſtandesgründung. 18 274 Die künſtliche Beſtandesgründung. beurteilt werden darf, wie ſie, mit Liebe zur Sache, mit Arbeitsluſt und Sachkunde gepaart, vom Forſtwirte ſelbſt ausgeführt bezw. angewendet werden kann, ſondern wie ſie vorausſichtlich von der rohen, ungefügigen und zum mindeſten gleichgiltig hantierenden Arbeitskraft ausgeführt oder gehandhabt wird. Kein Pflanzverfahren bietet ſicherere Grundlagen für die Kontrolle der Arbeitsausführung, keines vermag ſich rückſichtlich der Vorbeugung unnatürlicher Behandlungsdetails zu meſſen mit der aus alter Zeit überkommenen kunſtloſen Lochpflanzung, mit der Pflanzung in entſprechend weit geöffnete, ſchüſſelförmige Pflanzgruben. 9. Kapitel. Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. § 101. Allgemeines. Wenn auch die Beſtandesgründung durch Pflanzung im allgemeinen ſich weit ungünſtigeren Wuchs- und Lebensbedingungen gewachſen zeigt als die Saatkultur, ſo hat auch ſie in den erſten Jugendjahren mit mancherlei Gefahren zu kämpfen, die ſich mit der Ungunſt des Stand— ortes zu ſteigern pflegen und die ſie, namentlich ſoweit dieſelben in den Unbilden der Witterungsverhältniſſe und der Bodenbeſchaffenheit ſich begründen, nicht immer aus eigener Kraft zu überwinden vermag. Ein rationeller Pflanzkulturbetrieb trachtet dieſen Fährlichkeiten ſchon durch Verwendung kräftigerer Pflanzen entgegenzuarbeiten und weiß durch die größere Widerſtandsfähigkeit des älteren Organismus ſeine Erfolge einigermaßen ſicherzuſtellen. Nur zu oft findet er aber damit nicht ſein Auskommen und greift dann zu einer Reihe von eigentlichen Hilfs— maßregeln, denen, ähnlich wie bei der Saat (Kap. 7), die wichtige Aufgabe zufällt, alle ungünſtigen Einwirkungen nach Grad und Zeit abzuſchwächen und der einzelnen Pflanze über die Gefahren des erſten Jugenddaſeins hinwegzuhelfen. Empfindliche Holzarten, oft ſogar verzärtelte Pflänzchen verlangen unter Umſtänden den Schutz und die erzieheriſche Beihilfe lockerkroniger Lichthölzer. Die manchen unſerer anbauwürdigſten Hölzer eigene, lang⸗ ſame Jugendentwickelung der erſten Jahre macht häufig aus boden— pfleglichen Rückſichten die Beigabe von Schutz-, Treib- und Füllholz not⸗ wendig, und Standorte endlich, die in ihrer Bodenbeſchaffenheit der Kulturausführung oder dem Gedeihen der Pflanzung beſondere Schwierig— keiten entgegenſtellen, erheiſchen oft vorgreifende bodenmeliorierende Maß— nahmen, welche die phyſikaliſchen und chemiſchen Eigenſchaften der Nähr— R N VE U A ee | Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 275 ſchichte verbeſſern und das Jugendwachstum der beſtandbildenden Holz— art wenigſtens inſolange fördernd beeinfluſſen, bis mit Eintritt des Schluſſes das Beſtandesleben in ſichere Bahnen der Selbſtändigkeit ein— getreten iſt. § 102. Vortultur bodenverbeſſernder Holzarten. Sehr häufig ſieht ſich der Forſtwirt in die ſchwierige Lage verſetzt, Waldöden, Hutweiden, durch Streunutzung bis aufs Mark ausgeſchundene Beſtandesflächen und verwahrloſte, humusbare Freilagen, die die Land— wirtſchaft bei der Rückkehr zu minder extenſivem Betriebe aufgelaſſen hat, für die Holzproduktion zu retten. Es handelt ſich da um kritiſche, meiſt ſogar recht undankbare Aufgaben, deren Löſung mit den gewöhnlichen Mitteln der direkten Aufforſtung nicht erzielt werden kann. Wenn in ſolchen Fällen die Bodenmelioration durch Waldfeldbau (wegen vor— liegender Bodenentkräftung, unwegſamer Lage uſw.) undurchführbar iſt, ſo gilt es, den herabgekommenen Boden auf rationelle Weiſe, d. h. mit möglichſt geringem Aufwande, der mit dem Endziele der Ertragswirtſchaft nicht in Widerſpruch tritt, in die Dienſte der Holzproduktion zu ſtellen. Dieſer ſchwierigen Aufgabe wird kaum ein anderes Verfahren in wenn auch längeren Zeitläufen, ſo doch mit größerer Sicherheit gerecht als der Vorbau bodenverbeſſernder Holzarten, dem ſpäter die definitive Beſtandesgründung folgt, wenn der Boden ſelbſt in eine für den Holz— wuchs günſtigere Verfaſſung verſetzt worden iſt. Zwei Holzarten vornehmlich ſind es, die ſich in dieſer Richtung be— ſonders bewähren, im Hinblick aber auf ihr ungewöhnliches Anpaſſungs— vermögen an alle Standortsverhältniſſe noch viel zu wenig zu dieſen wichtigen Dienſtleiſtungen herangezogen werden: die Eiche und Schwarz— kiefer. Wir ſind gewohnt, beide zu den anſpruchsvolleren Holzarten zu rechnen, erkennen aber, ſoweit es ſich um die hier behandelte Aushilfs— leiſtung handelt, in ihnen auch recht bodenvage Bäume unſeres heimi— ſchen Wirtſchaftswaldes. Die beſſeren Leiſtungen der Eiche liegen aus— ſchließlich auf den nährkräftigen, tiefen, mildlehmigen Verwitterungsböden, die Schwarzkiefer ſtellt ſogar zum Aufbau ihrer vollkommneren Formen und Beſtände beſondere Anforderungen an den Kalkgehalt, und doch gibt es kaum einen Standort, auf dem ſie beide im jugendlichen Alter nicht eine Zeit lang verhältnismäßig gut fortkommen. Ihr tiefſtrebender Wurzel— apparat weiß ſich ſelbſt in die Fugen des Steingerölles, in die Felsſpalten des Untergrundgeſteines hineinzuarbeiten und ſichert ihnen auch in den flachgründigſten Lagen eine ſchier unglaubliche Widerſtandsfähigkeit gegen 18 * 276 Die künſtliche Beſtandesgründung. den ſchlimmſten Feind junger Kulturanlagen: gegen die Dürre. Die jugendliche Entwickelungsenergie der Eiche, ihre immerhin ſchätzenswerte Blattmenge, die kräftige und ausgiebige Benadelung der Schwarzkiefer und ihr reichlicher Nadelabfall gewähren dem Boden ſehr bald Schutz und geben ihm eine zuträgliche Rauh- und Humusdecke. Damit iſt die Rückgewinnung des Bodens für den großen ertragsgerechten Kulturbetrieb in der Regel eingeleitet und geſichert. Nutzholzerträge darf man aller— dings nicht erwarten, denn ihr Anbau iſt in dieſem Fall immer nur Mittel zum Zweck, nie Endzweck ſelbſt. Sie haben ihre wichtigen Auf— gaben erfüllt, wenn ſich der Boden unter ihrem Schutze geſammelt und ſo weit gekräftigt hat, daß die ſtandortsberechtigte Ertragsholzart mit Ausſicht auf Erfolg angebaut werden kann. Immerhin werden ſie in den meiſten Fällen das Meliorationskapital leidlich verzinſen, um ſo eher, da in dieſem Spezialfall auch jede aufwandloſere Kulturmethode ſtatt— haft erſcheint. Auch Birke, Weißkiefer, Weißerle kommen rückſichtlich ihrer ſtand— örtlichen Genügſamkeit für die Vorkultur wohl in Betracht, doch ſtehen ſie in ihren bodenverbeſſernden Eigenſchaften und in ihrer Verträglichkeit gegen etwa bald nachgebaute beſtandesbildende Holzarten den erſtgenannten bei weitem nach. Die Eiche, zur Pflanzung überhaupt weniger geeignet, wird in der Regel mittels der ſogenannten Steckſaat vorgebaut. Sie entwickelt ſchon als Keimling eine mächtige Pfahlwurzel, die ihr ſelbſt auf dem trockenſten Standorte eine ſtändige Verbindung mit der reicheren Feuchtigkeit der Untergrundſchichte ſichert, und wenn auch in ſehr flachgründigen Böden oder im ſtagnierenden Grundwaſſer die Tiefwurzel bald verkümmert, ſo iſt der Wurzelapparat doch funktionsfähig genug, um der oberirdiſchen Achſe durch einige Jahrzehnte, ſelbſt auf den dürftigſten Standorten, das Daſein zu ſichern, vollkommen ausreichend, um die Erfolge der ſpäteren Aufforſtungstätigkeit zu ermöglichen. Man ſäet die Eicheln in Reihen 0,80. 1,00 1,00 * 1,20 formen den Boden recht bald ſchütze und decke, namentlich auch den Zu: tritt laubverwehender Winde abſperre. Etwa nach 10—12 Jahren ſetzt man das Eichenbuſchholz auf den Stock. Sein großes Ausſchlagvermö— gen ſichert ſelbſt auf ärmlichen Standorten eine erhöhte Zweig- und Blätterproduktion, ſo daß nach weiteren zehn Jahren die Nährkraft und die phyſikaliſche Beſchaffenheit des Bodens ſo weit gehoben iſt, daß der Anbau der dem Standort entſprechenden Ertragsholzart erfolgreich durch— mäßig dicht, etwa m, damit ſie mit ihren buſchigen Wuchs— Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung.“ 277 geführt werden kann. Die Erträge der Eiche find ſehr gering, decken oft kaum die Koſten der bodenmeliorierenden Vorkultur. Sie über: zieht ſich mit Flechten, wird in ihrer Triebtätigkeit und Blatt— erzeugung ſehr dürftig und zeigt dadurch den Zeitpunkt der definitiven Aufforſtung an, damit die durch ſie herbeigeführte Bodenbereicherung ausgenutzt werde. Die Fichte, eventuell mit Kiefer und Lärche gemiſcht, iſt gewöhnlich die dankbarſte Erbin der von der Eiche vorbereiteten Kulturfläche. Sie werden entweder nach Kahlhieb oder auch in die nur kräftig gelichteten Schläge eingepflanzt, um ihnen noch einige Jahre die Wohltaten eines lichten Schirmſtandes zu ſichern. Vielleicht noch günſtigere Eigenſchaften werden unter ſchwierigen Standortsverhältniſſen mit Recht der Schwarzkiefer als bodenverbeſſernder Vorläuferin der definitiven Beſtandesgründung nachgerühmt. Sie ver— zeichnet zwar als Ertragsholzart auf kalkarmem Boden kaum nennens— werte Leiſtungen, glänzt aber geradezu auf dürrem Boden durch ihre Zählebigkeit und iſt ſelbſt unter ärmlichſten Wuchsverhältniſſen flott ge— nug in ihrer Entwickelung, daß ſie in ihrem reichen Nadelabfall das Material zur Bildung einer kulturfreundlichen Humusdecke häuft, welche die endgiltige Aufforſtung ſchon nach 10—15 Jahren möglich macht. Die Schwarzkiefer wird vorwiegend durch Pflanzung gezogen. Verfaſſer hat auf flachgründigen, erdarmen Schieferböden, die durch eine über mäßig konſervative Tiergartenwirtſchaft beziehungsweiſe durch einen extrem gehand— habten landwirtſchaftlichen Raubbau bis zur abſoluten Kulturunfähigkeit herabgekommen waren, Böden und Lagen, in denen keine Holzart, keine Saat, keine Pflanzung fangen wollte, durch die Vorkultur der Eiche und Schwarzkiefer nicht allein beſtockt, ſondern auch durch ſpäterfolgende definitive Aufforſtungen mit Fichte der produktionsleiſtungs⸗ fähigen Waldbodenfläche dauernd zurückgewonnen. Vorausſetzung für den Erfolg der Vorkultur iſt ſelbſtverſtändlich die klimatiſche Eignung des Standortes, der nicht oberhalb der Grenze des vertikalen Verbreitungsgebietes der beiden behandelten Holzarten liegen darf. $ 103. Der Mitanbau von Schutz⸗, Treib⸗ und Füllholz. Wie der Boden, ſo verlangt auch die junge Beſtandesanlage ſelbſt die Beigabe eines bemutternden Schutz- oder anregenden Treib- und Füllholzes. Sein Anbau kommt in Frage: 1. wenn die beſtandesbildende Holzart in den erſten Jugendjahren ſich beſonders langſam entwickelt oder nach ihren typiſchen Wuchseigen— tümlichkeiten Neigung zu ſperrig⸗breiter Aſtbildung zeigt; 278 Die künſtliche Beſtandesgründung. 2. wenn ſie zart, empfindlich und ſchutzbedürftig gegen die Unbilden atmoſphäriſcher Einwirkung (Froſt, Dürre uſw.) iſt oder gegen ſtärkere Unkrautwucherung aus eigener Kraft ſich ſchwer behaupten kann; 3. wenn die Hauptholzart aus Erſparungsrückſichten in weiten Ver: bänden eigentlich nur zur Begründung einer vollwertigen Haubarkeits— beſtockung eingepflanzt und zur Ergänzung des Zdwiſchenbeſtandes zu anderen minder aufwandvoll erzogenen Holzarten (als Füllholz) ge— griffen wird. An das Schutz- und Treibholz werden rückſichtlich ſeines Verhaltens zur beſtandbildenden Hauptholzart beſondere Anforderungen geſtellt, die je nach dem Verhalten der konkurrierenden Holzarten unter ſich und zum Standort nicht immer leicht zu beurteilen ſind, die jedoch unter allen Umſtänden in zwei Vorausſetzungen, in der Schnellwüchſigkeit und Lichtkronigkeit gipfeln. — Je ſchattenempfindlicher die beſtandbildende Holzart, um ſo lichtkroniger muß das Schutzholz und je ſchutzbedürftiger die erſtere, um ſo ſchnellwüchſiger muß das letztere gewählt werden, damit es unter den gegebenen Standortsverhältniſſen der Entwickelung des Hauptbeſtandes voranſchreite. Für die engere Wahl geben dann wohl die bodenverbeſſernden Eigenſchaften, die ja ſelbſt für die beiten Stand— orte gern ausgenutzt werden, den Ausſchlag. Die Kiefer, Lärche, Birke ſind, was lockeren Kronenbau und flotte Jugendentwickelung anlangt, wohl die würdigſten Vertreter der Schutzholzarten, um ſo mehr, da ſie, wenigſtens in der Jugend, als ſehr anſpruchsloſe und bodenvage Holzarten, ſelbſt auf den ärmſten Böden Überraſchendes leiſten. Außerdem kann aber jede andere Holzart, ſelbſt die dichtkronige Buche oder Fichte den Liebesdienſt des ſchützenden und treibenden Zwiſchenbeſtandes übernehmen, inſofern Haupt- und Nebenbeſtand in ihrer jugendlichen Entwickelung einigermaßen verträglich nebeneinander ſchreiten. Das Schutz- und Treibholz wird mittels Saat oder Pflanzung in regelmäßiger Anordnung gleichzeitig mit dem Hauptbeſtande, nach Bedürf— nis auch nur ein oder mehrere Jahre voraus, angebaut, ſo daß es der nachgebauten beſtandbildenden Holzart mit einem Altersvorſprung und wirkſamerer Schutzleiſtung gegenübertreten kann. Ganz im allgemeinen ſoll für Schutzholzanbau nach Grad und Art der Leitſatz berückſichtigt werden, daß alle Holzarten auf guten Standorten, unter günſtigen Wachs— tumsbedingungen überhaupt die Beſchirmung durch einen Schutzſtand leichter ertragen und entbehren als auf minderen Standorten. Übrigens ſollen die beſonders auf empfänglichem Schlagboden oft Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 279 freiwillig ſich anſiedelnden minderwertigen Holzarten, zunächſt ohne Unter— ſchied ihrer Zuchtwürdigkeit, für die Zwecke des Beſtandes- und Boden— ſchutzholzes mit verwendet werden, ſelbſt Sträucher und gewiſſe hoch— ſtaudige Unkrautwüchſe: Himbeere, Brombeere, Beſenpfrieme uſw. ſollen aus dieſem Geſichtspunkte willkommen geheißen und ausgenutzt werden. Eine duldende Haltung des Betriebes gegen ſie iſt im Intereſſe der Bodenpflege geradezu geboten und vom Standpunkte der Kulturpflege durchaus zuläſſig, wenn der ſchützende Zwiſchenſtand ſorgfältig überwacht wird, damit er die Wirtſchaftsziele, in dieſem Falle alſo die Entwickelung der Hauptholzart, nicht beeinträchtige. Die Behandlung des Schutzholzes iſt nach Erfüllung ſeiner Aufgaben eine überaus rückſichtsloſe, inſofern nicht etwa einige würdige Repräſentanten desſelben zu dauernder Beſtandesmiſchung erhalten bleiben ſollen. Die— jenigen Achſenteile des vorwüchſigen Schutzholzes, welche die beſtandbildende Holzart mit verdämmender oder peitſchender Wirkung zu ſchädigen drohen, ſeien es Aſte oder ganze Gipfel, werden zugunſten des bedrängten Be— ſtandesgliedes entfernt, ohne deshalb das Individuum ſelbſt gleich aus— zuhauen, welches nach anderer Seite hin ſeine ſchützenden Aufgaben noch erfüllt, ſpeziell mit ſeiner tieferen Beaſtung den Boden deckt und ver— beſſert. Erſt wenn das Schutz- und Treibholz vollkommen entbehrlich, wenn der eintretende Beſtandesſchluß ſeiner ergänzenden Beihilfe nicht mehr bedarf, wird zum definitiven Aushiebe geſchritten. Die moderne Schablone geht allerdings den koſtenlos angeſiedelten Parias der Wirtſchaft oft in einem geradezu feindſeligen Vernichtungs— kampfe und mit vollkommen ungerechtfertigtem Aufwande zu einer Zeit zu Leibe, wo dieſelben noch zu ausgezeichneten Dienſtleiſtungen als Boden- und Beſtandesſchutzholz berufen geweſen wären. Sie ſcheidet, einem unbedacht aufgeſtellten Grundſatz der modernen Schlagpflege zuliebe, alles ſchützende Strauchwerk, die Anflüge der Birke, der Aſpe, der Sahlweide, überhaupt alles aus, was über die Ziele der Beſtandesgründung hinaus ſich natür— lich angeſiedelt hatte, ohne zu bedenken, daß ſie einen immerhin be— achtenswerten Koſtenaufwand verurſacht, mit dem der Beſtandeszukunft eher geſchadet als genützt wird. Die eigentliche Schlagpflege ſoll ſich begnügen, da hilfreich einzugreifen, wo die minderwertigen Vor— wüchſe die Entwickelung der beſtandbildenden Holzart tatſächlich ſchon zurückhalten und auch dabei immer bedenken, daß, ſolange dieſe das Köpf— chen noch frei hat, ihr keine ernſte Gefahr droht. Im Gegenteil, das umgebende Buſchholz, und ſei es noch ſo unwertig, der Kategorie der holzigen Unkrautwüchſe angehörend, erfüllt gerade dann ſo recht die Auf— 280 Die künſtliche Beſtandesgründung. gaben des Schutz-, Treib- und Füllholzes, wenn es den Fuß der be— ſtandesbildenden Holzart deckt, ohne deſſen Gipfel zu beläſtigen. § 104. Das Zutragen der Pflanzerde. Wenn Wert auf die ſorgfältige Einbettung der Pflanzenwurzeln ge— legt werden muß, ſo hat der Kulturbetrieb offenbar auch ſein Augen— merk darauf zu richten, daß die nötige Kulturerde überall zur Verfügung ſtehe. Nicht immer kann, ſelbſt bei vorſichtiger Arbeit, die nötige Pflanz— erde in ausreichendem Maße bei der Errichtung des Pflanzloches ge— wonnen werden und in ſolchen Fällen gehört das Zutragen von Pflanzerde zu den verbreitetſten und beliebteſten Hilfsmitteln der Be— ſtandespflanzung. Mancherlei Abänderungen der Bodenbeſchaffenheit geben oft den direkten Anlaß zu dieſem immerhin aufwandvollen Tun: 1. wenn die Erde in flachgründigem oder übermäßig ſteinigem Boden überhaupt nicht in ausreichender Menge vorhanden iſt; 2. wenn ein großer Teil der Dammerdeſchichte, von der etwa vor— handenen Raſennarbe durchwurzelt, für die Zwecke der Pflanzung nicht freigemacht werden kann. Sie bleibt in dichtem Gewürzel der Raſenplagge haften und kann, mit dieſem durchwuchert, zum Pflanzakt nicht ver— wendet werden; 3. wenn die ausgehobene Erde in ſtark durchwurzeltem Boden (3. B. in Buchenſchlägen) nicht haushälteriſch ausgebracht werden kann, bei der unſicheren Handhabung der Hacke verſpritzt wird; 4. wenn die aus dem Pflanzloch gehobene Erde, wie es z. B. in kleineren Naßgallen oder bei überſchüſſiger Frühjahrsnäſſe oft der Fall, momentan ſchmierig, durchnäßt und für eine normale Ausführung des Pflanzaktes nicht geeignet iſt. Möge nie überſehen werden, daß die Beiſtellung von Pflanzerde gleichbedeutend iſt mit einer beträchtlichen Steigerung der Kulturkoſten. Sie womöglich zu meiden, iſt die Hauptaufgabe eines rationellen Pflanz— kulturbetriebes. Wo aber die oben angeführten Umſtände unausweich— liche Zwangslagen ſchaffen, da möge man vor dem höheren Aufwande um ſo weniger zurückſchrecken, als die Erfolge dieſer richtig angewendeten Hilfsmaßregel meiſtens durchſchlagende, ja geradezu glänzende ſind. Es ſei hier nur erinnert an das herrliche, geſundheitſtrotzende Ausſehen der auf ſterilen Geröllagern eingeſetzten Fichtenpflanzen, für welche das Pflanz— loch einfach durch Ausheben der lockeren Rollſteine mit der Hand und durch Füllung mit der zum Einfüttern notwendigen Pflanzerde hergerichtet wurde. In derartigen Lagen bietet dieſes Zutragen der Pflanzerde in der Regel das einzig bewährte Mittel zu ertragsgerechter Beſtockung. er 1 Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 281 Eine kunſtgerechte Erzeugung dieſer Pflanzerde iſt nicht notwendig, der Koſten halber ſogar zu widerraten. Man erzeugt dieſelbe in nächſter Nähe der Kulturſtelle, wo überhaupt geeigneter Boden vorhanden iſt, und beobachtet dabei dieſelben Grundſätze, die ſchon bei der Anfertigung des Pflanzloches behandelt wurden, d. i. Entfernung aller vegetabiliſchen Bodendecke und ſorgliche Meidung einer Vermengung derſelben mit der Pflanzerde. Die Gewinnung beſchränkt ſich tunlichſt nur auf die obere Nährſchicht, ſoll auch nicht auf die ſterile Tiefſchicht ausgedehnt werden. Das Zutragen der Erde erfolgt in Körben, Tragtüchern oder ſonſt orts— üblichen Behelfen; wo Terrain und Boden nicht dagegen ſprechen, tut auch der Schiebkarren gute Dienſte. Da die Herſtellung der Pflanzlöcher unter derartig erſchwerten Verhältniſſen mehr Zeit in Anſpruch nimmt, ſo iſt die Kulturfläche vor Einlegung der Arbeiten darauf zu unterſuchen, ob und inwieweit etwa das Zutragen von Pflanzerde notwendig werden wird und rechtzeitig Vorſorge zu treffen, daß die Pflanzlöcher mit Erde bereits angeſchüttet ſind, wenn die Pflanzer hinzutreten. Und dann laſſe man mit der Erde nicht ſparen, wenn einmal die Notwendigkeit dieſes Aufwandes erkannt worden iſt; denn halbe Maßregel iſt auch hier immer die ſchlechteſte und teuerſte. $ 105. Der Waldfeldbau im Dienſte des Pflanzkulturbetriebes. Außerlich verwahrloſte trockene Böden, Standorte, die nach Lage und klimatiſcher Eigenart von Dürre erfahrungsmäßig ſtark zu leiden haben, ſind häufig ohne beſondere Hilfsmaßregeln nicht in Beſtand zu bringen. Sie zeitigen eigentlich nur dann befriedigende Arbeitserfolge, wenn ein ungewöhnlicher Reichtum an gut verteilten Niederſchlägen zu— fällig durch einige Jahre die Wachstumsbedingungen für die junge Be— ſtandesanlage beſonders günſtig ausgeſtaltet und ſchützen den Boden da— mit auch vor dem ungerechtfertigten Vorwurf, daß ihm nach ſeiner geo— gnoſtiſchen Abſtammung und ſeiner Nährverfaſſung etwa die elemen— taren Kräfte zur Holzproduktion fehlen. Derartige Standorte heiſchen bodenmeliorierende Operationen von durchgreifender Wirkung und nach Art jener Maßnahmen, durch welche der Landwirt alljährlich die chemi— ſchen und phyſikaliſchen Eigenſchaften ſeines Kulturbodens hebt: ſie heiſchen aufſchließende Lockerung. Die Ertragswirtſchaft iſt nicht in der Lage, den ohnehin aufs höchſte angeſpannten Produktionsaufwand durch teuere Meliorations— arbeiten noch zu ſteigern. Der Boden ſelbſt muß die Koſten bezahlen, ehe zu ſeiner definitiven Aufforſtung geſchritten wird. Eine vorüber— 282 Die künſtliche Beſtandesgründung. gehende landwirtſchaftliche Benutzung des Waldbodens bietet da— zu die beſte Gelegenheit, indem ſie nicht über zwei Jahre hinaus die zum Kulturbetriebe einbezogenen Flächen zur Erzeugung von Feldfrüchten heranzieht. Dieſer, der Aufforſtung vorgelegte Zwiſchenakt iſt aber in keinem Falle Wirtſchaftsziel, ſondern er iſt lediglich das bewährte Mittel zum Zwecke. Er ſoll die aufgewendeten Bearbeitungskoſten zurückzahlen, und den Boden in eine Verfaſſung bringen, welche das Gedeihen der nachfolgenden Kulturen ſichert und ſie über die ſtandörtlichen Unbilden der erſten Jugendjahre hinausbringt, ohne die Bodenkraft in ertrags— gefährdender Weiſe zu beeinträchtigen. Die überaus günſtigen Er— folge dieſer Bodenmelioration liefern vollgiltige Beweiſe dafür, welche hervorragenden Einflüſſe die Gunſt der phyſikaliſchen Eigenſchaften auf die Produktionsleiſtung des Waldbodens nimmt. Die Bodenbearbeitung. Der Bodenbearbeitung gebührt vom waldbaulichen Standpunkt jedenfalls eine hervorragende Aufmerkſamkeit. Sie ſoll aufſchließen, die latenten Nährkräfte anregen und dieſelben den Maßnahmen der Be— ſtandesgründung noch in ausreichendem Grade zugute bringen, ohne die Rückerſtattung des Bearbeitungsaufwandes durch die Erträge der Felde— rung zu verzögern. Die Praxis unterſcheidet zwei Formen der Bodenlockerung: 1. Die Bodenvorbereitung durch Kurzhacken iſt zweifellos die verbreitetere, einfachere und billigere Form der Lockerung zum Zwecke des Fruchtbaus und hat folgendes ſehr einfache Arbeitsrezept: Der Waldboden wird, nachdem er von ſeinem etwa vorhandenen hochſtaudigen Unkrautwuchſe befreit iſt, ohne jede Rückſicht auf ſeine ſonſtige Be— ſchaffenheit kurzſchollig mittels einer den jeweiligen Bodenverhältniſſen angepaßten Hacke bis zu einer Tiefe von 10—15 em, wie ſie der ein— malige kräftige Hackenſchlag bewirkt, umgehackt. Bei geeigneter Terrain— und Bodenbeſchaffenheit iſt die Anwendung von Pflug und Egge ſelbſt— verſtändlich nicht ausgeſchloſſen, doch beſchränkt ſich dieſelbe in der Mehrzahl der Fälle auf die Wiederholung der Bodenbearbeitung für den etwa folgenden zweit- und drittjährigen Fruchtbau, weil der Wald— boden nach der erſtmaligen Lockerung den leiſtungsfähigeren landwirt— ſchaftlichen Geräten in der Regel erſt zugänglich wird. Der geeignete Zeitpunkt für die Bodenbearbeitung iſt der Herbſt. Doch iſt, wenn Frühjahrsanbau beabſichtigt wird, das Kurzhacken auch bis unmittelbar vor dem Anbau zu verſchieben. Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 283 2. Die Bodenbearbeitung in Verbindung mit Hainen oder kurzweg die „Hainkultur“. Sie iſt offenbar der Haubergswirt— ſchaft (des „Siegerlandes“) entlehnt und geht ungleich ſorgfältiger ans Werk als die Methode des Kurzhackens. Ihr charakteriſtiſcher Unter— ſchied begründet ſich in der äußerlichen und innerlichen Reinigung des Bodens von vegetabiliſchen Stoffen und deren ſorgfältiger Einäſche— rung vor Ausführung der eigentlichen Bodenlockerung. Je nach Grad und Art des vegetabiliſchen Bodenüberzuges werden locker auflagernde Beſtandteile wie Rohhumus, Streu, Holzabfälle, ſchwächere Mooswucherung (hypnum, polytrichum) mittels eiſerner Rechen zu kleinen Haufen zuſammen— gebracht und in einigermaßen abgetrocknetem Zuſtande verbrannt, während haftender Bodenüberzug wie Gras, Sphagnum- und durchwurzelte Roh— humusſchicht, Heide- und Beerwuchs und ſonſtige dichte Unkräuter mittels Platthacken tunlichſt in Plaggenform abgeſchält und, ſoweit ihre Kon— ſiſtenz es geſtattet, rollen- oder umgekehrt tütenförmig (Erdſeite nach außen) zum Abtrocknen aufgeſtellt werden. Bei geeigneter (ruhiger, trockener) Witterung wird der ganze Abraum in Haufen bis zu 0,75 m Höhe, allenfalls mit etwas feuerleitenden Brennſtoffen vermengt, ange— zündet. Je nachdem Wind und Wetter günſtig und die Plaggen reich an Brennſtoff ſind, ſchmoden die Haufen mehr oder minder ſchnell in 12 bis 36 Stunden durch, ſo daß alle organiſchen Beimengungen zu Aſche verbrannt, die anhaftenden mineraliſchen Erdmaſſen mit wohltätig aufſchließender Wirkung durchglüht ſind. Als geeignetſte Zeit für die Hainkultur iſt jedenfalls der Hochſommer anzuſehen, doch wechſelt die— ſelbe mit ſtandörtlichen, haushälteriſchen und wirtſchaftlichen Rückſichten ziemlich bedeutend. Ein „Zufrüh“ iſt unzweckmäßig, weil ſonſt bis zum herbſtlichen Fruchtanbau neuerlich Verunkrautung eintritt, ein „Zuſpät“ aber iſt bedenklich, da der Samenreife des Unkrautwuchſes tunlichſt vor— begeugt werden muß. Gegen Herbſt hin werden bei ruhigem Wetter die aſchengemiſchten Erdhaufen ausgeſtreut und erſt hiernach erfolgt die Lockerung des Bodens mit gleichzeitiger Unterbringung der Aſche mittels der den örtlichen Verhältniſſen entſprechenden Geräte. Wird die Beſtellung bis ins Frühjahr verſchoben, ſo iſt dementſprechend auch die Boden— bearbeitung zu verlegen. Beide Methoden der Bodenbearbeitung bedienen ſich oft auch der wohltätigen Wirkung des Feuers in der vorbereitenden Form des ſoge— nannten Überlandbrennens. Man verſteht darunter die Anlage eines „Lauffeuers“, dem die Aufgabe erwächſt, die trockenen, abge— ſtorbenen, ſtockenden oder mittels Hacke, Senſe, Sichel uſw. ſchon los— 234 Die künſtliche Beſtandesgründung. getrennten Unkrautmaſſen von krautiger, halmiger oder holziger Be— ſchaffenheit vor Inangriffnahme der eigentlichen Bodenlockerung einzu— äſchern. Es läßt ſich nicht in Abrede ſtellen, daß die Anwendung bodenlockernder Geräte oft erſt nach Vernichtung und Entfernung hoch— ſtaudig⸗dichter Unkrautwüchſe ermöglicht wird, und in dieſem Falle iſt das Überlandbrennen ſeiner nächſtliegenden Aufgabe vollkommen ge— wachſen. Als Erſatz dagegen für die früher beſprochene regelrechte „Hainkultur“ iſt ſie in den ſeltenſten Fällen von gutem Erfolge begleitet und bleibt immer nur eine halbe Maßregel, die in ihrem bodenver— beſſernden Effekte gegen das „Schmoden“ ſehr zurückſteht. Sie be— wirkt immer nur eine ganz oberflächliche Bodenreinigung, äſchert nur die lockere, leicht brennbare Bodenrauhdecke ein und kann die chemiſchen und phyſikaliſchen Eigenſchaften der Nährſchicht nicht ſo günſtig beeinfluſſen, daß — wie es beim Hainen tatſächlich der Fall — dem Gedeihen des land⸗ und forſtwirtſchaftlichen Anbaues durch eine längere Reihe von Jahren Vorſchub geleiſtet wird. In kritiſcher Würdigung beider Verfahren verdient hervorgehoben zu werden, daß ſie durch die der landwirtſchaftlichen Beſtellung vor— angehende Lockerung eine Verbeſſerung der phyſikaliſchen Bodeneigen— ſchaften herbeiführen, deren Bedeutung für die Beſtandesgründung, nament— lich für die Überwindung der erſtjährigen Fährlichkeiten nicht hoch ge— nug veranſchlagt werden kann. Überdies wird das Erdreich den atmo— ſphäriſchen Einflüſſen zugänglich gemacht und unter dieſer wohltuen— den Einwirkung die Zerſetzungstätigkeit des Bodens angeregt und ge— fördert. Während nun das einfache „Kurzhacken“ ſich damit be— gnügt, die vegetabiliſche Bodendecke durch Hackenſchlag oder Pflug zu zerſtückeln, mit der Nährkrume zu vermiſchen und die Löſung ihres Nähr— ſtoffgehaltes der Wirkung der natürlichen Zerſetzungsfaktoren überläßt, unterzieht die Hainkultur den loſe lagernden, haftenden, lebenden oder toten Überzug des Bodens einer beſonderen Behandlung, indem ſie vor der Lockerung alle organiſchen Beimengungen verbrennt. Der kurzge— hackte Waldboden tritt alſo gleichſam mit einem gebundenen, der ge— hainte dagegen mit einem umgeformten, bereits aufgeſchloſſenen Pflanzen— nährſtoffkapital in Wirkung. In allen Ortlichkeiten, in denen die Gunſt der ſtandörlichen Verhältniſſe eine einigermaßen flotte und ungeſtörte Zerſetzung der pflanzlichen Bodenbeimengung gewährleiſtet, wird ſonach die einfache Bodenmelioration durch Kurzhacken ſowohl für den Ernte— erfolg des Waldfeldes wie für Ausführung und das Gedeihen der nachfolgen— den Waldkultur von trefflichem Erfolge ſein. Ja, es ſcheint ſogar der TERN Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 285 allmähliche, über mehrere Jahre fich erſtreckende Verweſungsprozeß einen entſchiedenen Vorzug des Kurzhackens zu begründen, inſofern der haus— hälteriſch-nachhaltige Zuſchuß an Nährſalzen und an Kohlenſäure, als wichtigem Agens der Geſteinsverwitterung, den geſamten in der vege— tabiliſchen Beimengung aufgeſpeicherten Nährwert auf die Unternehmungen des Feld- und des Waldbaus verteilt und den letzteren bei gleicher Dauer der Felderung eine höhere Bodennährkraft aufſpart, als das mit— unter bei der Hainkultur mit ihrer plötzlich aufſchließenden Wirkung der Fall iſt. Verſuche und praktiſche Erfahrung haben aber erwieſen, daß bei trockener Witterung oder in dürren Böden die Zerſetzung ungemein langſam vonſtatten geht, oft lange Unterbrechungen erfährt und daß die unverweſten Pflanzenreſte weder eine die Arbeit lohnende Ernte vom Waldfelde noch das Gedeihen der ſpäteren Forſtkulturen entſprechend ſichern können. Sehr häufig ſogar ſchließen namentlich unzerſetzte Moos- und Raſenfetzen eine hochgradige Gefahr für die junge Kultur in ſich, inſofern ſie bei Dürre die ſo wichtigen Tau- und Unter— grundsniederſchläge begierig an ſich ziehen und ſie der darbenden Kultur— pflanze rauben. Mit dieſem leidigen Übelſtande, deſſen Eintreten und Ausbleiben ſich jeder vorherigen Beurteilung entzieht, hat die Hainkultur nie zu rechnen. Sie macht die günſtige Wirkung der Lockerung auf das Gedeihen der Feldfrucht wie der Kultur unabhängig von unberechen— baren Zufälligkeiten; ſie ſichert die reichere landwirtſchaftliche Ernte in Übereinſtimmung mit den nächſtliegenden Zielen der Bodenmelioration, ohne die Nährkraft des Bodens in einem den waldbaulichen Rückſichten abträglichen Maße zu verringern. Nach dieſen Erörterungen und im Hinblick auf die im großen Kulturbetriebe täglich vor Augen tretenden günſtigeren Kulturerfolge des Hainfeldes muß namentlich für geringere Bodengüteklaſſen der Hainkultur der Vorzug eingeräumt werden. Nur auf zerſetzungstätigem, beſſerem Boden leiſtet auch das Kurzhacken be— friedigende Dienſte. Die landwirtſchaftliche Beſtellung. Von ſtreng waldbaulichem Standpunkte beurteilt, ſollte der Boden— melioration die Aufforſtung auf dem Fuße folgen. Finanzielle Rück— ſichten erheiſchen aber die Koſtenrückerſtattung durch landwirtſchaftliche Benutzung. Beiden Forderungen kann nur dann genügt werden, wenn der Waldfeldbau unter keiner Bedingung über den Rückerſatz der Koſten hinausgreift. Es kann ſich dabei nur um genügſamere Feldfrüchte: Winterkorn, Sommerkorn, Hafer, Buchweizen, Kartoffeln uſw. handeln. Anbau und 286 Die künſtliche Beſtandesgründung. Ernte erfolgen ganz und gar aus landwirtſchaftlichen Geſichtspunkten, denn der Boden iſt durch die vorausgegangenen Meliorationsarbeiten zur Aufnahme des Saatgutes vorbereitet. Der Herbſtanbau iſt auf Winter— korn beſchränkt; die Frühjahrsbeſtellung kann mit reicherer Auswahl rechnen. Buchweizen Polygonum fagopyrum L. kann ſogar noch im Vor— ſommer mit guten Ernteausſichten angebaut werden, da er nur ſehr kurze (3 monatliche) Vegetationsperiode hat, eine Eigenſchaft, die nament⸗ lich auch in rauheren Berglagen oder in ſolchen Fällen für ſeinen Anbau ſpricht, wo man den Waldboden dem Holzanbau tunlichſt ſchnell wieder zuführen will. Zu den Beſtellungsarbeiten ſebſt wählt man die der jeweiligen Bodenbeſchaffenheit entſprechenden leiſtungsfähigſten Geräte: Egge und Hacke. Häufig wird aber auch aus Erſparungsrückſichten die Fruchtſaat vor der Lockerung, nach eventuell erfolgter Ausſtreuung der Aſche ausgeführt, dann können nur Pflug und Hacke zur Unterbringung des eben aufgeſtreuten Saatgutes mit gleichzeitiger Lockerung in Frage kommen. Bezüglich der Fruchtfolge im mehrjährigen Waldfeldbau laſſen ſich allgemein giltige Regeln nicht geben. Wo der Holzanbau gleichzeitig mit der Feldſaat geübt wird, ſind Halmfrüchte Regel; bei zeitlicher Trennung der land- und forſtwirtſchaftlichen Kultur hat ſich dagegen nach Verfaſſers umfangreichen Erfahrungen die Kartoffel im zweiten (letzten) Jahre am meiſten bewährt, nicht allein weil der Fruchtwechſel das Boden nährſtoffkapital vor einſeitigem Angriff ſchützt, ſondern auch deshalb, weil Anbau, Pflege und Ernte der Kartoffel eine jedesmalige intenſive Boden— bewegung mit ſich bringen. Dieſe wirkt neuerdings lockernd, aufſchließend, reinigend und überliefern den Waldboden in der denkbar günſtigſten Ver— faſſung an den Kulturbetrieb. Die Arbeiten der Aufforſtung. Die Kulturmethode ſoll vor allem ſo gewählt ſein, daß die Vor— teile der Bodenmelioration der Beſtandesgründung möglichſt vollſtändig und vor allen Dingen mit möglichſter Sicherheit zugute gebracht werden. Die Saat kann nicht in Frage kommen, hat ſich auch nicht bewährt. Die Pflanzung aber hat ſich an jene Methode zu halten, die an und für ſich die flotte Jugendentwickelung ſichert, denn die günſtige Wirkung der Bodenverbeſſerung läßt ihrem Grade nach von Jahr zu Jahr nach und iſt ihrer Dauer nach in einigen Jahren ganz geſchwunden.!) Die Normal- ) Die Nachhaltigkeit der Wirkung der Felderung auf die Entwicklung der Kulturen und auf das Gedeihen der jungen Beſtände anlangend, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß dieſelbe in eben dem Maße wieder abnimmt, als der Boden Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 287 pflanzung mit geſunden Pflänzlingen wird alſo der Beſtandeszukunft die Vorteile der Bodenmelioration am vollkommenſten zugute bringen. Herbſtkultur iſt meiſt zu widerraten, weil der lockere, offene Boden, wenn ſonſt zum Auffrieren geneigt, ſchlimmen Barfroſtwirkungen ausgeſetzt iſt. Hingegen können mit Rückſicht auf die günſtige Bodenbeſchaffenheit des Waldfeldes jüngere, auch unverſchulte Pflanzen zur Verwendung kommen. In ihren zeitlichen Beziehungen zu einander laſſen ſich drei verſchiedene Aus— führungs⸗Varianten des land-und forſtwirtſchaftlichen Anbaues unterſcheiden: 1. Die Pflanzung erfolgt gleichzeitg mit dem landwirtſchaftlichen Anbau. In dieſem Falle wird die Pflanzung unmittelbar nach der Feld— ſaat ausgeführt. Die letztere wird eventuell im nächſten Jahre zwiſchen den Pflanzreihen wiederholt. Die Schattenſeiten dieſes Verfahrens be— ſtehen darin: a) daß die zweitjährige Bodenbearbeitung keine zuſammenhängende, auch nicht mehr ſo wirkſam eingreifende ſein kann, da ſie auf die bereits vorhandene Beſtockung Rückſicht zu nehmen hat; b) daß ferner die in der Feldſaat ſtockende Kultur mehr oder weniger der Überwachung entzogen, der Pflege unzugänglich iſt; daß 3. B. der Rüſſelkäferfraß im Innern einer mit Korn beſtockten Kultur— fläche oft gar nicht bemerkt oder nur mit Schwierigkeiten und Opfern bekämpft werden kann; c) daß endlich auch in trockenen Sommern die tiefwurzelnde Halmfrucht der Kultur die Feuchtigkeit entzieht und ſich auf Koſten der letzteren erhält. ſeiner äußeren und inneren Beſchaffenheit nach dem natürlichen Zuſtande wiederum ſich nähert. Aber wenn auch der Wiedereintritt der natürlichen Außenbeſchaffenheit ziemlich beſtimmt und ſicher ſich ausprägt; wenn weiter auch die Rückkehr des ur⸗ ſprünglichen Bodenfeſtigkeitszuſtandes einigermaßen zuverläſſig beſtätigt werden kann, jo iſt damit die Summe der bodenmeliorierenden Wirkungen des Waldfeldbaues doch keineswegs erſchöpft. Es iſt durchaus nicht erwieſen, daß deſſen günſtige Einfluß⸗ nahme auf die Entwicklung der Waldpflanzen mit der Wiederherſtellung der Roh- bodenbeſchaffenheit definitiv abgeſchloſſen ſei, um ſo weniger, weil die Bodennährſchicht insbeſondere durch den Hainprozeß manche andere phyſikaliſche Eigenſchaften erworben, auch chemiſche Veränderungen durchgemacht hat, über deren Wirkung nach Grad und Art und namentlich nach Tragweite eben nur das Verhalten und die Wuchsleiſtung der jungen Beſtandesanlage endgültigen Aufſchluß geben kann, die aber jedenfalls den ſpezifiſchen Einfluß der Bodenlockerung überdauern. Borggreve erklärt es rundweg für Aberglauben, wenn man ſpeziell durch die Lockerung des Bodens irgend— welchen Einfluß auf das ſpätere Gedeihen des Beſtandes ausüben zu können vermeine und glaubt, daß dadurch nur die jungen Pflanzen leichter über die Gefahren der erſten Lebensjahre hinweggebracht werden. Ja! iſt denn das nicht auch eine eminent wichtige Wirkung für die Beſtandeszukunft!? — 288 Die künſtliche Beſtandesgründung. Als einen Vorzug der gleichzeitigen Aufforſtung bezeichnet man die Hintanhaltung des ein- oder zweijährigen Zuwachsverluſtes. — 2. Die Felderung ſchreitet ſelbſtändig voran, die Aufforſtung folgt unabhängig nach: Vom forſtlichen Standpunkte jedenfalls das bewährteſte Verfahren, da ſich der Waldfeldbau in Rückſicht auf Beſtellung, Fruchtfolge, Boden— bearbeitung jo leiten und wählen läßt, wie es für die ſpätere Aus— führung und das Gedeihen der Waldkultur am zweckdienlichſten erkannt wird. Der Boden wird bei dieſem Verfahren jedenfalls in erreichbar vollkommenſter Vorbereitung überliefert. 3. Die dritte Form kombiniert. Sie ſchickt den Feldbau ein oder zwei Jahre voraus, forſtet auf, läßt aber die landwirtſchaftliche Be— nutzung des Bodens noch ein oder zwei Jahre nebenhergehen. Dieſes Ver— fahren iſt nur in nährkräftigem Boden anwendbar, artet überhaupt leicht in Raubbau aus. Erfahrungsſätze der großen Kulturpraxis ). Verfaſſer hat unter ſehr wechſelreichen und ſchwierigen Standortsoerhältniſſen durch 20 Jahre ein Pflanzkulturpenſum von 150 bis 200 ha pro Jahr zu bewältigen gehabt und im Waldfeldbaubetriebe, wie er vorſtehend beſchrieben, einen an allen Orten und zu allen Zeiten bewährten, treuen Bundesge- noſſen gefunden, ohne den die Rieſenaufgaben, die ihm namentlich in der Aufforſtung armer, herabgekommener Böden nach ausgedehnten Windbrüchen geſtellt wurden, nie zu löſen geweſen wären. Die in den Sommern 1883 und 1885 herrſchende beiſpielloſe Dürre (im Jahre 1883 vom 4. Mai bis 6. Juni, im Jahre 1885 vom 23. April bis 29. Juni bei ſtändigen markausdorrenden Oſtwinden) gab Anlaß zu genaueren Er⸗ hebungen über die auffallend günſtige Haltung der im gefelderten Waldboden ſtocken⸗ den Fichtenkulturen. Es wurde eine größere Anzahl von vergleichungsfähigen Schlag— flächen auf den ärmeren Verwitterungsböden des Tonſchiefers, Granites und Gneiſes zur einheitlichen Ermittelung der Verluſtprozente herangezogen und aus den Kultur- nachweiſen der Reviere von neun aufeinander folgenden Jahren feſtgeſtellt, daß von 314900 Pflanzen im nicht gefelderten Boden in dieſem Zeitraume von neun Jahren 66%, von 378700 Pflanzen in gefelderten Schlagboden dagegen nur 15% einge— gangen waren. Daran waren die einzelnen Jahre mit folgenden Sätzen beteiligt: Verluſtprozente im 2 8 4. 5. 6. 7. , Pgoahre nach der Aufforſtung im nicht gefelderten Boden 33 16 9% 32 1, % s U im gefelderten Boden 10,3 4,02 0,67 0,01 — — — — — % Die Erhebungen, welche von den Herren Forſtmeiſter Bohutinsky und Ober- förſter Knittl auf bandartig feſtgelegten Probeflächen vorgenommen wurden, er- 1) Der Waldfeldbau im Dienſt des Forſtkulturbetriebes (mitgeteilt im Zentral⸗ blatt f. d. geſ. Forſtweſen 1889 VII. und VIII. IX.) Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 289 gaben bei Unterſtellung einer 3- bis 5jährigen Wuchsperiode einen durchſchnittlichen Höhenzuwachs von 3 em pro Jahr in dem nicht gefelderten Rohboden, dagegen von 7,2 em pro Jahr in dem durch Felderung meliorierten Boden. Überdies wurde rechnungsmäßig konſtatiert, daß der Kulturaufwand im gefelderten Boden um 30 bis 40% niedriger ſtand als im Rohboden. Verſuch. Angeſtellt vom Verfaſſer („Die weitere Entwicklung des Fichtenjungbeſtandes nach Waldfeldbau“. „Weißkirchener forſtliche Blätter“ II 1903). So einwandfrei die hervorgetretenen Er— ſcheinungen nach den beiden einſchlägigen Richtungen durch die aus der großen Kulturpraxis entnommenen Maſſenerhebungen belegt er— ſcheinen, ſo diskutabel blieben manche andere, die Zukunft der jungen Beſtandesanlagen betreffende Fragen, insbeſondere die ſeit jeher heiß umſtrittenen Poſitionen über die zuläſſige Dauer und Wieder— holung der Felderung, beziehungsweiſe über die weitere Entwicklung der jungen, auf gefeldertem Boden geringer Güteklaſſen ſtockenden Beſtandesanlagen. Schon damals bei den Erhebungen aus dem praktiſchen Kulturbetriebe leiteten mancherlei Wahrnehmungen darauf hin, daß es keineswegs genügen könne, das Stadium der Kultur allein in den Bereich des vergleichenden Studiums einzubeziehen, daß vielmehr großer Wert darauf gelegt werden müſſe, die günſtigen Wirkungen des Waldfeldbaues auch auf ihre Nachhaltigkeit zu prüfen und der Frage nachzuhängen, wie ſich die Entwicklung des Jung— beſtandes auf durch Waldfeldbau angegriffenen, geringeren Böden ſpäter geſtalten werde. Zur einwandfreien Beantwortung dieſer inhaltsſchweren Frage konnte die Beobachtung der jungen Anlagen bis hinauf in das ſechs- bis achtjährige Alter niemals als genügend erkannt werden. Die vergleichende Forſchung mußte vielmehr zum mindeſten bis zum Eintritte des Beſtandesſchluſſes fortgeſetzt werden, bis zu jenem Zeitpunkte, wo das Einzeldaſein der Pflanze in dem geſellſchaftlichen Zuſammenleben des Beſtandes aufgeht, der Ent— wicklungsgang des einzelnen Individuums durch die Konkurrenz der Maſſe aus den bisher verfolgten Bahnen ſelbſtändig unabhängiger Entwicklung herausdrängt und jede fördernde oder hemmende Nach— wirkung der Beſtandesgründung abgeſchwächt oder verwiſcht wird. Zu genauem Vergleichsſtudium der waldbaulich und ſtaats— wirtſchaftlich gleich wichtigen Frage wurden im Jahre 1888 u. f. auf ärmerem, ſehr flachgründigem und trockenem Tonſchieferboden zwei Verſuchsreihen angelegt, deren Arbeitsplan folgende Einteilung feſtlegte: Reuß, Beſtandesgründung. 19 290 Die künſtliche Beſtandesgründung. I. Gruppe. Gleichzeitiger Abtrieb der 2,00 ha großen Schlagfläche. Die Aufforſtung der Einzelflächen erſtreckte ſich über alle Jahrgänge des Anlagezeitraumes: 1. Aufforſtung ohne Waldfeldbau im Fällungsjahre (1889). 2. Aufforſtung „ „ nach einjähriger Schlagruhe (1890.) 3. Aufforſtung nach einjährigem Waldfeldbau (1890). 4. Aufforſtung nach zweijährigem Waldfeldbau (1891). II. Gruppe. Der Abtrieb des Verſuchsfeldes, in gleicher Geſamtgröße wie ad I bemeſſen, verteilt ſich auf den Anlagezeitraum; die Aufforſtung aller Teilflächen erfolgt gleichzeitig im Jahre 1891. 1. Abtriebsfläche vom Jahre 1889: Waldfeldbau durch 2 Jahre. 2. 4 * „ 1890: Waldfeldbau durch 1 Jahr. 3% u 0 „ 1890: ohne Waldfeldbau mit ein— jähriger Schlagruhe. 4. ai 5 „ 1891; ſofortige Aufforſtung. Beide Verſuchsreihen lagen im Königsſtuhler Revier der fürſtl. Coll. Mansfeld ſchen Domäne Dobriſch, I. auf ſehr flachgründigem, ſteinigem Tonſchieferboden vierter Kiefernbonität, II. auf mild— lehmigem aber flachem, trockenem Verwitterungsboden dritter Bonität der Kiefer. Abtrieb, Bodenmelioration, Anbau, überhaupt alle Details der Behandlung erfolgten zeitlich in den durch den Verſuch ſelbſt feitgelegten Terminen und bewegten ſich ſachlich in ſtreng korreſpon— dierenden Durchführungsformen: — Rodung der Stöcke und, je nach Tendenz des Verſuches, Hainkultur; Anbau mit Winterkorn und Kartoffel; die Aufforſtung arbeitete tunlichſt gleichartig mit vierjährigen Pflanzen, deren Erziehung im Saat- und Schulbeete aus abſolut gleichen, beziehungsweiſe, ſoweit der Anbau zeitlich getrennt erfolgen mußte, aus ſtreng angepaßten Geſichtspunkten geleitet worden war. Alle Arbeiten der Bodenbearbeitung und Aufforſtung wurden von denſelben Arbeitskräften ſtreng gleichmäßig durchgeführt. — Die gefelderten Verſuchsflächen zeichneten ſich von Anfang an aus. Die mit dem ſtörenden Eingriff jeder Verſetzung im erſten Jahre ſtets hervortretende Nadelverfärbung erreichte im Waldfelde bei weitem nicht den Grad der Bläſſe, wie er an den Pflanzen in unbearbeitetem Boden wahrgenommen wurde und ſchon im zweiten Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 291 Jahre entwickelten ſich im erſteren kräftige Triebe mit langer, ſatt— grüner Benadelung, das untrügliche Zeichen des Wohlbefindens der jugendlichen Fichte. Auch begann die Jahrestriebtätigkeit in den gefelderten Schlägen früher und nahm augenfällig einen energiſcheren Verlauf als in den Rohbodenflächen. In den letzteren erregte überdies das ſtarke Auftreten von Chermes viridis und coccineus Rtzb. die Aufmerkſamkeit, welches namentlich in Ie hervortrat und ein darbend kümmerliches Vegetieren markierte. Um ſo überraſchender vermerkt es eine Notiz vom Jahre 1894 u. f., daß die bisher beobachteten Differenzen im Entwickelungsgange der bodenärmeren Verſuchsreihe J mehr und mehr ſich auszugleichen und zu verwiſchen ſcheinen und daß insbeſondere die Nadelfärbung der gefelderten Kulturen ebenſo abblaſſe, wie ſie in den nicht gefelderten dunkele. Die Höhenunter— ſchiede, heißt es ſpäter, als die unmittelbare Folge der flotteren Triebtätigkeit der drei oder vier erſten Jahre, ſeien nach dem Augen— maße noch recht gut nachweisbar, doch mache ſich in den gefelderten Verſuchspflanzungen ein Stillſtand in der Entwicklung bemerkbar, während das Gedeihen der Rohbodenkulturen ſichtlich im Aufnehmen begriffen ſei. In den bodenreicheren Feldern der Verſuchsreihe II trat dieſe Erſcheinung nicht hervor. — Die äußerlich wahrnehmbaren Veränderungen der Bodenbeſchaffenheit ſprachen in der 4. Güteklaſſe (Verſuchsreihe I) ebenjo zum Nachteil der Felderung, wie ſie in Verſuchsreihe II (3. Güteklaſſe) zu ihren Gunſten ſprachen. (Conf. d. oben angez. Originalarbeit). Die ziffermäßigen Erhebungen, Auszählungen und Meſſungen ergaben: 1. Verluſte in den beiden erſten Jahren nach der Kulturaus— führung: I. Verſuchsreihe ohne Waldfeldbau 1. Rohboden 2. Schlagruhe im 1. Jahre 17% 15% im 2. Jahre 6% 7% mit Waldfeldbau 3. 1 jähr. Waldfeldbau - 4. 2jähr. Waldfeldbau im 1. Jahre 6% 0,4% | im 2. Jahre 3% 3 19* Die künſtliche Beſtandesgründung. II. Verſuchsreihe ohne Waldfeldbau 1. Rohboden 2. Schlagruhe im 1. Jahre 16% 13% im 2. Jahre 6% 20% mit Waldfeldbau 3. 1 jähr. Waldfeldbau 4. 2jähr. Waldfeldbau im 1. Jahre 9% — im 2. Jahre 10%“ 5 2. Jahresdurchſchnitts-Höhenzuwachsleiſtungen: I. Verſuchsreihe: Vereinigter Abtrieb, getrennte Aufforſtung ohne Waldfeldbau 1. Rohboden 2. Schlagruhe bis 1896 5,1 em 5,9 en 1896 / 1902 13,5 „ 180 „ mit Waldfeldbau 3. 1 jähr. Waldfeldbau 4. 2jähr. Waldfeldbau bis 1896 9,3 cm 12,3. cm 1896/1902 8,2 „ a II. Verſuchsreihe: Zeitl. getrennter Abtrieb, vereinigte Aufforſtung ohne Waldfeldbau Sn 1. Rohboden 2. Schlagruhe bis 1896 13,2 cm 15,7 cm 1896/1902 18,0 „ 16,5 „ mit Waldfeldbau 3. 1jähr. Waldfeldbau 4. 2jähr. Waldfeldbau bis 1996 (13,2) em 19,0 em 1896/1902 (11,5) „ 210 „ Die vorſtehende gekürzte Zuſammenfaſſung der erhobenen Zahlen— die Beurteilung der in den gefelderten und nicht gefelderten Verſuchs— kulturen zutage getretenen Erſcheinungen. Schon ein flüchtiger Blick lehrt, daß auch in den Verſuchen die eingetretenen Verluſtprozente ſehr zugunſten der Felderung ſprechen, daß aber die ſechs- bis acht— jährige Zeiträume umſpannenden Höhenzuwachsdurchſchnittsgrößen in beiden Verſuchsreihen auf vollkommen abweichende Entwicklungs— Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 293 vorgänge hindeuten, die klar dartun, daß die Wirkung der Felderung auf ärmſten Waldböden aus ganz anderen Geſichtspunkten beurteilt werden müſſe als auf Böden mittlerer und höherer Güteklaſſen. Im erdarmen Tonſchiefergeſchiebe der Verſuchsreihe I tritt auf den nicht gefelderten Einzelflächen in der Wuchsperiode bis 1896 einem jährlichen Höhendurchſchnittszuwachs von 5,1 und 5,9 em ein ſolcher ; N N 1897 von 13,5 und 16,0 in der Wuchsperiode von 1908 in den gefelderten Flächen die Jahresdurchſchnittsleiſtung von 9,3 und 12,3 cm der erſten Periode in der zweiten Periode auf 8,2 und 3,8 zurückgeht. — Auf dem Verwitterungsboden der ſchwach— mittleren Güteklaſſe der Verſuchsreihe II dagegen tritt auf den nicht gefelderten Verſuchen in der erſten Wuchsperiode dem jährlichen Höhendurchſchnittszuwachs von 13,2 cm und 15,7 cm ein ſolcher von 18,0 em und 16,5 em in der zweiten Wuchsperiode gegen— über, während in den gefelderten Flächen die Jahresdurchſchnitts— leiſtung von 19,0 cm in der erſten auf 21,0 cm in der zweiten ſich ſteigert. In Worte umgeſetzt, ergeben dieſe Zahlen die intereſſante Tatſache, daß die aus dem großen Kulturbetriebe gewonnenen Erfahrungsſätze bezüglich der günſtigen Wirkung der Waldfelderung für die Ausführung der Kultur und für die erſten Jugendjahre derſelben durch die ver— gleichende Verſuchsforſchung vollkommen beſtätigt wurden, daß aber die Nachwirkungsdauer der mit der Felderung verbundenen Boden— melioration auf armem Boden eine mehr oder weniger beſchränkte iſt und ſpeziell ſchon durch die 2jährige landwirtſchaftliche Ausbeutung ein Angriff auf die Bodennährkraft herbeigeführt wird, der ſelbſt— verſtändlich leicht bis zur Erſchöpfung ſich ſteigert, unter allen Umſtänden aber die phyſikaliſchen Errungenſchaften bald zurückdrängt und das Gedeihen des Jungbeſtandes gefährdet. Unter einiger— maßen günſtigen Bodenverhältniſſen halten dagegen die wuchs— fördernden Einflüſſe der Bodenmelioration an. Die in den beider— ſeitigen Einzelverſuchen erhobenen Daten beſtätigen ſich gegenſeitig prompt. Sie markieren in greifbarer Form auf ärmſter Güteklaſſe den aufnehmenden Entwicklungsgang nur im Rohboden, den ab— nehmenden dagegen in gefeldertem Boden. Im erdreicheren Boden herrſcht hüben und drüben eine aufnehmende Entwicklung, die ihrem Grade nach der Felderung den Vorzug gibt. Wir kommen ſonach zu den beiden Leitſätzen: gegenüber, während 294 Die künſtliche Beſtandesgründung. 1. Die Waldfelderung bedeutet für die geringſte Güteklaſſe des Waldbodens ein Wagnis. Die nächſtliegenden Vorteile der Boden— melioration: Erleichterung und Sicherung der Aufforſtung und des Kulturerfolges der erſten Jahre können zwar nicht in Abrede geſtellt werden. Doch beſteht ebenſo gewiß die Gefahr, daß die Nährkraft und Leiſtungsfähigkeit der geringſten Böden ſehr bedenklich herabgedrückt, das Beſtandesgedeihen ernſtlich gefährdet wird, ſobald die phyſikaliſch günſtigen Nachwirkungen des Hainprozeſſes aufhören. — 2. Für Böden mittlerer Güteklaſſe treten dagegen die günſtigen Wirkungen der Felderung — weniger die koſtenvermindernden als die wuchsfördernden — ſehr gleichmäßig ausgeprägt in Erſcheinung und überdauern das jugendliche Entwicklungsſtadium. — Die praktiſche Erfahrung ebenſo wie die Verſuchsforſchung haben die überaus günſtige Einflußnahme der Felderung auf Erfolg und Ent— wicklung der Kulturen übereinſtimmend beſtätigt und finden ihre Erklärung in den phyſikaliſchen und chemiſchen Veränderungen, welche mit der Boden— bearbeitung (Hainung, Lockerung) einerſeits und mit der vorübergehend landwirtſchaftlichen Benutzung dieſes Bodens anderſeits verbunden ſind. In der Richtung der phyſikaliſchen Veränderungen iſt zu bemerken: Durch die der landwirtſchaftlichen Benutzung vorausgehende, mecha— niſche Bodenbearbeitung wird die Bodennährſchicht von allen pflanzlichen und tieriſchen Beimengungen gereinigt, ſpeziell durch den Hainprozeß förmlich ſteriliſiert. Der Boden wird ferner bei der Unterbringung der Aſche und bei den Arbeiten des landwirtſchaftlichen Anbau- und Ernteaktes auf eine Tiefe von 8—12 em gelockert und dieſe Lockerung wiederholt ſich, bei Unterſtellung des zweijährigen Waldfeldbaues mit Kartoffeln, im zweiten Jahre vier- bis ſechsmal. Der Waldboden wird daher, mit einer ſehr günſtig vorbereiteten Lockerſchicht überlagert, dem Kulturbetriebe über— antwortet. Es liegt auf der Hand, daß durch die Oberflächenlockerung der kapillare Zuſammenhang mit den unteren „gewachſenen“ Bodenſchichten unterbrochen wird und daß in dieſem Falle die Lockerſchicht den Unter— grund vor ſchneller Feuchtigkeitsverdunſtung ſchützt. Die oberflächliche Lockerung bedeutet ſonach eine Konſervierung der Bodenfeuchtigkeit im allgemeinen. Wollny ſtellt auf Grund ſeiner unübertrefflichen Forſchungen auf dem Gebiete der Agrikulturphyſik den allgemeinen Lehrſatz auf: „Der Waſſergehalt eines ober- flächlich gelockerten Bodens iſt bei trockener Witterung wegen der hierdurch verringer— ten Verdunſtung größer als der des unbearbeiteten Bodens.“ Dieſes durch das Ex— periment erhärtete Geſetz, auf den Waldfeldbau angewendet, konſtatiert, daß durch die intenſive Lockerung die dem dichten Naturboden eigene kapillare Waſſerleitung un⸗ Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 295 terbrochen, die Lockerſchicht ſelbſt aber mit vielen großen, nicht kapillar wirkenden Hohlräumen durchſetzt iſt. Infolge der dadurch bedingten geringen Wärmeleitung iſt dieſe Lockerſchicht tagsüber kühler, nachtsüber dagegen wärmer als der ungelockerte Boden (ebenfalls durch Wollny experimental für nebeneinandergelegte Verſuchsflächen nachgewieſen). Zur Beurteilung der Bodenphyſik im Waldfelde ſelbſt handelt es ſich aber um den Einfluß der aufliegenden Lockerſchicht auf den dichten Untergrund, und da wird ganz unbeſchadet der Wollnyſchen Forſchungsergebniſſe für dichte und gelockerte Bodenoberflächen immerhin die gelockerte Oberſchicht nachts eine niedrigere Temperatur annehmen als der dichte Untergrund eben dieſes gelockerten Bodens, da die kalte ſchwere atmoſphäriſche Luft mit abkühlender Wirkung in die an Hohl— räumen reiche Lockerſchicht eindringt und letztere von den laufenden Temperaturſchwan— kungen weit mehr beherrſcht wird als der gewachſene Untergrund. Das überaus günſtige Verhalten der Kulturen bei anhaltender Dürre dürfte ſonach beſonders in der günſtigen Waſſerökonomie des meliorierten Waldbodens ſeine Erklärung finden: 1. Der gänzliche Mangel einer Benarbung auf dem gehainten Boden des Waldfeldes verlangſamt und hemmt die Verdunſtung der Boden— oberfläche gegenüber der lebhafteren Verdunſtungstätigkeit des unbearbeitet gebliebenen, benarbten Naturbodens. 2. Die aufliegende Lockerſchicht konſerviert an und für ſich die Feuchtig— keitsvorräte der dichten Untergrundſchichte infolge Hemmung der kapillaren Verdunſtung. 3. Geringere atmoſphäriſche Niederſchläge, ſogar die Taubildung, werden leichter bis zur Wurzeltiefe in die Lockerſchicht eindringen und die ausgiebigen Niederſchläge aus dieſem Grunde den mit höherer Waſſerkapazität ausgeſtatteten dichten Untergrundboden leichter erreichen, ſo daß der natürliche Feuchtigkeitsbehälter des Bodens, die Tiefſchicht, laufend reichlichen Zuzug von außen erhält. 4. Die aus dem dichten Untergrund kapillar aufſteigende Feuchtig— keit wird nächtlich in der ſtärker abgekühlten Lockerſchicht tauartig nieder— geſchlagen. Eine im gefelderten Boden ausgeführte Pflanzung — bei weitem nicht in gleichem Maße auch die Saat — findet ſonach nicht allein in dem dichten Untergrunde jeweilig größere Waſſermengen vor, ſondern ſie verfügt auch laufend in der aufliegenden Lockerſchicht über jenes Maß von Feuchtigkeit, welches die Tätigkeit der flachſtreichenden Tagewurzeln anregt. Daß nun dieſe die überraſchende Widerſtandsfähigkeit der Waldfeldkulturen gegen anhaltende Dürre begründenden Wirkungen nicht von unbegrenzter Dauer ſein können, daß, je nach den natürlichen Eigen— ſchaften des Bodens, die wenn auch noch ſo oft gelockerte Oberſchicht be— züglich der Benarbung und Dichte früher oder ſpäter zu ihrer Urbe— 296 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſchaffenheit zurückkehrt, iſt ganz ſelbſtverſtändlich. Daraus erklärt ſich zur Genüge, daß die durch die meliorierenden Eingriffe gehobene Boden— phyſik durchaus nicht immer lange genug nachwirkt, um der Waldfeld— kultur über die an die phyſikaliſchen Mängel des Bodens gebundenen Gefahren des Jugenddaſeins, d. h. bis in das Stadium des Beſtandes— ſchluſſes hinaufzuhelfen, um ſo weniger, je mehr die Entwicklung durch andere in Wirkung tretende Faktoren (Nahrungsmangel, Nachlaſſen der Krümelſtruktur) etwa nachteilig beeinflußt und hintangehalten wird. In dieſem letzteren Falle wirkt die Felderung ſehr bald nachteilig auf den Boden und durch dieſen auf den Beſtand. Recht vielſeitig geſtalten ſich auch die Wirkungen der durch die Bodenlockerung und landwirtſchaftliche Ausbeutung des Waldbodens her— beigeführten chemiſchen Veränderungen. Zunächſt bindet ſich an die häufige Wiederholung der Bodenlockerung eine intenſive Durchlüftung des Bodens. Die innigere Berührung mit der ſauerſtoffreichen atmoſphäri— ſchen Luft wirkt zerſetzungsanregend. Die Mitwirkung von Wärme und Feuchtigkeit wird geſteigert. Ferner wird wohl auch bei der Hainung die der Bodenrauhdecke anhaftende Erde mit aufſchließender Wirkung durchglüht und mit Unterbringung der Aſchenbeſtandteile dem Boden eine Menge anorganiſcher Nährſtoffe zugeführt, obwohl die Stickſtoffzufuhr, welche bei langſamer Verweſung auflagernder Pflanzenſtoffe ſtets ſtattfindet, zunächſt unterbleibt. Wenn nun auch der zur landwirtſchaftlichen Beſtellung vorbereitete Boden rückſichtlich ſeiner chemischen Eigenſchaften, ſpeziell rückſichtlich ſeines anorganiſchen Nährſtoffgehaltes, eine ſehr be— achtenswerte Bereicherung erfahren hat, ſo darf doch nicht überſehen werden, daß dieſer Nährſtoffvermehrung durchaus keine künſtliche Zufuhr von außen zugrunde liegt, ſondern daß in dieſem Falle aus dem Boden ſelbſt, aus dem in ihm abgelagerten, ſozuſagen „latenten“ Nährſtoffkapitale geſchöpft wurde und durch die Anwendung des Feuers wohl auch die Nährſtoffe ſelbſt in leicht lösliche, der Pflanze aufnahmsfähige Formen umgeſetzt, vielleicht auch mehr konzentriert und beſſer verteilt wurden. Es iſt Wert darauf zu legen, auf dieſen Umſtand gebührend hinzuweiſen, weil ſich daraus mit zwingender Logik ergibt, daß vom engeren Standpunkte der Boden— pflege betrachtet, aus der ſtattgehabten Bodenmelioration durchaus nicht die Berechtigung hergeleitet werden kann, ein vermeintlich zugeführtes Plus an Nährſtoffen durch eine vorgelegte landwirtſchaftliche Benutzung auf— zuzehren. Es wäre vielmehr bodenwirtſchaftlich richtiger gehandelt, die dem Waldboden ureigentümlichen Nährſtoffe unangetaſtet der kommenden Beſtandesgeneration zugute zu bringen. Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 297 Wenn zur Deckung der aufgewendeten Meliorationskoſten, gewiſſermaßen als Gegenleiſtung, vom Boden ein landwirtſchaftliches Erträgnis verlangt wird, ſo iſt das mit Rückſicht auf die große Summe der mit der Bodenmelioration für den Zu— kunftsbeſtand erkauften anderweitigen Vorteile zweifellos ſtatthaft, vorausgeſetzt, daß eben nur die „überſchüſſige“ Nährſtoffmenge verwendet wird. Der erhöhte Nährſtoff— vorrat kommt zunächſt der angebauten Feldfrucht zuſtatten und die durch die Felde— rung geſteigerte Nahrungsausfuhr iſt nicht allein eine Folge der höheren Anforderun— gen landwirtſchaftlicher Kulturgewächſe, ſondern vielleicht mehr noch in der durch die aufſchließende Bodenbearbeitung (Hainakt) relativ im Übermaß zur Verfügung geſtellten Menge an anorganiſchen Nährſtoffen begründet. Je ſchwächer der Boden, je länger die Felderung andauert, je un— günſtiger der Boden phyſikaliſch und chemiſch beſchaffen iſt, um ſo früher nähert er ſich dem Zuſtande der Entkräftung, die, in ein gewiſſes Stadium getreten, dann auch in einem kümmernden Gedeihen der fol— genden Beſtandesgeneration ihren Ausdruck finden muß. Auf die Praxis der Waldfelderung angewendet, läßt ſich hieraus die theoretiſche Richt— ſchnur aufſtellen, daß die landwirtſchaftliche Ausbeutung eines Wald— bodens nie bis zum Exiſtenzminimum für die Waldkultur fortgeſetzt werden darf, und da dieſer Zeitpunkt unmöglich im voraus beſtimmt werden kann, ſo tritt der altbewährte Erfahrungsſatz in ſeine Rechte: „Je ſchwächer der Boden, um ſo gewagter die Felderung“. Denn in Würdigung des durch die landwirtſchaftliche Benutzung des Bodens ins Ungemeſſene ſich ſteigernden Verbrauches an mineraliſchen Nährſtoffen !“ wird die Felderung in jenen Fällen, wo das nach der landwirtſchaft— lichen Ernte erübrigte Nährſtoffkapital in Verbindung mit den günſtigen Wirkungen der gehobenen Bodenphyſik nicht ausreichte, um die gleich— mäßig fortſchreitende oder aufnehmende Jugendentwicklung bis zum Ein— tritt des Beſtandesſchluſſes zu ſichern, nie waldbaulich-wirtſchaftliche Vor— teile involvieren können. Ausgeſprochen ſegensreich wirkt aber die Felde— rung, wenn die nach der landwirtſchaftlichen Benutzung erübrigte Nähr— ſtoffmenge noch ausreicht, die jungen Beſtandesanlagen einem baldigen Schluſſe entgegenzuführen, denn von dieſem Augenblicke an iſt ſelbſt die Überanſtrengung des Bodens gefahrlos für die Zukunft. Mit Eintritt des Beſtandesſchluſſes ſetzt auch die Humusbildung ein, ein Teil der Mineralſtoffe wird zurückgegeben, die, in Zerſetzung übergehend, Kohlen— ) Nach den Wolffſchen Tabellen entzieht per Jahr und Hektar dem Boden an Aſchenbeſtandteilen, wovon: Kali Kalk Phosphorſäure Kieſelſäure Winterkorn 121 kg „ e kg 17 kg 48 kg Kartoffelknolle 95 „ n 18 — Kartoffelkraut 241 „ * 89 % „ 30 33. 8 * 298 Die künſtliche Beſtandesgründung. ſäure und Ammoniak bezw. Salpeterſäure abgeben, ſonach den Boden an Stickſtoff bereichern und durch die Kohlenſäurebildung auf alle anderen Nährſtoffe löſend einwirken. Es findet eine natürliche, mit der weiteren Beſtandesentwicklung an Intenſität ſich ſteigernde Düngung ſtatt. Die Bedeutung des Waldfeldbaues im Dienſte des Forſtkultur— betriebes läßt ſich ſonach, bei Aufrechterhaltung exkluſiv waldbaulicher Geſichtspunkte, etwa in folgenden Leitſätzen zuſammenfaſſen: 1. Die Wirkung der einer landwirtſchaftlichen Beſtellung voraus- gehenden Bodenmelioration (Lockerung, Hainung) in der Richtung der Hebung aller phyſikaliſchen Eigenſchaften und deren überaus günſtige Rückwirkung auf den Kulturaufwand, auf die Sicherung der jungen Be— ſtandesanlagen, insbeſondere gegen anhaltende Dürre und auch deren Gedeihen ſteht ebenſo außer Frage, wie der günſtige Einfluß in chemi— ſcher Beziehung durch Aufſchließung der im Boden aufgeſpeicherten Nährſtoffe. Lockerung und Anwendung des Feuers greifen ſozuſagen der laufenden Verwitterung und natürlichen Aufſchließung vor. Die mechaniſche Lockerung bringt zerſetzungsanregende Durchlüftung. Die Feueranwendung ſchließt den Boden auf. Bei Einäſcherung des Boden— überzuges bleiben aber nur die unverbrennbaren Aſchenbeſtandteile zurück, eine Stickſtoffdüngung, wie fie bei der natürlichen Humusbildung vor— liegt, findet nicht ſtatt. Die Bodenmelioration regt überdies auf mittel— gutem Boden eine geſunde Mooswucherung an, die feuchtigkeitserhaltend, kühlend und humusbildend wirkt. 2. Die landwirtſchaftliche Zwiſchennutzung greift, je länger dauernd, um ſo intenſiver den Vorrat an anorganiſchen Nährſtoffen an. Sie kann alſo vom engeren Standpunkte der Waldpflege, welche die volle Leiſtungsfähigkeit des Bodens für die Beſtandesanlage ſelbſt reklamiert, nicht oder — wo die Segnungen der Bodenmelioration nur bei Rück— erſtattung der Koſten durch landwirtſchaftliche Erträge gewährt werden können — nur dann gutgeheißen werden, wenn die Nährſtoffvorräte noch in genügender Menge für den Holzbeſtand zur Verfügung bleiben. 3. Auf armem Boden treten die Vorteile der Lockerung uſw. an und für ſich am markanteſten, anderſeits aber die Nachteile und Gefahren landwirtſchaftlicher Beerntung am früheſten hervor; doch überwiegen die Vorteile der Lockerung in den erſten Jahren ſehr augenfällig, ſo daß Anwachſen und Gedeihen der erſten Jahre gerade auf geringſten Stand— orten außerordentlich gefördert werden. 4. Die äußeren Veränderungen der Bodenoberfläche nehmen im gefelderten Schlage einen ungleich günſtigeren Verlauf als in den nicht Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 299 gefelderten; im zweijährigen Waldfelde einen günſtigeren als im einjährigen. Überhaupt ſprechen — die Standorte der V. z. T. auch der IV. Güte— klaſſe ausgeſchloſſen — die Erfolge auf mittleren und beſſeren Böden, die halbwegs „etwas zuzuſetzen haben“, in jeder Richtung für den zwei— jährigen Waldfeldbau; bei einjährigem für ſofortige Einlegung des Kar— toffelbaues. Unter Umſtänden ſoll jede Felderung unterbleiben und mit den Kultur erleichternden und fördernden Vorteilen vorlieb genommen werden. 5. Mit Eintritt des Beſtandesſchluſſes ſind die etwaigen nachteiligen Folgen der Felderung — mehr weniger auch die vorteilhaften — aufge— hoben, beziehungsweiſe übertönt durch die chemiſch-phyſikaliſchen Ver— änderungen, welche der Beſtandesſchluß mit ſich bringt. 6. Die Pflanzkultur hat ſonach im „Waldfeldbau mit Hainung“ unter allen Umſtänden ein bewährtes Mittel zur Hebung und Sicherung ihrer Erfolge; muß aber durch ſparſames Haushalten mit den Boden— nährſtoffen, durch die Wahl enger Pflanzverbände uſw. auf frühen Ein— tritt des Beſtandesſchluſſes um ſo mehr bedacht ſein, je dürftiger der Standort. Aus dieſem Grunde ſoll auch bei Kartoffelbau ſtets die Nutzung des Krautes unterbleiben, nur die Knollenernte geſtattet werden, weil durch die Mitentnahme des Krautes die Ausfuhr von anorganiſchen Nährſtoffen um mehr als das doppelte geſteigert wird. 7. Arme Böden dürfen nie mehr als einmal, beſſere Böden nie mehr als zweimal beerntet werden; was darüber, iſt vom Übel, kann auch nie mehr waldbauliche Vorteile, immer nur Nachteile und Gefahren bringen. — § 106. Die Verbeſſerung geringer Waldböden durch Stickſtoffſammler. Allgemeines. Die tiefgehende Umgeſtaltung, welche die Aufſehen erregenden Hell— riegelſchen Entdeckungen über die ſtickſtoffwerbende Tätigkeit der Leguminoſen auf dem Gebiete der landwirtſchaftlichen Fruchtfolge und Düngerlehre brachten, haben naturgemäß auch die Aufmerkſamkeit der forſtlichen Fachkreiſe auf ſich gezogen, da ſie ja zweifellos auch für die Maßnahmen der Beſtandesgründung von eminenter Tragweite ſein mußten. Hatte doch die Pflanzenerziehung in den Forſtgärten ſchon längſt ſich der Lupinen⸗ und Wickenarten in Form der Gründüngung (S 54) bedient, ohne ſich über aktive und paſſive Dungleiſtung derſelben völlig im klaren zu ſein. Der Glauben an die waldbauliche Bedeutung der Hellriegelſchen 300 Die fünftliche Beſtandesgründung. Theorie war um ſo berechtigter und fand um ſo mehr Nahrung, als ja die Waldwirtſchaft ebenfalls über eine Anzahl von Papilionaceen verfügt, die aller Vermutung nach der Stickſtoffbereicherung des Bodens dienſtbar gemacht werden konnten und ſomit für die Beſtandesgründung und erſte Jugenderziehung, namentlich auf ärmerem Standorte, Vorzügliches zu leiſten berufen waren. Bereits im Jahre 1880 ſpricht Vonhauſen (allg. F. u. J. Z. 1880 S. 41) ſein Befremden darüber aus, daß die Forſtwirte rückſichtlich der „Gründüngung“ bisher „dem Beiſpiel der Landwirte noch nicht ge— folgt ſind“. Er hebt die vortreffliche Wirkung der Wicke und der gelben Lupine in den Forſtgärten hervor. Im Jahre 1885 lenkt der Königliche Oberförſter Auffm Ort (Lupinenkultur Berlin 1885) die Aufmerkſamkeit der Fachkreiſe auf die vorzüglichen Erfolge, welche er in armen Sand— böden mit Kiefernaufforſtungen nach vorhergegangenem Lupinen-Anbau erzielt hatte. Sehr bald wandte ſich die Forſchung auch dem Studium der baum⸗ und ſtrauchartigen Schmetterlingsblütler zu. Prof. Dr. Ebermayer, München, hebt in ſeinen Unterſuchungen und Studien über die Anſprüche der Waldbäume an den Nährſtoffgehalt des Bodens (forſtl. naturwiſſenſch. Zeitſchrift 1893) hervor, daß die Waldvegetation als tägliche Nahrung neben Waſſer nicht nur gelöſte Mineralſalze: Kali, Kalk, Magneſia und etwas Eiſen verbunden mit Phosphorſäure und Schwefelſäure, ſondern auch ſtickſtoffhaltige Verbindungen (Nitrate, Ammoniakſalze) oder gewiſſe organiſche Stickſtoffverbindungen benötigt. Speziell auf die Akazie ein- gehend, bemerkt er unter Hinweis auf ihre geringen Anſprüche an den Boden, daß ſie wie alle Hülſenfrüchte zu den Stickſtoffſammlern zähle, „womit ihre bodenverbeſſernde Eigenſchaft wiſſenſchaftlich begründet“ ſei. Dr. Ebermayer ſagt ſogar: „Sie (die Akazie) ſollte bei der Auf— forſtung magerer, humusarmer Böden eine ähnliche Verwendung finden, wie die gelbe Lupine, Serradella uſw. beim Ackerbau, ſei es als Grün— düngung oder bei Saaten und Pflanzungen zum Schutze und zur Kräftigung der jungen Kulturgewächſe“. Profeſſor Dr. Nobbe, Tharand, unterſuchte außer Robinia auch Cytiſus und Gleditſchia auf ihre ſtickſtoffwerbende Kraft. Er konſtatierte bei der erſteren ein den landwirtſchaftlichen Leguminoſen ähnliches Ver— halten, kam aber bei Gleditſchia zu einem ganz abweichenden Ergebniſſe. Dieſe Tatſache legt ohne weiteres nahe, daß die bei beſtimmten Gattungen und Spezies hervortretenden Eigenſchaften nach Grad und Art nicht ohne weiteres verallgemeinernd auf andere Verwandte übertragen werden können, um ſo weniger als auch die Forſchungen auf landwirtſchaftlichem Gebiete Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung— 301 für die krautartigen Papilionaceen ganz außerordentlich verſchiedene Grade der ſtickſtoffwerbenden Energie nachgewieſen haben. Nach den einſchlägigen Verſuchen der Wageningenſchen Verſuchsſtation (Zeitſchrift für Land— baukunde) wurde z. B. mit Lupinen eine jährliche Stickſtoffbereicherung bis zu 400 kg pro ha, mit Sandluzerne eine ſolche von 100 — 150 kg pro ha erzielt und im allgemeinen ſchwankte dieſelbe bei den unterſuchten Futterleguminoſen zwiſchen 50 und 400 kg pro ha. Weiter intereſſiert die Notiz aus der gleichen Quelle, daß Akaziengebüſch nur 15 kg Stid- ſtoff pro ha im Jahre ſammelte, denn es reſultiert daraus im allgemeinen eine äußerſt geringe werbende Energie der ſchmetterlingsblütigen Holzgewächſe und wenn dieſelbe bei den verſchiedenen Gattungen in relativ ebenſo weitgehaltenen Grenzen ſich bewegt, ſo wäre es um ſo wichtiger und verdienſtvoller, dieſelben durch die analytiſche Forſchung für die ver— ſchiedenen, forſtlich intereſſierenden Schmetterlingsblütler feſtzulegen. Sie wird übrigens, wahrſcheinlich auch für gleiche Gattungen, mit der Boden— chemie (Stickſtoff-Menge und -Form) ſich abändern. — Wenn ſich auch bisher die waldbauliche Forſchung nur wenig oder gar nicht mit den hier in Rede ſtehenden Fragen beſchäftigt hat, ſo iſt doch aus praktiſcher Erfahrung die günſtige Einflußnahme z. B. der Akazie, Beſenpfrieme örtlich längſt anerkannt worden. Die Wirkung tritt aller— dings nicht immer in gleich augenfälligem Maße hervor, weil nicht alle Holzarten gleiche Anforderungen an die Stickſtoffverbindungen des Bodens ſtellen und weil der natürliche Gehalt des Waldbodens an Stickſtoff im allgemeinen ſehr gering, ſomit ſelten Gelegenheit zu einwandfreien Ver— gleichsbeobachtungen gegeben iſt. Was zunächſt den Stickſtoffgehalt der Holzarten anlangt, ſo bieten uns die Unterſuchungen von Robert Hoffmann, Schroeder, Ramann, Dulk u. a. einige wichtige Anhaltspunkte. In den Sägeſpänen der Pappel wurden 0,71%, der Kiefer 0,53 , der Fichte 0,67 %/,, im jüngſten Reisholze der Buche 1,23% der Tanne 0,95 , der Fichte 0,83 1,34%, der Kiefer 0,62 —0,88 % Stickſtoff nachgewieſen. Die 4 jäh⸗ rige Fichtenvollſaat braucht pro Hektar und Jahr 43 kg Stickſtoff auf. — Nach Dr. G. Krafft (Lehrbuch der Landwirtſchaft, Berlin 1894) liegt die obere Grenze des Stickſtoffgehaltes landwirtſchaftlicher Kulturböden bei 2,50% für 100 Gewichtsteile lufttrockener Feinerde. Nach Ramm (Anwendbarkeit der Düngung im forſtlichen Be— triebe. Stuttgart 1893) beträgt der Stickſtoffgehalt von in normaler Bewirtſchaftung ſtehenden, alſo nicht gerade humusarmen Waldböden etwa ½ — / der landwirtſchaft— lichen Kulturböden. Wenn nun Bouſſingault (Agronomie I) in einer für fünf- jährige Fruchtfolge und normale Ernteergebniſſe aufgeſtellten Stickſtoffbilanz den Ver⸗ brauch der landwirtſchaftlichen Futtergewächſe pro Jahr und Hektar auf 51 kg be— rechnet und nach Dr. Dulk z. B. die jugendliche Fichtenſaat in den erſten vier Jahren ihres Daſeins 43 kg Stickſtoff, alſo nicht viel weniger als die landwirtſchaftlichen Kulturgewächſe benötigt, jo darf aus der allgemeinen Stickſtoffarnmut des Waldbodens 302 Die fünftliche Beſtandesgründung. ohne weiteres geſchloſſen werden, daß auf ärmeren Standorten das Gedeihen der Forit- kulturen durch ein bedeutendes Defizit an Stickſtoff aufgehalten wird, um ſo mehr, als nach Bouſſingault auch die jährliche Stickſtoffzubuße durch atmoſphäriſche Niederſchläge kaum in Betracht kommen kann. Er fand bei Unterſtellung einer jähr⸗ lichen Niederſchlagsſumme von 720 mm, daß an Ammoniak gebunden 1,82 kg, an Salpeter gebunden 0,88 kg Stickſtoff dem Boden zugeführt werde. Jedenfalls fällt das Vergleichsergebnis zwiſchen Stickſtoffvorrat und «bedarf, zwiſchen Ergänzung und Verbrauch ſehr zu ungunſten der Wald— böden aus und gibt dem Forſtwirt nicht allein einen wirkſamen Wink für die hervorragende Bedeutung des Humus als ausgiebiger Stick— ſtoffquelle im Wirtſchaftshaushalte, es mahnt ihn auch eindringlich, auf eine koſtenloſe Stickſtoffbereicherung der Waldböden, namentlich für das anſpruchsvolle Stadium der Jugendentwickelung bedacht zu ſein, um durch zeitigen Eintritt des Bodenſchutzes und der Humusbildung die Grundbedingungen für die zukünftige Ertragsleiſtung laufend zu ſchaffen. Durch der Zeit wie dem Raume nach umfangreiche Erfahrungen und durch induktive Verſuchsforſchung veranlaßt, hat Verf. „in den Weißkirche— ner Forſtl. Blätter, II“ die Aufmerkſamkeit der Fachkreiſe gelenkt auf die vorzügliche Dienſtleiſtung durch die Beſenpfrieme oder den Ginſter. Überall wo man Gelegenheit fand und findet, das Verhalten der Holzarten im Schutzſtande der Beſenpfrieme zu beobachten, lehrt der Augenſchein, daß derſelbe in vorwüchſig-dichtem Auftreten durch ver— dämmende, reibende und peitſchende Wirkung recht aufdringlich werden kann und dann zu ungewöhnlichen Pflegemaßregeln verpflichtet, — im allgemeinen aber einen überaus günſtigen Einfluß auf Wachstum und geſunde Entwickelung der jungen Beſtandesanlagen nimmt. Die Wirt— ſchaftspraxis hat dieſe guten Eigenſchaften der Beſenpfrieme auch längſt erkannt und gewürdigt, und wenn ſie nicht recht zur Wirkung gekommen iſt, ſo liegt die Urſache wohl zumeiſt in der Tatſache, daß die Lehr— bücher, immer nur ihre verdämmende Wirkung im Auge haltend, die Beſenpfrieme als eines der läſtigſten Forſtunkräuter verdammt haben. Schon vor einigen Jahrzehnten wurden in unſerer Fachliteratur günſtige Ur— teile über die Pfrieme laut, welche dem verhaßten Unkraut auch gute Seiten abzugewinnen wußten. Sie wurden mit unverkennbarer Schüchternheit ver— treten und ungehört beiſeite geſchoben. Forſtmeiſter Ihrig in Büdingen ſagt in ſeiner Arbeit: „Vorkommen und Verhalten von Spartium scoparium L. im öſtlichen Odenwalde“ (Allg. F. u. J.⸗3. 1861. S. 5) unter anderem, daß die Pfrieme namentlich als Streumittel ſehr geſchätzt iſt, weil ſie „den meiſten Dungſtoff enthält“; er ſagt ferner, daß ſie dem Forſtwirte Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 303 nicht mehr ein jchlimmer, jondern ein willkommener Gaſt in den Kulturen ſei, weil ihre Gewinnung einen Ertrag liefere und weil ſie ſogar durch Beſchattung nützlich werde, inſofern die Holzpflanzen nicht mehr zu klein ſind und die Pfrieme nicht zu dicht ſteht. Ihrig ſpricht ſogar von den bodenverbeſſernden Eigenſchaften der Pfrieme, die ihm offenbar auch in der gedeihlichen Entwickelung der mit ihr gemiſchten jungen Beſtandesanlagen vor Augen getreten waren. — Forſtmeiſter Runnebaum rühmt in einem intereſſanten Aufſatze „Beſenpfrieme und Waldfeldbau“ (Zeitſchrift für F. und Jagdweſen 1890. S. 641) unter vergleichsweiſer Ausführung, daß die Pfrieme 64,5 g Kali und 15,0 g Phosphorſäure, Weizenſtroh 73,3 g Kali und 28,8 g Phosphorſäure p. 1 kg Aſche enthalte, den Düngerwert der Pfrieme und wundert ſich mit Recht, daß ſie als Streumaterial ſo wenig begehrt werde. Auf der anderen Seite aber weiß er hinſichtlich der wirtſchaftlichen Bedeutung der Pfrieme im Revier— haushalte nur Ungünſtiges und Nachteiliges zu berichten und macht die Vernichtung und Ausrottung derſelben zum Gegenſtande einer Spezialſtudie. Jedenfalls darf man ſich wundern, die Pfrieme heute noch ſo ver— fehmt zu ſehen, daß man ſelbſt ihr vereinzeltes Vorkommen im Revier unter Hinweis auf ihre Zählebigkeit und Aufdringlichkeit vielfach als Kriterium einer ſorgloſen Forſtwirtſchaft glaubt hinſtellen zu dürfen und, immer nur ihre greifbar nachteiligen Wirkungen würdigend, die eigentliche Beſenpfriemenwucherung auch der bodenausſaugenden Wirkungen anklagt. Verſuch: Angeregt durch die überall für die Beſenpfrieme ſprechenden Wahrnehmungen, legte Verfaſſer im Jahre 1894 einen komparativen Verſuch an, um durch induktive Forſchung die günſtige Einflußnahme auf die Jugendentwickelung des Beſtandes nach Grad und Art feſtzulegen und zu meſſen. Es wurde zu dieſem Verſuch abſichtlich ein dürftiger Fichtenſtandort gewählt, weil der Eindruck gewonnen war, daß die günſtigen Geſamtwirkungen in geringen Standorten und an der Fichte am auffälligſten zutage treten: Grufig- quarzreicher Verwitterungsboden des Granites; Terrain faſt eben oder ſehr gering nach Oſten geneigt; Kahlſchlag nach Kiefer und zweijähriger Waldfeldbau: Korn, Kartoffel. Die Verſuchsanlage ſelbſt ſehr einfach: In einem Ginſtervollſaatſtreifen wurden am 16. April kräftige, vierjährige Fichten-Schulpflanzen in vierfüßigem Quadratverbande ausgeſetzt. Die in der Umgebung unter zeitlich und ſachlich abſolut gleichen Bedingungen, aber ohne Beſenpfrieme— beiſaat ausgeführten Pflanzungen zu beiden Seiten des Beſen— pfriemeſtreifens boten das Vergleichsobjekt. Die Beſenpfrieme lief gut auf, die Pflanzkultur erlitt keine Verluſte. Mit den Jahren erfuhr jedoch die gleichmäßige, dichte Beſtaudung der Beſenpfrieme eine ziemlich beträchtliche Einbuße (durch Fröſte), ſo daß ſie zunehmend ſchütter und lückig wurde. Der Ginſter gedieh in den erſten Jahren 304 Die künſtliche Beſtandesgründung. recht langſam, die Fichtenkulturen mit und ohne Beſenpfrieme zeigten zunächſt kein abweichendes Verhalten. Erſt vom vierten Jahre an zeichnete ſich die Fichte im Schutzſtande der Beſenpfrieme durch Üppigfeit der Benadelung und kräftige Triebtätigkeit aus, eine Er⸗ ſcheinung, die von Jahr zu Jahr mehr hervortrat und nach der Auf— nahme der Verſuchsflächen im Jahre 1902 in den gemeſſenen Wuchsleiſtungen der Fichte zu präziſem Ausdruck kam, inſofern die Verſuchsfläche I in Schutzſtellung der Beſenpfrieme eine Durch- ſchnittshöhe von 1,56 m, Verſuchsfläche II, ohne Beiſaat der Pfrieme, eine Durchſchnittshöhe von 1,02 m der Fichtenkultur aufwies. Die Höhe der vierjährigen Verſuchspflanze war im Jahre der Anlage im Mittel auf 29 cm feſtgeſtellt worden. Wenn man dieſe einheit— liche Anfangsgröße, mit welcher die Pflanzen in den Verſuch ein— geführt wurden, von der heutigen Durchſchnittshöhe abſetzt, ſo ergibt ſich in den Verſuchsfeldern die Jahresdurchſchnittsleiſtung I. bei der Fichte mit Beſenpfrieme von 14 cm IT. ”„ ” „ ohne ”„ ”„ 8 cm. Noch weit auffälliger aber als in den meßbaren Wuchsleiſtungen trat der günſtige Einfluß des Schutzſtandes in Länge und Färbung der Blattorgane, überhaupt in der äußeren Geſamterſcheinung der Fichte vor Augen: In der Beſenpfrieme eine durchweg lange, kräftig entwickelte, ſattgrüne Nadelbildung, den Habitus eines hoff— nungsfrohen Geſamtgedeihens kennzeichnend; in der Vergleichs— fläche eine kümmerlich-kurze, ſtruppige Benadelung von krankhaft— lichtgnüner Färbung, das Prototyp einer ärmlichen Jugendent— wickelung. — Der vorſtehend mitgeteilte Verſuch beſtätigt alſo ziffermäßig die Beobachtungen des praktiſchen Wirtſchaftsbetriebes, daß die Beſenpfrieme einen hervorragend günſtigen Einfluß auf die Jugendentwickelung der Fichte nimmt, daß ſie dem Kulturbetriebe ein vorzügliches Mittel an die Hand gibt, der Fichte, namentlich auf ärmeren Standorten, über die Jugendgefahren hinwegzuhelfen und ihre jungen Anlagen in frohem Ge— deihen einem zeitigen Beſtandesſchluſſe entgegen zu führen, mit deſſen Eintritt die Zukunft des Beſtandes auch auf minderem Standorte in erfreulicher Weiſe geſichert erſcheint. Die waldbaulich-wirtſchaftliche Bedeutung dieſer Tatſache, die ſich ebenſo auf andere Holzarten übertragen läßt, liegt dem fachmänniſch ge— reiften Urteil klar und vollkommen durchſichtig vor Augen und ähnlich wie die Hellriegelſchen Entdeckungen vom Jahre 1886 auf landwirt— Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 305 ſchaftlichem Gebiete, wird auch die Verwendung ſchmetterlingsblütiger Holzgewächſe im Forſtkulturbetriebe mancherlei Veränderungen bringen und ſich namentlich der mißachteten Beſenpfrieme gegenüber eine duldende Haltung auferlegen. Sie wird dem oft recht aufdringlichen Geſellen Spartium scoparium vom engeren Standpunkte der Beſtandespflege nach wie vor ihre Aufmerkſamkeit zuwenden; ſie wird ihn köpfen und aus— hauen, wo er verdämmende Wirkung ausübt; ſie wird aber nicht prin— zipiell vertilgend gegen ihn zu Felde ziehen, ihn vielmehr als einen treuen Gehilfen im Pflanzkulturbetriebe, namentlich für recht ſchwierige Auf— forſtungen, zu unſchätzbaren Dienſten heranziehen. Wenn die phyſiologiſche Forſchung lehrt, daß jeder pflanzliche Or— ganismus neben den elementaren Grundſtoffen unter anderen auch Stick— ſtoff als konſtituierenden Beſtandteil zu ſeinem Aufbau benötigt, daß Stickſtoff auch in allen Holzarten in immerhin beachtenswerten Mengen nachzuweiſen iſt und — wie Verſuche und Erfahrung lehren — ein kräftiges Gedeihen auf ſtickſtoffarmen Böden ausgeſchloſſen iſt, jo tritt die Sorge um eine aufwandloſe Stickſtoffbereicherung, namentlich der geringſten Bodengüteklaſſen um ſo drängender an uns heran, als die Stickſtoffarmut der Waldböden im allgemeinen anerkannt iſt. Nach vielen aus Fachkreiſen verlautbarten Außerungen beſtätigt die Erfahrung überall die Beſenpfrieme in dieſer bodenverbeſſernden Eigenſchaft, deren wiſſen— ſchaftliche Begründung ſich aus der Analogie der landwirtſchaftlichen Leguminoſen ergibt (vergl. Verf. Arbeit: „Die Beſenpfrieme die Amme (?) der Fichte“. Weißk. Forſtl. Blätter II. 1903). Die früher ſchon erwähnten Hellriegelſchen Entdeckungen laſſen ſich in folgenden Satz kurz zuſammenfaſſen: Den Leguminoſen ſteht neben dem Bodenſtickſtoff, der in den mannigfachſten Verbindungen auch den anderen Pflanzenfamilien zugänglich iſt, eine zweite reichhaltige Quelle im freien elementaren Stickſtoff der Atmoſphäre zur Verfügung, und wenn ſie auch nicht die Fähigkeit beſitzen, den freien Stickſtoff aus der Luft zu aſſimilieren, ſo vermögen ſie denſelben doch unter lebenstätiger Mit— wirkung gewiſſer Mikroorganismen (Bakterien) im Boden, für deren Vorhandenſein die Bildung der ſogen. Wurzelknöllchen das äußere Merk— mal zu ſein ſcheint, im Wege der Symbioſe aufzunehmen. Den auf dieſe Weiſe erworbenen Stickſtoffreichtum geben die Leguminoſen in ihren Abfällen oder im Wege der Gründüngung an den Boden ab, der ihn durch aufſchließende Verweſungsprozeſſe in jene Formen umſetzt, in welchen er von jeder anderen Pflanzengattung aufgenommen wird: ſowohl Ammoniak wie Nitrate ſind beſonders ſtickſtoffreiche . und Reuß, Beſtandesgründung. 306 Die künſtliche Beſtandesgründung. es wird ſpeziell die Salpeterſäure in Verbindung mit vielen, der Pflanze notwendigen anorganischen Baſen (Kalk, Kali, Magneſia uſw.) aufge⸗ nommen. Sit es nun ſtatthaft — und im Prinzip dürfte kein Hinder- nis vorliegen — dieſe Theorie auf die holzigen oder forſtlich intereſſie— renden Schmetterlingsblütler, insbeſondere auf Spartium scoparium zu übertragen, ſo iſt im Hinblick auf den Stickſtoffbedarf der Holzarten einerſeits und auf das Stickſtoffdefizit der ärmeren Standortsklaſſen andererſeits in der Beſenpfrieme ein wirkſames Mittel ſpeziell zur Auf— forſtung dürftiger Standorte geboten, gegen deſſen glänzende Folge— wirkungen die nichtsſagenden Anbaukoſten und ſpäteren Überwachungs— koſten der Beſenpfrieme vollkommen verſchwinden !). Die nähere Unterſuchung einer aus dem früher behandelten Verſuchsfelde aus— gegrabenen Pfriemewurzel zeigte nun in der Tat einen mehr oder minder dichten Beſatz jener Knöllchenbildung, die in den verſchiedenſten Formen an den landwirt⸗ ſchaftlichen Leguminoſen konſtatiert werden und welche mit der Aſſimilation des freien Stickſtoffes in urſächlichem Zuſammenhange ſtehen. Dieſelben präſentieren ſich dem bloßen Auge als ovale, häutige Säckchen bis zu 4 mm Länge und 2 mm Stärke auffällig prall geſtrafft und in lebensfriſchem Zuſtande, vielleicht ſogar nur an den noch lebenstätigen Wurzeln, von weißlich grauer Farbe. An die Luft gebracht oder von der Wurzel abgetrennt, erſchlafft die Knöllchenhülle ſehr bald und die lichte Färbung geht in ein intenſives Braun über. Die Knöllchenbildung nimmt an den tiefer ſtreichenden Wurzeln ſchnell ab; ſie iſt beſonders reich in der oberen Nährſchicht und ſcheinbar an das Vorhandenſein der Wurzelhaare gebunden — in dieſen wieder reichlicher an den jüngeren Teilen als an den älteren ſtärkeren Partien der Wurzel. Die Knöllchen ſind zumeiſt ſeitenſtändig, ſelten endſtändig, ſcheinen aber im letzteren Falle die Längenwachstumstätigkeit der Wurzelhaube zum mindeſten für die Dauer ihres Beſtehens abzuſchließen. Die Figur 62 bringt die photographiſch aufgenommene Wurzel der Beſenpfrieme mit reichlicher Knöllchenbildung (verſchiedene Größe), deren übrigens, ungeachtet der größten Behutſamkeit ein großer Teil im Erdreich zurückblieb oder beim Waſchen abgetrennt wurde. Die von Prof. Merker durchgeführte mikro— ſkopiſche Unterſuchung des Wurzelknöllcheninhalts ergab dichte Maſſen des in den Wurzelknöllchen der Leguminoſen lebenden Bacillus radicicola Beyerinck, des eigent- lichen Vermittlers der ſtickſtoffwerbenden Tätigkeit. Auch die ſogenannten Bakteroiden, ) Im Jahre 1904 wurde übrigens eine die Beſenpfrieme belaſtende Beobach— tung auf den vorher erwähnten Verſuchsflächen gemacht, die hier verzeichnet werden muß. Bei der anhaltenden Sommerdürre 1904 erlitt die Fichte in der Beſenpfrieme ſtärkere Verluſte als auf der beſenpfriemefreien Fläche. Die Erklärung dieſer Er— ſcheinung dürfte darin zu ſuchen ſein, daß der von der Fichtenwurzel beherrſchte Oberboden durch die Dürre ausgeſogen zur Abdorrung der Fichte führte. Offenbar hatte die Pfrieme die Feuchtigkeit der Untergrundſchichten mit ihren mächtig tief greifen— den Wurzeln für ſich derart in Anſpruch genommen, daß die Waſſerzufuhr aus dieſer aufhörte. Verf. machte dieſelbe Beobachtung in Kiefernſchonungen, die mit unter= ſtändigen Fichten durchmiſcht waren. Die Hilfsoperationen der Beſtandespflanzung. 307 nach Schmidt und Weis verzweigte oder degenerierte Involutionsform der Stäbchen— form, welche abgeſtorben und vollſtändig aufgelöſt von ihrem Wirt abſorbiert werden (Eiweißnahrung), waren in zahlreichen Klümpchen nachweisbar. Fig. 62. Beſonderes Intereſſe mußte die von Profeſſor Schweder vorgenommene Analyſe einiger dem Verſuchsfelde entnommenen Bodenproben bieten. Dieſelbe ergab in 100 Gewichtsteilen in Verſuch I in Verſuch II mit Beſenpfrieme: ohne Beſenpfrieme: im Boden i. d. Bodendecke im Boden an hygroſkopiſchem Waſſer 2,30 5,59 2,23 Stickſtoff in lufttrockner Subſtanz 0,30 0,99 0,22 Stickſtoff in der Trockenſubſtanz 0,31 1,06 0,23 20* - 308 Die künſtliche Beſtandesgründung. Dieſe Zahlen ſprechen entſchieden zugunſten einer Bereicherung des Bodens an Stickſtoffverbindungen durch die Beſenpfrieme und werden durch die Ergebniſſe ſpäterer Unterſuchungen, durch welche Profeſſor Schweder die Stickſtoffverteilung in ver— ſchiedenen Bodentiefzonen nachwies, recht intereſſant belegt. (Die Einzelheiten dieſer noch nicht veröffentlichten Daten werden ſ. z. an anderer Stelle gebracht werden.) Probe I Probe II Probe III Probe IV in 100 Teilen Bodentrockenſubſtanz ſind enthalten Stickſtoffteile: in der auflagernden oder haf- \ mit Pfrieme 0,33 0,45 0,80 0,44 tenden vegetabil. Rauhdecke | ohne „ 0,20 0,19 0,34 0,42 in der humoſen Nährſchichte ; mit 5 0,09 0,09 0,08 0,03 (bis 10 em Tiefe) ohne „ 0,05 0,07 0,06 0,04 in der Untergrundsſchichte ) mit . 0,02 0,03 0,006 0,01 (15-34 cm Tiefe) N ohne „ 0,00 0,005 0,01 0,008 Die überaus wichtige Wirkung der Beſenpfrieme in der Richtung einer Steigerung der chemiſchen Eigenſchaften des Bodens, ſpeziell der Stickſtoff— bereicherung, ſteht ſonach wohl außer Frage, doch mag es weiteren Unter— ſuchungen vorbehalten bleiben, ein abſchließendes Urteil über alle Einzelheiten dieſer Frage zu formulieren. Hier erübrigt noch, auch der unter der Beſen— pfrieme ſich vollziehenden außerordentlich günſtigen Veränderung der äußeren und phyſikaliſchen Bodenbeſchaffenheit gebührende Erwähnung zu tun, da derſelben zweifellos auch ein hervorragender Anteil an der günſtigen Einflußnahme auf das erſte Jugendgedeihen der Beſtandesanlagen bei— gemeſſen werden muß. Ganz abgeſehen davon, daß in dieſer Beziehung ſchon dem ſtarken Korroſionsvermögen (Ausſcheidung von Kohlenſäure und organiſchen Säuren durch die Saugwürzelchen) der bis in die Tiefe von 1 m eindringenden Pfriemewurzel eine gewiſſe Begünſtigung der Nährkrumebildung zuerkannt werden darf, ſpricht auch die oberflächlichſte Unterſuchung des Bodens ſehr zugunſten der Beſenpfrieme und gibt für die wohltätige Einwirkung auf die phyſikaliſchen Eigenſchaften greifbare Anhaltspunkte: 1. Die Beſenpfrieme liefert einen reichlichen Abfall an zarten Blättchen, Schoten, Hülſen und jungen Trieben, welche letztere, durch Winterfröſte maſſig abgetötet oder in natürlichem Reinigungsprozeſſe abgeſtoßen, in ſtarker Schichtung auflagern und ſchneller Zerſetzung entgegen gehen. 2. Infolgedeſſen bildet ſich in wenigen Jahren eine reiche Humus— decke, welche neben ihren wichtigen chemiſchen Funktionen auch eine feuch— tigkeitsſammelnde und feuchtigkeitskonſervierende Wirkung ausübt. Ebenſo wirkt der lebende Strauch ſelbſt in dieſer Richtung bodenpflegend, indem er bei dichterer Wucherung die nachteiligen Einflüſſe von Wind, Sonne uſw. vom Boden abhält. Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 309 3. Die mineraliſche Bodennährſchicht iſt unter der Beſenpfrieme oft von einer bis zu 10 em mächtigen myzelartigen Wucherung, einem Faden— pilz, überlagert, der die oben erwähnte Rauhdecke mehr oder weniger durchſchlingt und mit dieſer offenbar auch auf die Lockerung, Kühlung, Durchlüftung und Feuchtigkeit der Nährſchicht einen außerordentlich günſtigen Einfluß ausüben muß. Dieſes Pilzmyzel durchwuchert den Boden vielfach auch in der Tiefe und ſcheint an den Wurzelſträngen der Beſenpfrieme herabzuſteigen. Der vorgreifende oder gleichzeitige Anbau der Beſenpfrieme durch Saat zwiſchen die Pflanzkulturreihen muß ſonach als ein ſehr ſchätzbares Mittel zur erfolgreichen Aufforſtung ſchwieriger Standorte hingeſtellt werden. Ihr Anbau iſt übrigens nicht allzuleicht. In einem Falle wuchert ſie mit unglaublicher Zudringlichkeit, im anderen verſagt ſie auf demſelben Standorte vollſtändig, geht nicht einmal auf und benimmt ſich als ſehr eigenwilliger Geſelle. Wo ſie den Forſtkulturgewächſen durch Überwucherung Schaden zu bringen droht, iſt fie unbedingt und rück ſichtslos zurückzuſchneiden, beziehungsweiſe zu entfernen. 10. Bapitel. Die Urbarmachung von der unmittelbaren Aufforſtung nicht zugänglichen Waldböden, A. Die Entwäſſerung. Entwäſſerung im forſtlich-waldbaulichen Sinne iſt die ört— liche Ableitung überſchüſſiger Waſſerſpeicherungen aus einem ſonſt kultur— fähigen Gelände bis zu jenem Maße, daß der Holzwuchs die Vorbe— dingungen zu gedeihlicher, den ſonſtigen Standortsverhältniſſen entſprechen— der Entfaltung finde. In großem Maßſtabe und in der Abſicht eingelegt, den Waſſerſegen auf kürzeſtem Wege aus dem Walde in die natürlichen Waſſerläufe abzuleiten, tritt ſie ſehr leicht in grellen Widerſpruch mit der Waſſerhaushaltung des Bodens und der Natur überhaupt und wird des— halb in ihren großen Ausführungsarbeiten und ſoweit ſie ſich auf Urbar— machung der natürlichen Waſſerreſervoirs größerer Waldgebirge (Moore, Filze) ausdehnt, mit vollem Rechte als eine mit den Rückſichten der Bodenkultur im allgemeinen meiſt nicht im Einklange ſtehende Maßregel bekämpft, beziehungsweiſe nur da angewendet, wo ſie in der Form ört— 310 Die künſtliche Beſtandesgründung. lich meiſt beſchränkter Waſſerableitungen in den engeren Dienſt der Be— ſtandesgründung geſtellt werden muß. § 107. Formen, Arten und Entſtehung von Vernäſſungen. Wir unterſcheiden vorübergehende und dauernde, räumlich beſchränkte (ſog. Naßgallen) und ausgebreitete Vernäſſungen. Die vorübergehenden und die räumlich beſchränkten bieten wohl ſeltener Anlaß zu forſtlich meliorierenden Eingriffen, inſofern ſie den Holzwuchs nicht ernſtlich zurückhalten. Auch die periodiſch wiederkehrenden Über— ſchwemmungen gehören hierher. Sie ſind meiſt dem Bereich der forſt— lichen Tätigkeit entrückt, nur durch aufwandvolle Meliorationsbauten und Regulierungsarbeiten zu beheben und deshalb der Obhut des Staates als dem berufenſten Hüter der allgemeinen Landeswohlfahrt vorbehalten. Dauernde und ausgebreitete Vernäſſungen entſtehen da, wo Waſſer— zufuhr und -abfluß zu ungunſten des letzteren in Mißverhältnis treten. Dieſes Mißverhältnis kann veranlaßt werden: 1. durch undurchläſſige Bodenſchichten, 2. durch unzureichendes Gefälle, 3. durch gehemmte Verdunſtung. 1. Wo die durch lockeres Bodengefüge abſickernden Tagewäſſer auf eine lehmige-lettige Unterlage ſtoßen, da werden ſie durch dieſe un- durchläſſige Schichte aufgehalten. Bei ebenem Verſtreichen derſelben — ſammeln ſie ſich, und durchtränken mit je nach der Zufuhrmenge ſich ſtei— gernder Wirkung die obere Lockerſchicht vollſtändig. Im Terrain oder auf der mit Gefälle verſtreichenden Lettenſchicht überhaupt ſickern die Tage— wäſſer langſam abwärts, um an einer anderen, oft viel tiefer und weitab gelegenen Stelle Vernäſſungserſcheinungen hervorzurufen oder auch in der Tiefſchicht ſich zu verlieren, wenn die undurchläſſige, waſſerleitende Schicht unterbrochen wird oder von der Fallrichtung abweicht. Ein ein— gehendes Studium der Bodenſchichtung, Begrenzung und Verſtreichung ſolcher undurchläſſiger Zwiſchenlagerungen, auch die Ermittelung ihrer Mächtigkeit ſind deshalb bei Behebung von Vernäſſungen oft von großer Wichtigkeit. 2. Der Mangel an Gefälle iſt wohl die allergewöhnlichſte Ur— ſache der Waſſeranſammlung und wo Gefällsmangel und Undurchläſſig— keit des Bodens zuſammenfallen, arten die Vernäſſungen nicht ſelten zu großen ausgedehnten Sumpf- Moor- oder Filzbildungen aus, welche als wichtige Regulatoren des Waſſerkreislaufes, als Regenſpender und Quellen— ernährer nach den Erfahrungen der Neuzeit ein „noli me tangere“ für Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 311 alle Zeiten bilden und unangetaſtet der Geſamtwohlfahrt erhalten werden müſſen. Sie werden deshalb heute nicht mehr in den Bereich forſtlicher Bodenmeliorationen einbezogen. Trockengelegt dienen ſie ohnehin der Holzzucht nur in ſehr geringem Maße. Wo bei geringerer Flächenaus dehnung die Entwäſſerung in Angriff genommen wird, ſtehen die einſchlägigen Arbeiten rückſichtlich der Ent— ſtehungsurſachen meiſt vor geklärter Situation, während im Terrain die Ausgangspunkte einer Vernäſſung oft ſchwer gefunden werden. In der Regel wird die Wirkung des Gefällsmangels durch waſſerhaltende Boden— überzüge (Waſſermooſe uſw.) ſehr geſteigert. 3. Rückſichtlich der gehemmten Verdunſtung iſt in erſter Reihe die bekannte Erſcheinung hervorzuheben, daß dem Abtriebe von ertrags— reichen Altholzbeſtänden, deren Gedeihen und Endbeſchaffenheit nichts zu wünſchen übrig ließen, ſehr häufig die Bildung von Vernäſſungen auf dem Fuße folgt, von denen im Altholzbeſtande keine Spur zu bemerken war. Hier handelt es ſich offenbar um die mit dem Abtriebe aufgehobene laufende Verdunſtung durch die Wechſelwirkungen zwiſchen Wurzel- und Blattvermögen des Altholzbeſtandes, welche bisher hervorragend waſſerab— leitend gewirkt haben. Nunmehr ſpeichert ſich das Waſſer und führt nach Hinzutreten der Bildungsurſachen 1. und 2. mehr oder minder ausgedehnte Vernäſſungen herbei. Dieſelben gehören eigentlich auch nur den vorüber— gehenden Vernäſſungen an, ſind aber jedenfalls häufig von einer In— tenſität und Dauer, daß Beſtandesgründung und -erziehung empfindliche Störungen erfahren, die zum mindeſten ſo lange anhalten, bis der Be— ſtand ſelbſt den Waſſerableitungsapparat aus eigener Kraft durch Ver— dunſtung wieder in Tätigkeit ſetzt. Darüber gehen immer Dezennien um— faſſende Zeitläufe hin, Zeitläufe, die vollkommen genügen, die ertrags— reichſten Böden dauernd in unproduktive Verfaſſung zu bringen, wenn nicht rechtzeitig die meliorierende Hand eingreift, um durch vorübergehende Entwäſſerungsanlagen die Vorbedingungen für eine gedeihliche Entwickelung des Jungbeſtandes zu ſchaffen. § 108. Die Bedeutung überſchüſſigen Waſſers für das Gedeihen der Holzgewächſe. Waſſer iſt eine der wichtigſten Quellen der Elemente, aus denen der Pflanzenkörper hauptſächlich ſich aufbaut, es iſt die unerläßliche Voraus— ſetzung der Vegetation überhaupt. Die Feuchtigkeit iſt daher die wichtigſte, die aufſchließende phyſikaliſche Eigenſchaft des Bodens. Der friſche Wald— boden ſagt allen Holzarten am meiſten zu; der feuchte nur wenigen und 312 Die künſtliche Beſtandesgründung. in minderem Grade, der naſſe keiner, ſelbſt Erle und Weide machen bei ſtagnierender Näſſe kaum eine Ausnahme. Das Grundwaſſer ſteht ſelbſt— verſtändlich zum Waſſergehalte der Nährſchicht in innigen Beziehungen. Die wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten, deren Wurzeln dauernd im Be— reich des Grundwaſſerſpiegels ſtocken, zeigen ein mehr oder minder herab— geſetztes Gedeihen. Der Grundwaſſerſtand unterliegt jährlich größeren Schwankungen, iſt aber auch innerhalb eines und desſelben Jahres mancherlei auffälligen Veränderungen ausgeſetzt, die nicht vom Witterungs— verlauf allein abhängen. Im Frühjahr erreichen die Grundwäſſer im all— gemeinen ihren höchſten Stand (Winterfeuchtigkeit). Sie treten im Laufe der Vegetationsperiode zurück und pflegen im Herbſte den Minimalſtand zu er— reichen. Die nährende Flachſchicht des Bodens hat nebenbei auch täg— liche Schwankungen zu verzeichnen, die mit den Erwärmungs- und Ver— dunſtungsverhältniſſen der verſchiedenen Bodentiefzonen zuſammenhängen und ebenfalls für die Pflanze von großer Bedeutung ſind, namentlich in jenen Zeiten, wo der Grundwaſſerſpiegel unter den Wurzelbereich zurück— tritt, Niederſchläge länger ausbleiben und die warme Untergrundſchicht ihre aufſteigenden Waſſerdämpfe an die nächtlich ſtärker abgekühlten Bodennährſchichten abgibt — Taubildung aus dem Untergrund. Welcher Grad von Feuchtigkeit zuträgliche, welcher nachteilige Wirkun— gen hervorruft, das Optimum des Feuchtigkeitsgrades, läßt ſich nicht einheit— lich beſtimmen, es iſt nach Art der Pflanze und bei gleichen Arten je nach der durch äußere Umſtände beeinflußten Verdunſtungsenergie indi— viduell und zeitlich ſehr verſchieden. Jedenfalls aber iſt ein mit Waſſer dauernd geſättigter Boden, ein Boden, deſſen Poren und kapillarwirkenden Hohlräume mit Waſſer gefüllt, deſſen Feinteile vielleicht obenein mit Imbibitionswaſſer durchtränkt ſind, mit einem Worte ein naſſer Boden, in welchem ſich das eingeſchlagene Loch mit Waſſer füllt oder der aus— geſtochen von Waſſer trieft oder das Waſſer bei Preſſung mit der Hand in tropfbar flüſſiger Form abgibt, — dem Holzwuchs unter allen Um— ſtänden nachteilig und wenn auch manche Holzarten im naſſen, ihnen ſonſt aber zuſagenden Standorte noch gutes Fortkommen finden, ſo iſt damit nicht geſagt, daß eben dieſe Holzart bei dauernd reicher Boden— friſche nicht noch beſſer gedeihen würde. Die nachteilige Wirkung überſchüſſigen Waſſers im Boden, ihrem Grade nach je nach Maßgabe des Waſſerbedarfes bei den Holzarten ſehr verſchieden, wird in erſter Reihe bedingt durch die vom Waſſer aufge— hobene oder wenigſtens ſehr gehemmte Bodendurchlüftung und herabgeminderte Sauerſtoffzufuhr. Infolgedeſſen wird die „At— Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 313 mung“ der Wurzel unmöglich, ihr Ausbau, ſpeziell die andauernde Wurzel— ſtreckung, die Bildung des Feingewürzels, der eigentlichen Aufnahmsorgane, der Wurzelhaare uſw. hintangehalten, die Zerſetzungstätigkeit des Bodens herabgeſtimmt, die Bodenchemie und -phyſik in jeder anderen Richtung in eine dem Pflanzenwuchs entſchieden abträgliche Verfaſſung gebracht. Es ſei da erinnert an die Säurebildung, ſei erinnert an die beeinträchtigte Bodenwärme und Erwärmungsfähigkeit, welche namentlich am Eingange in die Vegetationsperiode, alſo gerade in der Zeit ſo nachteilig wirkt, welche für die Arbeiten der Beſtandesgründung, mehr oder weniger auch für deren Erfolg maßgebend iſt. Die forſtliche Praxis ſpricht deshalb naſſen Böden, ganz abgeſehen von anderen meteoriſch ungünſtigen Begleiterſcheinungen (Fröſten uſw.), die pri— märe Kulturfähigkeit ab, ſchreitet aber zu beſonderen Maßregeln, wo ſie dieſelbe ohne einen den Forderungen der Ertragswirtſchaft widerſprechen— den Aufwand erreichen kann. $ 109. Die praktiſchen Arbeitsdurchführungen der Entwäſſerung. Die Entwäſſerung kann ihre Aufgaben nur durch eine entſprechende Vertiefung des Grundwaſſerſpiegels löſen. Dieſelbe wird erreicht durch Ableitung des überſchüſſigen Waſſers in den tieferen, oft durch eine undurchläſſige Schicht abgeſchloſſenen Untergrund oder durch Ab— leitung in mit entſprechendem Gefälle angelegten Gräben. Die erſtgenannte Form, wohl nur anwendungsfähig in ebenem oder ſehr gering geneigtem Gelände, zielt darauf ab, die undurchlaſſende Schicht an einer oder mehreren Stellen in zuſammenhängenden Längseinſchlägen oder auch nur löcherartig zu durchbrechen und dem auf der Lettenſchicht abſickernden oder ſtagnierenden Waſſer Gelegenheit zu bieten, ſich im Untergrunde zu verbreiten. In gleichmäßig von allen Seiten zuſammen— fließenden Geſenken, ſogenannten Himmelsteichen, genügt in ſolchen Fällen zumeiſt die Durchbrechung der Dichtſchicht im tiefſten Punkte (Durch— ſchachtung), im Gehänge dagegen und namentlich bei ſchwachen Neigungen iſt die ſyſtematiſche Durchbrechung in Form von grabenartig geſtreckten ſchmalen Durchſchlägen, deren Entfernung ſich mit dem Gefälle ſteigern kann, notwendig. Ungleich gebräuchlicher, wirkſamer und ſicherer iſt die Wegführung des Waſſers in zu dieſem Behufe angelegten Gräben zum mindeſten bis zu Stellen, wo die Vorbedingungen zu gefährdenden Vernäſſungen in be— ſorgniserregendem Maße nicht mehr vorliegen und die Arbeiten der Be— ſtandesgründung ſowie die Beſtandesentwicklung bei erhöhten Gefälls— 314 Die künſtliche Beſtandesgründung. verhältniſſen nicht mehr beeinträchtigt erſcheinen. In der Landwirt— ſchaft verfolgen wir die Entwäſſerungsanlage bis in die älteſte Zeit zurück. Sie arbeitet in Würdigung des hohen Ertragswertes ihrer Gründe ohne jede Einbuße von Anbaufläche meiſt mit einem gedeckten Ableitungsapparat, mit Drainage oder eingedeckten Gräben. Für die Waldwirtſchaft iſt die Herſtellung derartiger Enwäſſerungsanlagen viel zu aufwandvoll und um ſo weniger gerechtfertigt, als bei der ohnehin weitſtändigen Erziehung der Holzbeſtände ein ſchmalſtreifenförmiger Ver— luſt von Anbaufläche gar nicht ins Gewicht fallen kann. Die gedeckten Gräben werden daher wegen ihrer Koſtſpieligkeit und wegen ihrer im Waldgelände ſo häufigen Verſtopfungen nur in ſehr ſeltenen Ausnahmsfällen eine gewiſſe Berechtigung haben, wo die offenen Gräben etwa durch den Ver— kehr von Weidevieh fortwährenden Böſchungsbeſchädigungen ausgeſetzt wären, oder beſondere Rückſichten irgend welcher Art die Anlage offener Gräben verbieten. — Die geſchloſſene Grabenanlage unterſcheidet den Faſchinen- und den Steindrain. Beide werfen zunächſt offene Graben auf. Der erſtere legt auf geſpreizt eingeſchlagene Pfähle dichte Faſchinen— bündel, die mit Raſenplaggen gedeckt werden; der letztere baut in der Grabenſohle einen förmlichen Kanal aus roh zuſammengeſetzten Stein— platten, welche in ihrem Lichtraum das Waſſer abführen. Die auf dieſe Weiſe in der Tiefe hergerichteten Gräben werden dann mit dem ausge— hobenen Erdreich wieder zugeworfen. Zu den gedeckten, wenn auch nur für ſehr kleine Naßgallen anwendbaren Entwäſſerungsanlagen gehört auch die ſogenannte „Sickerdohle“. Sie wird hergeſtellt durch Einfüllung von grobem Schotterjtein in die Grabenſohle oder in den ausgehobenen Untergrund. Die Rückfüllung des ausgehobenen Materiales erfolgt nach Eindeckung des Schotterbettes mit Raſenplaggen, Reiſig uſw. Größeren Entwäſſerungsanlagen, der Entwäſſerung des freien Wald— landes überhaupt, dient entſchieden der offene Graben weit zweckmäßiger. Er iſt deshalb auch bei der waldbaulichen Bodenmeliorationspraxis all— gemein in Aufnahme. Wo es ſich um einfache Ableitung örtlicher Waſſeranſammlung handelt, welche die Ausführungsarbeiten und die Er— folge der Beſtandesgründung beeinträchtigen, da genügen in der Regel langgeſtreckte Einzelgräben, die das Waſſer bis zu einem ſtärkeren Gefälle, überhaupt zu einer Stelle leiten, wo die Gefahr einer nachteiligen Ver— näſſung nach Maßgabe der Boden-, Terrain- und Beſtandesverhältniſſe nicht vorliegt. Sie werden in den meiſten Fällen aus dem Stegreif oder nach dem Augenmaß angelegt und ſollen nur in Notfällen das Waſſer an die natür— lichen Gerinne abliefern. Vernäſſungen von größerem Flächenzuſammen— Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 315 hange, welche die Güte des zweifellos produktiven Waldbodens augen— ſcheinlich ſehr herabmindern und nicht etwa in die Kategorie der natür— lichen Waſſerreſervoirs, der Moore und Sümpfe gehören, erheiſchen vor— bereitende Arbeiten durch Vermeſſung und Nivellement, überhaupt die Ausarbeitung eines um ſo detaillierter gehaltenen Planes, je weniger die Ge— fällsverhältniſſe ausgeprägt ſind. Die auf dem Situationsplan feſtgelegte Anlage wird durch Abſteckung in das Freiland übertragen. Sie bedient ſich in der Regel eines ganzen Syſtems von Gräben verſchiedener Ordnungen: III. Ordnung, d. ſ. Saug- und Fanggräben, welche immer am Urſprung der Vernäſſung angelegt, das Waſſer ſammeln und ſo dicht angeordnet ſein müſſen, daß das von ihnen durchnetzte Gelände wirkſam bis zur Kulturfähigkeit entwäſſert wird; Gräben II. Ordnung, d. ſ. Verbindungsgräben, welche das Sammelwaſſer der Sauggräben aufnehmen und an die Gräben J. Ordnung d. ſ. die Haupt- oder Ableitungsgräben abgeben. Letztere münden mit Rückſicht auf die be— deutenden Waſſermengen, welche ſie wenigſtens zeitweilig fördern, in die natürlichen Rinnſale ein. Je nach dem Umfang einer ſolchen Anlage, je nach den Rückſichten, welche Terrain und Bodenbeſchaffenheit aufer— legen, wird das Grabenſyſtem vollſtändig oder auch in vereinfachten Formen ausgebaut, ſo zwar, daß die Praxis der Beſtandesgründung wohl meiſt mit den Sammel- und Ableitungsgräben ihr Auskommen findet. — Für Anlage und Erhaltung eines Entwäſſerungsapparates ſind Ge— fälle und Böſchung der Grabenwandungen von hervorragender Be— deutung. Ein ſtarkes Gefälle ſchädigt den Graben ſehr leicht durch Unter— waſchungen, reißende Wirkungen und Wegſpülung, um ſo mehr, je größer die Kraft, welche die abſtrömenden Waſſermaſſen zur Außerung bringen. Da die Gewalt des abfließenden Waſſers durch das Gefälle weſentlich geſteigert wird, ſo muß bei Beſtimmung des Grabengefälles immer weiſe Vorſicht walten, damit es nicht über jenes Maß hinaus— greife, welches zur flotten Abbeförderung der geſammelten Waſſermaſſen unbedingt notwendig ericheint. — Dem Sauggraben wird immer nur ein minimales Gefälle gegeben, welches eben genügt, das angeſammelte Waſſer in den tiefſten Punkten an die Gräben höherer Ordnung ab— zugeben. Sie erfüllen mit dem geringſten Gefälle ihre Aufgaben am vollſtändigſten, denn der horizontal, alſo lotrecht zum Waſſerabfluß ge— legte Graben wird immer den größten Terrainabſchnitt unterfangen und iſolieren. Die Verbindungs- und Ableitungsgräben haben i. a. ein ſtärkeres 316 Die künſtliche Beſtandesgründung. Gefälle, doch ſoll auch dieſes im Intereſſe der Grabenkonſervierung nicht über das notwendige Maß hinausgreifen, nur ſo bemeſſen ſein, daß das Waſſer flott gefördert wird und nicht in träg⸗ſtauendem Abfluß die Gräben bis zum Rande füllt, den Grundwaſſerſpiegel bis in das Bodenniveau hebend. Ortliche Verhältniſſe, Dichtheit und Zuſammenſetzung des Bodens uſw. geben die Anhaltspunkte für die Gefällsbemeſſungen, für welche brauch— bare theoretiſche Richtpunkte nicht geſchaffen werden können. Von noch größerer Bedeutung für die Erhaltung und ungeſtörte Wirkſamkeit des Grabens iſt die Böſchung. Wir verſtehen darunter das einſeitige Zurücktreten der oberen Grabenweite von der ſenkrecht gedachten Wandung und benutzen als allgemeinen Ausdruck für den Böſchungsgrad jenes Maß, um welches die obere Grabenweite einſeitig von der ſenkrecht gedachten Grabenwand (Grabentiefe) zurücktritt. Iſt dieſes Maß gleich der Grabentiefe ſo ſpricht man von einem Graben mit ganzer oder einfacher, voller Böſchung; tritt dagegen die obere Weite von der ſenkrechten um /, ½ oder um 1, 2faches Maß der Tiefe zurück, ſo ſpricht man, dem Maße entſprechend, von einer viertel, halben, anderthalbfachen oder doppelten Böſchung. Der Zweck der Böſchung iſt nicht allein, die Reibung des Waſſers an den Graben— wandungen und ſeine zerſtörenden Folgen abzumildern, ſondern auch das Abwaſchen durch Regen, das Abrollen, Abrutſchen uſw. tunlichſt zu ver— hüten. Das Böſchungsmaß hat ſonach mit der Feſtigkeit des Erdreiches, mit deſſen Empfindlichkeit gegen atmoſphäriſche Einflüſſe zu rechnen, dabei aber auch nicht ganz außer acht zu laſſen, daß mit der Böſchung der Ver— luſt an produktiver Fläche eine raſche Steigerung erfährt. Die Böſchung kann — 0, alſo die Grabenwand ſenkrecht ſein, wo der Graben, z. B. in geſetztem Torfgebilde verlaufend, feſt ſteht und vom Waſſer, Froſt uſw. keinen Beſchädigungen ausgeſetzt iſt. Er wird aber auch mit doppelter Böſchung angelegt, wenn lockerer Sand oder ſchwammigflüſſiger Moorboden die Wandungen zuſammenfließen macht. Das Normalmaß für Entwäſſerungsgräben ſchwankt zwiſchen halber und ganzer Böſchung. Die Dichtheit des Grabennetzes richtet ſich nach der Waſſerkapazität des Bodens. Sie ſoll ſo gewählt ſein, daß der Zweck der Entwäſſerung, d. i. Trockenlegung des Waldbodens bis zum Grade ſeiner Kulturfähig— keit, vollſtändig erreicht werde. Um die Wirkung des Grabenſyſtems zu prüfen, müſſen in entſprechenden Entfernungen ſenkrechte Einſchläge ge— macht werden. Der Abſtand jenes Einſchlages, in welchem der Grund— waſſerſpiegel bis zu dem feſtgeſetzten Minimalmaß geſunken iſt, von dem Grabenlauf iſt gleich der halben Entfernung der Gräben unter ſich, gibt alſo den Maßſtab für die Dichte des Grabennetzes. Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 317 § 110. Allgemeine Würdigung der Entwäſſerung. Die ältere Zeit hat aus berechtigter Sorge vor der ſtets ſich ſteigernden Holznot ſchon mit Rückſicht auf die mangelhaftere Ausbildung der Wirtſchaftstechnik naturgemäß mehr die räumliche Ausbreitung als die Intenſität des Wirtſchaftsbetriebes ins Auge gefaßt. Sie richtete ihr Augenmerk in erſter Reihe — etwa ſeit Beginn des vorigen Jahr— hunderts — auf die Wiederbewaldung der unter dem Einfluß eines ſorgloſen Abnutzungsbetriebes entſtandenen großen Waldöden. Zu einer Zeit aber, in der die höchſte Ausnutzung des Bodens durch die land— und forſtwirtſchaftliche Gütererzeugung gewaltſam zu einer ſcharfen Trennung von Wald- und Ackerland hindrängte, wo das Streben nach Acker- und Weideland den Beſtand des Waldes vielfach bedrohte, da wurde die Waldwirtſchaft auf die Frage hingelenkt, auch die bisher unproduktiv liegenden oder wenigſtens nicht in den Dienſt der Holz— produktion geſtellten Flächen der Sümpfe, Moore, Filze durch Entwäſſerung urbar zu machen. In den Jahren 1830 - 1860 wurde in Gebirgsforſten Sachſens, Böhmens, des Harzes u. a. O. auf dieſem Gebiete viel geleiſtet. Die zunächſt erzielten Erfolge ſprachen auch vielfach zugunſten der Entwäſſerung. Sie verleiteten vielfach zu einer grundſätzlichen Ent— führung des Waſſerſegens aus dem Walde, deren verderbliche Folgen für die Holzzucht ſelbſt und für die Bodenkultur im allgemeinen nur zu bald hervortraten. — Enttäuſcht ſtellte man überall die Arbeiten ein, denn man machte die Erfahrung, daß wie dem Gebirgswalde ſelbſt, ſo insbeſondere ſeinen natürlichen Waſſerreſervoirs, den Mooren und Sümpfen eine regen— erzeugende Wirkung beigemeſſen werden müſſe, indem ſie die relative Feuchtigkeit der Luft erhöhen, ſie öfter und reichlicher dem Sättigungs— punkte näher bringen, den Waldboden dauernd friſch, feucht erhalten, namentlich auch in der Richtung der Verteilung der Niederſchläge als unſchätzbare Regulatoren und nachhaltige Speiſer unſerer Quellen, Bäche und Flüſſe angeſehen werden müſſen. Nirgend vermochte man die Ent— wäſſerung mit den Zielen und Aufgaben der pfleglichen Bodenwirtſchaft in Einklang zu bringen. Der durch ſeine Energie und Arbeitserfolge rühmlichſt bekannte ſächſiſche Oberforſtmeiſter v. Berlepſch, unter dem im ſächſiſchen Erzgebirge in Entwäſſerungen Bedeutendes geleiſtet worden war, erhebt in der „Leipziger wiſſenſchaftlichen Zeitſchrift“ warnend ſeine Stimme und ebenſo wird aus den entwäſſerten Gebirgswaldungen des Harzes (Rettſtadt), Böhmens (L. Reuß) berichtet, daß ſich die Entwäſſerung nicht bewährt habe, daß die „zur Ader gelaſſenen“ Filze und Moore der Holzzucht nicht dienſtbar gemacht wurden, dafür aber die Wachstums- und Produk— 318 Die künſtliche Beſtandesgründung. tionsverhältniſſe der betroffenen Waldgebirge ſehr herabgedrückt, die Auf— forſtungsſchwierigkeiten geſteigert und der Witterungscharakter, namentlich hinſichtlich der Extreme — langanhaltende Dürre im Wechſel mit oft ver— derbenbringenden Niederſchlagsmengen — in beängſtigender Weiſe ver— ändert wurden, Tatſachen, die L. Reuß zu dem Ausſpruch veranlaßten: „Alle Welt iſt heute darüber einig, daß die Entwaldung der Gebirge auf die Witterung einen ſtörenden Einfluß übt, beſonders auf Menge und Verteilung des Regens: Die Entwäſſerung unſerer Gebirgswaldungen muß notwendig in derſelben Richtung wirken, nur mehr direkt und unmittelbar. Durch die Entwäſſerung antizipiert man gewiſſermaßen die Folgen der Entwaldung, man führt auf dem geradeſten Wege und in kürzeſter Friſt die Kalamitäten herbei, die mit der Entwaldung nach und nach erſt auf Umwegen heranziehen“. — In wirkſamen Farben illuſtriert der genannte Autor in der Abhandlung: „Die Entwäſſerung der Gebirgswaldungen, Prag 1874“, die Folgenachteile der in den mittelböhmiſchen Forſten (1850 bis 1860) durchgeführten Entwäſſerungen: „Früher und ſolange das aus der Atmoſphäre niedergeſchlagene Waſſer noch nicht künſtlich abgeleitet wurde, mußte ein großer Teil desſelben ſich über die Oberfläche verteilen und notwendig in den Boden eindringen. Der Boden nahm es auch willig auf, weil er ſich bei höher liegendem Waſſerſpiegel lange friſch erhielt und ſelten jenen Trocken— grad erreichte, der das Aufſaugen ſo ſehr erſchwert. — Hatte ſich der Boden einmal mit Waſſer geſättigt, ſo war der normale Stand der Quellen und Bäche auf Monate hinaus geſichert. Mit der Schneeſchmelze und nach Regenwetter ſtieg das Waſſer in den Bächen ganz allmählich und langſam, ohne eine exzeſſive Höhe zu erreichen; und es dauerte lange, bis wieder ein merkliches Sinken beobachtet wurde. — Das von den Quellen und Bächen nicht abſorbierte Waſſer brauchte Wochen und Monate, um an Ort und Stelle zu verdunſten. Die Verdunſtung war eine reichliche, ſtetige und nachhaltige; fie erhielt den Boden friſch, die Luft feucht und wurde die unmittel- bare Veranlaſſung zu wiederholten Niederſchlägen. Der Regen erfolgte in nicht allzu— langen Zwiſchenräumen, meiſt ſanft und mäßig, ſelten heftig und gewaltſam. Dichte, wäſſerige Nebel waren zur Frühjahrs- und Herbſtzeit eine gewöhnliche Erſcheinung. Reichlicher Tau tränkte Flur und Wald. — Verdunſtung und Niederſchläge unter— hielten ſich gegenſeitig und hatten im ganzen einen ziemlich regelmäßigen Kreislauf. — Die Feldarbeiten und Waldkulturen wurden durch regneriſches Wetter oder über— ſchüſſige Bodenfeuchtigkeit zuweilen etwas verzögert oder unterbrochen; es traten auch wohl Perioden ein, wo ein erquickender Regen etwas länger als erwünſcht auf ſich warten ließ; man konnte bald dieſes bald jenes an der Witterung ausſetzen, aber im allge— meinen war ſie für die Vegetation keineswegs ungünſtig. Wälder und Felder ge— diehen leidlich, wenn auch dann und wann ein Mißjahr dazwiſchen trat. Jetzt aber, und ſeitdem der Wald mit Abzugsgräben durchzogen wurde, ge— ſtaltet ſich die Sache anders. Das Waſſer, welches der Boden im Laufe des Winters anſammelt, wird in den erſten Wochen des Frühlings fortgeführt. Das Grundwaſſer, deſſen Spiegel ſo tief heruntergedrückt wurde, kann für ſich allein eine energiſche Ver— dunſtung nicht unterhalten. Boden und Luft erreichen ſehr bald einen hohen Grad— Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 319 von Trockenheit und ſomit ſchwinden die Vorbedingungen für Niederſchläge. Regen erfolgt ſelten anders als mit Gewitter und dann meiſt in heftigen Güſſen. Das herabſtürzende Waſſer wird von dem trockenen Boden ungern aufgenommen; es fließt auf den geneigten Flächen raſch ab, konzentriert ſich in den Terrainfalten und Rinn- ſalen, wird von den Gräben gefangen, zerreißt und vertieft ſie, unterwäſcht die Wurzeln der anſtehenden Bäume, beſchädigt die Wege, treibt überhaupt allerhand Unfug und eilt — mit Erde und organiſchen Abfällen überladen — in raſender Eile abwärts. Mit erſtaunlicher Geſchwindigkeit ſchwellen die Bäche zu ſchäumenden Fluten und ebenſo ſchnell treten fie wieder zurück. Das Waſſer iſt fort .. .“ Dieſe durch die ſtatiſtiſchen Aufzeichnungen der Teichwirtſchaft, der Induſtrie uſw. reich belegten Illuſtrationen, die traurigen Waldbilder auf dem trocken gelegten Gelände und die furchtbare Verwüſtung, welche entwäſſerte Hochlagen in die blühenden Täler herabſandten, klagen die kulturtragende Hand des Menſchen mit Recht der unbedachten Eingriffe in das weiſe Walten der Natur an, hohe Vorſicht, namentlich bei allen großen Entwäſſerungsanlagen gebietend und dem Forſtwirte einſchärfend, daß er der berufenſte Hüter der gewaltigen Reſervoire ſei, mittels welcher die Natur die Waſſerbewegung, den Waſſerkreislauf regelt. Die Entwäſſerung ſoll weniger die Entführung des Waſſers aus dem Bereich des Waldes — ſie iſt gleichbedeutend mit Waſſerraub — ſondern örtliche Vertragung einer Waſſeranſammlung d. h. die Ableitung von einer Stelle ins Auge faſſen, an der ſie momentan gegen wirtſchaft— liche Rückſichten — Aufforſtung, Beſtandesgedeihen, Beſtandesſicherheit uſw. — verſtößt. Schon Altmeiſter Burckhardt hat die Anſicht vertreten, daß die Entwäſſerung rationell mit der Bewäſſerung des Waldlandes tunlichit Hand in Hand gehen ſolle. Und in der Tat, wie leicht iſt es, das Waſſer, welches die Arbeiten der Beſtandesgründung behindert oder die Entwickelung eines jüngeren Beſtandes empfindlich beeinträchtigt, bis zu einer ſtärkeren Bodenneigung oder zu einem in voller Verdunſtungs— kraft ſtehenden Altholzbeſtand abzulenken, das Waſſer in Bewegung und in ſeinen natürlichen Kreislauf zu bringen, ohne daß dem bewäſſerten Beſtande daraus Gefahren erwachſen und das Waſſer ſelbſt dem Walde geraubt werden müßte. Die moderne Waldbaulehre arbeitet deshalb nur mit Entwäſſerung im kleinen. Ihr Ziel iſt die Behebung örtlicher Waſſerſtauungen, eine den Terrain- und Betriebsverhältniſſen angepaßte Ortsveränderung der Waſſerſpeicherung, die aber nur ausnahmsweiſe zur Waſſerableitung in die natürlichen Gerinne ſchreitet, ſomit die Boden— feuchtigkeit örtlich verlegt, verteilt, mildert, nie raubt ſondern konſerviert. Große ſyſtematiſch durchgeführte Entwäſſerungen, insbeſondere die mit dem Endziele forſtlicher Produktion durchgeführte Trockenlegung von 320 Die fünftlihe Beſtandesgründung. Hochmooren, Sümpfen, Filzen iſt ganz aus dem Programm waldbaulicher Beſtrebungen geſtrichen worden. Sie haben im Geſamthaushalte des Waldes, der Bodenkultur überhaupt weit höheren Zwecken zu dienen, als denen der Holzzucht. Sie bezähmen des Waſſers furchtbare Gewalten, behüten die lachenden Täler vor den Schrecken der Überflutung und Ver⸗ murung und vor verſengender Dürre; ſie ſpeiſen Quellen, Bäche und Flüſſe in wohltätiger Nachhaltigkeit, liefern der Induſtrie eine ſtändige Betriebskraft und ſpeichern ohne Zutun der Menſchenhand und ohne Schädigung der Gegenwart ungemeſſene Schätze, die vielleicht einmal be— rufen ſein werden, in fernſter Zukunft die wenn auch noch ſo langſam zur Neige gehenden foſſilen Brennwerte des Bodens in reichen Torf— lagern zu ergänzen. B. Die Flugſandbindung. § 111. Allgemeines. Lockerheit an und für ſich iſt eine der vornehmſten, befruchtendſten, ihrer Wirkung nach aber auch abhängigſten Eigenſchaften des Waldbodens, abhängig inſofern als ihr wohltätiger Einfluß auf die produktive Leiſtungs— fähigkeit von anderen phyſikaliſchen und chemiſchen Momenten bis zu höchſtem Grade geſteigert bezw. vermindert werden kann. Bei gleicher Geſamtqualität ſteht aber die größere Ertragsleiſtung auf Seite der Lockerheit. Allerdings ſind günſtige phyſikaliſche, in der Regel auch che— miſche Eigenſchaften des Bodens durch übermäßige Lockerheit ausgeſchloſſen, ſo daß die Beſtandesgründung da, wo hohe Grade von Lockerheit mit geringem Nährſtoffgehalt zuſammenfallen, immer vor unfruchtbarem oft ſogar vor kulturunfähigem Boden ſteht. In ausgeprägteſtem Maße iſt das beim Flugſande der Fall, welcher nach vielen tauſenden von Quadratkilometern das ſonſt ertrags— fähige Gelände der norddeutſchen Tiefebene, Dänemarks, Schleswig— Holſteins, der Donau- und Marchniederungen und vor allem auch die flachen Geſtade der Nord- und Oſtſee (im kleinen Maßſtabe auch der Adria bei Grado) in Beſitz hält und mit dem Ausbau der forſtlichen Kulturtechnik zunehmend Gegenſtand der Aufforſtungsbeſtrebungen ge— worden iſt, und zwar mit entſchieden größerer Berechtigung und beſſeren Erfolgausſichten als die Trockenlegung der Sümpfe und Moore durch die Entwäſſerung, denn die Beruhigung des Flugſandes bedeutet tatſächlich Kultur. Sie erobert nicht allein unproduktives Waldland, nein, ſie ſchützt auch das produktive vor weiterer Verſandung, die er— Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 321 fahrungsmäßig in der Windſtrichrichtung unaufhaltſam fortſchreitet. Ein— mal urbar gemacht und durch eine ſchützende Vegetationsdecke dem An— drange des Windes entrückt, iſt aber der Flugſand bei rationellem Wirt— ſchaftsbetriebe für alle Zeiten der Holzzucht dienſtbar. Mit jeder Wald— generation hebt ſich ſeine Ertragsleiſtung, nur da in ſeine gefahrdrohende und kulturfeindliche Beweglichkeit zurückfallend, wo Unvorſicht und Ge— winnſucht des Wirtſchaftsbetriebes den Boden in größerem Flächenzu— ſammenhange auf längere Dauer wieder ſchutzlos dem Winde freilegen. Die Flugſand-„Bändigung“, wie die ältere Zeit ſich ausdrückte, greift weit zurück in die erſte Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie iſt hier früher, dort ſpäter mittels der ſog. Kupierzäune und allerhand Deckmaterials zunächſt auf ſolchen Flächen betrieben worden, die durch ſorgloſen Abnutzungsbetrieb ihres Beſtandesſchutzes beraubt und in Be— wegung gekommen waren. Die großen forſtgerechten Urbarmachungsarbeiten der aus alter Zeit überkommenen Sandheiden, die ſich die Eroberung unproduktiven Waldlandes zur Aufgabe ſtellten, datieren aber erſt aus der Zeit der allgemeinen Wertſteigerung der Waldprodukte — etwa aus dem erſten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts. Der Flugſand beſteht bis zu 95 % aus ſehr feinen, infolge ihrer Beweglichkeit an den Kanten abgeſchliffenen Quarzkörnern mit verſchwin— dend geringer Beimengung von anderen Geſteinstrümmern, unter denen Glimmer, Feldſpat, Kalk wohl die gewöhnlichſten und ſchätzenswerteſten find. Ungeachtet ſeines hohen ſpezifiſchen Gewichtes von 2,5 — 2,7 wird der überaus feinkörnige Flugſand im trockenen Zuſtande ſchon von mäßi— gem Winde aufgehoben, unſtät verweht und zuſammengetragen, flache Muldungen (Kehlen) und Hügel (Dünen) bildend, abtragend und wieder— bildend, ſo daß eine dem freien Spiele des Windes zugängliche Flug— ſandfläche einem unregelmäßig welligen Hügellande vergleichbar iſt, das in ſeiner Oberflächenform fortwährenden Veränderungen unterworfen iſt, rückſichtlich ſeiner räumlichen Ausdehnung und Begrenzung gewiſſe Unbeſtändigkeit und Wanderungen erkennen läßt. Wegen ſeines über— wiegenden Gehaltes an Kieſelſäure und wegen ſeines verſchwindend ge— ringen Gehaltes an wichtigeren Pflanzennährſtoffen (Kali, Phosphorſäure, Kalk, Magneſia uſw.), wegen ſeiner Armut an feinerdigen und humoſen Bindemitteln, wegen ſeiner ungünſtigen phyſikaliſchen Eigenſchaften gehört der Flugſand zu den armſeligſten forſtlichen Standorten. Seine Urbar— machung erheiſcht oft großen Aufwand, viel Geduld und die mitwirkende Tätigkeit aller beteiligten Grundbeſitzer; einmal „gebändigt“, ſtellt er aber auch eine aufnehmende Bodenproduktionsleiſtung in ſichere Ausſicht. Reuß, Beſtandesgründung. 21 322 Die fünftliche Beſtandesgründung. Ihrer Lage und Entſtehung (letztere mehr der Zeit als der Grund— urſache) nach unterſcheidet man den Dünenſand längs der flachen Meeresgeſtade und die Binnenflugſandgebiete. Der Dünenſand wird beſtändig von der Welle ausgeworfen. Es bilden ſich ſanfte Erhebungen des Geſtades, die bei normalem Waſſer— ſtande abtrocknen, dann aber vom Winde gehoben und gepeitſcht werden, um, landeinwärts getragen, das Gelände auf weite Strecken zu verſanden. Der Dünenſand iſt hinſichtlich ſeines Pflanzennährſtoffgehaltes un— gleich höher zu ſtellen als der Binnenſand. Er verdankt ſeiner Her— kunft einen immerhin beachtenswerten Gehalt an Magneſia, Kalk und organiſchen Beimengungen, Ausſcheidungs- bezw. Zerſetzungsprodukten von Tieren und abgeſtorbenen Pflanzen, die ſeine Fruchtbarkeit erhöhen. Die Binnenſandflächen markieren vielfach die Beckenanlage der antediluvialen Seen. Sie waren zweifellos in den ſeit ihrer Entſtehung verfloſſenen Jahrtauſenden ſchon Träger einer ſchützenden Vegetation, die ſorglos eingreifende Menſchenhand raubte oder der Vernichtung preis— gab. Unter dem Einfluß der ſchutzloſen Freilage verarmten ſie, kamen in Bewegung und wurden die Ausgangspunkte neuerlicher Odlandbildungen. Soweit der Flugſand dem Winde zu freiem Spiele bloß liegt, ſchreitet die Verſandung produktiven Kulturlandes in der Windrichtung fort, ſo daß die Beruhigung der Scholle und die Begründung einer ſchützenden Waldvegetation, deren vorſichtige, über lange Zeitläufe ſich er— ſtreckende Bewirtſchaftung dauernd Abhilfe zu ſchaffen berufen iſt, gewiß auch in volkswirtſchaftlicher Richtung eine große Bedeutung hat. $ 112. Die praktiſchen Arbeiten der Bindung. Alle hierher gehörigen Arbeiten haben von der Windſeite zu be— ginnen. „Die Kultur muß mit dem Winde kommen“, ſagt Burckhardt. 1. Eigenartig und von entſchieden weit größerer Wichtigkeit als bei ſonſtigen forſtlichen Bodenmeliorationen ſind bei der Flugſandberuhi— gung die Vorbereitungsarbeiten. Grundlegend und allen anderen Erwägungen vorausgehend iſt z. B. die Sicherung eines einheitlichen Zuſammengehens aller in der Flugrichtung des Sandes liegenden Grund— eigentümer. Ohne hingebende Teilnahme des vorliegenden Nachbars kann der Einzelne nie mit Erfolg eingreifen, denn ſelbſt die kleine unge— deckte, nicht gebundene Sandinſel kann den Ausgangspunkt neuerlicher Verſandungen abgeben oder dem Winde wenigſtens wirkſame Angriffs— punkte bieten, die für die hinterliegenden, wenn auch ſchon beruhigten Flächen ſtändige Gefahren bedeuten. Ein ſyſtematiſch durchgearbeiteter Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 323 Arbeitsplan, der ſich — eventuell auch mit Vermeſſung und Kartierung — über das in der Windrichtung liegende, zuſammenhängende Gelände erſtreckt, iſt daher eine ganz unerläßliche Vorausſetzung. Im Kleinbeſitz iſt die Vereinigung aller Grundbeſitzer oft ſchwer zu erreichen, ein Übelſtand, der die Flugſandkultur auch in erſter Reihe für den Staat als Förde— rer der Landeskultur und Hüter der öffentlichen Wohlfahrt geeignet er— ſcheinen läßt. 2. Als zweite nicht minder notwendige Vorbereitungsmaßregel iſt die wirkſame „Einſchonung“ der Sandfläche, d. h. die Vorbeugung jeder Oberflächenbewegung durch äußere, mechaniſche Einwirkungen zu erwäh— nen. Die Bedeutung derſelben ergibt ſich ſchon aus der Tatſache, daß viele heute offene und ſterile Sandflächen einſtmals ſchon mit einer Pflanzendecke bekleidet und mit Wald beſtockt waren, daß andere ausgedehnte Dilu— vialgebilde heute noch in landwirtſchaftlicher Pflege und Bewirtſchaftung ſtehen, denn es geht daraus hervor, daß bei abſoluter Ruhe der Scholle die Natur aus eigener Kraft beruhigt, bindet und die Pflanzendecke in, wenn auch unendlich langſamer aber beſtändiger Tätigkeit heranbildet. Eine derartige „Bannlegung“ iſt unter den heutigen Verkehrs- und Populationsverhältniſſen wohl nicht immer erreichbar, doch aber muß jede Urbarmachungsmaßregel mit einer Verkehrsſperre Hand in Hand gehen und je wirkſamer dieſe durchgeführt werden kann, um ſo beſſer, um ſo ſicherer die Erfolge aller weiteren Maßnahmen der Beruhigung. Die zur Urbarmachung beſtimmte Sandfläche muß ſonach vor allem dem Weidevieh, womöglich auch den Großwildgattungen geſperrt werden. Der Verkehr der Menſchen und der Wagen iſt tunlichſt zu beſchränken. Offentliche Wege ſollen an minder gefährdete und gefährdende Stellen verlegt und durch Zaunanlagen, lebende Hecken und breite mit der Sandſegge beraſte oder mit Plaggen belegte Sicherheitsſtreifen ſo geſchützt werden, daß a) der Verkehr auf tunlichſt ſchmale Bahnen lokaliſiert bleibt und die Freizügigkeit von Menſch, Tier und Gefährt über die Scholle auf— gehoben, und daß b) die Verſandungsgefahr, die von dieſen dem Verkehr offen gehalte— nen Wegen, Triften uſw. droht, auf das erreichbar geringſte Maß beſchränkt werde. 3. Gewiſſermaßen als Einleitung zu den eigentlichen Beruhigungs— vorarbeiten kommen in der Regel kleine Oberflächen-Meliorierungen im Wege des Planierens und Doſſierens zur Anwendung, Maßregeln, die darauf hinaus laufen, jene Gefahren der Verſandung abzuſchwächen 21* 324 Die künſtliche Beſtandesgründung. oder zu beheben, die ſich in den Unebenheiten des Bodens begründen. Ausgewehte Vertiefungen (Kehlen) ſind der Ausfüllung durch Treibſand in erhöhtem Maße ausgeſetzt und die Erhebungen bieten dem Winde die Angriffspunkte und das Material zu ſeiner verſandenden Tätigkeit. Die Ausgleichung kleiner Senkungen und Hügelungen, ſo weit ſie nicht etwa ſchon den Charakter der Beſtändigkeit an ſich tragen, iſt im Wege der Ebnung, Glättung und Planierung oft leichte und dankbare Arbeit, während größere Erhebungen an ihren ſteilen, dem Winde zugekehrten Böſchungen bis zu jenem Grade abgeflacht, „doſſiert“ werden, daß der ſcharfe Anprall des Windes behoben und das Aufnehmen des Sandes als Trieb- oder Flugſand hintangehalten wird. Dieſe Abflachungsarbeiten erſtrecken ſich je nach der Beweglichkeit des Sandes, je nach Windſtärke und örtlichen Verhältniſſen auf alle ſteileren Böſchungen. Die Praxis macht ſich bei dieſen oft koſtſpieligen und aufwandvollen Arbeiten — ähnlich wie die Flußregulierung die ſelbſttätige Verlandung durch das Waſſer — gern die treibende Kraft des Windes zunutze, indem ſie durch Aufziehen von ſenkrecht auf die Windrichtung verlaufen— den Furchen die Aufnahme des Sandes durch den Wind erleichtert, anderſeits in Vertiefungen auch Fangmaterial, Strauchwerk, Zaunſtrecken einlegt, welche den vom Winde mitgeführten Treibſand aufhalten und die Ausgleichung von Unebenheiten herbeiführen. b 4. Die Technik der eigentlichen Sandberuhigung. Die hier in Frage kommenden Arbeiten zerfallen in drei Gruppen: a) Der direkte Holzanbau und die Beraſung. Dieſelbe kann nur da in Frage kommen, wo der Sand nicht allzu arm an Binde— mitteln und nicht allzu leicht beweglich iſt. Der Sandſegge oder dem Sand— rietgras Carex arenaria L., einer Cyperacee, der Sandſchmiele Afra canescens L., und anderen für bewegliche Sandböden geeigneten Standorts— gewächſen wird hierbei ſtets eine begleitende und ſtützende Rolle durch Vor- oder Mitanbau zugewieſen. Die Holzartenwahl und die Beſtandes— gründung erfolgt nach den in S 113 entwickelten Geſichtspunkten. b) Abhalten des Windes durch Schutz- und Deckwerke. Der Deck- oder Kupierzaun. Die ältere Flugſandkultur be— diente ſich mit Vorliebe lichtmaſchiger Flechtzäune von 1-—1,5 m Höhe, beſtehend aus eingeſchlagenen kräftigen Pfählen, deren Entfernung ſich nach dem Flechtmateriale zu richten hatte, und Füllung der Zwiſchen— räume mit billig zu beſchaffendem Faſchinenbuſch. Das Geflecht wurde ſo dicht gewählt, daß es die Gewalt des Sturmes brach, doch aber den Sand durchließ, weil dieſer ſich ſouſt vor dem Kupierzaun gefangen und Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldbäden. 325 künſtliche Hügel gebildet haben würde. Beide Forderungen widerſtritten ſich ungemein leicht, ſo daß der Kupierzaun ſelten ſeinen Zweck erfüllte. Man ſchrieb demſelben eine Wirkung auf 40—100 m zu und legte dem— entſprechend ein ganzes Syſtem von Deckzäunen an. Die Erfahrung lehrte bald, daß dieſe windabhaltende Wirkung ſehr überſchätzt wurde, eine Tatſache, die im Verein mit dem hohen Herſtellungsaufwande längſt den Stab über die praktiſche Bedeutung der Deckzäune im Dienſte der Sandſchollenberuhigung gebrochen hat und ihrer Anwendung höchſtens noch als Ergänzungsmaßregel der aufliegenden Decke, ferner für Kehlen— füllung, Dünenherſtellung, Wegeſchutz uſw. eine untergeordnete Bedeutung zuerkennt. Die Schutzwirkung reicht namentlich für kalte, ſchwere Winde kaum mehr als für das 3—5 fache der Zaunhöhe aus. Die aufrecht ſtehende Bodendecke. Vielfach wird der Wind— ſchutz durch ſchräg — mit den Enden in der Strichrichtung des Windes überhängendes — eingeſtecktes Aſtreiſig in dichter Anordnung herbeige— führt. Am Eingang eines Arbeitsfeldes muß dieſe Decke beſonders dicht gehalten, in der Regel ſogar mit einem breiteren Streifen aufliegen der Deckung verbunden werden. Weiter nach innen werden rückſichtlich der Dichtheit mancherlei Erleichterungen ſtatthaft, ſo daß eine Erſparnis an Deckmaterial vielleicht zum Vorteil dieſer Maßnahme gegenüber der liegen— den Reiſigdecke ſpricht. Unter allen Umſtänden können ſich aber die Er— folge ſtehender Bedeckung mit denjenigen der liegenden nicht meſſen. Die aufliegende Bodendecke. Das gebräuchlichſte Deckmaterial iſt das Kiefernaſtreiſig einfach ſchon deshalb, weil es im Sande wohl am eheſten zur Hand oder am billigſten zu beſchaffen iſt. Die aufliegende Decke wird vielfach mit der aufrechten Aſtdecke oder auch zwiſchen einem minder dicht gehaltenen Kupierzaunſyſtem, in neuerer Zeit aber auch als ſelbſtändige Maßregel mit durchſchlagendem Erfolge angewendet. Je mehr das Deckmaterial der Bodenoberfläche ſich anſchmiegt, deſto beſſer, je ſperriger, deſto ungünſtiger wird ſeine Wirkung. Das Reiſig wird in ſeiner natürlichen Länge mit dem Abhiebsende dem Winde entgegen gelegt und am äußerſten Rande des Arbeitsfeldes möglichſt tief in den Boden eingeſteckt oder mit Raſenplaggen gedeckt. Später erfolgt die reihenweiſe Anordnung in der Weiſe, daß die Zweigſpitzen der vorhergehenden Reihe von den Ab— hiebsenden der nachfolgenden belaſtet und feſtgelegt werden. Eine Ein— deckung in zuſammenhängender Fläche iſt meiſt nur an den freiliegenden Randflächen des Arbeitsfeldes notwendig. Tiefer im Inneren desſelben ſind ſtreifenweiſe Unterbrechungen ſtatthaft. Sperriges Reiſig, wie es bei der Kiefer in der Regel vorliegt, verlangt die Auflage von belaſtenden Stangen, 326 Die künſtliche Beſtandesgründung. um die ſpielende oder federnde Bewegung zarteren Gezweiges im Winde hintanzuhalten. Allzu leichtes, kurzes Deckmaterial empfiehlt ſich weniger, da es hohe Anforderungen an den Belaſtungsaufwand ſtellt und ohne Auflage vom Winde zu leicht verweht wird. Jedes andere Aſtwerk, Strauchwerk, Geſtrüpp, Durchforſtungsſtangen, überhaupt jedes billig zu beſchaffende Material wird ſelbſtverſtändlich zur Eindeckung gern mit her— angezogen, denn die Beiſtellung von 100 — 150 Fuhren Reiſig — als Bedarf für ein Hektar Fläche — ſtößt im ausgedehnten Flugſandgebiet wohl auf große Schwierigkeiten. Die Plaggendecke. Zwipellos das wirkſamſte Bindemittel iſt die Eindeckung mit humoſen Bodenſchollen, „Plaggen“, die durch eine be— lebende Pflanzendecke, Gras, Moosfilz, Heide uſw. oft förmlich beſtockt und zuſammengehalten erſcheinen. In ununterbrochener Auflage an— gewendet, müſſen ſie die Sandſcholle mit abſoluter Sicherheit vor dem Anfall des Windes ſchützen, und das einzige Bedenken, welches ihrer Anwendung im großen entgegenſteht, begründet ſich in dem hohen Er— zeugungs- und Beiſtellungsaufwande. Wo aber ein in der Nähe befind— liches Heidegelände das Material liefert, da hat ſich die Plaggendecke überall als dankbarſte Gehilfin in der Sandbindungstechnik bewährt. Die Plaggen werden mit der Platt- oder Plaggenhaue in einigermaßen regelmäßig geformten Schwartenſtücken, aber jedenfalls ohne aufwand— erhöhende Sorgfalt gewonnen. Hierbei wie beim Transport ſoll auf die Erhaltung einer etwa vorhandenen Unkrautwucherung Bedacht ge— nommen werden, da dieſe ihre windabhaltende Wirkung beträchtlich er— höht und eine bedeutende Erſparnis inſofern begründet, als das Plaggen— netz minder dicht ausgelegt werden muß. Die Plaggen werden zum Arbeitsfelde zugefahren und ſenkrecht auf die treibgefährliche Windrichtung reihenweiſe, oder beſſer netzförmig ausgelegt. Am Eingang des Arbeits⸗ feldes werden gern ſchwerere, größere, mit hohem Unkrautwuchs beſtaudete Plaggen in dichterer Anordnung verwendet, im Innern der Sandfläche dagegen können ſie entſprechend lichter ausgelegt werden. Die Plaggen müſſen unter allen Umſtänden mit der Wurzelſeite auf dem Boden an— gelegt, womöglich etwas angetreten werden, ſo daß ſie an den Rändern in das Bodenniveau eingreifen. Oft wird dadurch wenigſtens ein teil- weiſes Anwachſen der mit lebender Pflanzendecke verſehenen Plaggen erreicht, namentlich wenn feuchte Witterung die Wurzeltätigkeit der— ſelben anregt. Um in dieſer Beziehung günſtige Beihilfe zu leiſten, wird zum Eindecken mit Vorliebe die an Niederſchlägen reichere Herbſt— zeit gewählt. Die Urbarmachung nicht aufforitungsfähiger Waldböden. 327 c) Die dritte Gruppe der Beruhigungsarbeiten kombiniert ſozu— ſagen. Sie verbindet den direkten Holzanbau mit Schutzmaß— regeln gegen den Anfall des Windes, weiſt aber der Aufforſtung ſelbſt eine bodendeckende Rolle zu und iſt in dieſer Form für die Binnen— flugſandkultur ſehr gebräuchlich. Die ältere Zeit ſuchte die Selbſtbe— ſamung und Beruhigung der Scholle dadurch herbeizuführen, daß die Fläche, unbeſchadet ſonſtiger Deckwerke, mit zapfentragenden Kiefernäſten beſteckt wurde, die ihren geflügelten Samen freigaben. Die Unſicherheit und Ungleichmäßigkeit der Beſamungserfolge haben dieſem Verfahren zu weiterer Verbreitung nicht verhelfen können. Dagegen iſt die Be— ſtandespflanzung in Verbindung mit der Eindeckung eine ebenſo beliebte als bewährte Methode. Die Anpflanzung wird in dieſem Falle der Eindeckung mit Reiſig unmittelbar vorausgeſchickt. Nur bei Plaggen— deckung kann ſie recht wohl auch ſpäter im Frühjahr erſt erfolgen, wie— wohl der Herbſtpflanzung gleichzeitig mit der Eindeckung auch keinerlei Be— denken entgegentreten. Jedenfalls übt der oberirdiſche Teil der Pflanze einen ſehr angenehmen Bodenſchutz aus. Die Hilfen der Flugſandberuhigung: Die Natur leiht den Bindungsmaßregeln bereitwilligſt eine ausgiebige Beihilfe durch eine An— zahl von der Sandſcholle eigentümlichen Standortsgewächſen, die teils in freiwilliger Anſiedelung ſich einfinden, teils auch durch künſtlichen Anbau eingeführt werden müſſen und mehr oder weniger nicht allein die Sand— ſcholle gegen den Windanprall mechaniſch decken, ſondern auch mit mehr oder minder tiefgreifendem Gewürzel den Boden befeſtigen. Wenn auch die der Aufforſtung vorgreifende Herſtellung einer lebenden Pflanzen— decke von Sandgräſern uſw. im allgemeinen mehr der Dünenbefeſti— gung an den von furchtbaren Stürmen heimgeſuchten Meeresgeſtaden an— gehört, ſo werden ſie doch auch im Binnenflugſand-Gebiete mit Vorteil angewendet, um die früher verzeichneten künſtlichen Bindungsmaßregeln zu unterſtützen und ihre Erfolge namentlich für die Dauer zu ſichern. Die bereits genannte Sandſegge Carex arenaria L. (Cyperacee), die Schmiele Aira canescens L. (Graminee), Festuca glauca Lamk. und arenaria Osb. (Schwingel), Elymus arenarius L. (Graminee, Sand— roggen, vielfach Sandhafer genannt) und Arundo arenaria L. (Psamma, Sandrohr, Graminee) ſind die wichtigſten Spezies, auf die die Arbeiten der Gruppen a), b), c) im Binnenlande ſich ſtützen, während ihr Anbau an der Stranddünenverbauung zur unbedingten Notwendigkeit wird. Die erſtgenannten, oft auch Elymus, pflegen ſich bei genügender Ruhe von ſelbſt anzuſiedeln bezw. zu verbreiten, während Arundo, ziemlich eigen— ſinnig, vorwiegend durch künſtliche Kultur gezüchtet wird. 328 Die künſtliche Beſtandesgründung. Fig. 63 bringt Elymus arenarius L. (Hordeum arenarium Aschers.) mit einem kräftigen, links ſeitwärts ausgetriebenen Wurzelſchößling (Kriechtriebe), Fig. 64 Fig. 63. Fig 64. Arundo arenaria L. (Calamagrostis arenaria Roth, amophila arenaria Link). — Zur Behebung der in der Literatur herrſchenden Unſicherheit bezüglich der Indivi— dualität und Nomenklatur beider Gramineen hatte Prof. Merker die Beſtimmung der vom Oſtſeeſtrande bezogenen Spezies vorgenommen. Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 329 Elymus und Arundo ſind namentlich zur Bändigung ſehr leicht— flüchtigen Sandes und beſonders exponierter Lagen von unſchätzbarem Werte, weil ſie bei Zu- und Freiwehung ein ganz außerordentliches An— paſſungsvermögen beſitzen. Der durch Wind etwa freigewehte Wurzel— ſtock treibt Blätter und arbeitet ſich in netzartig-dichter Wurzelveräſtelung (rechts unten neben Fig. 64) in die Tiefe, bei Elymus auch in die Breite und die etwa erfolgte Einſandung oberirdiſcher Stengelteile ver— anlaßt ohne Störung des Geſamtgedeihens die Neubildung von Wurzeln aus den überwehten Internodien. Eingewehte Blätter und tiefeingeſandete Wurzeln ſterben ab und beſchenken den Boden mit leichter humoſer Bei— mengung. — Im Stranddünenbau ſpielen dieſe beiden Gramineen eine ſehr wichtige Rolle und werden ebenda zur künſtlichen Anpflanzung im großen gezogen. Die Dünenbefeſtigung. Einigermaßen abweichend namentlich hinſichtlich der Vorbereitungsarbeiten geſtaltet ſich die eigentliche Strand— dünenbändigung. Hier muß nicht allein der furchtbaren Gewalt der See— winde, ſondern auch dem ſandführenden Wellengange Halt geboten werden. In natürlicher Ausgeſtaltung des Dünenſaumes läßt ſich in der Regel die ſogenannte Strand- oder Vordüne von der weiter landeinwärts ſich erſtreckenden, oft zu einem achtungsgebietenden Steilhügelterrain aus— geformten hohen Düne unterſcheiden. Erſtere iſt von Natur flach. Sie wird von Wind und Welle vollkommen beherrſcht, iſt ſtändigen Be— wegungen und Veränderungen ausgeſetzt und gibt auch vielfach zu fort— ſchreitender Verſandung des inneren Kulturlandes, zur „Dünenwande— rung“ Anlaß. Der Hochdüne wohnt meiſt die Kraft der Selbſterhal— tung inne. Sie bekleidet ſich mit einer lebenden Pflanzendecke oder läßt ſich leichter mit einer ſolchen bekleiden, ſtellt auch dem Holzanbau keine allzu großen Schwierigkeiten entgegen und bildet überhaupt einen natür— lichen Schutzwall gegen die Seeſeite, der, einmal bewaldet, der Holz— produktion dauernd gewonnen iſt. Die flache Strandzone liegt dagegen ſchutzlos und muß da, wo die Hauptdüne weit zurücktritt oder gar nicht vorhanden iſt, durch An— lage einer künſtlichen Vordüne, d. i. durch Schaffung eines dammartig erhöhten Strandes mit ſtärkerem Gefälle gedeckt werden. Je nach dem natürlichen Strandgefälle werden zu dieſem Behufe in einer Entfernung von 60 100 m vom Meeresſpiegel mehrere 1,5 —2,0 m hohe und zu dieſem parallel laufende Zaunwerke in 3 —6 m breiten Zwiſchenräumen aufgeſtellt. Der vom Winde und von der Welle mitgeführte Sand lagert ſich vor, zwiſchen und hinter denſelben ab und bildet einen ſchützen— 330 Die künſtliche Beſtandesgründung. den Damm für das dahinter liegende Gelände. Dieſe künſtliche Vor— düne wird durch dichten, reihenweiſen Anbau von in förmlichen Schul— gärten gezogenen Arundo- und Elymus-Pflänzchen geſichert und event. landeinwärts durch eine zweite, dritte Vordünenanlage verſtärkt. Die Ar— beiten der Beruhigung, Bindung und event. auch der Aufforſtung der Innendüne vollziehen ſich dann nach den für das Binnenland dargelegten Geſichtspunkten. Als geeignetes Deckmaterial kommt längs der Meeresgeſtade öfter auch die Verwendung von „Seetang“, Fucus vesiculosus L., in Frage, einer Fucacee mit mehrfach gabelteiligem flachem Laubſtengel, die an den Küſten oft maſſenhaft ausgeworfen wird. Die Koſten der Dünenbändigung ſind meiſt noch weit höher als diejenigen des Sandſchollenanbaues im Binnenlande. Aber es darf nicht überſehen werden, daß es ſich am Seeſtrande noch weit mehr als im Binnenſandgebiete darum handelt, der weiteren Ausbreitung der Sand— wüſte über fruchtbares Land und den Verluſten an Kulturland vorzu— beugen, als darum, mit oft enormem Aufwande Kulturland direkt zu ge— winnen. Denn wenn auch die Fruchtbarkeit des Dünenſandes einiger— maßen ausreicht, ſo iſt doch die Holzzucht ſonſt mit den Elementen in argem Kampfe, ſo daß immer mehr Schutzwald, weniger Ertragswald als Endziel der Dünenkultur ins Auge gefaßt werden kann. $ 113. Die Aufforſtung des beruhigten Sandes. Die anbauwürdigſte Holzart im Flugſande iſt die gemeine Kiefer. Sie iſt durch verſuchsweiſe angebaute andere Kieferarten noch nicht übertroffen worden. Bei genügender Grundfeuchtigkeit gewinnen Erle, Pappel, Weide uſw. einige Bedeutung. In beſſeren Sanden gehen auch die meiſten anderen Holzarten ganz befriedigend ). Die Aufforſtung ſelbſt iſt mit Rückſicht auf die Eigenart des Stand— ortes ſehr einförmig in der Wahl ihrer Mittel und Wege, ſtößt aber in ihren Ausführungsarbeiten auf keine beſonderen techniſchen Schwierigkeiten. Die Erfolge dagegen laſſen immer zu wünſchen übrig, nicht allein hinſichtlich des Jugendgedeihens, ſondern auch hinſichtlich der Ertragsleiſtung über— haupt. Die ältere Zeit arbeitete mit Saat und Ballenpflanzung. Erſtere 1) Verfaſſer ſah mehrfach in friſcherem Boden die Fichte und Lärche im jugend— lichen Alter leidlich gedeihen und fand aus jüngſter Zeit intereſſante Anbauverſuche mit Picea sitkaönsis Carr., Abies nordmanniana Lk. uſw. in den größeren Strandober— förſtereien der Oſtſee, z. B. auf Uſedom. Beide Holzarten waren bereits in das Stadium der geſchloſſenen Dickung eingetreten und zeigten derzeit kein ungünſtiges Verhalten. Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 331 bewährte ſich nicht, weil die Saat eine ſchon definitiv beruhigte Scholle vorausſetzen würde; und die Ballenpflanzung vermochte ſich wegen ihres unerſchwinglichen Koſtenaufwandes nicht zu behaupten, um ſo weniger, da ihr im Flugſande durchaus keine beſonderen Vorteile nachgerühmt werden können. Es iſt meiſt unendlich ſchwer, im Innern oder wenigſtens in der näheren Umgebung des Flugſandes einen für Ballenaushebung genügend beſtandſamen Boden zu finden, ſchwerer noch den Ballen ſo tief auszuſtechen, daß das für die Pflanzkultur im Flugſande abſichtlich tiefgezogene Wurzelſyſtem vollſtändig erhalten bliebe. Der moderne Kulturbetrieb erzieht ſein Pflanzmaterial in tieflockeren Kampböden, hebt die tief entwickelte Wurzel in ihrer vollen Längen— dimenſion mit aus und ſetzt dieſelbe in geſtrecktem Zuſtande auch wieder ein, damit ſie zur Befeſtigung des Sandes beitrage. Dieſe Verfahrungs— art tritt mit den Grundlehren der Pflanzenerziehung in Widerſpruch. Aber es möge auch hier nicht überſehen werden, daß es ſich zunächſt weni— ger um Erträge als darum handelt, der weiteren Ausbreitung des Flug— ſandes vorzubeugen. Für die Kultur iſt im allgemeinen die Verſandung der Pflanzen nicht ſo gefährlich als die Freiwehung und dieſer wider— ſteht die tiefgehende Wurzel doch eher. Je nach der Flüchtigkeit des Sandes verwendet man ein- oder zweijährige Kiefernſämlinge in friſchem oder feuchtem Sande auch ältere Pflanzen oben genannter Laub— holzarten. Die Pflanzverbände werden im allgemeinen gern dicht ge— halten, doch greift man dafür mit Recht zu billigeren Ausführungsformen, zu Klemm- oder Setzholzpflanzungen mit Gerätemethoden, wie ſie die Lockerheit des Sandes bedingt. In ſehr trockenem, zuſammenfließendem Sande werden zwei Spaten nebeneinander eingeſtoßen. Indem man ſie auseinanderſtemmt, öffnet ſich zwiſchen den Spatenblättern ein Spalt, in welchen man die Pflanze einführt. Nach dem Ausziehen der Spaten werden die Wurzeln vom Sande umfloſſen. Stehender Sand erheiſcht die künſtliche Schließung des Spaltes. Übrigens wird zum Einfüttern der Wurzeln gern Kulturerde verwendet. Ob die Aufforſtung unmittelbar vor oder gleichzeitig mit der Bindung oder auch nach derſelben zu erfolgen habe, darüber entſcheidet der Zuſtand des Sandes, die gewählte Beruhigungs- und Kulturmethode, Holzart uſw. C. Die meliorierende Behandlung von Waldböden mit Roh⸗ humusauflagerungen. So unentbehrlich und von ſo günſtigem Einfluß die Beimengung von garer, im Wege der vollſtändigen Zerſetzung organiſcher Stoffe 332 Die künſtliche Beſtandesgründung. gebildeten Humuserde auf die phyſikaliſchen und chemiſchen Eigenſchaften des Waldbodens auch iſt, ſo nachteilig und holzwuchsfeindlich geradezu wirkt die unvollkommen oder regelwidrig zerſetzte Bodenrauhdecke, welche ſich aus den vom Beſtande und von der Bodenflora ſtammenden Abfall— ſtoffen zu bilden pflegt. § 114. Allgemeines. Formen und Arten. Die in neueſter Zeit unternommenen ſehr dankenswerten Bemühungen zur Er⸗ zielung einer einheitlichen Nomenklatur der Humusformen ſind bisher nicht ſoweit fort— geſchritten, daß fie für die Waldbaulehre derzeit ſchon allgemein anerkannte Bezeich— nungen bieten könnten. Nach den verdienſtlichen Anregungen der unter dem Vorſitz Prof. Dr. Schwappachs auf der fünften Verſammlung des internationalen Ver⸗ bandes der forſtlichen Verſuchsanſtalten in Württemberg 1906 zuſammengetretenen Humuskommiſſion, ſpeziell der Herren: Dr. P. E. Müller, Kopenhagen, Dr. E. Ra⸗ mann, München, Dr. Vater, Tharand (ſiehe Lit.-Verz.) ſcheint in forſtlich-waldbau⸗ licher Beziehung eine Einigung auf die Hauptbegriffe: „Mullſtoffe“ und „Moder- ſtoffe“ die meiſte Ausſicht zu haben. Der Mullgruppe würden alle homogenen, amorphen, meiſt ſchon mit Mineralerde vermengten, ausgereiften Humusſtoffe, „Humus⸗ erden“ zu ſubſummieren ſein, während die Modergruppe die unfertig zerſetzten, mehr oder minder rohen Subſtanzen mit deutlich erkennbarer organiſcher Struktur und die faulenden Stoffe umfaßt. Verfaſſer wird, dieſer Gruppierung ſich anpaſſend, den heute gebräuchlichen Ausdruck „Rohhumus“ als Kollektivbegriff für die Moder— bildungen und im Gegenſatz zu den ausgereiften milden Humusformen, „den Humus⸗ erden“ gebrauchen. Die Lehre von der Beſtandesgründung faßt die hierher gehörigen Gebilde unter der Kollektivbezeichnung „Rohhumus“, jener mehr oder minder ſtarken Auflagerung, zuſammen, welche ihre Entſtehung geſtörten, unvollſtändigen oder ganz unterbrochenen Zerſetzungsprozeſſen verdankt. Ihre Zerſetzung iſt oft auch durch ungünſtige chemiſche Einflüſſe nur vorübergehend in eine ungeſunde Richtung gedrängt worden. Eine normal verlaufende Verweſung ſchreitet bis zur vollſtändigen Zerſtörung der organiſchen Subſtanz fort; ihre Endprodukte: Kohlen— ſäure, Salpeterſäure, Waſſer und Aſchebeſtandteile wirken vegetations— freundlich, direkt und indirekt wuchsfördernd. Der Zerſetzungsprozeß ver— läuft normal, wenn die Mitwirkung der wichtigſten Zerſetzungsfaktoren: Feuchtigkeit, Wärme und Sauerſtoff der atmoſphäriſchen Luft in richtigem Verhältnis verteilt iſt. Er kann durch die Gegenwart von Mineral- ſalzen ſogar eine lebhafte Förderung erfahren. Jedes eintretende Miß— verhältnis aber in der Wirkung der genannten Zerſetzungsfaktoren hebt den normalen Verlauf der Verweſung vorübergehend oder dauernd auf und führt mehr oder minder unvollkommene Stadien der Zerſetzung her— Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 333 bei, deren Produkte überall Gegenſtand forſtlicher Meliorationsarbeiten werden, wo ſie ſonſt kulturfähigen Waldboden überlagern. So ſicher die Verweſung der Teilnahme einer genügenden Menge von Feuchtigkeit nicht entraten kann, ſo nachteilig wirkt in dieſer Richtung das luftabſchließende Übermaß von Waſſer. Es hebt die Zerſetzungs⸗ tätigkeit des Bodens infolge verminderten Luft- bezw. Sauerſtoffzutrittes auf, ohne den kein Oxydationsprozeß, alſo auch die Verweſung nicht normal verlaufen kann. Wir ſtehen vor der Erſcheinung des Fäulnis— prozeſſes. Ebenſo wirkt aber auch der Mangel an Feuchtigkeit, oder der Mangel an Wärme und Luft immer ſtörend auf die Humusaus— bildung ein. Wo immer alſo das harmoniſche Zuſammenwirken dieſer drei Zer— ſetzungsfaktoren durch Klima, Boden- oder Beſtandesverhältniſſe eine ſtörende Ablenkung erfährt, die Verweſung der organiſchen Abfallſtoffe im Waldboden in eine abnorme Richtung abgedrängt wird, da iſt die Roh humusbildung die natürliche Folge. Sie weiſt faſt immer auf das Vorhandenſein von Humusſäure und auf die empfindliche Verſchlech— terung der Bodenphyſik hin, indem ſie die locker-krümelige Beſchaffenheit der Nährſchicht aufhebt und namentlich auch die Waſſerbewegung in und auf dem Waldboden in ungünſtiger Weiſe beeinflußt. Je nach der Art der vom Beſtande und Boden dargebotenen Ab— fälle, die ſich an dieſer Rohhumusbildung beteiligen, unterſcheiden wir: 1. den gewöhnlichen Rohhumus, d. i. das unvollſtändige Zer— ſetzungsprodukt aus den Beſtandesabfällen und dem nicht holzigen Un— krautwuchſe; 2. den Heidehumus, an deſſen Bildung in der Hauptſache holziger Unkrautwuchs (Heide, Vaccinien uſw.), auch Mooſe beteiligt ſind; 3. die Stauberde oder den kohligen Humus, der in ſchwacher Auf— lagerung namentlich ärmeren, trockenen Standorten als unreifes Zerſetzungs— produkt von Hungermooſen und Bodenflechten eigen iſt; 4. endlich den Torf- und Moorboden. An ſeiner Bildung be— teiligt ſich vornehmlich eine ſtärkere Decke von Waſſer- und Sumpfmooſen, Gräſern (Sphagnum, Carex, Scirpus, Juncus uſw.) und Heiden, die, mehr oder weniger unter Waſſer ſtehend, oft zu recht mächtigen Ab— lagerungen anwachſen, ohne die Struktur der an ihrer Bildung beteiligten Pflanzen ganz zu verlieren. § 115. Die Arbeiten der Meliorierung. Wenn man würdigt, daß die vorſtehend genannten Rohhumusformen infolge geſtörter Zerſetzungsvorgänge, die durch ungünſtige Standorts— 334 Die künſtliche Beſtandesgründung. verhältniſſe oder auch durch wirtſchaftliche Mißgriffe verſchuldet wurden, einen integrierenden Teil des Bodennährſtoffkapitales vorſtellen, ſo bedeutet vom engeren waldbaulichen Standpunkte die Entfernung dieſer wie immer gearteten Rohhumusdecke einen raubenden Eingriff, der aus bodenpfleg— lichen Rückſichten nie gut geheißen werden kann, umſo weniger, als uns Wirtſchaft und Technik mancherlei Mittel an die Hand geben, auf die Um— bildung dieſer Rohſtoffe hinzuwirken, beziehungsweiſe dieſelben in vege— tationsfreundliche Formen umzuſetzen. Die Anregung der Zerſetzung durch wirtſchaftliche Eingriffe, das Abziehen der Bodendecke von den eigentlichen Kulturſtätten, die Häufelung und Bearbeitung behufs Bereitung von Kom— poſten, die Einäſcherung der abgeräumten und abgetrockneten Rohhumus⸗ ſchichte, die zerſetzungsanregende Vermengung derſelben mit dem Mineral— boden im Wege lockernder Bearbeitung, die holzwuchsfreundliche Verän⸗ derung der Bodenphyſik durch Entwäſſerung u. a. m. bezeichnen die Mittel und Wege, welche in dieſer Richtung angewendet, beziehungsweiſe ein— geſchlagen werden können. Sie ſind zum Teil allerdings ſo aufwandvoll, daß der Boden durch Einlegung einer vorübergehenden, zwiſchen Melioration und forſtlichen Anbau eingeſchobenen landwirtſchaftlichen Benutzung die Koſten der Melioration ſelbſt bezahlen muß. 1. Der eigentliche Roh humus. Er iſt auf minder zerſetzungstätigem Boden bei dichtem oder auch bei zu lichtem Beſtandesſchluſſe eine ziemlich gewöhnliche, meiſt aber nur ſtellenweiſe auftretende Erſcheinung. Im dichten Beſtandesſchluſſe dumpf— feuchter Lagen führt in der Regel der Mangel an Wärme, im lichten Schluſſe trockener Lagen dagegen der Mangel an Feuchtigkeit das Miß— verhältnis der Zerſetzungsfaktoren herbei. Beſtandesabfälle jeder Art und der abgeſtorbene Unkrautwuchs liefern das Material zu ſeiner Bildung. Im erſteren Falle (Wärmemangel) iſt er noch in vegetationsfreundlicherer Verfaſſung, der Gang der Zerſetzung iſt geſtört, kann aber meiſt durch wirt— ſchaftliche Maßnahmen in normale Bahnen zurückgeleitet werden. Lichtende und lüftende Eingriffe (Vorbereitungshieb der Femelſchlagverjüngung) üben eine gute und meiſt ausreichende Wirkung. Im zweiten Falle (Feuchtig⸗ keitsmangel) nähern ſich die chemiſchen und phyſikaliſchen Eigenſchaften mehr dem kohligen Humus. Derſelbe muß auf künſtlichem Wege ab— gezogen, von den Saat- und Pflanzſtätten bis auf den reinen mineraliſchen Nährboden entfernt, eventuell durch aufſchließende Einäſcherung zur Be— reicherung des Bodens verwendet werden. Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 335 2. Heidehumus. Gewöhnlich ein ſtarker, zuſammenhängender Bodenüberzug mit lebender Pflanzendecke und deshalb der laufenden Veränderung ſeiner Schichthöhe durch ſtändiges Wachstum unterworfen. Heide, Heidelbeere ſowie die ſie begleitenden Mooſe ſind in erſter Reihe an ſeiner Bildung beteiligt. Er iſt locker und trocken, braunrot, faſerig, etwas gerbſäurehaltig, im Waſſer— auszuge ſaure Reaktionserſcheinungen aufweiſend und dem Holzwuchs unter allen Umſtänden ſehr nachteilig. Die Möglichkeit ſeiner Lagerung läßt in der Regel der hohen Koſten halber die zuſammenhängenden Meliorations— arbeiten nicht zu. Sie kann nur in Frage kommen, wo eine intenſive Brandkultur, d. h. tiefes Aushacken, Abtrocknen, Einäſchern der Heide— humusſchichte mit nachfolgendem Ausſtreuen der Aſche und mehrjährigem Waldfeldbau nach Lage der Dinge in Ausſicht genommen werden kann. Sonſt iſt ein tiefes Abtrennen der Schichte mit Anwendung der Plaggen— haue und Freilegung des mineraliſchen Bodens im Rayon der Saat- und Pflanzſtätte und in deren unmittelbaren Umgebung das einzige Mittel. 3. Kohliger Humus, Stauberde. Meiſt ſchwache, loſe Auflagerung in trockenen, ſtärkerer Sonnenwir— kung ausgeſetzten Lagen, beſonders häufig in dürftigen Kieferbeſtänden, aus Hungermoos und Bodenflechten gebildet, von grauer Färbung, ſtaubartig auflagernd oder die Struktur des Rohmaterials noch aufweiſend. Dieſe Stauberde iſt wachshaltig und zeigt gegen Waſſeraufnahme ein außer— ordentlich ungünſtiges Verhalten. Das Waſſer ſteht auf der lockergefügten Schichte oft mehrere Stunden lang und verdunſtet, ohne einzudringen, der Staub ſchwimmt auf dem Waſſer, ohne ſich zu ſättigen. Der Ein— fluß auf den Holzwuchs iſt namentlich im jugendlichen Alter, im Stadium der Kultur, ein äußerſt ungünſtiger, ſo daß die erfolgreiche Aufforſtung von mit Stauberde überlagerten Flächen ganz ausſichtslos iſt. Die meiſt nur ſchwache Schichte läßt ſich übrigens mit Rechen und Hacke leicht abziehen und wo man die Koſten nicht ſcheut, durch Verbrennung unſchädlich machen, beziehungsweiſe nutzbringend umbilden. Im übrigen ſoll darauf geachtet werden, daß der Saat- oder Pflanzſtätte auf der mit Staub: erde überlagerten Kulturfläche eine etwas erhöhte, keinesfalls eine gegen das umgebende Bodenniveau vertiefte Lage gegeben werde, damit der Staubhumus durch Regenwaſſer nicht neuerdings in den unmittelbaren Bereich der Pflanzenwurzeln angeſchlämmt werde. 4. Torfbildung. Die Urbarmachung großer Moorgebiete iſt ſeit jeher der forſtlichen Tätigkeit mehr entrückt geweſen und wo überhaupt die Holzzucht der End— 336 Die künſtliche Beſtandesgründung. zweck dieſer aufwandvollen oft durch Jahrzehnte ſich erſtreckenden Meli— orationsarbeiten war, hat der Forſtwirt die bereits urbar gemachten Moorflächen aus der Hand der Landwirtſchaft oder eines anderen ſelb— ſtändigen Betriebszweiges (Torfnutzung) übernommen. Die neuere Zeit erkennt mit Recht den Sümpfen und Mooren eine höhere Bedeutung im Haushalte der Natur und der Landeskultur zu. Indem ſie würdigt, daß dieſelben als die Rieſenbehältniſſe der Natur den Kreislauf des Waſſers in haushälteriſch-wohltätiger Weiſe regeln, die Quellen, Bäche und Flüſſe in unzähligen Gerinnen nachhaltig ſpeiſen, hält ſie ſich nicht für be— rechtigt, die Moore, Filze uſw. mit einem in der Regel enormen Aufwande für die Bodenertragswirtſchaft zu gewinnen, am allerwenigſten ſie nach dauernder Trockenlegung der Holzzucht zugänglich zu machen, der ſie unter allen Umſtänden nur in ſehr untergeordnetem Maße dienen. Das Lehrbuch der Beſtandesgründung ſoll und darf deshalb von der ausführlichen Behandlung der einſchlägigen Materie abſehen. Es möge genügen, die norddeutſche Moorkultur, wie ſie H. Burckhardt in „Säen und Pflanzen“ eingehend darſtellt, hier kurz zu ſkizzieren. Die Moorbildungen gewinnen in Nord-, Nordoſt- und Süddeutſch— land, nicht weniger in Oſterreich, eine ſehr beachtenswerte Ausdehnung. Wie ſchon angedeutet, entſtehen ſie hauptſächlich aus Waſſer- und Sumpf— gewächſen, deren Verweſung durch infolge Waſſerüberſtauung eingetretenen Luftabſchluß aufgehalten wurde. Sie wachſen mit der Zeit über den Grundwaſſerſpiegel empor; Sumpfmooſe, Wollgräſer, Heiden und Vaceinien übernehmen die Führung, die eigentliche Torfbildung tritt in geſteigertem Maße in Erſcheinung. Wir unterſcheiden das Bruchmoor als das jüngere Gebilde mit meiſt geringer Torfablagerung, ziemlich reicher Flora und ſogar etwas geringem Holzwuchs und das Hochmoor mit ausgereifter Torfſchicht, nicht allein im Tieflande, ſondern auch in den Plateau- und Hochbecken— lagen vorkommend und den Namen „Hochmoor“ von der gegen ſeine jüngeren Randlagen linſenförmig erfolgenden Abflachung führend. Das Waſſer der Torfmoore reagiert ſauer; es iſt arm an Mineralſalzen, Kalk fehlt faſt ganz — Momente, die für die Urbarmachungsarbeiten richtung— gebend werden. Alte Baumreſte, die auf die ehemalige Beſtockung hin— weiſen, kommen vor und ſind oft noch Gegenſtand der Nutzung. Moorbildungen von geringer Ausdehnung werden behufs Aufforſtung auf Torf abgebaut, ſodann der mineraliſche Boden mit den Torfreſten gemiſcht, wiederholt landwirtſchaftlich genutzt, bis die Torfreſte zu Humus ausgereift ſind. Das Verbrennen der Torfreſte iſt ſelbſtverſtändlich nicht Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 337 ausgeſchloſſen. Auch tut Rabattierung, das iſt das Aufwerfen von Gräben mit dammartiger Erhöhung der Zwiſchenräume und Obenaufbringung der mineraliſchen Erde da oft gute Dienſte, wo die Aufforſtungsarbeiten un— mittelbar in Angriff genommen werden ſollen. Man ſäet und pflanzt daun oben auf die Rabatten. Auf ausgedehnten Moorflächen wird dagegen die Urbarmachung in weiter ausholender Arbeitsfolge, planmäßig geordnet, eingelegt. a) Die Entwäſſerung. Sie bildet ſozuſagen die Einleitung der durchgreifenden Melioration; durch ihre Wirkung wird der Boden ver— dichtet, entſäuert, dem Luftzutritt geöffnet; ſie beſchleunigt auch das Milder— werden und Ausreifen der Rohhumusſchicht. Im Torfmoor handelt es ſich immer um große, ſyſtematiſch mit Nivellement, Kartenwerken und förmlichen Arbeitsplänen vorbereitete Meliorationen. b) Abbau des Brenntorfes. Sobald das Moor örtlich genügende Setzung und Abtrocknung erfahren hat, beginnt der Abbau der etwa vor— handenen Nutztorfſchicht nach einem in aller Form ausgearbeiteten „Be— triebsplane“, der ſelbſtverſtändlich mit den vorausſchreitenden Arbeiten der Entwäſſerung zu korreſpondieren hat. e) Verbrennung der vegetabiliſchen Reſte. Dem Abbau des Brenntorfes folgt die Einäſcherung aller übrig gebliebenen vegetabiliſchen Stoffe. — Dieſelben werden für den Pflanzenwuchs aufgeſchloſſen. Die Aſche liefert dem Boden Alkalien, wirkt ſonach entſäuernd und verſchafft den nun anzureihenden landwirtſchaftlichen Beſtellungsarbeiten ein an— baufähiges Kulturland. d) Der Fruchtbau erfolgt nach landwirtſchaftlichen Regeln; nur die Wahl und Folge der Feldfrüchte muß ſich dem Boden und Klima vollkommen anpaſſen. Buchweizen gibt gewöhnlich die erſte Ernte, ſpäter folgen Hafer, auch Korn. Längere Dauer der landwirtſchaftlichen Aus— beutung iſt zu widerraten. Es ſoll nie aus dem Auge gelaſſen werden, daß dieſelbe nur die Koſten der Urbarmachung, ſpeziell auch der Boden— lockerung zurückgeben ſoll. Vom waldbaulichen Standpunkte iſt nach Beendigung der Bodenmelioration die Aufforſtung, je früher deſto beſſer, in Angriff zu nehmen. e) Der Holzanbau ſelbſt ſtößt in der Regel auf keine beſonderen Schwierigkeiten, doch wirken unzeitige Fröſte, Wiederbildung des Moores, Bodenarmut, Standortswidrigkeiten überhaupt recht nachteilig auf die Wald— vegetation ein, ſo daß ſich die Holzzucht ſelten lohnt. Nutzholzproduktion iſt meiſt ausgeſchloſſen und Brennholzzucht macht ſich namentlich dann nicht bezahlt, wenn ein reifes Brenntorfgebilde vorliegt. Die geeignetſten Reuß, Beſtandesgründung. 22 338 Die künſtliche Beſtandesgründung. Holzarten ſind Kiefer, Birke und bei ſehr gründlicher Urbarmachung, ganz beſonders bei wirkſamer Entſäuerung, bieten auch Fichte, Tanne, Eiche, Eſche hilfreich die Hand. — D. Der Ortſtein und ſeine Urbarmachung. Der Ortſtein, auch Ort, Ur, Orterde genannt, iſt eine im ausge— dehnten Heidegebiete des norddeutſchen Flachlandes: Norddeutſchland, Dänemark, aber auch in Sſterreich-Ungarn, Südfrankreich uſw. ziemlich verbreitete Erſcheinung, die der Bodenkultur jeder Art ernſte Schwierig— keiten entgegenſtellt und durch gründliche, meiſt auch recht aufwandvolle Urbarmachungsmaßregeln für die land- und forſtwirtſchaftliche Produktion gewonnen werden muß. — In geologiſcher Beziehung verdient hervorge— hoben zu werden, daß der Ortſtein vorwiegend die Diluvialſande begleitet, jedenfalls aber auch der gegenwärtigen Bildungsperiode angehört und noch heute ſich bildet, wo die Vorbedingungen gegeben ſind. § 116. Allgemeines. Der Ortſtein durchläuft von der dichterdigen Schichtform (Brand— oder Orterde) bis zum ſteinharten, brüchig-ſpröden Flachkruſtengebilde (Ortſtein) alle Abänderungen, weiſt nach Em eis Forſchungen auch Übergänge in Wieſenerz da auf, wo er knollenartig ſich verdickt und durch größeren Eiſengehalt ſich auszeichnet. Er tritt vorwiegend als mehr oder minder zuſammenhängendes Schichtengebilde von 2 bis 4 em Mächtig— keit in einer mäßigen, der Pflanzenwurzel erreichbaren Tiefe von 6 bis 10 cm auf, erreicht aber eine Schichtſtärke von 15 und mehr em und eine Strichtiefe von 1 m und darüber hinaus. Wo offene Deck— ſande ihn überlagern, wird er mitunter durch Windverwehung bloßgelegt und tritt in geringer Ausdehnung wohl plattenförmig zutage. Auch zwei übereinander gelagerte Ortſchichten kommen vor. — Eine den Boden gut durchwurzelnde Waldbeſtockung verhindert die Bildung bezw. Wieder— bildung des Ortſteines. Im Bereiche größerer Grundfeuchtigkeit und bei Vorhandenſein reicherer Mengen von organiſchen Stoffen pflegt er ſich mürbe, weicher zu erhalten und umgekehrt kommen bei Vertiefung des Grundwaſſer— ſpiegels (Entwäſſerung), welche den Ortſtein außer Bereich der Grund— feuchtigkeit bringen, Erhärtungen der dichterdigen Formen vor. Der ihn überlagernde Deckſand, in der Berührungsſchicht auch Bleiſand ge— nannt, iſt arm, ausgewaſchen, von grauer Farbe (Grauſand), die unter— lagernde Schichte dagegen von gelber Farbe und mehr feinerdige Bei— Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 339 mengungen führend. Im urbar gemachten Ortſteinfelde dient die zutage geförderte Gelbſandſchicht mit Recht zur Kontrolle der wirklich erfolgten Durchbrechung. Quarzſand, bis zu 90%, und Heidehumus ſind die Hauptbeſtand— teile des Ortſteines; ſie ſind auch die unerläßlichen Vorbedingungen für ſeine Bildung und doch kommt er keineswegs überall da vor, wo die— ſelben gegeben ſind. Ortſtein iſt ſonach ein durch humoſe Stoffe ver— kitteter Sandſtein, der auch wieder zu Sand zerfällt, wenn die bindende organiſche Subſtanz zerſtört wird. Den Hügellagen keineswegs fremd, gehört doch das mächtige und häufiger auftretende Gebilde mehr der Niederung an. Nach Ramann läßt ſich der Bildungsvorgang alſo ſkizzieren: Regenwäſſer tragen die gelöſten Humusſtoffe durch die ausgewaſchene, an mineraliſchen Nährſtoffen erſchöpfte, aber immer noch ſchwach humoſe Oberſchicht (Deckſand) gegen die mineraliſch reichere oder wenigſtens noch verwitterungstätige Unterſchicht hinab. Hier werden die im Regenwaſſer gelöſten Humusſtoffe unter Mitwirkung der Mineralſalze wieder ausge— fällt und dieſe Ausfällung liefert das Bindemittel für die Ortbildung. Es darf ſonach auf ein Zuſammenwirken von phyſikaliſchen und chemi— ſchen Prozeſſen geſchloſſen werden, deren Wirkungs-Anteilnahme nach Grad und Art wohl noch nicht genügend geklärt iſt. — Außer den vor— erwähnten Hauptbeſtandteilen „Sand und Heidehumus“ enthält der Ort— ſtein etwas Tonerde, Eiſenoxyd, Spuren von Phosphorſäure uſw. in veränderlichen, durchweg aber ſehr geringen Mengen und ſtellt im Heide— ſand jedenfalls die reichſte Bodenſchichte dar. (Emeis: „Die Spar— büchſe der Jahrtauſende“). An die Luft gebracht, zerfällt der Ortſtein binnen Jahresfriſt, meiſt ſogar unter Einfluß der aufſchließenden Witterungswirkung eines einzigen Winters, und gibt ſeinen Nährſtoff— gehalt frei. § 117. Verhalten zum Baumwuchs. Können auch im allgemeinen jene Lagen, welche Ortſteinbildungen überhaupt führen, mit Rückſicht auf die Ungunſt der phyſikaliſchen und chemiſchen Eigenſchaften des Bodens nie zu den produktiveren Wald— ſtandorten gerechnet werden, ſo liegt doch nach Überblickung der chemi— ſchen Zuſammenſetzung hierin kein Grund, den Ortſtein gerade in dieſer Richtung beſonders zu belaſten, bezw. die dem Holzwuchs feindliche Ein— flußnahme zu erklären, welche im Ortſteinfelde tatſächlich immer in Er— ſcheinung tritt. Allerdings braucht der Ortſtein zu ſeiner Bildung die 22* 340 Die künſtliche Beſtandesgründung. mineraliſchen und organiſchen Nährſtoffe der Deckſandſchicht auf, aber er wirkt anderſeits auch wieder düngend, wenn er, aus dem Untergrunde zutage gefördert, den zerſetzenden und aufſchließenden Wirkungen der Atmoſphärilien ausgeſetzt wird. — Seine bodenverſchlechternden Eigen⸗ ſchaften find alſo in erſter Reihe auf phyſikaliſche Einflüſſe zurück⸗ zuführen. Als zuſammenhängendes Schichtengebilde ſetzt der Ortſtein in allen Abänderungen dem Eindringen der Baumwurzel ein mechaniſches Hinder⸗ nis entgegen, welches bis zum Grade einer abſoluten Undurchdringlich— keit ſich ſteigert. Mürbe, erdige Formen, ganz ſchwache Kruſtenbildungen werden von der Wurzel nach augenfälligen Wuchsſtockungen noch über— wunden, ein Baum aber, der mit der Wurzel auf eine feſte oder auch nur dichterdige Schicht von entſprechender Mächtigkeit aufſtößt, findet ſelbſt im wuchsenergiſcheſten Entwickelungsſtadium ſein Fortkommen nicht mehr. Der Höhenwuchs, gewiſſermaßen der oberirdiſche Maßſtab ſür die Wuchs⸗ leiſtungen der Wurzel, ſtockt ſofort und für immer; ein kümmerliches Geſamtverhalten gewinnt die Oberhand, das Wachstum ſchreitet über ein krüppelhaftes Vegetieren nicht mehr hinaus. Und dieſer charakteriſtiſche Einfluß des Ortſteins gelangt beim Holzanbau um ſo mehr zur Wirkung, als die im Hinblick auf die eigenartigen Standortsverhältniſſe überhaupt ſo beſchränkte Wahl nur auf genügſame Holzarten ihr Augenmerk richten kann und gerade dieſe an die Gründigkeit des Bodens Anſprüche ſtellen, denen das Ortſteinfeld am allerwenigſten gerecht zu werden vermag. Die Kiefer, die Birke, die Eiche, Hainbuche uſw. entwickeln alle tiefere Wurzeln. Noch nachteiliger vielleicht fällt aber die abſchließende Wirkung der Ortſteinſchicht im Boden ſelbſt ins Gewicht. Sie hebt die Waſſer— bewegung vollſtändig auf, verhindert das befruchtende und aufſpeichernde Niedergehen der Tagewäſſer in den Untergrund, gibt ſonach, wie jede undurchläſſige Schicht, leicht Anlaß zu Vernäſſungen. Sie verhindert aber auch das Aufſteigen der Feuchtigkeit aus dem mächtigen Reſervoir des Untergrundes in die leicht austrocknenden Deckſande, welche im Sommer, unter dem Einfluſſe der äußeren Temperaturſchwankungen ſtehend, die aus der Tiefe aufſteigenden Waſſerdünſte in ſich niederzu— ſchlagen und die ſtockende Pflanzenvegetation über die Gefahren anhalten— der Dürre hinauszubringen berufen ſind. Die Ortſteinbildung verſchlechtert alſo den Kulturboden hervor— ragend, indem ſie zwei ſeiner wichtigſten phyſikaliſchen Eigenſchaften, die Gründigkeit und die Feuchtigkeit, zu ungunſten des Holzwuchſes Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 341 in einem Grade herabſtimmt, daß Urbarmachungsmaßregeln der Auf— forſtung vorausgehen müſſen. $ 118. Die Arbeiten der Durchbrechung. Ein im Boden in der Form des Ortſteines vorhandenes Hinder— nis für Holzwuchs und Waſſerbewegung kann in der Regel nur auf mechaniſchem Wege beſeitigt werden — mittels der Durchbrechung. Wie bei allen aufwandvolleren Bodenmeliorationen, ſo iſt auch im Ort— ſteinfelde die Gründlichkeit der Ausführungsarbeiten die erſte Bedingung. Halbe Arbeit iſt immer die teuerſte. Sie iſt nicht wirkungsvoll, oft ganz vergeblich. Wie bei der Bodenvorbereitung zur Saatkultur unterſcheiden wir die volle, zuſammenhängende oder flächenweiſe und die ſtellenweiſe Durchbrechung der Ortſteinſchichte und dieſelben Gründe wie dort ſprechen auch hier bei der Urbarmachung des Ortſteinfeldes gegen eine zuſammen— hängende Durchbrechung: die hohen Koſten. Aber es mag nie über— ſehen werden, daß der Erfolg der Arbeit von zwei Vorausſetzungen ab— hängt: von der völligen Durcharbeitung der Schichte ihrer Stärke und Tiefe nach und von der hinreichend breiten Unterbrechung ihres Flächenzuſammenhanges. Dieſe beiden Forderungen drängen die Er— wägungen über die Koſtenfrage und das Flächenminimum der ſtellen— weiſen Durchbrechung oft in ſchwerlösliche Widerſprüche und nehmen unter allen Umſtänden auf die Wahl des Gerätes und auf das Maß des räumlichen Zuſammenhanges der Durchbrechung einen beſtimmenden Einfluß. Der brüchig⸗ſpröde Ortſtein von mäßiger Stärke wird im allgemei— nen leichter durchbrochen wie eine feſte, ſtärkere Orterdeſchicht. Bei allen Arbeiten iſt das Obenaufbringen des Ortſteines durchaus zweckmäßig, nicht allein, um die in ihm aufgeſpeicherten Nährſtoffe unter dem zerſetzenden Einfluſſe der Atmoſphärilien aufzuſchließen, ſondern auch um der Wiederbildung der Ortſteinſchicht vorzubeugen, welche bei einfacher Zerſtückelung der Ortſchicht durch neuerliche Verkittung der im Boden belaſſenen Stücke allem Anſcheine nach begünſtigt wird. Aus dem Vorhergeſagten geht hervor, wie ungemein wichtig für die erſprießliche Löſung der Urbarmachungsfrage die richtige, dem Charakter der Ortſchichte angepaßte Wahl des Gerätes iſt, denn durch ſie wird ſozuſagen dem Arbeitsverlaufe nach Art und Zuſammenhang die gedeih— liche Richtung gegeben. Je nach Strichtiefe, Härte und Mächtigkeit des Ortſteines kommen die verſchiedenſten Konſtruktionen des Pfluges, der Hacke, Schaufel und der Geräte zum Durchſtoßen in Frage. 342 Die künſtliche Beſtandesgründung. Der Pflug iſt anwendbar, wenn der Ortſtein in einer ihm erreich— baren Tiefe verſtreicht, in einer Schichtſtärke, welche der Pflug womög— lich im erſten Angriff bewältigt, und endlich dann, wenn eine wenig— ſtens der Längsrichtung nach zuſammenhängende Durchbrechung beab— ſichtigt wird. Die ſchwache, flachverſtreichende Schichte bis 30 em Tiefe wird von kräftigen Pflügen gewöhnlicher Konſtruktion, vom Feld- und Wald— pflug mit entſprechendem Tiefgang im erſten Angriff bewältigt. Pflug⸗ ſchar und Streichbrett ſollen ſo gewählt ſein, daß ſie gut „ſtürzend“ wirken, d. h. die durchbrochene Unterſchicht obenaufbringen. Der Beet⸗ pflug mit unbeweglichem Streichbrett, der im Hin- und Herzuge der Furche wechſelt und eventuell zwei Beetſtreifen zugleich in Angriff nimmt, iſt Regel. In höherem Heidewuchs bewährt ſich der Schwingpflug. Die Durchbrechung des Ortſteins bei einer Tieflage bis zu 60 em erheiſcht die Anwendung zweier ſich ergänzender Pflüge. Der erſte, der Vorpflug mit breitem Streichbrett, wird öffnend vorausgeſchickt; er ſtürzt den Deckſand ſeitwärts und macht die Ortſchicht dem Nachpfluge zur eigentlichen Durchbrechung zugänglich. Als zweiter wird meiſt ein Untergrundpflug ohne Streichbrett verwendet werden müſſen. Derſelbe bringt jedoch die Ortſchicht zu wenig obenauf und vermag ſonach einer Hauptforderung der Ortſteinkultur nicht gerecht zu werden. Das Ver— fahren iſt auch ſehr kontrollbedürftig, da in der Bodenoberfläche keine Auhaltspunkte dafür vorhanden ſind, daß der Durchbruch wirklich er— folgt ſei. Dieſe beiden Mängel veranlaſſen häufig die kombinierte Anz wendung von Pflug- und Handarbeit in der Weiſe, daß der Ortſtein mit dem Pfluge in wechſelnder Furche freigelegt und die Durchbrechung mittels Handarbeit durch eine entſprechende Anzahl von Arbeitern in unmittelbarem Anſchluß ſo vorgenommen wird, daß die Ortſchicht oben— auf gelangt. Schichten über 60 und bis 80 em Tieflage werden noch vom Dampfpfluge erreicht, einem ſogenannten Kipp- oder Balanzierpfluge, der an ſtarkem Drahtſeil von zwei etwa zwölfpferdigen Lokomobilen hin und her gezogen wird. Er riolt ſehr zweckdienlich, leiſtet überhaupt gute Arbeit, verurſacht aber höheren Aufwand als die früher erwähnten Verfahren. Wie ſchon bemerkt, ſetzt die Anwendung des Pfluges unter allen Umſtänden die zuſammenhängende Durchbrechung in der Furchenrichtung voraus und da der volle Flächenumbruch in der Regel zu teuer iſt, ſo greift man immer zu einer ſtreifenweiſen, niemals zu einer furchenweiſen Die Urbarmachung nicht aufforitungsfähiger Waldböden. 343 Durchbrechung. Das Minimalmaß für die Streifenbreite im Durch— bruch iſt 1 m, die Maximalbreite der unbebaut belaſſenen Zwiſchen— ſtreifen greift in der Regel nicht über 2 m hinaus, da ſonſt der Be— ſtandesſchluß zu ſpät eintritt, der Zweck der Urbarmachung nur in unvoll— ſtändigem Maße erreicht wird (vergl. die Aufforſtungsarbeiten). Der ſtreifenweiſe Zuſammenhang hat den Vorteil, daß er die Wiederbildung des Ortſteins verhütet, die Verbindung der Ober- und Untergrund— ſchichten wirkſam herſtellt und namentlich auch die Durchbrechung ſelbſt ſehr weſentlich erleichtert. Furche an Furche gelegt, ſplittert der Pflug gegen das Arbeitsfeld die ſpröde Ortſchicht an und hebt ſie dann immer leichter aus, als wenn er mit jeder Furche in die volle Schicht ein— dringen muß. Für die dichterdige Form kommt dieſer Vorteil aller— dings nicht in Betracht. Die Riolung (Rajolung) mit Anwendung von Handgeräten iſt jeder Form des Ortſteinvorkommens gewachſen, liefert zweifellos auch die gründlichſte, aber auch die teuerſte Arbeit. Sie kann alſo überall, muß aber da eingelegt werden, wo tiefere Hart- oder Mürbſchichten in einer dem Pfluge unüberwindlichen Mächtigkeit durchgearbeitet werden ſollen. Das Riolverfahren kehrt die in ſeinen Bereich gezogene Boden— ſchichte vollſtändig um: Bodendecke in die Tiefe, Deckſand darüber, das Ortgebilde, mehr oder minder vermiſcht, obenauf. Das zum Angriff aus— erſehene Arbeitsfeld wird parallel zur Arbeitsrichtung in Beete geteilt und Beet für Beet in Form von Riolgraben derart durchbrochen, daß der Aushub des folgenden zur Füllung des vorhergehenden Grabens be— nutzt wird. Hierbei iſt ſofortige Schließung des Grabens, alſo fertige Arbeit, die Vorausſetzung. — Ein anderes Verfahren läßt den Graben 1 oder 2 Jahre offen liegen. Es wirft breitere Gräben auf, ſetzt dieſe wie den Auswurf mit dem durchbrochenen Ortſtein obenauf, den wohl— tätig aufſchließenden Wirkungen der Atmoſphärilien aus und füllt nach erfolgter Verwitterung des Ortſteins den Bodenaushub, mehr oder minder durchgemiſcht, wieder ein. Bei der Handriolung kann die zuſammenhängende Flächendurch— brechung des Koſtenpunktes halber noch weniger in Frage kommen als beim Ortſteinpflügen, doch darf auch hier unter die vorher feſtgelegte Minimalbreite der ſtufenweiſen Durchbrechung nicht herabgegangen werden. Die Durchbrechung des Ortſteins in Form von Löchern und Plat— ten iſt in jeder Richtung unzureichend und deshalb wenig in Aufnahme. Die Geräte der Handriolung ſind: die Plaggenhaue zur Entfernung der Bodendecke, die Schaufel zur Offnung des Ortſteines, Rode- oder Spitz— 344 Die künſtliche Beſtandesgründung. hacke zur Durchbrechung, allenfalls Spaten und Stoßeiſen zur lochweiſen Durchſtoßung des Ortſteines. Setzt man die Koſten der Urbarmachung mittels Pfluges im erſten Angriff gleich 1, ſo ſteigern ſich dieſelben bei Anwendung des Vor- und Untergrundpfluges etwa auf das 2-, beim Dampfpfluge bis auf das 47, bei der Handarbeit bis auf das 5- und fache. § 119. Die Aufforſtung des durchbrochenen Ortſteinfeldes. Den Aufforſtungsarbeiten im urbaren Ortſteinfelde treten in der Regel keine beſonderen Schwierigkeiten mehr entgegen. Es kommt zwar nicht gar ſo ſelten vor, daß die früher beſprochenen Meliorationsarbeiten gleichzeitig mit in Wirkung treten müſſen, wo es gilt, etwa ſtarke Roh— humusbeimengungen unſchädlich zu machen, bewegliche Deckſande zu be— ruhigen oder vernäßtes Terrain trocken zu legen. Die günſtige Einfluß- nahme der Entwäſſerung wird bei Vorhandenſein von Stauwaſſer am allerwenigſten entbehrt werden können, weil die Aufſchließung der im Ortſtein aufgeſpeicherten Nährſtoffe bei Vorhandenſein überſchüſſiger Grundwäſſer nicht vor ſich gehen, die Umbildung zu kohlenſauren Salzen ohne Zutritt der atmoſphäriſchen Luft nicht erfolgen kann. An und für ſich aber iſt der durchbrochene Ortſtein den Arbeiten der Beſtandesgrün— dung nicht mehr ungünſtig. Die Wahl der Holzart iſt, wie ſchon an anderer Stelle hervorge— hoben, durch die immerhin recht ungünſtige Eigenart der Bodenphyſik und chemie eine recht beſchränkte. Die Kiefer wirft ſich zur ſouve— ränen Gebieterin der Ortſteinſande auf. Sie iſt auch die ſtandorts— berechtigteſte. Und wenn auch Fichte, Birke, Eiche, Hainbuche, Eſche, Erle hier und da als Miſchhölzer ſehr gern berückſichtigt werden, ſo gewinnen ſie doch nur ſelten eine beſtandbildende Bedeutung, leiſten im Ortſtein— gebiete meiſt auch zu wenig, als daß ihnen eine ſelbſtändige wirtſchaft— liche Rolle übertragen werden könnte. Die Saatkultur iſt unter günſtigen Vorausſetzungen nicht ausge— ſchloſſen, hat aber von Standortswidrigkeiten mehr zu leiden als die Pflanzung. Letztere bildet daher auch die Regel. Die Wahl der Methode ſoll ſich im allgemeinen der früher dargelegten Lehrmeinung „naturgemäße Einbettung der Wurzel“ anpaſſen, doch können im Sande, eher wie ſonſt, die billigen Gerätemethoden angewendet werden, um ſo eher, je weniger die Nutzholzerziehung als Wirtſchaftsziel ins Auge ge— faßt werden kann. Die Pflanzung von 1—2 jährigen Kiefernſämlingen mittels Setzholzes, Buttlarſchen Eiſens, Lanze, Dolches uſw. ſind im Die Urbarmachung nicht aufforſtungsfähiger Waldböden. 345 Ortſteinfelde ſehr üblich. Andere Holzarten aber und älteres Pflanz— material ſetzen jedoch auch hier die Grubenpflanzung voraus, die ja in der gegebenen Bodenbeſchaffenheit immer große Erleichterungen findet. In Berückſichtigung der bei weitem überwiegenden Durchbrechung in Streifenform iſt bei praktiſcher Ausführung der Pflanzkultur darauf zu achten, daß der Haubarkeitsbeſtand unmittelbar auf den durchbrochenen Stellen ausgepflanzt wird, die Zwiſchenbänke dagegen, je nach ihrer Breite, mit einer oder zwei Pflanzreihen als Neben- oder Füllbeſtand beſetzt werden. Ihnen fällt die vorübergehende Rolle des Bodenſchutzholzes zu. Sie ſcheiden ſpäter im Wege der Zwiſchennutzung aus. Auf ausgeſprochen naſſen Standorten findet auch die ſogenannte Rabattenkultur ein geeignetes Arbeitsfeld. Sie zieht Parallelgräben, die den Ortſtein durchbrechen, und wirft riolend den Aushub zu damm— artigen Erhöhungen (Rabatten) auf die Zwiſchenräume. Auf dem Sattel der Rabatten wird die Pflanzung ausgeführt. Der Graben wirkt zu— gleich entwäſſernd. In Norddeutſchland wird auch ein Verfahren der nachträglichen Ortſteindurchbrechung in Jungbeſtänden, die auf überſehener Ortſtein— unterlage ſtocken, geübt. Derartige Beſtände kennzeichnen das Hindernis durch Wachstumsſtockungen. Man pflegt da wohl meliorierend in der Weiſe einzugreifen, daß man nach ſtreifenweiſer Abräumung des Beſtandes den Boden in entſprechender Breite und Tiefe riolt, den Randſtämmen längs der Riolſtreifen Gelegenheit bietet, mit der Wurzel in die Tiefe zu ſtreichen, oder aber man ſchreitet, dem vorhandenen Beſtand die Rolle des Nebenbeſtandes zuweiſend, zur Neubegründung des Beſtandes, indem man die Haubarkeitsbeſtockung durch Pflanzung in die Riolſtreifen ſelbſt einführt. “ ee J se RTTERRRNE LET. >. \- ’ 1 i 8 u a u RR, 1 e Ad N Re ra Fer e . c Be 85 Ei 7500 ET er ER u. DR “a BT N 3 Nene eee U i eie Ae ae nen aim A Ka 0038 ui iu: 0080 125 a: a 10 u eee REN n 2 i 550 uns (REF > e er seta Mr RE REN NET, "ars . al M RER Rat e d rm e e Fe N 8 F eie An NEE AI UHR n er ee ee N Tauern Bol Men ar Se Bede eee 7 BE a u elüuy, 00, 020:8 0 FFC Ku W Wo ad ee rn nl 1 ik e EB BT Baal 1 a en * g 7 weh — 21 „ „ ND. ele eee 7 3 I. U 15 neee + “ II. Abteilung. Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. 11. Kapitel. Die praktiſchen Arbeiten. Mehr der althergebrachten und anerkannten Vollſtändigkeit der Lehre als der ſtreng ſachlichen Zugehörigkeit halber möge auch die „kombi— nierte“ Form der Beſtandesgründung: Die „Ausſchlagverjün— gung“ zur Behandlung geſtellt werden. — § 120. Weſen und allgemeine Würdigung. Die meiſten Laubholzarten unſeres heimatlichen Wirtſchaftswaldes beſitzen in mehr oder minder ausgeſprochenem Grade die Fähigkeit, durch die vermehrte Lebenstätigkeit ihrer unterirdiſchen Organe neue Ausſchläge aus dem Wurzelſtocke oder Schafte auszutreiben und auf dieſe Weiſe Schaft und Krone zu „reproduzieren“, wenn dieſe im Wege eines wirt- ſchaftlichen Nutzungsaktes genommen wurden. Der Menſch hat ſich von jeher dieſe Fähigkeit der Laubhölzer zunutze gemacht und zu einer Zeit, in der das ganze „Um und Auf“ der Wirtſchaft auf Brennholzerzeugung gerichtet war, ſtand der auf dieſe Form der Wiederverjüngung ſich ſtützende Betrieb, „Der Niederwald- oder Ausſchlagbetrieb“, in hohem Anſehen. In ihm werden auch die älteſten Spuren einer Ertragsregelung auf der einfachen Baſis der Schlageinteilung gefunden. Die Untauglichkeit der Ausſchlagverjüngung für die Nadelhölzer, der Übelſtand, daß ſie (die Weide ausgenommen), mehr der Maſſen- als der Wertsproduktion dienſtbar ge— macht werden kann, die Tatſache, daß ſie zur Erziehung von Nutzholzbeſtän⸗ den im neuzeitlichen Sinne des Wortes abſolut nicht leiſtungsfähig iſt, mußte ſie ſchnell zurückdrängen, ſobald durch die Hebung der Verkehrsverhältniſſe der Ferntransport der Steinkohle ermöglicht wurde. Als um Mitte vorigen Jahrhunderts der Gerbereibetrieb zu hoher Blüte ſich entwickelte, wurde die raſche Steigerung der Lohrindenpreiſe die Veranlaſſung zur Ausdehnung der Eichenausſchlagverjüngung im Schälwaldbetriebe und ſchien den im Niedergang begriffenen Ausſchlagbetriebe neuerlich Halt und Stütze zu bieten. In Frankreich, im Süden und Weſten Deutſchlands hielt ſich der Aus— ſchlagbetrieb mit beachtenswerter Zähigkeit, bis gegen Ende des Jahr— hunderts die überſeeiſche Konkurrenz und die überhand nehmende Kunſt— gerberei mit Anwendung von Mineralſalzen die Rindepreiſe und mit ihnen 350 Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. den Eichenſchälwaldbetrieb ſelbſt niederwarfen. Der Ruf nach Steigerung der Nutzholzproduktion wurde immer lauter und machte die Hochwald— wirtſchaft, mit ihr die Beſtandesgründung durch Samen, zur ſouveränen Beherrſcherin des modernen Ertragswaldes. — Aber wenn auch die wirtſchaftliche Bedeutung der Ausſchlagverjüngung in den letzten Jahrzehnten ſehr geſunken iſt, ſo beſteht doch zweifellos ihre Berechtigung in einer den lokalen Abſatzverhältniſſen angepaßten Form und Ausdehnung vollkommen zu Recht. Wo geringe Brennhölzer gute Preiſe erzielen, die oft fabelhafte Maſſenproduktion des Ausſchlagbetriebes hohe Gelderträge ſichert, wo die Eichenlohrinde lebhafter Nachfrage ſich erfreut und die Weidenrutenzucht ſogar mit der Ertragsleiſtung landwirt- ſchaftlicher Grundſtücke wettläuft, da iſt auch der Niederwald und die Aus— ſchlagverjüngung noch recht am Platze. — Wie bei der natürlichen Verjüngung durch Samen, ſo greift auch bei der Ausſchlagverjüngung der Wirtſchaftsbetrieb (mit Ausnahme allen— falls bei der erſten Anlage des Beſtandes) nicht direkt beſtandesgründend, ſondern eigentlich nur anregend und vorbereitend ein und doch trägt die Verjüngung durch Samen die Merkmale des eigentlichen Beſtandes- gründungsaktes viel ausgeſprochener in ſich als die Ausſchlagverjüngung, welche ja eigentlich nur als eine Beſtandesregeneration die wirt— ſchaftliche Wiedergeburt der zur Nutzung gelangten Baumteile an— ſtrebt und herbeiführt. Jeder Baum beſteht aus unter- und ober— irdiſchen Organen. Die Beſtandesgründung ſtellt ſich zur Hauptaufgabe, Bäume zu erziehen und in dieſem Sinne iſt, ſtreng genommen, nur die erſte Anlage des Ausſchlagbeſtandes ein wirklicher Begründungsakt. Alle ſpäteren Nutzungshaue ſind Vorbereitungshauungen für die Wieder— begründung. — Die wiederverjüngungstüchtigſten Holzarten ſind wegen ihrer hohen Ausſchlagsenergie und jugendlichen Maſſenproduktion die Eiche, Hainbuche, Kaſtanie, Pappel, Erle, Eſche, Ulme, Weide und der Feldahorn. Die anderen Laubholzarten beſitzen ebenfalls mehr oder minder die Fähigkeit, vom Wurzelſtock oder von der Wurzel ſelbſt wieder auszuſchlagen, doch ſtehen ſie gegen die früher genannten in der Kraft und Ausdauer ihrer Leiſtung weſentlich zurück. — Bei gleicher Holzart nehmen alle jene Faktoren, welche den Wachstumsgang beeinfluſſen, auch auf die Ausſchlagstätigkeit hervor— ragenden Einfluß. Wenn vorher die geringe Eignung der Ausſchlag— verjüngung zur Nutzholzzucht angedeutet wurde, ſo hängt dieſe mit der wirtſchaftlichen Behandlung — eigentlich Mißhandlung — des Baum— individuums und mit den überaus kurzen Umtriebszeiten zuſammen, die Die praktiſchen Arbeiten. 351 dem Baum nicht die Zeit zur Entwickelung nutzholztüchtiger Stärken— dimenſion laſſen. Die weitere Würdigung der Ausſchlagsverjüngung vom betriebs- und ertragstechniſchen Standpunkte fällt in den Bereich der Lehre von den Betriebsarten. § 121. Formen und Arten. Wir unterſcheiden die Wiederverjüngung durch Stockausſchlag und die Wiederverjüngung durch Schaftausſchlag. Für letztere werden zwei Unterformen aufgeſtellt: die Wiederverjüngung durch die Aus— ſchlagstätigkeit des gekürzten Schaftes (Kopfausſchlag) und die Wiederverjüngung durch die Reproduktionskraft des ganzen Schaftes (Schaftausſchlag). Auf Grundlage dieſer drei Ausſchlagverjüngungs— formen detailliert die Syſtematik der forſtlichen Betriebsarten: Den Stockausſchlagbetrieb oder eigentlichen Niederwaldbetrieb (Nutzung der am Wurzelſtocke austretenden Ausſchläge), den Kopfholzbetrieb (Nutzung der am geſtummelten Schaftende hervortretenden Ausſchläge), den Schneitel- auch Schneidelholzbetrieb (Nutzung der am ganzen Schafte hervortretenden Ausſchläge). Es erſcheint ſtatthaft, die analogen Begriffe in die Lehre der Be— ſtandesgründung zu übertragen und demgemäß zu ſprechen von einer Wiederverjüngung durch Stockausſchlag, Wiederverjüngung durch Kopfausſchlag, Wiederverjüngung durch Schaftausſchlag. Wieder verjüngung durch Stockausſchlag. Behufs Verjüngung durch Stockausſchlag wird der Schaft dicht über dem Boden abgetrennt. Die jungen Ausſchläge erſcheinen meiſt am eigent— lichen Wurzelſtocke, treten ſeltener auch in der Form der Wurzelbrut und Wurzelſproſſen aus der unterirdiſchen Achſe direkt hervor. Sie regen in lebhafter Wechſelwirkung zwiſchen ihrem leiſtungsfähigen Blatt- und Wurzelvermögen für eine allerdings beſchränkte Reihe von Jahren zu oft ganz enormen Wuchsleiſtungen an und werden je nach dem Wirtſchafts— ziele durch die in längeren oder kürzeren Zwiſchenräumen eingelegten Nutzungshiebe verjüngt. Wiederverjüngung durch Kopfausſchlag. Die Kopfholzverjüngung kürzt den Schaft in 2—3 m Höhe über dem Boden. Die Ausſchläge erſcheinen am Ende des Schaftſtummels, der 352 Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. ſich infolge der wiederholten Nutzungen durch Maſerbildung und Rinden— wucherung kopfartig verdickt. (Vergl. auch die Begründung des Kopfholz⸗ beſtandes durch Setzſtangen, § 95.) Wiederjüngung durch Schaftausſchlag. Die Wiederverjüngung durch Schaftausſchlag endlich nimmt dem Baume die Zweige und die äußerſte Baumſpitze und macht die wieder— erſcheinenden Schafttriebe nach entſprechender Erſtarkung zum Gegenſtande der „ausſchneitelnden“ Nutzung. An den Stellen, an denen die Aus— ſchläge austreten und immer wieder genutzt werden, entſtehen im Laufe der Jahre kropfartige Mißbildungen und Vermaſerungen. Vom forſtlichen Geſichtspunkte betrachtet, gewinnt die Stockausſchlag⸗ verjüngung die weitaus vorherrſchende Bedeutung. Die Kopf- und Schaft: holzverjüngung iſt mehr als ein Annex der Landwirtſchaft auf Wieſen, Weiden, längs der Bach- und Flußufer uſw. im kleinen Maßſtabe üblich. Wie bei der natürlichen Verjüngung durch Samen, ſo laſſen ſich auch bei der Ausſchlagverjüngung zwei nach Raum und Zuſammenhang ihres Fortſchreitens auseinander gehende Formen unterſcheiden: die regelmäßig ſchlagweiſe und die horſt- oder ſtellenweiſe Ausſchlag— verjüngung. Die ſchlagweiſe Ausſchlagverjüngung reiht in regelmäßigen Kahl— hieben Schlag an Schlag, beobachtet nach Form, Wiederkehr, Folge und Größe eine gewiſſe Ordnung und bietet damit recht zuverläſſige Grund— lagen für einen ſyſtematiſch ausgebauten Waldwirtſchaftsbetrieb im großen Stile. — Die ſtellenweiſe Ausſchlagverjüngung bindet ſich in keiner Be— ziehung an Regelmäßigkeit. Sie durchſetzt in größeren Horſten und Partien die Hochwaldbeſtände, ganz gleich, ob dieſelben aus natürlicher oder künſtlicher Verjüngung hervorgegangen ſind, wo andere Formen der Beſtandesgründung wegen ungünſtiger Lage und Bodenzuſtände verſagten, inſofern ſolche Stellen mit ausſchlagtüchtigen Holzarten beſtockt ſind. Im mehr ſtreifenweiſen Auftreten werden ihr oft auch freie Randlagen längs der Wieſen und Felder zugewieſen, wo es gilt, der austrocknenden oder ver— wehenden Wirkung des Windes im Waldinnern das Handwerk zu legen und die benachbarten landwirtſchaftlichen Kulturen vor ſchädigender Be— ſchattung durch den Hochwaldrand zu ſchützen. $ 122. Die Erziehung des Mutterbeſtandes. Schon zur definitiven Klärung der Begriffe, welche durch die Ver— quickung der Samen- und der Ausſchlagverjüngung eine ſtörende Trübung Die praktiſchen Arbeiten. 353 erfahren, muß die Erziehung des Mutterbeſtandes als eine Art zu— ſammenhängenden Vorbereitungsſtadiums für die eigentliche Wiederver— jüngung durch Ausſchlag Gegenſtand ſeparater Behandlung bis zu dem Moment werden, wo der erſte Abtrieb des wurzelechten Samenholzbeſtandes eingelegt wird. Von dieſem Augenblicke erſt beginnt die Ausſchlagver— jüngung. Der erſte Abtrieb, das erſte „Aufdenſtockſetzen“ iſt für fie der eigentliche Vorbereitungs hieb. Die erſte Beſtandesgründung bedient ſich aller durch die Umſtände gebotenen oder als zweckmäßig erkannten Mittel, welche die natürliche und künſtliche Verjüngung an die Hand geben, greift ausnahmsweiſe auch zur Verwendung von Stecklingen, Setzſtangen, Ablegern uſw., d. h. zur Pflanzung von nicht oder künſtlich bewurzeltem Material, auch von ſo— genannten Stummelpflanzen (§S 94—96). Die Anſchauung, daß der Akt der erſten Beſtandesgründung minder ſorgfältig durchgeführt werden, ſich der billigen Pflanzmethoden mit Zuhilfenahme von arbeitsfördernden Geräten und Pflanzmethoden be— dienen könne, hat nur inſofern einige Berechtigung, als der Ausſchlag— betrieb auf die Erziehung ſtärkerer nutzholztüchtiger Formen und Dimen— ſionen verzichtet und ſein Augenmerk mehr auf die Maſſenproduktion richtet. Zweifellos wird aber auch dieſe und nicht allein ſie, ſondern auch die Dauer und Energie der Reproduktionskraft durch die Sorgfalt des erſten Beſtandesgründungsaktes in hervorragender Weiſe begünſtigt, ſo daß auch für die Anlage des Ausſchlagbeſtandes immer zu den beſten und bewährteſten Regeln der künſtlichen oder natürlichen Beſtandes— gründung gegriffen werden ſollte. Die Erziehung des Beſtandes hat die Wuchsenergie des einzelnen Individuums zur vollen Kraft zu entfalten. Auch ihr Endziel iſt der ge— ſunde, kraftvolle Beſtand. Durchforſtungen zur Anregung der Wuchs— leiſtungen, zur tunlichſt vollkommenen Entwickelung des Baumes und zur rechtzeitigen Ausmerzung von Holzarten und Beſtandesgliedern, die ſich an der Wiederverjüngung durch Ausſchlag nicht beteiligen ſollen oder können, ſind wichtige, ja notwendige Erziehungsmittel, die hier ebenſo wenig wie bei der Hochwaldverjüngung entbehrt werden können. Sie ſind auch dem Ausſchlagbeſtande durchaus nicht fremd. Im Stadium der kraftvollſten Entwickelung, d. i. in der Zeit der lebhafteſten Höhenentwickelung (um das 40. bis 50. Lebensjahr) erfolgt der eigentliche Vorbereitungshieb für die Wiederverjüngung durch Aus— ſchlag mittels möglichſt tiefer und glatter Abſtockung dicht über dem Reuß, Beſtandesgründung. 23 354 Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. Boden, wenn es ſich um Verjüngung durch Stockausſchlag, durch ſchonende Stummelung des Schaftes bei 2 bis 3 m Höhe, wenn es ſich um Kopfholzverjüngung, und durch glattes Wegnehmen der Be— aſtung und Kronenſpitze, wenn es ſich um Wiederverjüngung durch Schaftausſchläge handelt. Der durch Pflanzung von Setzſtangen begründete Kopfholzſtamm tritt ebenſo wie die als Steckling gepflanzte Weide ohne dieſe Vorbe— reitung direkt in die Ausſchlagstätigkeit ein, aber doch bildet auch für die Weide der jeweilige Nutzungshieb die Vorbereitungshauung für die Ausſchlagsverjüngung. $ 123. Die Operationen der Wiederverjüngung. Erſt nachdem der für den Niederwald erzogene Mutterbeſtand zum erſten Male auf den Stock geſetzt (geſtummelt oder entaſtet) wurde, tritt die Wiederverjüngung durch Ausſchlag voll in ihre Rechte ein. Ihre Operationen haben ihr Hauptaugenmerk auf die Erziehung kräftiger, den Aufgaben und Zielen der Wirtſchaft entſprechender Ausſchlagsbeſtände zu richten und durch konſervierende, kräftigende Behandlung vor allem die Geſundheit und Ausſchlagfähigkeit der Mutterſtöcke zu erhalten. Als bewährter Mittel bedient ſich die Wirtſchaftspraxis: 1. der Wahl einer ſchonenden Abtriebsform oder Hiebsart (Fäl— lungsart), 2. der rechten Wahl der Jahreszeit für den Verjüngungshieb (Fällungszeit), 3. der zeitgerechten Wiederkehr der Verjüngungshiebe. 1. Wie vorher ſchon erwähnt, hat der erſte Abtrieb des Mutterbe— ſtandes hervorragenden Wert auf die glatte und tiefe Abſtockung zu legen. Die ſpäteren Verjüngungshiebe ſtellen bezüglich der Hiebsart ſelbſtverſtändlich die gleichen Anforderungen, doch wird deren ſachge— mäße Durchführung mit jedem Nutzungshiebe ſchwieriger. Die Konſer⸗ vierung des Mutterſtockes verlangt glatten, etwas ſchräg geſtellten Ab— hieb, damit die Tagewäſſer leicht abfließen. Rauhe, ſtufig-unebene Hiebs—⸗ flächen, Splitterungen jeder Art erleichtern dem Waſſer, der Luft, der Hitze, dem Froſt den Zutritt, fördern zudem die paraſitäre Infektion, hindern die Verwallung, geben auch zu deformierenden Wucherungen und Vermaſerungen des Stockes (Kopfes, Kropfes) Anlaß, welche die Die praktiſchen Arbeiten. 355 Verjüngungshiebe direkt erſchweren und die Ausſchlagsfähigkeit vorzeitig ſchwächen. Das geeignete Gerät, welches allen dieſen Anforderungen einer ſubtilen Arbeitsausführung gerecht werden kann, iſt die Axt, das Beil, die Heppe, deren Konſtruktion und Gewicht der Form und Stärke der Ausſchläge angepaßt wird. Geſchickte Führung derſelben iſt unbedingte Vorausſetzung. Die Säge erfreut ſich in der Praxis keiner beſonderen Beliebtheit, weil ſie nur rauhe, faſerige Schnittflächen erzeugt, dem Zu— tritt der Zerſetzungsfaktoren Vorſchub leiſtet und mit den konſervierenden Rückſichten des Verjüngungshiebes nicht recht vereinbar iſt, um ſo weni— ger, als ſie in der Saftzeit (Eichenſchälwald) auch die Rinde vom Splint loslöſt und die Ausſchlagsenergie beeinträchtigt. Wo übrigens bei unge— ſchickter Handhabung der hauenden Geräte Splitterungen, ſtufige Hiebs— flächen uſw. zu fürchten ſind, wird immer noch die Säge (mit mäßiger Schränkung) beſſere Dienſte tun, da ſie eine ſicherere Führung ermög— licht und der unbeholfenen Hand minder geſchulter Arbeitskräfte doch eher anvertraut werden kann. Nicht minder bedeutungsvoll für die Konſervierung des Mutter— ſtockes iſt der möglichſt tiefe Abhieb. Er wirkt geradezu regenerierend auf den Mutterſtock ein, inſofern die tief am Boden, oft ſogar unter der Bodenoberfläche hervortretenden Ausſchläge ſich ſelbſtändig bewurzeln und die Reproduktionskraft weit über die Zeit lebendig erhalten, wo der urſprüngliche Wurzelſtock längſt ſchon den Fäulnisprozeſſen erlegen iſt (Keſſelwüchſe). Zu höherer Abſtockung nötigt die Rindenwucherung und die Vermaſerung. Die Bildung und die Triebkraft der Proventivknoſpen und mit ihr die Reproduktion des Stockes und Schaftes werden durch derartige Maſerbildungen vorzeitig geſchwächt, ſo daß die Verjüngungs— hiebe in das junge Holz der Ausſchläge ſelbſt verlegt werden müſſen. Dieſer Notwendigkeit, die übrigens bei den Verjüngungshieben am Schafte früher einzutreten pflegt als am Stockausſchlage, ſucht die Praxis nach Möglichkeit vorzubeugen. 2. Jede dem Baume angetane Verringerung an wichtigen Lebens— organen (Entaſtung, Entblätterung uſw.) und vor allem die im Wege des Wiederverjüngungshiebes erfolgte Wegnahme des geſamten Kronen— gezweiges oder des ganzen oberirdiſchen Baumteiles bedeutet eine große Störung, ja die vollſtändige Aufhebung der bisher beſtandenen korre— lativen Beziehungen zwiſchen Wurzel und oberirdiſcher Achſe. Sie leitet gleichzeitig eine Reaktionswirkung ein, die auf den Erſatz des Genommenen 23* 356 Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. hinarbeitet und je zeitiger der Baum dieſe Erſatzaktion beginnen kann, um ſo günſtiger iſt das für deren Verlauf, Abſchluß und Erfolg. Wir finden daher das Beſchneiden der Bäume, die Aufaſtung, die gärtner⸗ mäßige „Vermehrung“ uſw. in jene Zeit verlegt, in welcher der Beginn der vegetativen Jahresarbeit dem ſtörenden Eingriff unmittelbar folgt, d. i. auf das zeitige Frühjahr. Dieſe Zeit iſt offenbar auch für die Arbeiten der forſtlichen Beſtandesgründung durch Saat, Pflanzung, Samen- und Ausſchlagverjüngung die geeignetſte und bewährteſte, weil die ausheilende, neubildende Tätigkeit ungeſäumt ſich anſchließt. Häufig allerdings iſt man genötigt, den Verjüngungshieben im Ausſchlag⸗ walde die weiteren Grenzen der Vegetationsruhe von Herbſt bis Früh— jahr zu ſtecken, und es kommen gewiß auch beſondere Umſtände vor, welche eine Abweichung von der Regel rechtfertigen. In ſumpfigen, ver⸗ näßten Lagen, im Inundationsgebiete der Flüſſe und Bäche uſw. kann oft der Verjüngungshieb nur während der ſtarken Winterfröſte eingelegt werden, weil ſonſt der Verkehr im Frühjahr oder Herbſt ganz unmög— lich iſt. Wo es ſich um die Erzeugung der Lohrinde (Eichenſchälwald) handelt, muß zur ſpäteren Frühjahrsfällung, behufs Gewinnung der wertvollſten Weidenruten ſogar zum Verjüngungshiebe im Auguſt ge— ſchritten werden, doch liegen derartigen Ausnahmen keineswegs die Rück— ſichten auf günſtige Verjüngungserfolge, ſondern nur wirtſchaftliche und Ertragsrückſichten zugrunde. In den meiſten Fällen kann aber der Be= trieb mit der zeitigen Frühjahrsfällung den Rückſichten des Nutzungs— erfolges und der Beſtandeswiederverjüngung vollkommen gerecht werden. Gegen die Einlegung des Verjüngungshiebes zur Herbſtzeit ſpricht u. a. der Umſtand, daß die Reſerveſtoffablagerung im Schaft und Wurzelholze, die ja für die reproduzierende Ausſchlagstätigkeit von größter Wichtigkeit iſt, im Herbſt und Vorwinter nicht beendet iſt; daß die Winterfröſte durch Sprengungen zwiſchen Splint und Rinde, durch förmliche Spaltungen des etwa geſplitterten Stockes ſehr nachteilig wirken; daß im Frühjahr die Ausſchläge zu früh erſcheinen und dann um ſo mehr der Vernichtung durch Spätfroſtwirkungen ausgeſetzt ſind u. a. m. Der Winterfällung haften ähnliche Bedenken an. Sie iſt überdies mit der Forderung einer möglichſt tiefen Abſtockung (bei Schneelage) nicht recht vereinbar und beſchränkt ſich deshalb nur auf die Vorfällung von Nutz- und Wagnerholzſortimenten, wie ſie im eigentlichen Nieder— waldbeſtande häufig vorzukommen pflegen. Die praktiſchen Arbeiten. 357 3. Die Wiederkehr der Verjüngungshiebe ſteht in innigſten Beziehungen zu den haushälteriſchen und volkswirtſchaftlichen Grundlagen der Wald— wirtſchaft, inſofern die forſtliche Umtriebszeit geradezu beſtimmend ein— wirkt auf die Höhe der Walderträge. Wenn der höchſte Reinertrag der Waldwirtſchaft Zweck und Endziel iſt, ſo werden alle wirtſchaftlichen Maßnahmen, insbeſondere aber die Wiederkehr der Verjüngungshiebe, die Umtriebsbeſtimmung, dieſem Zwecke dienſtbar gemacht werden müſſen. Und doch treten mancherlei Nebenrückſichten (hier die Erhaltung der Reproduktionsfähigkeit) modifizierend in Mitwirkung, die ihrerſeits bei der Wiederkehr des Verjüngungshiebes nicht unbeachtet bleiben können und gerade hier, vom engeren Standpunkte der Beſtandesgründungslehre be— urteilt, nicht zurücktreten dürfen. Wie ſchon an anderer Stelle hervorgehoben, arbeitet der Ausſchlag— betrieb hervorragend auf die höchſte Maſſenproduktion hin, aber doch muß ſchon zur Aufrechterhaltung ſeiner wirtſchaftlichen Berechtigung in dieſem Falle vorausgeſetzt werden, daß Abſatz- und Marktverhältniſſe auch entſprechende Gelderträge ſicher ſtellen und der wirtſchaftliche Ge— ſamteffekt eine ſtandortsgemäße Höhe erreicht. Bei ungewöhnlich günſti— gen Brennholzpreiſen gut ſituierter Niederwaldungen (Auforſte) kommt das häufig genug vor. Im übrigen darf aber nicht überſehen werden, daß z. B. im Eichenſchälwalde, im Weidenheger oder da, wo Erzeugung von Weinpfählen, Faſchinen, überhaupt beſtimmte techniſche Verwendungs- zwecke verfolgt werden, auf den Umtrieb der höchſten Maſſe verzichtet und eine kürzer bemeſſene Friſt für die Wiederkehr der Verjüngungshiebe aufgeſtellt werden muß, die mit den Rückſichten der Pflege und Erhaltung der Ausſchlagsfähigkeit oft nicht in Einklang zu bringen iſt. Vom engeren Standpunkte der Wiederverjüngung durch Ausſchlag muß derjenige Zeitpunkt für die Wiederkehr des Verjüngungshiebes als der richtigſte erkannt werden, der ähnlich dem erſteingelegten Abtriebe des aus Samen begründeten Mutterbeſtandes in das Stadium der höch— ſten Lebensenergie fällt. Derſelbe wird in der Regel mit dem Umtriebe des höchſten Maſſenertrages zuſammenfallen, da der letztere wohl auch als greifbares Merkzeichen dafür angeſehen werden kann, daß der Baum und Beſtand auf der Höhe ſeiner Lebenskraft und Vollkommenheit ſtehe. Tritt aber im Eichenſchälwaldbetriebe der Wert der jugendlichen Spiegel— rinde, im Weidenheger der Wert der ſchwanken Flechtrute beſtimmend in den Vordergrund, ſo muß das ſtatiſche Moment für die Wiederkehr des Verjüngungshiebes dann eintreten, wenn der Geldwert des Maſſenzu— wachſes durch den Wertrückgang der Lohrinde uſw. kompenſiert erſcheint. 358 Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. Drängen derartige Rückſichten oft zu einer ungewöhnlich flotten Folge der Verjüngungshiebe, ſo muß andererſeits die waldbauliche Richtung des Ausſchlagsbetriebes dahin präziſiert werden, daß der allzu kurz bemeſſene Umtrieb im allgemeinen nicht empfohlen werden kann. Die Produktionsleiſtung des Stockes, Schaftes, und nicht allein dieſe, ſondern auch diejenige des Waldbodens wird um ſo mehr angeſtrengt, je öfter und in je kürzeren Zwiſchenräumen die Nutzungshiebe erfolgen. Der Jahresbedarf des Baumes an anorganiſchen Nährſtoffen wechſelt nicht allein mit der Holzart, ſondern auch mit dem Alter. Er erreicht aber bei allen Holzarten verhältnismäßig früh ſein Maximum und nimmt in ſpäterem Alter ab, gleichzeitig ſeine nährſtoffreſtituierende Tätigkeit ſteigernd. Belaſtet ſchon dieſer Umſtand den Ausſchlagbetrieb mit ſeinen kurzen Umtriebszeiten, ſo verdient andererſeits auch die durch Aſchenanalyſen genugſam erhärtete Tatſache hervorgehoben zu werden, daß die jugendlichen Pflanzenorgane weit höhere Anſprüche an das an— organiſche Nährſtoffkapital des Bodens ſtellen, daß z. B. junge Saat- pflanzen dem Kampbeete das zwei- bis vierfache nehmen wie der Alt— holzbeſtand der gleichen Holzart. Darnach wird alſo die Ausſchlag— energie des Stockes oder Schaftes nicht allein direkt, ſondern auch in— direkt durch den Rückgang der Bodennährkraft und durch den geringeren Rückerſatz des Ausſchlagsbeſtandes beeinträchtigt und durch ſchnelle Folge der Nutzungshiebe vorzeitig lahm gelegt, eine Tatſache, welcher der praktiſche Verjüngungshieb dadurch Rechnung zu tragen pflegt, daß er dem Stocke oder Schafte nach mehreren kurz aufeinander folgenden Verjüngungshieben eine längere Ruhepauſe zur Erholung und Samm— lung gönnt. (Wechſelumtrieb im Eichenſchälwalde oder beim Weiden— rutenſchnitt.) Unter allen Umſtänden aber greift die Wiederkehr der Verjüngungs— hiebe des Ausſchlagwaldes ziemlich tief unter das Alter des erſten Ab— triebes des Mutterbeſtandes herab. Die normalen Umtriebszeiten für den Ausſchlagwald bewegen ſich etwa in folgenden Grenzen: Im Brennholzbeſtande (Umtrieb der höchſten Maſſe) 25—35 Jahre, Im Eichenſchälwalde zwiſchen 12 und 20; Im Weidenheger zwiſchen 1—3 und mehr Jahren; Im Schaftholzbetriebe und zur Faſchinenholzzucht 5— 10 jährig. Die praktiſchen Arbeiten. 359 § 124. Nachbeſſerung und Komplettierung der Ausſchlagverjüngungen. Die mannigfachen Beſchädigungen und Mißhandlungen, denen jedes einzelne Beſtandesglied bei Gelegenheit der Verjüngungshiebe ausge— ſetzt iſt und die übermäßigen Reproduktionsleiſtungen, die dem Stocke und Schafte oft durch deren kurze Wiederkehr auferlegt werden, tragen dazu bei, daß im Ausſchlagbeſtande früher und ſtärker, als es ſonſt wohl der Fall iſt, das Nachbeſſerungsbedürfnis ſich fühlbar macht. Infolge ſchnell fortſchreitender Fäulnisprozeſſe büßen Stock und Schaft ihre Ausſchlagsenergie und Ausſchlagsfähigkeit ein. Sie ſcheiden an den Folgen der Entkräftung auf natürlichem Wege oder an den Folgen zer— ſtörender Einflüſſe aus, die Beſtockung lichtet ſich, Lücken und Blößen ſetzen die Geſamtleiſtung der Beſtandesfläche herab und gewähren den atmoſphäriſchen Einwirkungen einen bodengefährdenden Zutritt. Das Be— dürfnis nach Ergänzung und Komplettierung tritt mit mehr oder minder hohen Anforderungen hervor. Die in dieſer Richtung in Frage kommenden Arbeiten gehören aus— ſchließlich in den Rahmen der künſtlichen Beſtandesgründung. Eine natürliche Verjüngung durch Samen iſt ſchon aus Rückſichten der Zuchtwahl vollkommen ausgeſchloſſen. Die Saat würde nur da möglich ſein, wo es ſich um größere zu— ſammenhängende Anbauflächen handelt, wie ſie bei normalem Verlauf der Dinge doch ſo leicht nicht vorkommen. Kleinere Lücken und Blößen können nur mittels Pflanzung gefüllt werden, da die umgebenden Aus— ſchläge infolge ihrer meiſt ſehr flotten Jugendentwickelung die lang— ſameren Sämlinge und Kernwüchſe überholen und durch Verdämmung ge— fährden. Aus eben dieſem Grunde ſoll in der Regel und namentlich für die Komplettierung kleiner Lücken immer ein kräftiges Pflanzmaterial zur Verwendung gelangen, welches am zweckmäßigſten nach den Grund— ſätzen der Hochwald-Beſtandesgründung erzogen wird. Die Wahl von billigen Pflanzmethoden, die Verwendung von künſtlich oder gar nicht bewurzelten Pflanzen, Stummelpflanzung oder nachträgliche Stummelung uſw. ($ 43 und 44) ſind eher ſtatthaft als im Hochwaldbetriebe, doch machen ſich die Nachteile jeder unnatürlichen Behandlung hier ebenſo wie im Hochwaldbeſtande bemerkbar, wenn ſie auch in der wertverringernden Wirkung nicht ſo fühlbar werden. Selbſt die zentrifugal um ſich greifende Verdichtung der Beſtockung durch Ableger (S 44) aus niedergebogenen Stockausſchlägen wird namentlich da gern zu Hilfe genommen, wo die Ausſchläge zu dicht auf einem Wurzelſtocke ſich gruppiert haben. Die 360 Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. Anwendung der Stecklinge beſchränkt ſich auf den Weidenheger, die von Setzſtangen auf die Komplettierung des Kopfholzbeſtandes. Rückſichtlich der Holzartenwahl ſoll das Betriebsziel allein den Ausſchlag geben. Die Brennholzzucht verlangt die Nachbeſſerung von brennkräftigen Holzarten, der Schälwald die Eiche, die Flechtruten— zucht die Weide uſw., doch iſt ſelbſtverſtändlich auch Gelegenheit geboten, nach Belieben nutzholztüchtige Laub- und Nadelhölzer einzuſprengen, wie ſie den Standortsverhältniſſen entſprechen. U ** ar * 8 * 1 E v . 1 3 97 F — N + =) N 5 * = RN Rn. 5 — Ber 7 8 f —— P =) 4 5 4 * 0 * 3 = : 1 — 8 r 8 1 2 — | = 4 AR, 7 f 1 — = EEE — N 1 Dir 2 8 A 12. Kapitel. Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. Die natürliche Veranlagung der Holzarten für die Formen und Ver— fahren der Beſtandesgründung iſt ſehr verſchieden. Ihre Einzelheiten haben ſich daher nicht allein dem Standorte, ſondern namentlich auch der Holzart ſelbſt anzupaſſen. — Als ſkizzierender Abriß diene das nach— folgende „individualiſierende Repetitorium“. — § 125. Die Eiche. Die natürliche Verjüngung. Die Eiche, in unſerem Wirtſchaftswalde durch die Trauben- und Stieleiche (Quercus robur Roth und Q. pedunculata Ehrh.), in Oſter⸗ reichs Süden auch durch die Zerreiche (Q. cerris L.) vertreten, iſt für die natürliche Beſtandesgründung durch Same nur in ihren bevorzugten Standortsgebieten geeignet, wiewohl nicht verkannt werden darf, daß ſelbſt in rauhen Berglagen die Maſtjahre noch häufig und reichlich einzutreten pflegen. Ihr ſchwerer, ſenkrecht fallender Samen beſchränkt ſeine ver— jüngende Leiſtung nur auf den Bereich ihres Kronenſchirmes, und der Umſtand, daß der Boden verhältnismäßig früh ſeine Empfänglichkeit unter ihrem lockeren Beſtandesſchluſſe einbüßt, beeinträchtigt noch mehr die Ver— jüngungserfolge. Im Naturplenterwalde findet ſie, von den älteren Klaſſen überſchirmt, nicht die Vorbedingungen für ihr Fortkommen, gedeiht aber im Wirtſchaftsplenterwalde bei rechtzeitig eingreifender Beſtandes— pflege, die laufend ihrem Lichtbedürfnis gerecht zu werden verſteht, gut und leiſtet dort oft Vorzügliches. In der Femelſchlagverjüngung arbeitet ſie, zuſagende Standortsverhältniſſe vorausgeſetzt, ganz zuverläſſig, doch geben die Froſtempfindlichkeit ihres erſten Jugenddaſeins, ihr hohes Lichtbedürfnis, ihre Sturmfeſtigkeit und ihr im reiferen Alter ſich lichtender Kronenſchluß den Operationen der Verjüngung ein eigenartiges Gepräge. Ein eigentlicher Worbereitungshieb wird, inſoweit er bodenvor— bereitende Ziele ins Auge faßt, in der Regel nicht nötig; er iſt oft nicht 364 Die angewandte Lehre. einmal ſtatthaft, da der Eichenbeitand, im verjüngungsreifen Alter fich licht und locker ſtellend, der zerſetzungsanregenden Vorlichtungshiebe nicht bedarf, oft ſogar ſeine Bodenempfänglichkeit für die natürliche Beſamung nicht einmal zu behaupten vermag. Dahingegen gewinnen die züchteriſchen Aufgaben des Vorbereitungshiebes (Aushieb minderwertiger Stämme und Holzarten) im Eichennutzholzbeſtande eine hervorragende Bedeutung, damit tatſächlich nur die Ausleſe der kraftvollſten und beſtgeformten Mutterbäume zur Nachzucht berufen werde. Das Vorbereitungsſtadium wird ſonach tunlichſt abgekürzt. Es kann bei aufmerkſam geführtem Durchforſtungs⸗ betriebe, der ſich ſeiner hohen züchteriſchen Aufgaben: „Ausleſe des Beſten und Vollkommenſten“ laufend bewußt war, in der Regel ganz entfallen. Der Samenſchlag wird nach dem Samenabfall eingelegt, da die Eichelfrucht in klimatiſch minder bevorzugten Standorten vor der Reife nicht ſelten von Frühfröſten überraſcht und in ihrer Zuchtgüte beeinträchtigt wird. Der Erfolg der Beſamung nach dieſer Seite hin iſt alſo immer erſt als geſichert zu betrachten, wenn die vollreife Frucht auf den Bäumen beſtätigt wurde. Überdies iſt eine dichtere Beſtockung zur Zeit des Samenabfalles auch deshalb erwünſcht, weil die Eiche nur im unmittel— baren Bereich ihres Kronenſchirmes anſamt. Wo empfindliche Froſtwir— kungen in der Zeit der Frühjahrskeimperiode zu fürchten ſind, kann die Samenſchlagſtellung ohne Bedenken auch ganz unterbleiben, um dem jungen Nachwuchs im nächſten Jahre den Schutz des Altholzſchirmes noch un— gekürzt zu erhalten. Liegen derartige Rückſichten nicht vor, ſo ſchreitet man gleich nach der Beſamung zu ſcharfen Aushieben, welche namentlich die ſchwerſten und wertvollſten Schaftformen ins Auge faſſen, damit dieſe nicht etwa im Intereſſe des ſchon herangewachſenen Aufſchlages ſpäter zerlegt werden müſſen. Rückſichten der Windbruchgefahr können im Hin— blicke auf die hervorragende Standfeſtigkeit der Samenſchlagſtellung im Eichenbeſtande nie die Hände binden. Der Verkehr, welchen der Fällungs— betrieb in die Verjüngungsſchläge trägt, iſt für die Beibringung der ab— gefallenen Samen, für den Verjüngungserfolg überhaupt von beſonderer Bedeutung. Auch der Eintrieb von nicht zu ausgehungerten Schweine— herden, die wühlend den Verjüngungsſchlag durchſchreiten, iſt als bewährtes Hilfsmittel in dieſer Richtung ſehr zu empfehlen. Wurden im Wege der zuchtgerechten Beſtandesvorbereitung (Aushieb von Stämmen und Holzarten, deren Teilnahme an der Beſamung vorgebeugt werden ſollte) unbeſtockte Lücken geſchaffen, ſo ſchreitet man hier, wie auf allen im Eichenaltholz— beſtande oft ſehr ausgedehnten Stellen mit unempfänglichem Bodenzuſtande, zur künſtlichen Verwundung des Bodens und zum ſofortigen Einſtufen Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 365 der in unmittelbarer Nähe geſammelten Saateicheln (Steckſaat) — zu einer künſtlichen Ergänzung der Naturbeſamung. Die Nach- und Räumungshiebe werden im Hinblick auf das ſehr hervortretende Lichtbedürfnis der Eiche raſch angereiht, ſobald es die Empfindlichkeit der jugendlichen Eiche gegen Froſt und ſtärkere Unkraut— wucherung geſtatten und ehe der Nachwuchs in jenes Entwickelungsſtadium eintritt, in welchem er ſtarken Beſchädigungen bei Fällung und Ausfuhr der Samenbäume ausgeſetzt wäre. Die Beſtandesſaat. Zur künſtlichen Beſtandesgründung durch Saat iſt die Eiche ganz beſonders geeignet. Ihre Samen werden im Oktober des Blütejahres von nicht unter 80 Jahre alten Stämmen ausgeſuchteſter Zuchtgüte durch Aufleſen mit der Hand geſammelt, gut abgetrocknet und in nicht zu trockenen aber gut durchlüftbaren Stall- oder Kellerräumen, im Freien in dem Alemannſchen Eichelkeller ſo aufbewahrt, daß ſie jederzeit umgeſchaufelt, aber auch leicht vor ſtarken Winterfröſten geſchützt werden können. Die Ausſaat erfolgt im Frühjahr, nicht zu zeitig, damit das Auflaufen den ſpätfroſtgefährlichen Maitagen (den ſogen. Eismännern) zuverläſſig entrückt werde. Herbſtſaat iſt unter Umſtänden zu empfehlen, wenn winterliche Fröſte etwa durch das vom abgetriebenen Beſtande auf der Schlagfläche noch erliegende Reiſig oder ſonſtige Bodenrauhdecke abgehalten werden können, die oft vernichtende Wirkung des Frühjahrsfroſtes bei zeitigem Auflaufen der Eichel nicht gefürchtet zu werden braucht und die Vertilgung der Saateicheln durch Mäuſe und andere Samenfreſſer über Winter nicht bevorſteht. Die Eichel läuft nach 4—5 wöchentlichem Keimlager auf. Die dickfleiſchigen Kotyledonen verbleiben im Boden und treiben aus der ge— ſpaltenen Fruchtſchale die Wurzel und den mit einer Blattknoſpe verſehenen Keimſtengel aus. Die natürliche Keimlage iſt ſonach die horizontale. — Jede Saatform iſt ſtatthaft, doch iſt die eigentliche Vollſaat ſchon mit Rückſicht auf die Größe und Schwere der Eichel nicht üblich. Im all— gemeinen verdienen dichter anordnende Saatausführungen den Vorzug, da ſie die Neigung der Eiche zu buſchig-rauher Jugendentwickelung in Schranken halten. Dichte Streifen- und Plätzeſaat eignet ſich mehr als reihende Rillen- und Riefenſaaten. Ganz beſonders beliebt und bewährt iſt die Steck-, Punkt⸗ oder Einzelſaat (Einſtufen der Eichel) mittels ſchmaler in flachem Hiebe gegen den Boden geführter Hacken oder mittels „Setz— holzes“ mit ſchrägem Einſtoß. Wo Terrain und Bodenbeſchaffenheit ihr Vorſchub leiſten, iſt auch die Einzelſaat hinter dem Pfluge, die ſogen. 366 Die angewandte Lehre. „Furchenſaat“, mit Vorteil zu verwenden. Alle Saatausführungen jollen die horizontale Beibringung der Eichel — ihr naturgemäßes Keimlager — herbeizuführen trachten. Bedeckung der Samen 1—3 cm. Die Beſtandespflanzung. Zur Pflanzkultur eignet ſich die Eiche minder gut. Gleichwohl war ſie, namentlich in der älteren Zeit, die am meiſten gepflanzte Holzart. Sie wird auch heute noch mehr gepflanzt, als es mit Rückſicht auf ihre vorzügliche Eignung zur Saatkultur und auf die weniger befriedigenden Erfolge der Verpflanzung gerechtfertigt erſcheint. Die Eiche entwickelt ſchon in früheſter Jugend eine ſtarke Tiefwurzel, deren ſchonende Aus⸗ bringung und Wiedereinbettung ganz unmöglich iſt und welche die natur— gemäße Ausführung des Pflanzaktes um ſo mehr beeinträchtigt und ver— teuert, je älter und entwickelter die verwendete Pflanze iſt. Gegen ein kräftiges Zurückſchneiden beſchädigter Wurzeln und gegen einen entſprechen— den Aſtſchnitt nicht gerade empfindlich, braucht ſie im kaltgründigen Lettenboden doch verhältnismäßig lange Zeit, bis ſie ſich zu freudigen Wuchsleiſtungen aufrafft; in minder zuſagenden Standorten kümmert ſie häufig ausſichtslos. Saat- und Pflanzkamp ſollen keine tiefere Boden- bearbeitung als unbedingt nötig bieten. Sie ſuchen die Wurzelentwicke— lung in die Tiefe tunlichſt hintanzuhalten, auch nicht durch übermäßig dichte Saatſtellung zu fördern. Die Verſchulung erfolgt womöglich ſchon im zweiten Jahre und wo Heiſterzucht betrieben wird, ſoll ſie ſich nach je zwei Jahren ein zweites, eventuell ein drittes Mal wiederholen, damit die Wurzelentwickelung in die Tiefe öfter unterbrochen werde. Als ange— meſſener Standraum mag für die Verſchulung der Saatpflanze ein Quadratverband von ca. 15 cm, für die Verſchulung der Lode ein Quadrat- verband von ca. 30 cm, des Heiſters ein ſolcher von ca. 70 cm gewählt werden. Der Verband ſoll die Erziehung eines reichen, aber mehr gedrunge— nen Wurzelſyſtemes anſtreben. — In der ſogenannten Heiſterſchule finden Aſtſcheere und-meſſer ein überaus dankbares Arbeitsfeld. Sie vermögen, von ſachkundiger Hand geführt, die Schaft- und Kronenbildung überaus günſtig zu beeinfluſſen. Bei jedesmaliger Verſchulung ſoll, entſprechend den Wurzelverluſten, auch die Verringerung des Blattvermögens eintreten. — Die Pflanzung jugendlicher Sämlinge bis zu dreijährigem Alter ge— ſtattet bei ſchonender Handhabung die Anwendung geeigneter Geräte: des Buttlarſchen Eiſens, Setzpfahles, Stieleiſens, Klemmſpatens uſw., da die Wurzeln der Jungeiche, ſeitlich weniger entwickelt, auch ziemlich kräftig und widerſtandsfähig ſind. Stärkere Loden und Heiſter werden in Gruben Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 367 gepflanzt. Ballenpflanzung iſt bei der tiefen Pfahlwurzelbildung ſchwer anwendbar. Die Stummelpflanzung geht dagegen gut. — Die Wiederverjüngung durch Ausſchlag. Die Eiche gehört zu den ausſchlagsfähigſten Holzarten. Sie erfreut ſich wegen ihrer hochwertigen Gerberrinde, die ſie namentlich in ihrem jugendlichen Entwickelungsalter beſitzt, der Nachzucht im Wege der Aus— ſchlagverjüngung. Urſprünglich aus Saat oder Pflanzung begründet, wird der Samenholzbeſtand im 40.—50. Jahre zum erſten Male auf den Stock geſetzt. Tiefer, glatter Abhieb konſerviert und fördert die ſpätere Ausſchlagsenergie und ſichert ihr in kürzerer Wiederkehr der Verjüngungshiebe (15—20 Jahre) oft ganz vorzügliche Erträge, inſofern die Rindennutzung als Betriebsziel ins Auge gefaßt werden konnte. Die Vervielfältigung durch Ableger, die Nachbeſſerung durch Stummelpflanzen ſind wohl durch— führbar. Auf rechtzeitige Inangriffnahme der Schlagnachbeſſerungen iſt großes Gewicht zu legen, damit die wertvolle Eichenbeſtockung nicht durch minderwertige Miſchhölzer (Aſpe, Hainbuche, Weißerle, Birke) verdrängt werde. — § 126. Die Buche. Die natürliche Verjüngung. Die Rotbuche (Fagus silvatica L.) beſitzt die zur natürlichen Verjüngung verlangten Eigenſchaften von unſeren einheimiſchen Holz— arten im vollkommenſten Grade. Ihr hohes Schattenerträgnis, ihr ſchwe— rer Samen befähigen ſie in erſter Reihe für die Schirmverjüngung im Femel⸗ und Femelſchlag-Betriebe; ihre Empfindlichkeit und ihr Schutz⸗ bedürfnis in erſter Jugendentwickelung erheben deren wirtſchaftliche Be— deutung für die Rotbuche weit über alle anderen Beſtandesgründungs— formen. Mit Recht wird die Buche die Lehrmeiſterin des natürlichen Verjüngungsbetriebes genannt und tatſächlich hat ſich der letztere in ihren bodenreichen Beſtänden am früheſten und wirkſamſten herangebildet. Die geſamte Lehre, wie fie aus allgemeinen Geſichtspunkten im I. Ab⸗ ſchnitt behandelt wurde, ſteht vornehmlich auf der Grundlage des Buchenbeſtandes. Es kann deshalb hier auf die diesbezüglichen Aus— führungen verwieſen werden. Für die Randverjüngung, die eine An— ſamung über ihren Schirmbereich hinaus anſtrebt, eignet ſie ſich ebenſo— wenig wie die Eiche. | Der Vorbereitungshieb verfolgt ausgeſprochen boden- und be— ſtandesvorbereitende Richtungen. Erſtere iſt namentlich für minder zer— 368 Die angewandte Lehre. ſetzungstätige (kalkarme) Verwitterungsböden, auf denen ſich unter dem der Buche eigenen dichten Kronendache oft maſſenhafte Laubſtreudecke an— ſammelt, von beſonderer Wichtigkeit, inſofern ſie durch reichlichere Zufuhr von Licht, Wärme, Luft und Feuchtigkeit die ſtockende Zerſetzung anregt und fördert. Die Zeit der Einlegung und der Angriffsgrad des Vor— bereitungshiebes, der übrigens bei rationellem Durchforſtungsbetriebe ohne augenfällige Begrenzung eintritt, iſt daher auch immer mehr von den boden= pfleglichen Rückſichten, insbeſondere von der Notwendigkeit der Boden— vorbereitung in erſter Reihe abhängig zu machen. Die Beſtandes vor— bereitung hat bei der Buche die Offnung des Kronenraumes zur Be— günſtigung der Blüten- und Samenbildung ins Auge zu faſſen, ferner den züchteriſchen Aufgaben (Ausmerzung von züchteriſch verdächtigen Stämmen und Holzarten) die vollſte Aufmerkſamkeit zuzuwenden. Die Erziehung beſonderer Widerſtandskraft der Mutterbäume in vorgerücktem Lichtſtande gegen Sturm kommt weniger in Betracht, da auch die Buche mit genügender Standfeſtigkeit ausgerüſtet iſt. Sobald die Bodenempfäng⸗ lichkeit, deren Eintritt ſich in recht weitgehaltenen Grenzen bewegt, vor— handen iſt, wird in den ſonſt verjüngungstüchtig-vorbereiteten Beſtänden jedes vorkommende Maſtjahr zur Anſamung ausgenutzt. Der Samenſchlag wird am zweckmäßigſten auch bei der Buche nach dem Samenabfall eingelegt. Der normale Eintritt der Samen— reife iſt zwar durch vorzeitige Fröſte nicht gefährdet, doch kommen für den Anſamungserfolg ſelbſt ähnliche Rückſichten wie bei der Eiche in Betracht: auch die Buche ſamt vornehmlich im Schirmbereich ihrer Krone an und wird das offenbar im ſtehenden Zuſtande beſſer beſorgen, als bei Fällung während oder gar vor der Samenreife. Im Hinblick auf ihre oft langſame Jugendentwickelung — ſie tritt auf beſonders zuſagen— den Standorten weniger hervor — und auf die Gefahren, welche dem Aufſchlage im Keime und in den erſten Jahren durch Witterungs- unbilden, üppige Bodenflora u. a. m. drohen und in Würdigung des hohen Schattenerträgniſſes, welches übrigens mit der Standortsgüte ſchnell abnimmt, wird die Samenſchlagſtellung gern dunkel gehalten. Sie ſoll aber jedenfalls für ſo viel Licht ſorgen, daß der junge Anwuchs für mindeſtens zwei Jahre ſein gedeihliches Auskommen findet. Die Einlegung des Samenhiebes beſchränkt ſich naturgemäß auf die boden— empfänglichen bezw. wirklich beſamten Lagen. Sie wird in den folgenden Maſtjahren auf Fehlſtellen wiederholt und geht gleichzeitig da in das cachhiebs- und Auslichtungsſtadium über, wo der Verjüngungserfolg ſchon als genügend erkannt wird und die aufſtrebende Jugend mehr Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigiten Holzarten. 369 Licht bedarf. Künſtliche Nachhilfe und Ergänzung auch miſchende Ein— ſprengung nutzholztüchtiger Holzarten hat überall einzugreifen, wo der Bodenzuſtand die natürliche Anſamung unmöglich macht oder etwa zucht— untüchtige Ausſcheidungen von Holzarten- und Stammgruppen vorge— nommen und Beſtandeslücken geſchaffen wurden, die ſelbſttätig nicht vom Mutterbeſtande beſamt werden können. Der Eintrieb von Schweinen in die Verjüngungsflächen iſt nach dem Samenabfall und vor Eintritt ſtärkerer Fröſte ſehr vom Vorteil. Ihre wühlende Tätigkeit iſt für die Beibringung des Samens von Wichtigkeit. Selbſt im Stadium der Vorbereitung erhöht man oft die Bodenempfänglichkeit durch Schweine— eintrieb koſtenlos und ſehr zweckmäßig. Folge, Grad und Abſchluß der Nachhiebe, ſowie der endliche Räumungsſchlag werden den jeweiligen Be— dürfniſſen des Aufſchlages angepaßt, ſind alſo in erſter Reihe von Stand— ortsverhältniſſen, Graswüchſigkeit uſw. abhängig. Die Beſtandesſaat. Der Same der Buche reift im Oktober des Blütejahres. Er wird nach natürlichem Abfall durch billige Arbeitskraft geſammelt durch Auf— leſen vom Boden oder auch durch ſchonendes Abklopfen auf untergelegte Fangtücher, wenn die zweifrüchtige Cupula ſich geöffnet hat. Die Auf— bewahrung erfolgt nach guter Abtrocknung in luftigen, nicht zu trockenen Räumen, im v. Alemannſchen Eichelkeller oder in der Flechtzaunhütte ohne beſonders ängſtliche Schutzmaßregeln gegen Froſt, den die Buch— ecker im allgemeinen leichter erträgt als die Eichel. Kleinere Samen— vorräte werden auch in natürlicher Lagerung auf dem Streubette des Waldbodens, mit Laub und Rauhdecke überworfen, recht gut überwintert. Einigermaßen gefährlich iſt dem Eckernvorrat die Selbſterhitzung, ein Umſtand, welcher der Aufbewahrung in einer der konſervierenden Be— handlung, insbeſondere auch der lebhaften Durchlüftung zugänglichen Form entſchieden den Vorzug gibt. Die Saat ſelbſt iſt in jeder Art leicht ausführbar. Herbſtſaat iſt, den Vorgängen in der Natur ent— ſprechend, gewiß recht empfehlenswert, erleidet aber über Winter oft große Verluſte, die eine natürliche Verjüngung mit ihrer meiſt überreich— lichen Samenſpende ohne Nachteil hinnehmen kann, die Erfolge der ſparſam ſtreuenden Beſtandesſaat aber arg beeinträchtigen. Die Herbſtſaat läuft auch im Frühjahr zu zeitig auf und wird, da ſie in der Regel des Schirmſtandes entbehrt, vom Spätfroſt oft ganz vernichtet. Aus dieſem Grunde iſt die Frühjahrsſaat im allgemeinen die bevorzugte. Man greift gern zur ſpäteren Ausſaat, um das Auflaufen des Samens Reuß, Beſtandesgründung. 24 370 Die angewandte Lehre. über die froſtgefährlichen Maitage hinauszubringen. Vorgreifender An— bau eines Schutzholzes (Birke, Lärche, Weißerle uſw.) und jeder etwa vorhandene Altholzſchirm leiſten gute Dienſte. Stellenweiſe Saataus— führungen werden auch mittels aufgelegter Reiſigdecke recht wirkſam geſchützt Die Beſtandespflanzung. Die Buche kann vom zarten Keimlingsalter bis zur Heiſterſtärke, je jünger um jo erfolgreicher, verſetzt werden. Sie ſtockt aber nach Maß— gabe des Wurzelverluſtes und der Standortseignung mehr oder minder lange und kann ſich, gepflanzt, mit den Jugendleiſtungen der Saat zu— meiſt nicht meſſen. Ihre Reproduktionskraft iſt gering. Sie überwindet daher Wurzel- und Aſtſchnitt minder leicht. Ihre Erziehung zum ſtärke— ren Heiſter wird mit dem ſechsten oder ſiebenten Jahre vollendet. Der Saatkamp iſt nach gewöhnlichen Geſichtspunkten herzurichten und die Saat ſelbſt wird bei ganz mäßiger Erdbedeckung (nicht über 2 em) in Rillen, Riefen oder Streifen ausgeführt. Sie keimt nach ca. fünf Wochen mit zwei fleiſchig dicken, oberſeits glänzend grünen, unterſeits weiß-grünen Kotyledonen auf. Etwa durch Regengüſſe feſtgeſchlagene, kruſtige Erd— oberfläche wird zur Begünſtigung des Auflaufens durchbrochen. Eine Decke von Reiſig, aufliegend oder auf horizontaler Lattenroſtung an— gebracht, iſt in Würdigung des Beſchirmungsbedürfniſſes der Buche ſehr empfehlenswert. Dieſelbe muß jedoch nach Entwickelung des erſten Blatt— paares entfernt werden und zwar allmählich, um einen wohltätigen Übergang von der Schatten- zur Lichtſtellung herbeizuführen. Im Schul— kampe wird die Lockerungstiefe des Bodens dem Alter und Wurzelbau der Pflanze, die Pflanzweite dem als Ziel vorgeſteckten Entwickelungsalter der Loden oder Heiſter angepaßt. Für ſorgliche Pflege in der Heiſter— ſchule iſt die Buche ſehr dankbar, bedarf ihrer aber nicht in dem Maße wie die Eiche, da ihr eine aſtig-rauhe Schaftbildung zur Vermeidung von Rindenkrankheiten ganz zuträglich iſt. Um dieſe zu erzielen, werden in der Heiſterſchule auch nicht gern enge Verbandweiten gegeben. Die für die Eiche angeführte Pflanzweite iſt auch für den Buchenheiſterkamp anzuwenden. Häufig werden die Pflanzreihen mit ſchnellwüchſigen Schutz— und Treibholzarten (Birke, Lärche uſw.) durchſetzt. Wurzel- und Aſt⸗ ſchnitt beſchränken ſich auf die ſtärker beſchädigten Achſenteile. Der letztere pflegt ſich auch ſpäter eine gewiſſe Reſerve aufzulegen, da ſich der Buchenheiſter ſein Schäftchen gegen zudringliche Sonnenſtrahlen gern mit ſeinem eigenen Laube deckt. Zur Pflanzung werden in erſter Reihe Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 371 die überflüſſigen Sämlinge der natürlichen Verjüngung und Saaten, nicht allein zur Komplettierung ihrer eigenen Fehlſtellen, ſondern auch zur Ausführung von Neuaufforſtungen verwendet, ſo daß an die Pflanzenzucht ſeltener große Anforderungen herantreten. Jugendliche Pflänzchen bis zu dreijährigem Alter werden mit oder ohne Ballen direkt den Saaten entnommen, ballenlos mittels Setzholzes, von Buttlarſchen Eiſens, Klemmſpatens uſw. auch in Büſchelform verſetzt. Loden- und Heiſter— pflanzung, die namentlich für die horſt- und gruppenweiſe Einmiſchung der Buche einige Bedeutung gewinnen, müſſen in minderen Standorten zu— meiſt auf gute Erfolge verzichten. Die ſchwache Lode läßt ſich noch „klemmen“, der Heiſter aber verlangt ſorgfältige Wurzeleinbettung in ent— ſprechend weiten Pflanzgruben. Pflanzzeit: im Frühjahr vor der Knoſpen— ſchwellung. Die Verjüngung durch Ausſchlag. Wegen ihrer geringen Reproduktionskraft iſt die Rotbuche für die Wiederverjüngung durch Ausſchlag wenig geeignet. Sie kommt im Niederwalde auch mehr als geduldeter Lückenbüßer vor und iſt in ihm ſeltener Gegenſtand des Anbaues im großen Maßſtabe. Nur auf ſehr kräftigen Standorten genügt ihre Ausſchlagsfähigkeit. § 127. Die Hainbuche. Die natürliche Beſtandesgründung. Die Hainbuche (Carpinus betulus L.) wird, zur reinen Beſtandes— gründung im großen Stile ſeltener berufen, im Rotbuchen- oder Eichengrundbeſtande ohne beſondere Schwierigkeiten nach den für die Hauptholzart gültigen Grundſätzen mitverjüngt und erhebt zumeiſt auf ſelbſtändige Verjüngungshiebe keinen Anſpruch. Sie arbeitet, mit Eiche oder Buche gemiſcht, in Schirm- und Randbeſamung gleich zuverläſſig, tut auch mit ihren breitlappig beflügelten Nüßchen ſelbſt in der regel— loſen Anflugverjüngung noch ihre Schuldigkeit. Der junge Nachwuchs iſt entſchieden widerſtandsfähiger als derjenige der Rotbuche, ein Umſtand, der bei Einlegung, Führung und Folge der Verjüngungshiebe wohl Be— achtung verdient und der Wirtſchaft eine freiere Bewegung geſtattet. Gleichwohl iſt die Jugendentwickelung ſehr langſam, die Neigung zur buſchigen Wuchsentfaltung ſehr wohl erkennen laſſend. An die Boden— empfänglichkeit des Verjüngungsſchlages ſtellt ſie höhere Anforderungen als Eiche und Buche, behauptet, aber, einmal angeſiedelt, mit anerkennens— 24* 372 Die angewandte Lehre. werter Zähigkeit ihren Platz und wird gegen andere wertvollere Holz— arten oft recht unverträglich und läſtig. Wo andere Rückſichten nicht ent— gegenſtehen, pflegt man die Verjüngungshiebe der Hainbuche zur Verein— fachung des Wirtſchaftsbetriebes zeitlich mehr zuſammenzudrängen. Dunf- lere Schirmſtellung verträgt ſie, verlangt ſie aber nicht. Auf trockenen Böden findet ſie die Vorbedingungen für eine gedeihliche Anſamung in der Regel nicht. Die Beſtandesſaat. Der Same der Hainbuche reift im Oktober des Blütejahres. Er bleibt bis in den Winter hinein auf dem Baume hängen und wird im November durch Abſtreifen der Kätzchen von den Aſten geſammelt oder auch nach den erſten leichten Herbſtfröſten auf untergelegte Tücher ab— geklopft. Der Same keimt erſt im zweiten Jahre. Er wird nach ge— höriger Abtrocknung in luftigem Raume durch Klopfen (Dreſchen) ſeiner dreilappigen Fruchtſchuppe entkleidet und in friſchem Sande oder auch in waſſerfreiem Graben, mit Laub und Bodenſtreu eingedeckt, überwintert. Die Ausſaat erfolgt, wenn winterliche Vernichtung durch Mäuſefraß nicht mehr befürchtet werden muß, ſchon im Herbſte, ſonſt im Frühjahr in jeder beliebigen Ausführungsform, doch verdienen die dichteren ſtellen— weiſen Saaten den Vorzug, weil ſie ihrer buſchig-unebenmäßigen Jugend— entwickelung doch eher Schranken ſetzen. Dichter Graswuchs iſt dem Ge— deihen der Saat abträglich. Die Beſtandespflanzung. Friſcheren Boden vorausgeſetzt, kann man die Hainbuche bis in das Heiſteralter gut verſetzen. Doch verſagt die Pflanze in trockenen Lagen noch mehr wie die Saat ihre Dienſte. Die Hainbuche iſt hervorragend reproduktionsfähig, verträgt einen ſtärkeren Eingriff an Wurzel und Krone, nimmt ſelbſt das Einſtutzen des Gipfels oder die vollſtändige Stummelung auf beſſeren Standorten noch geduldig hin. Im Saat- und Pflanze kampe wird ihrer Erziehung meiſt weniger Aufmerkſamkeit zugewendet, da ſie aus den Verjüngungsſchlägen in genügender Menge gewonnen werden kann. Selbſt da, wo ſtarke Loden oder Heiſter gezogen werden, greift man mit Vorliebe noch zu den Wildlingen aus dicht verjüngten Partien oder Saaten. Die Anzucht im Kampe legt übrigens keinerlei be— ſondere Rückſichten auf und paßt ſich ganz den im Buchenkampe bewährten Regeln an. Der Samen läuft mit zwei fleiſchigen, rundlichen Kotyle— donen, die wie bei der Rotbuche gefärbt ſind, auf. Die Pflanzung Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 373 kräftiger Loden mit oder ohne Ballen nach den bei der Rotbuche er— wähnten Methoden iſt wohl die gebräuchlichſte und dankbarſte Form der Verſetzung. Starke Heiſter ſtecken oft lange, ehe ſie ſich zu entſcheidenden Wuchsleiſtungen aufraffen; doch hilft ſorgfältige Einbettung eines kräftigen Wurzelſyſtemes über mancherlei Schwierigkeiten hinweg. Auch als eigent— liche Stummelpflanze, oder beſſer als Heiſter ausgepflanzt und im zweiten, dritten Jahre geſtummelt, zeigt ſie ſich der geſtellten Aufgabe vollkommen gewachſen. Die Ausſchlagsverjüngung. Die Ausſchlagsfähigkeit der Hainbuche iſt eine vortreffliche. Sie ſtellt nach Dauer und Energie ſelbſt die Eiche in den Schatten und eignet ſich ſonach hervorragend zur Beſtandeswiedergründung durch Ausſchlag — vom Stock ſowohl wie vom Schafte (Kopfe). Tiefe, glatte Abſtockung und häufiger wiederkehrende (nicht über 30 Jahre ausſetzende) Verjüngungs— hiebe konſervieren ihre Reproduktionskraft ungemein, ſo daß ſie im Nieder— walde mit Brennholzzucht zu den geſchätzteſten und wirtſchaftlich wichtig— ſten Holzarten gezählt wird. Auch im Eichenſchälwalde fühlt ſie ſich ſehr wohl, bedroht hier aber oft die wertvollere Beſtockung des Grund— beſtandes und mehr noch die im Wege der Komplettierung etwa aus— geführten Eichelſteckſaaten recht empfindlich. $ 128. Die Eſche. Die gemeine Eſche (Fraxinus excelsior L.) wird zur Begründung reiner Beſtände ſelten herangezogen. Burckhardt ſpricht ihr ſogar die Eignung für das geſellige Zuſammenleben im Horſte und in der Gruppe ab. Tatſächlich ſcheint ſie ſich in Einzel- oder truppweiſer Miſchung mit Eiche, Buche, Ahorn uſw. vergeſellſchaftet, beſonders wohl zu fühlen, doch kann man ihr die Anerkennung nicht verſagen, daß ſie im nähr— kräftigen, feuchtfriſchen Boden (eigentlich naſſe Lagen oder bruchig-ſaure Standorte darf man ihr nicht zuweiſen) auch in Gruppen- und Horit- ſtellung oft Vorzügliches leiſtet, allerdings unter ihrem licht- lockeren Kronendach den äußeren Bodenzuſtand leicht über ſeine Empfänglichkeit hinausgehen läßt. Ihr mit dem zungenförmigen Flügel organiſch ver— wachſener Same wird vom Winde mäßig weit über den Schirmbereich der Krone vertragen und macht die Eſche für Schirm-, Rand- und An⸗ flugbeſamung tauglich. Sie lohnt die in ihrer Umgebung vorgenommenen Vorlichtungen bei entſprechender Bodenempfänglichkeit zumeiſt reichlich, ſo daß im Wege der natürlichen Anſamung immerhin leicht für den 374 Die angewandte Lehre. miſchenden Nachwuchs der Eſche geſorgt werden kann. Der Ver— jüngungserfolg wird aber durch unzeitige Fröſte, Unkrautwuchs und durch die zweijährige Keimruhe ſehr beeinträchtigt. Hat der junge An— flug dieſe Gefahren der erſten Jugendjahre überwunden, ſo ſoll ſich der weitere Verlauf des Verjüngungsprozeſſes im Einklange mit dem großen Lichtbedürfnis der Eſche raſch abwickeln. Nachhiebe und Räumung greifen ſchnell ineinander. Der Same der Eſche reift im Oktober des Blütejahres, fliegt aber erſt im Winter und kann deshalb bis in den Dezember hinein durch Abſtreifen der lockeren Riſpen mit der Hand geſammelt werden. Da er erſt im Frühjahr des zweiten Jahres keimreif iſt, ſo wird er, wie der Samen der Hainbuche, im friſchfeuchten Erdeinſchlage aufbe— wahrt und entweder im folgenden Herbſte oder erſt im Frühjahr des zweiten Jahres ausgeſäet. Platz- und Streifenſaat tun beſſere Dienſte als die Rille und Riefe, die ihre Sämlinge auf den graswüchſigen Eſchenſtandorten zumeiſt nicht vor dem Erſtickungstode retten können. Ihre Erziehung im Kampe unterliegt keinerlei Schwierigkeit und tun in den gut gepflegten Saatbeeten die Rillen- und Riefenſaat vollkommen entſprechende Dienſte. Der Keimling erſcheint mit zwei zungenförmigen Kotyledonen. Verſchulung und Verpflanzung ins Freiland erfolgen nach den für die Eiche hervorgehobenen Regeln und ſchlagen, ent— ſprechende Bodenfriſche vorausgeſetzt, bis in das Entwickelungsalter ſtarker Heiſter hinauf recht gut an. Schwächere Pflanzen bis zur Lode hinauf geſtatten die Anwendung erleichternder, jedenfalls aber dem Standorte und Wurzelbau angepaßter Geräte. In vorgeſchrittener Entwickelung (Heiſter) iſt nur die ſorgfältige Einbettung in weit geöffnete Pflanz⸗ gruben ſtatthaft. Gegen das Beſchneiden iſt die Eſche nicht gerade empfind— lich, verlangt aber bei ihrer ſpärlichen Aſtentwickelung für den Kronen— ſchnitt einige Aufmerkſamkeit. Im übrigen iſt ihre Erziehung nach den Regeln der Eichenheiſterſchule zu leiten. Auch in der Beſtandesgründung durch Ausſchlag leiſtet die Eſche gutes, inſofern nicht etwa verdämmende Beſchattung durch andere ſchnell— wüchſigere Holzarten ſie bedrängt. Starke Wucherung von hochſtaudi— gem Unkrautwuchs gefährdet ihre erſtjährige Ausſchlagstätigkeit häufig ſehr und rückſichtlich der Ausſchlagsenergie ſteht ſie namentlich an Dauer gegen Hainbuche und Eiche zurück. Geköpft oder geſchneidelt liefert ſie mit ihrer flammfaſerigen Maſerbildung vorzügliches Fournierholz. Im gut bearbeiteten Boden des Pflanzbeetes bewurzeln ſich auch ihre Steck— linge und liefern ein gutes Material für die Begründung oder Nach— beſſerung des Ausſchlagbeſtandes. Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 375 § 129. Die Ahorne. In unſerem heimiſchen Wirtſchaftswalde find die Ahorne durch den Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.), durch den Spitzahorn (A. plata- noides L.) und durch den Feldahorn (A. campestre L.) vertreten. Sie beteiligen ſich nur untergeordnet an der Beſtandesbildung. Ihre An— zucht kommt daher nur für Einzel-, Horſt- und gruppenweiſe Ein— miſchung in Beſtände betriebsverwandter Hauptholzarten in Frage, — Feld- und Spitzahorn als Bäume erſter Größe im Hochwalde, der Feld— ahorn als Baum zweiter Größe mehr im Nieder- und Buſchholzwalde. Ihr Same, eine Doppelflügelfrucht mit ſtark entwickelten gegenſtändigen Flügelorganen, befähigt die Ahorne zu leichter Anſamung im Schirm—, Rand- und Einzelſtande, doch bleibt die eigentliche Anflugverjüngung immer auf mäßige Entfernungen beſchränkt. Die natürliche Beſtandes— gründung hat auf ſelbſtändige Durchbildung keinen Anſpruch, wird aber den durch lichtende Vorbereitungshiebe (in der Regel erſtrecken ſich dieſe nur auf die Umgebung guter Zuchtbäume) erzielten Anflug, ſeinem Licht— bedürfnis entſprechend, unter beſonders aufmerkſame Pflege nehmen und die Nachlichtungsſtadien mit ſchärferen Eingriffen um ſo raſcher folgen laſſen, je trockener und dürftiger der Standort. Die Samen des Spitz- und Feldahorns werden im September, die des Bergahorns im Oktober, November vom Baume gepflückt oder nach eingetretener Fallreife auf untergelegte Tücher abgeklopft, beziehungsweiſe mit der Hand aufgeleſen, bei entſprechendem Bodenzuſtande auch zu— ſammengekehrt. Das Saatgut wird in Säcken auf luftigem Bodenraum oder auch im Freien unter leichter Rauhdecke ganz zweckmäßig über— wintert. Wo Wintergefahren und zu zeitiges Auflaufen im Frühjahr nicht dagegen ſprechen, iſt die Herbſtſaat zu empfehlen. Wo aber er— fahrungsmäßig ſcharfe Spätfröſte im Frühjahre an der Tagesordnung ſind, kann nur die Frühjahrsſaat in entſprechend ſpät gewählter Aus— führungszeit in Frage kommen. Die Freiſaat iſt nur in ſtellenweiſen Formen (Platz- und mäßig breite Streifenſaat), die Kampſaat in Rillen— und Riefenform üblich. Wo Keimlinge und Samenpflänzchen aus natür— lichem Anfluge beſchafft werden können, umgeht man die Kampſaat mit ihren aufwandvollen Vorbereitungen ganz und verſchult (pikiert) die zarten Keimlinge oder einjährigen Sämlinge, die ſich für die fürſorgliche Behand— lung durch kräftige Wurzelbildung beſonders hervortun. Der Same läuft mit zwei länglich lanzettförmigen Kotyledonen auf. Verſchulungs- und Er— ziehungsregeln bis zur Heiſterſtärke ſind der Eichenheiſterſchule zu ent— nehmen. Die Ahorne verpflanzen ſich bei ſorgfältiger Wurzeleinbettung 376 Die angewandte Lehre. ebenſo gut wie die Eiche und Eſche, ſind aber rückſichtlich des Aſt- und Kronenſchnittes beſonders behutſam zu behandeln. Für die Ausſchlagverjüngung eignen ſich Feld- und namentlich Bergahorn mehr als der Spitzahorn, doch tut auch dieſer bei niedrigem glatten Abhiebe vollkommen ſeine Schuldigkeit. § 130. Sonſtige Laubhölzer. Die Ulme iſt in unſerem heimiſchen Wirtſchaftswalde vertreten durch die gemeine oder Feldulme (Ulmus campestris L.), die Korkulme (Ulmus suberosa Ehrh.), die Flatterulme (Ulmus ciliata Ehrh.). Sie haben große, beſtandbildende Aufgaben ſelten zu erfüllen, doch ſind ſie in nährkräftigem Marſchboden der Niederung und in humoſen Hanglagen mit mildlehmigem Verwitterungsboden des Bergwaldes wie im Wege der natürlichen und künſtlichen Beſtandesgründung gern ge— zogene Miſchholzarten. Die Feldulme verdient auch wegen ihres beſonders wertvollen Nutzholzes bei allen in den von ihr durchſprengten Grund— beſtänden vorgenommenen Verjüngungshieben weitgehende Berückſichti— gung, da ſie hohe Anforderungen an die Bodenempfänglichkeit ſtellt und, mit Ausnahme allenfalls der günſtigſten Standorte der Flußniederungen, auch hohen Lichtgenuß bedarf. Etwaige Anſamungen ſind gegen Graswuchs ſehr, gegen Froſt dagegen minder empfindlich — Eigenſchaften, die bei ihrer Erziehung im Einzel- und Horſtſtande leicht berückſichtigt werden können. Der Ulmenſame, ein einſamiges Nüßchen mit breitem Flügel— ſaume, der bei ciliata gewimpert iſt, reift anfangs Juni und wird am beſten gleich wieder zur Ausſaat verwendet, da er ſich ſchwer aufheben läßt und ſeine Keimkraft raſch verliert. Freiſaat wird ſelten geübt. Im Kampe iſt insbeſondere die Rillen- und Riefenſaat mit ſehr ſchwacher Erdbedeckung zu empfehlen. Der Keimling erſcheint mit zwei kleinen, oberſeits dunkel-, unterſeits lichtgrünen rundlichen Kotyledonen. Die Er— ziehung zur Lode und zum Heiſter erheiſcht keinerlei beſonderen Rückſichten. Die Verpflanzung ins Freiland geht auf wirklich günſtigem Standorte erfolgreich vonſtatten, doch ſchreitet die Leiſtung des jüngeren Pflanz— materials ſtets ſehr auffällig voran. Beſchneiden wird recht gut ver— tragen. — Die Ulme ſchlägt vom Stock, Schaft und Kopf recht kräftig aus, iſt alſo auch für die Ausſchlagverjüngung ganz geeignet. Ab— ſenker, Wurzelbrut und die Anzucht von künſtlich bewurzelten Stecklingen in gut durchgearbeiteten Pflanzbeeten ſind, dank der hohen Reproduktions— kraft der Ulme, zu erzielen. Die Beſtandesgründung der wirtichaftlich wichtigſten Holzarten. 377 Die Linden, die Sommer- und Winterlinde (Tilia grandifolia und parvifolia Ehrh.) werden mehr im Ausſchlags- als im Hochwalde zur Beſtandesbegründung herangezogen und doch werden auch ſie in ge— eigneten Lagen durch lichtende Schlußöffnung zu miſchender Anſamung eingeladen, wo ſie im Altholzbeſtande, einzeln eingeſprengt, vorkommen: Sie find ſchattenertragend, gegen Froſt und beſonders gegen Dürre recht empfindlich. Ihr Same reift im Oktoberdes Blütejahres. Er wird durch Abſtreifen geſammelt und ohne Abtrennung von dem langen zungenförmigen Deckblatte in Säcken hängend aufbewahrt. Der Same keimt nicht ſelten erſt im zweiten Jahre. Der Keimling erſcheint mit zwei fünf- und mehrlappigen Kotyledonen. — Freiſaat iſt nicht üblich. Im Kampe wird der Same in Rillen und Riefen eingelegt. Verſchulung und Erziehung bis zur Heiſterſtärke ſehr beliebt und nach den Regeln der Eichenheiſterzucht erfolgend. — Ihre enorme Reproduktionskraft macht die Linde für die Wiederbegründung durch Ausſchlag beſonders geeignet; ihre Stockausſchlagsenergie überdauert bei weitem den eigentlichen Mutterſtock und ſehr oft iſt deſſen ehemaliger Sitz nur durch die radiale Anordnung der Ausſchläge (Keſſelwüchſe) gekennzeichnet. Die Linde treibt auch Wurzelbrut und wird durch dieſe wie durch Ableger und Stecklinge (in gut bearbeitetem Kampboden) vermehrt. Die Birke (Betula alba L.). Ihre wenn auch nur unterge— ordnet miſchende Teilnahme an der Beſtandesgründung wird im modernen Ertragswalde oft über Gebühr eingeſchränkt. Sie macht ſich allerdings durch ihre Aufdringlichkeit oft geradezu läſtig, nimmt aber als be— ſcheidener Lückenbüßer mit jedem noch ſo ärmlichen Plätzchen vorlieb und ſiedelt ſich mit ihrem weitflüchtigen Samen überaus leicht und ausgiebig an, wo ihr ein offener Boden geboten werden kann. Im Flugbereich ihres Samens überſchüttet ſie förmlich die neuangelegten Schläge, iſt alſo zur Anflug verjüngung hervorragend geeignet. Im Norden Europas beanſprucht fie mit vollem Rechte infolge ihres beſtand- und waldbildenden Auftretens und vollkommeneren Gedeihens eine wirt— ſchaftliche Selbſtändigkeit. — In hohem Maße lichtbedürftig, gedeiht ſie unter Schirmſtand nicht, läßt ſich aber auch eine gleichalterige Um— gebung nicht über den Kopf wachſen. Eigentliche Verjüngungsmaßregeln beanſprucht ſie nicht, um ſo weniger, da ſie auch ziemlich froſthart iſt. Ihr Same reift im September, wird als Zäpfchen gepflückt und wegen Erhitzungsgefahr in ſehr ſchwacher Aufſchüttung luftig aufbewahrt. Er kann auch ſehr gut im Spätwinter oder zeitigſten Frühjahr ausgeſäet werden, doch wird die künſtliche Freiſaat ſeltener geübt. Wo ſamen— 378 Die angewandte Lehre. tüchtige Mutterſtämme in der Nähe find, beſorgen dieſe zumeiſt den Säeakt recht ausgiebig in dem — eventuell künſtlich wundgemachten — empfänglichen Boden, und wo der Altholzſtamm fehlt, bindet man am beſten Samen tragende Aſte von der Windſeite her auf den zu be— ſiedelnden Schlägen aus. Der Same läuft mit zwei ſehr kleinen, läng— lichen, glänzend-grünen Kotyledonen auf. Die Kampſaat in Rillen und Riefen gewährt leicht und ſicher das nötige Material zur Beſtandes— pflanzung. Sie verpflanzt ſich leicht in der Jugend, in Heiſterſtärke ſchwerer, inſofern ihr nicht etwa durch Verſchulung ein reiches Wurzel— ſyſtem anerzogen wurde. Übrigens begnügt ſich die Kulturpraxis zu— meiſt mit den in der Anflugverjüngung gewonnenen Pflanzen. Die Aſpe (Populus tremula L.), die Schwarzpappel (P. nigra L.), die Silberpappel (P. alba L.), die letzteren mehr im Auwalde zu Hauſe, ſamen ſich auf empfänglichem Boden leicht an. Eigentliche, wirt— ſchaftlich eingeleitete Verjüngungsoperationen werden ſelten notwendig, da ſie im Hochwaldbeſtande wohl ſeltener (die Schwarzpappel noch eher als die Aſpe und Silberpappel) zu wirtſchaftlich hervortretender Rolle berufen werden. Der Same des weiblichen Baumes reift im Juni. Er läßt ſich ſchwer ſammeln, noch ſchwerer aufbewahren, verliert nach wenigen Mo— naten ſeine Keimkraft und iſt, einmal zu Ballen zuſammengedrückt, zur künſtlichen Ausſaat ſchwer verwendbar. Von ſeinem langen Haarſchopfe getragen, fliegt das einſamige Nüßchen weit aus, ſo daß die Anſamung durch Wundmachung des Bodens in der Strichrichtung des Windes oder durch Aushängen der Samenäſte auf die zu beſamende Fläche leicht und mit Erfolg der Natur überlaſſen werden kann. Der Keimling erſcheint mit zwei winzig kleinen, mehr herzförmigen Kotyledonen. Hohe Boden— empfänglichkeit, Lichtbedürfnis, Empfindlichkeit gegen Graswuchs, Wider— ſtandsfähigkeit gegen Witterungseinflüſſe ſind die Eigenſchaften, die da zu berückſichtigen ſind, wo man die natürliche Anſamung in kleinem Maß— ſtabe betreibt. Die Erziehung im Kampe ſucht ſich ihr Schulmaterial in Form von Samen- und Wurzelloden meiſt im freien Waldgelände zuſammen. Auch werden Stecklinge (von der Aſpe ſchwer!) im gut be— arbeiteten Kampbeete zur Pflanzenzucht mit Erfolg verwendet. Die Ausſchlagsfähigkeit der Aſpe iſt mäßig, die der Pappeln dagegen kräftig und ausdauernd. Die Pflanzung ins Freie, bei Pappel auch durch die Setzſtange, ſtößt auf keine Schwierigkeiten. Aſpe zeichnet ſich durch die Zähigkeit ihres Wurzellebens aus und wird oft nach langjährigem Schlummerzuſtande bei Schlagſtellungen durch ihre reichlichen Ausſchläge der nachfolgenden Beſtandesgeneration noch recht läſtig. Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 379 Die Schwarzerle (Alnus glutinosa Willd.) und die Weißerle (A. incana Willd.). Die Samen reifen im Oktober, fallen bis in das Frühjahr hinein. Sie werden im Spätherbſt und Winter geſammelt, auf luftigem Speicherraum aufbewahrt oder (Schwarzerle) auch im Früh— jahr nach dem Schneeabgang auf Waſſerpfützen und Tümpeln gewonnen. Im eigentlichen Wirtſchaftswalde ſeltener Gegenſtand der Beſtandes— gründung im großen, wird doch namentlich die Schwarzerle im Bruch- und Marſchboden der Niederung und längs der Waſſerzüge zur miſchenden, örtlich ſogar zur beſtandbildenden Rolle berufen. Die Weißerle fühlt ſich ſelbſt auf mäßig friſchem Boden noch wohl, erhebt ſich aber ſelten über die Bedeutung des Lückenbüßers. — Die Erle iſt ziemlich froſt— hart, gegen Dürre empfindlich und ſehr lichtbedürftig. Der Same keimt mit zwei ovalen, lichtgrünen Kotyledonen. Die natürliche Ver— jüngung, an und für ſich leicht durchführbar, ſcheitert zumeiſt nur an der Graswüchſigkeit des Erlenſtandortes; ſelbſt die Erfolge der Be— ſtandesſaat ſind dadurch ſehr gefährdet. Im Bruchboden leiſtet unter Umſtänden die Saat auf Rabatten befriedigendes. Im übrigen bleibt die Anzucht auf den Kamp beſchränkt. Schwarz- und Weißerle werden in demſelben leicht nach den gemeingewöhnlichen Regeln erzogen. Ver— ſchulung und Verſetzung ins Freiland gehen namentlich im Loden— alter gut, doch fallen gepflanzte Erlen, erfahrungsmäßig lange kränkelnd, dem Erlenrüſſelkäfer (Cryptorrhynchus lapathi L.) häufig zum Opfer. Die Pflanzausführung kann ſich im Hinblick auf die bruchig-feuchte Standortsverfaſſung mancherlei Erleichterungen durch Geräte (deren Wahl dem Pflanzmateriale und Bodenzuſtande anzupaſſen iſt) geſtatten. Auch die „Klappflanzung“ iſt üblich. Bei Schwarzerle iſt die Stummel— pflanzung auch in Anwendung. Die Weidenarten werden weniger durch Samen als durch Stecklinge (Setzſtangen) fortgepflanzt. Der Same der weiblichen Exemplare reift Ende Mai, anfangs Juni, beſitzt ſehr kurze Keimdauer, wird ſelten ge— ſammelt. Der Keimling erſcheint mit zwei kleinen, rundlichen, nach hinten zugeſpitzten Kotyledonen. Die baumartigen Weiden werden wie die Pappelarten erzogen. Sie ſind ſehr lichtbedürftig, gleichwohl gegen Graswuchs nicht beſonders empfindlich. Kopfhölzer werden aus be— wurzelten und unterwurzelten Achſen (Setzſtangen) erzielt. Ihr hohes Reproduktionsvermögen macht ſie namentlich für die Ausſchlagverjüngung vom Stock, Schaft und Kopf ſehr tauglich. Für die Vermehrung durch Stecklinge ſind namentlich die eigentlichen Korbweiden (Salix alba, vite- lina, triandria, viminalis, helix, rubra, purpurea L. u. a. m.) verwendbar. 380 Die angewandte Lehre. Die Stecklingspflanzung wird häufig auch in Form der Rabatten- und Keſſelpflanzung geübt. Erſtere legt die länger geſchnittenen Stecklinge quer über die aufgeworfenen Gräben und deckt ihre Enden mit dem Grabenauswurf; letztere ſteckt 5 bis 8 Stecklinge ſchräg-zentral um einen Mittelpunkt oder legt auch längs der fließenden Waſſer die Achſen mit voller Beaſtung ſeicht unter die Bodenoberfläche ein. Tiefer Abhieb oder Schnitt ſind für die Erhaltung der Ausſchlagenergie nötig. § 131. Die Fichte. Die Fichte (Picea excelsa Lk.) beherrſcht in hervorragend be— ſtandbildender Bedeutung unſere Berg- und Gebirgsforſte. Für ihre Be— ſtandesgründung verdient gewürdigt zu werden: Die Fichte iſt ſchatten— ertragend, aber nicht ſchatten bedürftig; fie wird unter Schirmſtand in ihrer Entwickelung um ſo mehr beeinträchtigt, je geringer und nament— lich je trockener der Standort und je älter ſie ſelbſt iſt. Ihr Baum— alter iſt hinfällig und hat durch elementare Einflüſſe ſehr zu leiden, da ihre dichte, windfangende Krone beſonders dem Sturme wuchtige An— griffspunkte bietet, denen ſie bei ihrer flach verſtreichenden Wurzelbildung nur da gewachſen iſt, wo ſie zu höherer Widerſtandsfähigkeit erzogen wurde. Ihr zartes Jugenddaſein iſt empfindlich gegen Graswuchs, auch gegen Witterungseinflüſſe, insbeſondere auch gegen Barfroſtwirkungen. Sie ſamt oft und reichlich. Ihr Same fliegt lange und leicht. Die natürliche Verjüngung. Nach dieſem Überblick ihrer wirtſchaftlichen Veranlagung kann der Fichte die Eignung für die natürliche Verjüngung gewiß nicht abgeſprochen werden, und wenn dieſelbe ſich gleichwohl wenig ausgebildet hat, ſo be— gründet ſich dieſe Tatſache einerſeits in den Schwierigkeiten einer erfolg— ſicheren Durchführung, die namentlich in den höheren Lichtſtandsſtadien der Femelſchlagverjüngung hervortreten, andererſeits aber auch in der Leichtigkeit und Sicherheit ihrer künſtlichen Nachzucht durch Saat und Pflanzung. Entſchieden muß anerkannt werden, daß die Fichte auch durch Schirmbeſamung wohl verjüngt werden kann, wenn der Ver— jüngungsbetrieb ihrer Eigenart ſich anzupaſſen verſteht. Verliert ſie im Mittelgebirge Norddeutſchlands in exponierter Lage überhaupt oft ſchon bei 1000 —1100 m Seehöhe ihre beſtandbildende Bedeutung, ſo ſteigt ſie in den überhöhten Lagen des Hochgebirges in maſſen- und formen— reichen Beſtänden bis 1800 und 2000 m an und kann rückſichtlich ihrer Nachzucht in hohem Maße die Kraft der Selbſterhaltung in Anſpruch Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 381 nehmen, die ſie auch ohne Zutun der wirtſchaftenden Hand in urwald— artiger Stellung betätigt. Sie wird in den Expoſitionen und in den Hochlagen der Alpen im Plenter- und Femelbetriebe durch Schirmbe— ſamung als Schutzwald vielfach ſich ſelbſt überlaſſen oder durch die Wirtſchaft zu horſtweiſer Verjüngung geleitet. In geſchützteren Lagen arbeitet die Schirmverjüngung in horſt- und gruppenweiſer Auflöſung ihrer Einzelverrichtungen mit oft vorzüglichem Erfolge. Der Betrieb ſoll in ſolchen Fällen nie aus dem Auge verlieren, daß der Samenbaum und ⸗beſtand leicht ein Opfer des Windes werden kann; er darf aber um ſo kühner eingreifen, je geſchützter die Lage, je mehr die Beſtandes— pflege ihr Augenmerk auf die Erziehung der Widerſtandskraft des ein— zelnen Beſtandesgliedes gerichtet hatte. Für den ſchablonenmäßig arbei— tenden Femelſchlagbetrieb, der ſich oft ihren Schwächen nicht anzupaſſen vermag, iſt die Fichte entſchieden weniger geeignet. Ein Betrieb aber, der dem Wechſel der Vorbedingungen glücklich Rechnung zu tragen ver— ſteht und auf natürliche Verjüngung verzichtet, wo ſie ernſte Gefahren bringen muß, der wird auch im Fichtenhochwalde immer dankbare Lagen für die natürliche Beſtandesgründung durch Schirmbeſamung finden. Seine vorbereitenden Erſtarkungshiebe reichen meiſt zurück bis in das Stangen— alter. Kräftige Durchforſtung, räumliche Erziehung iſt die Loſung. Die bodenvorbereitende Richtung kann zumeiſt zurücktreten, da die Empfäng— lichkeit des Bodens im Fichtenbeſtande ſich bis in das hohe Alter hinauf zu erhalten pflegt. Die Beſtandes vorbereitung muß in erſter Reihe ihren züchteriſchen Aufgaben gerecht werden, ſoll aber zunächſt nicht über die— ſelben hinausgehen. Der Vorbereitungshieb könnte mit Rückſicht auf die Flugfähigkeit des Samens gerade im Fichtenbeſtande recht ſcharf einge— legt werden, aber Wohlfahrtsrückſichten für den Mutterbeſtand werden das in der Regel verbieten. Aus eben dieſem Grunde wird auch von der Bildung großer Periodenſchläge, d. i. von der raſchen Aneinander— reihung der Verjüngungsflächen abgeſehen und der Samenſchlag ſo dunkel gehalten, als es die Rückſichten des Beſamungserfolges überhaupt geſtatten. Das Stadium der Nachhiebe wird nach Maßgabe der Wind— bruchgefahr abgekürzt. Die Samenſchlagſtellung ſelbſt kann vor, wäh— rend und nach dem Samenabfall erfolgen, je nachdem ſonſtige Haus— haltsrückſichten es wünſchenswert machen. Die ſicherſten Leiſtungen in der Schirmſchlagverjüngung verzeichnet die Fichte, wo ſie mit Tanne durchſetzt in dieſer einigen Halt und Schutz findet. Recht befriedigende Erfolge erzielt die natürliche Verjüngung im Kahl- oder Saumſchlage mit Randbeſamung. Die Abhängigkeit und geringere Beweglichkeit hemmt jedoch auch bei dieſer Verjüngungsform die weitere Verbreitung. 382 Die angewandte Lehre. Die Beſtandesſaat. Der Same der Fichte reift im Oktober des Blüteſahres Er liegt im Grunde eines relativ großen Flügelorganes loſe eingebettet und fliegt, je nach Witterungsverlauf, früher oder ſpäter im Frühjahr. Die entleerten Zapfen bleiben oft bis in den nächſten Winter am Baume hängen. Die Zapfen werden über Winter gebrochen, geklengt, der Same mit oder ohne Flügel in gut abgetrockneten Vorräten frei oder in Kaſten, Säcken aufbewahrt. Er erhält bis in das dritte, vierte Jahr noch immer 50% Keimkraft. Der Keimling erſcheint mit 5—9, meiſt 7 den Nadeln ähnlichen Kotyledonen. Mit Rückſicht auf die langſame Entwickelung des Sämlings in den beiden erſten Jahren und im Hinblick auf die Empfindlichkeit gegen Bar— froſt, Witterung und Graswuchs hat die Beſtandesgründung durch Saat nur auf guten, milden Böden beſſere Erfolge zu verzeichnen, doch iſt im allgemeinen auf fie wenig Verlaß. Lichte Vollſaat und ſtellenweiſe Saat— ausführungen, mit Bevorzugung der breiteren Formen, ſind anwendbar. Rille und Riefe ſowie benarbter Boden haben den Vorteil für ſich, daß ſie gegen Barfroſtwirkung ſchützen, den Nachteil erhöhter Verdämmungs— gefahr aber gegen ſich. Die Beſtandespflanzung. Bauart und Entwickelung erleichtern der Fichte ihre beſtandes— gründenden Aufgaben durch Pflanzung ſehr. Die Pflanzung iſt daher auch die verbreitetſte, ja die herrſchende Form der Beſtandesgründung im Fichtenhochwalde überhaupt. Sie arbeitet ſelbſt in den Hochlagen noch mit beſten und ſicherſten Erfolgen, inſofern nicht etwa äußere Bodenbeſchaffenheit (Näſſe, Rohhumus, Heide uſw.) ihr Gedeihen hindern. Die Anzucht im Saat- und Pflanzkampe, die Verſchulung und Verſetzung ins Freiland bieten eine Sicherheit wie kaum bei einer zweiten Holzart. Die Pflanzkultur hat gerade an der Fichte ihre Schule gemacht, an ihr ſich techniſch und methodiſch ausgebildet und alles im Kapitel 8 Geſagte hat in erſter Reihe für die Pflanzkultur der Fichte Giltigkeit. Ballenpflanzen werden in licht angeſäeten Vollſaatplätzen ohne jede Pflege erzogen. Im Saatkamp iſt die Erziehung in Riefen und ſchmalen Rillen zu Hauſe, die Verſchulung von ein- oder zweijährigen Sämlingen erfolgt je nach der Entwickelung mittels Setzholzes oder auch in Gräbchen und die Ver— ſetzung ins Freiland als Sämling von zwei- bis vierjährigem, als Schul- pflanze von drei- bis fünfjährigem Alter. Auf gutem Boden iſt der Sämling vollkommen leiſtungsſähig; ſchwierigere Standortsverhältniſſe ge— Die Beſtandesgründung der wirtichaftlich wichtigſten Holzarten. 383 hören aber allein der Schulpflanze. Die Pflanzung wird nur in weite, ſchüſſelförmig geöffnete Pflanzgruben mit Anwendung der Hacke und Hand ausgeführt. Hügelpflanzung beſchränkt ſich auf zeitweilig naſſe Lagen. Gegen zu tiefes Einſetzen und gegen mißhandelnde Gerätemethoden iſt die Fichte beſonders empfindlich. Die Ballenpflanzung hat nur mit jugend— lichem Pflanzmaterial oder ſehr großen Ballen Berechtigung. Die Reproduktionskraft der Fichte iſt kaum nennenswert. Sie treibt aus verwehten, mit humoſer Erde überlagerten Tiefäſten Wurzeln, doch ſind dieſelben als Ableger nicht verwendbar. § 132. Die Tanne. Die Tanne (Abies pectinata D. C.) iſt wie die Fichte zur Be— ſtandesgründung im großen vorzüglich geeignet und genügt allen An— forderungen, welche an die den Reinbeſtand bildenden Holzarten geſtellt werden, in hervorragendem Maße. Sie iſt ſchattenertragend, im jugend— lichen Alter ſchattenliebend, oft ſogar ſchattenbedürftig, gegen unzeitige Fröſte ſehr empfindlich, leidet auch bei Dürre und durch dichten Gras— wuchs, da ſie in den erſten Jahren ſehr träge ſich entwickelt. Sie ſamt fleißig, aber meiſt weniger reichlich. Ihr Same iſt verhältnismäßig kurz geflügelt und wird vermöge ſeiner Schwere nur wenig über den Bereich des Kronenſchirmes hinaus vertragen. Die natürliche Verjüngung. Da die Tanne auch ungleich ſtandfeſter iſt als die Fichte, ſo be— ſitzt fie in vollkommenem Maße das Rüſtzeug zur natürlichen Be— ſtandesgründung durch Schirmbeſamung. Im Urwalde bewährt ſich ihre ſelbſterhaltende Kraft in hervorragender Weiſe und in der Femel—, ſowie in der Femelſchlagverjüngung tritt ſie rückſichtlich der Sicherheit ihrer Beſamungserfolge der Rotbuche vollkommen ebenbürtig zur Seite. Der Tannenbeſtand bewahrt in der Regel bis in das verjüngungsfähige Alter hinauf eine natürliche Bodenempfänglichkeit. Der Vorbereitungs— hieb hat alſo vornehmlich nur den züchteriſchen Aufgaben ſeine Aufmerk— ſamkeit zuzuwenden. Die Samenſchlagſtellung ſoll nicht allzu ſpär— lich lichten und insbeſondere auf trockenem, dürftigem Standorte nicht allzu ſehr auf die Schattenerträglichkeit des jungen Nachwuchſes bauen. Die Auslichtungshiebe können nach Maßgabe der Entwickelung des Anwuchſes und der ihm etwa drohenden Gefahren ziemlich flott vonſtatten gehen, werden aber zumeiſt zugunſten der hervorragenden Lichtwuchs— leiſtungen der räumlich ſtehenden Samenbäume etwas in die Länge ge— 384 Die angewandte Lehre. zogen. Für die horſt- und gruppenweiſe Verjüngung, auch für die Schtrm= und Randbeſamung im ſchmalen Saumſchlage beſitzt die Tanne hervor— ragende Eignung. Die Beſtandesſaat wird ſelbſtverſtändlich nur da geübt, wo der Mutterbeſtand fehlt, die Tanne alſo neu eingeführt werden ſoll. Der Same reift im September. Er fliegt nach den erſten Nachtfröſten, ſamt den Zapfenſchuppen von der Spindel ſich löſend, muß alſo in der erſten Septemberhälfte ſchon ge— brochen werden. Der Zapfen zerfällt alsbald und wird in dieſem Zu— ſtande auf trockenem Bodenraume aufbewahrt, erſt ſpäter gereinigt und zur Verwendung vorbereitet. Er überwintert übrigens nicht leicht und die Verluſte im Winterlager reden oft der Herbſtſaat das Wort. Der Keimling läuft mit vier bis acht, meiſt mit fünf Kotyledonen auf und macht im Schirmſtande i. d. R. erſt im dritten, vierten Jahre einen eigentlichen Höhentrieb. Die Freiſaat wird in gut bearbeiteten Plätzen und Streifen ausgeführt, iſt aber in Würdigung der großen Jugendgefahren, insbe— ſondere auch des Wildverbiſſes nicht ſehr in Aufnahme. Ein ſtarker Rehſtand macht die Saat oft ausſichtslos. Die Beſtandespflanzung. Die Erziehung der Tanne im Kampe mittels Riefen und Rillen, auch ſchmalen Streifen ſtößt namentlich unter leichtem Reiſigſchirm auf keine Schwierigkeiten. Die Verſchulung der jugendlichen Sämlinge mit An— wendung des Setzholzes iſt recht wohl durchführbar, mit Rückſicht auf die Tiefwurzelbildung aber minder gebräuchlich, auch minder zuträglich. Verpflanzt werden junge Sämlinge oder drei- bis vierjährige Schul- pflanzen. Große Beſtandespflanzungen gelangen übrigens ſeltener zur Ausführung, pflegen auch mit der gedeihlichen Entwickelung der Saat und natürlichen Verjüngung nicht gleichen Schritt zu halten. Auch die gepflanzte Tanne iſt für einen ihr gewährten Schutzſtand, namentlich in den erſten Jahren, ſehr dankbar. Sie kann ihn auf geringerem Standort oft nicht entbehren. § 133. Die Kiefer. Die Kiefer (Pinus silvestris L.) iſt wie die Fichte eine erſt— klaſſige Ertragsholzart des Wirtſchaftswaldes, die namentlich die Forſte des Flach- und Tieflandes in oft gewaltiger Flächenausdehnung beherrſcht und ſomit auch für die Reinbeſtandesbegründung eine hervorragende Be— Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigiten Holzarten. 385 deutung gewinnt. Sie iſt genügſam, tut überall ihre Schuldigkeit, glänzt ſelbſt auf armen Standorten durch die Leiſtungen ihres Jugenddaſeins, erreicht aber den höheren Grad der Vollkommenheit doch nur im tief— lockeren Sand- oder ſandigen Lehmboden. Der Kiefernjungwuchs iſt gegen Witterungseinflüſſe wenig empfindlich, entwächſt auch der Ver— dämmungsgefahr durch Gras und Unkraut ſchnell. Das Baumalter ge— nießt mit Recht den Ruf einer ausreichenden Standhaftigkeit. Alle dieſe zur Naturverjüngung beſonders befähigenden Eigenſchaften werden aber durch das hohe Lichtbedürfnis und durch die unter dem lichten Kronenſchirm des Kiefernaltholzes ſchwer zu erhaltende Bodenempfäng— lichkeit ſehr empfindlich beeinträchtigt. Die natürliche Verjüngung. Die ältere Zeit hat mit Schirmverjüngung ziemlich viel, aber müh— ſam gearbeitet. Mit der Wertsſteigerung der Waldprodukte, die eine aufwandvollere Beſtandesbegründung ſtatthaft machte, gewann die künſt— liche Beſtandesgründung ſchnell an Terrain. Im Femelwalde fehlt die Kiefer; nur eine ſehr aufmerkſame Pflege bringt ſie dort auf und dem Femelſchlagbetriebe geben die oben erwähnten Eigenſchaften ein beſonderes Gepräge. Eines eigentlichen Vorbereitungshiebes bedarf es nicht. Der Boden iſt im verjüngungsreifen Beſtandesalter meiſt weit über ſeine Emp— fänglichkeit hinausgeſchritten. Es kann ſich alſo nur um beſtandes vor— bereitende Beſtrebungen handeln und ſelbſt dieſe treten in der Richtung der Erziehung einer größeren Standfeſtigkeit ſehr zurück. Der Samenſchlag wird vor, während oder nach dem Samenfluge und zwar unter allen Umſtänden ſtark angreifend eingelegt, weil die Flugfähigkeit des Samens ſelbſt im gelichteten Kronenſchirme eine volle und gleichmäßige Anſamung ſichert und der junge Anwuchs der Kiefer viel Licht benötigt, ohne die Schutz— wirkungen des Altholzſchirmes zu beanſpruchen. Mit Rückſicht auf den häufig vorliegenden Mangel der Bodenempfänglichkeit wird in den Kiefernver— jüngungen gern zu künſtlichen Bodenverwundungen vor dem Samenabfall gegriffen. Mehr wie die Schirmbeſamung iſt die Randbeſamung und die eigentliche Anflugverjüngung von einzelnen übergehaltenen Samen— bäumen in Aufnahme. — Als einen Übergang gewiſſermaßen zur künſt— lichen Beſtandesgründung kann man die veraltete Zapfenſaat anſehen, die ſich in angepaßter Form bis heute für die Aufforſtung des beweglichen Sandes erhalten hat: Ausſteckung von zapfentragenden Aſten, die zugleich der Beruhigung und Bindung des Flugſandes dienen. Reuß, Beſtandesgründung. 1 Qt 386 Die angewandte Lehre. Die Beſtandesſaat. Der Same der Kiefer reift im Oktober des zweiten Jahres und fliegt im September und Frühjahr. Er wird im Laufe des Winters im Zapfen gebrochen, geklengt und wie Fichte aufbewahrt. Der verhältnis— mäßig große Flügel umfaßt das Samenkorn ſpangenartig und trennt ſich leicht von demſelben los. Verwendung zur Saat iſt bis höchſtens in das dritte Jahr ſtatthaft. Er keimt mit vier bis ſieben, meiſt fünf drei— kantigen Kotyledonen. Ihrer natürlichen Veranlagung nach iſt die Kiefer mehr für die Saat als für die Pflanzung geeignet. Wenn gleichwohl ihre ſichereren Erfolge die letztere auf ſchwierigeren Standorten mehr in den Vordergrund treten ließen, ſo hat die Saatkultur doch wieder die Oberhand erlangt, weil die Anzucht von Pflanzmaterial durch die Schütte— krankheit uns geradezu verleidet wird. Die Technik und Methodik der Saatkultur hat ſich gerade in den Kiefernforſten am früheſten und vollkommenſten ausgebildet; für ſie war die Kiefer ſozuſagen die Lehr— meiſterin. Die Saat geht auch in jeder Form und Ausführung, ſelbſt die Rille und Riefe verſagt ſelten, da ſich der raſchwüchſige Sämling bald über den Bereich des Gras- und Unkrautwuchſes emporhebt. Die mannigfachſten Geräte und Maſchinen werden zur Saatausführung mit Vorteil angewendet. Viele derſelben verdanken den Kiefernforſten ihr Daſein. Die Beſtandespflanzung. Die Erziehung im Kampe wird durch die Schüttekrankheit ſehr er— ſchwert. Sie erfolgt nach den für die Fichte dargelegten Grundſätzen. Ebenſo die etwaige Erziehung von Ballenpflanzen, die übrigens bei der tiefen Wurzelbildung ſeltener oder doch nur mit ganz jungem Material angewendet wird. Verſchulung iſt weniger gebräuchlich. Das Wurzel— ſyſtem eignet ſich dazu nicht beſonders. Um der tiefen Wurzelbildung vorzubeugen, wird die Kiefer gern ſchon als ein- oder zweijähriger Säm— ling ins Freiland verſetzt. Stärkere und namentlich verſchulte Pflanzen verſetzen ſich minder gut und minder erfolgreich. Auch die Pflanzkultur der Kiefer hat viele Geräte und Gerätemethoden ausgebildet, die für ihre Standorte und ihre Eigenart eine gewiſſe Berechtigung hatten und ſpäter mit verallgemeinernder Wirkung in die Lehre der Beſtandesgründung durch Pflanzung übertragen wurden. § 134. Andere wichtigere Kiefernarten. Die Weymouthskiefer (Pinus strobus L.) wird als untergeord— nete Miſchholzart in zunehmender Beliebtheit zur Beſtandesbegründung Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 387 mit herangezogen. Die Samenreife fällt in den September des zweiten Jahres. Der Zapfenbruch muß gleich nach der Reife erfolgen, da der locker gefügte Zapfen den Samen ſehr bald freigibt. Derſelbe fliegt an länglich ſchmalem Flügel mäßig weit über den Kronenbereich hinaus und beſamt empfänglichen Boden in Schirm- und Randſtellung bei einiger— maßen geöffnetem Beſtandesſchluß. Der junge Nachwuchs verträgt auf zuſagendem Standort etwas Schatten, mehr wenigſtens wie die gemeine Kiefer, iſt raſchwüchſig und minder empfindlich gegen Witterungseinflüſſe und Unkraut. Die etwa beabſichtigte Erziehung im Wege der natürlichen Beſamung in Einzel-, Horſt- oder Gruppenſtellung iſt alſo unſchwer der beſtandbildenden Holzart anzupaſſen. Wegen hohen Samenpreiſes wird ihre Erziehung meiſt auf den Kamp in Rillenſaat beſchränkt. Sie keimt mit ſieben bis zehn pfriemenförmigen Kotyledonen, läßt ſich im erſten und zweiten Jahre erfolgreich verſchulen und bis zum vierten Jahre auch recht gut ins Freiland verſetzen. Eine ſelbſtändige Rolle wird ihr im Wirtſchaftswalde derzeit noch nicht gerne anvertraut, doch flößt ihr forſtliches Verhalten zunehmend größeres Vertrauen in ihre Anbauwürdigkeit ein. Die Schwarzkiefer (Pinus austriaca Höss.), nach Norden nicht über den Wiener Wald hinaufgehend, zeigt beſondere Neigung für Kalk— böden und wird eigentlich nur auf dieſen zur Beſtandesgründung in forſt— gerechter Ausführung herangezogen. Bei entſprechend ſtarken Leiſtungen kann ſie im Schirmſtande zur natürlichen Verjüngung geführt werden, inſofern ſie empfänglichen Boden findet. Sonſt befähigt ſie ihr mäßig weit fliegender Same auch zur Rand- und Anflugbeſamung. Schmale Saum⸗ und Kahlſchläge, welche die Beiträge der Natur ſorglich aus— ausnutzen, im übrigen aber die künſtliche Aufforſtung rechtzeitig zu Hilfe rufen, ſind mehr in Aufnahme als die Verjüngung im Femelſchlage. Die Schwarzkiefer iſt ſchnellwüchſig. Der Same reift im Oktober des zweiten Jahres. Zapfenernte bis in das folgende Frühjahr hinein. Klen— gung und Aufbewahrung bieten keine Schwierigkeiten. Der Same keimt mit fünf bis ſieben Kotyledonen, die denjenigen der gemeinen Kiefer ſehr ähnlich ſind. Sie verträgt in der Jugend etwas Beſchattung, iſt gegen Witterung und bei ihrer Schnellwüchſigkeit auch gegen Unkrautwuchs wenig empfindlich. Im Kampe wird ſie leicht erzogen, auch mit gutem Erfolge ins Freiland verſetzt und nimmt ſelbſt ſorgloſere Pflanzausführung ohne nachteilige Folgen hin. Die Zirbelkiefer (Pinus cembra L.) behauptet ſich mit Mühe gegen den Anſturm einer ſorgloſen Alpen-Weidewirtſchaft, wird aber in jüngerer Zeit zunehmend auch zur Aufforſtung unſerer Mittelgebirgs— 25* 388 Die angewandte Lehre. Expoſitionen herangezogen. Sie beſitzt vollkommen die Eignung zur Be— gründung reiner Beſtände und iſt in ihrer Hochgebirgsheimat mit der Kraft der Selbſtverjüngung im Wege der Schirmbeſamung ausgerüſtet, wo die dichtere Beſtockung die Empfänglichkeit des Bodens erhalten hat. Ihr ziemlich ſchwerer, ungeflügelter Same fällt wenig über den Schirmbereich der Krone heraus. Derſelbe iſt genießbar; ſamenfreſſende Tiere ſtellen ihm mit Vorliebe nach und tragen zur Schmälerung der Verjüngungs— erfolge viel bei; das Nüßchen reift im zweiten Herbſte, beſitzt eine zwei- jährige Keimruhe und läuft mit neun bis zwölf ziemlich langen Kotyle— donen. In ihrem Lichtbedürfnis und in ihrer geringen Empfindlichkeit gegen Witterung ſteht ſie mit der Schwarzkiefer auf gleicher Stufe, verträgt aber bei ihrer langſamen Entwickelung den Graswuchs weniger gut. Im übrigen wird die Naturverjüngung durch die Standortsunbilden der Hoch— lagen ſehr beeinträchtigt. Die künſtliche Beſtandesgründung wird durch das Überliegen des Samens erſchwert, da das Nüßchen auch im Boden der Vernichtung durch Samenfreſſer ſehr ausgeſetzt iſt. In neuerer Zeit verlegt man die Anzucht in die Tallagen, wo die Kämpe eher der Pflege zugänglich ſind, doch geſtalten ſich die Erfahrungen der auf dieſe Weiſe eingeleiteten Beſtandesgründung durch Pflanzung in den exponierten Hoch— lagen nicht günſtig. Anzucht in höheren Lagen wird beſſere Ergebniſſe liefern. Drei- bis vierjährige Sämlinge gehen im Freilande am beſten. Verſchulung iſt weniger in Aufnahme. § 135. Die Lärche. Die Lärche (Larix europaea D. C.) wird zur Beſtandesgründung im großen weniger herangezogen. Ihr lockerer Kronenbau kann den An— forderungen der Bodenpflege im reinen Auftreten nicht gerecht werden. Selbſt in ihrem eigentlichen Heimatsgebiete, den Hochlagen der Alpen, findet man fie verhältnismäßig ſelten zu reinen Beſtänden von wirtſchaft— licher Selbſtändigkeit vereinigt. Ihre beſten Leiſtungen liegen im Miſch— beſtande, wo ihre die Umgebung hoch überragende Krone von Licht und Luft frei umfloſſen iſt. Bei reichlicher Einmiſchung, oder mit gleichwüch— ſigen Holzarten vergeſellſchaftet, beſonders aber auch in horſt- und gruppen— weiſem Auftreten ſieht man ihr Wachstumsverhalten ſich recht ungünſtig verändern, ſobald ſie einem leichten Kronenſchluſſe ſich nähert und der flotte Luftwechſel im oberen Beſtandesraum eine Hemmung erfährt. Die Lärche iſt ſonach im Nadel- und Laubholzwalde bei den Arbeiten der Beſtandesgründung bis in das Vorgebirge herab ein ſehr beliebter Ein— Die Beſtandesgründung der wirtſchaftlich wichtigſten Holzarten. 389 ſprengling, wird aber zu wirtſchaftlich-ſelbſtändigen Aufgaben ſeltener her— angezogen. Ihr Same iſt ziemlich weitflüchtig. Er iſt mit dem Flügel orga— niſch verwachſen, von meiſt ſehr mäßiger Keimgüte und läuft mit fünf bis ſieben flachen, bläulich-grünen Kotyledonen auf. Ihre individuelle Ver— anlagung befähigt ſie für die Schirm-, Rand- und Anflugverjüngung; ihre mindere Eignung für die reine Beſtandesſtellung verhindert aber die Ausbildung eines ſyſtematiſchen Verjüngungsbetriebes. Im Ur- und Naturplenterwalde iſt ſie eine ſeltene Erſcheinung, da ihr Jugenddaſein ſich nur unter beſonders günſtigen Verhältniſſen über den Kronenſchirm der älteren Klaſſen heraufarbeitet, und ſelbſt im wirtſchaftlich behandelten Femelbeſtande erheiſcht ihr hohes Lichtbedürfnis beſondere Pflege und Aufmerkſamkeit. Im Femelſchlagbetriebe als Einſprengling im Mutter— beſtande vorkommend, ſamt ſie bei entſprechender Bodenempfänglichkeit in der Regel reichlich aus und wo man ihrem hervorragenden Lichtbedürf— nis ſonſt genügend Rechnung tragen kann, werden die quantitativen Er— folge der Naturverjüngung immerhin befriedigen können. Leider aber lehrt die Erfahrung, daß die Lärche mit Erfolg nur aus urheimatlichen Samen gezogen werden kann und die natürliche Verjüngung ſonach über die Grenzen ihres engeren Heimatsgebietes überhaupt nicht in Frage kommt. Die Beſtandesgründung durch Saat und Pflanzung tritt in unſerem Wirtſchaftswalde ebenfalls ſehr ſelten aus dem Rahmen miſchender Be— ſtrebungen heraus. Der Same reift im Oktober des Blütejahres. Er ſoll tunlichſt nur aus den höheren Lagen der Alpen bezogen werden; wird wie Fichte geſammelt, geklengt, aufbewahrt und ausgeſäet. Die entleerten Zapfen bleiben ein, oft zwei Jahre am Baume hängen. Nur ſtellenweiſe Saatausführung kann in Frage kommen. Im Kampbeete liefern Voll— und Rillenſaat gute Erfolge; erſtere für die Pflanzung mit Sämlingen, letztere für die Erziehung von Schulpflanzen. Die Verſetzung ins Frei— land verurſacht keine beſonderen Schwierigkeiten, ſie geht ſelbſt mit älterem Pflanzmaterial recht gut vonſtatten. Die Lärche iſt bei Wurzelverluſt dankbar für einen entſprechenden Aſtſchnitt, verlangt aber im Hinblick auf ihr frühes Antreiben die zeitige Frühjahrs-, eventuell auch die Herbſt— pflanzung. Arnoscht 186. Auff'm Ort 300. Bayer 132. Beil (Eibenst.) 272. A. Beil 244. v. Berlepsch 317. Beyerinck 306. Biermans 140, 141 165, 244. Birnbaum 123. Böcler 87. Bohutinsky 288. Booth 122. Borggreve 287. Bouché 178. Boussingault 301, 302. Bühler 194. Büsgen 108. Burckhardt 137, 247, 319, 322, 373. v. Burgsdorf 243, 336. v. Buttlar 140, 141, 142, 163, 244, 344. v. Carlowitz 87, 241, 244, 248. Cieslar 40, 41, 42, 185. Colerus 86, 241. v. Cotta 6. Couneler 123. de Crescentiis 84. Darwin 43, 44. Dittmar 176. Drewitz TH, Duhamel 185. Dulk 123, 301. Ebermayer 300. Eck 165. Eckert 63. Emeis 338, 339. Engler 131. Florinus 87. Ganghofer 73, 140. Gayer 25, 34, 181. Gerding 247. Uamensverzeichnis der zitierten Autoren und Praktiker. Gerlach Göhren Grebe Grassmann v. Guttenberg Hacker 72, 139, Haeckel Hallbauer G. L. Hartig 5, 88, Th. Hartig Henschel Ed. Heyer R. Hoffmann v. Hohberg Hornich Ihrig Klaehr Klein Knittl König Konjas Kozesnik Krafft Kregting Krepler Lamarck Lang v. Löhneisen Levret 140, Lorey 185, v. Manteuffel 140, 219, 220. Mayer Merker v. Mohl Moser E. P. Müller Mutscheller Nägeli Nobbe Nördlinger Pfeffer 186, 297, 131, 109, 110, Hellriegel 299, 304, 717, 391 166. Pfeil 244. 72. Pfizenmeyer 243. 78. Pook 68. 247. Ramann 301, 339. 193. Resa 108. 166. | Rettstadt 317. 44. | L. Reuß 41, 217, 317, 318. 129. | C. Reuß 85. 243. | Roch 71: 185. | Rotter 72. 305. Runde 71. 247. Runnebaum 303. 122. Sarauw 5. 301. Schott v. Schottenheim 85, 87. 241. 164. v. Schröder 85, 123, 301. 302. Schwappach 332. 72. Schwarz 122. 108. | Schütze 123. 288. Schweder 308. 244. | Seidensticker 83. 212. | Sorauer 43, 44, 178. 247. Spitzenberg 72, 147, 163. 301. | Stahl (Solling) 272. 5. | E. Stahl 110. 164. | J. Fr. Stahl 242, 243. 43. R. Teynil 186. 165. Tschermak 45. 5. | Vater 332. 142. | Vonhausen 123, 300. 186. | de Vries 44. 141, G. Wagener 89, 149. Wagner 128, 129. 137. Weismann 43, 44. 328. | Wettstein 43, 44, 122. 185. Wibiral 208. 243. Wiehl 140. 332. Willkomm 48. 166. v. Witzleben 5. 44. Wolff 297. 300. Wollny 294. 147. Zitny 73, 140. 122. | v. Zötl 193. 392 Verzeichnis der neueren Forkliteratur zur weiteren Orientierung in wichtigeren Spezialfragen der Beſtandesgründung. Gebrauchte Abkürzungen: A. d. W. = Aus dem Walde. A. F. u. J. Z. = Allgemeine Forſt- u. Jagdzeitung. Burckh. A. d. W. — Burckhardt, Aus dem Walde. C. f. d. g. F. - Centralblatt f. d. geſamte Forſtweſen. Forſtl. Bl. = Forſtliche Blätter. Fw. C. Bl. = Forſtwiſſenſchaftl. Centralblatt. Kr. Bl. f. F. u. J. — Kritiſche Blätter für Forſt⸗ u. undi Mind. H. = Mündener forſtliche Hefte. Naturw. Z. f. L. u. F. — Naturw. Zeitſchrift für Land» u. Forſtw. Oe. V. J. S. = Oeſterr. Vierteljahresſchrift. Prakt. F. f. d. Schw. — Der praktiſche Forſtwirt für die Schweiz. Schw. Z. f. F. = Schweizeriſche Zeitſchrift für Forſtweſen. Thar. f. J. = Tharander forſtl. Jahrbuch. Weißk. f. Bl. — Weißkirchner forſtliche Blätter. Z. Bl. f. d. f. V. W. — Zentralblatt für das forſtliche Verſuchsweſen. Zürich. Z. f. F. u. J. Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen. 1. Umfaſſende Werke der Waldbaulehre. G. Wagener, Der Waldbau und ſeine Fortbildung, Stuttgart 1884. Dr. E. Ney, Die Lehre vom Waldbau, Berlin 1885. L. Boppe, Traité de sylviculture, Paris-Nancy 1889. Dr. Borggreve, Die Holzzucht, Berlin 1891. Dr. Burckhardt, Säen und Pflanzen, Trier 1893. Dr. C. Gayer, Der Waldbau, Berlin 1898. Weiſe, Leitfaden für den Waldbau, Berlin 1904. Dr. C. Heyer, Dr. R. Heß, Der Waldbau oder die Forſtproduttenzucht, Berlin 1906. 2. Natürliche Verjüngung durch Samen. Dr. C. Grebe, Der Buchenhochwaldbetrieb, Eiſenach 1856. A. Knorr, Studien über Buchenhochwaldwirtſchaft, Nordhauſen 1863. — Wirtſchaftsregeln f. d. mit Tanne beſtockten Waldungen der Vogeſen, Straßburg 1892. C. Frömbling, Die natürliche Verjüngung des Buchenhochwaldes, Berlin 1893. Th. Mitlitz, Anleitung f. die Durchführung der Verjüngung unter Schirmſtand, Wien 1906. Zur Geſchichte des Vorbereitungshiebes, A. F. u. J. Z., 1857. Dr. Kohli, Zur Geſchichte der nat. Verjüngung d. Buche, Suppl. A. F. u. J. Z., 1878. Verzeichnis der neueren Forſtliteratur. 393 Dr. Cieslar, Über horſtweiſe Verjüngung i. d. ſchleſ. Beskiden, C. f. d. g. F., 1884. Baudiſch, Verhalten der Bodendecke zur nat. Verjüngung, C. f. d. g. F., 1886. Schimmelpfennig, Samenſchläge der Fichte, Forſtl. Bl., 1888. Heyder, Die Verjüngung der Eiche in Kouliſſen u. Löcherhieben, Z. f. F. u. J., 1889. Arndt, Die Schirmverjüngung d. Fichte u. Tanne, Z. f. F. u. J., 1890. Emeis, Die ſchleswig⸗-holſteinſche Buchenverjüngung, A. F. u. J. Z., 1894. Reiß, Die Verjüngung der Eiche im Kuliſſenſchlage, A. F. u. J. 3., 1896. Schuberg, Der Kulturaufwand im Bereiche der nat. Verjüngg., Fw. C. Bl., 1896. Reiß, Die Naturverjüngung der Kiefer, Fw. C. Bl., 1898. Hollweg, Die Kouliſſenverjüngung im Kiefernwalde, 3. f. F. J., 1901. Eulefeld, Die Durchlüftung des Bodens, ein Kulturmittel, A. F. u. J. Z., 1902. 3. Waldſamen: Gewinnung, Behandlung, Keimung. F. Walla, Die Samendarren und Klenganſtalten, Berlin 1874. 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Von John Booth, Beſitzer der Pflanzſchulen und der forſtlichen Verſuchsſtation zu Klein⸗ ⸗Flottbeck in Holſtein. Mit 2 Tafeln in Lichtdruck. Preis M. 2.—. Über die Notwendigkeit und Möglichkeit wirklamer Bekämpfung des Kiefernbaumſchwammes, Trametes Pini (Thore) Fries. Von Dr. H. Möller. Mit 2 Tafeln. Sonderabdruck aus der „Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen“ 1904. Preis M. 2.— Die Nonnenraupe und ihre Bakterien. Unterſuchungen, ausgeführt in den zoologiſchen und botaniſchen Inſtituten der Königl. Preuß. Forſtakademie Münden. Bon Dr. H. Metzger und Dr. N. J. C. Müller. Mit 45 Tafeln in Farbendruck. Preis M. 16.—. Hu beziehen durch jede Buchhandlung. Derlag von Julius Springer in Berlin. Leitfaden der Dolzmesskunde, Von Dr. A. Schwappach, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter, Profeſſor an der Kgl. Forſtakademie Eberswalde und Abteilungs- dirigent bei der preuß. Hauptſtation des forſtlichen Verſuchsweſens. Zweite, um— gearbeitete Auflage. Mit 22 in den Text gedruckten Abbildungen. Preis M. 3.—; in Leinwand geb. M. 4.—. Masstafel für Grubenbölzer von 12,5 m Länge und 5—32 em Zopf⸗ ſtärke zur Beſtimmung des Feſtgehalts aus Länge und Zopfſtärke. Von M. Lebnpfubl, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter zu Zinna. Preis M. 1.60. Kubik-Tabelle zur Bestimmung des Inhaltes von Rundbölzern nach Kubikmetern und Hundertteilen des Kubikmeters mit angehängten Reduktions⸗ tafeln. Von P. Behm, w. Geh. Rechnungsrat im Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten. Nach den für die Königliche Preußiſche Forſtverwaltung ergangenen Beſtimmungen zuſammengeſtellt. In Leinwand geb. Preis M. 1.20. Die Piſcherei im Walde. Ein Lehrbuch der Binnenfiſcherei für Unterricht und Praxis. Von P. Borgmann, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter. Mit zahlreichen in den Text gedruckten Abbildungen. Preis M. 7.—; in Leinwand geb. M. 8.—. Die Geſchichte der Polzzoll- und Polzhandelsgeſetzgebung in Bayern. Von Dr. UM. Jucht, Aſſiſtent an der Kgl. Bayr. forſtlichen Ver⸗ ſuchsanſtalt in München. Preis M. 4.—. Die forstlichen Verhältnisse Preussens. Von Otto von Pagen, w. Oberlandforſtmeiſter. Dritte Auflage, bearbeitet nach amtlichem Material von K. Donner, Oberlandforſtmeiſter und Miniſterialdirektor. In zwei Bänden. Preis M. 20.—; in 1 Leinwandband geb. M. 21.50; in 2 Leinwandbände geb. M. 22.50. Als Ergänzung hierzu erſchienen: Amtliche Mitteilungen aus der Abteilung für Forſten des Kgl. Preuß. Miniſteriums für Landwirſchaft, Domänen und Forſten. 1. Heft 1893-1900. 2. Heft 1900 — 1903. 3. Heft 1905. Preis je M. 2.—. Forst- und Jagd- Kalender. Begründet von Judeich (Tharandt) und Schneider (Eberswalde). Bearbeitet von Dr. M. Neumeister, Geh. Oberforſt— rat und Oberforſtmeiſter in Dresden, und M. Retzlaff, Geh. exp. Sekretär und Kalkulator im Kgl. Preuß. Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten. In zwei Teilen. Erſter Teil: Ausgabe A. Schreibkalender, 7 Tage auf der linken Seite, rechte Seite frei. Preis in Leinwand geb. M. 2.—; in Leder geb. M. 2.50. Ausgabe B. Schreibkalender auf jeder Seite nur 2 Tage. Preis in Leinwand geb. M. 2.20; in Leder geb. M. 2.70. Zweiter Teil: Für die Käufer des erſten Teiles M. 2.—; ſonſt M. 3.—. Su beziehen durch jede Buchhandlung 22 Er — De * 9 3 l — 2 * 1 — 2 * - u ‘ Reuss, Hermann Die forstliche Bestandesgründung Bib Med LIBRARY UNIVERSITY OF TORONTO Ae SORTE