je] r z oO C 0 — — 0 > e un C w 2 z > URNTRSUIY OF TORDNTO UBRARY Hd a LIBRARY FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO ri? J > ae SH, A: a Tl 1 > Ye f I) In * —* * Gr ‘ Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from University of Toronto http://www.archive.org/details/dieforstwirthsch00pres „Der Kern einer jeden, auch der größten, — Sache nimmt einen kleinen Punkt ein.“ Bacon von derulam. Be — Der rationelle Forſtwirth und deflen Reinertrags -Forflwirthfchaft inner und außer dem Walde. Flugblatt We 1. Die Forftwirthichnft der fieben Theſen. Dresden, Moldemar Türk. 1865. Die Forſtwirthſchaft der fieben Thejen oder der foxſtlichen Refoxm- und Htreitfragen Kernpunkt. Als Hauptantwort auf die Oppofitionsfchriften der Herren Oberfurſtrath Bofe um Oberforffehrefär Braun den deutſchen Staats⸗, Volks- und Forfiwirthen und waldbautreibenden Grundbeſitzern und Gemeinden zur Beadtung unterftellt von IM. R. Preßler. "gl. Sächſ. Hofrath und Profefjor an der Forft- und Landwirthſchafts-Akademie zu Tharand. — 34fH 47777 Dresden, MWoldemar Tür. 1865. ” / / 7 / ‘ se, \ % ’ ei Fr, j . J 2*8 4 u} 8 IHrk 4 10 KIND a2 —9J \ er ara re TODE f ar) j 9 J * Sr 1 J 9 Sa ag vr i —ua mr N 4 > IR, or, — Vorwort und Knleikung. Bacon v. Verulam, „der große Reformator der Philoſophie durch Richtung auf Erfahrung und Natur“ — wie ihn ſeine Biographen bezeichnen — ſagte einſt: „Der Kern einer jeden, auch der größten Sache, bilde doch immer nur einen kleinen Punkt.“ Als eine ſehr treffende Wahrheit erweiſt ſich dieſes Wort bei dem kleinen, oder wenn man will, auch großen Streite, welcher auf Verfaſſers Anregung ſo zu ſagen über Princip und Ziel einer nationalökonomiſch- und techniſch-correcten Forſt— wirthſchaft in dem betreffenden Literatur- und Lebensgebiete auf der Tagesordnung, und wie es ſcheint, in immer lebhafter werdendem Aufſchwunge ſich befindet. Die ſoeben erſchienene Broſchüre des darmſtädtiſchen Ober— forſtſekretairs Herrn Braun: „Der ſogenannte rationelle Waldwirth, insbeſondere die Lehre von der Abkürzung des Umtriebes der Wälder beim Licht der praktiſchen Ausführung, bezüglich ihrer unmittelbaren Wirkung auf die Kaſſen des Staats, der Gemeinden und größerer Waldbeſitzer ꝛc. ꝛc.“ Frankfurt a. M. bei Sauerländer 1865. überbietet an Mißverſtand und Uebertreibung deſſen, was V. auf dieſem Gebiete beabſichtigt und gelehrt, womöglich noch dasjenige, was Herrn Braun's nächſter Vorgeſetzter, Herr Oberforſtrath Boſe, ſowohl in ſeiner erſten Gegenſchrift: 6 Borwort und Einleitung. „Beitrag zur Waldwerthberechnung in Berbindung mit einer Kritif des rationellen Waldwirthsn von M. R. Preßler,“ Darmſtadt 1863, als mehr noch in feiner jüngſten Kundgebung: „Zur forjtlichen Neinertragstheorie als Ermiderung auf die von Prefler in den März und Aprilheften der Allg. Forft- und Jagdzeitung von 18364 veröffentlichten beiden Ar- tikel“ — (Supplement der Allg. Forft- und Yagdzeitung 1884 V. 8. 1. Heft) an vadicaler Oppofition und Bolemif zu leiften vermochte, Anftatt uns mit den genannten Autoren und deren Anhange in eine, des antipolemifchen faum zu entrathende und mehr und weniger unfruchtbare direkte Discuffion einzulaffen, unterjtelfen wir, als vorläufige Hauptantwort dagegen, dem Urtheile aller Derer, die dabei ein wiffenfchaftliches oder auch praftifches Intereſſe haben, nur einige wenige wirthfchaftliche Thefen, die zufammen eben jenen „Eleinen Punkt“ ausmachen, der den eigentlichen oder ge- ftaftenden Kern bildet rücjichts defjen, was wir — hauptfächlich zur Anbahnung eines normalen und flaren Verhältniſſes der Forft- zur gefammten Volkswirthſchaft, und zur finanziellen wie technifchen Belebung der erfteren — in Anregung bringen und empfehlen zu ſollen glaubten. Mit den im Kapitel 2 aufgeführten fieben Fundamental- ſätzen fteht und fallt allerdings das ganze Syftem, das man nad) V.'s Meinung zu Nut und Frommen einer nationalöfonomijch wie forsttechnifch gleich correcten Baum-, Bejtands- und Waldwirthfchaft, und damit zugleich eines für's Allgemeinwohl gedeihlichen Hand in Hand der forſt- mit volfswirthfchaftlichen Intenfität, — hätte gründen ſollen. Mit ihrer Richtigbefindung aber und Aufrechtſtell— ung verliert zugleich die aus dem Grunde ſeitheriger Forſttheorie dagegen erhobene Oppoſition allen und jeden weſentlichen Boden. Denn ſie hat dann kein reelles Objekt mehr, außer etwa in Form und Ton unſerer früheren Darſtellungsweiſe, die V. in Wort und Beiſpiel darum glaubte etwas greller und heraus— fordernder als er es heute thun würde, halten zu ſollen, weil Borwort und Einleitung. 7 langjährige Beobachtungen und Erfahrungen in und mit Literatur und Praxis in ihm eine mißmuthige Ueberzeugung feſt und feiter gewurzelt; die Wahrnehmung nämlich und Ueberzeugung einer, von ihm aus mit befcheidenen Mitteln fchwer zu erfchütternden, bedenklich grauen Stagnation in einigen nad) V.'s Anficht gerade wichtigften Zweigen unfers von Natur fo recht eigentlich lebens— grünen Faches und dejjen Schulen. Anbindend an unfere obige Bemerkung, daß dies Flugblatt nur eine vorläufige Antwort fein jol, haben wir zur Erläuterung deffen hinzuzufügen, daß die Folgehefte unferes „Nationellen“ *), davon das eine bereits unter der Prefje, zugleich aud eine voll- ftändigere Widerlegung der wichtigften, namentlich Boſe'ſchen Gegenlehren, in ganz objectiver Form, mitzubringen beftimmt find, Snfofern aber die Braun’sche Philippifa troß alfer ihrer miß- verftändlichen Polemik doch auf den V. den Eindrucd eines wirklich beforgten volfswirthfchaftlich-foritlichen Gemüthes gemacht, glauben wir ihm und feinen Lefern eine direfte Berichtigung und Beruhig- ung in einem ihrer wejentlichjten Punfte zum Theil fchon hier nicht vorenthalten zu follen. Es beginnt derjelbe nämlich mit folgendem Gate: „Dem Vernehmen nach hat Herr Profeffor Preßler bei der Kgl. Sächſiſchen Regierung eine Immediat-Vorftellung eingegeben, in welcher er diejelbe auf- fordert, die feitherigen forftwirthichaftlichen Grundprineipien in den Domantal- und Communal-Waldungen aufzugeben, und diejenigen Säte zur Richtichnur zu nehmen, welche er in verjchiedenen Schriften, namentlich in feiner Abhand- fung über jogenannte „rationelle“ Waldwirthichaft empfohlen hat. Diefer Schritt ift, wenn die Sache fich wirklich jo verhält, principiell gegen alle Staatsforftverwaltungen in Deutichland gerichtet; denn, jo weit mir befannt, werden die Domanial- und Communal-Waldungen in allen deutjchen Staaten jo ziemlich übereinftimmend nad) dem bisher als richtig angenommenen Grundſatz bewirthichaftet, daß derjenige Umtrieb oder das— jenige Betriebsfapital, oder dasjenige Abtriebsalter am Iucrativften fei, welches *) Gegenüber einer wiederholten Bemängelung gegen diefe Bezeichnung, welche Herr Braun auch fchon in der Allg. Forftzeitung erhoben, haben mir nur einfad) zu wiederholen, was wir bereits bei Gelegenheit des jüngft er- ſchienenen „Supplementheftes“ dagegen zu erklären gehabt, wonach jenes Beiwort jelbftverftändlich niemals ein epitheton ornans, wie man fich aus- gedrückt, fir das fragliche Werk felbft, jondern lediglich das (fonft allgemein und nur bisher in der Forſtwiſſenſchaſt nicht anerkannte) rationelle Princip und Ziel des höchften Neinertrags, aus und nach welchen jenes Werk fein Syſtem aufzubauen verfuchen will, zu einem laut oben motivirter Ueberzeug— ungen des V.s, nothivendig etwas jcharfen Ausdrude zu bringen beftimmt war. H 8 Borwort und Einleitung. als cumulatives Product aus Maffe und Güte ein Marimum ift, nämlich fir Nadelhol; 80 bis 100, für Laubholz 100 bis 120 Jahre, mit entiprechenden Zufäßen für das zum lleberhalten als ftärferes Bauholz beftimmte ältere Hol Fon der Ueberzeugung duchdrungen, daß die Lehren des Herrn Preßler file die in vorftehender Weife jeither gefiihrte Staatsforftroirthichaft in hohem Grade gefährlich find, halte ich mic für verpflichtet, das Range Dat. bei- zutragen, daß fie nihtizur Geltung gelangen.“ U.f.w. U. j. w Wer. und warum man nad) Darmitadt von Sadjfen aus dieg und fo berichtet hat, mag dahingejtellt bleiben. Zur Be- gegnung von Mißverſtändniſſen, welche vielleiht auch ſehr hoch— gejchägte Perfonen berühren fünnten, wie zur Beſchwichtigung derjenigen Gemüther, die in Folge jener als Hauptveranlaffung der Braun'ſchen Brofchüre in den Vordergrund geftellten Nachricht beunruhigt, im Geijte jchon über das blühende Sachſen den öden ftürmereichen Karſt und den Schwindfuchtstod der „Kaſſen“ herein- gebrochen fehen*), bemerfe ich zunächſt nur, daß jene forjtitaatsge- fährlihe „Immedtateingabe“ nichts mehr und nichts weniger it, al8 eine vor zwei Jahren gelegentlich der von der ſächſiſchen Ober- forjtbehörde vorzunehmenden 10jährigen Reviſion des Tharander Waldes an die Oberbehörde gerichtete und zu motiviren verfuchte Dar- und Borjtellung, hauptfächlic in der Richtung und zu dem Zwede: neben dem in nord- und mitteldeutfchen Forjthaushalten jo jehr ausfchlieglich gehandhabten Kahlhiebsbetriebe Blick und Kurs der „praftiihen Steuerleute“ des Waldes mit Hilfe des Keinertrags-Compafjes noch ein wenig mehr auf die Thunlichkeit und Nüglichfeit eines aus natürlicher mit fünftliher Aufforjtung wohlcombinirten Vorverjüngungsbetriebes zu richten, wie wir folchen bereits im 3. Hefte ©. 128 ꝛc. gelegentlich der „Anwendungen der forjtlichen Finanzrehnung“ zu motiviren verfudht. Und wären wirflih wir hier wie dort zu Gunſten diefes Aufforjtungsprincips vielleicht etwas zu weit gegangen, fo dürfte diefer Fehler in dem Auge jedes echt grünen und bodenfraftsfreundlichen Forſtherzen als ein wohl nicht gar zu fchwerer ericheinen; wenigſtens nicht beim Hinblik auf das entgegengefette Zuweitgehn in der freilich äußerſt bequemen, glatten und einfachen, aber doch aud) eben fo unfchönen als auch häufig (mindeftens bei allen leicht der Ver— *) V. bittet als Gegenbild auch ©. IX und X der Einleitung zu feinem „Seje der Stammbildung“ zu betrachten. Leipzig, Arnold 1865. Borwort und Einleitung. 9 hagerung oder den Froftnebeln oder den Culturkrankheiten wie Küffelfäfer, Schütte und dergleichen, gefährlich exponirten Stand- orten dann unverkennbar einen) waldfraft-entnervenden oder zu— wacsverringernden Einfluß ausübenden Blößenwirthſchaft. Nichts deſtoweniger will V. jene Kleine Denffchrift oder wie man fie jonjt nennen mag, in wejentlich unveränderter Weife als zweites Flugblatt befanntgeben; hauptfächlich zugleich mit als Ant- wort oder Gegenbild und Beitrag zu denjenigen wiffenfchaftlichen wie praftifchen Erörterungen und Diskuſſionen, welche der fo eben erſchienene interefjante Auffat des Herrn Rob. Yampe „Künft- lie oder natürliche Berjüngung der Wälder?“ (im 2. Supplementheft zu 188% der Allg. Forft- und Yagdzeitung) hervorzurufen nicht verfehlen wird; wobei ich jedoch nicht unter- laſſen fann, dem letztgenannten Herrn V. zu bemerken: einerfeits, daß er durch das Vergrößerungsglas feiner forjtnationalöfonomifchen Sympathien meine desfallfigen Kleinen Anregungen in einem Picht erblict, das fie faum beanfpruchen können; und andererfeits, daß ich einer exrcelufiv natürliden VBerjüngung mit allen ihren mir fattfam befannten Schwächen, wie letztre Herr Lampe meift wohl- begründet in den Vordergrund ftellt, nirgends das Wort ge- redet habe. Das desfallfige Ideal meines Hochwaldbetriebes befand ſich in einer furzen Skizze jener, die Herrn Darmſtädter und andre Oberforftleute ſo beunruhigenden „Immediatvorſtellung“ beigegeben, und werden wir daſſelbe ebenfalls im Flugblatte Nr. 2, das dem gegenwärtigen auf dem Fuße folgen ſoll, als Modell eines „Hoch— waldbetriebes der höchſten Bodenkraft bei höchſtem Maſſen- und Reinertrage“ dem Urtheile unbefangener Sach— verſtändiger unterbreiten. Im Falle nun wirklich ein ſolches Ideal beim großen und namentlich beim fiskaliſchen Waldbau gar zu ſchwer zu realiſiren, (was man indeß kaum zugeben kann), ſo mag es für ſolche Verhältniſſe dann allerdings wohl das richtigere ſein, den Vor— verjüngungsbetrieb als Ausnahme, (in den ©. 3 angedeuteten Fällen) und die Blößenwirthſchaft leider als Hauptprincip zu be— trachten. Bei den fo zahlreich und Scharf einander gegenüberftehenden 10 Borwort und Einleitung. Pro’s und Contra’s der Anfichten wie „Erfahrungen“ erfcheint aber dann die Errichtung von Berfuchsplägen zum Zwecke gründlic- unbefangener fomparativer Forfchungen auc hierüber fir jeden Forjthaushalt, der nach praftifcher Wahrheit ftrebt, um fo mehr geboten *). Tharand im April 1865. 2.2 ’ *) Bol. in V.'s „Geſetz der Stammbildung” Kap. 7: „Aufforderung zu forftlihen Berfucheftationen.“ Aus der Hochwalds-Nutzungslehre des Reinertrags-Forſtwirths. „Fraget die Bäume! ſie werden beſſer als die Bücher euch ſagen, wie ſie erzogen (und genutzt) ſein wollen.“ Vfeil. (Wabhlſpruch unter deſſen bekanntem Bilde.) KR NER g War az U j f N ; J 9— in Kr I DaR 4 4 in MM: uk * ’ h cr, { LET Ps k d « 4 — Pc J 4 — 144 100 34 « m A AA Kapitel 1. Als Vorfhule, 8%. Die Holzpreife find — im Allgemeinen oder auch für gewiſſe Sortimente — von dem Forjtwirth als in Ruhe befindlich zu betrachten, jobald jelbige innerhalb der in Frage fommenden Zeit periode entweder wirklich nahe zu fonftant bleiben, oder um ein nahe zu fonjtantes Mittel (in der Nationalökonomie: Preisfchwerpunft) auf und ab fchwanfen. Sobald diefer Schwerpunkt oder dies Mittel inner der fraglichen (m jährigen) rück- oder vorwärts- liegenden Zeitperiode mehr oder minder ftetig auf- oder abwärts ging, beziehentlich (nach) volfswirthfchaftlich mehr und minder flar- liegenden *) Urfachen) auf» oder abwärts zu gehen in Ausficht jteht: jo waren oder find die betreffenden Preife in auf-, rejp. abfteigender Bewegung begriffen. Wir haben’ diefen aufßerforftlihen oder Theuerungs- zumwachs in der ftreitigen Theorie als den dritten und im feiner geglichenen laufend-jährlichen Procentgröße mit dem Bucdjjtaben € bezeichnet, und zu deſſen Bezifferung, refp. Schätzung die praftifche Näherungsformel > —. Procent empfohlen, +P n worin P den früheren und P‘ den um n Jahre fpäteren Holzpreis bedeutet **). *) S. „Rat. Forſtwirths“ nächft erfcheinendes 4. Heft. ; **) Bol. V.'s drei Hauptartikel im Jahrgang 1860 der Allg. Forft- und Sagdzeitung: „Zur Berftändigung über dag Betriebsideal des Reinertragswaldbau’s,“ welche zur Begegnung etwaiger einfeitiger Auf- fafjung faft gleichzeitig mit B.'s „Forſtfinanzrechnung“ (Rat. W. 2. 3) ver öffentlicht und höchft auffällig bisher von aller Kritif iqnorirt worden. 14 Kapitel 1. Als Borfchule. Beifpiele: 1. Nach der Statiftif des Weißeritzholzhofes zu Dresden find dafelbft die (Brenn-) Holzpreife (dur die Concurrenz der Kohlen uud des böhmischen Holzhandels) im Laufe des letzten Jahrzehnts von P=10 auf P—9 ge- f i 10-9 200 fallen, was einen negativen Theuerungszumadjs von 549° 70 = 1Yı oder 10. eine = — Yo % ergiebt. 2. Andererfeits ift nad) den amtlichen Nachweiſen des ſächſiſchen Forft- haushaltes zu fonftatiren, daß im Durchichnitt alle Sortimente ſeit dem Jahre 1817 bis 1863 in Sachſen innerhalb diejes A6jährigen Zeitraumes der Klafter- preis mit ziemlicher Stetigfeit von 98 auf 212 Ngr., alfo im Mittel um ET i : jährlich ara‘ 5 — 17% % feines laufenden Werthes geftiegen; woran gewiffe Nırholziortimente, laut Beifpiel 1 jelbftredend, mit einem wejentlich höheren (theilweis mit mehr als 4%,) betheifigt fein mußten. 3. Die vom Königlich bayriſchen Miniftertal-Forftbiireau herausgegebene „Forſtverwaltung Bayerns“ (1861) erweift in ähnlicher Weife, daß auch dort in den TYetten 30 Jahren die Holzpreife durchſchnittlich auf Das Doppelte, in manchen Gegenden felbft auf das dreifache geftiegen find (S. 471), was in Yetsterem Falle ein jährliches von 7" zn = 3% % dofumentirt. 4. Andererfeits wird dafelbft gleichzeitig bemerft (S. 475) „daß die Steiger- ung der Brennholgpreife in bisheriger Weife darum nicht lange mehr fort- ſchreiten dürfte,“ weil die erleiehterte Concurrenz der Kohlen u. j. w. „einen großen Einfluß üben wird.“ 5. Als muthmasliche Folge der jchwedifchen und amerifanifchen Con- eurrenz wird unter anderem dabei die Thatjache feftgeftellt (S. 478), daß das „Föhren-Holländerholz“ im Hauptsmoor bei Bamberg in dem Jahrzehnt von 1850 bis 1860 vom Durchichnittspreife von 102 Kreuzer pro C’ allmälig herabgegangen ift auf 42 Kreuzer, was eine Breisabnahme von jährlid über acht Procent ergiebt. S2. Ein fo willfommener Mitwirfer nun auch im allgemeinen ein ftetiger Marktpreis- oder außerforftlicher Werthszuwachs ift, um den Waldbau rentabler und damit confervativ und den hohen Umtrieb nicht blo8 gerechtfertigt, fondern öfters fogar deſſen Erhöhung ale mwünfchenswerth erfcheinen zu Laffen: fo fehr hat andererfeit8 eine wiffenfchaftlich-folide Forfttheorie fich zu hüten, der Yehre und Hoff- nung von diefem dritten oder Theuerungszumwachfe einen überſchätzenden und einfchläfernden Einfluß einzuräumen; namentlich nicht bei der allgemeineren Be- und Umtriebs-Organifation; einmal weil die ihn bedingenden volfswirthichaftlichen Urfachen erjtens auch für den gegen den Wald andrängenden Landbau gelten und dejjen Concurrenz in gleicher Weife ftärfen *) und zweitens weil diefelben *) Näheres hierüber in dem oben angegebenen unter der Preſſe befind- lichen 4. Hefte. Kapitel 1. Als Vorſchule. 15 mit der Zeit alfmälig ſchwächer und ſchwächer werden müfjen, umd drittens weil fie gegen gewiſſe Sortiments- und Bejtandsklafjen je nad Zeit und Standort in oft ganz verfchiedener, mitunter ſogar entgegengefetster Wirkung auftreten (S. Beifpiele S. 14). 83. Indem aber unfere feitherige Forfteinrihtungs- und Forſtbe— triebslehre auf die herrfchenden Holzpreisverhältniffe und nament- {ich deren Bewegungen Fraft ihres Nutzungs- und Haubar- feitsprincips auch nicht die geringfte Rückſicht nahm, ging fie darin jedod) wiederum viel zu weit. Selbft in den Betriebslehren König’s, der dem Werthszumachfe der Hölzer die eingehendften Be— trachtungen gewidmet, findet fich von jenem Marktpreiszuwachſe und deffen unter Umſtänden ſehr wichtigen Berüdfichtigung feine Spur. Was König unter „Preiszumachs“ verfteht, ift Lediglich der innerforftliche oder der, den wir als den wirthichaftlichen Güte- oder Qualitätszuwads, d. h. als den Zuwachs im Reinertrage der Maffeneinheit bei in Ruhe befindlichen oder in Ruhe gedachten Holzpreifen (oder bei gleichzeitig gedachtem Abtrieb des jüngeren und älteren Sortiments) und dann in feinem laufend jähr- lichen Brocent-Ausdrucde als das zweite Zuwachsprocent des Holzes und mit dem Buchſtaben b bezeichnet Haben. Berftehen wir unter der Qualitätsziffer Q eines Baumes oder Be- ftandes den durchſchnittlichen erntefreien oder Reinertvag feiner Maffeneinheit, und unter Q’ den des um n Jahre älteren analogen bei vorausgejeter gleich— zeitiger Nutung oder auch vorausgefetter Preisruhe; fo findet jich in gleicher Meile, wie $ 1, das diefer Periode entjprechende laufende zweite Zuwachs— procent nad) Formel aa b= ago » Procent. 3. 3. Jüngſt berichtete mir ein ſächſiſcher Forftmann, daß bei ihm die 10 Zolfer mit 3 und die 15 Zoller mit 47 Pfennigen pro Kubikfuß bezahlt zu werden pflegten. Kamen nun an Erntefoften dort 3 und hier 2 Pfennige auf den Kubiffuß und ift aus den Iahrringen abzufefen, daß die 15- Zoller 20 Jahre brauchten um von der Stärfe 10 auf 15 zu fommen, jo folgt Daraus, I— 2 daß diefelben in diefer Periode einen Dualitätszuwade vonb = Zn" DO d. i. von jährlich 4%, befaßen. Rückſichts jenes außerforftlichen Preiszumahsprocents (S. 14) hat B. zuexft in feiner „Forſtfinanzrechnung“ (vgl. dort ©. 114,117 u.a. a. D.), gleichzeitig aber und nachdrucksvoller in dem ©.13 erwähnten 2ten Hauptartifel „Aus der Zuwadslehre des Reinertragsmwaldban’s“ die principielle und methodische Auf- 16 Kapitel 1. Als Vorfchule. nahme und Beachtung jenes dritten Momentes holzwirthfchaftlicher Werthsproduftion für die forftliche Betriebslehre und Betriebs— praxis gefordert. Ihm wenigſtens ift nicht befannt, daß dieß vorher fchon von irgend einem Forftfchriftiteller gefchehen; wenn auch vielleicht manche unferer Wirthichafter hier und da einen mehr und weniger bewußten und bejtimmten Bedacht darauf bei ihrer Nutungspraxis zu nehmen beflifjen geweſen fein mögen. 84. Wenn nun, wie die Herren Boſe und Braun und Andere durch ihre Schriften auf's neue fonftatiren (©. 3. B. vorn ©.T), unfere feitherige Forftbetriebslehre dasjenige Ab- und Umtriebs- alter für das „lucrativſte“ erklärt, bet welchen der fummarifche Ertrag e des betreffenden Baumes oder Beſtands feinen höchſten Durchſchnittszuwachs — erreicht: und zwar ohne Rückſicht auf ein etwa vorhandenes mehr und minder bedeutendes auf> oder abjtei- gendes e, und auch im den bei weiten meijten Forſthaushalten, welche der werthvollſt höchſten Haubarfeitsmaffe nachjtreben, in der Regel fogar ohne Rückſicht auf das hier vorhandene und dort fehlende b ihrer Holzfapitale *); — jo liegt darin, wie wir fchon vor länger als einem Dutzend Jahren in der Allg. Forſt— und Fagdzeitung den deutfchen Forftleuten zu beweijen und zu ihrem wirthſchaftlich⸗wiſſenſchaftlichen Gemüth zu führen ung erlaub- ten, für folchen nachhaltigen „Normalwald“ folgendes ſonderbare Betriebs- und Erntegefeg: „Gründe eine Beſtandsreihe aus, betreffendem Standorte angemefjenen, werthoolfften Hölzern ; und ift u das Alter, in welchem jelbige den höchſten Durchjchnitts- Hauptertrag geben, fo erfläre fie eher nicht für hau bar und ernte fie alfo durchſchnittlich auch eher nidt, als bis ihr Jahreszuwachs auf m Procent herabge- fommen iſt“**). *) Die Herren Bofe und Braum jedoch haben dies b in ihrem Betriebs— ideafe infofern mit eingefchloffen, als fie nad) dem höchften Durchſchnitts— Gefammt-Geldertrag regulirt wiffen wollen. **) Beweis ſieh in der unter der Preſſe befindlichen Schrift: „Zur Forft- betriebslehre,“ worin zugleich auch näher dargelegt wird, inwiefern bei dem Bofeihen Wrineipe des höchften Durchichnittsgefammtertrags in Geld die desfallfige Konfequenz ein wenig anders, aber in der Regel noch ungiinftiger lautet. Kapitel 1. Als Vorſchule. 17 S5. Wenn alfo nach diefem DOrganifations- und Nutungsprincipe beifpielsweife die Bayern auf dem Spefjart eine Buchenwirthichaft im 144jährigen Umtriebe für „Iucrativ“ halten, weil fie dabei in der Nachhaltswirthichaft den höchſten Haubarfeitsertrag erlangen, (Val. „Bayerns Forjtverwaltung,“ ©. 204), fo folgt aus diefer forftwiffenschaftlichen Prämiffe, kraft unferes obigen Heinen aber inhaltsreichen Lehrſatzes, mit forjtwiffenfhaftlider Unbe- ftreitbarfeit die Concluſion: „Alfo halten wir unfere Buchen dort nicht eher für forftlich nutzfähig und reif, als bis deren wirth- fchaftliche Sahresarbeit auf a = — — 5/6 %o ihrer Maſſe (oder ihres Werthes) herabgefommen, und wie viele Jahrzehnte alfo unter 2 und 1/2 9/0 geſtanden! Nicht zu gedenfen der dabei von ihnen mit abjorbirten Boden-, Steuer- und Verwaltungsrente! Wie alfo, wenn num diejem a fein genügendes b und c ein wenig beige- jtanden hätte, oder in Zufunft nicht mehr beiftehen wird, wie es Zufa 4 ©. 14 in Ausficht ftellt? um jo mehr, als auch in Bezug auf das b gerade bei Buchen und vom etwa 80. Jahre an ein irgend bemerfenswerther Qualitätszuwachs ($ 3) faum vorhanden fein fann. It es da wohl jo ganz ungerechtfertigt, wenn der forftliche Bolkswirth ſich fragt und jagt: Wie wenig nationalöfonomifch ver- walten und verwerthen wir nach folder Theorie ($ 4) und in ſolchen Fällen das von den Voreltern ererbte Bermögen der Nation, zum Nusen ihrer Giütervermehrung?! Und welche Berluftwirthichaft muß ſonach jold) ein Betrieb für alle Zeiten einfchließen, wenn das zu Grunde liegende Forſtprincip des höchiten-werthvolliten Naturalertrags auch fernerhin ohne wefentliche Modifikationen in ihm fejtgehalten werden foll? S 6. Andererfeits finden wir nad) demfelben Prinzip auf warmen und flachgründigen Standorten manche Fichten- und Kiefernwirth- ſchaften auf den nur 60jährigen Umtrieb geſtellt, weil in diefer Zeit der Durchfchnittsertrag dafelbjt zu culminiven pflegt. Laut obigem Lehrſatze heißt das alfo hier: Treibe jene Hölzer ab in der Zeit wo fie — 12/3 % Maſſenzuwachs haben. Wie num aber, wenn 2 — 18 Kapitel 1. Als Rorfchule, das ein menig ftärfere (über 60 Jahr alte) Sortiment von dem Nutzholzmarkte in der Regel um fo viel beffer bezahlt würde, daß man auf Grund der Jahresringe fchlieken fünnte, daß diefe Stamm» flafjen — mit oder ohne Hilfe von zumachsreizender *) Pflege — nod) 10 oder 20 Fahre lang einen Qualitätszuwachs von b = 3 0/0 und nun noch dazu, wie in Sachſen (8 1) einen Thenerungs- zuwachs von 3 bis 49/o nebenbei, alſo zur Zeit ihrer „Haubar- feit“ alten Styles noch einen jährlichen Werthszuwachs von ca. 12/3 +3 + 3% = 8% befiten? Haben wir da nicht andererfeit ebenfalls mit Verlust gewirthichaftet deshalb, weil wir viel zu früh gehauen? Und müffen wir in folhen und ähnlichen Fälfen nicht überall, wo nicht wirklich zwingende andermeite Be— triebsrücfichten ein derartiges Opfer als motivirt erfcheinen laffen, dur Nichtkenntniß und Nichtbeachtung der eigentlichen Rein- ertragsfaftoren der Waldwirthichaft, die Rentabilität der- felben unndthig ſchwächen?**) 87. Daß ähnliche Fälle, welche (ftreng finanziell) ein Hinausfchieben des Abtriebsalters (ſelbſt über 100 Jahr hinaus) fordern, häufig vor— fommen, dazu werden wir im 4. Hefte einige dem Verfaſſer vor die Thür gelegte Nachweife bringen. Welchem Walde aber, oder welchen Bejtandesarten defjelben, das b oder c oder beides fehlt (wie in der Regel den Brennhofzbejtänden vom 50. bis 60. Jahre an, wenigjtens in Bezug auf's b), der wird allerdings jeinen nach alter Theorie rvegulirten Umtrieb herabjegen müfjen; und zwar mehr oder weniger fchnell, je nachdem fein Bortheil und feine Abfagverhältniffe das erheifchen und gejtatten. Holzmaffen, welche uns ein a von 10/0 aufweifen, und fein b und c befigen und auch feines dergleichen in Ausficht haben, find ſonach fehr faule oder überreife Gefellen in der Holz fabrif des Forſtmannes. Ihnen die Arbeit zu fiindigen und fie durch befjer producirende zu erjegen, erfcheint dann doch gewiß als eine jehr natürliche forjtwirthfchaftliche Logik. *) Bol. BE „Gejeg der Stammbildung” ©. 15, und Kap. 4. **) Zugleich eine Frage an den, wie uns dünkt, immer noch ein wenig zu ſehr altftaateforftwirthichaftlihen Standpunkt des Herrn Forftmeiiter Beitel. ©. deffen fonft jo vorzüglichen Aufiag im Märzheft der Forftzeitung. Kapitel 1. Als Borfchule. 19 Daß dies aber jelbftredend mit Vor- und Umficht zu gefchehen habe, ward vom B. auch ſchon in den angegriffenen früheren Heften hervorgehoben. So 3. B. in den „Anwendungen“ der Forſtfinanzrechnung ©. 117, wo es heißt: „Denn ein zu vapides und unvorfidtiges Heruntergehen im Um— triebe würde nicht blos eine geniigende Wiederaufforftung, fondern auch die beffere Rentabilität beeinträchtigen; letteres nämlich dann, wenn durch eine in raſche Verwerthung von Althölzern, two nicht gar ein Berluft durch Herab- rüden ihres Preifes, jo do ein Entgehen desjenigen Gewinnes erfolgt, den bei allmäligem Narwerden diefer RT eine erhebliche Steiger- ung ihres Preijes mit fih führen. würde.“ — Der mathematiiche Forftmann macht fi) das etwa alſo far: Ein, wie oben bemerfter, fauler Gefell umjeres Waldes, ein Beftand von 500 Klaftern mit nur noch 1%, Zu— wachs, der nad) dem alten Plane noch jo und fo viel, etiva noch 15 Jahre, angeftellt bliebe, fäme in Kündigungsfrage. Sein Angebot würde den Markt etwas überführen und den Normalpreis von 5 auf 4 herabdrügen. In dieſem Falle kann derſelbe durch das Nochſtehenlaſſen ein ce von — Te en für fi) in Anfprud nehmen; was indeß troß fo ftarfer Herabdrüdung immer noch nur 141, — 24, %, Iahreszumahs am bloßen Holzmerthe aue- macht, ohne Erfag fir die Grundfapitalarente. 8 8. Rücfichts des Befragens der Bäume und Bejtände nad ihrem bisherigen (und muthmaslich fünftigen) erften oder Duantitäts- und ihrem zweiten oder Qualitätszumwachfe in laufender Procentziffer a und b, mittels ftehender wie liegender Modellftämme, wolle man Näheres einjehen im „Ration. Forftwirth’8 Supplementheft” oder „Gefet der Stammbildung“ Kapitel: „Zur Forfhung“ ©. 46. Aus dem Maffenertrage M des jüngeren und dem M‘ des n Jahre älteren Holzes Teitet ſich vu kaufende Maſſezuwachsprocent Hinlänglic genau ab nad; Formel à — ar — Procent. Haben zwifchen M und M’ Zwifchen- nußungen ftattgefunden, jo find diefe einfach vor der Rechnung dem M’ mit zuzufügen. Das Q’ ($ 3) hätte fi) dann auf des M’ Mittelqualität zu be- ziehen, wenn es gälte, das b correct zu beziffern. — Intereffanter und für concrete Fälle fogar ficherer ift immer das unmittelbare Befragen des Zuwadhsganges nad Anleitung der oben bemerften Schrift. — Wo es fid) nur um allgemeine Anfhauungen handelt, kann man fich allerdings auch einer paffenden Ertragstafel bedienen, wie wir das in den umferer „Allge- meinen deutſchen Normalertragstafel” (Nr. X v. V.'s holzwirth. Tafeln) vor- gedructem Beifpiele Nr. 8 gezeigt. Indem man die dortigen Maſſenziffern M mit ihren entfprechenden mittleren Qualitätsziffern Q (f. vorn $ 3) multipfieirt, kann man aus diefen Werthszahlen auch gleic) das erfte und zweite oder das (forftl. innere) Werthzumahsprocent a +b+ 2 vereint ableiten, mittel® MmQ’—-MQ 200 Formel WoAmg m’ Heren Geitel’8 Bedenken (Märzheft d. Forftzeitg. 1865), behufs einer praftifch ge— nügenben Erkenntniß vom b u. e unfrer Beftände, vermag DB. nicht zu theilen. Den Freunden eines direften Baumbefragens wollen wir bei diefer Gelegenheit mittheilen, daß es uns vor kurzem gelungen 2% 20 Kapitel 1. Als Vorſchule. ift, die im „Gefes der Stammbildung“ namentli ©. 40 u. a. a. O. aufgeführten Inftrumentchen, dur einen Zumachsbohrer zu vervollftändigen, mittel deſſen man mit großer Yeichtigkeit aus dem betreffenden Stammpunfte einen Kern in dem Format eines 1 bis 2 Zoll langen Bleiftiftes herausbohren fann, der mit einem Federmeſſer geglättet, uns den Gang der Jahrringe trefflicd, veranschaulicht. — Indem wir Näheres hierüber mit Abbild- ung ꝛc. im nächiterfcheinenden 4. Hefte geben werden, bemerfen wir noch, daß e8 fünftig eine ebenfo intereffante als verdienitliche Aufgabe forftliher Mathematiker und wiffenfchaftlicher Foritpraftifer fein dürfte, die oben angeführten, der Vervollkommnung noch eben gewiß jo be- dürftigen als einer folchen ganz bejtimmt auc fähigen, Regeln zur conereten und direkten Einfchägung der beiden forjtlichen Zu- wachsprocente a und b aus den etwa in Kopfhöhe auszuführen- den Befragungen der Grundfläche, zu einer troß aller feitheriger Berbefjerung doc) immer noch wünjchenswerthen höheren technifchen Kultur zu bringen. Uebrigens verfteht es ſich wohl von ſelbſt, daß wir dem eigentlichen Wirthichafter nicht zummthen wollen, daß er mit Bohrer oder Meifel allwärts feine Beftände nach dem Buchjftabenlaute des vorgedruckten Mottos des jeligen Oberforftraths Pfeil befrage. Diefem, der mir feiner Zeit offen in's Geficht gejagt, *) „ein mathe- matifcher Forjtmann, das ift mir ein wahrer Greuel,“ würde ſich ohnehin im Grabe umwälzen, wüßte er, daß ein ähnlicher Gefell den Wahlfpruch feines Bildes aufzunehmen und jo „greuel“haft zu verwenden umd zu interpretiven die Keckheit hat; und ſolches ſogar den Manen eines anderen Oberforjtraths, des phyſiologiſch-mathe— matifchen Cotta, und der Würde der von diejem gegründeten Schule für angemefjen erachtet. Immerhin aber muß man wünfchen, daß, ohne ihm unnöthige Tifteleien anzumuthen, jeder forſtliche Wirthichafter ſich ausreichend genug mit derlei Forſch— ungen felbft bejchäftigt habe; weil er ohne ſolche Selbjtthätigkeit nicht zu einer bewußten Erfenntniß, Beobachtungs- und Schäß- ungstechnif, nicht zu dem ihm wünfchenswerthen wijjenfchaft- lichgebildeten praktiſchen Blick, gelangen fann. *) Anfang der 1840er Jahre auf einem gemeinfamen Waldipaztergange bei Neuftadt-Eberswalde unter lebhaften Widerftreit über forftl. Schule und Praris. Kapitel 1. Ws Vorſchule. 21 Ss 9. Sedenfall dürfte wohl bereits aus den wenigen Fragmenten, die wir hier vorauszufchielen für nöthig hielten, zur Genüge her- vorgehen, wie e&s nur auf Grund einer allzuflüchtigen und allzu- poreingenommenen Betrachtung der betreffenden wirthjchaftlichen Wahrheiten möglich werden fonnte, ſelbſt dem objektivften Theile derjelben derartige Anfeindungen, wie gejchehen, zu erwecken; und ihnen das Gejpenft eines aller Voraus» und Umficht entbehrenden ftaats- und volfswirthfchaftlich gefährlichen unforftlichen Geiftes und Zieles, des Geiftes einer allgemeinen und blind=-geld- ſüchtigen Herabdrüdung der Umtriebe aufzuhalfen. DViel-» mehr glauben wir — ohne uns über das Mangelhafte, namentlich in der Form, unferer früheren diefem Thema gewidmeten Arbeiten irgend einer Illuſion hinzugeben — heut nur mit um jo größerer Ueberzeugung entgegnen zu jollen, daß mindeſtens Grund und Ziel unferer forftlichen Neinertragstheorie in dem Grade volfswirth- ſchaftlich richtiger ift, als fie dem alten Anfichten und Gewohn— heiten der bis jet gegen uns aufgetretenen Hauptgegner forft- ſtaats wirthſchaftlich unrichtiger erfcheint. Hoffentlich auch könnten wir es fchon jett dem Urtheile unferer aufmerfjamen Leſer allein überlafjen, ob fie e8 (gegenüber unferem hier wie anderwärts dargelegten Wunfche nad) größerer Betrieb- famfeit in Erforſchung der Grundlagen und Faktoren forjtwiffen- Schaftlicher Werthsproduftion) als der Stellung deutscher Forftlente und deutfcher Forſtſchulen für angemeffen halten können, über der- gleichen Wünſche und Beftrebungen ähnlich zu denfen, wie Herr Braun und defjen Freunde; der in Bezug auf derartige Wahrheiten und Aufflärungen, namentlich im Gebiete der Forft- finanzrechnung und vücjichts unferer Wünfche, diefelben zur Stütze eines rationellen Waldwirthfchaftsbetriebes gemacht zu fehen, am Schluffe feiner Broſchüre feine Gefammtanficht refapitulirt wie folgt: „Für den afademifchen Unterricht finde ich bei über: flüffig (?) genauer Präcifion und fharfer Terminologie der mifjenfchaftlihen Begriffe (und Kegeln?) gar nichts zu erinnern. Deren Einführung in die Praris würde aber nicht mehr Refultat haben, als wenn man den Forſtſchützen zumuthen wollte, den Kubifinhalt jedes einzelnen 22 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. Baumftammes durch Integration der Differentialgleichung des Umpdrehungs-Paraboloids zu ermitteln.“ Und mit ſolchem Geifte glaubt Herr Braun in der That die wifjenjchaftliche und technifche Hebung der forftlihen Theorie und Praxis zu cultiviren und (fiehe die letzte Zeile der Braun'ſchen Brofhüre) „und die Wahrheit zu fördern und der Ueberzeugung zu dienen, daß diefelbe nicht bejjer gefördert werden kann, als dadurch, dag man allen Ballaft entfernt, um den Kern der vorliegenden hochwichtigen Frage bloszulegen!“ Die hier citirte Doctrin erinnert uns, wie auch der ganze — »sit venia verbo — wiſſenſchaftliche Karafter des Braum'ſchen Schriftchens lebhaft an die mannigfachen Erfahrungen, die wir 25 Jahre hindurch über den rejignirten Standpunkt jo mancher Staatsforftwirthe gemacht; von denen einer, ein font lieber und geiftreicher Freund von mir, und der auf feinen jtaatsforftlichen Rang aucd Accent zu legen verjteht, bereits vor 20 Jahren, als ich in einem praftifchen Vereine einige bejcheidene Vorſchläge im Intereſſe einer mehr wifjenfchaftlichen Technik des Forjtbetriebes zu begründen verfuchte, mir über meine „unangebrachte Wiſſen— Tchaftlichfeit“ fatyrifc und unmwillig replicirte: „ Sieb mitdeinen Theorien dir nur feine Mühe; unjfere Sade ift und bleibt ein Handwerf; und das wirft Dunidhtändern!“ Kapitel 2. Zur Daupffrage. 8 10. „Um den Kern der vorliegenden hochwichtigen Frage blos— zulegen.“ An dies letzte Wort des Braum’schen Flugblattes an— fniipfend, erwidern wir, daß die Kernpofition alles Mifverjtands und Widerjtreits einer- und alles weſentlich forſtlichen Fortſchritts andererfeits einfach) in der Frage gipfelt: Wann find unfere Hölzer in rationell-wirthichaftlichem Sinne hau— bar oder forftlich reif? Und wie fünnen wir diejen ihren Keifepunft ohne Schaden oder gar mit Bortheil möglichſt Hinausfchieben? Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 23 Indem wir diefe Frage in unferem Sinne durd) folgende wenige Thefen beantworten, verjteht es ſich von felbjt, daß wir hierbei nur die eigentlich forjtlichen, d. h. die wejentlich zur Holz produktion bejtimmten Bäume, Beftände und Wälder im Auge haben. Auf Schuß- und Schönheitswälder können felbitredend die Vorderungen der Finanzforftwirthichaft ftet8 nur in foweit An— wendung finden, al8 deren andermweit volfswirthichaftlicher Haupt- zwed: phyſiſch zu ſchützen oder äfthetifch zu erquiden, dadurch nicht beeinträchtigt wird. Auch bei irgend wie ſonſt noch klimatiſch wichtigen Waldungen würde die Reinertragswirthſchaft nur modificirt anzuwenden ſein, ſobald deren ſtrengere Forderungen jenen volkswirthſchaftlich wichtigeren klimatiſchen Zweck nachweislich gefährden könnten; was jedoch Jedem als ein äußerſt ſelten vorkommender Fall er— ſcheinen muß, der dieſe Wirthſchaft nach Theorie und Weſen gründ— lich und vollſtändig erfaßt hat. Hiernach und mit Rückſicht auf das im vorigen Kapitel Dar— gelegte werden unſere aufmerkſamen Leſer hoffentlich nun an eine, jedes Mißverſtändniß ausſchließende, Prüfung der prattiſchen Wahr⸗ heit folgender Sätze herantreten. A. Zunüchſt für in Ruhe befindliche Holzpreiſe (S. 8S 1). 8 11. Erſter Satz. Jeder Baum oder Beſtand iſt von der Zeit an, wo derſelbe einen Ueberſchuß über ſeine Erntekoſten gewährt, im volkswirthſchaftlichen Sinne ein reeller Werth, ein Gut, ein Kapital; vorher war er nur eine Anweiſung auf ſolches. — Und jeder ſolcher Nettoholzwerth H, den wir feinem Standorte oder dem Walde ohne phyfifchen oder finanziellen Schaden für letzteren entnehmen, tragt in entiprechender Größe bei zur Gütervermehrung des Eigenthümers wie der Nation; und ift zu betrachten als fortwerbend in Beider Haushalt zum mittleren nationalöfonomifchen Zinsfuße, Als mittlere oder normale Zinsfußbafis ift das Procent der Geldfapital- verleihung gegen ficheres Pfand anzufehen. In dem Grade, als die Art der Anlage und Werbung eines Kapitales unficherer, unfteter umd weniger ange nehm ift, fordert dafjelbe auch einen höheren und begnügt fich im Gegentheil 24 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. mit einem niedrigeren Zinsfuße. Troßden, daf — 6 und mehr Procent gewähren, bleibt Daher doch eine hinreichende Vorliebe des Kapitals für einen 4 bis 3 und jelbft noch weniger procentigen Grundbefit. Man fann fagen: In einem gewiſſen VBolfshaushalte erweifen fich alle wirthichaftlichen Kapitalanlagen als zu gleichem (mittleren) Zinsfuße rentirend, wenn man deren Rente mit dem Bonitätsfaftor (Sicherheit, Stetigfeit und Annehmlichkeit) ihrer Anlage multiplieirt. $S 12. Zweiter Satz. Für Länder: oder Volfshaushalte von der Eulturftufe Deutichlands ift der mittlere Zinsfuß ($ 11) p = 4 zu fegen. — In fo fern aber alle Holzwerthe auf dem Stode oder im Walde in der Regel mit einer für deren Befiger bemerfenswerthen Sicherheit, StetigFeit und Annehmlichkeit werben, müſſen und können ihnen diefe Beſitzer von dem volfswirthichaftlich mittleren „Soll“ (4%) ein entfprechendes nachlaſſen. — Beim größeren Waldbau ift der hiernach zu modificirende inner-forftliche oder Betriebszinsfuß auf ca. p = 31/2 und jedenfalls in der Negel nicht unter 3 herabzuſetzen. Bei fleiner und etwa zugleich auch nothgedrungen möglichft lucrativer Holz- wirthichaft kann man dieſen Betriebszinsfuß immerhin auf 4 belaffen und nad) Befinden felbjt noch etiwas höher ftellen müfjen. — Man verjchliege vor allem fein Auge nicht vor der wohl faum beftreit- baren Wahrheit, daß jeder Werth, den wir dem Walde, ohne Nachtheil für ihn, abwirtbichaften Fünnen, in unferem eigenen und ſomit auch im Volks-Haushalte mit durchfchnittlich 4% fortwächſt. Man verſchließe jein Auge auch nicht vor der andermweiten Wahrheit, daß, wenn wir das Nub- ungsideal unferer Beftandeswirthichaft und jomit unferen ganzen Nutungs- betrieb beifpielsweife nad p— 3% organifiren, wir deshalb bei großer und vollends bei fisfalifcher Wirthichaft noch lange feine aufrichtige 3pro— centige Wirthichaft erhalten; d. h. feinen Wald, der nad außen Hin oder nationalöfonomifch mit wirflih 3%, des in ihm befindlichen Holz- und Bodenfapitales rentirt. Denn wieviele Beftände können nicht ſtreng ihrem Ideale gemäß erzogen und genutt werden; wie manche Stammflaffen des Zwifchen- und Hauptbeftands werden von Sturm oder Schnee oder Inſekten 2c. zu leiden und aus dieſen oder andermweiten Betriebsordnungsrücfichten vor ihrer beften Zeit der Art zu verfallen, oder vielfach auch über ihre befte Zeit hinaus zu warten haben! Weberhaupt, gerade, je größer die Wirthichaft ift, defto mehr werden Heine und große, befondere und allgemeine Rückſichten und Hemniffe fih jummiren, und die Annäherung an das theoretiich-Fonftruirte Reinertrags- Ideal beeinträchtigen. Wenn aber ein Staat 4 procentige Anleihen zu ver- zinfen umd zu tilgen hat, darf er nach V.'s Meinung bei feinem Waldgewerbe oder in jeiner Eigenschaft als Holzproducent fich nicht mit einer nur 2 pro- centigen Wirthichaft begnitgen; außer wo höhere ftaats- und volfswirthichaft- liche — ($ 16) ſolche Verzichtleiſtungen wirklich unvermeidlich erſchei— nen laſſen? Bereits im Januarhefte der 1864er Forſt- und Jagdzeitung ©. 11 erklärte Herr Braun, in der Meinung uns corrigiren Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 25 zu können, daß eine große Forftwirthfchaft nie mehr „als 1 bis Höchftens 17/2 %/0“ ventire (u. ventiren könne)! und dak man deshalb aud) nad einem höheren Zinsfuße nicht rechnen dürfe! Solch ein Fatalismus, oder ſagen wir lieber, ſolch eine fatale Reſignation, iſt nun freilich ein äußerſt bequemes Ruhekiſſen. Kann man ſich doch bei ſolchem ftaatsforftwirthichaft- lichem Dogma mit jcheinbar gutem Gewiffen dem wiſſenſchaft— fihen und tehnifhen Schlafe hingeben und all derlei „Beunruhigungen“ welche einer | olchen wirthfchaftlichen Wald- fefigfeit durch ein wenig theovetif che Aufklärung bereitet werden Fönnten, fediglich auf das „akademiſche“ Katheder einfreifen!: — womit einer der ausgefprochenen Hauptrathichläge des um Deutfchlands Forſtweſen durd uns jo jehr beunruhigten Herrn Braun erfüllt fein würde. Denn troß aller hochklingenden Titulaturen und deforirten. Uniformen ſoll's ja dod wohl wahr werden ?: „Unfere Sache ift und bleibt ein Handwerk!" Wozu dabei einen wiljen- ſchaftlich Teitenden Kopf? Um fo mehr, als das einfältige Naturgeſetz, wonach Kopf und Hand organiſch verbunden, für uns Braunen Urforftmenfchen nur eine Erfindung des „inodernen Schwindels“ iſt? Herr Oberforftrath Bofe erhebt fi) doch wenigſtens bis „2/2 oder höchſtens 3%." (©. defien Beiträge.) Wir Dagegen glauben aus obigen Gründen im allgemeinen auch für den Staatswaldbau für deffen inneres oder technifches Calculationg- und Betriebsweſen den Zinsfuß 3%/2 als den correcten feithalten umd nur unter befonderen Umftänden einen tieferen jtatuiren zu follen. 8 13. Dritter Sup. Auf dem Stode befindlich wirbt das Holzkapital durch Zunahme an Quantität und Qualität; d, h. durch fein laufendes erſtes und zweites Zuwachsprocent a und b ($ 3), und infofern mit dem laufenden Werthszuwachſe ab — a+b Procent (genau a+b+ 5) feines Nettowerthes H ($11). — Aufdem Stode befindlich abforbirt daffelbe aber gleichzeitig auch die feinem Standraume antheilige Boden-, Bodenftener-, Verwaltungs: und Eulturrente, oder nimmt 26 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. gleichfam das diejen Renten entiprechende Boden, Steuer-, Verwaltungs- und Eulturfapital (B+S+YV+C) für feine Sahresproduftion in Anfpruch; und bat fomit durch Ießtere auch dem Jahreszinfe diefes Kapitalftods, den man als das forftliche (produftive) GrundFapital und mit dem Buch- ftaben & bezeichnen kann, gleichfalls mit gerecht zu werden. — Bezeichnet man den jeweiligen Werth H($ 11) gemeffen durch fein 6, alfo den Quotienten „H dividirt durch G“, als des Holzes Nelativwerth und mit dem Buchftaben r, und drückt nun die jeweilige laufende Werthsproduftion des H im Pro— centfaße feines verbundenen H +6 aus, fo erhält man das für den Neinertragswaldbau masgebliche, weil den eigentlichen wirthichaftlichen oder Reinertragszuwachs beziffernde Weifer-Zumacsprocent w = (a+b) „.« oder (a+b) Ir HW—H 2 [In mehr jummarifher Weife auh ald w = wIurse u worin H den Nettowerth des jüngeren und H’ den des n Jahre älteren Holzes und & das Grundkapital bedeutet. Wenn Weberihuß ge: währende Zwifchennußungen in die fragliche Periode fallen, find diefe — verzinſten Werthe (Nachwerthe) dem H‘ hinzu: zuſetzen. Der Gang des aift ein rein naturgeſetzlicher; ſeine Ziffer anfangs ſehr hoc und — je nad) Holz- und Betriebsart, Standort, freiem oder geichloffenem Stande, gleichmäfig pflegender oder aber ftörender Einwirkung — mehr umd weniger ftetig fallend; und im Alter u des größten Durchſchnittsertrags, oder der „forſtlichen Haubarkeit“ in ſeitherigem Sinne, die Größe — erreichend. Sein Sinken aufzuhalten oder zu mildern, unter Umſtänden ſogar in ein zeit— weiliges Steigen zu verwandeln, kann, da Düngung und Bewäͤſſerung forſt— wirthſchaftlich ſelten nutzbar iſt, am meiſten noch durch umſichtige Boden— lockerung und Durchforſtung bewirkt werden. (S. V.'s Geſetz der Stammbildung S. 5 und Kap. 6.) Der Gang des b dagegen ift gleichzeitig von volfswirthichaftlichen, namentlich tehnifchen, Bedingungen und den jonftigen Zuftänden des be— treffenden Abjatzgebietes mit abhängig; obwohl durch das a und deſſen Pflege vielfach mit beeinflußt; daher fein Gang ein minder ftetiger und mehr Tofal bedingter. Jedenfalls in der Jugend (wegen verhältnigmäftg überwiegender Exntefoften) ebenfalls jehr hoc) ftehend, und im Höheren Alter erheblich finfend. Eine wirffame Pflege des a und namentlich des b möchten wir dem alten „Meifterftid forftliher Kunſt,“ d. i. dem bisherigen Buchenhochwalnbetriebe als das „moderne Meijter- ſtück forfttehnifcher“ Betriebſamkeit gegenüber ftellen. (S. V's kleinen Verſuch, zur Löſung dieſer Frage ein wenig anzuregen, im „Geſetz der Stammbildung“ Kap. Zu. 4, in Verbindung mit Kap. 10.) Kapitel 2. Zur Haubtfrage. 27 8 14. Bierter Sup. 1) Sobald der Zumachsgang eines Baumes oder Be: ftandes in die Periode gekommen, da fein Weiferprocent w ($ 13) unter das Wirthichaftsprocent p ($ 12) zu finken beginnt, und dieß Unterfinfen durch Feinerlei Pflege des a oder b aufzuhalten, fo ift das betreffende Holz wirtbichaft- lich haubar oder forftlich reif; denn der betreffende Wirth hätte im Sinne feines p Verluft, wenn er es früher — und Verluſt, wenn er es ſpäter erntete. Um alfo ein hohes Ab- und Umtriebsalter zu begriinden, ohne doc) dabei Berluftwirthichaft zu treiben, hat der wifjfenfchaftliche Forftmann dafür zu forgen, daß das w jeiner Beftände möglichft jpät unters p finft, d. h. daß die drei Elemente feiner Weiferformel a, b und r immerdar den thunlichft höchſten Werth bewahren. In dem Verlangen, daß das r auf feinen höchſten Werth, der Reductionsbruch * alſo möglichſt nahe der Einheit komme, liegt die bereits in der 6., 7. und 8. Regel der „Anwendungen“ unſrer Forftfinanz- rechnung aufgeftellte Forderung: Trachte auf dem Hleinften Grundfapitale G das werthvollft productivfte H zu erzeugen. (S. „Rationell. Forſtwirth“ 3. S. 156 fg.) Natürlich kann man das Unterfinfen des thatjächlichen w unter das ange- nommene p auch dadurch hinausjchieben, daß man den Werth von p niedriger, z. B. wie Herr Braun will, „zu 1 bis höchftens 1%,“ nimmt, anjtatt zu „Ya bis tiefftens 3,” wie wir für forftlich correct halten. In Bezug auf den Formalismus der ganzen Theorie fommt es aljo in der That auf die Größe des Zinsfußes p nicht an. Eine arme Waldgemeinde mag e8 zu 4, der luxuriöſe Waldliebhaber zu 2 nehmen. — Wenn aber Herr Braun in feinem Schriften glaubt, auf Grund eines, Achnliches behauptenden, aus unferen Schriften willkührlich herausgerifjenen Sätzchens, die Meinung ver— breiten zu follen, als hätten wir dabei nicht bedacht, daß die Ziffer des jolcher Nutzungstheorie unterjtellten p auf die des u (d. i. die Umtriebszeit) einen wejentlichen Einfluß habe; und er nun glaubt, fich Deshalb in polemiſchen Gegen- beweiſen verbreiten zu jollen, (während doc) fast jede Seite unferer forjtlichen Finanzrehnung davon Zeugniß ablegt) —: jo müſſen wir ihm das in Er- wägung feines ganzen Stand- und Richtpunktes jchon zu gut halten. Welchen Einfluß auf die Zeit der wirthichaftlichen Höfzerreife der forjtliche Betriebszinsfuß p hat, tritt befonders deutlich auch in derjenigen Form hervor, in welcher wir diefe Haubarfeitsregel in nur gedachtem 3. Hefte („Koritfinanzrechnung“) aufgeitellt, und wonad) jie lautet: 2) Sobald der Produftionsgang eines Baumes oder Beftandes in die Periode gefommen, wo deſſen Geſammt— ertragsendwerth (— Abtriebö-Neinertrag plus zinsverzinfte reine Vorerfräge), dividirt durch den feinem Alter ent: fprechenden Nentenendwerth (Holzwirth. Tafeln XVIP), ein Marimum wird und damit dasjenige Abtriebsalter u an- 28 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. zeigt, bei welchem das betreffende Grundkapital & den höchft- möglichen (wahren durchfchnittlichen) Jahresertrag bis dahin produeirt: fo hat der forftliche Wirth im Sinne feines p die fraglichen Baum: oder BeftandsFlaffen für haubar zu erklären, [Ein Eleinwenig eorrecter noch: wenn man den ae endwerth“ vor dem Dividiren um den zinsverzinften (oder Nad:) MWerth*) der Kulturkoften mindert; welcher ernte: und Fulturfreie Jahresertrag e dann das Aequivalent für Boden, Bodenfteuer- und Verwaltungstente, und fapitalifirt als e. 100 Yen dabei erwirth: fchafteten Bodenbruttowerth B‘, daritellt.] Um ſolchen rentenrechten Sahresertrag und deſſen Culmination zu beftimmen, hat man demgemäs den, [auf Grund von Erfahrungs- tafeln oder von Meffung, Berechnung und (Zufunfts-) Schäßung] für jede irgendwie in Frage kommende Altersitufe, feitgejtellten Endwerth (= Hauptertrag H plus zinsverzinften Durchforjtungs- erträgen D) fir ein fragliches Abtriebsalter von Zahren: 10] 20 |30)40|50| 60 70 80 |90 | 100]120 | 140 | 160 | 180 bei einem | zu dividiren durch: —=3 %,|11,5/26,|481751112]163/2311321/443 Selle 2056) 3741] 6783 p p—=31,%, |11,7,28,31521851131197 289/4191603| 863|174513500| 6992113941 p—4 %, |12)0,29/s|56,95|153|247/364|551/828/1238]2822]6643|13941|29087 Es ſtimmt diefe finanzrehnungsrechte zweite Form der forftlichen Haubarfeitsregel mit der holzzumachsrechten des Weiferprocentes ganz überein, jobald die Wirthichaft fi in dem nöthigen pyprocentigen finanziellen Gleichgewichte befindet; d. h. fobald für das danach gefundene Um- und Abtriebsalter u der entfprechend u jährige Gefammtertrag (H+D) dem u jährigen Zinſeszins feines G gleichfommt; oder fobald der diefem G inhäri- rende Bodenwerth B in der foldhem p procentigen Gfleichgewicht entfprechenden Größe (oder Kleinheit) angenommen werden dürfte. B. Wenn die Marftpreife der fraglichen Hölzer in beadhtens- werth aufs oder nbfteigender Bewegung fich befinden. 8 15. Fünfter Sa. 1) Sobald aber für die nach vorigen Sägen als haubar zu erflärenden Bäume und Beftände, außer ihrem eigentlich *) Bol. V.'s „Holgwirthichaftliche Tafeln“ Nr. XVb. Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 29 forftlichen (erften und zweiten), noch ein außerforftlicher Werthszuwachs (dritter oder Thenerungszumachs) von durch- ſchnittlich eo ($ 1) fernerweit vorhanden oder in ftatiftifch und volfswirthichaftlich zu begründender Ausficht ift: fo hebt derjelbe den laufenden Werthszuwachs jener Hölzer von a+b auf a+b-+e Procent, und damit deſſen masgeb- lichen Weiferausdruf auf w= (a+b+e) Procent*) und erhöht dem entiprechend auch dann deren Iufkrativftes Abtriebsalter; während im entgegengefegten Falle, d. i, bei einem vorhandenen oder mit begrimdeter WahrfcheinlichFeit zu erwartenden Preisrücgange von jährlich Co, für die in Nusungsfrage Eommenden Mafjen, deren Weiferzumachs auf w=(a+b—c) = berabgedrüct wird. Um Feine Verkuft- wirthichaft zu treiben, hat man demnach im Iesteren Falle den Abtrieb entjprechend früher und im eritern entjprechend ſpäter zu bewirken, und — namentlich wo es fich um einen möglichit wohl geordnetem Nachhaltsbetrieb handelt — bei Zeiten mit gehöriger Vorausficht feine desfallligen Wirth: Ihaftsmasnahmen zu reifen. j 2 a der Form der Finanzrehnung lautet vorftebende Negel wie TD x Eräiebt die Divifion mit dem Nentenendwerthe (S. 28) in denjenigen Gejammtertragsendwertb, welchen die betreffende Er: — für die verſchieden fraglichen Abtriebsalter (unter An— nahme gleichzeitiger Nutzung oder ruhender Holzpreiſe; S. 15) aufſtellt,) ein Culminiren des Jahresertrags im Alter uG. B. 60), wahrend außerdem für die fraglichen Maſſen noch ein außer: forftlicher Preiszumahs von e % zu eonftatiren und (laut ©. 13 bis 16) zu beachten ift: fo bat man alödann mit Nudficht auf folchen (forftwifjenichaftlich motivirt) den muthmaslichen Abtriebs: plus- Borerfragsendwerth für das Alter u+10, u+20 ꝛc. einzu: ſchätzen und darauf duch abermalige Divifion mit dem betreffenden u+10-, u+20: ze. jährigen Nentenendwerthe diejenige fpatere Eul: minafionszeit des Sahresertrags feitzuftellen, für welche dann die nöthigen Nußungs: und Wiederaufforitungs:Masnahmen, wie oben erwahnt, bei Zeiten vorzufeben find. *) Ein Holzfapital, das gleichzeitig 3% Maſſen-, bY, Güte ($ 3) und c% Theuerungs⸗Zuwachs hat, arbeitet mathematisch ftreng genommen eigents ! ; b-tac+be b * er fi) dann mit (a+b+c+- — + vor m Procent jeines laufenden Nettowerthes. Die hinteren Glieder diefer Formel können jedoch, wenigftens für die weit aus meiften Fälle der Praris, als ziemlich einflußlos vernach- laſſigt werden. *) S. V.'s forſtl. Finanzrechnung; Kap. 3. 30 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. Den Freunden hoher Umtriebe (denen der B. al8 intenfiver Natur- freund fi von jelbft und überall, ale Wirthſchaftslehrer aber nur dann und dort beigefellen darf, wenn umd wo ihm das hohe u finanzwirth- ſchaftlich motivirt erfcheint) wird dieſer 5. Sat wohl der Tiebfte vom ganzen Siebend jein; indem er fie für gar viele, in heutiger Culturepoche Deutichlands vielleicht jogar die Mehrzahl der Fälle jener Oppofition und Beunruhigung enthebt, wozu unfere „forftlihe Finanzrechnung“ und deren „Anwendungen aufWaldwerthihätung und Waldwirthichaftsbetrieb” ihnen Ver— anlaſſung gegeben; namentlich dDadurd), daß Darin V. mit feinen Hinweiſungen auf die unter Umftänden nothwendige Beriidfichtigung eines etwa vorhandenen außerforftliden Preiszumadjies und einer dadurch und innerhalb feiner Andauer gebotenen einftweiligen Felthaltung oder vielleicht jogar nothiwendigen Erhöhung des unter andern Umftänden jonft zu hohen jeit- herigen Umtriebes — theils aus Klärungsgründen, theils (im Hinblid auf die entgegengefegte Hinneigung der Praris auf übertriebene hohe Um- triebe) aus pädagogiihen Motiven glaubte nicht allzu freigebig fein zu dürfen (j. jdoh Anmerkung S. 19); während er aber doch gleichzeitig dieſe, weniger für die Organifation als die Detailprarıs des Betriebs wichtige Lehre vom dritten Zuwachſe der Hölzer um fo nachdrucks— voller in der „Zuwachs- und Nutungslehre“ der Reinertragsforftwirthichaft behandelt. — Wiffend nämlich, daß Jeder, der von V.'s „forftlicher Finanz- rechnung“ Notiz zu nehmen fi) bequemen würde, unzweifelhaft wohl auch ein Leſer der Forft- und Jagdzeitung fei; umd vorausſehend, daß Mangel an Zeit und Gejundheit ihn an der ordentlichen Fortentwidelung der Reinertragstheorie auf ein paar Jahre hindern wiirde, beeilte fih 2. im Sahrgange 1860 der genannten Zeitfchrift (wie fhon ©. 13 erwähnt) und ſomit faft gleichzeitig mit feiner „Forſtfinanzrechnung“ jene drei Haupt- artifel ericheinen zu laflen, deren gänzlidhes Ignoriren zur auffälligen Taktik aller unferer Gegner gehört, und deren einfacher Wiederabdrud allein ichon hingereicht haben wirde,*) die Freunde einer ebenjo volfs- wie forft- wirthichaftlich gerechtfertigten umfeitigen und griindlihen Praris und Intenfi- tät zu beruhigen; und das ihnen von fliichtigen Kritikern aufgeſchwatzte Ge— ipenft zu verſcheuchen, wonad die Theorien einer in unſerm Sinne rationellen Reinertragsforftwirthichaft zum „Bohnenftängelbetriebe“ und allerlei Mißwirthſchaft und namentlich auch zu jener „itaats-, forft- und volks— wirtbichaftlich gefährlichen Flachheit der Kafjen‘ führen müſſe, tie fie vielleicht nur noch in derjenigen Flachheit ihres gleichen zu finden ver- mag, mit welcher Herr Braun umd feine Geiftverwandten unfern „Wald- bau“ der höchften Bodenkraft und höchften Bodenrente aufzufaffen lediglich im Stande waren. *) Indem alſo z. B. die Herren Gebrüder Midlit (deren Oppofition wir nad) Geift und Inhalt jedoch durchaus nicht mit der eben bezeichneten verwechſeln dürfen) in einem gegen uns gerichteten Artifel nachwieſen, daß in ihrer Ge— gend jeit einer Reihe Jahre der Marktpreis fir Nushölzer einen fteten Aufſchwung gehabt, der nach unferer Formel einem c von 4 %, entſpricht; fowie, daß dies c die Ausficht auf noch lange Dauer habe: jo conftatirten fie damit zugleih, daß dann für die fraglichen Beftandsarten ihr 120jäh- tiger Umtrieb (bei welchem Alter jene Nutholzbeftände doch gewiß noch ein a+b von durchjchnittlih 2 % haben) vom Gefichtspumfte der 3%, pro- centig reinen Geldwirthidaft (f. ©. 31), ſowohl in dem vergangenen als zufünftigen Jahrzwanzig als ein weſentlich nod zu niederer er- ſcheint; fie conftatiren damit, wie ſehr und oft die Unvollfommenheit unferes feitherigen Forftbetriebsideals und feiner Nutungslehre zur Folge haben *) ©. Flugblatt Nr. 2. Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 31 fönne, durch zu frühe Abtriebe die Rentabilität des MWaldbaues mehr oder weniger unbewußt zu beeinträchtigen. Hiten wir ung jedoh, das Schild, welches das 6 des Holzzuwachſes den hohen Umtrieben gewährt, allzufehr zu verallgemeinern und dadurch ge— gentheilige Täuſchungen hervorzubringen. Wo nämlich diefer gleichſam von augen her an unjern Bäumen und Beftänden ſich anlegende Werthszuwachs zeitweilig in erhebliher Größe auf gewiſſe Sortimente jid wirft, da ift er auch fiir die betreffende Wirthichaft in fpecififh domi— nirender Weife fir die Pflege und Nußung der fragliden Be ftände beadtensmwerth. So 3. B., wo naächbarliche Eifenbahnen, mit ihrem Bedarf an Eichen- und fernreichen Kiefern-Schwellen und an Bremshölßzern von Bappeln, die betreffenden Holzarten zu neuen und die letztgenannten zu noch nicht dageweſenen forft- und finanzwirthichaftlichen Ehren bringen. Unfern vorläufigen Unterfuchungen nad) haben 3. B. in Folge deffen die 60 bis TOjährigen Kiefernbeftände in der Nähe Tharands dermalen nod ein b+e von zujammen 8 Procent! Neben einemnod) vor- bandenen a von2umd 3 und 4%! Und denfelben Nachforfchungen zu Folge giebt's hier bei ung feine Danfbarere forftlih bedeutfamere Holzart, als — (man wird lachen, und doch iſt's nüchterner Ernft) — als die ita- fienifhe Pappelz; felbftverftändlich in nicht zu ausgedehnter, den Bedarf nicht weſentlich überſchreitender Weiſe cultivirt. Kaufen doch heut unfere biefigen Holzhändler derlei Pappeln-Starfhölzer fo viel fie nur befommen fönnen, und zahlten bereits und zahlen gern noch filr 16 bis 20jährige der- lei Stämme 30 bis 35 Pfennig pro Cubikfuß ſächſ. (44 — 1 Cubifmeter) und ftellen fie damit unfern 5 und 4 mal ältern Fichtenftämmen con- currirend an die Seite. *) Nicht die gleiche wirthichaftliche Bedeutung und Rückſicht kann aber für uns jener allgemeinere dritte Zuwachs beanfpruchen, welcher mehr auf dem nationalöfonomijchen Gejege der allmäligen Kapitalsanhäufung und da— mit verbundenen Geldentwerthung im vorftrebenden Bolfshaushalte beruht. Die im früheren nachgewiejene, in Sachſen, Bayern und andermweit beobach- tete ftetigere und mäßigere Preisfteigerung ift eben, wie bemerkt, lediglich die Folge der im fortichreitenden Staate allgemeinen Bevölferungs-, Induftrie- und (Geld-)Rapitalszunahme; und infofern ziemlich gleichbedeutend mit einem Sinfen des Geldwerthes überhaupt; namentlich gegenüber dem nicht mit ausdehnbaren Bodenareale; und gegenüber der durch erhöhte induftrielle Intenfität gefteigerten Nachfrage nach Arbeit und nad) Boden- und andern Na- turalgitern. Während demgemäs in Sachſen die Holzpreife in den letzten fünfzig Sahren um jährli nahe 2%, ftiegen, ftieg daher gleichzeitig der Werth alles Bodens und aller Boden- (Wald- und Land-)güter um durchſchnittlich 4 und mehr Procent. . Sobald wir alfo unfere Holzerträge gegen derlei Naturalgiiter oder gegen folhe productive Capitalanlagen vertaufchen oder verwenden fünnen und wollen, denen gegeniiber das Geld mit einem ähnlichen Fallen von ce %% — oder wohl gar, wie bei Anfauf von Grund und Boden, mit eittem größeren — behaftet ift, wie gegenüber dem Holze: da muß der Schub des e für den höhern Umtrieb jelbitredend aufhören. Seine ganze oder eigentliche Bedeut- ) Da die Tharander Hauungen in Kiefernbeftände nbengenannter Art bereits ein- elegt waren und barin fortitgejett werben jollten, jo haben wir nicht ermangelt, die bie- Age Oberforftmeifterei von unjern desfallfigen Beobachtungen und Erfahrungen in Kenntniß zu ſetzen; boffend, daß man ben betreffenden phHJiologifch -mathematiihen Aufflärungen im echt Cotta'ſchen Geifte Rechnung tragen werde; eine Hoffnung, die ung auch nicht ge- täuscht bat, da der Verſuch bes Ueberhaltens der Kiefern in jenen theilweis gemijchten eg vom Heren Oberforftmeifter v. Cotta bereitwilligft bereits angeorbnet morben ift. 32 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. ung fann er — diefer allgemeinere außerforftliche oder dritte Zuwachs — nur beanfpruchen, gegenüber dem gewiß nicht oft in Frage kommenden Fall, daß man den Keinertrag des Waldes ledigli als Geld ver- miethen, d.h. gegen Zins verleihen wolle. Sm Geifte und Intereffe einer ſtaats- und volfswirthichaft: lich wahrhaft correcten Foritfchule und Forftpraris haben wir alfo, bei allem Refpect vor dem e der Holzwirthſchaft (und ob- gleich deſſen Einführung in die Forſtbetriebslehre der Verfaſſer fich vielleicht au einem Heinen Berdienft anvechnen darf), immerhin doch mwejentlid anach zu ftreben, daß wir im allgemeinen ohne derlei fremde und unzuverläffige Hülfstruppen, und ſomit möglidft wejent- Yih auf Grund unfers vierten Hauptjages, unjern Be- und Umtrieb in echt wilfenfhaftlidem Sinne genitgend lucrativ und confervativ geftalten. C. Fürs Ganze. 8 16. Sedjter Sak. Jede Normalwaldsidee und jede Forjtbetriebsregulir- ung, welche in ihren Einrichtungen und Confequenzen zu einer Baum: oder Beftandswirthichaft führt, welche der in den vorigen Sägen (und folgendem) ausgeiprochenen Auf— forftungs:, Pflege- und Nutzungstechnik (die zugleich auch die des forftlich höchften Boden-Reinertrags darſtellt) nicht ent- fpricht, diefelbe vielmehr ohne ftaats- und volfswirthichaft- lich zwingenden Grund ($ 10) beeinträchtigt und verhin- dert, ift Feine rationell forftliche; und ift nationalöfonomifch um fo bedenklicher, je mehr fie durch ihren Charakter die Rentabilität der betreffenden Holzwirthichaft — und damit nothwendig auch die Gütervermehrung des betreffenden Bolkshaushaltes, und zugleich auch des Capitales Hineig- ung zum Waldbaue — hemmt und fchwächt. Ein möglichft intenfiver Forftbetrieb, d. h. ein ſolcher, der möglichit viel Capital und Arbeit lohnend verwendet, muß jelbjt- verftändlich unfer Aller praftifches Ziel bleiben. Man überſehe jedoch nicht dabei das kleine aber wichtige Wörtlein „Lohnend.“ Eine Waldwirthichaft, die große Maſſen Capital mit jchlechter Werbung anhäuft oder gefejfelt hält, ift feine nationalökonomiſch und forfttechnifch gefunde; indem fie anftatt gut wirthſchafthich damit zu wuchern, das ihr vom Herrn gefchenfte Pfund ver- gräbt; und dadurd dem Wohle des Ganzen — der vollen Werb- ung alfer feiner Güter, Glieder und Kräfte — hinderlich wird. Als Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 33 wiſſenſchaftliche Forſtwirthe haben wir daher mit national- ökonomiſch und technisch geflärter Erfenntniß die möglichft gefunde Intenfität Beider zugleich, der Volks- und (ihrer) Forftwirth- haft, thbunlihft Hand in Hand zu erftreben, dabei aber jtet8 der erjteren den Vorrang zu laffen; d. h. nie die lettere, die forftliche Intenfität, auf Koſten der erfteren, d. i. der volfs- wirthichaftlichen, zu bevorzugen. 8 17, Zur Recapitulation vorftehender Thefen, welche den Kern desjenigen Forſtwirthſchaftsſyſtemes repräfen- tiren, das V. für das richtige hält und deſſen Kultur in theoretifcher wie praftifcher Beziehung derfelbe glaubt empfehlen und betreiben zu follen an Stelle des dermaligen mechanifchen und irrigen Prin- cipes des gemeinjährig-höchiten Beſtandes-Durchſchnittsertrages, — eines Principes, das wir ebenjowohl im rein wiffenfchaftlichen, wie im technifchen und finanziellen Fortfchrittsintereffe unferes Faches endlich einmal aufzugeben für an der Zeit erachten foll- ten, — zur Recapitulation alfo diefer ſechs Hauptfäge wäre num etwa noch Folgendes hinzuzufügen. Ein forjtwiffenjchaftlid) orientirter Lefer wird unſchwer er- fennen, daß unfer Syitem genau genommen auf einer Weiterent- wickelung desjenigen Begriffes beruht, den wir in der Forftliteratur hin und wieder unter dem Namen der „finanziellen Haubarfeit“, in mehr und weniger unbeftimmterer und unvollftändigerer An- deutung, vorfinden. Für jeden nationalöfonomifch Haren Forft- wirth ift aber diefer Begriff und die damit verbundene Aufgabe: im Geiſte defjelben ein forjttechnifch=correctes Wirthſchaftsſyſtem zu entwideln, fo nahe liegend und felbftverftändlih, daß nur die heilige Pietät gegen die ihr eingefchulte, doctrinäre und fo recht eigentlich ftubentheoretifche, Normalwaldstheorie unfere bis- herige, auf andern Seiten der Forſtwiſſenſchaft fo viel Treffliches geleijtet habende, denfende Forftwelt abgehalten haben kann, an einen Um- und Fortbau unfrer Wirthichaftslehre im Sinne frag- lichen Principes ernfthaft ſich heranzumachen. Das Beadhtens- werthejte hierzu fanden und finden wir immer noch in den von Grebe weiter Fultivirten Schriften des forftlih mathematifchiten 3 34 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. Denfers und Waldbeobachters König,*) von dem freilich (eben deshalb ?) Pfeil ganz im Sinne der „confervativen“ Schule mir in's Geficht einjt fagte, Forftleute diefer Art feien ihm „ein wahrer Greuel.” — Daß man 20 Jahre fpäter, in einer um doch wohl ebenfoviel reiferern und vollendeteren Wirthſchaftswiſſenſchaft, noch um einen wejentlic andern als den in unfern ſechs Theſen dars gelegten Begriff forftlicher Reife und Wirthſchaftlichkeit ernt- haft jo zu ftreiten vermöchte, wie ſeit dem Erſcheinen des erften Heftes unſers „Rationellen” die forftliche Literatur erweift: das vermag nur der zu begreifen, der ich durch das Volumen und den äußern Glanz der forftlichen Bibliothefen und Schulen nicht zu Slufionen über deren mathematifhen und national ökonomiſchen Geift und Gehalt verleiten ließ. Ss 18. Gleichzeitig aber ftellt — wie durch die mathematische For— mel unſchwer und leichter noch durch Zahlenbeifpiele zu erweifen — jede im Sinne jener ſechs Thejen organifirte Baum- oder Waldwirthfchaft nicht blos einen Korftbetrieb des vollen 3= bi8 4-procentigen und jomit auch) nationaldfonomifdhecon- fervativen Gleichgewichts d. h. einen Betrieb dar, welcher von (und mittel$) dem in ihm befindlichen Holz und Bodencapi- tale volle 3 reſp. 4 Procent Keinertrag produeirt: fondern zu= gleich auch den Betrieb der höchften Bodenrente; als den- jenigen, welcher allein mit dem des Landwirths in gedeihliche Concurrenz und Harmonie zu treten und die Vereinigung der Land- und Korjtwirthe und ihrer Praxis und ihrer Schulen zu einer volks- und fachwirthſchaftlich erſt recht correc— ten, innigen und fruchtbaren zu machen, und eben deshalb auch wohl eines der würdigſten Themata abzugeben vermag für das *) Es ift ſonach im gewiffen Sinne auch ganz richtig, wenn Grebe in der von ihm jo wejentlich vervollftändigten neueften (d.) Auflage von König's Forftmathematif mit Bezug auf das dortige Kapitel „Ertragsverhältnifje einzelner Holzbeftände” bemerkt (S. 432): „Sn den 88 493—502 liegt offen- bar die ganze Grundlage des von Prefler in feinem „rationellen Wald- wirth“ ausführlich entwidelten Syitems der finanziellen Waldwirthichaft;” obgleid mit den (von uns) gejperrt gefchriebenen drei Worten wohl, wie vielleicht auch diefes Flugblatt beweifen diirfte, ein wenig zu viel gefagt fein wiirde, jobald man eben auf fie den Hauptaccent legen wollte. Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 35 bevorjtehende Zöjährige Jubiläum der großen deutfchen Forft- und landwirthfchaftlichen Wanderverfammlung zu Dresden. In dieſer feiner gleichzeitigen Eigenfchaft al8 Waldbau der höchſten Bodenrente wäre num fchlüßlich zur vollftändigern Darftellung und Abrundung feines Kernpunftes den obigen fechs Theſen annoch ein Siebenter Sa als Forjtverjüngungs- oder Beſtandesgründungs-Regel beizufügen wie folgt: Eine gewiſſe Reihe von (vielleicht 10) Jahren, bevor irgend eine forjtliche Baumgruppe oder irgend ein Beſtand wegen feiner wirthichaftlichen Reife und Haupfnugung in Frage kommt, iſt mit forft- und volfswirthfchaftlicher Um: und Vorausficht zu erwägen und zu beftimmen, mit welchen Holzarten und in welcher Weife die MWiederauf- forftung bewirkt werden müſſe (Vor: oder Nachverjüngung, Saat oder Pflanzung, dicht oder Ficht), um auf fraglichem Standorte eine neue Forftwirtbichaft der höchſten Bodenkraft und höchften Bodenrente zu begründen. Leßtere rentenrecht und jomit im Sinne dv. V.'s Forſtfinanzrechnung caleulirt. 8 19. In ihrer Anwendung jowohl auf die Organifation als mehr noch auf das Detail des Forjtbetriebs kann alfo die Reinertrags- theorie, wie bereit$ bemerkt und nachgewiefen, ebenfowohl zu Er: niedrigungen als Erhöhungen des Abtriebsalters führen. In jedem Valle aber muß und wird fie eine correctere und Iuerativere Wirth- Ichaft zur Folge haben. Wobei und wozu diefelbe freilich aber auch etwas mehr Individualifirung und Beweglichkeit verlangt; fo 3.9. unter anderm fleinere, und dabei gleichförmigere Standorte umfchliegende, Betriebsclaffen oder Hiebsganze, als man diefelben bisher zu bilden für nöthig erachtete; u. dal. mehr. Mean wolle nun ermefjen, ob zu jenem Verdruß und Wider: ftande, den in jo vielen Praftifern alten Styles diefe „leidige Forſtgeldſchaft“ hervorgerufen, die Motive wohl in ihr felbit zu fuchen feien; oder nicht vielmehr anders wo? Gern wollen wir 3* 36 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. glauben, daß viele unferer geehrten Opponenten dieß blos deshalb geworden, weil jie in der That die Zeit nicht hatten, ji voll- ftändig darüber zu ovientiren. Gewiſſer aber ift, daß eine noch größere Anzahl letzteres gar nicht erft dev Mühe werth gehalten, und ſchon nad) Hörenfagen fie verurtheilen zu follen glaubte, Denn ein Autor ohne fpecififch-forftlichen Titel könne, fo argu- mentiren fie, für die praftifche Seite der Forftwirthichaft weder ein wahres inneres und tehnifches Verſtändniß, noch ein fahgerechtes Intereffe haben. Und da fein Bud, damit be- gan, zunächſt die mathematifche und namentlich finanzwirth- Ichaftliche Seite des Waldbaues zu behandeln — da war es nad) den feitherigen Begriffen und Dogmen ja von vornherein flar, daß e8 den „theoretifchen Schwindel“ gleid an der Stirne trug. Aber eben in diefer eigenthümlichen Richtung und Thatjache, daß V. ein halbes Menfchenalter hindurch fir eine im Sinne wahrer Rentabilität anzuftrebende wiſſenſchaftliche und technijche Cultur des Forftwejens im der Regel nur Abneigung und Ab- ſtoß anftatt Anklang und Ermunterung gefunden — in dieſer Thatfache dürfte für den V. wohl auch ein wenig Entjchuldigung fiegen, wenn man ihm mit einigem echte den Vorwurf macht, daß er in mehreren feiner desfallfigen früheren Schriften und Auf- fügen einen zu radicalen und grellen oder — wie Jene ed nen- nen — verlegenden Ton angefchlagen. Wie er fihon an einem andern Orte zu erwähnen gern Beranlaffung genommen, glaubte derjelbe aber eben feinen bis dahinnigen Erfahrungen nad (aus deren großen Reihe er in diefer Schrift nur ein paar einzelne anzudeuten gedrungen war) mit mehr als gewöhnlicher und pro- vocatorifher Wärme auftreten zu müffen, um wenigftens vorerit das ihm fubjectiv und objectiv entgegenftehende Eis etwas zu ſchmelzen und zu durchbrechen. 820. Wenn Herr Braun und defjen Freunde behaupten, e8 habe fie das an den Hoff'ſchen Malzertract erinnert: jo finden wir das von jenem Standpunkte aus nur zu natürlich. Die felbjtzufriedene Waldfeligkeit diefer Beamten-Partei der „gelernten Jäger,“ Die das „afademifche* Katheder der „überflüffigen Genauigkeit“ fo Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 37 gern verlappen möchte, damit die unbequeme Neinertrags-Forit- wiſſenſchaft nicht auf fie zum Durchbruch fomme: dieje it e8 eben, die den V. auch feinerfeits ftets an einen andern Extract erinnert hat; an jenen Extract nämlich von praftifcher Wahrheit, welchen der große jchottifche Wirthfchaftsdenfer Ad. Smith, der Schöpfer der Nationalöfonomie, unter anderem mit der Behauptung aufgeftellt: daß eigentlich der Staat als folcher gar feine wirthichaftliche In— duftrie jelbjt betreiben ſolle, weil in der Kegel defjen desfallfiges Beamtenthum jenes perfünlichen Spornes und Interefjes entbehre, das zur wirthichaftlichen Concurrenz und Blüte nöthig fei. Woran einer der neueſten nationalöfonomifhen Schriftiteller die weitere Auslaſſung fnüpft: „Unter die Zwede des Staates fällt hiernach die wirth- ſchaftliche Thätigfeit nicht. Und die Erfahrung läßt darüber faum noc einen Zweifel, daß diefe Thätigfeit in der Regel um jo fröhlicher und um jo erfolgreicher gedeiht, je weniger der Frei- heit ihrer Bewegung durch allgemeine Vorjchriften Schranfen an- gelegt werden. Die wirthichaftliche Thätigkeit eines Volks erfcheint darnad) unter gerade entgegengejetten Yebensbedingungen als die Thätigfeit und der Organismus des Staates.“ Mit ganz bejonderer Abficht citire ich diefe allgemein be- gründeten und anerfannnten Wahrheiten, um damit klar zu legen, wie e8 uns mit der vorigen Behauptung fern, weit fern, gelegen haben kann und joll, gerade nur gegen das Beamtenwefen unjers Standes einen fpecififhen Vorwurf auszufprehen. Hat V. aud) unter ihnen wenige, jo doch, wie er ſich mit Vergnügen jagen fann, unter diefen gerade feine Liebjten Freunde. — Warum allein jedoch ſollte die wirthfchaftliche Betriebfamfeit der Beamten des Waldes von jenem allgemein menschlichen Naturgefege eine exor— bitante Ausnahme machen? Hätte das Schidfal den V. anjtatt auf das Katheder einer Forftichule in das Forjthaus eines Waldes gejtellt, ev wäre ficherlich demfelben Naturgefeg verfallen; und kann e8 ſich als ganz wahrfcheinlic) denken, wie auch er im Vereine von althergebrachten Gewohnheiten und Ueberzeugungen, verbunden mit einigen andern in mehr gejchloffenen Ständen leicht einwirfen- den Einflüffen, ſich Hätte verleiten laffen, die hier und da ungewohnten Necepte der „Iharander-Forftapothefe” (wie einer unferer fehr 38 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. verehrten Gegner halb jcherz, halb ernjthaft fie bezeichnet) miß- verftändfic) und mißverſtimmt aufzunehmen; um fo mehr, als der betreffende Apothefer glaubte, mehr Salz dazuthun zu follen, als bei Vielen feiner verehrten Intereffenten nöthig war. — Niemals jedod) hat dieß Salz wehthun und den Fachgenoſſen ungerecht und verlegend entgegentreten jollen. Nie hat, jo weit ihm bewußt, V.'s forſtliche Kritif direct der wirthicjaftlichen Praxis, noch weniger deren Perſonen, fondern ledigli der Lehre und Schule gegolten, von denen jene ja hauptfächlich influirt werden. 8:21. Je mehr e8 aber in der Natur der Sacd)e liegt, daß alle fis- califche gegenüber der Privat-Induftrie fo Leicht, durch Apathie und Schwerfälligfeit an fih, an der Erreichung derjenigen Blüte ge- hindert wird, die für fie trog alledem noch erreichbar und nöthig ift; und jemehr namentlicd) da8 Staatswaldgewerbe aus nahe liegenden Gründen von jenem Naturgejeg am meijten beeinflußt zu werden in Gefahr ift: deſto mehr haben, denfe ich, wir Wirthfchaftslehrer defjelben auch die Pflicht, dahin zu wirfen, daß ihm vom Geifte folider Privat-Induſtrie das Möglichſte eingeflößt werde und bleibe. — War und ijt dies num, wie für unbefangene Lejer wohl faum verborgen, mit ein Hauptziel unfrer desfalljigen Schriften, fo haben wir e8 erfteren mum auch zu überlaffen, ſich irgend welche Gründe auszudenfen, die unfere Gegner veranlafjfen fünnen, gegen die Forſtwirthſchaft der obigen fieben Thefen (oder vielleicht mehr nur gegen deren Autor?) mit allen erlaubten und ich darf getroft jagen auch andern Mitteln zu Felde zu ziehen. AS zum Beifpiel. Der aufmerffame Leſer unferer forft- lichen Finanzrechnung wolle ſich erinnern, daß wir dafelbjt (zur Correction der in manchen unferer grünen Kreife mitunter merk würdig einjeitigen Urtheile) unter anderm auch in Bezug auf die volfswirthichaftliche Bedeutung des Streunutzungsweſens einen Tal in Erwänung und Berührung gezogen, den wir als eine reinfinanzwirthichaftlic; zwar motivirte aber unforſtliche Aus- nahme und eben deshalb, damit ja ein Mißverſtändniß nicht ent- ftehen fünne, mit dem ausdrücdlich zu diefem Zwecke erfundenen Namen „Waldfchindungsplan“ bezeichnet hatten. Trotzdem, Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 39 daß wir nun jowohl hierbei felbjt auf das veinforftlich Bedauer- lihe und Bedenkliche aufmerffam gemacht, als auch vorher im Kapitel der Forjtnebennutungen bei der Abtheiling „Streu“ gefagt hatten (ſ. „Forſtfinanzrechnung“ ©. 48 fg.): „Was in diefer Beziehung (d. i. der Nebennutungen) die Behandlung der in pofitiver wie negativer Beziehung wirthichaft- lich wichtigjten Streunugung anlangt, dürfte der finanzwirth- Ichaftlihe Waldbau, wie ©. 46 ſchon angedeutet, folgende Wahr- beiten zu berücjichtigen haben.“ „Eine foritmäßige Nachhaltswirthichaft kann und wird die Streu- nutzung nur da billigen, wo fie überwiegend finanzielle Vortheile und feine folden Nachtheile für die Bodenfraft hat, die fich nicht fpäter wieder befeitigen liegen (alſo bei veichem Vorrath an Humus und mineralifchen Nähritoffen im Boden). Ihr finanzwirthichaft- licher Werth ift mit Vorſicht und mit Rückſicht darauf feftzuftelfen, daß fie mit nur wenig Ausnahmen die gegenwärtige und fünftige Holz- produktion der Bejtände ſchwächt und ihre Wiederaufforftung bedroht. Es kann rationell fein, den Wald nur oder doc hauptfächlich auf Streu zu bewirthichaften; dann und dort nämlich, wo das Holz fehr niedrig umd die Streu ſehr hoch im Preife fteht. Der Boden freilich verarmt, und die Holz- und Streuproduftion der Fünftigen Umtriebe muß abnehmen. Aber e8 gibt Fälle, wo die Nutzung auf Streu während eines einzigen 60 jährigen Umtriebes einen größern Anfangswerth hat, als die Holzerträge aller Fünftigen Umtriebe. Hier ſoll man bedenken, daß der Waldbefiter auch im Rechte it, wenn er angefichts folcher Verhältniffe als Rechnungs- bafis aufjtellt: „„Streu iſt meine Haupt-, Holz meine Neben- Nutzung. Jene hat mir während 60 Jahren den ganzen fünftigen Wald bezahlt und fomit gleichſam gejchenkt; und wenn er ſpäter auch noch fo wenig ertrüge, auch dieß Wenige ift Gewinn. Ihr Vorftleute nennt folhen Raubbau mit Recht unforftmännifh. Ic aber nenne Euern Schonungsbau unmwirthfchaftlich, und behaupte, ebenfalls mit Recht: weil es mein Princip fein muf, meinem Boden die höchjten Renten abzugewinnen. Ihr habt Vorliebe für ſchön aus- fehende und fchlecht ventirende Waldung; ich für's Umgekehrte.““ — Können wir dieß Räfonnement abfolut fchelten? dem Manne 40 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. feine Wirthfchaft verargen? Ich glaube nicht, wenn wir nicht ein- feitig und unrichtig handeln wollen.“ „Doc möge der fo räfonnivende Waldbefiter bedenfen, daß diefe feine Schluffolge für ihn häufig blos dann eine praftifde Wahrheit ift, wenn feine Ummwohner thöricht genug find, ihm die Streunugung gut zu bezahlen. Ich ſage „thöricht“, weil der land- wirthichaftlihe Werth der Waldſtreu meist gewaltig überfchätt wird. Es fteht ziemlich feit, daß man von dergleichen 1O—12 Wagen einfahren müffe, um das Einftreumaterial zur Produftion von fo viel Dünger zu erhalten, der der Wirfung von 1 Gentner Guano oleichfommt. Um alfo ein Paar Thaler Düngfraft aus dem Walde zu entnehmen, ſchwächt man nicht nur deffen Produftionskraft, oder bezahlt (al8 Streurehts-Käufer) diefe Schwächung, fondern wendet auch noch 15—20 Thlr. Erntefoften (bei 6 Gr. Weiber- und 11 Thlr. Gefchirr-Tagelohn für jene 10—12 Fuder) auf. MWiendthigijtespdaher, daß Der, weldher Streu nugt, um fie in feiner Landwirthſchaft zu verwenden, die verborgenen Verluste folher Mißwirthſchaft durd rationelle Berehnung an’s Tageslicht ziehe.“ Zroß alledem aber halten e8 die Herren Oberforftbeamten Bofe, Jäger u. 4. der Wahrheitsliebe entjprechend, jener „klaſſiſchen Waldfhindungsplan“ fort und fort dem Publikum als eine wefentlihe und Hauptfonfequenz unſerer Wirthfchaftslehren vorzufpiegeln *). $ 22. Das aber ift noch lange nicht das ſchlimmſte Mittel, durch welche diefe Partei das öffentliche Urtheil ivre zu führen bedacht ift. — Jede Seite und jeder Winfel unferer früheren Hefte (1—3) und fonftigen Schriften — namentlich auch jene vorn genannten drei Hauptartifel: „Zur Verftändigung über Grund und Ziel und Weſen des Reinertragswaldbau’s* im Yahrgange 1860 der Allg. Forit- und Jagdzeitung — geben die unzmweideutigfte Kunde davon, daß wir die höchſte Nentabilität, wo immer nur möglid, (ediglich auf dem Grunde der höchiten forftlichen oder Maffen- *) Bol. Bofe's letzten Auffag im Supplement der Forft- und Jagd— zeitung 1882. Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 41 Intenfität ernoivthfchaftet wifen wollen. Bon den zahlreichen auf dies Ziel hinftrebenden Stellen unferer Schriften gejtatten wir ung — aufer dem deutlichſt ausgefprochenen Grundprincipe derjelben *) „Mittels Holzproduftion die möglich größten Rein— erträge auf dem Waldgrunde zu erbauen" — nur die eine herauszuziehen, die fid) auf S. 155 unferer Forftlichen Finanzrechnung befindet und alfo lautet: „Im volfs- und ftaatswirthfhaftlidhen Intereffe aber hat in diefer Beziehung die forjtlihe Wiſſen— haft und Kunſt die Aufgabe, eine derartige Erzeug- ungs-, Nutzungs- und Preisgeftaltungsweife in Sachen der Holzproduftion anzuftreben, daß der Um— trieb des höchſten Reinertrags (oder die wirthidhaft- lihe Haubarfeit) und der Umtrieb des höchſten Holz mafjfenertrags (oder die „forſtliche“ Haubarfeit) in eine und diefelbe Altersepodhe oder doch möglichſt nahe fommen; indem es im volkswirthſchaftlichen Sntereffe liegt, das Holzbedürfniß auf dem kleinſten Raume zu befriedigen und überhaupt die Holzwirthichaft fo zu gejtalten, daß die höchſte Mafjenproduftion der Fläche mit deren höchfter Neinertrags-Sahresproduftion Hand in Hand gehe und nicht in fo grellen Wider- fprüden ftehe wie oft bisher.“ U. f. w. U. f. w. Aber Herr Bofe und deffen Partei (ſ. das foeben erjchienene Braum'ſche Pamphlet) hält das nicht ab, uns die „volfs- und, ftaatsgefährlichiten“ Forfttendenzen und unforftlichiten und geradezu bodenlofeiten bloßen Bodenwirthichaften zu vindieiren. Demgemäs hat Bofe in feiner jüngften Kundgebung (f. deijen im Vorwort erwähnten Artikel) auch eine vereinigte Feld- und Hutungs- und Waldwirthſchaft erfunden, wobei das Vieh die gepflanzten Kulturen regelmäßig wieder ruinirt; jo daß ſchließlich als Erfolg von 10 Thlr. forſtlichen Kulturkoften nah 60 Yahren nur ein Beſtand von 46 Thlr. Werth vorhanden! Und derlei willkührliche Mißgeburten *) Bol. Nationeller Waldwirth 1. Heft; allwo B., Entjtellungen vorausfehend, diefe unterfte Bafis vier volle Seiten lang, (S. 27—31), theilweis mit fettgedrudter Schrift, auf das eingehendfte hervor- gehoben. 42 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. in mehrfachen Variationen glaubt Bofe aus unjerm „Wadbau“ des höchften Neinertrags oder höchſten Bodennutzeffekts ableiten und als correcte Konfequenzen unferer desfallfigen Yehren dem Publikum auftifchen zu fünnen!? S 23. Mehr noch! Obgleich aus dem weiter unten zu erwähnenden Normalwalde Bofe’s, wie aus dejjen ganzem Buche aller Orten deutlich hervorgeht, daß derjelbe vor dem Studium unferer Werfe, und felbft bis vor furzem noch auch nach demfelben, von der Theorie eines 31/2—4 procentigen Gleichgewichts der Forſtwirthſchaft noch feine Idee gehabt: hält ihn das doc nicht ab, einen nad) diefer Theorie des nationalöfonomifchen Gleichgewichts fonjtruirten Nor- malwald, alfo unfern Normalwald, als Mufter und fo hinzu— ftellen, daß jeder Yefer verführt werden muf, zu glauben, das fei der Normalwald des Bofe’fchen Forftiveals, und die nachfolgenden Mißgeburten feien die des unſrigen; und — mehr noch — hält ihn nicht ab, mit einer Unerfchrodenheit, für welche ich feinen par- lamentariſchen Ausdruc habe, die jo überall und überaus deutlich zu Tage liegende thatfächlihe Wahrheit dergeftalt auf den Kopf zu ftellen, daß er S. 17 jener Abhandlung*) zu fchreiben ſich ge- ftattet: „Hätte Vrefler, fich mit dem einen Fuße auf das Diluvium, mit dem andern auf das Antedilupium jtellend, feine Vorſchrift dahin ausgejprodhen: „„Bringt eure Wirthichaft möglichſt jo in das finanzielle Gleichgewicht, daß bei jedem Jahresschlage die End- werthe der Nugungen den Endwerthen der Ausgaben, die finanziellen Bodenwerthe den effectiven gleich find, wirthichaftet jedoch jo, daß gleichzeitig auc ein möglichſt höchſter Durchfchnittsertrag erzielt wird““ — anftatt unter allen (?) Umständen die möglichjte Steiger- ung der Bodenrente durch eine raffinirte Ausübung frühzeitiger Bornugung anzuempfehlen: jo wirde doch mindejtens ein Theil des offenbaren Widerfinns aus deffen Syſtem verſchwunden fein.“ Wir bitten diefen Einen Sat, der nur ein fleines Pröbchen gibt vom NKarafter der im deutfchen Staatsforſt— wirthfchaftswefen uns fo mannigfac gegenübergetretenen Op— *) Supplement der Forft- und Jagdzeitung 1852 oder V. Band 1. Heft. Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 43 pofition, zu vergleichen nur mit dem Einen Sat, den wir ©. 41 citirt. Sollten Herr Oberforftrath Bofe und defjen Freunde foldhe und ähnliche Entjtellungen wirflih in Treu und Glauben an die Güte ihrer Sache, und ſonach in ihren desfalljigen Schriften nur einen Kampf gegen felbitgejchaffene Gefpenjter, zu Tag gefördert haben: jo wäre allerdings gegründete Hoffnung vorhanden, daß mit der gegenwärtigen und künftigen Beleuchtung jener eigenen Phantafiegebilde ſolch ein Kampf unferer fortlichen Literatur ferner- bin wohl erfpart bleiben werde. Indeſſen fühlen wir uns aus mehrfachen Wahrnehmungen veranlaft und verpflichtet, folche Hoff: nungen bei den Freunden eines gefünderen und friedlicheren Fort— ſchritts auf unferm grünen Gebiete nicht zu ſtark Wurzel faffen zu laffen. Es fei denn, daß ſich bald andere und namhafte Forit- wirthe im Intereffe des Fachs bewogen fünden, den B. nicht mehr jo einfam zu Laffen in dem Kampfe gegen fo Biele umd gegen mit folhen Mitteln Kämpfende! *) S 24. „ber, werden Andere jagen, in Deinen früheren Schriften deutet Du ja ſelbſt wiederholt hin auf eine mehrfach nöthige Herabfegung der Umtriebe und damit doc) felbjtverjtändliche Berringerung der Waldrenten und Forjtfajjen?!* Betrachten wir diefen Einwand mit dem Auge eines volfs- wirthfchaftlich unbefangenen Forjtwirths etwas näher. Und nehmen wir in der That einmal an, daß die Forfteinrichtung nad) den Principien des höchjten KReinertrags für irgend eine Wirthichaft wirf- lich beträchtlich hinter der Umtriebszeit und Natural-Inten- fität der alten Lehre (der abſolut-höchſten Waldrente) zurücbliebe. Denken wir uns alfo beifpielsweife eine Gemeinde oder einen jener privaten oder auch fisfalifchen Waldbefiger, deren Forjtwirtbichaft ein „Praftifer“ der alten Schule, z. B. Herr Oberforftrath Bofe, nad) dem Ideale organifirt hat, das derfelbe in feinem vielberufenen *) War bereits gejchrieben, ehe uns (Anfang April) Herrn Geitel’s Aufſatz (Märzheft der Forſt- und Jagdzeitung) zu Geficht gefommen, den wir jedoch ;. 3. nur ala einen fachlich noch jehr fernftehenden, wenn auch per- ſönlich gerechtern, Mitfämpen begrüßen können. 44 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. Werke als die volkswirthſchaftlich- normale der unfrigen gegen- übergeftellt. In diefem Bofe’fhen Normalmwalde (f. Bofe, Beiträge ©. 8—34) liefert nach deffen eigenem jehr fpeciellen Nachweife der SOjährige Beftand pro heſſiſchen Morgen einen erntefreien oder Nettowerth von 4669 Werthseinheiten (erntefreien Scheid- fubiffußen & Y/s II. ca.) und produzirt bis zum 120. Jahre (welches Abtriebsalter Herr Boſe auf Grund reichhaltiger Formeln und Polemik vertheidigt) inchufive verzinfter Zwifchenerträge 7337 Werthseinheiten; wirbt alfo 40 volle Jahre lang mit nur 1,19/o feines bloßen Holzfapitals; umgerechnet der inzwifchen verlorenen oder bei diefer Berechnung als gänzlid unpro- duktiv außer Betracht gelaffenen 40 jährigen Boden-, Steuer- und Verwaltungsrente! Und indem ein deutfcher Oberforjtrath der Gegenwart (zugleich einer der tüchtigjten mechanifch-mathe- matifchen Denker und Rechner der heutigen Staatsforjtwelt, aber ganz und gar verfunfen und verzaubert in den Geift der alten Normal- waldstheorie) ganz correct zu handeln glaubt, wenn er diefe feine „Mufterwirthfchaft” zur Hauptachje feines Gegenwerfes und dieß Gegenwerf zu einer fyftematifchen und vernichtenwollende Kritif unſerer Forftwirthfchaftstehren zu machen fich bemüht: fügt derfelbe an gleicher Stelle, wo er (unter oben markirten Preisverhältniffen und Reinerträgen trogdem!) für den 120jährigen Umtrieb platdirt, auch noch den dritten Fehler hinzu, zu behaupten (Bofe ©. 34): „Durch das Vorftehende dürfte mathematifh nachgewieſen fein (?) welch hohe Bedeutung (?)der arithmetiſche Durchſchnitts— ertrag für den Nachhaltsbetrieb hat, und daß unfer feitheriges auf denfelben gegründetes Syitem der Waldbehand- lung es auch nicht im entfernteften verdient, mit ſolcher Geringſchätzung über Seite gefchoben zu werden, wie e8 von Herrn Prefler in dem rationellen Waldwirth verſucht worden ijt.“ Ob aber letterer nicht auch heute, und zwar heute (nad) Kundwerthung des Bofe’fchen Werkes) erſt recht, im vollen Rechte er- fcheint, jenes gethan zu haben und auch ferner noch zu thun, wollen wir getroft dem wirthſchaftlichen Yefer überlaffen; vollends aber . jener Bofefhen Normalwirthfchaft gegenüber, deren oben ziffer- recht oder wenn man will ebenfalls „mathematijch“ nachgewiefener Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 45 Karakter ja fo einfach und deutlich zeigt, welch eine Mißwirth— Schaft die alte Normalwaldstheorie zu ſchaffen ver- mag; und wie gerade diefes Boſe'ſche Hauptmufter geeignet ift, das reinste Gegentheil von dem zu beweifen, was fein Autor aus ihm herausdemonftrirt; und in der That auch geeignet, zu beweifen, wie wir durch eigenfinniges Fefthalten an folcher wirklich „grauer“ Theorie und Praxis unfere jo nothwendig grüne Wiffen- Schaft und Schule vor aller wirklich wirthſchaftspraktiſchen Welt nur eompromittiren fünnen. Ein faum geringerer Trugihluß tft es, wenn Oberforſtrath Bofe bier- bei den von ihm auch anderwärts ſehr accentuirten Sag: „Daß im Normal- walde nach jeitheriger Theorie die Summe der Jahresrenten aller Einzeljchläge gleich fei dem aus dem Durchſchnittsertrage abgeleiteten Waldertrage“ ala einen ſolchen hervorhebt, der praftifche und wirthſchaftlich e Bedeutung und Hohe Beweiskraft habe: umd zwar erſtens fiir die Nichtigkeit der Zinfeszinfen umd zweitens für die Richtigkeit des alten Normalwaldes und drittens für die Unrichtig- feit unferer Oppofition gegen letstern. — Wir dagegen müffen vom praktiſchen Standpunkte aus die desfallfigen Boſe'ſchen Lehren einestheils fr ganz be- deutungslos, anderntheils für geradezu faljch und im Ganzen einfach für eine theoretifhe Spielerei erflären. Denn nicht nur gelten fie in gleichen Grade für unfern Normalwald des 3 und Aprocentigen Gleichgewichts, jondern überhaupt für jedwede irgendivie behandelte Schlagreihe; aljo für jedwedes, auch das unſinnigſte Umtriebsalter und jedweden, auch den unſinnigſten Zinsfuß, alſo auch filr jedwede noch jo tolle Wirthſchaft. Und diefe theoretiichen Selbfttäufhungen des Herrn Oberforftrath Bofe konnten wirklich jo viele wifjen- ſchaftlich gebildete Praftifer für „praktiſch durchſchlagend“ finden? und konnten 3. B. den Herrn Forſtdirektor Jäger in den Grunert'ſchen Blättern zur wunderlich⸗ feurigen Ausfällen gegen die ſtandfeſteſten Grundlagen unſeres Werkes ver— führen! — Und nicht viel beſſer verhält es ſich mit dem von Boſe ſo vielfach wiederholten Tadel, daß wir den „Durchſchnittsertrag“ jo häufig in der bisher gar nicht gebräuchlichen Weiſe unter Zurechnung der verzinften Borerträge angewendet; und daß wir aljo von dem (jo ſchwierigen)) Begriffe des Durch⸗ ſchnitisertrags gar feine klare VBorftellung zu haben jchienen. Die unſchuldige Freude diejer Heinen Einbildung wollen wir Herrn Boſe bis zum nädjften ordentlichen Heft unferes Werkes noch lafien, wo mir dann zeigen werden, welchen praktiſch-klärenden Werth auch diefer zweite (häufig, nicht aber immer) von uns gebrauchte Ausdrud des Durchſchnittsertrags mit ſich flihrt. g 25. Setzen wir nun weiter den Tal, daß dem obigen Walde fein, oder doch nur ein geringer und nad) ©. 31 fg. einflußlofer, dritter Zuwachs zur Seite fteht; einflußlos vielleicht deshalb, weil fein Beſitzer feine Holzfapitale gegen andere Kapitalanlagen vertaufchen will, die ebenfalls einen ähnlichen Werthszuwachs befigen (©. 32). Seen wir demnach den Fall, daß diefer Wald 1200 hefitihe Morgen groß, und daß fein forftwirthichaftlich aufgeffärter, durch die hohe 46 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. Sefammtrente (= 80130 Werthseinheiten *) = 10000 Fl., inclu— five Berwaltungs-, Steuer- und Kulturfoften, alfo — nad) !/s Abzug dafür — etwa 8000 FI. netto) nicht mehr geblendeter Beſitzer befchlöffe, einem rationellen Neinertragsforjtwirthe die desfalffige Modifikation feines Forjtbetriebes zu übertragen. Diefer, er- fennend, daß die Beftände diefes Boſe'ſchen Normalwaldes fchon vom 70. Jahre ab faule Gefellen find, indem fie im 70. Jahre 3760 Werthseinheiten und im SO. nur 4386 + 285 = 4669 er⸗ r tragen, alſo nur noch ein w=(a+b) von ca. 20/ beſitzen, (ſ. S. 26fg.); gleichzeitig aber erwägend, daß der 80jährige Umtrieb bei Einführung eines lohnendern Nutzholzbetriebes trotzdem der ange— zeigtere ſei — führt demgemäs mit der nöthigen Um- und Vorſicht, d. h. mit entfprechender Berücjichtigung der Bodenfraft und Wieder- aufforftung und der Holzpreisbewegungen (wie wir bereit8 in den „Anwendungen“ der Foritfinanzrechnung gelehrt) ftatt des 120 jährigen den SOjährigen Umtrieb ein. Er macht dadurch 400 Morgen faulwerbenden Holzfapitales, & Morgen mit mindeftens 700 SI. Keinertrag und fomit 280 000 Fl. in Summa, fleifiger; indem diefelben nun zum mittleren Zinsfuße, zu anderen volfswirthichaft- fichen Produktivzwecken angelegt, 11 200 FI. Rente abwerfen. Auf den allmälig frei gewordenen 400 Morgen gründet er nun eine Nutzholzwirthſchaft im Sinne unferer jtaatsgefährlichen „Immediat- eingabe“ (©. das folgende Flugblatt); und kann es ihm dabei auf mittelgutem Buchenboden, wie jener Wald nad) Boje's eigner An— gabe offupirt, und für dort (in der Nähe des Rheins) nicht ſchwer fallen, dabei 4—5 Fl. Bodenrente zu erwirthichaften. Nehmen wir nur erftere Ziffer; fo vepräfentirt dieß (Herr Bofe wird wieder jagen: „aber blos auf dem Papiere“) für jeden merfantififch ge- flärten Wirth eine reelle weitere Kente von 4>< 400 = 160081. — Iſt der neue Forfteinrichter nun ein fonfequent „rationeller”, jo wird er auf dem übrigen 2/3 Waldareal defjen reine Buchen- wirthſchaft (die nach Herrn Boſe's wunderbarem Selbftbefenntnig ja nur 1% MNutzholz giebt) ſelbſt in 80jährigem Umtriebe als reinen Buchenwald nicht fort, fondern in eine folche über-führen, *) S. Bofe Beiträge ©. 14—17. Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 47 die die Buche mehr nur im Intereffe der Bodenkraftsbereicherung und etwaigen fpecififchen Bedarfs an Buchenholz beibehält. Ans genommen aber, er wäre nicht ganz fonfequent umd behielte auf den verbliebenen 800 Morgen den reinen Buchenhochwald im SOjährigen Umtrieb bei; fo gäbe letztrer doch einen Nachhaltsertrag (Boſe ©. 15) von 54 840 Werthseinheiten & 1/s Fl. — 6850 Fl. erntefrei, oder (wie oben nad) Ys Abzug) ca. 5500 Fl. Netto. Jener nad) dem Ideale der darmftädtifhen Schule eingerichtete Wald lieferte alfo dem heffifchen Volfshaushalte an jährlichen Werthen 8000 Fl. — Man laſſe nun uns ihn einrichten oder modificiren! Was liefert er dann feinem Befizer und Volkshaushalte? Laut oben: eritens 11 200 Fl. durch Bertaufchung feines unproduftiven Kapitaltheils gegen Produftiv- fapital, und außerdem noch zweitens und drittens 1600 +5500 = 7100 Fl. an Boden- und effefttv verbleibender Waldrente. In Summa alfo 18300 FI. Alfo weit über das Doppelte, Der „unpraftifche“ Reinertragsforftwirth hat aljo die Stellung und Bedeutung diefes Waldes, den derfelbe im Gebiete der Güter- erzengumg des heſſiſchen Volks- und Staatshaushaltes vorher ein- nahm, um mehr als hundert Procent gehoben! Und während dieſes Waldes, wenn ich fo fagen fol, forftfinanzielle Inten— fität von 8000 auf 7100, alfo um 900 #1. gefunfen: iſt feine volkswirthſchaftliche um 10300 Fl., alfo um das mehr als zehnfache diefes (Lediglich nur holzigen) Verluſtes geftiegen! — Dabei war jedoch nur das Drittel defjelben als umge- wandelt angenommen und auc von diefem Drittel zunächſt nur deffen Bodenrente mit 1600 FL. in Aufrehnung gebracht. Nun aber denfe man fich noch diefe letztere Wirthichaft in der Geftalt eines normalen Nachhaltswaldes, wie wir ihn im nächjten Flug— blatte als das Ziel der verfegerten „Immediateingabe“ zeichnen werden; und etwa im 70 bis SOjähr. Umtriebe; und dabei, bei 5 bis 6 Morgen Schlanfläche, 1000 bis 1200 FL. Reinertrag pro Morgen gewährend. Dann hat fich diejes übriggebliebenen „maltraitirten“ Waldes Gefammtrente auf 5500 + 6000 d. h. auf circa 11 000 FI. gehoben. Seine rein forftliche Intenfität ift alfo jpäter, wenn wir ſolche nicht blos nad) der rohen Mafje jondern nach ihrem eigent- fichen wirthſchaftlichen Nuteffecte bemeffen, ebenfalls gegen früher 48 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. nicht unerheblich, und etwa um mehr als das Drittel gefteigert worden. Und felbft wenn letteres nicht der Fall, wenn fogar der Ipecififfche Forftertrag verringert wäre, in forftlich unbefangenem und volkswirthſchaftlichem Yicht betrachtet, müßten wir ung immer freuen, dur Einfithrung folcher Reinertragswirthichaft, des Be— fitter8 Einkommen und das National-Vermögen um jo und fo viel erhöht zu haben. S 26. Nur abfolut verholßte und nationalökonomiſch unklare Leute fünnen in der That ernfthaft dem Wahne nachjagen, daß lediglic) die Erträge aus dem Holze allein, in irgend einem Staats- und Bolkshaushalte, die Kaſſen nachhaltig fett und feitzuftellen ver- mögen. In noch frappanterer Weiſe aber, wenn gleich nad) dem Be- wiefenen faum noch nöthig, wird das, was wir in den bereits erfchienenen drei Heften des „Rationellen“ von den Wirkungen feines „Wirthfchaftsideals" gegenüber dem des „höchften und werthvollſten Naturalertrags“ zu verheißen ung berechtigt glaubten, beftätigt: fobald wir aus der Beitandswirthfchaft des Boſe'ſchen Mufterwaldes nach) 3Y2 Procent den Reinertrag berechnen, den derfelbe dieſem mittelguten Buchenboden abzumirthichaften ver- mag. Jeder, der ein bischen Zins- und Rentenrechnung verfteht, fann aus den Nachweifen Bofe’s leicht nachrechnen, was übrigens der letztere (S. 84) felbft zugeben muß, daß nämlich in folchem Falle diefer wirthſchaftliche () Bodennußeffect ein nega- tiver ift! Wenn wir alfo früher erklärten: „Denn e8 gibt nicht wenig Wälder und Wäldchen, deren Productions- und Abfagverhältniffe der Art find, daß durch Einführung des Neinertragsbetriebs die dermalige Rente ihres wirthichaftlihen Grundcapital® auf noch mehr als das Dop- pelte, ihre Bodenrente dagegen nicht felten auf das mehr als Zehnfache gejteigert werden kann.“ jo fieht man wohl ſchon aus vorftehendem, vom B. nicht gefuchten, jondern ihm von der Oppofition entgegengetragenen Beifpiele, daß derjelbe mit obiger Verheißung fich in der That noch ziemlich Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 49 fohüchtern ausgedrücdt hat. Denn mathematisch genau genommen wäre gegenüber einer negativen Bodenrente felbft das Wort „unendlich“, jtatt „zehnfach“, noch nicht genügend. Und in fofern diefer Boſe'ſche Mufterwald , ſelbſt zu nur 3 Procent caleulirt, nur 0,06 Fl. Bodenrente zu erwirthichaften vermag, würde fo- gar auch in dieſem Falle das „Fünfzigfache“ correcter fein, als unfer befcheidenes „Zehnfach;“ über welche Verheißung als über eine „ſchwindelhafte Phraſe“ ſchon Mancher, der nur im Sinne unferer alten Forſtwiſſenſchaft zu denken und zu rechnen gewohnt war, feine Gloſſen zu machen fich berechtigt glaubte. Ss 27. Wo alfo nun wären wohl jener „Unverfjtand und Eigen— nuß“ und jene „Xeerheit“ (der Cafjen) und jene Oberfläd- tichfeit (der Wirthichaft) und alfe jene Gefpenfter zu fuchen, die den Geijt der Darmftädter Herren umd ihrer Freunde anfpornen, gegen eine Forjttheorie anzufämpfen, die lediglich darauf gerichtet und jo ſchön geeignet it, unfer Fach, mit allem was drum und dran, auf eine nach innen wie außen (techniſch wie nationalöfonomifch) gleich tadelloje und jedenfalls höhere Stufe zu heben? Wenn man in bewegten Zeiten in Heſſen (und vielleicht auch andersiwo) mit, wie wir gern glauben, wirklich Eurzfichtiger Geld- und Habjucht die Holzjchläge übergriffen: hat man denn etwa da im Geiſte unjerer wijjenfchaftlichen Neinertragswirthfchaft gehandelt? Nicht jelten wahrfcheinlich gerade ihm entgegengeſetzt. Und thäte man derlei wieder, und glaubte fich dabet auf uns berufen zu fonnen: wären wir wohl in der That verantwortlich dafür? Kann man den Arzt bejchuldigen, deſſen Necept man fälfchlic) anwendet? Wozu haben wir fir unfere forftlihen Ober- und Unterauffeher den „afademifchen Unterricht,“ den freilich Herr Braun wegen feiner „überflüffigen Genauigkeit“ und Klärung in feinem heffifchen Walde nicht gebrauchen zu fünnen vermeint? Mean beweife den wirklich „unverjtändig“ habfüchtigen Gemeinden u. dal. ordentlich forjttehnifch und rehnungsrecht das waldbaulich wie volfs- wirthſchaftlich Unrichtige ihrer (dann alfo wirklich) unangemeffenen Forderungen oder Handlungen: und man wird überall nicht blos correcter, ſondern auch) jegensreicher wirfen. 4 50 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. Wie aber unfere Herren Gegner letteres zuwege bringen wollen bei gleichzeitiger Desavouirung — felbjt der Brincipien und des Geistes — der für fie ganz „überflüffig genauen“ Klarlegung des „Jogenannten“ vationellen Waldwirth's: das wollen wir mit gebühren- der Bejcheidenheit lediglic; deren größerem Scharfjinne überlafjen. Nur wolle diefer Scharfjinn nicht überjehen, daß ein Forſtmann, der nicht blos das „jogenannte rationelle“ Wirthſchaften, jondern auch das „jogenannte rationelle“ Rechnen für überflüfjig hält, überall Gefahr Läuft, leicht vom fchlichtejten Yaien blamirt zu werden. Wir haben, um unfern Lange vergeblichen Anftrebungen endlich einmal einen wirfjamen Accent aufzufegen, feiner Zeit in der Allgemeinen Forſt- und Fagdzeitung an einigen theilweis aus dem frifchen Leben gegriffenen DBeifpielen die draftifchen Verlegenheiten nachgewiefen, in die (und dann wahrlic nicht zur Verherrlichung unfers Standes und unſrer Schulen) derjenige Forjtbeamte fom- men kann, der B.'s Lehren und Warnungen in den Wind fchlägt. 8 28. Zur Illuſtration diefer von den Herren Oberforjtleuten in Darmitadt fo eifrig verfochtenen antivationellen Richtung noch Ein Erempel beizufügen, dürfen wir uns aber nicht verfagen: ein Erempel nämlid) aus der jüngften Zeit; das zugleich auch niemand beffer fennt, als die Herren Bofe und Braun jelbft. Ob wir auch im Speciellen ganz genau berichten, wollen wir nicht behampten. Das wejentlichjte der Sache glauben wir aber werbürgen zu fünnen. Eine heſſiſche Gemeinde hatte 27 Morgen durchſchnittlich 150- jährigen Eihwald, jtocend auf bejtem Ackerboden. Vielleicht hatte diejelbe aud; etwas Wind vom „Reinertragsjchwindel“ erhalten ; furz der „Unverftand und Eigennutz“ fam vor 2 Jahren über fie; fie wollte dieß Holzcapital verfilbern und das Areal als Feld— boden verpachten. Ihr desfallfiger Plan Teuchtete der politifchen Administrativbehörde — ich glaube, fie heißt dort Kreisamt — als volkswirthſchaftlich richtig ein. Das Oberforftamt aber jagt: „Quod non.“ „Auch find blos 150 Jahr alte Eichen jedenfalls nad) nicht haubar“ — „haben ja ihren höchſten Durchſchnitts— zuwachs noch nicht erreicht.“ Die forftgelehrten oberforftamtlichen Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 51 Gutachten und Berechnungen wurden aber weder von dem gemeinen Rechnungsverftande diefer Gemeinde nocd auch von dem des Kreisamts für richtig erkannt. Letztere beide vecurriven und er- bieten ſich oder gejtatten auf desfalljigen Vorſchlag, daß der Ka— pitalerlös (ganz oder theilweis?) zum Ankaufe fchlechteren Bodens und Gründung neuen wirthichaftlich gevechtfertigteren Waldes ver- wendet werde. Kurz, nach wiederholten Nefurriren von beiden Seiten an die oberjte Staatsbehörde (das Minifterium) muß end» lic) das Oberforſtamt nachgeben. Das erſte Drittel (9 Morgen) diefer „wirthichaftlich noch nicht reifen“ Beſtände wird abgetrieben und liefert: 15000 Fl. Reinertrag und 270 FL. jährlichen Boden- pacht! — Daß die Gemeinde dieß Holzcapital wenigjtens zum Theil zum Ankauf und zur Kultur von einer vielleicht wefentlich größeren Fläche Waldboden zu verwenden angehalten worden iſt, finden auch wir jtaatswirthfchaftlich ganz correet. Und um Nie- mandem Unrecht zu thun, vermuthen wir, daß dieſe Masregel wohl ſchließlich noch vom Dberforftamt angeregt und durchgefekt worden ift. Immerhin aber auch dann fünnen wir nicht finden, daß durch derlei Rechnungen, wie fie Die Herren Boſe und Braun durch ihre Schriften vecommandiren und welche zu allerlei ähn— lichen Conflicten führen müffen, weder der Nimbus noc) der Eine fluß des foritlichen Standes gehoben werden fünne. 8:29. Lebhaft erinnert mic auch das eben erzählte DBeifpiel an einen Beſuch, den mir vor einigen Jahren der politifche Bormund einer waldbefigenden Gemeinde machte, welcher mit der Frage an mich herantrat, ob wir denn auf unſerer Forſtakademie auch rechnen lehrten. Etwas verwundert über dieſe halb ironijche halb ernjthafte Frage, bat ich um näheren Auffhluß; worauf ich zur Antwort erhielt, der Frager jei von einem unparteiifchen Forſt— mann an mich gewiefen, um fid) Rath zu erholen, über einen Gonfliet, in den er Namens der Gemeinde mit deren forjtlichen Bormund, einem fol. X'ſchen Oberforſtmeiſter, gerathen fei. Die Gemeinde fünne einen auf gutem Aderboven ftehenden, zur Zeit als Niederwald behandelten Theil ihres Forſtes mit 8 Thlr. Boden— vente pro Ader und Jahr verpacdhten. Der forftlice Curator 4* 52 Kapitel 2. Zur Hauptfrage. wolle ihr aber das verweigern auf Grund des Nachweijes: daß, wenn fie auf diefem Areal eine SOjähr. Fichtenwirthfchaft gründe, diefe ihr pro Ader 800 Thlr. Reinertrag, alfo pro Jahr 10 The. Durcfchnittsertrag und fomit 25 %% mehr gewähre. Nun aber habe er den Irrthum diefer Rechnung zwar felber gleich eingefehen, da ja dabei (al8 ausſetzenden Betrieb gedacht) die in- zwifchen 80 Jahre lang verloren gegangene Bodenrente, oder aber (als Nachhaltsbetrieb gedacht) ſolche LO Thlr. Waldertrag doc) nicht blos Bodenrente fei, jondern Rente von Boden- und Holzcapital. Soviel wenigftens habe er durch feinen Verkehr mit der Yand- ventenbanf gelernt. Da er aber nicht gewagt, einer ſolchen Forſt— autorität gegenüber auf eignen Füßen aufzutreten, habe er meinen „rationellen Forſtwirth“ ftudirt und jei nun feinem technifchen Gegner mit Hinweis auf mic) beherzter auf den Leib gerüdt. Der nım habe ihm gejagt: „Was geht mic) Prefler an; der iſt für uns Forftleute gar feine Autorität; der ift ein bloßer Theo— retifer und überhaupt gar fein eigentlicher Korftmann.* Und nun — ſo fügte der Erzähler Hinzu — nun wäre er nad) Tharand hergefommen, um ſich Aufſchluß zu verfchaffen, wie e8 möglich) fei, daß im Forftwejen jo ganz zweierlei Rechnung — oder vielmehr hier Rechnung und dort feine — jtatthaben und wie er feinen rechnungsfeindlichen Gegner am wirffamften aus dem Sattel heben fünne. — Sch gab ihm natürlich den Rath, in feiner Eigenjchaft als Beamter gegen Beamten, dabei mit thunlichjter Schonung zu verfahren; und zu bedenken, daß die Forſtwiſſenſchaft und deren Schule erſt anfange, wifjenjchaftlic) zu werden; und daß die alten gemüthlichen Jäger und Waldfreunde eben auch Kinder ihrer Zeit jeien. Und je weniger diefe alten Herren von einer wijjen- ſchaftlich und namentlih nationalökonomiſch durchgeifteten Forftwirthichaft einen rechten Begriff hätten, defto weniger könne man es ihnen auch verargen, wenn fie dächten, daß nur Derjenige, der die mehr Handwerfsmäfige Seite des Forftfaches, als 3. B. das Pflanzen und Abpoften und dergl., praftifch exercire, auch nur die Fähigkeiten beſitzen fünne, die tiefen Kunftgeheimmiffe ihrer Waldpraris richtig zu begreifen und zu handhaben. — „Denken Sie, mein lieber Freund, wenn Ihnen ähnliches wieder entgegnet wird, an den weifen Spruch des Dichters: — Im engen Kreis Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 53 verenget fi) der Sinn — und laffen Sie fic ferner durch Feine noch jo altehrwürdige Forftautorität durch blofe Phraſen irre machen an den begründeten Wahrheiten meiner Lehren; außer man weit Ihnen mit überzeugenden praftifchen und wiffen- ſchaftlichen Gründen nach, daß ich an der einen oder andern Stelfe wirklich geivrt habe; was mir al8 einem Unterthan der menſch— lichen Natur wohl auch pafjirt fein fünne, jedoch wohl aber faum in irgend einem wefentlichen Punkte des von Ihnen ftudirten Buches." — So fihieden wir. Die Sache hat fich, wie ich gehört, im Sinne der Gemeinde friedlich beigelegt. Und obgleich wir aus dem Collectaneum unſerer 2djährigen Erfahrungen noch manche ähnliche und felbjt prägnantere Fälle erzählen fünnten : jo unter- lajjen wir das gern. Denn im Geiſte des Horazifchen: „non fumum ex fulgore sed ex fumo dare lucem cogitat“ ijt der B. nicht von der Neigung zur Polemik fondern wejentlich von dem Intereſſe bejeelt, feine „praktiſchen“ Freunde zu warnen, damit fie das wiffenfchaftliche Decorum unferes Faches bejjer zu wahren gewillt und im Stande feien. — Wozu diefe wenigen Bei- fpiele und Andeutungen unfere früheren Bemühungen ähnlicher Art hoffentlich unterjtügen werden. Ss 30. „Woran alfo wäre denn nun aber ein bejonders und na— mentlich auch praftifch bemerfenswerther Einfluß der Rein— ertragstheorie auf die Forftwirthichaft, und vollends auf die große, auf die des Staates zum Beifpiel, zu erkennen? Die Umtriebe ſollen alfo nicht in allen Fällen herabgefett werden ; wie — deinen Nachweiſen nad) nur mißverftändlich — jo Viele wähnten? Und wie du ung ferner beweifeft, giebt e8 fogar viele Berhältniffe, wo der Keinertragswaldbau deren Erhöhung fordert? Und was follte nun vollends anders werden dort, wo der feitherige Umtrieb, mehr und weniger zufällig, gerade mit dem Alter der „wahren forit- lihen Reife“ im Sinne deiner eviten fünf Theſen nahe genug übereinftimmt, und alfo nicht im gevingften modificirt zu werden brauchte?‘ Wer als Kenner des Forſtweſens und nach volljtändiger Kenntnignahme des hier Dargelegten derartige Fragen nod) jtellen 54 Kapitel 2 Zur Hauptfrage. fünnte: mit dem wäre allerdings in wenig Worten ſchwer fidy zu verftändigen. Denn grün und gram, und hier dunfel und dort ficht, fieht and) der Forſt des höchjten Neinertrags. Und wo nicht gerade die „faffen-, ſtaats- und waldgefährliche” Forftwirthichaft der höchften Bodenfraft bei höchſtem Maſſen- und Neinertrage, wie wir fie in der fraglichen Immediateingabe zu conftruiren uns erlaubt haben (f. Flugblatt Nr. 2), etwas vollitändiger realifirt fi) findet, dürfte wenigjtens ein oberflächlich forſtliches Auge auch jonft wenig äußerlich „bemerfenswerthes“ erfennen. Denn auf das uns vielfach polemifch nachgetragene Motto unjers erjten Heftes: „Und was hat dabei die Wiffenjhaft gethan?“ jteht eben die Antwort leferlih nur für ein mathematisch und phyfielogifc gebildetes Forftmannsauge da. Nur diefes kann ge— wahren, ob der ganze Wald umd fein Betrieb der Form nad) fo organifirt und dem Wefen nach fo durchgeiftet ift, daß er alfer Drten dem Ideale des Keinertragsforftwirths und damit zugleich im Punkte der Aufforftung wie der Pflege und der Nutzung ze. dem Ziele der höchiten Bodenfraft und Bodenrente entjpricht. Allenfalls wird man wahrfcheinlic gewahren, daß diefer Wald mehr (und alfo auch fleinere) Hiebsganze oder „Betriebsklaſſen“ befigt, um möglichit alle befonderen Standorts- und Beſtands— arten in dem Iuerativften und ungehemmteften Be- und Umtriebe bewirthfchaften, und damit zugleich auch durch eine größere Zahl und Auswahl von Schlägen und fonftigen Einrichtungen die irgend möglich größte Freiheit, Beweglichkeit und Imdivivualifirung der Wirthſchaft zu begünftigen. Das Wefentlichfte aber in diefen Walde, das ift der Mannz und diefer fieht vielleicht gerade erjt recht von außen wie der alte; mit Ausnahme jedoch feines Auges oder feines auf bewußterer Erfenntniß beruhenden und geflärteren technifchen Blifs. Denn in jedem feiner Bäume und Beftände fieht diefer Forftmann ein Holzcapital und zugleich eine Heine oder größere Holz- fabrif; eine Fabrik, deren Gefellen (Wurzel, Stamm und Blätter) durch ihre Dahresarbeit (Werthszuwachs) ihr Yahresfutter (Holz- plus Grundcapitals-Jahreszins) verdienen müffen; und welche, wenn fie folches nicht mehr fünnen, anderen productiveren Arbeitern weichen müffen. Und bei jeder folhen Erneuerung jeder ſolcher Be— Kapitel 2. Zur Hauptfrage. 55 ftandeswirthichaft berechnet der Meiſter mit wohlbegründeter forit- und volfswirthfchaftlicher Erfahrung und Vorausficht, durch welche Art und Weife er und feine Nachfolger den fraglichen Standorten den höchſten (ventenrechten) foritlihen Nuteffect abzugewinnen ver- möchten; und handelt möglichjt danach. „Möglichjt,“ d. h.: foviel die anderweiten Betriebsrückſichten ſolch Individualifiren gejtatten. Daß lesteres um fo befchränfter, je größer der Betrieb, und je mehr derjelbe ſich die Regelmäßigfeit mit zur Hauptaufgabe machen muß, ift jelbjtverftändfich. Hier wie überall hat aber die Theorie das zu erjtrebende Ziel als ein möglichit correctes hinzuftellen und auch als ein nicht zu leicht erreichbares. Damit der Sporn ein um jo größerer fei! Sedenfalls aber dürfte Einrichtung, Betriebfamfeit und Ren- tabifität einer nach unfern fieben Theſen organifirten Forjtwirth- wirthichaft nicht ganz die nämliche fein, als die jener Schule, welcher Herr Braun feine forftliche Weisheit verdanft; und welche, wie diefer uns ſelbſt ausgeplaudert (S. 25) und wie wir jelbjt- verjtändlich längſt gewußt*), den erhabenen Geiſt ihrer Wiſſenſchaft in dem Dogma concentrirt: daß der Forftmann (nach dem Ideale des Herrn Braun) mit aller feiner Wirthichaftsfunft es doc nicht weiter als zu „I bis höchſtens 1, Procent“ zu bringen vermöge; weshalb denn auc) alles Höherjtreben und vollends das im Sinne einer Forjtwirthichaft der (höchiten Bodenkraft und) höchſten Bodenrente in den Augen diefer Schule (wie Herr Boje auf ©. 114 feiner „Beiträge“ zu erflären beliebt) „nur auf den gröbjiten Täufhungen beruhe und nichts anderes ſei, als eine von unpraftifhen Theoretifern ausge- heckte Schwindelei.“ *) Bol. unter anderm: „Rationeller“ I. Heft. S. 8 fg.; 38 fg. u. a. a. O. Anhann. Schlußwort und Perſönliches. Hiernach wolle nun der wirthſchaftliche Leſer entſcheiden und der waldbautreibende inſonderheit auch wählen, welcher forſt— fihen Theorie und Praxis er den Vorzug und die Anwendung geben wolle; ob der unjrigen, deren Hauptprincipien wir in den hier vorgetragenen fieben Thefen dargelegt; oder jener älteren, welche allerdings bis jest in Schule und Yiteratur und darım auch in der Praxis noch die herrjchende*); wenn gleich diefelbe von einzelnen vorgefchrittenen Praftifern und Autoren wohl ſchon längft nicht mehr ganz mit jenem Doctrinärismus feitgehalten wurde, welcher die neueren Apoftel diejer alten Yehre, insbefondere die Oppofition aller Derer fennzeichnet, deren Begriffe und Ur- theile durch den Zauberbann unfrer altforjtlichen Normalwalds- theorie in gleiche Feffeln und Verwirrung gevathen find, als die des Herrn Dberforftrath Bofe und feines heißfpornigen Anhangs**) ; einer forjtlichen „Normaltheorie,“ welche nichts weiß und — nad) dem Vorgange ihrer neueften Vertheidiger — auch nichts wiljen will: von einer fyftematifch anzubahnenden vernünftigen Nentabilt- tät des Waldbaues und der vaterländifchen Holzproduction über- haupt; nichts von einem wiffenfchaftlichen Verhältniß zwiſchen Koften einer- und Preis und Ertrag andererfeits; nichts von einer volks- oder überhaupt allgemein - wirtbfchaftlich gefunden Theorie der forftlihen Reife und Haubarkeit; nichts von dem Haupt— *) ©. das nächſtens erjcheinende „ordentliche 4. Heft: „Zur Horte _ betriebslehre.” ** Pol. Forftdirector Jäger's Necenfion des Boſe'ſchen Werkes im T. Hefte von Grunert's forftl. Blättern. Schlußwort und Perſönliches. 57 fundamente aller rationellen Nachhalts-Forſtwirthſchaft, d. i. von einer phyſiologiſch und mathematiſchen correcten Beſtands— wirthſchaft im Sinue höchſten Reinertrags oder höchſten Boden— nußeffects*); und überhaupt nichts von alledem, was nach dem hohen Ideale der „1 bis höchftens 11/2 procentigen“ Rentabilität der „großen“ (S.25) Forjtwirthe Braun'ſchen Geiſtes allenfalls und höchjtens auf dem Gebiete der „überflüffigen Genauigfeit des akademischen Unterrichts“ zu jtatuiren, jedenfalls aber vom wifjen- Ichaftlihen (?) Wirthichaftswalde felber lediglich fern zu halten fei. Nicht verwundern darf e8 einen ruhigen Beobachter, daß bei einer wifjenfchaftlic; fo gearteten Richtung und Jugend unferes Faches gar viele und gar refpectable und gar ehrwiürdige Kinder unferer alten Schule im Stillen wie im Yauten warmen Beifall fpendeten den zahlreichen Kundgebungen jenes, unfere Literatur und Praris noch fait ausschließlich beherrfchenden, Standpunftes ; der von feiner „praftifchen“ Höhe aus im Syſteme unferes Rein- ertragswaldbaues nichts zu jehen vermochte, als „eine der größten Srrlehren, die jemals auf dem Gebiete der Forftwiffenfchaft“ das Licht der Welt erblict; nichts als „eine un- und leichtfinnige Sadgafje“, und nichts als die imcarnirtefte „moderne Schwin- delei;“ nichts als eine „über alle (forjtliche) Begriffe gehende wirthichaftliche Abjurdidät;“ und überhaupt nichts als die Pandora- büchfe des unbheilvolliten forftlihen und nationalöfonomifchen Rechen- und Wirthichaftsfünftlers, „vor dem der liebe Gott den Staat bewahren möge!“ Wer an der Ausleſe diefer für die Gefchichte der deutjchen Forſtwiſſenſchaft vielleicht nicht ganz unintereffanten Blüten bis- heriger Kritik in möglichit gedrängtem Naume fich zu erquicen Neigung hat, dent empfehlen wir die Yectiive der im Vorworte genannten zweiten Schrift Herrn Boſe's und der ©. 56 citirten Recenfion des Herrn Jäger. — Verfaſſer ift indeß troß alledem und alledem nicht zweifelhaft, welche Partie feine gebildeten land— wirthichaftlichen, und feine nationalöfonomifchen, vwoie auch alle jene feiner fpecififchforftlichen Yefer ergreifen werden, die, fortfchrei- tend mit der Wiſſenſchaft der Zeit, ernſtlich gewillt und auch im *) Bol. V.'s „Forftfinanzrehnung“ Kap. 5, und „Geſetz der Stamm- bildung“ Kap. 1, 4, 6 und 9. 58 Schlußwort und Berfönliches. Stande waren, unbefangen und gründlich jenem armen Reber in fein Herz zur fehen, den wir gewagt, dem feitherigen „normalem“ Walde und Wirthe als den „ratiomellen“ gegemüberzuftellen. Winfchenswerth aber wäre e8 doch, daß folhe Entfcheidungen feiten einflußreicher Sachverftändiger und Freunde unferes Fachs bald zu wirffamerern Kundgebungen formulirt würden; dergeftalt, daß zunächſt wenigjtens auf dem Gebiete der Literatur jenes lei- dige und unfruchtbare Gegenftreiten verfchwände, das [ediglic aus dem crafjeften und fait tendenziös zu nennenden Mikverjtändnifjen und Begriffsverwirrungen fort und fort zır vecrutirem ſich be- ftrebt.*) Eine eingehendere und objectivere Prüfung obiger Forft- wirthfchaft der fieben Theſen fünnte und würde dann gewiß nicht ausbleiben. Und die nächite und heilffamfte Folge davon wäre eine wefentliche volfswirthfchaftlich gefinntere Hebung und Deridtigung unferer Wifjenfhaft und Schule. Alle Freunde folhen Fortfchritts werden daher vom B. im Namen und Intereffe des forftlichen Standes und feiner wiffen- Ichaftlichen Würde, und namentlich derer feiner Schulen, ernithaft erjucht, eine ſolche NReinertrags-Forftwirthfchaft ihrem Ideale oder Geifte nach nur einmal bis zu ihrem unterften Grunde und oberften Zielen, und fomit ihrem ganzen Weſen nach, ordentlich zu ana- lyſiren und zu verfolgen.**) in Fragment aus und zu ihrer *) Daß z.B. die Reinertragstheorie mit einer allgemeinen Herabfegung der Umtriebe nichts weniger als identifch ift, Haben wir in der Journal— literatur wiederholt hervorzuheben und nachzuweiſen Beranlaffung gehabt; jo daß alfo der Hammel, auf dem Herr Braun dur die Welt zu reiten immer nod für nöthig erachtet, lediglich nur ihm felbjt zum Vater hat. **) Dieß war bereits gejchrieben und gejett, als uns das Märzheft der „Forſt- und Jagdzeitung“ mit dem Aufjatse des Herrn Forjtmeifter Geitel: „Horftfinanzrehnung und Forftwirthichaft” zu Geficht fam. Ließ uns ſchon Herren Geitel’s Abhandlung im vorigen Sahrgange der „Kritifchen Blätter“ in Bezug auf das Forfteinrichtungsmwejen in demfelben einen Forſtmann vom technisch wie volfswirthichaftlich unbefangenerer Richtung erfennen, jo giebt ung jener Aufſatz heute volle Berechtigung zu dem Wunſche, daß Herr Geitel fich vorzugsweile als dazu berufen betrachten möchte, obiger Aufgabe fich zu unterziehen und das fernere Ergebniß feiner desfallfigen Klärungs- arbeiten mitzutheilen. Wir hoffen, daß dieß Ergebniß dann nod etwas an— ders lauten wird. Ohne daß ich mich in den Stand der „praftiichen Steuer- leute” hineindrängen will, wolle ev es nur einmal verfuchen, mic nicht als bloßen „Rechner“ dem „Forſtmanne“ gegemüber zu ftellen; fondern einmal meine desfalfigen Schriften mit dem Gedanken und Vorſatz in die Hand zu nehmen: deren Berfaffer fei ebenfalls ein praftifher Wirth und Forft- Schlußwort und Perfönliches. 59 Produetionslehre oder ihrer waldbaunlihen Praxis wie zu ihrer damit zufammenhängenden Tarationstechnif*) ver- juchten wir im jüngjt erfchienenen Eupplementheft des „Rationellen“ : „Geſetz der Stammbildung“ zu geben; und bitten wir, zur Orientir- ung in obigem Sinne, beifpielsweife die ©. 84—88 dafelbft durchzu— prüfen. Der phyfiologifch und mathematifch durchgebildete Forft- mann wird in der That, in dem Grade als er und die Wiffen- ſchaft in die fraglichen Pämiffen und Confequenzen tiefer und breiter ein- und vordringt, mehr und mehr erjtaunen, welch eine Kraft und Fruchtbarkeit das Neinertragsprincip im ſich fehlieft: jo zur Schaffung von allerlei nützlichem theoretifchen wie praftifchen Material, wie auch von Klarheit, Einfachheit und Bejtimmtheit für den nationalökonomiſch und forfttechnifch gleich correcten Um— und Fortbau unferer Korftwirthfchaftslehre; und zwar aud im engern waldbanlichen Sinne. Damit aber diefer, unfere litera- rifchen wie praftifchen Kreiſe heute faſt vorwaltend befchäftigende und in der That auch uns noth thuende, Klärungs- und Ver— ftändigungsproceß in gedeihlicherer — und foweit er uns berührt, ein wenig friedlicherer — Weife fortzufchreiten Veranlaffung er- halte, glaubt der V., fo viel er leider auch ſchon von fich felbft mann; der aber dem Grundſatze Huldige: „Ob auch die Praris noch fo viele Urſache habe, hinter dem Ideale ihrer Wirthfchaftslehre zurückzubleiben, immer- hin doch muß diefe Fehre eine begriindet wiffenfchaftlihe und ihr Ideal ein praftiich richtiges fein.” ; *) Die Lefer diefer Schrift werden aus den Ddafelbft in möglichft popu- lärer Weiſe angefchloffenen Darftellungen und Nachweiſen über den wiſſen— ſchaftlichen wie praftiichen Charakter v. V.'s Tarationslehren (namentlich be- zugs des Nichtpunfts, der Fornzahlen und der bair. Mafjentafeln) unschwer bereits bon jelbft erfannt haben, daß die ſyſtematiſchen Angriffe des heffiichen Dberförfters und jetzigen Hohenheimer Profeſſors Dr. Baur gegen dieje und andere umferer Lehren und Hilfen nur eben gerade jo lange und in foweit einige Beachtung und Entgegnung verdienen, fo lange e8 den befannten Tendenzen und Manieren dieſes Mannes ferner noch gelingen follte, die Praftifer in ihrer desfallfigen Abneigung zu beftärfen und von umfeitiger und gründlicher eigner Prüfung und Forſchung im Walde abzuhalten. Da- mit ihm aber dieß nicht allzufehr zum Nachtheil eines würdigen technischen FHortichritts auch auf diefem Gebiete gelinge, möchten wir wünſchen, daß des Vegteren Freunde eingehend priüfende Notiz nehmen möchten von unferer Ab- wehr gegen die neueften und unübertrefflich charafteriftiichen Bemängelungen Herrn Baur’s, welch erftere enthalten ift in unfern beiden Artikeln: „Die bairiſchen Meaffentafeln vor dem Forum der Wiffenfchaft und Erfahrung” [Supplementheft der Allgemeinen Forft- und SJagdzeitung VI. 1865) und „Sn Sachen neuerer Zarationshillfen” (in den Monatsheften genannter Zeitung v. 1865)]. 60 Schlußwort und PVerjönliches. zu reden gezwungen gewejen ijt, es doch nicht unterlaffen zu dürfen, den früheren wie fünftigen Theilnehmern an diefem Fort- fchrittsproceffe rücfichts der Geneſis feines desfallfigen Vorgehens folgende Perſönliche Bemerkungen einer beliebigen Beachtung anheimzuftellen. In dem Monate, da ic dieß jchreibe, werden es juft 25 Sahre, da ich zum eritenmale das Katheder der hiefigen Afademie betrat; eingeführt von dem ehrwürdigen greifen Bater Cotta, der, obwohl ſchon über 76 Jahre alt, dennod) damals felbjt noch docirte, und noch über vier Jahre lang mit feinem wiſſen— ſchaftlichen und phyfiologifc mathematifchen Genius feine Akademie durchgeiftete. Um meine hieſige Stelle (als Vertreter und Pfleger der mathematifchen und fonach zugleich auch eines wefentlichen Theile der volfs- und finanzwirtbichaftlichen Seite des Forſtweſens) anzu— treten, hatte ic) ein für mein früheres Hauptfach befonders danf- bares Gebiet, das des polytechnifchen und Ingenieurwejens, gern verlaffen; obgleich mir dafjelbe in pädagogifcher wie praftifcher Beziehung vollfte Befriedigung gewährte und ich mic) bereits tief genug im daſſelbe einzuarbeiten bemüht gewejen, jo daß jelbit heute noch das neuefte unter den hervorragenden Werfen jenes Gebietes es nicht verſchmäht, von meinen damaligen literarijchen Arbeiten Ausführlicheres in fid) aufzunehmen. (Vgl. Dr. M. Rühl— mann: Mafchinenlehre, II. Bd. 1865. ©. 81fg.) Wenn defjenungeachtet diefe Ueberfiedelung mir leicht ward und meinen Wünfchen felbit entgegenfam, jo war dieg begründet theil8 in der großen Sympathie, die ich von Jugend auf für den Wald und feine Wirthichaft und feine ferngemüthlichen Leute in mir getragen, theils in dem bei meinem damaligen Alter fir mid) fehr ehrenvollem Vertrauen unfrer hohen Staatsregierung. Kam ich doc) von einer „mittlern“ Gewerbſchule, und glaubte den Lehrſtuhl einer wirklich „höheren“ (Forſt-) Gewerbſchule zu er- fteigen; ein Irrthum, in wiffenfchaftlicher Beziehung wenigſtens, den ich jedoch nur zu bald gewahr ward. Denn nur zu bald nämlich fand ich, daR das, was man in dem exactern Ingenieur— Schlußwort und Verfönliches. 61 weien unter „Wiſſenſchaft“ und „Erfahrung“ verjtand, beim Forftwefen mit wenigen Ausnahmen einen — um mid ſchonend und euphemiftifch auszudrüden — außerordentlich jugend- lichen und populären Charafter an fich trug. In dem, was man „Technik“ md „tehnifhe Erfahrung“ nannte, jah ich und jehe ich heut noch oft nur eine unflare und unvolljtändige Empirie; und in dem, was man Forftwifjenjchaft nannte und nennt, nicht felten nur eine flache Hypotheje und einen in wiffenjchaftlihe Formen gepreßten Mechanismus. Am meijten verfannt in ihrem Werthe und ihrer Bedeutung und daher auch am meiften unentwicelt fand id) aber, wie im Allgemeinen jo auch zum Theil ſelbſt an der Cotta’jchen Akademie, die volfs- wirthſchaftlich- und mathematiſch-techniſche Seite der Forſtwiſſenſchaft; wenn gleich die letztere durch gewiſſe Formeln zur Forſteinrichtung und Betriebsregelung leidlich vertreten er— ſchien; Formeln indeß, die ich, obwohl in der Hauptſache ſelbſt Mathematiker und ſomit (wo ſie angebracht ſind) ſelbſtver— ſtändlicher Freund derſelben, gar bald von praktiſch untergeord- netem Werthe erkannte, weil ſie alle — gehörig regelrecht be— folgt — zu einer wirthſchaftlich ganz unrichtigen Be— nutzung der im Walde theils bereits vorhandenen theils heran- wachſenden Holzcapitale führen können, reſp. müſſen. (Val. Theſis Nr. 6 auf ©. 27-33.) Nachdem ich, erſt theoretifch und dann mit Hülfe forſtlicher Freunde und Lehrmeiſter ſo viel als nöthig und möglich auch praktiſch, nicht blos das ſächſiſche ſondern, mit Benutzung meiner faſt jährlichen großen Ferienreiſen, auch das übrige deutſche Forſt— einrichtungs- und Forſtbetriebs- wie auch Forſtſchulweſen kennen zu lernen mich bemüht, glaubte ich bei fortgeſetzter Beobachtung des Waldes und ſeiner Wirthſchaft, wie des ganzen Forſtweſens und namentlich deſſen Literatur und Schule, die Ueberzeugung aus— reichend begründet zu finden: daß auf dem Wege und im Sinne Cotta's, wie auch in dem ſeines geiſtigen und leiblichen Schwa⸗ gers König, noch mancherlei ſowohl an wiſſenſchaftlich-forſtlichem Materiale als an derlei Geiſt geſchaffen werden müſſe, um Theorie und Praxis (namentlich in Bezug auf diejenige Seite, zu deren Cultur V. ſich weſentlich mit verpflichtet fühlte) auf eine 62 Schlußwort und Perfönliches. der ſtaats- und volfswirtbichaftlihen Bedeutung unferes Faches wiirdigere Stufe zu heben. Bon altforftlihen Dogmen unbeirrt erfannte id) auch un— ſchwer und bald, daß ein wiſſenſchaftliches Forſtweſen nichts mehr und nichts weniger ſei als: eine nad phyfiologifhen und volkswirthſchaftlichen Erfenntniffen und Geſetzen geregelte praftifhemathematifche Wirthſchaftskunſt. Ebenfo bald erfannte ich, mit welch tiefer Einficht ſchon Oberforjtrath König (diefer in mancher Beziehung gründlichite der jeitherigen forftlichen Denker und Beobachter) die wiſſenſchaftliche Forjtwirthfchaft auf- gefaßt hatte, als er — freilich noch etwas einfeitig, weil hierbei die phyfiologifhe und nationalökonomiſche Seite des Faches bei Seite lafjend, im iibrigen aber dod) jehr wahr und begründet — bereits vor 30 Jahren in dem Vorworte feines Hauptwerfes Lehren fonnte, wie folgt: „Die vorliegende erſte Hauptabtheilung (der Forſtwiſſenſchaft), die Forjtmathematif, verdient des Forſtmanns vorzüglide Beadhtung. Die ganze Forjtfunde bejteht mehr oder weniger in einer Anwendung der Größenlehre auf der Wälder richtigen Ge- brauch. Ohne diefe Hiülfswiffenfhaft kann kaum ein einziges Forſtgeſchäft pünktlich und zweckmäßig vollführt werden. Wie wäre man anders im Stande, der Forjte Vermögen zu würdigen und zu ordnen, der Holzbejtände Stellung und Wahsthum, Ab- trieb und Anbau richtig und ficher zu handhaben, der Wälder höchſte Nutbarkeit zu erhalten und alle Walderzeugnifje recht aus- zubeuten? Zudem gewährt die Erlernung der Mathematif mit Uebung im Mefjen und Planzeichnen dem jungen Forſtmanne eine ganz vorzügliche Brauchbarfeit und Anjtelligfeit. Sie fordert ihn feicht über den gemeinen Revierdienſt hinauf; fie verhilft ihm zu anftändigen Zwifchendienften bei Forjtvermeffungen und Abjchät- ungen; fie verschafft ihm auch wohl ein anderweites Unterfommen. Und braucht das Vaterland einmal Bertheidiger, fo eröffnet ihm diefe Gefchieflichkeit ein hohes Ziel, wogegen er ohne diefelbe nur als gemeiner Jäger dienen kann.“ Und weiter: „Die Mathematik ift ohne allen Zweifel dem Forftmanne am nothwendigften und förderliditen; und der Zeitpunft naht heran, wo in dem Forſt— Schlußwort und Perfönliches. 63 dienste Niemand eine Anftellung erhält, der ſich ohne forjtmathematifche Kenntniffe und Fähigfeiten fin- den läßt.“ (Val. nun beifpielsweife hiermit ©. 64.) Zu welchem forftlichen Glaubensbefenntniß wir außer manchem andern auch noch hinzufügen könnten, dar jelbft die Stand- ortslehre, dieſes empirische Hauptjtücd des Waldbaues (im engern Sinne) nme von mathematifch gebildeten Forftleuten ordentlich begründet und vervollfommmet werden fünne. Denn ohne gründliche und mathematifch umfichtige Beobadhtung und Bemeffung des Charakters und Zuwachsganges der Beſtände — als 3. B. in Abficht auf Unter-, Mitten- und Oberjtärfen, mathema- tische Dichtheit (Abſtandszahl), Kichthöhen und Formzahlen und Formzahlenänderungen, Duantität3- und Qualitätszumahs und fonjtigen materialen wie formalen Factoren der forftlichen und finanziellen Seiten der Production — bleibt alle Standortslehre oberflächlih und lüdenhaft und für den wahrhaft wijenjchaftlichen Waldbau von geringem Werthe. Sp alfo dachten, lehrten und handelten unfere frudtbarjten Forftpraftifer und Forſtpädagogen vor bereits 30 Jahren! Denn daß Cotta (obwohl im Mathe— matifchen ſchwächer, dafiir aber im Naturwifjenfchaftlichen jtärfer als König, und obgleich mit diefem feinen etwas hypochondrifchen Schwager nicht jehr verknüpft) doc) in diefer Beziehung fait ganz mit ihm eimverjtanden war: weiß ich aus feinem eignen Munde zu bejtätigen. Und heute? Heute nod) ift auf faft allen „höheren“ Forft- lehranſtalten die mathematische Seite des Fachs, mit Ausſchluß etwa des Vermeſſungsweſens, faſt nichts als eine Art theoretiſchen Aſchenbrödels; d. h. eines ſolchen, dem man wohl glaubt auf der Schule allerlei aufbürden, dagegen — wie Herr Braun eben ſo treffend als naiv verräth — in der „großen Staatsforſtpraxis“ der „ein bis höchſtens anderthalb“ procentigen Rentabili— tät als etwas ganz Ueberflüfjiges und ſelbſt Störendes volljtändig glaubt entrathen zu können. — Heute nod) ift — gleid) wie vor 25 Jahren, da der große und jest monumentale „Forjtwifjenjchaftliche Genius“ Pfeil mir folches in's Geficht erklärte — folder Schule der mathematifche Forjtwirth „ein wahrer Greuel“ im Walde! 64 Schlußwort und Perfönfiches. — Heute nod gehen von den ausländischen und iiberhaupt allen denjenigen Forſtwirthen, die ohne Anspruch auf den fächfifchen oder altenburgifchen Staatsdienft in Tharand ftudiren, ca. 90 %o fort, ohne eine Prüfung und Genfur im mathematifcdhen Theile der Forftwiffenfhaft (denn etwas anderes nicht ift weder König's noch weniger meine eigene hier vorgetragene Forſt— mathematif) für nöthig zu halten!*) Alfo müffen doc auch heute noch deren heimifche Forjtbehörden und Forſtherren — dreißig Jahre nachdem König den oben gejperrt citirten Sat gejchrieben und Cotta ihm duch Wort und Thaten beigeitimmt — wejentlid) ent- gegengefeßte Gefinnungen und Gebräuche zu conferviven für gut befunden haben! Ob aber im Intereſſe des Waldbaues und des Staates? Und zur Ehre des Fachs und feiner Hebung ? Mit herausfordernder Zudringlichfeit habe ich auf Grund folcher und Hundertfacher verwandter Erfahrungen dem 2. und 3. Hefte meines „Nationellen“ die Mahnung an die Stimm zu ſchreiben mic) verpflichtet gefühlt, die da lautete: „Ein Wirth, der nicht mißt und rechnet, ift fein Wirth! denn das Rechnen ift der Wirthichaft Seele; denn die Zahl ihr letter Beweis!“ Und die Antwort darauf war? Größere Polemik gegen den „mathematischen Schwindel“ feiten der Praris und deren „Meeifter.“ Und folglich auch, da wir ja doch noch zur guten Hälfte mit dem Geifte unferes Faches und jeiner Schulen in der Periode der alten „Meifterlehre“ ſtecken: größere Gleichgültigfeit und Vernach— fäffigung feiten ihrer Yehrlinge. Iſt's ja dod) viel bequemer, den Ichwierigften wenn auch wichtigiten Theil des forftlihen Stu— diums und Handelns unter irgend einem plaufibeln Vorwande von fich fern halten zu fünnen! Daß übrigens auch Cotta's Wiſſenſchaft und Schule nicht als eine fertige Minerva aus feinem Geifte zu fpringen vermochte, ift ſelbſt— verftändlih. Denn auch er mußte dem menfchlichen „Non omnia possumus omnes“ unterthan bleiben. Namentlich waren e8 ge- *), Troßdem, daß ich meine desfallfigen Anjprliche (jeit längft) nicht un— erheblich unter die einer mittleren technifchen Lehranftalt zu ftellen mich refignirt. Schlußwort und Perjönliches. 65 wiffe mathematifch-forjtliche Lehren, die ich unfchwer ale der Be: rihtigung und Vervollkommnung bedürftig erfannte. So jeine Kegeln und Hülfen zur Stangen-, Stamm- und Reißigkubirung (Cotta Taf. J., III. :c.); feine Formzahl- und Schäßungstechnif; feine Waldwerthberechnung; feine Bejtands-, Zuwachs- und Er: fahrungstafeli. In einer vor Jahren tagenden Forjtcommifjion zur Auf— jtelung von Forfchungsaufgaben für in Ausficht genommene Verſuchsſtationen motivirte ich namentlich auch die Nothmwendig- feit der Begründung ordentlicher, d. h. mathematifch - forit- licher Beftandsbiographien, und der Weiterfultur der Cotta'ſchen Beftandstafeln. Derjelbe meiner „praftifchen“ Freunde, der fi) vor 20 Jahren noch nur als einen Staats— forjt-„Handwerfer“, betrachtete (S. 22) und jeitdem wohl auf dem Gebiete der Staatsforftbeamtenfchaft, kaum aber im Glauben an eine Staatsforftwiffenfchaft, einen höhern Standpunkt ein- genommen, befümpfte meine Forderungen und Borjchläge als „unnöthig und unpraftifch;" und was fir mid) das entmuthigendite und masgebendjte war: die andern „Praktiker“ traten ihm bei. Und Herr Braun kann auf fie jich berufen, wenn ev behauptet, eine mathematisch gründlichere Forſtwiſſenſchaft jei beim „höhern“ Waldbau etwas ganz „überflüffiges." — Wit gleichem Antagonis- mus und Indifferentismus hatte ich, jo in der Fiteratur, als mehr noch in den praftifchen Vereinen u. j. w., rüdjichts jener oben erwähnten und anderen fiir den Fortjchritt des Fachs von mir als nöthig erkannten Verbefjerungen zu kämpfen. Erſt nachdem ein zunftgerehter Fachmann fih der einen Sache annahm, erjt nachdem Herr Oberforjtmeijter v. Cotta, nicht jtehen bleibend bei dem Buchſtaben fondern fortwandelnd hier im Geijte feines großen Vaters, ſich thatkräftig für die vationellen Kubirungs- methoden verwendete, fing auch die Praxis an, daran zu glauben. Und fpäter erjt, als ein hochgejtellter und erleuchteter Forſtmann — wie ich bejtimmten Grund habe anzunehmen: wefentlich mit durd) das Studium meiner Forftfinanzrechnung dazu bewogen — die rationellere Wald» und Waldboden-Werthsberechnung fürmlic anordnete, fing man an, diefelbe auch jenfeits der Schule noch für richtig zu halten. Bis dahin hatte ich fait 20 Jahre 5 66 Schlußwort und Perfönliches. (ang mit wenig Ausnahmen in diefen und ähnlichen Beziehungen nur den Stein des Sifyphus empor gewälzt. War es gegenüber diefen und, ich kann wohl jagen, hundert verwandten Erfahrungen und Beobachtungen nicht natürlid), daß ih — bei meinem auch durch meine frühere Yehrercariere mit ererbten Bedürfniffe, nicht bequem nur für die Praxis zu do— ciren fondern auch praktiſch und möglichit direct techniſch ihr zu nüßen — verſucht ward, jo mand) vergebliches Bemühen nur einem weſentlich im Forſtfache noch enthaltenen jpecifijhen Zunftgeijte und dem Umftande zur Yaft zu legen, daß alle forit- liche Wirthfchaftsfenntnig eines Autors auf unſerm Gebiete weder Bertrauen noch Wirfung haben dürfe, jofern derfelbe des forftzünftigen Lehrbriefes und forjtzünftigen Titels entbehrt? Aber, wird man mir vielleiht antworten, bift du troßdem nicht wohl zu jehr Pefjimift ? oder machft du nicht wenigitens den Fehler, deinen perfönlid, vielleicht motivirten Peſſimismus allzu ſehr zu verallgemeinern ? Und ift die von dir fo viele Sahre lang beobachtete und befümpfte Flachheit und Einfeitigfeit des forftlichen Faces und feiner Schulen nicht vielmehr blos die Folge der gewöhnlichen Sfolirtheit beider, und namentlich der let- teren ? Und würden diefe letteren in Verbindung mit Univerji- täten, oder aber, wie neuerdings Dengler in feiner Monats- ſchrift für's Angemeffenjte erklärt, in Verbindung mit dem Poly- tehnifum wiffenfchaftliher und — im befjern umd eigentlichiten Sinne des Wortes — technifcher werden ? Ic wüßte nicht, welch localer und fubjectiver Einfluß mein Urtheil irgendwie zu trüben vermöchte; um jo mehr, als gerade für mic) und meine Familie eine Ueberſiedelung in die Stadt der Univerfität oder die Stadt der polytechniſchen Schule von ganz befonderem Werthe wäre. Und dennod muß ich auf jene Frage, unter gewiffen in den meijten Yändern leicht zu vealijivenden Vor— ausfeungen, mit einem Klar bewußten „Nein!“ antworten. Denn darin bin ic) ganz mit von Berg*) einverjtanden, daß man, um ehte Forſttechniker zu erziehen und auc, eine ordentlid, forjt- liche Erfahrungswiſſenſchaft zu begründen, deren eigentliche 9 Bl. DOberforftrath v. Berge: „Sonft umd Jetzt“ in Dengler’s Monatsſchrift v. 1862. Schlußwort und Perfönliches. 67 Fachſchule nicht innig genug mit dem Torte und deffen Wirth- ichaft in Verbindung bringen und erhalten könne: porausgefett nur, daß diefe Schule ihre Aufgabe und ihren Schwerpunft nicht in einer nur wiffenfchaftlih geformten praftifhen Dreſſur, Sondern wefentlich in einer gründlichen praktiſchen Wiffen- fchaftlichfeit ſucht. “ Mit der Verlegung in die Stadt und nothwendig gleich— zeitigen Entfernung vom Walde ift ganz unvermeidlich, eine forſt— liche Verflachung, eine Abſchwächung des dem betriebſamen Forſtpraktiker ſo nöthigen intenſiven Waldgeiſtes und Wald— lebens verbunden. Und was wäre vollends im Sinne jener zu för— dernden Wiſſenſchaftlichkeit der Forſtſchule durch deren Verbindung mit dem mathematiſchen Polytechnikum gewonnen, wenn etwa der Hauptprofeſſor der angehängten forſtlichen Meiſterſchule auch ferner noch einen Standpunkt einnimmt, wie Jener, der, gleichſam zur Illuſtration unſeres obigen Wahlſpruchs (S. 64) und des König— ſchen Citats (S. 62), vor drei Jahren auf einem Forſtvereine einem unſerer Schüler zu beweiſen ſuchte, wir ſeien mit unſerer Forderung einer mathematiſch-gründlicheren forſtlichen Schule und Praxis ganz und gar auf dem Holzwege; denn, „wenn der Forſt— mann e bisl multipfieire und dividive könne, jo hat er alfmeil g'nug!“ — Die Verbindung mit Univerfität und Polytechnifum ift in der That erft vecht eine Ironie, wenn auf dem zünftigen Meifter- ftuhle das feichte Handwerk fortfchuftern darf, das mit dem von ihm fo gern mißverftandenen Stichworte der „grünen Praris“ gegen- über der „grauen Theorie“ alle gründliche Wiffenfchaft fi vom Halje zu halten und feine in diefem bequemen Gleiſe gar zu gern folgenden Lehrlinge mit ſich zu identifictren weiß. Soll ich bei diefer Gelegenheit der jetzt wieder von mehreren Seiten auf die Tagesordnung unferer Literatur gebrachten Frage, nach der fruchtbarſten Organifation des forſtlichen Unterrihtswefens überhaupt, nod) mit einigen Worten näher treten? — einer Frage, der auch ic), und zwar feit 25 Jahren unausgefett meine Aufmerffamfeit zugewandt *) und durd den *) Bol. B’s „Fünf Streitfragen der forft- und Tandwirthichaftlichen Lehrkunſt,“ Tharander Jahrbuch 3. u. 4. Bd., 1846 u. 1847. Ingleichen deffen: „Deutſchlands Schulreform vom Kindergarten bis zur Hochſchule“ (Leipzig. ©. Wigand. 1849); namentlich das Kapitel „Real- und Normtal- Gymnaſium“ und „forft- und landwirthſchaftliche Fachſchulen.“ 68 Schlußwort und Perfönfiches. Beſuch faſt aller deutfchen und einiger außerdeutfchen Schweſter— und verwandten Schulen auch empirisch auf den Kern zu dringen gefucht — jo würden meine desfallfigen Erfahrungen zu folgenden unmasgeblichen Vorfchlägen führen müffen; wobei ich ausgehe von der Ueberzeugung, daß eine tüchtige Forſtſchule berufen fei, auch das Bad ſelbſt und feine Wiſſenſchaft, und nicht blos feine Yeute, zu erziehen; und zwar beides fowohl im Sinne einer umfeitigen ugd gründlichen Wiffenfchaftlidfeit als in dem einer watdbegeifterten tehnifchen Betrieb- famfeit; ein Ziel, das unferer Anficht nach am beften durch etwa folgende Einrichtung zu erreichen wäre: 1. Man gründe das Unterrichtsweſen der höheren Forſtlehr— anftalten auf die vollitändige Meaturität eines ordentlichen Realgymnafiums; oder wo und fo lange dergleichen nicht vorhanden, auf die Maturität der entfprechenden allgemeinen (unteren) Abtheilung des Polytechnikums; und fchließe dem- gemäs alle blos allgemeinen Fächer (z. B. allgemeine Mathe- matif, Phyfif und Zoologie 2.) von der Forjtafademie aus, um deſto mehr Raum für eine recht gründliche und vollftändige forftlihdangewandte Mathematif und dergleichen Naturwiſſenſchaft zu erlangen. 2. Man ftelle die Schule unmittelbar in oder an den Wald; wobei man diejelbe allerdings im vaterländifchen Schul- organismus auch als einen (wejentlich nur aus pädagogiſch— praftifchen Gründen) lokal abgetrennten Zweig des Polhytech— nifmus, als Seitenſtück und Ergänzung zu deſſen übrigen. unmittelbarft mit ihm vereinigten Fachſchulen, betrachten und behandeln fann. Die Beförfterung des anjtoßenden Reviere gehört jelbftverjtändlich der Schule. 3. Dean wähle zu deren Lehrern fo viel als möglich nur Korftleute, aber nur wiffenschaftliche und dabei möglichft gründlich durch— aebildete; von denen einer die mathematifche, ein oder zwei die naturwiffenfchaftliche und einer die volks- und jtaate- yoirthichaftliche Seite des Forſtweſens vorzugsweiſe zu pflegen hätte. Das eine oder andere der naturwiffenfchaftlichen Cehrfächer, z. B. Phyfiologie oder Chemie, kann allenfalls auch ein Specialgelehrter vertreten unter der Bedingung, daß Schlußwort und Berfönliches. 69 diefer feine Thätigkeit nur der Forſtwirthſchaft zumendet, deren Theorie und Praris ſich möglichjt zu eigen macht und folchergeftalt im Staatsdienjte mit feinen Kollegen in gleicher Weife rangirt; da ohne ſolche Gleichberechtigung tüchtige wiffenjchaftliche Kräfte weder gewonnen noch gefeſſelt werden können. 4. Die eigentliche Wirthſchaft oder Verwaltung des betreffenden Revieres hat einer, etwa der jüngfte, und die Inſpection (Oberforftmeifterfunction) etwa der erfte der ſpeciell forftlichen Profefforen zu führen. Im Uebrigen ift der betreffende Wald wie jedes andere Staatsrevier der oberjten Reviſion unter- ſtellt. 5. Vermittels einer gehörigen Anzahl von Verſuchsplätzen hätte dieſer Wald und durch ihn die Akademie zugleich ihre hoch— wichtige zweite Miffion zu erfüllen: die ftetigere Förderung forstwiffenfchaftlih-gründlicher Erfahrungen. Die Oberleitung über diefe Verfuchsstationen und der darin vorzunehmenden Er- hebungen wäre demjenigen Yehrer zu übertragen, der die mathe- matifche Seite des Forſtweſens hauptjächlich zu vertreten hat. 6. Die „praftiiche Vorbereitung“ bei einem einzelnen Korjtmanne, diefes nad) zwei Seiten hin fo gefährliche Bummeljahr, werde aufgehoben und als Vorbereitungsfurs mit der Foritlehranftalt verfnüpft, indem die mit derjelben verbundene Revierver— waltung eine organifirtere und fruchtbarer einleitende Gelegen- heit darzubieten vermag; wodurch alsdann der ganze Lehrkurs auf 3 Jahre jich vertheilen würde *). 7. Daß, endlich, alle Fachlehren (Produftions-, Pflege-, Schuß, Nutzungs- und Betriebs-Lehren) ftets nur im möglichit gründlich wiffenfchaftlichen Geifte einer mathematifch-naturmwiffen- fhaftlih und nationalöfonomifc geläuterten Forftwirth- *) Wenn wir dieß „Vorbereitungsjahr“, wie es gewöhnlich verbracht wird, als ein nach zwei Seiten hin gefährliches bezeichnen, jo geihieht das in Hinblid darauf, 1) daß jehr viel nütliches und nothiwendiges Material an unenigeftlichen Kenntniffen, Sitfleiich und Lernübung dabet verloren geht; und 2) daß viele dem afademifhen Studium äußerſt jchädliche Eindrilde dafiir eingefaugt, ja von manchen der „wiſſenſchaftlich-praktiſchen“ Lehrmeiſter gefüflentlic geradezu eingeflößt merden, wozu V. manden Beleg beizu- ringen vermödhte. 70 Schlußwort und Perſönliches. ſchaftslehre vorgetragen, und mit tüchtigen Uebungen zur rationellen und flotten Handhabung der Wiſſen— ſchaft im Walde ſelbſt, gehörig verbunden werden müßten, — dem Früheren nach wohl ſelbſtverſtändlich. Auf dieſe oder doch eine dem ähnliche Weiſe würde unſerer Meinung nach am erjten verhindert werden können, daß der wifjenfhaftlihe und techniſche Fortichritt auf anderen Gebieten der Volfswirthichaft denjenigen unferes Faces nicht mehr in gleicher Weife hinter fich läßt, wie ich es, troß aller maffen- hafter Literatur defjelben, beim Rüdblid auf mein nun darin ver- lebtes Bierteljahrhundert leider fonftatiren zu müſſen mich ge- zwungen jehe. Wie nun aber fchlieklich auch unfere Yejer über das Hier und Dort unferer VBorfchläge und Lehren und Eröffnungen urtheilen mögen: hoffentlich bleiben die hier gegebenen Andeutungen über einigen felbit erlebten Inhalt jenes Rückblicke nicht ganz ohne die bezwecte Wirkung auf denjenigen Theil unjerer Fachfreunde, deren Berhalten gegenüber den fraglichen forjtwiffenfchaftlihen Cultur— zielen ein wefentlich freundlicheres und förderfameres werden könnte, fobald diefelben, wie hierdurch gefchehen, ein wenig orientirt wären darüber, warıım der B., als ehemaliger College Cotta's und fortdauernder Verehrer feines Geiftes und jeiner Kichtung, es länger nicht mit anzufehen vermochte, daß — namentlich in Literatur und Schule — der eigentliche wirthichaftliche Kern unferer Sache fo gar langſam vorwärts jich entwicelte; und warum er feit ca. 8 Jahren (V.'s praktiſch-forſtliches Hülfsbuch: Neue holzwirth. Tafeln erfchien 1857) gegen die desfallfige Stagnation in einer Weife aufgetreten, von der er zwar wohl vor- ausmwußte, daß fie ihm viel Hader und Berfegerung, dafür aber auch unferer Wifjenfhaft einen um jo lebendigeren und gedeihlicheren Gährungs- und Klärungsprocek einbringen würde. Denn ſelbſt dieß Braun'ſche Pamphlet, fo fonderbar bodenlos und oberflächlich aud) dafjelbe fich in diefen wiſſenſchaftlichen Proceß einmengt, — immerhin ift auch dieſes dem B. eine gewiſſe Be— ftätigung des eben Gefagten; vorausgefekt, daß gegenmwärtiges da- durch provocirtes Flugblatt, in Verbindung mit dem zuge Schlußwort und Perjünlihee. 71 hörigen nädhjten (Nr. 2), zur Concentrirung und Ge- ftaltung jener Entwidlung einiges beizutragen im Stande war. Jene originelle Aula Cotta’8 — mit ihrem forjt- und waid- männishen Schmude den älteren Schülern Tharands gewiß nod) in theurer Erinnerung — in welcher wir vor netto einem Viertel- jahrhundert unfer Yehramt im Dienste des ſächſiſchen Forjtwejens begonnen und, darin und daneben, mit Bater Cotta jelbjt nahezu 4 Jahre lang dem „akademiſchen Unterridte der über- flüffigen Wiſſenſchaftlichkeit“ obgelegen — gleich ihrem Gründer ift auch fie längft den Weg alles Irdiſchen gewandelt. Dieſem ſelbſt weiheten wir noch an feinem 80. Geburtstage in Gemeinſchaft zahlreich herbeigeſtrömter Schüler und Verehrer mit großem Jubel und Feitgepränge jenen Pla der „Adhtzig-Cotta- Eichen“, allwo wir ihn juft ein Jahr darauf am gleichen Wochen— tage in die jtille Gruft geſenkt. Sein romantifches Grab iſt um- ziert mit einfach rohem Gejtein, dejjen Haupt ein verjteinerter Eichenftod. — Soll diefe Zier etwa für Cotta’s Schüler alle und in specie dejjen jähjifhe Schüler, ein Symbol nun jein, daß hinfort auch dejjen Yehre und deren Geift als verjteinert anzu- jehen? Sollten jie Recht behalten, jene fleinen Epigonen ihres großen Meijters, die von Sachfen aus unfere darmitädter Freunde aufgeitachelt, damit diefe ankämpfen möchten, daß der nad) König (und Cotta) wichtigjte Theil der forjtwiffenfchaftlihen Technik und jomit auch des forjtafademijchen Unterrihts, mit feiner „überflüffigen“ und unbequemen Gründlichteit und Märung, mög- lichjt fern gehalten werden möge von ihrem „wifjenfchaftlichen“ Waldbaue und dejjen „Zechnifern ?“ Und follen fie Recht behalten, jene Schüler Tharands, welche ein halbes Jahrhundert nad) der Gründung diefer Akademie, und bei ziemlich gehobenem Stan- desbewußtſein, doch fort und fort jener gänzlich anti-Cotta’jchen Refignation zu huldigen pflegen: „Sebt euch Wiffenfchafter nur feine Mühe!“ „Unſere Praris ijt und bleibt ein Handwerk.“ —? Und ſoll e8 aljo immer bleiben ?? 72 Schlußwort und Perjönliches. Möge der Genius der deutfchen Forſtwiſſenſchaft und ihrer Gründer verhindern, daß ſolch flacher und peffimiftifher Hand— werfsgeijt die Dberhand geminne oder behalte in der deutjchen Forftpraris und in deren Schulen und Behörden! Tharand im April 1865. Fortſetzung folgt in dem bereits unter der Preſſe befindlichen Flugblatt Nr. 2: Der Hodwaldsbetrieb der höchſten Bodenkraft bei höchſtem Maffen- und Reinertrage nebft dem Wortlaute von Verfaſſers bermeintlicher kaſſen-, ſtaats- und waldgefährlicher Immediateingabe. SD Pressler, Maximilian Robert 381 Die Forstwirthschaft der P74, sieben Thesen > re at 0 800 € 80 I 60 6€ 9 W3ll SOd J1HS AVd J9NVH G M3IASNMOG IV VAN gen — ——