•Sourüo I yy-o Alex. Agassiz. OF COMPARATIVE ZOÜLOGY, AT HARVARD COllEfiE, CAMBRIDGE. MASS, JFouuBcS fag ptiBatt subsciiptioii, in 1801. Deposited by ALEX. AGASSIZ. •^flf^^S',/9oy A. m. ROMER HARVARD UNIVERWT^ V<_-cO Die L a b y r i 11 1 h o (1 o 11 1 e n aus dem bunten Sandstein von Bernburs;, zoologisch geschildert . !>■'• Heriiiaiiu Biirmelister, 0. i.i. Pr. "d. Zoologie u. Dirccior d. zoolog Museums der Universiuil liulle -W illenbers! Erste Abtheilung. T r e in a t o s a u r ii s. ITlit'4 litliograpliii-ten Tafeln. Berlin, o n G '1849. Verl a g v o n G. R e i ni e v. MCZ LIBRAßf HARVARD UNIvißslW V 0 r r e d e. In dem kleinen Steinbruche unmittelbar neben dem Bahnhofe der Anhalt- Bernburgschen Eisenbahn werden vereinzelt die grösstentheils in Eisenoxydiil umgewandelten Knochen juweltlicher Amphibien gefunden. Sie liegen in einem reinweissen, festen Sandstein, welcher in gleicher Art sich an der Saale auf- wärts bis Weissenfeis hinzieht und den obersten Schichten des bunten Sand- steins angehört, was mit Bestimmtheit aus seiner Ueberlagerung durch den Muschelkalk ersehen wird. Herr Kammerpräsident v. Braun hat diese fossilen Reste mit grosser Beharrlichkeit seit vielen Jahren gesammelt und ein ungemein reiches Material für das nähere Studium derselben zusammengebracht. Seinem Eifer und seinem Interesse verdankt also die Wissenschaft vorzugsweise die nähere Bekannt- schaft mit einer der interessantesten thierischen Formen der Yorwelt. Durch ihn angewiesen, haben die Arbeiter des Steinbruches das sorg- fältige Aufl)ewahren aller einzelnen Bruchstücke erlernt, und später iManches, was Herrn v. Braun entbelulich schien, an andere Sammler abgelassen. Da- von gelangte eine sehr lehrreiche Folge guter Maudstücke in den Besitz meines IV — Freundes, des Herrn A. L. Sack, welcher sie mir zur völlig freien Bearbei- tung üherliess. Durch ihn und Herrn Zinken, der neben Herrn v. Braun an Ort und Stelle sammelte, kamen einige Bruchstiicke auch in andere Hände; das Beste und Werthvollste dagegen blieb im Besitz des Herrn v. Braun, und stand mir neben den Stücken der Sack'schen Sammlung zur Einsicht offen. Was sicli aus diesen Materialien über die v. Braun 'sehe Gattung Tre- matosaurus ermitteln Hess, habe ich in den nachfolgenden Blättern zusammen- gestellt: sie sind das Besultat mehrjähriger Beschäftigung mit dem Gegenstande und wurden während der letzten zwei Jahre zur Heiausgabe vollendet. Halle, im Juli 1849. H. Burin e ister. Einleitung. öei der Versaninilimg der deutschen Naturforscher und Aerzte zu Braunschweig im Herbst 1841 gab Herr Kammerpräsident v. Braun aus Bernburg Nachricht von zweien im bunten Sandstein bei Bernburg entdeckten fossilen Sauriern, welche er nach einem Loch im Scheitelbein*) Trematosaurus nannte und weiter dahin bezeichnete: dass dieselben zwei Reihen Zähne im Oberkiefer neben einander tragen, regelmässig gefurchte Schädelknochen, eiiK^ Lyra zwischen Nasenlöchern und Scheitelbeinen, einen doppelten Condylus occipitalis und zwei grosse konische Fangzähne neben übrigens kleinen zahlreichen Zähnen im Unter- kiefer besitzen, ausserdem aber, vermöge gewisser stets isolirt gefundener Knochenplatten, gepanzert oder wenigstens Iheilweis von Schildern bedeckt gewesen zu sein scheinen. Prof. Plieninger, welcher derselben Versammlung beiwohnte, wies in einem spateren Vortrage (amtl. Bericht etc. S. 232) die Aehnlichkeit dieser Saurier mit Jag er 's Mastodonsaurus (Owens Labyrinthodon) nach und sprach damit zuerst die zoologische Affinität der frag- lichen Geschöpfe richtig aus. Als er darauf mit Hi'm. v. Mayer seine „Beiträge zur Pa- läontologie Würtembergs" (Sluttg. ISM. 4.) herausgab, kam letztgenannter Autor (S. 4) auf die Uebereinstimmung von Trematosaxtrus mit den Labyrinthodonten zurück, griff die Zweckmässigkeit des gewählten Gattungsnamens an, und verbesserte den Druckfehler, dass jenes Loch nicht im Stirnbein, sondern zwischen den Scheitelbeinen sich befinde, wodurch Hr. V. Braun veranlasst wurde, auch seinerseits jenen Feliler (a. a. 0.) zu rügen, weitere Nachrichten über seine Saurier zu ertheilen und die als bunten Sandstein bezweifelte Fund- ') Der amtliche Bericht über jene Versammlung hat (S. 74) diircli einen Sclireihfehler die Angabe, jenes Loch befinde sich im Stirnbein, was Hr. v. Braun später verbesserte (in Leonh. und Bronn's neuem .Inhrb. 1844, S. 569). \ Stätte über ;illen Zweifel festzustellen. Das ist es, was bis jetzt über die Bernburger Saurier zur Oeffentlichkeit gelangte. Schon lange vor jener Braunschweiger Versammlung hatte ich bei meinem Freunde, dem bekannten Mineralogen Hrn. A. L. Sack, Reste fossiler Saurier aus demselben Stein- bruche von Bernburg gesehen und mich mit dem wunderbaren Bau dieser merkwürdigen Geschöpfe einigermassen vertraut gemacht. Als nun Hr. Sack nach seiner Heimkelu" von Braunschweig mir von den dortigen Verhandlungen erzählte, wurde mein Interesse an jenen Geschöpfen aufs Neue angeregt und eine sorgfältigere Untersuchung der fossilen Reste in Hrn. Sack's Sammlung alsbald vorgenommen. Es ergab sich, dass Hr. v. Braun zwar die Natur von Trematosaurus in allen Hauptsachen richtig erkannt hatte, allein doch in die zoo- logische Deutung der Knochen nicht weit genug eingegangen war, mn mehr als eine bloss äussere Formbeschreiijung zu gewähren; und indem ich der Ansicht bin, dass bei den fossi- len Thieren, zumal bei Vertebraten, die zoologische Eigenthümlichkeit eine mindestens eben so grosse Berücksichtigung verdiene, wie ihre geognostische Verbreitung, fasste ich den Vor- satz, gerade diese Seite von Trematosaurus zum Gegenstande meines weiteren Studiums zu machen. Gefördert in diesem Unternehmen durch die schon erwähnte Arbeit von Plienin- ger und Hrm. v. Mayer, ging ich endlich an die Ausarbeitung, und hatte dabei die grosse Befriedigung, auch Hrn. v. Braun für meine Studien zu interessiren. Derselbe gewährte mir nicht bloss die Einsicht seiner überaus reichen Sammlung, sondern setzte mich auch durch Mittheilung von Gypsabgüssen seiner besten Exemplare in den Stand, das Studium derselben nach Müsse fortzuführen, mich selbst gewissermassen mit der Ausführung seiner Vorarbeiten betrauend. Für diese grosse Uneigennützigkeit bin ich ihm einen öffentlichen Beweis meiner Anerkennung schuldig, und trage ihn alD durch die miumwundene Erklärung, dass ich ohne seinen Beistand nicht so weit mit meiner Arbeit gekommen wäre , w ie ich durch denselben gelangt bin. Möge er also sie selbst als einen Theil seiner Thäligkeit betrachten, und sich durch sie befriedigt sehen. Die nähere Einsicht der v. Braun sehen Sammlung überzeugte mich übrigens alsbald, dass die beiden Species, welche Hr. v. Braun in seiner ausführhchen als Manuscript in Braunschweig vorgelegten Arbeit unterschieden hatte (vgl. Leonh. und Bronns neues Jahrb. 18'i4, S. 570), zweien verschiedenen Gattungen angehören, von welchen die eine neu und eigen- thümlich gebaut ist, mithin den besonderen Namen Trematosaurus behalten kann; \\ährend die andere nicht sowohl mit Mastodonsaurus , als vielmehr mit Capitosaurus übereinstimmt, und für eine besondere Art dieser Gattung gehalten werden muss. In der Sackschen Samm- lung befanden sich nur Theile des Trematosaurus , un Ganzen 28 Handstücke, worunter 5 fast vollständige Schädel, 3 Unterkiefer, 8 Brustplatten und mehrere einzelne Schilder oder Knochenstücke, aber weder Rippen, noch Wirbel, noch Extremitäten, nach denen ich auch in Hrn. V. Braun 's Sammlung vergeblich gesucht habe. Demnach wird sich meine Arbeit dies- mal auf die Schilderung der Gattung Trematosaurus beschränken, und die Erörterung des Canitosaurus von Bernburg einer spateren Zeit vorbehalten bleilien müssen. Auch von jenem \verde ich nur den Schädel vollständig schildern können, der Rumpf und die Extre- mitäten desseU^en sind noch nicht ermittelt. Meine Abbildungen des ersteren geben ein voll- ständiges Bild, so weit es aus den zahlreichen beobachteten Resten sich zusammenstellen liess; sie enthalten durchaus Nichts, was nicht an diesem oder jenem Handstück gesehen wurde, obgleich in der wiedergegebenen Vollständigkeit kein einziges Exemplar mir zu Gesicht ge- kommen ist. Abbildungen der einzelnen Bruchstücke, so wie sie mir vorliegen, zu geben, halte ich nicht für zweckmässig; der Beschauer sieht an ihnen immer viel weniger, als die directe Beobachtung daran erkennt; dagegen lässt sich in ein restaurirtes Bild alles das hin- eintragen, was der Beobachter an sämmtlichen Handstücken wahrgenommen hat, mithin eine gewisse Vollständigkeit im Anschauen nur auf diese Weise erzielen. Sie zu geben, ist der Zweck aller Beschreilnmgen wie Abbildungen, und deshalb ziehe ich restaurirte Bilder, wenn sie nur treu und mit Sachkenntniss angefertigt sind, den einzelnen theilweis zerstörten Rest- fieuren bei urweltlichen Thierformen entschieden vor. Ein solches Bild zu construiren war TD meine Absicht. Erster Aliscluiitt. Beschreibung des Schädels von Trenmtosaurus. §• 1- Von der Kopfform im Allgemeinen die Betrachtung anliebend, so erscheint uns die- seliie als ein langgezogenes gleichschenkliges Dreieck mit al^gestutzter Spitze und etwas er- weiterter Basis, dessen beide Hauptdimensionen, die Höhe und die Grundfläche, sich wie 9 zu 5 verhalten. Beide Zalüen geben zugleich in Zollen die Grösse des grössten Individuums der Sackschen Sammlung an; bei Hrn. v. Braun sah ich indess noch grössere, gegen 1 Fuss lange Köpfe. Jüngere Individuen sind etwas kürzer und erscheinen deshalb an der Basis re- lativ breiter; das kleinste mir vorliegende Exemplar ist 4^- Zoll lang und 2f ZoU breit. Auf der oberen Fläche ist der Kopf ziemlich platt, nur längs der Mitte etwas vertieft, an den Sei- ten stark allfallend; seine Höhe beträgt in der Richtung des Hinterhauptsloches an dem oben gemessenen Exemplar 1^ Zoll, aber die Backen reichen mit den starken Paukenknochen wei- ter liiniü:i; ihre Länge beträgt in der schiefen Richtung von der Ecke des Hinterkopfes bis zur untersten Spitze des Paukenbeines gerade 2 Zoll. Nach vorn fällt die Fläche des Kopfes sehr allmälig abwärts, so dass die Schnautzenspitze nur noch -} Zoll im Durchmesser behält. Die Seitenränder sind bis zum jMundwinkel gerade, von da gehen sie, \vie beim Krokodil, gebogen abwärts, und bilden einen flach gewölbten scharfen Rand bis zum Paukenknochen, der, wie gesagt, am meisten nach unten und hinten vortritt. Der Unterkiefer hat dem ent- sprechend an jeder Seite einen ganz geraden Schenkel, dessen Höhe je mehr nach hinten um so mehr zunimmt, dann in den flach gewöll^ten, einwärts gewendeten Angularlheil , das Analogon des processus curonoldeus übergeht, und hinter diesem scharf abfällt, um den 5 kurzen dicken Ast mit der Gelenkflache zu bilden. Hinler derselben geht er noch eine Strecke fort und endet dami, sanft aufsteigend, mit einer schiefen Flache. Alle diese hier nur im Allgemeinen berührten Formen sind mit Sicherheit aus den beigegebenen Abbildungen auf Taf 1 — 3. zu entnehmen. Gehen wir nun auf die nähere Betrachtung des Gesammteiudruckes ein, so ergiebt sicli, dass die obere äussere Seite des Schädels etwas kürzer ist, als die innere, gegen die Mundhöhle gewendete, mithin die Hinterhauptsfläche schief stellt, d. li. unten weiter nach hin- ten vorragt, als oben. An dem grössten gemessenen Exemplar jjclrägt diese Differenz bis zum äussersteu Ende der Condyli occipitales gerade einen Zoll. Demnach hat die Scheitel- fläche von der Schnautzenspitze bis zum Rande des Hinterhauptes nur acht Zoll Länge. Ziemlich in der Mitte dieser ganzen Strecke durchbohren zwei grosse ovale Lücken zu beiden Seiten den Schädel und theilen ihn durch ilire Anwesenheit sehr bestimmt in eine \oi-dere und eine hintere Hälfte. Es sind die Oeffnungen der Augenhöhlen. Jede ist f Zoll lang und -i- Zoll breit; ilir Abstand von einander beträgt f Zoll, die Breite des ganzen Schä- dels in ihrer Mitte 2^- Zoll. Jede Augenöffnung beginnt etwas vor dem Ende des vierten Zolls und reicht etwas über die Mitte des fünften nach hinten; die genaue I\Iitte der Ober- kopflänge liegt also in der vorderen Hälfte der Augenhöhlenlöcher. Sie können, wie schon hieraus hervorgeht, sehr gut zur Oiientirung auf der Kopffläche benutzt werden, und scheinen von selbst darauf hinzuweisen, dass die Gegend zwischen, über und dicht vor ihnen als Stirn, die Gegend dahinter als Scheitel, das ganze vordere Ende als Schnautze und die vom Scheitel abfallenden Seiten als Backen des Kopfes zu bezeichnen sein werden. Die nicht abfallenden, sondern nur sanft abwärts gebogenen Seilen von Schnautze und Stirn bilden den Mundrand, die Gegend hinter den Augen bis zu den Backen die Schläfen. Mehr besondere Steflen braucht man wohl nicht anzunehmen. Ausser den Augenlöchern giebt es auf der Oberfläche des Schädels noch zwei Arten von Oeö'nangen, nämlich die Nasenlöcher und das Scheitel loch. Die Nasenlöcher sind dem vorderen Ende der Schnautze genähert und bilden einen Zoll hinter dem Vorder- rande zwei den Augenhöhlen an Form völlig ähnliche, ovale Oefl"nungen von 4- Zoll Länge und \- Zoll Breite, deren Abstand von einander ihrem Längsdurchmesser ziemlich gleichkommt, während ihr Abstand vom Schnautzenrande etwas geringer ist, als ihr Querdurchmesser. Sie sind völlig von scharfen Knochenrändern umfasst, und erscheinen bei verschiedenen Individuen \on etwas ungleicher Grösse, je nachdem ihre Ränder mehr oder weniger zerstört sind. In der Figur 1. sind sie vielleicht etwas zu gross, namentlich wohl etwas zu länglich gezeichnet; wenigstens waren sie an einem der besten Exemplare in der Braunschen Sammlung kleiner. Nach unten und vorn sind sie von Knochen umgeben, so dass hier keine Comraunication zwischen Nase und Mundhöhle stattfindet. — Das Scheitelloch ist eine kleine trichterför- mige Oeffiuing in der Mittellinie zwischen beiden Scheitelbeinen, ziemlich auf der Mitte des Scheitels. Es befindet sich in I -J^ Zoll Abstand vom Hiuterhauptsrande und in 2 J Zoll Abstand 6 vom liintern Augenliölilenrande, ist also von den Augenöffniingen elwa doppell so weil ent- l'ernL wie vom Hinterkopf. Es darchbohrt die dünne Schadeldecke und fuhrt in die Gehirn- höhle, war aber, aller Analogie nach, im Leben durch Membranen geschlossen und von der Haut überdeckt. Seine Bedeutung scheint lediglich die einer Fontanelle zu sein. Nächst den OetTnungen der oberen Kopffläche tragen zu ihrer ferneren Charakteristik das Meiste die Vertiefungen bei, welche theils die Kopffläche im Ganzen, theils ihre einzelnen Knochen durchziehen. Wir werden sie darnach als Furchen und Sculpturen von ein- ander unterscheiden. Die Kopffurchen sind je nach den Gegenden des Kopfes, welche sie einnehmen, verschieden angelegt, sonst aber übereinstimmend gebaut, nämlich ziemlich tiefe, halbzylin- drische Kanäle \on gleicher Breite, mit scharfen, selbst etwas aufgeworfenen Rändern und glatter Fläche. Sie senden nie Aeste aus, sondern laufen in einem Zuge fort, bis sie enden oder sich treffen. Nach ihrer Lage lassen sie sich als Stirnfurchen, Backenfurchen und iMuudraiulfurchen unterscheiden. — Die Slirnfurchen treten zuerst deuüich zwischen (]Qn Nasenlöchern auf und scheinen von den Seiten der Schnautze, von ihren stumpfen Ecken, auszugehen. Sie laufen an der bezeichneten Stelle parallel neben einander fort und wenden sich, indem sie die hintere Grenze der Nasenlöcher überschritten haben, aus einander, gehen unter einem flachen Bogen über die Seiten der Schnautzengegend fort, krümmen sich, wie sie den Augenlöchern näher kommen, wieder einwärts, und wenden sich in gleichem Abstände um den vorderen, oberen und einen Theil des hinleren Randes der Augenöfiiiung herum, woselbst sie einzeln enden. Ihre gemeinschaftliche Form ist entschieden die einer Lyra, wie Hr. v. Braun richtig bemerkt; doch kann man sie auch, besonders wenn man die AugenöÜ'nungen hinzu- zieht, mit einer Lorgnette vergleichen und Brille nennen. Die Backen furchen umfassen in einer hinten abgestutzten Ellipse die obere Hälfte der Backengegend und zeichnen sich durch eine grössere Breite vor den Stirnfurchen aus. Jede beginnt von der tief in die obere Endfläche der Backe eindringenden Ohrspalle, wendet sich etwas mehr nach innen und beschreibt an jeder Seile der Scheitelfläche einen einwärts gekrümmten Bogen, welcher sich nach vorn al:)wärts biegt und der Augenötfnung auf 1^ Zoll nahe kommt. Sobald er diese grössle Aimäherung an das Auge erreicht hat, kehrt er schnell gekrünmit nach hinten zurück, kommt dem Mundwinkel ausserordentlich nahe, und steigt von ihm aufwärts über die Mitte der Backenfläche fort, bis er ihren hinleren Rand erreicht, in dessen Furche er sich verliert. Die Mundrandfurchen beginnen fein und schwach hinter dem Nasenloch, werden langsam breiter und tiefer, wenden sich anfangs nach innen, kehren aber bald unter einem flachen Bogen zum Aussenrande zurück, und laufen nun neben ihm in gleichem Abstände vom Mund- rande fort, bis sie am Mundwinkel die Backenfurchen erreichen. Hier senken sie sich schnell nach unten und erreichen fein auslaufend den ^Mundwinkel. Welchen Zweck diese drei Fur- chenpaare erfüllen, darüber habe ich keine bestimmte Ansicht gewinnen können; dass sie dem Wasserkanalsystem der Fische entsprechen, scheint mir deshaU:) nicht wahrscheinlich, weil sie unlerbrochcn und zum Tlieil völlig von einander abgesondert sind. Vielleiehl kann die Ilial- sache, dass sie in der Regel gerade über die Mittelpunkte derjenigen Kopfknochen laufen, welche sie berühren, zu einem Anhaltspunkt über ihren Zweck benutzt werden. Ganz ohne Zusammenhang mit ihnen bleiben nur die ScheiteÜDeine und oberen Hinterhauptsbeine. Einfacher und weniger nithselhaft sind die Kopfsculpturen, tiefe Grübchen oder Furchen, welche sämmtliche äussere Oberflächen der Kopfknochen bedecken und auf jedem besonderen Knochen in typisch gleicher Anordnung auftreten. Den Mittelpunkt ihrer Gruppi- rung bilden stets kleine runde oder undeutlich viereckige Grul)en, welche gerade diejenige Gegend des Knochens einnehmen, von welcher das strahlige Gefüge der Ossification ausgeht. Bei allen centralen Kopflaiochen liegt dieser Punkt so ziemlich in der Mitte des Knochens, bei den peripherischen unfl an den Scheitelbeinen au dem einen, gewöhnlich Innern Rande, oder ganz an der Ecke. Um die centralen Grübchen lagern sich in kreisförmiger oder halb- kreisförmiger Anordnung andere ähnliche, etwas länglicher gestaltete; darauf folgt eine dritte schon mehr furchenförmige Reihe, und hinter dieser kommen die wirklichen, radial divergi- renden, an ihren stärkeren Divergenzpunkten von neu anfangenden Furchen begleiteten Haupt- furchen. Die Erhabenheiten z^^ischen den Furchen sind an wohl erhaltenen Exemplaren, die icii nur in v. Braun's Sammlung sah, scharlkantig, die Furchen selbst in der Tiefe gerundet. Am strahlenförmigsten, weil sie hier am längsten sind, erscheinen sie auf der untern Hälfte der Backen, d. h. in dem Raum unter der Backenfurche; am meisten grubig und fast nur grubig sind sie auf den Knochen neben der Mittellinie des Kopfes gestaltet; ja die oberen Hinterhauptsbeine halben in der Thal nur Gruben und gar keine Furchen. Die Bedeutung dieser Furchen und Grübchen ist unbedenklich die \on Sculpturen; sie finden sich ziemhch analog auf dem Kopfe der Krokodile wieder, und dienen hier der darüber gezogenen Kopf- haut als Reservoire für die zu ihr gehörigen lebendigen Unterlagen, als Sammlungspunkte der Blutgefässe und Nerven in dei- Gutis, welche für die Regeneration der übergelagerten festen, lederartigen Epidermis bestinmit sind. 1. Tabelle über die Maasse der von mir untersuchten Schädel. Abstand des vorderen Angenliölilenrandes vom hinteren Nasenloclirande. Abstand des liinteren Augenliöhlenrandes von iler .Sclinautzenspitze. Abstand des Auges voni Sclieitellocli. Abstand des Auges von der Hinterkopfseclce. Abstand des Sclieitelloclis von der Hinterhauptsmitte. Sclieitelabdruck in V. Braun's Saninüung 2" 8'" 5" 2'" 2" 6'" 4" j " O III No. 6. Stirne und Schnaulze fehlen. 3" 7'//" 5" 5'" 1" 4'/,'" No. 1. 2" 4'//" 4" 7 frf 2" 4'" 3" 9%'" runvollst.) 1 " (nicht vollst.) No. 2. Oll i 1 'III 3" 4'" 1 'f 1 / in No. 4. 2" 3" 5'" 11'" No. 5. ) waren unvollständig. l" 5'" 2" 3'" 9'" No. 7. j 1" 10'" 3" 11'" der Sack'sclien Samml. 1 ,■ 8 Die allgemeine Schilderung des Kopfes von Trcmaiosanrus giebl uns schon hinreichende Data an die Hand, diese neue Gattung von den übrigen bisher bekannt gewordenen Gattungen zu unterscheiden und den Familiencharakter aller zu bestimmen. Was letzteren betrifft, so ist es, abgesehen von der Zahnstructur, ganz besonders die völlige Ueberwölbung der Schläfen- gruben durch Knochen platten, welche die Labyrinlhodonten von allen übrigen Amphi- bien, lebenden wie ausgestorbenen, unterscheidet. Ein zweiter Charakter liegt in den überall gleichförmig, aber eigenthümlicli angeordneten Knochenplatten der Scbädelkapsel, was erst später zu erörtern ist; ein dritter in der Anwesenheit von unteren Fangzähnen hinter der eigentlichen Zahnreihe, nicht in ihr. Auch davon werden wir uns erst beim Unterkiefer deutlich überzeugen können, gleich wie von der Aufnahme dieser Fangzähne in Gru- ben des Oberkiefers. Die bisher genügend dargestellten sechs Galtungen glaube ich am sicher- sten mit folgenden Charakteren von einander zu unterscheiden. /. Augenöffnungen relativ gross, ihr Abstand von einander kleiner als ihr Querdurchmesser, oder höchstens eben so gross. A. Kopfform kurz parabolisch, breit und gedrungen; Augenöffnungen neben der Schädelmitte. rt. Scheitelloch den Augenhöhlen nur wenig näher, als dem Hinterhauptsrande; Kopf flach gebaut, Zähne klein, zahlreich. 1. Maslodonsanrus. b. Scheitelloch dem Vorderrande der Scheitelbeine genähert; Kopf höher gewölbt; Zähne grösser, weniger zahlreich. 2. B/nnosauriis*). B. Kopfform lang gestreckt, gleichschenkelig dreiseilig; Augunüffnun- gen etwas kleiner, hinter der Schädelmitte; Scheitelloch dicht an die Augen herangerückt. 3. Archegosuuras"). II. Augenüffnungen relativ beträchtlich kleiner, ihr Abstand von einander viel grösser als ihr Ouerdurchmesser. A. Scheitelloch in weiter Entfernung von den Augenöffnungen, dem Hinlcrrande des Kopfes mehr genähert. «. Kopfform langgestreckt, gleichschenkelig dreiseitig: Augen- öffnungen neben der Schädelmitte. 4. Tremaiosaurus. h. Kopfform kürzer, parabolisch, mit mehr gerundeter Spitze; Augenhöhlen vor der Jlitte der Schädeliänge. 5. Metopias. B. Scheitelioch näher an die Augenüffnungen herangerückt, die letzte- ren hinter der Mitte der Schädellänge; Kopfform länglich parabolisch, ß. Cufntosuurus. Die spezielle Betrachtung der einzelnen Schädelknoclien, deren Bestimmung der Haupt- gegenstand unserer ganzen Untersuchung gewesen ist, l)eginnen %vir am schicklichsten mit dem vordersten von allen, dem Zwisclienkiefer (^os iticiswum , a). Er ist ein einfacher, an *) In der Zeitung für Zoologie, Zootoinie und Palaeozoologie J. S. IbS. Iialje ich gezeigt, dass diese von Fischer aui'gestellte Gattung den Laliyiintliodonten angehöre. **) .\ucli von dieser Goldfuss'schen Gattung habe ich die Verwandtschaft mit den Labyrintliodonten zu- erst (Eheiul. S. 41.) nacligewiesen. . 9 der äusserslen Spitze der Schnaiüze gelegener Knochen, \\ elcher den Vorderrand und die Anfänge der Seitenränder des Kopfes bildet und mit zackigen Nähten hinterwärts in die be- nachbarten Knochen eingreift. Sein äusserer Rand ist ziemlich scharf, nach unten abgeplattet, nach oben leicht gewölbt; seine Mitte ist dort vertieft, hier erhaljen und in drei ungleiche Erhal^enheiten abgetheilt: zwei seitliche ovale, eine mittlere dreiseitige. Die letztere nimmt den grössten Theil der äusseren Oberfläche ein und steigt flach an; sie ist vorwärts dem Vorrande concentrisch begrenzt, nach liinten aber in eine schmale Schwiele verlängert, welche sich zwischen die Nasenlöcher begiebt, die hier beginnenden Stirn furchen von einander trennt und unverändert auf die Nasenbeine übergeht. Die Oberfläche dieser mittleren Erha- i)euheit ist schwach strahüch gefurcht. Die Seitenhöcker bilden zwei ovale bohnenförmige Anschwellungen, welche hinterwärts am höchsten sind und nach vorn sanfter abfallen; sie werden auswärts dem Seitenrande des Zwischenkiefers parallel begrenzt, nach innen zu bil- den sie den Rand der Stirnfurchen, welche zwischen ihnen und dem mittleren Höcker iliren Anfang nehmen. Ihre Oberfläche ist streitig von hinten nach vorn gefurcht. Die vertiefte Innenfläche des Zwischenkiefers ist glatt, der verdickte abgeplattete Saum derselben mit Zäh- nen besetzt. Die Nähte der Oberseite werden durch die in den Zwischenkiefer eingreifenden Nasenlöcher in drei Abtheilungen getrennt. Die seitlichen oder Kiefernähte laufen von vorn und aussen schief nach hinten und innen, und verbinden den Theil des Zwischenkiefers, wel- cher vom Nasenloch nach aussen liegt, mit dem Oberkiefer. Die Mittelnaht läuft mit starken Zacken und im Ganzen etwas nach vorn gebogen von einem Nasenloch zum andern, geht dicht neben deren vorderer Innenecke aus und trennt den Zwischenkiefer von beiden Nasen- beinen. Die Naht der Unterseite wird gleichfalls durch zwei tiefe in sie eingreifende ovale Löcher in drei .\l3theilungen geschieden. Die seitlichen Kiefernähte verbinden den Zwischen- kiefer, wie oben, mit dem Oberkiefer, laufen aber von innen und vorn nach aussen und hin- ten, also entgegengesetzt den oberen Seitennähten. Die Mittelnaht (^sutura incisiviQ lauft an- fangs quer gegen die Längsrichtung des Schädels, dann wendet sie sich nach hinten und Itildet einen langen spitzen Fortsatz am Zwischenkiefer, welcher sich z^vischen die Pflugscharbeine eindrängt. — Die beiden Löcher im Hinterende der unteren Zwischenkiefernaht haben, gleich den Nasenlöchern, eine ovale Form, sie sind aber kleiner und liegen \\citer nach vorn, so dass mehr als die Hälfte ilires Umfanges im Zwischenkiefer sich befindet. Sie sind die unte- ren Mündungen zweier tiefen kcijelförmisen Gruben, welche in die Substanz des Zwischen- kiefers eindringen und von den beiden seitlichen ovalen Erhabenheiten auf der Oberfläche des Z\^ischenkiefers überdeckt werden. Sie liegen also vor den Nasenlöchern und stehen mit ihnen nicht in Verbindung, vielmehr dienen sie zur Aufnahme der grossen Fangzähne des Unterkiefers, und entsprechen ganz ähnUchen, aber meist nach oben durchbohrten Gruben im Zwischenkiefer des KrokodQs. Rei alten Exemplaren von Tremafosaiiriis mögen sie eben- falls in der Spitze von den Fangzähnen durchbohrt werden; wenigstens spricht dafür der Um- stand, dass diese Zähne bei Mastodonsanrus auf der Oberfläche des Kopfes liervorragen, 10 wie das aus Plieninger's Aljbildung a. a. 0. Taf. VI. Fig. 1. zu ersehen ist. Die Zähne des Zwischenkiefers haben die allgemeine Form aller Zähne von Trematosaurus, es sind lange, spitze, etwas rückwärts gebogene Zähne mit längs gestreifter Oberfläche. Die vier mittleren sind die grössten und relativ viel grösser, als alle anderen Kieferzähne ; neben denselben ste- hen an jeder Seite noch i — ö ähnliche, aljer allmälig kleinere Zähne, von welchen die letz- ten, den Oberkieferzähnen zunächst befindlichen, wieder die allergeringste Grösse unter allen Kieferzähnen haben, bn Ganzen stehen also \% — 14 Zähne auf dem Zwischenkieferrande. Von ihrem Bau im Einzelnen soll das Nähere später besprochen werden. 1. Für die Abwägung der zoologischen Verwandtschaft zwischen den Labyrinthodonten und den übrigen Sauriern ist es nöthig, jeden einzelnen Kopfknochen sofort mit dem entsprechenden aller übrigen Amphibien in Vergleich zu stellen. Der Zwischenkiefer ist bei den Enaliosauriern doppelt und viel grösser; bei den Pterodactylen zwar einfach, aber gleichfalls von entschie- den grosserem Umfange, Avenigstens nach hinten. Die Krokodile und die meisten Schild- kröten (einfach ist er nur bei Trionijx und Chcli/s) haben doppelte Zwischenkiefer, d.h. einen aus zwei symmetrischen, getrennt bleibenden Hälften zusammengesetzten; die übrigen Saurier zeigen einen einfachen, in der Mittellinie ungelheilten, von analoger Grösse, obgleicli bei allen ein viel längerer, öfters (bei den Moni tonen) sehr langer processus nasalis vorhanden ist, welcher den Labyrinthodonten ganz abgeht. Dennoch besteht die nächste Beziehung zwischen ihnen und den heutigen typischen Sauriern in Hinsicht auf die Bildung des Zwischen- kiefers, weil den Cheloniern und Krokodilen eine die Nasenlöcher trennende Knochenbrücke fehlt, und gerade die Breite derselben für die Labyrinthodonten charakteristisch ist. Sie deshalb mit den nackten Amphibien in Beziehung zu bringen, verbietet schon die bei allen Batrachiern und Ichlhyoden bleibende Theilung des Zwischenkiefers in zwei Hälften, und die öfters, nament- lich bei den eigentlichen Fröschen, unvollständige Verbindung derselben, oder die unvollständige Begrenzung der Nasenlöcher. 2. Auf die in jüngster Zeil in Anregung gebrachte Beziehung der einzelnen Kopfknochen, je nach ilirer Entstehung aus dem knorpeligen Primordialcranium, oder aus secundiir gebildeten Beleg- knochen, glaube ich bei der Deutung derselben hier keine spezielle Rücksicht nehmen zu müssen, weil theils eine für alle Klassen der Vertebraten gleiche Entwickelung darin nicht stattfindet, theils die besondere Art ihrer Entwickelung bei den Labyrinthodonten nicht wahrgenommen werden kann. Verhalten sich dieselben den beschuppten Amphibien und namentlich den typischen Sau- riern, wie man annehmen darf, analog, so sind alle peripherischen Kopfknochen, mit Eiiischluss der Kiefer, ursprünglich Belegknochen gewesen, alle cenirobasalen aber ossificirte Theile des Pri- mordialcraniums. Ich glaube diese Annahme um so mehr für richtig halten zu dürfen, als sämmt- liche Kopfknochen dieser zweiten Kategorie bei Trematosaurus ein nicht durch Nähte ab- gethelltcs zusammenhängendes Ganzes, gleichsam ein ossificirtes Primordial- cranium, bilden, die peripherischen Belegknochen dagegen, wie es schon ihre secundäre Entstehung nothwendig bedingt, auch bei Trematosaurus völlig von einander isolirt sind. Jener centrobasale Schädcitheil wäre gewissermassen auf der Entwickelungsstufc der nackten Amphibien stehen geblieben, der peripherische dagegen halle sich auf die Entwickelungsstufe der bedeckten Amphibien erhoben. Das harmonirte denn auch mit der ganzen übrigen Bildung von — 11 — Trematosaurus. — Ueber das Primordialcranium ist besonders Kölliker's Aufsalz in den Würz- burger Jahresberichten (Leipzig 1848. 4.) einzusehen. §. 3. An den Zwschenkiefer stossen seitlich die Oberkieferbeine (^ossa niaxillaria su- neriora, bj, zwei lange schmale Knochen, welche den ganzen oberen Mundrand bis zum Mundwinkel hin bilden. Vorn durch die schiefe Kiefernaht begrenzt, begreifen sie seitwärts die Mitte des Aussenrandes der Nasenlöcher in sich, und stossen hinter denselben an die Nasenbeine, während welcher Strecke sie nach und nach etwas breiter werden, bis sie das Thränenbein erreichen. In der Ecke, wo dieses an das Nasenbein stösst, hat jedes Ober- kieferljein seine grösste Breite; es zieht sich aber schnell mittelst einer abwärts laufenden Naht wieder zusammen, und wrd von der Stelle an, wo die Mundrandfurche zwischen ihm und dem Thränenbein die Grenze bildet, zu einer sclunalen, scharfen, am Rande des Mundes verlaufenden Kante, die am INKmdwinkel endet. Auf der Unterseite ist der Oberkiefer seiner ganzen Länge nach ein schmaler, leichtgewölbter, gleiclüjreiter Knochen, welcher von der Grube zur Aufnahme der Fangzähne des Unterkiefers ausgeht und einen kleinen Theil ilires Umfan^es bildet; er trägt auf seiner ganzen Länge kleine, spitz kegelförmige, angewachsene Zähne, deren Zahl bis auf 60 sich belaufen mag. Die vordersten und die letzten sind etwas kleiner als die übrigen; letztere aber von gleicher Grösse. Jeder mittlere Zahn hat 3 Linien Höhe und kaum 1 Linie an der Basis Breite; seine Oberfläche ist fein längsgestreift, wie die aller Zähne der Labyrinthodonten. Die Form des Oberkieferknochens der Labyrinthodonten ist höchst eigenthümlich. Seine grosse Lange und geringe Breite hat bei den typischen Sauriern so wenig, wie bei den Kroko- dilen und Cheloniern, ihres Gleichen; bei allen diesen nimmt er Theil an der harten Gaumen- decke, ohne bloss, wie bei Trematosaurus j auf den Mundrand beschränkt zu sein. Dieser Umstand stellt den Oberkieferknochen der Labyrinthodonten in einige Beziehung zu dem der Schlangen und nackten Amphibien, welche beide Gruppen sowohl die schmale Form, als auch die Bescliränkung auf den Mundrand mit ihnen gemein haben. Die grosse Zahl der relativ kleinen Zähne weist ebenfalls auf Beziehungen zu den nackten Amphibien hin, obgleich ihre Menge bei den letzteren relativ noch viel grösser ist. Die Nasenbeine (ossa nasaliu, cj zeichnen sich durch ihren beträchtUchen Um- fang aus. Sie beginnen schmal zwischen den Nasenlöchern, deren Begrenzung zur grösseren Hälfte in ihrer vorderen Aussenecke sich befindet, imd breiten sich hinter denselben so aus, dass sie die grösste Fläche der Schnautzengegend enthalten. Jedes Nasenbein ist gleich hin- ter dem Nasenloch am breitesten, indem es daselbst von einer gegen den Oberkiefer aus- wärts ceboeenen Naht begrenzt, und in dem Maasse, wie es dem Thränenbein sich näliert, 2* 12 ^ — schmaler wird. Von da an verjüngt es sich Zusehens und legt sicli in gleicher Neigung an das vordere Stirnbein, neben dessen vorderer Ecke es endet, indem eine stark gezackte Naht beide Nasenbeine von den Stirnbeinen trennt. Gewöhnlich sind die Nasenbeine an dieser Stelle ungleich, nämlich das eine ist etwas kürzer als das andere, und diese Ungleichheit er- streckt sich auf ihre ganze Fläche, insofern die Naht, in welcher sie aneinander stossen, nicht gerade, sondern geschweift zu sein pflegt. An dem vollständigen Abdruck der Schädelfläche in V. Braun 's Sammlung, wonach diese Gegend in Fig. 1. gezeichnet ist, war das rechte (im Abdruck linke) Nasenbein etwas grösser als das linke. Diagonal durch die vordere Hälfte der Nasenbeine läuft die Stirnfurche, imd neben ihr vertheilen sich radial die Grübchen, so dass die kürzesten nach vorn, die längsten nach hinten gerichtet sind. Die Breite jedes Nasenbeins an seiner breitesten Stelle verhält sich zu seiner ganzen Länge wie 7 zu 2i-, und sein äusserstes hinteres Ende liegt dicht hinter der Mitte des .Mjstandes der Nasenlöcher von den AugenölTnungen. Die beschriebene Form der Nasenbeine passt zu keinem existircnden Ampliibiumlypus genau. Den Schildkrüten pflegte man sie abzusprechen, bis Peters ilire Existenz bei Pliyllo- mednsa Maximilluni nachwies (in Miiller's Arch. 1839. 284. Taf. 14. Fig. 1.) und damit zeigte, dass sie allgemein in dem os frontale anierius der Chelonier stecken, oder gar, nach Kölli- ker (a. a. 0. S. 47.), ihm ganz entsprechen. Bei den Krokodden sind sie relativ viel länger und schmaler, als bei Trcmaiosaitrus, und scheinen zur innigen Verwachsung unter einander zu neigen, wenigstens verschwindet ihre miniere Naht mit höherem Alter gänzlich. Die typi- schen Saurier iiaben allgemein kleinere Nasenbeine, welche bei den Monitoren bald verwach- sen und bei allen nach Iiinten zu breiter werden, also sich umgekehrt wie die von Tremuio- sanrns verhalten. Die kleinen Nasenbeine der Schlangen liegen zwischen den sehr grossen vorderen Slirnbeinen, nicht vor ihnen, wie bei Tremuiosauriis. Den Anuren fehlen besondere Nasenbeine, die übrigen Amjihlhia nuda haben sie, allein ihre Verbindung ist eine andere, in- sofern sie nur an das Hauptslirnbein, aber weder an das Thränen- noch an das vordere Stirnbein stossen, oder vielmehr an den Knochen, der beide zusammen vertritt. Die meiste Analogie zei- gen die Nasenbeine von Pfcroclacti/liis, obgleich auch sie nach Iiinten breiler werden und nach vorn nicht über die hinterste Grenze der Nasenlöcher hinausreichen, zudem fehlt auch ihm ein besonderes Thränenbein ; entfernter ist die Aehnlichkeit mit Crocod'ilus , und noch geringer tritt sie zwischen den Enaliosauriern und Trematosaurus auf. 8- 'J- Das Thiänenbein (^os lacrymale, d.) ist bei Trematosaurus ein langer schmaler Knochen, welcher von der unteren Ecke der Augenüflnungen ausgeht und nach vorn bis lüjer die Mitte des Abstandes von Nasenlöchern und Augenöffnungen hinausreicht. Da der Ober- kieferknochen, welchem es seiner ganzen Länge nach anliegt, in derselben Richtung breiter wird, so ist das Thränenbein schief nach innen und vorn geneigt, übrigens aber ziemlich von gleicher Breite, nämlich in dem Verliäitniss von I zu 5. Am äussersten Vorderende zugespitzt, 13 liat es daneben nach innen zu einen kurzen geraden Rand, \velclier an das Nasenbein stosst, und alsdann einen z\veiten, unter einem stumpfen Winkel davon ausgehenden, mit welchem es sich an das vordere Stirnbein legt. Dieser Rand oder die Naht, weiche ihn Ijüdet, ist in seiner vorderen Hälfte sehr stark ausgezackt, so stark, dass er darin von keiner anderen Kopl'naht ii])ertrotTen wird. Uli lege einiges Gewicht auf diesen Umstand, weil er in gleicher Weise anderswo wiederkehrt, nämlich bei Nofhosaurus. Hinter den Zacken ist die Naht ge- bogen und so stark abwärts gewendet, dass nur eine sehr kleine Stelle des Angenlochrandes vom Thränenbein eingenommen wird, und der grösste Theil des vorderen Umfanges dem Vorderstirnbein zufällt. Die Stirnfurche berührt das Thränenbein, indem sie um die vordere innere Ecke desselben herumgeht; die Kieferrandfurche, indem es die untere stumpfe Vorder- ecke aljschneidet und dann in der Naht zwischen Oberkieferknochen und Thränenbein fort- läuft. So lange sie auf dem Thränenbein seilest bleüjt, ist sie schmal; hernach wird sie brei- ter. Die Sculpturfurchen habe ich nur an der vordersten Spitze unbestimmt erkannt. Bekannllicli spielt das Thränenbein durch sein isolirtes Auftreten und seine Grösse eine besonders wichtige Rolle in der Configurallon des Stirn- und Schnaulzeniheiles der Amphibien- schädel. Bei den Cheloniern ist es mit dem vorderen Stirnbein und gewühnlich auch mit dem Nasenbein zu einem Knochen vereinigt, fehlt ihnen also als selbständige Iv'nochenplatte. Die Krokodile und alle typischen Saurier haben ein besonderes Thränenbein; bei jenen ist es grösser als das Vorderstirnbein, bei diesen kleiner. Den Schlangen fehlt das Thränenbein, es ist mit dem Vorderstirnbein in einen Knochen verbunden. Ebenso verhalten sich die Ptcrodacty- len und die nackten Amphibien, während die Enaliosaurier beide Knochen von gleicher Grösse, aber relativ sehr geringem Umfange besitzen. Insofern nun das Thränenbein von Tre- matosaurus etwas grösser ist, als dessen vorderes Stirnbein, kann man beide Knochen nur dem Typus der Krokodile für analog gebildet halten, muss aber dabei die viel geringere Grösse der- selben beim Krokodil nicht übersehen. Ebenso klein, wie beim Krokodil, sind beide Knochen auch bei den Enaliosauriern und typischen Sauriern, hier aber in ihrem Vcrhältniss zu einander umgekehrt, d. h. das Thränenbein ist kleiner als das vordere Stirnbein. Den nächsten Vcrglei- chungspunkt bieten also die Krokodile uns dar, den fernsten die Schildkröten; fast ebenso fern bleiben die Schlangen, die Pterodactylen und die nackten Amphibien, etwas näher stehen die typischen Saurier und die Enaliosaurier den Labyrinlhodonten. §. 6. Allgemein findet sich bei den Amphibien ein Knochen, welcher die obere Hälfte des vorderen Augenhöhlenrandes einnimmt, nach innen oder nach hinten an das Stirnbein stösst und wciui besondere Nasenbeine vorhanden sind, diese vor sich liegen hat. Man nennt sel- bigen Knochen Vorderstirnbein ("o* frontale cmlerius, ej, und deutet dadurch an, dass IM- dem Stirnlieine als Theil untergeordnet werden müsse. Diese Unterordnung unter das Stirnbein ist indessen nur durch die vergleichende Betrachtung der Schädel von Menopoma und Siredon (s. StegoporusJ zu rechtfertigen, insofern der Knochen, welcher bei Siredon 14 isolirl als vorderes Stirnbein auftriü, bei 3Ie?iopoma das vordere Ende des Hauptstirnbeines ist*); bei allen übrigen Amphibien verbindet sich das Vorderstirnbein mit dem Thraneiü^ein, wenn es nicht isolirt bleuet. Es mag daher vorzuziehen sein, es für einen Theil des Thränen- beins, oder, wo beide verbunden sind, sie zusammen für das Thränenbein zu erklären ; indem nicht der seltenere Fall die Regel, sondern die Ausnahme bezeichnet, der häufigere dagegen die Regel bildet. Bei Trematosaurus ist dieser Knochen selbständig und getrennt vom Thränenbein vorhanden. Er liegt an der bezeichneten Stelle zwischen Thränenbein und Hauptstirnbein, und hat eine gebogen dreiseitige Gestalt. Eine kürzere äussere, vorn stark gezackte Naht trennt ilin vom Thränenbein, eine längere innere, einfach gebogene, als zweiter Schenkel, vom Stirnbein und zugleich vom Nasenbein, mit dem er am vordersten Ende dieser Naht in Berülirung tritt. Die schmale Basis des Dreiecks erfüllen der Augenhöhlenrand und eine kurze Naht, welche gegen das hintere Stirnbein stösst. Quer über die Mitte dieses Knochens geht die Stirnfurche fort, und zu beiden Seiten derselben sieht man die radial an- geordneten Sculpturfurchen sehr deutlich; drei kleine Grübchen bilden auf der hinteren Fläche das Centrum ihrer Gruppirung. 1. Seitdem die äusseren Schädeldeckknochen als secundäre Gebilde, als Belegknochen eines knorpe- ligen Primordialcraniums allgemein nachgewiesen worden sind, kann die in ihnen bemerkbare grosse Verschiedenheit der Zahl und Lage keine so überraschende Thatsache mehr sein, als frü- her, wo man den Schädel für ein Compositum ursprünglich identischer, nach Zahl und Lage be- schränkter Knochen hielt. Wir wissen jetzt, dass, wo das Bedürfniss von Belegplalten sich ein- stellt, diese überall zwar nach einem gewissen Schema angeordnet sind, aber in grosserer oder geringerer Anzahl neben einander auftreten können, wie es eben das Bedürfniss fordert. Mir erscheint gegenwärtig die Anwesenheit von so viel mehr isolirten Knochen bei den Fischen und Amphibien um so weniger rälhselhaft, als ich der Meinung sein muss, dass diese Knochen in ihrer Zahl durch die besonderen Bedürfnisse genannter Klassen bedingt werden, und wahrschein- lich aus der grösseren Schnelligkeit, mit welcher die niederen Bückgrallhiere ihre Enlwickelung durchlaufen, resultiren. Mit zahlreicheren, auf kleinere Flächen angewiesenen OssiGcationen oder Belegknochen kann dasselbe Ziel in kürzerer Zeit erreicht werden, zu welchem wenige, grössere Flächen überspannende Knochenplatlen erst in längeren Zeitabschnitten gelangen. Letzteres ist der Weg, den die höheren Rückgrallliierc einschlagen. 2. Die Deutung des vorderen Stirnbeines der Amphibien als denjenigen Knochen, welchen man bei den Vögeln das Thränenbein nennt, halte ich für durchaus gerechtfertigt (vergj. Köstlin Schädel!. S. 205 u. S. 265). Hieraus folgt aber, meiner Meinung nach, dass das vordere Stirn- bein der Amphibien nur als ein Theil des Thränenbeines überhaupt, und nicht als ein abgeson- ■) In der Besclireil)iing, welche in Kölliker's Bericlit von der Würzburger zootom. Anstalt gegeben ist (S. 28. seq.), wird dieser Knoclien (Taf. IV. Fig. 1. 3. IH.) äusseres Nasenbein genannt, wogegen seine Lage und seine innige Aniiigung an das Stirnbein schon spreclien; liei Mcno]>oma ist er wirklich mit dem Stirnbein verwaclisen. Slan darf sich darüber um so weniger wundern, als bei Mcno]). aUcgunen- s'is nacli Cuvier {Oss. foss. V. B. pl. 26. f. 4.) sogar das Thränenbein, welches bei Menop. glganleu nacli Schlegel (Sieboldt Fr. Japan. Amph. I.) getrennt bleibt, mit dem Scheitelliein verwachsen konnte. 15 dertes Stück des Stirnbeines zu betrachten ist, weil nämlich das Thränenbein, seiner ganzen Natur nach, weit eher variabel sein kann, als das Stirnbein. Ich würde also annehmen, dass die Knochen im vorderen Augenwinkel der Rückgratthiere stets als Thränenbeine zu deuten seien, und dass von den beiden dort auftretenden Knochen bald der untere allein (Säugelhiere), bald beide verbunden (Vögel, Frösche), bald der obere allein (Schlangen, Schildkröten und geschwänzle nackte Amphibien), bald beide getrennt (Krokodile, ächte Saurier) vorhanden sind. Hierfür be- stimmt mich unter anderen auch der Umstand, dass in der präadamitischen Periode selbst nah verwandte Gattungen der Amphibien in diesem Punkte differiren , denn Not/iosaurns hat nach H. V. Mayer im vorderen Augenwinkel nur einen einzigen Knochen, IckihyosaurHs da- gegen und Plesiosuurus haben deren zwei. In der gegenwärtigen Schöpfung haben nur die Krokodile und die ächten Saurier ein besonderes Thränenbein neben dem vorderen Stirnbein, zu welchem sich mitunter (z. B. bei den Monitoren) noch ein drittes Knöchelchen, das Augen- randbein (os superciliare) gesellt, welches in entsprechender Lage auch bei vielen Vögeln am sogenannten Thränenbein gefunden wird. Die Verhältnisse beider Knochen zu einander sind der Art, dass bei den Krokodilen das vordere Stirnbein kleiner ist als das Thränenbein, bei den ächten Sauriern dagegen stets grösser; allein eine so bedeutende Grösse, wie bei Tremato- saiiriis, erreichen dieselben Knochen lebender Amphibien nie. Sehr klein und relativ noch klei- ner, als beim Krokodil, erscheinen beide Knochen bei Ichlhijosaurus und Plcslosmirits ; die Pterodaciijlas haben nur ein einfaches Thränenbein. Das Hauptstirnbein Qos frontale proprium, f.y ist der längste Knochen von allen auf der Oberseite des Schädels gelegenen Beinen, und zugleich einer der schmälsten. Er besteht aus zwei völlig getrennten Hallten, die sich in einer geraden Naht auf der Mitte an- eiuander legen und zusammen eine längliche Raute beschreiben, deren spitze Ecken abge- stumpft und deren beide Hälften etwas imgleich sind. Beide Stirnbeine halben nämlich nicht «anz i;enau gleiche Grösse, sondern das linke ist in allen seinen Dimensionen etwas grösser, als das rechte. Daher kommt es, dass die mittlere Längsnalit, in welcher die Stirnbeine an- einander stossen, aus der Mittellinie hinaus auf die rechte Seite hinüber geschoben ist, und das vordere Ende des linken Stirnljeins entschieden weiter vorragt, als das des rechten. Hinten ist es freilich umgökehrt, allein dennoch bleU:)t die Breite des rechten Stirnbeins unter der des linken. Im Uebrigen erreichen die Hauptstirnl)eine den Augenhöhlenrand nicht, son- dern werden durch die beiden Nebenstirnbeine ganz von demselben zurückgedrängt. Das ist ein sehr bezeichnender Charakter für Trematosaurus , der übrigens bei 3Ietopias wieder- kehrt und noch anderen urweltlichen Amphüjien eigen zu sein scheint. Vollständig und lebenslänglich getrennte Stirnbeine haben unter den lebenden Amphibien nur die geschwänzten Nackthäuter, die Monitoren und die Schildkröten; bei allen typischen Sauriern, den Krokodilen und Enaliosauriern verwachsen sie mit zunehmen- dem Alter zu einem Knochen. Dagegen scheint die völlige Entfernung des Hauptstirnbeins vom Augenhöhlenrande ein den Labyrinthodonten ausschliesslich eigener Charakter zu sein, indessen 16 — nicht allen Gattungen zuzukommen; wenigstens giebt H. v. Mayer bei Capitosaurus und Ma- siodonsaurus es anders an, indem er deren Hauplstirnbeine in den Augenhöhlenrand eintre- ten lässt. §• 8. Die zahlreichen Knochenstücke, welche hinter der Augenhöhlenöffnung liegen und von da bis zum Hinterhaupt reichen, bedürfen, um die zu wählenden Benennungen fiir die einzel- nen Knochen festzustellen, einer vorlaufigen allgemeinen Betrachtung. Bekanntlich haben die Säugethiere in dieser Gegend des Schädels nur zwei Knochen, das vordere Jochbein Cos zt/gomaticum) und das hintere Schläfenbein (os tympanicum^. Letzteres besteht in frühester Jugend aus vier Theilen, nämlich der Schuppe Qos temporale sqiiumosum^, dem Pauken ringe f^o* tympaiiicum~), dem Zitzent heile (os mastoideum) und dem inneren Ohrknochen oder Felsenbein (^os petrosumj. Das Zitzenbein kann in manchen Fällen feh- len; das Felsenbein pflegt sich öfters niclit mit den drei anderen Knochen zu verbinden, son- dern isolirt zu bleiben. Bei den Vögeln ist das Jochbein sehr in die Länge gezogen und stets aus zwei Hälften zusammengesetzt, einer vorderen, welche os zi/ifomaticum (nach Cu- vicr US jugale) heisst, mid einer hinteren, die os quadrato-jugale (nach Owen os jugule) genannt wird. Dagegen besteht das Schläfenbein der Vögel nur aus drei Stücken: dem os squamosum , das nach aussen liegt, dem os petrosum , welches hinter jenem in der Tiefe steckt, und dem freiliegenden, beweglichen, durch Gelenkung am Schuppentheil befestigten os tympanicum, welches früher nach seinen vier Ecken Quadratbein genannt zu werden pllegie. Bei den Vögeln haben wir also ebenso viele Knochenstücke zwischen Auge und Hinterkopf, wie bei den Säugethieren, allein sie sind anders zu deuten; denn das zweite, hin- tere Stück des Jochbogens, welches sich mit dem Paukenknochen verbindet, ist wohl am richtigsten als der freie, selljständig gewordene processus zygomaticus des Schläfenbeins der Säugethiere anzusehen. Dagegen fehlt tlen Vögeln ein seüiständiges Zitzenbein iumier. Die Amphibien bilden den Typus der Vögel weiter aus, besonders dadurch, dass sie den vorderen Theil der bezeichneten Knochenreihe, die beiden Stücke des Jochbogens der Vögel, zu mächtigen Knochen erweitern, imd das den Vögeln und Säugethieren fehlende hintere Stirnbein, als oberes vorderes Element des Jochbogens, dem einfachen vorderen der Vögel hinzu- fügen *). So besteht denn bei den Schildkröten und Krokodilen die angedeutete Knochengruppe z^Yischen dem Auge und dem Hinterkopfe aus sechs Stücken, von denen tüjer nur fünf seit- lich zu Tage treten, indem das in der Tiefe liegende Felsenbein ^on den Nackenmuskeln überdeckt wird. Die typischen Saurier variiren diese Bildung dadurcli, dass sich üir hinte- res Jochbein nicht mehr an das Paukenbein, sondern an die Schläfenschuppe unmittell)ar *) Al>nonne Ersclieiiiiingen l)ei Sängetliiereii lif«fisc-n evident, (l;iss das sogenannte iiintere Stiiiiliein niclil ein abgelöster jiroccssiis zygomullcus des Stirnbeins, sondern ein selljstiindig gewordener ]>roccssus fron- talis des Jochbeins ist, und rechtfertigen damit auch beiläufig die Deutung des vorderen Stirnbeins als abgelösten Ast des 'l'hränenbeins. Vgl. meine Besciireibung des abnormen Jochbeins eines Orang-Utang in der Zeitung fiir ZooL, Zoot. u. vergl. \nat. I. S. 5. 17 (Cu vier 's Zitzonbein) lieftet, und ausserdem beide Joclibeinstücke in manchen Fallen (bei den Monitoren) durch eine Lücke von einander getrennt bleiben. Diese Trennung, der erste Anfang einer Verkümmerung des Jochbeins, steigert sich bei den Ophidiern bis zu einem völligen Mangel der unleren Joclil) ein stücke, womit ein Heraustreten des Schupp ent hei Is aus dem Verbände der Schädelkapselknochen verbunden ist. Die Schlangen behalten nur die obere Haltte des Jochbeins, das hintere Stirnbein, untl ein aus drei Stücken (squamosum, petrosum, ft/mpanicuni) zusammengesetztes Schlafenbein ; ihr ganzer Knochenapparat zwischen Auge und Hinterhaupt besteht also nur aus vier Knochen. Hieran scliliessen sich die nack- ten Amphibien, bei welchen die Theile des Schlafenbeins in gleicher Zahl, wenn auch in anderer Anordnung, wiederkehren, wahrend der letzte Rest des Jochbeins, das hintere Stirnbein, auch noch verloren geht. Ihnen fehlt also der Jochbogen ganz, denn der Knochen, welcher bei den ungeschwanzten Batrachiern sich mit dem Oberkiefer verbindet, ist in der That nicht einmal das (luudrato-jugule , sondern wirklich das ti/mpaiiicum. Was Cu- vier für das tympankum iiält (0**. foss. V. i. 390. n. n. pl. 2i. 2ö. 26.), muss ich als sijuamosum deuten, oder für denselben Knochen, den Cuvier sonst, und seiner Form nacli mit Recht, os mastoideum nennt. Dass dies mastoideum wirklich nur das os temporale squamosum sein kann, haben schon Duges, Hallmann, Köstlin (Schädellehre S. 277) u. A. nachgewiesen; nichtsdestoweniger werde ich Cuvier's Benennung, ihrer bezeichnenden Eigenschaft wegen, in der nachfolgenden Betrachtung beibehalten. Dem gemäss dürfen wir zwischen dem Auge und dem Hinterkopf bei Trematosaurus mindestens sechs Knochen erwarten, von denen zwei (Hinterstirnbein und Jochbein) zum Jochbein der Säugethiere, die anderen vier (hinteres Jochbein, Paukenknochen, Schuppenschiä- fen- oder Zitzenbein und Felsenbein) zum Schläfenknochengerüst gehören; von ihnen w'wd aber gewiss einer (das Felsenbein) sich in die Tiefe des Schädels zurückgezogen haben, und deshalb köimen wir äusserlich, nacli der Analogie lebender Amphibien, nur fünf Knochen- platten in dieser Gegend voraussetzen. Höchst überraschend zeigen sich bei Trematosaurus acht verschiedene Knochen und Knochenplatten äusserlich; es sind also mit dem ganz verstockten Felsenbein neun wirklich vorhanden. In der ersten Reihe liefen hinter der AuyenhöhlcnötTnunc drei sehr ähnhche lane;- gezogene Knochenplatten neben einander, welche von oben nach unten als hinteres Stirn- bein, Hinteraugenhöhlenbein und vorderes Jochbein unterschieden werden; sie ent- sprechen zusammen dem Jochbein der Säugethiere. Das hintere Stirnl^ein (os frontale posterius, g.^ hat einen beträchtlichen Umfang und bildet mit dem vorderen Stirnbein de» ganzen oberen Augeuhöhlenrand. Es ist ein lan- ger, ziemlich gleichseitiger, etwas geschwungener Knochen, gegen dreimal so lang wie breit, welcher vorn mit einer kurzen geraden Naht an das vordere Stirnbein stösst, daneben eine Strecke den Augenhöhlenrand bildet, sich mit seiner inneren S-förmig geschwungenen Seite 3 - — 18 theils an das Hauptstirnbein , tlieils an das Scheitelhein anleimt, nach hinten in eine Spitze ausgeht und nach aussen noch 2rwei Ränder formirt: einen kürzeren hinteren, welcher an eine isolirt neben dem Scheit eUjein liegende Knochenplatte stösst, die als Schläfenbeinschuppe zu deuten sein wird, und einen längeren vorderen, der mit dem Hinteraugenhölüenbeiu zu- sammentrifll. Dies hintere Augenhölilenbein (b* orbitale posterius, i.J ist von H. v. Mayer bei den Labyrinthodonten unterschieden und bei allen Gattungen vorhanden. Es liegt seit- wärts nach aussen neben dem hinteren Stirnbein und füllt hier den Raum aus, welcher im Aueenhöhlenrande der Krokodile offen bleibt, so dass ihre Augeuöffnung mit der Schläfengrube zusammenfliesst. Vorn ist der Knochen schmal, soweit er den Augenhöhlenrand bilden hilft: nach hinten erweitert er sicli allmälig mit zwei ziemlich geraden divergirenden Rändern, welche ihn nach innen mit dem hinteren Stirnbein, nach aussen mit dem vorderen Jochbein verbin- den, und schliesst sich alsdann mittelst zweier kurzen convergirenden Seiten zu einer scharfen Spitze, welche zwischen die zwei darauf folgenden Knochenplatten sich hineindrängt.' Ueber die hinterste Hälfte dieses Knochens geht das vorderste Ende der tiefen Backenfurche weg. Unter dem vorigen Knochen liegt, vom unteren Augenhöhlenrande ausgehend, eine noch längere ähnliche Platte, welche ganz vorn an das Thränenbein stösst, auf ihrer unleren Kante mit dem schmalen, durcii die Kieferrandfurche davon getrennten Oberkieferknochen zu- sammentrifft, und hinterwärts breiter werdend, bis weit über den Oberkiefer und das hintere Augenhöhlenbein hinausreicht. Man kann cUese Platte für nichts anderes, als das Jochbein (os zygomaticum, kj halten. Es stellt einen schmalen, lauggezogenen Knochen dar, welcher unten auf dem scliarfen voctretenden Rande des leistenförmigon Oberkiefers ruht, sich in ziemlich gleicher Breite bis dahin erstreckt, wo der vordere Bogen der Backenfurche über ihn fortgeht, und nun breiter wird. Bis zur breitesten Stelle grenzt das Jochbein nach innen an das Hinteraugenhöhlenbein, sobald es alier dessen untere hintere Ecke erreicht hat, zieht es sich wieder zusammen und stösst nun eine Strecke an den mittleren Knochen der hinteren Reihe (/J, bis es den untersten (m.) derselben Reihe trilTt. Gegen ihn wird das Jochbein durch eme stark gezackte Naht, welche in die Bucht am ^kmdwinkel eingreift, getrennt. Ueber diese hintere Hälfte des Jochbeins zieht sich, ziemlich parallel seinem unteren Rande, der un- tere Schenkel der Backenfurche fort, indem sie genau an der Stelle, wo die Kieferrandfurche am äussersten hinfersten Ende des Oberkieferknochens verschwindet, mit demselben in eine leichte Communicatiou tritt. Die Kieferrandfurche mündet daselbst in die Backenfurche ein. Die superficiellen Sculpturen dieser drei Knochenplatten sind scharf ausgeprägt. Auf dem Hinteraugenhöhlenbein unil hinteren Stirnbein bilden kleine dicht an einander gedrängte Grübchen die Mille, wovon ringsum lange Furchen ausstrahlen. Wo die tiefe Backenfurche sie durcliljricht, fehlen die Gruben. Auf dem Jochbein liegt die centrale Grübchengruppe gerade da, n%o die Backenfurche und die Kieferrandfurche zusammenmünden, und ist deshalb lückenhaft; die davon ausstrahlenden Furchen sind in der Richtung nach innen sehr kurz, weil — ^ 19 - — der sclunale Knochen ihnen keinen Raum mehr Itisst, nach hinten nnil vorn dagegen sehr langstralilig ausgezogen. Die hinteren werden von dem miteren Schenkel der Backenfurche unterljrochen. Aus den einleitenden Betrachtungen dieses Paragraphen ergiebt sich, dass die drei zu- letzt beschriebenen Knociien als das Analogen des Jochbeins der Säugelhiere anzusehen sind. Obgleich dasselbe bei keinem lebenden Rückgratlhiere normal aus dreien Stücken besteht, sondern höchstens abnorm in so viele zernüil, wie aus dem in der Note S. 16 angezogenen Citat erliellt, . so ist doch die Analogie mit dem Jochbein der Krokodile sehr augenfüllig, wenn man sich in die Lücke zwischen dem oberen (hinteres Stirnbein) und unteren Stück (Jochbein) eine sie ver- bindende Knochenplatte iiineingeschoben denkt. Diese Knochenplalie ist bei den Labyrintliodon- ten wirklich als Hinteraugenhöhlenbein vorhanden. Bei den Schildkröten, Enaliosauriern und typischen Sauriern, mit Ausschluss der Geckonen und Jlonitorcn, wird zwar keine Lücke am hinteren Augenhölilenrande bemerkt, allein die Zahl der hier befindlichen Knociien ist um einen geringer, es fehlt ihnen das hinlere Augenhölilenbein. Die Monitoren und Geckonen haben daselbst, gleich den Krokodilen, eine Lücke, im Uebrigen aber ganz den Bau der ächten Saurier; denn bei allen bleibt die Schläfengrube noch viel unbedeckter, als beim Krokodil, trotz der Lücke im Augenhöhlenrande. §. 9. Nach Abgang der drei vorderen Knochenplaflen für das Jochbein bleiben als Theile des Schläfenbeins noch fünf Knochen vor dein Rande des Hinterkopfes von Trematosaurus zu besprechen. Unter diesen Knochen kann übrigens das Felsenbein sich nicht befinden, weil es der tieferen Region der Schadelkapsel angehört und nie seitwärts nach aussen zu Tage tritt; es muss mithin, da die übrigen Rückgratlhiere nur drei Knociien in derselben Gegend zeigen, ebenfalls eine Yermelirung der Knochenstücke des Schläfenlieins ]>ei Trematosaurus eingetreten sein. Diese A'ermehrung rüin-t theils von der Theilung des Paukenknochens in eine äussere und innere Hälfte, theils von der Trennung der Schläfenbeinschuppe, des Cu- vi er sehen Zitzenbeins, in zwei Stücke her, als Folge welcher Trennung ])ei Trematosaurus sich eine wirkliche selbständige squama ossis temporum neben der pars mastoklea gebil- det hat. Mit ihr, dem vordersten Theile des Schläfenbeingerüstes, möge die Betrachtung J)eginnen. Das länglich sechsseitige Knochenschild, welches seitwärts neben dem Scheitelbein liegt und nach vorn an die beiden obersten Stücke des Jochbeins stösst, halte ich für diese abgelöste Schuppe des Schläfenbeins Qos temporale squamosum, n.y. Der Knochen berührt mit seinen sechs Seiten eben so viele Knochen, nämlich, ausser dem Scheitelbein, nach \ori\ und innen das hintere Stirnbein (ff.)- f'^'^''^ ^orn und aussen das Hinteraugenhöhlenbein (i), nach unten den äusseren Paukenknochen (L), nach hinten und aussen das Zitzenbein (o.). und nach hinten und innen die Schuppe des Hinterhauptsbeines (r.). Durch diese Lage ist der Knochen hinreichend als Schläfenbeinschuppe bezeichnet, insofern nur seine Verbindung 3* 20 mit (lern oberen Ende des Jochbeines von den iil^lichen Verbindungen derselben abweicht; allein dafiir bieten schon die Seeschildkröten eine sichere Analogie dar. hn Uebrigen \Alirde der Knochen ganz ungez\Yangen in die Schlafenbeinbildmig des Krokodils hineinpassen, wenn man sich die auf dem Scheitel neben den Scheilelljeinen befindliche Portion der Schläfen- grubenöflTnung durch eine Knochenplatte bedeckt denkt, von deren unterer Fläche die Temporal- muskeln ihren Ursprung nehmen würden. Gerade so, wie das Hinteraugenhöhlenbein der Laby- rinthodonten die äussere Partie der Schläfengrubenmündung der Krokodile verdeckt, so bedeckt das Schuppenbein der Labyrinthodouten die innere kleinere Partie der Schläfengrubenmündung der Krokodile. Ueber dies Schuppenbein zieht sich der innere Schenkel der Backenfurche, welche vom Hinteraugenhöhlenbeine kommt, in seiner ganzen Länge so hin, dass die Ober- fläche des Knochens in eine innere und äussere Hälfte zerfällt. Neben der beschriebenen Schuppe liegt zunächst nach hinten am äussersten Rande des Kopfes das eigentliche Zitzenbein (os mastoideum , o.), ein Knochen, völlig so gestaltet und gelagert, wie der gleichnamige des Krokodils, und insofern ein Beweis mit für die rich- tige Deutung des vorigen; er ist im elften Paragraph ausführlicher beschrieben und mag hier noch unberücksichtigt bleiben. Den Knochen seitwärts nach aussen neben den beiden vorigen kann man für niclits anderes als für einen Theil des Paukenbeines halten. Er tritt als eine länglich herz- förmige Platte mit seiner nach vorn gewendeten Spitze ])is an die Theile des Jocliljogens hinan und verbindet sich hier mit ihnen unmittelbar, indem er die Schläfengrube, welche das Paukenljein sonst nur nach hinten abschliessen hilft, hier auch nach aussen überwölJ)t. Dadurch zerfällt das Paukenbein der Labyrinthodouten in einen äusseren schuppeuförmigen Theil (os tympanicum externum, IS) und in einen tieferen (p.^, welchen ich hier nicht berühren, son- dern erst weiter unten (in §. 13.) besonders beschreiben werde. Der Schuppentheil des Paukenknochens bildet mit seinem hinteren geschwungenen Rande die untere Lippe der Ohr- spalte, und senkt sich an derselijen, als umgeschlagener Knochensaum, in die Tiefe hinab. Von da an wölbt er sich etwas in die Fläche, und begiebt sich mehr nach aussen als nach innen in die Backengegend hinein, ohne von der Backenfurche anders, als an seiner unteren hinteren Ecke, berührt zu werden. Hier zieht sich das hintere Ende ihres unteren Schenkels schief über die Fläche des Paukenschuppenthcils fort. \w derselben Gegend stösst der Knochen an den untersten hintersten Backenknochen Qn.^, welcher mit iluu in der grösseren Hälfte seines untei'en Randes zusammenti-ilft, und vor demselben berührt er sich mit dem hintersten Theile des eigentlichen Jochbeines (k.). Der Knochen hat nelien der Backenfurche eine sehr tiefe und regelmässige Sculptur, welche von einer dichten Grujipe kleiner Grübchen am oberen hinteren Ende ausgeht, die also vor der Ohrspalte liegt, und iuisserlich von langen, radialen, zum Theil etwas geschwimgenen Furchen umgeben ist. Neben der Ohrspaltenlippe zieht sich eine nach oben verschmälerte Randfurche liin, in weiche die Backenfurche einmündet; der hinteie Rand des Paukenknochens vor der Ohrspalte wird dadurch sehr scharf und leisten- 21 artig erhöht. Hinter dem scharfen Rande bildet der abwärts steigende Theil des Knochens eine etwas aufgetriebene, nach innen abgerundete Phitte, welche sich auf den oberen Rand des inneren Paukenknochens auflegt, und mit ihm durch eine scharfe und sehr deutliche Naht in Verbindung tritt. Der Schuppentheil des Paukenknochens ist also ein durchaus selbständi- ger Knochen, der nur insofern dem Paukenknochen angehört, als er einen Theil der Ohrspalte umschliesst, und wahrscheinlich, so weit dies geschieht, das Trommelfell einfasste. DeshaUi schien es auch nöthig, beide Theile getrennt von einander zu schildern. Das sclmiälere und wenig kürzere Knochenstiick unter dem vorigen, am äussersten Ende der Mundspalte, lasst sich ungezwungen auf denjenigen Knochen der Krokodile reduci- ren, welchen Cuvier für die sqiiama temporalis hielt [Ossem. foss. Y. 2. pag. 85. p. p.), jetzt aber allgemein und mit Recht als der selbständig gewordene processus zygomaticus ussis temporum angesehen, und demgemäss dem hinteren Jochbogenstück der Vögel unter dem Namen os (juadrato-jugale parallel gestellt wird. Ich werde es einfach os jugale nen- nen und als hinteres Jochbogenstück, dem Typus der Vögel folgend, betrachten, wobei idi indessen nicht verkenne, dass es ein Theil des os temporum und keinesweges ein Stück vom OS zygomaticum ist. Dasselbe legt sich auf das unterste Ende des Paukenknochens ebenso auf, wie der vorige Knochen auf dessen oberes Ende, und verdickt sich hier an seiner unter- sten Ecke sehr merklich; es ist indessen nur hall) so breit, wie das darüber liegende Knochen- stück, hl gleicher Wölbung mit ihm zieht es sich vorwärts strebend am Mundwinkelrande fort, und erreicht alsbald in dieser Richtung den hinteren Rand des Hauptjochbeines, mit wel- chem es in einer stark gezähnten Naht sich verbindet. Sein unterer freier Rand ist gebogen und etwas einwärts gekrümmt, die Oberfläche sehr stark strahlig gefurcht, mit einigen kleinen Grüljchen dicht vor der hinteren Endecke. Der hintere Rand sclilägt sich nach innen um und legt sich mittelst dieses Umschlags gerade so auf das innere Paukenbein, wie über ihm das äussere. Der Umschlag ist aber schmäler, als an jenem, und die Verbindungsnaht mit dem inneren Paukenknochen undeutlicher. Die Deulung aller dieser Knochenplatlen in der Backenfläche von Trematosaiirus hat gewiss ihre Schwierigkeiten, scheint mir aber in der Art, wie ich die Lösung versucht habe, nichts Zweifelhaftes mehr darzul)ieten. Der Typus des Krokodils blickt in der ganzen Anlage entschieden durch, und ich finde zwischen ihm und Trematosanrus die allergrüsste Ueberein- stimmung, wenn man bedenkt, dass die völlige Lfeberwölbung der Schläfengruben eine gewisse Zahl neuer Knochenplatten noihwendig machte. Darum hat Trematosanrus drei Knochenplatlen äusserlich mehr, und diese drei Knochenplalten füllen auch ihrer Lage nach genau die OefTnun- frcn der Schläfensruhe des Krokodils aus. Die vorderste Plalle, das Hinlerautrenhöhlenbein, schiiesst die Lücke im Orbilalrande und die daran zunächst slossende vordere Partie der grossen Schläfengrubenmündung, während der von mir äusseres Paukenbein genannte Knochen, als der zweite Lückenbüsser, die hintere Hälfte eben dieser Schläfengrubenmündung ausfüllt, und die Schläfenschuppe sich in die obere kleinere Oeffnung der Krokodil-Schläfengrube hineinlegt. Gegen die Richtigkeit dieser Erklärung kann der Umstand, dass beim Krokodil durch die Verbindung 22 — des hinteren Stirnbeins mit dem Zitzenbein die obere Mündung der Scliliifengrube von der unteren getrennt wird, bei Tremalosanrus aber beide zusammenfallen, wenn man seine drei complemen- tären Knochen herausnimmt, wohl nicht mit irgend gutem Rechte und Erfolge geltend gemacht werden. — Uebrigens ist eine grosse Analogie nicht bloss zwisclicn den Backenknochen der Labyrinthodonicn und denen gewisser Fische (Siid'ts, Amici, Poli/plcrus), sondern auch im ge- sammten superficiellen Schädelgeriist beider Gruppen nicht zu verkennen, und namentlich wüsste ich in Bezug auf die Sculptur der einzelnen Knochen keinen näheren Vergleichungspunkt zu finden. Sudis bietet darunter den nächsten dar. §• 10. Zwischen den eben geschilderten zahlreichen Knochenplatten, ^^ eiche zur Uebenvölbung der Schläfengruben dienen, und die llieils dem Jochljogen, theils den secundar als Beleg- knochen sich bildenden Stücken des Schläfenbeines entsprechen, hegen oben auf der IVhtte des Schädels (he Scheitelbeine (ossa parietalia , h.J, zwei schmale, nach vorn starker verschmälerte Platten, die in der ^littellinie aneinanderstossen und nicht genau gleiche Grösse haben. Sie harmoniren in dieser Eigenschaft mit den übrigen centralen Knochenpaaren, den Hauptstirnbeinen und den Nasenl:) einen. Beide zusammen sind etwa halb so breit, wie jeder einzelne lang, hinten gerade abgestutzt, vorn zugespitzt, alier einzeln, so dass die Hauptstirn- beine alternirend in sie eingreifen. Der vordere, um die Hälfte schmälere Theü ist etwas kürzer, als der hintere breitere, und in diesem befindet sich das runde trichterförmige Scheitel- loch etwas vor seiner Mitte, also beträchtlich hinter der Mitte der Gesammtlänge jedes Schei- telbeins. Diese mittlere Gegend, ^^0I■in das Scheitelloch liegt, ist der Länge nach etwas vertieft. Die Sculpturen der Oberfläche haben die gewöhnhche Anordnung, sind alier kürzer und grubenförmiger, als auf den seitlichen Schädelknochenplatten. i. Betrachten wir das Verliältniss der Scheitelbeine zu den Stirn- und Nasenbeinen, so scheinen alle lebenden Saurier nebst den Ivrokodilen und Enaliosauriern zur frühen Verwach- sung beider Hälften von Stirn- und Scheitelbeinen zu neigen, und deshalb im Aller stets einfache Knochenplallen daselbst zu besitzen. Am längsten halten sich die Scheitelbeine bei den Gecko- nen getrennt, die Stirnbeine bei den Monitoren. Letztere haben dagegen schon sehr früh ein einfaches Nasenbein, die übrigen Eidechsen behalten getrennte. Bei den Cheloniern ver^vacll- sen alle drei Knochenpaare gleichzeitig, aber erst in sehr lioiiem Aller; sie sind demnach bei ihnen am längsten gelrennt. Lebenslänglich getrennt bleiben sie wohl nur bei den nackten Amphibien, an welche also die Labyrinthodon ten in dieser Hinsicht sich anschlössen. 2. Das Scheitelloch findet sich in der Jugend bei den Enaliosauriern in der Nähe des vorderen Endes der Scheitelbeine, und verschwindet hier mit zunehmendem Alter gänzlich. Den Kroko d il en, allen Cheloniern, Ophidiern und nackten Amphibien fehlt es von Jugend auf; dagegen haben es viele ächte Saurier, aber nicht alle. Den Geckonen und Ameiven gehl es ab; die Monitoren, Laccrtinen, Agamen und Ghamäleonen besitzen dasselbe. Bei den zwei zuletzt genannten Gruppen liegt es in der Naht zwischen Scheitel- und Stirnbein, und hat 23 einen beträchllichen Umfang; kleiner, oft sehr klein, ist es bei den Monitoren und Lacertinen, bei welchen es hinter der Naht in der vorderen Hälfte des Stirnbeines selbst sich befindet, bei recht alten Thieren aber öfters ganz ausgefüllt wird. Bei allen schliesst eine membranöse Decke im Leben die OefFnung. §• '"• Nach der Erörterung der Scheitelbeine und der vor wie neben ilinen hegenden Schil- der bleiben am hinteren oberen Kopfende noch vier kleine, paarig gleiche Knochenplatten übrig, welche zu einer Querreihe an einander gepasst sind. Ich halte die mittleren für die oberen Hinterhauptsbeine, die seitlichen für die Zitzenbeine. Die letzteren (ttssa mastoidea , o.) bilden jederseits einen dreiseitigen, nach liinten zugespitzten Knochen, welcher nach innen neben und über einem tiefen Einschnitte in den Hinterkopf liegt und mit seiner ziemUch stumpfen Spitze erha])en seitwärts vorragt. Jener tiefe Einschnitt ist offenbar die Ohrspalte, und ihr Rand der Trager des Paukenfells, wonach sich genannter Knochen als Zitzenbein bestimmt. Es stösst dasselbe nach aussen zmu Theil an die Ohrspalle, zum Theil an die vor derselben gelegene Knochenplatte /. , welche ich als äusseren Paukenknochen in §. 9. beschrieben habe. Vor ihm liee;t das eieenthümliche Knochenscliild «., dem ich daselbst die Bedeutung einer Schlafcnljeinschuppe zu geben suchte, und innen neben ihm das obere Hinterhauptsbein. Die Oberflache der dreiseitigen Platte ist mit kleinen runden Grübchen dicht bedeckt, und lüoer ihren vorderen äusseren Winkel zieht sich der innere Schenkel der Backenfurche so fort, dass er in die Spitze der Ohrspalte ein- mündet; der hintere äussere Rand pflegt bei gut erhaltenen Exemplaren scharfkantig aufgewor- fen und sehr erhöht zu sein. Wie weit das Zitzenbein nach unten am Hinterkopf hinabreicht, habe ich nicht genau ermitteln können; ohne Zweifel bildet es aber die ganze frei vorsprin- gende Ecke desselben und einen Theil der Wand zu beiden Seiten neben ihr. Nach aussen ist diese Wand der Ohrspalte zugewendet und bedeckt offenbar das unter ihr betmdliche Gehörsorgan; nach hinten nimmt sie Theil an den beiden Hauptvertiefungen der Hinterkopf- fläche neben dem Hinterhauptsloch, welche sonder Frage zur Aufnahme der Nackemnuskeln bestimmt sind, vuid schon, deshalb, wenn nicht ganz, doch vorzugsweise, dem Zitzezibeine an- gehören werden. Darunter steht das Zitzenbein mit den Seitenstücken des Hinterhauptsbeines in Verbindung. Das so eben beschriebene Zitzenbein entspricht, wie ich schon oben (S. 20) andeutete, nncli seiner Lage, Form und Beziehung zn den benachbarten Knochen, am meisten dem der Kro- kodile und zum Theil auch dem der Schildkröten. Mit erstereni harmonirt es in der Form, und wiu'de ihm noch ähnlicher sein, wenn nicht die weite obere IMündung der Schläfengrube des Krokodils die zusaminenluingende Knochendecke des Schädels unterbräche. Denkt man sich übri- gens die Knochenplalte n. (das vordere Zilzenbein) aus dem Schädel von Trcmalosauriis her- ausgehoben, so entsteht bei ihm genau an derselben Stelle, wie beim Krokodil, eine Schläfen- grubenmündung. Insofern ist also die Analogie zwischen beiden Thierformen vollständig. Bei 24 den Schildkrölen, und besonders bei den Oeacopoden, ist die Analogie scheinbar noch grösser, weil die mächtigen Scheitel- und hinteren Stirnbeine die Schliifengrube so ^^eit überdecken, dass ihre obere Mündung nach hinten getrieben wird. Aber nichtsdestoweniger haben sie eine noch grössere SchläfengrubenöfTnung, als die Krokodile. Ihr Zilzenbein stösst vermöge dieser enormen Ausbildung des Jochbogens durch Nähte sowohl an das Scheitel-, als auch an das hintere Stirn- bein und den hinleren Jochbogenknochen ; lauter Verbindungen, die auch bei Trcmaiosaurns sich finden, wenn man die Knochenplallc /(. zum Zitzenbein zieht, wie ich es in §. 9. gethan habe. Nach den Cheloniern und Krokodilen stehen die Enaliosaurier durch Gestalt und Lage der Zilzenbeine den Labyrinihodontcn zunächst, viel ferner halten sich schon die typischen Saurier, und am weitesten bleiben die Ophidier von ihnen ab. Die nackten Amphibien bieten in der Zusammensetzung des Schläfenbeines keine Verhältnisse dar, welche dem Typus der Labyrinihodonlen irgendwie verwandter wären, als die der Chulonier und Krokodile, weshalb ihre nähere Vergleichung um so mehr überflüssig ist, als gerade die Form und Anordnung der Knochen in dieser Gegend des Schädels der Am/t/iibia nuda grossen Verschiedenheiten unterliegt. §• ''2. Das Hinterhauptsbein (os occipitale, q. r.) besieht, wie bei allen Amphibien, so aucli l)ei Trematosaurus , aus mehreren isolirlen Knochen, von denen zwei, die oberen Hinterhauptsbeine (litssa occipitalia super iora, rj, schon erwähnt sind. Sie nehmen unter der Form zweier fast quadratischer Knochenplatten die Mitte des hinteren Schädelrandes ein, und stossen in dieser Lage mit einer scharfen, stark wellenförmig gewimdenen Naht an einander; ilire Oberfläche ist dicht mit Grül)chen bedeckt, ihr hinterer Rand scharflinen schwachen Querhöcker und neben dem Kieferrande der ganzen Länge nach einen ^ orwärts breiteren Wulst, auf welchem die Gaumenzähne sitzen, oder in welchen sie zum Thcil eini^ebettet sind. Bis zur Augenhöhle von hinten her gerechnet sind diese Zähne ebenso kleiii, s|)ilz und stiftartig, wie die sämmtlichen Oberkieferzähne ; von da an werden sie allmälig nach vorn hin grösser, und erreichen zuletzt einen sehr bedeutenden Umfang. Der letzte unmittel- bar \or dem kleinen Gaumenloch hat gegen einen halben Zoll Durchmesser an der Basis, und sitzt in einer flachen Griüje fest. Sein Umfang ist oft mehr elliptisch als kreisrund, seine Form die eines nach hinten gekrümmten Kegels und seine Oberfläche von der Spitze herab tein gestreift. Denselben Bau haben die anderen kleinen Zähne vor ihm. Gewöhnlich stehen zwischen ihm und der Augenöflnung vier Zähne, und unter der Augenöffnung selbst wieder vier; hinter ihr kommen nur kleine stiftförmige Zähne vor, deren Anzahl sich auf '20 — ■2'i I)eläuft. Die grossen vorderen Zähne wechseln übrigens ganz ähnlich, wie die hinteren, d.h. zwischen je zweien bildet sich bisweilen ein neuer, anfangs ganz kleiner, der aber nach und nach an Grösse zunimmt, und nun die früheren vor wie hinter ihm verdrängt. Ich habe an mehreren Exemplaren den Zahnwechsel deutlich erkannt, und auch in meiner Figur Taf. II rechts den dritten Zahn deshalb kleiner gezeiciinet, als den vierten, um ihn als einen Xach- wuchszahn anzudeuten. Das Giuimeiiljt'in viin Trcniüiusiiiinis isl iiücli cicrenlliiiiiilicher, iils sein Keilbein, kann indessen ancli luii' mit dem Gauinengeiüsl der typischen Saurier passend verglichen werden. Von demselben weicht es aber in mehreren wesenilichcn Punkten ab: zuerst dadurch, dass es ein einfacher Knochen i.sl, während die Saurier drei Knochen an jeder Seite im Gaumengerüsl haben, nämlich das hintere Flu gelbein (os iitcrjgo'ulciiiji'j, das vordere G aiimc n bein (os /la- laliitiiDi) und das äussere Oucrbcin ins Irdunirrs.-mi). Diese diei Knochen lassen in ihrer 33 Mille eine Lücke, welche bei Trcmatosaurus fehlt, weil sein Gaiimenapparal nur ein einfacher Knochen ist; dafür hat aber das miltlere grosse, vom proccssus cultriformls gelheilte Gaumen- loch einen viel bedeutenderen Umfang bei Trematosaurus. Andererseils ist das vordere kleine Gaumenloch kleiner, als bei den typischen Sauriern, und von kurz elliptischem Uniriss, statt des lang elliptischen oder spalten formigen der Saurier. Die Krokodile weichen sehr wesentlich da- durch von dem Typus der iichlen Saurier und des Trematosaurus ab, dass ihre Flügelbeine und Gaumenbeine in der Mille des harten Gaumens zusammenstossen, mithin gar kein grosses mittleres Gaumenloch formiren, dagegen aber das drille seilliche Gaumenloch der typischen Sau- rier behalten. Auch wird der voiner bei ihnen von den flach ausgebreiteten Gaumenplatten der Oberkieferknochen ganz verdeckt. Noch abweichender ist das Gaumengerüst der Chelonier, in- sofern es nicht nur aus zwei Knochen an jeder Seite, dem Gaumen- und Flügelbein, besteht, sondern auch bloss eine mittlere gemeinschaftliche Gaumenöffnung für die Choanen hat, welche mehr den seitlichen vorderen Gaumenlöchern der typischen Saurier, als ihrem mittleren analog ist. Hiernach würden die vorderen Gaumenlöcher von Trematosaurus für die Choanen zu erklären sein. Unter den nackten Amphibien liaben die ungeschwänzten Balrachier, ausser dem vomer, noch zwei Gaumenknochen: vorn das quergelagerte Gaumenbein, hinten und ganz gelrennt von jenem das Oucr- Flügelbein; alle übrigen zeigen nur einen einzigen hinteren Gau- menknochen *). Dennoch ist ihre Aehnlichkeit mit Trematosaurus viel geringer, weil das einfache Gaumenbein jeder Seile entweder ganz am Keilbein liegt, oder durch das Felsenbein völlig von ihm getrennt wird, dagegen den Oberkieferknochen nie erreicht. Die Schlangen end- lich erinnern durch die Grösse ihrer Gaumenzähne mehr an den Typus von Trematosaurus, als irgend eine andere Amphibiengruppe, allein ihr völlig bewegliches dreilheiliges Gaumengerüst widerspricht einer näheren Beziehung. Gaumenzähne haben bekanntlich ausserdem nur einige typische Saurier (manche Lacertincn, Agamen und Scincoiden), und zwar bloss auf dem Flügel- bein, allein sie sind siels klein und schwach. Die Gaumenzähne der nackten Amphibien sitzen am Pflugscharbein, das bei allen übrigen lebenden Amphibien zahnlos ist, indess auch bei Tre- matosaurus kräftige Zähne trägt. Hiernach liegt der nächste Vergleichungspunkt für das Gau- menbein von Trematosaurus in der Gruppe der heuligen typischen Saurier; allein die Aehnlichkeit ist bei näherer Betraclilung im Einzelnen nur eine ganz allgemeine. §■ ''6- Vor dem Gaumenbein liegt bei Trematosaurus an jeder Seite des unteren Schnaulzen- theiles ein ziemlich starker Knochen, welcher die Lücke zvyischen dem Gaumenbein, Oberkiefer und Zwischenkiefer ausfüllt und mit seinem Nachbar der anderen Seite in der Mittellinie zu- sammentrifft. Ich halte diesen Knochen für das Pflugscharbein (^vomer , v.J. Derselbe bildet eine länglich rautenförmige vorwärts abgestutzte Platte, welche nach aussen eine kurze *) In der Al)hildung, welche neuerdings durch Kölliker von Siredon (Steguporus) mexicamis besorgt wor- den ist, bestellt dieser Knoclien aus zwei Abtiieilungen, von denen die vordere zaliutragende Hälfte als Gaumenbein zu deuten wäre (vgl. Bericht von der zoolog. Anst. zu Würzburg. Taf. IV. Fig. 2. 18. 21). Cuvier {Ossem. fossU. V. 2. pl. 27. fig. 25. m.) stellt beide als ein Ganzes dar. Vielleicht ist jenes der jüngere, dieses der ältere Zustand. 5 — 34 gerade Nalit hat, die an den Oberkieferknochen stösst, und von der Grube für die Fangzähne des Unterkiefers bis zu der kleinen GauiuenöfTnung (Choanen) reicht. Neben jedem Ende dieser Nalit ist der Knochen stark ausgebuchtet: die vordere Bucht gehört der Grube für die Fangzähne des Unterkiefers an, die hintere bildet den halben Umfang der Choanenöffnung. Von der vorderen Bucht zieht sich eine Naht anfangs quer nach innen, wendet sich aber bald darauf nach hinten und geht in dieser Richtung schief bis zur Mittellinie hin, bis sie mit der- selben Naht von der anderen Seite in die einfache mittlere Gaumennaht zusammentrifilt. Dies geschieht bald, und zwar beträchtlich vor der Mitte der PHugscharbeine. Die mittlere Gaumen- naht ist eine einfache, gerade Naht ohne Zacken; sie setzt als solche nach hinten fort, bis sie das vorderste Ende der grossen hinteren Gaumenlocher iil)erschritten hat; dann erst öffnet sie sich mit divergirenden Schenkeln und nimmt die lange feine Spitze des processus cuUri- formis z^vischen sich. Neben derselben keilen sich die hinteren Enden der Pflugscharbeine in einen langen spitzen Fortsatz aus, welcher etwas mehr als den vierten Theil vom hinen- rande des grossen Gaumenloches bildet, und sich innig an die lange, unten flache Spitze des Processus cultriformis anlegt. So weit die Spitze dieses Fortsatzes unten flach ist, so weit reichen auch die hinteren Fortsätze der Pfliigscharbeine. Neben ihnen geht von dem äusser- sten Ende der grossen Gaumenlöcher eine nach innen kurze, seitwärts divergirende Naht aus, welche das Pflugscharbein vom Gaumenbein trennt und in der hinleren Innenecke der Choanen endet. Die auf solche Weise begrenzte längliche Fläche jedes Pflugscharbeines ist ganz eben und kaum gegen die Mitte zu längs der Naht etwas mehr gewölbt; nur am Rande der Choanen bildet sich eine leichte Schwiele, und auf derselben sitzen vier, vielleicht auch fünf kleine, stiflförmige Zähne, welche indess etwas grösser sind, als die gegenüberstehenden Zähne des Oberkiefers am Aussenrande der Choanen. Weiter nach vorn, in dem Räume zwischen den Choanen und Fangzahnhöhlen, trägt jedes Pflugscharbein noch zwei grosse konische Zähne, welche dem zweiten und dritten des Gaumenbeines hinter den Choanen an Grösse entsprechen, aber umgekehit auf einander folgen, denn der vorderste ist der kleinere. Ihr Bau ist dem der Zähne am Gaumenbein vöflig ähnlich. Warum man die eben beschriebenen Knochen für die Pflunrscharbeine halten muss, darauf antwortet die schon hervorgehobene Analogie mit den typischen Sauriern, deren Pllugscharbeine genau an derselben Stelle in analogen Beziehungen gefunden werden. Indess verbinden sie sich nach hinten bei den Sauriern bloss mit den Gaumenbeinen, nicht so innig mit dem knorpeligen Processus cultriformis des Keilbeins. Eine wirkliche Verbindung mit demselben findet übrigens bei den Ophidiern statt, deren bewegliches Gaumengerüst aber in keine feste Verbindung mit den analog wie bei Trcmatosaurns und den Sauriern gelagerten Pflugscharbeinen liiü. Auch bei den geschwänzten nackten Amphibien erreicht die Spitze des os basale s/t/ieitoi(/cnin die Pflug- scharbeine und tritt mit ihnen durch Nähte in Verbindung. Diese Verbindung fehlt wieder den Krokodilen und den Schildkrölen. Bei crsteren sind die Pflugscharbeinc von den Gaumenbeinen verdeckt, letztere haben allein unter allen Amphibien ein einfaches Pflugscharbein, und stehen schon deshalb dem Trematosaurus am entfernleslen. Seine nächsten Verwandten sind also, 35 nach der Form der Pfliigscliarbeine zu urlheilen, die typischen Saurier, die Ophidier und die geschwänzten Balrachier, obgleich keine von diesen drei Gruppen der Bildung bei Tremaiosaurus ganz analog ist. Die letzteren, oder vielmehr manche der nackten Amphibien überhaupt, sind mit Zähnen auf den Pflugscharbeinen versehen; kein heuliges bedecktes Amphibium ist daselbst bezahnt. §■ 1"- Schwieriger als die jetzt vollendete Darstellung des gesammten oberen Schädels ist die Analyse des Unterkiefers. Zwar fehlt es nicht an Exemplaren, welche den Umriss und die Bezahnung vollkommen deutlich machen, wohl aber fehlt es mir an genügendem Material, um die einzelnen Knochenstücke des Unterkiefers in ihren Begrenzungen gegen einander scharf feststellen zu können. Besprechen wir also vor der Hand nur seine allgemeine Form, so stimmt er im We- sentlichen mit dem Unterkiefer des Krokodils überein, und unterscheidet sich von demselben hauptsächlich durch eine relativ grössere Länge, eine mehr gerade Streckung und eine in der vorderen Hälfte stärkere Verjüngung. Das äusserste Vorderende ist parabolisch zugerundel und entspricht dem Umriss der Schnautzenspitze, obgleich sein Umfang etwas geringer ist, weil der Oberkiefer bei geschlossenem Maule über den Unterkiefer wegreicht. Von da an gehen die Schenkel divergirend aus einander, und folgen ganz dem Umriss des Oberkiefers bis zur MundspaUe. In dieser Gegend biegt sich die bisher ziemlich gerade gestreckte Seiten- fläche mit ihrer unteren Kante mehr nach aussen, mit der oberen stärker nach innen, und gewinnt dadurch eine stark geneigte Stellung. In der Nähe der Backen, da w^o die flachen Jochbogenplatten gewölbeartig hervorragen, erhält die geneigte Fläche ihre höchste Auftrei- bung; worauf sie ziemlich schnell wieder sinkt, und in den flachen, senkrecht gestellten hin- tersten Theil, welcher den Gelenkfortsatz bildet, übergeht. Sobald die Auftreibung wieder zu fallen beginnt, erreicht der Unterkiefer seine grösste Höhe ; er bildet hier auf dem oberen Rande einen kammartig vorragenden, bogenförmig begränzten, scharfen Saum, welcher dem Kronen- fortsatze entspricht. An der tiefsten Stelle hinter diesem Kamm ist die Gelenkgrube für den Paukenknochen, eine halbkreisrunde, elliptisch nach innen erweiterte Grube, deren hinterer Rand zapfenartig emporragt. Von dem Punkte an, wo am oberen Rande die Gelenkgrube sich befindet, steigt der untere, bis daliin ganz gradlinigte Kieferrand gebogen aufwärts, und bildet, über die Gelenkgrul>e hinausreichend, den dicken, aussen flachen, am Ende schief ab- gestutzten hintersten Theil des Unterkiefers. Die äussere Fläche jeder Unterkieferhälfte ist durch eine liefe Längsfurche in zwei Hälften getheilt, von denen die obere platter ist, die untere stark gewölbt seitwärts mehr ^ ortritt. Die innere Fläche ist in ihrer ganzen Ausdeh- nung platter. Jene tiefe Längsfurche verliert sich nach vorn mehr, und ist in der Mitte am stärksten; sie endet hinterwärts auf dem hoch gewölbten Backenlheile. Letzteren bedeckt eine von dem untersten hintersten Rande, in der Gegend wo derselbe sich nach hinten zu hebt, ausgehende strahlig -furchige Sculptur, welche über kleinen Grübchen an der bezeich- '6* 36 neten Stelle ihren Ursprung nimmt. Diese Sculptur entspricht völlig der auf den Backenjoch- platten des Oberkiefers. — Alle diese VerhäUnisse sind in der Figur auf der dritten Tafel, welche nach einer im Umriss ganz vollständigen, nur etwas kleineren linken Unterkieferhälfte gezeichnet wurde, deutlich zu erkennen. Die Maasse dieses Unterkiefers waren folgende: Ganze Länge von vorn nach hinten 7 Zoll 1 0 Linien Grösste Breite an der höchsten Stelle des Kronenfortsatzes ... 1 „ 2 „ Länge des Kammes, welcher den Kronenfortsatz bildet, bis ziu' Ge- lenkgrube 2 „ — „ Länge des Fortsatzes hinter der Gelenkgrube — „10 „ Höhe des Unterkiefers in der Gegend des grossen Fangzahnes . . — „ 4 „ Höhe in der Gegend des hintersten Zahnes — „10 „ Höhe in der Mitte zwischen beiden Punkten — „ 8 „ Höhe des grossen Fangzahnes — „ 6 „ Höhe des Alveolarrandes, an den die Zähne von innen her angelehnt sind, vorn — n 2 „ Derselbe hinten — „ ' „ Länge des zahntragenden Theiles vom Kiefer 5 „ 3 „ Dicke des Unterkiefers in der Mite dieses Theiles — „ 4 „ Die Zähne des Unterkiefers sitzen nicht, wie die des Oberkiefers, auf der abgeplatteten Firste eines schwieligen Randsaumes: eine Bildung, welche dem Zahntypus der heutigen Akro- donten (nach Wagler) entspricht; sondern sie sind von innen her an eine scharfe erhabene obere Randleiste angelegt und passen in kleine Vertiefungen derselben hinein, mehr nach dem Typus der heutigen Pleurodonten. Im Uebrigen verhalten sie sich ganz wie die oberen Kieferzähue, es sind kleine, schlanke Kegel mit gestreifter Oberfläche. Ihre Anzahl kann ich leider nicht mit Gewissheit angeben, weil mir kein vollständiger zahntragender Kieferrand vor- liegt; nach den Bruchstücken aljer, die ich untersucht habe, wird sie die Zahl GO kaum oder nur wenig iiberschreiten. Tom Kronenfortsatze an bis fast zur Endspitze sitzen diese kleinen Zähne genau in der ^Mittellinie des oberen Kieferrandes; da indess die innere Fläche des Kiefers platter ist, als die besonders nach unten stark gewölbte äussere, so scheinen sie der inneren Seite näher zu stehen, als der äusseren; allein ganz vorn, dicht vor dem grossen Fangzahn, wenden sie sich schnell mehr nach aussen, und stehen hier dem äusseren Rande der Aussen- seite viel näher, als dem inneren. Auf diese Weise wird in der Umgebung der Symphyse ein ziemlich breiter geneigter Raum hinter der Zahnreihe gewonnen, und auf demselben steht zu jeder Seite der Symphyse der grosse Unterkieferfangzahn: ein hoher schlanker Kegel, welcher hinter der kleinen Zahnreihe aus eilier starken Vertiefung des Kiefers sich erhebt, den grossen Gaumenzähnen des Oberkiefers in seiner Bildung zwar gleicht, aber formell schlanker gestaltet ist. Zwischen diesen beiden grossen Fangzähnen geht die Symphysennaht hindurch. Der Kiefer ist hier zwar dick, aber nicht sehr breit, daher die Symphyse nur kurz 37 ist und den Qiierdurchmesser des Unterkiefers neben der Spitze nur wenig an Lange über- trifll. Die Symphyse selbst scheint lange nicht so innig gewesen zu sein, wie beim Krokodil, sondern mehr so locker, wie bei den typischen Sauriern, weil alle von mir untersuchten Unterkiefer stets in ihre beiden Hälften zerfallen waren. In allen diesen Punkten, und beson- ders auch in der Zahnstellung, stimmt übrigens der beschriebene Unterkiefer mit den treff- lichen Abbildungen überein, welche Pr. Owen vom Ober- und Unterkiefer seines Lahyrin- thndon pachifguathus und leptognatlius gegeben hat. (Vgl. Trtmsact. of the Geol. Soc. sec. ser. Vol. VI. pl. 43. fig. 1. ö. und pl. 4 t. fig. I — 3. 6—9.) Ich hielt es daher nicht für nöthig, auch meinerseits Abbildungen davon mitzutheilen, zumal \veil alle jnir vorliegenden Reste weniger gut erhalten sind, als die von Owen dargestellten. Dass jene Labyrinthodon- ten- Unterkiefer viel beträchtlichere Dimensionen haben, als die von mir beschriebenen, wird der Leser bei Berücksichtigung der obigen Maasse leicht wahrnehmen. §. 18. Die Zusammensetzung des Unterkiefers aus seinen einzelnen Knochenstücken zu ermit- teln, ist nicht bloss an und für sich wichtig, sondern auch in Bezug auf die natürliche Ver- wandtschaft der Laljyrinthodonten von Bedeutung. Bei den nackten Amphibien besteht jeder halbe Unterkiefer nur aus drei Stücken, dem vordersten oder Zahn stück (os dentale), dem oberen Gelenkstück (^os articulare), welches in manchen Fällen knorpelig bleibt, und dem unteren hinteren Hauptstück Qos angulare), welches die verbindende Stütze für die beiden vorigen bildet und gemeiniglich den grössten Theil des Kiefers ausmacht. Die Schild- kröten steigern die Zaiil jeder Hälfte auf sechs, weichen indess dadurch ab, dass in der Regel die Sj-mphysennaht völlig verschwindet, wodurch die ungerade Zahl von elf Knochen im ganzen Unterkiefer hervorgebracht wird. Zwischen dem Zahn- und Gelenkslück lösen sich nämlich von dem Hauptstück drei Knochenstücke ab, welche die Gegend vor dem Gelenkstück einnehmen. Daselbst liegt an der Innenseite jedes Unterkieferastes das dünne flache De ekel stück ("o* operctdare), welches den Eingang in den caiialis alveolaris über- brückt, und an der äusseren Seite das ähnlich gestaltete, etwas kräftigere untere Eckstück Cos subangulare}, über welchem sicli der stumpfwinkelige Kronenfortsatz als drittes oberes Eckstück (os stipraangulare^ erhebt. Die Krokodile, derep beide Unterkieferhälften zwar nicht ganz vollständig in der Symphysennaht verwachsen, aber doch sehr innig mit einander verbunden sind, haljen in der Hauptsache dieselbe Anordnung, aliein es bleibt unter dem Kronenfortsatz in beiden Flächen des Kiefers eine Lücke, die an der äusseren Seite zwischen dem oberen und Haupteckstück, an der inneren Seite zwischen ebendiesem und dem unteren Eckstück sich befindet. Letzteres ist ein sehr kleines Knochenblättchen über dem Eingang in den canalis alveolaris; es bildet gleichsam einen hinteren Anhang des Deckelstücks, welches beim Krokodil weiter nach vorn reicht, und dadurch den bei den Schildkröten vorn offen 38 gebliebenen canalis alveolaris vollständig überwölbt. Die Eidechsen und Schlangen weichen von den Krokodilen hauptsächlich nuf darin ab, dass ihnen die beiden Lücken in den Flächen des Unterkiefers fehlen, stehen aber andererseits den Schildkröten noch ferner durch die weiche, bei den Schlangen sogar höchst elastische Verbindung ihrer Unlerkieferhälfien an der Spitze. Bei den Schlangen bleilit übrigens, wie bei den Sclüldkröten, der canalis alveolaris in der ganzen vorderen Kieferhälfle offen, bei den Eidechsen ist er, wie beim Krokodil, voll- ständig bis zur Spitze geschlossen. Nach diesen Angaben wird es nun nicht schwer hallen, zu entscheiden, ob der Unter- kiefer von Trematosaurus mehr mit dem Typus der nackten .4mphibien , als mit dem der bedeckten in Harmonie steht, allein ob eine grössere Analogie zwischen Trematosaurus und den Krokodilen einerseits, oder den Eidechsen und Schlangen andererseits bestehe, das wird ohne die Untersuchung ganz vollständiger Unterkiefer kaum mit einiger Sicherheit ausgemittelt werden können. Die beiden mir zur Untersuchung vorliegenden Unterkiefer sind das leider nicht, und zwei andere Bruchstücke, welche ich noch daneben besitze, unterstützen den an ihnen sicht- baren Bau nur unbedeutend. Der eine Unterkiefer besteht aus einer rechten Hälfte, die mit der äusseren Fläche frei liegt; er ist 7" 10'" lang ujul an der oberen Knochendecke völlig zerstört, so dass nur die Knochenbruchränder mit dem durch Eindringen des Muttergesteins gebildeten Kern des canalis alveolaris übrig blieben; der andere, ebenfalls ein rechter, zeigt die innere Knochenfläche frei und ist an der vorderen Hälfte noch mit der oberflächlich zer- störten Knochenschicht versehen; er misst 7" 2'". Nach jenem ist der reslaurirte Unterkiefer in Fig. 2. auf Taf III. von aussen gezeichnet, von innen gebe ich ihn hier mit dem zweiten im Holzschnitt wieder. Die Betrachtung des letzteren zeigt, dass die übrig gebliebene Knochenschicht von der Spitze bis ztu' Mitte reicht und ausserdem am ganzen Umfange in Bruchstücken vorhanden ist. Jene vordere Knochenfläche wird durch zwei sehr deutliche Nähte in drei Theile zerlegt: einen oberen brei- ten Saum, der die Zähne trägt; einen unteren wenig schmäleren, der an der Spitze mit dem a 39 oberen zusammenzuhängen scheint, und einen milderen, der hinten mit den beiden vorigen gleiche Breite hat, sich aber alhnahg verschmälert und mit einer feinen Spitze da endet, wo die beiden Randknochenstreifen zusammenstossen. Vor dieser Stelle sieht man noch das Ende des canaüs alveolaris geöHnet, und bemerkt eine etwas stärkere Erweiterung desselben erade unter dem grossen Fangzahn. Ueberhaupt ist der ganze Unterkiefer hohl, und überall nur von einer dünnen, 1 — \\ Linie dicken Knochenschicht umkleidet. — Ich halte nun den oberen Randknochen fiu- den inneren Saum des Zahnstiicks (os dentale, a.), den mittleren Knochen für das Deckelstück (os opercidare, ß.) und den unteren Randknochen für den eben- falls von untenher umgeschlagenen Saum des Zahnstücks. Hieraus würde folgen, dass die ganze äussere Knociienfläche an der vorderen Hälfte des Unterkiefers einem einzigen Knochen, dem Zahnstück, angehöre, und die darauf sichlbai'c mittlere Längsfurche keine Naht anzeige, sondern eben nur eine Vertiefung in der Knochensubstanz ist. Ich glaube mich zu dieser An- nalune um so mehr berechtigt, als ich an den beiden Unterkieferbruchstücken, welche der vorderen Kieferhälfte angehören, und die ihre äussere Knochenschicht, wenn auch oberlläch- lich abgenutzt, behalten haben, keine Spur einer mittleren Längsnaht wahrnehmen kann, son- dern nur eine zusammenhängende Knochenschicht bemerke. Ausserdem haben sämmtliche lebende Amphibien dieselbe Anlage des Unterkiefers, seine vorderste Hälfte ist bei allen ein einfacher Knochen auf der Aussenseile. Es erleidet nun, nach eben dieser Analogie, keinen Zweifel, dass der obere Rand des Zahnstücks so weit nach hinten reicht, wie der Unterkiefer Zähne trägt, d. h. bis zum Beginn des kammarlig emporgebogenen Kronenfortsatzes, und eben dort zeigt sich denn auch sehr deutlich die Naht, welche beide Knociienstücke von einander Iremit. Ebenso besthumt ist eine andere Naht am unteren Rande des Kiefers etwas weiter nach vorne wahrzunehmen; sie sonderte hier die ausgezogene keilförmige Spitze des Zahn- stückes ab und giebt deutlich zu erkennen, dass sich das zwischen den nach innen umge- schlagenen Rändern des Zahnstückes befmdliche Deckelstück hinterwärts mehr erweiterte. Die Anwesenheit dieses Stückes an einer so ^veit nach vorne befindlichen Stelle und die feine Zuspitzung desselben spricht entschieden für die Verwandtschaft des Trematosaurus llieils mit den Krokodilen, theils mit den typischen Sauriern, und lässt vermuthen, dass dieses Stück den ganzen freien Raum zwischen den umgeschlagenen Rändern des Zaimstückes erfüllte, also etwa bis in die Gegend reichte, wo jene Ränder sich schnell nach hinten zu ziehen. Ob der kleine Knochensplitter [y.), welcher hier neben der Spitze des unteren Saumes vom Zahnstück liegt, noch zum Deckelslück gehöre, oder nicht vielmehr der Rest des bei den typischen Sau- riern sehr kleinen, auf die Biegungsstelle des unteren Kieferrandes beschränkten unteren Eckstückes (os suhattgulare) sei, muss begreiflicherweise unentschieden bleiben. Dagegen sieht man sehr deutlich, wie das kammartig emporsteigende, längliche und bogenförmig be- grenzte obere Eck- oder Kronenstück (os supraan(julare, d\J sicli mit seiner vorderen Spitze unter das hintere Ende des Zahnstückes legt und so dessen ausgekeilte Spitze trägt, dann den Kronenfortsatz bildet und unmittellKu- vor der Gelenkgrube für den Paukenknochen 40 endet, wenn es nicht gar, wie beim Krokodil, nach aussen zu die Gelenkgrulie schloss, und also hintervvärts noch über sie hinausging. Hiernach waren drei Knochenstücke des Unter- kiefers: das Zahn stück, Deckelstück und obere Eckstück, sicher festgestellt; es fehlen noch drei andere: das Gelenkstück, Haupteckstück und untere Eckstück, um die Analogie mit den Krokodilen oder Sauriern vollständig zu haben. Um diese drei Stücke bei Trematosaurus auszumitteln, ist es nöthig, zu^or ihre Verschiedenheiten bei den typischen Sauriern und den Krokodilen zu besprechen. Das Gelenkstück der Krokodile ist relativ sehr klein, es bildet hauptsächlich nur die Gelenkfläche, und steigt mit ein Paar Fortsätzen nach hinten und unten an der inneren Wand des Haupteck Stückes herab. Letzteres bedeckt dasselbe grösstentheils von aussen, formirt den ganzen unteren hinteren Kieferrand, nimmt den Hauptiheil des grossen hinteren Fortsatzes ein und stösst nach vorn und aussen mit dem Zahnstück, nach innen mit dem Deckelstück zusammen. Das dritte Stück nennt Cuvier beim Krokodil os complementaire , es ist die kleine dreieckige Platte, welche an der hinenseite des Unterkiefers über dem Eingange in den caticilis alveolar is liegt, nach oben an das obere Eckstück, nach vorn an das Deckelstück und nach unten an das Haupteckstück stösst. Bei den typischen Sauriern dagegen liegt dies kleine Knochenstück bloss am unteren Rande des Kiefers, zwischen dem Deckelstück und Haupt eckstück, weshalb der Name unteres Eckstück mn so passender erscheint, als gerade in ihm die Hauptbiegungsstelle des unteren Kieferrandes aufzutreten pflegt. Hinter demselben liegt nicht das Haupteckstück, sondern das Gelenkstück, welches also den ganzen hinteren Kieferrand mitsammt dem hinteren Fortsatze und der Gelenkfläche bildet, während das Haupt- eckstück der typischen Saurier hauptsächlich in der Aussenfläche des Unterkiefers steckt, hier als eine bald längliche schmale, bald kurze breite Platte den Raum unter dem Kronen- fortsatze einnimmt, und zugleich die kurze Strecke des oberen Kieferrandes zwischen Kro- nenfortsatz und Gelenkfläche bildet. Gehen w'w \oii diesem Charakter aus, so kann derselbe nicht bei Tremafosaitnis sich finden, weil bei ihm das obere Eckstück mit dem Kronenfortsatze bis unmittelbar an die Gelenkfläche, d. h. liis an das Gelenkstück reicht. Darnach wäre eine grössere Analogie mit dem Krokodil, als mit den typischen Sauriern wahrscheinlich, und für eine solche spricht auch die gesammte Form des Unterkiefers. Wir win-den also den kleinen geschwungenen Knochen- splitter («.) hinter der Gelenkfläche, zu dem oirenbar auch die Gelenklläche selbst gehört (denn dafür zeugt der aufsteigende Fortsatz, welcher, ganz ähnhch wie beim Krokodil, den hinteren erhabenen Rand der Gelenkgrube bildete), für das Gelenkstück halten müssen und anneh- men dürfen, dass dasselbe auf die obere Hälfte des hinteren grossen Fortsalzes beschränkt war. Davon überzeugt uns die schmale Form des Splitters sehr bestimmt. Dann wäre der grössere, langgezogene Knochensplitter am unteren Rande des Kiefers (^.) ein Theil des Haupt- eckstückes, welches sich hinterwärts bis an's Ende des grossen hinleren Fortsatzes, vor- wärts bis an das Deckelstück ausdehnte, die Mitte der stark cewölblen äusseren Fläche des 41 Unterkiefers einnaliin luul an der Innenseite den daselbst belindlichen Eingang in den ccmalis alveolaris mit seinem vorspringenden unteren Rande liegrenzfe. Auf der äusseren grösseren Partie dieses Haupteckstiickes befindet sich die radial furchige Sculptur, \veiche früher be- schrieben worden ist; es legt sich nach oben an das obere Eckstlick, nach vorn an das Zahn stück, nach hinten an das Gelenkstück, und bildet in seinem grössten Theile eine flache, langgezogene, beiderseits zugespitzte Knochenplatte, welche von einem verdickten, um- geschlagenen unteren Rande ausging, und wahrscheinlich einen etwas stärkeren Fortsatz nach hinten zum Gelenkstück abgab, um mit ihm den hinteren Hauptfortsatz des Unterkiefers zu bilden. Die Abgränzung dieses langgezogenen, offenJ)ar in der Hauptsache nach dem Typus der Krokodile gebildeten Eckstücks gegen das Gelenkstück liess sich auf der äusseren Seite des Unterkiefers in keiner Weise sicher verfolgen; die ganze Knochenmasse des hinteren Theils vom Unterkiefer bot keine Spur irgend einer Naht dar, wie sich aus der Betrachtung des oberen Holzschnitts auf S. 38 näher ergiebt; dagegen erscheint die Ausdehnung des Eckstücks . nach vorn, ^venigstens an der imieren Seite des Unterkiefers, mir minder zweifelhaft zu sein. Ich glaube nämlich, dass der schon erwälinte kleine Splitter y wirklich nur tlas vordere Ende des Eckstücks ist und die vorderste Spitze des verdickten umgeschlagenen Randes selbigen Knochens bezeichnet. Dann win-de in dem Raum zwischen (T, 'C und y der Eingang in den canalis alveolaris zu suchen sein, vor welchem, am liinteren Ende des Deckelstücks, ganz wie beim Krokodil, d. h. nicht am Rande, sondern in der Inneniläche des Unterkiefers, das kleine völlig verloren gegangene untere Eckstück lag. Der Tlieil des Unterkiefers, welcher sich hinter dem Eingange in den canalis alveolaris Itetindet, war ohne Frage stark vertieft oder vielmehr muldenförmig ausgehöhlt, wie beim Krokodil, und daher kommt es, dass man an dem Unterkiefer, welcher von innen bloss liegt (man betrachte den unteren Holzschnitt S. 38), nur über und unter dieser Mulde die nach innen vortretende Knochensubstanz wahrnimmt. Oben ist es der dicke Rand des Gelenkstücks hinter der Gelenkfläche («), unten der nicht minder stark vorspringende umgeschlagene Randsaum des Haupteckstücks (Q). üebrigens weiss man aus Owen's Abbildungen des Unterkiefers von habyrinlhodon (a. a. 0. Taf. 46.), dass derselbe kein Locli in der Aussenfläche besitzt, wie beim Krokodil, und muss schon deshalli eine weitere Ausdehnung des Ilaupteckstücks in die Fläche des Unterkiefers für nölhig halten. Auch habe ich in H. v. Braun's Sammlung den Abdruck eines vollständigen Unterkiefers ge- sehen, welcher an der Stelle, wo das Haupteckstück liegen müsste, genau dieselbe Sculptur, wie die seitlichen Kopfknochen hatte, und völlig geschlossen war. Aus dieser Darstellung dürfte sich also ergeben, dass der Unterkiefer von Tre- matosaurus , wie in der Gesammtforni, so auch ir\ tier Zusammensetzung aus seinen einzelnen Stücken, am meisten dem der Krokodile sich nähert, indess einzelne Eigenschaf- ten, und namentlich die feine Zuspitzung des Deckelstücks, mit dem Kiefer der typischen Saurier gemein hat. Dahin wluxle auch der Mangel von Lücken zwischen seinen Knochen- platten p:ehören. (i . 42 Eine gewisse Unsicliorlioil der DiirstoUnng liegt oITonbiir nur in der Ausdehnung, die ich dem Haupleckslüi-k (h;!S Untcikiefers gegeben habe und welche zu heben ich niclit im Stande bin. Anfangs nahm ich den Taf. IV. Fig. i. abgebddeten schuppenfürmigen Knochen für das Haupt- eckstück des Unleikiefeis, l)in aber jetzt von seiner anderweitigen Bedeutung völlig überzeugt. Ein ganz idinlichcr Knochen ist auch von Plieningcr beobachtet und in mehreren Figuren (Taf. IV. Fig. 1. 2. Taf. Vll. Fig. 7. Taf. VIII. Fig. 10.) abgebildet. Er hält ihn, wenigstens den Taf. IV. Fig. 1. 2. abgebildeten, für das Schullerblalt (BcÜr. z. Paläont. Würtemb. S. 63); eine Ansicht, deren Irrthum leicht zu zeigen ist. Schon die Form dieses Knochens ähnelt keinem Schulterblatt i'gend eines Aniphibiums , vielmehr hat er nur im Umriss eine gewisse flüchtige Aehnlichkeil mit dem Schulterblatt des Menschen, auf welche H. Plieninger doch kaum Ge- wicht legen konnte. Ferner kann kein Schulterblatt Sculplurcn haben, welche die superficielle Lage des Knochens beweisen, weil alle Schulterblätter von Jluskeln bedeckt sind. Dieser Knochen war aber ein superficieller, bloss von Haut bedeckter, also ge^^iss kein Schulterblatt. Endlich fehlt jede Andeutung irgend einer Gelenkfläche, die doch sicher am Schulterblatt vorhanden sein müsste. — Auf das öftere Vorkommen dieser und einiger anderen isolirlen Knoclienplatten mit superficiellen Sculpturen gründete H. v. Braun seine Annahme, dass der Leib \on TrcmalosiiHnis gepanzert war. Ich kann dieser Ansicht niclit beipflichten, theils weil die Menge der gefundenen Knochenplatten nur gering ist, theils weil sie keinen gleichen, sondern einen verschiedenen Umriss haben. Wären es Panzerstücke, etwa wie die des Krokodils, so müssten sie, wenn auch an Grösse verschieden, doch in Anlage und Ausführung übereinslinnnender sein. Ich glaube vielmehr, dass die isolirlen Knoclienplatten mit superficiellen Sculpturen sämmtlich am Kopfe sich befanden, und meistens losgetrennte Stücke des schildförmig ausgebreiteten Jochbogengerüstes sind. Auf freiliegenden Knochenschildern des Rumpfes würden sicher die Sculpturen radial nach allen Seiten hin verlaufen und von einer mittleren Gruppe kleiner Grübchen ausgehen, wie das bei den mittleren Knochenschildern des Schädels der Fall ist. Solche Knochenplatten kommen aber nur sehr selten vor und sind dann auch mittlere Schädolknoclien, während sie allgciiiein und häufiger vor- kommen müssten, wenn es Rumpfpanzerschilder gewesen wären. Man denke z. B. nur an die Schilder der Störe, um sich von der Richtigkeit dessen, was ich in Bezug auf die Anordnung der Sculptur gesagt habe, zu überzeugen. Endlich wissen wir direkt aus den Beobachtungen an Archcfjosaurus, dass dessen Leib mit kleinen feinen spitzen Schuppen, aber nicht mit Knochen- schildern, bekleidet war. Zur Unterstützung meiner Ansicht, dass die isolirten Knochenschildcr, welche man unter den Resten von Tretnalosuurns öfters antrid'!, Tlieile des Kopfes im Ganzen ^varen, nuiss ich schliesslich noch auf die allermcistens sehr zerstörte Beschafi"enheit der Fundstücke überhaupt aufmerksam machen. Immer liegen sie isolirt, und nie finden sich ganze Schädel mit dem Unter- kiefer im Zusammenhange, wie etwa der schöne Schädel von Muslixlonsaurtis, welchen Plie- ninger abgebildet hat (a. a. 0. Taf. VI. u. VII.). Ich schliesse daraus, dass die Knochenrestc von längst verendeten- Thieren herrühren, die schon angefault vom Wasser mit fortgeführt wur- den, bis sie in dem Bernburger Becken ihre bleibende Lagerstätte erhielten. Auf dem Wege zertrümmerten die faulen Leiber der Tliiere schliesslich ganz, und 'nur die härtesten Theile des Schädels erhielten sich. Dass sich während des Transportes die lose an einander gefügten Knochenplatten ablösen konnten, wird Niemand in Abrede stellen wollen. Zugleich erklärt diese Annahme den Mangel aller kleineren Knochen, als Wirbel, Rippen und E.\tremilälen, weil diese 43 vermöge ihrer Lcicliligkeit entweder vom Strom noch weiter fortgeführt, oder schon unlerweges völlio- zerstört wurden. Nie ist mir irgend ein Zehenglied oder eine Rippe zu Gesicht gekommen, und selbst die reichhaltige v. Braunsche Sammlung besitzt nichts der Art; alle ihre Handstücke sind ganze Schädel, Schädeltheile oder Knochenschilder, mit Ausnahme einer etwa spannenlangen Strecke vom Schvvanztheil der Wirbelsäule, an welcher sich jedoch, ausser hohen Dorn- und Querforlsälzen, nichts für die Bestimmung des Thieres Brauchbares ermitteln Hess. Ich behaupte, in Folo-e der angeführten Thalsachen, dass die Trem alosaure n entweder Landthiere, oder hoch- stens, gleich den Krokodilen, Süsswasserbewohner waren, deren anderswo abgestorbene Leiher von entweder normalen oder abnorm vermehrten Binnengewässern bis in das marine Wasser- becken geführt wurden, in dessen Sediment noch heule ihre petrificirten Reste liegen. Letztere bestehen aus Eisenoxydul, das in die thierischen Gewebe eindrang, sind von schwarzbrauner Farbe und äusserst geiirechlich, weil die zum Theil gebliebene thierische Grundmaterie die voll- ständige Uebertragung des anorganischen Materials verhinderte und dadurch die geringe Cohärenz der abgelagerten Quantitäten desselben bewirkte. Die Oberfläche der Stücke ist gewöhnlich sehr innig mit Sand impriignirt, und nur sehr seilen noch mit der normalen äussersten Schicht des Knochens versehen. Auch das spricht für eine bereits weit vorgeschrittene Zersetzung der Knochensubstanz und ihre in Folge der langsamen Einhüllung schon längst eingetretene faulige Beschaffenheil. §. 19. Am Schluss dieser Schilderung des Schädels von Trematosmiriis habe ich noch des inneren Biiues der Zähne zu gedenken, um auch daran die Labyrinthodontennatur zu erweisen. Indess hindert die eben erwähnte, feineren mikroskopischen Untersuchungen wenjg günstige Beschafl«ilieit der Petriticate eine so genaue Erkenntniss, wie sie Hrn. Owen bei seinem Lahyrmthodon Jaegeri gelang. Namentlich war es unmöglich, hinreichend dünne Schichten des Zahnes zu bekommen, um dieselben als Objecte mikroskopischer Beobachtung mit durch- fallendem Lichte benutzen zu können; jeder Versuch, einen feinen Querschnitt zu machen, missglückte, indem der Zahn schon beim blossen Ansetzen eines schneidenden Instrumentes sofort zersplitterte. Unter diesen Umständen blieb nichts anders übrig, als die frei liegenden Querflächen mitten durchgebrochener Zähne anzuschleifen, und zu versuchen, ob sich auf ihrer Fläche bei starker Beleuchtung durch auffallendes Licht eine Ansicht von den Windungen der durch die Zahnschicht vertheilten Fortsetzungen ihrer centralen, schon mit blossem Auge sicht- baren Kernhöhle gewinnen lasse. Diese Versuche gelangen wenigstens bis zu einem Grade, der hinreichte, um daraus die völlige Uebereiustimmung der Zahnstructur mit der von Owen 's Labyrinthodon Jaegeri zu erkennen. Ich habe versucht, mein Resultat durch eine Figur (Taf. IV. Fig. 6.) zu erläutern, und muss in Bezug auf dieselbe nur bemerken, dass sie zwar die bestimmte .\bbildung eines der Aon mir untersuchten Zähne giebt, indessen, bei der Lückenhaftigkeit des abgebildeten Objectes, die Resultate der verschiedenen Beobachtungen zusammengetragen enthält, welche ich an mehreren einzelnen Zähnen gemacht habe. Auch sind die Farben, hinsichtlich ihrer Intensität, an den fossilen Zähnen gerade umgekehrt; die 6* 44 breiten gewundenen weissen Lamellen meiner Figur erscheinen tief und rein schwarz, die da- zwischen befindlichen verästelten dunklen Linien dagegen röthlich, und die scharfen gewun- denen Conturlinien, \velche vom Umfange der Figur in die gewundenen Zahnlamellen eindrin- gen, Hessen sich, eben der schwarzen Farbe dieser Lamellen wegen, fast gar nicht unter- scheiden, ihre Anwesenheit konnte nur aus den Einschnitten am Umfange des Zahnes, von denen sie ausgehen, gefolgert werden, hii Uebrigen waren die weissen (in der That aber schwar- zen) Lamellen und die dazwischen auftretenden dunklen (in der Wirklichkeit fuchsrothen) verästelten Lücken völlig scharf ^ on einander abgesondert, so dass sich die Begrenzung beider gegen einander, und die Ausdehnung jedes ^on Jjeiden, mit völliger Sicherheit wahrnehmen liess. Icli hebe dies mit Bedacht hervor, weil in Owen's Figur (a. a. 0. S. 507) die Fort- setzungen der centralen Höhle mit zahlreichen feinen Nebenröhrchen in die gewundene Zahn- substanz ausstrahlen, was zwar ohne Zweifel auch bei Trematosaurus der Fall sein wird, indessen durch directe Beobachtung an den Zähnen nicht ermittelt werden konnte. Der Bau des Zahnes ist demnach folgender. Die scheinbar solide, feste und dicke Wand des kegelförmig gestalteten Zahnes besteht aus einer Anzalil Blätter, welche vom Centrnm radial zur Peripherie streben, allein nicht grad- linigt fortsetzen, sondern auf ihrem Wege sich wellenförmig hin und her biegen. Jedes Blatt ist inwendig hohl imd steht diu-ch diese Höhlung mit der centralen Zahnhöhle in Verbindung; es besteht also genau genommen aus zwei durch eine schmale Lücke getrennten Blättern, vvelche am Umfange in einander übergehen. Indem nun jede Seite, oder vielmehr jede der zwei Wände des Blattes ihre wellenförmigen Biegungen für sich allein und in der Regel so beschreibt, dass die Wellenbiegungen beider Wände nicht in einander fallen, sondern einander entgegengesetzt sind, entstehen Nebenhöhlen, die senkrecht von der mittleren Längshöhle jedes Blattes ausgehen und mehr oder weniger auf einander passen. In die Lücken zwischen den Wellen jeder Wand eines Blattes legen sich nun die Wellen der gegenüberstehenden Wand des benachbarten Blattes hinein und füllen sie so vollständig aus, dass beide Wände zweier benachbarten Blätter zusammen nur eine gewundene Zahnschicht auszumachen scheinen. Das sind die auf dem (Juersclinilt erscheinenden Lamellen, deren feine mittlere Trennungslinie nur daran erkannt werden kann, dass ein Einschnitt am Umfange des Zahnes, welcher in jede Lamelle einzudringen strebt, sie andeutet. Diese Einschnitte erscheinen auf der äusseren Zahnfläche als feine Längsfurchen, und von ihnen rührt das gestreifte Ansehen des Zahnes lier. Der Raum zwischen zweien solchen Furchen ist also das geschlossene äusserste Ende eines Zahiiblattes, und die Furche bezeichnet die Grenze zweier dicht neben einander liegen- den, mit ihren Windungen in einander greifenden Blätter. Die Wände der Zahnblätter werden gegen die Peripherie hin allmälig etwas dicker, und aus diesem Grunde werden auch die von den benachbarten Wänden zweier Blätter gebildeten Substanzwindungen etwas breiter, allein die Zunahme in die Dicke ist nur gering, und reicht niclit hin, dem inniier weiter und weiter werdenden Umfange des Zahnes zu entsprechen; die Blätter würden dah'M- Lücken lassen, 45 — wenn sie nicht nach einer gewissen Entfernung von der Mitte sich einzeln theillen, und von da an in zwei gabelig von einem Panivte ausgehende, übrigens ganz ^vie der frühere Stanim- theil gebildete, in sich gewundene Nebenblätter spalteten. So bekommt denn jeder Zahn in einer gewissen Entfernung von der Mitte und in einer gewissen Tiefe unter der Spitze die doppelte Anzahl der HIalter, welche er anfangs hatte, und da er auch unter dieser Stelle s;e2;en die Basis hin fortdauernd tiicker wird, so muss sich die Theilun^ der Nebenblatter in Nebenblättchen nochmals, ja selbst mehrmals wiederholen. .4us diesem Grunde nimmt, wenn man den Zalin von oben herab betrachtet, die Anzahl seiner Streifen in hitervallen zu, und deutet zugleich an, dass die Menge der von je z\Aei Streifen eingeschlossenen Blätter sich in demselben Maasse vermehrt hat. Sehneidet man aber einen Zahn in einer gewissen Höhe quer durch, so sieht man auf der Schnittfläche die Anzahl aller Blätter, welche er in dieser Höhe hatte, deutlich vor sich, und erkennt zugleich ihren Zusammenhang in der Art, wie sich die Fortsetzungen der centralen Zahnhöhle durch die Substanz des Zahnes verbreiten, h» diesem Sinne ist Fig. 0. auf Taf IV. zu beschauen. Der centrale schwarzgesäumte Fleck giebt die mittlere Zahnhöhle an, von welcher vierzehn Radien, als die inneren Höhlungen ebenso vieler Zahnblätter, ausgehen. Anfangs, oder \\enigstens bis zur Mitte, gehen diese Höhlungen gegen die Peripherie ungetheill fort, sie geben nur nach links und rechts Aeste ab, d. h. mit anderen Worten: die beiden Wände, welche die Höhlung umschliessen, falten sich in Wellen- biegungen zusammen; aber etwa von der Mitte der Radien an theilen sich die meisten Hölilen in zwei Schenkel, deren Wände neue Wellenbiegungen beschreiben. Endlich dicht \ov dem Umfange wiederholt sich die Theilung der Schenkel jeder Höhle nochmals, und aus diesem Grunde endet auch jeder Schenkel des gabeligen Blattes mit zwei kurzen Randblättchen, worin also die letzten Enden der sich nochmals gabelnden centralen Höhle enthalten sind. Sowohl zwischen diese Randblättchen, als auch zwischen die Hauptblätter und ihre Zweige, diingt von der Peripherie aus der feine Zahnkitt (Cement) hinein, füllt alle etwa entstandenen Lücken aus und heftet die in einander gewundenen AVände der benachbarten Blätter genau zusammen. Auf diese Weise entstehen dreierlei Arten \on Falten, welche ihren Ursprung an der Peri- pherie nehmen und gegen den Mittelpunkt vordringen: die Einen scheiden die benachbarten Wände zweier Hauptblätter; die Zweiten bezeichnen die Lücke zwischen den beiden Zweig- blättern, worin sich jedes Hauptblatt getheilt hat; die Dritten trennen die einzelnen Rand- blättchen von den Haupt- und den Zweigblättern ah. Durch die genauen Untersuchungen von Owen ist uns bekannt geworden, dass die Zahn Substanz QdeittiiHiJ der Amphibien aus feinen mikroskopischen Kanälen besteht, welche von der centralen Zahnhöhle ausstrahlen, und dass diese strahlig gefügte, von Kalkerde durch- drungene Grundlage einen klaren homogenen äusseren Kitt (^cement um) als Uebei'zug erhält. Dieser feine Ueberzug wird auch dem Zahn der Labyrinthodonten nicht fehlen, allein eben wegen seiner Feinheit und seiner homogenen BeschalTenheit sich von der eigentlichen Zahn- substanz nicht unterscheiden lassen. Letztere bildet anscheinend in den fossilen Zähnen \on 46 Tremafosmirus eine homogene schwarze Substanz, während die Zahnhöhle und ihre Fort- setzungen durch die Zahnsubstanz als verzweigte oder gegabelte, rötlilich gefärbte Linien zwi- schen den Windungen der Zahnsubstanz sichtbar sind, bidessen lässt eben die Analogie ver- wandter Thiere keinen Zweifel, dass von diesen Höhlungen aus die feinen mikroskopischen Kalkröin-chen, senkrecht auf den Höhlungen stehend, in die Zahnsubstanz eindrangen, und selbige, wie in allen Amphibienzähnen, so auch in denen von Trematosaurus, ein strahliges (iefüge ihrer Elemente besass. Das durch directe Beobachtung nachzuweisen, war an den so sehr veränderten Zähnen niilil mehr möglich. Die beschriebene Zahnbiltlung, auf welche sicli der mit grossem Geschick von Owen eingefülirlc Familienname der Gruppe bezieht, findet unter den Amphibien nirgends ihres Gleichen und cliaraklerisirl die Labyrin thodon ten sicherer, als irgend ein anderes Merkmal. Lebende Amphibien haben nur Zähne mit glatter Oberfläche und einfacher, nicht aus Blältern oder Fallen zusammengeselzler Zahnsubslanz. Unter den vorwelllichen Gruppen treffen wir äusscrlich ganz ähnlich gestaltete Zähne theils bei den Enaliosauriern, (heils bei Fischen, z. B. den Coeia- canthinen. Indessen haben die Zähne der Enaliosaurier eine zapfenfürmige Wurzel, weil sie in Alveolen stecken, und die Lamellen ihrer Krone sind nicht gewunden, sondern gerade, unge- fallele, radial neben einander liegende Blätler. bisofern nun die grossen kräftigen Zähne der Coelacanihinen ebenfalls wurzellos sind, wie die der Labyrinlhodonlen, so treten sie schon des- halb, als die Thiere mit dem nächstvorwandlen Zahnlypus, in eine nahe Beziehung zu den Laby- rinthodonlen. Es ist bemerkenswerth, dass die Sculplur ihrer Kopfknochen dieser Analogie ebenso sehr das Wort redet, wie die Bepanzerung ihrer Kehlgegend und die hohle Beschaffenheit iiirer Knocliensubsliinz. Fast scheint es also, als ob in der ersten, ältesten Zeit die Repräsentanten der Fische und der Amphibien von gleichen anatomisch -physiologischen Bildungstypen ausgegangen, und erst im weiteren Verlaufe ihrer Ausbildung die morphologischen Ideen des inneren und äusseren Baues beider Thierklassen abweichender und für jede einzelne Klasse bestimmter ge- worden seien. Eine nähere Einsicht in die hier angedeutete Ansicht wird das Studium des trefflichen Werkes von Agassiz über die Fische des Old red oder Grvs roH"()'" Breite. Die Arme des Kreuzes gehen niclit ^on der Mitte aus, sondern befinden sich stets vor der Mitte, dem einen Ende genähert. Dies kürzere Ende des Stammes ist etwas breiter, als das gegenüberstehende lange Ende, aber noch lange nicht so breit, wie die beiden Arme, welche als breite abgerundete Lappen neben dem Stamme sitzen, und, nach innen immer breiter werdend, ganz allmälig in den Stamm üijergehen. Dabei ist ihr Endrand ungleich abgerundet, d. h. die Seite nach dem kurzen Ende des Stanuues zu beschreibt einen flacheren Bogen, als die andere, welche dem langen Ende des Stammes zugekehrt ist. So gehen beide Arme langsam in die kurze Spitze des Stammes über, während die lange sich bestimmter von ihnen absetzt, und zumal in dei' Mitte noch etwas schmäler ist , als an ilirem zugerundeten Ende. Die ganze Platte hat eine sehr geringe Dicke ; an den kleinen Exemplaren, welche am besten und zum Tlieil vollständig 48 erhalten siiifl, zeigt die Substanz etwa die Mächtigkeit einer Linie, an den grossen zieniHch die doppelte. Ihre Flache ist nicht ganz wagrecht, sondern gegen die Mitte leicht gewölbt. An dem langen Stielende macht sich die Wölbung sehr wenig bemerklich, aber an den Armen wird sie stärker, und namentlich krümmen sich die Enden sehr deutlich abwärts; dagegen ist das kurze Stielende auf derselben Seite leicht vertieft, indem seine Rander sich entgegen- gesetzt umbiegen. Diese Verliefung reicht bis auf die Mitte zwischen beide Arme und bildet hier eine förmliciie flache Grube, welche durch die gewölbte Fläche hinter ihr gegen das lange Stielende hin schärfer abgeschlossen ist, als gegen das kurze. Auch die ebendahin ge- wendeteTi Ränder der Arme sind sehr deutlich abschüssig. Die Sculpturen der Oberfläche finden sich nur auf der einen Seite und zeigen dadurch an, dass diese Seife superficiell war und bloss von der Haut bedeckt wurde. Sie bestehen, ganz wie die Sculpturen der Kopf- knochen, aus kleinen, durch ziemlich scharfe Rücken getrennten Grübehen, welche die Mitte des Schildes, genau an der Stelle, wo der Stamm und die Arme sich kreuzen, einnehmen. Um diese kleinsten, ganz kreisrunden Grübchen gruppiren sich andere längliche in radialer Anordnung herum, denen alternirend eine dritte und vierte Reihe folgt, bis endlich ein Saum langer, schmaler, streifenförmiger Furchen den ganzen Umfang des Schildes einnimmt. An dem kurzen Theile des Stammes und den Armen scheint Form und Anordnung dieser Streifen die- selbe gewesen zu sein: etwas grössere wechseln mit kleineren in allniäligem Uebergange der einen in die anderen ab; aber auf dem langen Aste des Stammes treten offenbar auch \iel längere Furchen auf, welche seiner Fläche das Ansehen geben, als sei sie mit ei'haben pa- rallelen Längskanten bedeckt. Ich glaube sieben solcher Kanten zwischen acht Furchen wahr- genommen und bemerkt zu haben, dass sowohl die mittleren Kanten, als auch die Furchen, etwas breiter waren, als die seillichen. Indessen wurde mir diese Beschaffenheit der Ober- fläche nur an der äussersten Spitze deutlich; weiter hinauf konnte ich sie nicht mehr verfol- gen. — Die entgegengesetzte Oberfläche der ganzen Knochenplatte ist völlig eben, oline alle Furchen und Erhabenheiten; die Ränder derselben sind ringsum scharfkantig und nicht aus- gezackt ; das Schild war also in keiner Verbindung mit benachbarten Knochenplaflen durch Nähte, sondern es lag ohne Zweifel fii'i in der Haut. Ol) es auf einer knöchernen Basis ruhte, oder auf einer elastischen muskulösen Unterlage, das Hess sich aus der Beschafl'enheit seiner glatten Unterfläche nicht ermitteln; denn diese untere ebene Seife bot an keinem Exem- plare Anzeichen dar, welche auf eine Anheftung an andere Körperfheile irgendwie hingewiesen hätten. Dagegen zeigte sich die innere Beschaffenheit des Schildes sehr deutlich als slrahliü; gefügte Knochensubsfanz, die durchweg aus derselben Masse bestand, und keine tiefere, mehr lockere oder zellige Structur verrieth. Hier und da war die Knocliensul)slanz blättrig ab- gewiftert und die unteren Schichten traten in ganz gleicher Beschalfenheit hervor. Eine regel- mässige Laaerbilduns: war aber nicht in der Knochenmasse erkennbar, vielmehr erschien das blättrige Gefüge mehr die Folge der ungleichartigen Zerstörung, als eine ursprünglich ^orllan- den gewesene Sfructur des Knochens zu sein. 49 Eine in allen Hauptsachen ähnliche Knochenplatle hal Plieninger von ßlaslodoiisaurus beschrieben (a. a. 0. S. 63. Taf. III. Fig. i.) und als Brustbein gedeutet. Für die Richtigkeit dieser Deutung scheint die symmetrische Form der Platte allerdings zu sprechen, insofern daraus folgt, dass dieser Knochen ein mittlerer unpaarer war; allein andere sichere Kennzeichen, die ihn zum Brustbein machen, treten nicht daran hervor. Zwar ähnelt er einigermassen dem herzförmigen Brustbein der Krokodile im Umriss, allein es fehlen ihm die Berührungsflächen für die Knochen des Schultergürtels und die Ansatzstellen der Rippen, welche am Brustbein der Krokodile so deutlich vorhanden sind. Ferner spricht die Anwesenheit der superficiellen Sculpturen gegen diese Deutung, und endlich noch viel mehr die relativ so geringe Dicke dos Knochenschildes. Wäre die Platte wirklich das Brustbein selbst, so müsste sie offenbar viel dicker und stärker sein, als sie ist; es müsste ihre Ausdehnung in die Fläche zu ihren Dimensionen in die Dicke mehr in Harmonie stehen, als es bei dem beschriebenen Schilde der Fall war. Demnach kann ich das Schild ebenfalls nur für einen Hautknochen halten, und zwar für einen unpaaren, in der Mittellinie des Körpers befindlichen, der möglicher Weise dem Brustbein in der Lage entsprach und die von ihm ausgehende Muskulatur gegen Druck von aussen schützte, wenn das Thier sich niederlegte. — Diese Vermuthung erhält durch die Beobachtungen, welche Gold fuss an Archefjo- saitrus gemacht hat, eine kräftige Stütze. Bei demselben findet sich in der Halsgegend des Kör- pers eine ähnliche, aber mehr rautenförmige Knochenplatte, deren nach vorn gewendeter spitzer Winkel stielartig verlängert ist (vergl. dessen Beiträge zur vorweltlichen Fauna des Steinkohlengebirges. Bonn, 1847. 4. Taf. III. Fig. 1. 2. c.c). Gold fuss hält diese Knochen- platte für das Zungenbein (a. a. 0. S. 8), weil sie nach seiner Beobachtung unter den Hals- wirbeln und vor dem Schultergürtel sich befindet. Es genügt indess, zur Widerlegung dieser Ansicht, darauf aufmerksam zu machen, dass ein Knochen mit superficiellen Sculpturen kein Zungenbein sein kann, selbst wenn man von seiner unverhältnissmässigen Grösse und seiner weiten Ausdehnung nach hinten ganz absehen wollte. Ich bin vielmehr durch die Verhältnisse bei Ärchcgosanrns in meiner Annahme bestärkt worden, dass die beschriebene Platte ein Haut- knochen sein muss, und wahrscheinlich unter der Kehle so lag, dass das verlängerte Stammende nach vorn gerichtet war und möglicherweise mit seiner Spitze bis in die Gegend des Zungen- beines und Kehlkopfes reichte, während die breitere Hälfte mit den Armen sich nach hinten wendete, und entweder das ganze, oder wenigstens das vorragende äusserste Ende des Brust- beines von unten her bedeckte. Vielleicht besassen die Labyrinthodonten am wirklichen Brustbein den T-förmigen Fortsatz der typischen Saurier, und zum Schutze dieses an sich schwachen Knochen- gerüstes gegen äussere Gewalten mochte die in der Lage ihm entsprechende Knochenplatte be- stimmt sein. Dafür spricht zumal die Form des Vorderendes von Arcfiegosaurus, wie Goldfuss sie darstellt. Letzterer redet übrigens von Kiemen, welche sich neben diesem von ihm Zungen- bein genannten Knochenscliilde bemerklich machen sollen; ich glaube nicht, dass die Labyrintho- donten durch Kiemen alhmeten, und halte die von ihm für Kiemen erklärten Gebilde für abgelöste Schuppenreihen; denn dass Arckegosaurus von kleinen Schuppen bedeckt war, beweisen die Untersuchungen und Abbildungen, welche Goldfuss darüber veröffentlicht hat. §. 21. Als ein zweites superficielles Knochenscliild reihet sich an das vorige die auf Taf. IV. Fig. 1. abgebildete Knochenplatte. Sie hat manche Eigenschaften mit jener gemein, ist gleich- 7 50 falls dünn, flach, scluippenformig ; auf der einen Seile radial gefurcht, auf der anderen eben — al)er ihre Ränder sind ungleich: der eine ist verdickt, fast aufgeworfen, der andere viel dün- ner, fast scharfkantig, und ihr Uniriss durchaus verschieden, ja von der Art, dass es keinem Zweifel unterliegen kann, ihre Lage sei eine seitüche, und jedes Schild in doppelter Zalil, d. h. paarig vorhanden gewesen. In der Abbildung ist der verdickte aufgeworfene Rand der linke; daneben erscheint die ganze obere Knochenschicht zerstört, man erkennt die innere strahlig gefügte Textur des Knochens, und bemerkt, wie die Strahlen nicht von der hintersten Ecke, sondern von einem Punkte des Randes, welcher der breitesten Stelle des Schildes ent- spricht, nach vorn, hinten und innen ausgehen. Aehnlich wie diese Strahlen des Gefüges waren auch die superficieUen Furchen der Sculptur angeordnet. Man sieht davon nur noch die letzten Enden am ganzen, der Verdickung entgegengesetzten Rande, wo sie mit erhabenen Leisten abwechselnd deutlich hervortreten. Dieser Rand ist ziemlich gleichförmig gebogen, der entgegengesetzte verdickte aber sehr bestimmt ausgebuchtet geschweift; der kürzere, in der Figur obere, S-förmig geschwungen. Dadurch entstehen zwei ungleiche abgerundete Ecken: eine schmälere schlankere, eine breitere stumpfere. Dem S-förmigen Rande gegen- über zeigt sich eine schiefe Endseite, welche bei näherer Betrachtung sich als Bruch zu er- kennen giebt, und die vormalige Anwesenlieit einer scharfen Spitze, deren Umfang ich durch Punktlinien anzudeuten .suchte, verräth. Schon früher (S. 41) habe ich dies Knochenschild erwähnt und bemerkt, dass Plienin- ger iihnhche Schilder abbildet, auch nachgewiesen, dass es nicht Schullerblätter sein können, wie derselbe vermuliicte. Ich hielt diese Schilder lange Zeit für das Haupleckslück des Unterkiefers, bis ich mich durch die Untersuchung eines Originalexeniplars von Arcliegosaurits im mineralo- gischen Museum zu Berlin überzeugte, dass je zwei solcher riallen an der Keiile lagen und den hinteren Raum zwischen den Schenkeln des Unterkiefers ausfüllten. Der verdickte Rand lehnte sich iyi die innere Seile des Unterkiefers, und reiclite mit seiner Ecke bis an den hinten auf- steigenden Ast desselben. Der daneben befindliche kurze S-förmige Rand war nach hinten ge- wendet, die abgebrochene Spitze nach vorn, der schärfere sonst gebogene Rand nach innen. Diese Ränder beider Knochenplallen waren also gegen einander gewendet, sie erreichten einander aber nicht, sondern Hessen eine Lücke zwischen sich, in welche das schlankere längere Stamm- ende der kreuzförmigen Kehlplalte hineinpassle. Sie schützte also die Mittelfläche, jene paarigen Schilder die Seilenlheile der Kehle von Trctnutosanrus. Goldfuss hat das Verhällniss der Kehlplatlen von Archcyosanriis nicht richtig erkannt; er deutet die seitlichen als Zungcnbein- flügel (a. a. 0. b.b.), die mittleren als Zungenbein. §• 22. Ausser den beschriebenen Schildern, deren Beschaffenheit blosse Hautknochen höchst walirscheinlich machen, finden sich unter den mii- bekannt gewordenen Knochen noch drei Bruchstücke, welche entschieden nicht Hautkuochen sind, sondern unzweifelhaft als Tlieile des inneren Knochengerüstes sich zu erkennen geben. Es erhellt das eines Theils aus ihrei- 51 Form, andern Theils aber auch aus dem Mangel superficieller Sculpturen und aus der grösse- ren Dicke der Knochen selbst. Zwei von meiir flachen Formen sind Theile der Extremitäten- gürtel, der dritte ist das eine Ende eines Röhrenknochens. Alle drei sind in natürlicher Grösse auf Taf. IV. in Fig. 'S., i. und 5. abgebildet. Das grösste dieser drei Knochenfragmente (a. a. 0. Fig. 4.) hat 4| ZoU Länge und fast 4 Zoll Breite. Sein Umriss ist im Ganzen dreiseitig, allein die Ecken sind abgerundet und die Seiten des Dreiecks ausgeschweift, wodurch mehr eine Herzform entsteht. Von den drei Seiten ist nur die eine, in der Zeichnung nach links gewendete, vollständig erhalten, die bei- den anderen sind am Rande mehr oder weniger beschädigt, und die dritte Ecke, welche nach unten und rechts liegt, ist völlig abgenutzt, übrigens aller, wie es scheint, stumpfer und breiter gewesen, als die beiden anderen. Der unversehrte linke Rand ist deutlich zugeschärflt, und selbst in der Tiefe der Bucht, welche Um begrenzt, kantenartig vorgezogen. Die beiden Ecken, welche sich neben ihm nach oben und nach unten links befinden, sind gleichförmig gerundet, am Rande ziemlich gerade abgestutzt, längs der Mitte verdickt und von da nach beiden Seiten hin abfallend verdünnt, so dass die beiden Ränder des Knochens neben diesen Ecken ebenfalls zugeschärft gewesen sein müssen, indessen offenbar weniger, als der kamm- artig geschärfte obere Rand. Da, wo die verdickten mittleren Theile dieser Ecken auf der Fläche der Knochenplatte zusammentreffen, hat dieseUje ilire grösste Stärke und bildet hier dicht hinter dem scharfen Rande einen ziemhch deutlichen Buckel, von dem nach den Ecken hin die Knochensubstanz wulstartig ausstrahlt, wälirend die Flächen dazwischen sich senken und dadurch gegen den Rand hin sich verdünnen. Am breitesten ist die wulstartige Ver- dickung an der nach unten rechts gewendeten Ecke, und eben deshalb lässt sich vermuthen, dass sie breiter und stumpfer war, als die beiden anderen. Dies ist so ziemlich Alles, was sich an dem Knochenfragment wahrnehmen lässt; es Hegt mit der abgebildeten Seite frei und steckt mit der entgegengesetzten im Sandstein. Ein dunkler Saum, welcher ausserhalb der oberen Ecke im Gestein vorhanden ist, scheint eine weitere Ausdehnung derselben anzudeuten, zumal da dieser Rand sehr zertrümmert und beschädigt ist. Die ganze Fläche zeigt übrigens ein strahliges Gefüge von durchweg gleicher Beschaffenheit. Der Mittelpunkt der strahligen Anordnung befindet sich an der dicksten Stelle des Knochens, unmittelbar hinter dem scharfen unversehrten Rande. Die blättrige Alilösung der Knochenmasse zeigt sich ebenso deutlich, wie an dem Schilde, obgleich in derselben Weise, nämlich als Product der Zerstörung; na- mentlich das breiteste untere Ende liess mehrere sehr deutliche Terrassen in der Knochen- substanz wahrnehmen. Dadurch trat auch die beträchthche Dicke des Knochens deutlicher hervor. Dass das eben geschilderte Fragment ein Stück des Exlremitätengürleis ist, erleidet für micJi gar keinen Zweifel; woiiin es aber weiter gehöre, ergiebt sich weniger aus einer directen Untersuchung, als vielleiclit aus einer combinirenden Belraclitung. Weder von Owen, noch von H. V. Mayer und Plieninger ist ein ähnlicher Knochen abgebildet; ich bin also bei meiner Deutung ganz auf mich selbst angewiesen. Sind nun, wie ich annehme, die Labyrinthodonten 7* 52 Landbewohner gewesen, so waren offenbar ihre hinteren Exlreniitätcn grösser und robuster, als ihre vorderen (denn das ist ein allgemeines Gesetz bei den Amphibien); sie hatten mithin auch den robusteren Knochengürtel zur Basis. Sowohl aus diesem Grunde, als auch vermöge der formellen Uebereinstimmung, würde ich versucht sein, den beschriebenen Knochen für das Darm- bein \on Trematosaurus zu halten, wenn nicht der von Owen abgebildete gleichartige Knochen (Tr. geol. Soc. VI. t. 45. f. 16. 17.) eine ganz andere und so eigenthümliche Form besässe, dass es leicht sein muss, jedes Bruchstück des Darmbeines sofort wieder zu erkennen. Demnach bleibt wohl nur die Deutung desselben als Schulterblatt übrig, und dafür halte ich ihn in der That. Man darf vielleicht annehmen, dass das Schulterblatt von Trematosmirus mehr nach dem Typus der ächten Saurier, als nach dem der Krokodile gebildet war, mithin aus zwei Stücken bestand. Der abgebildete Knochen wäre alsdann das untere solidere, dreiseitig herzförmige Stück gewesen, und sein wohlerhallener scharfer Rand war vielleicht der hintere. Der nach rechls gewendete grössere Theil des Umfanges möchte dem oberen, der nach unten gewendete kleinere dem vor- deren Saume des Schulterblattes entsprechen; an die untere linke Ecke heftete sich in diesem Falle das zweite breite, strahlig ästige Knochenstück mit dem Achselgelenk, welches dem os coru- coidcum entspricht. In der Figur wäre demnach die äussere Seite des rechten Schullerblattes zur Anschauung gebracht. §. 23. Das zweite Knochenstück von ähnlichem Umriss (Fig. 5.) wird schon deshalb derselben Sphäre des Skelets angeliören und walirscheinlich auch als Theil eines Extremitätengürtels zu deuten seizi. Es liat kaum 3 Zoll Länge und an der breitesten Stelle üljer 2 Zoll Breite. Sein in der Zeichnung nach oben gewendetes schmäleres Ende ist zertrümmert, das untere breitere aber ziemlich gut erhallen. Man erkennt ein von dem Punkte, wo beide Hälften an einander stossen, ausgehendes strahliges Gefüge der Knochensul:)Stanz, und bemerkt, dass in dieser Ge- gend der Knoclien seine grösste Dicke besass. Der erweiterte Theil lässt nach der einen Seite hin eine abgerundete breite Fläche mit erhabenem Längswulst auf der Mitte erkennen, und nach der anderen Seite zu eine spitze, schief abgestutzte Ecke, die flacher und niedriger ist. Der Knochen liegt ebenfalls fest im Gestein und bietet durchaus keine anderen bemer- kenswerthen Eigenschaften dar. Es scheint, als wenn das abgebildete Knochenfragment demselben Knochen angehört, den Plieninger als Oberarmknochen (a. a. 0. S. 61) beschreibt und in zwei Ansichten (Taf V. Fig. 1. 2.) abbildet. Ob er wirklich der Oberarm ist, will ich nicht entscheiden; er könnte auch ein Theil von der unteren Hälfte des Schultergürtels sein, und zwar das Stück desselben, welches am Achselgelenk des os coracoldeuni liegt. Für diesen Fall könnte man annehmen, dass die kurze, schief abgestutzte Ecke, die in der Abbildung nach rechts liegt, die Ansatzfläche für die furcula war, die breitere, abgerundete der anderen Seite dagegen zur Anlage an das Schulter- blatt diente, und hier die Achselgelenkgrube zwischen den drei Knochen sich gebildet habe. Für einen Röhrenknochen, denn das müsste er sein, wenn er ein Fragment des Oberarms wäre, ist mir die Knochensubstanz des Bruchstückes zu homogen strahlig gefügt, und namentlich das dünne Ende, welches dem Röhrentheile des Oberarmes angehörte, zu flach geformt und zu blättrig. Ich 53 enlscheiile mich also lieber gegen die Rölirenknochennalur dieses Fiagmenis und halle es für ein Stück des Schidlergürlels. Da es in einem lAIullcrgeslein liegt, welches genau gleiche BeschaflTen- heit mit dem des vorigen Knochens hat, so scheint es nicht weit davon gefunden zu sein, könnte also füglich mit selbigem zusammengehören. Auch die Grössenbeziehungen beider Stücke sprechen dafür. Wahrscheinlich ist die blossgelegle Seite die innere, weil keine Andeutung der Achsel- gelenkgrube daran sichtbar wird, und wenn das, so müssle es zur rechten Hälfte des Schulter- gürtels gehören; was wieder für die Verbindung beider Knochenfragmente mit einander ein günstiges Zeugniss giebt. §. 24. Es h\eM mir, als letzter Rest der aufgefundenen Skelettheile, das kleinere Stück eines Röhrenknochens zu schildern, welches icli unter Fig. 3. auf der vierten Tafel abgebildet habe. Dass dies Fragment einem Röhrenknochen angehöre, ist gar nicht zu bezweifeln; man sieht nicht bloss den halbzylindrischen Umriss des dünnen Endes, sondern man unterscheidet auch sehr deutlich die festere derbere Rindenknochenschicht von dem darin befindlichen, lockerer gefügten schwammigen Centraltheile. Die Grenze beider Knocliensubstanzen gegen einander tritt scharf hervor, obgleich sie nicht durch eine Lücke bestimmt, sondern nur durch einen grösseren oder geringeren Grad der Festigkeit angedeutet wird. Die innere Masse war lockerer gefügt, zeigt daher viel mehr Risse und Fugen und stellenweis eine grössere oder kleinere Lücke; die knöcherne Rinde ist homogener, härter, gleichmässig dick, nirgends zersplittert, sondern scharf durchgebrochen. Dieser Bruchrand beweist es, dass sie überall von gleicher Stärke war, und über das Gelenkende des Knochens sich ebenso fortsetzte, wie über seineu mittleren röhrigen Theil. Letzterer besass in dieser Gegend noch keine Höhlung, sondern war gleich dem Kopfe von lockerer gefügter Knochensubstanz erfüllt. In Bezug auf die Form ergiebt der Bruchrand sehr bestimmt, dass der Knochen einen Gelenkkopf hatte, über dessen Fläche sich der Quere nach eine kammartige Erhabenheit hinzog. Die eine Seite des Kopfes neben derselben war schmäler und stumpfrandiger; die andere breiter und scharfrandig ausgezogen. Der Umfang des Rohrs scheint mehr elliptisch als kreisförmig gewesen zu sein. Das Fragment ist 2 " lang und an der breifesten Stelle des Kopfes fast 1" breit; das Rohr hat ^" im Durchmesser. In Hinsiclit auf die Deutung dieses Knochenfragmentes glaube ich keinen Fehlgriff zu Ihun, wenn ich dasselbe für das untere Ende des Wadenbeines oder der Ellenbogenröhre erkläre. Für den Oberarm und noch mehr für den Oberschenkel scheint mir der Röhrentheil zu dünn zu sein, und deshalb schliesse ich auf einen Knochen des Vorderarmes oder des Unterschenkels. Am oberen Ende der Elle würde der Gelenkkopf eine andere Form haben müssen, es kann also nur der untere Kopf sein, und weil er mir dafür zu dick und zu scharf abgesetzt zu sein scheint, so möchte ich eher an die hintere Extremität denken und das Fragment für das untere Ende des AVadenbeines halten. Unter den von Plieninger abgebildeten Röhrenknochen finde ich keinen, der mit meinem Fragment genau übereinstimmte; alle sind relativ dicker und robuster. Einigermaassen passt der von Owen a. a. 0. Taf. 45. Fig. 11 — 14. abgebildete Humeruskopf dazu, aber die sanftere Kolbenform unterscheidet ihn hinlänglich. Di'iUer AliscLuitt. Allgemeine Betrachtungen über die zoologische Affinilät und systenialisclie Stellung der Labyrinthodonten. §• 25. Man wird wohl nicht erst die Frage stellen, ob denn die Labyrinthodonten auch wirk- lich Amphibien sind; ein Geschöpf, dessen Schädel mittelst eines Gelenkkopfes an der Wirbel- säule haftete, kann kein Fisch sein, und ebenso wenig ein Vogel, wenn man weiss, dass diese Gelenkverbindung durch zwei völlig getrennte Gelenkköpfe bewerkstelligt wurde. Auf die Säugethiere zu fallen, davon heilt den Beobachter schon die blosse Ansicht der weit getrennten Nasenlöcher ab, und so bleibt denn keine andere Wahl, als die Einordnung in die Klasse der Amphibien. In der That sprechen auch, ganz abgesehen von diesen negativen Beweisen, alle positiven Merkmale des Trematosaurus für seine Amphibiennatur. Verfolgen wir nur das wichtige, von den getrennten Nasenlöchern hergenommene Merkmal etwas weiter, so führt uns die Lage der Choanen und die damit in Beziehung stehende Kürze der Nasen- höhlen sofort direct auf ein Amphil:)ium; es bestätigt ferner die Begrenzimg der Augenhöhlen, die Bildung des Gaumengerüstes, die Bezahnung, die Zusammensetzung der Schädelbasis und die geringe Ausbildung ihrer vorderen Hälfte diese Verwantitschaft so allseilig und vollstän- dig, dass Niemand nach Einsicht genannter Eigenschaften die Klassenverwandtschaft von Tre- matosaurus mit den Amphibien bezweifeln oder irgend einen Augenblick darüber in Unge- wissheit bleiben wird. Selbige steht also fest; der Trematosaurus ist ein Amphibium. Allein damit sind w'w auch wirkhch ganz und gar am Ziele unserer svstematischen Bemühungen angelangt; jede fernere Einordnung in diese oder jene Amphibiengruppe scheint mir wenigstens unmöglich zu sein. Ich werde es versuchen, diese Behauptung weiter zu 55 begründen, und dabei mich bemühen, den Beweis zu fiiliren, dass die zoologischen Eigen- thümlichkeiten der Labyrinthodonten dermalen über die heterogensten Gruppen der Amphibien vertheilt sind, sie also in der That nur die Amphibien im Ganzen und Grossen vorstellen, aber nicht in die einzelnen besonderen Typen, wie sie heutiges Tages existiren, hineinpassen. Da- durch fällt der Streit, ob sie zu den Bat räch lern oder zu den Sauriern gehören, in sich selbst zusammen; denn sie gehören in der That zu keiner von beiden Gruppen, sie sind mehr als die Eine und mehr als die Andere, sie sind Beide zugleich. Es möge, lun diesen Beweis so bündig als möglich zu führen, hier kurz Dasjenige zusammengestellt werden, was schon früher ül)er die Affinität der einzelnen Schädelknochen Vergleichungsweise ermittelt worden ist. Wir fanden, dass der Zwischenkiefer (§. 2.) den nächsten Anschluss an den Typus der ächten Saurier darbiete, während der Oberkiefer (§. 3.) mehr an den Bau bei den Schlangen erinnere. Die Nasenbeine (§. 4.) wollten sich keinem anderen AmphÜMentypus anschliessen , ihre nächsten Analoga lieferte Pterodactylus ; dagegen passten Thränenbein und Vorderstirnbein (§§. 5. 6.) zu den gleichnamigen Knochen der Krokodile, wenn man von ihrer viel geringeren Grösse bei letzteren absieht. Das Haupt Stirnbein (§ 7.) ist durch die Entfernung vom Augenhölilenrande besonders ausgezeichnet; kein lebendes Amphibium zeigt ein Gleiches; im Uebrigen nicht ohne Beziehung zum Tjpus der Schildkröten. Ebendahin richtet das so enorm erweiterte, durch die völlige UeberwöHnrng der Schläfengrube ausge- zeichnete Jochbogengerüst (§. 8.) unseren Blick; obgleich eine solche Ausdehnung des- sellien, wie bei Trematosaiirus, keinem lebenden Amphibium eigen ist und am allerwenigsten mit den Typen nackter Amphil)ien harmonirt. Weit eher liesse sich eine gewisse Analogie mit den Backenknochen mancher Fische erweisen (§. 9.). Indessen stimmt die Grundlage des ganzen Apparates in der Hauptsache mit dem Typus der Krokodile überein. Die Scheitelbeine (§. 10.) erinnern durch das bleibende Scheitelloch an gewisse Gruppen der typischen Saurier, während ihre lange Trennung nur bei Schildkröten und nackten Amphibien sich findet. Das Hinterhaupt (§. 12.) mahnt entschieden aif die Form dessellDen Knochens der Krokodile, alier der zweiköpfige Condylus passt dazu nicht. Seine AehnUchkeit mit dem Gelenkapparat der nackten Amphibien ist ül)rigens, wenn man von der Zahl der Gelenkfiächen absieht, sehr gering. Auch der Paukenknochen (§. 1.3.) und das Zitzenbein (§. 11.) stimmen am meisten mit dem Typus des Krokodils überein, wogegen das Grundbein (§. 14.) wieder ganz dem der typischen Saurier sich anscliliesst. Ebendahin passt das Gaumen gerüst (§. 15.) von Tremutosaurus am meisten, allein die Zerfälkmg desselben in drei Paar Knochen, welche den typischen Sauriern zukommt, geht ihm ab; endlich die Pflugscharbeine (§. 16.) weisen auf ächte Saurier hin. Sell)st der Unterkiefer (§. 16.) muss, trotz gewisser Aehnlichkeiten mit dem der Krokodile, im Ganzen nach dem Muster der ächtert Saurier -Unterkiefer gebildet ge- wesen sein. Und was man vom Schultergürtel kennt, scheint auch auf eine gleiche Ueber- einstimmung hinzudeuten (§§. 22. 23.). 56 Als Resultat ergiebt sich also, dass die Labyrinthodonten im Allgemeinen, und Tre- matosuurus mit ihnen, in den meisten wesentlichen Punkten ihres Schadellypus an die ächten Saurier uns erinnern, dass demnächst aber entschiedene Krokodilcharaktere darin mit aufge- nommen sind, dass es ferner nicht an einigen wichtigen Uebereinstimmungen mit dem Typus der Schildkröten fehlt, dass selbst die Schlangen durch die Länge ihres Oberkieferknochens in den Schädelbau von Trematusaurus hineinspielen, und dass endlich die nackten Amphi- bien mit einem sehr wesentlichen Organisalionsmomente, der Trennung des Gelenkapparates am Hinterhaupt in zwei Köpfe, an der Schädelbildung der Labyrinthodonten Theil nehmen. Neben allen diesen Beziehungen und Aehnlichkeiten mit anderen Amphibiengruppen bleibt aber eine einzige Eigenschaft der Labyrinthodonten ganz ohne alle Analogie bei den Amphibien, und das ist die völlige Ueberwölbung ihrer Schläfengruben von Theilen des S c h ä d e I g e r ii s t e s. Die Labyrinthodonten können mithin zu keiner Hauptabtheilung des heutigen Systems der Amphibien gerechnet werden, sie stehen vielmehr ebenso isolirt, wenn nicht noch selbst- ständiger da, als di^ Enaliosaurier und die Pterosaurier. Denn obgleich es ausgemacht ist, dass sie einen doppelten Gelenkkopf am Hinterhaupt besitzen, so sind sie doch ganz ge- wiss keine Amphihia nuda oder Batrachier gewesen, weil Schuppenbildung und isolirte Haut- knochen sich bei ihnen nachweisen lassen. Beide Charaktere verlieren für diejenige Epoche der Thierwelt, in welcher die Labyrinthodonten existirten, ihre Bedeutung, das lehrt nicht bloss ihr Bau, sondern auch die Betrachtung der Enaliosaurier und Pterosaurier; diese Grup- pen waren weder von Schuppen, noch von grösseren Hautknochen bedeckt, und hatten doch alle beide einen einfachen condylus ucclpitalis. Der systematische AVerth des genannten Theils der Schädelbasis hebt also mit der tertiären Epoche der Organisation an, und kann erst seit dieser Zeit mit demselben Erfolge, wie die bis dahin gleichfalls bedeutungslose Beschaffen- heit der Wirbelkörper-Berührungsflächen, als entscheidender Gruppencharakter benutzt werden. §■ 20. Wenn es erlaubt ist, an diese rein empirischen Facta noch einige rationelle Betrach- tungen anzuknüpfen, so win-de ich zuvörderst auf die merk-vvürdige Uebereinstimmung zwischen diesem Verhalten der ältesten Amphibien und dem der ältesten Crustaceen die Aufmerksam- keit der Leser zu richten suchen. In meiner Schrift über die Organisation der Trilobiten habe ich nachgewiesen (S. 41), dass diese Krebse zu keiner gegenwärtigen Crustaceengruppe genau passen, sondern dass ihre Körperbildung „Momente in sich aufgenommen hat, welche heutiges Tages vereinzelt über mehrere heterogene Gruppen der Krebse vertheilt sind." — Eben dasselbe Resultat hat sich aus der vergleichenden Betrachtung der Schädel- knochen von Tremntosuuriis in Bezug auf die Amphibien uns ergeben. Nun sind aber, nach der Entdeckung des Archeyosaurus im Hangenden der Kohlenformation, die Labyrinthodonten 57 entschieden die ältesten Anipiiiljien, und ihr Zeitiaiun hcschriinkl sich ebenso sicher auf die secmidaie Periode, ^^ic die Zeitdauer der Trihjhilen auf die })rimarc. Sie stehen also den Triloi)ilen ^^irklich in so weit parallel, als die Amphibien und die (^rustaceeu nach der Zeit ihres Auftretens auf der Erdoberfläche übeihaupt einander entsprechen können. Ein Unter- schied findet aber neben dieser Analogie doch statt; der nanilicli, dass die Trilobiten die ein- zigen Crustaceen der primären Periode sind, wiihrend die Labyrinthodonten zwar nicht gleich anfangs, aber doch im Verlauf des secundaren Ai)schnittes, noch andere Amphibienformen neben sich haben. Mögen auch immerhin die von Phillips im oberen Kohlengebirge Eng- lands bei ^lanchester gefundenen Amphibienknochen zu einem Labyrinthodonten gerechnet werden dürfen, und mag der von H. v. Mayer benannte Apateon pedestris wirklich kein Salamander sein, wie er selbst bemerkt (Leonli. u. Bronns n. Jahrb. iSii-. S. 33G); soviel scheint doch festzustehen, dass unmittelbar über den Kohlengliedern Ampliibienreste gefunden werden, die weniger mit den Labyrinthodonten, als mit den typischen Sauriern harmoniren. Denn das ist vom Prolerosaurus und Palaeosaiirus noch immer die allgemeine Annahme. Bisher ist in der Zechsteinformation kein Labyrinthodonte entdeckt; erst in der Trias treten sie wieder auf, und zwar am häufigsten und ausgebildetsten. Das war der eigentliche Laby- rinlhodonten-Zeitraum, die Herrschaft dieses sonderbaren Amphibientypus, in welchem sich die Charaktere der heterogensten Glieder der Gegenwart vereinigen. Nelien ihnen erscheinen die iiltesten Enaliosaurier im Nofhosaiirus , und ausserdem typische Saurier CCladyudon, Rhi/nchosaurusJ, welche die in Prolerosaurus und Palaeosaurus l)egonnene Entwickelung der Central -.4mphibienform, d. h. der Eidechse, festhalten und weiterführen. Sie scheint, wenn auch in veränderten Typen, durch die ganze secundäre Periode hindurcli zu gehen, und neben allen anderen abweichenden Amphibiengebilden, als das eigenUiche Irbild der Klasse, sich überall, wo Amphibien oberhalb der Steinkohlenperiode auftreten, zur Geltung gebracht zu haben. Erst im Jura löst sich von ihr die Krokodilgestall ab, und damit ver- schwinden die Labyrinthodonten, wenn nicht Fischers Rhinosaurus , wie ich vermulhe, ein Mitglied der Gruppe ist, und den letzten, freilich schon in manchen Punkten, z. B. in der Bezahnung, sehr modificirten Ausläufer der Familie darstellt. Als nicht minder räthselhafte Formen treten um dieselbe ^eit die Pterosaurier auf, und gleichzeitig mit ihnen die Che- lonier, welche man ohne Frage für die sonderbarste Amphibienform der Gegenwart erklären darf So l»erühren sich denn im Jura die alte und die neue Zeit der Amphibien; erslere verschwindet, nachdem schon früher die Labyrinthodonten untergegangen sind, in der Kreide mit den letzten Enahosauriern und Pterosauriern \on der Erdoberfläche, während unmittelbar darauf, also mit dem Beginn der tertiären Periode, alle heutigen Amphiljienfonnen sich ent- wickelt haben, d. h. die neuere Idee allein zur Geltung gekommen ist. Mit diesem Entwickelungsgange der Amphibien läuft nun der Gang, den die (vpische Ausbildung der (Crustaceen nimmt, auf eine höchst überraschende Weise parallel. Ich habe den anderweitieen Parallelismus, in welchem diese beiden Thierklassen, als Durch2;ana;s- 8 58 — • gruppen, in der Reihe der Glieder- und Rüclvgralliiiere zu einander stehen, sclion Iriiher, wenn auch nur andeutungsweise, ausgesprochen (Handbuch der Naturgeschiclite S. 385 ff.) und mit einem noch ungedruckten Vortrage über denselben Gegenstand meine Docentenlauf- bahn in Berlin vor 15 Jahren eröffnet. Es ist meine Absiciit, in der schon mehrmals ange- zeigten „rationellen Zoologie" die darauf bezüghchen Thatsachen ausführlich zu besprechen, und deshalb glaulie ich diesen Stoff hier nicht weiter berühren zu dürfen, als eben hinreicht, um die Analogie in dem Entw ickelungsgange der Crustaceen und Amphibien wahrend der stufenweisen Ausbildung der Erdoberfläche nachweisen zu können. Das ist denn für die An- fänge beider Thierklassen schon geschehen, insofern die Trilobiten, als die ältesten Krebse, gerade so die Charaktere heterogener Crustaceengruppen in sich vereinen, wie die Labyrin- thodonten, als die ältesten Amphibien, es in Bezug auf ihre heutigen Gruppengenossen thun. Unter den Steinkohlen finden sich von den Krebsen nur Trilobiten, unter der Zechsteingruppe allem Anschein nach von den Amphibien nur Labyrinthodonten. Im Kohlengebirge hat man eine Form wie Liinultis beobachtet; im Zechstein und seinen coordinirten Gliedern sind l)is jetzt keine Crustaceen nachgewiesen, sie beginnen also für uns erst in der Trias wieder, und erscheinen vorzüglich unter der Form von ^lacruren, als den eigentlichen typischen Kreb- sen: den Gestalten, in welchen sich gewissermassen der BegritT Krebs verkörpert und in seine reinsten Typen ausgeprägt hat. Was die typischen Saurier unter den Amphibien sind, das sind die Thoracostraca und besonders die Decapodeu unter den Crustaceen; und wie man jene am natürlichsten in Spaltzüngler und Dickzüngler f heilt, so diese in Macruren und Brachyuren. Die ältesten typischen Saurier CProferosaurus , Palaeo- saurus) nähern sich nun ebenso dem Typus der Spaltzüngler QMonitorJ , wie die ältesten typischen Crustaceen otler Decapoden dem Typus der Macruren sich anreihen; denn die meisten Arten des bunten Sandsteins, des Muschelkalks und des Keupers gehören zu der ge- nannten Abtheilung. \\\\ .hn-a, wo die antike Ampliibienwelt ihre grösste Mannigfaltigkeit otTen- bart, erreichen auch die antiken Formen der Krebse in den zalilreichen Geschlechtern der Macruren und Stomatopoden ihr Maximum, und wie in der Kreide die sonderbaren Amphi- biengestalten der Vorweit sich verlieren, so treten ebenda an die Stelle der zahlreichen älte- ren Panzerkrebse die auch in der Gegenwart viel häufigeren Brachyuren oder Taschenkrebse. Gliederkrebse QArthrostraca^, gegenwärtig so gemein auf der Erdoberfläche, wie Kröten, Frösche und Molche, fehlen allen vortertiären Zeiträumen; sie erscheinen gleichzeitig mit den nackten Amphibien erst in demjenigen Al^schnitt des Entwickelungsganges der organischen Welt, welcher alle heutigen Typen zum ersten Male beisammen hat. Und das ist die tertiäre Periode. In ihr sind die gegenwärtigen Krebse und die gegenwärtigen Amphibien vollständig vertreten, und wie es seit Beginn dersell^en keine von den lieutigen Gestalten wesentlicli ab- weichenden Amphibien gegeben hat, so fehlen ihr auch alle älteren Krebsformen gänzlich. Uebrigens bleibt zu bedenken, dass die untergegangenen paradoxen Amphibientypen: die Enaliosaurier, Pterosaurier und Dinosaurier, welche ich fiir die auf das Amphibium über- 59 (ragenen SlelKerlreter des heutigen Cotaceen-, Chiropleren- und Pachydermentypus hallo, nicht unter den Krebsen ihre parallelen Glieder haben, und auch nicht haben konnten, weil gleich- zeitig mit den Krebsen schon höhere Gliederthiere: Scorpione, Spinnen und Insecten, existir- ten, in denen der Drang nach Mannigfaltigkeit in der Darstellung des Gliederthiertypus sich zu äussern hinreichende Gelegenheit fand. Allein die Rückgratthiere waren nicht in diesem Fall, sie gingen bis zur tertiiiren Periode nicht weit über den Amphibientypus hinaus, und üljertrugen eben deshalb ihre gegenwärtig in den Säugethieren dargestellte grössere typische Mannigfaltigkeit auf die Amphibien. Dass damals Vögel lebten, können wir weder bestreiten noch beweisen, obgleich die Fussspuren aus älterer Zeit ihre Existenz vermuthen lassen; dass die räthselhaften Stonesfielder Kiefer Säugethieren angehörten, ist mehr als wahrscheinlich; allein wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, so kann eine Säugethiergestalt nicht mehr als den einen Typus repräsentiren, dessen Ausdruck sie ist. humerhin mussten also die anderen Typen den anderen Thierklassen verbleiben. §■ 27. Die versuchte Darstellung des Parallelismus zwischen den urweltlichen Crustaceen und Amphibien hatte die A])sicht, darauf hinzudeuten, dass ein und dasselbe Gesetz den Entwicke- lungsgang aller organischen Geschöpfe auf der Erde gleichmässig beherrscht habe. Dieses Gesetz ist aber kein anderes, als der Ausdruck der Abhängigkeit, in welcher die Geschöpfe zu den Verhältnissen ihrer Umgebung stehen. Was man auch reden mag von der Einheit des Planes der Weltschöpfung, und wie sehr man auch voll Demuth den Genius bewundere, der ihn erdacht hat; so viel steht fest, geregelt und zur endlichen Erscheinung gebracht ist die Idee nur worden durch die ^on aussen einwirkende Nothwendigkeit, welche sie gerade so, und nicht anders, in die Erscheinung, in eine bestimmte Form zwang, und die eben da- durch das Mannigfaltige trotz der einheitlichen Grundlage hervorrief. Schon die Betrachtung des Weltraumes und der in ihm sich bewegenden Gestirne überzeugt uns davon, dass zwar eine einzige Grundkraft, die der Massenanziehung, das ganze System des Weltalls regelt, dass aber nichts desto weniger ihre Aeusserungen höchst mannigfaltige Verschiedenheiten der Bewegungen und Bahnen hervorrufen. Alle diese Verschiedenlieiten sind nothwendige Resul- tate der dillerenten Beziehungen und der Massenunterschiede, welche wir zwischen den ein- zelnen Weltkörpern wahrnehmen; es sind Resultate der Wirkungen, welche die Körper auf einander ausüben, oder des Widerstandes, dem sie auf ihren Bahnen begegnen. Hier ist nichts Prämeditirtes mehr, hier ist es vielmehr ein durch die Indi\idualität jedes Einzelnen bedingtes und insofern zufälliges Moment, welches die Erscheinung hervorruft. Von der Gewall des einen hidividuums wird die Form des anderen, seine besondere Bahn, seine Abweichung von der Generalregel in Grösse und Ausdehnung mit Nothwendigkeit bewirkt; mit derselljen Noth- wendiekeit, welche rückwirkend auf den ändernden Factor influirt. und auch ihn zu gewissen 8' 60 Modificationen der allgemeinen Grundlage nöthigt. Und nicht bloss die Körper als Indi\iduen, auch die Widerstände, welche sie von der noch ungeformten Materie erfahren, machen sich in der Harmonie des Ganzen als individiialisirende Machte bemerkbar; auch sie äussern, mögen sie an sich noch so unbedeutend sein, ^^enn sie nur fortdauernd bei gleicher hitensität be- harren können, ihre AYirkungen. Das Resultat aller dieser Störungen ist die bis zu einem gewissen Grade eigenthümlidie, mit Nothwendigkeit aus den gegebenen Bedingungen liei\or- gegangene, also resultirte Gestalt, Grösse, Stellung, Bahn und Zeitperiode, welche jedweden besonderen Himmelskörper charakterisirt. So steht es am Firmament, und nicht anders auch auf unserer Erde; sie ist sicher durchweg Individuum, sie hat ohne alle Frage nirgends iiu-es Gleichen, sie ist ein ünicum unter Millionen ähnlichen , aber alle von einander verschiedenen Geschwistern. Und dies Unicum hatte seine besondere hidividualität von vorn herein, so lange es ü])erhaupl im Welt- raum isohrt bestand; es hat dieselbe in typisch gleicher Grundlage von jeher besessen, und wird eben diesen ihm eigenen Typus in alle Ew igkeit behalten. Allein die Erde ist nicht von jeher fertig gewesen, sie ist geworden; sie hat, als Seiendes überhaupt, luu' unter gewissen Bedin- gungen, d. h. nach den der tellurischen Materie und ihrer hidividualität inwohnenden, durch die Nothwendigkeit der Abhängigkeitsverhältnisse liesclu-änkten Gesetzen sich gestalten können. Diese Gesetze sind eben nichts anders, als der Ausdruck der Nothwendigkeit, unter welcher die Erde und Alles auf ihr steht; sie sind das, was der kurzsichtige IMick des gemeinen Menschenverstandes Zweckmässia;keit nennt, was die Wissenschaft als das unter den aecebenen Verhältnissen allein zum Ziele Fühi'cnde und deshalb in sich selbst Nothwendige erkannt hat. Ein Zweckmässiges giebt es nur im Gegensatz gegen das Unzweckmässige; was zweckmässig an sich ist, ist nur so, wie es ist, gedenkbar, und darum nothw endig Das Zwecbnässige existirt in der Natur niclit, es ist ein aus der menschlichen Wesenheit abgeleitetes, mit Un- recht auf die Natur iibertragenes Heuryslikon. Was wir eben über die Nothwendigkeit der besonderen Qualität unseres Erdballes und über ihre Abhängigkeit von gegebenen Bedingungen behauptet haben, gilt begreiflicher Weise nicht bloss von ihm im Ganzen, sondern auch von jedem seiner ^erschiedenen Theile. Darum kann ich mir die Erscheinung der Organisation auf der Erde nicht anders, als unter demselben Gesetze ün vornherein derselbe sein musste, warum die ältesten Crustaceen nnd Amphibien schon die meisten Eigen- sciiaflen der heutigen an sich (ragen, und warum sie alle diese Eigenschaften implicite zu einem Ganzen verbanden, während gegenwärtig dieselben expUcite über mehrere ver- schiedene Formen sich verthcilen. Denn die Idee AmphiJjium fordert einen gewissen Gomplex von Eigenschaften. So lange diese Idee nur in einer Gestalt verkörpert w^ar, fan- den sich alle diese Eigenschaften an ihr zusammen; ging sie aber in mehreren Formen nach und nach aus einander, so behielt jede dieser Formen nur einen gewissen Theil der Eisenschaften und überliess die übrigen den anderen Gestalten. Auf keine andere Art wäre auch die Mannigfaltigkeit aus der Einheit abzuleiten gewesen, und so ist denn dieser Weg nicht bloss der einfachste, sondern wirklich der absolut nothwendige. AVer sich also darüber wundert, dass die heutigen Amphibien insgesammt und die ältesten im Einzelnen wirklich nach demselben Muster construirt sind, kann sich mit noch grösserem Rechte darüber wun- dern, dass der Amphibientypus, wie er heute im Ganzen uns vorliegt, in so viele verschie- dene, scheinbar heterogene Formen aus einander fällt; denn in der That ist diese aligeleitete Mannigfaltigkeit viel überraschender, als die ursprüngliche, aus mannigfachen Bestimmungs- stücken componirte Einheit. Die Möglichkeit dieses Auseinandergehens in diiferente abgeleitete T\pen scheint mir nun eines Theils durch die Zunahme der bewohnbaren Erdoberfläche und anderen Theils durch die Moditicationen iWv Atmosphäre, des da\on abhängigen Luftdruckes, der Temperatur und des Feuchligkeitsgrades bedingt worden zu sein. \A'o neue Erdflächen entstanden, konnten neue Organismen ihren Boden finden, und indem alle äusseren Verhält- nisse dieser Flächen verschieden waren von den früheren, änderten sich in demselben Grade auch ihre Bewohner. Ein Theil des componirten Typus wurde hier beibehalten, ein anderer 62 dorlliin abgegeben, und so entstand nach wiederholten Phasen der Erdiinnvälzung endlich die grosse Mannigfaltigkeit der aljgeleilelen Typen, welche wir heute zu überblicken im Stande sind. Das gilt nun ebenso gut von den Amphibien, wie von den Crustaceen, und darum be- gegnet uns in beiden an sich so verschiedenen Thierklassen ein und dieselbe geologische Entwickelung ; sie wird uns auch bei näherer Betrachtung der übrigen Thiergruppen entgegen- treten, wir werden sie endlicli in weitester Ausdehnung für die ganze organische Schöpfung sich bestätigen sehen. §• 28. Es führt mich diese Betrachtung zur Untersuchung der Frage von den Nachschöpfun- gen oder Umwandlungen der Species, welche in neuester Zeit so viele geistreiche Natur- forscher beschäftigt und zu so manchen scharfsinnigen Erörterungen Veranlassung gegeben hat. Leider lässt sich dieselbe, gleich der vorstehend entwickelten Ansicht, nicht auf rein empirischem Wege zur Entscheidung bringen. So viel steht wohl fest: für die Umwandlung der Species in gegenwärtiger Zeit sind keine beweisenden Thatsaclien vorhanden; die Species haben ihre entscheidenden, ihre charakteristischen Eigenschaften seit der geschichtlichen Zeit unabänderlich beibehalten, und sind nicht die eine in die andere umgewandelt worden. Alle Modificationen , die sie erlitten haben, sind Abänderungen untergeordneter Art, welche zwar an sich höchst bedeutend werden können, allein den wahrhaft specifischen Charakteren keinen Eintrag thun. Indessen das beweist eines Theils nicht viel und anderen Theils schon genug. Konnte sich ein bestimmter Organismus unter den gegenwärtigen geringeren klimatischen und anderweitigen Verschiedenheiten der Erdoberfläche zu so vielen Varietäten ausbilden, wie wir das von den Hunderassen annehmen, von dem Rindvieh mit Bestimmtheit wissen, von den Obstsorten und Zierstauden mit so überzeugender Erfahrung tägUch ^vahrnehmen, so lässt sich allerdings mit Grund behaupten, dass die Abänderungen des specifischen Typus noch weit grösser werden mussten, wenn die äusseren Einflüsse viel bedeutender modilicirt wurden. Und das ist ohne Zweifel in Folge mächtiger, durchgreifender Erdumwälzungen der Fall ge- wesen. Ich will also die Möglichkeit einer speciflschen Umwandlung, ja selbst einer für unsere heutigen Begriffe generellen Umbildung nicht geradezu bestreiten, obgleich ich Anstand nehme, sie direct zu behaupten oder eine derartige Behauptung zu vertheidigen. Allein wei- ter, als bis zur specifischen oder höchstens bis zur generellen Umänderung glaube ich über- haupt nicht gehen zu dürfen, und neue Familientypen wird man aus der Umwandlung früherer nicht wohl ableiten können. Wollte ich also auch zugeben, dass z. B. die dilferentcn, bis zur Kreide an Zahl und Mannigfaltigkeit zunehmenden Familien der Ammoniten mit ihren vielen Ai'ten Umwandlungen von Species vorhergehender Perioden sein können, so würde ich doch Anstand nehmen müssen, die Umwandlung eines Ammoniten in einen Nautileen zu befürwor- ten; ich würde einer solchen Behauptung um so bestimmter widersprechen, als ja das gleich- zeitiae Vorhandensein beider Familien thatsächlich ist. und schon deshalb eine Ableitung: des 63 einen Typus aus dem anderen nicht zugegel^en werden kann. Und eine solche Umwandlung wäre doch offenbar geringfügiger, als die Modification des Affentypus zum Menschentypus, welche bekanntlich allen Ernstes von Naturforschern behauptet worden ist. Es spricht ferner gegen die Umwandlungstheorie das Momentane und Plötzliche, womit sie von Statten gegan- gen sein müsste. Betrachten wir z. B. die Crustaceen, so wird Jedermann es für völlig so unbegreiflich halten, wenn man einen Trilobiten sich in eine Clytia umwandeln lässt, als wenn man annijnmt, jener sei ausgestorben, und diese neue Krebsform statt seiner entstanden. Denn welch ein Zeitraum liegt zwischen dem Dasein jenes und dem Auftreten dieser; welche Millionen von Jahren, in denen weder ein Trilobit, noch ein stellvertretender Krebs überhaupt existirt zu haben scheint, rollten vorüber, bis der Krebstypus als Clytia wieder auftrat. Um Nachschöpfungen kommt man also auf keine Weise herum, sie sind nicht wegzuleugnen ; auch nach meinem Dafürhallen vollkommen so gerechtfertigt, wie das erste und älteste Entstehen der Organismen überhaupt. Und dass irgend einmal organische Wesen wirklich zuerst ent- standen seien, ^^ird hoffentlich kein Naturforscher in Abrede stellen wollen. Ich sehe aucii ferner nicht ein, wie die Umwandlungstheorie im Ganzen durchkommen will, wenngleich ich sie für manche, ja für ^iele einzelne Fälle bereitwillig zugebe, und ihre Statthaftigkeit über- haupt also nicht in Aljrede stelle. Wollen wir sie nämlich nur einmal etwas näher beleuch- ten, so werden wir bald das Ungenügende ihrer alleinigen Zulassung erkennen. Gesetzt einmal, die Nothosauren der Triasperiode wandelten sich um in die Plesiosaurier des Jura, woher stammten denn jene? — sind sie etwa umgewandelte Labyrinthodonten? — schwer- licli, denn alsdann konnten nicht gut noch Labyrinthodonten neben ihnen existiren, wenigstens nicht an ein und demselljen Orte, an der Stelle, wo die Umwandlung erfolgte. Und woher kommen die mit den Enaliosauriern der Oolithe gleichzeitigen Krokodilinen; sind auch sie wieder umgewandelte Labyrinthodonten? — was wenigstens insofern möglich erscheint, als keine Arten der letzteren neben ihnen an denselben Orten gelebt haben mögen. — Die Um- wandlungstheorie verliert also bei näherer Beleuchtung alsbald ihre Wahrscheinlichkeit, sie ist namentlich für die höheren Thiere eine höchst unglaubliche Vorstellung, und kann mit grösserer Berechtigung nur für niedrige Thiertypen in einer gewissen Beschi änkung als statthaft zugegeben werden. Sie erscheint endlich schon deshalb nicht als allgemeine und einzige Regel zulässig, weil nachweislich nicht bloss neue, vorher niclit dagewesene Arten in den auf einander fol- genden Perioden auftreten, sondern völlig neue Klassen, ja selbst ganz neue Typen. Auch widerstreitet die stets vermehrte Zahl der Arten und Geschlechter, wenn man die Formmenge im Ganzen betrachtet, der ürawandlungslheorie, weil sie nur eine Veränderung, nicht aber eine Vermehrung der Formen erklären kann. Sind nämlich die späteren Formen aus früheren durch Umwandlung entstanden, welche von bestimmten Bedingungen ausging, so mussten alle Arten, die den neuen Bedingungen ausgesetzt waren, umgewandelt werden, und das ist nicht der Fall; in vielen sicher constatirten Fällen sind einzelne ältere Arten neben den späteren geblieben, und manche formreichen Gattungen haben sich wenig verändert von den ältesten 64 Zeiten bis auf unsere Tage heralj erhallen, wie z.B. die Ter ehr alein. Die Uinwandlungs- Iheorie hat also ihre Unhegreiflichkeiten ebenso gut, wie die Nachschöpfungstheoiie, und wer nur die eine allein statuirt, die andere aber verwirft, ist nicht im Stande, die allniälige Ent- wickelung der Organisation auf genügende Weise zu erklaren. Insofern abei- beide Ansichten \ou Annahmen ausgehen, welche nicht in reiner Empirie ihre Begründung finden können, ist es völlig gerechtfertigt, ihnen beiden gleiche Berechtigung zuzusprechen, und für die eine wie für die andere sich zu entscheiden; denn beide können füglich neben einander bestehen, und mit demselben Rechte als Erklärungsgründe für die Erscheinungen benutzt werden. Kehren wir nach dieser theoretischen Abschweifung, welche uns zum ricliligen Ver- ständniss der eigenthümliclien Bildungsweise der Labyrinthodonten führen sollte, zu einer genaueren Abwägung ihrer zoologisclien Verwandtschaft zurück, so lässl sich über die Frage, ob es denn überhaupt auch nur Amphiljien seien, wohl nicht weiter mit Grund discutiren; wii' glauben sie oben entscheidend beantwortet zu haben. Woiil aber lässt sich der Beweis, dass die Labyrinthodonten zu keiner noch lebenden Amphibiengruppe gehören, weiter aus- spinnen, und das mag hier zur völligen Erledigung unserer Untersuchung geschehen. Wir fragen also zuvörderst: können die Labyrinthodonten den Schildkröten bei- gegeben werden"? — Gewiss nicht 1 — Dagegen spricht schon ihr dicht und stark be- zahnter Kieferrand, wenn wir auch auf den getrennten zweiköpfigen Condylus des Hinter- iiauptes gar kein Gewicht legen wollen. Es spricht ferner gegen die Verbindung mit den Schildkröten die weite Entfernung der Nasenlöcher von einander und die Trennung der Nasenbeine, \ orderen Stirnbeine und Thiänenbeine zu besonderen Knochen, insofern diese drei Knochen bei den Schildkröten typisch in einen verschmolzen sind. Als dritter Unter- schied lässt sich die bleibende Trennung der Pflugscharbeine in zwei Hälften Ijei Tremato- saurus und die einfache Beschaffenheit desselben bei den Schildkröten hervorheben; wälirenrl andererseits bei letztiereu Flügelbeine und Gaumenbeine getrennt bleiben, bei Tremutosuurus aber zusammenfallen. Ganz besonders aber ist die Anwesenheit der beiden ungemein weiten Gaiunenlöcher bei Treinatosanrus ein Grund gegen ihre Verbindung mit den Schildkröten, deren Gaumendecke ununteibrochen ist, wie beim Krokodil. Auch liegen die Choanen der Schildkröten in der Mittellinie neben einander, die des Trematosaurus getrennt von einander neben dem Kieferrande. Endlich ist, abgesehen \on der völligen Ueberwölbung der Schläfen- grube, die Decke des Hinterhauptsbeines bei allen Schildkröten ein einfacher Knochen, bei Treinatosanrus dagegen ein doppelter. Bringt man zuletzt noch die langgezogene Form des Schädels, welche freilich nicht aUen Labyrinthodonten in gleicher Weise zukommt, in Anschlag, so findet man ebenfalls einen Grund gegen die Einreihung unter die Schildkröten, weil so langköpfige Formen zu deren gedrungenem Typus nicht passen. — 65 — Nicht i-ninstiger siellt sich das Resultat bei Untersuchung der Frage, oh the Lahyrin- lliochMiten mit den Krokodilen in dieselbe Gruppe, oder ü])er]iaupt nur in eine unniillelbare Verbindung gebracht ^verdcn können; denn auch sie müssen wir verneinen. Will z\\ar der einlache Zwisclienkiefer der Labyrinthodonten und der zweitheilige der Krokodile noch nicht viel bedeuten, so ist doch die völlige und sogar weite Trennung der Nasenlöcher von einander von grösserem Belang lur die Abschätzung der zoologischen Aflinität. Weitei' Irilt die Bezahiumg, und namentlich die Einkeilung der Zähne beim Krokodil, nel)en einer viel geringeren Zahl dei' Kieferzähne und dem Mangel von Zähnen am Gaumenbein, als wichtiger Unterschied zwischen ihm und Trematosaurus hervor. Ganz besonders aber streitet die schmale Form des Oberkieferknochens der Labyrinthodonten und die Ijreite Gaumenplatte des- selben bei den Krokodilen gegen eine nähere Verwandtschaft beider Thiertypen. Folge da- von i.st, dass die PIlugscharbeine des Krokodils unter jenen Gaumenplatten versteckt sind, beim Trematosaurus aber fiei zu Tage gehen. Eine andere und ebenso wichtige Differenz lie^t in der Choanenbildunn lioider Thiere. Der Tvpus der Krokodile wird durch die An- näherung der OetTnungen schildkrötenartig, und ihre weite Lage nach hinten bildet ihn selbst- ständig aus; der Tvpus der Labyrinthodonten passt mehr zu dem der äciiten Saurier, zumal wegen der Aorderen Lage und weiten Trennung beider Oeffnungen von einander. Gar keine Aehnlichkeit zeiat ferner die Bildung der Gaumenbeine; denn statt der drei Stücke des Kro- kodils haben die Labyrinthodonten nur einen ungetheilten Knoclien, welcher nach Lage und Form am meisten dem os trunsversum und einem Theile des os pterygoideum der Kroko- dile entspricht, während das eigentliche os palatinum der Kiokodile den Labyrinthodonten ganz fehlt. Daraus folgt mit die Grösse ihrer Gaumenlöcher und deren viel geringerer Um- fang beim Krokodil. Grössere Aehnlichkeit, als die vordere Hälfte des Schädels, zeigt die hintere. Sieht man von der enormen Entwickelung des os pterygoideuin der Krokodile ab, so läs&l sich der ganze hintere Schädeltheil derselben in dem der Labyrinthodonten wieder- erkennen: nur zwei Unterschiede treten störend zwischen die grosse Uebereinstimmung bei- der, nämlich: der doppelte cotidylus occipitalis und die völlige Uelierwölbung der Scliläfen- gruben von Knochen. Indessen lassen uns das einfache Stirn-, Scheitel- und obere Hinter-, hauptsbein i\qy Krokodile, trotz der ähnlichen Form, die durchgreifende F'amiliendilferenz nicht übersehen. Also sind die Labyrinthodonten, neben mancher Aehnliclikeit, den Krokodilen im Ganzen kaum näher verwandt als den Schildkröten, und was hier als Aehnlichkeit zwischen beiden sich bemerklich macht, das tritt dort wieder als Unterschied hervor, und so umgekehrt. Man wird also zugeben müssen, dass die Labyrinthodonten weder Krokodile sind, noch ihnen gerade viel näher stehen, als den Schildkröten. Nicht anders verhalten sich die typischen Saurier, als das dritte Hauptglied der heutigen Amphibien, zu den Labyrinthodonten: die Aehnlichkeit Ijeider Thiertypen ist eine theilweise, aber nicht einmal eine so allgemeine, wie tue eben besprochene zwischen den Labyrinthodonten und Krokodilen. Wollen wir kurz das hervorheben, worin die angedeutete y 66 Aehnliclikoit liegt, so ist es die typische Gleiclilieit der vorderen Hälfte des Kopfgerüstes, welche allerdings zu einem eben so hohen Grade >ich gesteigert hat, wie die der hinteren Hälfte des Schädels von Trematosaurus und Crocodilus. Es genügt, um diese Ueberein- stimmung weiter nachzuweisen, an das zu erinnern, was aus unserer früheren Untersuchung über die einzelnen Kopfknochen sich ergeben hat. Wir fanden einen einfachen Zwischenkiefer nebst völlig getrennten Nasenlöchern nur bei den typischen Sauriern; auch die getrennten Nasenbeine kommen den meisten Eidechsengruppen zu Damit hannonirt der nur am Vorder- ende breite, nach hinten sehr schmale Oberkiefer; die Anheftung der Zahne mit breiter Basis in flachen Grübchen der zaiintragenden Knochen; die Lage der Choanen, die Gestalt und Grösse der Pflugscharbeine, die Gesammtfoim des Systems der Gaumenbeine (welches indess bei allen typischen Eidechsen aus dreien Stücken jederseits besteht, bei den Labyrinthodonten ungetheilt ist], endlich und ganz besonders die Form und Verbindung des KeiU^einkörpers mit den benachbarten Knochen. So weit passt also der Typus der achten Saurier ganz gut zu dem des Trematosaurus , allein gehen wir weiter nach hinten vor, so verschwindet die Uebereinstimmung. Der unbewegliche Paukenknochen; die Gestalt, Lage und Verbindung des Zitzenbeines zu ihm, und vor Allem die Beschaffenheit des Jochbogengerüstes in allen seinen Theilen widersprechen einer näheren Verwandtschaft zwischen Trematosaurus und i\cn typischen Sauriern sehr bestimmt. Ein Gleiches gilt von tler hinleren Hälfte des Unterkiefers. Endlich sind die ungemein grosse Zahl der Zähne nel)St deren stärkster Entvvickelung am Gaumenbein, und vorzugsweise die Trennung des coiulylus occipifalis in zwei Köpfe, zu bedeutsame Unterschiede, als dass sich von einer wirklichen Aflinität zwischen den Labyrin- thodonten und Sauriern überhaupt reden Hesse. Dieselbe beschränkt sich also, wie beim Krokodil, auf eine theihveise allgemeine Aehnlichkeit des Kojifes und eine gewisse typische Uebereinstimmung der Einzelnheiten in der .Anlage der vorderen Hälfte des Schädelgerüstes. Ae eilte Saurier können mithin die Labyrinthodonten ebensowenig sein, wie Krokodile. Eine Vergleichung der Labyrinthodonten mit dem T\pus der Schlangen führt zu noch bestimmteren Unterschieden; der bewegliche Oiieikiefer, das ganz Ijewegliche Gaumen- gerüst, der -Mangel des Jochbogenapparates, der Mangel von wahren Scheitelbeinen, die An- wesenheit knöcherner seitlicher Gehirnhöhlenwandungen, die zum grössten Theile unbedeckte Nasenhöhle, das Alles sind Eigenschaften, welche die Gruppe der Schlangen streng und scharf von den Labyrinthodonten sondern, und zwar strenger, als von irgend einer anderen Abthei- lung der Amphibien. Daneben kann die Länge des Oberkieferknochens und die Grösse der Gaumenzähne keine weiteren Anknüpfungspunkte für zoologische Verwandtschaften darbieten; die Labyrinthodonten stehen zu den Schlangen in gar keiner anderen Verwandtschaft, als dass beide Thiergruppen Amphibien sind; nähere Beziehungen zwischen ihnen linden nicht .statt. Es bleibt uns noch die .Vffinität zwisclien den Lahvrintliodonlcn und den nackten 67 Amphibien abzuwägen. — Wiiren selbst alle übrigen Schadeltheile einander in dem (Jratle analog, wie die zwei Gelenkköpfe am Hintcrhaupl beider Tliiergruppen, so würde ieli doch noch Anstand nehmen, sie für sehr nahe verwandt zu halten; denn ich liude in der Duplicität derselben, wie sie hier und dort auftritt, mehr den Charakter eiuer Analogie, als den einer Afiinitat ausgedrückt. Die hohen, halbkugeligen, weit vorragenden, selbst etwas gestielten Gelenkköpfe von Tremafusuurus passen sehr wenig zu den schmalen, langgezogenen, Ilachen und elliptischen Gelenkköpfen am Hinterhaupt der nackten Amphibien. Berücksichtigt man aber vollends das ganze Schädelgerüst, so löst sich wohl unzweifelhaft die pratendirte Verwandt- schaft in eine durchgreifende Verschiedenheit auf ^^l^ wollen das einzeln nachweisen. — Zuvörderst ist bekannt, dass eine Gattung der Labyrinthodonten: Archegosaiirus, nicht nackt, sondern von feinen spitzen Schindelschuppen bedeckt war. Diese Thatsache spricht, in Ver- bindung mit der Anwesenheit grösserer Knochenschilder in der Haut aller übrigen näher be- kannten Galtungen, dalür, dass sie sämmtlich eine analoge Hautbedeckung besassen. Ferner spricht das ausgebildete Jochbogengerüst bei den Labyrinthodonten gegen ihre Verwandtschaft mit den nackten Amphibien ; kein nacktes Aniphibium hat irgend ein Stück \ om Jochbein. Denn ilas OS (niadrato-jugale gehört schon deshall) zum Schläfenbeinapparat, weil es die Gelcnk- tläche für den Unterkiefer trägt; es ist hier ganz entschieden das Analogon des processits zygomdticns ossis temporum der Säugethiere. Weitere typische Unterschiede liegen in der ganzen Bildung des Kiefertrageapparates, und namentlich des so eigenthümlich geformten Paukenbeines der nackten Ampliibien; in der Form der vorderen Hälfte des Grund- oder Keilbeines nebst dem Gaumengerüste; der Anwesenheit vollständig von knöchernen Rändern umgebener (^hoanen; in der ganzen Anlage des Schnautzenlheils des Schädels, zumal in dem einfachen Zwischenkiefer; sowie endlich in der Bezahnung beider Kiefer und zahntragenden Knochen überhau{)t. Auf die Foini iler hinleren Hälfte des Unterkiefers ist schhesslich auch noch einiges Gewicht zu legen; bei keinen nackten Amphibien erreicht derselbe hier eine so bedeutende Höhe, hat er eine so tiefe Gelenkgrube, einen so weit vortretenden starken Fnd- theil hinter derselben. Nach meinem Dafürhalten lässt sich also auch zwischen den nackten Amphibien und den Labyrinthodonten keine grössere Ueb er einst immung, als wie weit die Amphibiennatur überhaupt eine solche mit sich bringt, erweisen. §. 30. Wenn es mir mittelst der vorigen Darstellung gelungen sein sollte, den Beweis zu führen, dass die Labyrinthodonten zu keiner lebenden Hauptgruppe dei- Amphibien in einei' unmittelbaren Verwandtschaft stehen, so \vürde daraus folgen, dass sie eine selljständige Gruppe der genannten Klasse sind, welche durch ihre unzweifelhafte Schuppenbildung und ^iele andere Charaktere den bedeckten, durch ihren doppelten Gelenkkopf am Hinterhaupt den nackten Amphibien in gleicher Weise sich anschlösse. Ihre wichtigsten zoologischen Merk- male liessen sich denmach in folgender Definition zusammenfassen: 9* 68 L a I) y r i n t li o d o 11 1 e s. Amphihki sqttamafu condi/lo occipitali duplici, maxilUs snperioribus immobi- libus , tienfibus ttumerosis auyustis aduatis in ipso maxillarum ioinio aitisque majo- ribits in ossibus pulatinis et i'omeribus nee non duobiis maximis in apice maxillae inferioris; ossibus cranil externis radiutini caelatis sulcisque tribus major ibus in yuoque latere capitis exaratis: nno frontali sinuato, altero labiuli recto, tertio tem- porali eUiptico; fossa tempoi'ali omnino ossibus squaniosis obtecta ossibusque tym- panicis immobilibus ; choanis naribusque longe distantibus, maryinibus osseis circum- datis; foraminibus pulatinis duobus maximis, processu sphenoideo angusto cultriformi disjuncfis nee non osse pululino longo simpliei in quoque latere externo. Corpus squamis minimis imbrieutis vestituni seutisque major ibus gutturalibus: duobus lute- ralibus trigonis , uno medio elongato-rltomboiduli. — Substanlia dentium interna labyrinthice complicata, superficie externa longitudinuliter striata. In diese Delinilioii sind die wichtigsten, und namentlich die entscheidenden Faniilien- uierivmale der Labyrintiiodonten aufgenommen; ihre nähere Prüfung wird ergeben, dass das Gesagte hinreicht, um die dadurcli definirte Gruppe von allen anderen Amphibienaljtheilungen scharf zu unterscheiden. Die Charaktere der einzelnen Gattungen zusammenzustellen, ist un- nöthig, Iheils weil sie schon oben (S. 8) tabellarisch unterschieden worden sind, tiieils nicht alle Bestimmungsstücke derselben sich gleich vollständig angeben lassen; für die hier behan- delte Gattung genügt es, folgende charakteristische Merkmale als Defmilion iiervorzulieben. T r e 111 a t o s a u r u s. Genus liubgrinthodontum capile elongato , trigono; cavis oculorum in medio totius capitis sitis orbitisque parvis, latiori intervallo disjuncfis; ossibus parietalibus foramine medio suturali perforatis eoque margini occipitis multo magis, quam oculis, approximato ; naribus paulo post rostri finem percussis. Die schon erwähnte Tabelle zeigt, wie diese Charaktere unsere Gattung von allen anderen ijenüitend bekannten hinlanalich scharf unterscheiden. §. 31. Nach Erörterung der Familien- und Gattungscharaktere von Trematosaurus bleibi noch über die etwa wahrnehmbaren Artunterschiede eine Untersuchung anzustellen. Die fünf ziemlich vollständigen Köpfe, welche ich genauer kennen gelernt habe, zeigen allerdings rela- tive Verschiedcnlieiten in ihren Dimensionen und absolute in ihrer Grösse; allein ich bin nichtsdestoweniger geneigt, sie alle zu einer .4rt zu rechnen. Es bestimmt mich dazu beson- ders die hinreichend liekannle Verschiedenheit, welclie die absoluten wie relativen Dimensionen 69 des Kopfes einer und derselben lebenden Aniphibienart, je nacii dem \ erschiedenen Alter des Individuums, durchlaufen, und icli verweise in dieser Beziehung nur auf das eine Beispiel, welches die Krokodile uns darbieten, bi der Art aber, ^^ie sich die jungen und die alten Krokodilschii- del zu einander ^ erhalten, verhalten sich nach meiner Meinung auch die Dimensionen der oben (S. 7) in ihren Maassen dargestellten verschiedenen Schädel; die kleineren sind nicht bloss im Ganzen kleiner, sondern haben auch eine relativ kürzere Schnaulze, und in Folge dessen ein breiteres Hinterhaupt, sie erscheinen also stumpfliöpfiger, als die ganz alten und ausgewach- senen Individuen. An diesen ist es mir allerdings so vorgekommen, als ob man wieder zwei P'ormen von gleicher Länge, aber ungleicher Breite, unterscheiden könnte, allein ich wage es nicht, nach dem einen entschieden breiteren Exemplar, dessen Scheitelabdruck ich in Herrn V. Braun s Sammlung beobachtet habe, eine besondere Species aufzustellen. Seine Dimen- sionen sind a. a. 0. neben den anderen aufgeführt. So sehe ich mich denn bis jetzt noch veranlasst, alle beobachteten Individuen zu einer Art zu ziehen, und selbige nach ihrem ersten Entdecker: Trenialosauriis Braunii zu nennen. Möge es ihm gefallen, diese kleine Huldigung als einen unbestreitbaren Zoll von Seiten der Wissenschaft für die vielen Bemühungen entgegenzunehmen, durch welche er um die nähere Kenntniss des fraglichen Geschöpfes sich so verdient gemacht hat. Eine nähere Beschreibung und Erörterung der Art Charaktere ist unzulässig, sie liegen mit in der Gesammtschilderung des Thieres, welche ich auf den \orhergehenden Blättern versucht habe. 10 Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Ansicht des Schädels von Tretnatosaurus von ohen. NB. Die linke Hälfte des Bildes stellt die ilirer superliciellen Sciilpturen beraubte innere Knocliensiibstanz mit ilireni radial streifigen Gefiige und den zackig in einander greifenden Nähten dar; die rechte Hälfte giebt eine Ansicht der wohlerhaltenen Schädeldecke auf ihrer Oberfläche mit den Grübchen, Furchen und scharfen Nähten der ein- zelnen Knochen. a. Zwischenkiefer, os iniermiixillarc. h, Oberkiefer, os max'dlure siiperlus. c. Nasenbein, os nasale. d. Thränenbein, os lacnjinule. e. Vorderslirnbein, os froiiiale aidcrlus. f. Haiiptstirnbein, os fronialc proprium. g. Hinterslirnbeiii, os frontale, posterius, h. Scheitelbein, os parietale. i. Hintcraugenhöhlenbein, os orbitale posterius. Je. Vorderes Jochbein, os zijgomaticuin. l. Aeusseres Pankenbein, os ti/mpanicum externutn. m. Hinleres Joclibein, os jugalc s. quai/rato-jugale. n. Schuppenschläfenbein, os temporale squamosum. 0. Zilzenltein, os tnastoideum. p. Haupipaukenbcin, os tijmpanicum. 7. SeiUiclies Hinterhauptsbein, os condgloideum. r. Oberes Hinterhauptsbein, os occipitale superius. J Tai*. II. Ansicht des Schadeis \oii unten. NB. Auf der linken Seite des Bildes sind alle Gauinenzähne anwesend dargestellt, mit Ansnahine des fünften lünter den Clioanen; auf der recliten Seite ist nur dieser Zahn hinter den Choanen anwesend, die vor ihm und nächsten dahinter felilen. Dafür sieht man die durch den Abbrucli des Zahnes entstandene basale Bruchtlärhe mit den Hauptwindungen der Substanz und der centralen Höhle. «. Zwischenkiefer, os intermaxillare. b. Oberkiefer, os maxillare superius. p. Paukenbein, os tgmpanicum. — 71 ^^'.ii\| * te'' '! -tri ' :^.i^.>: WC7 LIF CA. TafÄ MCZ lA U-SA TafM .■■r«i F^.i f.^Jl TafW -F^o '^c ^: -<^'' / ■^.. TiySf m i\ Ty4- f.- ,->" ä«i»c HCl UDRARY H. , ^ft USA Die L a )3 y r i 11 1 li o (1 o 11 1 e 11 i dem Saarbrücker Steinkohlengebirge, zoologisch geschildert 0*'' Ilci'iiiaiiii fiStiriiiel^ter, o. ö. Pr. (1. Zoologie u. Dii'eclor J. zoolog. Museums der UniversiUu Halle-Wiiienberg. Drille Abllieiluiig der Geschichle der deutschen Labyrinlhodonten. A r c li e »• o s a 11 r u s. 7 ini/4 litlio^rstpaiirteii Tafeln. Berlin, Verlag von G. Reimer. ->^^ 1850. Vorrede. Die dritte Abtheilung meiner Geschichte der Labyrinthodonten erscheint vor der zweiten, welche der Gattung Capitosauriis gewidmet sein wird, weil mir die Materialien zur Vollendung derselben grade jetzt reichlicher vor- lagen. In der Einleitung habe ich mich weiter darüber ausgesprochen, wie ich in deren Besitz gelangt bin; der Herr Berghauptmann v. Dechen zu Bonn und der Herr Dr. Jordan in Saarbrücken sind die gefälligen Besitzer der meisten bisher aufgefundenen Originalien, und ihrer Theilnahme für meine ge- nauere wissenschaftliche Untersuchung verdankt das palaeo-zoologische Publi- cum die nähere Einsicht in den allerdings noch immer sehr räthselhaften Bau des von mir behandelten Geschöpfes. Indem ich auf dasjenige, was meine vorliegende Schrift hierüber enthält, verweise, wünsche ich dieselbe nur noch durch eine kurze Angabe über die Fundorte der Reste, welche zur Aufstel- lung und weiteren Begründung des A rchegosaurus, als besonderer Gattung der Labyrinthodonten, geführt haben, einzuleiten. Sämmtliche Fundstücke kommen in ei-, faust- bis handgrossen|, seltner längeren gelbbraunen oder schwarzbraunen Sphärosideriten nüt concentrisch verschiedenfarbiger Streifung, aber ohne Schichtung vor. Gewöhnlich sind die Sphärosiderite nach den Umrissen der Theile, die sie enthalten, geformt: na- mentlich die grösseren, an denen oft schon von aussen erkannt werden kann, IV ob sie einen Schädel oder ein anderes Slveletstück belierbergen. Diese Sphä- rosiderite liegen in einem an Tlioneisenstein reichen und danun durch Bergbau aufgeschlossenen Schieferthon, welcher als das oberste Glied des ausgedehnten Saarbrücker Steinkohlengebietes angesehen wird, sich am ganzen Südrande des Hundsrücks liinzieht, und an mehreren Stelleu durch plutonische Gebirgsmas- seu unterbrochen und emporgehoben ist. Seine vorzüglichste 3Iächtigkeit er- reicht das Lager in der Gegend Aon Lebach, Otzenhausen, Buhlenberg bei Birkenfeld und Berschweiler, aber nur an dem zuerst genannten Orte sind in den Gruben zu Grosaubacli uud Rummelbach Saurierreste aufgefunden worden; die Sphärosiderite der anderen Stellen lieferten nur Fische, von denen Goldfuss bemerkt (Beitr. z. vorw. Fauna. S. 3.3, dass sie im Ganzen häufiger seien, als die der Amphibien. Da weitere Aufklärungen über die bezeichneten Fundorte der fossilen AA^irbelthiere des Saarbrücker Steinkohlengebiroes in einer ausführlichen Cliarte desselben von H. v. Dechen zu erwarten stehn, kaiui ich darauf, so wie auf die „Geognostische Beschreibung des Landes zwischen der unteren Saar inid dem Rhein von Steininger (Trier, 1840. 8. nebst IVachtrag 1841) "; auf Warmholz Abhandlung in Karstens Archiv. Bd. X., und auf Dr. Schmidts Aufsatz in Nöggeraths Rheinland und Westphalen verweisen: wobei ich nur noch zu erwähnen habe, dass mir die Notizen über die liagerstätte des Ar- chegosaurus gleichfalls durch gefällige ]\Iittheiliing des Herrn Dr. Jordan zugegangen sind. Ihm sowohl, wie dem Herrn v. Dechen nochmals meinen herzlichsten aufrichtigen Dank für die mir bewiesene warme Theilnahme bei dieser Arbeit. Halle, den 8. 3Iai 1850. H. ISuriiieistei*. Einleitung. Ilie obersten Schichten des Saarbrlicker Steinkohlengebu'ges ' ) enthalten em er- giebiges Thoneisensteinlager, dessen zahlreiche S[)härosiderite ungemein viele organische Kör- per unischliessen. Unter denselben haben sich seit einigen Jahren zuerst Reste von Amphi- bien gezeigt; theils Köpfe, theils Leiber einer eigenthümlichen, auf den ersten Blick an die Eidechsenform mahnenden Gattung, welche Goidfuss mit dem Namen Archegosaurus be- legte und vorläufig in Leonhard's und Bronn' s neuem Jahrbuch für Mineralogie etc. (Jahrg. 1817. S. 400) bekannt machte. Es ist ein handgrosser Kopf mit abgebrochener Schnautzenspitze, den er daselbst schildert, und aus welchem er die nahe Verwandtschafl des Thieres mit den Krokodilen zu erweisen sucht. Schon die blosse Betrachtung der dieser An- zeige beigegebenen Zeichnung überzeugte mich, dass das fragUche Geschöpf ein Labyrintho- donte sein müsse, und indem ich den hohen Werth desselben, als ältesten Repräsentanten der Amphibien, mit in Anschlag brachte, glaubte ich seine zoologische Affinität alsbald riclitiger hervorheben zu müssen. Diese Ansicht veranlasste mich zu meinen „Bemerkungen" in der Zeitung für Zoologie, Zootomie und Palaeozoologie I. S. 41; ich wies darin die Labyrintho- dontennalur des Archegosaurus zuerst nach und deutete die von Goidfuss nicht ganz rich- tig' aufgefasste Schadelbildung im Einklänge mit dieser Verwandtschaft, so weit es bei der ebenfalls ungenauen Abbildung und Beschreibung damals möglich war. — Inzwischen erschien eine besondere, der Titelangabe nach schon 1847 publicirle Schrift von Goidfuss: „Bei- träge zur vorweltlichen Fauna des Steinkohlengebirges (Bonn. 4to.)", in welcher •) Uel)ei- die besonderen Lagerungs- und Bildungs-Veriiältnisse der hezeiclineten Fundstätte habe icli mich in der Vonede kurz ausgesprochen und daselbst die Scliriften erwälint, aus denen weitere Belehrungen darüber zu entnelunen sind. 1 der Archegosaurus aufs Neue dai-gestellt und in 3 Arten unterschieden worden war. Hier findet sicli die Verwandtschaft der Gattung mit den Labyrintiiodonten zwar ausgesprochen, allein keinesweges genügend nachgewiesen; vielmehr zeigt die Schilderung des Kopfgerüstes so wesentliche Abweichungen von den Labyrintiiodonten, dass, wenn dieselben wirklich be- ständen, die zoologische Affinität beider Thierformen ^aum zulässig erscheinen würde. Ich konnte es daher nicht unterlassen, noch einmal (a. a. 0. S. Hö) auf den Archegosaurus zurückzukommen und die mancherlei Lücken hervorzuheben, welche dermalen in der Scliilile- rung des Thieres noch hervortraten. Einen ähnlichen Versuch machte H. v. Meyer in dem Quartly Journal of the Geologie. Society. 1848. Jene Unsicherheiten zu entfernen, war einer meiner Lieblingsgedanken, nachdem der Tod den bejahrten und würdigen Paläontologen abgerufen hatte, welchem die erste Publica- tion Acs Archegosaurus zugefallen war; auch glaubte ich um so eher darauf denken zu dür- fen, als das Thier ohne alle Frage in naher Verwandtschaft zum Trematosaurus stand , mit dem ich mich damals noch angelegentlichst beschäftigte. Sobald als dessen Schüderung die Presse verlassen hatte, wandte ich mich an die Besitzer der Archegosauren und bat um deren Darlehn, damit ich eine erneute Untersuchung an ihnen ausführen könne. Sie wur- den mir aufs bereitwilligste gewährt. So befinde ich mich denn gegenwärtig im Besitze aller bisher aufgefundenen Exemplare und kann mit diesem Material es wagen, eine allseitige Schil- derung zu versuchen. Ihr werden die nachfolgenden Blätter gewidmet sein. Eine Uebersicht der Handstücke, aus denen meine Bearbeitung hervorgegangen ist, möge für sie (>in vorläufi- ges Vertrauen zu erwecken suchen. — Die bekannten Exemplare von Archegosaurus sind auf nachstehende Oertlichkeiteu vertheilt: 1. B e r 1 i n. hl der IVüneralien - Sammlung der Universität befindet sich ein ziemlicii \ ollständiges Stück im Doppeldruck, woran der grösste Theil der Schädeldecke, die Kehlplatten und die vordersten Rippen gut zu erkennen sind. Abgebildet von mir Taf. II. Fig. 1.2. II. Bon n. A. Das Universitäts-iMuseum besitzt einen etwas kleineren Kopf von wenig über i Zoll Länge, nebst den Kehlplatten, der indessen minder gut erhalten ist. Heir Geh. Berg-Rath u. Prof Nöggerath hatte die Güte, durch Uebersendung desselben mir seine Einsicht zu ver- statten. B. Herr Berghauptmann v. Dechen bewahrt in seiner Sammlung eine Reihe der schönsten Exemplare, und überschickfe mir dieselben auf meine Bitte mit grosser Zuvorkommen- heit. Es waren: 1. Ein grosser Schädel, das Original von Goldfuss'ens und meiner Figur 1. auf Taf. I. im Abdruck und Gegendruck. 2. Ein halb so grosser, sehr zertrümmerter Schädel, ebenfalls von beiden Seilen. 3. Ein halber Körper, das Original von Fig. 1. Taf. III. ijei Goidfiiss. ■'l: Ein RampflM-uciislück in Abdruci< und Gegendruck, abgebildet bei Goldfuss Taf. II. Fig. 3. und bei mir Taf. III. Fig. 2. ü. Ein Stück der Bedeckung, in Abdruck und Gegendruck, abgebildet in den Verhandl. des naturf Vereins d. Rlieinlandc. VI. Bd. Taf IV. Fig. 3«. und von mir zum Theil Taf III. Fig. 1. C. Ein Schädel mittlerer Grösse, von beiden Seiten, abgebildet ebenda. Fig. 1. 7. Ein kleiner Schädel im Abdruck und Gegendruck. 8. Ein ebenso grosser, abgebildet bei Goldfuss Taf III. Fig. 2. Nur im Gegendruck, der Hauptdruck befindet sich im Besitz des Earl of Eniskillen in Irland. 9. Der schöne Archegosanrus latirostris Jord. von beiden Seiten, abgebildet in den Verhandl. d. naturf Vereins d. Rheinlande. A. a. 0. Fig. 2. 3., von mir Taf II. Fig. 3. III. Saar b r ü c k e n. Herr Dr. Jordan daselbst besitzt eine ganz ausgezeichnete Folge schöner Exemplare, deren Studium für mich um so werthvoUer war, als dieselben noch völlig frisch sind und nicht durch Abformung von Gypsabgüssen , gleich denen in Herrn v. Dechen's Sammlung, gelitten haben. Ich verdanke denselben das meiste Neue, was ich über den Bau des Ar- chegosaurus ermitteln konnte. Nachstehende Stücke, sämmtlich im Abdruck und Gegendruck, wurden mir von ilirem liberalen Besitzer aufs freundlichste zur Disposition gestellt. 1. Ein nicht ganz vollständiger Schädel mittlerer Grösse, in dem .41ter, welches Gold- fuss A. medius nennt. 2. Ein anderes vollständigeres Exemplar; abgebildet Taf II. Fig. 5. 3. Ein klehieres Individuum von der Grösse des A. mim)r Gold f ; abgebildet ebenda Fig. 6. 4. Ein noch kleineres. ö. Ein anderes, so gross wie No. 3. (3. Ein ganz junges Exemplar, nur 1 Zoll lang; von mir Taf I. Fig. 4. abgebildet. 7. Die vollständige Schnautze eines alten Individuum.s, von der Grösse rles A. Dechenii Goldf.; aJjgebildet Taf. I. Fig. 2. 3. 8. Zwei Rimipfstücke, abgebildet von Goldfuss Taf II. Fig. 1. 2. V). Hals und Vorderrumpf eines grossen Exemplars, abgebildet bei mir Taf. III. Fig. 3. 4. 10. Ein Stück der Haut mit den Schuppen, nur im Gegendruck vorräthig. 11 u. 12. Sehr wenig kenntliclie Strecken der Wirbelsäule. 1 3. Das Becken, abgebildet Taf IV. Fig. 2. JBrstei* Alisclinitt. Vom Schädel. Obgleich es den Prinzipien einer ralionellen Bearbeitung weit iiiebi' entspricht, vom Allgemeinen zum Besonderen fortzuschreiten, so ist doch bei einem Gegenstande, welcher, gleich den fossilen Resten der Thierwelt, nur in Trümmein dem Beobachter vorliegt, der um- gekehrte Weg der bei weitem vortheilhaftere. Deshalb w erden wir ihn einschlagen ; w ir werden zuvörderst die am besten erhaltenen Körpertheile im Einzelnen untersuchen, und wenn wir mit ihrer ausführlichen Schilderung zu Stande gekommen sind, werden wir es wagen können, aus den isolirten Stücken ein möglichst vollständiges Ganze zusammenzusetzen. Wir beginnen also unsere Betrachtung mit der speziellen Darstellung des Schädels, iheils weil er der wichtigste Körpertheil ist, theils aber auch, weil seine Reste am zahlreichsten und besten sich erhalten haben, ja in solchem Umfange vorliegen, dass von ihm eine allgemeine Schil- derung sofort gegeben und daran die besondere Betrachtung seiner Bestandtheile geknüpft werden kann. , Der Kopf des Archegosaurus hat die Form eines gleichschenkeligen Dreiecks, dessen Basis nach hinten gerichtet, dem Hinterhaupte entspricht und dessen abgerundete Spitze die Schnautze des Thieres bildet. Er ist überall sanft gewölbt, aber in der vorderen Hälfte fla- cher; gegen die Mitte zu wird er der Länge nach vertieft und nach hinten allmälig höher, so dass die Seiten hier stärker abfallen, als vorn. Bald hinter der Spitze liegen seitlich neben dem Rande die schmalen elliptischen Nasenlöcher; der Mitte genähert, doch stets hinter ihr, zeigen sich die grossen ovalen Augen Öffnungen, und hinter deren Umfang gewahrt man mitten auf dem Scheitel ein kleines kreisrundes Scheitelloch. — Die relativen Dimen- sionen des Kopfes ändern sich, neben der bleibenden allgemeinen Grundform, mit dem Alter des Individuums sehr bedeutend, sie durchlaufen eine Formverschiedenheit, welche ganz den allmäligen Umgestaltungen der langschnaiitzigen Saurier der Gegenwart entspricht, und na- mentlich mit den Altersmodificationen des Schädels der Krokodile in völliger Harmonie steht. Zuerst in frühester Jugend ist der Kopf relativ viel kürzer, also auch stumpfer gestaltet, als im mittleren und höheren Alter; er nähert sich dann sehr der gleichseitig dreieckigen Form. Es scheint ein Thierchen von wenigen Monaten gewesen zu sein, dem dieses zierliche, äusserst schön erhaltene Köpfchen (No. 6. Jordan, abgebildet Taf I. Fig. 4.;) angehört hat, denn seine Länge beträgt genau nur einen Zoll und seine grösste Breite zwischen den Backen zehn Linien. Dagegen misst der grösste, fast vollständige Schädel, die abgebrochene Schnautzen- spitze mitgerechnet, 6^ Zoll in die Länge, und 3^- Zoll in die Breite. Hiernach verhält sich die Länge zur Breite in erster Jugend wie 6 zu o, im höheren Alter wie 13 zu 7; ein ge- wiss höchst bedeutender Unterschied. Aus Gründen, deren Entwickelung ich mir noch vor- behalten muss, bin ich geneigt, anzunehmen, dass dieser grösste von allen Schadein keinem ganz ausgewachsenen Individuum angehört habe, vielmehr noch grössere Exemplare vorhan- den waren, diese aber relativ wieder etwas breiter wurden, so dass vielleicht ein Verhältniss von 14 zu 8, oder 7 zu 4, als das endliche bleibende eintrat. So wenigstens ist es bei den heutigen Krokodilen und ähnlich auch bei den Gavialen. Ganz jung haben sie kurze stumpfe Köpfe; dann wächst ihr Kopf schnell in die Länge, aber viel langsamer in die Breite, wes- halb die halbwüchsigen hidividuen spitzschnautziger erscheinen; endlich im hohen Alter nimmt die Breite noch zu, während die Länge stille sieht, der Kopf wird wieder plumper und vei- liert das Schlanke, was er im halbwüchsigen Zustande besass. Die Breit enzunahme im höhe- ren Lebensalter tritt übrigens viel langsamer und allmäliger ein, als die Längenzunahme in der früheren Jugend, vor der Geschlechtsreife, und daher kommt es, dass die meisten Exem- plare der Sammlungen dem noch ziemlich schlanken mittleren Alter der Krokodile anzugehö- ren pflegen. Selbst die von Cuvier in den Ossein, fossil. F. 2. Taf L Fig. 4. u. 5. abgebil- deten Schädel von Crocudilus nilotlcus und Cr. biporcatus stellen nicht ganz alte Thiere vor, und zeigen eine viel schlankere Kopfform, als z. B. ein ganz alter Schädel des ersteren in der hiesigen Sammlang. Dass es beim Arcliegosaurus ebenso war, glaube ich aus den nachstehenden Dimensionen der von mir untersuchten Köpfe abnehmen zu dürfen; we- nigstens scheint mir diese Ansicht ungleich mehr gerechtfertigt zu sein, als die von Gold- fuss vorgetragene, der zufolge veischiedene Arten von verschiedener Grösse aufzustellen wären. Ich finde bei dieser Annahme nirgends eine natürliche, sondern nur eine hier oder da willkürlich angenommene Grenze und muss behaupten, dass mit demselben Rechte fast jedes einzelne Individuum eine eigene Art vorstellen dürfte. — Folgende Dimensionen habe ich wahrgenommen : 6 Beobachtete Köpfe. Ganze Länge, von der Sclinautzen- ■ipitze bis zur Mitte lies Hinti-rliaiipts Ganze Breite zwischen den Backen. Länge der AngenülT- nungen. Abstand des vorderen Au- genwinkels von der Schnautze. Abstand des Scheitellochs vüm Hinterhaupt Breite des Hinterhaupts an den Zitzenbein- ecken. Länge der Hauptstirn- beine. I. No. 6. Jordan. Taf. I. Fig. 4. II. No. 5. Jordan. ni. No.4. Jordan und das Original zu G o 1 d - fuss Fig. 2. auf Taf. III. bei V. Declien (^Arc/i. minor G o 1 d f.) nebst noch einigen gleichgrossen E.\em- piaren. IV. Das Original zu Gold fuss Fig. 4. Taf. III. bei V. Dechen: {Arch.mediiisG o 1 d f.) und mehrere ähnliche Exemplare auf Taf. II. V. Das Original bei v. Dechen zu der Fig. I. Taf. IV. der Verhandl. d. nat. Ver. d. Rhciiil. Jahrg. VI. VI. Das Original bei V. Dechen zu Gold- fuss und meiner Fig. I. Taf. I. {Arch. Ucclic- nii Gold f.) 12'" 18'" 20^'" 10'" 14'" 16'" 5'" Das Hinter haupt fehlt diesem Exemplar. 55' 68i"' ( NB. Die Zwischen- kieferbei- ne fehlen in dieser Angabe ihre Länge ist auf? bis 8'" zu sez- zen.) 23' 31f' 39' 10'" II r" 18" K I in Kl in 7 1 III 6'" 6|'" 10^'" 32 V" 40'" C NB. Die Zwischen kiefer fch len.) lOf" 12V" 16' 20' ^^w 24' Die Vergleichung vorsteheuder Zahlenwerthe ergicbt freilich keine gleichmassig fort- laufende Skala, aber doch eine hinreichende Sicherheil für die Al^schätzung der Grüssezunahinc des Schädels im Ganzen wie im Einzelnen. In der ersten Jugend, wenn die Länge sich zur Breite wie 6 zu 5 verhält, fällt die Mitte der ganzen Kopfeslänge in die vordere Hälfte der Augenhöhlen, und das Stirnbein nimmt den vierten Theil der Länge des Kopfes ein. Hat die Länge des zuletzt genannten Knochens sich verdoppelt, so ist die ganze Kopfeslänge nur um die Hälfte grösser geworden, ihr Verhältniss zur Breite aber etwas geringer. Dagegen nimmt die relative Weite der Augenöffnungen sehr bemerkbar al). Denn war sie bei dem ganz jun- gen Thiere noch der Länge des Stirnbeins gleich, so beträgt sie bei dem etwas älteren we- nig mehr als zwei Drittel derselben, und bei dem ganz alten noch weniger als die Hälfte. Diese Grösseiuüjnahme der AugenöfTnungen erfolgt besonders an ihrem vorderen Ende, weil, wie die Reste zeigen, die Mitte der ganzen Schadollange im wenig vorgeschrittenen x\lter schon vor die Augenöffnang in die Flache des Thranenheines flillt. Daraus ergiebt sich, dass die ganze Grössenzunahme des Schadeis besonders seine vordere Hälfte trifft, oder mit anderen Worten, dass dessen Gesichtstheil sich stärker verlängert, als die eigentliche Schädelhöhle. — Alles, was die V'ergleichung des ersten und zweiten Grössenstadiums andeutet, führt die Be- rücksichtigung des dritten uns weiter aus; die AugenöfTnungen werden relativ immer kleiner, die Schnautzenspitze rückt stets weiter vor, aber die Dimensionen des Hinterkopfes halten da- mit nicht gleichen Schritt; je länger der Kopf wird, desto kleiner der Hirnkasten, desto schmäler erscheint er zwischen den Backen. Dass diese Grössenzunahme ganz besonders auf die Gesichtsgegend trifft, bew-eist uns die rückweichende Lage des Scheitellochs zum Hinterhaupt; in der ersten Jugend liegt es am Anfange des vierten Viertels der Kopfeslänge, im höchsten uns bekannten Alter am Anfange des sechsten Sechstels, d. h. während die Entfernung der Schnautzenspitze von ihm von 9 Linien auf 63 Linien gestiegen ist, ist die Entfernung dessel- ben vom Hinterhauplsrande nur von 3 auf 12^ gerückt; also ist die vordere Strecke beinahe noch einmal so gross geworden, wie die hintere, oder genauer genommen, im Verhältniss von 7 zu 4 gewachsen. Ebenso deutlich zeigt denselijen Charakter des Wuchses (he Lage iler Augenhöhlen zur Schädelniitte. Setzen wir die ganze Länge des grössten Exemplars auf 76 Linien, den fehlenden Zwischenkiefer mit eingerechnet, so liegen die vorderen Ecken der Augenöffnungen noch 9 Linien hinter der Schädelmitte, und während diese OefTnungen in der Jugend von der Ecke des Zitzenbeines ebenso weit abstehen, wie vom Nasenloch, beträgt ijn höheren Alter ihre Entfernung von dort fast nur die Hälfte ihrer Entfernung von hier. So verschieden wachsen also die Theile des Schädels gegen einander; alle werden zwar grösser, aber sehr ungleich: die vorderen viel mehr, als die hinteren. Neben der allgemeinen Form des Kopfes ist besonders die Beschaffenheit seiner Ober- fläche ein wichtiger Gegenstand. Leider hat sich an keinem einzigen tler mir vorliegenden Schädel eine zusammenhängende äussere Kopffläclie erhalten; die meisten Exemplare spran- gen in der Knochensubstanz auseinander und gewähren tladurch zwar eine gute Vorstellung von ihrer Struclur, aber nur stellenweis ein deutliches Bild ihrer Oberfläche. Was die erstere betrifft, so hat sie das bekannte excentrisch-strahlige Gefüge der flachen Schädelknochen, d. h. feine, oft gabelig zertheilte, gleich weite Rölirchen, die von einem Punkte, dem Ossifications- Centrum, allseitig ausstrahlen und nur in einzelnen Fällen, besonders da, wo die Knochen am Ossificationspunkte etwas dicker sind, z. B. an der Ecke des Zitzenbeines, zu einer wirklichen schwammartigen Diploe sich gestalten. Bei jüngeren Schädeln muss der Knochen eine sehr geringe Festigkeit gehabt haben, weil er meistens zur Form einer zarten schwarzen, streifigen Haut zusanmiengedrückt ist; bei den älteren hat er sich als derbe SuJjstanz von ^ — |- Linie Dicke erhalten. An solchen alten Schädeln ist er auch, offenbar wegen seiner grösseren Festigkeit, ungleichartig zerbrochen, so dass bald die innere Fläche sich von dem darunter lieaeuden Gestein abaehol^en hat, bald die äussere von dem über ilir liegenden. Das ist na- mentlich an dena grossen Schädel der Fall, den schon früher Goldfuss abbilden Hess, und von dem ich auf Taf. I. eine naturgetreuere Figur gegeben habe. Sie stellt die untere Hälfte des in der Mitte seiner Knochensubstanz auseinander gesprengten Schädels dar, und giebt ein klares Bild nicht bloss des Gefiiges dersell^en, sondern auch an den im Bilde heller gehalte- nen Stellen, wo die Knochensubstanz ganz fehlt, eine Ansicht der völlig glatten, ebenen inne- ren Fläche der Knociien. Im oberen Abhub desselben Exemplars linden sich auch einige Stellen, wo die Knochensubstanz fehlt, und hier sieht man die grubig strahlige Sculptur der äusseren Kopffläche recht deutlich. Namentlich zwischen den Augen, iiinter dem rechten Auge, unter demselben an der Backe und vorn auf der Nase ist sie sehr gut zu erkennen. Es ergiebt sich daraus, dass diese Sculptur mit der von Trematosaurus die allergrösste Aehn- liciikeit hat *), und nur in wenigen Punkten, namenthch durch eine grössere Feinheit der un- regelmässiger angeordneten, kürzeren Furchen, sich davon unterscheidet. Darum habe ich es versuchen können, ein restaurirtes Bild, was wenigstens den Charakter der Sculptur treu wieder- giebt, auf Taf. IV. zu entwerfen. Es zeigt deutlich, dass überall da, wo die Ossificationspunkte der einzelnen Kopfknochen sich befinden, eine Gruppe kleiner, von scharftantigen Erhaben- heiten umfasster Grübchen liegt, von wo aus längliche und immer längere, auf dieselbe Art gesonderte Furchen radial zum Rande hinstrahlen. Da wo der Rand nahe lieet, sind diese Furchen kurz, wo er weit vom Ossificationspunkte absteht, sehr lang, und indem sie in die- ser Richtung divergirend auseinander weichen, machen sie neuen, gewöhnlich etwas längeren, zum Theil schmäleren Furchen Platz. Diesen Charakter der Sculptur habe ich an den bezeich- neten Stellen jenes Schädels sehr bestimmt wahrgenommen; ihn noch weiter zu beschreiben, halte ich für unnöthig, eines Theils weil ich ihn nicht überall gleich bestimmt gesehen habe, anderen Theils weil meine Figur ihn so zeigt, wie ich ihn anzugeben mich für befugt halte. Darum verweise ich auf dieselbe. Die Aehnhchkeit der Kopfoberfläche mit der von Tremulosaurus erreicht übrigens einen noch höheren Grad durch die Anwesenheit einer völlig ebenso verlaufenden Gesichts- furche oder Brille. Selbige beginnt undeutlich am inneren Rande der Nasenlöcher auf der Höhe der Schnautze und zieht sich von da mit leichter Krümmung nach innen auf die Nase hinauf, indem sie die ganz ähnlich verlaufenden Nasengänge, deren Anwesenheit eine leichte, wulstförmige AVölbung der Schädelfläche, welche sie als Decke überwölbt, sichtlich verräth. begleitet und an ihrem inneren Saume umfasst. Da wo die Nasengänge flach auslaufen, in- dem sie mittelst der Choanen in die Mundhöhle sich öffnen, biegen sich die beiden Gesichts- furchen nach aussen und nähern sich immer mehr dem Seitenrande des Kopfes. In halber Länge zwischen dem Ende der Nasengänge und den Augenöffnungen erreichen sie ihre stärkste Krümmung, und wenden sich nunmehr wieder nach innen gegen die Augenöflnung hin. indem *) Man vergleiclie die .\l)l)ildung auf der ersten Tafel meiner Sciirift über die L aljy rintlio douteii Bernburgs. (Bert. 1849. 4. I. Abtii.) ^9 sie schief über das Thränenbein fortgehen und da, wo sie in dieser Richtung das Hauptstirn- bein erreichen, zu enden scheinen. Wenigstens habe ich sie weiter nicht verfolgen können. Jede Furche ist ein schmaler, gieichbreiter Halbkanal, der seinen Eindruck nicht bloss in die obere Knochenfläche macht, sondern auch die unlere an derselben Stelle scharfkantig nach innen hervortreibt, und aus diesem Grunde noch sehr deutlich am Steinkern des Schädels ver- folgt vs'erden kann. Bei jüngeren Thieren mit zarter Knochensuljstanz lässt sich eben darum nur eine sehr schwache Spur der Gesichtsfurche bemerken. Ob auch die Mundrand fur- chen und Backenfurchen, welche ich bei Trematosaurus (a. a. 0. S. 6.) beschrieben hal^e, beim Archegosaurus vorhanden sind, muss ich unentschieden lassen, weil es mir nicht gelungen ist, eine Spur derselben zu finden. Indess beginnt an der Ohrspalte im Steinkern ein tiefer Eindruck, welcher aber bald schwächer wird und schon in halber Entfernung vom Auge endet. Ich glaube weit eher, dass dieser Eindruck von einer erhabenen Knochenleiste auf der Innenseite der Schädelplatten dieser Gegend herrührt, und nicht als Anfang der Backenfurchen zu betrachten ist. ' Ohne mich auf eine genaue Kritik der von Goldfuss gegebenen Abbildung des grossen Schädels (a. a. 0. Taf. I. Fig. \. 2.) einzulassen, nach welchem die vorstehende aligemeine Schil- derung hauptsächlich entworfen ist, niuss ich docli einige Unrichligkcilen hervorheben, weil sie meine Schilderung zum Theil unterstützen, zum Theil verdächtigen. Fig. 1. soll wohl die innere Süuctur der Kopfknochen darstellen, giebt indessen ein viel zu regulär und zu fein gehaltenes Bild davon. Milien auf der Slirn, zwischen den Augen sieht man einen Theil der Oberflächen- sculplur, worin derselbe Fehler wiederkehrt; statt langer slrahliger Furchen sind kurze parallele Grübchen angegeben. Die Nasengänge, welche am Schädel selbst sehr deutlich werden, fehlen in der Zeichnung ganz und von der Gesichtsfurche sieht man nur die hintere, vom Seilenrande zum Auge hinaufsteigende Hälfte, welche unrichtig für eine Naht (die vordere des Jochbeines) crenonuiien ist. Ganz verfehlt ist auch der Hiiilerkopf und das abwärts nach hinten gerichtete Paukenbein. Von der angeblich ungemein tiefen Ohrspalte ist am Schädel selbst nicht viel zu sehen. Halle der Zeichner zugleich die obere, im Gegendruck befindliche Hälfte des Schädels berücksichtigt, er würde diese Gegend so gefunden haben, wie sie in meiner ganz getreuen Fi- gur 1. auf Taf. I. angegeben ist. Ueberhaupt ist diese obere Schädelfläche für die Erkenntniss der Kopfknochen viel wichtiger, als die untere, von Goldfuss abgebildelc. Ich habe zwar eben- falls die unlere Hälfte abbilden lassen, weil ihre Zeichnung der allgemeinen Auffassung des Schädels günstiger isl, als der hohle Abhub davon mit der verlieft gesehenen Aussenfläche; al- lein ich habe in mein Bild Alles hineingetragen, was an der oberen Fläche deutlicher zu sehen war, als an der unteren. Die Sculplur mussle wegbleiben , weil ihre Angabe das Bild unklarer gemacht hätte, und weil sie für sich allein in dem reslaurirten Schädel auf Taf. IV. gegeben ist. Die Reilie der einzelnen Knochen des Kopfes eröffnet vorn an der Schnautzenspitze der Zwischenkiefer (^Os intermaxillare s. incisivum; a). Seine Gestalt lässt sich am besten an der isoUrten Schnautze erkennen , welche ich auf Taf. I. in Fig. 2. u.. 3. aus Herrn 2 10 Dr. Jordans Sammlung von beiden Seiten halje darstellen lassen. In der oberen Hälfte (Fig ü.) sieht man die innere Fläche der oberen Knochenwand des Zwischenkiefers vor sich und bemerkt zuvörderst eine sehr deutliche Längsnaht, welche ihn in 2 Hälften theilt. Die- ser Umstand ist nichtig, er bildet einen guten Unterschied zwischen Archegosaurus und Trematosaurus , bei dem ich nur einen einfachen Zwischenldefer gefunden habe. Ob aber die Naht lebenslänglich bleibt, lässt sich nicht gut angeben, weil ich auch diese ziemlich grosse Schnautze keinem ganz alten bidividuum zuschreiben möchte. Der Zwischenkiefer ist sehr flach und niedrig gestaltet, am ganzen Vorderrande kreisförmig abgerundet, unmitteUiar hinter dem Rande beiderseits etwas gewölbt und von da sowohl nach hinten, als auch gegen die Mitte zu leicht vertieft. Er begreift nicht bloss den Vorderrand der Schnautze, sondern auch noch den Anfang der Seitenränder in sich und endet erst am Hinterrande des iNasenlochs. Hier bemerkt man an beiden Seiten sehr bestimmt eine zackige Nalit, die ilui vom Oberkiefer trennt. Nach innen ist er unmittelbar am Nasenloch etwas kürzer, greift aber mit einer lan- gen Spitze w eit über das Nasenloch lünaus in die Nasenfläche hinein, und zieht sich mit meh- reren kürzeren Zacken vorwärts wieder zurück, so dass die Naht, welche ilin gegen die Na- senbeine begrenzt, in der Hauptsache die Form des Buchstabens W hat. Aus dem strahUgen GeHige seiner Fläche ist zu entnehmen, dass der Ossificationspunkt dicht hinter dem Vorder- rande m der Gegend des Biegungspunktes hegt, denn von da gehen die Strahlen des Gefii- ges aus. Darum muss man auch das Centrum seiner Sculptur dahin setzen. El)en an die- ser Stelle liegt hinter dem unteren Rande, auf welchem die Fangzähne sitzen, eine längliche Grube, die den Knochen zwar nicht durchbohrt, aber merklich emporlreüjt, und ohne Zweifel zur Aufnahme grösserer Fangzähne des Unterkiefers diente. Bis hinter dieser Gru])e ist der Knochen solide; dann theilt er sich in zwei Blätter: ein derberes oberes Blatt, >\elches die Aussenseite der Schnautze bildet, und ein inneres zarteres, das dem Gaumen angehört. Dies Blatt ist in dem abgebildeten Exemplar herausgebrochen, aber man sieht noch die Bruchrän- der hinter dem zahntragenden Rande, an welchem es sass. Zwischen ihm und dem oberen Knochenblatt gestaltete sich die anfangs sehr niedrige, nach hinten allmälig weitere und hö- here Nasenhöhle, zu welcher die Nasenlöcher den Eingang bilden. .Us ein Paar langge- zogene, schmale EUipsen erkennt man sie unmittelbar neben dem seitlichen Schnautzenrande sehr deutlich, vermisst sie aber in dem grösseren Fig. 1. abgebildeten Schädel, weil gerade an ihrem hinteren Rande die Schnautzenspitze aJjgebrochen ist. Dass sie nur die obere, und nicht mehr che untere Wand des Zwischenkiefers durclibohrt haben, ist an dem besprochenen Exemplar der Schnautze (Fig. 2.) sehr deutlich wahrzunehmen, denn an der linken Seite haftet noch ein Stück der Knochenfläche an dem Gestein, welches von oben in das oflene Nasen- loch hineindrang und die Tiefe der Nasenhöhle erreichend aufgestützt als herabgeflossene Masse stehen blieb. Ist nun gleich dadurch die Anwesenheit der unteren Knochenfläche des Zwischenkiefers unzweifelhaft nachgewiesen, so konnte doch, eben weil die knöcherne Wand selbst fehlte, ihre Erstreckung nach hinten nicht enuittelt werden; es bleibt also die Begien- — 11 — zung gegen die hier an den Zwischenkiefer stossendon Pflugscharbeine ungewiss. Daae- gen zeigte sich der untere zahntragende Rand in vollständiger Erhaltung und gab über die Stellung, Zahl und Grösse der Zäline des Zwischenkiefer bestimmte Aufschlüsse, obgleich die Zähne seligst nur zimi Theil vorhanden waren. Es sassen nehmlich auf dem Zahnrande des ganzen Zwischenkiefers abwechselnd vollständig ausgebildete Zähne, deren Spitzen noch in dem von mir durchschnittenen Gestein der Unterseite des Präparats stecken, und kleine Ver- tiefungen von dem Umfange der Zahnwurzel, in denen der excentrisch strahlige Blätterbau der Zahnsubstanz durch radiale Furchen und die centrale Zahnhöhle durch ein mittleres Grüb- chen angedeutet war. Offenbar sind diese Vertiefungen nichts anderes als Zahnhöhlen, über denen früher die älteren bereits verbrauchten Zäline standen, und in denen die jüngeren noch vom Zahnsack unischlossenen sich bildeten. Sie lassen sich von den neben ihnen stehenden durchschnittenen Zähnen, deren auf der Schnittfläche sichtbarer innerer Bau ganz mit dem Furchensystem der Vertiefungen übereinstimmt, gut an ihrer gleichen Grösse und ihrem gleich- förmigen Ansehen unterscheiden; denn die ausgebildeten kantigen Zähne erheben sich als schlanke, leicht rückwärts gekrimimte (Taf IV. Fig. 3.j, aljer ])eim Durchschneiden des Gesteins un- gleichartig abgebrochene Kegel, deren Zone ebensoviel v om Scheitel herabkommende Streifen hat. als die innere Zahnhöhle Radien zeigt. Solcher vollständigen Zähne zählte ich im rechten Zwischenkiefer acht, im linken nur sechs; die beiden hintersten der rechten Seite stehen dicht neben einander und haben keine Zahnvertiefung zwischen sich. In der Mitte des Vor- derrandes, da wo die Zwischenkiefermittelnaht liegt, ist eine Lücke, in der weder ein Zahn, noch eine Zahnvertiefung gesehen wird. Die Zälme haben alle eine gleiche Grösse. Auf die Structur der Zähne werde ich später (in §. 13.) zurückkommen. Es wird sich dann deutlicher zeigen, dass sie nicht den complicirten Bau der Zahne von Trematosaurus und den übrigen Labyrinlhodonlen der Trias-Periode besitzen, sondern die einfachere Structur der Enaiiosaurierzähne. §.3. Der Oberkiefer Qo^s maxiUare superius, b.J ist dem von Trematosaurus ähnUch und erstreckt sich als eine dünne schmale Knochenleiste, die auf ihrer unteren Kante die Zähne trägt, vom Zwischenkiefer bis zum Ende der Mundspalte. Er bildet auf diese Weise den Seitenrand des Schädels, und breitet sich nur vorn, neben dem Nasenbeine, etwas über die Oberfläche aus. Diese Gegend des Oberkiefers Hess sich an der isolirten Schnautze von der inneren Fläche recht gut verfolgen. Man erkennt sehr deutlich, dass die Naht, in wel- cher der Oberkiefer an das Nasenbein stösst, eine Schuppennaht ist, deren obere Lamelle anfangs vom Oberkiefer, ihre untere vom Nasenbein gebildet wird. Bald aber wechseln beide Ränder ihre Rollen, der des Oberkiefers schiebt sich unter den des Nasenbeins, und in dei- grösseren Strecke ilires Zusammenhegens ist jener der untere, dieser der obere. Das untere 2* 12 Blatt des Nasenbeins ist sehr bieit und dringt fast bis zum Aussenrande des Oberkiefers vor; hernach wird es schmal und lässt dadurch auf der binenseite dem Oberkiefer mehr Spiel- raum. So geht der Oberkiefer, allmäüg breiter werdend, am Seitenrande der Nasenbeine nach hinten fort und erreicht dicht vor deren Spitze seine grösste Breite; dann schneidet er mit einem Bogen gegen das Thriinenbein ab und zieht sich, indem eine vorspringende Spitze des Jochbeins in seine Fläche eingreift, plötzlich wieder zusammen, bis er den Seitenrand des Kopfes erreicht hat. Neben demselben läuft seine Naht nach hinten, und endet an der Mund- spalte etwas vor der Stelle, wo das Jochbein an den äusseren Paukenknochen stösst. Der Ossificationspunkt des Oberkiefers hegt ziemlich weit vorn in der Gegend seiner grössten Breite, und von da strahlt das Gefüge nach beiden Enden aus. Die innern Strahlen sind sehr kurz, weil das Centrum dicht am Nasenbein liegt, die hinteren und vorderen sehr lang. — Der Zalinbesatz des Oberkiefers stimmt in dem ersten Drittel ganz mit dem des Zwischenkie- fers überein; ebenso grosse Zähne, wie letzterer trägt, sitzen auch am Oberkiefer, aber nur auf der bezeichneten vorderen Strecke, wo der Oberkieferknochen sich nach innen ausdeh- nen konnte. Wie er schmäler wird, werden auch die Zähne kleiner. Das ist aus den Ein- drücken der verloren gegangenen Zähne in Fig. 1. der I. Tafel deutlich zu entnehmen. Eben diese Figur macht auch die grosse Zahl von Zähnen am ganzen Kieferrande klar. Ich habe an der linken Seite, wo sie sich am deutlichsten zeigen, zwar nur 43 Zahneindrücke gezählt, aber die ungleichen Lücken verrathen, dass an vielen Stellen ganze Zähne herausgefallen sind, man also ohne Uebertreibung bis 60 Zähne annehmen dürfe. Die hintersten sind sehr klein und gleichen nur feinen Nadelspitzen, die grössten stehen neben dem Nasengange, der so zwischen Oberkiefer und Nasenbeinen verläuft, dass die sie trennende Naht gerade die Mitte hält in der Decke des Nasenkauales. Wo der Oberkiefer äusserlich mit dem Thränenbein zu- sammentrifft, da liegt inwendig am Gaumen die Choanenöffnung neben ihm. Diese Gegend des Oberkiefers trägt schon kleinere Zähne, aber noch nicht die kleinsten. Wie in der Grösse, so stimmen auch in der äusseren Form und im inneren Bau die Kieferzähne ganz mit den Fangzähnen des Zwischenkiefers überein. Sie sitzen, wie dort, auf einem erhabenen, abwärts vorspringenden Rande des Kiefers, neben welchem in der Tiefe die Naht sich zeigt, worin der Oberkieferknochen an die Gaumenknochen stösst. Sie ist eine einfache gerade Naht, ohne Zähne oder Schuppenform. Die ßezalinung des Oberkiefers zeigt uns einen neuen wesentlichen Unlerscliied zwischen Afc/tegosaurns und Trcinatosaurns, namentlich dnich die beträchtliche Grösse des vordersten Theils der Zahnreihe und deren Ucbereinslimniung mit den Zähnen des Zwischenkiefers. Trv- maiosaurus hat am vordersten Ende des Oberkiefers gerade sehr kleine Zähne. Wegen der stärkeren Bezahnung in dieser Gegend ist der Mundrand von Arcitegoscmrus an derselben Stelle etwa« erweitert und in zwei ähnliche Abschnitte, wie bei den ächten Krokodilen getrennt; ob- gleich kein so scharfer Einschnitt, wie bei den Krokodilen, die Grenze beider ungleichen Zahn- reihen bezeichnet. Jener tiefe Einschnill der Krokodile rührt übrigens von dem Hauplzahn des 13 Unterkiefers her, und da Archegosunrus einen so grossen mittleren Seitenzahn im Unterkiefer nicht hat, so fehlt auch der Einschnitt für denselben im Oberkiefer. Die Analogie mit den Kro- kodilen ist also nur eine ganz allgemeine. §.4. Die Lücke, welche zwischen den vorderen Erweiterungen der Oberkieferkiiochen frei bleibt, füllen die Nasenbeine C^^ssa nasalia, c.) aus, zwei lange schmale Knochen, in de- ren auflallend schneller Entwickelung hauptsächlich die rasche Verlängerung der Schnautze ihren Grund hat. Sie erscheinen darum in der Jugend viel breiter, als im höheren Alter. So beträgt ihre Länge in dem Jdeinsten Individuum 2f Linien, während die Breite vorn dicht hinter den Nasenlöchern sich auf -1 ^ Linie belauft ; dagegen misst bei dem grössten Exemplar jedes Nasenbein 2 Zoll in die Länge, aber nur 4^ Linie in die Breite. Demnach ist das Na- senbein durch Auswachsen etwa 10 mal so lang geworden, als es zuerst war; aber nur drei- mal so breit. Die Form des Knochens ist ganz die von Trematosaurus , wenn man seine grosse Schlankheit berücksichtigt. Mit dem Zwischenkiefer durch die schon beschriebene W-förmige Zackennaht verbunden liegen beide Nasenbeine längs der Mitte in einer geraden Naht aneinander, während sie mit dem Oberkiefer durch die Schuppennaht sich verbinden. Gleich hinter dem Zwischenkiefer begrenzen sie das hintere Ende der Nasenlöcher und gehen um dieselben herum, bis sie an den Oberkiefer stossen. Daselbst sind sie am breitesten; sie verschmälern sich nun etwas nach innen und behalten, nachdem ihr Rand die Kuppe der Na- sengänge erreicht hat, bis gegen das Ende hin ziemlich gleiche Breite. Am Ende selbst spitzt sich jedes Nasenbein mit zwei kurzen Rändern schnell zu; beide zusammen bilden also wie- der eine W-förmige Naht, deren Zacken aber beträchtlich kürzer sind, als die des Zwischen- kiefers. Die Fläche der Nasenbeine ist sanft nach innen geneigt, und von der am Nasen- kanal sich hinziehenden Stirnfurche schief durchzogen. Da wo innen die Choanen liegen, tritt i>pa>iiciitii. Er schrieb mir in Bezug auf meine Deutung, dass er die bei Tremalosan- n(s äusserer Paukenknochen (/) genannte Platte für das ep'tiynqiwilcum und mein quadruto- jiKjale (m) für sein /iijpoti/mpankum ansehen möchte. In Uebereinstimmung damit deutete er ferner mein squamosiitn (h) als masloidcuin und mein nnistoideiim (o) als occipifnle laicrale. Ich habe gegen diese Annahme besonders die Analogie des Krokodils, auf welche ich mich schon früher (a. a. 0. S. 19., 21 und 23. d. Note) bezog, hervorzuheben, und finde die Owen'sche Deutung bei seiner grossen Neigung, die Labyrinthodonten ganz den nackten Amphibien beizuge- sellen sehr natürlich. Sind sie wirklich nackte Amphibien, was ich bezweifeln muss, so ist es allerdings vorzuziehen, die Knochen o.o. meiner Figur für occipilaltu lateruUa anzusehen; al- lein wie reimt sich mit dieser Verwandtschaft die Anwesenheit besonderer octipUalla siiperkra (r. r.) und vollständig entwickelter z.ipjomaika {h. h.) nebst allem Zubehör. Auch kann ich nach der Bildung, wie ich sie bei Tremutosuurns deutlich erkannt habe, nicht annehmen, dass mein quadralo-jiigalc das Gelenk für den Unterkiefer trage, was der Fall sein müsste, wenn es als hypoiijmpankum zu deuten wäre; ich sehe nur, wie sich die Knochenplalte l. auf einen darun- ter liegenden soliden prismalisch-stempelförmigen Knochen auflegt, an dem die Gelenkfläche sich 22 befindet. Darum halte ich eben diesen Knochen für einen selLsländigen und nenne ihn iijitipa- nicuni inierniini, zum Unterschiede von dem frei darauf liegenden zweiten peripherischen Kno- chen, welcher wenigstens die vordere Hälfte vom Eingange ins Ohr umfasst, und schon deshalb Theil des iyinpaiiicmn sein muss; denn wahrscheinlich an ihn und an mein nuisloidi-um setzte sich das Trommelfell. Aus den angegebenen Gründen muss ich meine Deutung noch festhalten. §. 8. Zwischen den zuvor betrachteten Knochen liegt mitten auf der Fläche des Hinterkopfes das Scheitelbein Qus parietale, h.), ganz von der Form des Scheitelbeines von Trema- tusaurus. Paarig, wie dieses, stossen seine beiden etwas ungleichen Hälften in einer gera- den mittleren Längsnaht aneinander und lassen in der Mitte dieser Naht eine beträchtliche Lücke, das kreisrunde Scheitelloch, frei. Vor demselben gegen die Schnautze hin sind beide Scheitelbeme beträchtlich verschmälert, fast zugespitzt und seitwärts ausgebuchtet, um dem gebogenen Hinterstirnbein Raum zu geben; die hintere Hälfte ist viel breiter, in der Haupt- richtung mit der Mittelnaht parallelseitig, aber ebenfalls etwas nach innen ausgebuchtet. Diese hintere Hälfte stösst seitlich an das Schuppenschläfenbein, hinterwärts an das obere Hinter- hauptsbein, mit welchem es in einer gleichfalls nach innen gebogenen Naht zusammentrifft. Das Scheitelbein ist ganz eben, kaum gegen die Mitte zu etwas gesenkt und grubig strahlig sculpirt, wie alle andere Schädelknochen. Sein Ossificationspunkt liegt in der hinteren Hälfte gleich neben dem Scheitelloch; an eben dieser Stelle greifen die fast geraden Ränder der Mittelnaht mit zwei starken Zacken ineinander. Die Grossenzunahme ist minder beträchtlich, als die der Nasen- oder Stirnbeine; seine Länge beträgt am kleinsten Indi\iduum 2^ Linie, am grössten 14f. Gewöhnlich hat das rechte Scheitelbein eine grössere Breite und Länge, als das linke; besonders im vorderen Theil. Hier greift das rechte dem linken vor, und legt sich in den Winkel zwischen beide Stirnbeine hinein, während das linke nur an die Aussen- seite des linken breiteren Stirnbeins stösst. Dass Goldfuss in seiner Darstellung das Scheitelbein mit dem Hinlerstirnbein unrichtig in einen Knochen zusammengezogen iiat, wurde schon erwähnt. Da nach meiner Schilderung die Uebereinstimmung mit dem Scheitelbein von Treiiialosaunis vollständig ist, so gilt alles, was von diesem früher (a. a. 0. S. 22.) in verwandlschafilicher Beziehung «jesafft ist, auch vom Scheitelbein des Arc/ieyosauriis. §.9. Vom Hinter hau ptgerüst, dem os occipitis, ist bei Archegosatirtis nur das obere Knochenpaar Qossa occipitalia superiora, r.) erhalten. Es besteht aus zwei etwas unglei- chen, quadratischen Knochenplatten, welche die Mitte der Gegend vor dem hinteren Kopfrande einnehmen und flach geneigt nach beiden Seiten sanft, emporsteigen, um sicii an das mehr erhabene Zitzenbein anzuschüessen. Mit demselben grenzen s\€ in der hinteren Hälfte ihres 23 äusseren Randes zusammen, die vordere Hälfte stösst an das Schuppenscliläfenbein, der eigent- liche vordere Rand an das Scheitelbein. In der Miftelnaht stossen beide Knochen aneinander, mit dem hinteren freien Rande nehmen sie Theil am Kopfrande. Gewöhnlich ist das rechte obere Hinterhauptsbein etwas grösser, als das linke; zumal auch in der Äliltellinie, über welche es gebogen hinausgeht und in das linke eingreift. Der Ossificationspunkt liegt bei beiden genau im Centrum der Platte. Die grosse Uebereinslimmung von Arclicgosaur\is und Trcmntosaurus lässt micii nicht zweifeln, ilass auch die übrigen Theile des Hinterhauptes bei beiden gleiche Form besassen. Ich liabe deshalb keinen Ausland genommen, in der Figur des reslaurirlen Schädels auf Taf. IV. die fehlenden Theile des Hinlerhauplbeins nach Angabe von Trrnialosanrns zu verzeichnen. Be- schreiben kann ich sie freilich nicht, denn dazu fehlt mir alle positive Grundlage; an siimmtlichen Schädeln werden die basalen Theile des Hinlerhauptes vermisst. Ich glaube aus diesem Mangel schliessen zu dürfen, dass die conirobasalen Schädelknochen viel weicher waren, als die periphe- rischen, und darum bei der Pelrificatiün verloren gingen. Wir wissen aus der Schilderung von Trcmaiosaiirits, dass bei dieser Gattung die conirobasalen Schädelknochen ein ungetheiltes Ganze bilden (a. a. 0. S. 10. u. 31. die Noten 2.), und schlössen schon damals, dass ihre Ossification langsamer erfolgte. Hier, bei Arc/iegosaurits, beweist ihr völliger Mangel an allen E.vemplaren, dass sie in dem Alter, in welchem die uns vorliegenden Schädel sich befinden, noch gar nicht verknöcherl waren, lässl uns aber darüber im Ungewissen, ob sie überhaupt nicht verknöcherten. Ist nämlich jener grosse und sonst ziemlich wohl erhaltene Schädel, den schon Goldfuss ab- bildete, der Schädel eines ausgewachsenen Thieres, so darf man freilich schliessen, dass die con- irobasalen Schädellheile nie sehr solide wurden, sondern knorpelig blieben; ist er dagegen nur der Schädel eines jugendlichen Thieres, wie ich anzunehmen nicht abgeneigt bin, so könnten die conirobasalen Schädellheile eben seiner Jugend wegen noch weich gewesen sein und später wirk- lich ebenso gut, wie bei Trcitiutosaiiriis, ossificiren. Wie dem aber auch sein mag, ein unge- theiltes Ganze bildeten sie in beiden Fällen, denn überall fehlt an unseren Schädeln nicht bloss das Hinterhauplsgrundbein, oder das Keilbein allein, sondern stets fehlen sie zusammen. Daraus folgere ich ihre natürliche Integrität, ihren ungelheilten Zustand. §. 10. Nach den Angaben des vorigen Paragraphen werden meine Leser es natiirUch finden, wenn ich über das Basalge rüsl des Schädels, welches vom Keilbein C^s sphenoideum) liebildet wird, nichts weiter erwähne, als dass es wahrscheinlicher Weise ganz die Form und Bildung des Keilbeins von Trematosaurus gehabt habe. Dafür spricht nicht bloss die allge- meine Uebereinsfimmung beider Thiere, sondern auch der einzige Rest, welcher vom KeiUjeiu des Archegosaurus auf uns gekommen ist. An dem grossen Schädel sind nämlich die Gau- menflügel des Keilbeines noch vorhanden und völlig so gestaltet, wie dieselben Theile bei Trematosaurus. Goldfuss hat in seinen Beiträgen Taf. I. Fig. 3. eine getreue Abbil- dung davon gegeben, welche mich einer Wiederholung überhebt; freilich aber sie irrig als Seitenhinlerhauptsbeine (occipitalia lateralia, a. a. 0. OIJ gedeutet. Man erkennt in 24 dieser Abhildung, wenn man sie mit der Figur von Trematosaurus auf der zweiten Tafel meiner Schrift vergleieht, die grosse Ueljereinstimmung der Gaumenflügel beider Gattungen und ersieht zugleich, dass der linke Gaumenflügel von Archegosaurus noch in seiner norma- len Lage sich befindet, der rechte aber aus derselben heraus und gegen die Schädelmitte hin geschoben ist. Die Enden der Flüeel sind, wie es scheint, unversehrt, und darnach würden die Gaumenflügel von Archegosaurus etwas spitzer gewesen sein; ihre Basis ist zerstört, wie deutlich erkennbare Bruchränder beweisen. Die Brüche rühren von dem herausgerissenen Körper des Keilbeins mit dem processus cuUriformis her. Dass auch diese Theile denen von Trematosaurus ganz ähnlich waren, wird Niemand bezweifeln wollen. §. M. Es ist endlich noch des Gaumengerüsles zu gedenken. Dasselbe besteht, wie meine Darstellung von Trematosaurus nachgewiesen hat, bei den Labyrinthodonten ans zwei Knochenpaaren: den Gaumenbeinen und den Pflugscharbeinen; eben diese werden also auch bei Archegosaurus anzunehmen sein, wenn es nicht gelingen sollte, sie empirisch nach- zuweisen. In der That sind diese Knochen an keinem Schädel erhalten; nicht einmal Spuren derselben lassen sich auffinden; obgleich es zu vermuthen steht, dass sie, als Glieder des peripherischen Belegknochengerüstes, gleichzeitig mit den äusseren Belegknochen ossillcirten. also den Schädeldeckplatten an Festigkeit gleichkamen. Diese Vermuthung erhält eine gewisse Bestätigung durch die Untersuchung der isolirten Schnautze, welche ich Taf I. Fig. 2. u. 3. ab- gebildet habe. Der darin steckende Steinkern (Fig. 3.) trägt auf seiner gegen die Schädel- decke frei vorragenden Fläche Reste von dünnen plattenförmigen Knochen, welche nicht die eigentlichen Schädeldeckknochen sind, theils weil letztere sich wohl erhalten an der 01)er- decke (Fig. 2.) selbst befinden; theils aber auch, weil jene Platten beträchtlich tiefer liegen. Es müssen die Knochenplatten also Theile der Gaumenfläche, d. h. Reste der Pflugscharbeine und Gaumenbeine selbst sein. Diese Annahme erhält durch eine genauere Untersuchung ihre völlige Bestätigung, denn bald gewahrt man die grossen Gaumenzähne, welche unter den Küochenplatten in der Gesteinsmasse stecken und am Gaumenknochengerüst sassen. Ich habe an der rechten Seite drei, an der linken nur die zwei hinteren Zähne waiirgenommen und in meiner Fig. 3. angegeben. Ausserdem sieht man die deutliche Spur einer mittleren Längs- naht zwischen den Küochenplatten, und an den Seiten nach hinten zu das durch die hier offen auseinander weichenden Knochen emporgequollene IVIuttergestein. Diese Verhältnisse würden an sich wenig verständlich werden und keine genügenden Anknüpfungspunkte zur Restauration der Gaumenfläche gewähren; nimmt man aber Rücksicht auf die Bildung bei Tre- matosaurus. so wird Alles bald klar und leicht begreiflich. Man sieht nun ein, dass die isechs (einer fehlt freilich) von vorn nach hinten grösseren, paarig gleichen Gaumenzähne den ebenso gestalteten, nur dichlei- an einander gerückten Gaumenzähnen \on Trematosaurus entsprechen, die vier vorderen also an den Pflugscharbeinen, die zwei hintersten vorn an den 25 — Gaumenbeinen sitzen müssen. Zwischen diesen hintersten und den midieren Zähnen liesse sich an jeder Seite des Gaumens die Choanenöffnung vermuthen, und wirklich findet sich dasell:)st, besonders an der linken Seite des Handstücks, eine vorgequollene Masse des Mut- tergesteins von länglich elliptischer Form, welche dem Umfange der Choanenöfthung entspricht, weil sie durch diesebe in den hohlen Schädel hineingetreten ist. Auf dieselbe Art erkennt man vermittelst des unter der Form dreier spitzen Lappen höher vortretenden Gesteins am Ende des Steinkernes, dass auch hier Lucken waren, durch welche das Gestein in seinem ursprünglichen weichen Zustande einen Weg in die hohlen Räume des Schädels finden konnte, imd bleibt, wenn man den Steinkern mit dem Bau der Gaumenfläche von Trematosaurus vergleicht, nicht lange in Zweifel, dass die beiden seitlichen Aljtheilungen des eingedrungenen Gesteins durch die grossen nach vorn zugespitzten Gauraenlöcher hineindrangen, während der mittlere, weiter nach vorn hervorragende Lappen ein Abdruck von dem spitzen Ende der Gehirnhöhle sein muss, die bis hierher zwischen die Nasengänge reichte und mittelst der aufsteigenden Wände der Pflugscharbeine von der Nasenhöhle abgesondert wurde. Auf die- sen mittleren Lappen des Steinkerns legte sich die obere knöcherne Schädeldecke, und das beweist ein Theil des inneren Knochenblattes, der daran sitzen geblieben ist. Die Schädel- decke war an dieser Stelle, längs der Mittellinie, dicker, als an den Seiten; das sieht man theils daraus, dass sich ihre beiden Blätter in der Diploe von einander trennten, theils aber auch an der starken Vertiefung, welche sich an dieser Stelle auf der Mitte des eingedrunge- nen Gesteins bemerklich macht. Hat man das Alles durch genaue Beobachtung und Verglei- chung mit dem Bau von Trematosaurus erkannt, so wird es endlich nicht gar schwer, an den Resten der Gaumenbeine, welche auf den eingedrungenen Thon fest angeklebt sitzen, die freien Ränder der beiden grossen Gaumenlöcher wahrzunehmen; was Anfangs nur Vermuthung war, wird Thatsache: Archegüsaurus hat ganz, wie Trematosaurus , zwei grosse, lange, vorwärts mehr zugespitzte Löcher am Gaumen, die seitwärts von den Gaumenbeinen umfassl und in der Mitte durch den processus cultriformis des Keili^eins von einander getrennt wer- den. Indessen dieser processus seilest war nirgends zu entdecken. Nachdem sicii die Uebereinslimmung von Jlrchegosaurns und Trcnialosaiirus so weil, wie CS geschehen ist, auch im Bau des Gaumengerüsles hat führen lassen, bliebe noch die wei- tere Bezahnung dieses Gerüstes festzustellen Es hat mir nicht gelingen wollen, ausser den er- wähnten 5 grosseren Gaumenziihnen irgendwelche Zahnspuren zu entdecken, allein ich zweiOe darum doch nicht, dass sie in ähnlicher Anordnung wie bei Ti-fincdosunras, wenn auch in mehr • sperriger Stellung, bei Archeyosaitrus vorhanden waren. Dass indessen auch die kleinen Gau- menzähne neben dem inneren Rande der Choanen bei Archegosanrus vorkommen, will ich damit niciit behaupten ; eine Spur derselben finde ich an der gerade hier seiir gut erhaltenen Stelle des Pflugscharknochens nicht, darf sie aber auch kaum erwarten, weil diese kleinen Zähn- chen, wenn sie da sind, an der entgegengesetzten Seite des Knochens, die nicht frei liegt, sitzen. Lassen wir also diese Nebenfrage unentschieden, so können wir im Uebrigen uns von dem Gau- mengerüst des Archeijosaurus eine vollkommene Vorstellung machen; es hatte ganz die Gestalt — 26 desselben Gerüsles der Gattung Trcwidosaiirns und unterschied sich von ihm nur durch eine mit der ganzen Kopfform harmonische, grössere Sclilankheit, welche besonders auch an der mehr sperrigen Stellung der Gaumenzähne sicii zu erkennen giebt. §• 12. Wir kommen zum Unterkiefer, als dem letzten Knochen des Kopfgerüstes, welcher zu schildern wäre. Auch dieser im Ganzen so solide Theil ist an keinem Schädel vollständig erhalten, doch besitzen ihn die meisten kleineren Exemplare (Taf. II. Fig. 1 . 2. 6.), wenn auch in einer sehr verdrückten Stellung. Ihre vergleichende Untersuchung ergiebt bald, dass seine äusseren Um- risse völlig mit denen des Unterkiefers von Tretnatosaurus übereinstimmen. Der Unterkiefer ist also grösstentheils gerade gestreckt, vorn sehr niedrig, ward nach hinten alhnälig etwas höher und erhebt sich in der Gegend der Backe zu einem scharfen, gebogen begrenzten Kamm, der gegen die Gelenkfläche wieder schnell herabsinki. Da wo oben die Gelenkfläche liegt, biegt sich der bis dahin gerade untere Rand des Unterkiefers aufwärts, und bildet einen nach hin- ten und oben gerichteten kräftigen Fortsatz, welcher auf der oberen Kante hinter der Gelenk- fläche beginnt und schief abgestutzt endet. Dieser Fortsatz, ganz dem bei Trematosaurns ähnlich, ist indessen etwas länger, offenbar weil auch der ganze Unterkiefer eine relativ grös- sere Länge besitzt. Die äussere Fläche der beiden Schenkel des Unterkiefers ist gewölbt, besonders stark am hinteren Ende, in der Gegend des Kammes, doch unter ihm, da wo der Unterliiefer seine grösste Breite zeigt. Auf dieser Wölbung bemerkt man deutlich die furchig strahlige Sculptur der freien Kopffläche. So weit ist aUes wie bei Trematosaurus, nur die Spitze scheint anders beschaffen gewesen zu sein. Man sieht ihren Abdruck sehr deutlich in der unteren Hälfte der grossen Schnautze Taf. I. Fig. 3. Die daselbst tief eingedrückte para- bolische Mulde, welche den Steinkern rings umgiebt, ist nämhch der Abdruck des Unterkie- fers. Aus ihr geht hervor, dass die Unterkieferhälften in der Symphyse innig verbunden wa- ren, denn keine Spur einer mittleren Längsnaht ist zu bemerken. Es folgt ferner, dass die Symphysengegend eine sehr beträchtliche Breite hatte und schon deshalb die Unterkieferhäif- ten fester aneinander sassen, als bei Trematosaurus. Weiter erkennen wir an dem Abdruck der Unterkieferspitze die, wenn auch schwache, doch deuthche strahUch-furchige Sculptur der freien Kopfknochen, und ersehen aus den Punkten, von denen sie ausgeht, nämlich den äusse- ren Seitenecken, dass hier die Ossificationspunkte der zahntragenden Stücke des Unterkiefers sich befanden. Hiernach hätte der Unterkiefer von Archegosaurus , bei einer allgemeinen Aehnliclikeit der Form mit dem von Trematosaurus, eine kräftigere Endspitze mit einer brei- teren Verbindungsnaht besessen; Eigenschaften, die gewöhnlich bei lang- und spitzköpfigen Amphibien aufzutreten pflegen, also mit dem Gesammtbau von Archegosaurus in passender Harmonie stehn. Die Bezahnung des Unterkiefers lässt sich sowohl an der besprochenen isolirten Schnautze, als auch an den kleinern Exemplaren gut verfolgen. Sie stimmt ganz mit der des Oberkie- 27 — fers, d. h. die Symphysen- und die vorderen Seitenzähne sind von gieichei- Grösse und ent- sprechen denen des Oberiiiefers genau; hernach, von der Choanengegend an, werden sie kleiner und zuletzt ganz feine schwache Stiftchen, die den meisten Exemplaren zum grösseren Theile fehlen. Die beiden gi'ossen inneren Fangzähne, welche am Unterkiefer von Tremato- saurus sitzen, scheinen bei Archegosaurus zu fehlen; nirgends habe ich eine Spur dersel- l)en gefunden und was mich noch mehr in meiner Meinung bestärkt, auch im Oberkiefer keine Vertiefung zu ihrer Aufnahme bemerkt. Jene schiefe Mulde hinter dem Zahnrande des Zwi- schenkiefers, ist viel zu flach und viel zu sehr in die Länge gezogen, als dass sie zur Auf- nahme eines grossen Fangzahnes hätte dienen können; sie nahm vielmehr die ganze Reihe der Unterkiefer -Randzähne in sich auf und hatte eben deshalb die langgezogene Form. Zu- gleich lässt sich aus ihrer grösseren Tiefe nach aussen zu folgern, dass die auf der Ecke des Unterkieferrandes sitzenden Zähne die grössten waren, und sowohl gegen die Mitte hin, als auch nach hinten, um sie herum etwas niedrigen Zähne standen, hn Ganzen aber waren diese Zähne nicht viel grösser, als die entsprechenden des Zwischenkiefers; das beweist der kleine Knochenrest mit dreien Zahnwurzeln, welche sich an der Spitze des Unterkiefers der grossen Schnautze (Taf I. Fig. 3.) erhalten hat. Vergleicht man sie mit den Wurzelflecken am Oberkiefer, so erkennt man die völlige gleiche Grösse. Auch der auf Taf. II. abgebildete Kopf fies Archegosaurus latifrons beweist dasselbe. Man sieht in Fig. 3. die Zahnreihe des Oberkiefers als Höhlungen im Gestein unter dem Schädel, und gleich dahinter die beiden mul- denförmigen Gruben an der Innenseite des Zwischenkiefers im Abdruck als Erhabenheiten des Gesteins, welche zur Aufnahme der Zähne des Unterkiefers bestimmt sind. Auch die Zähnezah- len beider Arten stimmen überein, wenn man die Wurzelhöhlen mitrechnet. Heber die Zusammensetzung des Unterkiefers aus seinen verschiedenen Knochenslücken habe ich nichts ermilteln können, es wird aber auch darin die grüssle Uebereinstimmung mit Trcmalosuiinis vermuthet werden dürfen. So weit auf dorn oberen Rande Zähne sitzen, reicht das Zahnstück {os doifalc), welches zugleich die ganze Aussenfläche des Unterkiefers bis über die Milte hinaus und den unteren Rand bildet. An der Innenseite schiebt sich zwischen seine klaffenden Ränder das Deckelstück [os o/icrcularc). Hinter dem Zahnslück folgt auf dem obe- ren Rande das kammarlig erhöhte Ivronen- oder obere Eckslück (os supraangulare), dem an der Aussenfläche das radial sculpirle Haupt-Eckstück (os anyulare) anliegt und von da bis zum unleren Rande reicht Den nach hinten vorragenden Fortsatz bildet in der unteren und äusseren Partie wahrscheinlich eben dieser Knochen, das Haupt-Eckslück; die obere und in- nere Fläche wird mit sammt der Gelenkgegend vom Gelenkstück [os ariiculare) eingenom- men. Ob neben diesen fünf Knochen noch ein inneres oder unteres Eckstück (os suban- tjulare s. coinplemeitlairc) vorhanden war, muss dahin gestellt bleiben; wahrscheinlich ist es, dass es an der Innenseite des Unterkiefers den Eingang in den canfitis alvcolaris bedeckte, und hier hinter dem Deckelslück lag. 28 §. 13. Ich gehe schhesslich auf den inneren Bau der Zähne \veiter ein , nachdem ich ihre Form und Grösse bei den verschiedenen zahntragenden Knochen besprochen habe. Jeder Zahn ist ein schlanker, mit der Spitze et^\as zuriickgebogener Kegel (Taf. IV. Fig. 3.), dessen vordere Seite etwas steiler .steht, als die hmtere, während die Basis selbst sich flacher nach allen Seiten hin ausbreitet und innig mit der Knochenfläche, auf welcher der Zahn rulit, ver- wachsen erscheint. Die Spitze des Kegels ist ganz glatt, aber etwas unter selben treten feine vertiefte Streifen auf, welche in gleichem Abstände von einander rings auf der Kegelzone in derselben Höhe anfangen. Ich glaube zuerst etwa 8 an jedem grösseren Kieferzahn wahrge- nommen zu haben. Diese Furchen laufen, allmälig etwas tiefer werdend, zur Basis des Zahns divergirend hinab und enden erst an ihrem Rande. So wie die Divergenz der Furchen das Doppelte ihrer anfänglichen Entfernung erreicht hat, treten neue Furchen an der Kegelzone zwischen den alten auf und laufen, wie diese, divergirend zur Basis hinab. Die Divergenz zwischen diesen neuen Furchen und den älteren nimmt in gleicher Weise zu, und giebt, wenn sie sich verdoppelt hat, wieder neuen Furchen Raum. Damit scheint die Furchenmenge der grösseren Ivieferzähne erschöpft zu sein, allein an den sehr grossen Gaumenzähnen ver- mehrt sie sich nochmals um eine Schicht, so dass diese Zähne durchschnittlich 32 Furchen, die grösseren Kieferzähne nur i'i, die kleinen vielleicht nur IG oder 8 besitzen. Das ist die äussere Form der Zähne; im Innern zeigen sie einen der äusseren Streifung analog lameüir- len Bau. Jeder Zahn hat eine centrale, von der Basis bis fast zur Spitze hinaufreichende Höhle, welche in dem oberen Theile des Kegels die Hälfte seines Durchmessers (Fig. G.), hi dem unteren nur den vierten Theil (Fig. 5.) einnimmt. Von cHeser einfachen Miltelhöhle strah- len offene Lamellen radial in die Zahnsul)stanz hinein, und diese Lamellen entsprechen nicht den Furchen der Oberfläche, sondern ihren Zwischenräumen (Fig. 5.). Dadurch wird ticr Zahn- kegel in ebenso viele radiale, an der Peripherie durch Umschlag mit einander verbundene Blätter getheilt, oder mit anderen Worten: der eigentlich nur aus sehr dünner Zahnsubslanz gebildete Mantel des Zahnkegels ist in so viele dicht aneinander gelugte Falten gelegt, als wie viele Furchen er auf seiner äusseren Oberfläche zeigt, im Innern selbst aber bis zur Spitze hohl. Es ist, als wenn man dem einer weiten ofTenen Papiertute ähnlichen Zahn da- durch hätte mehr Festigkeit geben wollen, dass man seine ^^'and zu radialen Lamellen ein- faltete; denn offenbar wird, indem man die dünne Wand in Falten legt, sie von innen her mit eben so Aielen Stützen versehen, ihre Dauerhaftigkeit, ihre Trag- oder Widerstandskraft also um ein Bedeutendes vermehrt. Den feinen Furchen der Oberfläche entsprechen im In- nern diese Zahnblätter, denn jene Furchen sind nichts anderes, als tlie Mündungen dvv innig aneinander gefügten Falten, in welche die Zahnwand gelegt ist. Die radialen offenen Lamel- len der Zahnhöhle strahlen zwischen diese Falten hinein und trennen die Fallen von einan- der; sie bezeichnen den durcli das Eindringen der Zahnwandfallen in die Zahnhöhle \ erengten 29 peripherischen Theil der Zahnhöhle, we es die Umstände der Zahnbildiing mit sich bringen. Ein Bhclv in den halb offenen, halb abgebrochenen Zaim (Fig. 3.) macht Alles klar und weist, durch Beachtung einiger Nebenunistande, noch auf Manches hin, was über den Bau und die Erhaltung des Zahnes weitere Aufschlüsse geben kann. Man erkennt zuvörderst im jNüttelpunkt der Basis, unter der offenen Zahnhöhle, ein Loch in der Knochensubstanz, welches an ande- ren Zähnen auch aus mehreren kleineren Löchern neben einander bestehen kann und ins hinere des Knochens unter dem Zahn führt. Ebensolche Löcher, theüs einzelne grössere lang- gezogene, theils kleinere runde aneinander gereiliete, bemerkt man auch zwischen den Zahn- i)lättern in der Tiefe der offenen Radien dei- Zahnhöhle; sie alle führen in die Knochensub- stanz und durchbohren die Basis, über \^ elcher der Zahn aufgeführt ist, siebartig nach allen den Richtungen, in welchen zwischen der Zahnsubstanz Lücken frei geblieben sind. Ja noch mehr, die Löcher hi der Basis ziehen sich furchenartig an den Zalinblällern empor, und geben den Seitenflächen derselben ein flach gestreiftes Ansehen. Die Betrachtung der beiden mit freier Oberfläche uns entgegentretenden Blätter in Fig. 5. zeigt das deutlich. Alle diese Oeff- nungen dienten im Leben zum Dnrchgange von Blutgefässen und Nerven, welche von der Knochensulistanz aus in den Zahn eindrangen, um die in der Zahnhöhle steckende Matrix mit ihrem Material zu ^ ersetzen. Durch die Oeffnungen drangen sie in die Zahnmatrix ein, und wie diese in die eingefaltete Zahnwand ausstrahlte, so auch die mit ihr emporsteigenden Ge- lasse oder Nerven. Angedrückt an die "NA'ände der Zahnblätter überkleidete sie die Mastrix als eine lebendige und belebende Hülle, deren Gefässe sich auf die Wand selbst aJjdrückfen und sciiwache Furchen in ihr bewirkten. Das Alles lehrt die genaue Beobachtung der petrificir- ten Zähne. Sie giebt aber auch Aufschlüsse über die Vertiefungen zwischen den noch vor- handenen Zähnen, deren früher beim Zwischenkiefer gedacht wurde. Die Abbildung einer solchen Vertiefung im vergrösserten Maassstabe (Fig. i.) zeigt, dass sie völlig mit der Zahnba- sis, nach Abhub des ganzen Zahnes, übereinstimmt; im Mittelpunkt der Grube ist eine centrale Oetfnung, von welcher Radien zur Peripherie strahlen, die als langgezogene Spalten erschei- nen, hinter denen am Umfange selbst kleinere Löcher auftreten. Es ist deutlich, dass auch diese Löcher den Blutgefässen und Nerven der Matrix eines früher vorhandenen Zahnes zum Durchgange dienten, und später, als der alte Zaiin abgestossen war, dem im Zahnsack über der Vertiefung sich bildenden neuen Zahne zu Gute kamen. — Noch weitere Einzelnheiten der Zahnbildung ergeben sich bei einer ^ ergleichenden Beobachtung der Zahnblätter. In der Regel ist jedes Blatt eine einfache, von unten nach oben schmälere Falte; bisweilen aber hat sie, wenigstens an der einen Seite, Nebenfalten. Bei dem in Fig. ö. abgebildeten Zahne findet sich an zwei Stellen der rechten Seite dieser Fall; die letzte Falte ist gabelig getheilt, und die drittletzte hat einen kleineren Nebenast. Auch an einigen anderen Zähnen hai^e ich das- selbe bemerkt, aber häufig sind dergleichen Vorkommnisse nicht; sie gehören zu den Ausnah- men, bilden aber keinesweges die Regel. Es scheint mir indessen von Wichtigkeit zu sein, dass solche Nebenfalten überhaupt vorkommen, denn dadurch tritt der Zahnbau von Arche- 30 gosaurus dem Zahnbau der typischen Labyrinthodonten etwas näher. Das Charakteristische des Zaiintvpus der letzteren besteht nämhch in dem wellenförmigen Hinundhergebogensein dei- Substanzfalten, ^^ ie das aus meiner Schilderung und Abbildung des Zahnes von Trematosau- rus (a. a. 0 S. 44-. Taf. IV. Fig. 6.) deutlich hervorgeht. Zu diesen Wellenbiegungen giebt eine Nebenfalte, wenn auch nicht das directe, so doch das indirecte Analogon; denn beide iiaben denselben Zweck: die Zahnwand durch Verstärkung des Zahnblattes entweder mittelst eines Nebenastes, oder mittelst der wellenförmigen Aufwickelung in ihrer Tragkraft und Halt- barkeit zu verstärken. Auf jeden Fall aber ist es höchst wichtig und für die Feststellung des Labyrinthodontentypus überhaupt von grosser Bedeutung, bei einer Gattung, welche sonst alle äusseren Charaktere dei' Labyrinthodonten besitzt, auf einen Zahnbau zu stossen, der nur im Prinzip, nicht aber in seiner Anwendung unter einer bestimmten Form, mit den übrigen Gat- tungen übereinstimmt. Die Gattung liefert zugleich den bündigsten Bew'eis, dass nicht die concrete Form der Zahnstructur, wonach man die Labyrinthodonten benannt hat, ihren eigentlichen Familiencharakler hergiebt. sondern dass derselbe in anderen, allgemeiner ge- haltenen Bildungsverhältnissen liegt. Denn Archegosaurus wird immerhin bei den Laby- rinthodonten bleiben müssen und keinei' anderen Amphibiengruppe sich richtiger anreihen las- sen, als eben dieser. Nichtsdestoweniger fehlt ihm die labyrinthisch-gewundene Zahnsubstanz der übrigen Gattungen. Erwägt man übrigens, dass der ganze unterschied darauf hinausläuft, dass che Zahnblätter bei Archegosaurus geradlinigt gestreckt, bei den anderen Gattun- gen aber wellenförmig nach ihrer Hauptrichtung gebogen sind, so wird man den Unterschied von geringerer Bedeutung finden, als wenn man geradezu den Satz ausspricht, Archegosaurus habe nicht die labyrinthische Zahnstructur der anderen Gattungen. Richtig bleiiit diese Behauptung freilich immer, allein es ist ebenso gewiss, dass das labyrinthische Gewundensein der Zahnblätter nicht den entscheidenden Hauptcharakter der Labyrinthodonten bildet, sondern nur eine Eigenschaft angiebt, welche erst später, auf den höheren Entwicke- lungsstufen des Labyrinthodontentypus, sich als Zugalie zum Familientypus einstellt. §■ n- Obgleich der Augenring keinen Theil hat am eigentlichen Schädelgerüst, so kann er doch, als zum Schädel gehörig, nur an dieser Stelle passend besprochen werden. Dass ein solches Gebilde im Augajjfel des Archegosaurus vorhanden gewesen ist, halte schon Gold- fuss wahrgenommen, indess nichts weiter von ihm erwähnt (a. a. 0. S. 7.), als seine Zusam- mensetzung aus einzehien Platten. In der That hält es schwer, zuverlässige Angaben über den Augenring zu machen, weil man ihn nur im zertrümmerten Zustande und gewöhnlich nur bei kleinen, an sich schon wenig deutlichen Exemplaren antrilTt. So\iel indess steht fest, dass er einen völlig kreisrunden flachen, am äusseren Rande etwas einwärts gebogenen Ring bil- dete, dessen Grösse dem Querdurchmesser der Augenhöhlenöffnung gleichkam: denn das sieht man sehr deutlich aus der Krümmung, in welcher die noch zum Theil verbundenen Platten — 31 neben einander liegen. Jede einzelne Platte ist ausserdem nach innen gegen das Centium des Ringes verschmälert, an beiden Seiten geradlinigt begrenzt, und fin' sich ein >venig ge- wölbt. Ob alle gleichgross waren, und wie hoch sich ihre Zahl beliel', ist noch zweifelhaft: darf man indess die zusammenhängenden Reihen in ihrer Krümmung als Norm annelmien, so ergeben sich etwa IG Platten im Ringe. So scheint es wenigstens nach dem Original von Fig. 1 . Taf II., welches 4 Platten im linken Auge hat, die gerade einen Viertelskreis beschrei- ben. .\llein nach dem Original von Fig. 6. ebenda scheinen einige Platten etwas schmäler gewesen zu sein, als die übrigen, und dann hätte man mehr als IG Platten anzunehmen. Ich glaube darum dem Augenringe 18 Platten zuschreiben und die schmäleren in ilen äusseren Theil des Umfanges setzen zu müssen, weil sie am Original zu Fig. 6. Taf II. in dieser Gegend der Augenötfnung liegen. Die Platten des Augenringes scheinen übrigens, wenigstens bei den jungen Thieren, von denen wir sie allein bis jetzt kennen, sehr dünn gewesen zu sein und vielleicht nur eine knorpelige Consistenz gehabt zu haben. Sculpturen bemerkt man niclit auf ihrer Oberfläche, sie ist völlig eben. Bekanntlich haben in der gegenwärtigen Schöpfung alle Vögel einen knöchernen, aus Platten zusammengesetzten Augenring. Ausserdem findet sich ein ähnliches, aber weniger regel- mässiges Gebilde bei den Schildkrölen und den typischen Sauriern, besonders den Baum-Aga- men. Am ausgebildelslen ist der Augenring von Ic/ithijosauriis; er stimmt mit dem von Ar- rfieyosaurns sowohl in der Gcsammlform, als auch in seinem Verhäilniss zur Augenhöhle ziem- lich überein, hat aber Platten mit ungleicher, stark sculpirter Oberfläche und nicht geradlinigten, sondern unregelmässig ausgebuchteten Rändern. Noch ungleicher ist die Form der Plallen bei den lebenden Sauriern, ziemlich regelmässig dagegen bei den Vögeln. zweiter Aliseliiiitt. Vom Runipfskelet und den Gliediuassen. Die Entzifferung des Runipfknochengerüstes von Archegosaurus bietet weit grössere Schwierigkeiten dar, als die Schilderung seines Schädels; theils weil es an hinreichend be- kannten Vorbildern dazu fehlt, theils und ganz besonders, weil die vorhandenen Reste desselben noch viel undeutlicher sind, als die des Kopfes. Unter den njir vorhegenden Exem- plaren ist das schon von G o 1 d f u s s a. a. 0. Taf III. Fig. 1 . abgebildete bei weitem das voll- ständigste; ausserdem aber die vordere RuinpHiälfte eines doppelt so grossen Individuums, welche mir vom Herrn Dr. Jordan mitgetheilt wurde, ganz besonders zur näheren Aufklä- rung dieses Körperstücks geeignet. Ich habe sie im Druck und Gegendruck Taf. III. Fig. 3. und 4. darstellen lassen. Ebenda ist Fig. 2. die Brust eines noch etwas grösseren Thieres, welche nach demselben Handstück schon durch Goldfuss, aber weniger genau, a. a. 0. Taf II. Fig. 3. zur Abbildung gebracht worden war, verzeichnet. Noch ein viertes Rumpfstück dersel- ben Grössenverhältnisse findet sich bei Goldfuss auf eben dieser Tafel in Fig. 1. u. 2., an dem besonders die üljerall höchst unkenntlichen Wirbel sich besser erhalten haben. An allen übrigen Exemplaren sieht man nur die Halsgegend, oder höchstens noch einen Theil des Schultergürtels mit den benachbarten Rippen. Das Becken ist nirgends im Zusammenhange mit der Wirbelsäule vorhanden, dagegen in einem isolirten Exemplare wenigstens grüssten- theils erhalten. Seine Abbildung gab ich auf Tafel lY. Fig. 6. — Mit diesen im Ganzen ungenügenden Trümmern muss die Restauration und Darstellung des Rumpfskelettes versucht werden. 33 Ehe ich dieselbe in formelicr Hinsicht beginne, werde ich einige aligemeine Bemer- kungen über die materielle Beschaffenheit der Riimpfkuochen vorausschicken. Obgleich eigent- lich an keinem Exemplar die Knochen selbst sich gut erhalten haben, sondern nur aus ihren Eindrücken in das Multergestein und den Resten, welche an den Wänden des Eindrucks haf- ten geblieben sind, erkannt werden können, so zeugt doch diese Beschaffenheit genügend für ihre vormalige Structur. Man erfährt dadurch sonder Z\^eifel, dass ihre Substanz weicher war, als die Masse der peripherischen Kopfknochen und wahrscheinlich mit den nur auf der Peripherie ossificirten centrobasalen Kopfknochen in der Beschaffenheit übereinstimmte. Ein- zelne Rumpfknochen, z. B. die Rippen, sind ganz gewiss hohl gewesen, denn an manchen Handstücken, z. B. an dem von mir auf Taf. IJI. Fig. 1 . theilweis abgebildeten (demselben, wel- ches schon früher durch J. Müller in den Verh. d. naturf. Vereins der Rheinl. VI. Taf. 4. Fig. .'3. in seinem ganzen Umfange zur Anschauung gebracht worden war) findet sich an jeder Rippe nur eine schmale, schwarze Rinde erhalten, und der ganze innere Raum ist mit weissem soliden Kalkspath angefüllt, der gegen beide Rippenenden hin allmälig in die hier schwammige Knochensubstanz ausstrahlt. Fehlt eine solche Ausfüllungsmasse, wie gewöhnlich, so ist die Höhle, welche der abgedrückte Knochen im Gestein hinterlassen hat, entweder ganz leer, oder ringsum mit einer dünnen schwarzen, kohlenartigen Substanz bekleidet, deren äussere glatte Fläche fest am Gestein anklebt, während die innere unregelmässige, zellig schwammige Ober- fläche frei liegt. Das ist die innere Fläche des Knochens selbst, der ausgetrocknet und zu kohliger Substanz reduzirt seinen geringen Gehalt an Kalkerde in einzelnen zarten Drusen hie und da zwischen dem Schwammgewebe abgesetzt hat, während an anderen Stellen feine Schwefelkieskrystalle sich sandartig eingestreut darin gesammelt haben. Sehr selten findet sich ein grösserer Knochenrest, z. B. das röhrige Mittelstück einer Rippe, oder die Rinden- schicht eines Wirbelfortsatzes, in verkohlter Substanz erhalten. Ich glaube aus dieser Beschaf- fenheit schliessen zu dürfen, dass die Knochen von Archegosaurus hauptsächlich aus dem organischen Knorpelgewebe bestanden und nur sehr wenig Kalkerde enthielten. Letztere ver- schwand entweder aus dem Knochen, oder war überhaupt nur in äusserst geringer Quantität vorhanden gewesen; denn sonst müsste sie sich noch reichlicher vorfinden. Die organische Grundlage des Knochens verlor ihr Wasser durch Austrocknen und Hess, chemisch umgewandelt, ihren Kohlenstoff zurück, während die geringen Schwefelantheile sich mit dem vom Wasser zugeführten Eisen zu Schwefelkies vereinigten. Vielleicht bestand überhaupt nur die Ober- fläche der Knochen aus festeren Theilen, und die centrale Materie blieb knorpelig, wie gegen- wärtig bei den Knorpelfischen; denn ich weiss mir nur auf diese Weise den fast vollständi- gen Mangel von Kalkerde in den meisten Gebeinen des Archegosaurus zu erklären. Dagegen tritt das schwammige Knorpelgewebe, als die organische Grundlage des Knochens, so deutlich in seiner zu Kohle reducirten Gestalt auf, dass man auch in dieser Form es nicht verken- nen kann. Bekanntlich ist das Collagen, der Hauptbestandtheil des Knorpels, sehr reich an Kohlenstoff (50 pCt.), und ilm besonders glaube ich in der glänzend schwarzen, anthracitför- 5 34 inigen Materie, welche die Wände der Knocheneindriicke iiljerzielit. annehmen zu dürfen. Eine chemische Analyse habe ich freilich nicht angestellt. §. 16. Die Wirbelsäule (columna vertehrariim, Taf. III. «. «.J) ist unter allen Skelettheilen des Rumpfes am wenigsten erhalten; offenbar, weil auch am Rumpf, gerade wie am Schädel, die centralen Knocheö die geringste Consistenz besassen. Nur au dem auf Taf. III. Fig. 4. ab- gebildeten Exemplar lässt sich, mit Hinzuziehung der von Goldfuss Taf. II. Fig. 1. abgebilde- ten Stücke, die Form der Wirbel einigermassen erkennen; in jenem sind sie in horizontalen, auf diesem zum Theil in lateralen Abdrücken sichtbar. Es ergiebt sich daraus, dass die Wir- belkörper klein, kurz untl breit waren, also mehr denen der Fische, als denen der höheren Amphibien ähnelten. Ein Wirbelkörper des grössten Exemplars aus der Halsgegend hat 3 bis 4 Linien Länge und 4 — G Linien Breite; er ist in der Mitte nur wenig verengt, und jeder- seits mit einem fast ebenso breiten Querfortsatze versehen. Der Querfortsatz (Taf. III. Fig. 4. i. i.) ist etwas nach hinten gerichtet, und am Ende schief abgeschnitten , so dass er hinter- wärts in eine scharfe Spitze ausgeht. Auf dem Körper sitzt oben ein breiter Wirbelbogen, der dachartig gewöll)t ist und auf seiner Firste den breiten, etwas nach hinten geneigten, massig hohen Doinfortsatz trägt. Am Grunde dessell^en ist jederseits, vorn wie hinten, ein kurzer, flacher, wagrecht gestellter, abgerundeter schiefer Fortsatz bemerkbar. In der angezogenen Figur erkennt man diese schiefen Foi'tsätze nicht, weil sie unter dem Gestein hegen, von ihm umhüllt; dagegen sieht man sehr deutlich die nach hinten zugespitzten queren Forlsätze, den Bogen, der flach gedrückt die Mitte jedes Wirbels einnimmt, und den Dornfortsatz, der als scharfer Schatten vom Bogen aus in die Tiefe des Gesteins hinabsteigt. In der von Goldfuss gegebenen Figur Taf. II. Fig. 1. hegen die 3 ersten Wirbel ebenso und werfen denselben scharfen Schatten längs der Mitte; die folgenden Wirbel sind durch Druck mehr auf die Seite gelegt, und man gewahrt die nach links geneigten Dornfortsätze im Um- riss. Die schmalen Eindrücke daneben rühren von den Querfortsätzen her. An der unteren Hälfte eben dieser Figur sind die breiten Lappen in der Mitte des Bildes Fortsätze des Mut- lergesteins, welche zwischen die Wirbelbogen in den Rückenmarkskanal eindrangen, und neben denen sich die schiefen Fortsätze abgedrückt haben. Hier liegen die Wirbel wieder wagrecht, aber der senkrecht in die Tiefe hinabgehende hohle Dornfortsatz wird von den eben beschriebenen Lappen des in den Wirbelkanal eingeflossenen Muttergesteins verdeckt. — Die Anzahl der Wirbel muss sehr bedeutend gewesen sein; sie kann aber nur muthmasslich bestimmt werden. Wenn man die verschiedenen Exemplare vergleichend betrachtet, so ergiebt sich, dass dem grossen später zu beschreibenden Kehlschilde etwa 1 ä Wirbel an Länge gleich- stehen. Hinter diesem Schilde hat nur 1 Exemplar, das von Goldfuss Taf. III. Fig. 1. abge- bildete, im Zusammenhange mit dem Schilde, Wirbel ; man zählt hier 13 — 1 4 in einer Reihe hin- tereinander; aber die Reihe beginnt erst eine Strecke vom Kelilschiide entfernt. In den bei- 35 t den Stücken der Wirbelsäule, welche Goldfuss Taf. II. Fig.! abgebildet hat, findet man, die Lücke mitgerechnet, 1 8 Wirbel, von welchen die drei ersten noch über der Kehlplatte liegen ; diese Wirbelreihe hatte also vom Kopfe bis an ihr hin(eres Ende 27 Wirbel. Ob am ge- nannten Ende schon das Becken sass, muss dahin gestellt bleiben, jedenfalls aber wird man annehmen dürfen, dass ein Thier mit so schlanker Kopfbildung auch einen entsprechend schlan- ken Rumpf nebst Schwanz gehabt habe, die Zahl der Wirbel also, bei ihrer grossen Kürze, höchst beträchtlich gewesen sein müsse. — Was endhch die Berührungsflächen der Wirbel- körper betrilTt, so Hess sich darüber gar nichts directes an den Präparaten ermitteln; wir wis- sen aber aus den Untersuchungen von Owen und Plieninger, dass die Labyrinthodonten concave Wirbelberührungsflächen besitzen, und dürfen sie darum auch bei Archegosaurns vermuthen. Die geringe Grösse der Wirbelkörper harmonirt damit auch am besten. Obgleich die vrm Owen beschriebenen Wirbel seines Labi/rtnl/iodon Icptoijnuihns (Trans, geol. Soc. VI. 523. Taf. 45. Fig. 5 — 8.) einen viel solideren Bau haben, so slimmen sie doch in der Kürze des Körpers, dem breiten /iroc. s/iinosus und dem starken, obgleich schmalen , proc. iraitsversus mit dein von mir beschriebenen Wirbellypns des Archcijosaurus überein. Auch die fest mit dem Körper verwachsenen Forlsälze sind beiden gemeinsam. Hätte Arckegosaurus durch Knorpel angeheftete Fortsätze seiner Wirbelkörper gehabt, so würden sie schwerlich mit dem Körper in Verbindung geblieben sein , sondern eben so leicht sich abgelöst haben, wie bei den Ichlhyosauren. Plieninger hat (Beitr. zur Palaeont. Würtemb. Taf. IV. Fig. 6.) eine Wirbelreihe von Mdsiodoitsauriis abgebildet, die in allen Hauptsachen sich den Wirbeln bei Owen anschiiesst, obgleich ein Artikulationshöckcr für die Rippen, den Plieninger deutlich beschreibt (a. a. 0. S. 58. seq. ö.b.b.}, an den englischen Wirbeln vermisst wird. — Ganz anders aber, und auch von den Wirbeln des Archeyosaiirus verschieden, sind die Wirbel des von Owen Labi/riiii/iodon {Aitisojins) scniiilalus genannten Thiercs (a.a.O. S. 538. Taf 46. Fig. 1 — 4,); sie scheinen mir eine generische Trennung ihres Inhabers vom Labijj-inl/iodon durch- aus zu rechtfertigen. Owen vergleicht sie mit den Wirbeln der Salamandrinen und findet sie denen im Ganzen analog. Wenn das, so sollte man kaum glauben, eine gleiche Verwandt- schaft aus den übrigen Labyrintliodonlenwirbeln dcduciren zu können; indessen passt die kurze, fischförmige Bildung ihrer Körper ebensowenig zu dem Wirbeltypus lebender beschuppter Amphi- ' bien. Ich finde vielmehr, dass der breite schief nach hinten gezogene proccssus iransvcrsus und der ebenfalls sehr breite, aber relativ minder hohe proc. spinosus in Verbindung mit den flachen, kleinen abgerundeten procc. obliqnis, sich wohl mit dem Bau der Amph. nuda Ic/i- l/itjodcu in Parallele stellen liesse, besonders mit dem der kurzwirbeligen Sirenen. Dahin zeigt der \A'irbellypus von Architjosauriis offenbar, und so wenig ich auch sonst der näheren Ver- wandtschaft der Labyrinthodonten mit den nackten Amphibien das Wort zu reden geneigt bin, so kann ich doch nicht leugnen, dass mir der Wirbeltypus von Archegosaurns mehr auf nackte als auf bedeckte Amphibien hinzuweisen scheint. Eine im Einzelnen grössere Solidität ihrer Wirbel und im Ganzen gedrungnere Ausführung des gemeinsamen Typus würde inzwi- schen die Labyrinthodonten noch immer sehr deutlich von den heuligen nackten Amphi- liien unterscheiden. 36 §. 17. Die Rippen (costae, k. k.J scheinen eine etwas grössere Härle, als die Wirbel, be- sessen zu haben, denn ihre Eindrücke im Gestein sind stets sehr scharf, und an manchen tindet man ganze Stücke des zu einer schwarzen, kohligen Masse veränderten Knochens er- halten. Man sieht daraus deutlich, dass der mittlere dünnste Theil jeder Rippe hohl war, aber «lie Höhlung sich gegen die erweiterten Enden hin sanft zugespitzt verlor, um in das schwam- mige Gewebe dieser Endtheile überzugehen. Die davon gebildeten erweiterten Enden der Rippen scheinen auch weniger sohde gewesen zu sein; sie fehlen in der Regel an den noch vorhandenen Rippen und ändern etwas ab im Umriss, was wohl \on der weicheren, leichter durch den Druck zu verändernden Beschaffenheit herrührt. Jede Rippe hat an ihrem oberen Ende, das am Wirbel haftete, einen sehr deutlichen Kopf, der mir mehr flachrund, als dreh- rund zu sein scheint und eine massige Anschwellung bildet. Ob neben dem Kopf noch ein tuberculum costae sass, steht mir dahin ; ich habe nirgends ein solches bemerkt. Bald hin- ter dem Kopf hat die Rippe ihre dünnste Stelle und scheint hier ziemhch drehrund gewesen zu sein; dann erweitert sie sich wieder mehr und mehr nach dem entgegengesetzten unteren Ende zu. Diese Erw'eiterung und die davon abhängige Form der ganzen Rippe ist je nach ihrer Stellung am Rumpf verschieden und giebt zur Annahme von mehreren Rippenarten Ver- anlassung. Die Halsrippen (vertehrae colli, Taf III. Fig. 4.J) sind völlig gerade in ihrem ganzen Verlauf, eine lange Strecke hinter dem Kopf noch sehr dünn, dann aber schnell in ehie breite, beilförmige Endiläche erweitert, welche wagerecht gestanden zu haben scheint. Diese End- lläche ist an den vorderen Halsrippen kleiner, als an den hinteren, und erreicht ihre grösste Ausdehnung an der letzten Halsrippe dicht vor dem Schultergürtel. Mit der Grösse der End- platte nimmt auch die Länge der Halsrippen zu; die erste ist die kürzeste, die letzte die längste. Ihre Anzahl scheint sich auf sechs, höchstens sieben belaufen zu haben, wie aus der angezogenen Figur an deren linker Seite zu entnehmen ist. Fünf Halsrippen liegen daselbst deutlich hintereinander, die sechste ist nur als Eindruck sichtbar. Wahrscheinlich gehört die dritte dem ersten noch vorhandenen Wirbel an, woraus folgen würde, dass diesem Wirbel noch zwei vorhergingen, denn so viele Halsrippen liegen noch da. An der rechten Seite eben dieses Bildes ist die Lage gestört, doch lassen sich auch hier (3 — 7 Rippen nach- weisen. *) Die Brustrippen Qvertehrae dorsi, ebenda^) haben keine beilförmige Endsplatte sondern nur eine allmälig auftretende Anschwellung und enden nicht, wie die Halsrippen, mit einem gebogenen Rande, sondern mit einem scharf abgeschnittenen graden; dabei sind sie *) In der Erklärung der Figur auf Taf. III. der Goj dfuss'schen Sclirift sind solclie Halsrippen für Stücke des Scliiilterhlattes (/./.) und für Äriuknociien {g.) angesprociieii worden. Ilne Form ist nicht ganz richtig wiedergegeben. 37 selbst mehr oder weniger gebogen. Die erste Brustrippe scheint sehr stark gewesen zu sein und noch sehr wenig gekrümmt; sie hegt in dem angezogenen Bilde deutlich da zwischen dem Schulterblatt (g.^ und dem Oberarm Ch.J als dicker stempeiförmiger tiefer Eindruck, der einen kräftigen Knochen verrälh. Eine Rippe muss es sein; sowohl der Kopf am oberen Ende, als die sanfte Anschwellung nach unten, weisen darauf hin. Die ihr mangelnde Krüm- mung macht es mi^ wahrscheinlich, dass es die erste Brustrippe war, obgleich ihre Lage mehr nach hinten gerückt zu sein scheint, als man erwarten sollte, wenn sie sich an die letzte Halsrippe unmittelbar anschloss. Daran ist aber die Zerreissung des Rückgrates an dieser Stelle Schuld, denn die schwarzen Eindrücke und Körper neben der letzten linken Halsrippe sind verschobene und vöUig zerdrückte Wirbel QiJ. Gleich hinter dem Oberarm ("A.J) setzen an der anderen Seite die Brustrippen fort und hier sieht man ihre Krümmung deutlich. Es liegen daselbst drei Rippen, von denen die erste sehr schmal ist und nur mit ihrer hinteren Hälfte sich eingedrückt hat. Aus diesem Eindruck sowohl, wie aus einigen anderen, geht ileutlich hervor, dass die Rippen nicht drehrund sind, sondern flachrund, und dass die grössere Breite des Endes nicht durch Druck entstanden, sondern normal ist. Die Zahl der Brustrip- pen kann nicht bestimmt angegeben werden; die Figur 2. derselben Tafel, welche, wie der anwesende Oberarm Qh,^ beweist, das vorderste Ende des Rumpfes darstellt, zeigt an der rechten Seite sechs freie und drei unter das Fell geschobene Rippen, an der linken Seite zehn, aber die letzte nur halb. Rechts sind die Rippen besonders gut erhalten, die erste gerade ist unter die zweite geschoben, und dann folgen die anderen mit den schlankeren un- teren Enden in gleicher Position aufeinander. Vergleicht man mit diesem Bilde die Figuren •1. u. 2. der zweiten Tafel in Goldfuss Abhandlung, so bieten selbige einen ganz ähnlichen Anblick dar; auch hier beginnt die Reihe mit der ersten fast graden Brustrippe, der in der vollständigsten Folge noch 15 Rippen sicli anschliessen. Dass letztere nach hinten allmälig schlanker, zierlicher gebaut, aber nur sehr wenig kürzer waren, lässt sich aus der Abbildung entnehmen. Noch bestimmter erkennt man das allmälige Zierlicherwerden der Rippen aus meiner Figur \. auf Tafel lU., welche, wie aus der Schuppenbildung hervorgeht, einem sonst wohl eben so grossen Thiere, wie Fig. 2., angehört hat. Dann sind die hier sichtbaren Rip- pen schon viel mehr hintere. Aber wie v\'eit die Rippen überhaupt reichten, ob bis zum Becken, oder nicht so weit, oder gar weiter als dieses, wie bei den Ichthyosauren, das sind Fragen, die sich zur Zeit noch nicht beantworten lassen, ja nicht einmal einei' irgendwie nur begründbaren Vermuthung unterliegen. Owen hat keine Labyrintiiodonlen-Rippen beschrieben. Die Abbildungen, welche Plie- ninger (a. a. 0. Taf. V., VI.) von den Rippen des Mast odousaiiriis gegeben hat, sind zu undeut- lich und erlauben keine genügende Verglcichung. Die nacklen Amphibien der Gegenwart haben entweder gar keine Rippen, wie die ächten Batrachier, oder sehr kleine zugespitzte, wie die Salaman drinen und Ichthyoden. Daran schliessen sich die freilich viel längeren, schlanke- ren und stärker gekrümmten, aber doch ganz freien Rippen der Schlangen. Die Eidechsen 38 haben am Ende abgestutzle Rippen mit ganzen oder ruclimenläien Sicrnocoslalknochen; sie erwei- tern sich al)er nicht nacli unten, wie die Rippen von Arcficgosaiirus. Aucii sind alle wahren ßrustrippen der bedeckten Ampliibien relativ viel länger, schlanker und gestreckter, die Halsrip- pen dagegen viel kürzer, breiler und nieiir axl- als beilförmig. Ich weiss daher keine irgend- wie passende Analogie zu den beschriebenen Rippen des Archegosuurns aufzufinden; höchstens könnte ihre relativ geringe Länge an einen Theil des Rippentypus der nackten Amphibien uns mahnen. Aber das gerade abgestutzte, breite Ende spricht für Sternocoslalslücke, welche den nackten Amphibien fehlen. Inzwischen habe ich solche Rippenanhänge nirgends bei Arc/iego- sciHrus aufgefunden und nuiss darum annehmen, dass sie entweder zu weich, vielleicht nur knor- pelig waren, um sich erhalten zu können, oder wirklich fehlten. Das Letztere ist mir um so wahrscheinlicher, als auch das ßruslgerüst, wie sich später eigeben wird, Iheilweis knorpelig ge- wesen zu sein scheint, und darin eine neue Analogie zu dem Typus der nackten Amphibien sich anbietet. §. 18. Indem sich über die Verlängerung der Wirbelsäule zum Schwanz nichts Sicheres hat ermitteln lassen, und ein dem Brustbein entsprechender Knochen nirgends aufzufinden war, muss die Betrachtung des eigentlichen Rumpfskelets, nach Erörterung der Wirbel und Rippen, als geschlossen angesehen werden; es bhelje mithin vom Skelet nur noch der Extremitäten Erwähnung zu thun. - Archegosaurus besass vier GHedmassen, das ist nicht zu bezweifeln; wir kennen die vorderen ziemlich vollständig, aber von den hinteren bis jetzt nur das Becken und den Un- terschenkel. Die vorderen Gliedmassen waren im Vergleich mit der Grösse des Thieres sehr klein und erreichten im Ganzen noch lange nicht die Länge des Kopfes, was höchst überra- schend ist. Das erklärt man wohl zum Theil aus der Schwäche des Brustbeines, und seiner aller Wahrscheinhchkeit nach bloss knorpeligen Beschaffenheit. Nirgends, an keinem einzigen Exemplar, war in der Mitte der Brust ein unpaarer Knochen zu Ijemerken, der für das Brust- bein hätte genommen werden können; und da es nicht wahrscheinlich ist, dass ein Amphi- bium mit deutlichen Vordergliedmassen des Brustbeines ganz entbehren sollte, so bleibt keine andere Annahme übrig, als dass es knorpelig war, wie bei den Salamandrinen und Ichthyo- den. Ich glaube für diese Behauptung noch andere Beweisgründe anführen zu können, als den völhgen Mangel einer knöchernen Platte an der Stelle, wo das Brustbein zu suclien ist; namentlich die starke Eutwickelung der Hautknochen an dieser Stelle. Drei grosse Knochen- schilder, ein mittleres und zwei seitliche, schützen diese Gegend und ergänzen dadurch eini- germassen den Mangel eines knöchernen Brustbeins. Für ein solches können aber jene drei Knochenschilder nicht gelten, theils weil sie superficiell sind und dieselbe Sculptur, wie die Kopfknochen, haben, theils weil die Theile des Schullergürtels über ihnen liegen und nicht an sie sich anlehnen. Es ergiebt vielmehr die nähere Untersuchung jener drei Knochenschilder, dass die seitlichen unter den breiten Enden der Halsrippen an den Seiten des Halses hegen, das niitt- 39 — lere Schild, welches weiter nach hinten reicht, die Kehle und den Anfang der Brust bedeckte, also gerade da liegt, wo das Brustbein zu suchen wäre. Hier niiisste man es finden, wenn es eine für die Petrification geeignete BeschaiTenheit gehabt hätte und doch fehlt es bestän- dig. — Dagegen liegen neben diesem hinteren Ende des unpaaren Mittelschildes bei allen gut erhaltenen Exemplaren zwei paarige Knochen, die in Form und Lage sich bei allen Individuen ziemlich gleich bleiben und darum nicht zufällig an diese Stelle gerathen sein können, son- dern ihre normale Lage hier haben müssen. Es sind das die Knochen, welche ich Taf. 111. Fig. 3. u. 4., so wie Taf. IL Fig. 1.2. mit f.f.xx.g.g. bezeichnet habe. Sie können dem Rumpf- skelet nicht angehören, weil sie weder mit den Wirbeln, noch mit den Rippen übereinstim- men; das Brustbein können sie auch nicht sein, weil sie zu sehr aus der Mitte des Körpers heraus auf die Seite geschoben sind, auch keine den Brustbeinplatten entsprechende Form haben und paarig auftreten. Deshalb und besonders ihrer Lage wegen muss man sie zum Schultergürtel rechneu. Das eine Knochenpaar besteht aus zwei langen dünnen Gräten, (Taf. II. u. Ulf. f.) welche immer von allen vorhandenen Knochen dieser Körpergegend am weitesten seitwärts vorragen und an ihrem Ende eine schiefe, etwas verdickte Erweiterung zeigen. Am besten ist ihre Stellung aus Fig. i . u. 2. Taf. II. zu entnehmen ; in Fig. 3. u. 4. Taf III. bilden die bezeichneten kolbigen Anschwellungen den äussersten Rand der Versteinerung und haben dadurch stark gelitten. Der Knochen liegt mit seinem vorderen, wahrscheinlich zugespitzten und sehr dün- nen Ende über den Seitenschildern der Kehle im Fleische und folst in seiner Richtung ^anz genau ihrer Direction. Deshalb hielt ihn Goldfuss für einen Fortsatz jener Schilder und bildete ihn als solchen ab (a. a. 0. Taf III. Fig. 1. 2. i.A.), beide zusammen für die Zungenbein- hörner erklärend. Diese Deutung ist unrichtig, \^eil die wirklichen Zungenbeinhörner neben imd vor jenen Knochen vorhanden sind. Aber auch die Annahme eines wirklichen Zusam- menhanges zwischen den Knochen f. f. und den seitlichen Kehlplatten e. e. meiner Figuren widerlegt die schärfere Untersuchung vollständig; man überzeugt sich bald, dass die Knochen ff. nicht am Rande der Kehlplaften haften, wie Goldfuss es ansah, sondern über ihren Rand weggehen, noch eine geraume Strecke frei über den Kehlplattcn liegen (Taf II. Fig. 1 . ff.) und dann wie abgebrochen enden. Hieraus erhellt, dass die Knochen im Fleische des Thieres un- ter der Haut steckten, und Theile des centralen, nicht des peripherischen Knochengerüstes waren. Wenn das, so können sie nichts anderes gewesen sein, als Theile des Schultergür- tels, und zwar die unteren vorderen Quadranten *) desselben, d. h. die Schlüssel- beine C^laviculae, ff). Dafür halte ich sie schon ihrer langgestreckten, tlünnen, am Hu- *) Betrachtet man den Scluiltergürtel als Knoclienring, wie er denn das in der Tliat ist, so zerfällt er durch das Einschneiden des Brustbeines und der Wirbelsäule in zwei Flälften, die os'teologisch wieder aus je zwei oberen und zwei unteren Vierteln bestehen. Diese Viertelstheile nenne ich, der Ring- oder Kreisform des Ganzen entsprecliend, Quadranten. Die oberen Quadranten sind einfach und I)este- hen aus den Schulterblättern (scapuhie), die unteren aber paarig; ihr vorderes Paar wird von den Schlüsselbeinen (claviculae, fttrculue der Vögel), ihr hinteres Paar von den Raf)ens chnabelbei- 40 meralende kolbig oder beilförmig ausgebreiteten Gestalt wegen und glaube, dass diese deut- lich etwas geschwungene, leicht ausgehöhlte Erweiterung Theil nahm an der Bildung der Schultergelenkgrube. Das Vorderende bheb frei, d. h. es heftete sich an keinen Knochen; es trug aber wahrscheinlich die darauf schwebende knorpelige Brustbeinplatte, deren vorderen Rand es umfassen mochte, allmälig immer spitzer werdend und darimi leichter zerstörbar als das solide hintere Ende mit iler breiten Gelenkllache für den Oberarm. Ich kann nicht leugnen, dass sowohl die beschriebene Form des Schlüsselbeines, als auch die wahrscheinlich knorpelige BeschafTenhcit des Brustbeines, neue und sehr wesentliche Analo- gien zu den nackten Amphibien herausstellen , während die allgemeine Uei)ereiiislimmung des Kopfgerüstes mit dem Typus der Eidechsen und Krokodile gegen diese sicii immer mehr häufen- den Beziehungen der Labyrinthodonten zu den geschwänzten nackten Amphibien in den Hintergrund treten. Letztere haben allein von allen lebenden Amphibien ein knorpeliges, aus zwei symmetrischen Plallen gebildetes Bruslgerüst, mit welchem die knöchernen Stücke des Schultergürtels in directer Verbindung stehen. Bei den Salamandrinen findet sich am Schul- tergürlel nur eine einzige Knochenplalte jederseits, welche für das Schullerblall genommen wird ; einige Ichthyoden, wie Sircn, haben noch eine zweite hinter dem Schullergelenk, welche am Rande der Knorpelplalte selbst liegt Unter den Fröschen behält Pt(j(t das paarige zweitheilige sogenannte Brustbein der Salamander, aber völlig ossificirle clariciilae, scapulac und ossu co- raciiidca, wie die typisciion Batracliier, denen die paarigen Knorpelplalten im Brustgerüst fehlen. Der Bau von Arclieijusaiirus scheint mir zwischen diesen Gegensätzen die Milte zu halten. Von den Salamandrinen nahm er die Bruslbeinbildung als Knorpelplatte an (ob paarig oder unpaa- rig, das muss dahin gestellt bleiben), und verband damit das dünne, ziemlich lange knöcherne Schlüsselbein der Frösclie, liess aber deren kräftiges Rabenschnabelbein nicht zur Entwickelung konnnen, und folgte darin wieder ganz dem Charakter der Salamandrinen, mit welchen übrigens sein gestreckter Körperbau wohl im Ganzen mehr harmonirte, als mit dem gedrungenen der Frö- sche. Darum fehlt ihm ein besonderes os coracoideuni. Offenbar vertritt übrigens der lange spitze Forlsalz, welcher nach vorn von den knorpeligen Brusiplallen der Salamandrinen und be- sonders der Ichthyoden auszugehen pflegt, die Stelle des Schlüsseibeins, und wenn das der Fall ist, so wäre es wohl geralhener, das ganze paarige, knorpelige Bruslgerüst derselben nicht für das Brustbein, sondern für die unteren Quadranten des Schultergürlels überhaupt zu erklären, und ein wirkliches Brustbein als fehlend zu betrachten. Ich muss gestehen, dass mir mit dieser An- sicht der Typus der Frösche besser in Harmonie zu Irelen scheint. Dann Iiätle Archegosaurus ein ossificirtes Schlüsselbein gehabt, und ein ganz knorpeliges Rabenschnabelbein, aber gar kein Brustbein, weil ein solches weder zu seinem Typus, noch zu dem der meisten nackten, rippen- losen Amphibien gehört. Das Schulterblatt (scaputa, TdfAl.uAllg.ff.J ist ein relativ grosser kräftiger Kno- chen von beilförmigem Umriss, welcher mit dem hinteren Ende des Schlüsselbeins in Verbin- nen (oss. corucoidea , cluvicnlue der Vögel) geliildet. Analog ist dns Beclven zusnniinengesetzt; die Darinljeine (ifio) sind die olitren, die Scliaamhein e {oss. piihis) die unteieii vorderen, die Sitz- Ijeine (ischia) die unteren hinteren Quadiiinten. 41 ^ — düng stand, und hauptsächlich die Gelenkpfanne für den Oberarmknochen trug. An einigen Exemplaren hat sich die normale Verbindung beider Knochen noch gut erhalten, z. B. an dem von Goldfuss Taf. III. Fig. 1. abgebildeten rechts, und an dem von mir Taf II. Fig. 1 . 2. dar- gestellten zu beiden Seiten; man sieht, dass das kurze, wenig vortretende Stielende des Bei- les an das erweiterte Ende der clavicula anpasst, und mit ihm fest zusammenliegt. Demnach muss dort auch die Gelenkgrube des Schulterblatts sein, und mit dieser Annahme reimt sich sein übriger Bau am besten. Auf Taf III. Fig. 3. sind beide Schulterblätter g. g. aus ihrer normalen Lage verdrückt, aber dafür lasst sich ihre Gestalt und ihr ganzer Bau desto besser erkennen. Man sieht, dass es eine ziemlich dicke Knochenplatte von der Form eines Halb- kreises war, dessen Fläche gegen den senkrecht auf den Durchmesser des Halbkreises ste- henden Halljmesser von beiden Seiten her etwas anstieg. In der Gegend dieses Halbmessers hatte das Schullerblatt seine grösste Dicke, aber es fiel nach hinten zu nicht so gleichmässig ab, sondern war dort anfangs etwas abgeplattet. Dieser nach unten gegen den Durchmesser des Halbkreises hin verschmälerten Abplattung entspricht in ihrer Lage die Gelenkgrube für den Oberarm; sie bildet daselbst einen kurzen, breiten, wenig vorragenden Stiel, welcher von der hinteren Hälfte des Dinchmessers schärfer abgesetzt ist, als von der vorderen. Mit dem Stiel und noch melir mit dem vor ihm befindlichen Theile des unteren Randes lag das Schul- terblatt so, wie es aus Fig. 5. u. G. auf Taf II. deutlich zu entnehmen ist, am Schlüsselbein, und wendete die von ihm und dem Schlüsselbein gel)ildete Schultergelenkgrube nach hinten und aussen, so dass das Schulterblatt ihre obere, das Schlüsselbein ihre untere Hälfte hergab. Die Gru])e selbst war ziemlich flach, denn weder das Schlüsselbein, noch das Schulterblatt, boten für eine tiefe breite Gelenkpfanne die nöthige substanzielle Fläche oder Dicke dar. Darum konnte nicht bloss die Exarticulation sehr leicht nach dem Tode des Thiers bei ange- hender Verwesung erfolgen, sondern auch die Trennung des Schulterblatts vom Schlüsselbein im Schultergelenk, und wenn das, wie man als Regel annehmen darf, durch einen langsamen, nach und nach heftiger werdenden Druck von oben her geschah, so musste das Schulterblatt immer neben dem abstehenden Schlüsselbein vorbei herabgedrückt werden. Dann wurde sein unterer Rand mit der Gelenkgrube nach innen, sein oberer kreisrunder nach aussen gescho- ben, und in dieser Verschiebung treten uns die Schullerblätter in Fig. 3. u. 4. auf Taf III. ent- gegen. — Was endlich ilire substanzielle Beschaffenheit betriflTt, so zeigen sie sehr deutlich ein excentrisch strahliges Knochengewebe, dessen Mittelpunkt dem ganzen Umfange der Ge- lenkgrube entspricht. Aehnlich strahlt das parallel faserige Gewebe des Schlüsselbeins gegen dessen Gelenkgrubenantheil auseinander. Letzterer Knochen ist häufig iu Substanz erhalten, war also ziemlich hart; das dickere Schullerblatt ist nur im Abdruck sichtbar und scheint weicher gefügt gewesen zu sein. Wenn man den oben beschriebenen Knochen nicht für das Schulterblatt ansehen wollte, so könnte er nur noch für das os coracoidenm genommen werden; wie Goldfuss das wirklich gelhan hat ia. a. 0. S. 9. und Taf. III. Fig. 1. e., in der Erklärung). Mir giebt indessen seine mit 6 42 den Umrissen des Schulterblatles viel mehr übereinstimmende Gestalt einen entscheidenden Grund dafür ab, ihn wirklicli für das Schullerblalt zu erklären. Dazu kommt, dass alle nackten Amphi- bien wohl eine knöcherne scapula besitzen, aber nicht alle ein ossificirtes os curacoldcian, bei Archcgoscmrns aber kein anderer Knochen vorhanden ist, den man als Schulterblatt betrach- ten könnte. Der Mangel eines solchen neben Schlüsselbein und Rabenschnabelbein wäre aber ohne alles Beispiel und deshalb nicht wahrscheinlich. Endlich würde der Knochen, falls er ein os coracohh'um wäre, anders liegen müssen; er würde, da er als solcher wagrechl und mit dem Schlüsselbein in gleicher Ebene lag, aus seiner Verbindung mit demselben am Schultergelenk nicht so leicht herausgetreten sein, und so lange beide Knochen noch verbunden waren, das Ge- lenk nach aussen, der gebogene freie Knochenrand nach innen zu liegen, so wie endlich die Hauptrichlung des ganzen Knochens nieiir hinteiwärls als vorwärts gehen müssen. Dergestalt finde ich den beschriebenen beüfürmigen Knochen nirgends gelegen. Dagegen erklärt sich seine be- sondere Lage und seine mannigfach verschobene Stellung sehr gut, wenn man annimmt, dass er als scapula schief nacli innen geneigt, der gebogene Rand nach oben gewendet, auf der erwei- terten Endplatte der claiicula stand und über den Rippen lag. Letztere müssen deshalb mehr nach innen zu neben ihm sichtbar werden, und da finden wir sie in der Tliat. Alle Verhält- nisse der Form und Lage spreciien also dafür, den beschriebenen Knochen als Schulterblatt zu deuten. §■ 20. Die eigentliche vordere Gliedmasse besteht aus den gewöhnUchen drei Abschnit- ten: dem Oberarm (hunierus, Taf. II. III. ä./«.^, dem Vorderarm mit Speiche (radius, ebenda Fig. 2.^./^ und Elle (ulna, ebenda m.m.) und der Hand (munusj, an welcher we- nigstens vier Zehen ("ebenda n.J vorhanden waren. Betrachtet man die Knochen dieser Gliedmasse zuvörderst im Verein, so muss die geringe Grösse derselben besonders auffallen. Die Vergleicimng des Fig. 2. abgebildeten Exemplars, dem einzigen, woran die Theile der Glied- masse unterhalb des Ellenbogengelenkes sich erhalten haben, ergiebt, wenn man seinen Oberarm gegen denselben Knochen von Fig. 3. u. i. halt, dass dasselbe im Ganzen ein wenig grösser war als letzteres. Das relative Grössenverluiltniss dieses Rumpfes zum Kopfe lasst sich aber aus der Vergleichung der grossen Brustplatte mit den Brustplalten anderer Exemplare, an welchen zugleich noch der Schädel haftet, finden; es beweist z.B. die Ansicht der Fig. o. u. 6. auf Taf. IL, oder die ähnliche Fig. 1. auf Taf. IIL bei Goldfuss, dass die genannte mittlere Kehlplatte der halben Kopflänge so ziemUch gleichkommt, vielleicht etwas länger ist. Nimmt Juan dies Maass von Fig. 3. und vergleicht damit den grossen Kopf Taf. I. Fig. I., so passt seine Länge recht gut zu der Grösse des Individuums von Fig. 3. u. 4., oder noch besser zu dem etwas grösseren von Fig. 2., weil in iler Regel die Kehlplatte etwas länger ist, als die halbe Kopfeslänge; wenigstens bei kleinen Exemplaren. Es könnte also der Vorderrumpf mit der Vordergliedmasse, welcher in Fig. 2. abgebildet ist, sehr gut zu einem Kopfe gleicher Grösse mit dein Taf. I. Fig. 1. abgebildeten gehören. Dann würde der ganze Arm vom Schul- tergelenk bis zur Zahnspitze wenig mehr als die halbe Länge des Kopfes geraessen haben, — 43 also mit der grossen Kehlplatte so ziemlich an Ausdehnung übereinstimmen. — Diese geringe Grösse der Vorderbeine ist höchst überraschend. Beim lebenden Krokodil hat das ganze Vorderbein schon eine grössere Länge als der Kopf; bei allen typischen Sauriern mit voll- kommenen Gliedmassen ist es stets viel langer, nur der Ober- und Vorderarm zusammen plle- gen etwas länger als der Kopf zu sein; bei den nackten Amphibien zeigen alle Frösche und die Salamandrinen ein gleiches Verhältniss, und erst bei den Ichthyoden sinkt die Länge der Vordergliedmassen, in Verbindung mit ihrer rudimentären Grösse, merklich unter die Kopfes- länge hinab, am meisten bei Amphiuma und Proteus, deren Gliedmassen überhaupt die kleinsten im Vergleich zum Rumpfe sind. Aber so klein, wie bei Archegosaurus , sind sie auch hier nicht; denn sie behaupten noch immer die Länge des Kopfes, obgleich der Kopf, wenigstens der von Proteus, nicht kurz genannt werden kann, sondern noch immer zu den schlanken Kopfformen gehört. Darnach wiese uns die Gesammtform des Arms ebenso sehr, wie der Bau des Schultergürtels, auf die nackten Amphibien hin. Im Einzelnen betrachtet, kann der Oberarmknochen (h.h.J kräftig genannt werden. Er hat die Form eines Stempels, ist am Schulterende breit abgerundet (Fig. 2.), von da gegen die Mitte hin verdünnt, dann wieder verdickt und am Ellenbogen abgestutzt, mit einem Rand- höcker, der auch an anderen Individuen (z.B. Fig. 3.Ä. links), erkannt wird, also schwerlich zufällig sein kann. — Die Knochen des Vorderarms (l.u.m.J sind viel schwächer, obgleich ganz ähnlich gestaltet, nur schlanker. Beide haljen fast gleiche Grösse; der vordere radius (l) scheint am oberen Ende etwas schwächer zu sein, als am unteren; die hintere tilna (jnj ist umgekehrt oben dicker als unten. Jeder von beiden zeigt grade abgestutzte Endflächen und wenig mehr als die hallte Länge des Oberarms. Man sieht in Fig. 2. an der rechten Seite nur noch die Eindrücke der verloren gegangenen Knochen, an der linken Seite, wo der Oberarm fehlt, sind Speiche und Elle selbst vollständig erhalten. — An eben dieser Seite ist auch die Hand wenigstens zum Theil übrig geblieben. Ihre Knochen (n.) liegen eine be- trächtliche Strecke von den beiden Knochen des Vorderarms entfernt , ohne dass in dieser Lücke Spuren ^on kleinen rundlichen Handwurzelknochen bemerkbar wären; wahrscheinlich fehlten sie, wie bei den Iclithyoden, woselbst eine zusammenhängende Knorpelmasse ilu'C Stelle vertritt. Die vorhandenen Knochen der Hand haben die schlanke Stempelform der Vor- derarmknochen, sind aber noch viel kleiner und zierlicher. In der ersten Reihe liegen vier etwas grössere Knöchelchen neben einander; sie sind offenbar die Metacarpusknochen. Dass die äusseren beiden etwas schlanker erscheinen, als die zwei inneren, mag mehr Folge des Drucks bei der Pelrification, als ursprüngliche Formverschiedenheit sein, obgleich auch die Länge der inneren beiden etwas beträchtlicher zu sein scheint. Möghch ist es sogar, dass diese beiden Zehen (in normaler Stellung des lebenden Thieres vielleicht nicht die inne- ren, sondern die äusseren) grösser und kräftiger waren, als die anderen beiden, weil gerade an ihnen die Zehen sich erhalten haben. Freilich ist nur die eine, in der jetzigen Lage innerste vollständig erhalten; man sieht drei allmälig kleinere stempeiförmige Phalangen, von denen 6* 44 die letzte so entschieden zugespitzt ist, dass man sie für die wirklich letzte zu nehmen hat. Diese Zehe halte also nicht mehr als drei Glieder. Von der nächsten sind nur zwei Glieder erhallen, von den zwei andern gar keine. Es bleibt also dahingestellt, ob alle vier Zehen dreigliedrig waren. Ist die aus der geringen Grösse des ganzen Armes ebenso sehr, wie aus dem Bau des Schultergürlels abgeleitete Analogie des Archegosatirus und der Salamandrinen oder Ichthyoden als weiter maassgeberid anzusehen, so hatte Archegosaurus vorn nur vier Zehen, von denen keine mehr als drei Glieder oder Phalangen besass. Gewöhnlich hat die kleinste und schwächste Aussenzehc der Salamander nur zwei Zehenglieder, und wenn das auch bei Archegosaurus der Fall war, so ist die völlig erhaltene Zehe in der That die innerste gewesen. — Je weiter man übrigens in der Vergleichung des Arms von Archegosaurus mit demselben Organ lebender Am- phibien geht, um so mehr überzeugt man sich, dass er zu den Typen der Saurier nicht passt. Letztere besitzen sowohl einen viel schlankeren Oberarm, als auch viel längere, dem Oberarm nur wenig nachsiehende Vorderariiiknoclien; in ihrer Handwurzel sind slels deutliche Carpuskno- chen, und die Metacarpusknochen haben theils unter sich sehr ungleiche Länge, theils eine viel grössere, als die darauf folgenden Phalangen. Alle diese Unterschiede fehlen den Armknochen der Salamandrinen, und wenngleich ihr Oberarm nie so enorm viel dicker ist, als die Vorder- arniknochen, so bietet er dagegen bei den Ichlhyoden ziemlich ähnliche Beziehungen zu densel- ben dar; namentlich z. B. bei Andrlas und Menopoma, bei welchen auch das Schulterblatt die meiste formelle Aehnlichkeit mit dem von Archegosaurus besitzt. Einen so starken kräftigen Oberarmknochen, wie unser Genus, haben nur noch die Enaliosaurier, und leicht könnte man an flossenförmige E.xlremiläten auch bei Archegosaurus denken. Dafür scheinen indessen die Vor- derarmknochen zu schwach zu sein. §. 21. Von der hinteren Extremität ist nur das Becken (Taf. IV. Fig. 2.) und der Un- terschenkel bekannt. Ersteres besteht aus zwei Paaren grosser kräftiger Knochen, die sich leicht als Darmbein (Vitium, x.x.~) und Sitzbein (isc/iiitm, yy^ deuten lassen. Ob noch ein besonderes Schaambein (os puhis) vorhanden war, liess sich an dem einzigen erhal- tenen Exemplare des Beckens nicht erkennen. Das Darmbein zeigt eine sehr grosse Aehnhchkeit mit dem von Owen abgebildeten (a. a. 0. Taf. 45, Fig. 16. 17.) gleichen Knochen seines Liabyrinfhodoii pachygndthus (S. 533.), doch fehlt ihm der kleine obere Nebenfortsatz, auf welchen Owen so grosses Gewicht legt, weil er für die Analogie dieses Beckenknochens mit dem der Frösche ihm zu sprechen scheint. Demnach unterscheidet man an dem Darmbein von Archegosaurus nur eine schmale zugespitzte stielartige und eine breite, gewölbte beilförmige Hälfte. Die erstere hat einea graden unteren Rand und einen massig gebogenen oberen, der mit jenem am Ende sich herabbiegend in eine stumpfe Spitze zusammentrifR. Die eine Seite dieses schmalen Theils, welche frei liegt, ist gewöUjt; die andere klebt am Gestein und liess sich nicht untersuchen. Der breite beilförmie;e Theil steigt mit einem ebenso breiten Fortsatze abwärts und heftet sich 45 mit dessen ganzem unteren Rande an das Sitzbein ; seine obere Hälfte ist kürzer, stärker nach vorn verlängert, abgerundet und seitwärts nach aussen gebogen, um die Ansalzfläche an das Kreuzbein zu bilden. Die frei vorliegende Oberfläche wäre hiernach die innere, der obere scheinbar abwärts gebogene Abschnitt derselben gäbe die Verbindung mit dem Kreuzbein ab und die entgegenstehende nicht sichtbare untere Fläche enthielte die Gelenkgrube für den Oberschenkel, die Pfanne. In der That findet sich in dem Muttergestein neben dem oberen Rande des breiten Theils der sehr undeutliche rautenförmige Umriss eines schwammig gefüg- ten Knochens, welchen ich, wegen seiner Unkenntlichkeit, nicht habe abbilden lassen können, der aber wohl als Rest des Kreuzbeines zu betrachten wäre. Alsdann müsste der breite Theil des Darmbeines als die vordere, der schmale als die hintere Hälfte dieses Knochens angese- hen werden, und daraus würde folgen, dass das Darmbein in Lage und Umriss mehr dem der Saurier, als dem der Batrachier ähnlich gewesen wäre. Bei den Salamandrinen und Ich- thyoden ist das Darmbein ein sehr kleiner, länglich kelchförmiger Knochen, der im Leben senkrecht steht und mit seinem oberen breiten Ende am Kreuzbein sitzt, während das untere etwas dickere Ende das aüein vorhandene Sitzbein trägt, hidess geht aus der Ansatzfläche des Darmbeines von Labyrinthodoii pachyynathus deutlich hervor, dass dies Darmbein in wagerechter Stellung an das Kreuzbein geheftet war, wie das Darmbein der Saurier, und dass der Haupttheil dieser Ansatzfläche sich an dem breiteren Theile des Darmbeiues befin- det. Daraus sowohl, als auch aus der Lage des Pfannengelenkes, glaube ich folgern zu dür- fen, dass der breite Theil des Darmbeines der vordere war, der schmale der hintere, das Darmbein also ganz so lang, wie bei den typischen Sauriern. Hiermit lässt sich auch der fragliche Nebenfortsatz, den Owen für die Affinität mit den Batrachiern anführt, füglich ver- einen; denn nicht bloss die Monitoren, an deren Becken schon Cuvier (^Ossein, foss. F. 2. tb. \1. f. -i^O einen ähnhchen Fortsatz dargestellt hat, sondern auch die ächten La- certen haben einen freilich stumpferen Höcker über dem vorderen Rande des Pfannengelen- kes. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, dass auch das Darmbein \on Archegosaurus wagerecht stand, dass sein breiter Theil der vordere, sein schmaler der hintere war, und dass sich das Kreuzbein an der> oberen abgebogenen Rand des breiten Theiles ansetzte. Die Figur stellt also das ganze ausgebreitete Becken, dessen Stand vom Maler willkürlich ge- wählt wurde, so dar, dass sein vorderer Rand nach unten, sein hinterer nach oben gerichtet erscheint. Das Sitzbein ist kürzer aber breiter als das Darmbein, im Ganzen aber von ähnli- chem Umriss. Ist die breite Hälfte des Darmbeins nach vorn, die schmale nach liinten ge- wendet gewesen, so liegt das Sitzbein auf dieselbe Art. Die breitere Hälfte hat einen para- bolischen Umriss. Vorn abgerundet, nach hinten zu am breitesten, wird sie plötzlich durch einen Abschnitt am äusseren Rande fast um die Hälfte verschmälert, und spitzt sich mittelst ehies schiefen Endrandes sehr stark nach aussen zu. In der Mittellinie stossen beide Sitz- beine in einer graden, etwas heraligebogenen Naht zur Symphysis aneinander, gehen vorn - — 46 mit ihren gebogenen Rändern auseinander und sind hinten durcli den Einschnitt, den die schiefen Endränder bilden, weit getrennt. Die vordere Hälfte des Aussenrandes ist, so weü der iM-eitere Theil reicht, mit dem Darmbein verbunden, die hintere frei. Im Leben hing das Sitzbein in wagreciiter Stellung, vom Darmbein getragen, an dessen unterem Rande und schloss durch die Symphysis den Beckengürtel nach unten. — Beide Knochen sind übrigens ziemlich dick und bestehen überall aus einem lockeren schwammigen Gewebe, dessen Oberfläche ein dünnes aber festeres Knochenblatt bildet. In demselben sind nur sehr schwache Ossifications- radien zu erkennen. Die grössere Hälfte der so gebildeten Knochenmasse ist verloren gegan- gen, obgleich die Oberfläche und der Umriss beider Knochen sich in scharfen Abdrücken gut erhalten hat. In (lein Becken von Archegosaurns treten uns neue Räihsel rücksichllicli der systema- tischen Affinilät entgegen. Ist es vollständig erhallen, so bestand es nur aus 2 Knochenpaaren, ein Fall, der gegenwärtig nur bei den nackten Ampliibien, den Salamandrinen und Ichlhyoden vorkommt, aber damit harmonirt die Form und Grösse der Knochen weit weniger, als man er- warten sollte. Bei allen Salamandrinen und Ichlliyoden mit Becjten ist dies Oigan klein und schwach, selbst kleiner als der Schultergürlel, während ArchcgosuHrus ein gegen den Schulter- fTürtel gehalten sehr kräftiges Becken besitzt. Das zeigt auf grössere kräftige llinlergliedniassen liin, die allgemeine Eigenheiten der Frösche und typischen Saurier sind. Während aber das Becken von Archeyosaurus mit dem der Frösche gar keine Aehnlichkeit hat, gleicht es dage- gen dem der typischen Saurier in vielen wesentlichen Punkten, l)esonders wenn man annehmen darf, dass ein Schaambein vorhanden war, dasselbe aber sich ablöste, bevor dies Beckene.xemplar ins Gestein eingehüllt wurde; welche Annahme wenigstens insofern sehr statthaft ist, als alle ty- pischen Saurier ein langes, oft sehr dünnes, weit vom Silzhein abstehendes Schaambein zu be- sitzen pflegen. War ein solches vorhanden, so musste es mit seinem Kopfe in den Winkel hin- einpassen, den Darmbein und Sitzbein an ihrer Verbindung nach vorn (in der Figur nach unten) freilassen und dort Antheil an der Bildung des Pl'annengelenkes nehmen. Leider ist an dieser Stelle das Umhüllungsgestein etwas zertrümmert, indess doch nicht ganz; und sicher würde man die Spur des Schaambeins erkennen, wenn ein solches, als dies Becken von seinem Wutterge- stein umschlossen wurde, noch vorhanden gewesen wäre. iS'ehmen wir also das Becken, so wie es vorliegt, als vollständig an, so hat es durch die Zweizähligkeit seiner Bestandiheile einen Hauptciiarakter der nackten Amphibien an sich, gleicht aber, was die Form der Knochen im Einzelnen betrifft, mehr dem der Saurier, als dem der Batrachier. §• 22. Am unteren Ende des von Goldfuss schon kenntlich genug abgebildeten (a. a. 0. Taf HI. Fig. 1.) vollständigsten Exemplares eines jungen Archegosaurus , welches ich ebenfalls vor mir habe, liegen vier ziemhch starke stempeiförmige Knochen (a. a. 0. A. u. j. links), welche bei gleicher Länge sich etwas in der Stärke von einander unterscheiden. Goldfuss hält (a. a. 0. S. 9.) die stärkeren Qh.^ für die Oberschenkel, die schwächeren (i^ für ünterschen- kelknochen. Ich kann dieser Ansicht nicht beipflichten; Iheils weil die als Oberschenkel ge- — 47 deuteten Knochen viel zu schwach dazu sind, im Vergleich mit dem Oberarm; tlieils weil die Unterschenkel bei jener Annahme nur durch einen Knochen repräsentirt sein würden, was nicht gut möglich ist, wenn man die Theile noch so wohl in ihrer Verbindung erhalten findet, wie an diesem Stück. Ich halte \ iehnehr beide Knochen für Unterschenkelknochen, den etwas stärkeren für das Schienbein llif/ia), den schwächeren für das Wadenbein (phul(Q\ dann wäre der grosse schwere Oberschenkelknochen %erloren gegangen, und nicht minder der zar- tere Fuss mit seinen sperrigen Zehen. Nur ein Knochen ist von ihm noch da, ebenfalls ein stempeiförmiges Beinchen von der halben Länge der Unterschenkelbeine (Goldf. a. a. 0. k) und das lässt sich sehr gut als ein Plattfussknochen ansehen, wenn man die Analogie der vorderen Extremität als Massstab nimmt. Im Einzelnen ist übrigens die Form jener fünf Kno- chen ganz cüeselbe; sie sind, wie ich schon erwähnte, stempelförniig, in der Mitte stark ver- jüngt, nach beiden Enden kolljig verdickt, flach gedrückt, und am Ende abgerundet. Mit dem Zirkel gemessen, erscheinen sie völlig gleich lang, Q\ Linien, aber au ihren Enden ungleich breit; die vorderen fast 2^ Linien, die hinteren kaum 2 Linien. Darum halte ich jene für Schienbeine, diese für Wadenbeine. Das kleine Plattfussknöchelchen hat nur 4 Linien Länge und minder gleichförmige Enden; sein nach vorn gewendetes Ende ist kugelig gewölbt, das nach hinten gerichtete abgestutzt, ganz wie bei Metatarsusknochen oder Phalangen. — Für Rippen sind diese Knochen zu grade und zu dick gegen ihre Länge, und Beckenknochen können es ihrer Gestalt wegen nicht sein. Ich glaube vielmelu', dass das Becken weiter nach hinten lang und die ganzen Beine beim Einhüllen des Thiers vorwärts geschoben wurden; wäre das Exemplar länger geblieben, so würden Oberschenkel und Becken sich wohl zeigen; sie rissen mit dem Schwanz ab, als der weiche faulige Leib schon im Schlamm lag und von den Wellen hin und her gewälzt ^^urde. Früher schon waren die Zehen verloren gegangen. Wenn die von mir g-eguljene DenUiiig der eben bescluiebeiien Knochen die riclilige ist, so liisst sich, mit Hinzuzieliuiig der anderen Exemplare, die relative Grosse beider Gliedmassen bestimmen, denn glücklicher Weise sind iiiuii die beiden Vorderarmknochen an eben diesem von Goldfuss Taf. III. Fig. 1. abgebildeten Exemplare erhallen. Letzterer hat sie niclit erwähnt und sein Zeichner fiilschhch als Rippen dargestellt; sie liegen an der rechten Seite nicht weil vom Oberarmknochen, und sind in der Figur ebensowenig, wie dieser, mit Buchstaben bezeichnet. Zwischen e. und m. bemerkt man sie abgerückt vom Körper im Gestein und davor die Hälfte des Oberarms, von einer Rippe, die sehr schlecht gezeichnet ist, bedeckt. Ihre grade Form, ihre genau parallele Lage, ihr mehr stempelfönniger Umriss und ihre geringere Grösse unterscheiden sie von den Rippen und lassen nicht zweifeln, dass es die Vorderarmknochen sein müssen; sie messen 2i Linien. Also verhalten sich der Unterschenkel zum Vorderarm wie 6^ zu 2\ oder wie 25 zu 10. — Nun hat bei dem grossen Exemplar, welches ich auf Taf. lil. Fig. 2. abbilden liess, der Vorderarm 6 Linien Länge, während der Oberarm 12 Linien lang ist; folglich muss dessen Unterschenkel eine Länge von 15 Linien gehabt haben, und wenn das Verhältniss vom Ober- schenkel zum Unterschenkel dasselbe war, Avie das Verhältniss vom Oberarm zum Vorderarm, so mass sein Oberschenkel 30 Linien oder 2^ Zoll. Wir haben hiernach folgende ungefähre Ver- hältnisse anzunehmen. 48 Exemplare. Länge des Kopfes. Länge des Obeiarms. Länge des Vorderarms. Länge des Oberschenkels. Länge des Unterschenkels. Das bei Goldfuss Taf. III. Fig. 1. abgebildete. Das von mir Taf. III. Fig. 2. abgebildete. 31'" 76'" 5'" 12'" 2^'" 6'" 12i'" 30'" 6i'" i5'" Bedenkt man, dass der Kopf der grösseren Individuen relativ etwas länger ist, als der mittleren und kleineren, so passt die gefundene Zahl der Kopfeslänge ziemlich gut zu der beob- achteten Grösse des grössten Kopfes, und wir erhalten dadurch, dass wir diesem grössten Kopfe auch den beobachteten grössten Oberarm beizugeben uns anderweitig für befugt hielten (vergl. §. 20.) einen neuen Grund, die Verhältnisszahlen vorstehender Tabelle für ziemlich richtige Grös- senangaben zu betrachten. Das ganze Bein war also über 2^ mal so lang, wie der Arm, und wenn, wie das Original von Taf. III. Fig. 2. darlhut, der Arm der grössten Individuen, mit der Hand, etwa 3 Zoll lang war, so halte dessen Bein mit dem Fuss eine Länge von 7 — 8 Zoll; es übertraf den ganzen Kopf nur wenig an Ausdehnung. Das wäre immer noch ein sehr kleines Bein für ein Amphibium! §■ 23. Ausser den TheUen des inneren Skelets von Archegosaiirus , welche wir bis jetzt kennen gelernt haben, findet sich noch ein Knochen vor, nämlich das Zungenbein (^os hyoklenm. Taf. II. III. a. b.l/J. Schon Goldfuss hatte es aufgefunden, aber irrthünilich als Theil des grossen Kehlschildes angesehen, und war dadurch zu der Annahme verleitet wor- den, dass dieses Kehlschild selbst Zungenbein sei. Es erleidet jedoch die völlige Trennung und Selbständigkeit beider Knochenplatlen gar keinen Zweifel mehr, denn man sieht nicht bloss Taf. III. Fig. 3. die offene Lücke zwischen ihnen (u. und d.), sondern es ist in der Re- gel das Zungenbein über die Kehlplatte geschoben (Taf. II. Fig. 1.2.6.), was nicht der Fall sein könnte, wenn beide nur ein und derselbe Knochen AAären. Das eigentliche Zungenbein liegt vor der Kehlplalte hinten zwischen den Aesten des Unterkiefers und scheint im ganz normalen Verhältniss von der Spitze der Kehlplatte, um mich dieses passenden bergmännischen Ausdrucks zu bedienen, unterläuft zu werden. In Folge der Versteinerung können nach ilirer Anordnung beide Knochen auf dreifach verschiedene Weise sich verhalten; nämlich: 1) das Zungenbein und die Kehlplatte bleiben in richtiger Lage gegen einander, werden aber durch den senkrechten Druck fest aneinander gepresst, und er- scheinen nun als ein Knochen. So beobachtete sie Goldfuss (a. a. 0. Taf. III. Fig. 2.). — 2) Das Zungenbein wird nach vorn, die Kehlplatte nach hinten verrückt, und es erscheint eine Lücke zwischen beiden. So sah es Goldfuss bei Fig. 1. Taf III. und ich in Fig. 3. Taf. III. — 3) Das Zungenbein wird nach hinten oder den Seiten verschoben und liegt auf oder neben der Kehlplatte; so sah ich es in den Originalen von Fig. 1.2. S.u. 6. Taf. II. meiner Schrill. — : 49 Wie namentlich diese eben cifirten Abbildungen lehren, ist das Zungenbein eine herzförmig gestaltete Knochenplatte, deren Spitze nach vorn gerichtet ist, wahrend die ausgebuchteten Endlappen seitwärts nach hinten aus einander stehen. Das Vorderende bleibt gewöhnhch unter den Kopfknochen versteckt imd wurde von Goldfuss nicht erkannt; ich habe es ziem- lich vollständig an dem Original von Fig. 5. verfolgen können. Man sieht hier deutlich, dass es einen langen, dolchförmigen, flachrunden Fortsatz bildet, der die doppelte Länge des Zun- genbeinkörpers hat, und vorwärts bis in die Gegend der Augen reicht. Ganz vollständig war er nicht am Original von Fig. 5.; er kann also noch weiter nach vorn reichen, als ich es dort angedeutet habe. Die Spitze geht sanft und allmälig vom Körper aus und grade da, wo sie sich zu bilden beginnt, liegt im Körper der offene Ossificationspunkt. Hinter demsell:)en wird der Körper immer breiter und theilt sich nicht undeutlich in vier divergirende , durch seichte Ausbuchtungen am Hinterrande getrennte Lappen. Die Seitenlappen sind schmäler, spitzer, stark gewölbt und mit ihren freien Rändern herabgebogen ; die breiteren j\httellappen haben einen bogig begrenzten Endrand und eine älinliche aber flachere Läugswölbung. Da- durch erscheint die hintere Fläche des Zungenbeins 4 mal wellenartig gehoben und gesenkt. Sein Rand ist scharf und ohne Einsdinitte, obgleich in Fig. 3. Taf IL bei a. sich Zacken an ihm zeigen; das aljer sind Risse und Lücken im Knochen, nicht natürliche Formen. Neben den äusseren spitzeren Lappen des Zungenbeins liegen bei allen wohlerhaltenen Exemplaren zwei kleine zylindrische, gebogene, nach den Enden etwas erweiterte Knöchelciien im Gestein, welche sich durch eine ungemeine Glätte und sehr tiefe Farbe auszuzeichnen pflegen, biswei- len aber auch nur (so am Original von Fig. 3. Taf. III.) als Lücken im Gestein vorhanden sind. In diesen Knöchel eben erkennt man ungezwungen die Zunge ab einhörn er {cornua ossis hyoidei, bJf.). Sie sind kürzer als die halbe Breite des Zungenbeinkörpers, am Ende grade abgestutzt, vielleicht selbst etwas vertieft, was auf einen Ansatz, eine Art Epiphyse deutet. Goldfuss hat auch diese Knöchelchen mit Unrecht als unmittelbare Theile der äusseren Zun- genbeinspitzen angesehen; ich konnte die Lücke zwischen ihnen und dem Körper nie verken- nen. Kiemen, die er daneben beim Original von Fig. 1 . Taf IlL wahrgenommen haben will, suchte ich vergebens; zwar finde ich an demselben Exemplar einige schwarze zackige Flecken im Gestein, aber durchaus nicht die Anordnung derselben, welche Goldfuss ihnen giebt. Ich halte diese Fetzen für Haultheile: wahrscheinlich sind es die freien Ränder der Kehlhaut- falten, welche dem Archegosaurus , als Schuppenträger, ebensogut eigen sein konnten, wie den meisten der heutigen typischen Saurier. Das Zungenbein von Archegosaurus passt genau zu keinem Zungenbein lebender Am- phibien. Nur die typischen Saurier haben eine stark verlängerte Spitze am Zungenbeinkör- per, aber sie ist viel feiner und der Körper schwächer; daneben treten lange, feine, fadenför- mige Zungenbeinhörner in doppellen Paaren auf. Auch die Schildkröten besitzen zwei Paar cornuu hijoidea. Ein Paar Ircffcn wir bei den Crocodilen und den nackten Amphibien; bei ersleren ist jedes Zuiigenbcinhorn zweigliedrig, bei letzteren nur- eingliedrig; aber der Zun- 7 50 genbeinkörper hat einen ganz anderen, nach vorn erweiterten, bei den Fröschen tief ausge- buchlelen Umriss. Nicht complicirter ist das eigentliche Zungengerüst bei den Salamandrinen und Ichthyoden, allein es weicht schon in der Form des schlanken, siempelfürmigen Zungen- beinkörpers sehr wesentlich vom Zungenbein des Archegosmirus ab, und dazu kommen noch die sehr grossen und starken Zungenbeinhörner. Sie tragen den Kiemenapparat nicht, sondern der Körper trägt ihn , indem er an dessen hinleres Ende mit gesonderlen paarigen Elementen seillich angefügt ist. Das Alles trifft fast in keinem Punkte mit dem Zungengerüst von Archc- gosaurus zusammen, und darum kann ich nicht glauben, dass Kiemen bei ihm vorhanden waren; vielmehr stellt sich sein Zungengerüst als eine ganz eigenlhümliche Form heraus, in deren An- lage durch die Grösse des Körpers die Crocodile, durch die verlängerte Spitze am Körper die Eidechsen, und durch die kleinen einpaarigen Hörner die Frösche hineinspielen. Im Ganzen muss die Zunge von Archegosauriis gross, stark, lang, nach vorn verschmälert, aber wohl un- gespalten und nicht sehr weit ausstreckbar gewesen sein. Dritter Abscliiiitt. Von den äusseren Bedeckungen und der Haut. §• 24. Die Anwesenheit eigenthünilicher Gebilde auf und in der Haut zu ilirem Schutze lässt sich l)ei Archegosuurus gar nicht bezweifehi; fast jedes auch noch so kleine Bruchstück seines Rumpfes giebt dazu die deutlichsten Belege. Es kann also insofern von einer Ueber- einstimmung wenigstens dieser Gattung mit den nackten Amphibien nicht wohl die Rede sein, Archegosuurus war gewiss nicht nackt, sondern er war von verschiedenartigen Pan- zerstücken und Schuppen bedeckt. Aber eben diese Verschiedenartigkeit ist es, welche im- sere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Sehen wir jetzt Haulbedeckungen bei Amphibien, so finden wir in den vorhandenen bei einer und derselben Art eine gewisse Uebereinstimmung, die eine durchgreifende Gruiidanlage verräth. Sind es knöcherne Schilder, wie bei den Schildkröten oder Krokodilen, welche in der Haut ihren Sitz haben, so zeigt uns zwar die äusserste Oberfläche noch eine gewisse Mannigfaltigkeit, z. B. bald einen hornigen festen, bald einen weicheren lederartigen Ueberzug darauf; allein die Schildbildang ist durchgreifend an allen Theilen. Ist dagegen, wie bei den typischen Sauriern oder Schlangen, nicht sowohl die in der Haut vorgegangene Knochenbildung des primären Organs der Bedeckung, sondern die auf der Haut liegende hornige Epidermidalschicht das eigenlliche Bedeckungsor- gan, so formen sich aus iln- Schuppen, Stacheln, Warzen oder kleine Täfelchen, zu denen die schwachen Knochengebilde in der Haut im untergeordneten Verhältniss stehen. Aber es giebt in der Gegenwart keinen Fall, wo diese beiden Hauptformen der Amphibienbedeckimgen gleichzeitig an demselben Thiere aufträten. Nichtsdestoweniger hat er existirt, und zwar eben bei Archegosuurus , wenn nicht bei allen Labyrinthodonten. Diese sonderbare, durch 52 den Verein heterogener Formelemente des Knochenbaues schon so merkwürdige Familie hat auch äusserlich denselben Charakter besessen; sie hat die Gegensätze der heutigen Amphi- bienbedeckungen in sich zu vereinigen gewusst. Eine kurze allgemeine Schilderung, der sich die besondere Betrachtung der einzel- nen Bedeckungsarten anreihen ^vird, mag uns von dieser Mischgestalt näher unterrichten. Der Kopf hatte keine anderen Bedeckungen, als die allgemeine Körperhaut, welche sich über sein Knochengerüst, so weit es mit superficiellen Sculpturen geziert ist, unmittelbar ausbreitete. Dass dem so sei, beweist nicht bloss die directe Beobachtung, sondern auch die Analogie lebender Amphibien, zumal der Crocodile. Ihre sculpirten Kopfknochen sind von einer festen, lederartigen Haut überzogen, die sich in unregelmässige Täfelchen oder Warzen sondert, auf deren Oberfläche, wie immer, eine glatte Epidermis sich befindet; aber sie zer- fällt nicht in besondere Schilder, wie bei den Schildkröten, Sauriern oder Schlangen, bei denen die Kopfknochen nie superficielle Sculpturen besitzen. Denn das strahlige Gefüge mit offnen Poren für die Blutgefässe und Nerven, was diesen Kopfknochen zukommt, ist etwas ganz anderes, als die radialfurchige oder grubige Sculptur mit glatter, grösstentheils geschlos- sener Oberfläche der Crocodile. Letztere findet sich nur bei Amphibien mit eigenthümlich bedeckter Haut und würde, auch wenn ^^ir nichts von den anderweitigen Bedeckungen der Labyrinthodonten wüssteu, zu der Vermuthung führen müssen, tlass dieselben keine nackte, sondern eine sei es gepanzerte, sei es beschuppte Körperhaut besassen. — Wäre die .Analo- gie der Crocodile weiter maassgebend, so würden sie gepanzerte Thiere gewesen sein müs- sen, denn sculpirte Kopfkuochen und Schuppenbildung finden sich dermalen nicht bei Amphi- bien vereint; aber die Labyrinthodonten sind das nur an einer einzigen Stelle, an der Kehle; im Uebrigen ^varen sie beschuppt. Dort sieht man bei allen gut erhaltenen Exemplaren von Archegusaurus drei grosse Kuochenplatten mit superflcieller Sculptur, von denen nicht be- zweifelt werden kann, dass sie Hautknochen sind, ähnlich den Panzerschildern der Crocodile. Weiter ist bis jetzt keine Stelle des Körpers ermittelt, die Panzerstücke getragen hätte; auch scheint in der That, wenigstens bei Archegusaurus, den übrigen Rumpf nur ein homogenes, gleichförmiges und zartes Schuppenkleid bedeckt zu haben. Weniger bestimmt lässt sich das- selbe von den späteren Labyrinthodonten behaupten; wir wissen nur, dass sie jene drei grossen Kehlschilder ebenfalls hatten, aber von ihren Schuppen so wem'g, als von ihrer an- derweitigen Panzerbildung, etwas Genaueres. Doch scheint das häufigere Vorkommen ver- schieden gestalteter knöcherner Schilder für eine weitere Ausdehnung des Panzers bei ihnen zu sprechen, obgleich ich eine so allgemeine Panzerbildung, wie beim Crocochl, doch nicht für wahrscheinlich halte. Darf man also nach dem allgemeinen Eindruck urtheilen, so würde man sagen kön- nen: die äussere Bedeckung des Archegosaurus sei am Kopfe crocodilartig, an der Kehle schildkrötenartig, auf dem üljrigen Körper eidechsenartig gewesen; schildkrö- tenartig indessen nur insofern, als der Brustpanzer der Schildkröten auf das Brustbein sich — 53 stützt und jene Kehlplaften der Labyrinthodonten auf dem Schultergürtel rubelen, ibn ^venig- stens zum Theil bedeckten. Indem \vir zur Betrachtung dieser verschiedenen Bedeckungen im Einzelnen gehen, beginnen wir dieselben mit jenem sonderbaren Kehlpanzer, weil was von den Bedeckungen des Kopfes gesagt werden kann, schon bei der Kopfknocliensculptur erwähnt ist, und die Koptliaut selbst sich an keinem einzigen Exemplar erhalten hat. §.25. Der Kehlpanzer von Archegosaurus besteht aus drei grossen Knochenplatten (Taf. II. III. d. und e, e.), einer mittleren rautenförmigen, und zweien seitlichen länglich dreieckigen. Die mittlere Kehlplalte reicht nach vorn bis zwischen die Aeste des Unterkiefers, nach hinten bis dahin, wo das Schulterblatt liegt und übertritTt die seitlichen um mehr als ein Drit- tel in der Länge. Sie ist nicht ganz eben, sondern etwas nach unten gewölbt. Ihre voi'de- ren Seiten haben die Länge der Seitenplatten und sind fast doppelt so lang, wie die hinte- ren; ganz vorn trelfen sie nicht in einen Winkel zusammen, sondern bilden einen stumpfen Endrand, der abgerundet zu sein scheint. Derselbe liegt unter der breiten Fläche des Zun- genbeins und wird durch sie in den meisten Exemplaren verdeckt. Die beiden hinteren Rän- der vereinigen sich unter einem spitzen Winkel. Die Ränder selbst sind übrigens nicht ganz gradhnigt, sondern leicht nach aussen gebogen. Die innere hohle Fläche des Schildes ist eben und zeigt eine schwache radiale Streifung, wegen der ähnlichen Knochenstructur; die äussere ist ganz so wie die äussere Fläche der Kopfknochen, griiljig, streifig, radial gefurcht. Alle Furchen gehen vom Ossificationspunkte aus, sind flach und schmal keilförmig gestaltet, gegen das Centrum hin etwas tiefer, nacli aussen verflacht und gegen die Peripherie länger, als am Centrum. Letzteres liegt hinter der Mitte des Schildes, etwa auf |- seiner Länge, genau da, wo die Seitenschikler am breitesten sind und am Rande ihre Ossificationscen- tra haben. Die seithchen Kehlschilder zeigen einen länglich dreiseitigen Umriss, aber ebenfalls gebogene oder gar geschwungene Ränder. Die drei Winkel ihrer Ecken sind sehr ungleich: ein sehr spitzer hegt vorn, ein stumpfer nach aussen, ein weniger spitzer nach liinten. Die dem stumpfen Winkel gegenüberstehende Seite trifft mit iler entsprechenden vorderen Seite der mittleren Kehlplatte zusammen und greift über dieselbe so weg, dass beide miteinander eine Schuppennaht ergeben, deren innere Platte vom Mittelschilde, ihre äussere vom Seiten- schilde gebildet wird. Auf diese Weise traa;en die beiden Seitenschilder oleichsam das 5Iit- telschild. Vermöge gedachter Anordnung ist der innere Rand des Seitenschildes sehr scharf; der mit ihm nach vorn zusammentreffende äussere hat die grade entgegengesetzte Eigenschaft, er ist verdickt, aufgeworfen, und nach innen umgebogen, sonst aber ziemlich ebenso sanft geschwungen, wie der innere. Sein hinteres Ende geht über den stumpfen Winkel, welchen er mit dem hinteren Rande bildet, hinaus und verlängert sich in einem etwas kolbigeu Zapfen -54 (Taf. II. Fig. 6. e.e.) der frei absteht, sich nach oben hiaten und innen biegt und in der Schui- tergegend zum Nacken hinaufsteigt. Er ist gewöhdich nur als Lücke im Muttergestein erhal- ten, so auch in Fig. 1. Taf. IL, noch häufiger ganz abgebrochen, wie Taf III. Fig. 3. Hinter die- sem Fortsatz, der keine superficielle Sculptur mehr hat, also ganz im Fleische zu liegen scheint, steigt der S förmig geschwungene hintere Rand der Seitenkehlplatte hinab. Er ist der kür- zeste und übrigens ohne Auszeichnung; sein Ende Iritll genau mit der stumpfen Ecke des Miltelschildes zusammen. — Weiter ist von den Seitenschildern zu erwähnen, dass sie etwas stärker nach aussen gewölbt sind, als das Mittelschild, und dass diese Wölbung um so mehr zunimmt, je weiter sie sich dem äusseren Rande nähert. Dieser steht fast senkrecht gegen die Hauptfläche am inneren Rande. Es folgt daraus, dass die Seifenplatten nicht horizontal lagen, wie die mittlere Platte, sondern in hängender Position die Seiten des Halses umfass- ten. Mit ihrer Spitze reichten sie bis zwischen die Unterkieferäste, ihr geschwungener hinte- rer Rand lag vor der Schulter und ihr hinterer Fortsalz reichte über die Schulter weg zum Anfange des Rückens hinauf So schützten diese drei Platten wahrscheinlich die untere Fläche des Halses, wo die Luftröhre, der Schlund und die grossen Blutgefässe als höchst verletz- liche, aber für das Leben des Thieres ausserordentlich wichtige Theile sich befanden, wäh- rend die breit abstehenden kräftigen Halsrippen denselben Schutz von oben ausführten. Den beilförmigen Enden dieser Rippen scheint der äussere oder obere Rand der Seitenschilder in der Lage und Richtung entsprochen zu haben. Noch bleibt übrigens zu erwähnen, dass die Structur der Seitenplatten und ihre äussere Sculptur ganz eben so sich verhält, wie am MKtelschilde, dass aljer der Ossificationspunkt sich nicht in der Fläche des Schildes befindet, sondei'ii am oberen Rande, nicht weit vor seinem hinteren Ende, mit dem Ossificationspunkt des IMittelschildes in gleicher Höhe (Taf IIL Fig. 3.). Von hier strahlen sowohl die feinen Knochenkanäle, als auch die superficiellcn Keil- furchen nach vorn, unten und hinten in radialer Richtung zum Rande hin. Die Untersuchung der übrigen LabyrinlliodontengalUingen hat ergeben, dass ähnliche Kehl- plalten wohl bei allen vorhanden gewesen sind. Von Tremuiosaurus habe ich sie in ganz ana- loger Form nachgewiesen (a. a. 0. S. 49. u. 50.) und schon damals mich für ihre Allgemeinheit entschieden. Ob noch andere Stellen des Körpers der Labyrinlhodonlen gepanzert waren, hat sich mit Sicherheit bis jetzt nicht ermitteln lassen; bei Archcgosauriis scheint indessen die Kehle der einzige gepanzerte Theil ihres Rumpfes gewesen zu sein. §. 26. Rings um den Kehlpanzer, gleich wie an allen anderen Stellen der Runipfoberfläche, treten Schuppen auf, die die Haut allseitig bedeckt zu haben scheinen. Ihre Anordiumg ist auf dem Rumpfe die gewöhnliche der beschuppten Amphibien, d. h. sie gehen in schiefer Richtung zu beiden Seiten von der Mittellinie dos Rückens aus, und tretfen ebenso unter spitzen Winkeln in der Mittellinie des Bauches zusammen. Die Schuppenreihen laufen also auf 55 dem Rücken divergirend nach hinten, erreichen bald die Rumpfseiten, steigen an ihnen unter einem Bogen alDwärts und ^venden sich, dem Bauche nahe gekommen, nach vorn, bis sie auf der Bauchflache selbst wieder unter spitzen Winkeln zusammenstossen. Diese Anordnung ist aus Fig. 1. Taf. III., welche die freie Seite der Schuppen des Rückens darstellt und ebenda aus Fig. 2. 3. u. 4., an denen man die inneren, in der Haut befestigten Basalenden der Schup- pen des Bauches vor sich hat, deullicla zu entnehmen. Die drei letzteren Figuren zeigen auch, dass das Mittelschild des Kehlpanzers nach hinten von einem aus 12 — 16 Schuppen- reihen gebildeten Schuppengürtel umgeben war, in dem die Schuppen von beiden Seilen gegen die Mitte zu laufen, und erst an diesem Gürtel beginnen die schiefen Reihen der Bauch- schuppen. Ob auch die seillichen Kehlschilder von einem solchen Schuppengürlel umfasst wurden, liisst sicli bis jetzt nicht angeben. Die Schuppen selbst werden von den bisherigen Beobachtern verschieden geschildert. Goldfuss (a. a. 0. S. 10.) bezeichnet sie nur ganz im Allgemeinen als gekielte Zingelschup- pen und vergleicht sie mit den Schuppen von Pfycliozoon homalocephalum hinsichtlich ihrer Anordnung. Den Gürtel am Kehlpanzer lässt er aus Täfelchen bestehen. Ausführlicher hat J. Müller sich über das Schuppenkleid von Archegosaurus ausgesprochen (in d. Verhandl. d. naturf. Vereins d. Rheinlande. Bd. VI. S. 81. mit Abbildungen Taf. IV. Fig. 3.«.). Er sagt: „Die Schuppen sind zum grössten Theile lange bandartige Streifen, einzelne sind selbst bis „gegen 8'" lang, die meisten kürzer, 3 — 4'", und einzelne sind selbst nicht länger als breit. — „Gegen die Seilen hin werden die Schuppen immer kürzer, bis zum Elliptischen und Runden. „Indessen sind auch an anderen Stellen einzelne (runde) oder elliptische Schuppen zwischen „den längeren eingestreut. Auf den runden und elliptischen Schuppen bemerkt man mit der „Lupe feine concentrische Streifen. Die Mitte dieser Schuppen ist etwas höher." — Das äussere Anselm des von ihm a. a. 0. abgebildeten Handstücks, woraus ich Taf. III. Fig. 1. die deutlichste Stelle habe wieder abbilden lassen, entspricht allerdings ganz dieser Schilderung, weit weniger aber stimmt die Abbildung selbst mit dem Original überein. Die angeblichen Streifen von 8'" Länge haben hier zum Theil eine viel grössere Ausdehnung, sind schmäler, als im Präparat, und zeigen hur mitunter ein knotiges Ansehn, was ihnen am Original stets' zukommt; grade so, wie es in meiner Figur gesehen wird. Dies knotige Ansehn brachte mich bald auf den Gedanken, dass die langen Streifen aus den fest aneinander geschobenen Schuppen einer Reihe hervorgegangen sein möchten, und die weitere Untersuchung bestätigte meine Vermulhung; ich fand die aus der Reihe mehr oder weniger hinaustretenden Spitzen der Schuppen mid erkannte an der concentrischen Streifung sehr deutlich die Absetzung der- selben in jeder einzelnen Schuppe. Weiterhin, besonders nach den Seilen zu, lösen sich nun che Schuppen wirklich von einander ab, sie blieben auch im versteinerten Zustande isolirte, ovallanzettliche Körper, und ganz am Rande sah man sie nicht mehr oval, sondern auch als völlig kreisrunde Warzen mit einem Höcker in der Mitte. Diese kleinsten Schuppen haben den Durchmesser von einer halben Linie, die ovalen sind gegen eine Linie lang, die oval- 56 lanzetllichen bis anderthalb, selbst z\Yei Linien. Da wir nun in dem abgebildeten Prä- parat die Mittellinie des Rumpfes wahrnehmen, von ^Yelcher die Schuppenreihen nach beiden Seiten ausgehen, und dieser Mittellinie zunächst die längsten Schuppen stehen, so lag es nahe anzunehmen, dass der Rucken von Archegosaurus mit längei-en lanzettlichen Schuppen, die Seiten dagegen mit kreisrunden Ijedeckt gewesen seien , und dass zwischen diesen Gegen- sätzen der Form andere ovale Schuppen den allmäligen Uebergang bildeten. Ich will es hier noch unerörtert lassen, ob nicht diesem Augenschein auch eine an- dere Deutung gegejjcn werden könne, und mich zunächst zu der schon berührten Textur der Schuppen wenden. Da sieht man bald, dass die concentrische Streifung nicht allen Schuppen zukommt, sondern nur den kürzeren ovalen und kreisrunden, während die längsten, lanzettli- chen oft eine völlig glatte, der Länge nach scharf gekielte Oberfläche zeigen. Hie und da tritt neben der Spitze solcher Schuppen zugleich concentrische Slieifung auf, deren Anwesen- heit aber immer mit einer theihveisen Verletzung der Schuppe verbunden ist; man überzeugt sich durch vergleichende Betrachtung vieler Schuppen, dass jene Streifung nicht der Ober- fläche, sondern den Bruch flächen der Schuppe angehört, mithin die innere Structur der Schuppenmaterie darstellt. Die Schuppen bestehen aus einer blättrigen, schichtweise über- einander gelagerten Materie und zeigen somit deutlich das blättrig faserige Gefüge der Horn- substanz, aus welcher sie zweifelsohne bestanden. Ihre Oberfläche war also nicht gestreift, sondern glatt, massig gewölljt, der Länge nach scharf gekielt, an den Seiten gerundet abfal- lend, am Ende zugespitzt, mit sanfter Aljnahme des Kiels auf der Oberfläche gegen die Spitze hin; ihre Substanz bestand im Innern aus concentrischen Lagen dünner Hornblättchen, welche im zerbrochenen Zustande ein concentrisch gestreiftes Ansehn der Bruchfläche bewirken muss- ten. Indem, nach dieser Erfahrung, das warzige, genabelte Ansehn der mehr oder weniger kreisrunden Schuppen schärfer ins Auge gefassl wurde, zeigte sich an mehreren derselben sehr deutlich eine verschiedene Färbung der einfachen centralen "Warze und des peripheri- schen gestreiften Ringes; jene war heller und hatte die Farbe des Umhüllungsgesteines, die- ser die reine pechschwarze Farbe des Schuppenmaterials. Es Hess sich, nach Feststellung dieser Thatsache, nicht mehr daran zweifeln, dass die Sciiuppen hohl waren, dass sie aus einer tutenförmigen peripherischen lamellirten Hornschicht bestanden, dass sie in ihre innere Höhlung beim Versteinern Theile des Muttergesteins, welches sie umhüllte, aufnahmen und nun, zertrümmert und durchbrochen von der Gewalt, welche die Steinplatten auseinander riss, auf deren vormals verbundenen Flächen die Schuppen jetzt vor uns liegen, nur zum kleineren Theil ihre glatte Oberfläche behielten, meistens in der Hornmasse selbst zerbrachen und wenn die Bruchfläche etwas tiefer die Schuppen durchsetzte, auch den in der hohlen Schuppe steckenden Kern des Muttergesteins zur Anschauung brachten. Mit dieser Auffassung stimmt die genaue Untersuchung der Gegenplatte des Handstlicks völlig überein; sie zeigt uns für alle die Schuppen, welche auf der Hauptplatte erhaben hervortraten, entsprechende Vertiefun- gen, aber nur sehr selten die reine glatte Oberfläche der Schuppe, sondern gewöhnlich Reste — -57 des schwarzen kohligen Schuppenniaterials, die als abgelöste Theile der hornigen Schuppe an den Wänden ihres Abdrucks hängen blieben. Fehlt die schwarze Materie in der Vertie- fung des Abdrucks, so ist letzterer nicht gestreift, sondern glatt und öfters sehr bestimmt der Länge nach einmal gefurchet, welche Furche vom Kiel der Schuppe herrührt. Mitunter ist nur das Material des Kiels im Abdruck hängen geblieben, der übrige Theil der Schuppe hat sich sciiarf aus der Vertiefung hervorgehoben. Bei dieser Ansicht des fraglichen Präparates, deren Riclitigkeit eine allseitige Untersu- chung bestätigie, lag es nahe, anzunehmen, dass die grosse Formverschiedenheit der Schup- pen weniger von einem wirklichen Unterschiede in Grösse und Gestalt, den ich übrigens durchaus nicht ganz in Abrede stellen will, herrühren möchte, als vielmehr von der Art und Weise, wie sie beim Durchbruch des Gesteins zerbrochen wurden. Stand nämlich die oval- lanzettförmig gestaltete, tutenai'tig hohle, nach aussen gewölbte, mithin kegelförmig runde, nicht blattartig flache Schuppe senkrecht oder schief geneigt an der Stelle im Gestein, wo es zer- brach, so musste der Bruch nicht ihren Längenumriss , sondern eine ihrer Queiflächen dar- stellen, er niu.^ste bei ganz senkrechter Stellung der Schuppe kreisrund, bei geneigter Stel- lung elliptisch ausfallen, und beide Formen müssten, je nachdem der Bruch mehr der Spitze oder mehr der Schuppenbasis genähert war, in kleineren und grösseren Kreisen oder Ellipsen auftreten. Nur die genau nach der Längenachse abgedruckten oder durchbrochenen Schuppen konnten den wahren ovallanzettlichen Umriss der Schuppe zeigen. Ich kann nicht läugnen, dass mir die eben ausgeführte Auffassung des Präparates sehr zusagt, weil nur, wenn man sie zugiebt, es erklärlich wird, warum mitten zwischen den ovallanzettlichen, zu Streifen an- einander geschobenen Schuppen einzelne elliptische oder gar runde auftreten und andererseits zwischen den ovalen und kreisrunden Schuppen hie und da eine lanzettliche im Gestein liegt. Man braucht ja nur anzunehmen, dass im ersteren Falle eine oder die andere Schuppe auf- gerichtet stand, während die benachbarten niedergedrtickt lagen, und umgekehrt an anderen Stellen die eine flach niedergediikkt wurde, während die sie umgebenden in aufgerichteter Stellung vom Muttergestein umhiilK wurden. Sieht man so das Präparat an, so befänden sich hauptsächlich die Schuppen auf der Mitte des Rückens in niedergedrückter, die an den Seiten in aufgerichteter Stellung (lurchlirochon vor uns, und letztere zeigten uns eine um so kreis- ruiulere Form und eine um so geringere Grösse, je weiter sie von der Mitte des Rückens entfernt waren. Dies alles wäre sehr leicht zu begreifen, wenn man annehmen wollte, dass das hier versteinerte Rumpfstück noch seine natürliche gewölbte Form hatte, als es in das Muttergestein sich einbettete, denn bei einer solchen gewölbten Form des Rumpfes mussten ja grade die Schuppen auf der ISlitte des Rückens durch den Druck des aufliegenden Thon- schlammes heruntergepresst und zu Streifen aneinander geschoben werden, während die seit- lichen auf der schief abfallenden Fläche des Bauches stehenden durch eben diesen Druck mehr aufgerichtet und vorn nieder gehalten wurden. Unter solchen Umständen ward der Sphärosiderit fest und zerbrach später beim Anschlagen in der Ebene, wo er die geringste 8 58 Cohärenz hatte, d. h. im Niveau des Rückens, wo die meisten Schuppen flach lagen. Dieser Bruch riss die liegenden Rückenschuppen wagrecht, die steilstehenden Seitenschuppen senk- recht oder schief auseinander ; jene erscheinen also in ihrem normalen Umriss, diese in iliren Querschnitten, welche um so kleiner sind, je näher der Spitze der Schnitt geführt wurde, d. h. je tiefer die Basis der Schuppe unter dem Niveau der Bruchfläche sich befindet. Wurde die Schuppe selbst gar nicht mehr vom Bruch berührt, so erscheint auf ihm zwar nicht ihre feste Substanz durchbrochen, wohl aber die von der Schuppe aus in das Umhüllungsgestein eingedrungenen organischen Extracte als Schatten oder dunklere Farben und daher rühren, wie ich glaube, die vielen kleinen unregelmässigen, dunkleren Tüpfelchen, welche man ausser- halb der wirklichen Schuppen und ilirer Theile in dem genannten Handstück bemerkt. Sie sind die petrificirten organischen Exlractivstoffe der einzelnen Schuppen und können zwar auf diese Weise ganz gut, nicht füghch aber auf eine andere Weise erklärt werden ; man müsste denn annehmen wollen, dass an den Stellen, wo sich diese Schatten finden, nicht hornige und feste Schuppen standen, sondern weiche Warzen, die keinen festen Rückstand nach dem Zer- setzungsprocess hinterliessen, dem die organische Substanz aller Organismen durch die Petri- fication unterliegt. Unter den lebenden Amphibien scheint mir die Schuppenbildung der Monitoren sich am meisten dem geschilderten Bau der Schuppen von Archegosaurus , wenigstens im äusseren Ansehn, zu nähern. Die Schuppen dieser Eidechsen sind ovale, auf der Dorsalfläche des Rum- pfes und der Gliedmassen scharf gekielte und gewölbte Hornschilder, welche, von successiv kleinereu warzenartigen Höckerchen umgeben, durch eine weichere Bindehaut in einander über- gehen. An den Seiten des Rumpfes nimmt ihre Grösse, doch höchstens um ^ des Längendurch- messers ab, am Bauch steigt sie wieder, die Schuppen werden hier flacher, parallelogrammati- scher. Nur in den Gelenkfalten und an der Gurgel, wo der Hals in die Brust übergeht, sinkt ihre Grösse bis auf \ des mittleren Längendurchmessers der Rückenschuppen. Am hinteren Ende des Kiels zeigen die Rückenschuppen einen zum Theil offenen Porus, gleich als ob ein Schmier- oder Haarbalg darin steckte. Schneidet man von einer Schuppe die gewölbte Oberfläche ab, so bemerkt man dieselbe concentrisch streifige Textur ihrer Hornsubstanz, welche ich an den Schup- pen von Archegosaurus wahrgenommen habe, aber keine centrale Höhle; die ganze Schuppe ist solide, doch sind ihre inneren Kernschicliten lockerer gefügt und bestehen aus Forlsetzungen der Cutis, nicht aus der Hornmasse der Epidermis. Wir müssen also annehmen, dass diese lockere centrale Masse an den Schuppen von Archegosaurus schon vor der Petrification völlig ausgefault war und dadurch jener hohle Raum im Innern entstanden ist. §. 27. Nur in seltenen Fällen hat man Gelegenheit, die Schuppen mit ihrer frei liegenden äusseren Oberfläche zu sehen; das von J. Müller und mir abgebildete Stück ist das einzige der Art, welches bis jetzt aufgefunden wurde. Dagegen sieht man sie sehr häufig und an den meisten Exemplaren von ilirer inneren Fläche, mit welcher sie an oder in der organi- 59 sirten lebendigen Haut, der Cutis, sassen. Sie gewähren in dieser Stellung einen völlig von der vorigen Scliilderung verschiedenen Anblick und bedürfen deshalb auch von ihrer inneren Seite einer näheren Beschreibung und Erklärung. Nirgends habe ich sie in dieser Stellung deutlicher beobachten können, als an der unteren Hälfle des schönen Exemplares, welches ich auf Taf. III. in Fig. 3. u. 4. habe abbilden lassen ; besonders an dem Hauptabdruck in Fig. 3.; weniger gut an dem in Fig. 4. abgebildeten Gegendruck. Hier erscheinen nun die Schuppen als lange schmale, beiderseits zugespitzte Lanzetten von 2\ bis fast 3 Linien Länge, welche nach der Richtung der Schuppenreihen schief mit ihrer Längenachse gegen die Mittellinie ge- stellt sind. Die dem Kopfende des Thieres zugewendete Hälfte der Lanzette ist ihrer ganzen Länge nach ausgehöhlt, an dem beiderseits aufgeworfenen Rande abgerundet und mit dem äussersten vordersten Ende herabgebogen ; die entgegenstehende, dem Schwanzende des Thieres zugewendete Hälfte hat eine etwas grössere Breite, beträchtlichere Dicke in ihrer Substanz und lässt darum eine mittlere kegelförmige Höhle frei, die in diesen hintern Theil der Schuppe sich hineinsenkt. So vollständig mit ihren beiden verschieden geformten Hälften sieht man aber nur sehr wenige, einzelne Schuppen am Rande des Präparats ; von den meisten sind nur die vorderen ausgefurchten, offenen Hälften sichtbar, weil in der gedrängten Anordnung, in welcher die Schuppen auf einander folgen, jede vorhergehende Schuppe von der nachfol- genden um mehr als die Hälfte, und namentlich immer in ihrem dickeren hohlen Endtheil, verdeckt wird. Die frei sichtbaren vorderen Hälften liegen wie Dachziegel übereinander, die nach vorn gerichtete Spitze ist frei und in der tiefen Längsfurche, welche bald hinter ihr be- ginnt, liegt schon die Spitze der nächstfolgenden Schuppe, mit dem darauf folgenden allmälig breiteren Theile die Furche in der Grundhälfte der vorhergehenden Schuppe fast ganz ausfül- lend. Die Schuppen erscheinen in dieser Anordnung wie hohle, halbofi"ene Stacheln, deren Spitzen nach vorn und gegen die Mittellinie des Rumpfes gewendet sind, während ihre Basis in dem umhüllenden Muttergestein steckt. Diese scheinbare Basis ist aber nichts anderes, als die frei auf der Haut liegende, ovallanzettliche, gewölbte und gekielte Schuppe selbst; — was wir, bei der Betrachtung des Schuppenkleides von innen, als stachelförmige, schmale, zuge- spitzte, tief ausgefurchte Schuppe wahrnehmen, das ist die wirkliche Basis der langgestreck- * ten, tutenfönnigen, gewölbten Schuppe, der leicht aufgeworfene Rand der langen Tuteumün- dung, mit welcher die hornige Schuppe auf der fleischigen Haut sass, und durch ihn in die benachbarten Theile der die Schuppen verbindenden Epidermis überging. Diesen basalen Theil mitgerechnet, sind also die Schuppen auf der Mitte des Bauches in der That bis drei Linien lang, obgleich der gewölbte und gekielte, frei aus der Hautfläche hervorragende Theil nur die Hälfte dieser Länge einnimmt und kaum 1 ^ Linien Länge überschreiten wird. — Ich halje mich übrigens durch eine vergleichende Betrachtung davon überzeugen können, dass dieser frei aus der Hautfläche hervorragende, gleichsam äussere Theil der Schuppe gegen die Mitte des Bauches hin an den einzelnen Schuppen allmälig breiter und flacher wurde, mithin auch an dieser Seite des Körpers eine gewisse Grössendifferenz der Schuppen Statt hat; daneben 8* — 60 aber habe ich in dem auf oder in der Haut sitzenden gefurchten basalen Theil der Schuppe keine merklichen Grössenunterschiede wahrnehmen können. Am deutlichsten abgeplattet erschie- nen mir die Schuppen in dem Gürtel unmiKelbar hinler der mittleren Kehlplatte. Die kürze- sten aber an der Basis breitesten Schuppen, von fast kegelförmig warzigem Ansehn, fand ich in dem AVinkel der Brustgegend, wo der beschriebene Schuppenring hinter der mittleren Kehl- platle an die ersten schiefen Reihen stösst, welche unmittelbar von seinem Rande auf der Mi(te der Brust ausgehen. Diese warzenförmigen Schuppen bilden die Anfange von Schup- penreihen, deren spätere Schuppen schnell spitzer werden und bald das schlanke Ansehn der übrigen gewinnen. Die Abbildunor, welche Goldfuss a. a. 0. Taf. II. Fig. 4. gegeben hat, stellt die basale Seite der Schuppen von der inneren Fläche der Haut ziemlich kennllich, nur etwas zu kurz, dar, soll aber nach Angabe in der Figiirenerklärung die Sculptur der Kopfknochen vorstellen, mit welcher sie freilich gar keine Aehnlichkeit hat. Ich möchte annehmen, dass das ein Schreibfeh- ler ist. Für weniger gelungen niuss ich die Darstelking der Schuppen in Fig. 1. auf Taf. III. ebenda erklären; die einzelnen Schuppen sind viel zu gross im Vergleich mit der Grösse des Thiers. Die kleiner geschuppte Stelle dieser Figur, welche mit ii. bezeichnet und daneben unter 0. vergrössert gezeichnet ist, gehört nichl, wie Goldfuss S. 10. angiebt, zum Arc/icfjosniirits, sondern ist das Schuppenkleid eines Fisches aus der Familie der Ganoiden, dem auch die da- zwischen liegenden Gräten (/) und gegliederten Flossenstrahlen angehören. Man sieht auf die- sen kleinen rautenförmigen Täfelscluippen noch sehr deutlich die emaillirte Oberfläche, welche den Schuppen von Ar(/ie