FIERYG ETW | “Vet GE» RE 26 . BR ’ R A y \ Re Gr er F auf. he u ” x ’ 2 4 Be . 2 Fon y R ö # a Y ET 9 ‚ u - zB y d ä ee a a ei ° z A a . Pr R B: S . ee a Ri B-.: r Rn a‘ ö "Bu ) eL Mar | DIE | od, e . ; r- Ä © Fr | Er‘ LEHRE vsox HAAREN IN DER @ , t ” GESAMMTEN ORGANISCHEN NATUR. . n pr BR, En | : 2 TE _ «. .‚Wollständig bearbeitet f3/‘« | L er & Fr von \s a ‘ ” w a. D; Burkarv Eblıe, x ..% k. k. Ober-Feldarzte und Prosector der medicinisch - chirurgischen Josephs=4 Akademie, und Mitglied der kaiserlich - Leopoldinisch - Carolinischen Akademie _ der Naturforscher. EB rs #en,..B aun.nd: Haare der Pflanzen und Thiere.. Mit 422 Abbildungen. Niet late vom 3,.G MW e'u ber. QOuäenam igitur eorporis humani particula pilo ereditur simplieior? Attamen hie ipse, si sedulo exploratur, eam ostentat operosissimi moliminis pulchritu- dinem, ut ad absolutum ejus intellectum animo conciliandum non aetas ho- minis, non sufliciat omnis diligentia ! Herrmanni Boerhaave sermo academicus: de comparando certo in physicis p. 30, \s= 5 Seiner ER dem Hoch- und Wohlgebornen Herrn Herrn Andreas") os eihh Freyherrn von Stifft, der Philosophie und Medicin Doctor, Commandeur des königl. ungari- schen $t. Stephans- Ordens, Inhaber des silbernen Civil- Ehrenkreuzes, Grossband des königl. französischen $t, Michael- Ordens, Commandeur des kaiserl, brasilianischen Ordens vom südlichen Kreuze, ferner des kö- nigl. portugiesischen Christus-, des königl. sicilianischen $t. Ferdinands- und Verdienst-, so wie des königl. sächsichen Civil - Verdienst - Ordens; Ritter des königl. preussischen rothen Adler- Ordens zweyter Classe, und des Civil- Verdienst - Ordens der königl. baierischen Krone; k. k. wirkli- chem geheimen Rath, dann Staats- und Conferenz - Rath, erstem Leib - und Protomedicus, Director der medicinisch - chirurgischen Studien und Präses der medicinischen Facultät, Indigena des Königreichs Ungarn, Landstand von Tyrol und Steyermark, Ehren - Mitglied der medicinisch - chirurgischen Josephs- Akademie, ausserordentlichem Ehrenmitgliede der mährisch - schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, Eh- renmitgliede der k.k. Akademie der bildenden Künste in Wien, der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften und des vaterländischen Mu- seums in Böbmen, dann Mitgliede der k. k. Landwirthschafts- Gesellschaft zu Wien, und der gelehrten Gesellschaften zu Venedig, Padua, London, Petersburg, Benn u, s. w. Bi tiefste@r Vemehrung gewidmet vom Verfasser, BRARVIS a OR Wr OT = Indem ich hiemit der literarischen Welt dieses Werk übergebe, muss ich vor Allem das Bekenntniss able- gen, dass es eigentlich mein verehrter ehemaliger Leh- rer, unser leider der Wissenschaft und Menschheit zu früh entrissener Professor Hartmann war, der in mir die erste Idee davon weckte, indem er vom Lehrstuhl herab die Nothwendigkeit einer gründlichen und umfassenden Bearbeitung dieses Gegenstandes als wahres Bedürfniss unserer gegenwärtigen Zeit seinen Schülern ans Herz legte. War mir ohnehin jedes sei- ner Worte theuer, so machte diese Aufforderung schnell den tiefsten Eindruck auf mich, und ich be- schloss, so fremd dieses Gebiet, in dem ich arbeiten sollte, mir auch war, alsbald Hand ans Werk zu le- gen. Anfangs wollte ich diese Arbeit zum Gegenstand meiner Inaugural-Dissertation machen; aber je mehr ich mit der Sache vertraut wurde, desto schwieriger zeigte sich das Unternehmen, und desto weniger schien es zu einem solchen Zwecke geeignet. Denn VI ‚Vor rNead'e. es sollte ja etwas Besseres, etwas Vollkommeneres werden, als die bisher meist als Dissertationen er- schienenen Schriften über die Haare; und was dhs Wichtigste ist, es sollte dem gegenwärtigen Standpunct unserer Wissenschaft in jeder Hinsicht entsprechen. Diess wohl erwägend, verkannte ich nicht, wie viel ich dabey wagte; aber je grösser und schwieriger die Sache vor mir stand, desto stärker wirkte ihr Reiz auf mich. So sind nun beynahe acht Jahre ver- strichen, seit ich Materialien zu meinem Gebäude zu sammeln anfing, und ich übergebe es heute fertig dem Publikum, wahrlich nicht ohne Bekümmerniss: es möchte theils die Grundfeste zu locker gelegt, theils zu viel Material verschwendet, theils hie und da im Einzelnen gefehlt, theils endlich in der Neuerung zu kühn vorgegangen seyn. — Was mich jedoch in al- len diesen Beziehungen tröstet, ist der Gedanke, mit meinem möglichsten Fleisse ein Werk über die Haare verfasst zu haben, welches alle bisher erschienenen entbehrlich macht, undüberdiess noch den ganz beson- dern Vorzug hat, dass es den Gegenstand in seiner To- talität, in seinem ganzen Umfange zu begreifen strebt. Denn nur auf solche Art schien es mir möglich, der wahren Bedeutung der Haare auf die Spur zu kom- men;, (sie ganz zu ergründen, muss ich grössern Män- Wioeirte d € vl nern überlassen) nur so konnte ich diese, seither gleichsam verachteten, organischenGebilde zu höherm Werthe emporheben, und ihnen eine bessere Stellung sichern. In der Ausführung des Einzelnen bin ich auf manche Rüge gefasst; namentlich werde ich Vielen zu grossen Werth auf die Meinungen der ältern und ältesten Aerzte gelegt, und dadurch zu einer wort- reichen Breite Veranlassung gegeben haben. Diese mögen bedenken, dass ich eine Monographie und keine Dissertation schrieb, und dass ich der Meinung bin, es solle sich kein Autor ohne gründliche Benü- tzung der Alten an etwas Neues machen. Wie man- che für neu gehaltene Erfindung würde dann in ıhr Nichts zurückfallen! — Insbesondere aber sehe ich nicht ohne Besorgniss dem Urtheil über die Classi- fication und überhaupt über die weite Ausdehnung, welche ich den Thierhaaren gegeben habe, entgegen, und werde mit Freude jede ernste kritische Belehrung hierüber empfangen, Um dem Ganzen die mir möglichste Vollkom- menheit zu geben, habe ich, wie gesagt, in jedem Thema alle die Ansichten und Meinungen zusammen- gestellt, welche vom Anbeginn unserer Wissenschaft bis auf diese Stunde von den berühmtesten Aerzten vnuI neo» # e de und Naturforschern gehegt, und in ihren Schriften niedergelegt wurden. Diess mag nebstbey auch noch das Gute haben, dass dadurch das Eigenthum eines Jeden vor fremdem Eingriffe gesichert wird. Natür- lich stiess ich aber dabey häufig auf grosse Irrthü- mer, namentlich in anatomischer Hinsicht, wo theils nur auf leere Hypothesen gebaut, theils vom Mi- croscop verführt, der Einbildungskraft ein zu weites Feld gelassen, theils endlich ohne die nöthige Be- schränkung Beobachtungen aus dem Thierreich ent- lehnt, und auf den Menschen geradezu angewendet wurden, Es war mein Plan, sowohl die Pflanzen - als auch die Thier- und Menschenhaare nach einer drey- fachen, nämlich in naturhistorisch-anatomischer, phy- siologischer und pathologischer Rücksicht abzuhan- deln. Allein bey «er niedrigen Örganisationsstufe , auf welcher die Haare der Pflanzen, und mitunter auch die der Thiere stehen, treten einerseits die vitalen Erscheinungen nicht so klar vor die Sinne, anderer- seits lassen sich ihre krankhaften Processe kaum ah- nen. So kam es, dass eigentlich nur bey den Haa- ren des Menschen, als den vollkommensten, auch die pathologischen Verhältnisse zweckmässig durchge- führt werden konnten. waere de. IX Die beygefügten zahlreichen Abbildungen sind, mit Ausnahme von sechs, alle der Natur möglichst treu abgenommen worden, und ich schmeichle mir, hierin alle meine Vorgänger übertroffen zu haben. Ich habe zwar in der medicinisch - chirurgischen Zeitung (Februar 1828) einen Aufruf an die Natur- forscher und Aerzte ergehen lassen, und sie darin um Mittheilung interessanter, auf die Haare sich be- ziehender Beobachtungen ersucht; allein, so sehr ich von dem freundschaftlichen Wohlwollen wenigstens einer grossen Anzahl derselben für mich überzeugt bin, so ist mein Aufruf doch so zu sagen vergebens geschehen. — Doch kann ich nicht umhin, die be- sonders gültige Belehrung zu rühmen, mit welcher Herr Hofrath und Professor Dr. Oken mich beehrte; so wie ich andererseits die höchste Bereitwilligkeit mit gebührendem Danke erkenne, die ich jederzeit bey Herrn Regierungsraih und Director Ritter von Schreibers, HerrnFreyherrn von Jacquin, dann bey demHerrn CustosNattererund InspectorKollar am hiesigen Naturalien - Cabinette fand; nicht zu ge- denken des edlen Eifers, mit welchem mir dieHerren Professoren unserer Akademie selbst an die Hand gingen. Insbesondere aber danke ich meinem sach- kundigen Freunde Dr. Unger eine grosse Anzahl X EU .a © 8 Jeldie von Originalzeichnyngen der Pflanzenhaare, so wie auch der Aufsatz: »Ueber das krankhafte Ver- halten der Pflanzenhaare« sein Werk ist. Somit hoffe ich wenigstens kein nutzloses Werk unternommen, sondern unsere Wissenschaft mit einem würdigen Beytrag vermehrt zu haben. Geschrieben zu Wien im May 14831. Der Verfasser. der Herren Subscribenten. Aussdräch Johann, k.k. feldärztlicher Gehülfe im Husaren-Regimente Fürst Lichtenstein Arnold’sche Buchhandlung in Dresden { Balogh Dr., k. k. Regiments - Feldarzt im Chevaux- Bege Regimente Fürst Rosenberg BischoffJ. R., k. k. Rath, Sıtabs- PREPEM und Prokson Commandeur erster Be des kurfürstl.-hessischen Haus- ordens vom goldenen Löwen Böhm Dr. Ferdinand, kk. Bee Feldarzt i im FR goner- Regimente Knesevich 5 Buchinger, k. k. Oberfeldarzt im REN aa Baron Strauch Cnobloch’sche ek kendlane in Leipzig Cöls, Landrath und Polizey-Director in Achen . Cotta’sche literar. artist. Anstalt in München Finke G., Buchhändler in Berlin Garthe’sche Buchhandlung ın Marburg Gläsers’sche Buchhandlung in Gotha s 2 Göbel Dr., k. k. Regiments - Feldarzt im Infanterie - Regi- mente Watlet R Götz Wilhelm Dr , in a am Rhein 3 Gräff Dr., k. k. Regiments - Feldarzt im Palatinal-Husaren- TERN Hauer Dr.,k k Rath EA ende: RER Feldarat an General - Commando zu Drag }, ä a £ A Heyse’sche Buchhandlung in Bremen Hieronymus Dr. von, grossherzoglich.- Mehlenhurgisch Strelitzischer Ober- VOR OKI Rath Hirschberg Dr. von, k. k. Ber: im N terie-Regimente Graf Gyulay . & . Hirschwald’sche Buchhandlung in Berlin Högg Dr., k. k. Regiments-Feldarzt im REN Fürst Lichtensiein E ; > . Horvath'sche Buchhandlung in Das; m Anzahl der Exemplare illum. schw. — 1 — 1 u 1 Zu 1 n — 1 2 3 — 1 1 = En 1 1 a — 2 1 Be = 1 rg 1 — 1 P—Zz 1 De 1 m. _ 1 — 1 —_ XII Verzeichniss der Herren Subscribenten. Anzahl der Exemplare illum. schw. Huber et Compagnie, Buchhändler in St. Gallen. . I—| ı Karger Anton Dr.,k. k. Regiments-Feldarzt und Opera- teur im Infanterie-Regimente Mariassy { Kaufmann Edler von, Dr. der Medicin 1 1 Ser Ketterer Dr., k. k.Rath, dirigirender Stabs- Bela bey inner - österreichischen General - Commando und Ritter des k. sieilianischen St. Georgs-Ordens . N Klein, k. k. Ober-Feldarzt im Infanterie- Bennehte NL. N 3 == 1 J. Fr. Korn’sche Bochbanulang. für a königliche re sitäts- Bibliothek in Breslau : h 3 R 2 af. — Dieselbe Buchhandlung noch - \ ; pe 1 Kottmayer Dr., k. k. Stabs-Feldarzt zu Tin 1 Langer Wenzel Dr., k. k. Regiments - Feldarzt ım ‚Che. vaux-legers Regimente O’Reilly . s ; Ä - 1 7 — Laupp’sche Buchhandlung in Tübingen wi Marasse Christoph, k. k. feldärztlicher Gehüilfe i ım In- fanterie-Regimente Baron Hohenegg . u 1 Maschka Dr., k. k. Regiments-Feldarzt im heiten Bekit mente Baron Kutschera . . . . . 1 Maxilian Dr., k. k. Physicus der Pancsowaer-Communiätf 1 Müller et Comp., Buchhändler in Amsterdam 8 Nestler’sche Buchhandlung ın Hamburg 1 Nicolas’sche Buchhandlung in Berlin ! 5 N 1 — — — dieselbe für den Verein zur Beförderung des Gartenbaues ın den k. preussischen Staaten . 1\ — Nolden Dr., k. k. Regiments-Feldarzt im Gradiskaner Grän.- Besimente x ; ‘ ; 1 — Oswald Aug. Buchhändler in , Heidelberg \ a Petelenz, k. k. feldärztlicher Gehülfe im sen Be mente ? { i I > er 1 Plahn'’sche Hichkandläng ın Berlin N h : . 11 — Pustet’sche Buchhandlung in Regensburg . . e — 1 PAD E — — ın Amberg . - . . 1 = Rackhorst'sche Buchhandlung in Osnabrück Ne 14 Reıtzel’sche Buchhandlung in Copenhagen Kae 1 Riegg Dr., k.k. Regiments-Feldarzt im Husaren- Bekieente Geramb k x A Rıess Ludwig Dr., k. k. N im ee Regimente Prinz Leopold beyder Sicilien . . - 1 I Rınglhann Dr., k, k. Stabs.Feldarzt in Mantua . ! a Rudolphi Dr., k. preussischer geheimer Ober-Medicinal- Rath und Drofciebe $ ; . dr, Sax Aloıs Dr., k. k. Reptaanes: Ba im eliiner Gränz- Regimente . A 5 ’ 5 AN Verzeichniss der Herren Subscribenten. Anzaklrder Schindelmayer Dr., k, k. Stabs-Feldarzt zu Venedig Schmid- und Grucker’sche Buchhandlung zu Strassburg Schubert Anton, Dr., k. k, Regiments-Feldarzt im In- fanterie-Regimente Fürst Bentheim Söllner Lothar, Dr., k. k. Regiments - Re. im In- fanterie- Kernen Herzog zu DE Sommer Anton, k. k. Ober-Feldarzt im Infanterie- Regkl mente Era Albrecht Stahel’sche Buchhandlung in Worin 3 i Storch Wenzel . . | : k Strecker’sche ren: in Wessbies Tschöppern, Dr., k. k. Bath und dirigender Shen Feld. arzt zu Lemberg E Fr, Volke’sche Heskhandlane in Wien L. Voss Buchhändler in Leipzig Weber Dr., k k.Rath und dirigirender Stabs- Keldara Bas Berater General-Commando . A E : Weber’sche Buchhandlung in Bonn Werneck Dr., k. k. Regiments - Feldarzt im ae Re- gimente Rhein von Baden Westinger Dr., k. k, Regiments - Arzt Be Öberatikr im nenne Bakonyı ; ; Wurm Dr., k.k. Regiments-Feldarzt im EEEN Besneinie Graf er Gyulay Zenger Wenzel, k. k, Ober Eeldin im ersten Jän. Bataillon X Exemplare illum. schw. 1 ZEN 1 Ehre 1 — — 1 1 run 1 1 => 1 =. 1 1 Ban 1 1 10 Be 1 18 1 ze 1 1 u 1 ur 1 1 — Inhalt des ersten Bandes. Erste Abtheilung. Von den Haaren der Pflanzen überhaupt. Erster Abschnitt. Anatomische Bemerkungen. V Seite on den Pflanzenhaaren überhaupt - - y : 3 Begriff von einem Pflanzenhaar - ı - e = ee Ursprung und Bildung der Pflanzenhaare - Verchiedenartige Beschaffenheit derselben - - 5 Ob diese Haare immer Zwiebeln besitzen ? - 2 s 6 Ueber die Gefässe derselben - su Von den drüsenartigen Körpern, die sich häufig am Ursprung der Pflanzen finden - x R x E 7 Von der Form dieser Haare - - - = 2 X N Von den einfachen Haaren, Arten derselben - - = 8 Von den zusammengesetzten Haaren, Arten derselben - a 12 Terminologie der Pflanzenhaare. Unterschied zwischen Stachel und Dorn - - = 2 L & i 17 Vorkommen und Vertheilung der Haare - = - N 20 Verschiedenheit dieser Haare nach dem Alter - - = 25 Verschiedenheit dieser Haare nach dem Klima, Standort und # der Kultur = = = - A 3 2 96 Von der Farbe der Pflanzenhaare - - - - 4 28 Zweyter Abschnitt. Physiologische Bemer- kungen. Einleitung B - - E - _ = - 29 Verschiedenheit der physiologischen Verrichtungen nach den allgemeinen anatomischen Üharakteren - - - 30 Wachsthum der Pflanzenhaare = - - - - 32 Allgemeine Eintheilung ihrer Functionen - - 3 a 35 Von der Einsaugung der in der Luft, dem Wasser, und der Erde enthaltenen Flüssigkeiten - - - - _ @} xXVI Inh Baal Von der Aussonderung eigener, in der Pflanze bereiteter Stoffe 39 Von den Nebenverrichtungen in Bezug auf Schutz und Bede- ckung, auf das Befruchtungsgeschäft, genaue und anhal- tende Berührung zweyer Pflanzen, und endlich auf Zierde 44 Dritter Abschnitt. Ueber krankhafte Ausartung der Pflanzenhaare überhaupt. Etwas über das krankhafte Verhalten der Pflanzenhaare. Ueber die Bildung der Haare an der Oberfläche pflanzlicher Afterorganisationen . - = - - 54 Eintheilung der Aftergebilde in Auswüchse und Missstaltungen 55 Von der Behaarung der Zapfenrosen (Squamm atiıo) : — Von der Behaarung der Verkrüpplungen (Pteromata) k 56 Von der Behaarung der Fleischzapfen (Folliculi carnosi), der Sackgeschwülste (Bursae) - e > : au Von der Behaarung der Fleischgewächse (Sarco mata) 2 57 Von der Behaarung der Gallen (Gallae) - - - - Von der Behaarung der Masern (Tubera) - - E 58 Schlussfolgerungen - = B - - - — Literatur der Pilanzenhaare - = - a = — Zweyte Abtheilung. Von den Haaren der Thiere. Erster Abschnitt. A. Anatomisch - naturhi- storische Bemerkungen. Erstes Hauptstück. Von den Thierhaaren im Allgemeinen. Definition des Thierhaars > - - - - 63 Organisation, Form und Gestalt - - - - - 64 Beschreibung eines Tasthaars aus der Schnauze eines Ochsen - — Gestalt der Thierhaare - - - - - - 69 Weichheit, Härte, Glätte und Rauhigkeit - - 5 70 Richtung der Thierhaare. Gerade und krause Haare - - 72 Von der relativen Menge, Länge und Kürze der Haare an ver- schiedenen Theilen des Körpers - - - - 75 Verschiedenheit dieser Haare nach dem Geschlechie und dem Alter . x 2 3 = R a 77 Von der Mausser der Vögel, und dem Hären der Thiere - 81 Einfluss des Klima und der Jahrszeit auf die Haare der Thiere 85 Veränderungen, welche diese Haare durch die Lebensart der Thiere erleiden = = - - - - 88 DB h),a dr XVI Seite Von der Farbe der Thierhaare - s - R 2 94 Bezeichnung der verschiedenen Körperhaare - = = 94 Chemische Eigenschaften der Thierhaare - E z 97 Zweytes Hauptstück. Von denHaaren der Thiere insbesondere, d..nach denKlassen der letztern. Einleitung - > = 2 = a e a 97 Wirbellose Th i,e’re I. Haare der Zoophyten - - 2 2 . ? 98 Terminologie dieser Haare - - 2 3 100 Vorkommen der gewöhnlichen Haare bey den Zaren - 102 Vorkommen der Randhaare (Cilıa) E A 2 2 103 Vorkommen der Rankenhaare (Cirrhi) { 2 n 105 Vorkommen der Borsten (Setae)- - - & y une Vorkommen der Hornstacheln (Corniculi) - e £ Ben Vorkommen der Stacheln (Spinae) - . e 2 106 Vorkommen verschiedener dieser Arten an einem und demsel- ben Individuum : - e 2 x n E% 11. Haare der Eingeweidewürmer - - S £ 3 107 Ill. Haare der Medusen, Acal Er - - - e 108 IV, Haare der Strahlthiere - = £ s 2 a V. Haare der Anneliden - - - - 1 2 109 VI. Haare der Arachniden - . = P : 111 VII. Haare der Crustaceen t R VIII. Haare der Mollusken und Birchishacn - - : 113 IX. Haare der Insekten nach den einzelnen Ordnungen derselben 114 Thiere mit einer Wirbelsäule. X. Haare bey den Fischen e - - - 125 XI. Haare der Amphibien > - 3 e 127 XII. Haare der Vögel, Federn - - - ; d 128 Von den Federn insbesondere - - E u 130 Organisation der Feder, Kiel - 2 £ . 131 Schaft oder Ruthe - - - 2 h 133 Bart- oder Fasern - = = - s 135 Farbe der Federn - \ R E 2 137 Entstehungsweise und a der Federn 155 Schlussfolgen . > x 2 139 XII. Haare der Säugethiere nach ihren Olbenden - - 143 Haare der Affen - - i ä £ { 2 144 Haare der Fleischfresser - + - = - - 147 Haare der Nager - 2 i 2 x 1 A 130 Haare der Zahnlosen - - £ - - 3 152 Haare der Diekhäuter - = E L 2 KB) Haare der Wiederkäuer - - = - { 154 Haare der fischartigen Säugethiere - R 2 - 155 XVII aha Er Drittes Hauptstück. Von der Verschiedenheit der Thierhaare nach ihrer Textur. | > Seite Allgemeine Eintheilung dieser Haare i A. nach ihrem innern Baue, und B. nach ihrer Beweglichkeit - 2 x 157 Besondere Eintheilung der Säugethierhaare, als der voll- kommensten ın der Structur E - . - 158 Von den Wollhaaren - - - . e R 159 Von den Seidehaaren - - S & L x 162 Von den Borstenhaaren - - : N e , 165 Von den Hornhaaren - & - = E — 170 Von den Stachelhaaren - : - 2 a 171 Von den platten Haaren - = : F ; R 179 Von den gefleckien Haaren - & 2 P 5 181 Von den Tasthaaren - - = E 2 B 184 Schlussbemerkungen - a = R Ä S 188 Zweyter Abschnitt. Ueber den physiologischen Zweck der Thierhaare. Einleitung. Eintheilung der Verrichtungen 2 - s 192 Erstes Hauptstück. Von dem Nutzen der Thierhaare im Allgemeinen & r a « 2 a Zweytes Hauptstück. Von dem speciellen Nutzen der Thiere - . > 2 n - S 105 Eintheilung der speziellen Varrichtungen - - - Saal Von den Thierhaaren als Bedeckungsmitteln - - - 195 Von den Thierhaaren als Vertheidigungsmitteln - - 196 Von den Thierhaaren als Zierde des Körpers - - - 200 Von den Thierhaaren als Organe des Gefühls el RT - 205 Von den Thierhaaren als Organe der Bewegung - - - 210 Schlussbemerkungen - - - - - - 215 Dritter Abschnitt. Etwas über die Pathologie der Thierhaare. Bemerkungen über das Verhalten der Haare in den verschiede- nen Krankheiten der Thiere - a - - 219 Bemerkungen über das abnorme Vorkommen der Haare bey den Thieren - = = = - = 2 Literatur der Thierhaare n ® 2 - _ 22 Erste Abtheilung. Pılanzenhasre IR ann un Erster Abschnitt. Anatomische Bemerkungen. Von den Pflanzenhaaren überhaupt. Sr zenhaare sind alle jene röhrenartige Verlängerungen, welche auf der Oberfläche verschiedener Pflanzentheile aufsit- zen, stets aus einer oder mehreren, aus dem allgemeinen Zell- gewebe hervorspringenden Zellen bestehen, und ihrer äusseren Bildung nach den Haaren der Thiere mehr oder weniger ähn- lich sind. $. 2. Jedes Pflanzenhaar ist als eine oflenbare Verlängerung des Zellgewebes anzusehen, ist an und für sich selbst nichts anderes, als eine fortgesetzte Zelle. Diess scheint schon Mal- pighi gewusst zu haben, indem er sagt *): „es ist wahr- scheinlich, dass die Haare Anhängsel, und die letzten Ketten- zweige des Zellgewebes seyen.“ — Es ist aber nicht bloss die Epidermis, wie die meisten Schriftsteller glauben, sondern der gesammte Rindenkörper , der in die Bildung derjenigen zarten Organe eingeht, welche wir an der Oberfläche des gesammten oberirdischen Pflanzen- körpers wahrnehmen, und die wir Haare nennen. Damit soll jedoch nicht behauptet werden, dass die Oberhaut gar kei- nen Antheil an der Bildung der Haare nehme, sondern ich bin vielmehr der Meinung, dass wenigstens die einfachen Formen derselben aus ihr gebildet werden. Bei den mehr entwickei- ten Formen dagegen bildet sie offenbar nur den Ueberzug *) Opera posthuma. De pilis observationes p. 45. + 4 Von den Pflanzenhaaren überhaupt. über die aus dem Rindenkörper entspringenden, und vorwal- tend nach der Länge angereihten, mehr oder weniger regel- mässigen Zellen. Anmerkung. Der Rindenkörper findet sich seiner wahren Bedeutung nach nur in den höheren ausgebildeten Pflanzen, als den Bäu- men und Sträuchern, wo sich sein polarer Gegensatz in der Bil- dung des Holzkörpers äusserlich darstellt. Doch ist nicht zu läug- nen, dass sich wenigstens ein Analogon des Rindenkörpers auch in den Monocotyledonen und in den krautartigen Dycotyledonen vorfindet. Ueberhaupt unterscheidet sich der Rindenkörper durch folgende Merkmahle: Seiner Lage nach ist zu bemerken, dass er ‘ sich unmittelbar unter der Oberhaut ausbreitet, und mit dieser auf das innigste zusammenhängt. Rücksichtlich seiner Struktur besteht er bloss aus Zellgewebe ohne Spiralgefässe; seine Zellen selbst unterscheiden sich von jenen des Parenchyms durch ihren geringern Durchmesser, und durch ihre mehr gestreckte, ja zu- weilen auch unregelmässige Form. Ihr Inhalt zeichnet sich durch eine grössere Menge jenes harzigen Extractivstoffes aus, der die grüne Farbe der krautartigen Pflanzentheile hervorbringt. — Man mag nun dieses eigenartige Gewebe von bald grösserer bald gerin- gerer Mächtigkeit Rindenkörper nennen, oder nicht, oder diese Benennung nur für höher ausgebildete Pflanzen, bey denen sich ein förmlicher Holzkörper findet, vorbehalten, so liegt daran nisht viel; denn hier genügt es damit bloss den Ort zu bezeich- nen, in welchem jene Zarten Fortsetzungen der Oberfläche des Pilanzenkörpers, die man mit der allgemeinsten Benennung der Haare belegi, grösstentheils ihren Ursprung neh- men. Die Entstehung der Haare aus der Rinde ıst so auffallend, dass sich schwer unterscheiden lässt, wo jene anfangen, und diese aufhört. Meistentheils erhebt sich das Zellgewebe der Rinde mehr oder weniger an dem Orte, wo ein Haar entstehen soll, und wird nach Verschiedenheit der Pflanzen und des Haares entweder ge- streckter oder körniger. Dieses Zellgewebe bildet gleichsam die Unterlage, die Basis, aus welcher sich das zu entwickelnde Haar erhebt. Zuweilen bleibt es bloss bey dieser Production, das Zell- gewebe seizi sich in keine haarförmigen Verlängerungen fort, und so entstehen dann Tuberkeln, wie man diess bey der gemeinen Sonnenblume sehr genau verfolgen kann, wo Knötchen mit nicht entwickelten Haaren und solche mit entwickelten vermischt unter einander vorkommen. Eine höhere Metamorphose dieser Grund- lage zeigt sich da, wo das Zellgewebe des Rindenkörpers entweder erhaben, oder in sich selbst versenkt, eine mehr körnige Form annimmt, gefärbt wird (bei Echium vulgare und Chaerophyllum bulbosum), und sich auf diese Weise, wie wir später sehen werden, als drüsiges, der Ausscheidung eigenthümlicher Pflanzensäfte ge- wıdmetes Organ darstellt, Von den Pflanzenhaaren überhaupt. 5 Diess wäre demnach der Bulbus der Pflanzenhaare, ana- log dem der thierischen. Er zeigt sich somit als ein Convolut von mehr oder minder unvollkommenem Zellgewebe, aus dem sich unmittelbar das Haar erhebt. — Eine dritte Metamorphose eben dieser Grundlage ist jene, wo sich dessen Zellgewebe durch den ganzen Haarkörper hindurch bis an dessen äusserstes Ende hinzieht, und den Haaren auf diese Art eine grössere Steifheit gibt. Diese Form der Abweichung der Grundlage sieht man in den Gabelhaaren der Aspargia hispida. So verhält sich die Sache bey den mehr vollkommneren Haaren. Bey zarteren, einfacheren und kleineren Haaren hinge- gen scheinen nur einzelne, und zwar die oberflächlichsten Zel- len des Rindenkörpers sich zur Haarbildung erhoben zu haben; — in einigen Fällen endlich mag auch bloss die Epidermis an deren Bildung ausschliesslichen Antheil nehmen. Was bis jetzt in Bezug auf den Ursprung der Haare ge- sagt wurde, gilt ganz vorzüglich auch von den Stacheln; denn auch diese bestehen, ihren anatomischen Verhältnissen nach, bloss aus Zellgewebe, und sind ursprünglich nichts ande- res, als ein Product des Rindenkörpers, so zwar, dass der An- theil, den letzterer an der Bildung der Stacheln nimmt, noch bey weitem ersichtlicher ist, als in den Haaren. Auch das Ober- häutchen, das bey vielen Haaren als Ueberzug mehr problema- tisch ist, lässt sich hier ganz deutlich darstellen. Hieraus geht nun klar hervor, dass die Gränzlinie zwischen Haaren und Sta- cheln keine so feste, eigentlich gar keine wesentliche, sondern nur gradweise verschiedene sey. — *). $. 3: Nach der verschiedenen Beschaffenheit der sie bildenden Zellen und des in diesen enthaltenen Saftes sind die Pflanzen- haare bald weich, bald hart oder elastisch, bald durch - bald nicht durchscheinend, bald gefärbt, bald farbelos, bald ein- fach, bald gegliedert, oder aus mehreren Stücken zusammenge- setzt etc. Solche aus mehreren neben einander fortgesetzten Zellen bestehende Haare sah und beschrieb schon Kroker **) bey Papaver somniferum und dubium, und Rudolphi ***) bey Drosera rotundifolıa.. *) Siehe hierzu Taf. I. Fig: 1, 2, 3. **) Dissertatio de plantarum epidermide. Hal. 1300. 8. **#) Anatomie der Pilanzen. Berlin 18607. 6 Von den Pflanzenhaaren überhaupt. Die genannten Zellen, aus welchen das Haar besteht, und die bald einfach, bald zusammengesetzt, bald mehr oder weniger spitz, bald in einer horizontalen Linie fortgesetzt, bald Incheh einander nach aufwärts gelagert sind, scheinen in den meisten Fällen mit einem Safte angefüllt zu seyn, der hier ungefähr zu demselben Zwecke dient, welchen man dem sogenannten Marke der Thierhaare zuschreibt. $. 4. Guettard *) stellte die Behauptung auf, dass die Pflan- zenhaare jederzeit eine Art von Fussgestelle haben, welches mehr oder weniger die Gestalt einer Halbkugel hat. Doch findet sich diess gewiss nicht bey allen Pflanzenhaaren vor, und desshalb haben auch jene Naturforscher nicht Unrecht, die da behaupten: „dass sich bey der Mehrzahl der Pflanzenhaare keine deutliche Zwiebel, weder mitfreyemnochmit bewaffnetem Auge, bemerken lässt.“ $. 5. Ob Gefässe überhaupt, und welcher Art insbesondere in die Haare eindringen, ist bis jetzt noch von keinem Pflanzen- Anatomen entschieden worden. Rudolphi**) sah nie, auch bey den glücklichsten Einspritzungen sehr behaarter Pflanzen (wie Sonchus macrophyllus, Cucurbita Pepo etc.), wo die al- lerfeinsten Gefässe mit der gefärbten Flüssigkeit angefüllt wa- ren, die Haare selbst auch angefüllt, sondern farblos wie bis- her,, und folgert daraus, dass Sprengel Unrecht habe, wenn er glaubt, dass die Haare Verlängerungen der Schraubengän- ge seyen. Franz v. Paula Schrank ***) ist ebenfalls der entschiedenen Meinung, dass die Haare nicht Anfänge oder En- den der Ganäle, der eigentlichen Saftgefässe sind ****), son- dern aus dem Zellgewebe hervorkommen, und selbst aus die- *”) Memoires del’Academie de Paris 1745. p-263 in 4to und p. 371 ın 8vo, RA a0. ”**) Von den Nebengefässen der Pllanzen und ihrem Nutzen. Halle 1794. S. 87. "***%) Dennoch nimmt Meyen einen Seitenkreislauf auch in den Haaren an. Siehe Nova acta acad. Leopold. 2ter Thl. 13ter Bd. Ueber die Safıbewegung der Pflanzen. Auch Hedwig (Sammlung seiner Ab- handlungen Ba. 1. S. 69 u. fl.) will Spiralgefässe ın den Haaren der Wurzeln gefunden haben Von den Pflanzenhaaren überhaupt. 7 sem bestehen. Ich finde es nicht überflüssig, hier seine Gründe dafür anzuführen: 4. sah er bey Silena noctiflora gerade den- selben Bau an den Haaren und an dem Oberhäutchen. 2. Zieht man, von was immer für einer Pflanze behuthsam das Oberhäut- chen ab, so folgen die Haare mit, was nicht geschehen wür- de, wenn sie aus der inneren Substanz kämen, oder sie müss- ten nur eine feine Decke an der Oberhaut zurücklassen, wie das die Stacheln thun. 3. Nach Abziehung des Oberhäut- chens bleibt im Innern der Pflanze keine Narbe, keine Spur einer Verletzung zurück, was wieder geschehen müsste, wenn die Haare aus dem Innern der Pflanze entstünden. — 60: Bey den Haaren mancher Pflanzen findet man an ihrem Ursprnnge drüsenartige Körper, deren Zweck und Nutzen noch nicht hinlänglich bestimmt worden ist. So sah ich diess namentlich recht schön bey dem Stachelhaare des Helianthus tuberosus. Wir legten nämlich den kegelförmig vom Blatte aufsteigenden weichen Stachel, nachdem er von seiner mit einem braunröthlichen Kreise umgebenen Basis mitten der Länge nach durchgeschnitten war, unter das Microscop, und fanden, dass die Höhle der genannten Basis unten gegen das Blatt zu am breitesten war, und sich nach aufwärts immer mehr ver- engerte. Diese Höhle war fast bis zur Hälfte mit einer braun- röthlichen, weichkörnigen, also drüsenartigen Masse angefüllt. — Wir entdeckten durchaus keine Spur, dass sich diese Masse aufwärts verlängert hätte, obgleich die Wände der Höhle von allen Seiten bis auf eine gewisse Strecke ebenfalls braunröth- lich gefärbt erschienen, welche Färbung sich allmählig in das einfache Weiss des Stachelhaares verlor. Uebrigens ist wohl zu bemerken, dass sich die ganze Oberfläche der Epidermis, aus welcher das Stachelhaar seinen Ursprung nahm, saftgrün darstellte *). Sn. Was nun die Form der Haare betrifft, so kann ich bey dem beschränkten Raume dieser Blätter, bey der Grösse des Gegenstandes, und bey der ungeheueren Arbeit, die diese Sa- che erforderte, wohl nichts besseres thun, als nach Paula Schrank’s Beyspiel das in gedrängter Kürze zusammenzustellen, was uns der ausserordentliche Fleiss des französischen Natur- *) Siche Tab, I, Fig. 1,4,5 u. 8. 8 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. forschers Guettard *) in den Denkwürdigkeiten der Pariser Akademie hinterlassen hat. Der unermüdete Mann wollte sich durch die Untersuchung von 5 bis 6000 Pflanzen in den Stand setzen, aus der Beschaffenheit der Haare und Drüsen eine sy- stematische Eintheilung der Pflanzen zu schaffen. — Ich bin zufrieden, wenn ich bey dieser Arbeit meinem Werke die ge- wünschte Vollständigkeit, und den geneigten Lesern durch bes- sere Zeichnungen und Hinzugabe einiger eigener Beobachtun- gen ein Mittel an die Hand gebe, wodurch sie das Dunkle dieses Gegenstandes um so leichter zu fassen, und nützlicher zu beur- theilen im Stande sind. Zu diesem Finde werden die Haare zuvörderst in einfa- che und zusammengesetzte eingetheilt, je nachdem nämlich entweder nur eine einzelne Verlängerung ohne alle Theilung in Aeste etc., oder mehrere unmittelbar, oder zwar nur eine einzige, die sich aber in Aeste theilt, aus dem Zellge- webe entspringen Von den Pflanzenhaaren insbesondere. $. 8. LiiEinfathe‘ Haare. Ein einfaches Haar nenne ich dasjenige, welches sich als eine einzelne röhrenarlige Verlängerung von der Oberhaut ver- schiedener Pflanzentheile so erhebt, dass es sich nie in zwey oder mehrere Theile (Aeste) spaltet. — Davon zählen wir fol- gende Arten: 4. Pfriemenborsten (pil subulati). Sind gerade, ke- gelförmige, oben nach Art einer Pfrieme zugespitzte, übrigens nur wenig steife Haare. Beyspiele: an den Blättern des Son- chus oleraceus, an den Franzen des Rhododendron hirsutum , an den Samen und Umschlagsblättern der gemeinen Möhre (Daucus Carota), an den Samen, Hüllenblättern und Dolden- strahlen der Athamanta Libanotis; endlich wohl auch bey Bor- rago officinalis, und den verschiedenen Arten von Echium, Pul- monaria, Cynoglossum, Chaerophyllum bulbosum und Synapis arvensis. Siehe Tab. I. Fig. 4, 2, 4. Anmerkung. Der Unterschied zwischen Haar und Borste ist nicht 2) al. 108 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. g wesentlich, eigentlich nur quantitativ; denn ersteres geht in die Natur der Borste über, indem es steifer wird. Nach Link kommt diess daher, dass sich bey den Borsten die Zellen seitwärts zu- sammenziehen, während die Haare nur eine Reihe von Zellen ha- ben. Zur besseren Versinnlichung vergleiche man nur das Haar von Antirrhinum majus mit der Spitze einer Borste von der S$a- menkrone von Inula helenium, 2. Ahlborsten (pi aciculares). Sind nichts anderes als Pfriemenborsten mit einer Handhabe, wenn ich so sagen darf. Sie haben nämlich am Grunde einen etwas länglichen, dickli- chen Körper, der sich in ein krystallklares, pfriemenartiges Haar endiget. Beyspiele davon finden sich bey allen wahren Nesselarten. Tab. I. Fig. 5. 5. Zwiebelborsten (pi bulbosi). Diese unterscheiden sich von den vorigen bloss durch eine walzenartige Zwiebel, aus welcher das konische Haar gerade hervorsteigt. Bey- spiele: an den Blättern und dem Stengel der rothen Kornblu- me; auch an dem Stengel von Daucus carota. Tab. I. Fig. 6. 4. Sichelhaare (pil falcati). Man versteht- darunter kegelförmige, oben fein zugespitzte, übrigens aus einem etwas dickeren, abgerundeten Grunde entspringende, und nach der Seite (sichelartig) gebogene, meist krystallhelle Haare. Bey- spiele: an den Blättern des Wiesensalbey, des Abbisses (Scab. suecisa), an den Blättern und Stengeln von Scabiosa arvensis, stellata, columbaria, sylvatica, Phlomis nepetifolia, an den Trä- gern und dem Blumenblatte der Glockenblume. Diese Art Haare findet sich am häufigsten im Pflanzenreiche. Sind diese Haare sehr steif, wie diess gewöhnlich bey den Grasarten der Fall ist, wo man sie an den Rändern der Blätter, an der Un- terseite der Blattribben, so wie bey den Syngenesisten am Sa- men findet, so nennt man sie mit Recht Sichelborsten. Tab. I. Fig. 7. 5. Hakenborsten (pi redunci). Sind zwar durchaus konisch gestellte, aber oben in eine hakenförmig gebogene Spitze auslaufende Borsten. Man findet sie an den Samen und Blättern von Gallium rotundifolium, auf der Oberseite der Blät- ter der beyden Forskolien (Forskolia tenacissima und augusli- folia), dann auch bey einigen Arten des Labkrautes. Tab. f. Fig. 8. 6. Fadenhaare {pili filiformes). Mit diesem Namen be- legt man lange, fast durchaus gleich dicke, aber verhältniss- 10 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. mässig dünne, übrigens cylinderförmige, oben abgerundete, und unten auf einer rundlichen erhabenen Basis ruhende Haare. Beyspiele: am Griffel der Lonicera symphoricarpos, am Stamm und den übrigen Theilen der Rose, besonders aber am Grunde der Samen von Scabiosa atropurpurea und Tragopogon ar- vense. Tab. I. Fig. 9. 7. Walzenförmige Haare (pili cylindrici). In ihrer Benennung liegt zugleich ihre nähere Bezeichnung. Sie unter- scheiden sich von den vorigen bloss (durch ihre grössere Dicke und Kürze. Man trifft sie an der Innenseite des Griffels bey Silena noctillora, und an den Stempelnarben der meisten Pflanzen; so auch am Griffel der Lychnis vespertina. 'Tab. 1. F18.)40. 8. Gekräuselte Haare (pili crispi). Sind verhältniss- mässig sehr lange, schlangenartig gebogene, nicht dicke Haare. Mit genauer Noth findet man sie an den Blättern des Wein- stockes, und zwar auf der Unterseite in dem Winkel, den die grösseren Ribben mit der Mittelribbe machen; leichter trifft sie das Auge auf den Blättern und dem Stengel der Gentaurea sonchifolia, und noch reichlicher an fast allen Theilen des Tar- chonanthus camphoratus. Tab. II. Fig. 11. 9. Knotenhaare (pili nodosi). Diese Haare ähneln ganz einem feinen Faden, der hie und da-durch einen Knoten un- terbrochen ist. Guettard nannte sie daher auch Poils en corde de St. Francois. Schrank fand sie bisher nur an den Kelchen der Achyranthes lapacea; ich auch an dem Samen der Oberlippe der Krone von Galeobdolon Galeopsis. Tab. 1. Fig. 12. 10. Gliederhaare und Gliederborsten (pi ar- teulati aut geniculati). Es sind diess kegelförmige, weiche und durchscheinende Haare, welehe durch eine Zwischenwand in ihrem weitern Verlaufe so abgetheilt sind, dass das folgende Glied immer kleiner als das voranstehende ist. Die Zahl der Glieder ist natürlich verschieden bey verschiedenen Pflanzen. Sind sie steif, so heissen sie Gliederborsten. Man findet er- stere an den Blättern und den übrigen äusseren Theilen ‘des Lamiun: purpureum, eben so an den Blättern und Stengeln von Arnica Doronicum und Marubium: ferner bey Cirsium acaule (wenn die Haare etwas verwelkt sind), und endlich an derı braunen Spreue, womit der Kelch von den weibli- chen Blüthen des Xanthium spinosum hedeckt ist, wie uns Vonden Pflanzenhaaren insbesondere. 1 Schrank zuerst berichtet hat. — Von den Gliederborsten kann man sich die beste Vorstellung durch Betrachtung der Haare an den Blättern, Stengeln und Blattstielen der Kür- bisse machen. Tab. II. Fig. 13. 41. Zwischenwandhaare (pili valulati). Sie kom- men den Gliederhaaren sehr nahe, unterscheiden sich aber doch von ihnen auffallend dadurch, dass, wie uns Schrank sehr richtig bemerkt, ihre Oberfläche stätig fortgeht, und nicht, wie dort, Stufen bildet. Man bemerkt nämlich die klei- nen wagrechten Scheidewände erst beim Abtrocknen ganz ge- nau, indem sie im frischen Zustande leicht dem Microscop entgehen. Beyspiele davon liefern uns die Blätter und Sten- gel der Ajuga reptans und pyramidalis, die Zoten an der Mündung der Blumenröhre der Vinca rosea; ferner die Blu- menröhre der Calendula officinalis, der Bart der rothen Sa- menblume (Tagetes patula Linn.) etc. Tab. II. Fig. 14. 42. Knöchelhaare (pili torulosi). Sind nichts anders, als wahre Gliederhaare mit Aufgetriebenheit an jener Stelle, wo das Gelenke sich befinde. Malpighi und Schrank geben bloss den Stengel und die Blätter des Lamium album als diejenigen Pflanzentheile an, wo man jene Haare finden kann, Tab. II. Fig. 15. 1435. Rosenkranzhaare (pili moniliformes). Ihre Be- schreibung liegt ganz in dieser Benennung. Es sind nämlich kurzgliederige Haare, deren einzelne Glieder entweder kugel- oder eiförmig und scharf begränzt sind. Schrank hat an den Haaren des Stengels und der Blätter des gemeinen Bald- greises 50—40 Kügelchen, oder vielmehr eiförmige Körper- chen an einem solchen Haare gezählt. Auch der Sonchus olera- ceus trägt auf dem Stengel, den Blättern und Kelchstücken solche Haare, so wie die Blumen der Melonen, Gurken, Kür- bisse und dergleichen Gewächsen, ferner die Anagallis phoeni- cea an den Trägern rothe und durchscheinende Rosenkranz- haare haben. Tab. II. Fig. 16. 14. Gelenkhaare (pili phalangiformes). Sie unterschei- den sich von den vorigen bloss durch ihre langen, meist ova- len Glieder. Das schönste Beispiel liefert gewiss der Staubbeu- tel der Tradescantia virginiana. Tab. III. Fig. 17. 15. Seitenzahnhaare (pili secundati). Sind kegelför- mige, einseitig gezähnte Haare. Beispiel: an den Blättern der Siegesbeckia orientalis. Tab. III, Fig. 18. 12 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. 16. Sägeförmige Haare (pili serrati). Hier gehen die Zähne von beiden Seiten der Blätter ab. Z. B. beim Blatt der Cnemidostachys serrulata Marti. (Siehe dessen nova genera et species plantarum Brasiliensium. (Tab. 42.) Nicht so eigen- thümlich bei der Velosia abietina. (Man sehe ebendaselbst Tab. 3, 4, 6. und bei Hieraceum Pilosella. Tab. III. Fig. 19. $. 9. II: Zusammengesetzte Haare. Ich zähle hieher alle jene Pflanzenhaare, welche entwe- der an und für sich schon doppelt oder mehrfach aus einem gemeinschaftlichen Grunde, oder zwar einfach entsprungen sind, sich aber späterhin wie vielfach immer getheilt haben. — Es gehören hiezu folgende Arten: 47. Warzenhaare (pili verrucati). Sind kurze und fei- ne Haare, welche auf warzenartigen Erhöhungen der Pflanze entspringen. So findet man sie auf Cistus Helianthemum, auf den Blättern und Stengeln des Viburnum Lantana, ferner an den Kelchen, Blüthenstielen und in den Winkeln der Blatt- ribben von Spiraea opulifolia, dann auf einigen Käspappeln, dem Solanum , der Alga marina u. dgl. Tab. III. Fig. 20. 18. Sternförmige Haare (Borsten), (pili stellati). Man versteht darunter steife, aus einem gemeinschaftlichen, eben- falls über die Epidermis der Pflanze erhabenen massiven Mit- telpunkte entspringende, dann parallel mit der Fläche nach al- len Seiten verlaufende, und sich in eine scharfe Spitze endi- gende Haare. Das beste Beispiel hiezu biethet uns das Alyssum dar. Schrank hatsolcheHaare vom Alyssum montanum, caly- cinum, und von der Sida mauritiana dargestellt. Man findet sie übrigens auch an den Kelchen, Stengeln, Blattstielen, und an der Unterseite der Blätter bei Lavatera triloba, beim La- vendel, an den wilden Oelbaumsblättern, bei Hieraceum Pilosella und Onosma stellatum. Tab. III. Fig. 21. a. b. Anmerkung. Man kann die sternförmigen Haare abtheilen in solche, deren Strahlen einfach , und in solche , wo sie getheilt sind. Er- steres findet man bey den Cisten, Croton balsamiferum , argent- eum und tinctorium , Solanum racemosum etc., leizteres bey Alyssum, Clypeola jonthlaspi, an welcher vier Paar zweymahl hinter einander gespaltene Haare sind. — Diese Haare machen den Uebergang zu den Schuppeu, werden manchmahl wirklich zu Schuppen, wenn sie sich nähmlich ganz mit einander verbinden. Von den Pflanzenhaaren insbesondere. 13 So sind die Haare bey Croton Eluteria durch ein zelliges Häut- chen verbunden, und bilden Schuppen, aus denen am Rande noch lange Spitzen hervorstehen. Bey Croton nitens sind sie bis an die äusserste Spitze vereinigt, und bilden stumpfeckige Schup- pen. Etwas Aehnliches sieht man auch bey Cistus squammatus, und bey Solanum elaeagnoides ; so wie dagegen diese Haare bey Croton balsamiferum aus 12— 17 langen Strahlen bestehen, wie uns Rudolphi*) genau beschrieben hat. — Auch entdeckte der- selbe**) im Innern der Nymphea Iutea und alba einige sternför- mige Haare, Man sieht sie in einem Querschnitte von Nymphea lutea fig. 40. und von N. alba litt. A. Sie sitzen nicht auf der äussern Oberfläche, sondern inwendig in den grossen Zellen des zusammengesetzten Zellgewebes. 19. Gefiederte Haare (pili pennatüi). Sind solche Haa- re, aus deren Seiten andere feinere Haare entstehen, so dass das Ganze einer Federfahne nicht unähnlich ist. Diess sieht man bei Hieraceum Pilosella und einigen Arten von Lungenkra ut Tab. III. Fig. 22. 20. Aestige Haare (pili ramosi). Sind so zusagen auch gefiederte Haare, nur mit dem Unterschiede, dass sie durch- aus dicker, und die abgehenden Aeste in geringerer Anzahl vorhanden sind. Man findet sie an den Blattstielen der Gros- sularıa. Tab. III. Fig. 23. 21. Gabelhaare (pili furcati). Es sind diess steife Haa- re, die sich gabelförmig theilen. Die Gabeln sind bald zwey-, drey-, bald selbst vierspitzig, wie man diess am Leontodon umbellatum, hispidum und incanum sehen kann. Die zotti- gen Träger der Staubbeutel bey dem dreyplätterigen Lycium bestehen ebenfalls aus solchen Haaren ; und Bauhin’s Alcaea. Bryoniae folio trägt an den Aesten, Blattstielen, Blättern, Blü- then, Stielen, Kelchen und Blattansätzen borstenartige Glie- derhaare, die jedoch in Bezug auf ihren Ursprung zu den Gabelhaaren gerechnet werden müssen. — Tab. III. Fig. 24. 22. Hakenasthaare (pili frondosi). Sind weiche, ko- nische, helldurchscheinende, oben zugespitzte Haare, welche aus einem einfachen Stammhaare gleichsam wie die Finger aus der Hand entspringen. So zeigt sie der Filz des Verbascum Thapsus, und der Rosmarinblätter. Tab. III. Fig. 25. 25. Zwischenknopfhaare /pili ganglionii). Sind fa- *)A.a. 0. p. 112. **) Bemerkungen aus dem Gebiethe der Naturgeschichte. 14 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. den- oder kegelförmige Haare mit kugelförmigen Knoten, aus welchen die feineren Haare nach allen Richtungen entsprin- gen. Beyspiele: an den äusseren Theilen von Verbascum Lych- nitis und Blattaria und dem Jerusalemischen Salbey (Phlomis). Tab. IV. Fig. 26. 24. Schützenborsten (pili fusiformes). Sie bilden ei- ne warzenartige Erhöhung, aus welcher sich zwei kugelarti- ge Haare horizontal nach entgegengesetzten Seiten verlängern. So findet man sie an den Ecken der Blattstiele und der Ae- ste des Hopfens, beim Astragalus physodes, falcatus und mas- siliensis vor. Tab. IV. Fig. 27. 95. Gezähnte Borsten (pili dentati). Man versteht darunter kegelförmige Borsten, die durchaus mit Zähnen be- setzt sind. Siehe die Samen des 'Tordylium Anthriscus und das Nectarium von Delphinium elatum. Tab. IV. Fig. 28. 96. Angelborsten (pili hamati). Sind abgestutzte, ke- gelförmige Körper, mit rückwärts gebogenen steifen Wider- haken an der stumpfen Spitze. So hängen sich nach Schrank die Samen des Bettlerläusekrautes (Myosotis Lappula) mit diesen Borsten an die Kleider der Vorübergehenden an. Auch findet man sie bey Spargia hispida. Tab. IV. Fig. 29. 27. Gezähnte Angelborsten (pi hamoso-dentati). Vereinigen die Eigenschaften der beyden letzten Arten. Schrank fand jedoch den Unterschied, dass bey den ge- zähnten Borsten die Zähne aufwärts, hier aber nach der ent- gegengesetzten Richtung stehen. Man findet übrigens diese ge- zähnten Angelborsten an den Samen der Caucalis leptophyl- la, und des Cynoglossum officinale. Tab. IV. Fig. 30. Diesen von Schrank aufgeführten Arten von Pflanzen- haaren reihe ich noch folgende an: 23. Spinnenwebförmige Haare (pili arachnoidei). Sie bilden an der Oberfläche der Blätter ein förmliches Gewebe, welches sich von einer Spitze des Blattes zu der ei- nes andern hinzieht. So sah ich es bey den Blättern des Sem- pervivum arachnoideum. Tab. IV. Fig. 31. 29. Keulenförmige Haare (pili clavati). Einfache Haare, die gegen ihre Spitze zu immer dicker werden; z. B. an dem Staubfaden von Verbascum pulverulentum ; überhaupt an den Blumen der Labiaten, des Antirrhinum, der Linaria, Euphrosia etc. Tab. IV. Fig. 32. 30. Büschelhaare (pili fasciculati). Aehneln den vo- Von den Pflanzenhaaren insbesondere. 15 rigen, kommen jedoch zahlreicher aus einem Punkte hervor. An den Stengeln der Lavatera micans. Tab. IV. Fig. 55. Die sogenannten Drüsenhaare (pili glanduliferi) sind ebenfalls einfache Haare, welche einer oder mehreren (?) Drüsen als Stütze dienen. Neuere Botaniker haben sie wieder in folgende Unterarten gebracht: 31. a) Kopfförmige Haare (pili capitati; nach Schrank und Guettard glandulae globosae). Einfache wal- Zen-, kegelförmige, gegliederte oder stätige Haare, die sich oben mit einer kugelförmigen Drüse endigen. Man findet sie häufig z. B. bey Chenopod. viride an der Unterseite der jun- gen Blätter, weniger zahlreich an den Hopfenblättern, an den Samen der Hasselquistia cordata, an der Corolla des Antirrhi- num majus, und der Stapelia reclinata Jaquin., der Digita- lisarten u. s. w.; ferner beym Taback, Bilsenkraut, bey den Rosen, Geranien, Teucrium hircanicum, Scabiosa stellata und atropurpurea, und ArnicaDoroniceum; endlich bey dem Hiera- ceum amplexicaule, der Madia viscosa, der Siegesbeckia orien talis, dem Hibiscus Abelmoschus, und am Rande der Kelch. blätter der Lavradia montana *). Tab. IV. Fig. 54. 532. b) Becherhaare (pili cupulati). Man versteht dar- unter ebenfalls einfache Haare, die aber an der Spitze eine hohle Drüse tragen. So findet man sie bey den Kichern. Tab. IV. Fig. 34. 32. c) Vielköpfige Haare (pilipolycephali). Sie gehö- ren zu den zusammengesetzten Haaren, und charakterisiren sich dadurch, dass sich ihre Aeste in eine Drüse endigen, z. B. bey Croton penicillatum ; hieher scheinen auch die von Schrank und Guettard als Kolbendrüsen (glandulae cla- vatae) bezeichneten Nebengefässe zu gehören, wie man sie bey Passiflora foetida in unendlicher Anzahl und Verschie- denheit findet. Tab. IV. Fig. 55. Anmerkung 1. Link **) macht einen Unterschied zwischen den ge- stielten Glandeln, den kopfförmigen, und namentlich zwischen je- nen Haaren, an deren Spitze ein Tröpfchen Saft ausschwitzt, und sagt z. B. dass man vielen Salbeyarten gestielte Glandeln zu- schreibe, da doch nur ein Tröpfchen an der Spitze der Haare *) Siehe Martius nov. gen. etc. tab, 23, 1, 2. **) Grundlehren der Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Göttin- gen 1807. $. 115. 16 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. hängt, welches sich abwischen lässt, aber ın der Luft so dickflüs- sig und braun wird, dass man es, flüchtig angesehen, wohl für eine Drüse halten konnte. Anmerkung 2. In physiologischer Beziehung hat man auch eine eigene Art von Haaren aufgestellt, und sie vorzugsweise abson- derndeHaare (pili excretorii, s. bulbosi) genannt. Man versteht darunter solche Haare, die auf einer Drüse sitzen, der sie als Absonderungscanal dienen, z. B. bey dem Dictamnus al- bus etc. Als Unterarten hat man folgende angeführt: a, pfriemenförmige Haare (pili subulati), wo eine Drüse un- ter dem röhrigen, pfriemenförmigen Haare sitzt. b, Malpighische oder Weberschiffehen-Haare (pili Mal- piphiacei), bey welchen auf der Drüse ein horizontal liegen- des Haar fest in der Mitte aufsitzt, und an seinen beydenEn- den die Flüssigkeit ausfliessen lässt; wie bey der Malpighia urens, — Ich zweifle jedoch, dass bey allen pfriemenförmigen Haaren eine solche Drüse als Basis dient, so wie ich nicht glaube, dass den sogenannten Schützenborsten (denn dorthin scheinen doch wohl die hier aufgeführten Malpighischen Haare zu gehören, jederzeit eine Drüse zu Grunde liege, — Anmerkung 3. De Gandolle (in seiner Organographie vegetale etc. Paris 1827) theilt die Haare im 101en Kapitel in 6 Haupiklassen: 1) in die drüsigen Haare, 2) in die Iymphatischen oder nichtdrü- sigen, 3) in die corollinischen, 4) in die schuppigen, 5) in die Wimpern- oder Rand-, und 6) in die Wurzelhaare. Die drüsi- gen Haare sind nach ilım entweder: 1. Drüsentragende (pili glan- duliferi), welche die Stützen kleiner Drüsen sind, und werunter die drey angeführten Arten unserer Drüsenhaare gehören, oder 2. aus- sondernde Haare (pili exeretorii), woranter er die Aussonderungs- canäle gewisser Drüsen, also die kurz zuvor angeführten pfriemen- förmigen und Weberschiffehenhaare begreift. — Mit dem Namen der corollinischen Haare (poils corollins) bezeichnet De Candolle alle jene Haare, welche sich auf den Petalen, Perigo- nien, Staubfäden und Stengeln befinden, ohne Rücksicht auf ihre Form. Die spreuartigen Haare (poils scarieux) sind nach ihm von trockener schuppiger Beschaffenheit, zeigen sich an verschie- denen Theilen lebender Gewächse in einem atrophischen Zustande, und besitzen bloss noch die dem Pflanzengewebe eigenen hygrosko- pischen Eigenschaften, Sie sind also im Pflanzenreiche das, was die Schuppen im Thierreiche sind. Man findet sie auf den Blatt- stielen der Farrenkräuter,, an der Federkrone der Compositaeund der Valerianeen, auf den Bälgen der Gramineen, auf den Samen mehrerer Apocineen etc. Diese Haare sollen vorzüglich zur Ver- breitung der einsamigen Früchte der Compositae dienen, indem sie, sobald sie feucht werden, aufrecht stehen, und sich allmählig ausbreiten, so wie sie vertrocknen. Durch diese Ausbreitung oder Von den Pflanzenhaaren insbesondere. 17 das Niederlegen stützen sie sich entweder auf das Involucrum, oder die angrenzenden Blumen, und da diese Widerstand leisten, so drücken sie auf die ihnen zur Stütze dienende Frucht selbst, he- ben sie aus der Hülle heraus, und begünstigen so die Zerstreuung der Frucht in der Luft. Die Wimperhaare (cilia) zeichnen sich vor den übrigen Haaren bloss dadurch aus, dass sie nicht auf einer Fläche, sondern auf dem Rande derselben entstehen; fin- den sie sich nur an der Spitze der Blätter einfach, so heissen sie Borsten (setae), die zur Spitze (mucro) wird, wenn sie etwas kurz und weich ist. Auch die Wurzelhaare haben in Bezug auf die Form nichts Ausgezeichnetes. Alle übrigen, unter die genannten Arten nicht gehörigen, also bey weitem die zahlreichsten, ma- chen die Iymphatischen Haare aus. Ueberhaupt sind nach De Candolle alle nicht drüsigen Haare Iymphatisch, und er bringt die Hauptverschiedenheiten ihrer Form unter folgende Arten: 1) Die einfachen, die nur durch Verlängerung einer einzigen Zelle gebildet werden. 2) Die Fach - Haare (poils cloissonnes), welche aus mehreren, einfach an einander gereihten, durch Scheidewände getrennten Zellen besiehen. 5) Die ästigen Haare, deren zahlreiche Zellen nicht nach einer Reihe, sondern nach verschiedenen Richtungen auseinander gehen. 4) Die sta- chelförmigen Haare, welche aus mehreren, aber wie im Zell- gewebe zusammengehäuften Zellen gebildet sind, $. 10. Das verschiedenartige äussere Ansehen, welches die man- nichfaltige Beschaffenheit der Haare überhaupt den Pilanzen gibt, hat in der botanischen Terminologie zu vielerley Benen- nungen Anlass gegeben, wovon ich hier die vorzüglichsten an- führen will: a) Haar im engern Sinne (Pilus) bedeutet ein an der b) Oberfläche sitzendes, wenig niederliegendes, und etwas steifes Haar. Zotten- oder feines Haar (Pill) bilden gerade nie- derliegende, zahlreiche, etwas weiche und kaum sichtbare Haare; z. B. Ballota nigra, Anemone pulsatilla, Plantago media u. dgl. Wolle (Lana, lanugo) ist ein der Wolle ähnliches Ge- webe, das aus langen, weichen, niederliegenden, oder sich kreuzenden Haaren besteht; z. B. Stachys lanata, Cinera- rıa lanata. d) Filz (Tomentum) ein der Baumwolle ähnliches Gewebe, 2 18 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. das aus langen, mitunter krausen und gekreuzten, aber nicht einzeln wie bey der Wolle zu unterscheidenden Haaren besteht; z. B. Verbascum Thapsus, Althaea of- ficinalıs. e) Seide (Sericum). Sehr feine, dicht aufliegende, und der Oberfläche ein glänzendes Ansehen gebende Haare; z. B. Potentilla alba, Convolvulus althaeoides, Alchemilla al- pina. f) Weiches Haar, Pflaumenbart (Pubes), eine Menge wei- cher, weisser Haare, die dem Milchbart der Ziege ähnlich sind; z. B. Oenothera mollissima, Rhus typhina. g) Rauhes Haar (Hirsuties), eine Menge langer, zahlreicher und dicht an einander stehender Haare; z. B. Hieraceum aurantiacum, Echium vulgare, Daucus carota. h) Wimper- oder Randhaar (Supercilium s. cilium) ist ein etwas steifes, am Rande irgend einer Fläche stehendes Haar; z. B. Sempervivum tectorum, die Corolla der Gen- tiana ciliata u. s. w. i) Bart (Barba). Haare, die etwas büschelförmig, oder in einer regelmässigen Ordnung stehen; z. B. Mesembrianthe- mum barbatum. k) Granne (Arista) ist eine Ärt steifer Haare, eine faden- förmige, am Ende oder am Rücken stehende Spitze, die nicht die Fortsetzung einer Ribbe zu seyn scheint; z. B. die Gluma aristata bey der Gerste, dem Hafer u.a. m. l) Steifes Haar (Crinis). Gleicht dem Rosshaar, es mag wo immer sich an einer Pflanze befinden. m) Haarspitze (Apiculus), ein Haar, oder eine haarförmige Spitze, die am Ende steht, fein, kurz, und nicht sehr steif ıst. n) Pfriemenspitze (Cuspis) ist eine langgestielte, pfrie- menartige Haarspitze. 0) Borste (Seta s. mucro). Ein gerades, steifes Haar. Das einfach stehende, ziemlich lange, elastische und zugespitzte Haar geht in die Natur der Borste über, indem es steifer wird; z. B. Phlox setacea, Crepis aspera. p) Striegel (Striga) entsteht, wenn sich die Borsten der ganzen Länge nach dicht an die Pflanze anlegen; z. B. Borrago oflicinalis, Symphytum oflicinale. g) Haken (Hamus, rostellum, uncus) ein hakenförmig ge- Von den Pflanzenhaaren insbesondere, 19 krümmtes Haar, oder eine eben so gekrümmte Spitze; z. B. Gallium aparine, Caucalis daucoides. r) Widerhaken- oder Angelborste (Glochis), ein dün- nes, steifes Haar mit zurückgekrümmten oder herabgebo- genen Aesten; z. B. Aspargia aspera, Echinospermum lap- pula. s) Brennhaar (Stimulus, pilus urens), ein feines, etwas stei- fes Haar, das eine noch nicht recht gekannte Flüssigkeit enthält, welche auf der thierischen Haut eine eigene Art von Jucken und Entzündung mit einem brennenden Ge- fühl hervorbringt; z. B. Urtica urens. Anmerkung 1. Manche Botaniker zählen auch die Dornen und Sta- cheln unter die Haare, ob mit Recht öder nicht, ist bey dem schwankenden Begriff dieser beyden Benennungen näher zu bestimmen. Ich glauba aus guten Gründen die Stacheln (aculei) hier nicht ausschliessen zu dürfen, insofern sie nämlich gleich den Haaren der Epidermis und dem Rindenkörper ange- hören; da hingegen die Dornen (spinae), weil sie überall aus Zellgewebe und Spiralgefässen zusammengesetzt sind, und entwe- der die Bedeutung von verlängerten und zugleich contrahirten Blatinerven, oder von, in ihrer Ausbildung gehemmten Knospen und Aesten haben, nicht hieher bezogen werden können. In Be- zug auf das Verhältniss zwischen dem gewöhnlichen Pflanzenhaare und dem Stachel (im angegebenen Sinne) finde ich ganz das glei- che Bewandtniss, "wie bey den Thierhaaren und Thierstacheln, wo- von später gehandelt wird. Anmerkung?2. Der unermiüdliche Guettard, dem es vorzüglich um die Classification der Pflanzen zu thun war, kam nach seinen vie- len und sorgfältigen microscopischen Untersuchungen der Pflan- zenhaare endlich zu dem Resultate: dass bey vielenFamilien undArteneinesGeschlechteseinerleyHaaregefunden werden. So tragen nach seinen Angabenz. B. die Pflanzen, welche Schmetterlingsblumeu haben walzenförmige, die pappelartigen ke- gelförmige, die mit Lippenblumen Gelenkhaare u.s.w. Guettiard ging wirklich so weit, vorzuschlagen, dass man bey Bestimmung der Geschlechter besonders auf die Beschaffenheit der Haare se- hen sollte, weiler der Meinung war, dass die Arten von einem Geschlechte auch hierin übereinkommen müssten. — Dem ist aber nichtso. Zum Beweise dessen hier nur einige Beyspiele: Rhododen- dron hirsutum hat an den Franzen des Randes sechs wenig gebo- gene Sickelborsten ; Rhadod. ferrugineum ist ohne alle Borsten und Haare, und Rhodod. Chamaecistus hat wieder kegelförmige Rand- borsten mit einem bräunlichen Kölbchen an der Spitze, Verbas- cum thapsus, bicolle und nıgrum haben ebenfalls ganz verschie- dene Haare, c ri 2 20 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. $. 11. Was das Vorkommen und die Vertheilung der Haare an den verschiedenen Pflanzen und deren Theilen be- trifft, so muss bemerkt werden: 4: Dass es kaum eine Pflanze gibt, die man als durchaus haarlos ansehen könnte Wallroth *) sagt, dass sich auch bey den unvollkommenen Pflanzen Haare vorfinden, und be- weisst diess an der Chara. Nach Lamoureux **) trifft man selbst bey den Fucis Haare an; und von den edleren Pflan- zen, namentlich aber von allen Landgewächsen, scheut sich Schrank ***) nicht, geradezu zu behaupten, dass sie, einige kryptogamische Pflanzen etwa ausgenommen, durchaus Ne- bengefässe besitzen. 2. Eben so wie es demnach beynahe keine völlig haarlose Pflanze gibt, so ist auch absolut kein Theil der Pflanze von der Eigenschaft ausgeschlossen, Haare tragen zu können. Um die- ses näher zu beweisen, will ich in dieser Hinsicht die einzelnen Theile, aus welchem die Pflanzen bestehen, durchgehen, und zugleich auf die dabey vorkommenden Verschiedenheiten der hier gefundenen Haare aufmerksam machen. a) Häufig findet man die Wurzeln, und zwar mit sehr feinen Haaren besetzt. Schon Malpighi****) schrieb, mit Aus- nahme der Zwiebelgewächse, allen Wurzeln Haare zu. Schrank will sie sogar an allen Pflanzen gefunden ha- ben, welche er aufs Gerathewohl einer Untersuchung unterzog. Merkwürdig ist jedoch, dass sie sich nur an den jungen Wurzeln und Nebenwurzeln bey ihrem er- sten Keimen entdecken lassen, und anfangs so zarten, kleinen Wärzchen gleichen, dass sie nach Sprengel alsbald an der Luft zusammenfallen, und dann sehr feine Bänderchen darstellen. — Letzterer behauptet auch, dass sich die feinsten und zartesten Haare der Wurzel- fasern in der Regel nur dann erkennen lassen, wenn der Same auf der Oberfläche der Erde (wie die Lactuca im Winter in Kästen) gesäet wird, oder im Wasser keimt, wo dann die Oberfläche der Fasern mit den feinsten, *) Ann, botanic. 1815. **) Annales du Museum d’histoire naturelle p. 268. """)A,a. O0, p. 58. **##) De sem. veget. op, tom. 1]. p. 66. Tab. 1—6. Von den Pflanzenhaaren insbesondere, 21 wolligen Härchen besetzt ist. Dieselbe Bemerkung hat auch Carradori *) gemacht, und er hält diese Haare desshalb für Organe, die zur Einsaugung der Feuchtigkeit der Luft bestimmt seyen, indem sie gleich den Schwämm- chen das schon gebildete Wasser einsaugen. — Diese Haare haben übrigens nach Schrank jederzeit das Eigene, dass sie mehr oder weniger spitz, kegelförmig, daher stets ein- fach, nie ästig, nie gegliedert sind, und keine Becher oder Drüsen tragen. — Die Wurzel der schönen Amaryllis, die man im Wasser kann wachsen lassen, hat pfriemenförmige Haare, am schwarzbeerigen Nachtschatten, beym gemeinen Bilsenkraut und dem glatten Stechapfel finden sich ausser- ordentlich feine Haare; eben so zeigen sich die Wurzeln aller Gräser sehr behaart, und leicht und schön findet man sie auch beym Taback, den Arten des Amaranthus und des Sisymbrium. Selbst die Wurzel des Froschbisses, ei- ner Wasserpflanze, und den Bulbus vom Hyacinthus co- mosus fand Schrank und ich ganz zottig von Haaren. b) Der Stengel und die Aeste sind meistens mit den grössten, längsten und rauhesten Haaren versehen, und pflegen bis zu ihrer Theilung (an den sogenannten Blatt- achseln) die meisten Haare zu haben. — Es ist wohl über- flüssig, davon Beyspiele anzuführen, da sie sich bereits aus dem Gesagten und dem noch später Anzuführenden leicht abstrahiren lassen. c) Die Blätter biethen den ausbrechenden Haaren eine grosse Oberfläche dar, sind auch in ihrer Jugend, wie sie aus den Knospen hervorwachsen, fast alle zottig, oder mit Seidenhaaren besetzt, und fangen erst mit vollendetem Wachsthume an, glatt zu werden. — Uebrigens bemerkt man an ıhnen noch das Besondere, dass sie an ihrer unte- ren, der Erde zu- und dem Lichte abgewendeten Fläche jederzeit am haarigsten sind, besonders an jenen Stellen , wo die Rıbben oder Nerven des Blattes verlaufen. Bey den Organen der Inflorescenz und den ei- gentlichen Befruchtungswerkzeugen finden wir den oben ausgesprochenen Satz wieder aufs schönste reali- sirt: sie sind nämlich fast alle mehr’ oder weniger mit Haa- » . - E n ” ) Degli organi absorbenti delle radice osservaz. present. alla sociela dei Georgofili di Firenze etc. 22 Von den Pflanzenhaaren insbesondere, ren begabt. Hievon ist selbst dieNarbe desPistills nicht aus- genommen, wie diess Sprengel vom Örocus und der Cer- bera Manghas durch Zeichnungen dargethan hat. Andere Beyspiele sind theils in dem Vorstehenden schon enthalten, theils werden sie noch nachfolgen. Sogar die Testa der Samen ist nicht frey davon. So hat Cleoma und andere Samen einen Zopf (Coma) von wirklichen Haaren. Die Samen des Tor- dylium syriacum sind mit starken kegelförmigen Borsten besetzt; die von Tordyl. anthriscus haben gezähnte, wei- che, etwas gebogene Borsten. Athamanta cretensis zeigt an den Samen weisse, fast fadenförmige Haare. Die Samen von Scandix infesta sind mit ähnlichen Borsten versehen, wie die von Toordyl. anthriscus. Das Ovarıum von Alsodea physiphora Mart. ist ganz und stark behaart; eben so bey Alsod. panniculata. (Siehe Tab. 49, 20. a. a. ©.) Bey der Lagetta funifera Mart. (Tab. 39. N. 7) sieht man den obe- ren Theil des Griffels mit der Narbe, welche gleichsam aus zwey zusammengewachsenen Köpfen besteht, ganz mit steifen Haaren oder Borsten besetzt. — Der Samen der Wittelsbachia insignis (Tab. 55. N. 5) ist ganz in Wolle eingehüllt. e) Selbst die Früchte machen von der allgemeinen Regel keine Ausnahme, und der Pappus oder die Haarfederkrone ist ein so bekanntes und in die Augen fallendes Merkmahl mancher Pflanzen, dass er jedesmal in der Specification desselben genannt wird; z. B. in den Cichoraceen. Auch ist es nichts Ungewöhnliches, dass man die Oberfläche mancher Obstarten oder sonstiger Früchte haarig findet. Anmerkung. Merkwürdig ist es jedoch, dass die männlichen Befruch- tungswerkzeuge, welche bey den meisten Thieren mit Haaren, oder auf eine andere Art bedeckt sind, in den Blumen frey und nackt stehen, wenigstens sehr selten von Haaren umgeben sind. Diess gilt übrigens bloss von dem Staubbeutel, wo durch die Haare die Ausstreuung des befruchtenden Pulvers erschwert, oder ganz ver- hindert würde, dagegen dienen sie wieder bey dem Staubwege dazu, den Blumenstaub desto besser aufzusaugen und zu bewah- ren. So findet man an den Seiten der Staubbeutel der Veil- chen feine Haare, die wechselweise in einander greifen, und da- durch etwas zur Befruchtung der Narbe beytragen, die nur im Rohre der Staubbeutel Stait finden kann. 3. Es ist wirklich sehr auffallend, dass alle Haare, die man bisher an den Narben verschiedener Pflanzen gefunden Von den Pflanzenhaaren insbesondere. 23 hat, walzenförmig sind. Schrank hat diess vom Verbasc. thapsus, Amaranthus cruentus, sanguineus und flavus, der Iris, der Primula, den Aurikeln, der Wiesenkresse und dem Pani- cum verticillatum durch seine Untersuchung dargethan. 4. Nichts ist gewöhnlicher, als dass man an einer Pflan- ze mehrere Arten von Haaren zugleich antrifft. — Ich will versuchen, diess durch eigene Untersuchungen zu beweisen: a) Die Haare des Boretsch (Borrago officinalis) sind, da wir sie oben unter die Pfriemenborsten zählten, ziemlich lang, spitzig, stets einfach, aber in lange Glieder abgetheilt, hie und da knieförmig gebogen, vollkommen durchsich- tig, und hangen so fest an der Oberhaut, dass man letz- tere mithinwegreisst, wenn man an den Haaren mit eini- ger Gewalt zieht. An ihrer Basis sind sie breiter und ringsum braunröthlich gefärbt. So fand ich sie an den Stengeln und Blättern; da hingegen sitzen an den Kelch- blätichen nicht gegliederte und durchaus gerade Haare. b) Der oberste Theil des Stengels von Antirrhinum majus ist, so wie auch die ganze äussere Oberfläche der rachen- formigen Blumenblätter mit einer Menge von gerade ste- henden (hie und da wohl auch durch Verkrüppelung verkrümmten) sehr kurzen, deutlich gegliederten, weis- sen, und an ihrer Spitze mit einem bald grösseren, bald kleineren, unregelmässigen, doch meist rundlichen Kopte (Drüse) versehenen Haaren bedeckt. — Dagegen sieht man die innere Oberfläche der Blumenkrone nach oben mit einem weissen Haarteppich überzogen, welcher aus lauter äusserst zarten, cylinderartigen, aber verschiedentlich unter einander verwickelten, und mit Samenstaub bedeckten Haa- ren besteht. Endlich steigen von unten nach aufwärts einige schön citronengelbe Streifen, die von lauter gelben, gera- den, sogenannten kopfförmigen Haaren gebildet werden. c) Lychnis calcedonica hat am Stengel sehr viele lange, weis- se und regelmässig gegliederte Haare, die manchmal das Ansehen haben, als wenn länglichte Beeren mittelst dün- ner Fäden aneinander gereiht wären; die Haare der Blät- ter dagegen sind gerade, stark und kurz, und an der Hauptrippe in der Mitte des Blattes nur da und dort knollenartig angeschwollen (nodosi), übrigens wie jene am Stiele. An den Blumenblättern haben sie aber das Eige- 24 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. ne, dass sie nicht allein nicht gegliedert sind, sondern sich auch einander nähern, ja sogar förmlich in einander übergehen, und sich wie ungefähr die Wurzeln unter der Erde zu vereinigen pflegen. — Die Kelchblätterhaare der Tradescantia virginiana sind fast gerade, und haben hie und da kleine Knoten, wo sie sich dann nach der Seite biegen. Dagegen sind die Haare am Staubfaden so wie die Gorolle schön violett gefärbt, und sehr deutlich aber ungleich gefiedert (Gelenkhaare, pıli phalangiformes, denn die Glieder nehmen stets an Länge ab, wie sie sich der Spitze nähern). Schrank *)hatauch eine Menge solcher Beyspiele ange- führt, wovon ich nur einige der interessantesten herausheben will: e) ) 8) h) Bey der Salvia coccinea sind die Blätter, besonders auf der Rückenseite und am Rande, und die Stengel mit weis- sen Sichelhaaren besetzt, eben so die Aussenseite des Hel- mes und der Griffel; nebst diesen befinden sich am Sten- gel noch lange wegstehende Pfriemenborsten. Die Blätter des Lycopus europaeus haben dreygliederige Gliederhaare, eben so, jedoch sparsamer, die Kelche. Die Haare der Blume hingegen, deren Helm davon feinzottig ist, scheinen keine Gliederhaare zu seyn. An den Kelchen der Silena quinquevulnera trifft man lauter Zwischenwandhaare, die jedoch von doppelter Art sind: borstenförmige und kugeltragende oder sogenannte kopfförmige. Erstere sind sehr lang, selbst mitunter halb so lang als der Kelch selbst, und durchaus krystallhell; letztere sind viel kürzer, stellen abgestutzte Kegel vor, und endigen sich an der Spitze in einen undurchsichti- gen Kopf, der, wenn man die Blüthe in Branntwein legt, welcher den Kleber auflöst, einen Kaffeebecher mit ziem- lich weiter Mündung vorstellt. Das Verbascum thapsus ist an den Stengeln, Blättern, dem Kelche und an den Trägern mit Hakenast- oder hand- förmigen, an dem Fruchtknoten hingegen fast bloss mit Awischenknopfhaaren besetzt. Verbascum bicolle zeich- net sich durch Zotten von ungleicher Gestalt an den drey oberen Trägern aus, an den unteren sind blosse Faden- haare von durchaus gleicher Dicke. Bey den Haaren von #) A. a. 078.44 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. 25 Verbascum nigrum ist die Keule kurz, und verschwindet an den unteren Trägern fast ganz. i) Der Stengel von Antirrhinum linaria hat kurze kugeltra- gende Gliederhaare, dagegen die innere Seite der unteren Blumenlippe überall Walzenhaare. k) An den Kelchen der Verbena Aubletia bemerkt man Sı- chelhaare, die an den Blättern kurz, steif und kegelför- mig sind, und auf einem breiten Fussgestelle sitzen, das davon rauh wird. Der Blumenschlund dagegen ist mit Rosenkranzhaaren geschlossen, welche auch das Feld, wo sich die längern Staubgefässe befinden, besetzen. An der Aussenseite der Corolla sieht man wieder lauter weiche, kurze Sichelhaare. 2) Diejenigen Haare, welche man an den Kelchen der Sieges- beckia orientalis trifft, sind mehrgliederige Gliederhaare von ungleicher Grösse, und hie und da auch Seitenzahn- haare, die bald gerade bald krumm sind. Die Blätter, Kelche und der Stengel der Münze sind allent- halben mit zahlreichen Zwischenwandhaaren, der Blumen- schlund aber nebst einem grossen Theile der Röhre mit un- durchsichtigen blassen Sichelhaaren besetzt. n) Die Primula elatior hat an der Unterseite der Blätter et- was abgestumpfte Glieder, — und kleine, aber dicke, kopf- förmige Haare. Die Gliederhaare, welche man an den Kel- chen bemerkt, sind noch mehr abgestumpft, und am Ende sogar erweitert. m De $. 12. Eine nicht unbeträchtliche, und in mehr als einer Hin- sicht sehr merkwürdige Verschiedenheit der Haare biethet auch das Alter der Pflanzen dar. Im Allgemeinen steht die Regel fest, dass eine Pflanze um so reicher an Haaren ist, je näher sie ihrem Ursprunge steht, d. i. je jünger sie ist, je rascher der Trieb der Säfte vor sich geht, und je mehr die T'heile noch zusammengedrängt sind. Daher bekommen Stecklinge, die unter Glasglocken gezogen werden, mehr Haare; daher sieht man in den Knospen jenen schönen, wolligen Ueberzug, der gleichsam, wie Sprengel sich ausdrückt, eine mit Haaren gefiederte Wiege für die künf- tigen Blumen der Früchte darstellt, z. B. bey dem Andropo- gon arundinaceus Schrad. 26 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. Mit der Entwickelung der einzelnen Theile aus der Knos- pe, also mit der Bildung der Blätter, Aeste und Blüthen ver- liert sich die haarige Oberfläche, so dass man bey diesen 'Thei- len nur in manchen Fällen im späteren Alter noch Haare be- merkt. — So wie sich diess auf die genannte Art mit der Knos- pe verhält, eben so sehen wir auch bey den einzelnen Theilen einer Pflanze mit dem Fortschreiten des Wachsthumes die Haare immer weniger, die Oberfläche immer glatter werden. So sind die ganz jungen Blätter des spanischen Flieders haarig, verlieren aber diese Eigenschaft mit der Zunahme der Ent- wickelung immer mehr, so dass sie am Ende derselben ganz verschwindet. Bey manchen Pflanzen ist das Glattwerden nur scheinbar, in so fern nämlich der Körper, auf welchem die Haare sitzen, an seinem Umfange grösser wird, seine Theile demnach, und mit ihnen auch die Haare, weiter aus einander- rücken, und auf diese Art, ohne an Zahl zu- oder abzunehmen, dadurch, dass sie auf einem grösseren Raume vertheilt sind, dem Anscheine nach weniger werden. — Auch hat Schrank die wichtige Bemerkung gemacht, dass sich die Haare, welche am Grunde (als dem Orte, wo nach Duhamel’s Versuchen das Wachsthum in die Länge zuerst aufgehört hat), noch dicht genug stehen, desto mehr von einander entfernen, je höher der Stengel geworden ist. — Manchmal drängen sich jedoch die oberen Theile wieder zusammen, und dann wiederhohlt sich die Erscheinung in Bezug auf die Haare, wie an den jun- gen Pflanzen. Diess sieht man schr schön an dem Hasenkohl, der mit Rosenkranzhaaren besetzt ist. — Oft wachsen Haare nach, wenn der Theil gleich nicht wächst, und dann bleibt er gleich rauh, oft wachsen keine nach, dann wird er glatter als in der Jugend; dass sie erst im Alter erscheinen, habe ich nie beobachtet, obgleich Deleuze die Erfahrung ge- macht hat, dass die Rispe von Rhus cotinus während der Blü- thenzeit fast ganz haarlos ist, und dass nach dieser Epoche die- jenigen Blumenstielchen , welche Früchte tragen, auch noch glatt, oder wenigstens kaum behaart sind, während bey den- jenigen, deren Früchte feklschlagen, viele ausgebreitete Haare entstehen. $. 13- Auch das Klima, der Wohnort und die Kultur der Pilanzen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Ent- stehung und Bildung der Haare. — In Bezug auf das erste Von den Pflanzenhaaren insbesondere. 27 ist es erfahrungsgemäss richtig, dass Pflanzen, die in rauhen Klimaten oder auf magerem Boden wachsen, viel haariger sind, als andere, die auf fruchtbarer Erde, oder unter einem milden Himmelsstriche gedeihen. $. G. Gmelin *) sagt, dass die Pflanzen in Ghilan und dem nördlichen Persien über- haupt viel haariger, wolliger und filziger seyen, als anders- wo. Das Cichoreum dulce ist in einer Berggegend, wo es kalt ist, behaart, in Neapel cultivirt, verliert es die Haare; so auch die Sanguisorba und Brassica oleracea maritima. Auch ist es eine ausgemachte Sache, dass die Alpen- und Gebirgspflan- zeu ihre häufigeren Haare in dem feuchten und fruchtbaren Erdreich der Gärten verlieren. So ist nach Sprengel eine Abart von Thymus Serpyllum durchaus rauh, sobald sie auf dürren Sand gestellt wird, und das Laserpitium prutheni- cum sah er fast ganz seiner Haare beraubt, wenn es auf feuchten Waldwiesen vorkam , oder dahin versetzt wurde. Ein dürrer Standort, oder der heisse Erdstrich, so wie auch gebirgige und windige Gegenden sind daher der Erzeugung der Haare sehr günstig **). — Darüber hat uns Schrank recht schöne Beyspiele aufgezählt: Aus allen Arten von Co- lutea ist die aethiopica am besten und feinsten bekleidet, und die ganze Gattung des Silberbaums (Leucadendron) ist in das dürre Afrika verwiesen. Unter den Arten des Wer- muths und der Artemisie sind diejenigen haariger, sammtartü- ger, die in dürren Gegenden vorkommen; die Habichts- kräuter der Gebirge, und die Pulsatille und Anemone der Al- pen sind am haarigsten und zottigsten, weil jene an den dürr- sten Stellen, und diese auf den kahlsten Gebirgen vorkom- men. Ranunculus Ficaria, flammula, sceleratus sind sehr glatt, Ranunculus lanuginosus aber sehr rauh, und der Ranunculus *) In seiner Reise durch Russland. *) Humboldt sucht diesen Reichthum an Haaren bey den Alpenpflan- zen von dem lieize einer stärkern Elektricität, und von dem Reiz der durch die dünnen Luftschichten (auf Alpen) minder geschwäch- ten und also hellern Sonnenstrahlen herzuleiten, wodurch nämlich die Ausscheidungen, wie die Secretions- Organe (die Haare), ver- mehrt, die Säfte verdickt, und eben die Wirkungen hervorgebracht werden, welche in dem heissen Klima eine grosse Masse von Wärme- stoff bey stärkerem Druck der Atmosphäre kaum hervorzubringen ver- mag. Siehe dessen Versuche über die gereizte Muskel- und Nerven- faser. 2ter Bd, S, 145, ’ 28 Von den Pflanzenhaaren insbesondere. glacialis fein, aber stark zottig. Die drey ersten trifft man nur an feuchten Orten im Gegensatz zu den zwey letzten, welche mehr trockenen, hungrigen Boden lieben. — Uebrigens fin- den sich dennoch nicht allein auch an Sumpf- und Wasser- pflanzen mitunter viele Haare, sondern diese fallen auch ab, sobald man ihren eigentlichen Standort mit einem entgegen- gesetzten, also mit einem trocknen, dürren Erdreich ver- tauscht. Wenn wir die am Meerstrand wachsenden Pflanzen bey uns in Töpfen halten, und diese im Winter in das Glas- haus setzen, so behalten sie ihren filzigen, weissen Ueberzug; wenn sie aber Sommer und Winter über im freyen Lande stehen, werden sie ihn nach und nach absetzen, und endlich eine grüne Oberfläche erhalten. So fand Wahlenberg*) Lathyrus pratensis, Risum maritimum, Ribes rubrum, Salıx fusca und trifolium pratense an der Nordsee theils filzig, theils zottig, was in andern Gegenden nicht der Fall ist. $. 14. Die Farbe der Haare ıst gewöhnlich weiss, selten rost- farben (wie beym Ledum pallustre), noch seltner blau (bey So- lanum sanctum), oder grün (bey Delphinium elatum). Violet zeigt sie uns die schöne Blume der Tradescantia virginiana, — Die ganz einförmig gebauten Haare des Stengels von Pa- paver rhoeas sind oben ın der Nähe der Blume selbst fast ganz violet, und nur an ihrer Ursprungsstelle weiss; je weiter sie sich aber von der Blume entfernen, desto mehr verliert sich diese schöne Farbe, und die Haare sind schon zwey Zoll unter der Blume fast ganz weiss. Man kann demnach wohl auch behaupten, dass die Haare einer und derselben Pflanze an den verschiedenen Theilen derselben eine Verschiedenheit von Farbe zeigen. — Uebrigens stehen die obigen Benennun- gen von Sammt, Seide, Wolle etc. mit der Farbe der Haare wohl auch in einiger Beziehung, so wie natürlich die feinsten Haare immer auch den feinsten Farbenstrich an sich haben. Anmerkung. In Bezug auf die Grösse, d. i. Länge und Dicke der Pflanzenhaare, lässt sich im Allgemeinen nicht viel sagen, indem die Verschiedenheit ins Unendliche geht. Auch ist mir nur ein einstger Fall bekannt, wo ein Naturforscher ein Pflanzenhaar ge- messen, und den Befund zur öffentlichen Kenntniss gebracht hat. Hofrath und Profess. Ritter v. Martıu’s**)legte ein Haar von der *) Flora Gothoburgensis. Pars I. Upsala 1820. **) Nova acta academ. caes. Leopold. Garol, n. e. Vol. 15. p. 265. Physiologische Bemerkungen etc. 29 Gomphrena officinalis unter das Microscop, und mass es mit dem Micrometer ; oberhalb seiner am Grunde etwas verdickten Wurzel mass es 0,0050 , an der Spitze 0,00067. Das Haar von der Gom- phrena globosa aber hatte 0,00059 Pariser Zoll im Durchmesser. Zweyter Abschnitt. Physiologische Bemerkungen über die Pflanzenhaare. $. 14. 2 SAN a FR AN AR AR a Wenn, wie ich später zu erweisen gedenke, der phy- siologische Zweck der Haare selbst bey den Thieren und dem- Menschen so zu sagen noch ganz im Dunkeln steht, und die Function und der Nutzen dieser Gebilde immer nur mit allge- meinen, unsichern und unzulänglichen Umrissen bezeichnet wurde, so herrscht über diesen Punkt in der Pflanzenwelt nach dem einstimmigen Urtheile aller Sachverständigen noch weit grössere Dunkelheit, ja ich möchte sagen, wahre Fin- sterniss. — Diess vorausgesetzt, wird der geneigte Leser leicht einsehen, dass ich mich keineswegs berufen fühlen kann, in diese Nacht das gewünschte Licht und die willkommne Auf- klärung zu bringen, um so mehr, als ja bekanntlich unsere besten Pflanzenphysiologen hierin bis jetzt vergeblich nach einem richtigen und sichern Standpunkt gezielt haben, von wo aus sie, mit sprechenden Thatsachen und Versuchen unter- stützt, das eigenthümliche Leben der Pflanzenhaare überhaupt, und ihre physiologische Bedeutung für das besondere Leben der Pflanze selbst mit jener erfreulichen Wahrheit und Gründ- lichkeit beleuchten und erklären konnten, die wenig oder gar nichts zu wünschen übrig lässt. — Bey diesem niederschlagen- den Geständniss kann ich, so zu sagen, ein Neuling in die- ser Sache, wohl wenig Neues von Beleg hinzufügen, und bin in so fern darauf beschränkt, den wissbegierigen Leser ei- nerseits mit allem dem in gedrängter Kürze vertraut zu ma- chen, was uns die vorzüglichsten Naturforscher über diesen 30 Physiologische Bemerkungen Punkt bis jetzt hinterlassen haben, und andererseits ihm die Nothwendigkeit fernerer Forschungen ans Herz zu legen; da- mit es auf diese Art vielleicht möglich werde, durch mehr- fache, und mit Liebe und Eifer unternommene weitere Un- tersuchungen in diesem vielleicht noch unbebautesten Felde der medicinischen Wissenschaften dereinst zu einem erfreuli- chen und wohlthätigen Resultat zu gelangen. — $. 15- Die physiologische Wichtigkeit der Pflanzenhaare muss sich, so wie bei allen organischen Gebilden, nothwendig auf ihre anatomischen Verhältnisse, als der materiellen Basis, zu- nächst und hauptsächlich gründen. Wir müssen demnach, ehe wir in dieser Untersuchung weiter vorschreiten, einen prüfenden Rückblick auf die Organisation der Haare machen, um von da aus dann auf die hier wirkenden Kräfte, und so endlich auf die Function und den Zweck des Ganzen zu ge- langen. — Wir haben oben $. 2 gesehen, dass man die Pflan- zenhaare mit allenı Rechte für verlängerte Zellen, welche über die Oberfläche der Pflanzen hervorragen, ansehen kön- ne. Ebenso ist daselbst weiter behauptet worden, dass man ihnen alle Gefässe abstreiten müsse, indem einerseits die feinsten und gelungensten Injectionen nie in die Haare ein- drangen, andrerseits sich, wie wir weiter unten sehen werden, die ihnen zugeschriebenen Verrichtungen unbeschadet des- sen erklären lassen. — Hieraus folgt nun der natürliche Schluss, dass die Pflanzenhaare, in Bezug auf ihre Organısa- tion, zu den einfachsten Gebilden zu zählen, und auf der niedrigsten Stufe igestellt seyen. Sie bestehen aus blossem Zellgewebe, das nach aussen von einer etwas festern Wan- dung eingeschlossen, und im Innern dagegen viel lockerer ge- baut ist. Die aus der letztern Eigenschaft fliessende grössere Durchsichtigkeit führt uns gar oft bey den Pflanzenhaaren anf die Idee eines, so wie in den T'hierhaaren vorhandenen Kanals, der gewöhnlich um so deutlicher hervortritt, je fe- ster und dichter bey dennoch gegebener Durchsichtigkeitt der Mitte die äussere Umgebung ist. — Uebrigens ist die Anord- nung und Aneinanderreihung der einzelnen Zellen in den Pflanzenhaaren bey weitem nicht so manichfaltig, wie bey den Thieren, und wir vermissen demnach auch dort jene sogleich in das Auge fallenden charakteristischen Verschiedenheiten, wo-- über die Pflanzenhaare. 31 durch sich hier, nämlich bey den Thieren, so zu sagen, je- des Haar von dem andern, wenigstens gewiss jede Gattung von einer andern trennt. Man könnte sagen, die in der gan- zen Natur ausgesprochene Manichfaltigkeit ist bey den Pilan- zenhaaren mehr an ihrer Oberfläche und in ihrem Totalha- bitus, bey den Thierhaaren dagegen nebst diesen vorzüglich im Innern selbst wahrzunehmen. — Das bisher Gesagte gilt allerdings, wenn von den Pflanzenhaaren im Allgemeinen, oder besser gesagt, im Durchschnitte gesprochen wird; dage- gen dürfen wir eine merkwürdige Verschiedenheit derselben ja nicht ausser Acht lassen, die darin besteht, dass es 4. Haare gibt, welche sich durch ganz besondere Fein- heit und Zartheit des Baues auszeichnen, und die desshalb auch ganz durchsichtig sind. (Man kann doch wohl den feinen Wurzelhärchen, oder den eben so zarten als schönen Här- chen an der Innenseite mancher Corollen und Staubfäden nicht eine und dieselbe Verrichtung mit den Borsten und Sta- chelhaaren zuschreiben ?) 2. Eine weise Vorrichtung der Natur seyn muss, war- um sie allerdings die meisten Pflanzen mit oben spitzig zu- laufenden Haaren versehen; und dagegen eine weit geringere Anzahl oben abgestumpfter, zugerundeter, kopfförmiger, mit einem Worte, sogenannter Drüsenhaare erschaflen hat, wel- che letztere, wie noch später erhellen wird, gewiss so auf- fallend von den gewöhnlichen Haaren ciflferiren, dass ich es jenen Naturforschern nicht so sehr übel nehmen mag, welche sie ganz aus der Classe der Haare verbannt wissen wollen. 3. Welch ein wichtiger Unterschied liegt endlich noch darin, dass eine nicht unbedeutende Anzahl von Haaren auf ei- ner drüsenartigen Anschwellung, oder auf einem Convolut von kleinen Zellen sitzen, denen sie als Absonderungscanal die- nen, wie wir diess an vielen pfriemenartigen und an den so- genannten Malpıghischen Haaren ($. 8) sehen können; und dass wieder auf der andern Seite eine weit grössere An- zahl von Haaren aufzufinden ist, denen diese drüsenreiche Basis gänzlich mangelt ? Aus Allem diesem geht nun wohl der Schluss hervor, dass die Haare gleich dem Rindenkörper, aus dem sie entsprin- gen, auf der niedrigsten Organisationsstufe, und somit mit Ausnahme des Oberhäutchens unter allen Pflanzentheilen der unorganischen Natur am nächsten stehen, Auch kann man mit y 32 Physiologische Bemerkungen Recht behaupten, dass sie, in Bezug auf ihre Vitalitätsverhält- nisse, ungefähr in demselben Bezuge zur ganzen Pilanze sind, wie das Thierhaar zum thierischen Organismus. Endlich muss ihre so grell in die Augen fallende Verschiedenheit in der eben angegebenen dreyfachen Beziehung jederzeit festgehalten wer- den, sobald von ihren verschiedenen Verrichtungen die Rede ist. Auch ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Zwiebel- und Warzenhaare, so wie jene, welche in auffallendem Grade einer Secretion vorstehen, rücksichtlick ihrer Organisation, den Thhierhaaren am nächsten koınmen, $. 17. Wir können mit voller Gewissheit annehmen, dass die Pflanzenhaare vom Grunde gegen die Spitze wachsen, und wenn uns auch Du Hamel’s Versuche dieses nicht so an- schaulich machten, so spricht doch alle Analogie dafür. Dass übrigens ihr Wachsthum nothwendig an das Alter ge- bnnden sey, ist ebenfalls eine ausgemachte Sache; daher er- reichen die Haare nicht allein im Allgemeinen eine verschie- denartige Grösse, sondern diese selbst ist während den einzel- nen Lebens-Perioden der Pflanze öfters Veränderungen unter- worfen. Im Durchschnitte wachsen sie schnell zu ihrer höch- sten Grösse und Ausbildung heran, auf der sie dann einen scheinbaren Stillstand machen, und endlich in die regressive Metamorphose eintreten, d. i. nach und nach immer spröder, saftiloser werden, vertrocknen und endlich ganz abfallen. Ue- brigens hängt die Öintwicklung der Haare nothwendig mit je- ner der Pflanzenorgane zusammen, an denen sie hervorwach- sen, denn die Haare erscheinen nicht eher, als die Entwick- lung ihres mütterlichen Bodens bis auf einen gewissen Grad gediehen ist. — Im Winter und unter allen jenen Verhältnis- sen, die den Tod der Pflanzen, vorzüglich aber auch die Ver- nichtung des Oberhäutchens nach sich ziehen, gehen auch die Haare zu Grunde, die demnach wegen ihres viel zär- tern Baues nicht so unverweslich, als die Thierhaare sind. — Merkwürdig bleibt noch die Veränderung mancher zarter Pflanzenhaare, vermög welcher sie offenbar in Bor- sten und Stacheln übergehen. Man bemerkt nämlich an einigen Fackeldisteln (Cactus Peirescia), an den Zweigen und in den Blattachseln büschelförmige Haare, die mit der Zeit immer stärker werden, mehr einzeln schen, nnd die Natur der Borsten, und endlich selbst der Stacheln annehmen. Das- über dıe Pflanzenhaare, 33 selbe zeigt sich bey den Acacien. — Vom Grau- und Bleich- werden der Pflanzenhaare schweigen die Autoren ganz, und ich muss gestehen, dass ich ebenfalls nichts Aehnliches beob- achtet habe; welches übrigens hier um so weniger auffallen kann, da bekanntlich die meisten Pflanzenhaare ohnehin schon von weisser Farbe sınd. $. 18. Um nun zunächst zu den Functionen der Pflanzenhaare überzugehen, theileich jene zuerstin Haupt- und Nebenver- richtungen ein, und verstehe unter den ersten alle jene Ver- richtungen, die auf die ganze Oekonomie der Pflanze einen wesentlichen Einfluss haben, wogegen die Nebenverrichtun- gen den manichfach gestalteten, zufälligen Nutzen bezwecken. A, Hauptverrichtungen. $. 19. a) Einsaugung gewisser in der Luft, Erde und dem Wasser enthaltener Flüssigkeiten. Hauptvertheidiger dieser Idee sind: Malpighi, Schrank, Bonnet, Rudolphi und zum Theil auch De CGandolle. Die Gründe dafür sind: 1. Es leitet uns zuvörderst die nähere Betrachtung der Wurzelhaare auf den Gedanken hin, dass selbe als treue Be- gleiter, ja als wesentliche Bestandtheile der zarten Wurzeln wohl auch an dem Hauptgeschäfte der letzten, nämlich der Einsaugung, Theil nehmen werden. — Diese Meiuung ist kei- neswegs neu, denn schon der grosse Malpighi, der die Haare an den Wurzelfasern sehr gut beobachtete, und auch abbildete, hat darauf hingezielt. Er äussert sich hierüber folgendermassen *): Quaenam sint portae, seuhantia orificia , quae propulsum fludum cribrent et determinata admittant, ad- huc dubium. Circa tenellas radices pili copiose Iu- zuriant hinc inde: sunt autem pili candidae fistulae et gra- cillimae, minimis orbiculis ineicem hiantibus coagmentatae , unde horum orificüis determinatae figurae anologam fludi par- tem, ambientium vi expressam, admittunt, et ligneis fistul:is reddunt. ÜUbicungue radices a proxima terra per spalium aliquod distani, pili hujusmodi in reie complicantur, et circa *) Opp. U. p. 84. de pilis, 67 34 Physiologische Bemerkungen frustula luxuriant, el quoddammodo tensi manent. Quoniam tamen non quaecumque bulbosa el radıcum genera pilis pa- tenter ditantur, ideo dubitandum occurrit, an in hu- jusmodi bulbosis percolatio subingredientis liquoris fiat ab ex- teriore ambiente cuticula, ita ut ab hac in conliguas ulri- culas, guibus ceparum involucra coagmenlantur , Iransilus succedat. Wir sehen hieraus, dass Malpıghi noch zweifel- haft blieb, durch welche Oeflnungen die nährenden Flüssig- keiten in die Wurzeln gelangen. In Bezug auf die Behauptung: dass er die Wurzelhaare, vorzüglich bey den Zwiebelgewäch- sen, vermisst habe, wird er von Schrank *) vollkommen widerlegt, welcher deutlich ausspricht, dass er die Wurzel- haare noch bey allen Pflanzen ohne Unterschied, und na- mentlich auch bey den Zwiebelgewächsen, gefunden habe. Insbesondere ıst Hyacinthus comosus ganz zottig davon. — Grew **) glaubt sogar, dass der Saft, ehe er aus der Erde in die Wurzeln aufgenommen wird, noch sehr verfeinert wer- den müsse, was auch Schrank für höchst wahrscheinlich hält. — Ein vollwichtiger Grund für die Behauptung, dass die Wurzelhaare wirklich einsaugen,, ist gewiss noch der Um- stand, dass man durch Versuche ausgemacht hat, dass Pilan- zen, denen man die kleinen, sehr behaarten Wurzeln weg- nimmt, ‘bey der reichlichst gegebenen Nahrung dennoch so lange kränkeln, bis sie neue Würzelchen getrieben haben. — Auch der erfahrne Link ***), der früher den Härchen der Wurzeln das Vermögen, einzusaugen, gänzlich absprach, er- kannte später seinen Irrthum, der durch einseitige Verglei- chung dieser Wurzelhaare mit einigen Arten von Haaren auf dem Stamme und den Blättern entstanden war. Nach seinen Beobachtungen stehen die Haare der Wurzeln nicht allein in den Lücken des Erdreichs , sondern sie finden sich auch da, wo Erde anhängt, in Menge; sie entstehen sogar mitten im Wasser, und umhüllen dort oft das Würzelchen gleich einer flockigen Wolle. — Endlich sind es zufolge dervon Senebier, Carradori****) undDeUCandolle+) angestellten Versuche *%, Aa Op. **) Anat. of planıs. B.2.p. 82. ***) Nachträge zu den Grundlehren der Anatomie und Physiologie der Pflanzen, p. 18. SIEH) Aa. 0: 4) Mem, sur le devellopement des racines, Annal. des sciences naturell, de Geneve 1826. p. 1. über die Pflanzenhaare. 35 vorzüglich die äussersten Enden der haarartigen Wurzelanhänge, welche das Geschäft der Einsaugung besorgen, obgleich man bis jetzt keine freyen Saugmündungen entdecken konnte. 2. Der gelehrte Bonnet *) hat durch Versuche hinläng- lich dargethan, dass die untere Fläche der Blätter hauptsäch- lich und weit mehr, als dıe obere, einsauge. Da nun aber gerade diese auch vorzugsweise mit Haaren besetzt ist, so spricht es zu Gunsten der Einsaugung durch die Haare. 5. Franz v. Paula Schrank **) glaubte mit Hülfe der Geometrie für die Bestimmungen der Pflanzenhaare ein all- gemeines Gesetz gefunden zu haben, zufolge dessen die Haare lediglich zur Einsaugung bestimmt wären. Insbesondere stellt er von den kegelförmigen Haaren als Resultat seiner Unter- suchungen den Satz auf: dass sie vorzüglich bestimmt seyen, Dünste einzusaugen. Diese Behauptungen suchte er überdiess noch durch einen ganz originellen Versuch unter dem Micros- cop zu bekräftigen. Er brachte nämlich Pflanzentheilchen mit kegelförmigen Haaren, auch ganze und in der Absicht, damit die Haare mehr in das Auge fielen, zusammengefaltete Blät- ter unter den Brennpunkt eines zusammengesetzten Micros- cops in Wasser, während sein Auge über dem Ocularglas ruhte. Die Haare füllten sich, aber nur tropfenweise, und verhältnissmässig grosse Tropfen Luft füllten die Zwischen- räume zwischen den Wassertröpfchen. Dadurch, dass er dann das Wasser mit Weingeist verdünnte, und den Versuch noch- mal mit frischen Blättern wiederholte, wurde die Füliung nun gleichförmiger und stätiger. Er hielt demnach das von den Haaren Eingesogene für verdünntes Wasser, für Dünste. — Auf diese Art erklärt sichnun Schrank 4.: warum die Vor- sicht den Pflanzen der heissen Länder so viele Haare gegeben habe. (Obgleich es in jenen Ländern wenig regnet, fallen doch häufige und mitunter sehr starke Thaue, wodurch dann die Pflanzen aus der feuchten Luft ihre Nahrung einsaugen.) — 2. wesshalb die Pflanzen, die auf dürren Sandgegenden oder kahlen Alpenfelsen wachsen, so haarig sind. Sprengel ***) suchte diese Angaben einigermassen zu widerlegen, indem er sagte: dass nicht bloss kegelförmige Haare offenbar eigenthümliche Säfte ausleeren, und dass die *) Usage des feuill, p. 47. Duhamel Physique desarbres. Vol. I, p. 185. SH) Asa OL P: 82; ***) Ueber den Bau und die Natur der Gewächse 1812. [62] 36 Physiologische Bemerkungen Gebirgspflanzen nur desswegen behaarter sind, als andere, weil ihr Wuchs gebeugter, die Theile aber zusammengezoge- ner sind. Uebrigens sprach er sich ganz für die Meinung aus, dass Aussonderung die Hauptfunction der Pflanzenhaare sey. Ich werde auf die dafür aufgestellten Gründe zurück kommen. 4. Dagegen trat Rudolphi*)der IdeeSchrank’s in so- fern bey, als er ebenfalls die Einsaugung für die Prinzipalfunc- tion der Pflanzenhaare, und zwar aus nachfolgenden Gründen erklärte: a) Sehr viele Pflanzen kommen ın warmer, sehr trocknen Gegenden, z. B. im südlichen Furopa, auf der Insel Can- dia, im Orient und den Steppen Sibiriens etc. vor, de- ren ganzer Bau gedrungen ist, die keine grosse Menge von Säften enthalten, und also nicht viel ausdünsten können. Ihre Wurzeln sind nicht gross, und sie haben nur kleine und wenige, unter den Haaren verdeckte, oft kaum aufzufindende, zuweilen gar keine Poren, so dass ihnen also auf diesem Wege die nöthige Flüssigkeit nicht zugeführt werden kann. Rudolphi findet es daher ganz natürlich, anzunehmen, dass ihre Haare die Feuchtig- keit aus der Luft einsaugen, welche die Wurzeln im dür- ren Sande nicht finden können. — b) Das Gleiche gilt wohl auch von den auf den Alpen oder trocknen Gebirgsgegenden , in Felsenrissen u. s. w. wach- senden haarigen Pflanzen, denn auch bey ihnen ist anzu- nehmen, dass sie die ihnen nöthige Flüssigkeit mittelst der Haare aus der Atmosphäre einsaugen. c) Die im Wasser lebenden Pflanzen, deren Oberfläche haarlos ist, bedurften natürlich der Haare eben so we- nig, als der Poren, und desshalb gehen ihnen auch beyde ab. d) Aus demselben Grunde sind auch fast alle auf feuchten Wiesen und in den Sümpfen des nördlichen Europa wachsenden Pflanzen völlig haarlos. Sie bedurften so vie- ler Saugwerkzeuge nicht. Eben desshalb finden wir auch keine haarigen Pflanzen in den feuchten Gegenden Ame- rika’s und Asiens, e) Darum haben alle, mit grossen und vielen Poren verse- hene Pflanzen keine Haare. f) Ganz besonders entscheidend scheint die Thatsache zu *) Anatomie der Pflanzen p. 124 — 126, über die Pflanzenhaare. 37 seyn, dass bey solchen Familien, die sonst gewöhnlich haarlos sind, einzelne Geschlechter derselben in dürren Gegenden Haare im Ueberflusse bekommen, z. B. bey den Gräsern. g) Und umgekehrt ist es sehr auffallend, dass so viele im wilden Zustande behaarte Pflanzen in unsern Gärten all- mählig und oft ganz diese Bekleidung verlieren. Wir se- hen diess an den Alpenpilanzen und an den sibirischen Gewächsen, wie sie nach und nach in unsern Gärten glatt werden. Es scheint dagegen eingeworfen werden zu kön- nen, dass viele Pflanzen in den Gärten trotz aller Cultur die Haare behalten, allein Rudolphi, beseitigt diesen Einwurf dadurch, dass er sagt: fast alle diese Pflanzen haben einen starken, dichten Filz und eine äusserst dün- ne Blattsubstanz, so dass diese allein nie bestehen kann; einigen gehen sogar die Poren ganz ab. Hier sind also die Haare wesentlich und immer nöthig, wenn nicht ein ganz neues Blatt und eine ganz neue Pflanze entstehen soll. Bey jenen Alpengewächsen und sibirischen Pflanzen hingegen hat die Blattsubstanz mehr Wasser, und die Haare dringen nicht so fest ins Parenchym ein. Dagegen kann eingewendet werden, dass diese saftigen Gewächse aber auch oft ohne alle Haare sind, häufig die heissesten Klimate und die trockensten Gegenden bewohnen, und einige von ihnen dennoch in der blechernen Büchse oder auf dem Bette des Treibhauses dann noch fortwachsen, wenn manihnen die Wurzel weggeschnitten hat. Schrank antwortet darauf: diess geschieht durch die mittelst der Hautdrüsen bewerkstelligte Einsaugung aus der Atmo- sphäre. h) Alle Pflanzen aller Klimate dünsten aus, und dennoch gibt es ja viele, die keine Haare besitzen. Durch diese Gründe hielt es Rudolphi für völlig be- wiesen, dass die Haare eben sowohl einsaugen, als die Po- ren. Doch gibt er eine Verschiedenheit zwischen beyden zu, indem er sagt, dass die Poren, besonders die sehr grossen der fleischigen und saftigen Gewächse reichlicher einsaugen, wess- halb diese Gewächse auch die Wurzeln länger entbehren kön- nen, als die haarıgen. Diese bedürfen dagegen keiner so reich- lichen Einsaugung, und es fehlt ihnen das lockere Parenchym 38 Physiologische Bemerkungen der fleischigen Gewächse, das diesen als ein Behälter für das Eingesogene dient. — 5. Die Narbe des Pistills ist dazu da, um den befruch- tenden Samenstaub aufzunehmen und zu dem Fruchtknoten zu leiten. Sollten nun die Haare an der Oberfläche der Narbe nicht wenigstens Theil an diesem Geschäfte nehmen? Sollten sie daher nicht auch zur Einsaugung dienen? — 6. Viele junge Blätter z. B. der Buche, sind bey ıhrem Entstehen, und noch eine Zeitlang nachher haarig, und wer- den dann glatt. Diess scheint nur desshalb so eingerichtet zu seyn, weil sie erst aus der Luft trinken müssen, bis die durch- wärmte Erde ihnen durch die Gefässe mehr Nahrung zuschi- cken kann. 7. Ueber die Art und Weise, wie diese Einsaugung von Statten gelie, lässt sich nur wenig sagen. Dennoch wissen wir durch eine genauere Einsicht in die Organisation der Haare, dass die von ihnen angesogenen Dünste zuerst in das mit dem- selben in Verbindung stehende Zellgewebe, und aus diesem in die eigentlichen Gefässe kommen. Dieser Satz folgt zu- nächst aus dem $. 2 näher bezeichneten Ursprung der Haare. — Auch ist es höchst wahrscheinlich, dass die ebenfalls ober- flächlich liegenden, und innigst mit dem Zellgewebe der Oberhaut verbundenen Hautdrüsen an diesem Geschäfte eini- gen Antheil nehmen. — 8: Den so eben angeführten Thatsachen entsprechend, glaubt De Candolle (a.a. O.), dass die Haare der Verdünstung ein natürliches Hinderniss entgegen setzen, indem sie die pa- renchymatösen Theile gegen die Wirkung des Sonnenlichtes schützen, welches doch das Hauptagens der Verdünstung ist. Daher fehlen die Haare in der Regel auch allen Pflanzen, welche wenig oder gar keine Spaltöffnung besitzen, wie den Fett- und Wasserpflanzen und jenen schattiger Orte; woge- gen sie bey den, der Sonne ausgesetzten Pflanzen sehr häu- fig sind. *) Anmerkung. Nach Link lässt sich das Resultat von Schrank ’s Versuchen über die wirkliche Einsaugung der Haare auf die Kralı der Gapillarıtät zurück führen. Auch fehlen den Haaren nach sei- ner Meinung die Spaltöffnungen nicbt, sondern sind nur schwer zu finden. Z. B. bei Salvıa canarıensis, officinalis, Phlomis fruticosa , Marubium cinereum, Cistus ladaniferus, Cineraria marıtima, Arctotis calendulacea u. a. m. — Obschon übrigens Link mehr über die Pflanzenhaare. 39 für Exeretion, als dem Hauptgeschäfte der Pflanzenhaare zu stim- inen geneigt ist, so spricht er ihnen dennoch das Vermögen ein- zusaugen nicht ganz ab, und bezieht sich in dieser Hinsicht auf die haarıgen Papillen am Stigma der Pflanzen, die wie ein keulenför- miges Haar gestaltet sind, und unstreitig zum Einsaugen dienen, Auch in seinen Nachträgen zu den Grundlehren der Anatomie und Physiologie der Pflanzen p. 57 behauptet er, dass die Narben- und Wurzelhaare gewiss zur Einsaugung bestimmt sind, $. 2. b) Aussonderung eigener, in der Pflanze bereiteter, flüssiger Stoffe. Nichts desto weniger gibt es doch auch eine Menge Thatsachen und Beobachtungen, welche dafür sprechen, dass viele Pflanzenhaare zur Aussonderung bestimmt sind. Ich wer- de hier die wichtigsten derselben zusammenstellen, so wie sie von Sprengel, Kieser, Link, Duhamel, Molden- hawer und Senebier vertheidigt werden: 4. Schon Malpighi war mit der blossen Einsaugung der Haare nicht zufrieden, sondern hielt es *) für sehr wahr- scheinlich, dass sie als Fortsetzungen der Querschläuche des Zellgewebes zur Absonderung gewisser Feuchtigkeiten be- stimmt sind. Er sagt dort: Tenellas igitur vegetanlium partes , pilis hirtas ita mirati sumus, ut adhuc nos laleat, an plantas tutelae gralia pilosas reddiderit nalura, an vero turgenlis alı- moniae incongrua portio sub harum forma erumpat et digera- tur. Gemmarum itaque foliola ita mollibus pilis cooperiuntur , ut probabile sit, ipsorum formam de facili custodiri; dum au- lem vegetando auctiora fiunt, pili quoque proceriores redditi ut plurimum contabescunt, unde satius videtur, plures hujusmodi pilos foliorum vegetationi inservire. Perdurant autem fortasse in nonnullis planlis exaratı pili ob materiae conditionem, qua ex- citantur. Cum enim probabile sit, pilos esse appendices ulricu- lorum iransversalium, cumque ipsorum quasi catena vıideanlur, ideo contentus in iis humer aeri exposilus, cum libere pateal, si natura sua volatilis sit, vel aquosus facillime exhalat et digeritur, unde membranae utriculorum superslites lavam et mollem compagem relinguunt. *) Opp. tom. Il. p. 58. 40 Physiologische Bemerkungen 2. Duhamel *) hält es für unläugbar, dass eigenthüm- liche Flüssigkeiten durch die Haare ausgeschieden werden. Er machte an einer Martinia aus Louisiana, deren Blätter, Blü- then und Früchte mit sehr feinen Haaren besetzt sind, die Beob- achtung, dass an den Endspitzen dieser letztern einige Tropfen eines durchsichtigen, riechenden und schmierigen Saftes hän- gen, der nicht aus der Pflanze selbst ausschwitzt. — Auch aus Bonnet’s Versuchen erhellet, dass die Einsau- gung vorzüglich in dem Parenchym zwischen den Rippen und Adern des Blattes vor sich gehe. Nun aber befinden sich be_ kanntlich die meisten Haare auf den Blattrippen, also scheint es, dass selbe nicht besonders zur Einsaugung bestimmt sind. 3. Den sprechendsten Beweis für die Ausdünstung der Piianzenhaare liefert aber das unläugbare Factum, dass man an den Haaren mancher Pflanzen Tröpfchen eines eigenthüm- lichen Saftes findet. So behauptet Sprengel, und vor ihm schon Schrank, dass die Haare der weiblichen Narbe offen- bar das Oel absondern, das zur Aufnahme des Samenstaubes bestimmt ist, und El. Bjerkander **) hat deutlich be- merkt, dass bey behaarten Blättern am Morgen jedes Haar vom Grunde bis an die Spitze mit grössern und kleinern fei- nen Tropfen bekleidet ist, und dass Pflanzen, die unter Glas- glocken gehalten werden, aus ihren Haaren die Safttröpfchen ausscheiden, z.B. Fragarıa vescaund Kquisetum fluviatile. Diess kann man bey jedem Steckling beobachten. — Es handelt sich also hier hauptsächlich um die physiologische Bestim- mung der sogenannten Drüsenhaare, deren z. B. die Passiflora foetida eine grosse Menge an verschiedenen Theilen hat, und die beständig einen klebrigen Saft, an welchem kleine Insec- ten hängen bleiben, ausschwitzen. Dieser Safı ist im Wasser auflöslich, und färbt die Auflösung weingelb. — Die Kölbehen auf den Haaren oder kegelförmigen Randborsten bey Rhodo- dendron Chamaecistus enthalten alle ein Gummiharz, das sich zum Theil in Wasser, zum Theil in Weingeist auflöst. — An der Nicotiana rustica fand ich jedes Haar an der Spitze mit einem ovalen, helldurchsichtigen, grünen Köpfchen versehen. Ein ausserordentlich feines Häutchen schloss einen Tropfen Flüssigkeit in sich, der sich bey dem geringsten Drucke aus *) Physique des arbres. Vol. I. p. 183. **) Schwedische Abhandlungen, 1773. p. 68: über die Pflanzenhaare, 41 demselben entleerte. Als ich die Pflanze dann über Nacht ins Wasser brachte, hatten sich die Köpfchen ganz entleert, und waren, so zu sagen, verschwunden, indem sich der enthaltene Saft mit dem Wasser vermischte. — Rudolphi hält jedoch diese Drüsenhaare nicht für Haare, sondern für gestielte Drü- sen, welche die Feuchtigkeit absondern. Gleicher Meinung mit ihm ist auch Schrank und selbst Link *). Ich meiner- seits finde zwischen einer sogenannten gestielten Drüse und eı- nem kopfförmigen Haare keinen wesentlichen Unterschied; so wie ein Haar, welches, wie Link sagt, an seiner Spitze bloss ein Tröpfehen Feuchtigkeit trägt, in diesem Augenblicke wohl schwerlich von einer gestielten Drüse unterschieden wer- den kann. — Was aber die von Bjerkander und Spren- gel angegebene Tropfensammlung der unter Glasglocken ste- henden Erdbeerstauden oder Melonenranken betriflt, so kommt selbe nach Rudolphi auch nicht von einer aus den Haaren abgeschiedenen Flüssigkeit, sondern kann theils ein aufstei- gender Thau seyn, der sich an die Pflanzenhaare hängt, theils nach Schrank ein wirkliches 'Thränen ; die Pflanze dünstet nämlich auf der Oberfläche aus, und die Materie sammelt sich an den Haaren. Ich kann diesen Streit nicht entscheiden. Anmerkung. Baster glaubt, dass aus diesen durch die Haare aus- gesonderten Feuchtigkeiten die Bienen jenesunvollkommene Wachs verfertigen, womit sie die überflüssigen Oeffnungen an ihren Kör- ben verkleben. 4. Viele kegelförmige Haare führen einen mehr oder we- wiger‘klebrigen, schmierigen, riechenden oder geruchlosen Saft aus. Streicht man z. B. die Blätter des gelben Tabacks gelinde mit der Hand, so wird sie davon etwas schmierig und stark riechend. Dasselbe kann man auch bey hoher T’empera- tur bey den kegelförmigen Zwischenwandhaaren des Gera- nıum inquinans beobachten; die Finger werden davon schmut- zig, pomeranzengelb und fettig. 5. Selbst Link **) gibt zu, dass sehr viele Haare, ohne Glandeln zu tragen, oder ohne kopfförmig zu seyn, einen kle- brigen Saft ausschwitzen, der an vielen Salbeyarten, dem An- tirrhinum maj. u. a. als ein Tröpfchen auf der Spitze hervor- FE. Anmerkung zu.Nr. 3. 22) IA, a0), p. 124. 42 Physiologische Bemerkungen » quillt, dort etwas erhärtet, und irrig für eine Glandel angese- hen wird. An den Cisten sah er die Seiten oft durch jene kle- brige Feuchtigkeit zusammengeklebt. In den Haaren der Boragi- nen sieht man eine weiche erhärtende Masse, welche auch oft einzelne Zellen in der Warze an der Basis färbt, und in den Haaren von Echium stockt oft eine bräunlichgelbe Masse ab- satzweise *). Aus den abgeschnittenen Haaren der Kichererb- sen (Cicer arietinum) sickert die Kleesäure im freyen Zustande mit etwas Aepfel- und Essigsäure aus. — Nesselhaare, wenn sie ın der Haut stecken bleiben, verursachen durch den in ih- nen enthaltenen ätzenden Saft heftiges Brennen, und der Grad dieses Brennens richtet sich nicht nach der Länge oder der Steifheit der Haare, sondern nach dem Grade der ätzenden Be- schaflenheit des Saftes. Die Urtica urens brennt während ihrer Blüthenzeit darum weniger, weil der Trieb der Säfte mehr in die Blüthe geht. — Dr. Daniel major **) beobachteteim Jahre 1676 die noch nicht geöffneten Rosenknospen mit dem Microscop, um die wahre Beschaffenheit der gelbrothen Haare oder Wolle an dem Samenbehältniss, der Blumendecke und dem Stiele zu entdecken. Er fand, dass es keine spitzig zulaufende Haare, sondern gleichsam umgekehrte Fläschchen, oder mit Saft an- gefüllte kolbenförmige Röhrchen seyen; die sich bald in einen runden, bald länglichen Bauch endigen, und einen öligen Saft in sich enthalten. Als er etwas von dieser Wolle abschab- te, und auf glühende Kohlen warf, so verbreitete sich ein ganz schwacher Rosengeruch. — Nach Guettard enthalten die Haare der Nesseln, der Malpigbia u. a. an ihrer Basis eine mit scharfer Flüssigkeit gefüllte Blase, welche sich mittelst des sehr feinen, die Haare durchkreuzenden Canals in den gestoche- nen Theil ergiesst, so wie das Gift in die Zähne-der Schlan- gen. — 6. Moldenhawer ***) glaubt, dass die Function der Waurzelhaare in der Vermehrung der Oberfläche der Wurzel, und in der Ausschwitzung einer Flüssigkeit bestehe, welche wenigstens zum Theile als ein Auflösungsmittel des chemischen Prozesses benützt wird, durch welchen die nährenden Bestand- theile des Bodens zur Annahme in der Wurzel vorbereitet, und *) Siehe Tab, I, Fig. 4. **) Siehe den 8ten Theil der Wahrnehmungen der kaıs. Akad, der Natur- forscher. ***) Beyträge zur Anatomie der Pflanzen. Kiel 1812. p. 139. über die Pflanzenhaare. 43 der Natur jeder Pflanze assimilirt werden. Und in dieser Hin- sicht wäre es der Speichel des Thierreiches. Ferner erklärt er hieraus die Thatsache, dass verschiedene Pflanzen durchaus nicht gedeihen, wenn sie von den Wurzeln gewisser Nachbarn belästiget werden, obgleich weder Mangel an Nahrung, noch Beschattung oder Tropfenfall Statt findet; daher die Aehnlich- keit jener ausgeschwitzten Feuchtigkeit mit dem Speichel der Thiere, welcher bekanntlich, wenn er von zwey verschiedenen Thieren genommen wird , nicht selten dem einen schädlich wird; endlich findet er in dieser Annahme einen Grund für die grössere Feuchugkeit des Erdreiches in der Nähe stärke- rer Wurzeln. — 7. Nach Sprengel pflegen Pflanzen, die in freyer Luft stark getrieben werden, den Ueberfluss des Nahrungssaftes stets durch die Haare auszuleeren. Auch behauptet er 8. Dass die Menge der Haare mit jener der Spaltöffnun- gen im umgekehrten Verhältnisse stehe, dass demnach platte Theile um so mehr Poren haben, gerade als wenn diese bey- den Gebilde entgegengesetzte Functionen hätten. Dagegen kehrte Rudolphi diesen Satz so um, dass er sagte: wo viele Haare sind, die einsaugen, bedurfte es nicht so vieler und grosser Poren; wo diese aber sind, waren jene nıcht nöthig, da beyde einsaugen. 9. Wie bekannt ist die Oberfläche einer Pflanze um so haariger, je stärker der Trieb der Säfte ist, und desshalb fin- den sich auch bey jungen Pflanzen immer die meisten Haare. Da nun aber auch die Ausdünstung in demselben Verhältnisse, d. i. mit dem vermehrten Säfteandrang nothwendig zunehmen muss, so scheinen die Haare oflenbar auch zur Ausdünstung za dienen. Endlich 10. Mag wohl auch die Analogie dafür sprechen, indeni beym Menschen die Haare vorzüglich da gedeihen, wo eine reichliche Absonderung vor sich geht, z. B. am Kopf, in der Achselgrube, der Schaamgegend, auf der Brust u. s. w.; ob- gleich es leicht zu erweisen ist, dass weder die Thier- noch Menschenhaare bloss zur Aus dünstung bestimmt sind. Anmerkung. Link stellt in seinen kritischen Bemerkungen und Zusätzen zu Kurt’s Sprengel’s Werk: über den Bau und die Natur der Gewächse pag. 27. die Frage auf: Ob vielleicht alle Haare, welche Querwände im Verlaufe, oder in der Nähe * BJA 2 " ° = der Basis haben, zur Absonderung; hingegen alle, denen diese 44 Physiologische Bemerkungen Querwände fehlen, zur Finsaugung bestimmt seyen? Ihm ist diess sehr wahrscheinlich, weil die Haare an den Wurzeln keine Spur von Querwänden zeigen, die Haare am Stamme u. s. w. aber, we- nigstens in der Nähe der Basis immer damit versehen sind. So sah Link auch Querwände bey allen Haaren, die offenbar kle- brige und riechende Stoffe absondern. ‚Diese Einrichtung scheint ihm auch sehr der Natur gemäss zu seyn: einsaugende Haare müssen die Flüssigkeit schnell durchlassen, damit eine Menge von derselben in das Gewächs tritt; absondernde Haare hinge- gen können Querwände haben, damit der Stoff beym Durchschwit- zen durch dieselben seine gehörige Beschaffenheit und Mischung erhalte. — Bey dieser grossen Verschiedenheit der Ansichten scheint mir nach genauer Erwägung und Vergleichung der beyder Seits angeführten Thatsachen, der Schluss am wahrscheinlich- sten: dass einige Haare zur Einsaugung, andere zur Absonderung gewisser Flüssigkeiten dienen. Ob es auch solche gäbe, welche beyden Functionen vorzuste- hen ım Stande sind, ist schwer zu entscheiden. Anmerkung. Treviranus hält die Haare für mehr zufällige Or- gane der Epidermis, als die Poren. Sie enthalten noch ihm Luft und Saft, und stehen in Bezug auf Absonderungen aus dem Pa- renchym nicht in so unmittelbarer Verbindung wie die Poren, indem sie nicht nur auf der Oberhaut stehen , sondern wirklich Verlängerungen derselben sind. Siehe dessen vermischte Schrif- ten 4. Bd. 1829. ». Nebenverrichtungen. $. 21. 4. Eınıge Haare dienen den Pflanzen, auf denen sıe vor- kommen zum Schutz und zur Bedeckung zarter Theile. Auf dieseldee werden wir geradezu durch den Umstand geführt, dass die weise Natur immer die zartesten Theile so sorgfältig mit Haaren verwahrt hat. So sehen wir diess bey den Blät- tern in der Knospe u. s. w. Schon Grew *) hat bemerkt, dass die Haare den jungen Pflanzen dazu dienen, die noch unentwickelten Theile vor dem wechselweisen Drucke zu schüt- zen. Daher verlieren sich die Haare an den Blättern man- cher Pflanzen, sobald sich diese entfaltet haben, wie wir diess an der Rothbuche sehen; bey andern fällt die haarıge Be- kleidung,“ durch welche sie gegen die Strenge des Winters A) Aa ON EVBU.SCh I. über die Pflanzenhaare. 45 geschützt wurden, mit der wiederkehrenden warmen Jahrs- zeit hinweg. Am auffallendsten ist dieser Zweck der Haare bei der Blattknospe der Rosskastanie, ünd bey manchen Na- delblättern zu erkennen, z. B. bey den Fichten und der Ma- gnolia grandiflora, wo jedes junge Blatt eine zarte, behaarte Hülle, wie eine Scheide besitzt, die sich in der Folge ab- streift *). — Dass die steifen Haare, Borsten und Stacheln eben- falls zum Schutze der Pflanzen dienen, ist zu einleuchtend, als dass man esnicht einsehen musste, Auch hatuns Schrank **) den Nutzen der Hakenborsten bey den verschiedenen Arten der Forskohlien auf diese Weise zu erklären gesucht, indem er eine Fliege sah, die den Kleber auf dem Blatt aufschlür- fen wollte, aber mit dem Rüssel an einigen Hakenborsten hangen blieb und starb. — Linne ist der Meinung, dass die Haare mehr gegen die Wärme als Kälte schützen, und sucht durch einige Beyspiele zu beweisen, dass die grosse Hitze, und auch der schädliche Einfluss des Windes dadurch abge- halten würden. Es sind aber nicht allein viele in den wärm- sten Gegenden wachsende Pflanzen glatt und kahl, wie die meisten fetten Gewächse, die Fackeldisteln, Euphorbien, Fi- coiden u. s. w., sondern man findet auch in kältern Gegenden mehrere, welche mit Haare besetzt, oder gar mit einem wol- ligen Ueberzuge bedeckt sind. Fast alle, die an dem Ufer des Meeres wachsen, und wo meistens kalte Winde herrschen , sind von der Art; daher man wohl eher zugeben mag, dass die Haare überhaupt, und besonders wenn solche dicht ste- hen, und unter einander verwickelt sind, oder ein besonde- res Gewebe ausmachen, den Pflanzen mehr zum Schutz ge- gen die Kälte als gegen die Wärme dienen. Solche weiche, lange und krause Haare halten, wie De Candolle sagt, um die zarten Organe herum eine gefangene Luftschichte zurück, und hindern so gleich den Thierpelzen das Durchdringen der äusseren Temperatur. Auch gegen die äussere Feuchtigkeit schützen die Haa- re in manchen Fällen, welches man am besten bemerkt, wenn man stark behaarte Blätter ins Wasser taucht, wo dann die behaarte Fläche dennoch trocken bleibt. Eben so spricht dieBeobachtung, dass die meisten haarlosen Flächen der Pflan- *) Rudolphi a. a. O. p. 126, *)A.2.0.2 688 71. 46 Physiologische Bemerkungen zen durch irgend eine andere Vorrichtung, z. B. durch einen blaugrünen Staub, Wachs, oder andere klebrige und schlei- mige Stolle gegen die Feuchtigkeit geschützt sind, dafür. End- lich dienen viele Haare auch zum Schutze gegen die In- secten. Diess zeigt sich vorzüglich bey den Blüthenkelchen der Labiaten, wo der Eingang in die Röhre gewöhnlich durch eine zahllose Menge kleiner, feiner Haare vertheidiget wird. Noch auffallender ist diess bey den steifen, stärkern, hakenför- migen undStachelhaaren zu sehen, wovon ich schon oben ein Beyspiel angeführt habe. 9. Einen nicht unbedeutenden Nutzen haben die Haare auf das Befruchtungsgeschäft verschiedener Pflanzen. So tragen die feinen Haare an den Seiten der Staubbeutel bey den Veilchen dadurch, dass sie wechselweise in einander greifen, etwas zur Befruchtung der Narbe bey, die, wie Schrank behauptet, nur im Rohre der Staubbeutel, und vor dem end- lichen Durchbohren und Ueberwachsen derselben vor sıch gehen kann. Auch sondern die Haare der weiblichen Narbe offenbar das Oel ab *), das zur Aufnahme des Samenstaubs bestimmt ist. Endlich dienen einige Haare den Samen zur leichtern Verbreitung dieser letztern, z. B. die Hakenbor- sten bey den Arten von Gallium, Bidens, Verbesina alata ete., ferner die Angelborsten an den Samen des Cynoglossum virginicum. Wenn diese Samen von den vorbeygehenden Thie- ren abgestreift werden, so sind jene Haken die dienlichsten Mittel, wodurch sie sich anhängen, weiter getragen, und end- lich wieder abgestreift, und so an ganz andern Orten gleich- sam wieder ausgesäet werden. — Bey andern Pflanzen dienen wiede, die Haare ihrer Geschlechtstheile bloss dazu, um die Oberfläche zu vermehren. Diess scheint z. B. der Fall bey dem haarigen Bart unter der kleinen Narbe der Wicke zu seyn; diese *) Amici (Annales des sciences naturelles, Par Audouin, Brogniart et Dumas. Paris 1824. Seite 65) sah bey der Portulaca oleracea in den feinen Härchen der Narbe Safıkörperchen auf- und absteigen; als ein Korn Pollen, welches auf einem solchen Haare lag, platzte, fuhr eine Röhre heraus, die sich an die Seite des Haares anlegte, und Körnchen enthielt, die theils aus ihr, theils aus dem Pollen ka- men, unregelmässig sich bewegten, und nach drey Stunden ver- schwunden waren. — Bey Ophrys insectifra sitzt der Pollen als dichte Masse auf Drüsen- haaren, welche mit dem Fruchtknoten zusammenkangen. — über die Pflanzenhaare. 47 Haare hindern durch ihre besondere Stellung den Verlust des Samens, indem sie ihn gleichsam zwingen, ın der Nähe der Narbe zu bleiben. — Der eigenthümliche Bau der Befruch- tungswerkzeuge des Aconitum neomontanum scheint in dem er- sten Augenblick für dieses Geschäft sehr nachtheilig eingerich- tet zu seyn, und dennoch wird bey näherer Beleuchtung die Fructification eher dadurch befördert, als gestört. Denn die aus den Spalten hervorquillenden kleinen Oeltropfen sammeln sich durch die grosse Annäherung der Griffel und Narben zu einem grössern Tropfen; die Träger stehen mit ihrem breiten Theil überall mit den Stempeln in enger Verbindung, an ihrem pfriemenförmigen Theil aber sitzen engstehende zerstreute Fa- denhaare, welche die Narben bedecken; und weil die Träger selbst in ihrer Jugend verschiedentlich gebogen sind, nach und nach aber, und schr einzeln, gerade auswachsen, so entsteht nach Schrank eine Bewegung der Haare, wodurch immer Blüthenstaub zur gemeinschafilichen Narbe gebracht wird, ab- gesehen von dem, dass die ziemlich langen Haare überdiess noch anderer mechanischer Bewegungen fähig sind *). 5. Manchmal beste ht! der Nutzen der Haare bloss darin, die Oberfläche der Pflanze rauh zu machen, und dadurch einerseits diese selbst zu schützen, andrerseits die Möglichkeit einer genauern und andauernden Berührung zwischen ihr und andern zu erzielen und zu erleichtern. Diess sehen wir schön realisirt bey dem Hopfen, welcher durch seine Schützenborsten an den Blattrippen, Blattstielen, jungen Aesten und Stempeln die Reibung zwischen der Pflanze und der Stange vermehrt, sich also an letztere um so fester anklebet, und zugleich die unmittelbare Berührung zwischen der feinen Substanz der Pflanze und Stange hindert. — 4. Ich stehe keinen Augenblick an, zu behaupten, dass die Haare mancher Pilanzen zur Zierde derselben beytra- gen. Wer gibt nicht gerne zu, dass der feine sammtartige Ueberzug in manchen Blumenkronen die Zartheit und Ele- ganz derselben ungemein erhöhe? Wer sieht den Staubfa- den der Tradescantia ohne herzerhebende Bewunderung an ? und dennoch sind es bloss die violetten Gelenkhaare, die ıhm diesen Reiz verleihen. Ich zweifle auch nicht, dass der sei- denartige Ueberzug so vieler Pflanzen zur Erhöhung ihres an- *) Siehe Baierische Flora n. 816. Tab. 111. Fig. 1. 2. 48 Ueber krankhafte Ausartung der muthigen Baues wesentlich beytrage, so wie die silberweis- sen oder goldgelben Härchen die Pracht so vieler rachenför- migen, zweylippigen und glockenartigen Corollen ungemein steigern. Dritter Abschnıtk Etwas über das krankhafte Verhalten der Pflan- zenhaare. I, Ueber krankhafte Ausartung der Pflan- zenhaare überhaupt. 9 22. Wie der ganze Organismus, jedes seiner Systeme und Organe in seinen normalen Verrichtungen gestört, und der Entwickelung der Krankheitserscheinungen einen fruchtbaren Grund und Boden abzugeben vermag, so wird es uns nicht wundern, wenn selbst jene zarten Gebilde, die wir eben ihrem manichfaltigen Baue und ihren Verrichtungen nach in Betrach- tung gezogen haben, ebenfalls krankhaften Veränderungen un- terworfen seyn können. Nicht weniger die Zartheit ihrer Struk- tur, als ihr physiologischer Einfluss auf die Oekonomie des pflanzlichen Lebensprozesses lassen erwarten, dass ihre patho- logischen Zustände ungeachtet der Kleinheit ihres Wesens nicht unbedeutend seyn können, und allerdings in die Er- scheinung fallen müssen. Wir wollen hier nicht die sämmulichen krankhaften Zu- stände, denen die Pflanzenhaare während ihrer Entwickelung, und dem allmähligen Aufhören ihrer Functionen unterwor- fen, und wozu wir in den bewährtesten pflanzenphysiologi- schen und pathologischen Schriften kaum leise Andeutungen zu finden im Stande sind, in Erwägung ziehen; sondern uns lediglich auf ein einziges Geschlecht von Haarkrankheiten der Vegetabilien beschränken, das wir in den Pflanzensyste- men unter dem Namen Erineum (Phyllerium ) aufgeführt finden. Pflanzenhaare überhaupt. 49 $. 23. Bevor wir in die weitere Erörterung dieser krankhaften Erscheinung eingehen, glauben wir folgende Bemerkungen voraus schicken zu müssen: Es ist bekannt, dass der pflanzliche Organismus von dem thierischen potentiell verschieden ist, dass, so wie in jenem Plasticität herrscht, dieser seine höhere Stellung durch Bewe- gungsfähigkeit offenbart. Diesem Grundverhältnisse folgt auch die Krankheitserscheinung in beyden Organismen. Diese als einen eigenartigen, niederen Organismus mit Lebenskraft be- gabt erkennend, können wir demnach in der Pflanzenwelt nur unter der plastischen Form als Afterorganisation (Krankheitsorganismus) erscheinen sehen, während sie in der Thierwelt mehr in bewegter Gestalt als Krankheitsprozess zur Entwickelung gelangt. Dadurch nun, dass die Krankheit der Vegetation sich vorzugsweise in der Form als ein geschlosse- ner Organismus, welcher, obgleich niederer Art, dennoch das Wesen mit jedem andern Organismus gemein hat, darstellt, ist es gekommen, dass viele Krankheiten der Gewächse in den Pflanzensystemen Eingang fanden. So finden wir z. B. die Exantheme als niedere Krankheitsorganismen in den Sy- stemen der Pilze abgehandelt, und ein gleiches gilt von der eben zu erörternden Krankheit. Es fehlt nicht an Schriftstel- lern, welche in klareren oder dunkleren Andeutungen die Hy- podermien und Phylleriaceen für Krankheiten der Gewächse oder für krankhafie Produkte derselben erklären. So findet sıch in den Schriften von Persoon, Strauss, Nees v. Esen- beck, Link u. m. a. mehrere Stellen, die wir als Belege hie- zu anführen könnten. Am deutlichsten hierüber spricht sich Fries*) in der Einleitung zu seinem vortrefllichen mycolo- gischen Werke aus, wo es unter andern heisst: „Infimae quo- que ‚formae (fungorum) vix nisi exanthemata et partes plantarum in functionibus turbatae et libertate in vegetatione compotes factae o. gr. Phylleria ;“ — dann „Infimae formae (fungorum) sunt: Exan- ihemata et parties planlarum in statu morboso vo. gr. Phylleria , Selerotium, Clavus e. s. p.;“ weiter heisst es: »Yidimus eadem ra- tione in plantis vegetis cellulas discretas elongari, et hoc modo oriuntur pili plantarum. Infimae quoqgue Mucedineae sunt tantum *) Systema mycologicum, Vol. I, 1821 p. XXI et seq. 4 50 Ueber krankhafte Ausartung der pili plantarum in statu morboso, e. gr. Phylleria ;« und wo er von den Phylleriaceen selbst handelt, sagt er: »Sunt status morbosi vestitus plantarum. Evidentissime hoc monsirant Phyllerium Gei, Rubi, quae nil nisi pili foliorum aggregati et pau- lulum mutati.« Wenn wir nun fragen, worin denn die krankhafte Aus- artung der Pflanzenhaare, die unter der gewöhnlichen Benen- nung Erineum bekannt ist, bestehe, so müssen wir Folgendes erwiedern: Es ist entweder ein auf seiner tieferen Entwickelungs- stufe stehen gebliebenes Haar, das sich durch seine Kürze, durch sein knopf- oder keulenförmiges, nicht selten sogar verzweigtes Ende (Grumaria Kunz) auszeichnet; oder es ist ein verlängertes, erweitertes, spiral gewundenes oder ma- nichfaltig verbogenes Haar (Phyllerium Fries), das eine höhere Entwickelung, ein mehr Selbstständigwerden beurkundet. Eri- neum alneum Pers. (Rubigo alnea Nees) mäg vom ersteren, Erineum alnigenum Kunz (E. alneum Nees) *) von letzterem als Beyspiel dienen. Zwischen beyden, nämlich der Gru- maria und dem Phyllerium steht jene Form die Fries Ta- phria nennt. Sie besteht aus sehr kleinen keilförmigen Fä- den, die sich zwischen einem Aggregat von seidenartigen Haa- ren bilden. So z. B. das Erineum gryseum Pers., welches sich an Eichenblättern findet. Alle diese Formen von Eri- neum haben das Eigenthümliche, dass sie sich nur an be- stimmten mehr oder weniger ausgebreiteten Stellen entwi- ckeln, wo sie im letzteren Falle dicht zusammen gedrängt ein haufen - oder kissenförmiges Ansehen gewinnen. Nicht selten ist dabey die Blattsubstanz, die ihnen zur Unterlage dient, mehr oder weniger aufgelockert und vertieft. $. 24. Das bey der Bildung der Erineen Merkwürdigste, worauf wir bey der Bestimmung ihrer Grundursache ge- wiss mit Recht das meiste Gewicht legen dürfen, ist der Umstand, dass sämmtliche Erineen sıch nur an Blättern bilden, und alle übrigen Pflanzentheile, selbst wenn diese auch grün gefärbt und blattartig sind, und einen Haarüber- zug haben, frey lassen. Eben so verdient es besondere Be- *) Tab. IV. Fig. 35. Pflanzenhaare überhaupt. 5 rücksichtigung, dass sie sich nur an Blättern vollkommener Pflanzen (Dycotiledonen) zeigen, und fast ausschliesslich nur an Blättern von Bäumen und Sträuchern vorkommen. In un- seren Gegenden sind es besonders die Amentaceen, als: Alnus glutinosa und incana, Populus nigra und tremula, Quercus ro- bur, ilex, aegilops und faginea, Carpinus betulus, Fagus syloa- tica, Betula alba und eiridis, dann viele Arten von Acer, als: A. campestris, piatanoides, pseudo - platanus, opulifolius, mons — pessulanus, ferner Prunus padus, Mespilus oxycanta, Pyrus ma- lus und domestica, Sorbus aucuparia, Tilia vulgaris, parvifo- lia und argentea, Juglans regia, Aesculus hypocastanus, Rham- nus catharlica , Vitis vinifera, Rubus corylifolius, Ribes rubrum, und die beyden einzigen krautartigen Geum urbanum und Asclepias vinceloxicum, deren Stengel jedoch ebenfalls einen nam- haften Holzkörper besitzen, und die sich somit den strauch- artigen Gewächsen nähern. Doch scheint diese krankhafte Er- scheinung an Blättern gleich den Hypodermien sich nicht al- lein auf die gemässigte und kältere Zone zu beschränken, sondern selbst in den heissen Himmelsstrichen vorzukommen. Hierin sind jedoch ganz natürlich meine Erfahrungen äus- serst beschränkt. Demungeachtet hat uns Schlechtendal mehrere neue Arten von Erineum bekannt gemacht, die den Blättern von grösstentheils ansehnlichen Bäumen eigen sind, welche ım mittleren Amerika und den westindischen Inseln wachsen. Es sind: Avincennia nitida, Bucida Buceras, Dombeya punctata, Chrysophyllum mierocarpon, Callophyllum Calaba, Cin- chona cordifolia, Capparis laurina, Qualea, Celastrum, Melasto- ma, durchaus Bäume, deren Laub mit netzförmig verzweigten Adern versehen ist. Jüngst hat noch Holl *) ein Erineum (Grumaria) auf den Blättern von Laurus indica entdeckt. Was die Verbreitung der Erineen nach der Höhe betrifft, so erscheinen sie noch in der subalpinen Region. So traf ich sie dort noch auf Alnus incana, Acer pseudo - plata- nus, Betula alba und Sorbus aucuparia. Die ihnen eigenthüm- liche Region scheint aber in unserm Breitengrade die untere und obere Bergregion (Regio Juglandis et Fagi), die da bis 4000, in den Apeninnen auf 5000, in Sicilien auf 6000 Fuss steigt, In Mittel- Amerika und den westindischen Inseln ist es *) Verzeichniss der auf der Insel Madeira beobachteten Pflanzen- Flora. 1830, 4 * 52 Ueber krankhafte Ausartung der die Region der Cinchonen und Melastomen in einer Höhe von 5000 — 8000 Fuss. Die Zeit ihrer Erscheinung fällt nach meinen Beobach- tungen in den Anfang des Monats Juny, wo die Ausbildung der Blattsubstanz im Einklange mit der ihr eigenthümlichen Function das höchst erreichbare Mass und die grösste Energie erlangt hat. Indess dient zur Beachtung, dass um diese Zeit nicht nur vollkommen entwickelte, sondern auch (obgleich seltener) jüngere, ja selbst kaum entfaltete Blätrer mit jener Krankheit behaftet werden. Ihre Dauer reicht gemeiniglich bis zum Blätterfalle am Anfange oder zu Ende des Herbstes, kurz vor welcher Zeit man sie am häufigsten und am voll- ständigsten entwickelt antrifft. Viele Erineen sind in ihrer Jugend weiss, und erhalten erst später eine dunklere, gelbrothe und braune Farbe, was von der grösseren oder geringeren Ausbildung des Färbestof- fes abhängt, welcher in grumosen Massen des Innern jedes einzelnen ausgearteten Haares angehäuft ist. Ich habe die Be- merkung gemacht, dass bey Verletzung der umkleidenden Haut, die, wie wir später sehen werden, dieselbe ist, welche die Zellen der Epidermis bildet, die dunklere Färbung nach dem Zutritt der atmosphärischen Luft alsogleich bewerkstelliget “wird. Offenbar hat demnach die dunklere Farbe in der hö- heren Oxydation ihren Grund. $. 25. Es wurde früher schon angegeben, dass die Erineumbil- dung in einer krankhaften Metamorphose der Haare liege, und dieselbe auch näher bezeichnet. Wir kehren hier nochmals darauf zurück, weil wir auf einen Umstand stossen, der diese Ansicht nicht nur zweifelhaft machen, sondern selbst vernich- ten könnte. Dieser ist die Bemerkung, dass die Erineumbil- dung auch an solchen Blättern Statt findet, die gänzlich aller Haarbedeckung ermangeln, wie diess z. B. an den Blättern von Populus tremula, Juglans regia u. s. w. der Fall ist. Wollte man einwenden, dass auch diese Blätter in ihrer Jugend mit sehr kleinen, wenn gleich spärlichen Haaren versehen seyen, so würde es doch immer schwer seyn, die Erscheinung des dichten Polsters auf diese Weise zu erklären, in welcher Form z. B. das Frineum Juglandis später hervortritt. Pflanzenhaare überhaupt. 53 Meines Bedenkens scheint die Sache einer anderen, näher liegenden Erklärung fähig. Ich verweise hier auf den anatomisch - physiologischen Theil, wo gezeigt wurde, in welcher Verbindung die Haare mit der Oberfläche des Pflanzenkörpers überhaupt, und zu- nächst mit der Epidermis stehen. Dort wurde gesagt, dass die Pflanzenhaare auf ihrer tiefsten Stufe und in ihrer ursprüngli- chen Bedeutung allein der Epidermis angehören, ja nichts an- deres seyen, als in der entgegengesetzten perpendikulären Richtung ausgedehnte einfache Zellen der Epidermis; dass fer- ner erst die höher ausgebildeten Haare im Rindenkörper selbst wurzelten. Es wurde daher auch ihre Function grösstentheils jener der Epidermis gleichgestellt. Ich glaube nun, dass die Erineumbildung nicht nur al- lein in krankhafter Umbildung der bestehenden oder sich ent- wickelnden Haare bestehe, sondern auch auf krankhafte Um- änderung der Epidermis überhaupt ausgedehnt werden müsse. Für diese Meinung haben mich nicht nur allein theoretische Gründe bestimmt, sondern auch die an mehreren Erineum- arten gemachte Beobachtung, dass die ursprüngliche Bildung derselben aus perpendiculär verlängerten und verschiedentlich geformten Epidermiszellen bestehe Namentlich habe ich dieses bey Erineum (Grumaria) alneum und Erineum (Phyl- lerium) acerinum beobachtet. Ferner gibt es eine Art von Eri- neum, jenes nämlich, welches Schlechtendal im ersten Bande der Linnea als Erineum ribium beschreibt, dass ich auch schon früher häufig in den Umgegenden Wiens gefunden habe, aber als von Blattläusen herrührend, für eine Art von Exerescenz hielt. Hier, so wie in einer ähnlichen Missbildung an den Blättern von Amygdalus persica, welche bisher noch nicht beschrieben wurde, geht der Bildung von Erineum eine auffallende blasige Auftreibung der Blattfläche nach aufwärts, die sich nicht selten durch eine gelbrothe Farbe auszeichnet, voraus. An den Pfirsichblättern lässt sich selbst später an der Unterseite kaum etwas wolliges erkennen, obgleich ich nicht anstehe, diese Missbildung auch hierher zu zählen. Hier leidet offenbar die Oberhaut selbst mit dem unterliegenden Paren- chym (Mesophyll.). Es wird demnach entsprechender seyn, die Erineumbil- dung nicht/inur auf die krankhaftie Metamorphose der Haarbe- deckungen zu beschränken, sondern auch die Oberhaut und 54 Ueber die Bildung der Haare. selbst das Blattparenchym in den Bereich dieser Krankheitser- scheinung zu ziehen. $. 26. Um endlich auf den Grund dieser krankhaften Verände- rung oder auf den Krankheitsprozess selbst.zu gelangen, dür- fen wir einen Umstand nicht übersehen. Es wurde bereits be- merkt, dass nur die Blätter und zwar fast ausschliesslich von dicotyledonischen Bäumen vom Erineum befallen werden; es ist aber eben so merkwürdig, dass nur die Unterseite dersel- ben die Grundlage ihrer Erzeugung bildet. Da aber vorzugsweise nur die Unterseite der Blätter mit Porer versehen ist, und, wie ich an einem andern Orte er- weisen werde, diese nichts anders als die Stomata der Ath- mungshöhlen der Pflanzen sind, so scheint sich wohl unge- zwungen zu ergeben, dass die fragliche Krankheit mit der Athmungsfuncton der Vegetabilien im Causalnexus stehe. Dass dieses der Fall auch bey den Hypodermien sey, will ich hier nur beyläufig erwähnen, ohne den Unterschied beyder Krankheiten in Erwägung zu ziehen. Auf jeden Fall liegen der Hypodermien-, Xylomen- und Erineum-Bildung specifisch verschiedene Krankheits- prozesse zum Grunde, deren Erforschung ich schon seit meh- reren Jahren meine Aufmerksamkeit schenke. Die Resultate derselben werden sich aber für eine besondere Schrift eignen. I. Ueber die Bildung der Haare ‚an der Oberfläche pflanzlicher Afterorganiı- satıonen. $. 27. Es ıst bereits erwähnt, wie das mehr oder minder Be- haartseyn von Pflanzen, denen ursprünglich entweder gar keine Haare zukommen, oder die zu den behaarten gezählt werden, von äusseren Einflüssen, insonderheit von der Beschaf- fenheit des Bodens und dem Feuchtigkeitsgrade der Atmo- sphäre abhänge, und wie diese allerdings pathologischen Zu- stände der Pflanzen aus den gestörten Functionen einzelner Organe erklärt werden können. Ueber die Bildung der Haare. 55 Nicht minder wichtig, und die Bedeutung der Haare nicht weniger erhellend, scheint mir noch die Betrachtung, welche wir der Bildung der Haare an der Oberfläche pflanzlicher Afterorganisationen schenken wollen. Der Leser wird darin wenigstens die hauptsächlichsten Punkte angegeben finden, die ihm für weitere Untersuchungen über diesen bisher so wenig beachteten Gegenstand von einigem Nutzen seyn dürften. $:-28. Ich theile die Aftergebilde der Pflanzen in zwey Ordnun- gen, wovon die erste die Auswüchse (Excrescentiae plan- tarum), die zweite die Missstaltungen (Deformitates plant.) in sich fasst. Beyde Ordnungen in mehrere Gattungen zerfal- lend, begreifen unzählige Arten in sich, deren hauptsächlichste wir nun in Kurzem durchgehen wollen, um am Ende einige allgemeine Resultate beyfügen zu können. $- 29. Die unterste Form der Pflanzenauswüchse ist jene, die von der ursprünglichen, den verschiedenen Pflanzenarten ei- genthümlichen Form am wenigsten abweicht. Wir nennen sie Zapfenrose, Sqammatio. Da sich diese krankhafte Meta- morphose nur entweder an den Spitzen oder Seiten mit Blätter versehener Zweige, oder an den Kätzchen oder Traubenblü- then einiger Pflanzen ausbildet, folglich nur in einer niedern Umstaltung genannter Organe besteht; so ist begreiflich, wie die normale Behaarung dieser Theile auch in der krankhaften- Umänderung derselben sich so viel als möglich gleich bleibt. So sehen wir z. B. die Zapfenrosen der Buchweide, Squam- matio Salicis helicis, der Stieleiche Syquammatio Quercus pe- dunc. unbehaart, während jene der weissen Weide Squammatio Salicis albae, des deutschen Ginster Squammatio Genistae ger- manicae, der Natterwurz Squammatio Echi vulgaris u. dgl. be- haart sind. Indess findet diess nicht überall statt; denn es gibt Zapfenrosen, welche mit Haaren versehen werden, obgleich den normal gebildeten Pflanzentheilen der Art, worauf sich dieser Auswuchs bildet, keine zukommen. Beyspiele dieser Art geben die Zapfenrosen an den Blüthenkätzchen der Salix tri- anda, wo die verdickten Staubfäden ringsherum mit einem dichten Filz von Haaren bedeckt sind; dann die den Erdbce- 56 Ueber die Bildung der Haare. ren ähnlichen Auswüchse an den Blüthen des Sisymbrium syl- vestre und an den Zweigen von Asperula cynanchica u. s. w. Am auffallendsten unter diesen Formen von Auswüchsen beurkundet die krankhafte Production der Haare eine Varietät der Zapfenrose des Feldbeyfusses Syuammatio Artemisiae cam- pestris. Ihre schmalen filzigen Blättchen, welche die vielen an einander gehäuften einkammerigen Zellen des Mittelpunktes decken, geben dieser Zapfenrose das Ansehen eines Bede- guars. $. 30. Die zweyte Stufe der Auswüchse, die Verkrüppluin- gen, Peromata, bestehen wie gesagt in ungleichförmigen ver- schieden gestalteten Auftreibungen der Blattflächen, oder in Verdickungen, und zugleich Verdrehungen (Contorsiones) der Stengel- und Blattstiele vieler Bäume, Sträucher und anderer krautartiger Pflanzen, und sind weit seltener mit krankhaft erzeugten Haaren besetzt. Meist sind diese heller oder röth- lich gefärbten blasigen Auftreibungen der Blattflächen wenig- stens oben unbehaart und glatt. $. 31. Desto mehr sind die beyden darauf folgenden Gattungen von Auswüchsen mit Haaren versehen. Die Fleischzapfen (Folliculi carnosi), kleine warzen - oder zäpfchenförmige, in- nen hohle Geschwülste an der Oberseite der Blätter sind gröss- tentheils mit kleinen dichten Haaren sammtartig überzogen, wie es sich an den Fleischzapfen von Tilia europoea, Acer campestris und platanoid., Ulnus glut., Carpinus betul. und be- sonders von Fagus syloatica findet. DieSackgeschwülste(Bursae), von den Fleischzapfen nur durch den grössern Umfang verschieden, sind ebenfalls meist und besonders, wenn sie noch nicht vollständig ent- wickelt sind, mit Haaren überzogen, wie diess z. B. der Fall mit der grossen Sackgeschwulst der Rüster ist. Es gibt jedoch auch Auswüchse dieser Gattung, deren Oberfläche glatt ist. Beyspiele dieser Art geben die Sackgeschwülste, die auf den verschiedenen Arten von Pistacia vorkommen; eben so jene Sackgeschwulst, die auf Puxus sempereiv. angetroffen wird. Ueber die Bildung der Haare. 57 $. 32. Die folgende Stufe der Auswüchse nehmen die Fleisch- gewächse (Sarcomata) ein. Da diese von der einfachen After- membran, als welche sich diese Form in einigen Pflanzen dar- stellt, bis zur beynahe vollsändig individualisirten Afterorga- nisation (wie in den Fleischgewächsen des Rubus caesius, der Serratula arvensis, des Cornus sanguinea u. a. m.) die ver- schiedenartigsten Formen durchgeht, so ist es wohl natürlich, dass hievon die Production der Haare zum Theil bedingt wird. Im ersten Falle, wo dieÄfiermembran immer von andern ange- schwollenen und manichfaltig missstalteten Pflanzentheilen um- geben und bedeckt wird, folgt wie bey den Zapfenrosen die Behaarung der übrigen Pflanzentheile. So sind die Fleisch- gewächse von Verbascum, Teucrium chamaedrys behaart, wäh- rend die von Scrophularia nodosa u. a. m. glatt bleiben. Eben diess gilt von den Fleischgewächsen,, die sich in dem Frucht- boden mehrerer Distelarten bilden, welche daher immer mehr oder weniger mit Haaren, Schuppen oder Spreublättchen be- deckt sind. Die am vollständigsten entwickelten Fleischge- wächse sind, wie jene, die wir früher anführten, selten oder gar nicht behaart. Dare Yo 7 Was nun die am meisten individualisirten Auswüchse, die Gallen (Gallae), betrifit, so finden sich in ihren verschiedenen Abstufungen solche, die durchaus glatt, glänzend und wie mit einem Firniss überzogen erscheinen; andere, die sparsa- mer oder dichter; endlich noch andere, die so sehr mit Haaren überzogen sind, dass sie dadurch ein ganz fremdartiges An- sehen erhalten, Alle Schildgallen, besonders die rauhen der burgundischen Eiche, und die Seidengallen (Galles en boutons soyeux) *) und Gallae capillatae **) sind mit Haaren überzogen. — Die Nabelschildgallen (Galles en champignon ***) sind sogar mit sternförmigen Haaren bedeckt. Ein Gleiches gilt von manchen Apfelgallen. So beobachteten wir an den noch jungen Gallen des Gundermans (Glechoma hederac.) sehr deut- *) Reaum, Mem. XII. Pl. 40. Fig. 13, 14, 15. p. 446. ”*) M. Malpighi Op. de gallis p. 20. Fig. 16. *">) Reaum. Mem. XI, Pl. 42. Fig. 8—10. p. 424. Malpigh. a. a. O. p- 20. Fig, 15. 58 Ueber die Bildung der Haare. liche und bedeutend grosse Zwischenwandhaare. Dagegen sind Knopperngallen meistens glatt. Unter allen haben jedoch die Bedeguargallen die meisten Haare, und zwar gehören diesel- ben zu den Asthaaren, die so stark und lang sind 1—1 '/, Zoll), und zugleich so dicht neben einander stehen, dass diese Form von Auswüchsen ein durchaus wolliges Ansehen er- hält. Hierher gehören die bekannten Bedeguare der Rosa ca- nina und der Quercus pedunculata. $. 34. Endlich verdienen noch die Masern (Tubdera) rück- sichtlich ihrer Bedeckung einer Erwähnung. Behaart kom- men zuweilen die Muttermäler und Warzen vor. Die Baum- masern sind stets ohne Haare. $. 35. Aus diesem Allem geht hervor: 4. Dass sich fast auf allen Gattungen von Pflanzenaus- wüchsen an der äussern Oberfläche Haare entwickeln. 2. Dass diese Haare selbst von verschiedener Form, und zwar von der einfachsten bis zur entwickelsten vorkom- men. 3. Dass die Pflanzenauswüchse besonders in ihrer Jugend gleich andern Pflanzentheilen behaart erscheinen. 4. Dass endlich die Entwicklung der Haare an pflanzli- chen Afterorganisationen nicht lediglich von der Behaa- rung der gesunden Pflanzentheile, woraus jene hervor- keimen, abhängt, obwohl sie zum Theil davon bedingt wird. $. 36. Literatur der Pflanzenhaare. a) Ueberhaupt. Adanson familles des plantes. 1763. J. Theil. p. 256 — 258. Bonnet usage des feuilles. p. 47. De Candolle principes elementaires de botanique. Paris 1813. p. 53. B — A. P. Organographie vegetale etc. Paris 1827. Ins Deuı- sche iihbersetzt von Dr. ©. F. Meisner, 1828. Von der Litteratur der Pflanzenhaare. 59 Duhamel physique des arbres. Vol. I. p. 185— 187. Grew Anatomie of plants. Bd. 2. p. 33. 34. 82, Bd. 1. Ch. IV. und Bd. IV. Ch. I, und II. Guettard Memoires de l’academie de Paris 1745. p. 263. in 4, und p- 371. in 8. Hedwig Sammlung seiner Abhandlungen. Bd. 1. p. 69. — — de fıbra vegetab. p. 9. Kiefer Anatomie der Pflanzen. Jena 1815. 8. Kroker Dissertatio de plantarum epidermide. Halae 1800. 8. Lamouroux Annales du Museum d’histoire naturelle. p. 268. Linne Fundamenta botanica. p, 314. Link’s Grundlehren der Anatomie- und Physiologie der Pflanzen. Göt- tingen 1807. — — Nachträge zu den Grundlehren der Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Götting. 1809. — — kritische Bemerkungen über Kurt Sprengel’s Anleitung zur Kenntniss der Gewächse. Halle 1812. Malpıghi Opera omnia, Anatome plantarum. Londin. 1675. p. 45. und de pilis obs. p. 93. Moldenhawer’s Beyträge zur Anatomie der Pflanzen. Kiel 1812. Richard Achille nouveaux elemens de botanique, appliqude a la me- decine etc, Paris 1812. Rudolphi Anatomie der Pilanzen. Berlin 1807. Franz von Paula Schrank. Von den Nebengefässen der Pflanzen und ihrem Nutzen. Halle 1794. K. Sprengel’s Anleitung zur Kenntniss der Gewächse. Halle 1802. _ — Ueber den Bau und die Natur der Gewächse. Halle 1812. Wenderoth’s Lehrbuch der Botanik. Marburg 1821. b) Abhandlungen über einzelne hieher gehö- rige Gegenstände. De Candolle über die Haare der Drusa in Annal. du Mus. d’hist, nat, Vol. 10. p. 469. Hall’sche allgemeine Litteraturzeitung 1808. Bd, 3. p- 12. Ueber Aus- dünstung der Haare. Henschel von der Sexualität. p. 482, Ledermüller’s microscopische Gemüths- und Augenergötzung. 1761. 4. p. 156 — 157. Ueber die Gestalt der Haare, — — die Haare an den Samen der Rosen. Ebendas. Fig. e. 1, m.; von CGarduus nutans, p. 176 Tab. 89. Fig. d. e,, und 177. Tab, gt, Eig.le, die, 60 Von der Litteratur der Pflanzenhaare. Martius. Nova genera et species plantarum Brasiliensium. Mona- chii 1820. 4. — — inNovis actis acad. caes. Leopold. Car. n. c. Vol. 13. p. 265 Messung eines Haares, Meyen über die Saftbewegung der Pflanzen ın den Zellen. Siehe Acta acad. Leopold. Car. n. c. 13. Bd. Mirbel Haare der Labiaten in Annales du Museum d’histoire naturelle. Vol. 15. p. 221 — 223. } Rudolphi Bemerkungen aus dem’ Gebieth der Naturgeschichte über die Haare der Nymphaea lutea und alba. Fig. 40 und Litt. A. Scherer’s allgemeines Journal der Chemie, Bd. 2. pag- 270. Ueber die Natur der Flüssigkeit, welche die Haare von Cicer arietinum ausschwitzen. Senebier physiologie vegetale. Vol. 1. p- 499. Ueber denselben Ge- genstand. Wallroth annı botanic. 1815. Ueber die Haare der Chara. In Martii nova genera etc. und in Humboldt’s und Kunth’s Ab- handlung über die Mimosen finden sich seltsame Haare abgebildet. /Z,weyte Abtheilung. 1 I, eircheardaınie Erster Abschnitt. Anatomisch - naturhistorische Bemerkungen. E risyes und ara 5 Terütech Von denHaaren der Thiereim Allgemeinen. $. 37- Definition der Thierhaare. DE grosse Manichfaltigkeit derjenigen Gebilde im Thier- reich, welche wir mit dem allgemeinen Namen der Haare belegen, macht es einigermassen schwer, die generischen Ei- genschaften derselben in einer schulgerechten Definition zu- sammenzustellen. Indem ich daher, um unnütze Wieder- holungen zu vermeiden, auf die weiter unten folgende, ausführlichere, und so viel möglich das Ganze umfassende Bestimmung des Begriffes von Menschenhaaren verweise, mit welcher denn auch das Thierhaar im Allgemeinen fast ganz übereinkommt, will ich hier nur anführen, dass man in der Zoologie alle jene Gebilde unter die Haare zu rechnen pflegt, welche sich als hornartige, fadenförmige, mit dem breitern Ende aus der allgemeinen Bede- ckung der Thiere entspringende, oben allmäh- lig spitzig zulaufende, und aus einer äussern festern, und einer innern lockerern Substanz bestehende Verlängerungen charakterisiren. Anmerkung. 1. Diese Definition passt auf alle Haare des Thierreichs. Wer sie als zu allgemein verwerfen möchte, dem muss ich er- wiedern, dass sie durch jeden, die Eigenthümlichkeiten eines Thier- haars noch näher bezeichnenden Zusatz gewiss an Allgemeingül- tigkeit verlieren, und daher unpassend seyn würde. So hat man z. B. den allerdings für die Haare der meisten Thiere gültigen Um- stand, dass sie mit einer mehr oder weniger dicken Zwiebel in 64 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. und unter der Lederhaut entspringen, ebenfalls da und dort in den allgemeinen Begriff von Haaren aufgenommen, allein gewiss mit Unrecht: indem es, wie wir in der Folge sehen werden, viele Haare gibt, denen dieses Merkmal ganz abgeht, und die man doch, wie gesagt zu allen Zeiten und an allen Orten unter die Haare gezählt hat, und fortan zählen wird, Anmerkung.2. Naturphilosophisch hat man das Thierhaar ein Haarge- fäss genannt, welches bloss Schleim führt, aber sich einzeln über das Fell hinaus verlängert. (Oken’s Naturph. 2ter Thl. p. 89). $. 38. Organisation, Form und Gestalt der Thierhaare. Die genauere anatomische Untersuchung der Haare un- terliegt bey den Thieren im Allgemeinen weit weniger Schwie- rigkeiten, als bey den Pflanzen, und selbst beym Menschen. Am besten eignen sich zu solchen Untersuchungen die Sta- cheln des Igels und Stachelschweins , die Borsten des Elens, des Wildschweins, die Knebelbärte und Tasthaare der See- hunde, Katzen und andrer Fleischfresser. Um nun in der weitern Auseinandersetzung und Be- schreibung der Organisation der Thierhaare überhaupt ein Schema zu haben, das, so wie es sich durch seine höchste Vollkommenheit auszeichnet, zugleich auf alle ührigen mehr oder weniger passt, selbe wenigstens immer unter sich be- greift; so handle ich zuerst von denjenigen Theilen, aus wel- chen ein, auf der höchsten Stufe der relativen Vollkommen- heit stehendes Thierhaar zusammengesetzt ist; und da ich aus Gründen, die ich weiter unten auseinandersetzen werde, die eigentlichen Tasthaare der Säugthiere als die vollkommen- sten betrachte, so ist meine erste Aufgabe, diese in ihre Theile zu zerlegen, d. i. anatomisch zu beschreiben. Man unterscheidet aber an jedem Tasthaar folgende Thei- le: 4. den Balg sammt der in ihr enthaltenen Wurzel oder Zwiebel des Haares, 2. den Schaft, Cylinder, oder auch das Haar im engern Sinne. $. 59. Beschreibung des Balges und Cylinders. Folgendes ist die genaue Beschreibung des Balges eines Tasthaars aus der Schnauze eines Ochsen : Ven den Thierhaaren im Allgemeinen. 65 Ein solches grosses Tasthaar beginnt mit einem ovalen, 4 '/, Linie langen, und '/, Linie breiten, weissen und festen Körper, dem Balge, der mit seinem untern, stumpfzuge- spitzten Ende in der Fetthaut wurzelt, von hier aus die Leder- haut ganz durchdringt, und bis an die Oberhaut reicht. Die- ser Balg ist durch Zellgewebe an die Fetthaut, das Corion, und an die Oberhaut befestiget, und zwar an letztere am schwächsten. Rein präparirt, d. h. von allem umgebenden Zellgewebe befreyt, erscheint er weiss und derb, am untern Endtheil aber durch einige Fortsätze mit den vorbeystreifen- den Nerven und Gefässen verbunden. — Schneidet man nun den Balg ein, so kommt man zunächst auf die äusserste feste Haut, von der so eben schon die Rede war; und hier entdeckt man jetzt, dass diese Haut ein ungefähr '/, Linie dickes, übri- gens aber gleichartiges, festes Gewebe hat, das sie zu ei- ner Haut sui generis stempelt. Ganz mit Unrecht hält sie Gaultier für eine Fortsetzung der Lederhaut, indem er glaubt, dass sie durch eine Einsackung dieser letztern ent- standen sey; in gleichem Sinne sucht er auch die einzelnen Theile des Hautorgans in dem Haarbalge wieder zu finden. Die beyden Flächen des letztern glänzen im frischen Zustande, und geben ihm so die Aehnlichkeit mit einer fibrösen Mem- bran. Uebrigens ist diese Haut keineswegs ganz geschlossen ; sondern bildet eine Art von Säckchen,, das jedoch oben eine grössere, unten aber mehrere kleinere Oeflnungen hat. Erstere wird ganz genau von dem aufwärts durchdringenden Haar, die untern aber von den eintretenden Nerven und Gefässen sammt ihrem Zellgewebe verschlossen. — Schneidet man den Balg der Länge nach auf, so sieht man, dass diese erste Haut mit ihrer innern Oberfläche an einen etwas durch- sichtigen, sulzartigen, verschiedentlich roth ge- färbten Körper stösst, mit dem sie durch sehr feine, un- zählbare Querfädchen zusammenhängt. Trennt man aber auch diese Fäden, so quillt ein dünnflüssiges Blut heraus, nach des- sen Abfluss der ganze Theil ein weissgelbliches Ansehen be- kommt. Es scheint jedoch, als wenn diese blutige Flüssigkeit sich nicht allein in den als Querfäden erscheinenden Haarge- fässen, sondern auch in den Zwischenräumen derselben befin- de, und zwar so, dass ihre Menge nicht immer gleich gross, und daher die Farbe des ganzen Theils bald mehr, bald we- niger roth, bald selbst gelblich sey. Sind alle jene Fäden ge- r I 66 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. trennt, so kann man den ganzen Körper sammt dem darin steckenden Anfang des Haars abgesondert herausbringen, und der Sack bleibt leer zurück. — Der genannte Körper (corpus conicum nach Gaultier) hat dann eine cylindrische, längliche Figur, und hängt wahrscheinlich auch durch kleine Fäden mit dem Haare selbst zusammen, das er umgibt. Ge- nauer betrachtet, schien er mir, wie aus einer sehr feinen, griesigen Masse zu bestehen, die jedoch nicht an allen Stel- len gleich gut als solche unterschieden werden konnte. Sie reicht übrigens so weit, dass sie die ganze Höhle des Balges voll- kommen ausfüllt, und scheint besonders oben und unten mit demselben fester zusammenzuhängen ; wenigstens fand ich bey der Herausnahme dort allzeit einen grössern Widerstand; sonst liess sie sich leicht über das Haar wegstreifen. Auch glaube ich an ihrem untern Ende, worin die eigentliche Wur- zel des Haars steckt, unter dem Microscop einige Unebenhei- ten — etwa abgerissene (Grefässe oder Nerven? — beobachtet zu haben. — Wahr ist es, dass dieser ganze Körper desto fe- ster wird, je länger er der Luft ausgesetzt bleibt. Was seine Farbe betrifft, so habe ich ıhn in der Mehrzahl bey schwar- zen Haaren weiss und weissröthlich, bey weissen meist röth- lich, doch auch weissgelblich, bey spätern Untersuchungen wieder beynahe durchaus blassröthlich gefunden, so dass mich diese Beobachtungen ganz im Dunkeln rücksichtlich ei- nes ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Farbe der Haa- re und dieses Körpers liessen. — Ich vermuthe, dass dieser Körper im lebenden Zustande wo nicht ganz, doch halbflüs- sig sey*), und es scheint, als wenn aus ıhm eigentlich das Haar entstehe. Ich bin übrigens nicht im Stande, das nach Wunsch zu beweisen, was ich nur ahnen möchte, dass er nämlich von der innern Oberfläche des Sackes — die vielleicht seröser Na- tur ist — secernirt werde. WVenigstens ist mir diese Annahme viel wahrscheinlicher, als jene, nach welcher er von unten durch die eintretenden Gefässe exhalirt wird; und ich finde mich jetzt, wo ich so glücklich war, bey dem Tasıhaar einer Katze die Zwiebel bis in ihre innerste Substanz ausgespritzt zu sehen, um so mehr zu dieser Meinung berechtigt, als sich aus diesem Präparat ergibt, dass die innerste Seite — also jene, *) Heusinger will bey der Hufeisennase diese Flüssigkeit durch das Microscop sogar in lebendiger Bewegung gesehen haben Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 67 welche dem eingeschlossenen Haar zunächst liegt — viel rö- ıher, gefässreicher erscheint, als die, welche unmittelbar an die innere Oberfläche des Balges stösst. Denn als ich in je- nem eingespritzten Haarbalge, nachdem er getrennt und aufgeschnitten war, den gelatinösen Körper auch herauszu- lösen suchte, schien es mir, als bilde letzterer selbst wieder einen geschlossenen Sack, der oben das Haar, und unten die eintretenden Gefässe und Nerven hindurchlässt, und wie ge- sagt, an seiner innern, dem Haare zugekehrten Fläche mit viel reichlichern Gefässen versehen war, als an der entgegen- gesetzten mit dem Balge zusammenhängenden Seite, welche kaum ein blassröthliches Ansehen hatte. — Dem zu Folge wäre also diese sulzartige Masse nichts anderes, als eine während des Lebens von der so eben beschriebenen innern Oberflä- che des Balges secernirte Flüssigkeit, die nach dem Tode coagulirt, und sich als Sulze darstellt. Anmerkung. Spätere Untersuchungen haben mich vollkommen in der Ansicht bestätigt, dass 1. die zahlreichen Fäden zwischen der innern Fläche des Balgs und dem conischen Körper wenig- stens in der Mehrzahl Gefässe seyen; 2. nur dann aus dem aufge- schnittenen Balge eine blutige Flüssigkeit sich ergiesse, wenn da- bey einige dieser Fäden zerschnitien werden; 3. diese Gefässe von der innern Wand des Balges ab- und zum conischen Körper hin- gehen, um dort die gelatinöse Masse abzusondern. Schneidet man auch diese sulzartige Masse entzwey, oder streift man sie sanft mit einem feinen Messer hinweg, so sieht man ihre innere Fläche mit einer feinen glatten Haut überzo- gen, die zugleich den Haarschaft unmittelbar umgibt, bıs er die Oberhaut durchbohrt. (Gaultier, der den conischen Körper für eine Fortsetzung des Malpighischen Schleimnetzes hält, glaubt diesen feinen Ueberzug des in dem Balge stecken- den Haares für eine Fortsetzung der Epidermis erklären zu können). — Wird auch dieses Häutchen entzwey geschnitten, — 'so erscheint das eigentliche Haar. Es beginnt mit einer stumpfen Spitze, die mir zwar getheilt zu seyn schien, an der ich jedoch stets vergebens jene 5— 10 Fäden, von denen so viele Autoren reden, gesucht habe. Dieses nennt man die Wur- zeloder Zwiebel des Haares. Sie ist immer von weiche- rer Consistenz als das Haar selbst, und nähert sich gewissermas- sen dem gallertartigen Körper, in welchem sie steckt; ferner ist sie hohl, und schliesst einen weichen, wahrscheinlich mit 5 * 68 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. Gefässen und Nerven versehenen Körper in sich, den man den Haarkern, Haarkeim zu nennen pflegt. Das Haar im engern Sinne, oder der Haarschaft, Haarcylinder, steigt als eine mehr oder weniger runde Röhre gerade nach aufwärts, durchbohrt zuerst den Balg, dann die Leder- und endlich die Oberhaut, unter welcher letzterer es eine sehr kleine Strecke schief fortläuft, und kommt jetzt an der äusseren Oberfläche des Körpers zum Vorscheine, wo es nach Verschiedenheit der Umstände eine verschiedene Ge- stalt, Richtung und Farbe u. s. w. erhält. Der Schaft eines ausgebildeten vollkommenen Haares besteht aus einer doppelten Substanz ; nämlich einer äussern, hornartigen, meist festen, und einer innern, gewöhnlich zelli- gen oder blätterigen Substanz. Erstere wird die Horn- oder Rinden-, letztere, die (weil sie durchsichtig ist), auch den sogenannten Canal bildet, die Marksubstanz genannt. Wir werden später auf die mancherley Verschiedenheiten sowohl der einen, als auch der anderen Substanz zurückkommen. Ver- gleiche Tab. V. Fig. 36 —4. Anmerkung. 1. Die Epidermis gibt bestimmt dem Haar keinen Ueber- zug, sondern heftet sich nur an dasselbe an, wenn es aus dem Corion heraustritt, wie ich diess bey den Menschenhaaren aus- führlich beweisen werde. Anmerkung. 2. Die genannten Theile, aus welcher das ganze Haarge- bilde zusammen gesetzt ist, biethen natürlich in den verschie- denen Thiergattungen auch grosse Verschiedenheiten dar, welche sich übrigens erst aus der spätern Betrachtung und Eintheilung der mancherley Haararten ergeben werden. Hier sey nur im All- gemeinen noch bemerkt, dass das, was ıch oben mit dem Namen: Haarbalg belegte, und fortan belegen werde, nicht allein an Grösse und Gestalt, sondern auch an Consistenz seiner Substanz u. s. w. mächtig differire, und überhaupt nach dem Grade der nö- ıhigen Feinheit von der derben Beschaffenheit des Horns bis zu der eines zarten serösen Säckchens vorkomme. — Was ferner die gelatinöse, pulpöse Masse, den sogenannten konischen Körper be- trifft, so würde man sich sehr täuschen, wenn man ihn bey allen Haaren, noch mehr aber, wenn man ihn überall so ausgebildet zu finden glaubte, als bey dem eben beschriebenen Tasthaar des Ochsen; indem es sogar Fälle gibt, wo er so zu sagen ganz zu fehlen scheint, wie z. B. in den Stachelhaaren; geschweige der mancherley Verschiedenheiten an Menge, Farbe, Durchsichtig- keit u. s. w. die sich in dieser Hinsicht bey verschiedenen Thie- Von den TLierhaaren im Allgemeinen. 69 ren aussprechen, InBezug auf den Haarschaft wird aus dem Nach- folgenden zur Genüge einleuchten, dass gerade dieser Theil des Haars die meisten Abweichungen in Rücksicht auf Gestalt, Rich- tung, Weichheit, Härte, Farbe u. s. w. darbiethe; und da ich in der unten folgenden Haupteintheilung des Haargebildes oh- nehin wieder in die genauere Auseinandersetzung der anatomi- schen Beschaffenheit eines jeden einzelnen Haartheiles — also auch nothwendig des unter allen am meisten verschiedenen Haarschaf- tes — eingehen muss, so verspare ich mir hier jede genauere Beschreibung, als welche gewiss zu allgemein, und daher für specielle Fälle nicht wohl anwendbar ausfallen müsste. $. 40. Gestalt der Thierhaare. Die grosse Manichfaltigkeit, welche wir in allen Thei- len der unendlichen Natur bewundern, spricht sich auch bey den Thierhaaren in Bezug auf ihre Gestalt deutlich aus. Dennoch finden wir, wenn wir das Ganze in seinen Thei- len vergleichen, den Satz durch die Erfahrung bewährt, dass die runde Gestalt als allgemeiner Typus, als Normgestalt für das Haar angenommen werden müsse, an welche sich so- dann die übrigen nach Massgabe der grössern oder geringern Aehnlichkeit anreihen lassen. So finden wir, um hier nur ei- nige Beyspiele zu geben, rücksichtlich welcher wir übrigens auf die Abhandlung über die Haare der einzelnen Thierklas- sen verweissen, bey den Robben Borstenhaare, welche von zwey Seiten zusammengedrückt und platt sind, daher zwey Flächen und zwey Ränder haben, wovon der vordere dadurch, dass sich das Haar halb um seine Achse gedreht hat, in glei- chen Entfernungen eingedrückt ist. Auch unterscheiden sich hier die kleinen, mehr nach hinten stehenden Borsten von den grösseren dadurch, dass sie ganz regelmässig spiralförmig ge- dreht, und also nicht, wie die grösseren, abgeplattet sind. — Bey-den Stachelhaaren, die im Ganzen allerdings, vorzüglich bey einer nur oberflächlichen Ansicht die runde Normgestalt haben, finden wir dennoch den Haarschaft oberflächlich durch- aus fein gerieft, oder mit nach der Länge hinlaufenden Rin- nen, welchen dann wieder eben so viele parallel lJaufendeLei- sten entsprechen, auf eine überraschend nette Art versehen. Häufig ist die Gestalt der Körperhaare eyrund, oft eylindrisch, 70 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. kreisrund, oft auch ganz platt. Die verschiedene Art von Um- beugung auf der einen oder andern Seite verändert natürlich ebenfalls die Gestalt, und so entsteht, wie z. B. beym Rehe, das wellenförmige Haar. Noch auffallender beobachtet man dieses bey den Wollhaaren, die nicht allein abwechselnd links und rechts gebogen, sondern auch an den Biegungsstellen re- gelmässig verdünnt sind. Bey den Seidenhaaren finden wir wie- der die spiralförmige Gestalt vorwaltend. — Viel bedeutender ist aber die Abweichung von der Urform in den sogenannten schuppenförmigen Haaren, deren Name schon andeutet, dass sie so zu sagen den Uebergang zu den Schuppen machen, und deren Verschiedenheiten wir späterhin kennen lernen werden. Eben so werden wir sogar auf Haare kommen, die Wider- haken zu besitzen scheinen, wie beym Goldmaulwurf (Chry- sochloris aurata), bey manchen Insectenhaaren, den Stacheln des Urson (Hystrix dorsata) u. s. w. — Bey den Insecten finden wir pfriemen-pyramidenförmige, drey bis viereckige, und vorzüglich solche Haare, die mit wahren Fortsätzen, also mit Seiten- oder Randhaaren, versehen sind, woraus sich denn wieder eine grosse Manichfaltigkeit der Gestalt ergibt. Ganz ausgezeichnet ist auch die Gestalt der Haare an den Schmetterlingsflügeln, die häufig immer breiter werden, je weiter sie gegen die Spitze kommen, wo sie dann endlich in breite Blättchen oder Schüppchen übergehen. Anmerkung. Wenn Withof unter vielen Tausenden von Haaren, die er unter dem Microscope betrachtete, kaum vier sah, welche mit Knoten versehen waren, so kann man diess wohl mit Recht zum abnormen Zustande rechnen, $. 4. Weichheit und Härte, Glätte undRauhigkeit der Thierhaare. Auch in dieser Beziehung kommt der Beobachter wieder auf so zahlreiche Verschiedenheiten, dass es schwer ist, selbe durch allgemeine Andeutungen näher zu bestimmen. So finden wir unter den Säugethieren Haare von knorpelartiger Här- te, wie z. B. die Stacheln, und wiewohl im geringeren Grade auch die Borsten. An die letzteren reihen sich dann die gewöhn- lichen Haare mit ihren mancherley Abstufungen an, und zuletzt Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 7 schliesst die ganze Reihe die zarte Wolle und das feine Seiden- haar. Nur wenige Vögel besitzen jene steifen Borsten- und Hornhaare, die wir viel häufiger bey den Säugethieren an- treffen; und es scheint unentschieden, ob man das feine Ge- fieder, welches den Leib des zarten Jungen vor der Bildung der eigentlichen Federn bedeckt, zu den Haaren oder den letzteren zählen soll. Die Fangarme der Cirripeden, welche von den neuesten Naturforschern gleichfalls als haar- artige Verlängerungen bezeichnet werden, sprechen sich als blosse pyramidenförmige Fortsätze der Epidermis, welche zu- dem im Innern hohl zu seyn scheinen, durch besondere Weichheit vor allen Haaren der übrigen Thiere aus. Diesen zunächst stehen sodann in dieser Beziehung die Borsten der Anneliden, und bey den Grustaceen finden sich beyde Haararten vereiniget, oder besser gesagt, gleichzeitig vorhanden. Die Insecten haben gewöhnlich Haare von ausserordentlicher Weichheit; ferner haben sie Borsten und selbst Stacheln , so dass sie sich auch hierin durch das Haargebilde ganz beson- ders charakterisiren. Auffallend ist endlich derBau der Arach- niden durch die Anzahl und Stärke der einzelnen vorzüglich die Extremitäten besetzenden Haare und Borsten. — So un- gefähr finden wir es in der Regel; es ist jedoch leicht be- greiflich, dass die Härte und Weichheit des Haares noch über- diess von einer Menge zufälliger Einflüsse, als von der Lage- rung, der Cultur der Haare, dem Klima, der Lebensart, selbst dem Geschlecht und Alter der Thiere abhängen, was ich je- doch hier bloss allgemein andeuten will, da dieselben Umstände theils später, theils bey den Menschenhaaren ausführlicher be- sprochen werden sollen. Die Glätte und Rauhigkeit der Thierhaare steht wohl meistens auch mit ihrer Feinheit und Här- te in genauer Verbindung, obwohl wir auch hier wieder auf mancherley Ausnahmen stossen, indem manches Borstenhaar die gewöhnlichen Körperhaare an Glätte übertrifft. Nebst den eigentlichen Stachelhaaren möchten wohl die Schuppenhaare in Bezug auf Rauhigkeit oben anstehen, so wie dagegen die äusserst feinen, seideglänzenden Haare mancher Schmetterlin- ge und einige Arten der Seidenhaare bey Säugethieren wohl alle übrigen Haare an Glätte übertreffen. Zwischen diesen beyden Extremen erblicken wir dann das ganze Heer der übrigen Thierhaare, in deren nähere Betrachtung wir uns jetzt nicht - weiter einlassen wollen. 32 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. $. 42. Richtung der Thierhaare. In Bezug auf die Richtung der Haare gilt bey den Thie- ren das Gesetz: dass sie fast immer abwärts hängen, und zwar so, dass eines immer das andere bedecke, damit auf diese Art die ganze Haut durch den haarigen Ueberzug voll- kommen geschützt, und das Ablaufen der Feuchtigkeiten u. s. w. bestmöglichst befördert werde. Tysson hat sogar als ein Kennzeichen, das dem Menschen und einigen Affen- gattungen besonders eigen sey, das angegeben: dass beyder Haare auf den Schultern abwärts, und an den Ar- men aufwärts gerichtet seyen.. Indessen ist es doch eine ausgemachte Thatsache, dass z. B. die Haare des Faul- thieres und Ameisenfressers an den vorderen T'heilen des Lei- bes rückwärts, hingegen auf dem Kreuze und den Dünnun- gen vorwärts gerichtet sind. Ueberhaupt aber ist die Rich- tung der Haare unter sich je nach den verschiedenen Gegen- den des Körpers, wo sie wacksen, wieder sehr verschieden , je nachdem es nämiich der besondere, nicht auf blossen Schutz vor Regen u. dgl. zu beziehende Zweck erheischt. So legen sich die Haare an den Extremitäten gewöhnlich rück-, ein- und etwas abwärts, während die Rücken- und Bauchhaa- re flach abwärts laufen. — Viele Thiere haben auf dem Rück- grath, d. i. längs der Rückensäule stärkere, längere, mehr ge- rade rückwärts laufende und hervorragende Haare. Dagegen biethen die Haare am Kopfe und Halse wieder mancherley Richtungen dar. Manchmal laufen sie strahlenförmig ausein- ander, wie diess z. B. auf dem Scheitel jenes Affen der Fall ist, den Buffon eben desshalb auch die Chinesermütze nannte, weil er nämlich oben auf dem Kopfe lange Haare hat, die vom Centrum aus nach allen Punkten des Umkrei- ses gerichtet sind, so dass sie gleichsam eine Haube machen, die einer chinesischen Plattmütze nicht unähnlich ist. — Hie- her gehören denn auch noch die so verschiedenartigen Figu- ren, welche sich aus der besonderen Zusammenstellung und Richtung mehrerer Haare an einem und demselben Körpertheile bilden. Auf diese Art sehen wir Bärte, Zöpfe, Schwänze, Halsbinden, Nähte, Mähnen u, dgl. m. entstehen. So gibt Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 73 es einen Aflen (Makak), der einen Zopf auf dem Haupte, ei- nen Wanderu, der einen langen, geraden Bart bey übri- gens schwarzen Haaren des Leibes hat, der das ganze Kinn sammt den Backen bedeckt, und ein wenig kraus ist. Jeder- mann kennt die Bocks- und Ziegenbärte. — Der Hirsch hat an beyden Seiten der Stirn das Haar in Büscheln, wie diess auf der Mitte der Stirne bey dem Pferde beobachtet wird. Beym Luchse steht ein Büschel Haar von den Spitzen der Ohren gerade aufwärts; und an der Spitze des Schwanzes vom Elephanten findet sich ein Büschel dicker borstenartiger Haare. Wer kennt nicht die Knebelbärte der Katzen und andrer Raubthiere? Und welche ausserordentliche Verschie- denheit bieten uns nicht die vielartigen Schwänze der Thiere dar? — Bey den Pferden, Hunden und andern Thieren stos- sen die Haare in entgegengesetzter Richtung an einander, und bilden Nähte (Suturae). — Das bisher Gesagte gilt fası ausschliesslichvondenSäugethieren. Steigen wir wiederun- sere Leiter herab, so bieten sich uns auch bey den Haaren der übrigen Thierklassen verschiedenartige Richtungen dar. So ist es gewiss merkwürdig, dass sich das Haargebilde da, wo es sich bey den Vögeln auf eine obwohl untergeord- nete Art ausspricht, fasst durchgehends büschelförmig ge- staltet, und dass die Haare der Cirripeden, Anneliden und Crustaceen meist eine gerade Richtung behaupten, sich jedoch durch die ihnen eigends zukommende Beweglichkeit, und die daraus entspringende öftere Verändernng der Richtnng ganz besonders charakterisiren. Was sollen wir übrigens von dem räthselhaften Haarbüschel halten, welchesaus einer eigenen Ver- tiefung in der Schale der Füsse unsrer Flusskrebse hervor- kommt, und sich dann an die entsprechende Kieme, gleichsam selbe en anlegt? — Welch bewunderungswerthen, so äusserst zierlichen Bau sehen wir nicht durch die verschieden- artige Richtung der Insectenhaare hervorgebracht? Man betrachte nur die ungeheure Anzahl von Raupen, welche Manich- faltigkeit, welche Nettigkeit und Eleganz in der Vertheilung und Richtung ihrer Haare? Ich will hier nur auf die, wie mit einem Pelz versehenen Bärenraupen, und auf die mit den oft wunderschönsten Büscheln versehenen sogenannten Borsten- raupen aufmerksam machen. Es ist unmöglich, im Allge- meinen all’ das Schöne und Bewundernswerthe hier aazuführen, was in dieser einzigen Beziehung nur das Heer der Schmetter- 74 Von den Thierhaaren im Allgemeinen, linge, der Zweyflügler u. a. m. dem aufmerksamen Auge dar- biethet, und unwillkürlich fühlt man sich durch diese unbe- greifliche Manichfaltigkeit in der Natur zur vollen Bewunde- rung des höchsten Schöpfers angezogen! Ich habe bisher bloss von der Richtung der Haare in ihrer Gesammtheit, nämlich als Decke des Körpers gehandelt, und es bleibt mir dahernochübrig, etwas Weniges über die Richtung der einzelnen Haare, in so fern sienämlichgerade oderkraus, steif oder umgebogen sind zu bemerken. Ohne mich in die Ursachen dieser Eigenschaften weiter einzulassen, welche eigentlich bey den Menschenhaaren einer genauern Würdigung unterzogen wer- den sollen, will ich mich in Bezug auf das Gesagte nur auf Fol- gendes beschränken : die Rauhigkeit, Steifheit, Härte und das Gekraustseyn der Haare stehen zu einander in demselben wech- selseitig gleichen Verhältnisse, wie die Weich-, Zart- und Fein- heit mit dem Geradseyn der Haare. Denn es ist wirklich eine ausgemachte Thatsache, dass in der Regel ein Haar um so stärker, steifer und härter ist, je krauser es ist. Das Gegentheil gilt im Allgemeinen wohl auch von dem geraden, obgleich es viele Beyspiele von sehr rauhen und doch ganz geraden und andererseits von sehr feinen und doch krausen Haaren gibt. Wir werden uns also nicht wundern, dass wir die meisten krau- sen Haare bey jenen 'Thieren finden, die in der kalten Zone wild, und öfters in Mangel leben ; da wir hingegen in dem ge- mässigten Himmelsstriche jenes feine, zarte, lange und gerade Haar unter den T'hieren antreffen. Indessen gibt es auch hier- von wieder mancherley Ausnahmen, "die dann ihre Erklärung in besondern gleichzeitigen Nebeneinflüssen finden können. Ueberhaupt sind krause Haare in dem Thier- und Pflanzen- reich ungleich seltner, als beym Menschen, obgleich sie für alle Schafarten ein gemeinschaftliches Merkmal ausmachen. Ich werde späterhin bey der Abhandlung über die Menschen- haare auch auf den Satz zurückkommen, dass das krause Haar ein Zeichen der körperlichen Stärke sey; hier bey den Thieren kann ich den Schluss nur dann als gültig betrachten, wenn dieses einzige Zeichen — das krause Haar — noch mit andern zusammentrifft, von denen man über ihr ursächliches Verhältniss mit der Körperstärke nicht in Zweifel seyn kann; mit einem Worte: krause Haare an und für sich bezeichnen eben so wenig Stärke, als gerade Schwäche des Körpers aus- drücken ; sonst müsste das Schaf den Löwen weit an Stärke Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 75 ühertreffen, was doch ofleubar eine absurde Behauptung wäre. — $. 45. Relative Menge, Länge und Kürze der Haare an verschiedenen Theilen des Körpers. Bey den Säugethieren kannman wirklich als allgemeine Regel annehmen, dass immer jene Körperseite am behaartesten ist, welche vorzugsweise den verschiedenen Einflüssen der Wit- terung, äussern Beschädigungen u. s. w. entgegensteht. Dess- balb finden wir an der der Erde zugekelhrten Körperhälfte im Allgemeinen nicht allein weichere, zartere, biegsamere, sondern auch kürzere und weniger Haare, als an dem Rücken, wo sie steifer, länger, dicker und zahlreicher sind. Aristo- teles *) hat in dieser Hinsicht schon bemerkt, dass der Mensch weit mehr Haare auf dem Kopfe, aber an den übrigen 'Thei- len weniger als die Thiere hat; ferner dass bey ihm mehr die untere Seite, bey jenen mehr die oberen Körpertheile be- baart sind. — Obgleich man aber den Thieren im Durchschnitte das Haupıhaar im eigentlichen Sinne absprechen muss, so gibt es dagegen doch wieder einige, die ziemlich lange Kopf- haare haben, wie z. B. manche Affen. Ausser den Affen, den Elephanten, dem Strauss, dem Sagittarius und dem afrikanı- schen Madenfresser (Crotophaga Ani) soll kein Thier an beyden Augenliedern Wimpern haben. Da diesen Vögeln auch die Nickhaut abgehen soll, so vermuthet Slaben, dass diese Augenliedhaare jene ersetzen **). Verschiedene Thiere, vor- züglich die Fleischfresser, tragen Knebel-, Schnauzbärte. Ueber- haupt finden sich mit einigen Ausnahmen, Haare an allen Oefl- nungen der Haut, z. B. am Maul, der Scham, am After, den Obren, Augen, der Nase etc. Dagegen fehlen sie da, wo das Gefühl fein seyn muss: in der flachen Hand, den Lippen, der *) Tract. de partibus lib. 2. cap. 14. 15. der Historia animalium. **) Baster’s zweyte Abhandlung von den Decken der Haut bey den Thieren etc, in den Abhandlungen der Harlemer Gesellschaft 2. Bd, p: 309. 76 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. Eichel u. s. w. Obgleich übrigens die Zeugungstheile der Thiere, und namentlich der Säugethiere, keineswegs haarlos sind, so ist es doch eine allgemein bekannte Sache, dass die hier sich vorfindenden Haare sich durch besondere Feinheit auszeichnen. Auch das hat Aristoteles schon bemerkt, dass ausser dem Dasypus alle Thiere auf der hohlen Hand und im Platifuss keine Haare haben. Ersterer allein hat unter den Füs- sen, und innerhalb der Backen, der Mysticetus aber im Mun- de statt der Zähne borstenähnliche Haare. Bey ma:chen 'Thie- ren ıst aer Schwanz sehr behaart, z. B. bey den Eichhörnchen, dem Dachse, Fuchse, Pferde; bey andern ist er wieder fast ganz kahl, z. B. bey einigen Mäusen. Bey Simia Maimon, wo er einem Schweinsschwanze ähnelt, ist er oben sehr wenig behaart, und an der untern Seite (wie diess bey den meisten Thieren eintrifft) fast nackt. Der Schwanz des Tarsers ist nur an seiner Spitze sparsam mit Haaren besetzt, der des Phalangers ganz nackt. Bey manchen Thieren endigt er sich in einen Schopf, wie beymLöwen und dem Zebra. Aristoteles hat daher nicht ganz Recht, wenn er sagt: dieSchwänze der Thiere seyen mehr oder weniger haarig, je nachdem es ihr Körper selbst ist. — Auch bey den Haaren der Füsse stossen wir auf grosse Ver- schiedenheiten, indem wieder einerseits manche Thiere so reichlich mit Haaren versehen sind, dass man die Füsse gar nicht, sehen kann, wie die Bären, andern dagegen alle Haare an diesen 'Theilen fehlen z. B. den Fledermäusen. Endlich sind einige durchaus am ganzen Körper sehr stark behaart, wie die Bären, der Dachs, dessen Haare so lange sind, dass man die Ohren kaum sieht, und der Bauch die Erde zu berühren scheint; da hingegen wieder andere, z. B. der Elephant, das Gürtelthier, das Rhinoceros, das Nilpferd und überhaupt die Seesäugethiere theils nur wenige Haare besitzen, theils alle entbehren. Wo die Haare durch ihr vereinzeltes Hervorkommen auf einem übrigens ganz nackten Orte, oder durch ihreMenge und Länge besonders in die Augen fallen, daentstehen dann die sogenannten Bärte, Zöpfe, Schöpfe, Schwänze, Halsbinden, Mähnen, Nähte u. dgl., die natürlich den Thieren mitunter ein ganzeigenthümliches, so zu sagen charakteristiches Aussehen geben. — Es ist gewiss eine bemerkenswerthe Erscheinung, dass sich bey den Vögeln, mit Ausnahme des gleich in den ersten Tagen nach der Ge- burt zu beobachtenden, und späterhin durch die Federn ganz verdrängten Flaumes, das eigentliche Haargebilde nur noch bey Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 27 einigen Gattungen unter der Gestalt von Büscheln am Halse darstellet. — Die Haare der Mollusken, Cirripeden, An- neliden und Crustaceen geben ebenfalls durch ihre ganz besondere Zusammenstellung zu eigenen Benennungen Anlass. So werden wir weiter unten auf Kränze, Randhaare, Rü- ckenhaare, Bündel, Schwanz- und Kopfstacheln u. s. w. stossen. Uebrigens ist zu bemerken, dass alle diese Thiere in Bezug auf die Menge und Länge ihrer Haare den Säugeihieren, und auch den Insecten weit nachstehen, welch’ letztere bey dem, dass es auch unter ihnen manche Familien gibt, die entweder ganz haarlos, oder nur spar- sam mit Haaren bedeckt sind, dennoch eben so häufig eine ungeheure Menge, und in Bezug auf ihren kleinen Körper sehr lange Haare besitzen, so dass sie davon ganz rauh werden. Die Borsten-, Büschel- und Bärenraupen zeigen uns schon durch ihren Namen hinlänglich an, dass die verschiedenartige Zu- sammenstellung ihrer Haare jener der Säugethiere manchmal sehr nahe kommt, und man kann wirklich mit Recht behaup- ten, das jene Benennungen auf die Haare keiner T'hierklasse so gut passen, als gerade auf sie. — Uebrigens wissen wir, dass es ganze Klassen von Thieren — wie die Amphibien gibt, denen im strengen Sinne alle Haare fehlen. In dieser Hinsicht sagt Aristoteles: (histor. 1. 4. c. 6.) pilos habent, quae pedestria eademque pivipara sunt 5 cortice integuntur, quae ovıpara ; squam- mas vero pisces habent. $. 44. Verschiedenheit der Thierhaare nach dem Geschlechte und dem Alter. Dass sich die Haare auch nach dem Geschlechte der Thiere verschiedenartig verhalten, sehen wir bey manchen derselben auffallend bestätigt. So ist die Farbe der Haare bey den Männchen der meisten Thierklassen manichfaltiger, ge- sättigter, feuriger, glänzender und schärfer begränzt. Diess sieht man besonders bey den Insecten, namentlich den Schmet- terlingen, ferner den Vögeln, vorzüglich den Singvögeln. So ist z. B. Kopf und Hals beym Männchen der Ortolane_ oli- vengrün, und beym Weibchen mehr aschgrau. Etwas Aehn- liches zeigt sich bey den Spechten, bey vielen Wasservögeln, 78 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. und unter den Sumpfvögeln ist das Weibchen der Beccassinen viel heller und blasser gefärbt. Sehr auffallend zeigt sich die- ser Unterschied auch bey den Landvögeln, wie wir täglich an unserm Haushahn und Pfauen, Fasan, Birkhahn,, Rebhuhn u. a. m. bemerken. Auch unter den Säugethieren erweist sich dieses Gesetz, besonders bey den wildlebenden. Ueberdiess spricht sich bey den Thieren wie beym Menschen die Regel aus, dass sich das männliche Geschlecht durch reichlichern, noch mehr aber durch einen stärkern Haarwuchs vor dem weiblichen Geschlechte auszeichnet: so hat der Hengst eine weit stärkere Mähne, als der Wallach und die Stute; Och- sen, Widder und Schweine männlicher Art (Eber) sind mit steifern, stärkern, und man kann wohl auch sagen, häufigern Haaren versehen, als Kühe, Mutterschafe und Mutterschweine. So sind viele männliche Vögel mit Federbüschen auf dem Kopfe geziert, welche entweder dem Weibchen ganz fehlen, oder wenigstens viel kleiner sind. Dasselbe zeigt sich auch bey den Schwanzfedern, z. B. bey der Gans, Coracias garrula, Phasianus argus u. a. m. Bekannt ist der längere und stärkere Bart der Böcke. — Endlich zeichnen sich die männlichen Thiere häufig durch ganz eigenthümliche, dem Weibchen ganz mangelnde Haare aus. Der Löwinn so wie der weiblichen Phoca jubata fehlt die Mähne des Männchens u. dgl. m. So hat auch der Haushahn besondere lange Schwungfedern an der Seite des Schwanzes; so ist die Zeichnung, der Glanz und das Ver- mögen zur Aufrichtung der Schwanzfedern beym Truthahn und Pfauhahn viel ausgezeichneter, zum Theil auch ganz ei- genthümlich; beym Birkhahn sind diese Federn bogenförmig gestellt, so dass sie dem Schwanze die Gestalt einer Lilie ge- ben. Columbus cristatus hat einen von der Wange und Kehle herabhängenden Federkragen; Otis houbara einen Halskragen von bunten Federn, nur der Truthahn am Halse ein Büschel steifer Haare, so wie die männliche Trappe einen bartähn- lichen Streifen dünner Federn vom Schnabel bis unter die Augen. Unter den Säugethieren hat endlich auch nur der Steinbock (masc.) einen Bart. Noch ungleich wichtiger und in die Augen fallender sind die Veränderungen der Haare, welche sie durch das Alter erleiden. Doch muss im Voraus bemerkt werden, dass auch diese Veränderungen beym Menschen weit merkwür- diger sind, als bey den Thieren. — Nach Heusinger’s Von den Tbierhaaren im Allgemeinen. 79 Beobachtungen ist bey einem Kuh - Fötus über drey Mo- nate noch keine Spur von Haaren zu sehen; bey einem vier- monatlichen sah er kurze Barthaare, Augenbraunen und zwey Haare unter dem Auge; sonst war alles nackt. An einem Kuh- Fötus von 25 Wochen sind die Barthaare, Augenwimpern und Augenbraunen lang und vollkommen. ausgebildet; auch sieht man an den Spitzen der Ohrmuscheln, oberhalb der Klauenkränze, an der Schwanzspitze und in der Mitte der Hör- nerstellen kleine Haare ; eben so fangen sie auch an, über dem Kniegelenke hervorzubrechen. Oberhalb der bereits herausge- tretenen Haare finden sich Hautstellen, wo man sie unter der Oberhaut liegen sieht; noch weiter nach dem Körper hin hat die Haut das Ansehen, als wäre sie von Rauch schwarz gefärbt, wogegen sie am Körper und an den obern T'heilen der Extremi- täten und dem Schädel noch ganz glatt und ungefärbt ist. Bey der Geburt der Thiere sind die Haare an einigen Stellen des Körpers schon mehr oder weniger stark entwickelt, an andern hingegen kommen sie entweder erst in einer spä- tern Lebensperiode zum Vorschein, oder die bereits erschie- nenen verlängern sich dann mit dem fortschreitenden Wachs- ıhum. Ersteres streitet mit der Angabe von Aristoteles: dass nur der Mensch pilos postgenitos, alle Thiere dagegen nur congenitos haben. Hiermit stimmt auch des trefllichen Glis- son’s Meinung *) ganz überein, nach welcher die ältern Bö- cke, einen stärkern Bart, und der indische Hahn bey seiner Reife zur Zeugung um den vordern und hintern Theil des Halses einen gewissen Cirrum erhalte. — Bey den Säugethie- ren ist das erste Haar unvollkommen, und zum Theil von kurzer Dauer; so hat z. B. der Igel bey der Geburt nur Spu- ren von Stacheln, die überdiess weich und den gewöhnlichen Haaren ähnlich sind. Auch der Seehund hat anfänglich bloss ein langes, weiches und gelblichgraues Haar, und wagt sich nicht eher, als bis er dieses abgeworfen hat, ins Wasser *). Mit dem herannahenden Alter der Thiere gehen auch ihre Haare jene eigenthümliche Metamorphose ein, die ich beym Menschen ausführlicher beschreiben werde: sie werden grau. Aristoteles sagt zwar, das sich diess weit seltner bey den Thieren, als beym Menschen ereigne, mit Ausnahme des Pfer- *) Tractat. de partibus continentibus in genere Cap. 6 — 10. **) Burdach’s Physiologie als Erfahrungswissensch. 3. Bd. p. 136 — 137. 80 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. des. Doch sehen wir diess durch die tägliche Erfahrung wi- derlegt, indem auch andre Thiere, z. B. schwarze Hunde u. s. w. manchmal recht auffallend grau werden. — Die meisten jungen Hasen haben auf dem Scheitel einige weisse Haare, der Stern genannt. Diess Merkmal vergeht aber gewöhnlich nach dem ersten Hären; bey einigen aber bleibt es bis ins hohe Alter. Bemerkenswerth sind hier auch noch die auffallenden Veränderungen, welche in der Zeit der Fortpflanzung (Brunst) an dem Haargebilde der Thiere beobachtet werden, und welche nebst andern Erscheinungen den Satz bewahrhei- ten: dass die thierische Hautbildung in dieser Zeit ihren höchsten Gipfel erreicht. Es sind nämlich im Allgemeinen die Haare der Säugethiere in der Brunstzeit am glattesten, dichtesten und lebhaftesten gefärbt, und das Gefie- der der Vögel ist dazumal am weichsten, glänzendsten und buntesten. Insbesondere aber erscheinen manche eigenthüm- liche Bildungen der Männchen bloss während der Brunstzeit, und verschwinden nachher wieder. So wird bey den Vögeln das Männchen von Loxia oryx in der Brunst hochroth und am Bauch und Kehle glänzend schwarz, während es nach der- selben wie das Weibchen eine graulichbraune Farbe hat; die Ohrfedern des Fasans werden grün, und der Kampfhahn be- kommt einen Federbusch am Hinterhaupt und Halse, den er nachher wieder verliert. — Auch die Farbe der Haare wird durch die in dieser Periode verstärkte Absonderung an den Zeu- gungstheilen bey manchen Thieren verändert; so färbt sich der Hirsch und Rehbock am Bauche schwarz, und die Haare am Zeugungsgliede des Damhirsches werden nicht allein im- mer schwärzer, sondern auch grösser, je weiter die Brunst- zeit vorrückt, so dass sie endlich eine Quaste bilden. Beym Fuchse färbt die zähe, angenehm riechende Feuchtigkeit, welche von einer Drüse am Zeugungsgliede ausgeschwitzt wird, die umstehenden Haare gelb u. dgl. m. — Dagegen nehmen weibliche Thiere im höhern Alter nicht selten einen männlichen Typus an, der sich auch in den Haaren ausspricht. So bekommen weibliche Giraffen im Al- ter die männliche Farbe der Haare, Pferde die männliche Mähne, Enten die kurzen Schwungfedern des Männchens, Fasane den Glanz und die Lebhaftigkeit der Farbe ihrer Männchen. Von den Thierhaaren im Allgemeinen. St Eine der wichtigsten Erscheinungen an den Haaren der Thiere ist jene diesen eigene Metamorphose, vermög welcher sie gewissermassen auf dieselbe Arı eine ganz neue Ilaardecke für den Körper, wie die Schlangen und andere Amphibien eine neue Haut erhalten. Man nennt diese Erscheinung bey den Säugethieren das Hären, bey den Vögeln aber insbeson- dere die Mauser. — Ueber den eigenthümlichen Process, welcher zur Zeit des Härens in den zum Haar gehörigen Theilen vor sich geht, hat uns noch Niemand so klaren Aufschluss gegeben, als Herr Pro- fessor Heusinger *). Es ist zwar leicht möglich, dass meinen Nachforschungen über diesen Gegenstand in den ältern Schrif- ten etwas entgangen ist; allein ich zweifle selbst in diesem Falle keineswegs, dass die uns von Heusinger kund gegebenen Er- fahrungen immer das grösste Interesse und Lob verdienen, und da sie so ganz dem Gange der Natur gemäss zusammengestellt sind, so nehme ich keinen Anstand, das Wichtigste davon hier mitzutheilen. — Nachdem Herr Prof. Heusinger die anatomi- sche Beschreibung aller zum Haar gehörigen Theile geendet hat, kommt er zur eigentlichen Entwickelungsgeschichte der- selben. Um zu dem gewünschten Resultat zu gelangen, rupfte er einem Hunde täglich einige Tasthaare aus, und tödtete den- selben nach dem Ausrupfen der letzten. Die Ergebnisse seiner alsdann gemachten Beobachtungen stelite er unter folgende sechs Punkte zusammen: 4) Gleich nach dem Ausrupfen zeigt sich ein Blutstropfen in der obern Oeffnung des Balges; öflnet man diesen letzte- ren 10—142 Stunden nach dem Ausrupfen der Haare, so findet man die fleischige Substanz am Haare angeschwollen und blutreich. — 2) Drey Tage nach dem Ausrupfen findet man diese Sub- stanz wieder ziemlich in ihrem gewöhnlichen Zustande (doch ist diese Zeit nicht immer gleich). In der Mitte derselben findet sich eine schwärzliche bröckliche Masse, die von dem Boden des Balges bis zur Mitte der fleischigen Sub- stanz ın die Höhe reicht. 3) Fünf Tage nach dem Ausrupfen zeigt sich bereits ein et- *) Meckels Archiv für Physiologie 7. Bd. tes Heft. p. 555. 6 82 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. was mehr als zwey Millimeter langes Haar in dem Balge, dessen Zwiebel dicht auf dem Boden des Balges liegt. 4) Nun dauerte es noch eine geraume Zeit, ehe das Haar auf die Oberfläche des Körpers gelangte; war es aber einmal ausgebrochen, so wuchs es schnell, und erreichte in drey Wochen seine naturgemässe Grösse. 5) Aber auch in der Zwiebel des Haares ergaben sich wäh- rend dieses Processes eigenthümliche Veränderungen. Denn wenn ein Haar durch eın anderes ersetzt werden soll, so wird die Zwiebel ganz blass; bald darauf bildet sich neben ihr ein schwarzes Kügelchen, welches kurze Zeit nachher eine kleine Hervorragung zeigt, die sich sodann schnell in den Haarcylinder verwandelt. Dieses neue Haar wächst dicht auf dem alten liegend, kommt ganz dicht neben die- sem nach aussen zum Vorscheine ; aber man unterscheidet es ganz leicht durch seine viel grössere Dünne, und dunk- lere Farbe. 6) Die Zwiebel des alten Haares verschwindet während dem ganz, und bald darauf auch der untere Theil des Haares selbst immer mehr; ist es bis an die äussere Oeffnung des Balges geschwunden, so fällt dann der äussere Rest des Haares ab, doch erst, wenn das neue Haar seine gehörige Länge und Stärke hat. — Die Regeneration der übrigen Körperhaare geschieht ganz auf dieselbe Art, wie ihre erste Bildung im Foetus, und wie diess so eben von den Barthaaren des Hundes gezeigt wurde. Man kann diess im Frühjahr bey jedem härenden Thiere beobachten. Gerade die Stellen, an denen sich die Haare im Foetus zuerst bilden, fangen in der Regel auch zu- erst an sich zu regeneriren: der Schwanz, das Kreuz, die Ge- gend um den Mund und besonders die Stellen oberhalb der Nägel. Sollen demnach an einer Stelle die Haare gewechselt werden, so setzen sich nach Heusinger neben den ganz blassen, fast verschwundenen Zwieheln der alten Haare kleine Pigmentkügelchen in der Lederhaut ab, bald darauf sieht man diese aus einer äusseren und inneren Substanz gebildet, sie werden grösser, und es verlängert sich die äussere Substanz in den Haarcylinder, der unter die Oberhaut gelangt, hier eine Zeitlang liegen bleibt, diese endlich durchbricht, und nach aussen erscheint, während die alten Haare ausfallen. — Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 83 Uebrigens ist die Zwischenzeit von einer Härung auf die an- dere nicht bey allen Thieren dieselbe. So ıst z. B. das Kamehl mit seinen feinen Haaren alle Jahr in weniger als drey Tagen einer allgemeinen vollkommenen Härung unterworfen, sn dass es um diese Zeit ganz kahl aussieht, und mit einem Kleister überschmiert werden muss, damit seine Haut gegen die Stiche der Insecten geschützt werde. Bey andern 'Thieren geschieht das Hären bald früher, bald später, und selten allgemein, son- dern nur stellenweise. — BeydemMausern der Vögel löst sich die Oberhaut an den Füssen, dem Schnabel und an andern unbefiederten Stellen in Form von Platten, an den befiederten Stellen aber unter der Form von Kleye ab. Auch hier sind beym Abfallen der alten meist schon die Keime der neuen Federn vorhanden. In beyden Fällen aber, d.h. sowohl beym Hären als bey der Mause ent- steht ein Jucken in der Haut, wodurch das Thier aufgefordert wird, dem Ausfallen der Haare und Federn in etwas nachzuhel- fen. Diess geschieht bey den Säugethieren durch Kratzen, Rei- ben an Bäumen und andern festen Körpern, Walzen auf dem Boden, Ablecken mit der eigenen Zunge, wo dann nicht selten die Haare auch verschluckt werden u. s. w. Die Vögel kratzen sich theils mit dem Schnabel und den Füssen, theils rütteln sie mit dem Schnabel die Federn auf, indem sie damit in dem- selben hin und her fahren. — Uebrigens ist während dieser beyderseitigen wichtigen Veränderung nicht allein das Leben überhaupt, sondern namentlich die animale Sphäre desselben bedeutend ali&hirt und herabgesetzt. So bedarf das Hausvieh bekanntlich während dieser Periode einer sorgsamern Pflege, und bessern Fütterung; die Vögel, welche überhaupt in der Mauser still und traurig werden, müssen wärmer gehalten, und ebenfalls, vorzüglich gegen das Ende der Periode, reichli- cher gefüttert werden. Solche, bey denen die Mauser schnell vorüber geht, wie z. B. wilde Gänse und Enien, können eine Zeit lang gar nicht fliegen, was bey andern, die langsamer, oder zweymal im Jahre mausern, darum nicht der Fall ist, weil die Federn an verschiedenen Stellen nur nach und nach, und die einander entsprechenden Federn beyder Seiten gleich- zeitig ausfallen *). Hieraus ergibt sich also, dass Burdach den *) Burdach’s Physiologie als Erfahrungswissenschaft äter Bd. p. 524 — 526. 6* 84 Von den Thierhaaren ım "Allgemeinen. Process der Häutung (wozu denn auch das Hären und Mau- sern gehört), recht treffend eine wiederhohlte Enthüllung des Thieres nennt, wo die Oberhaut sammt ihren Verlängerungen mit den Eyhüllen, und das T'hier "nit "einem Neugebornen; die Frühlingsmauser der Vögel aber und die Erlangnng ei- nes neuen Geweihes mit einer neuen Pubertät zu vergleichen, und die ganze periodische Regeneration eine Verjüngung zu nennen ist *). Was nun noch die Zeit dieser Regeneration betrifft, so beginnt letztere meist erst nach Vollziehung des Zeugungsge- schäftes. So geschieht das Wechseln der Haare bey den Säuge- thieren mehr oder weniger deutlich im 'Herbste, im Frühling aber vor demselben, gleichsam als wenn dieser Process zur neuen Vollziehung des Zeugungsgeschäftes vorbereiten sollte. So bekommen die Hirsche nach der Brunst zuerst das Win- ierhaar, dann wechseln sie das Geweih, welches sich jedoch erst nach dem Erscheinen des Sommerhaars vollkommen aus- bildet. Alle Vögel mausern sich im Herbste nach vollendeter Ausbrütung und Erziehung der Jungen, und zwar die meisten im Julius und August, einige im September, und noch ande- re, wie z. B. die Wildenten exst im December. — Indessen haben die äussern Verhältnisse, namentlich die Domesticität der Thiere auf diesen periodischen Haarwechsel grossen Ein- fluss. So erscheint das Häreu bey unsern Hausthieren, sobald ‚ Sie durch mehrere Generationen ihrer ursprünglichen Verhält- hisse entwöhnt worden, nicht mehr so regelmässig; während dagegen* "ändere Thiere, die man gerade zu zähmen anfängt, in der warmen Stube sich’ zu derselben Zeit hären, und Er Farbe wechseln, wie wenn sie noch im Freyen lebten. Das- selbe gilt auch rücksichtlich der Mauser bey Vögeln, die mau aus einer kalten oder warmen Zone zu uns bringt; so wie auch nach Naumann’s Beobachtung männliche Singvögel , die man vom Frühjahre an in einem dunkeln Orte hält, bey der nächsten Mauser ihr volles Gefieder nicht wieder bekom- men, und späterhin ganz kahl werden. Anmerkung. Es ist bemerkenswerth, dass so wie bey dem Zahne die Krone, beym Haare die Spitze zuerst, die Wurzel aber zuletzt ge- bildet werde. Daher findet man oft noch nicht ganz ausgewach- sene Haare ohne Wurzel. Ist die Wurzel aber schon von Anfange *) Burdach ebendaselbst p. 528. Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 85 der Haarbildung sehr gross .und breit, dann ist sie auch sehr weich, und verlängert sich in den Haarschaft, . (Vergleiche hiemit Tab. V, Fig, 42—45.) u Einfluss-.des-Klima und der Jahreszeit auf die Haare der Thiere. Auffallend .ist der Einfluss, welchen das Klima auf die Beschaffenheit der Haare in mehr als einer Hinsicht hat. Es zeigt sich diess sowohl bey Thieren, die in einem gewissen Kli- ma geboren sind, und fortwährend in demselben leben, als auch bey solchen, welche erst in dasselbe wenigstens durch einige Zeit hindurch versetzt wurden. — So ist im kalten Nor- den das Haar dick und rauh, im warmen Süden schöner und seidenartiger; ‚obgleich auch diess, wie wir gleich. sehen, wer- den, seine Einschränkung leidet. Das nordische ‘Schaf hat spröde, und sehr grobe, das ‚spanische; und "Persische zwar sehr spröde, . aber. zugleich üngeinein "Feine Wolle. Buffon sagt: „das wilde Schäf und jenes der sehr heissen und kalten Länder hat keine Wolle, sondern Haare; das grosse Schaf am Senegal und in Indien ist ohne Wolle, und hat ebenfalls nur ein kürzeres oder längeres Haar, das nach Verhältniss der Hitze des Klima’s mehr oder weniger spröde ist. Ein sehr heisser Himmelsstrich scheint daher die Sprödigkeit der Haare zu be- fördern. Es zeigt sich diess am besten dadurch, das die Wolle der spanischen und persischen Schafe, wenn diese, in: ‚sehr heisse Länder versetzt werden, in- eine äenjlich spröde, verwan- delt wird.“ — Auch bey unsern Schafen ist die Wolle kein wesentlicher Charakter, sondern ‚hängt grösstentheils von dem gemässigten Himmelsstriche ab, indem dieselben Schafe in heissen Ländern nur Haare Buben, obgleich ihre Wolle bey uns nichts weniger als haarartig ist. Ueberhaupt zeigt sich die Wirkung des Klima’s auf die Haare am auffallendsten bey den Hausthieren, Im Norden werden ihre Haare lang und steif, 2. B. beym sibirischen Hunde; in dem spanischen und syrischen Klima werden sie, wie or gesagt fein, seidenähnlich ; wie wir diess bey den Merinos von Spanien, den Ziegen, van Sy- rien, den Katzen und Kaninchen von Angora, den | Maliheser- en u. a. m. sehen. In sehr war men Ländern. "werden sie dünne, oder gehen ganz in Verlust, wie diess-der guineische 86 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. Hund (den man fälschlich den türkischen nennt), die afrikani- schen Schafe, ja selbst schon die italienischen Schweine u. dgl. beweisen. Im kalten Norden werden bey manchen Thieren die Haare auch fein, aber zugleich dicht, nicht spröde, z. B. beym Hermelin, den Füchsen, Zibelinen, Hasen, Bären u. s..w. — Noch muss ein Unterschied gemacht werden zwischen dem Ein- fluss eines sehr warmen und eines sehr milden Klima’s. So ha- ben die Ziegen unter sehr mildem Himmelsstriche nicht so sehr Haare als vielmehr Wolle, denn das Haar der angorischen Ziege ist schöner und feiner, als die Wolle unserer Schafe. — Die spanischen Katzen haben rothe, schwarze und weisse, aber durchaus sehr feine Haare; die Schöpsen, Ziegen, Hunde und Kaninchen haben in Spanien und Syrien die schönste Wolle, die schönsten und längsten Haare, die angenehmsten und ma- nichfaltigsten Farben; dagegen haben alle Pferde aus den morgenländischen und mittägigen Gegenden: die türkischen, arabischen, persischen, und die Pferde aus der Berberey weit struppichtere und kürzere Haare, als die andern. Im Allgemeinen stehen die Thiere warmer Zonen an Men- ge der Haare jenen, die in kältern Klimaten zu leben gewohnt und genöthiget sind, weit nach. Diess sehen wir an den Bä- ren, Füchsen, Dachsen, Eichhörnchen u. a. m. im Gegensatze zu dem Klephanten, dem Gürtelthier, Rhinoceros u. dgl. Selbst unsere Hunde sollen in warmen Gegenden ganz kahl werden. So erzählt uns schon Adrianus Spigelius *), dass man aus Indien eine Art Hunde gebracht habe, die ganz haarlos waren, das Kinn ausgenommen, und fügt hinzu: dass der sehr gemässigte Himmelsstrich und die seltene Trübung des Himmels durch Wolken die Haare bey diesen Thieren ent- behrlick mache. Aus derselben Ursache glanbt er auch, dass die Schweine in Italien weniger Borsten haben, als die in Deutschland und den Niederlanden. Von Island dagegen sagt er: dass die Haare der dortigen Hunde so lang sind, dass sie den Löwenmähneu gleichen. — Im Allgemeinen ist das Winterhaar im Vergleich zu dem Sommerhaar um so mehr verschieden und wärmer, je kälter das Klima ist, und in ganz warmen Ländern verändert sich das Haar gar nicht. So ist das Winterhaar unserer Pferde vom Som- merhaar nur wenig verschieden, während es in Norwegen sehr *) De humanı corporis fabrica 1545. Von den Thierbaaren im Allgemeinen. 87 lang und zottig wird, Wärmer wird es dadurch, dass zu den Sommerhaaren noch neue hinzukommen, welche theils länger, dichter und starrer, theils, wie z. B. beym Bisamochsen,, wei- cher, kürzer und krauser werden. — Nach der kürzern oder längern Dauer des Winters ist auch die Dauer des Winterhaars kürzer oder länger. So dauert es bey unsern Alpenhasen 6— 7, in Norwegen 8—9, in Lappland 10 Monate, und in Grönland das ganze Jahr hindurch. — Doch erscheint es viel früher, als die Kälte eintritt, denn unsere Älpenhasen und Schneehühner erhalten es schon im October, und ıhr Sommerhaar schon im März. Daher sagen die Jäger einen harten Winter vorher, wenn das Wildpret eine ungewöhnlich dicke Haardecke bekommt. Noch auffallender erscheint der Einfluss des Klima auf die Farbe der Haare bey einer und derselben Thiergattung, je nachdem sie unter einem kalten, gemässigten oder heissen Himmelsstriche lebt. So wissen wir von dem Hermelin, dem Eichhörnchen, dem Bären, Fuchsen, Hasen, dass sie im hohen Norden theils schneeweiss, theils, wie z. B. das Eichhörnchen, wenigstens grau gefärbt, während sie bey uns, in dem gemäs- sigten Klima von gelblichbrauner, schwarzgrauer oder rother Farbe sind. Selbst die verschiedenen Jahreszeiten kündigen sich durch offenbare Veränderungen an den Haaren mancher Thiere an. So ist es eine allgemein bekannte Thatsache, dass die eben genannten Thiere im strengen Winter in den hohen Alpen die Farbe ihrer Haare gerade so ändern, wie ich diess so eben von ihnen, in den hohen Norden versetzt, angegeben ha- be, und dass sie im Sommer ihre vorige Farbe wieder erhal- ten *). — Bey andern Thieren werden die ohnehin hellen Far- ben im Winter noch heller oder bleicher; so verändert sich das dunkelbraune bey Rennthieren und Rehen in grau; das schwarzbraune des Elenns in hellbraun mit grau gemischt; das röthlichbraune des Hirsches in graubraun. — Degegen gibt es auch Thiere, bey welchen die hellern Farben im Win- ter dunkler werden, diess schen wir bey Flussottern, Steinmar- dern, Steinböcken, Damhirschen, beym Iltis, grossen Wiesel u.m. a. Ich kann nicht entscheiden, ob Dr. Daniel Jacob #\ > . . . fi ) Lepus apud Suecos acstate cinereus, hieme scmper albus (Linne, Fauna suecica p. 8). 88 Von den Thierhaaren im Allgemeinen, Wagner’ *) Behauptung: „dass bey den weissen Ha- sen die Haare bloss an den Spitzen der Ohren, bey den Murmelthieren die Spitze des Schwan- zes, bey den Schneehühnern bloss die beyden äussersten Schwungfedern mitten im Winter schwarz würden“ wahr sey. — Auch auf die Farbe der Federn bey Vögeln haben die Jahrszeiten einen mächtigen Einfluss. Ein starker Winter gibt den Vögeln, die einfärbig waren, verschiedenfarbiges Gefieder; einige Federn werden mehr oder weniger schwarz, und gehen ins Weisse über, wie diess beym Raben, Sperling und den Tauben zu sehen ist. Das Schneehuhn, die Sterna caspia, Limosa melanura und Üi- mosa, so wie mehrere andere Vögel ändern ihre braune, graue oder schwarze Farbe im Winter in die weisse um. Aber kein weisser Vogel wird nach dem Ausspruch des Aristote- les schwarz. $. 46. Veränderungen, welche die Haare durch die Lebensart der Thiere erleiden. Welche Veränderungen die verschiedene Lebensart der Thiere in dem Colorit ihrer Haare hervorbringen, wird so- gleich bey den allgemeinen Beobachtungen über ihre Farbe näher angegeben werden. Aber abgesehen davon hat die Le- bensart der Thiere einen unverkennbaren Einfluss auf fast alle übrigen Eigenschafien ihrer Haare. Wer weiss nicht, dass wilde Thiere sich in ihrem ganzen Aeusseren von den zah- men unterscheiden? Und sollten daran die Haare keinen An- theil nehmen, sie, die gerade unter allen Organen des Kör- pers jenen gewaltigen und manichfachen äussern Einwirkun- gen am meisten ausgesetzt sind ?— Wir sehen daher, dass die Haare im Allgemeinen um so zarter, feiner, um so weicher und länger sind, je weniger das Thier der rauhen Witterung Preis gegeben, und je mehr es, wie fast alle unsere Haus- thiere gegen Kälte und Nässe geschützt ist. Wie sehr unter- scheidet sich das Haar eines von seiner Dame leider oft mehr als ihr eigenes Kind geliebtes, und eben desshalb auch ver- *) Acta acad. cacs, Leopold. Carol, .n. c. Tom RIRT Von den Tbierhaaren im Allgemeinen. 89 weichlichtes Schoosshündchens von dem Zottenpelz eines Wolfs- und Schäferhundes? Wie himmelweit differirt ein Polarhund von einem sogenannten guineischen? Während letzterer ganz nackt ist, schützt jenen sein langes, dichtes und dickes Haar vor den Stürmen seines rauhen Klima’s, denen er fortwährend ausgesetzt ist. Ein ähnliches Verhältniss liess sich wohl auch bey der Katze, dem Pferde, dem Rindvich, kurz bey allen unseren Hausthieren,, ja sogar bey dem Geflü- gel, im Vergleich zu ihrem Naturzustand, nachweisen. — Um hier nur etwas von dem Unterschied der Borsten des wilden von denen des zahmen Schweines zu sagen (worauf ich spä- terhin ausführlicher zurückkommen werde), führe ich an, dass die wilden Schweine zwischen ihren Borsten noch ein kürzeres sehr biegsames, und nach Verschiedenheit der T'hei- le, an denen sie wachsen, oder des Alters der Thiere bald gelbliches, bald aschgraues, ja selbst schwärzliches, sehr wei- ches, und beynahe wie Wolle krauses Haar haben, wel- ches den siam’schen und unseren zahmen Schweinen gänzlich: mangelt. Auch das Element, in welchem sich die Thiere mehr oder weniger aufzuhalten pflegen, spricht sich in der Form und Bildung ihrer Haare aus. So haben z. B. die Wasserhunde viel dichtere und dickere Haare, als die andern. Die Mäuse, welche sich in Scheunen aufhalten, sind mehr aschgrau ge- färbt, als solche, die sich in Häusern finden lassen. Der Land- bär hat längere, feinere, geradere und dichtere Haare, als der Eisbär und Waschbär; Thiere, welche ihre längste Zeit in finstern und unterirdischen Höhlungen zuzubringen genö- thiget sind, sind auch meist kurz und feinhaariger, als solche, die frey in der Natur herumspringen. Einen deutlichen Beleg dafür haben wir an den Haaren der Haus- und Feldmaus. — Wie auffallend unterscheiden sich die Haare eines Pudels und eines sogenannten Pinschers, dem keine Witterung zu seinen Excursionen zu schlecht ist, von denen eines Mops oder Bolog- neserhündchens, das nur bey der schönsten Tageszeit sein Lager von Eiderdunen verlässt, um mit seiner Herrinn eine kleine Spazierfahrt zu machen ?! So kannte ich einen von Na- tur schön gebauten, nnd mit herrlichen Gaben ausgestatteten Bastard von einem Mopse und einer Jagdhündinn, der, ob- gleich er, wie gesagt, eine sehr zarte Haut, und ganz feines Haar in seiner Jugend hatte, dennoch mit der Zeit das rauheste, 90 Von den Tbierhaaren im Allgemeinen. struppichste Fell bekam, das ich je an einem solchen Thiere bemerkt habe, und warum ? weil dieser Hund mit Hintansetzung aller Leckerbissen der feinern Lebensart unserer Stubenhunde, sein einziges Vergnügen in der freyen Natur fand, manchmal anze Wochen nicht zu Hause kam, und um nur seinen Hang nach Freyheit und Begattung nach Wunsch zu befriedigen, allem Ungestüm der Witterung, ja manchmal dem nagendsten Hunger trotzte, und jede noch so gut zubereitete Speise ver- achtete, wenn sie seiner nur an rohe Fleischnahrung gewöhn- ten Nase durch fremdartige Zusätze nicht zusagte. — Gewiss ist auch die Nahrungsweise der verschiedenen Thiere zu berücksichtigen, wenn von der verschiedenen Be- schaffenheit der Haare die Rede ist. Der vortreflliche Glis- son*) gibt unter den Ursachen des Abfallens der Haare unter andern auch den Mangel an Nahrung an, indem er sagt: Diess tritt besonders bey den Thieren im Winter ein, und ist'wahr- scheinlich eine Hauptursache, dass die Haare am kommenden Frühjahre, wo alles neu gestärkt ist, ausfallen. Aristoteles sagt schon, dass eine reichliche Nahrung das zartere Haar stärkt, und das steife erweicht. — Aus demselben Grunde mag es zum Theil herrühren, dass die wilden- vor allem aber die Raubthiere, die doch manchmal Mangel an Nahrung leiden, auch steifere Haare bekommen. — Wirklich scheint auch bey den Thieren die Qualität der Speisen die Eigenschaf- ten ihrer Haare zu modificiren. So mögen gerade die wilden Thiere, da sie von einer viel roheren Nahrung leben, eben desshalb auch gröbere, steifere Haare bekommen, als unsere Hausthiere, die wir nach und nach durch Verzärtelung unse- rem verfeinerten Geschmack in Auswahl der Speisen nichts nachgeben sehen. — Von der wirklich sonderbaren Wirkung des Wassers auf die Haare der Thiere fand ich nur bey Ari- stoteles**) einige Bemerkungen: „Das Wasser, so sagt er, hat Einfluss auf die Farbe der Haare einiger Thiere. So nannte man den Fluss Scamander &xv3og d. i. roth; weil er die Schaf- heerden roth färbte. Vorzüglich soll sich diess bey bunten Farben gezeigt haben. — Ja selbst die Temperatur des Was- sers macht hierin eine verschiedene Wirkung: heisses Wasser 2) As au 0. 27) Bist Ib, II. Gap. Bi Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 91 macht weisse, kaltes schwarze Haare. An einem andern Orte *) sagt er hierüber: »Der Einfluss des Wassers auf die Farbe der Haare erstreckt sich sogar auf die Kleinen. Ich habe beobach- tet, dass manchmal schwarze Jungen von weissen Heerden ge- zeugt werden, wenn diese von jenem Wasser getrunken hatten. Das Wasser des Psychrus in Assyrien, in der Umgegend von Antandros, bildet zwey Flüsse, wovon der eine die Heerden weiss, der andere schwarz macht. Der Scamander macht sie roth, daher nannte ihn Homer Zav30;« — $. 47. Farbe der Thierhaare. Was die Farbe der Thierhaare betrifft, so will ich hier gleichfalls nur einige allgemeine naturhistorische Bemerkun- gen machen, indem ich in jeder übrigen Beziehung auf jenen Paragraph verweise, wo ich ausführlich von der Farbe der Menschenhaare handle. Unter allen Thieren stehen in Bezug auf Schönheit, Manichfaltigkeit und Zartheit des COolorits ihrer äussern Be- deckungen unstreitig die Vögel oben an. Einen prachtvollern Schmuck konnte ihnen der Schöpfer nicht geben. Nichtsdesto- weniger biethet uns auch das übrige Thierreich noch eine grosse Manichfaltigkeit der Haarfarben dar. — Ueberhaupt scheint der Satz richtig zu seyn, dass die Farbe der Haare um so bunter und lebhafter sey, je näher die Thiere der heissen Zone leben, und je mehr sie schon zu Hausthieren umgeschaf- fen worden sind. Denn wenn gleich der heisse Süden nicht vorzugsweise schwarzgefärbte Thiere hervorbringt, so, findet doch bey den Thieren etwas Aehnliches, wie beym Menschen statt: dem Norden gehören die einfach weissen und lichten Haare; dem Süden die braunen und dunkelgefärbten zu, wie ich diess beym Einfluss des Klima’s Auf die Beschaffenheit der Haare schon angezeigt habe. — In Bezug auf den Unterschied zwischen wilden und zahmen Thieren sagt Buffon, dass die Lage, Grösse und Figur der Flecken sowohl, als die Farben bey jedem Hausthier insbesondere mehr oder weniger manich- faltig sind. — Uebrigens lassen sich die verschiedenartigen Far- *) Gen. lib. V. Cap. 6. 92 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. ben der Thierhaare nicht leicht in einige Ordnung bringen, denn die Natur scheint hier absichtlich die grösste Manich- faltigkeit vor Augen gehabt zu haben. — Aber nebst dem Himmelsstrich hat auch die Lebensart, und die verschiedene Vermischung der Racen den grössten Einfluss auf die Farbe der Haare. Denn ganz anders werden sich die Haare eines und desselben Thieres färben, wenn es beständig allen Witterungs- veränderungen Preis gegeben ist, anders wieder dann, wenn es als Hausthier davor geschützt ist. — Nach Buffon’s Angabe ıst das Gelbrothe, Dunkelbraune, kurz das Rothfahle die gemeinste, so zu sagen die natürlichste Farbe der wilden Thiere, und die braune, verschiedenartig gemischte und ma- nichfach schattirte Farbe meistens bey den Pferden und an- dern Hausthieren zu finden. Die wilde Katze hat viel gröbere Farben, als die zahme; dasselbe gilt vom Auerochsen, Büffel, und unserm zahmen Rindvieh. Unter allen Säugethieren scheint indess der Hund die verschiedenfarbigsten Haare zu besitzen. — Zur Bezeichnung gewisser Haarfarben bedient sich auch der Sprachgebrauch eigener Ausdrücke; so sagt man z.B. von dem Tiger und dem Zebra, dass sie gestreift; vom Leopard, Jaguar und Panther, dass sie gefleckt sind. Die Genette und den Ser- val heisst man punktirt, die Hyäne und den Ozelot nennt man gefleckt und gestreift. — Es gibt unter den Thieren einige Ar- ten, die alle einerley Farbe haben, wie z. B. die Löwen, die alle rothfahl sind; bey vielen andern ist diess nicht der Fall, 2. B. beym Rindvieh, den Hunden, Ziegen etc. Noch ist zu: bemerken, dass die Farbe der Haare auch nach den Gegenden des Körpers verschieden sey; und hier gilt das Gesetz: dass dieHaare an bedeckten, oder den äussern Ein- flüssen weniger ausgesetzten Theilen fast immer heller gefärbt sind, als an den enigegengesetzten. Den Beleg dafür liefern die Rücken- und Bauchhaare. Die Haare des Agouti sind ausser- ordentlich manichfaltig gefärbt: denn am Unterkinnbacken ist das Haar gelb, unter den Beinen und auf den Füssen schwarz; an beyden Seiten des Hinterns schön hochgelb, auf dem übrigen Leibe aschgrau, und an der Wurzel der Haare braun; unter dem aschgrauen ist das Haar schwarz oder schwärzlichbraun, über den Schwänzen gelb oder pomeran- zenfarben, und an den Spitzen immer schwarz. So sehen wir also schon hier ein Beyspiel, dass es bey den 'T'hieren gar nichts Ungewöhnliches ist, dass die einzelnen Haare, je Von den Thierhaaren im Allgemeinen. 05 nachdem man sie näher oder entfernter von der Wurzel be- trachtet, auch ein verschiedenartiges Colorit haben. Aehnliche Beyspiele liefern uns die langeu Haare des Bibers. Diese sind nämlich, auf °/; Länge von der Wurzel entfernt, aschfarbig, übrigens braun, roth, durchscheinend und glänzend, so dass sie verschiedene Farben spielen. — Indem sich nun bey sol- chen Verhältnissen die gleichfarbigen Stücke der einzelnen Haare in einer gewissen regelmässigen Ordnung auf- und an- einanderlegen, entsteht das gestreifte, gefleckte und ge- bänderte Aussehen. — Häufig unterscheidet man sogar eine doppelte, ja dreyfache Lage von Haaren aufeinander. So hat der Wolf zuerst starke, harte und gelblichbraune Haare; unter diesen befinden sich aber kürzere, weichere und aschgrau ge- färbte. Die Genette ist schwarz gefleckt auf einem Grunde, in dem das Graue und Feuerrothe abwechselt. Das Zibeth- thier hat kurze und dichte Haare, die eine Art vom aschfar- bigem Wollhaar, welches noch viel kürzer ist, bedeckt, und verschiedenartig weiss-grau, braun und schwarz durcheinan- der gefleckt ist. Wenn man die rothfahlen langen Haare des Tigers auseinanderbiegt, so sieht man deutlich, dass von ıh- nen andere Haare von einer hellern, falben Farbe bedeckt werden, unter denen man wieder andere findet, die weiss- licht sind, und zarte gelbliche Sprenkel haben. Dasselbe kann man auch bey den meisten llausthieren beobachten. Der kleinste Theil der hehaarten Thiere bringt die blei- bende Farbe der Haare gleich mit auf die Welt. So wechselt der männliche Vogel, wie wir gesehen haben, erst später die Farbe des Gefieders, und mehrere Säugethiere erhalten die bleibende Farbe ihrer Haare erst nach einem halben oder ganzen Jahre. In der Regel wird zwar die Farbe etwas dunkler, als sie bey der Geburt war, doch gibt es auch Vö- gel und Säugethiere, deren Haare Anfangs dunkel sind, und sich erst späterhin (doch nieht erst im Alter) bleichen; so geht die Farbe bey mehrern Falken aus röthlichbraun in aschgrau, bey Cathartes perenopterus aus dunkelbraun in schmutziggelb, und endlich in weiss über. Die Füchse haben bey der Geburt eine dunkelaschgraue Farbe, die späterhin braunroth wird; so kommen viele Mäuse, und so auch die Fledermaus und Fischotter fast schwarz auf die Welt, und ihre Haare färben sich erst allmälig heller. — 94 Von den Thierhaaren im Allgemeinen, Anmerkung. 1. Schon Homer legte denjenigen Thieren, welche eine besonders schöne Farbe hatten, den Namen KaAdırpıxss bey, und, wir heissen heut zu Tag den Affen Mangabay wegen seines weis- sen Haarkragens um den Hals Sımia Callitrix, Anmerkung.2. Man hat vielfältig behauptet, die Farbe der Haare stünde mit jener der Haut in geradem Verhältniss. Indess läugnet schon Aristoteles dieses Factum bey Thieren, während er es bey'm Menschen zugibt. Glisson *) sagt: die Haare haben die- selbe Farbe, wie die Haut; diess sieht man bey gefleckten Schwei- nen, deren Haut, sobald man die Haare mit siedendem Wasser überbrüht, und herabgeschabt hat, ebenfalls so gefleckt erscheint, wie die Haare es waren. Cuvier leitet desshalb die Farke der Haare zum Theil von der des Schleimgewebes ab, weil in den Thieren mit verschiedenartigem Pelzwerk die durch die Haare ge- bildeten Flecken ähnliche Flecken in der Haut andeuten, welche von den erstern bedeckt werden, $. 48. Ueber die Bezeichnung der verschiedenen Körperhaare. Nur die Haare des Menschen haben nach ihrem verschie- denen Standorte eigenthümliche und so manichfache Benen- nungen erhalten, wie wir in der Folge sehen werden. Bey den Thieren gibt es deren nur eine kleine Anzahl, z. B.Haupt- haare (Coma), Wimpern (Cilia), Augenbraunen (Super- cilia), Bart(Barba), Knebelbart (Mysiax) etc., weil die Haare ausser der Bedeckung ihrer Haut und des dadurch gegebenen Schutzes gegen die Unbilden der Witterung u. s. w. lange nicht jene besondern Nebenzwecke haben, wie beym Men- schen. — Ich weiss auch, dieschon oben angeführten Benennun- gen einzelner Haarfiguren, wie z.B. des Bartes, Schopfes, der Mähne, der Halsbinde, der Kopfhaube, der Haar- krone, Haarzotte, unddesSchwanzes ausgenommen, kei- ne andern aufzuweisen, ob ich gleich nicht zweifle, dass in der Sprache der Thierheilwissenschaft, besonders bey unsern Haus- säugethieren, und namentlich beym Pferde, noch viele solcher Namen gang und gebe seyn werden, die uns hier nicht beson- ders bekümmern können. Es versteht sich übrigens von selbst, dass wir uns bey Bezeichnung der Haare immer dadurch am verständlichsten machen werden, dass wir uns an die Theile 7) A.a O0. Von den Thierhaaren ım Allgemeinen. 95 halten, an denen sie vorkommen; z. B. Kopf-, Hals-, Rük- kenhaare u. dgl. — Man könnte wohl hier die Frage aufwerfen, ob vielleicht den Thieren an einigen Stellen Haare zukommen, wo sie den Menschen mangeln, oder umgekehrt? — Obgleich den Säuge- thieren, als den behaartesten unter allen, mehr ein Ueber- schuss als Mangel an Haaren in dieser Beziehung zugeschrie- ben werden muss, so fehlen ihnen doch z.B. die Schamhaa- re, die beym Menschen so bedeutend sind; denn wir finden die Zeugungstheile dieser Thiere unter allen Theilen ihres Körpers am nacktesten. Auch haben alle Thiere, einige we- nige ausgenommen, am Kopfe nur kurze, und daher eigentlich keine Kopfhaare. Eben so fehlen ihnen zwar die Augenbrau- nen und Wimpern nicht durchaus, sind jedoch bey weitem nicht so hervorstehend, wie beym Menschen. Auch die Ach- seln und Weichen, wo der Mensch vorzugsweise mehr und grössere Haare, als an andern Stellen besitzt, sind bey den Thieren im Allgemeinen nicht mehr als letztere behaart. Freylich muss man bey allem diesem nicht vergessen, dass der Mensch nicht durchaus so stark behaart ist, wie das Thier, wesshalb bey ihm dann die mindeste starke Behaarung sogleich grell in die Augen fällt. — Dennoch gilt auch der umgekehrte Fall, dass nämlich den Thieren Haare zukommen, die der Mensch nicht besitzt; wir sehen diess an den Schwänzen: und auch die sogenannten Knebelbärte einiger Thiergat- tungen lassen sich schwer mit den Barthaaren des Menschen in einerley Verhältniss stellen, wie wir späterhin noch deut- licher einsehen werden. Die Haare des äussern Gehörganges sind bey ihnen gleichfalls viel zahlreicher als beym Men- schen. — Endlich habe ich zum Theile schon früher gesagt, dass das Gürtelthier *) so wie der Vison und Pekou (Mustela Vison et canadensis), ferner der Blaufuchs (Canis lagop.) Haare unter den Zehen **), der Wallfisch aber statt der Zähne bor- stenähnliche Haare im Munde habe. *) Einer genauen Untersuchung der erst neulich aus Brasilien hier angekommenen wohlerhaltenen Gürtelthiere zufolge, besitzt keines derselben eigentliche Sohlenhaare, sondern es wachsen dieselben nur am Rande der Fusssohle, und beugen sich gegen letztere um, so zwar, dass diese Thiere wirklich auf ihren Haaren gehen. Dasselbe gilt auch von ihren Haaren innerhalb der Backen. **) Cuvier’s Thierreich 1. Th, 06 Von den Thierhaaren im Allgemeinen. Anmerkung. $o wie man längst davon abgekommen ist, dass der Maulwurf keine Augen habe, so weiss man also auch, dass die Haut da wo die Augen liegen, durchbohrt sey, und ein wah- res Augenlied bilde. Uebrigens ist die Spalte noch durch lange Haare gedeckt, welche sich untereinanderkreuzend, einen dichten Streif bilden, $. 49. Chemische Eigenschaften der Thierhaare. Die Haare aller Thiere, sie mögen als gewöhnliche Haare, oder als Wolle, Borsten, Stacheln u. dgl. erschei- nen, geben bey der chemischen Untersuchung ungefähr glei- che Resultate. Der Wirkung des Feuers in freyer Luft aus- gesetzt, schmelzen oder fliessen sie anfänglich, wie Cuvier sagt, indem sie zugleich aufschwellen (wie z. B. die Eiderdu- nen), geben nachher eine weisse Flamme, und verwandeln sich in eine schwarze, sehr schwer ın Asche zu verwandelnde Kohle. — Was jedoch das genaue chemische Verhalten der Haare bey den einzelnen Thiergattungen betrifft, so findet man die Analysen derselben in John’s chemischen Tabellen weitläufig angeführt, auf welche ich hiemit verweise, indem ich später, in der Abhandlung der Menschenhaare, diesen Ge- genstand einer genauern Würdigung unterziehen werde. Von den Thierhaaren insbesondere. 07 Zweyteg Hauptstüuck, Von den Haaren der Thiere insbesondere, d, ı. nach den Klassen der letztern. Bin Anailse vie iu ng Oben, $. 37, habe ich zwar versucht, eine Definition für das zu geben, was man Thierhaar zu nennen pflegı, und diese so allgemein aufgestellt, dass sie für alie Thier- haare passt. Nichts desto weniger wird sich mancher meiner Leser wundern, da und dort in den Schriften gelehrter Män- ner von Haaren zu lesen, die durchaus nicht ın dem oben aufgestellten Begriff untergebracht werden können. So sagt uns z. B. der berühmte Cuvier, dass man die meisten Schup- pen der Amphibien für sehr platte Haare nehmen könne; und Professor Heusinger*) eifert uns an, die brennenden Farbenstoffe vieler Pflanzenthiere, die Farbenschuppen der Schmetterlingsflügel, die nackte Haut der guineischen Hunde, endlich das Hautorgan der Amphibien und Fische für nichts anders als in der Ausbildung gehemmte Haare und Federn, oder wie im letztern Falle für das ganze, sammt dem Pig- mente unter der Oberhaut liegen gebliebene Hautorgan zu halten. Von der andern Seite trägt man wieder Bedenken, die Borsten, Dornen und Stacheln des Pflanzen- und Thier- reichs den Haaren beyzuzählen. Bey dem schwankenden Zu- stande, in welchem sich also die Terminologie dieser so weit verbreiteten Organe befindet, wird es vielleicht Manchem sehr auffallen, dass ich den Zoophyten, Eingeweidwür- mern, Strahlthieren, Mollusken und Cirripeden, und endlich selbst den Fischen Haare zuschreibe. Ich kann vor der Hand bloss hierauf aufmerksam machen, indem ich mir vorbehalte, zu gelegenerer Zeit auf die wissenschaftlichen Gründe zurück zu kommen, auf welchen jene sowohl als *, In Meckel’s Arch. a. a. ©. " 98 Von den Thierhaaren insbesondere. meine, Manchen vielleicht zu weit herbeygehohlt scheinenden Ansichten, bey näherer Betrachtung dennoch sicher beruhen können. A. Wirbellose Thiere. S., 51. ekaare der: Zoophytam Diese bewunderungswürdigen Thiere, deren Körper ent- weder völlig, oder wenigstens grösstentheils aus einerley Masse, oder von verschiedenartigen Substanzen zusammenge- setzt ist (Zoophyta monohyla et heterohyla der Neuern), haben zwar nicht alle, aber doch die grösste Anzahl derselben ge- wisse äussere Ansätze, Arme, Fühlfäden u. dgl., welche mei- stens um den Mund, nicht selten an den Endtheilen und an den übrigen Punkten der Oberfläche theilweise und einzeln, oder auch wie wir später sehen werden, unter mancherley Gruppirungen festsitzen. Diese An- oder Fortsätze sind nun von einer auffallenden Verschiedenheit, denn entweder kön- nen sie als wahre Verlängerungen der ohnehin fast einfachen Substanz des Körpers betrachtet werden, oder nicht. Im ersten Falle scheinen sie eigentlich nicht wohl in den Be- reich dieses Werkes zu gehören, wenigstens gewiss mehr im letztern Falle. Denn das bewaflnete Auge bemerkt an ver- schiedenen Orten der äussern Oberfläche dieser noch immer räthselhaften Thiere besondere, von den andern auffallend verschiedene Verlängerungen, die beym ersten Anblicke schon auch den Ungeübiesten auf die Idee bringen, dass diess Haare sind. Obwohl ich nun in diesen Verlängerungen mit Aus- nahme ihres Standpunktes und ihrer Figur in anatomischer Hinsicht fast keine anderweitigen Eigenschaften entdecken konnte, wodurch ich sie mit den Haaren der höhern, und namentlich der Säugethiere in nähere Beziehung zu bringen im Stande gewesen wäre, und da besonders in Bezug auf die chemischen Bestandtheile der Haare dieser und andrer Thiere eine grosse Verschiedenheit obwaltet; so fühle ich mich doch, gestützt auf den Schluss der Analogie, welche uns der Ort Von den Thierhaaren insbesondere. 99 ihres Vorkommens, und ihre Figur an die Hand gibt, so wie auf die Angaben und Benennungen, welche diesen Verlänge- rungen von den berühmtesten Naturforschern der ältern und neuern Zeit beygelegt wurden, um so mehr dazu geneigt, sie für eigenthümliche, von andern allerdings sehr verschie- dene Haare zu halten, und als solche meinem Thema einzu- verleiben, als je bekanntlich auch unter den Haaren der übri- gen Thierklassen beträchtliche Verschiedenheiten obwalten. — Zu diesen Bestimmungsgründen kommt nun noch der beson- dere Umstand, dass gerade die Haare der Zoophyten rück- sichtlich ihres höchst einfachen Baues, und ihrer ausserordent- lichen Feinheit den passendsten Vebergang von den Pflan- zen- zu den Thierhaaren, und demnach ebenfalls ein Glied jener grossen Kette ausmachen, durch welche beyde Natur- reiche so innig mit einander verbunden sind. Allein so auffallend auch bey dem ersten Anblick die Aehnlichkeit dieser Gebilde mit Haaren überhaupt ist, so lässt doch die ausserordentliche Kleinheit jener Thiere über die eigentliche Organisation ıhrer Haare, fast möchte ich sagen, blosse Vermuthungen zu, nach welchen selbe den späterhin näher zu beschreibenden Haaren der Cirripe den, Anne- liden und Grustaceen am füglichsten anzureihen sind. Was also von jenen gesagt werden wird, kann einstweilen mit den nöthigen Einschränkungen auch hier für gülug angenom- men werden. — Ich beschränke mich daher jetzt darauf, die Verschiedenheiten dieser Haare in Bezug auf die äussere Form und Gestalt, ihren Standpunkt, die Art der beobachteten Be- wegung u. dgl. anzugeben, und das Gesagte gleichzeitig mit Beyspielen, die aus den einzelnen Arten dieser Thiere ent- nommen sind, zu erläutern. Ich folge hier grösstentheils den um die systematische Bearbeitung der Zoophyten so hoch verdienten Otho Müller*) und Schweigger ®”). Letzterer ***) hat die haarförmigen Ansätze der Zoophyten in zwey Hauptabtheilungen gebracht, nämlich. *) Müllerı ©, F. Animalcula infasoria fluviatilia et marina. Opus posihumum cura Fabricii. Havniae 1786, **) August Frid. Schweigger’sHandbuch der Naturgeschichte der sceletlosen, ungegliederten Thiere. Leipzig 1820. BWAL a. 0). p- 164, 100 Von den Thierhaaren insbesondere. 4) In solche, die ohne bestimmte Ordnung beweglich sind (Monohryla ciliata vibratilia), und 2) in solche, wo sich einer nach dem andern so bewegt, dass sich bey rascher Bewegung alle Haare im Kreise zu drehen scheinen (Monohyla ciliata rotaloria). Noch allgemeiner könnte man die Haare der Zoophy- ten in bewegliche und unbewegliche abtheilen, und dann bey den erstern die eben angegebene Eintheilung von Schweigger geltend machen. Denn es gibt gewiss Infuso- rien, deren Haare noch nie in willkührlicher Bewegung gesehen wurden, und die daher auch den eigentlichen Haaren der höheren Thierklassen näher stehen. Es ist natürlich sehr zu bedauern, dass uns das Messer hierüber gar keinen näheren Aufschluss geben kann, indem man schon grosse Mühe hat, diese Theile unter einem guten Microscope nur nach Wunsch wahrzuneh- men und zu beobachten. Ich bin daher auch nicht im Stan- de, etwas über die materielle Verschiedenheit der bewegli- chen und unbeweglichen Haare dieser Thiere anzuführen. Anmerkung. In der Unterabtheilung Zoophyta heterohyla fin- det man bloss bey Ceratophyta tubulosa, Genus Plu- matella Lam., Tentacula cıliata plura quam octo; und bey der Cerat. tub. Gen. Electra Lamour, ein os cılıatum. $. 52. Die specielle Terminologie der Haargebilde dieser Thier- klasse lässt ebenfalls noch Manches zu wünschen übrig, in- dem auch hier mitunter höchst willkührlich vorgegangen wur- de. Wie leicht zu erachten, hat man die einzelnen Benennun- gen aus den in der Pflanzen- und übrigen Thierwelt ange- nommenen entlehnt, und wir kommen daher wieder auf zum Theil schon bekannte Namen zurück; dennoch findet sich da und dort etwas Eigenthümliches. Um nun in dem Nach- folgenden nicht missverstanden zu werden, will ich mich im Voraus über das erklären, was ich unter den vorkommen- den Haarbezeichnungen verstanden wissen will. 4) Crinis s. pilus ist ein mehr oder weniger langes, dem Anschein nach weiches Fädchen an der Oberfläche des Thierleibes, welches keine eigentliche Substanzverlänge- rung zu seyn scheint. Von den Thierhaaren insbesondere. 1041 2) Cilia sind ähnliche Fädchen, die an irgend einem Ran- de sitzen, Randhaare. 3) Cirrhis. Cirri sollten nach der gewöhnlichen Bedeu- tung dieses Wortes Haare seyn, diesich gleich Raknen um sich selbst, oder um andere Körper herumschlingen. Hier aber wird unter Cirrhus ein etwas stärkeres Haar verstanden, das, wenn auch nur wenig, gebogen ist. Nach Müller sind Cirri: corpora, pilis, ciliisgue pauciora, corniculisque longiora, basi latiora, inter se distantia. 4) Seta oder Borste ist ein gerades, rundes, dickes und steifes Haar. 5) Corniculus nennt Müller ein hartes Haar, dessen Spitze beweglich ist. 6) Spina und Aculeus, d. i. Dorn und Stachel, werden auch hier, wie in der Botanik, häufig mit einan- der verwechselt, und zwar um so leichter, da hier von dem dort geltenden Unterschied kein Gebrauch gemacht werden kann, Im Allgemeinen wird man nicht irren, wenn man unter beyden Benennungen eine starke und sehr spitzige Borste versteht. Anmerkung 1. Man pflegt die Haare auch Radii zu nennen, wenn sie, wie bey vielen Infusorien, am Rande des scheibenförmigen Thieres herumsitzen, Anmerkung 2. Die Haare (crines) mancher Trichoda können auch Cilien genannt werden, unterscheiden sich aber von den Cilien der Vorticellen und Brachionen offenbar dadurch, dass diese bey beständiger Bewegung, die oft mehrere Minuten dauert, in heftige Schwingungen oder Drehungen gerathen, jene aber nur hie und da mit unterbrochener Bewegung zittern, vibri- ren. Solche Cilia vibratilia finden sich hauptsächlich bey den Arten vom Genus Leucophra; Cilia rotatoria aber bey den Vorticellen und Brachionen. Einfache Haare (Crines s. pili) treffen wir nicht nur in grosser Menge und in Gesellschaft von Cilien und Borsten, son- dern sogar mit Stacheln an einem und demselben Thiere, nament- lich aber in dem Genus Trichoda. Cirri gibt es bey den Vorticellen und Himanthopus, Borsten kommen wieder häufig mit Cilien und gewöhnli- chen Haaren gesellt vor, besonders im Genus Vorticella. HornartigeHaare (Corniculi) trifft man vorzüglich im GenusKerona, undStacheln sind bey denBrachionen an häufigsten. 102 Von den Thierhaaren insbesondere. $. 53. 4. Pili, crınes, gewöhnliche, oder sogenannte ein- fache Haare. Diese sind in dem Genus Trichoda so häufig, dass Mül- ler letztere einen /ermis inconspicuus, pellucidus, crinitus nennt, und sie nach Beschaffenheit der Haare in drey Unterabtheilun- gen: ecaudatae, caudalae und subcaudatae (pilis posticis) bringt. Man sieht schon daraus, dass auch hier in der Vertheilung und Lage der Haare eine grosse Verschiedenheit Statt finde. So ha- ben Trichoda urnula, semiluna, trigona, tinea, nigra, Proteus, versalilis, Poeta, uvula, trochus, gyrinus, anas, Linter, angulus nur an der vorderen Spitze gewöhnliche Haare. Trichoda cometa ist vorne mit einem ziemlich starken Haarschweife begabt; Floccus hat hinten drey mit Haaren be- setzte Papillen, so auch Pubes an der stumpfen Spitze ganz kleine, nur in agone mortis zu erkennende Haare. (In diesem Momente streckt das Thier diese Haare mit aller Kraft aus der Spitzenspalte hervor, und bewegt sie beym Einziehen des letz- ten Wassertropfens ans &.) Die Bulla hat vorne und hinten 3—4 zitternde Haare. Ber der Gallina ist die stumpfe Spitze ganz behaart, der kleine Schwanz aber nur mit wenig Härchen besetzt. — Bey dem Cursor finden sich vorne und hinten Haare. Erstere bewegen sich alle zugleich, und das 'Thierchen weicht nach jeder fünften Schwingung der Haare etwas zurück; die hintern Haare bewegen sich einzeln. Die krummen sind länger als die geraden, und hängen von dem gekrümmten Rande her- ab. — An den Einschnitten oder Lippen sind behaart: Forceps, forfex, index, navicula, an den Rändern: Succisa, farcimen, erinita und barbata. Die Sinuata hat bloss am Rande des Sinus fluctuirende Haare. Gibba hat pili antici und ventrales. Patens ist an den Rändern seiner Grube behaart. Anas trägt unter der Spitze des Halses einige wenige, ungleiche pilos hyalinos. Bey der Trichoda angulus dienen die an dem einen Ende sicht- baren Haare zum Theil als ein Zeichen, dass das Thier eigent- lich nur einfach, aber winkelartig gebogen ist. — Am Halse behaart ıst die Melitea und Vermicularis. Die Ciliata trägt rückwärts einen Haarkamm; Ingenita zeigt an der Basis auf je- der Seite ein kaum merkbares, viıbrirendes Haar. Grandinella Von den Thierhaaren insbesondere. 103 hat 2—3 oder mehrere schwer zu unterscheidende Gilien, die sie entweder in zwey Bündel, oder auf dem ganzen Rande der Oeflnung ausbreitet. Granata ist in der ganzen Peripherie behaart, und zeigt entweder seinen ganzen Radius, oder drückt die langen Haare in einen Bündel zusammen. Die Globularis nennt Müller: undigue radiata. Ihre Radii kommen nicht bloss von Rande, sondern von der ganzen Oberfläche. Und dennoch sah Müller nie eine Bewegung bey ihr. — Praeceps ist aussen lang, und stark behaart. Bey der Fimbriata bildet der Rand der Spitze ein Segment eines Zirkels, welches mit einer Reihe vibrirender Haare versehen ist. Diese entstehen in- nerhalb des Zirkels, und haben in Bezug auf jene ähnlicher Thiere eine abweichende Lage, denn hier scheinen sie auf bey- den Blättern, auf jedem nämlich die Hälfte davon, zu sitzen, — $. 54. 9. Cilia, Randhaare. Von ihnen bekommt das Genus Leucophra das Kennzei- chen: vermis undique ciliatus. Bey diesen Thieren sind die Haa- re ein Hauptmittel zur Bewegung. So hat Leucophra con- Jüctor zwar nur sehr kleine Cilien, und dennoch dreht sich durch Hülfe dieser die ganze Masse kreisförmig herum. Die L. mamilla hat grössere gekrümmte Gilien, die ihr nicht al- lein zum Drehen, sondern auch zum Schwimmen dienen. Bey Virescens finden sich bogenartige Cilien. An der Bursata sind gar dreyerley Arten: vorne rotantia, vorne und seitwärts fas- ciculata, und am ganzen Körper fuctuantia. Die Posthuma zeigt ihre Cilien nur bey langsamer Bewegung, und wenn fast alles Wasser verdünstet ist. Die L. vesiculifera sweckte ihre Radi erst hervor, als sie in agone lag. Globulifera, Postulata, Turbinata und Notata sind fast an der ganzen Oberfläche be- haart. Bey langsamer Bewegung legt die Signata ihre Gilien an den Körper an, aber beym senkrechten Stande des letz- tern schwingen sie plötzlich überall. Der conische Körper der Cornuta ist fast überall behaart; die Cilien an der Seite sind sehr klein, die vorderen aber dreymal länger, und be- wegen sich in einem, nie aber, wie in der Polymorpha in zwey Zirkeln. Uebrigens schwingen die einen wie die andern nach Belieben des Thhieres. Unter den Vorticellen hat die Fi- ridis ciia antica und sphaeroidea,, die Cicuta an beyden Seiten 4104 Von den Thierhaaren insbesondere. und an beyden Enden einen kleinen Einschnitt, in weichem zwey ganz ausserordentlich kleine Haare sich bewegen. Bey der Bursata sitzen rings um die Papille am Rande der Oefl- nung kleine Cilien, die entweder alle zugleich zittern, oder theils an den Körper zurückgeschlagen ruhen, theils hervor- stehend sich bewegen. Bisweilen sind sie auch zurückgebo- gen, und bilden einen Haken, oder machen steife Spitzen an beyden Seiten der Papille. — Sputarium hat wenige lange, excentrische Cilien, die nicht am Rande, sondern aus der Scheibe strahlenförmig hervorkommen. Dieses merkwürdige, gleichsam doppelte T'hier macht mit seinen Gilien verschie- dene Schwingungen im Kreise herum, und fährt sehr schnell durchs Wasser, wo man dann die Cilien kaum wahrnehmen kann. — Die Polymorpha, das wunderbarste 'T’'hierchen unter allen, der wahre Proteus der Infusorien, hat bald gestreckte Cilien, bald bewegen sich selbe in Bündeln,; bald sieht man an einer Seite ein hakenförmiges Glied, wobey sich aber den- noch die entgegengesetzten Cilien stark bewegen, bald ist die- ser Theil gleichsam geöhrt (auriculata), stumpf oder zuge- spitzt, oder gerade, lässt entweder einen kleinen Fortsatz (Pe- dicellum,) oder von der Seite einen Cirrum heraus, was jedoch seltner ist. — Das rotirende Organ in der Nasula umgibt die Mitte des Körpers; vorne sieht man auch ringsherum Cilia rolantia; die in der Mitte liegenden sieht man aber wegen der heftigen kreisföormigen Bewegung nur von beyden Seiten und gleichsam wie in eine Spitze vereint. Zwischen diesen mittleren und vorderen Gilien ist noch ein dritter auch mit Cilien begabter Theil, die aber einen kleinen Bündel bilden. Socialis und Flosculosa sind mit besonders schönen Discis ci- liatis versehen. — Diese manichfaltige Bildung der Gilien fin- det sich auch, nur mit andern Haaren vermischt, in den ein- zelnen Arten der Brachionen; so z.B. in dem dreyfachen Drehorgan von Brachionus Bakeri. Zwischen den Tentakeln dieses Thieres ragt ein ganz durchsichtiges Züngchen herab, dessen kopflörmige Spitze mit Cilien besetzt ist. Auf beyden Seiten sieht man ausserhalb den Seitenzähnen runde, mit Ci- lien besetzte Körperchen, und in dem Körper selbst neben dem gezähten Rande des Schildes zwischen den grössern Zäh- nen und Fühlfäden eine querlaufende Reihe doppelter Gilien. Die Bewegung aller dieser Cilien gewährt dem Auge das schönste Schauspiel. Von den Thierhaaren insbesondere. 105 $. 55- 2 5. Cirri, Rankemmear e. Bey dem äusserst lebhaften Genus: Himanthopus ver- dünnt sich z. B. bey acarus die Spitze unten in eine Reihe langer Cilien. Oben am Bauche kommen wenigstens vier lange gekrümmte Cirri hervor, welche sammt den Cilien bey naclhı aufwärts gerichtetem Kopfe und Bauche in steter Bewegung sind. — Die Yorticella cirrata hat an beyden Seiten einen cir- rum ventralem. $. 56. BB ha.e,. Buo'esıt ein. Diese finden sich selten einzeln, sondern meist in Ge- sellschaft von Cilien, gewöhnlichen Haaren und Stacheln vor. Trichoda augur hat unter seinen drey Füssen einen Bor- stenbündel, welcher von der Mitte des Körpers bis über den Hintertheil hinabhängt. Trichoda fiea ist das trägste unter allen Thieren dieser Gattung, indem man durchaus weder an den äussern noch innern Theilen eine Bewegung wahrnehmen kann, ungeachtet es rings am Rande mit feinen, ungleichen, kaum sichtbaren Borsten (setae hyalinae) versehen ist, und einen sonderbaren Schwanzfaden hat. Vorticella stellina ıst ein sehr schönes rundes Thierchen, dessen äusserster, ganz durchsichtiger Rand ganz kleine Bor- sten hat, die einen Radius bilden. Diese verschwinden bey der kreisförmigen Bewegung ganz, und es bleibt am Rande bloss ein schimmernder durchsichtiger Streif zurück. — V. Patella trägt an der Spitze ihres Kopfes zwey sehr kurze, auseinanderstehende, grösstentheils aber vereinte Borsten. — $. 57- 5. Corniculi, Hornstacheln. Von ihnen heisst das Genus Kerona: corniculata. K. ra- stellum hat weder Cilien, noch gewöhnliche Haare, sondern hornartige Stacheln, die man in einer dreyfachen Reihe am 106 Von den Thierhaaren insbesondere. Bauche sieht. Sie werden entweder alle zugleich, oder einzeln bewegt, und dienen wohl auch zu Füssen. $. 58. 6. Spinae, Mucrones, Stacheln. Brochionus lamellaris hat an der Spitze seines runden, einfachen, doppeltgegliederten, beweglichen Schwanzes zwey Stacheln, die etwas gebogen werden können. $. 59- 7: Verschiedene dieser Haararten an einem und demselben Individuum. Trichoda ignita hat unter seiner Spitze nach hinten eine Reihe spielender Cilien, unter diesen zwey Borsten, die bey der Bewegung der Cilien zusammengezogen und hervorge- streckt werden. — Die Trichoda ambigua hat an ihrem tubu- lus Cilien, und am Körper Borsten. Tr. lunaris, bilunis, ligris, Rattus, Pocillum und Paxillus sind mit feinen Härchen, am Schwanze aber mit starken Borsten versehen. Tr. longicauda ist vorne abgestumpft und behaart, und endet an ihrem lan- gen, zweygliederigen Schwanze mit zwey Borsten. Tr. Pel- lionella trägt vorne Haare, hinten Borsten. Eben so die Erosa. Rostrata hat lange Cilien und vier fussartige Borsten. — Cimex zeichnet sich vorne durch umgebogene Haare, und hinten durch gerade Borsten aus. Eben so verhält sich’s mit der Tr. Cicada. Kerona, Haustrum. Sein vorderer grösserer Theil besteht bloss aus einer weissen, durchsichtigen, hohlen, am Rande mit langen Cilien ringsum besetzten Haut; der hintere Theil zeigt in seiner Mitte 6 — 7 bewegliche, über den Rand her- vorragende Borsten, und innerhalb des innern Randes gegen der Mitte zu ragen zwey Haken oder Hörner hervor. Das Thier zittert mit den Haaren, und bewegt sich so im Wasser. K. Patella hat eine schildkrötenähnliche Gestalt, 5 — 6 in doppelter Reihe gestellte borstenartige Füsse, unten Haare von verschiedener Länge, und ausser dem Schilde ragen 6 — 7 Borsten hervor, die ebenfalls zu Füssen oder Rudern dienen. Von den Thierhaaren insbesondere. 107 K. Mytilus ist an beyden breiten Extremitäten behaart, vorne mit zwey Hörnchen , hinten mit zwey Borsten ver- sehen. — Vorticella longisela hat zwey sehr lange Schwanzborsten, und vorne nur sehr kleine Gilien. Die Brachionen, deren Organismus schon mehr zusam- mengesetzt ist, tragen auch mehr oder weniger fast alle Haar- arten an sich. So ıst Brach. cirratus an beyden Seiten seines conischen Kopfes mit einem Bündel Haare geziert, und hinten stehen ebenfalls auf beyden Seiten des Körpers zwey steife Borsten gerade hervor. Mit ähnlichen Borsten endigt auch der Schwanz. Brach. tripos zeichnet sich durch zwey Haarbündel an den vordern Seitentheilen, durch zwey vordere und eine hin- tere stachelförmige Spitze, ferner durch Gilien, die das dop- pelte Drehorgan rings umgeben, und endlich durch zwey Schwanzstacheln aus. $. 60. II. Haare der Eingeweidewürmer. Einige Species dieser Thiere haben längst dem ganzen Körper Borsten, und stehen in dieser Hinsicht einigen Anne- liden, und namentlich den Regenwürmern sehr nahe. So hat z. B. Pentastoma denticulatum der Quere nach in Linien ste- hende Borsten. Andere Entozöen sind mit stachlichen An- sätzen des Körpers versehen, die von einer auffallenden Härte sind. Wir sehen diess an den Stachelkränzen der Kratzer, Acanthocephala, der Nestelwürmer, Cestoidea und Blasenwür- mer Cystica. Die Kratzer zeichnen sich besonders ’ durch ihren einziehbaren, reihenweise mit Haken besetzten Rüssel aus, mittelst dessen sie sich an die benachbarten Theile befe- stigen, und selbe reitzen können. Distoma Lima ist der ganzen Länge nach mit feinen Stacheln besetzt. — Unter den Blasen- würmern, welche alle Haken besitzen, findet man diese be- sonders schön an dem Rüssel der Quese (Coenurus), des Bla- senschwanzes (Cysticercus), und desBlumenkopfs (Anthocephalus) in der Form eines Kranzes zusammengestellt. — Es ist wohl zu bemerken, dass diese Stacheln meist beweglich sind, und dass es sogar Beyspiele gibt, wo sie ganz zurückgezogen, und in kleinen Höhlen verborgen werden können, z. B. im Pen- 108 Von den Thierhaaren insbesondere. tasioma proboscideum. — Auch machte Bremser bey den Bandwürmern und mehreren Arten von Echinorynchus die in! teressante Bemerkung, dass sie im ersten Alter keine Sta- cheln besitzen, sondern diese erst später hervorkeimen. $. 61. III. Haare bey den Mv.dusen, Acalephen. In dieser Klasse finden sich nur haarähnliche Fäden, welche man mehr den Fühlfäden, als den Haaren zuzählen kann. So hängen an dem wolligen gelben Rande der grossen Aeste der Berenice auroma lange, rothe Haare; und die vier Arme der Cyanea lösen sich gleichfalls in Haare auf. — $. 0. IV. Haare bey 'den Strahlthieren. Ausser den Fühlfäden bey den Actinien stehen zu bey- den Seiten der Rinne der Strahlen bewegliche Stacheln, die offenbar zur Ortsveränderung dienen. Tiedemann hat in seiner Preisschrift: Ueber den Bau der Röhrenholothurie p. 56. — 59, die Stacheln der Asierias aurantiaca genau beschrieben, Sie hat nämlich fünf lanzenförmige Strahlen, deren Ränder mit pflasterförmig liegenden Knochenstücken bedeckt sind, auf welchen sich starke bewegliche Stacheln einienken. Nebst- dem ist die ganze Obertlläche mit kleinen abgestutzten und gezähnten Stacheln besetzt. Auch Müller *) hält die fleischigen, glatten, nicht stechenden Spitzen an der Oberfläche der Asterias puleillus für noch weiche Stacheln. — Die meisten Stacheln treffen wir aber bey den Echiniden an, deren Schale mit warzenförmi- gen Erhabenheiten versehen ist, auf welcher kalkartige Sta- cheln articuliren, deren Basis vertieft, und auf den Erha- benheiten eingelenkt ist. Da sie das Thier nach Willkühr be- wegt, so will Lamark **) in der Gattung Cidarites den Ge- lenkkopf mit einem Loche versehen beobachtet haben, durch welches die Muskeln zu dem Stachel gelangen. Schweigger *) Zoologia danica p. 64. **) Hist, nat. des anımaux sans veriebres 111, pag. 73. £ Von den Thierhaaren insbesondere. 109 war nicht so glücklich; und offenbar sind die Warzen gewiss an dem meisten Gattungen nicht durchbohrt. — Uebrigens unterscheiden sich die Stacheln auch durch Gestalt, Grösse und Farbe. Pallas *) beschreibt sie ım Echinus calamarius hohl, an der Spitze oflen und sagt, dass sie aus über einander liegenden Lamellen und netzförmiger Kalksubstanz bestehen. Heusinger**) glaubt ebenfalls bey Echin. sazatilis diese La- mellen und nadelförmige Kalkkrystalle gesehen zu haben. 63. VYV. Haare der Anneliden. Die Haare und Borsten, die wir häufig in dieser Klasse antreffen, und die man vorzüglich an der Aphrodite aculeata untersuchen kann, sind meist cylindrisch, manchmal jedoch auch platt, wie z. B. bey Amphitrite auricoma. Savigny ***) theilt sie in vier Arten: 4) soies subules; 2) s. acicules; 5) s. a crochets; 4) s. & palettes. Heusinger”***), der sie nur an dem Regenwurme und der Aphrodite aculeata untersuchte, beschreibt sie so: „Die Spitze ist dicht, der Rest der Borste ist aber mit einer verhältnissmässig sehr weiten Höhle verse- hen, welche weiter wird bis zur Basis der Borste, wo sie ganz offen ist. Hier fand er weder eine zwiebelartige Anschwel- lung, noch eine Spur eines Balgs. — Das Merkwürdigste bey diesen Borsten ist, dass sie mit eigenen, in den Zwi- schenräumen der Längenmuskeln liegenden Muskeln begabt sind, so dass sie eingezogen und hervorgestreckt werden kön- nen. — Die Borsten irisiren in der Regel eben so, wie die ganze Oberhaut dieser Thiere. — Die Stärke derselben ist verschieden, von der eines feinen Menschenhaars, bis zu der einer starken Schweinshorste.« — Diese Borsten sind in Büscheln vereinigt, deren ich an den beyden Seitenrändern ungefähr 56 zählte. In der Mitte stehen die dicksten, und sie nehmen nach den beyden Enden *) Spicileg. zoologie. X. p. 32. tab. II. fig. 8. a. O. = A a.'0. pag. 262. ***) Techerches pour servir ä la classification des annelides. Auch in Annales generales des sciences physiqnes. Vol. V. pag. 72. ea. O. pag. 248. 110 Von den Thierhaaren insbesondere. an Dicke und Stärke ab. Ein jedes solcher Büschel besteht nur gewöhnlich aus 46 —18 einzelnen Borsten, die an Grösse und Feinheit stufenweise abnehmen, so dass die grössten im- mer am höchsten, und zugleich nach dem äussern Körper- rande des Tliers zu, dann in zwey mehr unterhalb und ein- wärts stehenden Absätzen die übrigen feinern nach dem Grad ihrer Zartheit und Kürze stehen. Eine dieser Borsten ist im- mer die grösste, und von dieser gilt denn auch die angege- bene Beschreibung am besten. Alle aber sind durch eine zähe Haut in ein Büschel vereinigt, welches viel Aehnlichkeit mit einem Pfeilköcher hat. Auch schillern alle. — Nach einwärts setzen sich ringsherum feine Muskeln an die stumpfe Spitze fest, welche von der Haut zu kommen scheinen. (Das Ganze macht die Tafel V. Fig. 46 — 48 anschaulich.) Die Substanz ist spröde, leicht zerbrechlich, etwas fase- rig. — Obgleich keine chemische Analyse derselben vorhanden ist, so spricht doch der Umstand, dass sie beym Verbrennen einen dem der Säugethierhaaren ganz ähnlichen Geruch ver- breiten, sehr zu Gunsten ihrer nahen Verwandtschaft mit je- nen. — Nur wenige Anneliden sind übrigens, wie die Aphroditen mit gewöhnlichen Haaren bedeckt, welche nebst den zum Gehen dienenden steifen Haaren oder Borsten noch eine grosse Menge anderer, langer, biegsamer, metallisch glänzender Haare von meergrün schillernder Farbe haben. — Endlich ist noch be- merkenswerth, dass die Kiemen der Anneliden durch eine Art von Werg oder Filz bedeckt sind, durch welche das Wasser durchsickert *). Treviranus”*) gibt überhaupt dreyerley Arten von willkührlichen Bewegungsorganen der Aphroditen an, wovon die zwey letzten zum Haarsystem gehören, die erste aber aus den genannten Borsten besteht, welche reihenweise an den Füssen (40—44 Paare) sitzen. Die zweyte Art besteht auf je- der Seite des Körpers in zwey Reihen von Stacheln, die kamm- förmig aus dem wergartigen Rückenfell hervorragen. Zur drit- ten Art gehören lange, metallisch glänzende Haare, von wel- chen die meisten auf jeder Seite in zwey Büscheln vereinigt, und wovon die neben den Füssen sitzenden mit einem Bü- *) Guvier’s Vorlesungen über vergl. Anatomie, Uebers. v. Meckel. Leipzig 1809 pag. 611. **) Zeitschrift für Physiologie 3. Bd, pag. 166. Von den Thierhaaren insbesondere. 111 schel kürzerer, schwärzlicher Haare verbunden sind. — Was übrigens Treviranus weiter von dem innern Zusammen- hang der Borsten mit den in der Bauchhöhle liegenden Thei- len sehr genau angibt, konnte ich bey meinem Specimen, das schon viele Jahre im Weingeist aufbewahrt war, nicht mehr erkennen. — $. 64. FI. Haare der Arachniden. Schon viel auffallender tritt das Haargebilde in dieser Klasse hervor. Wir sehen es namentlich in seiner zweyfachen Gestalt als gewöhnliche, und als steife Haare (Borsten) hier zugleich erscheinen. — Auch scheinen sie sich schon mehr den Haaren der höhern Thierklassen anzureihen, indem sie gegen ihre Basis dicker werden, obgleich man ihnen noch keine eigentliche Zwiebel zuschreiben kann. In der Mehrzahl sind die Haare sehr weich und saftig; wie dieser Saft in sie gelange, kann ich nicht bestimmen. Vielleicht lässt sich die Art ihres Ursprungs noch am besten mit der vergleichen, welche ich weiter unten von den Haaren der Insecten ange- ben werde. ' Eine grosse, sehr schädliche, braunzottige, westindische Winkelspinne ist, den Brustschild ausgenommen, stark mit Haaren bewachsen. Margrave und Blankaart sagen, dass die Haare dieser Spinnen so fein wie Seide anzufühlen wä- ren, und Piso schreibt ihnen eine brennende Kraft zu, wenn sie auf die Haut eines Menschen kommen *). Vergleiche Taf. V. Fig. 49. $. 65. VII. Haare der Crustaceen. Diese Klasse von Thieren zeichnet sich in Bezug auf die Haare vor allen übrigen dadurch aus, dass sie ein äusseres und inneresHaargebilde besitzt. Zu dem ersten rechne ich die haar- förmigen Fortsätze an den Schalen, die in Rücksicht auf Grösse und Anzahl unendlich verschieden sind; ferner ähnliche Fort- sätze von hieher gehörigen Thieren, deren Schale jedoch noch ”) Rösel's Insectenbelustigungen. 112 Von den Thierhaaren insbesondere. keinen Kalk enthält, und deren Oberfläche mit einer feinen Haut überzogen ist, von welcher aus sich diese Haare fortzuset- zen scheinen, z. B. bey Cypris, Lynceus u. m. a., die davon oft ganz behaart erscheinen. — In Portunus puber, Dromia Rumphü ist aber auch die ganze Schale behaart, und unser Flusskrebs trägt fast am ganzen Leib, nämlich an den äussern Kinnladen, Füssen und den Rändern der Schalenschilder, Randhaare. — Baster fand 4erley Haare bey den Krebsen: 4) gezähnte, wie eine kleine Säge an den Armen, 2) gefiederte am Schwan- ze und an den Schwimmfüssen, 3) sehr steife und borstenähn- liche an den innern Lippen, und endlich 4) am Ende cylindri- sche und spitzig zulaufende an den Lauffüssen *). — Ich suim- me Heusinger **) gerne bey, wenn er diese Haare für blos- se Fortsätze der Oberhaut annimmt, und die Kalkschale un- ter ihnen aus dem Grunde für durchbohrt hält, weil bey der Schalenwechselung sich auch in diesen Haaren neue Haare bil- den, die der alten Schale abgeworfen werden, und weil die neue Schale mit eben solchen Haaren wieder besetzt ist. — Ausser diesen, in Bezug auf Zartheit immerhin den Haaren im ge- wöhnlichen Sinne beyzuzählenden, finden wir bey den Gru- staceen auch noch stärkere, dickere Fortsätze, die wir dann Stacheln nennen, und die, weil sich in ihnen die Kalkschale oft selbst bis in die Spitze, die häufig noch hornartig bleibt, fortsetzt, sich schon von den Haaren etwas mehr entfernen. Was nun das innere Haargebilde betrifft, welches man, einige Aphroditen ausgenommen, noch in keiner Thierklasse beobachtet hat, und das meinens Wissens zuerst von Heusinger***) an der Respirationshaut unsrer Flusskrebse aufgefunden und beschrieben wurde; so habe ich diesen Ge- genstand ebenfalls einer genauern Untersuchung unterzogen, und werde die Resultate, da sie theils etwas vollständiger als - die von Herrn Prof. Heusinger sind, theils auch von diesen etwas abweichen, hier kurz nachfolgen lassen: An der Stelle, wo die Schale eines Fusses durch die soge- nannte Respirationshaut mit der entsprechenden Kieme zusam- menhängt, sieht man an der inneren Seite dieser Schale ein ovales Grübchen, das nur nach einer Seite hin eine flache Aus- *) A. a. O. p. 337. **) A. a. O. p. 253. “) Aa, O.p.254, ‘Von den Thierhaaren insbesondere. 113 schweifung in dem ringsum aufgeworfenen Rande zeigt. Die- ses Grübchen ist mit einer sehr grossen Arzahl von ausseror- dentlich kleinen graulichen Bläschen, die dicht neben einander liegen, immer befeuchtet sind, und höchst wahrscheinlich ge- nau der Anzahl Haaren entsprechen, besetzt und angefüllt. Denn jenseits dieses Grübchens, d. ı. also an der äussern Seite der Schale, steigt aus einer, mit einem nur wenig erhabenen Rande eingefassten Vertiefung ein kleines Büschel in einander verwickelter Haare heraus, und breitet sich, gegen die entspre- chende Kieme hingewendet, und selbe gleichsam innig umflech- tend, auf ihr so aus, dass man die einzelnen Haare, Behufs der genauern Untersuchung des Ganzen, mit Schonung und be- hutsam aus den Kiemenblättichen losmachen und entwirren muss. — Diese Haare sind übrigens von braungelber Farbe, und hängen, wie ich mich sattsam überzeugt habe, unmittelbar mit den genannten Bläschen (ihren Zwiebeln?) zusammen. Auch scheinen_sie etwas gewunden zu seyn, wesshalb sie unter dem Microscope lichtere und dunklere, der, Länge nach schief lau- fende Streifen bilden. Vergleiche Tab. VI. Fig. 50 — 54. $. 66. VIII. Haare der Mollusken und Cirripeden. An der lederartigen Substanz auf den Seiten, wo die Gattung Chiton keine kalkigen Schalen hat, befinden sich lange haar- und stachelartige Fortsätze; wenigstens neh- men sie Cuvier und Blainville für Haare oder Bor- sten. — Swammerdam *) fand die das Gehäuse der Embryonen lebendig gebärender Schnecken äusserlich be- kleidende Oberhaut mit vielen borstigen Härchen besetzt. — Bey den Cirrhipoden stehen längs dem Bauche zahlreiche mit sehr vielen kleinen Gelenken versehene Borstenfäden, in 40—12 Paare gereihet nach Art der Füsse oder Flossen. Am genauesten beschreibt Heusinger **) das Hornge- webe der Fangarme der Cirripeden. Er behauptet, dass diese Cirri nur mit einer dünnen, ungefärbten, aber harten, *) Bibl. nat. p: 75. 2") A.2.0, P- 242. 114 Von den Thierhaaren insbesondere. Epidermis überzogen sind, und dass sich inwendig eine wei- che, muskulöse Substanz befindet, auf der eine blauschwarze Pigmentschichte liegt. Sie sind, wie gesagt, hornigt, geglie- dert, und an ihrem inneren Rande mit Haaren besetzt. In der Anatifa laevis sollen sich an dem äusseren Rande kurze, ein- zelne, mit blossen Augen nicht sichtbare Haare, am innern hingegen zwey Reihen von längern Haaren befinden. Heu- singer hält diese Haare für pyramidenförmige Fortsätze der Epidermis, die hohle, glatte, an der Spitze geschlossene Ca- näle darstellen, in welche letztere sich ein Faden der innern weichen Substanz eine Strecke weit fortsetzt. Nach Andern be- finden sich Muskeln in ihren Höhlen, $. 67. IX. Haare der Insecten. Bey den Insecten erreicht das Haargebilde schon einen viel höhern, ja man kann sagen den höchsten Grad von Ausbildung unter den wirbellosen Thieren, und zeichnet sich vorzüglich in manchen Ordnungen dieser Klasse, und in gewissen Lebensperioden jener Thiere um so mehr durch Ueppigkeit aus, je weniger die äussere Haut ein Streben zur Verhärtung zeigt. — Wir können dasselbe unter einer zweyfa- chen Verschiedenheit betrachten, in so fern nämlich die haar- förmigen Fortsätze unmittelbar aus der Oberhaut entspringen, aus der sie demnach auch zusammengesetzt sind, wie z. B. bey den Raupen u. s. w.; oder in so fern sie, höher organi- sirt, aus mehr Hornsubstanz und Pigment, ja sogar aus einem Zellgewebe, dass die innere Höhlung ausfüllt, wie bey man- chen Käfern, z. B. Melolontha solstitialis, bestehen. Es ist wohl der Bemerkung werth, dass die höhere Organisationsstufe der Insectenhaare so zu sagen gleichen Schritt mit der Ausbil- dung der Insecten selbst halte, und dass demnach die eigent- lichen Haare nur den vollkommnen, die aus blosser Epider- mis zusammengesetzten aber fast ausschliesslich den unvoll- 'kommnen Insecten zukommen. Im Grunde sind aber die Haa- re der meisten Insecten verzweigt, und nähern sich daher in dieser Beziehung den Federn. Es herrscht übrigens in Bezug auf das Vorkommen die- ser Gebilde eine ausserordentliche Verschiedenheit unter den Von den Thierhaaren insbesondere. 115 Insecten, so dass wir ganze Ordnungen in verschiedenen Ab- stufungen bald mehr, bald weniger, bald ganz behaart, an- dere wieder durchaus haarlos finden. Doch haben die Insec- ten gewöhnlich nicht an allen Theilen des Körpers Haare; einige bloss am Kopfe, wo sie denselben Dienst leisten, wie die Schleussen der Federn ; bey andern ist das vordere Brust- stück ganz mit Haaren bedeckt; bey andern wieder nur der hintere Theil ihres Rückens. Auch an den Beinen oder Schen- keln, an den obern und untern Flügeln der Insecten entdeckt man häufig viele Haare. — | Die äussere Gestalt derselben ist natürlich sehr manich- faltig, wie uns der unermüdeie Reaumur *), ferner Lyo- net **), De Geer “*), Swammerdam ****), Rössel +), Latreille +f) u. a. m. grösstentheils durch getreue Abbildungen gezeigt haben. In der Regel sind diese Haare gerade, häufig ästig, oder mit zahlreichen Nebenhaaren ver- sehen — federartig. Uebrigens sind sie fast durchgehends steif und brüchig, und dieser Umstand macht die Stiche man- cher Insecten, und namentlich mancher Raupen sehr lästig, und ist die Ursache, warum man sie ehemals sogar für giftig gehalten hat. Sie sind zwar gewöhnlich ausserordentlich fein, doch gibt es auch viele von so beträchtlicher Dicke und Stärke, dass man sie füglich Stacheln nennen könnte. Kleemann+++) beschreibt eine westindische Raupe, deren Haare an Härte dem Eisendraht nahe kommen; ein jeder dieser Stacheln theilt sich manchmal in mehrere Zweige, die so klein sind, dass man sie mit blossen Augen gar nicht beobachtet. — Doch ist die Thei- lung verschiedener Zweige: keineswegs gleich, sondern geschieht manchmal in drey, manchmal in vier Aestchen. Auch ihre Stellung ist häufig verschieden; denn bey einigen Insecten sind 4 *) Memoires sur P’histoire naturelle des Insectes, Vol, TI. p- 197 u. £. **) '[Trait€ anatomique de la Chenille, qui ronge le bois de Saule etc. p- 69. — Und dessen Remarques sur la telologie des Insectes deM. Lesser. Tom.1. p. 108. ***) Abhandlungen zur Geschichte der Insecten. Uebersetzt von Götze. Leipzig 1776. ****) Biblıa naturae, p) Histoire naturelle generale et particuliere des Crustacdes et des In- sectes. Tom. 2. p. 60 — 67. ++) Insectenbelustigungen a. a. O. { +1}) Beyträge zur Natur- und Insectengesehichte. 1ster Thl. p: 20. ri o x © 116 Von den Thierhaaren insbesondere. sie rings um einen Ring in einer krummen Linie gelagert, bey andern wieder schief, etwa auf zwey Linien Entfernung, aber immer in so bestimmt gleichen Zwischenräumen gestellt, dass keine Kunst sie hätte genauer abmessen können. :— Ihre ver- schiedene Zusammenstellung hat auch hier zu ähnlichen Be- nennungen Anlass gegeben, wie ich schon oben im Allgemei- nen angedeutet habe, und später noch ausführlicher darstellen werde. Die Farbe der Insectenhaare ist an und für sich so ma- nichfaltig, dass man in dieser Beziehung kaum allgemeine Regeln aufstellen kann. — Es verdient jedoch einer besondern Erwäh- nung, dass sie sich nicht allein bey allen mit vorrückendem Alter, sondern auch bey denen, die ihre eigenen Häuschen von Scha- len zu machen geschickt sind, verändert. Wenn diese nämlich ihre Einpuppung beginnen, so essen sie fast nichts mehr, und in ihren Haaren gehen manchmal recht auffallende Versside- rungen vor sich. So haben uns gute Beobachter Raupen be- schrieben, deren Haare sehr weiss waren, sich aber in jener Metamorphose binnen einigen Stunden zu schwarzen umänder- ten. — Da viele dieser Haare wie schon gesagt, blosse Fort- sätze der Oberhaut sind, so ist es leicht begreiflich, warum sie mit derselben zur Zeit der Häutung ausfallen, und zugleich durch neue ersetzt werden, welche die alten sogar an Länge übertreflen. — Ich will nun die Linneischen Ordnungen der In- secten einzeln kurz durchgehen, und die freylich nur in einer sehr kurzen Zeit gesammelten Beobachtungen anführen: Die meisten Käfer haben an den Seitenrändern ihrer Bauchschilder, an der unteren Seite des Thorax meistentheils büschelförmige, feine, mit der allgemeinen Körperfarbe über- einstimmende Härchen. Im Allgemeinen trifft man diese am häufigsten an den Rändern des Schildes, der Füsse, der Bart- spitze, und hauptsächlich in der Nähe des Afters, im Ganzen aber mehr an der Unterseite des Körpers an. So sind sie z. B. ochergelb beym Scarabaeus nasicornis, Hercules und Ac- 1aeon;, bey dem Maykäfer (Melolontha vulgaris) befinden sich hinter dem Halsschilde viele Haare, und an der unteren Flä- che des Leibes zwischen den Füssen ist er dicht mit gelbbrau- nen Haaren besetzt. Eben so stehen auf dem Halsschilde und selbst auf dem Kopfe verschiedene, aber kürzere Härchen, — Von den Thierhaaren insbesondere. 117 Ich habe übrigens diese Haare von Scarabaeus nasicornis genau unter dem Microscope untersucht, und gefunden, dass sie un- durchsichtige, mit dem Schilde gleichgefärbte, derbe und da- her nur mit einem sehr feinen Canal begabte Fortsätze sind. Die Undurchsichtigkeit und die Kleinheit oder gänzliche Ab- wesenheit des Canals tritt um so deutlicher hervor, je dichter die Rindensubstanz — das Horngewebe — angehäuft ist, und wenn man mehrere Haare von verschiedenen Käfern untersucht, kommt man wohl häufig auch auf solche, die den Canal recht deutlich zeigen. — Doch hat Heusinger*) ganz recht, wenn er behauptet, nie einen Balg mit Bestimmtheit wahrgenommen zu haben, denn es scheint wirklich, dass das Haar mit seiner breiten Basis, ohne eine Zwiebel zu bilden, unmittelbar aus der Oberfläche des Körpers entspringe; wesshalb denn auch beym Ausreissen derselben immer eine kleine runde Oecfinung in letzterer zurückbleibt. Unter den Halbflüglern (Hemiptera) zeichnet sich das ganze Geschlecht von Grylius dadurch aus, dass sie an ihren Füssen auf beyden Seiten eine Reihe ziemlich starker, aber kurzer, mit den Fussbedeckungen gleichfärbiger Stacheln be- sitzen, die bey den grössern, ausländischen Grillusarten un- gleich stärker sind, als bey den europäischen. Auch die Man- tis hat an ihren Füssen viele solche stachelförmige Haare. — Reaumur **) hat auch Blattläuse abgebildet, deren gan- zer Körper mit einer weichen, feinen, wolligen Substanz be- deckt ist. Viel ausgezeichneter, reichhaltiger und manichfaltiger, überhaupt auf der höchsten Stufe seiner Bildung tritt das Haargebilde bey den Schmetterlingen hervor. Denn ih- re Haare bekleiden nicht nur den ganzen Körper als eine di- cke, wollige Decke; sondern sie erscheinen hier auch in den manichfaltigsten Gestalten und Farben. Alle Schmetterlinge, sagt De Geer***), haben un- ter und vor dem Kopfe zwey rauhe Theile, welche Reau- mur Bärte nennt, und zwischen welchen der Saugrüssel zu- sammengerollt liegt. So verschieden die Arten der Schmetter- "A. a. 0. p. 257. ”) A. a. OÖ. T. II. Tab, XXXI. Fig. 21, 27. Tab. XXXVI. Fig. 1, , 5:10, ***) A. a. O. 1ster Thl. p. 50. 118 Von den Thierhaaren insbesondere. linge sind, so verschieden sind auch die Gestalten ihrer Bärte. Bey einigen sind sie kurz und dick, bey andern länger und dünner. Einige sind gerade, andere bogenförmig, und sehen wie zwey Hörner aus. Reaumur hat viele Verschiedenhei- ten beschrieben. De Geer selbst beschreibt die merkwürdig- sten Bärte dieser Art an der Phalaena pyralis tentacularis Lin- _ nei. — Fast bey allen Phalaenen sitzen am Halskragen zwey glatte, sehr haarige Theile, die gleichsam wie zwey Oh- ven aussehen, und an den Seiten flach anliegen. Die Raupen bieten in jeder Hinsicht die grösste Ma- nichfaltigkeit der Haare dar; denn der grösste und auffallend- ste Unterschied ist bey ihnen unstreitig der, dass einige glatt und ohne Haare, andere hingegen rauh, und mit vielen an Länge, Zahl und Stellung verschiedenen Haaren bewachsen sind. — Einige Haare sitzen auf den halbkugelförmigen Erha- benheiten, und bilden auf jeder derselben eine Art von Büschel, bey andern kommen sie unmittelbar aus der glatten Oberhaut hervor. — Wenn sie recht dickhaarige Büschel bilden, so heisst man die Raupen vorzugsweise: Bürstenraupen. Die- se Bürsten sind entweder oben abgestumpft und viereckig, wie bey der Phal. bomb. fascilina und pudibunda (welche letztere auch einen merkwürdigen rosenrothen Haarschweif am letzten (Grelenke hat); oder abgestumpft und cylinderförmig, wie bey der Antigua und Gonstigma; endlich trifft man sie entweder, wie bey den meisten Bürstenraupen, auf dem Rücken, oder auch zugleich am Bauche, wie bey der Antigua. Einige sol- cher Raupen haben nur wenige Haare an sich, und der grösste Theil der Haut ist glatt; man nennt sie halbbehaarte. Andere Verschiedenheiten hat Herr v. Reaumur angeführt. — De Geer beschränkt sich bloss auf die Haarraupen, welche auf gewissen, insgemein halbrunden Buckeln dieke Haarbü- schel haben. Von diesen Buckeln, und folglich auch von den darauf sitzenden Haarbüscheln hat Reaumur sogar behaup- tet, dass sie ein generisches Kennzeichen abgeben könnten. Denn man findet Haarraupen, die einander an Farbe und Ge- stalt sehr ähnlich sind, und die man kaum für andere Arten halten würde, wenn man sich nicht die Mühe nähme, die insgemein ungleiche Zahl der behaarten Buckeln zu berech- nen. — De Geer kennt übrigens keine HHaarraupen mit Bu- ckeln und Haäarbüscheln, die sich in Tagvögel verwan- deln, sondern es waren lauter Nachtvögel. Von den Thierhaaren insbesondere. 119 Anmerkung. Was den Ursprung dieser, Bürstenhaare betrifft, so habe ich mir Mühe gegeben, der Sache genauer auf die Spur zu kommen. Zwar hat schon Lyonet*) die Haare der Weidenraupe diessfalls sorgfältiger untersucht, und ähnliche Resultate, wie ich gefunden und abgebildet; denn es heisst dort über den Ursprung jener Haare: „Les poils sont enchasses dans un anneau ou cy- „lindre tres court, ecailleux et brun, qui s’eleve un peu au des- „sus de la peau, et en perce les deux membranes ou tuniques; „le poil passe par cet anneau, et m’a paru communiquer par la „racine avec un tegument molasse, qui tapisse la peau en de- „dans, et sur lequel les nerfs forment un tissu reticulaire, J’aı „eru meme voire plus d’une fois des petits nerfs de ce tissu s’ın- „troduire dans la racine d’un poil.“ Auch hat er die hohlen, mehr stachelartigen Haare mit einer 2,744000 maligen Vergrös- serung, die Wurzeln selbst aber, von denen er spricht, nicht deutlich abgebildet. — In der neuern Zeit finde ich ebenfalls in Herold’s Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge **) Här- chen an der Raupenhaut abgezeichnet, die mit deutlichen kuge- ligen Wurzeln aus jener Haut entspringen, ohne dass sich jedoch der Verfasser darüber auch nur im geringsten ausgesprochen hätte. — Allein mit allem diesem ist die Sache nicht allein an und für sich nicht erschöpft, sondern auch für viele Leser unverständlich. — Ich wählte mir daher die Phalaena bombyx Caja, die sich von allen ähnlichen durch Schönheit und Ueppigkeit ihres Haarwuchses auszeichnet, zur Untersuchung, und fand, dass die Anzahl der einzelnen Haare (im Büschel) ganz genau der Menge von kleinen Wärzchen entspreche, welche sich an der äussern Oberfläche jener früher genannten halbkugeligen Erhabenheiten befinden, und dass die Haare selbst unmittelbar aus diesen Wärz- chen entspringen, jedoch so, dass man erstere abstreifen und her- ausreissen kann, ohne dass dadurch die Warze etwas an Umfang verlöre, oder überhaupt zerstört würde. — Um nun auf die in- nere Siructur und Organisation dieser Wärzchen zu kommen, war ich bemüht, die Haut der Raupe umzukehren, um die in- nere Oberfläche jener warzigen Erhabenheiten genauer sehen zu können. Aber hier war mir die dunkelblaue Farbe dieser schil- lernden Oberfläche sehr hinderlich. Nichts desto weniger fand ich eine dem Umfang der halbkugelförmigen Erhabenheit ganz angemessene, ja man kann sagen, genau entsprechende, ovale Gru- be mit einer Menge von rundlichen Vertiefungen wie punktirt, welche natürlich nichts anderes, als jene Wärzchen waren. Gegen das Licht gehalten waren jene Stellen, die ich bereits ihrer Haa- re beraubt hatte, in Bezug auf die andern, die noch mit Haaren 5 » S)DA« a: 02’ 8.69. **) Gassel und Marburg 1815, und zwar auf der 6.—12. Tafel. 120 Von den Thierhaaren insbesondere. bedeckt waren, lichter und durchscheinend,, doch nicht durch- sichtig. — Es ist also klar, dass diese Bürstenhaare aus den Haar- papillen, (denn für solche halie ich die angeführten Wärzchen auf den halbkugelförmigen Erhabenheiten) unmittelbar entsprin- gen, und dass hier schon eine Andeutung auf die höhere Struc- tur der Thierhaare, nämlich auf ihre Zwiebel, gegeben sey. Vergleiche Tab. VI. Fig. 56— 59. Ich gehe nun zur Betrachtung der Haare, die wir a.: den Raupen der Tagvögel (Papiliones) finden, über. Alle Raupen, aus welchen die 'Tagvögel der ersten Klasse nach Rössel entstehen, tragen auf ihrer Haut dornenähnli- che Borsten oder Stacheln mit spitzigen Nebenästen, wesshalb man ihnen auch den Namen: Dornenraupen gegeben hat. Auch haben diese Papilionen statt des dritten Paares Füsse ein Paar kurze und stumpfe, aber ganz mit Haaren überzo- gene Pfoten ohne Klauen, deren sie sich als Hände bedienen, indem sie immer ihren Kopf und Bart damit putzen. Die ge- nannten Dornen sind entweder einzeln stehend, oder büschel- förmig, und die erstern sind immer entweder mit Seitensta- cheln versehen, oder ganz glatt, oder theilen sich oben gleich- sam in mehrere Spitzen; manchmal haben sie ganz das An- sehen eines Fichtenbäumchens ım Kleinen, wie z. B. bey der Raupe des C. album; bey Phalaena Prorsa ähneln sie einem Hirschgeweihe. Auf eine ähnliche Art verhält es sich bey der Atalanta und Cardui, die Raupe der Pophia hat gerade Pfrie- men mit sich meist entsprechenden Seitenstacheln. Papilio Cra- tegi ıst am Leibe über und über haarig. Die Tagvögel der zweyten Klasse nach Rössel ha- ben Raupen ohne Dornen; nur einige sind, und zwar spar- sam mit Härchen versehen, wıe z. B. Machaon, Podalirius. Der Citronenpapilion (Pap. Rhamni) hat eine über- aus feine seidenartige Haardecke an seinem Leibe, und zum Theile auch an seinen Flügeln, so auch Didyma (gen. Fritil- laria) und mehrere andere Papilionen. Da jedoch der Bau dieser Haare von dem der Nachtschmetterlinge wenig oder gar nicht abweicht, so verspare ich mir die Beschreibung der- selben bis dahin. Unter den Abendvögeln ist bey Euphorbiae zwischen dem Vorder - und Hinterlesb oben auf dem Rücken ein brei- ter Wulst von zarten, weisslichen Härchen; und die sehr fei- nen Körperhaare der Sphinx Convolvuli mas. sind unten viel Von den Tlierhaaren insbesondere. 121 dicker, und werden gleich darauf sehr dünn — sind also keulenförmig — ohne sonst etwas Eigenthümliches zu haben. Die Raupen der Nachtvögel der ersten Klasse nach Rössel (eigentlich der Abendvögel nach Linne) sind alle haarlos, und haben eine höckrige Haut. Die der zweyten Klasse aber sind theils mit steifen (z. B. Ph. B. Salicis und Lubricipoda) ; theils mit weichen Haaren (Phal. B. potatoria) be- seizt. Andere haben wenig solcher Haare, oder sind ganz glatt (Phal. noct. pyramidea). Die haarigen haben auf dem Rücken entweder Bürsten (Ph. B. ‚fascilina), die bald gross, bald klein sind; oder aus Haaren zusammengesetzte Zapfen (Phal. noct. Psi. Linn. und quercifolia), Spitzen (Phal. B. Salicis) und Hörner (zur Seite des Kopfs bey der Phal. B. fascilina), welche bey einigen’auch hinten und vorne zur Seite stehen; andere tragen viele erhabene Knöpfe mit Haaren besetzt, wie Caja, Dispar, Pavonia minor u. dgl. Erstere, nämlich die Raupe der Phalaen. Bombyx Caja ist ganz ausgezeichnet häg- rig. Vom Kopf an sind die drey ersten Gelenke mit lauter gelbro'hen Haaren besetzt, und von eben solchen geht ein gelbrother Streifen an jeder Seite des Leibes unten am Bauche bis an den hintersten Absatz. Die übrigen Haare alle, wovon die längsten und auf den mittelsten Absätzen emporstehenden fahl, aber '/, Zoll lang sind, sehen schwarz aus, und die äussersten Spitzen fallen ins Mausgraue. Die Raupe gebär- det sich wie ein Igel, wenn man sie an den Haaren berührt, denn sie rollt sich sogleich zusammen. Uebrigens fallen die Haare leicht ab, und erregen eben so leicht Kitzel und Ju- cken auf der Haut des Berührenden. Wenn sich die Raupe einpuppt, so webt sie, wie viele ihres Gleichen, alle ihre Haare mit hinein, wovon sodann dass Gespinnste so dick wird, dass man nicht durchsehen kann; der Schmetterling dagegen hat bloss an der Unterseite des vordern und hin- tern Leibes sehr viele mennigrothe Haare. — Die Haare der Raupe von Phalaena Cossus bilden .solidere starke Stacheln. — Die Raupe von Phal. B. Pini ist an allen ihren Rändern und En- den haarig. — Im Allgemeinen haben die Schmetterlinge die- ser Klasse alle einen runden gewölbten und haarigen Rücken, und an dem mittlern und hintersten Paar der Füsse eigene Stachelspitzen. Unter mehrern andern habe ich vorzüglich die Haare der Phalaena B. quercus untersucht, wobey ich dann ge- funden, dass die ausserordentlich feinen Haare, welche am 122 Von den Thierhaaren insbesondere. Rande der Flügel sitzen, beym ersten Anblick gegliedert zu seyn scheinen, was sich aber bey genauerer Beachtung als op- tische Täuschung erweist; indem diese Haare oberflächlich aus- serordentlich fein schuppig sind, und sich von dem Schüpp- chen der Flügeln nur durch ihre runde, stachelartige Form unterscheiden. Uebrigens fand ich mehrere, die sich oben an der Spitze ganz wie die Haare mancher Säugethiere bis auf eine gewisse Strecke spalteten, wodurch sie dann wieder den Schüppchen der Flügel nahe stehen. Tab. VI. Fig. 62 ist ein Glied von dem Hinterfuss, welches ganz mit braungelben Haaren bedeckt ist, dargestellt, und Fig. 63 ist die Ansicht eines einzelnen Haars unter dem Gompositum abgezeichnet, wo man ebenfalls mehrere dunklere una hellere unregelmäs- sige Streifen (fasst wie bey den Schuppenhaaren der Säuge- thiere) im Kleinen sieht, die wie gesagt beym ersten Anblick auf die Idee bringen, dass das ganze Haar fein gegliedert sey, was sich aber nicht bestätiget. Einen ganz ähnlichen Bau fand ich auch an den Flügelhaaren bey Papilio Rhamni. Doch schien es mir, als hätte ich unter den weissen seidenartigen Körper- haaren einige gesehen, die einen durchsichtigen Canal hatten. Unter vielen beobachtete ich hier bloss ein einziges gespalte- nes Haar. — Anmerkung. 1. Die Puppen von haarıgen und Bürstenraupen sınd auch mit Haaren besetzt, und die meisten bilden sich von ihren eigenen Haaren während der Einpuppung das sogenannte‘ Ge- spinste; indem sie, wie un Reaumur*) sagt, ıhr Haar gleichsam ausziehen, oder vorne an dem Körper mit den Zäh- nen abbeissen, und vermittelst ein wenig Speichel, oder irgend einer andern klebrigen Feuchtigkeit, sich ein Gehäuse daraus bauen. Einige der Nachtschmetiterlinge machen sich auch aus ihren feinen Haaren einen dünnen, aber festen Filz, worin sie ihre Eyer legen. Noch andere Schmetterlinge legen letztere in einer gewundenen S,inie um ein dünnes Aestchen, und bedecken sie dann mit ihren feinen Haaren **), Anmerkung. 2. Es gibt viele Raupen, welche ganz haarıg aus dem Ey kriechen, im Alter aber beym Abhäuten ganz kahl werden; während wieder andere ihre Haare durch ihre ganze Lebenszeit behalten. *) A. a. ©. Tom. I. pag. 508 — 24. **) Ebendaselbst Tom, 11. Tab. IU. Fig. 15, 16, 17. Von den Thierhaaren insbesondere. 123 Fast alle Libellen (Neuroptera), namentlich aber die Depressa tragen an ihren Füssen feine Härchen. Ich fand diese Haare wie die feinste Seide ganz durchsichtig. An dem Jangen Hinterleibe sind sie so fein, dass man sie mit blossem Auge kaum bemerkt. Die Haare an den Füssen sind doppelt, feine und borstenartige ; letztere sitzen cilienartig an den Rän- dern der Füsse; die Flügel sind ganz haarlos. Das Insect ist in seinem Lärvehandtande voll Haare an der Oberfläche, und vollendet als Wassernymphe trägt sie auch am Rande des Bruststücks ihres Vorderleibs, und am Kopfe ringsherum solche feine Härchen. Die Haare an den Füssen der Apis terrestris (Hy menop- tera) fand ich den Raupen- und zwar den Bürstenraupenhaa- ren sehr ähnlich; auch sind sie mit starken Seitenstacheln versehen, gefiedert oder ästig. Die schwarzen Brusthaare ähneln theils den jetzt genannten, grösstentheils aber sind sie feiner, kürzer, und mit viel zahlreichern Seitenästen verse- hen, die oft fast die Dicke des Stammes haben. Uebrigens sind sie ruthen- oder reiserförmig, während die Fusshaare nur gewöhnlich ästig sind. — Die Haare der Apis mellifica weichen in ıhrer Bauart von den jetzt beschriebenen nur durch ihre goldgelbe Farbe, grössere Feinheit und Durchsichtigkeit ab. — Der Leib der Sirex Gigas ist mit vielen kurzen Haaren bewach- sen, welche die schwarze Farbe dieses Insectes matt machen. — Anmerkung. Ich habe die Ursprungsstelle der Haare an der Apis terrestris untersucht, und gefunden, dass sich die Einpflan- zungsart dieser Haare von der bey den Raupenhaaren angegebe- nen nur durch grössere Feinheit der einzelnen Haarpapillen und der ihnen entsprechenden Vertiefung an der innern Seite der Haut unterscheiden. Die Fliegenarten (Diptera) sind alle mehr oder weniger im ausgebildeten Zustande behaart, und zwar an allen Theilen ihres Körpers mit Ausnahme der Flügel. An den Füssen sınd sie wie Gilien in grosser Anzahl gestellt; eben so am ganzen Rande des Rückentheils vom Leibe. Ganz am Hinter- leib stehen borstenartige mit feinern Haaren gemischt hervor. An der hintern Fläche des Kopfes, we er mit dem Brust- theile zusammenhängt, ist ein schöner, fast kreisrunder Seiden- bart, dessen Haare jedoch, obgleich viel feiner als die übrigen, nicht durchsichtig sind. Selbst ihr Fresswerkzeug ist mit vielen ausgezeichneten Borsten besetzt. — Nicht zu übersehen ist es, * 124 Von den Thierhaaren insbesondere. dass es in dieser Familie viele Arten gibt, deren Fühlhörner mit sehr zarten und höchst beweglichen Haaren besetzt sind. Auch die Raubfliege «Asilus crabroniformis), hat einen filzigen Unterleib, die Schwebfliege (Bombylius) einen borstigen Schnabel mit horizontalen Klappen, welche wieder borstenartige Stacheln enthalten. — Eben so zeichnet sich das Genus Culex durch einen mit borstenartigen Stacheln bekränz- ten Mund aus. Culex pipiens hat viele solche Haarborsten an den zwey Fühlhörnern, den zwey Bartspitzen, und an der Schneide des Saugestachels. — Der Floh (Aptera), kitzelt uns bey seinem Herumspazie- ren auf unserm Körper grösstentheils desshalb, weil er an dem obern und dickern Theil seiner sechs Füsse viele starke und steife Haare von ungleicher Länge hat. Nebst diesen besitzt er hinter sich stehende, steife und harte Haarspitzen an den zwölf Absätzen seiner Rückenfläche. Der Scorpion ist ebenfalls an allen seinen Extremitäten haarig. Was nun noch die haarige Bedeckung der Insectenflü- gel betrifft, so macht uns schon Fabdricius ab Aquapendenie*) auf die mehlige Materie aufmerksam, die er für eine Art feiner Wolle hielt, und die man nach seiner Angabe vorzüglich auf den Flügeln der Schmetterlinge und Grillen so ausgebreitet findet, dass man sie mit den Fingern fühlt, und sie an diesen hängen bleibt. Malpighi hat die Sache ganz kurz abgehan- delt. Desto mehr haben sich die neuern Entomologen um die- sen Gegenstand verdient gemacht, und unter diesen vor Allen Reaumur**, De Geer**), Lyonet***), Rösself), und Heusinger+F). — Ist man so glücklich, den farbigen Staub, welcher die Flügel der Schmetterlinge bedeckt, mit den Fingern vollkom- men rein wegzuwischen, so erscheint der Flügel durchsichtig und ohne Farbe. — Der abgenommene Staub zerfällt unter dem Microscop in Haare und Schüppchen. Erstere erscheinen als hohle Cylinder, werden manchmal breiter, je weiter sie *) Opera omnia anatom. et physiologica p. 445. de pilis, **) A. a. O0. und Vol. I. p. 197. u. s. w. “)\A, a.\0: Bil 1p.55. 57. 60.088 w. er) Aa, O. Tom. 108: }) A. a. ©. Tagvögel CI. 1, b. und dessen Nachträgen Cl. I. 5. p. 62. ir) A. a. © p. 250. 57. Von den Thierhaaren insbesondere. 125 gegen die Spitze kommen, und gehen so unmerklich inSchüpp- chen über. Sowohl diese, als die Haare selbst, sind an ihrer Basis hohl, und stecken mit diesem hohlen Stiele in jenen kleinen, regelmässig in dem obern Blatte des Flügels stehenden Oefinungen, durch die man dann zu kleinen Bläschen oder Bälgen kommt, welche zwischen beyden Blättern des Flügels liegen. — Heusinger hat diess auf der IV. Tafel Fig. 21, 22 dargestellt. Bey Fig. 25 — 27 sind einzelne Schüppchen zu sehen, wie sie an Breite allmälig zunehmen, und sich in diesem Verhältnisse auch oben in mehrere Spitzen theilen, so, dass daraus ersichtlich ist, wie das Haar auf dem Schmetter- lingsflügel nur ein gradweise verschiedenes Gebilde von den Schüppchen ist, und so zu sagen in die letztern übergeht. — B. Thiere mit Skelet oder mit einer Wir- belsäule. $. 68. X.: Haare bey den Fischen. Manchen meiner Leser wird es auffallen, dass ich bey den Fischen und Amphibien von Haaren spreche. Da ich jedoch schon in dem Vorhergehenden den Begriff von Haaren viel weiter ausdehnte, als gewöhnlich geschieht, so kann ich nicht umhin, auch die Stacheln mancher Fische in diesen Be- reich zu ziehen. — Man findet nämlich bey einigen Familien dieser Thierklasse, welche insgemein mit Schuppen gedeckt ist, auch solche, bey denen sich ein Mittelgebilde zwischen Schuppen und Zähnen einfindet. Dieses reihet sich nun in Be- zug auf äussere Gestalt, Vertheilung, chemische Bestandtheile und Zweck in vielfacher Hinsicht an jene Organe an, die wir sonst Haare zu nennen pflegen. Nichts destoweniger will ich hier nicht übergehen, dass die Abwesenheit eines Canals we- nig für eine Analogie mit Haaren, so wie auf der andern Seite auch der starke Zusatz von Kalkerde gegen die den Haa- ren eigenthümliche Mischung spricht. Indessen kommt es hier doch immer nur auf gradweise Verschiedenheit an; in der 126 Von den Thierhaaren insbesondere, Wesenheit passen beyde Gebilde gut zu einander; desshalb will ich auch das Nöthigste hierüber anführen. Blainville*) sagt über die Stacheln der Tetraodonten und Diodonten Folgendes: »Die Lederhaut ist in diesen Fischen gewöhnlich dick, und wie es scheint, sehr ausdehnbar; sie ist sehr faserig, und ihre Fasern kreuzen sich nach allen Richtun- gen. In dieser Lederhaut sind die Stacheln, womit die Haut bewafinet ist, befestigt, sie sind kalkig-hornartig, sehr hart, dreyseitig, und ihre Basis ist durch drey Apophysen vergrös- sert, von denen die vorderste die grösste ist, und mit einigen Muskelfasern in Verbindung steht. Ueber der Lederhaut befin- det sich ein perlmutterartig glänzendes Pigment, und eine sehr feine Oberhaut. Im Zustand der Ruhe liegen die Stacheln wie Haare, und sie sind fast verborgen in einer Scheide, die die Haut um sie bildet, und nur durch die Auftrerbung des Kör- pers und den kleinen Muskel, der sich an sie heftet, werden sie aufgerichtet.« Bey den Selachiern findet man diese Stacheln zuwei- len von solcher Feinheit, dass man sie nur durch Streichen be- merkt. In der Regel sind sie spitzig. Die Stacheln der Raja clavata sind durchscheinend, und entstehen aus nach innen ausgehöhlten Buckeln oder rundlichen Erhabenheiten, die nach Baster’s**) Untersuchungen einen Kern (Zwiebel?) in ihren Höhlen enthalten. — Im Diodon Atinga und maculatus sah Heusinger deutlich die Oberhaut über die Stachel fortge- setzt. — Noch gibt es bey den Fischen sägeförmig gezähnte Sta- cheln, wie z. B. im Schwanze des Trygon Adanson und anderen Rochen. Auch in dem Geschlechte der Rotzfische fand Baster bey zwey Arten borstenähnliche Haare, nämlich bey Blennius cristatus zwischen den Augen einen Kamm von feinen schwarzen Haaren, und bey Blenn. mazwilla superiore longiore unter den Nasenlöchern kleine Borsten. — Wenn wir also das Ganze kritisch betrachten, so werden wir finden, dass das Sta- chelgebilde der Fische viele Aehnlichkeit mit den Haaren, noch besser aber mit den Stacheln der andern Thiere habe. — Die — *) A. a. 0. p. 148. **) Job Baster over de Bekledselen van de Huid der Dieren, Verhandlingen van de Holland’sche Maatschappye te Harlem Bd. VI, Tab. XV. Fig. II. — und Baster de squamis piscium Opuscula subseciva Vol. I. Von den Thierhaaren insbesondere, 127 angegebene Einpflanzungsart, die mitunter gegebene, und of- fenbar durch lockeres Zellgewebe vermittelte Durchsichtigkeit, und ihr Zusammenhang mit Muskeln entschuldigen es hinläng- lich, wenn man sie in die Reihe der beweglichen Haare stellt. Anmerkung. Ich trage selbst kein Bedenken, auch die Barthaare und Fühlfäden der Fische für modificirte Haare zu halten. Er- stere befinden sich in der Gegend des Mundes, und heissen Cirrhi; letztere findet man oben und an den Seiten des Kopfes, und heisst sie Tentacula. Denen, die von den Seitentheilen des Körpers kommen, hat man sogar den Namen der Finger (Di- giti) gegeben. — Die Zahl der Bartfäden, welche weich sind, ist nicht überall gleich. Cuvier gibt vom Stockfisch und den übrigen Gadusarten nur ein Paar, bey der Seebarbe zwey, im Karpfen vier sehr kurze, eben so viel in der Barbe, 6 — 8 in den Schlammpeizgern und mehreren Welsarten an. Der Seeteu- fel, der Kröteniisch u. a. m. haben eine grosse Menge sol- cher Bartfäden im Umfange der Lippen. — Die Fühlfäden der Fische sind von verschiedener Gestalt. Im gefleckten Froschfisch (Lophius histrio) ist der obere Bartfaden Y getheilt, und seine Aeste werden durch eine Fleischmasse zusammengehalten ; die übrigen sind lang und kegelförmig. — In dem Geschlechte Lophius sollen diese Organe willkührlichen Bewegungen fähig seyn. — Bey den Arten von Blennius und Scorpaena sitzen die Fühlfäden über den Augbraunen. — Die sogenannten Finger machen schon den Uebergang zu den Flossen, — S. 09. XI. Bean zerder Amphubven. Dieses ist die einzige Klasse der Thiere, in welcher sich gar nichts findet, was mit einem Haar grosse Aehnlichkeit hätte. Denn wenn uns auch Cuvier *) sagt: dass man die meisten Schuppen sehr platteHaare nennen könn- te, und Heusinger diese Schuppen auch für plattgedrück- te, in der Entwickelung gehinderte, oder ganz unter der Ober- haut liegen gebliebene Haare erklärt; so soll diess wohl nur darauf hinweisen, dass beyde Theile, Haare und Schuppen in Bezug auf ihre Lage, ihren Nutzen und ihre chemischen Bestandtheile viel Analoges haben, ohne dass ıch mich dess- halb bewogen finden konnte, die letztern in diese Abhand- lung aufzunehmen, *) Vorlesungen 2. Bd, p: 607. 128 Von den Thierhaaren insbesondere. $. 70. xN. Da amer Phone: Federn. Im Allgemeinen wird die Bedeckung der Hautoberfläche bey den Vögeln durch die Federn vermittelt; dennoch gibt es einerseits Vögel, von denen man behauptet, dass sie mit “wirklichen Haaren versehen seyen; und andererseits wird an- gegeben , dass jeder Vogel zu einer gewissen Lebensperiode einzig und allein mit Haaren bedeckt sey. — In der ersten Beziehung trifft man einige wenige Vögel, gleichsam nur aus- nahmsweise, an welchen Haare beobachtet werden. Doch glaube ich, dass diese bey genauerer Betrachtung zweckmäs- siger haarähnliche Federn genannt würden, indem ih- nen nur der Bart oder die Strahlen abzugehen scheinen. Hie- her gehört der männliche Puter, welcher sich durch ein Bü- schel Haare, die er am Halse trägt, auszeichnet. Diese Haare erscheinen bey ihm erst ım dritten Lebensjahre, und ähneln viel den Pferdehaaren, in mancher Beziehung selbst denen des brasilianischen Schweines, und könnten überhaupt den Hornhaaren der Säugethiere angereiht werden; ihre deutliche Theilung, die immer in der Mitte anfängt, bringt sie auf der andern Seite den Borsten der Schweine nahe. Sie sind übri- gens dreieckig, wenigstens bald mehr, bald weniger deutlich der Länge nach gerieft, an der Wurzel und Spitze gelbweiss, sonst schwarz und wegen ihres dichten Horngefüges undurch- sichtig. Ein Querdurchschnitt zeigt einen weissen, der Ober- haut ähnlichen Ueberzug, worauf eine schwarze Hornmasse folgt, die in dünne Scheiben geschnitten röthlichgelb durch- scheinend ist. Ueber die Existenz eines Kanals bin ich nicht ganz im Reinen. — Auch der Strauss und Kasuar zeigen Fe- dern, die in Haare überzugehen scheinen, und im Alter be- kommen viele Vögel unter und zwischen den Federn Haare, wie man diess täglich bey allen Hahnen und Hennen beob- achten kann. Doch sind auch diess wahrscheinlich nur bart- lose Federn. — Ein gleiches Bewandtniss hat es auch mit je- nen Haaren, die an den Augenliedern, um die Schnabelöff- nung und am Halse vieler Vögel, namentlich der Raben (unter denen die kleine Kaap’sche oder Purpurkrähe drey Zoll lange Yon den Thierhaaren insbesondere. 129 haben soll), der Geyer, Eulen, Spechte, des Ziegenmelkers (welcher an beyden Seiten des Schnabels einen Knebelbart aus langen, steifen, borstenähnlichen Haaren hat), vorkommen. Und sollten die von Baster *) beschriebenen und abgebilde- ten Wimperhaare des Sagittarius und der Crotophagi ani, wo- von der erste an dem obern Augenliede 50 ungemein grosse und dicke, am untern Augenliede aber nur 414 viel dünnere und kleinere Haare besitzt, hievon eine Ausnahme machen ? In Bezug auf jene Haare, welche man bey allen Vögeln zu einer gewissen Lebensperiode autrifft, behauptet Cuvier**), dass jeder junge Vogel, so wie er aus dem Ey kriecht, und in den ersten Tagen nach seiner Geburt überall, nur die Gegend des Unterleibes ausgenommen, mit mehr oder weniger dichten Haaren, bedeckt sey. Diese Haare treten zu 10—42 Bündeln zusammengestellt hervor, und sind an Farbe und Dicke ver- schieden. Sie sollen in einen Balg eingeschlossen seyn, welcher das Rudiment oder die Scheide der Feder zu enthalten scheint (?) weil man, wenn nach einigen Tagen die Feder nach Aussen in Gestalt einer schwärzlichen Röhre erscheint, sieht, dass das gemeinschaftliche Bündel Haare an ihrer Spitze hängt, und selbst in das Innere der Scheide dringt. Merkwürdig ist es, dass diese Haare in dem Masse ausfallen, als die Feder sich weiter ausbildet, und dass sich später, wenn zur Zeit der Mau- ser neue Federn erscheinen, keine Spur von Haaren mehr findet. Der Flaum (dieDunen), mit welchem alle Land-, Sumpf- und Wasservögel aus dem Ey kriechen, besteht aus weichen Fäden, welche auf der Spitze der eigentlichen Federn sitzen, und durch deren Hervorkeimen verdrängt und auf eine Art ausgestossen werden, wie die Milchzähne von den bleibenden. Bey den Wald- und Singvögeln ist der Flaum am unvollkom- mensten, bricht erst einige Tage nach der Enthüllung des Fö- tus hervor, und dauert nur 8— 44 Tage, wo diese Vögel schon Flugkraft besitzen. Dagegen bringen die Raubvögel ihren Flaum schon mit auf die Welt, und behalten ihn auch länger. Bey den Land- und Sum pfvögeln ist er im Ganzen dicht, insbesondere bey den hühnerartigen Vögeln, und dauert 4—5 Wochen. Seine Farbe ist hier meist braun, gelb und Aa, **) Vorlesungen 2. Bd 588 2 SD, : 130 Von den Thierhaaren insbesondere. schwarz gestreift; bey den Wasservögeln meist gelb und grünlich, und von 4—3 wochentlicher Dauer. — Die eigent- lichen Federn erscheinen zuerst an den Flügeln, hierauf am Rücken und Schwänze, denn am Bauche, und zuletzt am Kopf und Halse; so bekommt z. B. der Pfau die ersten Flügelfedern schon am dritten Tage nach seiner Enthüllung, seinen Feder- busch am Kopfe aber erst in vier Wochen. Diese ersten Fe- dern werden, sobald der Vogel sein Wachsthum vollendet hat, bald gewechselt, obgleich es auch manche Vögel, wie z. B. Wachteln und Truthühner gibt, welche erst im kom- menden Jahre mausern *). 9.71. Yonden Federn. Die den Vögeln ausschliessend zukommende allgemeine Hülle ihres Körpers nennt man das Gefieder. Dieses be- deckt den Vogel grösstentheils, doch sind der Schnabel, die Augen, die Fusswurzeln und Zehen nackt; und ausser diesen Stellen gibt es noch einige, die, obgleich mit Federn bedeckt, dennoch kahl sind, weil aus ihnen selbst keine Federn hervorwachsen. Solche nackte Stellen bilden meist Linien, die von einem Theil zum andern laufen, z. B. vom Oberkiefer naclı dem Auge, von den Ohren am Halse hinab nach den Schultern, von dem Brustbein bis zum After u. S. w. Ausserdem mangeln die Federn manchen Vögeln an ge- wissen Stellen, wie z. B. den Geyern und Truthähnen am Kopfe, dem Strausse am Unterschenkel, den Fettgänsen selbst an den Flügeln. Umgekehrt sind wieder bey den Eulen selbst die Zehen mit Federn besetzt. Die einzelnen Theile, aus denen das ganze Gefieder be- steht, heissen die Federn; und diese erscheinen wieder un- ter zweyerley Arten, nämlich als eigentliche Federn, und als haarartige Federn oder Dunen. *) Ueber das Leben der hochnordischen Vögel, von Franz Faber. Leipzig 1826. 8. p-. 201 — 207. Joh. Andreas Naumann’s Naturgeschichte der Vögel Deutsch- lands, nach eigenen Erfahrungen entworfen. Leipzig 1822. 8. mit Kupfern. I. p. 104 — 111. Von den Thierhaaren insbesondere. 1a Am Körper sind alle Federn in Linien geordnet, die einander unter spitzigen Winkeln schneiden (in. quincunce) ; ferner liegen sie dachziegelförmig in der Richtung von vorne nach hinten übereinander. — Bekannt ist die Benennung der Schwung- und Steuerfedern, welche wieder in secun- däre oder kleinere, und in primores oder grössere abgetheilt werden. — Es folgen hier nach Cuvier einige Beyspiele von den Hauptverschiedenheiten der Federn, ohne jedoch auf die ausserordentliche und kaum zu beschreibende Manichfaltig- keit ihrer Farbe Rücksicht zu nehmen: der Kasuar hat ver- schiedene Federn, die man im Grunde alle Flaumfedern ohne Fahne nennen könnte. Die fünf Federn, welche an sei- nen Flügeln sitzen, haben Aehnlichkeit mit den Stacheln des Stachelschweines, wogegen die übrigen Federn sich wieder an die Rosshaare anreihen, da sie ohne Strahlen sind. — Es ist merkwürdig, dass diejenigen Federn , welche die Haube ver- schiedener Vögel, z.B. des Pfauenreihers (Ardea pavonina) des Buschreihers (Ardea garzetia) u. m. a. bilden, spiralför- mig um sich selbst gewunden, und dass ihre Strahlen bloss feine Haare sind. Noch interessanter sind die Federn der Nachtraubvögel, indem sie sich durch ihre Weichheit, durch den langen, seidenähnlichen Flaum, womit ihre Strah- len bedeckt sind, und welcher auch den Flug dieser Vögel so leise als möglich macht, auszeichnen, u. s. w. — Nach dem auffallenden Glanz hat man Seiden-, At- las-, Metall- und Edelstein-Federn unterschieden, wel- che letztere sich so bewunderungswürdig schön am Kopf und Hals des brasilianischen Kolibri mit der goldenen Kehle, und mit der rothen Kehle zeigen. $. 72. Omeonvosation derNMederr. Eine Feder (im naturphilosophischen Sinne) ıst im Grun- de nichts Anderes, als ein verzweigtes oder zusammengesetz- tes, und zu dem höchsten Grad seiner Ausbildung gelangtes Haar. Im gewöhnlichen Sinne versteht man darunter einen individuellen, selbstständigen Theil des Gefieders, der mit dem einen Ende in der Haut steckt, aus welcher sich dann der röhrenförmige, immer dünner werdende, und an beyden Sei- Q * P2 152 Von den Thierhaaren insbesondere. ten mit einer Reihe von Fäden besetzte Schaft in die Atmo- sphäre erhebt. So gross auch die Verschiedenheit der Federarten ist, so kommt ihnen doch allen die Grundstructur zu, indem sich bey allen dieselben wesentlichen Theile einer Feder über- haupt vorfinden. Um nun diese letzteren genau darzustellen, nehmen wir eine Schwungfeder des Huhns zur Hand, um sie anatomisch zu betrachten. Eine solche Feder besteht aus folgenden Theilen: 41. Der Kiel, die Röhre, auch die Spule (Scapus, calamus, tubus). Diess ist jener Theil der Feder, welcher ın der Haut verborgen steckt. Er bildet eine durchscheinende, mehr oder weniger eylinderförmige hornige Röhre, von verschiede- ner Länge. Man unterscheidet an ihm ein oberes und unteres Ende, welche sich beyde in dem Mittelstück vereinigen. Das untere Ende (nach Heusinger und Andern das Grübchen), nach Fr. Guvier der untere Nabel), ist stumpf zugespitzt, und hat an der etwas vertieften Stelle eine Oeflnung, an deren Rand der Kiel eigentlich beginnt, und deren Mitte oder Boden von einer dünnen, glatten, trockenen aber starken Haut ver- schlossen ist, welche ihrerseits wieder mit dem Rande fest zu- sammenhängt, und die man als den Anfang der nachher zu beschreibenden Seele betrachten muss. — Da, wo sich der Kiel an die innere Fläche des Schaftes anschliesst, und wo der zu beyden Seiten des letztern stehende Bart zusammenläuft, be- findet sich eine zweyte, durch den äussern Ast der Seele ver- schlossene Oeflnung, welche man die äussere Oeffnung der Seele, oder den obern Nabel zu nennen pflegt. — Der Kiel selbst hat zwey Flächen, eine innere und eine äus- sere, welche beyde mit einer hornartigen Substanz überzogen sind, die man wenigstens Aussen die Scheide des Kiels ge- nannt hat. Im Innern zeigt der Kiel eine gleichförmige hornige Substanz, die jedoch häufig Längefasern besitzt, wogegen die Fasern der äussern Fläche quer und ringförmig sind. Schneidet man den Kiel auf, so zeigt sich ein trockener, häutiger, aus lauter übereinander liegenden Zellen bestehender Cylinder, welcher die Seele, oder auch die innere Membran des Kiels genannt wird. Die unterste dieser Zellen grenzt an den untern Nabel, oder an das Grübchen,, die darauf folgenden sind sehr kurz, indem sich ihre obern und untern Wände nicht selten berühren : zuletzt nach oben erweitern sich die Zellen wieder, Von den Thierhaaren insbesondere. 133 und werden länger. AlleZellen sind mittelst durchlaufender Fü- den mit einander verbunden. — In der Gegend des obern Na- bels theilt sich die Seele in einen äussern und innern Ast, wo- von ersterer die äussere Oeflnung der Seele, oder den genann- ten obern Nabel verschliesst, und auf der innern Fläche des Schaftes in dessen Furche als ein bräunliches Fädchen erscheint. Der innere Ast aber setzt sich in den Schaft fort, und endiget sich in dessen Mark. — Endlich ist noch am Kiel der häutige Ring zu bemerken, worunter man jenen schmalen Hauttheil versteht, der beym Ausrupfen derFeder am Kiel sitzen bleibt, und die Grösse des in der Haut verborgenen T'heils vom Kiel anzeigt. Fr. Cuvier*) hatan denSchwungfedern, und an den Federn überhaupt zwey Arten von Kielen bemerkt, wo- von die eine massiv, die andere bis in die Spitze hohl, oder mit einem Canal versehen ist.. Bey den Kielen der ersten Art hört die Seele am obern Nabel auf, indem sıe sich an denselben heftet; bey den Kielen der zweyten Art ist sie gleichfalls an diesen Nabel geheftet, setzt sich aber durch die ganze Länge des Kieles fort. Diese Länge ist übrigens sehr verschieden, na- türlich grösser an den Schwung- und Schweiffedern, und klei- ner an den Körperfedern und Dunen. Bey manchen Federn, 2. B. bey denen am Hypochondrium des Paradiesvogels beträgt die Länge des Kiels kaum '/,,, bey andern z. B. bey den Flü- geldeckfedern des Flamingo über '/, der ganzen Federlänge. Im Allgemeinen gilt nach Wenzel **) nur, dass der Kiel der Schwanzfedern länger, als jener der Schwungfedern ist. $. 73. 2. Der Schaft, oder die Ruthe (Rhachis) ıst der zweyte Haupttheil der Feder, und als eine Fortsetzung des Kiels anzusehen. Er fängt gewöhnlich mit zwey, beym Trut- hahn mit drey spitzigen, oder abgerundeten weissen Schenkeln an, und bildet einen mehr oder weniger länglichen Kegel, dessen eine, die obere Fläche, convex, die andere, untere Flä- *) Memoires deMuseum d’histoire naturelle. Tieme ann&e. cah. 5. Auch in Froriep’s Notitzen aus dem Gebiet der Natur- und Heilkunde. 45,Bd.rp: 135: *) Wenzel C. und J. Bemerkungen über die Structur der ausgewach- senen Schwung- und Schweiffedern, Tübingen 1807: 8. 134 Von den Tlierhaaren ınsbesondere., che, platt und gefurcht ist. An die beyden Seitenflächen setzen sich die Strahlen an. — Wo der Schaft mit dem Kiel zu- sammenhängt, haben beyde einen gleichen Durchmesser, der jedoch beym Schafte immer mehr abnimmt, indem dieser all- mählich in eine Spitze übergeht. Gewöhnlich ist der Schaft nach der Länge gekrümmt, die obere Fläche plattet sich ge- gen die Spitze zu mehr und mehr ab, die untere Fläche hin- gegen ist, und zwar bey den meisten Vögeln nur einfach, im Pfau doppelt gefurcht, und diese Furche nach der Stärke der ganzen Feder mehr oder weniger breit und tief, nach Wenzel bey den wälschen Hühnern am stärksten. — Im Ganzen besteht der Schaft aus zwey Substanzen, nämlich aus einer äussern Umhüllung, und aus der innern Sub- stanz. Erstere ist glänzend, der Substanz des Kiels ähnli- cher, an der obern Fläche am dicksten, an den Seitenflächen am schwächsten. Sie ist ebenfalls hornig, doch weit dünner, als jene des Kiels, und letztere setzt sich auf der obern Seite des Schaftes weiter fort, als auf der vordern oder untern. — Nach Meckel*) wird übrigens der Schaft nicht bloss von aussen mit einem hornähnlichen Ueberzug bekleidet, sonderu es ıst auch die innere Fläche seines Schenkels von einer, dicht am Anfange des Schnabels'nach innen zu abgehenden Lamel- le des Kiels bedeckt, die sich durch die ganze Höhle dessel- ben und des Schäftes bis zum Ende des letztern fortsetzt, so dass die ganze Masse des Schaftes eigentlich von der Horn- substanz des Kiels eingeschlossen ist. Auch die Dicke der Wände des Schaftes ist verschieden, denn die hintere Wand ist weit dicker, als die andere, und an ihrer innern Fläche gerieft. Die vordere Wand ist bedeu- tend dünner, und die Seitenwände sind ebenfalls verhältniss- mässig sehr schwach. — In der Gegend des obern Nabels fängt die mit der vor- dern Wand des Schaftes in Berührung stehende zweyte oder innere Substanz, die Kork- oder Marksubstanz (Substan- tia rhachidis, s. suberosa, s. interna) an, Man vergleicht sie nach Cuvier am besten mit jener Substanz, die man in den Sta- cheln des Stachelschweines findet. Sie ist gewöhnlich nach ihrer ganzen Länge durch eine Linie getrennt, welche von der Rinne der unteren Fläche des Schaftes ausgeht, und mit *) Anmerkung zu Cuvier’s Vorlesungen im 2, Bd. p: 596. Von den Thierhaaren insbesondere. 135 welcher zuweilen auf der Rückenseite eine vertiefte Linie pa- rallel geht. Obschon sich aber im Innern des Schaftes diese lockere Substanz befindet, so ist der Schaft doch mehr oder weniger hohl. Die Weite dieser Höhle nimmt gewöhnlich bis zur Mit- te desSchaftes ab, und bleibt sich dann bis zum Ende gleich, nämlich fein, haarförmig. Nach Meckel steht die Länge dieser Höhle bey der ausgewachsenen Feder nicht mit der Länge des Schaftes in Verhältniss, ist aber bey den hochflie- genden Vögeln am längsten, und bey den niedrig fliegenden am kürzesten, ja beynahe ganz obliterirt. Gewöhnlich ist der Schaft so zu sagen, viereckig, doch geht diese Gestalt mehr und mehr in die runde über, je fei- ner, zarter die Federn sind. Je biegsamer die Feder über- haupt, desto lockerer ist die Marksubstanz, und desto dünner und elastischer die Hornsubstanz. — Uebrigens unterscheidet sich der Schaft‘ vom Kiel schon durch seine Undurchsichtig- keit, welche bloss von der Marksubstanz herrührt. $. 74. 3. Der dritte Haupttheil der Feder ist der Bart, die Fasern (Radii, telae), welche mit dem Schafte zusammen die Fahne (Vexillum) ausmachen. Nach Andern wird Fahne und Bart für gleichbedeutend gehalten. Der Bart besteht aus vie- len einzelnen Strahlen, welches kleine Blätter von Hornsub- stanz sind, und auf den beyden Seiten des Schaftes, mehr ge- gen die obere Fläche zu, neben einander, und zwar gewöhn-- lich dichter gegen die Spitze hin, und seltener um den Anfang des Schafies herum sitzen. — Indem sie blätterartig an einan- der liegen, nehmen sie unter einem nach der Spitze des Schal- tes zu mehr oder weniger spitzigen Winkel ihren Ursprung. — (renauer betrachtet kommen auch aus ihren Rändern viele sehr feine, bald einfache, bald wieder verzweigte Strahlen hervor, die man Nebenstrahlen, Bartfäden (Bardules) nennt. Sind, wie man es wohl bey Falco fulous, Diomeda exulans, Buceros galeatus u. m. a. trifft, diese letztern ebenfalls wieder mit Strahlen besetzt, so werden diese Strahlen der dritten Ordnung genannt. Uebrigens hat ein jeder Strahl einen Schaft (Strahlenschaft), der hier freylich bloss aus einem hornartigen, breit vom allgemeinen oder Hauptschaft entsprin- 136 Von den Thierhaaren ınsbesondere, genden, und sich allmählich verschmälernden Blättchen be- steht. Ferner besitzt er zwey Ränder, einen innern und einen äussern, die den gleichgenannten Flächen des Schaftes ent- sprechen; endlich zwey Flächen, eine obere, gegen die Spitze des Schaftes gekehrte, und eine untere, dem Kiel zusehende. Alle Strahlen greifen, so wie sie neben einander liegen, ha- kenförmig ın einander, so zwar, dass sie auf der Seite nach dem Kiele zu kürzer und mehr anliegend, gegen die Spitze des Schaftes aber länger sind, und mehr abstehen. Hängen dieStrahlen sehr fest aneinander, so verwachsen sie wohl auch ganz, und stellen so die schuppenförmigen Federn dar, wie wir sie auf den Flügeln der Pinguine treflen. In je- dem Fall aber lassen sie den Durchzug der Luft nicht zu. — Sonst bietet auch die Beschaffenheit der Strahlen und Neben- strahlen grosse Verschiedenheiten dar. So gibt es Federn, deren haarartige Strahlen gar keine Nebenstrahlen besitzen, andere wieder, wie z. B. die grossen Kasuarfedern, deren Ne- benstrahlen nicht in einander greifen. Ist der Strahlenschaft schwach und dünn, und sind nebstbey die Nebenstrahlen lang, so hängen solche Strahlen frey herab, weil sie nicht in einander eingreifen, und man heisst sie dann lose oder Flaumstrahlen. Diese trifft man bey jeder Schwungfeder ın der Gegend des obern Nabels, und bey vielen Körper- federn besteht oft '/,, ja selbst die Hälfte aus solchen Flaum- strahlen. Es ist merkwürdig, dass beym Strausse eigentlich alle Federn nur Flaumstrahlen besitzen. Unter dem Microscop scheinen die Strahlen aus einem bald dichten, bald lockern Zellgewebe zu bestehen, und ziemlich gleichförmig zu seyn. Nicht so verhält es sich mit den Nebenstrahlen, vorzüglich den Flaumstrahlen, denn hier erscheint der Bau viel manich- faltiger. Insbesondere verdient es gewiss aller Aufmerksamkeit, dass die meisten Nebenstrahlen Anschwellungen oder Knöt- chen bilden, die wieder selbst in einem und demselben Vo- gel in Bezug auf dichteres Beysammenstehen, Gestalt u. s. w. vielartig abweichen. In der Regel sind sie undurchsichtig, und ragen über das cylindrische und durchsichtige Stück des Ne- benstrahls hervor. In Rücksicht auf die Gestalt der Knötchen fand Heusinger*) cylindrische und herzförmige bey schr vie- SR. a. ODER Von den Thierhaaren insbesondere, 137 len Vögeln; dreyseitige, pyramıdenförmige bey den Enten, scheibenförmige bey den Tauben, in der Mitte getheilte beym Pfau und Eichelraben, getheilte und zugespitzte bey den En- ten, Rohrdommeln und Pfauen; Meckel dagegen platte, nach dem Hauptstrahle hin zugespitzte, und nach dem freyen Ende breitere, in den Ordnungen Picae und Passeres; viereckige, scheibenförmige, stark hervorspringende, aber allmählich kle:- ner und rundlicher werdende bey den Tauben. — Uebrigens bestehen auch diese Knötchen aus einer dichten Hornsubstanz. Diesen merkwürdigen Bau der Nebenstrahlen, und die darauf begründete wesentliche Verschiedenheit der Dunen von den Konturfedern hat Nitzsch entdeckt und beschrieben *). $. 75. Barbe d e:r.E e-dier. Es ist unmöglich, die ausserordentliche Manichfaltigkeit der Farbe zu beschreiben, womit der grosse Schöpfer den Körper der Vögel auf die bewunderungswürdigste Art geziert hat; man wird ganz hingerissen von der Schönheit und Pracht der gefiederten Welt! Im Allgemeinen hängt die Farbe der Feder von jener der Strahlen ab, indem der Kiel und Schaft in der Regel we- nig oder gar nichts dazu beytragen. Heusinger theilt die Farben in matte, metallisch glänzende und irisirende. Die Fe- dern der ersten Art haben einen beynahe gleichen Bau; die Strahlen der metallisch glänzenden sind meist sehr hart, und nach Audebert **) auch specifisch schwerer, als die matten. Die merkwürdigste Sache ist jedoch die, dass die verschie- deneFärbung hauptsächlich vonder verschieden- artigen Beschaffenheit, Gestalt, Lage, Menge und Grösse der beschriebenen Knötchenin den Neben- strahlen abhängt, wie diess bey Heusinger, noch mehr aber in den Untersuchungen von Audebert und Nitzsch weitläufiger auseinander gesetzt wird. — Nebstbey scheint jedoch auch die Hornsubstanz des Kiels und des Bartes *) In Voigt’s neuem Magazin. Bd. Il. p. 393 -- 417. **) In der Einleitung zur Histoire naturelle des Colibris par Aude- beriet Vieillat eıc. 138 Von den Thierhaaren insbesondere. selbst auf die Farbe Einfluss zu haben; wogegen der Glanz derselben theils von der relativen Stellung der gefärbten Theile, theils von der färbenden Substanz selbst abhängt. $. 76. Entstehungsweise und Befestigung der Feder. Die genaue Untersuchung über die Art und Weise, wie die Feder entsteht, gehört desshalb zu den schwierigsten, weil sich die hieher gehörenden Organe dem Beobachter nie in ih- rer Vollständigkeit darstellen; indem sie selbst in ihrer Ent- wickelung so aufeinander folgen, dass das eine schon abstirbt, während das andere entsteht. Diese Schwierigkeit, verbunden mit dem Mangel an guter Gelegenheit haben mich bisher abge- halten, diesen Gegenstand durch eigene Beobachtungen zu erläu- tern, und so bin ich also genöthigt, in Kürze nur das mitzuthei- len, wasandere Autoren und namentlich AlbertMeckel*), und Fr. Cuvier**) in der neuesten Zeit hierüber erfahren haben. Ersterer gründete die Geschichte der Entwickelung der Federn auf Beobachtungen an der jährlichen Mauser, und be- schreibt sie also: »Auf dem Boden einer röhrenartigen Grube der Haut, in welcher die Feder wurzeln soll, schwellen die Hautgefässe an, und ergiessen eine seröse Feuchtigkeit unter der Epidermis, Der peripherische Theil dieser Feuchtigkeit gerinnt zu einer Membran, der Scheide, welche ein mit Flüssigkeit gefülltes Bläschen darstellt, und an seinem Boden eine Oellnung, das Gefässloch, hat, durch welches Verlänge- rungen der Hautgefässe eindringen. Indem diess Gebilde wächst, und gegen die Oberfläche sich verlängert, wird es oval: der nach der Oberfläche zu liegende Theil spitzt sich zu, der Bo- den bleibt das breitere Ende, und die Scheide bekommt die Form einer Walze mit kegelförmigem Ende. Die eingetrete-. nen Gefässe bilden mit einer gallertartigen Walze, an deren Oberfläche sie sich netzartig ausbreiten, den Kern der Fe- der (die Zwiebel nach Dutrochet). An seiner Oberfläche ist der Kern mit eyweissstofliger Flüssigkeit bedeckt, welche *) In dem Archiv für die Physiologie von J. Ch. Reıl XII. Bd, pP: 37 — 96, =) A. 80, Von den Thierhaaren insbesondere. 159 als Bildungsstoff der Feder dient. Zwischen Kern und Schei- de bildet sich nun dicht am Gefässloch eine Schichte halb- durchsichtiger Kügelchen, die sich in Reihen ordnen: je zwey solcher Reihen werden durch eine dazwischen sich bildende Masse vereint, und stellen eine Faser der Fahne dar. An den Seitenrändern jeder Fahne setzen sich einfache, kurze Reihen von Kügelchen ab, welche die Zweige der Fahne, oder die Fäserchen bilden. Alle Fasern sind mit dem freien Ende ge- gen die Spitze, mit dem angehefteten gegen die Wurzel ge- vichtet. An der innern Oeffnung des Gefässloches verdichtet sich die körnige Masse zu einem ovalen Streifen, an dessen Seitenrändern die Fasern der Fahne sich ansetzen; dieser Strei- fen verlängert sich bald zu einer Platte, welche aus Längefa- sern bestehend, hornartig, nach der Spitze der Scheide zu schmäler wird, gegen das Gefässloch aber mit einem Ringe sich endet: es ist der Kiel, und zwar ist die Platte sein Fah- nenstiel, der Ring aber das Rudiment seines röhrigen T'heiles. An der entgegengesetzten Fläche bildet sich der Schaft als ein lockeres Gewebe, von den Seitenrändern der Kielplatte in zwey Leisten hervorwachsend, welche sich verdicken, in der Mittellinie zusammentreflfen, und so mit der Kielplatte eine ge- schlossene Höhle bilden, in welcher der Endtheil des gallert- artigen Kernes enthalten ist. Nachdem die Fahne sich entwi- ckelt hat, wächst der Ring des Kiels zu einer Röhre aus, wel- che an der Wurzel nur eine Oeffnung zum Eintritte der Gefässe hat. Die zwey Leisten des Schaftes wachsen ein Stück in den Rıng oder den Anfang der Kielröhre hinein, jedoch so, dass zwischen ihnen eine Oeflnung, das Luftloch bleibt, zum Ein- tritt der Luft, die sich im Gewebe des Schaftes und in der Kiel- röhre verbreiten soll. Die Fahne hat sich zuerst von der Spitze aus entwickelt. So stirbt denn auch der Kern mit seinen Gefäs- sen von der Spitze aus gegen die Wurzel ab, und verwandelt sich ın einen Schlauch; ein Stück nach dem andern trocknet und schrumpft zu einem Trichter ein, so dass der Kern nun als Federseels wie eine Kette in einander gesetzter Trich- ter erscheint. Die Scheide wächst anfangs gleichförmig mit ih- rem Inhalte, und tritt aus der Hautgrube hervor, erreicht dann oben das Ziel ihres Wachsthumes, berstet an ihrer Spitze, und lässt nun die Fahne austreten. Diese, vorher von der Rücken- seite her gegen die Bauchseite zusammengerollt, entfaltet sich nun. Die Scheide aber bleibt am Kiele als ein membranöser 140 Von den Thierhaaren insbesondere. ankiebender Veberzug sitzen, der beym sogenannten Ziehen der Feder in Schuppen abfällt.« Dagegen entsteht nach F. Cuvier die Erzeugungs- kapsel der Feder aus einer Hautwarze, jedoch so, dass man erstere nicht als eine blosse Entwickelung der letztern anse- hen kann. — Zuerst zeigt sich diese Kapsel als ein Cylinder, auf welchem sich oben ein Kegel befindet, der jederzeit frü- her abfällt, als die Feder vollkommen ausgebildet ist. Unten wird die Kapsel durch eine faserige Haut verschlossen, die in der Mitte eine Oeffnung hat, wodurch die ernährenden Ge- fässe ın das Innere dringen, und die dem untern Nabel der Weder entspricht. Der ganze äussere Theil der Kapsel besteht aus einer membranösen Hülle, welche man Scheide nennt. Diese ıst oben fester als unten, weil sie dort aus einem weiss- lichen, undurchsichtigen, weichen, dem Ansehen nach knorp- ligen, unten aber aus einer weichen fibrösen gelblichen Mem- bran besteht. Auf ihrer Mitte bemerkt man der ganzen Län- ge nach eine gerade schmaie Linie, welche sich durch ihre hellere Farbe auszeichnet. Schlitzt man nun diese Scheide auf, so erscheint die erste, oder äussere gestreifteMem- bran der Kapsel, welche an ihrer äussern Seite glatt, an der innern aber glatt oder gestreift ist, nach der Beschaffenheit der von ihr bedeckten Theile. Nimmt man auch diese hin- weg, so kommt schon der Bart von unten nach oben einge- schlagen zum Vorschein. Doch sind Anfangs bloss die end- ständigen Strahlen sammt der Ruthenspitze gebildet; die übri- gen Theile aber noch fast ohne allen Zusammenhang. Die Nebenstrahlen liegen dicht längs den Strahlen hin. Trennt man die vollkommen ausgebildeten und festen Strahlen , so findet man zwischen je zweyen immer eine feine Membran, welche Fr. Guvier die transversale Scheidewand, oder auch Scheidewand schlechtweg nennt. Diese selbst ist aber nur ein Theil einer zweyten oder innern gestreif- ten Membran, welche sich zwischen der innern Fläche der von den eingeschlagenen Bartfäden gebildeten Röhre, und dem Kern der Kapsel befindet. Letzterer erhält den Namen der Zwiebel, und ist von der innern gestreifien Membran ein- gehüllt. Die Zwiebel ist der wichtigste Theil der Kapsel, denn sie allein scheint Gefässe und Nerven zu bekommen, und aus ıhr entspringt die ganze Feder. — Die vielen Verän- derungen, welche die Zwiebel während des Wachsthumes der Von den Thierhaaren insbesondere. 141 Feder erleidet, machen auch ihre Untersuchung höchst schwie- rig, und wieder nur an mehrern in der Entwicklung begrif- fenen Federn möglich. Nach F. Guvier’s Beobachtungen ist die Zwiebel als ein doppeltes Organ zu betrachten, und besteht von dem Puncte, wo der Schaft und die Strahlen entspringen, bis zu dem, wo sie endigen, also von der ursprünglichen Spitze der Feder bis zum obern Nabel, aus einer vordern und einer hin- tern Portion. Von dem obern bis: zum untern Nabel ist sie in allen ihren Theilen einfach und gleichförmig, und communi- eirt hier einzig mit dem Kiele. In der Entwicklung zeigt sich derjenige Theil der Zwiebel, aus welchem Bart und Schaft ent- stehen, zuerst; sobald aber der am meisten vorgeschobene Theil seine Bestimmung erfüllt hat, trocknet er ein, und ver- schwindet zum Theil. — Uebrigens entsteht die Zwiebel gleich- zeitig mit dem äussern Theil des Schaftes, dem Barte und sei- ner Membran, und sondert auch gleich Anfangs die verschic- denen Substanzen ab. Mittlerweile entwickelt sich die Kapsel, die Scheide wirft ihre Haube ab, die Spitz & des Schaftes schiebt sich hervor, die ersten Strahlen entfalten sich, und ihre Häute fallen durch die Berührung der Atmosphäre und die Reibung als Staub ab. Diess wiederholt sich so lange, als Schaft und Bart sich ausbilden, nach diesem Zeitpuncte wird die Zwiebel einfach, die Strahlen kürzer. Sobald die Erzeugung der letz- tern aufhört, wird die Hornsubstanz der äussern Ruthenfläche rings um die Zwiebel her in grössere Menge abgesetzt, und so fängt sich der Kiel zu bilden an, der im Grunde aus der Ver- einigung der Scheide mit der hornigen Substanz entsteht. — Zuletzt verkürzt sich die Kapsel ganz, der Kiel rückt dieser Verkürzung nach, und endigt sich in eine mehr oder weniger stumpfe Spitze, in deren Mitte sich der untere Nabel befindet. Auf diese Art gebildet, steckt nun die Feder mit dem Körper ihres Kiels in einem häutigen, ziemlich festen Balge —- der sogenannten hörnernen Scheide — welche oben mit der Oberhaut vereinigt, den angeführten häutigen Ring bildet, und unten am Grübchen aufhört. Diese hörnerme Scheide umgibt deu Kiel innig, geht beym Ausreissen der Fe- der jederzeit mit, und ist jene erste Haut, welche beym soge- nannten Ziehen der Feder abgestreifi wird. Der mit dieser Scheide umgebene Kiel steckt in einem eigenen Canal, welcher aus der Oberhaut, der etwas verdickten und zähen Lederhaut, 142 Von den Thierhaaren insbesondere. und einem feinen Epithelium zusammengesetzt wird. Nur oben und unten ist die Verbindung dieser Theile mit der Scheide des Kiels innig und fest. Doch ist zu bemerken, dass das Grüb- chen stets frey bleibt, d. ı. von keinem dieser Theile bedeckt wird, sondern mit dem unterliegenden Zellgewebe, apeneuro- tischen Fasern und Muskeln in Verbindung tritt. Letztere sind es nun auch, wodurch die Feder verschiedentlich bewegt wird. — Anmerkung. Heusinger hat gewiss ganz recht, wenn er sagt: dass die Dunen- und Körperfedern ın einer ähnlichen Beziehung zu einander stehen, wie die Wollhaare zu den Stammbhaaren bey den Säugethieren. Schon die Befestigungsart der erstern an den Körperfedern spricht deutlich dafür. $. 77. Sch Vwss.foVsNen. Da ich oben die Feder als ein verzweigtes oder zusam- mengesetztes, und zu dem höchsten Grad seiner Ausbildung gelangtes Haar bezeichnete, so muss ich jetzt diejenigen Gründe zusammenstellen, welche mich dazu berechtigten. 4. Zuvörderst haben sowohl Haare als Federn einen und den- selben mütterlichen Boden, auf welchem sie entstehen und. wachsen. 2. Hat der Vogel im ausgebildeten Zustande nur Federn, und gar keine Haare an seiner Oberfläche. 3. So sehr auch der Bau der Federn von dem der Haare in mancher Hinsicht abweicht, so ist doch beynahe kein Theil der Feder, den man nicht mit einem ähnlichen Theil des Haars vergleichen könnte. So entspricht z.B. der angege- bene Canal, in welchem der Kiel steckt, dem Balge der Zwiebel in den Haaren, das Grübchen des Kiels der Haar- wurzel, der Kiel selbst dem noch im Balge steckenden An- fangstheil des Haarschaftes, der Federschaft dem freyen Theil des Haarschafts, die Seele und das Mark des Schaf- tes der Marksubstanz des Haares; die Fahne mit ihren ver- schiedenen Strahlen den im Thierreich (namentlich bey den Insecten) häufig vorkommenden ästigen Haaren, Selbst das gesellschaftliche Vorkommen der Dunen und Federn findet sein Aequivalent in dem Vereintseyn mancher fei- Von den Thierhaaren insbesondere. 143 ner Körperhaare mit den Stammhaaren der Thiere, z. B. der Mäuse, Kaninchen u. a. m, 4. Zwischen dem Hären der Säugethiere und der Mauser der Vögel ist wohl kein wesentlicher Unterschied. 5. Auch in den chemischen Bestandtheilen kommen die Fe- dern den Haaren auffallend gleich, denn auch hier ist der Hornstoff der vorwaltende Bestandtheil. 6. Die eigene Verbindungsart der Federn mit Apeneurosen und Muskeln reiht das Federgebilde recht passend an die beweglichen Haare der Strahlthiere, Anneliden u. s. w. 7. Die physiologische Beziehung der Feder stimmt im Allge- meinen mit jener des Haars überein. 3. Endlich erscheinen hie und da, wiewohl unregelmässig, statt der Haare Federn. So kamen zu Maccoomp in der irländischen Grafschaft Cork ein Paar schwarze Kaninchen zur Welt, welche statt der Haare mit Federn bedeckt wa- ren. Der Bart des Federstofls bestand jedoch nicht aus Flaumen, sondern aus sehr feinen Haaren. — So sehr nun auch diese Gründe für meine obige Delfini- tion sprechen, so muss ich doch auf der andern Seite zugeben, dass in Bezug auf die erzeugenden Organe sowohl, als auch auf die Art der allmähligen Entwicklung zwischen Feder und Haar eine nicht zu verkennende grosse Verschiedenheit ob- walte. Denn während das Haar aus seinem Balge entsteht und wächst, finden wir bey der Feder ein immer vergehendes, und sich immer wieder neu bildendes, eigenthümliches, von der ausgebildeten Feder so zu sagen ganz getrenntes, und bloss zur Erzeugung der Feder bestimmtes Organ, — nämlich ihre er- zeugende Kapsel — welche sich durchaus mit nichts Achnli- chem der Haare vergleichen lässt, und dennoch, wie leicht ein- zusehen, für die Entstehung und Bildung der Feder von der höchsten Wichtigkeit ist. Vergleiche Tab. VI. Fig. 64 und Tab. VII. Fig. 65 — 68. XIH. Haare der Säugethiere. Wir betreten nun ein Gebieth, wo das Haargebilde ei- nen so.hohen Grad von Ausbildung und eine so allgemeine Verbreitung erhalten hat, dass der gewöhnliche Sprachge- brauch, wenn nämlich bloss von Haaren im Allgemeinen die 444 Von den Thierhaaren insbesondere. Rede ist, immer die Haare der Säugethiere darunter versteht. Und in der That treffen wir hier das Haar nicht allein in seiner ‚ Organisation — also eigentlich in Hinsicht seiner Qualität — son- dern auch in seiner Ausbreitung — also in quantitativer Bezie- hung—, auf seinem Culminationspuncte. Daher sagt Oken*): »Da die Säugethiere die höchsten Thiere sind, so kommt ihnen auch die vollkommenste Bedeckung, das Haar, vorzugsweise zu, und es ist für sie so wesentlich, dass sein Daseyn oder Mangel entscheiden kann, ob ein Thier zu den Säugethieren zu zählen sey oder nicht, z. B. das Schnabelthier, in welchem dieZitzen noch problematisch sind. Denn kaum mag es ein Säu- gethier geben, das ohne aller Haare ist. Daher der Spruch: Alle Säugethiere haben Haare, aber nicht alle haben Körperhaare.« Nirgends sehen wir diese grosse Manichfaltigkeit von Haararten, wie hier. Aus diesem Grunde ist es nothwendig das Haargebilde der Säugethiere, nach dem Beyspiele des verdienten Herrn Professors Heusinger **) in einige Unterabtheilungen zu bringen. — Vorerst muss jedoch be- merkt werden, dass das Haargebilde der Säugethiere als ein Theil des Horngewebes der äussern Haut unter mehreren For- men vorkomme. So gehen die Fasern der äussern Schwiele in der Haut der Cetaceen in das Haargebilde über, indem sie hohl werden; so bildet das Horn des Rhinoceros, in welchem die Fasern des Nagel- und Horngebildes ebenfalls hohl werden, den Uebergang in das Haargebilde, und in den Wallfischzäh- nen findet sich eine ähnliche Annäherung an Horn und Haar. — Um nun vorerst von den mancherley Arten von Haaren, die wir bey Säugethieren finden, eine allgemeine Uebersicht zu geben, will ich die einzelnen Ordnungen dieser Klasse durchgehen, und diejenigen Thiere anführen, deren Haare in irgend einer Beziehung etwas Merkwürdiges an sich haben; ohne jedoch jetzt schon auf die innere Textur Rücksicht zu nehmen. $. 79. Erste Ordnung. Affen oder Vierhänder. Die Vierhänder stehen, wie in so vielen andern Beziehun- *) Naturph. Ill. 3. p. 35". YEAR 0.1768 Von den Thierhaaren insbesondere. 145 gen, auch rücksichtlich der Haare dem Menschen am nächsten. Denn obgleich ihre Kopfhaare gewöhnlich nicht länger als die übrigen sind, so beugen sich doch die Haare des Vorderarms gegen den Ellenbogen, im Orang - Utang und einigen andern Arten aber gegen die Hände hin. — Das von Tysson ange- gebene Kennzeichen, das nur den Affen und dem Menschen ei- gen seyn soll, und ebenfalls von der Ricktung der Haare ge- _ nommen ist, wurde schon oben $. 42 für unhaltbar erklärt. — Ich werde nun das Merkwürdigste anführen, wodurch sich manche Aflenarten in der fraglichen Hinsicht auszeichnen: Der Orang-Utang (Simia Satyrus), ist an seinem ganzen Körper mit langen rothbraunen Haaren, so wie der Gibbon (S. longimana) besetzt. Die des Letztern sind jedoch viel gröber. Unter den Meerkatzen zeichnet sich die grossbartige (Cercopithe- cus latibarbus) durch den breiten, flügelartigen Bart, und durch ein Haarbüschel am Ende des Schwanzes aus. Der blau- maulige Affe (Cervop. Cephus) fällt sehr durch den gelben Haar- büschel unter jedem Ohr nach dem Gesichte zu, und durch den hellbraunen Streif über die Oberlippe, der die Form ei- nes Schnurrbarts hat, auf. Die gekrönte Meerkatze (Cere. pilea- tus) hat ihren Namen von den langen Haaren, womit ihre Stirne geziert ist; der Pelz der grauen Meerkatze (Cercop. sabaeus) ist schön gelblich, olivengrau, unten schmutzig-weiss, und an den Backen stehen lange weissliche Haare. Der Backen- bart des Mangabey (Cercop. Aethiops) ist bald heller, bald dunkler, grau oder weisslicht. Der Cercop. fuliginosus hat weisse obere Augenlieder, und bey dem Radiatus geht das Haar auf dem Scheitel strahlig auseinander nach Art einer Mütze. Letz- teres findet man auch bey der davon genannten Chinesermütze (Cercop. sinicus). — Auf dieselbe Art hat der Colobus polyco- mos, der gemähnte Stummelafle, seine Benennung von den lan- gen graulichen Haaren, die vom Kopf bis auf die Schultern herabfallen. — Die Schwanzhaare des Rhesus (Inuus Rhesus), stehen borstenartig ab. Der Wanderu zeichnet sich, wie schon gesagt, durch seine grauliche Mähne und weisslichen Bart aus, womit der Kopf eingefasst ist. — Merkwürdig sind auch die Haare des Bärenhundskopfs (Cynocephalus ursinus) , beson- ders in Bezug auf ihre Farbe. Im Ganzen spielt sein Fell aus dem Schwarzen ins Grünlichte; Backenbart, Schultern und Seitentheile sind heller, auf dem Kopf ist die grüne Farbe vor- 10 146 Von den Thierhaaren insbesondere. herrschend. Um den Hals hat er eine Mähne, das Gesicht ist nackt, und der ins Graue spielende Backenbart geht nach hin- ten; der Schwanz endigt mit einer starken Haarzotte. — Sehr fein und lang sind die Haare des Drills (Cynocephal. leuco- phaeus). Bey dem Mandrill (Cynocep". Mormon) finden wir am Kinn einen gelben, kleinen, spitzigen Bart; und auf seinem Kopfe bilden die Haare eine Arı von Wulst, welche ihm ein rautenförmiges Ansehen geben. — Unter den Brüllaflen gibt es einige, deren einzelne Haare verschiedenartig gefärbt sind. So ist es beym strolifarbenen Brüllaflen (Stentor stramineus) an der Wurzel braunlicht und an der Spitze strohfarben; und bey dem Guariba haben die Spitzen der kastanienbraunen Haare Goldglanz. — So ist auch die obere Seite des Schwanzes beym Klammeraffen,, und seine Spitze braungrau, die Stirnhaare hat er nach hinten, die Schei- telhaare nach vorne gekehrt. — Das weiche, krause (Woll-) Haar mancher Aflen hat zu einer eigenen Unwerabtheilung An- lass gegeben: Wollhaarafle (Lagothrix). Unter den Sajou ha- ben einige sehr auffallende Haare. So das Haar des gemähn- ten (Cebus cirriferus), welches an der Stirn sehr lang ist, und ein Hufeisen bildet; des bärtigen (Cebus barbatus), der dreyerley Farben, überhaupt langes und weiches Haar, und an den Ba- cken einen langen Bart hat, des geschäkten (Ceb. variegatus), dessen Kopfhaare dreyfarbig: an der Wurzel braun, dann roth, und an der Spitze schwarz sind. Die Sagoine (Callitrie) zeichnen sich durch ihre schönen Haare aus. Humboldts Nachtaffe (Aotus Humboldt) hat an der Spitze weisse, silber- glänzende Haare. Man kann sich des Lachens kaum erwehren, wenn man sieht, mit welcher Sorgfalt der Händetrinker (Pithe- cia Chiropoles) sein Wasser mit der hohlen Hand schöpft, um nur seinen Bart nicht nass zu machen. Der Mönch (Püh. Mo- nachus) hat seinen Namen von seiner nackten Sürne. Ausge- zeichnet sind auch die Schwanzhaare des rothbärtigen Schweif- affen (Pithec. ruffibarba), indem sie nach der Schwanzspitze zu immer kürzer werden, woher der Schwanz zugespitzt er- scheint. Bey dem gelbköpfigen Schweifaflen (Pith. ochrocephala), sind die Stirnhaare der Länge nach gescheitelt. Unter den Ma- ki’s nenne ich noch den schwarzen (Lemur niger) wegen sei- ner langen fliegenden Haare am Halse. Der kleine westindische Alle welchen Buffon Mico nennt, hat im Gesichte und an den langen Ohren schön zinnoberrethes Haar. Endlich muss d Von den Thierhaaren insbesondere. 187 ich noch bemerken, dass bey vielen Aflen das Gresäss schwielig und ganz haarlos ist, z. B. beym Pavian. 80. Zweyte Ordnung. Fleischfresser (Carnioora). “ Die Handflügler, (Chiroptera), haben meist ein feines kurzes Haar; jenes des kleinsten fliegenden Hundes (Pte- ropus minimus) ist hoch fuchsroth und wollig. Die Arten des Hundsmauls (Molossus) zeichnen sich durch ihr vielfarbiges Haar aus. Die Flughaut der ägyptischen Spaltnase (Nietinomus aegypliacus) hat einen behaarten Streif. So gehen auch von der Nase der Brillennase (Phyllostoma_ perspieillatum) ZWey weisse Streifen zu den Ohren , und bey der gestreiften Blatt- nase (Phyllost. lineatum) vier über das Gesicht, und einer über den Rücken. — Bey den Galtöopitheken ist auch die Haut an den Seiten des Schwanzes, und an den Ohren mit Haaren be- setzt. — Gewöhnlich finden sich bey den Fledermäusen nur sehr wenig Haare auf der Flügel -, Nasen- nnd Ohrenhaut. — Bey der srühfliegenden Fledermaus (Yespertilio proterus) ist die untere Seite der Flughaut längs dem Arme hin sehr stark be- haart; eben se auch bey der Leisler’schen Fledermaus; dage- gen ist die ebere Hälfte der Schwanzflughaut auf der Rücken- seite bey der Kuhl’schen Fledermaus mit dichten Haaren be- setzt. — Die schnauzbärtige Fledermaus (Vespertilio mystaci- nus) hat ihren Namen von dem langen, dichten, weisshaari- gen, längs der Oberlippe laufenden Bart, der über die Unter- lippe hinaushängt. Eben so erklärt sich die Benennung von der Halsband- (Collaris), der schöngezeichneten (Pictus), der starkbehaarten (Lasiurus), und der langhaarigen Fledermaus (Fillosissimus). — In Bezug auf den innern Bau der bieher gehörigen Haare verweise ich auf die unten folgende genauere Beschreibung der Seidenhaare. In der zweyten Familie der Fleischfresser oder der Raubthiere, nämlich bey den Insectenfressern (Insectivora, Subterranea) kommen wir zuerst auf den Igel, dessen Körper mit Stacheln und Haaren so besetzt ist, dass erstere den ganzen Rücken, letztere den Bauch einnehmen. Das Ausführliche über diese Stacheln wird weiter unten fol- gen. — Bey der Spitzmaus steht auf jeder Seite des Körpers 10° * 148 Von den Thierhaaren insbesondere. unter den gewöhnlichen Haaren eine Reihe von gröbern, zwi- schen welchen nach Cu vier eine riechende Materie ausschwitzt, die in einer eigenen Drüse abgesondert wird. Die Wasserspitz- maus (Sorex ‚fodiens) hat überdiess an den Füssen eine Reihe steifer Haare zum Schwimmen. — Der Pelz des afrikanischen Goldmaulwurfs (Chrysochloris aurata) gibt einen schön metal- lischen, kupferrothen Schimmer, der nach dem Einfall des Lichts bald mehr ins Grüne, bald ins Rothe spielt, und des- sen einzelne Haare sich durch ihre Randhäkchen auszeich- nen. — Die Borstenigel (Centetes) unterscheiden sich von den andern Igeln besonders auch dadurch, dass sie zwar, wie diese mit Stacheln bedeckt sind, sich aber nicht so vollkom- men zusammenrollen können, und dass zwischen den Sta- cheln sehr viele Borsten stehen. — Das Haar des Maulwurfs ist so fein, kurz und dicht, dass die Haut davon eine sammt- artige Beschaffenheit erhält. Uebrigens ist es aschgrau bis ins Schwarze, mit verschiedenen Schattirungen nach dem ver- schiedenen Einfall des Lichts. Sohlengänger, Plantigrada. Die Haare der Bä- ren sind lang, nicht gar dick, und viel feiner, als die des Igels. Aufenthalt und Lebensart äussern auf sie den bekann- ten Einfluss; denn der Eisbär hat ganz weisses, langes, glän- zendes Haar. Das des langrüsslichen (Ursus longirostris Tie- dem.) ist ebenfalls lang, schwarz, glänzend, aber abweichend von dem der übrigen Bären zackig. — In die Familie der ZLehengänger (Digitigrada) gehören mehrere Thiere, de- ren Haar zum 'Theil zum edlen Pelzwerk gezählt wird. Man kann diese Haare nach Guvier in zwey Unterabtheilungen bringen, nämlich in feine und rauhe; die feinen sind wiederum doppelt, entweder sehr fein, kurz, und wie untereinander gemengt; oder länger und steifer. Unter die erstern zählt man die Haare des Wiesels, Marders, Zobels, Hermelins, Ilus, der Fisch- und Meerotter u. a. m. Zu den Haaren der zweyten Art gehören jene des Zibeththiers, der Katzen und Hunde. Unter den Iltis wird die Haut des Tigeriltis (Mustela sarmalica) wegen ihres artig-gefleckten Ansehens zu Pelzwerk gesucht. Das Hermelin hat das Besondere, dass es alle Winter regelmässig weiss wird. Der Zobel hat vorzüglich stark be- haarıe Füsse. Der Vison und der Pekou (Mustela Vison und Mustela canadensis), welche beyde in Nordamerika leben, ha- ben Haare unter den Zehen. Unter den Stinkthieren zeich- Von den Thierhaaren insbesondere. 149 nen sich die amerikanischen Arten alle durch ihren langen, dickbehaarten Schwanz aus. Die Meerotter (Lutra marira), deren Pelz schwarz, und glänzend wie Sammt ist, liefert das allerkosıbarste Pelzwerk. — Jedermann kennt die mancher- ley Arten von Hunden ‚ die sich denn gerade wieder durch ihre Haare so wesentlich und auffallend unterscheiden. — So wie es eine Hundsart (die türkische, eigentlich guineische) gibt, die keine Haare hat, eben so ist der in Merico lebende sogenannte nakte Wolf ganz haarlos. — Der dreyfärbige (Ca- nis cinereo-argenteus), der Silberfuchs (Canis argentatus), und der Blaufuchs (Canis lagopus), haben ihre Namen von ihren Haaren. Der letztere ist im Sommer schwärzlich, im Winter meist weiss. Auch sind seine Fussballen meist behaart. — Die Civette (Tiverra civetta) hat über dem Rücken und Schwanz eine Mähne von schwarzen steifen Haaren, welche sich in die Höhe sträuben können. — Der Schwanz der Hyänen ist lang- haarig und buschig. — Bekannt sind die Auszeichnungen des Löwen durch seine Mähne über Hals und Schultern, und durch den Haarbüschel am Schwanze, von welchem sich in der neuesten Zeit bey der Section eines in der Menagerie zu Paris gestorbenen Löwen wieder die Angabe der Alten in so fern bestätiget hat: dass sich nämlich, wie auch schon Blu- menbach behauptete, an der Spitze des Schwanzes ein klei- ner Nagel in der Mitte des Büschels schwarzer langer Haare vorfindet, Es ist eine hornartige Bildung, zwey Linien lang, und hängt durch ihre Basis bloss an der Haut, nicht an den Schwanzwirbeln, kann also allerdings dem Haarsystem einge- reiht werden. — Tiger, Panther, Leopard, Unze biethen mitunter die schönsten Varietäten von Haarzeichnungen dar, unter welchen die des getropften Panthers (Felis guttata) die seltenste ist. — Der Luchs trägt auf seinen Ohren einen schwar- zen Haarpinsel. Die Lebensart der Amphibien-Säugethiere machte es nothwendig, dass ihnen der Schöpfer nur kurze, dichte und anliegende Haare gegeben hat. Als Ausnahme hiervon erwähne ich des rauhen Seehunds (Phoca hispida), dessen Haare nicht glatt anliegen, sondern borstig sind. — Der seidenartige Seehund (Phoca sericea) hat feines, seidenartiges, weisses Haar. Auch die Haare des hasenhaarigen (Ph. leporina), die aufrecht stehen, und in einander verwebt sind; so wie des gestreiften (Phoc. fasciata), die kurz und borstig sind, weichen in sofern 150 Von den Thierhaaren insbesondere. von der allgemeinen Regel ab. — Der gemähnte Seelöwe (Phvor. jubata) zeichnet sich durch seine zottige Halsmähne aus. — Das Wallross ist mit gelblichen kurzen Haaren bedeckt. Die Beutelthiere (Marsupialia) haben in ihren Haaren nichts Ausgezeichnetes. Die Lippen des Känguruh mit dem Schrurrbart (Halmaturus labiatus) sind ee mit schwarzem Schnurrbart. Das Fell des Wombat (rasen ursinus) ist grobhaarig, nnd an der Oberlippe hat er ebenfalls einen star- ken Schnurrbart. $. 81. Dritie Ordnung. Nager (Glires). Wir treffen in dieser Ordnung abermals die verschieden- sten Arten von Haaren an. Im Allgemeinen sind sie theils kurz, weich und fein, theils lang, rauh und steif, bis zu wahren Sta- cheln. So ist uns der Biber durch sein nützliches Haar allge- mein bekannt. Doch sind nicht alle seine Haare so wollicht, sanft, mitunter seidenartig, und nach: Art der Wolle in Zöpfe getheilt, sondern er hat auch feste und lange Haare. Es ist be- merkenswerth, dass sein Pelz desto dunkler ist, je kälter die Gegend seines Aufenthaltes. — Die Stachelratten (Loncheres) haben rauhe, platte, breite Haare, welche sich mit einer harten Spitze endigen, und so platte Stacheln bilden. Die abweichende Stachelratte trägt überdiess noch an der Schwanzspitze ein Büschel borstiger Haare. — Der Pelz des Goypu (Hydromys Coypus) wird wegen seiner langen, weichen, .und kürzern, sehr feinen Wollhaare zu Hüten benützt. — Unter den Mäusen zeich- net sich die Perlmaus (Mus striatus) durch ihre zwölf weiss punctirten Linien, die längs dem Rücken laufen, und die ge- strichelte Maus (Mus barbarus) durch zehn weisse Linien eben- daselbst aus. Der schuppige Schwanz der rothnasigen Maus (Mus pyrrhorhinos) ist an den Ringen mit Borsten besetzt. — Interessant ist die Beobachtung bey dem gemeinen Hamster (Cricetus vulgaris), dass sich im Winterschlaf die Erstarrung so- gar auf seine Haare ausdehnt, und sie steif macht. — Die Blindmaus (Spalax typhlus) hat das Eigene an sich, dass die Haut über den Augen ebenfalls ganz behaart ist. — Die Haare des Ziesel Ally citillus) haben ein wellenförmiges Anse- hen, weil sie graubraun mit schwarz gemischt sind. — Bey den Von den Thierhaaren insbesondere. 151 Eichhörnchen stehen die langen Schwanzhaare, wie die Bärte einer Feder nach beyden Seiten, mehrere von ihnen haben an den Ohren lange Haarbüschel. Uebrigens fällt der Pelz des europäischen Eichhorns (Seiurus vulgaris) desto mehr ins Graue, je nördlicher sein Aufenthalt ist. An dem borstenartigen Eich- horn (Sciurus selosus) finden sich feine Schwanz- und borsten- artige Körperhaare, und bey dem Levaillanvschen sind sie so- gar hart und stachlicht. — Am merkwürdigsten sind aber die Haare der Stachelthiere (Hystrix), wesshalb sie schon in den frühesten Zeiten ein Gegenstand ärztlicher und naturhistorischer Untersuchungen wurden, wie ich weiter unter beweisen wer- de. — Diese Thiere haben nämlich lange und spitzige Sta- cheln anı obern "Theile ihres Körpers. — Das gemeine Stachel- schwein (Hystrix eristata) ist auf dem Rücken allenthalben mit solchen schwarzweissen Stacheln besetzt, die wie Federkiele hohl sind; auf dem Kopf steht eine Mähne von längern Haa- ren, der untere Theil des Körpers ist schwarz behaart, und der Schwanz hat an seiner Spitze offene Stacheln, welche auf dünnen Stielen stehen, und so wie die auf dem Rücken ein starkes Rasseln machen, wenn sie das Thier sträubt, und an einander schlägt. — Die Stacheln des Urson (Hystrix dorsata) haben feine Widerhäkchen, und fallen leicht aus. Der Schwanz der Hystrix fasciculata endigt in ein Büschel von Stacheln, die ganz platt sind. Die Haare dieser Thiere sind zackig mit kur- zen Stacheln. Am Schwanz des langschwänzigen Stachelthie- res (Hystrix macroura) sitzt am Ende ein Büschel ganz knoti- ter, silberglänzender Stacheln. — Bey dem listigen Stachel- thiere (Hystriz insidiosa) bedecken die langen, zottigen, blass- grauen Haare seine Stacheln, und das halbstachelige (Hystrix subspinosa) hat gewellte, gedrehte Stacheln. — Am Hasen fin- den wir den innern Theil derLippen und die Fusssohlen auch mit Haaren versehen. Der veränderliche Hase (Lepus variabi- lis) ıst im Sommer dunkler von Farbe, (spielt mehr ins Brau- ne,) im Frühjahr fast silbergrau, seine Schwanzhaare sind länger und graulich, und der Bauch ist weiss; im Winter ist er reinweiss mit schwarzen Ohrspitzen. In Grönland soll er, wie der Eishase (Lepus glacialis), im Sommer ebenfalls weiss seyn. — Das Haar des Aguti ist schön, dick und steif, 'und verschiedenartig gefärbt. Bey dem gemeinen Aguti (Dasyproc- ta) sind die Haare am ganzen Leibe kurz, rauh, glänzend, auf dem Kreuze viel länger und borstenartig. * 152 Von den Thierhaaren insbesondere. $. 82. Vierte Ordnung. Zahnlose (Edentata). Die hieher gehörigen haben im Vergleiche zu den übri- gen Säugethieren im Allgemeinen nur wenig Haare, obwohl wir sogleich auf Ausnahmen von dieser Regel stossen werden. Nichts desto weniger bieten uns auch diese Haare eine grosse Verschiedenheit dar. So ist das Haar des dreyzehigen Faulthie- res (Bradypus tridactylus) auf dem Scheitel, dem Rücken und an den Extremitäten lang, grob und schlafl, nach Cuvier wie dürres Gras, und gibt dem Thier ein trauriges Ansehen. — Die Gürtelthiere (Dasypus) haben ausser den Schuppen, zwischen diesen am Kopfe und Rücken noch dünne, kurze und steife Haare, welche den Elephantenhaaren ähnlich sind, aber mit dem Alter ansfallen. Nach Aristoteles findet man beym Dasypus selbst unter den Füssen und innerhalb der Backen Haare, wovon schon früher die Rede war. Der sammthaa- rige Tatu (Dasypus villosus) hat weiche, sammtartige braune Haa- re. — Der grosse Ameisenfresser (Myrmecophaga jubata) trägt lange, breite, geradestehende Haare, der zweyzehige (M.didac- tyla) nur eine feine Wolle. — Selbst die Schuppenthiere sind nicht ganz haarlos, denn zwischen ihren Schuppen stehen feine Borsten. — Hieher gehört auch der Ameisenigel (Echidna), wel- cher gleich dem Igel stachlich, an dem untern Theile jedoch auch borstig und haarig ist. — Auch zwischen den Schuppen des Schnabelthieres (Ornithorhynchus) stehen, sonderbar genug, winkelartig gebogene, kurze, am Ursprung plattgedrückte, bor- stenartige, und auf seinen Zehen breite, zweyschneidige Haare; so dass wir also behaupten können, dass auch in dieser Ord- nung, gegen die Aussprache mancher Naturforscher, keine ganz haarlosen Thiere vorkommen. $. 83. Fünfte Ordnung. Dickhäuter (Pachyderma). Die Vielhufer sind im Allgemeinen nur mit wenig Haa- ven versehen; so z. B. der Elephant, der nur wenige steife, borstenartige Haare auf seinem Körper hat. Man ıriflt sie Von den Thierhaaren insbesondere. 153 manchmal nur auf dem Rüssel, an den Augenliedern und an dem Schwanze. Dieser Haarquaste am Schwanze bedienen sich die vornehmsten Indianer, und insbesondere die Frauenzimmer als eines besondern Zierrathes; von einem lebenden Thiere abgeschnitten, ist sie ein Werkzeug vielfachen Aberglaubens. — Bey jenem Elephanten, der in der Menagerie zu Schönbrunn lebt, trafich dreyerley Haare: die längsten und dicksten an der untern Fläche des Rüssels nahe am Munde, etwas feinere, aber fast eben so lange da und dort am Körper, Rücken u. s. w., und wirk- lich haarförmige oder gewöhnliche Haare an der Ohrgegend, wo sie büschelartig standen; am Schwanze waren gar keine vorhanden. So verhält es sich auch mit dem Exemplar, das im hiesigen Museum steht. Diese Borsten sind gewöhnlich schwarz, und in ihrer ganzen Länge gleich dick, weil ihnen die Spitzen fehlen. Die längsten fand ich vier Zoll lang. Eben so lang sollen auch jene seyn, welche am Ende des Schwanzes einen Schopf machen. Es gibt übrigens Elephanten, welche nur sehr dünne und wenig sichtbare Borsten auf dem ganzen Leibe haben. — Die Haut des Flusspferdes ist keineswegs ohne Haar, sondern mit wenig schwarzen Borsten besetzt. — Im Ganzen sind unter den Pachydermen die Schweine am mei- sten behaart. Man nennt ihre Haare vorzugsweise Borsten, Sie sind alle an ihrem freyen Ende gespalten. Beym Wild- schwein ist das Haar struppig und schwarz, übrigens steifer,, dicker und härter als beym zahmen, wo es verschiedene Far- ben hat, und meist gerade ist. — Das guineische Schwein hat nur am Rückgrath Borsten, denn das übrige Haar ist weich. — Das Nashorn (Rhinoceros) ist, nach der Angabe der Autoren, am ganzen Körper haarlos. Ich fand aber in dem Exemplare zu Wien am Hinterhaupt doch einige kleine Borsten von zwey Linien Länge, die sich in eine zwiebelartige Anschwellung endigten. Die zwischen den beyden Hörnern und der Schnauze waren nochmal so lang. Sein Horn sieht gerade so aus, als ob es aus zusammengebackenen Haaren be- stünde. Nebstdem bemerkt man an der Grundfläche dieser Hörner äusserlich eine Menge steifer Haare, die von der gan- zen Masse abzuhängen scheinen, und diese Oberfläche rauh, wie eine Bürste machen. — Dem Tapir sprechen Cuvier und viele andere Naturforscher alle Haare ab; dennoch hat der im hiesigen Museum nicht nur sehr kurze Körperhaare, sondern überdiess zolllange Mähnenhaare. — Unter denEin- 154 Von den Thierhaaren insbesondere. hufern zeichnet sich dasPferd durch seine runden Haare aus, die man am Schwanze und der Mähne insbesondere Ross- haare zu nennen pflegt. Die Haare der wilden Pferde sind fası wollig. Der Halbesel (Eguus hemionius) hat am Schwanz ein Haarbüschel, so wie der eigentliche Esel. $. 84. Sechsie Ordnung. Wiederkäuer (Ruminantia, Pecora). Das Haar der Wiederkäuer ist im Allgemeinen meist wel- lenförmig gekräuselt und kurz, übrigens ebenfalls von gros- ser Verschiedenheit. — Was Haar des Kamehles ist wie be- kannt sehr fein und weich; doch hat dieses Thier auf der Brust und am Knie ganz haarlose Stellen. Zur Zeit des Haar- wechsels verlieren die Kamehle fast alles Haar binnen kurzer Zeit. Das Dromedar (Cam. Dromedarius) hat ebenfalls krause, am Schwanze aber lange und harte Haare. Nach meinen Un- tersuchungen ist das Haar des Lama nicht, wie Cuvier sagt, grob, sondern sehr fein. — Die Vicunne (Auchenia Ficunna) trägt bekanntlich eine gelbröthliche, seidenarug feine Wolle am Leibe. — Merkwürdig sind die Haare der Bisamthiere durch ihr grobes und brüchiges Wesen; wesshalb man sie fast stachlicht nennen könnte. Am Beutel des männlichen Moschusthieres (Moschus moschifer) zeigen sich flache Haare mit wellenförmigen Rändern, die ebenfalls sehr brüchig 'sind. — Das Hirschhaar ist ganz besonders wellenförmig gestaltet, wie wir weiter unten noch ausführlicher hören werden. Der Elennhirsch (Cerous alces) hat am Kinn eine Art von Beutel, an welchem ein Bart sitzt, übrigens ıst sein Haar lang und grob. — Bey dem indischen Hirschen sollen die Haare hie und da durchbohrt seyn, bey den englischen scheinen sie mit ei- ner schuppichten Rinde bedeckt zu seyn. Uebrigens wird der Edelbirsch (Cerous elaphus), der im Sommer gelbbraun ist, in Winter einfarbig graubraun. Doch bleiben das Kreuz und der Schwanz zu allen Jahreszeiten blassfalb. Der sehr alte Hirsch wird schwärzer, die Haare am Halse länger und strup- pichter, wesshalb solche Hirsche von Aristoteles Hippela- plu genannt wurden. — Die Hörner der Girafle (Cameloparda- lis) sind nur mit einer haarıgen Haut umhüllt, welche nach Cuvier von der Kopfhaut herstammt, und immer bleibt. Von den Thierhaaren insbesondere. 155 Wir kommen nun zu den Wiederkäuern mit hohlen Hörnern. Unter diesen zeichnet sich die Gazelle (Antilope Dor- cas) durch ein Haarbüschel an jedem Knie, der Gemsbock (Antilope Oryx) durch sein aufwärts gegen den Nacken ste- hendes Haar, der Klippspringer (Antil. Oreotragus) durch sehr dickes, elastisches, spiralförmig gewundenes, an den Spitzen plattgedrücktes, an der Wurzel weisses, an der Spitze gelb und braun geringeltes Haar aus. — Die Haare der Gemse (Antil. rubicapra) sind grob, lang, im Frühjahr weissgrau, im Sommer rothbräunlich, im Winter oft ganz schwarz. — Das Geschlecht der Ziegen (Capra) ist bekannt durch den Bart. Unter diesen zeichnet sich die angorische Ziege durch ihre feinen seidenartigen Haare vortheilhaft aus. Ihr kommt die Ziege von Juda am nächsten. Bey der Ziege von Ober-Aegyp- ten bilden die langen Haare am Rückgrath eine Mähne. — Den Schafen mangelt der Bart; dafür haben sie langes, krau- ses, lockiges, unter einander gewirrtes — Woll-Haar. Doch ist das guineische Schaf statt der Wolle bloss mit kurzen Haa- ren bedeckt. Merkwürdig ıst auch der Fettschwanz der per- sischen, tartarischen und chinesischen Race, bey welchen die Wolle zugleich mit Haaren gemengt ist. — Unter den Och- sen macht sich der Auerochse (Bos urus) durch sein langes, wolliges, struppiges Haar bemerkbar, welches Kopf und Hals des Männchens bedeckt, und unter dem Kinn einen Bart bil- det. Der Ochs mit der Stirnbinde (Bos ‚frontalis) hat keine Mähne, weiche Körperbaare, die an der Stirn eine graue Bin- de machen, und seine Unterlippe ist mit stachlichten Haaren besetzt. — Das Bisamthier (Bos moschalus) trägt an seinen Beinen dichte, lange, fast auf die Erde hängende Haare, und sein Schwanz dient den Eskimos zu Mützen, indem seine Haarquaste das Gesicht bedeckt. — An dem grunzenden Och- sen (Bos grunniens) ist die Mähne und der Schwanz auftallend, die denen des Pferdes ähneln. $. 85. Siebente Ordnung. Fischartige Säugethiere (Ceiacea). Diese Ordnung der Säugethiere ist die an Haaren ärm- ste; doch hat man auch ihr mit Unrecht alle Haare abge- 456 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. sprochen, indem die grasfressenden Wallfische an der Schnau- ze Haare und Bartborsten besitzen. Eben so findet man auch auf der grauen Haut des amerikanisehen Manati (Manatus americanus) hin und wieder einzelne Haare. Die eigentlichen Wallfische zeigen jedoch keine Spur von Körperhaaren; da- gegen schreibt Cuvier dem Wallfisch mit halbmondförmi- gen Flecken (Balaena lunulata) schwarze, steife Stachelhaare zu, die er an den Kinnladen haben soll, und die vielleicht nichts anders als die schon von Aristoteles beschriebenen borstenähnlichen Zähne des Wallfisches sind. Auch besitzen die Wallfische überhaupt nach Blumenbach wenigstens Augenwimpern. Drittes Haupöstüchk. Von der Verschiedenheit der Thierhaare nach ihrer innern Beschaffenheit, d. i. nach ihrer Textur. $. 86. Nachdem wir nun das ganze Thierreich in Bezug auf die verschiedenartige Vertheilung, äussere Gestalt und Umrisse der Haare durchgegangen, und uns somit hauptsächlich mit denjenigen Erscheinungen befasst haben, welche schon bey einer bloss oberflächlichen, wenn gleich in mancher Hinsicht genauen Betrachtung in die Sinne fallen; so erübrigt uns noch, auch in die feinere Organisation des Haares, in seine verschie- denartige Textur einzudringen, und die Merkmahle darzustel- len, durch deren Manichfaltigkeit die grosse Menge der Thier- haare in Unterabtheilungen gebracht, d. h. in angemessene Gruppen vertheilt, und zum Behuf einer wissenschaftlichen Uebersicht zusammengestellt werden können. Meinen Untersuchungen gemäss zerfallen die gesammten Thierhaare rücksichtlich ihres innern Gewebes und des damit in Verbindung gesetzten äussern Habitus zugleich in folgende Abtheilungen : Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc, 157 A. Nach ihrem Baue, und zwar a) in Bezug auf die Zwiebel. I. Haare als blosse Fortsätze der Oberhaut, ohne Spur einer Zwiebel. Hieher gehören : 4) Die Haare der Zoophyten. 2) »„ Entozoen. Ei „ Strahlthiere. Den Axrschniden: SIE „ Anneliden. 6) Das äussere Haargebilde der Crustaceen. 7) Die Haare der Mollusken und Cirripeden. II. Haare, die nicht aus der blossen Oberhaut, sondern aus einem zwiebelartigen Körper, oder einem wirklichen Balge, der die Zwiebel einschliesst, entspringen. Ich zähle hieher nach der stufenweisen Ausbildung der Zwie- bel und des Balges: 4) Die Haare der Insecten. 2) Das innere Haargebilde der Grustaceen. 3) Die Haare der Fische. 4) ” „ „ Vögel. DR a „ Säugethiere. b) In Rücksicht auf die Beschaffenheit der Substanz. III. Haare, diemehr oder minder deutlich aus zwey Substanzen, der Rinden- und Marksubstanz bestehen. Hieher gehören: 4) Die Haare der Strahlthiere, RR: “ „ Anneliden. Ss 5 „ Arachniden. 4) 5 vu, Grustaceen, He R „ .Insecten. 6) ”„ „ BD) Fische. 2, „ „ Vögel. 8) » „ „ Säugethiere. 458 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. IV. Haare mit einer einfachen Substanz, die zu- gleich meist hohl sind: 4) Die Haare der Zoophyten. SER 5 „ Entozoen. 5) 5) „ „ Cirripeden. B. Nach Massgabe der Beweglichkeit der einzelnen Haare, insofern dieselbe unabhängig von der Haut, und durch eigene Muskeln bedingt wird. a) Ganz unbeweglich sind: 4) Die Haare der Arachniden. DUR,, Mi »tÜrustaceen. Zul, (a ueBauusethrere. b) Beweglich, jedoch ohne nachweissbare Mus- keln: 4) Die Haare der Zoophyten. Dr, AN „ Entozoen. 3) 5% 2, „ Cirrhipeden. c) Beweglich durch deutliche Muskeln: 4) Die Haare der Strahlthiere. DB), h „ Anneliden. 3) „ „ ” F i sc h e 4) „ Federn der Vögel. $. 87. Die Haare der Säugethiere, als die vollkommensten unter allen, unterscheiden sich wieder manichfaltig in Bezug auf ihre Textur, und desshalb ist es nöthig, sie abermals nach dem Grad ihrer vollendeten Organisation in folgende Unterab- theilungen zu bringen: 4) Wollhaare. 9) Seidenhaare. 3) Borsten. 4) Hornhaare. 5) Stachelhaare. 6) Platte Haare*). *) Diese machen den Uebergang zu den Schuppen, so wie die Woll-Haare dem Haargebilde der niedern Thierklassen am nächsten kommen. Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 159 D Gewöhnliche Haare, gefleckte, Zellen- haare. 8) Tasthaare. $. 88. Von den Wollhaaren. Ich habe die Wolle von unserm, dem Merinos-, und von dem chinesischen Schafe mit dem Mieroscop untersucht, und allerdings eine auffallende Verschiedenheit gefunden. Im Allgemeinen sind alle Wollhaare abwechselnd rechts und links gebogen, und ihr Schaft hält nicht immer den gleichen Durchmesser, sondern scheint da und dort verdickt, manch- mal sogar knotenartig angeschwollen zu seyn. Man kann sich jedoch hierin sehr leicht durch den fast jeder, auch der rein- sten Wolle noch anklebenden Schmutz betrügen, und so verführt werden, die Schmutzknötchen für Anschwellungen des Haars zu halten. Ich bemerkte überall deutlich die soge- nannte Marksubstanz — den durchsichtigen Canal — und konnte sie aufs genaueste von der Rindensubstanz unterschei- den. Doch lag gerade in dem verschiedenen Verhältniss bey- der zu einander das Hauptmerkmal, wodurch sich das feinere Wollhaar von dem gröbern unterschied. Die Rindensubstanz erscheint zwar in beyden fast gleich dick, und wenigstens am Rande undurchsichtig, dagegen war der sogenannte Canal in so fern verschieden, als er bey der gemeinen Wolle in viel mehr unregelmässige zellenartige Räume getheilt zu seyn schien, während beym Merinoshaar die Zellen regelmässiger an Grösse aneinandergereiht waren. Diess rührt olıne Zweifel davon her, dass das blättrige Wesen, welches die Nedullar- substanz des Haars ausmacht, bey unsern Schafen ungleich zahlreicher, daher näher aneinandergedrängt, auch verschie- denartiger unter sich verbunden ist, als beym Merinos, wo der ganze Canal gleichsam nur durch querlaufende feine Blätt- chen treppenartig abgetheilt erscheint. — Auch die Zwiebel sah ich deutlich, obgleich Heusinger*) das Gegentheil an- gibt. — Die Merinoswolle von der Nasterheerde, welche be- ») A. a. O. p. 188. 160 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. sonders fein ist, zeigt die Querblättchen nicht immer in glei- chen Entfernungen; auch schien mir der Durchmesser des Haars nicht überall gleich. Das Haar der tibetanischen Ziege, wovon die Kashemir-Shawls gemacht werden, kömmt in der innern Textur der Merinoswolle sehr nahe, nur ist es noch feiner, kleiner im Durchmesser, und die Querblättchen schei- nen mir nicht so regelmässig gestell. — Das chinesische Schaf hat Wolle und gröbere — eigentliche Stammhaare. Erstere kommt fast ganz mit der Wolle der Merinos überein, letztere biethen in Bezug auf die gewöhnlichen Haare nichts Auffallendes dar. — An diese — eigentlichen Wollhaare reiht sich die Wolle der Kamehlarten, und zwar zunächst das Woll- haar des Lama. In den feinen Wollhaaren des Dromedars fiel mir der sehr breite, da und dort gleichsam verdunkelte, ei- gentlich mit dickerer Rindensubstanz bedeckte Canal durch die artigen Figuren auf, welche er auf diese Art unter dem Mi- croscop zur Ansicht brachte. Ich habe selten das blätterige Gefüge der Marksubstanz besser gesehen, als gerade hier. Uebrigens haben die Kamehle durchaus nebst der Wolle noch gröbere, undurchsichtige Körperhaare — sogenannte Stamm- haare. Selten wurde eine Haargattung genauer untersucht, als ge- rade die Wolle, wovon der Grund in der verschiedenartigen Tauglichkeit, und dem dadurch gesteigerten Preise derselben im Handel ist. — Man hat sich sogar die Mühe genommen, den Durchmesser der einzelnen Wollhaare zu bestimmen, und angenommen, dass das feinste Wollhaar des Schafs einen Durchmesser von '’/,.... engl. Zoll, und einen Umkreis von 40°%/. ————, das stärkste aber einen Durchmesser von 20000 Zoll habe*). Man fordert übrigens von einer guten, edlen Wolle 4) Dass sie gleichmässig fein sey. Die gewöhnlichste Form des Wollhaars ist die runde, ich habe wenigstens keine eckige gesehen; eben so wenig kann ich der Leuwen- hoekschen und Wagner’schen**) Ansicht, dass die Wolle Aeste oder Widerhaken besitze, das Wort reden: ich muss diese scheinbaren Verlängerungen vielmehr mit SEN M Denn 1 20000 5° *) Block in Webers Schrift über Gewinnung der feinen und edlen Wolle. Breslau 1822. 8. **) Beyträge zur Kenntniss und Behandlung der Wolle. Berlin 1821. 8. Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 161 Heusinger für-anhängenden Sch mike erklären. Nichts desto weniger zeigt schon meine Abbildung des gemeinen Wollhaars, dass ich sie da und dort knotig fand. 2) Dass sie gehörig sanft und milde anzufühlen sey; ohne dass jedoch diese Eigenschaft von dem anklebenden Schmutze oder Fette herrühre. Heusinger hat gewiss ‘ ganz recht, wenn er die Weichheit der Wolle mit der ge- ringen Menge von Hornsubstanz in ursächlichen Zusam- menhang bringt; ich möchte nur noch das beysetzen, dass mir eine Wolle um so milder und überhaupt feiner zu seyn scheine, je feinblätteriger die Marksubstanz, und je geringer die Anzahl der sie bildenden Zellblättchen ist. — 3) Sehr viel Gewicht legen die Oekonomen auf die gleich- mässige, und zugleich feine Kräuselung der Wolle. Erste- res findet dann statt, wenn sich die oben genannten Bie- gungen der Wolle nach der einen und andern Seite in Bezug auf Grösse vollkommen gleich sind; und fein ist die Kräuselung, wenn die Bogen nur kurz sind. — Im Allgemeinen weist es sich wirklich nach, dass feine Wolle ' auch kleine Biegungen oder Bogen macht. — 4) Es gehört ferner zu den Eigenschaften einer guten Wol- le, dass sie angemessen fest — nervig (nach der Sprache der Wollhändler) — sey. Diese Eigenschaft trifft mit der unter Nr. 4. angeführten zusammen; denn die Wolle trägt ein um so grösseres Gewicht ohne zu zerreissen, je gleich- mässiger fein sie ist. — 5) Was den Glanz betrifft, so ist er ausserordentlich ver- schieden, weil er von so vielen Zufälligkeiten abhängt. Man kann im Allgemeinen diejenige Wolle nicht für die beste halten, die am meisten glänzt, weil sie dann oft zugleich spröde und brüchig ist. Es hat also der Glanz nur einen bedingten Werth. Endlich ist noch 6) Die Krimpekraft der Wolle zu berücksichtigen, welche nach unsern Begriffen mit ihrer Elasticität zusammenfällt. In dieser Hinsicht ist zu bemerken, dass die Elasticität der Wolle gleichen Schritt mit den von 1— 5. angeführten gu- ten Eigenschaften hält, und dass sie namentlich auch noch mit dem Gesundheitszustand der Schaafe in geradem Ver- hältnıss steht. — Anmerkung. In Bezug auf den Grad der Vollkommenheit des Baues der Wollhaare habe ich schon erwähnt, dass sie zu den einfach- 11 162 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. sten Thierhaaren gehören, und denen der wirbellosen Thiere, ja in mancher Hinsicht sogar den Pilanzenhaaren sehr nahe kom- men, Es ist daher der Vergleich recht passend, welchen Heusin: ger in dieser Beziehung anstellt, wenn er sagt: die Wolle verhält sich zum vollkommnen Haar, wie die Iym- phatischen Gefässe zu den Arterien. Vergleiche Tab. VII. Fig. 69— 71. $. 89. Von den Seidenhaaren. Diese stehen den vorhergehenden Haaren in jeder Hin- sicht ganz nahe, und unterscheiden sich von ihnen nur durch ein stärkeres Verhältniss der Rindensubstanz zur Marksub- stanz, und dadurch, dass sie in der Regel nie kraus sind. Ue- brigens variirt die Beschaffenheit des sogenannten Canals so, dass er bey den Haaren eines jeden hieher gehörigen Ge- schlechtes verschieden ist, und man daher bey Bestimmung der allgemein gültigen Merkmale der Seidenhaare von ihm ganz abstrahiren muss, — Man versteht also unter einem Sei- denhaar dasjenige, welches 4) in Bezug auf Feinheit nur der Wolle nachsteht; 2) nie so fett, wie diese, ist, und sich 3) nicht kräuselt. — Ich zähle hieher die Haare der meisten Nager, also des Bibers, der verschiede- nen Mäusearten, des Hamsters, Hasens, Eichhörnchens, ferner des Marders, Wiesels, der Meerotter, des Maulwurfs, und der meisten Handflügler (Chiroptera). Die meisten der hieher gehörigen Haare sind wegen ih- rer Feinheit, oder besser gesagt, wegen des geringen Antheils von Rindensubstanz, und des überwiegenden innern (Mark-) Gewebes, unter dem Microscope, wenn gleich etwas weniger als die Wolle, durchsichtig. — Die eigenthümliche Gestal- tung, und das gegenseitige Verhältniss des durchsichtigen zu dem nichtdurchsichtigen dieser Haare macht sie höchst ver- schieden unter einander, und bringt mitunter die artigsten Fi- guren zum Vorschein. Namentlich zeichnen sich in dieser Hinsicht die Haare der Mäuse aus, deren einzelne Species im- mer wieder in etwas von einander abweichen, so ähnlich sie sich auch im Ganzen beym ersten Anblicke schon sind. Zur Versinnlichung der Eigenschaften dieser Haarart habe ich Stückchen von den Haaren des Maulwurfes, des Hasens, Eich- Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 163 hörnchens, und einiger Fledermäuse abbilden lassen, wo- bey ich jedoch bemerken muss, dass, so sehr auch diese Abbildungen von denen Anderer (z. B. von Heusinger), und vorzüglich von jenen abweichen, die in einem klei- nern Massstabe genommen sind, ich einerseits doch für ih- re Aechtheit und Richtigkeit gut stehe, andererseits aber auf den Umstand aufmerksam mache, dass der grössere oder kleinere Massstab der Figur cine so auffallende Verschie- denheit mittheile, dass man im ersten Augenblicke gar nicht mehr das zu finden glaubt, was man doch so eben, aber bedeutend grösser oder kleiner, gesehen hat. Zur Bekräf- tigung dessen dient ein Vergleich zwischen Figur 77 und 79. Mit Uebergehung der charakteristischen Eigenheiten der ab- gezeichneten Seidenhaare, rücksichtlich welcher ich auf die hinten folgende Beschreibung verweise, will ich jetzt noch einiger nachträglich erwähnen, die ich gleichzeitig mit jenen untersucht habe. Nach Meckel sind die Haare der Hausmaus in regel- mässigen kleinen Entfernungen mit erhabenen Reifen besetzt. Diese sind schwarz, die Zwischenräume weiss, und daher soll dann die graue Farbe dieses T'hieres rühren. Professor Nitsch fand diese Structur bey allen Thieren, deren Seidenhaar asch- grau erscheint. Ich lasse letzteres dahin gestellt seyn, muss jedoch in Bezug auf die erhabenen Ringe bemerken, dass sie auf einer blossen Täuschung beruhen, indem sie, bey dem, dass das Haar ganz glatt ist, bloss von einer so eigenthüm- lich mehr angehäuften, und dadurch undurchsichtig geworde- nen Hornsubstanz herrühren. Es gibt in der That in der gan- zen Haarlehre nichts Interessanteres, als die Vergleichung der Maulwurfs-, Blindmaus-, Mäuse-, Ratten- und Hamsterhaare, und wenn mich nicht die Weitläufigkeit und Kostspieligkeit der Sache abhielte, würde ich diese Reihenfolge sinnlich dar- gestellt haben, wovon sich übrigeus ein Jeder leicht selbst überzeugen kann. Leuwenhök und Ruysch hielten das Haar der Maus für das durchsichtigste von allen (die Wol- le ist gewiss noch durchsichtiger, nur muss sie frey von Schmutz seyn); es schien ihnen eine einzige durchsichtige Röhre zu seyn, die ein Mark enthält, welches aus Fasern zu- sammengeselzt ist, die eben so viel dunkle, in einigen Haaren querliegende, in andern spiralförmige, manchmal gegliederte Linien bildeten. — Die Körperhaare der Blindmaus unter- 41°” 164 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. scheiden sich von denen des Maulwurfs nur dadurch, dass die etwas stärkern manchmal einen punctirten Canal haben. — Bey der Feldmaus sind die dunkeln Querringe breiter, also auch näher aneinander gerückt, als beym Maulwurf; die Rat- tenhaare haben viel mehr Schmutzansätze, und sind nicht so- wohl gebändert, wie z. B. die Haare von Talpa, sondern im eigentlichen Sinne des Wortes geringelt, doch so, dass die einzelnen Ringe nicht miehr so gleichartig vertheilt, also unor- dentlicher gelagert sind, als bey den übrigen Mäusearten. — Bey den Haaren der eigentlichen Feldmaus (Hypudaeus), wel- che im Ganzen wohl mit denen der Mus arvalis übereinkom- men, fand ich, namentlich in den grössern derselben, die Rin- ge so doppelt, dass ich in Versuchung kam, zu glauben: die Haare lägen doppelt neben einander. — Die Körperhaare des Hamsters sind fast denen des Maulwurfs gleich, doch sah ich unter ihnen einige, die den Rattenhaaren nahe kamen, wo nämlich die Ringe ebenfalls so unordentlich aneinandergereiht, oft mehr oval waren. — Auch in den feinen Haaren des Le- pus variabilis fand ich einen ähnlichen Bau, wie bey den Mäu- sen, nur mit dem Unterschiede, dass die Ringe näher an ein- ander lagen, so zwar, dass man sie wegen ihrer Kleinheit und des ausserordentlichen Zusammengedrängtseyns kaum von “einander unterscheiden konnte. Unter mehrern Haaren des gemeinen Wiesels (Mustela vulgaris), die ich zu gleicher Zeit unter das Vergrösserungs- glas brachte, fand ich eine grosse Verschiedenheit. Die dick- sten waren fast undurchsichtig, doch hie und da wie mit kleinen durchsichtigen Puncten besetzt. Bey den feinen, und daher durchsichtigen sah ich einen geringelten Canal, fast wie bey den Maulwurfshaaren. Noch andere schienen aus lauter Marksabstanz zu bestehen, deren Zellen ich sonst nie so schön vor mir ausgebildet sah. — Die Haare von Mustela foina, dem Marder, sind ganz undurchsichtig, die des Hermelins scheinen einen undeutlich geringelten Canal zu haben, und bey der Mustela pulorius hat der Canal das Eigene, dass die Marksub- stanz undurchsichtig, aber durch einen lichten, gleichsam ge- zähnten Streifen auf jeder Seite von der ebenfalls undurch- sichtigen Hornsubstanz unterschieden ist. Das Haar der Mu- stela lutris ist wollartig, übrigens wie aus langen Gliedern zu- sammengesetzt, die sich seitwärts etwas verlängern, fast wie bey der Vespertilio pipistrellus. — Man kann es wirklich als Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 165 eine auffallende Eigenheit der Fledermaushaare ansehen , dass sie aus einer geraden und schwach durchsichtigen Linie zu bestehen scheinen, um welche sich eine andere undurchsichti- ge spiralförmig herum schlingt. So fand ich es bey den Haaren der Vespertilio nociula, pipistrellus, auritus und mystacinus mit sehr geringen Abweichungen; doch am Vampyr (Pleromys edu- lis) zeigt sich die gewöhnliche Structur der Haare. — Da ich durch die Güte des Herrn Barons Jaequin die Haare von sechzehn Arten Fledermäuse und einige ihnen verwandter Thiere erhielt, so wird es nicht am unrechtea Orte seyn, wenn ich die Verschiedenheit ihrer innern Textur, so wie sie mich eine sehr genaue Untersuchung lehrte, hier deutlich auseinan- dersetze. — Die Haare von Vespertilio pipistrellus und murinus sind fein, und letztere höchst regelmässig spiralförmig gedreht; die von /esp. serotinus ähneln dem vorigen ganz, unterschei- den sich aber dennoch dadurch bedeutend, dass das Mittelstück, um welches sich die Spirallinie dreht, durchsichtig ist, was ih- nen denn ein ganz besonders schönes Ansehen gibt. — Ves- pertilio Schreibersi hat noch feinere Haare, deren Spiralwindun- gen zwar weiter auscinanderlaufen, aber wegen ihrer Kleinheit kaum sichtbar sind. — Die Haare von Vesp. nociula und auritus kommen denen von Pipistrellus ziemlich nahe. — Auch die Haare der Nycteris thebaica gleichen denen der Fespertilio murinus. — Merkwürdig ist der Unterschied zwischen den Haaren der Pte- ropus- Arten; denn während sie bey Pleropus aegyptius noch so gedreht sind, dass die Windungen schnell auf einander folgen, und so gleichsam das Ansehen von geringelten Haaren darbie- ten, gleichen die Haare von Preropus rubicollis beynahe ganz der NMerinoswolle, und sind daher nicht gedreht; die von Pie- ropus Edwarsii sind sogar ganz gleichartig rund, und zeigen im Innern ein sehr schönes netzartiges Gefüge; und die von Piero- pus edulis sind ganz undurchsichtig. Phyllostoma Spectrum hat dem ersten Anscheine nach ebenfalls runde Haare, aber bey genauerer Betrachtung findet man sie doch auch spiralförmig; doch ist die Spirallamelle so fein und schmal, dass man sie kaum wahrnehmen kann. — Bey den Haaren des Phyllostoma hastatum stehen die Drehungen der Spirallamelle weit von ein- auder ab, und das ganze Haar ist durchsichug. — Die Haare des khinopoma microphylium gleichen wieder jenen von Verp. pipistrellus, doch haben sie eine breitere Spiralplatte. — Tapho- sous perforaltus kommt dem vorigen ziemlich nahe, zeichnet 466 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. sich aber vor allen dadurch aus, dass die einzelnen Spiralwin- dungen beynahe horizontal stehen, wodurch diese Haare eben- falls ein sehr schönes Ansehen erhalten. — Bey den Haaren des Rhinolophus unihastatus ist der Schaft ganz durchsichtig, die Spiralplaite sehr fein, kaum hervorspringend. — Der Galeopi- thecus variegatus hat runde, geringelte Haare, wie die Mäuse; Molossus obscurus wieder ausserordentlich feine Haare, die denen des Vesp. pipistrellus ähneln. — Die Haare von Cephalotes Pal- lasii sind wie bey den Mäusen. Der afrikanische Goldmaulwurf (Chrysochloris aurata) hat feine Haare, an denen man gleichwohl keinen Canal erkennt, die aber die schönsten Querzellen zeigen, dagegen hat Chryso- chloris radiata geringelte Haare, wie der europäische Maulwurf, nur mit dem Unterschiede, dass sie an den Seiten in regelmäs- sigen Entfernungen Aestchen oder Häkchen tragen, die ihnen ein eigenthümliches Ansehen geben. Noch muss ich bemerken, dass man bey den Seidenhaaren häufig die Beobachtung macht, dass die feinern und gröbern Haare dieser Art an ihrer Wurzel — Zwiebel — durch Zell- gewebe mit einander verwachsen sind, ein Umstand, der leicht auf die unrichtige Vermuthung bringt, als wären die Haare selbst verwachsen, oder als käme eines aus dem andern hervor. Vergleiche 'Taf, VII. Fig. 72 — 83. $. 90. Von den Borstenhaaren. Obgleich sich im gewöhnlichen Sprachgebrauch die Bor- ste, so wie in der Pflanzenterminologie von dem eigentlichen Haare nur durch den*grössern Grad von Steifigkeit unterschei- det; so werden wir doch bey genauerer Betrachtung dieses Gegenstandes noch andere in der Textur gelegene Abweichun- gen zwischen beyden Haararten erkennen. Da sich nun aber die Eigenschaften der Borsten am deutlichsten bey jenen dar- stellen, welche wir bey den Schweinen finden, deren Haare denn auch vorzugsweise vor allen übrigen mit diesem Namen belegt werden, so will ich diese einer genauern Untersuchung unterziehen. — Vor allem ist nöthig, zu bemerken, dass die Borsten des Wildschweines länger, steifer, dicker und härter sind, als die des zahmen. — Beyde waren übrigens schon in frühern Zeiten Gegenstand anatomischer Forschungen , und Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 167 namentlich hat sie der unermüdete Malpighi*) ziemlich ge- nau beschrieben: „Est autem dictus apri pilus eylindricum corpus, quasi diaphanum, exterius laeve, fistularum aggerie conflatum et speciem columnae striatae prae se fert. Componentes fistulae in gy- rum siluatae in apice potentliores redduntur, nam hians quasi pilus in geminas dividitur partes, et componentes minimae fistulae a fer- ruminante succo liberiores redditae mantfestantur, ita ut enumerari possint. Has autem viginti et ulira numeravimus. Exortum trahunt e bulbo pili, et parallelae per longum duciae rotundum pilum effor- mant. Versus apicem omissa rotundilate in geminos, quandoque plu- res laciniantur fines;, expositae fistulae pili substanliam integrantes tubulosae sunt, et frequentibus tunicis transpersaliter situatis,, ve- luti valoulis pollent.* Nach Guvier **) sieht man bey der microscopischen Untersuchung einer Schweinsborste in ihrer ganzen Länge un- gefähr 20 Furchen, welche durch eben so viele Fäden gebil- det werden, deren Vereinigung die Oberfläche des Haares bil- det. In der Mitte der Borste befinden sich zwey Canäle, wel- che das Mark — eine Flüssigkeit — enthalten. Durch das Trocknen trennen sich die Fäden der Borste von der Spitze an von einander, wie man in den Haaren unserer Bürsten sieht; dann entleeren sich die Markhöhlen, und man sieht darin nur noch einige Blätter, die sich in verschiedenen Richtungen kreuzen, Was nun meine eigenen Erfahrungen betrifft, so fand ich die Wurzel immer so schwach ausgedrückt, dass man sie mit unbewaflnetem Auge kaum als eine längliche, runde Anschwellung ausnehmen konnte, die in einem ebenfalls sehr dünnen Balge steckte, der beym Ausreissen der Borste gröss- tentheils mitging. Der Haarschaft stieg nun meist gerade auf- wärts, bis ungefähr gegen den Anfang seines letzten Längen- Dritttheils, wo er sich immer spaltete. Diese Spaltung war meist so, dass sich zwey Aeste bildeten, die dann eine kleine Strecke noch fortliefen, und sich jetzt selbst wieder in meh- rere einfach scheinende Borstenfasern theilten. Als ich jedoch auch die letzte Spitze einer solchen Faser unter das Micro- scop brachte, zeigte sich’s, dass sie auch nicht mehr einfach war, sondern mit mehrern Zweigen endigte. — Ich kann die *) Opera posthuma. p- 94. **) Vorlesungen 2. Bd. $, v. d. Haaren, 168 Von der erschisdenhen der Tliierhaare etc. Oberfläche der Schweinsborsten, so sehr auch der Augenschein dafür sprechen mag, dennoch nicht für glatt annehmen, denn mein Microscop zeigte selbe bey zweckmässiger Beleuchtung von oben stets auf 2 netteste und gleichartigste gerieft, wie ich es denn auch in Tab. IX. Fig. 93 dargestellt habe. Diese tiefgehenden Linien liefen stets der Länge nach, und zwar, wie gesagt, höchst regelmässig neben einander. Man kann sie je- doch nur bey starker Vergrösserung und guter Beleuchtung von oben erkennen. — Malpighi sah also richtig, denn diess sind seine Fistulae, die dem Haar das Ansehen einer Columna striata geben. — Um mich von der höchst merkwürdigen Textur dieser feinern Theile noch genauer zu überzeugen, machte ich nun verschiedene Durchschnitte , und verglich die Flächen unter sich, und mit der Beschaffenheit der ange- führten Oberfläche des ganzen Haares. Der schiefe Durch- schnitt (Fig. 91) zeigte eine Menge jener durchgeschnittenen Röhren, die den angegebenen länglichen Furchen an der äus- sern Oberfläche an Zahl und Durchmesser vollkommen ent- sprachen. In der Mitte des Durchschnittes aber erschien eine Ba gestaltete, bey der Beleuchtung von oben weis- ‚ bey der von unten schwarze, oder wenigstens dunkle Flä- na deren Basis jedoch sleiill; aus solchen durchschnitienen Röhren zu bestehen schien. Der vollkommene Querdurchschnitt ergab dieselben Resultate, nur weniger deutlich, weil man hier den Gegenstand nicht so zweckmässig beleuchten kann. — Beym Längedurchschnitt aber sah man die röhrige Beschaffenheit der. Rindensubstanz ebenfalls sehr deutlich. Sie erstreckte sich aber nicht weit einwärts, sondern stiess bald auf das blätterige We- sen, welches die sogenannte Marksubstanz darstellt, und aus einer unzählbaren Menge der feinsten Blättchen besteht, die ın der Regel, d. h. grösstentheils von einer Seite zur andern zu laufen, also Querwände zu bilden schienen. — Was nun noch den Canal betrifft, in so fern man ihn ungetheilt durch das Mi- croscop, und zwar bey einer Beleuchtung von unten betrach- tet, so zeigt sich derselbe schon ganz unten am Anfang, der Wurzel der Borste, und wird im weitern Verlaufe auf- wärts in dem Masse deutlicher, als die Rindensubstanz feiner, und daher durchsichtiger ist. Auch hier erscheint er schon bey einer mässigen Vergrösserung durch querlaufende Blättchen vielfach getheilt, die gleichwohl nicht immer von einer Wand zur andern, sondern gar oft nur bis zur Mitte reichen, und Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 169 sich dort mit andern verbinden.- An jenen Stellen aber, wo sich, wie eben erinnert wurde, die Borste* theilt, sieht man recht deutlich, dass auch der Canal, und zwar ungefähr ge- rade so in seine Theile zerfällt, wie das Mark eines Baumes an dem Ursprung seiner Aeste. — Wenn man nun das bis- her Gesagte mit vergleichendem Sinn überblickt, so ergibt sich die interessante Thatsache, dass 4) Auch die Schweinsborsten aus einer Rinden- oder Horn-, und aus einer Marksubstanz bestehen. 2) Dass erstere aus einer unbestimmbaren Anzahl (die aber gewiss grösser als 20 ist), von feinen Röhren bestehe, die in ihrem Innern ein feines blätteriges Gewebe enthalten, wel- ches man die Marksubstanz zu nennen pflegt. 3) Dass höchst wahrscheinlich diese Röhren rücksichtlich ihrer äussern hornartigen Umkleidung in dem Verhält- niss feiner werden, je weiter sie nach innen liegen; und dass gerade dadurch der innerste Theil der Borste, der Canal, durchsichtig, und durch querlaufende Blättchen abgetheilt erscheine; endlich 4) Dass die Angabe Guvier’s gewiss unrichtig sey, wenn er sagt: dass sich 4. in der Mitte der Borste zwey Ca- näle befänden, und 2. dass die Anzahl der Spalttheile einer Borste jener der Röhren oder Fäden, wie er sie nennt, entspreche. Niemals spaltet sich die Borste ın so viele Theile, als sie Röhren besıtzt. Alles dieses kann man nur bey einer zahmen Schweins- borste, und am besten bey einer weissen beobachten. Im Allgemeinen finden wir die Borsten unter den Pal- chydermen, wo sie denn so ziemlich denselben Bau, wie bey den Schweinen haben; ob diess jedoch auch nur bey den meisten jener Haare der Fall sey, die wir da und dort mit dem Namen der Borsten zu benennen pflegten, und deren es wohl fast in jeder Thierfamilie gibt, muss ich sehr bezwei- feln, indem bey dieser Benennung eigentlich nur der grössere oder geringere Grad von Steifheit in Anschlag gebracht wird. Da ıch durch die Güte des Herrn Custos Natterer einige Stacheln oder vielmehr stachelartige Borsten von dem brasilianischen Schweine erhielt, und bey der genauern Un- tersuchung durch dasMicroscop eine etwas abweichende Bau- 170 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. art entdeckte, die sich höchst charakteristisch darstellen liess, so ist das Ganze &ezeichnet worden. Hieher scheinen endlich auch noch die steifern, borsten- arligen Haare der Aguti Dasyprocta (Illiger), namentlich des Dasyprocta Aguti zu gehören; wobey ich denn in mehreren der- selben im einfachen Haar schon einen getheilten Canal be- merkte (etwas, das ich sonst nie beobachtete). Vergleiche Tab. VIII. Fig. 84—09, und Taf. IX. Fig. 90— 095. 6.08. Von den Hornhaaren. Unter diesem Namen begreife ich gewissermassen eine Abart der eigentlichen Borsten, und trenne sie von diesen letzteren, weil ihnen die Theilung an der Spitze abgeht, und die Menge der Hornsubstanz bedeutend überwiegt. Ferner haben sie das Eigene, dass sie auf ihren Durchschnittsflächen gleich dem Horne, glatt erscheinen, und nur in der Mitte meist einen einfachen, manchmal aber doch auch vielfach ab- getheilten Canal besitzen. Hieher zähle ıch die Mähnen und Schwanzhaare der Einhufer, namentlich des Pferdes, ferner die stärksten Haare vom Rüssel und dem Schwanze des Elephanten. — In Bezug auf die Textur hat Heusinger wohl ganz Recht, dass er auch die Tasthaare der Robben und des Wall- rosses unter seine Haarborsten aufnimmt; da ich aber die Tasthaare überhaupt von allen andern Haaren trennen will, und es wirklich noch viele andere unter ihnen gibt, z. B. die Schnauzhaare der Ochsen, die vermög ihrer Steifigkeit, ihres Ueberschusses an Hornsubstanz mit gleichem Rechte den Horn- haaren beygezählt werden könnten; so werde ich auch die Hornhaare in dem Barte der Robben und Wallrosse unter der Rubrik der Tasthaare abhandeln. An dem Elephanten in der Menagerie zu Schönbrunn fand ich eigentlich dreyerley Haare; nämlich feinere Körper- haare vorzüglich in der Gegend der Ohren, gröbere Körper- haare da und dort, jedoch sehr sparsam zerstreut, und wahre Hornhaare an dem untern Rande des Rüssels. Der Schwanz Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 171 aber war ganz haarlos,. — Nach andern*) soll sich an der Spitze des Elephantenschwanzes ein Büschel dicker Haare befinden, die wie starker Eisendrath, glänzend, biegsam, und elastisch wie Horn sind. — Ich habe eines jener Hornhaare aus der untern Fläche des Rüssels (die nebenher gesagt das Eigene haben, dass sie oben an der Spitze gleichsam wie ab- geschnitten, und überhaupt durchaus in ihrer ganzen Länge von gleicher Dicke sind), untersucht, und gefunden, dass es einen verhältnissmässig kleinen Balg (wahrscheinlich ist aber der Rest in der Haut stecken geblieben), hatte, vollkommen platt war, aber demungeachtet in der schiefen Durchschnitts- fläche eine Menge durchschnittener Röhren darstellte, die mich sogleich auf seine nahe Verwandtschaft mit den Schweinsbor- sten brachte. Man kann sich davon recht anschaulich ın mei- nen Abbildungen überzeugen. Was die Pferdhaare betrifft, so findet man das Nöthige bey Malpighi**) genau aufge- zeichnet. — Vergleiche Taf. IX. Fig. 96 — 99. $. 92. Von den Stachelhaaren. Der Bau der Stachelhaare hat bey der genauesten Un- tersuchung lange nicht so viel Eigenthümliches, als man wohl erwarten könnte; und ich finde, wenn ich die Sache unparteyisch betrachte, eigentlich die Stacheln der Säuge- thiere von den andern Haaren wesentlich gar nicht, und nur zufällig dadurch unterschieden, dass sie steifer, spitziger, spröder, und überhaupt stärker als alle übrigen Haararten sind. Daher sagt Aristoteles mit Recht: spinae tanto sunt setis duriores, erasstiores et auctiores, quanto pili a selis super rantur, Opianus nennt die hierhergehörigen Thiere: sta- cheliche Schweine (Sues setosi). Die Sache wird auch so wenig genau genommen, dass man in den Schriften der Natur- forscher dieselben Haare bald mit dem Namen Borsten, bald mit dem der Stacheln belegt findet. Uebrigens gibt es in der That stachelartige Haare, und wirkliche Stacheln selbst. Letz- "P’Heasinger a 3 Qyn. 176, ”#) A. 20 472 Von der Verschiedenheit der Thierbaare etc. tere sind es nun, von denen ich zunächst handeln will. Bey uns in Europa haben wir eigentlich nur ein Thier das solche Stacheln besitzt, nämlich den Igel (Erinaceus europaeus), doch gehört hierher auch der Borstenigel (Centetes), und das Stachel- schwein, welches nun auch nach Europa verpflanzt ist; nicht zu gedenken, dass es noch mancherley Thiere gibt, welche kleinere Stacheln auf ihrem Körper tragen z. B. das Moschus- thier auf seinem Schwanze u. a. m. Da wir nun gerade bey diesen Stacheln die wahre Bil- dung der Haare überhaupt am schönsten und deutlichsten darstellen können, so wurden die Stacheln des Igels sowohl, als auch des Sechelechieeids schon von verschiedenen Nakir- forschern diessfalls genauer untersucht. — Aristoteles gibt zwar keine genaue Beschreibung von den Stacheln des Stachel- schweines, doch gedenkt er ihrer kurz im 4. Buch 6. Cap. seiner Naturgeschichte der Thiere. Viel ausführlicher spricht davon der schon angeführte Fabrizius ab Aquapendente *), ir sagt nämlich: „Das Stachelschwein hat ungefähr 100 Sta- cheln, die länger, dicker und spitziger sind, als jene des Igels; sie sind fast auf dem ganzen Körper verbreitet, bunt gefärbt, meist jedoch weiss oder schwarz, und laufen von vorne nach hinten niedergebeugt, wo sie sich mit einer Spitze endigen, die sie, wie der Hirsch seine Geweihe, und die Schlangen ihre Haut zu bestimmten Zeiten erneuern (?)“ — Der Graf Buffon**) beschreibt sie nach dem äussern Ansehen fol- gendermassen: „Die grössten Stacheln dieses Thiers sind auf dem Hintertheil des Rückens, etwa 9 Zoll, die kleinsten 4 Zoll lang, ihr Durchschnitt - wechselt von 3 — 4 Linien Dicke. Sie sind an beyden Enden spitzig, schwärzlich und weissgelb- lich in grossen Ringen, die von einem Ende der Stacheln bis zum andern gegen fünfmal mit einander abwechseln. Der Schwanz starrt von Kielen, die am Ende quer abgeschnitten zu seyn scheinen. Sie sind hohl, am Ende offen, hihda nur zwey Linien Durchmesser , und 4'/, Zoll Länge. Sie sitzen an einem sehr zarten, und ’/, Zoll langen Stiel, der in die Haut hineingeht, liegen den ganzen Schwanz hinunter, und zwar in gewisser Weite einer von den andern entfernt, sind braun und weissgelblich gefärbt; ihre Wände überaus dünn und klin- A a. **) In seiner Naturgeschichte V. Thl, Bd. Il. S. 16. Von der Verschiedenheit .der Thierhaare etc. 173 gend. Daher das klirrende Geräusch bey der Bewegung. Das Ende der Schnauze und die Füsse sind mit kleinen, braunen steifen Borsten bedeckt; die Barthaare bestehen aus schwarzen glänzenden Borsten, die über '/, Schuh lang sind. Uebrigens erscheinen die Stacheln am Kopf, Hals und Bauch dünner, kürzer und biegsamer, als am Rücken.“ — Nach Cuvier befin- det sich am Schwanze ein Dutzend Haare, welche den Feder- kielen ähnlich, an ihrem freyen Ende abgestutzt und hohl sind. Das andere Ende ist solide, dünn und biegsam. — Ich habe mir schon einige Male viel, aber jederzeit ver- gebliche Mühe gegeben, um mich von der merkwürdigen Be- festigungsart dieser Stacheln in der Haut selbst zu überzeugen, Ich bin daher genöthiget, die von Gaultier*) gegebene Be- schreibung so anzuführen, wie sie Heusinger**) citirt: »Die abgezogene Haut zeigt auf ihrer innern Fläche Unebenheiten, welche von übereinander liegenden zahlreichen, aber symme- trisch geordneten Organen herrühren. Untersucht man diese Organe genauer, so findet man sie mit einer faserigen Haut umgeben, auf ihrer äussern Fläche platt, ungleich auf ihrer innern. Ich habe sie (Disques) , Scheiben, Schilder genannt. Sie enthalten die Wurzeln von 5, 7, 9 oder 14 Haaren. Man kann die Schilder in kleine und grosse theilen; ihre Grösse steht im Verhältniss zur Grösse der Haare. Die grossen Schil- der finden sich auf dem Rücken und auf den Seiten. Die Haare, deren Wurzeln in diesen Schildern enthalten sind, sind hart, dick, und unter dem Namen: Stacheln bekannt. Die kleinen Schilder finden sich fast an allen Theilen der Haut. Die grossen haben eine mehr als halbkreisförmige Gestalt, und einen Durchmesser von 42 — 46 Linien. Sie endigen sich zuweilen nach unten in eine Spitze, und sind bey ihrem dach- ziegelförmigen Aufeinanderliegen durch Muskellagen von ein- ander geschieden. Diese auf ihrer äussern Fläche platten Schil- der zeigen auf der innern zwey Reihen von Erhabenheiten, eine obere und untere, die durch eine bogenförmige Linie von einander getrennt werden. Die obern Erhabenheiten entspre- chen den Hüllen der Stachelwurzelu, die untern gleichen de- nen, welche man unter den Zähnen findet, und sie entsprechen Fettzellen, die beständig in derselben Richtung, wie die Wur- *) Journal de Physique. Vol, 90. Avril. 1820. p. 2. **) A, a. 0. p. 180. 174 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. zeln der Stacheln liegen. Der Raum, den die Fettzellen und die Hüllen der Haarwurzeln einnehmen, ist fast gleich gross. Eine jede Hülle (Gaine), gleicht der Substanz, die innerhalb des Balgs das Haar umgibt, enthält das untere Ende und die Wur- zel eines Haars, und ist in eine Spitze blind geendigt. Die Hül- len der grössten Haare sind gewöhnlich 5 Linien lang, und ha- ben 4'/, Linie im Durchmesser. Die Wurzel der grössten Sta- chel liegt in der Mitte und am tiefsten, auf beyden Seiten neh- men sie an Grösse ab, und liegen weniger tief. Fine jede Hülle besteht aus einer perlmutterartig glänzenden, sehr glatten, mit Kreisfasern umgebenen Haut; sie ist dann auf zwey Seiten von der eigenthümlichen faserigen Substanz der Schilder umgeben. Diese beyden Häute vereinigen sich an der Mündung der Hülle in einen sehr festen Wulst. Zwischen diesen beyden Häuten, und zwar an der, der Haut gegenüberliegenden Seite befinden sich zwey kleine Höhlen neben einander; diejenige, welche der Mündung der Hülle des Haars am nächsten liegt, ist voll Bälge (Drüsen, Follicules), und die andere enthält eine kleine Menge Fett; ich nenne die erste die Drüsenhöhle, die andere die Fett- höhle. Die Drüsen nebst der Substanz, welche sie enthalten, wiegen in den Höhlen der grössten Stacheln ungefähr einen Gran, und das Fett ungefähr zwey Gran. Die Drüsen hängen an einer Stelle der Wand ihrer Höhle fest; das Feıt lässt sich aus seiner Höhle leicht herausnehmen. Die Substanz der Drü- sen ist gelb, das Fett weisslich. Eine jede Drüsenhöhle hat drey Oeffnungen, die eine steht durch einen, 4 bis 2 Linien langen Ausführungsgang mit der Hülle der Wurzel des Sta- chels in Verbindung; in diesen Ausführungsgang kann man leicht eine Nadel einbringen ; die zweyte Oeflnung führt in die Fetthöhle; die dritte führt zu dem Faserngewebe, welches einen Theil der kegelförmigen Wurzel des Stachels umgibt. Die Hüllen der Wurzeln in einem Schilde liegen in einer Rei- he; unten an den Wurzeln der Stacheln sind sie durch ein dichtes Fasergewebe mit einander verbunden, und durch Mus- kelfasern oben an ihren Mündungen sind sie durch schlafles Zellgewebe mit einander vereinigt. Der Theil des Schildes, welcher aus der Vereinigung dieser Hüllen entsteht, liegt ge- wöhnlich zwischen zwey Lagen Muskelfasern. Die Fettzellen liegen dicht an den Hüllen, und haben dieselbe Richtung. An ihrem untern Ende bilden sie einen blinden Sack, an dem obern aber zeigen sie einen Eindruck, in welchem die Wurzel Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 175 des Stachels liegt, und sie sind durch einige Muskelfasern von der Hülle getrenut. Wenn man sie ganz ausleert, so erblickt man in ihrer Mitte einen Strang, welcher sich zur Wurzel des Stachels begibt. Die Fettzellen sind verschieden von den oben erwähnten Fetthöhlen.« Dieses in Bezug auf die Befe- stigungsart der genannten Stacheln. — Was nun die Textur des eigentlichen Schaftes betrifft, so kommt sie grösstentheils mit jener des Igelstachels über- ein, und da ich diese nicht allein ausführlich beschreiben , sondern auch durch naturgetreue Zeichnungen versinnli- chen werde; so beschränke ich mich jetzt darauf, die et- waigen kleinen Abweichungen des Baues bey dem Stachel des Stachelschweins nachträglich anzuführen. Sowohl das Männchen als auch das Weibchen des Igels ist vom Kopfe bis zum Schwanze gleich stark mit Stacheln be- setzt, und nur die Unterfläche des Leibes ist behaart. Diese Haare sind aber nach Buffon zweyfach: Einige haben die Fe- stigkeit der Schweinsborsten, obgleich sie viel kürzer sind. Ihre Farbe ist weisslich, gelb und roth durchscheinend. Die längsten sind 46 Linien lang. Zwischen diesen Borsten ist ein dichteres, krauses und theils graues, theils braunes oder kastanienfarbiges Haar. Auf denFüssen und dem Schwanze findet sich ein dünnes, kurzes und glattes Haar, das mit jenen Borsten von einer Art zu seyn scheint. — Malpighi*) beschreibt die Stacheln dieses Thieres schon sehr genau, indem er sagt: »Spinae in erinaceis praecipue, et consimilibus nıl aliud sunt, quam duri et rigidi pili, ıgitur eadem struclura et compages in utrisque reperitur ; quae cum evidenlissima sit, in confirmationem exaratorum ex- ponenda venit. Spina stylus est rotundus, acuminalus, fistulis in gyrum stalutis compaclus. Haec autem insecta transversaliter erinacei spina patent; circum enim dura, compactagque subslantia Jistulas nectens occurrit; in centro vero veluti medulla concludi- tur. Fistularum et medullaris ductus compages secta per longum spina manifestatur; exterius namque quasi cortex ambit, proxi- mae luci succedunt fistulae , quae transversalibus valoulıs muni- untur. Et sicut in plantis subrotundis orbiculis invicem hiantibus fistulae componuntur, ia in spinarum fibris intercepta spalia in- eicem hianlia utriculorum ordines aemulantur. Solent autem in crassioribus spinis multiplicari fistularum ordines, sese inpicem ") A,.a. 0, 176 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. continentes involucri instar, et inlerdum tres numeravi. In cen- tro sinus per longum excurrit valoulis interceptusz; lunicae nam- que per transpersum ductae non sunt omnino horizontales, nec invicem parallelae; sed invicem sibi occurrentes sinus et cellulas efformant, quales ın liene, vel in laxata plantarum medulla observantur.« Es wird sich sogleich aus dem Resultat meiner verlässlichen Untersuchungen ergeben, wie richtig Malpighi diesen Gegenstand grösstentheils beobachtet habe. — Diesen zu- folge fand ich in Bezug auf die Einpflanzung der Igelstacheln, dass sie sämmtlich gleich den übrigen Haaren zum Theil im, zum Theil unter dem Corion, also theilweise schon in der Fetthaut entspringen. Jederzeit reichen ihre Wurzeln tiefer, als die der feinern, neben ihnen entspringenden Borsten und Haare. Der die Wurzel umgebende Balg ist ein feines, fast durchsichtiges Häutchen, das eng an derselben anliegt, und nur am untersten Ende, gleich wie bey den übrigen Haaren der Säugthiere, wirklich mit ihr verwachsen ist. — Die Wur- zel bildet ein beynahe vollkommen rundes Knötchen, das mittelst eines Halses (dem engern Theile) aufwärts mit dem Haarschaft in Verbindung tritt. Dieses Knötchen steckt mit seinem Anfang (also dem untersten Theile) im Fettgewebe, mit welchem es durch ein kleines Loch, das sich gerade in der Mitte befindet, so zu sagen in unmittelbare Verbindung tritt. Wenigstens scheint von diesem Punkte aus die Ernäh- rung des Haares mittelst eintretender Gefässe statt zu finden. — Betrachtet man nun dieses Wurzelknötchen unter dem Mi- croscope genauer, so zeigt es sich, dass die äussere Oberfläche keineswegs glatt, und daher völlig abgerundet, sondern durch sechs Einschnitte fein abgetheilt ist, welche mittelst schwacher Linien in dem Centralloch convergiren. Schneidet man das Knötchen aber der Quere nach in der Mitte durch, so erscheint- abermals das Centralloch in der Mitte, umgeben von sechs, gleich diesem durchschnittenen ovalen Canälen, die sämmt- lich von Rinden- oder Hornsubstanz eingeschlössen sind. Mit diesen Ansichten, welche in Fig. 405 — 106 deutlich dargestellt sind, stimmt auch jene vollkommen überein, die dann er- scheint, wenn das Wurzelknötchen der Länge nach durchschnit- ten wird (vergleiche Fig. 4107—108), wo man dann sowohl das Centralloch in seiner Verlängerung, also den ganzen Central- canal mit den sechs Seitenästchen, die am Ende alle sich in jenen öffnen, wiederfindet. — So verhält sich die Sache mit Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 177 dem Wurzelknötchen. Dem Igelstachel, so wie wahrscheinlich den meisten Stachelhaaren scheint der conische Körper der Tasthaare, also die eigentliche gelatinöse Substanz, welche die Wurzel des Haares umgibt, gänzlich zu mangeln. Der aus ihm entspringende, und oben von mir mit dem Namen des Halses belegte, schmale Anfangstheil des Schaftes steckt grösstentheils in dem Corion, und an ihn legt sich auch äusserlich bey seinem Durchbruch die Oberhaut als feines Blättchen ringsherum an. Nunmehr, bald viel dicker werdend, steigt der cylindrische Stachelschaft, nur wenig nach einer Seite gebogen, aufwärts, verändert seine Farbe zweymal, und endigt zuletzt mit einer festen, geschlossenen Spitze. — Es handelt sich nun darum, seine innere Textur zu beschreiben , und in dieser Hinsicht fan- gen wir mit deräussern Oberfläche an. Diese ist, so wenig wir diess auch mit unsern Fingern wahrzunehmen im Stande sind, keineswegs ganz glatt, sondern sehr fein gerieft, d.h. man sieht mehrere erhabene Linien (Leisten), die durch fast gleichweit von einander entfernte, vertiefie Linien getrennt sind. Sowohl die einen, als die andern laufen parallel mit ein- ander und stets der Länge nach, und vereinigen sich gleichsam an der Spitze der Stacheln. Sie sind übrigens nicht durchaus gleich dick, d. h. der Durchmesser der feinen Leisten ist nicht gleich, sondern da am grössten, wo der Schaft des Stachels am breitesten ist. Nebst diesen, der Länge nach verlaufenden Furchen und Leisten, sieht man aber auch bey genauerer Betrachtung noch andere, viel kleinere, quere oder horizontal laufende Linien, welche die früher genannten erhabenen Linien zu durchschnei- den scheinen. Diese sind aber nur so fein, dass sie löcherartig erscheinen. Wir kommen nun auf die Betrachtung des queren Durchschnittes des ganzen Stachels. Hier zeigt sich zuerst am äussersten Umkreis eine feine Hornschichte, deren Gewebe ganz gleichartig ist; auf diese folgt eine aus blätterigem Gewebe gebildete Scheibe, die aus ungefähr 26 Strahlen zusammengesetzt ist. Diese letztern gleichen ganz den oben angeführten durch- schnittenen sechs Canälen des Wurzelknötchens an Gestalt und Grösse. Sie sind nämlich oval, und liegen dicht neben einan- der. Das Ganze besteht aus einer lockern, brüchigen Zellen- substanz, nur mit dem Unterschiede, dass, wie in dem Wurzel- knötchen die einzelnen Strahlen an ihrem äussern Umfange bis 42 178 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. auf eine kleine Strecke durch die einwärts laufende Rinden- oder Hornsubstanz von einander getrennt sind, und dadurch eigentlich deutlich begränzt sichtbar werden. Das Centrum die- ser Scheibe ist ebenfalls mit einem feinblätterigen Zellgewebe angefüllt, und zeigt keine regelmässige, beständige Figur. Ue- brigens scheinen sich die Radü der Scheibe gegen diesen Mit- telpunct zu öffnen. Der Längedurchschnitt des Stachels gibt zwar ganz andere, aber doch mit den angegebenen vollkom- men übereinstimmende Resultate: es zeigt sich nämlich hier eine dreyfache Substanz. Den äussersten Ueberzug macht na- türlich die Hornschichte, die ich auch hier aus einfachem, gleichartigem Gewebe, und nicht aus Zellen gebildet glaube; darauf folgt einwärts ein aus feinen Zellen gebildetes Gewebe, deren einzelne Blätterchen fast treppenartig über einander in beynahe gleichen Entfernungen liegen. Die Breite derselben nimmt fast '/, des ganzen Stachels ein. Der innerste Raum, der gleichfalls '/; des Ganzen beträgt, ist mit einer ähnlichen lamellösen Substanz angefülll, deren Zellen aber aus viel gröbern Wandungen gebildet, und überhaupt nicht so regel- mässig gebaut sind. Sämmtliche drey Substanzen nehmen so zu sagen aus dem Wurzelknötchen ihren Ursprung, gleichsam in verjüngtem Massstab, indem sie den sogenannten Hals so durchziehen, dass man sie hier nur mit der grössten Mühe von einander unterscheiden kann. — Die äusserste Spitze besteht jedoch nur aus Hornsubstanz, indem das blätterige innere Ge- füge nicht so weit hinauf reicht. Die oben kurz berührten kleinen Abweichungen der Tex- tur des Igelstachels von jenem des Stachelschweines beruht erstens darauf, dass man hier im schmalen unteren Ende, das dem sogenannten Halse des Igelstachels entspricht, einen beynahe ganz leeren Raum antrifft, dessen Wandungen bloss von der ebenfalls deutlich geriefien Horn - Rindensubstanz ge- bildet werden, und an dessen oberem Ende sodann erst das blätterige Gewebe — die sogenannte Markmasse — des Schaftes beginnt; und zweytens, dass die mittelste der drey Substanzen, welche beym Längendurchschnitt zum Vorschein kommen, verhältnissmässig viel häufiger ist, also auch einen weit grössern Raum, etwa °/, des ganzen Schaftes einnimmt. — Auch ist der Stachel des Stachelschweines nicht so rund, wie der des Igel. — Ob übrigens, wie Heusinger sagt, die Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 179 Zellen, welche aus einer harten, ganz gefässlosen, weissen, einer trockenen, serösen Haut gleichenden Haut bestehen sol- len, im Innern mit Luft gefüllt sind, lasse ich dahin gestellt seyn. u Anmerkung 1. Es gibt viele Thiere, deren Haare so zu sagen, eine Mittelgattung zwischen den Borsten und Stacheln bilden. Hieher gehören die Haare des Elenns, des Moschusthiers (aber nur an ge- wissen Gegenden des Körpers), des Tanrecks, die steifern Borsten des Igels und des Stachelschweines selbst; ferner die Borsten des Pecari und der Echidna, die feinern Stacheln der übrigen Stachelthierarten, namentlich der Hystrix subspinosa,in- sidiosa, nychtemera, macroura (welche zugleich knotig sind), fasciculata, brasiliensis, dorsata, (die feine Wi- derhäkchen haben), prehensilis und paraguayensis. Anmerkung 2. Nach Sarrasın *) zeichnen sich die Stacheln des canadischen Stachelschweines durch eine ganz eigene Bildung ih- rer Spitze aus, Diese ist nämlich ganz allein schwarz, der übrige Theil der Stacheln durchaus weiss, Unter dem Microscop soll man dann einige um die Spitze schraubenförmig laufende Streifen, (filets) und einen aus kleinen Zähnen bestehenden Rand bemer- ken, deren Spitzen gegen die Basis gerichtet sind, und die also gleich Widerhaken Widerstand leisten können. Anmerkung 3. Bey einigen Stachelschweinen findet man nicht nur, wie wir bald sehen werden, platte Haare, sondern auch breite Stacheln, und so bilden eigentlich diese letziern den natürlichen Uebergang zu denjenigen Haaren, die wir jetzt genauer betrach- ten werden. Vergleiche Tab. IX. Fig. 100 — 101 und Tab. X.Fig. 102 — 108. $. 93. Von den platten Haaren. Ich habe schon oben in der allgemeinen Uebersicht der Säugethierhaare angeführt, dass die Stachelratten (Loncheres) rauhe, platte, breite Haare haben, welche sich mit einer har- ten Spitze endigen, und so eigentlich platte Stacheln bilden. Lichtenstein **) beschreibt die schuppenförmigen Stacheln dieser Thiere genau, indem er sagt: »Sie tragen nebst dem feinen, weissen Haar auf dem Rücken und an der äussern Seite *) M&m. de l’Academie des sciences. de Paris 1727. **) Ueber die Ratten mit platten Stacheln. In den Schriften der phys. Classe der Akademie d. Wissenschaften zu Berlin. 1819. Tab. 1. p. 187. 1277 180 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. der Schenkel breite, elastische, zugespitzte, aber an der Spitze weiche, daher nicht stechende Haare, die auf ihrer Oberflä- che eine convexe Leiste, auf der untern eine Rinne haben.« — Ferner sagte ich, dass der grosse Ameisenbär (Myrmecophaga jubata) lange, breite, geradestehende, und das Schnabelthier auf seinen Zehen ebenfalls breite und zweyschneidige Haare tragen soll; endlich wurde von dem Haar des Klippspringers (Antilope Oreotragus) gesagt, dass es an den Spitzen platige- drückt sey. Ausser diesen findet man nach F. Guvier bey dem Wombat, ferner noch bey der Echidna, dem Pecari, den Stachelschweinen und Igeln nebst ihren Stacheln und andern feinern Körperhaaren solche platte, breite Haare, die mitun- ter eine ganz ausgezeichnete Bildung an sich haben. Hieraus ersieht man, dass dieselben platten Haare nur selten allein, sondern meist in Gesellschaft anderer angetroffen werden. So haben die Stachelratten ausser den platten Haaren auch run- de. Am Stachelschweine habe ich oben viererley Haare an- gegeben, und der Igel trägt Stacheln, platte und runde Haare. Nach Sarrasin *) soll das canadısche Stachelschwein sogar ein 7faches Haargebilde haben. — Uebrigens ist die Breite dieser platten Haare keineswegs überall dieselbe, sondern auch sehr verschieden. Am breitesten fand ich die Haare der Hy- strix dorsata, sie waren So zu sagen schwertförmig; die des Faulthieres fangen gleichsam an breit zu werden, denn ihr Querdurchschnitt ist stark oval. — Die Haare der Pangolins sind so breit und abgeplattet, dass diese Thiere wie mit Schup- pen (nach Art der Artischockenblumen) bedeckt sind. — Auch ist ein und dasselbe Haar an verschiedenen Stellen ver- schiedentlich breit; so z. B. findet man auf den Füssen des Igels unten und oben schmälere, in der Mitte breitere Haare; zudem sind gewöhnlich fast alle Haare in der Mitte am brei- testen. — Ich habe die Haare des Faulthieres und der Hystrix dorsata microscopisch untersucht, und ihrer abweichenden Bil- dung wegen auch zeichnen lassen. Da wahrscheinlich alle hieher gehörigen Haare undurchsichtig (ich fand einige nur an der äussersten Spitze durchsichtig) sind, so müssen sie un- ter dem Vergrösserungsglas steis von oben beleuchtet wer- den. Auf diese Art beobachtete ich nun bey dem Haar des IA, 3008 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 4181 Faulthieres, dass seine äussere Oberfläche wie mit vielen, meist quer laufenden Einschnitten, Rissen und Spalten verse- hen war, welche bald länger und durch die ganze Breite des Haares laufend, bald kürzer, und das Haar nur zur Hälfte ein- schneidend, bald ganz klein und kaum bemerkbar waren. Der Querdurchschnitt zeigte die ovale Figur des Haars, den in der Mitte gelegenen Markcanal, und da und dort dunklere Stellen, die wahrscheinlich den so eben angegebenen queren Einschnitten an der Oberfläche entsprechen. — Beym schiefen Längedurchschnitt war die Ansicht dieser Theile noch deutlicher, vorzüglich stellte sich der gleichsam hohlscheinende Canal auf eine beträchtliche Länge dar. — Etwas abweichend von diesem war das Resultat einer Untersuchung der schwert- förmigen Haare von Hystrix dorsata. — Denn, abgesehen von der viel beträchtlichern Breite hatte schon die äussere Ober- fläche des Haars ein ganz anderes Ansehen. Ich erkannte näm- lich sogleich eine unzählbare Menge unregelmässiger, meist fünfeckiger, dunkler Flecken (Zellen), die mich an die ähnli- chen beym Rehhaar erinnerten. Der schiefe Längedurchschnitt zeigte einen sehr breiten Canal, der °/, des Haars einnahm, und aus feinen Zellen zu bestehen schien. Die Farbe des durchschnittenen Stücks wurde in dem Masse lichter,, je dün- ner die zurückgebliebene Scheibe unter dem Microscope ge- worden war. Vergleiche Tab. X. Fig. 109 — 1135. $. 94. Von den gefleckten Haaren. Hierunter verstehe ich alle jene Haare, deren Oberfläche unter dem Nicroscop bey guter Beleuchtung von oben gefleckt erscheint. Damit will ich jedoch nicht gesagt haben, dass die Oberfläche wirklich gefleckt sey, sondern ich glaube vielmehr, dass das Haar äusserlich ganz gleichartig beschaffen und glatt sey, und dass die unter dem Microscope erscheinenden Flecken nichts anders, als die innern, durch die Beleuchtung von oben dunkel erscheinenden, kleinen eckigen Zellen des Haares seyen. Alles diess wird sich sogleich durch die genaue Beschreibung, noch mehr aber durch die bildliche Darstellung erweisen. 182 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. Man findet diese Gattung von Haaren hauptsächlich bey den Wiederkäuern, und zwar namentlich in dem Geschlecht des Hirsches, der Ziege und des Bisamthiers. — Pallas*) ver- glich diese Haare rücksichtlich ihres innern Baues mit den Bin- sen, und nennt ihr Mark medullae scirpi simillima. Ich wählte zur genauern microscopischen Untersuchung ein Haar vom Halse des Rehes. Da die Wurzel des Rehhaars sehr klein ist, so muss es auch der sie umgebende Balg seyn, der sich denn auch durch eine ausserordentliche Feinheit aus- zeichnet, die so gross ıst, dass man Mühe hat, den Balg selbst zu unterscheiden. — Die Wurzel ist nebstdem oval, ausseror- dentlich zart, weich und weiss. Ich zweifle wohl keinen Augen- blick, dass sie durchbohrt sey, aber ich konnte mich daven nicht überzeugen. Auch sie besteht, gleichwie der Haarschaft, aus einer zweyfachen Substanz — der Rinden- und Marksub- stanz. Letztere, die den sogenannten Canal bildet, beginnt zu unterst, und läuft etwas wenig geschlängelt, und manchmal et- was breiter werdend, in den Canal des Schaftes über, der hier sehr schmal beginnt, und so zu sagen den Hals bildet. Bey der Beleuchtung von oben zeigt sich sowohl in der Wurzel als auch im Schafthalse der Canal als ein dunkler, wenig gewun- dener Streifen von fast gleicher Breite, der da zu verschwinden scheint, wo der Hals in den Körper übergeht. Hier nimmt näm- lich die Rindensubstanz so überhand, dass der Canal unsichtbar wird. Der Schaft selbst, der anfangs nur ein paar Linien lang gerade fortläuft, biegt sich nun bis zu seiner Spitze regelmäs- sig von der einen zur andern Seite. Heusinger **) hält die- se Biegung nur für scheinbar, und nach ihm rühren diese Bo- gen nur daher, dass sich das Haar während seines Wachsens regelmässig spiralförmig um seine Achse gedreht hat, wie viele Pilanzen. Die Farbe des Schaftes ist verschieden, im Ganzen aschgrau, das Ende schwarz, die erste Hälfte der Spitze gelb, die letzte schwarz. Es ist mir sehr interessant, von Heu- singer die Bemerkung gemacht zu sehen, dass diese Fär- bung nur von der äussern Substanz des Haares herrühre, und sich nicht in das Innere erstrecke. Ich werde mich hierüber bey den Menschenhaaren deut- licher erklären. Einige Ansätze abgerechnet, erscheint das Haar *) Spicilegia zoologica. fasc. XIII. p. 28. "A. 2,087 486, Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 183 durchaus glatt, unter dem Vergrösserungsglas aber fallen die fast durchaus regelmässig aneinander gereiheten Zellen (die sich als eckige dunkle Flecken darstellen) sogleich ins Auge. Die meisten dieser Zellen bilden Fünf-, manche auch bey- nahe ganz regelmässige Vierecke. Man kann sie besser in der Quere als der Länge nach aneinander gereiht betrachten. Ihr Umfang ist verschieden, und scheint sich genau nach dem Durchmesser des betreffenden Haartheiles zu richten; so dass sie also in der Mitte des Schaftes, wo er am dicksten ist, eben- falls den grössten, und in dem sogenannten Halse den klein- sten Umfang haben. — Der Querdurchschnitt zeigt den äussersten Rand ganz glatt, fein, und daher auch ohne Zel- len, gleich darauf folgen grosse, ziemlich gut ausgedrückte eckige Zellen, dann kommen kleinere, nicht so genau be- gränzte, und die Mitte füllt ein mehr blätteriges Gewebe aus, das in undeutlichen Lagen, manchmal wie verworren aufge- schichtet ist. Im Längendurchschnitte erscheinen die Zellen viel deutlicher, besonders wenn der Schnitt nur sehr oberflächlich geführt wurde. Man unterscheidet ohne viele Mühe die oberflächlichen von den tiefer liegenden durch ihre dunklere Färbung. — Die Wände dieser Zellen bestehen aus ganz weissen, trocknen, spröden Blättchen;; diess macht dann auch, dass die Rehhaare überhaupt spröde sind, und leicht abbrechen, wie wir denn solche an der Spitze abgestossene Haare unter dem Schwanze der Hirsche, am Moschusbeutel u. s. w. häufig finden. Beleuchtet man aber diese Haare von unten, und wählt man hiezu den feinsten Theil, den Hals derselben, dann se- hen wir die Rindensubstanz dunkel gefärbt, den Canal aber durchsichtig, und durch feine Querwände unregelmässig ab- getheilt. Die Haare der Antilopen unterscheiden sich von den Rehhaaren, mit denen sie sonst sehr viel Aehnlichkeit haben, durch kleinere Zellen, und ein feineres inneres Gewebe. Diess gilt namentlich von der Antil. Dorcas, deren Kniehanre ich untersuchte, und von der Rubicapra. Eben so verhält es sich auch mit den Haaren der Ziegen. Anmerkung 1. Das Moschusthier zeichnet sich in dieser Gat- tung sehr durch die Manichfaltigkeit seiner Haare aus. Seine Körperhaare kommen im Ganzen mit den Rehhaaren überein, und zeigen unzählige kleine, runde Zellen, übrigens keinen Ca- 184 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. nal; dagegen sah ich an den flach anliegenden Schwanzhaaren, welche durchsichtig sind, den schönsten Doppelcanal. Endlich trägt das Thier in der Gegend, wo der Schwanz mit dem Rumpfe zusammenhängt, eine feine Wolle, die sehr der Merinoswolle ähnelt- Anmerkung 2. So fand ich die Textur der Rehhaare, und bin also mit der Ansicht von Heusinger über diesen Gegenstand übereinstimmend. Wenn er aber behauptet *), dass alle eigentli- chen Haare, und selbst die Menschenhaare, in den mehrsten Stü- cken mit den eben beschriebenen übereinkommen, so scheint die- ser Ausspruch wohl eine Berichtigung zu verdienen. Zuvörderst müssen wir wissen, was man unter eigentlichen Haaren zu verste- hen habe, und diese Definition ist gewiss nicht se leicht zu ge- ben, als es Manchem scheinen möchte. Wenn Heusinger (wie man wohl zunächst glauben muss), darunter alle jene Haare zählt, die nicht zu den Tast-, schuppenförmigen, Borsten-, Woll- und Seidehaaren gehören, so möchte er wohl noch bey den Haaren mancher der übrigen Thiere auf Texturverschiedenheiten kom- men, die sich nicht so ganz an die beschriebene der Rehhaare an- reihen lassen. — Es ist überhaupt eine sehr schwierige Sache, die Haare nach ihrer Textur streng zu classificiren, weil die Manich- faltigkeit derselben zu gross ist. Welch’ grosser Unterschied ist vollends nicht zwischen einem Reh- und einem Menschenhaar ! Freylich finden wir in den meisten, oder wohl gar in allen Haa- ren Zellen, aber gerade ihre Gestalt und sonstige Beschaffenheit ist so verschieden, dass nicht das Haar einer Species dem einer andern, ihm sonst noch so sehr verwandten, ganz gleich kommt. — Auch gibt es noch eine Menge Haare, die in Bezug auf ihre Textur zwischen den platten und fleckigen Haaren gleichsem ın der Mitte stehen, wie man diess schon in den Haaren der Hy- strix dorsata ausgesprochen findet. Ferner trifit man öfters Haare, deren Oberfläche gleichsam wie aus feinen $chüppchen besetzt zu seyn scheint; und noch andere Thierhaare ähneln wieder sehr den Menschenhaaren, wie 2. B. die einiger Affen, namentlich des Cercopithecus rufus, Inuusaethiops, Papio amatus etc., ferner der Unze, des Waschbärn, des Stink- ıhters, des Bibers u. m. a. So bleibt also dem Forscher noch ein reiches Feld zu fernern Beobachtungen, denn wer ist im Stande, alle Haare genau zu untersuchen? — Vergleiche Tab. X]. Fig. 114— 118. $: 95- Von den Tasthaaren. Mit diesen Namen belegt man alle jene Haare, welche auf beyden Seiten um den Mund der Säugethiere, und zwar *) A,.a. 079.186, ” Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 185 auf ihrer Oberlippe stehen , und sich einerseits durch ihre vor- zügliche Länge, andrerseits durch ihre physiologische Bestim- mung — als Gefühlsorgan — auszeichnen. Sie entsprechen also in Bezug auf ihre Lage dem Schnauzbarte des Menschen, und heissen daher auch Schnauz- oder Knebelbärte, (Moustaches) der T’hiere. Im gewöhnlichen Sinne spricht man nur den Säugethieren diese Haare zu; es liessen sich aber nach meiner Meinung die um den Mund gelagerten Fühlfäden der wirbellosen Thiere, namentlich der Zoophyten und Würmer, ferner die Bartfäden der Fische wohl zu den Tasthaaren zäh- len. Ueber den Bau dieser letztern wurde schon früher ($. 68) das Nöthige angeführt, und was ihre Function betrifft, so soll sie in den physiologischen Bemerkungen über die Thierhaare weiter besprochen werden. Ich beschränke mich daher jetzt bloss auf die Tasthaare der Säugethiere. Ihre Verbreitung in dieser Thierklasse ist, wo nicht allgemein, doch ausserordent- lich gross, und ihr entspricht auch eine grosse Manichfaltigkeit in der einzelnen Anordnung, Lage, Menge, ja sogar in dem anatomischen Baue dieser Haare. So sind sie in manchen Thie- ren — namentlich den kleinern, zartern — ebenfalls feiner or- ganisirt, als in andern, die sich überhaupt durch einen star- ken, torosen Körperbau auszeichnen. Man darf ja nur das Tast- haar einer Maus mit dem eines Ochsen vergleichen. — Was nun ihre innere Textur betrifit, so weichen sie nicht allein von den sogenannten eigentlichen Haaren nicht sonderlich ab, son- dern man kann sie mit allem Recht als die Normhaare des gan- zen Thierreichs betrachten, und Jedermann wird zugeben müssen, dass das Tasthaar in jeder Hinsicht das vollkommenste unter allen Haaren ist. — Demnach bestehen sie 4) aus dem Balg und der in ihm enthaltenen Zwiebel, und 2) aus dem Haarschafte. — Was die erstern anbelangt, so habe ich selbe im $. 59 ausführlich und genau so beschrieben, wie ich sie nach wiederholten Versuchen in der Natur, und zwar in der Schnauze eines Ochsen fand.‘ — Mit dem dort angegebenen Baue stimmen auch die Barthaare der übrigen Säugethiere in der Hauptsache durchaus überein, wesshalb es überflüssig ist, ihrer weiter zu erwähnen. — Der Haarschaft selbst fängt auf’ dem Boden des Zwiebelbalgs mit einer Anschwellung an, die man Wurzel — nach andern auch Zwiebel — nennt. Sie ist in den verschiedenen Thieren ebenfalls von sehr verschiedener, wahrscheinlich bey jedem Individuum von eigener Gestalt, n: r 186 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. oft oval, eylindrisch, kugelförmig oder kreisrund, plattgedrückt etc. Sie ist ferner, wie schon gesagt, immer von weicherer Consistenz als das Haar selbst, und zeichnet sich durch die stets gleich bleibende weisse Farbe vor den übrigen Theilen des Haars aus. Sie ist hohl, und enthält in sich den sogenannten Haar- kern oder Haarkeim (Pulpus pili). Dieser ist es nun haupt- sächlich, wodurch sich die Tasthaare ganz besonders von den übrigen Haaren auszeichnen. Es ist nämlich ein weicher, meist roth gefärbter conischer, oder vielmehr nach der einschliessen- den Höhle geformter, ich möchte sagen gelatinöser, und wahr- scheinlich mit dem eigentlichen conischen Körper des Balges in Bezug auf seine Bestandtheile identischer Körper, der sich bey den T'asthaaren verhältnissmässig höher in den Haarschaft kinauf erstreckt, als in den andern Haaren. Er zeigt sich so- gleich beym Durchschneiden eines Tasthaars (oft sogar desjeni- gen Theils, der bereits über der Haut hervorragt) durch ei- nen blutigen Tropfen. — Da man nun diesen Körper als die eigentliche Materie ansehen muss, aus welcher das Haar zu- nächst entsteht, so begreift man leicht, warum sich die abge- schnittenen Tasthaare regeneriren und Knoten bilden, wenn der Schnitt so tief fällt, dass er noch den Haarkern trifft. Rücksichtlich des Schaftes der Tasthaare ist zu bemerken, dass er in manchen Thieren hornartig, oder den Borsten gleich, und daher mit sehr vieler Rindensubstanz begabt ist. Diess se- hen wir bey den Barthaaren der meisten Cetaceen, namentlich der Robben. Da ich bisher keine Gelegenheit hatte, diese Haare selbst zu untersuchen, so gebe ich hier ihre Beschreibung nach der Angabe anderer Autoren. Albin*) war wohl einer der Er- sten, der seine Aufmerksamkeit auf den innern Bau dieser Haare lenkte. Der Graf Buffon**) sagt von ihnen Folgendes: Sie sind kurz, fein (?) und steif. Zu beyden Seiten der Schnauze ist ein Knebelbart, der vorn an der Schnauze theils mit schwar- zen, theils halbweissen und halbschwarzen Borstenhaaren be- steht. Ueber diesen finden sich andere, weit dickere und län- gere, die glatt und knotig sind, wie die Fühlhörner der Insec- ten. Eben solche Borstenhaare finden sich auch über den Vor- derwinkeln des Auges. Die längsten haben 3'/, Zoll. — Auch Rudolphi beschreibt ihre Structur in der angegebenen Dis- *) Annot. academ, lıb. III. Cap. 15. p. 66. FEAR. a0), Von der Verschifllenkeit der Thierhaare etc. 187 eh und in den Abhandlungen der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin **). Die Angaben dieser Autoren benutzend hat wohl Heusinger”**) dasBeste hierüber gelie- fert, und durch Abbildungen erläutert. Nach ihm finden sich in dem Barte der Robben längere und kürzere Haarborsten, die sich von den Körperhaaren ganz verschieden zeigen. Die längsten stehen am weitestem nach vorne, die kürzern mehr nach hinten. Er fand die längsten über vier Zoll, die kürzesten kaum einen Zoll lang; sie sind weiss, hart, biegsam, elastisch, glänzend, in einen Bogen nach aussen und hinten gekrümmt, und an der feinen Spitze eingebogen. Am dicksten sind sie an der Basis, bilden aber hier keine Anschwellung, sondern neh- men von hier an bis zu der äussersten Spitze an Dicke ab. Die grössern sind von zwey Seiten zusammengedrückt und platt, und haben daher zwey Flächen und eben so viele Ränder. Diese letztern sind in regelmässigen Zwischenräumen einge- drückt, und an diesen Stellen ist das Haar halb um seine Achse gedreht. Es scheint also, dass sich das Haar während seines Wachsthumes in regelmässigen Spiralwindungen gedreht habe; was sich vorzüglich an den kleinern Borsten zeigt, da diese nicht abgeplattet, aber ganz regelmässig spiralförmig gedreht sind. — Der Canal des Haars zeigt sich deutlich als ein braun- rother Streifen von der Wurzel angefangen durch das ganze Haar; nur wird der Strich einen Zoll oberhalb der Wurzel fei- ner, ungefärbt, und verliert sich gegen die Spitze ganz. Heu- singer hält diese Färbung begründet durch geronnenes Blut, das den Canal ausfüllt. Er fand übrigens ausser der Erweite- rung des Canals auf dem Anfang der Wurzel keine andere Spur eines Kerns. — Der Balg besteht aus einer harten, hornartigen, elastischen, gefässlosen Substanz, und hat eine ovale Gestalt. Nur auf dem Boden steht das Haar mit dem Balg in Verbin- dung, denn oben schliesst es sich zwar eng an denselben an, ohne jedoch mit ihm verwachsen zu seyn. Der conische Kör- per gleicht hier einem sehr zähen Fleische, in das sich viele Blutgefässe, nach Andern sogar Nerven fortsetzen. — Anmerkung. 1. Der sogenannte Balg der Tasıhaare biethet manche Verschiedenheiten dar. Ich hahe ihn oben bey dem Ochsentast- *) De pilorum structura. Grygph. 1806. 4. p. 180. **) Veber Hornbildung. ZI) A. p- 176. i88 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. haare als sehr fest und dick — fibrös — beschrieben. Dagegen findet man ihn bey den kleinern Thieren, namentlichAinter den Hautflüglern (Chiroptera), oft von einer ganz basondern Feinheit, ja selbst durchsichtig. Hensinger will sogar die Cir- culation ın dem Balg der Tasthaare von der kleinen Hufeisen- nase (Vesp. hipposideros) bey unverleizier Oberhaut un- ter dem Microscop gesehen haben. In den Tasthaaren des Han- des fand ich ihn ebenfalls nug in der Mitte faserigt, oben und unten aber dünn und fein. Bey der Katze sind die Bälge ver- hälınissmässig dick und fest. — Auch ihre Farbe wechselt, doch sind sie meist entweder weiss oder gelblich. — Anmerkung. 2. Auch der conische Körper ist Abänderungen unter- worfen nach Verschiedenheit der I'hiere. Beym Ochsen fand ich ıhn bald gelb, bald röthlich. In manchen Thieren soll er sogar schwarz seyn, gewöhnlich ist er jedoch roth. Seine Consisienz wechselt gleichfalls bey verschiedenen Thieren. -— Vergleiche Tab. XI. Fig. 119 — 122. $- 96. Ich würde sehr irren, wenn ıch mit den angegebenen Hauptverschiedenbeiten der Thierhaare in Bezug auf ihre Textur dieSache erschöpft zu haben glaubte; ich bin vielmehr überzeugt, dass man bey weiterer Verfolgung dieses Gegen- standes, und namentlich bey aufmerksamer Vergleichung der Haare von den einzelnen Arten der verschiedenen Thierge- schlechter noch aufsehr interessante Verschiedenheiten kommen würde. Eine solche Arbeit fordert aber eben so viel Zeit, als günstige Gelegenheit und tiefe Sachkenntniss. Erstere mangelt mir gegenwärtig, und letztere bin ich weit entfernt mir an- zumassen. Nichtsdestoweniger habe ich von jedem Geschlecht wenigstens eine Species in Bezug auf die Haare untersucht; von sehr vielen Geschlechtern bekam ich durch die Güte meiner Freunde die Haare mehrerer, namentlich aber aller ausge- zeichneten Arten zu Gesichte. Wenn übrigens von dem ver- schiedenartigen Bau der Haare gesprochen wird, so ist diess fast immer auf die Structur des Haarschaftes zu beziehen. Rücksichtlich dessen sehen wir denn ein Hauptmoment in dem Verhältniss der Rinden- zur Marksubstanz, und in dem lockerern oder festerern Gewebe beyder. So ist die Rinden- oder Hornsub- stanz ın den meisten Haaren von einem durchaus gleicharti- gen — dem eigentlichen Horngewebe gebildet, doch auch ın vielen Haaren mit wahren Zellen versehen, wie wir diess Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 189 so schön bey den gefleckten Haaren gesehen haben, und Heu- singer von den Haaren der Fischotter abbildete. Nicht unbeträchtlich ist ferner die Anzahl derjenigen Haa- re, deren äusserste Rinde wie aus dicht aufeinandergelegenen, oder gleichsam zusammengebackenen Schüppchen zu bestehen scheint. — Manche Haare führen durch die Feinheit ihrer Tex- tur auf den Gedanken, als wenn sie aus blossem Zellgewebe bestünden, und gar keine Rindensubstanz besässen. Wenig- stens konnte ıch z. B. in den Haaren des Goldmaulwurfs durch- aus keinen Canal, also keine doppelte Substanz wahrnehmen, sondern das ganze Haar schien aus den niedlichsten Querzel- len zu bestehen. — Derley Haare treflen wir überhaupt unter den Seiden- und Wollhaaren an. Unter diesen erstern finden sich denn auch solche, wo die Rindensubstanz gleichsam quer- laufende Verlängerungen nach einwärts zu machen scheint; wenigstens bin ich z. B. der Meinung, dass die dunkeln Stel- len in den Maulwurfs-, Fledermäuse- und Eichhörnchen-Haa- ren bloss von einer dickern Hornsubstanz, nicht aber von be- sonders abgesetztem Pigmente herzuleiten seyen. — In der Regel ist das Haar in der Mitte durchsichtig, und zeigt einen Canal, doch gibt es hiervon unendliche Verschie- denheiten. Denn theils lässt diese Durchsichtigkeit eine Menge Abstufungen zu — wie beym Chilopates variegatus, und allen gegliederten Haaren z.B. den Mäusehaaren ; — theils ist die Mark- substanz erst dadurch zu unterscheiden, dass an ihren beyden Rändern ein lichter Streifen läuft, der sie von der dunkeln Hornsubstanz scheidet, wie z. B. bey Mustela putorius ; theils erscheint sie wie durchlöchert, wie z. B. bey Mustela vulgaris und Jachus penicillatus; bald ist sie selbst wieder durch regel- mässige Ringe abgetheilt, wie im Maulwurf, bald gegliedert; wenn diese Ringe breiter werden, und durch einen lichten Streif von der Hornsubstanz getrennt sind, wie beym Landbä- ren; bald bloss gezackt wie beym Eisbären, bald stellenweise ganz dunkel und undurchsichtig, (ein Fall der sich häufig fin- det), bald endlich ganz gleichartig mit dicht aufgehäufter und daher kaum zu unterscheidender Marksubstanz, wie beym Lö- wen. Selten ist es, dass sich die Sache umgekehrt verhält, d. h. dass die Rindensubstanz durchsichtig, und die Medullar- substanz undurchsichtig ist. Dennoch fand ich es so bey den Haaren des Löwen. Uecberhaupt ist das Mengeverhältniss der beyden Substanzen sehr veränderlich; ın der Mehrzahl mag 190 Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. wohl das Mark '/, des Ganzen einnehmen; doch gibt es auch Fälle, wo die Hornsubstanz bedeutend abnimmt, wie in den , meisten Seiden- und Wollhaaren, und namentlich auch in denen des Lemur tardıgradus, und des Goldmaulwurfs, die aus lauter gleichartigen Querzellen zu bestehen scheinen. — Es ist gewiss interessant, dass gerade in dem Geschlechte: Felis, und namentlich beym Tieger und Löwen das Innere des Haars so voll Mark zu seyn scheint, dass es beynahe dem Hollundermark gleicht. Nichtsdestoweniger ähneln wieder die Haare des Panthers (Felis Pardalis), und Luchses (Felis Lyn«), in so fern den Mäusehaaren, dass sie geringelt sind. Oft fin- det man unter einer Anzahl Haaren von einem und demsel- ben Thier ganz verschiedene Haare. Diess erfuhr ich, als ich die Haare der Mustela vulgaris untersuchte. Die dicksten unter ihnen waren undurchsichtig, höchstens da und dort wie fein punktirt; die feinern zeigten einen geringelten Ca- nal; noch andere schienen alle Hornsubstanz verloren zu ha- ben, waren völlig durchsichtig, und zeigten die feinsten und regelmässigsten Markzellen. — Endlich gibt es eine grosse Anzahl von Haaren, die denen des Menschen sehr ähnlich sind, so von Cercopithecus rufus, Inuus aethiops, Papio ama- ius und Mormon, Stertor, Cebus und Colopus (Aflen), ferner vom Biber, der Unze, dem Waschbären, Stinkthier u. a. m. — Gewöhnlich sind die Spitzen der Haare — vorzüglich der grössern, starken — Haare, dicht, ohne Marksubstanz. Doch hat das auch seine häufigen Ausnahmen, und gar oft war es gerade die Spitze, die mir über den Bau des Canals, die Be- schaffenheit des ihn ausfüllenden Zellgewebes den gewünsch- ten Aufschluss zu geben vermochte, während alle übrigen Theile des Haars, aus zu grosser Menge ihrer Hornsubstanz, vollkommen uudurchsichtig waren. — Man wird übrigens bey einer aufmerksamen Verglei- chung der von mir dem Werke beygegebenen Zeichnungen mit denen anderer Autoren ersehen, dass häufig bedeutende Abweichungen Statt finden. Natürlich wird wohl ein Jeder das Recht der richtigen Copirung für sich zu behaupten su- chen. Ich verweise statt alles Rechtens den Leser an die Be- trachtung der Natur, also zur Anstellung eigener Beobach- tungen, um das Lob nach Verdienst auszutheilen. Es bleibt immer eine schwierige Sache, mit verschiedenen Instrumen- ten, und bey ungleicher Fertigkeit sie zu handhaben, gleiche Von der Verschiedenheit der Thierhaare etc. 191 Resultete zu erhalten; hiezu kommen denn noch die fatalen optischen Täuschungen. Dass man aber dennoch in der Haupt- sache übereinkommen könne, davon zeugen die Kupfertäfeln von Heusinger und meine eigenen Abbildungen, wenn bey- de mit einander verglichen werden. Desto auffallender wird aber der Contrast zwischen diesen und den Abbildungen von Baster*) seyn, von welchen ich kühn behaupten möchte, dass sie in Bezug auf Treue sehr vieles zu wünschen übrig las- sen. — *) Tweede Verhandeling over de Bekleedselen van de Huid der Die- ren, voornamelyk van het Hair door Baster Job. In den Verhan- delingen der Hollandsche Maatschappye der Wetenschoppen te Haar- lem Deel XIV, p. 579. Zweyter Abschnitt. Ueber den physiologischen Zweck der Thierhaare, $. 97. FERIEN BEN U 1 °g. Auch bey den Thierhaaren finde ich es zweckmässig, die Functionen derselben in einer doppelten allgemeinen Rück- sicht zu betrachten. Demnach theile ich selbe auch hier in a) Haupt- oder allgemeine, und in b) Neben- oder besondere Verrichtungen. Ich verstehe ferner unter den ersten abermals solehe, welche 4) allen Haaren dieser Klasse zukommen, und die 2) einen wesentlichen Einfluss und Nutzen auf die ganze ODekonomie, oder, wenn man anders sa- gen will, auf den ganzen Lebensprocess der Thiere haben; und zähle unter die zweyten alle jene, durch wel- che irgend ein besonderer Zweck eines Theils des Organismus vorzugsweise erfüllt wird. Erstes Hauptstück. Von dem Nutzen der Thierhaare im All- gemeinen. $. 98. In diesem Bezuge kommen nach meinem Dafürhalten die Thierhaare so zu sagen fast ganz mit denen des Men- schen überein, und es ist daher bey gehöriger Berücksichti- 7 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 193 gung der auch hier einfliessenden Nebenumstände alles das an- zuwenden, worüber ich später bey den Menschenhaaren sprechen werde. Ich verweise demnach, um unnütze Wieder- hohlungen zu vermeiden, den Leser auf die Paragraphe der drey Abtheilungen der Menschenhaare, worin von der Aus- dünstung, Einsaugung und der electrischen Span- nung, insofern sie durch die Haare vermittelt werden, ausführ- lich gehandelt wird, und bemerke noch, dass ich dort auch jene Phänomene in Anregung bringen werde, welche sich bey Thieren beobachten, und auf die fraglichen Puncte anwenden lassen. Zweıtes HauptstWer Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. $. 99. In dieser Beziehung zerfällt die Function der Thier- haare ın folgende Theile: a) Sie dienen zur Bedeckung. b) » » zum Schutz und zur Verthei- digung, c) » » zur Schönheit und Zierde. d) Siesind Organe des Gefühls und e) » » » der Bewegung *). $- 100. a) Von den Haaren der Thiereals Bede- cekungsmittel. In keiner andern Beziehung wird der Nutzen und Zweck der Thierhaare so allgemein giltig angenommen, als gerade *) In ökonomischer Rücksicht dienen sie auch zur Befriedigung eini- ger Bedürfnisse des Menschen ,„ wovon jedoch hier weiter keine Rede seyn kann. 15 19% Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. in dieser. Unser tägliches Leben mit seinen gewöhnlichen Be- dürfnissen erinnert uns zu oft daran, Klima und Jahreszeit halten uns denselben so grell vor Augen, dass man sich nicht wundern darf, wenn unter dem Kapitel, welches vom Nutzen der Haare handelt, die Bedeckung des ıhierischen Körpers, und der dadurch bewirkte Schutz desselben vor äussern Un- bilden jeglicher Art obenan steht. — Im Allgemeinen sehen wir wirklich gerade jene Thiere am haarigsten, welche dem feindseligen Einfluss des Klima und der Jahrszeit am meisten ausgesetzt sind. Desshalb hat die Natur alle Thiere im wilden Zustande mit einem stärkern Haarwuchs begabt, als die zah- men; desshalb verlieren manche Thiere, wenn sie ıhr kaltes Klima, oder ihre rauhe Lebensweise mit einem wärmern Hım- melsstriche und dem gemächlichen Zustande der Hausthiere vertauschen , ihre Haare in einem wirklich auffallenden Grade, wie uns das guineische Schaf, das nur Haare, statt Wolle, und der guineische Hund, der gar keine Haare hat, zur Genüge beweist. Ich müsste mich selbst wiederholen, wenn ich alle die Thatsachen hier anführen wollte, welche das Gesagte be- kräftigen, und ich verweise demnach auf die $$. 45, 46, wo von dem Einflusse des Klima, der Jahrszeit und der Lebens- art auf die Haare gehandelt wurde. — Dass die Thiere gerade an ihrer sogenannten Lichtseite, also jener, die den äussern Einflüssen zunächst ausgesetzt ist, behaarter sind, als an der Erdseite — also im Allgemeinen am Rücken mehr und stärker, als am Bauche — spricht ebenfalls zu Gunsten des zu bewei- senden Satzes. Wollten wir übrigens die Naturgeschichte der behaarten Thiere, ihre Lebensart u. s. w. genauer durchgehen, so würden wir jeden Augenblick auf Thatsachen stossen, die diesen Gegenstand ausser allem Zweifel setzen, und nach allen Seiten bekräftigen. — Am allermeisten spricht wohl der aus unserm täglichen Leben genommene Umstand dafür, dass wir uns selbst in der rauhen Jahrszeit, oder im kalten Klima durch die behaarten Felle der Thiere — das sogenannte Pelzwerk — vor den Unbilden derselben zu schützen wissen. Auch das wechselseitige Verhältniss, in welchem die Menge, oder auch nur das Vorhandenseyn, und die geringe An- zahl oder der gänzliche Abgang der Haare mit der derbern — schaligen d. i. kalkartigen, und schuppigen Haut, und auf der andern Seite mit dem feinen Fell stehen, führt uns auf die Richtigkeit der angeführten Behauptung; und dass diejenigen Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 195 Thiere, welche im Wasser leben müssen, gewöhnlich haarlos sind, lässt sich am besten dadurch erklären, dass sie ihrer nicht bedurften, weil sie, deren Körper ohnehin mit dem Was- ser fast gleiche Temperatur hält, in diesem Medium gleich- mässig fortleben, und von allen anderartigen Einflüssen, de- nen die Landtliere unaufhörlich ausgesetzt sind, wenig oder gar nichts zu leiden haben. — Uebrigens ist es immer eine be- merkenswerthe Sache, dass (mit Ausnabme der Fische und Amphibien) im Allgemeinen gerade die Klassen der höhern Thiere einen stärkern Haarwuchs von der Natur erhielten, als die der niedern, und dass wir unsern Satz: »Die Haare dien- ten zur Bedeckung« gerade bei den niedersten Thierklas- sen fast gar nicht anwenden können; obwohl auch hier die Natur, wie überall, ihre oft unerklärlichen Ausnahmen macht, so dass wir Thiere, die in der meisten Beziehungen einander ähnlich sind, oft in Bezug auf ihre iHautbedeckung ganz ab- weichend finden. — Interessant war mir die von Rösel gemachte Bemerkung, dass der Nutzen der grauen Wollhaare, welche die Phalaena bomb. lanestris L. als Schmetterling und Weibchen an den letzten Gliedern ihres Hinterleibs in einem starken Büschel beysammen hat, darin bestehe: dass das Thier die von ihm nach der Paarung gelegten Eyer damit überziehe, nach dem es sich dieselben mit dem zangenförmigen Ende seines Eyergan- ges ausgerissen hat. So bedeckt auch Phalaena dispar. ihre in ovalen Massen an Baumstämme gelegten Eyer mit ihren Haa- ren; und Phalaena processionea überzieht eine Stelle mit Schleim, streut die Hälfte ihres Haarbüschels darauf, legt dann reihenweise ihre Eyer darein, und bedeckt sie endlich mit dem Reste ihres Büschels, und zwar so, dass alle Haare eine gleiche Richtung haben, nämlich mit ihrem Wurzelende auf den Eyern stehen, mit dem andern Ende aber nach Aussen gerichtet sind. Auf gleiche Art reissen sich Pelikane, Seetaucher, Enten, Rebhühner und andere Vögel selbst die feinsten Federn aus der Brust, und bereiten damit eine wärmere und weichere Un- terlage für ihre Eyer. So dient überhaupt die oft auffallende Menge feiner Haare, welche man in der Larve vieler Schmet- terlinge findet, nebst dem daselbst liegenden Gespinnste zum Schutze des in der Metamorphose begrilfenen Thierchens; auch schützt der starke Haarwuchs mancher Insecten ihre zarte Haut vor einer ihnen nachtheiligen Reibung, und wohl zu berück- 13 196 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. sichtigen ist die von C. Sprengel*) gemachte Beobachtung, dass die Lufilöcher (Stigmata) der Insecten oft durch Borsten und Haare gegen das Eindringen fremder Körper geschützt werden. $. 101. db) Von den Thierhaarenals Vertheidi- gungsmittel. Das Wesen der ganzen Natur oflenbart sich durch einen beständigen Kampf; wir sehen diess nicht allein in dem unor- ganischen Reich, sondern jeder Schritt, den wir in der organi- sirten Welt vorwärts machen, sagt uns dasselbe. Auffallender tritt aber dieses Entgegenstreben dem gewöhnlichen Menschen da in die Sinne, wo der Kampf unter lehenden Geschöpfen be- steht, die mit dem Menschen in näherer oder entfernterer Be- ziehung sind, und wo er sich wirklich den groben Augen als ein wahrer Vertilgungskrieg darstellt, indem diese die dar- aus jedesmal entstehende neue Schöpfung meist gänzlich über- sehen. — Da wir also, wie gesagt, unmöglich läugnen können, dass alles zum Untergang bestimmt sey, und dass dieses im- merkehrende Verderben zur Wesenheit der Schöpfung gehö- re, so kann es uns allerdings einigermassen wundern, wie sich die Natur in mancher Beziehung diesfalls selbst im Wege steht, und jene Vernichtung auf manichfache Art zu hindern strebt. Die Sache auf unsern Gegenstand angewandt, ist es gewiss eine wunderbare Einrichtung in der Natur, dass gewisse T’hiere mit allerhand Werkzeugen versehen sind, womit sie sich gegen die feindseligen Angriffe der Andern vertheidigen, und so ihr Le- ben schützen können. Unter diesen Waffenarten finden wir nun auch bey mehreren Thieren die Haare — namentlich die stär- kern — Borsten — Stachelhaare. — Es ist schwer zu bestim- men, in wiefern die hierhergehörigen Haargebilde — ich meine die Haken — Borsten und Stacheln — den Zoophyten und Eingeweidewürmern zur Wafle dienen, und zwar aus dem Grunde, weil man diese kleinen wunderbaren Thierchen in ihren verschiedenen Lebensactionen nicht so leicht zu beobachten Ge- legenheit hat, und ihre eigentliche Naturgeschichte sich gerade *) Commentarius de partihus, quibus insecta spiritus ducunt, Lip- siae, 1815. 4, Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 197 noch in einem sehr dürftigen Zustande befindet; wenigstens gilt diess gewiss von den Zoophyten. — Der mitunter gerade in dieser Beziehung sehr ausgezeichnete Bau der Ordnung: Stachelhäute nach Guvier (Echinodermata), und nament- lich des so bekannten Seeigels (Echinus), über dessen Sta- cheln ich oben das Nähere angegeben habe, kann wohl zu- nächst keinen andern Zweck haben, als das in der Schale enthaltene Thier zu schützen. Wir können diess um so eher glauben, als wir wissen, dass die Stacheln dieser 'Thiere mit Muskeln versehen sind, und daher nach Willkühr bewegt werden können. Mehr Ungewissheit herrscht schon in Bezug auf die Bestimmung des Nutzens der Stacheln und Borsten, die wir bey den Anneliden, namentlich bey den Arten von Aphrodite antrefien, doch werden wir nicht sehr unrecht ıhun, wenn wir sie nebst dem schon bekannten auch als zu diesem Zwecke bestimmt ansehen. — Weit deutlicher spricht sich dieser freylich bey den Insecten aus, und man kann kühn behaupten, dass die langen Haare, die steifen Bor- sten, scharfen Dornen, womit manche Raupen und andere Insecten bekleidet sind, wahre Vertheidigungsmittel darstel- len. Dass diess sich wirklich so verhalte, beweist schon der Umstand, dass diese Thiere bey ihrer letzten Mauser , ehe sie sich verpuppen (wo sie dann dieser Schutzmittel nicht mehr bedürfen) mit einer glatten Haut, ohne jene Haare und Dornen erscheinen, wodurch sie früher so bemerkbar waren. — Noch deutlicher zeigt sich dieser Nutzen z. B. bey der Raupe der grossen Tiegermotte, oder des braunen Bären (Phal. B. Caja), welche, wie bekannt, mit sehr langen Haaren dicht besetzt ist. Diese Raupe rollt sich gleich demIgel zusammen, sobald sie im Mindesten beunruhigt wird, und kann dann nicht leicht aufgerollt werden, weil sie immer zwischen den Fingern durchgleitet. So ist *) der kleine zerstörende Käfer (Anthre- nus musaeorum) im Larvenzustande mit Bündeln von auseinan- derlaufenden Haaren besetzt, und schlüpft daher zwischen den Fingern durch, als ob er mit Oel wäre schlüpfrig gemacht worden. Die zwey Haarschöpfe am Schwanze, welche ihrer ganzen Länge nach mit einander vereinigt sind, und sich in eine lange, scharfe, hellebardenähnliche Spitze endigen, schei- nen ebenfalls zur Vertheidigung abzuzwecken. — So gibt es ——————— * » : , h Eh ) Entomologie vonKırby und Spencet. Stuttgardt 1824. Einleitung. 198 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. _ Raupen, bey deren blossen Berührung mit den Händen diese entzündet werden. Da man diess insbesondere von der Fich- ten- und Processionsraupe sagt, so habe ich ihre Haare genau untersucht und gefunden, dass der Grund jener Entzündung offenbar darin liege, dass sich die feinen Haare dieser Raupe, die alle mit einer unzählbaren Menge ausserordentlich kleiner Seitenstacheln versehen sind, mittelst dieser letztern in der Haut festsetzen, und so wahrscheinlich auf rein mechanische Art jene Entzündung bewirken. —Reaumur*) hat die Jucken und Brennen erregende Eigenschaft einiger Haarraupen um- ständlich beschrieben. Dr.Banks undSolander beobachte- ten auf einer Insel des Südmeeres auf den Mangroevebäumen in morastigen Gegenden eine Menge kleiner grüner Raupen, die sehr haarig waren, und bey der Berührung wie Brennnes- seln stachen, ja einen noch durchdringendern, aber nicht so anhaltenden Schmerz verursachten. — Mit Recht nennt man also diese Haare passive Vertheidigungsmittel der Insecten, Vergleiche Tab. VI. Fig. 60 — 61: Es gehört überhaupt noch gar viel dazu, die eigen- thümliche Stellung der manchmal so sonderbar gestalteten Haare und Borsten hinlänglich zu erklären, ungeachtet wir an einem dieser Stellung genau entsprechenden Zweck keinen Augenblick zweifeln können. Die so saftreichen Haare der Arachniden sind wohl vielleicht durch den enthaltenen Saft schädlich; wenigstens lese ich in Rösel’s Insectenbelu- stigungen, dass Piso den Haaren einer grossen westindischen Winkelspinne eine brennende Kraft zuschreibt, wenn sie auf die Haut eines Menschen gebracht werden. Bey den Fischen ist gewiss der ausgezeichnete Bau der Stachelbäuche und Igel- fische ebenfalls auf die Vertheidigung berechnet. Denn diese Thiere blasen sich, indem sie Luft verschlucken , und damit ihren Kropf (Magen?) anfüllen, wie ein Ball auf, spannen da- durch ihre Haut, in welcher die Stacheln sitzen, und bilden so auf dieselbe Art eine Stachelkugel, wie der Igel auf festem Lande. — Dieser letztere ist es nun vorzüglich, an dem wir denNutzen besagter Stacheln am besten zu beobachten Gelegen- heit haben. Schon Fabrizius ab Aquapendente**) hat *) Memoires des Insects, tom. 1. p. 1. mem. 4 **) Opera omnia anatom. et physiolog. anno 1565. p. 445. de pilıis. Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 199 uns über den Zweck der Igelstacheln Folgendes berichtet: „Der Igel bedarf solcher Stacheln, weil er stets zwischen Dornen, Steinen, in Baumhöhlen und rauhen Gegenden herumzieht. Zudem ist das Thier klein, hat kurze Beine, bewegt sich dess- halb langsam und schwer. Diesen mangelhaften Bau musste also die Natur durch eine stachliche Bedeckung ersetzen, da- mit der Igel allen äussern Einflüssen mit seinen Stacheln be- gegne, so wie er seine edlen Eingeweide im Fall der Noth un- ter diese Schutzwehr zurückziehen kann.“ — Wirklich ist der Igel im Stande, seinen ganzen Körper mit grosser Kraft kugel- förmig zusammenzuziehen, Kopf und Füsse ganz zu verstecken, so dass der ganze Körper einer Stachelkugel gleicht, die schwer anzugreifen ist. — Ueber das Stachelschwein sagt uns derselbe Fabrizius: „Dieses Thier hat gleiche Mängel in seinem Bau wie der Igel, ist zum schnellen Laufen ungeschickt, und hat eine Menge Fett unter der Haut. Es soll sich gegen die An- griffe der Hunde durch Abschicken der Stacheln vertheidigen, indem es nämlich auf ihre Mäuler zielt (?!), und zwar soll diess mit solcher Gewalt geschehen, dass die weggeschleuderten Sta- cheln sich im Holze fangen, und getroffene Hunde an der Wun- de sterben. — Diess wird zwar nicht von allen geglaubt, aber wahr ist es, dass dieses Thier, sobald es von Hunden verfolgt wird, keineswegs flieht, weil es sich untüchtig dazu fühlt, sondern stille hält, und im Vertrauen auf seine Waffen zuerst sich, wie zum Kampfe rüstend, am ganzen Körper aufblähet, dann die Stacheln nach einer gewissen Richtung erhebt, und zuletzt mit seltener Kunst bald sich zur Wehre setzt, bald die Hunde angreift, so zwar, dass die meisten derselben gar nicht, manche jedoch auf wiederholten Befehl ihrer Herren zum An- grilfe schreiten. Sobald sie nun das Stachelschwein nahe genug glaubt, wendet es seinen Hinterleib bey günstiger Gelegenheit gegen seine Verfolger; stets rückwärts gekehrt vorschreitend, schleudert es zwar keine Stacheln weg, sondern vertheidigt sich mit denselben gegen die Zähne der Hunde. Noch wunderbarer aber ist es, dass, sobald dieses Thier einige Stacheln in dem Körper der Hunde haften sieht, selbe alsbald abfallen, (daher nannte sie Plinius Spinae missiles), weil es sie eingesenkt zu- vücklässt, indem es in seiner Wuth die Gabe hat, selbe loszulas- sen. Zugleich schwillt es am ganzen Körper auf. Die Jäger aber halten eine solche Wunde für gifug, ziehen alsbald die Stacheln heraus, und stecken sie unter die Erde, als wenn ıh- 200 Von dem speciellen Nutzen der Tluierhaare. nen dadurch geholfen würde.“ — Wenn wir nun gleich dem Thiere die eigenthümliche Kraft, seine Stacheln abzuschiessen oder auch nur loszulassen in dem angeführten Sinne nicht zu- schreiben wollen, so liegt doch in dem übrigen Theil. der An- gabe dieses alten Gewehrsmanns viel Wahres, und verdient daher nicht übergangen zu werden. — Cuvier*) sagt, dass es ihm scheine, als könnte das Thier seinen Harn in die hin- tern Stacheln lassen, um ihn nachher, wie mit einem Weih- wedel weit weg zu spritzen. Diess wäre doch gewiss etwas ganz Besonderes! Fast möchte ich die Stacheln mancher Insecten, namentlich der Bienen ebenfalls hierher rechnen, welche doch am Ende auch nichts anders als steife Haare sind, die sich nur durch ihren Sitz, und einen eigenen giftartigen Saft, der in ihrer Höhle enthalten ıst, von andern ähnlichen Stacheln auszeichnen. — Endlich beobachten wir noch bey vielen andern Säuge- thieren, dass sie, wenn sie gereitzt, oder in Wuth versetzt werden, ihre Haare gleichsam aufrichten (was offenbar nur durch krampfhafte Zusammenziehung ihres Hautmuskels ver- mittelt wird); bey andern wieder, die eine Gefahr befürch- ten, oder Schläge zu gewärtigen haben, sehen wir, dass sie durch Runzelung ihrer Haut die Menge der, selbe bedecken- den Haare gleichsam künstlich vermehren, und so die Gewalt der äussern Einwirkung schwächen. $. 102. c) Dıe Thierhaare dienen zur Schönheit und Zierde des Körpers. Ich bin überzeugt, dass die Natur, als sie den Thhieren dieHaare gab, nebst den bereits angeführten allgemeinen Zwe- cken, gewiss auch den zu erreichen strebte, dieForm der ’Thiere ın Gefälligkeit und Anmuth zu erhöhen; ja es ist nicht zu ver- kenven, dass die Vertheilung der Haare in Bezug auf Art und Menge derselben selbst mit den besondern Form-Verhältnissen der einzelnen Thiere in näherer Verbindung steht. Dass übrıi- gens die Haare ganz besonders geeignet sind, dıe äussere Form der Thiere zu modificiren, daran wird wohl Niemand zweifeln ; *) Vorlesungen 2. Bd, p. 566. Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 201 auch gibt uns die tägliche Erfahrung häufig genug Beyspiele und Belege für diesen Satz. Man denke sich was immer für ein Thier, das im Naturzustande stark behaart ist, dieser Zierde auf einmal beraubt, wie hässlich stellt es sich unsern Blicken dar? Auch können wir kühn behaupten, die Natur hätte die ausserordentliche Manichfaltigkeit in der äussern Form ihrer Geschöpfe nicht wohl erreichen können, wenn sie sich nicht gerade des Haarschmucks dazu hätte bedienen können. Ein nur oberflächlicher Ueberblick in der Klasse der Säugethiere gibt uns davon den überzeugendsten Beweis; und hierin liegt auch der Grund, warum die Naturforscher aller Zeiten bey Zusam- menstellung ihrer Systeme, namentlich aber bey Angabe der unterscheidenden Merkmale der Leschlechter und Arten stets auch ihre Zuflucht zu den Haaren genommen haben. — Es würde mich übrigens zu weit führen, wenn ich alle die vielen Beyspiele anführen wollte, wodurch erhellen würde, dass sich die Natur gerade der Haare bediente, um einzelne T'hierarten nicht allein aufs deutlichste, sondern auch durch anmuthige Form vor andern auszuzeichnen. Ein Rückblick auf die frühern Paragraphe, wo ich bemüht war, die auffallendsten Zeichnun- gen der Thiere einer jeden Klasse zusammenzustellen, und das Allgemeine über die Richtung, Länge, Menge und das Vor- kommen der Haare überhaupt anzugeben, kann einen jeden Leser davon überzeugen. — Wollen wir die Sache noch weiter verfolgen, und von den Backenbärten, Schnauzbärten, Haar- büscheln, Mützen, Zöpfen, Mähnen, Bändern, Ringen, Strei- fen, Flecken, Schwänzen, Zotten u. s. w. der Säugethiere ab-trahirend, in die Klasse der Vögel übergehen, so werden wir vollends von Bewunderung hingerissen. Der gütige Schö- pfer, der uns diese muntern Thiere gleichsam zum Vergnügen, zur allgemeinen Freude seiner belebten Schöpfung gab, ver- lieh der Annehmlichkeit und Schönheit ihres Körpers einen neuen unvergleichlichen Reitz durch die herrlichsten Farben- zeichnungen, die sich kaum ein Mensch denken kann, der sie nicht in ihrer ganzen Pracht bewundert hat. — Wie abschre- ckend sind dagegen die meisten Thiere, und namentlich die Amphibien, deren Haut aller Haare beraubt, und um diesen Mangel zu ersetzen, mit einer dicken knöchernen Schale be- deckt ist. Selbst unter den Säugethieren stehen gewiss die we- sig oder gar nicht behaarten an Schönheit der Form allen 202 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. übrigen weit nach. Man vergleiche einmal die Pachydermata mit den Sohlen- und Zehengängern, man stelle den Elephanten, das Flusspferd, Nashorn den Arten des Hunde- und Kat- zengeschlechts: dem Löwen, Tieger, Leoparden u. dgl. gegen- über! wie abschreckend ist z. B. das Geschlecht der Schild- kröten,, unsrer Kröten und Frösche gegen unsre Mäuse- und Maulwurfsarten ? Man wird vielleicht sagen: das liegt nicht in den Haaren allein, sondern im ganzen Bau des Thieres. Wohl! aber rasiere den genannten Thieren das Fell ab, und du wirst dich überzeugen, dass sie nun eben so hässlich, als die Thiere der andern Art sind. — Obgleich die Fische im gewöhnlichen Sinne ohne Haare sind, so wird man doch eingestehen mrüssen, dass ihre Bartfäden manchen von ihnen gar wohl anstehen. Zudem hat die Natur den Abgang des Haarschmucks durch eine oft recht schön gezeichnete Schuppenhaut zu ersetzen ge- sucht. — Es ist unmöglich, all’ das Schöne zu beschreiben, wodurch sich derHaarschmuck bey den Insecten auszeichnet. Die Manichfaltigkeit geht hier wieder ins Unendliche, und muss an den einzelnen Thierchen selbst bewundert werden. — Wahr ist es aber, dass die Haare überall da, wo sie vorzüglich zur Bewegung dienen, der Schönheit und Regelmässigkeit der äussern Form der Thiere nicht so sehr zu entsprechen schei- nen, obgleich sich auch hier Manches zu Gunsten des letztern anführen liesse. — Auch den Grustaceen geben die Randhaare ein gefälliges Ansehen. Je weiter wir nun in dem Thierreich hinabsteigen, und je kleiner die Thiere werden, desto weniger scheint es in Bezug auf ihre Haare darauf abgesehen zu seyn, die Schönheit des Körpers zu erhöhen. Nichts desto weniger geben die ausgestreckten haarartigen Verlängerungen den Strahltihieren, Entozo&n, und besonders den Zoophy- ten manchmal eine ganz eigenthümliche, oft bewunderungs- würdige Figur, die unsern erstaunten Blicken um so mehr auf- fällt, je schneller sie sich verändert, verschwindet, und bald eben so, bald etwas modifieirt wiederkehrt. — Alles dieses wird um so deutlicher werden, je fleissiger die bey den ein- zelnen Thierklassen angegebenen Haarverschiedenheiten auf diesen Gegenstand bezogen, und Vergleichungen zwischen beyden angestellt werden. Anmerkung. 1. Es ist allerdings richtig, dass wir bey manchen Thieren Haare finden, die zum Auffassen der Nahrung be- stimmt sind. Man kann hierher z, B, die Stacheln des Igels zäh- Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 203 len, welcher sich dieses Thier offenbar bedient , um Trauben, Ka- stanien, Eicheln, Maulbeeren, Birnen und Aepfeln aufzuspiessen, und seinen Jungen zu bringen. Eben so leben auch nach Cu. vier’s Angabe die sogenannten Stachelhäute unter den Fischen von kleinen Schalthieren, derer sic sich durch ihre Füsse und Stacheln bemächtigen, Selbst bey den Vorticellen und Infu. sorien ist es noch nicht ganz ausgemacht, , ob die Kreisbewegun- gen und das Zittern und Schwingen ihrer Haare nicht doch mit der Auffassung ihrer Nahrung in ursächlichem Verhältnisse siehe. — Anmerkung. 2. Bey den Insecten ist wohl kein Zweifel, dass sie sich ihrer Haare häufig auch dazu bedienen, um fremde Körper von ihrem eigenen abzuhalten, oder wenn selbe schon fesisitzen, sie wieder wegzubringen. Um hier nur ein Beyspiel anzuführen, bemerke ich, dass die aus den Dornenraupen hervorkommenden Schmetterlinge statt des dritten Paares Füsse ein Paar kurze und stumpfe,, aber ganz mit Haaren überzogene Pfoten haben, derer sie sich als Hände bedienen, indem sie immer ihren Kopf, die Augen, den Bart u. dgl. damit putzen. Anmerkung. 35. Dem Hasen gab die Natur nach Columbus eine behaarte Fusssohle, um ihn als ein furchtsames Thier leichter zur Flucht geschickt zu machen. Anmerkung. 4. Die Frage, warum die Thiere eigentlich keine Kopf- haare (wie der Mensch) habe, wurde schon in frühen Zeiten ge- stellt, und Glisson*) gab folgende Ursache als Antwort an: „Die Thiere sind ohne Vernunft und Hände, und gehen mit ge- beugtem Kopfe; hätten sie nun auch, wie der Mensch lange Kopf- haare, so würden selbe nicht allein den Gebrauch der Augen, son- dern auch des Mundes grösstentheils hindern. Auch sind ihre Schläfemuskeln stark genug, um sie vor Kälte zu schützen.“ Anmerkung. 5. Ich kann nicht entscheiden, ob die Angabe richtig sey **), dass zwischen den Haaren einiger Insecten, die unter dem Wasser leben , eine mit Luft gefüllte Blase eingeschlossen sey, die ihnen (wie eine Schwimmblase) zum leichtern Aufsteigen im Was- ser dienen kann. — $. 103. d) Von den Thierhaaren, als Organen des Gefühls. Die Natur der Sache führt uns sogleich auf die soge- nannten Tasthaare der Thiere. Wir haben oben gesehen, wie SA a4 0. * ) Eneyclopedie on Dictionnaire raisonne& des sciences, arls el melicrs, Article Poils. 204 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare, ausgedehnt ihre Verbreitung im Tbhierreich, und wie ausge- zeichnet ihre Organisation vor allen übrigen Haaren ist. Diess allein nähert uns schon dem Thema in so fern, als der hohen Stufe der Organisation dieser Gebilde eine had Wichtigkeit entsprechende Function parallel geht. — Es handelt sich nun zuvörderst, zu beweisen, dass diese Organe wirklich das lei- sten, was man ihnen zuschreibt. — Obgleich es eine allge- mein angenommene Sache ist, dass z. B. die Knebelbärte der Katzen und anderer Thiere zum schärfern Gefühl der Schnau- zen so wesentlich beytragen, dass mit ihrem Verluste jene ebenfalls in hohem Grade leiden; so hat man doch über die Art und Weise, wie dieses ER hicht, häufig gestritten. Heut zu Tag denkt wohl Niemand daran, dem Haar — und sey es auch ein sogenanntes Tasthaar — Nerven zuzuschreiben. Das ‚äusserste, was die menschliche Kunst bisher darzustellen ver- mochte, und was ich desswegen auch bildlich von der Schnauze einer Katze nachbilden liess, ist, dass der Haarbalg Nerven besitzt. — Wenn wir also, wie es doch allgemein ge- bräuchlich, obgleich vielleicht nicht ganz richtig ist, nur je- nen Theilen Gefühl zuschreiben, welche mit Nerven versehen sind, so müssen wir den Haaren insgesammt — somit auch den Tasthaaren — als solchen, d. h. als denjenigen Theilen des Haares, die wir oben mit dem Namen Haarschaft bezeichnet haben, das Gefühlsvermögen absprechen, oder besser gesagt, wir können nicht zuge dass sie für solche Organe gehal- ten werden, welche geeignet sind, den von aussen gekom- menen Eindruck vermittelst der Nerven aufzunehmen, und weiter zu leiten. Nichts desto weniger stehe ich in einer ‚andern Beziehung keinen Augenblick an, sie für wirkliche, und namentlich für im Thierreich höchst wichtige Or- gane des Gefühls zu halten. Um hier nur von den Tast- haaren zu reden, müssen wir doch zugeben, dass bey dem starren, höchst innigen Zusammenhange des Haarschaftes mit dem nerven- und gefässreichen Balge, jede, und sey es auch die feinste mechanische Einwirkung — Erschütterung — von je- nem auf diesen unmittelbar übertragen, und somit den Nerven des Zwiebelbalges mitgetheilt, und durch diese endlich dem Centralorgane zugeleitet werde. Hieraus ergibt sich, was es für eine Bewandtoaiss mit dem Ausspruch habe: dass nicht die Haare, sondern die Haut fühle, oder dass erstere nur das efechl der letztern erhöhen u. s.w. — Inso- Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 205 fern man also zugeben muss, dass der Zwiebelbalg der Tast- haare Nerven besitze, muss man auch den Tasthaaren Gefühl zuschreiben, und, insofern wir jene Nerven bey den übrigen Körperhaaren, aus Unvermögen sie nachzuweisen, nicht an- nehmen wollen, müssen wir wenigstens gestatten, dass diese Haare, als Theile der Haut, so zu sagen Werkzeuge des Gefühls sind. Um übrigens jede Zweydeutigkeit zu vermeiden, muss zwischen Tasten und Fühlen ein Unterschied gemacht werden. Denn obgleich ersteres nur ein erhöhtes, durch fei- nere Organe vermitteltes, und an bestimmten Stellen vorzugs- weise ausgebildetes Fühlen ist, so muss mit allem diesem doch noch die Vorstellung verbunden werden, dass das Tasten zu- gleich ein Act der Willkühr, das Gefühl im Allgemei- nen aber nur ein passives Aufnehmen äusserer Ein- drücke ist. Von diesem Gesichtspuncte aus erscheint uns das Tasten viel höher gestellt als das Gefühl, und so ist es auch. Organisation und Function der hieher gehörigen Theile harmoniren mit dieser Annahme eben so gut, als sie auch in der Erscheinung, also factisch nachzuweisen ist. Der vortrefl- liche Rudolphi *) hat uns schon von den Barthaaren der Seehunde gezeigt, wie ihre regelmässig neben einander gestell- ten cylindrischen Hornkapseln oder Zwiebeln von Muskelfa- sern umfasst werden; und bey unsern Hausthieren finden sich theils ähnliche Verlängerungen des allgemeinen Hautmuskels zu den Haarzwiebeln, theils werden diese, da sie tief in die Fetthaut eingepflanzt sind, bey den manichfaltigen Bewegun- gen der letztern gleichfalls verschiedentlich bewegt, und, je nachdem es die Willkühr des Thieres erfordert, nach dieser oder jener Gegend hin gerichtet, bald gerade ausgestreckt, bald sanft zurück-, bald blitzschnell der Schnauze angebogen. — Bey dem Maulwurfe fand Treviranus **) auf dem vor- dern, behaarten Ende des Rüssels grössere und kleinere, ke- gelförmige, von einer dicken, zähen Haut gebildete Kapseln, die auf der Oberhaut hervorragen,, und eine weiche Substanz enthalten, in deren Mitte die Wurzel eines Barthaars enthal- EN ER *) In den Abhandlungen der physikalischen Klasse der königl. preussi- schen Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1814 — 1815, p- 175. Berlin 1818. 4. p- 180. **) Biologie 6ter Bd. p. 201. 206 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. ten ist. — Nicht umsonst haben auch diese Haare eine so be- trächtliche Länge und Steifheit. Denn diese Eigenschaften die- nen offenbar dazu, um den Gegenstand schon in einer gewis- sen Entfernung zu fühlen, und durch die grössere Starrheit wird die mechanische Erschütterung nicht allein an und für sich erhöht, sondern auch viel leichter und schneller weiter geleitet. — G. Vrolick*) fand bey einem Versuche, dass ein Kaninchen, dem die Augen verbunden waren, sich nach abge- schnittenen Barthaaren nicht mehr, ohne anzustossen, aus einem engen verwickelten (aus Büchern gemachten) Gang her- ausfinden konnte. Jedermann kennt die Wichtigkeit dieser Ge- bilde bey vielen unserer Hausthiere, z. B. der Katze, von wel- cher allgemein behauptet wird, dass sie mit dem Verlust ihres Knebelbartes auch das Vermögen, oder wenigstens die Lust, Mäuse zu fangen, einbüsse. In dieser Beziehung kann ich aus eigener Erfahrung behaupten, dass auch Katzen, selbst mit verbundenen Augen, gleich dem oben angeführten Kanin- chen, durch das Gefühl ihrer Schnurrbärte allen Gegenständen geschickt ausweichen, dagegen ihren Leitfaden verlieren, unge- schickt herumrennen, und endlich sogar zu Boden fallen, wenn man ihnen die Tasthaare genau an der Wurzel abschneidet. Endlich scheint uns auch die Natur selbst einen Finger- zeig zur Bestimmung des eigentlichen Nutzens der Tasthaare durch die Vertheilung dieser Organe, und durch ihr Vorkom- men an die Hand zu geben. Wir finden sie nämlich gerade bey jenen Thieren die zur Herbeyschaffung ihrer Lebensbedürf- nisse, und zur Befriedigung mancher ihrer Triebe eines besseren Tastorgans bedürfen, als andere. Diess ist der Fall bey Raub- thieren, Nagern u. s. w., die auch und grösstentheils bey Nacht auf Beute ausgehen, und ihrem Gesichtssinne durch ihr Tast- organ den wesentlichsten Vorschub leisten. Hier sind die Haare wie Rudolphi sich ausdrückt, unsern Sonden und Stöcken gleich zu achten, nur mit dem Unterschiede, dass diese mit unserer Hand in keiner so unmittelbaren Verbindung stehen, als jene mit ihren nervenreichen Zwiebelbälgen. Auch hat sie die Natur nicht umsonst an die Gränze des Geschmacks - und Geruchssinns verlegt, indem sie auch auf diese einen Einfluss zu haben scheinen, wie man diess schon aus der eigenthüm- lichen Richtung bemerkt, welche manche Thiere ihren Tast- *) Over het nut der Knevels by viervoetige Dieren. Amsterd. 1800. 8- Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 207 haaren geben, wenn sie den Raub ergreifen und verzehren wollen. Denn an die Füsse konnten sie nicht versetzt werden, weil die Thiere keine Hände zum Tasten, sondern nur Füsse zum Gehen haben, und weil eben desswegen auch die Tast- organe dort zu vielen Beschädigungen ausgesetzt gewesen wä- ren, was alles bey der Schnauze wegfällt. Auf diese Tasthaare lässt sich also der Satz nicht anwenden, dass das Gefühl da am schwächsten sey, wo Haare sich befinden. Die sogenannten Greifschwänze (Cauda prehensilis) mancher Thiere, z. B. der Sapajı, der Beutelthiere, mehrerer Ameisenfresser, einer Art Stachelschweine u. a. m. sind so ge- baut, dass diese Thiere damit die Körper, wie mit einer Hand umfassen und ergreifen können. Aber gerade in diesen Schwän- zen finden sich nicht allein keine Tast-, sondern auch keine an- dern Haare an dem Theile ihrer untern Fläche, womit sie die Körper ergreifen. Es scheint also, die Natur habe hier mit einem Organe mehrere Zwecke zugleich erfüllen wollen. So viel von den Tasthaaren, als Organen des Gefühlsinnes. Es erübrigt jetzt noch etwas weniges von den Körperhaa- ren der Thiere überhaupt in diesem Bezuge zu sagen. — Bevor ich jedoch zu diesen übergehe, kann ich nicht umhin, der Fühlfäden, die wir bey den Zoophyten und andern wiır- bellosen Thieren, und der Bartfäden, die wir bey den Fi- schen antreflen, zu erwähnen. — Die Fühlfäden der Zoo- phyten, welche entweder gefiedert im einfachen Kranze, oder einfach sind, und daher die Thiere im ersten Fall den Polypen vieler Ceratophyten nahe bringen, im zweyten aber den Mund in mehrfachen Reihen umgeben, sind die Barthaare dieser Thiere, und dienen ihnen wahrscheinlich zu ganz ähnlichen Zwecken; obgleich wir hier nicht im Stande sind, sie mit einem Nervensystem in Verbindung zu bringen, es wäre denn, dass wir uns das ganze Thier aus Nervenmasse zusammengesetzt denken. In wiefern die hakenartigen Fortsätze an den Saug- mündungen der Blasen- und Bandeingeweidewürmer, vorzüglich aber der davon benannten Hakenwürmer (Entozoa eystica cestoidea und acanthocephala) ebenfalls hieher gerechnet, und als Organe des Gefühls angesehen werden können, wage ich nicht zu bestimmen, doch scheint mir die Sache nicht un- wahrscheinlich zu seyn. In jedem Fall bleibt es merkwürdig, dass diese Fühlfäden und sogenannte Haken häufig gerade die 208 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. Stelle der Barthaare einnehmen, wie diess ja fast ausschliess- lich von den Blasen- und Hakenwürmern gilt; ferner dass sie beweglich sind, und zwar in einem noch höhern Grade, als die Barthaare der Säugethiere. Denn nicht genug, dass sie eine Bewegung nach denSeiten gestatten, lassen sie sich auch noch vollkommen einziehen, und verschwinden. Dieses letz- tere geschieht, indem die hohlen Fäden stellenweise in ihre eigene Höhle umgestülpt hineintreten. Noch könnte man hierher die Tentakeln der Cru- staceen, die Antennen der Insecten, welche überdiess mit äusserst zarten und höchst beweglichen Haaren (z. B. un- ter den Zweyflüglern) versehen sind, und endlich die Bartfäden der Fische zählen, die alle, so sehr auch ihr Bau verschieden ist, in physiologischer Beziehung grosse Ana- logie besitzen. — Die Cirrhen der Fische sind ziemlich weich, und erhalten gleich den Barthaaren der Säugethiere Nervenfäden vom fünften Paare. — Nach Treviranus*), welcher die Cirrhen des Stöhrs näher untersuchte, hängen sie als vier lange, dünne, von der Basis zur Spitze allmäh- lig verschmälerte Fortsätze zu,beyden Seiten der untern Kinn- lade von dem Munde herab. Inwendig enthalten sie eine von Muskeln umgebene Sehne, und Zerästlungen vom fünften Paar; auswendig sind sie an der Basis mit Nervenwärzchen, nach oben mit höchst zarten, ausgezackten Häuten gedrängt be- setzt. — Sie sind diesen Thieren in Bezug auf den Gefühls- sinn gewiss von der grössten Wichtigkeit, da ihnen sonst die Glieder mit beweglichen, zum Betasten der Körper dienen- den Zehen und Fingern gänzlich fehlen, und ihr ganzer Kör- per überhaupt wenig Fortsätze hat. — Was nun noch den Antheil betrifft, den die sogenann- ten Körperhaare der Thiere an dem Gefühlssinn haben, so ist er bey manchen Thieren sehr auffallend, in andern wie- der kaum zu bemerken. — Indem ich die haarartigen Ver- längerungen der niedern wirbellosen Thiere in dieser Bezie- hung übergehe, da sie, wie wir bald sehen werden, mehr zur Bewegung, oder, was mir wahrscheinlicher ist, zur Be- wegung und zum Fühlen zugleich dienen, will ich nur von den Insecten bemerken, dass 4) Die Schmetterlingsbärte nach De Geers Meinung *) Biolog. 6. Thl, p. 308. Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 209 nur dazu dienen sollen, dem Saugrüssel, welchen sie, wenn er spiralförmig zusammengerollt ist, auf beyden Sei- ten umgeben, ein Futteral abzugeben; eine Meinung, die De Geer selbst als sehr mangelhaft ansieht. Sollten sie nicht als Barthaare zu betrachten seyn? 2) Lyonnet*) hält die Haare der Weidenraupe für Organe des Gefühlssintis. (/! me paroit, que ce sont des organes du Tact). Auch Rösel”*) sagt von den Haaren der Dornrau- pen, dass ihr Nutzen darin bestehe, die Empfindlichkeit zu erhöhen. Die Borstenraupen ziehen sich bekanntlich so zu- sammen, dass, wie beym Igel, nur die durch Borsten ver- theidigte Seite ihres Körpers frey steht; und diess geschieht. schon bey der leisesten Berührung. Man kann also diesen Haa- ren den Einfluss auf die Erhöhung des Gefühls, wenn auch nur durch mechanische Leitung der Erschütterung, keines- wegs absprechen. — Selbst gegen die Bewegung der Luft sind die angeführten zarten und beweglichen Haare an den Fühl- hörnern mancher Insecten sehr empfindlich, wodurch es denn auch möglich wird, dass diese Thiere, wie Treviranus sagt, auf eine bloss physische Art Vorgefühle oder Empfindungen aus der Ferne von Eindrücken haben können, die von unsern Sinnorganen nicht wahrgenommen werden. — Die beschrie- benen Fühlfäden der Fische haben gleichfalls ihre Benennung von ihrem physiologiscnen Zwecke, indem auch sie als Fühl- organe nützen. Bey den Vögeln und Säugethieren, wo der Tastsinn durch andere, weit höher als die Haare ausgebildete Organe vermittelt wird, tritt, wie wir später hören werden, so zu sagen, fast gerade das entgegengesetzte Verhältniss ein, indem die hier meist den ganzen Körper bedeckenden Haare mehr dazu dienen, die zu grosse Empfindlichkeit der nerven- reichen Haut vor den beleidigenden Einflüssen der Witterung etc, zu schützen, als dass sie vorzugsweise das Organ des Tast- sinnes unmittelbar verstärkten. Ich sage unmittelbar, denn ganz kann man ihnen den Antheil an der Erhöhung des Ge- fühls nicht absprechen, und zwar aus zwey Gründen: 4) Weil sie, so wie in andern Thieren, nur in geringerm Grade den erhaltenen Eindruck durch ihren stetigen Zu- )WARa. O0: FAN ARO! 210 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. sammenhang mit der Haut dieser selbst mittheilen, und daher Empfindungen erregen, die nur durch sie vermit- telt werden. 2) Weil sie der Haut den en Grad von Empfindlichkeit gerade dadurch bewahren, dass sie den zu starken Ein- {luss äusserer Potenzen mässigen, und den gewöhnlichen ganz abhalten, so zu sagen, vernichten ; mit einem Worte die Erregbarkeit der Haut auf dem gehörigen Grade zu erhalten beytragen. $. 104. Von den Thierhaaren als Organe der Be- wegung So neu und ungewöhnlich die Idee auch scheinen mag, dass die Haare vieler Thiere zur Bewegung die- nen, so führt uns doch ein aufmerksames Studium dieses Ge- genstandes auf die unwiderlegbare Wahrheit des ausgespro- chenen Satzes. Ich habe schon oben gesagt, dass es in der Natur der sulzartigen Masse liege, aus welcher die Thiere der untersten Klassen, nämlich die sogenannten Gallert- thiere, bestehen, Bewegung und Empfindung zugleich zu vermitteln. Wenigstens sind wir ohne diese Annahme nicht im Stande, die Erscheinungen beyder in den angeführten Thieren genügend zu erklären. Wir sehen, dass diese T'hier- chen sich, und zwar oft mit einer ausserordentlichen Geschwin- digkeit bewegen, und auf der andern Seite stehen unleugbare Thhatsachen da, aus denen hervorgeht, dass sie auch Empfin- dung äussern. Wo sind nun die Organe dafür? Mit unsern schärfsten Gläsern können wir bey sehr vielen dieser Thiere trotz der sorgfältigsten Mühe die mancherley Fortsätze ihres Körpers, wovon ich denn einige auch unter die Haare zähl- te, für durchaus nichts anderes, als für wahre Verlängerun- gen ihres kugelförmigen Darmleibes halten, der ebenfalls wie- der bloss aus einer einzigen homogenen Masse zu bestehen scheint. Von einzelnen Organen, die sich auf was immer für eine Art in Bezug auf ihr Gewebe von dem Mutterstamm un- terscheiden, kann durchaus keine Rede seyn. Demnach bleibt uns nichts anderes übrig, als der Substanz, aus welcher die- ser letztere besteht, Empfindungs- und Bewegungsvermögen Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 241 zugleich zuzuschreiben. Für das erste habe ich bereits in dem vorhergehenden Paragraphe einige Beweise aus der Erfahrung abgezogen; es bleibt mir also noch übrig, auch für das leız- tere die genügenden Thatsachen anzuführen: Bey den Zoophyten haben wir oben gehört, dass die Species Pubes von dem Genus Trichoda an der stumpfen Spitze ganz kleine Haare besitze. Diese Haare kann man nur in agone mortis des Thierchens erkennen, denn in diesem Mo- mente streckt es selbe aus der Spitzenspalte mit aller Kraft hervor, und bewegt sie beym Einziehen des letzten Wasser- tropfens heftig. Bey dem Genus Leucophra sind die Haare ein Hauptmittel zur Bewegung. Leucoph. conflictor dreht durch Hülfe ihrer kleinen Cilien die ganze Masse kreisförmig her- um. Leucoph. mamilla hat, wie schon gesagt, grössere gekrümm- te Cilien, die ihr nicht allein zum Drehen, sondern auch zum Schwimmen dienen. Eben so streckt die Leucoph. vesiculifera ihre Radii erst zum Vorschein, wenn sie in agione mortis liegt. Die Gilien an der Seite der Leucoph. cornuta sind sehr klein, die vordern aber dreymal länger, und bewegen sich in einem, nie aber, wie in der Polymorpha, in zwey Zirkeln. Uebrigens schwingen die einen wie die andern, nach Belieben des Thie- res. — Am allerauffallendsten zeigen sich diese Schwingun- gen bey den Vorticellen. So z. B. macht die Yort. sputa- rium, die nur wenig lange, excentrische Gilien hat, welche aus der Scheibe strahlenförmig hervorkommen, mit diesen Ci- lien verschiedene Schwingungen im Kreise herum, und fährt sehr schnell durchs Wasser, wo man dann die CGilien kaum wahrnehmen kann. Die Polymorpha, das wunderbarste dieser Thiere, hat seine Gilien bald zerstreut, bald bewegen sich selbe in Bündeln; bald zeigt sich an einer Seite ein hakenför- miges Glied u. dgl. mehr. Welch einen bewunderungswürdi- gen Anblick macht nicht die Bewegung der mancherley Ci- lien von Brachionus Bakeri? — Die hornartigen Stacheln bey Kerona rastellum liegen in einer dreyfachen Reihe am Bauche, und werden entweder alle zugleich oder einzeln bewegt, und dienen wohl auch zu Füssen. Eben so leisten bey Trichoda ci- mex die Cilien am Bauche den Dienst der Füsse; und beym Schwimmen wird sie mittelst ihrer Borsten durch’s Wasser ge- tragen. Als Otto Müller die Kerona mytilus aufs Trockene brachte, und das von dem Thierchen begierig aufgenemmene Wasser mangelte, sah er, wie sich der Körper in der Mitte 44 * 312 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. theilte, und die Moleculn klumpenweise herausfielen, während die Vibration der Gilien und die Bewegung der Hörnchen und Borsten bis zum letzten Moment des Lebens noch fort- dauerten. — Die langborstige Vorticelle schwimmt mit gera- de gestrecktem Körper, und parallel laufenden Borsten. In der Ruhe wird sie dreymal kleiner, die Cilien verschwinden , die Borsten aber stehen auseinander. — Leuwenhoek*) scheint den Thierchen , die mit vielen Füssen, wie er diese Fortsätze nennt, schwimmen, die Fähigkeit, einen Beyschlaf zu pflegen, beygelegt zu baben. Die meisten Autoren vor Müller geben an, dass die kleinern Thiere den grössern zur Nahrung dienten, und wollten selbe sogar im Verschlingen der letztern überrascht haben. Müller aber sah, seiner em- sigen Beobachtungen ungeachtet, diess nie bey den Zoophy- ten, die er Infusorien nennt, bestätigt; im Gegentheil über- zeugle er sich, dass alles das, was durch die Kreisbewegung der Vorticellen, oder durch das Zittern und Schwingen der Haare in den Arten von Trichoda und Kerona in ihren Ra- chen (?) gebracht wurde, durch Gewalt in die Gilienhaare verstrickt, und nachdem es einige Augenblicke herumgetrie- ben, ohne Verlust des Lebens von den Thieren wieder aus- geworfen wurde. Diese Haare scheinen also grösstentheils zur Bewegung dieser Thiere zu dienen. Auch den Eıngeweidewürmern dienen die ange- führten Stacheln oflenbar zur Bewegung, indem sie ihnen wahre Stützpuncte abgehen, mit welchen sie sich wäh- rend der Bewegung festhalten. Obgleich der Körper die- ser Thiere in der Regel nur aus einem contractilen Schleime besteht (denn nur wenige haben wirkliche Muskelfasern) und daher sehr weich ist, so sind dagegen diese stacheligen Fort- sätze doch oft von besonderer Härte. Schweigger glaubı übrigens, dass sie nicht bloss als Erleichterungsmittel der Be- wegung dienen, sondern auch und vorzüglich, um durch ih- ren Reitz den Zufluss der Säfte zu vermehren, und dadurch der Einsaugung günstig zu seyn. Die beweglichen Stacheln zu beyden Seiten der Strahlenrinne in den Asterien befördern ebenfalls die Orts- veränderung, während ihre Füsschen bloss zur Anheftung die- nen, — Da wir bey den Echiniden schon eine Art von Ein- *) Arcana naturae, Vol, I. p. 22, 255. P > - Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 215 lenkung der Stacheln auf die knopfförmigen Erhöhungen der Schale, und Muskelfasern bemerken, mittelst welcher, da sie von der Grundfläche der Stacheln in die zusammziehbare Scha- lenhaut gehen, jene bewegbar sind, so ist gar nicht zu zweifeln, dass auch diese Stacheln Einfluss auf die Bewegung der Thiere äussern; wie denn auch schon Aristoteles*) und Reau- mur**) behaupten, dass sie beym Gehen gebraucht werden, Tiedemann***) aber angibt, dass sie bloss als Stützpunkte dienen, während die Füsse in Bewegung sind, was auch wirk- lich der Fall ist. Guvier”***) sagt deutlich, dass der igel durch diese Stacheln und die dazwischen liegenden Füsschen sich von einem Orte zum andern begebe. — Viel ausgezeichne- ter zeigtsich alles diess bey den Anneliden, welche mit Bor- sten versehen sind, die ihnen bey ihrem schlangenartigen Wei- terkriechen Stützpunkte darbiethen. Auch sollen sie sich mit- telst dieser Borsten in ihren Löchern so fest anklemmen, dass sie häufig leichter zerreissen, als hervorgezogen werden kön- nen. Bey den Näiden scheinen sie ihnen auch gleich Ru- dern zum Schwimmen zu dienen. — Cuvier }F) beschreibt die Muskeln genau, welche auf die Bewegung der Borsten Ein- fluss haben, indem sie durch ihre Zusammenziehungen die Bor- sten und Haare in der Richtung, welche sie selbst erhalten, nach aussen treiben, während eine andere Art von Muskeln — die er zum Unterschied von diesen Herausziehern Zurückzieher nennt, bey der Contraction der Herauszieher herausgetrieben wird, und wenn sie selbst sich zusammenziehen, die Sta- cheln nach innen ziehen. — Der Zweck der Fangarme der Cirrhipeden scheint mehr auf das Ergreifen der Gegenstände, als auf das Gehen selbst Bezug zu haben. Man kann von vielen Raupen, namentlich von den Bür- stenraupen in Bezug auf ihre Borsten mit gleichem Rechte, wie von den Igelstacheln behaupten, dass sie einigermassen in ge- wissen Verhältnissen die Bewegung zu unterstützen im Stande *) Histor. animal, ib. IV. C. 5. "A, 0a. 0, ***) In seiner Preisschrift: Anatomie der Röhrenholothurie, des’ pome- ranzenfärbigen Seesterns und Steinseeigels. Landshut 1816, Tab. 10. Ein Auszug davon in Oken?s Isis 1818. "**#) Das Thierreich 4. Bd. p. 18. }) A. a. 0. 1. Bd. p. 439. 214 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. . sind, weil diese Dornen und Borsten auf den Ringen der wei- chen Haut befestigt sind, welche Ringe von eigenen Muskeln verschiedentlich bewegt werden. Dass dann diese Dornen etc. wahre Stützpunkte abgeben, und so die Bewegung erleichtern, sehen wir ausser bey den Borstenraupen auch an einigen Flie- gen, Bremsen, Schnecken (Pipula), Syrphen und Straty- omysarten. — Ein Gleiches gilt auch von den Arachniden, Dagegen ist es gewiss sehr merkwürdig, dass die Hülle der mitilern Fusswurzel bey den Haarflüglern oder Wasserfaltern (Phryganea) gleich den hintern Fusswurzeln der Schwimm- käfer (Dylisci) auf einer Seite mit Haaren gefranzt sind, wo- durch sie als Schwimmfüsse dienen, während sich dieser Bau weder bey den Larven, noch bey den vollkommenen Kerfen findet. Wir haben oben gesehen, dass es auch in der Klasse der Fische Familien gibt, die gleich den Echiniden, Borsten- raupen, und Landigeln mehr oder weniger mit, freylich ver- hältnissmässig viel stärkern, Stacheln versehen sind, ich rech- ne hierher die sogenannten Stachelbäuche, Tetraodonten, und die Igelfische, Diodonten. Diese Fische scheinen sich „war ihrer Stacheln als einer Wafle zur Vertheidigung, ganz nach Art unseres Igels, zu bedienen, dennoch mögen selbe ge- rade in dem aufgeblasenen Zustande dieser Fische die noth- dürfiige Bewegung einigermassen unterstützen, obwohl diess gewiss ihr geringster Nutzen seyn kann. — Dagegen finden wir diese Eigenschaft der Haare bey den Federn der Vögel zum Hauptzweck erhoben, indem letztere hauptsächlich durch den Bau ihres Gefieders in den Stand gesetzt sind, so unermess- liche Räume in der grössten Geschwindigkeit zu durchfliegen, und überhaupt die manichfaltigsten Bewegungen des ganzen Körpers sowohl, als auch der einzelnen Federn selbst zu ma- chen. — Nur bey den Säugethieren vermissen wir den angegebenen physiologischen Charakter der Haare so zu sa- gen gänzlich, obgleich die Stacheln desIgels und wohl auch des Stachelschweins hier wieder eine merkwürdige Ausnahme machen; und obgleich die Bewegungen einiger Säugethiere, die im Wasser zu leben gewohnt sind, auch durch ihre Haare unterstützt werden. So sagt man wenigstens von der Wasser- spitzmaus, dass die steifen Haare , welche in einer Reihe an ihren Füssen stehen, ihr das Schwimmen erleichtern. Etwas Aehnliches könnte sich wohl auch vom Biber, dem Eisbären, - - Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 215 und überhaupt den starkbehaarten Säugethieren sagen lassen, die das Element der Luft mit dem des Wassers zu vertauschen pflegen. $. 105. SchIussbemerkungen. Werfen wir einen prüfenden Rückblick auf das bisher von den Haaren der Thiere Gesagte, so dringen sich uns folgende Sätze als giltig auf: 4) Durch das Haargebilde steht die Thier- mit der Pflauzen- welt in nächster Beziehung, daher der alte Spruch: „Pi ut plantae,“ und so sagt auch Oken*): „Der Pelz ist die peripherische Verbindung des Pflanzlichen und Thie- rigen. Die Haare sind das höchste Pflanzliche.“ Die Haare wurzeln gleichsam parasitisch auf dem Körper der Thiere, und bilden so zu sagen das Mittelglied zwischen der äus- sern Oberfläche des Körpers und der ihn umgebenden Natur; sie entsprechen hauptsächlich der Lichtseite des Thierkörpers. — Diese Neigung zu einer auf der Rücken- oder Lichtseite des Organismus stärkern Entwicklung des Haargebildes zeigt sich auf eine sehr analoge Art auch bey jenen Thieren, die wenig oder gar keine Haare an ihrer Hautoberfläche haben, und zwar durch stärkere Erhär- tung, Erstarrung des Hautgebildes, durch Bildung von Schuppen und Schildern (in Fischen und Amphibien, in einigen Säugethieren), und bey Vögeln vielleicht wenig- stens durch dunklere Färbung des Gefieders. Bey allen behaarten Thieren ist aber die Bauch- oder Erdseite mit we- nigern Haaren besetzt, als die entgegengesetzte Lichtseite. 2) Die Haare erscheinen bey allen Thieren als Aeusserungen einer niedern organischen Bildung, stellen so zu sagen die eine Seite des pflanzlichen Lebens, in so fern es an der Kör- peroberfläche blüht, dar. Doch ist der Satz nicht richtig, dass sie nach Massgabe der höhern Entwicklung des Thier- charakters zurücktreten, und umgekehrt bey den nieder- sten Klassen der Thiere am ausgebildetsten erscheinen. Fin einziger Blick auf die frühern Paragraphe wird uns davon lebhaft überzeugen. Gleichwohl scheint es richüg *) A. 2:0: 333. 216 Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. zu seyn, dass dieser Satz dann mehr gelte, wenn er auf die einzelnen Ordnungen angewandt wird, d. h. diejeni- gen Thiere einer und derselben Ordnung sind manchmal am behaartesten, deren Organisation am niedrigsten steht. So sind es z. B. nicht die vollkommenen Insecten, die Kä- fer, bey welchen das Haar seine höchste Ausbildung zeigt, sondern es sind die Schmetterlinge, deren Organisation viel tiefer steht. — Dagegen kann diese Annahme durch- aus nicht auf Allgemeingültigkeit Anspruch machen, in- dem 4. gerade die Säugethiere vorzugsweise, und wenn man die Sache im weitesten Sinne nimmt, eigentlich aus- nahmsweise behaart sind, (denn es ist gewiss, dass die Fe- der, wenn sie gleich in extensiver und namentlich in Hin- sicht auf das Colorit dem Tasthaare der Säugethiere voran- stehet, doch gewiss in Bezug auf Feinheit der Organisation von denselben weit übertroffen wird); 2. weil sich unter den Säugethieren gerade diejenigen durch einen auffallen- den Haarwuchs vor allen auszeichnen, die dem Menschen am nächsten, also unter den Thieren am höchsten stehen, die Affen; 3. wir bey den mittlern Thierklassen — den Amphibien und Fischen — gleichsam nur Andeutungen von einem Haargebilde finden, während dasselbe wie gesagt, unter den wirbellosen Thieren gerade wieder bey den In- secten einen besonders hohen Grad von Ausbildung in je- der Hinsicht erreicht; so dass wir also nicht im Stande sind, solche allgemein hingeworfene Sätze in der Natur praktisch nachzuweisen, wenn nämlich von einer Verglei- chung desHaargebildes mit der übrigen Organisation, und der darauf gestützten Klassification der T'hiere die Rede ıst. — 3) Viel richtiger und schön ist der Gedanke, den ich in Pierer’s Realwörterbuch *) las, »dass, so wie die Pflanze überhaupt dem Reiche der Luft und des Lichtes mehr angehört, als dem des Wassers; so auch das Haar im Thierreich vorzugsweise dort erscheine, und eigentlich als solches erst da beginne, wo die Thiergeschlechter aus dem Reiche des Wassers in das der Luft übertre- ten.« — Denn obgleich ich die Stacheln der Fische, die Borsten der Anneliden u. dgl. auch den Haaren beyge- *) 3ter Bd, p. 788. Von dem speciellen Nutzen der Thierhaare. 217 zählt habe, so ist und bleibt es doch. immer ein Haupt- charakter der eigentlichen Haare, dass sie als einfache Kiemen frey in die Luft ragen; und die Stacheln, Bor- sten, ja selbst die Schuppen und Schilder der Amphibien kann man nur desshalb den Haaren anreihen, weil ihnen als erstarrte Hautkiemen dasÜUrbild für alle Haare, nämlich der Begriff der Hautkeime zu Grunde liegt. 4) In wie fern aber wirklich das Thierhaar an der Respi- ration Antheil nehme, und also mit dem Pflanzenblatt zu vergleichen sey, soll beym Menschenhaar erörtert werden. 5) So wie wir bey den Pflanzen die Haare als verlängerte Hautzellen betrachtet und bezeichnet haben, so könnten wir auch die Haare der niedern, wirbellosen Thiere, selbst jene der Insecten, und in mancher Beziehung auch die Stacheln der Fische als zellenartige Verlängerungen der allgemeinen Hautdecke ansehen. Am deutlichsten spricht sich dieses bey den gegliederten, oder mit Gelenkchen versehenen Borstenfäden der Cirrhipeden aus. Bey den höhern Thierklassen, wo ein besonderes Organ die Ver- bindung des Haars mit der Hautoberfläche, nämlich der Haarbalg sammt der Haarzwiebel, vermittelt, findet diese Ansıcht nicht mehr Platz, und das Haar tritt hier schon als ein mehr selbstständiges Gebilde hervor. — Hieraus ergibt sich, was von der Idee zu halten sey, nach welcher die Haare als verlängerte Gefässe, und das Horn für ein gefilztes Haar gehalten wurde *). 6) Nach Carus **) ist die Kegelform als allgemeiner Typus für Haarbildung im Thierreich anzusehen. Bey den Insecten entstehen nach ihm die Haare als kugelige Hervorhebungen auf der Oberfläche des Thieres, dehnen ‘ sich dann einfach oder getheilt kegelig aus, und werden zellig und röhrenförmig. Bey niederer Entwicklung son- dern sie sich nicht von der Oberhaut ab, sondern bilden theilweise röhrenartige Ausdehnungen derselben, so bey den Zoophyten, Entozoön, Muschel- und Schneckenscha- len, Anneliden und Raupen, an manchen Mollusken und Krabbenschalen. — Bey höherer Entwickelung bilden sich *“)Oken aa. ©. p. 229. **) Von den Ur-Theilen des Knochen- und Schalengerüstes, Lsipag 1828 218 Von dem speciellen Nutzen der BURN dann erst die Bälge, als hohlkugelige Bildungen der Oberhaut, und aus diesen entstehen endlich die mit Zwie- beln versehenen Haare der höchsten Thierklasse und des Menschen. Mit der grössten Vollendung paart sich am Ende auch die zarteste Bildung der Haare bey den Säu- gethieren, bey welchen die Stacheln und Borsten schon seltner werden, Dritter Abschnitt. Etwas über die Pathologie der Thierhaare. $. 100. Ich bin nicht im Stande, die Krankheiten der Thier- haare auch nur von der Ferne so abzuhandeln, wie sich’s z. B. von den Menschenhaaren erwarten lässt, weil ich 1) kein Thierarzt bin, und 2) weil selbst solche Aerzte, die sich fast ausschliesslich mit den Krankheiten der Thiere be- schäftigten, die Pathologie der Thierhaare bisher nur wenig cultivirten. Denn es ist meines Wissens nicht allein nie die Rede davon gewesen, die Krankheiten der Thierhaare sy- stematisch zu bearbeiten, sondern diese Gebilde wurden bis jetzt nicht einmal werth gehalten, als Substrat einer eigenen Krankheit angesehen zu werden ; indem man sich damit be- gnügte, ihrer in der allgemeinen Symptomengruppe der ver- schiedenen Hauptkrankheiten ebenfalls nebenbey zu erwähnen; an eine, ihnen eigenthümliche Krankheit, dachte man in den meisten Fällen wohl eben so wenig, als an eine dieser ange- messenen ärztlichen Behandlung. Wenn man jedoch von der andern Seite bedenkt, wie schr die Schönheit eines behaarten Thieres von der gesunden Be- schaffenheit seiner Haare abhangt, und welch’ einen wichtigen Einfluss der Zustand der Haare auf die Verwendung des Felles der Haut zu verschiedenen Zwecken im häuslichen Leben hat; so wäre es, abgesehen von der rein wissenschaftlichen Seite, wohl der Mühe werth, dass sich einmal ein tüchtiger Thierarzt die Mühe nähme, und diesem Gegenstand seine Aufmerksam- keit schenkte. — Diess wäre um so leichter, als er wahrschein- lich nebst einigen eigenthümlichen, auch bey den Thieren die- 220 Von der Pathologie der Thierhaare. jenigen Haarkrankheiten antreffen wird, die wir beym Menschen genauer betrachten wollen, und er dürfie also nur das dort aufgestellte Schema auf den fraglichen Gegenstand zweckge- miss anwenden. Was mich in dem gegenwärtigen Falle be- trifft, so kann ich leider nur etwas Weniges von den patholo- gischen Verhältnissen der Thierhaare in so fern sagen, als, wie gesagt, sich auch au ihnen manche allgemeine Krankheiten deutlich offenbaren. b In dieser Hinsicht ist nun vor allem zu bemerken, dass das Haar bey allen, vorzüglich aber in den fieberhaften Krankhei- ien der Thiere immer in das Krankenexamen aufzunehmen sey, wie diess denn auch wirklich von den besten Schriftstellern anempfohlen und ausgeführt wird. Der das kranke Thier zu untersuchende Arzt hat daher in dieser Hinsicht jederzeit sein Augenmerk darauf zu richten, ob das Haar glatt anlie- gend, oderstruppig, glänzend oder glanzlos, ela- stisch (wie die Wolle), oder weich ist. So finden wir bey den entzündlichen Fiebern, so wie auch bey Entzündungen, und zwar namentlich beym Ausbruch derselben —ım Zeitraume des Frostes — dieHaare auf der ganzen Oberfläche des Körpers struppig aufgerichtet, wo sie dagegen im Zeitraum der Crise wieder glatt anliegend und glänzend werden. — In den Faulfi ebern sind die Haare ge- wöhnlich glatt anliegend, und von der zähen Hautschmiere etwas befeuchtet. Bey Schafen ist die Wolle schmierig und von gerin- ger Krimpekraft. Bey Thieren, die von der fauligen Brust- entzün dung, Brust-oderLungenseuche befallen werden, gehört der verminderte Glanz der Haare zu den Vorbothen, und ım weitern Verlaufe werden die Haare auch noch verworren. Dasselbe glanzlose, oder weniger glänzende Haar findet man auch in den catarrhös-lIymphatischen Fiebern des Pfer- des, namentlich bey dem Strengel, bey den gastrischen Fiebern mit Erkrankung des Drüsensystemes, wo essich zugleich sträubt; vorzüglich und am ausgezeichnetsten aber in den Anthrax-Fie- bern, besonders dem sogenanntenMilzbrandfieber, wo die Haare nebst dem, dass sie allen Glanz verlieren, auch noch strup- pig und verworren sind. Im schleichenden Milzbrand richten sich die Haare ganz borstig auf. Selbst bey der Rose der Schweine sind die Borsten viel mehr aufgesträubt alsim gesunden Zustande. — In einem noch höhern Grade erkranken die Haare beym Hornvieh, das von der typhösen Lungenseuche oder Von der Pathologie der Thierhaare. 2a Lungenfäule befallen wird. Denn da zeigt sich bey trock- _ ner gespannter Haut dasHaar glanzlos, struppig und rauh, und gibt dem Thiere ein hässliches Ansehen. — Bey den von der Ruhr ergriffenen Thieren ist das Besondere, dass dasHaar vor- züglich in der Gegend des letzten Rückenwirbelbeines struppig wird, und in der beginnenden Rinderpest erstreckt sich die- ses Sträuben längs des ganzen Rückens, obgleich es sich wieder am letzten Brustwirbel am auffallendsten darstellt; später wird das Haar am ganzen Körper davon ergriflen; und in der dritten Periode der Krankheit erreicht die Aufsträubung des ganz rauhen und glanzlosen Haares den höchsten Grad, und trägt sehr viel zu dem abschreckenden Ansehen dieser 'Thiere bey. Tritt im Verlauf der Krankheit ein dem Friesel ähnlicher Haut- ausschlag hinzu, so fallen, wenn der Eiter zu Schorfen und Schuppen vertrocknet ist, die Haare an solchen Stellen ganz ab. — Unter den chronischen Krankheiten sind es nun vor- züglich die Cachexien, wo ebenfalls das Haar struppig und verworren wird, so wie bey den Iymphatischen, z. B. dem Rotz und dem Hautwurm der Pferde, der Drüsen - oder Franzosen- Krankheit des Hornviehes u. s. w. Wenn die Schafe an der Fäule (Bleichsucht) leiden, so lässt sich bey grosser Aufgedunsenheit ihrer Haut, die ohnehin viel weniger gekräu- selte Wolle in ganzen Flocken mit leichter Mühe ausru- pfen. — Unter die wesentlichen Kennzeichen der Finnen- krankheit gehört die sogenannte Borstenfäule, oder das leichte Ausgehen der Borsten sammt ihren Wurzeln, die wie blutig oder gelbroth erscheinen. — Die Schäbe oder Räude vertilgt die Haare desshalb, weil sich die ganze Epi- dermis nach und nach abschuppt, und die Haare also mit aus- fallen. Die nasse oder fette Räude (Regenfäule) der Schafe, zerrüttet das Gewebe der Haut noch mehr, und man findet längs des Rückens, besonders oberhalb der Bug- und Hüfige- gend, dann an der Vorderbrust, am Halse, Schweife, manch- mal auch zwischen den Hinterschenkeln kahle, oder mit ver- worrener, knotig verfilzier, bleicher und rauher Wolle besetz- te Stellen, wo die Haut zugleich beträchtlich verdickt und hart, oder geschwürig entartet ist. Ich habe dieses Wenige nur angeführt, um einerseits zu zeigen, dass auch bey den T'hieren die Haare an vielen Krank- heiten, welche tiefer in die Organisation, und namentlich in die reproductive Sphäre des Körpers eingreifen, auilallenden 222 Von der Pathologie der Thierhaare. Antheil nehmen, und um andererseits zur weitern Vervoil- kommnung dieses eigentlich noch gar nicht bearbeiteten Ge- genstandes aufzumuntern. $. 107. Und nun zum Schlusse dieses Theiles noch etwas weni- ges über das abnorme Vorkommen der Haare bey Thie- ren. Indem ich das übergehe, was in der Pathologie der Menschenhaare diessfalls ausführlicher behandelt wird, erwäh- ne ich hier bloss derjenigen Haare, die man namentlich in dem Magen des Kukuks so auffallend findet, und welche un- ter den Gelehrten so grosse Streitigkeiten hervorgebracht haben, bis endlich Herr Hofrath und Professor Nitsch in Halle be- wies, „dass diess keine Producte einer selbstständigen Behaa- rung des Magens, sondern Haare von Insecten sind, die der Kukuk verzehrt, — Eine andere abnorme Bildung sind die sogenanten Haarbälle, wovon später bey den Menschen- haaren die Rede seyn wird. Literatur der Thierhaare. _ Mn eyard, Sammlung physical. medicinischer Abhandlungen. B. I. (In Bezug auf die chemische Zerlegung der Thierhaare,) Acta Academiae c. L. CE. nat. Cur. 19, tom. Albinus, Annotationes academ. lib. III. (Haare der Phoca.) Aristoteles Historia animal. de partibus et de generatione. loc. divers. 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Seite 5 10 103 13 ı5 16 28 ı0o von oben ı6 vonunten 13 12 Zeile Ve Ve \ Druckfehler des ersten Bandes. stätt vollkommnern Samen Zoten dreiplättrig Doroniceum Malphighiae pällustre hantia ihr welcher geliebtes verweichlichtes Raknen Brochionus welcher allen grössern geben Schreibersi Haarborsten erastiones beruht Gewehrsmann denselben lese man vollkommnen Saum Zotten dreiblättrig Doronicum Malpighiae palustre hiantia ihm welch’ geliebten verweichlichten Ranken Brachionus welchen alten grösserer gibt Schrebersi Hornborsten crassiores beruhen Gewährsmann demselben 2 Y3 1; Ei it 4 EA R:; R ; a PERS ı gr S ne Be EINEN, BRRDERCER 7 22er = ee ‘ BEE SR Suhner ad. nal.del: r ” rt ED REREEEN ENDEN Se Besen, 8 RRILTEE : Er \c TER en „ale 2 N "jr in 2 Ödte ans 23327 R SFT Sms EG Ze EST 2 —-. rzrr5 ,©0, Te yo east! LL | ie R > Tr nn, SSTTT MAIBRTEN n sn‘ PIERRE Kuorsiis STVARKT } en) Un Bi 7.3 zu \ RE 5% ’ “ das u‘ @ 2* ee. nee aan E SE > Bea N Y jr I eNy PT Ki oe a “ 5 & 5 ” TAT. 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