NY I Ey hnn: 1% ale: I "R:W-Gibson:lnvrS ALH nn >| r / Ren i ; PS 2 Mey ge ZUM AUSBAU I DER ENTWICKLUNGSLEHRE RER D IE LICHTSINNES- ORGANE DER 3 = -ALGEN (STUDIEN ZUM AUSBAU DER VEGETABILEN = 2... REIZPHNSIOLOGIE 1) VON 0. R.H. FRANCE IN MÜNCHEN a, = Er EL 2 ; = STUTTGART 1908 rn m n: x KOSMOS, _ GESELLSCHAFT DER NATURFREUNDE FSS - GESCHÄFTSSTELLE: FRANCKH’SCHE VERLAGSHANDLUNG Se Br Ausben. der: Pflanzenpsychologle. wird. von dem m Ver Br = fasser seit 1907 herausgegeben die \ ZEITSCHRIFT FÜR DEN AUSBAU DER 4 E ENTWICKLUNGSLEHRE. Monatlich 1 Heft aM 1.20. Auszug aus dem Mitarbeiterverzeichnis: Dr. H. Driesch-Heidelberg, Prof. Dr. J, Eriksson-Stockholm, Prof. Dr. O. ‚Jaekel-Greifswald, Prof. Dr. M. Kassowitz-Wien, Dr. O.Kohnstamm-König- stein, Prof. Dr. F. Ludwig-Greiz, Prof. Dr. A, Pauly-München, Prof. Dr. S, Pikler-Budapest, Prof. Dr. J.-Römer-Kronstadt, Prof. Dr. K. C. Schneider- Wien, Prof. Dr. W. Seiffer-Berlin, Privatdoz. Dr. F, Strecker-Breslau, Prof. Dr. ..J..G. Vogt-London, Privatdoz. Dr. A. Wagner-Innsbruck, Prof. Dr. E. Wax- weiler-Brüxelles, Prof. Dr. O. Zacharias-Plön. Die Zeitschrift veröffentlichte seit ihrem Bestande eine Reihe von theoretischen und Experimentalarbeiten über die pflanzenpsychologische ae so u. a. € R. France, Grundriss einer Pflanzenpsychalegie, K. Gräser, Die Vorstellungen der Pflanzen. ‚A. Oelzelt-Newin, Die Hypothese eines Seelenlebens der Pflanzen. A Pauiy, Die Anwendung. des Zweckbegniffs auf die. organ. Körper. (1 Tafel.) A. Wagner, Über die Anpassungsfähigkeit von Myriophyllum. (3 Tafeln.) "R. Eisler, Das Wirken der Seele. Ideen zu einer organ. Psychologie. - ER R. France, Experimentelle Untersuchungen über Reizbewegungen. (1 Tafel.) R. France, Die Fortschritte der Pilanzenpsychologie im Jahre 1907; ” W, Wildt-Diltmar, Experimentelle Studien über die I UENE von Festigkeits- elementen in Wurzeln. (1 Tafel.) R: Köhler, Untersuchungen über direkte Anpässungen v. Keimwurzeln. 0. 2 etc. etc. -Probeheit zur Ansicht durch alle Buchhandlungen. DER NEUE KURS IN DER BIOLOGIE. - Allgemeine Erörterungen zur prinzipiellen Rechtfertigung der . _ Lamarckschen Entwicklungslehre. a Von Dr. A. WAGNER, Privatdozent an der Universität Innsbruck. 6 Bogen Lex. 8°. “Preis M 1.80: ERTL FRANCKH’SCHE VERLAGSHANDLUNG, STUTTGART. Die Lichtsinnesorgane der Algen (Studien zum Ausbau der vegetabilen Reizphysiologie I) von R. H. France in München. Mit 1 Tafel und 35 Textzeichnungen. LIBRARY NEW YORK BOTANIC AL Ir » AN STUTTGART 1908 a KOSMOS, GESELLSCHAFT DER NATURFREUNDE ' GESCHÄFTSSTELLE: FRANCKH’SCHE VERLAGSHANDLUNG, YNYMN Su un YUNYN (Su u NEW vor BOTAN; „Al Em) ie Physiologie der Pflanzen ist nach einer ausserordentlichen 19 Erweiterung unserer Kenntnisse gewissermassen an ihrem u toten Punkt angelangt. Sie hatte das seltsame Schicksal, in allen ihren Resultaten laut gegen die Berechtigung der Welt- und Lebensanschauung zu zeugen, aus der sie erwachsen ist. Denn womit hat sie unser Wissen erweitert? Sie hat uns tausend Belege für einen teleologischen Ablauf der Lebensprozesse gegeben; sie merkt allenthalben, in den Wachstums-, Ernährungs- und Fortpflanzungs- vorgängen der Pilanze, in ihren Bewegungen und Anpassungen eine Zweckmässigkeit, für die sie keine Erklärung zu geben ver- mochte. Jedes Forschungsgebiet der Pilanzenphysiologie endet mit demselben teleologischen Fragezeichen. Die Ernährungs- physiologie muss haltmachen vor der mechanistischen Unbe- greiflichkeit der elektiven Vorgänge bei der Nahrungsaufnahme, bei der regulatorischen Ausscheidung von Enzymen und Anti- >, enzymen, überhaupt bei der Selbststeuerung des Stoffwechsels; x» die ohnehin vernachlässigte Fortpflanzungsphysiologie hat nicht . einmal den Versuch einer mechanistischen Kausalerklärung für das Blühen der Gewächse wagen können, sondern sie hat sich be- schränken müssen, die Bedingungen der Fruktifikation aufzu- zeigen, so wie die ganze Physiologie es nicht weiter als bis zur Erkenntnis der Mittel, mit denen der Organismus arbeitet, ge- bracht hat. Die Blütenbiologie, das grosse Gebiet der pflanzlichen Schutzanpassungen und der „biologischen Stoffe“, ist für die nach REN den Prinzipien der Mechanistik arbeitende Physiologie eine terra incognita geblieben. Für einen Teil der pflanzlichen Lebenserscheinungen, gerade für den, der seiner inneren Natur nach von vornherein jedem Versuche einer selektionistisch-mechanistischen Deutung entrückt ist, hat man die Schwierigkeiten der Kausalerklärung allerdings durch eine objektivierende Nomenklatur der Erscheinungen zu umgehen versucht, welche als Tropismentheorie Scheinlösungen vorspiegelt. Während nun die in der Lebensforschung unserer Tage zwar schon auf dem Rückzuge begriffene, aber noch immer herrschende mechanistische Erklärungsweise, die man in naiver Gedanken- losigkeit öfters ohne weiteres als „die“ Kausalerklärung bezeichnen hört, während doch in Wirklichkeit gerade sie von den causae der Lebensprozesse nichts auszusagen weiss und dann ihre Unzulänglich- keit hinter einem sich wissenschaftlich gebärdenden Agnostizismus versteckt — während also diese Mechanistik ansonst stets nur die Produkte des lebendigen Geschehens beschreibt, nie aber das Geschehen selbst zufolge ihrer Methodik analysieren kann (wes- halb auch eine „mechanistisch“ forschende Physiologie ein innerer Widerspruch ist), scheint in der Tropismentheorie über sie hinaus- gegangen und endlich die lebendige Selbsttätigkeit des Organismus erfasst und ursächlich begreifbar gemacht zu sein. Aber ich habe mit Absicht das Wort „scheint“ hervorgehoben, denn auch in diesem Falle trügt der Schein. Wohl drückt ein als Paradigma der Tropismenlehre gewählter Satz, wie z. B., dass die Ursache der von der Pflanze durch Wachstumsbewegungen er- reichten optimalen Lichteinstellung der Malvenblätter in dem „Helio- tropismus“ der Zellen des Blattstieles gegeben sei, ganz richtig aus, hier sei die causa eines zweckentsprechend und zielstrebig erreichten Phänomens in einem Beziehungsvorgang zwischen ein- wirkender Energie und antwortender „Bewegung“ gegeben, den man als Tropismus bezeichnet. Aber wer kann sich darüber täuschen, dass damit ja nur ein kausales Schema hergestellt, RUN TERN NE die eigentliche Aufgabe kausaler Erklärung, Kausale Inhalte zu schaffen, aber einfach eskamotiert ist!' Mit anderen Worten: die Tropismentheorie erklärt nicht die Ursache der in den Reizantworten sich äussernden Lebenstätig- keit, denn sie zeigt nur, in welchen Formen die von der Pflanze ausgehende Bewegung abläuft, sie sagt nichts aus darüber, wel- cher Art das Primäre der Reaktion, nämlich die Fähigkeit, gerade solche, teleologische Beziehungen herstellende Bewegungen hervor- zubringen, sei. Und das wird man wohl doch zugeben, dass nur derjenige, welcher zu sagen weiss, in welche Kategorie das der tropistischen Reaktion zugrunde liegende, sie bewirkende innere Geschehen des reagierenden Lebewesens einzureihen ist, eine wirk- liche Erklärung des Vorganges gegeben hat, nicht aber jener, der nur beschreibende Schemata des Reaktionsablaufes zu konstruieren vermag. Das letztere tut die Tropismentheorie, darum trifft auch sie nicht, ebensowenig wie ihre Erzeugerin, die Mecha- nistik, den Kern des Lebens. Sie gehört zur beschreiben- den, nicht aber zur erklärenden Wissenschaft. Sie beschreibt nur die Antworten der Pflanze, kann daher ihrem Wesen nach niemals zur Erkenntnis der Ursache dieser Antworten gelangen. Von dieser erkenntnistheoretischen Basis aus erkennt man nun sehr leicht, woher die ungeheuere Kompliziertheit und die stets umfangreicher und verworrener werdende Terminologie dieser Tropismentheorie rührt. Wenn sie den Schlüssel zu den Reiz- antworten der Pflanze darstellen würde, so würde jede Zergliede- rung der einzelnen Phänomene, jede Vertiefung der Analysen und Vermehrung des Tatsachenmaterials immer nur ihr „Erklärungs- prinzip“ bestätigen, sie dadurch immer brauchbarer, sowie durch ! Dies spricht auch Pfeffer (Pflanzenphysiologie, 2. Aufl. Bd. II S. 547) aus, wenn er sagt: Mit der Bezeichnung Geotropismus etc. ist das auslösende Agens und die tropistische Reaktionsfähigkeit gekennzeichnet, „ohne dass etwas Bestimmtes über die massgebenden physiologischen Prozesse ausgesagt oder vorausgesetzt wird.“ a A die zunehmende Bestimmtheit der ihrem Prinzip zukommenden Prädikate dieses immer einfacher machen. Wie steht es aber damit in Wirklichkeit? Wir können noch so viel nach ihrem „Er- klärungsprinzip“ suchen und finden es nicht, denn die Tropis- mentheorie hat keines. Wenn ich sage, die Ursache der licht- suchenden oder -scheuenden Bewegungen einer Pflanze sei der Heliotropismus, die Ursache ihrer Orientierungsbewegungen im Raum der Geotropismus, die Ursache ihrer nahrungssuchenden Bewegungen Chemotropismus, so habe ich damit gar nichts er- klärt, auch (wie oben durch Pfeffer verraten) eingestandener- massen nichts erklären wollen, sondern nur die Tatsache kon- statiert, dass zwischen den physikalischen Energien, beziehungsweise Einflüssen und dem roonzsıv, dem Wen- den der Pflanze,‘ eine Beziehung herrscht. Deshalb müssen in jedem Einzelfall dieser Allgemeinbeschreibung noch spezi- fizierende Adjektive beigesetzt werden (positiver, negativer Helio- tropismus, Diageotropismus, Transversalgeotropismus), deshalb werden die tropistischen Erscheinungen je nach dem reizauslösen- den Faktor ganz folgerichtig gesondert bezeichnet als Helio-, Geo-, Aero-, Chemo-, Osmo-, Rheo-, Trauma-, Nycti-, Galvano-, Auto-, (!) Thigmotropismus, statt auf das ihnen zugrunde liegende einheit- liche Prinzip gebracht zu werden, das für den mit diesen Begriffen operierenden Physiologen natürlich ausserhalb seiner Fragestel- lung fällt. Stets haben wir so in der Reizphysiologie der Pflanzen ein- fache Reaktionsbeschreibungen vor uns, die freilich mitunter so kompliziert werden (so bei Rothert’ in seinen Begriffen apo- bater Prosphototaxis oder strophischer Proschemotaxis oder bei Oltmanns: Orthophototropie oder Plagiophototaxie), dass sie ihrem ursprünglichen Zwecke zuwiderlaufen, der mit ihnen einfach ! Beziehungsweise auch der Taxis (Phototaxis), der Kinesis (Photo- kinesis), Auxesis (Photoauxesis) und Nastie (Photonastie). 2 W. Rothert, Beobachtungen und ‚Betrachtungen über taktische Reiz- erscheinungen (Flora, 1901) S. 372. a eine handliche Terminologie für Reaktionsbeschreibungen schaffen wollte. Die Pilanzenphysiologie operiert also, — und dies zu zeigen, darauf kommt es hier an — seit einem Menschen- alter in ihrer wichtigsten Disziplin mit Begriffen, die jedes kausalen Inhaltes bare Schemata sind und einfach eine Lücke an Erklärung ofien lassen, die mit blosser Terminologie verdeckt, daher bis jetzt übersehen wurde! Und hier beginnt eine verhängnisvolle Verwechslung und damit eine Hemmung der Forschung. Man verwechselt, wie es scheint, die reizphysiologische Terminologie mit den fehlenden erklärenden Prinzipien, denn nicht nur, dass seit den etwa 40 Jahren, seitdem es diese Terminologie und eine vege- tabile Reizphysiologie gibt, keinerlei ernster Versuch gemacht wurde, die Reizbarkeit der Pflanzen auf ihre Ursachen zu untersuchen, so wird auch unbedenklich in einschlägigen Werken die ganze Zweck- tätigkeit der Pflanze auf Reize hin den verschiedenen Tropismen, Nastien und Taxien zugeschrieben, als ob das bewegende Energien wären'! Es entwickelt sich hieraus eine wahre Mythologie der Chemie-Physik, welche — um es an einem Beispiel anschaulich zu machen — den zielstrebigsten Akt, den es gibt, die Be- fruchtung, seelenruhig „zurückführt“ auf ‚positiven Chemotropismus in Verbindung mit negativem Hydrotropismus, zum Teil auch unter Mitwirkung von Aerotropismus, die auf den Pollenschlauch ein- wirken, aber dann bei ihm heterogene Induktion auslösen etc. Doch die Tatsachen sind stärker als die Irrtümer der Wissen- schaft. Sie mahnen uns unablässig zur Korrektur, im gegebenen Falle dadurch, dass unsere Terminologie ihnen nicht gerecht zu werden ver- mag. Sie reicht nicht einmal zur widerspruchslosen Darstellung zu. Wenn Fuligo septica-Plasmodien in der bekannten Weise abwechselnd thermotropisch gereizt werden und, eine Zeitlang immer * Daher in den Lehrbüchern Definitionen wie: „Die Eigenschaft der Pflanze, in der besprochenen Weise auf die Schwerkraft zu reagieren, wird als Geotropismus bezeichnet.“ (Prantl-Pax, Lehrbuch S. 162.) NS wieder dem kühleren Substrat entfliehend, das Wärmere aufsuchen, pflegen sie sich zu enzystieren und verlieren ihre Reizempfänglich- keit für Temperaturunterschiede. Das ist eine Tatsache, der die Tropismentheorie nicht zu folgen vermag. Die bekannte „Modifi- kation des Geotropismus aus inneren Ursachen“ bei plagiotropen Rhizomen und kriechenden Sprossen, das chemotropische „Abge- stimmtsein“ der Cuscuta-Keimlinge und von Rostpilzsporen auf gewisse Wirtspflanzen, die Tatsachen der „Umstimmung“ so vieler „Iropismen“, wenn sie in Wettbewerb treten, oder durch chemisch- physikalische Änderung des Mediums, in dem die Pflanze lebt, oder durch das Alter, wie das von Schwärmsporen bekannt ist, die ganz besonders rätselhaften gamotropen Bewegungen von Griffeln, Staubfäden, Narben, wie sie bei der Selbstbefruchtung der Blütepflanzen alltäglich sind, die „Umstimmungen“, ohne die Amphikarpie nicht zustande kommen könnte!, sie alle zwingen die Anhänger der Tropismentheorie zu fortwährend neuen und beson- deren Ausnahmen von der angeblichen „Regel“ und damit zum Aufbau immer neuer hypothetischer Begriffe auf die alten, um den ganzen Bau beim nächsten „Fund“ aufs neue zu durchbrechen. Dafür bietet schon ein flüchtiger Blick auf die Literatur der Reiz- physiologie genugsam Belege. Man mag sie aufschlagen, wo man will, überall findet man in ihr den Ausdruck der Ratlosigkeit ° gegenüber der Unberechenbarkeit der pflanzlichen Reizantworten, damit zugleich die tastenden Versuche, wirkliche Ursachen ent- haltende Begriffe an die Stelle der nichtssagenden „Beziehungs- ablaufschemata“ zu setzen. So wenn in einem der Standard-Werke der vegetabilen Reiz- physiologie in Pfeffers Handbuch der Pilanzenphysiologie, als dem führenden Werke auf unserem Gebiete, die Begriffe autogener Tätigkeiten (Oszillationen des Blutens oder Ausgleich von Krüm- ! Die Zahl der Beispiele kann beliebig vermehrt werden! » Ein besonders hübsches Beispiel dieser Ratlosigkeit findet sich in Oels (Pflanzenphysiol. Versuche. 2. Aufl. Braunschweig 1907), wo S. 65 gesagt wird: „Die Kraft des Lichtes ist bestrebt, alle Pflanzenteile in die Stellungen zu bringen, in welchen sie ihren Aufgaben am besten nachzukommen vermögen.“ SO : "Ra mungen), von Automorphose, autonomen Bewegungen (Variations- bewegungen) im Gegensatz zu den provozierten, ätiogenen Be- wegungen, ferner von Autoplasie, Autotropismen und Autonastien eingeführt, vor allem der Begriff der Selbststeuerung und Auto- nomie der Pflanze in weitestem Umfange und mit der objektivieren- den Nomenklatur promiscue angewendet wird. In allen diesen Fällen wird das Prinzip einer mechanistischen „Lebensbeschreibung“ durchbrochen und die Logik der objekti- vierenden Nomenklatur gänzlich beiseite gelassen. Insgeheim wird dagegen ein undefiniertes Erklärungsprinzip eingeführt, das weder auf seine Zulässigkeit geprüft, noch auf seine Tragweite hin unter- sucht, also unwissenschaftlich verwendet und manchmal sogar bis zu krassen Anthropomorphismen übertrieben wird. Eine solche Behauptung bedarf zuverlässiger Stützen; darum sei es gestattet, hier in ausgedehnterem Masse die physiologische fachwissenschaftliche Literatur unserer Tage heranzuziehen. Wie Pfeffer den Begriff der Autonomie der Pflanze im Sinne eines verstandestätigen, d. h. urteilenden Prinzipes verwendet, dafür zeugen folgende Äusserungen, in dem Kapitel über die inneren und äusseren Ursachen der autonomen Bewegungen, in seiner Pflanzenphysiologie': „Derartige Wechselbeziehungen (zwischen Pflanze und Aussenwelt) werden aber z. B. nicht nur dadurch angezeigt, dass die autogene Erhöhung der Wachstumstätigkeit eine Steigerung des Bezugs von Nährstoffen usw. aus der Um- gebung zur Folge hat, sondern auch dadurch, dass der Organismus durch die selbsttätige Veränderung seines Reaktionsvermögens äussere Faktoren zur Auslösung und zur Ausführung von formativen oder von Bewegungsreaktionen nutzbar macht. Das geschieht u. a., wenn die selbsttätige Überführung des positiv geotropischen Re- aktionsvermögens in ein negativ geotropisches eine Krümmungs- bewegung veranlasst, durch welche das Organ in die den ver- änderten inneren Bedingungen entsprechende geotropische Gleich- 1 Pfeffer, op. cit. II. Aufl., Bd. II, S. 388. RN. et gewichtslage gebracht wird.“ An anderer Stelle, wo er sagt: „Nach den obigen Auseinandersetzungen können äussere Faktoren durch die autogene Tätigkeit in verschiedener Weise zu direktiven Zwecken nutzbar gemacht werden“! ... deutet er sogar darauf hin, welche teleologische Bedeutung die Autonomie der Pflanze für sie hat. Weitere Bestimmungen über das Wesen dieser Autonomie gibt er, wenn er in Bd. II, S. 619 erklärt: die heliotropische Reaktion wird (unter gewissen Bedingungen) „mit weit grösserer Energie angestrebt als die geotropische.* In Bd. I, S. 440 heisst es: „Diejenigen aplastischen Stoffe, welche in der tätigen Pflanze nur bis zu einem gewissen Grenzwert entstehen, dürften wohl im allgemeinen in Absicht auf bestimmte Ziele und Zwecke formiert werden.“ S. 634 spricht er von den sich an die perzeptorischen Vorgänge an- schliessenden „sensorischen Prozessen“. S.596 legt er den auto- nomen Bewegungen die Fähigkeit zu „autogenen Richtungs- änderungen“ bei, die sich des tropistischen Stimmungswechsels bald bedienen, bald aber nicht. S. 547 werden die Richtungsbewegungen der freibeweglichen Pflanzen als Orientierungsreaktionen aufgefasst, wie denn überhaupt der von der Pflanzenphysiologie unbedenklich verwendete Begriff der „Orientierungsbewegungen“ eine ganz eindeutige Bestimmung über den ihnen zugrunde liegenden physio- logischen Prozess enthält. Um damit von dem Hauptwerk unserer Disziplin auch auf die andere Literatur überzugehen, sei daran erinnert, dass nicht nur bei Pfeifer weitere Dutzende solcher Be- hauptungen von der Existenz eines unzweideutig genau um- schriebenen „selbstregulatorischen Autonomieprinzipes“ in den Pflanzen aufgedeckt werden können, sondern auch aus der gesamten neueren physiologischen Literatur. Aus Platzmangel sollen hier nur einige und zwar nur von mechanistisch denkenden Forschern angeführt werden, um zu erweisen, wie die Mechanistik im eigenen Lager sich an ihrem inneren Wider- spruche auflöst. 1 Pfeffer, op. cit. :S.. 30. FERRR: | DET Fr. Oltmanns schreibt in seinem neuen Handbuche der Algen von den Bewegungen der Desmidiaceen ': „Solche Be- wegungen können auf Reize hin von der Pflanze in verschiedene Bahnen gelenkt werden... “. Das mechanische Hilfsmittel für diesen Prozess ist der Schleim, den die Zellen absondern. „Es ist aber bislang nicht klar, wie die Zelle dies Mittel zur willkür- lichen Steuerung verwendet“. E. Strasburger sagt in seinen Histologischen Beiträgen von der Befruchtung: „Ein chemotaktischer Reiz ist es, der, wie seit Pfeffer bekannt, die Geschlechtsprodukte zusammenführt, das Be- dürfnis nach Ergänzung andererseits, das hierauf die Verschmelzung veranlasst. Dieses als Mangel empfundene Bedürfnis ‚wirkt als Reiz ein. Es ist meiner Ansicht nach jener Reihe von Erschei- nungen anzuschliessen, die Pfeffer als Regulationsvorgänge be- zeichnet? .. .“ Strasburger nennt sogar in dem angezogenen Werke die plasmatischen Differenzierungen, denen er regulatorische Fähigkeit als spezifische Funktion zuschreibt. Er sagt darüber: Bei Schwärmsporen, Gameten und pflanzlichen Spermatozoiden dient der Blepharoplast als gemeinsames Ganze der Insertion der Cilien. „Um dies zu erreichen, hat er sich an den (100—120 Cilien tragenden!) Spermatozoiden zu einem langen Faden gestreckt. So mag er die Bewegung aller vorhandenen Cilien einheitlich regulieren“. °® A. v. Kerner, der allerdings vitalistischer Neigung verdächtigt wird, obzwar er sonst nie den Versuch macht, über eine Be- schreibung der regulatorischen Leistungen der Pflanze hinaus- zugehen, wagt angesichts des Stimmungswechsels der Blüten bezw. der Fruchtstiele von Linaria Cymbalaria, der direkten funktionellen Anpassungen der Wasserranunkeln und der Bewe- gungen der Schwärmsporen sowie des Blütenstieles von Vallisneria, ! Fr. Oltmanns, Morphologie und Biologie der Algen. Jena 1904. L. Bd. S778. ® E. Strasburger, Über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Centrosomen und Cilienbildner im Pflanzenreich. Jena, 1900. S. 91. ® E. Strasburger, op. cit. S. 210. Er als deren Ursache Instinkte und aus ihnen (!) abgeleitete Empfindungen der Pilanze heranzuziehen.' F. Noll, der erste unserer Pflanzenphysiologen, der den ohne die Annahme von Empfindung im Pflanzenreich sinnlosen Terminus eines „Sinneslebens der Pflanzen“ gebrauchte, erklärt in seinen Studien über Orientierungsbewegungen ?: „Dass die Aus- wärtsstellung vieler Blüten als eine durch aktive Bewegungen auf- gesuchte Ruhelage aufzufassen ist, war mir bei meinen zahlreichen Versuchen durchaus klar geworden“. An anderer Stelle spricht er von der Rätselhaftigkeit des Begriffes „innerer Reize“, mit dem die Pflanzenphysiologie trotzdem durch die „sichtbarste Wirkung“ solcher arbeiten müsse®, und an dritter Stelle* macht er seine Auf- fassung von der von dem Selbst der Pflanze abhängigen Wahlfähig- keit durchsichtig, wenn er erklärt, dass „sonst geotropisch recht empfindliche Blätter ihrer ‚fixen Lichtlage‘ zuliebe alle erdenkbaren abnormen Lagen zum Erdradius einnehmen, als ob sie ihren Geo- tropismus bei dem Lichtgenuss gänzlich verloren — oder um- gewandelt hätten.“ Und auch B. Stange in einer Arbeit über Reizbewegungen durch chemische Stoffe spricht das allgemein Angenommene und stets Unausgesprochene vorsichtig, doch unzweideutig am Ende seiner Arbeit aus, wenn er resigniert meint: „Welche Ursachen in den Organismen diesen Reizbewegungen zu Grunde liegen, wissen wir nicht. Als allgemeine Bedingung für die Reizbarkeit ist die Em- pfindung unserer Organismen (es handelt sich um Myxamöben und Zoosporen von Saprolegniaceen) anzusehen. Wie diese Em- pfindung beschaffen, ist uns unbekannt . . .“° ı A.v. Kerner, Pflanzenleben. Leipzig, 1896. 2. Auflage. Bd.I. 5.47. 2 F. Noll, Die Orientierungsbewegungen dorsiventraler Organe. (Flora, Bd. :76.. 1892). ‚5. 279: ® F. Noll, ibidem S. 275. * F. Noll, Über die normale Stellung zygomorpher Blüten und ihre Orien- tierungsbewegungen zur Erreichung derselben (Arbeiten des botan. Institutes in Würzburg. Bd. II. S. 361). > B. Stange, Über chemotaktische 'Reizbewegungen (Botanische Zeitung. Bd. 48. 1890). S. 165. a Desgleichen gebraucht Alfred Fischer Sätze wie: „Die nyctitropische Sensibilität dieser Pflanzen ist also in gewissem Sinne eine autonome*“', und G. Klebs sagt: „Jedes Protoplasma besitzt eine gewisse Lichtempfindung“ °. Ganz offen vollzieht die Schwenkung zur Psychologie jedoch Fr. Oltmanns in seiner Studie über die Photometrie. Es genügt, einige markante Sätze daraus anzuführen. Von Volvox heisst es darin: „Unsere Versuche ergaben ein sehr scharfes Unterscheidungs- vermögen des Volvox für verschiedene Helligkeiten“ .. „und das Aufsuchen einer bestimmten Lichtintensität, die wir wohl als die für die Pflanze optimale auffassen dürfen“?. Von Spirogyra sagt er, dass die Fäden sich bei Aufsuchung ihres Lichtoptimums „sehr vernünftig benehmen“*. Auf die Frage aber: Wie sind die photometrischen Bewegungen zu erklären? sagt er ungescheut: „eine volle mechanische Erklärung gibt es für dieselben vorläufig nicht.“ An anderen Stellen heisst es: „Jede Pflanze, respektive jeder Pflanzenteil erstrebt die Erreichung einer gewissen Helligkeit mit den verschiedensten Mitteln“®. Und schliesslich: „Damit aber schreiben wir den Pflanzen ein Empfindungs- und Unterscheidungs- vermögen zu, welches von dem Empfindungsvermögen der Tiere nicht wesentlich abweicht, und ich trage kein Bedenken, die durch unbewusste Empfindungen herbeigeführten Reflexe in eine Linie mit den hier beobachteten Erscheinungen zu stellen... . Ihm schliesst sich Fr. Czapek’ an mit dem Vorschlage, die Pflanzenphysiologie, welche ohnehin durch die Tatsachen ı A.Fischer, Über den Einfluss der Schwerkraft auf die Schlafbewegungen der Blätter. (Botanische Zeitung 1890.) S. 712. ? G. Klebs, Über die Organisation einiger Flagellatengruppen. (Arbeiten a. d. botan. Institut zu Tübingen 1.) > Fr. Oltmanns, Über die photometrischen Bewegungen der Pflanzen. (Flora. 1892. Bd. 50.) S. 190. * Oltmanns, loc. cit. S. 199. 5 Oltmanns, S. 259. ® Loc. cit. S. 264. ” F. Czapek, Weitere Beiträge zur Kenntnis der geotropischen Reiz- bewegungen. (Jahrbücher für wiss. Botanik. 32. Bd. 1898.) S. 175—308. Ba al ganz in die Bahnen der Tierphysiologie gedrängt wurde, möge auch offen ihre Übereinstimmung mit der allgemeinen Physiologie dadurch bekennen, dass sie die Reaktionserscheinungen nur mehr aus „praktischen Zwecken“ noch weiter als Tropismen, Taxien usw. bezeichne, ihre Ursache als Ästhesie, sie aber als Reflexe werte. Es heisst bei ihm!: „Die pflanzlichen Reizbewegungen können wir am besten als Reflexbewegungen auffassen, und es sind die Teile des tierischen Reflexvorganges (perzeptorische, duktorische, zentrale Übertragungs- und motorische Funktion) auch hier unter- scheidbar.“ Natürlich zwingt ihn dieser mutige Schritt nach vorwärts, so sehr er sich auch sträubt, bei den Pflanzen (wohl aus der alten Verwechslung, dass Psyche an Bewusstsein gebunden sei) Psyche anzunehmen, in Wirklichkeit zur völligen Aufhebung der mecha- nistischen Betrachtungsweise, wie z. B. aus seiner Erklärung des Geotropismus ersichtlich’: „Der Geotropismus umfasst demnach die Fähigkeit der Pflanze, durch Wahrnehmung der verschiedenen Druckverhältnisse in den sensiblen Organen sich in bestimmter Weise zur Kraftrichtung einer erteilten Massenbeschleunigung (Erdschwere, Centrifugalkraft) mittels reflektorisch ausgelöster Be- wegungsphänomene orientieren zu können. Am nächsten kommt diese Fähigkeit den animalischen Bewegungsempfindungen, welche ebenfalls zur Orientierung der Körperteile eines Tieres im Raume mit beitragen.“ Auch Jost wagt in seinen prächtigen Vorlesungen über Pfilanzenphysiologie unter dem Zwang der Tatsachen den näm- lichen Schritt zur Psychologie, wie einige Zitate beweisen mögen: „Wahrscheinlich spielen Paralysatoren die Hauptrolle bei der Hem- mung von Enzymwirkungen, doch fehlt es uns noch ganz an Ein- sicht darüber, wie der Organismus die Produktion seiner Enzyme und ‚Antienzyme‘ lenkt. An der Tatsache einer solchen Lenkung, also einer zweckmässigen Produktion der Körper, ist aber nicht 1 Czapek,:op.cit. 5.302. 2 Ibidem S. 307. a zu zweifeln. Ähnliche Regulationen treffen wir überall bei den Organismen an!.“ „Man schreibt ferner der Pflanze die Fähigkeit zu, den Reiz ‚wahrzunehmen‘“ ®... „Wir sahen, die Pflanze muss die Lichtintensität an verschiedenen Seiten vergleichen“®... „Der Ausdruck ‚Vergleich‘ könnte den Verdacht erwecken, dass es sich da um psychische Fähigkeiten der Pflanze handle. Wenn man bei einer Psyche an Bewusstsein denkt, dann muss man eine solche Vermutung weit abweisen, kennen wir doch auch an unserem eigenen Körper Bewegungen genug, die mit Ausschluss des Bewusstseins erfolgen und die offenbar mit den pflanzlichen Reizbewegungen die grösste Ähnlichkeit haben, nämlich die Reflex- bewegungen.“ * Und endlich kann hier den Reigen der Zeugen auch G.Haber- landt beschliessen, der in seinem epochemachenden Vortrage über die Sinnesorgane der Pflanzen auf dem Naturfiorschertage des Jahres 1904 sagte: „Nichts kann uns hindern, nachdem die prin- zipielle Übereinstimmung der Reizbewegungen im Tier- und Pflanzen- reiche sicher erkannt ist, auch den Pflanzen ein Empiindungs- vermögen und Sinneswahrnehmungen zuzuschreiben.“ ° Frei- lich mindert er den Wert dieser Erklärung dadurch, dass er sofort ausdrücklich hervorhebt, er halte dies nur für eine „rein physio- logische Befähigung“, und er verzichtet freiwillig auf den Ruhm, der Begründer der Pflanzenpsychologie und damit einer neuen Epoche der Botanik zu sein, der ihm eigentlich naturgemäss hätte zufallen sollen, indem er erklärt: „Die Frage, inwieweit es sich hierbei um psychologische Phänomene handelt, kommt für uns nicht in Betracht"; : Diese paar Dutzend Zitate, welche leicht verzehnfacht werden könnten, ohne jedoch mehr zu beweisen, als was auch mit ihnen ı L. Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Jena, 1904. S. 190. ® Jost, op. cit. S. 643. ® Ibidem S. 586. * Ibidem S. 646. ° G.Haberlandt, Die Sinnesorgane der Pflanzen. (Verhandl. d. Gesellsch. deutsch. Naturforscher etc. 1904). Sep.-Abdr. S. 4. — 16 — angestrebt werden kann, — sie erhärten wohl zur Genüge die eingangs aufgestellte Behauptung, dass die pflanzliche Reizphysio- logie allenthalben an der Grenze dessen steht, was mit ihrer her- gebrachten mechanistischen Betrachtungsweise erreicht werden kann, vor allem, dass es in ihr völlig an methodischen Versuchen mangelt, die den Tropismen zugrunde liegende Fähigkeit der Pflanze ex- perimentell auf ihr Wesen zu prüfen. Wohl aber sah sie sich immer wieder zu tastenden Versuchen einer solchen Ursachenfeststellung gezwungen, so dass das gesamte Schrifttum der Pflanzenphysiologie durchsetzt ist mit hypothetischen Annahmen folgender Art: Die Pflanze ist nach unseren ersten Physiologen „ein autonomes Wesen“, das „selbsttätig“ und „selbstregulatorisch* wirkt, das „urteilend“ handelt, sich „äussere Faktoren nutzbar macht“, „Reaktionen an- strebt“ (Pfeffer), „sich orientiert“ (Czapek, Noll), ein Wesen, dem „Absichten“ zugeschrieben werden (Pfeffer), in dem „sensorische Prozesse“ da sind (Pfeffer), das „Ästhesien“ besitzt (Czapek, Morphästhesie Nolls), „Wahrnehmungen“ macht (Czapek, Haberlandt), das „Bedürfnisse empfindet“ (Strasburger), „ver- gleicht“ (Jost), „Empfindungen hat“ (Stange, Haberlandt), auf Reize hin „willkürliche Bewegungen“ ausführt (Oltmanns), seine inneren Vorgänge „lenkt“ (Jost); schliesslich ein Wesen, das „Reflexbewegungen“ ausführt (Oltmanns, Czapek, Noll), im Psychischen auf gleicher Stufe mit den niederen Tieren steht (Pfeffer), „Instinkte“ hat (Kerner), u. s. f. Ein derartig umschriebenes Prinzip ist offenbar ein psy- chisches Prinzip, das hiermit verkappt und unkritisch schon seit langen Jahren (seit 1890!) in die Botanik eingeführt ist und allgemein unbedenklich verwendet wird. Der einzige kritische Versuch, dieses psychische Prinzip näher zu formulieren, ist der, eine Theorie der Reflexbewegungen als Ergänzung der mechanistisch- mythischen Tropismenterminologie heranzuziehen, wie das Olt- manns, Jost und Czapek versuchen. Dies ist zweifellos ein grosser Fortschritt, denn dieser Versuch wendet die richtige Methode an, um zu Kausalbegriffen zu gelangen. Aber ebenso zweifellos EN ist seine Unzulänglichkeit, worauf im dritten Kapitel dieser Ab- handlung zurückgegriffen werden soll. Hier soll ‚vorläufig nur das konstatiert werden, dass nur die stillschweigend akzeptierte allgemeine Überzeugung von der Beseelung der Pflanze! es er- klärt, wieso man den ohne “Psyche* einfach sinnlosen Begriff von Reizleitung und Sinnesorganen im Pflanzenreich ohne jeden prinzipiellen Widerstand annehmen Konnte; nur aus dem un- kritischen, vor dem Forum wissenschaftlicher Erkenntnis noch nicht gerechtfertigten heimlichen Einsickern psychologistischer Denkungs- art in der Botanik erklärt es sich freilich auch, dass die Führer auf dem Gebiete der Reizphysiologie sich der Täuschung hingeben können, man dürfe ihre Begriffe der Autonomie, Empfindung und ! In ganz ungescheuter Weise wird die mechanistische Tropismenlehre sogar schon in Lehrbüchern zum Gebrauche der Schule verworfen, ohne dass dagegen protestiert wird! Der klassische Beleg hierfür ist die von dem Deutschen Lehrerverein für Naturkunde offiziell herausgegebene Ergänzung zu Sturms Flora von Deutschland, deren Verfasser Dr. H. Meierhofer in der Einleitung ausdrücklich hervorhebt,* er habe es „vermieden, den festen Boden der Tat- sachen zu verlassen und sich aufs unsichere Terrain der Spekulationen hinaus- zuwagen.“ In diesem Sinne ist es zu werten, wenn er dann folgende Äusserungen wagt: Die Wurzel „führt förmliche Tastbewegungen aus, um immer diejenige Stelle des Erdbodens ausfindig zu machen, deren Feuchtigkeitsgehalt ihr am meisten zusagt“ (S. 15). „So herrscht selbst unter den anspruchslosen Schatten- pflanzen ein Verlangen nach Licht, das sie auf die mannigfaltigste Weise zu be- friedigen suchen.“ (Seite 55.) „Suchen so einerseits die Schattenpflanzen ihre Assimilationsorgane in möglichst günstige Stellung zum diffusen Lichte zu bringen. .“ (S.56.) „Bei der Aufnahme der mineralischen Verbindungen aus dem Boden erhält man den Eindruck, als ob die Pflanze in zweierlei Beziehungen eine Aus- wahl unter den Nährsalzen zu treffen imstande sei.“ (S.64.) Die Insektivoren zeigen „ein deutliches Wahlvermögen mit Bezug auf die dargebotene Nahrung.“ (S. 131.) „Wenn aber die Insektivoren Eiweisskörper zu unterscheiden ver- mögen von andern z. B. anorganischen Verbindungen, und eine Reaktion nur bei Anwesenheit der ersten erfolgt, dann müssen die Stickstoffsubstanzen einen Reiz ausüben, der empfunden und weitergeleitet wird.“ ;„Damit eröffnet sich der wissenschaftlichen Botanik eine ganz neue Perspektive: der Pflanze den Platz zu erobern, der ihr alseinem dem tierischen ebenbürtigen Organismus gehört.“ (S. 131—132). „Es ist ein unerklärliches, wunderbares Tasten und Suchen des Griffels (bei Epimedium alpinum. Anm. d. Verf.), bis er auf die geöffneten Staubbeutel trifft, höchstens vergleichbar den Bewegungen einer Wurzelspitze, die im Erdreich die feuchten Stellen aufsucht, oder dem Tasten einer jungen Ranke, welche nach einer Stütze verlangt.“ (S. 237.) * H. Meierhofer, Einführung in die Biologie der Blütepflanzen. Stuttgart, 1907. S.8. R.H. France, Die Lichtsinnesorgane der Algen. 2 a NR Sinnesorgane auch dann anwenden, wenn man sich prinzipiell vor der Inanspruchnahme durch die Psychologie verwahrt. So wenn Pfeffer! auch im rhythmischen Gang einer Uhr dieselben „auto- genen periodischen Bewegungen“ zu sehen vermeint wie in der Pflanze?. Oder wenn Haberlandt? „das teleologische Geschehen“ nur als bildlichen Ausdruck anthropomorpher Betrachtungsweise hinzustellen versucht oder gar kühl erklärt‘: „Die physiologische Pflanzenanatomie beschreibt diese (nämlich die zweckmässigen) Anpassungen im inneren Bau der Pflanzen, sie gibt aber keine Erklärung ihres Zustandekommens und will auch keine geben“ — unmittelbar danach aber die Selbstregulation der Pflanze an- erkennt, welche doch eine solche Erklärung durch das Ego, das Selbst der Pflanze versucht. So ist denn auch Pfeffer durch die Logik der Tatsachen gezwungen, seinen eigenen Ver- gleich der Pflanzenautonomie mit der „Uhrautonomie* in dem- selben Satze für falsch zu erklären, wo er ihn aufstellte, weil er den Satz einschieben muss, dass bei der Uhr Betriebsenergie vorausgesetzt werden müsse. Diese von der Pflanze selbst hergestellte Betriebsenergie, welche nie von einer Maschine’selbst er- zeugt werden kann, dass manihre Existenz nicht leugnen kann, das istes, was die ganze Mechanistik als Erklärungs- prinzip des Pflanzenlebens und damit auch die soeben er- wähnten Verwahrungen von vornherein hinfällig und ihre weitereAnführung und Widerlegung überflüssig macht. Mit diesem Zustand der Reizphysiologie ist jedoch ein Problem gegeben. Da aus den hundert und tausend erkannten Tatsachen der ı Pfeffer, Pflanzenphysiologie Bd. II, S. 389. ® Oder wenn er meint (Bd. II, S. 161), dass seine Vorstellungen vom autonomen Schaffen und Walten, die Ausdrücke Eigengestaltung, Automorphose, Selbstdifferenzierung, unabhängige Differenzierung, Autoplasie, Autotropismus, Autonastie ihm insofern „unbedenklich“ seien, weil damit nur konstatiert sei, dass diese Vorgänge nicht durch die Aussenwelt modifiziert werden, obgleich es — wodurch er noch in demselben Satz seine Behauptung zurückzieht! — „eine von der Aussenwelt unabhängige Tätigkeit niemals gibt“. ® G. Haberlandt, Über Erklärung in der Biologie. 2. Aufl. Graz 1901. * G.Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie. 3. Aufl. Graz 1904. 5.7. u TR Autonomie und Selbststeuerung der Pflanze unzweifelhaft ein „inneres Vermögen“ der Pflanze hervorgeht, das aber noch nicht wissenschaftlich bestimmt ist, so ist es gegenwärtig einfach die dringendste Frage der Pflanzenphysiologie: Welche nähere Bestim- mungen lassen sich für dieses Vermögen logisch und experimentell erweisen? Das habe ich als meine Aufgabe empfunden und ich habe versucht, dafür zunächst eine logische Lösung zu finden. Die reichlich vorhandenen Tatsachen drängten dazu, einen Schritt zu wagen, den man als ungewohnt, als völlig neue Prin- zipien in die Botanik einführend allerdings so lange scheut, bis nichts anderes mehr übrigbleibt. Da nun aber — wie soeben bewiesen wurde — von allen Seiten der gleiche Schritt gewagt wurde, um endlich einmal die von der Wissenschaft notwendig geforderte Erklärung für das Vermögen der Selbststeuerung zu geben, so habe ich das gleiche in meinem Werke über das Leben der Pflanze'!, dessen Programm mich zwang, den ganzen Kreis der vegetabilen Lebenserscheinungen zu umfassen, auch gewagt in Form einer Versuchshypothese, welche annimmt, dass ein Teil der Regulationen und alle tropistischen (so- wie auch nastischen, taktischen und kinetischen) Re- aktionen der Pflanzen ihre Ursache in der plasmatischen Fähigkeit der Reizverwertung haben’, Da nun das Wesen der Reizverwertung im zwecktätigen Befriedigen empfundener Bedürfnisse besteht, und wir erfahrungsgemäss Zwecktätigkeit nur mit der (wie aus Selbstbeobachtung bekannt) psychisch zustande kommenden Zwecktätigkeit des Menschen in Analogie bringen können, liegt es auf der Hand, dass ein solcher Analogieschluss zu Recht bestehen kann, um so mehr, wenn sich für ihn weitere Stützen beibringen lassen. Solche Stützen bieten sich jedoch in reicher Zahl an. Die Selbststeuerung der Pflanze, die Existenz von Sinnesorganen, die Tatsache der Reizleitung, die auf Per- ı Im 1906—1907 erschienenen zweiten Band von: R.H. France, Das Leben der Pflanze. 8°. Stuttgart 1907. ® France, op. cit. Bd. II, S. 432, 440 u. ff. 7120, zeptionen hin eintretenden zielstrebigen Bewegungen der Pflanzen sind die beweiskräftigsten dieser Stützen; ihnen gesellt sich als ausschlaggebend die Tatsache hinzu, dass auch das Pflanzenleben auf dem gleichen Protoplasma beruht, das in Tier- und Menschen- form zur seelischen Betätigung gelangte, weshalb auch, wenn die Entwicklungslehre zu Recht besteht, der aus Einzel- lern hervorgegangenen Pilanze, ebenso wie dem aus den gleichen Zellen hervorgegangenen Tier logischerweise nicht psychische Betätigung abgesprochen werden kann, wenn ansonst Analogien mit dem Menschen, der für alles psychische Leben der einzige Vergleichsgegenstand ist, dafür zeugen. So unterstützen sich „Kontinuitätsargument“ und Analoga (für die ich in meinem genannten Werke 418 Beispiele beibrachte!) wechselseitig. Doch besagt der Vergleich zwischen Mensch und Pflanze, wie ich in meinem Werke allenthalben hervorgehoben habe, nicht mehr, als dass für die Zwecktätigkeit beider nur das gleiche Prinzip in Anwendung gebracht werden kann. Seine Ausbildung bei der Pflanze kann von vornherein nicht elementar genug vorgestellt werden‘; Sicheres darüber hängt von der experimentellen Prüfung des psychischen Prinzipes der Pflanze ab. Nur so viel lässt sich aus den bisher bekannten teleologischen Äusserungen der Pflanze bereits ableiten. Da bei der Pilanze die Unterordnung und Lokali- sation der Funktionen bei weiten nicht so durchgeführt ist wie im tierischem Körper, berechtigt uns vorläufig nichts, mehr als eine Zellularpsychologie der Pflanze aufzustellen. Diese den Zellen innewohnende psychische Energie muss jedoch, wie aus ihrer urteilenden Funktion hervorgeht, immerhin das Minimum von Fühlen, Streben und Vorstellen überschritten haben. Es be- tätigt sich auf Empfindungen, also auf Bedürfnisse hin, bedient sich der im Plasma ursprünglich vorhandenen oder von ihm erworbenen ! Ich suchte dies in den Satz zu prägen: Menschen- und Pflanzenpsyche verhalten sich graduell so zueinander, wie der menschliche Organismus zum abweichenden und einfachen Aufbau der Pflanze. BL TE N. Eigenschaften als Mittel. Dadurch kennzeichnet es sich als beschränkt, erfahrungsmässig und naturwissenschaftlich so weit analysierbar, als auch die Psyche des Menschen den Massmethoden und Experimen- ten zugänglich ist!. Man ist daher nicht berechtigt, mit dem Begriff der Pflanzenpsyche irgendwelche mystische Vor- stellungen zu verbinden oder ihre experimentelle und theoretische Erforschung als ausserhalb der Aufgaben der Naturwissenschaft stehend zu betrachten. Mit der Erklärung der Teleologie und Tropismen der Pflanze durch psychische Faktoren ist von vornherein gar nichts über die Ursache der Psyche ausgesagt. Daher ist diese Hypo- these ebensogut mit dem Materialismus, der Energetik oder mit metaphysischen Vorstellungen vereinbar, wenn der Fortschritt der Erkenntnis zwischen den Erklärungs- hypothesen einen Entscheid ermöglicht haben wird; ihre Existenzberechtigung beruht vor allem darauf, dass Mechanistik prinzipiell nicht ausreicht”, um die Tropismen und Regulationen der Pflanze, vor allem die Tatsache, dass die auf eine Pflanze wirkenden Reize in ihr geleitet, an anderer Stelle zweckhafte Bewegungen auslösen, kausal zu erklären, da sie, wie oben sattsam dargetan wurde, nur beschreibt, nur die Technik des Ablaufes schildert, weshalb die Tropismen bis jetzt ohne alle Erklärung geblieben sind und bleiben müssen, wenn man nicht zur Psychologie als Hilfswissenschaft der Botanik greift°. "France, on. cit. Bd. Il, S. 572. ® Daher verkennen jene die Tragweite des mechanistischen Prinzipes voll- kommen, die mit Kassowitz (in Zeitschrift f. d. Ausbau d. Entwicklungslehre 1908) meinen, es stehe noch die mechanistische Deutung der teleologischen Vorgänge mangels genügender Arbeit aus, und ein „glücklicher Fund“ (also mehr Detailwissen) könne diese Sachlage ändern. ® Dies erkennt W. Roux in einer Auseinandersetzung mit meiner Auf- fassung (Archiv f. Entwicklungsmechanik 1907), trotzdem er auf mechanistischer Basis stehen bleiben will, auch an, indem er darauf hinweist, dass die Pflanzen- psychologie, beziehungsweise die psychistische Hypothese für jenen „Rest“ der Erscheinungen angewendet werden könne, der bei der mechanistischen Analyse der Lebensphänomene stets übrigbleibt. Nichts anderes fordert mein Standpunkt, und ein solcher „Rest“ liegt hier eben vor. ' Nach dieser theoretischen Feststellung eines inneren, eines psychischen Vermögens der Pflanze beginnt jedoch erst die eigent- liche naturwissenschaftliche Arbeit. Denn es gilt nun auf experi- mentellem Wege die Richtigkeit dieser Behauptungen! zu erweisen. Die „tiefere Einsicht in die sensorischen Prozesse“ der Pflanze, welche derzeit fehlt, und die sich Pfeffer so lebhaft wünscht’, ist es, die nun durch Versuche erbracht werden soll. Die Pilanzenpsychologie hat eine empirische, vor allem eine experimentelle Wissenschaft zu sein, und dazu einen der ersten Bausteine herbeizutragen, war der Zweck der nun vorzulegenden Arbeit. 1. Zu einer solchen experimentellen Prüfung des teleologischen Reaktionsvermögens der Pflanze sind die Algen besonders geeig- net. Erstens, weil es darunter „typisch pflanzenhaft“ lebende ein- zellige Wesen gibt, aus deren Reaktionen die Elementarbetätigung und Anpassungsfähigkeit einer Pflanzenzelle auf die einzig mögliche Weise: unter natürlichen Umständen geprüft werden kann; ausserdem, und das ist ausschlaggebend, weil einzellige Algen dauernd oder vorübergehend freibeweglich sind. Und da Bewegungen auch beim Menschen der einzige Indikator von Empfindungen sind, so kann einer Methode die Gewinnung zuverlässiger Resultate nicht abgesprochen werden, welche sich — wie das die Tierpsychologie schon seit langem eingeführt hat — auf genauer Beobachtung von Reizbewegungen aufbaut. Es erschien — angesichts des prinzipiell neuen Gesichts- punktes, der hiemit gewählt wurde, — zweckmässig, ohne Rücksicht auf bereits Erforschtes von den elementarsten Versuchen auszugehen und alle Erscheinungen zu registrieren, da von vornherein nicht zu ! Die sich mit der „Kryptopsychologie“ der modernen Reizphysiologie, aber auch mit gleichsinnigen Behauptungen von F. Delpino, F. Höck, F. Lud- wig, H.Müller, A. Wagner, S.H.Korschinski, V.J.Taliev, K.Smalian, A.S. Famintzin, A. Borodin und Fr. Darwin (um nur auf botanischem Ge- biete zu bleiben!) decken. 2 Pfeffer, Pflanzenphysiologie. Bd. II, S. 634. En... Lunt HA wissen war, welche für die Analyse der taktischen und kinetischen Reaktion unter dem neuen Gesichtspunkt von Wert sein können. So ist es zu verstehen, warum wenigstens vorläufig die zahl- reichen Arbeiten von Strasburger, Pfeffer, Engelmann, Roth- ert etc. über taktische Erscheinungen nicht berücksichtigt wurden. Nach zahlreichen Vorversuchen mit Chlamydomonaden, Volvocineen, Chrysomonadinen, Schwärmsporen von Oedogo- nium, Vaucheria, Ulothrix und Cladophora, ferner mit Ba- cillariaceen, besonders den sehr agilen kleinen Nitzschia- und Naviculaarten, die alle sich namentlich deshalb nicht als geeig- netes Versuchsmaterial bewährten, weil Chlamydomonaden mit ihren hochgradig kontaktreizbaren Geisseln zu leicht abgelenkt werden, Chrysomonaden sowie Schwärmsporen und Gameten nur temporär zu erhalten, dalıer für lange Versuchsreihen unbrauchbar sind, während Kieselalgen nicht immer so ausgesprochen photophil sind, dass mit ihnen einwandfreie Reaktionen zu erzielen waren, bewährte sich am besten für die Versuche Euglena viridis und die mit ihr oft vergesellschaftete Polytoma Uvella, welch letztere noch den besonderen Vorzug bietet, dass sie als farblose Alge, dennoch mit einem roten Stigma ausgestattet und sehr prompt auf Lichtreize reagierend, für die Frage nach der Funktion des Augen- fleckes besonders wertvolle Schlüsse erlaubt. Beide Algen sind leicht in Menge zu erhalten und dauernd so lebhaft beweglich, dass auch bei längerer Beobachtungszeit mehrfache Umstimmungen auf Reize hin in ihrem Ausdruck als Bewegungsänderungen ver- folgt werden können. Im Verlaufe der Versuche stellte sich jedoch bald heraus, dass die natürliche Reizbarkeit wesentlich verändert, rasch herab- gestimmt wird und daher zu ganz falschen Beurteilungen führt, wenn man das Material in der üblichen Weise in Knopscher Nähr- lösung kultiviert. Dieser Punkt wird in der Reizphysiologie der Pflanzen mehr als bisher zu beachten sein. Die Überernährung in Kulturen, die unnatürlichen einseitigen Laboratorium-Lichtverhält- nisse, unter denen in Kulturen die Generationen entstehen und KA N vergehen, scheinen Sonderanpassungen nach sich zu ziehen, jeden- falls aber schaffen sie einen reizphysiologischen Entartungs- zustand. Algen aus solchen Kulturen antworten auf die gleichen Reize entweder gar nicht oder höchst träge oder in ganz anderer Weise als ihre Genossen, die man natür- lichen Standorten entnommen hat und frisch zu den Ver- suchen verwendet. Diese Tatsache ist bei tropistischen Experimenten mit schwim- menden Mikroorganismen (aber auch sonst) sehr zu berücksichtigen, denn sie ist das Gegenstück der Fehlerquelle, die man neuerdings im störenden Einfluss der Laboratoriumsluft bei physiologischen Experimenten mit Blütepflanzen aufgedeckt hat. Nach Entdeckung dieser Verhältnisse verwandte ich zu den Versuchen ausschliesslich frisch gesammeltes und solches Material, das im Freien in Behältern möglichst natürlichen Licht-, Tempe- ratur- und Ernährungsbedingungen ausgesetzt war. Schon dieser Umstand allein bedingte die Beschränkung auf Euglena und Polytoma, da so ziemlich nur diese zwei Organismen auch in der Natur, in Jauchepfützen fast in Reinkultur und in solchen Mengen auftreten, dass sie für Versuchszwecke genügend zur Hand sind. Aber auch so ergaben sich grosse Unterschiede in der Re- aktionsfähigkeit, die man bei den reizphysiologischen Forschungen, wie es scheint, noch nicht ihrer wahren Bedeutung entsprechend in Betracht gezogen hat, Wenigstens finden sich in der Literatur keine Anhaltspunkte dafür, ausser einer gelegentlichen Bemerkung von Rothert' in gleichem Sinne, dafür aber allgemein (Stras- burger, Oltmanns, Pfeffer, Chmielevsky etc.) Klagen über die „Launenhaftigkeit“ der Mikroorganismen. Da diese Verhält- nisse ausschlaggebend für die Versuchsanordnung sind, muss auch in diesem vorläufigen Bericht, um die Nachuntersuchung zu er- leichtern, etwas näher auf sie eingegangen werden. ı W. Rothert, Beobachtungen und Betrachtungen [über taktische Reiz- erscheinungen. (Fiora, Bd. 88. 1901.) a Bei den Euglenen ergab sich folgendes: Unter der gemein- bekannten Euglena viridis Ehrb. verbergen sich zwei Standorts- varietäten von verschiedenem physiologischen Verhalten. Die eine (die man als var. lacustris unterscheiden sollte) lebt in grösseren, nie austrocknenden Wasserbecken. Sie gehört zuweilen dem Plank- ton an und ist viel mehr in Gestaltung und „Schwimmeifer“ dem lakustrischen Leben angepasst, als die andere Form (var. stag- nalis), die Euglena der vergänglichen Wasserpfützen, der Rinn- steine und Jauchegruben. Diese schwimmt nie so andauernd, bildet mit Vorliebe Palmellen und ist etwas plumper gebaut als ihre Schwester der Teiche. Diese beiden Formen reagieren auf Licht- reize verschieden. E. lacustris ist auf niederere Lichtintensitäten abgestimmt, als E. stagnalis. E. lacustris ist bereits photophob gegenüber Intensitäten, bei denen E. stagnalis noch photophil ist. Aber auch bei beiden gibt es nach den Verhältnissen des Standortes verschieden abgestimmte „Lichtrassen“. Im allgemeinen gilt etwa ‘die Erfahrung, dass die Reaktionen etwas anders ver- laufen, je nach dem Fundort, dem Alter der Zellen und je nach ihrem Ernährungszustand. Reichlich ernährte sind weder so agil noch so reizbar, wie „Hungerformen“. Ganz junge, soeben aus Teilungen oder Palmellen hervorgegangene Zellen sind das beste Versuchsmaterial. Besonders mit organischer Nah- rung überfütterte Euglenen — von denen H. Zumstein'! nach- gewiesen hat, dass sie ihren Chlorophyllapparat aufgeben — werden träge und verlieren die Lichtreizbarkeit fast ganz. Schlecht ge- nährte kranke (von Chytridiaceen befallene) Zellen sind weniger reizbar. Die Paramylonbildung steht in Beziehung zur Lichtreiz- barkeit. Je mehr Paramylon, desto geringer die Reizbarkeit. Doch spielen hierbei immer noch besondere und noch un- geklärte physiologische Bedingungen mit herein. Sehr lang mit Reizbarkeitsversuchen gequälte Individuen werden stufenweise bei immer geringerer Helligkeit photophob (Irritationszustand?), schliess- ‘ HA. Zumstein, Zur Morphologie und nr der Euglena gracilis Klebs. (Jahrbuch f. wiss. Bot. Bd. 34.) lich schlägt die Überempfindlichkeit in fast völlige Unempfind- lichkeit um. Am Morgen gelingen die Versuche fast durchgängig besser als gegen Mittag oder gar am Nachmittag. Doch wird dies auch je nach Fundort und Ernährungszustand modifiziert. Es gibt auch einen physiologischen Gleichgültigkeitszustand, der sich einstellt, wenn das Präparat der gewöhnlichen Hohlspiegel- beleuchtung längere Zeit ausgesetzt war, und der verschwindet, wenn man es einige Zeit ungestört lässt und verdunkelt. Am schärfsten und am meisten charakteristisch stellen sich Reizverwertungen bei etwas Sauerstoffmangel und 1—2stündigem Stehen im Dunkeln oder bei sehr mässigen Lichtintensitäten und daraufiolgender Erhellung ein. Die gleichen Erfahrungen lassen sich auch mit Polytoma, wenn auch weniger ausgesprochen, machen, da hier der Chemo- tropismus und vor allem das Sauerstoffbedürfnis sich störender einmischt. Daher hielt ich 1892 und, mich auf jene Untersuchungen stützend, noch 1894 in meiner Polytomeenmonographie Polytoma für photophob. Ich hatte damals vorwiegend Material aus Infu- sionen und Reinkultur, das also auf Zimmerlicht eingestellt war. Euglena spirogyrae, oxyuris, deses, acus, Phacus, Trache- lomonas und Lepocinclis, mit denen auch experimentiert wurde, sind auf andere Lichtintensitäten je nach ihrer normalen Lebens- weise am Grunde, zwischen dem Detritus oder an der Oberfläche des Wassers abgestimmt und reagieren demgemäss verschieden. Aus dem Verhalten einer einzelnen oder von wenigen Zellen und bei Ausserachtlassung der obenerörterten Einflüsse kann man nie richtige Schlüsse ziehen, son- dern nur aus dem Durchschnitt einer grossen Zahl von Beobachtungen unter den jeweils an die Sachlage an- gepassten Vorsichtsmassregeln. Die Pflanzenzelle ist eben kein „auf nur einige vorgesehene Fälle eingerichteter Automat“, son- dern ein auf die verschiedensten Zustandsänderungen individuell in ziemlich weiten Grenzen auf das feinste reagierendes und sich anpassendes Lebewesen. Das muss der oberste Leitsatz aller reiz- EHER 22 physiologischen Problemstellungen sein, sonst führen sie nie zur Erkenntnis der normalen Lebensreaktionen. Unter Berücksichtigung dieser aus zahlreichen orientierenden Vorversuchen gewonnenen Erfahrungen wurde die Methodik ge- schaffen, um auf die uns gestellte Hauptirage, ob die Reaktionen auf Lichtreize den Begriff einfacher Reflexe überschreiten oder nicht, einwandfreie Antwort zu finden. Angeknüpft wurde hierbei an die seinerzeit von Th. W. Engelmann! geschaffene Versuchs- anordnung mit Hilfe eines einfachen Diaphragmaapparates, der gestattete, auf das Gesichtsfeld des in einen dunklen Kasten hinein- gebauten Mikroskopes einen Lichtspalt von 0,020—0,800 u Durch- messer so zu dirigieren, dass durch Verschieben des Objektträgers bezw. des Kreuztisches um 180° die zu beobachtenden Zellen nach Belieben teilweise überschattet oder ganz in das Licht oder Dunkel gerückt werden und ihr Verhalten im Lichtspalt und im Schatten beobachtet werden konnte. Nach Bedarf konnte hierbei die Lichtintensität durch Vorrücken von Milchglasscheiben oder Kuvetten mit Kupfersalzlösungen reguliert und farbiges Licht an- gewandt werden. Diese einfache Methode, die, wie es scheint, seit Engelmann nur Molisch angewandt hat, gestattete, mit Leichtigkeit die feinsten Bewegungsreaktionen von Einzellern auf geradezu unendlich variierbare Lichtreize unmittelbar zu verfolgen und nach einiger Übung mit dem Abbeschen Zeichenapparat auch aufzuzeichnen. Die zu beobachtenden Algen wurden zur möglichst vollständigen Ausschaltung aller störenden chemotaktischen Einflüsse im Präparat mit Vaselin oder Terpentinharz eingekittet, um das Aufsuchen des Sauerstoffes am Deckglasrande zu ‚verhindern. Zur Erzeugung von Sauerstoffmangel wurde nach Bedarf die Engelmannsche Bak- terienmethode angewandt. Es ergab sich bald, dass dadurch er- höhte „Lichtsehnsucht“ hervorgerufen wurde, welche namentlich ! Th. W. Engelmann, Über Sauerstoffausscheidung von Pflanzen im Mikrospektrum. (Pflügers Archiv f. d. ges. Physiologie. 27. Bd. 1882. S. 485 bis 489. ARENA» 04 AU bei Polytoma sehr prägnante Reaktionen auslöst; ohne das stört die Aerotaxis bis zum völligen Irrewerden. Untersucht wurde stets in der unveränderten Flüssigkeit, in der die Zellen unter natürlichen Bedingungen leben. Dies hatte zwar den Nachteil, dass des öfteren die Möglichkeit und Wirk- lichkeit chemotaktischer Störungen eintrat, doch war dies immer- hin das kleinere Übel, gegenüber der total veränderten physio- logischen Situation, die sich durch vorheriges Überführen in reinere Flüssigkeiten ergab, Aus dem gleichen Grunde wurde bald auch die Anwendung von Ätherwasser und Gallerte unterlassen, die ja zur Herab- setzung der Beweglichkeit und zum leichteren Verfolgen der Einzelzellen im Gesichtsfelde ansonst wünschens- wert war. Auf diese Weise wurden folgende Beobachtungsreihen gewonnen: Versuchsreihe I]. In der Engel- Fig. 1. mannschen „Lichtfalle“ verhielten sich Polytoma und Euglena ungleich. Polytomaschwärmer kehrten bei dem Umherschweifen im ziemlich engen Lichtspalt an der Grenze des dunklen Gesichtsfeldes in auf- fälliger Weise um (vgl. Fig. 1). Auf 100 Zellen, die durch Umkehren auf den Lichtunterschied reagierten, kamen 28, die davon keine Notiz nahmen. Einige von den letzteren wurden verfolgt. Bei rascher Bewegung dauerte es maximal 12 Sekunden, bis sie durch Be- wegungen den Unterschied der Lichtreizung verrieten. Es traten unruhig kreisende Bewegungen auf, wie sie in Fig. 1 der Tafel festgehalten sind, die man nicht anders als mit dem Prädikat „suchend“ charakterisieren kann und die teilweise wieder zur Lichtgrenze führten, wo sofort das „Suchen“ aufhörte und die normale Geisselbewegung einsetzte. Teilweise führten die „Such- bewegungen“ noch mehr ins Dunkel, und die Beobachtung musste aufgegeben werden. (Vergl. dazu Fig. 2 auf S. 29). RSMRRN, WORMS Überwiegend wich die Zelle, ganz nach Art der Purpur- bakterien, bei den von Engelmann entdeckten und neuerdings von Molisch'! eingehender studierten „Schreckbewegungen“ zu- rück, oft sprungartig (auf den Zeichnungen stets mit — bezeich- net), so dass hier sowohl die Unterschiedsempfindlichkeit Ple..2, Reizbewegungen von Polytoma (1—2) und Euglena stagnalis (3—4) im Lichtspalt, 1—3 = typische „Suchbewegungen“. gegen dielntensitätschwankungen als auch die Perzeption der Richtung der einfallenden Strahlen mit der wünschens- werten Präzision erschlossen werden kann. Versuchsreihe II. Euglena stagnalis reagierte an wolken- losem Tag bei Nordlicht nachmittags von 3—8h prompt, Poly- toma Uvella dagegen vormittags 10—12 h. Geissellose krie- ı A. Molisch, Die Purpurbakterien nach neuen Untersuchungen. Eine mikrobiologische Studie. Jena, 1907. S. 33—4l. — 30° — chende, träge Formen von Euglena wurden auf die Reaktionsdauer hin geprüft. Die Zellen krochen teils dem Rande des Lichtfeldes entlang; eine gelangte während 10 Minuten dreimal in die Dunkel- heit, wandte sich aber immer binnen 45—60 Sekunden wieder zum Licht zurück. Bei anderen Versuchen war die Induktionszeit 40—75 Sekunden. Sie ist also höher als bei Ulothrix-Schwärmern und bei Haematococcus, die nach Strasburger schon nach 30 Sek. reagieren, jedoch geringer als bei Pilzen (Phycomyces reagiert nach Oltmanns auf heliotropische Reizung in 1-—3 Minuten) oder gar bei Blütepflanzenkeimlingen als den heliotropisch em- pfindlichsten Pflanzenteilen, wo sie 7—15 Minuten, sogar bis 60 Minuten beträgt, steht jedoch den thigmotropischen Reaktionen der Ranken nach, da deren Induktionszeit nur 5—20 Sekunden beträgt. Als Präsentationswerte wurden 30—60 Sekunden ermittelt. Noch deutlicher als bei den schwimmenden Polytomeen trat das „Suchende“ an den Bewegungen vonkriechenden Euglenen hervor, wofür als veranschaulichender Beleg Fig. 5 der Tafel dienen möge. Aus demselben Material wurden durch Zufuhr von frischem Wasser junge, frischgeteilte und lebhaft schwimmende Formen am nächsten Tage gewonnen, die sich sehr wenig „unterschieds- empfindlich“ benahmen. Schwimmende Formen bei früheren Versuchen mit E. lacustris (aus Altwässern der Isar) gaben die gleichen prompten Reaktionen, wie von Polytoma bei Vers. I. geschildert. Besonders häufig sind Formen, die mit Geschick den Lichtspalt entlang schweifen und dem Rande mit Eleganz in weiten Kurven ausweichen. Einen klassischen Fall stellt Fig. 6 der Tafel dar, beobachtet an der schwimmenden stagnalis-Form der obigen Versuchsreihe, die, in die „Lichtfalle* stürmend, an eine Luftblase stiess, bis zum Rande des Lichtspaltes zurücksprang, auf den Dunkelheitsreiz neuerdings sprungartig bis zur Luftblase zurück- schnellte und dann in raschem Bogen in den Lichtspalt enteilte. Versuchsreihe Ill. Polytoma Uvella. Der Spiegel wurde auf unmittelbare „Sonnennähe“ (2. XII.) eingestellt, jedoch zur Hälfte mit Seidenpapier abgeblendet, so dass nur ein kleines Segment en N des Lichtspaltes sehr grell beleuchtet war, der übrige Teil aber mässige Lichtintensität aufwies." Um dem Einwand zu begegnen, dass durch die Wärme täuschende Strömungen im Wassertropfen hervorgerufen werden, worauf Verworn” hinwies, wurden diese Versuche im Dezember angestellt. Kontrollversuche, bei denen eine !/a cm dicke Eisscheibe eingeschaltet wurde, ergaben dasselbe Resultat. Polytoma wurde, um äusserste Reizbarkeit zu erzielen, mit Vibrionen eingekittet, also Sauerstoffhunger aus- gesetzt, und ca. 2 Stunden zuerst im verdunkelten Mikroskopkasten gehalten. Die Zellen durcheilten das Präparat hastig, geradezu stürmisch. Manche stürzten auf dem Wege nach einer Luftblase (wo sie mit Enchelys zu Hunderten versammelt waren) mitten durch den „Sonnenbezirk“. Andere schiessen hinein und bleiben dort un- Fig. 3. ä 5 ” Taumelbewegungen von beweglich (Lichtstarre).. Der grösste Polytoma Uvella. Teil weicht jedoch sprunghaft aus oder wird ebenso rapid „abgestossen“, wie zuvor „angezogen“, wofür Fig. 4 und 8 der Tafel als Erläuterung dienen mögen. Manchmal traten an der Grenze des intensivsten Lichtbezirkes taumelnde „Suchbewegungen“ auf, wie ansonst im Dunkeln, bevor die „Abstossung“ sich einstellte (siehe Fig. 3). Versuchsreihe IV. Künstlich erzeugte „heterogene Induk- tion“ bei Polytoma Uvella. Dasselbe Material wie bei dem vorigen Versuche. Der ganze Lichtspalt im konzentrierten Sonnen- licht abgeblendet. Dadurch Erzeugung einer „Lichtfalle“. Dann wurde plötzlich 5 Sekunden lang volles Sonnenlicht eingelassen’. Dadurch konnte die „Umstimmung“ unmittelbar beobachtet ! Bei Anwendung schwarzer Sonnenbrillen (Schneebrillen) oder von Rauch- gläsern sind solche Beobachtungen zwar schwierig, doch nicht ohne allzu grosse Anstrengung auszuführen. ® M. Verworn, Psycho-physiologische Protisten-Studien. Jena 1889. S.64. ® BeiteilweiserBesonnung desLichtspaltes werden die Wirkungen zuunsicher. MIN >) werden. Als „Durchschnitt“ diene folgende Schilderung: In der Lichtfalle sind 35 (bis etwa 40) Zellen versammelt. Nach der Intensitätsschwankung waren 6 „lichtstarr* am Platze, 5 bewegten sich im Gesichtsfelde, die übrigen (24—29) waren verschwunden, also wohl enteilt. Die Zählungen liessen sich unter diesen Um- ständen nicht ganz genau ausführen, doch ändert dies nichts an dem Gesamtresultat, dass man sich bei solcher Ver- suchsanordnung unmittelbar von der heliotropischen Reiz- verwertung überzeugen kann, da die gleichen Zellen, die bei mässiger Helligkeit positiv phototaktisch reagierten, sich binnen 5 Sekunden bei direktem Sonnenlicht als negativ phototaktisch erwiesen. Versuchsreihe V. Versuch III mit Euglena stagnalis wiederholt. Ruhende, scheinbar geissellose Zellen beginnen nach 9 Sekunden unter dem Einfluss direkten Sonnenlichtes Schwimmbewe- gungen. Das Entstehen der Geisselkonnte natürlich nicht verfolgt wer- den; ebenso konnte, da die Zellen ja unbehelligt bleiben mussten, nicht festgestellt werden, ob sie vorher wirklich geissellos waren. Ein Irr- tum ist diesbezüglich nicht ausgeschlossen. Der grössere Teil der Eug- lenen schwamm bei solchen Versuchen ins Dunkle. Einige schwim- men zum sonnigen Segment, wo sie lichtstarr werden. Einige voll- führen taumelnde Suchbewegungen. Zahlreiche schwimmen nach einiger Zeit aus dem Dunkeln wieder ins Helle und bleiben im mitt- leren Helligkeitsfeld still. Es gibt also individuelle Unterschiede. Versuchsreihe VI. Versuch IV mit beweglichen Euglena stagnalis wiederholt. Meist nach 3—4 Sekunden Lichtstarre, wo- bei sie sich eiförmig zusammenziehen. Bei Verdunkelung beginnt schon nach 8—16 Sekunden Metabolie, nach Erhellung Geissel- bewegung. Schwimmende Formen werden durch das Lichtbündel direkter Besonnung sehr beschleunigt, angezogen, abgestossen, doch alles nicht so prompt wie bei Polytoma'. ! Beispiel als durchschnittliches Ergebnis: Von 4 schwimmenden Zellen, die bei abgeblendetem Licht binnen 2'/s Minuten fünfmal an der Dunkelheitsgrenze umgekehrt sind, wurden 2 nach direkter Besonnung lichtstarr, 2 flohen sofort. RT, ta Versuchsreihe VII. Umstimmungen mit ruhenden Euglenen. E. stagnalis, kugelig zusammengezogen und ruhend vom Dunkel in erst mässiges, dann grelles Sonnenlicht überführt, begann nach (durchschnittl) 6 Sekunden zu schwimmen und reagierte dann prompt photophob. Versuchsreihe VII. Kontrollversuch. Die Bewegungen von Euglena stagnalis, lacustris und Polytoma Uvella wurden an den Präparaten, die zu den Versuchen III—VI gedient hatten, nach einer Ruhezeit von 30 Minuten im dunklen Mikros- kopierkasten, doch bei normalem Lichtfeld (weiteste Blende, doch mittelstarkes Licht) aufgezeichnet (Fig. 7 und 9 der Tafel). Untersucht bei 40 Euglenen und 60 Polytomeen. Erwies sich als zweckloses Umherschweifen bei Euglena; als sicheres ziemlich geradeliniges Schwimmen bei Polytoma, die manchmal vor etwas Unsichtbarem stutzt, manchmal bei drohendem Zusammen- stoss mit einem Infusorium (z. B. Enchelys) hastig zurückspringt, aber nach dieser „Schreckbewegung“ ihren Weg wieder fortsetzt. Vor festen Körpern und Luftblasen wird meist ausgewichen; oft schla- gen sie dann die umgekehrte Bewegungsrichtung ein. Oft wird beim Ausweichen der Gegenstand geschickt umkreist. Das Verhalten ist also völlig anders, als bei Lichtintensitätsschwankungen und einseitigen Lichtreizen, womit die spezifische, an dieSachlage angepasste Teleologie jener Reaktionen erwiesen ist. Versuchsreihe IX. Einfluss des Lichtes verschiedener Wellenlängen, mittels Farbgläser untersucht. Polytoma flieht vor grünem Licht. Blaues gleichgültig. Rotes wird gesucht und in sehr grosser Intensität ertragen. Euglena benimmt sich entsprechend, doch weniger prompt und zuverlässig, sucht öfter Blau. Versuchsreihe X. Vergleich der Reaktionen von Euglena stagnalis und Polytoma unter gleichen Bedingungen. Durch- schnittszahlen aus 10 Versuchen: Bei hellem Südlicht 12h Mittag (Mai und Dez.) reagierten im gleichen Präparat durch Lichtsuchen je 17 Euglenen;esreagiertennichtö. Polytoma reagierte zielstrebig 7 mal, reagierte nicht 21 mal. (Durchschnitt aus je 10 Versuchen.) R. H. France, Die Lichtsinnesorgane der Algen, 3 > Bei verdüstertem Spiegel (vorgestellte blaue Lichtfilter), sonst gleicher „Lebenslage“ stellte sich das Reaktionsverhältnis folgender- massen dar: Euglena reagierte teleologisch 1 mal (3 mal unbestimmt), Polytoma „ 5 1. 5 Euglena P Dicht Re Be Polytoma „ j SOEBEN: Also ist erwiesen, dass Polytoma anders abgestimmt ist als Euglena. Demgemäss findet sich die gröste Zahl der Polytomen nicht im grünen Saum (von Euglenen gebildet) der Gefässe, sondern in schillernden Häuten an der Oberfläche und in der Mitte der Gefässe. Versuchsreihe XI. Dieselbe Polytomazelle wurde auf „Auto- matizität“ der phototaktischen Reaktion untersucht. In nachfolgenden Tabellen bedeutet — = zielstrebige Reaktion, — = gleichgültiges Verhalten. 11l2 3 4\5|6|7|8|9 10/11 J12|13)14|15| 16] = Zahl der — | — | die Zelle verlor sich im dunklen Teil d. Gesichts- [feldes + | — | verlor sich || + verlor sich ++! Zu bemerken ist, dass jede Zelle immer nach Gelingen der „Reaktion“ oder Misslingen innerhalb einer Minute von neuem (durch Verschieben des Objektträgers) vor die Aufgabe gestellt wurde, aus dem dunklen Teil des Gesichtsfeldes in den Lichtspalt zurückzufinden. Als „Gelingen“ wurde hierbei sofortiges Umkehren und direkte Rückkehr in das Licht betrachtet. Versuchsreihe XII. Derselbe Versuch, mit Euglena stag- nalis angestellt, ergab folgende Resultate: verlor sich Be Er: 1) + (8) = + + + | — | verlor sich 2) +(6) | + (8) | + (22) —_ verlor sich 3) a N En ae ARR 4) 0 ep a ea eo a RR Der Versuch war insofern modifiziert, als die in Klammern beigesetzten Ziffern die Sekundenzahl angeben, währendder es der Zelle gelang, sich in das Licht zurückzuarbeiten. Keine Zahl bei 4 bedeutet sofortige Reaktion. Es ergab sich also, dass die Reaktionen nichts Auto- matisches, sondern viel mehr „Willkürliches“ an sich haben. Die Zahl der Versuche genügte nicht, um Ermüdung oder Ein- übung einwandsfrei festzustellen. (Es ist nämlich sehr schwer, dieselbe Zelle oft hintereinander im Gewimmel immer mit Sicherheit wiederzufinden.) Versuchsreihe XIII. Reaktionsstatistik, um dem „Zufalls- einwand“, d. h. dem Einwurf zu begegnen, dass die variablen Er- gebnisse mit demselben und mit allen Individuen nicht auf Gesetz- mässigkeit der Reaktion schliessen lassen. Es wurden auf „teleologische Reaktionsfähigkeit“ geprüft 103 Euglena stagnalis-Zellen, von denen positives Ergebnis bei 79 erzielt wurde. (Summe gewonnen aus verschiedenen Fundorten unter verschiedenen „Lebenslagen“.) Von 234 daraufhin untersuchten Polytoma Uvella-Zellen reagierten teleologisch 181. (Unter gleichen Bedingungen wie Euglena.) Damit ist es jedem Zweifel entrückt, dass Polytoma und Euglena Lichtreize teleologisch zu verwerten pflegen. Versuchsreihe XIV. Die reizverwertende Tätigkeit einzelner Euglena stagnalis-Zellen wurde durch Notizen genau festgestellt. Als typischer Fall kann folgende Beobachtungsreihe gelten: Ein gesundes (= frischaussehendes), lebhaft bewegliches, schwimmendes Zellchen, bei Südlicht an wolkenlosem Tage von 2—3h nachmittags im Lichtspalt beobachtet, reagierte beim Überschreiten des linken (vom Beschauer) Dunkelheitsrandes durch eine Drehung und Kurve nach dem Licht, so dass es in 8 Sek. wieder den Lichtspalt gewann. Hierauf wurde der Objektträger so verschoben (währenddem der Spiegel verdunkelt war), dass die Zelle an die rechte Lichtgrenze kam und bei Einhalten der Richtung ihrer Bewegung sofort ins MR U h) ANOR Dunkel hätte geraten müssen. Sie hielt 6 Sekunden lang den eingeschlagenen Kurs. Dann Sistieren der Geisselbewegung, Meta- bolie und pendelndes Suchen, bis nach 34 Sekunden wieder der Lichtstreif gewonnen wurde. Die gleiche „Problemstellung“ für die Zelle wiederholt. Sie reagiert nicht. Bei nochmaliger Wieder- holung zieht sie der Lichtgrenze (aber noch im Licht) entlang. Bei drittmaliger Wiederholung stellt sie sich mit dem den Augen- fleck tragenden Vorderende senkrecht zur Schattengrenze! und zieht dann aufwärts die Schattengrenze entlang. Nun ins Dunkle ge- bracht, verliert sie die Geisselbewegung, wird metabolisch, drei Minuten lang ohne Erfolg. Wieder ins Licht geschoben, gewinnt sie die Beweglichkeit zurück und zieht dem Lichtstreifen in seiner Mitte entlang. Währenddem plötzlich durch einen Schattenstreifen gereizt, biegt sie prompt zum Licht aus, schwimmt von da im Bogen durchs Dunkel, kehrt ins Licht zurück, kriecht an der an- deren Seite zum Schattenrand, stutzt sofort, stellt sich senkrecht zur Schattengrenze und kehrt gleich in das Licht zurück. Dieses Verhalten ist der unzweifelbare Ausdruck einer teleologischen und mit „frei kombinierter“ Be- nützung der jeweiligen Sachlage manchmal versagen- den, daher durchaus nicht automatenhaften, keineswegs nur reflexhandlungsartigen Verwertung der Lichtreize. Aus diesem Komplex der Tatsachen, der sich auf insgesamt mehr denn 500 Einzelversuche aufbaut, also genügende Garantie bietet, lassen sich einige Schlussfolgerungen von allgemeiner Be- deutung mit Sicherheit ableiten. | Bevor dies geschieht, sollen hier jedoch noch einige Neben- resultate dieser Versuchsreihen Platz finden. Bei den Versuchen wurde immer wieder die Erfahrung ge- macht, dass die unsicher oder nicht reagierenden Zellen gewöhn- 1 Von Stahl auch bei unbeweglichen Euglenen beobachtet. Vergl. E. Stahl, Über den Einfluss von Richtung und Stärke der Beleuchtung etc. Botan. Zeitung. 1880. STEHE - a ah lich solche von rascher Bewegung sind. Solche schiessen leicht weit in das Dunkel, ohne anhalten zu können, und finden dann nur schwer oder nicht heraus. Die fast ausnahmslos einsetzenden suchenden, kreisenden Bewegungen geben Gewissheit, dass die Zelle auch in diesen Fällen „zielstrebig* reagiert, und das ist ja das durch unsere Versuchsanordnungen Gesuchte. Die Bilanz der „Treffer“ verschiebt sich also bei Erwägung dieser Umstände noch sehr zugunsten eines aus diesen Re- sultaten gezogenen Schlusses auf die teleologische Re- aktionsfähigkeit der Zelle. Ferner zeigt sich (bei Polytoma), dass Zellen mit nur ge- ringem Stärkegehalt, ferner kleinere Zellen (also wohl jüngere Zellen) exakter reagieren. Bei Euglena ist Photophobie aus- gesprochener als Photophilie. Bei Polytoma konnte ich darüber zu keinem sicheren Urteil gelangen!. Ebenso gewann ich den Eindruck, dass Jahreszeit und Tageszeiten — abgesehen von den Lichtverhältnissen — Einfluss auf die Ausführung der Reaktionen haben; wenigstens deuten Unterschiede der Reak- tionen bei demselben künstlichen Licht zu verschiedenen Tages- zeiten darauf. Dies stimmt mit einer Erfahrung von Jost (cit. in Oltmanns’ Algenwerk Bd. II, S. 222), dass Volvox im Oktober nicht so reagiere wie im Sommer. Doch habe ich darüber zu wenig Erfahrungen, um mehr als diese Andeutung wagen zu können’. Die Versuchsergebnisse deuten mit Bestimmtheit darauf, dass die Bewegungen nicht durch Lichtreize allein gelenkt werden, sondern die Resultante verschiedener zusammenwirkender, sich steigernder oder gegenseitig herabsetzender Reaktionen dar- stellen. Dies darf bei ihrer Beurteilung nie ausser acht gelassen werden und erklärt einen Teil der „ateleologischen“ Reiz- antworten. Manchmal steigern sich die ablenkenden Einflüsse ! Im Jahre 1892 bezeichnete ich die Zellen als photophob. Das möchte ich heute modifizieren. 2 Natürlich kann diese Wirkung wohl nur als eine indirekte (durch Ände- rung des Ernährungszustandes etc.) angesehen werden. Bed > TARA derart, dass man das Konkurrieren der verschiedenen Reizquellen deutlich erkennt, so, wenn im höchsten Sauerstoffhunger Polytoma mitten durch den hellen Sonnenbezirk schiesst, ohne auf das Licht zu reagieren. Es zeigt sich ja auch darin ein teleologisches Moment, dass im Falle eines derartigen Wettbewerbes zwischen Bedürfnisreiz und äusserem Reiz die Reaktion nach dem Lebens- erhaltenden zielt. Allgemeine Erwägungen und mehrfache Beobach- tungen, die auf diesen Punkt hin angestellt wurden, lassen etwa auf folgende, dem Heliotropismus entgegenwirkende Faktoren schliessen: 1. Das Sauerstofibedürfnis, das bei Polytoma sehr stark und auch bei Euglena so ausgesprochen ist, dass sie bei schwacher Beleuchtung eher den Tropfienrand, als das Licht aufsuchen. 2. Mechanische Ursachen, worauf das Stutzen und Umkehren vor festen Gegenständen, Infusorien usw. deutet. 3. Chemische Reize, die bei beiden saprophilen Wesen sehr stark wirken. 4. Thermische Reize, wofür ich in meiner Abhandlung vom Jahre 1895! für Euglena experimentelle Belege beibrachte. 5. Schwer- kraftsreize. 6. Innere Umstimmungen, die sich aus dem Verhalten der Zellen in verschiedenem Alter, nach verschiedenen Fundorten und Tageszeiten etc. erschliessen lassen. Daraus ergibt sich, dass die Bewegungen von Euglena- Polytoma und der anderen Algen auf Lichtreize nicht völlig und nicht ohne Kritik aus dem Licht als einzigem Induktor erklärt werden können. Trotzdem ändert dies an der Beweiskraft der hier daraus zu ziehenden Schlüsse nichts, da namentlich durch die vergleichenden Experimente der Versuchs- reihen VII und X, sowie durch die Reaktionsstatistik, die ver- schiedene Fundorte und Lebenslagen bei gleichbleibendem Licht- faktor umfasst, dargetan wurde, dass die Reaktionen haupt- sächlich durch Licht ausgelöst wurden. Die anderen Faktoren erklären nur, warum durchschnittlich 24.2°% der Euglenen und 22.6°/) der Polytomen nicht prompt und exakt reagierten. Zu bedenken ist übrigens, dass die Verhältnisse in der Natur noch f E op. eit. 8.432. ee anders liegen müssen, da durch die Versuchsanordnung und zwar durch die Einkittung eine gleichmässige Sauerstoffspannung erzeugt, durch die Verdunkelung des Präparates auch einseitige Erwärmung vermieden und im Tropfen so ziemlich auch eine gleichmässige chemotropische Situation geschaffen war. Welches sind nun nach Anrechnung aller dieser Umstände die gemeingültigen Sätze, die sich aus einem so reichhaltigen Erfahrungs- material ableiten lassen ? Zu diesem Zweck wird es sich empfehlen, aus der protokol- larischen Darstellung unserer 14 Versuchsreihen die jeweils er- haltenen Hauptresultate in Kürze zusammenzustellen. Wir haben gesehen: Polytoma und Euglena reagieren auf mässigstarke Licht- reize durch beschleunigte Richtungsbewegungen nach der Licht- quelle zu, wobei sie an der Grenze verdunkelter Regionen des Tropfens, in dem sie leben, oft anhalten, sprungartig zurückprallen, normalerweise umkehren.’ Ins Dunkel geraten, vollführen sie so lange suchende Bewegungen, bis sie beleuchtete Stellen erreichen. Vor sehr starker Beleuchtung (direktem und konzentriertem Sonnen- licht) weichen sie jedoch zurück, wissen sie zu umgehen und vor ihr zu fliehen. Ruhende Euglenen werden durch starke Beleuchtung beweglich und zur Flucht veranlasst (typische Photokinesis nach Art der Purpurbakterien). Es lassen sich so künstlich Um- stimmungen erzielen, wobei dieselbe Zelle im Verlaufe weniger Minuten mässige Helligkeit der Dunkelheit vor- zieht, ihre Bewegung aber sofort rückläufig macht, sobald sie an Stellen mit direktem Sonnenlicht gelangt. Alle diese Bewegungen verlaufen anders, je nach der Art der Alge, der Lebens- lage, dem Alter, der Farbe des Lichtes. Sie verlaufen jedoch niemals automatisch, sondern dieselbe Zelle reagiert verschieden je nach der jeweils gegebenen Sachlage in freier Kombination. Sie reagiert nicht mit unfehlbarer Sicherheit, sondern oft suchend, irrend, unzulänglich, * Also apobatische Prosphototaxis im Sinne Rotherts. ER KA NO u die Teleologie ihrer Reaktion oft nur durch die in ihr stets kundgegebene Zielstrebigkeit verratend. Sie reagiert aber immerhin, ihr Ziel erreichend, in 75.8°% (Euglena) und 78.4°/ (Polytoma) der Reizwirkungen, also so oft, dass das Teleologische ihrer Reaktion unzweifelhaft ist. Diese Resultate wurden durch die Untersuchung von mehreren hundert Polytoma- und Euglenazellen von verschiedener Lebenslage, vielen Fundorten ' zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten im Laufe von zwei Jahren gemacht, durch nebenher laufende, gleiche Resultate ergebende Untersuchungen an verschiedenen Euglena-, Lepocinclis-, Phacus-, Chlamydomonas-, Gonium-, Trache- lomonas-Arten bestätigt, sie beanspruchen also mit Recht weitere Gültigkeit. Das ist die Sachlage. Ich schmeichle mir nicht, mit ihrer Aufdeckung die Sinnes- physiologie der Pflanze mit prinzipiell neuen Tatsachen bereichert zu haben. Sowohl die Tatsachen der Phototaxis, der Photokinesis, der Photometrie als auch der heterogenen Induktion sind längst bekannt. Aber, indem die näheren Umstände und der Ablauf der Bewegungen unter variierten Bedingungen nun zum erstenmal unter einem neuen Gesichtspunkte erforscht wurden, ergab sich eine Weiterung der Erkenntnis durch den empirisch erbrachten Beweis, dass die Bewegungen gewisser freischwimmender und kriechender Algen auf Lichtreize nicht nur zielstrebig, also teleologisch sind, sondern oft weit über \die Automatizität )einfacher‘/ Reilexe.'sich ver: hebend, frei kombinierte Reflexe darstellen, die parallel der Variation derReizbedingungen auch variabel verlaufen. Sie stellen mithin Reizantworten, mit einem noch glücklicher ge- wählten Terminus: Reizverwertungen dar. Sie erfüllen damit auch die von W. v. Bechterew’ als Kriterium des Psychischen aufgestellte Forderung, Bewegungen zu sein, die ! Umgebung von München, Alpen, Stuttgart, Dinkelsbühl in Franken. 2 W. v. Bechterew, Psyche und Leben. Wiesbaden. 1908. S.60 und 69. Be nicht direkt von einem äusseren Reize abhängen, sondern auf inneren Antrieben des Organismus auf Grund früherer Einwirkungen beruhen, Damit ist in die Sinnesphysiologie der Pflanzen zum ersten- mal auf experimentell-empirischer Basis ein neuer Begriff, jener der Reizverwertung, eingeführt, der in logischer Folge zu einer Revision der — wie ich in meinem „Leben der Pflanze“! an zahl- losen Stellen dargelegt und im ersten Abschnitt dieser Abhandlung begründet habe — so durchaus widerspruchsvollen Tropismen- theorie führen muss. Da freikombinierte Reflexe ohne ein sich im Ablauf der Reizkette äusserndes, wählendes, urteilendes Prinzip (wenn auch einfachster Natur) undenkbar sind, so ist der Begriff der Reizver- wertung ein psychischer Begriff, womit die aus den piflanz- lichen Sinnesorganen und der Sinnesphysiologie der Pflanzen logisch folgende Ergänzung der Pflanzenphysiologie mit einer Psychologie wieder an einem neuen Punkte angebahnt ist?. Im engeren ist damit zugleich die erste logisch befriedigende Erklärung der rätselhaften „Umstimmung“ (heterogene Induktion) als eines klassischen Falles von Reizverwertung im Pflanzenleben ermöglicht. II. Die so gewonnenen Resultate erhalten im Sinne unserer im ersten Abschnitt dieser Abhandlung vorgetragenen Theorie jedoch noch eine besondere Stütze durch folgendes: Die Reizverwertungen von Euglena und Polytoma scheinen an die Inanspruchnahme eines besonderen Perzeptionsapparates gebunden zu sein. Wenigstens hat man seit Ehrenberg im Jahre 1831 dem sogenannten Pigment- oder Augenfleck (Stigma) bei Eug- lena die Stelle eines lichtperzipierenden Organs beigemessen, ı R.H. France, Das Leben der Pflanze. Stuttgart, 1907. Bd. II. S. 252, 246—247, 250—251, 254, 275, 277—278, 437, 439, 443 etc. ® Vgl. hierzu ausser dem obengenannten Werk noch R. H. France, Grund- riss einer Pflanzenpsychologie, als einer neuen Disziplin induktiv forschender Naturwissenschaft. (Zeitschr. für den Ausbau d. Entwicklungslehre.) 1907. S. 97. BR. a ohne jedoch dieser Frage vor 1882 experimentell näher getreten zu sein. Im genannten Jahr publizierte Th. W. Engelmann seine für die Reizphysiologie der Einzeller wahrhaft grundlegende Arbeit'!, in der er, nach Arbeiten mit dem Mikrospektralobjektiv, die sich auf Navicula, Paramaecium Bursaria, Euglena viridis und ihre Verwandten erstreckten, mit Bestimmtheit be- hauptete, dass der Augenfleck bei der Lichtperzeption von Eug- lena irgendwie beteiligt sei. Er äussert sich dort folgendermassen: „Achtet man genau auf das, was geschieht, wenn eine Euglena, das ovale Ende voraus, die Grenze zwischen Licht und Dunkel in der Richtung nach dem letzteren zu eben überschreiten will, so bemerkt man, dass die Reaktion meist erst nach dem Moment beginnt, in welchem die Gegend des im farblosen Vorderende ge- legenen Pigmentileckes ins Dunkel eintaucht“.... „Die Licht- perzeption von Euglena hat also ausschliesslich am chlorophyli- freien Vorderende des Körpers ihren Sitz“. „Meine anfängliche Vermutung aber, dass der Pigmentfleck die Stelle näher anweise, an der die Lichtperzeption zustande kommt, hat sich nicht be- stätigt. Bei sehr grossen, langsam schwimmenden Euglenen konnte ich neuerdings wiederholt ganz sicher konstatieren, dass die Re- aktion erfolgte, noch ehe der Pigmentfleck ins Dunkel tauchte. Es ist also das farblose durchsichtige Protoplasma am vorderen Körperende der Ort, an welchem die primäre Erregung durch Licht stattfindet. Trotzdem wäre es, wie mir scheint, voreilig, dem Pigmentfleck jede Beziehung zur Lichtempfindung abzusprechen. Er könnte ja in ähnlicher Weise wie bei höheren Tieren die Pig- mentschicht der Retina funktionieren, etwa durch Mitwirkung bei der Bereitung lichtempfindlicher Substanzen. Immerhin mag man einstweilen fortfahren, ihn den Augenfleck zu heissen.“ ® Diese Beobachtung wurde viel zitiert, aber noch nicht nach- geprüft. Versuche, die mit Euglena stagnalis, E. spirogyrae, ı Th. W. Engelmann, Über Licht- und Farbenperzeption niederster Orga- nismen (Archiv. f. d. ges. Physiologie v. E. V. W. Pflüger. 29. Bd. 1882). 2 Engelmann, op. cit. S. 396. Fa E. deses angestellt wurden, ergaben ihre Richtigkeit insofern, als der gesamte Zellkörper ohne das Vorderende nach Belieben verdunkelt oder erhellt werden kann, ohne dass binnen 60 Sekunden eine ausgesprochene kinetische Reaktion darauf erfolgt‘, was fest- zustellen insofern schwierig ist, als bewegliche Zellen, die allein dazu tauglich sind, selten so stille halten, dass man jede Auf- nahme von Lichtschwankungen durch das Vorderende mit Sicher- heit ausschliessen kann. Dagegen erfolgte in der üblichen Prä- sentationszeit und im gewohnten Prozentsatz der Fälle teleologische Reaktion, wenn nur das Vorderende mit dem, aber auch ohne das Stigma beleuchtet bezw. verdunkelt wurde. Da auf Verdunkelung des hinteren (grünen) Teiles oder bei Erhellung des grünen Endes häufig mehr oder minder lebhafte Metabolie einsetzte, ist es nicht ausgeschlossen, dass auch bei Euglena der Chloroplast in ähn- licher Weise Lichtempfindung vermittelt, wie bei Mesocarpus oder im Chlorophyllapparat höherer Pflanzen. Nur Richtungs- bewegungen wurden nicht erzielt, bevor nicht der „Mund- fleck“ gereizt wurde. Dagegen ist es die Regel, dass Eug- lenen sich mehr bis minder senkrecht zum Verlauf der Schatten- linie einstellen und wie ein Tier „den Kopf ins Dunkel stecken“; erst, nachdem das geschehen, erfolgt eine Reaktion. Dies wirft Licht auf die Existenz und eigentliche Funktion eines spezifischen Lichtrezeptors. Ich habe davon folgenden Ein- druck: Engelmann hat tatsächlich recht mit seiner Behauptung, dass das farblose Plasma am Vorderende (das man nach Analogie der Schwärmsporen auch hier als Mundfleck bezeichnen kann) die Stelle der eigentlichen Perzeption ist”. Nur möchte ich das insoweit modifizieren, als ich mich zur Annahme berechtigt fühle, dass mit dem Mundfleck in erster Linie die Richtung des Lichteinfalles wahrgenommen wird, dass aber ausserdem ı wohl aber eine metabolische. ® Insofern ist Jost (Vorlesungen über Pflanzenphysiologie 1904, S. 679) nicht im Unrecht, wenn er dem Stigma eine Bedeutung für die „Lichtperzeption“ abspricht. 4 — . noch eine schwache Lichtempfindlichkeit der Chloro- plasten vorhanden ist. Zu dieser Auffassung drängt mich besonders die merkwürdige „Richtung“ der Zellen, und mit ihr sehr wohl vereinbar ist der Gedanke, dass dann das eigentliche Stigma wirklich die Retinafunktion hat, die ihr Engelmann zuerkennt. Dass der Augenfleck nicht die eigentliche Perzeptionsstelle sein kann, geht schon aus der einfachen Erwägung hervor, dass es mehr lichtempfindliche Pflanzen gibt, die kein Stigma besitzen, als solche mit dieser Differenzierung. Es genügt, diesbezüglich an die so lebhaft reagierenden Desmidiaceen, Zygnemaceen, Oszillatorien und die Plasmodien der Myxamoaben, sowie Schwärmsporen der Chytridiaceen zu erinnern, welch letztere dazu noch farblos, also scheinbar an den Lichtverhältnissen ganz uninteressiert sind!. Die Lichtwahrnehmung wird also zweifellos von dem Plasma selbst geleistet, und das Stigma hat nur die Bedeutung eines Hilfsapparates. Es fragt sich nun, in welcher Weise es die Lichtperzeption unterstützen kann. Um dies zu entscheiden, können in erster Linie durch Zer- gliederung seines Baues Anhaltspunkte gesucht werden. Ich habe mich dieser Aufgabe bereits vor mehr denn 15 Jahren gewidmet und damals von zahlreichen Euglenen und Volvocineen und zwar den Gattungen Euglena (11 Arten), Phacus (5 Arten), Trachelo- monas (3 Arten), Lepocinclis, Peranema, Chlamydomonas (3 Arten), Carteria, Chlorogonium, Gonium (2 Arten), Spon- dylomorum, Pandorina, Eudorina, Volvox (2 Arten), Poly- ! Gerade diese farblosen Schwärmer bieten der Reizphysiologie das inter- essanteste Problem. Vorläufig sind nur drei solcher Fälle von Phototaxis bei farblosen schwimmenden Mikroorganismen bekannt: vonPolyphagus Euglenae, der auf Euglena schmarotzt, von Chytridium vorax (auf Haematococcus lacustris) und Bodo sp. (auf Carteria multifilis), die aber alle den Reizbewegungen ihrer Opfer folgen! Rothert (in Flora 1901, S. 372) nennt dies „eine Anpassungserscheinung mit Nutzen, die aus Bedürfnis entstand.“ Diese überaus merkwürdige teleologische Erscheinung verdient zum Gegenstand einer biologischen Sonderuntersuchung gemacht zu werden. Be Tr) toma, sowie von farblosen und braunen, doch stigmenführenden Flagellaten: Anthophysa, Monas vivipara und Dinobryon, sowie Synura, mehrere tausend Individuen auf den Bau ihres Augenfleckes untersucht und darüber in der „Zeitschrift f. wiss. Zoologie“ berichtet'. Als wesentlichstes Ergebnis meiner damaligen Studien liess sich folgendes feststellen: Das Stigma der Euglenen ist anders gebaut als das der Volvocineen, innerhalb derer sich auch noch erhebliche Unterschiede finden. Bei den ersteren besteht es aus einem retikulären plasmatischen Stroma, in das rote, ölige Tröpfchen eingelagert sind. Diese Tröpfichen sind in Alkohol und Äther löslich und fliessen bei hoher Temperatur zusammen, durch Jodalkohol und Osmiumsäure werden sie geschwärzt. Schwefel- säure bläut sie aber nicht, wie ich neuestens gesehen habe. Sie verhalten sich also ähnlich wie das Hämatochrom (Lipochrom, Karotin), das von Algenzellen auch sonst ohne Schwierigkeit als biologischer Stoff gebildet wird und namentlich den Sphaerella- arten, sowie Euglena sanguinea zu besonderer Beachtung ver- holfen hat. Overton? fand bei Volvox, dass sich der Farbstoff der Stig- mata chemisch so verhielt wie der rote Farbstoff in den Dauer- sporen der genannten Alge. Dieses Hämatochrom entspricht in seinem chemischen Ver- halten dem von mir neuerdings darauf geprüften roten Farbstoff in den Augen der Rädertiere (Monostyla, Brachionus), ja es scheint vielleicht gewisse Beziehungen zu demSehpurpur zu haben, der die Stäbchen der Netzhaut bei den meisten Wirbeltieren, vor allem bei dem Menschen durchtränkt. Vergleichende mikrochemische Untersuchungen darüber wären sehr erwünscht. Seine physio- logische Rolle ist noch durchaus nicht aufgeklärt, denn es ist nur ı R. France (meine Familie schrieb sich fälschlich bis 1895 Franze, wes- halb meine älteren Arbeiten stets so unterzeichnet sind und auch so zitiert werden — erst von da ab wurde die richtige Schreibweise festgestellt). Zur Morphologie und Physiologie der Stigmata der Mastigophoren. 1893. ® E. Overton, Beitrag zur Kenntnis der Gattung Volvox (Botanisches Zentralblatt 1889). S. 210. BUN, Re eine Annahme, dass er nach Art der Sensibilisatoren in der photo- graphischen Technik wirkt. Nur so viel ist sicher, dass er stark lichtempfindlich ist und sich in grellem Licht rasch zersetzt. Ver- suche mit lichtstarren Euglena deses und stagnalis, die 10 Minuten bis eine Stunde lang dem grellsten (durch Be- leuchtungsapparate konzentrier- ten) Sonnenlicht bei sonstiger Fürsorge gegenüber dem Ver- trocknen und Erwärmen aus- gesetzt waren, ergaben, dass das Stigma dadurch unverändert blieb, jedoch etwas helleres Rot anzunehmen schien, welche Unterschiede sich jedoch im zerstreuten Licht binnen einer halben Stunde wieder ver- wischten. Es kann daran kein Zweifel sein, dass diese Farbstofischicht Lichtstrahlen (auch Wärme- Der feinere Bau der Augenflecke. strahlen) absorbiert, daher A Buglenaacus: B=ZE. oxyunisJiG> Er TE . spirögyrae, DE acıs EZ E vyalaıa. (einem Perzepliousapparatı zur F.=Trachelomonas volvocina. G = Pha- i N s cus longicauda. H = Polytoma Uvella. Unterscheidung von Lichtinten- sitäten wirklich Dienste leisten kann. Ausserdem wirkt sie zweifels- ohne auch als Lichtschirm. In diesem Sinne hat sie 1904 auch G. Haberlandt aufgefasst, wenn er sagt: „Der Augenfleck selbst hätte mithin bloss die ‚Bedeutung eines Hilfsapparates; am nächsten liegt es, anzunehmen, dass er gleich den ‚Pigmentbechern‘ tierischer Augen als Lichtschirm fungiert, der die lichtperzipierende Plasma- partie vor allseitiger Belichtung schützt und so die Wahrnehmung der Richtung des einfallenden Lichtes erleichtert.“ Zu dieser Auffassung berechtigt vor allem auch die eigen- artige Lagerung des Stigmas, für das sich nach diesen Erfahrungen a de wohl am besten der von mir 1893 vorgeschlagene Name Pig- mentosa empfiehlt. Bei den Euglenen (siehe Fig. 4, C) ist die Pigmentosa gewöhnlich der einen Kontraktilen Vakuole so an- gelagert, dass sie die von hinten und seitlich (in der Richtung der Längenachse gedacht) auf den „Mundfleck“ kommenden Licht- strahlen abhält. Nach vorne zu ist sie sogar häufig (am schönsten bei E. deses) halbkugelig gewölbt, so dass sie hier einen wahr- haften Pigmentbecher bildet. Dazu kommt noch, dass sich, zuweilen in den Pigmentbecher eingeschlossen, manchmal aber vor ihn gelagert, stark licht- brechende, öfters Fig. 5. 5 j Augenflecke mit Linsenkörper bei Pandorina morum. ziemlich grosse (bis 3 u im Durchmesser) Kugeln oder Stäbchen (Fig. 4) finden, deren mikrochemische Reaktionen auf Paramylon deuten. Ich habe mich in den anderthalb Jahrzehnten, seitdem ich diese (von mir als Kristall- und Linsenkörper charakterisierten) Differenzierungen kenne, durch zahllose Beobachtungen von Euglenen aus Standorten von fast halb Europa (von Süditalien bis Holland und Ungarn bis zur Schweiz) davon überzeugt, dass diese Paramylonbildung nicht so regelmässig auftritt, wie ich es 1893 darstellte; aber das eine ist mir seitdem um so sicherer geworden, dass sowohl die stark lichtbrechende Vakuole als auch die Paramylonkörner sehr wohl geeignet sind, eine primitive Linsenfunktion auszuüben und zum mindesten den Licht- eindruck an der Aufnahmestelle viel stärker zu gestalten, als er an sonstigen Stellen der Zelle empfunden werden könnte. Bei den Chlamydomonaden findet sich meisthin der Augen- fleck in anderer Weise ausgebildet. Bei Chlorogonium, Poly- en toma und Chlamydomonas stellt er einen stab- oder eiförmigen Körper dar (Fig. 4 auf S. 46), den eine körnige Farbschicht um- hüllt. Eine besondere Modifikation des Stigmas habe ich im Jahre 1894 von gewissen Polytomeen' in meiner Monographie dieser Gruppe von der Pertyschen P. ocellata beschrieben, wo der Augenfleck im Vorderteil der Zellen zwischen zwei Vakuolen situiert ist. Davor befindet sich eine kleine lichtbrechende Kugel von un- bekannter Konsistenz (siehe Fig. 6). Dieselbe eigentümliche Modi- __ fikation notierte ich mir bereits 1892 ——_ Din von Pandorina morum (Fig. 5 auf S. 47). Die Zellen besitzen eine wohl unterschiedene, wenn auch schwachentwickelte Pigmentosa, vor der eine stark lichtbrechende, etwa 2 mm im Durchmesser grosse, helle Kugel liegt. ? Zur Bestätigung meiner An- gaben konnte ich schon damals Fig. 6. ee R . Polytoma ocellata mit eigenartigem auf die in meiner genannten Arbeit Stigma, oe % e zitierten Arbeiten von J. Kunst- ler, G. Klebs, G. Entz, G. Pouchet und E. Balbiani hin- weisen, die teils den wabigen Bau der Pigmentosa, teils die An- wesenheit von lichtbrechenden Körpern richtig erkannt hatten. Pouchet’, der bei dem marinen Gymnodinium spirale ein riesig entwickeltes Stigma beobachtete, das aus einer Pigmen- tosa und einer Linsenschicht (Cornea), die mit einem Stiel ver- bunden sind, besteht, hält dieses Gebilde für ein zur Licht- und Farbenperzeption sehr geeignetes hochorganisiertes Sinnesorgan, das man mit den tierischen Augen sehr wohl in Analogie setzen I R. France, Die Polytomeen. Eine morphologisch-entwicklungsgeschicht- liche Studie (Jahrbücher f. wissenschaftliche Botanik Bd. 26, S. 319). ? Dieser „Linsenkörper“ gab sonst öiter Amylumreaktion, d. h. das Stigma färbte sich durch Jod violett. ® G. Pouchet, Nouvelle contribution a l’histoire des P£ridiniens (Journal de l’anatomie etc. 1885). ER ee könne. J. Kunstler' und G. Pouchet gehen darin sogar noch weiter, sie nennen die Pigmentosa einfach eine Choroida; Kunstler nennt die Stigmata „Augen“ (yeux) und hält sie einfach für die Vorläufer des tierischen Auges ebenso wie Pouchet. Zu solch weitgehenden Folgerungen fand ich jedoch in meiner Arbeit aus dem Jahre 1893 nicht den Mut und möchte mich auch heute nur auf das Sichere zurückziehen, dass die Einrichtung des Lichtperzeptionsapparates der, Algen- zellen, mit dessen Gliederung in einen perzipierenden, plasmatischen Mund- fleck und eine zweckentsprechend pig- mentierte Plasmascheibe (Pigmentosa), zwischen welche lichtkonzentrierende Differenzierungen, wie Stärkekörner, Vakuolen, kugelige lichtbrechende Körper, eingeschoben sind, uns dazu berechtigt, in dem ganzen Vorderende der Euglenen und dem Stigma der Vol- Fig. 7. Gymnodiniumspirale vocineen nebst seiner Umgebung ein ! der Cyste, mit einem „oeil rudimentaire“ Lichtsinnesorgan zu sehen. Und zwar (Nach Pouchet). eines von teilweise höherer Ausbildung, als es uns durch die Bemühungen von G. Haberlandt und seiner Schule von der Epidermis der Laubblätter bekanntgeworden ist. Als Funktion möchte ich diesem Sinnesorgan auch heute nicht mehr zumuten, als die Unterscheidung von Hell und Dunkel, sowie der Strahlenrichtung und von Farben (von Engelmann, Strasburger und mir geprüft), ferner von Temperaturunterschieden, was ich in meiner älteren Arbeit über die Stigmata durch Experimente geprüft habe’. ı J. Kunstler, Recherches sur la morphologie des Flagellees. (Bulletin scientifique 1889.) S. 487—490. J. Kunstler, Les „yeux“ des Infusoires fla- gelliferes. (Journal de Micrographie, X.) S. 493—496. ®? R. France, op. cit. S. 152—153. R. H. France, Die Lichtsinnesorgane der Algen, 4 RN Die Frage, ob durch die Differenzierungen der Ocellen', wie wir diese Gebilde nun wohl nennen können, mehr als Licht- unterschiede und Lichtrichtung perzipiert werden kann, muss vorläufig als eine offene bezeichnet werden. Seitdem ich die hiermit im wesentlichen gekennzeichneten Untersuchungen, die übrigens nicht viel Beachtung fanden, da- gegen ‚mehrfach (z. B. von Senn in Engler-Prantls Natürl, Pflanzenfamilien) angezweifelt wurden, veröffentlichte, haben sich wiederholt Stimmen erhoben, welche sie im vollsten Umfange be- stätigten, grösstenteils, ohne von ihrem Vorhandensein zu wissen. Unabhängig von mir untersuchte E. Overton’” die Stigmata von Volvox und gewann den Eindruck, dass man ein Recht habe, sie „Augen“ zu nennen. Phototaxis sei im Kreise der Algen nur bei augenfleckführenden Formen nachgewiesen; die angeblich phototaktischen Bewegungen der Chytridiaceen seien eher als Chemotaxis zu deuten. Ferner beschreibt E. Strasburger in seinen Studien über Re- duktionsteilung * den Augenfleck der Schwärmsporen von Clado- phora laetevirens in folgender Weise: Der sog. Augenfleck „ist eine bandiörmige, vorgewölbte, mit rotem Pigment durchsetzte Verdickung der Hautschicht. Unter diesem Pigmentbande tritt das körnige Trophoplasma zurück und bildet einen linsenförmigen Raum, der in den fixierten * Schwärmsporen homogen erscheint.“ Er sagt des weiteren: „Es erweckt in der Tat die Vorstellung, dass in dem ! Unter Ocellus oder Richtungsauge wird hiermit der ganze Komplex von Pigmentosa, Lichtkonzentrationskörpern und Perzeptionsplasma (das man als Photoplast bezeichnen kann) verstanden. Die Existenz von Ocellen wird übrigens bei Protozoen allgemein anerkannt. So namentlich bei Erythropsis agilis. Vergl. darüber Bütschli, Protozoen S. 1772. ®2 E. Overton, Beitrag zur Kenntnis der Gattung Volvox (Botan. Central- blatt 1889. Bd. 39). S. 114, 213 und 215. 3 E. Strasburger, Über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Centrosomen und Cilienbildner im Pflanzenreich. Jena, 1900. S. 193. * Strasburger hat folgendes Verfahren angewendet: Chrom-Osmium- Essigsäure, dann entwässern, in Paraffin einbetten und in 1—2 m Schnitte zer- legen. Die Schnitte werden mit Safranin-Gentianaviolett-Orange gefärbt. ‚Augenfleck‘ ein lichtempfindendes Organ liege, dass dieses also mit Recht seinen Namen führe.“ Und Oltmanns setzt in seinem neuen Handbuch der Algenkunde zur Darstellung der Strasburger- schen Befunde hinzu'!, dass sie von jenen mit Freude begrüsst werden, welche diese Gebilde für Äuglein halten. Man vergl. da- mit meine Darstellung des Stigmas von Pandorina und Poly- toma ocellata, sowie die beistehende Kopie nach Strasburger mit der Fig. 5 auf S. 47, und man wird die Identität unsrer Befunde zugeben müssen. Den Bau der Pigmentosa dagegen bestätigt neuerdings W. Wollenweber an Hämato- coccusarten mit den Worten: „Der Augen- fleck dieser Zellen ist keulenförmig oder eine Sichel, auch ein sphärisches Dreieck mit keil- förmigen Zapfen. Das feinmaschige Netzwerk, das France beschreibt, ist vorhanden als Grund- substanz, die Farbkörnchen in sich schliesst.“ N 2 Fig. 8. So ist es demnach sichergestellt, zoospore von Clado- . PR . phora laetevirens dass bei den Schwärmsporen und ein- nach Strasburger. : } = . ei K = Kem, py = Pyre- zelligen Algen, die ein Stigma führen, noid, ki = Kinoplasma, r . s a a a = Augenfleck. dieses in Verbindung mit verschiedenen N Differenzierungen so eingerichtet ist, dass es sehr wohlals Apparat zur Perzeption von Helligkeits- und Temperatur- unterschieden und der Richtung des Lichteinfalles dienen kann. Durch Beobachtungen stigmenführender Zellen unter wechselnden Bedingungen liess sich sowohl er- weisen, dass sie sich dem Lichte gegenüber mit Vorliebe so einstellen, wie es der Bau des Stigmas zur richtigen Funktion verlangt, als auch dass sie Intensitätsunter- schiede und Richtung der Lichtstrahlen wirklich perzi- pieren; durch Sonderbeobachtung endlich auch, dass der ocellenartig gebaute „Mundfleck“ vor dem Stigma die eigentliche Stelle der Perzeption ist. ! Oltmanns, Morphologie und Biologie der Algen. Jena, 1905. Bd.II, S.25. - m — Zu diesen Erkenntnissen kann ich nun noch folgende neuere Beobachtungen und anderweitig erworbene Stützen fügen, um den Schluss, dass die Algen wirklich über Lichtsinnesorgane verfügen, zu einem unanfechtbaren zu machen. A B c Vorallemsuchte 7 ich über den mor- ni phologischen Wert des Stigmas und des Mund- fleckes ins reine zu kommen. Die Pigmentosa der Euglenen ent- spricht in ihrer Grösse und Ge- stalt ‚ einer der Chiorophylil- scheiben, zu denen die Chloro- plasten der ge- nannten Algen zu zerfallen pflegen. Strasburger“ Fig. 9. . Kopulation der Microgameten von Chlorogonium euchlorum, bezeichnet nun zur Darstellung der Wanderungen des Stigmas. die Pigmentosa der Cladophorazoosporen als „Hautverdickung“ und bildet sie auch so ab. Tatsächlich ist bei den Volvocineen das Stigma der Zelle gewissermassen eingesetzt und steht auch daraus hervor. Genaue Beobachtungen lehren nun, dass das „Stigma“ wenigstens manchmal mit der Hautschicht nichts zu tun hat. Nicht nur, dass man bei Chlamydomonas immer wieder den Eindruck empfängt, das Stigma besitze die eigentlich pigmentierte Schichte an dem inneren, dem Plasma zugekehrten Teil (vergl. Fig. 5), ! Strasburger, Über Reduktionsteilung etc. S. 19. N (wegen der starken Lichtbrechung des Objektes lässt sich die Frage nicht definitiv entscheiden), sondern die Beobachtung der Kopulationsvorgänge von Gameten macht es auch unzweifelhaft, dass die Pigmentosa nicht (oder wenigstens nicht immer) eine Hautverdickung darstellen kann. Ich verweise diesbezüglich auf die Textabbildung auf S. 52. Ich habe den Vorgang an einem ausser- ordentlich schönen Material von Chlorogonium euchlorum beobachtet. Die Mikrogameten dieser reizenden Chlamydomonadinee besitzen einen besonders stark entwickelten, sich nach aussen wölbenden Augenfleck (Fig. A—B), der öfters dem Chloroplasten anzusitzen scheint, was aber wieder in anderen Fällen (Fig, B) durchaus nicht der Fall ist. Die Konjugation findet in den Vor- mittagsstunden statt und nimmt kaum zehn Minuten in Anspruch. Die Gameten haften mit dem kinoplasmatischen Vorderende zu- sammen. Plötzlich schmilzt ihr Mundfleck, der gewöhnlich den Pigmentfleck trägt, zusammen und bildet eine kleine Kugel, in die nun die beiden Protoplasten hineinfliessen. Hierbei verlässt auch der Augenileck seine Stelle und wandert im Plasma mit (Fig. C—F). Zurück bleiben nur die beiden leeren Zellhäute, die man noch etwa '/s Stunde nach der Konjugation erkennen kann und in denen nichts den einstigen Sitz des Augenfleckes verrät. Dass die Ablösung des Pigmentfleckes nur ein mechanisches Neben- resultat des Verschmelzens ist, geht wohl daraus hervor, dass er in der Zygote keinerlei weitere Rolle spielt. In dieser scheiden sich nach etwa einer Stunde eine Menge Körnchen aus; zugleich vollziehen sich die bekannten Kernveränderungen. Die Stigmen aber zer- fallen in rote Körnchen, deren weiteres Schicksal nicht verfolgt werden konnte. Die Pigmentosa ist also ein plasmatisches Organ und scheint ein Analogon der Chromoplasten in den Zellen höherer Pflanzen zu sein. Bei der Teilung der Euglenen wird sie ebenso wie die Chlorophylischeibchen vorher auch geteilt, wozu ich als Beleg auf Fig. 10 verweisen kann, welche eine in Teilung begriffene Euglena acus darstellt. RR nu Overton fand bei den Spermatozoiden von Volvox, dass sich die Augenflecke, die in den vegetativen Zellen immer auf einem Chromatophorfortsatz sitzen, durch Neubildung vermehren. Ich kann also Zimmermann,'! abgesehen von der, funktio- nellen Bedeutung des Stigmas, darin nicht beipflichten, wenn er die Pigmentilecke einfach für „Stoffwechselprodukte“ hält, „die im Chemismus der Zelle eine Rolle spielen“. Die Stärkeproduktion, die er gegen meine Deutung ausspielt, spricht im Gegenteil gerade dafür, dass die Pigmentflecke Chromoplasten sind. Übrigens hat Guignard” die Kontroverse am einfachsten dadurch beendigt, indem er beobachtete, dass die Stigmen der Spermatozoiden von Fucus (siehe Fig. 11) aus ungefärbten Chromatophoren hervorgehen, die dann gelb werden und sich schliesslich vollständig in den roten Augenfleck umwandeln, was später von Schmitz, Behrens und Strasburger bestätigt wurde, Ich habe den Augenfleck in den letzten Jahren auch noch an Colacium vesiculosum, Chlamy- doblepharis, Pteromonas alata (das nur an manchen Standorten stigmenführend auftritt), Pha- Fig. 10. cotus Lentneri, an Monas vivipara, Eutreptia, ne ucieun Chlorangium, Astrogonium, Cylindromonas N fontinalis, Trachelomonas lagenella und Carteria eingehender studiert und habe keine Ursache, meine Anschauungen von 1892 wesentlich zu ändern, mit Ausnahme dessen, dass ich mich nun davon überzeugt habe, dass die Licht- perzeption — wenigstens bei den Euglenen — in der Partie zwischen dem Geisselursprung und der Pigmentosa stattfindet. ! A. Zimmermann, Der Augenfleck (Stigma). Sammelreferate aus dem Gesamtgebiet der Zellenlehre. 10. (Botan. Centralblatt. 1894. S. 163.) ®? L. Guignard, Developpement et constitution des Antherozoides. (Revue generale de Botanique. I.) BET LLL. Genau diesen Punkt hält auch H. Wager', der neueste Untersucher des Euglenenstigmas, für die Perzeptionsstelle. Des näheren präzisiert er sie als die linsenförmige Verdickung der Geissel, die gerade vor dem Stigma lieg. Wenn nun Wager nicht vielleicht die von mir gesehenen Krystallkörper für die Geissel- verdickung hält, so wäre hiermit eine neue Komplikation des Pho- tierapparates der Euglenen angegeben. In Wirklichkeit endigt die Geissel von Euglena mit einem kleinen Knötchen, demselben Fig. 11. Entwicklung der Fucus-Spermatozoiden. A—B = Vorstadien, welche zeigen, dass das Stigma aus dem Chromatophor entsteht. C = Spermatozoiden mit Stigma und Zellkern. (Nach Guignard). „Basalkörperchen“, das man in der tierischen Histologie allgemein von der Insertion der Zilien an Flimmerzellen kennt und das an pflanzlichen Schwärmsporen seit Strasburger gemeinbekannt ist. Aber dieses Knötchen liegt nicht unmittelbar vor dem Stigma! (vergl. Fig. 12 auf S. 56). Nebenbei bemerkt sei, dass die Kontro- verse, ob die Geissel bei Euglena aus dem Membrantrichter ent- springt oder aus einem besonderen kleinen Knoten, noch nicht entschieden ist. Ich habe beides beobachtet, bin jedoch meiner Sache nicht so sicher, um sie für spruchreif zu halten. Die innere Organisation von Euglena ist überhaupt von ausserordentlicher Komplikation, deren Erörterung jedoch hier von dem Gegenstand zu weit ablenken würde. Nur so viel sei erwähnt, als zum Verständnis der Funktion des Mundfleckes bez. des Photoplasten beitragen kann. Dieser stellt eine farblose Plasmaansammlung dar, die, wie sich an mit Chromosmiumessigsäure fixierten und mit Boraxkarmin gefärbten ı H. Wager, On the Eye-spot and flagellum in Euglena viridis. (Journal of the Linnean Society, Zoology. XXVI. 1900). —, 56 — Zellen von E. viridis (stagnalis) und E. deses zeigen liess, durch feine Fäden mit der wabigen Plasmaschicht, welche sich unter der Cuticula in doppelter und mehrfacher Wabenschicht breitet, netzig verbunden ist (vergl. die etwas schematische Fig. 12). Von dieser Photoplast- (oder da auch die Geissel daraus AD entspringt: Kinoplast-) masse gehen nach innen zu &%, strahlige Differenzierungen, also wohl Plasmastränge (9 aus, die sich bis zum Zellkern fortsetzen und da- SE er ST uk F h' 17 mit eine Verbindung herstellen. Ja, sie gehen sogar Ra noch weiter, denn der Zellkern wird durch Plasma- $ N fäden auch mit dem Hinterende der Zelle verbunden. | „N Diese Plasmastränge und zwischen „Mundfleck“ und a Kerngegend ausgespannten, ebenso vom Kern zum En Hinterende verlaufenden Plasmafäden hat auch El G. Senn beobachtet und abgebildet!, doch wagt er ) es nicht, zu entscheiden, „ob die bei der Fixierung und Färbung hervortretenden Stränge auch im Leben vorhanden sind“. Der zentrale Plasmastrang ist es sicher, da er an starren Euglenen ebenso wie an ruhenden Chlorogoniumzellen andeutungsweise auch ohne Fixirung und Färbung erkannt werden IS Er kann. Aus zahlreichen derartigen Beobachtungen Derfeinere Bau von Euglenastag- ergibt sich ein ganz typischer Bau der Euglenen- nalis im optischen LAuEBSOIBEN, zelle nach etwa folgendem Schema: Die ganze Zelle, von dem Membrantrichter bis zum Hinterende, wird von einer plasmatischen Zentralachse durchzogen, welche sich im Vorder- ende zum Kinoplasma ansammelt, etwa im zweiten Drittel der Zelle aber den Kern retikulär umspinnt. Dieser plasmatische Strang heftet sich mit Fäden allenthalben an eine ihn mantelartig umschliessende Plasmaschichte an, in der sich vornehmlich das Paramylon bildet. Dicht darüber folgt eine weitere Schichte: die vielgestaltigen, bald in spiraligen Bändern angeordneten, bald in Scheiben oder strahlig 1 G.Senn, Flagellata in Engler-Prantls Natürl. Pflanzenfamilien. I. Teil. Abteil; a. )75.'95 "und 97. SEN >, GB zerfallenen Chloroplasten. Über diese breitet sich eine sehr dünne Wabenschicht, Diese ist es vornehmlich, von der die Kontraktionen ausgehen. Zu äusserst folgt dann die bekanntlich spiralig ge- streifte Kutikula und die von ihr ausgeschiedenen Schleimschichten. Es ist auch hier in seinen Grundzügen derselbe Bau da, den ich im Jahre 1897 von Chlorogonium euchlorum beschrieben habe! und den man in immer ausgedehnterem Masse von den tierischen Spermatozoiden kennen lernt. Das für unsere Zwecke Wesentliche daran ist, dass eine direkte Verbindung zwischen dem Kinoplasma und dem Zellkern vorhanden ist. Das aber wirft wieder Licht auf die Funktion des Kinoplasmas. Denn der Zellkern wird immer all- gemeiner als das energetische Zentrum der Zelle anerkannt. Zu bemerken ist hier, dass auch Strasburger in auffälliger Weise hervorhebt (Histologische Beiträge IV. S. 66), dass das Stigma der Schwärmsporen von Oedogonium in der Nähe des kinoplas- matischen Mundfleckes sitzt. W. Wollenweber (Das Stigma von Haematococcus. S. 320) spricht es direkt aus, dass sich bei Hae- matococcus Stigma und Nucleus stets in einer Höhe befinden, „so dass man eine gegenseitige Beziehung mutmassen könnte.“ Bei Chrysomonas, Phacotus, Carteria ist es auch die Regel, aber nicht bei Chlamydomonas und Polytoma, welch letztere Gat- tung durch ihre Kleinheit für solche Untersuchungen sehr wenig günstig ist. Wenn man sich an die enge Verbindung zwischen dem Chioroplasten und Zellkern von Spirogyra durch aus- gespannte Plasmafäden erinnert, speziell an die Untersuchungen von Gerassimoff über 'mehrkernige Spirogyrazellen, die ent- sprechend mehr Chlorophyll bilden, ferner von Klebs und Haber- landt über die Rolle des Zellkerns in wachsenden Pflanzenzellen und über das innige Verhältnis von Leuko- und Chloroplasten und Zellkern, vor allem aber an jene Erfahrungen, dass, wie sich Haber- ! R. France, Über die Organisation von Chlorogonium. (Termeszetr. Füzetek. 1897). andt' ausdrückt, „sich die vom Zellkern ausgehenden Impulse in Plasmasträngen fortpflanzen“, so muss man wohl zugestehen, dass die Einsicht in eine Verbindung des Lichtperzeptionsorganes und der Geissel mit dem Zellkern bei Euglena von Bedeutung für ein tieferes Verständnis der Funktion dieses Organes sein kann. In der Zoohistologie hat man sich daran gewöhnt (der- artiges findet sich bei Flemming, Henneguy, Lenhossek), die Basalkörperchen der Flimmerzellen als die „motorischen Zentren“ der Cilien aufzuiassen, und Strasburger hat uns damit bekannt gemacht, dass der Blepharoplast in den Spermatozoiden von Mar- silia, Gingko, Zamia etc. das die Bewegungen der Cilien „ein- heitlich regulierende Zentrum“ sei”. Dieser Blepharoplast ist aber ursprünglich ein Kernbestandteil! Bei Vaucheriaschwärmern beobachtete Strasburger, wie die Zellkerne an die Oberfläche wandern und von dort Cilien aussenden, nach deren Einziehung die Zellkerne zurückkehren. Bei den Oedogonium-Zoosporen wandert der Zellkern zuerst an die Stelle, von wo dann die Cilien hervorwachsen (und wo das Stigma entsteht). Also gibt offenbar der Zellkern den Impuls zur Bewegung. Im übrigen ist zu bemerken, dass hervorragende Botaniker wie Belajeffi die Centrosomen für die „morphologischen und dynamischen Cen- tren“ halten, was Strasburger bei Algen der Centrosphäre zu- schreibt. Nun hat aber Keuten° Anzeichen dafür gefunden, dass der Binnenkörper des Kernes von Euglena centrosomatischer Natur sei, eine Tatsache, die durch ‘die aufgefundene Verbindung zwischen Kinoplasma und Zellkern in neues Licht gerückt wird. Diese Tatsachen geben wirklich Anlass, einen verheissungs- vollen neuen Schritt in der Erkenntnis zu sehen, dass Zellkern, Ocellus und Geissel bei Euglena in unmittelbarer Verbindung miteinander stehen. Die Forschung wird darauf besonders Augen- AT EL FE ı G. Haberlandt, Physiol. Pflanzenanatomie. 1904. S. 26. ° Strasburger, Über Reduktionsteilung. S. 210, ® J.Keuten, Die Kernteilung von Euglena ;viridis (Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd.’60. 1895). merk haben müssen, denn gerade von diesem Punkte aus wird auf die Psychologie der Zelle helles Licht fallen. Zum mindesten bereitet es nun dem Verständnis keine be- sonderen Schwierigkeiten, wieso es kommt, dass auf Lichtreize hin Bewegungen und zwar von der Art der Lichtreize mittelbar ge- lenkte Bewegungen erfolgen, Die Frage, ob den mit dem Pigmentfileck in Verbindung stehenden Differenzierungen wirklich die Funktion eines Lichtsinnes- organs zukomme, lässt sich jedoch auch noch von anderen Seiten her beleuchten. Ryder' hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, dass die Zellen der Volvoxcönobien nicht gleichmässig Augenflecke tragen, sondern nur an dem einen Pol der Hohlkugel, der eben deshalb den Namen Sinnespol mit Recht zu führen scheint. An dieser bei Bewegung nach vorn gerichteten Seite sind die Stigmen sogar übernormal entwickelt. Die Tatsache selbst wurde von L. Klein? ganz und von Overton? insofern bestätigt, als er die Stigmen bei Volvox minor stets am Vorderpol der Kolonie fand, und sie wurde in dem Sinne gedeutet, dass diese 6—8mal stärkere Ent- wicklung des Augenfleckes an demjenigen Zellrande, welcher dem vorderen Pol zugekehrt ist, zugunsten einer Funktion als Sinnesorgan spricht. Diesen Befunden kann ich ähnliche Erfahrungen mit Eudorina elegans anreihen, deren übernormal grosse Stigmen ich bereits in meiner Arbeit vom Jahre 1893* abgebildet habe. Neuestens hat A. Scherfiel?’ die gleiche Erscheinung an Pandorina morum entdeckt. Nur der eine Pol trägt auffallend grosse Stigmen, während sie an dem ı J.A.Ryder, The Polar-differentiation of Volvox and the specialisation of possible anterior Senseorgan (Americ. Naturalist. Bd. 23. 1889). S. 218, ® L. Klein, Morphologische und biologische Studien über die Gattung Volvox (Jahrbücher f. wiss. Botanik. 1889). ® E. Overton, Beitrag zur Kenntnis der Gattung Volvox (Botanisches Centralblatt. 1889). S. 213. ı R. France, Morph. u. Phys. d. Stigmata. Tafel VII, Fig. 5. ° A. Scherffel, Algologische Ngtizen (Berichte d. deutsch. botan. Ge- sellschaft. 1907.) S. 229. ’ Pin. anderen fehlen, und auch dieser Autor kann sich nicht davor ver- schliessen, dass damit die Ansicht von der „lichtperzipierenden Funktion der Stigmen“ neue Stützen erhalten hat. Und tatsächlich, angesichts der allgemein eintretenden Verstärkung funktionierender Organe, muss dieser Entdeckung viel Gewicht beigemessen werden. Dass die Anwesenheit des Stigmas an seine Funktion ge- bunden ist, geht übrigens aus meinen Beobachtungen an Chloran- gium stentorinum hervor. Diese zierliche kleine Volvocacee lebt bekanntlich als Raumparasit auf Cyklopiden und Cladoceren. Sie scheidet verästelte Gallertstiele aus, von denen sie sich im Bedürinisfall — ebenso bei der geschlechtlichen Fortpflanzung — ablöst, zwei Cilien aussendet und ausschwärmt. Man kann dies leicht erzwingen, indem man eine Chlorangiumkolonie Sauer- stoffhunger aussetzt. Abgesehen von dieser teleologisch hoch- bedeutsamen „Aktivierung“ durch ein Bedürfnis, entspricht es ganz unseren Anschauungen, dass die ruhenden resp. gestielten Zellen von Chlorangium kein Stigma haben, wohl aber die schwär- menden! Hierher gehört auch, dass Ulothrix, die als „eingesperrte“ Flagellatenzelle zu gelten hat, nur für das Schwärmerstadium ihre bekannten grossen Augenflecke ausbildet, ebenso die Zoosporen und Gameten anderer Algen, und dass umgekehrt der Augenileck der Euglenen und Chlamydomonaden meist rückentwickelt wird, wenn sie Palmellen bilden. Eine wenn auch indirekte, so doch die Entscheidung be- schleunigende weitere Bestätigung meiner Anschauungen finde ich in den soeben erschienenen schönen Studien von H. Molisch' über Purpurbakterien. Die hierher gehörigen Gattungen enthalten nach dieser Arbeit zwei Farbstoffe: das grüne Bakteriochlorin und das rote Bakteriopurpurin, das auch in ihrer purpurnen Färbung zutage tritt. Bakteriopurpurin ist in seinem Verhalten gegen Sal- peter-Schwefelsäure, Jod und Brom, in seiner Löslichkeit und Kristallisierbarkeit ein karotinartiger Körper. Die Rhodobakterien entsprechen also im ganzen einer Art von selbständig lebendem ıH.Molisch, Die Purpurbakterien, nach neuen Untersuchungen. Jena 1907. ER RE Augenfleck — ihr physiologisches Verhalten gegen Licht ist dem- nach sehr geeignet zu Rückschlüssen auf dessen Funktion. Molisch sagt hierüber: „Es gibt wenige Erscheinungen auf dem Gebiete der Mikrobiologie, die den Beobachter in der Weise frappieren und in Erstaunen setzen, wie die ans Wunderbare grenzende Empfindlichkeit der Purpurbakterien gegen plötzliche In- tensitätsschwankungen.“' „Stellt man z.B. auf ein in gerader Linie dahinschwimmendes Rhodospirillum photometricum ein und erzeugt man mit der Hand vor dem Mikroskopspiegel einen !a—1 Sekunde dauernden Schatten, so fährt das Spirillum in der- selben Geraden zurück. Dauert die Beschattung länger, etwa mehrere Sekunden, so tritt bei Beginn der Intensitätsschwankung eine momen- tane Rückbewegung ein, aber nur auf eine kurze Strecke; oft bleibt das Spirillum, als ob es gelähmt wäre, einen Augenblick stehen, dann fährt es langsam hin und her, um bei plötzlicher Hebung der Lichtintensität wieder geradlinig davonzuschwimmen. Trifft der Schatten ein Chromatium, so fährt es eine Strecke zurück, dreht sich, an einem Punkte verharrend, um seine Achse und schwimmt dann in beliebiger Richtung davon. Oder es schiesst auf eine plötzliche Abdämpfung des Lichtes hin plötzlich, fast sprung- haft zurück, taumelt dann wie verwirrt unter langsamer Drehung hin und her und schwimmt dann wieder weiter. Ich habe bei sämtlichen mir bekannten beweglichen Purpurbakterien die Schreck- bewegung feststellen können...“ „Es scheint demnach, dass zwischen dieser Art der Lichtempfindlichkeit und dem roten Farbstoff eine innige Beziehung besteht“. Diese Schreckbewegungen, die ja schon seit Engelmanns ersten Untersuchungen über Purpurbakterien, von grünen Algen- schwärmern (z.B. Botrydium granulatum und Bryopsis plu- mosa) aber seit den alten Untersuchungen von Strasburger” bekannt sind, entsprechen also ganz dem, was ich an Euglena ı Molisch, op. cit. 5. 33—34. ® E. Strasburger, Wirkung des Lichtes und der Wärme auf Schwärm- sporen, Jena 1878. S. 25. — 2 — und Polytoma beobachtete, und Molisch dehnte seine Aufmerk- samkeit auch darauf aus, dass er sich von dem Auftreten der Schreckbewegung bei Euglena selbst überzeugte, wobei er auch sowohl die Perzeption der Richtung der einfallenden Strahlen durch Euglena, also auch deren diesmal besonders eigentümliche „Perzeptionsstellung“ („sie wenden sich häufig mit ihrem Kopfende um 180° vom finstern Rande weg“)! beobachtete. Diese Untersuchungsergebnisse stimmen also völlig mit dem iiberein, was von unserer Überzeugung bezüglich der Funktion der Stigmata gefordert wird. Dass die Pigmentosa aber nur als Hilfsapparat der Perzeption und als Lichtschirm dient, wird indirekt auch durch das Verhalten der Rhodobakterien angezeigt, denn Molisch hebt ausdrücklich hervor, dass die Rhodobakterien (deren ganzer Körper von dem Pigment durchsetzt ist!) „sich gegenüber der Richtung des Lichtstrahles recht indifferent verhalten?“. Es ist also klar, dass das blosse Vorhandensein von Karotin noch nicht genügt, um Richtungsreize mit jener Sicherheit zu perzipieren, wie man sie an Euglena konstatieren kann. Es erübrigen schliesslich noch einige Worte darüber, dass die Ocellen niederer Tiere dem Wesen nach oft auch nicht anders gebaut sind, als die von Euglena, vorausgesetzt dass man dem Photoplasten (resp. dem Kinoplasma) jene Funktion eines nervösen Organoids beimisst, über die sich alle Beobachter einig sind, wenn sie auch nicht über Bezeichnungen wie etwa „motorisches Centrum“ hinausgehen. Ich habe mich diesbezüglich durch eigene Untersuchungen namentlich an Strudelwürmern, Rädertierlarven, sowie einer Reihe von ausgebildeten Rotatorien (Stephanops lamellaris, Notom- mata vermicularis, Brachionus urceolaris, Euchlanis luna, Philodina erythrophthalma), an Cyklopiden und anderen orientiert, nachdem Kunstler das „Auge“ der Flagellaten mit den Sehorganen der niederen Würmer homologisiert und sogar ein so *: Molisch, op. .eit.“.S.0ß; 2 Molisch, op.\cit 9.38, | [ ! » | | h \ BIT la» vorsichtiger Forscher, wie G. Klebs, zugibt, dass der Pigmentfleck „eine weitgehende Ähnlichkeit“ mit dem Rotatorien- und Cyclops- auge besitzt!. Nun ist z.B. das Auge von Polycelis nigra wirklich nur eine einzige Zelle, deren vorderer Teil Pigment abgeschieden hat, während ihr centraler und der hintere Teil sich’ zu einem hyalinen Innenkörper umwandelt. Die frappante Über- einstimmung mit den Ocellen von Polytoma, namentlich von Pandorina morum, oder dem Stigma der Cladophora-Schwärmer liegt zutage. Bei den Rotatorien tritt das Stigma zuerst als rote körnige Pigmentscheibe auf (siehe das Bild), die sich von dem Euglenenstigma nur dadurch unterscheiden lässt, dass sie eben auf dem Gehirnganglion aufliegt. Die mikroche- mischen Reaktionen beider Pigmentscheiben stimmen miteinander im wesentlichen überein. Bei den ausgebildeten Rädertieren dif- ferenziert sich das Auge stets in eine etwas Ho N a . gebogene Pigmentosa und davon umschlos- mit dem ee des sene lichtbrechende Körnchen. Bei Cyclops und Diaptomus (siehe Fig. 14) ist das Auge mehrzellig. Die Cuticula wölbt sich nach Art einer Cornea über den Augenbulbus, es treten Muskeln auf, die das Auge bewegen, und die lichtbrechenden Zellen sind in rote Pigmentbecher ein- geschlossen. Es können also nur Turbellarien und Rotatorien in bezug auf die Differenzierung der Lichtorgane mit den pflanzlichen Zellen ver- glichen werden; von Homologien kann natürlich gar keine Rede sein, da auch das einfachste Auge der Turbellarien den Wert einer ganzen Zelle hat. Erst die Ocellen der Infusorien (Erythropsis und 1G. Klebs, Organisation einiger Flagellaten. (Untersuch. a. d. botan. Institut z. Tübingen.) Bd. I. S. 262. — 64 — Ophryoglena') sind ebensolche Organoide wie die der Algen. Aber, und das ist das Wesentliche, diese tierischen Ocellen sind in keiner Beziehung anders konstruiert als die von Euglena und Pandorina. Wenn also an ihrer Funktion nicht gezweifelt wird — und dies tut kein Zoologe — so liegt auch kein logischer Grund vor, an ihrer Funktionsfähigkeit in Pflanzenzellen zu zweifeln. Wenn nun die Bewegungen, der Algenschwärmer mit der Gewissheit, die über jeden Zweifel zu Pisa, Das „Auge“ von Cyclops phaleratus. A = in seiner natürlichen Lagerung. B—C = feinerer Bau bei stärkerer Vergrösserung. erheben die Aufgabe dieser Arbeit war, durch ihre Zweckmässig- keit verraten, dass die Zellen Intensität und Richtung des Lichtes empfunden haben, so ist auch das Rechterworben, unter Be- rücksichtigung und nochmaliger Zusammenfassung aller angeführten Belege, als da sind: der nun so vielfach be- stätigte Bau der Augenflecke, ihre Verbindung bei Eug- lena mit dem Kinoplasma, mit Geissel und Zellkern, die aussordentlicheLichtempfindlichkeitderebenfallskarotin- haltigen Rhodobakterien, die funktionelle Vergrösserung der Augenflecke bei Volvox, Eudorina und Pandorina am Sinnespol, die Augenflecke samt ihren Photoplasten und Lichtkonzentrierungsapparaten als die Lichtsinnesorgane der Algenschwärmer zu bezeichnen. ı Von denen ich Ophryoglena atra ebenfalls untersuchte. Eine stark lichtbrechende Kugel wird hier von schwarzkörnigem Pigment teilweise umhüllt. ARSEEL TTS IV. Es erübrigt nun nur noch, die empirischen Resultate, die in dem vorhergehenden Abschnitt geschildert wurden, in die logischen Beziehungen zu dem von der Reizphysiologie empfundenen Be- dürfnis nach Kausalerklärungen und der diesem Bedürfnis ent- gegenkommenden psychologistischen Theorie zu setzen. Wir haben durch die vorgetragenen Untersuchungen zweierlei erkannt. Durch die Erkenntnis, dass die Stigmata wirklich Lichtsinnesorgane sind, wurde eine Sinnesphysiologie der Algen angebahnt, deren überall zutage liegende, zerstreute Bausteine zu sammeln und zu werten! nun ein dringendes Bedürfnis geworden ist und die für die Sinnesphysiologie der höheren Pflanzen und die dar- aus fliessenden Erkenntnisse von ganz besonderem Werte sein wird, weil durch sie die Analogien zwischen Tier und Pflanze viel vollständiger aufgedeckt werden, als es bis- her möglich war. Es wird sich z. B. von nun an nicht mehr umgehen lassen, die Anthozoen, niederen Würmer und Schwämme, zum mindesten die Tiere ohne oder mit primitivstem Nervensystem, zu vergleichenden tropistischen Versuchen heranzuziehen, wie dies J. Loeb?, Davenport und E. Towle mit so viel Glück bereits von zoologischer Seite bezüglich des Heliotropismus angebahnt ! Unter solchen verstehe ich vor allem die namhaften Arbeiten von Pfeffer, Massart, Strasburger, Oltmanns, Stange, Rothert u.a. über Photo- und Chemotaxis, von Oelzelt-Newin über die Tastempfindlichkeit bei Flagellaten, die ausgezeichneten Versuche von Klebs über die den Fortpflanzungstrieb aus- lösenden und Anstoss zu seinen Variationen gebenden Reize, von Borge über formative Erfolge durch Kontaktreizbarkeit, von Elfving über narkotische Wir- kungen auf Algen, wobei namentlich die Tatsache, dass Mesocarpus und Mougeotia durch Alkohol gehindert werden, ihre heliotropische Reaktion durch Drehungen des Chloroplasten richtig auszuführen, sehr bemerkenswert ist, eben- sowie die Gültigkeit des Weberschen Gesetzes für die tropischen Reaktionen der Algen (Pfeffer, Massart, Oltmanns), die autonomen Cönobienbildungen von Pediastrum und Hydrodictyon (vgl. mein „Leben d. Pflanze“, Bd. II. S. 245—248) usw. ® J. Loeb, Der Heliotropismus der Tiere und seine Übereinstimmung mit dem Heliotropismus der Pflanzen. Würzburg, 1890. R. H. France, Die Lichtsinnesorgane der Algen, B) BE > RER haben und wofür Verworn in seiner allgemeinen Physiologie wenigstens theoretisch Bahn brach. Zweitens wurde durch diese Versuche ein eminent psycho- logischer Begriff, nämlich jener der Reizverwertung, empirisch gewonnen und damit der erste feste Punkt zur Fundierung einer die Reizphysiologie und, von ihr weitergreifend, die ganze Pflanzen- physiologie durchgängig auf wirkliche Kausalerklärungen stellenden Betrachtungsweise. Zur Definition dieses in der Psychologie von OÖ. Kohnstamm'! geprägten und von mir in meinem „Leben der Pflanze“ in die Botanik eingeführten Begriffes gehört vor allem eine etwas andere Auffassung von Reiz und Reizwirkung, als sie Sachs in seinen Vor- lesungen geschaffen und Pfeffer mit dem grossen Gewicht seines Namens in der Pflanzenphysiologie heimisch gemacht hat. Wenn Pieffer, dessen Vortrag vom Jahre 1893 über die Reizbarkeit der Pflanzen noch immer die Basis bildet, von der aus die ganze zeit- genössische Botanik das Wesen der Reizbarkeit beurteilt, es für eine „exakt-naturwissenschaftliche Auffassung der Reizvorgänge“ hält?, wenn er sie als „Auslösungsvorgänge“ definiert, die durch die besonderen Kombinationen und Konstellationen bedingt sind, so hat er damit nichts anderes als eine Umschreibung des bei Reizvorgängen in Tätigkeit tretenden Mechanismus gegeben, die an und für sich vollkommen richtig ist, jedoch weder die im Reizvorgang zutage tretenden Beziehungen völlig erschöpft, noch für alle Fälle zutrifft, wie dies schon seinerzeit Oltmanns mit Glück hervorgekehrt hat. Er sagt in seinen Untersuchungen über die Photometrie der Pflanzen?: Die Definition des Reizes als Aus- lösung treffe für die photometrischen Erscheinungen nicht zu. Denn bei Volvox, Mesocarpus u. a. löst dieselbe Licht- ı 0. Kohnstamm, Intelligenz und Anpassung. (Ostwalds Annalen der Naturphilosophie. 1905.) Ferner: OÖ. Kohnstamm, Psycho-biologische Grund- begriffe. 1. Die Reizverwertung. (Zeitschr. f. d. Ausbau d. Entwicklungslehre. 1908.) ® Pfeffer, Pflanzenphysiologie. 2. Auflage. Bd. I. Leipzig, 1897. S.9. ® Fr. Oltmanns, Über die photometrischen Bewegungen der Pflanzen. (Flora. Bd. 50. 1892). S. 266. RN. intensität Reizbewegungen aus, die sie auch sistiert, wenn nämlich der Organismus die richtige Stellung gefunden hat. Hier ist also Reiz ein äusserer Faktor, welcher ganz allgemein den Gang gewisser Bewegungen vom Anfang bis zum Ende beeinflusst. Noch viel weniger annehmbar als in diesem Falle, ist jedoch die mechanistische Reizdefinition, wenn man, wie in dieser Ab- handlung gezeigt wurde, die Reizbewegungen der Algen auf ihre Teleologie hin prüft. Der Lichtreiz löst bei Euglena nicht die Sperrklinke eines Mechanismus aus, sondern er ist der Zelle einzig und allein ein Orientierungsmittel, um die durch sie selbst gesetzten Ziele zu erreichen, durch suchende oder geradlinige, durch direkt zielerreichende oder Umkehrbewegungen. Die Art der Reaktion ist nur mittelbar von der Art des Reizes abhängig. Der Reiz ist keine Ursache, er ist nur ein Mittel, um der Zelle Orien- tierung zur Erleichterung der Bewegungswahl für die von ihren Bedürfnissen geforderte und von ihrer Aktivi- tät verursachte Antwortreaktion zu geben. Er ist nur einer der Faktoren, von denen die Ausführung der Reaktion modifiziert wird. Das wirklich Kausale aber steckt in der Zelle selbst und ist aus ihren Kräften zu erklären. So ist denn der Irrweg vermieden, der in der Mechanik des Reaktionsablaufes oder in den Bedingungen der Umwelt das Kausalitätsprinzip suchte und natürlich niemals finden konnte. Den ersteren Weg beschritt die Mechanistik, den letzteren die Richtung des Neo-Lamarckismus, die mit dem Schlagwort: „direkte Anpassung unter dem Einfluss der Umwelt“ operiert. Die Ursache der Reizwirkungen steckt vielmehr in den reiz- verwertenden Fähigkeiten des vegetabilen Plasmas. Reiz- verwertung aber ist Aktivität; sie führt zu Determinatio- nen des physiologischen Geschehens, zu teleologischen Akten verschiedener Komplikation, die aber auch im ein- fachsten Fall das Kriterium psychischer Tätigkeit in der Gliederung: Empfinden von Zustandsänderungen (Perzep- tion), Streben nach Ausgleichung der Zustandsänderung DN (Erregungsstadium), d. h. Anstrebung von auf den Zweck der Ausgleichung gerichteter „chemischer oder physi- kalischer“ Bewegungen! (Reaktion oder mechanische Ausführung) an sich tragen. In dem Begriff der Reizverwertung ist die psychische Ursache der Reizreaktion, also die Existenz des psychischen Minimums in dem reagierenden Pflanzenteil resp. der Zelle anerkannt, ohne dass damit irgend etwas über die Beschaffenheit und Herkunft des Psychischen präjudiziert wäre. Dieser experimentell gewonnene Begriff enthält eine wahre, naturwissenschaftlich analysierbare Ur- sache, er umfasst zugleich widerspruchslos den ganzen Komplex der in den pflanzlichen Reizreaktionen zutage tretenden Phänomene. Er hat daher alles Recht, zu verlangen, dass eine von ihm aus entwickelte Begriffsbildung an die Stelle der unzulänglichen Tro- pismentheorie mit ihren Widersprüchen und der Unkritik einer verkappten Psychologie trete. Er aber liegt der von mir in meinem: „Leben. der Pflanze“ entwickelten Theorie einer Pflanzenpsycho- logie zugrunde, und somit iist es mir gelungen zu er- weisen, dass sie naturwissenschaftlich (weil experi- mentell prüfbar) ist, dass sie heuristischen Wert hat, weil sie mit neuer Fragestellung auch beialten Tat- sachen zu neuen Einsichten in das Lebensgeschehen dort führte, wo der Mechanistik jede Hoffnung benommen war, und dass sie von Tatsachen ausgeht und von den Tatsachen in ihren Grundzügen gerechtfertigt wird. Ob die von mir auf dieser Basis erbauten Gedanken über die psychische Gliederung der Pflanze, ihre Psychogenie, den hypo- thetisch energetischen Charakter des Psychischen usw., die ich in meinem mehrfach genannten Werke gewagt habe, zu Recht bestehen, ist freilich damit nicht erwiesen. Sie wurden auch nur als Arbeitshypothesen zu forschungsanregenden Zwecken gewagt, ! Alle „Reaktionen“ der Pflanze (wie der Lebewesen überhaupt) sind doch nichts als Bewegungen, d. h. Chemismen oder physikalische Zustandsänderungen. EEE RER um, Widerspruch herausfordernd, durch ihre experimentelle Prüfung, die möglich ist und an der ich selbst seit längerem arbeite ', die Pflanzenphysiologie zur Vertiefung in ihr wichtigstes Problem zu zwingen. Wenn man von diesem neuen Standpunkt aus auf den Aus- gangspunkt dieser Untersuchung zurückblickt und unter dem Ge- sichtspunkt der Reizverwertung die Tropismen der Pflanzen unter- sucht, verbreitet sich Licht gerade über jene weiten Gebiete der vegetabilen Physiologie, die bisher zu den dunkelsten gehörten. Es möge genügen, nur einiges zu nennen, woran die Mechanistik gescheitert ist, was unserer Theorie aber keine Schwierigkeiten macht. Die rätselhafte „Lenkung“ der Enzymproduktion. ist damit ihres Geheimnisses enthüllt, denn sie ist eine typische Verwertung von Bedürfnisreizen; der von allen Botanikern scheu bestaunte Vorgang der Elektion (bei Cuscuta, Droseratentakeln oder bei Wurzeln) ist der klassische Fall von Reizverwertung; die sich klammernde Ranke verwertet die Berührungsreize ebenso wie das seine fixe Lichtlage suchende Blatt die Lichtreize. Das ganze Gebiet der Regulationen ist damit des Mystischen entkleidet, in dessen Nebel es dem Mechanisten erscheinen musste, hinter dessen Maschinen- vergleich stets der allermystischeste Begriff eines „Maschinenbauers“ der Weltenuhr lauerte, was ja J. Reinke mit Recht stets hervor- gehoben hat, während jetzt durch die „psychische Autonomie“ der Pflanze die forschungshemmende Gefahr theistischer und deistischer Deutungen endgültig hinweggeräumt ist. Der mit der Tropismentheorie in so schreiendem Widerspruch stehende Begriff der Orientierungsbewegungen erhält erst jetzt ! Eine zweite Arbeit über die Reizverwertungen von Geranium, Par- nassia und Zea soll in absehbarer Zeit folgen. Im Sinne dieser Fragestellung sind übrigens auch die bemerkenswerten Resultate gewonnen worden, die Dr. A. Wagner über die Anpassungsfähigkeit von Myriophyllum verticil- latum vor kurzem in der Zeitschrift f. d. Ausbau der Entwicklungslehre (1907) publiziert hat; weitere durch mich angeregte derartige Arbeiten folgen an dem- selben Ort von Prof. Heineck über die Reizverwertungen der Blüten, von Dr. W. Wildt über direkte Anpassungen von Galmeipflanzen. Pe en wirkliche Berechtigung und Sinn. Alle Unverständlichkeiten der Tropismentheorie sind im Begriff der Reizverwertung spielend be- seitig. Um nur einiges zu erwähnen: die „Vorzeichen“ der Tro- pismen, der unbegreifliche „Indifferenzzustand“ (Oltmanns), die Tatsachen des Stimmungswechsels (heterogene Induktion), die dem „nur“ physikalisch-chemische Gesetze geltenlassenden Botaniker ein für allemal prinzipiell unerklärbar bleiben müssen, sie sind einfach die logische Forderung des Begriffes der Reizverwertung und damit die glänzende Bestätigung, dass er in die Lücke der Er- klärungen, die hier klafft, einzusetzen ist. Nur wenn den Reizreaktionen der Pflanze ein nach psychi- schen Gesetzen wirkendes Prinzip zugrunde liegt, ist es ver- ständlichh, warum das in Chemie-Physik ungültige, da- gegen aus der menschlichen Psychologie beigebrachte Webersche Gesetz auch für die Pflanzen gültig ist und warum ihre Reaktionen durch Alkohol und Äther- narkose vorübergehend in ganz gleicher Weise ge- hemmt werden, wie die der Tiere. So einigen sich die hier vorgetragenen Untersuchungen mit dem aus hundert Quellen zusammenfliessenden grossen Strom eines Richtungswechsels in der Pflanzenphysiologie, durch den ein Durchschnitt im ersten Kapitel dieser Abhandlung geboten wurde. Denn, wenn erste Namen unserer Wissenschaft, wenn Jost, Olt- manns, Czapek, Loeb, Kerner, Verworn', Pfeffer?” sowie Jennings und neuerdings Bechterew, offen und unausgesprochen darauf hinweisen, dass den Reizhandlungen der Pflanze die Reflex- handlungen der niederen Tiere entsprechen, so haben sie damit nichts anderes getan, ais im Prinzipe die Berechtigung, eine Pflanzen- psychologie zu begründen, zugegeben. ı M. Verworn, Psycho-physische Protistenstudien. Jena, 1889. ® Das Recht, ihn hier anzuführen, geht aus der Stelle auf S. 6 in Bd. I seiner Pflanzenphysiologie hervor, wo er sagt: die Frage, inwieweit psychische Regungen zuerkannt werden sollen, ist für die Pflanzen und die niederen Tiere in gleichem Sinne zu beantworten. BEE: Wenn sie dabei, wie Jost‘, Oltmanns’ oder Czapek, es ab- lehnen, trotz der Anerkennung der Reflexe bei Pflanzen, den Ausdruck Pflanzenpsyche zu gebrauchen, weil Seele nur an Bewusstsein geknüpft sein könne und zur Annahme eines solchen bei Pflanzen kein Anlass sei — so haben sie einfach die ganze Erfahrung der Psychologen gegen sich, die sich längst von dem Vorhandensein unbewusster Vor- stellungen, unbewusster Assoziationen und unbewusster komplizierter Denkakte tausendfältig überzeugt haben, so dass Bewusstsein also schon längst nicht mehr zu den Kriterien seelischen Lebens zählt. Die von den anderen Physiologen festgestellten Aktionen der Pilanze (vgl. S. 65), ihre suchenden Orientierungsbewegungen, die Bewegungen der Desmidieen, die „Unterschiedsempfindlichkeit der Plasmahäute“ in den Epidermiszellen der Laubblätter, wie sich neuerdings G. Haberlandt ausdrückt*, die „Lenkung“ der Enzym- produktion, die bedürfnismässigen „Umstimmungen‘“, die ebenso bedürfnismässige Ausbildung oder Unterlassung der Ausbildung von Spaltöffnungen bei Myriophyllium, die kürzlich von A. Wagner studiert wurde’, und zahlreiche andere derartige Erfahrungen lassen sich teilweise gar nicht als Reflexe deuten, teils gehen sie über reflektorische Reaktionen hinaus durch den in ihnen wirksamen deter- minierenden d. h. urteilenden Faktor. Das hat übrigens auch Czapek eingesehen, und darum bezeichnet er es einerseits für un- erlässlich, ein den tierischen Reflexzentren analog tätiges Organ auch in reizbaren Pflanzenteilen aufzufinden ®, andererseits aber ist er sich darüber vollkommen klar, dass man den Reflexbegriff der Tierphysio- ı L. Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. S. 646, ® Fr. Oltmanns, Über die photometrischen Bewegungen. S. 265. ® F. Czapek, Weitere Beiträge z. Kennt. d. geotrop. Reizbeweg. S. 178. “* G. Haberlandt, Die Bedeutung der papillösen Laubblattepidermis für die Lichtperzeption. (Biologisches Zentralblatt, 1907.) S. 290. ° A. Wagner, Über die Anpassungsfähigkeit von Myriophyllum verticillatum. (Zeitschrift f. d. Ausbau d. Entwicklungslehre, 1907). Nament- lich S. 350— 353. ° Czapek, Weitere Beiträge etc., S. 180. — Auf 5. 295 erklärt er übrigens: Die Spreite enthält so wie die Wurzelspitze nicht nur das „Sinnesorgan“ für den Lichtreiz, sondern auch das Reflexcentrum. A RN logie deswegen nicht auf die pflanzlichen Tropismen anwenden kann, da die Pflanze auch den Reizaufnahmemechanismus besitzt. Damit ist der Nagel auf den Kopf getroffen und seine eigene Re- flextheorie von ihm selbst überholt, wenn er auf S. 178 seiner Studie erklärt, die Analogie zwischen pflanzlichen und tierischen Reizreaktionen sei erst bei jenen tierischen Reizantworten da, bei denen auch das nervöse Central- organ mittätig ist!' Mit anderen Worten: er behauptet, dass die Blütenpflanze die psychische Höhe gehirnbesitzender Tiere er- reicht! Nebenbei sei hier bemerkt, dass das von ihm geforderte „Reilexcentrum“, richtiger: nervöse Centrum, funktionell in den Photoplasten von Euglena, in der Kinoplasmamasse der Schwärm- sporen, den Blepharocysten der pflanzlichen Spermatozoiden und den Basalkörperchen der Flimmerzellen gegeben ist. Die Reflextheorie der pflanzlichen Reizbewegungen wird also durch die Tatsachen sowohl bei den vielzel- ligen Pflanzen, als durch meine Beobachtungen an Einzellern überholt und ist mit‘ einer Theorie’ der Reizverwertungen als Grundbegriff einer Psychologie der Pflanze zu ergänzen. Denn die hier mitgeteilten Untersuchungsergebnisse zwingen ganz abgesehen davon, dass es auch in der übrigen Reizphysiologie so ist) dazu, den Begriff der Reizverwertung über den des ein- fachen Reflexes, der impulsiven und automatischen Bewe- gung, woraufVerwornundJenningsdasSeelenleben der ein- zelligen Algen (Flagellaten) einengen möchten‘, auszudehnen. Wenn ‘unter Reflex mit Wundt? eine Bewegung verstanden wird, die auf Reizempfindungen hin bei Muskeln erfolgt und bei der „nicht irgendwelche psychische Vorgänge wirksam werden“, ! Darum (S. 178) sieht er sich auch gezwungen, in diesem Sinne „den Sinn des Terminus ‚Reflex‘ etwas abzuändern“ -—— das heisst, ihm noch mehr psychische Qualitäten zuzuerkennen, als er ohnedies besitzt, was natürlich nicht angängig ist. ® Vgl. Verworn, op. cit. S. 135—140. ®° W. Wundt, Vorlesungen über die Menschen- und Tierseele. Hamburg, 1906: IV. Aufl. 8.7131: so ist diese unpsychologische Definition ein Widerspruch in sich, da ja die Empfindung, welche den Reflex auslöst, selbst der ein- fachste seelische Vorgang ist, wie Wundt 18 Zeilen, bevor er die oben wiedergegebene Definition prägt, selbst behauptet. Wenn man sich jedoch um eine andere Definition der Reflexbewegungen umsieht, so behauptet die von Verworn, dass eine Reflexbewegung „eine auf einen äusseren Reiz erfolgende, einmalige mit maschinen- mässiger Gesetzmässigkeit verlaufende Bewegung ist, deren un- mittelbare Veranlassung ein unbewusster Willensvorgang ist“ !, Vergleichen wir damit die Reizverwertungen von Euglena, namentlich ihre suchenden Bewegungen im Dunklen (typische Orientierungsbewegungen), von denen auch Engelmann und Molisch sprechen, die allgemein (von Aderhold, Oltmanns, Strasburger, Pfeffer) konstatierte „Launenhaftigkeit“ der Re- . aktionen, die von mir tabellarisch aufgezeigte Unregelmässigkeit der Reaktion bei gleicher Reizlage sowohl bei einem als bei ver- schiedenen Individuen, so entfällt auch diese Definition der Reflex- bewegung für die Reizbewegungen von Euglena ohne weiteres. Denn von maschinenmässiger Gesetzmässigkeit ist hier keine Rede. Auch bei der Wertung der Reflexbewegungen, die ihnen G.v.Bunge in seinem für die Tierphysiologie so massgeblich gewordenen Lehr- buch der Physiologie des Menschen ? gibt und die richtigerweise in dem Begriff des Reflexes nicht von dessen Zweckmässigkeit ab- strahiert wie Verworn (der diese Zweckmässigkeit als durch Zuchtwahl entstanden betrachtet!), sondern sie nur im Gegensatz zu willkürlichen Bewegungen, „unabhängig von der bewussten Ge- hirnfunktion, vom Willen und von den sekundären motorischen Bahnen“ zustande: kommen lässt, kann man angesichts der Leis- tungen von Euglena nicht bloss von Reflexen sprechen. Denn auch hier ist es das in unseren graphischen Darstellungen des Bewegungs- ablaufes bei ins Dunkel geratenen Zellen so klar zutage tretende Verworn, op. cit. S. 135. G. v. Bunge, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. I. Bd. Leipzig, 1903. @& 188. 1 2 «4 — Streben (also das Wollen), durch immer wiederholte Ver- suche sich durch Kriechen und Geisselbewegungen in eine andere Sachlage zu versetzen, welches weit über die generelle und automatische Zweckmässigkeit von Reflexbewegungen, wie sie sich z. B. im Pflügerschen Wischversuch kundgibt, hinausgeht. Wenn die einzelnen Leistungen der Zelle auch mit einer Kette von Reflexen verglichen werden können, so steht ihr Gesamteffekt doch weit über dem eines geordneten Reflexes (wie es z. B. das Husten ist), denn in ihrer Kette tritt noch eine über ihnen stehende, sie benützende Autonomie der Zelle hervor, welche sie individuell variierend — entsprechend den in jedem Moment sich ändernden, auch individuell variierten Bedingungen — irei kombiniert. Dagegen äussern sich im Verhalten der Zellen bei Berührung von festen Gegenständen, teilweise auch im Verhalten gegenüber plötz- lichen ausserordentlichen Reizveränderungen (direktes Sonnenlicht) wohl auch reine Reflexe. Euglena und Polytoma (und alle tropisch reizbaren Pflanzenteile) verfügen über Reflexe und freikombinierte Reflexbewegungen und das sind: Reizverwertungen — mit dieserErweiterungistmirnach meinenErfahrungen dieOlt- manns-Jost-Czapeksche Reflextheorie der Tropismen wohl annehmbar. In dieser freien Kombination aber äussert sich eine den Pflanzenzellen, also in ultima analysi: dem Protoplasma innewohnende Unterscheidungsfähigkeit, welche die Zelle befähigt, zwischen den in ihr zur Vorstellung gelangenden Empfindungen jene zu wählen, welche ihrem Streben nach der Lust optimaler Lebensbedingungen näher kommen, dagegen jene zu meiden, welche die Unlust steigern. Reizverwertung bedingt wählende, unterscheidende Fähigkeiten und hebt dadurch alle Wesen, an denen die sie anzeigenden Bewegungen sichtbar werden, endgültig über den Zweifel an ihrer psychischen Befähigung. Mit der Aufzeigung dieser Erkenntnis ist aber der eigentliche Zweck der hier mitgeteilten Untersuchungen erschöpft, München, den 31. Dezember 1907. Literaturverzeichnis über Lichtsinn und Lichtsinnesorgane der Algen. Aderhold, Beitrag zur Kenntnis richtender Kräfte bei der Bewegung niederer Organismen. (Jenaische Zeitschrift f. Naturwiss. Bd. 22. 1888.) Balbiani, E., Les organismes unicellulaires. Les Flagelles. (Journal de Micro- graphie. 1882.) Bütschli, O., Protozoa (in Bronns Klassen u. Ordnungen des Tierreichs). Bd.]. 1883. Chmielevsky, V., Über Phototaxis und die physikalischen Eigenschaften der Kulturtropfen. (Beihefte z. botan. Centralblatt. 1904.) Davenport, C.B.-Cannon, W.B., On the determination of the direction and rate of movement of organism by light. (Journal of physiology 1897.) Driesch, H., Die organischen Regulationen. Leipzig, 1901. Ehrenberg, Chr. G., Die Infusionstierchen als vollkommene Organismen. Berlin. 1°. 1838. (Mit der vollständigen älteren Literatur.) 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Basalkörperchen, als motorisches Zentrum 55. Bechterews Seelenbegriff 70. Beseelung d. Pflanze 17. Betriebsenergie d. Pflanze 18. Bewegungswahl, auf Reize 67. Bewusstsein 15. Blepharoplast 11, Rolle 58. Borge, O. 65. Borodin, J., als Pilanzenpsychologe 22, Botrydiumschwärmer, Phototaxis 61. Brachionus, Auge 45. 62. Bryopsis, Schwärmer, Phototaxis 61. Bunges Reflexdefinition 73. Carteria, Stigma 44. 54. Centrosoma, Rolle des 58. Chlamydoblepharis, Stigma 54. Chlamydomonas 40. 44. 47, 52. — Stigma 57. 60. Chlorangium, Stigma 54. 60. Chlorogonium 44. 47. 52. 53. 56. Chloroplast, Lichtempfindlichkeit 43. Chmielevsky 24. Choroidea, bei Gymnodinium 49. Chromatium, Bewegungen 61. Chrosomonas, Stigma 57. Chytridiumschwärmer, Phototaxis 44. 50. Cladophora, Schwärmer 23. — laetevirens, Stigma 50. Colacium, Stigma 54. Cuscuta, Chemotaxis 8. Cyclops, Auge 62. 63. Cylindromonas, Stigma 54. Czapeks Reflextheorie 13. 70. 71. Delpino, F., als Pflanzenpsychologe 22. Desmidiaceen, Bewegungen 11. 71. Determinierender Faktor 71. Diaptomus, Auge 63. Dinobryon, Stigma 45. Ehrenberg, Chr. G., 41. Elektion als Reizverwertung 69. Elfvings Narkoseversuche bei Algen 65. Empfindungen d. Pflanze 12. 13. 15. Enchelys 31. Engelmann, Th. W. 27. 42, 44, 49, Entartungszustand, physiolog. 24. Entz, G. 48. Enzymproduktion, Lenkung 14. Epimedium, gamotrope Bewegungen 17. Erythropsis, Ocellen 50. 63. Euchlanis, Auge 62. Eudorina, Sinnespol 59. — Stigma 44, Euglena acus 26. 46. 53. — Bau des Stigma 44. — Centrosom 58, — Chloroplast 43. 44. Euglena, deses 26. 42, 46. 47, 55, — feinerer Bau der Zelle 56. — Geissel 55. — Induktionszeit 30. — lacustris 25. 33, — Lichtstarre 32. — Mundfleck 43. — oxyuris 26. 46. — Präsentationswerte 30. — Reaktionsstatistik 35. — Reflexe 76. — reizverwertende Tätigkeit 35. — Rückentwicklung des Stigmas 60. — spirogyrae 26. 42, 46, — stagnalis 25. 33. 35. 42. 46. 56. — Suchbewegungen 30. — Verhalten im Lichtfalle 28. 30. — viridis 42. — Wabenschichten 57. Eutreptia, Stigma 54. Famintzin, A. F., als Pflanzenpsychologe 22. Farbiges Licht, Einfluss auf Phototaxis 33. Fischer, A. 13, Flimmerzellen, motorische Centren 58, France, R., als Pflanzenpsychologe 19. 41. 45. Fucus, Schwärmer, Bildung d. Augenflecks 54. Fuligo, Umstimmung des Thermotropismus 7. Gamotrope Bewegungen 8. Geotropismus 7. 12, — zureichende Definition 14. Gleichgültigkeitszustand, physiologischer 26. Gonium, Stigma 40, Guignard, L. 54. Gymnodinium, Ocelle 48. Haberlandt, G. 15. 18. 46. 49. 57. 71. Haematococcus, Stigma 51. 57, Heterogene Induktion, Erklärung 70. Höck, F., als Pflanzenpsychologe 22. Hydrodictyon, Autonomie 65. Indifferenzzustand 70. Innere Reize, als rätselhafter Begriff 12. Instinkte d. Pflanzen 12. Irritationszustand 25. Jennings Reflextheorie 70. Josts Reflextheorie 14. Karotin 45. Kassowitz, M. 21. Kerner, A., als Pflanzenpsychologe 11. 70. Keuten, J. 58. Kinoplasma 56. 57. 62. Klebs, G. 13. 48, 57. 63, Klein, L. 59, Kohnstamm, O. 66. Kontinuitätsargument 20. Korschinsky, J. S., als Pflanzenpsychologe 22, Kristallkörper im Stigma 47. 54. Kunstler, J. 48. 49. 62. Lenkung d. Enzymproduktion 14. Lepocinclis, Phototaxis 26. — Stigma 40. 44. Lichtfalle 28. Lichtperzeption, Sitz 42. Lichtreiz als Orientierungsmittel 67. Lichtsinnesorgane d. Pflanzen 49. Lichtstarre 32. Linaria, Umstimmung 11. Linsenkörper im Stigma 47. Loeb, J. 65. Ludwig, F., als Pflanzenpsychologe 22. Massart, J. 65. Mechanistik, prinzipielles Unvermögen der 18. Meierhofer, H., als Zeuge psychistischer Be- trachtungsweise 17, Mesocarpus 65. 66, Molisch, H. 27. 60, Monas vivipara, Stigma 45. 54. Monostyla, Auge 45. Morphästhesie 16. Mougeotia, Lähmung der Phototaxis 65. 66. Müller, H,, als Pflanzenpsychologe 22. Mundfleck 43, 49, 51. — Rolle des 51. Myriophyllum, direkte Anpassungen 71. Myxamöben, Empfindung d. 12. Narkose bei Algen 65. 70. Navicula, Phototaxis 23, 42, Nitzschia, Phototaxis 23. Nel..R..12, Notommata, Auge 62. Ocellus 50, Oedogonium, Schwärmer, Phototaxis 23. 58. Oedogonium, Stigma d. Schwärmer 57. Oels 8, Oltmanns, F. 6. 11. 13. 51. 65. 66. 70. Oelzelt-Newin, A., als Pflanzenpsychologe 65. Ophryoglena, Ocelle 64, Orientierungsbewegungen 10. 69. 73. Overton, 45. 50. 54. 59. Pandorina, Stigma 44. 47. 48. 51. 59. 64, Paramaecium Bursaria, Phototaxis 42. Paramylonbildung 25. 47. 56. Pediastrum, autonome Cönobienbildung 65. Peranema, Stigma 44. Perzeption d. Strahlenrichtung 29. 50. Perzeptions-Apparat v. Euglena 41, Perzeptionsstellung v. Euglena 51. 62. Pfeffer, W., 5. 9. 18. 65. 70. Pflügerscher Wischversuch 74. Phacotus, Stigma 54. 57. Phacus, Stigma 26. 40, 44. Philodina, Auge 62. Photokinesis v. Euglena 39. Photometrie v. Volvox 13, Photophilie 37, Photophobie v. Polytoma 37. Photoplast v. Euglena 50. 55. 62. 72. Pigmentbecher v. Euglena 46, Pigmentosa des Stigmas 47. 49, 52. 53. 62. Polycelis, Auge 63. Polyphagus, Phototaxis der Schwärmer 44, Polytoma Bau des Augenflecks 46. 47. — Induktionszeit 30, — Lichtstarre 32, — ocellata, Stigma 48. 51. — Präsentationswerte 30, — Reaktionsstatistik 35. — Suchbewegungen 31, — Thigmotaxis 30. — Uvella 23, 33, — Verhalten in Lichtfalle 28. Pouchet, G. 48. 49, Psyche d, Pflanzen 14. 15, —, nicht mystisch 21. Psychische Energie 20. —s Prinzip 21. Pteromonas, Stigma 54. Purpurbakterien, Photokinesis 39. Rädertiere, Bau der Augen 45. Reaktionsstatistik 35. Reflexbewegungen d. Pflanzen 14. 70, Reflexcentrum bei Algen 72. Reflexe, kombinierte 40. Reflexe von Euglena 74, Reflexe von Polytoma 74. Reflextheorie in der Botanik 13. 72, 74. Regulationen als Reizverwertungen 69. Reinke, J. 69, Reizantworten, ateleologische 37. Reizverwertung als psychischer Begriff 74. —, Definition 19. 67, —, heliotropische von Euglena und Polytoma 32. 40. 41. xetinafunktion der Pigmentosa 44, Rhodospirillum, Schreckbewegung 61. Richtungsbewegungen 39, Rothert, G. 6. 24. 66. Roux, W. 21. Ryder, J. A. 59, Saprolegnia-Schwärmsporen, Phototaxis 12, Sauerstoffbedürfnis als Reizquelle 38, Scherffel, A. 59. Schmitz 54. Schreckbewegung. v. Algenschwärmsporen 61, — von Purpurbakterien 29, 61. Schwärmsporen, Umstimmung 8. Schwerkraftsreize, Wettbewerb mit Licht- reizen 38, Sehpurpur 45. Selbststeuerung 9. — Erklärung durch Psyche 19. Senn, G. 50. 56. Sinnespol von Volvox 59, Smalian, K., als Pflanzenpsychologe 22. Sphaerella 45. Spirogyra 13. 57. Spondylomorum, Stigma 47. Stahl, F. 36. Stange, B. 12. 65. Stephanops, Auge 62. Stigma als Stofiwechseiprodukt 54. —, feinerer Bau und Funktion 41. 49. 51, — , Funktion 64. —, funktionelle Hypertrophie 59. Stimmung der Algen 34. Strasburger, E. 11. 49. 50. 51, 53. 57. 58. 61. Suchbewegungen 28, 30. 73. Synura, Stigma 45. _ Taliev, V. J., als Pflanzenpsychologe 22. Tastbewegungen der Ranken 17. Teleologie, spezifische 33. Temperatur, Perzeption durch das Stigma 49. 51. Thermische Reize 38. Thigmotaktische Reaktionen von Polytoma 30. Trachelomonas, Phototaxis 26, — Stigma 40. 44, 54. Tropismentheorie, Kritik 4. 74. Ulothrix-Schwärmsporen, Phototaxis 23. 30. 60. Umstimmung d. Pflanzen 8. 31. 38. 41. 49. Unterscheidungsvermögen d. Pflanzen 13. Unterschiedsempfindlichkeit d. Pflanzen 29. Vallisneria, Zwecktätigkeit 11. Vaucheria-Schwärmsporen, Phototaxis 58. Verworn, M. 31. 66. 70. — Reflexdefinition 72. Volvox, Phototaxis und Stigma 44. 45, 54.59. 66, — Sinnespol 59, — Unterscheidungsvermögen 13, 50. Vorzeichen der Tropismen 70. Wager, H. 55. Wagner, A., als Pflanzenpsychologe 22. 69. Wahlvermögen der Pflanzen 17. Webersches Gesetz bei Pflanzen 65. 70, Wollenweber, W. 57. Wundtsche Reflexdefinition 72. Zimmermann, A. 54. Zumstein, H. 25. Zwecktätigkeit der Pflanzen 20, Pia. „ 2-8. ed: »„ 9—6. rede Aa] ra, Erklärung der Tafel. Suchbewegungen von Polytoma Uvella. Phototaktische Reaktionen von Polytoma Uvella im Lichtspalt. Phototaktische Reaktion von Polytoma auf direktes Sonnenlicht. Phototaktische Reaktionen von Euglena stagnalis. 5 — Such- bewegungen der kriechenden Form. Die Zahlen geben Minuten und Sekunden an, die seit Beginn der Beobachtung verflossen sind. » — Drehungen an einem Ort. 6 = Kombination photo- und thigmo- taktischer Reaktion auf Dunkelheit und Berührung einer Luftblase. (Macht den Eindruck reiner Reflexwirkung). Normalbewegungen von Polytoma Uvella. Bei » ist das Indi- viduum vor einem ihm begegnenden Wimperinfusor zurückgesprungen. Stimmungswechsel von Polytoma, durch direktes Sonnenlicht hervor- gerufen, Normalbewegung von Euglena stagnalis. Die Zahl gibt Minuten und Sekunden an. Polytoma Euglena > : > - Polytoma Polytoma Polytoma Polytoma Polytoma France, Lichtsinnesorgane er Zu u a ; Hauptwerk vo von a France abe seine > Theorie N _Pilanzenpsychologle ist: ER R. H. France Das Leben der Pflanze. E x Stuttgart, Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde 7 , — Geschäftsstelle: Franckh’sche Verlagshandlung,. 8°. Seit 1905 im Erscheinen. RER Abteilung I: z Das Pilanzenleben Deutschlands und der Nachbarlä nder ist bereits erschienen und- in zwei eleg. Halbfranz-Bänden oder - 26 Lieferungen a M 1.— zu beziehen. (Auch in Monatsraten.) Mit etwa 350 Abbildungen, 50 Tafeln und Karten in Schwarz- und Farbendruck. — ne Das Werk ist ein gemeinverständlich, doch wissenschaftlich ge- >; haltenes Handbuch der modernen Botanik, das die. pflanzen- 32 Prof Dr. M. im Botanischen Zentralblatt: ie "„.».. Herr France verfügt in hohem Masse über das Talent anschau- licher ie und weiss auch theoretische Betrachtungen für das grosse -_ Publikum annehmbar zu gestalten ... Die Ausstattung des Werkes ist sehr ansprechend, und die Abbildungen sind grösstenteils neu und interes- sant. Da Verfasser ausserdem mit gutem Blick für die Natur und ausge- »breiteter Kenntnis der ökologischen Literatur ein massvolles Urteil verbindet, darf}sein Buch als ein wertvolles Mittel zur Förderung des Interesses für die Ergebnisse und Ziele der modernen Botanik empfohlen werden.“ Prof, Dr. ©. Schmeil in der „Deutschen Schule“ . Für den Verfasser ist die Pflanze nicht etwa-ein totes Objekt, wie man es früher in der Schule beschrieb, und wie es uns immer. noch in zahlreichen „wissenschaftlichen‘ Lehrbüchern der Botanik entgegentritt, - sondern ein lebendes Wesen, wie Tier und Mensch es sind. In diesem Punkte‘ liegt besonders die grosse Bedeutung des Werkes für die Schule. X und ihre Lehrer, France weiss den Fortschritt, der mit der „biologischen ‚ Darstellungsweise* Yerknapir ist, wohl zu schätzen, Ja er hofit sogar, 5 Dr. - Prof. Dr. ©. Zacharias: x > Dr. P. Beckmann in der ‚Nattrwigs Wochenschrife® ‘Flechten und Moose, ist im Erscheinen und bis Ende 1908 vollendet. | : die in 39 Lieferungen a M 1.— oder 6 Halbbänden aM 65 oder 3 Halbiranzbänden a M 15.— bezogen werden kann. = K. G. Lutz, Vorstand des Lehrervereins für Nitiinalle: "Buche aufschlagen, welches man wolle — alles ist mit gleicher Sorgfältigkei liches Leben binnen einer Generali an neuem Geiste. erfüllen Dass France die Summe der Lebenstätigkeiten. als „Seele“ "Pflanzen also als „beseelte Wesen“ auffasst, hat ‚man ihm, mit seinem gesamten natur-philosophischen Standpunkte unzufrieden, ndhnfach zum “ Vorwurfe gemacht. Obgleich Referent dem Verfasser gleichfalls nicht überall- hin zu folgen vermag und in vielen Stücken skeptischer ist als er —a A ‚ Einzelheiten einzugehen, ist hier nicht der Ort, — so "kann er sich j jener Vorwurfe doch nicht anschliessen. France gibt hier — wenn ich so sage darf — sein naturwissenschaftliches Glaubensbekenntnis m der Offenheit, die sich für einen Mann geziemt, und an keine Stelle seines Werkes habe ich gefunden, dass.er- von dei Leser ey ihm in allen Punkten a weiteres-beizı eigene Weltanschauung zu bilden. Und dieses Streben "verdient sich Fre dieselbe Anerkennung wie die hervorragende Kunst, durch die er der E grossen Masse der Gebildeten die Schätze seiner Fachwissenschaft zu erschliessen versteht.‘ y re. Es eignet sich insbesondere auch für den Lehrer.“ „Um ein solches Buch zu schreiben, dazu gehört nicht bloss eine ausgezeichnete Fachkenntnis des ganzen botanischen Gebietes, sondern auch eine vie! seltener zu findende Eigenschaft, nämlich die Gabe, anziehen: darzustellen und den Gegenstand so zu behandeln, dass etwas von dessen. Leben auch in das Schriftwerk übergeht. Man mag ein Kapitel in diesem und mit der gleichen Schilderungskunst behandelt, ohne welche auf diesem Lehrgebiete nichts zu erreichen ist.“ 2 | = „Es enthält viele interessante Beobachtungen, die sich in Kerners 3 Pflanzenleben nicht finden, und es kann nur jedem Naturfteund und Fach- mann auf das wärmste empfohlen werden.“ | Re =_ Band Hll, enthaltend die Naingeschichte der Algen, Pilze, a Dieser Band bildet den ersten der Il. Abteilung: Floristische Lebensbilder, / Ba mn A A be) a WAT te, 2 va FAT, Nr) UN ch MEN Bao. DENN NEN, NN 0 ' BMuURKUL«e Tara) EM k u at La Pune A Ai! ei LANA re N Mn li Sa Aa Bier Ni) ry New York Botanical Garden Libra F68 QK565 „Zum —_—_—_—Nn ° OÖ g——|N je SO Be zer © oO GSEEEEEE (©) ss Ei 3 - :£ UN © g— |) U. Be RN N N x N