EEE, ES EEE URS EEE SEHEN N} ni En 5 Zn en Tee wre; ee Ir ee En nn En DR] Er f a! l j fl ; u ! | | an | Malle | K Dr wa 3 u Ber \ALAINIA STUDIEN EINES ZOOLOGEN VON BATTISTA’GRASSI ORDENTLICHER PROFESSOR DER VERGLEICHENDEN ANATOMIE IN ROM. ZWEITE VERMEHRTE AUFLAGE MIT 8 TAFELN UND 15 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. ALLE RECH FE VORBEHALTEN. Vorwort. Diese zweite Auflage meiner Studien über Malaria, welche zum ersten Male am 4. Juni 1900 veröffentlicht wurden, erscheint in einer Sprache, welche wohl die deutsche sein soll, zu meinem Be- dauern jedoch durch ungenügende Kenntnis des Uebersetzers etwas mangelhaft ausgefallen ist. Die geneigten Leser wollen diesen Mangel freundlichst entschuldigen, denn ein Gregenstand wie der meinige, stellt einer Uebersetzung grössere Schwierigkeiten entgegen, „quam in fronte promittit“. Immerhin hoffe ich, dass nur die Form Mangel gelitten und sonst keine zu grossen Irrtümer untergelaufen sein werden. Auch darf ich nicht unterlassen, an dieser Stelle der Verlagsbuchhandlung des Herrn Gustav Fischer in Jena meinen aufrichtigsten, verbindlichsten Dank für das jederzeit liebenswürdige Ent- gegenkommen und die sorgfältige Ausführung dieser so mühsamen Arbeit auszusprechen. Rom im Juli 1901. B. Grassi. Bemerkungen. Auf die Figuren wird in Parenthesen verwiesen; die römischen Ziffern bezeichnen die Tafeln, die arabischen die Figuren der resp. Tafeln. Wird auf mehrere Figuren der Reihe nach verwiesen, so steht zwischen den beiden äussersten Nummern der Serie anstatt eines Punktes ein Strich. Einfache arabische Ziffern in Parenthese verweisen auf die Bibliographie Seite 232. Da, wo ich mich des Plurals bediene, meine ich im Allgemeinen meine beiden Mitarbeiter: Bignami und Bastianelli, ausser dort, wo ich von meinen und Feletti’s Untersuchungen aus dem Jahre 1890 spreche, und in denjenigen Kapiteln, in welchen ich die Systematik, die Anatomie und die Lebensweise der Stechmücken behandle. In diesen Letzteren hatte ich zum eifrigsten Mitarbeiter den Kandidaten der Naturwissenschaft Giovanni Noe. Die während des Druckes (1901) von mir hinzugefügten Bemerkungen wurden, wie auch die Bibliographie des Jahres 1901, soweit es nötig, zwischen Klammern angegeben. Inhaltsverzeichnis. VORWORT Bemerkungen INH HALTSVERZEINHNIS EINLEITUNG KAPITEL I che Notizen I. Anhang II. Anhang I. Ross’sche Nachforschungen über die enschliche Me S. 35; a) im Biennium 1896—97, S. 35; b) im Jahre 1898, S. 35. II. Von Ross im Jahre 1898 mit den Was der Vögel (Proteosoma und Halteridium) erzielte Resultate, S. 35. III. Auf Analogie gegründete Induktionen im Betreff der menschlichen Malaria, S. 36. IV. Das, was nach der Entdeckung Ross’s noch zu entdecken übrig blieb, S. 37. V. Resultate der von mir allein oder gemeinsam mit Bignami und Bastianelli gemachten Untersuchungen, S. 37. V#. Schlussfolgerungen, S. 39. ISA AAMNSIE IE Malaria und blutsaugende Tiere ı. Empirische Daten, die Malaria aan 2. Mosquitos ohne Malaria, aber keine Malaria ohne Mosamtes 3. Blutsaugende Tiere 4. Culicidae, insbesondere 5 Anopheles FRE Me ER Er DB Se a en a) Historische Notizen, S. 50; b) Geographische Verbreitung, S. 51; c) Frequenz der verschiedenen Arten, S. 52; d) Entwickelungsstätten, S. 52; e) Menge der Anopheles in den verschiedenen Jahreszeiten, S. 55; f) Habitat der geilügelten Anopheles, S. 58; g) Einige Beziehungen zwischen der Verteilung der Anopheles und der Malaria, S. 58; h) Von den Anopheles erreichbare Entfernungen, S. 60; i) Einfluss der Winde, S. 64; k) Hindernisse, S. 65. 6. Allgemeine Schlussfolgerung 7. Anopheles ausserhalb Italiens 5 S. Lokalitäten mit Anopheles und ohne Malaria : 9. Andere im Jahre 1900 die Anopheles betreffende Beeinahineen Anhang: Thermometrische Beobachtungen KINEIREITZZITE Untersuchungsmethoden ı. Fang und Züchtung der Mosquitos 2. Versuchsmethoden ! £ . Die Untersuchung der oeiros os 39764 Seite III u6b VI KNPITET TV. Kurze Bemerkungen über die Systematik und die Anatomie der Anopheles I Einteilung der Culiciden CT: A a) Unterfamilie Anophelinae, S. 83; b) Unterfamilie Culicinae, S. 84. Attituden der Culex und der Anopheles . Eier der Anopheles . Larven . Nymphe . Geflügeltes Insekt A. Aeussere Charaktere 'B. Anatomische und physiologische Notizen C. Systematische Notizen Anopheles claviger, S. 98. Anopheles pseudopietus, S. 99. Anopheles superpietus, S. 100. An- hang, S. 101. Anopheles bifureatus, S. 102. TAN NE Ueber die Lebensweise der Anopheles . Anopheles claviger Anopheles pseudopietus 3. Anopheles bifurcatus 4. Anopheles superpictus 5. Verschiedene Beobachtungen REABIDBIESVT. Experimenteller Teil und Verlauf der Epidemie ı. Versuche, durch welche der Nachweis geführt wird, dass die verschiedenen Ano- phelesarten die Malaria auf den Menschen übertragen ne ar tl An 2. Versuche, welche den Nachweis führen, dass Culex, Centrotypus, Phlebotomus u. a. m. die Malaria des Menschen nicht übertragen R { i s : A. Versuche mıt Culex pipiens, S. 119. B. An anderen Culexarten, am Phlebotomus und Centro- typus etc. angestellten Versuche, S. 121. 3. Versuche, welche nachweisen, dass die Anopheles die Malaria auf den mensch- lichen Körper übertragen ; : 3 5 : : s ; F ii : 4. Versuche und Beobachtungen, welche nachweisen, dass die Anopheles ohne jede Spur von Malariakeimen zur Welt kommen Be}: 5 A - a 5. Experimente und Thatsachen, welche beweisen, ‚dass die Malaria des Menschen nichts mit der Malaria der anderen Tiere zu thun hat 6. Experimente und Beobachtungen in Betreff des Einflusses der alte u Be Entwickelung der Malariaparasiten : 7. Betrachtungen über den Verlauf der Mal: arlnite in Taken 8. Die Malaria in den Tropen r KENEITEIESV Zusammenfassung 1. Entwickelung der menschlichen Malariaparasiten im Anophelesleibe Ir Voraussetzungen über die im menschlichen Körper lebenden Malariaparasiten . A, Metschnikoff’s Beobachtung B. Entdeckungen der italienischen Forscher C. Kern der Malariaparasiten im Körper des Menschen B D, Benennung der verschiedenen Stufen der Malariaparasiten, ach, im Rear E. Parthenogenesis der Gameten? 115 115 118 F. Wo und wie entwickeln sich die Gameten G. Kennzeichen der Gameten H. Zoologische Merkmale der einzelnen MalrafTeeten während ihres Crklus im menschlichen Körper 2. Der Amphiont im Anopheleskörper 3: A. Der Amphiont im Magenlumen B. Der Amphiont von seiner Anwesenheit in der Maid an bis zu seinem reifen Zustande . I. Migration der Amphionten in die elastische muskuläre Schicht (Tunica elastico- muscularis) : E II. Amphionten in frischen Präparaten B III. Die geschnittenen und gefärbten Amphionten a) Verhalten der Kerne vor der Bildung der Sporozoiten, S. 158; b) das Verhalten des Cyto- plasmas vor der Bildung der Sporozoitoblasten, S. 161; c) die Bildung der Sporozoitoblasten; ihre Umwandlung in Sporozoiten; Reife der Sporozoiten, S. 161; d) Restkörper, e) Anordnung der Sporozoiten, S. 165; f) Zweiartige Vacuolen, d. h. mit und ohne Sporo- zoitenbekleidung, S. 165; g) Zusammenfassung, S. 166; h) Berstung der Kapsel, i) Braune und gelbbraune Körper (Involutionsformen), S. 167. . Uebergang der Sporozoiten in die Speicheldrüsen D. Amphionten der verschiedenen Malariaparasitenarten E. Andere parasitäre Sporozoen der Culiciden ; F. Es besteht kein anderer Entwickelungscyklus der Malstaprasiten Allgemeine Betrachtungen KAPITEL VI. , Einwände gegen die Anopheleslehre Ir 14. 15. 16. Malariagegenden, in welche keine oder doch fast keine Mosquitos (Anopheles?) vorkommen ’ Wird die Malaria dureh, ei Nase nen Giebt es Malaria erzeugende Regenschauer? Wird die Malaria durch die Luft übertragen? Giebt es eine durch Erdumgrabungen verursachte aerden Die in unbewohnten Gregenden vorkommende Malaria Die im Eisenbahnzug erworbene Malaria Assanierung durch intensive Bodenbebauung h x Assanierung durch Herstellung neuer Gebäude, Strassen etc. Verspätete Malariaepidemien Spontane Abnahme der Malaria Sind die blutsaugenden Insekten passive Deere sh dr Malaria? Künstliche Uebertragung der Malaria Wer infiziert den Menschen und die Stechmücker Malariafreie Lokalitäten mit Anopheles Eigentümliche Fälle Schluss KABITEIL IX Prophylaxe der Malaria . Die obligatorische Basenellnz ds nike, Hauptsächlich vor der Me Mückensichere Häuser und Mückennetze (zanzariere) Vernichtung der Anopheles . Individuelle (private) Prophylaxe Assanierungen Zusammenfassung 1. Plasmodium malariae, S. 149. 2. Plasmodium vivax, S. 149. 3. Laverania malariae, S. 150 VI 157 "ern. Sys Sr Ss A PWwp 0 Sr VII ISNPITEL X. Kurzer Bericht über das Experiment in der Ebene von Capaccio (Provinz Salerno) im Jahre 1900 I. Leitende Begriffe des Experimentes II. Bericht des Experimentes Anhang. Der Esanopheles Conelusion Litteratur SE Nachträge zu Kap. I, U, IV und V Errata — corrige Erklärung der Tafeln. mn en Hinleitung. Es bedarf keiner besonderer Auseinandersetzungen, die hochgradige Wichtigkeit der Malaria- frage zu beweisen. „Die Malaria bildet die wesentlichste lösungbedürftigste Frage für Italien!“ — so sprach mein Freund, der Dep. Giustino Fortunato, als ich zum ersten Male die Ehre hatte, mit ihm darüber zu reden. Aus den Statistiken geht thatsächlich hervor, dass die Malariainfektion in bei- nahe zwei Dritteln des ganzen italienischen Landes herrscht, dass jährlich mehrere Millionen Einwohner von der Krankheit betroffen werden: viele Tausende davon werden arbeitsunfähig oder vor der ge- wöhnlichen Zeit alt. Die durch die Malaria jährlich hervorgerufenen ökonomischen Schäden sind zweifelsohne weitaus schwerwiegender als die ungeheuer hohen in gleicher Frist von Italien auszu- zahlenden Schuldenzinsen. Obwohl betreffs der intensiven Verbreitung der Malaria unser Land leider an der Spitze der Kulturstaaten Europas steht, ist es doch gewiss, dass dieselbe durchaus nicht ein ausschliessliches Eigentum Italiens ist: wie bekannt, ruft die Malariainfektion in dem grössten Teil der Welt und ganz besonders in den Tropengegenden stets unendliche Schäden hervor. Man kann wohl behaupten, dass die Malaria in den fruchtbarsten Ländern der ganzen Welt wie in einem grossen Teile Italiens ein sehr wichtiges Hindernis für den Fortschritt bildet. Die Bestrebungen, welche angesichts der hohen Wichtigkeit der Sache zur Bekämpfung der Malaria angestellt wurden, waren und sind fortwährend sehr bedeutend. Auf ganz empirische Weise wurde gefunden, dass durch geeignete Entwässerung des Bodens die Malariagegenden assaniert werden könnten; demzufolge wurde die betreffende Assanierung in grossem Masse ausgeführt, und noch gegenwärtig wird dieselbe in vielen Orten eingeleitet. Viele Forscher suchten ihrerseits mit unermüdlichem eifrigem Bestreben das eigentliche Wesen der Malariakrankheit festzustellen; aber erst in neuerer Zeit wurde von Laveran der spezifische, die Malariainfektion hervorrufende Parasit entdeckt; nachträglich wurde diese berühmte Entdeckung u. a. von Marchiafava, Celli, hauptsächlich aber von Golgi in wesentlicher Weise ergänzt. Nach der Entdeckung des Malariaparasiten blieb nun die Frage zu lösen, in welcher Weise derselbe in den menschlichen Organismus hineindringe. Wie es vorauszusehen war, wurden dafür die verschiedenartigsten Hypothesen aufgestellt, welche aber nach und nach fielen, um endlich der defi- nitivren Anopheleslehre zu weichen. In dem Kapitel „Geschichtliche Notizen“ habe ich den von mir zur Lösung dieser letzten Frage gelieferten Beitrag genau geschildert. Hier möchte ich nur hervorheben, dass ich mich seit dem ı5. Juli 1898 den betreffenden Untersuchungen völlig gewidmet habe, und hinzufügen, dass meine Arbeit seitdem eine stets un- unterbrochene gewesen ist; die in meinem Laboratorium thätigen Herren haben mir treulich dabei geholfen. Grassi, Die Malaria. 1 Ich kann wohl sagen, dass während dieser ganzen Zeit kein einziger Tag zum Ausruhen in Anspruch genommen, keine Mühe versäumt wurde, das vorgesteckte Ziel zu erreichen! Was nun die so sehr agitierte Streitfrage der Priorität betrifft, so muss ich bemerken, dass ich mir vorgenommen hatte, in dieser Auflage meines Werkes von jeder persönlichen Streitfrage Ab- stand zu nehmen, leider aber ist es mir angesichts der gegen mich gerichteten verächtlichen Angriffe, und da es sich nun auch nicht mehr darum handelt, Verdienste, auf welche ich durchaus nicht stolz bin, in das rechte Licht zu stellen, sondern vielmehr meine wissenschaftliche Ehrenhaftigkeit zu verteidigen, woran mir selbstverständlich sehr viel liegt, nun nicht mehr möglich, es zu vermeiden. Ich muss mithin ausdrücklich betonen, dass ich durch die sinnreichen Untersuchungen Mansons über den Uebertragungsmodus der Filaria, sowie durch die Mosgeutostheorie, deren positive Begründung von Manson und von seinem Schüler Ross versucht worden war, zu meinen Forschungen angeregt wurde; jedoch habe ich einen ganz eigenen von mir angebahnten Weg verfolgt. Indem ich mich nämlich auf die fundamentale Beobachtung stützte, dass es in Italien zahlreiche Orte giebt, wo Stich- mücken in ungeheuer grosser Menge vorhanden sind und in welchen dessenungeachtet doch kein einziger Malariafall (es handelt sich hier um Malariainfektion beim Menschen) vorkommt, kam ich zu der Schlussfolgerung, dass den Malariagegenden eigene A/osgwutosarten als Ueberträger der Malaria- infektion beschuldigt werden müssen, und nach zahlreichen, ausführlichen Vergleichungsbeobachtungen erkläre ich, dass sehr wahrscheinlich die Malaria auf Menschen durch die Anopheles, trotzdem in verschiedenen Malariagegenden (wohl auch ausser Italien) dieselben nur einen geringen Bruchteil der daselbst in unendlicher Zahl lebenden Sauginsekten bilden, übertragen werden kann. Nach sehr mühsamen, sorgfältig durchgeführten, zahlreichen Untersuchungen brachte ich nun am 22. Juni 1899 den positiven Nachweis, dass die Malarıiainfektion ganz ausschliesslich durch sämt- liche Amophelesarten übertragen wird: diese Thatsache konnte ich dann später wieder und wieder bestätigen. Indem ich meinen eigenen Weg verfolgte, konnte ich mit meinen Mitarbeitern Bignami und Bastianelli ähnliche Vorkommnisse wie die von Ross bei den Vögeln einige Monate vorher entdeckten beobachten; demzufolge war ich in der Lage, die sehr spärlichen Experimente, welche Ross schon 1897 beim Menschen gemacht hatte, teilweise zu bestreiten, teilweise als ungenügend sichergestellt zu betrachten. Ross und Koch haben im Anfange, wie es scheint, jedes von ihnen aufgefundene AZosgazto untersucht; obwohl beide Forscher, denen die betreffenden italienischen Mitteilungen schon bekannt waren, ihren im zweiten Semester 1898 und Anfang ı899 durchgeführten Untersuchungen wohl auch die Anopheles unterworfen hatten, erreichten sie jedoch das vorgesteckte Ziel nicht. Dieser Misserfolg erklärt sich wohl teils dadurch, dass die Zahl der zu untersuchenden Aosgzutos eine zu grosse war, teils, dass, um den Anopheles mit Malaria zu infizieren, es durchaus nicht hinreichend ist, dass man denselben irgend einen Malariakranken stechen lässt, weil dabei manche andere noch festzustellende Bedingungen in Betracht kommen (entwickelungsfähige Gameten, passende Temperatur, nichtimmune Amopheles), und endlich noch dadurch, dass die Experimente mit den Malariaparasiten des Menschen viel schwieriger gelingen als diejenigen mit den von Ross studierten Malariaparasiten der Vögel. Später (immer im Jahre 1899) folgte Koch einer von mir vorgezeigten Untersuchungsweise, d.h. er untersuchte die in den Wohnzimmern der Malariakranken gesammelten Mosgzutos, und infolgedessen erklärte er, dass höchstwahrscheinlich die Anopheles Ueberträger der Malariainfektion auf Menschen seien; in gleicher Zeit wurde von Ross in Sierra-Leone fast ausschliesslich dieselbe Methode durch- geführt, und bald darauf bestätigt dieser Forscher das was ich schon mehrere Monate vorher an- genommen hatte: „die Anopheles sind in der ganzen Welt Malariaträger“. Es ergiebt sich also daraus, dass die Bezeichnung der Amopheles als Malariaüberträger mir angehört und dass ich und meine Mitarbeiter Bignami und Bastianelli die vollstän- dige, einwandsfreie Demonstration dieser Entdeckung beigebracht haben. eat Ich also habe den zweiten Wirt der Malariaparasiten festgestellt. Es ist bekannt, dass gerade eine solche Bestimmung die schwierigste Aufgabe dieser For- schungen bildet; thatsächlich ist der zweite Wirt vieler, sogar auch einiger nicht seltener Schmarotzer, wie z. B. der Bulharzıa, Strongylus gıigas u. Ss. w., unbekannt, andererseits gelang es den Zoologen immer, alle Entwickelungsstufen bei den Schmarotzern, deren zweiter Wirt erwiesen worden war, aufzufinden. Diese meine Aussagen werden durch das Urteil beachtenswerter Autoren unterstützt. So z. B. sagt Nuttall, welcher eine sehr eingehende geschichtliche Arbeit über die in Rede stehende Frage herausgegeben hat, in seiner Schlussfolgerung: „Das Hauptverdienst bei den experimentellen Untersuchungen über die Uebertragung der Malaria durch Mos- quitos gebührt hauptsächlich Grassi neben Ross“. — Hier sei nur bemerkt, dass, als dies Urteil (Frühling 1899) ausgesprochen wurde, noch nicht bewiesen war, dass auch, die übrigens recht spärlichen Versuche von Ross an Menschen (welche wenigstens teilweise fehlerhaft waren, so derjenige, aus welchem hervorgeht, dass die Cwlex pipiens die Malaria des Menschen übertragen können) nicht be- weiskräftig waren, und dass die Malaria ausschliesslich durch die Anopheles übertragen wird. In neuerer Zeit fasste F. Schaudinn, der, wie bekannt, ganz spezielle Untersuchungen über Protozoen angestellt und die alternierende Fortpflanzung der Coccidien entdeckt hat, in einem in der Gesellschaft der Naturfreunde za Berlin gehaltenen Vortrag, sowie im Zoologischen Centralblatt sein Urteil über meine Erforschungen mit folgenden Worten zusammen: „Bedeutend vertieft und weiter ausgedehnt wurden die von Ross begonnenen Versuche von der italienischen Schule.... Grassi und seinen Mitarbeitern gelang auch die Infizierung des Menschen durch den Stich von künstlich inhzierten Mücken; insbesondere gebührt aber Grassi das Verdienst, festgestellt zu haben, dass nur bestimmte Mückenarten als Wirte der Malariaparasiten in Betracht kommen (bei Plasmodien: die An- gehörigen der Gattung Anopheles, bei Proteosoma: Culex piptens).“ In ähnlicher Weise äussert sich Lühe (33) in seiner zusammenfassenden Uebersicht der Ergeb- nisse der neueren Sporozoenforschung, wobei die bezügliche vom Verfasser sorgfältig und gründlich durchstudierte Litteratur ausführlich angegeben ist. Sogar von Manson, dem Lehrer und Leiter von Ross, wird in der neueren Auflage seines Werkes „Zropzcal diseases‘“ (1900) mir das Verdienst zuerkannt, den Nachweis geliefert zu haben „dass die Mosgautos der Menschenmalaria besondere Species des Genus Anopheles sind“. — Nachdem Manson die von mir und meinen Mitarbeitern gemachten Untersuchungen erwähnt hat, kommt er zu der folgenden Schlussfolgerung, „die Malariahypothese ist somit zu einer sichergestellten Thatsache geworden“. Dies mag wohl als die ausschlaggebendste Antwort auf Ross’s Prioritätsansprüche gelten; ausserdem möchte ich Ross in Erinnerung bringen, dass ein gewaltiger Unterschied zwischen seinen Bestrebungen und dem gelieferten positiven Nachweis, dass die Malaria in Italien bei den Menschen ganz ausschliesslich durch die Stiche der ihrerseits nach Blutaufsaugung an Menschen infizierten „Inopheles hervorgerufen wird, existiert. Ich darf dieses Vorwort nicht schliessen, ohne all den Herren, welche mir die zu meinen For- schungen nötigen Mittel verschafften, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Vor allem bin ich der „Societa privata per gli studi sulla Malaria“ — durch höchst ver- dienstvolle Anregung des Dep. Herrn G. Fortunato unter Mitwirkung der Herren Dep. Prof. Celli und Franchetti begründet — für die bedeutenden, wertvollen mir in geeigneter Zeit zur Verfügung gestellten Mittel zu grossem Danke verpflichtet. Von den italienischen Eisenbahngesellschaften (Mediterranea, Adriatica, Sicula — 1880) erhielt ich ebenfalls Unterstützung; die „Societä Mediterranea“ stellte mir, infolge der liebens- würdigen Fürsprache meines alten Freundes, des Comm. Scolari, eine unbeschränkte Anzahl von Reisebillets zur Verfügung, die mir und meinen Angestellten gestatteten, viele Abstecher in die Malariagegenden zu machen. 1* = A — Das italienische Ministerium des Inneren (1899) übergab mir auf günstige Beurteilung des Obersten Sanitätsratamtes hin auch eine dazu bestimmte Summe (tausend Lire); vom Ministerium des öffentlichen Unterrichtswesens etc. erhielt ich ca. vierhundert Lire. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle auch die unverkennbare liebenswürdige Mitwirkung des Herrn Comm. Bodio hervorzuheben, welcher, gerade als die finanziellen Mittel der oben erwähnten „Societä per gli studi sulla Malaria“ beinahe erschöpft waren, wesentlich und mit dem besten Erfolg dazu beigetragen hat, dass die angegebenen Eisenbahngesellschaften mir die schon erwähnten Hilfsmittel übergaben. Ferner darf ich nicht versäumen, Herrn Dr. Mond meine Dankbarkeit für seinen so gross- mütigen Beitrag zur Kostendeckung der dieser Arbeit beigefügten lithographischen Tafeln, ferner Herrn Dep. Bertolini, welcher damals, als Staatssekretär bei dem Ministerium des Innern, dazu beigetragen hat, dass letzteres szebenzig Exemplare meiner ersten italienischen Auflage dieses Werkes ankaufte, auszudrücken. Bei der Direktion des Laboratorium für vergleichende Anatomie der Universität zu Rom wird jeder die betreffenden Ausgaben-Rechnungen nachsehen können. Ausserdem habe ich die Pflicht, Fräulein Dr. Foa für ihre anhaltende Mitarbeit bei meinen Untersuchungen bestens zu danken. Endlich sei es mir noch gestattet, hier den Namen meines Dieners Mascitti Gresualdo zu erwähnen, welcher mit grossem Beobachtungstalent und Geduld ausgestattet, mir in diesen Untersuchungen bedeutende, wertvolle Dienste geleistet hat. Rom, Dezember 1900. I. Geschichtliche Notizen. ürssS Nuttall (65 u. 66) und Lühe (56 u. 57) haben schon in einer der verbreitetsten Fachzeit- schriften in ausführlicher Weise die hauptsächlichsten geschichtlichen Notizen über die Theorie der Mosquitos!) als Malariaüberträger herausgegeben; demzufolge könnte ich hier nur eine unnötige, überflüssige Wiederholung bringen. Jedoch verdienen einige besondere Einzelheiten eine weitere Auseinandersetzung, und dies beabsichtige ich in diesem Kapitel zu thun. Als ich meine Untersuchungen einleitete, hatte die Mosquitotheorie einen neuen, ausge- prägten Aufschwung zu verzeichnen. Dass die Mosgzautos schon bei den alten Römern als Ueberträger der Malaria verdächtigt worden waren, soll in den Schriften von Varron, Vitruvius und Columella angedeutet sein; ferner vermutete der Italiener Lancisi im vorigen Jahrhundert, dass die Mosquitostiche einen der Uebertragungsmoden der Malariainfektion bilden könnten. Im Jahre 1883 wurden von King die Culices wieder stark der Malariaübertragung ver- dächtigt. In dem darauffolgenden Jahre bekämpfte aber Stebbins die Ansicht Kings, indem er nachweisen konnte, dass „am Seestrand die AMosgwuifos durchaus unabhängig von der Malaria vor- kommen; am Seestrand seien die vor der Malaria dahin flüchtenden Menschen von den Aosgautos beständig gequält“. Nachdem Manson entdeckt hatte, dass ein Mosgauto der Zwischenwirt der Zlarıa san- guinis ist, wurde die ätiologische Beziehung zwischen blutsaugenden Mosgaitos und Malaria als eine höchst wahrscheinliche und natürliche betrachtet, so dass diese Hypothese von Laveran 1891, Koch 1892, Manson 1894 u. a. m. aufgestellt wurde. Auch ich nahm 1890 dieselbe für kurze Zeit an, musste jedoch bald davon abstehen, da die damals in meinem Laboratorium in Catania zu diesem Zwecke durchgeführten Untersuchungen negative Resultate ergaben. (Heute weiss ich, dass dieser Misserfolg zweifellos nur der damals von mir unter- suchten A/osguztoart, dem Culex pipiens, zuzuschreiben war.) Infolge dieser negativen Ergebnisse und weiterer Erwägungen (hauptsächlich durch die be- wiesene Thatsache, dass es Gegenden giebt, welche das Volk als AMosgzwfobrutstätte bezeichnet, aber von der Malaria nie heimgesucht werden) liess ich die obenerwähnte Hypothese ganz fallen. Ich muss hier hervorheben, dass im Jahre 1893 eine Entdeckung gemacht wurde, welche, falls die Wissenschaft dieselbe mit grösserem Vertrauen aufgenommen hätte, zur Bestärkung der Mosquitotheoriehypothese hätte dienen können. Zwei amerikanischen Forschern, Smith und Kilborne, gelang es, zu entdecken, dass die Malariainfektion bei den Rindern, welche wie bekannt durch ı) Solche Bezeichnung ist in Deutschland, in England und in mehreren Tropengegenden sehr üblich; man versteht darunter im allgemeinen sämtliche kleinen mit Flügeln versehenen blutsaugenden Insekten. Ray 9 ’Z / = oe einen dem der Malaria des Menschen sehr nahestehenden Parasiten hervorgerufen wird, mittelst einer Zeckenart übertragen wird. Es war hauptsächlich diese Thatsache, welche 1893 Bignami an die ätiologische Beziehung der Mosguitos mit der Malaria denken liess; er und Dionisi versuchten sogleich durch viele Unter- suchungen diese Hypothese in fester Weise zu begründen. Jedoch erschien die Mitteilung Bignamis nur im Jahre 1896; dieselbe war einige Monate nach der Herausgabe einer zweiten Schrift Mansons und einiger Notizen Mendinis in der „Guida igienica di Roma“ veröffentlicht worden. Manson, sich auf Argumente der Analogie in dem Uebertragungsmodus der Zilarıa und auf einige Beobachtungen von Ross stützend, nahm an, dass die mit dem ausgesaugten Blute in den Mosgqwitokörper aufgenommenen Malariaparasiten sich darin vermehren und alsdann nach dem Absterben des Mosgautos in das umgebende Medium übergehen, um nachträglich durch das Wasser oder durch die Luft wieder in den Menschenkörper zu gelangen. Mendini, nur auf induktivem Wege vorgehend, kam zu der Schlussfolgerung, dass der Malariakeim weder mit dem Wasser noch mit der Luft in den Tierkörper gelangen kann und dass somit die einzige, den Thatsachen entsprechende Vermutung die ist, dass eben die Malariaübertragung: durch Inokulation seitens eines während der Nacht herumfliegenden Insektes stattfindet; vielleicht des Cwlex pipiens, welcher sich die betreffenden Malariakeime aus dem Boden oder aus dem Sumpf- wasser geholt hat. Nicht sehr davon verschieden war die Hypothese Bignamis, welcher jedoch, in der Meinung, dass diese Stechmücken ihre Eier nicht nur in das Wasser, sondern auch in feuchte Plätze legen, keinen unvereinbaren Widerspruch zwischen seiner Hypothese und der des Bodens fand. Bignami bleibt bei seiner Hypothese, obwohl die von ihm angestellten Versuche durchweg keine positiven Er- gebnisse zeigten. In demselben Jahre — ı896 — erschien die sehr zu schätzende Schrift Ficalbis über die Culiciden, aus welcher sich ergab, dass die Arten derselben, welche den Menschen stechen, sehr zahlreich sind. Im Winter 1896—97 hatte ich wiederholt Gelegenheit, mich mit Dionisi und Bignami über die Mosguitostheorie zu unterhalten; ihre Schlussfolgerungen, die ich mit der Schrift Ficalbis zusammenstellte, machten einen so grossen Eindruck auf mich, dass ich mit Dionisi abmachte, im darauffolgenden Sommer mit ihm die experimentelle Prüfung an Vögeln in meinem Laboratorium anzustellen. Und im Juli 1897 kam nach dieser Vereinbarung Dionisi zu mir und leitete daselbst eine Reihe von Versuchen ein, die er dann, da ich gesundheitshalber Rom verlassen musste, in dem Laboratorium des Instituts für pathologische Anatomie fortsetzte. Hier muss vorausgeschickt werden, dass — wie ich schon 1890 festgestellt hatte — bei den Vögeln zwei Arten von Malariaparasiten vorkommen können, und zwar Halteridium und Haema- moeba (Proteosoma). Ich machte Dionisi den Vorschlag, an Tauben, welche sehr widerstandsfähig sind, die be- treffenden Versuche auszuführen, da ich früher Gelegenheit gehabt, bei diesen Tieren das Halteridium zu entdecken. Mein Vorschlag ergab leider keinen günstigen Erfolg, da es bis heute noch keinem Forscher gelungen ist, den Uebertragungsmodus des Halteridium nachzuweisen, während andererseits Ross durch eine Untersuchungsmethode, welche durchaus mit der Methode Dionisis identisch ist, den Uebertragungsmodus der Haemamoeba, die bei den Tauben stets vermisst wird, durch den am häufigsten vorkommenden Mosguito, Culex pipiens (grey Mosquito, Ross) ohne grosse Schwierigkeit nachweisen konnte. Hier muss jedoch hervorgehoben werden, dass Manson das hochzuschätzende Ver- dienst zukommt, Ross geraten zu haben, den Malariaparasiten im Mosquitokörper aufzusuchen und ihn darin zu verfolgen. 4‘ Ross liess im Jahre 1896 Malariakranke von Mosguitos stechen und beobachtete, dass die Parasiten sich im Darm des Insekts genau so verhalten wie im frischen Blute, nämlich sie bilden daselbst die Geisseln, welche dann nachträglich bestimmt sein sollen in die Gewebe des Mosgwitos einzudringen, um sich darin weiter zu entwickeln. Ross untersuchte auch die Mosgautolarven und fand in denselben Gregarinen, deren Beziehung mit der eben erwähnten Geisselbildung er als wahr- scheinlich betrachtet etc. Die mit den Exkrementen ausgeleerte Pseudonavicellen der Gregarinen sollen nach Ross die übrigen Mosgurtolarven infizieren. Ferner muss ich noch hinzufügen, dass in einer anderen (65) augenscheinlich schon 1897 zusammengestellten, aber erst ı898 herausgegebenen Schrift, die ich nicht nachsehen konnte, mit- geteilt wird, dass Ross in den Mosguitos in Sigur den obenerwähnten ähnliche Gregarinen neben verschie- denen Protozoen vorgefunden hatte; er giebt auch an, dass jeder dieser letzteren einen Dimorphismus des Malariaparasiten darstellen könnte. Im Oktober 1896 veröffentlichte Ross eine Reihe von Versuchen, die man wohl im folgenden zusammenfassen kann. Nach Verabreichung von mit Defritus von Mosgautos, welche mit dem Blute eines Malariakranken genährt worden waren, durchseuchtem Wasser an zehn gesunde Menschen, ergab sich, dass sich das Fieber bei drei derselben einstellte, und zwar war das Fieber bei einem der Patienten hoch, und wurden in seinem Blute Malariaparasiten wahrgenommen. Nach Verabreichung von Wasser, welches die gen. Pseudonavicellen enthielt, an weitere zwölf gesunde Menschen wurde das Fieber bei zwei derselben beobachtet, im Blute eines dieser letz- teren wurden einige den Malariaparasiten ähnliche Gebilde gefunden. Vier gesunde Menschen, die Ross von JA/osguitos stechen liess, ergaben negative Resultate. Auch die übrigen von Ross aufgefundenen Protozoen in Mosgwitos wurden von einem Manne verschluckt; fünf Tage nachher zeigte sich bei demselben das Fieber (Mai 1897). Die eben erwähnten Vermutungen und Experimente beruhen, wie Ross selbst erklärt, auf keiner festen Grundlage; demzufolge glaube ich nicht weiter darauf eingehen zu müssen. Manche anderen Ergebnisse erzielte er im August und September 1897, jedoch waren die- selben nicht ganz einwandfrei. Da mir aber gerade diese Ergebnisse vor kurzer Zeit von Ross als Grundstein der gegen mich aufgestellten, unbegründeten Prioritäts-Ansprüche angegeben wurden, finde ich es zweckmässig, dieselben hier ausführlich mitzuteilen. Im August 1897 fand Ross ganz zufällig eigenartige, mit gefleckten Flügeln versehene Mos- guitos (dieselben wurden von ihm dappled-winged Mosguitos genannt, ohne dass er jedoch die Gattung oder die Art derselben bestimmte); er gab darüber bloss spärliche zoologische Notizen!) an, und bemerkte noch, dass er die Beobachtungen „über die Kennzeichen der gen. Mosquitos nicht sehr sorgfältig durchgeführt habe“ und zwar deswegen, weil er damals ganz davon überzeugt war, noch viele andere ähnliche auffinden zu können; jedoch nachher musste er ihre grosse Seltenheit er- kennen. Die mit diesen Aosguitos angestellten Versuche ergaben ein hier ausführlich mitzuteilendes Resultat. 1) Ueber die Länge der Taster, welche eigentlich ein sehr wichtiges Merkmal zur Klassifizierung bilden, teilt Verf. keine einzige Angabe mit. Er sagt, dass die Eier, wenigstens wenn sie ihre volle Entwickelung noch nicht erreicht haben, beinahe schiffchen- förmig mit vom concaven Rande ausstrahlenden Linien sind, eine Figur, welche, soweit er gesehen hat, einzig für Mosgzatos ist, und fügt hinzu: „Diese Spezies scheint augenscheinlich einer von den gewöhnlichen Species (brindled and grey insects) ganz abweichenden Familie (szc/) anzugehören; es lebt hier eine verwandte Species, nur mit dem Unterschied, dass dieselbe schmäler, weisser und vie weniger gefrässig ist.‘ Bee Einen mit Halbmonden behafteten Menschen liess man von acht der gen. MWosguitos stechen, vier davon wurden sofort, nachdem sie gesättigt waren, zum Zweck, die Geisselformen zu untersuchen, getötet; zwei wurden nach zwei resp. vier Tagen getötet, die betr. Untersuchung zeigte kein positives Resultat; die übrigen zwei kamen vier resp. fünf Tage nach der Blutaufsaugung zur Untersuchung. Es wurden bei diesen eigentümliche fzrgmentierte Zellen vorgefunden, und wegen der Aehnlichkeit ihres Pigments stellte Ross diese Zellen mit den Malariaparasiten in Zusammenhang [dieses Resultat wurde im Dezember 1897 veröffentlicht (69). „Nach vergeblichen mühsamen Ver- suchen gelang es ihm nicht mehr, solcher gleichartiger Mosgzutos habhaft zu werden.“ Ross, welcher — seiner Mitteilung nach — früher immer negative Resultate mit den von ihm mit tausenden von osgwuitos anderer Art ausgeführten Untersuchungen erzielt hatte, glaubte endlich durch obige Untersuchungen die A/osguztosorte entdeckt zu haben, welche den Zwischenwirt der Malariaparasiten bildet. Es muss hier jedoch bemerkt werden, dass Manson schon vorher seine Meinung darüber geäussert hatte, dass jeder Haematozoon eine besondere Mosgzuto-Art als Zwischen- wirt besitzen müsse, geradeso wie es bei den verschiedenen Filariaarten geschehen muss. Kurze Zeit darauf, d. h. im September, verschaffte sich Ross kleine, gewöhnliche, mit ge- fleckten Flügeln versehene Mosquitos (ordinary Mosguito). „Die oben genannten pigmentierten Zellen wurden von ihm stets bei circa 20 Mosquitos, welche vor dem Aufsaugen und nachdem sie aus ge- sunden Menschen das Blut gesaugt hatten, vermisst. Zwei davon konnten aber endlich einen mit den Halbmonden behafteten Kranken stechen: bei einem am nächsten Tage getöteten Mosquito wurden die pigmentierten Zellen nicht vorgefunden; bei dem zweiten aber beobachtete er nach 48 Stunden, viele pigmentierte, eiförmige Zellen, welche circa 7 u lang waren.“ »... Mehr als hundert graue Aosgurtos (grey mosgaitos), welche noch nicht oder gesunde oder mit den Halbmonden behaftete Menschen gestochen hatten, wurden seciert, ich fand aber bei denselben keine pigmentierte Zelle.“ Zuletzt konnte Ross einen Mosquito untersuchen, welcher das Blut eines mit Tertiana be- hafteten Menschen aufgesaugt hatte. Aus vielen Gründen schloss er, dass dieser Mosquito während mehrerer Tage aus demselben Menschen seine Nahrung gesaugt hatte. Am dritten Tage tötete er den Mosquito, welcher vor einer Woche das Pupastadium überschritten haben musste. In dem Magen waren zahlreiche pigmentierte 8—25 zw messende Zellen vorhanden. (Diese Angaben stammen aus der Mitteilung von Ross — Februar 1898) (69). Ausserdem besteht Ross darauf, dass die bei dem grauen Mosquito vorgefundenen pigmen- tierten Zellen mit denen, welche bei dem mit gefleckten Flügeln versehenen Mosquito vorkommen, durchaus identisch sind. Um ein genaues Urteil über den Wert dieser Untersuchungen zu geben, muss ich noch hervorheben, dass ich, nachdem es erwiesen und fest bestimmt war, dass der Amopheles cla- vıger in Italien die Malariainfektion überträgt, die ebenerwähnten Mitteilungen von Ross nochmals genau durchlas und davon den Eindruck erhielt, dass eben seine mit gefleckten Flügeln versehenen Mosgwitos dieser von mir oben erwähnten Art angehören könnten. Aus diesem Grunde ersuchte ich durch Herrn Dr. Charles Herrn Ross, mir einige der von ihm untersuchten Mosquitos zu verschaffen; ich erhielt thatsächlich von ihm mehrere Exemplare des grauen Mosquitos und ezr Exemplar des Mosguitos mit gefleckten Flügeln. Ich konnte feststellen, dass der sogen. graue Wosgusto ganz einfach die Crulex pipiens!) und 1) Giles (42) behauptet, dass es sich um eine ganz besondere Art, nämlich um Culex fatigans Wied. handelt. Nach wiederholter, sorgfältiger Untersuchung der mir von Ross gütigst zugesandten Exemplare muss ich auf meiner ersten Aussage bestehen und behaupten, dass die von Giles angegebenen differentiellen Merkmale durchaus keinen Wert haben: es handelt sich nur um auch bei unserem Culex pipiens sehr häufig wahrzunehmende Varietäten; der vermutete Unterschied in dem Flügelgeäder ist bioss eine durch eine nicht genau durchgeführte Beobachtung hervorgerufene Illusion. —— 9 = dass der mit gefleckten Flügeln versehene Wosgzuto grosse Aehnlichkeit mit unserem Anopheles superpictus') zeigt. Ich teilte Herrn Ross die Resultate dieser meiner Untersuchungen mit, und am 5. Februar ı899 liess er mich durch Herrn Dr. Charles wissen [eine Andeutung darüber fand sich schon in seinem vorhergegangenen Briefe], dass viele der mir zugesandten gleiche Wosguztos in zwei Fällen mit Halbmonden und einem Fall von reifem Tertianafieber negative Befunde ergeben hatten. (Gleichzeitig konnte ich aber mit Bignami und Bastianelli nachweisen, dass gerade der Anopheles superpictus die Malaria auf Menschen überträgt.) Ausserdem teilte er noch mit, dass weitere zwei Varietäten des gefleckten Mosguitos ebenfalls negative Befunde gezeigt hatten. Ich kann hin- zufügen, dass diese negativen Experimente mit den Mosguitos mit gefleckten Flügeln — wie später durch seinen Mitarbeiter Daniels mitgeteilt wurde — sich auf zwei gute Tertianafälle und auf drei Fälle mit Halbmonden ausstreckten (in zwei dieser letzteren befanden sich die Halbmonde in beträchtlicher Anzahl vor). Also sämtliche von Ross in Indien mit den gefleckten Mosguxtos (handelte es sich stets um Anopheles?) angestellten Versuche ergaben seit den End- monaten ı898 bis zu den Anfangsmonaten 1899 stets negative Resultate. Hier muss man aber hervorheben, dass unter den von Ross ohne weiteres als positiv erklärten, 1897 aus- geführten und unter den 1898— 1899 negativ ausgefallenen Versuchen sich seine vortreff- lichen Untersuchungen über einen der Parasiten der Vögelmalaria finden, d. h. dass in jener Zwischenzeit Ross alle jene Gewandtheit erlangte, um Versuche, welche negative Resultate ergaben, in einwandfreier Weise durchzuführen; welch letztere daher zweifels- ohne eine grössere Bedeutung als die vermuteten, positiven Ergebnisse haben müssen. Seine Notizen über die verschiedenen Mosgwztos konnten anderen Forschern durchaus nicht den zu verfolgenden Weg zeigen, da er dafür einen grauen, d. h. mit ungefleckten Flügeln ver- sehenen Mosgauto und zwei gefleckte Mosgzntos angeführt hat, aber nicht einmal angegeben, dass es sich um Culiciden handelte. Daraus ergab sich nun, dass sowohl die gefleckten als die ungefleckten Mosgreutos die Malaria zu übertragen vermögen. Stellt man sich die Thatsachen vor, dass sämtliche Mosguitos zu der einen oder der anderen dieser Gruppen gehören, so kann ich nicht wohl begreifen, was für eine genaue Angabe aus den Behauptungen von Ross abzuleiten wäre, welcher ausserdem versäumte, die J/osgailos aufzubewahren, welche ihm positive Resultate gegeben hatten. Es giebt, wie wohl bekannt, Anopheles sowie Culices, die gefleckte Flügel haben. In Italien kommen 5 Czlexabarten vor, welche ich nicht als Malariaüberträger betrachte; eine dieser Arten sieht so sehr dem lnopheles superpictus ähnlich, dass mein Schüler, Herr Noe, sie als CwuJex mimetticus?) bezeichnete. Ausserdem findet sich in Italien ein mit ungefleckten Flügeln versehener lmopheles, welcher ebenfalls die Malaria auf den Menschen übertragen kann. Von den Merkmalen der Eier, welche Ross wenigstens für seine ersten gefleckten ./os- quitos angab, konnte man eigentlich keinen Nutzen ziehen, da man, als seine vorläufigen Mit- teilungen erschienen, noch nicht wusste, wie die Eier der Anopheles beschaffen sind. Daraus ergiebt sich in unzweideutiger Weise, dass die Rossschen Angaben, falls sie einwandfrei gewesen wären, durchaus nicht an die Anmopheles denken lassen konnten und mithin uns keinen Leitfaden zu weiteren Untersuchungen verschaffen konnten. Sind aber seine Angaben als einwandfrei zu bezeichnen? In seinen Mitteilungen von 1897— 1898 (69) hat Ross nämlich nicht ausdrücklich gesagt, ob die gefleckten Mosguztos, durch welche er positive Resultate erzielt haben soll, direkt aus den be- ı) Dieser Anopheles wird von Giles als eine neue Art beschrieben (Anopheles Rossi); er fügt hinzu (19), dass, unter den von Ross in Calcutta gesammelten Anopheles, Austen neben dem Anopheles Rossi! zwei weitere Species, nämlich Sp. „a“ Sp. „b“ unterschieden hat. ö 2) Kürzlich wurde mir mündlich durch Giles mitgeteilt, dass in Indien der Czxelex mimeticus sehr gemein sei. Grassi, Die Malaria, 2 e— 1o —— treffenden Larven gezüchtet worden waren; und da er dabei die ausgeprägten Charaktere zwischen den betreffenden Larven, welche ihm, falls er thatsächlich die Anopheles gezüchtet hätte, durchaus nicht hätte entgehen können, gar nicht erwähnt, so ist man wohl berechtigt, zu bezweifeln, dass er seine Untersuchungen bei schon entwickelten, geflügelten Anopheles anstelitee Man kann daher nicht mit Sicherheit ausschliessen, dass die von ihm untersuchten AzopAheles nicht bereits schon vorher infiziert worden waren, auch aus dem schwerwiegenden Grunde, dass vorläufig ja noch nicht sicher gestellt wurde, dass in den Anopheles nur die des Menschen und nicht auch von anderen Säuge- tieren stammenden Malariaparasiten zur Entwickelung gelangen können. Ist es aber zweifellos, dass die Dipteren, an welchen Ross die vermeintlichen positiven Be- funde erhielt, wirklich Anopheles waren? Aus der Beschreibung der Eier bekommt man den Eindruck, als ob es sich wirklich um Anopheles handelte, bei welchen Ross seine Untersuchungen anstellte; nur dass wir nicht ausschliessen können, dass neben Anopheles andere Culicides, sowie anderartige den haemotophagen Dipteren an- gehörende Gattungen in Indien vorkommen, deren Eier schiffchenförmig und gestreift sind, wie sie Ross beschreibt. Da ferner Ross, indem er behauptete, dass die gleichen Mosgzrrfos noch in zahlreicher Menge vorhanden wären, ganz versäumt hatte, dieselben genau zu bezeichnen, kann man wohl nicht fest- stellen, ob die von ihm untersuchten Exemplare nur Anopheles oder vielmehr teils letztere, teils ge- fleckte Culicides waren! Man sage nicht, dass diese Zweifel übertrieben, da dieselben leider vollständig durch den Umstand gerechtfertigt werden, dass gleichzeitig Ross (Seite 8) einen grauen Mosgaato, welcher auf einem mit Tertianafieber behafteten Kranken gefangen und als infiziert nachgewiesen wurde, als Malariaübertrager, gerade wie den kleinen gefleckten Mosgauto, betrachtete (siehe oben). Nach 48 Stunden wurde dieser letztere getötet, und wurden bei ihm 7 w. grosse pigmentierte Zellen wahrgenommen; der erstere wurde am dritten Tage getötet und zeigte ebenfalls pigmentierte, 8—25 u grosse Zellen. Solche pigmentierte Zellen fehlten durchaus bei vielen anderen grauen AZos- guitos, d.h. derselben Art zugehörend, die kein malarisches Blut aufgesaugt hatten. Dessen unge- achtet wissen wir heute, dass bezüglich des grauen Mosguitos Ross zweifelsohne irrte, wie er übrigens selbst zugiebt; sein Irrtum hänge davon ab, dass der betreffende A/osgauzto schon vorher mit Parasiten der Vögelmalaria infiziert gewesen war. Jedoch lässt es sich nicht gut erklären, wie ihm ein derartiger Irrtum unterlaufen konnte. Denn aus der obigen Mitteilung ergiebt sich, das Ross seine Untersuchungen mit grauen, im Labo- ratorium entwickelten und nicht im Freien gefangenen Mosguitos angestellt hat. Kürzlich schrieb Ross, dass alle die ihm in Indien gelungenen Experimente mit Mosgztos angestellt wurden, die unter dem Mückennetze, in Gegenwart der Männchen gestochen hatten — dies lässt mich vermuten, dass unter das Mückennetz auch andere Mosgautos eindringen konnten, die in der Umgebung frei herumflogen — und dies würde den Irrtum Ross’s für den grey mosgquito einigermassen erklären, aber auch Zweifel für dieselbe Herkunft (aus der Umgebung) der dappled- winged Mosguitos erwecken. Wenn man alle diese Umstände betrachtet, so ergiebt sich ganz deutllich, dass im Jahre 1897 Ross seine Untersuchungen noch nicht sorgfältig durchführte, und ferner bleibt es wenigstens unsicher, ob er in Indien thatsächlich die Malariaparasiten des Menschen gezüchtet hat. Darüber wird man wohl nie Gewissheit erhalten können, eben weil er versäumt hat, die von ihm unter- suchten Mosguitos aufzubewahren. Selbst aber, wenn man annehmen wollte, dass er wirklich die ersten Stufen der Halbmonde gezüchtet habe, muss man doch zugeben, dass aus seinen Mitteilungen dies durchaus nicht mit Sicherheit hervorgeht. — Il en In seiner darauffolgenden Mitteilung berichtet Ross über ı5 andere dunkle, mit grünlichen und gefleckten Flügeln versehene Mosgautos, durch welche er in einem Fall von Halbmonden negative Resultate erzielte [s. Report (70) die Liste der neueren Unternehmungen: XI. Serie]: Solche Mosguitos, sagt Ross, gehörten sehr wahrscheinlich (sie) zu derselben Gattung, doch nicht zu der- selben Art derjenigen, welche positive Resultate ergaben. Ich hebe diese Thatsachen hervor aus dem Grunde, weil ich nach meinen bisherigen Be- obachtungen gesehen habe, dass die mit gefleckten aber grünlich schimmernden Flügeln versehenen Mosquitos zu der Gattung Cxlex und nicht zu den Anopheles gehören; dies könnte wohl beweisen, dass Ross thatsächlich die Cxulex und die “lnopheles miteinander verwechselte. Nach dieser eingehenden Durchsicht der Ross’schen Mitteilungen komme ich nun zu der Schlussfolgerung, dass die sehr spärlichen Ergebnisse, welche Ross in Indien bei den Menschen erzielte (im ganzen bloss vier Stück Mosguitos, welche nur durch die ersten Stufen der Malariaparasiten, d. h. noch weit entfernt von der Reproduktion, inficiert waren), teils zweifelsohne unrichtig, teils richtig sein oder nicht sein können; es ist unmöglich dies genau zu bestimmen, weil kein sicherer Beweis vorhanden ist, dass seine Versuche wirklich einwandfrei seien. Jedenfalls konnten diese Angaben von Ross weder in mir noch in anderen Forschern den Gedanken erwecken, dass die ‚Inopheles die Ueberträger der Menschenmalaria sein könnten. Aus dem Gesagten ergiebt sich deutlich, dass Manson in Ross die Ueber- zeugung eingepflanzt hat, dass die Mosguitos die Ueberträger der Malaria beim Menschen sein müssten; seinerseits hatte Ross nichts versäumt, um die Behauptung Mansons nachzuweisen, ohne jedoch das Ziel zu erreichen. Infolgedessen verliess Ross (1898) den direkten Weg und beschäftigte sich fast nur mit Malariaparasiten der Vögel. Glücklicherweise hatte ich bei den Vögeln einen mit den des Menschen sehr ähnlichen Malariaparasiten entdeckt; dieser Malariaparasit entwickelt sich glücklicherweise in dem gewöhnlichsten AZosguito, d. h. in Cilex pipiens (grey Mosquito von Ross). Damals arbeitete Ross in Indien bei einer sehr hohen Temperatur, welche, wie wir jetzt wissen, für die betr. Unter- suchungen äusserst günstig ist; zum noch grösseren Glück für ihn pflegen die Versuche an Vögeln viel leichter zu gelingen als die, welche an Menschen angestellt werden, und zwar hauptsächlich, weil im Blute der Vögel fast beständig die Gameten in günstigen Bedingungen vorhanden sind und beinahe sämtliche Crulex prpiens sich inficieren. Und so kam es, dass Ross den von mir im Jahre 1390 angetretenen und von Dionisi im Jahre 1897 wieder betretenen Weg verfolgend, den Cyclus des Malariaparasiten der Vögel in dem Culex pipiens entdeckte. Hier muss ich noch betonen, dass diese Untersuchungen von Ross über das Proteosoma teil- weise in einem mit dem Datum 2ı. Mai 1898 versehenen und in Rom im September desselben Jahres angekommenen Aeport (70) veröffentlicht und andernteils in einem am ı1. Oktober geschriebenen und resp. im Dezember desselben Jahres in Rom angelangten Repor£ (71) herausgegeben wurden. Die Ross’schen Resultate wurden von Manson (59) teilweise in einer vorläufigen Mitteilung des British medical Journal vom ı8. Juni 1898 (65) und nachträglich noch ausführlich in einer Mitteilung an die Dritish medical Association (Juli 1898) veröffentlicht, diese zweite Mitteilung erschien dann auch im British medical Journal am 24. September 1898. Diese Untersuchungen von Ross enthalten Beschreibungen und Abbildungen, welche gewiss nicht geeignet sind, das Vertrauen der Leser zu erwecken. Jedoch wurde durch die nach- träglich festgestellten Thatsachen, wie wir weiter ersehen werden, erwiesen, dass die Beobachtungen und die Versuche von Ross richtig waren; nur fanden wir, dass die schwarzen Sporen von Ross nicht Dauersporen (/ormes durables), wie er vermutete, sondern Involutionsformen seien: da- 9% “ —— 12 _—- durch wurde das Malariaproblem noch vereinfacht, indem der Infektionsmodus auf den einzigen von Ross angetroffenen beschränkt bleibt. Hier muss man ferner in Betracht ziehen, dass, falls ein von diesem abweichender Cyclus möglich gewesen wäre — wie es übrigens schon Ross selbst und Manson vermuteten —, wenn z. B. die Malariakeime sich auch auf die Nachkommenschaft hätten vererben können (Ross, Juli 1899) (69), dann wären die von Ross bei den Vögeln durch Mosgzutostiche angestellten Infektionsversuche nicht einwandfrei gewesen, gerade deswegen, weil zuerst nicht ausgeschlossen war, dass die Mosguitos erblich inficiert worden waren. Was nun die Entdeckung der Sporozoiten in den Speicheldrüsen der Mosguitos anbelangt, durfte man wohl manche Zweifel erheben, weil — wie ich zuerst nachgewiesen habe — man in ihnen, selbst wenn die Speicheldrüsen nicht inficiert sind, die sog. Pseudosporozoiten vorfinden kann; welch’ letztere aber ohne eingehende histologische Nachforschung durchaus nicht von den echten Sporozoiten zu unterscheiden sind. Diesbezüglich bedenke man u. a., dass eine der den Pseudosporozoiten beiwohnenden Eigentümlichkeiten in der hochgradigen Schwierigkeit besteht sie aufzubewahren, und dass Ross darüber selbst folgendes geschrieben hatte: »nous frouvons surtout ume difficulte particuliere a preparer les glandes salivaires contenant les filaments germes (Sporozoiten) [31- Dezember 1898 (72)]. In dem ersten der zwei oben erwähnten Aeports kommt Ross zur Schlussfolgerung, dass »aus dem Grunde, weil in einem ausschliesslich mit Halbmonden enthaltendem Blut er- nährten Mosguito, denen der Malariaparasiten der Vögel gleiche Pigmentzellen aufgefunden worden sind, wir dazu berechtigt sind anzunehmen, dass der Malariaparasit des Menschen in den AZosguitos die gleiche Entwickelung des Malariaparasiten der Vögel durchmachen muss.« Ross hebt zwar die Wichtigkeit der verschiedenen Mosquitoarten hervor, jedoch giebt er gleichzeitig zu, dass ein und derselbe AZosgeuto — Culex pipiens —, dazu fähig ist, den Tertiana- parasiten des Menschen und einen Malariaparasiten der Vögel zu übertragen; ausserdem behauptet er, dass es für jede Parasitenart der Menschen einen besonderen Wirt giebt: also einen für den Tertian- aparasit, einen zweiten für den Halbmond u. s. w. Nach meiner mit der grössten Sorgfalt und der grössten Unparteilichkeit dargelegten Aus- einandersetzung der von Ross erzielten Resultate, stelle ich nun die Anfrage: Was für ein Fort- schritt wurde durch Ross für die Wissenschaft zur Erforschung der Malaria des Menschen erzielt? Diese Frage beantwortet uns Ross am besten selbst. In seinem im Mai 1898 erschienenen Bericht schrieb Ross, dass nach seinen Entdeckungen an den Parasiten der Vögelmalaria es nun notwendig sei, den zweiten sich jeder einzelnen Hemo- sporidienart anpassenden Wirt zu suchen. „Nach den bei meinen ersten Untersuchungen gemachten Erfahrungen wird diese Forschung keine leichte sein.“ Dieser Behauptung, welche also nach seinen vermuteten, positiven Resultaten von 1897 und nach seiner glänzenden Entdeckung bei den Vögeln aufgestellt worden war, folgte eine zweite Be- hauptung in dem oben angegebenen Briefe vom 5. Februar 1899 an Dr. Charles, mithin nach seinen negativ ausgefallenen mit den gefleckten Mosgwutos an Menschen angestellten Versuchen: »Es ist zweifellos sehr compliciert und sehr schwer, die besondere, veder Malariaform entsprechende Insektenart aufzufinden.« Im Heft vom 23. Februar 1899 (72) der «Ammales de UInstitut Pasteur<« und mit dem Datum 31. Dezember 1898, schrieb Ross: » Une oeuvre consid£rable, capable d’occuper un ou meme plusieurs savants reste a accomplr.« Jedoch als diese Arbeit in Italien vollzogen wurde, änderte Ross seine Ansichten vollkommen, so dass er in einer am 3. August 1899 erschienenen Mitteilung sagt, dass durch die von ihm erzielten Resultate »es leicht wäre, die bezüglichen Untersuchungen auch bei anderweitigen -_ [9 >} Arten derselben Gruppe anzustellen.. die Malaria kann nicht durch Insektenstiche übertragen werden; 3. die Tertiana wird durch die Credex Prpiens übertragen; 4. die Halbmonde werden durch die gefleckten Mosguztos übertragen. Die drei ersteren Ergebnisse, welche sich als unrichtig erwiesen, wurden nicht mehr von Ross erwähnt, aber für das vzerfe, welches richtig sein konnte, verlangt er das Prioritätsrecht in ähnlicher Weise, wie er es wahrscheinlich für jedes der drei ersten Resultate und nicht für das vierte beanspruchen würde, falls die ersteren, aber nicht das letzte als unbegründet bezeichnet worden wären. Dies ist gewiss höchst eigentümlich, und ich überlasse dem Leser, sich selbst ein Urteil darüber zu bilden; ich möchte nur die Thatsache hervorheben, dass das bedeutungsvolle Wort Ano- dheles, welches eine neue Aera in den Erforschungen der Menschenmalaria kenn- zeichnet, zcA vor jedem anderen ausgesprochen habe, und zwar nicht auf Grund der Ross’schen Entdeckungen, sondern aus anderen später zu besprechenden Gründen. Diese Thatsache gehört nunmehr der Geschichte der Malariafrage an; in der That wird von sämtlichen Forschern, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, Manson!) an der Spitze, einheitlich angenommen, dass in den Ross’schen, den meinigen vorange- gangenen Mitteilungen sich die Indikation der Anopheles als Malariaträger für den Menschen nirgends befindet. Andererseits ist es ja gar nicht festgestellt worden, dass Ross seine Versuche mit den Azo- Ppheles durchgeführt hat und noch weniger, dass er dadurch positive Resultate erhalten hatte ?). ı) Die einzige Ausnahme ist Blanchard (6), welcher zweifelsohne seine Beurteilung aus den neueren Mittei- lungen von Ross geschöpft hat. Blanchard schreibt, dass der gefleckte A/osgzrto, durch welchen Ross positive Befunde erhielt, ein Anopheles war, der nachträglich durch Giles als Anopheles Rossi! bekannt wurde; Giles (19) aber hat geschrieben, dass durch diesen Anopheles Ross negative Resultate erzielt hatte, und ferner, dass er die Mosgzztos, durch welche Ross positive Ergebnisse erhielt, gar nicht gesehen hat. 2) Dass er seine Versuche thatsächlich mit den Anopheles angestellt hätte, glaubte Ross (77) kürzlich in vierfacher Weise beweisen zu können, nämlich; ,„ı) durch das von mir bereits Seite 7 erwähnte Merkmal der Eier; 2) dadurch, dass die gefleckten Mosguitos im Dezember 1898 dem Dr. Daniels, Mitglied der Brit. Expedition nach Indien, vorgezeigt worden waren und dass er erklärt hatte, es seien Anopheles; 3) dass einige Exemplare, welche er gegen Ende 1898 dem Prof. Grassi zugesendet hatte, von diesem als Anopheles erkannt wurden; 4) dass einige dem Brit. Museum zugewendete Exemplare als Anopheles erklärt worden waren.“ — Ueber die drei letzten Punkte bestehen keine Zweifel, leider aber sind die von Ross erwähnten Anopheles, wie es deutlich aus den sämtlichen Veröffentlichungen von Ross ersichtlich ist, nicht diejenigen, mit welchen er die ver- meintlichen positiven Resultate erzielte, vielmehr stammten diese Exemplare aus Calcutta her d. h. waren, jene Mosgzztos, durch welche er negative Resultate erhalten hatte, gerade diejenigen, die er im Juli 1899 als drei unschuldige von den zwei, bei welchen er ein positives Ergebnis erzielt haben soll, abweichende Arten erklärt hatte. Es bleibt daher bewiesen, dass die Mosgzztos, durch welche Ross negative Resultate erhalten hatte, wirklich Arop/eles waren, während es andererseits Niemandem gelingen wird, zu beweisen, welche Mosgzuitos (welche von Ross nicht aufbewahrt wurden, wie mir dıes mündlich auch durch Giles versichert wurde) es eigent- lich waren, durch die er glaubte, positive Resultate erzielt zu haben. Bei derselben Mitteilung betont Ross noch eine weitere Streitfrage, nämlich ob die gefleckten Mosgztos aus den Larven gezüchtet worden waren oder nicht. Ich erhob dagegen den Einwand, dass in seinen vorläufigen Mitteilungen (1897—98) es nicht in deutlicher Weise angegeben war, ob er diese Mosgzitos thatsächlich aus den Larven gezüchtet hätte (Seite 9). —= 16 — Den Zusätzen, die er später seinen den meinigen vorangegangenen Mitteilungen zugefügt hat, kann wohl niemand eine retroaktive Wirkung zuerkennen. Seine vorher erschienenen Arbeiten dürften für. die Geschichte der in Rede stehenden Frage keinen über die Grenzen der ihr inneliegen- den Bedeutung hinausgehenden Wert besitzen, sie bleiben was sie sind und sagen was sie sagen, nicht mehr und nicht weniger. Und was sie in Wirklichkeit sind, wurde schon von Ross selbst im Dezember 1898 in den erwähnten Anmnales de Pasteur angegeben: »Mais ıl restait encore beaucoup a faire. Il Etait clair que desormais les recherches devaient etre conduwites dans deux directhions. D’abord ıl etait necessaire de hxer pas a pas l’Cvolution du Proteosome dans le moustigue de fagon a avoir un developpement type pour tous ces parasites, et un guide pour la decowwerte des lois gencrales de la diffusion de la Malaria. En second lieu, il clait indigue de chercher a connaitre d’une Tacon precise les hötes des parasites humains et leur habitat. Ce dernier programme d’ctude, ctait particuliörement attırant et prommetait des decowvertes interessantes, mais je choisis le premier comme etant, en rcalıte, le plus important (sic). Pourswwre les deux a la Jois ctait Impossible a une seule personne.« Hier muss ich bemerken, dass diese Mitteilung von Ross nach sämtlichen von ihm gemachten Entdeckungen über das Profeosoma, sowie nach den in Italien über den Anopheles erreichten neuen Ergebnissen herausgegeben wurde. Ausserdem, aus den der Ross’schen Entdeckung nachfolgenden und vor den italienischen erschienenen Mitteilungen erhält man in leichtester Weise die Ueberzeugung, dass sogar diejenigen, welche dafür im höchsten Grade begeistert waren, sich nur darauf beschränkten, die höchstwahr- scheinliche, jedoch nicht die sicher vorauszustellende Verwendung der Ross’schen Ergebnisse für den Menschen anzunehmen, und dass dieselben sich über die Möglichkeit neuer diesbezüglicher Ent- deckungen in bejahender Weise ausdrückten. So z. B. schrieb Manson (65), dass er nicht behaupten könnte, dass die Ross’sche Entdeckung das letzte ausschlaggebende Wort in der Geschichte des Malariaparasiten bilde. „Ich glaube, dass die Malariainfektion durch die Stiche übertragen wird; dass dieser aber der einzige Uebertragungsmodus ist, dies darf ich nicht behaupten und thue es auch nicht. ....... Man könnte ja dagegen einwenden, dass die für die Parasiten der Vögel festgestellten That- sachen keine Verwendung auf Menschen finden können: jedoch die Aehnlichkeit der zwei Parasiten- Ich war sehr entfernt davon, zu vermuten, dass Ross diese Angabe dort hätte auffinden können: merkwürdigerweise er- widerte er darauf, dass in dem zweiten Satze seiner 1897 erschienenen Mitteilung er in klarster Weise angegeben habe, dass alle seine durchgeführten Versuche mit Mosguitos, welche aus Larven gezüchtet worden waren, angestellt wurden. — Leider aber ist das Wort „alle‘‘ ein nachträglicher Zusatz vom Jahre 1900! Als meine erste (22) in Gemeinschaft mit Bignami und Bastianelli gemachte vorläufige Mitteilung erschien, hatten wir in aufrichtigster Weise die Angaben von Ross in dem Sinne verstanden, dass die in Rede stehenden Mosguztos nicht aus den Larven gezüchtet worden waren, und dementsprechend hatten wir die Vermutung ausgesprochen, dass seine MWosgzitos bereits andere Tiere gestochen haben könnten. Ross liess uns darauf mitteilen, dass bei unserer Auffassung ein Irrtum vorgekommen sei, dazu fügte er aber noch hinzu (ich habe mir genau die Worte des mir von Dr. Charles mitgeteilten Briefes von Ross notiert), „er gebe wohl zu, dass unser Irrtum auf seiner eigenen Nachlässigkeit beruhte“, und dass einer der drei gefleckten Mosquitos, bei welchen er positive Befunde wahrgenonmen hatte, mit der Hand gefangen worden war: nachher aber verneinte er diese Angabe, indem er sich auf einige seiner alten Notizen stützte. Jedenfalls ist es unzweifelhaft, dass seine präcise Aussage, dass die drez in Rede stehenden Mosgzutos aus den Larven gezüchtet wurden, erst nach unserer Kritik, also zu spät mitgeteilt wurde. ® Noch eigentümlicher aber ist die Behauptung von Ross, den grauen Mosguito betreffend, in welchem er glaubte die Ent- wickelung der Parasiten der Menschenmalaria gefunden zu haben; diesbezüglich schreibt er folgendes: „wie ich dort (British medical Journal, 26. Okt. 1898) ausdrücklich hervorgehoben habe, der graue Mosquito war von mir nicht aus der Larve gezüchtet worden“ Wenn man aber die angegebene Citation (Seite 8) liest, so wird man sofort bemerken, dass diese ausdrückliche Erklärung völlig fehlt; vielmehr finden wir, dass dort Ross mitteilt, dass der fragliche Mosgzito vor einer Woche aus der Nymphe herausgekommen sein musste: Ross hätte selbstverständlich dies nicht behaupten können, falls er diesen Mosgzito nicht gezüchtet hätte! (Ganz kürzlich (April 1901) schreibt Ross, dass er das Alter der Cxlex aus dem Reifegrad der Eier gefolgert habe, wer aber hatte ihm versichert, dass die Eier des betreffenden Cxlex zum ersten Male reif?) arten ist eine so ausgeprägte, dass es mir wohl unmöglich ist, daraus einen anderen Schluss abzu- leiten, als dass die Geschichten der beiden Parasiten sich berühren sollen“ . Sei es mir nun gestattet, nach der Citation der Anschauungen anderer auch die meinige mitzuteilen. Wie ich es hier und bereits in anderen Mitteilungen betont habe, erkenne ich, dass Ross das Prioritätsrecht für seine Entdeckung (deren intellektuelles Verdienst aber grösstenteils Manson zuzuschreiben ist!), dass eine Haemosporidie der Vögel durch die Mosguzto- stiche übertragen wird, zugehört. Dagegen verneine ich, dass durch diese Entdeckung die Frage über die Malaria der Menschen ihre experimentelle Lösung (wie es Ross gelten lassen will) erreicht habe. & In der That wollte man nur auf Grund der Analogie behaupten, dass für die Malariaparasiten der Menschen die gleichen Erscheinungen auftreten müssen, wie für den der Vögel wahrgenommen worden waren, so würde dies durchaus nicht den Gesetzen der experimentellen Methode entsprechen; durch diese letztere ist es nämlich wiederholt nachgewiesen worden, dass die untereinander sehr ähnlichen Parasitenformen einen voneinander ganz verschiedenen Entwickelungscyclus zeigen können. Ein typisches Beispiel dafür liefert uns die Zwenia murina: dieselbe vollzieht ihre Entwickelung, wie ich und Rovelli es nachgewiesen haben, in einem einzigen Wirte, während sämtliche übrigen Taenien- arten sich in zwei verschiedenen Wirten entwickeln. Ein anderes Beispiel bieten uns die Filarien, deren einige durch Wosgzutostiche übertragen werden (Fllaria immitis, Filaria Bancroftı), andere aber nicht (Fdlaria medinensis). Auch bei der Malaria finden wir solche unzweideutigen Beispiele vor: die Malaria der Rinder (Texasfieber) wird durch die Zecken in einer von der der Menschen- malaria durchaus abweichenden Weise übertragen. Ferner wird ein besonderer Malariaparasit der Vögel durch den grey mosgurto, (den ich als Culex pipiens bestimmt habe) nach dem von Ross entdeckten Cyklus übertragen. Die zweite Form der Vögelmalariaparasiten (Yalteridium), welche überall bedeutend mehr verbreitet ist als die erste, scheint aber nicht durch die Mosgwitos über- tragen zu werden oder wenigstens einen Entwickelungscyklus zu haben, welcher sehr verschieden von demjenigen, den Ross für die erste dieser Malariaparasiten festgestellt hat. Jedenfalls ist es Thatsache, dass die bisher von Ross, von Koch, von mir, sowie von anderen Forschern an /alte- ridium angestellten Untersuchungen stets negative Resultate ergeben haben. Meinerseits kann ich hinzufügen, dass ich diesen Versuchen viele Zeit erfolglos geopfert habe. Aus diesen Thatsachen ergiebt sich der ausgiebigste Nachweis, dass jeder be- sondere Fall eine eigene Erforschung in Anspruch nehmen muss, und dass es nicht erlaubt ist, von einem Fall auf den anderen Fall zu schliessen, wenn es sich darum handelt, einen sicheren Schluss zu ziehen. Der Zufall wollte, dass die Malariaparasiten des Menschen denselben Cyklus wie der von Ross studierte Malariaparasit der Vögel haben. Niemand aber konnte a friori erraten, dass sie sich nicht nach dem Cyklus der zweiten Parasiten der Vögelmalaria, welcher noch nicht entdeckt worden ist, entwickelten. „Ich hatte. aber — sagt Ross — in den Mosguitos bereits die Parasiten der Menschenmalaria verfolgt.“ Wie ich im Vorstehenden bereits bewiesen habe, war dies nicht ganz sicher, aber wenn wir auch annehmen wollten, dass Ross in den MWosguitos die Malariaparasiten des Menschen verfolgt hätte, so würde er sich immerhin nur auf die ersten Stadien, von ihm selbst Zrgmentirte Zellen ge- nannt, beschränkt haben. Wenn die zu dieser Stufe gelangten Parasiten ihre Entwickelung unter- ı) In den von mir wiederholt erwähnten Arnales de Pasteur schreibt Ross: „Pour eviter tout commentaır errone, quil me soit permis de declarer ici que mes travaux ont ete entierement diriges par Manson, et que J’ai eu l’assistance de ses con- seils et de son influence a toute occasıon.“ ws Grassi, Die Malaria. — 18 _— brochen hätten, um alsdann im Wasser oder im Boden (nach dem Tode des Mosguitos) ihre Entwicke- lung fortzusetzen, wie es bei einigen Coccidien vorkommt und nachträglich aus diesen letzteren Medien in den menschlichen Körper übergegangen wären, würden wir Thatsachen gehabt haben, welche ebenfalls sehr wohl die Malariaepidemiologie erklärt hätten. Demgemäss war es unmöglich, ohne den vollständigen Entwickelungscyklus der Malaria- parasiten des Menschen in den Mosgzuitos zu verfolgen, ganz sicher zu stellen, dass das Verhalten dieser Parasiten gerade das gleiche sei, wie bei dem von Ross studierten Parasiten der Vögelmalaria und dies war destomehr unmöglich, weil Ross kurze Zeit vorher einige, bei den Menschen wahrgenommene Malariafälle mitgeteilt hatte, welche, wie es schien, dadurch hervorgerufen wurden, dass den be- treffenden Patienten Wasser verabreicht worden war, das mit dem Defritus der Mosguitos, die das Blut eines Malariakranken gesaugt hatten, versetzt war, und ausserdem hatte er damals auch vier nach Stichen an Menschen »egativ ausgefallene Versuche mitgeteilt. * * * Als im Frühling 1898 Koch von seiner Reise in den Tropen zurückkehrend, einige Tage in Rom verweilte, teilte er u. a. auch mir seine Meinung bez. der Uebertragbarkeit der Malaria durch Mosguitos mit. Ich berichtete ihm die im Jahre ı890 in meinem Laboratorium angestellten nega- tiven Versuche und fügte noch hinzu, dass da in vielen Gegenden, wo niemals oder doch sehr selten Malariafälle vorkommen, die Mosguitos aber in grosser Anzahl und Häufigkeit anwesend sind, es gerecht- fertigt sei, anzunehmen, dass die Mosguitos nicht die Zwischenwirte der Malariaparasiten sind, oder dass vielleicht in Malariagegenden Cudicides oder andere besondere blutsaugende Insekten vor- kommen, welche in den nichtmalarischen Gegenden ganz fehlen. Im Juli desselben Jahres wurden die Reiseberichte und ein Vortrag Koch’s herausgegeben, in welchen die Malariafrage durch Argumente erläutert wird, welche die Mosguitostheorie unter- stützen. Dabei bezieht sich Koch auf die Analogie zwischen Malaria und Texasfieber und auf andere bei Tieren (Tsetsekrankheit) und Menschen (Filariakrankheit) vorkommende Krankheiten; nach Koch soll nicht der saugende Mosguito, der Malariaüberträger, sondern vielmehr dessen nächste Generation wieder imstande sein, mit Malariaparasiten zu infizieren. Von ihm wird eine von Malaria immune Insel und zwar die Insel Chole erwähnt, wo er keine AZosgzutos antraf!) und auch kein Mosgzuto- netz brauchte; die Malaria fehlt ferner im Gebirge und zwar von einer bestimmten Höhe an, näm- lich von 1200 ab; es ist dies ziemlich genau die Grenze für das Vorkommen der Mosquitos?). Die Malaria pflegt in jenen Jahreszeiten intensiver aufzutreten, in welchen die Mosgzaifos am zahlreichsten sind etc. Koch erwähnt auch manche Vorkommnisse, welche nachweisen sollen, dass wir der Ma- lariainfektion vorbeugen können, indem wir uns vor den Mosguitos schützen. Koch erzählt u. a. dass gewisse Neger den Mosgwito und die Malaria mit einem und dem- selben Namen bezeichnen: sie behaupten, dass diese Krankheit ihnen durch die Mosgurtos inokuliert wird. Es sei hier nebenbei erwähnt, dass man auch bei anderen Völkern so z. B. Italiens, Amerikas u. s. w. Spuren eines solchen Glaubens vorfinden kann. Meine Untersuchungen, welche aber, wie aus dem vorher Gesagten, sowie aus einer Mit- teilung Dionisi’s (12) hervorgeht, durchaus nicht von Koch angeregt wurden, sind vom mir am ı5. Juli 1898 begonnen worden. Bei diesen ging ich von dem Grundsatz aus, welchen ich bereits mit Koch besprochen hatte, nämlich dass, wenn die Malaria thatsächlich von den Mosguitos übertragen wird, es sich dabei um besondere, den Malariagegenden eigene Mosgwztosarten handeln müsse °). ı) Diese Beobachtung muss aber unvollständig sein. 2) Auch diese Beobachtung muss unvollständig sein. 3) Im 2rit. med. Journal vom 18. Juni 1898 machte Manson auf die Wichtigkeit, die vielen Mosgzztoarten Indiens und der anderen Malariaregionen zu studieren, aufmerksam. Diese einfache Bemerkung in einem medizinischen Blatte war mir, Zoologen — 19 — Da ich bereits ı890 festgestellt hatte, dass es Malariagegenden giebt, in welchen die Vögel und nicht die Menschen inficiert werden und dass die Malariaparasiten der Vögel, obwohl ähnlich, doch verschieden denen des Menschen sind, und da ich durch eigene Erfahrung wohl wusste, dass in solchen Forschungen die auf Analogie sich gründenden Argumente keinen streng wissen- schaftlichen Wert haben, so stellte ich die Vögel zur Seite und beschäftigte mich blos mit der Malaria des Menschen. Zu meiner grössten Ueberraschung fand ich schon am Anfange meiner Untersuchungen in Malariagegenden Cwkicidesarten vor, welche in den nicht von Malaria heimgesuchten Gegenden vermisst werden. Ich ersah alsbald, dass meine Untersuchungen sich nicht auf die Cuderdes beschränken durften, vielmehr erkannte ich als unbedingt notwendig, sämtliche übrigen haemato- phagen Insekten zum (Gegenstand meiner Forschungen zu machen. Endlich kam ich zu der Schluss- folgerung, dass, obwohl es einerseits eine Thatsache ist, dass in den Orten, wo Malaria herrscht, stets Culicides und anderweitige haematophage Insekten zu finden sind, andererseits man aber nicht das umgekehrte Gesetz gelten lassen darf, und zwar aus dem Grunde, weil die Malaria völlig fehlen kann, wo Cudlicides und anderweitige haematophage Insekten leben. Im allgemeinen gleicht nur ein kleiner Teil der Mosguitos der Malariagegenden denjenigen, welche in unmalarischen Orten leben; im grössten Teile sind sie durchaus verschieden. Diese Thatsache beseitigte den schwerwiegensten Einwurf, der gegen die Wosguztoslehre hätte aufgestellt werden können. : Nach Feststellung des allgemeinen Grundsatzes, vertiefte ich mich in das Studium der be- treffenden Arten und suchte zu bestimmen, welche Formen für besonders verdächtig gehalten werden müssten. Bei diesen als Leitfaden dienenden Voruntersuchungen zog ich nur die für Malariagegen- den specifischen haematophagen Insekten in Betracht, indem ich mich gleichzeitig auf die folgenden drei Sätze stützte. ı. Da in vielen Malariagegenden die Häufigkeit der Krankheitsfälle ausserordentlich hoch ist, müssen naturgemäss daselbst auch die malariaübertragenden Insekten sehr zahlreich sein und infolgedessen müssten die am häufigsten vorkommenden haematophagen Insekten als die verdäch- tigsten angesehen werden. 2. Diese am häufigsten vorkommenden Insekten mussten, falls sie beständig: in allen Malaria- arten vorzufinden waren, noch in höherem (Grade als verdächtig bezeichnet werden. 3. Sollte die Häufigkeit dieser Insekten sich mit der Jahreszeit, in welcher die Malariafälle zahlreich sind, zusammentreffen, so werden dieselben noch verdächtiger, enorm verdächtiger, so dass man sie sozusagen, „als die wahren Spione“ der Malaria bezeichnen könnte. Aus diesen unter solchen drei Betrachtungen ausgeführten Voruntersuchungen (in ganz Italien, Sicilien und Sardinien mitbegriffen) ergab sich, dass die „unter allen Mosgurtoarten verdächtigste die ist, welche vom Volk Moschino s. Zanzarone genannt wird und von den Naturforschern unter der Bezeichnung Anopheles claviger!) bekannt ist. Im Monat September schienen auch die Culex penicillaris im höchsten Grade verdächtig. Während in Maccarese die schwersten Malariaformen herrschten, kam daselbst sehr häufig ein Mosguito vor, welcher 1898 Ficalbi noch ganz unbekannt war, und den ich wegen der besonderen örtlichen Bedingungen Culex malariae (vielleicht Syn. von Culex vexans) benannte; diese Cwlexart schien mithin ebenfalls verdächtig. entgangen; auf jeden Fall war mein auf die Gegenwart der Stechmücken in malariafreien Gegenden begründetes Urtheil ein positiver Schritt, der von Manson nicht für die Lösung des Problems augedeutet worden war. ı) „Dieser ist als der wahre Anzeiger, der wahre Spion der Malaria zu betrachten. Die Beziehungen zwischen Aropkeles und Malaria sind so merkwürdig, dass man wirklich gezwungen wird, anzunehmen, dass der eine mit der anderen in Zusammen- hang stehen muss. Man muss hinzufügen, dass die Sumpfgegend zur Entwickelung dieser Species nötig ist (Mitteil. vom 29. Sept. 1898).'* 2% oO —— 20 — Zum Zwecke, epidemiologische Vorkommnisse der Malaria zu erklären, stellte ich gleich- ‚zeitig weitere Untersuchungen über die Lebensgewohnheiten des Amopheles claviger an. Ausser- dem gelang es mir, eine ganze Bauernfamilie vor der Malaria zu schützen; welche Thatsache in mir die Ueberzeugung, dass es genüge, sich vor den Mosgzuto zu schützen, um der Malariainfektion vorzubeugen, immer mehr befestigte. Nachdem ich solche Resultate erzielt hatte, kehrte ich am 25. September 1898 nach Rom zurück mit der Absicht, meine Untersuchungen fortzusetzen und namentlich, um zahlreiche zu diesem Zwecke aufbewahrte Mosgzxrtos zu sezieren, welche aus Wohnzimmern, worin Malariakranke wohnten, stammten. In Rom hörte ich überall über Koch sprechen, welcher seit dem ı2. August in Italien war als Chef einer wissenschaftlichen Expedition behufs eingehender Studien über Malaria; jedermann bestätigte, dass er nach ungefähr 5o Tagen die Malariafrage gelöst und die Mosgzuto- theorie auf feststehender Grundlage aufgebaut hatte. — Ich öffne hier eine Paranthese, um zu er- klären, dass, wenn ich im speziellen Fall der Malaria Koch kritisieren muss, ich dies mit grossem Bedauern thue, da ich stets ein aufrichtiger Verehrer dieses unsterblichen Wohlthäters der Menschheit war und auch heute noch bin. — Indessen war Bignami, trotz seines J/osgarfozimmers, in welchem er mehrere Menschen schlafen liess, welche von den, aus Malariagegenden stammenden Wasser sich entwickelten, A/osguztos gestochen wurden, zu keinen positiven Resultaten gelangt! — Obgleich Bignami die richtige Hypo- these aufgefunden, konnte er leider nicht weiter hinaus! Nun, nach den vermuteten Ergebnissen Koch’s, überlegte ich mir die Sache näher und kam zu dem Entschluss, eine Mitteilung herauszugeben, welche beweisen sollte, dass ich auch den richtigen Weg angebahnt hatte und dass es mir, wenn man mir ein wenig mehr Zeit gegeben hätte, auch gelungen wäre, ebenso wertvolle Resultate zu erreichen wie sie Koch, welcher über reichere Mittel verfügte, in kürzerer Zeit erzielt hatte. Unter solchen Voraussetzungen erschien am 29. September 1898 meine erste vorläufige Mit- teilung, nach welcher hauptsächlich der Anopheles clavıger als Malariaüberträger beschuldigt wurde (27). Diese Mitteilung wurde von mir sofort an Herrn Prof. Koch gesandt. Während der Veröffentlichung dieser Mitteilung in der Absicht, sobald als möglich die ex- perimentellen Untersuchungen einzuleiten, fand ich es für zweckmässig mir als Mitarbeiter die Flerren DDr. Bignami und Bastianelli zu wählen, welche über die Krankensäle des »Ospedale Santo Spirito« verfügten und mit deren Hilfe ich die Versuche auszuführen gedachte. Ich hatte Bignami den Vor- schlag gemacht, den ihm bisher stets negativ ausgefallenen Versuch mit den von mir bestimmten MWos- guitos za wiederholen, und ausserdem hatte ich auch Bastianelli vorgeschlagen, mit mir zusammen das Schicksal der Malariaparasiten im Mosgautokörper u. Ss. w. zu erforschen. Mit vollem Mut und Eifer begannen wir nun unsere gemeinsame Arbeit. Dieser unser Enthusiasmus wurde jedoch von Herrn Prof. Koch nicht geteilt, denn als er mit seinen Assistenten, den Professoren Pfeiffer und Kossel, seinen Abschiedsbesuch bei den römi- schen Aerzten abstattete, sagte er ungefähr folgendes: Wenn wir abends im Garten meiner Wohnung sitzen, welche sich dort befindet, wo vor einigen Jahren der berühmte Wald Berlins (Grunewald), der zum Teil in hochgesunde, pracht- volle Villen umgewandelt worden ist, stand, werden wir des öfteren von Anmopheles gestochen. In meinen eigenen Schlafzimmern kommen Anopsheles vor. Grassi hat sogar bei der Klassifizierung dieser Dipteren gefehlt: solche Anopheles werden wissenschaftlich als Amopheles maculipennis und nicht als Anopheles claviger bezeichnet.« — Es scheint demnach, dass es Koch unbekannt war, dass beide Bezeichnungen Synonimen bilden! — Ein solches Urteil, welches mir auf ausdrücklichen Wunsch Koch’s mitgeteilt worden war, musste, wie es thatsächlich geschah, eine Unterbrechung in unseren Untersuchungen zur Folge haben, und wurde uns diese Unterbrechung, da die für uns geeignete Jahreszeit bald zu Ende war, in ge- —= 21 — wissem Masse sehr nachteilig. Aus den Worten Koch’s musste ich — und wie hätte ich anders gekonnt? — annehmen, dass er die Unschädlichkeit, des Anopheles claviger nachgewiesen habe. Ich sagte mir, dass Koch ohne Zweifel infolge direkter Versuche zu dieser Schlussfolgerung gekommen sein müsse, nicht nur nach einfachen Vergleichen, da solche Vergleiche hier doch gewiss nicht am Platze sind. Und gerade deswegen, und trotzdem ich schon wusste, dass Ficalbi das häufige Vorkommen des Anopheles claviger in Mittel-Europa festgestellt hatte, fand ich, dass diese Thatsache keinen Einwand gegen meine obenerwähnten Induktionen bilden konnte. Und in der That, selbst wenn man die Identität der obengenannten Anophelesart Deutsch- lands mit der Italiens annehmen will (eine Thatsache, die ich neuerdings bewiesen, über welche aber früher einige Zweifel existierten), so genügten die wesentlichen Temperaturunterschiede, da es sich um den Uebergang eines Parasiten aus dem Körper eines warmblütigen Thieres in den eines Ralt- blütigen, wie der Mosgurto einer ist, handelt, uns die verhältnismässige Schwierigkeit, womit sich die Malaria in Norddeutschland verbreitet, und folglich die Abwesenheit der Malariakrankheit im Grune- wald, trotz der sich dort befindenden Anopheles, zu erklären. Ferner möchte ich hier noch bemerken, dass es in Deutschland nicht so häufig wie in Italien vorkommt, dass die Malariakranken sich gar nicht um ihre Krankheit bekümmern, ein Umstand der nicht wenig dazu beiträgt, die Verbreitung der Malaria zu verhindern. Auch ist es durchaus nicht unmöglich, dass heute oder morgen auch in einem Stückchen Paradies, wie es der Grunewald ist, plötzlich eine Malariaepidemie ausbrechen könnte, durch welche die dort so glücklichen Einwohner verscheucht würden! Leider war ich mithin fest überzeugt, dass Koch durch direkte Experimente die Schuld des Amopheles clawiger!) ausgeschlossen hatte und dies angenommen, musste ich meinen Indizien- process auf anderartige M/osguzıtos, die mir bis dahin vielleicht auch entgangen waren, ausdehnen. Zu meinem (rlücke aber geschah eine Thatsache, die wie ein Blitz das mich umgebende Dunkel erhellte. Mein armer Diener, der mir bis dahin mit dem grössten Eifer geholfen hatte, wurde plötzlich von Malariafieber heimgesucht. Dies war ein Unglück für ihn und für mich, aber trotzdem musste ich erkennen, dass nicht alle Uebel nur Schaden bringen, da ich ganz sicher sein konnte, dass er nur von den drez, von mir als verdächtig bezeichneten A/osgwzfosarten gestochen worden war. Bei der 2. Auflage meiner vorläufigen Mitteilung (Polelintco, Anfang October) habe ich diesen Fall hinzugefügt und man findet dort auch die obenerwähnte die Temperatur betreffende Bemerkung. Einige Tage nachher brachten mehrere politische Zeitungen Italiens eine schlechte Zusammen- fassung meiner Note (welche von Koch in der ebenerwähnten Weise beurteilt worden war), und gaben sie für eine Entdeckung des deutschen Forschers aus! Nach dieser Botschaft konnte ich wohl behaupten, dass meine Schlussfolgerungen wenigstens teilweise gerechtfertigt waren, und sah infolgedessen dem Ergebnis des Zxperimentum cerucıs, welches ich in Gemeinschaft mit Bignami vor der Abreise Koch’s eingeleitet hatte, mit vollem Vertrauen entgegen ?). Nach den vielen negativen, im Vorhergehenden besprochenen Versuchen mit negativen Re- sultaten musste jetzt, wo die Mosgartos, die wirklich im Stande waren, die Malaria zu übertragen, angewandt wurden, endlich ein positives Resultat zu Stande kommen. Jedoch blieb das gewünschte Resultat zu lange aus und man fing an daran zu zweifeln; Bignami liess keine neuen Aosgzutos mehr ins Versuchszimmer bringen und ich fuhr fort mein Hirn zu martern, um eine Erklärung zu finden, warum die von MalariawzosgazrZtos gestochenen Menschen von der Malariainfektion verschont blieben. 1) Thatsächlich aber hatte er, wie ich viele Monate später erfuhr, Experimente angestellt, die alle negativ aus- gefallen waren. 2) Als Bignami dieses Experiment veröffentlichte, scheint er ganz vergessen zu haben, dass ich es gewesen, der ihm dasselbe vorgeschlagen und dass es von uns beiden zusammen ausgeführt wurde, — 22 — In Maccarese schien es, als ob alle Anopheles sich in die Wohnungen zurückgezogen hätten, wo sie jedoch auch nur verhältnismässig spärlich vertreten waren; im Freien aber waren stets Culex penicillaris und C. malariae wahrzunehmen. Diese zwei letzteren Mosgwitosarten wurden nun auf- gefangen und dann in Glasgefässen nach Rom gesandt, wo sie in dem Zimmer, in welchem sich unsere: zwei Versuchsindividuen befanden, geöffnet wurden. Ich fragte mich, ob vielleicht durch die Bewegungen während der Reise, oder durch den Aufenthalt in den verschlossenen Gefässen u. s. w. bei den Insekten eine Speichelelimination, mithin auch Malariaparasitenelimination verursacht sein könnte; versuchte den Misserfolg durch neue Hypo- thesen zu erklären, hoffte immer, doch immer vergebens und war entschlossen die Versuche sofort in anderen besser geeigneten Orten zu wiederholen. Glücklicherweise, da ich seit langem die Gewohnheit habe, meine Versuche stets zu vollenden, selbst wenn die betreffenden Resultate negativ ausfallen, um sie dann zu geeigneter Zeit verwerten zu können, liess ich gegen den 2oten Oktober in dem Versuchszimmer ein, wenige Anopheles claviger') enthaltendes Gefäss öffnen: es handelte sich nun um ebendieselbe A/osguitosart, von welcher Koch in der oben erwähnten Weise gesprochen hatte. Meine Absicht war eben bloss festzustellen, dass die Versuche mit sämtlichen drei Mosgwitosarten negativ ausgefallen waren. Zum Glücke sollte dies jedoch nicht der Fall sein: am ı. November konnten wir in unzwei- deutiger Weise den ersten Fall von Malariainfektion durch den Stich der von mir als verdächtig bezeichneten AZosguitos verzeichnen. Ich wiederhole, dass diese Mosgurtos in einer Malariagegend gefangen, nach Rom gebracht und in ein Zimmer des Öspedale S. Spirito, welches hochgelegen und zweifelsohne von der Malaria immun ist, eingeführt worden waren. Ein Mann, welcher bis dahin nie von Malaria heimgesucht worden war, erkrankte an der- selben, nachdem er in diesem Zimmer geschlafen hatte, durch die Stiche der in demselben eingeführten Mosguitos?). — Es war ein einziger, doch aber ganz absolut einleuchtender Versuch®). — So wurde dadurch endlich der dicke Schleier, welcher bis jetzt das Malariageheimnis verhüllt hatte, ein wenig zur Seite geschoben. Da Koch noch nichts darüber veröffentlicht hatte und die Nachrichten der politischen !) Zeitungen sich inswischen als unbegründet erwiesen hatten, hielten wir uns verpflichtet, die frohe Botschaft sofort mitzuteilen. Die Presse der ganzen Welt kommentierte unsere Mitteilung auf die mannigfachsten und ver- schiedensten Weisen, doch lohnt es sich nicht, dieselben hier zu wiederholen. ı) Diese Anophelen, die ich selbst in Maccarese gesammelt hatte, wurden am 19. oder 20. Oktober in das Zimmer gebracht. 2) Bignami vergass zu bemerken, dass der infizierte Mann vor unserem Experiment zuweilen an leichteren Fiebern ge- litten hatte, welche aber nicht malarischer Natur waren. Um eine vollständige Geschichte des Falles zu geben, muss ich auch hinzufügen, dass in dem Zimmer des Kranken verschiedene Blumentöpfe aufgestellt worden waren, um die Mosguitos am Leben zu erhalten; dies geschah mit der Genehmigung meines Mitarbeiters. 3) Meine vorhergegangenen Untersuchungen konnten wohl als Antwort gelten auf einen Einwand, welchen ich in einer meiner Mitteilungen erwähnt habe (29). Von anderen Forschern wird bemerkt: in dem WVersuchszimmer waren zahlreiche ab- gestorbene, getrocknete, mehr oder weniger verstaubte Mosgzztos vorhanden, demzufolge dürfte man wohl vermuten, dass die im Mosgwitokörper sich entwickelten Parasitenkeime in die Luft emporgehoben worden waren, und in solcher Weise habe vielleicht die Malariainfektion ohne Mosgzztostiche stattfinden können.« — Ganz abgesehen davon, dass ein solcher Einwand unbegründet und unwahrscheinlich ist, wird derselbe namentlich durch die Thatsache entkräftigt, dass in Rovellasca mehrere Menschen zufällig während vieler Tage in einer Wohnung, wo sich gerade abgestorbene, verstaubte Wosguztos (Anopheles) vorfanden, gelebt hatten, ohne dass je einer von ihnen von der Malaria infiziert wurde. 4) Da die politischen Zeitungen sich sehr mit den Mitteilungen Koch’s beschäftigt haben, muss man dieselben in der Geschichte dieser Angelegenheit in Rechnung bringen. Uebrigens scheinen mir die bier mitgeteilten Einzelheiten nicht unzweckmässig zu sein, aus dem Grunde weil dieselben den von mir verfolgten Weg klariegen und die Herausgebung der betreffenden zahlreichen vorläufigen Mitteilungen rechtfertigen. = 23 —- Nur von einem dieser Urteile, das uns zu schmerzlich berührt, darf ich nicht schweigen. Es wurde uns der Vorwurf gemacht, dass wir inhuman gewesen, weil wir unsere Versuche mit einem Menschen angestellt hätten, trotzdem sich derselbe ganz spontan und mit voller Kenntnis der Gefahr dazu hergegeben hatte, und wir ihn sofort behandelten und rasch vollständig heilten. Ich aber frage: ist es vielleicht nicht gestattet, so viel Arbeiter, wie man will, in jede beliebige Malariagegend zu schicken, um daselbst die Ernte einzuholen und auf diese Weise die meisten der Arbeiter mit Malaria zu infizieren, und das nur für den geringen Nutzen von wenigen Franken? Und wenn dies gestattet, warum sollte nicht erlaubt sein, einem Menschen in den angegebenen Verhältnissen, und zum Zweck einer hochwichtigen wissenschaftlichen Frage, die Malaria zu infizieren? Auch schien es manchen, dass wir bei unseren Versuchen empirisch vorgingen, und dass wir den Parasiten im NMosguztokörper hätten verfolgen sollen, um zu sehen, was daraus entstände! Ich glaube aber nicht Empiriker gewesen zu sein: ich hatte die verdächtigen Mosguztosarteu bestimmt, hatte in Gemeinschaft mit Bignami festgestellt, dass der Stich derselben die Malaria her- vorbringen könnte; die übrigen Untersuchungen mussten selbstverständlich nachträglich angestellt werden. Thatsächlich begannen wir zu dritt diese Untersuchungen, d. h. ich selbst, Bignami und Bastianelli. Die von uns erwählte Aufgabe ward aber weit schwieriger, als wir sie uns gedacht hatten. Glücklicherweise werden in den Umgegenden Roms die Culex penicillaris und malariae vom 20.—30. Oktober stets seltener; vom ıo. November an gab es deren fast keinen mehr, während man daselbst aber fortwährend unbestreitbar neue Malariainfektionen in erst seit kurzem aus gesunden Gegenden angekommenen Individuen beobachten konnte. Ausserdem konnte ich in Lentini (Sicilien) beobachten, dass die Malaria dort während der Monate Oktober und November in intensivster Weise auftrat, ohne dass es möglich wäre Cxrlex penicillaris und malariae dort aufzufinden. Ich muss hier hinzufügen, dass die Jäger, die sich hauptsächlich in der zweiten Hälfte des Monat September und in der ersten Hälfte des Monat Oktober nach Maccarese begaben, schrecklich von diesen beiden Crulex gequält wurden, ohne jedoch je an der Malaria zu erkranken — soweit dies wenigstens aus meinen Nachforschungen hervorgeht. Diese unbestreitbaren Thatsachen, welche mich glauben liessen, dass die Culex penicillaris und ‚zalariae unschuldig seien, gaben mir mein ganzes Vertrauen in die Anopheles claviger wieder zurück und überzeugten mich vollständig, dass die Malaria entweder durch die Anopheles über tragen werden oder dass die ganze Mosgartotheorie überhaupt verworfen werden muss. Da nun aber der zweite Teil des Dilemmas nicht annehmbar war, musste der erste Teil wahr sein, trotz der ent- gegengesetzten Meinung von Koch. Indessen fuhr ich fort, die Anopheles claviger zu sammeln, während Bignami und Bastia- nelli ihrerseits fortfuhren, Malariakranke stechen zu lassen, jedoch immer ohne Resultat und zwar aus anderen damals unbekannten Gründen, von denen wir später sprechen werden. Endlich, nach wiederholten Versuchen, entdeckten wir doch im Körper des Amopheles claviger die erste Stufe des Evolutions-Cyklus eines Mälariaparasiten des Menschen, wie dies aus unserer Veröffentlichung vom 4. Dezember 1898 hervorgeht (22). Am 22. Dezember desselben Jahres konnten wir bereits in einer anderen Veröffentlichung (23 den ganzen Cyklus mitteilen, welchen ich in dieser Arbeit genau beschreiben werde. Kurze Zeit vorher wurde von den politischen Zeitungen die Nachricht bekannt gemacht, dass Koch im Begriff stände, die Ergebnisse seiner Expedition in Italien zu veröffentlichen, aber diese Veröffentlichung erschien erst am 2. Februar 1899, trug jedoch das Datum ı7. November 1898 (46). Koch schweigt in derselben vollständig über unsere Entdeckungen. Seine Resultate beschränken sich fast nur auf eine teilweise Bestätigung der von Ross an den Vögeln gemachten Beobachtungen, nämlich, dass eine Parasitenart der Vögelmalaria durch einen besonderen blutsaugenden Dipteren übertragen wird. — 24 — Gleichzeitig wurde uns gesagt, dass von manchen die Zuverlässigkeit unserer Ergebnisse bezweifelt werde! Aus diesem Grunde sahen wir uns veranlasst in einem neuen Berichte unserer Forschungen über die Malaria, welcher der »Accademia dei Lincei< am 5. Februar überreicht wurde, ausdrücklich zu be- tonen, dass »die zur Begründung der, in unseren vorläufigen Mitteilungen angegebenen Ergebnisse, dienenden Präparate im Ospedale S. Spirito, sowie im Laboratorium des Instituts für vergleichende Anatoinie in der Kgl. Universität zu Rom für jeden sich dafür interessierenden sichtbar wären« (24). Weder Koch noch ein seiner Schule Angehörender liess sich blicken. Dessen ungeachtet wurden die Verdächtigungen gegen uns fortgesetzt. Noch am 28. Mai 1899 hielt Herr Dr. Lieb- hertz vor der Senckenbergischen Gesellschaft in Frankfurt a. M. einen Vortrag über die Koch- schen Entdeckungen und fügte — nach den politischen Tagesblättern — hinzu, dass die italienischen Forscher bereits Versuche an Menschen angestellt hätten und behaupteten, zu positiven Ergebnissen zu Gunsten der Mosguitotheorie gelangt zu sein, natürlich aber bedürften solche Angaben die dazu unbedingt notwendige Bestätigung. Dr. Liebhertz sprach alsdann noch den Wunsch aus, dass Koch endlich den letzten Schleier, der noch das Wesen der Malaria umhülle, entfernen möchte !). Wie bekannt, war Koch schon seit dem 23. April 1899 in Grosseto (in der Nähe Roms). Das ganze Jahr 1899 wurde von mir der Malaria gewidmet. Bis Mai 1899 arbeitete ich in Gemeinschaft mit Bignami und Bastianelli; im Februar (24) und Mai (25) desselben Jahres liessen wir durch die »Accademia dei Lincei« zwei weitere Mitteilungen erscheinen. Alsdann fassten wir die von uns gemeinschaftlich ausgeführten Untersuchungen in einer von der »,Societüa par gli studi sulla Malaria« veröffentlichten Mitteilung — »Ciclo evolutivo delle semilune nell’ Anopheles claviger e Altri studi sulla malarıa dall’ ottobre 1898 al maggio 1899 di B. Grassi, A. Bignami e G. Bastianelli (21) zusammen. Aus diesen Mitteilungen ergiebt sich, dass die Malaria bei den Menschen durch Anopheles claviger, Anopheles superpictus, Anopheles bifurcatus var. nıgripes übertragen wird. Gleichzeitig teilten Bastianelli und Bignami in zwei Arbeiten (2ı) ihre Ergebnisse über die Entwickelung der Tertianaparasiten und über die Struktur der Malariaparasiten (insbesondere der Gameten und der aestivo-autumnalen Malariaparasiten) mit. Bei der ersteren der genannten Arbeiten sind ausführlich die Beobachtungen und die Ver- suche beschrieben, bei welchen ich, wie übrigens aus unseren gemeinschaftlichen vorläufigen Mit- teilungen hervorgeht, wesentlich mitgearbeitet habe. Leider kann ich mich fast mit keiner der neu hinzugefügten Angaben einverstanden erklären. In ihrer Mitteilung über die Struktur der Malariaparasiten modifizieren die genannten Autoren das, was sie früher (1893) veröffentlicht haben, und geben zu, dass ich und Feletti (1890) schon den Kern des Malariaparasiten deutlich gesehen hatten. Meiner Meinung nach hätten be- treffende Autoren diese Thatsache deutlicher darstellen müssen, und zwar um so mehr, da ihre neue Arbeit mit der unsrigen in mehreren Punkten übereinstimmt. Wenn es mir gestattet ist, meine Meinung aufrichtig auszusprechen, so muss ich doch sagen, dass weder unsere im Jahre 1890, noch die von den oben erwähnten Autoren nach Romanowski angewendete Methode uns einen vollkommenen Aufschluss über die so überaus schwierigen cyto- logischen Fragen inbetreff der Malariaparasiten zu geben vermögen. ı) Dieser Vortrag des Herrn Dr. Liebhertz wurde alsdann in den ersten Tagen des Monats November (1899) heraus- gegeben. Er enthält nichts Neues, nur erscheinen darin die gegen unsere Forschungen aufgestellten Verdächtigungen ein wenig milder zu sein, als wie es s. Z. in den politischen Zeitungen veröffentlicht wurde. — 25 =—- In der obenerwähnten, mit Bignami und Bastianelli gemeinsam veröffentlichten Mitteilung steht wohl geschrieben, dass dieselbe auf Wunsch der ».Soczefa par gli studi sulla Malaria« heraus- gegeben worden war, welche uns die dazu nötigen Geldmittel verschaffte, und auch dass die feine Struktur des Parasiten als Gegenstand einer späteren Arbeit vorbehalten sei, aber ich hätte ge- wünscht, dass deutlicher gesagt worden wäre, dass die Arbeit nicht als ein cytologischer Beitrag über die Parasiten aufzufassen sei. Ich halte es nämlich für meine Pflicht hier zu erklären, dass die von uns gebrauchten Konservationsmethoden nicht zweckentsprechend waren, besonders, da das Formalin bedeutende Veränderungen verursacht, so dass die von uns damals streng genauen Abbildungen leider zum grössten Teil unvollkommene Präparate wiedergeben. Dies war auch der Grund, dass ich mich der undankbaren Mühe unterzog, die ganze Arbeit — wie man später sehen wird — nochmals zu machen. Auf diese Weise fand ich, dass die vielen Unterschiede, welche Bignami und Bastianelli zwischen den Tertiana- und den aestivo-autumnalen-Parasiten angeben, zum grössten Teil auf die unvollkommene Konservierungsmethode, sowie zum Teil auch auf das ungenügende Material zu- rückzuführen sind. So könnte z. B. die diesbez. Abbildung, welche eigentlich eine gequollene, keinen deutlichen Kern aufweisende, verdickte und verkürzte Sporozoiten enthaltende Speicheldrüsenzelle wiedergeben sollte, eben so gut eine der vielfachen Veränderungen darstellen, welche das Speichel- drüsensekret erfährt. Wie wir später sehen werden, brauchen erwähnte Autoren das Wort Kern (nzcleo), um das kernchenförmige Körperchen (corpzscolo nucleolforme von Grassi und Feletti) — welches neuerdings Karyosom genannt wird — der Tertianaparasiten im Leib des Aropheles zu bezeichnen. Meinerseits liess ich (22. Juni und 17. September) noch zwei »vorläufige Mitteilungen« (31 u. 32) erscheinen. In der ersteren erklärte ich auf Grund genauer Versuche, dass die Malaria beim Menschen auch durch den Anopheles pseudopictus und den typischen Anopheles bifurcatus übertragen wird, und dass ausser den JAzopheles in Italien kein anderes Insekt dazu fähig ist. Ich kam zu der Schlussfolgerung: »da nun alle die in Italien lebenden Anophelesarten die Malaria übertragen, man wohl dazu berechtigt sei, jede in anderen Ländern vorkommende Anophelesart, vorausge- setzt, dass dort günstige Temperaturverhältnisse vorhanden sind, als Malariaüberträger anzusehen.“ Die zweite dieser Mitteilungen füllte die in den vorherigen vorhandene Lücke aus, d. h. es gelang mir festzustellen, was in den Malariaparasiten vor sich geht, bevor sie in die Darmwandung eindringen; ich konnte wahrnehmen, wie sich das Würmchen (Zygote) bildet, und ich verfolgte es bis zu seinem Eintritt in das Darmepithel. In einer populären Broschüre machte ich zahlreiche Beobachtungen über die I.ebensgewohn- heiten der Anopheles bekannt, wie ich dies bereits zum Teil in meinen vorläufigen Mitteilungen an- gedeutet hatte (33). Ich kann nicht fortfahren, ohne die von Dionisi allein bei den Malariaparasiten der Fleder- mäuse (13) genauen, äusserst sorgfältig angestellten Untersuchungen und seine Forschungen in betreff des Verlaufs der Malariajahreszeit, von dem Gesichtspunkte der neuen Lehre aus, zu erwähnen. Er hatte die Liebenswürdigkeit, mir stets seine Ergebnisse vor der Veröffentlichung mitzuteilen, so dass ich öfters daraus Vorteil schöpfen konnte. In Gemeinschaft mit ihm veröffentlichte ich eine vorläufige Mitteilung über die Grameten der Malariaparasiten (26). In dieser Mitteilung haben Dionisi und ich, indem wir das, was von Manson teilweise vorausgeahnt, ergänzten, den richtigen Begriff über den Entwickelungscyklus der Malariaparasiten festgestellt, d. h. wir erklärten ihn als einen Generationswechsel, d. h. Meiagenesıs oder besser, meiner Benennung nach, Cyfometagenesis. Wir haben so vor allen, sämtliche beobachteten Thatsachen auf einen einheitlichen Stand- punkt zurückgeführt, nämlich, dass bei dem Entwickelungscyklus der Malariaparasiten, sowie bei Grassi, Die Malaria. 4 N N 3/2 0m NS wWIILIBRARY zZ nm ._. en 26 — dem aller Protozoa zu einer gewissen Zeit notwendigerweise die Befruchtung vorkommt, welche bei den Malariaparasiten ausschliesslich im Körper besonderer Mosgwitoarten stattfindet !). Bis jetzt habe ich die italienischen Arbeiten erwähnt; doch beschäftigten sich auch andere Autoren mit diesen Forschungen. Thatsächlich kehrte die Koch’sche Expedition am 23. April wieder nach Italien zurück, worüber ich mich aufrichtig freute, da ich ganz überzeugt war, dass die- selbe die von uns in der » Accademia dei Lincei« mitgeteilten Ergebnisse, welche wir auch durch Versuche und Präparate jedem, der sich dafür interessiert hatte, bewiesen hatten, völlig bestätigen würde. Die grossen ausreichenden Mittel, über welche Koch verfügte, die ihm von der italienischen Regierung gewährten Erleichterungen, hatten ihm einen glatten Weg. bereitet, welcher im Gegenteil für uns stets voll Schwierigkeiten und Sorgen gewesen war: ich erwartete nun deshalb ein baldiges Effatum, leider wurden meine Hoffnungen auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Nur in der ersten Hälfte des Monats September (1899) konnte die wissenschaftliche Welt von den Resultaten der Koch- schen Expedition unterrichtet werden, und zwar durch zwei Mitteilungen: deren eine, in der Zeitschrift für Hygiene Bd.XXH, H. ı, 8. September 1899 (worin die Mitteilung Koch’s keine besondere Datum- angabe enthält) und die zweite, in der Deuischen med. Wochenschrift, ı4. September 1899 (bei welcher ebenfalls kein Datum angegeben wird). Durch die erstere dieser Mitteilungen vernichtet Koch alle unsere mühsamen Untersuchungen, indem er dieselben für unvollkommen und nicht beweisend erklärt. Und aus welchem Grunde? Nur weil er in dem Amopheles maculipennis (claviger), 36 Stunden, nachdem derselbe Halbmondformen enthaltendes Blut aufgesaugt hatte, die würmchen- artigen Gebilde nicht vorgefunden hatte: die Malariaparasiten waren wohl noch nachweisbar, jedoch in Zerstörung begriffen. Er hat ferner in den Gift(Speichel-)drüsen des Anopheles Sichelkeime (Sporozoiten) aufgefunden, welche gewiss nicht zu den Malariaparasiten des Menschen gehören, da diese Mosgurtos teils aus nicht- malarischen Gegenden herstammten, teilweise wohl in Malariagegenden, aber in der kalten Jahreszeit, gefangen worden waren. ‚Diese Befunde lehren — sagt Koch — dass wir uns hüten müssen, alle coccidienartigen Parasiten und Sichelkeime, welche uns zufällig in Mücken begegnen, ohne weiteres als den menschlichen Malariaparasiten zugehörig anzusehen. Wir werden hierzu nicht eher berechtigt sein, als bis es uns gelungen ist, ebenso wie beim Proteosoma, in exakt durchgeführten Untersuchungen die ganze Entwickelungsreihe klarzulegen.« Beim Lesen dieses Urteils fragte ich mich unwillkürlich, ob es wohl gestattet sei, so mit einem Schlage alles das niederzureissen, was mit vieler Mühe und Arbeit von Personen aufgebaut worden war, welche — obwohl weit davon entfernt, in der Wissenschaft den Rang Koch’s einnehmen zu wollen — doch bereits deutliche Beweise ihrer Zuverlässigkeit geliefert haben! — Dies ist um so mehr auffallend, als Prof. Koch die Solidität unserer Arbeit bloss durch Versuche, welche auch nicht den hundertsten Teil der von uns gemachten Untersuchungen bildeten, bestreiten will! Den von Koch erzielten negativen Resultaten standen unsere folgenden positiven Ergebnis- reihen gegenüber: ı. Mehrere Malariafälle, die zweifelsohne ausschliesslich durch den Stich der Anopheles maculipennis hervorgerufen worden waren. l) Schaudinn (79) hat neulich die letzten, neueren Untersuchungen genau zusammengestellt und hervorgehoben, dass der Gene- rationswechsel der Malariaparasiten mit dem von ihm vorher entdeckten Generationswechsel der übrigen Sporozo@n übereinstimmt. In der von mir und Dionisi veröffentlichten vorläufigen Mitteilung (durch welche zum ersten Male der Evolutionscyklus der Malaria- parasiten als Generationswechsel erklärt wurde) steht schon eine Angabe darüber, welche vielleicht Schaudinn übersah; wir schrieben dort nämlich: »Wir können den Entwickelungscyklus der Haemosporidien durch eine Formel bezeichnen, welche in geradezu wunder- voller Weise mit den neuesten Forschungen über die übrigen Sporozoen übereinstimmt«. — In einer vorläufigen Mitteilung konnten wir nicht gut über diese Grenze hinausgehen. Fr 97 — tl 2. Zahlreiche Infektionen von Amopheles, welche das Blut von Malariakranken aufgesaugt hatten. Dass die betr. Infektionskeime schon vor der Aufsaugung des infizierten Menschenbluts bei den Anopheles vorhanden waren, wurde in beweiskräftigster Weise durch folgende Thatsache aus- geschlossen: a) Trotzdem sich alle Versuchsaropheles in gleichen Verhältnissen befanden, blieb die In- fektion bei denjenigen, welche zu gleicher Zeit nur gesunde Menschen stachen, völlig aus. b) Die neugeborenen Anopheles, welche noch nicht Malariakranke gestochen hatten, zeigten ebenfalls die Infektion. In diesen neugeborenen Amopheles werden die Malariaparasiten nie aufge- funden; noch entwickeln sich dieselben in ihnen, wenn sie nur mit dem Blute gesunder Menschen genährt werden. c) Die in dem Darmkanal der Anopheles wahrgenommenen Entwickelungsstufen der Parasiten entsprachen genau dem Tage, an welchem der Anopheles Malariablut gesaugt hatte: je mehr dieser Tag entfernt war, je weiter vorgeschritten waren die Parasiten in ihrem Entwickelungsgrad. Wenn der Anopheles wiederholt, z. B. jeden 2.—3. Tag, das Malariablut aufgesaugt hatte, waren die be- treffenden Entwickelungsstadien verschieden und standen im Verhältnisse zu der Anfangszeit. d) Der sich entwickelnde Parasit zeigt anfangs unzweifelhafte Abweichungen, je nachdem es sich um Tertianaparasiten oder um Halbmonde handelt. e) In den Wohnstuben der Malariakranken wurden zahlreiche infizierte Anopheles gefunden (mit Ausnahme jener Monate, während welcher keine oder sehr selten primitive Malariafälle beobachtet worden waren). Die aus Ställen und Hühnerhäusern herstammenden Anopheles waren nur aus- nahmsweise mit der Infektion behaftet. f) Die Menge der Parasiten bei der Arnophelesinfektion stand in direktem Verhältnis zu der von ihnen mit dem Blut aufgesaugten Menge der Gameten. g) Primitive Malariafälle wurden in Zeiträumen und Orten beobachtet, wo eben unter allen anderen Mosguitoarten nur die Anopheles die Infektion übertragen konnten. Für Koch haben alle diese Thatsachen leider keinen Wert, und zwar nur deswegen, weil wir das weitere Schicksal der Gameten im Lumen des Mitteldarms des Anopheles während der ersten 4o Stunden, nachdem die Anopheles dieselben mit dem PBlute aufgesaugt hatten, nicht bestimmt haben. Ich gebe wohl zu, dass dies eine Lücke bei unseren Untersuchungen bildet, welche jedenfalls von der Schwierigkeit der Technik dem spärlichen Material gegenüber hervorge- rufen wurde. Uebrigens bestand zuerst für das Proteosoma der Vögel bei den Untersuchungen von Ross derselbe Mangel: die Beseitigung desselben ist eben das, was Koch zur Aetiologie der Vögel- malaria beigetragen hat. Auch konnte ich, wie schon oben erwähnt, gerade als Koch seine Kritik veröffentlichte, in der «Accademia dei Lincei» (32) mitteilen, dass ich auch die «Würmchen» entdeckt und deren Bildung im Darmlumen bis zu ihren Eintritt in das Epithelium verfolgt habe; ich besitze sogar ein Präparat, welches dieses Moment des Eindringens deutlich darstellt. Ich war aber unserer Resultate ganz sicher, und aus diesem Umstand ist es wohl zu er- klären, warum ich in meiner neuen Mitteilung (32) keine besondere Wichtigkeit darauf gelegt habe, diese von uns sehr wohl erkannte Lücke auszufüllen. Es scheint mir aber, dass, wenn man, wie es Koch gethan hat, die angegebene Herkunft der von uns bei den Azopheles untersuchten Parasiten nur deshalb leugnen will, weil bloss die Kenntnis von deren erster Entwickelungsstufe fehlt, es genau so wäre, als ob man nicht annehmen wollte, dass das menschliche Embryo durch Befruchtung des Eies vermittelst des Spermatozoon zur Bildung kommt, nur aus dem Grunde, weil die betreffenden Entwickelungsstufen desselben noch nicht wahrgenommen worden sind. Dass die obenerwähnten Experimente Koch’s mit den Anopheles negativ ausgefallen, wundert mich gar nicht, weil auch mir dasselbe öfters vorgekommen ist; ich schrieb diesen Miss- 4* —- 28 — erfolg den Anopheles selbst, oder dem Zustand der Halbmonde zu. Damit darüber kein Irrtum vor- kommt, muss ich hier noch bemerken, dass ich gleichfalls häufig Malariakranke mit Halbmonden vorgefunden habe, welche mehrere Tage lang go Prozent der Aropheles zu infizieren vermochten. Uebrigens kommen, wie bekannt, auch bei den anderen parasitären Krankheiten, ähnliche negative Fälle vor. Acht Tage nachdem diese meine Kritik niedergeschrieben war, erschien die zweite Arbeit von Koch. In dieser Arbeit hält er für sehr wahrscheinlich, dass die Malaria bei den Menschen durch die Anopheles maculipennis übertragen werden kann und zwar durch ganz dieselben Anopheles maculipennis, welche nach Koch acht Tage vorher durchaus nicht als Malariaübertragende Mosguitos betrachtet werden konnten. Man hätte wohl mit Recht hoffen können, dass in dieser zweiten Arbeit Koch die Gründe, aus welchen er seine Behauptungen in so radikaler Weise geändert hatte, auseinandergesetzt hätte. Jedoch, während er unsere Arbeiten so sehr kritisiert hatte, zeigt er sich bei der Beurteilung seiner Ergebnisse sehr nachsichtig. Während drei Monate hat er in Malariagegenden bloss szeden infizierte Anopheles aufgefunden: diese szeden Anopheles allein waren aber hinreichend um eine totale Umwandlung der Meinung Koch’s zu bewirken. Ich will es dem Leser überlassen, die gegenseitige Uebereinstimmung der zwei folgenden Angaben Koch’s aufzufinden. Die erste derselben (8. Sept.) lautet, dass er die Sporozoiten (Sichel- keime) in den Speicheldrüsen der Anopheles maculipennis sogar in der kalten Jahreszeit wahr- genommen hat; bei der zweiten (14. Sept.) erklärt er: Nremals etwas Achnliches in derselben Jahres- zeit bei der genannten Mosgwzitosart aufgefunden zu haben !). Koch folgt mehrfach dem von uns geebneten Weg, jedoch erwähnt er unsere Namen gar nicht; so z. B. vergisst er, dass wir vor allen anderen den Einfluss der Temperatur auf die Ent- wickelung der Malariaparasiten im Anophelesleib fixiert haben, und vergisst er ebenfalls, dass ich bereits vor ihm die Unschädlichkeit der Phlebotomus u. s. w. nachgewiesen habe. In meinem populären Schriftchen, welches, wie bekannt, am ı. September 1899 herausge- geben wurde (33), habe ich festgestellt, dass der Mensch die für die nachfolgende Malariazeit not- wendigen Infektionskeime in sich birgt, und schloss daraus, dass durch zweckmässige Behandlung der Malariakranken die betreffende Infektion aus einem Lande beseitigt werden kann. In seiner zweiten, am ı4. September herausgegebenen Schrift kommt Koch zu beinahe ähn- lichen Schlüssen; da in denselben jedoch die Thatsachen, auf welche er sich stützt, nicht ersichtlich sind, kommt es uns fast vor, als ob er unsere Arbeit höher schätzt als er zeigt. Der schwerwiegendere Punkt seiner zweiten Schrift besteht nun darin, dass er mit grosser Wahrscheinlichkeit annimmt, dass auch der Cwlex fpifiens die Malaria übertragen kann. Durch eine der » Accademia dei Lincei« überreichten Mitteilung (34 u. 35), welche im Oktober herausgegeben 1) Gosio hat nachträglich versucht, den deutlichen Widerspruch dieser Behauptungen Koch’s zu beseitigen: er hebt nämlich hervor, dass Koch in der einen Mitteilung von einem ganz verschiedenen Zeitraum als wie in der zweiten spricht. »In der ersteren (Zeitschrift für Hygiene, 8. September) handelt es sich um den positiven, im Winter 1898—99, in der kalten Jahres- zeit, wahrgenommenen Befund; in der zweiten (Deutsche med. Wochenschrift, ı5. September) wird der negative, in der vorker- gehenden kühleren Jahreszeit beobachtete Befund, welche letztere der warmen Jahreszeit (Juni, Juli etc. 1899), bei welcher das Er- gebnis wieder positiv wurde, vorangegangen war.« — Diese Erklärung ist aber durchaus unhaltbar, denn in anderen Teilen der letzten Arbeit (Deutsche med. Wochenschrift) sagt Koch: »Es bleiben somit 8$—9 Monate, d. h. vom September bis Oktober eines Jahres bis zum Juni des darauffolgenden Jahres, übrig, innerhalb welcher die Parasiten allein auf die Existenz im menschlichen Körper angewiesen sind .... Die Anopheles in der kühlen Jahreszeit stechen, ohne mit Malaria zu infizieren.« Es ergiebt sich nun deutlich daraus, dass am 15. September Koch seine, während der kalten Jahreszeit erzielten positiven Befunde ganz verwirft! Und Gosio, um den Widerspruch zu vermeiden, beschränkt die Zeitdauer der Anwesenheit der Malaria- parasiten nur bei den Menschen von acht bis neun Monaten auf sieben (epidemische Zwischenzeit). und in der Zeitung »Za Nuova Etruria« vom 22. Oktober wiedergegeben wurde, habe ich nach- gewiesen, dass diese Angabe Koch’s betreffs der Culex pipriens zu verwerfen ist. In derselben Mitteilung habe ich ferner erwiesen, dass Koch zur Aetiologie der Malaria des Menschen keinerlei Beitrag geliefert hat!). Die Fragepunkte über die specifischen wirbellosen Wirte der Malariaparasiten der verschiedenen Wirbeltiere, sowie die Lokalisation der Malaria in manchen (Gegenden hat er vollständig übersehen. Diese meine Arbeit wurde von mir Ende 18599 zusammengefasst; da aber im Laufe 1900 zahlreiche Schriften über den Gegenstand erschienen sind, so habe ich dieselben, so weit es nötig, in Rechnung gebracht und hier und da manche Zusätze hinzugefügt. Dies schadet manchmal der Anordnung und zwingt mich auch zu Wiederholungen, wie dies schon in diesem ersten Kapitel der Fall gewesen. Ich bitte den Leser darum um Entschuldigung, halte es aber für die Substanz nützlich. In diesem Kapitel werde ich mich nun darauf beschränken, die wichtigsten dieser neuen Schriften kurz zusammenzufassen. I. Celli, Za Malaria secondo le nuove teorie (März, 1900) (8). In dieser Arbeit, welche in ausführlichster Weise die Prophylaxe und die Epidemiologie behandelt, werden vielfach meine vorausgegangenen Angaben über die Lebensgewohnheiten der Anopheles bestätigt; einige Abweichungen davon werde ich gelegentlich nach und nach in dieser meiner Arbeit betonen. Ich glaube, dass Celli entweder immer das Ergebniss der eigenen Forschungen von dem der Forschungen anderer hätte getrennt halten oder jedwede Citation hätte unterlassen müssen; der gemischte Gebrauch dieser beiden Methoden hat unangenehme Missverständnisse verursacht. Il. Gosio (20), Za Malarıa di Grosseto nel 1899 (März, 1900). Gosio besteht, jedoch in nicht zu entschiedener Weise, darauf, die Cxlex pipiens für verdächtig zu betrachten; doch bringt er keine neuen Beweise und widerspricht den von mir entgegen- gestellten Einwänden durchaus nicht. Ebenso wie Koch, versäumt er oft, unsere Arbeiten in Betracht zu ziehen. Hier und da machen sich Widersprüche und Unrichtigkeiten geltend; dieselben werde ich nach Bedarf hervor- heben. Als ganz neu zu betrachten ist die von ihm mitgeteilte Vermutung, dass die Mosguitos die Malariakeime unmittelbar von einem Menschen zum anderen, ohne das Zustandekommen der sexuellen Generation, übertragen können. Endlich will Gosio nur für Koch das Prineip beanspruchen, nach welchen »die Malariarückfälle einen Ring, eine Brücke bilden, welche die echte Malariazeit eines Jahres mit der des nachfolgenden Jahres in Verbindung setzen. Wo es gelingt diese Brücke durchzuschneiden, diesen Ring zu zerbrechen, da wird die Wiederholung der Infektion und der neue infektiöse Sturm verhindert: dies wird dadurch ermöglicht, dass wir glücklicherweise im Chinin ein wirkungsvolles Mittel besitzen, um die Malariaparasiten im menschlichen Körper zu vernichten«. — Des Umstandes wegen, dass ich diese gleichen Thesen schon, bevor es Koch gethan hat, veröffentlicht habe, erachte ich es für notwendig, hier aus meiner bekanntlich am ı. September 1899 (33) herausgegebenen Schrift folgende Stelle zu citieren: »Wir kommen nun zu dem wichtigsten Punkt der Frage. Wie schon erwähnt, ergiebt sich aus den von mir bei den AropAheles durchgeführten Untersuchungen, dass wäh- rend der Monate, welche der Malariazeit vorangehen, d. h. im Frühling, diese Mosgzutos beinahe keine Infektion aufweisen; dagegen, wie Dionisi nachweisen konnte, giebt es ununterbrochen Malariakranke, ı) Aus den weiteren von Koch in den Tropen durchgeführten Untersuchungen ergiebt sich doch der sehr wichtige Beweis, dass die Malariaparasiten des Menschen in keinem anderen Säugetiere nachzuweisen sind. — 30 — oder, besser ausgedrückt, es kommen bei den Menschen stets Rückfälle vor. Der menschliche Körper kann also als Depositär der für die neue Malariajahreszeit notwendigen In- fektionskeime bezeichnet werden. Demgemäss macht sich nun die Notwendigkeit geltend, alle Malariakranke in zweckmässigster Weise, und hauptsächlich während des Frühlings, sorgfältig zu behandeln. Diese gut durchgeführte Behandlung wird aber auch in jeder anderen Jahreszeit wohl dazu geeignet sein, vor neuen Infektionen zu schützen. — Auch wird in vielen Orten die Isolierung der Malariakranken oder, womöglich, deren Transport in nichtmalarische Gegenden nützlich sein.« »Da wir zur Bekämpfung der Malariakrankheit über wirkungsvolle Arzneimittel sowie über sichere diagnostische Hilfsmittel verfügen, und da ferner, die Malariakrank- heit keine geheim zu haltende Erkrankung ist, so bin ich ganz davon überzeugt, dass, um die Malaria aus unserem schönen Lande gänzlich auszurotten, das sicherste Mittel in der streng durchgeführten Behandlung jedes Malariakranken besteht. Solange diese in den Malariagegenden wohnen, bilden sie die grösste, kontinuierliche Gefahr für sich selbst (Röinfektion) und für alle anderen Mitmenschen. ‚Wenn z. B. ein Malariakranker von zwanzig Anopheles täglich gestochen wird, kann sich in kurzer Zeit im Sommer die Infektion von ihm auf hunderte von Menschen verbreiten. Diese Ver- breitung kann sicher durch eine zweckmässige Chinin-Behandlung vermieden werden. »Die Hygiene, welche oft die von Infektionskrankheiten befallenen Menschen grausam behan- deln muss, wird bezüglich der Malariakrankheit humaner, indem sie in den Ruf einstimmt: Heilen wir die armen Malariakranken! »Die öffentlichen Stiftungen, die Privatbarmherzigkeit genügen leider nicht in den armen Quar- tieren der Städte und auf dem Lande, wo tausende Malariakranke vorhanden sind, deren Beschwerden nicht bis zu uns gelangen. ‚Diese armen, schwachen, schlecht genährten Menschen bergen in ihrem Blute während vieler Monate den fatalen Keim, welcher unter dem günstigen Einfluss der Sommerhitze durch die Ano- pheles übertragen und überall Fieber und Tod verbreiten wird. Durch die Heilung der Malaria- kranken können wir die Malaria vernichten. ‚Die Regierungsautoritäten mögen vor jedem anderen die hohe Wichtigkeit dieses humanitären Unternehmens begreifen, indem sie im Budget die dazu nötigen Geldausgaben feststellen.« »Jedes dazu gewidmete Opfer wird von Nutzen sein, keine dafür angewandte Geldmasse wird überflüssig erscheinen, da eben aus diesem wohlthätigen Zusammenwirken sich die Erlösung der Malariagegenden Italiens ergeben wird! »Ich fasse nun meine Meinung in folgendem Satz zusammen: Die Malaria könnte nach zehn Jahren fast ausgerottet werden, wenn der Staat jährlich zehn Millionen für die obligatorische Behand- lung der Malariakranken in sein Budget setzen wollte. Ill. Ross (76), Report of the Malarıa-Expedition (März, 1900). In diesem Bericht wiederholt Ross per summa capita und nach seinen eigenen Gesichts- punkten die Geschichte der betreffenden Entdeckung. Unter anderem hebe ich ganz besonders eine von ihm erteilte Angabe hervor, nämlich, dass »er schon 1897 einen der Malariaparasiten des Menschen in zwei Anophelesarten (dappled-winged Mosguito) gezüchtet habe.« Wie ich es schon oben nachgewiesen habe, hatte Ross vor mir »zemals von malariatragenden Anopheles geredet; ferner ist, im Gegensatz zu seiner Behauptung, dappled-winged Mosguwito durchaus nicht als Synonim von Ano- pheles zu betrachten, wie er es glauben lassen will. Ich werde später Gelegenheit haben, die einzelnen Thatsachen dieses Reports zu besprechen, hier möchte ich nur den Leser auf die Tafel IV aufmerksam machen und ihn ersuchen, dieselbe mit der Tafel I der von mir, Bignami und Bastianelli (21) herausgegebenen Arbeit zu vergleichen die betreffenden Fig. 8, 9, 10 und ır möge man mit unseren Fig. 7 (bei unserer Arbeit ist sie doppelt), 8 und g vergleichen. — Es wird sich nun aus diesem Vergleich ergeben, dass die von der englischen Malariaexpedition gegebenen Abbildungen mit den unserigen eine gewisse Aehn- lichkeit zeigen; und fällt es ganz besonders auf, dass diese Aehnlichkeit sogar bei den diesbe- züglichen Ungenauigkeiten wahrzunehmen ist und zwar: ı. bei unseren Fig. 7, geradeso wie bei den Fig. 8 und 9 des Reports ist die Kapsel nicht ganz treu abgebildet; 2. Fig. 8, 9 des Reports sind ebenso wie die Fig. 7 unserer Tafel viel zu klein im Verhältnis zu den jugendlichen Stadien; 3. da endlich bei den Abbildungen der von uns in frischem Zustande beobachteten Parasiten es nicht angegeben ist, ob dieselben mit verlängertem oder zusammengezogenen Mikroskoptubus abgebildet worden waren etc., konnte betreffende Vergrösserung nicht berechnet werden: merkwürdigerweise ist es nun vorgekommen, dass Ross, sonst immer so genau in der Angabe der Vergrösserungen, es gerade bei diesen Abbildungen seines Reports völlig vergessen hat. Als Beweis, wie Ross rasch zu den Schlussfolgerungen gelangt, möchte ich das Kapitel »Remarks« hervorheben. Daselbst beschreibt er einige im Körper eines Anopheles vorgefundenen Frlarialarven und behauptet, dass dieselben zweifelsohne von den Soldaten herstammen müssten. Dazu möchte ich bemerken, dass — wie ich es übrigens schon im September 1899 (33) mitteilte — in den Umgegenden von Rom die gleichen Zllarialarven in den Anopheles sehr häufig vorgefunden werden; da aber in Rom die Filaria im Menschen nie vorkommt, ist es klar, dass die eben erwähnte Behauptung Ross’s keine ernste Grundlage besitzt!). Das Resultat der Ross’schen Expedition in Afrika kann in den zwei folgenden Sätzen zu- sammengefasst werden: ı. Eine ungenügende Bestätigung der These, dass sämtliche Anophelesarten die Menschen- malaria übertragen, welche These zuerst von mir auf induktive Weise festgestellt worden war. 2. Bionomische Forschungen über die Anmopheles: diese Forschungen bestätigen die schon seit langer Zeit bekannten oder von mir vor kurzem mitgeteilten Vorkommnisse und sind teilweise unvollständig. IV. Ferner möchte ich die Aufmerksamkeit des Lesers auf einen von Nuttall (65) vor kurzer Zeit herausgegebenen zusammenfassenden Bericht lenken, in welchem dieser tüchtige Hygienist sein Urteil über die zwischen mir und Ross bestehende Kontroversen ausspricht. Obwohl ich die von Nuttall angegebenen Schlussfolgerungen nur teilweise annehmen kann, will ich dieselben jedoch hier wörtlich wiedergeben. ‚Aus dem von mir früher Mitgeteilten (C/bl. Ba. XXV, p. 245 u. 345) wird esdem Leser erinner- lich sein, dass Ross pigmentierte eingekapselte Parasiten in einigen aus Larven gezüchteten Aosguutos mit gefleckten Flügeln zu Serunderabad in Indien beobachtete. Er zog daraus den Schluss, dass er endlich den richtigen Zwischenwirt für die menschlichen Parasiten gefunden habe. Da er durch seine dienstlichen Pflichten als englischer Militärarzt resp. wegen des Ausbruches der Pest nicht in der Lage war, diese Untersuchungen weiter zu verfolgen, beschäftigte er sich mit der Proteosomainfektion der Vögel, die ihm den vollen Entwickelungscyklus dieser Parasiten in €. frprens zu verfolgen er- laubte. In den letzteren Insecten sah er eben solche pigmentierte Gebilde wie in den Mosgartos zu Secunderabad, und schloss daraus, dass die ersteren mit aller Bestimmtheit Entwickelungsstadien der Aestivoautumnalparasiten sein müssten. Seine Beobachtungen zu Secunderabad dienten ihm auch als Richtschnur für seine Untersuchungen mit Proteosoma. Es geht daraus hervor, dass es kaum zu leugnen ist, dass Ross der erste war, welcher die Entwickelung der menschlichen Parasiten im In- sektenkörper verfolgt hat. — Die volle Entwickelung, welche identisch mit der der Proteosoma verläuft, ist von Grassi, Bignami und Bastianelli beobachtet worden. Das Ergebnis der italie- nischen Forscher war auch notwendig zur Bestätigung und Begründung der Ross’schen Angaben. ı) Die in Rom sich im Leib des Anopheles entwickelnde Zrlarıa stammt von dem Hunde her, in welchem sie durch den Stich des Anopheles inokuliert wird. =— 32 — Streng wissenschaftlich betrachtet, war die Ross’sche Beobachtung an sich nicht genügend, um den vollen Beweis für diese Frage zu erbringen. Sie bedurfte entschieden einer Erweiterung und Ver- vollkommnung, wie sie durch die italienischen Forschungen erbracht worden ist. Dass die Entwicke- lung der menschlichen Parasiten, wie es vorläufig scheint, ausschliesslich in der Gattung Anopheles zugehörenden Insekten stattfindet, ist eine Beobachtung, welche wir den italienischen Forschern zu verdanken haben. Dass Ross in Secunderabad seine Beobachtung an einer .Wosgauloart machte, welche gefleckte Flügel besass, also wahrscheinlich — wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit — an einem Anopheles, ist jetzt durch die italienischen Ergebnisse noch sicherer gestellt worden. Ich glaube mich damit ganz unparteiisch ausgedrückt zu haben. Ich werde mir erlauben, hier nur einige kurze Bemerkungen hinzuzufügen. Wie es bereits im Vorhergehenden von mir ausführlich auseinandergesetzt worden ist, kann ich nicht zugeben, dass Ross bei seinen Versuchen an Menschen positive Resultate erzielt habe, und zwar aus dem Grunde, weil seine diesbezüglichen Untersuchungen durchaus nicht in einwandsfreier Weise durchge- führt worden waren. Jedenfalls aber ist ein grosser Unterschied zwischen dem Urteil von Ross welcher die Entdeckung der Italiener für eine materielle, sehr einfache Arbeit hält, welche von uns voll- zogen wurde, während er mit anderen Forschungen beschäftigt war, und dem von Nuttall, der Italien das Verdienst der Entdeckung der Anopheles als Malariaträger zuerkannte und die Verdienste des Ross beschränkte. Daher ist es merkwürdig, dass Ross (77), trotzdem dass dies oben erwähnte Urteil bereits veröffentlicht worden war, Nuttall als einen unparteiischen Historiker bezeichnet! Zweifelsohne muss man sehr kurzsichtig sein, um den langen Weg nicht zu merken, welcher von den vergeblichen Versuchen Ross’s bis zu den Schlüssen besteht, zu denen ich teils allein, teils in Gemeinschaft meiner Mitarbeiter gelangt bin, nämlich zu dem Schlusse, nach welchem die Malaria der Menschen in Italien ausschliesslich durch die Stiche sämtlicher AA»opheles, welche ihrerseits die Malaria- infektion ganz ausschliesslich durch das Blut von Malariakranken erhielten, herbeigeführt wird! * Ich will nun die in diesem Kapitel behandelten Besprechungen zusammenfassen, und be- merke dazu, dass vielleicht auch ohne meinen Beitrag, irgend ein Forscher das Glück gehabt hätte, die Anopheles als Malariaträger nachzuweisen. Es konnte aber wohl auch vorkommen, da die Zahl der zu untersuchenden .W/osgzutoarten eine beträchtliche und die Incognita des Problems gar mannig- fach waren, dass noch viele Jahre hätten vergehen können, bevor man zu einem sicheren Schlusse hätte kommen können. Dies ist um so mehr anzunehmen, da die Untersuchungen, wie bis jetzt üblich, in nicht oder nicht stark malarischen Gegenden angestellt wurden, es mithin wohl unmöglich war, einen genauen Begriff über die in den im höchsten Grade von Malaria heimgesuchten Gegenden überwiegenden Mosgwirtoarten zu erhalten und andererseits, wenn man die Untersuchungen in stark malarischen Gegenden durchführte, ohne jedoch genau zu wissen, vor welchen Mosgzwitoarten man sich schützen solle. die Gefahr der Ansteckung eine sehr grosse war; dies geschah eben Ross im zweiten Semester 1897 zu Sigur Ghat, der leider die verschiedenen WosguzZosarten, die ihn ge- stochen hatten, nicht einmal sammelte und aufbewahrte. Die Forschung über den Entwickelungsgang der Malariaparasiten ausserhalb des menschlichen Körpers habe ich nach einer durchaus eigenen Methode durchgeführt, so dass Nuttall schreibt: (rrassi hat sich auf andere Weisse als Ross mit der Frage beschäftigt.« Diese verschiedene von mir erdachte Weise besteht nämlich in der Anwendung einer Methode, die ich bereits 1892 vorgeschlagen und in vorteilhaftester Weise zur Erforschung des Entwickelungscyklus der durch einen Zwischenwirt charakterisierten Parasiten in Anwendung gebracht habe: diese Methode wird im folgenden zusammen gefasst: »die durch Vergleichung zu erreichende Beschränkung der verdächtigen Zwischenwirte.: — Von der grundsätzlichen Beobachtung ausgehend, nach welcher festgestellt ist, dass es in Italien viele Gegenden giebt, wo, trotz der dort massenhaft vorkommenden Mosguztos, keine Malaria vor- handen ist (ich spreche hier von Menschenmalaria), kam ich zu dem Schlusse, dass besondere in den Malariagegenden lebende Mosgaitosarten die verdächtigen Malariaträger sein müssten: nach zahl- reichen Vergleichungen erklärte ich als solche zwei Cwlexspecies, hauptsächlich aber den Anopheles claviger Als ich zu dieser Schlussfolgerung gelangt war, konstatierte ich die Malariainfektion bei meinem Diener, welcher sicher nur von den drei eben erwähnten Mosguitosarten gestochen worden war. Nach Uebereinkommen mit Bignami versuchte ich durch den Stich der drei genannten Wos- guitosarten die Malariainfektion in einem Menschen hervorzurufen. Der Versuch, welcher Bignami vorher misslungen war, gelang endlich mit den drei von mir als schuldig verdächtigen Mosquitos- arten. Kurze Zeit darauf konnte ich noch weitere Resultate erzielen, welche den Beweis lieferten, dass, wenn die Malaria durch die Mosguilos übertragen wird, die Anopheles clauiger als Träger derselben zu bezeichnen sind. Fast gleichzeitig erzielte ich mit Bignami und Bastianelli, ausschliess- lich durch Stiche des 4. e/laviger einen Malariafall, konnten wir die Malariaparasiten bei den in den Zimmern der Malariakranken gefangenen A. c/aviger entdecken und dieselben in den A. clawıger künstlich züchten !). I. Anhang. Im Juli dieses Jahres erschien im » 7rerreich« der Band ».S’porozoa« von Alphonse Labbe. Die Litteraturangaben über die Haemosporidien reichen aber daselbst nicht über den 31. De- zember 1897 hinaus. Doch muss ich hier die Arbeit Labbes erwähnen, weil ich bis zu einem ge- wissen Punkte und bis wohin es mir passend scheint, die Bezeichnungen der Malariaparasiten nach dem Vorschlag dieses Autors beibehalten werde. Was die diesem Vorschlage beizubringenden Aenderungen anbelangt, habe ich auch angesehene Autoritäten zu Rate gezogen; und glaube ich, dass, um Missverständnisse vorzubeugen, die Aerzte schon von jetzt an der neuen Nomenklatur folgen werden. Ich fasse nun die neue Nomenklatur wie folgt zusammen: ı. Plasmodium vivax (Grassi et Feletti, 1890): verursacht die Tertiana, auch Frühlings- tertiana genannt. 2. Plasmodium malariae (Grassi et Feletti, 1890): verursacht die Quartana. 3. Zaverania malarıa (Laveran 1881): verursacht die Bidua, auch Tertiana maligna, Aestivoautumnalis, Tropenfieber u s. w. genannt. 1) Meine oben geschilderte, von mir bei den Forschungen der Malaria durchgeführte, wissenschaftliche Methode wird von oss in seinen neueren Mitteilungen in ganz entstellender Weise wiedergegeben. Er behauptet, dass ich mich in einer verwirrten = w asse von Irrtümern veıloren und erst, als ich seinen Methoden und Beobachtungen folgte, das gewünschte Ziel erreichen konnte. Jeder, der meine betreffende Mitteilungen liest, wird leicht ersehen, dass kein Irrtum von mir begangen worden war und dass ich bei meinen Untersuchungen meinen eigenen wissenschaftlichen Weg verfolgt hatte. Mit anderen Worten: ich habe die verdächtigen Arten angegeben, in Gemeinschaft mit Bignami und Bastianelli, zwischen diesen verdächtigen Arten die wahrhaft schuldige Aropheles claviger festgestellt und den Parasiten in diesem verfolgt. In diesem letzten Teile der Arbeit haben wir Thatsachen beobachtet, welche mit den von Ross, einige Monate vorher in den Vögeln entdeckten, übereinstimmen. Dies ist also die wahre Sachlage. Die Ross’sche Methode ist nicht eine eigene Methode, wie er denkt, sondern eine Methode, welche oft mit vollkommener technischer Geschicklichkeit, von den Forschern, die sich mit dem Entwickelungsgang der Para- siten beschäftigten, angewendet worden ist. Grassi, Die Malaria. 12) Auch die Malariaparasiten der Vögel bestehen aus zwei Gattungen, welche mehrere Arten aufweisen: I. Halteridium Damiewskyi (Syn. Laverama Danilewskyı). — (Grassi et Feletti, 1890). I. Zaemamoeba relicta (Syn. Haemoproteus relictus). (Grassi et Feletti, 1890). III. YHaemamoeba subpraecox (Syn. Hacemoproteus subpraecox). — (Grassi et Feletti, 1890). Jene Formen, welche Feletti und ich als /Zaemamoeba immaculata beim Menschen und Hacmamoeba subimmaculata bei den Vögeln bezeichneten, bleiben ungewiss. Nach meinen, in diesem Jahre (1900) angestellten Untersuchungen glaube ich behaupten zu können, dass die Zaemamoeba immaculata des Menschen eine Varietät der Zaveramıa ist, und dass die Zaemamoeba subimmaculata (nebst einer von Dionisi entdeckten und von ihm Achromaticus vesperuginis bezeichneten Parasiten- art), der Gattung Achromaticus Dionisi angehört!). Zuletzt muss ich noch hervorheben, dass, wie ich es in dieser Arbeit in ausführlicher Weise zeigen werde, die zwei hauptsächlichsten aus meinen und Feletti’s Untersuchungen sich ergebenden positiven Resultate, die von uns schon 1890 zusammengefasst wurden, heute vollständig bestätigt worden sind, d. h.: ı. „Die Malariaparasiten besitzen einen deutlichen Kern. Dieser Kern spielt bei den Repro- duktionserscheinungen die ihm zugehörende Rolle, und ist schon bei den membranlosen sogen. Sporen (Sporozoiten) sehr deutlich“. „Demnach kann nicht mehr der geringste Zweifel über das echte Wesen der Malariaparasiten bestehen, und niemand kann dieselben mehr als Degenerationsgebilde der roten Blutkörperchen betrachten“. 2. „Wir haben ferner ad ewidentiam nachgewiesen, dass der Mensch eine gewisse Zahl von Malariaparasitenspecies, von echten Species in dem allgemein angenommenen Sinne der Systema- tiker, in sich bergen kann, also dass eine Form sich nicht in eine andere verwandeln kann“. ı) Von Ross wurde eine von meiner abweichende Nomenklatur vorgeschlagen; leider kann man dieselbe nicht empfehlen, da sie nicht den von allen Naturforschern angenommenen Prioritätsgesetzen entspricht, Ross teilt nämlich die Malariaparasiten des Menschen und der Vögel in zwei Gattungen ein: in einer, ZZaemamoeba (Grassi et Feletti) vereinigt er alle mit Ausnahme desjenigen, den ich Zaverania malariae nenne und der von ihm als Haemomenas praecox bezeichnet wird. Auf solche Weise schafft er das Genus Plasmodium ab, was aber in Widerspruch zu den Prioritätsgesetzen steht. Die Zusammenschmelzung der Gattungen, wie sie Ross in Vorschlag bringt, ist unbegründet, namentlich deswegen, weil die Laverania Danilewskyi (Grassi et Feletti), entfernt von den anderen Malariaparasitenarten steht. Die Aufstellung des neuen Genus Zaemomenas bei den Malariaparasiten des Menschen könnte berechtigt erscheinen, weil die Bezeichnung Zaemamoeba und Plasmodium als Synonimen gebraucht wurden; nur dass das Genus Zaveranra — welches von mir und Feletti 1890 aufgestellt wurde — sich, wie man heute weiss, auf die sexuelle Form der Haemamoeba praecox bezog, daher finde ich es nicht berechtigt, das neue Genus Zaemomenas herzustelien und schlage vor, es nicht zu acceptieren. In dem Falle, dass dieser mein Vorschlag nicht angenommen würde, müssten die Gattungen Zaverania und Haemamoeba, welche ich und Feletti 1890 auch für den Malariaparasiten der Vögel aufgestellt hatten, der Priorität wegen, für diese bei- behalten werden. Ross behauptet, dass ich eine grosse Verwirrung in die Nomenklatur gebracht habe, indem ich die Arduaparasıten in zwci Arten gesondert habe; thatsächlich aber habe ich mit besonderen Namen zwei Formen, d. h. die geschlechtliche und die unge- schlechtliche Form, einer Malariaparasitenart, die ich für zwei verschiedene Arten hielt, bezeichnet. Aus den zoologischen Werken könnte Ross wohl ersehen, dass dies für die meisten dimorphen Arten geschieht. Lühe hat sich kürzlich wieder mit bekannter Kompetenz mit der Nomenklatur der Malariaparasiten beschäftigt; während er die von mir für die der Menschen vorgeschlagenen Namen acceptiert, glaubt er, dass man die Gattung Zaemamoeba nicht beibehalten könne, weil dieselbe von uns für einige Malariaparasiten der Menschen gegründet und erst später auch gewisse Malariaparasiten der Vögel, in dieselbe inbegriffen wurden. In Anbetracht, dass sie vor uns unbekannt, wir sie der Gattung Zaemamoeba zur selben Zeit, als wir sie entdeckten, zugeschrieben und der Name Zaemoproteus erst später auftauchte, glauben wir den Einwand Lühe’s, der uns nicht durch ein spezielles Prioritätsgesetz gerechtfertigt erscheint, ablehnen zu dürfen. II. Anhang. Ich halte es für angezeigt, dieses Kapitel mit einem Resume des Gesagten zu schliessen, weil der Leser dadurch in die l.age versetzt wird, sich rasch ein Urteil zu bilden. Wer indessen die Geduld gehabt hat, meinen Ausführungen mit Aufmerksamkeit zu folgen, kann ohne weiteres zum nächsten Kapitel übergehen. I. Ross’sche Nachforschungen über die menschliche Malaria. a) Im Biennium 1896 — 97. Nr. ı. Einige Fälle von Fieber, darunter einer mit nachweisbaren Malariaparasiten im Blut, bei Leuten, welche Wasser getrunken hatten, das Bruchteile von Mosgwitos enthielt, die sich mit Malariablut genährt hatten. Nr. 2. Vier nicht gelungene Versuche, durch Wosgzutostiche Fieber zu erlangen. Nr. 3. Mehrere angenommene Beziehungen der verschiedenen Parasiten der Mosguıtos (Gre- garınen und Flagellaten) mit den Malariaparasiten. Nr. 4. Entdeckung gewisser runder Körper — pigmentierte Zellen — in drei Mosguitos- exemplaren mit gefleckten Flügeln, welche unter dem Mosguitonetze, in Gegenwart der Männchen, Leute gestochen hatten, deren Blut Halbmonde aufwies. Aus den Veröffentlichungen Ross’s geht nicht mit absoluter Sicherheit hervor, dass diese Mosgurfos aus den Larven aufgezogen waren und sich nur, in mit Halbmonden infizierten Menschen ge- nährt hatten. Nr. 5. Beschreibung von Pigmentzellen, die mit den vorigen identisch waren, in einem grauen Mosquito (gefangen in dem Augenblicke, als er einen Tertianakranken stach, und getödtet, nachdem er „seit einer Woche geflügelt sein musste“). Die pigmentierten Zellen der Nr. 4 und 5 wurden von Ross den menschlichen Malaria- parasiten zugeschrieben. „Natürlicherweise waren diese Beobachtungen nicht genügend, um zu be- weisen, dass die pigmentierten Zellen wirklich aus den von den Insekten mit dem Blut der Malaria- kranken aufgesogenen Parasiten herrührten“ ... (Ross, Revue scientifigue, 17. Juin 1900.) b) Im Jahre 1898. Vor unseren Veröffentlichungen. Nr. 6. Negative Resultate mit ı5 Wosgzutos mit gefleckten Flügeln, welche ein Individuum mit Halbmonden gestochen hatten. Nachdem Ross unsere Veröffentlichungen, welche bewiesen, dass der Anopheles claviger die menschliche Malaria verbreite, erhalten hat. Nr. 7. Mit Daniels gemeinsam erlangte negative Resultate mit Mosguifos mit ge- fleckten Flügeln und mit grauen Mosguitos, welche zwei gute Tertianakranke und drei mit Halbmonden behaftete Individuen gestochen hatten (in zwei dieser Individuen waren die Halb- monde in beträchtlicher Menge vorhanden). Aus vorstehender Uebersicht geht deutlich hervor, dass Ross über die mensch- liche Malaria veröffentlicht hat: a) grosse, von ihm selbst heute als solche erkannte Irrtümer (Nr. ı u. 5); b) nichtsbeweisende Resultate (Nr. 2 u. 3); c) nicht unbestreitbar positive Resultate im Jahre ı897 (Nr. 4) mit drei WMos- guitos mit gefleckten Flügeln und andere negative Resultate im Jahre 1898 (Nr. 6 u. 7) mit vielen anderen, diesen sehr ähnlichen Vosguitos (Nr. 7); d\) Resultate, welche von der Wahrheit abweichen (Nr. 2, 5 u. 7). Vom wissenschaftlichen Standpunkte aus kann, den sechs nichtsbeweisenden oder negativen Nummern (Nr. ı, 2, 3, 5, 6 und 7) gegenüber Nr. 4 keinen ernstlichen Wert haben, um so mehr, da auch diese eigentlich nicht einwandsfrei ist. Giebt es doch Cze/ex mit gefleckten Flügeln und Ano- Pheles mit nicht gefleckten Flügeln. II. Von Ross im Jahre 1898 mit den Malariaparasiten der Vögel (Proteosoma und Halteridium) erzielte Resultate. Nr. 8. Ross verfolgt die Evolution des /rofeosoma (von Grassi und Feletti im Jahre 1890 entdeckt) im Körper des grauen Mosguito (grey mosguito) und kommt zu der Schlussfolgerung, dass dieselbe zwei Arten von Reproduktionselementen bilde: ı. Fadenkeime, 2. schwarze Sporen. Er zeigt den Uebergang der ersteren in die Speicheldrüsen und beweist experimentell mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass dieselben durch die Stiche der grauen Mosguifos in die Körper der Vögel gelangen und diese so mit Proteosoma infizieren. Er hält die schwarzen Sporen für deutliche Dauersporen, welche fähig sind, ausserhalb des lebenden Organismus in der Aussenwelt zu leben. Die Figuren und Beschreibungen Ross’s sind vom zoologischen Standpunkte aus häufig un- verständlich. Nr. 9. Negative Resultate mit den anderen Malariaparasiten der Vögel (Halteridium). III. Auf Analogie gegründete Induktionen in Betreff der menschlichen Malaria. Ross kommt, indem er sich auf die Aehnlichkeit der in den Mosgzutos, die Malariaindividuen gestochen hatten, gefundenen pigmentierten Zellen mit denjenigen des Proteosoma’s stützt, zu der Schlussfolgerung, dass die Malariaparasiten sich ebenso wie das Proteosoma auch in den weiteren, von ihm nicht beobachteten Stadien betragen müssten, da kein Grund vorhanden sei, der zu der Vermutung einer grossen Verschiedenheit Anlass geben könnte. Es stehe nur noch aus, dass man für jeden Parasiten den zweiten geeigneten Wert entdecke. „Diese Arbeit — schreibt Ross — verspricht nach den von mir gemachten Erfahrungen keine leichte zu sein.“ Manson schreibt: „Dass das von Ross ausgesprochene Wort das letzte über diesen Gegen- stand sei, glaube ich nicht. Ich vermute, dass die menschliche Malaria von den Mosgzutos übertragen werden kann; dass dies aber der einzige Modus sei, darf ich nicht wagen zu behaupten und glaube ich in der That nicht. .... Man kann einwenden, dass das, was für das Proteosoma, nicht auch für den Parasiten der menschlichen Malaria gelte, aber die Aehnlichkeit ist so gross, dass man der Schlussfolgerung, ihre Geschichten seien ähnlich, nicht zu widerstehen vermag.“ Augenscheinlich nehmen weder Manson noch Ross selbst an, dass die Entdeckungen über das Proteosoma der Vögel absolut die Art und Weise der menschlichen Malariaerwerbung be- wiesen haben. Den nur auf Analogie begründeten Schlussfolgerungen stelle ich entgegen, dass häufig unter einander sehr ähnliche Parasiten verschiedene Entwickelungscyklen haben können. So z. B. verbreitet sich die Filaria medinensis zum Unterschied von den anderen Filarien nicht durch AZosgzutostiche. Die Malaria der Rinder verbreitet sich durch die Nachkommenschaft der Zecken mit einem von dem der menschlichen Malaria total verschie- denen Cyklus. Von einem der beiden Malariaparasiten der Vögel hat die Uebertragung der Malaria ver- mittelst der MWosgzrrfos nicht erzielt werden können, u. s. w. DR, Der wahre Thatbestand in welchem Ross die Frage gelassen hat, geht aus einer vom 31. Dez. 1898 datierten Notiz von ihm in Calcutta in den Annales de lU’Institut Pasteur, n. 25. Febr. ı899 hervor. In derselben erwähnt Ross die von den Italienern beweisenden Forschungen, dass der Anopheles claviger die menschliche Malaria verbreitet, und spricht noch in vager Weise von den Mosguitos mit welchen er auch positive Resultate erzielt hätte (siehe Nr. 4), indem er dieselben nur „moustiques d’une nouvelle espece“ benennt. Ich lasse hier einige der betreffenden Stellen folgen: „Mais il restait encore beaucoup ä faire. Il etait clair que desormais les recherches devaient &tre conduites dans deux directions. D’abord, il &tait necessaire de fixer pas a pas l’evolution du Proteosoma dans le moustique, de facon A avoir un developpement type pour ces parasites, et un guide pour la deconverte des lois generales de la diffusion de la malaria. En second lieu, il etait indique de chercher ä connaitre d’une facon precise les hötes des parasites humains et leur habitat. Ce dernier programme d’etudes etait particuli&rement attirant et promettait des decouvertes interessantes, mais je choisis le premier comme etant, en realite, le plus important (sie!). Poursuivre les deux ala fois &tait impossible a une seule personne . . „Une oeuvre considerable, capable d’occuper un ou m&me plusieurs savants reste & aeeomplira 2. „Le D. Laveran m’a &crit: — Je suis de l’avis de Manson; il est bien probable que le parasite du paludisıne n’a chez l’'homme qu’un höte accidentel et qu'it doit se reproduire dans le milieu exterieur (probablement ä& l’etat de parasite du moustique) sans que son passage dans le sang humain soit indispensable. — Je pense que les spores noires remplissent cette fonction, mais ce probleme tres important n’est pas encore resolu ... .“. „Je considere comme probable que la malaria est communiquee A I’homme uniquement par les morsures des moustiques et peut-etre d’autres insectes“. IV. Das, was nach der Entdeckung Ross’s noch zu entdecken übrig blieb. Nr. 1. Ob die sehr wahrscheinliche Annahme, dass sich die menschliche Malaria vermittelst der Mosguitos verbreite, wirklich der Wahrheit gemäss sei. Nr. 2. Welche unter den „Mosgurtos“, (Collectivnamen für alle kleinen ge- flügelten Dipteren, die stechen), fähig seien die Malaria zu verbreiten. Nr. 3, Ob der Parasit der menschlichen Malaria einem der Vögel ähnlichen Ent- wickelungscyklus habe. Nr. 4. Ob, wie sich als wahrscheinlich ergeben hatte, der Mensch nur ein zufä - liger Wirt der in den Mosguitos sich in unbestimmten Grenzen wieder erzeugenden Malariaparasiten, sei. Nr. 5. Ob der Mensch sich nur durch die Stiche inficiere. Nr. 6. Ob die neuen experimentellen Daten die empirischen Kenntnisse, die man von der Malaria hatte, erklärten. Nr. 7. Ob andere Säugetiere die Malariaparasiten des Menschen bewirten könnten. Nr. 8. Wie die von Ross entdeckten Thatsachen zoologisch interpretiert werden müssten, um sie den für die anderen Protozoen bereits bekannten an- schliessen zu können. V. Resultate der von mir allein oder gemeinsam mit Bignami und Bastianelli gemachten Untersuchungen. ı. Ross hat ı898 der Wahrheit gemäss bemerkt, dass Grassi „/ravaillant tout a jaıt independamment de nous, a recomment fait de patientes enquötes Epidemiologiques qui l’ont condut a soupconner un’cspece de moustigue Anopheles Claviger Fab, d’ötre lagent du paludısme en Italie® Von der Beobachtung ausgehend, dass es nichtmalarische Gegenden mit vielen Stechmücken giebt, kam ich nach zahlreichen, in den verschiedensten Teilen Italiens angestellten Vergleichen zu der Schlussfolgerung, dass der Anopheles claviger und zwei Cwlex für verdächtig gehalten werden müssten. In der Notiz, in welcher diese Thatsachen (Ende September 1898) zu lesen sind, wird zum ersten Mal von mir behauptet, dass der Anopheles claviger als wahres Indicium, als wirklicher Spion der Malaria bezeichnet werden kann und dass beide in engster Be- ziehung stehen. Augenscheinlich hat die ebenerwähnte Mitteilung uns einen neuen Weg eröffnet, welcher uns in weniger denn zwei Monaten gestattete, das, was Ross und andere seit Jahren vergebens versucht hatten, zu entdecken. 2. In den ersten Tagen des Monat Oktober 1898 veröffentlichte ich einen Malariafall, der sich an meinem, in einem Malariaorte gewiss nur von den drei von mir verdächtigten Stechmücken- arten gestochenen Diener ereignet hatte. 3. In Uebereinkunft mit Bignami erzielte ich nach den Stichen der drei obenerwähnten Arten die Entwickelung des Malariafiebers in einem Individuum, das vorher von Bignami wieder- holt stets ohne Erfolg den Stichen anderer Stechmückenarten ausgesetzt worden war. 4. Es folgt eine Reihe von in Gremeinschaft mit Bignami und Bastianelli gemachten Ver- öffentlichungen, aus welchen die ganze auf erschöpfende Beobachtungen und Experimente gegründete (reschichte der menschlichen Malariaparasiten, hervorgeht. Wir kommen in denselben zu folgenden Schlussfolgerungen: a) Die Malaria wird von Mensch auf Mensch durch die Stiche des Anopheles claviger, des Anopheles bifurcatus var. nigripes und des Anopheles superpictus übertragen und verbreitet. b) Alle drei menschlichen Malariaparasiten entwickeln sich in den obenerwähnten Anopheles- arten. d) Die Malariaparasiten gehen wahrscheinlicher Weise nicht von der Mutter auf die Nach- kommenschaft der Anopheles über. e) Sehr wenige Experimente mit Czelex, mit negativen Resultaten. f) Die Hauptbedingung zur Entwickelung der Parasiten in den Anopheles besteht in der genügenden Temperatur und dies fällt mit der Epidemiologie der Malaria zusammen. 5. Schon seit Anfang Dezember ı898 definiere ich mit Dionisi die Haemosporidien (Malaria- parasiten der Menschen und der Vögel) für „Parasiten mit Zwischenwirten und alter- nierender Generation.“ 6. Ausserdem suchte ich unter teilweiser Hilfe meines Schülers Noe die Forschungen über die Organisation der Anopheles und deren (Gewohnheiten zu vertiefen und machte zuerst deren Eier bekannt, beschrieb die specifischen Unterschiede der Larven u. s. w. u. S. w. 7. Im Juni des Jahres ı899 bewies ich, dass auch der typische Anopheles bifurcatus und der Anopheles pseudopictus die menschliche Malaria verbreiten und gab somit den Beweis, dass alle italienischen Arten der Gattung -lnopheles schädlich sind. Mit einer neuen Reihe sehr mühseliger Experimente bewies ich ferner, dass dagegen die Crrlex und die anderen haematophagen Dipteren unschädlich sind. Ich komme infolgedessen zu der erwiesenen Schlussfolgerung, dass die mensch- liche Malaria in Italien einzig und allein durch die Arten der Gattung Amopheles verbreitet wird. 8. Weiterhin schliesse ich in ganz entschiedener Weise eine von der Mutter auf die Nach- kommenschaft der Anopheles übergehende Infektion aus. 9. Ich finde als erster das Würmchen der menschlichen Malariaparasiten, ein Stadium, welches in den früheren Untersuchungen entgangen war. a Wr ae ı0. Ich nahm auch das minutiöse Studium der Malariaparasiten im Körper der Anopheles wieder auf und vervollständigte es, indem ich unser bereits früher ausgesprochenes Urteil über die braunen Sporen befestigte und ausschloss, dass der Malariaparasit, wie dies Ross und Laveran glauben, im Säugetiere nur einen zufälligen und nicht notwendigen Wirt findet. ı1. Von meiner Beobachtung ausgehend, dass ungefähr vom Monat Januar bis zum Juni die Anopheles nicht inficiert sind, definiere ich noch vor Koch den Menschen als den Verwahrer (Depo- sitar) der Infektionskeime für die neue Jahreszeit und folgere daraus, dass um die Malaria auszurotten, es vor allen Dingen und besonders in der prämalarischen Jahreszeit notwendig sei, die Malaria- kranken mit der grössten (rewissenhaftigkeit zu kurieren. ı2. Schon seit dem Winter ı898/gg überzeugte ich mich, dass, da die Anopheles hauptsäch- lich in den Dämmerstunden ihr Wesen treiben, vor den Fenstern angebrachte Drahtnetze sehr nütz- lich zur Beschützung vor der Malaria sein müssten. Nachdem ich als erster gegen die Malaria Drahtnetze empfohlen und bei Torre di Maccarese in Anwendung gebracht habe, verbringe ich selbst mit einer Familie von sieben Personen im Monat August 1899 ohne Schaden acht Nächte in einem berüchtigten Malariaorte, trotzdem ich die ganze Zeit hindurch die nur durch Drahtnetze geschützten Fenster Nachts über offen hielt. ı3. Im Jahre 1900 machte ich mit Hilfe verschiedener Aerzte mit ıı2 Individuen in der Provinz Salerno ein Experiment, welches klar und deutlich beweist, dass man nicht vom Malariafieber ergriffen werden kann, wenn man sich vor den Stichen der Anopheles schützt. Die zu derselben Zeit von Prof. Celli angestellten Experimente sind, wenn auch vom prophy- laktischen Standpunkte aus gewiss beweiskräftig, doch von dem Standpunkte aus, jeden anderen In- fektionsweg auszuschliessen, ziemlich ungenügend, nicht nur, weil in dem diesbezüglichen Bericht nicht gesagt wird, dass während der Malariajahreszeit jedweder Gebrauch des Chinins vermieden wurde, sondern auch, weil die Individuen der Experimente nicht beständig überwacht wurden, wie dies, um jeden Irrtum ausschliessen zu können, absolut notwendig gewesen wäre. V. Schlussfolgerungen, Ross hat den Entwickelungscyklus eines Malariaparasiten der Vögel entdeckt, jedoch wichtige Fragen dabei offen gelassen. Inbetreff der Malariaparasiten der Menschen hat er nicht zu beweisen- den Resultaten gelangen können. Die Kenntnisse von der Art der menschlichen Malaria-Uebertragung, Kennt- nisse, welche man heute, zum mindesten für Italien, als abgeschlossen betrachten kann, verdankt man den von mir allein angestellten Voruntersuchungen, die ich dann des längeren mit Bignami und Bastianelli fortsetzte und schliesslich allein beendete. Die Beweisführung, dass die Malariaparasiten der Fledermäuse, wenn auch ähnlich doch ver- schieden von denen der Menschen sind, hat Dionisi geliefert. KAPITEL 11. Malaria und blutsaugende Tiere. 1. Empirische Daten, die Malaria betreffend. In Italien sowie in anderen Ländern können, wie wohl bekannt, Gegenden, wo die Malaria in höchst schweren Formen herrscht, solche, wo sie milder auftritt und endlich solche, wo sie fast nie oder gar nicht vorkommt, unterschieden werden. zn 40 — Die Erfahrung lehrt, dass z. B. die Riviera ligure immun von der Malaria ist, und dass im Centrum der Stadt Rom fast nie Malariafieberfälle vorkommen, während an der Peripherie Roms die Malaria anfängt, sich zu zeigen; und bei den Pontinischen Sümpfen fast keine Menschen wohnen, die nicht jährlich damit behaftet werden. Nur ausnahmsweise giebt es (Gregenden, wo die Malariainfektion während eines oder mehrerer Jahre, bald sporadisch bald epidemisch auftritt, um dann vollständig zu verschwinden. Die Malaria ist also eine lokalisierte Krankheit, sodass deren Verteilung auf der Landkarte Italiens im grossen und ganzen bezeichnet werden Konnte. Ihrerseits haben die durch Verwaltungsgründe dazu gezwungenen Eisenbahngesellschaften die Malariagegenden auf den Eisenbahnkarten gekennzeichnet, und dieselben in schwerste, schwere, leichte und leichteste Malariagegenden eingeteilt. Obwohl diese Bezeichnungen zu einer Zeit aufgestellt wurden, in welcher die Malaria in Italien und hauptsächlich die Eisenbahnlinien entlang, in viel intensiverer Weise als heutzutage herrschte, und trotzdem bezüglich mancher Gegenden die individuellen Anschauungen zu sehr überwiegend waren, können wir wohl sagen, dass diese Malarialandkarten der Eisenbahngesellschaften besser als jede andere, uns einen genauen Begriff über das ganz sonderbare Auftreten der Malaria geben. Es ist überhaupt ein sehr auffallendes Vorkommnis, dass es Eisenbahnstationen giebt, welche, trotzdem sie sehr nah bei einander liegen, nicht in gleichem Masse von der Malariainfektion heim- gesucht werden und es sogar vorkommt, dass die eine sehr schwere Malariaerkrankungen zeigt und die andere davon ganz verschont bleibt. Diese merkwürdigen Erscheinungen, welche übrigens schon seit lange bekannt waren, regten die Aerzte zu zahlreichen vergleichenden Untersuchungen an, welche dahin zielen sollten, die zum Auftreten der Malaria nötigen Bedingungen festzustellen. Infolgedessen, und hauptsächlich unter der Wirkung Tommasi-Crudeli’s, ist man dahin gelangt, eine Reihe von Schlussfolgerungen auf- zustellen, welche durch keine neuere Entdeckung beseitigt werden können. Man behauptete in vergangener Zeit, dass keine Malariagegend frei von Morasten oder Sumpf- wassern existieren könnte. Im Gegensatz zu dieser sehr verbreiteten Meinung, gelang es Tommasi- Crudeli zahlreiche Malariaorte aufzufinden, in welchen Sumpfwasser nur in sehr geringer Menge vorkommen. Ausserdem ist noch festgestellt worden, dass die Malaria in mit verschieden beschaffenem Boden versehenen Orten herrschen kann. „Die Malaria — schreibt Tommasi-Crudeli — tritt bei den verschiedenartigst beschaffenen und in jeder Lagerung sich befindenden Erdböden auf: in niederen, an Wasser und organischen Stoffen sehr reichen Böden, in Hügel- und Gebirgs-Böden, in welchen Wasser und organische Stoffe sehr spärlich vorhanden sind; in vulkanischen sowie in den aus Quarzsand gebildeten Erdböden, wie es Mac Nally u. a. m. in Östindien beobachtet haben !)“. Durch vergleichende Beobachtungen hat man nachweisen können, dass zum Auftreten der Malaria eine verhältnismässig hohe Temperatur notwendig ist: wenn diese letztere nicht über ıS—20° C. steigt, tritt keine Malaria auf; diese Thatsache wird sowohl durch die geographische Verteilung, als durch das Zusammentreffen der Malaria mit der warmen Jahreszeit erwiesen. Trotz- dem ist damit nicht gemeint, dass die heisseren Jahrgänge immer intensivere Malariaerkrankungen hervorrufen müssen. 1) Nach Grellet (23) soll der Zusatz von Kalk zu den Erdböden einen antimalarischen Einfluss ausüben; er schreibt sogar die günstigen Gesundheitsverhältnisse mancher Sumpfgegenden der kalkartigen Beschaffenheit derselben zu; doch ruht die Angabe Gıellet’s nicht auf fester Grundlage. Uebrigens hatten u. a. Lanzi und Terrigi schon dasselbe gesagt. Letztere hatten bei Ge- legenheit der Ausgrabungen des Colosseums das Malariafieber dadurch verscheucht, dass sie gebrannten Kalk in den Erdboden schütteten; es wurde mir gesagt, dass sie denselben auch in die Wasserpfützen schütteten und auf diese Weise vielleicht die Ano- Ppheles töteten. 41 as Eine weitere durch zweckmässige Vergleiche aufgefundene Erscheinung ist folgende: die Malaria wird nur für eine kurze Entfernung übertragen. „Mit den Fortschritten der Forschungen über die Naturgeschichte der Malaria wird nach und nach die Behauptung zum Verschwinden ge- bracht, nach welcher die Malaria auf weitere Strecken und in derartiger Menge übertragen werden kann. um gesunde Atmosphären zu infizieren“. Tommasi-Crudeli bezieht diese Angabe auf Rom und hebt hervor, dass die täglich in Rom auftretende, die Römer so sehr erfrischende Seebrise hier anlangt, nachlem sie alle die Sumpforte der Küsten und alle die zahlreichen Malariaheerde der westlichen Hälfte des Agro romano berührt hat. Die wohlthätige abendliche Landbrise, in welcher die Römer sorglos atmen, kommt aus den Morasten von Stracciacappe und Baccano, von den Tartari- und Pantano-Seen her. Sich auf alle diese Beobachtungen stützend, ersanın Tommasi-Crudeli die Theorie der sich in der Luft aus verschiedenen Erdböden entfesselnden Malariakeime. Als ich meine Untersuchungen begann, wurde diese durch eine neue Lehre bestritten; welch’ letztere lautete: es giebt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Wosgzrzfos und Malaria. Die Theorie Tommasi-Crudeli’s konnte irrig sein, aber die ihr als Grundlage dienenden Beobachtungen waren durchaus einwandsfrei. Die neue Lehre hatte nunmehr die Verpflichtung, diese Beobachtungen zu erklären, welche das von mir Gesagte zusammenfassend, folgende waren: a) Lokalisation der Malaria; b) Unabhängigkeit der Malaria von der Bodenbeschaffenheit und, bis zu einem gewissen Punkte, von den Sumpfwässern; ec) Abhängigkeit der Malaria von der Temperatur; d) Beschränkte Verbreitung durch die Winde. Vorstehende Erwägungen führten mich zu der ersten Untersuchungsreihe über die vermut- lichen Beziehungen zwischen den verschiedenen AM/ösgzerfosarten und der Malaria; die betreffenden Resultate wurden von mir bereits in mehreren „vorläufigen Mitteilungen“ zusammengefasst. Diese Untersuchungen wurden von mir in ausführlichster Weise und bis heute fortgesetzt; kürzlich erschien auch eine neue Arbeit Ficalbi’s (16), in welcher viele, sich auf diesen Gegenstand beziehende Notizen zu lesen sind. Die englische Expedition in Sierra Leone sowie die von Koch geleitete deutsche Expedition haben sich gleichfalls mit derselben Frage beschäftigt; gleichartige Untersuchungen sind ferner auch von Laveran, Sforza, Celli u. a. mehr veröffentlicht worden. Somit wurde das, was ich nun in den nachstehenden Zeilen mitteile, schon grösstenteils von verschiedenen Autoren bestätigt. Im Laufe dieses Kapitels setzte ich manchmal der Kürze wegen voraus, dass dem Leser die malarische Wirkung der Anopheles bereits bekannt sei 2. Mosquitos ohne Malaria, aber keine Malaria ohne Mosquitos. Schon seit 1890 hatte ich bemerkt, dass Mosgzaulos — unter welcher Collektivbezeichnung alle kleinen geflügelten blutsaugenden Insekten aufgefasst wurden — in bedeutender Menge auch in nichtmalarischen Gegenden vorkommen können. Jetzt kann ich hinzufügen, dass die Mosguwitos in den Malariagegenden »zemals fehlen, obwohl sie zuweilen in geringer Menge auftreten können. Unter den Orten, wo die Mosqguitos in grosser Menge vorzufinden sind, während die Malaria völlig oder beinahe vollständig fehlt, hebe ich folgende hervor: das Centrum der Stadt Venedig, die Riviera ligure von Grenua bis Nizza, die Montecatini-Badeanstalten, der centrale Teil von Orbetello, der grösste Teil von Messina und von Catania, viele Dörfer an den Grenzen der Provinz Mailand mit Como, z. B. Rovellasca, Bregnano, Lurago Marinone u. s. w. Grassi, Die Malaria. 6 In manchen Jahren werden einige Orte in furchtbarer Weise von den Mosgzutos heimgesucht, ohne dass sich dort die Malaria entwickelt: dies geschah z. B. in der Via Gesu in Mailand im Herbst 1898. Es giebt ferner Malariagegenden, wo zu gewissen Zeiten die Mosgaaitos spärlich sind, um dann in anderen Zeiträumen zahlreich vorzukommen. Diese Thatsache konnte in typischer Weise im Jahre ı899 in Magliana und in mehreren Bahnwärterhäusern zwischen Magliana und San Paolo nachgewiesen werden. In diesen Orten waren, wenigstens nach der Aussage der Eisenbahnangestellten, gerade während des Höhepunktes der Malariazeit keine Mosgxzlos vorhanden; doch als ich mich zur Bestätigung dieser Aussagen dorthin begab, fand ich in jeder Hütte einige Mosgzutos (immer nur Amopheles) vor. Bei weiteren darauffolgenden Besuchen — nach 8 resp. ı5 Tagen — konnte ich wahrnehmen, dass die Zahl der Mosgautos (immer nur Anopheles) überall beträchtlich zugenommen hatte. Viele Personen gaben mir Malariaorte an, wo die Mosgautos nicht vorhanden sein sollten; nach einer einfachen Exploration der einzelnen Orte konnte ich aber leicht nachweisen, wie unsicher und hinfällig solche Angaben waren, selbst wenn sie von den angesehensten Personen und im besten Glauben erteilt worden waren. Es gab verschiedene Gründe, welche sie zu diesem Irrtum veranlasst hatten. Es giebt Menschen, welche aus bis jetzt noch unbekannten Gründen von den Mosguitos ver- schont bleiben, namentlich wenn letztere nur spärlich vorhanden sind. Solche Menschen behaupten leicht, dass keine Mosguifos dort vorkommen, wo sie thatsächlich doch in gewisser Anzahl vorhanden sind. Ferner kommt es auch vor, dass Menschen, welche seit langer Zeit keine Malariagegend be- sucht haben, sich sehr gut der von ihnen überstandenen Malariakrankheit erinnern, aber die viel weniger wichtige Episode, nämlich die Belästigung durch die Mosguxtos, welche sie gleichzeitig aushalten mussten, ganz vergessen haben. Andere Personen, welche nach einem, einige Jahre dauernden Aufenthalt in Orten, wo die Mosgwitos unzählbar waren, in andere (iegenden versetzt wurden, in welchen die Mosgwrlos nur spärlich vorkommen, bemerkten nun, daran gewöhnt, schrecklich von ihnen gequält zu werden, kaum noch die Stiche, die sie zuweilen von den Mosguitos des neuen Wohnortes erleiden mussten und behaupteten aus diesem Grunde, dass hier keine Mosguifos vorhanden wären. Aus dem gleichen Grunde wird von den Einwohnern der Orte, in welchen die Mosgwitos im Sommer zahlreich sind, angegeben, dass im Winter dieselben ganz vermisst werden; mit anderen Worten, solche Menschen behaupten, dass Abwesenheit und Spärlichkeit der Mosgwitos gleich be- deutende Ausdrücke seien! Mir vorbehaltend, in einem anderen Kapitel darauf zurückzukommen, kann ich wohl schon jetzt den Schluss ziehen, dass »während keine Malarıa ohne Mosgwltos vorkommt, doch wohl Mos- quitos ohne Malarıa vorhanden sein können; es besteht ferner kein beständiges Verhältnis zwischen Mosqwitosmenge und Schwere der Malarıa«. Wenn aber trotzdem doch eine Beziehung zwischen den Mosguzfos und der Malaria besteht, müssen es auch Gründe geben, welche diese, der Mosgzutostheorie scheinbar widersprechenden Schlussfolgerungen erklären. Es können dabei zwei Möglichkeiten aufgestellt werden: entweder die Mosgzutos nehmen den Malariakeim aus dem Erdboden oder aus dem Wasser auf und inoculieren sie den Menschen und rufen desshalb die Malariaerkrankung nur in Malariagegenden hervor, oder es müssen in diesen letz- teren besondere Mosgzutossorten vorhanden sein. Ehe die Erforschung über die Malaria ihre gegenwärtige neue Phase betrat, konnten beide Vermutungen als gleich berechtigt angesehen werden. Meinerseits aber, da ich mir die Sache ähnlich wie bei dem Texasfieber, das durch eine Zecke übertragen wird, dachte, glaubte, dass nur die zweite der angegebenen Hypothesen wahr- scheinlich sein könnte. — 43 —— Jedenfalls war es vom höchsten Interesse, die verschiedenen Mosguztosarten zu studieren, und konnte diese Erforschung wohl auch die Frage lösen; deshalb wurde dieselbe von mir unter- nommen. An der Voraussetzung festhaltend, dass, wie schon betont, die Temperatur einen grossen Ein- fluss auf die Malariazeit ausübt, und dass im allgemeinen die niedere Temperatur für die Malaria un- günstig ist, liess ich die hochgelegenen Orte fast ganz unbeachtet und stellte meine erste Unter- suchungsreihe in der Ebene, sowie in nicht zu hochgelegenen und im Sommer notorisch heissen Orten an. Durch Vergleiche der von mir in den verschiedensten Gegenden Italiens erzielten Ergebnisse konnte ich leicht feststellen, dass z» den Malariagegenden besondere Mosqwltosarten vorkommen, welche in nichtmalarischen Orten vermisst werden. Ihre Menge steht im ganzen in dircktem Ver- hältnisse zu der Zahl der Malariafälle. Trotz sorgfältigem Suchen gelang es mir nie, einen in der Ebene gelegenen Ort in Italien aufzufinden, wo die den Malarıagegenden eigenen Mosquitos sahlreich vorhanden waren, ohne dass daselbst nicht auch Malarıa vorgekommen sei. Jetzt ist es wohl unbedingt nötig, die betr. Species genau zu bestimmen, bevor ich auf die Einzelheiten eingehe. 3. Blutsaugende Tiere. Die Zahl der menschenblutsaugenden Tiere ist in Italien eine beträchtliche; leider ist deren Erforschung auch vom zoologischen Gesichtspunkte aus noch sehr unvollständig. Solche blutsaugenden Tiere gehören den folgenden Familien und Unterfamilien an: Gnathobdellidae (Kiefer- oder Blutegel im allgemeinen), /xodinae (Zecken), lrgasinae (Saumzecken), Muscinae (Fliegen), Tabanidae (Bremsen), Stmnulidae (Kriebelmücken), Phlebotominae (italienisch Pappataecı), Ceratopogonidae (Bartmücken, italienisch serrapzche), Culicidae (Stechmücken). Pulicidae (Flöhe), Pediculidae (l_äuse), Acanthradae (Wanzen). Eine Anzahl der den ebengenannten Familien und Unterfamilien zugehörenden Species muss schon @ frzor! für unfähig gehalten werden, die Malaria zu übertragen. So z. B, obwohl wir wissen, dass zwischen der Malaria und den Blutegeln, welche sich in Sumpfwässern entwickeln, eine gewisse geographische Beziehung besteht, dürfen wir diese Würmer doch nicht als Malariaüberträger bezeichnen, und zwar aus dem schwerwiegenden Grunde, weil man dieselben, hauptsächlich in früheren Zeiten sehr häufig den Menschen ansetzte, ohne dass je demzufolge Wechselfieber aufgetreten sei. Ausserdem ist es auch sicher, dass sehr viele Menschen mit Malaria behaftet werden, ohne dass dieselben je Blutegel gebraucht haben. Die Zwodinae sind in den Malariagegenden sehr häufig und werden im allgemeinen in den gesunden Orten vermisst. Zahlreiche Menschen werden jedoch von der Malariaansteckung heimgesucht, ohne je von diesen Tieren gebissen worden zu sein!). 1) Die zweifelhafte Spezies, welche ich seinerzeit Zaemamoeba immaculata genannt habe, scheint beim ersten Anblick eine gewisse Achnlichkeit mit dem Pyrosoma des Texas-Fiebers zu haben, das, wie bekannt, durch den Aarrpicephalus annulatus Say 6* Ich kann noch hinzufügen, dass ich mich in diesem Jahre (1900) sehr damit beschäftigt habe, die Beziehungen zwischen Zecken und Malariakrankheit zu erforschen; jedoch gelang es mir nie, irgend eine Erscheinung wahrzunehmen, welche mich dazu berechtigen konnte, auch nur zu vermuten, dass diese Tiere in irgend einer Weise bei dem Zustandekommen der Malariafieber beitragen könnten. Die Verbreitung der Argasinae hat mit der Malariaverteilung nichts zu thun, und sind die- selben überhaupt so wenig verbreitet, dass sie gar nicht in Betracht kommen können. Die blutsaugenden Axrscinae sind bei uns verhältnismässig selten und zeigen nicht die der Malaria entsprechende Verbreitung. Die Zabanidae kommen sehr häufig, insbesondere in den mit Waldungen besetzten Malaria- gegenden, vor; jedoch werden sie auch in gesunden Gegenden nicht vermisst. Die Zabanidae stechen die Menschen, manche Orte ausgenommen, verhältnismässig selten. Die meisten Fälle von Malaria- infektion können bei Menschen beobachtet werden, welche niemals von solchen Insekten gestochen wurden. Die in Italien vorkommenden ‚Simzlidae beanspruchen weitere Untersuchungen; ich habe die- selben sowohl in malarischen wie in nichtmalarischen (Gregenden gefunden, jedoch gelang es mir, keine zu entdecken, welche den Menschen stach. Die Phlebotominae, wovon nur zwei Species (Phlebotomus papatasıl Scop. und Phlebotomus minutus Rond.) vorhanden sind, wurden von mir in den verschiedensten Gegenden Italiens auf- gefunden (Venedig, Locate Triulzi, Grosseto, Orbetello, Maccarese, Rom, Neapel, Metaponto, Sibari, St. Eufemia-Diramazione etc.). Der ZPhlebotomus kommt also sowohl in malarischen, wie in nicht- malarischen Gegenden vor. Die Jahreszeit, in welcher er auftritt fällt beinahe mit der der Malaria zusammen, jedoch verschwindet er schon lange vor dem Ende der Malariazeit. So z. B. fand ich von ihm schon in den ersten Tagen vom August 1898 in der Lombardei keinen einzigen mehr vor; in Rom pflegt er anfangs Oktober zu verschwinden; desgleichen ungefähr in Süd-Italien, wo ich am ı5. Oktober 1898 und ı899 davon kein Exemplar mehr erhalten konnte. Die Familie der Ceratopogonidae muss gleichfalls noch weiter, und namentlich in Italien, er- forscht werden; eine Species!) dieser Familie wird sehr häufig in Mittel- und Süd-Italien, hauptsäch- lich in tiefliegenden Orten vorgefunden. In der zweiten Hälfte des Monats Juni und im Juli wird sie geradezu unerträglich und verschwindet Ende Juli oder Anfang August vollständig. Das Volk behauptet, dass die Hundstage sie töte. Diese Species pflegt meistens am Morgen, wenn die Sonne bereits aufgegangen, zu stechen, jedoch sticht sie zuweilen auch zu jeder Tages- und sogar Nachtstunde bei Mondschein. Wenn der Wind auch nur leise weht, sticht sie nicht. Es giebt Orte, (wie Metaponto, Sibari, die Umgebungen der Eisenbahnhütte No. 30 auf der Strecke von Rom nach Maccarese) wo in ge- wissen Tagen die Arbeiter gezwungen sind, ihre Arbeit wegen der beträchtlichen Menge dieser kleinsten Insekten zu unterbrechen. Die in Rede stehende Species tritt zuweilen auch in nichtmalarischen Orten auf (z. B. Piazza Vittorio Emanuele in Rom). Jedenfalls steht ihr Vorkommen jedoch im allgemeinen in direkter Be- ziehung mit den Malariagegenden, obwohl — wie aus den obenerwähnten Angaben hervorgeht — die Zeit ihres Vorkommens mit der Malariazeit nicht zusammentrifft. Die Flöhe, die Zäuse und die MWanzen müssen wir ohne weiteres ausser Betracht lassen, da dieselben in den Malariagegenden nicht zahlreicher sind als in anderen Orten. 4. Culicidae, insbesondere. Wir kommen nun zu den für uns sehr wichtigen Cxlicidae. Deren giebt es wenigstens drerundzwanzig Species in Italien; die genaue Beschreibung der- übertragen wird. Ich erzog des öfteren viele Larven dieser Zecke, jedoch gelang es mir nie, dieselben an den Menschenkörper an- haften zu lassen. ı) Sehr wahrscheinlich handelt es sich um eine neue Species, womit Herr Kandidat No&, welcher dieselbe Centrotypus irritans bezeichnen möchte, gegenwärtig beschäftigt ist. | I oı | selben findet sich in dem vortrefflichen Werke Ficalbi’s 1899, ausser von drei Species, deren zwei vor kurzer Zeit von Herrn No& entdeckt und geschildert worden sind. Die dritte von mir entdeckte Art wurde neulich teilweise von Ficalbi beschrieben; da nun aber diese Art, wie wir sehen werden, malarisch ist, halte ich es für notwendig, deren Beschreibung in einem anderen Kapitel dieser Arbeit zu vervollständigen. Die erwähnten 23 Species sind folgende: ı. Anopheles pseudopictus, ” superpictus, 3 claviger (vel maculipenn:s), n birurcatus, 5. Culex penicıllarıs, tv Br 6 g ornatus, Te „.. cantans, 8 „ malariae (sehr wahrscheinlich Syn. von Czwlex vexans), 9. » Memorosus, 10 „ Pulchritarsıs, UN. „ albopunctatus, 1E „ annulatus, 12 „' Flcalbü, 1A. „ glaphyropterus, 15... spathipalpıs, 16. „ Richiardit, 17. „. mimelicus, 18. hr elegans, To DiDIENS: 20. „. modestus, IE „. Impudıcus, 22% „. hortensts, a pulchripalpis: Weder ich noch Ficalbi haben in Italien die Gattung Aedes auffinden können; demgemäss haben wir nur zwei Genus von Culicideen registriert: Czulex und Anopheles (die differentiellen Merk- male dieser Gattungen werden in dem Kapitel über die ‚Systematik der Anopheles dargestellt). Fangen wir nun mit der Betrachtung der dem Genus Czwlex zugehörenden Arten an. Der Calex pipiens ist sehr verbreitet; es giebt eigentlich fast kein Fleckchen Erde, wo er nicht früher oder später das zu seiner Vermehrung notwendige Süsswasser findet. Ficalbi hat nachgewiesen, dass dieser Czlex sich sogar in den Weihwasserbecken der Kirche entwickelt. In manchen Orten Italiens ist derselbe in so beträchtlicher Menge vorhanden, dass seine Anwesenheit eine der grössten Qualen bildet. Der Cwlex pipiens ist über ganz Italien verbreitet. Der in Indien so häufig vorkommende graue Mosquito (Grey Mosguito von Ross) ist nichts anderes als der Cwwlex pipiens, wie es in deutlichster Weise alle Merkmale und sogar die An- wesenheit der Nägelzähnchen (s. S. 8 Anmerk. ı) beweisen. Der Culex pipiens findet sich ferner sehr häufig in durchaus nichtmalarischen Gegenden, wie z. B. in Venedig!), Riviera Ligure, Pisa, Orbetello (Centrum), einem Teil der Stadt Messina und ı) Kürzlich hat mir Herr Dr. Carlo Paulello mitgeteilt, dass er bei seinen Untersuchungen über die Malaria in dem Estu- ario Veneto die Anopheles claviger in ziemlich bedeutender Menge an den, Grenzen der Laguna Fusina vorgefunden hätte; jedoch herrschen daselbst die Culex pipiens vor. In Venedig (Stadt) fand er stets nur den Czuex pipiens. Ferner fügt er hinzu, dass in der Stadt selbst, soweit er es konstatieren konnte, seit mehreren Jahren keine primären Malariafälle vorgekommen seien. a = Catania etc. In den nicht intensiv malarischen Gegenden wird der Cxlex pipiens häufig beobachtet; so z. B. in Terracina, wo die armen Patienten des Krankenhauses schrecklich von ihnen belästigt werden !), Grosseto (Stadt), Orbetello (äusserer Umkreis) u. s. w. In den am schwersten malarischen (regenden (unter solchen verstehen wir jene Orte, in welchen, unabhängig von der Schwere der Malariaformen, die Malariafälle sehr zahlreich sind) kommt es sehr oft vor, dass mehrere Tage vorbeigehen, ohne dass man einen einzigen Cxlex Pipiens auffinden kann, wie. beispielsweise in der Lombardei, in Locate Triulzi und Villa Maggiore; in Mittel- italien, in Pescia Romana di Chiarone, Tortreponti und Ninfa. Die Cwulex pipiens sind auch in den Wohnungen von Maccarese (stark verseucht) im allgemeinen sehr selten und in einigen derselben habe ich sie nie finden können; in der Villetta del Principe (in der Nähe der Häuser von Maccarese) findet man an gewissen Tagen auch nicht einen einzigen Cwlex Prpiens, in den Gesträuchen, sowie in den Wiesen in der Nähe vom Fichtenwald von Maccarese waren die Mosguitos im Oktober 1898 sehr zahlreich, doch fanden sich darunter keine Czuex prpiens vor. Es giebt ferner Orte, wo sehr schwere Malaria vorkommt und gleichzeitig die Culex pipiens zahlreich sind, z. B. bei den Bahnstationen von Sibari und Metaponto; so dass, wenn man die dort vorkommenden Mosguitos in geringerer Menge und ohne Auswahl auffängt, man den Eindruck erhalten kann, dass daselbst blos Caulex pripiens vorkommen. Aus der von der Malaria intensiv heimgesuchten Bahnstation Berchidda in Sardinien erhielt ich bei einer ersten Zusendung nur eine kolossale Menge von Czlex priptiens; nachträglich erhielt ich auch aus demselben Orte zahl- reiche Anopheles clavıger. Ich könnte noch eine Menge weiterer Beispiele aufzählen, aber aus dem eben Gesagten er- giebt sich ja in unzweideutiger Weise, dass keine Beziehung zwischen der geographischen Verbreitung der Malaria und der des Cwlex pipiens besteht. Diese Thatsache erklärt sich dadurch, dass der Cwlex Piprens sich hauptsächlich in kleinen zeitweiligen Wasseransammlungen entwickelt, während man ihm im Gegenteil nicht in den sich in gewöhnlichen Zuständen befindlichen Sümpfen, d. h. im richtigen (nicht faulenden) Sumpfwasser be- gegnet. So habe ich beobachten können, dass der Cwlex Ppipiens niemals in den klares Wasser ent- haltenden, eine üppige Vegetation zeigenden Gräben und Sümpfen, in den ähnlich beschaffenen Quellen u. s. w. aufzufinden ist, während die Czelexlarven, sobald in der Nähe solcher Orten sich ein wenig Wasser ansammelt, z. B. in einer durch eine Fussspur bewirkten Vertiefung, üppig darin auftreten. Diese Larven gedeihen auch gut in den Pfützen, in welchen die Büffel zu baden pflegen, wodurch viele Wasserpflanzen niedergeschlagen und abgebrochen werden und dann bald verfaulen; ihre Vermehrung ist in den aus diesem oder anderartigen Gründen stinkenden Sümpfen ebenfalls eine sehr üppige. Ferner ist die Entwickelung dieser Larven auch in den zum Macerieren des Flachses und Hanfes bestimmten Räumen, bis die Fäulnis nicht zu stark ist, sowie auch in den ungenügend ge- reinigten Kloaken, worin sich hie und da kleine Wasseransammlungen unter Beimischung von Faeces bilden und ausserdem in den Abtritten der Bahnhöfe, in welche viel Wasser geschüttet wird, eine sehr üppige. Somit kann man wohl feststellen, dass dort, wo ein jedoch nicht zu intensiver Fäulnisvorgang stattfindet, die Cxrlex pipiens sich am zahlreichsten entwickeln. Unter anderem möchte ich zum Be- weis dafür hinzufügen, dass z. B. in Catania, wo früher die MYosgwzfos ausserordentlich selten waren, nach der bewerkstelligten Trinkwasserleitung von Casalotto die Cwlex Pipiens in dichtesten Scharen auftraten. Die Erklärung dieses Vorkommnisses ergiebt sich wohl aus dem Umstand, dass einige 1) Man kann berechnen, dass im Krankenhaus von Terracina das Verhältnis zwischen Aropheles claviger und Cilex wie 1:300 ist. — a Wasserleitungsröhren barsten und sich infolgedessen hie und da in den Kloaken Wasser- ansammlungen bildeten. Die Schwefelwasserkanäle zu Tivoli bilden an mehreren Stellen kleine Pfützen, in welchen sich eine enorme Menge von (Cwlex piptens entwickeln; sie gedeihen auch in den sekundären Kanälchen, in welchen sich das Wasser staut. Fassen wir alles zusammen, so kommen wir zu dem Schlusse, dass unter den Mosquitos die Culex pipiens mehr als jede andere Art in direkte Beziehung mit dem Menschen kommen, und die Menschen selbst tragen sehr viel dazu bei, ihre Entwickelung zu begünstigen indem sie absichtslos kleine Wasseransammlungen entstehen lassen, welche mehr oder weniger in Fäulnis übergehen. Daher wird es zuweilen nicht schwer sein, uns von dem Cwlex pipiens zu befreien, indem wir die Wassergefässe leer stehen lassen, die Abtritte hermetisch zuschliessen, Petroleum hineinschütten und dergl. mehr. Aus den im Vorstehenden auseinandergesetzten Beobachtungen lässt sich wohl @ frzorr an- nehmen, dass der Cwlex pipiens in keinem Zusammenhange mit der Malaria steht. Der Ciwlex spathipalpis lebt des öfteren mit dem Czuex Pipiens zusammen. Ficalbi hat beobachtet, dass der Cwulex spathipalpis sich meist in sehr unreinen, sogar in den schmutzigsten und stinkensten Wassern entwickelt. Ich 'habe konstatiert, dass dieselben sich vorzugsweise in nicht so schmutzigen, namentlich in den zur Begiessung der Felder benutzten Wassern entwickeln, obwohl sie auch in stinkenden Wassern vorkommen können. Nach Ficalbi wird diese Species überall in Italien, jedoch niemals in bedeutender Menge vorgefunden. In Oberitalien habe ich dieselbe aber nie beobachten können; und bemerke ich, dass sie ins- besondere in manchen Orten, wo die Czlex pipiens zahlreich sind, durchaus vermisst wird. Im allgemeinen jedoch zeigen der Culex pipiens und der C. spathipalpıs in Bezug auf ihren Wohnort viel Aehnlichkeit; man kann deshalb wohl behaupten, dass beide Species in keinem Zu- sammenhang mit der Malariaverteilung stehen. Es kommt zuweilen vor, dass z. B. ein Bahnhofs- vorsteher ein Stück mehr oder weniger sumpfigen Bodens assaniert, um sich ein Gärtchen anzu- legen und indem er dabei kleine, zur Pflanzenbegiessung geeignete Wasseransammlungen einrichtet, bereitet er in unbeabsichtigter Weise einen Züchtungsherd für die zwei in Rede stehenden Crulexspecies. Eine dritte zu der Calex-Gruppe gehörende Species, welche mit der Malariaverteilung nichts zu thun hat, ist der Cwulex elegans, welchen ich nur in erwachsenen Exemplaren in der zoologischen Station zu Neapel auffinden konnte. — Jedoch ergiebt sich aus den Untersuchungen Ficalbi’s, dass sein Wohnort grosse Aehnlichkeit mit dem des Calex spathipalpıs aufweist. Die von mir im Vorstehenden besprochenen drei Species werden von Ficalbi mit voller Berechtigung mit dem Aabitat foveale (d.h. mit dem Vorhandensein in Gräben oder Schlammtümpeln) in Beziehung gebracht, d. h. — schreibt Ficalbi — ihre Larven leben in den in engen Räumen zufällig befindlichen, schmutzigen, halb faulenden oder auch faulenden Wasseransammlungen. Nach Ficalbi’s Behauptung sind die übrigen Czrlexsorten, ausser dem Crwlex anmulatıs, welcher auch ein wenig foveal ist, teils als sudpalustres-, teils als echte falustres-Arten zu bezeichnen. Hier muss jedoch diese Unterscheidung Ficalbi's in sudpalustres und palustres Mosguitos- sorten erklärt werden. Ficalbi fasst unter der Bezeichnung sudpalustres jene Mosguitos zusammen, welche zu ihrem Leben solcher Gewässer bedürfen, die — obwohl sie einige pflanzliche macerierende Stoffe enthalten und fast unbewegt bleiben — nicht in Fäulnis übergehen, vielmehr im ganzen ziemlich klar sind und spärliche lebende Pflanzen zeigen, ohne jedoch den Charakter der echten Moraste, der Reisfelder etc. zu haben; als Beispiee daven erwähnt er die Wasserbassins der Gärten, die kleinen künstlichen Teiche bei den Wäldchen der Villas u. s. w. Ficalbi nennt dann »falustres« jene Mosguitosarten, »welche der Sumpfwässer bedürfen und natürlich ganz ausschliesslich in diesen leben. Der Typus eines solchen Ambienten wird dargestellt von den unbewegten oder fast unbewegten, etwas pflanzliche Stoffe macerierenden, jedoch sonst klaren und mit lebender Vegetation versehenen Gewässern (Vegefatio palustris, aus Schilfrohren, Nym- phaeen, besonderen Algen, Confervaceen, Binsen, Kressen, oder Vegetation der Reisfelder). Derartige Gewässer beanspruchen bald breite, bald kleine und sogar ganz kleine Strecken, ihren besonderen Charakter verlieren sie aber nicht.« Und Ficalbi fügt noch hinzu: »Es ist mir mancher Ort bekannt, in welchem eine wenige Quadratmeter messende Wasseransammlung, die jedoch den echten Zalustren Charakter besitzt, wohl ein günstiges Medium für die darin lebenden Jalustren Mosguitolarven bildete. Ich dachte eine Zeit lang eine ähnliche Unterscheidung treffen zu können; aus diesem Grunde schrieb ich, dass der ('wlex hortensis sich sehr häufig in schwach infizierten Malariagegenden, zuweilen an den Grenzen der wahren Malariagegenden vorfindet. Ficalbi registriert gerade den Culex hortensis zwischen die subpalustren Mosguitosarten. Aber heute, nach meinen ausführlichen Untersuchungen, scheint mir eine solche Einteilung auf schwacher Grundlage zu ruhen. Mir vorbehaltend, später auf die “lnopheles zurückzukommen, werde ich jetzt fortfahren, von den Czlex zu sprechen. Ich muss vorausschicken, dass ich manche von Ficalbi angegebene Species nicht aufgefunden habe und ich mich aus diesem Grunde dem anschliesse, was dieser Verfasser diesbezüglich angiebt. Diese Species sind folgende: 1. Culex ornatus: eine von Ficalbi nur in einem Jahre in Toscana beobachtete und nie mehr aufgefundene Species. Es handelt sich hier zweifelsohne um eine für unsere Erforschungen wohl bedeutungslose Mosguztoart. 2. Culex cantans: in der Nähe von Mantua, Ficalbi fand nur ein Exemplar, welches er als zu dieser Species gehörend glaubte. — Auch diese scheint für uns ohne Bedeutung zu sein. 3. Culex glaphyropterus: auch diese Species kann ausser Acht gelassen werden, und in der That schreibt Ficalbi von ihr: »Ich habe diese Species hier beschrieben, weil ich glaubte, sie unter einigen dalmatischen MWosguztos, die ich zu sehen Gelegenheit hatte, wieder zu erkennen.“ 4. Culex pulchripalpis: es handelt sich hier um eine von Rondani in Italien gefunden Species, jedoch keiner hat dieselbe nach ihm wiedergesehen und sie hat auch mithin für uns keine Bedeutung. 5. Culex impudicus: diese Species wurde von Ficalbi in Sicilien und Sardinien gefunden, fehlt aber in allen anderen Gegenden Italiens vollständig. Der Cwlex impudicus ist also die einzige unter den für uns wichtigen Species, die von mir nicht gefunden wurde. Wir kommen nun zu zwei verhältnissmässig sehr seltene Species, deren Larven noch unbekannt sind, d. h. der Crdlex pulchritarsis‘) und der Cwlex Ficalbii. Den Cwulex pulchritarsis fand ich nur manchmal in den Wäldern und den Gesträuchen auf (Villetta del Principe in Maccarese, Wald des botanischen Gartens zu Rom, Waldungen zu Tortreponti); auch Ficalbi hat nur wenige Exemplare davon finden können (Wälder der Maremma, Fichtenwald von Viareggio). Seine grosse Seltenheit ist ein Beweis dafür, dass diese Species keine Wichtigkeit für die Weiterverbreitung der Malaria haben kann. ı) [Ich fand die Nymphen dieser Species im Wasser, welches sich in den Höhlungen alter Bäume eines Waldes bei Macca- rese gesammelt hatte.] — Ho Der (Cwutlex Ficalbi (Noe) wurde von meinem Diener im Frühling 1899 in spärlicher Menge in Maccarese (Wald) und in Porto bei Rom vorgefunden. In diesem Jahre wurde dieser Ciulex in grosser Zahl in Maccarese, Porto und Tortreponti während der Monate April und Mai vor- gefunden, jedoch war im Darme dieser Exemplare nie Blut enthalten. Während der Malariazeit, war er trotz sorgfältigen Aufsuchens, nicht mehr zu finden, ausgenommen ein einziges Exemplar, welches im Wäldchen des Barizzogarten (in der Nähe der Bahnstation Albanella) gefangen wurde. Zweifelsohne verdient auch diese Species nicht in Betracht gezogen zu werden. Noe hat noch eine neue schöne Species (Cxrlex mimeticus) entdeckt; als Larve und Nymphe lebt dieselbe mit der typischen subpalustren Species Ficalbi's, d.h. mit dem Anopheles bifurcatus zusammen. Sie wurde bis jetzt bloss in Grrassano (Basilicata) und in Sezze, in den angegebenen Ent- wickelungsstufen und in geringer Zahl gefunden, und vollendete ihre Entwickelung in meinem Labo- ratorium. Auch diese Species kann ihrer grossen Seltenheit wegen bei Seite gelassen werden. Wir haben somit bis jetzt elf Crulexarten erwähnt; es bleiben also noch acht übrig, nämlich: Culex penicillarıs, Culex malarıae, Culex Richiardü, Culex modestus, Culex annulalus, Culex nemo- rosus, Cwlex albopunctatus, Culex hortensis. Ficalbi teilt dieselben, wie bereits erwähnt, in Zalustres und subpalustres ein. Nach diesem Forscher müssen zu der ersten Gruppe CzJlex penteillaris, Culex malariae, Culex Richiardüu und Culex modestus eingereiht werden; zu der zweiten Gruppe gehören der Cxlex annulatus, Culex nemorosus, Culex albopunctatus und Cwlex hortensis, sowie auch der Caulex impudicus. Wie ich vorher bemerkte, müsste dieser zweiten Gruppe auch der Cwlex mimeticus ein- gereiht werden, In den Wäldern von Rovellasca, wo keine Sümpfe vorhanden sind, habe ich die von Ficalbi als subpalustres bezeichneten Cxlex aufgefunden; jedoch kommt daselbst auch der von ihm als echter Ppalustris bezeichnete Cwlex penicillaris vielfach vor. Ausserdem finden sich sämtliche von Ficalbi als subpalustres angegebene Czulexarten nicht weniger häufig in den sumpfigen Orten; selbstverständlich, wenn die geeigneten Bedingungen vor- handen sind, wie z. B. Wälder, für die silvanischen Arten (Cxedex nemorosus und albopunctatus). Ferner möchte ich hier bemerken (wie ich es übrigens später erklären werde), dass die Ein- teilung Ficalbi’s in szÖdpalustres und falustres Arten für die Anopheles nicht besser als für die Crelex geeignet ist. Daher scheint mir diese Einteilung Ficalbi’s ein wenig künstlich zu sein, und könnte ich dieselbe nur unter gewissen Bedingungen annehmen. Ich glaube mich mehr der Wahrheit zu nähern, wenn ich die Gruppe der sudpalustres Arten ganz ausstreiche und sämtliche von Ficalbi in diese Gruppe eingereihten Caudex in die Zalustren Species einschalte, jedoch mit der Bemerkung, dass die von mir als falustres bezeichneten CauJlex sich sehr häufig in zeitweise versiegenden Gewässern entwickeln können; daher wird ihr Gedeihen insbesondere durch die Begiessung der Wiesen, wie es z. B. in Maccarese geschieht, begünstigt. Somit könnte es scheinen, dass die Bezeichnung jJalustres für diese Crelex nicht passend sei, wenn dieselben nicht auch häufig in Sumpfwässern, besonders in solchen mit spärlicher Vegetation, vorhanden wären. Ich habe diese Unterscheidungen in ausführlicher Weise besprochen, weil dieselben dazu bei- tragen können, einen klaren Begriff über ihre mögliche Bedeutung bezüglich der Malariafrage zu bilden. Während die absolut /ovealen Formen a friori als unschädlich betrachtet werden müssen, sind andererseits sämtliche Palustres Species als verdächtig anzusehen; und nur durch geeignete Versuche kann es möglich werden, in entscheidender Weise festzustellen, ob sie als Malariaüberträger zu bezeichnen sind oder nicht. Jedoch sind sie nicht alle in gleichem Masse verdächtig, und gerade mit diesem Argument beabsichtige ich mich jetzt zu beschäftigen. Ich wiederhole hiermit, dass ich sowohl die seltenen, wie die von mir nicht aufgefundenen Species unerwähnt lassen werde (es handelt sich um vier sehr seltene und eine auf dem italienischen Festlande fehlende Species). Grassi, Die Malaria. f oe - Der Caulex nemorosus und der albopunctatus sind in den Wäldern bei Rovellasca, wo seit Menschengedenken kein Malariafall beobachtet worden ist, sehr häufig; sie sind nicht häufiger in den intensiven Malariagegenden, wie Maccarese, Tortreponti, Policoro etc. Es ergiebt sich daraus, dass diese Species sehr wahrscheinlich unschädlich sind. Der Crrlex nemorosus wurde in den Sommer- monaten des Jahres ı899 in Mittelitalien selten; dieser Umstand lässt immer mehr die Unschädlich- keit des C. nemorosus vermuten. ‘Aus-den geschilderten Thatsachen ergiebt sich jedenfalls, dass diese beiden Arten keine grosse Wichtigkeit für die Verbreitung der Malaria haben können. Der Caulex Richardi und der C. modestus kommen, soweit es mir bekannt ist, nur in Ma- lariagegenden vor; jedoch fehlen dieselben in vielen Malariagegenden oder sind sehr spärlich (Locate Triulzi, Metaponto, Maccarese, Tortreponti u. s. w.). Dieser Umstand berechtigt wohl, wie ich es bereits in meiner ersten Mitteilung betont habe, zu der Behauptung, dass diese zwei Species zur Malariaübertragung nicht notwendig sind. Die geographische Verteilung des Crulex hortensis habe ich bereits erwähnt. Den Czulex annulatus habe ich nur in Malariagegenden, jedoch weder überall, noch in bedeutender Menge vor- gefunden (in Locate Triulzi wird er z. B. ganz vermisst). Diese zuletzt genannten C’xlexspecies, sowie auch der Czlex spathipalpis, stechen, wenn auch selten, den Menschen; Ficalbi hielt sie mit Unrecht für exklusiv phytophage; auch ich habe deren hunderte gefangen, welche niemals Menschen stechen wollten; vielleicht stechen sie lieber andere Tiere. Es scheint also, dass der Czulex hortensis und annulatıs in keiner direkten Beziehung mit der Malaria stehen können. Endlich kommen die Cwlex Penicıllaris und malarıae in Betracht. Da dieselben im allge- meinen in den Malariagegenden häufig vorkommen und andererseits in den umliegenden malariafreien Orten (ich spreche immer von den italienischen Ebenen) mehr oder weniger vollständig vermisst werden, so könnte man wohl vermuten, dass sie mit der Malariaverbreitung im engeren Zusammen- hang stehen; jedoch giebt es mehrere Umstände, welche eine derartige Vermutung hinfällig erscheinen lassen. Die hier in Betracht kommenden Umstände sind nun folgende: ı. Der Cxulex malariae sticht tags über sehr viel, während es bekannt ist, dass die Malariainfek- tion selten zu dieser Zeit eintritt. 2. Die beiden Czelexspecies sind in der zweiten Hälfte des Novembers im Agro Romano und in den Pontinischen Sümpfen nicht mehr zu finden, während im Monat Dezember noch primäre Malariafälle vorkommen können. 3. Während im September die Malariafälle in der I.ombardei sich beträchtlich verringern, stechen die Cwulex penicillarıs immer noch sehr heftig. 4. In den Waldungen zu Rovellasca, in welchen nie ein Malariafall konstatiert worden ist, kommen die Crlex penicıllarıs häufig vor. 5. Der Crilex malarıae wird in vielen Malariagegenden völlig vermisst (Locate Triulzi, Len- tini etc.). Jedoch sind diese Betrachtungen weit davon entfernt, einen entscheidenden Nachweis zu liefern, welcher, ich wiederhole es, sich einzig und allein aus experimentellen Versuchen ergeben kann. 5. Anopheles. a) Historische Notizen. Schreiten wir nun zur Besprechung der Anopheles. Ficalbi unterscheidet in seiner Monographie — 1896 -— vier Anophelesspecies: A. birurcatus, A. claviger, A. pictus, A. nigripes. Die beiden ersten Arten werden in ganz Italien und dessen Inseln für sehr häufig bezeichnet. Die dritte Art wurde von Ficalbi zur Sommerzeit in Toscana im Tombolo-Wald bei Pisa gefangen; die betr. Exemplare waren blos weibliche Individuen. == 51 Ueber die vierte Art schreibt Ficalbi folgendes: »Ich stellte mir stets die Frage, ob die Amopheles nigripes anstatt eine besondere Species, nichts anderes seien, als sehr kleine, tief dunkele Anopheles bifurcatus, wie ich deren des öfteren beobachten konnte, sowohl bei männlichen, wie bei weiblichen Individuen. Ich neige sehr zu dieser Behauptung. « Da ich Gelegenheit hatte, über reicheres Material zu verfügen, konnte ich diese Forschungen über die Anopheles vervollständigen, wie ich es in einem der nächsten Kapitel zeigen werde. In der neuen Auflage seines Werkes hat Ficalbi (16) meine Vorschläge angenommen; dem- gemäss unterscheide ich hier vier Species von Anopheles (welche jedoch nur teilweise denjenigen Ficalbi’s (1896) entsprechen): I. Amopheles pseudopictus Grassi (1899); I. Anopheles superpictus Grassi (1899); Ill. Anopheles claviger Fabr. (1805); Syn. Anopheles maculipennis (1818); IV. Anopheles bifurcatus L. (1758). Syn. Amopheles villosus (1827); -Anopheles plumbeus (1828); Amopheles nigripes (1839). Inbetreff der Lebensweise der “Inzopheles besitzen wir durch Meinert sehr wichtige Angaben: Die Anopheleslarve lebt in den ruhigstehenden oder wenig bewegten, mit reichem Pflanzenwuchs aus- gestatteten Grewässern, sowohl in den waldigen Gegenden wie auf den Haiden; jedoch zieht sie den Sonnenschein und das helle Licht dem Schatten der Wälder vor, was schon ihre grasgrüne Farbe anzeigt.« Ueber den Anopheles bifurcatus beschränkt sich Ficalbi darauf, uns zu sagen, dass das Weibchen oft Blut saugt. Ueber den Amopheles claviger schreibt er: »Er kommt in ganz Italien in grosser Zahl, hauptsächlich aber in den mit Wasser reich versehenen ebenen Gegenden vor. Unter den in Italien vorkommenden Anopheles ist der Anmopheles claviger der gewöhnlichste. Die Larven, welche an der Oberfläche der ruhigstehenden Wasser leben, wollen nicht so schmutziges Wasser, wie es häufig von den Cwulexspecies vorgezogen wird; im Gegenteil leben sie in oft sehr klaren Wassern. Der Amnopheles claviger ist meistens phytophag und nährt sich von Pflanzensäften; die Weib- chen aber verachten durchaus nicht Menschen und Tiere anzugreifen und saugen das Blut auf. Die Haustiere können durch dieselben in den Ställen belästigt werden. Die Weibchen dieses „Inopheles können in den in Ebenen gelegenen Orten auch die Menschen quälen; durch ihre Stiche rufen sie Ouaddlen hervor, welche brennen und reizen und länger dauern als die der gewöhnlichen Mosgzxtos. Ich selber wurde oft von den Weibchen, aber nie von den Männchen dieser Species gestochen.« Was den A. pseudopictus anbetrittt, schreibt Ficalbi nur: Das Weibchen ist Blutsaugerin. Diese wertvollen, wenn auch unvollständigen Angaben Meinert's und Ficalbi’s haben meine weiteren Untersuchungen geleitet, welch letztere von mir bereits durch meine vorläufige Mit- teilungen und hauptsächlich in einer populären Broschüre veröffentlicht wurden. In der erwähnten neuen Auflage der Monographie Ficalbi’s sind die betreffenden An- gaben viel ausführlicher und zahlreicher, da Ficalbi den meinigen andere von ihm durchgeführte Untersuchungen hinzugefügt hat. b) Geographische Verbreitung. Was nun die geographische Verteilung der Arten anbelangt, so fand ich, dass zwei der- selben, der Anopheles claviger und der Amopheles bifurcatus in ganz Italien, die Inseln mitbegriffen, häufig vorkommen. Eine dritte Species, der Anopheles pseudopictus ist ebenfalls in ganz Italien vor- handen, wurde aber bis heute noch nicht auf den Inseln gefunden. Die vierte, der „Inopheles super- pictus wurde von mir bis jetzt nur in der Basilicata, in Calabrien und in der Provinz Salerno auf- 7* gefunden. Kürzlich hat mich Noe von deren Vorhandensein in Oberitalien (Sala Baganza, Provinz Parma) in Kenntnis gesetzt, somit kann ich wohl sagen, dass diese Species bisher nur. auf nicht zu hohen Hügeln oder am Fusse derselben, aber niemals in grosser Entfernung von denselben von uns aufgefunden worden. c) Frequenz der verschiedenen Arten. Betreffs der Häufigkeit, ist der Anopheles claviger in ganz Italien weit, weit mehr als die anderen Species verbreitet; ihm folgt der Anopheles bifurcatus. In dritter Linie kommt der Anopheles pseudopictus, den ich in ganz Ober- und Mittelitalien vorgefunden habe, und der gewöhnlich, wenn nicht häufig, doch auch nicht selten vorkommt; bis jetzt gelang es mir nicht, ihn in Unteritalien auf- zufangen, doch Ficalbi fand ihn. Es giebt gewisse Orte, wo derselbe häufig ist, wie z. B. in Chiarone auf der Linie Roma-Grosseto. Ficalbi begegnete ihm sehr häufig in den Cerviathälern und in dem naheliegenden Savio-(rebiet. Ich habe insbesondere dessen nicht häufiges Vorkommen auf der Strecke von Mailand nach Pavia und in den Pontinischen Sümpfen wahrnehmen können; etwas häufiger ist er bei der Cervelletta (in der Nähe von Rom) und in Maccarese. Der Anopheles superpictus ist in einigen Gegenden von Süditalien (Bahnstation von Castel- nuovo-Vallo an der Bahnlinie Battipaglia-S.Eufemia-Reggio Calabria, Marenelle bei Agropoli) häufig, noch häufiger als der Anopheles claviger; er ist im ÖOfantothal und Basentothal nicht selten, ziemlich häufig ist er in einem Landgute, in der Nähe der Bahnstation Policoro (auf der Bahnlinie Metaponto- Sibari). Um jedoch einen richtigeren Begriff von der Häufigkeit der Anopheles zu gewinnen, muss ich bemerken, dass der “lnopheles claviger verhältnismässig noch zahlreicher erscheint, als er in der That ist, weil er sehr leicht in den Wohnungen, Ställen, Hühnerhäusern und Hütten verweilt. Hier kann man ebenfalls, wenn auch in geringerem Masse, den Alnopheles superpictus antreffen; jedoch wird diese Species nicht so leicht bemerkt, weil sie kleiner ist. Die übrigen zwei Species findet man ziemlich selten in den Häusern, Hütten, Ställen etc. vor; aus diesem Grunde kann es wohl geschehen, dass, wenn man nicht besondere Fangmethoden anwendet, (siehe S. 77) leicht annehmen kann, dass diese Arten in Orten, wo sie sogar recht häufig sind, vollständig fehlen. d) Entwickelungsstätten. Desgleichen bedürfen die Angaben der vorstehenden Autoren über die Entwickelungs- stätten der Anopheles noch weiterer Vervollständigung. Die Anopheles entwickeln sich, wie fast ohne Ausnahme sämtliche andere Culieidae, aus- schliesslich in den freiliegenden, d. h. nicht verdeckten Wassern; überhaupt in klaren mit oberfläch- licher Vegatation besetzten Wassern, die ich der Kürze wegen Sumpfwasser!) nenne. Diese Wasser sind meistens nicht direkt durch den Regen gebildet, sondern sind vom Untergrund entstanden; dieselben erneuern sich im allgemeinen langsam, jedoch beständig. Im Sommer können solche Wasseransammlungen verschwinden, um alsdann mit den ersten Regen wieder aufzutreten. Diese Sumpfwasser können auch durch Fluss- oder Strom-Ueberschwemmungen hervorgerufen werden. ı) In dem Report der Ross’schen Expedition (1900) wird geschrieben (S. 17), dass »die Larven des Anopheles costalis und des A. fanestus in kleinen stillstehenden Wasseransammlungen leben (small permanent pools not liable to scouring) ..... — Es scheint, als ob diese Larven besonderer Bedingungen bedürfen, d. h. Sicherheit vor der Austrocknung, der Bewegung‘ und vielleicht auch noch vor kleinen Fischen. Und weiter auf S. 19 fügt Ross noch hinzu, dass »die Larven sich mit Wasserpflanzenhalmen er- nähren „.... Häufig wurden sie in Pfützen (Prddles) gefangen, wo keine grüne Vegetation vorkommt«. Ich bemerke, dass eine, dieser letzten ähnliche Beobachtung von mir bereits in Grosseto (34) gemacht worden war, und dass die Wasseransammlungen, in welchen sich unsere Aropheles entwickeln, auch sehr umfangreich sein können und gar nicht vor Aus- trocknung, leichten Bewegungen geschützt, noch frei von kleinen Fischen zu sein brauchen. Besonders während der trocknen Sommerszeit kann sogar das Wasser der langsam dahinlaufenden kleinen Flüsse, sowie der ungenügend abfallenden Assanierungskanäle und der Seebuchten, da wo das Ufer langsam und allmählig tiefer wird u. s. w. zu Sumpfwasser werden !). In den nicht berieselten Ebenen der Lombardei sind grosse mit undurchlässigen Wänden versehene Wasserbehälter eingerichtet, welche sich, mit in zweckmässiger Weise kanalisiertem Regen- wasser anfüllen und zuweilen Jahrzehnte lang nicht austrocknen; dieses Wasser bleibt mehr oder weniger klar, weist jedoch fast keine Vegetation auf, und wird als Trinkwasser für das Vieh und zum waschen gebraucht. Nach meinen Beobachtungen entwickeln sich in derartigen Wasserbehältern die Anopheles niemals’). Nehmen wir nun die einzelnen Species in Betracht und beginnen wir mit dem Ano- Pheles clavıger. Er entwickelt sich in Teichen mit ruhig stehendem Wasser, sowie in künstlichen Kanälen oder kleinen Flüssen, deren Wasser sehr langsam fliesst (namentlich in der Nähe der Ufer, wo die Vegetation sehr üppig ist)®).. Das Wasser kann auch entweder leicht salzhaltig sein, weil es — wie ich bei Metaponto konstatiert habe — mit Meerwasser vermischt ist oder selbst salzhaltig‘) nach seiner ursprünglichen Quelle — wie ich es bei der Capaccio-Ebene (Provinz Salerno) gefunden habe — oder sogar schwefelhaltig sein — wie dies bei den Pontinischen Sümpfen vorkommen kann. Das für diese Species geeignete Wasser zeigt eine üppige Vegetation; ihre Entwickelung wird insbesondere durch schwimmende Watten (vellutello), welcher wie ein Filzgewebe aus ineinander geflochtenen Confervoideaen gebildet wird, begünstigt. Die Lemnae, falls sie in nicht zu grosser Menge vorhanden sind, begünstigen auch die Entwickelung des Anopheles clawiger, wenn aber die- selben die ganze Wasseroberfläche bedecken, durch welche die Larve atmen muss, dann hindern sie deren Entwickelung völlig. Im Frühling habe ich betreffende Larven nur in Orten gefunden, wo das Wasser so tief war (ziemlich grosse Teiche und Seen), dass es nötig war, bis über die Knie hinein zu waten, um die- selben fangen zu können. Unter dem Einfluss des Sonnenscheins erwärmen sich solche Wasser wenig; aber dafür wird während der Nacht ihre Temperatur nicht bedeutend niedriger, so dass im ganzen die Temperatur relativ konstanter und nicht sehr niedrig ist. Von Ende Mai an, habe ich diese Larven auch in nur wenige Centimeter tiefem Wasser vorgefunden. ı) Pagliani (68) hatte bereits merkwürdigerweise diese von mir erst im Jahre 1900 wahrgenommeneErscheinung voraus- geschen. »Es kann vorkommen — schreibt Pagliani — dass in einem grossen Umfang um den See herum, wo die Ufer regel- mässig und beinahe senkrecht mit der Wasserfläche sind, eine vollständige Immunität gegen Malaria vorhanden ist, während dies da nicht der Fall ist, wo die Ufer mit kleiner Senkung sehr weit ins Wasser hineinragen, welches dieselbe in dünner Schicht be- rührt. Aus diesem Grunde finden wir vereinzelte Malariaorte bei Magadino (Lago Maggiore), in einer kleinen südlichen Bodenstrecke beim Varese-See, in der Nähe der Ausmündung des Avigliana-Sees; als ganz besonders malarisch muss man die mit schlammigen Ufern umgebenen Seen betrachten, wie z. B. mehrere Seen von Mittel- und Süd-Italien (Bolsena- und Trasimeno-See, ehemals die Fucino-Seen u. s. w.)<. 2) [Ausnahmsweise fand ich Larven von A. clawiger in einem dieser Behälter in der Nähe eines sumpfigen Ortes]. 3) Die Wasserbassins der laufenden Springbrunnen enthalten fast nie Anopheleslarven. 4) [Ich habe zuerst bemerkt, dass die ArzopAeleslarven auch in leicht salzhaltigem Wasser gedeihen können (32) und erklärt, deren niemals im Meerwasser (33) gefunden zu haben. In den in der Ebene von Capaccio befindlichen Quellwassern gedeihen die Anopheleslarven (37). Diese Wasser enthalten nach der Analyse von Longobardi (Scafati. Tipografia Pompeiana 1874) sogar eine Gesamtmenge von 18,309 °%,, g Gehalt an anhydrischen Salzen (9,820 g doppelkohlensaures Natron, 1,054 g doppelkohlen- saures Kalium, 0,473 g doppelkohlensaures Magnesium, 1,420 g doppelkohlensauren Kalk, 0,162 g phosphorsaures Natron, 0,668 g schwefelsaures Natron, 1,058 g Chlornatrium). Meine Beobachtungen wurden von Celli, von Ficalbi, von Centanni u. a. be- stäigt (Ati della Societa per gli studi della Malaria, Vol II, 1901). Centanni fand die AnopAeles in ungefähr 9°/,, Chlor- natrium enthaltenden Wasser (cine geringere Menge als die weiter oben von mir in dem salzhaltigen Wasser der Ebene von Capaccio notierte). Aehnliche Thatsachen wurden auch ausserhalb Italiens bestätigt (Christophers und Stephens 1000, Nuttall 1901 u. s.w.)]- — 5 a = Der Anopheles claviger ist also eine entschiedene Jalustris Species. — Es genügt jedoch, um sie gedeihen zu lassen, ein kleines, nur einige Kubikmeter enthaltendes Sumpfwasserbassin (wie man deren z. B. in den herrschaftlichen Gärten findet). In der Regel lebt er also in einem sumpfigen Ambient (Moraste, Sumpfwasser, Sümpfchen); jedoch giebt es auch Abweichungen davon, wie u. a. aus folgenden, im Jahre 1899 stattgefundenen Beobachtungen hervorgeht. Im Monat Mai fand ich bei einem Hause bei Maccarese in einem stehen gebliebenen alten Fasse, welches grünlichgefärbtes Wasser enthielt, neben vielen Larven des Czelex Pipiens und annu- latus auch grosse Larven des Anopheles claviger. Am 3. Juli bei Prima Porta (in der Nähe von Rom) hatte ich einen gleichen Befund in einem, ziemlich schmutziges Wasser enthaltenden Bassin. Am 6. September fand ich eine Larve des +lmopheles claviger in einem kleinen Wasserbehälter, welcher sonst zu dieser Jahreszeit bereits ausgetrocknet, aber diesmal zufälligerweise noch schmutziges, jedoch nicht faulendes Wasser enthielt. Am 10. September wurden die gleichen Larven in einem Wasserbehälter bei einem Hause im Quartiere Ludovisi zu Rom, sowie in einem Fasse zu Sezze, im Oktober, aufgefunden. Diese Entwickelungssätte, welche ich, wie Ficalbi /oveale nenne, war mir bereits aufgefallen, indem sie in Widerspruch mit den meisten von mir gemachten Beobachtungen stand. Meine Ueber- raschung wurde aber eine hochgradige, als: ich in Grosseto (September 1899) dies joveale Habitat, d.h. also in meist klarem Wasser ohne grüne Vegetation, in verbreitetstem Masse wahrnahm, so wurden von mir z. B. „Inopheleslarven in Gefässen, Fässern, in Kochtöpfen, welche mit Brunnenwasser stehen gelassen worden waren, oder in welche das Regenwasser direkt hineingefallen war, sowie in seit langer Zeit nicht gebrauchten Brunnen u. s. w. gefunden. Zuweilen lebten diese “I»oßheleslarven mit denen des Czu/ex zusammen, in diesem Falle waren sie aber sehr spärlich vorhanden; in anderen Fällen befanden sich dieselben ganz oder beinahe allein und traten in mässiger oder auch in sehr beträchtlicher Menge. auf. Diese in Grosseto beobachteten Thatsachen liefern den Nachweis, dass die “Inopheles die Neigung haben, sich an eine neue Umgebung zu gewöhnen. Man könnte versuchen, sich solche bemerkenswerte Vorkommnisse zu erklären, indem man sich daran erinnert, dass bis vor einigen Jahren der Morast nicht weit entfernt von den (Grosseto- Thoren stand. Als der Morast weggeschafft war, und die Brutstätten der “Azopheles bedeutend verringert wurden (diese Brutstätten wurden nämlich auf einzelne kleine künstliche Sümpfchen (sgrondi delle mura) und auf die Wasser des sog Abbeveraggiokanals beschränkt), mussten viele Anopheles, wie es zu geschehen pflegt, wenn sie in einen Laboratoriumraum eingeschlossen sind (s. unten), ihre Eier in ungewöhnte Wasser ablegen; so werden viele vernichtet worden oder noch vernichtet werden, andere aber vermöge dieser Anpassung fortleben können. Es wäre vielleicht noch eine andere Erklärung dafür aufzustellen. Es könnte sein, dass die „Inopheles jährlich aus ihren, in der Malariazeit mehr oder weniger verlassenen Geburtsstätten, um sich Nahrung zu verschaffen, bis nach Grosseto (Stadt) auswanderten und hier ihre Eier in für sie ungewohnte Wasser ablegten. Diese Auswanderung könnte auch passiv durch den Wind stattfinden; doch werde ich darauf später zurückkommen !). Der AInopheles bifurcatus entwickelt sich vorzugsweise in den sehr spärlichen Wasserquellen, den sehr träg dahinfliessenden Bächen, sowie in den kleinen, von denselben ernährten Wasseransamm- lungen; im allgemeinen in den kühlen Wassern, worin die Kresse üppig gedeiht. Der 4. bifurcatus ist weniger verbreitet als der A. c/aviger und zwar sehr wahrscheinlich, weil die Medien, in dem die 4. drfurcatus sich vorzugsweise entwickeln, nicht so häufig sind; viel- ı) Später habe ich bewahrheiten können, dass eine gewisse Anzahl von Anopheles in Grosseto überwintert. — 55 — leicht auch, weil der geflügelte Anopheles bifurcatus sich vorzugsweise in Wäldern und Grehölzen aufhält, welche nicht überall vorhanden sind. Wenn man im Frühling Anopheleslarven in wenige Centimeter tiefem (15— 30 cm) Wasser findet, so kann man fast sicher darüber sein, dass dieselben von den Anopheles bifurcatus herstammen. Zuweilen leben die Larven des Anopheles bifurcatus mit den des Anopheles claviger zusammen. Die Anopheles superpictus und pseudopictus entwickeln sich an denselben Orten, die von dem Anopheles claviger vorgezogen werden. Die Anopheles können in geschlossenen Zimmern, in klarem wie in trübem und faulendem Wasser ihre Eier legen, selbst wenn keine Vegetation vorhanden ist. Es ist bemerkens- wert, dass auch in diesem trüben, faulenden Wasser die Azopheles sich zuweilen gut entwickeln (25). [Schon im Jahre 1899 (33) hatte ich als erster beobachtet, dass die Hanfreste, während sie in enormer Weise die Verbreitung des Czxlex pipiens begünstigen, das Grab der Anopheles sind. Es versteht sich, dass, um die Hanfreste vom hygienischen Standpunkte aus zu beurteilen, es notwendig ist, verschiedene Eventualitäten in Betracht zu ziehen, so z. B. dass vor dem Einwässern des Hanfes, resp. des Flachses dieselben Anopäheleslarven enthalten können, wenn die Wasserbehälter stabil sind und dass, um den Hanf- resp. Flachsresten das nötige Wasser zuzuführen, manchmal für die Ent- wickelung der Anopheles sehr günstige Ambiente geschaffen werden u. s. w. Im I. Bd. der Atti della Societä per gli studi della malaria. ıgoı wird dies Argument ausführlicher und mit Kompetenz von Tezzi und Centanni behandelt.] [Meine bis jetzt referierten Beobachtungen über das /abitat der Anopheles finden sich in ihren hauptsächlichsten Teilen schon in der ersten Auflage der gegenwärtigen Arbeit und in meiner popu- lären Broschüre vom Jahre 1899 (33). In dem eben erwähnten Band wurden dieselben meistens mit Stillschweigen übergangen, finden sich aber — was wichtiger ist — darin bestätigt. Celli betont jedoch, dass der Habitat fovcale der Anopheleslarven viel gemeiner sei, als man glaubt. Hier kann ich, der als Erster, viele Fälle des Habitat fowcale hervorgehoben, nicht umhin zu bemerken, dass man sehr vorsichtig mit derartigen Urteilen sein muss, weil, wenn wirklich dieser /Zabitat sehr ver- breitet wäre, wir überall — was aber nicht der Fall ist — die Anopheles mehr oder weniger zahl- reich antreffen müssten, da überall genügende Wassergraben vorhanden, um sehr vielen Anopheles das Leben geben zu können.] Jedenfalls ist es augenscheinlich, dass alle Azophelesarten aus jenen Wassern herrühren, welche seit Jahrhunderten für die hauptsächlichsten Malariaherde betrachtet wurden. Wenn die Anopheles sich zufällig in Lokalitäten befinden, wo diese Wasser fehlen oder in einer Epoche, in welcher dieselben ausgetrocknet, legen sie ihre Eier in jeder Art vom Wasser ab, aber die Larven, die aus ihnen entstehen kommen manchmal um; dagegen gelingt es ihnen andermal sich in Nymphen zu verwandeln und dann geflügelt zu werden. Auf diese Art bilden sich zufällige Anophelesherde. e) Menge der Anopsheles in den verschiedenen Jahreszeiten. Wir wollen jetzt die Jahreszeiten in Betracht ziehen, in welchen sich die Anopheles entwickeln. Am ı5. Februar 1899 fand ich zum ersten Male die Eier des Anopheles claviger; erst Ende März gelang es mir, in den Pontinischen Sümpfen eine gewisse Menge von grossen Larven und Nymphen des Anopheles claviger und des Anopheles pseudopictus zu finden. Nach dieser Zeit wurden dieselben bis zum Sommer immer häufiger, um in dieser Jahreszeit nach und nach, in derselben Weise wie die Wasser austrocknen, seltener zu werden. Im September und im Oktober konnte ich deren noch ziemlich viele auffinden. U — Uebrigens giebt es, was die Menge der Larven betrifft, während der verschiedenen Monate zahlreiche örtliche Schwankungen. Nach Meinert sollen die „Inophelesgenerationen in bestimmten Zeiträumen vorkommen; er schreibt wörtlich wie folgt: »Zes larves n'hivernent pas; mais dans les annees ou la temperature est douce, on rencontre dea des larves demi-adultes a partır de la mimars. En juwllet ou un peu plus Lard dans le courant de l’cte, on frouve une seconde generation des larves adultes el enfin, en 1882, annee dont le printemps avait ete trös precoce, Tal, a la fin d’oclobre, trouve de petites larves qui certainement appartenaient a une troisiöme generation; mais il n’est pas a supposer que ces larwes aient pu atteindre l’äge adulte, car leur existence etait lee ou a peu pres lee a la surface de leau, la premiere gelee a du les tuer« (49). Es ist einleuchtend, dass die Beobachtungen Meinert's unvollständig sind. Mitte November gelang es meinem sehr geschickten Diener Mascitti, eine einzige Larve des “Anopheles claviger nach zwei Tage langem Suchen in der Campagna Romana zu finden; es ist wahr, dass das Wasser überall sehr hoch stand; jedoch wären die Larven thatsächlich in gewissen, sehr günstigen Lokalitäten vorhanden gewesen, dann hätte Maseitti deren sicher nicht nur eine, sondern eine grössere Anzahl gefunden. Auch in Grosseto waren gegen den ıo. November keine Larven von Anopheles claviger mehr aufzufinden. In Calabrien und in den Pontinischen Sümpfen waren sie in den ersten Novembertagen selten. Es kann sein, dass ausnahmsweise in einzelnen, sehr warmen Gegenden, die Larven des lnopheles elaviger auch im Winter vorkommen; sicher aber ist es, dass man auch im Winter zuweilen zum Eierlegen bereite Anopheles claviger findet. Im hohen Winter habe ich nur die Larven des Anopheles bifurcatus gefunden; Ficalbi hat die gleiche Beobachtung gemacht. Im Januar und Februar habe ich niemals geflügelte Anopheles bifurcatus und pseudopictus finden können. Darüber habe ich eingehende Untersuchungen angestellt, ich habe auch Baumstämme und Gesträuche sorgfältig untersucht; zu diesem Zwecke liess ich sogar ein besonders dazu geeignetes Zelt anfertigen, welches über die Sträucher gespannt wurde, während darunter sog. Zampironi brannten, jedoch immer umsonst. In Chiarone aber gelang es mir Anfangs März, unter den Gewölben eines Wasserbehälters (Fontanile), welcher auf freiem Felde stand, zwei Weibchen des Anopheles bifurcatus zu finden, doch fand ich deren keine mehr bis Mitte März, wo ich alsdann noch einige Exemplare in den Häusern von Maccarese vorfand. Nach kurzer Zeit konnte ich deren zahlreiche Exemplare in Ställen von TreFontane (in der Nähe von Rom) finden. — Anfangs März konnte ich auch ein männliches Exemplar des Anopheles bifurcatus in einem von Wasser umgebenen (Gesträuche auffinden; andere männliche neben weiblichen Exemplaren wurden von mir in den oben erwähnten Ställen in TreFontane gefangen. Diese Beobachtungen wurden von mir im Jahre 1899 gemacht. Im Januar 1900 fand ich einige weibliche, in einer Kirche zu Sezze, überwinternde Anopheles bifurcatus vor. Es ist jedoch sicher, dass nur sehr wenige geflügelte Individuen den Winter über- leben, während deren Larven, welche sich infolge der Kälte sehr langsam entwickeln, im Gegenteil zu dieser Zeit durchaus nicht selten sind. Demgemäss wird wohl die Annahme berechtigt sein, dass in Süd- und Mittel-Italien der Anopheles bifurcatus den Winter vorzugsweise im Larvenstadium verbringt. Im kältesten Winter habe ich den Anopheles superpictus in den Grotten in der Nachbarschaft von Basento in Grassano (Basilicata), jedoch stets in sehr geringer Zahl gefunden. Die Anopheles clawiger ziehen sich im Winter gern in die Häuser zurück und suchen mit Vorliebe Zuflucht in den Ställen, Hühnerhäusern, Kellern, Schlafzimmern, überhaupt in erwärmten Räumen. In Mittel- und Süd-Italien pflegen sie zu dieser Zeit sich -auch in unbewohnte Hütten und Grotten zurückzuziehen, jedoch sind sie daselbst nicht zahlreich. Wenn ich meine Beobachtungen zusammenfasse, kann ich wohl behaupten, dass in den Jahren 1898— 1899 der Anopheles pseudopictus, der A. superpictus und der A. brfurcatus im September zahl- reicher als in den anderen Monaten waren. Da ich wusste, dass bei der Bahnstation von Castelnuovo- Vallo (s. oben) die Anopheles superpictus zahlreich sind, habe ich im Jahre 1900 daselbst besondere Untersuchungen angestellt, welche sich leider auf erwachsene Individuen beschränken mussten, Ende Juni wurden die ersten geflügelten Anopheles superpictus gefangen, am 9. Juli waren dieselben schon viel häufiger; in den übrigen Tagen desselben Monats wurde ihre Zahl eine beträchtlichere und blieb so im August und September. Im Monat Juni fanden zahlreiche Untersuchungen in dem obenerwähnten L.andgut, in der Nähe der Bahnstation Policoro statt; diese, sowie die vor Ende Juni bei Castelnuovo-Vallo durchgeführten Untersuchungen ergaben jedoch kein positives Resultat. In der Campagna Romana wurde im März die Mehrzahl der Anopheles clavıger, welche den Winter überstanden, nachdem sie sich gesättigt hat, reif und kroch heraus, um ihre Eier zu legen, während nur sehr wenige der Neugeborenen sich inzwischen in die Häuser begeben hatten. Aus diesem letzteren Grunde erklärt sich, dass im März die Anopheles claviger in den Wohnungen lange nicht so zahlreich wie in anderen Monaten vorkamen. Jedoch habe ich in den Pontinischen Sümpfen und zwar in Tortreponti, am 28. und 29. März zahlreiche weibliche und männliche Anopheles claviger gefunden, welche sicher vor kurzem geboren waren, trotzdem die Weibchen schon mit Blut gefüllt waren. (Für den Monat April fehlen mir die genauen Daten.) Mit der Vormerkung, dass zahlreiche örtliche Unterschiede vorkommen, kann man im allge- meinen wohl annehmen, dass die Zahl der Anopheles claviger von Mai bis Ende August zunimmt. In vielen Orten habe ich deren Abnahme im September beobachten können. In Mittel- und Süd- italien konnte ich in mehreren Orten in der zweiten Hälfte September, eine neue Zunahme des Anopheles claviger wahrnehmen. Dieses Vorkommnis lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit den Regen bringen. Im allgemeinen pflegten die Individuen dieser Species im Oktober wieder abzunehmen. Vom Oktober bis zu den ersten Tagen des Februar blieb ihre Zahl in den Häusern und übrigen Winterbehausungen Mittel- und Süditaliens stets eine beständige; während sich diese Beständigkeit in Oberitalien vom September bis zum März bemerkbar machte. In Mittel- und Süditalien, fingen sie im Februar in einer gewissen Anzahl an, aus ihren Schlupfwinkeln hervor- zukommen, um ihre Eier zu legen; der grösste Teil kam aber — wie ich schon erwähnt — im März heraus. Diese Beobachtungen beziehen sich auf das Jahr 1899, im Jahre 1900 konnte ich fast die gleichen wiederholen; am ı. April gelang es mir nur vier Anopheles claviger in Maccarese, welche Gegend die hauptsächliche Brutstätte derselben ist, aufzufinden; vom 2. bis ı5. April wurde kein einziges Exemplar gefunden. Nach dem ı5. April kamen sie wieder in kleiner Anzahl vor. Bei der Mühle zu Ninfa (ein anderer grosser A. clavigerherd) waren am 6. April die Anopheles noch zahl- reich, am ı2. d. Mts. aber konnte mein Diener an einem ganzen Tag nur ein einziges, wahrscheinlich altes, Weibchen finden. Bis nach dem ı5. Mai waren sie fast überall sehr spärlich (doch nicht in Tortre- ponti). Greegen Ende Mai aber wurden sie schon zahlreicher und im Juni nahm ihre Menge zu, um am Ende desselben Monats ein Maximum zu erreichen, welches den ganzen Juli und bis in die zweite Hälfte des Monats August fortbestand; nach dieser Zeit fingen sie an spärlicher zu werden, diese Verminderung wurde noch auffallender im September und ausserordentlich bedeutend im Oktober. In der Capaccio-Ebene (Salerno) gestaltete sich, in diesem Jahre wenigstens, das Verhältnis etwas verschieden, insofern als die im Juni und Anfangs Juli sehr zahlreich vorhandenen Anöopheles claviger schon in den übrigen Tagen des Juli, wenn auch langsam, eine Verminderung aufwiesen, welche nachträglich immer grösser wurde. [Im Jahre 1901 waren in Mittelitalien während der ersten Dekade des Monat März die 1no0- pheles claviger noch zahlreich; am ı8. März waren sie bereits sehr spärlich in Maccarese vorhanden, ebenso spärlich waren sie am 2ı. März in den Pontinischen Sümpfen. Am ı0. April fand sich in Grassi, Die Malaria. 8 Maccarese deren auch nicht ein einziger und am 30. April konnten im Laufe eines ganzen Tages nur fünf, am 8. Mai nur drei gefunden werden, am 26. Mai waren auch nur noch 20 Exemplare aufzufinden. Am ıo. April waren die A. claviger in den Pontinischen Sümpfen selten, die A. difur- calus aber in ziemlicher Menge vorhanden.] [In Locate Triulzi (Lokalität bei Mailand mit vielen Reisfeldern) waren die A. clavıiger schon Ende April und in der ersten Hälfte des Monat Mai 1901 zahlreich vorhanden.] Daraus ergiebt sich deutlich, dass der Hauptsache nach, die Anopheles in den Monaten, in welchen die Malaria am stärksten herrscht, zahlreicher sind. f) Habitat der geflügelten Anmopheles. Im Nachstehenden beabsichtige ich den Fundort der verschiedenen Anophelesarten ausserhalb der Hibernation, von welcher ich anderorts rede, näher zu besprechen. Vor allem sei hier noch bemerkt, dass dieser Punkt von der höchsten Wichtigkeit ist, und zwar, weil die in freiem Felde lebenden Anopheles Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, welche bedeutender sind als die, denen sie in den menschlichen Behausungen, in den Ställen etc. unter- worfen sind. Zwei Anophelesspecies (bifurcatus und pseudopictus) leben fast beständig im freien Felde; der A. bifurcatus zieht die Wälder, der A. pseudopictus aber die Röhrichte und die Gesträuche in der Nähe der Sumpfwasser vor. Sie kommen verhältnismässig selten in den Ställen, noch seltener in den Häusern vor, dies gilt hauptsächlich für den A. pseudopictus. Der A. superpictus kommt häufiger unter den Brücken, in unbewohnten Bauwerken (Wohnhäusern, Hütten, leeren Ställen u. s. w.) vor; oft ist er auch in den bewohnten Häusern und Ställen zu finden. Die Anopheles claviger leben in den bewohnten Häusern, nicht nur im Winter, sondern auch zu jeder anderen beliebigen Jahreszeit. Während der Sommermonate bleiben jedoch zahlreiche Anopheles claviger (ich spreche stets von den italienischen Ebenen) im Freien, zuweilen werden dieselben sogar nur hier und nicht in den Wohnungen gefunden; dies habe ich besonders an Orten, wo sie verhältnismässig selten sind, wahrnehmen können. Im Freien verstecken sie sich zwischen die hohen Graspflanzen, in die Gesträuche, das Laub der Bäume etc.; überhaupt ziehen die Anopheles clavıger die vor dem Winde geschützten Orte vor, daher werden sie häufiger auf den in tiefgelegenen Orten oder an Hausmauern wachsenden Bäumen gefunden u. s. w. In unzählbaren Scharen sind sie unter den kleinen niedrigen, dunkeln Brücken zu finden. g) Einige Beziehungen zwischen der Verteilung der Aropheles und der Malaria. Es giebt Orte, wo jährlich die Anwesenheit von zahlreichen Anopheles gleichzeitig mit schwerer Malariaepidemie wahrzunehmen ist; und sind es immer gerade jene Oertlichkeiten, welche den Sumpfwassern, den Aquitrinen etc. naheliegen, wie z. B. Maccarese, Porto, Ninfa, Tortreponti u. s. w. Ausserdem sind noch andere Gegenden vorhanden, wo die Malaria nicht jedes Jahr mit gleicher Heftigkeit auftritt; so traten z. B. im Basentothal (bei Grassano) 1898 viele Malariafälle und zahlreiche Anopheles auf, während im Jahre 1899 sowohl die ersteren, wie die letzteren sehr selten waren. Ich erkläre mir dies Vorkommnis durch den Umstand, dass das Sumpfwasser in der Nähe von Grassano spärlich ist und viele Schwankungen zeigt; je nach dem Jahrgang schwankt mithin die Produktion der Anopheles sehr. Wenn man während der Malariazeit die italienischen Eisenbahnlinien verfolgt, so wird man sich leicht davon überzeugen, dass in den Orten, wo die Malaria herrscht, die Anopheles zahlreich vorhanden sind, welche andererseits wieder da spärlich auftreten, wo die Malariaepidemie milder ist. — 59 — Ich könnte zu diesem Zwecke eine ganze Reihe von einzelnen Wahrnehmungen mitteilen, welche zweifelsohne jeden unparteiischen Beobachter überzeugen würden. Kollege Dr. Blessich, welcher mich auf mehreren dieser Ausflüge begleitete, hat den grössten Teil obiger Wahrnehmungen kontrollieren können. So z. B. haben wir beide zusammen am 24. und 25. Juli 1899 das Thal von Ofanto besucht; damals herrschte die Malaria sehr heftig bei der Bahnwärterhütte Nr. 94770 (in der Gegend Terre- moto des Dorfes Rapone) und wir beobachteten, dass die Anopheles claviger daselbst sehr zahlreich und in einem nahestehenden Tümpel Larven dieser Species in enormer Menge vorhanden waren; während in den, auf der Linie nach Avellino stehenden Bahnwärterhäuschen, sich nur sehr wenige Anopheles vorfanden und in dem Jahre noch kein Malariafall vorgekommen war. Wir dachten bei der Bahnstation Rocchetta S.Venere, welcher Ort als eine der schlimmsten Malariagegend betrachtet wird, zahlreiche AnopsAeles vorzufinden; jedoch nach langem Suchen konnten wir nur drei Anopheles clavıger auffinden; der Stationschef teilte uns aber mit, dass in diesem Orte, wo circa 100 Angestellte wohnen, im Jahre 1899 noch kein neuer Malariafall, und dass im vorausgegangenen Jahre nur zwei neue Malariafälle vorgekommen waren. Gleich wie in anderen Orten herrschte aber auch hier, im Jahre 1900 die Malaria und waren die Anopheles claviger zahlreich vorhanden. In Battipaglia pflegt die Malaria sehr mild zu sein, dementsprechend sind dort die Anopseles in geringerer Zahl vorhanden; in Albanella ist die Malaria schwer und die Anopheles finden sich dort in sehr beträchtlicher. Menge vor u. s. w. Eine weitere Bestätigung meiner Thesis wird auch durch die überreiche, mir von der Eisen- bahngesellschaft von Sardinien zugesandten Sammlung von Mosgwuitosexemplaren, welche in den dort befindlichen Bahnhöfen gefangen wurden, geliefert. Jedoch scheint in einzelnen Gegenden Süditaliens die Menge der Anopheles clauiger zu gering, im Verhältnis zu der Schwere der Malariaepidemie zu sein, und waren es gerade diese Lokalitäten, welche schon im Oktober 1898 meine Aufmerksamkeit auf andere Anophelesarten lenkten. Ich erwähne zu diesem Zwecke Calabrien, besonders die Bahnstation S. Eufemia-Biforcazione, und eine gewisse Zahl der vor und nach Sibari und deren Umgebung stehenden Bahnstationen etc. (1898 und 1899). Nimmt man nicht nur die Anopheles claviger, sondern auch die anderen in diesen Oertlichkeiten vorkommenden Species in Betracht, so ergiebt sich in einleuchtender Weise der direkte Zusammenhang zwischen Malaria und Anzopheles'). Eine besondere Erwähnung verdient in dieser Beziehung die Bahnstation Castelnuovo-Vallo, wo die Malaria lange Zeit herrscht, während die Anopakeles clavıiger schon im Juli in geringerer Zahl vor- kommen; dagegen sind, wie der Eisenbahnbeamte Marcovecchio bewiesen hat, die Anopheles superpictus sehr zahlreich vorhanden. Endlich sei hier bemerkt, dass überall, den sehr kleinen Malariaherden, unbedeutende Ano- pheles-Brutstätten entsprechen. In meiner vorläufigen Mitteilung vom Oktober 1898 habe ich u. A. folgendes betont: »In der Nähe von Saronno, mitten in einer nichtmalarischen Zone, findet sich ein kleiner Malariaherd (Caseina Girola); auf diesen Ort ist der in den Umgebungen vermisste Alnopheles claviger beschränkt.« Ein ähnliches Vorkommnis wird in der Nähe der Teiche von Ceriano be- obachtet?). ı) Im Jahre 1900 ist bei der Bahnstation S. Eufemia-Biforcazione eine sehr schwere Malariaepidemie beobachtet worden, welche mit einer wahren Invasion von Anopheles claviger verbunden war. 2) Im Juli 1899 schrieb Ross, ohne mich zu erwähnen: »Die Malaria findet sich nie gleichmässig verbreitet. Oft werden kleine Bezirke, Landgüter, Hütten oder Dörfer und sogar vereinzelte Häuser in viel höherem Grade für malarisch erkannt als die Umgebungen. Daraus ergiebt sich, dass die Malaria ‘nicht durch die gewöhnlich überall vorkommenden AMosgxatos, sondern von beson- deren Mosgzuitosarten hervorgerufen wird, deren Verteilung der der Malaria gleich ist«. — 60 —— h) Von den Anropheles erreichbare Entfernungen. Im Nachstehenden will ich die Weite der Entfernung, zu welcher die Azopheles gelangen können, besprechen. Ich habe diese Erscheinung eingehend studiert, so dass ich wohl imstande bin, mehrere Angaben mitzuteilen, welche, obwohl sie nicht ganz vollständig sind, doch einen ziemlich genauen Begriff solcher Erscheinung liefern können. Was für eine Höhe können die fliegenden Anop%eles erreichen? Darauf kann ich nicht in genauester Weise antworten: es ist aber gewiss, dass im vorigen Herbste zu Paestum die Anopheles clavıger zur Zeit des Sonnenunterganges in grosser Anzahl herbei- geflogen kamen und manche Personen, welche an den offenen Fenstern des dritten Stockes (ca. ı2!/, m hoch) eines übrigens zugeschlossenen und unbewohnten Hauses standen, stachen; durch passende Versuche konnten wir ferner wahrnehmen, dass die Anopheles sogar über das Dach dieses Hauses (ca. 15 m vom Erdboden hoch) flogen. Demzufolge muss man also annehmen, dass die Anopheles claviger sich wenigstens bis zu einer Höhe von ı5 m erheben können. Jedoch scheint es, als ob sie nicht gerne so hoch fliegen, wenigstens lassen dies die folgenden von mir beobachteten Thatsachen vermuten: I. Die Zimmer der zweiten und besonders dritten Stockwerke, auch der mitten in den Reis- feldern stehenden Landhäuser werden wenig von den “Azopheles heimgesucht, während sie in die Wohnräume des Erdgeschosses zu Tausenden hineindringen. Diese Erscheinung, welche von mir in der Lombardei beobachtet worden, wiederholte sich in ähnlicher Weise in einigen Häusern von Grosseto, wo die Anopheles im Erdgeschoss zahlreich, im ersten Stockwerke spärlich, und in den oberen Stockwerken noch spärlicher vorhanden waren. II. In der Nähe des kleinen See von Montorfano (bei Como) habe ich viele Aropheles claviger gefunden, während sie in dem sehr naheliegenden Dörfchen Montorfano, welches blos um einige Meter höher als der See gelegen ist, gar nicht vorhanden waren. Etwas ähnliches ist auch im höheren Teile des Dorfes Alserio (Brianza) wahrzunehmen. Im Jahre 1898 habe ich in der Lombardei beobachtet, dass man schon auf eine weniger als einen Kilometer lange Entfernung, von mit unzählbaren Anopheles besetzten Orten, von denselben gar nicht mehr gestochen wird, obwohl man sich in der Ebene befindet (solche Beobachtungen habe ich im Umkreis der durch den Villoresikanal berieselten Zone gemacht). Demzufolge darf man wohl annehmen, dass die Anopheles nicht die Gewohnheit haben, weit, besonders in vertikaler Richtung, zu fliegen. Es wäre ein Irrtum, wenn man auf diese Angaben absolute Gesetze gründen wollte und in der That: ı. Durch aufeinanderfolgende Flüge können die Anopheles allmählig ziemlich grosse Strecken, sowohl in horizontaler, wie in senkrechter Richtung zurücklegen; 2. sie können auch passiv, z. B. durch Karren, in weitere Entfernungen gebracht werden; 3. durch den Wind können sie gleichfalls passiv für weite Entfernungen mitgeschleppt werden (siehe weiter unten i)). Das leben im Freien und die warme Temperatur scheinen das Zustandekommen der successiven Flüge zu begünstigen; wird aber mit dem Sonnenuntergang die Temperatur niedrig, wie es öfters in der Lombardei vorkommt, dann pflegen die Anopsheles so schnell wie möglich, sich in die nächsten Wohnungen zu verstecken. Ambrosi und Riva haben beobachten können, dass in der Provinz Parma die Malaria über 4—5 km von den Reisfeldern entfernt, ihren Einfluss entfaltet. Zur richtigen Verwertung dieser Angabe ist aber nicht nur das vorauszusetzen, was ich hier mitgeteilt habe, sondern auch die zufälligen, sich in der Nähe der Sumpforte bildenden Anopsheles-Brutstätten, in Betracht zu ziehen. er Ich und der cand. med. Ficacci!), unter meiner Leitung, haben die diesbezüglichen Unter- suchungen hauptsächlich in Sezze, Sermoneta und Norma vorgenommen und dadurch manche Auf- klärung über diese Frage erhalten. Norma, Sermoneta und Sezze befinden sich auf den, den Pontinischen Sümpfen gegenüber- liegenden Hügeln. Man behauptete, dass in Norma (ca. 343 m hoch über dem M.) keine Malaria vorkomme; in Sermoneta (ca. 257 m) und Sezze dagegen (ca. 319 m) herrscht die Malaria, obwohl in geringerer Intensität als bei den Pontinischen Sümpfen, und — im Gegensatz zu dem, was in der Mehrzahl der Fälle vorkommt — pflegt die Epidemie am stärksten im vorgeschrittenen Herbst aufzu- treten. Wie bekannt, tritt in Sezze und Sermoneta die Malariakrankheit am häufigsten in den niedergelegenen Wohnhäusern auf, welche den Pontinischen Sümpfen gegenüberstehen; jedoch bleiben selbst andere Stadtteile nicht verschont. Im Jahre 1899 brach in Sezze und Sermoneta, auch Norma blieb nicht verschont, gegen den 20. Oktober die Malaria, die in den vorhergegangenen Monaten viel milder gewesen war, mit grosser Heftigkeit aus und dauerte daselbst den ganzen November über mit derselben Schwere fort. In Sezze und Sermoneta waren nun anfangs September 1899 die Anopheles clavıger beider Geschlechter gar nicht selten in den stark von der Malaria heimgesuchten Wohnhäusern, d. h. in denen, welche niedrig liegen und den Pontinischen Sümpfen zugewandt sind; doch kamen sie auch in den übrigen Häusern dieser Städte, namentlich in Sezze in den bei den »Le Fontane« naheliegenden Hütten, sogar in den höher gelegenen Häusern, vereinzelt vor. Gleichzeitig nahm ich wahr, dass in Norma, eine Stadt, welche auf dem Gipfel eines mauerartig von den Pontinischen Sümpfen emporsteigenden Felsens liegt, die Anopheles claviger ausserordentlich selten waren; ich konnte daselbst nur zwei Weibchen des A. c/avıger finden. Während der ebenerwähnten, im Herbst herrschenden Epidemie gestalteten sich die Verhält- nisse etwas anders; zu dieser Zeit traten die Anopheles (es handelte sich fast ausnahmslos um Anopheles claviger) in grosser Zahl in Sezze, hauptsächlich in dem Stadtejl, welcher den Sümpfen zugewandt war, auf. Gegen Mitte Dezember, als die Epidemie nicht mehr bestand, waren die Anopheles noch in grosser Menge vorhanden, jedoch hatten sie sich meistenteils in dunkle Räume zurückgezogen (Untertreppenräume, Keller, Ställe, in enormer Zahl in der Sakristei des Doms); gleich wie vorher, waren die Anopheles bedeutend seltener in dem Stadtteile, welcher in entgegengesetzter Richtung, als wie in dem, den Sümpfen gegenüber sich befindenden Teile. Ausnahmslos wurden viele Anopheles in den unteren Stockwerken und einige sogar in den Krankensälen des Spitals, welches auf einem ausserhalb der Stadt liegenden Hügel in südlicher Richtung der obengenannten Hütten steht, vorgefunden. Sehr wahrscheinlich hatten sie sich, um den Winter durchzubringen, dahin zurückgezogen, und zwar um dem beständig in den oben erwähnten Hütten herrschenden Rauch zu entgehen. Zu derselben Zeit, d. h. Mitte Dezember besuchten wir auch Norma. Ein einziger Anopheles claviger wurde von uns in dem Stadtteile, welcher den Sümpfen entgegengesetzt liegt, vorgefunden; dagegen war in dem, nach den Sümpfen schauendem Teil, die Zahl der überwinternden Anopheles gar nicht gering, in einigen Orten war sie sogar eine recht bedeutende. Woher stammen nun die in den genannten Städten auftretenden Anopheles? In Sezze be- stehen ganz besondere Brutstätten des Anopheles claviger und des bifurcatus. Die nach Nord und Nordost liegende Campagna Setina ist mit zahlreichen \asserquellen versehen. Das aus denselben ausfliessende Wasser sammelt sich in Gräben an, staut sich, und bildet so verschiedene kleine Azopseles- herde. Ficacci (von welchem ich die hier mitgeteilten Einzelheiten erfuhr) gelang es auch, zufällige Anopheles-Brutstätten — z. B. in einem, im Kirchengarten liegenden, Brunnenwasser enthaltenden Fasse — zu entdecken, jedoch reichen solche kleine Brutstätten nicht aus, die in Sezze herrschende ı) Ich überlasse es Herrn Ficacci, seine Beobachtungen ausführlich mitzuteilen. = 62 u Malaria zu erklären; denn die diesen Herden näher liegenden Stadtteile werden zweifelsohne von der Malaria nicht so heftig getroffen wie jene, welche den Pontinischen Sümpfen zugewandt sind. Folg- lich darf man wohl behaupten, dass die in Sezze vorkommenden Anopheles meistenteils aus den in der unterhalb gelegenen Ebene vorhandenen Sümpfen herstammen. Wird die Lage der Stadt Sermoneta in Betracht gezogen, so gelangt man zu der Ueber- zeugung, dass sämtliche Anopheles oder ihr grösster Teil, aus den unmittelbar am Fusse der Stadt vorhandenen Sumpfwassern stammen (in dem Schwefelwasser, welches sich dort etwa ı6 Meter über dem Meere ansammelt, kommen zahlreiche Anopsheleslarven vor); in Sermoneta selbst sind keine zur Ent- wickelung der Anopheles geeignete Wasseransammlungen vorhanden, nur in den Gemüsegärten giebt es einzelne (etwa vier) jedoch sehr früh austrocknende kleine Mauerwerkbassins. Als ich dieselben am 6. September 1899 untersuchte, war darin ausnahmsweise noch etwas Wasser vorhanden, und fand ich in einem dieser Bassins neben zahlreichen Cwulexlarven blos eine einzige Anopheleslarve vor. Ausserdem, wenn man direkt von den Schwefelwasseransammlungen auf den kleinen steilen Weg hinauf nach Sermoneta steigt, so findet man überall, besonders aber, wenn man zwischen den Ruinen der zwei hier stehenden kleinen Kirchen, in den vom Weg nicht weit entfernten Hütten u. s. w. nachsieht, einige “Anopheles claviger vor; dies ist ein Beweis dafür, dass die “Inopheles aus den Sümpfen hinauf nach Sermoneta wandern. Es ist eine unbestreitbare Thatsache, dass die sich in Norma findenden Ano- pheles unten in Ninfa (24 m hoch), d. h. zu Füssen Norma’s, geboren werden: da man in Norma kein zur Entwickelung der Alnopheles geeignetes Wasser findet. Es bleibt somit nachgewiesen, dass die Awxopheles sich über 300 m über den Meeresspiegel erheben können. Man darf wohl annehmen, dass sie etappenweise, indem sie sich den zahlreichen Karawanen, die täglich gegen Abend zu den genannten Städten hinaufsteigen, folgen, bis dahin gelangen. Um sich von der Thatsache zu überzeugen, genügt es, irgend einen Kutscher zu fragen, welcher täglich von der Bahnstation nach Sezze hinauffährt; derselbe wird sogleich bestätigen, dass die Mosguntos auf dem ganzen Wege ununterbrochen den Reisenden verfolgen. Solche relativ enormen Verschiebungen werden hauptsächlich durch den Umstand erklärt, dass die Anopheles der Pontinischen Sümpfe, da sie daselbst sehr zahlreich sind und ungenügende Nahrung finden, sich gezwungen sehen, auszuwandern. Ich habe bemerken können, dass überall, wo die Anopheles in grosser Zahl vorhanden sind und wo ausserdem die Nahrung nicht reichlich ist, sie kühner werden, als wenn sie spärlich sind und ihre Nahrung leichter auffinden können. In einem in der Nähe der Calciano-Seen (Basento-Thal) liegenden Häuschen, wurde ich von den scharenweise auf- tretenden und blutleeren Anopheles so heftig und wütend angegriffen, dass ich, trotz des von mir stark entfachten Holz- und Strohrauches gezwungen wurde, mich zurückzuziehen. Desgleichen, wenn die Anopheles zahlreich sind; mag man noch so viel Zampironi verbrennen, eine oder die andere ist immer zum Stechen bereit. Merkwürdig bleibt aber immer das späte Erscheinen der Anopheles clavıger in Sezze, Norma und vielleicht auch in Sermoneta in grosser Anzahl!): es scheint, dass sie wegen Mangel an geeig- neten Winterstationen in der Ebene, sich in bevölkerte Hügelorte zurückziehen ?).. Ausserdem kann vielleicht auch die im Oktober stattfindende Auswanderung der Einwohner aus der Ebene dazu bei- tragen. Die bereits erwähnte Gewohnheit der Anopseles, die Menschen bei ihren Auswanderungen zu begleiten, ist durch viele Fälle bewiesen. Ich beobachtete dies zuerst in der Campagna Romana, nachher konnte ich mich überzeugen, dass es überall vorkommt. ı) Dies fällt selbstverständlich mit dem Verlaufe-der Malariaepidemie zusammen. 2) Im allgemeinen liegen diese Winterstätten der Anopheles nach Süden. Während der Kornernte und der Dreschzeit werden von den Bauern der Campagna Ro- mana Hütten gebaut, welche als provisorische Wohnungen dienen. Während der ersten Tage ihres Aufenthaltes in diesen Hütten werden die Anopheles so gut wie nicht bemerkt; nach einigen Tagen aber treten sie dann in allmählich beträchtlicher Zahl auf. Diese Erscheinung habe ich wiederholt konstatiert, und in Malegrotte, wo die Hütten nur um einige Meter höher als der Dreschplatz aufge- baut werden, war dies Vorkommnis ein sehr deutliches; während der ersten vier Tage war es ganz unmöglich, dort einen Anopheles zu finden, so dass ich vorerst glaubte, dass die Anopheles sich nicht bis zu der Höhe der Hütten erheben konnten; später aber wurde ihre Anzahl eine ganz beträchtliche. Im Laufe dieses Jahres (1900) habe ich noch zahlreiche Beobachtungen gemacht; durch die- selben habe ich einerseits die bei den Pontinischen Sümpfen im vorstehenden mitgeteilten Thatsachen auch in anderen Gegenden Süditaliens bestätigen können, andererseits wurde dadurch der absolute Beweis geliefert, dass die Anopheles sich sowohl in der Ebene als von der Ebene nach den Hügeln verbreiten, indem sie den von Menschen betretenen Wegen folgen. Es kann sogar vorkommen, dass die Anopheles sowie die Malaria in dem Teile einer bestimmten Gegend, welcher dem Sumpfe näher steht, beinahe vermisst werden !), während in dem von dem letzteren entfernten Teile, die Anopsheles zahlreich sind und die Malariaepidemie in schwerster Form herrscht. Durch genauere Beobachtung dieser Erscheinung ist es leicht festzustellen, dass der betr. verschonte Bezirk z. B. auf der Seite eines Hügels in entgegengesetzter Richtung zu dem Sumpfe liegt und keine Strasse den Sumpf in direkte Verbindung mit dem verschonten Bezirk bringt. Der von der Malaria heimgesuchte Bezirk aber liegt in der Ebene fast auf demselben Niveau des Sumpfes, mit welchem er durch eine täglich von den Bauern viel begangene Strasse in Verbindung steht. Hier bemerke ich noch, dass in diesen Orten die Anopheles nicht erzeugt werden; vielmehr sämtlich vom Sumpfe herstammen. Während, ich will es hier wiederholen, es wohl vorkommt, dass die Azopheles sich in der Ebene und von dieser nach den Hügeln hin verbreiten, ist es mir nicht bekannt, dass sie über einen Hügel hinausziehen. Die Stadt Agropoli (Prov. Salerno), welche grösstenteils auf einem am Meeresufer sich erhebenden Hügel liegt, ist in dieser Beziehung besonders bemerkenswert. Der gegen die Ebene gerichtete Teil dieses Hügels wird von zahlreichen Anopheles und von der Malaria heimgesucht; diese letztere sowie die Anopheles werden aber in dem Teile des Hügels, welcher dem Meere zugewendet ist, vermisst. Jedoch liefert die Agropoli-Ebene keine grosse Menge Ano- pheles; ich glaube, dass, wenn dies der Fall wäre, der Hügel keinen hinreichenden Wall gegen die Einwanderung derselben bilden könnte. Hier muss ich hervorheben, dass der Grad der Weiterver- breitung der Anopheles sicher im Verhältnis zu ihrer grösseren oder kleineren Zahl steht. Bei dem erwähnten Fall der Stadt Agropoli könnte man vermuten, da der betr. von den Aro- pheles und von der Malaria verschonte Teil nach dem Meere zu liegt, dass diese Verschonung davon abhängt, dass im allgemeinen am Meeresstrand weder Anopheles noch Malaria vorkommen. Doch muss ich diesbezüglich bemerken, dass, obwohl im allgemeinen die Anopheles die Meerufer ver- meiden, sich doch manche Ausnahmen geltend machen; so z. B. sind dieselben in einem Teile von Aeropoli, sogen. Marina di Agropoli, vorhanden, welcher nicht auf dem Hügel, sondern in der Ebene liegt und während der Badesaison sehr besucht wird. Ausserdem macht die Bahnstation Ogliastro, welche ganz in der Nähe des Meeresstrandes liegt, den Eindruck von einem höchst gesunden Orte, während sie im Gegenteil einen der schlimmsten Malariaherde bildet, und die AnopAeles entwickeln sich dort gerade in der Nähe des Meeres. Die Verbreitung der Anopheles, wie ich es hauptsächlich in Capaccio wahrgenommen habe, findet in verschiedener Weise auch passiv statt. Am 3. Juli fuhr ich mit dem Postwagen von Capaccio (Capaccio-Ebene) nach dem Dorf Capaccio, welches auf einem Hügel liegt. Die Reise ı) Wenn es sich darum handelt, ein Urteil über den malarischen Charakter einer gegebenen Gegend auszusprechen, so darf man selbstverständlich die Malariafälle, welche bei Menschen vorkommen, die Malariagegenden besuchen, nicht mit rechnen. dauerte zwei Stunden; im Wagen sassen wir zu vier zusanımen, zwei unter uns rauchten. Auf dem Wagendach sassen nicht weniger als 200 “AInopheles. Trotz des Rauchens und der Erschütterung flogen sehr wenige davon, nur einzelne wechselten ihren Sitz; der meiste Teil derselben gelangte mit uns in das Dorf Capaccio und in die verschiedenen Orte der Hügel, durch welche der Postwagen fuhr; kein Zweifel darüber, dass diese “l»opheles in die Ortschaften einwanderten, wo der Wagen bei Sonnenuntergang anhielt. Die Heu- oder Stroh-Karren, welche namentlich gegen Abend in von zahl- reichen Anopheles heimgesuchten Orten anhalten, beladen sich mit diesen Mosgwrtos und bewirken so deren passive Auswanderung. Die Tragweite dieser Beobachtungen ist augenscheinlich, da sie uns eine hinreichende Er- klärung für die, in gesunden (segenden vorkommenden Malariafälle liefert. Ausnahmsweise können sich somit die Anopheles in aktiver oder passiver Weise mehrere Kilometer weit von ihrer Geburtsstätte entfernen. i) Einfluss der Winde. Die Verbreitung der InopAheles und der Malaria mittels der Windströme bildet eine weitere hochwichtige Frage. In seiner letzten Monographie (16) schreibt Ficalbi, dass zuweilen der Wind die Aosgazfos mit sich fortträgt, so dass die bis dahin WMosgaxrtoslosen Orte durch den Wind mit denselben versehen werden, und somit der Wind zu einer der Verbreitungsursachen der Mosguitos wird. Er hat mir mitgeteilt, dass er in Cervia nach einem windigen Tage die vorher dort ganz vermissten Cwlex penicıllaris vorgefunden habe. Ich habe darüber eine Reihe von Unter- suchungen angestellt, deren Resultate ich im nachstehenden mitteile. Die Anopheles, wie überhaupt alle geflügelten Tiere, sind thatsächlich dem Winde gegenüber sehr empfindlich; die geringste Luftbewegung genügt, um sie verschwinden zu lassen, so dass sie als- dann nicht mehr stechen. Ausserdem pflegen die AzopsAeles sich in geschützten Orten anzusammeln, dabei vermeiden sie die den Winden ausgesetzten Bäume, so habe ich sie z. B. niemals auf den Zu- calyptusbäumen, welche um die Bahnhütten und -Stationen stehen, gefunden, während ich sie auf den gleichen, in Gruppen stehenden Bäumen windgeschützter Orte antraf. Ich habe bereits eben erwähnt, dass die Anopheles im allgemeinen den Meeresstrand meiden; sehr wahrscheinlich hängt dies davon ab, dass hier die Luft des öfteren bewegt ist. Mit diesem Um- stand darf man wohl die Volksbehauptung in Zusammenhang stellen, nach welcher der Meeresstrand sogar in den malarischen (Gegenden im allgemeinen von der Malaria beinahe verschont bleibt, und dass ein ziemlich sicheres Mittel, um von der Malaria verschont zu bleiben, darin bestehe, in Kähnen auf dem Meere, selbst nur in kleiner Entfernung vom Ufer die Nacht zu verbringen. Finden wir während des Tages auf einem Spinngewebe in einem Stalle oder in irgend einem zugeschlossenen Raum einen Alzopheles claviger oder einen A. superpictus, so können wir be- obachten, dass, wenn z. B. durch Hin- und Herschwingen des Hutes, die Luft etwas in Bewegung gesetzt wird, das Spinngewebe schwankt, der Anopheles aber ganz ruhig sitzen bleibt. Wird der Hut aber heftiger bewegt, so fliegt der Anopsheles davon ab, um gleich in einem kaum einige Decimeter entfernten Orte, wo die Luft unbewegt ist, Platz zu nehmen. Befinden wir uns beispielsweise in einem kleinen von zahlreichen Aropheles bewohnten Stall, dessen Fenster und Thür geschlossen sind, stellt sich oft, sobald wir beide öffnen, ein ziemlich starker Luftzug von der Thüre nach dem Fenster zu ein, durch welchen wir, auch bei vollem Sonnenschein die Anopheles aus.dem Stall jagen können. In Porto giebt es ein Schirmdach, worunter sich die jungen Anopsheles claviger tausendweis verstecken; geht der Wind dort, verbergen sie sich teils im Heu, die meisten aber fliegen davon. Aus diesen im vorigen Jahre gemachten Beobachtungen war ich schon berechtigt, zu be- haupten, das der nach einer gewissen Richtung ziehende Wind die Anopseles allmählich von einem Orte vertreiben könne. In diesem Jahre erhielt ich aus einer Reihe von Erscheinungen die Ueberzeugung, dass, wenn die Anopheles von einem starken Wind angegriffen werden, sie gleich wie ein Haufen Federn von demselben verstreut werden. In manchen vom Winde nicht geschützten Orten, wo sie erst zahlreich, waren sie nach mehreren windigen Tagen ganz verschwunden, um zur gleichen Zeit in grosser Menge in besser geschützten nahegelegenen Orten zu erscheinen. Im September konnte ich wiederholt einzelne Ano- pheles auf den Drahtnetzen der vor den Bahnhütten aufgestellten Schutzpavillons sehen, welche augen- scheinlich durch den heftigen Wind dahin geweht wurden. In das Zimmer des Stationschefs zu Capaccio kamen während einer windigen Nacht, nach und nach sehr viele Anopsheles hinein. Bemerkenswert ist es, dass die mit dem Winde fortgetragenen “l»opheles nur dann stechen, wenn sie wieder in geschützten Orten angesammelt sind. Dadurch lässt sich vielleicht erklären, wie z. B. in Sezze Ficacci oft, gegen Abend auf der, den Pontinischen Sümpfen gegenüberstehenden Terrasse sitzen bleiben konnte, ohne je von einem Anopheles gestochen zu werden, obwohl der Wind von den Sümpfen her bliess. Andererseits darf man alle, unter dem Volke herrschenden Angaben über den Einfluss des Windes auf die Verbreitung der Mosguitos nicht für wichtig halten. Diese Thatsachen mögen ja an und für sich unbestreitbar sein, doch wird deren richtige Wertbestimmung keine leichte Auf- gabe sein, wie der folgende besondere Fall beweisen wird. Die Einwohner der von Mosguitos heimgesuchten Oertlichkeiten geben an, dass wenn Sci- roccowind herrscht, die Mosgzr/os zahlreicher aufzutreten pflegen. Daraus könne man wohl schliessen, dass der Seiroccowind thatsächlich dieselben heraustreibe. Untersuchen wir die Sachlage aber gründ- licher, so werden uns die Einwohner, welche die erwähnte Angabe äusserten, mitteilen, dass sie unter Scirocco, welcher die Mosgautos quälender macht, eigentlich jenen Luftzustand, der durch Feuchtigkeit, Hitze, bewölkten Himmel und nachfolgenden starken Regen gekennzeichnet ist, und nicht den, welcher mit erheblichen Luftstrombewegungen (Wind) verbunden ist, verstehen; in diesem letzteren Falle werden, wie sie es selbst zugeben, die Mosgzutos ganz vermisst, und treten bloss in zugeschlossenen Wohnungen auf. Also ist wohl kein Zweifel vorhanden, dass die Mosgwrtos häufiger und heftiger stechen, wenn die Luft ruhig, warm und feucht und der Himmel mit Wolken bedeckt ist: solche äusseren Verhältnisse begünstigen die Mosguitos, welche dann sehr gerne herumfliegen, um sich Nahrung zu verschaffen. Jedoch will dies durchaus nicht heissen, dass der Scirocco die Mosgautos mit sich weiter treiben muss. Die bis hierher referierten Thatsachen zusammenfassend, kann man wohl sagen, dass auch der Wind die Anopheles von ihrer (seburtsstätte entfernen kann; es handelt sich jedoch im allgemeinen nur um kleine Entfernungen, wenn man auch zugeben muss, dass sie ausnahmsweise auch in grössere Entfernungen verschleppt werden können. k) Hindernisse. Eine letzte wichtige Frage betrifft die event. Hindernisse, welche die AnzopsAeles verhindern, ihren Erzeugungsort zu verlassen. Die nicht oder spärlich geholzten Ebenen sind günstig für ihre Auswanderung zu betrachten; Wälder, Häuser u. s. w. verhindern sie dagegen. Solche Vorkommnisse stehen mit schon weit und breit, besonders in Rom, im vorigen Jahr- hunderte durch Laneisi und in diesem, durch Tommasi-Crudeli, erörterten Streitfragen in Zu- sammenhang. Einige Forscher hatten angenommen, dass die Malariakeime durch die Bäume abfiltriert werden, so dass die dadurch gedrungene Luft rein werde; andere schliessen jeden Einfluss der Wälder aus. Stellt man aber solche Fragen mit der Naturgeschichte der Anopseles in Zusammenhang, so wird man sich leicht überzeugen müssen, dass dieselben weder nach der einen noch nach der anderen Richtung in entscheidender Weise gelöst werden können, weil dabei noch mehrfache Umstände Grassi, Die Malaria. i) sich geltend machen, welche bei den einzelnen Fällen die bezügliche Beurteilung wohl anders ge- stalten können. In Maccarese konnte ich beobachten, dass die Anopheles claviger bei dem Procojo delle Buffale (Winteraufenthalt der Büffel) zahlreich sind, sie aber in den Fischerhütten, welche ganz in der Nähe des Meeresstrandes liegen, ganz vermisst werden; zwischen den zwei eben genannten Orten ist ein etwa 100 m grosses und ziemlich dichtes Gehölz; dies wäre eine sehr beweiskräftige Beobachtung, jedoch ist es wohl bekannt, dass die Anopheles wie schon erwähnt, im allgemeinen den Meeresstrand meiden. Andererseits liegt wohl kein Zweifel vor, dass 1. die Anopheles claviger sich an den peripherischen Teil der Wälder zurückziehen können; 2. die Anopheles bifurcatus diesen Waldteil als Wohnstätten vorziehen; 3. die Wälder in gewissem Masse das Eintrocknen der zur Entwickelung der Anopheles sehr geeigneten Wasser hindern; 4. die Umwandlung eines Waldes in einen Acker verlangt oft eine gesündere Verteilung der Wasser; dadurch lässt sich wohl erklären, wie häufig durch Abschaffung der Wälder die Malaria beseitigt worden ist etc. etc. Die Wohnhäuser bilden aber einen sicheren Wall für die Anopseles, insofern diese in den- selben ihre Nahrung finden und demzufolge dort sitzen bleiben; der von Marchiafava und Spadoni besprochene kleine Malariaherd bei Sinigallia darf wohl dadurch erklärt werden. (»In der Nähe von Sinigallia befindet sich zwischen dem Meere und dem Fluss Mesa ein Kanal; da sich das Wasser dort stagnierte, bildete der Kanal bis vor kurzer Zeit eine Brutstätte für die Malaria- infektion. Die Einwohner der in der nächsten Nähe des Kanals stehenden Häuser und namentlich der, deren Thüren und Fenster nach diesem letzteren zugewendet waren, erkrankten an Malaria, während die der etwas davon entfernten Häuser verschont blieben «.) 6. Allgemeine Schlussfolgerung. Sämtliche von mir im Vorstehenden (h. i, k) mitgeteilten Thatsachen über die Ver- breitung der Anopheles stehen in unzweideutigem Einklang mit dem empirischen Gesetz, nach welchem die Malaria im allgemeinen nicht auf grosse Entfernung übertragen wird; thatsächlich pflegen die Anopheles sich von ihren Brutstätten nur für kleine Strecken zu entfernen, sie können sich wohl für eine grosse Strecke passiv weit entfernen, d. h. wenn sie von dem Winde mitgetragen werden; jedoch dies geschieht selten, weil sie sehr leicht von den verschiedenen, unterwegs vorkommenden Hindernissen zurück- gehalten werden. Ferner wird die erfahrungsgemäss festgestellte Thatsache, dass im allgemeinen die Malaria schon in wenig hohen Plätzen milder ist, wissenschaftlich dadurch erklärt, dass die Anopheles nicht gern von dem Boden in die Höhe fliegen. Die von den hier zusammengefassten Regeln abweichenden Erscheinungen lassen sich wohl durch mehr oder weniger ausnahmsweise auftretende Anopheles-Auswanderungen erklären. Daraus ergiebt sich, dass die Aropheles in allen, als Malariagegenden bekannten Orten leben und uns leicht stechen können. Als allgemeines Gesetz darf man wohl gelten lassen, dass, je heftiger in einem gegebenen Orte die Malaria herrscht, desto beträchtlicher die Zahl der daselbst vor- kommenden Anopheles ist. In den schlimmsten Malariagegenden kann ein Mensch an einem einzigen Abend von Hunderten von Anopheles gestochen werden. In den Ebenen und auf den wenig hohen, im Sommer notorisch heissen Hügeln Italiens herrscht da, wo Anopheles vorhanden, auch die Malaria endemisch. Eine Ausnahme wird für den Anopheles claviger von einem Garten bei Saronno, in der Lombardei gebildet, wo sich ein kleiner Sumpf befindet, in welchem dieselben sehr spärlich sind; es scheint jedoch, dass ehemals auch hier Malariafälle vorge- kommen sind. Ausserdem sind mir auch einige geringere, nichtmalarische Brutstätten von Anopheles bifurcatus bekannt. Bringen wir nun die in den ersten fünf Paragraphen besprochenen Thatsachen unter einen einheitlichen Gesichtspunkt zusammen, so gelangen wir zu den folgenden Schlussfolgerungen: I. In den Malariagegenden kommen thatsächlich eigenartige blutsaugende Tiere vor. Dies lässt die Lehre der malariaübertragenden Mosguitos immer noch wahr- scheinlicher erscheinen, da diese bestätigte Thatsache, einen der schwerwiegendsten dagegen aufgestellten Einwände beseitigt und genau mit der Lokalisation der Malaria, welche am Anfange des Kapitels besprochen wurde, übereinstimmt. I. Unter diesen blutsaugenden Tieren sind gewiss, in Bezug auf die Malaria die verdächtigsten, die Anopheles, welche ich schon 1898 wegen ihres Aufenthaltsortes, ihrer Häufigkeit, ihres Vorkommens in den betreffenden Jahreszeiten für die wahren Spione der Malaria erklärt habe. Jedoch darf man nicht, bevor man entsprechende geeignete Versuche vorausgeschickt hat, die Möglichkeit ausschliessen, dass auch noch andere Species die Malaria übertragen können. III. Die Beschaffenheit des Erdbodens kann aus dem Grunde, weil das zur Ver- mehrung der Anmopheles und der anderen a priori verdächtigen Species notwendige Wasser sich bei dem verschiedenartigsten Boden vorfinden kann, keinen direkten Ein- fluss ausüben. Dies stimmt vollkommen mit der Schlussfolgerung Tommasi-Crudeli’s überein, nämlich, dass die Malaria in Ländern mit verschiedenartig zusammengesetztem Erdboden auftritt. IV. Die Axopheles verbreiten sich aus dem Wasser, wo sie sich entwickelt haben, in die Umgegenden, auf der Suche nach Nahrung. Wenn wir nun als Centrum einer gleichmässigen Ebene eine Wasseransammlung, worin sie ihre Entwickelung vollendeten, annehmen, so kann man wohl die Länge eines davon ausgehenden Strahles bestimmen, über dessen Grenze sie gewöhnlich nicht hinausgehen. Dieser Strahl kann in Mittel- und Süditalien, namentlich, wenn es sich um eine ganz öde Ebene (ohne Wälder und ohne Häuser) handelt, während der Sommermonate, wenn die Luft mit Wasserdämpfen überladen ist, mehrere Kilometer in Anspruch nehmen. Dies stimmt ebenfalls völlig mit einer weiteren Schlussfolgerung Tommasi- Crudeli’s überein: in nicht sumpfigen Orten kann wohl die Malaria auftreten. V. Im allgemeinen aber entfernen sich die Aropheles nicht weit von ihrer Er- zeugungssätte. Und dies stimmt völlig mit einer dritten Beobachtung Tommasi-Crudeli’s überein, nach welcher die Malaria sich nur auf kurze Strecken zu verbreiten vermag. Kurz die gleichen einwandsfreien Beobachtungen Tommasi-Crudeli’s, auf welche er seine Bodentheorie aufgebaut hatte, unterstützen auch die neue Lehre, und ausser- dem werden dieselben durch diese viel besser erklärt!). ı) In einer kürzlichen Mitteilung (50) bemerkt Pagliani sehr zweckmässig, dass mehrere wichtige Punkte der italienischen Sanitätslegislation inbetreff der Malaria mit den Ergebnissen unserer Entdeckung bezüglich der Anopheles völlig übereinstimmen. Hier seien zwei der betreffenden Sätze erwähnt: Mit Ausnahme der durch lokale Vorschriften stabilierten Umstände sind für den öffentlichen Gesundheitszustand schädlich zu bezeichnen alle Bauwerke, welche den normalen Abfluss der Boden- und der sich an der Oberfläche befindenden Wasser verhindern und den Stillstand von Wasser in dem zum Aufbau von Wohnhäusern bestimmten Boden, sowie die Bildung von Sümpfen in jedem anderen Erdboden verursachen.« Und ferner: »Die Einrichtung von Blindräumen in den Reisfeldern ist verboten, weil diese letzteren mit genügender Senkung versehen werden müssen, damit der Wasserabfluss durch 9* er Nor Diese hat den grossen Vorteil, die Bodentheorie (Tommasi - Crudeli) mit der Sumpftheorie, welche mit Unrecht für Sumpfaberglaube (Tommasi-Crudeli, Celli etc.) definiert wurde, zu versöhnen. Insoweit sich der Boden in geeigneten Verhältnissen für die Sumpfbitdung befindet, und insoweit das Sumpfwasser sich für die Entwicke- lung der Anopheles eignet, können sie indirekte Malariaursachen werden. Diese Thatsachen erklären und rechtfertigen zwei Sentenzen Baccelli’s: in der Aetiolo- gie der Malaria müssen drei Elemente in Rechnung gezogen werden, ein beständiges, der Sumpf, und zwei bewegliche, der Mensch und die Stechmücke; die Erde und das Wasser dürfen nicht ausser Acht gelassen werden. Seine Sentenz, dass die Malaria mit Füssen getreten wird, kann nur als rhetorische Figur acceptiert werden. Es bliebe jetzt nur noch die Abhängigkeit der Malaria von der hohen Temperatur zu be- sprechen; was ich in einem anderen Kapitel thun werde. Jedoch darf ich wohl schon hier bemerken, dass es a friori als wahrscheinlich anzunehmen ist, dass der Malariaparasit, indem er von dem Menschen (wo er einer hohen und konstanten Temperatur ausgesetzt ist) in den Mosgwuto übergeht (und hier findet er sich in einer, der des äusseren Mediums ähnlichen und demgemäss wie diese variablen Temperatur), zu Grunde geht, wenn die äussere Temperatur und daher die des Mosguitos unter einer gewissen Grenze steht (18—20° C.). 7. Anopheles ausserhalb Italiens. Alles was ich über die Malariagegenden Italiens mitgeteilt, kann sehr wahrscheinlich auch für sämtliche Malarialänder der ganzen Welt gelten. Leider sind die Untersuchungen über die Anopheles ausser Europa, noch zu unvollständig; trotzdem aber finden wir einen Anopheles minutus Macquart des Senegal aufgezeichnet. Ross hat kürzlich in Sierra Leone zwei Anophelesarten gefunden und mir von Indien einen dem swuperpictus ähnlichen Anopheles zugesandt. Wir wissen auch, dass in den Vereinigten Staaten, in Südamerika, Neuguinea u. s. w. Anopheles vorkommen. Dementsprechend kann man wohl mit vollem Recht behaupten, dass überall in den Malariagegenden Anopbelesspecies vorhanden sind. Die Ergänzung dieser bereits in der ersten italienischen Auflage des vorstehenden Werkes veröffentlichten Nachrichten, fand in der kurzen Zeitfrist, welche seit der Herausgabe desselben bis heute verlaufen ist, statt. Es ist eine unbestrittene Thatsache, dass täglich ununterbrochen neue Mitteilungen erscheinen, welche in unzweifelhafter Weise den Nachweis liefern, dass überall in der ganzen Welt, wo die Malaria herrscht, Anopheles vorhanden sind (Theobald, Giles, Laveran, Guiteras, Blanchard, Koch u. m. A.). Dadurch ist nun festgetellt worden, dass die Anopheles in Südafrika, auf Madagascar, Cuba, Jamaika, Hayti, in Brasilien, in China, auf Celebes und Java, auf den Molukkeninseln, sowie in Australien, in Tasmanien etc. etc. existieren. 8. Lokalitäten mit Anopheles und ohne Malaria. Im Vorstehenden habe ich die Gegenden Italiens besprochen, wo die Hitze während der Sommermonate lange besteht, und habe die Malariagegenden mit den nichtmalarischen Orten ver- glichen. Ich will nun an dieser Stelle noch hervorheben, das blos in den tiefgelegenen Ebenen und dazu geeignete, gut eingerichtete Ausmündungen beständig frei und lebhaft sei, ausserdem muss alles so aufgebaut werden, dass die Reisfelder rasch ausgetrocknet werden können.« Diese beiden Vorschriften hatte augenscheinlich Pagliani (welcher, wie bekannt, der verdienstvolle Schöpfer der italienischen Sanitätslegislatur ist) nur empirisch aufgestellt. Jetzt genügt deren Erwähnung, um wissenschaftlich die betreffende Wirksamkeit zu erklären. Beide Vorschriften lauten in der That: Krieg den Anophelen! — wie es sich deutlich aus den in diesem Kapitel geschilderten Beobachtungen ergiebt. auf den verhältnismässig heissen Hügeln — wie z. B. in Sezze (319 m hoch), in Sermoneta (257 m hoch) — oder mit anderen Worten, nur da, wo die Temperatur zum Auftreten der Malaria sehr geeignet ist, die Anopheles als wahre Angeber, wahre Spione der Malaria bezeichnet werden können Dagegen werden in den etwas höher gelegenen Gegenden Italiens (sowie in vielen Lokalitäten des mittleren und südlichen Europas) die Anopheles in ziemlich grosser Menge vorgefunden, ohne dass daselbst Malariafälle vorkommen, oder dieselbe wird nur in verhältnismässig wenig intensiver Form beobachtet. Von solchen Gegenden wähle ich besonders drei, in welchen die Untersuchungen in sorg- fältigster Weise ausgeführt wurden. Am 26. Juli besuchte ich die Wasserquellen, welche sich in der Nähe der die Stadt Neapel mit Wasser versorgenden Serinoquelle befinden. Ich dachte, dass hier die Larven des Anopheles clavıger gut gedeihen müssten, und that- sächlich, konnte ich deren eine grosse Menge vorfinden (es finden sich dort auch Anopheles bifurcatus). Die geflügelten Azopheles waren desgleichen sehr zahlreich, jedoch nur in den Ställen vorhanden. In den Wohnhäusern des Dorfes S. Lucia di Serino!) (ca. 1500 Einw.), welches sehr nahe an diesen Quellen liegt, sowie in der zum Dorfe gehörenden Bahnstation, waren nur einige seltene Anopheles claviger wahrzunehmen. Diese Vorkommnisse überraschten mich sehr, da behauptet wird, dass Serino malariafrei sei. Nach diesbezüglichen Erkundigungen vernahm ich denn auch, dass in S. Lucia di Serino die Malariafieber nicht fehlen, obgleich dieselben verhältnismässig selten sind. Augenscheinlich existiert in diesem Falle ein bedeutendes Missverhältnis zwischen der Menge der Anopheles und der Schwere der Malariakrankheit. Dieses Missverhältnis fällt um so mehr hervor, wenn man bedenkt, dass die nach Serino von aussen eingeführten Malariafälle zahlreich sind. Die Lösung dieser Frage war durch zwei Erklärungen möglich; entweder bilden die in Serino vorkommenden Anopheles eine besondere, von den Malariaparasiten immune Rasse, oder die Tempe- ratur in Serino ist verhältnismässig zu niedrig, um eine beträchtliche Vermehrung der Malariaparasiten hervorzurufen. Nachdem ich durch eingehende, dazu geeignete Versuche die erste Erklärung ausgeschlossen hatte, blieb mir noch die zweite zurück. Trotzdem die Jahreszeit schon weit vorgeschritten war, liess ich die nötigen Temperaturmessungen ausführen; dank der Mitwirkung der Herren Dr. Monti und Dr. Pescatore und des Stationschefs zu Serino, kann ich sehr genaue Temperaturdaten vom 16. August bis ı7. September liefern (siehe den Anhang am Ende dieses Kapitels). Vergleicht man nun diese Daten z. B. mit denen von Rom, wird man sich leicht überzeugen können, dass in Serino die Temperatur bedeutend niedriger als in Rom ist, und dies steht im Zu- sammenhang mit dem Umstand, dass S. Lucia di Serino ca. 410 m über dem Meeresspiegel liegt und von hohen Gebirgen umgeben ist. In Serino hatte ich ferner zum ersten Male (Gelegenheit, meine Aufmerksamkeit auf ein sehr wichtiges Vorkommnis zu lenken. Infolge der niedrigen Temperatur verstecken sich die Anopheles zum grossen Teil in den Ställen, und daher kommt es, dass sie vorzugsweise Rinder, Pferde und Schweine und nur selten Menschen stechen. In Alserio (Brianza) konnte ich ı398 zufällig eine ähnliche Beobachtung machen: beim Sonnen- untergang eines sehr heissen Tages nahm — wie es dort stets zu geschehen pflegt — die Temperatur bedeutend ab; auf den an der Grenze des Dorfes liegenden Wiesen wurde niemand von den Anopheles gestochen (mit Ausnahme eines Burschen, welcher sich auf einen in starker Gährung begriffenen und deswegen hohe Wärmegrade ausstrahlenden Misthaufen setzte, und binnen weniger Minuten über hundert Stiche erhielt; als es dunkel geworden, liessen die Anopheles von ihm ab). — Es sei noch be- merkt, dass im Dorfe Alserio, trotzdem die Häuser auf demselben Niveau der angrenzenden Wiesen ı) Die Gemeinde von Serino besteht, wie bekannt, aus mehreren Dörfern: eins derselben heisst S. Lucia di Serino. — 70 _— liegen und dann langsam einige Meter steigen, fast niemand von den Anopheles gestochen wird. In den den Wiesen naheliegenden Ställen aber sind die Anopheles zahlreich und meistens mit Blut überfüllt, welche sich daher augenscheinlich wie in Serino betragen. Andererseits ist hier noch zu bemerken, dass unter den Einwohnern von Alserio Malariafälle sehr selten sind. Gleichzeitig mit meinen Untersuchungen in Serino wurden von Herrn No& andere ähnliche Beobachtungen in der Umgebung von Sala-Baganza und Collecchio (Provinz Parma) angestellt. Herr No& bemerkte, dass in Sala-Baganza, in Maiatico und Lefevre (zwei der Gemeinde Sala-Ba- ganza zugehörende Unterbezirke) die Inopheles claviger ziemlich zahlreich vorhanden waren, jedoch nur in den Ställen, nie in den Wohnungen !!); er hielt sich in Lefevre gerade in der dazu geeigneten Jahreszeit auf, und obwohl er die grösste Mühe aufwand, gelang es ihm nie zu konstatieren, dass ein Anopheles einen einzigen Menschen gestochen hatte. Auch persönlich erhielt er doch keinen Anophelesstich, während er hier in Rom sehr von denselben belästigt wurde. Die oben genannten Gegenden sind, wenn auch nicht sehr hoch (circa 250 m u. d. M.), doch verhältnismässig kühl und geniessen eine gute Ventilation. Die gleichen Thatsachen wurden in den etwas höher gelegenen benachbarten Orte beobachtet, d. h. die Anopheles sammeln sich alle in den Ställen; der einzige Unterschied besteht darin, dass ihre Zahl etwas geringer ist. Weiter unten (in den Gemeinden Col- lecchio und Noceto), den Ufern des Flusses Taro entlang, werden die “Anopheles zahlreicher und quälen die Menschen, hauptsächlich auf dem linken Ufer des Taro (Gemeinde Noceto), wo die Hitze verhältnismässig gross ist. Die Malaria steht auch hier in direktem Verhältnisse mit den Anopheles: in der Gemeinde Sala-Braganza, sowie in den Unterbezirken derselben und weiter oben giebt es keine Malaria; an dem rechten Ufer des Taro, d. h. in der Gemeinde Collecchio, kommen seltene Fälle vor, welche aber auf dem linken Ufer, d. h. in der Gemeinde Noceto, ein wenig häufiger sind. 9. Andere im Jahre 1900 die Anopheles betreffende Beobachtungen. In diesem Kapitel habe ich die im Jahre 1898 und 1899 stattgefundenen Beobachtungen mit- geteilt, indem ich hie und da manche sich auf das Jahr 1900. beziehenden Nachrichten einge- schaltet habe. > Ich will nun im Nachstehenden die übrigen, im Verlaufe dieses Jahres wahrgenommenen Thatsachen mitteilen, indem ich dieselben mit den von anderen Kollegen gesammelten Beobachtungen in Verbindung stelle. Im Jahre 1900 hat die Malaria in ausserordentlich heftiger Weise sogar in Orten, wo sie für gewöhnlich keinen schlimmen Charakter zeigt (z. B. in der Stadt Eboli), geherrscht und ausserdem ist sie in Gegenden aufgetreten, in welchen sie nie oder höchstens in sporadischer Weise, zuweilen in jahrelangen Zwischenräumen vorkommt (wie z. B. in Marenelle bei Agropoli, Prov. Salerno). Ich beeile mich, hinzuzufügen, dass ich in allen diesen Orten, welche stets in der Nähe von hochgradig malarischen Gegenden liegen, viele Anopheles gefunden habe; ihre Entwickelung wurde in diesem Jahre durch den reichlichen, im Frühling gefallenen Regen indirekt begünstigt und deren Infektion mit den Malariaparasiten durch die hochgradige und andauernde Sommerhitze erleichtert. Infolge dieser Umstände ist das Jahr 1900 in Beziehung auf Malariaerkrankungen als eines der schlimmsten zu bezeichnen. Die A. claviger wurden in diesem Jahre in Gegenden der Ebene vorgefunden, wo sie in den zwei vorhergegangenen Jahren durchaus vermisst worden waren, obwohl die sorgfältigsten Nach- forschungen von Sachverständigen angestellt worden waren; dies war z. B. der Fall in den Ge- ı) Mitte November 1900 fand No& deren zwei in den Ställen; daselbst fing er auch einige A. difurcatus und A. super- pPictus. —- Zu Be meinden an der Grenze zwischen der Provinz Como und der Provinz Mailand (Rovellasca, Manera, Rovello, Bregnano, Lomazzo, Saronno). In keiner dieser L.okalitäten kamen, soviel ich weiss, Malaria- fälle vor; jedoch sind in einem derselben (Bregnano) gewiss in den früheren Jahren einige Malariafälle vorgekommen. Dazu muss noch bemerkt werden, dass in allen den ebengenannten (remeinden die Anopheles sehr spärlich und fast ausschliesslich in den Ställen vorhanden waren. Die Anwesenheit derselben lässt sich wohl dadurch erklären, dass in der Umgebung der Reisfelder sich kleine zur Entwickelung der Anopheles geeignete Wasseransammlungen gebildet haben mussten, nach welchen die Anopheles hinzogen, um ihre Eier zu legen; aus diesen neuen Brutstätten (deren einige in der That von mir angetroffen wurden) verstreuten sich die Anopheles bis in die mehrere Kilometer davon entfernten Ortschaften und überfielen auch die obengenannten Lokalitäten. In diesem Jahre (1900) habe ich auch in anderen niedrig gelegenen, aber als gesund be- trachteten Ortschaften, wo ich sie in den vorigen Jahren gar nicht aufgesucht hatte, Anmopheles clavıger vorgefunden; so z. B. hie und da am Comosee entlang, zwischen Como und Mol- trasio (37) !). In diesen Orten vollzogen die Anopheles ihre Entwickelung da, wo die Ufer Buchtungen zeigen und nicht senkrecht, sondern ganz allmählich abfallen, d. h. in jenen Orten, wo das Wasser die besten Bedingungen zur Gedeihung der Sumpfpflanzen, welche die Anopheles so sehr vorziehen, bietet. In den mit klarem, superfizialer Vegetation freiem Wasser, versehenen Stellen des Ufers waren die Anopheleslarven jedoch nicht vorhanden. Aehnliche Beobachtungen wurden von mir bereits weiter oben mitgeteilt. Auf Einzelheiten verzichtend, möchte ich den Leser hier nur auf folgende Umstände aufmerksam machen: ı. Die Anopheles ziehen im allgemeinen die wärmeren Ortschaften vor; aus diesem Grunde sammeln sie sich häufig in den Ställen an, wo sie die Haustiere quälen; dies geschieht hauptsächlich in den hochgelegenen Gegenden, sowie in den Orten Öberitaliens, welche, obgleich sie nicht be- sonders hoch liegen, während der Nacht eine niedrige Temperatur haben. 2. In den von den Malariaherden relativ entfernt liegenden Ortschaften, wie z. B. die am Comosee, finden die Anopheles gewöhnlich sehr selten Gelegenheit sich zu infizieren. 3. Da in diesen Orten die Anopheles sehr spärlich sind und sehr selten die Menschen stechen, so werden die eventuell vorkommenden Malariafälle meistens sehr rasch durch Chinin beseitigt, ohne dass andere nachträglich auftreten. 4. Die Anopheles werden des öfteren, seien sie auch in spärlicher Anzahl, in einer gegebenen Lokalität vorgefunden, während es andererseits sehr schwierig ist auszuschliessen, dass da, wo sie selten sind, niemals Malariafälle aufgetreten seien. Es bleibt überhaupt noch festzustellen, in welchen Gegenden Italiens nie Malariaerkrankungen vorgekommen sind’). Mithin haben die Erfahrungen dieses Jahres in ausreichender Weise das von mir festgestellte Prinzip bestätigt, nämlich, dass die Anopheles dort, wo die Temperatur dazu geeignet ist, die Anzeiger°) der Malaria sind! 1) Aehnliche Thatsachen sind auch Ficalbi (Ar della Societa per gli studı della Malaria. Vol. II) aufgefallen, welcher zu folgender Schlussfolgerung kommt: „je genauer ich nachsuche, je mehr finde ich die Aropheles dort, wo ich sie nie vermutet hätte“. Ich kann die Behauptung nur bestätigen, muss jedoch auf den Umstand bestehen, dass die Aropkeles daselbst nur sehr spärlich auftreten, und dass je mehr man sucht, je grösser die Anzahl der Lokalitäten wird, wo hier und da irgend ein sporadischer Malariafall auftaucht. 2) Nuttall (67) hat ın England die Anwesenheit der Anopkeles in Ortschaften wahrgenommen, wo die Malaria verschwunden ist; indem er zugiebt, dass daselbst eine fortschreitende, progressive Abnahme deı Anropheles vorgekommen sein muss, lässt er aber die Vermutung gelten, dass andere noch unbekannte Faktoren zum Verschwinden der Malarıa beigetragen haben sollen. Ich behaupte, dass diese Faktoren in dem verbreiteten Gebrauch des Chinins, nebst der dort herrschenden Temperatur, welche relativ wenig günstigen Einfluss zur Entwickelung der Parasiten im Anophelesleib entfalten, bestehen. In Deutschland wird auch etwas ähnliches beobachtet; das gleiche darf wohl in Bezug auf zahlreiche, in Italien beobachtete Erscheinungen gelten. 3) Celli (September 1900) schreibt: »Man kann wohl nicht mehr in absoluter Weise behaupten (Grassi), dass die Anopheles in jedem Falle stets die Anzeiger der Malaria sind«. — Natürlich können immer Ausnahmen von — 72 — Man trifft jedoch auch viele Gegenden an, welche trotzdem daselbst günstige Temperaturverhältnisse vorhanden, und hier und da einige Anopheles vorkommen, für malariafrei bezeichnet werden; werden aber eingehendere, genauere Unter- suchungen angestellt, wird diese vermeinte absolute Abwesenheit der Malaria zweifelhaft, wenigstens in der Mehrzahl der Fälle. Jedenfalls, wie es sich übrigens aus den nachfolgenden Kapiteln ergeben wird, muss man, selbst in dem Falle, dass in einigen dieser Ortschaften niemals Malariafälle vorgekommen seien, doch zugeben, dass dies jedesmal doch geschehen könnte, wenn Malariakranke dorthin ziehen!) den allgemeinen Regeln vorkommen; dies "hatte ich selbst zuerst bemerkt und auch in meinen früheren Mitteilungen bereits hervor- gehoben; es scheint aber, dass Celli dies entgangen ist. ı) [Jeder der aufmerksam der Litteratur über die Malaria der letzten Monate verfolgt hat, wird ohne Zweifel bemerkt haben, dass sehr häufig als Neuigkeiten, Thatsachen ausgegeben werden, welche sich schon in meinen Veröffentlichungen und besonders in der ersten Autlage dieser Arbeit vorfinden. Dies Vernachlässigen der Litteratur verursacht eine Reihe von Missverständnissen und darausfolgenden Diskussionen, welche hätten vermieden werden können. Einer dieser Fälle betrifft gerade die Verteilung der Anopheles in Bezug auf Malaria. In den zwei vorher- gehenden Noten habe ich die Beobachtungen Celli’s und Nuttall’s über dies Argument angedeutet, ohne sehr darauf zu bestehen, weil ich glaubte, dass diese Verfasser in ihren ausführlichen Arbeiten meine Veröffentlichungen in Rechnung ziehen würden. Leider aber wurden in diesen, im laufenden Jahr erschienenen Arbeiten, meine WVeröffentlichungen wohl von ihnen citiert aber augenscheinlich nur teilweise gelesen; andernfalls hätten sie, anstatt mir zu widersprechen, hervorheben müssen, dass wenn ich von Koincidenz der Malaria und der Anopheles und von Anopheles als Angeber der Malaria spreche, ich nur Regeln und durchaus nicht absolute Gesetze aufstellen wollte, dass sehr wohl Ausnahmen, die übrigens leicht erklärbar, vorkommen können und das daher ihre Beobachtungen vollständig mit den meinen übereinstinnmen, nur dass letztere gewissermassen vertiefter sind. Die Folge dieses Widerspruches von seiten Nuttall’s und Celli’s war das Auftauchen eines neuen Einwandes gegen die Lehre der malarischen Anopheles; und halte ich es daher für notwendig hier die Schlussfolgerungen Celli’s und Nuttall’s genau wiederzugeben. Celli schreibt Seite 92 der Ati della Societä per gli studi della malaria, Vol. 2° (1901): „Ich beschränke mich darauf hier nur einige meiner Beobachtungen zu erwähnen, welche nicht vollständig mit denjenigen Grassi’s übereinstimmen. D. h. ich habe das Habitat der Anopheles viel verbreiteter gefunden, als wie man bisher geglaubt hat. Perrone, Galli, Valerio und ich haben deren in grosser Höhe (900—1300 m) in Lokalitäten, wo niemals Malaria gewesen ist, vorgefunden. Mithin kann die geo- graphische Verteilung der Anopheles nicht mit der geographischen Karte der Malaria übereinstimmen und man kann nicht mehr in zu absoluter Weise annehmen, dass sie immer und ohne weiteres die Spione der Malaria seien und dass in Italien überall, wo sie vorhanden die Malaria endemisch herrsche. Diese ist dagegen ohne Zweifel da vorhanden, wo Anop%eles sind, und mit dem Menschen dort die Gameten der Malariaparasiten sind, oder dahin gelangen und letztere die günstige Temperatur für ihre Entwickelung in dem Körper der Steckmücken finden.“ Der Leser, der sich davon überzeugen will, dass den von Celli citierten ähnliche Ausnahmsfälle mir schon längst bekannt waren, lese nur meine Veröftentlichungen (28), (33), (37) und die erste Auflage dieser am 4. Juni 1900 herausgegebenen Abhand- ung, S. 50 und ff. Nuttall führt in seiner Arbeit (7%e Journal of Hygiene, Vol. I, No. ı, January 1901) die früher angedeuteten Schluss- folgerungen aus. Er citiert unter den wahrscheinlichen Faktoren, welche die Malaria verschwinden machten, die Abnahme der Ano- Pheleszahl durch die Assanierungen, die Verminderung der Bevölkerung in den infizierten Orten, infolge der Auswanderung in der Zeit des Verschwindens der Malaria; er hält auch für möglich, dass der Gebrauch des Chinins für die Anopheles die Wahrscheinlich- keit sich zu infizieren, vermindert habe und deutet auch die Möglichkeit an, dass ausser den Menschen, ein anderer Zwischenwirt der menschlichen Malariaparasiten bestände, und dass dieser ausgestorben sei und so in indirekter Weise mitgewirkt habe, die Malaria ver- schwinden zu lassen. Nuttall bestreitet hierauf die von mir angenommene Koincidenz zwischen der Malariaverbreitung und den Anopheles was England anbelangt, indem er für dieses Land auch die Anwesenheit von Anopheles in Lokalitäten, wo einmal die Malaria nicht existierte, angiebt. Den von Nuttall mitgeteilten ähnliche Thatsachen, welche übrigens auch in Deutschland Bestätigung finden, waren mir wohl bekannt, wie dies aus den Seiten 18 und 51 der ersten Auflage meiner gegenwärtigen Arbeit hervorgeht, und stimmen die von ihm gegebenen Erklärungen mit den meinigen überein, nur kann ich nicht zugeben, dass ausserhalb des Menschen ein heutzutage ausge- storbener Zwischenwirt der Malariaparasiten existiert haben könne. Ich muss hinzufügen, dass diese seine Vermutung von allem dem widersprochen wird, was wir über dies Argument kennen und für sich selbst kein Fundament hat. Ich komme mithin zu folgender Schlussfolgerung: Der Gebrauch des Chinins, die durch die Assanierungen ver- ursachte grosse Verminderung der Zahl der AropAeles und die niedrige Temperatur erklären auf die plausibelste Weise das Verschwinden der Malaria in Mittel-Europa, ohne dass die Anophelesgattung ausgestorben sei.] Thermometrische Beobachtungen. Anhang. die bei der Bahnstation Serino vom 16. August bis 17. September 1899 angestellt wurden. Datum Stunde Temp. C. 16/8 21 19 ee 23 18 Nil I 17,5 „ 3 16,4 » 5 16,7 » 7,30 21,5 or 9,30 24 ” 11,30 2755 ” 11,55 23 „ 12,30 27 5 14 27 m 15,30 27 5 17,30 24 A 19,30 22 5 21 21 s 2 20 18. 2 20 5 4 20 = 6 18 m 8 22 5 10 24,5 er 12 27 „ 14 27 5 16 25,3 » 18 24 en 20 20 = 22 19 5 24 17 19. 2 17 „ 4 17 a, 6 16,5 „ 8 22 ” 10 26 » 12 25,5 „ 14 2755 ss 16 27:5 s 18 22 35 20 22 „ 22 21,5 > 2 20 20. 2 18,5 » 4 17,3 ” 6 17,5 „ 8 20,5 N 10 25,5 N 12 28,5 En 14 25 es 16 20 Mn 18 20 “ 20 19,5 en 22,30 18 21 0,45 17 » 2 16,3 „ 4 15,5 e 6 16,3 ss 8 17,5 N 10 2 ” 12 23,5 » 14 23,5 3 16 18,5 Grassi, Die Malaria. Datum 2T. ” „ Stunde Dub» ROW O Waren en DO wo Dub. [o) enen 22 Temp. C. 15,5 15 15 15 15 15 15 16,3 oO an in in Ion ca HHHHHHHeH NH. one Hwe mo oO in DD Datum Stunde bu [oe one ST STnto uS 18, oS N N DR,ub+H--.- mon +n Io mon fen ° DuR,uo+---.- mo b#emn ofen ° [p} [727 [o} Temp. C. 18 nn wm On “"ubunbubb „n- + c+2 0 ww.e win in on [07 TEE I Tg win in nnd oOwumwmwm O mu in DuRHDUDnD- 18 18 [o 13 U IE N) -DDBHRDRLDM on Datum Stunde [SS none n nv Dh Temp. C. 29 17 15,5 15,5 16,5 19 25 26 26,5 24 20 19 15 14,5 14,5 14,5 16 um. 74 — Datum Stunde Temp. C. Datum Stunde Temp. C. Datum Stunde Temp. €. Datum Stunde Temp. C. 5. 24 11,7 9 2 15 12. 2 5.5 15. 2 10,2 6. 2 1157, si 4 15 „> 3 555 m 4 10,2 » 4 11,7 ze 6 16,4 = 6 9,2 sr 6 IT 5 6 IL 2 8 20,2 “ 8 9,8 rn 8 14,8 ei 8 12,8 . 10 23,8 E 10 10,4 a 10 18,2 n 10 22,6 Rn 12 26,2 35 12 17,2 r 12 22 a5 12 26,2 = 14 26 e: 14 17,5 h* 14 21,9 r 14 27,2 Rn 16 24,8 er 16 a7) » 16 21,5 5 16 24,6 Er 18 22R2 er 18 15 r 18 18,7 er 18 22,4 2 20,10 20,1 ve 20 14,8 & 2 16,5 2s 20 20,8 Mn 22,45 19,2 3; 22 14:2 2 22 17 » 22 18 „ 24 19 » 24 14 " 24 17,5 35 24 16 10. 2 19 13 2 12,8 16 2 18 fo 2,30 16 s 4 19 4 10,2 8 4 18 es 4 16 m 6 19,8 be 6 10,8 rn 6 18,8 En 6 17,4 , 20,4 © 8 11,5 en 8 20,3 ER 8 21,5 nn 10 23 5 10 16,4 5; 10 20,8 5 10 25,5 N 12 20,4 > 12 18,5 5 12 22,2 65 12 27,3 2 14 18 A 14 18,2 = 14 22,5 r 14 29 r 16 16 2: 16 18 5 16 20,5 r 16 28,3 = 18 16,8 as 18 16,5 n 18 19 8 „ 18 19 . 2 16 ” 20 16,5 Er 20 19,8 “ 2 745 5 22, 16 en 22 14,8 x 22 18 ee 22 16,8 As 24 15,2 e 24 10,3 ” 24 18 eh 24 15 IL 2 15,2 14 2 10,5 17 2 18 8 2 15 En 4 15,2 + 4 10,5 4 17 55) 4 15 „= 6 16,8 nn 6 12 e, 6 14,9 5; 6 15 a 8 17,5 hs 8 18,2 er 8 14,6 e 19 ns 10 16 r 10 20,2 e 10 15,8 3r 10 2 s 12 14 12 22,8 R 12 16,8 5 12 26,2 a 14 14,2 “ 14 2102 14 17 2 14 26,8 vs 16 8,2 x, 16 19,8 25 16 17,8 ” 16 27.2 2 18 b) as 18 I7 5 18 17 % 18 24,8 » 20 7,8 % 20 15,9 2 20 15,0 % 20 20,3 F 22 6 en 22 12.1 22 15 a 22 20 en 24 5,5 ” 24 10,2 RR 24 14,8 5 24 15 Anmerkung. Diese sind die vom Stationschef der Bahnstation (im Gebäude selbst) wahrgenommenen Temperatur messungen, und stimmen dieselben fast vollständig mit den von Dr. Pescatori und Dr. Monti in den umliegenden Ortschaften ge machten Temperaturmessungen überein. KAPITEL II. Untersuchungsmethoden. 1. Fang und Züchtung der Mosquitos. Zum Fang der Mosguztos dient ein gewöhnliches Reagensglas; es ist gut, wenn dieses Reagensglas blos 10— 20 cm lang ist und einen Durchmesser von 3omm besitzt (oder etwas weniger z. B. 2o mm, wenn der Sammler ein Knabe ist); ist der betr. Durchmesser grösser als 30 mm, so kann dessen Oeffnung nicht vollständig durch die Daumenspitze geschlossen werden. Das Reagens- glas muss möglicherweise etwas dickere Wände, als die für Bakterienkulturen gewöhnlich üblichen Gläser haben. Die ruhigsitzenden Mosgwitos werden dann mit dem Reagensglas bedeckt, dessen Oeffnung sogleich rasch mit dem Daumen geschlossen werden muss. Mit ein wenig Uebung kann man deren 3—4 und sogar ıo in einem Reagensglas auffangen, wenn die Mosguitos ruhig auf den — 7 5 —— Mauerwänden, auf den Plafonds, auf den Haustieren, auf den Menschen u. s. w. sitzen. Wenn die- selben (wie der Amopheles claviger und der Anopheles superpictus vorzugsweise zu thun pflegen) auf Spinngeweben sitzen, dann ist es nicht so leicht mehrere zu fangen, noch schwerer ist es, wenn sie auf Blättern sitzen. Sind die Reagensgläser mit dem Mosgzutos längere Zeit hindurch in der Tasche aufzubewahren, dann muss man sie mit einem tief in dieselben hineingestossenen Wattebäuschchen verschliessen, anderenfalls würde letzteres leicht herausfallen. Aus den Reagensgläsern werden dann die MWosguitos in ein breithalsiges Glasgefäss gethan, welches mit einem Stückchen Gaze bedeckt ist, in dessen Mitte ein kleines, leicht durch ein wenig Watte zu verschliessendes Loch geschnitten ist. Es ist zu em- pfehlen, in die (refässe selbst einige Reiser zu stellen (womöglich könnte man dieselben aus einem noch nicht gebrauchten Besen herausziehen), welche zur Stütze der Mosgzutos dienen. Früher benutzte ich Grashalme, namentlich noch grüne Graminaceen, oder mit sehr kleinen Blättern versehene Pflanzen- zweige dazu; ich konnte jedoch bemerken, dass schon sehr bald — im Sommer — diese Vegetalien anfingen faul zu werden, wodurch die Mosgwifos bald zu Grunde gingen. Hauptsächlich im Sommer oder wenn die Temperatur, bei welcher die Mosguitos gehalten werden, höher als 20° C. ist, ist es empfehlenswert, auf den Boden des Gefässes ein mit Wasser benetztes Wattebäuschchen zu legen. Um die Mosgeuitos lebend aufzubewahren, darf man nur einige wenige derselben in einem (refässe unterbringen. Die von uns gewöhnlich gebrauchten Gefässe bestehen in breithalsigen ı2 cm hohen und 6--7 cm breiten Gläsern. Um die Wosgauitos herauszunehmen, benutzt man ein rechtwinkeliges Reagensglas. In den auf diese Weise präparierten Gläsern können die Anopheles ganz gut die zwischen der einen und der anderen Nahrungseinnahme verlaufende Zeit leben, d. h. ungefähr zwei Tage lang, bei einer Temperatur von 27—30° C. Bei den Czulex geht die Verdauung langsamer vor sich und in der ebenerwähnten Temperatur gehen sie fast alle, bevor die Verdauung vollendet ist, zu Grunde, vielleicht der verdorbenen Luft wegen, wenn man versäumt, das Glas am zweiten Tage zu wechseln. Zum Auffangen der Wosguitos hat Ficalbi eine besondere Flaschenform (bottiglia a nassa) empfohlen, an deren breiterer Oeffnung sich ein durchbohrter Propfen, in welchem ein Glastrichter befestigt wird, befindet. Manchmal haben wir eine in der Mitte des Flaschenbauches durchgesägte Glasretorte benutzt, deren beide Hälften durch einen beweglichen Blechverschluss verbunden werden, so dass dieselbe sehr leicht zu öffnen und zu schliessen ist. Jedoch ist der Fang mit dem Reagensglas wohl die beste und die bequemste, namentlich, weil sowohl die Flasche als die Retorte leicht zerbrechlich sind!). Falls es nicht nötig ist, die Mosgzutos lebend aufzubewahren und wir nur einiger Exemplare zur Bestimmung der Species bedürfen (selbstverständlich bezieht sich dies nur auf Italien, wo die verschiedenen Species gut bekannt sind), dann kann man die Mosguitos wohl auch durch rasches Auflegen eines gefalteten Taschentuches fangen. Das Taschentuch wird langsam gedrückt und ge- dreht, und so findet man gewöhnlich den Mosgzutos in nicht zu sehr verdorbenem Zustande daran anhaften. Vermittels eines Taschentuches, das in zweckmässiger Weise an einen Rohrstab gebunden, können wir die Mosgwitos von einem hochgelegenen Sitzort (z. B. Plafonds) herunter bekommen. Sind die Mosgeutos in grosser Zahl vorhanden, dann kann man auch ein Schmetterlingsnetz gebrauchen, aus welchem man dann die Insekten vermittels des angegebenen Reagensglases herausholt; jedoch werden durch das Netz viele Exemplare verdorben, und rate ich daher ab, dasselbe zu ge- brauchen, wenn die MWosgzutos lebend aufbewahrt werden sollen. ı) Kürzlich sind in Deutschland besondere dazu geeignete Glasröhrchen angewendet worden, welche ihren Zweck vollständig erreichen. 10* Handelt es sich darum, die Mosguitos trocken zum Zweck nachträglicher Untersuchungen aufzubewahren, dann bringt man dieselben tot in ein Pappschächtelchen, auf dessen Boden Naphtalin- schüppchen nebst etwas Watte zu legen sind, jedoch ist es vorzuziehen, sie in Präparatröhrchen zu halten, wo sie in der Regel vor 24 Stunden sterben. Ausserdem empfiehlt es sich auch, aus den Hauptkörperteilen der Mosgzutos Trockenpräparate auf Objektträger anzufertigen, darauf bedeckt man sie mit einem Deckgläschen, welches versiegelt wird. Die sich im freien Leben befindenden Larven und Nymphen des Crrlex werden am zweck- mässigsten mittels eines dazu geeigneten Netzes oder, nach Ficalbis Vorschlag, einer siebartigen aus dichtem Draht bestehenden Vorrichtung gefangen. Um die Larven und Nymphen der Anopheles zu fangen, welche meistens vereinzelt aufgefunden werden, benutzen wir vorzugsweise ein ca. 8 cm hohes und 3!/;—4 cm breites Glasrohr. Auf diese Weise kann man Larven und Nymphen sammeln um sie weiter entwickeln zu lassen. Um den ganzen Entwickelungscyklus zu verfolgen, kann man auch die mit reifen Eiern beladenen Weibchen in einem Zimmer frei lassen; zu diesem Zwecke muss man in die Räume wasserenthaltende Gefässe, Zimmeraquarien etc. aufstellen. Während die Larven des Cwlex Pipiens, annulatus, spathipalpis, penicıllaris, vexans etc. sehr leicht aufgezogen werden können, ist dies etwas schwieriger mit den Anopheleslarven zu er- reichen. In einigen Fällen jedoch konnten wir die Anopheles claviger aus den Eiern bis zum aus- gebildeten Insekt aufzüchten, indem wir ihnen ein wenig Wasser, in welches wir etwas Kies und Erde gethan hatten (25) verschafften; manchmal sind wir zu dem gleichen Ziel gelangt, indem wir seit längerer Zeit in einem (refässe abgestandenes Regenwasser angewandt haben. Meistens gelingt jedoch die auf diese Art ausgeführte Züchtung nicht gut. Ich erzielte aber gute Resultate dadurch, dass ich auf den Boden eines Aquariums einige Stücke von hartgewordenem Schlamm legte, über welchem ich eine nicht zu grosse Schicht Wasser goss, in welch letzteres ich mit Vorliebe etwas sog. flockige Watte von Confervaceen schwimmen liess; auf diese Weise entwickelten sich oft die Anopheles, obwohl immer viele davon zu Grunde gingen. Im Allgemeinen habe ich beobachten können, dass in einem vor kurzer Zeit eingerichteten Aquarium die Larven besser als in einem solchen, worin schon vorher mehrmals Anopheles autge- züchtet worden waren, gedeihen. Das Vorhandensein kleiner Menge Lemna in einem Aquarium könnte die Entwickelung der Anopheles begünstigen, jedoch nimmt dasselbe leicht überhand und wird so schädlich. Es wäre nötig, genauer zu beobachten, was für Nahrung die Larven zu sich nehmen: in ihrem Därmen habe ich Protozoen, kleine Krustentiere, kleine Insekten (sogar Cxlex- und Anopheles- larven), einzellige Algen, sowie organisches Detritus vorgefunden. Vielleicht würde, wenn man die Ernährung besser regulieren könnte, die Züchtung eine leichtere werden. Gewiss aber ist, dass es leichter gelingt, Larven in einem Aquarium zu züchten, wenn sie darin in geringerer Anzahl vorhanden sind. Aus manchen Beobachtungen ergiebt sich, dass der Anopheles birurcatus in den Aquarien ohne grüne Vegetation besser und leichter lebt als der Anopheles claviger; die anderen übrigen Anopheles verhalten sich wie der letztere. Der Anopheles claviger ist — wie schon im vorigen Kapitel betont — eine oft in den Wohnungen lebende Species: er liebt die Wärme und lebt mit Menschen und mit Haustieren zusammen. Deshalb werden diese Anopheles in Wohnungen, Ställen, Hühnerhäusern etc. aufgefunden. Im Winter trifft man sie in Norditalien leicht in den Kellern. lm Frühling findet man die Larven des Anopheles claviger in der Nähe der Ufer der ziem- lich breiten und in der Mitte nicht zu niedrigen Teiche, im Sommer aber sind sie auch in niedrigen und engen (Gewässern zahlreich vorhanden. 77 Den Fang der Anopheles bifurcatus, pseudopictus und superpretus muss ich hier noch besonders erwähnen. Die geflügelten Individuen dieser Species sind nicht immer leicht zu finden, man muss sie oft in demselben Augenblicke fangen, in welchem sie uns stechen wollen. Dagegen gelingt es ohne zu grosse Schwierigkeit, die Larven der Amopheles bifurcatus zu sammeln und zwar, weil dieselben häufig: in den mit Kressen bewachsenen Wasserquellen leben. Die Anopheleslarven, welche man im Frühling in den seichten Grewässern (kleinen Bächen, Quellen u. s. w.) findet, gehören den drfurcatus an. Die Larven der Anopheles claviger und superpictus sind in denselben Orten, wo die aus- gebildeten Insekten vorhanden sind, aufzusuchen, wo sie meistens mit den Larven des Anopheles claviger zusammenzuleben pflegen. Man findet zahlreiche neugeborene A. claviger, wenn man in Hütten, im Stroh oder im Heu in der Nähe der Orte sucht, wo sie ausschlüpfen; man erkennt sie leicht, geradeso wie die neugeeborenen Bienen, an der noch wohl erhaltenen Bekleidung von Haaren und Schüppchen. Die am Rande der Flügelspitze sitzenden, löwengelblich gefärbten Schüppchen lösen sich leicht ab, während man bei den Neugeborenen auch mit unbewaffnetem Auge die so gefärbte gesäumte Flügelspitze unterscheiden kann, wird dies bei den erwachsenen Individuen oft vermisst oder nur undeutlich erkannt. Trotz allermöglicher Mühe, in den Zimmern des Laboratoriums ein ihnen zusagendes Terrain zu schaffen (Pflanzen, Schilf, etc.) gelang es mir nie, die Anopheles im Sommer, mehr denn einen Monat lebend zu bewahren. 2, Versuchsmethoden. Im Gegensatz zu den Caulex zeigen die Anopheles einen grösseren Vorteil in Bezug auf die vorzunehmenden Untersuchungen, da sie, wenn sie noch nüchtern sind, sobald sie auf unsere Haut gebracht werden, sofort stechen !)., Dies bewahrheitet sich bei sämtlichen Anophelesspecies. Jedoch kommt es auch zuweilen vor, dass die Anopheles in der angegebenen Weise absolut nicht stechen wollen; es geschieht auch, dass sie eher Hungers sterben, als zu stechen, während sie im Reagensglas eingeschlossen sind. In seltenen Fällen stechen sie, schon bevor sie das ganze auf- gesaugte Blut verdaut haben; zuweilen saugen sie so viel Blut auf, dass es ihnen unmöglich wird ihr Opfer zu verlassen; ferner kommt es auch vor, dass die Mosgzutos zuweilen, trotzdem sie schon ge- sättigt sind, noch weiter saugen und aus dem Anus reines Blut herausfliessen lassen. Die Culex aber stechen fast nie im Reagensglas aus, ausgenommen, wenn sie unmittelbar auf dem Menschen- oder Tierkörper, auf die sie sich zum Stechen hingesetzt hatten, gefangen werden; werden sie in diesem Augenblicke mit dem Reagensglas aufgefangen, und sofort auf Menschen und Vögel gebracht, dann stechen sie meist leicht. Eine bemerkenswerte Thatsache ist, dass die in einem Laboratoriumraum entwickelten und darin freilebenden Anopheles sehr leicht stechen, während mit der Czwulexspecies dies sehr selten vorkommt. Ist aber die äussere Temperatur hoch (circa 30° C.), so fallen die Czu/ex manchmal bald in geringer, bald in grosser Zahl die Menschen an; jedoch habe ich dies nie in künstlich erwärmten Zimmern wahrnehmen können. Solche Vorkommnisse sind eigentümlich und schwer zu erklären. Vielleicht könnte man nach Ficalbi annehmen, dass die Cxlex überhaupt nicht vor der Begattung stechen, welche letztere in unseren Räumen schwerlich stattfindet. Aus den betonten Gründen bereiten die Versuche mit den Cxlex manche Schwierigkeiten. Beinah dieselben Schwierigkeiten bestehen auch bezüglich des Phlebotomus, Ceratopogon und Cenfrotypus. 1) Die Versuchsweise wurde von uns lange Zeit, vor der Herausgabe des Ross’schen Reports (77) veröffentlicht. Unsere Versuche mit lzopheles wurden in der kalten Jahreszeit (21) wie folgt ausgeführt. Sobald der “Inopheles Blut aufgesaugt hatte, kam er in ein kleines, mit Gaze bedecktes Glas- gefäss nebst einigen Grashalmen, und nachdem man mittels eines Glasröhrchens einen Tropfen Wasser auf dessen Boden hatte fallen lassen, ohne den A/osgwztos zu benetzen, stellte man das Gefäss ins Thermostat bei 30° C. Nachträglich fand ich, dass es empfehlenswert sei, anstatt des Wassers und der (Grashalme, Reiser und die mit Wasser befeuchteten Wattebäuschehen anzuwenden (s. oben). Die grösste Schwierigkeit besteht darin, zu bewirken, dass die Anopheles alle 48 Stunden wieder Blut aufsaugen; viele gehen leider zu Grunde, einige jedoch bleiben amı Leben: es sterben hauptsächlich die Anopheles, bei welchen die Eier schon sehr gross sind; und aus diesem Grunde vermeide ich es, zu meinen Versuchen Individuen zu verwenden, bei welchen man durch den auf- geschwollenen Leib die Eier hindurch schimmern sieht. Im November ı899 gelang es mir, die Anopheles in einem Zimmer mit wechselnder Temperatur von 15— 20—24° C., während ca. ı2 Tagen ohne Nahrung am Leben zu erhalten. Die Malariaparasiten setzten ihre Entwickelung fort und wurden reif, jedoch blieben sie viel kleiner als gewöhnlich, gingen jedoch auch in grosser Anzahl in die Speicheldrüsen über. In den Sommermonaten gelingen die Versuche im allgemeinen leichter. Man bringt die “lnopheles, welche das Blut eines Malariakranken aufgesogen haben, in eine aus Brettern zusammen- geschlagene Kammer, welches mit einer aus Drahtnetz bestehenden Wand versehen ist. Die Kammer muss an einem warmen Orte liegen, darf aber auch nicht den direkten Sonnenstrahlen ausgesetzt sein; sie muss ungefähr 2 m in jeder Richtung messen und darf keine Spalten aufweisen. In diese Kammer wird ein mit Wasser gefülltes Grefäss gestellt. Die Eingangsthür muss durch einen im Innern aufzuhängenden Vorhang von weisser Leinwand verdoppelt werden, und dieser muss in der Weise angebracht werden, dass daraus ein kleiner Vorraum gebildet wird, so dass beim Ein- und Austreten die Mosguitos nicht entweichen können. Bei etwas Vorsicht und Aufmerksamkeit gelingt dies ganz gut. Dieselbe Person, welche zuerst von den Anmopheles gestochen wurde, tritt nın in die Kammer und bleibt täglich 2—3 Stunden darin. Um jedoch die Gefahr einer Röinfektion der betreffenden Person zu verhüten, ist es empfehlenswert, nach S—-ı0o—ı2 Tagen einige zur Fütterung dienende Kaninchen in der Kammer frei zu lassen. Wenn es sich um Versuche mit Cze/ex handelt, ist e$ empfehlenswert, den Malariakranken an einen von zahlreichen Cz/ex heimgesuchten Ort zu bringen, daselbst ruhig abzuwarten, bis die- selben ihn zu stechen kommen und sie dann rasch, durch das Auflegen des Reagensglases während des Stechens, abzufangen. Ist die Temperatur der Umgebung niedriger’als 25° C., so müssen die Gläser in welchen sie aufbewahrt werden, durch die natürliche Körpertemperatur warm gehalten werden, und zwar so lange, bis man sie in das Thermostat bringen kann. Handelt es sich darum, die Versuche insbesondere mit Czulex frpiens durchzuführen, so kann man deren grosse Mengen fangen, indem man auf irgend eine Kloakenöffnung ein grosses Glasgefäss legt. Diese Czulex lässt man alsdann in dem Zimmer, in welchem der Malariakranke liegt, auffliegen, und dann, sobald sie den Malaria- kranken gestochen haben, von den dazu beauftragten Wärtern sammeln. Will man nun die Untersuchungen mit Anmopeles anstellen, welche sich nicht im Laboratorium entwickelt haben, so ist den Anfängern zu raten, Malariakranke und gesunde Menschen oder Haus- tiere gleichzeitig stechen zu lassen. Man kann leicht nach Augenmass erkennen lernen, welche Grösse die Parasiten nach 48 Stunden bei einer Sommertemperatur oder auch im Winter bei einer Temperatur von 26—30° C im Thermostaten erreichen. Kennt man auf diese Weise die Grösse des Parasiten in diesem Stadium, so bleibt jede von einer etwa vorhergegangenen Anophelesinfektion herbeigeführte Fehlerquelle ausgeschlosssen. Jedoch kann es vorkommen, dass vereinzelte Parasiten ausnahmsweise kleiner bleiben; daher muss man, wenn man deren nur einen findet, mit dem be- treffenden Urteil sehr vorsichtig sein. Es ist ferner empfehlenswert, nicht mit den im Freien gefangenen Zu 9. — Anopheles zu experimentieren, falls sie noch Spuren von verdautem Blut enthalten, denn daraus könnten sich in der Beurteilung des Alters der Parasiten Fehler ergeben. Werden bei Menschen die Versuche mit Czwlex angestellt, so ist es nötig, gleichzeitig Kontrollversuche mit Anopheles anzustellen, um sich zu versichern, dass sich der Malariakranke unter den zu dem Versuche nötigen günstigen Bedingungen befindet. Man muss jedoch dabei stets bedenken, dass, wenn z. B. solche Bedingungen in den Morgenstunden vorhanden, diese am Abend desselben Tages vermisst werden können. In Anbetracht des Umstandes, dass die Verdauung bei den Anopheles rascher von statten geht als bei den Cxelex, und dass nach derselben die ersteren, falls sie einer hohen Temperatur aus- gesetzt sind, binnen wenigen Stunden zu Grunde gehen, so empfiehlt es sich bei den Kontroll- versuchen die Anopheles vor den Cwlex zu untersuchen, oder die Anopheles in einen frischen Raum zu bringen, in welchem sie noch einen ganzen Tag ohne Nahrung bleiben können. Um die Vögel von den Anopheles stechen zu lassen, muss man das Reagensglas auf eine, vorher von den Federn befreite Stelle applizieren (Dionisi). Hier will ich noch hervorheben, dass die Anopheles die Vögel nur ungern stechen. Im Sommer kann man die Vögel in der ebengeschilderten Kammer von den Czxlex stechen lassen. Koch und Ross haben ihre Versuche in ähnlicher Weise durchgeführt. Diesen von mir schon in der ersten italienischen Auflage meines Werkes vorgeschlagenen Methoden, muss ich jetzt eine andere, von mir in diesem Jahre angewandte, und zwar sehr praktische hinzufügen. Im vorigen Jahre züchtete Bancroft Czdex, indem er dieselben mit Bananasfrüchten ernährte. Auf Grund seiner Mitteilung versuchte ich, die Anopheles mit verschiedenartigen Früchten, wie Kirschen, Aprikosen, Wassermelonen, Wintermelonen, Aepfel, Feigen, Indischen Feigen u. s. w., zu ernähren, und es ergab sich, dass diese Früchte sehr gut dazu geeignet waren, die Anopheles, sowie sämtliche Culcidae am Leben zu erhalten, und somit war die Untersuchungsmethode sehr vereinfacht. Nachdem die Anopheles den Malariakranken gestochen haben, werden sie in ein vier- eckiges, aus mit Gaze versehenen Rahmen gebildetes, an einer Seite offenes Kästchen gebracht. Letzteres wird alsdann mit seiner offenen Wand auf einen Tisch gestellt; die zwischen der Tischfläche und dem Kästchen verbleibenden Spalten werden mit Watte verstopft. Unter das Kästchen wird ein mit Wasser gefülltes Gefäss nebst einer Scheibe Wasser- oder Wintermelone (von den Anopheles sehr bevorzugte Nahrung) oder Stückchen anderer Früchte gelegt; das Wasser sowohl wie das Stück Melone müssen täglich erneuert werden. Auf diese Weise können die Anopheles mehrere Wochen lang am Leben bleiben. Es muss hervorgehoben werden, dass während die im Laboratorium geborenen Cauex und einige Species dieser Gattung (z. B. der Cwlex penicillaris), welche aus dem Freien ins Laboratorium gebracht werden, nicht mehr stechen und endlich an Erschöpfung zu Grunde gehen; erstere wie letztere aber, wenn einige Tage lang mit Obst genährt, wie gezähmt erscheinen und sich leicht zum Stechen hergeben, und auf diese Weise unsere Versuche ungemein vereinfachen. 3. Die Untersuchung der Mosquitos. Die Malariaparasiten sind entweder in dem erweiterten Teil des Mitteldarmes (Magen) oder in den Speicheldrüsen zu suchen (sehr selten kommt der glückliche Fall vor, die Sporozoiten hie und da auch im Lacunom des Anopheles zu finden). Um die ebengenannten Organe zu untersuchen, wird der Anopheles chloroformiert oder mittels Benzins getötet; alsdann reisst man vorsichtig Füsse und Flügel ab und bringt ihn dann auf einen Objektträger. Man schreitet nun zur Isolierung des Darmes; dieses geschieht mit Hilfe zweier Nadeln in der Weise, dass eine zwischen Thorax und Abdomen gestochene Nadel den Anopheles fest- SEO hält, und die zweite auf das Abdomenende drückende Nadel nach hinten gezogen wird, so dass der Mittel- und Hinterdarm mit den hinteren Ringen zusammen weggerissen wird (Ross). Die Ablösung der Speicheldrüsen geschieht in der Weise, dass der Mosgurto auf eine Seite gelegt wird; mit einer horizontal gehaltenen Nadel drückt man auf die Mitte des Thorax, während man gleichzeitig mit einer zweiten auf den Hals (Prothorax) gelegten und gegen das Genick drückenden Nadel den Kopf allmählich und behutsam abreisst, damit die Speicheldrüsen daran haften bleiben; letztere lassen sich dann leicht vermittels der Nadel isolieren. Wenn es zufälliger Weise vorkommt, dass die Speicheldrüsen nicht mit dem Kopf weggerissen werden, so kann man diesem Uebelstande leicht vorbeugen, indem man die vorderseitliche Thoraxfläche mit einer Nadel nieder- drückt, die Speicheldrüsen springen dann sofort aus dem Halse heraus. Es empfiehlt sich bei diesem Verfahren ein einfaches Mikroskop zu benutzen. Beabsichtigt man nicht, die ersten Entwickelungsstadien zu beobachten, so ist es ratsam, die blutleeren Därme zu untersuchen: dazu benutze ich eine Kochsalzlösung oder Formalin (gewöhn- licher Formalin 2, dest. Wasser 100). Mit dem Formalin gelingt die Untersuchung leichter, dessen Gebrauch ich jedermann rate, der nur die eventuell stattgefundene J/osgwzfoinfektion zu constatieren wünscht. Das noch in den Därmen vorhandene Blut wird spontan entleert, wenn man die Därme für einige Zeit in obige Flüssigkeiten enthaltenden Uhrengläschen lässt. Die im Formalin angefertigten Präparate, sowohl wenn sie die ersten Entwickelungsstufen der Amphionten, oder reife Amphionten, oder auch infizierte Speicheldrüsen darstellen, werden ziemlich gut erhalten, wenn man sie in eine feuchte Kammer bringt und von der Seite des Deckgläschen her einige Tropfen von Pikrokarmin auf sie fallen lässt, welches man nach 24 Stunden langsam durch Glycerin ersetzt. Nach dieser Methode tritt das Pigment der Parasiten vortrefflich hervor. Die Behandlung mit Formalin ruft aber leider in den Malariaparasiten bedeutende Verände- rungen hervor; es bilden sich Vacuolen, welche zuweilen sehr umfangreich sind, und die unreifen Sporozoiten werden darin alsbald unerkennbar!). Der Einfluss des Formalins ist somit leider oft ein recht schädlicher; es hat mich eine Menge Zeit verlieren lassen und mich gezwungen, viele Ab- bildungen unserer früheren Arbeit (21), welche durch das Formalin alterierte Präparate darstellen, wieder neu herstellen zu lassen. Die ganz reifen Sporozoiten dagegen werden, soweit ich beobachten konnte, durch das Formalin gar nicht beeinflusst. Ausserdem muss ich noch bemerken, dass die an- gegebene Formalinlösung eine besonders schädliche Einwirkung auf die Speicheldrüsen ausübt; ihr Sekret wird dadurch in spindelförmige Körperchen oder in Fädengebilde umgewandelt, welche im frischen Zustande beim ersten Anblick schr leicht mit veränderten Sporozoiten verwechselt werden können; nach einiger Uebung kann man diese Gebilde jedoch ohne Schwierigkeit unterscheiden. Dieser eben geschilderte Uebelstand kann jedoch dadurch vermieden werden, dass man die Speicheldrüsen in einer Kochsalzlösung (0,75 °/,) präpariert, oder in folgender Lösung beobachtet: Aq. dest. 100, Formalin 2, Kochsalz 0,75. Auch die den Darm entlang in Entwickelung begriffenen Para- siten werden durch diese Lösung weniger alteriert. Noch bessere Resultate werden durch Anwendung folgender Lösung erzielt: Eiweiss ı, Kochsalz 1,50, dest. Wasser 250 (stark schütteln und dann filtrieren). Die mit dieser Lösung herge- stellten Präparate werden durch Einwirkung von Osmiumsäuredämpfen fixiert und nachträglich in Glycerin konserviert. Will man den Malariaparasiten vom cytologischen Gesichtspunkte aus untersuchen, so ist es ratsam, den Darm in einer Sublimatlösung zu isolieren, in welcher derselbe circa 2 Stunden liegen ı) Wahrscheinlich hat gerade deswegen Ross behauptet, dass „zz several insects many full-sized zygotes appeared not to have ripened — that is, did not contain blast“. In Culex pipiens habe ich jedoch zuweilen die von Ross angegebene Er- scheinung auch ohne Formalin wahrgenommen. bleibt. Gute Resultate habe ich hauptsächlich durch eine konzentrierte Sublimatlösung unter Zusatz von !/,°/, Kochsalz erhalten. Durch Essigalkohol-Sublimatlösung und durch die Flemming’sche Lösung, erzielte ich nicht so gute Resultate, ausgenommen für die besondere Untersuchung der Kerne. Nach der Behandlung mit Sublimat kommen, wie gewöhnlich, die verschiedenen Alkohole zur Anwendung. Gute Präparate werden auch gewonnen, wenn man die Därme ganz einfach aus dem Alkohol in Glycerin bringt, und ungefärbt montiert, das Pigment tritt auf diese Weise sehr schön hervor. Behufs weiterer Untersuchung der Malariaparasiten in der Stechmücke, werden die Därme und die Speicheldrüsen nach vorausgegangener Einbettung in Paraffin sehr dünn geschnitten, d. h. die Schnitte dürfen nur von ®/, « bis 3—4 u dick sein. Man kann tadellose Serien bekommen; die grösste Schwierigkeit besteht darin, die Einfaltung der dünnsten Schnitte zu verhüten, da sich leider viele, trotz aller Mühe leicht falten. Die Färbung durch Heidenhain’sches Eisenhämatoxylin oder durch Hämalaun findet auf dem Öbjektträger statt. Die in toto oder durch eine sehr feine Schere gespaltenen Präparate des Darmes werden ge- nügend durchsichtig, wenn der Darm in Formalin konserviert war. Wendet man vorsichtig Eisen- hämatoxylin an, so gelingt es, den Parasiten zu färben, während aber das Darmepithel nicht oder nur leicht gefärbt erscheint. Die Präparate sehen schön aus, jedoch sind sie durch das Formalin ver- ändert worden. Durch die Schnittserienmethode gelingt es auch, die Parasiten noch im Darmlumen inmitten des mehr oder weniger verdauten Blutes zu erhalten. Zu diesem Zwecke wird der Mitteldarm in Sublimat isoliert, man achte aber darauf, einen verhältnismässig grossen Teil des Hinterdarms an- haften zu lassen. Schöne Präparate werden auch durch Schnitte des ganzen Anophelesleibes gewonnen; das Insekt wird chloroformiert, aber nicht getötet, Beine und Flügel werden abgerissen und alsdann giesst man die heisse Essigalkohol-Sublimatlösung über sie. Bevor die Flüssigkeit kalt wird, schneide man die Anopheleskörper in 2—3 Stücke; zuletzt werden diese, wie gewöhnlich, in die verschiedenen Flüssigkeiten übertragen und in Paraffin eingebettet. Die Methode eignet sich vortrefflich dazu, um den Sitz der Parasiten zu bestimmen und hauptsächlich die infizierten Speicheldrüsen genau zu untersuchen. In diesem Jahre hat mir dieselbe für das Studium der feinen Struktur der Malariaparasiten, sowohl im Cwlex wie im Anopheles, sehr schöne Dienste geleistet. Auch die Romanowsky’sche Methode eignet sich gut zum Studium der Sporozoiten (21). Man isoliert den Darm in der Kochsalzlösung (0,75 °/,): durch einen leichten Druck kommen die reifen Sporozoiten aus den Kapseln heraus, und alsbald beobachtet man, wie sich in der Präparat- flüssigkeit unzählige Sporozoiten verbreiten. Ein Tropfen dieser Flüssigkeit wird auf ein Deckgläs- chen gebracht, trocknen gelassen und im konzentrierten Alkohol während 25 Minuten fixiert, dann lässt man sie 24 Stunden trocknen. Die Färbung geschieht durch Anwendung der gewöhnlich für Blutpräparate benutzten Farb- lösungen (ıoproc. wässeriger Lösung von Methylenblau med. cm °2, ı proc. wässeriger Lösung von krystallisiertem Eosin B. cm 35.) Nach !/,—3 Stunden sind die Präparate vollständig gefärbt: das Kernchromatin pflegt eine karminrote oder purpurrote Farbe anzunehmen, das Protoplasma färbt sich blau oder rosablau. Diese Methode wird auch zur Untersuchung der in den Speicheldrüsen vorhandenen Sporo- zoiten, sowie der noch in dem Darmlumen enthaltenen oder noch mitten im mehr oder weniger ver- dauten Blute sich frei befindender Parasiten angewendet. * * Nach einiger Uebung gelingt es sehr leicht, die Malariaparasiten in den MWosgauztos zu erkennen und — die Fälle, ausgenommen in denen es sich um Sporozoiten handelt, auf welch letztere ich be- Grassi, Die Malaria. 11 — 52 —— sonders aufmerksam machen möchte — kann bei. denselben ein diagnostischer Fehler nicht be- gangen werden. Als ich anfing die Speicheldrüsen, anstatt in Formalin, in der Chlornatron-Formalinlösung zu beobachten, fielen mir ganz besonders gewisse, eigentümliche Gebilde auf, die sich mit grosser Vorliebe in dem mittleren Tubulus der Speicheldrüsen, unmittelbar hinter dem Halse, im Lumen desselben Tubulus oder in den denselben überziehenden Zellen finden. Manchmal findet man sie auch in dem ganzen erweiterten Abschnitt des mittleren Tubulus zerstreut, manchmal auch in den einzelnen Zellen. Selten begegnet man ihnen in einzelnen Zellen der übrigen zwei Tubuli. Diese Gebilde zeigen eine unbestrittene Aehnlichkeit mit den gestreckten Sporozoiten; selten sind sie länger als ı4 u, im allgemeinen kürzer (5—-ı0o «). Manchmal erscheinen sie stäbchen- förmig, manchmal spindelförmig, und zuweilen ist ihre centrale Beschaffenheit derartig, dass man fast die Anwesenheit eines Kernes annehmen möchte. Sie treten wie die Sporozoiten bald vereinzelt, bald in Bündeln auf; sind jedoch meistens nicht sehr zahlreich (IV. ıya u. V. 18). Die charakteristische Eigentümlichkeit dieser Gebilde scheint darin zu bestehen, dass, wenn man sie durch allmähliche Ersetzung der Chlornatron-Formalinlösung mit Pikrokarmin und Glycerin behandelt, es fast nie gelingt, sie zu konservieren, weil sie sich sehr rasch auflösen; nur ausnahms- weise können sie schön erhalten bleiben. Ausserdem ist noch hervorzuheben, dass im Lumen des mittleren Tubulus der Speichel- drüsen nicht selten kleine Körnchenhaufen, sowie andere Formen, welche die Bedeutung einer Ueber- gangsstufe der Körnchen zu den in Rede stehenden Gebilden haben können, vorhanden sind. Aus diesen Gründen vermutete ich, dass diese Gebilde Sporozoiten sein könnten, welche, wegen des langen Aufenthaltes in den Speicheldrüsen, nach und nach vernichtet worden; ein Beweis dafür schien, dass ich diese Grebilde auch einmal in einem überwinternden, Mitte Januar in Locate-Triulzi (Lombardei), gefangenen Anopheles clavıger, sowie in fast ı0°/, der gleichfalls überwinternden oder kaum aus der Ueberwinterung gekommenen, im Februar und März in der Umgebung von Rom gefangenen Anopheles gefunden hatte. Nach einem an mir, Herrn No& und einer Frau angestellten, negativ ausgefallenem Versuche !) überzeugte ich mich auch, dass solche Gebilde nicht imstande sind, die Malariainfektion im Menschen hervorzurufen. Diese Ueberzeugung stimmt mit der nunmehr im allgemeinen anerkannten Thatsache überein, dass eine wirkliche, wie früher angenommen, im Frühling auftretende Malariaepidemie nicht vorkommt. Später entstand in mir der Verdacht, dass die fraglichen Gebilde keine Sporozoiten, sondern eine besondere Form des Sekretes der Speicheldrüsen darstellen, welche wahrscheinlich dadurch bedingt wird, dass das Sekret zu lange Zeit in den Speicheldrüsen verweilt. Diese meine letzte Auffassung wurde durch den Umstand bestätigt, dass ich Ende April diese Gebilde, wenn auch in kleiner Anzahl, bei drei der 98 in Tortreponti gefangenen Amnopheles clavıger entdeckt habe. Diese Anopheles mussten im April selbst geboren sein, obwohl sie bereits ganz oder fast reife Eier enthielten. In keinem dieser 98 Anopheles waren weder die sich entwickelnden Malariaparasiten, noch wirkliche Sporozoiten in den Speicheldrüsen vorhanden. Später konnte ich mich in entscheidender Weise davon überzeugen, dass die erwähnten Ge- bilde keine Sporozoiten sind, da ich dieselben auch in einem, im Laboratorium geborenen, zweifellos nicht infizierten Anopheles (namentlich nachdem sie lange Zeit hindurch gar keine Nahrung er- halten hatten u. s. w.) wahrgenommen hatte. Auch habe ich mich davon überzeugen können, dass sie nicht die den Sporozoiten eigene Bewegungen besassen. t) Wir liessen uns von einer Anopkelesgruppe stechen, die, wie nach einem Vorversuch festgestellt worden war, im Ver- hältnis von 2 auf 3 Individuen, die in Rede stehenden Gebilde zeigten. pers 83 — Ich vermute daher, dass die vermeintlichen, von Koch in den aus nicht malariaverseuchten Gegenden stammenden Anopheles angetroffenen Sporozoiten, nichts anderes als die von mir eben ge- schilderten Gebilde waren, welche sogar von einem geschulten Beobachter sehr leicht mit den echten Sporozoiten verwechselt werden können. Kürzlich haben Christophers und Stephens (10) eine vorläufige Mitteilung über „on certain bodies found in the glands of two species or Culex‘‘ veröffentlicht. Jene Körperchen, deren Natur nach diesen Forschern bisher noch dunkel ist, entsprechen den Gebilden, die ich oben ge- schildert habe; auch bin ich meinerseits geneigt, als soiche auch die Gebilde zu betrachten, welche die Autoren „Sporozoiten unbekannter Natur“ nennen. Ich mache endlich noch den Vorschlag, um jeder Verwechselung vorzubeugen, die Bezeich- nung Pseudosporozoiten für jene Körper zu gebrauchen, die mit den echten Sporozoiten verwechselt werden können, aber in Wirklichkeit nichts mit ihnen zu thun haben. KarıreL IV. Kurze Bemerkungen über die Systematik und die Anatomie der Anopheles. Zu der Bearbeitung dieses Kapitels hat auch Herr Noe, Kandidat der Naturwissenschaften, welcher gegenwärtig mit den haematophagen Dipteren beschäftigt ist, vieles beigetragen. Die Beschreibungen von Anopheles claviger, A. bifurcatus und A. pseudopictus habe ich in knappe Form gefasst, und verweise für weiterer Details auf das gründliche Werk Ficalbi’s. 1. Einteilung der Culieiden. Wir glauben, dass die Familie Cwlrcidae in zwei Unterfamilien einzuteilen ist: Anophelinae und Culeinae; von den Gattungen Megarhina‘) und Aedes, über welche gegenwärtig unsere Kennt- nisse noch sehr spärlich sind, sehen wir vorläufig ganz ab. a) Unterfamilie Anophelinae. Bei den Weibchen sind die Taster fast so lang wie der Rüssel?. Die Zahl der Tasterglieder ist bei den weiblichen Individuen ebenso gross wie bei den männlichen. Es ist nur ein einziges Receptaculum seminis vorhanden. Beine sehr dünn und lang (um das Doppelte länger als der ganze Körper). Abdomen schüppchenlos. Larven horizontal, dem Wasserspiegel anliegend. (Da die Larven kein Atmungsrohr 1) Diese Gattung scheint jedoch mit AropAeles nahe verwandt. 2) Es wurde bemerkt, dass bei dem Anophelesweibchen die Taster dem Rüssel parallel verlaufen und mit diesem, ein aus drei Teilen bestehendes Bündel (am freien Ende bleiben diese aber voneinander etwas entfernt) bilden. Dies hängt mit dem Umstand zusammen, dass die Taster nebst der unteren Lippe das Bündel der sechs stechenden Stilete schützen. Bei den Cxlzces ist die untere Lippe in der distalen Hälfte wulstig und dıe Taster sind kurz. Bei den Anopheles ist dieser Wulst nicht vorhanden, die Taster sind aber Jänger, und es scheint, als ob diese dazu dıenen, die schwache Schutzvorrichtung für die sechs Stilete der unteren Lippe zu er- setzen. Die langen Taster dienen jedoch auch, wie Herr No& bemerkt hat, dem Anopheles dazu, den Rüssel aus der Stichwunde herauszuziehen. In diesem Falle wirkt das freie Ende der Taster wie eine Hebelstange gegen die Haut. (Die ruhenden Taster des Cirlicidenmännchens stehen auf der distalen Seite, verhältnismässig weit vom Rüssel entfernt.) li besitzen, münden die Stigmen an der Dorsalfläche, und die Atmung des Tieres voll- zieht sich, indem es sich seiner ganzen Länge nach dem Wasserspiegel anschmiegt.) Die Eier sind mit einem eigenartigen hydrostatischen Apparate versehen, durch welchen sie in horizontaler Richtung auf der Wasseroberfläche ruhen. Genus Amopseles. b) Unterfamilie Culicinae. Bei den Weibchen sind die Taster kürzer als der Rüssel!). Die Zahl der Taster- glieder ist bei den Weibchen kleiner als bei den Männchen. Drei Receptacula seminis. Beine kräftig und relativ kurz (ungefähr so lang wie der Körper); Abdomen mit Schüpp- chen bekleidet. Larven schräg, nicht dem Wasserspiegel anliegend. (Da die Larven eine Atmungsröhre besitzen, an deren Ende sich die Stigmen befinden, so atmen sie, indem sie sich mehr oder weniger schräg und oft in fast senkrechter Stellung befinden. Die mit einem eigenartigen hydrostatischen Apparate versehenen Eier stehen senkrecht auf der Oberfläche des Wassers und bilden das bekannte Schiffchen. Genus Culex. II. Attituden der Culex und der Anopheles. Man kann im allgemeinen die Crdex von den Anopheles durch die eigentümliche Weise, wie sie an den Wänden Fensterscheiben u. s. w. sitzen, gut unterscheiden. Wir kennen bei beiden Gattungen zwei Sitzstellungen; die eine besteht darin, dass sie alle drei Beinpaare auflegen (Fig. ı u. 2 im Text). Fig. 1. Cixlex, welcher mit den 3 Bein- Fig. 2. Anopheles cla- Fig. 3. Anopheles claviger, welcher mit den paaren auf einem senkrecht stehenden wiger, welcher mit den 3 zwei ersten Beinpaaren auf einem Gegen- Gegenstand sitzt. Die Körperrichtung Beinpaaren auf einem senk- stande sitzt; das hintere Körperende steht ist hier, wie in den folgenden Abbil- rechten Gegenstand sitzt. von demselben weiter entfernt als in Fig. 2 dungen, durch punktierte Linien ange- angegeben ist; manchınal jedoch ist diese geben. Entfernung etwas grösser, als uns diese Abbildung zeigt. t) Man kann wohl behaupten, dass in Italien fast jeder der stechenden Mosguztos, bei welchem die Taster ebenso lang sind wie der Rüssel, der Unterfamilie Arophelinae angehört; es könnte sich nur ausnahmsweise um ein Männchen der seltenen Species Culex elegans handeln. Dieser Czlex ist tiefschwarz und mit weissen Verzierungen ausgestattet. Die Beine fallen ganz besonders durch ihre weissen Ringe auf. = Ss 5 = Jedoch pflegen beide Arten auf den beiden ersten Beinpaaren zu sitzen, während sie das dritte entfernt halten. Bei den Anopheles hängt das dritte Paar herunter, so dass die Tarsen fast in die Richtung der Tibien zu stehen kommen. Die Culex dagegen biegen ihre Tarsen nach rück- wärts, so dass die letzten Glieder über den Dorsalteil des Körpers hinausragen (Fig. 3, 4 u. 5 im Text). Diese zweite Stellung möchte ich durch zwei Vergleiche noch deutlicher bezeichnen: der Anopheles lässt die zwei hinteren Beine herabhängren (diese Stellung erinnert an den herabhängenden Hundeschwanz). Der Czwulex dagegen hält die zwei hinteren Beine nach aufwärts gebogen (an den aufwärts gebogenen Hundeschwanz erinnernd). Fig. 4. Cilex, welcher mit zwei Beinpaaren auf? einerz horizontalen Stütze (Plafond) sitzt (das dritte Beinpaar ist nach rückwärts hinauf gebogen). Fig. 5. Ein Anopheles claviger, welcher mit 2 Beinpaaren auf einer Stütze (Plafond) sitzt (das 3. Beinpaar hängt herab)'). In beiden Stellungen sind die Cwu/ex von den Anopheles noch durch folgende Merkmale zu unterscheiden: ı. Sitzen die Czwlex auf irgend einem Gegenstand, so ist der Raum der zwischen Tier- körper und Gegenstand entsteht, nur ein sehr kleiner (Fig. ı im Text); dieser Umstand ist durch die kurzen Beine der Cwlex zu erklären. Bei den Anopheles dagegen, welche längere Beine haben, ist infolgedessen auch der Raum zwischen Tierkörper und Unterlage ein grösserer (Fig. 2 im Text). 2. Besonders bei der zweiten Stellung pflegt der Anopheles das hintere Körperende sehr weit von der Stütze entfernt zu halten. Dies Körperende bildet bei den Anopheles jedenfalls den von der betreffenden Stütze entferntesten Teil. Bei den CzJex dagegen steht das nämliche Körperende mehr oder weniger nach dem Gegenstand geneigt und kommt auch fast mit demselben in Berührung (siehe die Figuren im Text). Ausnahmsweise beträgt sich der Cwlex fast wie der Anopheles in Big. 2 im Text. i 3. Die Cwlex erscheinen buckelig; der Buckel entspricht dem Thorax; Kopf und Thorax, bis zum Flügelansatz, bilden mit dem übrigen Teil des Körpers, wie es leicht wahrzunehmen ist, wenn man das Tierchen von der Seite her beobachtet, einen Winkel, der nur wenig breiter als der rechte Winkel ist (s. Fig. 6 a, b, c, im Text). Die Anopheles sind viel weniger buckelig, der Buckel kann zuweilen ganz vermisst werden (s. die Fig. im Text), d.h. Kopf und Thorax bilden bis zum Flügel- ansatz mit dem übrigen Teil des Körpers einen Winkel, der von der Seite her deutlich sehr stumpf erscheint (s. Fig. 7 a, b, c, u. Fig. 10 u. ı2 im Text) und fast ı80° erreichen kann. 1) Wie aus den Figuren ersichtlich, nimmt der Rüssel der Cz/ex, im ganzen genommen, in betreff der Körperachse, eine von der des Anopkeles verschiedene Stellung an. M ‚a b ‘f e N N Fig.. 6. Cwlexkörper; a5 c —= Winkel Fig. 7. Körper des Anopheles claviger ; (s. im Text); 7M N = die Fläche, auf abc — Winkel (s. im Text); M N = die welcher der Leib sitzt. Die Beine sind Fläche, auf welcher der Leib sitzt. Die hier nicht abgezeichnet. Beine sind hier nicht abgezeichnet. Bei den Anopheles also sind der Kopf und der Rüssel nach vorn hin, fast in der Längs- achse des Körpers gerichtet, während sie beim Czulex sehr gebeugt sind (s. Fig. 6, 10 u. ı2 im Text)!). M | ı I ı I | I ı ei I | —E en I z I ' I | I I } | | Fig. 9. Anopheles pseudopictus von einer I Fig. 8. Anopheles pseudopictus auf einer Dez N) me Zum gleiche die Figuren 4 u. 5. N vertikalen Stütze. Man vergleiche die Fi- f r Fig. 10. Anopheles pseudopictus. Man vergleiche die Figuren 6 u. 7. guren 2—3. Wie gesagt, pflegt die Grösse des Buckels bei den Anopheles nicht immer die gleiche zu sein; mit diesem verschiedenen Verhalten stehen auch geringere Abweichungen der Sitzstellungen in 1) In seinem Keport (1900), erwähnt Ross auch die Sitzstellungen der Cxlex und der Anopheles; bei diesen letzteren steht nach Ross die Körperachse fast senkrecht zu der Mauerwand, bei den Cxelex parallel. Strachan (15. Dezember 1899) und Austen (1900) teilen genauere Angaben darüber mit. [Giles teilte mir mündlich mit, dass in Indien ein Anopkeles vorkommt, der ganz genau die Stellung des Cz/ex annimmt. ] [Wenn es sehr kalt ist, bleiben die untere Oberfläche des Thorax und des Unterleibes den Wänden nahe, während die Beine sowohl beim Anopheles wie beim Czxlex ausgestreckt bleiben. Auf diese Weise treten die charakteristischen Stellungen der beiden Gattungen nicht mehr hervor (Annet und Dutton). Dies kann auch ich bestätigen. Manchmal fallen die Anopheles, der Kälte wegen, auf den Boden des Gefässes, wo sie ohne Bewegung liegen bleiben, erwärmt man sie langsam, erwachen sie aus dieser Lethargie.] Zusammenhang: d. h. je kleiner der Buckel ist, desto mehr bleibt das hintere Körperende von der Stütze entfernt, d. h. desto breiter wird der zwischen dem Anopheleskörper und der Gegenstand oberfläche sich bildende Winkel, welch letzterer bis circa 80° in Anspruch nehmen kann !). [6 B Fig. ıI. Anopheles bifurcatus var. nigripes Fig. 12. Anopheles bifurcatus var. nıigrißes. auf einer vartikalen Stütze. Man vergleiche die Figuren 6, 7 u. Io. Sowohl die Anopheles wie die Caulex setzen sich oft an die Decken; die Anopheles lassen dabei ihren Körper herunterhängen (Fig. 5 im Text), was bei den CruJex ziemlich selten und unvoll- ständiger vorkommt. Man findet sehr häufig Anopheles, die an den Spinngeweben hängen, während die Cxrlex nur selten auf ihnen sitzen. Die Männchen der Culicinen unterscheiden sich im allgemeinen dadurch, dass sie die Fühler nach oben halten, was bei den Anophelinen nicht der Fall ist. III. Eier der Anopheles. Die circa ®/, mm langen Eier sind zuerst weiss; nach einigen Stunden weisen sie eine blei- grauartige, mit kleinen dunkleren Fleckchen durchsetzte Farbe auf?). Nach und nach wird die Blei- farbe tiefer, bis fast schwarz, so dass die Fleckchen verschwinden. Im Wasser erscheinen die Eier wie Schiffchen, welche Form leicht wahrzunehmen ist, wenn man die Eier von der Seite her beobachtet®). Jedes Ei besitzt auf beiden Seiten, in der Richtung der Schwimmebene, ein von einem zum anderen Ende des Eies sich erstreckendes gestreiftes Häutchen (IV. 5); es sind also zwei Häut- chen vorhanden: ein rechtes und ein linkes. In ihrem mittleren Teil (oder, den Vergleich mit einem Schiffchen aufrecht haltend, ungefähr der Stelle entsprechend, wo bei dem letzteren die Ruder befes- tigt werden) sind diese Häutchen viel breiter und gewellt, sodass sie fast gerippt erscheinen und so nach aufwärts gebogen, dass sie rechts und links einen kleinen, luftenthaltenden Raum begrenzen, welcher nach oben eine sehr schmale spaltenförmige Oeffnung zeigt (Grassi, Noe, Nuttall etc.). 1) Zwei der vier italienischen Aropheles zeigen eine ausgeprägte buckelige Vorwölbung (A. claviger und swperpictus), bei einer dritten Species, A. Pseudopzctus, pflegt dieselbe, wie Sambon und Low beobachtet haben, eine viel geringere zu sein, so dass das Tierchen fast wie ein Pfeil aussieht (Fig. 8, 9 u. Io im Text), die vierte zeigt zuweilen den gleichen Buckel, wie die ersten zwei Species (A. difurcatus typisch) oder (A. bifurcatus var. nigripes) die Grösse desselben steht zwischen der der ersten zwei Species und der der dritten (Fig. II u. 12 im Text). Zuweilen setzen sich auch die A. Zsexdopictus und die A. bifurcatus var. nigripes wie die A. claviger. 2) In diesem Stadium zeigt sich die Oberfläche des Eies mit glänzenden Punkten (Luftbläschen) bestreut. 3) Die Eier der Anopheles wurden von mir zuerst bekannt gemacht. (Siehe übrigens die Note auf Seite 7.) er, = Diese Luftkammern treten in den kaum gelegten Eiern nur sehr wenig hervor und sind klein, all” mählich werden sie je nach der fortschreitenden Entwickelung der Häutchenstrecken, welche sie be- grenzen, grösser. Diese Apparate spielen zweifelsohne eine wichtige Rolle für das Schwimmen der Eier. Nur ausnahmsweise biegen sich die Häutchen nicht und dementsprechend sind auch die Luft- höhlen nicht vorhanden; trotzdem schwimmen die Eier und setzen ihre Entwickelung, im Labora- torium wenigstens, fort. Die Anopheles claviger und pseudopictus legen ihre Eier (IV. 4) in bändchenartigen Paralell- reihen, welche aus 3, 4, 10 und sogar 20 Eiern zusammengesetzt sind: die horizontalen Eier berühren sich mit ihren längeren Seiten. Die einzelnen Bändchen bilden zusammen einen verschieden aus- sehenden Flecken, zuweilen, wenn eben erst gelegt, findet man die Eier in einzelnen Stellen des Fleckens angehäuft. Der Anopheles birurcatus legt die Eier in mehr oder weniger ausgeprägter sternförmiger Ordnung nieder: d. h. die Eier berühren sich mit ihren Spitzen (IV, 3). Dies geschieht ausnahmsweise auch beim A. claviger. Nur einmal gelang es mir einzeln liegende Eier des Anopheles super- pictus zu finden. Man kann berechnen, dass ein Anophelesweibchen circa hundert bis hundertfünfzig Eier legt. Die Eier von A. claviger und A. fseudopictus scheinen beim ersten Anblick durch eine schleim- artige Substanz zusammen gehalten zu sein, weil sie fast wieder in ihre ursprüngliche Stellung zurückkehren, wenn sie durch eine leichte Luftbewegung ein wenig daraus entfernt werden; eine solche Substanz scheint aber in Wirklichkeit nicht vorhanden. Wenn der Wind stark oder das Wasser heftig bewegt wird, isolieren sich die Eier oder verteilen sich in Gruppen von 2—3—5, und können nach jeder Richtung hin verstreut werden. Am 2. oder 3. Tage nach der Eierlegung (dieser Zeitraum wechselt je nach der Temperatur), kriechen die kleinen, dunkelgefärbten Larven aus den Eiern hervor. IV. Larven. In den verschiedenen Lebensalter weist die Larve keine besonders grossen Unterschiede auf. Der einzige nennenswerte Unterschied wird im Kopf wahrgenommen: dieser entwickelt sich nämlich nicht im Verhältnisse zu dem Prothorax, so dass er bei den kleineren Larven fast ebenso breit wie der letztere; allmählich wird er aber mit dem Wachsen der Larven immer dünner. Aus diesem Grunde beschränke ich mich hier auf die erwachsene Larve. Diese Larve ist bereits in genauester Weise von Meinert (49) beschrieben worden; daher werde ich bloss die vom genannten Forscher übersehenen specifischen Merkmale erörtern und seine betr. Beschreibung in einigen Punkten ergänzen (IV. 6, 7 u. 7b). Der Kopf der Anopheleslarve ist fast konisch und etwas nieder gedrückt; die Fühler be- sitzen an ihren distalen Ende zwei Dornborsten und zwei gefiederte Borsten, wovon die eine an dem distalen Ende, die andere vor dem Mittelteile des Fühlers der Länge nach aufsitzt. Die Augen sind gut entwickelt. Am vorderen Drittel der oberen Seite des Kopfes treten sechs, auf einer gekrümmten Linie geordneten gefederte Borsten hervor; dies begegnet man bei den CwlJex nie, die auch Borsten auf der Dorsalseite des Kopfes haben, welche aber verschieden und anders angeordnet sind. Die Mundarmatur ist zum Kauen geeignet. Mandibeln und Maxillen sind leicht zu unter- scheiden. Auf der vorderen unteren Seite des Kopfes beobachtet man zwei sehr dichte Haarschöpfe, welche als rotatorische Organe (auch Strudelorgane) bezeichnet werden und bei den Anopheles viel stärker als bei den Czdex sind. Diese Haarschöpfe haben, zusammen mit dem vorderen unteren Kopfteil -— °9 == eine hier nicht näher zu besprechende, eigentümliche Bewegung, durch welche das Wasser und mit diesem jede Art von Körperchen, welches sich im Wasser befindet, in den Mund hinein- gestrudelt wird. Wie schon Meinert seiner Zeit ganz richtig bemerkt hat, liegen die Larven während dieser Be- wegungen —- welche beinahe den ganzen Tag über zu beobachten sind — an der Wasseroberfläche; dabei liegen sie immer auf dem Bauch und halten die untere Kopfseite aufwärts gerichtet (rotiert). Diese Kopfrotation — von 180° — findet in rascher Weise und — soweit ich be- obachten konnte — nur an der Wasseroberfläche statt. Jedoch werden zuweilen besagte Bewegungen bei den den Kopf in normaler Lage haltenden Larven beobachtet; in diesem Falle aber dauern sie nur kurze Zeit. Beobachtet man den Kopf von der Dorsalseite her, so erscheint er abgestumpft; aus den durch diese Abstumpfung gebildeten Winkeln kommen zwei Borsten, eine aus jedem Winkel, her- vor, die zur Bestimmung der Species sehr wichtig sind, welche ich »Winkelborsten« benenne. Aus dem vorderen Kopfrande kommen ebenfalls zwei sehr lange Borsten hervor, welchen auch eine specifische Bedeutung innewohnt; ich belege dieselben mit der Benennung »Medialborsten« (IV. 16— 18). Die vordere Körperhälfte, sowie das hintere Körperende sind mit sehr langen, mehr oder wenig verzweigten, mit unbewaffneten Auge gut erkennbaren Borsten besetzt; diese Borsten dienen dazu, die Larven in beständigerem Gleichgewicht zu halten. Der vorletzte Ring verlängert sich als viereckiges Schild über die Dorsalseite des letzten Ringes, welcher sehr beweglich ist. Unmittelbar an der Basis des Schildes münden zwei Stygmen (IV. 7 st.); auf der Seite dieser letzteren befinden sich folgende Anhänge: ı. eine mit zwei (?), wahrscheinlich em- pfindlichen Härchen versehene Papille, 2. ein mit kleinen und grossen Dornen versehener Kamm (IV. 7 pet. u. 7b), welche den Larven sehr wahrscheinlich dazu dienen, sich festzuhalten. Der Anus entspricht dem letzten Ring und ist von vier langen Analpapillen umgeben (Meinert) (IV 6 pap. an.). Raschke war — glaube ich — der erste,‘ der (bei den Cwlex) die Analpapillen als Tracheen- kieme bezeichnete, jedoch finde ich solche Behauptung nicht berechtigt. Beobachtet man die in einem Glasgefässe enthaltenen Larven, so kann man oft bemerken, dass die Papillen an dessen Wand haften, als wenn sie zum Festhalten dienten. An dem hinteren Körperende beobachtet man auch drei Borstengruppen, wovon zwei Doppelschöpfe dorsal liegen (IV 6 u. 7 set, an.) und die dritte median-ventral fächerartig nach der dorsal-ventralen Richtung hin sitzt — Schwimmfächer — (IV. 6 vent.). Die Schöpfe helfen den Larven sich zwischen die schwimmenden Pflanzen zu begeben und auszuruhen. Der Schwimmfächer hat sehr wahrscheinlich den Zweck, bei den Larvenbewegungen mitzuhelfen und sie vielleicht auch zu regeln. Dieses Organ ist bei den Anopheles entwickelter als bei den Clex. Ich will hier folgende Beobachtungen Meinerts wiedergeben: »Die Larve bleibt auf der Wasseroberfläche, wo sie schwimmt, indem sie das Abdomenende gegen den Wasserrand oder gegen die die Wasserfläche bedeckenden Pflänzchen richtet; die Larve liegt der ganzen Körperlänge nach im Wasser und bringt das Abdomenende mit dem Wasserrand oder mit den Pflänzchen, und die Stygmen mit der Wasserfläche in Berührung. Der grösste Teil des Abdomen und der hintere Thoraxabschnitt liegen ganz im Wasser!), nur ein kleiner Teil des Thorax erhebt sich aus demselben, doch nicht genug, um nicht nass zu sein; der ganze Kopf liegt unter Wasser. Die Larve bleibt lange Zeit hindurch unbeweglich, sie schiebt sich nur von Zeit zu Zeit hin und her...... — Lässt man sie ruhig, so sieht man sie entweder ganz ı) [Jedoch nicht so tief wie aus den von Howard (45), von Christy (Mosquitos und Malaria. I.ondon 1900) etc. ver- öffentlichten Figuren hervorgeht. ] Grassi, Die Malaria. 12 er 90 — unbewegt oder langsam zurückweichen; wird das Wasser heftig. bewegt, so zeigt auch die Larve ihrerseits heftige Bewegungen und stürzt rasch auf den Boden des Wassers hinunter, um jedoch nach kurzer Zeit in schräger Richtung wieder nach der Wasseroberfläche zu kommen; dabei hält sie die Schwanzspitze nach vorn. Aber wenn die Larve diese aufsteigende Bewegung nicht stark genug ausführt, so gelingt es ihr nicht, bis zur Oberfläche zu gelangen; da ihr spezifisches (fewicht grösser als das des Wassers ist, so fällt sie wieder auf den Boden zurück, wo sie längere Zeit unbeweglich bleiben kann...... — Von Zeit zu Zeit steigt se um 4—6cm unter Wasser, und man beobachtet, wie sie mit der Schwanzspitze an der Gefässwand anhaftet; in dieser Stellung kann sie mit nach unten gerichtetem Kopf einige Minuten verbleiben.« Wir können im allgemeinen diese Beobachtungen des geschätzten dänischen Autors bestätigen. Wir haben bemerkt, dass die Larven mit zwei verschiedenen Bewegungen ausgestattet sind, je nachdem, sie oben auf oder unter dem Wasser schwimmen. Im ersteren Falle ist die Be- wegung eine sehr rasche und seitliche, so dass es fast unmöglich ist, die sie herstellende federnde Schwankung des hinteren Körperabschnitts wahrzunehmen; diese Bewegung schiebt das Tier nicht vorwärts, sondern lässt es schräg rückwärts schwimmen. Die zweite Bewegung ist langsamer und kommt bei dem Aufsteigen der Larve vor; auch diese Bewegung wird vom Schwanzteil hergestellt, jedoch, da dieselbe eine stärkere Kraftanwendung beansprucht, ist sie langsamer; die Larve peitscht das Wasser mit dem Schwanzende bald rechts bald links und kann man diese Bewegung wohl als eine seitliche Peitschenbewegung bezeichnen. Es ist uns nicht gelungen, das langsame Zurückweichen der Larve zu beobachten, wie es Meinert behauptet, und scheint uns auch seine Beobachtung, dass infolge der ungenügend ange- wandten Kraft die Larven nicht an die Wasseroberfläche gelangen, sondern wieder auf den Wasser- grund fallen, woselbst sie ziemlich lang unbeweglich liegen bleiben, nicht ganz genau. Wir haben im Gegensatz beobachten können, dass die Larve, im Emporsteigen mehrere successive Sprünge machen kann und andererseits, wenn sie auf den Wassergrund hinunter will, sich einfach fallen lässt. Fassen wir nun das Gesagte zusammen, so ergiebt sich daraus, dass die Stellung, sowie die Bewegungen der Anopheleslarve ganz eigentümlich sind; sie dreht den Kopf um ı80° links und rechts; gewöhnlich sieht man sie an der Wasseroberfläche auf dem Bauch liegend, den ventralen Kopfteil nach oben gerichtet; wenn sie sich auf der Oberfläche bewegt, bewegt sie sich schräg rück- wärts; um den Wassergrund zu erreichen, lässt sie sich fallen, um hinaufzusteigen macht sie seitliche Peitschenbewegungen. Steigt sie hinauf oder bleibt sie mitten im Wasser stehen, hält sie den hinteren Körperabschnitt nach oben. Auf dem Wassergrund liegt sie auf dem Rücken. Diese Einzelheiten habe ich hier hervorheben wollen, damit dieselben als Leitfaden zum Sammeln der Anopheleslarven dienen können; diese Larven, besonders wenn sie sehr klein sind, können nämlich beim ersten Anblick mit jenen anderen, einer ganz verschiedenen Familie ange- hörenden Dipterenlarven des Genus Dixa (63) verwechselt werden. Wenn aber die Bewegungen in geeigneter Weise beobachtet werden, so bereitet die Unterscheidung keine grosse Schwierigkeiten. Die Dixalarven zeigen gleichfalls Peitschenbewegungen, jedoch da sie länger und schmäler als die Anopheleslarven, sind ihre Bewegungen sehr langsam und deutlich sichtbar; auch der vordere Körperabschnitt nimmt Teil daran. Ausserdem ist die Breite des Körpers der Dixalarven tast eine gleichmässige für ihre ganze Länge, bei denselben werden ferner die bei den Anopheles- larven erwähnten langen Borsten völlig vermisst. Endlich halten sich die Dixalarven nie an der Wasserfläche frei auf, wie es zuweilen bei den AnzopsAeleslarven vorkommt; sie halten sich beständig: in der Nähe der Wasserpflanzen, der Ufer oder an den Gefässwänden auf, dabei pflegen diese Larven eine ganz eigentümliche gewundene, ösenförmige Disposition anzunehmen, deren konkave Seite nach der Wasserfläche zugewandt ist; oft verlassen sie das Wasser und ziehen sich gegen die Ränder der Wasseransammlung zurück, wo sie in der erwähnten, von ihnen vorgezogenen Disposition beobachtet werden. — gl — Die Farbe der Anopheleslarven ist nicht konstant grasgrün, wie Meinert behauptet; viel- mehr pflegt dieselbe sogar bei einer und derselben Species und in gleichem Ort sehr verschieden zu sein. Die am häufigsten vorkommenden Farben sind hellgrün, dunkelgrün, kaffeebraun, dunkel- rötlich; oft beobachtet man auf dem Rücken der Länge nach sich hinziehende, silberweisse oder grauweisse, fast dreieckige Ornamente (bei den Anopheles bifurcatus kommen dieselben vielleicht nicht vor. Selten sind die Anopheleslarven ganz oder teilweise farblos: dies habe ich bei in leicht salzigen Gewässern lebenden Larven beobachtet. Die Länge der Larven erreicht höchstens circa 8 mm. V. Nymphe. Nach circa 2o Tagen, bezw. 22 im Sommer (die betr. Zeitdauer verändert sich mit der Tem- peratur) häutet sich die Larve und schlüpft aus der Haut eine etwas kleinere Nymphe als die respec- tive Larve gewesen,. hervor. Die Anophelesnymphen unterscheiden sich leicht, weil, wenn man sie von der Seite aus anschaut, der dorsale Abdomenrand einen einfachen Bogen bildet (IV. 8); während in den Cz/exnymphen dieser Bogen sehr viele Vorsprünge hat, welche deutlich den einzelnen Ringgrenzlinien entsprechen (No£). Zuweilen werden die Anophelesnymphen durch die fortbestehen- den fast dreieckigen obenerwähnten Ornamente, welche sie im Larvenstadium hatten, gekenn- zeichnet!). Die einem Komma verglichene Nymphe, besteht aus einem vorderen, sehr dicken, seitlich ge- drückten Teile und aus einem dünnen hinteren, abgedrückten, schwanzförmigen Abschnitte, welcher eigentlich das Abdomen bildet. Aus dem vorderen Teile treten die Trompeten dorsalwärts aus, welche sich mit Luft füllen und die Bedeutung eines hydrostatischen Apparates haben. An der Grenzlinie zwischen Thorax und Abdomen bemerkt man eine sehr verzweigte Borste, welche bis zum Wasser- niveau reicht und sehr wahrscheinlich dazu bestimmt ist, das Gleichgewicht der Nymphe stabiler zu gestalten (IV. 8). Die Anopheles sowie die Czlexnymphen nehmen keine Nahrung zu sich: aber sie bewegen sich. Ihre Bewegungen werden durch den sogen. Schwanz (Abdomen) erzeugt, welcher um seinem Zwecke besser zu entsprechen, in zwei breiten chitinösen Lamellen endigt. Die Nmphen, im (Gregensatz zu den Larven, schwimmen nicht rückwärts, sondern stets vor- wärts. Diese Bewegungen werden durch wiederholte Schwanzschläge bewerkstelligt. Durch jeden einzelnen Schwanzschlag wird der dicke vordere Körperteil nach unten hin geschoben, und die Nymphen würden herumgewendet werden, wenn sie nicht sogleich ihren Schwanz unter den vorderen Körper- teil einbögen. Demnach ist ihre Bewegung selten horizontal. Die Nymphe ruht an der Wasserober- fläche, um, sobald eine Gefahr vorkommt oder das Wasser bewegt wird, hinunter zu tauchen. Während die Nymphe nach unten steigt, schleppen die Trompeten je ein Luftbläschen mit sich; daher und auch, weil bei ihr die später zu besprechenden mit Gas gefüllten Saugmagen (Noe£) vorhanden sind, kann die Nymphe nicht unter dem Wasser frei liegen, vielmehr muss sie sich an die Wasserpflänzchen oder an irgend welche Gegenstände anhaften, um nicht wieder nach der Wasser- oberfläche hinauf geschoben zu werden. Zu diesem Zwecke dienen die Schwanzlamellen und noch wirksamer ein Fädchen, welches aus dem hinteren Ende einer jeden Lamelle herausragt. Will die Nymphe wieder nach oben schwimmen, so löst sie sich von den gewählten Stützpunkten ab, dies genügt, um sie aufsteigen zu lassen; zuweilen jedoch beeilt sie ihr Heraufkommen durch einige Schwanzschläge. 1) Die Behauptung Ross’s, nach welcher die AropAelesnymphen kleiner als die der gewöhnlichsten Cielex sein sollen, kann ich nicht beipflichten; dies gilt in gewissem Masse nur für den 4. szperpzctus. Wir können auch nicht den zwischen den Cxlex- nymphen und den Azopheles auf deren Disposition inbetreff der Wasseroberfläche begründeten Unterschied, wie derselbe von verschie- denen Verfassern angenommen wird, zugeben. 12* VI. Geflügeltes Insekt. Nach circa 3 Tagen setzt sich die Nymphe auf der Wasseroberfläche fest, und, indem sie den Schwanz langsam aufhebt, wird sie langgestreckt: das fertige Insekt sprengt die Puppenhaut und kriecht mit wiederholten kleinen Schwanzschlägen heraus. Es bleibt auf der Wasseroberfläche liegen, was ihm durch eine eigentümliche Disposition des Nägelapparates ermöglicht wird. Nach einigen Minuten bewegt es die Flügel kräftig und fliegt fort. Im allgemeinen verlaufen vor der Zeit der Eierlegung bis zur Entwickelung des geflügelten Insekts 25—27 Tage, bei einer Temperatur von 25—28° C.; bei niedriger Temperatur kann die Ent- wickelung eine längere Zeitdauer in Anspruch nehmen, bei höheren Wärmegraden dagegen wird die letztere eine kürzere. A. Aeussere Charaktere. Das geflügelte Insekt, hat einen mit sehr grossen, zusammengesetzten Augen versehenen Kopf, zwei Fühler, zwei Taster und einen Rüssel. Die Fühler des Weibchens bestehen aus vierzehn, bei den Männchen aus fünfzehn Gliedern; das Basalglied (Torulus) ist dick und deutlich vertieft; die folgenden sind mit wirbelartig disponierten Borsten versehen. Beim Weibchen sind die Wirbelborsten kurz; beim Männchen pflegen sie zahlreicher und viel länger zu sein; ihre Länge nimmt aber von der Basis nach der Spitze des Fühlers zu ab; der Fühler des Männchens erhält ein federbuschartiges Aussehen, wie es schon mit unbewaffneten Augen zu sehen ist. Die zwei letzten Glieder der Fühler sind bei den Männchen viel länger. (Die eben geschilderten Merkmale sind sowohl bei den Anopaheles, wie bei den Cwulex vorhanden.) Bei den Männchen und bei den Weibchen bestehen die Taster aus fünf Gliedern (Ficalbi): wovon das ı. sehr kurz, das 2. sehr lang, das 3. noch länger als das 2., das 4. viel kürzer als das 3., und das 5. fast so lang wie das 4. ist; die zwei letzten Glieder sind zusammen beinahe ebenso lang wie das dritte Glied. Bei den Männchen sind die letzten Tasterglieder angeschwollen, so dass die Taster in ihrem distalen Drittel deutlich keulenförmig erscheinen; diese besitzen ferner an dem distalen Abschnitte einen Borstenschopf, die Spitze bleibt aber ganz frei davon. Die Männchen sind mithin leicht mit unbewaffneten Augen oder mit Hilfe einer einfachen Lupe zu erkennen: sie haben federbuschartige Fühler, keulenförmige büschelig behaarte Taster NEE U Der Rüssel, richtiger Antlia, (des Azophelesweibchen) gleicht fast dem der anderen Culiciden UVTRur.22): Die untere Lippe, auch Labium genannt, endigt mit der Olive, welche aus den (medialen, unpaaren) Züngelchen und aus zwei (seitlichen, paarigen) Halboliven besteht; sie zeigt eine dorsale Rinne, die das aus sechs Stileten zusammengesetzte Bündel enthält; die Stilete sind fast ebenso lang wie die Scheide. Die sechs Stilete dringen in die Haut des zu stechenden Tieres ein, während das Labium (desswegen auch Scheide genannt) gar nicht eindringt. Die zwei unpaaren Stilete (Labrum oder obere Lippe und Hypopharynx) bilden die Saugröhre (Siphon), welche eigentlich aus zwei Röhrchen, nämlich aus einem breiten, durch die Uebereinander- legung des Labrum auf den Hypopharynx gebildeten und aus einem zweiten sehr engen, im Hy- popharynx laufenden Röhrchen bestehen. Das breitere Röhrchen dient wahrscheinlich dazu, im ersten Momente des Stiches, die in den drei Saugmagen, welche dem vorderen Darm angehören, angesammelten Gase heraus zu fördern (s. S. 95); nachher dient es dazu, das Blut durchfliessen zu lassen. Das schmälere Röhrchen führt den Speichel in die Wunde ein. Die obere Lippe und der Hypopharynx dringen in die Haut einfach stechend, die übrigen vier Stilete (Mandiblen und Maxille), durchschneiden mit sägeartiger Bewegung, da sie an ihrem freien Ende mit kleinen Zähnchen versehen sind, welche jedoch bei den Maxillen (IV, ı1, mand. u. mas.) grösser sind. Während des Stechens bleiben die Fühler von der Haut entfernt und die untere Lippe, welche, wie schon erwähnt, ebenfalls bei dem Stiche nicht mitwirkt, biegt sich zuerst nach der Basis hin und bildet daselbst einen stumpfen Winkel; dem Eindringen des Stilets entsprechend, entfernt sich dieser Winkel von der Basis gegen die Mitte der unteren Lippe und wird nach und nach auseror- dentlich spitz, so dass zum Schluss die untere Lippe auf sich selbst gelegt erscheint und somit eine Art von enger Oese bildet. Die zwei Halboliven und das Züngelchen, welche auf der Haut des gestochenen Tieres anhaften, umfassen die sechs obengenannten, in dieselbe eingedrungenen Stilete. Der Nacken ist mit dichten feinen Haaren besetzt und hinten, sowie seitlich von einem aus spatelförmigen Schüppchen bestehenden Kranze umgeben. Der Thorax oder Bruststück (Rückenschild nach Schiner) ist in seinem Vereinigungspunkte mit dem Kopfe verschmälert (Hals); es ist ein Schild- chen (Fortsatz der Oberseite des mittleren Bruststücks) vorhanden. Die dorsale Thoraxfläche ist mit dichten Borsten besetzt, welche denselben die eigentümlichen Farbentöne und Verzierungen verleihen; der hintere Thoraxrand ist von langen dünnen Borsten um- geben, die Schüppchen fehlen fast immer oder sind spärlich und haarförmig. Auf den Flügeln verlaufen zehn Längsadern (Ficalbi) nebst zwei undeutlichen; eine andere ähnliche Ader (Randader) zeichnet den vorderen Flügelrand aus. Es existieren auch einige sehr kurze Queradern. Es sei hier noch bemerkt, dass die dritte und vierte, sowie die sechste und siebente Längs-Ader aus der Bifurkation einer primären Ader gebildet werden. Diese Bifurkationen bilden die sogen. Gäbelchen; in jedem einzelnen Gäbelchen unterscheidet man zwei kleine Zweige und einen Stiel (Scapus) (unter Scapus wird der vor der Bifurkation stehende Aderteil bezeichnet, d. h. die Strecke, die vom Anfang der Bifurkation bis zu der nächsten Querader verläuft). Die achte und neunte Quer- ader stammen gleichfalls aus der Bifurkation her und bilden die Gabel. Die Adern sind mit Schüppchen bekleidet, welche, indem sie sich in bestimmten Punkten anhäufen, die Flecken bilden. Die Schüppchen sind bräunlich oder gelblich. Die sogen. Franse wird durch eine dreifache, den inneren (oder hinteren) Flügelrand und die Flügelspitze umgebende Schüppchenreihe gebildet. Die Schwinger (Halteres) zeigen nichts Bemerkenswertes. Bei den Beinen sind die Hüften, das Trochanter, das Femur, die Tibia und die fünf Glieder des Tarsus leicht zu erkennen. Von besonderem Interesse ist der Nagelapparat, mit welchem sich Ficalbi in so nützlicher Weise beschäftigt hat. Bei den Anopheles ist die Beschaffenheit des Apparates die folgende: Bei dem Männchen endigen die Beine des ersten Paares mit einem einzigen dreizahnigen Nagel, die des zweiten und dritten Paares sind mit zwei gleichen aber zahnlosen Nägeln versehen. Bei dem Weibchen besitzen sämtliche Fusspaare zwei gleiche, zahnlose Nägel. Das Abdomen der Anopheles — und der übrigen Cwlicidae — zeigt acht deutliche Ringe; es ist schuppenlos, jedoch mit zahlreichen Haaren, insbesonders bei den Männchen, besetzt. Dem letzten Bauchringe folgt die äussere (reschlechtsarmatur, welche ı. Aus zwei grossen Lappen, welche über den letzten Ring hinausreichen, mit zahlreichen Borsten besetzt sind, und das Abdomenende gabelförmig erscheinen lassen; 2. aus mehreren verschiedenartig disponierten, kleineren Teilen besteht. Diese Geschlechtsarmatur ist bei dem Männchen in besonderer Weise entwickelt. (Ficalbi hat die Wichtigkeit derselben für die Systematik genau zur Kenntnis gebracht.) B. Anatomische und physiologische Notizen. Die innere Struktur beansprucht bei den Anopheles kein grosses Interesse, mit Ausnahme des Verdauungsapparatkanals, welcher in Beziehung mit der Entwickelung der Malariaparasiten steht. — 94 —— Ausserdem müssen besonders die Sinnesorgane dieser so sehr zu vermeidenden Insekten in Betracht gezogen werden!). Ueber das Nervensystem dieser Tiere habe ich nichts besonderes zu bemerken; ich will nur hervorheben, dass bei denselben das Gehirn sehr entwickelt ist. Die zusammengesetzten Augen sind sehr breit, se kommen der dorsalen Mittellinie sehr nahe, während sie auf der ventralen Seite sich fast berühren. Nach der Analogiebeurteilung muss man wohl annehmen, dass sehr wahrscheinlich ihre Leistung nicht über 70 cm hinausreichen kann, dass auch die Anopsheles nicht die Körperformen, sondern nur die Bewegungen der Körper und die verschiedene Lichtintensität wahrnehmen können. Ob sie die Farben erkennen, bleibt zu beweisen. Der Geruchsinn muss in dem Fühler sitzen; er muss bei den Anopheles bedeutend feiner als bei dem Menschen sein, sei es in Bezug auf Entfernung oder auf Vollkommenheit der Leistungs- fähigkeit. Das ergiebt sich deutlich aus der Beobachtung, dass die Anopheles die Anwesenheit des anzugreifenden Opfers wenn noch mehrere Meter entfernt, bemerken, dass sie vorzugsweise gewisse Menschen stechen, und dass sie aus einer kleinen Entfernung, und ohne es zu versuchen, das reine von dem gezuckerten Wasser unterscheiden können; was dadurch nachgewiesen wird, dass sie das letztere und nicht das erstere aufzusaugen herbeifliegen. Des Umstandes wegen, dass die Alnopheles das Zuckerwasser dem reinen Wasser vorziehen, ist man berechtigt anzunehmen, dass höchst wahrscheinlich bei den Azopheles ein Geschmackssinn vorhanden ist; den Sitz der betr. Geschmacksorgane habe ich nicht untersucht. Andere in dem Rüssel vorkommende Sinnesorgane werden von uns als zu dem Tastsinn ge- hörend, gehalten. Im (Gebiete der Halteres sollen Sinnesorgane bestehen, deren Bedeutung noch eine fragliche ist. Nach manchen Autoren sind die Fühlerborsten zur Hörempfindung bestimmt. In dem Torulus (welcher sehr wahrscheinlich als ein zweites Glied zu betrachten ist) ist das Johnston’sche Organ vorhanden, welches nach Child (der dieses Organ bei den Caulex untersucht hat), zur Tast- und Gehör- empfindung bestimmt ist: bei dem Männchen ist das Organ mehr entwickelt, und mit dem übrigen Teile des Fühlers dem Männchen auch dazu dienen soll, um den von dem Weibchen hervorgebrachten Ton zu hören. In mehreren Gegenden Italiens ist man fest davon überzeugt, dass die Mosguitos ein sehr feines Gehör haben, so dass sie hauptsächlich stechen wenn man spricht. Ich habe mich jedoch noch nicht davon überzeugen können. Unsere Kenntnisse sind also noch ziemlich unvollständig betreffs der Sinnesorgane der Ano- pheles; wir können jedoch behaupten, dass sie sehr wahrscheinlich, wie der Mensch über fünf Sinne verfügen, der Geruchsinn aber bei ihnen überwiegend ist. Bei dem Darm unterscheiden wir (IV. 9 u. ı0) einen vorderen, einen mittleren und einen hinteren Abschnitt. Der Vorderdarm besteht aus Pharynx (far.) und Oesophagus (es.); der letztere zeigt eine erste, grosse, ventrale Aussackung (Saugmagen oder Ingluvies) (suc. prince.) und zwei ähnliche, viel kleinere, laterale Säckchen (Nebensaugmagen) (suc. acc.). Der Mitteldarm, Magen oder Chilusmagen, beginnt mit zahlreichen Blindsäckchen (cech); wird aus zwei deutlichen Teilen: d. h. aus einem vorderen, verengten (Magenhals) (col. st.) und aus einem hinteren, erweiterten (der richtige Magen oder Magen- erweiterung) Teile (p. dil. st.) gebildet. An der Grenze zwischen dem Vorderdarm und Mitteldarm findet sich eine deutliche Klappe. ı) [Christophers in den Reports to the Malaria Commit&ee: Further Series März 30. 1901 (Royal Society) giebt eine neue Anatomie der Azopkeles ohne die Bibliographie in Rechnung zu bringen. ] Bei dem hinteren Darm ist ein Ileus (il), ein Colon (col.) und ein Mastdarm (ret.) zu unter- scheiden: dieser letztere ist vorn ampullenartig erweitert und mit sechs Rektadrüsen versehen. Aus der schematischen betreffenden Figur (IV. 9) ergiebt sich die Stellung der verschiedenen Teile. Ich mache im besonderen auf die Grenze zwischen dem Vorder- und dem Mitteldarm, welche ungefähr den ersten Beinpaaren entspricht, sowie auf die Grenze zwischen dem Mittel- und Hinter- darm, welche ungefähr an der Grenze des fünften und sechsten Bauchringes liegt, aufmerksam. Der erweiterte Magenteil beginnt ungefähr am Ende des zweiten Bauchringes. Der Darm verläuft grössten Teils gerade; es besteht aber eine dorsale Krümmung, die dem Magenhals entspricht und eine Schlinge (Basili), welche mehr oder wenig ausgeprägt ist und dem Colon entspricht. Der grosse Saugmagen kann den ganzen vorderen Teil des Abdomen in Anspruch nehmen. Hier ist eine eingehende Beschreibung der feineren Darmstructur nicht am Platz, ich möchte aber hervorheben, dass die Wand des Mitteldarms überall gleich ist, und dass vom Innern nach Aussen schreitend, sie aus Darmepithel ohne Krypten und einer elastischen-muskulären Hülle (welche ihrerseits aus ziemlich von einander entfernten und durch eine elastische Substanz zusammen- gehaltenen Muskelfaser — die inneren sind circulär, die äusseren länglich — besteht) gebildet wird. (Siehe Kapitel VII.) Die Wand der Saugmagen ist sehr dünn und besteht aus einem auf der inneren Seite durch ein chitinöses, sehr dünnes Häutchen bekleidetes Plattepithel. An der äusseren Seite des Epithels sind Muskelfasern vorhanden. Das sehr kurze Ileum ist durch ein niedriges Epithel charakterisiert; dieses ist an seiner inneren Oberfläche von einer Chitinhaut bekleidet, welche, soviel ich beobachten konnte, nach welligen Quer- linien sich so verdickt, dass viele minimale parallele Längsleisten entstehen!). Das Epithel des Colon ist gewöhnlich höher und körniger und fehlen die Leisten der Cuticula. Diesen begegnet man auch in dem erweiterten Teil des Rectum, wo sie jedoch ziemlich spärlich sind (Basili). In den Saugmagen ist Luft nebst spärlicher farbloser Flüssigkeit enthalten; nachdem der Anopheles gesaugt hatte, habe ich Blut in ihnen vorgefunden. Hat das Insekt vor kurzer Zeit Nahrung eingenommen, so kann man beobachten, dass das Blutserum in dem vorderen Teile des erweiterten Magenabschnitts enthalten ist, während die Blutkörperchen den übrigen Teil, d. h. ungefähr dessen drei hintere Viertel, ausfüllen. Darmadnexe sind die Speicheldrüsen und fünf Malpighi’sche Schläuche. Die Speicheldrüsen ?) sind relativ sehr entwickelt. Am Distalende des Hypopharynx mündet das Kanälchen, welches diesen durchläuft: am Proximalende desselben merkt man eine chitinöse kelchförmige Verdickung, welche die Fortsetzung des Kanälchen im Inneren des Kopfes anzeigt, d.h. den Anfang eines Ausführungsganges (der Speicheldrüse), der unpaar ist: dieser letztere hat sich schon im Hals in zwei sehr kurze Kanälchen, die paarigen sekundären Ausführungsgänge, geteilt: jedem diesen paarigen Ausführungsgängen entsprechen drei Speicheldrüsenschläuche (Tubuli salivares) (IV. 12). Diese drei mehr oder wenig geschlängelten nebeneinander liegenden Tubuli, können ihrer Stel- lung nach je als dorsaler, ventraler, und mittlerer Tubulus bezeichnet werden; ihr Ursprung entspricht ı) Wenn das Ileum erweitert ist, sieht man, dass diese, dichtaneinander gedrängten Leisten (Verdickungen der Cuticula) auf dem Niveau der Linien, weiche die vorderen und hinteren Grenzen der Zellen bezeichnen, darstellen. Die Leisten sind übrigens nicht auf diese Linien beschränkt, sondern nehmen auch für eine gewisse Strecke die angrenzenden Zellen ein. 2) Macloskie hat sie kurz bei den Cxlex beschrieben. Er betrachtet den mittleren Tubulus als eine Giftdrüse (warum?); ferner beschreibt er einen an der Basis des Hypopharynx sitzenden Behälter, welcher — wenigstens bei den Anopkeles — vermisst wird. Die italienische Auflage dieses Werkes war bereits gedruckt, als ich bei der Zerzupfung in den Anopkeles zwei Röhrchen unterschied, welche bedeutend dünner als die Schläuche der Speicheldrüsen, nach der hinteren Seite hin etwas erweitert sind und blind endigen. Im ersten Augenblick scheint es, als ob sie Speichelbehälter seien, jedoch stehen sie in Wirklichkeit in keiner Beziehung zu den Speicheldrüsen. ungefähr dem hinteren Halsteile und sie endigen beinahe an dem Ansatzpunkte des ersten Beinpaars. Der dorsale und der ventrale Tubulus sind circa ein Millimeter lang. Der mittlere Tubulus (t. int.) ist kürzer und erscheint im allgemeinen etwas breiter, nur an seinem Ursprunge zeigt er eine Verdün- nung, welche ich Hals nenne und die keine konstante Länge besitzt. Zuweilen kann man bei den Tubuli sehr kurze Verzweigungen beobachten: manchmal besitzen ein oder mehrere Tubuli einen ziemlich langen Zweig. Die paarigen sowie der unpaare Ausführungsgänge besitzen an ihrer Innenwand eine Chitin- haut mit Spiralfäden wie die Tracheen; ausserhalb derselben bemerkt man die sonst übliche Epithel- schicht. Die einzelnen Tubuli zeigen in ihren verschiedenen Teilen eine verschiedene Struktur; ich werde hier nur die wichtigsten diesbezüglichen Punkte erörtern. Die Tubuli bestehen aus einer Schicht von Drüsenzellen und aus einer dünnen basalen Membran, welche wenigstens scheinbar amorph ist. Die betr. Zellen bestehen aus zwei deutlichen Zonen: die eine basal (proximal) sehr niedrig, die andere distal mehr oder weniger hoch. Die proxi- male Zone zeigte ziemlich dichtes Protoplasma und ist mit dem Kerne versehen; die distale Zone aber besteht hauptsächlich aus Sekret, welches von einem Schichtchen von verdicktem Protaplasma umgeben ist, welch’ letzteres eine mit der Zellenwand der Becherzellen der Wirbeltiere sehr ähnliche Wand bildet; die Wände der sich berührenden Zellen scheinen nicht gut untereinander getrennt. Wäh- rend in einem frischen Präparate sind durch das Sekret die einzelnen Zellgebiete in der distalen Zone einigermassen leicht zu erkennen, in der proximalen Zone bilden die Zellen — so weit ich gesehen habe — ein Syneytium. Jedoch sind bei den vor kurzer Zeit entpuppten Anopsheles die Zellengebiete in dieser proximalen Zone sehr gut von einander zu unterscheiden. Das Sekret ändert sich bei den einzelnen Tubuli und sogar in den verschiedenen Abschnitten eines und desselben Tubulus. Der mittlere Tubulus ist in seinem erweiterten Teile mit yerhältnismässig niedrigen Zellen bekleidet, welche deshalb ein weites Lumen begrenzen. Das Sekret ist ziemlich lichtbrechend, hyalin, nimmt leicht die Eosinfarbe an, wird durch Pikrokarmin rot gefärbt; es füllt auch das Lumen aus; selten wird eine Trennung zwischen dem noch in den Zellen enhaltenen und dem schon ins Tubulus- lumen entleerten Sekret bemerkt. Gegen die Halsgrenze werden die Drüsenzellen nach und nach höher, dadurch wird das Lumen verengt, und bekleidet sich mit einer feinen Cuticula. Der Hals besitzt ein enges, mit ziemlich dichter Cuticula bekleidetes Lumen; ausserhalb der- selben, wie in dem erweiterten Tubulusteile bemerkt man eine Zellenschicht, welche jedoch besondere eigentümliche Merkmale aufweist. Es handelt sich um hohe, mit ungefähr auf der Hälfte ihrer Höhe sich befindenden Kernen versehene Zellen; das zwischen Kernen und Cuticula liegende Protoplasma ist in stäbchenähnliche Gebilde differenziert; es ist aber hyalin zwischen dem Kerne und der äusseren Tubulusfläche. Die ganze Zelle ist mit einem Schichtchen von körnigem Protoplasma umhüllt; im frischen Zustande erscheint es als ob eine mehr oder weniger ausgeprägte Trennung des körnigen Protoplasmas der einzelnen Zellen bestehe. Die Zellen des Halses nehmen nicht leicht die obenerwähnte Eosinfarbe, welche wohl den übrigen Abschnitt des mittleren Tubulus färbt, an. Dies fällt um so mehr auf, weil das in dem Halslumen enthaltene Sekret sich gerade so, wie in dem übrigen Tubulusteil färbt, so dass nur die Halszellen farblos bleiben. Unter den dorsalen und ventralen Tubuli besteht kein Unterschied; sowohl das eine wie das andere enthält, circa in seiner distalen Hälfte, ein ziemlich lichtbrechendes Sekret, welches in der betreffenden proximalen Hälfte dieselbe Eigenschaft in schwachem Grade besitzt. Schon bei den frisch ausgeführten Präparaten macht sich diese Eigentümlichkeit in ausgeprägter Weise geltend; die Verschiedenheit der zwei Hälften kann gleichfalls bei den Schnittpräparaten wahrgenommen gm werden, besonders dadurch, dass die distale sich diffus durch Haemalaun färbt, was fast nicht für die proximale geschieht. Bei den Schnitten, der in absoluten Alkohol fixierten Stücke, sowie bei den frisch hergestellten Präparaten, wenn die Untersuchung nicht gleich stattfindet, pflegt das in den distalen Tubulushälften enthaltene Sekret feinkörnig, oder in bald sehr ‘dünnen, bald dickeren Fäden ausgezogen zu er- scheinen: doch handelt es sich hier um künstliche Gebilde (s. Cap. III). Das in dem dorsalen und ventralen Tubulus enthaltene Sekret muss von demjenigen des Mittleren abweichen, da es keine besondere Neigung zum Aufnehmen der Eosinfarbe zeigt. Es versteht sich, dass auch das dorsale und das ventrale Tubuluslumen mit Sekret an- gefüllt sind. Das dem mit ziemlich lichtbrechendem Sekret gefüllten Tubulushälfte zugehörende Lumen ist etwas verbreitet und von einer dünnen Cuticula bekleidet, mit Ausnahme der der schwach licht- brechendes Sekret enthaltenden Tubulushälfte angrenzenden Stelle. Sowohl in dieser Stelle wie bei der ebengenannten Tubulushälfte ist die Cuticula ziemlich dick !). Ich glaube, dass bei jedem Stich nur eine ganz geringe Sekretmenge eliminiert wird: und zwar vermute ich dies, weil nach dem Stiche, die Speicheldrüsen mir durchaus nicht sekretleer er- scheinen; bei den Schnittpräparaten gelang es mir nicht, dieselben unzweideutig von den Speichel- drüsen der hungernden oder überwinternden Anopheles zu unterscheiden. Zuweilen scheint es aber bei Frischpräparaten, dass z. B. der mittlere Tubulus nach dem stattgefundenen Stiche etwas verengert ist. Einmal war mir der Zweifel aufgestiegen, dass die wenig lichtbrechende Hälfte des dorsalen nnd ventralen Tubulus, sowie der Hals des mittleren Tubulus, Drüsenbestandteile darstellten, welche allmählich die übrigen durch die beständige Absonderung sich zerstörenden Tubulusteile ersetzen sollten; demgemäss würden sich die Tubuli in beständigem Wachstum in dem proximalen und in continuirlicher Zerstörung in dem distalen Teile finden. Solche Vermutung wurde aber durch die Untersuchung der Speicheldrüsen der neugeborenen Anopheles ganz beseitigt. Ich komme nun auf das von mir im vorstehenden über das Einstechen der Anopheles Aus- einandergesetzte zurück und kann bemerken, dass die Culiciden, nachdem sie die Stilete in die Haut hineingeführt und die in dem Saugmagen enthaltenen Gase herausgetördert haben, das Blut durch Mitwirkung der Erweiterungsmuskeln des Pharynx aufsaugen. Diese Aufsaugung genügt auch, um den Speichel nach der Wunde hin fliessen zu lassen. Alsdann geht das Blut von dem Saugmagen in den Mitteldarm hinüber; dazu muss das Blut dünnflüssig bleiben, was vielleicht durch den Speichel geschieht. Anderartige Stoffe, wie z. B. Haemoglobin in Zucker-Lösung, da sie in den Saug- magen verdichten, können nicht in den Mitteldarm übergehen. In dem Gefässsystem sowie bei dem Atmungsapparat sind keine besonderen Merkmale vor- handen; es seien hier nur die Pericardialzellen, welche gleich wie bei den übrigen Diptera längs des Herzens liegen, hervorgehoben. Das Corpus adiposum ist wie gewöhnlich entwickelt, es verkleinert sich allmählich, wie sich die Eier entwickeln. Nichts besonders wird bei den männlichen Sexualorganen wahrgenommen. Bei den weib- lichen Sexualorganen ist die zur Absonderung einer schleimigen Substanz, welche mit den Eiern zusammen entleert wird, bestimmte Drüse bemerkenswert. Es ist noch ein kugelförmiges Recepta- culum seminis vorhanden, welches sehr leicht durch das dicke braune Chitin, welches es im Innern auskleidet, erkannt wird und einen langen Gang besitzt. ı) Die Cuticula der dorsalen und der ventralen Tubuli (wo sie ziemlich dick ist), sowie die des Halses des mittleren Tubulus besitzt eine ganz eigentümliche Zeichnung, die auf die einzelnen Zellengebiete, aus welchen die Cuticula herstammt, hinweisen. Die Cuticula ist wahrscheinlich, wie ich dies einmal in frisch hergestellten Präparaten in deutlichster Weise beobachten konnte, überall mıt dichten Poren besetzt. Grassi, Die Malaria. C. Systematische Notizen. Damit jeder ohne Schwierigkeit die in Italien vorkommenden Anophelesspecies erkennen kann, lassen wir hier kurz einige Angaben über die systematische Unterscheidung derselben folgen. In seiner neuen Auflage der Monographie über die Culicidae giebt Ficalbi eine neue systematische Tabelle für die Anopheles an; eine erste Einteilung wird auf die Form der Schenkel, die sekundäre Einteilung auf die Taster-Merkmale begründet. Eine solche Einteilung ist vom wissen- schaftlichen Gesichtspunkte aus ganz einwandfrei; jedoch würden sich die einzelnen Unterscheidungen ihrer grossen Feinheit wegen, vielleicht für den, der solcher Untersuchungen nicht gewohnt, nicht für sehr praktisch gestalten. Aus diesem Grunde habe ich folgende systematische Tabelle aufgestellt. I. Gefleckte Flügel. A. Amopheles claviger: bräunlicher Flügel mit vier schwarzen Fleckchen, wovon zwei in der Längsrichtung und die übrigen zwei in Querrichtung liegen (sie bilden ein T, ein I. oder ein Y, je nachdem man sie von einem oder dem anderen Punkte aus sieht). — Die Franse an der Flügelspitze ist hinfällig, leicht aber doch deutlich strohgelblich (IV. 2ı u. 34 und V. ı). B. Anopheles pseudopictus: Flügel reichlich gefärbt, teils schwarz und teils gelblich, doch ist schwarz überwiegend. Auf dem vorderen schwarzen Flügelrande sitzen drei deutliche strohgelbe Fleckchen, wovon zwei ausgeprägter sind und den schwarzen Rand unterbrechen (IV. 24 u. V. 3). C. Anopheles superpictus: Flügel überwiegend gelblich. Auf dem vorderen Flügelrande sind vier sehr deutliche schwarze Streifchen vorhanden, welche durch Zwischenräume von strohgelber Farbe von einander getrennt sind (IV. 26 u. V. 4). II. Ungefleckte Flügel. D. Anopheles bifurcatus (IV. zo u. V. 2). (Die Farbe des A. bifurcatus, Var. nigripes ist im Ganzen viel dunkler). Gewöhnlich unterscheiden sich die vier Species durch folgende Merkmale: Bei den Amopheles claviger beschreiben die vier auf jedem Flügel liegenden Flecken ein T, ein L oder ein Y, je nach dem Punkte in welchem sie beobachtet werden. Bei den Anopheles superpictus sind die vier schwarzen Fleckchen linienförmig, und ent- sprechen dem vorderen Flügelrand. Der Anopheles pseudopictus zeigt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem A. superpictus: die vier linienförmigen schwarzen Flecken sind nicht gut zu unterscheiden; der Flügel ist im Ganzen viel dunkler. Bei den Anmopheles bifwrcatus besitzen die Flügel keine Flecken. Im Nachstehenden werde ich die einzelnen Species kurz beschreiben, und den Anopheles super- Pictus, dessen Beschreibung noch nicht eingehend gegeben worden ist, ein wenig näher betrachten. Anopheles elaviger, Fabr. (1305). (IVEB32 227 Van). Syn. maculipennis, Meig. (1818). Taster, bei beiden Geschlechtern schwarz. Die Oberseite des Thorax ist bleigrau, mit messinggelben Haaren versehen; wird durch einen dunkelbraunen medianen Streif fast in zwei seitliche Felder geteilt: die zwei betr. seitlichen Felder zeigen einen, dem medianen parallel laufenden, — chokoladebraunen Streif. DBräunliche Flügel mit reichlichen Schüppchen auf den Adern; die Schüppchen bilden ihrerseits vier schwarze wie folgt verteilte Fleckchen: das erste an dem proxi- malen Ende, d.h. am Ursprungspunkte der Ader, welche dann den ersten Scapus bildet; das zweite, zuweilen deutlich aus zwei Läppchen bestehend, an den Queraden, welche die Scapus der zwei Gäbel- chen und die dazwischenliegende Ader vereinigen; das dritte und das vierte Fleckchen liegen resp. im Punkte, wo die Ramuli eines jeden resp. Gäbelchen zusammentreffen. Die äusserste Flügelspitze löwengelblich (diese Farbe stammt von den Randschüppchen her). Beine schwarzbraun; Kniee hell- blond; ein sehr kleiner gelblicher Saum ist bei den Gelenken der Tibien mit den Tarsen wahr- zunehmen. Abdomen sehr behaart, namentlich bei den Männchen; die Grundfarbe ist schwarzbraun, die Härchen sind braungelb. Die Länge des Anopheles clavıger ist in den verschiedenen Orten eine wechselnde von 6--8—ıı mm (den Rüssel mit inbegriffen). Die grössten Exemplare wurden von mir in Süd-Italien vorgefunden. Diese Species ist in ganz Italien und auf den Inseln sehr verbreitet. Die betr. Larven werden an folgenden Merkmalen erkannt: die Winkelborsten sind wie ein Bäumchen verzweigt; die Medialborsten sind dünnpinselförmig (IV. 15). änopheles pseudopietus, Grassi (1899). (EV 24aRu V 32): Syn. A. frckus, Ficalbi (1896) (zzcht Loew). Bei den beiden (Geschlechtern sind die Taster braun; bei den Weibchen sind drei kleine weissliche Ringe an dem 2., 3. u. 4. Gelenk wahrzunehmen. Die Öberseite des Thorax aschgrau- gelblich, und, wie bei den A. clawger, mit drei längs verlaufenden Streifen. Flügel schwarz und hellgeblich; die schwarze Farbe ist jedoch sehr überwiegend; als ganz charakteristisch sind drei strohgelbliche auf den schwarzen äusseren (vorderen) Flügelteilen sitzende Fleckchen zu .bezeichnen. Das erste davon, das proximale, reicht nicht bis an den Rand, was bei den übrigen zwei der Fall 1) Da es mir bekannt, dass Theobald im Auftrag des Brit, Museums eine Monographie über die Cxcidae kompiliert, und dass er über ein sehr reiches Material verfügt, will ich vorläufig die Bezeichnungen Anopheles pseudopictus und Anopheles superpictus beibehalten und beschränke mich hier nur auf eine allgemeine Bemerkung und auf einige besondere Notizen über die eben- genannten Species. Ich meine, dass es bei der Klassifikation der Czelicidae notwendig ist, den Varietäten viel Raum zu lassen. Thatsächlich giebt es besondere Formen, welche miteinander ausserordentlich ähnlich und nur durch ganz geringe, jedoch in ihrer Heimat meistens beständige Merkmale zu unterscheiden sind; andererseits kommen aber andere Formen vor, welche relativ leicht voneinander unter schieden werden. Wenn man also dem Beispiele der Mehrzahl der Autoren folgend, diese letzteren nur zum Rang von Arten erhebt, so müssen die ersteren den Varietäten eingereiht werden, und zwar um so mehr, weil in manchen Fällen Zwischenformen vorkommen. So z. B. steht der Anopheles pretus Loew. dem Anopheles pseudopictus Grassi sehr nahe; der A. superpictus Grassi ist sehr mit dem 4. minutus Macquart, mit dem 4. sudbpictus Grassi, sowie mit dem 4. costalis Loew, 4. funestus Giles, 4A. crucians Wied., A. albitarsis Lynch u. s. w. verwandt; dagegen sind die zwei zuerst erwähnten Formen relativ sehr entfernt von sämtlichen nach diesen beiden genannten Formen. Demgemäss glaube ich, dass es angezeigt ist, zwei typische Species festzustellen: die erste für die zwei ersten, welche als Varietät dieser Species zu betrachten sind, die zweite für die übrigen gen. Formen, welche als Varietäten dieser zweiten Species zu bezeichnen sind. Selbstverständlich muss die alte Bezeichnung für die Species beibehalten und das zweite Wort der übrigen Benennungen kann nach Bedürfnis die Varietät bezeichnen. Um zu dieser neuen Anordnung der Species zu ge- langen, bedarf man eines Materials, über welches ich nicht verfüge, aus diesem Grunde möchte ich nur feststellen, dass — soviel ich weiss — die Anopheles pictus und Sseudoprctus als Varietäten des A. parnctipennis (Say) und die Anopheles minutus, subpictus, costalis, funestus, albitarsis als Varietäten des A. crxcians Wied. zu bezeichnen sind. [Das Studium der Anopheles Afrikas und Amerikas, die ich kürzlich erhalten habe, bestärken mich in meiner Meinung. Ich kenne bis jetzt nur vier Anophelesarten und sind es jene, welchen man auch in Italien begegnet. Aus den Tropen kenne ich Formen, welche unseren 4. swperpictus (Africa, Asia) und Zsezdopzictus (America) entsprechen. Die von mir vorgeschlagene Unter- scheidung der Varietäten ist besonders empfehlenswert für die Czlerden, da es notwendig ist, es dem praktischen Arzte leicht zu machen, sich zu orientieren. ] 13* = NO OME—= ist, wodurch sie deutlicher werden. Das erste Schenkelpaar ist in seinem proximalen Drittel etwas angeschwollen. Bei ihrer Verbindung mit dem ersten Tarsalglied zeigen die Tibien einen feinen weisslichen Ring. Tarsus mit weisslichen Ringen, welche fast auf die distalen Enden der drei ersten Glieder beschränkt sind: diese Ringe können mit blossen Augen erkannt werden und zwar bei dem ersten Beinpaar wenig deutlich, bei dem zweiten etwas deutlicher, und bei dem dritten sehr deutlich. Bei dem dritten Beinpaare erstreckt sich der Ring bis über das vierte (vorletztes) Glied, welches dementsprechend total weisslich ist. Oberseite des Abdomen bräunlich mit hellen Querbändchen, welche bei den Männchen zweispitzig sind, an dem vorderen Teil der Tergiten. Grösse 9—ıı mm (den Rüssel mit inbegriffen). Auf der ganzen italienischen Halbinsel verbreitete Species. Die Larven besitzen gleich denen des A. claviger zwei bäumchenartige Winkelborsten; die medialen sind dagegen entweder ganz einfach oder zeigen ein bis drei kurze Zweigchen (IV. 16). Anopheles superpietus, Grassi (1899). (LIVE 26m. 270.V 4.) Schenkel des ersten Paares in ihrem proximalen Drittel nicht verdickt. Flügel überwiegend strohgelblich, mit besonderen vorderen schwarzen Streifchen, und zwar: vier Streifchen, welche durch beinahe untereinander gleichgrosse strohgelbe Streckchen geteilt sind; mit Hilfe einer Lupe werden noch zwei sehr schmale vordere, in der Nähe der Flügelbasis liegende schwarze Streifchen, sowie zahlreiche mehr oder weniger deutliche schwarze Streifchen den Adern entlang, unterschieden. Taster bei den Weibchen braunschwarz, bei den Männchen sind sie braungelblich, mit weissgelben Ringen und zwar drei bei den Weibchen und nur zwei bei den Männchen. Kopf. Schwarzer Rüssel mit hellorangefarbiger Olive. Bei dem Weibchen sind die Taster ebensolang wie der Rüssel; gründliche Färbung braun- schwarz, an der Basis wird dieselbe durch schwarze dicke Schüppchen sogar ganz dunkelschwarz. Bei den Verbindungen des 2. mit dem 3. und des 3. mit dem 4. Glied wird sehr leicht, auch mit unbewaffnetem Auge, ein breiter weissgelblicher Ring wahrgenommen; diese Ringe umfassen die distalen Enden der betr. und die proximalen der nachkommenden Glieder. Das distale Ende des 4. Gliedes und das ganze 5. Glied sind weissgeblich; zuweilen kann man bei einzelnen Exemplaren, mit Hilfe der Lupe, in der Mitte des 5. Gliedes ein kleines schwärzlich gefärbtes, mehr oder weniger undeutliches Ringchen beobachten. Taster bei Männchen ebenso lang wie der Rüssel; die Grundfarbe braungelblich; an dem distalen Ende des 3. Gliedes befindet sich ein hellstrohgelbliches breites Band; die Spitze des letzten Gliedes hat dieselbe Farbe. In einzelnen Exemplaren wird zwischen dem 4. und 5. Glied noch ein unvollständiger Ring wahrgenommen. Der Tasterschopf ist wenig entwickelt: er besteht aus spär- lichen, vom distalen Ende des 3. Gliedes ausgehenden, gegen den Rüssel abweichenden Borsten. Auf der medialen Fläche des 4. Gliedes sitzen spärliche, sehr kurze Härchen. Fühler gelblich; das erste Glied rundlich, bräunlich, hellorangefarbig auf der Oberseite; die zwei letzten Glieder sind schmal, verlängert und braun. Die Haare der Fühler sind braungelblich. Die Grundfarbe des Nackens ist schwarz, oben mit spärlichen hellgoldgelblichen Härchen besetzt, welche ein Längsband bilden; von diesem Bande gehen nach vorn zwei strohgelbliche, sich zwischen die Augen vorstreckende Haarschöpfchen; nach hinten eine spatelförmige schwarze Schüppchen- reihe, welche hinten und seitlich den Nacken krönt. Thorax. Rückenteil mit strohgelben Härchen besetzt; durch starke Vergrösserung sind auch schmale, leicht mit den obenerwähnten Härchen zu verwechselnde Schüppchen wahrzunehmen. In der Mitte sind zwei dünne nahestehende, tiefer gelbe Streifen vorhanden, welche ihren Ursprung == IOI == vom vorderen Rande nehmen und nur am hinteren Drittel an einen im Centrum bräunlichen,, mit strohgelben Rande versehenen ovalen Hofe reichen. Nach der Seite hin scheint der Thorax einen tief isabellenfarbigen, mit aschfarbenem Pulver bestreuten Grund zu haben. Schildchen tief isabellenfarbig. Flügel: Grundfarbe weissgelblich, welche jedoch gegen den äusseren (vorderen) Rand hin allmählich tiefer wird. Hier bemerkt man vier zierliche, schön tiefschwarze, durch drei fast unter- einander gleichgrosse strohgelbe Zwischenräume getrennte Streifchen. Die ersten zwei Streifchen, von der Basis nach der Spitze hin berechnet, reichen an die Randader, ı. und 2. Ader; das dritte Streifchen reicht an die Randader und an die 2. Ader; das vierte an die Randader, 2. und 3. Ader. Es finden sich zwei andere schwarze Streifchen, das eine an der Flügelbasis und das andere zwischen dieser und den ersten der eben erwähnten vier Streifchen, so dass also in Wirklichkeit die marginalen schwarzen Streifchen zusammen sechs sind, (die Zwischenräume sind fünf), die zwei ersten sind aber mit blossem Auge wenig sichtbar, weil sie nur die marginale Ader besetzen. Andere schwarze Schüppchen befinden sich hie und da angehäuft und bilden zusammen unregelmässige, ver- wischte, breite Bänder. Eins dieser Bänder geht quer durch den Flügel, dem vierten Zwischenraum entsprechend, ein zweites noch undeutlicheres Band entspricht dem fünften Zwischenraum. Die Franse ist meistenteils weissgelb, Farbe, welche nach und nach der Flügelbasis zu schwächer wird; bei den den Zellen VI, VII, VIII und der Lunula!) entsprechenden Strecken ist sie hellbraun. Bei den Männchen sind, wie gewöhnlich, die Färbungen weniger ausgeprägt. [Die distalen Oueradern sind treppenartig disponiert, die vordere ist die distalste, die Stufen sind gleich 2)]. Halteres klein, klar. Beine. Hüfte und Trochantere weiss. Schenkel braun oben, hell unten; distale Ende gelb- gesäumt, daher erscheinen die Kniee hell. Tibien wie die Schenkel gefärbt und gesäumt. Tarsen bei den distalen und proximalen Enden der Glieder weiss gezeichnet; zuweilen kann die weisse Farbe ein meist unvollständiges Ringchen bilden. Nagelapparat: bei den Männchen besitzt das erste Bein- paar einen einzigen dreizähnigen Nagel, das zweite und dritte Beinpaar besitzt zwei gleich grosse, zahnlose Nägel. Bei den Weibchen hat jedes Bein zwei gleich grosse zahnlose Nägel. Abdomen. Bei den Männchen ist das Abdomen mit sehr zahlreichen Härchen besetzt. Bei den Weibchen zeigt es eine fast braune Farbe, welche bei den Männchen viel heller zu sein pflegt, bei diesen bemerkt man deutlich, sowohl rückwärts als ventralwärts auf den Ringen einen vorderen, helleren,, zweispitzigen breiten Streifen, welcher wenigstens zwei Drittel jedes Ringes in Anspruch nimmt. Diese Species erreicht höchstens 7—8 mm Länge, Rüssel mit inbegriffen. Die Larven des Amopheles superprctus sind durch ihre Winkelborsten von denjenigen der vorher geschilderten Species zu unterscheiden; sie sind nicht bäumchenförmig, sondern tragen nur kurze Zweigchen. Die Medialborsten sind den Winkelborsten ähnlich. (IV. 17). Bis vor kurzem wurde diese Species nur in Süditalien, (Castelnuovo-Valio, Ogliastro bei Agropoli, Grassano, Policoro u. s. w.) vorgefunden (Grassi und Ficalbi). Neulich hat sie Noe auch in der Provinz Parma angetroffen (Kapitel II). Anhang. Der A. superpictus ist dem A. albıtarsıs F. Lynch A. ausserordentlich ähnlich, er unter- scheidet sich hauptsächlich durch die folgenden Merkmale, welche Lynch seiner Species zuschreibt: ı) Bei den Culiciden bezeichnet No& als Lunula des Flügels die fast halbmondförmige, von der 8. bis zur 9. Ader sich erstreckende Vertiefung des hinteren Randes. 2) [Ich benenne der Kürze halber, vord., mittl., hint., distale Queradern die Vena Transwersa supern., media et post. Loew’'s.] — 102 — »tibiarum apice albo, tarsorum articulis —4 apice albis, ultimo fere toto albo«. Lynch hat jedoch eine als »variat immaturus« eine andere Form von der typischen Species durch folgende Merkmale unterschieden: »Pedibus, pleurisgue testaceis, maculis albis obsoletis«. Daher darf man wohl den Anopheles superpictus Grassi als Syn. von Anopheles älbitarsis Lynch (55) betrachten. Da ich von Herrn Dr. Sambon mehrere aus West-Afrika (Nigerküsten) stammende Azo- Pphelesexemplare erhielt, fand ich, dass dort eine Species vorkommt, welche vielleicht den A. minutus Macquart (1834), dem A. costalis Loew (1866) und den A. unestus Giles (1900) entspricht; der- selbe ist auch dem Anopheles superpictus Grassi sehr ähnlich. Jedoch unterscheidet sie sich von der letzteren durch folgende Merkmale: wird das vierte der sechs vorderen schwarzen Streifchen bei mässiger Vergrösserung beobachtet, so erscheint es beinahe rechteckig: mit einem (hinteren proximalen) abgestumpften Winkel bei dem A. superpictus (V. 4); bei den afrikanischen Anopheles (V. 5) mit einer Auszackung in der Nähe des hinteren proximalen Winkels, wie bei einem Schlüssel, und mit einer zweiten, jedoch nicht so deutlichen Auszackung in der Mitte des fünften Streifchens versehen. Die Grundfarbe der Flügel ist bei der afrikanischen Species eine dunklere, die gelbe Farbe ist tiefer, fast orangegelb, daher erscheinen die Streifchen genauer begrenzt. [Die vordere und die mittlere der drei distalen Oueradern befinden sich fast auf demselben Niveau, mit kleinen individuellen Variationen.] Weitere wichtige Unterschiede konnte ich aber nicht (auch nicht an den Schenkeln) feststellen; die geringere Grösse der afrikanischen Art durfte ich, da, wie bekannt, die Czulicidae die mannigfachsten Grösseverschiedenheiten aufweisen, nicht in Betracht ziehen. Von Ost-Afrika (Tanga) erhielt ich andere Anopheles, in welchen die oben erwähnten Ver- schiedenheiten der Flügel nicht vorkommen [die distalen Queradern sind ziemlich veränderlich]; das- selbe kann ich von anderen aus Süd-Afrika herkommenden Anopheles sagen, welche gross, fast wie unsere A. superpictus sind [wie in dieser, sind die distalen Queradern vorhanden]. Im Winter 1898 erhielt ich von Ross ein Anophelesexemplar aus Calcutta: mich auf die Anwesenheit eines bräunlichen Ringes auf der Mitte des letzten Tastergliedes stützend, glaubte ich annehmen zu dürfen, dass es sich um eine neue dem Amnopheles superpictus verwandte Species handelte (kleine indische Species: Anopheles subpictus). Es mir gelang die gleichen Merkmale in geeigneterer Jahreszeit auch bei einigen italienischen Exemplaren wahrzunehmen. Kürzlich war es mir ganz un- möglich, einen javanischen mir von Thin freundlichst übersandten Anopheles von den aus Calcutta herstammenden AnopsAeles unterscheiden !), Der einzige, zwischen den beiden asiatischen Exemplaren und dem Amopheles superpictus auftretende Unterschied ergiebt sich aus dem Flügel, wenn man nämlich das dritte der sechs schwarzen marginalen Streifchen unter mässiger Vergrösserung beobachtet, so erscheint es bei der asiatischen Species rechteckig aber mit einem (hinteren, proximalen) stumpfen Winkel versehen; das vierte Streifchen scheint fast eine Uebergangsform zwischen den europäischen und den afrikanischen Species zu sein; ferner erscheint es in seinem hinteren distalen Teile unvollständig !).‘ [Giles hat mündlich meine Aufmerksamkeit auf die Stellung der Queradern gelenkt; aber auch dieser Minimalcharakter scheint mir keinen genügenden specifischen Wert haben zu können, da auch er individuellen Verschiedenheiten unterworfen ist.] Anopheles bifurcatus Lin. (1753). (EVEr20u2 Ve. 22) Syn. Anopheles nigripes Staeger (18309). Taster in beiden Geschlechtern schwarz. Rückseite des Thorax wie bei dem Anopheles cla- viger. Russfarbige Flügel, weder mit einer grossen noch mit einer kleinen Vergrösserung sind ı) [Leider kamen mir die zwei asiatischen Exemplare abhanden, bevor ich deren transversale Adern beobachten konnte.] = 103 — Flecken wahrzunehmen (bei Exemplaren, welche etwas verdorbene Flügel haben, können Spuren von Flecken erscheinen). Schwarze Füsse; Kniee mit einem weissen Punkt; Tibia leicht weisslich am Gelenk mit dem ersten Tarsusglied; die Tarsen zeigen keine besondere Zeichnung. Abdomen schwarz mit braungelben Haaren besetzt. Länge 7—g9 mm, Rüssel mit berechnet. Die Varietät nigripes ist kleiner und viel dunkler; die Flügel sind fast vollständig schwarz. Es kommen ferner Exemplare vor, welche als Zwischenformen der Varietät und der typischen Species betrachtet werden können !). Der Anopheles bifurcatus liebt das Gehölz, Wälder etc. und ist in ganz Italien verbreitet; in Süditalien kommt er jedoch viel häufiger vor. Seine Larven werden durch die absolute Abwesenheit der Zweigchen auf den Winkel- borsten von den der übrigen Anophelesarten zu unterscheiden sein; sie sind demnach ganz einfach gestaltet. Medialborsten desgleichen einfach. Ausnahmsweise können sowohl die einen wie die anderen zweigabelig auftreten; auch in diesem Falle sind die Borsten jedoch durchaus haar- und zweigchenlos. Wenn der Leser die Beschreibung der den einzelnen Anophelesarten zugehörenden Larven aufmerksam gefolgt ist, so wird er wohl bemerkt haben, dass die Unterscheidung von vier Anopheles- arten (in Italien) aus der Schilderung der betreffenden Larven noch annehmbarer erscheint. Dies ergiebt sich in noch übersichtlicherer Weise aus der folgenden Tabelle über die Klassi- fizierung der Larven?): I. Verzweigte Winkelborsten. ı°. Bäumchenartige Winkelborsten. A. Dünnpinselförmige Medialborsten: Amnopheles clavıger (IV, 15). B. Mit ı—3 kurzen Zweigchen versehene oder ganz einfache Medialborsten: Amopheles pseudopictus (IV, 16). 2. Von kurzen Zweigchen umgebene Winkelborsten: Amopheles superpictus (IV, 17). II. Ganz einfache Winkelborsten (ausnahmsweise zweigabelig): Amopheles bifurcatus (IV, 18). KAPITEL V. Ueber die Lebensweise der Anopheles. 1. Anopheles_claviger. Die Anopheles claviger entwickeln sich hauptsächlich, wie ich bereits oben erwähnt, im Sumpf- wasser. Das Sumpfwasser kann in den verschiedensten Lokalitäten vorhanden sein: im freien vegetationslosen, durch die Sonne dürr gewordenen Felde, sowie mitten in einem Walde oder in einem ı) In Betreff der Stellung der Varietät »zigripes siehe Seite 85 u. 86. 2) Ich spreche nicht von den kleinen Larven, da ich dieselben noch nicht habe studieren können, — 104 — nicht sehr dichten und nicht sehr hohen Gehölz. Das Wasser, in welchem sich die Larven entwickeln, mag eine sehr weite Oberfläche aufweisen. oder in mehr oder weniger beschränkten Grenzen vor- handen sein. Wenn das Sumpfwasser fehlt, können sich die Amopheles claviger auch in nicht sumpfigem Wasser, z. B. in einem zufällig im Garten liegenden mit Wasser gefülltem Gefässe ent- wickeln (s. Kap. I). Zwei oder drei Tage nach der Entpuppung fühlen die geflügelten Insekten im Sommer das Bedürfnis, Blut aufzusaugen; ist die Hitze nicht beträchtlich, so pflegt sich dieses Bedürfnis etwas später einzustellen. Indessen suchen sich die neugeborenen einen möglichst nahen Ort auf, wo sie möglichst vor Sonne, Wind und Regen geschützt bleiben: sie verstecken sich unter hohen Gräsern (seien dieselben palustre oder nicht), zwischen den Röhrichten, zwischen den Strauch- und Baumzweigen, unter den niedrigen Brücken, in den Hütten, besonders wenn diese aus Baumzweigen zusammengesezt sind, in den Wohnhäusern, Ställen, zwischen dem Stroh, dem Heu, u. s. w.; und wenn sie den ge- eigneten Schutz nicht in der Nähe des Wassers finden, so suchen sie sich dieselben auch in ziemlich weiter Entferung. Im Freien pflegen sie auf den Blättern und auf den Zweigen zu sitzen; in den Wohnungen, wenn dieselben im Dunkel gehalten werden, sitzen sie gewöhnlich an den Decken, an den Wänden, vorzugweise auf Spinngeweben; in den Zimmern aber, welche oft mehrere Stunden während des Tages mit offenen Fenstern bleiben, verstecken sie sich meistens unter den Tischen, unter dem Bette, sogar in den Schuhen etc. Obwohl die Anopheles im allgemeinen die Wohnräume lieben, pflegen sie dieselben zu verlassen, sobald in denselben Rauch gemacht wird. In den Abtritten findet man sie nicht oft; man kann im allgemeinen behaupten, dass sie sich dort nur verstecken, wenn sie keinen anderen besseren Ort finden können; in den Gegenden, wo sie in grosser Anzahl vorkommen, werden sie jedoch auch immer in den Abitritten gefunden. Hier muss ich noch hinzu- fügen, dass sie, wie ich mich in diesem Jahre überzeugen konnte, die wärmeren Stellen vor- ziehen; wenn aber in diesen nicht hinreichende Feuchtigkeit vorhanden, so ziehen sie kühlere Orte vor, welche stets weniger trocken sind. Ich kam durch folgende Beobachtung zu diesem Schlusse: in einem hölzernen, isolierten, auf freiem Felde stehenden Häuschen in der Nähe der Bahnhütte bei Porto (Rom) fanden sich früh am Morgen die Anopheles an ihren gewöhnlichen Plätzen, d.h. an der Decke und an den höheren Wandstellen; während der heissen Tagesstunden, wenn die Zimmer- decke durch die Sonne erhitzt worden war, flogen sie von den genannten Sitzstellen hinab, um sich zwischen den Werkzeugen und in den Wandspalten oder unter den Brettern, die auf der Erde lagen, zu verstecken, um so in der Nähe des feuchten Erdbodens des Zimmers zu sein. Die Nahrungsaufnahme beginnt bei ihnen vor der Copula (soll dies aber immer vorkommen?)!). Die gewöhnliche Nahrung der Weibchen besteht aus Blut. Ficalbi hat beobachten können, dass sie auch aus Früchten und sogar aus dem Schmutz der Abitritte saugen. Ich und Noe über- raschten diese Insekten, wie sie die Säfte unreifer Maisähren und grüner Graminaceen aufsaugten, auch konnten wir bemerken, dass sie, wenn sie kein Blut finden, sogar Wasser saugen, und dass sie sich gerne von Zuckerwasser nähren. Durch diese Nahrung von Zuckerwasser war es uns gelungen sie, anfangs ı900, sogar während eines ganzen Monats in einen bis auf ı5— 25° C. erwärmten Zimmer lebend zu erhalten, jedoch zehrten sie nach und nach ab, ihre Eier wurden atrophisch etc. Nachdem Bancroft mittgeteilt hatte, dass er die Czddex 70 Tage lang durch Bananenfrüchte lebendig erhalten hatte, versuchte ich die AropAeles mittels verschiedener Obstsorten zu ernähren: und sah ich, dass die Anopheles auf diese Weise sich nicht nur im Sommer sehr gut befanden, sondern auch zur Zeit der Reife, sowie als die Eierlegung von statten ging. Die Männchen ernähren sich ebenfalls gern mit Obst, so dass wir ein Alzophelesmännchen damit 25 Tage lang erhalten konnten. Dazu ist aber 1) Ich gestatte mir hier zu bemerken, dass die Behauptung Celli’s, nach welcher »die neue AropAelesgeneration in der zweiten Hälfte des Monat Juni und in der ersten Hälfte des Monat Juli wieder zu stechen anfangen«, nicht richtig ist: -sie stechen bereits viel früher. =: 105 — notwendig, dass der Raum, in welchem die in dieser Weise gefütterten Anopheles und die Culicidae überhaupt lebendig zu erhalten sind, sehr eng sei, da sie sonst (wie es scheint) nicht durch den Geruchsinn über die Anwesenheit der betr. Nahrung aufmerksam gemacht werden und meistens vor Erschöpfung sterben. So lebten sie ganz gut von Melonenscheibchen in kleinen 30>x<40>xyo cm messenden Käfigen; gingen aber zu Grunde, als man sie in 4>X3>5 m grossen Räumen unterbrachte, trotzdem man sogar eine ganze zerschnittene Melone hineinlegte (nur ganz ausnahmsweise habe ich beobachtet, dass sie sich von letzteren zu nähren suchten). Soweit ich wahrgenommen habe, pflegen sie ausschliesslich Warmblüter zu stechen; und wird das Blut der Säugetiere von ihnen vorgezogen, nur zuweilen (jedoch wie es scheint, nicht immer gern, stechen sie auch Vögel (Hühner, Spatzen, Raubvögel u. s. w.). Ich glaube nicht, dass sie unter den Säugetieren besondere Lieblinge haben, doch ist es sicher, dass sie häufiger die grösseren Säugetiere stechen; so geschieht es dass, wenn ein Mensch bei einem Pferde steht, das Pferd schon mehrfach gestochen wird, bevor die Anopheles den Menschen angreifen; das gleiche Verhältnis wird beobachtet, wenn in der Nähe des Menschen ein Kaninchen vorhanden ist, d. h. der Mensch wird zuerst angegriffen. Diese und mehrere ähnliche Er- scheinungen, die ich der Kürze wegen hier verschweige, bilden keinen Nachweis der betr. Vorzugs- nahrung; sie weisen nur darauf hin, dass der Anopheles durch den (reruchssinn, das anzugreifende Opfer entdeckt: er merkt also leichter die Anwesenheit der grösseren als die der kleineren Tiere. Dadurch erkläre ich mir auch ein anderes \'orkommnis, nämlich dass, sobald die Luft anfängt sich zu bewegen, was übrigens schon die Geruchempfindung bedeutend stört, der Mensch von den lnopheles verschont bleibt, indem dieselben z. B. den Bauch der Pferde angreifen. Doch kehren wir zu unseren neugeborenen Amopheles claviger zurück, die Hunger spüren und nach Nahrung suchen. Es kann wohl vorkommen, dass einer oder der andere eine Säugetier in demselben Ort, wo er sich gleich nach der Geburt hingeflüchtet, findet, aber der grösste Teil der- selben muss sich oft, mehr oder weniger weit, entfernen. Wir sehen sie daher die Beute in, von weniger oder mehr entfernten Orten herkommenden, Schaaren anfallen. Im Allgemeinen steht fest, dass sie durch jene Fenster und jene Thüren in die Häuser einfliegen, die nach der Richtung des Wassers liegen, aus welchem sie sich entwickelt haben, während sie an den übrigen, mehr oder weniger entgegengesetzten Fenstern und Thüren selten oder nicht vorkommen. Die A. claviger stechen sowohl im Freien, wie in den Häusern, und in den Ställen. In den Malariagegenden, wiederholt sich sehr viele Tage hindurch, gegen Sonnenuntergang das Schau- spiel unzähliger Schaaren von Anopheles claviger, welche die sich an den Thüren unterhaltenden oder Abendbrod essenden Menschen angreifen. Sobald sie gestochen haben, suchen sie einen, dem von ihnen, um Nahrung zu suchen verlassenen, ähnlichen Schutzort und können, wenn sie solche in der Nähe gefunden haben, auch wieder zu der ersten Stelle zurückkehren. Gleichfalls suchen sich diejenigen, welche in Häusern oder Ställen stechen, oft daselbst ein passendes Plätzchen, um ihre Verdauung zu vollziehen. Im Freien können die Anopheles claviger, nachdem sie gestochen haben, auf die in der Nähe stehenden Bäume fliegen und sich dort verstecken. Dies wird z. B. sehr leicht in Tortreponti wahrgenommen, wo bei dem Bauernhaus, ein mit vielen Eucalyptusbäumen besetzter Platz vorhanden ist; einige Zweige dieser Bäume sind ziemlich niedrig und können deswegen leicht beobachtet werden. Gewisse A. clavıger fliegen, nachdem sie gestochen haben, weiter, um sich unter die Thore, in den Wohnzimmern, in den Ställen u. s. w. zu verstecken. (Gewöhnlich aber sind sie so sehr mit Blut gesättigt, dass sie kaum imstande sind weit zu fliegen; aus diesem Grunde ruhen sie sich häufig auch auf den äusseren Hauswänden aus und bleiben dort mehrere Stunden sitzen, am nächsten Morgen aber sind sie nicht mehr vorhanden. Man kann nicht sagen, dass die +1. c/awıger sich fast immer in den Häusern einsiedeln; es scheint uns nur so, weil man sie in den Wohnungen viel leichter als zwischen den Baumzweigen und zwischen den Gräsern wahrnehmen kann. Grassi, Die Malaria. 14 — 106 — Nachdem die A. clavıger Nahrung aufgesaugt, stechen sie nicht mehr als bis sie ihre Ver- dauung vollendet haben (nur sehr ausnahmsweise stechen sie bei nicht ganz vollendeter Verdauung), was im Sommer schon nach 40—50 Stunden geschehen ist. Ist die Temperatur nicht hoch, so dauert bei ihnen die Verdauung länger; bei einer konstanten Temperatur von 15° C. genügt eine Mahlzeit für 10 und mehr Tage. Wir müssen bedenken, dass die Anopheles, ausser dem Bedürfniss der Nahrung, auch noch das der Befruchtung und der Eierlegung haben. Die Männchen folgen, wenigstens teilweise, den Weibchen nach; daher kommen sie auch (den Winter ausgenommen) in den Wohnungen vor; die Männchen können nicht stechen; mehrere wurden jedoch von uns überrascht, als sie Versuche anstellten zu stechen; aber der Mundapparat bog sich, ohne dass er in die Haut einzudringen vermochte. Es war uns nicht möglich, festzustellen, wo und wann die Copula stattfindet. Wir müssen hier bemerken, dass wir keine nähere Anweisung über die Copula der Cxulierdae besitzen. — Am 13. Dezember 1898 ist es uns jedoch gelungen, gegen 5 Uhr Nachmittags, in einem warm gehaltenen Raum meines Laboratoriums, zwei Cwlex spathipalpıs Paare zusanımen zu überraschen. Eins davon konnten wir genau beobachten; .das Weibchen sass ruhig auf einer Holzschiene der Fensterscheiben, das Männchen haftete an dem Weibchen fest an, gleichfalls scheinbar unbeweglich, von Zeit zu Zeit bewegte es nur eins der vorderen Beine. Betreffende Insekten wurden von uns aufgenommen und wir konnten wahrnehmen, dass so- wohl die Männchen wie die Weibchen nüchtern, und dass die Eier in ihrer Entwickelung sehr zurück geblieben waren. Man darf wohl vermuten, dass die Anopheles diesbez. sich ebenso verhalten wie der oben- genannte Czelex. [Mein Diener hatte Gelegenheit, sich eines trüben Nachmittags in meinem Labora- torium davon zu überzeugen.) Bei unseren künstlichen Züchtungsversuchen fanden wir, dass in einem von 20—25° C. gehaltenen Raum, der ganze Entwickelungscyklu, vom Ei bis zum geflügelten Insekt, circa 30 Tage!) in Anspruch nahm; die geflügelten Insekten legten dann ihrerseits die Eier nach 2o Tagen. Mitten im heissen Sommer geht die Entwickelung und geschlechtliche Reifung rascher von statten. Jedenfalls steht die Thatsache fest, dass das Weibchen wiederholt Nahrung zu sich nimmt, bevor es zum Eierlegen kommt. Zur Zeit der Veröffentlichung der ersten italienischen Auflage dieses Werkes vermutete ich, dass, wenn das Anophelesweibchen einen passenden Ort — z. B. einen von einem grossen Säugetier bewohnten Stall, ein Wohnzimmer u. dergl. — gefunden, es die Gewohn- heit hätte, daselbst längere Zeit zu verweilen. Daraus zog ich den Schluss, dass ein Bleiben oder nicht in demselben Ort, wo es vorher gesaugt hatte, von verschiedenen Umständen abhängen müsste. Wird z. B. ein Zimmer (oder ein Stall) von den betr. Einwohnern verlassen — was bei uns auf dem Lande häufig vorkommt — und bleibt leer, so werden die sich darin befindenden Anopheles gleichfalls den Raum verlassen müssen, um Nahrung aufzusuchen; dasselbe muss natürlich im freien Felde stattfinden, wenn ein starker Wind weht, wenn es stark regnet u. s. w. In diesem Jahre musste ich mich aber davon überzeugen, dass die Anopheles, während des heissen Sommers, sogar ohne scheinbare Notwendigkeit, gerade als ob sie fürchteten, von den von ihnen gestochenen Wesen vernichtet zu werden, den Ort, wo sie sich zufälligerweise genährt haben, verlassen. Ich werde nun kurz die von mir beobachteten Thatsachen mitteilen, obwohl dieselben im Leser Kenntnisse voraussetzen müssen, die ich in einem folgenden Kapitel geben werde. ı) Aus den gelegten Eiern kommen jedesmal zuerst die männlichen und alsdann die weiblichen Individuen heraus: dies haben wir des öfteren beobachten können. a Bei der Untersuchung der Anopheles, welche in Räumen gefangen wurden, wo blos einige zur Infizierung: derselben geeignete Malariakranke lagen, war es mir oft nicht gelungen, ein einziges infiziertes Exemplar zu finden. Ich erklärte mir diese Thatsache dadurch, dass das Volk die Ge- wohnheit hat, die Mosgwitos aus den Wohnungen herauszujagen, indem sie letztere mit Rauch an- füllt, heftig ventiliert u. s. w. Ausserdem hatte ich wahrgenommen, dass an, vor den Bahnhütten als Schutzvorrichtung auf- gestellte Drahtpavillonen, gegen Abend (z. B. im Juli) nicht nur neugebörene, sondern auch alte Anopheles erschienen, und zwar waren in circa einem, zwischen drei bis vier, ziemlich grosse Eier vorhanden, bei einigen waren diese letzteren fast oder ganz reif, einzelne mussten dieselben kurz vorher gelegt haben, in manchen derselben waren Spuren von verdautem Blut, zuweilen auch noch das kürzlich vorher gesaugte Blut vorhanden. Die ebengeschilderten Erscheinungen könnten auch in der, von den Menschen mittels der Räucherung bewirkten Verscheuchung der Anopheles ihre Erklärung finden. Kurze Zeit darauf überzeugte ich mich aber, dass diese Erklärung nicht hinreichend sei, wie aus den folgenden Thatsachen ersichtlich: Bei-den über die Zllarıa immitis angestellten Untersuchungen, hatten ich und No& in einem hölzernen Häuschen in Porto (bei Rom), zwei mit Zdlarien behaftete Hunde untergebracht. In den von uns daselbst gefangenen Anopheles fanden wir stets die ersten, aber nicht die Zwischen- und die End-Stufen der Zilarialarven vor; daraus ergiebt sich, also, dass die Anopheles in den gen. Häuschen blos zwei oder drei Tage lang geblieben waren. Man bemerke, dass das Häuschen die ganze Zeit über mangelhaft zugeschlossen verblieb. In Porto selbst, übernachteten in einem Stalle, ein Pferd und drei mit /Zlarıen behaftete Hunde. Die Zahl der Anopheles in diesem Stalle war uner- messlich gross. Die mit dem, in der voraufgegangenen Nacht aufgesaugten Blute, gefüllten Anopheles enthielten, falls sie in der Nähe der Hunde aufgefangen wurden, meistens die /zlarıalarven in ihrer ersten Entwickelungsstufe; die ganz oder fast leeren Anopheles enthielten keine Z/ilarialarven, ob- wohl sie in der nächsten Umgebung der Hunde aufgefangen worden waren!). Jedoch kam sowohl in dem Stalle, wie in dem Häuschen, ein sehr kleiner Prozentsatz von Ausnahmen, d. h. von Anopheles vor, in welchen sich mehr oder weniger in der Entwickelung fortgeschrittene ZZ/arıalarven befanden: ungefähr derselbe Prozentsatz, welcher in jedem anderen Punkt in Porto wahrzunehmen war. Diese Thatsachen beweisen, dass die Anopheles im Sommer, falls sie eine dazu günstige (Ge- legenheit antreffen, ihren Aufenthaltsort meistens ca. 24—48 Stunden, nachdem sie gestochen haben, ver- lassen. Zuweilen bleiben sie daselbst länger, jedoch nicht zulange; dies ergiebt sich nämlich aus dem Um- stande, dass in den, von Malariakranken besetzten Zimmern, überhaupt am häufigsten solche 41o- Ppheles vorgefunden werden, welche die ersten Parasitenstufen enthalten, während die vorgeschrittenen Stufen dieser letzteren seltener vorkommen. Mit dem Fortschreiten der Eierreifung nimmt allmählich auch die, von den Anophelesweib- chen aufgesaugte Blutmenge ab. Eines schönen Tages endlich fliegen sie aus, um ein Wasser zu finden, in welches sie ihre Eier ablegen können; häufig sind sie gezwungen, sich ziemlich weit zu entfernen. Mancher Forscher behauptet, dass die Cwlicidae nach der Eierlegung sterben müssen ?): ich konnte jedoch wahrnehmen, dass, obwohl deren viele infolge dieser so delikaten Leistung aus verschiedenen Gründen sterben, doch eine gewisse Anzahl befruchteter Weibchen diesen kritischen Moment überstehen (ob viele oder wenige, wage ich nicht zu bestimmen!) Es gelang mir in der That (1899) zu beobachten, dass mehrere Anopheles, welche vor einigen Stunden ihre Eier gelegt hatten, eifrig stachen, um Blut aufzusaugen; dieselben ı) Wohl ist es wahr, dass, wie wir beobachten konnten, die Azopheles nach dem Aufsaugen des mit Zrlaria infizierten Hundes einer grossen Sterblichkeit anheimfallen, welche in den ersten Tagen einen Prozentsatz von ca. 50°/, ausmachen können; doch g ’ 8 R) 0 ’ genügt dies nicht, die enorme Seltenheit, der mit Larven nach dem ersten Stadium infizierten Anopheles zu erklären. 2) Dies wurde schon bei einem Czlex für unbegründet bewiesen (Ross). 14* — 1098 — lebten noch mehrere Tage lang, und gingen dann zu Grunde, sehr wahrscheinlich ungünstiger äusserer Verhältnisse wegen. Gewiss aber ist, dass die Eierstöcke noch nach der. Eierlegung dazu fähig sind, andere Eier abzugeben und ist es sehr wahrscheinlich, dass dies nicht nur ein zweites Mal, sondern mehrmals wiederholt werden kann. Jedenfalls ist es sicher, dass, wenn wir uns abends bei Sonnenuntergang an einem Ort in der Richtung eines Sumpfes aufstellen und die uns daselbst stechenden Anopheles fangen, wir leicht wahrnehmen können, dass die Mehrzahl derselben aus neu- geborenen Exemplaren besteht, doch werden unter ihnen auch einige Individuen mit infolge der teilweisen Schüppchenablösung verdorbenen Flügeln vorgefunden und ich darf wohl behaupten, dass diese keine neugeborene sind, sondern schon Eier gelegt haben. Ferner glaube ich, dass sämtliche Anopheles, welche den Winter überstanden haben, nach der Eierlegung sterben; mithin existiert, wenigstens in Mittel-Italien eine kurze Frühjahrsperiode (un- gefähr der Monat April), in welcher nur sehr wenige A. clawziger, wenigstens in gewissen Jahren und in gewissen Orten, zu finden sind. Im Jahre ı899 war das Absterben der alten Weibchen nicht so deutlich ersichtlich, da schon anfangs April neugeborene Weibchen und Männchen vorhanden waren, welche dagegen in den Jahren ıg0o0 und ı001 in vielen Orten fehlten. Mit dem Sterben der alten Weibchen steht der Umstand in Beziehung, dass man im Früh- jahr, leicht A. claviger antreffen kann, welche verweigern sich zu nähren und infolgedessen sterben. In der lombardischen, berieselten Ebene suchen sich die Anopheles in der ersten Hälfte September (etwas früher oder später, je nachdem die Sommerhitze bald oder spät auftritt) ihre Winter- stationen aus; dabei lassen sie sich von der Wärme des Ortes leiten. Dies Bedürfnis nach Wärme macht sich bei ihnen mit dem Fortschreiten des Herbstes noch deutlicher geltend: wir fangen in der That an, sie zu dieser Zeit seltener zwischen den Pflanzengewächsen vorzufinden, sie werden unter den dunkelen Brückchen der Irrigationkanäle, welche ihren Predilektionsaufenthalt bilden, allmählig spärlicher; sie verstecken sich in die Wohnungen, hauptsächlich in jene Zimmer, welche weniger kalt sind. Im allgemeinen neigen die Anopheles dazu, sich immer tiefer zu verstecken und seltener Nahrung aufzunehmen. Hier sei noch ein besonderer Fall erwähnt. In Locate Triulzi, bei Pavia, waren die Anopheles im Jahre 1898 in der zweiten Hälfte September und in der ersten Hälfte Oktober sehr zahlreich in allen Wohnungen vorhanden. In dem Wartesaal des Bahnhofs desselben Ortes, konnte ich unter den Bänken und dem Tische, hinter den Annoncentafeln in einem Tage mehr als dreihundert Exemplare fangen. In anderen gleichgelegenen Orten, wo sie, wie hier, vorher in grossen Mengen aufgetreten, waren sie, ohne dass ich sie irgendwie gestört hätte, während der zweiten Hälfte des Monats Oktober verschwunden. Anfang November hatten sie sich so gut verstekt, dass in manchen Orten es nicht leicht war, sie zu finden; in einem halbdunkelen, im zweiten Stock gelegenen Zimmer gelang es mir jedoch, in einem, in einer Mauer befindlichen Schranke deren viele aufzufinden; der Hauseigentümer versicherte mir, dass dies jedes Jahr der Fall sei und dass die Anopheles den ganzen Winter über darin zuzubringen pflegen. Aehnliche Beobachtungen habe ich auch in mehreren anderen Orten machen können. Bei Sala Baganza (Prov. Parma), wo die Anopheles in geringerer Anzahl vorhanden sind, konnte Noe im November 1900 folgende Thatsachen feststellen. Während des ebengenannten Monats fand er nur in den Ställen die Anopheles in bedeutenderer Anzahl vor, als es in der heissen Jahres- zeit der Fall ist: dies beweist deutlich, dass sie sich daselbst, der niedrigen Temperatur wegen, ver- steckt hatten; in einigen Wohnräumen waren jedoch einzelne Anop%eles vorhanden. Sämtliche im November von ihm untersuchten AnzopAheles waren ganz blutleer, während die Czr/ex ruhig fortfuhren zu stechen. Während des Winters, werden die Männchen in Nord- wie überhaupt in ganz Italien vermisst; die Weibchen sind alle befruchtet, meistenteils mit noch in der Entwickelung zurückgebliebenen Eiern und _— 109 — nehmen keinerlei Nahrung zu sich, zuweilen aber, und zwar, wenn der Raum künstlich erwärmt wird, kriechen sie aus ihren Schlupfwinkel hervor und stechen. Wenn im Frühling die Temperatur anfängt warm zu werden, fangen sie wieder an, sich zu ernähren und wenn die Eier reif sind, fliegen sie davon, um dieselben zu legen, wie ich es bereits hervorgehoben habe. In Agro Romano geht es etwas anders zu. Die Ueberwinterung verspätet sich und dauert weniger; während derselben steigt die Temperatur häufig derartig, dass die Anopheles wieder stechen können; im milden Winter 1898/99 fand ich sogar in den Schlafzimmern, stets einige mit Blut ge- füllte Anopheles vor. In Sezze waren die Anopheles gegen Mitte Dezember 1899 sehr zahlreich, jedoch musste man 'sich, um sie zu finden, eines Lichtes bedienen, da sie sich in dunkelen Orten versteckt hatten. Die Hibernation ist stets um so kurzdauernder und weniger intensiv, je milder der Winter ist. ; Hier muss ich noch bemerken, dass der Amopheles claviger nicht als ein Tagtier betrachtet werden darf; vielmehr pflegt er, wie es leicht wahrzunehmen ist, hauptsächlich gegen Abend herun- zufliegen und zu stechen. Nach den von mir in den Monaten Juni, Juli und August (1900) in der Ebene von Capaccio (Prov. Salerno) gemachten Erfahrungen, geschieht dies bei nicht bedecktem Himmel, sobald die Sonne vom Horizont verschwunden, dauert 30— 40 Minuten und hört fast auf, bevor es ganz finster wir. Man kann im allgemeinen sagen, dass das Herumfliegen der Amopheles claviger anfängt, wenn man, obwohl es bereits zu dunkeln angefangen, doch noch jede Schrift zu lesen vermag, während ihre Bewegung sehr viel abnimmt, sobald das Lesen nicht mehr gut möglich ist. In dieser Beziehung kann ich noch manche, im vorigen Sommer in der obengenannten Ortschaft beobach- teten Thatsachen mitteilen. Als ich in dem zum Schutze gegen die Mosguilos errichteten Pavillon stand, bemerkte ich, dass nach Sonnenuntergang die Anopheles claviger sich denselben näherten und einige Zeit lang darauf sitzen blieben. Anfangs kamen sie in geringer Anzahl, welche jedoch allmählich bedeutender wurde, um nach ca. 20 Minuten das Maximum zu erreichen, später kamen nur noch wenige hinzu. Die Zahl, der-auf dem Drahtnetze sitzenden AnopAeles nahm während ca. einer halben Stunde immer zu. Als es vollständig finster war, d. h. nach einer weiteren halben Stunde, waren schon zwei Drittel davon weggeflogen; der übrige Teil aber blieb länger, oft sogar bis zum nächsten Morgen sitzen. Diese Erscheinung stand im Gegensatz zu der im vorigen Jahre bei Maccarese ge- machten Beobachtung, wo, schon ehe es vollständig finster geworden, kein einziger Anopheles mehr an den Fensterdrahtnetzen haften blieb. Wenn aber der Himmel bedeckt war, und die Finsternis früher hereinbrach, fand auch der Anopheleszuflug frühzeitiger statt; bei Mondschein dagegen verhielten sich die Amopheles clavıger ganz und gar wie bei vollendeter Finsternis. Auch früh morgens, vor Sonnenaufgang wird eine ge- wisse Unruhe und Beweglichkeit der Anopheles claviger wahrgenommen, doch ist diese Unruhe weniger lebhaft als sie bei der Abenddämmerung zu sein pflegt. Man kann daher sagen, dass die Dämmerungen, hauptsächlich aber die abendliche, die von dem A. clawiger zur Nahrungsaufnahme vorgezogene Zeit bildet. Sie werden aber weder gesehen noch empfunden, falls die Luft durch den Wind bewegt wird: demzufolge kann es geschehen, dass sie bei Sonnenuntergang eines Tages in mächtigen Schaaren herumfliegen, um dann am nächsten Abend ganz zu verschwinden. Ausserdem stechen die A. claviger gern und oft, auch während der Nacht, wenn die Tem- peratur nicht zu niedrig ist. Die Nacht vom 20—2ı Juli verbrachte ich und meine (rehülfen in Maccarese zum Zweck, den Dreschplatz zu beaufsichtigen; bei Sonnenuntergang war es, wie gewöhn- lich etwas windig, und die Anopheles claviger liessen sich von uns, die wir vor den Hütten sassen, nicht sehen. Gegen 9!/, Uhr abends hörte der Wind auf, es war heiss, der Mond schien, wir lagen vor den Hütten und konnten uns nur schwer vor den Anopheles claviger schützen; in den Hütten quälten sie nicht weniger. Erst gegen 2 Uhr nach Mitternacht hörten sie mit dem Stechen auf; von =; 1.107 7 2—4 Uhr war nichts mehr von ihnen zu hören noch zu fühlen, da die Temperatur niedriger ge- worden war; von 4—6 Uhr fingen sie wieder in heftigster Weise zu stechen an. Gerade der verschiedenen Temperatur wegen, ist die Zahl der Nachtstunden, in welchen die A. claviger mit dem Stechen aufhören, in der Lombardei grösser als in Süd- und Mittel-Italien. Aus diesem selben Grunde wird man in Ober-Italien im Freien, meistens in der Nacht nicht von den Ano- ‚heles gestochen, während das oft in Süd- oder Mittel-Italien der Fall ist; es ist jedoch zu be- merken, dass in Süd- und Mittel-Italien die A. c/aviger stechen, sobald man in der Abenddämmerung auch nur einen Augenblick stehen bleibt und nachts gewöhnlich nur, wenn man sich 15—2o Minuten ruhig verhält. Aber auch des Tages über, bleiben die A. c/awrger nicht immer ruhig: wenn man sich an einer freien, aber genug beschatteten Stelle niederlegt, und insbesondere, wenn man dort einschläft, wird man nicht selten von den Anopheles gestochen. Dasselbe geschieht in den Wohnzimmern, wenn dieselben nur wenig beleuchtet, oder bei bedecktem Himmel. Im Freien aber, während des Tages, stechen sie nicht, wenn auch der Himmel mit Wolken bedeckt ist; überhaupt werden die Anopheles claviger an -direkt von dem Sonnenlicht beleuchteten Orten vermisst. Ausnahmen für diese Regeln sind sehr selten. Aus dem Gesagten geht also hervor, dass der Anopheles claviger bei hellem Tageslicht, ge- wöhnlich seinen Wohnsitz nicht verlässt: wäre dies nicht der Fall, dann müsste er uns auch im Freien stechen. Während der Nacht kann er wohl seinen Sitz verlassen, jedoch nicht so häufig wie bei den Dämmerungen (hauptsächlich bei der abendlichen) weil, wie schon erwähnt, bevor es ganz finster wird, die Zahl der stechenden Anopheles claviger viel bedeutender als in der Nacht ist. Die ebengeschilderten, sowie manche andere Erscheinungen, die ich der Kürze wegen, hier nicht erörtern will, glaube ich in den zwei folgenden besonderen Fällen zusammenfassen zu können: Erstens: befindet sich der +. clawiger in der Nähe des anzugreifenden Opfers, so kann er sowohl bei Tage, falls das Sonnenlicht nicht zu stark ist, bei Nacht, sowie bei der Abenddämmerung stechen. Zweitens: befinden sich aber die Insekten von ihrem Opfer entfernt, wie es bei den neugeborenen 4. cawıger häufig der Fall ist, dann pflegen sie vor Sonnenaufgang, sehr oft aber bei der Abenddämmerung, zu stechen, weil früh am Morgen die Temperatur gewöhnlich zu niedrig ist, Ich glaube nun feststellen zu dürfen, dass, die Abend- und Morgendämmerung ausgenommen, die Anopheles clavıger, in der Regel, zum Zwecke des Stechens keine weitentfernten Ausflüge machen. Da ich den Einfluss des Lichtes auf die Anopheles claviger bereits kurz erwähnt habe, so er- achte ich es für zweckmässig hier noch einige weitere Thatsachen hinzuzufügen. Die Anopheles clavıger fliegen nicht um das Licht herum; trotzdem lassen sie sich nachts, wenigstens bis zu einem gewissen Punkte von den beleuchteten Lokalitäten heranlocken, wie dies hauptsächlich bei den Bahnstationen zu beobachten ist. Weder das elektrische Licht, noch jedes anderweitige künstliche Licht hat die Macht, ihr Stechen zu verhindern. Endlich möchte ich noch ein Vorkommnis mitteilen, welches den Einwohnern der Gegenden, wo Anopheles und andere Mosgailos sehr zahlreich sind, wohl bekannt ist. In solchen Orten ist es notwendig, um ruhig schlafen zu können, gegen Abend die Fensterladen bis auf eine enge Spalte zu schliessen: die Mosgantos verlassen dann, das so verdunkelte Zimmer und fliegen ins Freie, wo das Sonnenlicht schon im Abnehmen begriffen ist. Vor Sonnenuntergang würde eine solche Vorsichts- massnahme ganz wirkungslos bleiben. 2. Anopheles pseudopictus. Was wir oben über den A. claviger gesagt haben, gilt im allgemeinen auch für den Ano- pheles pseudoptctus, mit dem einzigen Unterschied, dass dieser letztere, soviel ich beobachten = an = konnte, die Röhrichte und Gebüsche in der Nähe der Sumpfwasser vorzieht. Daher kann er das geeignete Opfer schwerer in der Nähe vorfinden, und pflegt gegen Sonnenuntergang oder ganz früh am Morgen zu stechen. Ich habe nur einige A. seudopictus in den Ställen, niemals in den Wohn- zimmern vorgefunden. Es kann jedoch vorkommen, wie Ficalbi beobachtete, dass sie, nachdem sie Blut aufgesaugt haben, einen Teil oder vielleicht auch die ganze Nacht an den Mauern, sowohl im Innern, als ausserhalb des Hauses zubringen. Ein ähnliches Verhalten habe ich auch oben bez. des Anopheles claviger erwähnt. [Celli hat im September die A. pseudopictus sehr zahlreich in den Häusern bei Vercelli ge- funden; ich glaube, dass sie sich für die Ueberwinterung dorthin zurückgezogen hatten.] 3. Anopheles bifurcatus. Der Anopheles bifurcatus vollzieht seine Entwickelung gewöhnlich in Springbrunnen, Wasser- quellen, u. s. w., also in wenig umfangreichen Wassermengen !), Als geflügeltes Insekt hat er im allgemeinen seinen Wohnsitz hauptsächlich in den Wäldern, Dickichten und kleinsten Buschwäldern; dies habe ich in den Wäldern am Ticino, in den Toskanischen Maremmen, in der Campagna Romana, in den Pontinischen Sümpfen, in den Ofanto- und Basentosthälern, im Wald von Policoro, in den Umgebungen von Sibari, St. Eufemia usw. bestätigen können. Selten hält er sich in Ställen, Häusern ete. auf. Werden wir in einem Walde von den Anopheles gestochen, so handelt es sich meistens um Anopheles bifurcatus. Um uns davon zu überzeugen, brauchen wir sie nicht zu fangen, da sie sich durch ihre geringere Körpergrösse unterscheiden (jedenfalls finden sich fast immer einige kleinere als jeder A. claviger) und auch, weil sie viel rascher als die Amopheles claviger stechen, es mithin schwerer ist, sich vor ihnen zu schützen. Im Walde stechen sie bei Tage; in den Dämmerstunden verlassen sie die waldigen Ortschaften, welche sie sich als Schutzstelle ausgewählt hatten, und suchen sich ihre Nahrung in den Ställen, Wohnungen u. s. w. auf. Bei Nacht können sie zuweilen in die beleuchteten Bahnstationen eindringen und dort stechen. Auch die A. bifurcatus vermeiden das Tageslicht und selbst, wenn sie nahrungsbedürftig sind, bleiben sie in den mehr oder weniger dunklen Verstecken. Da sie sich für gewöhnlich, nicht in den Wohnungen und in den Ställen aufhalten, so wird man hier bei Tage im allgemeinen von ihren Stichen verschont. Bei der Bahnstation St. Eufemia-Biforcazione beobachtet man zuweilen bei Sonnenaufgang eine gewisse Anzahl von A. drfurcatus, welche gegen die Fensterscheiben auffliegen, um herauszu- kommen: einige davon sind mit Blut gefüllt, andere nicht. In dieser Bahnstation gelang es mir bei dem Anopheles bifurcatus eine Beobachtung Ficalbis zu bestätigen, nämlich, dass sich die Stech- mücken zuweilen dort hinsetzen, wo mehrere Menschen anwesend sind, gerade so als ob sie den dazu geeigneten Augenblick erwarten wollten, um zu stechen. 4. Anopheles superpictus. Ueber Anopheles superpictus hat ein intelligenter, von mir instruierter Eisenbahnangestellter, Herr Marcovecechio in Castelnuovo-Vallo, im Jahre 1899, manche interessante Beobachtung ge- macht. In dieser, als eine der am stärksten verseucht, bekannten Bahnstation, waren die Amopheles claviger in den Monaten Juli und August selten, während zweifelsohne die Anopheles superpietus daselbst verhältnismässig häufig vorkamen. Nach den Angaben des Herrn Marcovecchio pflegten die Anopheles superpictus nicht zur Zeit des Sonnenuntergangs, sondern erst gegen 10-11 Uhr abends zu stechen. Um dies zu konstatieren, legte sich Herr Marcoveechio an den Sommer- abenden nackt aufs Bett, während er in das Zimmer mit geöffnetem Fenstern zwei Leuchter ı) [Ich fand in einer mit Wasser angefüliten Aushöhlung eines Baumes, Larven des 4. bifurcatüs var. nigripes vor.) = Mal — stellte, und bemerkte so, dass er erst gegen ıo—ıı Uhr abends von den A. superpictus ange- griffen wurde. Wie aus dem nachfolgenden leicht ersichtlich ist, haben wir im Oktober desselben Jahres die von Marcovecchio gemachten Beobachtungen nicht bestätigen können. Als ich am 22. Oktober in Grassano bei vollem Sonnenschein vor einer der früher von mir erwähnten Grotten stand, versuchte mich ein A. superpictus um 4 Uhr nachmittags zu stechen. Es ist jedoch die Möglichkeit vorhanden, dass in diesem Falle, der A. swuperpictus von zwei sich in dieser Grotte befindlichen Menschen verjagt worden ist. Auf einem grossen, in der Nähe der Bahnstation Policoro liegenden Landgute, konnte man am 29. Oktober in unzweideutiger Weise konstatieren, dass die Anopheles superpietus in Gemeinschaft mit A. c/aviger bei Sonnenuntergang stachen, aber kurze Zeit vor Eintritt der Nacht alle verschwunden waren. Dies wurde von Noe, welcher mit meinem Diener vor der Thür eines Stalles sass, in welchem eine gewisse Anzahl A. superpictus vorhanden war, wahrgenommen. Im Jahre 1900 habe ich selbst, während der Sommermonate die Beobachtungen wiederholt. Zu diesem Zweck hielt ich mich in der Nacht vom 14.—ı5. August in der Bahnstation Castelnuovo-Vallo auf. Genau wie schon Herr Marcovecchio vor einigen Tagen beobachtet hatte, wurden wir bei Eintritt der Abenddämmerung von einzelnen Anopheles claviger und Cwulex pipiens, später von einigen A. c/aviger und von zahlreichen Crulex pipiens angegriffen. Von g Uhr 25 Min. abends an, flogen von Zeit zu Zeit in die erleuchteten Räume der Bahnstation, wo wir sassen, kleine Scharen von Anopheles superpiectus hinein, was bis ıı Uhr 30 Min. abends fortdauerte. Darauf machte sich ein kleiner Luftzug geltend und die Anopheles verschwanden. Nachdem um 2 Uhr nach Mitternacht der Wind nachliess, liessen sich trotzdem die Anopheles nicht mehr blicken. Bei Sonnenaufgang bemerkten wir noch eine ziemliche Anzahl von Anopheles clawiger und einzelne Crulex prpiens. Später (anfangs September) konnte Marcovecechio in einem Stalle, in dem sich Anopheles superpictus versteckt hielten, beobachten, dass einige derselben auch bei Beginn der Nacht stachen. Indem ich nunmehr die bisher mitgeteilten Beobachtungen zusammenfasse und mich gleich- zeitig auf das bereits über A. clavıger Erörterte beziehe, darf ich wohl behaupten, dass für A. super- pictus gleichfalls zwei Umstände in Betracht kommen können, und zwar: entweder befindet er sich schon in der Nähe seines Opfers, oder er wandert von seinem, mehr oder weniger entfernten Schlupf- winkel aus, um sein Opfer anzutreffen. Diese Migration findet sicher bei Nacht statt, und dies bildet einen Unterschied für das, was ich bereits bezüglich Anopheles clavıger geschildert habe. Falls sich aber das auserwählte Opfer in seiner Nähe befindet, kann der 4. superpictus auch zu anderen Stunden stechen!). Dass die Anopheles superpictus während der Nacht auswandern, und dass die für ‚1. superpietus geeignete Jahreszeit mit dem Hochsommer anfängt (Siehe Kapitel II), sind That- sachen, welche damit in Zusammenhang stehen, dass die A. superpictus eine Varietät einer in den Tropen sehr verbreiteten Species darstellen, wo es fast keine Dämmerung giebt. Kurz man kann sagen, dass der A. superpictus, der Hauptsache nach, eine den heissen Ländern angehörende Form ist, während der A. cl/laviger den gemässigten Ländern an- gehört. 5. Verschiedene Beobachtungen. Die im folgenden gemachten Angaben beziehen sich gleichzeitig auf verschiedene Anophelesarten. Die Lokalisation der Anopheles in den sumpfigen Gegenden ist mir schon oft aufgefallen, und ich habe wiederholt versucht, passende Erklärungen dafür zu finden. Die Anopheles bilden nicht das bekannte Schiffchen der Czelex, in welchem die Eier senkrecht bleiben, sondern ihre Eier liegen in horizontaler Richtung auf der Wasseroberfläche. Sehr oft, vielleicht immer (im natürlichen Zu- ı) Die englische in Expedition Nigeria behauptet, dass die Anopheles costalis, welche dem Anopheles superpictus sehr ähnlich sind, auch bei hellem Tageslichte stechen. = = 115 stande), werden diese Eier nach jeder Richtung hin zerstreut; dadurch lässt sich die Thatsache er- klären, dass man sehr selten die AnopAeleslarven in Häufchen zusammenliegend findet, so dass man derselben nicht viele, wie die der Czdex mit einem Netzzug fangen kann. Die Verstreuung der Eier und somit der Larven dient zweifellos, wenigstens bis zu einem gewissen Punkte, dazu, um wenigstens einen Teil derselben vor ihren Feinden zu retten, und könnte vielleicht auch die Ursache sein, dass die Anopheles, abweichend von den Czlex, auch in fischreichen (rewässern gedeihen können; jedoch kann dies den häufigen Mangel an Anopkeles in den nicht sumpfigen Wassern, nicht erklären. Vielleicht bedürfen die geflügelten Anopheles, wie überhaupt sämtliche Sumpfrmosgzutos, eines gewissen Feuchtigkeitsgrades, wie sie ihn während des Sommers in sumpflosen Ortschaften nicht leicht finden können. Eine solche Auffassung kann wohl durch den Umstand unterstützt werden, dass bei den Anopheles der Exoskeleton dünner als bei den Crulex ist, und dass bei den Anopheles das Ab- domen schüppchenlos ist. Sicher ist dass, um die geflügelten Czxlrcridae bei einer Temperatur von 25 bis 30°C. am Leben zu erhalten, die umgebende Luft feucht sein muss; überhaupt scheint es, dass die Anopheles eines stärkeren Grades von Luftfeuchtigkeit bedürfen, als die Crulex Pırprens. Jedoch scheinen mir diese Erklärungsversuche nicht hinreichend, um das wesentlich palustre Habitat der Anopheles zu erklären; vielmehr glaube ich, dass die wahre Ursache hierfür in den be- treffenden Larven zu suchen ist. Vor allem müssen wir feststellen, dass, wenn man die Larven von Anopheles clavıger in ge- wisser Anzahl mit dem Wasser, in welchem sie gefangen worden, in ein Gefäss bringt, sowie, wenn das Gefäss Regenwasser ohne jede Spur von grüner Vegetation enthält, dieselben zum grössten Teil zu Grunde gehen; handelt es sich aber um Larven von Anopheles bifurcatus, dann können sich dieselben unter diesen Verhältnissen wohl, wenn auch sehr langsam, entwickeln, und wenn endlich die Larven der Gattung Caulex angehören, dann werden sie meistens in kurzer Frist geflügelte Insekten. Ein für die Entwicklung der Cwuex günstiges Medium ist also für die Amopheles clawiger ungünstig). Untersucht man nun die Ursachen davon, so findet man deren alsbald mehrere, welche von der Organisation der Larven selbst abhängen. In erster Linie bildet sich auf der Oberfläche des in Gefässen enthaltenen Wassers sehr leicht das wohlbekannte, aus Bakterien, Protozoen, Schimmel- pilzen u. s. w. gebildete Häutchen, die Czelexlarven vermögen trotz der Anwesenheit dieses Häutchens ganz gut zu atmen, da sie eine kräftige durch äussere Klappen geschützte Atemröhre besitzen, welch letzterer vollkommener Apparat bei den Anopheleslarven völlig vermisst wird, so dass die Atmung der letzteren durch das erwähnte Häutchen behindert oder ganz aufgehoben wird?).. Dank der vorhandenen Anpassungen wie u. a. der zwei auf der Dorsalseite befindlichen Fächerborsten- reihen, leben die Anopheleslarven an der Wasseroberfläche, während die Culexlarven dieselbe nur zum Zwecke der Respiration mit der Atemröhre berühren. Daraus ergiebt sich nun, dass das genannte Häutchen die Anopheleslarve umgiebt, und somit wahrscheinlich derselben schaden kann, während die Czulexlarve ganz frei davon bleibt. Die Cxlex-Larven nehmen, wie aus den Bewegungen der rotatorischen Organe zu ersehen ist, ihre Nahrung immer unter dem Wasser auf, während die Anopheles (deren Kopf kleiner ist) dies nur an der Oberfläche des Wassers thun können. Die ersteren ernähren sich also von den zahlreichen niedrigen Lebewesen und dem Detritus, welche sich unter dem Wasser befinden, während die Nahrung der letzteren nur aus den an der Oberfläche befindlichen niedrigen Lebewesen und Detritus besteht. Die Nahrungverschaffung geht also bei den Czlex leichter von statten, als bei den Anopheles; letztere finden schwerer genügende Nahrung in dem nicht sumpfigen Wasser, welches 1) Um die durch den 4A. difurcatus dargebotene Ausnahme zu erklären, sind neue Untersuchungen notwendig. 2) Wegen der durch den Fang und Transport bewirkten Strapazen gehen die Anopeleslarven sehr leicht an Erstickung zu Grunde, was eben bei den Czlexlarven nicht der Fall ist. Grassi, Die Malaria. 15 —— II4 —- keine grüne, auf der Oberfläche liegende (oder wenigstens dieselbe berührende) Vegetation zeigt. Kurz das zum Gedeihen der Anopheleslarven besser geeignete Medium wird hauptsächlich von den Confervaceen, welche in den Sumpfwässern herumschwimmen, gebildet !). Ein fraglicher Punkt bleibt jedoch immer noch, und zwar der über die gewöhnliche Spärlichkeit und sogar völlige Abwesenheit von Czulex pipiens in den sumpfigen Gewässern, trotzdem ihre Larven viel kräftiger als die der Anopheles sind. Ich vermute, dass das betreffende Weibchen die Eier deshalb nicht in den Sumpf legt, weil daselbst zahlreiche Lebewesen vorhanden sind, welche die Cxelexlarven * begierig angreifen, was ihnen leicht wird, da die genannten Larven meist fast in Haufen zusammen- liegen. Vielleicht hängt dies auch damit zusammen, dass der Cwlex pipiens in den Sumpfwässern nicht genug der für ihn geeigneten Nahrung findet, da er eben die mehr oder weniger fauligen Gewässer vorzieht. Was ich eben über die Biologie der Anopheles mitgeteilt habe, gilt im gewissen Masse auch für verschiedenen Czlexarten: für welche ich mich auf kurze Notizen beschränken werde. Bemerkenswert ist, dass die meisten Czwlexarten sich sehr selten in menschlichen Woh- nungen aufhalten. Ganz ausnahmsweise konnte ich in denselben einmal Cwulex Pemzcillaris?) und ein- mal Crulex malariae, erstere in grösserer Anzahl als letztere, antreffen; in Wohnräumen werden da- gegen gewöhnlich folgende Arten vorgefunden: Calex pipiens, C. Richiardü, C. spathipalpis, C. annulatus (Ficalbi fand hier auch den (. elegans). Koch giebt an, er habe in den ersten Sommer- monaten nicht selten in den Wohnungen CzuJex nemorosus vorgefunden; höchst wahrscheinlich handelt es sich dabei um Czdlex Pipiens?). Ficalbi hat beobachtet, dass das Männchen von Czlex elegans auch Blut saugt, aber bei den anderen Culiciden habe ich dies nie wahrnehmen können. Ueber die Ernährung von Czwlex sei noch bemerkt, dass die Verdauung bei letzteren länger dauert, als bei Anopheles; im Sommer nimmt sie ı12—24 Stunden mehr in Anspruch. Czxlex pipiens (Untersuchungen in dieser Richtung konnte ich bei anderen Species nicht anstellen) ist nicht so mässig wie im allgemeinen der Anopheles, da er, selbst bevor er das vorher aufgenommene Blut verdaut hat, oft von neuem Blut aufzusaugen pflegt, und aus diesem Grunde lästiger als der Ano- Pheles wird. Culex pipiens wird infolge des von ihm verursachten Geräusches sehr lästig; bei Anopheles vermisst man dies, und nur ausnahmsweise melden auch sie sich durch das charakteristische Ge- räusch, welchem der gewöhnliche Czelex die onomatopoetische Benennung Zzfzens verdankt. ı) Beim Durchsehen der Malarialitteratur bemerkt man mit wachsendem Erstaunen, dass fast alle die alten Beobachtungen in bewunderungswürdiger Weise durch die neuen Entdeckungen erklärt werden. So z. B. bilden jene Algen, welche nach Salisbury, Balestra und Selmi das Fieber hervorrufen sollten, gerade den für die Entwickelung des von mir im Text besprochenen günstigen Anophelesambient; man kann daher sagen, dass, wenn sie auch nicht die direkte Ursache der Malaria sind, doch in indirekter Weise beitragen, dieselbe zu erhalten. Dies Argument verdient ein eingehendes Studium. 2) Herr No& hat sie ausnahmsweise in grosser Anzahl in den Ställen von Locate-Triulzi gefunden, 3) Ich glaube, dass Koch sich bei der Klassifizierung geirrt hat, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Behauptet er, Cxlex nemorosus häufig in den Wohnungen zu Grosseto gefunden zu haben, diese Angabe stimmt aber mit meiner Beobachtung nicht überein, indem ich nach langem vergeblichen Suchen diese Arte in Wohnhäusern zu Grosseto und anderen Orten, nur zweimal, in Maccarese und in Sibari, überwinternd (ein einziges Exemplar jedesmal), entdeckt habe; und ebenso widerspricht diese Behauptung Koch’s auch der Beobachtung Ficalbi’s, der dieselben niemals in Wohnhäusern gefunden hat. 2. Koch hat ferner die Haemamoeba der Vögel im Jahre 1898 in einem Cxlex gezüchtet, den er als zemorosus be- zeichnet, und den er aus Larven eines Wasserbassin des Staatssanitätsinstituts in St. Eusebio zu Rom erhalten hatte (wie mır von Gosio mündlich mittgeteilt wurde), während in der Umgebung dieses Ortes niemals ein Crlex nemorosus hat aufgefunden werden können. Vor kurzem hat auch Testi (85), honor. Assistent Gosio’s, den Zweifel laut werden lassen, dass Koch Cwlex nemoroszus mit Crelex pipiens verwechselt haben könnte. —— 115 u Kehren wir nun zu den wichtigsten in diesem Kapitel mitgeilten Beobachtungen zurück, so möchte ich hier darauf aufmerksam machen, dass manche derselben in ge- radezu bewunderungswürdiger Weise gewisse empirische Beobachtungen über die Malaria erklären. So ist z. B. bekannt, dass Personen, die sich nur Tags über in Malariagegenden, viel seltener von dem Malariafieber befallen werden wie solche, die daselbst die Nacht zubringen. Ebenso bekannt ist die Thatsache, dass man auch während der Tagesstunden das Malariafieber bekommen kann, wenn man in diesen Gegenden schläft, und dass endlich die Dämmerungen sehr gefährlich sind. Hier sei auch noch des Sprüchwortes der Sybariten gedacht, welches lautet: Wollt ihr in guter Gesundheit leben, so beseht euch weder den Sonnenauf- noch Untergang (Lenormant, La Grande Grece). Die wissenschaftliche Gründe solcher, vom Volke durch Erfahrungen gelernter That- sachen, finden sich in hinreichender Weise in den von mir in diesem Kapitel mitgeteilten Beobach- tungen, über die Zeit und die verschiedenartigen Umstände, unter welchen die Anopheles stechen, dargelegt. KAPITEL V]. Experimenteller Teil und Verlauf der Epidemie. 1. Versuche, durch welche der Nachweis geführt wird, dass die verschiedenen Anophelesarten die Malaria auf den Menschen übertragen. In Gemeinschaft mit Bignami und Bastianelli habe ich den experimentellen Nachweis geliefert, dass Amopheles claviger imstande ist, die Malaria auf Menschen zu übertragen, und jeder von uns hat die betreffenden Versuche sehr viele Male wiederholt. Es muss hervorgehoben werden, dass die Resultate nicht immer positiv ausfallen, was leicht durch folgende Umstände zu erklären ist. ı. Es giebt Menschen, welche, obwohl ihr Blut Gameten enthält, trotzdem nicht geeignet sind, die Anopheles zu infizieren. Diese Gameten — auf die ich an anderer Stelle zu sprechen komme — sind manchmal zu jung, öfters scheinen sie zu alt, oder vielleicht ist bei ihnen, die zum Rückfalle führende vermutete Parthenogenesis schon eingeleitet (s. folg. Kap.). 2. Es giebt Amopheles, welche gegen die Infektion immun sind. Diese Immunität scheint eine angeborene sein, was nachzuweisen ist, wenn man neugeborene “l»opheles wiederholt stechen lässt, ehe sie seciert werden. In diesem Falle werden bei denselben die Parasiten in verschiedenen, den betreffenden Tagen der Nahrungsaufnahme entsprechenden Entwickelungsstufen angetroffen; waren aber deren einige immun, so findet man keine Spur von Parasiten in ihnen vor. Stellt man solche Versuche an, so muss man sich einen Malariakranken, der mit vielen entwickelungsfähigen (Tameten behaftet ist, aussuchen. Mit anderen Worten, ehe man zur Schlussfolgerung gelangt, dass die experimentierten Anopheles immun sind, muss man sich darüber vergewissern, dass die von ihnen aufgenommenen (rameten aktiv waren: werden diese Versuche an einer genügenden Anzahl von Anopheles durchgeführt, so wird man diese (Gewissheit auch erreichen !). ı) In seinem Report (77), 1900, p. 29—--30 lässt mich Ross ohne weiteres sagen, dass das bei Anwesenheit der Gameten negative Versuchsergebnis der Immunität zuzuschreiben sei. „Ihis can scarcely be the true cause, or at least the whole cause — because it sometimes happened in the Indian experiments that out of a large batch of Cxelex (according to Giles, C. fatzgans) fed on birds with 4. relicta, every insect would become infected — or almost every insect. It is scarcely likely that the eighteen 152 — 119 — Ich gelangte zu der festen Ueberzeugung, dass gewisse Anopheles wenigstens zeitweilig immun sind, hauptsächlich durch einen Kranken, in dessen Blute eine enorme Menge von Halbmonden vor- handen war. Unter 5 Amopheles — um ein Beispiel anzuführen — welche binnen einer halben Stunde das Blut dieses Kranken aufsogen, zeigten nach 48 Stunden 2 eine hochgradige Infektion, die übrigen 3 blieben ganz verschont. Nach genauer Untersuchung zahlreicher Anopheles, welche seit 24 Stunden denselben Kranken gestochen hatten, gelang es mir nachzuweisen, dass mehrere derselben nach 24 Stunden die Halbmonde verdauten, welche daher in Zerfall geraten waren: alle anderen da- gegen enthielten unzählbare Würmchen. Trotz der erwähnten Schwierigkeiten gelangt man doch, mit ein bischen Geduld, dazu, die Parasiten der Tertiana und der Bidua zu züchten. Bei Quartana ist die Sachlage aber eine andere. Aus verschiedenen Thatsachen liess sich schliessen, dass der Quartanaparasit sich gleichfalls in Anopheles clavıger entwickeln müsse; unsere Ergebnisse waren jedoch stets negativ, und wurde dies durch die geringe Zahl der (Gameten erklärt. | Endlich fand ich, unter 5 Anopheles claviger, welche sich von dem Blut einer an Quartana- fieber !) leidenden Patientin genährt hatten (es handelte sich um eine Frau, die schon seit ı3 Monaten an diesem Fieber litt, und in deren Blut die Parasiten in grosser Zahl vorhanden waren, jedoch nur spärliche Gameten), bei einem zwei, mit dem für den Quartanaparasiten charakteristischen Pigment be- setzten Amphionten (Oocysten) vor. Diese letzteren zeigten sich nicht in solch’ vorgeschrittener Ent- wickelung, wie es vorauszusehen war; thatsächlich stammten sie aus dem drei Tage vorher gesogenem Blute, und ihre Grösse entsprach ziemlich derjenigen der zwei Tage alten aus Halbmonden stammen- den Oocysten. insects we refer to in paragraph 9 were all immune, while 25°/, of Anopheles ot the same species caught at Wilberforce contained parasites.‘ „The explanation which suggests itself is that something was omitted in the experiments, wbich is present under natural - conditions, and which is essential to the cultivation of the parasites.. What this is we cannot say for certain; but it is noteworthy that all the successful experiments made by one of us in India, without exception, were made with insects fed in »z0sgzzto-nets in the presence of males; while his negative experiments with various species of Anopheles fed on human subjects were nearly al made with females isolated in test-tubes, and therefore not fertilized.“ „Paragraph 16 will suggest the reason why fertilization should affect the question. The ingested blood is realiy required for the nutrition of the eggs. If the ova are not fertilized the blood cannot be much needed by the insect, and is possibly evacuated without some digestive process which perhaps is necessary to the vitality of the zygotes. We know that very subtle differences in- fluence the vitality of the zygotes, because otherwise they would not perish in some species of gnats and live in others.“ „Ihe point requires careful study, because until it is elucidated negative experiments cannot be entirely relied on.‘ „The Indian experiments have shown that there is considerable variation in the number of zygotes found in gnats fed on the same subject at the same time. This variation must depend on differences in the quantity of blood ingested by different in- dividuals; and also possibly on some differences of quality in their disjestive juices. But even at the same time, it was demonstrated that few individuals of a hospitable species entirely escape infection if fed in a natural manner.“ Nun aber bitte ich nachzulesen, was ich in meiner im Oktober 1899 erschienenen Kritik der Koch’schen Schlussfolge- rungen (34 u. 35) geschrieben habe, „Was die negativen Versuche Koch’s anbelangt, welche derselbe dadurch erzielte, dass er infizierte Menschen von Anopheles stechen liess, wundern mich dieselben durchaus nicht, da mir viele Male dasselbe passiert ist, und schrieb ich dies bald dem Anopheles, bald dem Zustand der Halbmonde zu. Um jedem Missverständnis vorzubeugen sei hier noch bemerkt, dass ich aber auch des öfteren mit Halbmonden behaftete Kranke gefunden habe, welche mehrere Tage hindurch 90°/, der Anopheles zu infizieren vermochten. Uebrigens sind ähnliche negative Fälle auch von anderen parasitären Krankheiten bekannt‘. Völlig unbegründet ist die Ross’sche Vermutung, nach welcher das unbefruchtete Arophelesweibchen das Blut un- verdaut entleert; und ebenso unbegründet ist die Vermutung, dass die Malariaparasiten sich nicht, in den nicht befruchteten Mosgzzto- weibchen entwickeln: wie dies von Dr. Basili in meinem Laboratorium bez. Cz/ex pipiens nachgewiesen und auch von mir selbst bez. Anopheles clawiger bestätigt wurde. r) Die Quartana war klassisch und rein, wie der Befund des von mir längere Zeit sorgfältig untersuchten Blutes der Patientin (einmal auch in Gegenwart von Bastianelli) bewies. —_— 117 = Dieser obgleich einzige Befund wurde von Bignami, Bastianelli und mir als positiv betrachtet, weil der betreffende Amopheles claviger schon fast seit einem Monate (wir waren im Winter) in meinem Laboratorium lebte und ausschliesslich gesundes Blut aufgesogen hatte. Im Juli und August hatte ich Gelegenheit, den Versuch, gleichfalls mit Anopheles claviger, die in meinem Laboratorium erzeugt worden waren, mit positivem Resultate zu wiederholen. Bignami und Bastianelli kamen ihrerseits zu denselben positiven Ergebnissen. Die Uebertragbarkeit der Quartana durch Anopheles wurde kürzlich von Ross bestätigt. War nun der Beweis geliefert, dass der Amopheles claviger die verschiedenen Malariaparasiten der Menschen überträgt, so mussten aus epidemiologischen Gründen auch die übrigen Anopheles den gleichen Verdacht erwecken. Da ich wusste, wie mir dieselben zu verschaffen, war es relativ leicht, darüber Versuche anzustellen, bei welchen uns die Anopheles clavıger als Vergleichsobjekt dienten. Zu diesem Zwecke begab ich mich im Januar 1899 in die Basilicata und zwar nach Grassano, woselbst ich in einer Grotte einen Anopheles superpictus fing; leider konnte ich denselben nicht gebrauchen; doch gelang es mir nach verschiedenen Bemühungen, 5 andere Exemplare aufzufinden. Dieselben hatten zweifelsohne schon seit einiger Zeit kein Blut aufgesogen, so dass sie sich sofort (am 27. Januar in demselben Orte, wo sie aufgefunden worden waren) an einen Menschen festsetzten, welcher einige Tage vorher Malariafieber gezeigt hatte. Drei dieser Anopheles gingen in den ersten 24 Stunden zu Grunde, das vierte Exemplar verendete am 5. Februar; ohne vorher wieder Blut gesogen zu haben. Der mikroskopische Befund war bei allen vier Exemplaren negativ. Der fünfte aber, durch welchen Bignami und Bastianelli am 29. und 31. Januar im Ös- pedale S. Spirito einen mit Halbmonden behafteten Kranken hatten stechen lassen, zeigte in den Darmwänden die in Entwicklung begriffenen Amphionten, und zwar drei an der Zahl, einen kleineren und zwei grössere; der erste stammte wahrscheinlich aus dem am 31. beigebrachten Stiche, die übrigen zwei aus jenem vom 29. Die unter den gleichen Ernährungs- und Temperaturverhältnissen zur Kon- trolle gehaltenen Anopheles claviger, zeigten fast alle einen positiven Befund. In ihnen war die Zahl der Amphionten bedeutend grösser, was wahrscheinlich damit zusammenhing, dass die Anopheles claviger, da sie grösser sind, mehr Blut aufsaugen können. Im Juli und August ı899 erhielt ich von dem Eisenbahnbeamten Marcovecchio widerholt aus Castelnuovo-Vallo Anopheles superpictus. Dieselben verwendete ich zu Versuchen mit Tertiana und Halbmonden, und zwar mit positivem Erfolg. Die ersten mit Anopheles bifurcatus angestellten Versuche verursachten grössere Mühe und Arbeit, was hauptsächlich mit der Schwierigkeit der Beschaffung des nötigen Versuchsmaterials in der ungünstigen Jahreszeit, in der wir experimentierten, zusammenhing; und selbst die nur spärlich zu verschaffenden Exemplare gingen meistens, ohne gestochen zu haben, zu Grunde. So sah ich zu meinem Bedauern ein mit grosser Mühe gesammeltes Material verloren gehen, bis ich glücklicher- weise in dem zum Kloster der Tre-Fontane gehörenden Rinderstalle, eine ziemliche Anzahl von Anopheles bifurcatus sammeln konnte. Nach mehreren vergeblichen Versuchen erreichen wir endlich das von uns ersehnte Ziel. Die dazu verwendeten Exemplare neigten zur Varietät wzzgripes; Bignami und Bastianelli sorgten dafür, dass die Versuchsinsekten einen mit Halbmonden und mehrere mit Tertiana behaftete Patienten stachen. In beiden Fällen erhielten wir stets positive Ergebnisse, d. h. die verschiedenen Entwickelungs- stufen der Parasiten in den Darmwänden von Anopheles bifurcatus, entsprachen ganz genau den- jenigen, welche bei, unter gleichen Verhältnissen lebenden Anopheles clavıger beobachtet wurden. Es war unbedingt nötig, auch mit dem typischen Anopheles bifurcatus die gleichen Versuche anzustellen, wie ich es auch thatsächlich sowohl in Bezug auf Tertiana wie auch Halbmonde in der Villetta del Principe in Maccarese gethan habe. (Siehe dieses Kapitel: 2.) Es blieb nun noch Amopheles pseudopictus übrig. Nach mehreren vergeblichen, in Gemein- schaft der obengenannten Kollegen angestellten Versuchen, kam ich zu dem Entschluss, einen sich in — 113 — günstigem Zustande befindenden Patienten an einen Ort, wo zahlreiche Anopheles dieser Art vor- handen waren, und zwar nach Chiarone, an der Grenze zwischen den Toskanischen Maremmen und der Campagna Romana, transportieren zu lassen. Der mit Tertiana- und halbmondförmigen Gameten infizierte Patient wurde am Abend nur von einem Anopheles pseudopictus gestochen, welcher sich infizierte. Etwa 20 derselben Anopheles pseudopictus, wurden nach Rom gebracht; leider ging bei- nahe die Hälfte derselben unterwegs zu Grunde und konnten deshalb nicht untersucht werden. Mit den übrigen 10 Exemplaren wurde der Versuch bei demselben Kranken in Rom wiederholt. Unter fünf, welche ihn gestochen hatten, erwiesen sich vier als infiziert, während die übrigen fünf, welche, wie schon gesagt, an demselben Orte, gleichzeitig gefangen waren, aber nicht gestochen hatten, keinerlei Infektion aufwiesen. Nachträglich konnte ich die gleichen Versuche mit drei im Labora- torium geborenen Anopheles pseudoprctus anstellen, an zwei mit positivem und einem mit negativem Resultat. Es ist mithin bewiesen, dass sämtliche in Italien lebenden A»ophelesarten die Fähig- keit besitzen, die verschiedenen Malariaparasiten des Menschen zu übertragen. Man darf wohl daraus folgern, dass dieser Satz auch bezüglich der in anderen Ländern lebenden Anophelesarten, Geltung besitzt!) Auch die Gattung Megarhina, welche, wie es scheint, dem “Inopheles sehr nahe steht, ist sehr verdächtig; glücklicherweise fehlt sie in Europa. 2. Versuche, welche den Nachweis führen, das Culex, Centrotypus, Phlebotomus u. a. m., die Malaria des Menschen nicht übertragen. Wie uns die mit Anopheles gewonnenen Erfahrungen lehren, genügt es, um zu bestimmen, ob andere MWosgwutosarten dazu fähig sind, die Malaria des Menschen zu übertragen, dass die in Frage stehenden Arten einen Kranken stechen, dessen Blut entwickelungsfähige Gameten enthält. Obwohl schon im Kapitel über die Untersuchungsmethoden, die betreffenden hauptsächlichsten Massnahmen angegeben worden sind, halte ich es doch nicht für überflüssig, auf dieselben hier noch- mals zurückzukommen. Die Mosguitos, welche gestochen haben, werden bis zur Vollendung ihrer Verdauung (40 bis 72 Stunden), d. h. bis durch den Bauch keine Blutspur mehr durchschimmert, bei einer Temperatur von 25— 30° C aufbewahrt. Alsdann wird der Mosgauto genau untersucht. Zu diesem Zweck wird der Darmkanal in Formalin isoliert, auf einen Objektträger gebracht und mit einem guten Trocken- objektiv (z. B. Kor. Nr. 8) beobachtet; sollte irgend ein Zweifel über den Befund entstehen, so be- nutzt man eine Oelimmersion. Die Parasiten sind leicht an der äusseren Wandfläche des Darmes zwischen den Muskelfasern durch ihr eigentümliches Pigment zu erkennen. Durch diese einfache Untersuchungsmethode gelangt man zu sicheren Ergebnissen; jedoch ist es geraten, stets folgende Vorsichtsmassregeln zu beobachten: ı. Nicht nur mit einem, sondern stets mit möglichst vielen Individuen einer und derselben Art zu experimentieren, da es vorkommen kann, dass die ersten benutzten Individuen immun sind. 2. Die Versuche gleichzeitig mit einigen Anopheles durchzuführen, damit man sich über- zeugen kann, dass bei dem betreffenden Malariakranken die zum Infizieren der Insekten günstigen Bedingungen vorhanden sind. 3. Es ist genau festzustellen, ob die Grösse der vorgefundenen Parasiten der Zeitdauer entspricht, welche sie in einer gewissen Temperatur im Darme zugebracht haben. 1) Diese meine zuerst im Juni 1899 aufgestellte Schlussfolgerung ist inzwischen bestätigt worden (Ross, Ziemann, Daniels etc.) = 119 = A. Versuche mit Culex pipiens. Ein mit Tertiana- und Aestivoautumnalgameten behafteter Patient wurde durch zwei CzuJlex pipiens, drei Anopheles bifurcatus und zwei Anopheles claviger in der Villetta del Principe zu Macca- rese am ı$. Juni!) gestochen. Die beiden Anophelesspecies, ausser einem A. brfurcatus, infizierten sich, die zwei Cwlex pipiens dagegen erwiesen sich als immun. Am 2o. Juni wurde derselbe Kranke in Chiarone von 20 Cwlex pipiens, einem Anopheles pseudopictus und fünf Anopheles claviger gestochen. Sämtliche Anopheles, mit Ausnahme eines der letzten fünf infizierten sich, alle Czudex Pipiens blieben immun. Negative Resultate erhielt ich auch bei anderen, mit einigen mit (. frfrens gelegentlich angestellten Versuchen. Mit zwei aus dem Spital stammenden und mit zwei anderen aus Rom mitgebrachten Malaria- kranken, deren Blut halbmondförmige Gameten enthielt, stellte ich in Grosseto folgende Versuche an. Zu diesem Zwecke liess ich mir von der Eisenbahnverwaltung ein Schlafzimmer zur Ver- fügung stellen, in welchem Caulex Pipiens vorhanden waren. In diesem Zimmer schliefen die oben erwähnten Malariakranken, und sämtliche, sie während der Nacht stechenden Clex Prpiens wurden von drei meiner Angestellten, welche abwechselnd der Reihe nach wachten, gefangen. Da nun in diesem Zimmer die Czuex pipiens nicht in allzu grosser Zahl vorkamen, und da andererseits (die äussere Temperatur war niedrig) man nicht die Fenster geöffnet lassen konnte, um andere herbei- zulocken, so liess man täglich aus einem Crulex pipiens enthaltenden Gefässe, welche hauptsächlich in den Wohnungen oder in Kloaken aufgefangen wurden (in letzterem Falle handelte es sich sehr wahr- scheinlich um junge Individuen), die betreffenden Stechmücken ins Zimmer fliegen. Gleichzeitig liessen sich die Kranken auch von Anopheles claviger, welche aus einer in der Nähe des Deposito dei Cavalli gelegenen Hütte stammten, stechen. Diese zeigten meistenteils in der Entwickelung sehr zurückgebliebene Eierstöcke und enthielten kein Blut im Magen, wahrscheinlich waren es junge Anopheles; bei etwa 40, an verschiedenen Tagen untersuchten Exemplaren war es mir nicht ge- lungen im Darme, die Malariaparasiten vorzufinden. Obwohl die Zimmertemperatur nie unter 22—23° C. sank, wurden die Anopheles und Cwlex pipiens sofort nach dem Stechen in dazu bestimmte Gläschen, welche durch die natürliche Körper- wärme stets warm gehalten wurden, gebracht; am folgenden Morgen wurden die Gläschen in ein Spitalzimmer gebracht, in welchem die Temperatur zwischen 26—31° C. schwankte. Es sei hier wiederholt, dass bei Cwlex fipiens, wie bei anderen Czelex die Verdauung länger dauert, als bei Anopheles; diese erwiesen sich in der That nach vierzig Stunden, ganz blutleer, während die Calex erst am dritten Tage ihre Verdauung vollendet hatten. Man konnte diese letzteren nur nach Ablauf dieser Zeit leicht untersuchen; um die Anopheles gleichzeitig untersuchen zu können, nahm man sie nach vierzig Stunden aus dem warmen Zimmer heraus und hielt sie bei gewöhnlicher Temperatur; andernfalls wären sie alle gestorben. Am zweiten Tage musste man das Gläschen der Cwlex wechseln, da sie sonst alle zu Grunde gegangen wären. Auf diese Weise untersuchte ich am 28. September neun Czulex fipiens und einen Anopheles claviger, letzterer erwies sich als leicht infiziert, sämtliche Cauex Prpiens aber gar nicht. Am 29. des- selben Monats untersuchte ich sieben Calex pipiens und drei A. clavıger, und ich konnte bei zwei Anopheles claviger eine leichte Infektion konstatieren, während ich sie bei sieben Caulex Prpiens so- wie bei einem Anopheles ganz vermisste. Am nächsten Tage (30. Sept.) untersuchte ich 16 Cadlex pipiens und fand, dass keiner derselben infiziert war; unter acht Anopheles claviger erwiesen sich zwei stark infiziert und sechs gar nicht. Die am ı. Oktober untersuchten ı5 Cadlex Pipiens waren immun geblieben; zwei der acht Anopheles claviger, die ich gleichzeitig der Untersuchung unterwarf, waren infiziert, sechs nicht. ı) In der vorläufigen Mitteilung steht irrtümlicherweise 16. anstatt 18. Juni. — 120 =; Am '2. Oktober fand ich, dass keiner der ı3 untersuchten Czulex Prpiens von der Infektion befallen worden war; von den vier am selben Tage beobachteten Anopheles claviger waren drei immun und einer infiziert. Anı 4. Oktober ergab die angestellte Untersuchung, dass sämtliche 39 zu dem Versuche verwendeten Cwlex pipiens ganz immun und von sieben Amopheles claviger zwei infiziert und fünf immun geblieben waren. Endlich untersuchte ich am 5. Oktober 20 Cxlex Pipiens und 9 Anopheles claviger,; während die Coulex alle immun waren, erwiesen sich von Anopheles claviger zwei infiziert und sieben nicht. Sämtliche in dieser Zeit untersuchten Anopheles clawiger zeigten die der nach stattgefundener Infektion verlaufenen Stundenzahl entsprechenden Entwickelungsstufen. Ferner muss ich hier noch zwei in scheinbarem Gegensatz zu den eben erwähnten Beobach- tungen stehende Thatsachen mitteilen. Ich fand nämlich in der Darmwand eines Czulex pipiens, welcher einen unserer Malariakranken unter den Bäumen des Bahnstationsplatzes gestochen hatte, eine mässige Anzahl von Malariaparasiten, deren Entwickelungsstufe etwa dem vierten oder fünften Tage bei 30° C. entsprechen konnte, und einen einzigen verhältnissmässig kleinen Parasiten, der mit denjenigen, welche ich bei den Anopheles gefunden hatte, eine grosse Aehnlichkeit aufwies. Dieser Culex pipiens hatte, wie übrigens noch deutlicher aus meiner weiteren Besprechung hervorgehoben wird, augenscheinlich Sperlinge gestochen, und war somit durch //aemamoeba (siehe unten) infiziert worden. Der kleine Parasit war entweder in der Entwickelung zurückgeblieben (was ich auch in anderen Fällen beobachten konnte), oder er stammte von einem zweiten, bei einem Vogel stattgefundenen Stiche. Diesbezüglich sei hier wieder betont, dass der Cwlex fiprens bei dem Aufsaugen nicht so zurück- haltend ist, wie im allgemeinen die Anophelrs; er saugt immer noch neues Blut, trotzdem er das vor- her gesogene noch nicht verdaut hat. Dieser Umstand könnte die Anwesenheit des oben erwähnten kleinen Parasiten erklären. Ein kleiner Knabe, dessen Halbmonde verstreutes Pigment enthielten und keine Geisseln zeigten, konnte weder die A. clawiger noch die Cwlex infizieren. Aus diesem Grunde habe ich von ihm bei den mitgeteilten Ergebnissen ganz abgesehen. Erst am letzten Versuchstage entdeckte ich unter verschiedenen 41. claviger, die diesen Knaben gestochen hatten, einen, in welchem die Parasiten sich in einer Entwickelungstufe fanden, welche dem vierten Tage bei 30° C. entsprach. Augenscheinlich war dieser Anopheles bereits infiziert, als er den Knaben stach. Derjenige, welcher in diesen Untersuchungen nicht allzusehr bewandert ist, wundert sich viel- leicht, dass ich mehrere Anopheles infektionsfrei vorgefunden habe; dies ist mir jedoch schon öfter vorgekommen. In dem in Rede stehenden Falle ist bemerkenswert, dass die “lnopheles, obwohl sie noch keine Nahrung zu sich genommen hatten, vielleicht, weil die Hibernation bereits begonnen hatte, durchaus keine Neigung zum Saugen zeigten; manchmal gelang es uns erst nach Stunden, dieselben zum Saugen zu bringen, indem man sie aus dem Reagensglase direct auf die Haut brachte. Wie dem aber auch sei, die hier mitgeteilten Beobachtungen haben mich überzeugt, dass der Culex pipiens durch die Malariaparasiten des Menschen nicht infiziert wird. Als Ergänzung will ich noch hinzufügen, dass, wie ich zuerst nachgewiesen, auch unser Crlex pipiens (ebenso wie der indische Grey Mosguito, nach der Entdeckung von Ross) sehr leicht durch eine Malariaparasitenart der Vögel (Zaemamoeba relicta Grassi et Feletti 1890), infiziert werden kann (Koch irrt sich, wenn er behauptet, dass nur der Czulex nemorosus die Vögel steche). Da in Grosseto, wo ich mich zwecks der oben erwähnten Versuche aufhielt, Jebende Sperlinge mit Gameten der Zaemamoeba relicta ziemlich häufig vorkamen, konnte ich dieselben in grosser Anzahl zur Wiederholung des Versuches benutzen. Ich stellte sie in einen Käfig unter ein Mosquitonetz und liess die Czulex Pipiens in dasselbe hinein fliegen. Um eine geeignete Temperatur zu haben, benutzte ich dazu das schon erwähnte künstlich erwärmte Zimmer. Diese CzuJex erwiesen sich später fast alle stark infiziert. — 121 — Da ich und No&e beobachtet hatten (1900), dass die Czulex Pipiens sich nur selten und schwach mit Zrlarıa immitis infizieren (unter 50 Culex pipiens, welche einen filariösen Hund gestochen hatten, erwiesen sich nur 2 und zwar sehr wenig infiziert), und dass im Gegenteil, die Cxulex penzeillaris ohne Ausnahme und im höchsten Grade die Infektion erwerben, entstand wieder in mir der Verdacht, dass vielleicht der Cwulex Pipiens auch die Malaria ausnahmsweise übertragen könne. Um die Sache näher zu erforschen, liess ich in hochgradigen Malariagegenden (Capaccio, Ogliastro, Castelnuovo-Vallo, Metaponto, Grosseto) während der heftigsten Malariazeit eine grosse Anzahl Crlex prpiens fangen und dieselben ganz frei in meinem eigenem Schlafzimmer, sowie in denjenigen meiner Familie fliegen. Dieser Versuch wurde einige Male wiederholt, und wurden wir alle oft gestochen, ohne jedoch einen Nachteil davon zu haben. Auch Noe, welcher zwei Nächte in Metaponto verbrachte, um Crrlex zu fangen, und daselbst von denselben in der heftigsten Weise gestochen wurde, jedoch sorgfältig die Anophelesstiche vermied, blieb ebenfalls ganz gesund. Auch möchte ich noch hinzufügen, dass bei meinem, durch mechanische Schutzvorrichtung in der Capaccio-Ebene angestellten Versuche, welchen ich im letzten Kapitel dieser Arbeit besprechen werde, die Cxulex piptens nur teilweise aus den geschützten Häusern ausgeschlossen werden konnten; es ihnen sogar gelang in manche Wohnungen massenhaft einzudringen und sich bis zur Sättigung mit Blut vollzusaugen, trotzdem bei den von ihnen gestochenen Personen keine Malariainfektion auftrat. B. An anderen COrrlexarten, am Phlebotomus und Centrotypus etc. angestellten Versuche. Von den zahlreichen grösstenteils in der Villetta del Principe von Maccarese angestellten Versuchen führe ich folgende an. 7. Juni 1899. Untersuchung von Dipteren, welche zu gleicher Zeit einen mit Tertiana be- hafteten Patienten gestochen hatten: ı3 Ciulex penicillaris, negativer Befund; ı3 Cwlex albopunctatus id.; ı Anmopheles claviger, ziemlich infiziert; ı “Inopheles bifurcatus, id. 8. Juni. Derselbe Kranke mit zahlreichen Gameten: 7 Cwlex albopunctatus, negativ; 3 Caulex Benieillaris, id.; ı Cwlex pulchritarsıs, id.; 6 C. vexans (seuw malariae), id. 9. Juni. Derselbe Patient: ı Cxulex penicıllaris, negativ; 2 Cuwlex albopunctatus, id.; 3 Cwlex vexans, id.; ı C. pulchritarsis, id.; ı C. Richiardü, id.; 3 A. clavıger, x id. und 2 ziemlich infiziert. ı2. Juni. Ein alter Patient mit Tertiana-Gameten und Halbmonden: 3 Cwlex penicillar:s, negativ; 4 Amopheles claviger, 3 id. und ı ziemlich infiziert. 13. Juni. Derselbe Patient: ı Cwwulex penicillaris, negativ; 3 Cwlex albopunctatus, id.; ı Culex Richiardü,.id.; ı Anopheles bifurcatus, stark infiziert. 13. Juni. Derselbe Patient, dessen Blut aber jetzt nur spärliche Gameten aufweist: 2 Czulex penieillaris, negativ, 6 Culex albopunclatus, id.; ı Culex pipiens, id.;, 3 Cwlex vexans, id.; 2 Ano- Pheles bifurcatus, id.; ı Anmopheles claviger, id. ı4. Juni. Der Patient der Tage 7, S und 9; die Gameten waren wieder zahlreich vorhanden: 13 Amopheles claviger, 4 negativ, y stark infiziert. 15. Juni. Der alte Patient: 2ı ‚Serrapıche (Centrotypus irritans Noe), negativ; mehrere lmopheles claviger, positiv. ı6. Juni. Derselbe Patient: 6 Calex albopunctatus, negativ; 2 Cwlex vexans, id.; ı Ano- pheles bifurcatus, positiv; ı Alnopheles claviger, negativ. ı6. Juni. Derselbe Patient: ı Cxulex albopunctatus negativ; 3 Cwlex vexans, id., 3 Anopheles bifurcatus, positiv; 2 Anopheles clawiger, id. ı8. Juni: Derselbe Patient: 9 Cwlex vexans, negativ; 4 Cwlex albopunctatus, id.; ı Cwlex penieillaris, id.; 2 Cwlex pipiens, id.; ı Cwlex nemorosus, ı Cwlex annulatus, id.; 3 “Anopheles bifur- caltus, ı negativ und 2 positiv; 2 “Inopheles clavıger, positiv. 19. Juni. Derselbe Patient: 3 Cadlex albopunctatus, negativ; ı Cwlex vexans, id.; 7 -Ino- pheles bifurcatus, positiv; 3 Amopheles claviger id.; 2 Phlebotomus, negativ. Grassi, Die Malaria. 16 20. Juni. Derselbe Patient: ı Cwlex Richtardü, negativ; 20 Culex pipiens, id.,;, ı Anopheles pseudopictus, positiv; 5 Anopheles claviger, 4 positiv und ı negativ. 27. Juni. Derselbe Patient: 2 Cwulex albopunctatus, negativ; ı Cwulex vexans, id.; ı Ano- pheles claviger, positiv. ’ 29. Juni. Ein mit Quartana behafteter Patient: 7 Cwulex Ppenieillaris, negativ; ı Culex albo- punctatus. id.; ı Culex pipiens, id.; 5 Amopheles clavıger, 4 negativ und ı positiv. 31. Julie. Ein mit Halbmonden behafteter Patient: 36 Cwlex vexans, negativ; ı2 Cwlex penicillaris, id.; 3 Anmopheles claviger, ı negativ und 2 positiv; ı Anopheles bifurcatus, positiv. ı. August. Ein mit Halbmonden behafteter Patient: 5o Cxlex vexans, negativ; ı Cwlex penicillaris, id.; ı Anopheles claviger, positiv. 4. August. Ein sehr viele Halbmonde aufweisender Patient: ı Cwulex albopunctatus, negativ; ı Cilex Richiardii, id.;, ı Cwlex piptens, id.; 5 Centrotypus irritans, id.; 7 Phlebotomus, id. Anmer- kung; die Anopheles, welche denselben Mann am vorhergegangenen und am nächsten Tage stachen, zeigten eine hochgradige Infektion. 5. August. Ein mit Halbmonden behafteter Kranker: 39 Cwlex peniceillarıs, negativ; ı Culex Richiardü, id.; 4 Culex vexans, id.; 2 Centrotypus irrıtans, id.; 6 Anopheles claviger, 2 negativ, 4 positiv; 16 Phlebotomus, negativ. 8. August. Ein mit Halbmonden behafteter Kranker: 25 Cxlex vexans, negativ; ı Cwlex pipiens, id.; ı Cwlex albopunctatus, id.; 7 Anopheles claviger, 4 positiv, 3 negativ. Wiederholt untersuchte ich mit stets negativem Befund, etwa 20 Cwlex, die ich damals nicht genau klassifizieren konnte und demnach auch nicht registriert habe. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um Crilex modestus. Ganz abgesehen von noch vielen anderen Versuchen, beweisen die eben gemachten Angaben aufs deutlichste, dass auch die den Malariagegenden fast charakteristischen und gemeinsten Cwdlex- arten d. h. die Cwdlex penicillarıs und wexans s. malarıae die Malaria des Menschen nicht über- tragen können. Das Gleiche gilt auch für die Crelex albopunctatus und Richiardiü, obwohl die betreffenden Versuche nicht sehr zahlreich waren, so können sie doch für genügend angesehen werden. Leider konnten nur wenige Experimente mit den seltener vorkommenden anderen Species gemacht werden. Trotzdem aber wird man, wenn man alle meine an Czedex angestellten Versuche zusammen- fasst, ferner die beschränkte geographische Verbreitung der zu wenig, oder gar nicht experimen- tierten Arten betrachtet, und ausserdem in Rechnung zieht, dass sämtliche Anopkelesspecies sich als Malariaüberträger erweisen, während dies bei keiner der experimentierten Czelexspecies der Fall war, meine Behauptung, dass kein Crulex eine Rolle bei der menschlichen Malaria spielt, völlig be- rechtigt finden. Dazu möchte ich noch folgendes hinzufügen: ı. Dass ich viele Exemplare von Crdlex annulatus und C. spathipalpis, welche in den Zim- mern der Malariakranken gefangen wurden, untersuchte, ohne dieselben je infiziert zu finden. In einem Cwlex anmulatıs fand ich in den Speicheldrüsen einige Gebilde, welche ich für Sporozoiten hielt: heute weiss ich, dass sie in Wirklichkeit Pseudosporozoiten waren. 2. Ross stellte mit negativem Befunde, am Menschen Versuche mit dem greemish dappled- winged mosguito an, welch letzterer meiner Meinung nach, der Cavlex annulatus oder eine demselben ähnliche Species sein muss. Da nun die Cwlex nicht im Stande sind, die Malariaparasiten des Menschen zu übertragen, hingegen aber bewiesen ist, dass eine Cw/exspecies eine Art der Malariaparasiten der Vögel ver- breitet, so wäre es hochinteressant gewesen, zu prüfen, ob die anderen Czlexarten dieselben oder andere Vögel- oder Fledermausparasiten übertragen können. Dies ist aber leider weder Dionisi, — 123 — welcher die Versuche an Fledermäusen anstellte, noch mir gelungen. Meinerseits habe ich viele Culex vexans, C. penicillarıs, C. albopuntatus, C. pipiens, mehrere Phlebotomus und endlich auch einige Cxlex annulatus und €. pulchritaris vergeblich für das Aalteridium der Vögel untersucht. Ein gleichfalls negativer Befund (ausser bei Czulex Prpiens) ergab sich aus den, bei den gleichen Mosgzutos mit Haemamoeba durchgeführten Versuchen; da ich jedoch keine Kontrollversuche anstellen konnte und da die experimentierten Exemplare nicht zahlreich genug waren, so wage ich nicht, einen entscheidenden Schluss daraus zu ziehen. Auch die an Phlebotomus und Centrotypus angestellten Versuche beweisen zur Genüge, dass solche Insekten die Malaria des Menschen nicht übertragen können. An Flöhen und Läusen zu experimentieren, hielt ich für überflüssig. Mit dem Bilutegel hatte ich bereits früher negativ ausgefallene Versuche angestellt, was mit den Befunden anderer Forscher übereinstimmt. An Tabanus stellte ich einige Versuche an, welche gleichfalls negativ ausfielen. Einige an Zecken angestellte Versuche ergaben auch negative Befunde. Ich bemerke, dass die Larven von Rörpicephalus anmulatus, welche von inficierten /’yrosomaweibchen stammten, durchaus nicht an Menschen anhaften wollten, obwohl dieselben in drei Fällen in grosser Zahl an- gewendet wurden. 3. Versuche, welehe nachweisen. dass die Anopheles die Malaria auf den menschlichen Körper übertragen. Als ich mit meinen Untersuchungen über Malaria begann, hielt ich es für notwendig, einen Versuch an einem Menschen vorzunehmen; doch war es mir unmöglich, das Widerstreben in mir zu überwinden, welches mir von jeher und auch heute noch, jedes für den betreffenden Menschen etwa Schaden verursachende Experiment einflösst, besonders da derselbe, und sei er auch noch so genau vorher informiert worden, doch vielleicht sich der Tragweite der ihm drohenden Gefahr nicht bewusst ist. Ich beschloss daher, den ersten Versuch an mir selbst anzustellen. Im September 1896 versuchte ich, mich in Rovellasca von den Anopheles claviger, welche ich in den Zimmern der Malariakranken zu Locate Triulzi gefangen hatte, stechen zu lassen. Zu diesem Zwecke liess Herr Ingenieur Billitz mir ein hölzernes Kästchen herstellen, welches mit einem viereckigen verschiebbaren Deckel versehen war. Mehrere von mir instruierte Knaben sammelten mit den Reagensgläsern die Inopheles, welche von uns in das Kästchen und alsdann nach Rovellasca gebracht wurden; dort liess ich sie in meinem Schlafzimmer frei. Viele derselben starben schon während der ersten 24 Stunden; die wenigen überlebenden stachen nicht, einesteils, weil die Tem- peratur niedriger geworden war (wir befanden uns in der zweiten Hälfte des September), teils infolge der überstandenen Reisestrapazen, und schliesslich wohl auch, weil mich im allgemeinen Anopheles clavıger nicht angreifen. Einige dieser Anopheles waren, trotz aller Vorsichtsmassregeln, ins Schlaf- zimmer meiner Mutter und Schwester gedrungen und wurde meine Mutter von einem derselben ge- stochen, glücklicherweise jedoch ohne Erfolg. Nach einigen Tagen war in unserem Schlafzimmer kein einziger lebender AnopAheles mehr vorhanden. Inzwischen wurde von unserem Dienstmädchen, welches von meinem Versuche keine Ahnung hatte, beobachtet, dass namentlich den Wänden meines Schlafzimmers zahlreiche abgestorbene Stechmücken (Anopheles) anhafteten. Ich komme nun zu den positiv ausgefallenen Versuchen. Versuch I. Am 253. September nach Rom zurückgekehrt, fand ich, dass die Temperatur noch ziemlich hoch war, und die «lzopheles noch heftig stachen. Ich beschloss daher, den Versuch zu wiederholen, aber nicht mehr an mir, sondern an einer Person, welche sich freiwillig dazu hergab, — 124 — da ich sonst im Falle einer persönlichen Infektion meine Untersuchungen hätte unterbrechen müssen. Andere in den geschichtlichen Notizen bereits erwähnte Umstände zwangen mich, die Sache zu be- schleunigen, und so fand nach entsprechender Vereinbarung mit Bignami, jener Versuch statt, welcher das erste positive Resultat beim Menschen ergab. Dieses Ergebnis wurde von mir bereits in der Accademia dei Lincei und von Bignami in der Accademia di medicina mitgeteilt. Hier fasse ich den Verlauf desselben kurz zusammen. Da Koch mir hatte mitteilen lassen, dass er meine Vermutungen über Anopheles claviger für unbegründet hielt, und ich infolgedessen annahm, dass er dieselben als unschädlich bewiesen hatte, benutzte ich für diesen ersten Versuch zahlreiche Crulex vexans (seu malarıae) und €. penicillarıs, aber nur sehr wenige Anopnheles. Der Versuch bestand darin, dass die in Maccarese gefangenen Mosgaitos in einem Zimmer eines der oberen Stockwerke des Ospedale S. Carlo bei Santo Spirito (Rom) freigelassen wurden. Durch einen, an die Fenster angenagelten Schleier wurde das Entweichen der Insekten verhindert. In diesem Zimmer hatte der Patient, der für unser Experiment dienen sollte, schon vor Beginn des- selben (26. September) viele Nächte unversehrt geschlafen (nämlich vom 24. August bis 19. September), trotz der dort anwesenden (grösstenteils Czulex Prpiens und wenige Crdlex hortensis) Mosguntos, wie ich aus den von Bignami erhaltenen und von mir selbst in diesem Zimmer gesammelten Exemplaren ersehen konnte. Ein zweiter Patient hatte gleichfalls ohne nachteilige Folgen daselbst vom 8. bis 22. August geschlafen. In beiden Fällen, wurde der Versuch als negativ betrachtet und infolge- dessen auch am ı9. September mit dem zweiten Patienten unterbrochen. An beiden war nur eine sehr geringe Temperatursteigerung wahrgenommen worden (37,4° am 22. August beim zweiten, und beim ersten 37,20 am 10. September und 37,3° am 17. September). Dieser geringen Temperatursteigerung, welche häufig bei vielen Menschen wahrzunehmen ist, und welche bei dem ersten Kranken schon zweimal beobachtet worden war, wurde von Niemand Wert beigelegt, besonders auch, weil die Unter- suchung des Blutes einen negativen Befund ergeben hatte. Ich war also vollständig überzeugt, dass dieser erste Patient nicht durch die Mosgzutos in- fiziert sein konnte, welche Bignami für seine früheren Versuche verwendet hatte; folglich liessen wir denselben ohne weiteres durch die drei von mir bestimmten Species stechen, um festzustellen, ob die- selben imstande waren, die Malariainfektion hervorzurufen !). Dieser, zu unseren Versuchen gewählte Kranke war, wie Bignami sehr richtig betont hatte, besonders geeignet. Es handelte sich nämlich um einen alten Patienten (Herr Sola), welcher nie an Malariafieber gelitten hatte und sich schon seit sechs Jahren im Spital, und zwar in der Abteilung St. Maria be- fand, deren Oberarzt Dr. Giuseppe Bastianelli ist. „Der Umstand, dass Herr Sola während so langer Zeit unter der ständigen Beobachtung eines Arztes stand, welcher sich schon seit vielen Jahren mit Malariastudien beschäftigt, ist ein so wichtiges Datum für die Reinheit des Experimentes, dass ich ganz besonders darauf aufmerksam mache“ (Bignami). Vom 26. September bis 23. Oktober wurden in dem obigen Zimmer grosse Scharen von Czulex vexans und Cwlex penteillaris, die in Maccarese von meinem Diener gefangen wurden, freigelassen; nur einmal (gegen den 20. Okt.) wurden auch einige (etwa 10?) Anopheles, welche bei der sogenannten Moletta zu Maccarese, wo sich Malariakranke befanden, von mir selbst gefangen wurden, in das Zim- mer eingeführt. Man darf wohl annehmen, dass nebst den erwähnten Czlex auch einzelne Czlex ı) Heute wissen wir, dass die von Bignami 1898 allein angestellten Versuche aus folgenden zwei Gründen nicht gelingen konnten, nämlich ı. weil die dazu benutzten Mosgxirtos keine Anopheles waren; 2. weil sie, selbst wenn dieselben auch Anopkeles ge- wesen wären, nicht hätten infiziert sein können, da sie in dem Zimmer geboren waren, wo ausschliesslich malariafreie Kranke lagen. (In demselben Jahre (1898) hatte jedoch Bignami vorher schon zwei andere Menschen durch in Porto gefangene Mosguztos (welche Art?) stechen lassen, ohne einen Erfolg erzielt zu haben). —| 125 — annulatus, sowie einzelne Anopheles bifurcatus in das Zimmer verschleppt wurden, doch muss deren Zahl eine sehr geringe gewesen sein, denn sonst würden sie wohl weder mir, noch meinem, mit scharfem Sehvermögen begabten Diener, entgangen sein. Am ı. November trat bei dem Patienten das Malariafieber auf und dauerte bis zum 4. des- selben Monats. Am 3. konnte Bignami in Blute die Biduaparasiten nachweisen (die auch ich wahr- nahm) und verschrieb deshalb Chinin. Der Rest der Krankengeschichte hat für uns kein weiteres Interesse. Dieser Fall bringt den sicheren Nachweis dafür, dass die Mosgwitos die Malaria übertragen; und zwar ohne Mitwirkung der Malaria, d. h. in einem malariafreien Orte trat aus- schliesslich durch Stiche der aus Malariaorten stammenden (Cx/rcidae bei einem bis dahin niemals von Malaria befallenen Menschen das Malariafieber auf (Aestivoautumnal- infektion)!). In denselben Zimmer schliefen während unseres Versuches noch zwei andere Patienten, der eine nur zwei Nächte. Dieselben infizierten sich jedoch nicht, weil, wie jetzt nachgewiesen ist, sie nicht von den “lnopheles gestochen wurden. Wäre nun dieser Versuch der einzige geblieben, so hätte er schlechterdings der Kritik gegen- über nicht Stand halten können, ı. weil während des Versuches, die Luft durch die blos mittels Schleiers geschützten Fenster ungehindert Zutritt hatte, was in Rom als sehr gefährlich für die Fieber gehalten wird; 2. weil man ferner einwenden konnte, dass während des Versuches. um die Mosguitos am Leben zu erhalten, Blumentöpfe mit feuchter Erde im Zimmer anfgestellt worden waren (SES22): Es ist uns aber gelungen, nach kurzer Zeit noch weitere Beweise zu liefern. Versuch II. Dieser wurde von Bignami und Bastianelli mit den von mir gelieferten Amopheles claviger angestellt. Dieser Versuch wurde von uns gemeinschaftlich kombiniert und seiner Zeit in zusammenfassender Weise veröffentlicht. Bignami und Bastianelli teilten derselben später ausführlich in einer besonderen Veröffentlichung mit, aus welcher ich hier nur die folgenden Angaben hervorheben möchte. „N. N., kräftig gebauter Jüngling, der nie an Malariafieber gelitten, befand sich seit etwa 3 Jahren, einer Nervenkrankheit wegen, im Krankenhause Santo Spirito. Dieser erklärte sich be- reit, in einem von Mosgurtos heimgesuchten Zimmer zu schlafen, und begab sich am Abend des 13. No- vember in dasselbe Am vorhergehenden Tage war dieses Zimmer mit etwa 100 in Maccarese ge- fangenen Anopheles versehen worden. Bis zum 2. Dezember schlief der Patient regelmässig in diesem Zimmer. Er begab sich bei Sonnenuntergang in dasselbe, um es am Morgen zu verlassen, und ver- brachte den Tag in dem gemeinsamen Krankensaale“. „Nach seiner eigenen Angabe wurde er jede Nacht gestochen, und thatsächlich fanden sich auch immer mit Blut gefüllte Anopheles. Eine Anzahl von Anopheles ging inzwischen zu Grunde, doch waren am Ende des Versuchs noch immer viele davon wohl erhalten.“ Anfang Dezember fühlte sich der Patient unwohl und zeigte eine leichte Temperatursteigerung; am 3. Dezember trat bei ihm Malariafieber auf, welches den Charakter der Doppeltertiana annahm. Die Diagnose wird durch die Blutuntersuchung bestätigt. Versuch III. Der dritte Versuch wurde von mir mit Bignami und Bastianelli wie folgt, zusammengefasst: „Im Dezember 1898 wurden zahlreiche AnopAeles mit an Halbmonden reichem Blute eınes mit rückfälliger Aestivoautumnalinfektion behafteten Patienten genährt. Diese Anopheles, welche sich 1) Ich hatte nicht versäumt zu untersuchen, ob die von mir im Zimmer freigelassenen Aropheles Blut gesaugt hatten. Zu- fälligerweise fand ich dieselben leer, und, da ich noch unter dem Einfluss der Koch’schen Behauptung stand, nahm ich an, dass sie vielleicht nicht einmal gestochen hätten. — 126 — so infizierten, wurden mehrere Tage lang bei einer Temperatur von ı$—22°C. gehalten und dann in den Brütofen bei 30° C. gebracht, um die Entwickelung der Parasiten zu beschleunigen.“ „Bei der methodisch täglich vorgenommenen Untersuchung einiger dieser Anopheles zeigte sich, dass sie beständig, sich in regelrechter Entwickelung befindende Amphionten enthielten; später traten auch reife Amphionten und Sporozoiten in den Speicheldrüsen auf. Da man nun mit voller Berechtigung behaupten kann, dass auch die nicht untersuchten Anopreles den gleichen Befund zeigen mussten, liessen wir am 2. Januar drei dieser Anopheles einen Menschen stechen, welcher niemals vom Fieber befallen war, und am 5. Januar wurde dieselbe Versuchsperson abermals durch zwei, der eben genannten drei Anopheles gestochen.“ „Im ganzen enthielt also diese Person fünf Stiche von drei Anopheles.“ „Diese drei AIzopheles wurden nach dem Aufsaugen untersucht, und bei allen waren im Darme, reife Amphionten und leere Kapseln vorhanden; nur zwei derselben wiesen auch Sporozoiten in den Speicheldrüsen auf.“ „Die betreffende Versuchsperson wurde nach leichten Prodromalerscheinungen am ı4. Januar von heftigem Fieber befallen, welches den typischen Verlauf des primären Aestivoautumnalfiebers nahm; im Blute waren die entsprechenden Parasiten vorhanden.“ Die Infektion wurde sofort mit Chinineinspritzungen behandelt und beseitigt. Versuch IV. (Gemacht von Bignami und Bastianelli allein). Die aus den im Laboratorium aus Eiern gezüchteten Larven von “lnopheles clavıger wurden mit Tertiana infiziert und alsdann vom 14.— 25. Juli einer Temperatur von 25—26° C. ausgesetzt. Die Infektion dieser Anopkeles musste in unbestimmbarer Zeit vor sich gegangen sein, da das Stechen derselben nicht direkt bewirkt worden war, vielmehr waren sie in dem von dem Tertianakranken bewohnten Zimmer frei gelassen worden. Am 25. Juli wurden sechs dieser Alnopheles in den Brutofen bei 30° (. gebracht; nur zwei derselben stachen in den Nachmittagsstunden des 28. Juli einen sich freiwillig dazu hergebenden Menschen, der niemals an Malariafieber gelitten hatte. „Um ı2 Uhr mittags des 30. Juli stachen dieselben zwei “Almopheles (am Abend des 28. waren sie wieder in den Brütofen gebracht worden) abermals denselben Menschen. Am 2. August ver- schmähten sie das Blut und wurden seciert. Im Darme des einen Exemplares fanden sich reife Am- .phionten, in dem des zweiten fanden sich einzelne leere Cysten vor.“ „Am Nachmittage des ı6. August trat bei der Versuchsperson ein Fieberanfall auf, der mit Frösteln begann. Die Temperatur stieg bis 39° C., fiel aber wieder, wobei sich Schweiss einstellte. Im Blute wurden spärliche Tertianaparasiten gefunden.“ Am 17. August morgens war der Patient apyretisch.h Am Abend desselben Tages waren die Tertianaparasiten im Blute vorhanden. Versuch V. Jene Frau, welche im Januar zu dem Versuche mit Quartana benutzt worden, kam im vergangenen Sommer, nachdem sie längere Zeit im Gefängnis zugebracht, wo sie einer strengen Chininbehandlung unterworfen worden war, geheilt zu mir. Damals verfügte ich, unter ver- schiedenen anderen, über einen im Laboratorium geborenen und von mir künstlich mit Tertiana in- fizierten Anopheles claviger. Diese Infektion hatte ı2 Tage vorher angefangen, folglich durfte man annehmen, dass die Speicheldrüsen schon infiziert seien. Infolge eines Irrtums meines Dieners, wurde die Frau von diesem, anstatt von einem ebenfalls im Laboratorium geborenen und seit vier Tagen mit Halbmonden infizierten “Inopheles gestochen. Als ich am nächsten Tage den Fehler bemerkte, untersuchte ich den Anopeles, welcher die Frau gestochen hatte, fand jedoch keine Parasiten in den Speicheldrüsen vor, nur vereinzelte leere Kapseln waren in den Darmwänden auffindbar. Die Speichel- drüsen mussten also durch den einzigen Stich von sämtlichen Sporozoiten befreit worden sein; jedoch konnten diese nicht zahlreich gewesen sein, nach der Beurteilung der Zahl der leeren Kapseln und der Menge der in den anderen “Inopheles gefundenen Amphionten, welche sich durch gleichzeitiges Stechen desselben Tertianakranken infiziert hatten. — 127 — / ı5 Tage nachher stellte sich die Frau wieder ein und wies eine Tertianaform auf, welche sehr wahrscheinlich durch den einzigen Amnopheles, der sie gestochen hatte, hervorgerufen worden war. Die Frau wurde sofort in entsprechende Behandlung genommen und vollständig geheilt. Die eben mitgeteilten Versuche, welche nun nicht mehr zu wiederholen sein dürften !), be- weisen, dass die Anmopheles die Malaria auf die Menschen übertragen, und ferner, dass die drei Malaria- parasitenarten des Menschen gut sind (donae species), d. h. eine kann sich nicht in die andere ver- wandeln. Diese Verschiedenheit der Arten war schon von Feletti und mir betont worden, wurde jedoch bis vor kurzer Zeit noch immer bestritten. 4. Versuche und Beobachtungen. welche nachweisen, «dass die Anopheles ohne jede 5 pP J Spur von Malariakeimen zur Welt kommen. Ein Versuch wurde vom 30. März bis zum 29. April im Spital Santo Spirito zu Rom von Bignami und Bastianelli angestellt. Vom ıo. April bis zum ı0. August führte ich einen ein- gehenderen vollständigen Versuch in meinem Laboratorium aus. Sowohl der erstere, wie auch teil- weise der meinige wurden bereits in unserer vorläufigen Mitteilung, die am 7. Mai. 1899 (25) er- schien, veröffentlicht. Ich lasse hier die ausführliche Schilderung meines Versuches folgen. Nachdem ich mich überzeugt hatte, dass die neugeborenen Mosgwitos nicht infiziert sein konnten, da ich niemals auf die Malariaparasiten bezügliche Parasiten in all den vielen, von mir untersuchten, gefunden, mehr um andere zu überzeugen als mich selbst zu vergewissern, bat ich mehrere Personen, die niemals an Malaria gelitten hatten und guten Willen zeigten, sich mit mir, eine Zeit lang den Stichen der neugeborenen A. clavıiger und brifurcatus auszusetzen. Ich selbst gab das Beispiel. Vor allem will ich jedoch erst die Bedingungen dieser Versuche genau anführen. In einem Zimmer, welches so lange das Minimum der Temperatur Roms unter 20° C. betrug, auf 25—26° C. er- wärmt wurde, liess ich drei kleine Aquariums und vier grosse irdene Schüsseln aufstellen. Um den Anopheles einen günstigen Aufenthalt zu schaffen, brachte ich einige Blumentöpfe in das Zimmer. In den Winkeln liess ich Strohteppiche und eine Art Vorhänge anbringen, welche den Insekten als Schlupfwinkel dienen konnten. Die Aquarien, sowohl als auch die Schüsseln wurden mehrmals in der Woche und zuweilen sogar täglich mit zahlreichen grossen Larven und Nymphen von Anopheles clavıger und bifur- catus nebst Wasservegetalien (hauptsächlich Confervaceen) und zuweilen auch mit Schlamm ver- sehen; das alles stammte aus denselben Orten, wo die Larven und Nymphen herrührten. Diese Orte wurden sorgfältig unter den am heftigsten von der Malaria in Italien heimgesuchten Gegenden aus- gewählt (Maccarese, Porto, Tortreponti, Ninfa, Frasso, Tenuta Berardi in den Pontinischen Sümpfen, Metaponto, Policoro, Castelnuovo-Vallo u. s. w). Von Zeit zu Zeit wurde aus den Aquarien und Schüsseln das überschüssige Wasser entfernt und ab und zu ganz ersetzt. Wir hatten somit in unserem Zimmer dieselben Verhältnisse, wie sie die Natur bietet, ge- schaffen, und zwar verfügten wir neben den Anopheles auch über das sumpfige Medium. In diesem Zimmer setzten sich, die an meinem Experiment teilnehmenden Personen mit nakten Armen, zuweilen auch mit nackten Beinen, oft stundenlang, besonders gegen Abend, den Stichen der sich hier entwickelten Anopheles aus. Während der vier Monate der Versuchsdauer wurden folgende Personen gestochen. 1) [Diese Worte stehen in der ersten Auflage dieser am 4. Juni 1900 veröffentlichten Abhandlung; seit dieser Zeit wurden unsere Experimente von verschiedenen wiederholt, und alle mit den von uns mit voller Sicherheit vorausgesehenen Erfolgen.] — 128 — G. B. Erhielt nur selten einige Stiche, fast immer nur dann, wenn er allein im Zimmer war. An der Stichstelle bildeten sich keine Quaddeln. N. Wurde sehr häufig, fast täglich gestochen, zuweilen bis yomal an einem Tage; es bildeten sich sofort umfangreiche, zuweilen sogar geschlängelte Quaddeln, welche 48 Stunden fort- bestanden. : J. Wurde nur einige Mal täglich (durchschnittlich 4—5 mal) und während etwa 2 Monate gestochen; nach etwa 24 Stunden zeigten sich ziemlich kleine Quaddeln, welche aber lange Zeit sicht- bar waren. G. D. Wurde sehr häufig während zwei Monate gestochen; Quaddeln wie bei N., jedoch alle kreisförmig. G. E. Wurde ziemlich häufig, doch mit Unterbrechungen, im ganzen ungefähr ı0 Tage lang gestochen. M. wurde viel gestochen, in Intervallen, im ganzen ungefähr zwanzig Tage. I. wurde einen Monat lang (vom ıo. Juli bis ı0. August) täglich vielmals gestochen. Keiner von uns sieben, hatte irgend welche Folgen der Stiche aufzuweisen. Hier möchte ich eine kurze Erläuterung hinzufügen. Als ich nach ungefähr einem Monat, seitdem obiges Experiment eingeleitet war, meine These, dass die Alnopheles ohne Malariakeime geboren werden, bestätigt sah, fing ich an, mir Einwendungen zu machen, die mich bewogen, das Experiment vollkommener zu gestalten. Ich sagte mir, das Experiment konnte nicht anders gelingen, schon weil im Frühling in den Malariaorten (ich hatte diese Beobachtungen hauptsächlich in Tortreponti gemacht) sich viele Anopheles entwickelt hatten und die Malariafälle, wenn deren solche auch vorhanden, doch nur sehr wenige ge- wesen waren '!). Mein Experiment beweist also, dass die «lzopAeles in der milden Jahreszeit nicht direkt die Malariaparasiten auf ihre Nachkommenschaft übertragen. Wer versichert uns aber, dass dies nicht in der heissen Jahreszeit geschehen kann? Wer versichert uns, dass die im Wasser abgestorbenen Aro- preles daselbst nicht Keime zurücklassen, welche dann in den Sommermonaten die Larven der an- deren Anopheles infizieren? Um nun jeden Zweifel auszuschliessen, verlängerte ich das Experiment auf vier Monate und trug Sorge, dass nach Ablauf des ersten Monats, die für unser Experiment dienenden Larven in der Nachbarschaft von malarischen Individuen bewohnter Orten gesammelt wurden; auch versäumte ich nicht, viele, in den Behausungen Malariakranker gefangene, Anopheles in dem Wasser unserer Aquarien, und Wasserbehältern zu zerstückeln. Trotz aller dieser Modifika- tionen gab unser Experiment niemals ein positives Resultat, welches mithin auf die beste Weise die Möglichkeit, dass die Malariakeime von Anopheles auf Anopheles übergehen, aus- schliesst. 5. Experimente und Thatsachen, welche beweisen, dass die Malaria des Menschen nichts mit der Malaria der anderen Tiere zu thun hat. Schon seit dem Jahre 1890 hatte ich mit Feletti bewiesen, dass die Malariaparasiten der . Vögel nichts mit denjenigen des Menschen zu thun haben. In den letzten Jahren hatte ich Gelegen- heit, unsere Behauptungen bestätigen zu können. Eine Gattung der Malariaparasiten der Vögel (Halteridium Danilewsky) ist ziemlich entfernt von denjenigen der Menschen. Die andere Gattung enthält zwei Arten: 7. relicta (Grassi et Feletti) und #7. subpraecox (Grassi et Feletti). Diese sind den Malariaparasiten des Menschen ähnlich, unterscheiden sich jedoch sehr wohl von ihnen, haupt- sächlich, durch das Fehlen amoeboiden Bewegungen, selbst bei den jungen Formen. Celli und 1) Dass keine wirkliche, d. h. durch neue Infektionen bedingte, Frühlingsmalariaepidemie existiert, wurde im vergangenen Jahre von Dionisi (von welchem ich zuerst diese wichtige Thatsache erfuhr), Celli, Koch etc. bewiesen. == 129 Ben Sanfelice hatten seit dem Jahre 1891 die Grameten dieser Arten gefunden, welche sie jedoch als zur Entartung und zum Tode bestimmten Phasen freien Lebens im Blutplasma beschrieben. Diese von denjenigen der Menschen mehr oder weniger verschiedene (rameten, bestätigen immer mehr, den von mir angenommenen specifischen Unterschied zwischen den Malariaparasiten der Menschen und- den der Vögel. Im Jahre ı899 hatte Dionisi Gelegenheit, einem Manne das Blut einer Eule, die eine enorme Menge von 4. subpraecox aufwies, ohne jedwede Folge einzuflössen. Ein Malariaparasit der Sperlinge, /7. relicta, entwickelte sich nicht, in mehr denn dreissig lnopheles.. Dieser. Versuch muss für definitiv angesehen werden, da sich gleichzeitig fast alle Czulex Pipiens, die dieselben Sperlinge stachen, infizierten. Ich hatte wiederholt Gelegenheit, junge Sperlinge von in den Speicheldrüsen mit Laverania- sporozoiten infizierten Anopheles stechen zu lassen, ohne irgend welche Wirkung zu erzielen. Ich hatte auch Gelegenheit, wiederholt zu bestätigen, dass, wie voraussichtlich war, die Caulex Ppipiens mit infizierten Speicheldrüsen den Menschen stechen können, ohne ihm die Malaria zu ver- ursachen. Es bleibt mithin in absoluter Weise hestätigt, dass auch die Malariaparasiten des Menschen nichts mit denjenigen der Vögel zu thun haben. Koch hat sich gegen die Identität jeder Malariaparasiten der Tiere mit denjenigen des Men- schen ausgesprochen und viele interessante Beweise dafür gegeben. Die in Italien angestellten Nachforschungen führten zu der Entdeckung von Parasiten, welche beim ersten Anblick mit denjenigen des Menschen verwechselt werden könnten. Es sind dies Parasiten, welche man in besonderen Arten von Fledermäusen begegnet. Dionisi, der sie zuerst entdeckte, hat die (reduld gehabt, sie für lange Zeit zu studieren und kam endlich zu der nicht nur vermuteten, sondern bewiesenen Schlussfolgerung, dass sie zu von denjenigen des Menschen ver- schiedenen Arten gehören müssten. 6. Experimente und Beobachtungen in Betreff des Einflusses der Temperatur auf die Entwickelung der Malariaparasiten. Schon seit Beginn meiner Nachforschungen dachte ich, dass die Temperatur einen grossen Einfluss haben müsse; so liest man in der zweiten Auflage meiner ersten Vorläufigen Mittl. (28), dass auch für die Temperatur weitere Nachforschungen nötig seien, um die Beziehungen der Malaria mit dem Anopkeles in Mitteleuropa zu präcisieren. In unserer am 23. Dezember 1898 (23) veröffentlichten Nota steht geschrieben: „Die Züchtungen werden gemacht, indem man, unmittel- mittelbar nach dem Stich, die A. claviger in den Brütofen, bei einer Temperatur von 30° verbrachte. Eine Reihe von den ersten Tagen des November herrührende Daten, lässt uns vermuten, dass man bei einer Temperatur von 14—ı5° in den ersten Stunden nach dem Stiche, die Entwickelung der Haemosporidien nicht erzielen könne. Eine Entwickelung ist dagegen gewiss, wenn man die A. cia- viger bei einer Temperatur von 20—22° hält, doch schreitet dieselbe langsamer, als wie bei einer Temperatur von 30° fort.“ Ein wenig später teilte uns Ross ähnliche, an den Malariaparasiten der Vögel im Körper der €. Pipiens gemachte Beobachtungen mit. In unserer von der ‚Soczefa per gli studi della malarıa veröffentlichten Abhandlung steht ge- schrieben (21): „Bei der Temperatur von 14—ı5° C. entwickelt sich das Sporozoon der Aestivoau- tumnalfieber nicht in dem Körper der Anopheles; bei 20—22° C. c. erleidet er eine regelmässige aber langsame Entwickelung; bei einer beständigen Temperatur von 30° €. vollzieht sich die vollständige Entwickelung bis zur Bildung der Sporozoiten.“ Grassi, Die Malaria. 17 — 130 — „So geschah es, dass wir beständig die Entwickelung des Malariasporozoen in den im Brut- ofen gehaltenen Anopheles antrafen, während eine solche Entwickelung bei jenen im Laboratorium, welches selten und nur für einige Stunden ı4— 16° C. erreichte, gehaltenen, niemals der Fall WEND 0 0 0 0rd „Die Notwendigkeit einer angemessenen Temperatur ist hauptsächlich für die ersten Modi- fikationen, welchen der Halbmond im Lumen des Anophelesdarm unterworfen ist, augenscheinlich. So ist, in der That, schon seit langem!) bekannt, dass man im Winter selten die Bildung der Geisselkörper der Halbmonde sieht, wenn man aber das kaum gemachte Präparat in einen Thermo- stat bringt, kann man die Bildung der Geissel in jeder Jahreszeit beobachten .. . .“. „Ein jeder begreift die epidemiologische Wichtigkeit der obenerwähnten Bedingungen.“ Aus diesem Grunde hielt ich es für notwendig, die Experimente über den Einfluss der Tenıpe- ratur sehr auszudehnen; musste mich jedoch leider wegen Mangel an Zeit und an, in günstigen Be- dingungen sich befindlichen Kranken auf folgende Daten beschränken. ı. Experimente mit drei A. clawiger, welche sofort, nachdem sie Malariakranke gestochen hatten, in einen Refrigerator mit circulierendem Wasser, in welchem die Temperatur nicht unter 15,5° C. sank und nicht über ı7,5° C., während der Tage des Experiments (16.—25. Juni) stieg, ver- bracht wurden. Es entwickelten sich weder die Parasiten der Bidua noch die der Tertiana. Andere zwölf, welche zur gleichen Zeit und sofort, nachdem sie dieselben Malariakranken gestochen hatten, in das Thermostat gebracht wurden, infizierten sich alle. Dies Experiment, welches von mir in ähnlichen Verhältnissen, zwei andere Mal wiederholt wurde, lässt vermuten, dass die Entwickelung der Tertiana und der Halbmonde in einer von 15,5" zu 17,5° C. schwankenden Temperatur nicht vor sich gehen kann. >. Experimente, welche mit A. claviger, die einer Temperatur von unter ı5° C. ausgesetzt wurden, nachdem die Entwickelung der Malariaparasiten in der Darmwand begonnen hatte. Zwei A. claviger, die einen mit Halbmonden infizierten Bäcker am >ı. und dann am 23. und 26. Oktober wieder gestochen hatten, wurden bei einer Temperatur von 24—28° gehalten, ausser in der Nacht vom 26. zum 27, während welcher sie auf der Terrasse meines Laboratoriums verblieben. Sie wurden am 30. Oktober getötet. Die Parasiten fanden sich wohl entwickelt, normal, nur ein wenig in der Entwickelung zurück; sie entsprachen augenscheinlich den Stichen des 2ı. und 23. Oktobers. Da in der Nacht vom 26. auf 27. Oktober die Temperatur auf ungefähr ı 1°C. hinunterging, kann man schliessen, dass, wenn einmal die Entwickelung des Parasiten in den Darmwänden angefangen, die Temperatur ohne Gefahr heruntergehen kann, wenigstens bis zu einem gewissen Punkt. Kürzlich hatte ich Gre- legenheit, das Experiment zu bestätigen. Die Temperatur fiel, ohne jedweden Schaden, für zwei Nächte?) auf c. 9° C., es handelte sich hier wahrscheinlicherweise um Tertianaparasiten. 3. Versuche, welche vielleicht andeuten, dass sich die Tertianaparasiten der Anopheles auch noch bei einer Temperatur, bei welcher es die Halbmonde nicht mehr können, entwickeln. Bei einem alten Patienten, der gleichzeitig mit Tertianagameten und Halbmonden behaftet war, begegnete ich einem ganz besonderen Falle, welcher zu wichtigen, epidemiologischen Betrach- tungen veranlasst. An diesem Kranken stellte ich gegen Mittag des ı7. Juni einen Versuch mit 6 Anopheles claviger an. Mit einer zweiten Gruppe von weiteren 6 Amopheles claviger wurde an demselben 1) Diese Thatsache wurde von mir und Feletti zuerst beobachtet. Schaudinn nimmt an, dass der Reiz, welcher die Malariaparasiten zur Kopulation veranlasst, in der Abkühlung bestünde, die das Blut beim Verlassen des Warmblüters erleidet. Dies kann nicht sein, da ausserhalb des menschlichen Körpers die Befruchtung der Malariaparasiten auch in der menschlichen gleichen Temperatur vorkommen kann. 2) Im Winter fand ich wiederholt in der Darmwand im Freien gefangener Anopheles Malariaparasiten vor, welche sich auf dem Wege der Entartung befanden, jeder Wahrscheinlichkeit nach, weil die Temperatur zu sehr gefallen war. (Siehe auch folgendes Kapitel.) —— 131 Kranken der Versuch von ı—4 Uhr des ı7. Juni und mit einer dritten Gruppe von 6 Anopheles claviger von 9—ı2 Uhr am 183. Juni ausgeführt. Die ersten beiden Gruppen wurden, nachdem sie gestochen hatten, bei gewöhnlicher Tempe- ratur aufbewahrt, während die dritte Gruppe sofort, in den etwa 23° C. aufweisenden Thermostaten gebracht wurden. Die Anopheles der ersten und dritten Gruppe infizierten sich mit Tertianaparasiten und Halbmonden; dagegen ergab sich bei den Anopheles der zweiten Gruppe nur für die Tertianaparasiten ein positiver Befund. Ueber diese Ergebnisse. nachdenkend, erinnerte ich mich, dass am Nachmittag des 17. die Aussentemperatur bedeutend gefallen war. Ich verschaffte mir deshalb die in Rom vom 12.—1ı8. Juni herrschenden Temperaturen, die folgende waren: Inarere | Stunden | | 12 13 | 14 | 15 16 | 17, | 18 | | | | 20,2) | ro Sul, | To720 | | ee 7 22,7 a | | rt 20,5" zo | 9 25,6° 26 2 237 | 2400 23,3 16,60 | 12 26,7° 26,0° a DEREN 24,0° 22,8 18,0° 13 25,90 220 \E 23,2% 24,0° 24,4 ° 22,8 ° 17,9° | 15 24,0° 23,40 21.800, 022,60 21,5° ZI 18,0” 18 21,2 21,9 20,0° | 20,7 | 20:0 Ber er, 21 Obgleich ich die Temperatur des nach Norden gerichteten Zimmers meines Laboratoriuns, in welchem ich die Versuche ausführte, nicht genau kenne, kann wohl, wenn man die vorstehende Tabelle mit den obenerwähnten Daten vergleicht, angenommen werden, dass die Entwickelung der Halbmond- parasiten, infolge der Temperaturabnahme, während der Nachmittagsstunden des 17. Juni, verhindert wurde. Man könnte einwenden, dass in den Morgenstunden des ı8. Juni die Temperatur aber noch niedriger als am Nachmittag des ı7. Juni war, und trotzdem Entwickelung der Halbmondparasiten stattgefunden hatte. Dieser Einwand ist jedoch unbegründet und zwar weil ich, als ich die beträchtliche Temperaturabnahme bemerkte, die Anzopheles, welche am ı8. vormittags gesogen hatten, sofort einen nach den anderen in den Thermostaten brachte, während die, welche am Nachmittag des 17. ge- stochen hatten, bei gewöhnlicher Temperatur verblieben. 4. Bignami und Bastianelli gelang es bis zum Mai ı399 niemals, bei ihren wiederholten Versuchen mit QOuartana, an Anopheles bei ca. 30° C. irgend eine Entwicklungsstufe der Parasiten wahrzunehmen; mir aber gelang es, die oben erwähnten Amphionten zu züchten (Seite 116), indem ich die Anopheles bei 23—25° C. aufbewahrte. Im Juli erhielt ich Quartana-Amphionten in Anopheles bei ca. 16,5° C., sie wurden aber bei anderen, welche denselben Kranken gleichzeitig stachen und einer Temperatur von etwa 30° C. ausgesetzt wurden, ganz vermisst. (Leider aber waren die betr. Ao- Pheles nicht in meinem Laboratorium gezüchtet worden, und von den ı2 für die Versuche bei ca. 16,50 €. benutzten Anopheles ergaben nur zwei einen positiven Befund und zwar nur einzelne Para- siten in jedem dieser beiden letzteren). Diese Versuche könnten vermuten lassen, dass bei hoher Temperatur eine Entwickelung der Quartanaparasiten nicht stattfindet, dass sie dagegen auch bei Temperaturgraden, welche die Ter- tiana- und Halbmondparasiten nicht auszuhalten vermögen, gut gedeihen können. Vermutlich entspricht, wie bereits erwähnt, der Moment, in welchem die Temperatur die Ent- wickelung der Parasiten hindern kann, der Geissel- (Mikrosporen) Bildung, vielleicht bis zum Würm- chenstadium (Siehe auch weiter unten). x ‘ = 1632 — Aus den unter Nr. 3 und 4 mitgeteilten Versuchen geht vielleicht auch hervor, warum die Quartana in den Tropen so selten ist!) und, soweit mir bekannt, bis zu einem, von anderen Para- sitenformen nicht erreichten Grade nördlicher Breite vorkommen kann, warum die Halbmonde in Mitteleuropa fast ganz vermisst werden und in Mittelitalien häufiger als in Norditalien vorkommen, und warum im November und December 1898 die Anop/zeles von Maccarese nur Tertianen erzeugten. Diese Frage muss jedoch noch eingehender erforscht werden, einerseits, weil die von mir an- gestellten Versuche, namentlich über Quartana, lange nicht genügen, andererseits auch, weil bis heute keine genauen Angaben über die Verteilung der einzelnen Malariaparasiten und über die Anzahl der primären Infectionsfälle nach den Regionen, Monaten u. s. w. existieren. Die unter Nr. ı geschilderten Versuche bestätigen, dass die Temperaturabnahme eine tödliche Wirkung auf die Parasiten, wenn sie sich noch im Darmlumen der Anopheles befinden, ausübt; man muss annehmen, dass, wenn die Temperatur unter eine bestimmte Grenze herunterfällt, sie verdaut werden. Meiner Meinung nach, wird die Geisselbildung und die Befruchtung durch eine zu niedrige Temperatur verhindert. Andererseits aber kann dieselbe unbeanstandet bis zu einem gewissen Punkte heruntergehen, nachdem die Befruchtung stattgefunden hat (und das Würmchen gebildet ist?). Deshalb glaube ich, dass, um fesstellen zu können, ob die verschiedenen Malariaparasiten einen verschiedenen minimalen Wärmegrad zu ihrer Entwickelung im Anophelesdarme brauchen, es notwendig ist, die niedrigste Temperatur zu studieren, bei welcher sich die Geisseln bilden können. Zu diesem Zwecke stellte Herr Dr. Martirano in meinem Laboratorium geeignete Unter- suchungen an, die er, wie folgt zusammenfasste. „Diese Untersuchungen, welche dahin zielen, möglichst genau, den niedrigsten Wärmegrad zu bestimmen, bei welchem die Halbmonde ihre Geissel bilden können, wurden während des ganzen vorigen December mit dem Blute eines rückfälligen Malariakranken angestellt, der zuweilen Fieber- anfälle zeigte. Die Schlussfolgerungen sind folgende: „1) In dem rasch eingetrockneten Blute waren nur Halbmonde vorhanden; die runden Formen wurden ausschliesslich bei dem nicht eingetrockneten Blute, wenige Minuten nach dessen Entnahme, wahrgenommen. Der Geisselbildung ging die Abrundung der Halbmonde voran, obwohl nicht alle sich abrundenden Halbmonde Geisseln bildeten.“ „2. Die Geisselbildung wurde niemals wahrgenommen, bei einer unter 17° C. stehenden Tem- peratur, trotzdem die Beobachtung der betreffenden Präparate mehrere Stunden lang fortgesetzt wurde.“ „3. Bei ı$° C., sah man nach etwa 25—30 Minuten die Geisselbildung bei mehreren Halb- monden auftreten. Zwischen ı8 und 20° C. rundeten sich nach 20-—30 Minuten zahlreiche Halbmonde ab und zeigten Geisselbildung,“ „4. Man bemerkte, dass immer nur ein Teil der in einem Präparate aufgenommenen Halb- monde Geisselbildung zeigte; wieder andere rundeten sich ab, ohne Geisseln zu bilden, und sehr viele blieben ganz unverändert.“ „5. Die Halbmonde zeigten das gleiche Verhalten, auch wenn man den Kranken hohe Chinin- dosen verabreichte.“ Leider mussten diese Untersuchungen unterbrochen werden und konnten nicht auf die Ter- tiana und Quartana ausgedehnt werden. Die Parasiten der Tertiana und die Halbmonde vollenden ihren Cyklus, d. h. sie gelangen in die Speicheldrüsen nach ca. 8 Tagen, bei einer beständigen Temperatur von 283—30° C. (21). 1) Kürzlich hat Koch auch in den Tropen zahlreiche Quartanafälle beobachtet. Deshalb muss man vielleicht annehmen, dass mir nur zufälligerweise die Entwickelung der Quartanaparasiten bei 30° C. nicht gelungen ist. Jedenfalls müssen die Versuche wiederholt werden. — 133 — Die Entwickelung der Parasiten nahm in Rom, im Juli und August, in einem nach Westen gelegenen und nachts geschlossenen Zimmer ı2—ı3 Tage, und im September (erste Hälfte) ı4 Tage in Anspruch. Bei niedriger Temperatur dauerte die Entwickelungsperiode verhältnismässig länger. Der mit dem Steigen der Temperatur abwechselnden Temperaturabnahme, war die Beschleunigung resp. Verzögerung in der Entwickelungsperiode entsprechend!). 7. Betrachtungen über den Verlauf der Malariaepidemie in Italien’). Die Beobachtungen über die zur Entwickelung der Malariaparasiten in den Azo- pheles nötige Temperatur, liefern uns die Erklärung des empirisch aufgestellten Gesetzes von dem Einfluss der Temperatur für den Verlauf der Malariaepidemie. Sie hängt aber auch mit der Amopheleszahl, welche im allgemeinen von Anfang April bis über die Hälfte Mai sehr gering ist, zusammen (s. Kap. II u. IV). Aus meinen in Mittel- und Süditalien angestellten Untersuchungen ergiebt sich, dass das Auftreten der infizierten AnopzAeles, namentlich in den heissesten Monaten des Jahres, Juni bis September, verhältnismässig stärker ist. Vom September an nimmt die Anzahl der infizierten AnopAheles allmählich ab, um Ende Dezember fast ganz zu verschwinden. Um jedem Missverständnis vorzubeugen, füge ich hier zwei Betrachtungen bei, die eine be- zieht sich auf die heissesten, die zweite auf die darauf folgenden Monate. Wenn ich von einem starken Auftreten infizierter Anopheles spreche, so meine ich damit, dass im allgemeinen auf 100 untersuchte Anopheles einer, die Infektion in den Speicheldrüsen zeigt, d. h. uns infizieren kann. Dieser Prozentsatz erscheint für den ersten Augenblick klein, in Wirklich- keit ist dies aber nicht der Fall, erstens weil die Zahl der Aropheles eine enorm grosse zu sein vermag, so dass ein Individuum jeden Tag monatelang, von hunderten von ihnen gestochen werden kann, zweitens, weil ein einziger Anopheles im stande ist 5, 6 und noch mehr Menschen zu infizieren und endlich, weil durch die unmittelbare Inokulation der Malariaparasiten ins Blut, dieselben im Gegen- satz zu anderen zahlreichen Parasiten, direkt zu ihrem Ziele gelangen können. Während der, den heissesten folgenden Monate, wenn die Beobachtung nur auf das Zimmer der Malariakranken beschränkt ist, kann man wohl den Eindruck erhalten, als ob die Anzahl der infizierten Anopheles eine viel grössere sei als vorher, namentlich, wenn der Winter mild ist. So haben wir Ende November (21)°) 1898 in einzelnen Zimmern, in welchen sämtliche Bewohner malariakrank waren, zu Maccarese bei Rom die infizierten Anopheles sogar im Verhältnis von 75 Proz. gefunden. Auch im Dezember desselben Jahres, fanden wir in diesen Zimmern viele infizierte Anopheles (die 1) Koch hatte behauptet, dass zur Reifung des J’roteosoma in dem Körper der Stechmücken eine gleichmässige Tempe- ratur von 24 oder darüber erforderlich sei. Kürzlich hat Ruge (Mitteilung aus dem Institut Koch’s in Berlin) berichtet, dass zur Entwickelung des deutschen Proteosomas eine Temperatur, die zwischen 16° u. 24° C. schwankt, genügt. Das italienische Proteosoma verhält sich, soweit ich gesehen habe, wie das deutsche. 2) Dionisi hat über dies Argument ausführliche Nachforschungen angestellt, seine Schlussfolgerungen sind noch nicht ver- öffentlicht. Da viele mir von ihm mitgeteilte Thatsachen benutzt wurden, und ich ohne dieselben schwerlich zu meinen Schlussfolge- rungen hätte gelangen können, halte ich es für meine Pflicht, jedweden Prioritätsanspruch Dionisi’s für dies Argument anzuerkennen. 3) Hier möchte ich mir eine kleine Digression gestatten. Gosio (43) wirft mir und meinen Mitarbeitern vor, dass „einem Maximum der infizierten Anopheles-Zahl, welches Ende November (in Maccarese) beobachtet wurde, anstatt einem Maximum neuer im November wahrgenommener Infektionen, ein Maximum neuer Infektionen etwa in der ersten Hälfte des Dezember hätte ent- sprechen müssen, in welcher Zeit genannte Autoren dagegen das Auftreten der Malaria als mild bezeichnen.“ Der Wahrheit gemäss muss ich gestehen, dass wir uns etwas anders ausdrückten. „Demensprechend waren die neuen Malariafälle sehr zahlreich im No- vember, um dann im Dezember weniger häufig zu werden.“ Ausserdem sind auch die, in diesem Kapitel besprochenen Einwirkungen der niedrigen Temperatur, sowie der Hibernation der Anopkeles, von welcher in den vorhergehenden Kapiteln IT und V die Rede war, in Rechnung zu ziehen. Dann kommt noch, dass im Dezember viele Einwohner von Maccarese schon von der Malaria befallen waren. = 134 _ Parasiten waren hauptsächlich im Magen vorhanden). Dieser Befund hängt damit zusammen, dass, wenn die Temperatur herab sinkt, die «lrzopAheles fast die Gewohnheit verlieren, ihre Wohnstätte zu wechseln. Daher kam es, dass die zu gleicher Zeit in den Ställen und Hühnerhäusern gefangenen Inopheles, welche sich dort hauptsächlich von dem Blute der Haustiere ernährten, fast nie infiziert waren. Ferner sei hier noch hervorgehoben, dass das Verhalten der Jahreszeit dabei einen sehr grossen Einfluss ausübt; aus diesem Grunde konnte ich im Dezember, der im Jahre 1899 verhältnis- mässig weniger mild war als im vergangenen Jahre, nur spärlich infizierte (nur im Magen) Ano- p/reles finden. Endlich muss ich hinzufügen, dass das Auftreten der Azopheles in den Monaten Oktober, November und Dezember unendlich viel schwächer ist, als in den vorhergehenden Monaten. Aus allen diesen Umständen lässt sich wohl erklären, warum ich, trotz der obenerwähnten Beobach- tungen doch darauf bestehe, dass im Oktober, November und Dezember die Zahl der infizierten 1o- Ppheles abnimmt. Im Jahre 1899 fand ich Anfang Juni, die ersten infizierten “Anopheles in der Magenwand (junge und mittlere Entwickelungsstufen) in Maccarese. Im Jahre 1900 habe ich die ersten 1o0- pheles mit der Infektion der Speicheldrüsen am ı4. Juni sowohl in Maccaresse als in der Salerno- Ebene gefunden. Vorher hatte ich in verschiedenen Zeiträumen, bei mehreren hundert Anopheles die Speicheldrüsen untersucht, ohne darin die Sporozoiten entdecken zu können, ebenso gelang es mir vor Ende Mai nie, in sehr vielen untersuchten “zopAelesmagen die Amphionten zu finden. [Im Jahre ıg01 untersuchte ich vom Monat Januar bis Mai, mehr als 500 aus Locate Triulzi, Maccarese und den Pontinischen Sümpfen herrührende Anopheles und fand deren nur zwei mit mittelmässig infizierten Speicheldrüsen, einen im Februar und den anderen im März; im ersten be- fanden sich noch auf dem Magen die Kapseln mit den betreffenden Restkörpern und stammten diese beiden Anopheles aus den Pontinischen Sümpfen. Ich fand keinen einzigen mit in der Entwicke- lung begriffenen Amphionten. Wann die obenerwähnten Sporozoiten sich entwickelt hatten, ist schwer zu sagen.] Es ergiebt sich also daraus, dass in Mittel- und Süditalien bis Anfang Juni, ausser seltenen Ausnahmefällen, keine Anopheles, die uns mit Malaria infizieren könnten, vorkommen. Ich war es, der zuerst (33) auf die Thatsachen aufmerksam machte, welche nach mir, dann auch von Koch mit einigen kleinen Abweichungen der Zeit, während welcher die Anopheles nicht infiziert werden, mitgeteilt wurden; nach Koch (1899) dauerte dieselbe 8 bis 9 Monate. Vor Kurzem hat jedoch auch er zugegeben, dass diese Dauer eine kleinere sei. Infolgedessen müssen im allgemeinen bis Juni nur ausnahmsweise primitive Malariafälle vor- kommen, wie es von Dr. Dionisi (33) zuerst bewiesen wurde. Dies stimmt auch mit der Be- hauptung des Volkes überein, nach welcher z. B. die Campagna Romana vom 8. Juni an und die Capaccio Ebene nach dem ı3. Juni gefährlich wird. Die jährlich auftretende Malariaepidemie muss von den Rückfällen der in dem vorausgegangenen Jahre stattgefundenen Infektion abhängen!). Die Recidiven der Tertiana müssen im allgemeinen denen der Bidua (Tropenfieber) vorangehen, weil neue Tertianainfectionen denen der Bidua voranzugehen pflegen. Ich kann deshalb nicht der Meinung Celli’s beiflichten, wenn er schreibt: „Es ist sonderbar, dass, während für Tertiana und Quartana die Rückfälle zunehmen, wenig bevor ihr epidemisches Jahr beginnt, die Bidua sich anders verhält. Es ist dies eine Frage, die noch eingehender Klärung bedarf.“ [In der kürzlich von Celli veröffentlichten Epidemiologie (Ai! della Societa per gli Studi della Malaria, Vol. II, 1901) liest man, dass noch andere dunkle Punkte über das Leben der Haemo- sporidien im Innern der Stechmücken, durch weitere Beobachtungen und Experimente aufgeklärt ı) Dass die Gameten im Blute wieder erscheinen können, ohne Symptome zu erzeugen, ist wenig wahrscheinlich; dass jedoch die Rückfälle sich auf unbedeutende Fieberchen reduzieren können, die zuweilen spontan verschwinden, ist gewiss; ebenso ge- wiss ist, dass die in einer Epidemie zugezogenen Biduen im Laufe der folgenden Epidemie recidivieren können. — 135 =— werden müssen, bevor man sagen könne, welches die intimen Beziehungen zwischen den Stech- mücken und der Malariaepidemie seien. Ich glaube, dass die Ungewissheiten, die C elli aufgestiegen, davon abhängen, dass er sich folgende Fundamentalthatsachen nicht klar gemacht hat. ı. Alle vorjährigen A. claviger sterben im Frühling (ungefähr Ende März und April); mit- hin können in keiner Weise die Anopheles, die sich gegen Ende der vorhergehenden Malariajahres- zeit infiziert haben, für das Auftauchen der Bidua, der neuen Malariajahreszeit (Juni, Juli) in Betrach- tung gezogen werden. 2. Wie ich gesagt und wiederholt habe, sind im allgemeinen in Mittelitalien die Anop%eles im Frühjahr bis ungefähr über die erste Hälfte des Monat Mai sehr spärlich. Wären dieselben da- gegen gemein, müsste ohne Zweifel, die neue Malariajahreszeit früher beginnen, wie sich dies in der Lombardei (Celli) zu bewahrheiten scheint, wo, der vielen Reisfelder wegen, die Anopheles enorm zahlreich sind und von mir schon Ende April in grosser Menge gefunden wurden. 3. In der Relation des unter der Leitung des Prof. B. Grassi in der Ebene von Capaccio angestellten Experimentes (Milano: Tipografia Civelli ıgor) sind folgende von Dr. F. Martirano abgefassten epidemiologische Notizen zu lesen. Im Juni traf man fast nur Tertianen, in den ersten vierzehn Tagen des Monat Juli herrschten bei weitem die Tertianen vor, neben wenigen Biduen. In der zweiten Hälfte des Monats Juli und im August nahmen die Tertianen nach und nach ab, um einen sehr grossen Prozentsatz von Biduen Platz zu machen ; ein Prozentsatz, der sich im September und noch auffälliger im Oktober aufrecht erhielt, in welchem letzterem Monat sich viel zahlreichere Halb- monde vorfanden als vorher. Die im Monat September sehr seltenen Quartanen wurden im Laufe des Oktobers weniger selten, besonders gegen Ende des Monats. Ich kann hinzufügen, dass die sicheren Fälle neuerer Infektionen sich am Orte unseres Ex- periments fast ausschliesslich als Tertianen, bis gegen Ende Juli, und als Biduen später, d. h. in den darauffolgenden Monaten erwiesen. Daher ist, meiner Meinung nach, jenes von mir weiter oben aufgestellte Gesetz, von den Reeidiven, die den Primitivformen vorangehen, gewiss. Dies (gesetz ist übrigens eine notwendige Folge, der bereits wohl bekannten Thatsachen, ausser man wolle die Trans- formation der Tertiana in Bidua vermuten, eine Vermutung, die sich bereits seit dem Jahre 1890 (Feletti und Grassi) als unannehmbar und jetzt, nach den von mir, Bignami, Bastianelli, Manson etc. gemachten absolut beweisenden Experimenten für unbestreitbar unrichtig erwiesen hat. 4. Wie aus den Daten Celli’s, Marchiafava’s, Dionisi’s etc. hervorgeht, bietet die Tertiana viele Recidivfälle im März und April dar; glücklicherweise können diese Recidivfälle nicht von den zu dieser Zeit sehr seltenen Anzopheles ausgenutzt werden, da ausserdem die Temperatur ziemlich niedrig ist. Im Oktober sind die Halbmonde viel zahlreicher, wie in den vorhergehenden Monaten, aber auch in diesem Monat, ist glücklicherweise die Anzahl der Anopheles schon sehr ver- mindert und die Luft bereits abgekühlt. Aus allem diesen geht hervor, dass für den, welcher bei Beginn der neuen Malariajahreszeit dafür Sorge trägt, die Recidivfälle von der neuen Infektion getrennt zu halten, alles klar werden muss. Wa- rum die Tertianarecidiven in gewissen Monaten und die der Biduen in gewissen anderen, warum im Frühjahre nur ganz ausnahmsweise Recidive von Biduen (Marchiafava und Celli) vorkommen, kann nur dadurch erklärt werden, dass die meisten Fälle Mischinfektionen sind, und dass man eine, einer gewissen Infektionsdauer, folgenden Art von temporärer Immunität gegen einen gegebenen Parasiten annimmt. Nehmen wir an, ein Mensch sei von den zwei in Rede stehenden Parasiten infiziert. Für eine gewisse Zeit herrscht diejenige der Bidua vor, nach und nach erwirbt der be- treffende Mensch eine gewisse Immunität und alsdann wird der Parasit der Tertiana Alleinherrscher; nachdem auch für diesen der Organismus eine gewisse Immunität erworben, herrscht von neuem der Parasit der Bidua vor. Warum der Biduaparasit in gewissen Jahreszeiten (die nach ihm den Namen erhalten) vorherrscht, ist sehr schwer zu erklären, vielleicht steht es in Beziehung mit dem Umstand, dass die Biduaformen in den wärmeren Klimas einen günstigeren Ambient finden.] 8. Die Malaria in den Tropen. e Leider sind die bisher in den Tropen angestellten Untersuchungen noch recht unvollständig und für uns kein sicherer Beweis, dass die Malaria ausschliesslich durch die Anopheles über- tragen wird. Hier muss ich daran erinnern, dass uns die Biologie der Parasiten, welche zwei Wirte zeigen, deutlich lehrt, dass weder der definitive noch der Zwischenwirt verwandte Formen zu sein brauchen. So kann z. B. die 7aenia leptocephala ausser in Ratten, ausnahmsweise auch in Menschen reifen, während dies im Körper anderweitiger Nagetiere niemals der Fall ist. Der Zwischenwirt wird für sie von einem Schmetterling, von einigen Käfern und einem Ohrwurm ge- bildet, während viele andere Schmetterlinge, Käfer etce., so viel man bis jetzt weiss, sie nicht beherbergen. 9. Zusammenfassung. Fasse ich ‚nun die in vorstehendem Kapitel auseinandergesetzten Thatsachen zusammen, so lässt. sich daraus folgern, dass durch die mitgeteilten und von verschiedenen Seiten be- stätigten Untersuchungen der Beweis geliefert worden ist, dass die Malaria der Menschen (in Italien) ausschliesslich durch die AnopzAeles, welche die Infektion nur da- durch erworben haben, dass sie Malariakranke stachen, verbreitet wird. Sämtliche in Italien lebenden Axophelesarten können die Menschenmalaria übertragen. Da nun Amopheles claviger die am häufigsten vorkommende Species ist, und sich gern in Wohnräumen, hauptsächlich in Schlafzimmern und Ställen, wo die Temperatur nicht zu sehr wie im Freien abzunehmen pflegt, aufhält, so muss er wohl als die hauptsäch- liche Ursache der Malariaerkrankung bezeichnet werden. Die übrigen Arten spielen. dabei eine weniger wichtige Rolle, tragen jedoch, besonders in gewissen Gegenden von Mittel- und Süditalien, auch ihrerseits zum .Auftreten der Malariaepidemie bei. Der Amopheles bifurcatws hat für die Malaria der Wälder eine besondere Wichtigkeit. KarıteL VI. Entwickelung der menschlichen Malariaparasiten im Anophelesleibe. In diesem Kapitel will ich hauptsächlich nachweisen, dass sich zwischen den neutralen, sich im menschlichen Körper rhythmisch nachfolgenden Generationen der Malariaparasiten, notwendiger- weise im geeigneten Moment eine geschlechtliche Generation im Anophelesleib einschaltet. Doch bevor ich zur Besprechung dieses Arguments übergehe, ist es notwendig, einige Be- merkungen über die Malariaparasiten im menschlichen Körper vorauszuschicken. 1. Voraussetzungen über die im menschlichen Körper lebenden Malariaparasiten. A. Metschnikoff’s Beobachtung. Es sei hier daran erinnert, dass eine Zeit lang, die Malariaparasiten des Menschen als einfache Veränderungen der Blutkörperchen betrachtet wurden, weil anscheinend kein exakter Beweis ihrer parasitären Natur ‘beigebracht werden konnte. 137 Metschnikoff war der erste, der im Jahre 1887 über diese Frage ein bedeutendes Wort sprach. Er erkannte, dass die Malariaparasiten Sporozoen seien, indem er sich hauptsächlich auf das Vorkommen der sogenannten (reisselkörper stützte, welche anderen, von ihm bei den Coccidien ent- deckten Formen ähnlich sind. Leider wurden diese Formen der Coccidien vernachlässigt und von den zahlreichen Autoren, ich miteinbegriffen, welche nach Metschnikoff sich mit der Lösung Malaria- frage beschäftigten, ganz übersehen. Die ganze Malariafrage hätte sicherlich eine ganz andere Richtung genommen, wenn schon seit 1887 dieser Vergleich Metschnikoffs berücksichtigt worden wäre. B. Entdeckungen der italienischen Forscher. Golgi unterschied im Jahre 1889 drei Malariaparasiten, (welche nach diesem Forscher Varietäten ein und derselben Species sind und sich vielleicht eine in die andere ver- wandeln können) und zwar gehört eine, den unregelmässigen Fieberformen, eine zweite der Tertiana und die dritte der Quartana an. Jeder dieser Parasiten zeigt einen Evolutions- und Reproduktions- cyklus, welcher genau dem Verlauf der Fieberanfälle entspricht. Golgi erklärte, dass hauptsächlich diese regelmässigen Cyklen den sichersten Nachweis lieferten, dass die von Laveran entdeckten Formen keine Entartungsprodukte, sondern Parasiten wären. Die Golgi’schen Entdeckungen sind trotz der vermuteten Umwandlung der Malaria- parasitenarten (welche von Feletti und mir vor allen verneint wurde) und trotz der mangel- haften Untersuchung der unregelmässigen Fieber (welche nachträglich von Marchiafava, Celli u. a. eingehend studiert wurden) von hohem Interesse, und wurden von sämtlichen Forschern bestätigt und bewundert. C. Kern der Malariaparasiten im Körper der Menschen. Schon ı887 teilte ich Celli meine Vermutungen mit, dass, wenn der vermeintliche Malaria- parasit wirklich ein solcher sei, er sehr wahrscheinlich einen Kern aufweisen müsse; wäre derselbe nicht vorhanden, so müsse seine parasitäre Natur noch fraglicher erscheinen, da man ihn alsdann der Gruppe der Moneren, einer Klasse deren Existenz immer unsicherer wird, zuweisen müsse. Etwa zwei Jahre später veröffentlichte Celli in Gemeinschaft mit Guarnieri eine interessante diesbezügliche Versuchsreihe mit Methylenblau. Nach diesen Forschern besitzen die pigmentierten Plas- modien ein tief gefärbtes Ektoplasma, ein sehr schwach gefärbtes Entoplasma (welches in dem dem Texte beigegebenen Abbildungen ganz farblos erscheint) und einen scharf begrenzten Körper, welcher entweder eine schwache Färbung oder in dieser ı-—2 stärker gefärbte Körperchen (in den Abbildungen sind dieselben stark gefärbt, wie das Ektoplasma), oder den stärker gefärbten Teil netz- förmig disponiert zeigt. Einige dieser Körper werden auch schon beobachtet, noch ehe die Plasmodien, deren Bewe- gungen sie folgen können, unbeweglich geworden. Aus dieser Eigentümlichkeit sowie aus ihrer Färbungsweise und ihrem beständigen Sitze, nämlich im Entoplasma selbst, darf man diese Körper als wahre und echte Kerne betrachten (so drückten sich die Autoren aus), wie dieselben unter gleichen Verhältnissen in vielen Myxomyceten vorkommen. In den pigmentlosen Plasmodien treten zu- weilen einzelne stärker gefärbte Punkte hervor, welche den Beginn der Kerndifferenzierung darstellen könnten. Dies wird auch bei den Sporen wahrgenommen. Die erwähnten Struktureigen- tümlichkeiten werden vermisst, sobald die Plasmodien in das Fortpflanzungsstadium übergehen. Bei Anwendung der gleichen Färbungsniethode gelang es den oben genannten Autoren, zu beobachten, dass in den Halbmondformen sich oft ein rundlicher, gegen das Centrum und in der Nähe der Pigmentmasse liegender Körper färbt (nach den Verfassern wird ein solcher Körper bei den Coccidien als Kern betrachtet); in den angegebenen Abbildungen wird dieser Körper gleich dem einen Cyto- plasmateil stark gefärbt dargestellt. Grassi, Die Malaria. 18 Es ist ferner noch hervorzuheben, dass die Verfasser mit den gewöhnlichen zur Färbung der Kerne üblichen Farbstoffen (Karmin, Hämatoxylin), keine Resultate erhielten. Aus diesen meinen unparteiischen Darstellungen ergiebt sich, dass Celli und Guarnieri den Kernsaft als Entoplasma bezeichnet und das nucleolusförmige Knötchen von Grassi und Feletti als Kern beschrieben haben. Das von ihnen als Kern betrachtete Gebilde färbte sich nicht stärker als das Cytoplasma; ausgenommen in den jungen Plasmodien und den Sporen, bei welchen sie es jedoch — wie aus den betreffenden Abbildungen und bez. Texte ersichtlich ist — oft nicht deutlich sahen oder nicht fanden. Im richtigsten Moment entzog es sich ihren Augen, und es gelang ihnen nicht, festzustellen, welchen Anteil dieser vermutliche Kern bei der Vermehrung hatte. Kurz vor Celli hatte Golgi in den Sporen der Quartana ein, im frischen Zustand glänzendes, durch Anilinfarbstoffe sehr deutlich färbbares Körperchen beobachtet, welches namentlich im Moment der Segmentation wahrzunehmen ist, und das wohl als Kern bezeichnet werden könnte. Dieses Körperchen wird in den Tertianaparasiten ganz vermisst, jedoch ist es wahrscheinlich, dass dieser Unter- schied in den Befunden nur von dem verschieden grossen Durchmesser abhängt. Wir glauben also (so lautet meine in Greemeinschaft mit Feletti gemachte Aussage) mit voller Berechtigung folgern zu dürfen, dass die Beschreibung und die Abbildungen Celli’s und Guarnieri’s, sowie die Beschreibung von Golgi die Anwesenheit eines Kernes vermuten liessen, jedoch wurde dessen Existenz nicht genügend sichergestellt. Feletti und ich nahmen daher die Frage wieder auf und kamen zu dem Schlusse, dass „bei den Malariaparasiten, gleichwie bei vielen anderen Protozoen, ein durch ein besonderes nucleolusförmiges Knötchen charakterisierter Kern besteht. Dieser Kern spielt die ihm zukommende Rolle bei der Reproduktion und zwar vermehrt er sich, soweit wir beobachten konnten, durch direkte Teilung“. Mannaberg hat nachträglich unsere Ergebnisse bestätigt. Auch er unterscheidet einen Kern, erkennt die eigentümliche Stellung des Cytoplasmas, die Trennung desselben bei einer be- stimmten Entwickelungsstufe in zwei Schichten u. s. w. an. Ferner, noch in Uebereinstimmung mit uns, hält er es für sehr wahrscheinlich, das die Teilung eine direkte ist; er weicht jedoch von unserer Auffassung ab, da nach ihm, dass nucleolusförmige Knötchen in einem gewissen Moment verschwände, während wir dies dagegen verneinen. Fast zu gleicher Zeit mit Mannaberg, fasste Romanowsky mit uns das von Celli be- schriebene Entoplasma als Kernsaft auf, jedoch entdeckte er in dem nucleolusförmigen Knötchen ein Chromatingerüst, welches in der Folge eine Chromosomengruppe bilden soll; die Vermehrung musste daher durch Karyokinese stattfinden. Die erwähnten Schlussfolgerungen wurden aber von der römischen Schule nicht angenommen. Neuerdings hat Ziemann mit grosser Geschicklichkeit die Romanowsky’sche Methode wieder aufgenommen und bestätigte zum grossen Teil die von Feletti und mir gemachten Be- obachtungen; da er aber unsere ausführliche Arbeit nicht kannte, glaubte er ganz neue Sachen beobachtet zu haben, und beschränkte sich darauf, unsere Arbeit zu kritisieren. Ganz besonders be- tonte er, dass der von uns vorgeschlagenen Methode kein Vertrauen zu schenken sei, was auch schon andere hervorgehoben hätten. Im folgenden teile ich unsere Methode mit und erlaube mir, etwas näher darauf einzugehen. Ein Tropfen einer verdünnten Methylenblau- oder Fuchsinlösung (ein Tropfen der gesättigten alko- holischen Lösung auf eine, dem Inhalt eines gewöhnlichen Uhrgläschens entsprechende Wassermenge) wird auf einen Objektträger gebracht; alsdann lässt man ein Deckgläschen, auf welchem ein Tröpfchen Malariablut gesammelt, leicht auf den Tropfen der Farbflüssigkeit fallen. Um beide Flüssigkeiten zu mischen, genügt es, das Deckgläschen seitwärts ein wenig aufzuheben und langsam wieder fallen zu lassen. Ein gut angefertigtes Präparat muss vollkommen durchsichtig sein. Auf diese Weise erhält man in der Regel eine intensive Färbung des nucleolusförmigen Knötchens; das Cytoplasma kann gefärbt — 139 — erscheinen oder auch nicht. Der Kernsaft bleibt farblos. Jedenfalls wird aber das nucleolusförmige Knötchen viel stärker gefärbt, als der übrige Teil des Parasiten. Wir wissen nicht genau, welche Wirkung die durch Mischung des Blutes mit der obenerwähnten, wässerigen Lösung eines Anilin- farbstoffes hergestellte Flüssigkeit auf die Malariaparasiten ausübt; sicher ist aber, dass durch die- selbe der Kern stets nachgewiesen werden kann, wie wir schon ı890 auch durch geeignete Ver- gleiche mit frischen, sowie ausser mit diesen, auch durch andere Methoden hergestellten Malaria- und anderen Protozoen-präparaten nachgewiesen haben. Schon damals machten wir darauf aufmerksam, dass diese unsere Methode nicht empfehlens- wert für das Studium der feinen Kernstruktur schien. Bei der von uns vorgeschlagenen Methode, kam die wässerige Anilinfarbstofflösung ohne vorhergegangene Fixierung sofort zur Anwendung; dies konnte wohl die feine Struktur ändern, konnte aber durchaus nicht den Kern schaffen, wenn er nicht schon vorhanden gewesen wäre. Andererseits verursachen auch die sehr zarten Fixierungs- mittel, wie Fischer kürzlich nachgewiesen hat, tiefgehende Veränderungen; daher darf man nicht eine Methode a priori beurteilen, vielmehr muss dieselbe erst in rationeller Weise mit anderweitigen Methoden kontrolliert werden. In unserem Falle fanden gar viele solcher Kontrollen statt, und die von Ziemann kam uns sehr gelegen. Vor Kurzem bestätigten uns Bignami und Bastianelli, der Hauptsache nach, die von Ziemann gemachten Beobachtungen, und, obwohl ihre Auffassung teilweise abwich, hielten sie es doch für zweckmässig, ihre Unterscheidung in chromatisches Cytoplasma, achromatisches Cytoplasma und chromatisches Körnchen fallen zu lassen und zu unserer Auffassung des Cytoplasmas und Kern mit nucleolusförmigen Knötchen zuzrückzukehren !). Vergleicht man die Ziemann'schen Schlussfolgerungen mit den von uns 1890 angegebenen, so ergiebt sich folgendes: ı) Er hat im wesentlichen jene Teilungsart des Kernes, welche wir schon seit 1890 fest- gestellt hatten, bestätigt. Zur Bekräftigung meiner Aussage habe ich hier in diesem Werke einige Abbildungen aus dem Ziemann’schen Buche (I, 96, 97, 99), sowie einige aus unserer 1890 heraus- gegebenen Arbeit (I, 102— 104) wiedergegeben. 2. Sein Chromatinkorn entspricht augenscheinlich unserem nucleolusförmigen Knötchen, wie ein Vergleich der erwähnten Abbildungen lehrt. 3. Ziemann bemerkt des Weiteren, dass das kompakte Chromatinkorn in dem jungen Para- 3% siten allmählich mit der Vergrösserung desselben aufgelockert wird. 4. Nach Ziemann existiert die von uns angegebene Kernmembran nicht. »Einige Male glaube ich jedoch,« fügt er hinzu, »in der achromatischen Zone ein ganz ausserordentlich feines (rerüst- werk wahrgenommen zu haben.» — In unserer erwähnten Arbeit haben wir bereits etwas Aehnliches beschrieben. Es könnte wohl möglich sein, dass durch die von Ziemann angewendete Abtrocknungs- methode die Kernmembran ununterscheidbar wird. Sicher ist, dass man schon am frischen Präparate, um den Kern herum, manchmal eine deutliche Grenzlinie wahrnehmen kann, welche die Meinung rechtfertigt, dass es sich dabei um eine Kernmembran handelt; mit unserer Methode wird sie ganz deutlich unterschieden, wenn sie auch, wie schon ı890 von uns hervorgehoben wurde, ausserordentlich zart ist; wer aber kann ausschliessen, dass es sich hier nicht um ein künstlich erzeugtes Gebilde handelt? Auch der Umstand, dass bei unserer Methode, das Pigment nie in den Kernsaft eindringen kann, berechtigt meines Erachtens zu der Behauptung, das thatsächlich eine den Kern begrenzende verdickte Schicht existiert, welche wir für eine, wenn auch ausserordentlich dünne Kermembran halten können. Auch scheint das Vorhandensein der Kernmembran noch dadurch bestätigt, dass bei Anwendung unserer 1) Auch wir (Grassi und Feletti) hatten bereits bemerkt, dass der junge Parasit einzelne Fragmente von roten Blut- körperchen enthalten kann. 18* — 140 — Methode der Kern wohl rundlich bleibt, aber anschwillt, was beweist, dass Wasser in denselben ein- dringt. Endlich sei noch bemerkt, dass man bei den, nach der Methode Romanowsky angefertigten Präparaten nicht selten grosse Parasiten findet, deren Kerne aus dem Protoplasma in das rote Blut- körperchen hineinragen; in diesen Fällen scheint wirklich eine sehr feine Membran vorhanden zu sein. 5. Die Auffassung Ziemann’s, nach welcher das Chromatin der Halbmonde in der über- grossen Mehrzahl der Fälle gänzlich verschwindet, ist unbegründet. Von anderen Forschern wurde dessen Anwesenheit durch Wasserdämpfe nachgewiesen (Sacharoff); so wird das Blut, anstatt es direkt mit einer wässerigen Anilinfarbstofflösung zu behandeln, den Wasserdämpfen ausgesetzt. Ich werde hierauf noch später zurückkommen. Das, was ich bis jetzt über die Kerne der Malariaparasiten mitgeteilt habe, steht mit unseren heutigen Kenntnissen über die Protozoen, namentlich aber über die Sporozoen nicht in Widerspruch. Diese Kernfrage wurde hauptsächlich durch die Untersuchungen Schaudinn’s eingehend erklärt. Bei den übrigen Sporozoen wird das seiner Zeit von uns, als nucleolusförmige Knötchen be- zeichnete (sebilde der Malariaparasiten heute Karyosom genannt (früher hätte man es wohl Nucleulus genannt). So haben also ich und Feletti zuerst den sichern Nachweis geliefert, dass die Malariaparasiten einen Kern wie die anderen Protozoen besitzen, und wird diese Thatsache heute auch im allgemeinen acceptiert. Es war meine Absicht, mich eingehender mit der Struktur der Malariaparasiten im Körper der Menschen durch Schnitte des vermittels der bekannten cytologischen Methoden conservierten Blutes und der Organe, anstatt der Abtrocknung, zu beschäftigen; leider aber fehlte mir die Zeit dazu und muss ich mich darauf beschränken, hier nur einige mit Romanowsky’schen Methoden von mir angestellten Untersuchungen mitzuteilen. Bei den mit dieser Methode angefertigten Präparaten, erscheint zuweilen das Chromatin (l,ı10) deutlich in Chromosomen, welch letztere in doppelter Reihe angeordnet sein können, sodass man an eine geteilte Kernplatte und daher an eine Karyokinese denken kann. Diesbezüglich sind auch die in der kürzlich erschienenen Arbeit von Bastianelli und Bignami (5) angegebenen Fig. 4 und 7 auf Tafell zu berücksichtigen. Es handelt sich zweifelsohne dabei um Teilungstadien: ihre Bedeutung ist schwer zu bestimmen. Es können auch Stadien beobachtet werden (I, ı 11), in welchen die Chromosomen einer jeden Kernplattenhälfte entweder teilweise oder fast vollständig miteinander verschmolzen er- scheinen. Auch in diesen Fällen könnte es sich, obwohl die Auffassung etwas gekünstelt wäre, um Karyokinese handeln. Dieser Auffassung steht jedoch die Thatsache gegenüber, dass in zahlreichen Fällen eine typische direkte, einfache oder mehrfache Teilung der Chromatinmasse stattfindet. Zu diesem Zwecke habe ich mehrere Abbildungen von Ziemann, Grassi und Feletti wiedergegeben, bei welchen die Vorgänge ganz deutlich sind (I, 96— 106). Wird das nucleolusförmige Knötchen als ein einziges Chromosom aufgefasst — diese Auf- fassung war schon von Feletti und mir seit 1890 ausgedrückt worden — so könnte auch in diesen letzteren Fällen, der Vorgang auf eine Karyokinese zurückgeführt werden: dieser Begriff ist aber mit zahlreichen cytologischen Streitfragen verbunden, mit denen ich mich hier nicht beschäftigen kann. D. Benennung der verschiedenen Stufen der Malariaparasiten, auch im Anopheleskörper. Der oben geschilderte Vorgang führt zu der wohlbekannten Golgi’schen Sporulation. Die Bezeichnung Sporulation muss heute abgeändert werden, wie auch neue Bezeichnungen für die Sporozoen nötig geworden sind. Ich erlaube mir deshalb schon jetzt folgende Nomenklatur vorzuschlagen; dabei werde ich mich in der Hauptsache an die Vorschläge Häckel’s halten, der in seiner „Systematischen Phylogenie“ zahlreiche, grösstenteils sehr passende, neue Namen eingeführt hat. — 141 — Bei meinen, hier folgenden diesbezüglichen Vorschlägen gehe ich von dem Standpunkte aus, dass es notwendig ist, die Benennung der verschiedenen Entwickelungsstufen der Malaria- parasiten und der Sporozoen mit denjenigen der einzelligen Lebewesen überhaupt, in Zusammenhang zu bringen. Wie schon gesagt, können die Malariaparasiten sich auf neutralem (ungeschlechtlichem) und geschlechtlichem Wege fortpflanzen. Die erste Vermehrungsart, die eben im menschlichen Körper stattfindet, wird Monogonie, der zweite, welche im Anophelesleib vor sich geht, Amphigonie genannt. Diese beiden Vermehrungsarten wechseln bis zu einem gewissen Punkte ab, und daher stammt die Bezeichnung Cytometagenesis für die Wechselgeneration der Malariaparasiten (s. weiter unten). Die Monogonie sowohl wie die Amphigonie werden durch Sporulation oder genauer conitomische Sporogonie s. Conitomie (Staubteilung) bewirkt. Schaudinn (der berühmte Ent- decker des Generationswechsel der Coceidien 1897) schlägt für die Monogonie die Bezeichnung Schizogonie vor, welche mir jedoch überflüssig erscheint, und beschränkt die Bezeichnung Sporogonie auf die Amphigonie. Die Produkte der Conitomie, sowohl für die Amphigonie, wie für die Monogonie, werden nach der schon längst üblichen Nomenclatur, Sporozoiten genannt, ich halte eine besondere Bezeichnung, wie sie von Simond vorgeschlagen und von Schaudinn acceptiert wurde (Merozoiten), für die aus der Monogonie stammenden Sporozoiten für überflüssig. Doch würden vielleicht besondere Bezeichnungen für die, durch Amphigonie und Monogonie erzeugten Individuen am Platze sein. Die von mir vorgeschlagenen Benennungen Monont für das durch Monogonie erzeugte In- dividuum und Anıphiont für das aus der Amphigonie stammende Individuum, können auch für die übrigen Protozoen Anwendung finden. Mein Monont wird von Schaudinn Schizont und mein Amphiont, Copula, Ookinet, Oocyste genannt. Einzelne Mononten verwandeln sich in Gameten, welche im menschlichen Körper steril (immer?) bleiben; Mac Callum kommt das Verdienst zu, bewiesen zu haben, dass die sogenannten Halbmonde eigentlich Gameten sind. Dionisi und ich haben die für andere Haemosporidienformen schon bekannten Befunde zusammengestellt und_ gefolgert, dass auch in den letzteren, ähnlichen Gameten zur Ausbildung kommen, welche bereits als erwachsene, nicht sporulierende Formen, oder als grosse, freie, pigmen- tierte Körper, oder als sterile Forma der Tertiana und Quartana oder als Sphären bekannt waren. Die Richtigkeit dieser unserer Vermutung wurde nachträglich von mir in Gemeinschaft mit Bignami und Bastianelli bewiesen !). Diese Gameten sind von zwei Arten; und im menschlichen Körper unterscheiden wir die Makrospore, auch Ooid genannt (Makrogamet von Schaudinn) und das Antheridium (Mikrogametogen von Grassi und Dionisi, Mikrogametocyt von Schaudinn u. s. w.). Nach der Herausgabe der (im Cent. f. Bakt. u. Parasitenkunde I. Abt. erschienenen) zusammen- fassenden Darstellung über die Ergebnisse der neueren Sporozoenforscher von Lühe (56) und des Report von Ross (1900) (77) erachte ich es für notwendig, hier eine Tabelle der von mir vor- geschlagenen, Häckel folgenden, Nomenklatur einzuschieben, in welcher meine neuen Benennungen mit denen von Schaudinn, Ray Lankester, Ross und Koch verglichen werden. Der Voll- ständigkeit wegen, habe ich auch die von den vorhergehenden Verfassern angewandte Nomenklatur 1) Celli hatte bereits die Aufmerksamkeit auf diese Form gelenkt, er hatte dieselbe auch bei den Vögeln beschrieben und sie mit den Halbmonden verglichen; alles sehr genaue Beobachtungen, welche heute nur in anderer Weise aufgefasst werden. Schon mehrere Monate vor uns hatte Manson (59) teilweise die von Dionisi und mir genauer bestimmte Erscheinung vorausgesehen. 142 beigefügt (Marchiafava, Celli u. a.). Es freut mich, hier konstatieren zu können, dass Lang in der neuen Auflage seines klassischen Lehrbuchs der vergleichenden Anatomie (1901) die Nomenklatur- Häckel-Grassi grösstenteils annimmt, welche von mir in beistehender Tabelle wiedergegeben wird. (Diese Tabelle wurde bereits fast gleich 1900 veröffentlicht.) 1E Haeckel-Grassi 10, Schaudinn | Ray Lankester Ross | III. NG Koch VI Aeltere Autoren 1. Monogonie (neu- trale Generation) durch conitomi- sche Sporogonie (Conitomie) [#7 . Monont . Sporozoit (mo- nogonisch) !) [977 ee l Makro- spore (Ooid, Makroga- met) ) Antheridi- um?) un Gameten Mikro- spore (Spermoid, Mikroga- met) I 7: Amphigonie (ge- schlechtl. Gene- ration) durch co- nitomische Spo- | (Coni- | rogonie tomie) 8. Amphiont ?) (wenn beweg- lich: Würmchen) phigonisch) Meine Hypothese ist folgende: Die Makrospore, sowie vielleicht auch die Mikrospore, können sich durch Parthenogenesis vermehren, und zwar durch jene Modalitäten, die als Teilung und Schizogonie Schizont | | I} Merozoit Makrogamet Mikrogametocyt Mikrogamet Sporogonie Copula, Ookinet | Oocyste | .Sporozo:t (am- | Sporozoit | \ Endogene Ent- | wickelung Oudeterospore *) | Amoebula or My- xopod — Spo- rocyte Nomospore Spore Gynospore Makrogamete) Weibliches Indi- Gametoeyte —— -—— | ‚ Männlicher Pa- rasit Androspore | Mikrogamete Spermatozoon (Männliches Individuum) °) Exogene Ent- wickelung Würmchen und coecidienartige Kugel Gametospore Zygote Gametoklast or Blast Sichelkeime Gametoblast | E. Parthenogenesis der Gameten? viduum, Weib- | liche Parasiten | Sporulation Plasmodium, Amoeba Spore, Amoebula, Gymnospore Sterile, degenerative, geis- selbildende Forme; Sphäre; freie Sphäre; Halbmond; , Geisselkörper; Laverania; grosser, pigmentierter, freier Körper Geissel Knospung, welche untereinander so grosse Aehnlichkeit zeigen, bezeichnet werden. Im Nachfolgenden gebe ich die Argumente, die zu Gunsten meiner Hypothese sprechen. 1) Anstatt Sporozoit könnte man einfach die Bezeichnung Gymnospore anwenden (Grassi und Feletti 1890). 2) In den Präliminärnoten gebrauchte ich die Bezeichnung Mikrogametogen. 3) In den Präliminärnoten gebrauchte ich auch die Bezeichnung Zygot. 4) Any spore which ıs not differentiated so as to be male or female. 5) Koch (47) Seite 17 und Lühe (57) Seite 61. I. Direkte Beobachtungen. — Eine Vermehrung, welche als Parthenogenesis gedeutet werden kann, ist bereits von mehreren Autoren erwähnt worden. Die erste diesbezügliche Beobachtung wurde, wenn ich nicht irre, von Feletti und mir gemacht. „Im frischen ungefärbten Blut haben wir Halbmonde, welche mit S-förmigen Kern und zuweilen mit zwei deutlich, von Pigment umgebenen Kernen versehen waren, vorgefunden. Selten konnte eine Einschnürung eines mit zwei Kernen versehenen Halbmondes beobachtet werden; und lag der eine Kern diesseits, der andere jenseits der Einschnürung. Unserer Ansicht nach stellen diese Gebilde ein Vorstadium der Vermehrung dar.“ Unsere Beobachtungen wurden alsdann von Mannaberg bestätigt; ihm gelang auch die totale Teilung wahrzunehmen, so dass er daraus schloss, dass der Teilungsvorgang bei den Halb- monden sichergestellt se. Auch Ziemann machte die gleiche Beobachtung, er entdeckte aber noch eine schmale Verbindungsbrücke zwischen den zwei neuen Individuen. Ueber die Tertiana- und Quartanaparasiten, sowie über die Zaemamoeben der Vögel fehlt uns jede ähnliche Angabe. Bei den Tertiana- und Quartanagameten wurde aber eine Art Knospung beobachtet, welche vielleicht mit dem obenerwähnten Vorgang in Zusammenhang stehen konnte; derselbe wurde auch bei den Halbmonden wahrgenommen. Aehnliche Beobachtungen wurden bezüglich der YZaemamoeba der Vögel gemacht (Celli, Sanfelice)!). Labbe hat im Halteridium einen Sporulationsvorgang beschrieben, welcher weder von Mac Callum, noch von Opie, von Laveran, noch von mir bestätigt werden konnte; zweifelsohne hat er Gebilde vorgefunden, welche in der von Feletti und mir veröffentlichen Abhandlung unter Fig. 10a gezeichneten Form ähnlich waren. Wir hatten schon bei der Erklärung dieser Figur bemerkt, dass dieselbe einer Sporulationform ähnelt, es.aber in Wirklichkeit nicht sei. Es scheint uns daher, dass bei dem Halteridium die neutralen Generationen ganz fehlen. In demselben fanden wir nur die Reproduktion durch Teilung der Gameten (Parthenogenesis)?) vor. II. Durch Analogien mit den Sporozoen hergeleitete Argumente. — Siedlecki (83) hat nach gewiesen, dass bei der Adeleaovata die männlichen sowie die weiblichen Gameten einige durch conitomische Sporogonie sich vollziehende Generationen zeigen, welche mit Giard für partho- genetisch gehalten werden könnten‘). Man bemerke jedoch, dass die männlichen Individuen nur männliche und die weiblichen In- dividuen nur weibliche erzeugen können. Das Ausfallen eines Entwicklungscyklus, wie ich es beim Halteridium vermutet habe, darf uns nicht weiter Wunder nehmen; Siedlecki hat auch bei der Benedenia das Ausbleiben der eben- genannten endogenen Generationen feststellen können, welche bei der Adelea stattfinden. ı) Diese Interpretation wird aber hinfällig, wenn man annimmt, dass die von den Gameten gebildeten Knöspchen Rich- tungskörperchen sind (s. weiter unten). 2) „In dem peripheren Taubenblute haben wir einige, auf der höchsten Entwicklungsstufe befindliche Halteridien ge- funden; welche sich in der Mitte abschnürten, so dass jede einzelne Hälfte eine Kernhälfte enthielt. Aehnliche, aber schon zweige- teilte, Halteridien, eine jede mit einem Kern, kommen nicht selten vor (Grassi und Feletti 1890).“ Diese Angaben hat Laveran (50) kürzlich bestätigt. Die Abbildung, die er von dieser Teilung giebt, betrifft ein weib- liches Individuum. Laveran (52) hat dabei wahrgenommen, dass der Kern bei der in Rede stehenden Teilung die ihm zukommende Rolle spielt. Neuerdings hat er die Vermutung aufgestellt, dass bei dem Halteridium auch neutrale Generationen vorkommen; jedoch sind seine zur Begründung dieser Behauptung gemachten Angaben bis jetzt als ungenügend zu betrachten. 3) Schaudinn nimmt an, dass die von mir, möglicherweise für parthenogenetisch gehaltene Generationen der Adelea un- geschlechtliche Generationen, wie sie bei Coccidien vorkommen, darstellen, mit dem einzigen Unterschiede, dass bei Adelea schon in den ungeschlechtlichen Generationen sich eine Trennung der Individuen in Geschlechter bewahrheite. Schematische Darstellung des Zeugungskreises von Trichosphaerium Sieboldi Schm. (Nach Fritz Schaudinn aus Lang.) . I. Ausgebildeter Amphiont. IA und IB ambulante Vermehrung desselben und zwar IA Zweiteilung, IB Zerschnürungsteilung. — 1a, — II. Conitomie, III. Auswanderung der Sporen. IV. Junger Monont. V. Derselbe in lebhafter Kernvermehrung. VI. Ausgebildeter Monont. VIA und VIB ambulante Vermehrung der Mononten, und zwar VIA Zweiteilung. VIB Zerschnürungsteilung. VII. Monont in lebbafter Kernvermehrung zur Conitomie. VIII. Conitomie, Ausschwärmen der Zoosporen (Flagellosporen). IX., X., XI., XII. Copulation (Karyogamie) von zwei Flagellosporen. XIII. Bildung der Stäbshenhülle und erste Kernteilung des jungen Amphionten XIV. Junger Amphiont, etwas weiter ausgebildet. III. Durch entfernte Analogien mit Sarkodinen geführte Argumente. — Der besseren Erklärung halber, füge ich hier zwei schematische Abbildungen bei; die erste bezieht sich auf den nach meiner Auffassung zu betrachtenden Entwicklungscyklus der Malariaparasiten (Tafel V, rechte Hälfte) und die zweite auf einen, von Schaudinn untersuchten Rhizopoden, das Trichosphaerium Sieboldi (Fig. ı3 im Texte))). Aus dem Zeugungskreise von Trichosphaerium ergiebt sich, dass bei ihm, gleich wie bei den Malariaparasiten und bei zahlreichen — sehr wahrscheinlich bei allen — Protozoen, notwendigerweise die Befruchtung (IX, X, XI, XII) und mithin eine amphigonische Generation (XIII, XIV, I, IA, IB, II, III), welche abwechselnd mit monogonischen (fenerationen vorkommt (s. übrige Figuren), auftritt. Sowohl die monogonischen Generationen, wie die amphigonische Generation, können durch Zweiteilung, durch Zerschnürungsteilung und Conitomie zustande kommen (IA, IB, II, III, und VIA, IB SVIESVIT): Vergleicht man diesen Cyklus des Trichosphaerium mit dem der Malariaparasiten, so er- giebt sich in deutlicher Weise, dass bei letzteren die Zerschnürungsteilung und Zweiteilung nicht dar- gestellt sind, es kann uns daher nicht so sehr wundern, wenn ähnliche Reproduktionsarten auch bei den Malariaparasiten gefunden wurden. Fasse ich nun die bei den Malariaparasiten wahrgenommenen Befunde zusammen und ziehe das, wasfür die Adelea, Trichosphaerium, Volvox und überhaupt bei sämtlichen Protozoen entdeckt wurde, in Rechnung, so darf ich — wenigstens vorläufig — die Arbeitshypothese für berechtigt halten, dass auch bei den Malariaparasiten, die Parthenogenesis (d. h. der Gameten) durch Knospung und Zweiteilung auftritt. Das weitere und eingehendere Studium der Quartana, bei welcher die Geissel- körper sehr spärlich, während die Sphären, welche keine Geisseln bilden (Makrogameten?), viel zahl- reicher sind, wird diese Frage vielleicht besser erklären können ?). Durch diese meine Hypothese, wäre wohl die eigentümliche Erscheinung der nach mehr oder weniger langen Pausen vorkommenden Malariarückfälle zu erklären, d. h. die parthenogenetische Fort- pflanzung würde dann auftreten, wenn die betreffenden, scheinbar geheilten Kranken von einem neuen Fieberanfall befallen werden. Der Rückfall tritt zuweilen nach einer kurzen Zwischenperiode auf, und in diesem Fall. halten wir eine Erklärung für überflüssig). Dasselbe gilt jedoch nicht von Rückfällen, welche Wochen und 1) Hier möchte ich auch auf den Zeugungskreis von Volvox (s. w. u.) aufmerksam. machen. 2) In der bezüglichen Litteratur finden wir einige Fälle von experimentellem, durch Injektion von nur Halbmonde enthalten- dem Blute, hervorgerufenem Malariafieber vor; solche Untersuchungen müssten unter Vermeidung jeder möglichen Fehlerquelle wieder- holt werden. 3) Vgl. die von Bignami und Bastianelli 1894 (4) veröffentlichten Untersuchungen über Malariainfektion. Nach diesen Autoren werden die Rückfälle nach langen Pausen durch hypothetische, mit einer Membran versehene Sporen bedingt. 19 Grassi, Die Malaria, _— 146 = Monate nach dem letzten Fieberanfall auftreten. Diese Thatsache könnte, ohne dass man die Ga- meten-Parthenogenesis anwendet, durch weitere zwei Hypothesen erklärt werden: entweder müsste man annehmen, dass die Entwicklung der Mononten längere Zeit aufhört (was sehr sonderbar wäre), oder man müsste glauben, dass, nachdem die Fieberanfälle aufgehört haben, im Blute noch einzelne Mononten zurückbleiben, deren nachfolgende Generationen grösstenteils verloren gehen würden, weil der Wirt keinen, für sie geeigneten Ambient bietet; letzterer würde aber allmählich zweckent- sprechend, und die Zahl der Parasiten eine beträchtlichere, so dass diese endlich einen neuen Fieber- anfall hervorrufen könnten. Obwohl diese zweite Hypothese etwas unwahrscheinlich klingt, darf sie jedoch nicht a priori zurückgewiesen werden. Ehe ich mich von der Besprechung dieser Frage abwende, mache ich noch auf unsere 1890 herausgegebene Abhandlung aufmerksam, welche verschiedene Bemerkungen enthält, die für die weitere Untersuchungen, über die vermutliche Parthenogenesis der Malariaparasiten nützlich sein können. „Es kann wohl vorkommen, dass ein apyretischer Malariakranker, dessen Blut Halbmonde enthält, frei von Fieberanfällen bleibt. Jedoch haben wir des öfteren, bei den nach längeren Unter- suchungen auftretenden Fieberanfällen beobachten können, dass die Halbmonde um so zahlreicher werden, je mehr sich die neuen Fieberanfälle näherten. Zuweilen waren sie schon mehrere Tage vor diesen neuen Anfällen sehr zahlreich, um dann während der letzteren bis zum völligen Schwinden abzunehmen. Nur in äusserst seltenen Fällen verschwanden die Halbmonde, ohne dass sich neue Fieberanfälle einstellten.“ F. Wo und wie entwickeln sich die Gameten? Es wäre von. verschiedenen Gesichtspunkten aus interessant, die Bedingungen bestimmen zu können, unter welcher die Gameten zur Entwicklung kommen. Schon als ich mir zum erstenmal die Sache überlegte, schien es mir möglich, dass sich die Gameten in besonderen Organen des mensch- lichen Körpers entwickeln könnten, und mein Augenmerk wurde durch Professor Marchiafava auf das Knochenmark gerichtet. Kürzlich behaupteten Bignami und Bastianelli, dass die halbmondförmigen Gameten aus dem Knochenmark herstammen. Nach diesen Beobachtungen muss man sich fragen, ob das, was obige Autoren im Jahre ı890 über die Gametenbildung mitgeteilt haben, heute noch zu Recht besteht. Im Jahre ı890 beschrieben Bignami und Bastianelli die Bildung der Halbmonde, wie folgt: „Am 7. oder 8. Krankheitstage sind im Milzblut und ausnahmsweise, d. h. in Fällen, in welchen die Parasiten zahlreich vorhanden sind, im Fingerblut kleine pigmentierte, ovale oder spindel- förmige Körperchen zu beobachten, deren Entwicklung bis zum ausgewachsenen Halbmond zu ver- folgen ist. Während das Blut der Milz in den ersten Fieberanfällen, insbesondere wenn der Stich zu Beginn des Anfalls ausgeführt wird, rundliche, endoglobuläre, im Centrum pigmentierte Körper- chen, sowie Sporulationen, die aus den letzteren hervorgehen, aufzuweisen pflegt, nimmt nach einer wechselnden Zahl der Anfälle, eine gewisse Anzahl, von im Centrum pigmentierter Körperchen, an- statt Sporulation darzubieten, eine ovale oder spindelförmige Form an und entwickelt sich bis zu dem sichelförmigen Körperchen.“ Im Jahre 1899 hingegen beschreiben genannte Autoren, die Bildung der Halbmonde im Knochenmark wie folgt: : Sie schicken voraus, dass die kleinsten der Jugendformen der Halbmonde, „und diese in unvergleichbarer Menge, nur im Knochenmark vorzufinden sind. Es ist mithin gerechtfertigt anzu- nehmen, dass die Halbmonde, (wie wir dies bereits an anderer Stelle ausgesagt haben) sich im Knochenmarke bilden.“ _— 147 en „Die kleinsten Gebilde, welche wir mit Gewissheit von den Halbmonden ableiten können, enthalten verhältnismässig viel Pigment, wenn ihr Volumen ein wenig grösser ist, als das der kleinen Ringe. Wenn mithin die Halbmonde anfänglich wenig von der gewöhnlichen Amöbe ab- weichen, differenzieren sie sich doch bald und nehmen ganz eigentümliche, morphologische und biolo- gische Merkmale an.“ „Unsere Beschreibung beginnt mit diesen sehr jungen Gebilden; dieselben sind etwas grösser als eine pigmentlose oder mit feinen Körnchen versehene Amöbe und scharf begrenzt; ihr lichtbrechen- des Vermögen ist stärker und ganz charakteristisch; das Pigment ist zerstreut oder in Häufchen von Nadeln angesammelt, welche das typische Aussehen besitzen, das bei den ausgewachsenen Halb- monden wahrzunehmen ist. Mit dem Wachstum des Parasiten vermehrt sich auch das Pigment, je- doch nicht in gleichem Masse bei allen Individuen, so dass pigmentreiche und — arme Halbmonde vorhanden sind. Bei den mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten (welche wir von an Perniciosa gleich nach ihrer Aufnahme ins Spital zu Grunde gegangenen Kranken, !/, Stunde nach dem Tode, aus dem Knochenmark der Rippen erhielten) zeigt der junge Halbmondkörper eine blaue Färbung, welche an der Peripherie etwas tiefer und im Centrum sehr blass ist; mit Romanowsky’s Methode behandelt, nimmt der Protoplasmakörper eine gleichfalls an der Peripherie tiefer blaue Färbung an, und in dem blassen Teile liegt das Chromatin, welches als mehr oder weniger nahe an einander gedrängte Stäbchen auf- tritt. Diese Anordnung des Chromatins in Gestalt von getrennten Stäbchen, ist bei dem Halbmonde ein konstanter Befund, während bei den, dem andern Cyklus angehörenden Parasiten, die Chromosome blos an den Vermehrungsphasen zu erkennen sind.“ Schon im Jahre ı890 hatte Feletti und ich bemerkt, dass die damals von Bignami und Bastianelli vertretene Auffassung auf einem Irrtum begründet sein musste und drückten uns, s. Z. folgendermassen aus: „Bei den Halbmondformen umgiebt das Pigment den Kern, während die Zaverania, wenn das Pigment im Centrum angesammelt ist, schon verschiedene Kerne aufweist.“ Weitere Untersuchungen über die Entwickelungsherde habe ich nicht anstellen können; jedenfalls aber bleibt infolge der neuen Untersuchungen Bignami’s und Bastianelli’s das bestätigt, was bereits angenommen wurde, nämlich, dass die Halbmonde sich im Knochenmark entwickeln, wo ausserdem auch Mononten in verschiedenen Entwickelungsstufen und unter ihnen auch viele aus- gewachsene und viele sporogonisch sich vermehrende Individuen vorkommen. Dies ist der sichere Beweis dafür, dass die Produktion der Gameten nicht die Folge der Entwicklung der Parasiten in bestimmten Organen ist, weil in diesen nämlichen Organen auch die eigentlichen Mononten gleichzeitig reifen und sich teilen. Somit wird also die Möglichkeit des besonderen Sitzes der Gametenproduktion ganz aus- geschlossen, und man muss nach einer anderen Erklärung suchen. Wenn man die Litteratur durchgesehen hat, möchte man fast annehmen, die Produktion der Gameten einer gewissen Immunität zuzuschreiben, welche der Organismus durch die wiederholten Fieberanfälle nach und nach gegen die Malariainfektion erwirbt, wenn nicht bewiesen wäre, dass die (rametenentwickelung schon nach den ersten Fieberanfällen anfängt, d. h. also zu einem Zeitpunkte, wo von Immunität noch gar nicht die Rede sein kann. Auf Grund der bis heute gesammelten Thatsachen, scheint es uns wahrscheinlicher, dass die Produktion der Gameten entweder eine ererbte Erscheinung ist — gleich wie die Bildung der Ge- schlechtszellen in den Metazoenembryonen — oder sie wird durch für diejenigen Individuen, welche Gamieten werden, ungünstigen Lebensbedingungen bewirkt. Vielleicht kommen auch die beiden Ursachen in Betracht, wie einerseits durch das oben erwähnte Auftreten der Gameten nach den ersten Fieberanfällen, sowie andererseits durch die reichliche Bildung halbmondförmiger Gameten nach Verabreichung von kleinen Chinindosen oder von Fevrol, Citronensaft etc. (Gualdi und Martirano) bewiesen wird. 19* ee Auch die Bildungsweise der Gameten weist noch viele Unklarheiten auf. Wie oben ange- geben, haben Bignami und Bastianelli (1890 und 1899) diese Bildung als auf zweierlei Weise vor sich gehend beschrieben. Auf den ersten Augenblick scheint es, als ob die letztere die wahrschein- lichste sei, vergleicht man aber die Abbildungen auf Tafel II der Abhandlung von Marchiafava und Bignami (61) mit den Abbildungen auf Tafel I der kürzlich erschienenen Arbeit von Bastianelli und Bignami (5), so zeigt sich ihr Begriff (s. das obige Citat) über die Pigment- menge, durch welche sich die jungen Gameten unterscheiden, nicht ganz sicher und es scheint, dass dieser Gegenstand noch vieler eingehender Untersuchungen bedarf. Dass schon bei neugeborenen Parasiten ein Unterschied zwischen Mononten und Grameten vorhanden sei, ist nicht anzunehmen, da jedweder direkte oder indirekte Nachweis dafür fehlt. Viel- leicht beginnt die Differenzierung in verschiedenen Stadien des Lebens des Mononten, sicher aber ist, dass dieselbe während der vegetativen Phase stattfindet, und dass sie nicht mehr auftreten kann, wenn die reproduktive Phase bereits begonnen hat. @G. Kennzeichen der Gameten. Während die Gameten des Plasmodium praecox durch ihre halbmondförmige Gestalt von den Mononten leicht zu unterscheiden sind, werden die der Tertiana und der Quartana nicht so leicht er- kannt; vielmehr lässt sich die sichere Diagnose der Gameten meist erst nach der Bildung der Spermoiden (Geisseln) stellen, oder, wenn sich Parasiten finden, welche das ganze Blutkörperchen verzehrt haben, ohne im Begriff zu sein, sich sporogonisch zu teilen, und welche, trotz der Fieberanfälle oder dem Fehlen derselben, unverändert im Blute verweilen (Dionisi, Celli, etc.) Handelt es sich um frische Präparate, so dürfen, wenn auch nicht immer mit aller wünschens- werten Sicherheit, andere Kennzeichen angenommen werden, die wir im folgenden bei der Be- schreibung der einzelnen Malariaparasiten des Menschen besprechen werden. Wie es mir scheint, werden die Schwierigkeiten der Diagnose bei der Färbung nach Romanowsky’s Methode grösser. Kürzlich wurden von Dr. Martirano zahlreiche Präparate aus mıt Parasiten reichlich besetztem Tertianablute gewonnen; in demselben waren die Gebilde sehr zahlreich, bei welchen noch ein peri- pherer, aus dem noch nicht ganz verzehrten Blutkörperchen gebildeter Rand, bestand, und die nach den Abbildungen ıg und 2ı der Tafel II von Bastianelli und Bignami (1899), als Gameten zu betrachten wären, doch wollte keiner, trotz aller erdenklichen Vorsichtsmassregeln, Geisseln bilden. (Sollten sie zu jung gewesen sein?) Nach den sehr sorgfältig ausgeführten Untersuchungen Ziemann’s lässt sich unwillkürlich vermuten, dass jene Formen, bei denen es nicht gelingt mit Hilfe der Romanowsky'’schen Methode, ohne Mithilfe besonderer künstlicher Mittel (Aussetzen des Blutes den Wasserdämpfen oder in der feuchten Kammer, Untersuchung des schon von Anopheles aufgesogenen Blutes u. s. w.), das nucleolusförmige Knötchen (Chromatin, wie die Aerzte gewöhnlich sagen) zu färben, für reife Grameten gehalten werden müssen (I, 109 aus Ziemann; ob die I, 108 einen fast reifen Gameten darstellt, lasse ich dahingestellt sein). Man unterscheidet zwei Arten unter den Grameten, weibliche und männliche Individuen, d.h. Antheridien oder Mikrosporocyten und Makrosporen Dieselben werden durch das nucleolusförmige Knöt- chen gekennzeichnet, welches in beiden wie aufgelockert erscheint und bei den Antheridien bedeutend chromatinreicher ist (I, 2 und 4); bei diesen nimmt das Cytoplasma mit der Romanowsky’schen Methode das Blau weniger intensiv auf (Bignami, Bastianelli), vielleicht weil es weniger dicht ist. H. Zoologische Merkmale der einzelnen Malariaparasiten, während ihres Cyklus im menschlichen Körper. Wie schon bei der geschichtlichen Uebersicht erwähnt wurde, unterscheiden wir bei den Menschen drei Malariaparasiten; im folgenden sollen deren Eigentümlichkeiten in knapper Weise dargestellt werden. —— 149 — ı. Plasmodium malarıiae. Als junger Keim entsendet der Plasmaleib des Mononten langsam Lobopodien, die gewöhn- lich lang und dünn sind. Die Protoplasmaströmungen, die sich an den mitgeführten Pigmentkörn- chen erkennen lassen, sind undeutlich. Das Pigment findet sich in Form von gröberen Körnchen oder Stäbchen und ist dunkelbraun. Beim Heranwachsen, wobei auch die Menge von Pigment zunimmt, büsst der Körper all- mählich seine Beweglichkeit ein, bleibt aber trotzdem zunächst lappig und rundet sich erst spät ab. Bei der Sporogonie werden gewöhnlich 9—ı2, bisweilen nur 9, gelegentlich jedoch 14 Sporo- zoiten gebildet. Das Blutkörperchen behält seine ursprüngliche Farbe und Grösse. Betrachtet man einen er- wachsenen Mononten, wenn derselbe im frisch angefertigten Präparate und ohne Reagentien, noch nicht im Begriff scheint die Sporozoiten zu bilden, so bemerkt man, dass derselbe gewöhnlich beinahe das ganze rote Blutkörperchen angegriffen hat, d. h. es bleibt von demselben nur der periphere Rand frei, welcher durch seine natürliche Farbe zu erkennen ist. Ist die Sporogonie beendet, so wird keine Spur von Blutkörperchen mehr beobachtet. Dieser Monont geht nicht über des Blutkörperchen’s Grösse hinaus. Der Entwicklungseyklus nimmt einschliesslich der Sporogonie 72 Stunden in Anspruch. Dieser Cyklus vollzieht sich in dem strömenden Blute, ohne dass sich die Parasiten dabei in dem Blutgefässgebiet bestimmter Eingeweide ansammeln, deshalb kann man ihn auch leicht in dem einem Finger entnommenen Blute verfolgen. Die Gameten sind spärlich, abgerundet, unterscheiden sich von den erwachsenen Mononten hauptsächlich durch die grosse Beweglichkeit des Pigments, welches über den ganzen Körper ver- teilt ist, ihre Grösse ist schwankend, oft fast wie ein rotes Blutkörperchen, manchmal zweimal so gross als ein solches (Ziemann). Wenn sie eine gewisse (Grösse erreicht haben, findet sich bei ihnen keine Spur von roten Blutkörperchen mehr vor. Dieser Parasit erzeugt die Quartana. 2. Plasmodium vivax. Der Monont zeichnet sich durch lebhaftere amoeboide Bewegungen — auch in den schon vergrösserten Formen — aus. Die Protoplasmaströmungen sind ebenfalls lebhafter. Die Pigment- körperchen sind feiner, mehr körnig und ihre braune Farbe etwas lichter als bei ?. malariae. Bei der Sporogonie werden gewöhnlich 15—20—25 Sporozoiten gebildet. Das infizierte Blutkörperchen schwillt an und entfärbt sich. Der erwachsene Monont, der in frischem, ohne Reagentien angefertigten Präparaten, noch nicht in Sporogonie begriffen scheint, lässt eine periphere, schmale Schicht am Rande des Blutkörperchens frei. Ist die Sporogonie vollendet, so verschwindet gewöhnlich jede Spur des letzteren. Es erreicht die Grösse von durchschnittlich 1!/, fachen Blutkörperchen. Die Dauer dieses Cyklus beträgt 48 Stunden. Obwohl die erwachsenen oder in vorgeschrittener Sporogonie sich befindenden Mononten, sich vorzugsweise in der Milz sammeln, lässt sich der ganze Cyklus noch in dem, einem Finger ent- nommenen, Blute verfolgen. Die betreffenden Gameten sind ziemlich zahlreich, abgerundet, unterscheiden sich von den ausgewachsenen Mononten durch das grobkörnige oder stäbchenförmige, in seinem ganzen Körper verteilte Pigment und durch die gewöhnlich lebhaftere Beweglichkeit des letzteren. Sie können 2—3 mal grösser als ein rotes Blutkörperchen werden; jede Spur von Blutkörperchen verschwindet _— 150 —n bei ihnen, wenn sie eine bestimmte Grösse erreicht haben. Diese (rameten sind nicht von denen des Plasmodium malarıae (Ziemann) zu unterscheiden. Das Plasmodium vivax ruft die Tertiana hervor. 3. Laverania malariae. Die Mononten dieser Art sind kleiner als die anderen. Ein erwachsener Monont, welcher im frischen Zustande, ohne Einwirkung von Reagentien noch keine Spur von Sporogonie zeigt, er- reicht höchstens die halbe (rrösse des Butkörperchens. Die in Sporogonie begriffenen Mononten sind von verschiedener Grösse, doch werden sie nie grösser als zwei Drittteile des Blutkörperchens. Der Monont, welcher noch nicht in Sporogonie begriffen ist, erscheint in frischen, ohne Reagentien hergestellten Präparaten, wenn er ruht, oft ring- oder scheibenförmig, schärfer be- grenzt als der Tertiana- oder Quartanaparasit; er hebt sich auch deutlicher von dem Blutkörperchen ab. Seine amoeboiden Bewegungen sind lebhaft. Eine Pigmentverschiebung (Strömung) lässt sich selten beobachten. Das Pigment findet sich in relativ geringer Menge und tritt in sehr feinen, braunen oder fast schwarzen Körnchen auf; meist findet es sich in der Nähe des Randes. Das Blutkörperchen neigt eher kleiner zu werden, zu schrumpfen, während das Haemoglobin dunkler wird. Dies tritt zuweilen ganz besonders deutlich hervor. Die Sporozoiten sind kleiner als bei dem Plasmodium und werden gewöhnlich in geringer Zahl (7, 10, ı2, seltener ı5>—ı6 — sogar 25) gebildet. Die Dauer des Cyklus nimmt wahrscheinlich 48 Stunden in Anspruch; er konnte bis jetzt nicht genau bestimmt werden, weil die erwachsenen und die in Sporogonie stehenden Mononten sich in den Blutgefässen gewisser Eingeweide ansammeln, so dass sie nur selten in dem peripheren Blute aufzufinden sind, oder auch vollständig fehlen. Die Gameten sind halbmondförmig und zeigen fast immer das den Kern umgebende, nicht zerstreute Pigment !). Die Laverania ruft in den meisten Fällen, eine durch langdauernde Anfälle gekenn- zeichnete Tertiana hervor (Tertiana maligna, s. gravis, Quotidiana und Aestivoautumnalfieber nach Marchiafava und seinen Schülern, Bidua und @Quotidiana Baccelli’s, Tropenfieber von Koch u. s. w.). Ich unterscheide bei der Zaverania malariae zwei Variatäten, Z. mitis und Z. immitis, diese letzte sehr selten in Oberitalien und in der Umgebung von Catania. Wie ich bereits 1899 (33) hervor- gehoben habe, sind die beiden genannten Varietäten mit Sicherheit bis jetzt nur klinisch zu unter- scheiden. Wie Feletti und ich in der Umgebung von Catania beobachten konnten, und wie ich es auch in Oberitalien bemerkt habe, sind die durch die Zaveranıa malarıae hervorgerufenen Malaria- fieber (von Golgi zuerst von Tertiana und Quartana unterschieden) ganz besonders hartnäckig, jedoch fast immer verhältnismässig milder Natur, während die durch dieselbe Parasitenart in Mittel- und Süd- italien hervorgerufenen Malariafieber oft einen bösartigen Charakter annehmen und leicht zu perni- ciösen werden können (von Marchiafava zuerst unterschieden). Dies wird auch neuerdings von Celli (9) bestätigt, welcher hinzu fügt, dass in der grossen Po-Ebene vom Volk, die von mir als besonders hartnäckig und doch mild bezeichneten Malariafieber, Augustfieber (febbri agostane) genannt werden. Celli (der mich nicht citiert) behauptet, dass die Augustfieber auch in Oberitalien schwer sind, aber im Gegensatz zu den in Latium vorkommenden, hebt er die grosse Seltenheit der mit Tod endigenden perniciösen Fieber, sowie die dort grössere Häufigkeit (als im Latium) jener Fälle hervor, welche ohne Chininbehandlung, keine sich rasch einstellende Verschlimmerung zeigen. Was nun die ı) Hier sei mir gestattet, einige Zeilen aus meiner in Gemeinschaft mit Feletti herausgegebenen Arbeit (1890) wieder- zugeben: „Gegen die Annahme, dass die Halbmonde entartete und sterile Gebilde seien, steht die Beschaffenheit ihres Kerns, ihre besondere Struktur, sowie alles das, was wir über die Naturgeschichte der Lebewesen wissen.‘ —— 151 — Seltenheit der tödlichen perniciösen Fieber anbelangt, so bemerkt Celli, dass es weiterer Unter- suchungen darüber bedarf, und zwar deshalb, weil zweifelsohne mehrere dieser Fälle mit der Diagnose Meningitis, Typhus etc. übersehen werden. Auch macht er darauf aufmerksam, dass in Oberitalien das Chinin vielmehr angewendet wird. Meiner Meinung nach, kann diesen Beobachtungen kein allzu grosses Gewicht beigelegt werden, da man nicht wohl annehmen darf, dass in Sicilien, das Chinin mehr angewendet wird, als im Latium, und da andererseits — namentlich was Pavia und Mailand betrifft — von fehlerhaften Diagnosen in den, von berühmten Klinikern und Pathologen veröffent- lichten Statistiken, schlechterdings nicht die Rede sein kann. Endlich muss ich noch bemerken, dass wenigstens in Locate-Triulzi, sämtliche hartnäckigen und nicht nur die durch die Zaverania malariae hervorgerufenen Malariafieber, Augustfieber genannt werden. 2. Der Amphiont im Anopheleskörper. Wir wollen hier das Schicksal des Malariaparasiten in dem Darmkanale von Anopheles be- sprechen und benutzen dazu als Typus die Zaveranıa malarıae (sonst Halbmond genannt). Was die Nomenklatur anbelangt, verweise ich auf S. 140— 142. Schon in der früher von mir, Bastianelli und Bignami herausgegebenen Arbeit (21) finden sich zahlreiche Notizen über die von den malarischen Parasiten im Anophelesleibe angenommenen Formen. Durch diese meine Arbeit, werden dieselben mehrfach vervollständigt und besonders hin- sichtlich der feineren Struktur vertieft. Ueber die ersten Stadien ist noch eine kurze Mitteilung (32) von mir erschienen; auch Bignami und Bastianelli gaben ihrerseits diesbezügliche Arbeiten heraus, und überlasse ich es dem Leser, über betreffende Unterschiede und Streitfragen zu urteilen. A. Der Amphiont im Magenlumen. Wie ich früher in (remeinschaft mit Dionisi vermutet, und später mit Bignami und Bastianelli- nachgewiesen habe, entwickeln sich im Magenlumen von Anopheles, nur die Grameten. Aus dem Antheridium bilden sich im Magenlumen die Mikrosporen, welche ihrerseits dann die Makrosporen befruchten. Die Befruchtung kann unter dem Mikroskop beobachtet werden, wenn man frisches Blut untersucht (Mac Callum). Wird die Untersuchung im Sommer vorgenommen, so ist es leicht, die Umwandlung der meisten Biduagameten in abgerundete Gebilde wahrzunehmen. Wie bekannt, bilden eine Anzahl dieser abgerundeten Formen (Antheridien) Geisseln (4, 6, selten 7); sowie die (reissel gebildet sind, erscheint der runde Körper (Restkörper), aus welchem sie hervorgegangen, kleiner als die anderen, nicht gegeisselten; das Pigment ist in ihm verstreut. Wendet man die Romanowsky’sche Methode an, so wird man sich leicht davon über- zeugen können, dass der Geisselbildung direkte Kernteilungen vorausgehen und dass in den (reissel das Chromatin reichlich vorhanden ist. (Näheres bei Schaudinn (79 u. 80)). Diese (reisseln sind eigentlich Mikrosporen (I, 5 u. 6), welche sich von dem Restkörper ablösen und sich zwischen den Blutkörperchen herumbewegen. Schon 1890 hatte ich in Gemeinschaft mit Feletti beobachtet, dass das nucleolustörmige Knöt- chen der Halbmonde bald kleiner, bald grösser ist, bald sich im Beginn der Teilung befindet, oder letztere bereits vollendet ist oder auch in vier Stücke fragmentiert erscheint. Diese Erscheinungen sind mit unserer Methode wahrgenommen worden, und beziehen sich dieselben folglich auf Verhält- nisse, welche dem kreisenden Blute eigen sind. Daraus ergiebt sich nicht nur dass die Makrosporen und die Antheridien in dem eirkulierenden menschlichen Blute schon differenziert sind, sondern auch dass daselbst die Kernteilung, welche zur Bildung der Mikrosporen führt, bereits begonnen hat. — 152 — Bei anderen rundlichen Körpern ist das Pigment nicht zerstreut, sondern liegt scheinbar ringförmig, wie bei den ursprünglichen Halbmonden. Solche Körper zeigen keine Geisselbildung und stellen Makrosporen (Ooiden) dar; ihr Kern (I, 2 u. 3) erhält sich, wie er bei den Halbmonden war. Zuweilen bemerkt man, dass aus den kugeligen Körpern kleine Chromatinfragmente (oft 2—3) ausgestossen werden, welche an die Richtungskörperchen und Chromatinreduktion erinnern. Das- selbe habe ich nicht nur bei den Makrosporen, sondern auch bei den Antheridien, in Präparaten, welche in der feuchten Kammer aufbewahrt wurden, beobachtet. Da nun in solchen Präparaten häufig Abänderungen und auch Anomalien, z. B. bei der Mikrosporenbildung vorkommen, so kann ich für jetzt die oben geschilderte Erscheinung nicht als normal betrachten und stimme hier mit Bignami und Bastianelli überein. Die Mikrosporen schwirren herum, wie Mac Callum entdeckte, bis sie sich einer Makrospore nähern: eine derselben dringt da ein, wo diese einen kleinen Empfängnishügel bildet und bewirkt lebhafte Pigmentbewegungen. Ist einmal eine Mikrospore eingedrungen, so wird eine zweite nicht mehr aufgenommen, und die sich nähernden Mikrosporen stossen vergeblich an die befruchtete Makrospore an. Diese Thatsachen kann man in dem mit frischem Blute hergestellten Präparat, 2o Minuten bis ı Stunde nach seiner Anfertigung, beobachten. Einige Minuten nach dem Eintritt der Mikrospore wird das Pigment unbeweglich und die befruchtete Makrospore, welche Copula oder Zygot oder im allgemeinen auch Amphiont genannt wird, vollzieht ihre Entwickelung, die in zwei Perioden einzuteilen ist: die erste frei im Magenlumen, die zweite in der Tunica elastico-muscularis des Magens. Bei der ersten Entwickelungsperiode verwandelt sich der ursprünglich rundliche Amphiont in das sogenannte Würmchen (Ookinet von Schaudinn). Die verschiedenen Stufen dieser Um- wandlung sind bei dem aus dem Darmkanal des Anopheles, z. B. 10—ı2 Stunden, nachdem er ge- sogen hat, entnommenen Blute wahrzunehmen. Braucht man Formalin, die angegebene Kochsalz- lösung ohne oder mit Eiweiss, so kann man in frischem Zustande zahlreiche Gebilde beobachten, welche an die mit schwacher Vergrösserung untersuchten Trematodenlarven erinnern; es giebt darunter manche, welche wie Miracidien, andere wie Sporocysten und endlich wieder andere, welche wie Cercarien aussehen. Es handelt sich gewiss um Amphionten, welche sich bereits in Würmchen verwandelt haben oder im Begriffe stehen, sich zu verwandeln (III, ı). In dem vor 28—4o Stunden gesaugten Blute!) werden nur Würmchen vorgefunden. Die jüngeren Entwickelungsstufen der Würmchen besitzen — den Vergleich mit den Trematodenlarven fortsetzend — die Form der Cercaria, d. h. sie bestehen aus einer geschweiften, blasenförmigen Masse; das Pigment ist dabei mehr oder weniger zerstreut. In den nach der Roman owskvy’schen Methode hergestellten Präparaten, sind diese näm- lichen Stufen wahrzunehmen. Ich habe (I, 7—1ıı, ı3) eine Reihe von Formen abbilden lassen, welche gerade zur Bildung der Cercarienform führen (I, 12). Bemerkenswert ist, dass während in frischen Präparaten — wie oben erwähnt — das Pigment mehr oder weniger zerstreut ist, bei den mit der Romanowsky’schen Methode hergestellten Präparaten dagegen dasselbe angesammelt. (künstlich, wie ich glaube) erscheint. In frischen Präparaten sieht man Würmchen auftreten, welche beinahe in ihrer ganzen Länge gleichmässig sind, und andere, bei welchen das eine Ende verdünnt erscheint. Aus meinen Untersuchungen ergiebt sich, dass die gleichmässigen Würmchen (II, 2a und 2c) älter als die anderen Individuen sind; sie sind im allgemeinen länger und verhältnismässig schmäler. Ihre grösste, von mir beobachtete Länge beträgt 20 u. In frischen Präparaten ist das Pigment gewöhnlich zer- streut, zuweilen reicht es nur bis zur Hälfte des Körpers oder bildet ein Häufchen. 1) Die Beobachtungen wurden im Hochsommer, in einem nach Norden gelegenen, jedoch vor der Hitze nicht ge- schützten Zimmer ausgeführt. me, 186) Einige ältere Würmchen sind deutlich spindelförmig (III, 2b). In den meisten der nach Romanowsky’s Methode hergestellten Präparate, weisen die Würmchen, ausser einer Vacuole, einen schmäleren und einen dickeren Teil auf; der erstere ist oft stumpf, letzterer pflegt im allgemeinen zugespitzt zu sein, und an diesem spitzen Ende liegt meist das Pigment angehäuft. Es findet sich also auch hier, der von mir, für die sich bildenden Würmchen weiter oben geschilderte Unterschied, zwischen den frischen und Romanowsky’schen Präparaten vor (I, 22—28, 29 etc.). e Die seit kurzem befruchteten und im Begriff der Umwandlung sich befindenden oder schon in Würmehen umgewandelten Amphionten (I, 7, 8, ı4 etc.) können zwei Kerne besitzen, die sich auch verschieden färben können, und von welchen einer zuweilen dem Makrosporenkerne ähnlich sehen kann. Daraus darf man vermuten, dass der eine dieser Kerne weiblichen und der andere männlichen Geschlechts sein konnte; leider war es mir nicht möglich, diese Frage eingehender zu erforschen, und zwar einerseits, wegen der Unvollkommenheit der Romanowsky’schen Methode, andererseits wegen der ausserordentlichen Kleinheit des Objekts. Vielleicht würde sich darüber trotzdem eine Entscheidung fällen lassen, wenn darauf mehr Zeit, als sie mir zur Verfügung stand, ver- wendet würde. Die Untersuchung zahlreicher Präparate scheint mich zu der Annahme zu berechtigen, dass die Verschmelzung der weiblichen und männlichen Kerne (Karyogamie) bei den verschiedenen Ent- wicklungsstufen, von Beginn bis zur vollständigen Würmchenbildung stattfinden kann, und dass ferner in denselben Stufen vielleicht auch eine Chromatinreduktion vorkommen kann. Die Darmschnittpräparate der 32 Stunden nach der Blutaufsaugung getöteten Anopheles I, 31) zeigen die Würmchen in den geschilderten Formen, nur dass dieselben kleiner erscheinen, un- zweifelhaft durch die Präparation, und meistens ihr Pigment grösstenteils an einem Ende angesammelt und nur ein kleiner Teil in dessen Nähe zerstreut ist. Bemerkenswert sind einige spindelförmige Würmchen, wie in den frischen Präparaten. Ich konnte beobachten, dass das Würmchen Vorwärtsbewegungen macht. An dem sich vorn befindenden Ende kann das Pigment fehlen oder spärlich sein. Das Würmchen krümmt sich, streckt sich aus und kann sogar — soweit ich wahrnehmen konnte — unvollständige Vorwärtsbewegungen ausführen; jedenfalls ist es, trotz der sorgfältigsten Manipulationen, unter welchen die Verdünnung des aus dem Darmkanal des Izopheles entnommenen Blutes durch Eiweiss-Kochsalzlösung die wichtigste ist, sehr schwer, die Bewegungen wahrzunehmen. Koch behauptet, dass das fertige Würmchen aus der Hülle unter Zurücklassen des Pigments herausschlüpft, und später neues Pigment bildet. — Nur bei den frischen Strichpräparaten ist es mir sehr selten gelungen, pigmentlose Würmchen vorzufinden (I, 26). Dieser Unterschied könnte seinen Grund darin haben, dass Koch seine Versuche nicht, wie ich, an Parasiten der Malaria der Menschen, sondern an Parasiten der Malaria der Vögel angestellt hat, welche letztere sich anders verhalten könnten; ich bin jedoch überzeugt, dass bei seinen Präparaten üngünstiger Verhältnisse wegen, die Würmchen ihr Pigment verlassen hatten; etwas ähnliches kommt bei anderen Proto- zoen vor. Meine Annahme findet ihre Begründung darin, dass Basili und ich die Würmchen der Vogelparasiten im Darm von Czlex immer pigmentiert angetroffen haben. Dies wird auch zum Teil durch den Vergleich der Koch’schen Untersuchungen mit denen von Mac Callum bestätigt; thatsächlich hat Koch nur sehr träge Bewegungen bei den Würm- chen, wahrnehmen können (langsames Strecken und Krümmen, träge Drehbewegungen). Mac Callum hat dagegen seinerseits bei dem Würmchen der gleichen Art, nur dass sie mit Pig- ment versehen waren, eine Vorwärtsbewegung, durch welche dieselben leicht kleine Hindernisse überwinden konnten, wahrgenommen (das pigmentlose Ende blieb vorn); ausserdem hat er auch Grassi, Die Malaria. 20 — 154 Pe Drehbewegungen sowie eine Art, von peristaltischer Bewegung, welche beträchtliche Kontorsionen verursachte, beobachtet. Die von Mac Callum untersuchten Würmchen fanden sich daher unter günstigeren Bedingungen als die von Koch studierten. B. Der Amphiont von seiner Anwesenheit in der Magenwand an bis zu seinem reifen Zustande. I. Migration der Amphionten in die elastische muskuläre Schicht (Tunica elastico-muscularis)- Wenn die Verdauung weit vorgeschritten ist, beginnt das Würmchen in der Magenwand einzudringen, doch habe ich manche auch noch im leeren Magenkanal frei vorgefunden. Die Art und Weise ihres Eindringens ist nicht leicht wahrzunehmen; in den Schnittpräparaten ist es jedoch möglich, die Würmchen in dem Cuticulärsaum des Epithels (I, 31), sowie auch im Epithel selbst oder an dessen Basis, vorzufinden (III, 38). Bald, d. h. bevor 40 Stunden nach dem Aufsaugen des Blutes vergangen sind, gelingt es schon einzelne Würmchen in der Schicht, die ich elastische muskuläre Schicht (Tunica elatisco- muscularis) bezeichne, zu entdecken. Es ist nicht zu leicht, einen Begriff von dieser Schicht und folglich des genauen Sitzes der Parasiten zu erhalten. Sicher ist es (wie ich in Kapitel IV sagte), dass bei den Anopheles die Magenwand aus einer inneren epithelialen, und einer äusseren, amorphen Schicht besteht; diese amorphe Schicht muss eine elastische Beschaffenheit besitzen, um sich den verschiedenen Zuständen des Magen (Füllung, Leerung) anpassen zu können. Ausserdem ist der Magen auch mit Muskelfasern versehen, welche jedoch keine kontinuierliche Schicht bilden. Diese Muskelfasern sind ceirkular (innen) und longitudinal (aussen) und bilden ein breitmaschiges Netzwerk. Von vornherein überrascht es, dass es möglich ist, die amorphe Schicht mit dem Muskelnetze abzulösen, ohne die Fasern zu verschieben. Die Befunde bei den Schnitten machen diese Erscheinung verständlich. Die Muskel- fasern haften thatsächlich der amorphen Schicht an; werden diese Fasern nach einem Querschnitt unter sehr starker Vergrösserung beobachtet, so kann man leicht sehen, wie dieselben in der amorphen Schicht stecken, welche dadurch fast lineare Vorsprünge erhält, die den einzelnen Fasern entsprechen. Es macht den Eindruck, als ob sich die amorphe Schicht dem Verlauf der Fasern ent- lang verdoppelt hätte, um dieselben in sich aufnehmen zu können. In den Ouerschnitten, wo das Magenepithel cylindrisch erscheint (bei leerem Magen), scheint es, als ob die Muskelfasern eine von der amorphen Schicht gesonderte Hülle besässen. Diese Erscheinung könnte man eventuell als das Resultat einer Art Faltung der nämlichen Schicht betrachten. Deshalb behaupte ich, dass die Muskel- fasern nicht von der amorphen Schicht zu trennen sind und, mit ihr zusammen die »Tunica elastico- muscularis« bilden, die Frage unberücksichtigt lassend, ob die amorphe Substanz um die Fasern, keinen verschiedenen Charakter annimmt. Aus meinen lange Zeit fortgesetzten Untersuchungen, ergiebt sich, dass zwischen den Am- phionten (II, 27a, 27c und Ill, 39) und der amorphen Schicht dieselben Beziehungen obwalten, welche ich für die Muskelfasern angegeben habe. Die Amphionten liegen in der Tunica elastico- muscularis, welche ihnen einen vortreffliche Kapsel verschafft; dass diese Kapsel vortrefflich, schliesse ich aus dem Umstand, dass der im Magen vorbereitete Chylus durch die elastische muskuläre Schicht geht und, dass letztere mit Tracheen ausgestattet ist. Der Amphiont also bildet keine eigene Kapsel (Cythecium) um sich, sondern dieselbe ist eine amorphe hinzugekommene Umhüllung, welche ihm der Wirt selbst verschafft. Durch diese eigentümliche Einrichtung erklärt sich auch, warum man niemals die Malaria- parasiten sich von der Magenwand ablösen sieht, selbst dann nicht, -— wie ich noch erörtern werde — wenn dieselben bedeutend hervorragen und scheinbar für eine kurze Strecke daran anhaften, so dass sie wie gestielt aussehen. oe) Längere Zeit hindurch nahm dagegen ich an, dass es sich um eine, dem Parasiten eigene Kapsel handele, musste jedoch diese Auffassung wieder fallen lassen, nachdem ich mich wiederholt an vielen Schnitten überzeugen konnte, dass die Kapsel des Parasiten mit der elastischen muskulären Schicht ein einheitliches, ungetrenntes Gebilde darstellt, und dass die vermeintliche Kapsel sich den Farb- stoffen gegenüber wie der amorphe Teil der genannten Schicht verhält. Bei mittelgrossen Amphionten gelang es mir, einmal wahrzunehmen, dass die Oberfläche der Kapsel, d. h. die äussere Seite derselben, fein punktiert war (III, 7d), während die innere, oder ge- nauer die den Parasitenkörper berührende Fläche, zahlreiche, teilweise miteinander ein Netzwerk bil- dende Erhebungen (III, 7c und b) zeigte. Weiteren Untersuchungen bleibt es vorbehalten, die Be- deutung dieser Einrichtung festzustellen. Die Dicke der Kapsel nimmt nicht mit dem Anwachsen des Parasiten zu, und in allen Ent- wickelungsstadien derselben behält sie ihre Durchsichtigkeit bei. Da ich mich hier mit dem Sitze der Parasiten beschäftige, möchte ich dies Argument vervoll- ständigen, indem ich annehme, dass der Leser die weiter zu schildernden Verhältnisse bereits kennt, nämlich, dass der stets in demselben Punkte bleibende Parasit allmählich bis zu seiner definitiven Grösse heranwächst. Im allgemeinen kann man beobachten, dass mit dem allmählichen Heranwachsen der Amphiont aus der Magenwand hervortritt, so dass er in das, hauptsächlich vom Fettorgane und dem Eierstock besetzte Lacunom des Körpers hineinragt. Diesbezüglich sei hier noch bemerkt, dass sehr wahrscheinlich, zwischen den ebengenannten Organen und dem Darmkanal ein Blutspaltraum existiert, welcher (II, 27a, 27 b, 27c) gestattet, den Darmkanal ganz freizulegen, ohne dass demselben, in der Mehrzahl der Fälle, irgend eine Fettkörperzelle anhaftet. Es kommt zuweilen vor, dass die Entwickelung einzelner Parasiten sich vollzieht, ohne dass sie beträchtlich nach aussen hervorragen; in solchen Fällen bildet der Parasit — wie an den Schnitt- präparaten zu beobachten ist — gleichzeitig eine nach innen, d. h. nach dem Magenlumen zu ge- richtete Erhebung (III, 40). Das Magenepithel zeigt sich namentlich in dem letzteren Falle über dem Amphionten etwas abgeplattet, und diese abgeplattete Beschaffenheit erweist sich mehr oder weniger auffallend, je nach- dem der Magen ausgedehnt oder zusammengezogen ist, also je nachdem das Magenepithel im ganzen niedrig (ausgedehnter Magen) oder hoch ist (zusammengezogener Magen). Aus dieser Beschreibung ergiebt sich, dass der Amphiont bei seinem Wachstum das Corpus adiposum sowie die Eierstöcke verschiebt. Die Amphionten besetzen aber nicht den ganzen Magen, vielmehr bleiben sie im erwei- terten Teile, und zwar nur in dessen zwei hinteren Dritteln sitzen: selten werden einzelne In- dividuen am vorderen Drittel angetroffen. Zuweilen treten sie ausnahmsweise in grösserer Anzahl im mittleren als im hinteren Drittel auf. Sehen wir von diesen Ausnahmen ab, so können wir sagen, dass die Amphionten sich im Magen dort ansiedeln, wo sich die vom „Inopheles aufgesogenen Blutkörperchen ansammeln. (s. S: 94). In jedem einzelnen Anopheles kann die Anzahl der Amphionten bis über 500 betragen; in diesem Fall — wie aus der Figur ersichtlich ist (III, 40) — liegen die Amphionten hier und da über- einander gehäuft. Dieselben morphologischen Merkmale, wie sie bei dem im Magenlumen liegenden Amphionten wahrzunehmen sind, bestehen auch, wenn er erst seit kurzer Zeit in die Magenwand eingedrungen ist (I, 32: hier beachte man den unten links abgebildeten Parasiten!. Sie werden sehr bald spindel- förmig, dann oval oder rundlich (I. 32 u. Ill. 3 a, b, c, d). Bei den kleinsten, schon eiförmig ge- wordenen Individuen betrug die grösste Achse 5 « und die kleinste 4 «. Auch später zeigen sie sich rundlich oder eiförmig, manchmal auch etwas abgeplattet. 20* . Die von den Parasiten erreichte Maximalgrösse bewegt sich zwischen sehr verschiedenen Grenzen. Die kleinsten reifen, von mir beobachteten Individuen, zeigen einen Durchmesser von ca. 30 u. Die gewöhnliche Grösse geht selten über 60 «u hinaus. Es gelang mir, einen 70 u und einen zweiten fast 90 u langen Amphionten anzutreffen. Diese Masse wurden an frischen, in Eiweis und Kochsalzlösung gewonnenen Präparaten kon- statiert; in Formalin schwellen dieselben bedeutend an. Die Amphionten eines und desselben Stadiums können verschiedener Grösse sein. Bei den während der Entwickelungsperiode der Parasiten ungenügend ernährten Anopheles scheinen die Amphionten gewöhnlich kleiner. Im Leibe des Czulex prpiens, welcher ein einziges Mal das durch Zaemamoeba infizierte Blut gesaugt hat, können die Entwickelungsstufen der Amphionten mehr oder weniger verschieden sein; dasselbe ist auch sehr wahrscheinlich bei den Anopheles für die Malariaparasiten der Menschen der Fall. II. Amphionten in frischen Präparaten. Im folgenden wollen wir die Beschaffenheit des in der Magenwand liegenden Amphionten zu- erst in frischen Präparaten ein wenig genauer schildern. Derselbe ist sehr durchsichtig, farblos, mit Ausnahme des später zu besprechenden Pigments, und sehr zart. Diese Beschaffenheit erinnert an die durchsichtigen Eier zahlreicher Seetiere. Der Parasit ist sehr leicht veränderlich, auch wenn der Anophelesdarm in sogenannten indifferenten Lösungen beobachtet wird. Sehr häufig ist es mir bei meinen mit indifferenten Lösungen ange- stellten Untersuchungen vorgekommen, die Struktur des ziemlich reifen Parasiten ihrer grossen Durch- sichtigkeit wegen, im ersten Augenblicke gar nicht, sondern erst nach einigen Sekunden, wahrnehmen zu können. Ausserdem können bei denselben zahlreiche individuelle Verschiedenheiten auftreten, so dass es oft recht schwer hält, zwei ganz gleiche Individuen unter ihnen zu entdecken. Nach meinen sorgfältig durchgeführten Untersuchungen glaube ich annehmen zu dürfen, dass die Beschaffenheit der Parasiten den verschiedenen Verdauungsstadien des Anopheles entsprechend, etwas verschieden zu sein pflegt; dies ist übrigens wohl begreiflich, wenn man sich der von mir be- schriebenen Stellung des Parasiten im “Azopholesdarmkanal erinnert. Ich muss hier vorausschicken, dass es äusserst schwer ist, Abbildungen derselben zu geben, welche sie nicht alteriert darstellen. Die diesem Werke beigegebenen, nicht gefärbten Figuren stellen verschiedene Stadien dar, direkt und so rasch als möglich, aus den frisch, mittels der Formalin- und Kochsalzlösung, hergestellten Prä- paraten aufgenommen (Ill. 5, 6, 7, 9 u. 10); andere Figuren zeigen dagegen die rasch in Kochsalzlösung: (III, 8) und in Formalin (III, 4 u. ı1) wiedergegebenen Parasiten. Der in Kochsalz- und Eiweisslösung beobachtete Parasit erscheint, namentlich gleich zu Beginn der Untersuchung im allgemeinen, fast homogen; manchmal finden sich bei ihm Andeutungen zahlreicher, ziemlich grosser Vacuolen, manchmal zeigt er auch nur eine einzige Vacuole, welche sehr gross sein kann. Eine dünne, periphere Schicht erscheint immer dichter, gleichwie das Ektoplasma vieler Proto- zoen (III, 4— 11). Handelt es sich um vorgeschrittene Entwickelungsstufen, so gelingt es, die Sporo- zoiten wahrzunehmen, welche um so deutlicher auftreten, je weiter sie entwickelt sind (III, ı2 u. 13a, ı3b). Diese Sporozoiten erscheinen in vielen Parallelreihen angesammelt; die oberflächliche Schicht besteht augenscheinlich fast überall aus Sporozoiten; im Innern aber erscheinen einzelne rundliche (III, ı3b) Räume frei davon. Die Sporozoiten nehmen in ihrem reiferen Stadium nach meiner Auffassung solche Stellung an, fast als ob dieselbe von dem Einflusse eines rotatorischen Stromes bedingt sei; gegen das Centrum sind meistens einzelne Plasmamassen, bei den Sporozoen schon als Restkörper wohlbekannte, Substanzanhäufungen (III, ı4), zu bemerken. er 157 —. Beobachtet man den Parasiten in Kochsalzlösung, so erscheint er zuweilen undeutlich körnig (III, 8). Das Formalin bewirkt eine starke Vacuolenbildung in den Parasiten (III, ı1), und in den ersten Stadien lässt es häufig eine besondere Vacuole hervortreten, die ich für normal betrachte (III, 4c, ad u. 6). Bei den vorgeschritteneren, jedoch noch nicht reifen Entwickelungsstadien ruft das Formalin heftige osmotische Erscheinungen hervor, die den Parasiten bedeutend verändern (s. Kap. II). Ich habe auch einige Abbildungen von Präparaten anfertigen lassen, welche aus dem in Subli- matlösung aufbewahrten, sodann in Alkohol gebrachten und zuletzt in Glycerin montierten Magen gewonnen wurden; die Parasiten haben allerdings dadurch ihre Durchsichtigkeit verloren, blieben jedoch gut erhalten (III, 29—32). Im frischen Zustande sind an dem Amphiontenleibe zwei verschiedene Inklusionen wahrzu- nehmen, nämlich Pigmentkörperchen und farblose Körnchen. Die Körnchen (III, 8, 10, ıı etc.) sind glänzend, sehr lichtbrechend, meist rundlich, von ver- schiedener Grösse, jedoch immer sehr klein; die grössten haben einen Durchmesser von etwas mehr als ı u. Sie treten im allgemeinen sehr frühzeitig auf, und sind sehr spärlich, ihre Zahl wächst nach und nach, je nachdem sich der Parasit vergrössert; sie sind jedoch immer nur spärlich vertreten. Zu- weilen kommen sie gepaart vor, können aber auch manchmal ganz vermisst werden. Es gelang mir, sie auch dann wahrzunehmen, wenn der Parasit schon oder beinahe reif war. Ueber ihre Natur kann ich einstweilen noch keine genauen Angaben geben. Das vom Parasiten in die Magenwand verschleppte Pigment wird meistens in jeder Ent- wickelungsstufe desselben beobachtet (III, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 29—32 u. S. w.). In den ersten Entwickelungsstadien liegt es in der Nähe der Oberfläche und häufig direkt unter dem dem Ektoplasma ähnlichen Teile. Es pflegt meistens eine typische Anordnung zu zeigen; es liegt in mehr oder weniger deutlich viereckigen Häufchen; diese bilden zusammen bald eine kreisförmige, bald eine halbkreisförmige Zeichnung, zuweilen ein T; in seltenen Fällen sammelt sich das Pigment fast zu einer dichten Masse an. In späteren Stadien wird das Pigment sehr fein, entfärbt sich mehr oder weniger, und tritt in geringerer Menge auf; zuweilen ist es nicht mehr auffindbar. Wenn man es findet, liegt es mehr oder weniger von der Oberfläche entfernt, ab und zu ist es auch in der Nähe des Centrums gelegen. Zuweilen begegnet man ihm auch noch in einem Restkörper. III. Die geschnittenen und gefärbten Amphionten. Schreiten wir nun zur Untersuchung des geschnittenen und gefärbten Amphionten. Diese Untersuchungen bereiten ziemlich grosse Schwierigkeiten, und zwar aus folgenden Gründen: ı. Ist es schwierig, sich ein zu vergleichenden Versuchen mit den verschiedenen Konser- vierungsmethoden hinreichendes Material zu verschaffen; 2. stellen sich rasch tiefgreifende Veränderungen des Parasiten durch die gewöhnlich fast indifferent wirkenden Mittel ein (s. oben); y 3. findet man Verschiedenheiten der einzelnen Parasiten, selbst, wenn dieselben nach einer und derselben Methode konserviert werden; dies hängt teils von individuellen Verschiedenheiten und teils — wie schon erwähnt — vielleicht auch von den sich anders gestaltenden Verdauungs- verhältnissen des Wirtes und somit des Parasiten ab, obwohl dieser letztere ausschliesslich aus flüssigen Stoffen seine Nahrung nimmt; 4. kommt die Schwierigkeit der Färbung der Kerne und ihre ausserordentliche Rleinheit in Betracht, welch’ letztere es notwendig macht, Schnitte von ı u oder noch weniger anzufertigen. — wi — Damit sich der Leser einen Begriff von den Alterationen und hauptsächlich vor den unge- heueren Vacuolenbildung machen kann, die sich bei den mit Formalin behandelnden Präparaten dar- bieten, habe ich eine Figur (I, 7ı) aus der von mir mit Bignami und Bastianelli seiner Zeit ver- öffentlichten Arbeit wiedergegeben; es scheint, als ob wir eines von der im folgenden zu beschreibenden abweichenden Lebewesen vor Augen hätten. Ich benutzte meistens das von mir für sehr zweckmässig erkannte Salzsublimat und Alkohol- Essigsublimat, obwohl auch durch diese Methode zuweilen deutliche und zwar durch Einschrumpfung bewirkte Alterationen hervorgerufen werden (für weitere Notizen siehe Kap. III). Ich glaube nicht, dass mich meine Präparate dazu berechtigen, obwohl ich des öfteren, die prachtvollsten und vollkommensten Alveolen beobachten konnte, die Frage über die Protoplasma- struktur eingehend zu berühren. Nach einem kritischen Vergleich der zahlreichen durch die verschiedensten Methoden und nicht nur von Parasiten der Malaria bei Menschen, sondern auch von der H/aemamoeba im Cwlexleib gewonnenen Präparaten kann ich im folgenden eine von der Wirklichkeit nicht sehr abweichende Beschreibung der Parasitenentwickelung geben. Der in die elastische muskuläre Schicht eingedrungene Amphiont, erzeugt cine enorme Zahl von Sporozoiten; nach meiner Berechnung kann ein einziger Amphiont deren über 10000 bilden. Diese Zahl wechselt aber auffallend je nach der maximalen Grösse der Amphionten und der Menge der Restkörper und der in dem Parasiten sich bildenden Vacuolen u. s. w. In besonderen Fällen mag ihre Zahl sich wohl auf einige Hundert beschränken. Der Amphiont besitzt ursprünglich einen einzigen Kern: jeder Sporozoit zeigt einen einzigen, von dem ursprünglichen durch direkte Teilung herstammenden Kern. Der Vorgang der Sporozoitenbildung wird, wenigstens der Hauptsache nach, und bis zu einer gewissen Grenze, leicht verständlich, wenn man die zahlreichen diesem Werke beigefügten Figuren betrachtet. . Schwierigkeiten machen sich dann geltend, wenn man — wie wir es versuchen wollen — auch die feinsten Details berücksicht, weil es sich um einen Vorgang handelt, der nicht direkt zu verfolgen ist, sondern nur durch Vergleiche und Zusammenstellung vieler, in undeterminierter Reihen- folge und unzähligen individuellen Veränderungen sich darbietender Stadien konstruiert werden kann. a) Verhalten der Kerne vor der Bildung der Sporozoiten. Wir beginnen mit der Beschreibung einer Art von charakteristischem Kern (I, 72—75 etc.) — ich nenne ihn Kern der ersten Art — welcher sowohl im noch einkernigen, sowie in den jungen Ampbhionten, die mehrere und zuweilen auch viele Kerne aufweisen, aufzufinden ist. Im zweiten Falle lässt sich die charakteristische Struktur manchmal nur bei einem einzigen oder auch bei mehreren, manchmal auch bei allen wahrnehmen. Dieser Kern der ersten Art, obwohl scharf begrenzt, zeigt keine deutlich erkennbare Mem- bran; ein bedeutender Teil desselben — je nach den verschiedenen Verhältnissen, grösser oder kleiner — wird von einem besonderen eigentümlichen Körper eingenommen, der dem entspricht, welchen ich bei den Mononten (Malariaparasiten im menschlichen Körper) nucleolusförmiges Knöt- chen nenne. Von diesem Knötchen, welches mehr oder weniger deutlich eine polygonale oder spindel- förmige, mit ungleichmässiger Oberfläche versehene Form aufweist, gehen (wie es scheint, ist dies immer der Fall) einige fadenförmige Fortsätze aus, die nach der Kernperipherie gerichtet sind (V. 9). Der übrige Kernteil besteht aus dem Kernsaft, dieser bildet somit einen mehr oder weniger breiten Hof um das nucleolusförmige Knötchen. In dem nucleolusförmigen Knötchen unterscheidet man einen centralen, fast wie das Proto- plasma färbbaren (I, 38—40, 72—75 etc.) und einen schmalen peripheren, sich gleich wie das Chro- — 159 — matin verhaltenden Teil; dieser periphere Teil scheint bald homogen, bald besteht er dagegen nur aus sehr feinen, von einander mehr oder mehr oder weniger getrennt liegenden Chromatinbröckchen. Die Chromatinbröckchen erstrecken sich, wie es scheint, auch dem centralen Anschnitte der Fäden entlang, welche aus dem kernförmigen Knötchen gegen die Peripherie hinlaufen, und die selbst nicht imstande zu sein scheinen, die Chromatinfarbe aufzunehmen. Der centrale Teil des nucleolusförmigen Knötchens, erweist sich niemals von dem Chromatin getrennt. Vielmehr erscheint er wie mit diesem verschmolzen. Die Kerne der Amphionten können auch anders gestaltet sein (Kerne der zweiten Art), und werde ich sogleich deren differentielle Eigentümlichkeiten beschreiben. Die Kerne der Amphionten können alle, oder wenigstens viele derselben, einen kleineren Umfang als die Kerne der ersten Art aufweisen; ihr nucleolusförmiges Knötchen ist viel kleiner, und zwar nicht nur an sich, sondern auch im Vergleich mit der Grösse des Kernes, zu welchem er gehört; folglich ist der Kernsaft relativ reichlicher, d.h. der helle Hof erscheint breiter. In dem nucleolusförmigen Knötchen dieser Kerne ist es mir nicht gelungen, die zwei der ersten Kernart beschriebenen Teile zu unterscheiden (I, 83, 88, 94 etc.)). Ich sprach von zwei Kernarten; in Wirklichkeit sind sie Extreme einer einzigen Serie, da in der That zwischen diesen beiden Arten zahlreiche Zwischenstadien existieren (I, 50, 74, etc.). Versuchen wir nun den Vermehrungsprozess der Kerne zu entziffern. Es handelt sich augenscheinlich um eine direkte Teilung; ein sorgfältiger Ueberblick der ver- schiedenen Stadien lässt uns vermuten, dass dieser Prozess kein einheitlicher ist, d. h. es kann sich nicht nur um eine zwei-. sondern auch um eine mehrfache Teilung handeln. Die direkte zweifache Teilung wird durch mehrere Gebilde, welche als progressive, in nachstehender Reihenfolge stattfindende Stufen zu betrachten sind, bewiesen: ı. Das nucleolusförmige Knötchen ist stäbchenartig verlängert (I, 52). 2. Es werden zwei Knötchen, welche höchstwahrscheinlich aus der zweifachen Teilung des stäbchenähnlichen nucleolusförmigen Knötchens herstammen, vorgefunden (I, 32). 3. Jedes der zwei mehr oder weniger von einander entfernten nucleolusförmigen Knötchen wird von einem hellen Hofe umgeben (Kernsaft), es bilden sich somit zwei Kerne (I, 53, 54, 75 79, 83 und 84: in einigen Fällen unterscheidet man eine peripherische, sich schwach oder gar nicht färbende Zone des nucleolusförmigen Knötchens). Diese, die zweifache Teilung beweisenden Gebilde werden leicht bei den Kernen der zweiten Art beobachtet; bei denen der ersten Art habe ich dagegen nie etwas Aehnliches sehen können. Einige Abbildungen lassen mich vermuten, dass die zweifache Teilung auch bei den Kernen vorkommt, die von mir für Zwischenstadien der ersten und zweiten Art gehalten werden. Eine mehrfache (drei- bis zehnfache und darüber) Kernteilung ergiebt sich, meiner Meinung nach, aus einem weiteren Figurenkomplex, den ich folgender Weise auslege. Ich teile diesen Figuren- komplex in zwei getrennte Reihen, die eine bezieht sich auf den Kern der zweiten Art, die andere auf den der ersten Art. Mit der die mehrfache Teilung des Kernes der zweiten Art betreffenden Reihe beginnend, hebe ich zunächst hervor, dass diese mit der vorigen, sich auf die zweifache Teilung beziehenden Reihe im Zusammenhang steht und mit derselben wahrscheinlich die ersten Stadien identisch auf- weist, gewissermassen für deren Fortsetzung gehalten werden kann. Aus den verschiedenen Gebilden dieser Reihe ergiebt sich nun, dass das nucleolusförmige Knötchen sich mehrfach teilt, bis die Zahl der daraus entstehenden, neuen Knötchen jener der zu- ı) In den besseren, aus der Haemamoebe im Cxelexleib gefertigten Präparaten (V, 8, 9 und ıı) ergiebt sich beständig in den verschiedenen Kernarten die Anwesenheit mehrerer aus dem nucleolusförmigen Knötchen ausstrahlender Fädchen, welch’ letztere die Peripherie des Kernes erreichen. Ich behaupte, dass sie beständig auch in den Amphionten der Parasiten der Menschenmalaria vorhanden sind. — 160 — künftigen Kerne entspricht. Jedes nucleolusförmige Knötchen wird dann von einer gewissen Kern- saftmenge umgeben (heller Hof); so werden ebenso viele, dem grossen Stammkerne ähnliche Kerne ge- bildet (I, 54 und 76, 81, 82, 85—94). Sehr wahrscheinlich geht jeder Teilung des nucleolusförmigen Knötchens die betreffende stäbchenartige Verlängerung des letzteren voran. Was nun den Saft des Mutterkern anbelangt, unterscheidet er sich noch, nachdem sich schon einige nucleolusförmige Knötchen gebildet haben, welche in ihm eingesunken erscheinen; später wird der Kernsaft undeutlich. Diese mehrfache direkte Teilung des Kernes der zweiten Art kann freilich manche Ver- schiedenheit aufweisen. Es giebt Gebilde, welche annehmen lassen, dass eine Art Knospung vor- kommt. Betrachten wir nun die Figuren, welche sich nach meiner Meinung auf die direkte mehrfache Teilunsr des Kernes der ersteren Art beziehen. Es ergiebt sich daraus, dass die Chromatinbröckchen, welche — wie schon erwähnt — an der Oberfläche des nucleolusförmigen Knötchens liegen, sich nach der Kernperipherie hinziehen und dieselbe überschreiten (I, 45, 47, 48, 49, 50 etc.). Es bilden sich auf diese Weise mehrere nucleolusförmige Knötchen, die jenen des Kernes der zweiten Art ähnlich sind; jeder derselben wird alsdannn vom Kernsaft umgeben (heller Hof). Man wird annehmen dürfen, dass bei dem Kerne der ersten Art das Stadium, in welchem das Chromatin des nucleolusförmigen Knötchens eine homogene periphere Schicht scheint, dem anderen Stadium vorangehen muss, in welchem das Chromatin deutlich in mehrere feinste Bröckchen zer- legt ist. Während die Chromatinbröckchen sich nach der Peripherie hinbewegen, verschwindet der Kern- saft, und die den centralen Teil des nucleolusförmigen Knötchens bildende Substanz wird unkenntlich. Ich konnte mich nicht davon überzeugen, dass diese Substanz bei dem in Rede stehenden Teilungs- vorgängen eine spezielle Rolle habe. Wir haben bis jetzt nur die direkte Kernteilung besprochen, da es mir nie gelang, eine Figur wahrzunehmen, welche mit Bestimmtheit in die karyokinetischen Figuren eingereiht werden könnte. Ich will jedoch dieses Argument nicht verlassen, ohne darauf aufmerksam zu machen, dass, wäh- rend einerseits die Kerne der Malariaamphionten, ihrer ausserordentlichen Kleinheit wegen, sich nur sehr schwer zu cytologischen Untersuchungen eignen, es andererseits jedoch manchmal schien, als ob eine Andeutung einer Spindelform zu erblicken sei, die ich leider niemals deutlich genug beobachten konnte. Häufig habe ich zwischen den nucleolusförmigen Knötchen einen dünnen, dieselben verbindenden Strang (Il, 79—82, 87 etc.) wahrgenommen, dessen Bedeutung jedoch sehr schwer erklärlich ist. Dessen ungeachtet spreche ich beständig nur von direkter Teilung, da ich mich ausser auf meine Wahrnehmungen auch auf die Untersuchungen anderer Verfasser über Sporozoen, hauptsäch- lich aber auf die Schaudinn’s stütze. Unter dem Einfluss der oben geschilderten Prozesse nimmt die Zahl der Kerne mit dem Wachs- tum des Parasiten allmählich zu; ist dieselbe eine beträchtliche geworden, so pflegen die Kerne nicht mehr jenen Umfang zu erreichen, den sie in beschränkter Zahl zeigen. Man kann wohl sagen, dass mit der Zunahme der Kerne ihre Grösse allmählich abnimmt. Individuelle diesbezügliche Verschieden- heiten sind übrigens sehr leicht wahrzunehmen. Sobald die Zahl der Kerne definitiv geworden, und namentlich, wenn dieselbe eine beträcht- liche ist, sind die Kerne ausserordentlich klein (I, 53). Ich wiederhole, dass jenes von mir und Feletti nucleolusförmige Knötchen, benannte Körperchen der Mononten (Parasiten im menschlichen Körper) dem nucleolusförmigen Knötchen der Amphionten entspricht. Auch in den Mononten kann man zwei Kernarten (Grassi, Feletti und genauer Ziemann) beobachten. Die Teilungsweise der Kerne der Amphionten ist im wesentlichsten den Mononten ähnlich (I 96— 106). Leider habe ich keine Thatsachen zur Hand, die mir gestatteten, — 101 — auf die physiologische Bedeutung des nucleolusförmigen Knötchen’s (Karyosom von Schaudinn) einzugehen. Ich kann nur im allgemeinen sagen, dass das nucleolusförmige Knötchen, d. h. das Karyosom viele Varietäten darbietet, in welchen auch diejenige der Malariaparasiten mit inbegriffen wird. b) Das Verhalten des Cytoplasmas vor der Bildung der Sporozoitoblasten. Während der allmählichen Grössenzunahme des Amphionten und der gleichzeitig stets zuneh- menden Vermehrung der Kerne, findet ein höchst interessanter Vorgang statt, dessen genaue Wahr- nehmung: nicht so leicht ist. Das Cytoplasma zeigt an vielen, von den Kernen verhältnismässig entfernt liegenden Stellen eine beträchtliche Abnahme seiner Dichtigkeit: d. h. es wird nach und nach reicher an Nährsäften und dünnflüssiger, so dass endlich mehr oder weniger enge und komplizierte Lacunen daraus entstehen. Bald wird dadurch eine einzige, centrale, sehr umfangreiche Vacuole, bald zwei oder sogar mehrere, jedoch kleinere Vacuolen gebildet. Das Pigment scheint häufig in einer rundlichen Vacuole zu liegen. Nach meiner Auffassung kommt dieser Erweichungs- und Verflüssigungsprozess des Cyto- plasma nicht in allen Individuen gleichzeitig vor; zuweilen wird er sehr verzögert (S. c)). Durch diesen Vorgang scheint das nicht erweichte Cytoplasma bei den Schnittpräparaten um die Kerne herum angehäuft, d. h. diese letzteren besitzen eine deutliche sie umgebende Cytoplasma- zone (dies ändert sich natürlich bei der Kernvermehrung; vgl. I, 45, 47, 48, 40). Infolgedessen er- hält man zuweilen den Eindruck, als ob es sich um zahlreiche Zellen handele (I, 50— 54), welche durch kleine, zuweilen komplizierte Brücken in Verbindung gesetzt werden. Ich fasse den ganzen Prozess, wie folgt zusammen: Der Amphiont zerteilt sich im allgemeinen in viele verschiedenförmige Massen, welche zuweilen mehr oder weniger rundliche oder polygonale, balkenartige u. s. w. Formen aufweisen. Die Kerne liegen im Centrum dieser Massen (centrale Kerne); in einzelnen Massen kommt sehr wahrscheinlich nur ein einziger Kern vor. Diese Massen liegen — welche Form sie auch annehmen — nie ganz vereinzelt, vielmehr pflegen sie dureh Brücken, welche auch eng und kompliziert sein können, in Verbindung zu stehen. Zwischen den Massen ist das Cytoplasma dünnflüssig oder es finden sich daselbst Va- cuolen, grössere oder kleinere Spaltungen. Bei der Bildung einer einzigen grossen Vacuole wird diese durch das Cytoplasma nebst seinen Kernen begrenzt; letzteres bil- det zuweilen in der Vacuole einige Vorsprünge, die augenscheinlich einen Kern ent- halten (I, 46). Der hier beschriebene Prozess ist vom morphologischen Gesichtspunkte aus, indem wir, mit Lang die bei den Amphionten der Cocezdiurda vorkommenden Erscheinungen in Betracht ziehen, alseine unvoll- ständige Sporoblastation zu definieren; die oben besprochenen Massen sind als unvollkommen getrennte Sporoblasten zu betrachten: aus diesem Grunde nenne ich dieselben Sporoblastoiden. Bei den Gregariniden kommt gleichfalls eine Verteilung des Cytoplasmas vor, welche auf den ersten Blick, an die bei den Amphionten der Malariaparasiten auftretenden Erscheinungen erinnert. Jedoch erscheint der obenerwähnte Vergleich mit den Amphionten der Cocciduda auffallender. ec) Die Bildung der Sporozoitoblasten; ihre Umwandlung in Sporozoiten; Reife der Sporozoiten. Diese Entwickelungsstufen schliessen sich den vorigen, wenn die Sporoblastoiden gebildet sind, an. Die Zahl der Kerne ist eine viel beträchtlichere geworden und kann als eine definitive be- trachtet werden (I, 58); im allgemeinen sind sie ausserordentlich klein und es scheint, als ob sie nur aus einem kleinen Chromatinkörperchen mit oder ohne hellen Hof beständen. Sie liegen nicht mehr Grassi, Die Malaria. 21 — 169 —= im Centrum des Sporoblastoiden, sie werden, wie aus den Abbildungen (I, 59— 59; V, 12 — linke Seite — Haemamoeba) leicht zu sehen ist, während ihrer Vermehrungallmählich gegen die Peripherie geschoben. Auf Grund verschiedener Umstände darfich annehmen, dass diese periphe- rischen Kerne durch mehrfache Teilung des Kernes zustande kommen (S. a)). Es könnte sogar sein, dass diese Teilungsart sich nur auf dieses Stadium beschränke; wohl ist es wahr, dass ich die erwähnten periphe- rischen Kerne in sehr kleinen Amphionten antraf, jedoch habe ich auch noch sehr kleine, aber schon reife Amphionten vorgefunden. Wie gesagt, finden wir also in den Schnitten anstatt mit einem oder mehreren verhältnismässig grossen, centralen Kernen versehene Sporoblastoiden, solche vor, an deren Oberfläche viele ausser- ordentlich kleine Kerne verstreut liegen. Diese Kerne sind nicht auf die Stellen der Sporoblastoiden, wo letztere breiter sind, beschränkt, sondern sie treten auch an den Punkten auf, wo sie mehr oder weniger dünn sind. Sowohl im ersten, wie im zweiten Falle kommen Stellen vor, wo die Kerne ganz vermisst werden. Zwischen den Sporoblastoiden zeigen sich überall mehr oder weniger enge Spalträume (die hellen Stellen bei den Abbildungen). Zuweilen bleibt im Centrum eines Sporoblastoiden ein verhältnissmässig ziemlich grosser Kern liegen !). Ausserdem möchte ich hervorheben: ı. Dass der Vorgang, durch welchen die Bildung der Sporoblastoiden zustande kommt, überall oder im grössten Teil des Parasiten verzögert werden kann (S.b)), und sich nur gleichzeitig mit jenem, welcher zu der Anordnung der Kerne an der Peripherie der Sporoblastoiden führt, vollziehen kann. 2. Dass die Form und Grösse der Sporoblastoiden mit peripherischen Kernen vielen Ver- änderungen unterworfen sind, die mit dem stetig zunehmenden Umfang des Amphionten in Verbin- dung stehen. 3. Dass, wenn man das nur in Rede stehende Stadium vor Augen hat, es richtiger wäre, ‘anstatt von Sporoblastoiden, von einem einzigen, vermöge der Gegenwart vieler Spaltungen und Va- cuolen, sehr unregelmässigen Sporoblasten zu sprechen. Wie schon bemerkt, tauchen an der Peripherie der Sporoblastoiden zahlreiche Kerne auf, welche im allgemeinen sehr klein sind. Bald macht sich um jeden derselben, eine kleine aus Cyto- plasma, welches nicht körnig, wie das des übrigen Sporoblastoiden ist, bestehende Zone geltend. Auf diese Weise bilden sich aus dem peripherischen Teilder Sporoblastoiden viele Zellchen, deren Basis mit dem übrigen Teil der Sporoblastoiden wie verschmolzen ist (I, 59, nach dem rechten Rande hin). In diesem Stadium können wir die Zellchen, Sporozoitoblasten?) und den übrigen Teil der Sporoblastoiden Restkörper benennen. Dieser letztere spielt zweifelsohne eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Sporozoitoblasten. Bei dem Bildungsvorgang der Sporozoitoblasten treten aber zahlreiche (I, verschiedene Abbil- dungen) Abweichungen auf, welche sowohl durch die Zahl der Sporozoitoblasten, als durch die Grösse, durch die Form und die Zahl der Restkörper bedingt werden. Wenn aus einem Amphionten spär- liche Sporozoiten entstehen, dann ist die Zahl der Sporozoitoblasten eine geringere. Die Restkörper können grösstenteils zu Lamellen oder zu Balken reduziert werden. Auf die Variationen ®), welche die Vacuolen betreffen können, werde ich später zurückkommen. ı) Dieser Kern scheint aus einer, mit einem hellen Hofe umgebenen Chromatinmasse gebildet zu sein. Bei den Haem- amoeba-Amphionten erscheint oft das Chromatin fragmentiert, was auch bei den Parasiten der Menschenmalaria stattfinden kann, 2) Die Bezeichnung Sporoblasten wurde ursprünglich für die Zellen gebraucht, welche die Sporen (Cystosporen), in denen sich die Sporozoiten entwickeln, bilden; nachträglich wurde die Bezeichnung von manchen, auch für die sporozoitenbildenden Zellen gebraucht. Ich schlage vor, diese letzteren durch die Benennung Sporozoitoblasten zu unterscheiden. 3) Schon jetzt möchte ich bemerken, dass, wenn die Restkörper in Lamellen- oder Balkenform auftreten, die Vacuolen sehr zahlreich vorhanden sind (I, 68, 67, 65). = 103 — Die Sporozoiten entstehen durch Verlängerung der Sporozoitoblasten. Ihre Form ist anfangs einer halben Spindel gleich, d.h. das sich mit dem Restkörper verschmolzene Ende ist angeschwollen, und in diesem angeschwollenen Teil liegt der Kern!) (I. 60, 63, 64); allmählich erhalten sie die definitive Form, d. h. die Form einer sehr langen Spindel, fast wie ein Faden (I, 65—70). Bis zur vollständigen Reife bleiben die Sporozoiten mit dem Restkörper verschmolzen, wie man leicht an den durch Dilaceration und fach der Romanowsky’schen Methode konservierten und gefärbten Prä- paraten (II, ıı) beweisen kann; wenn die Amphionten unreif, so kann man in diesen Präparaten fast nie einzelstehende Sporozoiten beobachten, man findet sie dagegen alle an den Restkörpern anhaften. Daher kommt es, dass wenn die unreifen Amphionten im frischen Zustande untersucht werden, die Sporozoiten in einer komplizierten, aber höchst eigenartigen Anordnung fast wie zu- sammengepackt, um nur wenig Raum in Anspruch zu nehmen, vorgefunden werden. Derselbe Be- fund wird auch bei den Schnitten wahrgenommen, doch darauf werde ich bald eingehender zurück- kommen. Gelangen die Sporozoiten zur Reife, so haften sie den Restkörpern nicht mehr an und nehmen daher jene, bereits oben, hinsichtlich der frischen Präparate besprochene, fast wirbelartige Anordnung (II, 9) an. Der Kern der verlängerten Sporozoiten liegt etwa im Mittelpunkt ihrer Länge. Im Ver- hältnis zu der Verlängerung der Sporozoiten wird er allmählig länglich eiförmig. Was die ersten Bildungsstadien der Sporozoiten anlangt, so schien mir der Kern wie bei den Sporozoitenblasten aus einem Chromatinkörperchen zu bestehen. Mittels Färbung der ganz oder bei- nahe reifen Sporozoiten (II, ı0, ı1ı, ı2) nach der Romanowsky’schen Methode habe ich mehr als ein Chromatinkörperchen wahrgenommen; bald waren nur zwei voneinander entfernte, bald drei, vier etc. solcher Körperchen in einer Reihe wahrzunehmen. Nur in Ausnahmefällen boten einzelne Amphionten bei allen Sporozoiten einen scheinbar mit einem einzigen Chromatinkörperchen aus- gerüsteten Kern dar. Die Sporozoiten erreichen eine Länge von etwa ı4 u und eine Breite von etwa ı u. Ihr Cytoplasma ist wie bei allen übrigen Sporozoiten, membranlos, aber dicht, lichtbrechend, scheinbar homogen, ungefähr wie das der Sporozoitoblasten. Schliesslich hebe ich noch hervor, dass die Sporozoiten sich alle gleichzeitig entwickeln und zu gleicher Zeit reif werden. d) Restkörper. Schreiten wir nun zur Beschreibung der Restkörper. Behufs zweckmässiger Orientierung beginnen wir dieselben in dem Zeitpunkte zu betrachten, in welchen die Sporozoiten sie verlassen haben (III, 17, ı8; II, ı3), wie später erklärt wird. Ein einziger grosser, eiförmiger oder rundlicher Restkörper ist manchmal zu finden; meistens giebt es deren mehrere, der eine von dem anderen ganz scharf getrennt, gleichfalls mehr oder weniger rundlich oder eiförmig, welche einen und denselben oder einen verschiedenen Umfang auf- weisen können; zuweilen sind sie zahlreich und sehr klein, manchmal sind sie spärlich, aber gleich- falls sehr klein. Führt man die Untersuchung bis zur Sporozoitoblastenbildung zurück, so wird man wahr- nehmen, dass, je weniger reif die Amphionten sind, um so grösser sich die Restkörper erweisen (I, 61, 66). Augenscheinlich werden dieselben kleiner, indem sie zur Ernährung der allmählich aus- wachsenden Sporozoiten dienen. Es handelt sich aber nicht nur um die Ernährung, sondern auch um Raum; denn der durch ihre Verkleinerung freigewordene Raum wird im allgemeinen von den Sporozoiten eingenommen. ı) In diesem Stadium sind die Sporozoitoblasten den Sporozoiten der Arabdospora thelohan! Lagxesse ähnlich. 9]* ie Die Restkörper scheinen körnig, und man kann in denselben Körperchen finden (II, 3, 4, 5, 7), die sich wie Chromatin verhalten und die zuweilen von einem hellen Hofe umgeben sind. Zuweilen sind aber diese Körperchen sehr spärlich; es kommt auch vor, dass sie in einer ganzen Schnittreihe fehlen und vielleicht im ganzen Parasiten vermisst werden können (II, 2, 9))). Allen Anschein nach muss man dieselben von jenen Kernen ableiten, welche — wie bereits oben erwähnt (S. c)) — in dem Centrum der Sporoblastoiden, als die Sporozoitoblasten sich bildeten, zurückblieben (I, 59, 60). An einer Stelle eines Restkörpers liegt das vom Amphionten in die Darmwand mitgeschleppte Pigment angesammelt; wie schon gesagt, liegt es mehr oder weniger von der Peripherie entfernt. Häufig gelingt es, seine Anwesenheit auch in den reife Sporozoiten enthaltenden Amphionten, nach- zuweisen. Sowohl bei den ganz reifen, als auch bei den ziemlich reifen Amphionten besteht das Piginent aus spärlichen Körnchen, welche zuweilen ungefähr dieselbe Anordnung zeigen, die sie bei den jüngsten Amphionten aufweisen (I, 70, 63, II, 17). Die von mir im vorstehenden besprochenen (II) farblosen Körnchen können auch in grösserer oder kleinerer Anzahl in den Restkörpern vorkommen. Da bei vollständiger Entwickelung oft mehrere untereinander scharf begrenzte Restkörper vor- kommen, empfiehlt es sich, den Zeitpunkt sowie die Art ihrer Individualisierung zu bestimmen. Nach der Betrachtung zahlreicher Schnitte der Amphionten der Menschen- und der Vogel- malaria, der frischen Präparate, sowie der bei den mit Formalin behandelten Präparaten, auftretenden Veränderungen, lässt mich alles glauben, dass die in Rede stehende Individualisierung der ver- schiedenen Restkörper in verhältnismässig vorgerückten Entwickelungsstufen, d. h. allmählich mit der Reduktion dieser Restkörper und der gleichzeitigen Verlängerung der Sporozoiten auftritt. Die mehr oder weniger schmalen Verbindungsbrücken der Restkörper müssen, meiner Meinung nach, endlich verschwinden, aber Teilungen könnten auch da vorkommen, wo sie gross sind. Die Restkörper runden sich, vielleicht nachdem sie sich ganz von einander getrennt haben, mehr oder weniger ab. Sicher ist es jedenfalls, dass ich oft fast reife Individuen beobachtet habe, bei denen noch ein einziger Restkörper vorhanden war, jedoch erhielt dessen Oberfläche meistens durch teilweise sehr be- trächtliche Anschwellungen und Vertiefungen ein sehr unregelmässiges Aussehen, und zuweilen berührten sich die gegenüberstehenden Vertiefungen und bildeten Galerien (II, ı5 a—j. Siehe auch V, 1ı3— 16, linke Seite). Fassen wir nun die verschiedenen Beobachtungen zusammen, so können wir wohl sagen, dass während der Entwickelung der Sporozoitoblasten und der Sporozoiten, die Restkörper in Wirklichkeit eine einzige Masse bilden, welche meistens entweder zahl- reiche und verhältnismässig beträchtliche unregelmässige Vertiefungen undErhebungen aufweisen kann, oder in mehrere verschieden gestaltete, immer jedoch unvollständig getrennte Schollen geteilt ist. Diese Schollen können in den Schnitten rundlich, eiförmig, länglich, hufeisenförmig, balkenartig, lamellenartig etc. auftreten. In jedem fast reifen Amphionten ist häufig ein Schnitt vorzufinden, in dem ein Restkörper hufeisenförmig erscheint (II, 3) und ausserdem sind noch weitere Schnitte vorhanden, bei denen die Restkörper rundlieh erscheinen und somit eine besondere Anordnung der Sporozoiten aufweisen (II, ı) Zu einer bestimmten Zeit, d.h. wenn der Amphiont fast reif ist, können die Restkörper als verschiedene, ganz getrennte Massen erscheinen. ı) In den Restkörpern der Amphionten der Haemamoebe (Proteosoma) bleibt viel Chromatin zurück (V, 15 — linke Seite). pm. 165 — e) Anordnung der Sporozoiten. Ueber die Anordnung der Sporozoiten sollen hier einige Beobachtungen mitgeteilt werden. Dieselben sind reihenartig disponiert, doch ist die Ordnung der Reihen sehr veränderlich; manchmal sind sie derartig angeordnet, dass in der Schnittserie eines und desselben Individuums fast alle nach einer Richtung hin durchschnitten bleiben. Sehr wichtig ist es, dass die freie Oberfläche der Restkörper —- wie mit Bestimmtheit an den Schnitten nachzuweisen ist — durchaus nicht immer vollständig mit Sporozoiten besetzt ist; da- her kommt es, dass häufig zwischen zwei Restkörpern anstatt einer doppelten nur eine einfache Sporozoitenreihe, (II, 1), welche ihrer ganzen Länge nach an einem der Restkörper anhaftet, wahr- zunehmen ist. In den Fällen, in welchen die Sporozoiten spärlich sind, tritt ihre Neigung, sich in dem peripheren Teile des Amphionten zu entwickeln, deutlich zu Tage. Man kann wohl annehmen, dass im allgemeinen die ganze oberflächliche Schicht der Am- phionten mit Sporozoiten bekleidet wird (II, 3, 4 u. 5). Ausnahmsweise erscheint diese Bekleidung stellenweise unterbrochen, so dass der Restkörper bis zur Peripherie gelangt (II, 2); dies tritt häufiger ein, wenn die Sporozoiten nur spärlich vertreten sind. Uebrigens kann —- wie ich eben angedeutet habe —- bei den Restkörpern an jeder Stelle die Sporozoitenschicht vermisst werden; dies trifft mit dem Umstande zusammen, dass in diesem Punkte keine Sporozoitoblastenentwickelung stattgefunden hat (S. c)). f) Zweiartige Vacuolen, d. h. mit und ohne Sporozoitenbekleidung. Betrachten wir nun die Vacuolen. Ueber das Vorkommen von mehr oder weniger mit Vacuolen — welche zuweilen verhält- nismässig breit sein können — versehenen Restkörpern (III, 31), liegt eigentlich kein Zweifel vor. In diesen Vacuolen ist eine gerinnungsfähige Flüssigkeit enthalten. Diese Vacuolen der Restkörper können aber vermisst werden. Wenn vorhanden, kann man sie deutlich in auf dem Wege der Reife begriffenen oder beinahe reifen Amphionten beobachten. In den Schnitten werden sehr häufig ziemlich zahlreiche mit mehr oder weniger entwickelten Sporozoiten besetzte Vacuolen angetroffen (I, 65). Wahrscheinlich werden diese Vacuolen zuweilen in den Restkörpern gebildet; nachträglich erscheinen sie durch Verschiebungen der Restkörper und der relativen Sporozoitoblasten und Sporozoiten und durch gleichzeitige partielle Reduktion dieser Restkörper nur von den Sporozoiten umgeben. Im allgemeinen darf man jedoch annehmen, dass die von Sporozoiten umgebenen Vacuolen lokale Erweiterungen der mehr oder wenigen engen Spaltungen darstellen, in welchen sich die Sporozoiten entwickeln (bei den Abbildungen sind solche Spaltungen als weisse Felder angegeben) (I, 53 —65). Manchmal wird in dem ganz oder ziemlich reifen Amphionten eine grosse, den grössten Teil desselben einnehmende Vacuole beobachtet; dieselbe ist von den Sporozoiten und von sehr reduzierten und mit kleinen Vacuolen besetzten Restkörpern umgeben (I, 67), die grosse Vacuole kann mit den kleineren Vacuolen in Verbindung stehen. In der Mehrzahl der Fälle erscheinen die Vacuolen sehr breit, wenn die Sporozoiten in beschränkter Zahl auftreten. Wie schon erwähnt, kann man die Vacuolen oft auch in den Amphionten finden, bei welchen die Sporozoitenbildung noch in weiter Ferne ist; aus diesen müssen, wenigstens teilweise, die in den nachfolgenden Stadien eben geschilderten Vacuolen abstammen. — 160 — g) Zusammenfassung. (Fig. ı4 im Text.) Bei den Amphionten der Malariaparasiten treten deutlich getrennte Phasen des Wachstums und der Reproduktion nicht auf. Die letztere beginnt, wenn der Amphi- ont noch sehr klein ist und führt zu der Bil- dung einer fast immer enormen Anzahl von Spo- rozoiten. Mit der Vergrösserung des Amphionten findet allmählich eine durch direkte Teilung bewirkte Vermehrung der Kerne (zweifache Teilung: im- mer?) statt; ihre Zahl wird eine beträchtliche, während in verschiedenen Stellen zu einem ge- wissen Zeitpunkte das Cytoplasma immer weicher wird,umendiich Vacuolen und verschiedenen engen Lücken, Spaltungen u.s. w. Raum zu lassen. So kommt es, dass das Cytoplasma sich unvoll- kommen d.h. in Schollen teilt, welche die ver- schiedenartigsten Formen annehmen können: rundlich, balkenartig,5lamellenartig u. s. w. alle und immer gegenseitig mehr oder weniger breit untereinander anastomosiert:ich nenne sie unvoll- kommene Sporoblasten oder Sporoblastoiden. Schematische Figur der Sporozoitenbildung. Dee Ouadrantensstellenivseriuecesstne Die anfangs im Centrum dieser Schollen — Stadien dar (Nr. I, 2, 3 u. 4). = 7 centrale Kerne — auftretenden Kerne vermehren sich durch direkte Teilung (mehrfache Teilung; immer?), werden nach der Peripherie hin geschoben — periphere Kerne — und erstrecken sich auch in die Teile hinein, welche die Anastomose der verschiedenen Sporoblastoiden bilden. Es entstehen zahlreiche, von sehr kleinen Kernen umgebene Schollen, und um einen jeden dieser Kerne differenziert sich eine kleine Menge Cytoplasma. Auf diese Weise werden kleine Zellen gebildet — Sporozoitoblasten — die, indem sie sich ver- längern, in Sporozoiten umgewandelt werden. Die Bildung der Schollen des Cytoplasma kann sich verspäten und gleichzeitig mit der Bildung der peripheren Kerne stattfinden. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich in deutlichster Weise, dass die Schollen — Restkörper — an deren Peripherie die Sporozoiten entstanden sind, thatsächlich eine einzige, durch viele complicierte Spaltungen sehr unregelmässige Masse bilden. Mit der allmählichen Vergrösserung der Sporozoiten findet auch eine entsprechende Ver- kleinerung der Restkörper statt, welche sich vollständig von einander trennen können. Bis zur Reife bleiben die Sporozoiten den Restkörpern anhaftend. Sind sie reif, so lösen sie sich ab und erscheinen dann wirbelartig, um die Restkörper liegend. In einigen seltenen Fällen, in welchen nur wenige Sporozoiten entstehen, bilden sie sich nur an der Peripherie und hinterlassen somit einen einzigen centralen rund- lichen Restkörper (V, ı6 — linke Seite). In den Restkörpern kann zur Zeit der Sporozoitenbildung hier und da ein Kern central bleiben; dieser Kern kann sich nachträglich auch vermehren: so entstehen die verloren gehenden Kerne der Restkörper. Zur Vervollständigung dieser Beschreibung möchte ich noch hinzufügen, dass in den Restkörpern, Vacuolen auftreten können und dass die Lücken zwischen den = 167 == Sporoblastoiden, in gewissen Teilen zu Vacuolen vergrössert werden können: es giebt deshalb sporozoitenlose Vacuolen (in den Restkörpern) und mit einer Sporozoiten- schicht besetzte Vacuolen. Die Kerne, die in den Restkörpern bleiben, sind den Dotterkernen der Eier mit partieller Furchung vergleichbar. Die Umhüllungskapsel der Amphionten wird vom Wirte und nicht vom Para- siten gebildet!). h) Die Berstung der Kapsel. Sobald der Amphiont reif ist, platzt die Kapsel und die heraustretenden Sporozoiten gehen somit in die Lakunen der Körper, in welchen Blut eireuliert (Lacunom), über; ausser den Sporozoiten treten auch die Restkörper heraus. Diese Berstung (Dehiscenz) der Kapsel könnte in derselben Weise stattfinden, wie es für die Gregarinen angenommen wird, d. h. durch Anschwellung der Restkörper. Sicher ist nur, dass wenn die Amphionten reif sind und man sie unter dem Mikroskop be- trachtet, das allmähliche Heraustreten der Sporozoiten aus an mehreren Stellen sich bildenden Spält- chen oder auch in grösserer Menge auf einmal aus einem breiteren Spalt wahrzunehmen ist; in diesem letzteren Falle scheint es, als ob eine Sprengung stattgefunden hätte (III, ı5). Bei den unreifen Am- phionten kommt die Kapselberstung nie vor. Nicht selten bleiben in einzelnen Kapseln mehrere Sporozoiten zurück, und zuweilen geschieht es auch, dass darin noch einzelne oder sämtliche Restkörper steken bleiben (III, ı7 u. 18). Die gänzlich oder teilweise entleerte Kapsel erscheint in der Mehrzahl der Fälle einge- schrumpft. Augenscheinlich erleidet sie einen Resorptionsprozess; denn nach einigen Tagen ist sie vollständig verschwunden. i) Braune und gelbbraune Körper (Involutionsformen). Eine mehr oder weniger bräunliche Substanz (braune "Hülle III, 20, 2ı) kann die in den Kapseln zurückgebliebenen Sporozoiten und Restkörper umhüllen: es erstehen somit die schwarzen Sporen?) von Ross, genauer braune Körper genannt (Grassi, Bignami und Bastianelli). Diese braunen Körper treten hauptsächlich in zwei Formen auf: eine erstere Form besitzt die mehr oder weniger ausgeprägte Stäbchenform und stammt eigentlich von den Sporozoiten her; die zweite ist mehr oder weniger rundlich und von verschiedener Grösse, sie stammt aus den Rest- körpern. Die Zahl der braunen Körper ist in der Regel eine geringe (6 —ı2 und mehr) in jeder Kapsel; doch kann sie in einzelnen Fällen auch verhältnismässig beträchtlich (30—40) sein. In einer und derselben Kapsel können die braunen Hüllen sowohl eine gewisse Anzahl von einzelnen Sporozoiten als auch einzelne Restkörper umgeben; es kommt auch vor, dass eine Kapsel ausschliesslich mit der braunen Hülle versehene Sporozoiten oder andererseits nur gleichfalls umhüllte Restkörper enthält. Manchmal, ohne dass dabei die Amphiontenkapsel zu erkennen ist, haften einzelne mit un- regelmässiger brauner Hülle umgebene Sporozoiten dem Darme an. Zuweilen scheint die braune Hülle ein Sporozoitenteilchen, oder einen verkümmerten oder unvollständig entwickelten Sporozeoiten zusverbersienn (ll, 22, 23). Durch die eben geschilderte Abstammung der braunen Körper lässt sich eine bereits in meiner, mit Bignami und Bastianelli herausgegebenen Arbeit referierte Beobachtung erklären, näm- lich, dass dieselben einige Tage nach der Reife der Sporozoiten erscheinen. 1) Der ganze Prozess wurde von Ross und Koch sehr rudimentär für das Proteosoma beschrieben. 2) Ross hat sie bei dem Proteosoma beschrieben. — 168 — Ich untersuchte dieselben in einem künstlich mit Halbmonden infizierten Anopheles; es gelang mir nur selten, sie bei im Freien lebenden Individuen wahrzunehmen. Die Speicheldrüsen des ersteren sowie der letzteren waren mit Sporozoiten angefüllt (s. unten), während im Darme auch mehrere eingeschrumpfte und entleerte Kapseln vorhanden waren. In den Amphionten der #aemamoeba bilden sich die braunen Körper viel häufiger; ich habe dieselben in noch mit Sporozoiten gefüllten Amphionten gefunden, mithin mussten sie sich schon vor der Berstung der Kapsel gebildet (V. ı7) haben. Bei einigen Anopheles weisen die braunen Körper besondere Merkmale auf, und ihr Bil- dungsmodus wird daher undeutlich !) (III, 28; II, ı7). Es handelt sich dabei nämlich um bald gelbe, bald braungelbe, sogar braune Körper; der Kürze halber werde ich sie gelbbraune Körper nennen. Bei diesen sowohl, als auch bei den braunen Körpern können Varietäten beobachtet werden: einige sind verlängert, und stammen augenscheinlich von den Sporozoiten her; andere sind mehr oder weniger unregelmässig rundlich und sind wohl teils aus Restkörpern, teils vielleicht aus verkümmerten oder unreifen Sporozoiten herzuleiten. Es giebt dann auch birnförmige, kurz stäbchenartige sowie einige dem Sprosspilzen ähnliche Formen; auch diese lassen sich vielleicht von Sporozoiten ableiten, ohne jedoch ausschliessen zu können, dass einige dieser Formen den Restkörpern angehören. Die verlängerten Körper, manchmal sehr schmal, sind gelb, besitzen mehrere Einschnürungen und lassen in seltenen Fällen teilweise den Sporozoiten durchsehen. Diese Varietät ist verhältnis- mässig‘ weniger zahlreich. Die wie kurze Stäbchen aussehenden, birnförmigen oder Sprosspilzen ähnelnden Körper scheinen manchmal Teilchen der verlängerten Körper, mit welchen sie einige Merkmale gemein haben, wie z. B. die Farbe und das Aussehen. Bei einigen dieser Körper tritt der Sporozoit ganz deutlich auf, erscheint jedoch eıwas tiefer gefärbt. Andere stäbchen-, birnförmige, Sprosspilzen ähnelnde, mehr oder weniger rundliche Körper sind braungelb, meistens mit abwechselnd gelben und braunen Schichten, — oft kommen zwei, zu- weilen drei dieser Schichten vor — und mit einem farblosen rundlichen oder unregelmässigen, cen- tralen Teile versehen. In einigen Fällen besteht anstatt des farblosen centralen Teiles eine von farb- loser Substanz angefüllte Einsenkung. Der centrale Teil erweist sich jedoch nicht selten mehr oder weniger rötlich. Die verschiedenen gelbbraunen Körper liegen untereinander vermischt in einem und denselben Amphionten, mitten in einer rundlichen, inbetreff der Grösse, einem reifen Amphionten ähnlichen, mehr oder weniger körnigen Masse; ihre Zahl schwankt von 2—3 bis 40— 50; jedoch ist sie meist nicht höher als 1ı5—20. — Die sie zusammenhaltende Masse ist um so reichlicher, je spärlicher die Körper sind; zuweilen treten in derselben andere rundliche, ungefärbte, stark lichtbrechende Körperchen auf. Die Masse wird von einer Kapsel umgeben, welche der der Amphionten identisch und nicht eingeschrumpft ist. Bei einem einzigen Anopheles können ı—ı2 und vielleicht auch mehr, die gelbbraunen Körper enthaltende Kapseln vorgefunden werden. Einzelne dieser Kapseln können eine grosse, eigentümlich beschaffene, centrale Masse ent- halten, in welcher das Pigment der Malariaparasiten deutlich hervortritt und zahlreiche, kernähnliche, Körperchen vorhanden sind. Es liegt auf der Hand, diese Masse als Restkörper zu betrachten (II, 17). An den Anopheles, bei welchen ich die Kapseln mit den gelbbraunen Körpern beobachtete, ist es mir gelungen, eingeschrumpfte mit oder ohne Restkörper besetzte Kapseln sowie zahlreiche Sporozoiten in den betreffenden Speicheldrüsen wahrzunehmen. Nach allen diesen Umständen darf man wohl annehmen, dass die gelbbraunen Körper sich gerade so wie die braunen bilden. 1) Diese Körper sind auch in der von mir, Bignami und Bastianelli herausgegebenen Arbeit abgebildet. — 10) — Die braunen wie die gelbbraunen Körper habe ich bereits mit Bignami und Bastianelli für regressive Veränderungen des Parasiten erklärt. Diese von uns aufgestellte Auffassung stützte sich auf die unregelmässige Form, auf die Seltenheit der in Rede stehenden Körper und auf den Umstand, dass ähnliche regressive Prozesse gleichfalls bei anderen Parasiten der Culiciden vorkommen. Diese Auffassung wird nun durch meine neueren Untersuchungen noch gründlicher be- stätigt, und zwar dadurch, dass ich den Involutionsprozess besser präeisieren konnte und dass derselbe nicht nur die Sporozoiten, sondern auch die Restkörper betrifft, somit fällt jede anderweitige Hypo- these, durch welche die braunen und die gelbbraunen Körper als progressive Stadien oder Sporen zu bezeichnen wären. Der Involutionsprozess zeigt sich am deutlichsten in den gelbbraunen Körpern (Unregel- mässigkeiten, Schichtung der Umhüllung etc.). In einigen Fällen habe ich um die einzelnen Kapseln mit den gelbbraunen Körpern herum, eine protoplasmatische, einen Kern enthaltende Masse beobachtet; jedoch ist es mir nicht gelungen, diese Masse (Phagocyt?) eingehender zu untersuchen. Ob die gelbbraunen Körper eventuell als weiteres Involutionsstadium der braunen Körper zu betrachten sind, vermag ich nicht in entscheidender Weise zu lösen; dieselben könnten ebensogut einen Involutions-, von dem der braunen Körper etwas abweichenden, Prozess darstellen !). Es wäre von Interesse, bestimmen zu können, unter welchen Bedingungen sich die ge- schilderten Körper bilden. Da ich die gelbbraunen Körper nur im Winter bei freilebenden Ao- Pheles wahrnehmen konnte, vermute ich, dass die Temperaturabnahme von Einfluss auf ihre Bildung sein kann: jedoch reichen die von mir darüber angestellten Untersuchungen nicht aus, dies in abso- luter Weise feststellen zu können. Mit der obenerwähnten Auffassung über die Natur der braunen und gelbbraunen Körper — wie ich bereits in Gemeinschaft mit Bignami und Bastianelli mitgeteilt habe — stimmen voll- ständig sowohl die epidemiologischen wie die experimentellen Ergebnisse überein. Wären diese Körper, wie es Ross (1898) behauptete, thatsächlich Sporen gewesen, so wären dieselben von grosser Wichtigkeit gewesen; denn durch sie wäre das Vorhandensein eines neuen Ent- wickelungscyklus der Malariaparasiten nachgewiesen worden. In diesem Falle hätte ihr Schicksal nach dem Tode des Anopheles sich in einer der drei folgenden Weisen gestalten müssen. ı. Den Menschen durch den Darmkanal infizieren. 2. Durch die Luftwege die Infektion des Menschen hervorrufen. 3. Die Anopheleslarven infizieren; auf solche Weise könnten also infizierte geflügelte Azopheles zur Welt kommen. Die erste Möglichkeit wurde schon durch epidemiologische Betrachtungen für unwahrscheinlich erklärt (das Wasser bildet kein Uebertragungsmittel für die Malariainfektion). Durch direkte Unter- suchungen wurde dieselbe ganz ausgeschlossen; ich und andere Personen haben in verschiedenen Epochen die in Rede stehenden Körper stets ohne Schaden verschluckt. Die zweite Möglichkeit fällt dadurch weg, indem diese Körper eine Hülle besitzen, welche sie a priori für nicht infektionsfähig durch die Luftwege macht. Die dritte Möglichkeit wurde ausgeschlossen a) durch wiederholte Versuche, welche den Zweck hatten, mit braunen und gelbbraunen Körpern die Azopheleslarven zu infizieren und bei den Menschen die Infektion durch neugeborene geflügelte Aropreles hervorzurufen (siehe das vorstehende Kapitel); b) durch zahlreiche an Anopholeslarven und Nymphen behufs Auffindung der in Rede stehen- den Körper und ihrer weiteren Entwickelungsphasen durchgeführte Untersuchungen. Sowohl aus den Versuchen a) wie aus den Untersuchungen b) wurde stets ein negativer Befund erhalten. 1) Ross vermutete (1899) — ohne Begründung — dass die braunen Körperchen parasitäre Pilze seien. Grassi, Die Malaria. en I 170 — ©. Uebergang der Sporozoiten in die Speicheldrüsen. Wenn man die spontan aus der Kapsel ausgetretenen Sporozoiten in Eiweiss- und Kochsalz- lösung untersucht, erscheinen sie gewöhnlich vereinzelt. Wegen Zeitmangels ist es mir nicht möglich gewesen, ihre Bewegungen eingehender zu studieren; trotzdem habe ich wahrnehmen können, dass sie geschlängelte Bewegungen zeigen, sich S-förmig oder kreisförmig einbiegen. Besonders die Sporozoiten, welche infolge des Druckes der unter dem Mikroskope sich spaltenden Amphionten frei werden (sie spalten sich nur dann, wenn sie ganz oder ziemlich reif sind), erscheinen in durch eine minimale Menge von einer klebrigen und gallertartigen Substanz zusammengehaltenen Bündeln. Die Substanz erinnert an den von Schaudinn bei den Coccidiensporozoiten gewonnenen Befund: diese sowie die Gregarinen sondern aus ihrer ganzen Oberfläche eine klebrige und gallertartige Substanz ab, mit Hülfe deren sie sich vorwärts bewegen. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch die Sporozoiten der Malariaparasiten die Fähigkeit besitzen, sich nach vorn hin zu bewegen, jedoch habe ich dies nicht mit Sicherheit wahrnehmen können. Die Sporozoiten sind farblos, ziemlich lichtbrechend und erscheinen meistens fadenförmig, mit verschmälerten, oft schwer erkennbaren Enden (III, 19). Sie verbreiten sich durch den ganzen Anopheles-Körper; ich kann aber nicht feststellen, ob dies in aktiver Weise durch eigene Bewegungen oder — was wahrscheinlich ist — passiv, d. h. durch den Blutstrom stattfindet. Nach kurzer Zeit (es genügen vielleicht einige Stunden) sammeln sie sich alle um die Speicheldrüsen herum, in welche sie alsdann eindringen. Nach meiner Meinung ist der Eintritt in die Speicheldrüsen activer Natur. Manchmal werden sie um die Speicheldrüsentubuli in beträchtlicher Menge angesammelt vorgefunden; dies wird auch bei den Schnittpräparaten beobachtet (II, 24). Wenn die Sporozoiten in kleiner Zahl auftreten, sieht man sie deutlich an den Tubuli anhaften. Die Sporozoiten sammeln sich in den Speicheldrüsenzellen und namentlich in jenem Abschnitte derselben, wo das Sekret vorhanden ist. Sie wandern auch in das mit Sekret angefüllte Lumen der Tubuli. Sie können in beträchtlicher Menge in dem Lumen des mittleren Tubulus, welches sehr breit ist, vorhanden sein (II, 19—2ı), jedoch kann ich nicht behaupten, dass sie sich mit Vorliebe in diesen ansammeln, wie die der Proteosoma bei den Cadex (Koch, Ruge, Grassi). Das engere Lumen der zwei übrigen Tubuli (II, ı8, 22, 23) kann deren weniger enthalten; die dieser Tubuli zuge- hörenden Zellen, welche sehr hoch sind, können dagegen eine grössere Zahl derselben aufnehmen; dies steht im Gegensatz zu dem, was in dem mittleren Tubulus beobachtet wird, wo die Zellen kleiner sind. Auch wenn die Zahl der Sporozoiten eine geringe, werden sie meist in sämtlichen drei Tubuli und fast gleichmässig verteilt vorgefunden (I, 25); zuweilen aber (namentlich bei den Amopheles, die schon gestochen haben?) halten sich die Sporozoiten nur in einem Tubulus oder in einem Teile derselben auf. Es scheint mir im grossen und ganzen, als ob sie vorzugsweise den hinteren Abschnitt der Tubuli in Anspruch nehmen. Ich glaube, dass die mit Sporozoiten angefüllten Drüsenschläuche leichter zerreissen als die anderen. Bei den Schnitten des mittleren Tubulus erscheinen die Sporozoiten vereinzelt und nach ver- schiedener Richtung hin gebogen (I, 19 — 21). In den seitlichen Tubuli dagegen erscheinen sie meistens gerade und auch in Bündeln (II, ı8); in dem Hals des mittleren Tubulus ist ihr Verhalten ein ähnliches (II, 24). Sehr merkwürdig ist eben die Thatsache, dass die Sporozoiten die verschiedenen Abschnitte der Tubuli der Speicheldrüsen besetzen, trotzdem dieselben — wie ich schon in einem der vor- hergehenden Kapitel erwähnt habe — verschiedene Sekrete enthalten. u 171 — Das Eindringen der Sporozoiten in die Speicheldrüsen muss nach den bisherigen Forschungen als Chemotropismuserscheinung zu erklären sein, doch scheint es im ersten Augenblick eigentümlich, dass verschiedene Sekrete ein und dieselbe Chemotropismuswirkung hervorrufen können. Eine FEr- klärung dafür könnte wohl darin zu finden sein, dass in den verschiedenen Sekreten ein Bestandteil enthalten ist, welcher die gleiche Wirkung gegenüber den Sporozciten ausübt, verbunden mit anderen Substanzen, verschieden in den verschiedenen Tubuli. In einem Falle habe ich die Sporozoiten in den Epithelzellen des Vorderdarmes gefunden (II, 26). Da ich in diesem Jahre über eine beträchtliche Anzahl von Czulex Pipiens verfügte, welche mit Zaemamoeba infiziert waren, so war ich in der Lage, weitere Untersuchungen über die Sporo- zoiten der Speicheldrüsen auszuführen. Meine Beobachtungen wurden im Sommer in den heissen Tagesstunden angestellt (37) (V, 19: linke Seite). Schon vornherein war es mir aufgefallen, dass sie unter so vielen verschiedenartigen Formen aufzutreten pflegen. Diese Veränderlichkeit ihrer Gestalt ist von Bewegungen abhängig, wie ich wahrnehmen konnte, trotzdem mir leider die Zeit fehlte, um diese Frage eingehender zu erforschen. Ich unterscheide wie Schaudinn bei den Sporozoiten der Coccidien drei Bewegungsarten Kontractionen, Krümmungen und Vorwärtsbewegungen. Ich beobachtete, dass die Sporozoiten sich der Länge nach ausstreckten, indem sie sich nach vorn bin verschmälerten, und sich verkürzten, ent- weder bei gleichzeitiger Verdickung nach hinten oder gleichmässig in ihrer ganzen Länge oder indem sie eine fast pfropfenzieherartige Form annahmen. Zuweilen biegen sich die Sporozoiten wie ein C, wobei die vordere Hälfte des C Bewegungen zeigt, aber nicht in die Ebene der hinteren Hälfte, ohne sich jedoch nach rückwärts zu wenden. Die Vorwärtsbewegung findet oft wie bei den Gregarinen durch ein einfaches Gleiten statt; manchmal sind diese Bewegungen mit Wackeln u. s. w. verbunden. Diese Bewegungen sind zu beobachten, wenn man die Speicheldrüsen in der üblichen Na. Cl- Lösung isoliert. Fügt man dieser Lösung einen Blutstropfen eines Sperlings bei, dann sieht man, wie die Spororozoiten vorwärts rücken, indem sie durch komplizierte Bewegungen zwischen die roten Blutkörperchen hineinschleichen; oft kommen sie mit den Leukocyten in Berührung, verweilen einige Zeit und entfernen sich dann wieder. Manchmal scheint es, dass sie die Bewegungen anstellen, um in die roten Blutkörperchen hineinzugelangen !). Vielleicht machen die Sporozoiten die oben geschilderten Bewegungen, auch wenn sie frei im Lacunom liegen; ich glaube, dass sie schon anfangen sich zu bewegen, wenn sie noch in der Kapsel liegen. Das, was ich für die amphigonischen Sporozoiten des Proteosoma beobachtet habe, gilt wahrscheinlicherweise auch für die der menschlichen Malariaparasiten. Während des Stiches der Anopheles werden die Sporozoiten aus den Speicheldrüsen mit dem Speichel eliminiert. Einer meiner Versuche schien ergeben zu haben, dass die Sporozoiten, wenn sie nur spärlich sind, durch einen einzigen Stich herauskommen können; dieser Versuch aber blieb vereinzelt und konnte bis jetzt nicht bestätigt werden. Andererseits habe ich jedoch feststellen können, dass, wenn die Sporozoiten in grösserer Zahl vorhanden sind, deren sehr viele in den Drüsen zurückbleiben, selbst nach wiederholten Stichen. Durch eine Versuchsreihe ist es mir gelungen, im Jahre 1900 in sicherster Weise zu kon- statieren, dass ein Cwlex frpiens, welcher einen sehr infizierten Sperling ein einziges Mal gestochen ı) [Die Bewegungen der Sporozoiten wurden kürzlich auch von Ruge beobachtet. Die kleinen Verschiedeheiten zwischen meinen und Ruge’s Beobachtungen können teilweise dadurch erklärt werden, dass die seinigen bei höherer Temperatur angestellt wurden. (Ct. f. Bakt. 1. Abt. Vol. XXIX p. 189, ı901).] 9) %* pe 172 — hatte, die Infektion mindestens auf 6—7 Sperlinge übertragen kann, ohne dass seine Speicheldrüsen dadurch von Sporozoiten frei geworden wären. Man darf wohl annehmen, dass dies auch bei den Anopheles der Fall ist, und gestattet uns somit zu erklären, warum die Menschenmalaria, trotz der geringen Zahl von infizierten Anopheles, sich sehr zu verbreiten vermag. Da nun bei einem Anopheles, wenn er einige Male Malariakranke gestochen hat, die verschiedensten Entwickelungsstufen der Malariaparasiten auftreten können, so ist die Vermutung berechtigt, dass die Speicheldrüsen sich wiederholt entleeren und dann wiederum neue Sporozoiten aufnehmen können. D. Amphionten der verschiedenen Malariaparasitenarten. Die von mir im Vorstehenden besprochenen Kennzeichen der Amphionten der Zertana ma- ligna oder Bidua (Laverania malarıae), können im allgemeinen auch für die der Tertiana (Plasmodium vivax)‘) und, soweit ich sehen konnte, auch für die Parasiten der Oxartana (Plasmodium malarıae) gelten. Nur muss ich hervorheben, dass das Würmchen der Tertiana mir verhältnismässig grösser als das der Bidua (I, 30) und infolgedessen auch der betreffende in die Darmwand eben angelangte Amphiont grösser erschien. Solange der Amphiont sich noch in den ersten Entwickelungs- stadien befand, gelang es mir, den der Tertiana von dem der Bidua durch die Beschaffenheit des Pigments, welches bei der ersteren heller und zerstreuter ist (III, 33—37) zu unterscheiden; nachträg- lich konnte dieser Unterschied nicht mehr von mir konstatiert werden. Ich kann jedoch mit einer gewissen Sicherheit behaupten, dass die Tertianaparasiten, häufiger als die der Bidua, sehr entwickelte Vacuolen aufweisen. Trotz zahlreicher Untersuchungen ist es mir nicht gelungen, die von Bignami und Bastianelli festgestellten, differentiellen Merkmale zwischen Tertiana- und Bidua-Amphionten be- stätigen zu können. Diese Verschiedenheiten existieren gewiss in ihren Präparaten, jedoch haben genannte Forscher meiner Meinung nach ziemlich verschiedene Entwickelungsphasen und durch Formalin mehr oder weniger veränderte Präparate in Vergleich gezogen. Das Formalin lässt, je nach der Dauer seiner Wirkung und nach seinem Konzentrationsgrade, das Chromatin anschwellen, ruft bei den ziem- lich entwickelten Amphionten Veränderungen hervor, u. Ss. w. Es soll jedoch hier nicht verschwiegen werden, dass das Formalin auch sehr gute Dienste leistet, und uns rasch die beträchtlichen Unterschiede einer und derselben Malariaparasitenart bei einem gleichen Entwickelungsstadium nachweist; dies wird recht deutlich bei den Darmpräparaten in toto, welche in Formalin konserviert und dann zweckmässig gefärbt werden. Bei solchen Präparaten werden ganz deutlich zwei Formen — bereits von Ross gesehene — unterschieden, die eine hyalin, die andere mit Vacuolen besetzt; und man kann ebenso deutlich beobachten, dass die mit Vacuolen besetzten Formen im Vergleich mit den hyalinen Formen sehr spärliche Kerne zeigen (welch letztere sich namentlich in dem centralen Teile anhäufen). Man darf ja nicht glauben, dass diese Vacuoli- sation ganz künstlich hervorgerufen wird, die schon vorhandenen Vacuolen werden nur durch das Formalin sehr stark vergrössert. Vergleicht man die Abbildungen, welche der von mir in Gemeinschaft mit Bignami und Bastianelli veröffentlichten Mitteilung beigegeben sind, mit denen dieser Arbeit, so wird man einen genauen Begriff über alle die eben erwähnten Sachverhältnisse bekommen können. ı) Desshalb habe ich um die Amphionten der Bidua zu illustrieren, wiederholt die Figuren des Plasmodium wivax citirt. IS = Es ist möglich, dass, wenn man über ein grösseres Material verfügt, und dasselbe vermittelst der jetzigen einwandsfreien Konservierungsmethoden behandelt, sichere Unterschiede zwischen den Amphionten der verschiedenen Malariaparasiten wird entdecken können. Mag man sie aber nun finden oder nicht: die Arten bleiben immerhin feststehend und werden schon hinreichend durch die Gameten unterschieden. \Wenn man die Abbildungen vergleicht, so bemerkt man, dass manche Unterschiede zwischen dem Amphionten der Zaemamoeba (V. — linke Seite) und jenen der Parasiten der Menschenmalaria (I, II und III) bestehen, Unterschiede, auf welche ich nicht wage einzugehen. E. Andere parasitäre Sporozoen der Culieiden. Eine Zeit lang vermuteten ich, Bignami, Bastianelli (2ı), dass mit dem Malariaparasiten noch zwei andere den Sporozoen angehörende und nicht selten bei den Anopheles vorkommende Parasiten im Zusammenhang mit den Malariaparasiten ständen. Diese zwei Sporozoen können uns vielleicht eine Waffe darbieten, die Menge der Anopheles zu verringern. Was die Klassifizierung derselben anbelangt, so muss ich mich darauf beschränken, diese Sporozoen unter die Gruppe der Myxosporidien, unter welche ich auch die noch ungenügend er- forschten Srereummsporidien einreihe, zu stellen. Hier sollen einige Notizen über diese Parasiten folgen, welche ich nur behufs der sicheren Ausschliessung derselben aus dem Malariaparasitencyklus untersucht habe. Die erste Species der fraglichen Sporozoen lebt im Lacunom des Anopheles, wo sie frei oder an verschieden Organen (Vorder-, Mittel- und Hinterdarm, Speicheldrüsen, Rückengefäss) anhaftend auftritt. In einem vermutlich jüngeren Stadium tritt dieses Sporoözoon als freie, in frischen Präparaten fast rundlich erscheinende Massen auf; amoeboide Bewegungen habe ich bei ihm nicht wahrnehmen können. In Schnittpräparaten dieser Plasmamassen habe ich zahlreiche, nach Gestalt, Grösse und Chromatin unter sich verschiedene Kerne beobachtet; zuweilen enthielten sie auch gelbliche Körner. (III, 24). Bei Zergliederung der frischen Anopheles in Kochsalzlösung, fand ich zweimal viele solcher Massen, in welchen zahlreiche, mehr oder weniger deutliche eiförmige, ein centrales glänzendes Körper- chen enthaltende Körper vorhanden waren. Solche, den Sporozoiten ähnliche Körper, waren beweglich; sie traten aus den Plasma- massen heraus und ihre Bewegungen waren unter dem Mikroskop deutlich wahrzunehmen. (III, 25). Anfangs glaubte ich, es seien Sporozeiten der Malariaparasiten; später musste ich aber meine Auffassung ändern, da ich mich überzeugen konnte, dass sie von diesen absolut verschieden sind. Bei den Myxosporidien wurde bisher kein ähnliches Stadium beobachtet, daher ist die von mir wahrgenommene Erscheinung höchst interessant, weil dadurch der Weg zu weiterer Erforschung angebahnt ist. nz Organen verschiedenartig an; bald treten sie als Schläuche, bald als unregelmässige Kugel, bald ampullenförmig auf. In diesen Fällen erscheint ihre periphere Schicht verdickt; sie enthalten zahl- reiche Cystosporen. Bei diesen Cystosporen habe ich die Polkapseln nicht auffinden können, doch waren meine Untersuchungen mangelhaft. In den meisten Fällen haften die in Rede stehenden Parasiten (IIi, 24a) den oben genannten Es ist ferner bemerkenswert, dass bei diesen Sporozoen ein Involutionsprozess vorkommt, welcher von dem Vorgang, den ich bei den Sporozoiten und Restkörpern der Malariaparasiten Bildung einer braunen Hülle) geschildert habe (III, 24a, 24bI, 24bI), nicht sehr abweicht. Aus meiner Beschreibung, sowie aus zahlreichen diesbezüglichen Experimenten ergiebt sich in unzweideutiger Weise, dass die Malariaparasiten durchaus in keinem Zusammenhang mit den eben beschriebenen Sporozoen stehen. In den Anopheleseiern wird häufig noch ein zweites Sporozoon vorgefunden, das sehr wahr- scheinlich gleichfalls der grossen Gruppe der Myxosporidien angehört. Zuweilen werden sämtliche, zuweilen nur einzelne Anopheleseier davon infiziert. In den reifen oder halbreifen Eiern bietet der in Rede stehende Parasit eine beträchtliche Menge von bereits fertig entwickelten oder in Ent- wickelung begriffenen Cystosporen. Bei den letzteren unterscheide ich eine Plasmamasse mit zwei, vier bis acht Kernen (III, 26); bei den bereits fertigen eine Spore mit acht Sporozoiten (III, 27). Auch dieser Parasit bedarf eines gründlichen Studiums, da meine diesbezüglichen Kenntnisse sehr unvollständig sind, und ich denselben gar nicht erwähnt hätte, wenn ich es nicht für notwendig erachtet hätte, den Leser davon zu überzeugen, dass dieses Sporozoon gar keine Beziehungen mit dem Malariaparasiten hat, wie nicht nur durch die angegebenen Merkmale des Parasiten, sondern auch durch die zahlreichen Versuche bewiesen werden konnte!). Bei den Crdex, und zwar sowohl bei den Larven wie bei den Nymphen oder geflügelten Individuen wird häufig ein Parasit vorgefunden, welcher, wie aus seinen Cystosporen ersichtlich ist, den Myxosporidien angehören muss. Dieser Parasit ist bei einzelnen Czelexspecies ausserordentlich häufig. Anfangs hegte ich den Verdacht, dass dieser Parasit dem Malariaparasitenceyklus angehören könne; nachträglich aber musste ich ihn infolge seiner eigentümlichen Charaktere, seines Fehlens bei den Anopkeles, sowie infolge zahlreicher negativer Experimente davon ausschliessen. F. Es besteht kein anderer Entwickelungseyklus der Malariaparasiten. Es ist sicher, dass im Anopelesleib die Malariaparasiten keine anderen als die von mir im Vorstehenden beschriebenen Formen annehmen. Ein grosser Teil meiner Zeit wurde gerade diesem negativem Teil der Frage gewidmet; ich habe nicht nur die obenerwähnten Parasiten aus dem Cyklus der Malariaparasiten ausgeschlossen; son- dern meine sehr eingehenden Untersuchungen erstreckten sich auch auf die Eier, Larven und Nym- phen der Anopheles; unzählige neugeborene und alte, infizierte und nicht infizierte Anopheles wurden genau und wiederholt untersucht, und zwar beschränkte ich mich nicht nur auf deren Darm und Speicheldrüsen, sondern unterzog auch deren sämtliche Organe der genauesten Unter- suchung. Nachdem ich mich überzeugt hatte, dass die den Menschen infizierungsfähigen Parasiten sich nur in Speicheldrüsen befinden können, wo sie ausschliesslich aus den sich im Darm entwickelten Amphionten herstammen, unternahm ich eine lange Reihe von Experimenten, die meine Ueber- zeugung befestigten (s. voriges Kapitel). 3. Allgemeine Betrachtungen. Ich komme nun wieder auf die zwei — im menschlichen Körper und im Amnophelesleib — auftretenden Generationsweisen der Malariaparasiten zurück, und verweise desshalb auf das schon früher von mir erwähnte Schema (s. Taf. V rechte Seite). In allen Protozoen und vielleicht in allen einzelligen Lebewesen folgen die Generationen die eine auf die andere in einer Weise, dass man den Generationscyklus als eine aus mehreren Gliedern 1) Bei den Larven, sowie bei dem geflügelten Aropheles claviger wird häufig ein eincystierter Trematode beobachtet; ausserdem schmarotzt auch eine Milbe bei den geflügelten Aropheles. bestehende geschlossene Kette darstellen kann: ein Glied stellt die geschlechtliche Generation (Amphi- gonie), die übrigen Glieder dagegen die ungeschlechtliche (Monogonie) dar. (Näheres bei Schau- dinn, R. Hertwig, Lang etc.) Eine monogonische Generation wechselt also mit vielen amphi- gonischen (Grenerationen ab. (Ich muss hier darauf verzichten, die höchst interessante, von R. Hertwig über die Unabhängigkeit der Befruchtung von der Fortpflanzung aufgestellte Frage zu besprechen.) Diese Schlussfolgerung drängt sich nunmehr so gewaltig auf, dass, wenn bei den Malaria- parasiten die geschlechtliche (reneration nicht bekannt wäre, wir bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse mit Sicherheit behaupten könnten, der Cyklus biete eine Unterbrechung dar, d. h. es fehle ein Glied der Kette. Einmal dieses Glied gefunden bildet die Kette einen ge- schlossenen Kreis. Hier sei mir eine Abweichung gestattet. Bei den Schizomyceten — mit Ausnahme einer nicht sichergestellten Angabe von Förster (15) über das Chromatium — kennen wir bis jetzt keine Befruchtungserscheinungen; aus diesem Grunde habe ich die Ueberzeugung, dass wir den vollkommenen Evolutionsceyklus keiner einzigen Bakterie kennen !. Die Hygieniker müssten dieser Frage die grösste Aufmerksamkeit zuwenden, denn die Lösung derselben dürfte wohl zu hochwichtigen Entdeckungen führen. So z. B. könnte die Thatsache, dass die Cholera in Europa nicht heimisch geworden wohl darin ihre Erklärung finden, dass in Eu- ropa die zur geschlechtlichen (Greneration der Krankheitserreger nötigen Bedingungen fehlen. Das Fehlen der zgveschlechtlichen Generation dürfte gleichfalls z. B. das Erlöschen der Influenza- epidemien und wahrscheinlich anch die manchmal mehr oder weniger ausgesprochene Kontagiosität einer und derselben Bakterienart erklären. Die Frage ist mithin höchst wichtig, und es wäre sehr wünschenswert, dass ein Baktereriologe vom Fach dieselbe eingehend untersuchte. Doch kehren wir wieder zu den Generationen der Malariaparasiten zurück. Zum besseren Verständnisse wollen wir nun die Generationen der Malariaparasiten mit denjenigen der Wolvox, jenem eigentüm- lichen Lebewesen vergleichen, welches von den Zoologen zu den Flagellaten gerechnet wird. Der Zeugungskreis ist in beiden Fällen im wesentlichen ganz gleich. In der That teilt sich bei der l’o/wox ein Amphiont in zwei Individuen, welche als Mononten fortfahren, sich zu teilen und so eine, aus vielen Tausend mit einander durch Protoplasmabrücken ver- bundenen Individuen bestehende Kolonie (Coenobium) bilden. Die Mehrzahl dieser Individuen wird keiner geschlechtlichen Reproduktion unter- worfen. Nur bei einzelnen derselben kommt Die Gameten (S — Mikrosporen, © — Makrosporen) liegen inmitten eine geschlechtliche Differenzierung zustande, vieler Mononten. d. h. einzelne Individuen verwandeln sich in eine Makrospore — Ei — oder in ein Bündel von Mikrosporen Volvox. Teil einer hermaphroditischen Kolonie (aus Lang). Spermatozoen —. Die durch die Mikrospore befruchtete Makrospore erzeugt den Amphionten, welcher seinerseits eine neue Kolonie bildet. ı) Die geschlechtlichen Generationen sollen zur Bildung der Dauersporen führen. Bei Volvox gleichwie bei den Malariaparasiten des Menschen kommen auf viele ungeschlecht- liche Generationen nur eine geschlechtliche Generation vor, mit dem einzigen Unterschied, dass bei Volvox die Mononten in einer Kolonie zusammenbleiben, während bei den Malariaparasiten die Mononten sich trennen; dies geschieht übrigens auch bei sehr vielen anderen Protozoen. Die Fälle, bei welchem die amphigonische Generation mit einer grösseren oder kleineren Zahl von monogonischen Generationen abwechselt, werden „(Generationswechsel“ genannt: es handelt sich dabei um einen Generationswechsel im engen Sinne des Wortes, d. h. um einen progressiven Generationswechsel, welche Erscheinung auch „Metagenesis“ oder „Metagonie“ genannt wird. In dieser Beziehung bedarf es jedoch einiger Erläuterungen. Der Mensch selbst gleichwie sämtliche Metaphyten und Metazoen verhält sich genau wie die Protozoen; der Cyklus ist im wesent- lichen der Gleiche. Wenn wir nun voraussetzen, dass jede Zelle des menschlichen Organismus einem Protozoen gleichwertig ist, so wird dieser Vergleich durchaus einleuchtend. Das befruchtete Ei (Amphiont) teilt sich (amphigonische Generation) in zwei Zellen, welche sich ihrerseits wieder unzählige Male, ohne Mitwirkung einer erneuten Befruchtung teilen, (monogonische Generationen): auf solche Weise wird unser Organismus (einem Protozoencoenobium vergleichbar) gebildet. Der grösste Teil, der unseren Körper bildenden Zellen vermehrt sich wie bei der Volvox und bei den Malariaparasiten, ganz ausschliesslich durch monogonische Generationen, verhältnismässig wenige Zellen geniessen eine geschlechtliche Differenzierung (Eier und Spermatozoen vergleichbar den Makro- und Mikrosporen der Volvox und der Malariaparasiten). Nimmt man nun an, dass bei den Protozoen (und überhaupt bei allen einzelligen Orga- nismen) die Metagonie vorkommt, so muss man auch zugeben, dass dieselbe gleichfalls bei sämtlichen Metazoen und Metaphyten stattfindet; doch ist diese Metagonie der einzelligen Organismen thatsäch- lich anders als das was man gewöhnlich unter dem Namen Metagonie eines Metazoen versteht, (z. B. bei dem Echinococceus, den Salpen etc.). Die Metagonie der einzelligen Organismen ist dagegen mit derjenigen der Zellen identisch. Aus diesem Grunde schlage ich vor, die beiden durchaus iden- tischen Erscheinungen mit der Bezeichnung Cytometagonie zu belegen. Der in dieser Weise aufgefasste Cyklus der Malariaparasiten ‚wird sehr leicht verständlich während er an sich selbst sonderbar erscheint. Die Malariaparasiten zeigen nur eine eigentümliche Modalität, welche den Sitz der Kettenglieder betrifft, nämlich eines dieser Glieder, d. h. jenes Glied, welches die amphigonische Generation darstellt, findet sich nicht wie die übrigen im Menschenblute, sondern nur im Anopheles-Leibe vor, und diese Thatsache steht mit dem Umstande in Verbindung, dass die Nahrung des Anopheles aus Blut besteht. Der Anopheles nimmt, indem er den Menschen sticht, die Gameten aus dem Blute auf; sticht er nach einer bestimmten Zeit den Menschen wieder, so überträgt er dabei auf den letzteren eine Anzahl von Sporozoiten, welche unzähliche monogoni- sche Generationen und neue (rameten im menschlichen Körper erzeugen können. Nachdem auf diese Weise der Zeugungssprozess der Malariaparasiten festgestellt ist, ergiebt sich in deutlicher Weise die Ueberflüssigkeit der Frage für die Mediziner, ob zuerst der Mensch den Anopheles oder zuerst der Anopheles den Menschen infiziert habe. Könnte man doch eine ähnliche Streitfrage für sämtliche übrige Parasiten, welche zwei verschiedene Wirte, einen definitiven und einen Zwischenwirt, (z. B. wie bei den Tänien) zeigen, aufstellen. Diese Frage ist vom praktischen Gesichtspunkte aus überflüssig, theoretisch aber muss die- selbe erörtert werden. Wenn wir von der Evolutionstheorie, d. h. von dem Zeitpunkte ausgehen, in welchem die Malariaparasiten von den gegenwärtigen Species verschieden waren, so können wir die Frage aufwerfen, ob es wahrscheinlicher sei, dass ursprünglich die Vorfahren der Malariaparasiten sich ausschliesslich in dem Körper der Menschen oder deren Vorfahren, oder in dem Leibe der Ano- bheles, oder deren Vorfahren entwickelt haben. Schaudinn meint, dass gewisse Haemosporidien der Amphibien (Drepanidium) sich wie die Coccidien entwickeln, nämlich ohne Wirtwechsel, und dass die Infektion wie bei Coceidien in diesem a 177 — vermittels des Darmkanals zustande käme. Demzufolge vermutet er, dass die bei den Warmblütern vorkommende Abwechselung des Wirtes der Haemosporidien eine sekundär erworbene Erscheinung bedeute Schaudinn ist der Meinung, dass die Malariaparasiten ursprünglich in dem Menschen oder in dessen Vorfahren vorhanden gewesen sind. Da nun hauptsächlich bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse keine genügenden Gründe vorliegen, um die Behauptung Schaudinn's anzunehmen oder zu verwerfen, so halte ich es für unnötig, über diese Frage zu diskutieren, ich möchte nur bemerken, dass einmal, weil die Para- siten von freilebenden Formen abzuleiten sind, und zweitens, weil der Darm als die erste Haltestelle der Formen, welche zu Sporozoen geworden, zu betrachten ist, ich mich frage, ob der Phase, in welcher die Amphionten sich frei im Darm bewegen (Würmchen, Ookinet), nicht eine grosse Wichtig- keit beizulegen ist. In der von mir und Dionisi veröffentlichten vorläufigen Mitteilung haben wir den Anopäheles als definitiven und den Menschen als Zwischenwirt bezeichnet, und zwar nannten wir den Anopheles nur aus dem Grunde definitiven Wirt, weil bei ihm die geschlechtliche Generation stattfindet. Koch behauptet, dass der Aosgurto der Zwischenwirt der Malariaparasiten sei!), Diese Behauptung hat nach Lühe eine gewisse Berechtigung durch den Umstand, dass bei den parasitischen Würmern mit Wirtwechsel zwischen einem Wirbeltier und einem wirbellosen Wirt stets das Wirbeltier der definitive, der wirbellose Wirt dagegen der Zwischenwirt ist. Meiner Ansicht nach hat bei der Definition des Zwischenwirtes und des definitiven Wirtes das Kriterium des Wirbeltieres und des wirbellosen Tieres keinen Wert, und ich glaube, dass eine Unterscheidung zwischen Zwischenwirt und definitivem Wirt für die Malariaparasiten, wie von mir angenommen wurde, keine Missverständnisse hervorrufen kann. Jedoch gebe ich zu, dass die Bezeichnung Zwischenwirt und definitiver Wirt konventionelle Ausdrücke sind und man ebensowohl und besser von alternierenden Wirten oder besser noch von Wirten für die geschlechtlichen oder ungeschlechtlichen Generationen sprechen könnte. Doch kehren wir zu der von den Malariaparasiten gebildeten Kette zurück. Dieselbe bildet unbestreitbar einen geschlossenen Kreis; es handelt sich jetzt darum zu bestimmen, ob derselbe ein regelmässiger oder mit sekundären Bogenlinien versehener ist, d. h. ob die betreffenden Generationen im menschlichen Körper einförmig sind oder nicht. Wie ich bereits früher bemerkt, kann es möglich sein, dass besondere parthenogenetische (renerationen mit den Rückfällen in Zusammenhang stehen. Diese Generationen würden sodann eine sekundäre Kurve bilden, und erlauben, unseren Vergleich mit Volvox und Metazoa fortzusetzen. Bei den Volvox werden die Makro- und Mikrosporen im Herbste gebildet; während der vorhergehenden Jahreszeiten kommen dagegen sogenannte Parthenoiden vor, welche sich wie die befruchtete Makrospore verhalten, d. h. fähig sind neue Kolonien zu bilden. So kommen bei den NVolvox besondere Generationen vor, welche mit den bei den Malariaparasiten möglicherweise auftretenden parthenogenetischen Generationen vergleichbar sind. Diesen entsprechen die bei den Metazoen (es versteht sich, dass das, was ich von den Meta- zoen sage, auch für die .Metaphyten gilt) vorkommenden parthenogenetischen Generationen der weib- lichen und männlichen (?) Geschlechtszellen. Um diese Frage noch besser zu beleuchten, halte ich es für angezeigt zu betonen, dass die Spermatocyten der Metazoen den Antheridien der Malaria- parasiten entsprechen. Die bisher mitgeteilten Betrachtungen zusammenfassend, stelle ich nachfolgende Vergleichs- tabelle auf. 1) Neuerdings giebt Koch zu, dass es richtiger wäre, den Menschen als Zwischenwirt zu bezeichnen. Grassi, Die Malaria. ie) Metazoen. Malariaparasiten. Ungeschlechtliche (somatische), sich vielmals Sich vielmals ohne Befruchtung vermehrende ohne Befruchtung vermehrende Zellen. Mononten. Weibliche und männliche (?) sich durch Par- Sich durch Parthenogenesis vermehrende thenogenesis vermehrende Elemente. Makrosporen (?) und Antheridien (?). 3: Spermatocyten. Antheridien. 4. Spermatozoen. Mikrospore (Mikrogamet). 5- Reifes Ei (Richtungskörperchen). Reife Makrospore (Richtungskörperchen?)!)?). Um alle Seiten der Frage zu beleuchten, ist es hier vielleicht zweckmässig, zu erwägen, ob auch bei den Malariaparasiten der natürliche Tod, d. h. das durch Senilität bedingte Sterben statt- findet. Bei den Metazoen wie bei den Metaphyten°) sind die Zellen (somatische Zellen), welche sich nicht in geschlechtliche Zellen umwandeln können, sich mithin nicht befruchten und infolgedessen auch nicht verjüngen können, dem Tode verfallen. Bei der Wolvox sind alle einzelnen Individuen (somatische Individuen, Mononten), die weder Makro- noch Mikrosporen oder Parthenoiden werden, ebenfalls dem Tode verfallen. Es fragt sich nun, ob bei den sich folgenden monogonischen Gene- rationen der Malariaparasiten auch Individuen entstehen, welche absterben müssen, weil sie nicht die Fähigkeit besitzen, sich in Gameten zu verwandeln oder unfähig sind, andere Individuen zu erzeugen, welche ihrerseits Gameten bilden können. Diese Frage steht in engem Zusammenhange mit der über den Entwickelungsgang der Gameten; vorläufig ist jedoch leider noch keine Lösung vorhanden. Andererseits muss man noch in Betracht ziehen, dass ein mit Malaria behafteter Mensch jahrelang von Fieberanfällen durch Monogonie und Parthenogenesis (?) der Malariaparasiten heimge- sucht werden kann, ohne dass er sich einer Räinfektion aussetzt. Ausserdem sei hier noch bemerkt, dass durch die Injektion von Blut eines Malariakranken in einen gesunden Menschen dieser letztere eine Malariainfektion erhält, welche jahrelang fortbestehen kann. Es ergiebt sich daraus, dass die monogonischen Generationen bei den Malariaparasiten sich enorm wiederholen können, so dass ihre Zahl als eine unbegrenzte zu betrachten ist. Eine weitere Nebenkurve des Cyklus der Malariaparasiten wird durch die Vermehrung der von Anopheles in den menschlichen Körper inokulierten Sporozoiten gebildet. Wie aus dem Zu- stand der Kerne dieser Sporozoiten leicht ersichtlich, können sie sich nicht direkt in Sporozoiten der monogonischen Generationen umwandeln; folglich muss eine mit besonderen Merkmalen aus- gestattete Greneration zustande kommen: es bildet sich somit eine andere Art von Generation (Taf. V, rechte Seite, Fig. ı u. 22)). I) Um den Vergleich zu vervollständigen, müsste man auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Vermehrung des Am- phionten im Anopheles-Leibe in Wirklichkeit nicht auf eine einzige Generation, sondern auf eine Reihe von sich nachfolgenden Gene- rationen beruht, wie aus dem von mir früher Gesagten hervorgeht. 2) Es wird vielleicht manchem sonderbar erscheinen, dass ich von einer bei männlichen Individuen möglichen Partheno- genesis spreche, jedoch scheint sie nach Giard heute eine bewiesene Thatsache, sowohl bei den Protozoen (Adelea) wie bei den Metazoen (Echinus, Lanice, Dentalium). [Aus einem Artikel Boveri’s (Anatom. Anzeiger 23. März 1901) ersehe ich, dass vor Giard schon Verworn von männlicher Parthenogenesis bei den Metazoen gesprochen, dass Boveri selbst zuerst und Delage später diese kühne Hypothese bestritten haben. Ich kann hier nicht näher auf diese Frage eingehen, um so mehr, da ich mich darauf beschränkt habe, eine Hypothese anzudeuten und ihr ein Fragezeichen beizufügen. ] 3) Hier ist nicht der Ort Ausnahmen, die in manchen Pflanzen vorkommen, zu besprechen. = 179 — Bei dem Entwickelungsceyklus der Malariaparasiten sind also zwei Generationen beobachtet worden: eine durch Conitomie bewirkte Monogonie (Il), welche sich bei jedem Fieberanfall wieder- holt, und eine durch Conitomie bewirkte Amphigonie (II), die sich im Anopheleskörper abspielt. In dem menschlichen Körper muss aber noch eine Generation (III), welche mit dem Anfang der Inkubation in Zusammenhang steht, und zwar gleich nach der Inokulation der Sporozoiten vor sich geht, und vielleicht könnte man auch noch eine (IV), in Beziehung mit den Rückfällen stehende (reneration konstatieren (Taf. V, rechte Seite, Fig. 5l? u. 5lI?). Diese letztere geht wahrscheinlich durch Teilung oder durch Sprossbildung vor sich. Voraus- gesetzt, dass die dritte in gleicher Weise stattfindet, oder dass sie, was wahrscheinlich ist, durch be- sondere Conitomie vor sich geht, können wir ein Schema aufstellen, welches in grober Weise an das Trichosphaerium erinnert. Sowohl in dem einen wie in dem anderen Falle handelt es sich um einen mit zwei Nebenkurven versehenen Cyklus (s. Fig. ı3 im Text S. 144). Die Malariainfektion lässt sich somit in vier Perioden einteilen und sehr wahrscheinlich ent- spricht einer jeden Periode eine besondere Generationsart, wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich ist (Figuren der Taf. V, rechte Seite). A. Infektion des Anopheles. I. Amphigonische Generation durch Conitomie (Fig. 7—17). B. Infektion des Menschen. s a) Inkubation. U. Monogonische Generation, durch Conitomie (?) der aus dem Amphionten stammenden Sporozoiten (Fig. ı—2 ?) b) Fieberanfälle. III. Monogonische Generationen, durch Conitomie (Fig. 3, 4, 5al bis zaV]). c) Nach langen Unterbrechungen vorkommende Rückfälle. IV. Parthenogenetische Generation (??) (Fig. 5I? u. 5II?). Nach den vorstehenden Auseinandersetzungen ist wohl geschieden, was bewiesen und was noch hypothetisch im Entwickelungseyklus der Malariaparasiten ist. Der für weitere Forschungen zu verfolgende Weg ist somit gewissermassen vorgezeichnet. Aus den vorstehenden Thatsachen und Erklärungen gewinnt man immer mehr die wissen- schaftliche Ueberzeugung, dass: ı. die Malariaparasiten des Menschen ausschliesslich bei diesem und bei dem Anopheles aufzufinden sind; 2. dass sie nur von den “lzopAheles in den Menschen und von diesem in den Anopheles übergehen können; 3. dass der natürliche, direkte Uebergang der Malaria- parasiten von einem zum anderen Menschen und von einem zum anderen Anopheles absolut auszu- schliessen ist. Nach der vorstehenden Besprechung halte ich es für überflüssig, die Ansicht von Ross Laveran und Manson über den Evolutionscyklus der Malariaparasiten zu bekämpfen, nach welchen »le parasite du paludisme n’a chez Uhomme quun höte accidental et gwil doit se reproduire dans le milieu exterieur (probablement a l’etat de parasite du moustigue), sans que son passage dans le sang humain soit indispensable.« — 180 — So blieben uns jetzt nur noch die Beziehungen der Malariaparasiten zu den übrigen Sporozoen zu erörtern. Bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse, welcher für gar manche Formen noch sehr un- vollkommen ist, wird dieser (Gregenstand zu einer sehr schwierigen und gefährlichen Frage, da jeden Augenblick neue Beobachtungen und Entdeckungen mitgeteilt werden können, durch welche unsere schönsten Hypothesen gründlich verschoben, ja sogar zu nichte gemacht werden können. Sicher ist es, dass die direkte innige Beziehung zwischen Zaemamoeba (Proteosoma) und Coecidien, welche vor dem Erscheinen unserer Arbeiten von Ross aufgestellt wurde, gar nicht vorhanden ist. Wie bekannt, bezeichnete er als Coccidien die Amphionten der Z/aemamoeba. Die Cytometagonie der Haemosporidien (unter welchen auch die Malariaparasiten inbegriffen sind) nimmt jedoch, wie zuerst von mir und Dionisi angedeutet und von Schaudinn ausführlich erklärt wurde, einen ähnlichen Verlauf wie bei den Coceidien. In dieser Frage möchte ich mir hier einige Bemerkungen erlauben. Die Cytometagonie an sich hat keinen systematischen Wert, da sie sehr wahrscheinlich auch bei den Gregariniden und überhaupt sämtlichen Lebewesen vorkommt. Es ist aber sehr wichtig, festzustellen, ob bei den Haemosporidien (natürlich muss man dabei die von ihrer in einem oder in zwei Wirten stattfindenden Verteilung abhängenden Unterschiede in Betracht ziehen) ähnliche Stadien vorkommen, wie bei der Cytometagenesis der Coccidien auftreten. Ich glaube, dass — wie dies übrigens Schaudinn schon vor der Veröffentlichung der ersten Auflage dieser Arbeit bereits angenommen hatte — dies wirklich der Fall ist. Der in dieser Arbeit beschriebene Cyklus der Haemosporidien ist leicht auf den der Coccidien übertragbar, nur dass man dabei folgende Betrachtungen in Erwägung ziehen muss: ı. Die Coccidien verbreiten sich, indem sie ins äussere Medium übergehen; aus diesem Grunde zeigt ihr Amphiont kein Würmchenstadium, und bildet durch Ausscheidung eine Cystenhülle und Sporen (Cystosporen). 2. Bei der amphigonischen Generation der Haemosporidien beobachtet man eine Andeutung der Sporoblastenbildung. Während es möglich ist, bei den eben erwähnten Gruppen Annäherungspunkte festzustellen, ist dies bei der Vergleichung der Haemosporidien mit den Gregariniden nicht der Fall. Jedenfalls sind diese letzteren noch zu wenig erforscht worden, und aus diesem Grunde wird ein entscheidendes Urteil über dieselben gegenwärtig noch verfrüht sein. Unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Standes unserer Kenntnisse halte ich es für be- rechtigt, die Gruppe der Haemosporidiida (syn. Haemosporidies Danilewsky 1886) im weitesten Sinne beizubehalten. Demgemäss unterscheide ich bei den Sporozoen — nach Labbe — zwei grosse Gruppen: CyZosporidia und Myxosporidıia. Zu den CyZosporidia reihe ich drei Untergruppen ein: ı) Gregarinida, Cocciditda, 3. Haemosporidiida. vw Sicher ist, dass die Haemosporidiiden (in dem von mir angenommenen Sinne) in Ver- wandschaft mit den Gregariniden und mit den Coccidiiden stehen: nach unsren gegenwärtigen Kenntnissen erscheint die Verwandtschaft mit den Gregariniden viel weit entfernter als die mit den Coccidiiden. KarıteL VII. Einwände gegen die Anopheleslehre. Es wird heute im allgemeinen angenommen, dass die Malariainfektion durch die Anopheles übertragen wird. Die von mir im Vorstehenden geschilderten Untersuchungen, schliessen wohl aus, dass, in Italien wenigstens, auch andere blutsaugende Insekten dazu fähig sein können. Trotzdem wird immer noch von manchen Seiten die Frage aufgestellt, ob es ausser den Anopheles auch noch andere Uebertragungsmittel der Malaria geben könnte. Diese Frage steht im innigsten Zusammenhange mit verschiedenen Einwänden, die ich nicht ausser Acht lassen darf, sondern in diesem Kapitel zu besprechen gedenke. 2 1. Malariagegenden. in welchen keine oder doch fast keine Mosquitos (Anopheles?) vorkommen. Schon mehrfach ist betont worden — und noch gegenwärtig giebt es gar manchen, der darauf besteht — dass Gegenden vorhanden seien, in welchen, obwohl daselbst keine oder doch wenigstens nur sehr wenige Stechmücken vorkommen, doch die Malaria mit ganz intensivem Charakter herrsche. Dieser Gegenstand wurde bereits von mir im zweiten Kapitel erörtert; hier beschränke ich mich nur darauf einen diesbezüglichen Fall, welcher zweifelsohne als einleuchtendes Beispiel dienen kann, mitzuteilen. In verschiedenen Provinzen Italiens werden die Stechmücken „Tafani“ genannt; erkundigt man sich aber,.ob in diesen Bezirken Stechmücken (Zanzare) vorkommen, so erhält man stets von allen eine verneinende Antwort und so kann es sehr wohl geschehen, dass man glaubt, die Stech- mücken träten dort gar nicht auf, wo sie dagegen in sehr grosser Zahl vorhanden sind. Andererseits ist es auch gewiss, dass es Malariagegenden giebt, die nur wenige Stech- mücken aufweisen, welch letztere jedoch in diesem Falle fast immer nur Anopheles sind. Ferner giebt es noch andere Malariagegenden, in welchen verhältnismässig wenige Ano- Dheles, aber unsagbar viele andere Mosguxtoarten leben, so z. B. in Grosseto, wo gerade Koch seine Untersuchungen angestellt hat. Während der höchsten Malariazeit wurden in 49 Malariawohnungen der Stadt Grosseto, trotz sorgfältigsten Absuchens von der Koch’schen Expedition nur 8 mal und auch nur wenige Exemplare von Anopheles claviger aufgefunden. Daher behauptete Koch, dass die Zahl der in Grosseto vorkommenden Anopheles nicht hinreichend sei, um die Zahl der daselbst auftretenden Malariaanfälle zu erklären. Im folgenden werde ich mir nun gestatten, die von mir an Koch bereits im Jahre 1899 ge- richtete, diesbezügliche Antwort wiederzugeben. Ich verweilte in Grosseto vom 24. September bis zum 4. Oktober 1899. Das Resume der dort von mir gemachten Untersuchungen lautet (34 u. 35) ungefähr, wie folgt: „In der Stadt Grosseto kommen im allgemeinen nur wenige Anopheles clavıger, aber zahl- reiche Cadlex pipiens vor. Die Anopheles pflegen überhaupt vorzugsweise in dem peripherischen Teil der Stadt und in den Wohnungen, welche in der Nähe von Gärtchen, von mit Brunnen versehenen Höfen u. s. w. liegen, vorzukommen. Beim ersten Besuch habe auch ich, in manchen Wohnungen, in welchen sich Malariakranke befanden, oder resp. solche Fälle vorgekommen waren, keinen Anopheles — 1892 — gefunden, ich fand deren jedoch fast immer verschiedene Exemplare, bei den folgenden Besuchen, namentlich dann, wenn die von mir angestellten Untersuchungen sehr gründlich waren.“ „In der Mehrzahl der Fälle entdeckte ich in der Nähe der Wohnungen, in welchen höchst wahrscheinlich mit autochthonischer Infektion behaftete Malariakranke lagen oder gelegen hatten, kleine Wasseransammlungen, welche Larven und Nymphen des 4. c/aviger in ziemlich beträchtlicher Anzahl enthielten. Hier seien einige der Lokalitäten, wo diese Anopheles-Herde zu finden waren, erwähnt: das Magazzino Sellari in Via Mazzini, für Casa demaniale in Via Bertani, die Troniera Molino a vento und der Hof von Casa Scotti, für Casa Scotti in Via Mazzini No. 41, der Garten, welcher Casa Ferri an- gehört, für Casa Ferri in Corso Alberto No. ıı, der Garten des Ospedale della Misericordia, für das Spital selbst u. s. w. „In den Ställen, die sich in der Nähe von den Häusern befanden, in welchen sehr wahrscheinlich die Malaria aufgetreten war, habe ich immer mehr oder weniger zahlreiche Anropheles clavıger, ein- zelne Anopheles pseudopictus und einige Anopheles bifurcatus vorgefunden.“ „Als ich diese, denen von Koch widersprechenden Ergebnisse, Dr. Pizzetti, einem Sanitäts- beamten, welcher Koch behülflich war, mitteilte, erhielt ich zur Antwort, dass in der That seit einiger Zeit die Anopheles überall vorkämen, während dieselben, zur Zeit der Anwesenheit Koch’s in Italien, fast überall fehlten. Da ich dies nicht annehmen konnte, versuchte ich mir zu erklären, wie sie von Koch hatten übersehen werden können. Zu diesem Zwecke besuchte ich die, den Stadt- mauern Grossetos entlang liegende Allee und namentlich die Tronieren. Es gelang mir, darin in den Gebüschen versteckt, eine gewisse Anzahl von Anopheles claviger zu entdecken. Am 27. Sep- tember gegen abends 6 Uhr, als wir am Bahnhof unter den Eucalyptus sassen, wurden wir binnen weniger Minuten von vielen Cwlex, 3 Anopheles bifurcatus und ı Amopheles claviger gestochen.“ „Diese Vorkommnisse müssen mit den sommerlichen Gewohnheiten der Einwohner Grossetos in Zusammenhang gebracht werden, welche sich abends nicht in ihre Häuser zurückziehen, sondern vom Sonnenuntergang an bis in die tiefe Nacht hinein, entweder in der Nähe ihrer Häuser oder auf dem mit elektrischem Lichte beleuchteten Corso oder in der Allee des Bahnhofs oder auf dem Platze der Porta Vecchia u. s. w. spazieren gehen. Auch kommt es sehr häufig vor, dass sie auf den hie und da aufgestellten Bänken stundenlang sitzen bleiben. Ueberlegt man sich nun, dass die “lnopheles namentlich gegen Sonnenuntergang und während der ersten Abendstunden stechen, so wird es leicht begreiflich sein, dass sie sehr selten in den Schlafzimmern vorzufinden sind, in welchen, sie, wie es scheint, nach Koch vorzugsweise gefunden werden sollten.“ „Aus welchem Grunde sollten sie wohl in die Schlafzimmer fliegen, wenn sie im Freien stechen können, und wenn nicht wenige Einwohner versuchen, die Anopheles aus ihren Wohnungen fern zu halten“ „Andererseits darf man sich aber nicht darüber wundern, dass in dem Schlafzimmer von Grosseto, dagegen die (Cwlex Piprens vorkommen, da es bekannt ist, dass diese C’zu/ex hauptsächlich nachts umherfliegen und häufig ruhig warten, bis wir im Bett liegen, um uns zu stechen. Ausser- dem ist hier noch zu bemerken, dass zahlreiche Cze/ex in den Wohnungen selbst zur Welt kommen; und zwar hauptsächlich in den Kloaken. Uebrigens gelingt es immer auch einer gewissen Anzahl von Amopheles clavıger, an den Orten, wo sie massenhaft vorkommen, wie die Czuex Prpiens in Grosseto, bis in die Schlafzimmer hinein zu dringen.“ „Die Anopheles, welche in Grosseto während Koch’s Aufenthalt, Malariafälle hervorgerufen hatten, verkrochen sich also. wahrscheinlich nachdem sie gestochen hatten, in die Ställe, Gärtchen, Tronieren, in die verschiedensten abgelegenen Ecken u. s. w.“ „Ausserdem können die negativen Befunde der Koch’schen Untersuchungen teilweise auch dadurch erklärt werden, dass die “l»opAeles, nachdem sie durch ihre Stiche die. Malariainfektion hervorgerufen hatten, aus den Wohnungen herausgeflogen waren, um ihre Eier abzulegen. That- sächlich war in einer Bahnhütte bei Maccarese die Zahl der Anopheles im August eine beträchtliche; —— 193 I in der ersten Hälfte des September verringerte sich ihre Anzahl bis auf Null, und in der zweiten Hälfte desselben Monats traten sie wieder in bedeutender Menge auf.“ „Wenn ich also auch zugebe, dass die Koch’'sche Expedition die Anopheles mit Aufwand der grössten Sorgfalt in den Häusern aufgesucht hatte, kann ich jedoch die Schlussfolgerung Koch's, nach welcher die in Grosseto vorkommenden Anopheles nicht ausreichend sein sollten, die dort auf- tretenden Malariafälle zu erklären, durchaus nicht annehmen.“ „Es ist schade, dass Koch seine Schlussfolgerung erst am ı5. September 1899 veröffentlicht hat, andernfalls hätte ich früher eintreten und jedem Missverständnis vorbeugen können, indem ich alle betreffenden Vorkommnisse in ausführlichster Weise hätte erklären können. Anstatt sich darauf zu beschränken, die Anopheles in den Häusern zu suchen, Laternen aufzustellen, hätte Koch zweckmässiger sich an windstillen Tagen bei Sonnenuntergang und während der nachfolgenden Stunden vor die Wohnungen oder in die Nähe des Bahnhofs etc. setzen sollen, wo er sämtliche stechende Mosquitos mit Leichtigkeit hätte fangen können. Auf diese Weise hätte er sich einen Begriff über die Menge der Anopheles machen können. Niemand hat je Koch oder andere dies thun sehen, trotz- dem dies — wie aus meinen vorher erschienenen Mitteilungen hervorgeht — unbedingt nötig ist, schon darum, weil der Anopheles psceudopictus und A. bifurcatus sich nur ausnahmsweise in den Wohnungen aufzuhalten pflegen.“ „Dass übrigens in gewissen mittelmässig von Malaria heimgesuchten Gegenden, wie Grosseto, die Anopheles nur spärlich vorkommen können, hatte ich bereits, schon ehe ich die Veröffentlichung Koch’s kannte, zur Kenntnis gebracht. In solchen Gegenden kann es auch vorkommen, dass sich daselbst auch nicht ein Crulex pipiens vorfindet, z. B. im September und Anfang Oktober dieses Jahres in Magliana und in mehreren Bahnhütten zwischen S. Paolo und Magliana. Es sind dies die berühmten Gegenden, von welchen ein, sich mit einer oberflächlichen Untersuchung zufriedenstellender Be- obachter ohne weiteres behauptet, dass daselbst Malaria ohne Mosgautos auftritt.“ „Koch hat bei seinen Untersuchungen die Ergebnisse jahrelanger Erfahrungen nicht genügend in Rechnung gezogen; hauptsächlich hat er folgenden Umständen nicht den, ihnen gebührenden Wert beigelegt: „ı. Es ist im allgemeinen leichter von der Malaria befallen zu werden, wenn man den Abend im Freien zubringt, als wenn man sich während dieser Zeit in den Wohnungen verbirgt.“ „2. Je näher cine Gegend einem Sumpfe liegt, je mehr nimmt die Intensität der Malaria zu. Dieser Thatsache entsprechend, kommen in der Stadt Grosseto die Crelex Piprens überwiegend zahlreich vor, während die Anopheles nur spärlich vorhanden sind. Die Anzahl der Anopheles wird etwas grösser bei den nächststehenden Landhäusern des Gutes Ricasoli. Bei dem Deposito dei Cavalli, in der Nähe der Krankenabteilung und der Apotheke, pflegen die Caulex prpiens schon in geringer An- zahl, die Anopheles dagegen verhältnismässig zahlreich aufzutreten. In der Nähe des Sumpfes werden die Czvlex pipiens fast vermisst, während die Anopkeles sogar in den Wohnungen, wie z. B. in der Casina Cernaia, in beträchtlicher Menge vorkommen.“ „Dieses genaue Verhältnis zwischen der Intensität der Malaria und der Menge der Anopheles, muss Koch völlig entgangen sein, da er, soweit aus seinem kurz gefassten Bericht ersichtlich ist, die Malaria von Grosseto für viel schwerer gehalten zu haben scheint, als sie thatsächlich ist, und viele Rückfälle für primäre Infektion angesehen hat.“ „Ein Kriterium zur Beurteilung der Schwere der Malaria in einem gegebenen Orte, ist die Infektion, vieler Individuen, schon im ersten Jahre ihres Aufenthaltes daselbst. Dies aber scheint in Grosseto ziemlich selten vorzukommen; so hat z. B. keine der gegenwärtig sich im dortigen Kranken- hause befindlichen neun Nonnen während des ersten Jahres die Malaria bekommen. Andererseits müsste Grosseto, wenn die Cauex pipiens wirklich die Malaria übertragen könnten, eine höchst gefährliche Malariastätte bilden, was eben nicht der Fall ist.“ -: 184 _ Dieser meiner Mitteilung, folgten zwei von Gosio (20) und von Testi (85) veröffentlichte Arbeiten. Diese Autoren teilen ihre in Grosseto im August und September 1900 an den dort gefangenen Mosguitos angestellten Untersuchungen mit, und ergiebt sich aus denselben, dass vom ı4. August bis 10. September und vom 28. September bis 2ı. Oktober in Häusern von Grosseto gar keine Anopheles vorgekommen sind; dagegen seien deren vom 10. bis 27. September, wenn auch in sehr geringer Anzahl, aufgetreten. In der That wurden deren nicht mehr als ıı gesammelt. Diese so niedrige Zahl beweist, dass die Untersuchungen nicht mit genügender Sorgfalt ausgeführt wurden. Ich kann es mir nicht erklären, wie die von Gosio zum Auffangen der Anopheles bestimmten Personen, die ausserordentlich grosse Menge der Anopheles in den Häusern, in nächster Nähe vor der Porta Vecchia übersehen konnten. Dieser Umstand wurde von mir in meiner vorhergegangen Mitteilung nicht besonders betont, da ich glaubte, dass diese Wohnungen von der deutschen Expedition bei der Aufzählung der Malariafälle der Stadt Grosseto, gar nicht in Rechnung gebracht worden wären. In der Arbeit Gosio’s liest man eine Berichtigung meiner, die Nonnen von Grosseto be- treffenden Angaben, welche ich jedoch nach den, mir von ihm selbst freundlichst erteilten Erklärungen, für nicht begründet erachten kann. Daher verzichte ich darauf, auf einzelne Namen und Daten ein- zugehen. Ich muss dagegen die Frage der Rückfälle (s. S. ı33 u. flg.), nochmals betonen, da mich die Mitteilung Gosio’s völlig überzeugte, dass die deutsche Malariaexpedition viele Rückfälle für primäre Infektionen angesehen hat. Bevor ich jedoch zu irgend einer Diskussion übergehe, ist es notwendig, die die Arbeit Gosio’s illustrierenden Tabellen und statistischen Daten zu betrachten. Leider aber fehlen bei der dritten dieser Tabellen (S. 23), auf welcher die Rückfälle und die primären Infektionen wiedergegeben sind, die Daten vom 23. Juni bis zum 31. Juli. Jedoch wird auf Seite 8 angegeben, dass in den ersten fünf Wochen nach dem 23. Juni, d. h. ungefähr, während der oben erwähnten Zeitperiode vom 23. Juni bis 31. Juli unter 223 untersuchten Fällen nur ı7 Rückfälle vorgekommen waren; aber auch diese An- gabe ist unvollständig, da dabei die Tertiana- nicht von den Aestivoautumnal-Rückfällen getrennt wurden. Da sich aus der zweiten Tabelle (S. 22) ergiebt, dass unter 211, seit dem 20. Juni bis zum 31. Juli vorgekommenen Fällen, 62 Tertiana- und 149 Aestivoautumnalfälle waren (d. h. 20 Aest.-aut- fälle vom 20. bis 30. Juni, 5ı vom rs. bis ı0. Juli u. s. w.) können wir annehmen, dass nach Koch’s und Gosio’s Meinung, vom 2o. Juni bis 31. Juli, die Zahl der primären aestivoautumnalen Malariafälle, eine verhältnissmässig beträchtliche gewesen ist. Diese Angaben stehen in direktem Widerspruch mit denen der ersten Tabelle (S. 22), aus welchen hervorgeht, dass vom 24. April bis zum 22. Juni nur drei aestivoautumnale Malariafälle vor- gekommen sind (d. h. zwei Fälle vom 24. April bis zum 3.Mai und ein Fall vom 3. bis ı2. Juni). Wenn die Sachen so ständen, müsste man einen plötzlichen heftigen Ausbruch der primären aestivoautum- nalen Fieber am Ende des Monats Juni und Anfang Juli annehmen, was jedoch unbegreiflich wäre, da den Anopheles die Gelegenheit gefehlt hätte, sich zu infizieren, und es ihnen mithin alsdann auch unmöglich gewesen wäre, die Infektion auf die Menschen zu übertragen. Diese Erscheinung würde aber leicht zu begreifen sein, wenn man — wie ich es behaupte — annehmen wollte, dass eine grosse Anzahl der nach dem 20. Juni konstatierten aestivoautumnalen Fieberanfälle anstatt primärer Natur, vielmehr Rückfälle gewesen waren. Um möglicherweise entscheiden zu können, ob die von mir oder die von Koch oder Gosio vertretene Auffassung annehmbar ist, ist es notwendig, die von diesen Autoren als Grundsatz ihrer Behauptung über die neue Infektion aufgestellten Begriffe eingehend zu erwägen. In Gosio’s Arbeit liest man darüber folgendes: „Werden dagegen die in infizierten Gegen- den auftretenden Rückfälle von uns in Betracht gezogen, so macht sich die Schwierigkeit über die Entscheidung der Frage, ob es sich dabei um echte Rückfälle oder vielmehr um eine neu hinzuge- onen tretene Infektion handelt, meistens sehr bemerkbar. In einzelnen Fällen ist diese Schwierigkeit leichter zu überwinden, indem der betreffende Befund ein verschiedener zu sein pflegt (s. z. B. das Vorhanden- sein der Parasiten der ästivoautumnalen Form bei einem Patienten, welcher bereits die Tertiana über- standen hat und umgekehrt .......); in anderen Fällen könnte man streng genommen nur von einer Wahrscheinlichkeitsaussage sprechen. Solche Ungewissheiten besitzen jedoch in unserem Falle nur eine theoretische Bedeutung und werden sehr leicht vorzubeugen sein, und zwar aus folgen- den Gründen: ı. weil unsere Schlussfolgerungen aus sehr zahlreichen Beobachtungen hervorgehen; 2. weil bei unserer Zusammenstellung nur die Fälle als rückfällig aufgenommen sind, bei welchen der vermeintliche Rückfall binnen fünf Monaten nach der stattgefundenen Genesung beobachtet wurde; 3. weil neben den behandelten Fällen noch viele ohne Behandlung gelassen wurden, und diese letzteren als zweckmässige Kontrollzeugen gelten konnten. Es handelt sich hier um, auf eine grosse Anzahl und auf zahlreiche Vergleiche begründete Gesetze, wie es übrigens für eine praktische Ver- wendung erforderlich ist.“ Gosio’s Auseinandersetzungen sind aber, meines Erachtens, als ungenügend zu betrachten, und zwar aus folgenden Gründen: ı. Die sich auf eine grosse Anzahl und Vergleiche stützenden Gesetze können annähernd den Thatsachen entsprechen, können jedoch auch — je nach den einzelnen Fällen — sehr fehlerhaft ausfallen. 2. Es ist sicher gestellt worden, dass die Rückfälle auch noch später als fünf Monate nach dem letzten Fieberanfall auftreten können, und es kommen ausserdem — meistens im Frühling — sehr leichte Rückfälle vor, welche ohne jede Behandlung spontan heilen können, und aus diesen Grunde von den Patienten vergessen werden, welche uns so in unschuldigster Weise belügen. 3. Durch den Unterschied der Blutbefunde kann man nicht zu einem entscheidenden Urteil gelangen, da bei einem mit gemischter Infektion behafteten Patienten in verschiedenen Zeit- perioden verschiedene Parasitenformen auftreten können. In der ı. Auflage dieses Werkes habe ich noch weitere, in Grosseto im Oktober und No- vember 1899 ausgeführte Untersuchungen hinzugefügt, welche die oben erwähnten bestätigen. In diesen beiden Monaten traf ich in verschiedenen Wohnungen Grossetos, in denen sich Malariakranke befanden, allerdings nur spärliche Anopheles vor. Dort, sowie in vielen anderen Malariagegenden, waren im November die Anopheleslarven nicht mehr zu finden. Obwohl die Cwlex Prprens die ganze Zeit über fortfuhren in ziemlich grosser Anzahl vorhanden zu sein, war seit Ende September — so- viel ich weiss — in der Stadt Grosseto, kein primärer Malariafall wahrgenommen worden, während in der gleichen Zeitperiode, aber ausserhalb der Stadt, z. B. bei dem Deposito dei Cavalli, alle drei Mitglieder ein und derselben Familie, welche den Sommer im Gebirge verbracht hatten (Abruzzen), nach der gewöhnlichen Inkubationsperiode von Malaria befallen wurden. Hier sei bemerkt, dass in dem Deposito die Anopheles noch zahlreich auftraten, während die Crulex prprens nur in äusserst ge- ringer Zahl vorhanden waren. Im Mai 1900 nahm ich meine Untersuchungen in Grosseto wieder auf. In diesem Monat gelang es meinen Angestellten nie, die Anopheles in der Stadt (rrosseto aufzufinden, aber in der Bahnstation vor der Porta Nova und vor der Porta Vecchia kamen dieselben ziemlich häufig vor; in den Wohnhäusern dieses letzteren Ortes und vorzugsweise am Ende des oben genannten Monats, waren sie sogar sehr zahlreich. Anfang Juni waren die Verhältnisse ganz unverändert; erst am ıı. dieses Monats fanden wir zum ersten Male in verschiedenen Stadtteilen eine mässige Anzahl von Amopheles vor, und zwar hauptsächlich in dem Zollamt bei der Porta Vecchia, in den Häusern des Marktplatzes, der Via Mazzini, der Piazza Vittorio Emanuele, der neben der Via Andrea Bruto gelegenen Abteilung der Via Aurelio Saffı, der Via Andrea Bruto selbst, der Piazza Indipendenza, der Via Ginori, der Via Fanti u. s. w. — Im grossen und ganzen, wurden die “lnopheles von uns hauptsächlich in allen den Wohnhäusern gefunden, in welchen im vergangenen Jahre Koch primäre Stadtmalariafälle wahrgenommen hatte; somit entsprach die von (rosio unter Koch'’s Leitung ausgeführte Malariakarte fast vollkommen der von uns angefertigten Karte über die 24 Grassi, Die Malaria. — 186 — Verteilung der Anopheles, mit dem einzigen Unterschied, dass in der unserigen, der Mangel an Ano- pheles in der Festung angegeben war. Die Anopheles waren am zahlreichsten da, wo in dem ver- gangenen Jahre Koch den ersten primären Stadtmalariafall angetroffen, d. h. in Via Andrea Bruto, sowie in den versteckten Ecken, der in der Nähe dieser Strasse gelegenen Troniera. In den darauf folgenden Tagen verbreiteten sich die Anopheles allmählich in den ver- schiedenen Stadtteilen; am 9. Juli waren sie auch in der Festung vorhanden, wo Koch nur spät Malariafälle gefunden hatte. Die Anopheles wurden ganz vermisst oder waren zum mindesten nur schr spärlich in jenem Teile Grossetos vertreten, wo Koch nur vereinzelte Malariafälle beob- achtet hatte. Aus den in den Häusern angestellten Untersuchungen, in welchen unbestreitbar in diesem Jahre neue Malariafälle vorkamen, erhielt ich stets positive Resultate, so dass ich in kurzer Zeit 20— 30 Anopheles fangen konnte. Während des ganzen Monats August bis zur ersten Hälfte vom September traten die Aro- phieles in Grosseto immer verhältnismässig zahlreich auf. Diese Beobachtungen bestätigen, was ich schon im vorigen Jahre als sehr wahrscheinlich erklärt hatte, nämlich, dass auch in Grosseto, wie übrigens überall bei den Malariafiebern, nie die Anwesenheit der Anopheles vermisst wird. Was nun den Grund anlangt, weshalb die Koch’sche Expedition nur sehr spärliche Ao- dheles finden konnte, bin ich in der Lage, die obenerwähnte Erklärung zu vervollständigen. Man kann höchstens annehmen, dass im Jahre 1899 die Anopheles in geringerer Anzahl in Grosseto vorhanden waren, da auch die Zahl der Malariafälle nicht so beträchtlich gewesen war, wie in diesem Jahre. Die Anopheles waren aber gewiss nicht immer sehr spärlich, wie es die Koch’sche Expedition behaupten wollte, und wenn deren nur wenige aufgefunden wurden, so hängt dies wahrscheinlich von der geringen Grewandtheit der Aufsuchung und hauptsächlich von dem Orte ab, wo dieselbe angestellt wurde. Wie es scheint, wurden die Anopheles nicht genug in den Orten aufgesucht, wo sie sich vorzugs- weise zu verstecken pflegen, d. h. in den Ställen, Eingängen der Häuser und im allgemeinen, im Erd- geschosse. In den Schlafzimmern werden sie selten oder nur spärlich vorgefunden und zuweilen sogar ganz vermisst, aus dem einfachen Grunde, weil, wie ich bereits im vergangenen Jahre betont hatte, die Menschen auf jede Weise ihr Eindringen zu verhindern suchen, und dieselben, im Fall, dass es ihnen doch gelingen sollte in die Häuser einzudringen, vermittels eigenartiger Besen zu verscheuchen oder mit besonderen Instrumenten zu töten suchen. In den Schlafzimmern, in welchen solche Vor- sichtsmassregeln vernachlässigt werden, z. B. wenn es sich um erst seit kurzer Zeit in den Maremmen wohnende Familien handelt, kommen die Anopheles leicht vor. Abends fliegen die Awopheles gern durch die offenen Fenster in die Esszimmer, um aber meistens nach dem Stechen, da sie nirgends ein dunkles Eckchen finden, wieder davon zu fliegen. In Grosseto, sowohl als auch in anderen Orten, pflegen die Anopheles im Erdgeschosse zahl- reicher zu sein als im ersten Stockwerke, und in den höheren Stockwerken noch seltener vorzukommen. Dementsprechend werden die Bewohner des Erdgeschosses und des ersten Stockwerkes häufiger von der Malaria befallen, als die der höheren Stockwerke. Ich habe de visu beobachten können, dass die Bewohner der höheren Stockwerke von den Anopheles gestochen werden, wenn sie abends vor ihrer Hausthüre sitzen, um die frische Abendluft zu geniessen. Gewiss können die Anopheles auch bis in die höheren Etagen hinauffliegen, jedoch finden sie nach meiner Meinung, im Erdgeschosse günstigere Lebensbedingungen vor. In den Ställen befinden sich meist sehr viele Spinnengewebe, auf welche die Anopheles sich mit Vorliebe setzen; tagsüber sind es die meistens leeren Ställe und die mehr oder weniger dunkelen Hausgänge, die den Anopheles einen günstigeren (weniger trockenen) Ambient, als die höher gelegenen Stockwerke bieten. Ferner muss ich noch hervorheben, dass die von der Koch’schen Expedition erhaltenen nega- tiven Resultate, indem sie die Wohnungen sofort nach der Anmeldung eines neuen Malariafalls durchsuchte, keinen besonderen Wert haben können, da es durchaus nicht gerechtfertigt ist, anzu- nehmen — wie es so mancher glaubt — dass die Anopheles nach dem Stechen an demselben Orte, wenigstens bis zur Reifung ihrer Eier, verweilen. Die Anopheles bleiben an den Orten, wo sie das Blut aufgesogen haben, nur bei vorgeschrittener Jahreszeit, wenn die Temperatur eine niedrigere ist und wenn die Hibernation bereits begonnen hat, sitzen; in den heissen Monaten wechseln sie ihren Wohnsitz aber ziemlich häufig (s. Kap. V). Durch diese Thatsache lässt sich erklären, warum die Malariafälle in Grosseto hie und da unregelmässig in den verschiedenen Wohnungen vorkommen. Der Umstand, dass in manchen Wohnungen die Zahl der Malariafälle bedeutender ist als in anderen, lässt sich wenigstens teilweise dadurch erklären, dass in diesen letzteren, ihrer Lage wegen, die Anopheles leichter Einlass und daselbst günstige Bedingungen für ihre Lebensweise finden können. Das von der Koch’schen Expedition angegebene Vorkommen einer und derselben Parasiten- art in den Kranken einer Wohnung, darf man wohl als zufällig bezeichnen. Wenn ich nun auf die Menge der in Grosseto aufzufindenden AropAeles zurückkomme, muss ich zu den Brutstätten derselben, in den Gärtchen der Stadt selbst und in den den Stadtmauern ent- lang liegenden Tronieren — worüber ich bereits im vorigen Jahre berichtet habe — heute noch die Sgrondi der unmittelbar an der Stadtmauer liegenden (remüsefelder und namentlich den in der Nähe der Porta Vecchia liegenden Canale d’abbeveraggio hinzufügen (welcher der breiteste und daher ge- fährlichte Inophelesherd ist). Die in der Stadt Grosseto vorkommenden Anopheles stammen also nicht nur aus zufälligen Herden (wie ich im vorigen Jahre glaubte), sondern auch aus echten palustren Herden her. Ausserdem darf man wohl annehmen, dass diese Anopheles teilweise auch aus den Süumpfen, welche nicht weit von der Stadt Grosseto liegen, herstammen. Gegenstand einer zu lösenden Frage, die ich mir wiederholt stellte, war eben der von den Anopheles eingeschlagene Weg in die Stadt Grosseto selbst. Diese stellt mit ihren Gebäuden eine sechseckige Figur dar, und ist von hohen Mauern umgeben, welche nur zwei entgegengesetzte Thore besitzen. Eine beträchtliche Anophelesmenge kann wohl durch diese zwei Thore hindurch, doch kann eine grosse Anzahl derselben gewiss auch über die Mauern hineinfliegen. [Auf die noch vor kurzer Zeit von Koch aufgstellte Hypothese zurückkommend, dass die Malaria nicht nur von den Anopheles, sondern auch von den Czlex hervorgerufen werden soll, muss ich erklären, dass diese Behauptung durchaus unbegründet ist.] Neuerlich hat Schwalbe eine ausführliche Zusammenfassung der bis heute erschienenen Mitteilungen über die vermeintliche Spärlichkeit oder das gänzliche Fehlen der Mosgwitos in ver- schiedenen Malariagegenden herausgegeben. Leider sind in dieser Arbeit, die betreffenden Be- obachtungen so abgerissen, vereinzelt, nicht präcis und summarisch dargestellt, dass die angegebenen Schlusssätze sich durchaus zu keiner eingehenden Prüfung eignen. Aus diesem Grunde werde ich die in der Arbeit von Schwalbe enthaltenen Angaben nur andeuten und denselben kurze Betrach- tungen folgen lassen, durch welche ich den Nachweis zu liefern hoffe, dass die gegen die Anopheles- lehre aufgestellten Einwände sehr wohl zu ihren Gunsten ausgelegt werden könnten. Der erste von Schwalbe erwähnte Forscher ist Friedrich Plehn, nach dessen Angaben in Kamerun, die Mosguitosplage eine sehr erträgliche ist, so dass er dort nie ein Mosguitosnetz nötig gehabt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es in Kamerun sehr wenige Mosgaitos giebt, und dass sie fast alle Anopheles sind; so schrieb ich in der ersten italienischen Auflage dieses Werkes. [Nach der Herausgabe desselben teilte uns Ziemann (89) mit, dass in Kamerun nicht weniger als ı3 Mosguatos- arten vorkommen, welche den Gattungen Cz/ex und Anopheles angehören.) 24* — 188 — Johnson teilt Schwalbe mit, dass bei einer, etwa 75 englische Meilen von Kamerun ent- fernten nnd im Gebirge gelegenen Missionsstation keine Mosgwitos, aber sehr viele malariakranke Neger wahrgenommen werden können. Hier muss ich bemerken, dass die Neger sich vielleicht mit Malaria infizieren, während sie in der Ebene oder anderswo arbeiten. Auch Bannermann erzählte Schwalbe von einer, dem französischen Kongo (Foula bi Foum Angom) angehörenden Station, in welcher die Malaria in wütender Weise herrscht, aber keine Mos- guıtos aufzufinden wären, da dieselben von einer Art Libellula völlig vernichtet worden seien. Darauf erwidere ich: Wahrscheinlich hat die Libellula doch nicht alle Mosguitos vernichtet. Duggan bemerkt, dass an der westafrikanischen Küste die Mosgzxtos selten und nur für kurze Zeit des Jahres erscheinen. Von Schwalbe wird ferner auch Thin erwähnt; dieser teilte im Jahre 1895 mit, dass in der Sierra Leone die Malariainfektion in heftiger Weise wütet, während die Mosgzutos spärlich sind. Schwalbe glaubt, »diese Angaben werden genügen, um zu zeigen, dass in den nahezu verrufensten Malariagegenden der Erde, der Westküste Afrikas, die Mosgartos nicht die Träger des Malariagiftes sein können.: Aber gerade als Schwalbe seine Arbeit zusammenstellte, wurde von der englischen Ross’schen Expedition nachgewiesen, dass in der Sierra Leone die “Inopheles wohl in einer zur Er- klärung der dort herrschenden Malaria genügenden Menge vorkommen! Dodd — nach Schwalbe citiert — teilte mit, dass in Talas keine Mosguılos auftreten und doch die Malaria bestehe. Nach den von mir bis jetzt Gresagten kann dieser vermeintliche, vorläufig nicht zu kontrollierende Befund für unsere Frage keine Bedeutung haben! Taylor behandelte in Sag Harbor eine S2jährige alte Dame, welche seit 4 vier Jahren nicht das Haus verlassen hatte, an Malariafieber (in der Mitte des Winters) und fand Plasmodien im Blute; bald darauf erkrankte die Tochter gleichfalls an derselben Krankheit. Die Krankheit konnte erst beseitigt werden, nachdem Topfpflanzen aus den Zimmern entfernt wurden. In einem anderen Hause erkrankte ein Kind, welches gleichfalls erst nach Entfernung der Topfpflanzen geheilt werden konnte. Derselbe Arzt untersuchte darauf an vier verschiedenen Stellen, wo keine Sümpfe waren, das Blut von Gärtnern, welche Treibhäuser hatten, und fand Plasmodium malariae. Diese Leute waren nicht krank, aber sie waren kaum jemals ganz wohl. Durch das in hohen Dosen verab- reichte Chinin besserte sich ihr Zustand. In allen diesen Fällen, schreibt Schwalbe, konnte von NMosguitos nicht die Rede sein. Inbetreff der Beobachtungen Taylor’s kann man mehrere Einwände aufstellen. Die Pflanzen können sehr wohl als Versteck der Aropheles dienen, und in den Treibhäusern können die Anopheles sehr wohl auch im Winter infiziert sein. Man findet häufig in den Gärten kleine Anophelesherde (Wasseransammlungen) vor. Schwalbe erwähnt auch Schimmer, welcher in Grünberg die Bergleute, und die übrigen Einwohner nicht von der Malaria infiziert vorgefunden haben will. Diese letztere Erscheinung verdient eine eingehendere Erforschung: mir ist bekannt, dass die Anopheles sich in Grotten und Gruben, wo die Temperatur relativ hoch bleibt, zu verstecken pflegen u. s. w. Von Schwalbe wird ferner ein von Simon mitgeteilter Fall angeführt: Eine Malariaepidemie brach an Bord des Kanonenbootes Viper auf hoher See aus; die Mannschaft war schon seit langer Zeit nicht an Land gewesen. Die Revision ergab Schlamm in der auf dem Nebendeck gelegenen Sandkammer, in deren Nähe die Leute schliefen. Die Epidemie brach aus, als ein an die Kammer an- grenzender Heizraum in Benutzung genommen wurde, wodurch die Schlammmassen erwärmt wurden. An Mosgeuatos, schreibt Schwalbe, ist hier nicht zu denken. Meinerseits möchte ich bemerken, dass, wenn sich zufällig Anopheles auf das Schiff geflüchtet hätten, während dasselbe in der Nähe des > 139 = Landes war, sie sich sehr wohl in irgend einer Pfütze inmitten des Schlammes hätten vermehren können. Ausserdem fehlt in diesem Falle jeder sichere Beweis, dass es sich hier wirklich um Malaria handelte u. s. w. Neulich habe ich auch erfahren, dass auf einem, seit Wochen sich auf hohem Meere befindenden Schiffe Mosgzrtos vorgefunden wurden. Hirsch — wie Schwalbe mitteilt — hat noch mehrere andere an Bord aufgetretene Malaria- fälle zusammengestellt, welche in derselben Weise gegen die Mosguxlos sprechen. Auch dieser, übrigens kaum angedeutete Einwand Schwalbe’s kann mit den vorhergehenden Betrachtungen beantwortet werden. Schwalbe citiert auch die Thatsache, dass das Schlafen in einer Höhe von ı—2—3 Meter über dem Boden, einen sehr bedeutenden Schutz gibt. Meinerseits habe ich dagegen in den ver- schiedensten Malariagegenden beobachten können, dass solche geringe Höhen durchaus nichts nützen. Ausserdem spricht Schwalbe auch von Bodenumwühlungen, welche Malaria erzeugen sollen, ohne dass Sümpfe gebildet werden, welche Mosgzrtos zur Brutstätte dienen könnten. Die Behauptung Schwalbe’s ist gar leicht aufzustellen, ich möchte ihn jedoch ersuchen, die- selbe auch zu beweisen. Bei den Bodenumwühlungen, welche ohne Zweifel die Malaria verursacht haben, bildeten sich nach meinen diesbezüglichen Untersuchungen stets, wenn auch zuweilen nur kleine, Tümpel. Uebrigens kann wohl bei einem wasserreichen Erdboden, wie der der Malariagegenden gewöhnlich zu sein pflegt, die Sache sich nicht anders verhalten (s. übrigens $ 5 dieses Kapitels). Ferner erwähnt Schwalbe auch die Thatsache, dass vollständig mit Wasser bedeckter Boden der, wenn unbedeckt, heftige Malariafieber erzeugt, keine Malaria produziert, mit der Mosgautotheorie unvereinbar ist. In Holland wurden die Polders öfters im Sommer trocken gelegt. Die Folge war eine so schwere Malariaepidemie, dass man gezwungen wurde, die Ueberschwemmung wieder auf die alte Höhe zu bringen mit dem Erfolge, dass die Fieber aufhörten (Sebastian 1815). Zur Zeit also — ruft Schwalbe — wo man durch Ueberschwemmung die Lebensbedingungen der Mosguitos begünstigte, kein Fieber! Ich aber erwidere: Die grossen Wasserflächen ohne oberflächliche Vegetation begünstigen die Mosgetoentwickelung durchaus nicht; daher kommt es, dass die Umgebungen der Seen, z. B. in Norditalien, so gesund sind. Vielleicht waren die Wasser, aus welchen dann die Polders trocken gelegt wurden, ebenso, wie unsere lombardischen Seen; infolge der erwähnten Trockenlegung werden wahrscheinlich kleine Wassertümpel zurückgeblieben sein, worin durch Begünstigung seitens der reichen Sumpfvegetation die Anopheles gedeihen konnten. Andererseits kann es wohl auch vor- gekommen sein, dass unter den zum Zwecke der Austrocknung angestellten Arbeitern einige schon mit Malaria infiziert waren, und diese dann die Verbreitung der Krankheit vermittels der Anopheles verursachten. In Costarica — fährt Schwalbe fort — gab es während meines Aufenthaltes in dem Hochthale von San Jose keine Mosgeutos, wohl aber... .. häufig Malariafieber auch bei Personen, Kindern, welche nie das Hochthal verlassen hatten, etc. etc. Es ist leicht ersichtlich, dass sämtliche von Schwalbe aufgezählten Angaben nach meinen Auseinandersetzungen viel von ihrem Werte verlieren. Ich bin überzeugt, dass, wenn die Angaben Schwalbe’s von mit den neueren Forschungen bekannten Fachleuten wiederholt würden, dieselben sehr leicht zu Gunsten der Anopheleslehre ausgelegt werden könnten. Die in Sierra Leone gemachte Erfahrung dient besonders dazu, meine Behauptung zu bestätigen. Albert Plehn erwähnt seinerseits die Jossplatte, eine der schlimmsten Fieberherde Deutsch- West-Afrika’s, wo die Mosguitos ausserordentlich selten sind; er fügt noch hinzu, dass die Mosguitos in Kribi vollständig fehlen sollen. Da sich diese Beobachtungen auf Westafrika beziehen, gilt für sie dasselbe, was ich schon früher gesagt habe !). ı) In dem zweiten. Berichte der Koch’schen Malariaexpedition werden noch weitere Thatsachen zur Bestreitung der ver- meintlichen. mosquitolosen Malariagegenden mitgeteilt. —— 190 5 9 Wird die Malaria durch das Wasser verbreitet? Nach manchen soll die Malaria auch durch das Wasser verbreitet werden, und zur Bestäti- gung dieser Aussage wurden viele Autoren und Thatsachen eitiert. Bei vielen Aerzten fand die von Boudin (1848) mitgeteilte Beobachtung grossen Beifall. Dieser berühmte französische Epidemiologe hatte eingehend, eine an Bord eines Kriegschiffes und scheinbar durch das Trinkwasser hervorgerufene Epidemie beschrieben. Dieser Fall Boudin’s wurde von den hervorragendsten Malariaforschern diskutiert, und es ergab sich, dass derselbe nicht beweis- kräftig sei, hauptsächlich, weil nicht auszuschliessen war, dass die Soldaten schon vor der Ein- schiffung infiziert waren, und auch kein Nachweis vorhanden ist, dass es sich wirklich um eine Malariainfektion gehandelt habe. Man muss ferner in Rechnung ziehen, dass, wenn die Malaria auf dem Schiffe wirklich durch das Wasser verbreitet werden könnte, ähnliche Fälle schon häufiger vorgekommen wären, so dass gegenwärtig kein Zweifel darüber bestehen könnte. Ebenso zweifelhafter Natur ist jene Epidemie, welche in einem Kavallerieregiment, dessen Mannschaften in Versailles Sumpfwasser getrunken hatten, aufgetreten sein soll. Die Eisenbahngesellschaften Italiens brachten bedeutende Geldopfer, um ihren, in Malaria- gegenden beschäftigten Angestellten beständig gutes und genügendes Trinkwasser zu verschaffen, indem sie dasselbe täglich aus malariafreien Gegenden bis dahin transportierten, trotzdem konnte da- durch niemals eine wesentliche Abnahme der Malariafälle verzeichnet werden (Blessisch u. a.), Man könnte vielleicht dagegen einwenden, dass diese Angestellten für ihren Hausbedarf das Wasser der Malariagegenden benützen, und obwohl sie nicht davon tranken, doch eine gewisse Menge desselben in ihren Magen hineingelangte. Auch könnte man bemerken, dass thatsächlich die Malaria den Eisenbahnlinien entlang eine gewisse Abnahme zeigt; nur ist hier hervorzuheben, dass diese Ab- nahme nicht nur hier, sondern überall, durch das weit und breit gebrauchte Chinin, welches nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse nicht allein als Heil-, sondern auch als Schutzmittel zu bezeichnen ist, erklärt werden kann. Dazu hat ferner auch die Ausfüllung vieler in der Nähe der Eisenbahn liegender Teiche und Sümpfe beigetragen. Sollte noch jemand schwankend sein, so wird gewiss die folgende von Celli mitgeteilte Beob- achtung jeden Zweifel darüber beseitigen: „Der Eisenbahnlinie Rom-Tivoli entlang, welche neben der von Rom-Civitavecchia in ganz Latium, als die am schwersten von der Malaria heimgesuchte Linie gilt, wurde durch eine besondere Leitung jedes Bahnwärterhäuschen mit einem laufenden Brunnen von Acqua Marcia versehen, in der Hoffnung, dass durch ein so vortreffliches Wasser die Malaria- fieber ein für allemal zum Verschwinden gebracht würden. Dagegen wurden im vorigen Sommer sämtliche Bahnangestellte, mit Ausnahme von dreien, von der Malaria ergriffen. Die letzteren drei erwähnten Individuen blieben nur, dank ihrer besonderen individuellen Widerstandsfähigkeit, immun.“ Ein weiterer interessanter Fall ist ferner, dass im grossen Zuchthaus zu Castiadas in Sardinien das Trinkwasser ausgezeichnet ist und daselbst trotzdem die Malaria wütet! Auch wurden ausführliche Versuche über diesen Gegenstand angestellt; indem das aus Malariagegenden stammende Wasser von in gesunden (Gegenden lebenden Menschen eingenommen wurde. Auf diese Weise konnten Celli, Brancaleone, Zeri und Salomone Marino feststellen, dass die Einverleibung von Sumpfwasser das Malariafieber nie hervorrufen kann! Zu gleichen Schlussfolgerungen gelangte man auch im Auslande, so ist auf der Insel San Thomas (Guinea) das Trinkwasser vorzüglich, und doch ist dort die Malariainfektion eine sehr schwere; das Wasser des Nils, trotzdem dieser Fluss, wie bekannt, aus den schlimmsten Malariagegenden kommt, erzeugt in den Wüstenregionen, die er durchfliesst, nie Malariakrankheiten. In der Stadt New York fanden sich in den Jahren ı865—67 malariafreie und von Malaria heimgesuchte Stadtteile vor, und trotzdem war die ganze Stadt mit demselben Trinkwasser versehen (Schwalbe) u. s. w. u 191 — Die weisse Bevölkerung an der Westküste von Afrika trinkt entweder exportierte Mineral- wasser oder gekochtes Regenwasser und erkrankt dennoch sehr häufig an Malaria. Viele Personen, welche an der Westküste von Afrika die Schiffe nicht verliessen und nur das Wasser der Schiffe tranken, erkrankten an Malariafieber, wenn die Schiffe nahe genug an der Küste lagen (Friedrich Plehn). Norton hat nachgewiesen, dass in einer Reihe von amerikanischen Festungen, in denen Malaria endemisch ist, durch die Zuleitung tadellosen Quellwassers, an der Malariamorbidität nichts geändert ist (Schwalbe). Die Versuche von Ross hätten die Wassertheorie unterstützen können; Ross selber aber schenkt denselben gegenwärtig kein Vertrauen mehr. Doch ich will die Leser nicht durch die Aufzählung einer längeren diesbezüglichen Be- obachtungsreihe ermüden; ich beschränke mich nur darauf, die Thatsache hervorzuheben, dass weder das Wasser der Malariagegenden noch der (vermittels eines mit Eis gefüllten Glaskolbens auf- gesammelte) Thau, per os eingeführt, imstande sind, die Malariainfektion zu übertragen. Sicher ist aber, dass die in Malariagegenden wohnenden Leute ganz davon überzeugt sind, dass durch den Gebrauch von unreinem Trinkwasser die Malariainfektion übertragen werden kann. Obwohl mir die Zeit mangelte, um zahlreiche diesbezügliche Beobachtungen zusammenzustellen, glaube ich doch der Wahrheit zu nähern, wenn ich mir diese Ueberzeugung durch den Umstand zu erklären suche, dass bei den Malariakranken unreines Trinkwasser leicht Darmstörungen hervorruft und somit zahlreiche Rückfälle verursachen kann. Nur auf diese Weise kann ich eine Reihe von zuverlässigen Aerzten mitgeteilter Beobachtungen verstehen. Es wäre jedenfalls sehr erwünscht, dass die Kliniker diese hochwichtige Frage eingehender studierten. Auf mein Ersuchen hat. Herr Dr. Occhiuzzi die Fälle studiert, in welchen Malaria infolge des Wechsels des Trinkwassers abgenommen haben soll. Es hat sich daraus ergeben, dass in der That Orte existieren, in welchen die Malaria nach der Einführung von gutem Trinkwasser in merklicher Weise milder geworden; es muss jedoch hervorgehoben werden, dass gleichzeitig in der Ebene, in welche sich die Landleute auf Arbeit begaben, auch der Gebrauch landwirtschaftlicher Maschinen eingeführt wurde, welche die Feldarbeiten um ein bedeutendes verkürzten. Auch muss man hinzufügen, dass in dieser Ebene die Malaria durch die partiellen Assanierungsarbeiten schwächer geworden war. Die zum Nachweis, dass das Trinkwasser die Malariainfektion nicht verbreiten kann, oben erwähnten experimentellen Untersuchungen sind empirisch und ziemlich primitiv. Die nachstehenden nach den neuesten Gesichtspunkten ausgeführten Untersuchungen sollen dazu dienen, dies Argument zu vervollständigen. Sobald die in jedem Stadium, sowohl aus dem menschlichen, wie aus dem Anopheleskörper herrührenden Malariaparasiten ins Wasser gebracht werden, verändern sie sich sofort und sterben ab. Diese Beobachtung wurde von mir nicht nur einmal, sondern Hunderte von Malen wiederholt. Dies war übrigens schon a priori und zwar aus der Struktur der Parasiten, aus dem Fehlen einer eigenen Cyste, sowie kontraktiler Vakuolen u. s. w. vorauszusetzen. Ferner giebt es kein Sporozoon, welches ohne vorausgehende Eincystierung im Freien leben kann. Hier sei auch noch erwähnt, dass wiederholt infizierte AzopAeles verschluckt wurden, ohne dass man irgend eine Folge hätte davon wahrnehmen können. Die Schilderung dieser Versuche würde wohl mehrere Druckseiten in Anspruch nehmen, doch verzichte ich darauf, da dieselbe nutzlos sein würde. Jch will nur bemerken, dass ich hauptsächlich mit den braunen und gelbbraunen Körpern experimentierte, obgleich ich überzeugt war, dass die- selben Involutionserscheinungen darstellten. _—— 192 _— 3. Giebt es Malaria erzeugende Regenschauer ? Die Leute, welche die Malariagegenden häufiger besuchen, sind alle fest davon überzeugt, dass die in der Malariajahreszeit auftretenden Regenschauer zahlreiche Infektionsfälle nach sich ziehen. Wenn in einer Malariagegend im Sommer der Himmel sich umwölkt, so schauen die armen Leute mit Schrecken nach den Wolken und rufen in tiefem Kummer aus: Giebt es Regen, so werden morgen die Karren nicht zahlreich genug sein, um uns ins Krankenhaus zu bringen! In Wahrheit aber werden, wie ich während der vergangenen Malariazeit öfters beobachten konnte, die armen Bauern häufig durch und durch nass, ohne dass Fieber ausbrechen !). Andererseits kommt es wirklich vor, dass in den auf einen tüchtigen Regen nachfolgenden 48 Stunden bei mehreren Personen Malariaanfälle auftreten. Mancher praktische Arzt giebt an, dass oft zahlreiche Personen, z. B. fast sämtliche Arbeiter eines Grehöftes, nach einem heftigen Regen an Malariafieber erkrankten. Wie soll man sich diese Fälle erklären? Während des Regens stechen Anopheles nicht: was können also die Anopheles damit zu thun haben? Augenscheinlich kann der Regen eine bis dahin latente Malaria zum Ausbruch bringen, welche sich wahrscheinlich ohne ihn gar nicht entwickelt hätte, viel häufiger aber kann der Regen das Auftreten von Rückfällen begünstigen. Bei meinem Diener, welcher nie von Malaria befallen worden war, trat das Fieber 24 Stun- den, nachdem er auf offenem malarischen Felde von einem starken Regen überrascht wurde, auf; vorher war er jedoch von Anopheles gestochen worden. Auch ich wurde von demselben Regen- schauer durchnässt; da ich aber vorher keinen Anophelesstich erhalten hatte, blieb bei mir, ausser einer einfachen Erkältung, keine Spur davon zurück. Auch meine anderen Angestellten wurden des öfteren auf freiem malarischen Felde vom Regen überrascht: bei keinem aber trat Malaria auf, da wir alle stets Sorge getragen, uns nicht von Amnopheles stechen zu lassen. Man darf also annehmen, dass der Regen die Weiterentwickelung der sich schon in Inku- bation befindenden Malariainfektion befördern, oder wie es sehr häufig vorkommt, bei noch mala- rischen, wenn auch seit einiger Zeit nicht mehr fiebernden Menschen, Rückfälle hervorrufen kann. Es ergiebt sich daraus, dass jene Autoren, welche die Regenschauer als Malariaerreger be- trachten, die wirkende Ursache mit der ermöglichenden Ursache verwechselten. Die durch den Regen bei meinem Diener hervorgerufene Erkrankung könnte selbstverständ- lich bei anderen Menschen auch durch kalte Bäder, Missbrauch von Eis u. s. w. hervorgerufen werden. 4. Wird die Malaria dureh die Luft übertragen? „Die Malaria wird, wie schon aus ihrer Benennung hervorgeht, durch die Luft verbreitet.“ Es ist die schlechte Luft — behaupten die Bewohner der Malariagegenden — es sind die Ausdüns- tungen der Sümpfe, der faulenden Sumpflanzen, die die Malaria hervorrufen. „Die Malaria stammt aus dem im Sommer austrocknenden, sich spaltenden Erdboden her. Will man die wahre Na- tur der Malaria feststellen, so ergiebt sich dies am leichtesten aus dem eigentümlichen (Greruch, der im Sommer nach einem schwachen Regen dem von der Sonne verbrannten Erdboden entsteigt; es handelt sich dabei um einen ganz eigentümlichen Geruch, welcher zahlreiche Malariafälle nach sich zieht.“ Die Einwohner der Malariagegenden sind so fest von diesen Aussagen überzeugt, dass es fast unmöglich scheint, dieselben in ihnen auszurotten. Diese falschen Vorstellungen bilden die grösste Schwierigkeit, das grösste Hindernis für die praktische Verwertung der neuen Lehre. ı) Dionisi hat ähnliche, nur noch viel genauere diesbezügl. Beobachtungen gemacht. — 193 — Die schwerwiegendste Behauptung, welche ich den oben erwähnten, falschen Aussagen entgegensetze, ist eben die, dass die Malariaparasiten nie und nimmer lebendig in die Luft hinein- dringen können; dies kann nur geschehen, wenn sie bereits abgestorben sind. Die Austrocknung führt in der That den Tod, der in jedem Stadium befindlichen, sowohl der aus dem menschlichen Körper wie aus dem Anophelesleib herstammenden Malariaparasiten, herbei. Doch habe ich auch zahlreiche direkte Beweise dafür. Im Jahre 1898 brachte ich nach Rovellasca (wo keine Malaria vorkommt) eine gewisse Menge Inopheles, die ich in Locate-Triulzi (ein sehr von Malaria heimgesuchter Ort), zur Zeit als die Malaria daselbst noch intensiv war, gefangen hatte, und liess dieselben in den Schlafzimmern gesunder Menschen frei. Die Anopheles starben alsbald, wurden dürr und zerstäubten, ohne dass jedoch ein Malariafall aufgetreten. wäre. Voriges Jahr habe ich diesen Versuch unter den mannigfachsten Verhältnissen wiederholt, so dass ich nun in entschiedenster Weise feststellen kann, dass die in einem gesunden Raume ver- trockneten, zerstäubten, infizierten Awopheles keine Malariaerkrankung hervorrufen. Weiter citiere ich folgende Beweise. Neun Personen und ich setzten uns während der Fieberzeit (1898— 1899) wiederholt dem L.ufteinfluss von Malariagegenden aus und dessen ungeachtet erkrankte kein einziger von uns — und dies geschah einfach deshalb nicht, weil wir sorgfältig jeden Anophelesstich vermieden hatten. j Hier möchte ich in ganz besonderer Weise das, was uns in Francavilla-Angitola (Calabrien) am ı1. September 1899 geschehen ist, betonen. In Calabrien herrscht die Ueberzeugung, dass, wenn man in einem Malariaort schläft, unbedingt krank werden müsse, in einem so hohen Grade, dass, wenn jemand zufällig in einem Wartesaal eines dortigen Bahnhofs einschläft, er sofort von irgend einem Anwesenden geweckt wird, welcher den Eingeschlafenen auf die vermeinte Gefahr aufmerksam macht. Dessen ungeachtet wurden wir, d. h. zwei meiner Angestellten und ich, während der Nach- mittagsstunden des oben angegebenen Tages bei bewölktem, schwülem Himmel, als wir uns ein wenig zum Ausruhen am Rande des in der Nähe der Eisenbahnlinie bei dem Fluss Angitola liegenden Sumpf niedergelegt hatten, vom Schlaf überwältigt und schliefen wohl für ein paar Stündchen fest ein. Vor dem Einschlafen hatten wir bemerkt, dass an dem von uns gewählten Orte (welcher der Helle ausgesetzt und etwas abseits der Bäume gelegen war) keine Amopheles vorhanden waren, obwohl uns die Caulex penieillarıs und die Caulex malariae in entsetzlicher Weise quälten. Als wir erwachten, konnten wir auf unserer Haut Spuren von zahlreichen Stichen wahr- nehmen; um uns zu überzeugen, dass es sich wirklich nur um :Czulexstiche handelte, untersuchten wir sorgfältig sämtliche vor dem Einschlafen gefangenen Mosguztos und konnten unter etwa 200 Cidlex keinen einzigen Anopheles entdecken. Keiner von uns wurde krank, obwohl wir auf dem Wege nach dem Bahnhofe von einem feinen Regen durch und durch durchnässt wurden und uns nicht um- kleiden konnten. Dazu kam noch, dass wir, da der Eintritt in den Wartesaal verboten war, etwa eine halbe Stunde lang im Regen stehen mussten. Ein Jäger, welcher bei uns stand, dachte voller Angst an den nächsten Morgen, ganz sicher, dass die Malaria ihn ergreifen würde, da Francavilla-Angitola in der Malariageschichte einen sehr schlimmen Ruf geniesst! Im Jahre 1898 stellte ich noch einen anderen Versuch an. Eine Frau mit drei Kindern, welche Mitglieder einer Familie waren, die teils in Rovellasca (malariafreie Gegend), teils in Locate-Triulzi (Malariagegend) wohnten, sollten ihrer Geschäfte wegen, von Rovellasca nach l.ocate-Triulzi übersiedeln. Ich ergriff diese günstige Gelegenheit und machte der Frau den Vorschlag, sie samt ihren drei Kindern vor den Mosgzwutostichen zu schützen. Die Frau folgte gern meinen Vorschriften, welche darin bestanden, sich mit ihren Kindern im Schlafzimmer — wo ich mehrere Zampironi verbrennen liess — kurz vor Sonnenuntergang bis einige Zeit nach demselben, also während der Stunden, in welchen die Mosguitos am häufigsten zu stechen pflegen, einzuschliessen. Sowohl vor diesen Stunden, wie auch nachher wurden sonst keine besonderen Grassi, Die Malaria. 25 a 194 run Schutzmassregeln getroffen, nur dass möglicherweise die Stiche der Mosguzrtos vermieden wurden, indem dieselben, sobald sie sich näherten, fortgejagt, die schlafenden Kinder durch einen Schleier geschützt, Räucherkerzchen angezündet wurden u. s. w. Trotz der grössten Sorgfalt erhielt doch eins der Kinder etwa 4--5 Stiche von Crulex Ppeni- cıllarıs. Der Versuch dauerte ı5 Tage lang; die Mutter, welche nach Rovellasca zurückkehren musste, willigte gern ein, die Kinder mit sich zu nehmen. Die Mutter und 2 der Kinder blieben frei von Erkrankung; das dritte Kind, und zwar dasjenige, welches die erwähnten 4—5 Stiche erhalten hatte, wurde am 9. Tage nach seiner Ankunft in Rovellasca von einem leichten Fieber befallen, am ıı. Tage aber hatte es unbestreitbar einen richtigen Fieberanfall. Am ı2. Tage untersuchte ich das Blut dieses Kindes: das Resultat fiel aber negativ aus. Es wäre interessant gewesen, diesen Fall noch weiter zu studieren, doch hielt ich es für meine Pflicht, wiederholt Chinin zu verabfolgen, ohne der besondern Natur des Fiebers weiter nachzuforschen. Vor meiner Abreise nach Rovellasca nach Rom hinterliess ich den Auftrag, mich sofort über einen neuen eventuellen Fieberanfall zu benach- richtigen, und da ich weiter keine Nachricht erhielt, musste ich annehmen, dass sich kein neuer Fieber- anfall mehr gezeigt hatte — wie ich es in meiner ersten vorläufigen Mitteilung in der Accademia dei Lincei veröffentlichte. — Später erfuhr ich, dass das Fieber in Wahrheit wieder aufgetreten war, doch waren nach dem Fieber die Masern ausgebrochen, von welchen nach wenigen Tagen auch die anderen zwei Kinder befallen wurden, und da es ganz typische Masern waren, hatte man es für un- nötig gehalten, mich davon zu benachrichtigen. Der erste der kleinen Patienten bekam kein Chinin mehr, die übrigen zwei hatten dasselbe nie genommen, und alle drei Kinder genasen bald vollstän- dig; es hatte sich also bei diesen drei Kindern um Masern und gar nicht um Malaria gehandelt. Diese Beobachtung erhält eine besondere Wichtigkeit, wenn man bedenkt, dass am ı2. Tage des Versuches ein anderes Kind derselben Familie, welches damals in lLocate wohnte und in dem- selben Jahre kein Malariafieber gehabt hatte, von dem letzteren befallen wurde. Dieses Kind hatte sich nicht der prophylaktischen Behandlung unterworfen und hatte zahlreiche Stiche von Mosgautos erhalten. Dieser Versuch hatte vom 27. August bis zum ıı. September gedauert. Vor etwa ıo Jahren war dieselbe Frau, ungefähr in der gleichen Jahreszeit, mit anderen vier Kindern nach Locate gegangen, wo sie sich etwa ı4 Tage aufhielt. Als sie nach Rovellasca zurück- kehrte, wurde sowohl sie, wie ihre Kinder malariakrank. Der folgende Versuch ist viel wichtiger. Vom 3.—ı1. August 1899 schlief die ganze Familie Mancori mit 5 Kindern und ich, ohne irgend einen Schaden zu nehmen, in der Bahnwärterhütte Nr. 35 (die erste nach der Station Maccarese von Rom aus). Wir wohnten in zwei Zimmern des oberen Stockwerkes, welche auf der nach Civitavecchia gerichteten Seite der Bahnhütte liegen. Am Tage vor dem Versuche hatte ich sämtliche in den er- wähnten Zimmern vorhandenen Anopheles gefangen (ca. 60 Stück), und, nachdem ich die Läden geschlossen hatte, zündete ich, vor dem Verlassen derselben, eine beträchtliche Menge Schwefel da- selbst an. Den Tag über verbrachten wir in Rom, kehrten aber jeden Abend 6!/, Uhr in die Hütte zurück, um dieselbe erst am nächsten Morgen um 7!/, Uhr wieder zu verlassen. Am ersten Abend hatten wir innerhalb der Thür unserer Wohnung noch keinen Vorhang, und keine Zampironi angezündet, bevor wir dieselbe betraten; vielleicht infolge dieser Umstände und weil wir gleich nach unserem Eintritt in die Zimmer etwas Schwefel verbrannt hatten, sahen wir an den Fensterscheiben etwa 30 Mosguztos (Culex und Amopheles) sitzen, welche wir ohne weiteres töteten. Am Abend des zweiten Tages war in unserem Zimmer kein Mosgınto mehr zu finden, je- doch hörte bei Sonnenaufgang des nächsten Tages Herr Mancori ein Gesumm. Nach sorgfältigem Nachsuchen fand ich zwei Anopheles, welche voller frisch aufgesaugten Blutes waren. Als ich dieselben in Rom untersuchte, konnte ich jedoch konstatieren, dass sie nicht infiziert waren. In der darauf- eg Le folgenden Nacht fingen wir in unseren Zimmern noch zwei mit Blut gefüllte und einen blutleeren Anopheles. In den nächsten Tagen war kein Anopheles mehr zu entdecken. Bemerkenswert ist noch, dass wir stets bei offenen, nur durch Drahtnetze geschützten Fenstern schliefen. Obwohl dieses Experiment nicht lange dauerte, ist es doch nicht weniger wichtig, wenn man bedenkt, dass in diesem Orte selbst und in der Umgegend desselben bereits seit Mitte Juni die Malariajahreszeit begonnen hatte und schon zahlreiche Fälle vorgekommen wären, wenn der grösste Teil der Einwohner nicht nach gesunden Orten gezogen wäre. In der Nähe der Wärterhütte wohnte zu gleicher Zeit wie wir, eine Aehrensammlerfamilie (Vater, Mutter und zwei Kinder), welche in einer Strohhütte schliefen. Sie blieben dort etwa ıo Tage lang; als sie nach Rom zurückkehrten, waren sie alle krank, die zwei Kinder wenigstens mit primärer Infektion. Mehrere Stroharbeiter, welche in unserer Nähe arbeiteten, wurden in den Tagen, in welchen wir in der Wärterhütte wohnten, von der Malaria (primäre Infektion?) befallen (einer derselben hatte sich sehr wahrscheinlich die Infektion in Ostia zugezogen). Dieselbe Familie Mancori verbrachte ı0o andere Tage während des Monats Oktober in dem erwähnten Wärterhäuschen, nur der Mann ging zuweilen nach Rom. Zu dieser Zeit war die Malaria daselbst zwar weniger heftig, hatte jedoch durchaus noch nicht aufgehört. Keiner der Familienangehörigen erkrankte. Diese Thatsachen bestätigten in mir die Ueberzeugung, dass die Malariainfektion nicht durch die Luft übertragen werden kann. In diesem Jahre (1900) habe ich nun einen noch viel eingehenderen Versuch angestellt, welcher durchaus entscheidend ist (siehe Kapitel N). 5. Giebt es eine durch Erdumgrabungen verursachte Malaria? Es werden zahlreiche Fälle von Erdumgrabungen angegeben, während welcher schwere Malariaepidemien aufgetreten sein sollen. Ich habe diesen Gegenstand bereits früher angedeutet ($ ı dieses Kapitels. In Italien wird man sich wohl stets der schrecklichen Malariaseuchen erinnern, welche zur Zeit des Baues unserer hauptsächlichsten Eisenbahnlinien, und als Rom die Hauptstadt Italiens wurde und infolgedessen die alte Stadt in vielen ihrer Teile erweitert und rekonstruiert wurde, herrschte. Gegenwärtig aber findet sich in Italien schwer eine Gelegenheit, eine bei Erdgrabungen sich einstellende Malariaepidemie zu verfolgen. Mir ist dies bis heute nicht gelungen; da ich mich aber auf das genaueste in verschiedenen Oertlichkeiten und auch bei vielen Bauunternehmern, welche in Rom selbst und in dessen Umgebung grosse öffentliche Arbeiten geleitet hatten, namentlich in den zoer Jahren, erkundigt habe, glaube ich die Erscheinung auf folgende Weise erklären zu können. Bei den Erdumgrabungen in Malariagegenden oder in assanierten Oertlichkeiten kommt es leicht zur Bildung von Tlümpeln, in welchen die Sumpfflora sehr günstige Bedingungen zum Ge- deihen findet. Es sind somit die besten Existenzbedingungen für die Anopheles vorhanden, welche dann scharenweise dahin fliegen, hauptsächlich während der Sommermonate, wenn das Wasser spärlich ist. Es ist somit verständlich, wie auf diese Weise Malariaherde entstehen und die Infektion alsdann leicht verbreitet wird; zu letzteren trägt noch wesentlich der Umstand bei, dass unter den Arbeitern fast nie Malariakranke fehlen. Meine Erklärung wird ferner durch folgendes bestätigt: ı. Es giebt zahlreiche und wohlbekannte Fälle von Erdumgrabungen, durch welche thatsäch- lich Sümpfe gebildet wurden. Im Jahre 1869 schrieb Baccelli: „Die grossen, infolge des Baues von Eisenbahnlinien bedingten Abholzungen, die Erderhebungen, auf welchen die Schienen liegen und die durch seitliche Umgrabungen hergestellt wurden, haben Sümpfe entstehen lassen, die bis in unsere 25* =— 196 —— Stadt hereinreichen. Die Malariafieberfälle erreichten in letzter Zeit eine ungewöhnliche Häufigkeit und Intensität.“ — Jeder Eisenbahnunternehmer erinnert sich wohl ähnlicher Fälle, und können wir sehr gut einen Begriff davon bekommen, wenn wir die italienischen Eisenbahnlinien und besonders die zuletzt gebauten verfolgen. Da nun die unermesslichen Schäden solcher Versumpfungen gegen- wärtig überall bekannt sind, suchen die Bauunternehmer dieselben jetzt zu vermeiden, indem sie Pumpen und ähnliche Apparate, wenigstens in der Nähe der grossen Städte, wo auch infolgedessen die durch Umgrabungen verursachte Malaria viel seltener geworden ist, verwenden. >. Bei dem vor kurzem im Forum Romanum (in Rom) ausgeführten Umgrabungen konnte ich thatsächlich das Auftreten von Larven des Amopheles claviger, gegen Ende August in klarem Wasser in der Nähe des sogenannten Romulusgrabens bestätigen. Ausserdem möchte ich noch folgende Umstände hervorheben. a) Nicht alle, den Erdumgrabungen zugeschriebenen Malariafälle dürfen als solche sicher gestellt betrachtet werden. Sehr wahrscheinlich handelte es sich dabei häufig nicht um primäre Infektionen, sondern vielmehr um Rückfälle, wie aus dem Fehlen der sonst vorhandenen Inkubationsperiode fest- zustellen war. In anderen Fällen wurde auch wohl den Umgrabungen unberechtigerweise die ganz unabhängig von diesen Umgrabungen erworbene Malaria zugeschrieben. b) Die Umgrabungen, bei welchen keine Tümpel gebildet werden, geben durchaus keinen Anlass zur Malariaentwickelung; so blieb der vor kurzer Zeit bei S. Paolo in Rom vollzogene Bau der grossen Kloake ganz unschädlich, wie ich aus den direkt von den Arbeitern erhaltenen Angaben entnehmen konnte. c) Erdumgrabungen, welche in gesunden, mehrere Kilometer von den Malariagegenden ent- fernten Oertlichkeiten ausgeführt werden, geben im allgemeinen keinen Anlass zu Malariafiebern, aus dem einfachen Grunde, weil bis dorthin die AnopAeles nicht gelangen können. d) Unter den bei den Umgrabungen in Malariagegenden angestellten Arbeitern befinden sich fast immer etliche, die schon malariakrank sind. Diese bewirken die Infizierung der daselbst vor- handenen Anopheles, und letztere übertragen dann ihrerseits die Infektion auf die gesunden Arbeiter. Auf diese Weise entstehen in fast unbewohnten, bis dahin nur leicht von der Malaria heimgesuchten Gegenden, die schlimmsten Malariaepidemien. 6. Die in unbewohnten Gegenden vorkommende Malaria. Es wird von Reisenden erzählt, die in den seit undenklicher Zeit unbewohnten Gegenden, oder welche vielleicht vor ihnen nie ein menschlicher Fuss betreten hatte, die Malaria erwarben. Diesem Einwurfe erlaube ich mir folgende Beobachtungen entgegenzustellen. ı. Die Vetter Sarasin glaubten bei ihrer berühmten Reise auf der Insel Celebes beobachtet zu haben, wie sie mir selbst berichteten, dass die Malaria vörzugsweise in der Nähe bewohnter Orte erworben wird. Man kann annehmen, dass die Anopheles die Reisenden auf ihren Wanderungen begleiten und sie infizieren (s. S. 60 u. folg). 3. Genügt doch ein einziger mit Malaria behafteter Reisende, um die Anopheles auch in einem unbewohnten Orte und in jeder Entfernung von einem bewohnten Centrum zu infizieren, und einmal infiziert, können diese natürlich auch ihrerseits wieder die Menschen infizieren, u. Ss. w. 7. Die im Eisenbahnzug erworbene Malaria. Man behauptet ferner, dass die Malariainfektion zuweilen auf einer Reise im Eisenbahnzug erworben wird. Mein verstorbener Kollege Prof. Achille Costa stattete mir einige Stunden vor seinem Tode einen Besuch ab, um sich über die Malariastechmücken zu erkundigen; bei dieser Gre- legenheit teilte er mir in gutem Glauben und aus vollster Ueberzeugung mit, dass seiner Meinung — 197 _—_ nach die Stechmücken keine genügende Erklärung für das Auftreten der Malaria liefern könnten, und zwar aus dem Grunde, weil er mit Sicherheit wüsste, dass ein ihm bekannter Herr die Malaria auf einer Fahrt mit dem Schnellzug von Reggio-Calabrien nach Neapel erworben habe. Dies bis zu einem gewissen Punkte merkwürdige Vorkommnis regte mich zu genaueren Erkundigungen an, und es ergab sich, dass der von Prof. Costa angegebene, wenn auch ein seltener, doch nicht der einzige Fall dieser Art ist. Selbstverständlich betrachtete ich dies als einen berechtigten Einwand, hoffte aber früher oder später eine passende Erklärung zu finden. Und in der That! Als ich Januar 1899 von Metaponto nach Potenza fuhr und der Zug im Bahnhof Bernalda einige Minuten hielt, sah ich einen Anopheles claviger in meinen Wagen herein- fliegen; leider gelang es mir nicht, denselben zu fangen. Einige Tage später, als ich nachts in einem Schlafwagen Rom-Mailand-Berlin reiste, entdeckte ich (wir waren in der Nähe von Pisa) zufälliger- weise in einer Ecke meines Coupe's mehrere Anopheles claviger, und gelang es mir, deren drei zu fangen. Wo und wann dieselben hineingeflogen, ist schwer zu sagen, dass sie aber hineingeflogen waren, ist gewiss. Ein in diesem Coupe schlafender Reisender hätte mithin, wenn die Anopheles infiziert gewesen wären, sehr wohl daselbst von der Malaria infiziert werden können. - Im Mai des Jahres 1809 konnte auch mein Diener, auf einer Reise von Terracina nach Rom in einem Wagen 2. Klasse mehrere Anopheles claviger fangen. Auf derselben Linie flogen im Mai und Juni gegen Sonnenuntergang verschiedene Male mehrere Anopheles durch das offene Fenster in mein Coupe herein, obwohl der Zug bereits in Bewegung war. Aehnliche Vorkommnisse konnte ich in den darauffolgenden Monaten in den verschiedensten Gegenden Italiens wahrnehmen. Hält gegen Sonnenuntergang ein Zug in einer von Malaria heimgesuchten Bahnstation auch nur einige Minuten an, so kommt es häufig vor, dass die aus den Fenstern hinausschauenden Reisen den von den Anopheles angegriffen werden. Die ebengenannten Fälle genügen wohl, die im Eisenbahnzug erworbene Malariaerkrankung- zu erklären. S. Assanierung durch intensive Bodenbebauung. Man behauptet. dass die intensive Bodenbebauung die Malaria zur Abnahme und sogar zum Verschwinden bringen kann. Steht dies in irgend einer Beziehung zu den Anopheles? Darauf möchte ich mit folgenden Betrachtungen antworten. ı. Die intensive Bodenbebauung kann je nachdem nützlich oder schädlich für die Malaria seın. In der Lombardei lässt sich leicht der Beweis dafür liefern, dass die intensive von Berieselung begleitete Bodenbebauung die Entwickelung der Malaria sowie die der Anopheles, welche zuweilen sehr zahl- reich werden, begünstigt. 2. Die intensive, ohne Berieselung bewerkstelligte Bodenbebauung kann zur Verminderung der Malaria sehr nützlich sein. So erwähne ich z. B. die Weinberge, deren Bepflanzung und Erhal- tung Gelegenheit bietet, kleine Sümpfe auszurotten und mithin die Zahl der Anopheles zu verringern, und sogar zu vollständigem Verschwinden der Malaria zu. bringen. 3. Die intensive, von Berieselung begleitete Bodenbebauung kann auch das Verschwinden der Malaria befördern, falls das zur Berieselung verwendete Wasser so bewegt wird, dass die Anopheles an der Entwickelung verhindert werden. Vielleicht ist dies eben der hauptsächlichste Grund, warum die Gemüsegarten im allgemeinen mehr oder weniger malariafrei sind. 4. Die intensive Bodenbebauung kann notwendigerweise eine Veränderung der Disposition der daselbst befindlichen Wasser bedingen. Ich habe persönlich gesehen, wie ein mit hie und da zer- oe — streuten Sümpfen, nur mit spärlich wild gewachsenen Bäumen ausgestattetes Stück Land in ein frucht- bares Kornfeld umgewandelt wurde; für diese Bebauung war es nötig gewesen, Wasser in Kanäle zu leiten, welche dann in den Fluss mündeten etc. Besonders in den ersten Jahren, so lange die Ka- näle noch gut erhalten, d. h. vegetationsarm und gut eingedämmt sind, so dass das Wasser unge- hindert läuft, mithin ungünstig für die Entwickelung der Anopheles ist, ist der Vorteil, den man aus dieser Bebauung in Bezug auf die Malariainfektion erzielt, sehr beträchtlich. 9. Assanierung dureh Herstellung neuer Gebäude, Strassen ete. Es wurde beobachtet, dass durch die allmähliche Zunahme der Bevölkerung und mithin durch die Herstellung neuer Häuser, neuer gepflasterter Strassen u. s. w. viele Gegenden von der Malaria wenn auch nicht befreit, so doch bedeutend weniger heimgesucht werden. Diese Beobachtung ist auf Wahrheit begründet, und findet ihre Haupterklärung in dem Umstande, dass zu gleicher Zeit die Wasserkanäle geregelt und die Sümpfe beseitigt wurden. Es wurden dadurch die zur Entwickelung der Anopheles und infolgedessen auch zum Auftreten der Ma- laria ungünstigsten Verhältnisse geschaffen. 10. Verspätete Malariaepidemien. In der Nähe der pontinischen Sümpfe (Sermoneta, Sezze u. s. w.) treten häufig in spätem Herbste, sowie zu Beginn des Winters (OÖktober-November) Malariaepidemien auf, während daselbst die Erkrankung während der Sommermonate milder ist. Man fragt sich nun, ob auch für diese Epi- demien die Anopheles angeschuldigt werden können. Ich habe beobachten können (1899), dass während der in Rede stehenden Epidemien — im Gegensatz zu dem, was für den ersten Augenblick zu vermuten wäre — die infizierten Anopheles in grosser Anzahl vorhanden sind. Weitere, eingehendere Untersuchungen müssen feststellen, warum dies in ungewöhnlichen Jahreszeiten vorkommt. Ich möchte jedoch schon jetzt darauf aufmerksam machen, dass an den pontinischen Sümpfen im September und im Oktober eine enorme Anopheles- zahl zur Entwicklung kommt, welche sehr wahrscheinlich in die Wohnungen von Sezze und Sermoneta behufs ihrer Ueberwinterung gelangen und vor der letzteren eine verspätete Malaria- epidemie hervorrufen (s. S. 60 u. flg.). 11. Spontane Abnahme der Malaria. Im letzten Jahrhundert ist auch in vielen Gegenden, in welchen keine Assanierungsarbeiten stattgefunden hatten, die Malaria nach und nach milder geworden. Mein Freund Giustino Fortu- nato, welcher sich mit diesem Gegenstande sehr beschäftigte, hat mir versichert, dass es sich dabei nicht um eine einfache Annahme des Volkes, sondern um eine unbestreitbare, von ihm selbst be- stätigte Erscheinung handelt. Diese Thatsache bildet keinen Einwand gegen die Anopseleslehre, im Gegenteil, sie bekräftigt dieselbe noch mehr, da es einleuchtend ist, dass durch die verbreitete An- wendung des Chinins die Malaria abgenommen hat, und zwar, weil — wie ich in dem Kapitel über die Prophylaxe noch weiter erörtern werde — das Chinin nicht nur einen Malariakranken heilen, sondern indirekt dasselbe Individuum auch vor der Röinfektion schützen und die Gesunden vor der Ansteckung bewahren kann. 12. Sind die blutsaugenden Insekten passive Uebertragungsmittel der Malaria? Da nachgewiesen worden ist, dass man durch Einimpfung einer minimalen Dosis des einem Malariakranken entnommenen Blutes auf einen gesunden Menschen die Malariainfektion direkt über- tragen kann, so liegt die Vermutung nahe, dass sämtliche blutsaugenden Tiere (Blutegel, Flöhe, Wanzen, Mosgzatos u. a. m.), wenn sie von einem Malariakranken auf einen gesunden Menschen = 199 — übergehen, und namentlich, wenn ihr Saugapparat noch mit dem Blute des ersteren befeuchtet ist, die Infektion direkt übertragen können. Wäre diese Vermutung richtig, so müssten wir auch in gesunden (Gegenden zahlreiche Malariafälle antreffen, da es auch in diesen Gegenden viele Tiere giebt, welche von unserem Blute leben und daselbst auch häufig Malariakranke wohnen, die die Ansteckung: in Malariagegenden er- worben haben. Ferner ist bemerkenswert: ı. Die in Rede stehenden Tiere weisen nach der Blutaufnahme im allgemeinen durchaus keinen feuchten Saugapparat auf. 2. Im allgemeinen wiederholen sie ihre Nahrungsaufnahme nicht vor Ablauf einiger Stunden, während welcher der Malariaparasit, wie bekannt, stirbt. 3. Selbst in dem Falle, dass ihr Darmkanal Blut mit lebendigen Malariaparasiten enthält, ist es wegen des eigentümlichen Baues dieser ganz unmöglich, dass sie das Blut einimpfen können. Ausserdem ist die minimale infektionsfähige Dosis des Malariablutes eine zu grosse (etwa mehr als !/,, ccm) im Verhältnis zu der Blutmenge, welche ein blutsaugendes Insekt einimpfen könnte. Endlich sprechen auch zahlreiche negative experimentelle Ergebnisse gegen die in Rede stehende Vermutung, welche somit als durchaus unbegründet zu betrachten ist. 13. Künstliche Uebertragung der Malaria. [Baccelli fragt: „als mein Freund Gerhardt in Berlin und ich hier in Rom Malariafieber durch Blutübertragung von einem kranken auf einem gesunden Menschen hervorbrachten, waren keine Stechmücken dabei, oder waren wir etwa die Stechmücken? Dies eine Factum beweist zur Genüge, dass die Behauptung, Malariafieber könne nur durch den Stich der Anopheles erworben werden, logisch unhaltbar sei.“ Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Mensch das Malariafieber auch durch Inokulation von Malariablut erzeugen kann. Ich habe diese Art der Infektion nur darum nicht in Betracht gezogen, weil ich die Zeit derartiger wissenschaftlicher Versuche fast für beendet hielt, umsomehr als etwas ähn- liches in der Natur doch niemals vorkommt! Was Baccelli uns da von der Malaria sagt, gilt auch vom Echinococcus. So berichtet Deve in den „Comptes rendus de la SocietE de Biologie, Tome VIIT, 7900 N. 5—ı1“, dass die Inokulation von Fragmenten der Mutterblase, von Brutkapseln, von Töchter- blasen, Scolices, etc., auf Kaninchen die Ueberführung und das Gedeihen des Echinococcus zur Folge hatte, aber daraus wird doch niemand schliessen wollen, dass der Echinococcus eine andere, als die bereits bekannte Art der Verbreitung habe.] 14. Wer infiziert den Menschen und die Stechmücke? [Baccelli fragt uns: „Gesetzt die Stechmücke infiziert den Menschen und der Mensch die Mücke, wer infiziert sie beide?“ Objektiv kennen wir den ersten Ursprung der Malariaparasiten nicht, aber ebensowenig kennen wir auch den aller anderen Lebewesen, nur wissen wir, dass jetzt Stechmücke und Mensch einander gegenseitig infizieren, wie dies bei vielen Taeniaarten, einschliesslich der Taenia echino- coccus, vieler Nematoden, etc. geschieht.] 15. Malariafreie Lokalitäten mit Anopheles. [Diesen Einwand beantwortete ich bereits im zweiten Kapitel, Seite 68 und folgende.) 20 Oo — 16. Eigentümliche Fälle. Gegen die Anopheles-Lehre wurden einige sehr eigentümliche Fälle mitgeteilt, ‚welche je- doch eher für Seltenheiten, als für echte Einwände gehalten werden könnten. Ich will hier beispiels- weise einen solchen Fall erzählen, den ich bereits in einem populären Schriftchen (1899) angeführt habe. „Im Januar wanderte ein gesunder Mensch aus einer gesunden Gegend der Lombardei zu Fuss nach Rom. Während dieser Reise übernachtete er häufig in Malariagegenden. In Rom ange- kommen, hatte er eine Perniciosa, die ihn alsbald hinwegraffte.“ „Bei dieser Gelegenheit wurde mir gesagt: Im Januar giebt es keine Stechmücken, wie kann man also die Malaria von den Stechmücken herleiten ?“ „Vor einem Jahre hätte dieser Einwand grossen Eindruck auf mich gemacht, heute aber muss ich denselben als völlig unbegründet zurückweisen. Wohl ist es wahr, dass, wenn man die Bewohner der Malariagegenden Mittelitaliens befragt, diese antworten, dass im Januar keine Stechmücken vor- kommen, sucht man aber in ihren Wohnungen sorgfältig nach, so wird man fast stets eine gewisse Anzahl von Anopheles entdecken. deren einige voll frisch aufgesaugten Blutes sind.“ [Einige im Jahre 1900 mitten im Centrum Roms, welches heute als malaria-immun betrachtet wird, vorgekommenen Fieberfälle erregten die grösste Verwunderung und gaben Anlass zu den verschiedensten Betrachtungen. Auch mir erschienen diese Fälle sehr sonderbar, da ich überzeugt war, dass mitten in Rom keinelnopheles vorhanden waren. Meine Verwunderungschwand jedoch, alsich folgende Nachrichten erhielt: Am 30. November fing Herr Luigioni, Telegraphist und nebenbei ein eifriger Koleopterolog, gegen Abend auf dem Daumen seines Kollegen Lombardi, der in einem Zimmer des Post- und Telegraphenministeriums schrieb, eine Stechmücke. Die mir überbrachte Stechmücke war ein 41no- pheles claviger! Ferner wurde von Dr. Marantonio in seiner Wohnung — Via Firenze 43, 5. Stock — am 2. Januar ı901ı ein Anopheles gefangen. Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich, dass mitten in Rom -— sowohl in den hoch- wie in den tief gelegenen Stadtbezirken — zuweilen malariaübertragende Stechmücken vorkommen und infolge dessen auch gelegentlich (wie es geschah) Malariafälle auftreten können.] Schluss. Am Schlusse dieser Auseinandersetzungen kann ich nicht umhin, der Ueberzeugung Ausdruck zu verleihen, dass sämtliche mir bis jetzt gemachten Einwände, unbegründet sind. Gewiss werden noch viele Misoneisten fortfahren zu behaupten, dass die Malaria nicht ausschliesslich durch die “nopheles übertragen wird, obgleich dies, wissenschaftlich, durchaus unhaltbar und absurd ist und bleibt. Leider glauben viele, dass die Malaria, diese bis jetzt geheimnisvolle kolossale Macht, diese „schreckliche Fiebergöttin“, welche sich durch das geheimnisvolle Frösteln anmeldet und in sehr kurzer Zeit den kräftigsten Menschen herunterbringen kann, durch die unscheinbaren Anopheles sozu- sagen degradiert wird. Sie betrachten die von uns bewiesene Ursache als ungenügend und wollen durchaus glauben, dass die Mosgurfos nur eine Episode der grossen Tragödie bilden. Meinerseits aber, wenn ich bedenke, dass das Studium der Malariaparasiten ausserhalb des menschlichen Körpers in unzweifelhafter Weise bewiesen hat, dass die Malaria ausschliesslich durch die Anopheles übertragen wird und dass die Parasiten der Menschenmalaria ganz spezifisch für den Menschen sind, wenn ich ferner diesen, ich möchte sagen theoretischen Thatsachen andere praktische gegenüberstelle, nämlich, dass ich während vieler Monaten eifrigsten Suchens auch nicht einen einzigen Malariafall vorfinden konnte, bei welchem die Anophelesstiche ausgeschlossen werden konnten, und wenn ich die zahlreichen grundlegenden Beobachtungen, welche wir jetzt besitzen, betrachte, so muss ich gestehen, dass diejenigen, welche neben den Anopheles noch anderweitige unbekannte Ur- sachen für die Malariainfektion beschuldigen wollen, durch theoretische Vorurteile verblendet sind. KAPITEL IX. Prophylaxe der Malaria. Die im Vorstehenden mitgeteilten Ergebnisse gestatten die Begründung einer wissenschaft- lichen Prophylaxe der Malaria, die Möglichkeit, diese schreckliche Krankheit durch neue Waffen zu bekämpfen. Ich beabsichtige nicht, diese Frage sehr eingehend zu behandeln, da mich dies zu sehr aus meinen Studiumfeld entfernen würde, doch möchte ich sie nicht vernachlässigen, da ich glaube, dass ein Zoologe besser als ein Arzt, wenigstens, solange die Grundmassregeln noch nicht sicher gestellt sind, die Prophylaxe einleiten kann. * k In einer am 29. September 1900 erschienen vorläufigen Mitteilung behauptet Prof. Celli, dass er der erste gewesen, der vor zwei Jahren die Experimente über die Malariaprophylaxe eingeleitet hatte, und diese alsdann nach den von ihm bereits im Juni 1899 („la malarıa secondo le nuove ri- cerche“, 2. Auflage ı5. Juni 1899) angegebenen Grundsätzen fortgesetzt wurden, welch’ letztere inmitten der von anderer Seite aufgestellten Uebertreibungen und Widersprüche unverändert bleiben. Abgesehen von dem typographischen Fehler, die zweite Auflage anstatt der ersten zu citieren, kann ich in den Veröffentlichungen Celli’s keine von ihm im Jahre 1898 eingeleiteten prophylaktischen Versuche finden. Ich gebe gern zu, dass Celli sehr bald, aber nicht vor mir (s. S. 193) versucht hat, die neuen wissenschaftlichen Entdeckungen praktisch zu verwerten; seine Vorschläge, deutliche Korollaren der neuen Forschungen, waren zahlreich, aber teilweise nicht genau präcisiert, wie dies jedermann ersichtlich, der Cellis Arbeit über die Malaria mit meiner kleinen ana Schrift (33) und mit der ersten Auflage dieser Abhandlung vergleicht. 1. Die obligatorische Behandlung der Kranken. hauptsächlich vor der Malariazeit. Aus den von mir Kapitel VII, Seite 133 und ı34 angegebenen Thatsachen ergiebt sich, dass im Allgemeinen von Januar (mitinbegriffen) bis Juni (ausgeschlossen) in Italien sehr wenige infizierte Anopheles vorzufinden sind. Ich war es, der vor jedem anderen auf diese Thatsache aufmerksam machte. Diese Thatsache ist von fundamentaler Bedeutung, denn es ergiebt sich daraus, dass für ungefähr fünf Monate eines jeden Jahres sich die Infektionskeime fast ausschliesslich im Menschen- körper finden müssen, und aus diesem (runde bezeichnete ich schon am ı. September 1899 den Menschen, als den Depositär der Malariakeime für die nächste Malariazeit. Die neue Lehre kann also in folgender Weise zusammengefasst werden. Die Malaria, wörtlich genommen, existiert nicht. Es existieren nur Malaria- keime im Menschen und in den Anopheles; im Menschen während des ganzen Jahres, in den Anopheles fast nur während der letzten sieben Monate. Mit anderen Worten, in den ersten fünf Monaten eines jeden Jahres, giebt es fast keine infek- tionsfähigen Mosgartos, sondern nur Menschen, in welchen die während der Malariazeit erworbene Infektion fortbesteht. Nur solche Menschen, welche nach den fünf Monaten der Unterbrechung: der Epidemie in die folgende Malariajahreszeit noch infiziert eintreten, können ihrerseits die malaria- übertragenden .Uosgurtos infizieren; man muss mithin die Möglichkeit, diese Unterbrechung fort- setzen zu können, zugeben. Kurz gesagt, in den ersten Monaten. des Jahres, verwandelt sich eine Malariagegend in ein hygienisches Sanatorium. Werden nun in dieser Gegend sämtliche Malaria- kranke geheilt, so können wir dadurch ermöglichen, dass in der Malariajahreszeit den malarischen Grassi, Die Malaria. 26 — 202 — Mosguitos die Gelegenheit fehlt, sich und die Menschen zu infizieren. Sollten trotz der während der malariafreien Jahreszeit stattgefundenen Behandlung, noch Malariafälle in der Malariajahreszeit, d. h. vom Juni bis zum Dezember, vorkommen, dann muss die Behandlung weiter fortgesetzt werden (sowie die Schutzmassregeln, s. $ 2). Aus diesen Voraussetzungen ergiebt sich das folgende praktische Korollarium: Die mit Malaria in den Malariagegenden vom Juni bis zum Dezember infizierten Menschen müssen als an- steckungsfähig betrachtet werden, wenn auch die Ansteckung nur eine indirekte, d. h. durch die malaria- übertragenden AZosguatos bewirkt wird. Die Malariakranken müssen daher peinlichst behandelt werden, ganz besonders während der Zeit, in welcher sie und die Mosgzutos noch nicht die Infektionskeime enthalten. Die Heilung eines Malariakranken vor der Malariajahreszeit oder beim Beginn derselben ist zweifelsohne wirkungsreicher als hundert während der Malariazeit erreichte Heilungen. Man darf wohl behaupten, dass, wenn die in Italien während der zweiten Jahreshälfte verbrauchte Chinin- menge während der ersten Jahreshälfte verbraucht würde, die Malaria zauberartig verschwinden würde. Die Behandlung der Malariakranken, d. h. die Assanierung des Menschen (Gosio) (im Gegensatz zu der Erdbodenassanierung) ist also der Hauptweg, der uns in der Prophy- laxe zum Ziel führen kann. Damit diese Behandlung aber ihren Zweck erfülle, sind folgende Umstände zu beachten. ı. Die Anopheles werden, wie bewiesen, durch die im menschlichen Blute vorhandenen Gameten infiziert. Die Gameten befinden sich jedoch auch noch im Blute der fieberfreien Kranken. Dr. Dionisi hat sogar bewiesen, dass, trotz des Vorhandenseins der Gameten, der Malariakranke wieder einen befriedigenden Ernährungszustand zeigt, so dass er wie ein infektionsfreier Mensch aussieht. Es ergiebt sich hieraus, dass selbst die scheinbar ausgeheilten Kranken noch gefährlich sein können. Glücklicherweise dauern die Gameten der Tertiana selten, und vielleicht niemals, mehr als zehn Tage nach dem Erlöschen des Fiebers im (peripherischen) Blut; ich habe dieselben häufig gleich- zeitig mit dem Aufhören des Fiebers verschwinden sehen. Die halbmondförmigen Gameten beharren im (peripherischen) Blute länger, jedoch höch- stens 10— ı2 Tage nach dem letzten Fieber, verlieren sie die Fähigkeit sich in den Anopheles zu entwickeln. Diese Erscheinung habe ich mehrere Male mit eigenen Augen beobachten können; ihre Beständigkeit bleibt zu beweisen. Bemerkenswert aber ist, dass auch noch Rückfälle auftraten, selbst wenn die aus dem Blute entnommenen Halbmonde nicht mehr in der Anopheles gedeihen konnten. II. Die Gameten entwickeln sich im Anophelesleibe, trotzdem der Malariakranke mit Chinin behandelt wird (Gualdi, etc). Es ergiebt sich daraus, dass auch die mit Chinin behandelten Malariakranken an- steckend sein können. Ill. Namentlich nach den neuen Forschungen haben die Kliniker anerkennen müssen, dass es in der Praxis häufig sehr schwer ist, einen Rückfall von einer Röinfektion zu unterscheiden. Bis jetzt haben dieselben nicht feststellen können, wie lange der vorher mit Malariafieber behaftete Kranke noch von neuen Anfällen desselben Fiebers befallen werden kann, ohne dass dazu neue Stiche von infizierten Mosguitos hinzuzukommen brauchen. Es werden Rückfälle angegeben, welche nach mehreren Jahren zum Vorschein gekommen sein sollen; jedoch schenkt man diesen Angaben meistens wenig Glauben. Als Koch in Grosseto war, behauptete er, dass das nach einem Zwischenraum von 4 bis 5 Monaten auftretende Fieber als primär, d. h. durch eine neue Infektion hervorgerufen zu be- trachten sei. Dieser Begriff stimmt aber nicht mit den Schlussfolgerungen, welche aus dem Studium des Ausbrechens neuer Malariaepidemien gezogen werden können (s. S. 133 und folg.).. Auch meine — 203 — ich, dass, wenn ein: Rückfall nach fünf Monaten möglich ist, nichts ausschliesst, dass ein solcher auch nach einem Jahre vorkommen kann; und ist dies wirklich sehr wahrscheinlich'!. Ich sage, es ist sehr wahrscheinlich, aber nicht ganz sicher, aus dem Grunde weil es ziemlich schwer ist, festzustellen, ob in der Zwischenzeit bei den betreffenden Menschen durchaus kein kurzdauernder, leichter Fieberanfall aufgetreten ist. Es ergiebt sich daraus, dass die scheinbar geheilten Kranken, vermöge ihrer Rückfälle, gefährlich werden können. IV. Besonders von den in Malariagegenden wohnenden Menschen wird da, wo der normale Zu- stand sozusagen einen Ausnahmefall bildet, nur den ziemlich starken Fieberanfällen eine Bedeutung beigelegt. Dazu kommt noch, dass es eine sehr verbreitete Gewohnheit ist, Chinin einzunehmen, sobald irgend ein Symptom auftritt, nach welchem das Ausbrechen des Fiebers zu befürchten ist. Daraus ergiebt sich, dass sogar solche Menschen, welche angeben, seit ein oder zwei Jahren kein Malariafieber gehabt zu haben, in sich doch noch die An- steekungsgefahr bergen können. V. Auch bei Menschen, welche einer langdauernden Chininbehandinng unterzogen worden waren, können noch Rückfälle vorkommen. Es ergiebt sich daraus, dass selbst Individuen, welche die beste Behandlungs- weise genossen haben, doch noch die Gefahr einer Ansteckung bilden können. Durch Heranziehung einer oder der anderen der ebenerwähnten Umstände wird nun be- hauptet, dass es unmöglich sei, ausschliesslich durch die Heilung der Kranken die Malariaherde ganz auszulöschen. Ich kann diese Meinung nicht teilen, doch gebe ich zu, dass durch die obenerwähnten fünf Umstände die Aufgabe der Hygienisten etwas komplizierter wird und dass deswegen das zu er- reichende Ziel eine relativ längere Zeit in Anspruch nehmen muss. Mein Vertrauen auf die zweckmässige Behandlung der Malariakranken wird durch folgende Gründe unterstützt: I. Wie wohl bekannt, werden die Rückfälle viel leichter und sicherer unterdrückt (und ebenso auch die Hinausschiebung derselben verursacht) je später sie nach der ursprünglichen Infektion aufzu- treten pflegen. II. Es ist klar, dass unabhängig von der Wirkung des Chinins auf die Grameten, im Verhält- nis zu der zunehmenden Zahl der geheilten Kranken, die zur Verfügung der malariaübertragenden Mosquitos stehende Gametenmenge geringer wird. III. Wird bei den ersten Fieberanfällen das Chinin zu geeigneter Zeit und in hinreichender Dosis verabreicht, so wird die Bildung der Gameten verhindert oder wenigstens beträchtlich ver- ringert (Marchiafava und seine Schüler). Aus den im Vorstehenden mitgeteilten Thatsachen, ergiebt sich in unzweideutigster Weise, dass der Staat dazu verpflichtet ist, die obligatorische Behandlung sämtlicher Malaria- kranken direkt zu besorgen, und zwar aus dem Grunde, weil die Malariakranken die Gefahr der Ansteckung nicht nur für sich selbst (Räinfektionen), sondern auch für andere Menschen in sich einschliessen und weil es eine der fundamentalen Funktionen des Staates ist, seine Bürger auf jede mögliche Weise gegen jedwede Gefahr zu schützen (40). ı) Hier möchte ich hinzufügen, dass ebenso wie bei den von einer Malariagegend in einen malariafreien Ort wandernden Menschen leicht Rückfälle vorkommen, diese letzteren auch leicht bei den Leuten auftreten können, welche von einer malariafreien Gegend in eine mit Malaria besetzte Oertlichkeit hinziehen. Voriges Jahr konnte ich in der That an meinem Diener zwei schwere Rückfälle beobachten: in beiden Fällen brach das Fieber bei ihm während eines eintägigen Ausfluges nach Cisterna und Umgebungen, aus. Durch diese Erfahrung aufmerksam gemacht, erkundigte ich mich weiter und vernahm, dass viele derartige Fälle vorgekommen, und überzeugte mich somit, dass derartige Erscheinungen nicht selten auftreten. Die Frage ist höchst interessant, verdient jedoch eine eingehendere Forschung. 26* 4] —- 204 — Diese Möglichkeit ist wohl für die Malaria geboten, und zwar deshalb, weil wir wirksamste sichere Mittel besitzen, dieselbe zu bekämpfen, auch verfügen wir über unfehlbare diagnostische Hilfs- mittel, und gehört endlich die Malaria nicht zu den Krankheiten, welche verheimlicht zu werden pflegen. Es ist daher von der grössten Wichtigkeit anzuerkennen, dass man als malariaverdächtig nicht nur den Menschen bezeichnen darf, welcher vor kurzem vom Malariafieber heimgesucht worden, sondern jeden der in den vorhergegangenen zwei Jahren Malaria- fieber gehabt, sogar einen jeden, der während des gleichen Zeitabschnittes in Malaria- gegenden gelebt hat, und selbst dann, wenn er behaupten sollte, niemals an Fieber gelitten zu haben. Das von mir im vergangenen Jahre in der Ebene zu Capaccio gemachte Experiment lässt uns hoffen, dass, im Falle die Regierung diese neue wissenschaftliche Vorschrift zu schätzen weiss, bald grossartige Erfolge erreicht werden. Aus den obenerwähnten Gründen, muss die Assanierung meiner Meinung nach, mög- lichst im Januar beginnen und bis Ende Juli fortgesetzt werden. Sie müsste bestehen: I. In einer Kräftigungskur, und zwar durch Verabreichung von Arsen- und Eisenpräparaten. II. In der streng und lang durchgeführten Behandlung jeden Rückfalles, mag er auch noch so mild oder ungewiss sein. III. In der Verabreichung von 1,0 g Chinin, am frühen Morgen eines jeden siebenten Tages, in der Hoffnung, dass das Mittel endlich den Parasiten zu geeigneter Zeit angreift, und somit kein Rückfall zu Stande kommt. Diese therapeutischen Massnahmen, wären meiner Meinung nach, erfolgreich durch die Verab- reichung des Esanopheles, jenes unter dieser Benennung in Pillenform im Handel eingeführten Präparats, welches aus Arsen, Eisen, Chinin und anderen bitteren Substanzen besteht und der Bac- celli’schen Schüttelmixtur entspricht, ersetzt. Die Behandlung mit diesem Präparat muss, um voll- kommen zu sein, dreimal wiederholt werden (d. h. eine vollständige Kur im Januar, eine zweite im März und eine dritte in der ersten Hälfte des Monat Juni), ausserdem muss eine solche ganze Kur nach jedem Rückfalle stattfinden (s. Anhang des Kap. X über Esanopheles). Den obenerwähnten Assanierungsmethoden wohnt, wie es aus meinem Bericht über die in der Ebene von Capaccio (S. Kap. X) durchgeführten Versuche ersichtlich ist, ein unbestreitbarer praktischer Wert inne. Aus den in der Zukunft sich ergebenden Erfahrungen, werden wohl manche Abänderungen der von mir adoptierten Methode sich bieten. Gewiss werden auch bei uns in Italien die von Koch in den Tropen zum Zwecke der Vorbeugung von Rückfällen angewandten Methoden versucht werden müssen. Ueber die prophylaktische Verabreichung des Chinins an Gesunde besitze ich keine besondere Erfahrung; jedoch aus den später zu erörternden Gründen glaube ich, annehmen zu dürfen, dass durch Esanopheles bessere Erfolge erreicht werden können. Was das neuerdings empfohlene Euchinin an- belangt, scheint mir, als ob die bis jetzt unvollkommenen, durch die tägliche Verabreichung von 0.5 des Präparats (Mori) für den Zeitraum von fünf und mehr Monaten, erhaltenen Resultate keinen praktischen Wert beanspruchen können, und dies umsomehr, da bis jetzt noch kein Beweis dafür besteht, dass die Wirksamkeit des Euchinins als prophylaktisches Mittel eine höhere als die des Chinins ist, noch dass es eine Substanz sei, welche Immunität von der Malaria hervorrufen könnte (es scheint vielmehr, dass es wie das Chinin die Mikroben tötet, wenn dieselben noch in sehr geringer Menge vorhanden sind). Hier muss ich noch darauf aufmerksam machen, dass im Handel einige Ersatzmittel des Chinins, wie z. B. das Fevrol, der Citronensaft, vorhanden sind, welche einen zeitweiligen Einfluss nn 205 — auf das Fieber entfalten, die aber — wie es von Gualdi und Martirano nachgewiesen wurde — auch die Gameten-, hauptsächlich die Halbmondbildung ausserordentlich begünstigen. Die Anwen- dung solcher Präparate müsste daher streng verboten werden. Die obligatorische Behandlung aller Malariakranken ist mithin die wichtigste Schlussfolgerung unserer Forschungen über die Malaria. 2. Mückensichere Häuser und Mückennetze (zanzariere) (Siehe Taf. VII u. VII) Zu jeder Zeit war der Mensch bestrebt, sich vor den lästigen Mücken zu schützen; dazu wurden mechanische, sowie chemische Hilfsmittel angewandt. Hier will ich nun die mechanischen Hilfsmittel besprechen. Sie bestehen aus Mückennetzen (zanzariere) für die Betten und aus Drahtnetzen (oder mit vegetalen Fäden geflochtenen Netzen), welche vor den Fenstern angebracht werden. Mückennetze werden sehr häufig in Anwendung gebracht, während Drahtnetze nur sehr wenig gebraucht werden; letztere werden nur von solchen Personen benutzt, die sich auch vor den gewöhnlichen Fliegen schützen wollen. Schon als ich anfing, die Malariagegenden zu besuchen, konnte ich beobachten, dass die Mückennetze sehr wenig Nutzen bringen konnten, da die Malariaübertragenden Mosgzutos vorzugs- weise während den Dämmerstunden, d. h. also zu Tageszeiten stechen, in welchen Niemand Lust hat sich unter die Mückennetze zu legen. Ich kannte keine Oertlichkeit, in welcher Drahtnetze in Anwendung gebracht worden wären. Glücklicherweise hatte ich zufällig (Gelegenheit, anfangs ı899, die vor den Fenstern der Gebäude des Gutes Pescia-Romana in Chiarone, welches an die Gebrüder Franceschetti vermietet ist, angebrachten Drahtnetze zu bemerken (33). Diese Herren teilten mir mit, dass, wie es ihnen eine jahrelange fortgesetzte Erfahrung nachgewiesen hatte, diese Netze thatsächlich sehr nützlich gegen die Stechmücken seien und überzeugte ich mich sofort, dass dieselbe vorzügliche Schutzmittel gegen die Malaria sein müssten. Dr. Blessich teilte meine Meinung und, damit solche Drahtnetze gleich während der neuen Malariazeit in Anwendung gebracht werden konnten, teilte er dies der Direktion der „Societa mediterranea delle ferrovie“ mit. Ich wandte diese Drahtnetze schon im Frühling 1399 zum ersten Male als Schutz gegen die Malaria an, und zwar, indem ich sie vor den Fenstern der „Torre di Maccarese“, anbringen lies, um mich und meine Angestellten vor der Frühlings-Malariaepidemie zu schützen, welche da- mals von allen in unbestrittener Weise angenommen wurde. Die Herren DD. Santoro, Dionisi u. s. w. erinnern sich gewiss dieser meiner ersten Anwendung der Drahtnetze gegen die Malaria. Diese Thatsachen ergeben sich übrigens auch aus meinen früher veröffentlichten Mitteilungen, wo auch der Fall des Gutes Pescia-Romana Erwähnung fand. Im Gegensatz zu den von anderer Seite gemachten Angaben, habe ich nie den Anspruch er- hoben, die Anwendung der Drahtnetze als Schutzmittel gegen Mosgurtos oder Fliegen entdeckt zu haben: ich behaupte nur, dass ich der erste war, der die Anwendung der Drahtnetze gegen die Malaria empfohlen und dieselben, den gewöhnlichen Mückennetzen und den chemi- schen Hilfsmitteln vorgezogen habe, wie ich der Erste war, der dieselben zu diesem Zwecke in Anwendung brachte. In meinem am ı. September ı899 erschienenen Büchlein steht geschrieben: »ich kann drei sehr wichtige Maasregeln gegen die Malaria aufstellen: die obligatorische Behandlung, die praktische und populäre Verbreitung der Kenntnisse über die schädlichen Wirkungen der Anopheles, und die Einrichtung der Drahtnetze an den Fenstern.« Schon im Jahre 1899 wurden von der »,Soczela mediterranca delle ferrovie«, dank meinen und Dr. Blessich’s Bemühungen (Mai 1890), die Drahtnetze an vier Bahnwärterhäuschen auf der Ofanto- — 200 — linie angebracht und zwar genau so, wie ich dieselben im Jahre 1900 in der Ebene von Salerno an- gewandt hatte, nur dass kein Schutzpavillon, von welchem ich weiter unten sprechen werde, ange- fertigt wurde. Leider blieben aber die obenerwähnten Häuschen, aus von uns unabhängigen Gründen, unbewohnt. Im Jahre 1899!) benutzte Celli seit Beginn des Monats Juli anstatt der von mir und Blessich empfohlenen Drahtnetze, an den Fenstern eine mit Stärke gesteifte Leinwand; ausserdem bediente er sich an den Thüren und an dem Treppenende eines jeden Wärterhäuschens, eines auf einen Flolz- rahmen befestigten Drahtnetzes. Die von Celli verfolgte Prophylaxe bestand ausser der mechani- schen Schutzvorrichtung, auch in der Anwendung der Zanzolina, zum Zweck der Mosgurto- vernichtung. Im Jahre 1900 hat Celli die Zanzolina aufgegeben und die Drahtnetze, sowie ich in der Ebene Capaccio, in Anwendung gebracht. Nach diesen geschichtlichen Angaben möchte ich nun einige, die mechanische Schutz- vorrichtung betreffende Einzelheiten besprechen. In der ersten italienischen Auflage dieses Werkes bemerkte ich, dass die Seiten der Quadrate der Drahtnetze nicht mehr als 2 mm, die Dicke des Drahtes nicht mit gerechnet, messen dürften; fügte jedoch hinzu, dass eingehende Untersuchungen wünschenswert wären. Im vergangenen Jahre stellte ich nun solche Untersuchungen an und konnte mich davon überzeugen, dass — wenn man auch die kleinsten Anopheles fernhalten will (sie gehören den Species Anopheles bifurcatus, var. nıgrıipes an) jede Seite des inneren Maschenraumes nicht mehr als 1,3 mm — 1,5 mm (lichte Weite) messen darf. Der Draht der besten von mir angewandten Netze war im Durchschnitt ?/,;, mm dick, nebst dem Farbenüberzug war er aber ®/o—*”/ dick. Die Seiten der Maschenräume, den Draht mitbe- griffen, waren also nicht grösser als 1,85 mm. Auf je 2 cm des Drahtnetzes waren in jeder Richtung wenigstens elf Maschen zu zählen (unter welchen eine nicht immer vollständig war.) Die im Handel vorhandenen Drahtnetze zeigen oft unregelmässige Maschen; trotz dieses Um- standes können sie doch gut benutzt werden, nur muss man Sorge tragen, dass nicht gar zu breite Maschen vorkommen. Ausserdem kann ich es versichern, dass durch ein, meinen Angaben entsprechend dichtes Drahtnetz der betreffende Wohnraum durchaus nicht dunkel wird; man gewöhnt sich sehr rasch daran und bemerkt es bald gar nicht mehr?). Der Draht kann sowohl aus Kupfer, aus Bronze, aus Eisen oder aus verzinktem Eisen angefertigt werden. Der einfache Eisendraht ist bedeutend billiger und ist auch sehr haltbar, wenn man dafür Sorge getragen, das betr. Netzwerk vor der Anwendung mit Bleizinnober und nachträglich wiederholt mit Bleiweiss anstreichen zu lassen. Durch diesen Anstrich wird das Drahtnetz bedeutend widerstandsfähiger. Das Drahtnetz muss mit grosser Genauigkeit an den Fenstern, Schornsteinen, sowie an jeder Hausöffnung angebracht werden; an den Fenstern wird dasselbe mittelst Holz- oder Eisenrahmen befestigt. Die Fensterflügel müssen sich vorzugsweise hinter den Drahtnetzen befinden; stehen sie nach aussen, so sind die Einrichtungen nötig, die ich in den Abbildungen (Tafel VIII) angegeben habe. Vor einigen Fenstern wird es zweckmässig und bequem sein, kleine Drahtpavillons einzurichten. In Häusern mit Kindern muss manchmal, da dieselben sich gewöhnlich ein Vergnügen daraus machen, die Drahtnetze auseinander zu ziehen, das Drahtnetz zweischichtig sein. Man wird ferner Sorge dafür tragen müssen, dass die Schornsteinnetze an jedem achten bis zehnten Tag abgebürstet oder ausgeklopft werden, da sonst die Maschen durch den Russ verstopft werden. 1) Celli benutzte diese Methode in seinem Experiment des Jahres 1899, welches ich im Beginn des Kapitels X er- wähnen werde. 2) Die Drahtnetze dienen auch für andere hygienische Zwecke, indem sie den Fliegen und anderen lästigen Insekten den Zutritt verwehren, den Staub fern halten, den Luftzug unterbrechen u. s. w. Ich hoffe daher, dass dieselben mit der Zeit aueh in den malariafreien Gegenden Anwendung finden werden. a. Ba a = 207 Da im Sommer die beständige Zuschliessung der Zimmerthüren unerträglich würde, empfiehlt es sich, dieselben durch leichte Drahtnetzthüren zu ersetzen, welche beständig geschlossen bleiben können; dazu dienen Spiralfedern und Klinken (damit die Kinder diese letzteren nicht erreichen, ist es ratsam, dieselben ziemlich hoch anzubringen). Unten am Zimmerboden muss ein besonders dazu geeignetes Sicherheitsholzstück angebracht werden. Die äusseren Hausthüren, welche häufig geöffnet werden, müssen nicht nur mit dem auf einem Holzrahmen befestigten Drahtnetz, sondern auch mit einem etwas höherem als die Thüren selbst ange- brachtem Drahtnetzpavillon versehen werden. Auf diese Weise bleiben die eventuell, durch die offen- stehende Thür hineingeflogenen “Inopheles in dem Drahtpavillon, und sammeln sich fast immer in den obersten Teil desselben, wo sie leicht weggefangen werden können. Bei jedem Wohnhause müsste auch ein geräumiger Drahtpavillon aufgestellt werden, welcher zum Aufenthalt während der heissen Sommerabende dient (Blessich). Falls der grosse Pavillon vor der Hausthür aufgestellt wird, muss die Hauptthür desselben mit einem zweiten Thürchen versehen werden. Die grosse Thür muss geschlossen bleiben und das Thürchen zum Herein- und Hinausgehen benutzt werden. Jedes Loch, jede kleine Oeffnung, durch welche die A/osgautos hineinfliegen könnten — z.B. die bei den Bahnstationen zum Durchlassen der Telegraphendrähte dienenden Scharten u. s. w. müssen sorgfältig verstopft werden. Zum Beweis dafür, wie notwendig es ist, dabei die grösste Sorgfalt anzuwenden, möchte ich hier bemerken, dass am Beginne des in der Ebene von Capaccio unternommenen Experimentes wir versäumt hatten, den Stütznagel (C) am Fensterriegel (s. Tafel VII) zu befestigen; der Riegel fiel ab und die Mosguitos Hlogen durch das Loch A in das Zimmer hinein. Es ist absolut notwendig, täglich die eventuell durch Zufall oder infolge irgendeiner Ver- säumung ins Zimmer hineingeflogenen Anopkeles, sogar unter dem Bette, unter den Tischen, Vor- hängen, Treppenräumen u. s. w. aufzusuchen und zu fangen oder zu töten. Diese Jagd bereitet übrigens keine zu grosse Schwierigkeit, da die -lnopheles ziemlich gross sind, und wird noch dadurch erleichtert, wenn man zu gleicher Zeit Räucherkerzchen, frische Eucalyptusblätter, Pyrethrumpulver oder etwas Schwefel verbrennen lässt. Durch den Rauch werden die Anopheles gegen die Fenster hin gejagt, und hier gelingt es sehr leicht, sie zu töten. Es empfiehlt sich ferner, einige frische Eucalyptusblätter an einer Kerze oder, bei Mangel dieser Blätter, etwas angefeuchtetes Stroh vor Eintritt in die Schlafzimmer verbrennen zu lassen; der dadurch sich entwickelnde Rauch genügt vollkom- men, um das eventuelle Eindringen der Anopheles zu vermeiden. Diese letztere Vorsichtsmassnahme fällt ganz weg, wenn die betr. Wohnhäuser zweckmässig geschützt werden. Diese mechanischen Schutzmittel werden durch einen rings um den Hut mittels einem Gummiband festgehaltenen oder an ihn genähten Schleier, und durch dichte, engmaschige Baum- wollenhandschuhe vervollständigt '). Beim Rauchen kann man den Schleier zurückschlagen, so dass er den Hals allein schützt. Da der Schleier ziemlich lang sein muss, kann man unter ihm auch zuweilen die Hände verstecken. Während der Tagesstunden kann jeder an jedem Orte, ohne Schleier und ohne Handschuhe seinen Geschäften nachgehen; will man aber ausruhen, so muss man ins »Asyl«, d. h. in den durch die Drahtnetze geschützten Raum gehen. Vom Sonnenuntergang bis nach Sonnenaufgang müssen alle im Asyl bleiben; diejenigen welche, während der angegebenen Zeit berufshalber u. s. w. aus- gehen, müssen Schleier und Handschuhe anwenden. Jedermann begreift, wie schwer es ist, diese Schutzmassregeln in Anwendung zu bringen und welch’ grosse Hindernisse uns besonders in der ersten Zeit in den Weg gelegt werden; doch ı) Herr Prof. Fermi hatte bereits 1898 und, soviel ich weiss, vor jedem anderen, in einem bis jetzt nicht veröffentlichten Versuche, eine Art Kapuze und Handschuhe angewandt. nach einigen Beweisen von der Wirksamkeit derselben, gelingt es oft, auch die ungebildetsten Menschen davon zu überzeugen. Hier muss ich bemerken, dass glücklicher Weise der Beweis über die Wirksamkeit der von uns vorgeschlagenen Massnahmen sich schon im ersten Epidemiemonate in unzweifelhafter Weise darbietet, jedoch nur dann, wenn die Assanierung während der prämalarischen Jahreszeit stattge- funden hat, anderenfalls könnten die Rückfälle mit den primären Infektionen verwechselt werden. Leider findet die Verwertung der mechanischen Schutzmassregeln grössere Hindernisse in den Gegenden, in welchen die Malaria milder ist, wo nicht nur den vereinzelten Wohnhäusern, wie in den schlimmsten Malariagegenden, sondern auch dichtbevölkerte Centren mit hohen Häusern und engen Strassen zu finden sind (Grosseto, Sezze, Sermoneta, Alhanella, Capaccio u. m. a... Die Ein- wohner dieser Oertlichkeiten fühlen im Sommer das Bedürfnis, gegen Sonnenuntergang und Abends, um der drückenden Hitze zu entgehen, auf den Strassen, im Freien zu verweilen. In diesen Gegen- den ist es wohl nicht gut möglich, Schutzpavillons einzurichten, wie dies in den schlimmsten Malaria- gegenden geschieht; jedenfalls würde man wohl vergebens versuchen, die Einwohner zu überreden, sich in dieselben zurückzuziehen. So kommt es, dass es im allgemeinen viel leichter ist, die Einwohner einer sehr schlimmen Malariagegend, als die einer nicht so schwer infizierten Oertlichkeit zu schützen. Um die Plage aus dieser letzteren auszurotten, wäre es vielleicht notwendig, den grössten Teil der gegenwärtigen Wohnungen zu verlassen und andere Wohnhäüser nach den neuen wissenschaftlichen Gesetzen zu erbauen; doch würden daraus enorme finanzielle Schäden entstehen. Meinerseits aber gebe ich mich der Hoffnung hin, dass die obligatorische Behandlung für sich allein zum beabsichtigten Ziel führen wird. Jedenfalls bleibt der Grundsatz bestehen, dass durch das Vermeiden der Stiche der malariaübertragenden NMosguitos — vermittels der Drahtnetze, Schleier, Handschuhe u. s. w. — wir uns vor der Malaria schützen können und die noch malariakranken Indi- viduen aufhören, kontagiös zu sein. Dem Staate drängt sich mithin eine neue Verpflichtung auf, und zwar den Schutz vor der Malaria so viel als möglich obligatorisch zu machen. In einem Worte: »obligatorischer Schutz und obligatorische ärztliche Behandlung sind die beiden Haupt- gebote«!) (40). 3. Vernichtung der Anopheles. Die Anopheles claviger, welche — es sei hier nochmals wiederholt — unbestreitbar den grössten Teil der Malariaerkrankungen in Italien hervorrufen, pflegen in Oberitalien in den Wohn- häusern, in Mittel- und Süd-Italien, auch in den Grotten, zu überwintern. Daher ist es dringend notwendig, dieselben in jedem nur möglichen von ihnen mit Vorliebe erwählten Schlupfwinkel (in Kellern, Ställen, Hühnerställen, zwischen den Wandspalten, an den Decken, auf den Spinngeweben etc.) aufzusuchen und zu vernichten. Jedes überwinternde Anophelesweibchen wiegt die Vernichtung von tausenden, während der Malariamonate getöteten “Inopheles auf. Doch glaube man ja nicht auf diese Weise die Vernichtung der Species herbeiführen zu können; wie ich bereits erwähnt, konnte ich im Winter 1898—1899, also mehrere Monate hindurch, trotz der sorgfältigsten Nachforschungen, trotz peinlichsten Aufsuchens, keinen einzigen geflügelten Cwlex penzcillarıs, noch Culex vexans, vorfinden: die Menge dieser geflügelten?) Individuen musste mithin enorm verringert worden sein. ı) [Zwei kürzlich in der italienischen Kammer genehmigten Gesetze sorgen teilweise dafür. ] 2) Im Winter habe ich niemals eine Larve dieser Species finden können. — 209 il Aber schon im Monat Mai waren dieselben in gewissen Orten wieder ziemlich zahlreich. An- fangs Juli waren sie geradezu unzählbar und in der zweiten Hälfte des Monats Juli flogen sie in Maccarese in derartig grossen Scharen umher, dass z. B. in einer viertel Stunde ein Knabe fünf- undachtzig Stiche erhielt. Durch Analogie darf man wohl aus diesen Thatsachen schliessen, dass auch nur sehr wenige den Winter über am Leben gebliebene AropAeles hinreichend sind, um die Malariagegenden im Som- mer und im Herbst verheeren zu können. Es istjedoch wahrscheinlich, dass aus der Vernichtung der MosgauZos ein deutlicher Vorteil — wenn auch nicht an Ort und Stelle, doch wenigstens in der Umgegend — sich ergeben muss. In dieser Be- ziehung möchte ich noch bemerken, dass, wie es scheint, je grösser die Zahl der aus einem sumpfigen Heerde hervorkommenden Anopheles, desto grösser, weitgehender wird der Umfang der von ihnen, wegen Nahrungsaufnahme, heimgesuchten Umgebungen. Wenn man also die Menge der Anopheles verringert, so wird vielleicht an Ort und Stelle selbst kein grosser Erfolg zu bemerken sein, wohl aber wird die Wirkung in der Umgebung bemerkbar, und in besonders günstigen Fällen die Anopheles und mithin die Malaria ganz verschwinden. Ich musste diese Betrachtungen erwähnen, da ich, wenn ich nur nach meinen eigenen Erfahrungen urteilen wollte, schliessen müsste, dass die Vernichtung der überwinternden Anopkelesweibchen gar keine Wirkung habe; haben wir doch im Winter 1898—99 in Maccarese dieselben in einer fort- gesetzten, ausgedehnten, gar nicht zu wiederholenden Weise vernichtet, ohne im Sommer und im Herbst auch nur die geringste Abnahme der Anopheles claviger bemerken zu können. Die hygienische Schule zu Rom hat sich mit der Vernichtung der AnopAkeles in den Wohn- häusern durch chemische Stoffe beschäftigt. Im Jahre 1899 schrieb Celli: „Unter sämtlichen, sowohl in meinem Laboratorium, wie im grossen Umfang, wiederholt versuchten Riechstoffen und Räucherungen, erwies sich als wirksanıste, eine Mischung aus geschlossenen Crysanthemblüten, Baldrianwurzel und Larvicid (aus der Fabrik von Weiler- Ter- Mer in Uerdingen am Rhein).“ — Dieses Pulver ist von der „Soczeta farmaceutica !taliana“ zu Rom unter dem Namen Zanzolina in den Handel eingeführt worden; jedoch ohne den gewünschten Erfolg zu erzielen. so dass es — soviel ich weiss — nicht mehr gebraucht wird. Das beste Mittel sich vor den Mosgzzrtos zu schützen ist und bleibt das Verbrennen desPyrethrum') in Pulver oder Räucherkerzchenform u. s. w. (Bar ba). Man wird auch versuchen müssen die Larven im Wasser zu töten, und hat hierzu die Schule für Hygiene zu Rom viele Versuche angestellt und manche Vorschläge gemacht, welche vom betr. Direktor, Herrn Prof. Celli, in folgender Weise zusammengefasst wurden: »Zur Vernichtung der Larven und somit zur Desinfektion der Wasser, in welchen sie sich entwickeln, unter Berücksichtigung der dazu nötigen Dosis, der praktischen Verwertung und des Preises, sind die Pflanzenpulver (ge- schlossene Blüten des dalmatinischen Crysanthems), einige Anilinfarben (Larvicid), ferner Petroleum (welches letztere schon seit langem in Amerika angewandt wurde) als die wirksamsten zu empfehlen.« Diesbezüglich .muss ich erklären, dass ich mich allmählich überzeugen konnte, dass die Larvenvernichtung eine viel grössere Umsicht beansprucht, als ich anfänglich glaubte, in der That ist in vielen, als nur leicht malarisch bekannten Gegenden die Menge der Anopheles verhälfnismässig so gering, dass man wohl annehmen darf, dass auch ihre Brutstätten leicht anzugreifen sein müssen. Jedenfalls beabsichtigen wir durchaus nicht, die Species zu vernichten; es wird schon genügen, die An- zahl der Anopheles zu verringern, um einen befriedigenden Erfolg gegen die Malaria zu erzielen. 1) Es wäre zweckmässig, die Anpflanzung des Pyrethrum in solchen Gegenden anzustreben, wo dasselbe gut gedeihen kann. Dazu braucht man den besten Pyrethrumsamen, sowie die zur Bebauung dieser Pflanze nötigen Belehrungen von den Land- wirten in Dalmatien und Montenegro; doch wird dies nur sehr schwer gelingen, da dieselben befürchten müssen, diese für sie sehr vorteilhafte Erwerbsquelle zu verlieren. Grassi, Die Malaria. zu = ZIOEE—— Ausserdem giebt es manche Gegenden, welche in ganz besonderer Weise die besten Be- dingungen für diese Vernichtung darbieten, wie z. B. die kleinen Teiche auf Asinara, wo Herr Prof. Fermi glänzende Erfolge erreicht haben soll'). Auch sind mir auf dem italienischen Festlande mehrere in der Nähe der Eisenbahnlinien liegende Teiche bekannt, welche, da ihr Wasser gar nicht benutzt wird, sehr wohl derartig in Stand gesetzt werden könnten, dass die Anopheles sich darin nicht zu entwickeln vermögen. Es wird nützlich sein, möglicherweise jedwede zeitweilige Wasseransammlung, auch in Fässern, Gefässen, Trögen etc. in Malariagegenden oder in deren Nachbarschaften zu verhindern, da dieselben, besonders in den Monaten, in welchen das Wasser nur spärlich vorhanden, zu Brutherden der Axo- ‚phreles werden können. [Bei meinen Versuchen, die Zerstörung der Anopheleslarven ins praktische zu übertragen, habe ich mich überzeugen müssen, dass dies Unternehmen weit schwieriger ist wie es scheint, weil sich die Gewässer, in welchen sich die Anopheles entwickeln, meistens in fortwährender, wenn auch sehr langsamer Erneuerung befinden.] 4. Individuelle (private) Prophylaxe. Sowohl die Therapie (S. ı d. Kap.) der Malaria, wie die Schutzmassregeln (S. 2) und die Vernichtung der Amopheles (S. 3) gehören auch zu der Privat-Prophylaxe, es ist daher unnötig, die- selben hier nochmals zu besprechen. Hier möchte ich erwähnen, dass nach meiner Ueberzeugung, schon vom Jahre 1899, durch die Verbreitung der Kenntnisse von den neuen Entdeckungen über die Herkunft der Malaria, unter dem Volke, unberechenbare Vorteile zu erzielen seien; jeder müsse einen Amopheles erkennen und sich vor seinen Stichen zu schützen verstehen. Viele Menschen werden gestochen, weil sie die sie angreifenden AnopAeles nicht verscheuchen oder auch weil sie sich deren Stichen dadurch aussetzen, «Jass sie sich an einem schattigen Orte, in Bahnstationen u. s. w. niederlegen und einschlafen. Wer in nicht mückensicheren Wohnungen schlafen muss, wird Räucherkerzchen oder Insekten- pulver verbrennen müssen. Wenn jemand seines Berufes wegen im Freien zu schlafen gezwungen ist, muss er sich ein Mückennetz anschaffen, das an zwei Baumästen, an Pfählen u. s. w. aufzuhängen ist. Gewiss wird uns die Erfahrung im Laufe der Zeiten noch viele andere Schutzmittel lehren, wie z. B. die elektrischen Ventilationsvorrichtungen, welche in manchen Orten zum Verscheuchen der Fliegen angewandt werden und vielleicht demnächst auch gegen die Mosgaitos in vorteilhaftester Weise gebraucht werden könnten. Durch Erfahrung weiss ich bereits, dass eine Familie, ohne die Hausbeschäftigungen zu ver- nachlässigen, sich in wirksamster Weise vor den Mosgeutos schützen kann; die Kinder können ganz besonders leicht bewahrt werden. Wenn allerdings immer jeder einzige Stich fähig wäre, uns zu infizieren, wäre die Gefahr so gross, dass sie kaum vermieden werden könnte. Doch ist diese Gefahr im Gegenteil meist viel geringer, und zwar aus dem Grunde. weil es überhaupt sehr selten vorkommt, dass unter hundert, während der schlimmsten Malariazeit untersuchten Anmopheles mehr als ein Exemplar zu finden ist, bei welchem die Speicheldrüsen die Infektionskeime enthalten, und dadurch die Malaria zu übertragen vermag: demgemäss können viele Stiche ganz schadlos bleiben. Durch diese Thatsache lässt sich wohl die Erscheinung erklären, wie manche Menschen die Infektion sofort er- ı) Aus den oben auseinandergesetzten Gründen ergiebt sich, dass ich weit davon entfernt bin, mit Herm Prof. Gosio übereinzustimmen, welcher erklärt: »wir bekämpfen nicht die Mosgzztos, im Gegenteil, wir arbeiten zu ihren Gunsten: indem wir beabsichtigen, dieselben vor der Malaria zu schützen«(!). = 2T1l — werben, während andere jahrelang von der Malaria durchaus immun bleiben: durch den ersten, ein- zigen Amophelesstich kann man unglücklicher Weise die Malariakeime erhalten und andererseits kann es auch geschehen, dass die Speicheldrüsen der stechenden Anopheles alle keimfrei sind und der oft gestochene Mensch der Infektion entgeht. Da in manchen Malariagegenden — z. B. in den Bahnstationen — neben Anopheles zahl- reiche Caulex pipiens vorkommen, ist der Schutz vor den Anophelesstichen mit grossen Schwierig- keiten verknüpft. Ich war genötigt einzusehen, dass der Mensch sich nur dann vor den Stichen der Anopheles bewahren kann, wenn die Cwlex pipiens, welche des öfteren — wo sie vorhanden sind — den grössten Teil der uns stechenden Wosgzutos bilden, vorerst beseitigt werden. Und ist dies sehr natürlich: sich vor den Stichen von etwa zwölf lnopheles in einem Tage zu schützen, ist leicht, wenn diese aber inmitten von hundert Cw/ex (welche in einer gewissen Entfernung nicht leicht zu unterscheiden sind), auftreten, wird dieser Schutz ausserordentlich schwer, zuweilen sogar ganz un- möglich werden. Glücklicherweise sind — wie schon früher erwähnt — die Brutstätten der CadJex Pipiens in vielen Orten verhältnismässig beschränkt (z. B. auf die Abtritte, Wasserbehälter u. s. w.), und die Vernichtung derselben kann daher von jedem durch das Petroleum in erfolgreicher Weise voll- zogen werden. Die Wirksamkeit dieser Massregel bewährte sich auf das (rlänzendste durch die interessanten Versuche von Fermi in Sassari im Jahre 1399 und wurde auch von mir besonders in der Bahnstation San Nicola Varco (in der Nähe von Battipaglia) bestätigt. Einer der hauptsächlichsten Vorteile, welchen wir von der Entdeckung des malariaüber- tragenden Anopheles erwarten dürfen, ist ohne Zweifel die Möglichkeit, fernerhin ohne jede (Gefahr die Malariagegenden bebauen zu können, um dieselben besser zu verwerten. Die Ansiedelung einer Bauernfamilie in einer Malariagegend war vor dieser Entdeckung stets mit unvermeidbaren, schweren Uebeln verbunden; jetzt aber kann durch Anwendung der angegebenen Massregeln eine jede Familie sich ruhig der Gefahr aussetzen und mit Sicherheit darauf rechnen, sie zu überkommen. Bedenkt man, dass das grösste Hindernis für die intensive Bebauung unseres Landes die Malaria ist, dass sie es ist, welche die ökonomischen Fortschritte eines grossen Teiles von Italien hindert und jedes neue Unternehmen im Keime erstickt, können wir da nicht mit Sicherheit hoffen, dass nun, da endlich die Entdeckung gelungen, auf welche Art und Weise das Uebel zu bekämpfen ist, auch dem bis jetzt malarischen Italien der Segen der Fruchtbarkeit zufallen wird? ; Die Grundbesitzer werden sich allerdings neuen, grösseren (reldausgaben unterziehen müssen, aber durch Verwandlung der extensiven gegenwärtig üblichen Bebauung in einem intensiveren Acker- bau reichlich entschädigt werden. Ihnen, d. h. den Grundbesitzern, liegt es ob, den Bauern wohl- geschützte Wohnungen zu verschaffen; von nun an dürfte niemand mehr, wie dies bis jetzt üblich war, in der Ernte- oder Dreschzeit in provisorisch aufgestellten Hütten übernachten, müsste die (Grewohnheit, in den Strohhaufen zu schlafen, aufhören etc. Diesem, fast wörtlich in der ersten italienischen Auflage dieses Werkes zu lesenden Paragraphen möchte ich noch hinzufügen, dass aus den während der vergangenen Malariasaison gewonnenen Er- fahrungen der Nachweis geliefert worden ist, in welch hohen Grade das individuelle Unternehmen erfolgreich sein kann. Die Nützlichkeit der menschlichen Assanierung und der Schutzmassregeln zeigt sich nach kurzer Zeit und in einer so unzweideutigen Weise, dass das Beispiel einer Familie, die von der Ansteckung verschont bleibt, genügt, um Tausende von Ungläubigen und sogar die un- gebildetsten Leute zu überzeugen. Hat sich der Gutsbesitzer einmal von der Wahrhaftigkeit der neuen Entdeckungen völlig überzeugt, versteht er sich gewiss leicht dazu, seine Bauern vor der An- steckung zu schützen und für die ärztliche Behandlung derselben Sorge zu tragen; namentlich schon deswegen, weil die mit Malaria behafteten Bauern eine weit geringere Arbeit leisten und auch die dringendsten Arbeiten in die Länge ziehen. Auch ist es wohl anzunehmen, dass die Bauern selbst, die leider nur zu oft am Ende der betreffenden Saison den Lohn ihrer Arbeit durch die vielen Fiebertage sehr reduziert sehen und oft sogar auch ihre kleinen mühsam gesammelten Sparpfennige 97 * 27 — 212 — für die ärztliche Behandlung ihrer selbst oder ihrer von der Malaria befallenen Angehörigen ver- wenden müssen, gern dazu beitragen würden, ihre Gutsherren für die gewährten Schutzmassregeln zu entschädigen. 5. Assanierungen. Es fragt sich nun, ob gegenüber dem in vorstehenden Paragraphen besprochenen neuen Massregeln die sogenannten „Bonifiche“ (Assanierungen) immer noch die klassische Methode zur Be- seitigung der Malaria bleiben werden. Es ist wahr, dass man schon vor den neuen Entdeckungen in Italien, Assanierung von Assa- nierung unterschieden hatte, da aus den über diesen Gegenstand gemachten Erfahrungen bewiesen wurde, dass die durch Drainierungen bewirkte Bodenentwässerung, die durch Anschwemmung oder durch beständige Wasserhöhe bewirkte Colmata (Ausfüllung) stets, selbst in den schlimmsten Malaria gegenden, wirksam war, während in diesen Gegenden die Einrichtung einfacher offener Kanäle, sowie die Austrocknung der Teiche resp. Sumpfwässer durch Wasserpumpen oft sich wenig oder gar nicht nützlich erwiesen. Tommasi-Crudeli und seine Schule erklärten die teilweise erfolglosen Assanierungen durch die Beschaffenheit des Bodens, welcher als Malariastätte betrachtet wurde Noch am ı. De- zember ı898 schrieb Celli: »Die Malaria entwickelt sich aus dem Boden, nicht aus dem Wasser; es ist mithin ein Aberglaube anzunehmen, dass Malaria und Sumpf Synonyme seien und um erstere zu entfernen, es genüge, letzteren auszutrocknen.< Aus diesem Grunde galt die Assanierung in verschiedenen Gegenden als ein ungemein schwieriges, oft sogar ganz unausführbares Unternehmen, so dass der Abgeordnete Giustino For- tunato in seinem vor seinen Wählern am 6. Dezember 1890 gehaltenen Vortrag sagte: Wir leben in den zur Assanierung ungünstigsten Verhältnissen, welche von dem Klima so- wie von der Bodenbeschaffenheit abhängen; nach den letzten wissenschaftlichen Erforschungen muss man auf eine unserer schönsten Hoffnungen Verzicht leisten: auf die Hoffnung, einen ungemein grossen Teil unseres Landes aus den schrecklichen Krallen der Malariaseuche zu befreien. Heute nun hat die Wissenschaft diese Urteile, welche in Wirklichkeit nur einfache Induktionen waren, für vollkommen unbegründet bewiesen; heute haben wir die absolutesten, unzweideutigsten Beweise, dass nur das freistehende, unbewegte oder langsam fliessende, niedrige, mit mehr oder weniger üppiger Vegetation versehene Wasser Brutstätten der AnopAeles sind und somit wirkliche Quellen der Malaria bilden (über die zufälligen Anophelesbrutstätten siehe Kapitel 2 u. 5). Dem- gemäss begünstigte der Erdboden nur indirekt die Malaria, so zu z. B, wenn er undurchdringlich ist und auf diese Art die oberflächliche Wasseransammlung erleichtert. Diese Kenntnisse erklären leicht das Misslingen einzelner Assanierungen. Besucht man z. B. die Ebene-Capaccio, so wird man sogleich konstatieren können, wie das Wasser der unbedeckten Assanierungskanäle im Sommer allmählich spärlich wird, viel langsamer abfliesst und sich nach und nach in einen Sumpf umwandelt, in welchem die Fortpflanzung der Anopheles in üppigster Weise stattfindet. Das gleiche gilt für die unbedeckten Kanäle bei Ostia, wo die Austrocknung durch Wasserpumpen ausgeführt wird. Dazu kommt noch, dass andere Assanierungen sehr unvollkommen geblieben sind, weil die kleinen Sümpfchen für unbedeutend betrachtet worden waren, während diese letzteren die Vermeh- rung der “lnopheles im höchsten Grade begünstigen. Kurz, man kann sagen, dass bis jetzt die Assanierungen ausschliesslich nach empirisch aufgestellten Grundsätzen vollzogen wurden, und dies aus dem einfachen Grunde, weil die Herkunft des zu bekämpfenden Feindes unbekannt war. Heute aber kann die Assanierung in wissenschaftlich begründeter Weise stattfinden, da der Feind in Gestalt eines makroskopischen Lebewesens, d. h. in dem Anopheles erkannt worden ist. Die Bewerkstelligung der Assanierungen, sowie die Fortsetzung derselben, muss selbstver- ständlich von nun an nach den neuen, wissenschaftlichen Ergebnissen modifiziert werden. In einer vor kurzer Zeit erschienenen Mitteilung Pagliani’s finden sich die neuen Grund- sätze der auszuführenden Assanierung mit folgenden Worten angegeben: »Die wichtigsten, bei der Assanierung der Malariagegenden nach dem modernen Begriffe der Malaria zu erzielenden Zwecke sind folgende: ı. Beseitigung der für das freie Abfliessen aller stauenden Wasser bestehenden Hindernisse; 2. Begünstigung durch jedes dazu geeignete Mittel des rascheren Abfliessen der nur langsam fliessenden (rewässer; 3. Verbesserte Einrichtung der Ufer von See-, Fluss- und Sumpfbasins, welche die Bildung von zeitweiligen oder beständigen dünnen Wasser- schichten, ohne genügende Abwechselung begünstigen; 4. Trockenlegung der stockenden Weasseran- sammlungen, welche nach einer der oben angegebenen Massregeln nicht verbessert werden können; 5. Tieflegung der unterirdischen Wasserschichten, wenn sie in der nächsten Nähe der Bodenfläche liegen.“ Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, dass die Assanierungen eine höhere Wichtigkeit als vorher besitzen, da wir heute solche Missstände zu beseitigen wissen, welche wir bisher in zahlreichen Fällen zu beklagen hatten. Wir müssen jedoch zugeben, dass zur Beseitigung derselben enorme Geldauslagen nötig sein werden; so müssen z. B. die unbedeckten Canäle aus Mauerwerken bestehen, auf deren Grund eine Rinne angebracht wird, durch welche — wie es Prof. Fichera vorgeschlagen hat — das Wasser während des niedrigeren Wasserstandes abfliessen kann. Sicher aber ist es, dass wegen der enormen, dazu nötigen Geldsummen, sowie wegen der langen, oft viele jahrelang andauernden Arbeit zur Einrichtung solcher Assanierungen — diese letzteren als Wechselscheine mit einer langen Verfallzeit zu betrachten sind, während die Chininbehandlung und die Beschützung vor den Anopheles eine unmittelbare Wirkung ausüben. Aus diesen Gründen könnte man auch ernstlich von einem Verlassen der Assanierungpro- jekte sprechen, wenn derselben keine so grosse Wichtigkeit für die Landwirtschaft beiwohnte. Da nun durch die Assanierungen der Boden dem Wasser entzogen und der Ablauf desselben besser ein- gerichtet wird, so bewirken dieselben thatsächlich nicht nur einen nach dem hygienischen Gesichts- punkt günstigen Einfluss, sondern betördern auch in hohem Masse den intensiven Ackerbau. Die Assanierung — ich möchte dies ganz besonders hervorheben, damit keine Missverständnisse vorkom- men können — muss daher immer noch stattfinden, auch in den Fällen, wo sie nicht aus hygieni- nischen Gründen notwendig ist. Ferner muss auch bedacht werden, dass die landwirtschaftliche Assanierung durchaus nicht im Widerspruch zu der hygienischen stehe, mit Ausnahme einzelner besonderer Fälle, wie z. B. bei dem Reisbau; dieser letztere — wie es der Sachverständige, Ingenieur Cerletti, mir bemerkte — ist nun so wenig lohnend geworden, dass es kaum der Mühe wert ist, ihn in Gegenden Italiens, wo er bis heute nicht gepflegt wurde, zu unternehmen. Um jede andere für Italien passende Bebauung anzustreben, sagt Cerletti, genügt wohl, ein während der Malariazeit jede dritte Woche vorkom- mender tüchtiger Regen oder, falls dieser ausbleibt, eine entsprechende Berieselungswassermenge; der Boden muss durchtränkt werden, ohne dass das Wasser sich irgendwie ansammelt und still stehen bleibt. Da nun die stauenden (und freiliegenden) Wässer die Brutstätte der Malariatragenden AMos- quıtos bilden, so darf man wohl behaupten, dass der Ausbruch der Malariakrankheit in Gegenden, wo der Ackerbau ein intensiver ist, nur von dem Mangel an Vorsichtsmassregeln und nicht von dem Ackerbau selbst abhängt. Was nun die landwirtschaftliche Assanierung anbelangt, so muss ich hinzufügen, dass ich früher glaubte, dass durch die intermittierende Berieselung grosse Vorteile erzielt werden könnten. Die Untersuchungen Celli’s und Casagrandi’s überzeugten mich aber bald, dass dies nicht der Fall sei: diese Forscher lieferten nämlich den Nachweis, dass die Larven und hauptsächlich die Nymphen der Anopheles auch in den intermittierenden Sümpfen die zu ihrem Leben geeigneten == ze — Bedingungen sehr wohl finden können, da sie in dem mehr oder wenig feuchten Boden ganz gut mehrere Tage lang leben können. Auch gelang es Celli zu beweisen, dass die Anopheles sich eben- falls in den Reisfeldern entwickeln, welche nur zwei bis drei Tage wöchentlich mit Wasser über- schwemmt werden, während sie in den übrigen Tagen trocken liegen. Gestützt auf eine von Bonizzardi, (7) im Jahre 1899 erschienene Mitteilung, hoffte ich noch, dass die mit sehr häufigen Unterbrechungen ausgeführte intermittierende (keine Wasser- ansammlung hervorrufende) Berieselung als sehr vorteilhaft zu bezeichnen wäre. Bonizzardi giebt an, dass in den Landhäusern von S. Maria a Pralboino die Reisbebauung nicht mehr so schädlich für die Gesundheit sei, seitdem durch einen rationelleren Ackerbau von der Jätezeit an bis zur Ernte, die Ueberschwemmung der Reisfelder durchaus intermittierend, d.h. durch nächtliche Ueberschwemmung und bei Tage stattfindender Trockenlegung, vollzogen wird. Die empirische Beobachtung Bonizzardi’s erklärte ich mir durch den Umstand, dass die “lmopheleseier gerade infolge der täglichen Trockenlegung, nicht mehr zur Entwickelung gelangen könnten; ich nahm also an, dass die Eier der Anopheles eine geringere Widerstandsfähigkeit als ihre Larven und Nymphen hätten. Es scheint, dass Celli und Casagrandi diese meine Auffassung teilten und infolgedessen die Widerstandsfähigkeit der “lnopheleseier gegen die verschiedenartigen Einflüsse nicht untersuchten. Daher wurde ich durch folgende von Ross und seinen Mitarbeitern im Report (76) angegebenen Worte sehr in Erstaunen versetzt: »Aus der durch einen von uns aufge- stellten Untersuchung ergab sich als sehr wahrscheinlich, dass die Anopheleseier mehrere Monate lang die Abtrocknung aushalten können; doch ist dies einer Bestätigung bedürftig««. — Als ich nachher die zusammenfassenden Berichte von Nuttall (65) durchlas, bemerkte ich, dass die in Rede stehende Untersuchung von Ross selbst ausgeführt worden war. Es handelte sich um 4120- Ppheleseier, welche Mitte Februar in ein Reagenzglas gebracht, bis Mitte Juli trocken gehalten und dann ins Wasser gelegt worden waren, in welchem Larven entstanden, die später alle starben. Da nun die Ross’sche Expedition des Jahres ı899 keinen neuen Beitrag zur weiteren Begründung dieser so hochwichtigen Frage geliefert hat, so lag die Vermutung nahe, dass die erwähnte Beob- achtung nicht einwandsfrei sei, und nur aus übertriebener Gewissenhaftigkeit stellten ich und Noe einige diesbezügliche Versuche an. Merkwürdigerweise ergab sich aus unseren Untersuchungen, dass die Eier der Anopheles claviger die Austrocknung im hohen Grade vertragen können. Wir konnten nachweisen, dass die vor einigen Stunden gelegten Anopheleseier, nachdem sie sogar ı2 Tage lang (vom 4. bis 16. April) der äusseren gewöhnlichen Temperatur in einem trockenen Reagenzglas ausgesetzt waren, ihre Entwickelung bis zu lebensfähigen l.arven vollzogen!). (Für die seit längerer Zeit gelegten Eier konnten wir diese Thatsache nicht bestätigen.) — Dies wird wohl auch für andere Anophelesarten und insbesondere für die Arten der Tropen der Fall sein: diese letzteren könnten sehr wohl, wie es die erwähnten Beobachtungen von Ross vermuten lassen, die trockene Jahreszeit als Eier im Erdboden überleben. Jedenfalls dürfte nach der eben angegebenen, sicher erkannten Thatsache, die sogar in kurzen Zwischenräumen stattfindende Berieselung als nicht sicher bezeichnet werden. In Uebeinstimmung mit anderen Autoren, kann ich nicht umhin Bonizzardi's Auffassung als zu optimistisch betrachten. Die intermittierende Berieselung ist daher keine sehr zweckmässige Massregel. Bessere Erfolge würden vielleicht dadurch zu erzielen sein, dass man die oberflächlichen Wasserschichten wenn auch nicht heftig, so doch beständig bewegt, so dass die Anopeles in ihnen die zu ihrem Leben nötigen Bedingungen nicht mehr finden können. Diese Annahme gründet sich auf eine von mir wiederholt gemachte Beobachtung; ich finde in den Wassern der Springbrunnen keine Anopheleslarven und selbst dann nicht, wenn diese Spring- 1) Aehnliche Erscheinungen wurden bereits bei den niedrigen Süsswassercrustaceen beobachtet (Phyllopoda), deren Eier die Abtrocknung sowie die Erfrierung, wie dies wahrscheinlieh auch für die Anopheles der Fall ist, gut vertragen. oe re brunnen in Oertlichkeiten liegen, wo Amnopheles sehr zahlreich vorkommen. Dies ist wohl der Grund, warum die in den Gartenanlagen errichteten Springbrunnen, die Malariaentwickelung nicht begünstigten. Der wirkliche Wert dieser von mir vorgeschlagenen langsamen, beständigen Bewegung des Wassers, wird sich nur aus in dieser Richtung auszuführenden Versuchen ergeben. Hier möchte ich nur noch bemerken, dass Herr Dr. Peglion mich darauf aufmerksam machte, dass es für die Landwirtschaft sehr vorteilhaft wäre, wenn man durch besondere, zu diesem Zwecke hergestellte Maschinen, welche man zeitweilig durch Wasserkanäle hinlaufen lässt, die Ver- mehrung der Sumpfpflanzen in denselben hemmte; auf diese Weise würde die Ackerberieselung viel weniger kostspielig sein. Ich glaube, dass dies auch die Anophelesentwickelung verhindern würde und somit diese Massregel auch zu Gunsten der Hygiene einwirken könnte. [Die Reinhaltung der (rewässer von jeder Vegetation, gereicht zu grossem Nutzen gegen die Malaria, so bewirkt man in der That mit dem schönsten Erfolg, die sogenannte Sommerassanierung des Flusses Oreto in der Nähe Palermos. (Relazione di Celesti. Palermo 1901, Tip. Virzi)]. Dieses Argument kann ich nicht verlassen, ohne auf die Ausnahmefälle zurückzukommen, in welchen sich die landwirtschaftliche Assanierung im Widerspruch mit der hygienischen befindet. Ich sprach bereits von der Reisbebauung, welche dort, wo sie schon gepflegt wird, gewiss nicht verboten werden kann. Ausserdem muss ich hier noch an zahlreiche Grossgrundbesitze erinnern, in welchen die Malaria durch einzelne sumpfige Wasseransammlungen hervorgerufen wird, deren Beseitigung entweder eine enorme Geldausgabe fordert oder während der heissen Sommermonate das frische, grüne Futter dem Vieh entziehen würde. In solchen Fällen muss die landwirtschaftliche Assaniernng mit der hygienischen in Einklang gebracht werden, indem dafür Sorge getragen wird, dass die Schutz- und Assanierungsmassregeln für den Menschen nicht vernachlässigt werden. Ich erlaube mir sogar, hinzuzufügen, dass ich fest überzeugt bin, dass in nicht vielen Jahren, dank der menschlichen Assanierung und deren Beschützung vor den Anrophelesstichen, der inten- sive Ackerbau die Anophelesbrutstätte ausser Acht lassen wird, da die Anopheles keine Malariakranken und somit auch keinen Anlass zu ihrer Infizierung vorfinden werden. 6. Zusammenfassung. Infolge der neuen Entdeckungen, ist die Gesundung der Malariagegenden Ita- liens durch neue, von den früher angewandten verschiedene Massregeln möglich ge- worden: mit anderen Worten man kann die Malaria durch die Assanierung der Menschen und deren Beschützung, ohne Bodenassanierung wohl besiegen. Diese neue Methode hat in Vergleich mit der alten den grossen Vorteil, dass sie unmittelbar angewandt werden kann, und mit verhältnismässig geringen peku- niären Opfern unmittelbare Erfolge erzielt werden können. Die Bodenassanierung darf jedoch nicht vernachlässigt werden, da oft der intensive Ackerbau, welcher für den ökonomischen Wohlstand unseres Vaterlandes unbedingt nötig ist, ohne dieselbe gar nieht zu erzielen ist. Durch die neuen wissenschaftlichen Ergebnisse wird es wohl gelingen, ohne dass dabei — wie es bisher der Fall gewesen — Menschenleben zum Opfer gebracht werden müssen, die Bodenassanierungen auszuführen, und diese letzteren so einzu- richten, dass sie in vollkommenster Weise das beabsichtigte Ziel erreichen; und werden diese neuen Errungenschaften der Wissenschaft in hygienischer Hinsicht die Assanierungen ersetzen, wenn diese unvollkommen ausfallen. KAPITEL X. Kurzer Bericht über das Experiment in der Ebene von Capaccio (Provinz Salerno) im Jahre 1900. 1. Leitende Begriffe des Experimentes. Jeder, der diese Arbeit gelesen hat, weiss, dass ich teils allein, teils unter Mitarbeiterschaft, zu der auf direkte mikroskopische und experimentelle Nachforschungen gegründeten Schlussfolgerung gelangt bin, dass die Malaria ausschliesslich durch besondere Mosgaxtos, d. h. die Anopheles ver- breitet wird. Diese meine Schlussfolgerung war nicht von einem Gegenbeweis begleitet, welcher un- bestreitbar dargethan hätte, dass die Vermeidung der Stiche der Anopheles die Malariafieber in ab- soluter Weise verhindere. Dies war ein empirischer Beweis, der aber für das Publikum und selbst für die sich nicht mit den Naturwissenschaften beschäftigenden Aerzte eine grundlegende Wichtigkeit hatte, um die so oft wiederholte Meinung, dass sich die Malaria nicht nur vermittelst der Anopheles, sondern auch durch andere Mittel verbreitet, einmal endgiltig zu widerlegen. Ein solcher Versuch konnte auch vom praktischen Standpunkte aus nur nützlich sein, indem derselbe zu gleicher Zeit auch als ein prophylaktisches Experiment gegen die Malaria nach den neuen Entdeckungen diente. Schon im September 1898 hatte ich ein kleines, allerdings unvollständiges, aber doch er- mutigendes Experiment angestellt (s. Seite 193). Im Jahre 1899 hatte ich ein zweites, beweiskräftigeres gemacht und zum ersten Male das Beispiel gegeben, bei offenen, nur durch Drahtnetze geschützten Fenstern in einem von sehr heftigem Malariafieber heimgesuchten Ort zu schlafen (s. Seite 194). Im gleichen Jahre (1899) stellte Celli, doch ausschliesslich in prophylaktischer Absicht, ein anderes weit länger dauerndes Experiment mit Eisenbahnbeamten an. Die Resultate dieses Experimentes konnten nach der Ansicht des Sanitätsinspektors Baldi für befriedigend und ermutigend erklärt werden (3). Ein anderes, dem meinen ähnliches Experiment, d. h. zum Beweise, dass die Malaria nur von den Mosgaıitos verbreitet wird, wurde auch vom Prof. Di Mattei (ı1) angestellt. Dies Experiment war von längerer Dauer als das meinige und ist gewiss interessant, obgleich dasselbe in einer Jahreszeit (vom 7. Oktober bis zum 8. November) gemacht wurde, in welcher die Malariaepidemie meistens 4 schon nachgelassen hat’). Auch darf ich hier nicht ein anderes, von Professor Fermi mit Dr. Tonsini (14) auf der Insel Asinara gemachtes, ebenfalls befriedigende Resultate lieferndes Experiment vergessen. Ich muss gestehen, dass alle diese, wenn auch höchst interessanten, auch von glaubwürdigen Personen angestellten, Experimente nicht für entscheidend gehalten werden und nicht genügen konnten, das ärztliche Publikum zu überzeugen, welchem es infolge all seiner vielen Einwände ge- lungen war, selbst in meinem, vielleicht dem Zweifel zu sehr geneigten Gemüte eine Art von Ver- dacht, ich möchte fast sagen, beängstigendes Gefühl zu erwecken, dass noch ein Teil des Schleiers, in welchem die Entstehung des Fiebers gehüllt war, zu heben sei. ı) Dieses Kapitel ist ein Auszug des ausführlichen Berichtes, der von der italienischen mittelländischen Bahnverwaltung ' in Mailand 1901 (Tipografia Civelli) veröffentlicht wurde. Für diesen Bericht hatte ich als Mitarbeiter die Doctoren Martirano und Gilblas. 2) Der mir von meineın verehrten Kollegen gemachte Vorwurf, mein Experiment ohne die nötigen Vorsichtsmassregeln, ihm einen wissenschaftlichen Charakter zu geben, gemacht zu haben, glaube ich nicht zu verdienen, und möchte ich annehmen, dass der deutsche Uebersetzer die Worte Di Mattei’s nicht wohl verstanden habe, schon darum, weil er ihn sagen lässt, sein Experiment gleichzeitig mit dem meinen angestellt zu haben, während in Wirklichkeit das Meinige ein paar Monate vorher stattgefunden hatte. = 217 — Auch hat das Publikum wohl Recht, skeptisch zu sein, wenn es der vielen, in ähnlichen Fällen erlittenen Enttäuschungen gedenkt! Selbst wenn wir uns in den engen Grenzen der Malaria in ihrer Beziehung zu den Bahn- verwaltungen halten, fehlen gewiss nicht die Beispiele von getäuschten Hoffnungen so z. B. die Euka- lyptenanpflanzungen und die Arsenik-Prophylaxe. Man erinnere sich nur, was diese letzte anbelangt, an die Experimente, welche entschiedene Thatsachen schienen, so z. B. an der Station von Bovino, wo unter 39 mit Arsenik behandelten Beamten 36 immun blieben und nur drei leichte Fieber bekamen, während andre 39 Controllbeamte in derselben Localität vom Fieber erkrankten. Dies an anderen Orten wieder- holte Experiment, schreibt Celli (8), hatte ein gleichermassen günstiges Resultat und trotzdem kann Celli selbst nicht umhin, sich der allgemein angenommenen Meinung anzuschliessen, dass die Arsenik-Pro- phylaxe nur sehr wenig nützlich sein könnte. Anderseits hatten weder die von mir in den vergangenen Jahren angestellten Versuche, noch die mir von meinen geehrten Kollegen verschafften Daten genügt, mich mit all den Schwierigkeiten bekannt zu machen, welchen man in der Praxis d. h. wenn man in den Malariaorten selbst lebt und sich vor dem Fieber schützen will, begegnet. Diese und andere sekundäre Gründe, die unnötig hier aufzuzählen, bewogen mich, ein Ex- periment zu unternehmen welches ich im Folgenden kurz mitteilen werde. Ich wusste, dass hauptsächlich auf Antrieb meines unermüdlichen Kollegen Celli, zu gleicher Zeit mit dem meinigen, verschiedene andere prophylaktische Experimente gemacht werden sollten. Dass ich trotzdem auf meinem Vorsatz und trotz der grossen Opfer, denen ich entgegen ging, bestand, geschah aus folgenden Gründen: ı. Ich fühlte das Bedürfniss, mein Gemüt von dem weiter oben erwähnten Angstgefühl zu befreien. 2. Ich hatte die Absicht, mein Experiment nach eigenen Regeln auszuführen: nur ein Einziges zu machen, aber dasselbe in all seinen Einzelheiten zu verfolgen. 3. Ich hielt es für sicher, dass ein ähnliches von einem Zoologen gemachtes Experiment irgend eine Seite ins Licht setzen musste, welche vom Hygieniker vielleicht vernachlässigt würde, geradeso wie der Hygieniker etwas erkennen könnte, was dem Zoologen entgangen war. Bevor ich auf die Einzelheiten meines Berichtes eingehe, möchte ich hier schon jetzt die Aufmerksamkeit auf die zwei Fundamentalregeln, die mich geleitet, lenken. Die erste besteht in der gewissenhaftesten, ärztlichen Behandlung der noch malarischen Individuen in der nicht malarischen Jahreszeit, d. h. also in der Epoche, in welcher die Anophelen noch nicht infiziert sind. Wie ich be- reits im neunten Kapitel bewiesen habe, ist die Heilung eines Individuums vor oder bei Beginn der neuen Malariajahreszeit viel wirksamer als hundert Heilungen während der Malariajahreszeit (es versteht sich in nicht geschützten Oertlichkeiten). Die zweite Fundamentalregel bestand in der Beschützung vor den Anophelesstichen während der Malariajahreszeit, mit mechanischen Mitteln, hauptsächlich durch Anwendung der Drahtnetze, welch’ letztere von mir zuerst vorgeschlagen und in Anwendung gebracht wurden. Mir scheint, dass durch letztere Massregel mein Experiment von dem Celli’s im vergangenen Jahr (1899) angewandten, nicht nur durch Anwendung der Drahtnetze, anstatt der gestärkten Lein- wand, sondern auch dadurch, dass ich nur in ganz besonderen Fällen zu chemischen Schutzmitteln meine Zuflucht nahm, verschieden ist. Im »Giorno« vom 26. August 1900 stattete Herr Doktor Alfredo Garofalo einen Be- richt über die von Celli im Agro Romano angestellten Experimente ab. Dieser Bericht bewog auch mich, einen solchen von dem von mir geleiteten Experiment, doch in vorgerückterer Jahreszeit, d. h. am ı6. September ı900 zu veröffentlichen (38). Am 2o. Oktober erschien ein weiterer Bericht über die von Celli (9) gemachten und angeregten Experimente, der in diesem Jahre, gleich mir, den Schutz durch die Drahtnetze adoptierte und, wie es scheint, die Zanzolina bei Seite gelassen hat. Grassi, Die Malaria. 28 — 219 — Ich habe mit Vergnügen die von ihm mitgeteilten Resultate vernommen, die gewiss grossen praktischen Wert haben. Um dieselben jedoch gebührend schätzen. zu können, wäre ein eingehender Bericht und nicht nur ein summarischer, wie der bis jetzt veröffentlichte, notwendig. [Ich habe nun den definitiven Bericht Celli’s vor Augen, in welchem durchaus nicht gesagt wird, dass die geschützten Individuen, während des Experimentes kein Chinin gebraucht hätten, auch geht aus demselben nicht hervor, dass dieselben die ganze Zeit über so peinlich beaufsichtigt wurden, um jeden Irrtum auszuschliessen. Trotzdem aber bleibt der grosse praktische Wert des Celli’schen Experimentes unanfechtbar.] Auch darf ich nicht vergessen, das, während der letzten Malariajahreszeit (1900) von den Engländern in der Nähe Roms gemachte Experiment zu erwähnen. Vier erwachsene Personen ver- brachten ungestraft ungefähr drei Monate (ca. vom ı3. Juli bis zum ı5. Oktober) in einem von schwerem Malariafieber heimgesuchten Ort, indem sie sich nur vor dem Stiche der Mosguatos schützten. Ehe ich nun zu der näheren Beschreibung meines Experiments übergehe, ist es meine Pflicht, hier mitzuteilen, dass der Erfolg desselben in nicht geringem Masse, meinen Mitarbeitern, den Dr.Dr. Blessich, Druetti, Gilblas und Martirano, zuzuschreiben ist. Auch muss hier bemerkt werden, dass dieses Experiment teils auf Kosten der Mittelländ.-Eisenbahngesellschaft, teils unter Beihilfe der Gesellschaft gegen die Malaria, welche ihrerseits zu diesem Zwecke von dem Ministerium des Innern, der Agrikultur, der Industrie und des Handels unterstützt wurde und schliesslich teils aus dem Ertrage meines im vergangenen Jahre in (regenwart Ihrer Majestät der Königin von Italien gehaltenen Vortrag bestritten wurde. Ich danke hiermit Allen in aufrichtigster Weise und möchte in ganz besonderer Weise des Herrn Generaldirektor der Mittelländischen Eisenbahn Comm. Adv. Oliva, des Herrn Ing. Zanotti, der sich so sehr für den guten Ausgang meines Experiments interessierte, des Comm. Ing. Maraini, Comm. Adv. Scolari und des Comm. Galli: Seiner Exellenz Bertolini, S. E. Carcano und S. E. Saracco, der Deputierten Fortunato und Celli Erwähnung thun. 2. Bericht des Experimentes (Taf. VI, VI u. VII) Das von mir geleitete Experiment hatte also, wie schon gesagt, einen doppelten Zweck. I. In absoluter Weise zu beweisen, was das Mikroskop bereits enthüllt hatte, nämlich, dass die Malaria ausschliesslich nur durch den Stich besonderer Mosguitos, der zlnophelen, verbreitet wird. II. Die Schwierigkeiten zu besiegen, welchen bei der praktischen Anwendung der neuen Lehre begegnet werden kann und jene Normen zu finden, die zu adoptieren wären, um Italien in wenigen Jahren von der Malaria befreien zu können. Zu allererst musste beschlossen werden, mit wem und wo das Experiment ausgeführt werden sollte. Da dasselbe in beträchtlicher Weise auf Kosten der Mittelländischen Eisenbahngesellschaft gemacht wurde, war es natürlich, dass der aus demselben zu erwartende Nutzen den Eisenbahn- beamten zu gute kam, welche mithin gewählt wurden. Was nun die Wahl der Lokalität anbelangt, wurde nach vielen Erwägungen, besonders aber auf Ratdes Herrn Sanitätsinspektors Dr. Blessich, der die Malariazonen der Mittelländischen Eisen- bahnlinie genau kennt, beschlossen, der Ebene von Capaccio in der Provinz Salerno den Vorzug zu geben. Diese, auch das alte Paestum umschliessende Region ist traurig berühmt: das Volk benennt sie stark malarisch. I) Die betreffenden Einzelheiten dieses Experimentes sind in meinem oben erwähnten ausführlichen Bericht zu finden. S. speziellen Resoconto dell’ esperimento (Redatto da B. Grassi e da F. Martirano) S. 10. a pe 219 — Während der Malariajahreszeit entfernen sich alle diejenigen, die es nur eben können, selbst auf Kosten grosser Opfer, aus diesen malarischen Gegenden. Es wandern aus der Ebene nicht nur die Familien der Besitzer und ihrer Verwalter, sondern auch die der Bauern und Eisenbahnbeamten. Der Grund- besitzer oder dessen Verwalter, der dringende Geschäfte hat, der Bahnwärter, der Tagesdienst hat, kommen entweder per Wagen oder per Eisenbahn in die Ebene, wenn die Sonne schon aufgegangen und verlassen dieselbe wenn möglich vor Sonnenuntergang wieder. Es ist ein Schauspiel, welches einem das Herz zusammenkrampft, so viele arme Bauern, wenn die Sonne noch am Himmel steht in der Richtung der Hügel hinwandern zu sehen; sie ziehen nach Eboli, Altavilla, Albanella, Capaccio und selbst bis nach Ogliastro, mit grosser Mühe acht, zehn, fünfzehn Kilometer steiler Strasse zurück- legend, um in einer Oertlichkeit übernachten zu können, die wenn auch nicht gesund, doch verhält- nismässig wenig malarisch ist. Am folgenden Morgen kann man die gleichen Karawanen nach Auf- gang der Sonne wieder in der Ebene erscheinen sehen. Ungeachtet all dieser Opfer fallen nicht wenig Bauern, die unterwegs von den Malariamosguzıfos gestochen werden, dem Fieber anheim, welches auch die Grundbesitzer, ihre Verwalter, die Bahnwärter u. s. w. nicht verschont, obgleich dieselben sich weniger als die Bauern der Gefahr aussetzen und sehr grossen Gebrauch von Chinin machen. Und was sollen wir wohl von den armen Unglücklichen sagen, die von Hunger getrieben, Tag und Nacht während der ganzen Malariajahreszeit der (Gefahr Trotz bieten? Sie werden von der Krankheit in entsetzlicher Weise mitgenommen. Man kann wohl sagen, dass Paestum und Capaccio ihren traurigen Ruf aus der Zeit der Römer beibehalten haben. Der Grund dieser unsagbar traurigen Verhältnisse springt jedem in die Augen, welcher die in Rede stehende Ebene durchfährt. Sie bietet in der That einen für die Entwickelung der malari- schen Mosgwitos ungemein günstigen Herd, sowohl durch die geologischen Bedingungen des Erd- bodens, der zur Sumpfbildung sehr geeignet ist, als durch seine schlecht gedämmten Wasserströme und seine Assanierungskanäle mit ungenügender Pendenz, wie auch durch die Cave di Prestito der Eisenbahnen und schliesslich auch durch die Folgen der Entwaldung der Berge. Wir hatten mithin die Gewissheit, dass, wenn auch das Jahr im- allgemeinen weniger malarisch ausfiel als das vergangene (1899), unser Experiment doch immerhin beweiskräftig sein würde. Die von uns gewählte Localität ist mithin eine der malariareichsten von Italien, die Ent- fernung von meinem ständigen Aufenthaltsorte war allerdings eine ungünstige Bedingung, welche jedoch dadurch aufgewogen wurde, dass unser Operationsfeld sich im Herzen Süd-Italiens befand, wo a priori vermutet wurde, dass die zu besiegenden Schwierigkeiten, um sich vor den Anopheles zu schützen, bedeutender sein müssten, teils wegen der hohen Temperatur, teils wegen des Vorkommens von Amopheles bifurcatus und superpictus, neben dem A. clavıger. Das Experiment wurde also auf der Linie Battipaglia — Reggio di Calabria (s. Tafel V]) ausgeführt und beschränkte sich auf zehn Bahnwärterhäuschen, der Bahnstation S. Nicola Varco und der Bahnstation Albanella — vom km 5,024 bis km ı7, ı17t). — Wir liessen die Bahnwärterhäuschen, die der Nummer 5,024 vorangingen, für den der von Battipaglia kommt, zurück, danach dem beachtungs- werten Urteil der Eisenbahningenieure und des Arztes der Gesellschaft, in ihnen die Malaria nicht in sehr hohem Grade auftritt. Am anderen Ende schloss unsere Experimentzone mit dem der Station von Capaccio anstossenden Bahnwärterhäuschen, und zwar nicht, weil hier die Malaria milder, sondern weil in der Zone unseres Experimentes gewiss nicht weniger intensive Malariaörtlichkeiten mit inbe- griffen waren als Capaccio und die nahen Localitäten (Paestum und Ögliastro. Wir hatten die Absicht, in unserem Experiment nicht weniger als fünfzig Personen aufzunehmen. Wie man aber gleich sehen wird, war die Zahl derselben eine mehr als doppelte, da nicht wenige, gelockt durch das Versprechen von Preisen für diejenigen, welche unseren Vorschriften folgten, und suggestioniert ı) Das Bahnwärterhäuschen 15, 405 blieb immer unbewohnt. durch unsere Versicherung, sie schützen zu können, im Orte zurückblieben, wenn auch stets bereit, beim ersten Malariaanfall abzureisen. Wie aus den Allegaten unseres ausführlichen Berichtes hervorgeht, waren die Bahnwärter zusammen mit ihren respektiven Familien in unserer Experimentszone, die wir der Kürze wegen von nun an geschützte Zone nennen werden, im Ganzen 104 Personen. Hier muss hinzugefügt werden, dass ich wöchentlich während der ganzen Malariajahreszeit ca. drei Tage daselbst verbrachte, indem ich zweimal wöchentlich bei’ offenem Fenster in der Station Albanella die Nächte schlief, was auch für eine geringere Dauer, ebenfalls von den Doctoren Bles- sich und Martirano gethan wurde. Doctor Gilblas besuchte täglich das ganze in der geschützten Zone wohnende Personal und schlief wöchentlich 4—3 mal in Albanella. Auch Cav. Druetti hielt sich mehrere Tage wöchentlich am Orte auf und übernachtete manchmal daselbst. Ausserdem ver- brachte ein Student der Medicein die Zeit vom 24. Juli bis zum ıo0. August auf der Station zu Alba- nella und das Gleiche that vom 7. August bis zum 2. Oktober unser Kutscher, ferner ein Agent des Baron R. vom 15. Juli bis zum ı5. September. Mithin waren die dem Experiment unterworfenen Individuen im ganzen 112, von einigen anderen, die sich nur kurze Zeit bei uns aufhielten oder erst gegen Ende der Malariajahreszeit anlangten, ganz zu schweigen. Wie bekannt, werden die Kinder vorzugweise von den Malariafiebern ergriffen, deshalb möchte ich hier bemerken, dass sich unter unseren ıı2 Individuen 32 Kinder unter elf Jahren befanden. Diese ır2 Individuen wurden nach den zwei Fundamentalgesetzen behandelt, d.h. Assanierung während der nicht malarischen Jahreszeit und Beschützung vor dem Stich der Anopheles während der Malariajahreszeit. Die Malariajahreszeit beginnt in der Ebene von Capaccio, nach der Aussage des Volkes, ungefähr am Festtage von S. Antonio, welcher auf den ı3. Juni fällt. Dies empirische Datum stimmt ungefähr mit jenem der Campagna Romana überein, welches ebenfalls nach der Aussage des Volkes, nach der ersten Woche des Monat Juni, anfängt gefährlich zu werden. Um diesen empirischen Daten eine positive Basis zu geben, wurden während der nicht Ma- lariajahreszeit, besonders in der zweiten Hälfte des Monats Mai und in der ersten des Monats Juni sehr viele aus der Campagna Romana und aus der Ebene von Capaccio herrührende Anopheles untersucht und fand sich, dass ungefähr übereinstimmend mit dem, was ich bereits im Jahre 1899 feststellte, der erste Anopkeles mit infizierten Speicheldrüsen, sowohl in der Campagna Romana (in Maccarese) wie in der Ebene von Capaccio am ı4. Juni, mithin am Tage nach dem hl. Antoniustag gefunden wurde. Infolge der grossen Schwierigkeit, die primitiven Fälle von den Recidivfällen zu unterscheiden, besonders wenn es sich um die gewöhnliche Tertiana handelt, können wir nicht mit Sicherheit be- haupten, wann der erste Fall von neuer Infektion in der Ebene von Capaccio auftrat, da daselbst nur in sehr geringer Anzahl Individuen vorhanden waren, die während der letzten Malariajahreszeit Fieber frei geblieben waren. Grewiss aber ist, dass am 26. Juni sich eine gewöhnliche Tertiana an der Tochter eines in der Nähe von Paestum wohnenden Wächters zeigte, d. h. also einige Kilo- meter entfernt von unserer geschützten Zone. Das in Rede stehende Mädchen kam aus einem gesunden Orte und hatte niemals an Malaria gelitten. Dieser Fall war jedenfalls primitiver Natur, und war für uns ein sicheres Zeichen, dass die Malariaepidemie begonnen hatte. Und dies war von mir fast vorausgesehen worden, als ich die für die Incubation nötigen Tage in Rechnung bringend, am ı4. Juni den ersten in den Speicheldrüsen infizierten Anopheles gefunden hatte. Beginnen wir nun damit, über die menschlichen Assanierung während der nicht malarischen Jahreszeit Rechnung abzulegen. Dieselbe begann in unserem Experiment zu spät, d. h. am 23. März. In dieser Epoche befanden sich bereits viele der zu unserem Experiment bestimmten Individuen an Ort und Stelle. ‘Grösstenteils waren dieselben Beute der Folgen der Malaria aus vorhergehenden Jahren; in verschiedenen kamen wiederholt Fieberanfälle vor (augenscheinlich Recidivfälle). Das Schauspiel, welches diese Leute vor dem Beginn unserer Assanierung darboten, war eins der traurigsten, das man sich denken kann; und ganz besonders erregten jene Familien, welche am Orte die ganze Malariajahreszeit des vergangenen Jahres verlebt hatten, unser Mitleid. Die Reconstitutionskur wurde nur an 61 Personen angewandt; man vernachlässigte diejenigen, welche, ihrer Aussage nach, seit Jahren kein Fieber gehabt oder die damals die Absicht hatten, unsere Zone während der Malariajahreszeit zu verlassen. Später, in verschiedenen Monaten, kamen die an- deren 22 Individuen an, welche dem Experimente fehlten, von diesen gebrauchten acht die Reconsti- tutionskur, leider aber nur sehr unvollständig. Die wöchentliche Verteilung des Chinins wurdeam 25. Aprilnuran diejenigen Personen verabtolgt, welche angaben, während des Winters vermutlich Malariafieber gehabt zu haben. Es waren deren 38 an der Zahl, drei von ihnen gebrauchten anstatt des Chinins eine vollständige Esanopheleskur. Man kann für gewiss annehmen, dass der grösste Teil dieser 38 Individuen gewissenhaft die Chinin- oder die Esanopheleskur durchmachte. Die Behandlung der Recidivfälle war im allgemeinen zu kurz und wurde leider zuweilen, hauptsächlich bei einfachem nicht wiederholtem Fieberanfalle vernachlässigt. Da die Assanierung, wie bereits gesagt, spät begonnen, wurde dieselbe bis zum Anfang der Malariasaison, d. h. bis zum 25. Juni fortgesetzt; für fünf Personen, die nach dem 25. März Recidivfälle gehabt, setzten wir sogar die Verabfolgung des Chinins noch für zwei weitere Wochen fort. Auf alle Fälle ist die Assanierung in vielen Individuen unvollständig gewesen, oder dieselbe fand gar nicht statt, obgleich sie sich, wie im neunten Kapitel bereits betont, auf alle Individuen, die während der letzten zwei Jahre in einem Malariaorte gewohnt, hätte erstrecken müssen. Im Monat März hatten wir 8 Recidive, im April ı$S, im März 7, in der ersten Hälfte des Monat Juni wiederum 7; im ganzen hatten in der Assanierungsperiode 29 Personen Rückfälle und einige davon wiederholte Ueber diese Anzahl der Rückfälle könnte vielleicht ein Zweifel erhoben werden, da wir uns oft verpflichtet glaubten, Chinin zu verabfolgen, bevor die Untersuchung des Blutes ein positives Resultat ergeben hatte. Auf jeden Fall aber, wenn ein Irrtum in Bezug auf die Zahl der Recidive vorgekommen, so ist einer oder der andere zu viel, aber gewiss keiner zu wenig be- rechnet worden. Die Rekonstitutions- und Chininkuren hatten am Ende der Assanierungsperiode (25. Juni) im allgemeinen jene bemerkenswerten Wirkungen erzeugt, die schon anderweitig der Inspektor Blessich in seiner langjährigen Erfahrung hatte beobachten können, es waren nämlich, einige der Malaria ganz fernstehenden Krankheitsfälle ausgeschlossen, alle Individuen des Experiments wohl, obgleich die Spuren der früher erlittenen Fieber noch nicht verschwunden, sondern nur mehr oder weniger abgeschwächt waren. Wir wollen jedoch alle diese Wohlthaten nicht nur der Assanierung zu- schreiben, da, wie bekannt, die Monate, in welchen die Assanierung stattfand, die von der letzten Malaria- saison entferntesten Monate sind und man in diesen in den malarischen Gegenden eine progressive Verbesserung auch ohne jedwede spezielle Kur zu bemerken pflegt. Wir müssen hier hinzufügen, dass unsere Assanierung auch auf eine gewisse Anzahl von in, den unsrigen vor- oder nachstehenden Bahnwärterhäuschen, wohnenden Personen — etwa gı an der Zahl — ausgedehnt wurde. Einige der 104 Individuen unseres Experimentes hatten niemals in ihrem Leben an Malaria- fiebern gelitten. Wir müssen gestehen, dass die Anzahl dieser Individuen im Anfang von uns für höher geschätzt wurde, als wie wir später präcisieren konnten. Heute wissen wir, dass von den 104 Individuen, von denen ich weiter oben gesprochen, ıo wirklich niemals Malariafieber gehabt hatten, weitere 3 hatten wahrscheinlicherweise keins gehabt. — 222 — Gehen wir nun zu der Periode, in welcher die Malaria am heftigsten wütete, über. Diese Periode bestand für uns vom 26. Juni bis zum ı4. Oktober. Für das Datum 26. Juni bedarf es keiner weiteren Erklärungen. Das Datum ı4. Oktober ist dagegen willkürlich, da man mit Sicher- heit annehmen kann, dass die Malaria fortfährt, sich bis Ende Dezember fühlbar zu machen (in der Campagna Romana). Wir haben jedoch geglaubt, wenigstens bis zu einem gewissen Punkte, unser Experiment zu schliessen, weil, während einerseits von allen das Experiment für glänzend gelungen betrachtet wurde, andererseits ich demselben nicht länger persönlich meine fortgesetzte Leitung widmen konnte. Wir exponieren mithin im Folgenden die von uns vom 25. Juni bis zum 13. Oktober festgestellten Thatsachen. Die ıı2 Individuen des Experimentes erfreuten sich immer einer guten Gesund- heit, mit wenigen Ausnahmen, die wir nun präcisieren werden. Vor allem unterscheiden wir die Krankheitsfälle, die gewiss nicht malarisch, von denjenigen malarischer Natur. Die ersteren, von einigen unbedeutenden Unpässlichkeiten zu schweigen, waren vier an der Zahl (Bronchialkatarrh, Lungenentzündung, Rheumatismus, Gastro-enteritis). Wir können versichern, dass das Fieber, welches diese Krankheiten teils begleitete, uns nicht wenig in Sorge versetzte, welche sich jedoch durch Beobachtung des Kranken, durch die Thermo- meterkurve, durch die fortgesetzte und in kurzen Zwischenräumen wiederholte mikroskopische Unter- suchung des Blutes und schliesslich auch durch die Kur, aus welcher der Gebrauch des Chinins vollständig verbannt war, als unbegründet erwies. Die Fälle von Malariafieber waren fünf; in einem dieser Fälle jedoch wurde mit der ärztlichen Behandlung begonnen, bevor der mikroskopische Befund unbestreitbar positiv gewesen wäre. Sämtliche fünf Fälle dauerten sehr kurze Zeit und heilten ohne jedweden Rückfall. In den Prospekten des erwähnten ausführlichen Berichtes befindet sich eine Krankenge- schichte dieser Fälle, von denen wir mithin hier nur eine kurze Andeutung geben werden. Wir beginnen damit zu konstatieren, dass vier dieser fünf Fälle Individuen betrafen, die nicht die Chininkur durchgemacht, und der fünfte Fall ein kleines Mädchen diagnosiert, das am 7. Juni einen kleinen Aestivo-autumnalen Fieberanfall gehabt, der damals leider nicht erkannt und mithin auch nicht kuriert wurde. ı. Der erste Fall zeigte sich am 27. Juni und bestand in einem einfachen Anfall des ge- wöhnlichen Tertianafiebers, welcher drei Stunden währte Der Anfall entwickelte sich vierundzwanzig Stunden nach grossen Strapazen. Dies Individuum hatte uns, trotzdem es ein grosses Milzgeschwür besass, versichert, seit drei und einem halben Jahre kein Fieber mehr gehabt zu haben, während wir nachträglich erfuhren, dass es erst vor kurzer Zeit daran gelitten hatte. Es verlor einen Arbeitstag. II. Der zweite, am 24. Juli aufgetretene Fall, war von verschiedenen Gesichtspunkten aus, dem ersten sehr ähnlich und beschränkte sich auch fast nur auf einen einzigen typischen Anfall des Aestivo-autumnalfiebers infolge von wiederholten Strapazen. Es handelte sich um ein Indi- viduum, das ein Milzgeschwür aufwies, sich aber rühmte, niemals an Malariafiebern gelitten zu haben, während wir später erfuhren, dass es auch im vergangenen Jahre einige Anfälle gehabt. Vor seinem Anfall hatte es verschiedene Male in Eboli, wo ausnahmsweise in diesem Jahre das Fieber ziemlich heftig aufgetreten war, übernachtet. Es wurde sofort kuriert, das Fieber verschwand, es hatte keinen Rückfall mehr, noch wies sein Blut Halbmonde auf. Es verlor zwei Arbeitstage. III. Im Monat August hatten wir keinen einzigen Fieberanfall zu verzeichnen. In der ersten Dekade des September dagegen, hatten wir einen Aestivo-autumnalfieberanfall mit dem Typus des Quotidianfiebers ohne Schüttelfrost und zwar in einem Individuum, welches erst seit dem ı1. Mai in unsere Zone gekommen war. Es hatte viel an Quotidianfiebern gelitten, die es niemals ganz verlassen hatten, die es aber geheim hielt, da es den Gebrauch des Chinins fürchtete, welchem die ee | —o 223 =— Aerzte gewisse Sehstörungen, an denen es litt, zugeschrieben hatten. Auch ist es ein Mann, der oft die Erhöhung seiner Eigenwärme gar nicht bemerkt und bei einem Fieber von 39° aussagt, sich sehr wohl zu befinden. Nach einigen Fiebertagen wurde es kuriert, hatte keinen Rückfall noch Halbmonde im Blut. Verlor keinen Arbeitstag. IV. Der vierte Fall betraf das kleine Mädchen, von dem schon die Rede gewesen. Im ver- gangenen Winter hatte es lange Zeit an Fieber gelitten, welches seine Eltern sehr beunruhigt hatte, weil es sich oft zweimal am Tage wiederholte und meist beide Male von vorangehendem Schüttelfrost begleitet wurde. Am 7. Juni hatte es abermals einen nicht in unserer Gegenwart stattgefundenen Anfall, der sich aber trotz der mangelnden Kur nicht wiederholte. Wir fertigten damals die Trockenpräparate des Blutes an, deren Untersuchung jedoch unterblieb. Vom 22. bis zum 24. September traten Anfälle von Aestivo-autumnalfieber auf, welche den gleichen Typus des vergangenen Winters hatten. Als ich nun die Präparate des vergangenen Juni untersuchte, konnte ich die Parasiten des Aestivo-autumnalfiebers konstatieren. Auch dieses Kind, sofort behandelt, genas alsbald vom Fieber, hatte keine Rückfälle, noch wies es Halbmonde im Blute auf. V. Der fünfte Fall zeigte sich am 2. Oktober und zwar in der Form eines typischen Quotidianfiebers an einem Knaben, infolge mehr als gewöhnlich andauernder und mühseliger Arbeiten. Am 4. Oktober wurde ihm Chinin verabfolgt, trotzdem die Untersuchung des Blutes keinen positiven Befund ergeben hatte; er genas sofort und hatte keinen Rückfall. Es ist sehr wichtig hervorzuheben, dass sämtliche fünf obenerwähnte Individuen infolge der fortgesetzten Kur (Chinin und Esanopheles) nicht nur genasen, sondern auch ein blühendes Aussehen, wie sie es in den vorhergehenden Monaten nie gehabt hatten, erlangten, was vermuten lassen könnte, dass damals die Malaria in diesen Individuen latent gewesen. Dass dies auch wirklich der Fall ge- wesen, wird durch folgende Umstände bewiesen: ı. In vier von den fünf Fällen hatten sich die betreffenden Individuen nicht der Assanierung durch Chinin unterworfen und einer nur in unvollständiger Weise; 2. keiner von ihnen hatte weitere Rückfälle; 3. drei wiesen quotidiane Fieber, d. h. Fiebertypen auf, welchen man in den primitiven Formen nur nach der Verabfolgung von Chinin, begegnet; 4. zwei dieser Fälle wiesen den Fiebertypus auf, an welchem sie zuletzt gelitten, während von den anderen dreien die Vorgeschichten unsicher sind. Aus allen diesen Gründen schliessen wir, dass alle fünf von uns in den Individuen unseres Experimentes erkannten Fälle Recidivfälle gewesen. Eine absolute Sicherstellung dieser That- sache fehlt, wie dies natürlich. Um jedoch jedem, der in diesen Studien unerfahren, jedweden Zweifel zu nehmen, bemerken wir, dass die in Rede stehenden Individuen stets sehr ungehorsam gewesen waren und wir uns mithin durchaus nicht gewundert hätten, wenn dieselben Anfälle von primitivem Fieber bekommen hätten, was wir jedoch auf Grund der obenerwähnten Betrachtungen vollständig ausschliessen. Auch waren diese fünf es nicht allein, welche uns nicht gehorchten; trotz unserer fortge- setzten Ueberwachung waren alle mehr oder weniger ungehorsam und, dass trotz alledem Niemand erkrankte, war ein wahres Glück, um so mehr, da es auch hier und da einem Anopheles gelang, in die Wohnungen einzudringen. Obwohl die in den Speicheldrüsen infizierten Anopheles, d. h. also solche, die fähig sind, die Malaria zu übertragen, sich nur im Verhältnis von eins zu hundert vor- fanden, hätte es doch geschehen können, dass gerade dieser eine stach. In Kürze kann man mit Uebergehung dieser kleinen Uebelstände sagen, dass die (resundheit der Individuen der ganzen geschützten Zone wirklich nichts zu wünschen übrig liess und es uns wohl gestattet ist, anzunehmen, dass sehr wahrscheinlich die Individuen die recidivierten auch recidiviert hätten, selbst wenn sie in einer vollständig malariafreien Zone wohnten. Da die Individuen des Experimentes täglich zwei, auch drei Mal besucht wurden, und damit uns ja nichts entgehen konnte, jedes auch noch so kleine Unwohlsein von uns durch alle möglichen Listen aufgestöbert und sorgfältig studiert wurde, können wir versichern, dass ausser den oben an- gegebenen Fällen, sich kein anderer einstellte. Wir betonen diesen Umstand, da wir überzeugt sind, dass ohne unsere fortgesetzte, peinliche Ueberwachung vielleicht alle fünf Recidivfälle, deren wir oben erwähnt haben, unserem Bericht entgangen wären; haben doch die meisten italienischen Bahn- beamten die Gewohnheit bei dem geringsten Unwohlsein oder beim ersten Fieberanfall eine grosse Menge Chinin zu nehmen, ohne ihren Dienst zu unterbrechen und nur dann zu ihrem Arzte Zuflucht zu nehmen, wenn die Fieberanfälle hartnäckig oder sehr heftig auftreten. Unsere Schlussfolgerung ist also folgende: in der geschützten Zone zeigte sich kein einziger Fall von primitiver Malariainfektion; es kamen nur fünf sehr kurze Zeit dauernde Recidivfälle vor, die sich in keinem Falle wiederholten. In der unsere geschützte Zone umgebenden Gegend ging es ganz anders zu. Wenn wir einen Blick auf die dieser Arbeit beigefügte Karte (Tafel VI) werfen, so sehen wir die nicht ge- schützten Wohnungen in grün und die geschützten in rot angegeben. Man kann sagen, dass die von uns geschützte Zone einen Streifen bildet; an beiden Enden und den Seiten entlang befinden sich ungeschützte mithin Kontrollwohnungen, einige in ganz kurzer Entfernung von den geschützten, so z. B. C. del Barizzo und €. Buffaloria del Barizzo, wenige Meter von der Station von Albanella entfernt, die Station von Capaccio die fast an das Bahnwärterhäuschen 17,117 angrenzt. Verschiedene dieser Kontrollwohnungen, wie auf der Karte angegeben, befinden sich auf einem etwas höheren Niveau als die nächsten geschützten Behausungen, mithin in günstigeren Verhältnissen. Alle diese Umstände, der Thatsache hinzugefügt, dass die von uns geschützten Behausungen bis dato immer für gefürchtete Malariaherde gehalten wurden, zeigen, dass unsere Vergleiche einen absoluten Wert besitzen, da man gegen dieselben jene verschiedene Intensität der Malaria auch bei geringer Entfernung, wie sich dieselbe anderorts bewahrheitet, nicht anrufen kann. Die uns zur Kontrolle dienenden, nicht geschützten Individuen waren 415 an der Zahl, von denen gı in den Bahnstationen und in den Bahnwärterhäuschen wohnten, sie wurden sammt und sonders!) von den Malariafiebern befallen, welche in nicht wenigen Fällen von uns auch durch die mikro- skopische Untersuchung des Blutes diagnostisiert wurde. Diese Fieber beschränken sich in keinem Falle nur auf einen einzigen Anfall, sehr selten auf nur wenige; im allgemeinen waren sie sehr be- harrlich und, einmal angefangen, wiederholten sie sich in mehr oder minder kurzen Zwischenräumen, trotzdem, dass alle eine enorme Menge von Chinin, geschweige der vielen Esanopheleskuren, kon- sumierten, 324 der infizierten Individuen nicht weniger als 4 kg, während die anderen g9ı grössten- teils durch die Eisenbahnverwaltung versorgt wurden. Das Chinin wurde möglichst nach den wohl- bekannten Regeln eingenommen. ı) Ich gebe in folgendem eine Uebersicht der in Rede stehenden nach ihren Wohnungen verteilten Personen: Taverna bei S. Nicola Varco 52 Contrada Grumola 48 Casello 3, 765 8 Ambrosta 20, CS 105 Gerro 16 Stazione di Capaccio 10 M. Anna Grazia 10 €. Lisena e Bellelli ıı Casello 18, 570 4 C. S. Nicola Varco 6° E Eeletti 4 Casello 20 6 T. Paladina I ePrecnzzi 5 Fermata di Pesto 2 C. Verdesca 6 C. Capozzoli und Bellelli 4 Casello 2ı 6 Torre del Corcione 6 Taverna bei Capaccio 4 Casello 22 I Papaleone 6 C. del Napoletano 3 Casello 24 2 C. Vacche 5 Holzhütte 3 Casello 25 6 M. Taverna nuova (S. Vito incl.) 64 C. Fornelli 7 Casello 27 12 C. del Barizzo und C. Buffalloria del Casello 1, 426 8 Casello 28 14 Barizzo 34 Casello 2, 453 12 Alle erkrankten vor dem 30. September, ausser zwei Kachektikern, die Anfang November befallen wurden. — 225 — Gewiss müssen viele Fälle in verschiedenen Epochen, von successiven neuen malarischen In- fektionen in ein und demselben Individuum vorgekommen sein. Die g9ı nicht beschützten, aber im Frühling assanierten Individuen hatten keinen erheblichen Vorteil vor den anderen, trotzdem 28 von ihnen in Bahnwärterhäuschen (1, 426; 2, 453 und 3,765) wohnten, welche in den gewöhnlichen Malariajahren nicht die schlimmsten sind und gerade deshalb von unserem Experiment ausgeschlossen wurden. Gewiss ist, dass die diesjährige Malariasaison seit Menschen Gedenken eine der schlimmsten gewesen, da sich zufälligerweise die zur Vervielfältigung der Anopheles günstigsten Bedingungen (zahlreiche Frühjahrsregen) und zur Entwickelung der Malariaparasiten im Körper der Inopheles günstigsten Bedingungen (sehr heisser Sommer) mit einander verbunden hatten. Und deshalb konnte unser Experiment, wie dies auch allgemein zugestanden wurde, nicht in einem gelegeneren Jahre gemacht werden!). Die statistischen Daten kurz zusammenfassend, können wir sagen, dass, während man uns an- fangs mit grossem Misstrauen betrachtete und uns voraussagte, dass wir selbst vom Fieber ergriffen und als die ersten diese ungastlichen Orte fliehen würden, sich nach und nach der Glauben an uns und an den Erfolg Bahn brach und schliesslich in einem wahren Triumph endete, der nicht nur von den von uns geschützten Individuen, sondern auch von allen Bewohnern der Umgebung und von allen Fremden, die diese Linie bereisten, anerkannt wurde, da alle sich selbst von dem schreienden Kontrast zwischen der geschützten und der nicht geschützten Zone überzeugen konnten. Dort alle immer gesund, hier alle krank, während in den vergangenen Jahren alle und überall erkrankten. Unser Experiment beweist ausserdem, dass jenes sich Unwohlfühlen, jenes Gefühl von Müdig- keit, jene Schwere des Kopfes, von welchem sich alle, selbst nur seit wenigen Stunden in einem Malariaort wohnenden Menschen gequält wähnen, für imaginär gehalten werden muss, wenn dies nicht Vorboten der in Entwickelung befindlichen Malariainfektion sind. In der so gefürchteten Station von Albanella, von der, wie die Bahnbeamten sagen, gar viele Särge herausgetragen werden, kann man, wenn regelrecht geschützt, nicht weniger gut leben wie in dem gesündesten Orte Italiens. Die Malaria (schlechte Luft) im wahren Sinne des Wortes existiert also nicht. Wir werden im Folgenden mitteilen, auf welche Art und Weise wir unsere brillanten Resul- tate erzielten. Zweifelsohne hat die oben besprochene Assanierung dazu beigetragen, sie allein war ganz unzureichend, wie man a priori wusste und wie übrigens auch die g9ı assanierten Individuen der nicht geschützten Bahnwärterhäuschen von neuem bewiesen. Das von uns erreichte erfreuliche Re- sultat verdanken wir durchaus keinen Medikamenten, da vom Anfang unseres Experimentes bis zu dessen Ende — am ı4. Oktober — unsere Schützlinge, wenn wir die Recidivfälle ausschliessen, im ganzen nur ı5 gr Chinin verbraucht haben. Der grösste Teil dieser fünfzehn Gramm wurde an sechs Individuen (fünf Erwachsene und ein Kind) verabfolgt, Leute, welche am deutlichsten den Stempel einer unserem Experiment vorausgegangenen langdauernden Infektion trugen. Das Medika- ment wurde ihnen in jenen wenigen Augusttagen verabfolgt, in welchen ein ganz unvorhergesehener 1) Die Menge der Aropheles war hauptsächlich während der zweiten Hälfte Juni und der ersten Dekade des Monats Juli eine wahrhaft enorme; schwarmweise stellten sie sich an günstigen Abenden vor unseren Pavillons ein; so konnten wir bei der Abend- dämmerung des 2. Juli auf einem einzigen Pavillon nicht weniger als 600 AnopAeles zählen. Während der übrigen Julitage und der folgenden Monate nahm ihre Zahl allmählich, doch sehr langsam ab. Ende September aber waren sie schon verhältnismässig selten geworden. Grassi, Die Malaria. 29 Temperaturwechsel stattgefunden hatte lediglich zur Verhütung möglicher Rückfälle und, ohne dass dieselben über eine Spur von Fieber oder irgend ein Unwohlsein geklagt hatten. Die anderen wenigen Gramm Chinin wurden, selbstverständlich ohne jedwede Wirkung, von Erwachsenen einge- nommen, die, sich unpässlich fühlend (Rheumatismus, Unterleibsbeschwerden) ihr Unwohlsein dem Fehlen des Chinins, an welches sie gewöhnt waren, zuschrieben. Im Monat August brauchte eine Frau mit grossem Milzgeschwür, welche sich andernfalls von unserem Experimentierorte entfernt hätte, um Meerbäder zu nehmen, eine Esanopheleskur. Ausserdem brauchte ein Individuum, das s. Z. hätte mit Chinin behandelt werden müssen und während der Zeit unseres Experimentes schwere Arbeit verrichten musste, eine halbe Esanopheleskur. Im September machte die Esanopheleskur, ohne irgend einen speziellen Vorteil zu erzielen, ein mit Rheumatismus behaftetes Individuum, ferner wurde eine solche von dem äusserst erschrockenen Vater des kleinen Mädchens, welches recidivierte, angefangen. Ein gleicher panischer Schrecken befiel den Vater des Knaben, der Anfang Oktober erkrankte und wurde er, um ihn zu beruhigen, ebenfalls einer Esanopheleskur unterworfen. { Es ist gewiss, dass ausser den oben Erwähnten niemand Chinin einnahm, da wir geeignete Vorsichtsmassregeln getroffen, dass keiner unserer Schützlinge dessen habhaft werden konnte. In allen den oben erwähnten Fällen wurde Chinin oder Esanopheles verabfolgt, ohne dass irgend eine Spur von Malariafieber vorhanden gewesen wäre. Wir können mithin versichern, dass das gute Resultat unseres Experimentes vollständig un- abhängig von der Chinin- oder Esanopheleskur erzielt wurde, welche Arzneimittel übrigens, im Ver- gleich mit der wirklich enormen Quantität, die von den unserer geschützten Zone benachbarten un- geschützten Personen verbraucht wurde, gar nicht in Betracht kommen. Das wahrhaft grossartige Resultat unseres Experimentes verdanken wir also hauptsächlich der Befolgung der zweiten meiner Fundamentalmassregeln: Beschützung vor den Stichen der Ano- Ppheles während der Malariasaison vermittelst mechanischer Mittel (Tafel VII und VII). Die Schutzvorrichtungen unserer Experimentzone waren bereits Ende Mai vollständig fertig, ausser an den Kaminen, die erst in der ersten Decade des Monats Juni angebracht wurden. Die Wächterhäuschen (Garetta: siehe rotes G. auf Tafel VI) wurden erst Ende Juni und Anfang Juli repariert. Ein Jeder wird leicht begreifen, welch’ ungeheuren Hindernissen die von mir vorgeschriebenen Vorsichtsmassregeln und ganz besonders während der ersten Zeit, in welcher Niemand an deren Wirk- samkeit glauben wollte, begegneten und unter obwaltenden Verhältnissen wohl begegnen mussten. Um denselben Eingang zu verschaffen, mussten wir zu allen möglichen Mitteln unsre Zuflucht nehmen, unter welchen sich als eins der nützlichsten, das Versprechen von Preisen erwies. Trotz allem aber fehlten, wie schon weiter oben gesagt wurde, die Unfolgsamkeiten, die zuweilen auch unfreiwillige waren, niemals. In fast allen Behausungen gelang es, wenn auch selten, einem oder dem anderen Anopheles entweder in dem Augenblick des Thüröffnens, oder durch irgend einen Schaden in dem Drahtnetze, einzudringen; sehr wenigen gelang es zu stechen, und die meisten wurden noch nüchtern abgefangen. Nicht so wirksam erwiesen sich unsere Schutzvorrichtungen gegen die Cxlex, welche zuweilen durch die für den Anopeles unpassierbaren Oeffnungen eindrangen. Glücklicherweise aber bestätigte sich auch im vergangenen Jahre die Unschädlichkeit ihrer Stiche. Aus dem im Vorstehenden Mitgeteilten geht klar und deutlich hervor: ı. Dass sich die Malaria ausschliesslich durch die Stiche der Anopheles verbreitet. 2. Dass man sehr wohl in den Malariaorten wohnen kann, vorausgesetzt: dass man die Stiche der Anopheles vermeidet, was viel leichter gelingt, als man im ersten Augenblick zu glauben ge- neigt ist, wenn man über einen mit Drahtnetzen geschützten Raum verfügen kann. h h j ' — 227 3. Dass eine menschliche Assanierungskur während der Vormalariasaison sehr empfehlenswert. Dieselbe verhindert unbestreitbar die Recidivfälle, wie durch die folgenden Thatsachen bewiesen wird: keiner der von uns bonifizierten und geschützten Individuen reeidivierte, fünf von den unter unseren Schützlingen vorgekommenen Recidivfällen trafen vier Individuen, die keine Chininkur ge- braucht hatten, beim fünften war eine Recidive im Anfang Juni nicht kuriert worden. Wir können die menschliche Assanierung nicht genug empfehlen, schon darum, weil die geschützten Personen, wenn dieselben bei Beginn der Malariasaison Recidive bekommen, diese nicht von den primitiven Fieberanfällen unterscheiden können und leicht das Vertrauen verlieren. Bemerkenswert ist die Thatsache, dass, während wir vom 27. Juni bis zu Anfang September, also in 65 dem Maximum der Malariaepidemie entsprechenden Tagen, nur zwei Recidivfälle hatten, wir dagegen von Anfang September bis zum ı4. Oktober, also in den 4o nachfolgenden Tagen, deren drei, und alle drei Ouotidianfieber, hatten. Für einen Augenblick fragten wir uns, ob es sich hier vielleicht um eine spezielle Malariaform handele, aber die Beobachtungen derer, die uns in diesen Studien vorangegangen, berechtigten uns, jede andere Erklärung als durch Recidivfälle zurückzuweisen. Diese Recidivfälle. überzeugten uns, dass in verschiedenen unserer Schützlinge die Infektion der vorhergehenden Jahre noch nicht ganz beseitigt sein konnte. Deshalb anstatt das Experiment ohne weiteres einzustellen, unterwarfen sich zehn Tage nach dem letzten Recidivfalle alle die- jenigen Individuen unseres Experimentes, welche nicht mit vollster Sicherheit für frei von der in den vorhergegangenen Jahren zugezogenen Malaria gehalten werden konnten (im ganzen Sy Per- sonen), einer Esanopheleskur!) — wir schlossen jedoch diejenigen, welche bereits ‚vorher mit Esano- pheles behandelt worden waren, aus. — Die Kur dauerte vom ı4. bis zum 29. Oktober. Weder während dieser Kur noch nachträglich hatten wir Fieberanfälle (ausser bei einem Knaben am 29. Dezember; leider konnte dieser Fall nicht untersucht werden, und so weiss ich nicht, ob er der recidiven oder der primitiven Form zuzuschreiben ist). Diese Thatsache dient mir auch zur Bestätigung meines Urteils, dass, wie ich bereits früher gesagt, die fünf unter unseren Schützlingen ausgebrochenen Fälle, Recidivfälle gewesen sind. Bevorich schliesse, möchte ich noch eine andere Thatsache hervorheben. Wenn man im Oktober die geschützte Zone mit der benachbarten ungeschützten verglich, bemerkte man den beträchtlichen Kontrast, von dem weiter oben die Rede war. Wenn man alsdann die nicht geschützte aber von uns mit Chinin versorgte Zone mit anderen, die nicht mit Chinin versehen werden konnten, verglich, so war ein anderer sehr lebhafter Kontrast bemerkbar, nämlich der, dass in diesen letzteren Zonen die sanitären Verhältnisse viel schlechter waren. Ein anderer Kontrast war schliesslich noch im September und in der ersten Hälfte des Monats Oktober zwischen der mit Chinin und der mit Esanopheles behandelten Zone bemerkbar, und zwar mit auffallendem Vorteil für diese letzte. Man konnte mithin folgende (rraduationen feststellen: ı. Assanierte und alsdann geschützte Zone; vorzüglicher Zustand. 2. Nicht geschützte, aber mit Esanopheles behandelte Zone (Taverna Nuova); ziemlich guter Zustand. 3. Nicht geschützte und nur mit Chinin behandelte Zone; schlechter Zustand. 4. Nicht geschützte und schlecht behandelte Zone (Pesto, S. Marco bei Agropoli); sehr schlechter Zustand. 1) An unseren Versuchen mit Esanopheles konnte Dr. Martirano nicht teilnehmen. — 228 — Aus dieser Graduierung geht hervor, dass, vom hygienischen Standpunkt aus, auch nur die Behandlung mit Chinin oder Esanopheles einen Wert hat. Die praktischen Schlussfolgerungen unseres Experimentes sind so klar und so übereinstimmend mit den anderen zu der gleichen Zeit von Celli unternommenen Experimenten, dass sie keines Kommentars bedürfen. Wir sind gewiss, dass, wenn die Eisenbahnverwaltungen die neuen Lehren der Wissenschaft, welche durch experimentelle Beweise so augenscheinlich bestätigt wurden, recht bald in ausgiebigstem Massstabe praktisch verwerten wollten, sie nicht nur ein humanitäres, sondern auch ein finanziell sehr günstiges Werk thun würden. Auch hat unser Experiment nicht nur für die Eisenbahnen einen Wert, wie dies bereits alle Grundbesitzer der Ebene von Capaccio erkannt haben. Einer derselben, Prinz Torlonia hat schon die Drahtnetze an einem neu erbauten Gebäude der Tenuta Cioffi, anbringen lassen, während andere Gutsbesitzer im Begriffe sind, ihm nachzuahmen. Die Bauern erklären ihrerseits, dass, wenn die Gutsherren sie nicht beschützen, sie selbst daran denken werden, dies auf eigene Kosten zu thun, Kurz man kann nicht umhin, zu behaupten, dass bessere Wirkungen vermittelst unseres Experimentes nicht hätten erzielt werden können. Der Esanopheles. Unter der Bezeichnung Esanopheles wurde vor kurzer Zeit ein Präparat eingeführt, dessen wesentliche Bestandteile Chinin, Eisen und Arsen sind, ungefähr wie in der Schüttelmixtur Baccelli’s; nur dass diese letztere — wenigstens laut dem ursprünglichen Recept — so viel ich weiss, eine relativ geringere Menge von Chinin enthält. Ausserdem enthält der Esanopheles noch andere Bitterstoffe. Die Wirkung des Esanopheles müsste sich theoretisch durch die Berechnung der Wirkungs- kraft der einzelnen Bestandteile erklären. Obgleich es ausserhalb meiner Competenz liegt, diese Be- rechnung zu unternehmen, erklärte ich mich gern bereit, dieses Mittel praktisch zu versuchen und zwar aus folgenden Gründen: ı. Im Esanopheles ist eine relativ beträchtliche Menge Chinin enthalten, so dass ein Kranker bei dessen Gebrauch täglich ein Gramm Chinin zu sich nimmt; 2. die zahlreichen mit Arsen angestellten Untersuchungen eignen sich dazu, uns zu beweisen, dass diese Arznei die Rückfälle verhüten kann; 3. die Baccelli’sche Schüttelmixtur hat in den, dem Chinin widerstrebenden Malariafällen glänzende Resultate gegeben; 4. zahlreiche praktische Aerzte teilen mehrere Fälle mit, in welchen das Chinin allein nicht so wirksam war als, wenn man demselben den Auszug von Bitterstoffen hinzugefügt hatte. Aus diesen Gründen dachte ich, dass ich durch die Verabreichung des Esanopheles wenigstens ebensogut wie durch viele andere Präparate einen günstigen Erfolg erzielen würde und stellte mit demselben viele Versuche an. Die von mir gemachten Beobachtungen beziehen sich auf hunderte von Fälle, welche grösstenteils mehrere Monate hindurch studiert wurden. Der Esanopheles wurde von mir nach der angegebenen (notwendig zu befolgenden) Vorschrift verabreicht (für Erwachsene sechs Pillen täglich, wovon 2 um 5 Uhr, 2 um 8, und > um ıı Uhr morgens: und zwar wurde diese Behandlung für ı5 und zuweilen auch für 23 Tage festgesetzt). Aus diesen Beobachtungen ergaben sich zu Gunsten des Esanopheles folgende Resultate: I. Es wird in der Mehrzahl der Fälle auch von Kindern und sogar von schwächlichen Frauen in jedem Zustande, gut vertragen (nur während der zwei oder drei ersten Tage der Behand- lung, niemals später, wurde zuweilen über irgend eine kleine Beschwerde geklagt) ausser wenn die damit behandelten Individuen sich Ausschreitungen hingeben. Ich verabfolgte dieses Medicament zu gleicher Zeit an mehrere Familien, d. h. an vierund- achtzig Personen: und alle gelangten ohne jedwede nennenswerte Beschwerde an das Ende der Kur. Der Esanopheles ist mithin seiner leichten Verträglichkeit wegen ein empfehlenswertes Mittel. II. Wertvoll ist er ferner noch deswegen, weil die betr. Pillen durch den Magensaft sehr leicht gelöst werden. III. Die Malariakranken nehmen, so lange der Arzt es wünscht, die dunkelfarbigen Esano- phelespillen, deren Zusammensetzung ihnen ganz unbekannt ist, ohne Schwierigkeit ein; während dies mit Chinin, über welches noch viele Vorurteile herrschen, nicht der Fall ist. IV. Die auf den Esanophelestläschcehen angeklebten Aufschriften tragen wesentlich dazu bei, die Kenntnis zu verbreiten, dass die Malaria durch Anophelesstiche hervorgerufen wird. Doch würden alle diese Vorteile kaum in Betracht kommen, wenn dieses Präparat nicht auch eine gewisse Wirksamkeit gegen die Malariafieber darböte. Ich habe den Esanopheles zunächst ausschliesslich in Fällen von chronischer Malariakrank- heit verabreicht. Allmählich aber ermutigt durch die erzielten Resultate, wandte ich dasselbe auch in akuten Fällen an. Einmal wurde ich durch die Notwendigkeit dazu gezwungen, es sogar in einem sehr schweren Fall zu verabreichen, was mich veranlasste, dies später noch zu wiederholen. In allen diesen Fällen verschwand das Fieber nach 1—2—3 Tagen. Mehr als zwei Monate hindurch habe ich direkt oder von zuverlässigen Leuten fünfzig mehr oder weniger frische im August und September, sowohl in malariafreien wie in mässig malarischen Gegenden mit Esanopheles (go Pillen) behandelte Fälle beobachtet resp. beobachten lassen: nur bei einem in mässig malarischer Oertlichkeit wohnenden Kranken trat das Fieber (nach der Behandlung) wieder auf. Das Fieber wiederholte sich vor November an dreiundzwanzig unter zweiundsiebzig vom 15. August bis ı5. September so behandelten, in höchst malarischen Gegenden wohnenden (Farmern von Taverna Nuova, S. Vitound Santa Cecilia bei Albanella auf der Bahnlinie Battipaglia-Reggio-Calabria) Patienten; aller Wahrscheinlichkeit nach musste es sich, teilweise um Räinfektion handeln; in der That zeigten von vierzig anderen Personen, welche gleichfalls in höchst malarischen Gegenden wohnten (Farme Taverna del Comandante bei S. Nicola Varco auf der Bahnlinie Battipaglia-Reggio-Calabria) und welche der Behandlung in der zweiten Hälfte Oktober, d. h. als die Malaria schon in Abnahme begriffen war, unterworfen worden waren, nur fünf — vor Ende Dezember — wieder Fieberanfälle. Bei allen diesen Versuchen zeigten die nach der Esanophelesbehandlung wieder aufgetretenen Fieberanfälle in der Mehrzahl der Patienten einen kürzeren und milderen Verlauf; bei einigen trat eine spontane Heilung auf, andere wurden durch eine halbe Esanophelesdosis, oder durch einige Gramm Chinin geheilt. Während der Malariazeit konnte ich sechs Malariakranke mit Esanopheles behandeln, welche sich die Infektion in der verflossenen Malariasaison zugezogen hatten und in höchst malarischen Gegenden, jedoch durch die Drahtnetze geschützt, wohnten: bei keinem dieser Kranken wurden Rück- fälle beobachtet (31. Dezember 1900). Während ich sämtliche Kranken der Farmen Taverna-Nuova (s. oben) mit Esanopheles be- handelte, verabreichte ich denjenigen der übrigen Farmen nur Chinin. Die Bauern von Taverna Nuova, d. h. die, mit welchen die Esanophelesbehandlung durchgeführt worden war, zeigten im allgemeinen einen besseren Gesundheitszustand, als die der übrigen Farmen: es entstand eine Art Ruhepause der Malariazeit, und dieses Ergebniss fiel sehr auf, es erregte sogar den Neid der Bauern der Umgebung. Hier will ich wiederholt hervorheben, dass es mir trotz aller Mühe nicht gelang, der obenerwähnten Vorurteile wegen, die Kranken der Kontrolfarmen zu bewegen, das Chinin lange Zeit hindurch und regelmässig einzunehmen. — 230 — [Während der Intermittenz der Malariaepidemie des: Jahres ı901 hatte ich Gelegenheit einen geringen Prozentsatz von, nach langen Intervallen in mit Esanopheles behandelten Individuen, nur leichter Recidivfälle beobachten zu können.] Nach den oben mitgeteilten Ergebnissen darf ich den Esanopheles wohl nicht nur für eine der sonst üblichen sogenannten Spezialitäten betrachten: vielmehr muss ich dasselbe als ein aus- gezeichnetes Präparat bezeichnen und kann ich es den Aerzten, welche zahlreiche Malariakranke zu be- handeln haben, sowie den Hygienisten, die für die Ausrottung der Malaria arbeiten, nur empfehlen, auch betone ich, dass ich mich nicht in einem mit Malaria behafteten Lande befinden möchte, ohne den Esanopheles bei mir zu haben; — der Esanopheles ist kein neues Heilmittel, er ist einfach eine gelungene, empfehlenswerte pharmaceutische Composition, von schon erprobten, gut bekannten Artznei- mitteln. Conclusion. Die verschiedenen Fragen über das Verhalten der Malariaerscheinung habe ich in den ein- zelnen Kapiteln besprochen. Da auf den ersten Blick die einzelnen geschilderten Thatsachen, vielleicht den Eindruck von hingeworfenen Gliedern erwecken und nicht für Teile eines einheitlich, organisierten (sanzen gelten könnten, erachte ich es für zweckmässig, die besprochenen Thatsachen hier kurz zu- sammenzustellen und ihren gegenseitigen Zusammenhang hervorzuheben. Wie es meine Pflicht, habe ich zunächst die Geschichte der neuen Entdeckung mit der grössten, peinlichsten Genauigkeit mitgeteilt, damit der von mir und meinen Mitarbeitern gelieferte Beitrag von den früheren oder während unserer Arbeit erzielten Errungenschaften getrennt bliebe. Auch habe ich nicht unterlassen hervorzuheben, welchen Vorteil ich aus der schon seit langem zum Ausdruck gebrachten Theorie der Mosgwxtos als Malariaüberträger gezogen habe; Theorie, die zur Zeit, als ich meine Forschungen begann, wieder hervorgeholt worden war, um auf experimentelle Daten begründet zu werden. Anstatt aber meine Untersuchungen in unbestimmter, tastender Weise einzuleiten, unter- nahm ich eine lange, auf induktivem Wege angestellte Arbeit, die von der Grundanschauung ge- leitet wurde, dass die neue Lehre nur dann vollberechtigt sein könnte, wenn sie die zahlreichen Thatsachen, welche schon seit Jahrhunderten über die Malariaerscheinungen bekannt geworden, er- klären und vor allem eine der charakteristischen Merkmale der Malariainfektion, nämlich ihr in be- stimmbaren Oertlichkeiten umschriebenes Auftreten, in Orten, welche der geographischen Verbreitung der Mosguitos gar nicht entsprechen, rechtfertigen kann. Von der Erwägung dieser empirischen Angaben kam ich zu der Schlussfolgerung, dass — wenn die Malaria thatsächlich durch irgend ein Tier auf den Menschen übertragen wird — wir nicht berechtigt sind, sämtliche blutsaugende Tiere für verdächtig zu halten, sondern vielmehr unsere Auf- merksamkeit insbesondere auf jene Species lenken müssen, die bis zu einem gewissen Punkte aus- schliesslich in den Orten vorkommen, welche als Brutstätte der Ansteckung gelten. Diese induktive Arbeit war sehr wichtig, weil sie, während sie einerseits sämtliche menschen- blutsaugenden Tiere einer Untersuchung unterwarf und so das Problem in seiner ganzen Ausdehnung umfasste, sie anderseits gestattete, die Zahl der Species, welche man in begründeter Weise für die Ueberträger der menschlichen Malaria halten könnte, bedeutend zu beschränken. Nachdem ich somit sämtliche blutsaugenden Species hatte Revue passieren lassen und die mehr oder weniger verdächtigen bestimmt hatte, waren es hauptsächlich diese, bei welchen ich und meine Mitarbeiter unsere Beobachtungen und Experimente anstellten. == 231 — Zum leichteren Verständnis der in den folgenden Kapiteln zu erörtenden Fragen, stellte ich die Annahme auf, dass ich bereits nachgewiesen hätte, dass die Anopheles die einzigen malariaüber- tragenden Mosguifos seien, und nachdem ich den von mir für die Untersuchungen am zweckmässig- sten erkannten Methoden in einem besonderen Kapitel geschildert, widmete ich den Anopheles zwei Kapitel, im ersteren besprach ich die Systematik und die Anatomie der Anopheles, und im zweiten schilderte ich deren Lebensweise. Nach diesen Voraussetzungen habe ich dann die Versuche beschrieben, welche zum Beweise dienen sollten, dass alle Anopheles die Malaria übertragen, nachdem sie ihrerseits die Infektion durch das Stechen von den Menschen erworben hatten und dass kein anderes blutsaugendes Tier dies bewirken kann. Dieser negative Teil meiner Unternehmungen war der längste uud schwierigste, und meiner Meinung nach, auch nicht der unwichtigste gewesen. Wenn es mir auch sehr wohl bekannt ist, dass man im allgemeinen den negativen Beweisen keinen zu grossen Wert beilegen darf, da dieselben immer den Verdacht zurücklassen, dass sie heute oder morgen ein entgengesetztes Resultat ver- nichten könne, waren in diesem Falle die Untersuchungen so zahlreich, ihr Ergebnis stets so gleich- mässig, dass ich wohl behaupten darf, man könne dieselben mit vollem Vertrauen annehmen. Die in Rede stehenden negativen Untersuchungen beweisen, dass die Frage über die blutsaugenden Tiere unter jedem (resichtspunkte erforscht worden ist und beseitigen so jede Möglichkeit, einer eventuellen Entdeckung irgend einer Thatsache, welche die Wichtigkeit der erhaltenen Resultate verringern könnte. Die Daten unserer Experimente hätten nur einen empirischen Wert, wenn sie nicht mit Beob- achtungen verbunden gewesen wären, durch welche die Entwickelung der Parasiten der Menschen- malaria im Leibe von malariaübertragenden Mosguztos verfolgt wurde. Auf diese Weise gelang es mir festzustellen, dass der Malariaparasit im Mosguitosleibe nur seine sexuelle (reneration vollzieht, so dass die Malariaparasiten dem allgemeinen Gesetze der Fort- pflanzung sämtlicher Lebewesen unterliegen. In einem darauffolgenden Kapitel habe ich sämtliche mir über die erzielten Resultate, ge- machten Einwände zusammengefasst und kann wohl sagen, dass ich keinen einzigen dieser Einwände unbeachtet gelassen und nie versäumt habe, in ausgiebigster Weise und unter Heranziehung von unzweideutigen Thatsachen zu antworten. Am Ende meines Werkes habe ich die Prophylaxe besprochen, und habe hervorgehoben, dass durch die Behandlung der Malariakranken namentlich während der Monate, in welchen keine infizierten Anopheles vorkommen, die glänzendsten Resultate zu erreichen seien; anderseits habe ich auch nicht versäumt zu bemerken, dass man — wenigstens gegenwärtig — sich nicht auf diese einzige Massregel beschränken darf, sondern auch zu mechanischen Schutzmitteln seine Zuflucht nehmen muss. Endlich habe ich auch betont, dass die Assanierungen nach den neuen wissenschaft- lichen Angaben eingerichtet werden müssen. Dies war die Anordnung der Schilderung der Ergebnisse meiner Forschungsresultate. Ge- wiss werden dabei Wiederholungen unvermeidbar geworden sein; doch will ich hoffen, dass die von mir gelieferten Nachweise klar und überzeugend ausfallen werden. Bei der ersten italienischen Auflage (4. Juni 1899) dieses Werkes war ich zu der Schluss- folgerung gelangt, es wäre nötig, die neue Entdeckung, ohne jede Verzögerung, d. h. bei der nächst- folgenden Malariazeit in Anwendung zu bringen. Diese fand thatsächlich auch durch mich und andere statt und erzielten wir Resultate, die nicht besser ausfallen konnten. Doch muss das ange- bahnte Werk Jahre fortgesetzt, nach und nach ganz Italien assaniert werden. Möge dies Unternehmen recht bald ausgeführt werden! Dies ist der Wunsch, mit dem ich diese meinem Vaterlande hoffentlich nutzbringende Arbeit, welche mir grosse Mühe gekostet und mir manche Sorge, jedoch auch vielfache Befriedigung und (renugthuung verursacht hat, endige. 25: I stteratur’ bis Dezember 1900. ANONIMO. Ziverpool Malaria Expedition to Nigeria. Brit. 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Ip. Kesoconto degli studi fatti sulla malaria durante il mese di gennaw. R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VIII, ser 5a, 10 sem., fasc. 3° (Seduta del 5 febbraio 1899.) Ip. Ip. In. Ulteriori ricerche sulla malaria. R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VIII, ser. 5a, 1° sem., fasc. 9° (Seduta del 7 maggio 1599). 1) Ich beschränke mich darauf hier diejenigen Arbeiten zu erwähnen, die eine besondere Wichtigkeit für die vorstehende Monographie haben. Für die ausführliche Bibliographie verweise ich den Leser auf die eitierten Schriften Nuttall’s und Lühe’s. 26. GRASSI e DIoNIst. 72 cıwclo evolutivo degli emosporidi. R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VII, 2° sem., ser. 5a, fasc. 110 (Seduta del 4 dicembre 1898). GRASSI. Rapporti tra la malaria e peculiari insetti (zanzaroni e zanzare palustri). R.della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VII, 20 sem., ser. 5a, fasc. 7° (Comunicazioni pervenute all’ Accademia prima del 2 ottobre 1598). (Auszug notorisch am 29. September erschienen.) Ip. Rapporti tra la malaria e peculiari insetti (2% edizione). Policlinico, vol. V—VII, anno 1895 (Auszug notorisch in den ersten Tagen des Monat Oktober veröffentlicht). ID. Za maluria propagata per mezzo di peculiari insetti 2a Nota). R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VII, 2° sem., ser. 5a, fase. 90 (Seduta del 6 novembre 1898). In. Rapporti tra la malaria e gli artropodi. R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat.. nat., vol. VII, 20 sem., ser. 5a, fasc. 110 (Seduta del 4 diecembre 1598). ID. Ancora sulla malaria. R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VIII, ser. 5a, 10 sem., fasc. 120 (Seduta del 18 giugno 1899. (Auszug, veröffentlicht am 22. Juni.) Ip. Ancora sulla malarıa. R. della R. A. dei Lincei, Classe die scienze fis., mat., nat., vol. VIII, 2° sem., ser. 5a, fasc. 6° (zum Druck eingereicht am 11. September). (Comunicazioni pervenute all’ Accademia sino al 17 settembre 1899). Ip. Ze recenti scoperte sulla malaria esposte in forma popolare. Rivista di scienze biologische, fasc. 7° (7. luglio 1899.) (Separatabzüge notorisch am ersten September veröffentlicht.) ID. Osservazion?! sul rapporto della seconda spedizione malarıca in Italia, presieduta dal prof. Koch, composta, oltre che dollo stesso Koch, dal prof. Frosch, dal dott. Ollwig e coadiuvata dal prof. Gosio, direttore dei Laboratori die Sanıta del Regno d’ Italia. Parte 1a. R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VIII, ser. 5a, 2° sem, fasc. So (Comunicazioni pervenute all’ Accademia prima del 15 ottobre 1899). In. /dem. Parte 2a. R. della R. A. dei Lincei, Classe di scienze fis., mat., nat., vol. VII, ser. 5a, 20 sem. fasc. 9 (Seduta del 5 novembre 1899) (die Separatabzüge wurden vor dem 25. Oktober 1889 veröffentlicht). In. Za malaria propagata esclusivamente da peculiari zanzare. Milano, Fratelli Treves, 1900. Ip. Studi ulteriori sulla malaria. Rend. della R. acc. dei Lincei. Classe di scienze fis., mat. nat. vol. IX, ser. 5, 20 sem., fasc. 7 (Comunicazioni pervenute all’ Accademia sino al 7 ottobre 1900). (Die Abzüge wurden im September ver- öffentlicht.) ID. Primo resoconto sommario dell’ esperimento contro la malaria ece. Rend. della R. Ace. dei Lincei. Classe di scienze fis. mat. e nat., vol. IX, 20 sem. fase. 6. (Comunicazioni pervenute all’ Accademia sino al 20 settembre 1900.) Ip. Kisposta a Ross. Policlinico, Anno VII, n. 22, 1900. . ID. Zettera aperta ecc. Tribuna 4 novembre 1900. GRASSIe FELETTI. Contrib. allo studio dei parassiti malarici, Atti dell’Accademia Gioenia in Catania, vol. V, ser. 4a, 1890. M. T. I. GRELLET. Z’influence antimalarigue de la chaux. Revue scientifique. 4e ser. tome 12, n. 17 (Deuxieme se- mestre) 21 octobre 1899. GUITERAS. Aivista de medicina tropical. T. I, n. 1—3. HERTWIG. Mit welchem Recht unterscheidet man geschlechtliche und ungeschlechtliche Fortpflanzung? Sitzungsber.-Gesell. f. Morph. u. Physiol. in München 1899, H. II. HOWARD. Notes on the mosquitos of the United States. Washington (Datum: 24. Juli, ich erhielt dieselben im November U. S. Departement of agrieulture. Division of Entomology. Bull. n. 25. U. S. KocH. Deutsche med. Wochenschrift. 2. Februar u. 15. September 1599. Ip. Zeitschrift f. Hygiene, 32. Band. Ip. Deutsche med. Wochenschr. 1900. 1. Februar, 26. April, 3. Mai, 21. Juni, 23. August, 14. September und 15. November. LABBE. Sporosoa im Das Tierreich. 5. Lieferung, Berlin 1899. LAVERAN. Comptes rendus de la Societ@e de Biologie. Serie XIe, t. I, 1899, n. 24. In, Paludisme et moutisgues. Janus, Juin-Juillet. 1900. Ip. Comptes rendus de la Societ@ de Biologie. T. LII, n. 36. 1900. Ip. La semaine medicale. 20° annde, n. 14, 1900. LiEBBERTZ. Bericht d. Senckenb. naturforsch. Gesellschaft 1899, p. 105. LiNCH ARRIBALZAGA FELIX. 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Die nach December erschienenen Werke wurden, soweit es nötig, in dem Text beigefügten Anmerkungen zwischen Klammern erwähnt. Nachträge - (während der Korrektur). Zu Kapitel I: Historische Notizen. Nuttall kommt in The Quarterly Journal of Microscopical science ıg901, auf die Malariafrage zurück, indem er ein weit günstigeres Urteil über Ross ausspricht, als er es früher veröffentlicht hatte. Er legt der Thatsache, dass auch in den malariafreien Orten Anopheles vor- handen, eine grosse Wichtigkeit bei, eine Thatsache, welche von Celli und ihm selbst entdeckt worden sei. Ich habe schon auf Seite 68—72 nachgewiesen, dass Nuttall und Celli meine Arbeiten nicht ganz gelesen haben können. Hier beschränke ich mich darauf zu wiederholen, dass die allgemeine Regel „die Anopheles sind die wahren Anzeiger der Malaria“ so augenscheinlich ist, dass es genügt, irgend einen Teil der italienischen Ebenen zu bereisen, um tausendfache Bestätigung derselben zu finden, und dass die Ausnahmen so leicht erklärlich, dass sie dieselbe nicht erschüttern können. Man kann mit voller Sicherheit behaupten, dass in den Malariaorten der italienischen Ebenen fast immer leicht Anopheles in grosser Anzahl anzufinden sind, während in den anderen Gegenden der- selbenen Ebenen, die für absolut malariafrei gelten oft aber nicht als solche bewiesen sind, deren meistens verhältnismässig nur sehr wenige (und zwar hauptsächlich in den Ställen) oder öfters gar keine gefunden werden!). Indem Nuttall obigen Ausnahmen eine übertriebene Wichtigkeit beilegt, ohne zu prüfen, ob in den Lokalitäten, welche mir im Jahre 1898 zu meinen Vergleichen dienten, sich die Dinge so befänden, wie ich sie dargestellt, und als wenn ich beanspruchte, ausschliesslich durch meinen Indizienprozess in absoluter Weise bewiesen zu haben, dass sich die Malaria durch die Ano- pheles verbreite, kommt er zu dem Schlusse, dass es ihm scheine, ich sei in meinen Forschungen gänzlich von den Notizen geleitet worden, die Ross über seine Mosgwzrfos mit den gelleckten Flügeln veröffentlicht habe. Ich habe diese Notizen bereits im ersten Kapitel erwähnt, halte es jedoch für zweckmässig, sie hier mit Ross’s eigenen Worten wiederzugeben (69): „Ihe latter mosquitos are a large brown species, biting well in the daytime, and incidentally found to be capable of harbouring the filaria sanguinis hominis. The back of the thorax and ab- domen is a light fawn colour; the lower surface of the same, and the terminal segment of the body a dark chocolate brown. The wings are light brown to white, and have four dark spots on the anterior nervure. The haustellum and tarsi are brindled dark and light brown. The eggs — at least, when not fully develloped — are shaped curiously like ancient boats with raised stern and prow, and have lines radiating from the concave border like banks of oars — so far as I have seen, a 1) Ich spreche hier von der italienischen Ebene, was die höher gelegenen Orte Mittel- und Nordeuropas anbelangi, verweise ich auf die Seiten 68 und 69 (auf welch’ letzterer irrtümlich südlich statt nördlich gedruckt wurde). 30* ni 236 —- unique shape for mosquito’s eggs. The species appears to belong to a family distinet from the ordinary brindled and grey insects; but there is an allied species here, only more slender, whiter, and much less voracious. My observations on the characteristics of these mosquitos were not very careful, as when I first obtained them, I did not anticipate any diffieulty in procuring more.“ Ich frage, ob es einen Zoologen giebt, der mit gutem (rewissen behaupten kann, dass ich aus obigen Notizen Nutzen gezogen, um zu den Anopheles zu gelangen, hauptsächlich wenn er bedenkt, dass Ross in Indien und ich in Italien arbeitete, d. h. also in Ländern, deren Fauna unendlich ver- schieden ist?! Wer hätte wohl daran gedacht sich der, noch dazu noch nicht reifen Eier zu bedienen (welche man in allen Culiciden für gleich hielt, um zu bestimmen, welcher Art die Ross’schen Mosguitos angehörten!’ Man bemerke, dass der grosse Systematiker Schiner bezweifelte, ob die Anopheles Blut saugten!) und dass Ficalbi sich darauf beschränkte zu sagen, dass die Anopheles claviger das Blut des Menschen nicht verschmähen. Man bedenke ausserdem, dass unser Amopheles clavıger tags über nicht zu stechen pflegt, während der Ross’sche Mosgaunto „bites well in the daytime“. Auch wisse man, dass die Arten, von welchem Ross spricht, wie in dem obenerwähnten Citat zu lesen ist, vier Flecken auf dem Vorderrand des Flügels haben (wie z. B. Tafel V Fig. 4 der gegenwärtigen Arbeit) während der Anopheles, welcher von mir zuerst beschuldigt, vier ganz anders disponierte Flecken aufweist (Tafel V Fig. ı der gegenwärtigen Arbeit). Die Aussage Ross’s, dass sein Mosguito mit den gefleckten Flügeln einer, von den gewöhnlichen Mosgzutos verschiedenen Familie anzugehören scheine, während er in Wirklichkeit zu derselben Familie (Culicidae) gehörte, musste immer mehr dazu dienen, von den Anopkeles abzulenken. Dass ich von Mitte Juli bis Ende September gearbeitet habe, um die Stechmücken der Malaria- und malariafreien Orte zu vergleichen, dass ich, wie Nuttall selbst zugiebt, zuerst ausser Anopheles zwei Culexarten beschuldigte, beweisst, dass Ross mir nicht als Führer diente. Nuttall hebt hervor, dass mein erster Bericht in zwei verschiedenen Versionen (27 und 28) erschienen, und das ist wahr, aber man braucht nur Seite 17 und ı8 der ersten Auflage dieser meiner Abhandlung und die derselben beigefügte Litteratur zu lesen, um sich alsbald zu überzeugen, dass es sich um zwei Auflagen handelt, und dass die des Zolichnico (28) die zweite ist. Dass sie wirklich die zweite, beweist der die Malariainfizierung meines Dieners betreffende Zusatz. Dass die Worte „zweite Auflage“ nicht aufgedruckt wurden, ist leicht verständlich, wenn man bedenkt, dass unsere Fachschriften nur ungern schon veröffentlichte Mitteilungen wieder drucken wollen. Als die erste Auflage?) erschien, kannte ich die Arbeiten Ross’s noch nicht und citierte sie deshalb nicht); als meine zweite Auflage erschien, hatte ich sie mir verschafft, und that es, wie ich dies auch in der folgenden Note (29)that. Man vergesse nicht, dass zwischen der ersten und zweiten Auflage, die auf Seite 1) Fauna Austrica, Bd. I, 1872. Von dem gen. Anopheles sprechend, schreibt er: doch ist mir nicht bekannt, dass die Weibchen Blut saugen. 2) In dem Hefte der Aendiconti dei Lincer, in welchem diese Note veröffentlicht wurde, ist zu lesen, dass dieselbe einen Teil der der Accademia vor dem 2. Oktober 1898 eingesandten Mitteilungen ausmache. Nuttall fasst aber diese Worte so auf, als wollten sie sagen: gelesen am 2. Oktober, und macht dazu folgende Kommentare: It is but fair (!) to Ross to state here, that Grassi in his paper of the ı5t of october rifers to the experiments made by Smith and Kilbourne upon Texas fever, and by Ross upon avian malaria as having been a „forte argumento‘“ in favor of the mosquito-malaria hypothesis. In the paper read on the next day (2. oct.) at the Accademia dei Lincei, under the same title as that which appeared in the „Policlinico‘‘ Grassi omits to mention Ross though he refers to what was known regarding Texas fever. The paper, published in the transactions of the Accademia, differs in several respects from that which appeared in the „Policlinico“. Diese und viele andere Missverständnisse können vielleicht durch Nuttall’s ungenügende Kenntnis der italienischen Sprache erklärt werden, wie u. a. auch beweist, dass er die Worte „ventidue serapiche‘‘ anstatt durch zweiundzwanzig Serapichen mit dem Namen ‚Ventidue Serapiche‘‘ übersetzt (Centralblatt f. Bakt., I. Abt., 1900, Vol. XXVII). 3) Sie waren mir nicht rasch zur Hand, weil sie in einer mediziniscken Zeitschrift (British Med. Journal) und einem in Cal- cutta gedruckten Separatabdruck (Mai 1898) erschienenen waren. ü 927 ZH, 20 und 2ı dieser Abhandlung referierte Kritik Koch'’s stattgefunden hatte. Dass ich in dieser zweiten Auflage, und zwar einzig und allein infolge der Kritik Koch’s dem Czwlex Ppenicillaris, d. h. einer Stechmücke ohne Flecken auf den Flügeln, eine grössere Wichtigkeit beilegte, beweist wirklich gerade das Gegenteil von dem, was Nuttall und Ross behaupten, nämlich, dass die Arbeit Ross’s mich zur Amöpheles geführt habe. Heute allerdings kann man, unter dem Zugeständnis, dass die Schluss- folgerung des Experimentes von Ross mit den Stechmücken mit ungefleckten Flügeln verkehrt, dass die Experimente mit den Stechmücken mit gefleckten Flügeln richtig waren, und dass die schiffehenförmigen Eier den Anopheles charakteristisch, mit mehr oder weniger Bestimmtheit be- haupten, dass Ross zuerst die Entwickelung der Malariaparasiten in den Anopheles gefunden habe, aber als ich meine Arbeiten veröffentlichte, kannten alle die genannten drei Umstände nicht. Man bemerke wohl, dass der Charakter der Eier nur in der ersten Note Ross’s vom Jahre 1897 erwähnt und nicht weiter wiederholt wurde; in der That spricht er einfach von Stechmücken mit gefleckten Flügeln (Nuttall sollte z. B. den Auszug des von ihm in der Hygienischen Rundschau veröffent- lichten Briefes von Ross (1898, Nr. 22) wiederlesen). Nuttall legt auch dem Ausspruch unserer (Bastianelli, Bignami und Grassi) Note des 4. Dezember 1898, dass die von Ross untersuchten Mosgzutos wahrscheinlich Anopheles claviger seien (später sahen wir, dass dies nicht der Fall gewesen), grosse Wichtigkeit bei; doch sollte ich meinen, dass dieser Verdacht nur zu natürlich war, jedoch nur nachdem entdeckt wurde, dass die A. claviger Malariaträger seien, eine Entdeckung, welche eben in der in Rede stehenden Mitteilung angekündigt wurde. Es war jedoch nur ein einfacher Verdacht, wie schon aus der Randbemerkung eben dieser Mitteilung hervorgeht, nämlich: „es existieren in Europa fünf Culiciden mit gefleckten Flügeln; für Indien kennen wir keine diesbezügliche Daten“ (22). Schliesslich findet Nuttall mich in Widerspruch mit mir selbst, da, wo (siehe Seite 20 dieser Auflage) ich behaupte, hauptsächlich den Anopheles claviger in der ersten Mitteilung des 29. Sep- tember 1898 angeschuldigt zu haben. Dies geht nach meiner Meinung aber für jeden, der die erste Ausgabe meiner ersten Mitteilung vollständig liest, deutlich hervor, spreche ich in ihr doch grössten- teils von A. claviger. Jedenfalls handelt es sich um ziemlich unwichtige Umstände (siehe Seite 38 dieser Auflage), da ich selbst s. Z. veröffentlicht habe, dass und wie Koch mich mein Vertrauen in die Anopheles verlieren lies. Wie ich dasselbe wieder erlangte, geht deutlich aus den folgenden Citaten hervor. In dem Heft, in welchem die obenerwähnte Note des 4. Dezember ı898 veröffentlicht wurde, findet man eine andere nur mit meinem Namen, in welcher geschrieben steht: „Vom 20. bis zum 30. Oktober wurden in den Umgebungen Rom’s die Cwulex penicillarıs und malarıae immer spärlicher und vom ıo. November an stachen sie fast nicht mehr: da man nicht annehmen kann, dass die sehr vielen, nach dem 10. November sich entwickelten Malariaheberfälle bereits in Incubation existierten bin ich geneigt Anopheles claviger grosse Wichtigkeit beizulegen. Es fanden sich jedoch in den Malariaorten auch sehr seltene A. drfurcatus, A. nigripes, Culex spathipalpis und nicht selten Culex piptens. „Diese beiden Czelexarten waren jedoch im allgemeinen in den malariafreien Orten weniger selten. „Bemerkungswert war im Oktober undim November, die Unzahlder A. drfurcalus in der Um- gegend von Sant’ Eufemia in Calabrien und des A. frefas in vielen anderen, schwer infizierten Orten Calabriens. Es ist daher notwendig auch mit diesen Formen zu experimentieren“ (30). Man beachte auch, dass in der anderen erwähnten Note (22), die ausser meinem Namen auch die Bignami’s und Bastianelli’s trägt, zu lesen ist: „Man bemerke schliesslich, dass in Lentini (Sieilien) im vergangenen Oktober und November, trotzdem die Malaria mit Heftigkeit wütete, weder Crulex peni- cillaris noch Culex malarıae, dagegen Amopheles claviger in ausserordentlich grosser Anzahl vorhanden waren.“ Diese Beobachtung wurde von mir gemacht, bevor wir den Entwickelungseyklus in den Anopheles fanden. — 238 =— Es ist kurz gesagt zweifellos, dass ich nach meinen bis zum 26. September gemachten ver- gleichenden Studien, für die ich auch das Zeugnis von Dr. De Orchi in Como, Ing. Billitz und von Dr. Romanini aus Locate-Triulzi, Ing. Clerici aus Mailand, Dr. Serra aus Follonica, von Prof. Grocco aus Florenz und vieler anderer anrufen könnte, meinen Verdacht von Anfang an vor- wiegend auf Amopheles claviger lenkte, dass ich dann, nach den meinen Schlussfolgerungen wider- sprechenden präzisen Behauptungen Koch'’s, in der Meinung, mich geirrt zu haben, meinen Ver- dacht hauptsächlich auf Cwlex penieillaris lenkte, schliesslich jedoch bei Fortsetzung meiner ver- gleichenden Beobachtungen die absolute Gewissheit, dass Amopheles der Malariaträger sei, wieder- gewann. Es war diese Gewissheit, welche mich und meine Mitarbeiter Bignami und Bastianelli auf Anopheles bestehen. liess, bis das Ziel erreicht war. Ross, Nuttall und jedem anderen, der behauptet, dass aus der Note Ross’s vom 18. Dezember 1897 hervorgehe, die Mosguitos mit den gefleckten Flügeln, mit welchen Ross experimentiert hatte, seien aus den Larven gezüchtet worden, antworte ich mit den Worten eines an Charles gerichteten Brief Ross’s, den ich bereits Seite ı6 erwähnt habe: »There were three such smosguitos (see B. M. J. of Dec. ı8. 1897 and also Febr. 26. 1898) all »dappled winged«. The first two of these were bred from the larvae. Unfortunately I find on reading my article of Dec. ı8., that I have forgotten explicitly to mention this important fact... and I hope Grassi, Bignami and Bastianelli will correct their statement; though I admit their error is owing to my own carelessness. Nuttall, welcher mir vorhält, dass auch unsere Experimente mit Anopseles, die nicht aus Larven gezüchtet waren, angestellt wurden, antworte ich, dass er unter vielem anderen auch ver- gessen, dass wir s. Zt. sogar mitteilten, einen Menschen durch I»opAeles mit Tertiana infiziert zu haben (22). Ich wiederhole auch, dass die Möglichkeit eines Irrtums Ross’s inbetreff der grauen Mos- guitos durchaus nicht aus der Note Ross’s vom 26. Februar 1898 hervorging und dass es sich. nicht nur um eine Interpretation meinerseits handelt, ist klar aus dem folgenden Abschnitt eines Ar- tikels von Manson ersichtlich. ‚Readers of the British Medical Journal will recollect that in the issue of December ı8! 1897, Surgeon-Major Ronald Ross described certain pigmented cells found imbedded in the stomach wall in two specimens of a peculiar (»dapplewinged«) species of mosguilo which had fed on a ma- larial patient whose blood contained the crescent plasmodium. “The characters of the pigment in ihese cells were such that Dr. Thin, Mr. Bland Sutton, and myself concurred with Ross in re- garding it as the product of the malaria parasite; but as to whether it belonged to a living parasite or wheter it was simply malarial pigment taken up by certain gastric cells of the insect as a normal physiological operation, the preparations and other evidence before us did not, we concluded, war- rant a positive statement. In a second communication to the Journal of February 26. 1898, Ross stated that he had subsequently found similar pigmented cells in a third »dapple-winged« smosguito fed on crescent- containing blood; and, also, in a grey or »barred-back« mosguzrlo which had fed on a patient with benign tertian infection. He further pointed out this significant fact — namely, that whereas the pigmented cells were but 7 in diameter in one of his mosgwitos dissected two days after feeding, in another mosgwifo killed four days after feeding the pigmented cells measured ı7 «4; in a third killed five days after feeding they measured ıgu; and in one killed about a week after feeding they had a diameter of at least 25 u. In other words, these cells exhibited one of the evidences of life- growth. (Brit. med. Journal, June 18, 1898). Wer konnte wohl beim Lesen dieser Worte denken, dass die pigmented cells des grey mos- quito, anstatt den Parasiten der Tertiana des Menschen (wie jetzt bekannt ist), dem Proteosoma der Vögel, angehörten?! oe 2539 — Schliesslich, nach geschehener That ist jeder klug — del senno di pol ne son piene le fosse, sagen wir Italiener. Warum aber haben Nuttall und so viele andere, nicht in den Mitteilungen Ross’s das lesen können, was ich nach ihrer Meinung in ihnen lesen musste? Wenn sie glaubten, dass die Mitarbeit eines Entomologen notwendig war, warum haben dann sie selbst nicht einen solchen herbeigerufen? Auf alle Fälle, eines ist gewiss, nämlich, dass ich nicht durch die Daten Ross’s geleitet wurde: dies ist eine Thatsache, die nicht bestritten werden kann, weil sie. auf Wahrheit begründet, Wahrheit die in Italien wohl bekannt und gewiss mit der Zeit das Feld behaupten wird und muss. Mit diesen Worten schliesse ich, mit der Bitte an den Leser, mir diese unangenehme Polemik zu verzeihen und erkläre, dass hiermit jede weitere Polemik meinerseits beendigt ist. Zu Kapitel II: Malaria und blutsaugende Tiere. $ 9. Nach anderen, kürzlich auf meinen Auftrag, angestellten Nachforschungen (Juli 1901), ist die Anzahl der Lokalitäten, in welchen die Malariafälle ungemein spärlich, die Anopheles dagegen ziemlich zahlreich sind, immer grösser geworden, so z. B. in den Landhäusern der Ebene von Bevagna in Umbrien (200—250 M. ü. d. M.) (Dr. Silvestri. Es scheint, dass dort die Malaria eine Zeit lang intensiv gewesen und sich dann infolge der Assanierungen sehr reduziert habe. .Auch die Erklärung dieser Ausnahmen geht aus dem Vorhergesagten hervor. Wenn der Leser das von mir Seite 67 Gresagte mit dem was ich in den, die Jahre 1900 und 1901 betreffenden Zusätzen mitgeteilt, vergleicht, wird.er erkennen, dass ich selbst, vor jedem anderen, nach und nach Ausnahmen für die allgemeine Regel: dass die Anopheles die Angeber der Malaria gefunden. Doch sind diese Ausnahmen alle leicht erklärbar und die Regel bleibt. Zu Kapitel IV: Kurze Bemerkungen über die Systematik und die Anatomie der Anopheles. $ 3. Die Eier der Anopheles superpictus ruhen auf der Wasseroberfläche, so angeordnet wie die- jenigen der Anopheles clavıger; sie besitzen aber keine Luftkammern und sind ausserdem kleiner. Zu Kapitel V: Ueber die Lebensweise der Anopheles. Soeben erhalte ich Kerschbaumer’s interessantes Buch „Ueber die Malaria“ (Wien und Leipzig) ı901. Es ist hier nicht der Ort, auf Einzelheiten einzugehen, ich möchte aber nur sagen, dass das Ergebnis meiner Beobachtungen mit dem des österreichischen Verfassers teilweise in Wider- spruch steht. Kerschbaumer sagt: Die Stechmücken entwickeln sich nicht in Seen, Seeteichen, Teich seen, Teichen und Sümpfen, welche tiefer sind als durchschnittlich ı Meter, auch nicht an den seichten Stellen der Uferzonen. Ich aber habe des öfterer die Stechmückenbrut, und ganz besonders die der Amnopheles an vielen seichten Stellen der Uferzonen von Seen, Seeteichen, Sümpfen und sehr langsam dahinfliessenden Flüssen, die tiefer als ein Meter waren, vorgefunden. Inbetreff der Wasserbehälter, von denen Kerschbaumer Seite ı17 und ich Seite 53 dieses Buches spreche, muss ich hinzufügen, dass das Wasser in denselben oft tiefer als ein Meter ist, aber während ich in den vergangenen Jahren niemals Larven in denselben gefunden, fand ich deren in diesem Jahre am Rande von verschiedenen derselben, vor. Dies scheint mit dem Umstande in Verbindung zu stehen, dass sich die Anopheles im vergangenen Jahre in Lokalitäten verbreitet haben, wo sie in den früheren Jahren fehlten. Errata. corrige. Seite 53 (Note) Menge Salzmenge » 09 südlich nördlich 5 92 fast so lang wie das 4. kürzer oder fast so lang wie das 4. 101 die Stufen sind gleich die Stufen sind gleich oder fast gleich „ 148 Plasmodium praecox Laverania malariae 3 monogonische Generation amphigonische Generation SaNaTer:S amphigonischen Generationen monogonischen Generationen Erklärung der Tafeln. Anmerkungen. Mit Ausnahme einzelner Abbildungen, über welche ich besondere Anweisungen geben werde, wurden alle Figuren unter Anwendung des Zeichnenapparates auf dem Niveau des Mikroscopiertisches ausgeführt. Die schwierigsten derselben wurden von meinem Präparatoren, Herrn Giuseppe Riccioli, sehr gewissenhaft abgezeichnet. Bei sämtlichen Abbildungen habe ich folgende Abkürzungen gebraucht : $ — Laverania malariae: der sog. halbmondförmige (Semiluna)-Parasit, d. h. der Parasit der Aestivo-autumnalen Fieber ; für die letzteren gelten auch die Bezeichnungen: Tertiana maligna, Bidua, Tropenfieber, Perniciosa etc. T = Plasmodium wivax, d. h. Parasit der Tertiana, weiche auch Tertiana mitis, Frühlingstertiana genannt wird. Q = Plasmodium malariae, d. h. der Quartanaparasit. Die Abbildungen wurden nach Präparaten von Anopheles claviger hergestellt; die Ausnahmen davon werden besonders angegeben. Die nach den einzelnen Abbildungen in Parenthesen stehenden Nummern beziehen sich auf die Tage — bezw. auf die Stunden, —- Dauer des Verweilens des Parasiten im Anopkeles- resp. Cxlexleib, bei einer wechselnden Temperatur von etwa 24° C. bis etwa 300 C. — Mit T. werden die Tage, mit S. die Stunden des Verweilens bezeichnet. Tafel 1. Die Abbildungen wurden mittelst des Mikroskop-Koristka gezeichnet: Apok.-Obj. 2 mm/1.4; Comp.-Oc. 8; verkürzter Tubus — mit Ausnahme der Abbildungen von 72 bis 95 (incl), welche unter Anwendung des Comp.-Oc. 12 abgebildet wurden, und von 96 bis III (incl). Fig. 1—29, 96—Ior und 106— 111 = Romanowsky’sche Methode. Fig. 102—105 — Methode Grassi-Feietti (nach den 1890 angeführten Abbildungen). Die übrigen Abbildungen wurden nach Schnitten des Magens gezeichnet; die Präparate wurden fast durchweg in Kochsalz- Sublimatlösung aufbewahrt und durch Hämalaun oder durch Eisen-Hämatoxylin mit oder ohne Eosin gefärbt. Fig. 32—95 —= Parasiten-(Amphionten)Schnitte. Fig. 96, 97, 98, 99, 101 und 109 aus dem Werke von Ziemann. Bei den Abbildungen erscheinen im allgemeinen die Restkörper gefärbt. — Halbmond mit zwei Kernen (Cytoparthenogenesis?); aus Menschenblut gewonnen. int To 6% Fig. 2. $ = Makrospore (Makrogamet); aus Menschenblut. Fig. 3. $ = Rundlich gewordene Makrospore ('/, S.) Fig. 4. $ —= Antheridium (Mikrogametogen, Mikrogametocyt); aus Menschenblut. Fig. 5. $ = sich entwickelnde Mikrosporen (Geissel, Mikrogameten) (!/, S.) Fig. 6. $ = Mikrosporen, sich von dem Ueberbleibsel (Restkörper) des Antheridium ablösend (%S:) Fig. 7—29. $ —= Im Magenlumen noch freistehender Amphiont: Ausbildung des Würmchens und ausgebildetes Würmchen (Ookinet). Fig. 7—1ı3 (12 S.) Fig. 14—25 (24 S.) Fig. 26-—29 (32 S.) Bei Fig. 29 liegen die Würmchen mitten im Blute in vorgeschrittener Verdauung. Fig. 30. T= wie oben bei Fig. 29. (Diese Abbildung wurde aus der Zusammensetzung mehrerer Schnitte herge- stellt) (32 S.) Grassi, Die Malaria. 3l I | IV ı In ig. 31. $ — wie oben bei der Fig. 29. ep. int. = Magenepithel. cavt. int. — Mageninhalt. Man sieht zwei Parasiten, die bereits in den Cuticulärsaum eingedrungen. Der Kürze wegen wurde von einer Epithelzelle fast nur der Kern abgebildet. 2—95. In der Magenwand sitzende Amphionten. $ — Fast horizontaler, oberflächlicher Durchschnitt. ep. int. = Magenepithel. par. — Parasit, d. h. der Amphiont. : Einer der zwei mit den Buchstaben Zar. bezeichneten Amphionten, welcher aus dem Darme herausragt, scheint ausserhalb desselben zu liegen. Ausserdem sieht man noch einen Amphionten, bei welchem das Zeichen Zar. nicht angegeben ist; derselbe ähnelt noch sehr einem Würmchen (2 T.). ie. 3336. $S = (2 T.). ig. 37—50. $ — (davon 45 und 49 ausgenommen, welche sehr wahrscheinlich dem 7 angehören). lim. par. int. — Grenze der Magenwand. Fig. 47 stellt den ersten Schnitt (haubenförmig) des Parasiten dar. Die Lakunen sind vielleicht, besonders bei Fig, 44, des Präparierens wegen, etwas übertrieben worden (3—3"/, T.). ig. 5I 54. S = par. — Parasit (Ampbiont). lim. ß. int. = Grenze der Magenwand. Der bei Fig. 54 angegebene Schnitt wurde nicht vollständig abgezeichnet. (4—4"/, T., ausgenommen der kleinere Parasit (Zar.) der Fig. 53 welcher 2 T. alt ist). . 55—60. $ — Diese Schnitte wurden gleichfalls nur teilweise abgebildet; in einzelnen derselben ist die ganze, den Parasiten umhüllende Kapsel angezeigt (5—6 T.). ig. 61. 7 = Hier, sowie bei den nachfolgenden Abbildungen: Vac. = Vacuole. Mas. res. = Restkörper. (6 T.) fig. 62. T? — Dieser Parasit stammt aus einem im Freien gefangenen Anopheles. 63. $ — Aus einem Anopheles-Querschnitt : par. = Parasit. ce, ad. — Corpus adiposum. (7 T.) er tr) ig. 65. 7? — Aus einem mehrere Tage nüchtern gebliebenen Anopkeles bei etwa 19—22° C. (Etwas schematisierte Abbildung.) ig. 70. — la) 71. $ — (Mit Formalin und Eisenhämatoxylin behandeltes Präparat. Nach den von Grassi, Bignami und Bastianelli angegebenen Abbildungen. (4 T.) ig. 72—75. $ = Die Abbildungen a und 5 der Fig. 75 stellen zwei Schichten eines einzigen Schnittes dar (3 T.) 76—94. $ = Kleinste Schnittteilchen zur Darstellung der Kernvermehrung (3—5 T). . 95. $ — Teil eines Restkörpers, welcher das Pigment enthält. ig. 06—ıll. Aus Menschenblut. ie. 96. T — Diese Abbildung von Ziemann (Romanowsky’sche Methode) ist mit Fig. 102 zu vergleichen (Me- KEehe ig. 99. ie 9} ale ws ua va ua le thode Grassi-Feletti). — Monont im Beginn der Conitomie (Sporulation). Q 18298. 1 — Id. 1 — Diese Fig. ist mit den Fig. 103 und 104, welche nach der Methode Grassi-Feletti hergestellt wurden, zu vergleichen. 100. Q = In Conitomie (Sperulation) begriffener Monont. ı01. Q@ = In Conitomie (Sporulation) begriffener Monont. 102—106. Q — Figur 105 stellt die Conitomie dar; man vergleiche diese mit der Methode Grassi-Feletti gewonnene Figur mit der folgenden (106) nach der Romanowsky’schen Methode gewonnenen Figur. 107. T — In der Ausreifung begriffener Gamet (?). 108. T — Fast ausgereifter Gamet (?). 109. T — Ausgereifter Gamet. (?) ır0—ıır. Q — Monont. une el FE Grassti , Ueber Malarta. ogpint 1 4, | Wal — AUS "Di Werzer aWies Fransefürte UN. Tafel N. Sämtliche Abbildungen, bei welchen keine besondere Angaben stehen, wurden unter Anwendung des Mikroskop-Koristka abgebildet; verkürzter Tubus; Apok.-Obj. ?/,.,; Comp.-Oe. 8. = Mit Ausnahme der Fig. I0@ und 2, ıI, 12 und 17, wurden alle übrigen nach Schnitten abgebildet. Bei sämtlichen Fig. 7. res. — Restkörper. Fig. 1—2. T = Amphiont (Sublimat mit Spuren von Formalin; Eisenhaematoxylin und Eosin). (9. T.) Fig. 3-5. $ — Amphiont (Sublimat; Haemalaun). (9 T.) Fıg. 6. T sehr wahrscheinlich = Amphiont (Formalin; Haemalaun). (9 T.?) Fig. 7. $ —= Amphiont (Sublimat; Haemalaun). (9 T.) Fig. $. 7 sehr wahrscheinlich = Amphiont (Formalin; Haemalaun). (9 T.?) Fig. 9. $ — Ausgereifter Amphiont (Sublimat; Haematoxylin). Fig. 100. $ — Aus den Kapseln in das Lakunom eingedrungene Sporozoiten (Romanowsky’sche Methode). Fig. 1086. $ = Ein Sporozoit wie die der Fig. TI0@2 — Comp.-Oc. 12. Fig, 11. $ = Ein Teil eines fast ausgereiften, zerteilten, getrockneten und endlich nach der Romanowsky’schen Methode gefärbten Amphionten. Fig. 12. $ — In den Speicheldrüsen sitzende Sporozoiten (Romanowsky’sche Methode). Fig. 13. $ = Schnitt durch die Ampbhiont-Kapsel, welche noch Restkörper enthält. (12 T.) Fig. 14a—e. T = Schnitte eines und desselben Parasiten (Koristka-Obj. 8; Oc. 4; verkürzter Tubus). (9 T.) Fig. 15@—7. $ = Schnittreihe eines und desselben Parasiten (Koristka-Obj. 8; Oc. 4; verkürzter Tubus). (9 T.) Fig. 160@—e. $ —= Wie Fig. 14 (Koristka-Obj. 8; Oc. 4; verkürzter Tubus). (9 T.) Fig. 17. T? —= Kapsel, welche noch einen grossen Restkörper mit Pigment und gelbbraunen Körper enthält. Fig. 18—24. $ — Schnitte der mit Sporozoiten besetzten Speicheldrüsen. c. ad, — Corpus adiposum, ca, und czt, — Cuticula, welche das Lumen.des Tubulus bedeckt. Zac. art. — künstlicher Spaltraum. sec. — Speicheldrüsensekret: in den Zellen noch enthalten, oder bereits frei im Tubulusiumen (Essig-Alkohol-Sublimat, Haemalaun). Fig. 18. Ein Teil eines Schnittes eines dorsalen Tubulus ein wenig jenseits der Hälfte. Fig. 19. Schnitt des mittleren Tubulus in seinem erweiterten Abschnitte. Fig. 20. Ein zweiter Schnitt des mittleren Tubulus in seinem erweiterten Abschnitte. Fig. 21. Ein Teil eines dritten Schnittes des mittleren Tubulus in seinem erweiterten Abschnitte. Fig. 22. Ein Teil eines Schnittes der proximalen Hälfte eines Ventraltubulus. Fig. 23. Ein Teil eines Schnittes der distalen Hälfte eines Ventraltubulus. Fig. 24. Schnitt des distalen Teiles des Halses eines mittleren Tubulus. Fig. 25. $ — Teil eines durch den Anopkelesleib in subfrontaler Richtung geführten Schnittes. Die Sporo- zoiten sind in geringer Anzahl vorhanden (Koristka-Obj. 6; Oc. 4; verkürzter Tubus). ec. ad. — Corpus adiposum. mu. — Muskel. sc. — Saugmagen. t. d. = Dorsaltubulus einer Speicheldrüse. t. int. —= Mittlerer Tubulus. £. ©. — Ventraltubulus. tr. — Trachee. i (Alkohol-Essig-Sublimat; Haemalaun und Eosin). Fig. 26. $ — Aus einem Schnitte des Vorderdarmes; Sporozoiten in der Wandung. Fig. 27a, 5, c. $ — Schnitte des erweiterten Magenabschnittes zur Darlegung der vom Amphionten (Zar.) ange- nommenen Stellung. Man sieht das Epithel (e2. z»f.) und die elastisch-muskuläre Schicht. c. ad. —= Corpus adiposum. f. m. — Muskelfasern. N { u Be = Grassi , Ueber Malaria. fz e "G N. 2 RRUKL. ; wi All z N Ti Shane BE Vz E u 0 mi b 0G MM ; IN nr Ja Ans ivernar teten Ban ML nn Tafel I1. Sämtliche ohne besondere Anweisungen abgebildete Figuren sind in frischem Zustande abgezeichnet worden. (Zeiss: Ver- kürzter Tubus; Semiapok.-Obj. (Koristka) nes (Or 2Ub Fig. 1@a—/. $ = In Entwicklung begriffene oder bereits ausgebildete Würmchen (Kochsalzlösung und Eiweiss). (24 S.) Fig. 2a—c. $ — Würmchen (Kochsalzlösung und Eiweiss). (35 S.) Die bei der 3. und nachfolgenden Figur gezeichneten Amphionten lagen in der Magenwand. Fig. 32—d. $ = Amphionten (Kochsalzlösung und Formalin). (48 S.) Fig. 4a—d. $ = Amphionten (Formalin). Die zwei Figuren 42 stellen zwei verschiedene optische Schnitte von einem und demselben Individuum dar. (6o S.) Fig. 5, 6. $ — Amphionten (Kochsalzlösung und Formalin). (3—3'/, T.) Fig. 7a—d. $ — Amphionten (Kochsalzlösung und Formalin). (5 T.) a — Ein Teil des Amphionten. ö — Ein Teil des auf der inneren Kapselfläche sitzenden Netzwerkes. ce — Einige Leisten der inneren Kapselfläche, d — Punktförmige Beschaffenheit der äusseren Kapselfläche. Fig. 8 $ = Ein Teil eines Amphionten (Kochsalzlösung). (5 T.) Fig. 9, $ = Wie bei Fig. 8 (Kochsalzlösung und Formaliin). (5 T.) Fig. 107. $ — Wie bei Fig. 8. (Kochsalzlösung und Formalin) (5 T.) Fig. ı1. $ —= Wie bei Fig. 8 (Formalin) (5 T.). Fig. 12. T (sehr wahrscheinlich) — Ein Teil eines der Reife noch ziemlich fernstehenden Amphionten (Kochsalzlösung und Eiweiss; Osmiumsäuredämpfe). Fig. 13a, 5. T (sehr wahrscheinlich) — Optischer Schnitt eines beinahe ausgereiften Amphionten (Kochsalzlösung und Eiweiss; Osmiumsäuredämpfe). a — oberflächliche Schicht. db — mittlere Schicht. Fig. 14. T (sehr wahrscheinlich) — Ausgereifter Amphiont (Kochsalzlösung und Eiweiss; Osmiumsäuredämpfe). Fig. 15. $ = Geplatzte Kapsel, aus welcher die Sporozoiten herauskommen (Kochsalzlösung und Eiweiss; Osmiumsäure- dämpfe). (ro T.) Fig. 16. $ —= Kapsel, in welcher spärliche Sporozoiten zurückgeblieben sind (Formalin). (11 T.) Fig. ı7, 18. $ = Kapsel, in welcher Restkörper zurückgeblieben sind (bei Fig. 18 nur einer) (Formalin). (ı1r T.) Fig. 19. T = Durch’ Aufreissung einer Speicheldrüse frei gewordene Sporozoiten (Formalin) (Koristka-Semiapok. Obj. "/,,; Oe. 2; verkürzter Tubus). Fig. 20. $ — Braune Körper enthaltende Kapsel (Formalin; Glycerin). (rı T.) Fig. 21. $ — Einzelne, einer Kapsel zugehörende braune Körper (Formalin; Glycerin). Fig. 22, 23. T = Einzelne im Lacunom freiliegende braune Körper (Formalin; Glycerin). (13 T). Fig. 24, 25. Unbenannter Parasit, welcher in dem Lacunom des Anopkelesleibes vorkommt. Fig. 24@—c. Teile eines der Darmwand anhaftenden Parasiten (Koristka-Apok.-Obj. °/,.,;; Comp.-Oc. 4; ver- kürzter Tubus). a u. c. Kochsalz-Sublimat und Haemalaun (die Färbung ist hier nicht angegeben). 0’ u.5”. Aus einem frisch hergestellten Präparat (Formalin). ep. int. = Magenepithel. Fig. 25. Freiliegende protoplasmatische Masse, aus welcher mehrere Sporozoiten herausgekommen sind; andere sind liegen geblieben (Kochsalzlösung) (Koristka-Semiapok.-Obj. '/;,; Oec. 2; verkürzter Tubus). Fig. Fig. D 26, 27. Unbenannter Eierparasit (Apok.-Obj. °/,.,; Comp.-Oc. 4; verkürzter Tubus). 28. . 29—32. $ = Amphionten (Sublimat und dann Glycerin).. Der bei der Fig. 31 abgebildete Amphiont zeigt 335 ..40. AI. T(?) = Teil einer gelbbraune Körper enthaltenden Kapsel (Kochsalzlösung und Formalin). einen einzelnen mit vielen Vacuolen besetzten Restkörper und wenige Sporozoiten. Bei dem Amphionten der Fig. 32 scheinen die Sporozoiten auf einer gleichen Ebene zu liegen; man muss die Mikrometerschraube verschieden einstellen, um das bei der Fig. wiedergegebene Bild zu erhalten. —-37. T = Ampbionten (Kochsalzlösung und Formalin). ie 2(5055)). Fig. 34, 35 — (3 T.). Fig. 36, 37 = (4 T.). $ — Zwischen den Zellen des Magenepithels liegender Amphiont (Zar.) Halbschematische Abbildung eines Magenschnittes, dabei sind die gegenseitigen Beziehungen des Amphionten mit der elastisch-muskulären Schicht zu sehen. Hier ist nur ein Teil des Umrisses des Am- phionten (Zar.) abgebildet worden. ep. int. —= Magenepithel. f. m. — Muskelfasern. Zac. art. = Künstlicher Spaltraum:: einerseits liegt die Kapsel und die elastisch-muskuläre Schicht, anderseits sielıt man das Magenepithel. $ — Magenquerschnitt, mit Amphionten in verschiedenen Entwickelungstufen (Koristka-Obj. 4; Oc. Comp. 4; verkürzter Tubus). $ —= Aeussere Magenfläche (kleine Vergrösserung). . par. = Amphiont. tr- = Trachee. Tafel: Mt me Tafel IV. Fig. 1—2. Fast ausgereifte Amphionten der Zaemamoeba relicta (Proteosoma des Spatzes) (Formalin 10°), und Osmium- säure) (Koristka: Apok.-Obj. Anans Oc.-Comp. 8; verkürzter Tubus). — Hier gilt die schon bei Fig. 32 Tafel III angegebene Anmerkung). Eier von A. Difurcatus (Ei etwa ®/, mm lang). Eier von A. clawiger (etwa ebenso lang wie bei A. bifurcatus). Seit einigen Stunden gelegtes Ei von A. clawiger (Koristka-Obj. 4; Oc. 3; verkürzter Tubus). kl Q ON Larve der A. claviger von der Dorsalseite aus beobachtet (Pratzmowsky-Obj. 2; Oc. 2; verkürzter Tubus). vent. — Fächer. pap. an. — Analpapillen. set. an. — Analborste. Fig. 7. Das hintere Ende einer Larve des A. claviger, von ihrer Dorsalseite aus beobachtet; stärkere Vergrösserung als bei Fig. 6. j st. — Stigma. pet. — Kamm. Fig. 75. Der stark vergrösserree Kamm (S. Fig. 7). Fig. 8. Nymphe des A. claviger. Fig. 9. Schematischer Längsschnitt des Anopkeles, um den Situs des Darmes zu zeigen, j es. — Oesophagus. gl. sal. — Speicheldrüse. suc. acc. — Nebensaugmagen. suc. prince. — Saugmagen. col. st. — Magenhals. p. dil. st. — erweiterte Magenteil. £. mal. — Malpighische Gefässe. 2.2 —- Neun: z E col. — Colon. ret. — Rektum. zam. — Beine. Fig. 10. Der Vorderdarm von der Ventralseite aus beobachtet; der Saugmagen ist dabei verschoben. Jar. — Pharynx. es. — Oesophagus. suc. acc. — Nebensaugmagen. suc. princ. — Saugmagen. cech. — Blindsäcke des Magens. col. st. — Magenhals. Fig. ı1. Mundapparat des 4. c/aviger (Zeiss-Obj. a”; Oc. 1; verkürzter Tubus). öpof. — Hypopharynx. 2. inf. — Unterlippe. 2. sup. — Oberlippe (Epipharynx). mand. — Mandibel. mas. — Maxille. tal. — Taster (die Schüppchen wurden dabei weggelassen). Fig. Fig. Fig. Fig. 12, Querschnitt des Mundapparats des 4. claviger (nur die Umrisse). ipof. — Hypopharynx !). 2. inf. — Unterlippe. 2. sup. — Oberlippe. mand. — Mandibel. mas. — Maxille. Del. Taster. 13. Subfrontaler Schnitt durch den Kopf (einfache Umrisse). far. — Pharynx. oc. — zusammengesetztes Auge. £. esc. — Sekundäre (paarige) Ausführungsgänge der Speicheldrüsen. tr. — Trachee. 14. Eine Speicheldrüse (in jedem Anopheles giebt es deren zwei) (Zeiss-Obj. D.; Oc. 3) (Kochsalzlösung und Formalin).. Das Präparat stammte aus einem seit mehreren Tagen nüchternen Aropheles. d. escr. — Sekundärer (paariger) Ausführungsgang. £. int. —.Mittlerer Tubus. . 14a. Pseudosporozoiten (Koristka-Semiapok.-Obj.'/,,; Comp.-Oc. 4; bis auf ı cm verkürzter Tubus) (Kochsalzlösung _ und Formalin).. In anderen Fällen kommen stäbchenförmige Pseudosporozoiten vor und es scheint als ob dieselben zusammengeklebt wären; wir haben sie hier nicht abgebildet). . 15—18. Winkel- (s. arg.) und Medialborsten (s. zzed.) verschiedener Aropkeleslarven. Es ist nur eine Winkel- borste abgebildet worden. (Koristka-Obj. 5; ©c. 3; verkürzter Tubus.) Fig. 15. 4. clavıger. Fig. 16. 4. Pseudopietus. Fig. 17. 4. superpictus. Fig. 18. 4. bifurcatus. . 19. Culexlarve. . 20. Flügel des 4. bifwrcatus. Die bei dem Flügel stehende Linie bedeutet hier und in den nachfolgenden Figuren die reelle Flügeliänge. 21. Flügel des A. claviger. . 22. Fühler, Taster und Rüssel des A. clawiger (Weibchen). — (Die einzelnen Stücke sind von einander ent- fernt worden.) . 23. Fühler, Taster und Rüssel des A. c/aviger (Männchen). — (Die einzelnen Stücke wurden etwas voneinander entfernt). . . 24. Flügel des A. Pseudopietus.* 5. Taster, Fühler und Rüssel des 4. Psexdopzrctus (Weibchen). (Einzelne Stücke auseinander gedrängt). 26. Flügel des A. saperpictus. Fühler, Taster und Rüssel des A. szperpictus (Männchen). — (Einzelne Stücke etwas entfernt.) E 7 28. Flügel des Crlex mimeticus. . 29—33. Fühler, Taster und Rüssel des Cxulex. (Einzelne Stücke etwas entfernt). . 29 und 33: Weibchen. . 30, 31 und 32; Männchen. Fig. 29. C. mimeticus. Fig. 30. C. pißiens. Fig. 31. C. nemorosus. Fig. 32. C. spathipalpıs. Fig. 33. C. albopunctatus. 34. Anopheles claviger, vergrössert. ı) Die gerade Linie ist irrtümlich unterbrochen wiedergegeben worden, daher erscheint das Röhrchen des Hypopharynx wie eine Rinne. Grasst., Ueber Malarta. Tafel W. > SUCALE, va 7 ‚mand. N) @ 0: —pal man \pok— AUDIT cal.st.— ! \ 7 -pal SULPFINE \ f IV m NE IN W717 I } : ” % Ni & m 3 a = AT o: E > = h st 5 = \ % 5 pei 5° BI pel IRRE 28 y A Y x NZ "Rap.an N ERS setan 29 / I N ‚ll; rent zb 20. 4 Ä I f E rap.an e a f k r 7 h Art N at 7 set an \\ N \\ IN \\ v N = 5 Be f P: \ NN wi En RE N Y; | IS RERRII Y u ca col.st, 2 21 2 N > alsal ; Y N A» 2 22 “ > 31 30. 33. R > > ) > ) Ih 29, 30. R iR; r x N \ " i f \ F , ZEN 07. , H { ; N N sucprinc KEN, 0 INN \ es p.dilst SEBSER N tmal zam d ak Arc vr nürner sine Bandit "N Tafel V. Linke Seite. Fig. 1. Anopheles claviger. Fig. 2. Flügel von A. bifurcatus. 3. Id. 4. Pseudopzetus. Fig. 4. Id. 4. superpictus. Id. Anopheles von den Küsten des Niger. Id. Cxrlex mimeticus (No&). er us a un Fig. 7—17. Aus dem Cxlex pipiens. Amphionten der Yaemamoeba (Proteosoma) des Sperlings. Fig. 7—11. Apok.-Obj. ° Comp.-Oc. 12. Mikroskop Koristka-Verkürzter Tubus. I14? Fig. 12—17 id. aber Comp.-Oc. 8. Fig. 7—15. Schnitte von sich foigenden Stadien. Die Czex waren in toto in Essig-Alkohol-Sublimat aufbewahrt worden (31/,—6”/, T.) Fig. 7 zeigt eine Vacuole, Fig. 8 deren zwei, Fig. 9 drei; die Figuren 10 und Ir zeigen das Pigment in einer Vacuole; die Körnchen, welche in den Figuren 13 und 15 inmitten des Restkörpers zu sehen sind, bestehen aus Chromatin. Fig. 16. Ein kleiner reifer Amphiont mit nur einem Restkörper, in welchem das Pigment sichtbar ist. Fig. 17. Reifer Amphiont, in welchem ausser sehr vielen Sporozoiten einige braune Körper. Sie sind in den Cxlex viel gemeiner als in den Anopheles. Fig. 18. Aus einem frischen Präparat der Speicheldrüsen von Anropkeles (Formalin und Kochsalz). In einer Zelle sieht man die Pseudosporozoiten. Fig. 19. Verschiedene Formen, welche die amphigonischen Sporozoiten der Zaemamoeba in der Kochsalz- und Ei- weisslösung annehmen. Gewisse derseiben zeigen eine verdünnte Extremität und zwar die vordere. Rechte Seite (Schema). Schematische Darstellung des Zeugungseyklus der Malariaparasiten. Das, was nicht festgestellt ist, wird von dem, was festgestellt ist, durch eingeschaltete Fragezeichen unterschieden. Die beiden wohl bekannten Generationsarten, Amphigonie (im Körper des AxzopAeles) und Monogonie (im Körper des Menschen während der Fieberperiode) sind im Schema selbst gekennzeichnet und bedarf es wohl kaum weiterer Er- klärungen; wie jedem ersichtlich, wird die amphigonische (geschlechtliche) Generation durch die Figuren 7—ı7 (Amphionten in ihren verschiedenen Stadien) und die monogonische (neutrale) von den Figuren 3, 4, 5al—zaVI (Mononten in ihren verschiedenen Stadien) dargestellt. Das Anthertdium (Halbmond, der sich in einen Geisselkörper verwandeln kann etc.) und die Bildung der Mikrosporen (Mikrogameten-Geissel) werden durch die Figuren 5bl—sbll; die Makrospore (Makrogamete — Halbmond, der sich nicht in Geisselkörper verwandeln kann etc), durch die Figuren 5cI und 5ell. Die Stadien 5bI und 5cI finden sich im Menschen; die anderen (5bIT, 5b und zcl!) im Anopkeles. — 250 = Fig. 6 stellt die Befruchtung (welche im Anopheleskörper vor sich geht) dar; ihr folgt die Amphigonie, welche durch die Fig. 7 und folgende dargestellt wird. Da die Entwickelungsweise der Makrospore und des Antheridium, nicht mit Sicherheit festgestellt ist, wird ihre wahrscheinliche Herkunft aus einem Mononten mittlerer Grösse mit einem Fragezeichen versehen. Die Fig. 2? stellt die erste Generation der amphigonischen Sporozoiten im Körper des Menschen (In- cubationsperiode) dar. Dieses Stadium wurde bis jetzt noch nicht beobachtet, muss sich aber bewahrheiten und sehr voraussichtlich ungefähr so wie ich es angegeben habe. Die Figuren 51? und 5 II? stellen die hypothetische parthenogenetische Generation (Rückfälle nach langen Intervallen) dar, welche sich sowohl für die Makrosporen wie für die Antheridien bewahrheiten könnte. Die durch successive Teilungen parthenogenetische Generation ‚(politomische Sporogonie?) könnte zu der Fig. 5@VIähnlichen Figuren führen. Tafel VI. VII und VIH veaürfen keiner weiteren Erklärung. * ” Tafel W Grasst, Ueber Malarta 7. vruoßiydup nF snuobo uow oy 5" 2 ı | | 5b" { | ER Erz: \ | I | er 1 e — [} ı ; | 1 1 5? n f « 1 Re ' ı 1 SCHEMA Zeh Aust werner Moser. Frandäre KL sr = * Grassi, Malaria r ALLGEMEINE 3 , R FEAR E der beschützten und der nicht beschützten Malariazone paccio. F (Linea Battipaglia-Reggio) von Battipaglia nach Ca MASSSTAB 1:50000 MILANO. STAR © Sivauar | ERKLARUNGEN Die rote Farbe bezeichnet die beschltzten, der Eisenbahn angehörenden Gebäude und auch die Eisenbahnlinie, auf welcher sich diese Gebäude befinden. Die grüne Farbe bezeichnet die nicht beschützte Zone, in welcher sich sowohl Eisenbahn-wie Privatgebaude befinden. Die zwischen Klammern eingeschalteten Zahlen bezeichnen die Meterhöhe Uber dem Niveau der Eisenbahnlinie. Verlag von Gustav Fischer in Jena. P PN E _ Grassi, Malaria \ x BISENBAHNSTATION VON ÄLBANELLA Eisenbahntront Seitenfront Scala 1:100 ALBANELLA ALBANELLA SALA D’ASPETTO BAGAGLI E MERCI CAPO STAZIONE ws a r = Muster einer Drahtnetzhaube für die Kaminoeffnungen 1:26 Muster des Drahtpavillions für Balkon Kleiner Drahtpavillon für Fenster Ein Stückchen Drahtnetz Vorderansicht Seitenansicht Vorderansicht Seltenansicht in natürlicher Grösse ANMERKUNGEN Am Wartesaal könnte ein dritter Pavillon angebracht werden, um den Durchgang der Reisenden durch die Gepäckkammer zu verhindern. Der Pavillon A hat einen Eingang. Pavillon I nicht, da er nur für den Stationsvorsteher :dient, Verlag von Gustav Fischer in Jena. os 2 Grassi, Malaria DOPPELTES BAHNWÄRTERHAUS Ansicht gegen die Eisenbahn ; Seitenansicht 13 Scala 1:100 NB. In den Eingangsthüren A und BB könnten kleinere Thüren von 0,”60 angebracht werden. Unter dem Pavillon befindet sich ein Loch für den Ablauf des Wassers mit beweglichem Verschluss. AUTOMATISCHE VERSCHLUSSE FÜR DIE DRAHTGITTERTHÜREN ' 5 Innere Ansicht eines Fensters Aeusserer Prospect der Eingangsthür mit aeusseren Fensterläden Spiralfeder Scala 1:20 Thürklinken Eisen um die Vorderansicht Seltenansicht Läden zu @ffnen i a | << on | | | N Scala 60:100 o | | N 2004 i aaa Oeffnungen für das Eisen D, wenn die Läden geöffnet sind. cce Stütznägel für die Riegel, € Beweglicher Teil dd Oeffnungen für die Schnüre, welche die Läden schliessen. Die Oeffnungen. müssen mit Holzstöpsel verschlossen werden. Z Sicherheitsholz für die mit Drahtgefleohten D Unbeweglicher Teil versehenen Thüren. MILANG.STAM © CIvaran Verlag von Gustav Fischer in Jena. mr MALARIA STUDIEN EINES ZOOLOGEN VON BAIIISIA GRASSI ORDENTLICHER PROFESSOR DER VERGLEICHENDEN ANATOMIE IN ROM. Te NACHHER AG ZURZZWEITENZVERMERIRTEN AUEEAGE: VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1903. | . a N _ ALLE RECHTE VORBEHAI TEN “ Fe säkbze. I. Ueber Paludismus ohne Malaria. (September 1901.) Fast gleichzeitig mit der deutschen Ausgabe dieser Arbeit (die am ı2. Aug. 1901 erschien) veröffentlichte Celli mit Gasperini einen Aufsatz unter dem Titel: Paludismus ohne Malaria. (Poli- clinico, Supplemento, Anno VII, Fasc. 42. Roma, ı7 Agosto 1901). Die Autoren schreiben: „Seit langer Zeit sind in allen Breiten Fälle von Paludismus ohne Malaria wohlbekannt; indessen hat niemand unternommen, sie vom Gesichtspunkte der neuen epidemiologischen Theorien aus zu studieren, was wir zu thun versuchen, indem solche Fälle in Toskana sehr zahlreich sind. Die Orte, auf welche sich unsere Untersuchungen beziehen, sind: die Sümpfe von Fuceechio und Bientina, der See von Massaciuccoli und die umliegenden, sumpfigen Ge- biete, die Strandebene von Collesalvetti und Livorno bis Viareggio und Pietrasanta .. .. Diese Oertlichkeiten waren auch zur Zeit der Mediceer stark malarisch. Dagegen ist im letzten Viertel des verflossenen Jahrhunderts, wie anderwärts eine heilsame, fortschreitende Veränderung eingetreten, obgleich die sumpfigen Ebenen von derselben Beschaffenheit und Grösse noch vorhanden sind. In Massarosa werden die üppigsten Reisfelder kultiviert.“ „Die anderwärts specifischen Mücken sind zahllos. Es fehlt nicht an Fieberrückfällen, einige autochthon, andere von aussen kommend. Es handelt sich also nicht um organische Immunität, die von dieser Bevölkerung durch natürliche Auswahl erworben worden wäre, welche sich nur von ihrem (Greburtsorte zu entfernen braucht, um vom Fieber befallen zu werden, wo dieses herrscht.“ „Das Chinin wurde und wird sicher weder mehr, noch besser, noch länger angewendet, als anderswo, wo Malaria herrscht.“ „Eshandeltsich also um eine unbestreitbare und bis jetzt unerklärliche Ausnahme von der neuen ätiologischen und epidemischen Theorie der Malaria; es giebt also sumpfige Gegenden ohne Entstehung von Malaria, trotz der Gegenwart des Anopheles, dem Eintreffen Malariakranker von auswärts und dem Auftreten einiger seltenen, meistens vereinzelter Fälle von Fieber.“ „rewiss ist in der Epidemiologie das Auftreten der am meisten typisch kontagiösen Krank- heiten, wie Bubönenpest und Lepra, nicht neu, die, wenn sie sich abschwächen, auf einzelne, zer- streute Fälle beschränkt werden, ohne dass weitere Ansteckung möglich ist.“ „Anderwärts, wie in Frankreich, Deutschland, England, ist diese glückliche Periode der Ab- schwächung der Malaria schon vorüber, und die an Stelle, wo es keine Malaria mehr giebt, zurück- gebliebenen Anopheles stellen vielleicht ein historisches Dokument dar.“ „Für andere Fpidemien hat man noch nicht versucht, experimentell den Schlüssel zu dem Rätsel eines so wohlthätigen Ereignisses zu finden. Für die Malaria haben wir vergleichende Beobachtungen angestellt und experimentelle zoologische Versuche gemacht. (Grewiss ist hier auf dem Gebiet unserer jetzigen epidemiologischen Kenntnisse über diese Epidemie eine weitere Lücke aus- zufüllen und vielleicht gelangen wir zu irgend einer neuen prophylaktischen Orientierung.“ Celli und Gasperini sind meine Nachforschungen zur Erklärung des Paludismus ohne Ma- laria entgangen. (S.5ı u.ff.der ersten Ausgabe dieses meines Werkes, und andere Stellen meiner vor- läufigen Mitteilungen, wo ich auf diesen Gegenstand hindeute.) Grassi, Die Malaria. 1 _—— 2) a Um festzustellen, ob die Resultate meiner früheren Untersuchungen und der in diesem Bande hinzugekommenen (S. 68 u. folg.) genügen, um auch die von Celli und Gasperini beobachtete Er- scheinung zu erklären, unternahm ich weitere specielle Untersuchungen in einer der von ihnen durch- forschten Gegenden. Ich muss gestehen, dass ich nur ungern meinen Fuss an solche Orte setzte, da ich vermutete, dass man daselbst wegen örtlicher Interessen, das Vorkommen der Malaria leugnen würde. Diesen Verdacht deutete ich schon in meiner ersten, 1898 veröffentlichten Notiz an, als ich schrieb: „In den Sümpfen von Fucecchio, in der Nähe der Bäder von Montecatini, hatte man mir versichert, es kämen keine Fälle von Malaria vor. Ich fand an diesem Orte den Anopheles claviger, lernte aber auch eine Familie kennen, die mitten im Sumpf wohnte und nicht wenig von Malaria zu leiden hatte.“ Auch der Fall der obengenannten Reisfelder von Massarosa war mir bekannt, da man mich im verflossenen Frühling gebeten hatte, Untersuchungen hierüber anzustellen, die ich aus verschiedenen Gründen hinausgeschoben hatte. Infolge der Arbeit von Celli und Gasperini beschloss ich, es nicht länger aufzuschieben, denn es schien mir, dass die von diesen Autoren aufgestellte Idee der Ab- schwächung der Malaria, für den Kampf gegen die Malaria gefährlich und verhängnisvoll werden könnte, wenn sie nicht durch direkte Versuche nachgewiesen würde. Hier folgen nun die Resultate, zu denen ich bis jetzt gelangt bin. Ich muss vorausschicken, dass der Gemeinderat von Viareggio (8 Kilometer von Massarosa) den Vorschlag gemacht hatte, die Reisfelder in der Umgebung der Stadt abzuschaffen, und dass infolgedessen dem Präfekten von Lucca eine von 2000 Bauern unterzeichnete Bittschrift vorgelegt worden war, in welcher gegen diese Abschaffung gesprochen wurde, weil sonst ganze Dörfer Hunger leiden würden. In der Bittschrift heisst es dann weiter: „... Es ist auch nicht zu befürchten, dass wir während der Arbeit in den Reisfeldern den Keim der Malaria in uns aufnehmen könnten, denn alle unsere Wohnungen befinden sich auf den Höhen, wo die Luft sehr rein ist, und die Zeit der Arbeit in den Reisfeldern dauert von 7 Uhr morgens bis gegen 5 Uhr abends. Dagegen ist es durch wissenschaftliche Experimente sichergestellt, dass die Mücke AnopAeles, welche die Malaria überträgt, ihr schreckliches Zerstörungswerk nur in den Abend- und Nachtstunden ausübt.“ Fast gleichzeitig legten die Eigentümer demselben Präfekten von Lucca eine (geschriebene) Bittschrift vor, der ich folgende Angaben entnehme. ee Gegenwärtig muss man behaupten, dass nicht nur in der Stadt Viareggio, sondern auch in der ganzen umliegenden Gegend, die auch die Gebiete der Gemeinden Camaiore und Massa- rosa umfasst, in der die Reiskultur ausgedehnt ist und sich immer mehr ausdehnt, das Malariafieber a) durchaus nicht in epidemischer Form auftritt; b) jährlich in sehr wenigen Fällen und immer in milder Form auftritt; c) wasdas Wichtigste ist, dass es, trotz der weiteren Ausdehnung der Reiskultur, nach und nach abnimmt.“ Zur Beglaubigung dieser Behauptung werden Zeugnisse vorgelegt von den Doktoren Franca- lanci und Calcinai, den bestellten Aerzten der Gemeinde Massarosa.. Dr. Francalanci, in dessen Bezirke die Reiskultur vorherrscht (ungefähr ®/,, der Flur sind mit Reis angebaut) versichert, dass in den letzten 4 Jahren jene 5 oder 6 jährliche Fälle von Malariafieber ganz verschwunden sind, die früher immer in milder Form vorkamen. Der andere Arzt, Dr. Calcinai, erklärt, er habe in der Ver- gangenheit nur sehr wenige Fälle von Malaria (3—4 jährlich), immer von leichter Form, behandelt, und im Jahre 1899 nur einen einzigen Fall beobachtet, der von Corsica eingeführt worden war. In der angeführten Bittschrift wird auch folgendes Stück eines Berichts des Dr. Francalanci angeführt, das in Abschrift im Archive des Provinzialarztes von Lucca liegt: Aus allem diesem folgt, dass die Einführung der Reiskultur in der Gemeinde Viareggio und nun jetzt in Massarosa so günstig wirkte, dass die schweren Formen der Malaria da, wo sie vorkamen, verschwanden, und ebenso die anderen Formen, denn im Laufe der Jahre ist eine sehr bedeutende fortschreitende Abnahme eingetreten. Dann ist noch zu bedenken, dass diesen Leuten —— 3 — dadurch besserer Verdienst zu teil wurde, und dass sie sich mit kräftigen, gesunden Nahrungsmitteln besser ernährten, als vorher.“ Kurz, Dr. Francalanci ist, gestützt auf historische Untersuchungen, auf von Kollegen gesammelten Thatsachen und auf seine eigenen Beobachtungen, überzeugt, dass, wenn keine Reiskultur mehr bestände und man die Sümpfe sich selbst überliesse, die Malaria wieder schwerer werden würde. Ferner bemerken die Eigentümer, dass die mit Reis bedeckten Gebiete sumpfig, zum grossen Teil mit Wasser bedeckt sind, und dass die Reiskultur die Malaria vertrieben hat, wahrscheinlich auch darum, weil infolge des Reisbaues in die Sümpfe fast fortwährend und in grosser Menge frische Quellwasser einströmen, die von den umgebenden Bergen kommen und folglich frei von Malaria sind. Durch das Einströmen dieser Quellwasser würden die für sich allein stagnierenden Sümpfe mehr in Bewegung gesetzt, und dadurch werde es nötig, dass die Gruben, in denen sie abfliessen müssen, fortwährend rein gehalten und von Unkraut befreit werden müssen. Dass hier Vorgetragene ist sehr seltsam und scheint zuerst in der That allem zu wider- sprechen, was bis jetzt festgestellt worden ist: nämlich dass die Reisfelder der Herd der Malaria sind, weil sie, wie ich zuerst beobachtet habe (September 18983), einen äusserst günstigen Platz zur Vermehrung des Amopheles darstellen. Alle diese Umstände waren mir gegenwärtig, als ich zum erstenmal die Gremeinde Massa- rosa besuchte. Hier hörte ich, dass die Gesellschaft der Mittelmeerbahnen, welche die Linie Viareggio- Massarosa verwaltet, also die den in grosser Ausdehnung mit Reis bebauten Sumpf von Massarosa durchziehende Linie, ihren Angestellten die Entschädigung der zweiten Zone zahlt, also der Zone schwerer Malaria. Der Umstand, dass diese Eisenbahnlinie neu erbaut, erst gegen ıo Jahre alt ist, lässt sogleich vermuten, dass die Gesellschaft, deren Sparsamkeit bekannt ist, sich nur darum zu der Entschädigung für schwere Malaria entschlossen hat, weil diese hier ohne Zweifel vorhanden ist. In Massarosa machte ich Bekanntschaft mit dem höflichen, tüchtigen Dr. Francalanci; er wiederholte mir mündlich, was er schon geschrieben hatte, nämlich in Massarosa sei die Malaria verschwunden. Ich stellte in Massarosa einige Nachsuchungen an, und muss erklären, dass es mir bis jetzt nicht gelungen ist, einen Malariakranken zu finden, ganz wie Dr. Francalanci behauptete. Ich kann aber nicht verschweigen, dass die Gemeinde Massarosa, um die Möglichkeit der Abschaffung des Reisbaues so besorgt ist, dass man wahrscheinlich einen Fall autochthonen Fiebers, der etwa vor- handen wäre, so gut verstecken würde, dass er unauffindbar wäre. Andererseits ist es aber gewiss, dass gegenwärtig, wenn in Massarosa Fälle von Fieber vorkommen, sie nicht zahlreich sein können, weil sie sich sonst nicht verbergen liessen. Das Ueberraschende ist dies, dass alle über 30 Jahre alten Leute versichern, bis vor 20 oder 25 Jahren an Tertiana gelitten zu haben. Nicht wenige sagen, sie hätten bis zum letzten Jahrzehnt daran gelitten, aber alle behaupten, seit zehn Jahren sei die Malaria verschwunden. Dr. Francalanci sagte mir, er werde oft wegen Fiebers infolge intestinaler Infektion gerufen, aber diese heilten alle ohne Chinin. Dieser letztere Umstand scheint zu beweisen, dass es sich nicht um Malaria handelte, und dies konnte ich in zwei von mir beobachteten Fällen mit Sicherheit zu- geben, nachdem ich das Blut mikroskopisch untersucht hatte. Nach meiner ersten Reise nach Massarosa erschien in Viareggio (Buchdruckerei Ciani), vom 27. August datiert, auch eine Note von Dr. Francalanci über Malaria in der Gemeinde Massarosa. Er sagt, er habe in diesem Jahr in Massarosa den Anopheles aufgesucht und Anopheles claviger und Pseudopictus gefunden, von denen er einige Exemplare den Doktoren Puccinelli und De Hieronymis vorgelegt habe, und diese hätten die Bestimmung der Species bestätigt. Er fügt hinzu, er habe vor einiger Zeit andere an Prof. Celli übergeben bei Gelegenheit eines Besuchs, den dieser ihm zugleich mit Prof. Gasperini machte. JE — 4 = Auch ich kann die Beobachtung Francalanci’s bestätigen, dass die Anopheles in Massarosa in Menge vorkommen, im Sumpfe, in den Reisfeldern, in den Bauernhäusern, und nicht nur in denen, die kaum zwei Schritte weit von dem Sumpfe entfernt liegen, sondern auch in den mehr im Inneren befindlichen, mögen sie Bürgern oder Bauern angehören. Die Menge der Anopheles, die in der Station Massarosa stechen, ist so gross, dass man sie nur mit den am stärksten malarischen Gegenden Italiens vergleichen kann. Noch seltsamer scheint auf den ersten Blick die schon von Dr. Francalanci in seinem Werkchen erwähnte Thatsache, dass jedes Jahr aus Massarosa im Frühling mehrere Bauern für einige Zeit nach Corsica auswandern, und einige andere nach Algier. „Je nach dem Gesundheits- zustand in diesen Ländern bleiben sie monatelang, immer zur Flucht bereit, sobald sie von Malaria- fieber befallen werden. Der grösste Teil dieser Auswanderer kehrt gewöhnlich mit-Fieber zurück, die nicht Erkrankten sind selten.“ Dr. Francalanci fügt hinzu, in diesem Jahr seien 5 Personen mit Malaria zurückgekommen. In den Wohnungen dieser von aussen gekommenen Malariakranken hat er zahlreiche Anopheles ge- funden. Er schliesst „trotz diesen Fällen giebt es im Gebiet von Massarosa keine Malaria, so dass es scheint, als ob hier die Anopheles die Malaria nicht auf andere Personen übertrügen.“ Kurz, es ist gewiss, dass in Massarosa die Amopheles sehr zahlreich sind, wie man nach dem Zustande des Landes voraussehen konnte, und dass Malaria entweder ganz fehlt, oder in sehr geringer Zahl vorhanden ist. Dr. Francalanci hat mir sehr wichtige historische Dokumente gezeigt, und besonders den Auf- satz: Ueber den Reisbau in Italien von Puceinotti (Livorno, Buchdruckerei Bertani, Antonelli & Cie 1843) und die Arbeit von Carlo Luigi Farini, Ueber die sanitären und ökonomischen Fragen, die in Italien über den Reisbau verhandelt werden (Florenz, Buchdruckerei Galileiana, 1845). Aus diesen Dokumenten entnehme ich, dass der Marchese Antonio Mazzarosa im wissenschaftlichen Kongresse in Padua einen Vortrag hielt über die Reisfelder von Lucca und ihre Wirkungen und darüber einen Brief an Puc- cinotti schrieb. Mazzarosa berichtete, dass der Senat der Republik Lucca am ıı. Mai ı612 den Reis- bau in dem ganzen Staate verboten hat. Man bemerke, dass der Reisbau damals sehr verbreitet war und dass man ihm äusserst schädliche Wirkungen zuschrieb. Nach Mazzarosa waren in den ı5 Jahren vor ı841ı die Tertianfieber in Massarosa so selten, dass man höchstens 6—8 Fälle im Jahre zählte, und auch diese nicht immer. Im Jahre 1840 nahm man die Reiskultur wieder auf, die sich im Jahre ı84ı verdoppelte und im Jahre 1842 verdreifachte. Im Jahre 1841 traten von der Hälfte Septembers an ı50 Tertianfieber auf; 1842 erschienen die Fieber im Juli und in diesem Jahre zeigten sich gegen 300 Tertianfieber; 1843 zählte man die Fieberkranken nach Hunderten. Farini!) führt gegen die Angaben Mazzarosa’s andere Fakta an, die eine Zunahme der Be- völkerung im Verhältnis zur Einführung des Reisbaues beweisen, sowie die Erklärung des Apothekers von Massarosa, er habe in den 5 Jahren vor der Einführung des Reisbaues zwei Pfund Chinin mehr verkauft, als in den folgenden 5 Jahren. Mir scheint es, dass weder die Zunahme der Bevölkerung noch die Erklärung des Apothekers gegenüber den von Massarosa angeführten positiven und genauen Thatsachen von einigem Werte sein können, und halte es daher für bewiesen, dass in Massarosa schon in früherer Zeit die Malaria gewütet hat und dann verschwunden ist, und dann von neuem gewütet hat und jetzt wieder ver- schwunden ist. Wie erklären sich diese Thatsachen ? Zunächst bieten sich zwei Hypothesen dar: ı) Aus meinen früheren Untersuchungen folgt, dass gewisse Anopheles gegen Malaria immun ı) Leider habe ıch das Werkchen Farini’s nicht mehr vor mir und muss aus dem Gedächtnis citieren. —— 5 —— sind; es könnte sein, dass die Anopheles von Massarosa gegenwärtig eine ganz immune Rasse bildeten, und darum überhaupt Malaria nicht übertrügen. 2) Es wäre möglich, dass das Vorkommnis von Massarosa eine Art von Paradoxon bildete, ge- stützt auf eine wahre Proposition, die sich durch ein Zusammentreffen von Umständen erklären liesse, die sich verbanden, um eine unerwartete Wirkung hervorzubringen!). Um zu sehen, welche Begründung die erste dieser beiden Hypothesen hätte, liess ich in Massarosa eine Anzahl von Anopheles einfangen, und bemühte mich, sie ein passendes Individuum mit Halbmonden stechen zu lassen. Das Resultat war folgendes: von 4 in Ostia gefangenen Axo- Pheles, die den Halbmondkranken stachen, infizierte sich einer sehr stark, die anderen infizierten sich nicht. Von ı2 in Massarosa gefangenen Anopheles, die gleichzeitig denselben Halbmondkranken stachen, infizierten sich vier, zwei sehr stark und zwei wenig (die beiden letzten hatten gestochen, ehe sie den Fruchtsaft ganz verdaut hatten, den sie auf der Reise von Massarosa nach Ostia zu sich genommen hatten; deswegen saugten sie wenig Blut)?). Ich sah die Amphionten fast reif in der Magenwand des Anopheles. Gewiss werden bald die Sporozoiten in den Speicheldrüsen anderer Arzo- pheles von Massarosa, die ich lebend im Laboratorium halte, erscheinen. Von diesen Anopheles könnte ich mich leicht stechen lassen, aber ich halte das Experiment für überflüssig. Für mich ist es wichtig, festzustellen, dass weder die Menschen noch die Anopkelesrasse von Massarosa gegen die Malariaparasiten immun sind. Dass es die Menschen nicht sind, beweist die Thatsache, dass die Leute von Massarosa, wenn sie Malaria ausgesetzte Länder besuchen, von dieser Krankheit befallen werden, wie aus den Angaben von Dr. Francalanci folgt. Dass die Anopheles nicht immun sind, beweisen die von mir angestellten Experimente. Damit ist also die erste Hypothese abgewiesen und wir müssen uns notwendig der zweiten zuwenden, denn es ist nicht möglich, eine andere, wahrscheinliche zu finden. Diese zweite Hypothese, die ich annehme, will ich kurz besprechen. Dr. Francalanci und Prof. Celli machen darauf aufmerksam, dass jedes Jahr in den Sommer- und Herbstmonaten in die verschiedenen malariafreien Orte mit vielen Anopheles mit Malaria infi- zierte Personen kommen, und dass daher in diesen Monaten Malariaparasiten im Blute nicht fehlen. In dieser Beziehung erlaube ich mir, zu bemerken, dass das Vorhandensein von Malariakranken und auch von Malariaparasiten im Blute durchaus nicht die Gegenwart von Grameten einschliesst, die fähig wären, sich in den Anopheles zu entwickeln. Ich, der ich Gelegenheit gehabt habe, sehr viele Infektionsversuche an den Anopheles zu machen, weiss, dass es verhältnismässig schwer ist, einen Kranken zu finden, der sie zu infizieren vermag. Diese Schwierigkeit erklärt es, warum so viele Versuche, Anopheles zu infizieren, Ross und Koch misslungen sind. Oft untersucht man Individuen, deren Blut man für voll von Halbmonden gehalten hätte, findet aber keinen einzigen. Um das oben erwähnte Experiment mit Massarosa zu machen, verschaffte ich mir drei Personen mit reichlichen Halbmonden; zwei von ihnen infizierten keinen Aropheles, weder von Massarosa noch von Grosseto, noch von ÖOstia. Die wenigen Personen, die nach Francalanci in Malariagegenden gehen und monatelang dort bleiben, immer bereit zu fliehen, sobald sie vom Fieber befallen werden, kehren, vielleicht durch einen glücklichen Zufall, nicht in geeignetem Zustande nach Massarosa zurück, um die Anopheles zu infizieren, und dieser geeignete Zustand tritt auch später nicht ein, denn sie werden von den tüchtigen wackeren Aerzten sehr sorgfältig behandelt. ı) Der Fall der Malaria in Massarosa wiederholt sich auch bei anderen Krankheiten mit einem Zwischenwirt. So fehlt in Italien die Trichinose, obgleich die Wirte (Ratten, Schweine, Mensch) vorhanden sind; in Frankreich fehlt sie beim Schwein und beim Menschen, obgleich trichinöse Ratten nicht selten sind. 2) Ich bemerke beiläufig, dass die ArzopAheles, auch wenn sie mit Blut gefüllt sind, an Früchten saugen können, sie geben dann gleichzeitig das Blut durch den After von sich. a Francalanei versichert mich, in Massarosa sei die Temperatur verhältnismässig kühler, als in Pisa; leider fehlen genaue Angaben. Auch dieser Umstand könnte einen Beitrag gegen die Ver- breitung der Malaria liefern. Ein bedeutender Teil der Anopheles von Massarosa gehört zu der Species Aseudopickus, die im allgemeinen auf offenem Felde lebt, wo in der Nacht starke Erniedrigung der Temperatur ein- tritt, was die Fortpflanzung der Malariaparasiten erschwert!). In Massarosa aber leben die Anopheles pseudopictus, wie dies Celli im Vercellese angetroffen hat, auch in den Häusern (wo man sie zum Unterschied von den c/aviger meistens an den niedrigen Teilen der Wände findet). Man kann jedoch vermuten, dass sie sehr kurze Zeit in den Häusern bleiben und dann ins offene Feld gehen, wo sie, wie gesagt, eine Erniedrigung der Temperatur antreffen. Der Hauptumstand aber, der nach meiner Meinung das Paradoxon von Massarosa erklärt, liegt darin, dass die Bevölkerung des Ortes fast ganz stabil ist und ihr die Behandlung ihrer Orts- ärzte nicht fehlt. In den Ländern des mittleren und südlichen Italiens, wo die Malaria noch zu wüten fortfährt, ist dagegen die Bevölkerung grösstenteils nomadisch und bis jetzt ist bei ihnen die ärztliche Hilfe mangelhaft gewesen oder hat ganz gefehlt. Man könnte einwenden, dass in Norditalien, z. B. in Locate Triulzi, die Malaria trotz der ärztlichen Behandlung wütet. Aber hier sind die Verhältnisse viel schlechter, als in Massarosa, Locate Triulzi liegt in einer Ebene, mitten in Reisfeldern, während Massarosa zum grossen Teil auf einem Hügel angebaut ist, an dessen Fuss die Reisfelder liegen. Dieser Umstand kann die Ver- breitung der Malaria einigermassen verhindern, weil die Anopheles oft, ehe die Sporozoiten reif sind, den Ort verlassen, wo sie ihre Nahrung finden, um sich zu dem Wasser zu begeben, in das sie ihre Eier legen; von da kehren sie nach dem Eierlegen wieder zu den menschlichen Wohnungen zurück, um so leichter, wenn diese in der Ebene, als wenn sie auf einem Hügel liegen. Es bleibt immer noch die Thatsache übrig, dass die Malaria früher in Massarosa wütete, während sie in den letzten 20 Jahren langsam verschwunden ist. Dies kann jedoch mit dem immer mehr verbreiteten Gebrauche des Chinins und der immer sorgfältigeren ärztlichen Hilfe in Ver- bindung gebracht werden. Ich schliesse. Seit langer Zeit fragte ich mich, wie sich die Malaria halten könne, trotz der enormen Schwierigkeit, die die Anopheles finden, um es möglich zu machen, sich zu infizieren; aber es schien mir, dass das Chinin hätte wirksamer sein sollen, als es in Wirklichkeit war. Anstatt dass die Verhältnisse von Massarosa in scharfem Widerspruch mit der Lehre von den Anopheles stehen, lassen sie auch meinen soeben ausgesprochenen Zweifel schwinden und überzeugen mich immer mehr, dass sie alle Erscheinungen der Malaria erklären. Viele günstige Umstände und gewiss auch ein wenig der Zufall haben bewirkt, dass Massa- rosa nicht mehr an Malaria leidet, oder nur in geringem Grade. Aber es ist nicht unmöglich, dass Massarosa wieder ein schwerer Malariaherd wird?). Dieses, ich beeile mich, es hinzuzufügen, könnte vielleicht nicht durch Unterdrückung des Reisbaues vermieden werden, welche sumpfige und über- ı) Das Leben der Sommer-Aropheles muss ohne Zweifel gewöhnlich sehr kurz sein, sonst müsste ihre Zahl an vielen Orten im September ungeheuer gross sein, was in der That nicht der Fall ist. Andererseits bedenke man, dass in Rom dieses Jahr im September in einem geschlossenen und gut gelegenen Zimmer die Amphionten nach 20 Tagen noch nicht reif waren. (Vom 9. bis 29. Sept.). 2) Dies ist z. B. in Dalmatien geschehen. Dr. Battara teilt mir mit, dass auf der Insel Zuri (wenig mehr als 20 Kilom. von der dalmatischen Küste entfernt), wo seit Menschengedenken niemals Malaria vorgekommen war, eine schwere Epidemie von Ter- tian- und Aestivo- Autumnalfiebern ausgebrochen ist (durch Blutuntersuchung bestätigt), welche die Hälfte der Bevölkerung ergriffen hat. Man hat festgestellt, dass die Krankheit durch einen Einwohner von Zuri eingeführt worden ist, der sich an der dalmatischen Küste infiziert hatte. Späterer Zusatz: Auch in Bologna, Ort wo trotz des Vorhandenseins der Anopheles die Malariafälle sehr selten waren, bewahrheitete sich kürzlich eine Malariaepidemie. EEE / schwemmte Oertlichkeiten hinterlassen würde, die an und für sich eine ungeheuere Vermehrung des Anopheles zur Folge haben würden. Man muss dagegen mit der sorgfältigen Behandlung jedes Falles von Malaria fortfahren, die am besten in .einem durch Metallnetze geschützten Hospitale stättfände. Die Erscheinung des Paludismus ohne Malaria, wie er sich in einem Teile Toskanas findet, beweist nach meiner Meinung nur, dass die Malaria sozusagen ein Koloss mit tönernen Füssen ist; mit sorgfältig angewendeter mechanischer und chemischer Prophylaxis werden wir ihn in kurzer Zeit niederwerfen können!). Späterer Zusatz. Kürzlich haben andere Verfasser und unter ihnen hauptsächlich Gazzarrini behauptet, die Anophels von Massarosa stächen nur selten die Menschen und seien weniger empfänglich für malarische Infektionen; sie bildeten eine physio- logische Varietät, die nur wenig fähig die Malaria zu verbreiten. Meine Beobachtungen widersprechen denjenigen Gazzarrini’s voll- ständig, d.h. sie beweisen, dass die Anopheles von Massarosa die Menschen sehr stechen und sich verhältnismässig auch nicht weniger leicht mit Malariaparasiten infezieren. II. Die epidemiologischen Untersuchungen des Prof. Dionisi. (4. Oktober 1901). Während ich die letzten Seiten der gegenwärtigen Arbeit korrigierte, erlaubte mir Dionisi freundlichst, die Probebogen seiner Arbeit zu lesen, die eine eingehende Darstellung der von ihm im Jahre 1900 in Maccarese gemachten Studien enthält. Diese tüchtige Arbeit, die Nachahmer finden sollte, setzt uns in den Stand, uns eine genaue Vorstellung von einer Malariaepidemie auf der Grundlage sehr reichlicher und gewissenhafter An- gaben zu bilden, die der Verf. mit allen wünschenswerten Einzelheiten dem Leser vorlegt, ehe er daraus irgend einen Schluss zieht. Der Verf. meinte, seine Beobachtungen lieferten noch nicht mit Sicherheit den Beweis der Richtigkeit der von mir aufgestellten Hypothese über die Recidive, zur Erklärung des Entstehens der ästivo-autumnalen Fieber in dem neuen Epidemiejahre (S. 133 und folgg. des gegenwärtigen Werkes). Dieser sein Schluss ist logisch und stimmt mit den von ihm beobachteten Thatsachen überein. Ich für meinen Teil muss jedoch die von mir auf den soeben angeführten Seiten vorge- brachten Betrachtungen und Thatsachen hinzufügen. Ich bemerke ferner: ı) Dass man nach den Untersuchungen Dionisi’s die Entstehung der primitiven Malaria- Infektionen nicht mehr weder mit einem Ausbruch noch mit einer plötzlichen Feuersbrunst ver- gleichen kann. 2) Dass, wenn der Ausdruck erlaubt ist, durch den Darm des Anopheles eine viel grössere Menge Blutes geht, als die, welche unter den Augen Dionisi’s vorüberziehen konnte, obgleich er seinen Forschungen viele arbeitsreiche Monate geweiht hat, und dass daher die Anopkeles Halbmonde gefunden haben könnten, die seinen mühsamen Nachforschungen entgangen sind. 3) Dass die ersten Fälle von ästivo-autumnaler Infektion Dionisi’s Individuen betreffen, die jahrelang Malariagegenden bewohnt hatten, und dass man der Versicherung einiger von ihnen, sie hätten seit Jahren kein Fieber gehabt, keinen vollen Glauben schenken kann. (S. S. 203 dieses Bandes. ı) Da die Anopheles durch ihren Stich auch die Arlarıa immitis (Grassi und No£) fortpflanzen, so war es interessant, zu wissen, ob in Massarosa die Hunde mit Arlaria immitis infiziert wären. Ich habe deswegen Nachforschungen gemacht, die mir schnell ein positives Resultat gaben. en Alles zusammengenommen, fühle ich mich fest überzeugt, dass keine neuen ästivo-autumnalen Infektionen entstehen können, ohne dass Recidive vorhergegangen wären. Ä Die Nachforschungen Ascoli’s in Grosseto ıg01 bestätigen diese meine Behauptungen voll- ständig. II. Kurzer Bericht über den zu Ostia im Jahre 1901 mit der chemischen Prophylaxe gemachten Versuch gegen die Malariainfektion. I. Vorwort. Ueber diesen ausgedehnten Versuch, den ich mit Hülfe der Doktoren C. Barba Morrihy, G. Pittaluga, G. No& und des Präparators G. Riccioli ausgeführt habe, publizierte ich einen aus- führlichen Bericht (142 Seiten)!), aus dem ich hier einen kurzen, von einigen Bemerkungen be- gleiteten Auszug gebe. Der Feldzug gegen die Malaria in Ostia hatte zum Zweck: ı. Welches Resultat man durch eine, nur durch chemische Mittel ausgeführte Malaria- prophylaxis erreichen könne. 2. Die Schwierigkeiten abzuschätzen, die sie im Vergleich mit der mechanischen Prophy- laxe darbieten könnte. 3. Die Lösung der schweren Aufgabe zu versuchen, mit Hülfe einer sehr kleinen Zahl von Aerzten, Tausende von Kranken zu behandeln, da doch dieser traurige Zustand leider in Italien in der Mehrzahl der Orte stattfindet. Ich habe das Gebiet von Ostia gewählt, das nur 2ı km von Rom entfernt ist, und besonders die Bewohner des zur Kolonie der Ravennatischen Arbeiter gehörigen Ortes, teils weil daselbst die Malaria jedes Jahr sehr heftig auftritt, teils wegen anderer Gründe praktischer Art, die ich mir gegen- wärtig halten musste, um desto sicherer mein Ziel zu erreichen. Zur Prophylaxe wählte ich jene Mischung von Chinin, Arsenik, Eisen und Bitterstoffen, die sich im Handel unter dem Namen Esanopheles findet und mir schon durch die guten Wirkungen be- kannt war, die es im verflossenen Jahre in der Ebene von Capaccio hervorgebracht hatte. Hier hatte ich die Ueberzeugung gewonnen, dass das in diesen Pillen enthaltene Chinin sich sicher im besten Zustande befindet, um dem menschlichen Organismus nutzen zu können, sodass man vom Chinin allein, natürlich in gleicher Dosis keine grössere Wirkung hätte erlangen können. Dies machte ver- gleichende Experimente mit Chinin und Euchinin überflüssig, die ich jedoch aus übermässiger Sorg- falt angestellt hätte, wenn mir nicht die Mittel dazu ganz gefehlt hätten. Die Prophylaxe hat vom ı. Juni bis ı8. Dezember gedauert; aber unsere persönliche sorgfältige Aufsicht hat mit dem 31. Oktober aufgehört. Doch bin ich gewiss, dass die data vom ı. November bis zum ı8. Dezember treu und sorgfältig aufgezeichnet wurden. Auch nach dieser Zeit hatte ich Ge- ı) Typographische Anstalt von A. Rancati, Mailand, via Tortona 12. —— 9 — legenheit, öfters die meinem Experiment unterworfenen Individuen zu sehen. Ferner wurden sie nach dem Aufhören des Experiments von dem trefflichen Arzte von Östia, Dr. Maggi, beaufsichtigt. So umfassen die Resultate, über die ich hier berichte, ein ganzes Jahr, sie erstrecken sich nämlich vom ı. Juni ıgoı bis ı. Juni 1902. In der Campagna romana beginnt bekanntlich die neue Fieberzeit, also die, in welcher die neuen Infektionen auftreten, gegen die Hälfte des Juni und endigt in der zweiten Hälfte des Dezembers. Daraus sieht man, dass die Prophylaxe von uns während der ganzen Malariazeit ausgeübt wurde. 2. Für das Experiment vorgeschriebene Regeln. ı. Die Behandlung findet bei Individuen über 4 Jahre mit den Pillen von Esanopheles statt; bei Kindern unter 4 Jahren mit Esanophelin, d. h. einem flüssigen Präparat von nicht unangenehmem (reschmack, das dieselben Arzneimittel enthält, wie das Esanopheles. Die Arznei wird in unserer (regenwart eingenommen. 2. Individuen, die früher an Malariafieber gelitten haben und sich nicht für gründlich geheilt halten können, sowie die, deren anamnestische Angaben unsicher sind, werden einer intensiven An- fangsbehandlung während ı5 aufeinanderfolgender Tage, mit dem Alter des Kranken angepassten Dosen unterworfen, nämlich bei Kindern von 4—8 Jahren drei Pillen von Esanopheles täglich, bei Burschen von 8S—-ı5 Jahren vier Pillen täglich, bei Individuen über ı5 Jahre sechs Pillen täglich. Kinder unter 4 Jahren machen ebenfalls die intensive Anfangskur von ı5tägiger Dauer durch; das Esanophelin wird nach dem Alter folgendermassen bestimmt: für Neugeborene (1—7 Monate) 6 g täglich, für Kinder von 7—ı2 Monaten 8 g täglich; für Kinder von ı2—24 Monaten ı2 g täg- lich, für Kinder von 2—3 Jahren 18 & täglich. 3. Das Mittel wird im Laufe des Morgens und genau zwischen 5 und 9 Uhr gereicht; die Pillen also, zwei auf einmal, in drei Dosen für Erwachsene mit zweistündigem Zwischenraum; das Esanophelin in zwei oder drei Dosen. 4. Wenn am 15. Tage die intensive Kur beendigt ist, müssen alle Individuen die prophy- laktische Behandlung in engerem Sinne beginnen, also mit einer täglichen Dosis im Verhält- nis zum Alter und (nach theoretischem Urteil) genügend zur Verhütung neuer Infektionen und Reci- dive fortfahren. Diese tägliche normale Dosis, die immer am frühen Morgen zu entnehmen ist, soll be- tragen: a) für Kinder von 4—8 Jahren eine halbe Pille täglich; b) für Burschen von 8—ı53 Jahren eine Pille täglich; c) für Erwachsene über ı5 Jahren ı!/, Pille täglich. 5. Die Behandlung muss in jedem Falle am ı. Juni beginnen. Die, welche niemals an Fieber gelitten haben, müssen die prophylaktische Behandlung in engerem Sinne am ı. Juni an- fangen, oder wie ich der Kürze wegen weiterhin sagen werde, die prophylaktische Behandlung. 6. Sobald einer der Behandelten an Fieber erkrankt, muss er die intensive Behandlung (intensive Successivbehandlung) wiederholen. Es ist eine Hauptregel, dass diese Behandlung möglichst bald, also an dem Tage des Fieberanfalls selbst oder am folgenden Morgen begonnen wird. Diese Regeln sind nicht immer genau befolgt worden. Da nur sehr wenige Personen sich ganz frei von Malaria erhalten konnten, so musste die in- tensive Anfangsbehandlung sich fast auf alle erstrecken, die an unserem Experimente teilnahmen. Aus diesem Grunde, wie auch wegen der topographischen Verteilung der ländlichen Arbeiten der . . . 9 Grassi, Die Malaria. = — Io — Kolonie musste der grösste Teil der Erwachsenen vier Pillen zwischen 7 und ıı Uhr morgens und die letzten zwei gegen 5 Uhr nachmittags nehmen. Ausserdem wurde die intensive Behandlung in nicht wenigen Fällen in etwas längerer Zeit vollendet, als in den vorgeschriebenen ı5 Tagen, weil sie einige Tage unterbrochen wurde, oder an einigen Tagen die vorgeschriebene Dosis nicht erreicht wurde. Es fehlte nicht an Fällen, bei denen die Unregelmässigkeiten viel grösser waren, sei es bei der intensiven Behandlung, sei es bei der prophylaktischen. Aus Menschlichkeit konnten wir diejenigen Personen nicht im Stich lassen, die unsere Vor- schriften vernachlässigten; wir haben auch nicht wenige bei schon vorgerückter Malariazeit in Be- handlung genommen, und auch solchen Personen Pillen verabreicht, die wir sie nicht unter unseren Augen einnehmen lassen konnten. Hier ist hinzuzufügen, dass an den Tagen der intensiven Behandlung häufig zwei oder vier Pillen übergeben, und nicht in unserer Gegenwart verschluckt wurden. Die Praxis hat uns gelehrt, dass wir dies niemals hätten thun sollen, denn wir haben nicht selten Pillen in den Taschen sonst sehr pünktlicher Personen gefunden, welche offenbar mehrmals vergessen hatten, sie einzunehmen. Dazu kommt noch, dass leider in manchen Fällen in der ersten Zeit die Hauptregel, die den möglichst schnellen Anfang der intensiven Successivbehandlung nach Ausbruch des Fiebers vorschreibt, von uns vernachlässigt worden ist, weil wir noch nicht Gelegenheit hatten, ihren hohen Wert zu schätzen. In der ersten Hälfte des Juli bemerkten wir, dass die tägliche prophylaktische Dosis für Burschen von 10—ı5 Jahren ungenügend war; daher wurden diese von der Hälfte des Juli an mit ı!/, Pillen täglich behandelt. Man bemerke, dass den Kindern unter 8 Jahren nicht eine halbe, son- dern von Anfang an eine ganze Pille gereicht worden war, und so während der ganzen Zeit. Von den Erwachsenen wurde eine kleine Zahl sehr kurze Zeit lang mit einer prophylaktischen Dosis von nur einer Pille behandelt, der grösste Teil von Anfang an mit anderthalber. Aber von der Mitte des Juli an erhielten alle Erwachsenen ohne Unterschied zwei Pillen täglich. Alle diese Umstände können den Ausgang des Experiments für den weniger deutlich ge- macht haben, der den Verlauf nicht mit Aufmerksamkeit verfolgt hat. Aber die Evidenz kann dem- jenigen nicht entgehen, der unseren ausführlichen Bericht durchgeht, in welchem alle Thatsachen sorgfältig angeführt werden. 3. Toleranz der Behandlung. Während der intensiven Anfangsbehandlung hat man einige seltene Fälle von wahrschein- licher Intoleranz gegen das Mittel beobachtet (Gefühl von übermässiger Dumpfheit, von Schwindel, Abgeschlagenheit, diffuse Leibschmerzen u. s. w.); diese Intoleranz ist jedoch mit sehr geringen Re- aktionserscheinungen aufgetreten, die immer nach einigen Tagen aufhörten, so dass wir in keinem Falle genötigt waren, die Behandlung abzubrechen. Als wahrscheinliche Wirkung des in den Pillen enthaltenen Arseniks hat man an ungefähr vier der Behandlung unterworfenen Personen nach den ersten acht Tagen nach deren Anfang einen papulopustulösen Ausschlag bemerkt, der bald verschwand. Andere Erscheinungen, die uns zuerst als Wirkungen der Intoleranz erschienen, waren, wie wir später bemerkten, nur Vorwände, um sich der Behandlung zu entziehen. Alle der intensiven Behandlung Unterworfenen fühlten, wie es natürlich ist, Ohrensausen und leichte Betäubung während der ersten Tage. Es ist unnötig zu sagen, dass dies von dem in dem Mittel enthaltenen Chininsalze herrührt. Aber alle konnten ıhre schweren Feldarbeiten besorgen. Nach einigen Tagen, wie schon angedeutet, kümmerten sie sich nicht mehr um diese Störungen. —— II u Bei der Toleranz oder Intoleranz gegen das Mittel beobachtete man keinen Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht. Während der prophylaktischen Behandlung erschien nicht das geringste Zeichen von Intoleranz. Es ist hierbei zu bemerken, dass acht schwangere Frauen die intensive Behandlung in ver- schiedenen Perioden der Schwangerschaft durchmachten, und regelmässig die prophylaktische Kur während der ganzen Zeit bis zum Oktober ohne Störung befolgten. In Fällen, die mit Symptomen von besonderer Schwere und unter beunruhigenden Erschei- nungen auftraten, besonders mit gastroenteritischen Symptomen, haben wir (in der ersten Zeit) ange- standen, wiederholte Dosen des Mittels darzureichen, und vorgezogen, andere Chininpräparate anzu- wenden. Aber in anderen, nicht viel weniger schweren Fällen haben wir ohne Unterbrechung das Esanopheles fortgegeben und keine anderen, als günstige Folgen gesehen. Ich füge hinzu, dass infolge der allgemeinen Wirkung des Mittels auf den Organismus einige Personen sich während der ganzen Zeit der intensiven Behandlung über Mangel an Appetit beklagten. Auf diese Appetitlosigkeit folgte meistens plötzliche Rückkehr des Appetits und ein vorzüglicher Gesundheitszustand. Aber in einigen Fällen dauerte sie auch länger, als die intensive Behandlung. Der grösste Teil der Behandelten zeigte dagegen ohne weiteres am dritten oder vierten Tage der Kur Zunahme des Appetits. Im ganzen waren die Gesundheitsverhältnisse unserer Individuen am Ende des Experi- ments viel günstiger, als am Anfang, das (Gegenteil von dem, was in anderen Jahren stattfand. Die Milz hat sich in allen Fällen bedeutend verkleinert, so dass bei den Individuen ein (Gefühl entstand, das sie selbst so beschrieben: „sie fühlten sich leichter, konnten laufen, knöpften leichter die Hosen zu“. Es ist zu bemerken, dass sie sich im allgemeinen kräftig nährten, aber zu gleicher Zeit begingen fast alle häufig diätetische Sünden. Des Abends pflegten die Männer erst gegen Mitter- nacht nach Hause zu gehen, um die Arbeit um 4—5 Uhr morgens wieder aufzunehmen. 4. Resultate des Experiments. In dem Gebiete von Ostia, einem, jedes Jahr, und nicht in Zwischenräumen, wie anderwärts, von der Malaria heimgesuchten Landstriche, war auch dieses Jahr (1901) der Prozentsatz der Ma- lariakranken sehr hoch. So erkrankten vom ı. August bis ı5. Oktober von 92 Personen, auf die sich unsere prophylaktische Behandlung nicht erstreckt hatte, wenigstens 86 an meist schwerem Fieber, das bisweilen perniciös und oft hartnäckig war, trotz der sehr intelligenten und eifrigen Be- handlung durch den trefflichen Arzt des Ortes und trotz ihrem Eintritt ins Hospital, wohin ein Teil der Kranken flüchtete. Dagegen ‚haben wir durch unsere Behandlung erreicht, dass von 293 Personen 239 geschützt wurden. Nur 54 erkrankten nicht schwer und für kurze Zeit an Malaria- fiebern, oder die für solche gehalten wurden. Mehrere der 86 nicht von uns Behandelten wiesen persönlich eine höhere Zahl von Krankheitstagen auf, als die bei unseren 54 Kranken zusammen Beobachteten. Wer durch trockene Zahlenrechnung — 293 Personen, von denen 54 erkrankten — den Pro- zentsatz aufstellte, 19 °/, ungefähr, würde eine falsche Vorstellung von den erhaltenen Resultaten bekommen, denn er würde auf einen Haufen, Leute werfen, die nur kurze Zeit an dem Örte blieben, solche, die die Behandlung schlecht ausführten, solche, die nur wenige Stunden lang Fieber hatten u. s. w. Man muss jedoch eine kritische Prüfung aller von uns gemachten Angaben anstellen, um zu sehen, welche Bedeutung man ihnen beilegen muss. — 12 _— Wenn man die Geschichten der 54 an Malaria oder für diese gehaltenen Fieber einzeln prüft, so folgt, dass die sehr grosse Mehrzahl derselben darum erkrankt ist, weil sie schwere Uebertretungen der vorgeschriebenen und oben angeführten Regeln begangen hat. Wir können diese Individuen in Gruppen teilen, je nachdem die eine oder die andere Regel übertreten worden ist. So haben wir vier Erwachsene, welche die Behandlung mit starken Unterbrechungen befolgten. Wenn wir das Datum der Unterbrechungen und das der Fieberanfälle vergleichen, folgt offenbar, dass diese nach einer gewissen Zahl von Unterbrechungstagen auftraten und so eine Probe auf die Wichtigkeit unserer Behandlung lieferten. Eine andere Gruppe begreift fünf Personen, denen die Dosen der Arzenei fast immer abge- liefert wurden, statt sie ihnen direkt einzugeben. Bei diesen fünf Personen fehlt uns, abgesehen von anderen Unregelmässigkeiten, jedes Vertrauen zu der Regelmässigkeit und Genauigkeit der Be- handlung. Von einigen wissen wir sogar gewiss, dass die Vorschriften nicht befolgt worden sind, gerade während einer gewissen Zahl von Tagen vor dem Fieberanfall. Eine andere Reihe begreift zwölf Individuen (Erwachsene und Burschen), denen ganz oder fast ganz die intensive Anfangsbehandlung fehlte. Einige davon haben auch die prophy- laktische unregelmässig durchgemacht u. s. w. In einigen Fällen ist die Diagnose mehr oder weniger zweifelhaft. Zu verschiedenen Zeiten wurden mit Gruppen von Personen, die einer Behandlung nach be- sonderen Methoden und Kriterien unterworfen wurden, kurze Experimente angestellt. Wir nahmen nämlich für einige Zeit die von der Koch’schen Schule für die Darreichung des Chinins zur che- mischen Prophylaxe empfohlene Methode an: eine etwas hohe Dosis (sechs Pillen für Erwachsene) zwei Tage nach einander, dann eine vollkommene Unterbrechung von 7 Tagen. Darauf am 8. und 9. Tage dieselbe Dosis, neue Unterbrechung, und so fort. Später suchten wir die Wirksamkeit der Methode von Albert Plehn mit Chinin und Euchinin festzustellen, wir liessen also eine mittlere Dosis (drei Pillen für Erwachsene) jeden fünften Tag nehmen, mit viertägiger vollständiger Unterbrechung. Von der nach der Methode der Koch’schen Schule (vom ı5. Juli bis Anfang August) behan- delten Gruppe erkrankten zwei, einer am 30. Juli, wahrscheinlich durch primäre ästivo-autumnale In- fektion, der andere am ı. August. Diese Misserfolge flössten uns soviel Zweifel an dem Werte dieser Behandlung ein, dass wir uns entschlossen, das Experiment zu unterbrechen. Von den vom 3. bis ı8. Oktober nach der Methode von Plehn behandelten Personen, er- krankten drei, zwei am ıı., einer am ı8. Oktober. Obgleich wir in keinem Falle der Diagnose ganz sicher waren, hielten wir es für zweckmässig, mit dieser Methode nicht fortzufahren. Es sind keine weiteren Worte nötig, um zu beweisen, dass die 26 Personen, von denen hier die Rede gewesen ist, keineswegs als das Mass des Wertes der von uns ausgeführten pro- phylaktischen Behandlung betrachtet werden können. Andere Fälle werden ebenfalls gerechtfertigt, wenn man deren Geschichte aufmerksam durchliest. So hatteı zwei, welche die Kur am ı5. August anfingen, ein bis zwei leichte und kurze An- fälle während der intensiven Anfangsbehandlung. Einer von ihnen, der, als er in Behandlung ge- nommen wurde, an Malaria-Kachexie litt; hatte vielleicht auch später noch einige leichte Fieberanfälle. Ein Anderer, der ebenfalls im Zustande von Malaria-Kachexie an unserem Experimente teil- nahm und auch die Kur spät anfing (27. Juni) hatte einen einzigen sicheren Anfall von Malariafieber von der Dauer eines halben Tages (27. August). Ein Anderer, der ebenfalls mit Malaria-Kachexie in unsere Behandlung trat und die inten- sive Anfangsbehandlung unvollständig und unregelmässig durchmachte, hatte einige sehr unregel- mässige und kurze Malariafieberchen. Aus übermässiger (rewissenhaftigkeit hat man den 54 Fällen einen anderen zugezählt, bei dem der Blutbefund im frischen und trockenen (Koch’sche Methode) Zustande immer negativ gewesen war, und die Symptome gegen Malarianfektion sprachen; später konnten wir uns überzeugen, dass man Malariainfektion vollkommen ausschliessen musste. Von den anderen Fällen betreffen fünf Personen, die sich nur einmal über leichte Störungen beklagten, die möglicherweise der Ausdruck eines leichten Fieberanfalles sein konnten; man füge hinzu, dass das Blutrepertum stets negativ war. Diese fünf Fälle kann man einfach für nicht ent- scheidend erklären. Nichts beweist auch der Fieberanfall eines Burschen, der niemals malariakrank gewesen war, da sich das Fieber nicht wiederholt hat trotz dem fehlen der intensiven Kur und der Blutbefund negativ war. Sehr beachtenswert sind dagegen neun Fälle bei Burschen zwischen ıo und ı5 Jahren. Drei von diesen finden einigermassen ihre Erklärung in der langen Unterbrechung der prophylak- tischen Behandlung und in der unvollständigen und unterbrochenen intensiven Anfangsbehandlüng. Noch sind aber sechs Fälle mit positivem Blutbefund übrig bei Burschen zwischen ıo und ı5 Jahren, die erkrankten, neben vier gesund gebliebenen. Diese Fälle machen zuerst starken Eindruck. Wenn man aber bedenkt, dass die Kinder bis zu 4 Jahren gesund blieben und die regelmässig behandelten über ı5 Jahre alten Personen ebenfalls fast alle gesund blieben, überzeugt man sich leicht, dass die den 10— ı5jährigen Burschen gereichte Dosis von Esanopheles ohne Zweifel ungenügend war. Man bemerke, dass eine ähnliche Erscheinung sich bei einem Experimente mit den Arbeitern der Scheunentenne wiederholt hat, das ich später erwähnen werde. Dies haben wir leider zu spät bemerkt; man vermehrte dann die Dose des Esanopheles bei der prophylaktischen Behandlung; leider that man dies nicht bei der intensiven successiven Behandlung. Jetzt wissen wir gewiss, was übrigens anderen schon bekannt war, dass man Burschen von 10— 15 Jahren, sei es bei der intensiven, sei es bei der prophylaktischen Behandlung, sehr wenig kleinere oder gleich starke Dosen geben muss, wie Erwachsenen. Eine ähnliche Erklärung finden die beiden leichten Fieberanfälle bei einem fünfjährigen Kinde, das lange eine ungenügende Dosis von Esanophelin genommen hatte. So werden 47 von den 54 Fällen vollkommen gerechtfertigt. Die anderen sieben hatten trotz möglichst regelmässiger und genügender Be- handlung leichte oder nicht schwere Fieberanfälle, möglicherweise sämtlich von Ma- larianatur, obgleich der Blutbefund bei sechs negativ, und nur bei einem positiv ausfiel. In drei von diesen sieben Fällen war der Anfall leicht und wiederholte sich nicht; bei vier fanden einige Anfälle statt, der erste immer leicht und die anderen nicht schwer. Alles lässt annehmen, dass, in dem Falle, dass es sich wirklich um Malaria handelte, diese Wiederholung vermieden worden wäre, wenn die intensive Be- handlung sogleich wieder aufgenommen und vollständig wiederholt worden wäre. Im ganzen kann man ungefähr ı50 Fieberstunden rechnen, von denen man bei einem neuen Experimente wenigstens die Hälfte durch schleunige, vollständige Wiederholung der intensiven Behandlung vermeiden könnte. Es ist auch wenigstens sehr zweifelhaft, ob alle die genannten Fieberstunden der Malaria zuzuschreiben seien, da die negativen Blutbefunde allzu häufig waren!). Neben diesen sieben sehr leichten Fällen stehen mehr als 100 Personen, die bei regelmässiger und genügender Behandlung gesund blieben. Der ungeheure Prozentsatz (über 90°/,) von Malariafieber unter denen, die unsere Behandlung nicht befolgten (s. oben), liefert den Beweis für die grosse Wirksamkeit unserer Behandlung, die von ı) Ich habe primäre Formen nicht von Recidiven unterschieden, weil es mir unmöglich war, zwischen primären Formen und Recidiven bei den Individuen, welche in den letzten Jahren an Malaria gelitten, genau zu unterscheiden; denn fast alle der chemi- fer > schen Prophylaxe unterworfenen Personen hatten in den letzten Jahren Malariaanfälle gehabt, .— 14 — neuem bestätigt wird, wenn man die unter denen vorgekommenen Fälle betrachtet, welche die Medizin unregelmässig oder in ungenügender Dosis genommen haben (Burschen zwischen 10 und ı5 Jahren). Hierzu kommt noch, dass ebenso günstige Resultate bei unseren Experimenten an den Ar- beitern der Aia Procojo von Ostia im Monat Juli erhalten worden waren. In der anderen Aia von Ostia, Dragoncello, wo keine Behandlung stattfand, war die Zahl der Kranken sehr gross. Am Ende der Malariazeit erstaunte jeder Besucher der von uns behandelten Familien über das Wohlbefinden fast aller, was in den vorhergehenden Jahren niemals nur entfernt der Fall gewesen war. Endlich lenke ich die Aufmerksamkeit auf die Milde der Fieberanfälle und das schnelle Aufhören der Krankheit, das bei allen auftrat, die mit Esanopheles behandelt wurden. Die 54 oben erwähnten Fälle umfassen die Periode vom ı. Juli bis 31. Oktober. Nach dem 31. Oktober fehlen uns wissenschaftlich genaue Angaben, da nicht mehr in jedem einzelnen Falle das Blut untersucht, noch die Geschichte der einzelnen Fälle eingehend aufgezeichnet wurde. Wir wissen jedoch gewiss, dass die unserer Behandlung regelmässig unterworfenen Personen mit sehr wenigen Ausnahmen Winter und Frühling, was Malariafieber betrifft, in vorzüglich günstigem Zu- stande verlebt haben. Malariafieberanfälle kamen fast ausschliesslich unter den Burschen von 10—15 Jahren vor, die, wie gesagt, mit unzureichender Dosis behandelt worden waren. Von dem Gesichtspunkte der Hygiene, die sich die Ausrottung der Malaria zum Ziel setzt, sind also die von uns in Ostia erhaltenen Resultate von grundlegender Wichtigkeit, indem von den 293 von uns behandelten Personen nur vier, welche die Behandlung sehr ungenau durchgemacht hatten, Gameten im peripherischen Blute zeigten. Man bemerke, dass die Untersuchungen, so weit möglich, nicht auf die Tage beschränkt waren, an denen Fieberanfälle vorkamen, und sich auch auf Personen erstreckten, die kein Fieber gehabt hatten. Am ı2. und ı3. Dezember sammelte man das Blut von 60 Personen, die an unserem Experimente teilgenommen hatten, mit Inbegriff vorzüglich aller derer, die Fieberanfälle gehabt hatten. Die am trockenen Präparat gemachte Untersuchung ergab in allen Fällen negatives Resultat. Man kann also nicht sagen, unsere Behandlung habe nur dazu gedient, das Fieber im Zaum zu halten; sie hat die Entwickelung der Gameten verhindert, die, wie man jetzt weiss, die einzigen Formen sind, die sich in den Anopheles entwickeln und die Malaria ausbreiten können. Wenn wir diese mit dem Esanopheles erreichten Resultate denen gegenüberstellen, die in der Piana di Capaccio durch den Gebrauch der Netze erhalten worden sind, sehen wir, dass die Resultate sozusagen zusammenpassen. Unser Schluss ist daher folgender: die Prophylaxe gegen die Malaria kann auf zweierlei Weise vorgehen, mechanisch und chemisch. Die als die sicherste nach- gewiesene chemische Methode ist die mit Esanopheles. (Ich spreche von unserem Lande, da ich über tropische Gebiete keine Erfahrung habe.) Dies schliesst nicht aus, dass andere sich ebenso wirksam zeigen können; bis jetzt fehlt der Beweis dafür!). Mit Esanopheles, wie mit Netzen, kann man ungestraft einer malarischen Um- gebung trotzen. Gewiss kann irgend ein Fieberanfall eintreten, aber er wird immer unbedeutend sein. Wenn wir unser Vaterland von der Malaria befreien wollen, müssen wir zu der mechanischen und chemischen Prophylaxe greifen, die wenigstens an stark malarischen Orten obligatorisch sein müssen. ı) Neuerlich sind in Italien mit Euchinin und Chininsalzen gemachte Versuche veröffentlicht worden, die gleiche oder bessere Resultate geliefert haben sollen, als die mit Esanopheles. Da es an einem eingehenden Berichte über diese Experimente fehlt, ist es nicht möglich, sie mit den meinigen zu vergleichen. Ich mache übrigens den Leser auf die Irrtümer aufmerksam, die bei solchen Fxperimenten leicht eintreten, wenn sie nicht durch erfahrene und nicht genügend zahlreiche Personen sorgfältig beaufsichtigt werden. — 15 — Ich kann nicht weiter gehen, ohne anzuführen, dass neuerlich die Nötigung zur prophy- laktischen Behandlung, sowohl der mechanischen, als der chemischen, für einen Ein- griff in die persönliche Freiheit erklärt worden ist, ohne zu bedenken, dass jede Familie, auch von Bauern, die einen Ort bewohnen, wo schwere Malaria herrscht, und sich über- zeugt hat, dass die Behandlung wirklich vor dem Fieber schützt, freiwillig diese Be- schränkung der Freiheit verlangt und auf sich selbst angewendet hat, die andere be- klagen! Man muss bedenken, dass das Bewohnen eines schwer malarischen Ortes während der Fieberzeit ein grenzenloses Unglück für eine Familie ist, denn alle erkranken am Fieber und dieses hört nicht einmal mit dem Ende der Malariazeit auf. Man bedenke, dass, um an einem gesunden Orte zu schlafen, viele täglich mehrere Kilometer ermüdenden Weges zurücklegen, dass alle, die es können, aus den schwer malarischen Gegenden während der Fiebermonate fliehen und dafür schwere Opfer bringen. Auch eine Beschränkung der Freiheit! 5. Schwierigkeiten der mechanischen und chemischen Behandlung. Ich muss sogleich bemerken, dass in der Praxis sowohl die mechanische, als die chemische Behandlung Schwierigkeiten darbieten, die ich hier genau angeben werde. Vor allem muss gesagt werden, dass vollkommener Schutz nur durch Netze nicht sehr leicht erreichbar ist. Man muss allerdings das Gegenteil glauben, wenn man den Bericht des Prof. Celli liest, der mit Hilfe von nur zwei Eisenbahnbeamten, und gleichzeitig längs fünf verschiedenen Linien experi- mentierend, nur ır Kranke unter 203 Kisenbahnleuten hatte, während das ganze nicht geschützte Personal erkrankte. Die Angaben des Prof. Celli hatten mich nicht wenig in Erstaunen versetzt, denn in der Piana di Capaccio waren längs einer einzigen Eisenbahnlinie von ıı2 von mir ge- schützten Personen fünf erkrankt (ziemlich kurz dauernde Fieber, die man für Rückfälle halten muss), trotz der prophylaktischen Behandlung vor der Fieberzeit, die bei den Experimenten des Prof. Celli nicht gemacht worden war, und trotz einer sehr sorgfältigen Aufsicht, die ausser der meinigen, die Arbeit von vier Aerzten und zwei Eisenbahnbeamten erforderte, Ich glaubte daher seit 1900, dass sich in den Angaben des Prof. Celli zu seinem Schaden ein Irrtum eingeschlichen haben müsse. Im Jahre ı901 überzeugte ich mich dann, dass meine Zweifel wirklich begründet waren, denn die in der neuen Malariazeit an verschiedenen Orten angestellten Experimente haben, besonders bei Vermeidung der gleichzeitigen Anwendung der chemischen Prophylaxe, einen Prozentsatz von Kranken ergeben, der unbestreitbar bedeutend höher ist, als der bei Prof. Celli 1898—99 vorgekommene!). 1) Der kürzlich veröffentlichte (Bologna, Stabilm. Civelli, 1902) schöne Bericht des Dr. Ricchi, Sanitätsinspektor der adriatischen Eisenbahnen, bestätigt meine Ueberzeugung. In vollkommen geschützten Oertlichkeiten gab es unter 1600 Personen 2 '/, Kranke an primären Fiebern und ungefähr 19,24. °/, an Rückfallfiebern. An nicht geschützten Orten fanden sich unter 651 Individuen Kranke an primären Fiebern 38,71 °/, und 45,31 an Recidiven. Diese Resultate weichen bedeutend von denen Prof. Celli’s ab, welcher schrieb, wie ich angegeben habe: ‚Von 203 Eisenbahnbeamten, die in den Jahren 1899 und 1900 der neuen Prophylaxe gegen Malaria unterworfen wurden, litten nur ıı daran und 192 blieben gesund, obgleich sie in den ungesundesten Gegenden Latiums und mitten unter ihren Genossen lebten, die hier alle, dort fast alle ergriffen waren. Man bemerke endlich, dass ein so günstiges Resultat mit der grössten Einfachheit erhalten wurde, vor allem durch Ueberredung, durch einige kleine Geschenke, unter meiner Auf- sicht und der von nur zwei Eisenbahnbeamten, die mich unterstützt baben, der eine am adriatischen, der andere am mediterranen Netze.“ Man vergleiche diese Worte des Prof. Celli mit den folgenden des Dr. Ricchi: „Wenn man von dem wissenschaftlichen Gebiete auf das der praktischen Anwendung übergehen wollte, musste man sehr verschiedenen Elementen Rechnung tragen, besonders dem guten Willen der zu schützenden Personen, die in den Experimenten von 1900 aul eine fast passive Funktion beschränkt waren.‘ Auch im dritten Bande des Atti della societä par gli studi della malaria (1902) findet man mein Urteil über den Wert des mechanischen Schutzes von mehreren Seiten bestätigt. Prof. Celli seibst schliesst, dass bei allen geschützten Personen kaum 20%), von Rückfallfiebern vorkamen, und dass in den volikommen geschützten Häusern der Prozentsatz von an primären Fiebern Erkrankten im Mittel nur 1,90. %/, betrug. Wer aber weiss, wie schwer es ist, im einzelnen Falle bei einem Individuum, das schon an Malaria gelitten hat (und in diesem Falle war ohne Zweifel die ungeheure Mehrzahl der geschützten Personen) primäres und Rückfallslieber zu unterscheiden, der wird gewiss zaudern, ehe er den von Prof. Celli, Dr. Ricchi etc. angegebenen scharfen Unterschied annimmt. = 16 Be Die Notwendigkeit einer sorgfältigen Ueberwachung bildet die Hauptschwierigkeit, die der Gebrauch der Netze in der Praxis antrifft. Dafür hat die mechanische Methode einen grossen Vor- teil: sie kann von Jedermann angewendet werden und ohne Hilfe des Arztes. Die chemische Methode bietet nicht geringere Schwierigkeiten dar, als die mechanische. Ich habe lange Erfahrung in beiden gehabt, und ich und meine Mitarbeiter können versichern, dass wenn es nicht leicht ist, das Volk zu überreden, sich in die durch Netze geschützten Häuser zurückzuziehen, es gewiss nicht leichter ist, es zu vermögen, sich an die tägliche Einnahme von zwei Pillen zu gewöhnen. Jedenfalls scheint im allgemeinen die mechanische Methode praktischer zu sein; denn für die mechanische Prophylaxe wird nur ein, sozusagen, fast passiver Gehorsam erfordert, für die chemische aber ein aktiver; wenn die mechanische einmal fertig gemacht ist, dient sie für die ganze Fieber- zeit. Dagegen erfordert die chemische gewissermassen tägliche Arbeit. Auch die chemische Methode kann ohne ärztliche Hilfe angewendet werden; aber viele zögern, aus eigenem Antriebe ein Arzneimittel zu nehmen oder nehmen zu lassen. Dazu kommt, dass für die Feldarbeiten während der Fieberzeit in die Malariagegenden fort- während schon an Malaria leidende Personen aus den verschiedensten Gegenden einwandern. Für diese zahlreichen, während der Malariazeit einwandernden Gruppen, die echte Herde der Epidemie bilden, ist die chemische prophylaktische Methode, wie sie in Ostia ausgeübt wurde, von höchster Wichtigkeit, besonders wenn die durch Netze geschützten Wohnungen fehlen und diese viel- leicht nicht zweckmässig wären, für die kurze Zeit (15—30 Tage) einzurichten, welche für gewisse Feldarbeiten (Dreschen, Ernten etc.) nötig ist. Es giebt noch andere Fälle, in denen die chemische Methode der mechanischen vorzuziehen ist. Ich führe z. B. die Soldaten an, denen man des Morgens beim Appell zwei Pillen geben kann, während es unzweckmässig wäre, sie allen Vorsichtsmassregeln (Schleier, Handschuhe) zu unterwerfen, welche der mechanische Schutz erfordert. Ich führe auch die Eisenbahnbeamten an, die nächtlichen Dienst haben, die Zollwächter, die Aufseher, und alle anderen, welche die Nacht im Freien zu- bringen müssen. In der Praxis ziehen einige Bauern die chemische, andere die mechanische Prophylaxe vor. Einige haben gegen die von uns angewendete chemische Methode eingewendet, das Arsenik könne mit der Zeit dem Organismus schaden. Wir fühlen uns in pharmakologischer Beziehung nicht besonders kompetent und mögen uns nicht über ein Wissensgebiet, das uns nicht nahe liegt, in wissenschaftliche Diskussion einlassen. Wir beschränken uns daher auf die einfachen empirischen Angaben und erinnern den Leser an drei Umstände: ı. Dass in früherer Zeit besonders auf Veranlassung von Tommasi Crudeli das Ar- senik als Prophylakticum viel angewendet worden ist, und dass ohne Schaden viel mehr dargereicht wurde, als wir in dem Esanopheles gethan haben. 2. Die Menge Arseniks, die man Pellagrösen giebt, ist, soviel ich weiss, viel grösser, als die von uns angewendete. 3. In unserem speziellen Falle in Ostia wurde keine von den angeblichen Schädigungen bemerkt. 6. Das Arsenik bei der Behandlung der Malaria. Da wir uns mit dem Arsenik beschäftigen, drängt es mich, einige weitere Bemerkungen zu machen. Bei zwei Experimenten, die Prof. Celli mit Injektionen von Malariablut in Personen machte, die mit Arsenik behandelt wurden, war das Resultat das eine Mal positiv (Tertianablut), das andere Mal negativ (Quartanablut) }). 1) Atti della societä per gli studii della malaria, Vol. I, p. 70, Vol. II, p. 71. — I 7 Diese Experimente berechtigen uns nicht zu dem Schlusse, dass das Arsenik aus der arznei- lichen Prophylaxis auszuschliessen sei. Was die mit der prophylaktischen Arsenikbehandlung bei dem Eisenbahnpersonale erreichten Resultate betrifft, führe ich die von Dr. Ricchi veröffentlichten Angaben an, einer Person, die unser ganzes Zutrauen verdient). | Verhältnis des Resultats auf 100 Behandelte Personen | Resultat | behandelte Fälle Ö 1] = > = 2 > 7 a 8 = 2 B | En 5 7 = = 2 5 = = a & & 8 & & 5 a Fr 77 | er 4 s) a 7 5 (07) 2281 220 2501 | 1823 380 298 72,39 15,19 11,92 100 „Aus diesen Zahlen und aus anderen Thatsachen, die in der römischen Campagna, in den toskanischen Sümpfen, und in vielen anderen Malariagegenden, in Apulien, Kalabrien, der Romagna, dem Venetianischen, und selbst in Amerika und am Kongo gesammelt wurden, scheint es erwiesen, dass der fortgesetzte Gebrauch von kleinen täglichen Dosen von Arsenik die Widerstandskraft des Organismus gegen die Anfälle der Malaria stärkt.“ Diese guten Resultate können übrigens keine Verwunderung erregen, wenn man bedenkt, dass das Arsenik in früherer Zeit bei der Behandlung der Malaria eine wichtige Rolle gespielt hat, wie man in den alten pharmakologischen Werken, z. B. von Trousseau und Pidoux sehen kann. Uebrigens gebrauchten die Kliniker bei der Behandlung der chronischen Malaria Chinin, Arsenik und Eisen, und der Erfolg, den in Italien die Mischung von Baccelli hatte, die eben aus Chinin, Arsenik und Eisen besteht, ist bekannt. Die Wirkung des Eisens wird bestritten, aber die des Arseniks ist gewiss, und verdiente durch passende Experimente besser bestimmt zu werden. Ich kann nicht auf weitere Diskussionen eingehen und beschränke mich auf die Bemerkung, dass in den bis jetzt über das Arsenik als Prophylacticum gesammelten Angaben die primären Formen von den Recidiven nicht unterschieden werden, während es möglich wäre, dass das Arsenik nur oder ganz vorzugsweise gegen die letzteren wirksam wäre. Dies könnte die einander widersprechenden Resultate erklären, die bisweilen mit diesem Mittel erhalten worden sind. Wie es auch sei, so besteht in Malariagegenden die ungeheuere Mehrheit aus Personen, bei denen man Recidive erwarten kann, und auch in dieser Beziehung sprechen die von uns gesammelten und mitgeteilten Angaben deutlich genug. Jedermann begreift die Wichtigkeit, um nicht zu sagen die Notwendigkeit, auch das Arsenik als Prophylacticum zu benutzen. Kürzlich entriss auch Gautier in den Comptes rendus de l’acad. des sciences (10. Februar 1902) den Gebrauch des Arseniks gegen Malaria einer ungerechten Vergessenheit. Wenn der Leser diese Arbeit mit dem vergleichen will, was ich auf S. 278 der zweiten italienischen Ausgabe meines Buches geschrieben habe, wird er sehen, dass ich, der Zoolog, beim Studium der Litteratur zu demselben Schlusse gekommen bin, wie der französische Gelehrte; ja ich fügte hinzu: „Man kann gewissermassen sagen, dass bei der Behandlung der Malaria der Wert des Arseniks sich zu dem des Chinins verhält, wie bei der Behandlung der Syphilis der Wert des Jodkaliums zu dem des Quecksilbers. Es wäre thöricht, die Syphilis mit Merkur allein heilen zu wollen, und nach meiner Meinung ebenso thöricht, wenn man bei Behandlung der Malaria das Chinin allein anwenden und das Arsenik bei Seite lassen wollte.“ ı) Maladies du personel des chemins de fer italiens (Reseau de l’adriatique). Relation de Dr. Chev. Theobald Ricchi, Bologne, impr. Joseph Civelli, 1894. 3 Grassi, Die Malaria. — 18 — Wenn ich bedenke, dass der grösste Teil der Bewohner von Malariagegenden nicht frei von der Infektion ist, so erkläre ich mir, dass das Esanopheles, das auch Arsenik enthält, sich wirksamer zeigt, als das blosse Chinin. Vielleicht sind aber auch die bitteren Prinzipien von Wichtigkeit, da es den Praktikern bekannt ist, dass in manchen Fällen das Chinin in Verbindung mit bitteren Sub- stanzen Fieber heilt, die ihm allein widerstanden hatten. 7. Kollektivbehandlung der Malariakranken. Ich ergreife die Gelegenheit, um ein wenig difus über die Behandlung Malariakranker zu sprechen. Wer den Rat giebt, die Malariakranken Fall für Fall nach Aufstellung der Diagnose zu be- handeln, der berechnet nicht, dass ausser den vorhandenen noch 20000 weitere Aerzte nicht hin- reichen würden, um alle Malariakranken Italiens zu behandeln. In Wirklichkeit befinden wir uns einem Dilemma gegenüber: entweder sehr viele Tausende von Kranken ohne Behandlung zu lassen (was leider in unserem Lande der Fall ist!) oder sie ohne Aerzte zu behandeln, sei es auch mit einigen Unzuträg- lichkeiten. Wem der Zustand der Malariagegenden am Herzen liegt, muss zugeben, dass bei der unzu- reichenden Zahl der Aerzte, die Behandlung der Malariakranken ohne jedesmaligen Besuch des Arztes angenommen werden muss, besonders weil es nötig ist, die Behandlung der Malaria so früh wie möglich anzufangen. Die Perniciösen, die Bildung der Gameten, deren Gegenwart den Kranken indirekt ansteckend macht, sind, wenn sie nicht von der Sorglosigkeit der Kranken her- rühren, die Folge der verzögerten Behandlung, um die Diagnose festzustellen, um eine Purganz vorauszuschicken, oder oft um die Ankunft des Arztes zu erwarten, dessen Abwesenheit wir be- klagen. Ich bin überzeugt, dass jede Verzögerung der Behandlung die endliche Heilung erschwert. Für die Behandlung, die ich kollektiv nenne, habe ich das Esanopheles äusserst nützlich ge- funden, dessen Darreichung unter der höheren Leitung eines Arztes durch Personen von mässiger Bildung geschehen kann. Wer sich in eine Malariagegend begiebt, hat, um sich zu schützen, nur die Wahl zwischen der mechanischen und chemischen Prophylaxe; wer die letztere wählt, muss sorgfältig die in Para- graph 2 angegebenen Regeln befolgen. Ich rate jedem (ich spreche immer von unserem Lande), der in einer Malariagegend während der epidemischen Periode von Fieber befallen wird, ohne Verzug die intensive Behandlung mit Esa- nopheles anzufangen, die in $ 2 vorgeschriebenen Regeln sorgfältig zu befolgen, ohne sich darum zu kümmern, ob in den Stunden, in denen das Esanopheles genommen werden muss, Fieber vorhanden ist oder nicht, und ohne sich um die Stunde zu kümmern, in der es anfängt. lange Erfahrung hat mich gelehrt, dass man auf diese Weise jedes Fieber schnell unterbricht, und die Rückfälle weniger leicht sind. Wenn das Fieber nicht malarisch ist, schadet diese Behandlung nichts; natürlich muss man, wenn das Fieber fortdauert, den Arzt rufen. ı Zur kollektiven Behandlung der Malariakranken ist die Pillenform ohne Zweifel sehr passend. In dem letzten Feldzuge gegen die Malaria haben viele die flüssige Mischung von Baccelli vorgezogen. Die adriatischen Eisenbahnen haben ausser arsenikalischer Gallerte auch Sodium - Kako- dylat gebraucht, gelöst in einem gesättigten Chinadekokt in Malaga, mit Zugabe von ammoniakali- schem Eisencitrat. Es ist für mich vollkommen gewiss, dass alle diese Methoden der Darreichung des Arseniks und Eisens bei weitem weniger bequem und praktisch sind, als die von mir angewendeten Pillen von Esanopheles. m 19 — Da in den Fiebergegenden nur sehr wenige, wie wir schon sagten, malariafrei sind, scheint es mir, wenn man eine kollektive, prophylaktische Behandlung anstellen will, ohne dass der Arzt jeden ein- zelnen Fall untersucht, dass man ohne weiteres Pillen vorziehen muss, welche Chinin, Arsenik, Bitter- stoffe enthalten und das Eisen nicht beiseite lassen, über dessen Wirksamkeit theoretisch Zweifel herrschen, während es dagegen allgemein angewendet wird. Vom ökonomischen Gesichtspunkte muss noch erwähnt werden, dass Arsenik, Eisen und Bitterstoffe im Verhältnis zu Chinin eine Kleinigkeit kosten, und dass daher der Unterschied des Preises zwischen einer Kur mit blossen Chinin und einer solchen mit Chinin, Arsenik, Eisen und Bitterstoffen ganz unbedeutend ist. 8. Schluss. Wenn man alles zusammenfasst, so folgt: die Heilung der Malariakranken Italiens lässt sich am leichtesten bewirken, wenn man die chemische und die mechanische Prophylaxe zweckmässig kombiniert. Wenn ich also auf die drei Kardinalpunkte zurückkomme, von denen in der Einleitung die Rede ist, kann ich schliessen: ı. dass man mit Unrecht den mechanischen Schutz in zweite Reihe stellt, als ob der chemische nicht auch grosse Schwierigkeiten darböte; 2. dass die durch die chemische Prophylaxe mit Chinin, Arsenik, Eisen und Bitterstoffen erhaltenen Resultate sehr befriedigend sind, und nach meiner Meinung günstiger, als die nur durch Chinin oder Euchinin hervorgebrachten; 3. dass man wegen des Zwangs der Verhältnisse (Mangel an Aerzten) soviel, als möglich die Sitte verbreiten muss, die Malariakranken ohne Hilfe des Arztes zu behandeln, da wir glücklicherweise dazu geeignete Mittel zu unserer Verfügung haben. Dass der italienische Staat ein dem Esanopheles ähnliches Produkt allen Malariakranken zu- gänglich mache, das ist der Wunsch, mit dem ich meine Arbeit schliesse. DRUCK von ANT. KÄMPFE in JENA. Ö DAN Ü y „ h ne Ara! iR R. R Ri 1 Me a: A (ni I ol } EM! AN ui Im: II Ball. 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