C-E % ibravg of % üfosram OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. jfountieto Ijj; prftoate subsctfptfon, fn 1861. Deposited by ALEX. AGASSIZ. JVö. £7 DIE MEDUSEN PHYSIOLOGISCH UND MORPHOLOGISCH AUF IHR NERVENSYSTEM UNTERSUCHT Dr. THEODOR EIMER PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND VERGLEICHENDEN ANATOMIE AN DER UNIVERSITÄT ZU TÜBINGEN TÜBINGEN, 1878 VERLAG DER H. LAUPP'SCHEN BUCHHANDLUNG C-E DRUCK VON H. LAUI'l' IN TÜBINGEN. SEINEM LEHRER UND FREUNDE HERRN Dr. AUGUST WEISMANN, PROFESSOR DER ZOOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT ZU FREIBURG i./Br. IN VEREHRUNG GEWIDMET VOM VERFASSER. V orwo r t. Das schon vor mehr als Jahresfrist angekündigte baldige Erscheinen meiner Arbeit haben Umstände, deren Beseitigung nicht in meiner Macht lag, verhindert. Seitdem die kürzeren Nachrichten, welche ich über verschiedene Ergebnisse derselben bekannt gegeben habe, veröffentlicht worden sind, hat der Gegenstand sowohl nach der physiologischen als nach der morphologischen Seite mehr oder weniger ein- gehende Bearbeitung erfahren. Der acht wissenschaftliche Geist , in welchem der eine meiner Mitarbeiter , Herr Romanes, der den ersteren Weg betrat , unsere Beziehungen behandelte, führte zu privatem Austausch der Meinungen, welcher unsere Arbeit wesentlich gefördert hat. Der morphologische Theil derselben dagegen ist von ähnlichem Einfluss unberührt geblieben und ich stelle die bezüglichen That- sachen im Folgenden durchaus so dar, wie ich sie beobachtet hatte zu einer Zeit, da ich nicht ahnen konnte, dass ich binnen Kurzem mehrere Nachfolger in der Bear- beitung des Nervensystems der Zoophyten finden würde. Ein Abschnitt — der von Carmarina handelnde — ist sogar fast ganz in der Form gegeben, in welcher ich ihn schon vor zwei Jahren niedergeschrieben hatte. Deshalb und weil die zugehörigen Tafeln theilweise schon seit nahezu ebenso langer Zeit ausgeführt waren , ist auch hier, wo meine Beobachtungen am meisten mit denjenigen Anderer zusammenfallen, die Darstellung eine von diesen völlig unabhängige geblieben. VI Bei der Ausführung der Abbildungen habe ich vielleicht zu peinlich das Princip verfolgt , nur genau nach vorliegenden Präparaten darzustellen , allein ich hielt es für geboten, alles Schematisiren bei Zeichnungen zu vermeiden , welche zur Zeit ihrer Anfertigung ein fast unbebautes Gebiet zum Gegenstande hatten. Da ich an der Besorgung eines grossen Theils der Correctur verhindert war, so hat mein Assistent, Herr Dr. Fickert, die Güte gehabt, sich dieser Mühe zu unterziehen und ich sage ihm dafür den besten Dank. Ebenso danke ich meinem Freunde Professor Flemming in Kiel für Einräumung der Hülfsmittel seines La- boratoriums und für wiederholte Zusendung von lebenden Medusen, sowie dem Herrn Verleger für die Ausstattung des Buches. Jueenheim a. d. Bergstrasse im November 1878. Inhaltsverzeichniss. Einleitung 1 I. Theil: Physiologische Beobachtungen und Versuche 15 I. Die vier Grundversuche 17 IL Von den normalen Bewegungen des unverletzten Thieres 18 III. Einfluss von Sauerstoffmangel auf die Bewegungen der Medusen 23 IV. Operative Versuche zum Zweck der Feststellung der Ausgangspunkte der rhyth- mischen Contractionen und damit der Nervencentren 24 V. Halbiren, Viertheilen und Achttheilen von Aurelia und Cyanea 27 VI. Versuche zum Zweck der Feststellung der Art der Verbindung der verschiedenen Theile des Körpers der topoueuren Medusen durch Nervenfasern 28 VII. Zerstören oder Verletzen der Randkörper 32 VIII. Erholung gelähmter Thiere. Widerstandsfähigkeit gegenüber operativen Eingriffen 38 IX. Im freien Leben verstümmelte Aurelien 49 X. Folgen des Durchschneidens oder der Loslösung der Muskelschichte .... 51 XL Art des Absterbens der Aurelien und ihrer Theilstücke <>1 XII. Beherrschung der vegetativen Thätigkeit durch die contractilen Zonen ... 65 XIII. Einige Operationen an Aurelia aurita mit Bezug auf das bisher Geschilderte in ihrer Wirkung fortlaufend beobachtet 74 XIV. Verhältnis? zwischen der Grösse der Thiere und der Anzahl der in der Zeitein- heit von ihnen ausgeführten Contractionen und Verhältniss dieser Zahl zum Form- werth getheilter Thiere 84 XV. Versuche an Cycloneuren 90 XVI. Untersuchungen Anderer. Vergleichuug der Ergebnisse derselben mit den inei- nigen 92 XVII. Hauptsächlichste Ergebnisse 128 VIII Seite II. Theil : Morphologische Untersuchungen 135 Toponeure Medusen 137 Literatur 137 Methoden der Untersuchung 1 41 I. Gröbere Bau Verhältnisse der Kandlappeu 143 II. Feinerer Bau der Randkörper 155 III. Feinerer Bau der Randlappen 171 IV. Zellen und Fasern des übrigen Körpers 185 Cycloneure Medusen 194 I. Allgemeine Bauverhältnisse von Schirmrand und Segel 202 IL Der Ringnerv 209 III. Typische Ganglienzellen des Schirmrandringes 211 IV. Nervenepithel der Wand des Schirmrandringes 213 V. Belegzellen des Stützblattes des Schirmraudringes. Ringganglion. Radialgaug- lien. Spaugengauglien 216 VI. Die Hörbläschen 222 VII. Untere Schirmoberfläche, deren Epithelien, Muskel- und Nervenelemente . . 230 VIII. Das Nervensystem der übrigen Cycloueureu 240 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 246 EINLEITUNG. .Liängst schien mir kaum eine unter den ungelösten Fragen der zoologischen "Wissenschaft einer eingehenden Bearbeitung würdiger zu sein, als die nach den Anfängen des Nervensystems im Thierreiche. Dies nicht etwa allein wegen der Aus- beute, welche solche Arbeit der Feststellung der Beziehungen zwischen Ontogenie und Phylogenie, den vielumworbenen Grössen des Tages, zu bieten versprach: wohl achtete ich auch solchen Gewinn hoch und setzte ihn bei meinem Plane voraus; allein nicht minder wichtig und lohnenswerth schien es mir, auf Grund morpho- logischer Untersuchung und zugleich au der Hand des Experiments, eine Vorstellung zu gewinnen über die Art und den Grad der Ausbildung des psychischen Vermögens der niederen Thiere. Ich wünschte demnach vor Allem zu erfahren : wo treten im Thierreiche zuerst Einrichtungen auf, welche unzweifelhaft dem Nervensystem zuzurechnen sind und welche Schlüsse lassen uns diese Einrichtungen, gestützt auf Vergleichung mit entsprechenden, bei höheren Formen vorhandenen Organen, auf den Werth des durch sie vermittelten intellectuellen Lebens ziehen1? — Sodann: in welchen Beziehungen stehen diese definitiven Einrichtungen zu den Entwicklungsphasen des Nervensystems der höheren Thiere und wie lassen sie sich für die Lehre vom ursächlichen Zusammen- hang zwischen Entwicklungs- und Stammesgeschichte verwerthen'? Bei solcher Fragestellung mussten die Protozoen ausser Betracht kommen. Nur die Untersuchung der Metazoen konnte für die Lösung des letzten Theils der Aufgabe fruchtbar werden; allein auch dem ersten Hess sich nur an Thieren näher treten , in deren Körper, auf Grund der gemeinsamen Anlage in Keimblättern, nach fraglicher Richtung Differenziruugen erwartet werden mochten, die sich unmittel- bar und vollständig mit denen der übrigen zusammenstellen und vergleichen lassen. Als Object meiner Studien drängten sich mir daher zunächst die Zoöphyten auf. 1 Das Feld lag hier weithin brach und an den wenigen Stellen, wo es bebaut schien, fand ich bald meist tauben Weizen. Nur die ausgedehnteste Anwendung der histologischen Methode konnte, so zeigte sich in Kurzem, zum Ziele führen. Diese Methode war aber vorher kaum an dem Gegenstande versucht worden. Mit mehr oder weniger grosser Bestimmtheit hatte man „Nerven" und „Ganglien" im Körper unserer Thiere erwähnt, aber durch keine sorgfältige histologische Unter- suchung war die Annahme solcher als eine berechtigte hingestellt. In dem einzigen Falle, in welchem Nervenzellen beschrieben worden waren — von Häckel bei den Geryoniden1) — war dies mit so mangelhaften Belegen geschehen, sowohl was An- gabe charakteristischer Merkmale in der Darstellung, als was Abbildungen anbetrifft, dass eine sichere Ueberzeugung von der richtigen Deutung des Geschilderten bei Dritten kaum bewirkt werden konnte, dies um so weniger, als der Autor selbst viel- fach zweifelnd und unsicher sich aussprach. Zufällige Umstände — der Reichthum an Untersuchungsmaterial, den ich bei einem auf der Insel Capri im Jahre 1871 genommenen und 1872 wiederholten länge- ren Aufenthalte antraf — hatten mich veranlasst, meine Studien an den Rippen- cpiallen und zwar anBeroeovatus zu beginnen. Da die bis dahin gültige Beschrei- bung des Nervensystems dieser Thiere sich als nicht richtig herausstellte , da überhaupt bald alle Anhaltspunkte, welche die gröberen morphologischen Einrich- tungen dieses Systems bei den höheren Typen uns an die Hand geben , mich hier vollständig im Stiche Hessen , so musste die Arbeit gleichsam ab ovo beginnen : ge- wissermassen Zelle für Zelle, Faser für Faser musste im Körper des Thieres unter- sucht werden und da die Differenzirung der Gewebe sich, wie von vornherein zu erwarten war, als eine wenig vorgeschrittene erwies, so dass Bindegewebselemente einer- seits und Muskel- und Nervenelemente andererseits , in so hohem Grade sie zum Theil charakteristisch ausgebildet sich fanden, doch zum anderen Theile vielfach als morphologisch kaum unterscheidbar sich darstellten, so musste es höchst schwierig und mühevoll sein, auf so ungebahntem Wege zum Ziele zu gelangen. Dafür ergab sich die Feststellung eines Nervensystems , welches so primitiver und eigenartiger Natur ist , dass demselben sonst nirgends in der Thierreihe irgend Aehnliches bis dahin an die Seite gestellt werden konnte2). Die früher gültige Annahme eines am aboralen Pole des Körpers der Rippen- 1) E. Häckel, die Familie der Rüsselquallen , Jenaische Zeitschrift für Medicin und Naturwissenschaft I. und II. Bd. 1865. 2) Th. Eimer, Zoologische Studien auf Capri I, Ueber Beroe ovatus , ein Beitrag zur Anatomie der Rippenquallen, Leipzig, Engelmann 1873. quallen gelegenen Gehirns und acht von demselben, mit den Radiarge fassen verlaufen- den „Nerven" ist demnach nicht dem Thatsächlichen entsprechend. Ein körperlich umschriebenes Nervensystem im Sinne desjenigen der höheren Thiere ist überhaupt bei diesen Zoophyten nicht vorhanden: es fehlt ein streng umgrenztes Gehirn ebenso wie aus Bündeln von Nervenfasern bestehende „Nerven." Dagegen steht jede der die convexe Aussenfiäche von Beroe deckenden Ektodermzellen mit einem ausserordentlich feinen Nervenfadchen in Verbindung , deren sich je eine Anzahl benachbarter in unterhalb des Ektoderms im Gallertgewebe gelegene gröbere Ner- venfäden sammelt, die wieder mit zahlreichen Nervenzellen in Zusammenhang stehen; von letzteren aus durchziehen Nervenfasern , ohne irgend in gröbere Stränge, nach Art der „Nerven" der höheren Thiere , vereinigt zu sein , die Körpersubstanz nach den verschiedensten Richtungen , um sich schliesslich , durch Vermittelung von motorischen Ganglienzellen, an die Muskelfasern, insbesondere an die unter der Epi- thelialkleidung der Magenhöhle gelegene Muskelschichte anzusetzen. — Andere der vom Ektoderm entsprungenen Nervenfadchen sammeln sich unmittelbar in dem mehr oder weniger ausgesprochen ganglienzellenartig umgewandelten Ende einer Muskel- faser, oder der aus ihrer Vereinigung gebildete Nervenfaden setzt sich unmittelbar in eine Muskelfaser fort : Neurom uskelfasern. — Die Nervenzellen stehen viel- fach durch ungemein feine, theilweise mittelst höchst eigenartiger Anastomosen netz- förmig verbundener Fäden untereinander in Zusammenhang. Die peripherisch ge- legenen derselben müssen als Gehirnzellen aufgefasst werden : der Centralapparat des Nervensystems ist somit über den ganzen peripherischen Theil des Körpers ver- breitet, indessen: der Beginn einer engeren Lokalisirung desselben — einer höheren Centralisation — ist dadurch angedeutet, dass in der Gegend des Afterpols eine grössere Ansammlung von Ganglien- zellen stattfindet als anderwärts. Von dieser Gegend aus ziehen nun auch acht Züge von mikroskopisch feinen Nervenfadchen unter den Schwingplättchenreihen gegen den Mund hin. Die als Epithel die Körperdecke bildenden Ektodermzellen werden der Tast- empfindung dienen ; besondere Tastzellen finden sich ausserdem am Mundrande. Da auch die übrigen Sinnesorgane und ebenso die Nervenzellen selbst als aus dem Ekto- derm hervorgegangen betrachtet werden müssen , demnach so zu sagen die Körper- decke das Nervensystem bei Beröe herstellt, so haben wir hier Einrichtungen vor uns, welche jenen vorübergehenden Zuständen in der Entwicklung höherer Thiere entsprechen, da das äussere Keimblatt, das Ektoderm, als Nervensystem thätig ist, die animalen Beziehungen des Organismus zur Aussenwelt besorgt — ein Blatt- 1* nervensy stem , wie man es im Gegensatz zu dem ausgebildeten Apparat der höheren Thiere, welcher strangförmig ist, nennen könnte. Während die Rippenquälle auf der einen Seite durch den Besitz eines, wenn- gleich tiefstehenden Centralapparates als zu willkürlichem Handeln befähigt erscheint, weist die von einer tieferen Stufe der Entwicklung des Nervensystems erübrigte Einrichtung des Neuromuskelapparates darauf hin , dass ihre Reaktionen gegenüber der Aussenwelt noch zu einem sehr grossen Theil in das Gebiet der Reflexthätigkeit fallen , welche bei Thieren ohne nervösen Centralapparat ausschliesslich herrschend ist, während sie mit steigender Ausbildung dieses Apparates mehr und mehr zurücktritt. Was das von verschiedenen Autoren für das Gehirn der Rippenquallen erklärte, am aboralen Körper- pole gelegene ganglienähnliehe Gebilde angeht, so habe ich dasselbe aus Zellen zusammengesetzt gefunden, an welchen ich Eigenschaften von Nervenzellen nicht festzustellen vermochte. Insbesondere bin ich nicht im Stande gewesen , daran irgend welche Ausläufer nachzuweisen. Ich habe desshalb in meiner Beroe'- Arbeit gesagt: „So sehr nahe es liegt, diesen Körper, wenn auch nicht als Gehirn, so doch wenigstens als specifisches Sinnesganglion aufzufassen — ich dürfte ihm auf Grund meines anatomischen Befundes nicht einmal diese Bedeutung zugestehen" (Seite 62). Durch diese bedingte Ausdrucksweise wollte ich meinem Urtheil in Be- treff der endgültigen Entscheidung eine gewisse Reserve auferlegt wissen. Das Lageverhältniss des Körpers zu den Sinnesorganen und die Unmöglichkeit, ihm irgend andere Bedeutung, wenn nicht die eines Sinnes- ganglion zuzuschreiben ■ — wesshalb ich ihn auch als „Sinneskörper" bezeichnete — veranlassten zu solcher Reserve. In einem oder dem anderen Referate meiner Angaben ist kurzweg gesagt, dass ich „das Ganglion nicht anerkenne" oder selbst dass ich dasselbe leugne. Daraus möchten Dritte schliessen , ich leugne die Existenz des Sinneskörpers selbst, während ich in Wirklichkeit nur nicht im Stande war, seine Zellen als Ner- venzellen zu erkennen. Jetzt, seitdem ich die bezüglichen Verhältnisse bei dem Medusen untersucht habe, möchte ich vermuthen, dass in dem Sinneskörper doch Nervenzellen gesucht werden müssen , welche morpho- logisch kaum als solche gekennzeichnet zu sein brauchten, deren Ausläufer sehr schwer nachzuweisen sein könnten. Denn ähnliche Nervenzellen finden sich in den die Sinnnsorgane tragenden Anschwellungen des Nervenringes von Craspedoten und sehr niedrig gebildete reichlich auch auf den Randkörpern der Acra- spedoten. Es würde dann der Sinneskörper ein Sinnesganglion bilden. Dass durch solche Lösung meine übrigen Auffassungen in Betreff des Nervensystems der Ctenophoren nicht berührt würden, wird aus dem Folgenden hervorgehen. Zu der Zeit, als ich mit Beroe beschäftigt war, erschien die Abhandlung von Kleinenberg über Hydra'), in welcher die in contractile Fortsätze endigenden Ekto- dermzellen dieses Zoophyteu als „Neuroinuskelzellen" erklärt wurden , indem der Autor den äusseren, nicht coirtractilen Theil dieser Zellen als Nervenapparat in An- spruch nahm. So sehr allgemeine, aus dem Gesetz der Beziehungen zwischen der indi- viduellen und der Stammesentwicklungsgeschichte entnommene Gesichtspunkte diese Auffassung als berechtigt erscheinen Hessen , so musste sie doch so lange als Hypo- these angesehen werden, als sich die Zugehörigkeit des äusseren Ektodermzellenab- schnittes zum Nervensystem durch keine ausgesprochene morphologische oder chemische 1) Nikolaus Kleinenberg, Hydra, eineanatoinisch-entwicklungsgesekichtliche Untersuchung, Leipzig 1872. Eigenschaft nachweisen Hess oder so lauge als dieser Nachweis nicht wenigstens an verwandten Formen geführt werden konnte. Meine Beobachtungen an Beroe, ins- besondere die Auffindung von Neuromuskelfasern bei diesem Thiere, lieferten den ^tatsächlichen Beweis für die Berechtigung der Kleinenberg'schen Auffassung: bei Beroe sind die die Ektodermzelleu mit den Muskelfasern verbindenden Fäden als un- zweifelhafte Nervenfäden morphologisch zu erkennen und es erweist sieh die ganze hier vorliegende Einrichtung einfach als eine durch bedeutendere Differenzirung aus der Stufe der Neuromuskelzellen abzuleitende. Während aber bei Beroe ausser dem Neuromuskelfasersystem ein gesonderter nervöser Gentralapparat entwickelt ist, haben wir diesen bei Hydra noch nicht und liefert gerade letzteres Thier einen Repräsentanten für jene tiefer stehenden Organis- men, deren Handeln ausschliesslich in den Bereich des Reflectorischen füllt. Trotzdem dass die Beziehungen zwischen der Form des Nervensystems bei Beroe uud bei Hydra so unverkennbare sind, liegt zwischen beiden doch eine ziem- liche Kluft und mnsste sich mir auf das Lebhafteste der Wunsch aufdrängen, an- dere Zoopbyten zu untersuchen, um zu erfahren , wie die Verhältnisse hier gestaltet seien, und ob sich nicht speciell Einrichtungen auffinden Hessen, welche jene beiden Formen verbinden. Ausserdem war es mir auch desshalb Bedürfniss, die Untersuchung auf andere Gruppen auszudehnen, weil die Verwerthung der vergleichenden Methode die Aussicht bieten musste, die von mir gegebene Deutung meiner Beobachtungen zu festi- gen. Endlich gehören sehr wichtige unter den von mir geschilderten Thatsachen zu den feinsten und schwierigst zu erkennenden und zu beurtheilenden histologischen Dingen, so dass ich eine Bestätigung selbst von der Existenz derselben keineswegs von jedem meiner Nachfolger in der Untersuchung erwarten durfte, und so musste mir schon aus diesem Grunde daran liegen, meiner Auffassung durch Herbeiführung weiteren Materials eine breitere Basis zu schaffen. Als nächsten Gegenstand der Untersuchung wählte ich die Medusen. Am 13. Dezember 1873, also noch in demselben Jahre, in welchem meine Arbeit über Beroe erschienen war , hielt ich in der physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg einen Vortrag über im September vorher an der schleswig'schen Ostseeküste an Aurelia aurita und Cyanea capillata von mir angestellte Versuche. Diese Versuche bestanden darin, dass ich die genannten Thiere , um ein Urtheil über die Ausbildung und über den Grad und die Art der Lokalisirung eines Nervensystems in ihnen zu gewinnen, nach verschiedenen Richtungen durchschnitt und zertheilte '). 1) Sitzungsberichte der physikalisch-ruedieinischen Gesellschaft zu Würzburg für das Gesellschaftsjahr 1873/74, Seite II; erste Sitzung am 13. Dezember 1873. Der Inhalt jenes Vortrags wurde wiedergegeben in einem in den Würzburger Ver- bandlungen erschienenen Aufsatz, überschrieben „Ueber künstliche Theilbarkeit von Aurelia aurita und Cyanea capillata in physiologische Individuen" '). Auf Grund des Experiments war es schon jetzt möglich zu schliessen, dass bei den acra- spedoten Medusen der wesentlichste Theil des Nervensystems in acht je in der Um- gebung der Randkörper gelegenen Bezirken sich finde, dass weder am Schirmrande noch sonstwo ein Nervenring vorhanden sei, dass überhaupt Nervenstränge im Sinne derjenigen höherer Thiere nicht existiren , vielmehr Nervenfasern wie bei Beroe einzeln und nach verschiedenen Richtungen das Gallertgewebe durchziehen, kurz, dass das Nervensystem dieser Medusen beschaffen sei, ähnlich dem von mir bei den Rippenquallen beschriebenen. Auch über die Bestätigung dieser Schlüsse durch die anatomische Unter- suchung konnte in jenem Vortrag schon Nachricht gegeben werden : ich vermisste, ganz wie bei Beroe, im Körper von Aurelia und Cyanea umschriebene Centralorgane des Nervensystems, entsprechend dem Gehirn der höheren Thiere; fand dagegen, wie dort in der Gegend des Afterpols, so hier in der Umgebung der Randkörper, durch- aus so wie das Experiment es verlangt hatte , „ungewöhnlich zahlreiche Nerven- elemente, Fasern und Zellen"2). Ich habe nun seitdem die Untersuchung an Medusen fortgesetzt und die vor- liegende Schrift befasst sich mit den Ergebnissen dieser Untersuchung. in den Monaten August und September 1871 verfolgte ich meine Aufgabe, und zwar abermals an der Ostseeküste, in dem kleinen Bade Niendorf an der Trave- münder Bucht, zunächst an Aurelia und Cyanea wTeiter. Was an physiologischen wie an anatomischen Thatsachen im Folgenden in Betreff dieser Thiere mitgetheilt wird, ist, abgesehen von einigen Einzelheiten, welche an conservirt mit nach Hause genommenem Material noch ergänzt worden sind , schon in der genannten Zeit ge- wonnen. Die Hauptergebnisse meiner Untersuchungen, so z. B. die- merkwürdigen Bauverhältnisse der Randkörper, das Vorhandensein von zapfenartigen Bildungen zwischen den Pigmentzellen des äusseren Augenfleckes und ebenso zwischen den übrigen Geisseizellen der Randkörper, den Uebergang aller dieser Zellen in feinste dichoto- misch verzweigte Nervenfädchen , deren Gesammtheit einen Nervenfilz unter dem Epithel bildet, unter welchem wiederum Ganglienzellen liegen , die interessante Um- bildung der gewöhnlichen Ektodermzellen zu den percipirenden Elementen der speci- 1) Verhandlungen der physikal.-tued. Gesellschaft zu Würzburg N. F. VI. Band 1874. Auch erschienen in: Th. Eimer »Zoologische Untersuchungen« I. Heft. Würzburg Stabe 1 'sehe Buchhandlung 1874. 2) Würzb. Verhandl. a. a. 0. S. 155; Zoologische Untersuchungen S. 63. fischen Sinnesorgane ,' die allmälige, höhere Ausbildung des Nervensystems in der Umgebung der Randkörper überhaupt, als einer Modifikation der allgemeinen Eigen- schaften des Ektoderms — alle diese Thatsaehen habe ich damals (1874) schon ver- schiedenen Fachgenossen, u. a. meinen Freunden und damaligen Würzburger Colle°-en Wieder sheim und F 1 e s c h , sowie meinem Freunde E 1 e m m i n g mittheilen können. Seitdem habe ich, um einiger nachträglich aufgetretener physiologischer Fragen willen, wiederholt den Versuch gemacht, mir Sendungen von lebenden Aurelien aus Kiel zu verschaffen, welche mein Freund Flemming dortselbst mir besorgt hat. Allein die Versuche haben erst nach vielem Misslingen zum Ziele geführt. In einer grossen Blechbüchse mit durchlöchertem Deckel in viel Seewasser versendete Thiere kamen fast immer todt oder gar vollständig zerfetzt an. Nur einmal waren ihrer eine Anzahl — kleine Individuen von nur etwa 2 cm. Durchmesser — ziemlich lebensfrisch geblieben und sie waren es, welche ich zu den zu beschreibenden Ver- suchen über das Absterben in Jodserum verwendet habe. Dieser Erfolg wurde erst erreicht, als man kleine Individuen, wie sie nur im Frühling zu haben sind, zur Versendung verwendete und als die Vorsicht gebraucht worden war, ihrer nur wenige in unverhältnissmässig grosser Menge Seewassers auf die Reise zu schicken. Abge- sehen von der Unzuverlässigkeit ist diese Methode zu kostspielig. Als zweckmässig und sicher erwies sich späterhin die Versendung auf folgende Weise: ein etwa 3 Liter haltendes Glas wird zu zwei Dritttheilen mit Seewasser gefüllt und mit nur zwei oder drei kleinen Aurelien oder mit einigen Sarsien auf die Post gegeben. So hatte ich zuerst im Frühjahr 1877 die Freude, Sarsien hierher nach Tübingen lebend zu erhalten und während längerer Zeit in ihrem munteren Treiben beobachten und Anderen zeigen zu können. Darauf gelang dasselbe mit Aurelien und später mit der am meisten empfindlichen Cyanea. Aurelien habe ich fast ohne Nahrung volle acht Tage lebend im Aquarium erhalten , Cyanea ebenfalls mehrere Tage. Ehrenberg hat sich schon in den Jahren 1835 und 1836 Aurelien aus Wismar und Stralsund und Cyanea aus Copenhagen nach Berlin schicken lassen und gelang es ihm nach wiederholten Versuchen, erstere lebend zu erhalten, nachdem viel Wasser fassende lange Cylindergläser „mit Ausschluss eines Ver- bandes von Blase und mit Einschluss von etwas, aber wenig Luft" angewendet worden waren. Bei der kühleren Witterung im November, sagt Ehrenberg, gelang der Versuch so wohl, „dass Sonnabend am 12. November 7 Stück 2 bis 4 Zoll grosse Exemplare ganz unversehrt und lebend von Stralsund in Berlin mit der Post ankamen, die noch Montag den 14. und Dienstags am 15. so deutliche Bewegung zeigten, dass sie in der Sitzung der physikalischen Klasse der Akademie und in der Versammlung der naturforschenden Gesellschaft als lebende Thiere vorgezeigt werden konnten" '). 1) Ehren berg: Ueber die Akalephen des rothen Meeres und den Organismus der Medusen der Ostsee. Abhandl. d. kgl. Akad. d. Wissensch. zu Berlin aus dem Jahre 1835, Berlin 1837, S. 257 und 258. 8 Der wiederholte Wechsel meiner Stellung, zuerst im Jahre 1874 und dann 1875, hat die alsbaldige Veröffentlichung meiner Untersuchungen unmöglich gemacht. Als ich aber in der Lage war und angefangen hatte, mich mit dieser Aufgabe zu be- schäftigen , schien es mir mehr und mehr preiswürdig und machte sich theilweise auch im Interesse des schon bearbeiteten Stoffes selbst das Bedürfniss geltend, durch noch ausgedehntere Untersuchungen , insbesondere auch an Graspedoten ') , mir ein manchfaltigeres Material zur Lösung verschiedener Fragen auf dem Wege der Ver- gleichung zu verschaffen. Solche Art der Behandlung allein bot mir die Aussicht, eine nach verschiedenen Richtungen hin vollständige und erschöpfende Arbeit zu liefern. — Im März und April 1876 benützte ich desshalb die zoologische Station zu Neapel und gewann dort die im Folgenden dargestellten Ergebnisse an Carmarina hastata, Geryonia exigua und anderen Cycloneuren , sowie unter den Topo- neuren an Pelagia noctiluca und Rhizostoma Ouvieri. Es beschäftigte mich diesmal vollauf die morphologische Untersuchung. Besonders die in zahlreichen Exemplaren vorkommende Carmarina war es, deren Anatomie mich fesselte. Um aber an diesem Thiere die durch die anatomische Untersuchung erkannten Einrichtungen des Ner- vensystems physiologisch zu beleuchten und zu verwerthen, ging ich im August 1877 noch- mals nach Neapel. Während meines freilich nicht mehr als dreiwöchentlichen Aufent- haltes erhielt ich jedoch jetzt nur 2 todte, noch dazu halbverstümmelte Exemplare von Carmarina. Dafür war ich in der Lage, einige Experimente an Rhizostoma und be- sonders an Gas siopea borbonica zumachen, von welchen die letztere nun sehr reich- lich vorkam , während sie im Frühling des vorhergehenden Jahres gänzlich gefehlt hatte. Wenngleich die Versuche, welche ich anstellen konnte, mir werthvoll gewesen sind, so erschwerte doch die ausserordentliche Hitze, unter deren Einfluss die Lebens- fähigkeit der Thiere litt, deren cousequente Verfolgung und schliesslich war ich ge- nöthigt, meinen Aufenthalt vor Abschluss meiner Studien abzubrechen. So wäre es in Folge dieser Ungunst nöthig gewesen, die Veröffentlichung meiner Untersuchungen noch weiter hinauszuschieben , wenn ich anders meinem ursprünglichen Plane treu bleiben wollte; und in derThat konnten mich nur besondere Gründe dazu veran- lassen, von ihm abzuweichen. 1) Statt der so ungemein schwerfällig klingenden Bezeichnungen ^Graspedoten« und »Acraspedoten« erlaube ich mir im Folgenden , indem ich der Darstellung meiner über das Nervensystem unserer Thiere erlangten Ergeb- nisse vorgreife, die von Cycloneuren (Craspedoten) und Toponeuren (Acraspedoten) zu gebrauchen. Bekanntlich ist — von der Schwerfälligkeit des Ausdrucks abgesehen — jene von Gegen baur eingeführte Nomenklatur keine tadellos richtige. So besitzt gerade die von mir vorzugsweise untersuchte ?Acraspedote« Aurelia aurita ein kleines Segel. Auch bei den Charybdeiden, die gewöhnlich zu den Acraspedoten gestellt werden (siehe freilich später) findet sich nach Fritz Müller ein solches. Bezüglich der Gründe, durch welche die bedingte Aufstellung jener Nomenklatur trotzdem gerechtfertigt war, vergleiche Gegenbaur, Grundzüge der vergl. Anat. S. 125. 9 Nur iu einem vor Kurzem im Archiv für mikroskopische Anatomie veröffent- lichten Aufsatze über den Zellkern1) hatte ich inzwischen gelegentlich verschiedene Ergebnisse meiner morphologischen Untersuchungen an Medusen unter Hinweis auf das Erscheinen dieser Arbeit mitgetheilt, auch histologische Abbildungen gegeben, u. A. von Nervenelementen. Bei meiner Rückkehr von Neapel, Anfangs September, traf ich die Arbeit von Claus: „Studien über Polypen und Quallen der Adria" 2), welche einige vorläufige Mittheilungen über das Nervensystem des Toponeuren, so- wie Bemerkungen über meine physiologischen Versuche an denselben enthält , eine Arbeit, auf deren Inhalt ich zurückkommen werde. Durch diese Publikation veranlasst, die Hauptergebnisse meiner Untersuchungen bekannt zu geben, that ich dies, wenige Tage nachdem ich von derselben Kenntniss genommen hatte, auf der Münchener Naturforscher Versammlung in einem Vortrag, welcher unter dem Titel „Ueber künstliche Theilbarkeit und über das Nerven- system der Medusen" im XV. Band des Archivs für mikroskopische Anatomie er- schienen und auch in den amtlichen Bericht über die Naturforscherversammlung auf- genommen ist. Da der über Carmarina handelnde Theil dieser Abhandlung schon damals zur Ausgabe vorbereitet war, so war ich im Stande, gelegentlich dieses Vor- trags schon einige der bezüglichen Tafeln der zoologischen Sektion lithographirt vor- zulegen. — Einige Wochen später erschien eine weitere vorläufige Mittheilung „Ueber das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen" von 0. und R. Hertwig3). Die Verfasser haben ebenso wie ich unter den Cycloneuren vorzugsweise Carmarina unter- sucht und ihre Angaben lieferten mir eine erfreuliche Bestätigung der wesentlichsten der von mir vorher veröffentlichten Ergebnisse. Ueber die Toponeuren sind ihre Untersuchungen weniger weit gediehen, indem sie hier den Epithelbelag der Rand- körperstiele ausschliesslich für das Nervensystem halten. — Was im Uebrigen die Beziehungen des Inhalts dieser vorläufigen Mittheilung zu meinen Arbeiten über den Gegenstand angeht, so habe ich mich darüber in einem Zusatz zu dem Münchener Vortrag im Archiv für mikroskopische Anatomie ausgesprochen4). Eine nicht minder erfreuliche Bestätigung hat der physiologische Theil meiner bisher veröffentlichten Untersuchungen in seinen Hauptsätzen durch einen englischen 1) Th. Eimer, »Weitere Nachrichten über den Bau des Zellkerns, nebst Bemerkungen über Wirnperepi- thelien« Arch. f. mikr. Anat. XIV. Bd. 2) Denkschr. d. kais. akad. d. Wissenschaften, math. natw. Cl. XXXVII. Bd. I. Abth. Wien 1877. 3) Jenaische Zeitschrift f. Med. und Naturw. Bd. XI. N. F. Bd. IV. 4) Nachträgliche Bemerkung: Die inzwischen erschienene ausführliche Arbeit Hertwigs: »Das Nerven- system und die Sinnesorgane der Medusen«, Leipzig, Vogel, 1878, wird mir Veranlassung geben, auf diese Be- ziehungen zurückzukommen. 2 10 Forscher, George J. Romanes, erfahren. Derselbe ist, ohne von meinen in den Würzburger Verhandlungen , freilich einer wenig gangbaren Zeitschrift, bekannt ge- gebenen Versuchen etwas zu wissen, gleich mir auf den Gedanken gekommen, Medu- sen zum Zweck der Erforschung des Nervensystems künstlich zu zertheileu und die Ergebnisse seiner Studien stimmen nicht nur in der Hauptsache mit den von mir geschilderten Thatsachen überein , sondern es ist sogar die Art der Fragestellung und der Behandlung des Gegenstandes bei uns Beiden häufig eine merkwürdig gleich- artige , während wir uns andere Male wieder gerade durch die Verschiedenheit der letzteren passend ergänzen. Die ersten seiner Versuche hat Romanes um ein Jahr später als ich, nämlich 1874 angestellt und bekannt gegeben. Die erste Mittheilung darüber veröffentlichte er in der Zeitschrift „Nature" *), zu einer Zeit, da ich schon die zweite Reihe meiner Untersuchungen an der Ostsee gemacht hatte, über welche u. A. im Folgenden , ausführlicher als schon geschehen , berichtet werden soll. Romanes beobachtete nach dieser Mittheilung, dass wenn er an Slabberia conica eines der vier Sinnesbläschen ausgeschnitten hatte, vollständige Lähmung des entsprechenden Schirmabschnittes entstand. Schnitt er zwei nebeneinander ge- legene Bläschen aus, so erschien die Hälfte des Thieres gelähmt „the loss of motion being quite as decided , and the area of its occurrence quite as well defined , as in the case of hemi-section of the spinal chord." Schnitt er zwei gegenüberliegende Bläschen aus, so entstand an den zwei gegenüberliegenden Seiten Lähmung ; schnitt er ihrer drei aus, so bewegte sich nur noch der vierte Theil des Schirmes und end- lich , nach Ausschneiden aller vier hörte jede Beweg ungsfähigkeit auf. Kein mecha- nischer oder chemischer Reiz sei im Stande, jetzt noch auch nur die leichteste Con- traction in irgend einem Theile des Körpers herbeizuführen. Werde dagegen irgend ein Gewebsstückchen , gleichviel wie gross, mit einem der Sinnesbläscheu in Verbin- dung belassen, so setze es seine rhythmischen Contractionen fort. Unter diesen Angaben nun stimmt freilich diejenige , welche besagt , dass jeweils jedes Segment einer Meduse, dessen Sinnesbläschen ausgeschnitten worden, für sich gelähmt sei, mit meinen Versuchen ebenso wie mit den späteren, von Romanes an anderen Formen angestellten, durchaus nicht überein — nach diesen contrahirt sich, bei Cycloneuren wie bei Toponeuren, stets das ganze Thier sogar dann noch, wenn alle locomotorischen Centren bis auf eines ausgeschnitten sind, indem sich die Wirkung dieses einzigen Centrums über das ganze Thier fortpflanzt, und bei den Cycloneuren contrahirt sich der ganze Schirm selbst dann noch, wenn nur irgend ein Stückchen 1) Vol. XI. November 1874 to April 1875. Nummer vom 5. November 1874, S. 29. 11 des Randes daran belassen worden ist. Auch die Behauptung, dass weder che- mische noch mechanische Reize nach dem Ausschneiden der Sinnesbläschen noch Con- tractionen zu bewirken im Stande seien, ist nicht richtig.* Es werden diese beiden Sätze in der späteren Veröffentlichung Romanes auch nicht wiederholt, der erste vielmehr so gut wie zurückgenommen. Diese zweite Veröffentlichung erschien unter dem Titel „Preliminary Observations on the Locomotor System of Medusae" im Jahre 1S7G1). Die Abhandlung — im November 1875 an die Gesellschaft einge- schickt — ist trotz ihres Titels ziemlich umfangreich und begleitet von zwei Steindrucktafeln. Sie gründet sich auf ausführliche und zahlreiche Untersuchungen an Cycloneureu sowohl wie an Toponeuren und die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind es, deren Uebereinstimmung mit den von mir schon bekannt gegebenen ich erwähnt habe. Zwar weiss der Verfasser auch bei Abfassung der neuen Publikation von den letzteren noch nichts , theilt jedoch in einer Nachschrift mit , dass ihm meine Abhandlung nachträglich (im Februar 1876) bekannt geworden sei und be- spricht dieselbe. Aus dem Mitgetheilten ist ersichtlich , in wie hohem Grade das vorliegende Thema die Aufmerksamkeit erregt hat , sei es auf Grund meiner Arbeiten , sei es unabhängig von denselben. Was meine eigene Leistung angeht, so kam ihr wenig zu statten , dass meine Thätigkeit durch äussere Verhältnisse wiederholt so sehr unterbrochen wurde, sowie dass ich nur je kui'zen Aufenthalt an der See zu nehmen im Stande war. Leider ist an und für sich der Binnenländer bei der Beschäftigung mit Seethieren in Rücksicht auf die Ausführung einer vollendeten Arbeit sehr im Nach- theil , schon desshalb , weil dieser ein bestimmter Termin gewöhnlich von vornherein gesetzt werden muss. Ganz besonders muss dieser Nachtheil dann zu Tage treten, wenn es sich, wie im vorliegenden Falle, um Bebauung noch fast gänzlich brach- liegender Felder handelt. Da stellt sich der richtige Angriffspunkt oft erst nach einer Anzahl vergeblicher, mühevoller Vorarbeiten — je eine neue Frage ergibt sich jetzt erst aus der Lösung der vorhergehenden und vor einer Reihe der wichtigsten steht der Forscher vielleicht erst unmittelbar vor dem gebotenen Abbrechen der Arbeit. Und was besonders physiologische Untersuchungen angeht , so trat mir die Unmög- lichkeit der Controle einzelner Versuche in Rücksicht auf neue Gesichtspunkte, oder des Anstellens neuer Versuche beim Niederschreiben auch der vorliegenden Abhandlung wiederholt empfindlich entgegen. 1) Philos. Transact Roy. Soc. Vol. 166, pt. I. S. 269 ff. 12 Dies schien mir uöthig hervorzuheben gegenüber den Stimmen Solcher, welche berechtigterweise nachträglich finden, dass ich Dies und Jenes im Folgenden nicht berücksichtigt , diese und jene Frage unbeantwortet gelassen habe. "Wenn ich auch glaube erreicht zu haben , was unter gegebenen Verhältnissen möglich war , so bin ich mir doch wohl bevvusst, wie sehr viel mehr an abschliessenden Ergebnissen Forscher erreichen können , welche in Beziehung auf die Möglichkeit andauernder oder gar ständiger Benützung des Materials glücklicher gestellt sind als ich. Meine Abhandlung wird sich naturgemäss in zwei Theile theilen, einen physio- logischen und einen morphologischen, entsprechend dem Gange meiner Untersuchung, welche mit dem Experiment begann und auf Grund der Ergebnisse desselben nach morphologischen Einrichtungen suchte. Was den physiologischen Theil anbetrifft, so werde ich meine bezüglichen Beobachtungen und Versuche als Ganzes vorführen , indem ich die von mir schon veröffentlichten Thatsachen kurz wiederhole und die neuen an dieselben anknüpfe — es ist dies schon desshalb noth wendig, weil jene, wie aus dem Mitgetheilten hervor- geht, nicht allenthalben hinreichend bekannt geworden sind. Mit meinen Ergebnissen werde ich sodann insbesondere diejenigen von Roman es vergleichen und ferner werde ich eine Anzahl älterer Arbeiten oder gelegentlicher Beobachtungen — darunter recht wichtige — über denselben Gegenstand vorführen , die mir , da und dort zer- streut , und nirgends bisher sachgemäss berücksichtigt , erst nachträglich bekannt geworden sind. Nachdem Vorstehendes und der grösste Theil des Folgenden noch im Jahre 1877 niedergeschrieben worden war, hatte Herr Roman es, mit welchem ich auf Grund unseres gemeinsamen Arbeitsfeldes in briefliche Correspondenz getreten war, die Güte, mir unaufgefordert einen Theil des Manuscripts einer neuen von ihm verfassten Abhandlung1) über die Locomotionscentren der Medusen zuzusenden. Daraus schien hervorzugehen, dass wir uns über einen wichtigen Punkt nicht einigen könnten, nämlich darüber, ob, wie Rom an es behauptet, in der Regel schon Ab- schneiden der Randkörper Bewegungslosigkeit der Toponeuren (Aurelia) hervorrufe oder , wie ich gefunden habe , erst Ausschneiden der Randkörper mit Umgebung. Da sich unsere Befunde in dieser Beziehung räthselhafter Weise schroff und unver- mittelt gegenüber standen, so entschloss ich mich , meine Arbeit nicht zu veröff'ent- 1) Der bald darauf in den Philos. Traneact. Vol. 107 erschienenen Arbeit: »Further observations on the Locomotor System of Medusae.« 13 liehen, bis ich durch einige weitere Versuche womöglich herausgefunden hätte, welche Ursachen unserer Differenz zu Grunde liegen möchten. Sprach sich einerseits Roma- ne s sehr bestimmt in seinem Sinne aus, so musste ich andererseits ebenso fest auf meinen Erfahrungen bestehen. Ich beschloss also mit der Veröffentlichung meiner Arbeit noch zu warten und setzte auf den Monat April 1878 einen Aufenthalt in Kiel zum Zweck weiterer Untersuchungen fest. Kurz vor der Abreise klärte sich durch brieflichen Verkehr die Sache, indem sich die Meinungsverschiedenheit als auf einem Missverständniss beruhend herausstellte: ich hatte, wenn ich von der Ent- ernung des Randkörpers sprach, ein Abschneiden desselben an der Wurzel seines Stiels1) — ohne Verletzung des Gallertgewebes, welchem er ansitzt — im Auge und stellte diese Operation in Gegensatz zum Ausschneiden auch des ihn umgebenden Schirmrandstückes (contractile Zone); Roman es erklärte mir dagegen, dass er bei der Operation, die er als Entfernung des ßaudkörpers bezeichnet hat, jeweils auch ein Stück des Gewebes, welchem letzterer ansitzt, mit weggenommen hatte, während er sich, was den Begriff ..contractile Zone" angeht, im Gegensatze hiezu wörtlich an die von mir zum Zweck allgemeiner Orientirung zuerst gegebene Beschreibung hielt, wie sie sogleich wiederholt werden wird. So ergab sich, dass wir thatsächlich unsere Resultate in diesem Punkte wohl als vereinbar ansehen durften. Freilich hatte Roman es behauptet, dass sogar schon Zerstören der Oto- lithensäckchen in der Regel Lähmung hervorrufe und dass daher in diesen der Sitz der lokomotorischen Nervencentren zu suchen sei. Diese Angabe des englischen For- schers dürfte somit nach jener Erklärung, welche er inzwischen auch öffentlich in seiner seitdem erschienenen zweiten Abhandlung in den Philosophical Transactions gegeben hat 2) , wohl selbstverständlich als nicht begründet hin wegfallen. Trotz der Lösung der Differenz ging ich nach Kiel und habe dort während eines zehntägigen Aufenthalts noch einige physiologische und morphologische Beob- achtungen gemacht , welche ich , da die betreffenden Abschnitte des Textes schon vorher geschrieben waren, diesem noch nachträglich beifügte unter besonderem Hin- weis auf die Zeit ihrer Entstehung. Es wird sich zeigen, dass die Resultate von mir neu ausgeführter Operationen vor Allem in hohem Grade wichtig waren ge- rade für die Frage vom „Knicken" der Thiere, d. i. vom lähmenden Erfolg des Ausschneidens von Stücken des Schirmrandes sammt Randkörper. 1) Ich unterscheide im Folgenden stets am Bandkörper den oberen Theil oder Stiel und den unteren oder das Krystall- oder Otolithensiickchen. Unter den von mir untersuchten Arten sind nur bei Cyanea capillata beide Abschnitte nicht deutlich auch in der äusseren Form von einander abgesetzt. 2) a. a. 0. Vol. 167, S. 750. 14 Das Gewebe in der Umgebung des Randkörperansatzes , dessen Ausschneiden jene Lähmung hervorruft, habe ich in meinem Aufsatz „Ueber künstliche Theilbar- keit von Aurelia aurita und Cyanea capillata" als contractile Zonen bezeichnet. Nach meinen damaligen Beobachtungen schilderte ich diese bei Aurelia aurita als „nur wenige Millimeter breite Gewebszonen, welche in ihrer Längenausdehnung' die Umgrenzung des halbkreisförmigen, je ein Randkörperchen bergenden (Rand-) Aus- schnittes bilden" '). Es muss zur richtigen Beurtheilung des Folgenden hervorgehoben werden , es solle diese Beschreibung nicht etwa so gemeint sein , als ob ich unter „contractiler Zone" eiuen morphologisch scharf umgrenzten Bezirk verstehe. Ich verstehe darunter eben nur jeue Gebiete der Umbrella in der Gegend des Ansatzes der Randkörper, welche durch so grossen Reichthum an Nervenzellen ausgezeichnet sind, dass ihre Entfernung gewöhnlich länger dauernde oder absolute Bewegungs- losigkeit der Medusen zur Folge hat. Da aber diese Nervenzellen nur allmälig nach allen Richtungen hin spärlicher werden, so ist eine scharfe Grenze für die contractile Zone nicht festzustellen. Die im Folgenden mitzutheilenden neuerdings von mir beobachteten Thatsachen werden aber auch eine ausserordentlich grosse indi- viduelle Verschiedenheit der Thiere im Verhalten gegenüber dem in Frage stehen- den operativen Eingriffe nachweisen : sie werden zeigen, dass jenes früher angegebene Mass der Länge und Breite der contractilen Zone durchaus nicht für alle Fälle, selbst unter Voraussetzung gleichgrosser Thiere gilt, dass vielmehr manchen nur ein kleinstes Stückchen des Gewebes, welchem die Wurzel des Randkörperstieles ansitzt, weggenommen zu werden braucht, um länger dauernde Lähmung hervorzurufen, während anderen grosse Stücke desselben ausgeschnitten werden müssen, wenn Das- selbe erreicht werden soll, wieder andere aber die bedeutendsten Verstümmelungen ertragen. Höchst Bemerkenswerthes im letzteren Sinne führten mir gerade die Kieler Versuche vor Augen. Sie bestätigten vollauf meine Ansicht, dass die Randkörper allein für die Leitung der rhythmischen Contractioneu nicht massgebend seien. 1) Würzb. Verh. N. F. VI. Bd. S. 138. Zoolog. Unters. S. 46. I. THEIL. PHYSIOLOGISCHE BEOBACHTUNGEN UND VERSUCHE. I. Die vier Grundversuche. Erster Versuch. Die Grundlage aller meiner späteren Versuche und damit aller im Folgenden mitgetheilten physiologischen Thatsachen bildete die am 5. Septem- ber 1873 von mir gemachte Beobachtung '), dass sich ein Randstückchen einer Aurelia aurita, welches ich im Zusammenhang mit einem Randkörper ausgeschnitten hatte, auf das Lebhafteste rhythmisch contrahirte, ähnlich dem herausgelösten Herzen eines Frosches. Zweiter Versuch. Durch allmäliges Verkleinern dieses Stückchens und schliesslich durch Herausschneiden des Randkörpers selbst liess sich feststellen, dass die rhythmischen Contr actione n aus- gingen von der Gegend des Ansatzes des letzteren an den Schirm- rand, genauer: von einer nur wenigeMillimeterbreitenGewebszone, welche in ihrer Längenausdehnung die Umgrenzung des halbkreis- förmigen, je ein Randkörperchen bergenden Ausschnittes bildet. Denn alle diejenigen Abschnitte des Stückchens, welche nicht mit jenerGewebszone inZusammenhang waren, erschienen regungs- los; ebenso alle anderen aus gleichviel we 1 chem T heile des Medusen- körpers ausgeschnitenen Stücke, die dieses Zusammenhangs ent- behrten. Jene in der Zahl von acht am Schirmrand vorhandenen wichtigen Bezirke belegte ich mit dem Namen der contractilen Zonen. Dritter Versuch. Schnitt ich einer Meduse alle acht contractilen Zonen aus, so vermochte sich dieselbe unmittelbar nach der Opera- tion gar nicht mehr zu contrahiren, war unbeweglich, wie todt. 1) Vergl. »Ueber künstliche Theilbarkeit von Aurelia aurita« etc. a. a. 0. 1874. 18 Vierter Versuch. Wurden einerAurelia alle c o n t r a c t i 1 e n Z o n e n mit Ausnahme einer einzigen ausgeschnitten, so contrahirte sich das T h i e r wie vorhe r. Aehnliche Experimente an Cyanea capillata hatten dieselben Erscheinungen zur Folge und gilt dies auch für alle wesentlichen der weiterhin mitzutheilenden Thatsachen. Der aus diesen Experimenten von mir gefolgerte Hauptsatz lautete: Die rhythmischen Contrac tionen der toponeuren Medusen werden ange- regt von den contractilen Zonen. Die Beobachtung der Bewegungen des normalen, unverletzten Thieres zeigte in der That, dass die Zusammenziehungen des Schirmes von der Gegend der Rand- körper ausgehen. Es sei gleich hier bemerkt, dass eine Betheiligung der Randkörper selbst an der Anregung der rhyth- mischen Contractionen durch die erwähnten Versuche nicht ausgeschlossen wird. Diese Versuche berücksich- tigen nicht, ob die Zahl der in der Zeiteinheit ausgeführten Contractionen, sowie deren Kraft, durch das Wegschneiden der Randkörper allein nicht verringert worden ist. In der That bin ich , wie sich aus dem Folgenden ergeben wird, der Ansicht, dass die Kandkörper bei jener Anregung mit betheiligt sind. Indem ich die vier Grundversuche an sich genauer in ihren eiuzelnen Wir- kungen verfolgte und zur Grundlage weiterer Experimente, sowie von Beobachtungen über die Bewegungserscheinungen des unverletzten Thieres nahm, erhielt ich für die Erklärung der letzteren, sowie für die Vorstellung von der wahrscheinlichen Gestal- tung des Nervensystems zahlreiche sichere Anhaltspunkte. Im Folgenden schicke ich die Hauptsätze voraus, welche sich mir in ersterer Beziehung ergeben haben. IL Von den normalen Bewegungen des unverletzten Thieres. Die Zusammen Ziehungen des Medusenschirmes sind nicht, wie man wohl ziemlich allgemein bisher angenommen hat , ausschliesslich willkürliche , sie werden vielmehr, gleich unseren Athemzügen, gewöhnlich unwillkürlich ausgeführt, können jedoch, wie diese, unter die Herrschaft des Wil- lens gebracht werden. Dazu muss von vornherein ausdrücklich bemerkt werden , dass ich beim Gebrauch der Bezeichnun- gen „willkürlich" und „unwillkürlich" durchaus nicht an principiell verschiedene, stets absolut auseinander- zuhaltende Erscheinungen denke. „Unwillkürliche und willkürliche Thätigkeit sind nicht principiell, sondern nur insofern verschieden, als die letztere ein Sammeln, Aufspeichern von Eindrücken in einem gemeinsamen 19 Organ (Gehini) und die Möglichkeit einer Wechselwirkung derselben voraussetzt" habe ich bei Gelegenheit der Erörterung derselben Frage in meiner Beroe- Arbeit bemerkt ') und erlaube ich mir betreffs specieller Mo- tivirung dieses Satzes auf die weiteren dort gemachten Aeusserungen hinzuweisen. Das Nächstliegende war es wohl auch, dass man die Bewegungen der Medusen für willkürliche er- klärte. Man vergleiche in dieser Beziehung den später zu besprechenden Aufsatz von Mettenheime rs) Spallanzani3) neigt dazu hin, dieselben für unwillkürliche zu halten, ist jedoch zweifelhaft, weil er auch solche sieht, die er für willkürliche erkennen zu müssen glaubt. Rom an es4) nimmt aber, im Gegensatz zu meiner Aeusserung an, dass man die Bewegungen unserer Thiere gewöhnlich für unwillkürliche halte. Er sagt: „It may not be so generally known, however, that these swimming-movements, although ordinarly rhyth- mical , are , at any rate in the case of some species, to a limited extend voluntary, using the latter term in the same sense as it is applicable to invertebrated animals in general". — Denn — fügt er hinzu — sie beschleunigen ihre Bewegung auf leichten Reiz und die Beschleunigung dauert fort, auch nachdem der Reiz aufgehört hat. — Auf desshalb an Rom an es gerichtete briefliche Anfrage erwidert er mir, dass die von ihm ausgesprochene Auffassung sicherlieh in England die allgemeine sei: „so much, that I have justingly deemed of anthropomorphism for maintaining that these movements are partly voluntary" und verweist auf Carpenter's Comparative Physiology, 4. Auflage, Seite 656: „It is considered by Prof. Agassiz that the movements of these Acalephae (i. e. Sarsia) are voluntary and exhibit a „purpose" ; but his Statements on this subject exhi- bit a very strong confusion of ideas; and the Author (i. e. Carpenter), is assured by Mr. fluxley that he has never seen the slightest evidence of anything beyond „automatic" action in these animals". Die Zusammenziehungen finden bei Tag beständig statt und ruhen ebenso- wenig bei Nacht. Sie bestehen fort auch wenn die Thiere sich nicht von der Stelle bewegen ; in diesem Falle zeigen sie oft eine ausserordentliche Regelmässigkeit und geschehen dann wohl wesentlich unwillkürlich. Die unwillkürlichen Gontractionen sind reine E r n ä h r u n g s b e- wegungen, d. h. sie dienen in erster Linie der Athmnng, führen aber auch mit dem Wasser Nahrungsmittel in den Magen ein. Gäde8) nahm an, dass die Contractionen des Schirmes Wasser in die von ihm beschriebeneu Athem- höhlen (4 Säcke, welche unter den 4 Mägen liegen sollen. Aurelia.) hinein und wieder herauspumpen, durch eine besondere Oetfnung, welche am Boden jeder Athemhöhle liegen soll — und dass sie auf diese Weise der Athmung dienen. Oken6) sagt dazu: „Ob sie (die Säcke) wirklich zum Athmen dienen und ob die Zu- sammenziehungen der Quallen Athembewegungen sind , ist übrigens sehr zweifelhaft". An einer anderen. Stelle ') meint er , man habe vielleicht den Schirmrand mit seinen vielen Gefässverästelungen für das Athem- organ zu halten. — Der Gedanke, dass die Contractionen der Medusen mit der Athmung zusammenzubringen seien , wird naturgeinäss sehr früh auftreten. Es wäre wunderbar , wenn Aristoteles , wie G ä d e citirt , geglaubt hätte, dass die Medusen ohne den Respirationsprocess lebten. Die bezügliche Stelle8) lautet: „evca 8k xtjV u.ev xpo^>T|V ev xip uypw Ttotstxc« v.a.1 ou Süvaxai £fjv Ixtöj, ou |i£vxot 8i-/zxa.i oüxs xbv depa güxe xo uypov, ofov dxakr^rj xal xä öaxpea." Schon Oken bemerkt bei anderer Gelegenheit (a. a. 0. S. 186,) 1) S. 80. 2) Metten heimer: Archiv f. Anat. u. Physiol. 1862. 3) Spallanzani: Viaggi alle due Sicilie T. III. Milano 1826. 4) Transact. of the Roy. Soc. Vol. 166. S. 271 u. 272. 5)' Gäde: Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Medusen. Berlin 1816. 6) Oken: Allgemeine Naturgeschichte. V. Band. I. Abth. S. 238. 7) ebenda S. 215. 8) Aristoteles: Histor. animal. I. Cap. I, 6. 3* 20 dass Aristoteles unter dein Namen „Acalephae" nirgends mit Sicherheit die Quallen versteht. Das Wort ist denn auch im speciellen Falle in der Ausgabe von Aubert und W immer mit „Seeanomone" übersetzt. Ganz im Gegensatz zu Gäde's Auffassung besteht die Thatsache, dass man schon zu Aristoteles Zeiten, wie auch später (man vergleiche die im Folgenden besprochene Arbeit von Macri), die Medusen als „Lungen" be- zeichnet hat : „yJvovTat Se v.a.1 ol xaXoüjxevot tiveüu-oves aiiTÖ|iatoi" heisst es im V. Cap. 73 von Aristo- teles Thiergeschichte. — Sehr consecruent behandelt, wie noch näher berührt werden soll, Tilesius *) die Contractionen der Medusen als Respirationsbewegungen. Das Thier arbeitet so nach Art einer Saugpumpe, welche zum Zweck der Ernährung beständig in Thätigkeit ist. Der dänische Name für Quallen: „Vandslappers", Wassersauger, würde, in diesem aktiven Sinne ver- standen, ein vorzüglicher sein und mehr besagen als die deutsche Bezeichnung, welche die Folge des Aufsau- gens für das Volumen des Körpers, das „Gequollensein" der Körpersubstanz andeutet. Die unwillkürlichen Contractionen folgen sich unter übrigens gleichenVerhältnissen beim ruhig im Wasser schwe- benden T h i e r e in regelmässigem Rhythmus, oft so regelmässig , dass man im Stande ist, ihnen während längerer Zeit zählend zu folgen, ohne das Thier anzusehen , nachdem man sich einmal die Grösse des je zwischen ihrer zwei gele- genen Zeitintervalls gemerkt hat. Sie setzen von Zeit zu Zeit einen Augenblick aus. Die Zeit des Eintritts und die Dauer dieser Pausen sind einer gewissen Regel unter- worfen : je einer bestimmten Anzahl gleich rascher und gleich starker Contractionen folgt gewöhnlich eine Pause von annähernd derselben Dauer. Auch ohne dass das Thier sich von der Stelle bewegt, tritt nämlich häufig eine zeitweilige Beschleunigung oder Verlangsamung der Contractionen ein und entsprechend der eben ausgespro- chenen Regel ist erstere häufig dann zu beobachten, wenn sehr lange Pausen voran- gegangen sind — ganz ebenso wie langem Anhalten unserer Athemzüge eine Anzahl rascher und kräftiger derselben zu folgen pflegt. Indessen fügen sich die Thatsachen schon desshalb nicht einem bestimmten Gesetze, weil einer der massgebenden Fak- toren, die Stärke der Contractionen nicht leicht berechenbar ist, vorzugsweise aber desshalb, weil das, was etwa reine Reflexbewegung ist, von dem Willkürlichen nicht absolut unterschieden und getrennt werden kann. Die Z usammenziehungen treten deutlich unter die Herrschaft dejsWjillens sobald das Thier Ortsveränderungen vornimmt. Sie können dann nicht nur beschleunigt oder verlangsamt , sondern , wie weiterhin besprochen werden soll, auch sonst in manchfacher Weise modificirt werden. Die Athembeweguugen erfolgen nicht bei allen Thieren der- 1) Tilesius: Beiträge zur Naturgeschichte der Medusen, N. Acta Leop. Carol. XV. 1831. 21 selben Art gleich oft in der Zeiteinheit, vielmehr steht ihre Zahl in umgekehrtem Verhältniss zu ihrer Grösse. Dasselbe gilt für die Ortsbewegungen. Schon die Beobachtung des unverletzten Thieres lehrt, wie bemerkt, dass die Contractionen des Schirmes von dessen Rand und zwar speciell von der unmittelbaren Umgebung der Randkörper ausgehen. Bei Anrelia aurita , wo jeder Randkörper in einem Anschnitte des Schirmrandes hegt , lässt sich deutlich wahrnehmen , dass die Ränder dieses Ausschnittes sich bei jeder Contraction nähern. Mag die Ursache dieses Verhaltens nun auch theilweise als eine Folge des geringeren Widerstandes aufge- fasst werden können, der in der Richtung der Bewegung der Ränder vorhanden ist, so lässt sich doch direkt erkennen , dass der Schirm in jener Gegend überhaupt zu- erst Erregung zeigt. Ferner beobachtet man deutlich , dass nicht immer der ganze Schirmrand sich auf einmal zusammenzieht , d. i. dass nicht immer alle contractilen Zonen gleichzeitig in Thätigkeit treten, sondern dass eine Contraction viel- mehr zuweilen zunächst von einer einzigen oder zugleich von nur einigen nebeneinanderliegenden Zonen ausgeht und sich blitzschnell auf die übrigen fortpflanzt. Diese letzteren folgen dann entweder alle zu- sammen gleichzeitig der ersten oder der Reihe nach , so dass sich , wenn die Ueber- tragung z. B. von links nach rechts geschieht, in zweiter Linie jene Zone contrahirt, welche von der zuerst thätigen unmittelbar nach rechts gelegen ist, sodann die nächste nach rechts gelegene und so fort; demnach trägt sich die Contraction unge- mein rasch von Zone zu Zone über. Es können somit die Contractionen des Schirmes wohl nach Be- lieben des Thieres von einem oder von mehreren Antimeren oder von allen gleichzeitig ihren Ausgangspunkt nehmen. Unter Antimeren oder Strahlstücken sind die acht Tbeilstücke des Thieres verstanden , welche be- grenzt werden durch ebensoviele, in gleicher Entfernung zwischen je zwei Randkörpern den Schirmrand schneidende Interradien. Somit trägt jeder Antimer in der Mitte seines unteren Randes, welcher einem Ab- schnitt des natürlichen Schirmrandes entspricht, einen Randkörper. Dagegen kann die Zusammenziehung einer contractilen Zone, so viel ich beobachte t habe, niemals stattfinden ohne gleichzeitige oder annähernd gleichzeitige Thätigkeit aller übrigen. Denn stets contrahiren sich alle Zonen entweder synehroniscb oder in blitzschneller Folge — niemals folgt eine den andern erheblich nach oder setzt gar aus. Die Fähigkeit der Meduse, willkürlich die Zeitfolge der Zusam- menziehung der acht Antimere des Körpers zu bestimmen und nicht minder das Vermögen , ein Antimer oder eine beliebige An zahl solcher 22 stärker zu coutrahiren als die übrigen, bedingt die Möglichkeit rnanchfachst en Wechsels in der Richtung der Ortsb e w egungen — ver- mittelt das Steuern des T hier es. Contrahirt sich z. B. eine contractile Zone nach der andern in rascher Folge in der Richtung von links nach rechts , so wird eine Drehung des Thieres in ent- gegengesetzter Richtung durch den Kückstoss des Wassers stattfinden müssen. Cou- trahiren sich die Antimere der einen Seite des Schirms stärker als die der auderen, so wird eine seitliche Ortsbewegung die Folge sein u. s. w. In der Nummer der Zeitschrift „Nature" vom 19. Juli 1877 erzählt Frl. E. Lawless eine Beob- achtung an einer Aurelia, welche die Fähigkeit des Steuerns bei diesem Thiere in das hellste Licht setzt: Die Aurelia ward beständig von einem kleinen 1 bis lVs Zoll langen Fisch begleitet, der unter ihrem Schirme schwamm. Zuweilen nun drehte sich die Meduse durch ihre Pulsationen, um den Schirm umzukehren, wo- rauf der Fisch schnell herausschwamm. Aber kaum hatte sich die Aurelia wieder aufgerichtet, als er wieder unter den Schirm zurückkehrte. — Mit Bezug auf diese Beobachtung mag hier die folgende , Cyanea capil- lata betreffende, Erzählung Platz finden, welche Oken (a. a. 0. S. 250) nach Baster, (Opuscula II. 1762. S. 60) wiedergibt : „Die holländischen Fischer, welche im deutschen Meere an den jütländischen Küsten Fische fangen, sehen im Sommer , bei heiterem Wetter und ruhigem Meere , eine Menge dieser Quallen und nicht selten welche, die 2 Fuss breit sind. Sonderbar ist es aber, wie alle einstimmig bezeugen, dass unter diesen Schwärmen von Medusen eine ungeheure Menge kleiner Fische, besonders Dorsche, Kabeliaue , Schellfische, Kohlenfische , Lenge u. dgl. schwimmen und sich gleichsam dazwischen verbergen , um der Kaubsucht der grösseren Fische zu entgehen; dies thun sie so lange bis sie etwa fingerslang und hurtig genug sind um sich durch Schwimmen zu retten." Romanes meint, es sei das sich Nähern der Ränder der Randkörperausschnitte während der Con- traction einfach die Folge des Mangels von Widerstand zwischen ihnen, gegenüber dem Druck des beiderseits von ihnen gelegenen sich zusammenziehenden Gewebes '). Th eil weise ist dies unzweifelhaft richtig — inwie- weit, das mochte erst ein Controle versuch zeigen, der darin bestände, dass man etwa in der Mitte zwischen je zwei Randkörpern kleine Stückchen Gewebe aus dem Rande ausschnitte und nun das Verhalten der Mund- ränder während der Contractionen beobachtete. Schon der Verlauf der Muskelelemente bei manchen Medusen zeigt aber, welche Bedeutung die Umgebung der Randkörper gegenüber den übrigen Bezirken des Schirmes für die Contractionen hat: bei Cassiopea z. B. strahlen dieselben geradezu radiär von einem der Randkörper- wurzel gegenüber gelegenen Punkte der Unterseite des letzteren aus. Im Centrum, von welchem die Aus- strahlung ausgeht, liegt ein ovales, über die übrige Überfläche hervorragendes, muskelfreies Knöpfcheu. — Ein ähnliches Ausstrahlen der Muskulatur • von einem Punkte aus an derselben Stelle finde ich nachträglich bei Huxley von Cephea ocellata abgebildet in seinem Manual of the Anatomy of Invertebrated Animals, 1877, S. 137, Fig. 20 C. (Seite 25 der Uebersetzung von Spengel). Huxley bezeichnet das Knöpfchen, von welchem die Ausstralüung ausgeht, als „ovale Platte." Abgeseheu von der direkten Beobachtung liegen die Beweise für die aufge- stellten Sätze einmal in der Art der Wirkung gewisser operativer Eingriffe auf die Thiere und dann — was speciell die Deutung der rhythmischen Contractionen als Athembewegungen angeht — in dem Einfluss des Sauerstoffmangels auf dieselben. Ich werde zunächst nun die letzte Fra"'e behandeln und dann erst übersehen zur 1) Philos. Transact, Vol. 166. S. 310. 23 Darstellung von Experimenten, welche ich zugleich zum Zweck der Feststellung der Topographie des Nervensystems gemacht habe. III. Einfluss von Sauerstoffmangel auf die Bewegungen der Medusen. Der Einfluss von Sauerstoffmangel auf die Bewegungen zeigt sich am Ein- fachsten in den Veränderungen, welche diese erleiden, wenn die Thiere zu lange Zeit in derselben geringen Quantität Wassers in der Gefangenschaft gehalten worden sind, in Wasser also, dessen Sauerstoffgehalt durch ihr Athinen verringert ist. Diese Veränderungen sind so gross, dass insbesondere bei der Beurtheilung und Ver- werthung aller operativen Versuche die grösste Aufmerksamkeit auf häufige und regelmässige Erneuerung des Wassers verwendet werden muss. In nicht gehörig erneuertem Wasser werden die Contractionen unregelmässig: es treten zuweilen grosse Pausen zwischen zweien derselben auf und einer solchen Pause folgen dann rasch nach einander oft zahlreiche hastige kurze Zusammen- ziehungen, dies um so ausgesprochener, je mehr verdorben das Wasser ist. Zuletzt liegen die Thiere oder deren Theilstücke viertelstundenlang und länger unbeweglich, anscheinend todt, bis der Beobachter wieder plötzlich durch eine oder oft durch 5 oder 6 hastig nacheinander folgende kurze Contractionen überrascht wird. Die Zahl der Contractionen, welche in solch verbrauchtem Wasser in der Zeiteinheit gemacht wird , ist bald grösser als beim frischen Thiere , bald wieder viel kleiner. In jenen Fällen geschieht die Vermehrung der Contractionen augen- scheinlich auf Kosten von deren Stärke ; es handelt sich dabei offenbar um jene hastigen, krampfhaften Athemzüge, wie sie in Folge der Athemnoth auch bei den höheren Thieren sich zeigen. Diese Athemnoth wird sofort nach Ersatz des alten Wassers durch frisches gehoben : wie mit einem Schlage tritt nun meist wieder Regelmässigkeit in den Con- tractionen ein. Stücke von Aurelien, welche todt scheinen, indem sich während langer Zeit der Beobachtung keine Spur von Contraction mehr an ihnen zeigen will, erwachen sofort nach Erneuerung des Wassers zu neuem Leben. Alle diese Thatsachen lassen sich nur erklären durch die Annahme, dass die Contractionen der Quallen in erster Linie Athembewegungen sind. 24 IV. Operative Versuche zum Zweck der Feststellung der Ausgangspunkte der rhythmischen Contractionen und damit der Nerveneentren. Unter den als die Grundversuche aufgeführten Experimenten bedürfen zunächst jene einer genaueren Erläuterung in Beziehung auf die vorliegende Frage, nach welchen 1) ein mit einem Randkörper versehenes, aus dem Thiere ausgeschnittenes Gewebs- stückchen sich rhythmisch zu contrahiren fortfährt, während die 2) von diesem Stückchen losgetrennten Abschnitte, welche mit dem Randkörper nicht mehr in Zu- sammenhang stehen, bewegungslos erscheinen. Als Beispiel wählen wir einen besonderen Fall: wir schneiden einen Antimer aus einer Aurelia aus. beobachten die Wirkung und beginnen darauf das Theilstück zu verkleinern. Unmittelbar nach der Operation setzt der Antimer sowohl wie der übrige Rest der Meduse die Zusammenziehungen gewöhnlich einige Augenblicke aus — offen- bar eine Periode der Bestürzung, besser : eine kurzandauernde Lähmung, welche Folge ist des Eingriffs in das Nervensystem (Nervenchoc , Nervenschlag) und welche , wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, nach jeder eingreifenderen Verletzung des Thieres zu constatiren ist. — Schneidet man nun vou dem Antimer (A Fig. 1) j etwa das Stück a weg, so erscheint dieses bewegungslos, während der Rest B sich rhythmisch weiter contrahirt, schneidet man von B auch b ab, so wird dies ebenfalls bewegungslos, während der Rest C sich weiter contrahirt ; fährt man so fort bis g , so bleibt schliesslich nur dieses rhythmischer Contractionen fähig und be- . \\ ginnt man weiter auch diesen Theil zu verkleinern (A1) , so dass 9 V • i man zuerst etwa h , dann i , dann k abschneidet , so zieht sich A' ,-. -7 a zuletzt nur noch 1 rhythmisch zusammen — alle anderen Theile */*y\ it \ j erscheinen jetzt wie todt und sterben allmälig ab , sind der Aul- Holzschnitt 1 lösung anheimgefallen zu einer Zeit, da 1 noch munter weiter lebt. Aber es lässt sich selbst das Stückchen 1 mit demselben Erfolg noch weiter verkleinern : so lange als nur ein kleinster Rest von Gewebe im Umfange des Rand- körpers übrig, mit diesem in Verbindung bleibt, kann die Möglichkeit rhythmischer Contractionen gegeben sein. Solche kleine . mit dem Randkörper zusammenhängende Gewebsstiickchen .-ah ich noch nach Tagen sich auf das Lebhafteste zusammenziehen — selbst als ich deren einmal auf einem Teller zufällig hatte liegen lassen, in so wenig Seewasser, dass dessen Boden kaum damit bedeckt war , sah ich sie am anderen Tage noch kräftige rhythmische Contractionen ausführen. 25 Schneidet man an einer Aurelia einen Randkörper mit der contractilen Zone aus — ich will in Zukunft diese Operation, entsprechend dem Verfahren des Ein- stechens in eine bestimmte Stelle der medulla oblongata der Wirbelthiere , welches den sofortigen Tod derselben zufolge hat, als „Knicken" bezeichnen und spreche von dem Knicken eines, zweier .... acht Antimere, je nachdem ich an einer Meduse eine, zwei .... acht contractile Zonen exstirpire — knickt man also an einer Meduse ein Antimer, so finden, wie nach dem vierten Grund versuche selbstver- ständlich ist, die Contractionen des Thieres ganz wie vorher statt — natürlich erst nach Ueberwinden der soeben besprochenen Bestürzungsperiode. Was aber auf- fällt , das ist die Thatsache , dass sich jetzt auch der geknickte Antimer contrahirt und zwar hervorragend deutlich am freien Rande. Genaue Beobachtung zeigt jedoch, dass die Contractionen desselben nicht selbständige sein können, dass sie vielmehr von den unangetasteten contractilen Zonen der übrigen Antimere fortgeleitete sein müssen, denn sie breiten sich augenscheinlich von den letzteren her auf ihn aus und treten oft sichtbar erst um ein Minimum später auf, als die der unberührten Antimere. Deutlicher war diese Erscheinung, nachdem ich statt eines zwei und mehr, am deutlichsten, nachdem ich alle Antimere mit Ausnahme eines einzigen geknickt hatte : jetzt ging jede Contraction von der Stelle des Randes aus , an wel- cher der Randkörper noch vorhanden war und verbreitete sich von hier über den übrigen Theil des Randes und über das ganze Thier, und die Zusammenziehung der verstümmelten Randtheile schleppte sichtlich derjenigen des unberührten Antimers etwas nach, so zwar, dass sie am spätesten an der dem letzteren gegenüberliegen- den Stelle erschien. Nach Knicken auch des letzten Antimers hörten — wie der dritte Grund- versuch es erwarten lässt — die Zusammenziehungen des Thieres plötzlich auf, die Gallertscheibe breitete sich flach im Wasser aus und stieg in dieser Haltung langsam und willenlos nach oben , bis sie unter der Oberfläche des Wassers wie todt liegen blieb. Cyanea sinkt dagegen nach dem Ausschneiden der Randlappen. Als Ursache dieses Verhaltens glaubte ich schon 1873 die Schwere der Fangfäden in Betracht ziehen zu sollen. Neuerdings (1878) in Kiel angestellte Versuche schienen diese Auflassung zu bestätigen, während sie das an Aurelia früher erzielte Resultat modificirt haben. Die früheren Versuche waren an kleinen in der Gefangenschaft gehaltenen Exem- plaren von Aurelia und Cyanea angestellt und war die Operation jeweils ausserhalb des Wassers vorge- nommen worden. Die neuen Versuche machte ich an grossen (20 und mehr cm im Durchmesser haltenden) Thieren in der freien See vom Boote aus, um alle Fehler zu vermeiden in der Weise, dass ich die Medusen nicht aus dem Meere heraus nahm. Ich fuhr irgend einem lebhaft schwimmenden Thiere mit dem Boote nahe und operirte es in der See, während ich es durch einen Gehülfen unter Wasser halten Hess oder indem ich es auf der Fläche der linken Hand im Wasser hielt und mit der rechten Hand, mit Hülfe der 26 Scheere, die contraetilen Zonen ausschnitt. Nur so mochte vermieden werden, dass etwa kleine Luftblasen an der operirten Meduse hängen blieben und deren specifisches Gewicht veränderten. Der Erfolg dieses Verfahrens war nun der folgende: Cyanea capillata sank regelmässig nach dem Ausschneiden der ßandlappen, wenn sie im Uebrigen intakt belassen wuide, langsam zu Boden und blieb auf dem Meeresgrunde liegen. Wurden ihr aber zugleich die Fangfäden abgeschnitten, so stieg sie an die Oberfläche des Meeres — so in etwa sechs, bezw. zwölf Versuchen. Dies war also in Uebereinstimmung mit meinen früheren Beobachtungen und mit der Annahme, dass die Schwere der Pangfäden die Ursache des Sinkens sei. Dagegen stieg Aurelia aurita nach der Operation zwar häufig an die Oberfläche, in anderen Fällen aber sank sie auf den Meeresgrund, ohne dass ich dieses verschiedene Verhalten durch irgend eine bemerkbare Ursache zu erklären im Stande war. Zuweilen sanken die Thiere zuerst und schienen dann, ohne dass sie vorher eine Contraction gemacht hatten, wieder zu steigen; andere stiegen zuerst und sanken später, und wieder andere schwebten lange Zeit auf derselben Stelle im Wasser, als ob ihr specifisches Gewicht demjenigen des Wassers gleich wäre. Da dieses Verhältniss nicht ganz, aber doch nahezu zutreffen wird, so müssen die geringfügigsten Ursachen jenes verschiedene Verhalten bedingen. Ich werde später auf diese Frage zurückkommen. Im Wesentlichen wiederholten sich dieselben Erscheinungen, so oft ich einer Aurelia alle acht Antimere geknickt hatte. Aber ich bemerkte zugleich, es sei die Be- wegungslosigkeit an dem verstümmelten Thiere nicht immer bleibend , vielmehr zeigten sich an ihm nach einiger Zeit häufig einige unregelmässige und wirkungslose, schwache Contractionen, welche mehr lokaler Natur sind, und meist bald aufhörten, zuweilen aber am folgenden Tage verstärkt beobachtet wurden — eine Erscheinung, welche, wie wir sehen werden, meine neueren Versuche genauer verfolgt haben, mit dem Resultate, dass sie sich zu kräftigen rhythmischen Contractionen steigern kann. Reize, z. B. Stiche in die sämmtlicher contractiler Zonen beraubte Qualle regen in der ersten Zeit nach der Operation die geschilderten mangelhaften Contractions- versuche gleichfalls au. Lässt man dem Thiere auch nur eine contraetile Zone, so scheint, wie der vierte Grundversuch es auch erwarten lässt , seine absolute Lebensfähigkeit in keiner Weise alterirt zu sein : noch nach Tagen schwimmt dasselbe munter umher wie ein ganz gesuudes. Die Thiere dagegen, welchen sämmtliche Anti- mere geknickt worden sind, sterben a 1 1 m ä 1 i g ab, beginnen weiss, undurchsichtig zu werden und sind längst aufgelöst zu einerZeit, da nicht geknickte Con troleth ie r e, die in dem selb en W asser mit ihnen gehalten worden sind, noch vollkommen lebenslustig umher- schwimme n. Diese Experimente beweisen einmal , dass die rhythmischen Contractionen unserer Medusen von den contraetilen Zonen ausgehen und ferner erhärten sie die schon auf Grund der vier ersten Versuche ausgesprochene Vermnthung von dem Vorhandensein eines centralen Apparates je in der Nähe der Randkörper. In letzterer Beziehung stellt sich nur noch die Frage: sind es nicht die Randkörper selbst, in 27 welchen der Centralapparat des Nervensystems zu suchen ist, der nun erst mittel- bar die entsprechende contractile Zone und damit die Contractionen des Schirmes anregt? Schon gelegentlich meines ersten Besuchs der Ostsee zum Zwecke der Be- handlung des Themas bin ich der Lösung dieser Frage näher getreten , indem ich einzelnen Thieren und Strahlstücken die Randkörper an der Wurzel der Stiele ') — ohne Verletzung der contractilen Zonen — abgeschnitten habe. Das Resultat war, wie ich in meiner ersten Abhandlung mittheilte2), dies, dass die Thiere nach der Operation augenscheinlich bestürzt waren, indem sie die Contractionen für einige Sekunden aussetzten , worauf sie jedoch wieder anfingen sich regelmässig zusammenzuziehen. Die Wiederholung und ausgedehntere Verfolgung der bezüglichen Versuche zeigte mir aber schon im darauffolgenden Jahre (1874), dass die Zerstörung der Rand- körper, ja schon das Einstechen in eine bestimmte Stelle des Randkörperstiels, tief- greifendere Wirkung haben kann und werde ich die bezüglichen Ergebnisse in einem besonderen, dem Zerstören der Randkörper gewidmeten Abschnitte ausführlich be- handeln. V. Halbiren, Viertheilen und Achttheilen von Aurelia und Cyanea. Das Ergebniss, welches diese Operationen liefern werden, lässt sich schon aus dem Mitgetheilten mit Sicherheit construiren — nichtsdestoweniger ist seine gesonderte Behandlung schon wegen des, ich möchte sagen populären Interesses, das es bietet, sodann wegen der allgemeinen sich daran knüpfenden Fragen wohl angezeigt. Halbirt, viertheilt oder achttheilt man eine Aurelia oder Cyanea durch in den Inter- radien geführte Schnitte, so dass jedes Theilstück entweder vier oder zwei oder einen Randkörper enthält , so contrahiren sich die Theilstücke lebhaft rhythmisch weiter. Unmittelbar nach der Operation zeigen dieselben zwar die geschilderte Bestürzung, bezw. Lähmung (Nervenschlag) , dann beginnen die Contractionen wieder, zuerst meist schwach und unregelmässig, bald aber kräftig und regelmässig, wie am un- verletzten Thiere. — Geschah das Halbiren an kleinen Aurelien, so sanken sie nach der Operation zuerst zu Boden, erhoben sich aber bald wieder, sanken vielleicht nach einiger Zeit abermals vorübergehend, während sie zugleich unregelmässige Con- tractionen machten , schwammen aber am folgenden Tage munter umher wie das 1) Vergl. die Einleitung, Seite 13. 2) Ueber künstl. Theilbarkeit von Aurelia und Cyanea. Würzb. Verh. a. a. 0. S. 156 Anrnkg. — Zoolog. Untera. S. 64 Anmkg. 4* 28 unverletzte Thier dies gethan hatte, wobei die Schirmhälfte wieder, so gut dies eben gehen wollte, zur Glockenform zusammengezogen war. Grosse Aurelien erschienen durch die Halbirung noch viel weniger gestört als kleine : sie setzten unmittelbar nach der Theilung die Contractionen einen Augenblick aus, schwammen aber dann munter und kräftig umher, als ob nichts mit ihnen ge- schehen wäre. — Die Viertheile — Zwillinge , wie ich sie nenne , weil jeder der- selben, aus zwei Antimeren zusammengesetzt ist — die Zwillinge grosser Individuen vermögen sich noch frei im Wasser zu erhalten und zu bewegen, auch haben sie sich, ebenso wie die Hälften, nach kürzerer oder längerer Zeit, so viel wie möglich, zur Glockenform wieder zusammengezogen, wodurch ihnen das Schwimmen erleichtert wird. Die Achttheile (Einzel- Antimere) dagegen sinken gewöhnlich sogleich nach der Opera- tion zu Boden und contrahiren sich dort fort. Alle Theilstücke leben tagelang selbständig weiter. Aus dem bisher Mitgetheilten geht hervor, dass jede unserer toponeuren Medusen als aus acht mit je einem centralen Nervenapparat versehenen, selbstän- diger Coutraction fähigen Theilstücken zusammengesetzt betrachtet werden kaun. Erst weiterhin zu erörternde Thatsachen werden hervorheben, in welchem Grade die Individualität dieser Theilstücke auch durch andere Einrichtungen gestützt ist und in wie weit die Möglichkeit dauernder selbständiger Existenz für sie in Frage kommt. Für jetzt haben wir zunächst zu untersuchen, welcherlei Anhaltspunkte das Experi- ment uns an die Hand zu geben vermag für die Erklärung der Verbindung der einzelnen Strahlstücke untereinander durch Nerven. VI. Versuche zum Zweck der Feststellung der Art der Verbindung der verschiedenen Theile des Körpers der toponeuren Medusen durch Nervenfasern. Die Angaben über das Vorhandensein eines Nerveuringes am Schirmrande verschiedener Medusen , wie auch solche über einen zweiten Nervenring , der bei einigen derselben im oberen Theil des Schirmes verlaufen sollte (bei Bou gainvillia, Tiaropsis, Staurophora, nach L. Agassiz) forderten zunächst zur Prüfung an den von mir zur Untersuchung gewählten Thieren heraus. Zu diesem Zwecke schnitt ich zuerst aus einer frisch aus dem Meere genom- menen Aurelia aurita in beiden interradialen Grenzen eines der acht Antimere — ich will es A nennen — einige Millimeter weit vom Rande aus in radiärer Richtung ein. Verband ein hier liegender Nervenrine die einzelnen Strahlstücke untereinander, 29 und war diese Verbindung die einzige vorhandene, so mussten nach der Operation die Contractionen von A völlig unabhängig von jenen der übrigen Antimere stattfinden; bestand jene Verbindung und ausser ihr noch eine weitere , so mochte die Unab- hängigkeit der Contractionen beider wenigstens gemindert sein. Allein es zeigte sich, dass nach der Operation die Contractionen des Strahlstücks A in demselben Verhalten zu jenen der übrigen Strahlstücke verblieben wie vorher — die Contractionen sämmtlicher erfolgten nach wie vor ganz oder nahezu synchronisch. Erst nachdem ich die Schnitte bis nahe au die Geschlechtsdrüsen des Thieres hin, in der Fort- setzung der ursprünglichen Richtung, verlängert hatte (bei einem Individuum von 13 cm Durchmesser bis auf 8, bei einem anderen, ebenso grossen, bis auf §\ inm Entfernung von den Geschlechtsdrüsen), begann der Zusammenhang der Contractionen des Strahlstücks A mit jenen der übrigen aufzuhören , indem dann und wann in A eine Contraction auftrat, welche auf seinen Umfang beschränkt blieb und sich auf die übrigen Theile der Meduse nicht fortpflanzte und ebenso setzten sich umgekehrt die Contractionen der letzteren zuweilen nicht auf A fort. Ich führte nun in folgender Art den Versuch weiter. Bezeichnen wir das Strahlstück A als das erste, die rechts von ihm gelegenen als zweites, drittes u. s. f. (vergl. Holzschnitt 2), so schnitt ich ebenso wie vorher zwischen 8 und 1 einerseits und 1 und 2 andererseits nun auch zwischen 3 und 4 bis nahe an die Geschlechts- drüsen (g) ein: es wurde also auch auf diese Weise ein Zwillingsstrahlstück (be- stehend aus 2 und 3) ebenso isolirt wie vorher A und es verhielt sich dieses Zwil- lingsstrahlstück, welches wir B nennen können, den Antimeren 4 bis 8 gegenüber ganz ebenso wie sich früher A gegenüber 2 bis 8 verhalten hatte: erst nachdem der zwischen 3 und 4 geführte interradiale Schnitt den Geschlechtsdrüsen ebenso nahe gekommen war wie die A isolirenden Schnitte , wurden die Contractionen von B gegenüber jenen der Antimere 4 bis 8 selbständige. — Die Zusammenziehungen der zwei contractilen Zonen von B verhielten sich zu einander wie im unverletzten Thiere. Ich schnitt hierauf, durch Verlängerung der Interradialschnitte '|8 und 3|4 (d. i. der Schnitte zwischen Antimer 1 und 8 einerseits und 3 und 4 andererseits) bis zum Centrum, A und B zusammen aus, so dass ich ein aus drei Antimeren und zwar einem Einzelantimer (A) und einem Zwillingsantimer (B) bestehendes Stück Holzschnitt 2. 30 vor mir hatte (vergleiche Holzschnitt 3) , die Theile A und B waren selbstverständlich unvollkommen von einander getrennt — bis auf einen Zusammenhang, dessen radiärer Durchmesser S mm unterhalb der Geschlechtsdrüse (gj beginnend bis zum ursprünglichen Mittelpunkte der Meduse als Ganzes reichte. — Holzschnitt 3 Es waren nun natürlich, wie vorher, die Contractionen der beiden Antimere von B zusammenhängend. Die von A einerseits und von B andererseits traten zwar zuweilen gleichfalls ganz oder nahezu synchronisch auf, allein mehr wie zufällig. Andere Male contrahirte sich A zuerst und erst auffallend später folgten die zwei contractilen Zonen von B nach oder umgekehrt. Oder e- setzte entweder A oder B eine Contraction aus . machte eine weniger als der andere Theil : A und B contrahirten sich z. B. bei einer Action nahezu oder ganz gleichzeitig, bei der darauffolgenden Zusammenziehung von B verhielt sich etwa A nnthätig, bei der dritten contrahirten sieh A und B wieder gleichzeitig. Endlich kam es vor . dass die Contractionen beider Theile während längerer Zeit gänzlich unabhängig von einander stattfanden. Später wird ein Fall beschrieben werden, wonach allmäliges Absterben ganz wie der soeben geschilderte künstliche Eingriff nach und nach Trennung eines Abschnittes einer Aurelia vom übrigen Thiere in der Richtung vom Bande nach dem Centraltheil hervorgerufen hat, durchaus mit demselben schliesslichen Erfolg in Beziehung auf die Abhängigkeit der Contractionen beider Theile (vgl. XIII. Abschnitt. Versuch A und Holzschnitt 15 und 16). Nach den bis jetzt mitgetheilten Versuchen war die Annahme ausgeschlossen, dass ein am Schirmrande verlaufender Nervenring die einzige Verbindung zwischen den einzelnen Antimeren herstelle. Allein es Hessen dieselben die Möglichkeit offen, dass ein Nervenring, etwas mehr als 8 mm unterhalb der Geschlechtsdrüsen um die Kuppe der Meduse herumlaufend, eine solche Verbindung vermittle — oder dass dieser obere und zugleich ein unterer Nervenring vorhanden sei. Um diese Möglichkeiten zu prüfen, machte ich nun den folgenden Versuch: ich setzte das Messer im Mittelpunkte einer Aurelia oder Cyanea ein und führte von hier aus einen Schnitt im rechten und einen anderen im linken luterradius eines Antimers — die vorhin gewählte Bezeichnung beibehalten also z. B. zwischen 1 a und 2 3 — gegen den Schirmrand hin : es zeigten sich hierauf die Contrac- tionen des betreffenden Antimers so lange von jenen der anderen abhängig . bis dasselbe nur noch durch je eine ganz dünne Substanzbrücke nach rechts und links mit dem übrigen Thiere verbunden war. Es schien dieser Versuch zusammen mit den Ergebnissen des entgegengesetzten, in welchem ich vom Bande gegen das Cent- rum hin eingeschnitten hatte, nun in der That dafür zu sprechen, dass zwei Nerven- 31 ringe , ein oberer und ein unterer vorhanden seien , welche irgendwie , etwa in den Iladien, mit einander verbunden und welche gegenseitig für einander zu vicariiren im Stande wären. Um nun aber beide Versuche zn controlireu , machte ich weiter folgenden: ich schnitt aus einer Aurelia von 10 cm Durchmesser die ganze Kuppe in solchem Umfange ans, dass ein Randring von 1"2 cm Breite losgelöst wurde. Es zeigte sich die Kuppe, abgesehen von einigen unvollkommenen, bald nach der Operation bemerk- baren Contractionsversuchen , bewegungslos, während der Ring, nach den üblichen Bestürzungserscheinungen, rhythmisch sich contrahirend, munter wie ein ganzes Thier umherschwamm. — Darauf schnitt ich in den distalen — äusseren — Rand dieses Ringes überall in den Interradien 1 cm tief ein , so dass die einzelnen , die Rand- körper tragenden Antimerenreste nur noch durch acht, dem Innentheile des Ringes angehörige Substanzbrücken von % cm Breite verbunden waren: die Abhängigkeit der Action der einzelnen contractilen Zonen dauerte trotzdem fort. Dasselbe Ver- hältniss blieb, nachdem ich zwischen der Hälfte der Antimerenreste die Schnitte bis auf die Dicke eines feinen Bindfadens weiter geführt hatte (8;,, l\2, \, 3j4 Holzschnitt 4). Zwischen den vier übrigen Antimerenresten verlän- gerte ich nun die Schnitte eben so weit, führte aber darauf dicht neben jedem derselben noch einen Schnitt von innen nach aussen bis kurz vor den tu natürlichen Schirmrand hin (4j5 , 5|c, 6|7, 7j8 Holz- schnitt 4). Auf diese Weise waren die Antimeren- reste 5, 6 und 7 nur noch durch je eine wenige mm breite , rechteckige Gewebsbrücke (B) untereinander und ebenso 7 nur noch auf dieselbe Weise mit 8, 5 mit 4 in Zusammenhang und zwar unmittelbar nur in der Richtung einer der beiden Diagonalen Holzschnitt 4. dieser Stückchen. — Jetzt war die Abhängigkeit der Contractionen dieser einzelnen Antimerenreste untereinander, sowie die zwischen 4 und 5 einerseits und 7 und 8 andererseits unsicher geworden — um so mehr, je schmaler die die benachbarten Anti- merenreste verbindende Gewebsbrücke geworden war. Der kettenartig zerschnittene Randring schwamm übrigens nach wie vor munter umher. Mehrfache Beobachtungen haben mir gezeigt, dass sich zuweilen die aufge- hobene Verbindung nach einiger Zeit wiederherstellt. Ein solcher Fall ist im XIII. Abschnitt u. A. in Versuch F beschrieben. Auch die über das Ausschneiden der Muskelschichte mitgetheilten Thatsachen mösen hiezu verglichen werden. 32 Aus diesen und anderen Versuchen nun war ich berechtigt zu schliessen, dass weder ein unterer noch ein oberer Nervenring die einzelnen Strahlstücke der topo- neuren Medusen untereinander leitend verbinde, jedenfalls nicht ausschliesslich verbinde, dass diese Verbindung vielmehr hergestellt werden müsse entweder durch das Gallertgewebe des Körpers an sich oder aber durch Nervenfädchen, welche dasselbe in verschiedener Richtung durchziehen. Ist das Letztere der Fall, so vermögen die Nerven- fädchen in hohem Grade für einander zu vicariiren. Die physiologische Verbindung der einzelnen T heile untereinander aber ist augenscheinlich nur so lange sicher, als die sie vermittelnde G-ewebsb rücke nicht unter ein gewisses Mass der Breite herab- gesunken ist. Dieses darf unbeschadet des Vermögens der Vermittelung der Leitung viel geringer sein gegen den Schirm- rand hin als nahe der Kuppe, desshalb m u s s dort die Zahl der verbindenden Nervenfädchen viel grösser sein als hier. Somit war ich durch das Experiment zu dem Schluss gekommen, dass das peri- pherische Nervensystem der toponeuren Medusen speciell darin ebenso beschaffen sei wie das von mir bei Beroe beschriebene, dass auch dort nicht gröbere Nervenstränge die Verbindung der Theile des Körpers vermitteln. Die Frage, wie weit das Muskelgewebe der Subumbrella an sich an der leiten- den Verbindung betheiligt sei, habe ich erst in den folgenden Versuchen des Näheren berücksichtigt, welche in den Jahren 1874, 1876 und 1877 angestellt sind, während die bisherigen Mittheilungen sich auf die an Aurelia und Cyanea im Jahre 1873 gemachten Beobachtungen beziehen. VII. Zerstören oder Verletzen der Randkörper. Wie vorhin bemerkt, habe ich schon im Jahre 1873 einzelnen Aurelien die Randkörper, ohne Verletzung der contractilen Zonen, ausgeschnitten und habe beob- achtet , dass die Thiere nach der Operation zwar augenscheinlich „bestürzt" — ge- lähmt — waren, indem sie für einige Sekunden ihre Contractionen aussetzten, dass sie diese aber bald wieder in regelmässigem Rhythmus fortzuführen begannen. Im darauffolgenden Jahre machte ich weitere Experimente , welche diesen Satz wesent- lich einschränkten. Ich fand nämlich nicht nur, dass alleiniges Zerstören d e r R a n d k ö r p e r zuweilen die rhythmische Co n t r a c t i o n s f ä h i g- 33 keit für längere Zeit aufheben könne, sondern dass dieselbe Wir- kung hie und da sogar erzielt werde durch Verletzen einer bestimm- ten Stelle des Randkörperstiels (Aurelia). Diese meine ersten Angaben ein- schränkenden Erfahrungen waren somit gemacht noch bevor Romanes in dem- selben »Sinne Beobachtungen angestellt oder doch veröffentlicht hatte, welchen er freilich eine viel zu absolute Geltung zuschrieb. Es sagt nämlich dieser Forscher in seiner im Jahre 1876 erschienenen Schrift mit Beziehung auf jene meine ersten Mittheilungen: so viel er sich erinnere, hätten die contractilen Zonen jeweils ihre Contractionen gänzlich eingestellt, sobald er hinreichend Sorge getragen habe, alle Randkörper zu entfernen J). Von einer Regel in diesem Sinne kann nun nach meinen Erfahrungen keine Rede sein. Nur in noch mehr bedingter Weise kann ich aber mit Romanes übereinstimmen, wenn er fortfährt: „And not only so, but by reino- ving, with the aid of a well-pointed scissors, the little sac of crystals composing the central part of the lithocyst, without injuring the curious wing-like appendages by which this sac is partly surrounded, and conversely, by removiug in other specimens these wing-like appendages alone, without injuring the little sac of crystals — by these experiments I was able to satisfy myself that the whole spontaneity of the lithocyst appeared to be exclusively lodged in the minute sac of crystals referred to." Es wären also die Otolithensäekchen, welche Romanes für die Ausgangspunkte der Erregung der Contractionen hält, gegenüber meiner Ansicht, welche die Um- gebung der Randkörper, die contractilen Zonen, in dieser Beziehung für wesentlich bezeichnet hatte. Indessen fügt Romanes bei, es seien seine Versuche erst gegen das Ende der „season" und so zu einer Zeit gemacht , als er sich nur kleine und wenig lebhafte Individuen verschaffen konnte. In Rücksicht darauf habe er beabsichtigt gehabt, die Veröffentlichung seiner bezüglichen Experimente hinauszuschieben, bis ihm Gelegenheit geworden sein würde , sie an kräftigen Individuen zu bestätigen ; „but a perusal of Dr. Eimer's Statements appears to render it desirable for nie to give an opinion now upon the point under consideration, although I confess that, for the reason just mentioned, I do so with some diffidence." Es scheint mir aus alsbald mitzutheilenden Gründen nicht gerechtfertigt, gerade die Kleinheit der Individuen als Ursache des von Romanes erlangten Erfolges des Zerstörens der Otolithensäekchen anzu- nehmen. Dagegen wird der Kräftezustand derselben allerdings für diesen Erfolg mitbestimmend gewesen sein, denn er ist auch für den Grad der Wirkung aller anderen Operationen von der höchsten Bedeutung. Ich habe freilich, wenigstens an Theilstücken, welche unter übrigens gleichen Verhältnissen empfindlicher sind als ganze Thiere — und zwar von Cassiopea und Rhizostoma — ein sofortiges Aufhören der rhythmischen Contractionen nach Zer- stören des Otolithensäckchens beobachtet, und derartige Fälle mögen Romanes zu 1) Philos. Transact. Roy. Soc. Vol. 1CG, S. 310. 34 der Auffassung gebracht haben, dass die Bewegungscentren in diesen letzteren gelegen seien. Allein wie die speciellen Beispiele zeigen werden, erholten sich die Objekte stets sehr bald wieder und zwar dauernd und verhielten sich später so als ob niemals etwas mit ihnen geschehen wäre. Und nicht nur wird, wenigstens an ganzen Thieren, meistens gar kein Erfolg dieser Operation beobachtet , sondern selbst Abschneiden der Randkörper an der Wurzel alterirt die rhytbmische Contractionsfähigkeit — von kurzer Bestürzungsperiode abgesehen — in den meisten Fällen durchaus nicht. Daraus erklärt es sich, dass meine ersten Nachrichten über diese Operation nur von negativem Ergebniss zu berichten wnssten. Jene kleinen Aurelien von nur 2 cm Durchmesser z. B., welche ich zuerst lebend aus Kiel erhalten hatte, litten sämmt- lich durch sie gar nicht , was mir , von der Kleinheit der Thiere ganz abgesehen, desshalb um so auffallender war, als von vornherein wohl angenommen werden durfte, dass dieselben durch die Reise an Widerstandsfähigkeit nicht wenig eingebüsst haben möchten. Erst das Ausschneiden der contractilen Zonen hatte die Wirkung des Ein- steilens der rhythmischen Zusammenziehungen. In anderen Fällen erfolgte dagegen diese Wirkung schon wie mit einem Zaubersehlage, sobald ich den Ra ndkör per stiel mit der Präp arirnadel ungefähr in der Mitte zwischen seinem Ansatz am Schirmrande und dem Otolithen säckchen gequetscht hatte. An derselben Stelle fand ich später , wie schon hier bemerkt werden kann, bei Rhizostoma Cuvieri eine bedeutende polsterartige Verdickung des den Randkörper umkleidenden Nervenepithels (Taf. IL Fig. 1 und 2, g). Nach den von mir beobachteten Fällen ist nun aber das Aufhören der Con- tractionen auch nach dieser Verletzung des Randkörperstiels oder nach dem Weg- nehmen der Randkörper meist nur ein bald vorübergehendes : die Thiere , bezw. die Theilstücke derselben, erholen sich nach kürzerer oder längerer Zeit dauernd. Indessen darf nicht unterlassen werden zu bemerken, dass verschiedene Arten von Medusen auch gegenüber den leichteren Eingrilt'en keineswegs gleich empfindlich sind: es lassen sich demnach bestimmte Regeln nur aufstellen für je eine bestimmte Art und ferner selbstverständlich unter Voraussetzung derselben äusseren Bedingungen , und auch dann stets mit der Einschränkung , dass der Individualität ein grosser Spielraum bleibt. Desshalb muss ich besonders hervorheben, dass meine neuesten Erfahrungen über den Er- folg einer Verletzung der Randkörper, wie ich sie im Nachstehenden durch Beispiele schildern will, nicht an Aurelia, sondern au Cassiopea und Rhizostoma und zwar unter den Verhältnissen gemacht sind, welche die zoologische Station in Neapel mir geboten hat. An den acht mitsammt ihrem Randkörper ausgeschnittenen Antimerenstücken von Cassiopea borbonica suchte ich die Randkörper vollkommen zu zerstören. Unmittelbar nach der Operation waren alle acht Stücke bewegungslos. Nach ungefähr 35 einer halben Stunde sah ich an dreien derselben wieder Contractionen auftreten: die mikroskopische Untersuchung wies nach, dass an diesen drei Stücken nur die Otolithensäckchen zerstört, die Rand- körperstiele dagegen unverletzt geblieben waren. Die übrigen Stücke, bei welchen die Zerstörung der Randkörper vollkommen war, zeigten selbst nach 24 Stun- den noch keine Contractionen, aber später traten sie auch an ihnen wieder auf und ich habe diese Stücke noch 8 — 10 Tage lang lebend erhalten. Entsprechende Theile von Rhizostoma Cuvieri erwiesen sich als empfindlicher. Auch sie waren nach der Operation alle bewegungslos. Unter acht derselben sah ich nur eines erst nach etwa einer Stunde sich wieder contrahiren: es war an ihm wieder nur das Otolithensäckchen zerstört. Die meisten übrigen, an welchen die Zerstörung des Randkörpers eine vollkommene war, erholten sich gleichfalls wieder, aber viel später. Erst Ausschneiden der contractilen Zonen rief an den Antimerenstücken von Cassiopea und Rhizostoma bleibende Bewegungslosigkeit hervor. Nach diesen und anderen Erfahrungen kann allerdings die ausschliessliche Zerstörung des Otolithensäckchens die rhythmischen Contractionen wenigstens an Antimerenstücken aufheben , allein es hält die Lähmung nur kurze Zeit an und es stellt sich die normale Funktion bald dauernd wieder her. Eingreifender ist die Zer- störung des ganzen Randkörpers. Indessen auch darauf hin kehrt , wenngleich später als nach der vorigen Operation, die normale Funktion dauernd wieder zurück, ob — günstige Lebensbedingungen vorausgesetzt — immer und bei allen Arten, muss ich unentschieden lassen. Erst das Ausschneiden der contractilen Zonen bewirkt bleibende Bewegungslosigkeit, nachdem, wie noch näher besprochen werden soll, eine Periode vorübergehender, freilich zuweilen sehr lange andauernder, Erholung einge- treten war. Auch die Sicherheit, mit welcher der Erfolg des Experiments vorli ergesagt werden kann, scheint in derselben Stufenleiter zu wachsen, so dass sie am ge- ringsten ist bei dem ersten, am grössten bei dem dritten der drei Experimente, aber, wie wir sehen werden (VIII. Abschnitt), ist sie selbst im letzteren Falle durchaus keine absolute. Ich nnuss bemerken, dass sich, je länger ich experimentirt habe, um so mehr das Bedürfniss bei mir geltend machte, eine noch grössere Anzahl von Beobachtungen unter immer genauerer Berücksichtigung der Gleichheit der äusseren Bedingungen anzustellen. So schien mir im August 1877 die durch die zoologische Station gebotene Gunst der Verhältnisse wegen der herrschenden Hitze, welche an manchen Tagen das Wasser in den Behältern schnell erwärmte, nicht zu jeder Zeit in gleichem Masse uneingeschränkt zu wirken, und Fälle von raschem Absterben, wie ich sie noch zu erwähnen haben werde, lassen sich, vielleicht ebenso wie Beispiele von eintretendem Tod , welche Stücke von Rhizostoma nach alleinigem Zerstören des Randkörpers boten, auf jenen Umstand zurückführen. Als besonders einflussreich muss aber in Beziehung auf die geringe 36 Widerstandsfähigkeit solcher Theilstticke von Rhizostoma wohl der starre Zustand und der dicke Durch- messer der Umbrella dieses Thieres bezeichnet werden: die Stücke sterben augenscheinlich viel leichter ab als z. B. die von Cassiopea, weil sie sich in Folge ihrer Starrheit durch etwa auftretende Üontractionen viel weniger erholen und so dem Genuss belebender Erneuerung des in ihnen enthaltenen Wassers bezw. Sauer- stoffs hingeben können. Dagegen habe ich an operirten ganzen Rhizostomen, wie wir sehen werden, häufig eine grosse Widerstandsfähigkeit beobachtet, sobald die so sehr ausgiebigen Contractionen dieses Thieres einmal wieder erschienen waren. Mag es also genaueren, systematisch fortgesetzten Untersuchungen vorbe- halten bleiben, in Beziehung auf das Mitgetheilte bis ins Einzelne endgültige Regeln aufzustellen, jedenfalls stimmen, was alle wesentlichen Fragen angeht , auch die Ergebnisse meiner anatomischen Untersuchung in hohem Grade mit den aus den Experimenten gezogenen Schlüssen überein. Auch nach dem anatomischen Befund können, wie vorgreifend hier bemerkt wer- den soll, die Otolithensäckchen der eigentliche, alleinige Sitz des Bewegungsimpulses und centraler Nerventhätigkeit durchaus nicht sein. Auf den Otolithensäck- chen liegen allerdings Nervenzellen, ebenso aber auf den Rand- kör p e r s t i e 1 e n und im Gebiete der contractu e.n Zonen. Es wird mit jenen somit nur ein kleinster T h e i 1 dieser Zellen entfernt, ein grösserer mit den R a n d k ö r p e r n als Ganzes, die Haupt- masse mit den contraetilen Zonen. Auf diese Weise erklärt sich leicht die relative Bedeutung der einzelnen Eingriffe in den Organismus für die rhythmische Contractionsfähigkeit. Da nun aber Fälle vorkommen, in welchen selbst das Aus- schneiden der contraetilen Zonen wenigstens unmittelbar kaum eine Störung dieser Fähigkeit verursacht, und da in anderen Fällen wenigstens eine zeitweilige Erholung- gewöhnlich ist, so wird von vornherein zu erwarten sein, dass centrale actionsfähige Nervenzellen auch sonst über den Medusenkörper, nur in viel spärlicherer Anzahl als im Gebiete der contraetilen Zonen, bezw. auf den Randkörpern, vorhanden seien. — Erholung wird sich dann zeigen, wenn die ersteren die centralisirende Thätigkeit der letzteren mit übernehmen. Es seien nachträglich noch hier einige neue 1878 in Kiel augestellte Beob- achtungen über die Wirkung des Ausschneidens der Randkörper angefügt. Es haben diese Beobachtungen meine früheren Erfahrungen durchaus aufs Neue bestätigt, auch ist durch dieselben ferner die soeben ausgesprochene Relativität in der Bedeutung der einzelnen Nervenzellen führenden Theile auf das Deutlichste als thatsächlich er- wiesen worden und sind sie mir daher von besonderem Werthe gewesen. Ich führe einfach einige der von mir gemachten Versuche auf: 1) Am 11. April schnitt ich einer Aurelia von l'|g cm Durchmesser alle Randkörper je mit einem grösseren Stückchen des Schirmrandes bis auf einen aus. Das operirte Thier contrahirte sich ebenso rhythmisch weiter wie die einzelnen mit je einem Randkörper versehenen Gewebsstückchen. Ich schnitt nun auch den letzten am 37 Schirme noch vorhandenen Randkörper an der Wurzel ab. Die rhythmischen Con- tractionen hörten jetzt auf und es blieben nur Zuckungen. Darauf nahm ich an einem der ausgeschnittenen, sich noch contrahirenden Randtheile den Randkörper ebenfalls weg, sogar mit einem sehr kleinen Stückchen des Gallertgewebes, welchem die Randkörperwurzel ansitzt — die Contractionen blieben bestehen. Erst nachdem ein grösseres Stückchen dieses Randgewebes ausgeschnitten war, hörten die rhyth- mischen Contractionen auf; nur sehr selten zeigten sich einzelne schwache Zuckun- gen, welche nach zwei Stunden nur noch andeutungsweise beobachtet wurden. 2) An demselben Tage wird ein Randstück einer gleichfalls PL cm im Durch- messer haltenden Aurelia in zwei Theile getrennt, von welchen jeder einen Rand- körper trägt. Beiden Theilen werden die Randkörper abgeschnitten , dem einen an der Wurzel, dem anderen zugleich mit einem kleinen Stückchen des Umbrellarandes. Beide zeigen während mehreren Minuten keine Contractionen mehr. Nach Verfluss dieser Zeit treten an jedem wieder einzelne kräftige Contractionen zwischen leichten lokalen Zuckungen auf. Nachdem auch die contractilen Zonen ausgeschnitten worden sind, zeigen sich nur noch solche lokale Zuckungen — die rhythmischen Contractionen haben aufgehört. 3) Derselbe Versuch wird mit allen Randkörpern an einer dritten Meduse mit demselben Erfolge gemacht. Es hatte somit in den verzeichneten Fällen alleiniges Ab- schneiden der Randkörper höchstens kurzdauernde Bewegungslosig- keit zur Folge; auch Mithin wegnehmen eines Stückchens des Um- brellage w eb es , welchem der Randkörper ansitzt, wirkte in ähnli- chem Sinne — erst Entfernung dieses Gewebes in grösserem Um- fange lähmte auf längere Dauer. Zuweilen war es sogar noth- wendig, um letzteres Ergebniss zu erzielen, ziemlich weit nach auf- wärts das Gefäss sammt Umgebung in der Mittellinie der Antimere auszuschneiden. Weiter ist meinen Notizen mit Bezug auf Fall 3) bemerkt : die der contrac- tilen Zonen beraubten, bewegungslosen Stückchen werden nachträglich zusammen in ein Gefäss gebracht; einige derselben fangen nach längerer Zeit au sich zu contra - hiren ; die Untersuchung ergibt, dass an diesen etwas von dem Randtheil des Umbrellagewebes, an welchem die Randkör per ansitzen, hängen geblieben war. Die anderen, rein operirten Stücke nahmen ihre Contractionen nicht wieder auf. Hervorgehoben muss übrigens schon hier werden, dass weitere, im nächsten 38 Abschnitte nachzutragende Versuche eine ganz ausserordentliche und auffallende Wi- derstandsfähigkeit weitaus der meisten bei Gelegenheit meines Kieler Aufenthaltes operirten Aurelien dargethan haben. Die dort noch über das Abschneiden der Rand- körper angeführten Thatsachen mögen als für dieses Kapitel wichtig hiezu ver- glichen werden. VIII. Erholung gelähmter Thiere. Widerstandsfähigkeit gegenüber operativen Eingriffen. Die Beobachtungen über die Thatsache, dass sich Toponeuren nach Ausschnei- den der contractilen Zonen derartig erholen können , dass sie wieder kräftige rhyth- mische Contractioneu ausführen, machte ich zuerst im Jahre 1874 an Aurelia aurita1). Aus der Zahl der von mir angestellten Versuche scheint sich zu ergeben , dass eine solche Erholung , wenn man die Thiere unter möglichst normalen Lebensverhält- nissen hält, sogar meistens erfolgt. Stets habe ich indessen gefunden, dass die- selbe nur vorübergehend war, kann aber nicht entscheiden, ob dies ausnahmslose Regel ist. Wie ich schon in meiner ersten Mittheilung über den Gegenstand geschildert habe, sind die Thiere nach dem Ausschneiden der contractilen Zonen gewöhnlich voll- kommen bewegungslos, der Schirm, speeiell der Aurelien, steigt häufig flach ausge- breitet an die Oberfläche des Wassers und nach längerer oder kürzerer Zeit zeigen sich unregelmässige und wirkungslose , schwache Contractionen , welche mehr lo- kaler Natur sind. Es sind diese Contractionen sehr merkwürdig: meist haben sie den Charakter kurzer Zuckungen, welche auffallender Weise in einem gegebenen Falle stets von einem oder auch von mehreren bestimmten Punkten des Schirmes ausgehen und sich von da aus mehr oder weniger weit in die Um- gebung verbreiten. Sie wiederholen sich häufig an derselben Stelle mehrfach hinter- einander, oft wie zitternd, in verschiedener Stärke, indem sie längere oder kürzere Pausen zwischen sich lassen. Oefters habe ich beobachtet , dass sie sich von ihrem 1) Vergl. meinen Münchener Vortrag: »Ueber künstliche 'Iheilbarkeit und über das Nervensystem der Medusen«, Arch. f. inikr. Anat. Bd. XV. und Amtlicher Bericht der 50. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in München vom 17. bis 22. Sept. 1877. — Im Jahre 1873 hatte ich eine solche Erholung nicht beobachtet — ich hätte damals, bei der kurzen Frist, welche mir zu allen meinen Versuchen gegeben war, vielleicht an und für sich kaum Zeit gehabt, auch noch diese Beobachtung zu machen, zumal da die ausgiebige Erholung häufig erst längere Zeit nach der Operation eintritt. Ich hatte aber offenbar zugleich sehr wenig widerstandsfähige Thiere vor mir gehabt, vielleicht darunter auch solche, welche schon längere Zeit in der Gefangenschaft zugebracht hatten. Das ungemein grosse Gewicht, welches auf sorgfältige Behandlung der Thiere zu legen ist, lernte ich natürlich erst mit der Zeit kennen, ebenso andererseits die Bedeutung der Individualität. 39 Ausgangspunkte aus wie ringförmig , wie im Kreise , parallel dem Schirmrande fort- pflanzten '). So viel ich gesehen habe , sind die Ausgangspunkte dieser secundären Contractionen in verschiedenen Fällen , d. i. bei verschiedenen Thieren , keineswegs dieselben, sie liegen vielmehr bald da, bald dort im Schirme. Mehrere specielle Fälle der Erscheinung sind im XIII. Abschnitte aufgeführt, u. A. z. B. in Versuch C. Uebrigens habe ich dieselbe viel weniger genau studirt als sie es verdient. Wer die Müsse hat , wird dazu um so leichter in der Lage sein , als sie auch auf künstlich ausgeübten Reiz hin auftritt. Solcher Reiz, z. B. Einstechen mit einer Nadel, ruft die Contractionen regelmässig und zwar oft noch lange Zeit nach der Operation — so lange eben , als das Thier nicht todt ist — hervor. Als sehr bemerkenswerth drängt sich dabei die Thatsache auf, dass es nicht nothwendig die gereizte Stelle selbst ist, von welcher die Contractionen ihren Ursprung nehmen müssen, sondern man erkennt als diesen Ausgangspunkt , sofern derselbe überhaupt sicher zu fixiren ist, häufig eine ganz bestimmte andere Stelle — offenbar entsprechend dem neuen Contractionscentrurn, welches die Aufgabe der contractilen Zonen nachträglich in die Hand zu nehmen versucht — dem Ersatz-Contractionscentrum. Einer 30 cm im Durchmesser haltenden Aurelia z. B. schnitt ich den Kand etwa 6 cm breit weg, nachdem ich vorher schon einige andere Operationen an ihr ausgeführt hatte, und zuletzt halbirte ich noch das Kuppenstück. Noch als die eine der Kuppenhälften schon theilweise in Auflösung begriffen war, konnte ich an derselben Zuckungen wahrnehmen — ich mochte aber einstechen an welcher Stelle ich wollte: immer zeigten sich die Contractionen an einem bestimmten Punkte, ungefähr in der Mitte zwischen der un- teren Grenze einer der Genitaldrüsen und dem künstlichen Schnittrande. Abgesehen von den spontanen Zuckungen nun , welche nur während kurzer Zeit oder während einiger Stunden oder selbst noch am folgenden Tage beobachtet wurden, lagen meine der contractilen Zonen beraubten Thiere gewöhnlich den ganzen ersten oder sogar noch am zweiten und dritten Tage gelähmt. Aber am folgenden öfter erst am dritten oder vierten Tage fand ich sie , nachdem ich einmal gelernt hatte , auf die Herstellung normaler äusseren Lebensbedingungen grösseren Werth zu legen, häufig wieder in regelmässiger rhythmischer Bewegung, als ob nichts mit ihnen vorgenommen worden wäre. Am Tage nach dieser Erholung konnte wieder Regungslosigkeit eingetreten sein, ja es war dies der gewöhnliche Fall, und stets war das operirte Thier längst aufgelöst, während un- verletzte, von Anfang an mit ihm in demselben Wasser gehaltene Individuen fröh- lich weiter lebten. Zuweilen beobachtete ich allerdings, dass eine Meduse sich noch mehrere Tage nach dem Eintritt der Erholung lebhaft rhythmisch zusammenzog, 1) Man vergleiche in dieser Beziehung die später zu besprechenden Versuche von Mett enheimer. 40 urn aber dann doch — im Gegensatz zu unverletzten Individuen — plötzlich in den Contractionen zu erlahmen und rasch abzusterben. Es ist besonders hervorzuheben , dass nicht nur ganze Medusen sich zu er- holen vermögen , sondern , trotz ihrer geringeren Widerstandsfähigheit, auch Theil- stücke derselben. Es sind im XIII. Abschnitte zahlreiche Fälle der Erholung sowohl von Theilstücken als von ganzen Thieren aufgeführt, in welchen genau die Periode der Erholung und die Zeit des Absterbens ver- zeichnet ist. Besonders erwähnenswerth ist in dieser Beziehung der Versuch A: der kleinere Lappen des Thieres, welcher mit dem grösseren zwar noch in Verbindung steht, aber nicht mehr durch die Contractionen überleitende Muskel- oder Nerveneleruente, erholt sich, nachdem seine contraetilen Zonen ausgeschnitten sind, am dritten Tage etwas, am vierten dauert die Erholung fort, am fünften geht sie zurück und am sechsten ist er aufgelöst. Der grössere, der Contractionscentren nicht beraubte Lappen schwimmt jetzt, des be- schwerenden Genossen ledig, munter davon. Versuch B weist eine schwache Erholung ähnlicher Art am zweiten Tage nach, am dritten aber beginnt die Auflösung. Versuch C zeigt vollkommene Erholung eines geknickten Thieres am dritten Tage; am vierten, nachdem dasselbe allerdings noch halbirt und weiter verstümmelt worden war , was aber unmittelbar keinen Einfluss auf die Contractionen ausübte , hat die Bewegung fast gänzlich aufgehört, und die Meduse geht der Auflösung in den nächsten Tagen entgegen. Ihl Versuch D tritt eine geringe Erholung erst am vierten Tage ein, am fünften ist diese zurückgegangen und es beginnt die Auflösung. Ein Ausdruck der Erholung ist gewöhnlich , abgesehen vom Auftreten von Contractionen, die Wiederherstellung der glockenförmigen Gestaltung des Schirmes, bezw. Schirmtheiles. Sowie die Wirksamkeit der Bewegungscentren aufhört, er- schlafft der Schirm wieder und breitet sich flach aus. Es ist aus dem Mitgetheilten ersichtlich , in wie hohem Grade verschieden die Zeit des Eintritts der Erholung in den einzelnen Fällen ist. An und für sich möchte man versucht sein, die Ursache dieser Erscheinung ausschliesslich in äussere Verhältnisse zu legen. Es lässt sich jedoch nachweisen , dass dabei in bedeutendem Masse individuelle Zustände mitwirkend sein müssen. Denn es ist mir wiederholt höchst auffallend die Thatsache entgegengetreten, dass von zwei zu gleicher Zeit eingefaugenen anscheinend in gleichem Kräftezustaud befindlichen , gleich grossen, gleich und gleichzeitig operirten und ganz übereinstimmend behandelten Thieren das eine sich erholen konnte, während das andere sich nicht erholte. Möglich ist es indessen immerhin, dass in einzelnen Fällen irgend eine Ungleichheit in der Behand- lungsweise mit unterlief, auf die kein Werth gelegt worden war, aber es könnte sich dabei nur um Aus- nahmsfälle handeln. Ohne also dadurch eine bestimmte Erklärung für die Erscheinung an sich geben zu wollen, eher um ein Beispiel dafür anzuführen, welche geringen Ursachen vielleicht zuweilen jener Thatsache zu Grunde liegen möchten, will ich in dieser Beziehung das Folgende bemerken. Da auf die Gallertscheibe gelähmter Thiere ausgeübte Reize Contractionen anregen, so könnten derartige Beize, z. B. ein enges Gefäss, dessen Wände die Wundränder einer grossen Qualle leichter berühren, als die einer kleinen, ein häufiges Auttreten dieser Contractionen veranlassen. Dadurch würden die verstümmelten Thiere zum Athmen ge- bracht und es würde ihnen Zeit gegeben , an Statt der ihnen geraubten, neue centrale Ausgangspunkte der Bewegung in Gruppen der über den Körper zerstreuten Nervenzellen wirksam werden zu lassen. Auch 41 könnten kleine Thiere, Crustaceen u. dgl. , welche zufällig mit dem Seewasser in das Gefäss eingebracht worden sind, ebensowohl reizend , wie auch als Nahrung conservirend wirken '). Wenn wir freilich die au- genscheinlich individuell verschiedene Widerstandsfähigkeit betrachten, welche unsere Medusen auch ge- genüber anderen Eingriffen zeigen , so sind wir bis auf Weiteres beinahe dazu berechtigt , die soeben ge- schilderte Verschiedenheit mit derselben Erklärung zu bedenken, Romane s, welcher die gleichen Er- fahrungen nach dieser Richtung gemacht hat wie ich, fasst die Sache in diesem Sinne auf. Unter dieselbe Rubrik müsste dann auch die weitere, nicht minder auffallende lhatsache gebracht werden, dass sich, wie schon angedeutet worden ist, zuweilen einzelne Medusen finden, welche selbst durch das Ausschneiden sämmt- licher contractiler Zonen in keiner Weise erheblich in ihrer normalen Bewegungsthätigkeit gestört zu werden schienen, eine Frage, auf welche ich alsbald ausführlicher zurückkommen werde. Hervorzuheben ist hier nur nochmals die Thatsache, dass die operirten Thiere, welche sich, sei es noch so vollkommen erholt hatten, doch gewöhnlich früher als die mit ihnen in der Gefangen- schaft und unter übrigens gleichen Verhältnissen gehaltenen, unver- letzten Contr ole thiere zu Grunde gingen, ja dass die Periode der Er- holung, auch wenn sie die kräftigsten Leb ens er scheinungen darbot, bald vollkommener Bewegungslosigkeit gewichen ist. In der Regel that ich nämlich ein unverletztes Thier , wo möglich von der- selben Grösse wie das operirte und mit ihm gleichzeitig gefaugen, zu diesem in ein und dasselbe Gefäss, und beobachtete nun Tag für Tag die Lebensäusserungen bei- der vergleichend. Täglich zwei Mal, Morgens und Abends, wurde das Wasser er- neuert. Zwar konnte bei solcher Behandlung an den Controlethieren oft nach Ab- lauf einer Woche und nach noch längerer Zeit keine Spur einer Abnahme der Le- bensfähigkeit bemerkt werden ; dann aber und zuweilen allerdings schon früher, begannen auch sie unter den Störungen , welche die Entbehrung des Aufenthaltes in offener See, d. i. zunächst beständig frischen Wassers, und welche ferner Mangel an ausreichender Nahrung mit sich brachte , zu leiden und sie starben allmälig ab. Aber dieses Absterben erfolgte, wie wir noch sehen werden, sehr langsam, während der Randkörper beraubte , bewegungslos gewordene Thiere unverhältuissmässig viel rascher zerfielen. Um beobachten zu können, wie die operirten Thiere sich unter möglichst nor- malen Lebensverhältnissen verhielten, insbesondere, wie weit sich die Periode der Erho- lung dann ausdehnen würde, brachte ich nach verschiedener Art misshandelte, der Rand- körper oder des Randes beraubte, radiär eingeschnittene und zerschnittene Aurelien 1) Erst nachdem Obiges schon niedergeschrieben war, fand ich eine Bemerkung bei Roman es. welche eiuen Theil der soeben ausgesprochenen Ansichten sehr stützen möchte. Rom an es erwähnt gelegentlich der Schil- derung der Wirkung elektrischer Reize auf Sarsia, dass zuweilen kleine Crustaceen, welche den des Schirmrandes beraubten und dadurch unbeweglich gewordenen Körper jenes Thieres berühren , Contractionen desselben hervor- rufen (Phil. Transact. Vol. 166. S. 282). 6 42 - ich spreche von gelegentlich meines zweiten Aufenthaltes an der Ostsee (1874) angestellten Versuchen — sammt Nahrung in durchlöcherte Kisten, welche ich in's Meer hinausführen, dort versenken und mit Steinen beschweren liess. Jeden Tag wurde der Inhalt der Kisten untersucht. -- Ich fand nun zwar zuweilen schon am folgenden Tage den herausgeschnittenen centralen Theil einiger Thiere todt. nicht mehr durchsichtig, sondern milchweiss geworden, während alle mit Randkörpern ver- sehenen Stücke lebten. Viel häufiger, als wenn ich die Medusen in der Stube hielt, fand ich jedoch derartige ausgeschnittene Mittelt heile (Kuppen) in der Kiste nach mehreren Tagen noch am Leben. Auch erhielten sich be- liebige Stücke des Gallertschirms ohne Randkörper und contractile Zonen mehrere Tage hindurch wenigstens klar und durchsichtig und zeigten nicht die Trübung, welche mit dem Absterben einhergeht; ja manche solcher Stücke sah ich noch nach vier Tagen schwache Contrac tio nsver suche ausführen. Da mir aber der Sturm immer und immer wieder nach einigen Tagen und häufig gerade dann, wenn die Beobachtung anfangen sollte entscheidend zu werden, meine Kisten umhergeworfen und den Inhalt mehr oder weniger zerstört hatte, da ich endlich in der offenen Niendorfer Bucht einen dieselben schützenden Ort nicht finden konnte, so kam ich mit meinen Versuchen innerhalb der mir für sie gesteckten Zeit nicht zu endgültigen Resultaten. Meine Beobachtungen zeigen indessen, dass der contractilen Zonen entbehrende Stücke von Aurelia in der See sich länger zu erhalten vermögen , als unter den ungünstigeren Verhältnissen, wie sie die Gefangenschaft in Wasserbehältern ausser- halb derselben bietet: es wird der Erstickungstod durch die beständige Berührung mit frischem Wasser längere Zeit hindurch hintangehalten werden können, auch bei mangelhafter und sogar bei aufgehobener Bewegungsfähigkeit. Ferner zeigen sie, dass sogar der contractilen Zonen entbehrende Stücke des Schirmes unter diesen Bedingungen zu selbstständiger Con trac t i onsthäti g- keit gelangen können. Es musste die zoologische Station treffliche Gelegenheit zum genauen Studium dieser Fragen liefern, und in der That liessen mich im Frühling 1S76 zu Neapel angestellte Versuche zuerst häufiger Medusen beobachten, welche durch das Ausschneiden der Randkörper sammt grösseren Stücken des Schirmrandes, welchem sie ansitzen, in so geringem Grade alte- r i r t wurden, dass sie kurze Zeit nach dieser Operation ihre rhythmischen Contractionen wieder fortsetzten. Es waren dies ältere Exemplare von Rhizostoma Ouvieri. Die einen begannen nach Ueberwinden einer 4:) kurzen Lähmungsperiode den Rhythmus der Bewegung wieder, wenngleich unregel- mässig, mit sehr ungleich langen Pausen, fortzusetzen. Andere erholten «ich we- nigstens bald in ähnlicher Weise. Beide contrahirten sich nach einiger Zeit wieder regelmässig wie gesunde Thiere. Zwei erhielten sich in den Behältern der Station acht Tage lang munter. Als ich im August des folgenden Jahres dieselben Ver- suche an Rhizostoma in der zoologischen Station wieder vornahm, hatte ich insofern andere Ergebnisse zu verzeichnen, als ich nicht im Stande war, die operirten Thiere länger als 2 Tage lebend zu erhalten, während dagegen, wie auch hier wieder her- vorzuheben ist, unverletzte, mit ihnen zur Vergleichung in denselben Behältern ge- haltene Exemplare viel längere Zeit am Leben blieben. Ich will zwei specielle Bei- spiele aus letzterer Versuchsreihe anführen , welche auch sonst bemerkenswerthe Erscheinungen darbieten. Am IS. August Vormittags 9 Uhr bekam ich zwei frischeingefangene Rhizo- stomen , von denen die eine 16, die andere 10 cm Durchmesser im Lichten der Glockenöffnung mass. Beide schwammen unter lebhaften und kräftigen Contrac- tionen umher : die kleinere (A) machte deren bei drei aufeinanderfolgenden Zäh- lungen genau 56 in der Minute, die grössere (B) etwas weniger. Es werden ihnen die contractilen Zonen ausgeschnitten. Unmittelbar nach der Operation machen beide nach Ablauf einer kurzen Lähmungsperiode Contractionen , welche zwar nicht voll- kommen, aber doch stark und lebhaft sind. Dieses Verhalten dauert jedoch nur ganz kurze Zeit : in der 5ten Minute nach der Operation macht A nur noch 9, 6ten „ „ „6, 7ten „ „ „ 6 Contractionen, während sie unter der Oberfläche des Wassers schwebt. Diese Con- tractionen sind schwach, durchaus unvollkommen, indem nur die stehengebliebenen Lappen des Randes eingezogen werden und zwar nicht alle acht auf einmal, sondern bald einige an der, bald einige an jener Seite. - - B war gleich nach der Operation zu Boden gesunken und verhielt sich zuerst wie beschrieben ; eine Viertelstunde später aber machte sie nur von Zeit zu Zeit eine , oder einige Contractionen. — Um 2 Uhr sind die Contractionen bei A und bei B sehr selten geworden, es liegt jetzt auch A zu Boden ; um 4 Uhr haben beide die Durchsichtigkeit ver- loren, haben ein milchweisses Aussehen erlangt. — Am folgenden Tag früh 8'|2 Uhr fand ich beide in diesem Zustande am Boden liegend, und während 7 Minuten langer Beobachtung vermochte ich keine Contraction an ihnen zu sehen. — Ebenso wenig konnte ich bei wiederholtem Nachsehen während des übrigen Theils des Tages eine 6* 44 solche wahrnehmen ; um 2 Uhr Nachmittags begann A schon am Rande zu zer- fallen. Weiter findet sich in meinen Notizen die Bemerkung: „um 4 Uhr A und B todt ; grosse Hitze." --Es war augenscheinlich die grosse Hitze, welche den ra- schen Zerfall der Thiere beschleunigt hatte. Dagegen ist das baldige Nachlassen und Aufhören der Contractionen in erster Linie eine Folge des Ausschneidens der con- tractilen Zonen, wobei auffallend ist, dass die Thiere sich unmittelbar nach der Ope- ration noch so rasch und lebhaft contrahirten , um dann plötzlich die Oontractions- fähigkeit zu verlieren. Während ich früher an Aurelien eine ähnliche relative Gleichgültigkeit gegen- über dem Eingriffe des Ausschneidens der contractilen Zonen, wie es vorhin von Rhi- zostoma geschildert worden ist, zwar auch, aber nur sehr vereinzelt kennen gelernt hatte ') , boten mir meine neuesten Kieler Versuche (April d. J.) zahlreiche höchst auffallende Beispiele in demselben Sinne dar. Es waren diese Versuche , wie schon bemerkt, ursprünglich von mir angestellt worden, um von Neuem Erfahrungen dar- über zu sammeln , welche Folgen das Wegnehmen der Randkörper für die Bewe- gungsfähigkeit habe. Ich führe einige derselben hier an. 1) Am 12. April wurden der einen Hälfte einer Aurelia aurita , welche als Ganzes 1'2 cm Durchmesser gehabt hatte, die Randkörper abgeschnitten: die so ope- rirte Hälfte contrahirte sich, nachdem sie eine ganz kurze „Bestürzungsperiode" über- wunden hatte, wie vorher. (Das Absehneiden war sehr genau, unter dem Mikroskop, ausgeführt worden.) Aber auch die zweite Hälfte contrahirte sich noch rhythmisch, nachdem ihr die contractilen Zonen tief ausgeschnitten worden waren, allerdings zuerst nur selten , bald aber so häufig wie die erste. Selbst nachdem der Rand bis zur Höhe des halben Durchmessers abgeschnitten war, contrahirte sich der centrale Rest der Scheibe noch zuweilen, dies sogar zwei Stunden nach der Operation. Es hat dieses centrale Stück des Thieres die Gestalt und Grösse , welche durch Holzschnitt 5 wiedergegeben ist. Bei weiterer Beobachtung zeigte es sich, da ss jeder der zwei Lappen dieses Stückes sich „ , , .„ „ unabhängig vom anderen znsainnienzog. Holzschnitt 5. a ° Am 13. April ist das Stück kleiner geworden (Holz- schnitt 6.) Es coutrahirt sich jetzt dessen grösserer Lappen zuweilen kräftig, 1) Vergleiche den XIII. Abschnitt. 45 Holzschnitt 6. der kleinere weniger kräftig, beide unabhängig von einander und zwar (20 Stunden nach der Operation) ziemlich häufig. Allein auch im Centrum des Ganzen beobachtet man selbstän- dige Conti* actione n. Das Mikroskop zeigt deutlich, dass beide Lappen dicht unter der ersten Verzweigung des betreffenden Radiärgefässes abgeschnitten sind. Bei der Con- traction ziehen sich die Gefässe in ihrer ganzen Ausdehnung zusammen. Die Wirkimg der in den Lappen stattfindenden Contractionsthätig- keit erstreckt sich in jedem derselben aufwärts bis zu der in Holzschnitt 7 ange- deuteten Grenze. Am 14ten April Morgens sah ich das abermals kleiner gewordene Gewebsstück sich noch schwach contrahiren. Sämmtliche übrigen Stücke der Meduse, welche Randkörper führen, sind freilich relativ und absolut am grössten und contrahiren sich allein noch lebhaft rhythmisch. 2) Am 13. April ward eine Aurelia von l1^ cm Durchmesser halbirt. Der einen Hälfte wurden unter dem Mikroskop die Randkörper je mit einem kleinen Stückchen des Umbrellagewebes , welchem sie ansitzen, weg- genommen und darauf wird sie in die vier Antimere zerlegt — nach kurzer „Be- stürzungsperiode" treten an allen Stückchen wieder Contractionen auf, an dem einen häutiger, au dem anderen weniger häufig. Den vier Antimereu der anderen Hälfte , welche gleichfalls isolirt worden sind, werden die contractilen Zonen in ziemlichem Umfange ausgeschnitten — spä- ter als jene der ersten Hälfte fangen dieselben ebenfalls wieder Contractionen an, eines zeigt sie häufig , die anderen zeigen sie sehr selten. — Die die Randkörper führenden , aus ihnen ausgeschnittenen contractilen Zonen contrahiren sich nach Ueberwinden der Bestürzungperiode lebhaft weiter. Genaue Zählung ergab , dass sich während je 5 Minuten Beobachtungszeit zusammengezogen : Holzschnitt 7. Die vorige Figur etwa 3mal vergrössert. I. Die Stückchen ohne contractile Zonen1 (von der zweiten Hälfte) II. Die Stückchen ohne ßandkörper (von der ersten Hälfte). III. Die ausgeschnittenen Stückchen (con- tractile Zonen) mit Randkörper (von der zweiten Hälfte). unmittelb. nach der Operation. IC. 23 22 20 100 'nicht gezählt nach 25 Miauten. nach 55 Minuten. nach 83 Minuten. 50 20 50 icht gezählt 100 100 130 200 200 35 110 325nial. 46 Dabei ist zu bemerken , dass die Contractionen von I weitaus zum grössten Theile von einem der vier Stückchen herrührten, welches sich sonach sehr lebhaft bewegte, während die übrigen sich nur selten einmal zusammenzogen — ohne dass ich im Stande wäre , für diese Verschiedenheit eine Ursache anzugeben. Aus den Zahlen aber folgt, dass die Contractionen der Stückchen I zusammen stets viel we- niger zahlreich waren , als die von II und III und ferner , dass die von II nach kurzer Zeit um das Fünffache zunahmen und sich auf dieser Höhe erhielten, wäh- rend die von III noch erheblicher bis zum Schluss der Beobachtung fortwährend stiegen. Nach meinen zahlreichen anderen Erfahrungen darf als sicher angenommen werden, dass nach längerer Zeit — vielleicht am folgenden Tage — die Contrac- tionen von I aufgehört, während III und vielleicht auch II sich lebhaft weiter bewegt haben würden. Vereinzelte Fälle , in welchen an Aurelien nach Ausschneiden sämmtlicher contractiler Zonen oder nach Abschneiden des ganzen Randes ausser einer kurzen Bestürzungsperiode keine anderen Störungen wTährend kürzerer oder längerer Zeit nach der Operation zu beobachten waren, sind mir auch früher vorgekommen. Solche Fälle sind im XIII. Abschnitt unter anderen noch speciell aufgeführt. Vor Allem bemerkenswerth ist darunter der unter D verzeichnete. Hatte ich aber, wie gesagt, solche Fälle früher nur vereinzelt beobachtet, so fiel mir um so mehr auf, dass die- selben unter meinen Kieler Versuchen geradezu die Mehrzahl bildeten , so dass ich mir sagen musste, ich würde nur schwerlich durch das Experiment auf den Haupt- sitz des centralen Nervensystems und damit auf die Verfolgung aller hier behan- delten Fragen gekommen sein, wenn ich vorzugsweise Operationen mit solchem Er- folg bei Beginn meiner Untersuchungen erlebt haben würde. In welchen Umständen die Ursache davon zu suchen ist , dass mir zuweilen bei meinen Versuchen in einzelnen Fällen, dann aber wieder in ganzen Versuchs- reihen , eine so ausserordentliche Widerstandsfähigkeit der Medusen begegnete, dar- auf vermag ich eine durchaus erschöpfende Antwort nicht zu geben. Die Aurelien, an welchen ich früher gelegentlich Derartiges beobachtete , waren , wie ich mich genau erinnere, grosse Exemplare gewesen, die in Kiel untersuchten dagegen waren sehr kleine, hatten nur l'|2 bis höchstens 5 cm im Durchmesser. Die Grösse kann demnach nicht zur Erklärung beigezogen werden. Wie wiederholt hervorgehoben wurde, sind es zunächst individuelle Ursachen, welche eine verschiedene Widerstands- fähigkeit verschiedener Thiere einer Art gegenüber operativen Eingriffen bedingen. Man wird diese Ursachen als in der „nervösen Constitution- gelegen bezeichnen dürfen. Ein Thier ist gegenüber Eingriffen in seine Organisation auf Grund der 47 Besehaffenheil seines Nervensysteme empfindlicher als ein anderes. Abgesehen von dieser allgemeinen Anlage wird hervorragend wichtig für die Widerstandsfähigkeit <\cv augenblickliche Ernährungszustand sein, in welchem sich ein Thier zur Zeit der Operation befindet: hat es kürzlich erst reichlich Nahrung aufgenommen, so wird es mehr aushalten können , als wenn es gefastet hat. Allgemein wird aber die Wi- derstandsfähigkeit augenscheinlich herabgesetzt durch höhere Temperatur des Was- sers, in welchem die Thiere gehalten werden: wenn ich jetzt, nachträglich, meine Ergebnisse in Bücksicht auf diesen Faktor ansehe, so finde ich, dass die Versuche, bei welchen meine Thiere die grösste Widerstandsfähigkeit zeigten, in den Frühling fielen, diejenigen mit der geringsten Widerstandsfähigkeit in die heisse Jahreszeit. Die in diesem Frühling in Kiel untersuchten Aurelien insbesondere hatten Tag und Nacht kühles Wasser zum Aufenthalt, indem sie in einem sonnenlosen, nach Norden gelegenen Zimmer aufgestellt waren. Im August des vorigen Jahres dagegen war das Wasser in der freien See bei Neapel so warm, dass es beim Baden kaum mehr Erfrischung gewährte , noch mehr erwärmte es sich selbstverständlich in den Be- hältern der zoologischen Station. Daher wohl die Verschiedenheit, welche ich da- mals in den Resultaten meiner Versuche an Rhizostomen gegenüber jenen vom Früh- ling 1876 erlangt habe. Auch die ersten von mir über Aurelia aurita veröffent- lichten Experimente, welche mir nicht einmal eine kräftige, auch nur vorübergehende Erholung der Thiere nach der Lähmung zeigten, fielen in die heisse Jahreszeit und wurden im Zimmer in Wasser ausgeführt, auf dessen Temperatur wenig geachtet worden ist. Genaue Versuche , systematisch mit verschiedenen Temperaturgraden ange- stellt, würden wohl hübsche Ergebnisse in Beziehung auf die vorliegende Frage dar- bieten können, insbesondere wenn dabei zugleich berücksichtigt würde, wie die Thiere sich während der Lähmung gegenüber von künstlichen Reizen verhalten. Ich fand nämlich, dass mechanische Reize, an gelähmten, übrigens kräf- tigen Aurelien selbst rhythmische, über den ganzen Schirm sich erstreckende Contractionen — nicht nur jene schwachen un- wirksamen lokalen — hervorzurufen vermögen. So erfolgen auf Einstechen mit der Nadel in die Umbrella häufig einige Contractionen hintereinander, zuweilen allerdings nur eine einzige. Selbst auf Hineinblasen in das Wasser, in welchem die Thiere sich befanden, habe ich solche Reaktion beobachtet. — Derartige Versuche würden wohl zu verwerthen sein für die Feststellung einer genaueren Stufenleiter des Grades der Wirkung verschiedener operativer Eingriffe. Da die Thiere bei höherer Temperatur des Wassers empfindlicher wTerden, so müsste sich, sowTeit die individuellen 48 Verschiedenheiten dies gestatten, eine Grenze höchster Empfindlichkeit feststellen lassen und von diesem Punkte aus Hesse sich — durch Beobachtungen bei mehr und mehr niedrigerer Temperatur — jene Stufenleiter bilden. Die Widerstandsfähigkeit ist überhaupt selbstverständlich um so grösser, je normaler die Lebensbedingungen sind, unter welchen die Medusen gehalten werden. Eine der interessantesten unter den in diesem Abschnitte mitgetheilten Thatsachen haben mir zuerst jene zerstückelten Thiere geliefert, welche im freien Meere in einer dem frischen Wasser zugänglichen und Nahrung enthaltenden Kiste eingeschlossen waren, die Thatsache, dass selbst der contractilen Zonen beraubte, beliebig aus dem Schirme geschnittene Stücke von Aurelien mehrere Tage nach der Operation selbstständige Contractionen ausführten. Zu diesem Vermögen haben sich die Stücke erst nach- träglich erholt, denn in der ersten Zeit nach der Operation waren sie durchaus re- gungslos. Es zeigt diese Thatsache noch deutlicher, als dies jede Erholung nach eingetretener Lähmung an sich schon thut, dass Nervencentren nicht nur im Ge- biete der contractilen Zonen und auf den Randkörpern, sondern auch in anderen Theilen des Körpers vorhanden sein müssen, Centren, deren Thätigkeit im ganzen Thiere wohl eine sehr unbedeutende ist, die aber, auf sich allein angewiesen, zu kräftigerer Aktion sich aufraffen kann. Und ferner weisen die Kieler Versuche darauf hin, dass diese Ersatzcentren da und dort im Schirme an einzelnen Punkten wirksam werden. Denn von bestimmten Punkten gehen die rhj'thmischen Contractionen in solchen Medusenstücken aus, ganz ebenso , wie dies schon von den schwachen , un- wirksamen Zuckungen früher beschrieben wurde , deutlich insbesondere auf künst- liche Reize. So sehr kräftig die Erholung der der contractilen Zonen beraubten Medusen oder Medusenstücke sein mochte, stets zeigte sich doch, dass sie viel weniger lange Zeit lebten als unverletzte , zugleich mit ihnen gefangen gehaltene Controlethiere, und bemerkenswerth ist weiter, dass gewöhnlich von Neuem Lähmung und, nach- dem die Erholung auf die höchste Stufe gestiegen war, rasch, fast na c h A r t eines Collaps us, Absterben erfolgte. Indessen habe ich Solches nur an in der Gefangenschaft gehaltenen Objekten beobachtet — ob derselbe Process auch während des freien Lebens erfolgen würde, ob auch hier speciell der contrac- tilen Zonen beraubte Thiere nicht dauernd zu leben vermögen, zur Lösung dieser Frage fehlt mir das nöthige Material. Und wenn ich zum Ersatz im folgenden Er- perimente herbeiziehe, welche Sturm und andere feindliche Eingriffe an Medusen in der freien Natur anstellen, und welche in der That zu beweisen scheinen, dass der contractilen Zonen beraubte Aurelien dort nicht leben können , so wird man mir 49 mit Recht einwenden , dass schon die Beraubung der Sinnesorgane die Thiere im freien Leben voraussichtlich in solchen Nachtheil setzen wird, dass sie nicht dauernd zu existiren vermöchten, auch wenn ihre contractilen Zonen erhalten wären. In- dessen, wenn man die lethalen Folgen berücksichtigt , welche das Ausschneiden der contractilen Zonen bei Aurelia aurita stets in der Gefangenschaft gehabt hat, so mag es gerechtfertigt sein, dass ich die folgenden Thatsachen doch als einen Wahr- scheinlichkeitsbeweis für die Auffassung anführe, es sei diese Operation ein Eingriff in die Organisation so schwer, dass er an sich, wenigstens bei diesem Thiere , eine länger dauernde Erholung auch in der Freiheit nicht gestatte. IX. Im freien Leben verstümmelte Aurelien. Bei Niendorf traf ich häufig, zuweilen in auffallender Menge an einem und demselben Tage, irgendwie, oft hochgradig, verstümmelte Aurelien in der See an. Manchen fehlte nur ein kleines Stück des Randes, andere waren desselben bis auf einen geringen Rest beraubt; wieder anderen fehlte umgekehrt in grösserem oder geringerem Umfang der centrale Theil ; viele erwiesen sich als Hälften , andere als Viertheile von Thieren; ja es zeigten sich freischwimmende Krüppel, welche nur ein mehr oder weniger grosses Stück des unteren Theils des Schirmes einer Meduse vor- stellten. Die Krüppel schwammen so munter umher wie ganz unverletzte Thiere. Ihre Wundränder waren meist vernarbt, was darauf hinweist, dass die Verstümme- lung schon vor längerer Zeit stattgefunden haben musste. Einmal auf diese ver- krüppelten Thiere aufmerksam geworden, traf ich sie viel häufiger an, als sie mir früher aufgefallen waren : es zeigte sich , dass sie desshalb leicht der Beachtung sich entziehen , weil sie sich stets so vollkommen wie möglich , ähnlich der Form des unverletzten Thieres, zu einer Glocke zusammengezogen haben, denn nur in dieser Form ist irgend ein Theilstück einer Meduse freien Schwimmens fähig. Wie früher bemerkt , habe ich auch an künstlich von mir getheilten Aurelien dieses Sichzusammenziehen zur Glockenform beobachtet, aber, in der Gefangenschaft, nie- mals an Stücken , welche viel unter dem Werth einer Hälfte standen. Natürlich können sich auch im freien Leben nur grössere Theilstücke noch ganz glockenförmig zusammenziehen, aber selbst Stücke des unteren Abschnittes des Schirms hatten sich durch möglichste Annäherung ihrer Ränder soweit ähnlich einer Glocke gestaltet, dass sie wieder schwimmen konnten. 7 50 Viele dieser Krüppel entstehen offenbar dadurch . das» die Quallen durch die Fäden der Netze , in welchen sie mit den Fischen zufällig heraufgezogen worden sind, durchschnitten und zerfetzt werden, oder durch die Hand der Fischer selbst, welche die Netze unsanft von den initgefangenen Quallen reinigen. Die meisten mögen aber entstehen durch Wirkung des Sturms und viele auch dadurch, dass die Medusen den Scheeren der Krebse oder dem Rachen von Fischen theil weise entgehen. In Kiel, wo ich kürzlich gleich- falls zahlreiche Krüppel von Aurelia aurita angetroffen habe, erzählten mir Fischer, dass die Makrelen aus diesen Medusen gierig die „Augen" wie die Laien gewöhnlich die Geschlechtsdrüsen nennen, herausfressen, und so deren centralen Theil zerstören. Kahn sagt in seiner amerikanischen .Reise: „Es schwammen aber viele Medusen auf dem Wasser- Wir bemerkter« an einigen derselben, dass eine Menge kleiner Fische. in der Länge von drei bis vier Zollen, sich darum versammelt hatten und in eins weg davon pflückten" '). Oken bemerkt (a. a. 0. S. 186) von den Quallen überhaupt: ..sie dienen ohne Zweifel vielen Fischen und Walfischen zur Nahrung, wahrscheinlich selbst der Schwalbe, welche in Ostindien die essbaren Nester baut"(!). Auf Seite 251 führt er nach Modeer (schwed. Abhandig. 1791. S. 152j au, dass die Walfische speciell Cyanea capillata sich schmecken lassen sollen. Nach Seite 233 wird Aurelia aurita gern von den Robben gefressen und vermuthlich auch von Fischen und anderen Seethieren nicht verschmäht. Weiterhin heisst es dacecen, Fische sollen keine Angel fassen, woran etwas von diesen Thieren hängt (Mode er). Ich selbst habe wiederholt zugesehen, wie ein Bernhardskrebs mit grossem Behagen an einer Meduse frass, indem er ein Stück derselben um's andere mit der Scheere abriss und zum Munde führte, während er den ßest festhielt. Es zeigte sich nun die interessante Thatsache, dass jeder der sich frei bewegenden Krüppel wenigstens eine unversehrte contractile Zone an sich trug. Gewöhnlich war übrigens auch der Randkörper der contractilen Zone unverletzt. Genauere Beobachtung Hess erkennen , dass jeder der Krüppel ir- gend eine Parallele zu einem der Versuche darbot, welche ich mit dem Messer aus- geführt hatte , dass also zufällige äussere Insulte ganz dieselben Experimente ge- macht haben , wie ich »dost und zwar mit demselben Erfolg. So traf ich Aure- lien, welche in zwei nur noch durch einen ganz dünnen Faden zusammenhängende Hälften getrennt waren. Jede Hälfte hatte sich zur Glocke annähernd zusammen- gezogen und jede contrahirte sich unabhängig von der anderen. In einem anderen Falle fehlte der Meduse fast der ganze Rand : nur ein einziger Randkörper sammt contractiler Zone war noch vorhanden, stand aber mit dem Haupttheil des Thieres im Zusammenhang nur durch eiuen dünnen Gewebsfaden. Und dieser einzige halb- abgelöste Randabschnitt vermittelte nun die Contractionen der ganzen Meduse. Ein anderer Krüppel bestand noch aus ö Antimeren, von welchen zwei mit den übrigen drei nur durch eine dünne Gewebsbrücke in Zusammenhang standen, und ich war in der Lage, das Verhältniss der Contractionen beider zu beobachten a). 1) Des Herren Peter Salin 's, Professors der Haushaltungskunst in Aobo und Mitgliedes der königlichen Schwedischen Akademie der Wissenschaften, Beschreibung der Reise, die er nach dem nördlichen Amerika auf den Befehl der gedachten Akademie und öffentliche Kosten unternommen hat. II. Theil, Göttingen 1757. Seite 128. 2) Vergleiche Abschnitt XIII. 51 Die Thatsache, dass die Krüppel stets mindestens noch einen Randkörper summt coutractiler Zone besassen, möchte also wohl dafür sprechen, dass kein Krüp- pel , der sämmtlicher angeborener Contractionscentren beraubt ist , dauernd leben und dass eine Erholung der dieser Centren entbehrenden Thiere nur eine vorüber- gehende Erscheinung sein kann. Wenn fernerhin Ausnahmen von der von mir auf- gestellten Kegel beobachtet werden, so möchten diese vielleicht auf Thiere bezogen werden , welche eben in der Erholungsperiode sich befanden ; mir selbst ist unter Dutzenden von Fällen übrigens eine unzweifelhafte derartige Ausnahme nicht begegnet. Auffallend war mir die Menge von fröhlich lebenden Theilstückeu ohne Spur von Mund und Magen. Aus dieser Menge zu schliessen , müssen die Aurelien ent- weder im Freien lange ohne Nahrung leben können , oder es muss die letztere in Gefässöffnungen der Bruchstellen des Körpers eingepumpt werden. In der That fand ich in einzelnen Fällen, in welchen ich die Aufmerksamkeit auf dieseu Punkt ge- richtet habe, halbverdaute Nahrung in einzelnen Hauptradiärgefässen solcher mund- und magenloser Krüppel. Genauere Untersuchung zeigte, dass die grösseren G e f ä s s e , soweit sie an dem künstlichen Bruch r a nde q u e r durchschnitten waren, klaffend geöffnet erschienen, ähnlich quer- durchschnittenen Arterien. Es war dies um so auffallender, als die Bruchränder im Uebrigen gewöhnlich etwas zusammengezogen, wie schon bemerkt, wie vernarbt aus- sahen und nicht durchsichtig waren wie ein frischer Durchschnitt des Gallertgewebes. Es sind somit solche Krüppel ohne Zweifel im Stande, ihr Leben dadurch zu er- halten , dass sie ihre Nahrung durch die künstlichen Üeffnungen der Gefässe ein- pumpen. Und dass diese Art der Ernährung selbst für Krüppel, welche nur noch kleine Medusenstücke — etwa einen Randtheil eines Thieres — darstellen, eine aus- giebige sein muss, das deutet das augenscheinliche Wohlbefinden an, in welchem dieselben umherschwimmen. X. Folgen des Durchschneidens oder der Loslösung der Muskelschichte. Von Bedeutung erscheint die Frage, wie sich die Contractionen der Medusen nach alleinigem Durchschneiden der Muskelhaut oder nach theilweisem Entfernen derselben verhalten. Schon in der ersteu Mittheilung über meine Experimente habe ich dieser Frage Erwähnung gethan , war jedoch mit bezüglichen Versuchen nicht weit gediehen. Was Forbes1) durch Ablösung der Muskulatur von einem grossen 1) Edward Forbes, a Monograph of the British Naked-Eyed Medusae, 1848. S. 3. n * 52 Theil des Schirmes beweisen wollte, dass die Bewegungen der höheren Medusen von dieser Muskulatur abhängen , kam dabei , als selbstverständlich , nicht in Betracht. Zu diesem Zweck entfernte Forbes die Muskulatur von der einen Hälfte einer Rhi- zostoma Aldrovandi und lähmte sie dadurch. Die andere Hälfte contrahirte sich darauf wie gewöhnlich, wenngleich mit grösserer Geschwindigkeit: „as if the animal was alarmed or suffering." Ich selbst ging bei meinen Versuchen von der Frage aus, wie es sich mit der Contractionsfähigkeit derjenigen Theile des Schirmes ver- halten werde, deren Muskulatur nicht mehr oder nur noch in beschränkter Weise mit jenen der contractilen Zonen in unmittelbarer Verbindung steht und ferner, wie es mit der Ooutraetionsfähigkeit des ganzen Schirmes bestellt ist, nachdem man die Muskulatur der contractilen Zonen entfernt hat. Da jede contractile Zone ihrer wesent- lichsten Zusammensetzung nach besteht : einmal aus Nervenzellen und Nervenfasern und dann aus den Muskelelementen der Subumbrella , welche den die Nervenzellen enthaltenden Abschnitt der Körpersubstanz von unten decken , so fragt es sich, kommt der Muskulatur der contractilen Zonen nicht eine grössere Bedeutung zu als derjenigen anderer Gegenden des Körpers ? Mit anderen Worten : setzt vielleicht der von den Nervenzellen der contractilen Zonen und der Randkörperstiele ausgehende Impuls die Muskulatur der entfernteren Schirmtheile nur in beschränktem Maasse un- mittelbar in Thätigkeit und wirkt er nicht vielmehr auf diese wesentlich nur mittel- bar in der Weise , dass er zuerst die Muskelelemente der contractilen Zonen erregt und dass diese die Erregung erst sekundär den übrigen Muskelelementen mittheilen? Die Frage nach der Bedeutung und dem Grade einer unmittelbaren Fortpflanzung und Erregung durch die Elemente der Muskulatur hatte sich mir besonders lebhaft aufgedrängt , nachdem ich erkannt hatte , dass diese gebaut seien wie die Neuro- muskelzellen der Hydra, bei welchem Thiere leitende Nervenfasern nicht vor- kommen und wo desshalb nur von Uebertragung des Reizes von einem Neuromuskel- elenient zum andern gesprochen werden kann. Je deutlicher also durch alleinige Durchschneidung der Muskulatur die Fortpflanzung der Contraction von den contrac- tilen Zonen aus gehemmt erschiene , um so geringer würde die früher von mir aus- schliesslich hervorgehobene Bedeutung von Nervenfäden für die Leitung werden. Allein es zeigen die anatomischen Verhältnisse, dass es nicht möglich sein wird, ohne Verletzung von Nervenzellen und leitenden Nervenfäden dort auch nur einen Schnitt in die Subumbrella zu machen. Somit beweisen meine Versuche, so auffallende Resul- tate sie auch ergeben, nichts für die unmittelbare Uebertragung der Erregung von Muskelelement zu Muskelelement uud es wird durch sie im Wesentlichen nichts ge- ändert an meiner ursprünglichen Annahme: es seien Nervenfäden, welche die phvsio- 53 logische Verbindung zwischen den contractilen Zonen und der Muskulatur vermitteln — dennoch aber wird auch die Voraussetzung einer gleichzeitigen unmittelbaren Uebertragung von Muskelelement zu Muskelelement auf Grund der bei Hydra vorhan- denen Verhältnisse nicht ohne Weiteres von der Hand gewiesen werden können. Trotz- dem dass so die folgenden Ergebnisse nicht von der fundamentalen Bedeutung sind, welche man ohne Kenntuiss des anatomischen Baues annehmen müsste, so haben sie doch in solchem Grade mein Interesse erregt, dass ich sehr bedaure, durch die Ungunst der Verhältnisse an erschöpfender Verfolgung der ihnen zu Grunde liegen- den Versuche gehindert worden zu sein. Schon im Jahre 1874, aber erst am Schlüsse meiner Mendorfer Studien, hatte ich an ausgeschnittenen Antimerenstüeken von Aurelia bemerkt, dass es nicht des Durchschneidens der ganzen Dicke der Umbrella bis auf eine Verbindungsbrücke von einer gewissen Breite bedurfte, um die Fortpflanzung der Contractionen von der contractilen Zone auf den jenseits der Brücke gelegenen Abschnitt des Theil- stückes zu verhindern, dass vielmehr hiezu entsprechende, wenig tiefgehende Ein- schnitte in die untere, die Muskelschichte tragende Fläche genügen. Modiflcirte ich also den auf Seite 24 beschriebenen, und durch Holzschnitt 1 illustrirten Versuch derart, dass ich z. B. an der Unterfläche des Antimers von rechts und von links je einen Schnitt führte, so leicht, als wollte ich nur die Muskelschicht durchschneiden, so setzten sich die Contractionen der contractilen Zone immer nur so lange auf einen benachbarten Theil fort, als dieser durch ein Streifchen Subumbrella von bestimmter Breite — nur wenige mm — mit jener in Verbindung stand. Ward diese Verbindung noch schmäler oder ward sie aufgehoben, so blieben die Contrac- tionen auf den mit der contractilen Zone versehenen Abschnitt beschränkt. — Wenn also meine ersten Versuche gelehrt hatten, dass die phy- siologische Verbindung benachbarter Theile ungestört sei so lange als dieselbe durch eine Gewebsbrücke von einer gewissen Breite hergestellt werde, so würden die neueren zeigen , dass diese Gewebsbrücke nothwendig die Muskelschichte unverletzt enthalten muss und dass nach deren Durchschneiduug die Fortleitimg der Bewegun- gen alsbald aufhört — vorausgesetzt, dass mit dem Schnitte nicht auch die unter der Muskulatur gelegenen Nervenfäden durchtrennt worden sind, eine Voraussetzung, welche aber nach dem Mitgetheilten nicht statthaft ist. An Cassiopea in Neapel gemachte Versuche führten beispielsweise zu folgen- den Ergebnissen : An dem Antimerenstück A (Holzschnitt 8) führte ich 9 mm oberhalb des Oto- 54 je_ lithensäckchens(o) den S mm langen Schnitt aa quer durch die Subumbrella. Sodann führte ich jederseits einen Schnitt bb' vom Rande des An timeren Stückes so weit gegen a, dass zwischen a und b' jederseits eine nicht durchschnittene Muskel- brücke von 2 mm Breite bestehen blieb : Die Con- tractionen pflanzten sich jetzt von I auf II fort wie Holzschnitt 8. VOT dem Einschneiden. Dabei ist übrigens zu bemerken, dass die Contractionen an solchen Antimerenstüoken von Cassiopea sich zuweilen durch kräitiges Einklappen von I gegen II zuerst anzeigten — zuweilen aber durch Einklappen von II gegen I äusserten. Ersteres rührt offenbar daher, dass die Muskulatur in II kräftiger ist als in I. Dass die Contractionen immer von I ihren Ausgang nehmen, beweist schon allein der weitere Verlauf des Versuchs. Waren die Schnitte bb' gegen a bis auf 1 mm Entfernung fortgesetzt, so zog sich nur noch I rhythmisch zusammen; fortdauerndes schwaches Einklappen von II, am deutlichsten in der Gegend von x glaubte ich von vornherein auf Mitbewegung' beziehen zu müssen, eine Ansicht, welche die mikroskopische Beobachtung bestätigte. Als ich nämlich den Antimer unter das Mikroskop legte und das Verhalten der Muskulatur von I einerseits und von II andererseits verfolgte, zeigte es sich, dass nur die Fäden des erstgenannten Theils sich noch zusammenzogen, nicht mehr die- jenigen von IL Es ergab sich aber weiter , dass beide von der Muskulatur gebil- deten Verbindungsbrücken keine Fasern mehr enthielten, welche von einem Theil in den anderen hinüberreichten — beide Brücken enthielten vielmehr nur Fasern oder Stücke von Fasern, welche genau in der Richtung vom Endpunkte der einen Schnitt- linie (a) zu dem der anderen hinüberliefen , so dass eine ausschliesslich durch die Muskulatur vermittelt gedachte physiologische Verbindung zwischen I und II nur noch möglich gewesen wäre durch Uebertragung von einem Muskelelement zum an- deren in einer Richtung, welche zu jener der Längenausdehnung derselben senkrecht gedacht ist. Einen anderen Versuch machte ich in der Weise, dass ich an einem Anti- merenstück, B, einen Schnitt ab durch die Subumbrella führte. Die undurchschnit- tene Strecke b d mass 6 mm. Die Contractionen pflanzten sich wie vor dem Ein- schneiden von I auf II fort. Darauf machte ich den Schnitt de: die Verbiudungs- brücke x war noch 2 mm breit — die Contractionen pflanzten sich jetzt nicht mehr auf II fort. Die mikroskopische Untersuchung zeigte übrigens, dass die Verbinduugs- brücke aus ganz ebenso gerichteten Fasern zusammengesetzt war, wie vorhin. In einem dritten Falle führte ich an der Untertiäche eines Antimerenstückes jederseits einen Schnitt schräg von unten und aussen nach oben und innen, so dass 55 beide Schnitte wieder 6 mm oberhalb des Otolithensäckchens endigten und zwar in einer Entfernung von 2 mm voneinander. Die Contractionen pflanzten sich noch von I auf II fort und auch dann noch, als die beiden Schnitte bis auf l'j, mm ge- nähert waren — erst nach völliger Trennung hörte hier die physiologische Verbin- dung auf. Ueber den Zug der die Brücke bildenden Muskelelemente habe ich nichts vermerkt. Ob dieser oder ob Reichthum an darunterliegenden Nervenfäden in jener Gegend die Ursache davon war, dass die Leitung in diesem Falle so lange unge- stört blieb, vermag ich demnach nicht zu sagen. Sehr bemerk ensvverth ist die Thatsache, dass die in geschilderter Weise be- handelten Antimerenstücke von Cassiopea sich in den Behältern der zoologischen Station bald wieder erholten : im Laufe der folgenden Tage stellte sich die physiologische Verbindung zwischen den Bezirken I und II wieder her und die Contractionen fanden weiterhin ganz ebenso statt wie an Stücken , in deren Muskelhaut ich nicht einge- schnitten hatte. Von hervorragender Wichtigkeit ist nun die Frage, wie sich das Contractions- vermögen verhält, nachdem man die contractilen Zonen oder einzelne Antimere durch mehr oder weniger tiefe, erstens von der oralen und zweitens von der aboralen Schirmfläche aus in das Gallertgewebe geführte, aber dieses nicht ganz durchtreunende Schnitte vollkommen abgegrenzt hat. Als ich an einer grossen, etwa 20 cm im Durchmesser haltenden Aurelia aurita durch einen etwas oberhalb des Schirmrandes und parallel mit diesem im ganzen Umfange des Schirmes verlaufenden Schnitt die Subumbrella und zugleich etwa die Hälfte der Dicke des Gallertgewebes durchtrennt hatte , pflanzten sich die Contractionen während läugerer Zeit nicht mehr in den centralen Theil des Thieres fort. Dagegen hatte der Schnitt , welchen ich an einer anderen Aurelia in derselben Richtung und Tiefe , aber in die Aussenfläche machte, viel geringeren Einfluss auf die Contractionen, indem das Thier in Folge desselben kaum Bestürzung zeigte und dann dieselben ungeschwächt fortsetzte. Mehrere ähnliche Versuche habe ich an grossen Aurelien vom Boote aus in der Weise ge- macht, dass ich die Thiere zum Zweck der Operation nicht aus der See herausnahm, sondern vielmehr den Cirkelschnitt im Wasser selbst ausführte. So w.ar ich am besten im Stande, den normalen Erfolg der Operation zu beurtheilen; nur war es jetzt unmöglich, die Tiefe des Schnittes der Art zu controliren, dass ich sagen konnte , ich hätte ihn ringsum genau etwa durch ein Drittel oder durch die Hälfte der Umbrella geführt. Ich begnügte mich daher bei dieser Art des Experimentirens damit , stets so tief einzuschneiden — sei es von innen nach aussen oder umge- kehrt • als es ohne eine vollständige Trennung herbeizuführen möglich war. 56 Durchschnitt ich dabei auch zufällig au der oder jener Stelle die Umbrella vollständig, so konnte dies die Beurtheilung des Erfolges des Experiments nicht wesentlich stören, eingedenk der Thatsache, dass ja ein einziger Autirner in Verbindung mit dem Kör- per belassen durch seine Randnervencentren dessen Coutractionen ebenso regelt, wie wenn alle acht noch daran erhalten sind. Es zeigte sich nun bei diesen Versuchen das Folgende: war ein Schnitt etwa 3 cm oberhalb des Randes rings um das Thier (von 20 cm Durchmesser) an der oralen Seite geführt worden, so dass der Zusammen- hang der Theile nur noch durch eine ganz dünne, der convexen Schirmoberfläche au- gehörige Schicht der Umbrella vermittelt wurde , so war die Verbindung zwischen Rand- und Mittelstück gewöhnlich längere Zeit — einige Minuten — gestört. Nach Ueberwinden der Bestürzungsperiode begann das Ringstück sich wieder rhythmisch zu contrahiren, ohne dass die Coutractionen sich zunächst auf das Mittelstück fort- pflanzten. Sonach war jetzt eine Fortbewegung des Thieres durch Rückstoss noch unmöglich. Allmälig aber , zuerst anscheinend nur von der einen oder der anderen Stelle des Randes aus , pflanzten sicli die Coutractionen, Anfangs uuvollkommen und dann immer vollkommener über das Mittelstück fort, so dass das Thier mehr und mehr wieder das Vermögen erhielt, sich glockenförmig zusammenzuziehen und nach beliebiger Richtung kräftig davon zu schwimmen. Es ist dieser Versuch von besonderer Wichtigkeit , desshalb , weil er deutlich zeigt, dass im Galler tge w ebe verlaufende Nerven eine Verbindung zwischen den einzelnen T heilen des Thierkörpers thatsächlich her- stellen und dass es jedenfalls nicht etwa die contractilen Elemente der Subum- brella oder die unmittelbar derselben angelagerten Nerven allein sind , welchen in jenem Sinne Bedeutung zukommt. Die iu der ersten Zeit nach der Operation auf- getretenen Erscheinungen dürfen wohl so gedeutet werden , dass die in der ab- oralen Umbrellaschicht uoch unverletzt vorhandenen Nervenfäden zuerst uicht im Stande sind, die Verbindung kräftig und in ihrem ganzen Umfange zu vermitteln, dass sie vielmehr erst nach einiger Uebuug an ihre Aufgabe gewöhnt und dazu fähig werden , eine vollkommene Brücke für den Nervenstrom über die Schnittwunde hinüberzuschlagen — d. h. es vicariiren jetzt aborale Nervenfäden für oral gelegene. Führte ich denselben Schnitt wie vorhin, aber umgekehrt von der aboralen Fläche des Thieres aus, so dass die Umbrella bis nahe zur Muskelschichte durch- schnitten war, so waren die in Folge der Operation auftretenden Störungen viel ge- ringere. Das operirte Thier war nur kurze Zeit gelähmt und begann bald wieder normale Contractioiien. Es fragt sich, ob aus dieser Thatsache irgend auf kräftigere Verbindung der Körpertheile durch Nerven an der Subumbrellaseite oder auf gleich- 57 zeitige unmittelbare Leitung durch die Muskelelemente der Neuromuskelzellen ge- schlossen werden darf: der geschilderte Unterschied im Erfolg der beiderlei Experi- mente ist schon desshalb selbstverständlich, weil im ersten Falle, nach Einschneiden in die orale Fläche, das unmittelbar bewegende Werkzeug verletzt ist , die Coordi- nation der Bewegung der getrennten Theile also erst wieder gesucht werden muss. Wunderbarer sogar als der Grad der Störung ist die rasche Wiederherstellung dieser Coordination. In allen Fällen war dieselbe bald so vollständig , dass ich von den um mein Boot herumschwimmenden Thieren nach kurzer Zeit wiederholt solche wie- der einfing, welche durch den Subumbrellaschnitt operirt waren, weil ich sie wegen der Sicherheit ihrer Bewegungen für noch nicht operirte hielt. In schroffem Gegensatz zu Aurelia aurita verhielt sich Cyanea capillata: vier oder fünf grosse Thiere dieser Art sanken, nachdem ich den Subumbrellaschnitt an ihnen ausgeführt hatte in gleicher Weise auf den Meeresgrund und ich fand sie dort noch eine halbe Stunde nach der Operation in derselben Lage , welche sie zuerst eingenommen hatten. Dazu ist aber zu bemerken, dass es nicht möglich war, diese Thiere in der See zu operiren , dass sie vielmehr zu diesem Zwecke in das Boot hereingenommen werden mussten, ein Umstand , durch welchen freilich der grosse Unterschied im Erfolg des Experiments gegenüber von Aurelia meiner Ansicht nach nicht in seinem ganzen Umfange erklärt werden kann, denn ich fand schon bei meinen ersten Versuchen (1873), dass Cyanea überhaupt viel weniger widerstands- fähig ist als Aurelia. Bemerkenswerth ist die rasche Erholung von Aurelia auch gegenüber der nachhaltigen Wirkung, welche die an Cassiopea angestellten, früher geschilderten Versuche gehabt haben, obwohl dieselben viel we- niger eingreifend gewesen sind. Allein es darf dies nicht ohne Weiteres auf Verschiedenheit in der Wider- standsfähigkeit der Thierart geschoben werden, vielmehr ist mit zu berücksichtigen , dass ich auch die Ope- rationen an Cassiopea ausserhalb des Meeres gemacht und hier sogar in ihrem Verlauf beobachtet, ferner, dass ich sie in der heissesten Jahreszeit und endlich , dass ich sie an Theilstücken angestellt hatte , welche stets weniger widerstandsfähig sind als ganze Thiere. Um das Vermögen jedes einzelnen Contractionscentrums nach Durchschneiden der Muskulatur zu beurtheilen, machte ich folgenden Versuch : An einer Rhizostoma von 20 cm Durchmesser im Lichten der Schirmöffnung schnitt ich um jeden der acht Randkörper in einem Radius von 15 mm vom Schirmrand bis wieder zum Schirmrand in halbkreisförmiger Linie in die Subumbrella ein. Zum Zweck des Operirens hatte ich das Thier aus dem Wasser herausnehmen müssen , es wurde desshalb, besonders in Folge seiner schwerfälligen Grösse, etwas misshandelt. Nach der Operation wieder ins Wasser zurückgebracht, war es zuerst bewegungslos. Nach einigen Minuten begannen einzelne der durch den in die Subumbrella geführten 58 Schnitt begrenzten, die Randkörper umgebenden Theile des Schirmrandes Contrac- tionen zu machen , welche sich auf den Rest des Schirmes nicht fortsetzten. Die Contractionen der einzelnen Randkörperbezirke waren nicht synchronisch , sondern jeder derselben contrahirte sich für sich. Die Beobachtung war schwierig, weil die Zusammenziehungen nur vereinzelt und selten auftraten. Zuweilen schienen die- selben sich auch auf die ausserhalb der Schnitte gelegenen Randtheile fortzupflanzen. — Nach zwei Stunden war es deutlicher, dass sich in der That jeder der umschnit- teuen Randkörperbezirke für sich contrahirte ; wenngleich selten, so beobachtete ich aber doch zuweilen, dass sich der ganze Rand zu gleicher Zeit zusammenzog. Die Contractionen erschienen spärlich. Vor der Operation hatte das Thier ihrer 46 ge- macht. Am anderen Tag war es — bei grosser Hitze — gestorben. Der Versuch — und mit ihm ein anderer mit ähnlichem Erfolg — war im August 1877 in der zoologischen Station angestellt worden. Es zeigte sich , wie aus dem Mitgeth eilten hervorgeht, zwei Stunden nach der Operation die Erholung, welche bei Aurelia im freien Meere nach gewaltsamerem Eingriffe schon nach einigen Minuten eingetreten war. Die durch die Muskelschichte geführten Trennungslinien begannen durch die Thätigkeit der das Gallertgewebe durchziehenden Nervenfäden so weit überbrückt zu werden, dass die Contractionen der durch die Schnitte umschriebenen Randkör- perbezirke sich auf die Umgebung fortpflanzten, dass Gesammt-Contraction des ganzen Schirmrandes , bezw. des ganzen Schirmes wieder begann. Vollständige Erholung würde sicher schon weit früher eingetreten sein, hätte das Thier unter günstigeren Verhältnissen gelebt, denn die Versuche bieten in ihrern Erfolg einen bedeutenden Gegensatz zu jenen im Frühjahr des vorhergehenden Jahres an Rhizostoma angestellten, nach welchen selbst Ausschneiden der contractilen Zonen nur ganz vorübergehende Wirkung gehabt hat. Es braucht übrigens nicht besonders hervorgehoben zu werden, wie hübsch gerade der beschriebene Versuch zeigt, dass die Zusammeuziehungen des Schirmes sich von der Umgebung der Randkörper aus verbreiten und wie sehr zu solchen und ähnlichen Beweisen gerade weniger widerstandsfähige Thiere geeignet sind. Mit den geschilderten Thatsachen stimmt auch der Erfolg eines weiteren Experiments überein: nachdem ich eine Aurelia aurita von 20 cm Durchmesser halbirt hatte , schnitt ich an der Unterseite des \f Schirmes im Interradius zwischen den Antimeren 1 und 2 (Holzschnitt 9) vom Rande bis zum Centrum (a — y) derart ein , dass Muskelschicht und die Hälfte der Dicke der Gallertscheibe getrennt waren. Es zeigte sich nun , dass das in der geschilderten Weise unvollständig von den o zsc mtt . übrigen getrennte Achtel I der Meduse sich während längerer Zeit nicht 59 mehr nothwendig gleichzeitig mit jenen contrahirte : zwar konnten die Contractionen beider gleichzeitig stattfinden, es war dies jedoch offenbar nur Zufall : meist folgten diejenigen des einen Theils jenen des anderen nach oder beide geschahen in ganz ver- schiedener Weise. Nun machte ich einen zweiten Schnitt (ß- — y) m derselben Richtung wie vor- hin, allein diesmal zwischen den Antimeren 3 und 4 und zwar führte ich den Schnitt jetzt nicht über die concave , sondern über die convexe Oberfläche des Schirmes, so dass dieser bis zum halben Durchmesser seiner Dicke durchgetrennt wurde. Die Contractionen zwischen dem auf diese Weise unvollständig abgetrennten Antimer 4 und den beiden benachbarten 3 und 4 blieben synchronisch. Einen sehr benierkenswerthen Ausnahmsfall in der vorliegenden Frage scheint die im XIII. Ab- schnitte, Versuch A, erwähnte Aurelia darzubieten , welche ich im freien Meere derart verkrüppelt auffand, dass sie nur noch aus zwei Lappen bestand, von denen der eine 3, der andere 2 Randkörper enthielt und welche beide nur noch durch eine Verbindungsbrüeke von \3U cm Breite zusammenhingen, während 3 An- timere fehlten. Die Contractionen beider Lappen waren nicht mehr synchronisch, sondern sie geschahen un- abhängig von einander. Genaue Untersuchung zeigte, dass die Verbindungsbrücke nur oben unverletzt war, während unten die Muskulatur und sogar ein Theil des Gallertgewebes fehlte. Man sollte annehmen, es hätten die zwei Lappen dieses Krüppels längst Zeit gehabt , die Leitungsverbindung zwischen sich wieder- herzustellen, noch bevor derselbe in meine Hände kam, sofern diese "Wiederherstellung überhaupt möglich wäre. Es steht der Fall also scheinbar nicht in Uebereinstimmung mit den übrigen geschilderten. Es wird derselbe jedoch dadurch verständlich, dass, wie aus anderen Experimenten zu schliessen ist, der Nervenreich- thum im Gallertgewebe vom Rande nach dem Centrum hin abnimmt. Ich erinnere in dieser Beziehung an die früher erwähnte Thatsache, dass zum Zweck der Erhaltung der Continuität der Leitung zwischen zwei unvollkommen getrennten Umbrellagebieten die Verbindungsbrücke in der Gegend des Centrums eines Thieres stets breiter sein muss, als in der Nähe des Randes '). Einen sehr wichtigen Versuch stellte ich endlich an Cassiopea borbonica — gleichfalls zu Neapel 1S77 — an. Unmittelbar um die Wurzel aller acht Randkörper herum , also im Gebiete der contractilen Zonen, entfernte ich im Umkreis von einigen Millimetern die Muskel- schichte durch leichtes Schaben mit dem Scalpell. Nachdem erst sieben Randkörper- bezirke operirt waren, geschahen die Contractionen des Thieres noch durchaus nor- mal — sowie aber auch der achte operirt war, ward dasselbe ebenso regungslos, wie wrenn ihm alle 8 contractilen Zonen ausgeschnitten worden wären. Einige Zeit nach der Operation zeigten sich im Rande Spuren von Contractionsversuchen und zwar von durchaus rhythmischen. Diese Versuche wurden bald deutlicher, waren aber nicht im Stande , erhebliche Wirkung hervorzurufen : die Erscheinung machte den Eindruck, als ob das Thier bei vollem Bewusstsein Con- tractionen ausführen wollte, ohne im Stande zu sein, das Gewollte 1) Vergl. den VI. Abschnitt. 60 auszuführen. So setzte es den ganzen Tag über seine vergeblichen Versuche fort, schwebte wie verzaubert im Wasser. Zu meiner grossen Ueberraschung hatte es sich aber am folgenden Tage durchaus erholt , schwamm wieder lebhaft umher , als ob nichts mit ihm geschehen wäre. Die Untersuchung der operirten Stellen zeigte, dass deren Randabschnitt gegen die Unterseite des Schirmes hin umgeschlagen war, so dass man ihn wieder nach aussen umschlagen musste, um den von Muskulatur ent- blössten Bezirk sehen zu können. Ausser diesem als Folge der Operation leicht er- klärlichen Zustande war keine Veränderung an den operirten Bezirken zu bemerken. Bei Cassiopea ziehen, wie schon gelegentlich erwähnt, von der Umgebung des Randkörpers und zwar von einem dort an der Subumbrellaseite gelegenen , etwas hervorragenden Knötchen aus , die Muskelelemente in radiären Zügen ab. Es ist klar, dass nach Zerstörung dieser Muskelzüge der von den Nervenelementen der con- tractilen Zonen, bezvv. der Randkörper, ausgehende Impuls zur Contraction sich nicht mehr auf die übrigen Schirmabschnitte fortpflanzen kann, sofern die letzteren diesen Impuls , wenn auch nicht ausschliesslich so doch wesentlich , - erst mittelbar von der Muskulatur der contractilen Zonen , bezw. von den eventuell deren Elemente ver- bindenden Nervenfäden zugeleitet erhalten würden. Eine genaue Kenntniss der Be- ziehungen solcher Nerven zur Muskulatur würde nothwendig sein um entscheiden zu können , welche Bedeutung in der Frage jenen und welche der Muskulatur an und für sich zukommt. Jedenfalls ist es auch in diesem Falle nicht möglich , dass das Entfernen der Subumbrella geschehen sein konnte ohne gleichzeitige Verletzung und Entfernung zahlreicher Nervenelemente. Zweifellos war aber der centrale Apparat nur kurze Zeit gestört, wie die Thatsache beweist, dass bald nach der Ope- ration wieder rhythmische Contractionsversuche auftraten und fortdauerten. Alles erwogen, scheinen die folgenden Arten der Erklärung möglich zu sein: der Central- apparat steht in nächster Verbindung mit der Muskulatur der contractilen Zonen und wird dadurch unter normalen Verhältnissen auch die rhythmische Bewegung des übrigen Theils des Schirmes mittelbar besorgt. Direkte Verbindung mit dem letzteren ist ausserdem vorhanden , aber gewöhnlich kaum in Gebrauch. Nachdem die Hauptverbindung entfernt, zugleich auch der Centralapparat selbst verletzt ist, ist die sekundäre zunächst zu schwach, um die Leitung zu besorgen. Erst allmälig, unter dem Druck ihrer Aufgabe , stärkt sich dieselbe und übernimmt allmälig die Hauptleitung : es vicariiren aborale Nervenfasern für orale. Was die Verletzung des centralen Apparates angeht, so stellt sich die Frage : entweder es waren nur so wenige Nervenzellen im Gebiete der contractilen Zonen zerstört, dass die unzerstörteu allein oder zusammen mit den auf den Randkörpern 61 gelegenen bald wieder den Impuls zu rhythmischen Contractionen geben konnten, oder es sind die massgebenden centralen Nervenzellen in jenem Gebiete gänzlich zerstört gewesen und es haben dafür diejenigen der Randkörper genügt, den Impuls zu geben. Nach dem anatomischen Befund ist das Erstere anzunehmen und würde also aus dem Versuche auf eine Betheiliguug der Randkörper am Bewegungsimpuls nicht mit Sicherheit geschlossen werden können. Ich bedaure, dass ich nicht in der Lage gewesen bin, den interessanten Versuch wiederholt anzustellen. Leider würde es wohl unmöglich sein, denselben in der Weise zu modificiren, dass man versuchte, denjenigen Theil der contractilen Zonen , welcher die Nervenzellen führt , möglichst zu eliminiren unter Schonung der Subumbrella und der Randkörper, um die Bedeu- tung der letzteren für die ryhthmische Bewegungsfähigkeit festzustellen. XI. Art des Absterbens der Aurelien und ihrer Theilstücke. Hervorragend bemerkenswerth für die Bedeutung derjenigen Bezirke des Um- brellagewebes , welchen die Randkörper unmittelbar ansitzen , ist die Art des allmä- ligen Absterbens der Thiere und ihrer Theilstücke. Bei meinen Beobachtungen handelt es sich um Aurelien, welche, in Gefässen im Zimmer gehalten, in Folge der Nachtheile der Gefangenschaft allmälig zu Grunde gegangen sind. Wir nehmen zum Ausgangspunkt der Beschreibung die Erscheinungen des Absterbens eines einzelnen, aus dem Thiere ausgeschnittenen Antimers , welcher in der Mitte seines unteren, natürlichen, Randes den Randkörper trägt; gewöhnlich beginnt etwas oberhalb der Mitte der Länge des Antimerenstückes und zwar in dessen ganzer Breite die Gallert- masse zuerst zu verderben, sich mehr und mehr zu erweichen, und der Auflösung anheimzufallen. Allmälig schreitet die Zone der Auflösung nach oben und unten fort, wird höher und höher und bildet so ein mehr oder weniger unregelmässiges Band. (Holzschnitt 8 , A bei a.) Schliesslich trennt sich der Antimer durch Zerfliessen der Auflösungs- zone in zwei Stücke, in ein oberes, welches einem Abschnitte des ur- sprünglichen Centraltheils des Thieres entspricht und in ein unteres, welches den Randkörper trägt. Das Erstere ist schon vor der völligen Trennung regungslos ; es ist Anfangs auch ziemlich fest und prall und verdankt seine Erhaltung wohl der bedeutenderen Dicke, welche der Gallertschirm in der Gegend der Kuppe hat. Es löst sich aber im Ver- hältniss zum unteren Stücke sehr rasch auf, ist vollständig zu einer HoIzschmtt 10- G2 schleimigen Masse zerfallen zu einer Zeit , da das letztere sich noch lebenskräftig rhythmisch contrahirt. Dieses stirbt unterdessen aber gleichfalls weiter ab und zwar zunächst wesentlich von seinem oberen Wundrande aus, also von oben nach unten. Indem es so immer kürzer und kürzer wird , gestaltet es sich allmälig zu einem schmalen Bande , dessen Seitenränder selbstverständlich gleicbfalls Wundränder sind, während, der untere Rand ein Stück des natürlichen Schirmrandes darstellt und in seiner Mitte, wie Anfangs der Antimer, den Randkörper trägt (vergl. Holzschnitt 8, B). Allmälig beginnen nun aber . zugleich mit dem oberen , auch die seitlichen Wund- räuder einzuschmelzen und rückt die Auflösung allseitig gegen das Contractions- centrum mehr und mehr vor. Zuletzt ist von dem ganzen Antimer nichts mehr übrig, als der Randkörper sainmt einem kleinen Stückchen Gewebes, welches meist einen nach oben convexen halbkreisförmigen Wundrand besitzt. Dieses dem Rand- körperstiele anhaftende Gewebsstückchen kann in manchen Fällen so klein sein, dass man die Lupe zu Hülfe nehmen inuss, um es deutlich zu erkennen und noch immer macht es rhythmische Contractionen. Solche Stückchen erhalten sich (nun unverhältnissmässig lange am Leben, ohne sich weiter zu ver- kleinern — sie dürfen wohl bezeichnet werden als die physiologisch präparirten contractilen Zonen im Zusammenhang mit dem Randkörper. In Holzschnitt 1 1 ist ein derartiges Gewebsstückchen abge- bildet. Dasselbe mass, von dem daranhängenden Randkörper abgesehen, 0,015 mm in der Höhe und 0,035 mm in der Breite und stammt von Holzschnitt ii. eiuer kleinen, nur etwa 3 cm im Durchmesser haltenden Aurelia aurita , welche ich in wenig Seewasser , das ich nicht erneuerte , habe absterben lassen. Das Stückchen stellt eiuen kleinen Sack dar — ein Theil der- später zu be- schreibenden Tasche, in welcher der Randkörper liegt. Die vordere, dem Beschauer zugekehrte Wand des Sackes entspricht dem Polster, welches die äussere Riechgrube trägt (vergl. Tafel I Fig. 2, P). Die punktirten Bogen , welche man durch sie hin- durch sieht, beziehen sich auf die optischen Durchschnitte der Wand der zwei im Innern der Wandkörpertasche gelegenen, nach oben blind endigenden Gruben, welche wir später unter dem Namen der innern Riechgruben näher kennen lernen werden (vergl. Tafel I Fig. 1, gr' und die anatomische Beschreibung). Schneidet man, statt eines Antimers , wie im geschilderten Falle angenommen worden ist , irgend ein kleines Randstück mit dem Oontractionscentrum in beliebiger Unregelmässigkeit aus, so zeigt sich bald, dass immer diejenigen Theile zuerst absterben, welche von jenem am weitesten entfernt sind, so dass dasselbe bald in die Mitte des natürlichen Ban- des und in gleiche Entfernung von allen Grenzen überhaupt zu liegen gekommen 63 ist, worauf dann die Auflösung weiter concentrisch gegen den Randkörper hin fort- schreitet. An den kleinen Aurelien, die mir von Kiel nach Tübingen geschickt wor- den sind, machte ich entsprechende Beobachtungen, welche auch nach anderer Seite hin Bemerkenswertb.es darbieten. Einige der Thiere hatten von der Reise ziemlich gelitten, manche waren theilweise zerfetzt und die Contractionen der meisten waren schwach und selten. Ich zerschnitt dieselben in verschiedener Weise , viele so, dass ich unregelmässige Stückchen bildete , deren jedes ein Contractionscentnxm enthielt und legte Alles zusammen in ein Uhrschälchen mit M. Schultz e 'schein Jodserum, in der Absicht, gewisse Gevvebselemente zu isoliren. Zu meinem Erstaunen fand eine alsbaldige Auflösung nicht statt, sondern im Gegentheil, es erholten sich die Gewebsstückchen und was davon Contractionsceutren hatte, begann nach einiger Zeit sieb kräftiger und rascher zu contrahiren. Allmälig trat Absterben in der Peripherie in der vorhin beschriebenen Weise ein. Aber obgleich ich gar keine besonderen Mittel zur Erhaltung anwendete, abgesehen davon , dass ich zuweilen das Jodserum erneuerte, in welchem sich aber jeweils bald wieder zahllose Bakterien und Mona- den einfanden, dauerte es volle 10 Tage, bis die Stückchen so klein geworden waren, dass sie nur schwer und nur an der Hand der als braunen Punkte in die Augen fallenden Randkörper aus dem Detritus heraus zu erkennen waren. Bei genauerer Betrachtung ergab sich, dass den etwas gequollenen aber doch noch lebhaft flimmernden Randkör- perstielen wiederum nur noch je ein ganz kleiner Rest des Schirmrandes anhing. In dieser Gestaltung lebten die Theilchen nun noch längere Zeit, bis sie sich rasch ganz auflösten. — Die Thatsache , dass die Gewebsstückchen trotz ungünstiger Verhält- nisse Anfangs so langsam abgestorben sind, ist wohl nur dadurch zu erklären, dass sie sich durch das im Jodserum enthaltene EiwTeiss ernährt haben. — In einer dem be- schriebenen Vorgange ganz entsprechenden Weise scheinen nun nach den von mir ge- machten Beobachtungen auch ganze Aurelien abzusterben. Ich sah nämlich wieder- holt an solchen zuerst eine ringförmige Zone, etwa in der Mitte zwischen dem Centrum und dem Rande des Schirmes sich auflösen, so dass eine Theilung in die Kuppe und einen Randring erfolgte. Nachdem der letztere durch Absterben vom Wundrande aus auf eine gewisse Breite reducirt war, entstanden durch Auflösung in den Inter- radien 8 Stücke, deren jedes in der Mitte des unteren, natürlichen Randes einen Randkörper trug. Und nun schritt das Absterben in der vorhin beschriebenen Weise weiter fort. Einige specielle hierher gehörige Fälle werden im XIII. Abschnitte noch er- wähnt werden, in welchem ich nach den Notizen meines Tagebuchs Belege auch für andere der im Vorstehenden ausgesprochenen Sätze beibringen will. 64 Aus dein Mitgetheilten wird mau mit Recht schliessen, es sei iu deu geschil- derten Thatsachen der Einfluss der Bewegungscentreu dadurch gezeichnet, dass das Leben stets an denjenigen Stellen zuerst schwindet, welche diesem Einliuss am ineisten entzogen, weil sie von ihnen am meisten entfernt gelegen sind. Nun habe ich aber beobachtet, dass auch z. B. Achttheile von Aurelia aurita, welche zwischen zwei contractilen Zonen ausgeschnitten worden waren — Zwi- schenantimere — längere Zeit nach der lsolirung anfingen, rhythmische Contrac- tionen zu zeigen, und, dass dieselben ganz in der Weise der Antimere zuerst in der Mitte zwischen Rand- und Centralabschnitt abstarben und von da nach unten und nach obeu sich mehr und mehr auflösten. Dabei muss die Bildung eines Ersatz- centrums vorausgesetzt werden. Eine allmälige Verkleinerung nach einem bestimmten Punkte, nach diesem Ersatzcentrum hin, habe ich aber in solchen Fällen nicht ge- sehen; es begann gewöhnlich mit einem Male die allgemeine Auflösung und schritt sehr rasch weiter fort. Nur bemerkte ich wiederholt, dass auch in diesen Fällen das centrale Stück vor dem Randstück abstarb. Es wird also das Ersatzcentrum im Randstück seinen Sitz gehabt haben. Die Thatsache aber, dass immer — jetzt ebenso wie in den Fällen, wo ein Haupt-Contractionscentrum vorhanden ist — zuerst eine Zone in der Mitte des Antimers abstarb, dürfte sich daraus erklären, dass an jener Stelle bei Aurelia die Umbrella dünn ist, aber ziemlich rasch in den festeren cen- tralen Theil übergeht — sie wird sich dort am ehesten auflösen, weil sie 1) nicht den Vortheil der Dicke des centralen Abschnittes hat und 2) nicht den Vortheil be- sitzt, jene ausgiebigen , der Athmung dienlichen Contractionsbewegungen , wie das Randstück zu machen. Es kommt somit bei der Frage vom Absterben nicht allein der mittelbare Einfluss der lokomotorischen Centren an sich in Betracht, sondern auch die noch von anderen Bedingungen abhängige Widerstandsfähigkeit des Theiles , insbesondere das Vermögen, Athembewegungen mit bestimmter Energie unter dem Einfluss der Centren auch wirklich auszuführen. Und von diesen verschiedenen Gesichtspunkten aus sind alle einzelnen Fälle zu beurtheilen. Auch die in Versuch A des XIII. Abschnittes geschilderte Thatsache, dass ein aus zwei Antirneren bestehender Lappen einer Meduse, welcher mit dieser nicht mehr leitungsfähig zusammenhängt, nachdem ihm die contractilen Zonen ausgeschnitten worden waren, anfängt , sich der Länge nach zu trennen (vrgl. Holz- schnitt 15 und 16) mag sich daraus erklären, dass in der Trennungslinie die Athmung am wenigsten ergiebig gewesen sein wird. Und dies wird in der That bei einer Contractionsthätigkeit , wie sie in Holzschnitt 17 durch die Richtung der Pfeile angedeutet ist, in einer das Stück der Länge nach halbirenden Linie der Fall sein müssen. Der ganze Verlauf der Versuche A und B (Abschnitt XIII) dürfte besonders geeignet sein, die Erscheinungen des Absterbens im Einzelnen in gegebenen Fällen vor Augen zu führen , und vergleiche man in dieser Beziehung besonders Holzschnitt 18. 65 Wenn noch irgend ein Zweifel bestünde, so bewiesen sicherlich die in diesem Abschnitte mitgetheilten Thatsachen, dass die Contractionsthätigkeit des ganzen Me- dusenschirmes wesentlich ausgeht von dem Gebiete der contractilen Zonen. XII. Beherrschung der vegetativen Thätigkeit durch die contractilen Zonen. In meiner ersten Abhandlung erklärte ich die contractilen Zonen zusammen mit dem von ihnen zunächst beeinüussten Aste des Gastrovaskularröhrensystems für pulsirende Ernährungsorgaue im weitesten Sinne des Wortes, welche zu gleicher Zeit Organe der Bewegung sind '). „Ihre Wirkung, äusserte ich, ist diejenige von Saug- und Druckpumpen, welche abwechselnd Wasser in die Gastrovaskularräume hereinsaugen und dasselbe wieder hinauspressen. Durch Vergrösserung und Ver- kleinerung des von ihnen umschlossenen Raumes ") werden sie gleich Herzen die Gastrovaskularflüssigkeit hin- und zurücktreiben , gleich unsern Lungen die Zufuhr des Sauerstoffs und die Entfernung der Kohlen- säure besorgen und endlich mit dem eingepumpten Wasser auch die animalische Nahrung in die Gastrovas- kularräume leiten. Es würde somit die gesammte Ernährung unserer Thiere von einer beständig in Gang befindlichen, gewöhnlich unwillkürlich arbeitenden, aber dem Einflüsse des Willens zugänglichen Maschine besorgt, während in unserem Körper die Aufnahme fester und flüssiger Nahrung eine ausschliesslich willkür- liche Thätigkeit ist und nur die der Athmung ganz ebenso ausgeführt wird, wie diejenige der Ernährungsorgane der Scheibenquallen. Diese Organe spielen somit in Beziehung auf die Ernährung die Rolle von Gastrovas- kularpumpen oder, um die Gesammtheit ihrer nutritiven Punktionen auszudrücken, von Ernährungspumpen. Mit einer solchen Auffassung der Bedeutung der contractilen Zonen stimmen die mitgetheilten Versuche voll- ständig überein. Jedes einzelne Strahlstück des Ihieres enthält die sämmtlichen zum Leben nothwendigen Organe und es vermögen daher diese Strahlstücke nach ihrer Trennung vom Gesammtorganismus sich lebend zu eihalten , sie sind physiologische Individuen (Bionten, Häckel). Das Vorhandensein der Ernährungs- pumpe ist zur Erhaltung eines solchen Individuums absolut wesentlich. Es stirbt das Strahlstück , sobald man ihm dieselbe genommen hat, die nächste Veranlassung zum Tode gibt offenbar das Aufhören der Ath- mung. Beständig fortdauernde Zufuhr von Sauerstoff und Abscheidung von Kohlensäure durch das Pump- werk sind die erste und hauptsächlichste unter den Lebensbedingungen des Bionten. Nur auf kurze Zeit ist ein Sistiren dieser Thätigkeit möglich. Die Athemcentren sind geradezu Lebenscent ren für unsere Or- ganismen. . . . Ebenso wie ein Strahlstück, vermag ein beliebig ausgeschnittenes Stückchen der Qualle zu leben, sofern es eine Ernährungspumpe enthält. Ein solches Stückchen ist also ebenfalls ein physiologisches Individuum. Bei ihm, wie bei den ausgeschnittenen Strahlstücken, wird die Verbindung der in demselben noch vorhandenen Gastrovaskulargefässe mit der Aussenwelt vermittelt werden durch deren Oeffnungen an den künstlichen Schnittflächen und durch diese OeS'nungen wird also das Wasser, und eventuell damit thie- rische Nahrung, eingesogen. Diejenigen der im Vorstehenden mitgetheilten Thatsachen, welche vorzugsweise auf die Eigenschaft der Ernährungspumpen als Athemorgane hinweisen , brauche ich nicht besonders anzu- führen, da sie die Hauptsätze der von mir erlangten Resultate bilden. Nur um dem Gang der Darstellung nicht vorzugreifen, habe ich bei der Beschreibung der Contractionsvorgänge den Ausdruck „athmen" ver- mieden und es wurde mir dies am schwersten, als ich die schlagenden Erscheinungen der Dyspnoe' und 1) Theilbarkeit von Äurelia und Cyanea, Würzb. Verh. a. a. 0. S. 155 j Zoolog. Unters. S. 63. 2) d. i. Gefäss-Rauines. 66 Apnoe zu schildern hatte , wie sie bei Mangel an frischem Wasser, d. i. bei Sauerstoffmangel, eintreten, die Unregelmässigkeit der Athem/.üge mit ihrer krampfhaften stossweisen Beschleunigung, ihre Verlangsamung und ihr Aufhören, bis neue Zufuhr des Lebensgases sie wieder belebt und regelmässig macht , und ferner als ich sprach, von dem Verhältniss der Pausen einerseits und der Geschwindigkeit und , wie ich mich jetzt ausdrücken muss, Tiefe der Athemzüge andererseits. u Zu diesen meinen früheren Aeusserungen muss ich einschränkend und erläu- ternd das Folgende bemerken: es sind nach den mitgetheilten Thatsaehen im Ge- biete der contractilen Zonen sowohl im Wesentlichen die die Contractionen anre- genden Centren als die Muskelbezirke gelegen, welche jene Anregung zuerst und am kräftigsten empfangen. In ihrem Gebiete werden die Gefässe am ausgiebigsten zu- sammengezogen und erweitert und es wird dort also auch in besonderem Grade das Ein- und Aaspumpen direkt besorgt werden. Allein nur in jenem mittelbaren und in diesem unmittelbaren Sinne kann man auf sie die Bezeichnung Ernähruugspumpen anwenden. Thatsächlich ist der grösste Theil des Schirmes bei dem Aus- und Ein- pumpen betheiligt, es ist im weiteren Sinne das ganze Thier eine Ernährungspumpe. Wenn ich ferner sagte, dass die Ernährungspumpen die Zufuhr des Sauerstoffs und die Entfernung der Kohlensäure besorgen, so wollte ich selbstverständlich nicht die Meinung äussern, es geschehe die Athmung unserer Thiere ausschliesslich dadurch, dass mit dem Seewasser Sauerstoff in die Gastrovaskularkanäle eingepumpt lind Kohlensäure entfernt werde, es habe aber mit derselben weder das Flimmern der Gefässkanäle, noch auch die in Folge der Contractionsthätigkeit stets wechselnde Berührung der Körperoberfläche mit frischem Seewasser irgend etwas zu thun. Es versteht sich von selbst, dass diese letzteren Faktoren beide für die Athmung wichtig sein werden, insbesondere schreibe ich dem zuletztgenannten eine grosse Bedeutung zu. Dass aber auch das Ein- und Auspumpen von Wasser in der von mir hervor- gehobenen Weise wirksam sein muss , wird bei Ueberlegung von vornherein kaum Jemand bezweifeln mögen ; die im Folgenden zu schildernden Thatsaehen werden aber, wie ich glaube, auf das Entschiedenste meine Ansicht stützen, dass es weitaus den wesentlichsten Modus der Athmung bilden muss. Ehrenberg beobachtete schon 1833, dass Aurelien im Wasser vertheilten Indigo spontan in die Gefässe aufnehmen. Er machte diese Versuche, „um die Er- nährungsorgane für das Auge zu isoliren" :) und er bemerkt, dass der Versuch auf das Vollständigste gelang, so oft er ihn wiederholte. „Ich erlangte", sagt er, „da- durch die Gewissheit, dass die Kanäle, welche man mit dem Munde und Magen zu- sammenhängen sieht und die man schon öfter durch Einspritzungen glücklich dar- lj a. a. 0. S. 187. 67 gestellt hatte , über deren Funktion man aber desshalb noch Zweifel haben konnte, weil einige Beobachter eine Circulation von Kügelchen darin gesehen zu haben be- richteten, nicht bloss zum Ernährungssystem wirklich gehören, sondern dass sie den eigentlichen zertheilten Darmkanal dieser Thiere deutlich vorstellen." Ehrenberg kam durch seine Versuche auch zur Ueberzeugung , dass die allgemein gültige Auf- fassung, wonach die Medusen nur eine einzige Darmöffnung, nämlich die des Mundes hätten , welche zugleich zur Aufnahme und zum Auswerfen des Unverdauten diene, falsch sei1). „Wenn sich nämlich" sagt er „der strahlenförmig verästelte Darm mit Indigo stark angefüllt hatte, so Hessen sich am Rande S grosse blaue Punkte erkennen, die gerade in der Mitte zwischen je 2 der 8 braunen Randkörper waren. Berührte ich die Thiere, dass sie unruhig wurden, so lösten sich immer sämmtliche oder viele der 8 blauen Massen ab und fielen zu Boden. Ich untersuchte nun die Stellen selbst unter dem Mikroskope genau und fand an den 8 bezeichneten Punkten ebensoviel Erweiterungen des Randkanals mit einer besonderen Klappe. Schon früher hatte ich Anhäufungen von Räderthierhülsen und kleinen Muschelschalen in erweiterten Stellen des Randgefässes zuweilen bemerkt. Jetzt überzeugte ich mich, dass an jenen Stellen Oeflnungen waren und dass mithin jede Meduse 8 Afteröff'nungen be- sitzt. Sobald diese Beobachtung zur Klarheit geworden war, fing ich mir im Meere frische Thiere so behutsam , dass ich sie von selbst in ein nicht allzuweites Glas schwimmen liess, welches ich ohne sie zu berühren mit ihnen erhob und worin ich sie sogleich mit der Lupe beobachtete. Fast immer fand ich so die kleinen Anal- beutel mit braunen Stoffen so erfüllt . dass ich anstatt der gewöhnlichen 8 braunen Randpunkte 16 derselben sah, wovon 8 abwechselnd die xVnalbeutel und ebensoviel die gewöhnlichen braunen Körperchen bildeten. Nun schnitt ich auch von einigen mit Glück sehr rasch solche Randtheile ab, welche noch gefüllte Analbeutel hatten und sah unter dem Mikroskope, dass der braune Inhalt theils aus Bacillarien-Schalen, theils aus den Hülsen von Räderthieren , theils aus kleinen Krebsfragmenten oder jungen Muscheln bestand." Merkwürdigerweise sind , soviel mir wenigstens bekannt ist , diese interes- santen Versuche Ehrenbergs von Niemanden wiederholt worden, ja sie werden in den meisten Handbüchern gar nicht erwähnt und seine Angabe, dass der Aurelia au- rita acht Afteröffnungen am Schirmrande zukommen, scheint keinen Glauben gefunden zu haben8). Ich kann seine Mittheilungen durchaus bestätigen. Wie früher schon bemerkt, läuft in jedem Interradius ein Gefäss, und zwar un verzweigt vom Magen- 1) a. a. 0. S. 188 u. 189. 2) Bronn (Klassen u. Ordnungen des Thierreichs, II. S. 97) bezeichnet dieselbe als erneuter Prüfung bedürftig 9* 68 räum bis zum Schirmrande — das Affcerradiärgefäss. Da wo die Afterradiärgefässe den Schirmrand erreichen, sieht man nun leicht an Thieren, welche man frisch aus dem Meere genommen hat , braune Massen , die sich bei näherer Untersuchung als Fäces erweisen, indem sie in der von Ehrenberg beschriebenen Weise allerlei un- verdauliche Dinge enthalten. Aber auch junge Larven von Aurelien sah ich an jenen Stellen mit den Fäces austreten , in so grosser Anzahl , dass ich mich der Annahme nicht verschliessen konnte, es möchten dies die natürlichen Wege sein, auf welchen dieselben das Mutterthier verlassen , nachdem sie in Folge innerer Befruch- tung des letzteren entstanden sind. Ich wiederholte nun die Versuche Ehrenbergs und zwar an kleinen Aure- lien von 3 — 4 cm im Durchmesser. Schon wenige Augenblicke nachdem ich den Indigo in dem Wasser vertheilt hatte , in welchem die Thiere schwammen , zeigten sich acht blaue Punkte am Schirmrande genau zwischen je zwei Antimeren, also in den Interradien. Die Punkte wurden, während der Schirm sich fortdauernd contra- hirt.fi und während sich das Gastrovaskulargefässsystem, vor allem der Magen, mehr und mehr mit der blauen Farbe füllte, grösser und grösser ; sie wuchsen allmälig zu unregelmässigen Ballen heran, von welchen zuletzt einer nach dem anderen ab- und langsam zu Boden fiel. Indem ununterbrochen neuer Farbstoff vom Thiere aufge- nommen wurde , zeigten sich fortwährend auch neue Excretballen am Schirmrande, die immer nach einer gewissen Zeit wieder abfielen und es war augenscheinlich, dass Aufnahme wie Abgabe durchaus maschinenmässig geschieht, dass durch die Contrac- tionen des Schirmes beständig Wasser mit den darin enthaltenen Stoffen durch die Mundöffnung eingepumpt und Unbrauchbares sofort wieder durch die Afteröffnungen ausgepumpt wird; und diese Maschine geht ununterbrochen Tag und Nacht fort. Noch könnte man vielleicht einwenden , dass die die Gastrovaskularräume ausklei- denden Geisselzellen es wesentlich seien, welche durch die vom Mund zu den Aftern gehende Richtung der Geisseibewegung den aufgenommenen Stoffen den Weg vor- zeichnen. Ob diese Richtung innerhalb der Gastrovaskularröhren in der That eine entsprechende ist, habe ich nicht bestimmt. Ich glaube mich aber zu erinnern, dass das Geissein in den Rinnen der Mundarme bei Aurelia aurita in diesem Sinne ge- schieht und wirksam ist. Jeder Arm dieses Thieres ist nämlich an der inneren, dem Centrum desselben zugekehrten Seite , der Länge nach ausgehöhlt und in der so entstandenen Furche sieht man ein kräftiges Geissein. Fremde Körper , welche in die Nähe der Arme gelangen , finden sich gewöhnlich bald in diesen Rinnen und nehmen in denselben ihren Weg nach aufwärts zum Munde. Die GeisselbewTegung scheint hier die Orts Veränderung der fremden Stoffe in bestimmter Rieht uns zu be- 69 günstigen. Dass das Geissein aber jedenfalls nicht die Ursache der geschilderten kräftigen Aufnahme und Excretion ist, das habe ich experimentell nachweisen können. Nachdem ich nämlich eine Aurelia durch Ausschneiden der contractilen Zonen be- wegungslos gemacht und jetzt in Wasser gebracht hatte, welches Indigo enthielt, nahm sie während 10 Minuten — so lange als sie durchaus bewegungslos war — keine blaue Farbe auf. Erst als sie sich späterhin erholte, schwache Contractionen ausführte, konnte man an einzelnen Aftern blaue Punkte auftreten ,sehen, aber erst nachdem die Contractionen längere Zeit fortgedauert hatten. Einem anderen Thiere schnitt ich alle contractilen Zonen bis auf eine einzige aus und brachte es in das- selbe Gefäss wie das vorige. Nach schnell vorübergehender „Bestürzung" begann es sich lebhaft wieder zu contrahiren und alsbald traten die Excretballen am Rande auf. Es ist somit zweifellos, dass es die Contractionen des Schirmes sind , welche die Aufnahme und Excretion von Stoffen im Wesentlichen besorgen und dass beides, Aufnahme und Excretion durch maschinenmässiges Pumpen geschieht. Aus den früher mitgetheilteu Experimenten geht nun zur Genüge hervor, dass die contractilen Zonen im Wesentlichen die Zusammenziehungen des Schirmes anregen, also das Aus- und Einpumpen in letzter Linie vermitteln. Wegen dieser Bedeutung der contractilen Zonen und in der Voraussetzung, dass auch die Nährstoffe wesentlich durch die Con- tractiousthätigkeit in den Körper unserer Medusen eingeführt werden, dass der Ath- inung sowohl als dem Kreislauf durch sie vorgestanden wird, habe ich diese wich- tigen Bezirke wohl nicht mit Unrecht als Eruährungspumpeu bezeichnet — unbe- schadet der Bedeutung anderer Mittel, welche ausserdem der Athmung, dem Kreis- lauf und der Aufnahme von Nahrung dienen. Dabei darf aber nicht aus dem Auge verloren werden, was ich schon früher ausdrücklich bemerkt habe, class ich die con- tractilen Zonen nicht als bestimmt abgegrenzte Orgaue aufgefasst haben will. So wenig wie in ihrem Bereich — in der Umgebung der Randkörper — ausschliesslich Contraction der Subumbrella stattfindet, so wenig ist von vornherein anzunehmen, dass auch das Einpumpen von Wasser nur in diesem Bereiche geschieht. Es sind aber die dort gelegenen Nervenelemeute , welche zur Anregung und Regelung der Con- tractionsthätigkeit des Schirmes und damit zum Einpumpen unter normalen Ver- hältnissen wesentlich sind und die dort gelegenen Muskelelemente , welche jene An- regung zuerst erfahren. Auch wird den contractilen Zonen dadurch eine Wirkung beim Einpumpen zugeschrieben werden können , dass die Zusammenziehungen der Muskulatur derselben augenscheinlich besonders kräftig stattfinden, wodurch auch die Gefässe in ihrem Gebiete kräftiger zusammengezogen wrerden müssen, als an anderen 70 Orten. Dass das Ein- und Auspumpen überhaupt nur durch successive Erweiterung und Verengerung der Gefässe geschehen kann, ist selbstverständlich. Man überzeugt sich nun bei mikroskopischer Beobachtung kleiner Aurelien während der Contrac- tionsthätigkeit leicht, dass nicht nur die Gefässe der contractilen Zonen, sondern jene der verschiedensten Gebiete sich mit jeder Zusammenziehung des Schirmes veren- gern. Speciell auf den Bereich der contractilen Zouen gerichtete Beobachtungen regten mir aber die Frage an, ob diese Verengerungen und Erweiterungen überall in derselben Weise geschehen, insbesondere, ob die Gefässe sich dabei überall rein passiv verhalten, indem die Veränderungen ihres Lumens einfach stets die Folge der Thätigkeit der gewöhnlichen Subumbrella-Muskulatur siud; oder ob sie zugleich ac- tiver, vielleicht durch besondere Muskelelemente vermittelter Erweiterung und Ver- engerung fähig sind , und ob etwa solche Fähigkeit auf das Gebiet der contrac- tilen Zonen beschränkt ist. Ich habe nämlich wiederholt — und zwar wohl zu- fällig bei grossen Aurelien — sehr schön unter dem Mikroskop beobachten können, dass ein bestimmter Abschnitt des zum Randkörper hinführenden Piadiärgefässes sich im Bereich der contractilen Zone mit jeder Zusammenziehung des Schir- mes in viel höherem Grade verengerte und besonders erweiterte, als das Gefäss dies in seinen übrigen Theilen und als die anderen, benachbarten Gefässe es thaten. Es war dies jener Abschnitt des Radiärgefässes, welcher unmittelbar vor dessen Ein- mündung in das Ringgefäss liegt (a, Holzschnitt 12). In einem speciellen Falle betrug dessen Durchmesser während der Expan- sion 0,616 mm, während der Contraction 0,506 mm, was also eine Differenz von 0,11 mm und im Verhältnis« zum mittleren Durchmesser des Gefässes eine Erweiterung desselben von 0,055 mm ergibt. Diese Erweiterung und Verengerung des im Bereich der Holzschnitt 12. contractilen Zone gelegenen Gefässabschnittes erfolgte rhythmisch. Sie ward beobachtet an ausgeschnittenen Randstücken und machte durchaus den Eindruck eines Pulsirens. Meine Beobachtungen lassen mich nicht bestimmen, in wieweit dieses Pulsiren unmittelbar abhängig war von den Contractionen der kreis- förmig verlaufenden Subumbrellamuskulatur. Es muss zwar hervorgehoben werden, dass beide stets synchronisch zu sein schienen, allein es wurde bemerkt , dass auch daun, wenn die letzteren kaum deutlich waren, das Pulsiren ausserordentlich kräftig statthaben konnte. Insbesondere trat dann die gewaltige lokale Erweiterung des Gefässes bedeutend in die Augen. Bei manchen anderen darauf untersuchten Aurelien habe icli ein ähnliches lokales Pulsiren an derselben Stelle vermisst; unter anderen Medusen habe ich nur 71 an Lizzia (Bougainvillea) Köllikeri darnach gesucht und habe es ganz an derselben Stelle auch hier beobachtet (vergl. j Holzschnitt 13 bei a). Ob nun derartige lokale Pulsationen auch an anderen Stellen der Gastrovaskulargefässe vorkommen, ob sie vielleicht sogar allgemein sind , kann ich auf Grund meiner Untersuchungen nicht entscheiden. Würden sie auf jene im Bereich der contractilen Zone gelegene Stelle beschränkt sein, so hätten wir dort wirkliche Gastrovaskularherzen nicht nur phy- siologisch betrachtet, sondern auch als morphologisch abgegrenzte Organe. Gelegentlich habe ich desshalb nachgesehen, ob sich an dem betreffenden Gefässabschnitte nicht Einrichtungen finden möchten , welche den lokalen Pulsationen vorstehen und welche wiederum in Zu- sammenhang ständen mit dem centralen Nervenapparat in der contractilen Zone oder im Randkörper. Bei Lizzia sah ich an der massgebenden Stelle des Radiärgefässes im optischen Längsdurchschnitt eine Verdickung der Wandung, welche auf einen lichtbraun pigmentirten . in das Gefässlumen hineinragenden Saum zurückzuführen schien, wohl der optische Längsdurchschnitt eines in jener Gegend in der Gefässwand ausgebildeten Ringes von gefärbten Zellen. Es ist dieser Saum im Holzschnitt 13 A, jederseits gegenüber den Pfeilen und dem Buchstaben a durch die dunkle Linie angedeutet. Der Einmündungs- stelle des Radiärgefässes gegenüber, an der Wand des Ringgefässes, fand sich ein ähnlicher pigmentirter Saum (Holzschnitt 13 A zwischen b und b) '). Es ist somit wahrscheinlich die Innenwand der Vereinigungsstelle von Radiär- und Ringgefäss bei Lizzia in beschriebener Weise ringsum verdickt und pigmentirt. Ich habe die Sache nicht genauer morphologisch untersucht , die physiolo- gische Bedeutung der Einrichtung für unsern Zweck ist aber desshalb von vornherein zweifelhaft , weil dieselbe augenscheinlich nicht Abkömmlingen des Ektoderms, sondern dem Entoderm zugehört. Es handelt sich in derselben somit wahrscheinlich eher um eine mit der Resorptionsthätigkeit in Beziehung- stehende Epithelialverdickung ä). Holzschnitt 13. Zum Zweck der Erweiterung der Gefässe überhaupt, also auch ausserhalb des Gebietes der contractilen Zonen, finden sich, wie wir später genauer sehen werden, bei den üycloneuren Muskelzellen, welche parallel der Längenausdehnung derselben gelagert sind. Sie begleiten sowohl die Radiärgefässe wie das Ringgefäss. Bei Aurelia und den übrigen Toponeuren habe ich keine der Erweiterung und Verenge- rung der Gefässe speciell dienende Einrichtung zu verzeichnen. 1) In Figur 13 R ist der untere Rand des Ringgefässes sainrnt dem Ganglion und dem Anfangstheil der Tentakel seärker vergrössert. •2) Inzwischen hat B. Böhm (Helgolander Leptomedusen, Jenaische Zeitschrift f. Naturw. XII. Bd. 1878) eine ähnliche Verdickung und Pigmentirung des Entoderms an der Tentakelbasis bei verschiedenen anderen Formen von Cyelonenren behandelt und Bpricht die Ansicht aus, »dass die Tentakelbulbi als Hauptaufsaugungs- und Auf- speicherungsstellen des im Magen bereiteten Chylusbreies eine hohe physiologische Bedeutung für die gesammte Er- nährung der Meduse haben» (a. a. 0. S. 110). Die hier häufig zu beobachtende Vervielfältigung der Entoderm- zellen scheint ihm nicht nur den Zweck einer festen Stütze für den Tentakel zu haben, sondern auch eine Vermeh- rung der die Nährflüssigkeit aufnehmenden und weiter verarbeitenden Zellwerkstätten zu bedeuten. 72 Erst zur Zeit des Niederschreibens dieses Abschnittes bin ich mit einer Arbeit bekannt geworden ') . welche in Beziehung auf die vorliegende Frage , aber , wie bei Gelegenheit der Besprechung der Literatur gezeigt werden soll, auch nach anderer Richtung für mich von hervorragendem Interesse ist, ich meine einen Aufsatz von Mettenheimer „Ueber die Gesichtsorgane des violetten Seesterns der Ostsee, nebst Bemerkungen über die Ohrenqualle und Versuche über die Motilität derselben" 2). Darin findet sich die folgende Bemerkung über das Verhalten der Gefässe der Aurelia aurita während der Contractionen 3) : „bei der Zusammenziehung des Schirmes werden die Gefässe plötzlich dunkler gefärbt und enger ; dies bemerkt man besonders deut- lich bei sehr jungen Individuen. Doch ist es auch bei älteren wahrzunehmen. Diese häufige , man darf fast sagen regelmässige Abwechslung im Kaliber der Gefässe ist nicht zu verwechseln mit den lokalen . sinuösen Erweiterungen , deren bekanntlich die Gefässe der Qualleu fähig sind.'' Es ist mir unbekannt, was Mettenheimer mit den „lokalen , sinuösen Erweiterungen" meint, indessen möchten seiner Bemer- kung zufolge solche, rhythmisch auftretend, auch anderswo als an den von mir er- wähnten Stellen im Verlauf der Gefässe schon früher beobachtet worden sein; leider bin ich nicht mehr dazu gekommen , selbst genauer darnach zu suchen , so leicht sie auch zu beobachten sein mögen. Es ist mir seit dem Lesen der Mettenhei- mer'schen Schrift mehr wie früher als möglich erschienen, dass ich die Pulsationen nur zufällig, weil ich auf jene Gegend besondere Aufmerksamkeit richtete, gerade im Gebiete der contractilen Zonen beobachtet habe, wie ich sie denn auch hier nicht constant wahrnahm. So möchte es sich in ihnen um eine allgemeiner verbrei- tete Eigenschaft wahrscheinlich der Hauptgefässe handeln und bliebe als interessante Aufgabe festzustellen , wie sie , wenigstens bei den Toponeuren , hervorgerufen werden und ob und in welchem Grade der Zeit nach unabhängig von den Contrac- tionen der ringförmigen Muskulatur sie etwa auftreten können. Mag dem sein wie ihm wolle, jedenfalls sind es die contractilen Zonen, welche den rhythmischen Contractionen der Subumbrella vorstehen und diese wiederum sind es , welche - - von den lokalen Pulsationen für jetzt abgesehen — vorzüglich die Gefässe verengern und erweitern. Durch die Volumsveränderung der Gefässe wird Wasser, eventuell mit Nahrungsmitteln, in das Gastrovaskularsystem eingepumpt, dadurch wird die Ernährung im weitesten Sinne des Wortes mit besorgt. Medusen, welche keine weite Mundöffnuug haben (Rhizostomeen , Geryoniden) , werden ganz 1) Auf der Münchener Naturforscherversammlung durch Herrn Dr. Ludwig. 2) Archiv f. Anatomie u. Physiologie, 1862, S. 210 ff. 3) S. 222. 73 selbstverständlich nur auf diese Weise kleine Nahrungsbestandtheile aufsaugen können. Und in demselben Falle sind die mund- und magenlosen Medusenkrüppel, von wel- chen im IX. Abschnitt gehandelt worden ist. Nun erklärt sich wohl auch die im VIII. Abschnitte in dem auf Seite 44 behandelten Falle hervorgehobene Thatsache, dass kleine Stückchen einer Aurelia, welche aus dem centralen Theile des Thieres übrig geblieben waren*und lange fortgelebt haben, solange als sie lebten die oberen Enden der Hauptgefässstämme in sich enthielten. Diese Gefässe contrahirten sich mit jeder Zusammenziehung des Medusenstückchens und dienten so der Ernährung. Nachdem das Stückchen sich über sie hinaus aufgelöst hat, wird es rasch zer- fallen sein. Da endlich Befruchtung der Eier von Aurelia innerhalb ihres Körpers statt- finden muss, so dürften durch das unter der Leitung der contractilen Zonen stehende Pumpwerk auch die Samenfäden des männlichen Thieres ins Wasser abgegeben und durch den Mund des Weibchens eingesaugt werden : durch die After wiederum ent- fernt dieses die Larven. Somit würde das Pumpwerk auch der Fortpflauzungsthätig- keit dienen und demselben sämmtliche vegetative Funktionen untergeordnet sein, den contractilen Zonen aber ausserdem unter den animalen auch noch die der Ortsver- änderung. Es soll selbstverständlich hier nicht eine neue Ernährungstheorie für die „wurzelmündigen" Medusen — der Ausdruck im Gegensatz zu den weitruündigen gebraucht — aufgestellt werden. Schon der Name Bhizostoma ist ja nothwendig der Vorstellung entnommen, dass die Mundöffnungen des Thieres ähnlich den Wurzeln der Pflanzen die Nahrung einsaugen, und wir finden schon bei Cuvier diese Ansicht ausgespro- chen. Dass dabei die Voraussetzung gemacht wird, es geschehe das Einsaugen durch die Contractionen des Schirms, darf wohl angenommen werden. Freilich ist die Berührung derartiger physiologischer Gesichtspunkte aus unseren heutigen Lehrbüchern der Zoologie vollständig verschwunden. — Wenn nun aber auch die weitmün- digen Medusen auf dieselbe Weise Nahrung einpumpen, so soll keineswegs bestritten werden, dass dieselben mit ihren Mundarmen grosse Thiere (Fische) zum Zweck der Aufnahme in den Magen ergreifen. Aber auch solche Beute wird , wie etwa mikroskopisch kleine , wesentlich durch das Einsaugen an den Ort ihrer Be- stimmung gelangen. Eine mehrfache Bedeutung spricht den Schirmcontractionen der Medusen schon Tile- sius zu, wenn auch theilweise auf Grund falscher anatomischer Voraussetzungen und darum nur zufällig richtig. Die Contractionen erklärt er vorzüglich für Athembewegungen : „ihre Bespiration scheint die Herr- schaft über alle anderen Functionen, welche nur durch die Respirationsbewegung vollbracht werden, auszu- üben. Sie schreiten durch diese Bewegung im Meere fort, sie sondern mittelst der Respirationsbewegung ihre Säfte ab, sie saugen mittelst derselben ihre Beute aus, assimiliren mittelst derselben den ausgesogenen Saft, sie setzen mittelst derselben ihre Jungen aus, und selbst diese ausgesetzten Embryonen bilden sich erst durch die in ihnen selbst angehenden Respirationsbewegungen aus. Sie hauchen mittelst derselben ein leuch- tendes Gas oder ein nächtliches Licht aus, verändern am Tage durch verdoppelte Anstrengung dieser Bewegung ihre Farbe"1). Er nennt sie daher Animalia siphonizantia, eine Bezeichnung, welche zuerst Forskai8) 1) a. a. 0. S. 251. 2) Forskai, Descriptiones ammalhun, quae in itinere orientali observavit, Bafniae 1775. 10 74 für „zwei oder drei von seinen neuen Molluskengattungen, namentlich seine Fistularien, Salpen und Physo- phoren" gebraucht hat. — Im Magen von Pelagia noctiluca traf ich oft grosse Stücke von Algen: möglich, dass diese als Nahrungsmittel dienen, verdaut werden; zugleich mit ihnen hatten die Tbiere aber sehr oft allerlei unverdauliche Dinge mit aufgenommen, ünrath , wie Stückchen Stroh u. dgl. , welche offenbar nur mechanisch mit eingepumpt sein konnten. So bequem also auf der einen Seite die maschinenmiissige Nah- rungsaufnahme unserer Tbiere ist, so hat sie auf der anderen doch ihre Schattenseite, indem die angenehme Fähigkeit des Wählens der Nahrung damit nur in geringem Maasse vereinbar sein mag — in welchem Grade diese Fähigkeit etwa doch vorhanden ist, bleibt noch zu untersuchen. »Wie weit Afteröffnungen bei den Medusen verbreitet sind, bleibt gleichfalls noch zu untersuchen: bei Cyanea capillata haben einige von mir darauf gerichtete Beobachtungen zu keinem positiven Ergebniss geführt , indessen können meine bezüg- lichen Versuche nicht als abschliessende betrachtet werden. XIII. Einige Operationen an Aurelia aurita mit Bezug auf das bisher Geschil- derte in ihrer Wirkung fortlaufend beobachtet. Holzschnitt 14. Versuch A. Am 29. August 1874 erhielt ich den Krüppel einer Aurelia, welche im unverletzten Zustande 18 cm Durchmesser gehabt haben musste. Der Krüppel bestand aus zwei Theilen , von welchen der eine , grössere , noch drei , der andere, kleinere , noch zwei Randkörper trug. Beide Theile waren glocken- artig zusammengezogen und hingen nur noch durch eine 13|4 cm breite Brücke zusammen (Holzschnitt 14). Diese Verbindungsbrüeke war jedoch nur oben unver- letzt; unten fehlte nicht nur das Epithel sammt der Muskelschichte , sondern sogar ein Theil des Gallert- gewebes. Dem Krüppel fehlte ausserdem der Magen ; nur ein Stück eines Mundarmes hing noch an ihm an. Es zeigte sich , dass die Contractionen der beiden Theile nicht synchronisch waren. Ferner war zu beob- achten, dass der drei Randkörper führende Theil, welchen ich mit 0 bezeichnen will, um Weniges mehr Contractionen in der Zeiteinheit machte, als der kleinere M, end- lich, dass die Contractionen des ersteren energischer seien, als die des letzteren. Während sich 0 5 mal zusammenzieht, zieht sich M 4 mal zusammen, 8 „6 9 „7 9 „8 10 „8 11 „9 75 12 „ , 10 13 „ „11 14 , „11 15 „ „11 16 „ , 13 25 , „ 20 29 , , 22. Jeder Theil setzt zuweilen die Contractionen auf kurze Zeit aus, häufiger der kleinere M als der grössere 0. Uni 11 Uhr Mittags schnitt ich 0 die Randkörper sammt Umgebung aus. Die ausgeschnittenen Stückchen contrahiren sich rhythmisch weiter, ebenso contrahirt sich M ungestört fort. 0 selbst ist dagegen nach der Operation bewegungslos , hat die kugelig zusammengezogene Gestaltung aufgegeben und hat sich flach ausgebreitet. Nach etwa l1^ Minuten zeigt sich an ihm schwache Bewe- gung in den unverletzten Randresten; nach V2 weiteren Minuten tritt eine leichte Contraction auf; nach ungefähr 2 weiteren Minuten folgen 2 solcher Contractionen rasch aufeinander und ebenso zeigt sich fernerhin nach Pausen von !|2 bis 6 Minuten je eine Contraction. Unterdessen contrahirt sich der unverletzte, noch seine Con- tractionscentren führende Theil M fortwährend ungefähr 10 mal in der Minute. Die Contractionen von 0 sind viel unvollkommener als die von M. Jener ist in den Pausen nicht immer ganz ruhig, sondern es bewegen sich häufig seine Tentakel und zuweilen ist auch die Körpermasse in der Gegend des Randes etwas wogend, wie leicht erregt. II. Tag. 30. August: M contrahirt sich heute: in der lten Minute 18 2 „ » 21 3 , „ 21 4, „ 23 5 • „ 16 6 „ „ 20 7 „ „ 12 8 , „ 7 9 „ „ 10 1 ■ » 7 mal; O zieht sich in der lten , 5ten , Sten und 10ten Minute je einmal zusammen; aber seine Contractionen sind im Gegensatze zu jenen von M schwach ; er ist, wie gestern, flach ausgebreitet, während M kugelig zusammengezogen bleibt. 10 : 7<; G 1 12 1 G 4 11 1 IG 0 15 3 20 0 13 1 14 2 4 0 Die Beobachtungen sind gemacht während das Thier sieh noch im Wasser vom Abend vorher befindet, daher wohl die Unregelmässigkeit der Contractionen von M. Z/7. Tag. 31. Aug. lV\t Uhr Vormittags. Es contrahirt sich: in der 1*» Minute M 12 0 2 13 2 Q O „ ,, i „ 6 .. „ 7 .. 9 .. 10 .. 11 . 12 .... 4 0 mal. Die Contractionen von 0 sind kräftiger als gestern ; er hat sich demnach ziemlich erholt. — Die Zähinngen sind gemacht, während sich das Thier im Wasser vom Abend vorher befindet. IV. Tag. 1. Sept. 10' s Uhr Vormittags. 0 hat sich in zwei Lappen getheilt (Holzschnitt 15.), welche nur noch durch eine Brücke von 2'2 cm Breite zusammenhängen. Jeder der Lappen ist noch mit einem Stück des natürlichen Schirmrandes versehen; aber nur einer derselben . welchen ich mit II be- zeichne, contrahirt sich und zwar kräftig; der an- dere (1) nicht. Nur zeigt der letztere zuweilen einen schwachen Nachtakt zu den Contractioneu von M, als ob jetzt eiue leichte Verbindung zwischen ihm und diesem letzteren wiederherge- stellt wäre. Es contrahiren sich : in der lteu Minute M 11, Lappen II von 0 ', 2 , S . 0 2 — 1 2 0 0 1 mal. Holzschnitt 15. 3 .. » 7 \ „ - 7 5 - .. 7 6 „ _ 7 7 .. !> 11 8 .. n 13 77 0 zeigt auf der Oberfläche eingefressene Löcher, Zeichen des beginnenden Zerfalls. — Das Thier befindet sich zur Zeit der Untersuchung wiederum in dem am Abend vorher erneuerten Wasser. V. Tag. 2. Sept. 0 hat sich jetzt so getheilt, dass es aus zwei langen Lappen besteht, deren jeder mit einem natür- lichen Schirmrandstück endet (Holzschnitt 16). In der Mitte dieses Randes befindet sich in II der After, im anderen Theil- stück scheint ebenfalls ein solcher vorhanden zusein1). I be- ginnt schon, sich in der Mitte zu zerfetzen (bei a). Nur II hängt noch unmittelbar durch eine Gewebsbrücke mit M zu- sammen. Es contrahirt sich heute jeder der drei Theile (also auch I) unabhängig vom anderen. Das Ganze liegt zu Boden. Es contrahirt sich: in der lten Minute 13 II 0 M 12 Holzschnitt 16. 2 3„ 4„ 5 » 6 , 7 „ 8 „ 9 . 10., 11 . 8 7 5 5 5 6 6 7 7 10 mal. Die Beobachtungen wurden kurze Zeit nach Zusatz von frischem Wasser ge- macht, desshalb sind die Contractionen von M wohl etwas gleichmässiger als sonst und daraus ist es auch wohl zu erklären, dass I, trotz seines heruntergekommenen Zustandes , wenngleich selten genug , selbständige Contractionen macht. VI. Tag. 3. Sept. Morgens 8 Uhr. I und II sind zerflossen, M dagegen schwimmt, von der Last befreit, welche ihn gestern zu Boden zog, wieder lebhaft umher. Versuch B. Am 29. August, Morgens 11 Uhr, halbirte ich eine Aurelia von 20 cm Durchmesser, theilte die eine der Hälften darauf in vier Achtel und schnitt endlich zweien der Achtel die contractilen Zonen aus. Die der contractilen Zonen 1) Es scheint demnach das Absterben des Lappens 0 nach dem Knicken (am IV. Tage) in der Weise statt- gefunden zu haben, dass er zuerst von seinen äusseren Grenzen her eingeschmolzen ist und dass er sich dann von der durch Ausschneiden des mittleren Contractionscentrums verursachten Wunde aus getheilt hat. Hier war noth- wendig die Athmung am wenigsten ausgiebig (vgl. S. 64). 78 nicht beraubten Theile : die halbe Meduse uud die zwei Achtel , contrahirten sich regelmässig, die derselben beraubten Achtel dagegen waren regungslos. Als ich jedoch nach einer Stunde länger dauernde Beobachtung anstellte, gewahrte ich an den letzteren selten eine Contraction. Die Hälfte behandelte ich so wie in dem Abschnitte über die Folgen des Durchschneidens der Muskelschichte auf Seite 58 beschrieben und durch Holzschnitt 9 erläutert ist: ich machte in dem Interradius Va einen Schnitt in die untere, im Interradius 3;4 einen solchen in die obere Fläche des Schirmes , beidemale durch die Hälfte der Dicke der Körperwand. IL Tag. Am 30. August zeigen die Abschnitte der in 4 Antimere zerlegten Medusenhälften ganz dieselben Beziehungen in ihren Contractionen wie gestern. Von den zwei vollständig isolirten Antimeren contrahiren sich die der Contra ctionscentren nicht beraubten (M' und M") heute in folgender Weise : in der M' M Jten Minute 5 1 o ?> 7 4 3„ » 3 6 4„ V 4 7 5 „ » 4 5 6, „ 4 4 7, „ 3 6 s„ » 2 3 9 „ V 4 4 10 ., i 5 mal. Auch die der Contractionscentren beraubten (0' und 0") contrahiren sich noch, aber viel seltener: in der lten Minute 0 2 3 , 4„ 5, 6 , 7 „ (> 0" 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 2 79 10 11 12 O' 0" es contrahirte sich in der lten Minute 1 4 2„ » 0 1 3 „ ?j 0 2 4» „ 0 2 5„ » 1 1 6„ „ 0 0 7 „ » 0 1 S„ 2 0 mal, 26 „ „0 1 mal. Eine Stunde, nachdem das Wasser erneuert worden ist, sind die Contractionen entschieden lebhafter geworden : ntrahirte s III. Tag. 31. Aug. '|212 Uhr Mittags. 0' beginnt sich aufzulösen, 0" ist etwas besser erhalten, aber auch schlecht aussehend, während M' und M" prall und frisch sind. Dennoch contrahiren sich jene zuweilen noch — 0', ein nahezu aus- einanderfaltender Fetzen Gewebes, macht z. B. einmal nach 7 Minuten langer abso- luter Ruhe plötzlich 6 krampfhaft rasch nacheiuanderfolgende , unvollkommene Con- tractionen (Dyspnoe), um darauf wieder durchaus regungslos zu werden. IV. Tag. Am 1. September 11 Uhr Vormittags ist 0' in ein oberes und ein unteres Stück getrennt, 0" in der Mitte zerstört (Holzschnitt 17 bei a); beide zeigen, im Wasser von gestern Abend untersucht, keine Contractionen mehr. Die mit Contractionscentren versehenen isolirten Antimere dagegen contrahiren sich noch fol- gendermassen : M" 4 4 6 5 mal. Nachdem das Wasser erneuert worden , sehe ich nach 5 Minuten lang dau- ernder Beobachtung an dem unteren Theil des in der Mitte zerfetzten Antimers 0" eine Contraction, welche parallel dem natürlichen Rand (in der Richtung der Pfeile, M' De Minute 9 2 , 7 3 „ 4 4 „ „ 2 Holzschnitt 17. 80 Holzschnitt 17) verläuft, so dass das Stück gleich einem Hohlziegel zusammenge- zogen wird, dessen concave Fläche selbstverständlich die Suburnbrella bildet. V. Tag. 2. Sept. 11 Uhr Vormittags: Die beiden Antimere M contrahiren sich sowohl im alten, wie im frischen Wasser munter. 0" ist heute , wie gestern schon 0', aufgelöst. VI. Tag. 3. Sept. Beide M bewegen sich auch heute noch im Wasser von gestern Abend, beginnen aber sich aufzulösen und zwar ebenfalls in der Mitte. Auch die halbe Meduse, welche sich gestern noch ebenso verhalten hatte, wie am er- sten Tag, hat sich jetzt theilweise aufgelöst. Es sind von ihr übrig nur noch drei Randstücke je von 3 cm Höhe , ein grös- seres, mit 2 Randkörpern (A, Holzschnitt 18') und zwei kleine, mit je einem Randkörper (B, Holzschnitt 18', es ist nur eines dieser Stückchen gezeichnet). Es hat sich somit der Rand entsprechend den in Holzschnitt 9 bezeichneten Interradialschnitten getrennt , aber es ist zugleich jederseits von A und jederseits von B ein Stück entsprechend der Grösse von r abgestorben, so dass B + A + B zusammengelegt nicht mehr den ursprünglichen Rand in seiner ganzen Länge darstellen würden. Jedes der Stücke B trägt genau in der Mitte den Randkörper. Jeder der Randkörper ist gleichweit von dem seitlichen Wundrande entfernt, VII. Taq. 4. Sept. Die drei Ringstücke bewegen sich munter, sind jedoch bis auf 1 cm Höhe abgestorben (Holzschnitt 18" A' und B'). — Die zwei Antimere M sind gleichfalls in der Richtung von oben nach unten weiter ab- gestorben und beide tragen gleichfalls genau in der Mitte ihres natürlichen Randes den Randkörper. VIII. Tag. 5. Sept. Das zwei Randkörper führende, von der halben Aurelie übriggebliebene Ringstück (A') hat sich im Interradius getrennt , so dass es in zwei Theile getheilt ist und dass von der halben Meduse jetzt noch vier Stückchen übrig sind, und zwar ist wieder von jedem der aus A' hervorgegangenen Stückchen A" , r~»~~\ (Holzschnitt IS'") bei r ein Abschnitt abgestorben, W^M' so dass abermals der Randkörper je in die Mitte Holzschnitt 18'". deg Randrestes zu liegen kam. Alle vier Theile contrahiren sich noch munter, wie auch die unter dem 4. Sept. beschriebenen zwei Stückchen von M. X. Tag. 7. Sept. Selbst heute contrahiren sich alle diese Stückchen, sogar Holzschnitt 18" 81 in Wasser von gestern Abend, noch lebhaft rhythmisch, sind aber sowohl an den Seiten wie oben noch mehr abgestorben und daher noch kleiner geworden. Versuch C. Am 30. August 12'2 Uhr Mittags schnitt ich einer Aurelia von 30 cm Durchmesser sämmtliche contractile Zonen aus. Das Thier lag nach der Operation flach ausgebreitet, regungslos da. Allein nach 21|2, 6, 7, 9, 10, 11 Minu- ten beobachtete ich an ihm je eine schwache, unvollkommene, wie im Kreise gehende, d. i. parallel dem Umfang des Schirmes verlaufende, Zuckung, später zuweilen auch deren zwei, rasch aufeinander folgende. IL Tag. 31. Aug. \2\ Uhr Mittags: während 10 Minuten contrahirte sieh das Thier im Wasser von gestern nicht spontan , dagegen sofort nach Stechen mit einer Nadel. III. Tag. Am 1. September schwamm es unter lebhaften energischen Con- tractionen, vollkommen zum Schirme gestaltet, umher, wie wenn nichts mit ihm ge- schehen wäre. Es machte 30 Contractionen in der Minute. Ich schnitt es darauf in zwei Hälften, deren einer ich den ganzen Rand wegnahm, während ich der anderen nur noch an der Stelle der Afterausmündungen ganz kleine Strecken des Randes stehen liess. Beide verstümmelte Hälften machten unmittelbar nach der Ope- ration noch lebhafte Contractionen. IV. Tag. Am 2. September. Beide verstümmelte Hälften lassen während 5 Minuten im Wasser von gestern keine Contractionen sehen. Im frischen Wasser dagegen treten wieder solche auf — sie gehen jedoch mehr ringförmig und ver- mögen an dem flach ausgebreitet, mit der unteren Seite nach oben gelagerten Thiere keine Glockenform mehr hervorzurufen, auch nicht, nachdem dasselbe in die natür- liche Lage zurückgebracht ist. V. Tag. 3. Sept. S Uhr Morgens. Im Wasser von gestern keine Bewegun- gen mehr — nur an der einen Hälfte, an derjenigen, welcher der ganze Rand ab- geschnitten worden, sind auf einen Stich mit der Nadel unvollkommene Zusammen- ziehungen (Zuckungen) an einer beschränkten Stelle, ungefähr in der Mitte zwischen Centrum und Rand (das Thier ganz gedacht), zu bemerken. VI. Tag, Am 4. September. An demselben Stück, an welchem sich gestern auf Reiz Contractionen zeigten, erscheinen sie ebenso heute noch, obschon es Spuren der Auflösung an sich trägt. Die andere Hälfte ist verdorben. VII. Tag. Am 5. September ist Alles verdorben. Versuch I). Am 30. Aug. 12 Uhr Mittags, schnitt ich von zwei Aurelien von 18 cm Durchmesser der einen die Randkörper, der anderen die After mit Umgebung aus. Die erstere ist nach der Operation absolut regungslos , die zweite contrahirt 11 82 sich wie gewöhnlich. Nur wenn ich mit der Nadel in jene einsteche, zeigen sich Zuckungen — leichte, unvollkommene Contractionen an ihr. IL Tag. 31. Aug. 11 Uhr Mittags: das der Randkörper beraubte Thier (0) liegt flach ausgebreitet, die übriggebliebenen Randlappen etwas nach aufwärts geschlagen, regungslos da. Selbst auf Stiche mit der Nadel reagirt es nur äus- serst schwach. Das andere Thier (M), welchem ich die After ausgeschnitten, con- trahirt sich wie gestern lebhaft. Die ausgeschnittenen (Randkörper-) Stückchen von 0 contrahiren sich, wie gestern unmittelbar nach ihrer Loslösung lebhaft , die aus- geschnittenen (After-) Stückchen von M haben im Gegensatz zu jenen das frische Aussehen verloren, sie sind nicht mehr prall, sondern schlapp und dünn — sie schei- nen todt zu sein, denn auf Reiz regen sich nicht einmal mehr Tentakel an ihnen. III. Tag. 31. Aug. M. contrahirt sich (im alten Wasser) auf's Kräftigste, macht mindestens 10 Contractionen in der Minute, gewöhnlich aber viel mehr. An 0 ist auch heute keine einzige Contraction wahrzunehmen. IV. Tag. 1. Sept. 12 Uhr. M contrahirt sich (im alten Wasser) lebhaft. 0 macht nach 2\2, l'|2, l'j2 Minuten je eine leichte spontane Contraction, aber ausschliesslich mit zwei bestimmten der 8 Afterlappen und zwar mit beiden gleich- zeitig. Die übrigen sechs bleiben vollkommen ruhig. Sticht man mit einer Nadel etwa in die Mitte des Thieres hinein, so contrahiren sich dieselben 2 Lappen, welche auch spontane Contraction zeigen, stark, nur schwach aber einige der übrigen, wäh- rend noch gestern keine selbstständige Bewegung und auf Reiz nahezu keine Re- aktion au demselben Thiere zu beobachten war — dasselbe hat sich also , aber nur in einzelnen T h e i 1 e n erholt : In diesen T h e i 1 e n müssen sich E r- satz-Co ntractionscentren gebildet haben, deren Wirkung sich nicht über den Bereich derselben hinaus erstreckt. — Im Uebrigen liegt es flach ausgebreitet da , während M sich vollständig glockenälmlich bei den Contrac- tionen gestaltet. \ Stunden nach Zusatz von frischem Wasser contrahirt 0 je nach 2, l'|a, l',2 Minuten dieselben zwei Afterlappen wie vorhin. M contrahirt sich sehr lebhaft, beide verhalten sich nahezu ebenso wie im alten Wasser. V. Tag. 2. Sept. M contrahirt sich im alten Wasser lebhaft, 0 liegt ruhig und beginnt sich aufzulösen : ganz sind nur noch die zwei Afterlappen , welche sich gestern noch durch spontane Contractionen auszeichneten. Die übrigen After- lappen sind aufgelöst, mit Ausnahme von zweien , von welchen noch Stücke vor- handen sind. VI. Tag. 3. Sept. 8'|a Uhr Morgens: Es leben nur noch einige der ausge- schnittenen Stückchen von 0, welche mit Randkörpern versehen sind, alles Andere 83 ist in Auflösung begriffen. — Verwesung im Gefäss, daher ist wohl auch M so rasch abgestorben. VII. Tag. 4. Sept. Die Ausschnitte mit Randkörper, welche gestern noch am Leben waren , leben noch , sind übrigens ganz schmale (3I4 cm breite) Streifen geworden, stellen nur je einen Randkörper dar mit daranhängendem Stückchen des Schirmrandes. VIII. Tag. 5. Sept. Ein Stückchen des Randes mit Randkörpern lebt noch und eontrahirt sich, trotzdem das Wasser durch eine die Nacht über mit ihm zu- sammen befindliche verwesende Qualle gänzlich verdorben ist. Versuch E. 30. August: zwei Aurelien von 18 cm Durchmesser operirte ich ebenso wie die in Versuch D behandelte. Nach der Operation eontrahirt sich 0 ') noch, wenngleich wenig wirkungsvoll. Solche schwache Contractionen werden auch in den folgenden Tagen beobachtet, aber meist nur nach minutenlangen Pausen. Sie werden vorübergehend lebhafter nach Zusatz von frischem Wasser und zeigen sich auch auf Stiche mit der Nadel. Am fünften Tag ist 0 bis auf das festeste, centrale Stück aufgelöst. Von M hat sich die centrale Kuppe herausgelöst, der von ihm getrennte Ring hat sich je in den Interradien getrennt , so dass 8 An- timerenstücke entstanden sind , deren jedes ein Contractionscentrum trägt. Diese 8 Antimerenstücke zeigen aber beginnende Zerstörung wiederum in der Mitte ihrer Höhe. Sie contrahiren sich noch lebhaft rhythmisch auch in nicht frischem Wasser. Versuch F. 31. August: gestern hatte ich eine Aurelia von 8 cm Durch- messer so weit durchgeschnitten , dass zwischen ihren zwei Hälften noch ein Zu- sammenhang von 8 mm bestand. Darauf schnitt ich der einen der beiden Hälften die Randkörper aus. Diese letztere eontrahirt sich heute als Nachtakt zur un- verletzten Hälfte, jedoch lange nicht so energisch wie jene, vielmehr schlappend. Hierauf machte ich die Verbindungsbrücke noch um 4 mm schmäler: die der Rand- körper beraubte Hälfte eontrahirt sich jetzt nicht mehr. Dagegen eontrahirt sie sich am folgenden Tage wieder wie früher als Nachtakt zur unverletzten Hälfte. Versuch G. 31. Aug. 12 Uhr: von zwei Aurelien von 10 cm Durchmesser schnitt ich der eineu (0) die Randkörper, der anderen (M) die After sammt Umge- bung aus. M eontrahirt sich nach der Operation wie vorher. 0 dagegen ist und bleibt absolut regungslos und ist am 4ten Tage bis auf ein kleines centrales Stück vollständig zerflossen , während sich M noch vergnügt umherbewegt. — An M fiel 1) Bezeichnung in diesem, wie in den folgenden Versuchen, wie bei D. 11* 84 mir am dritten Tage auf, dass, obgleich nur kurze Afterecken an ihm ausgeschnitten waren und die Muskulatur nirgends verletzt erschien, doch nicht alle Contractionen der Antimere synchronisch erfolgten, sondern häufig ein oder das andere Antimer allein (oder deren mehrere zusammen) wenigstens schwache Contractionen machten, während die übrigen zurückblieben. Versuch H. Am 4. September schnitt ich einer Aurelia von 8 cm Durch- messer den Rand in der Breite von 1 cm ab. Unmittelbar nach der Operation ist das Thier regungslos; nach einer Minute macht es einige hastige Contractionen, welche sich nach einer weiteren Minute wiederholen. Darauf bleibt es regungslos auf dem Rücken liegen. Aehnlich verhält sich der centrale Theil eines Thieres von 14 cm Durchmesser, an welchem dieselbe Operation vollzogen worden ist. Die die Randkörper führenden Riugtheile beider contrabiven sich lebhaft. Am folgenden Tage beobachtete ich an dem Exemplar von 8 cm Durchmesser zuweilen eine schwache, unvollkommene Contraction , am anderen, trotz öfters wiederholter , minutenlanger Beobachtung, nicht. Da sich aber hier die Tentakel zuweilen leicht bewegen, so ist anzunehmen, dass auch hier, wenngleich sehr selten, einzelne Contractionen statt- finden möchten. Versuch J. Am 4. September machteich an einer Aurelia von 14 cm Durch- messer dasselbe Experiment wie gestern an H. Zum Unterschiede von H beganneu aber hier Contractionen am Kuppentheile fast unmittelbar nach der Operation und dauerten, wenn auch von Zeit zu Zeit aussetzend und überhaupt unregelmässig aus- geführt, lebhaft fort. XIV. Verhältniss zwischen der Grösse der Thiere und der Anzahl der in der Zeit- einheit von ihnen ausgeführten Contractionen und Verhältniss dieser Zahl zum Formwerth getheilter Thiere. Im Folgenden möchte ich zunächst noch einige Beispiele aufführen zum Be- weise für den früher von mir aufgestellten Satz, dass die Zahl der von den Aurelien ausgeführten Contractionen in umgekehrtem Verhältniss zu deren Grösse steht. Einer der aufzuzählenden Fälle, welcher eine Ausnahme von der Regel bildet, aber ein Thier mit 9 Randkörpern betrifft, steht vielleicht in gewisser Beziehung zu der zweiten der hier zu behandelnden Fragen. Es fordert derselbe nämlich zur Unter- suchung darüber auf, ob nicht Medusen mit überzähligen Bandkörpern sich stets rascher bewegen als normale und in welchem Maasse? — Die fünf ersten der im 85 Folgenden aufgeführten Zähinngen machte ich Morgens an des Abends vorher frisch eingefangenen Thieren, welche die Nacht über in einem und demselben Gefässe zuge- bracht hatten und während sie noch zusammen in dem Wasser vom Abend vorher sich aufhielten. Die übrigen Zählungen machte ich an kurz vorher eingefangenen Thieren, während sie in frischem Wasser sich befanden. Es handelt sich um unwillkürliche Contractionen, wie sie ausgeführt werden bei ruhigem Schweben der Medusen. Die Zahlen sind je das Mittel aus einer grösseren Anzahl von Zählungen. Am elia VC 1 ) - B' 2 1 ^ ^ P 3 l ^ Tfl i < CD 4 1 ^ < o 5 1 CD 6 1 M 7 / ^ P5 \ s3 8 1 CD od" o 9 ] CD j= cm Durchmesser macht Contractionen in der Minute 5 38—42 7 30—32 o |2 26 — 27 11 24—25 16 10—13 18*|, 22—23 21 13 — 15 26 (hat 9 Randkörper) 14 29 10 — 11 Der Einfluss des nicht mehr ganz frischen Wassers in 1 bis 5 ist augen- scheinlich: die Contractionen sind verhältnissmässig seltener als in 6 bis 9. Auch die willkürlichen Contractionen, diejenigen, welche die Ortsveränderung vermitteln, sind bei grösseren Thieren weniger zahlreich als bei kleineren. Ein ge- naueres Verhältniss hier festzustellen würde , eben weil diese Bewegungen willkür- liche sind, wohl schwer sein. Am nächsten möchte man der Aufstellung einer bestimmter ausgesprochenen Regel dann kommen können, wenn man die Verschiedenheit der Stärke der einzelnen Contractionen eines und desselben Tbieres zu berechnen oder aber zu beseitigen im Stande wäre. Das letztere würde dann wohl als annähernd erreicht angenommen werden können, wenn man die Untersuchung beschränkte auf diejenigen Momente, in welchen ein Thier sich mit dem Aufwand der äusserst möglichen Kraft- anstrengung vorwärts bewegt. Entsprechende Beobachtungen habe ich nicht ange- stellt. Aber die Verwerthung genauester Vergleichung verschiedener in dieser Weise sich bewegender Thiere zum Zweck der Aufstellung einer Regel in obigem Sinne würde trotzdem eingeschränkt sein durch die Verschiedenheit des Vermögens der individuellen Kraftentwicklung. Dies gilt selbstverständlich auch für die unwillkür- lichen Bewegungen: ein kräftigeres Thier kann mit einer gegebenen Contraction mehr für die Athmuue erreichen, als ein weniger kräftiges und es wird desshalb eben zum Zwecke der Befriedigung des Athembedürfnisses weniger Contractionen in der Zeiteinheit zu machen brauchen, als das letztere. Wenn ich sonach weit davon entfernt bin , den Satz von den proportionalen Beziehungen zwischen Grösse und Contractionsthätigkeit als ein mathematisches Gesetz hinstellen zu wollen , so rnuss ich doch sagen, dass es sich in demselben um eine Kegel handelt, welche so wenig erhebliche Ausnahmen und Abweichungen zeigt , als sie — von der individuellen Variation ganz abgesehen — von Wesen überhaupt erwartet werden kann , welche willkürlichen Handelns fähig und bei welchen ausserdem häufig zu unterscheiden unmög- lich ist, was willkürlicher und was unwillkürlicher Aktion zugeschrieben werden rnuss. Ich gehe nun über zur zweiten der in diesem Abschnitte zu behandelnden Fragen. Meine ersten Versuche führten mir wiederholt ein bestimmtes proportionales Verhältniss zwischen der Summe der in der Zeiteinheit von der Gesammtheit der Theilstücke eines Thieres, gleichviel, seien sie Vierlinge, Zwillinge oder Einzel-Auti- mere, gemachten Contractionen zu der Anzahl derjenigen vor, welche das ganze Thier vor der Theilung in derselben Zeit gemacht hatte. „Dock1- bemerkte ich *) „trat dieses Verhältniss zuweilen erst längere Zeit nach der Theilung des Ganzen ein ..... während unmittelbar nach der Operation die verschiedensten Schwankungen statthatten. Eine Aurelia, welche sieh 44 mal in der Minute contrahirte, zerschnitt ich in zwei Vierlinge, den einen Vierling in Zwillinge, einen der Zwillinge in zwei Strahlstücke. Nach der Zertheilung machten alle diese Stücke eine Zeit lang dieselbe Anzahl von Zusammen/rie- hungen in der Zeiteinheit, welche das unverletzte ganze Thier gemacht hatte. Nach einigen Stunden jedoch contrahirten sich : der Vierling 22 / , . ., „ .... i schwimmend, der Zwilling 15 > die Einzel-Strahlstücke je 8 mal I zu Boden liegend in derselben Zeit. Ein anderes Individuum machte 88 Contractionen in der Minute. Ich zerschnitt es gleich dem vo- rigen in zwei Hälften. Die Hälften machten einige Secunden lang dieselbe Anzahl von Contractionen wie das ganze Thier. Dann entstand eine Pause und darauf contrahirten sie sich regelmässig 44 mal in der Mi- nute. Darauf schnitt ich eine der Hälften in 2 Theile — fast unmittelbar nach der Operation contrahirte sich jeder dieser Zwillinge nur noch 22 mal in derselben Zeit. Den einen Zwilling schnitt ich darauf in 2 Hälften — noch nach l'/a Stunden zogen sich die entstandenen Einzel- Antimere ebenfalls 22 mal in der Minute zusammen. So auffallend das Zusammenfallen der Thatsachen mit der aufgestellten Regel in vielen Fällen ist, so häufig sind bedeutende Ausnahmen, wie schon der soeben angeführte Fall zeigt. So geht ferner aus einer der früher angeführten Versuchsreihen hervor, dass die Contractionen sogar gleichwerthiger Theilstücke we- nigstens unmittelbar nach der Theilung ausserordentlich ungleich sein können und überall zeigt sich, dass die Rückkehr dieser Ungleichheit zu einer für beide annähernd übereinstimmenden Norm dem grössten Wechsel 1) lieber künstliche Theilbarkeit von Aurelia aurita und Cyanea capillata, Würzb. Verh. a. a. 0. S. 146, zoolog. Unters. S. 54. 87 und den grössten Schwankungen unterliegt. Zuweilen schien diese Ungleichmässigkeit bestehen zu bleiben. In anderen Fällen dagegen beobachtete ich bald nach der Theilung eine solche Gleichmässigkeit in den Zu- sammenziehungen von zwei gleich werth igen Theilstücken, dass das eine sogar z. B. eine Contraction, welche es etwa ausgesetzt hatte, nachholte, so dass beide während langer Beobachtung fortwährend die gleiche An- zahl von Contractionen in der Zeiteinheit machten. Einen triftigen Grund für diese Verschiedenheit des Ver- haltens jetzt anzugeben, bin ich ausser Stande, sofern dieselbe nicht willkührlicher Thätigkeit zugeschrieben wurden darf. Doch ist es immerhin möglich , dass sie wenigstens theilweise zurückzuführen sei auf irgend welche von mir nicht beachtete Fehler in Betreff der einheitlichen Durchführung der Experimente." Meine neueren Beobachtungen '(1874) führten mir in der Mehrzahl der Fälle die gvösste Unregelmässigkeit in der Zahl der Contractionen unmittelbar nach der Theilung vor: dagegen zeigten sich längere Zeit nach derselben ebenso oft entschiedene Beziehungen zwischen jenen Zahlen und dem Formwerthe der Theilstücke. Wieder- holt traten mir von Neuem Fälle entgegen, in welchen diese Beziehung eine direkt proportionale war und jedesmal war ich von dem Auffallenden der Erscheinung be- troffen ebenso wie damals . als ich sie zum ersten Male sah. Allein ich überzeugte mich mehr und mehr davon, dass dieselben in ihrem vereinzelten Auftreten zum Auf- stellen einer Regel nicht berechtigten. Jene Beziehungen , welche sich längere Zeit nach der Theilung in fraglichem Sinne feststellen lassen , beschränken sich auf die Thatsache , dass dann die Theilstücke von grösserem Formwerthe zahlreichere Con- tractionen in der Zeiteinheit machen, als die von geringerem Formwerthe, allerdings auffallend häufig proportionalem Verhältnisse sich nähernd. Abgesehen von meinen eigenen Experimenten zeigten mir ein entsprechendes Verhalten wiederholt auch Krüp- pel, weichein der Weise getheilte Medusen darstellten , dass die Theilstücke derselben nicht mehr untereinander in leitender Verbindung standen, ähnlich dem Fall, welcher im XIII. Abschnitte in Versuch A geschildert ist. Es fand sich, wie dort, dass die- jenigen Theilstücke solcher Krüppel , welche von höherem Formwerthe waren und mehr Randkörper führten, in der Zeiteinheit eine grössere Anzahl von Contractionen machten als diejenigen von geringerem Formwerthe. Und wenn ich Krüppel antraf, welche, ohne weitere Complication , den Werth von zwei , drei oder mehreren Anti- meren hatten, so Hess sich, sofern man die ursprüngliche Grösse des Thieres bei der Vergleichung mit in Betracht zog, ein ähnliches Verhältniss gleichfalls nicht verkennen. Inzwischen ist Romanes der Aufstellung einer Regel, welche direkt proportionale Beziehungen in dein vorhin erörterten Sinne annehmen würde, mit Recht entgegen- getreten und kommt zu dem Schlüsse ') , es sei nur so viel Thatsächliches festzu- stellen, dass im Allgemeinen kleinere Theilstücke einer Aurelia die Neigung hätten, sich weniger häufig zu contrahiren als grosse. Nur gibt der Umstand, dass Romanes 1) Philos. Transact. Vol. 167, S. 667 ff. und 746. übersehen hat, welche Bedeutung ich der nach der Theilung verflossenen Zeit schon in meiner ersten Mittheilung zugeschrieben habe, Veranlassung dazu, dass seine An- gaben in einen grösseren Gegensatz zu den meinigen treten , als thatsächlich be- gründet ist. Ich hatte, wie schon erwähnt, gleich Anfangs hervorgehoben , dass die Beziehungen zwischen Formwerth und Zahl der Contractionen häutig erst längere Zeit nach der Theilung eintreten. Roman es findet, dass jene Beziehungen beein- flusst werden von zwei Faktoren, einmal eben "von der Zeit, welche seit der Theilung verstrichen ist und zweitens von der Thatsache , dass zuweilen die Kraft eines oder des anderen lokomotorischen Centrums die der übrigen mehr oder weniger bedeutend überwiege. Zwar ist nach seinen Beobachtungen die relative Kraft des lokomoto- rischen Centrums in einem gegebenen Theilstück einer Aurelia wichtiger für die Zahl seiner Contractionen als sein Formwerth, aber die Zahl der Contractionen der Theil- stücke von geringerem Formwerthe nimmt stets rascher ab, als jene der Theilstücke von grösserem Formwerthe ; dies sogar in dem Maasse, dass eines der ersteren, falls es vermöge des Uebergewichts seines Nervencentrums in der Zeiteinheit unmittelbar nach der Operation mehr Contractionen machen sollte , als die letzteren , doch bald langsamer sich contrahiren wird als sie und todt sein wird zu einer Zeit , da sie sich noch bewegen. Die Aurelia aurita entnommenen Beispiele, welche Rom an es folgen lässt , beziehen sich auf Fälle , in welchen eben das Nervencentrum irgend eines Theilstüekes gegenüber demjenigen eines an Crosse gleichwertigen an Kraft überwiegt. Es zeigen nun aber diese Beispiele, dass trotz dieses anfänglichen Miss- Verhältnisses in einer gewissen Zeit nach der Operation ein sehr auffallendes Ver- hältniss in der Zahl der Contractionen in dem von mir hervorgehobenen Sinne ein- getreten ist : Zeit nach der Operation: '|2 Stunde Dritter Tag Halbe Viertel Achtel A Achtel B 20 25 27 15 68 55 17 todt. In der Viertel- und in der Achtelmeduse A war das Nervencentrum zuerst über- mächtig gewesen. Ein anderes Beispiel: vier Stunden nach der Operation : zweiter Tag dritter Tag vierter Tag fünfter Tag Halbe Viertel Achtel A Achtel B 100 100 85 90 88 90 64 5S S6 82 62 57 59 45 24 20 50 49 20 10 89 sechster Tag siebenter Tag achter Tag neunter Tag Halbe Viertel Achtel A Achtel B 43 33 18 4 39 32 19 todt 33 7 todt » 28 todt ,, » Es ergibt sich aus diesen Beispielen nicht nur deutlich, dass in einer ge- wissen Zeit nach der Theilung die grösseren Theilstücke mehr Contractionen in der Zeiteinheit machen als die kleineren, sondern das zweite derselben weist Zahlen auf, welche sogar einem proportionalen Verhältniss in dieser Beziehung nicht allzu ferne stehen (sechster Tag), wenn man berücksichtigt, dass die Kraft der Viertelmeduse von vornherein überwiegend war. Wenn wir in allen Fällen diesen Faktor , das U eber- wiegen einzelner Contractionscentren an Kraft gegenüber anderen , in Rechnung ziehen, so werden sich überall die Zahlen einem solchen Verhältnisse nähern und ich darf wohl die Frage schliesslich aufwerfen, ob nicht diejenigen, in welchen ein direkt proportionales Verhältniss sich ergab , als die Normalfälle zu betrachten seien , als solche , in welchen alle Nervenceutren gleich kräftig sind 1 Jedenfalls scheint es mir unzulässig, eine derartige auffallende und wiederholt auftretende Erscheinung als eine zufällige zu bezeichnen, es sei denn, man will unter „Zufall" auch solche Beziehung von Thatsachen verstehen, bei welcher innere Ursachen nicht ausge- schlossen sind, ohne dass man jedoch diese Ursachen kennt. Roman es kommt im weiteren Verlaufe seiner Arbeit, ohne Rücksicht auf die vorliegende Frage zu nehmen, zu einem Satze, welcher offenbar für dieselbe von grosser Bedeutung ist. Er findet, dass die Contractionsthätigkeit einer Meduse einige Zeit nach der Operation vermindert wird, wenn man Stücke von ihr ausschneidet und ferner , dass ein gewisses proportionales Verhältniss .bestehe zwischen der Grösse des weggenommenen Ge w ebsstückes und dem Grade der Verminderung der Contractionsthätigkeit '), er kommt so offenbar auf anderen Wegen selbst zur Aufstellung der Regel, dass ein gewisses propor- tionales Verhältniss besteht zwischen der Zahl der Contractionen und dem Formwerth der Theilstücke. Denn es wird zu erwarten sein , dass das von R o m a n e s hervor- gehobene Verhältniss dann am Reinsten hervortreten müsse, wenn die von der Me- duse weggenommenen Stücke Antimere sind. Ein Zerschneiden eines Thieres in 2, 4, 8 Stücke in den Interradien wird also jenes Verhältniss am Sichersten zum Aus- druck bringen müssen. Sind nun die Beobachtungen von Rom an es richtig, und 1) a. a. 0. S. 675. 12 90 da sie sich mit den meinigen in so eigenthümlicher" Weise decken, scheint dieses erwiesen, so ist es auch richtig, dass ein gewisses proportionales Verhältniss zwischen Formwerth und Contractionsthätigkeit von Theilstücken besteht, wenn es auch ge- wöhnlich erst längere Zeit nach der Theilung auftritt. Ein direktes proportionales Verhältniss besteht aber in weitaus den meisten Fällen nicht. Romanes hat auf meinen Wunsch dieses Ergebniss meiner fortgesetzten Untersuchungen in eine Nach- schrift seiner letzten Arbeit noch aufgenommen1), zu welcher ich nur eine Hinweisung auf den Wortlaut meiner ersten Mittheilung in Beziehung auf diesen Punkt hinzu- fügen möchte, um zu betonen, in wie bedingter Weise ich mich schon damals aus- gesprochen habe. XV. Versuche an Cycloneuren. Unter den Cycloneuren habe ich einige Versuche an jenen Sarsien angestellt, welche ich mir im Frühjahr 1877 lebend habe von Kiel kommen lassen. Auch Romanes hat an Sarsia vorzugsweise Beobachtungen gemacht, aus dem Grunde, weil dieses Objekt rfach seiner Erfahrung dazu vor anderen ganz besonders günstig ist. Es freut mich , sagen zu können , dass meine Ergebnisse , welche sich übrigens nur auf einige Hauptfragen erstrecken, mit den seinigen vollkommen übereinstimmen. Abschneiden des Schirmrandes hebt, und zwar ohne Ausnahme, die so äusserst lebhaften Contractionen der Sarsia sofort auf. Der Schirmrand selbst contrahirt sich munter fort. Der randlose Theil der Glocke erholt sich nicht wieder. Schneidet man 3 von den 4 je einen Augenfleck tragenden verdickten Stellen, den sogenannten „Ganglien", des Schirmrandes aus, so contrahirt sich die Sarsia weiter. Hat man aber auch das letzte Ganglion ausgeschnitten , so fällt sie regungslos zu Boden , um sich jedoch gewöhnlich, wenn auch nicht immer, so zu erholen, dass sie späterhin wieder rhythmische Contractionen ausführt, die allerdings meist wenig kräftig sind. Bleibt nur irgend ein Theil des Schirmrandes nach Entfernung aller übrigen an dem Thierchen sitzen, so dauern die Contractionen fort. Es sind somit hier — und ebenso ist es nach den Angaben von R o lii a n e s auch bei anderen von ihm untersuchten Cycloneuren — einzelne Bezirke des Schirm- randes nicht in so hervorragender Weise vor dem übrigen Theil desselben ausge- zeichnet wie bei den Toponeuren. Ein Schritt zu solcher Auszeichnung ist ange- 1) Philos. Transact. Vol. 169. S. 757. 91 deutet in der höheren Bedeutung, welche den „Ganglien" zukommt; aber man kann diese mitsammt der anschliessenden Muskulatur nicht etwa als contractile Zonen bezeichnen, vielmehr ist der ganze Schirmrand contractile Zone. Dagegen ist die Bedeutung derselben als Centralorgan gegenüber den übrigen Theilen des Körpers eine viel mehr exclusive als bei den Toponeuren. Es schloss schon Romanes aus seinen Versuchen, dass bei den Cycloneuren lokomotorische Centren in jedem Theile des Schirmrandes enthalten seien , in grösserer Menge aber als an anderen Stellen desselben in den „marginal bodies", d. i. in den „Ganglien." Meine mor- phologischen Angaben werden zeigen, wie sehr die anatomische Untersuchung das Experiment auch hier bestätigt. In Beziehung auf diese Uebereinstimmuug sind ganz besonders auch die schönen Versuche hervorzuheben, welche Romanes, wie später des Näheren erörtert werden soll , mit elektrischer Erregung angestellt hat. Ein noch viel günstigeres Objekt der physiologischen Untersuchung als Sarsia dürfte Carmarina hastata abgeben und ich bedaure um so mehr, dass ich durch die Ungunst der Verhältnisse daran verhindert worden bin , dieses Thier experimentell zu prüfen , als ich gerade an ihm das Nervensystem unter den Cycloneuren am genauesten morphologisch studirt habe. Ich sehe mit Spannung der ersten Ge- legenheit entgegen , da es mir vergönnt sein wird , die physiologische Lücke aus- zufüllen. Einige Beobachtungen indessen, weicheich am unverletzten lebenden Thiere in Neapel im Frühjahr 1876 habe machen können, zeigten mir, dass Carmarina hastata ihre Bewegungen in viel höherem Grade nach willkürlichen Impulsen aus- führen muss , als irgend eine der von mir genauer beobachteten anderen Me- dusen, gehören sie der Gruppe der Cycloneuren oder der Toponeuren an. Die Carmarina contrahirt sich nicht wie diese hervorragend und andauernd rhythmisch in maschinenälmlich gesetzmässiger Folge, so dass sogar, wie z. B. bei Aurelia, die Pausen der Bewegung annähernd nach der Zahl und Stärke der vorausgegangenen Contractionen in ihrer Dauer berechnet werden könnten. Das Thier schwebt oft Minuten, oft nur einen Augenblick, stets unberechenbare Zeit lang, ruhig und unbe- weglich auf einer und derselben Stelle oder lässt sich ebenso unbeweglich steigen oder sinken. Nur die Fangfäden leicht in der Lage verändernd , bietet das glashell durchsichtige Wesen in dieser Ruhe einen genussreichen Anblick dar. Dann plötz- lich macht es eine grössere oder geriugere Anzahl bald äusserst rasch, bald langsamer aufeinanderfolgender Contractionen , jetzt dabei auf einer und derselben Stelle ver- harrend , jetzt mit grösserer oder geringerer Geschwindigkeit und Lebhaftigkeit den Ort verändernd. All das combinirt sich im buntesten Wechsel und macht auf den Zuschauer den Eindruck kräftig überlegter Thätigkeit. Der Reiclithum an hochaus- 12 * 92 gebildeten Ganglienzellen im Körper dieses Thieres lässt diese Thätigkeit verstehen, aber erst das Experiment möchte in den Werth der Einzelheiten der Erscheinungen klareren Einblick verschaffen. XVI. Untersuchungen Anderer. Vergleichung der Ergebnisse derselben mit den meinigen. Indem ich zuerst zu der Besprechung der Untersuchungen von RomailCS übergehe, brauche ich nach den in der Einleitung und im weiteren Ver- laufe meiner Arbeit gegebenen Daten die chronologischeu Beziehungen der Veröffent- lichungen von ihm und mir nicht näher zu erörtern. Es geht daraus hervor, dass die wesentlichsten der im Vorstehenden mitgetheilten Sätze von mir festgestellt und grösstentheils auch kurz veröffentlicht worden sind , bevor die bezüglichen Unter- suchungen von Roman es gemacht oder doch publicirt waren. Nur als ich meine Versuche an Cycloneuren anstellte, hatte ich Kenntniss von den ausgedehnten Beob- achtungen, welche der englische Forscher an denselben gewonnen hatte, nachdem ich meine ersten Mittheiluugen über den Gegenstand, Toponeuren betreffend, bekannt gegeben hatte. Da aber die Unabhängigkeit unserer Arbeiten eine gegenseitige ist, so gibt die Uebereinstimmung, welche in den meisten Resultaten zwischen uns herrscht, in erwünschtester Weise zugleich die Probe für dieselben ab. Ausserdem hat sich der englische Forscher für den Werth der Priorität in der ganzen Frage durch so ausgezeichnete und eingehende Untersuchungen , wie er sie geliefert hat , sicherlich entschädigt1). Ich behandle die drei Publicationen von Romanes nach der Reihen- folge ihres Erscheinens. 1) Einen Irrthum betrete dieser Priorität, welchen Roman es in seiner ersten in den Philos. Transactions erschienenen Abhandlung (Vol. 16G. p. 309) aussprach, indem er . in der Voraussetzung , es sei meine erste Arbeit erst 1874 gemacht, glaubte, die Priorität komme mir zwar für meine übrigen Beobachtungen, nicht aber für die von ihm sogenannte Fundamentalbeobachtung zu (den Lähmungsversuch, welcher die Grundlage aller übrigen bildet) habe ich in den Abdrücken meines Münchener Vortrags zu berichtigen mir erlaubt (Arch. f. mikr. Anat. XIV. Bd. S. 397. Amtl. Bericht etc. S. 183). Wenn in dieser Berichtigung — und desshalb komme ich auf die Sache hier zurück — unter dem Einfluss anderweitiger, in Beziehung auf den morphologischen Theil meiner Arbeit damals von mir gemachter Erfahrungen vorausgesetzter Art, ein Vorwurf wegen Ignorirens meiner früher veröffentlichten Unter- suchungen enthalten ist , so nehme ich denselben mit Vergnügen zurück , nachdem ich durch persönliche Erklä- rungen und durch die ferneren Beziehungen mit Herrn Romanes überhaupt die volle Ueberzeugung gewonnen habe, dass eine Absicht von seiner Seite nicht vorgelegen hat. Herr Romanes hat mir sofort brieflich jene Er- klärung entschuldigend gegeben und hat mir angeboten , seinen nicht einmal durch ihn verschuldeten Irrthum be- treffs der Priorität selbst richtig zu stellen, was er denn auch alsbald in der loyalsten Weise gethan hat. Ich bin ihm dafür besonders desshalb in hohem Grade dankbar, weil ich mich darüber freuen kann, dass die in unserer Literatur 93 I. Wie schon iu der Einleitung erwähnt worden ist , erschien die erste Mit- theilung über von ihm angestellte Zerschneiduugsversuche an Medusen in der Zeit- schrift „Nature" 187-i (Nov.). Der Inhalt dieser Mittheilung ist dort gleichfalls schon berührt. Stehen auch wesentliche der Angaben derselben nicht im Einklang sowohl mit meinen eigenen Erfahrungen als mit den später von Romane s selbst gewonnenen Ergebnissen , so hat der englische Forscher doch schon damals die von ihm sogenanute Fundamentalbeobachtung an Cycloneuren gemacht, die Beobachtung, dass Abschneiden des Schirmrandes dieser Thiere Lähmung derselben hervorruft, und damit waren meine im Jahre vorher an Topoueuren erlangten Resultate mit gewisser Modihcation auch für die Cycloneuren als gültig erwiesen. IL Seine im folgenden Jahre an die Philos. Transact. eingeschickten und 1S76 (Vol. 166) erschienenen weiteren Mittheilungen erstrecken sich auf beide Gruppen. Indem er in Betreff der Cycloneuren berichtet, dass Abschneiden des Schirmrandes sofort vollständige und bleibende Lähmung des ganzen Schirmes zur Folge habe, fügt er hinzu : nichts könne es Sichereres geben als diese Wirkung ; hunderte von Be- obachtungen an verschiedenen Arten, in allen Altersstadien und unter den verschie- densten Bedingungen der Frische und Lebensfähigkeit haben dasselbe bestimmte Er- gebniss geliefert. „Indeed I do not know" , sagt er, „of any case in the animal kingdom where the removal of a centre of spontaneity causes so sudden and so complete a paralysis of the muscular System, there being no subsequent movements or twitchings of a reflex kind to disturb the absolute quiescence of the mutilated organism." Er schliesst daraus, dass im Rande aller von ihm untersuchten Arten von Cycloneuren ein hochgradig lokalisirtes System von Centren für selbstthätiges Handeln vorhanden sei, welchen zum Wenigsten die Anregung der Zusammenziehungen des Schirmes ausschliesslich zukomme. Diese Auffassung werde bestärkt durch das Verhalten des abgeschnitteneu Randes, welcher seine rhythmischen Contractionen mit nicht seltenen Beispiele entgegengesetzter Art durch Männer aufgewogen werden, welche jene Art von »Streben«, die auf Kosten der Rechte Anderer Erfolg zu gewinnen sucht , verschmähen und welche an Vorarbeiten in wissenschaftlichen Fragen nicht eine wegzuräumende Concurreuz sehen im Sinne des Gewerbes. Herr Roma- nes erklärt (Philos. Transact. Vol. 167. p. 665): »Bnt I should like to take this the earliest opportunity of rec- tifying an in justice which, as I now learn from Prof. Eimer 's last paper, I previously did bim in my first paper. In my Postscript to that paper I stated that in our independent observations concerning the effeet of excising li- thocysts I had a right to claim priority . both as regards Observation and publication. Prof. Eimer, howewer, now explains that, in consequence of his first paper having been bound in the Wuertzburg Verhandlungen without its proper titlepage, the reference to the date ot his work which occurs in the paper itself (»d. I.«) refers, not to the year on the back of the volume, but to the year proceding. Therefore, although I was right in saying that I had anticipated Dr. Eimer in making the »fundamental Observation«, I was wrong in supposing that I had also anticipated him in Publishing this Observation. Dr. Eimer has thus a füll right to claim priority as regards this and all his other researches concerning the nervous System of Medusae. — 1878.)« 94 ganz derselben Kraft und Ausdauer fortsetze , wie vor seiner Trennung von dem übrigen Theile des Thieres. Der Gegensatz zwischen dem durchaus bewegungs- losen Glocken- und dem lebhaft sich bewegenden Ringtheil sei so gross als mög- lich. Wenn auch nur ein kleinstes Stückchen contractilen Gewebes mit eiuem einzigen Augenfleck1) der Sarsia in Verbindung geblieben ist, contrahirt sich das ausgeschnittene Stückchen noch Stunden und Tage laug. Eine einzige Ausnahme bot Staurophora laciniata; hier blieben nach Abschneiden des Randes noch drei Be- wegungscentren übrig : das eine im Muskelgewebe, nahe der Peripherie des Schirmes, die anderen zwei im „polypite" dieses Thieres , je in einem der kreuzförmig gegen- übergestellten Arme. Bei den Toponeuren findet Romane s dieselbe Wirkung vom Abschneiden des Randes wie bei den Cycloneuren, nur sei hier die Lähmung nie so sicher, noch auch so vollständig wie dort : obgleich sie in den meisten Fällen unmittelbar nach der Operation eintritt , so ist dies nicht immer der Fall ; man kann daher hier nicht wie bei den Cycloneuren irgend mit grosser Sicherheit vor- hersagen, welches der unmittelbare Erfolg eines Experimentes sein werde. Obschon ferner die Lähmung so plötzlich und so scharf ausgesprochen eintritt wie bei den Cycloneuren, so unterscheidet sie sich doch von derjenigen der letzteren dadurch, dass sie selten bleibend ist. Nach einem Zeitraum von wenigen Sekunden bis zu einer halben Stunde oder mehr beginnen gewöhnlich schwache und unrhythmische Contractionen sich zu zeigen. Wie die einzelnen Individuen derselben Art, so ver- halten sich auch die einzelnen Arten gegenseitig nicht ganz gleich gegenüber dem Experiment. Als Beispiele werden Aurelia aurita und Cyanea capillata gewählt. Die erstere nähert sich am meisten dem Verhalten der Cycloneuren , während die letztere sich am meisten davon entfernt. ■ — Da Romane s bei dieser Beurtheilung offenbar von der weiterhin ausgesprochenen Voraussetzung ausgeht, dass bei Aurelia aurita die lokomotorischeu Centren im Otolithensäckchen concentrirt seien , so muss ich dagegen darauf aufmerksam machen, in wie hohem Grade auch Aurelia aurita nach meinen Versuchen in Beziehung auf die Lokalisation dieser Centren von den Cycloneuren verschieden ist. — Rom an es bemerkt indessen ferner, dass bei Aurelia und bei Cyanea ebenso wie bei anderen Arten die individuellen Variationen sehr gross seien. Bei Aurelia aurita hat Abschneiden des ganzen Randes mit Ein- schluss der Randkörper in der grossen Mehrzahl der Fälle sofortige vollständige Läh- 1) Zur Emiöglichung des Vergleichs mit meinen Beobachtungen sei bemerkt, dass es sich hier genauer um die ganglienartigen Verdickungen des Randes, um die Randganglien handelt, welche erst den Augenfleck (Pig- mentfleck) tragen. 95 mung des Schirmes zur Folge. In der Minderzahl der Fälle zeigt ein oder zeigen mehrere überzählige lokomotorische Centren ihre Anwesenheit im Bereich des con- tractilen Gewebes unmittelbar nach der Operation an. Im ersten Falle, wenn voll- ständige Lähmung eingetreten ist, hat man wieder zweierlei zu unterscheiden: meistens entwickeln sich längere oder kürzere Zeit nach der Operation lokomotorische Nebencentren , so dass man bis zu einer Stunde nach derselben nicht sicher ist , ob die Lähmung bleibt oder nicht. Weniger häufig bleibt die Lähmung ebenso voll- kommen und dauernd wie bei den Cycloneuren. Bei Cyanea capillata hat Abschnei- den des Randes in der Mehrzahl der Fälle vollständige Lähmung des Schirmes zur Folge, indessen verhältnissmässig doch nicht so häufig wie bei Aurelia aurita. — Ich selbst habe dies bei meinen neueren Versuchen so wenig wie bei meinen ersten finden können. So oft ich noch kürzlich in Kiel einer Cyanea den Rand oder auch nur die Randlappen abschnitt, sank sie unbeweglich zu Boden und zeigte keine Spur von Erholung zu einer Zeit, cla viele gleichzeitig operirte Aurelien längst wie- der munter waren. Indessen schiebe ich dieses Verhalten keineswegs auf eine grössere Lokalisation der Hauptnervencentren bei Cyanea — dass dies falsch wäre, wird der anatomische Theil zeigen — ich fand nur, dass sie überhaupt gegen alle Eingriffe in ihren Organismus empfindlicher sei als Aurelia, wie sie denn auch in der Gefangenschaft viel weniger aushält als diese. — Falls, findet Romanes weiter, überzählige lokomotorische Centren nicht unmittelbar nach der Operation entstehen, so entstehen sie doch sicher , wenn das Thier Zeit hat , sich von der durch dieselbe verursachten Erschütterung zu erholen. Nach 5 Minuten bis zu einer Stunde Zeit und mehr zeigt sich die erste Contraction. Wenn die Erholung spät eintritt , so sind die Contractionen schwach und haben lange Pausen zwischen sich, oft von 10 Minuten und mehr, statt dass 20 oder 30 Contractionen in der Minute stattfinden, wie dies beim unverletzten Thiere der Fall sei. (Dass dabei nach meinen Beob- achtungen eine bestimmte Grösse des Thieres vorausgesetzt sein muss , ist selbst- verständlich.) Das Ausschneiden von Theilen des Randes zeigte folgende Wirkungen: Sarsia erträgt das Ausschneiden dreier ihrer „Augenflecke" ohne Störung — sowie aber auch der vierte ausgeschnitten worden ist, fällt das Thier meistens wie bewegungs- los auf den Grund des Wassers. Schwächliche Individuen können unbeweglich blei- ben : sie sind durch den Nervenschlag getödtet worden ; frische und kräftige Indi- viduen dagegen erholen sich nach kurzer Zeit und nehmen ihre Bewegungen wieder auf, allein in den meisten Fällen ist die Kraft dieser Bewegungen sichtlich ver- mindert. Romanes schliesst. dass bei den Cycloneuren lokomotorische Centren in 96 jedem Theile des Schirmraudes enthalten seien, in grösserer Menge aber als an an- deren Stellen in den „Randkörpern" desselben (in den „marginal bodies"). Im Folgenden findet nun der Satz — wie schon vorhin — Verwertbung und wird zuerst ausgesprochen : bei den Toponeuren sei die Concentration der lokomoto- rischen Centren in die Randkörper („marginal bodies or litbocysts") ') noch mehr ausgebildet als bei Sarsia: bei Aurelia werden durch Ausschneiden der 8 „litho- cysts" allein alle jene Lähmungserscheiuungen erzielt, welche das Wegschneiden des ganzen Randes eines Cycloneuren hervorruft. Das Gewebe der zwischenliegenden Randtheile ist von lokomotorischen Centren gänzlich frei. Ob derselbe Grad der Concentration auch bei anderen Arten von Toponeuren statt hat, ist nicht entschie- den. Von allen , welche darauf untersucht wurden , wirkte bei Aurelia die Ent- fernung der „litbocysts" am empfindlichsten. Bei den übrigen wurde sehr selten vollständige Lähmung durch die Operation bewirkt. — Während ein Stückchen von Gewebe eines Cycloneuren, gleichviel welcher Grösse, in Verbindung mit einem Rand- körper sehr häutig die rhythmischen Contractionen fortsetzt, so ist dies bei ir- gend einem anderen ausgeschnittenen Randstückchen sehr selten zu beobachten. Bei den Toponeuren ist nach diesen Ergebnissen der Schirmrand der hauptsächlichste Sitz der Spontaneität („spontaneity") aber nicht, wie dies bei den Cycloneuren der Fall , der ausschliessliche : sie unterscheiden sich von den letzteren dadurch , dass bei ihnen gewöhnlich eine grössere oder kleinere Anzahl von lokomotorischen Cen- tren durch das allgemeine „contractile Gewebe" 2) ihres Schwimmorgans zerstreut ist. Dagegen sind im Rande die lokomotorischen Centren bei den Toponeuren mehr concentrirt als bei den Cycloneuren. Nach Entfernung ihres Randes reagiren die Medusen auf jede Art von Reiz. Die so .verstümmelte Sarsia z. B. contrahirt sich auf jeden Schnitt mit einer Scheere hin ebenso einfach und scharf wie ein unverletztes Thier und durch Ein kneipen in regelmässigen Zeitintervallen kann man an ihr die Contractionen des letzteren nach- gemacht erhalten. Aurelia aurita ist von allen darauf untersuchten Arten vielleicht die am wenigsten empfindliche : und doch, wenn ein kleiner Streifen Gewebes ohne Bewegungsceutren aus diesem Thiere mit einem anderen selbstständig sich contra- hirenden Streifen beschwert wird, so contrahirt er sich mit. I) Es ist schon besprochen, dass Roman es, wie aus seinen späteren Erklärungen hervorgeht, mit dem Randkörper stets ein Stückchen des Umbrellagewebes, welchem er ansitzt (d. h. die contractile Zone), wegge- schnitten hat , und sind seine im Folgenden niitgetheilten Ergebnisse somit unter dieser Voraussetzung zu ver- stehen. 2) Dieser Ausdruck ist bei Ronianes stets für das gesammte Umbrellagewebe gebraucht. 97 Alle Theile der Medusen sind in hohem Grade für elektrische Heizung em- pfindlich. Der constante wie der inducirte Strom erregen sowohl den losgetrennten Rand als den verletzten Schirm ; der letztere ist indessen mehr empfindlich für jenen, der erstere mehr für diesen , das heisst : während der losgetrennte Rand fortfährt, auf schwache Induktionsströme zu antworten , noch nachdem er aufgehört hatte, durch Oefinen oder Schliessen des constanten Stromes erregt zu werden , ist beim verletzten Schirmstück das Umgekehrte der Fall. Sehr interessant sind die speciellen Versuche, welche Romanes über die elektrische Reizung angestellt hat, weil ihre Ergebnisse in hohem Grade mit den durch Zerschneiden erlangten übereinstimmen. Als Objekt benützte er Sarsia. Die Spitze der Schwimmglocke von Sarsia ist der bei weitem am wenigsten reizbare Theil des Thieres. Von der Spitze nach abwärts zum Rande hin findet man eine ununterbrochene Zunahme der Reizbarkeit und es erweist sich diese am grössten, wenn die Elektroden auf den Ring von Zellen ge- legt werden, die von Agassiz als Nervenzellen beschrieben worden sind. Hier am Rande wiederum ist die Erregbarkeit an verschiedenen Stellen verschieden gross. Sie ist am geringsten, wenn die Elektroden in der Mitte zwischen zwei Augenflecken angelegt werden. Sie ist etwas grösser, wenn ein Augenfleck zwischen sie einge- schlossen wird. Noch grösser ist sie, wenn eine Elektrode in einem Augenfleck, die andere ausserhalb desselben angelegt wird, am grössten, wenn man beide Elektroden in jene Hälfte des Augenflecks („eye-speck" = Ganglion, wie ich voraussetze) bringt, welche oberhalb des Pigmentflecks („pigment-spot") gelegen ist. Was die übrigen Theile der Schwimmglocke anbetrifft, so zeigt sich eine grössere Erregbarkeit, wenn die Elektroden auf einen der vier Radiärkanäle, als wenn sie zwischen dieselben ge- legt werden. Weiterhin führt Romanes eine Reihe von Versuchen an über Einschnitte in Medusen, um zu zeigen, welchen Grad von Zerschneiden das „contractile" Gewebe derselben ertragen könne , ohne Verlust des physiologischen Zusammenhangs. Es bieten diese Versuche nach Ausführung und Erfolg eine sehr hübsche Ergänzung der meinigen und in vielen Punkten eine vollkommene Bestätigung derselben. Die Schnitte sind in ganz anderen Richtungen ausgeführt als die meinigen, aber überall ergibt sich als Resultat, dass eine sehr schmale Verbindungsbrücke, gleichviel in welchem Theile des Schirmes , die physiologische Verbindung der einzelnen Bezirke des letzteren aufrecht erhalten kann. Unter Anderem wurde einer Aurelia der centrale Theil ausgeschnitten, ebenso alle Randkörper bis auf einen entfernt. Der übrigbleibende Ring ward durch einen ungefähr in der Hälfte seiner Breite geführ- ten Schnitt bis auf eine schmale Brücke in zwei Ringe getheilt. Durch diese Brücke 13 98 wurden nun die durch das übriggebliebene Contractionscentrum erregten Zusaminen- zielmngen des äusseren Ringes auf den inneren übertragen. Da die verbindende Gewebsbrücke nur '|8 engl. Zoll breit war, der innere Ring dagegen 16 Quadrat-Zoll mass, so ergibt sich, welch grosse Flächen durch kleinste Bahnen hindurch erregt werden können. Indessen bemerkt Rom an es, dass dasselbe Experiment auch an- gestellt werden konnte, ohne dass der geschilderte Erfolg erzielt wurde und er be- dauert , dass er nicht versucht hat , welche Wirkung eine weitere Versckmälerung der Verbindungsbrücke gehabt haben würde , da er vermuthet , dass die Brücke von Linien Gewebes besonderer Art („fuuctionally tissue", „differentiated tissue" — er meint Leitungslinien, Nerven) durchzogen sei, welche allein undurchschnitten bleiben mussten, wenn die physiologische Verbindung bestehen bleiben sollte. Sehr bemerkens- werth ist in dieser Beziehung auch folgender, gleichfalls au Aurelia angestellter Ver- such : sieben Randkörper wurden ausgeschnitten, vom achten an wurde ein Schnitt spiralig bis gegen das Centrum des Thieres hingeführt, so dass der Körper desselben in ein langes Band geschnitten war, dessen eines Ende von dem letzten Randkörper, dessen anderes von dem Centraltheile der Scheibe eingenommen ward. Es zeigte sich nun , dass die von dem Randkörper angeregten Contractionswellen sich durch die ganze Spirale bis zu deren Ende hin fortpflanzen konnten. Indessen hatten Länge und Breite des Bandes einen grossen Einfluss auf das Resultat und es zeigten sich sehr grosse individuelle Verschiedenheiten. Der äusserste von Rom an es beobachtete Fall ununterbrochener Leitung war der, in welchem die Spirale zwei und eine halbe Windungen machte. Der die Spirale bildende Gewebsstreifen war dann ungefähr einen Zoll breit und nahezu eine Elle lang. Aehiiliche Versuche wurden an Sarsia gemacht. Darauf, zu bestimmen, wie breit in den einzelnen Fällen bei verschiedenen Arten und an verschiedenen Körperstellen derselben Art die Verbindungsbrücke sein musste, um noch eine Leitung zu vermitteln, scheint Rom an es kein weiteres Augenmerk gerichtet zu haben. Trotzdem gelangt er zu denselben Folgerungen über die Art der Verbindung, wie ich sie schon in meiner ersten Abhandlung ausgesprochen habe. Welcher Natur, fragt er sich, ist die „contractile" Substanz des Meduseukörpers? Ist das contractile Gewebe des Schwimmorgans durchzogen von einem System um- schriebener sensibler und motorischer Fäden, welche zu, bezw. von den Randkörpern ausstrahlen oder ist dasselbe mehr primitiver Natur, indem es die Funktionen von Nerv und Muskel in sich vereinigt? Bei Aurelia war es die Ausnahme, nicht die Regel, dass der Spiralschnitt in mehr als einer Windung ausgeführt werden konnte ohne Verlust der physiologischen 99 Continuität.* Die individuelle Verschiedenheit ist so gross, dass die Contractionswelle zuweilen stockt, wenn der Streifen nur einen Zoll lang ist, während er in anderen Fällen mehr als dreissigmal so lang sein kann und zwischen diesen zwei Extremen finden sich alle möglichen Stufen. „Nun scheint es mir", sagt Roman es, „dass, wärt' das Gewebe, durch welches diese Contractionswellen ziehen, homogener Natur, ein Grund für so grosse individuelle Verschiedenheit nicht gegeben sein würde. Da- gegen ergibt sich keine Schwierigkeit, wenn wir annehmen, dass die Wege für die- selben mehr oder weniger umschriebene Linien seien ; denn es darf wohl erwartet werden, dass bei so niedrigen Lebensformen diese LiniSn keine constante Lage haben. Es könnten desshalb in einem Falle wichtige Leitungslinien bald durchschnitten werden , während sie im anderen auf lange Strecken dem Messer entgehen. Es ist indessen kaum anzunehmen, dass irgend eine Leitungslinie einen spiralförmigen Lauf in zwei oder, drei Windungen um das Thier herum machen und zugleich zufällig in den Bereich des künstlich geschnitteneu Gewebsstreifens hinein fallen sollte. Wir müssen daher wohl annehmen, class ein mehr oder weniger hoch ausgebildeter (inti- mate) Plexus von Leitungslinien vorhanden sei , deren Elemente mit der Fähigkeit begabt sind , für einander zu vicariiren und dass der Schnitt zuweilen zufällig eine Anzahl seiner Anastomosen unverletzt lässt. Es ist also die Uebereinstimmung der Auffassung des englischen Forschers in dieser wichtigen Frage mit meiner vor 5 Jahren ausgesprochenen nicht nur dem Inhalt nach eine absolute, sondern sie ist auch der Form nach merkwürdigerweise eine so zu sagen wörtliche. Der beste Beweis dafür, dass bestimmte Leitungslinieu vorhanden sind, liege übrigens, fährt Romanes fort, in der unveränderlich sicheren Thatsache , dass, wo immer in einem Gewebsstreifen die Contractionswelle stockt, die Stockung stets voll- ständig und durchaus genau an einem bestimmten Punkte stattfindet. Wie es komme, dass zuweilen solche feine Leitungslinien erst so spät vom Schnitt getroffen werden oder bis eine zur Zerstörung der physiologischen Continuität genügende Anzahl der- selben getroffen werde, mag Verwunderung erregen. Allein trotzdem hat Romanes die Ueberzeugung erlangt, dass solche Leitungslinien wohl bei allen Medusen vor- handen sind , dass durch ihre Vermittelung die in den Randkörpern entstandenen Willensimpulse dem contractilen Gewebe des Schwimmorgans mitgetheilt werden und dass dieselben der Funktion, wenn nicht auch dem Bau nach Nerven sind. Die Lei- tungslinien morphologisch nachzuweisen ist er nicht im Stande gewesen. Ferner hebt er als wichtig hervor, dass die physiologische Verbindung, nachdem sie in dem Ge- websstreifen zum Stocken gekommen war, nach einiger Zeit plötzlich wieder herge- stellt erschien — was durchaus mit meinen eigenen Beobachtungen übereinstimmt. 13* 100 Die Zeit, welche zur Wiederherstellung der Leitung nöthig war, war sehr verschie- den: wenige Sekunden bis eine Stunde und mehr; gewöhnlich aber betrug sie zwei bis vier Minuten. Obschon dieser Process der Erholung rasch erfolgte, so geschah er doch nicht so plötzlich wie jener der Störung der Leitung , sondern so , dass zu- erst eine Contractionswelle sich nur andeutungsweise über die ursprüngliche Haltstelle hinaus fortsetzte, dann eine zweite kräftiger, bis zuletzt keine Spur von Hemmung mehr vorhanden war. Zuweilen stockte die Welle dann an einer zweiten Stelle und wurde auch hier das Hemmniss nach einiger Zeit überwunden. Weiterhin schnitt nun Rom an es in einen Spirälstreifen, in welchem die Leitung frei war, auch quer in verschiedenen Abständen ein : die Leitung blieb auch jetzt ununterbrochen. AVur- den nun aber alternirend mit den ersten Querschnitten solche auch von der anderen Seite her geführt, so musste vorausgesehen werden, dass die physiologische Verbin- dung aufhören werde, nachdem die Zahl der Schnitte („interdigitating cuts") eine grössere geworden. Indessen war der Grad , bis zu welchem die Zerschneidung ge- trieben werden konnte, zuweilen ein überraschender. Rom an es sah, dass an einem Streifen von 20 Zoll Länge und l'|a Zoll Breite 10 solcher Schnitte an jeder Seite geführt waren, ohne dass die freie Leitung aufgehört hätte. — Es ist dieser Versuch im Wesentlichen ganz derselbe, welchen ich ausgeführt habe, indem ich in den ab- geschnittenen Schirmrand von innen und von aussen abwechselnd Einschnitte machte, wobei ich jedoch viel weiter gegangen bin als Rom an es, indem ich fand, dass Verbindungsbrücken von der Breite weniger Millimeter hinreichten, um die Leitung zu vermitteln, während dieselbe doch einen direkten Weg nur in der Diagonale dieser Brücken finden konnte '). Mit zunehmender Entfernung vom Rande wird sich aller- dings, wie einige meiner Versuche zeigen, die Verbindung nur durch breitere Ge- websbrücken erhalten. — Endlich wird noch bemerkt, dass auch Druck oder selbst die Spannung, welche in einem Gewebsstreifen hervorgerufen wird, dadurch, ,dass man ihn an einem Ende frei in der Luft hält, vorübergehend, event. dauernd , Stockung der Leitung herbeiführen könne. Auch den Einfluss von Giften auf die Lebensäusserungen von Medusen hat, Eonianes unter- sucht. Schon Agassiz hatte die anästhesirende Wirkung von Aether und Chloroform auf Sarsia beob- achtet und bemerkt, dass diese Wirkung allein auf die Anwesenheit von Nerven in ihrem Körper hinweise. Dagegen glaube ich, möchte freilich zu bemerken sein, dass damit für morphologische Ausbildung eines Nervensystems nichts bewiesen sein dürfte. Die Wirkung ist allerdings ähnlich derjenigen der genannten Stoffe auf höhere Thiere. Bald nachdem wenige Tropfen von Chloroform dem Wasser zugefügt worden waren, in welchem sich eine Sarsia befand, wurden deren Contractionen langsamer und schwächer , bald hörten sie auf und die Thiere waren nicht mehr erregbar selbst nicht durch die stärksten Reize. Sehr rasch aber kehrte 1) vergl. Seite 31, Holzschnitt 4. 101 das normale Verhalten allmälig zurück, nachdem dieselben in unvermischtes Wasser zurückgebracht worden waren. Dasselbe zeigte Aurelia. Ganz ähnliche Wirkungen ergab der Einfluss von Morphium. An Cyanea capillata wurde Strychnin versucht; es ist dieses Thier, wie Romanes hervorhebt, für solche Untersu- chung desshalb hervorragend geeignet, weil seine Contractionen in Wasser von gleichmässiger Temperatur so regelmässig sind wie die eines Herzens. Bald nach Zusatz einer schwachen Lösung von Strychnin in Seewasser zu dem Wasser, in welchem die Thiere sich befanden, erschienen unzweifelhafte Anzeichen von Unreo-elrnäs- sigkeit in den Bewegungen. Die Unregelmässigkeiten steigerten sich schliesslich zu Convulsionen , die sich äusserten in extremen Abweichungen von dem Rhythmus der Contractionen: es entstanden Perioden von hef- tiger und verlängerter Systole, ähnlich tonisehen Krämpfen, und wenn die Stärke dieser Krämpfe sich für einen Augenblick abgeschwächt hatte, begannen sie von Neuem, bevor der Schirm Zeit gehabt hatte, sich auszubreiten. Die Krämpfe sind übrigens paroxysmischer Natur: es folgen zwischenhinein Perioden absoluter Ruhe, während welcher das Thier den Schirm voll ausgebreitet erhält. Der Tod erfolgt während solcher Ausbreitung. Sehr bemerkenswerthe Versuche wurden endlich mit Curare angestellt. Die eine Hälfte einer Staurophora laciniata, welche so getheilt war, dass sie mit der anderen nur noch durch eine schmale Brücke verbunden war, wurde vergiftet, die andere nicht. Reizte man jene durch Einschneiden mit der Scheere, so blieb sie bewegungslos. In frischem Wasser kehrten auch hier die normalen Verhältnisse zurück. Aehnliche Wirkung wurde an Toponeuren beobachtet. Romanes sagt weiter wörtlich: „It is also to be observed that a, very slight degree of over-poisoning paralyzes the transmitting System as well as the respondino- one • I think it wouid be difficult to overrate the importance of these results: to my mind they are perhaps the most interesting which are contained in this paper. They not only prove that curare poison is consistent in manifesting its remarkable property when applied to these the lowest forms of life that pre- sent the beginnings of a nervous System; but they prove what is far more important, that in animals which, as we have seen from other evidence, present us with the first indications of a nervous System, the latter appears to have already undergone a differentiation in its functions, such that it is capable not only of in- fluencing contiguous contractile parts, but also of being influenced by distinct excitable parts." Endlich machte Romanes auf Anregung von Burdon Sanderson noch den folgenden Versuch: ein Streifen Kör- persubstanz von Aurelia aurita wurde an einer beschränkten Stelle seines Verlaufs mit narkotischen oder anästhesirenden Mitteln behandelt, worauf die Contractionswellen an dieser Stelle zuerst schwächer wurden und dann stockten. Dieselbe Wirkung hatten Injectionen in die Gefösse eines bestimmten Bezirks. In der schon in der Einleitung erwähnten, meiner Arbeit gewidmeten Nach- schrift hebt Romanes als hauptsächlichste Differenz zwischen uns die beiderseitigen Ansichten über den Sitz der contractilen Thätigkeit hervor, eine Differenz, welche ich schon berührt habe, auf welche ich indessen noch zurückkommen wTerde. Meiner Auffassung, dass die Contractionen von Aurelia aurita gewöhnlich unwillkürliche seien, jedoch dem Einfluss des Willens unterworfen werden könnten, stimmt er bei, bemerkt jedoch, dass der Grad unwillkürlichen Vermögens bei verschiedenen Arten ein verschiedener sei ; so sei er geringer bei Cyanea als bei Aurelia : die Contrac- tionen der letzteren seien nicht so rein rhythmisch wie die der ersteren. Meine Bemerkungen über die Bewegung von Carmarina hastata zeigen, in wie hohem Maasse auch ich solche Verschiedenheit als bestehend erkenne. Damit ist schon aus- gesprochen , dass auch die von mir für Aurelia und Cyanea festgestellte Regel der Beziehungen zwischen Zahl und Dauer der Contractionen einerseits und der Pausen andererseits einen allgemeinen Werth nicht beanspruchen kann — je mehr die 102 willkürliche Thätigkeit bei einer Art in den Vordergrund tritt, um so weniger wird jene Regel ausgesprochen sein. Die Vergleichung aber, welche Romanes zwischen beiden Thieren in dieser Beziehung anstellt , stimmt in hohem Grade mit den von mir gewonnenen anatomischen Resultaten überein. Die Uebertragung der Thätigkeit einzelner contractilen Zonen bezw. „lithocysts" auf andere in der von mir beschriebenen manchfaltigen Weise wird bestätigt und als merkwürdige Thatsache hinzugefügt, dass sehr häufig einer oder mehrere der acht „lithocj^sts" zeitweilig oder dauernd über die anderen das Uebergewicht zu haben scheinen, indem während einer längeren Zeit die Contractionen beständig von ihnen ausgehen. Es wird meine Angabe bestätigt, dass niemals eine Zone sich contrahiren kann , ohne dass alle übrigen gleichzeitig oder nahezu gleichzeitig sieh mit ihr con- trahiren. Versuche mit Einschnitten, welche Romanes zum Zweck der genaueren Feststellung 'dieser Thatsache gemacht hat, zeigten, dass die von einem Contractions- centrum ausgehende Contractionswelle, sobald sie an einem zweiten angekommen ist, dieses unmittelbar erregt, eine kräftige Entladung bewirkt und so zur Entstehung einer neuen Contractionswelle Veranlassung gibt. Die neu entstandene Contractions- welle erregt das nächste Contractionscentrum u. s. w. Es wird hervorgehoben , dass nicht nur schwache und unregelmässige , bald vorübergehende Contractionen nach dem Ausschneiden der contractilen Zonen ent- stehen können — obwohl dies zuweilen ausschliesslich der Fall ist — sondern sie können ebenso rhythmisch und nicht minder kräftig auftreten wie am unverletzten Thiere und dauern gewöhnlich einige Tage — Thatsachen, welche im Vorstehenden nach schon 1874 gemachten Beobachtungen von mir ausführlich geschildert und im Auszug schon in meinem Münchener Vortrag mitgetheilt sind. Meine Schilderung des Verhaltens zerschnittener Aurelien wird bestätigt und die Uebereinstimmung der beiderseitigen Ergebnisse der Versuche über Einschneiden hervorgehoben. III. Die der Royal Society im Jahre 1870 eingereichte und 1877 (Vol. 167) erschienene neueste Abhandlung Romanes' beschäftigt sich zunächst wiederum ein- gehend mit meiner Arbeit, bezw. mit den zwischen meinen Angaben und seinen Ergeb- nissen bestehenden Differenzpunkten, auf Grund neuer von ihm angestellter Untersu- chungen. Der erste und wesentlichste dieser Punkte betrifft deu Sitz der lokomotoriscken Centren, der zweite, gleich dem ersten schon in der vorigen Abhandlung besprochene, betrifft die Art der Erholung der Toponeuren nach bewirkter Lähmung ; der dritte endlich bezieht sich auf die von mir aufgestellte Regel über die relative Zahl der Con- tractionen, welche ganze Medusen und deren Theilstücke ausführen. Ueber den letz- teren Punkt hat Romanes sich inzwischen erst orientirt; in Betreff der zwei übrigen 103 hat er neue Untersuchungen angestellt. Ueber die zwei ersten muss ich mich in Rücksicht auf seine Bemerkungen hier äussern ; der dritte ist im XIV. Abschnitt erledigt. 1) Der erste Differenzpunkt, betreffend den Sitz der lokomotor ische n Centren, bedarf, trotzdem er einer Ausgleichung nahe geführt ist, noch einer Er- läuterung. Rom an es wiederholt den im letzten Jahre von ihm ausgesprochenen, auf Seite 33 von mir citirten Satz, wonach die Otolithensäckchen der Sitz der Con- tractionsthätigkeit sein sollen und erklärt dann , dass eine grosse Anzahl von neuen Experimenten diese seine vorjährigen durchaus bestätigt haben l). Dass jetzt in „I was able to satisfy myself that the whole spontaneity of the lithocyst appeared to be exclusivly lodged in the minute sac of crystals'- hinter „lodged in'- die Wörter „or about" eingefügt sind, ist für die Frage nicht wesentlich. Romane s sagt: „In no one instance have I been able to detect any physiological evidence of the presence of ganglionic matter in the „contractile zones." In most instauces, of course , occasional contractions were given after removal of the lithocysts alone; but I was never able to observe that the spontaneity in these instauces proceeded more exclusively , or more frequently , from the contractile zones than from any other part of the general contractile tissue. For after allowiug the animal to recover from the shock consequent upou removal of its lithocysts alone, and then observiug the degree of spontaneity it manifested , I was in no case able to perceive that by now removing all the contractile zones, this degree of spontaneity was in the smal- lest degree dimiuished." In der Nachschrift 2) bemerkt er dagegen: „Lastly, the diffe- rence of opinion which existed between us with regard to the exact seat of spon- taneity in the covered eyed Medusae has also been happily removed. It appears that I have hitherto been under some misapprehension as to the precise area of tissue which Dr. Eimer intended to denote by his term „contractile zone"; for while I have hitherto supposed that by the term „contractile zone" Dr. Eimer intended to denote „the crescent-shaped interruption of the margin in which the lithocyst, together with its gelatinous hood, is situated", I now learn that I was incorrect in this supposition. From Prof. Eimer's letter I do not quite recognize the precise tissue-area which he endeavours to describe as the area to which his term „contractile zone" is applicable; but this is a matter of no moment, as he leaves no doubt that the area in question is confined to what I may call the micros- 1) Seite 661. 2) Seite 751. 104 copical vicinity of the lithocyst. No doubt, therefore , the difference between our experimental results is to be attributed rnerely to the differeut manner in which we performed the Operation of excising the lithocysts : for while conducting my experiments I supposed that the question which had to be settled was whether the spontaneity of the animal proceeded from the large „crescent-shaped interruptions" or from the very minute lithocysts; and, accordingly, in removing the latter alone, I was careful to remove thern well from their roots — thus, no doubt, disturbing the „nerve-epithelium", which Mr. Schäfer has figured as occupying the microscopical vicinity of the lithocysts. On the other band , Dr. Eimer, in conducting bis ex- periments, must have had a completely different question in view, and therefore, in excising the lithocysts, he no doubt took scrupulous care to remove them well above their roots, so leaving the „nerve-epithelium" intact. Thus our apparent want of agreement on this poiiit is shown to have arisen merely from a want of under- standing with regard to the term „contractile zone." Es ist somit klar, dass Romanes die „flügelähnlichen Anhänge" des Schirmran- des, zwischen welchen die Randkörper von Aurelia aurita liegen, als „contractile Zonen" aufgefasst hat und ich kann nur bedauern, dass meine erste Beschreibung zu diesem Missverständniss Veranlassung gegeben hat, obschon z. B. bei Cyanea capillata solche Anhänge nicht in entsprechender Weise vorhanden sind. Nachdem Rom an es schon bei der von ihm als Entfernen des Randkörpers bezeichneten Operation ein Stück- chen des Umbrellagewebes, welchem derselbe ansitzt , mit entfernt hatte, konnte er von dem Wegschneiden der von ihm als contractile Zonen aufgefassten Theile eine besondere Wirkung nicht mehr verspüren. Wenn nun durch diese Aufklärung unsere beiderseitigen Ergebnisse sich zusammenstellen lassen, so ist doch, wie ich schon in der Einleitung bemerkte, die Uebereinstimmung nur dann eine vollkommene , wenn Romanes darauf verzichtet, dem Krystallsäckchen , also dem unteren Theile des Randkörpers , die Bedeutung in der Frage zuzuschreiben, welche er demselben in seiner früheren Arbeit zugeschrieben hat. Indesseu glaube ich dies , wie gesagt, voraussetzen zu dürfen und freue mich somit der Erledigung dieser Differenz. 2) Was den zweiten Punkt angeht, in welchem wir uns in verschiedener Weise geäussert haben, die Erholung der Toponeuren nach eingetre- tener Lähmung, das Auftreten sekundärer Contractionen , wie es Romanes nennt, so kommen sich darin unsere neueren Resultate durchaus entgegen. Wenn Romanes in seiner früheren Arbeit in Beziehung auf meine Schilderung unregel- mässiger, schwacher Contractionen, welche nach dem Knicken auftreten, gesagt hatte : „I have frequently seen these after-contractions as rhythmical (tbough this is rare), 105 as effectual, and as powerful as those which had been previously supplied by the single remaining lithocyst", so sagt er jetzt in Beziehung auf Aurelia aurita : „The word „rare" here, as applied to the rhythmical nature of these affcer-contractions, is not sufficiently strong. If I had said „very" or „exceedingly rare'", the state- ment would have been more accurate" '). Dagegen sei das einfache „selten" für Cyanea eapillata richtig. Aus meinen vorstehenden eingaben ergibt sich , dass ich auf Grund schon 1874 und später angestellter neuer Versuche Erfahrungen gemacht habe , welche mit denjenigen von R oinanes durchaus übereinstimmen und be- kenne ich mich demselben aufrichtig dankbar für das sorgfältige Abwägen des Aus- drucks, um welchen er sich, wie ich vermuthe, zugleich in Rücksicht auf meine frü- heren Angaben, bemüht hat. Wenn mir auch bei meinen ersten spärlichen Expe- rimenten vollkommene zeitweise Erholung gelähmter Medusen nicht begegnet war, so begegnete sie mir, wie beschrieben, späterhin häufig und mehr und mehr , unter je natürlicheren Verhältnissen die Thiere zu halten ich Bedacht genommen hatte. Nach meinen Beobachtungen würde ich an dem „rare" von Roman es nichts aus- zusetzen haben und möchte ich fast annehmen, dass er damit auch für Aurelia aurita ganz ebenso Recht gehabt hat, wie mit dem späteren „very" oder „exceedingly rare" — mir wenigstens ist es, wie meine Darstellung zeigt, bei Beobachtung aller Vorsichtsmassregeln je länger desto weniger selten vorgekommen, dass eine auf be- stimmte Zeit begrenzte vollkommene Erholung nicht eingetreten ist. Unter irgend weniger günstigen äusseren oder auch unter unberechenbaren individuellen Verhält- nissen wird dies dagegen „sehr selten" der Fall sein können. Meine letzten Kieler Versuche, welche eine ganz ausserordentliche Widerstandsfähigkeit der Thiere zeigten, so dass sogar eine Lähmung derselben selbst durch das Ausschneiden der contrac- tilen Zonen fast gar nicht zu erreichen war , ohne dass ich im Stande wäre , mit absoluter Sicherheit die Ursachen dieses Verhaltens zu bezeichnen, beweisen am besten, welche Verschiedenheiten des Verhaltens in verschiedenen Versuchsreihen vorkom- men können. — Dasselbe, was für das Auftreten der Erholung an sich gilt, gilt selbst- verständlich auch für die Dauer derselben. Ich sah die schwachen Contractionen zuerst nur wenige Augenblicke dauern, später fand ich, dass rhythmisch gewordene Bewegungen Tage lang anhalten, in Uebereinstimmung mit Rom an es, welcher sagt, dass sie gewöhnlich einige Tage fortbestehen. Die Dauer hängt auch hier von äusseren , sowie von inneren nicht näher gekannten Ursachen ab. Wollten wir unsere Angaben über die erstere ganz genau vergleichen nnd in ihrem Werthe ab- 1) Seite 662. 14 106 wägen können, so müssten unsere Versuche unter ganz denselben Verhältnissen an- gestellt sein. Wichtiger als dies ist mir die Bestätigung meiner Angabe , dass die gelähmten Thiere, unter gleichen Verhältnissen mit nicht gelähmten gehalten, früher als die letzteren zu Grunde gehen, dass die Erholung nicht von Dauer ist. „Lastly, with regard to the greater vitality of unmutilated covered-eyed Medusae with their lithoeysts in situ than those which have hod these bodies removed , I have found my previous statement (Bestätigung meiner Angaben) substantially correct." Wenn er aber beifügt: „There are vvonderful individual variations, however, in this re- spect; for sometimes the irritability of the paralyzed speeimens will remain after that of unmutilated speeimens which are exposed to exactly the same conditions has been destroyed by decoinposition" ') , so stimmt solche Auffassung nur mit meinen übrigen Erfahrungen überein. Um möglichst gleiche Verhältnisse für ver- schiedene Objekte herzustellen ist Rom an es schliesslich ebenso verfahren wie ich, indem er eine Meduse in Antimere getheilt und nun die einen Antimere geknickt hat, die anderen nicht. Aber, wie wir wissen, haben sogar die Antimere ausgespro- chene Eigenart. Nachdem so die drei wichtigsten Differenzpunkte zwischen Romanes und mir in einer befriedigenden Weise erledigt sein dürften, habe ich noch einige Fragen zu berühren, in Beziehung auf welche der englische Forscher meine ersten Angaben geprüft hat. Zunächst die Beziehung zwischen der Zahl der in der Zeiteinheit ausgeführten Conti- act i on en und der Grösse der Thiere. Es freut mich, zu sehen, dass Romanes entsprechend dem von mir aufgestellten Satze findet, dass „the rate of the rhythm has a tendency to bear an inverse proportion to the size of the individual" s). Die Wahl seines Ausdruckes wird erläutert durch die Bemerkung, dass die individuellen Variationen eine grosse Rolle spielen, eine That- sache, auf welche ich im XIV. Abschnitte selbst hingewiesen habe. Trotzdem möchte ich auf Grund meiner zahlreichen Erfahrungen und mit Beziehung auf das in jenem Abschnitte Mitgetheilte bemerken, dass mit der von Romanes gewählten Fassuug „the rate of the rhythm has a tendency etc.'- in Anbetracht des Thatsächlichen viel zu wenig gesagt sei. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass man sogar im Stande sein wird, empirische Formeln herzustellen, die mit annähernder Genauigkeit vorausbe- stimmen, welche Anzahl unwillkürlicher Contractionen die verschiedenen Medusen- 1) Seite 663. 2) Seite 665. 107 arten — selbstverständlich jede Art für sich betrachtet — bei gegebenem Durch- messer in der Zeiteinheit machen werden und ich glaube , dass dafür schon die Zahlen sprechen, welche ich mitgetheilt habe. Was ferner meine Angaben über das Verhältniss der Dauer der Pausen zu der Zahl der voraufgegangenen Cont ractionen angeht, so habe ich in Rücksicht auf dieselben neue Beobachtungen nicht mitgetheilt. Die früheren lauteten wörtlich1): „Die Contractionen der Scheibe der unverletzten Aurelia aurita finden bei Tag beständig statt und, wie es scheint, ebenso bei Nacht. So. oft ich wenigstens zur Nachtzeit meiue Thiere besuchte , traf ich ihren Schirm in Thätigkeit. Auch wenn die Thiere sich nicht von der Stelle bewegen, dauert diese Thätigkeit fort Die Contractionen treten unter übrigens gleichen Verhält- nissen beim ruhig im Wasser schwebenden Thiere in gleichmässigem Rhythmus nacheinander auf, oft so regelmässig, dass man im Stande ist, ihnen während längerer Zeit zählend zu folgen , ohne dass man das Thier ansieht , nachdem man sich ein- mal die Grösse des zwischen je zweien derselben gelegenen Zeitintervalls gemerkt hat. Nur von Zeit zu Zeit findet eine Beschleunigung oder eine Verlangsamung der Zusammenziehungen statt und immer setzen dieselben von Zeit zu Zeit einen Augen- blick aus , so dass Pausen in der Bewegung entstehen. — Die Pausen treten nicht regellos ein und auch ihre Dauer ist einer gewissen Ordnung unterworfen. Je einer bestimmten Anzahl gleich rascher und gleich starker Contractionen nämlich folgt gewöhnlich eine Pause von annähernd derselben Dauer. Genauer lässt sich diese Regel wegen der Unbestimmbarkeit des einen der in Betracht kommenden Faktoren , der Stärke der Contractionen , einstweilen nicht formuliren. Vielleicht müsste bei genauer Kenntniss aller Thatsachen an ihre Stelle das Gesetz gestellt werden : die Dauer der Pausen steht in direktem Verhältniss zu der Zahl und Stärke der ihnen vorausgegangenen Contractionen. — Reizt man das Thier, sticht man z. B. mit einer Nadel in irgend einen Theil der Gallertscheibe ein, so nehmen die in der Zeiteinheit stattfindenden Contractionen plötzlich an Zahl zu ; es sucht dasselbe durch Ortsveränderung der Verfolgung zu entrinnen. So oft die Zusammenziehungen des Schirmes zur Fortbewegung im Wasser benützt werden, tritt diese Beschleunigung ein und je schneller die Bewegung, desto grösser ist sie selbstverständlich. Aber auch dann lässt sich oft feststellen, dass auf eine grössere Anzahl von in der Zeiteinheit stattfindenden Contractionen Pausen von längerer Dauer folgen , so dass auch dann zuweilen eine gewisse Compensation zwischen Be- 1) Ueber künstliche Theilbarkeit etc. Würzb. Verh. a. a. 0. S. 139. Zoolog. Unters. S. 47. 14 : 108 wegung und Ruhe durchsichtig wird. Indessen wird hier die Regel noch mehr wie beim ruhig schwebenden Thiere durch jenen nicht genau bestimmbaren Faktor, die Stärke der Contractionen , hauptsächlich aber dadurch , dass diese jetzt vom Willen beeinflusst werden, während sie vorhin unwillkürlich waren, verwischt oder gänzlich eliminirt. Die folgenden Beobachtungsreiben mögen das Mitgetheilte in etwas er- läutern. Ein frisch eiu gefangenes, ruhig auf derselben Stelle schwebendes Thier von . 13'|2 cm Durchmesser contrahirt sich in der lten Minute 20 2 „ 20 3 „ 20 4 „ 20 mal und zwar äusserst genau. Je drei Mal nach der zwölften und ein Mal nach der sechszehnten Contraction trat in jeder Minute eine kleine, einige Sekunden dauernde, jedoch nicht jedesmal gleich grosse Pause ein. Die Dauer der Pausen muss in diesem Falle sehr genau in direktem Verhältniss zu der Geschwindigkeit der ihr vorausge- gangenen Contractionen gestanden haben , denn nur so erklärt es sich , dass trotz ihrer Ungleichheit auf jede Minute genau zwanzig der letzteren fielen. Der grossen Regelmässigkeit wegen muss in diesem Falle wohl vorausgesetzt werden, dass auch die Stärke aller Contractionen eine nahezu gleiche war. — In der fünften Minute stellte die Meduse die Contractionen ein und stieg langsam nach oben. Nach län- gerer Ruhe traten ungemein rasche und heftige Contractionen ein , die aber bald wieder zur Norm von ungefähr zwanzig zurückkehrten. Ein Thier von 4*12 cm. Durchmesser machte : in der lten Minute 36 Contractionen 2 „ 36 3 „ 36 4 ?> 42 5 n 45 6 » 45 7 » 45 S » 35 9 0 » 47 44 jedesmal nach der 33ten Contraction trat eine Pause von 1 — 2 Sekun- den auf. ohne jede Pause. ausserdem eine Pause von 10 Sek. ohne jede Pause. Aus diesem Wortlaut geht vor allem hervor, dass ich proportionale Beziehun- gen zwischen Zahl und Stärke der Contractionen einerseits und der Dauer der 3 a a er < p 109 darauf folgenden Pausen andererseits überhaupt nur für das ruhig schwebende Thier angenommen habe, d. i. für der Mehrzahl nach unwillkürliche Contrac- tionen, für At h erabe wegungen; und auch hier sprach ich mich sehr bedingt aus mit den Worten : „Je einer bestimmten Anzahl gleich rascher und gleich starker Contractionen nämlich folgt gewöhnlich eine Pause von annähernd derselben Dauer. Genauer lässt sich die Regel .... einstweilen nicht formuliren. Viel- leicht müsste bei genauer Kenntniss aller Thatsachen an ihre Stelle das Gesetz gestellt werden : die Dauer der Pausen steht in direktem Verhältniss zu der Zahl und Stärke der ihuen vorausgegangenen Contractionen." In Beziehung auf die Be- wegungen des schwimmenden, den Ort verändernden Thieres aber, bei welchem vorzüglich mit willkürlichen Contractionen zu rechnen ist, habe ich von einer Proportion gar nicht gesprochen , habe nur gesagt , auch bei ihnen lasse sich oft feststellen , dass auf eine grössere Anzahl von in der Zeiteinheit stattfindenden Con- tractionen Pausen von längerer Dauer folgen." Roma nes hat nun, wie er sagt und wie sicherlich richtig sein wird, genaue Untersuchungen über die Frage gemacht mit Resultaten, welche meinen Angaben sehr wenig nahe zu stehen scheinen : dies rührt daher , dass er offenbar übersehen hat , dass ich eine proportionale Regel überhaupt nur für die der Mehrzahl nach unwillkürlichen Contractionen des ruhig schwebenden Thieres in Anspruch genommen habe und auch dies nur in der hervorgehobenen bedingten Weise. Er setzt, ganz im Widerspruch zu meiner Aeusseruug, voraus, ich hätte direkt proportionale Be- ziehungen zwischen Contractionszahl und Pausen angenommen und dies bei beliebig sich bewegenden Thieren, denn er sagt ohne weitere Einschränkung1): „Dr. Eimer affirms that the duration of the natural pauses, which in Aurelia sometimes alter- nate with bouts of swimming, bears a direct proportion to the number and strength of the contractions that occured in the previous bout of swimming." Dass er auf Grund solcher Voraussetzung bezüglich meiner Ansicht zu dem Schlüsse kommt, dass Beziehungen so genauer Art wie ich annehme zwischen den beiden in Frage ste- henden Faktoren nicht existiren2), ist natürlich. Um so erfreulicher ist es, dass er durch seine Untersuchungen, welche offenbar an durchaus unregelmässig, willkürlich sich contrahirenden Thieren angestellt sind, ganz zu denselben Ergebnissen gekommen ist, wie die sind, welche meine Worte eben in Beziehung auf diese unregelmässigen, willkürlichen Bewegungen als meine Erfahrung bezeichnet haben. Durch ein sehr 1) S. 665. 2) Seite 666 und 746. 110 schönes, Sarsia entnommenes Beispiel, welches Thier für die Beobachtung günstiger sei als Aurelia, illustrirt er diese Beziehungen und kommt zu dem Schlüsse: „as it will be seen that there is no precise relation between the number of the pulsations and the duration of the pauses. Nevertheless , that there is a general relation." Das Beispiel lautet: der Contractionen. Sekunden Ruhe. 38 30 22 35 49 40 30 45 46 20 2 15 24 380 112 20 45 185 894 30 6 45 4 140 2 185 30 240 200 60. Diese Zahlen in meinem Sinne erklärend, sagt Romanes mit Recht, dass darunter die Beziehung der langen Pause von 380 Sekunden zu den 112 darauffol- genden Contractionen augenscheinlich sei. „Den letzteren folgte eiue kurze Pause von 20 Sekunden und eine andere verhältnissmässig kleine Reihe von 45 Contrac- tionen; der erfrischende Einfluss der voraufgegaugeneu 380 Sekunden Ruhe war ver- muthlich durch die 112 Contractionen nicht völlig erschöpft. Als darauf weitere 185 Sekunden Ruhe folgten, war eine bedeutende Reservekraft angesammelt, so dass die unmittelbar nachher auftretende ungeheure Anzahl von 894 Contractionen er- klärlich wird" u. s. w. — Wenn man in Betracht zieht, was ich hervorgehoben habe, dass ein wesentlicher Faktor, die Stärke der Contractionen nicht gemessen werden kann und nicht berücksichtigt ist, so wird man für willkürliche Bewe- gungen in den aus dem Roman es 'sehen Beispiele sich ergebenden Beziehungen in Rücksicht auf meine Anordnungen Genüge finden. Die eigentliche Bedeutung der von mir aufgestellten Regel aber bezieht sich auf die Athembewegungen und sie be- sagt im Grunde nur, dass es absolut, mathematisch - regelmässige Athembewe- 111 gongen nicht giebt, dass ein gewisses Maass von Unregelmässigkeit nach Geschwin- digkeit oder Stärke dabei immer mit unterläuft, sei es in Folge willkürlicher Aktion oder von durch irgend welchen äusseren Reiz hervorgerufener Reflexaktion , dass aber solche Unregelmässigkeit so lange als die Bewegungen eben vorzugsweise Athem- bewegungen sind, gewöhnlich compensirt wird durch Pausen, welche zu der Un- regelmässigkeit in Zahl und Stärke der voraufgegangenen Contractionen in einem gewissen proportionalen Verhältnisse stehen. Und dies ist ganz natürlich, denn mag die Contraetion durch was für andere , mit der Athmung nicht zusammenhängende Ursachen verstärkt oder beschleunigt werden, beide, Verstärkung und Beschleunigung, werden ihr zu Gute kommen und eine nachfolgende Pause wird der Ausdruck sein augenblicklich geringeren Athembedürfnisses. Je mehr aber die willkürlichen Con- tractionen in den Vordergrund treten, um so weniger deutlich wird die Regel aus- gesprochen und um so mehr wird ein auf sie bezügliches Verhältniss überhaupt nur aus der Zusammenfassung zahlreicher Reihen von durch Pansen unterbrochenen Con- tractionen zu erkennen sein — jetzt kommt zu Allem noch der Faktor der Ermüdung, der Erholungsbedürftigkeit in Betracht, welcher bei den Athembewegungen wegfällt. So wird es denn auch selbstverständlich sein, dass proportionale Beziehungen in dem von mir hervorgehobenen Sinne nicht bei allen Medusenarten im Mittel in gleich ausgesprochenem Maasse vorhanden sein werden — viel weniger bei den höher ste- henden, bei welchen die Willensthätigkeit in höherem Grade in den Vordergrund tritt, viel mehr bei den tiefer stehenden mit mehr reflectorischer Existenz. So wird wohl Cyanea capillata in ihren Bewegungen viel mehr Beispiele für unsere Regel darbieten als Aurelia aurita — und dies stimmt auch mit früher erwähnten Aeusse- serungen von Roman es überein — Aurelia dagegen wird voraussichtlich deren wieder mehr darbieten, als die so hoch entwickelte Carmarina hastata. Eine interes- sante Stufenleiter würde sich somit aus der Beobachtung der Art der Bewegungen wohl für die geistige Entwicklung unserer Thiere aufstellen lassen. Die meiner Regel zu Grunde liegenden Zählungen beziehen sich nur auf Aurelia aurita und nur an Cyanea capillata habe ich ausserdem gelegentliche Beobachtungen gemacht. Abgesehen von den behandelten, mit Bezug auf meine Angaben angestellten Versuchen, hat Rom an es nun noch eine Reihe anderer gemacht, welche theil weise insbesondere für die Deutung des Nervensystems von nicht geringerer Tragweite sind als viele der erwähnten, und deren Resultate zum grössten Theile gleichfalls nahe Beziehungen zu den von mir beobachteten Thatsachen haben. Romanes findet, dass Abschneiden des Magenrohres (polypite) oder eines Theils der Schwimm- glocke von Aurelia oder einer anderen Toponeure zuerst Vermehrung der rhyth- 112 mischen Contractionen , dann aber eine progressive Abnahme derselben hervorruft, bis ihre Zahl schliesslich, nachdem sie kleiner geworden ist, als sie im unverletzten T h i e r e war, stationär bleibt. Unmittelbar n ach der Operation ist zugleich der Rhythmus ein unregelmässiger. (Es ist diese letztere Thatsacne nach ähnlichen Operationen schon in meiner ersten Mittheilung' von mir bemerkt worden — man vergleiche z.B. den V.Abschnitt — zugleich aber, dass stets unmit- telbar nach der Verwundung zuerst die oft erwähnte kurze Lähmungsperiode eintritt — erst später erfolgen die von Romanes bescbriebenen Erscheinungen.) Weg- nahme weiterer Stücke der Schwimmglocke hat nun dieselben Folgen wie die des ersten : die Zahl der in der Zeiteinheit bleibenden Contractionen sinkt jetzt noch tiefer. Wegschneiden des Gewebes rings um einen Randkörper — aber erst in der Breite von einem bis zwei Zoll — veranlasst ungeheuer lange Perioden von Un- thätigkeit. Während derselben kann auf Reiz eine Reihe von rhythmischen Contrac- tionen auftreten, gefolgt von einer weiteren langen Pause. Diese Thatsachen scheinen zu zeigen , dass die augenscheinlich automatische Thätigkeit der Randkörper verur- sacht sei durch eine constante Reizung, welche von anderen Theilen des Organismus her verstärkt wird. Ich möchte die von Romanes gegebene Erklärung in Rücksicht auf meine eigenen Beobachtungen und in Rücksicht auf anderweitige aus Thatsachen von mir gezo- genen Schlüsse in etwas anderen Worten ausdrücken. Ich hatte schon nach meinen ersten Versuchen angegeben, dass das Ausschneiden nur einer contractilen Zone oder selbst das Ausschneiden von sieben derselben so lange als die achte intakt sei, ge- schehen könne ohne dass — von der Bestürzungsperiode abgesehen — Lähmung auf- trete, wie sie auf das Entfernen der letzten Zone sofort folgt. Ich hatte nicht untersucht, ob nicht schon das Ausschneiden einer einzigen coutractilen Zone etwa eine längere Lähmungsperiode hervorrufen werde , als sie sonst , nach irgend welcher beliebigen anderen Operation sich zeigt. Die Ergebnisse von Romanes weisen auf Derartiges hin. Er findet, dass Wegnehmen irgend eines Körpertheils die Contractionsfähigkeit des Ganzen herabsetzt, dass aber Wegschneiden eines der in der Umgebung der Randkörper gelegenen Bezirke viel mehr eingreifend ist als Wegnehmen eines an- deren, indem es „ungeheuer lange Pausen von Unthätigkeit veranlasst.'' Jener Be- zirk enthält nun eine contractile Zone: wenn Romanes sagt, dass, um die Wirkung zu erzielen, das Gewebe in der Breite von 1 bis 2 Zoll weggenommen werden musste, so ist vorauszusetzen, dass sie schon vorher in geringerem Grade bemerkbar gewesen, aber erst successive bis zu dem beschriebenen Grade gewach- sen sein wird. Involvirt somit der Versuch von Romanes die Wirkung des 113 Ausschneidens einer einzigen contractilen Zone im Gegensatz zu der Operation des Wegnehmens irgend eines anderen Körpertheils von dem übrigens unverletzten Thiere, so muss er veranlassen zu untersuchen, ob die Wirkung nicht jedesmal früher, nach Wegschneiden eines kleineren Randstückes eingetreten sein würde, wenn er den zwei- ten, dritten u. s. w. und besonders, wenn er den letzten Randbezirk ausgeschnitten hätte — vielleicht würde in diesem letzteren Falle das Entfernen eines ganz kleinen Gewebsstückchens sammt Randkörper schon genügt haben, um die Wirkung — d. i. mehr oder weniger vollkommene Lähmung — hervorzurufen. Entsprechende Ver- suche würden noch anzustellen sein. Vielleicht aber dürfte eine grössere Reihe von Experimenten Fälle aufweisen , in welchen auch schon das Ausschneiden eines ein- zigen ganz kleinen Randkörperbezirks die von Romanes geschilderten Erscheinun- gen bewirkt, wie mir umgekehrt deren begegnet sind, in welchen erst nach Aus- schneiden sehr umfangreicher Randkörperstücke Lähmung eingetreten ist. Ich würde die Wirkung des in Frage stehenden Versuchs Hand in Hand mit anderen Erfah- rungen nun folgendermassen erklären : es sind über den ganzen Körper der Meduse centrale Nervenzellen verbreitet, besonders augehäuft sind sie in der Umgebung der Randkörper. Wegnehmen irgend eines Körperstückes muss demnach nothwendig die Contractionsenergie vermindern, in ganz besonderem Grade aber wird sie vermindert durch Entfernen eines Stückes Gewebe in der Umgebung eines Randkörpers. Wenn also Romanes folgert, dass die automatische Thätigkeit der Randkörper verursacht sei durch eine constante Reizung , welche von anderen Theilen des Organismus her verstärkt wird , so würde ich sagen , sie wird zwar wesentlich verursacht durch die auf den Randkörpern und in deren Umgebung gelegenen Nervenzellen , aber in den übrigen Theilen des Körpers gelegene Centralapparate haben an ihr gleichfalls einen, wenn auch geringeren Antheil. Das Entfernen irgend eines Stückes des Körpers wird demnach allerdings einen Theil des die Bewegungsthätigkeit vermittelnden Reizes wegnehmen , weil es einen Theil der centralen Nervenkraft wegnimmt. Unverhält- nissmässig viel von dieser Nervenkraft wird aber eliminirt durch die Wegnahme eines Randkörpers sammt Umgebung, weil hier der vorzugsweise Sitz der centralen Apparate ist. Weiterhin kommt nun R o m a n e s zu dem bemerkenswerthen , aber schon früher von mir vervvertheten Schluss, dass ein gewisses proportionales Verhältniss bestehe zwischen der Grösse des weggenommenen Gewebsstückes und dem Grade der Verminderung der Contractionsfähigkeit. Es darf wohl hier noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass die früher von mir ausgesprochene Beobachtung, wonach eine abnorme Vermehrung der Rand- 15 114 körper einer Meduse eine Erhöhung der Contractionsthätigkeit derselben zur Folge hat. auch in den Angaben von Rom an es eine erklärende Stütze findet. Es *ei hier noch angefügt, dass Komanes die unmittelbar nach dem Abschneiden eines Körper- stückes auftretenden Erscheinungen (Beschleunigung und Unregelmässigkeit des Rhythmus) als eine Folge der Verletzung der Nerven (Durchschneiden) bezeichnet. Ebenso erklärt er es , dass er einmal sogar nach Wegnahme des Magenrohrs einen heftigen und lang andauernden Krampf beobachtet hat. Ich selbst habe die nach einer Verwundung eintretende kurze Lähmungsperiode als Folge des Eingriffes in das Nervensystem bezeichnet (vergl. IV. Abschnitt); zur Erklärung der darauffolgenden Erscheinungen wird aber auch der Ein- fluss des Willens (bezw. automatisches Handeln] in Betracht zu ziehen sein. Es sei daran erinnert, wie schon Forbes (vergl. den X. Abschnitt) das Verhalten der ßhizostoma Aldrovandi nach Entfernen der einen Hälfte der .Subumbrella schildert: die nicht verletzte Hälfte contrahirte sich nach der Operation mit grösserer Geschwindigkeit: „as if the animal was alarmed or suffering" und weiter sagt er: „All the Medusae when irritated beeome much more rapid in their inovements, and contract and expand their disks or bodies in a hurried and irregulär manner, as if endeavouring to escape from their persecutors". Es ist natürlich, dass das Thier die Contractionen beschleunigt, um seinen Peinigern zu entrinnen ; aber auch abgesehen hievon mag es seinen Körper nach der Verwundung lebhaft contrahiren aus denselben Gründen , aus welchen etwa ein Mensch die Hand, in deren Finger er sich stark geschnitten hat , lebhaft schüttelt — wie viel aber von den Erscheinungen auf willkürliche, wie viel auf Reflexbewegung zu schieben ist, lässt sich selbstverständlich nicht sagen. Die Temperatur übt einen grossen Einfluss auf die rhythmische Contrac- tionsthätigkeit aus '). Wasser unter 20° hebt dieselbe ebenso wie auch die Reizbar- keit auf; Wasser über 70° bewirkt eine andauernde Verlangsamung des Rhythmus, nachdem es ihn zeitweise beschleunigt hat. Wasser zwischen 50° und 60° beschleu- nigt den Rhythmus andauernd, so lange als Medusen , welche aus kälterem Wasser genommen worden sind, seinem Einfluss ausgesetzt bleiben. In sehr kaltem Wasser ist der Verlust der rhythmischen Contractionsfähigkeit ein schrittweiser, obschon sehr rascher und ebenso sein Wiederauftreten nach dem Zurückbringen des Thieres in warmes. Aurelien , welche man hat gefrieren lassen , leben nach dem Aufthauen wieder auf, allein eine vollständige Rückkehr des ursprünglichen Rhythmus der Be- wegung wurde nicht beobachtet. Es sind in den angegebenen Zahlen natürlich Grade Fahrenheit gemeint (20° F = — 6,66° C, 70° F = + 21,11° C, 50 — 00° F = + 10—15,55° C). Am wichtigsten ist für mich die Thatsache, dass schon Wasser über 21° C eine andauernde Verlangsamung des Rhythmus der Bewegungen bewirkt; sie erklärt auf das Wün- schriiwertheste den im Verlauf meiner Darstellung wiederholt hervorgehobenen Ein- fluss der Temperaturschwankuugen , wie sie innerhalb des Rahmens der Jahreszeit auftreten und wie sie geltend werden , je nachdem man die Untersuchung in der See selbst oder ausserhalb derselben anstellt, für die Widerstandsfähigkeit der Thiere, 1) Die Versuche sind vorzüglich an Aurelia angestellt. 115 insbesondere für deren Erholung aus der Lähmung. Denn es leuchtet ein, dass ein ge- lähmtes Thier , welches in Folge hoher Temperatur des Wassers nicht zu einer be- stimmten Anzahl von Contractionen in gegebener Zeit gelangen kann, sich gar nicht erholen wird oder doch viel schwerer und unvollkommener , als ein solches , bei welchem in dieser Beziehung günstigere Verhältnisse obwalten. Es ist desshalb klar, dass es , um die Wirkungen verschiedener Versuche unmittelbar genau vergleichen zu können, in Zukunft nöthig sein wird , bei jedem einzelnen derselben die Tempe- ratur des Wassers und der Luft anzugeben, wie ich schon früher — und bevor ich die Zahlen von Roman es kannte — vorausgesetzt hatte (vgl. u. A. besonders Seite 47). Sauerstoff beschleunigt den Rhythmus, Kohlensäure verlangsamt ihn; wenn letztere in grossen Dosen angewendet wird, zerstört sie die willkürliche Contractions- fähigkeit und die Reizbarkeit. Der erste Theil dieses Satzes ist schon enthalten in meiner Schilderung des Einflusses vou Sauerstoffmangel auf die Bewegungen (III. Abschnitt). Romanes bestätigt die von mir auch schon in meiner ersten Abhand- lung1) geschilderte Wirkung verdorbenen Wassers auf den Rhythmus der Contrac- tionen und auf die Dauer der Pausen, sowie die Erholung unter dem Einfluss fri- schen Wassers; dort ist gesagt, dass die Zahl der Contractionen, welche in durch die Athmung verbrauchtem Wasser in der Zeiteinheit gemacht wird, bald grösser, als beim frischen Thiere ist, bald viel kleiner ; es wird somit der Einfluss von Kohlen- säure wohl unter bestimmten Verhältnissen die Contractionsthätigkeit verlangsamen, insofern als sie lähmend, vergiftend, auf das Thier wirkt, die zugleich entstehende Athemnoth aber wird von Zeit zu Zeit eine Beschleunigung derselben hervorrufen können. Ein sehr schönes Beispiel für die Verlangsamung des Rhythmus durch Koh- lensäure bietet das auf Seite 85 von mir gegebene Beispiel in den Fälleu 1 — 5 ge- genüber den Fällen 6 — 9 dar. Die Einwirkung eines einfachen mechanischen oder chemischen Rei- zes auf den gelähmten Schirm einer toponeuren Meduse ruft — wie für ersteren von mir bemerkt — häutig eine kurze Reihe von rhythmischen Contractionen her- vor. Licht wirkt bei einigen Arten als kräftiger Reiz, verursacht Contractionen, und zwar das Licht an sich, nicht der Wechsel von Dunkel und Licht: denn Dun- kelheit nach Einwirkung des Lichts reizt nicht (Sarsia). Nach Wegnahme der Rand- ansch wellungen reizt das Licht nicht mehr (Sarsia). Für Aurelia konnte Aehuliches 1) Ueber künstl. Theilbarkeit etc. Würzb. Verh. a. a. 0. S. 148 n. S. 106, 157. Zoolog. Unters. S. 56 u. S. 64, 65. 15* 116 nicht festgestellt werden. Beweise für ß eflext hätigkeit werden nach Unter- suchungen an Sarsia beigebracht. Ich mache darauf aufmerksam , welch schönes Beispiel für Reflexthätigkeit bei Aurelia unter meinen Versuchen der im XIII. Ab- schnitt auf Seite 82 geschilderte Versuch D am IV. Tage darbietet: das der con- tractilen Zonen beraubte Thier ist noch au diesem Tage gelähmt mit Ausnahme zweier Afterlappen, welche sich rhythmisch contrahiren , und in welchen sich also Ersatz-Contractionscentren gebildet haben. Sticht man nun mit einer Nadel in den vollkommen gelähmten Mitteltbeil der Meduse hinein, so antworten diese Lappen mit einer kräftigen Contraction, und schwach antworten auch einige der übrigen Afterlappen, welche selbstständiger Contraction noch nicht wieder fähig sind. Durch Zerschneidungsversuche kommt Roman es u. A. zu dem Schlüsse, dass der Magenstiel von Sarsia in sehr inniger Verbindung steht mit dem Schirme und insbesondere mit den Randkörpern durch einen Nervenplexus , welcher das Ge- webe durchziehe, aber die Hauptzüge der Nervenfasern seien bei den verschiedenen Individuen nicht constante und es seien dieselben in keiner Weise an den Verlauf der Radiärgefässe gebunden. -- In der Voraussetzung, dass die convexe Oberfläche des Thieres, weil dieselbe am leichtesten in Berührung mit fremden Körperu kommt, von den Randganglien aus mit Nerven versorgt werde, wurde sie bei Sarsia elekt- risch gereizt, allein es ergab sich die auffallende Tbatsache, dass selbst starke Reize keinerlei Wirkung haben1). Bei allen Medusen, welche darauf untersucht wurden, war die Erregbarkeit des Schirmes beschränkt auf die denselben von unten deckende dünne Lage von contractilem Gewebe2). Sehr interessante Versuche an Tia- ropsis indicans (Rom.) zeigen, dass hier jeder Bezirk des Magenschlauches im Stande ist, einen Reiz zu lokalisiren (d. i. die Stelle zu erkennen, an welcher er ausgeübt ist) : reizt man die Sehwimmglocke an gleichviel welcher Stelle , jedesmal neigt sich der Magenschlauch gegen die gereizte Stelle hin. Ebenso neigt sich aber irgend ein beliebiges ausgeschnittenes Stück des Magenrohres nach der Stelle hin , an welcher es selbst gereizt worden ist: „Hence there can be no doubt that every portion of the polypite . . . is independently endowed with the capacity of very precisely localizing a point of irritation which is seated either in its own substance or in that of the' bell." Aehnliche Erscheinungen zeigen sich an abgeschnittenen Stücken des Schirmes , sind aber nicht mit derselben Sicherheit zu deuten. Es wird hervor- gehoben, dass diese Funktion zu lokalisiren, welche, wenn sie irgendwo bei höheren Thieren sich fände, sicher umschriebene Gauglienceutren voraussetzen liesse, bei der 1) S. 699. 2) Hier und im folgenden ist der Ausdruck contraetiles Gewebes richtig für Muskelgewebe gebraucht. 117 Meduse über das ganze Lager von eontractilem Gewebe zerstreut ist, welches die Oberfläche des Magenrohres überkleidet. Es sei ihm nicht bekannt, dass Aehnliches irgendwo bis jetzt im Thierreiche beschrieben worden , aber er zweifle nicht daran, dass zukünftige Untersuchungen ein entsprechendes Verhalten als gewöhnliche Ein- richtung bei den niederen Thieren erkennen lassen werden. — Ich brauche kaum daran zu erinnern, in wie hohem Grade diese physiologischen Untersuchungen an Tiaropsis indicans eine Parallele bieten zu der Deutung, welche ich den morpho- logischen Einrichtungen des Nervensystems bei Beroe ovatus gegeben habe, um so weniger, als ich nothwendig späterhin auf diese Parallele zurückkommen muss. — Um die Art der Nervenverbindung zwischen Sehwimmglocke und Magenrohr festzustellen, ward nun an der Stelle des Uebergangs des letzteren in die erstere ein Einschnitt gemacht: es vermochte jener jetzt auf diese ausgeübte Reize nicht mehr zu lokali- siren — aber er löste den Reiz noch aus und der Magenschlauch suchte jetzt ge- wissermassen von einer Stelle zur anderen , indem er sein Ende da und dorthin wendete. Je näher dem Schnitt übrigens der Reiz ausgeübt wird , um so sicherer ist noch die Lokalisirung. Aus den Versuchen geht hervor, dass die Verbindung vorzugsweise eine radiale ist, dass aber auch nicht radiale Verbindungen vorhanden sind. Die letzteren müssen nach Zerstören (Durchschneiden) der ersteren für diese vicariiren. Somit kommt Romanes durch seine Versuche im Wesentlichen ganz auf dieselben Schlüsse, welche ich durch Durchschneiden der Muskelschichte ver- schiedener Medusen erlangt habe , denn er folgert wie ich , dass das Nervenlager, durch dessen Durchschneiden die Coordination gestört worden ist, unter der Muskel- schichte liegen müsse. Von den nicht radialen (überall gelegenen) Nervenzügen, die er als Plexus bezeichnet, bemerkt er noch, dass sie Durchschneiden bis zu bedeuten- der Tiefe ertragen, insbesondere in der Gegend der radialen Ernährungskanäle. Versuche an Aurelia aurita mit elektrischer Reizung zeigen die Berechtigung der Auffassung, dass die Erregung durch Nerven vermittelt werde. Die Schirmunter- fläche ist nicht überall in gleicher Weise erregbar und der Reiz pflanzt sich nicht überall hin mit gleicher Stärke fort, sondern es gibt Bezirke von geringerer und solche von grösserer Erregbarkeit, mit unregelmässigen Grenzen, welche von sehr schwachen Reizen nicht überschritten werden (an ausgeschnittenen Stücken von Aurelia). Sehr bemerkenswerth ist die Thatsache, dass ein Nervenreiz in Aurelia nicht schneller fortgepflanzt wird als eine Contractionswelle 2). Desshalb können wir nicht annehmen, dass die Aktion der lokomotorischen Ganglien bei diesem Thiere im eigent- 1) S. 706. 2) S. 725. 118 liehen Sinne des Wortes eine coordinirte sei : „for if a Stimulus- wave cannot outrun a contractile wave. one ganglion caunot know that another ganglion has discharged its influence tili the eontractile wave which results from a discharge of the active ganglion has reached the passive one" '). Die von mir beschriebene Thatsache, dass sich die Contractiouen des unverletzten Schirmes bei der Bewegung desselben deutlich von einer contractilen Zone auf die andere fortpflanzen -), ohne dass irgend Zeichen von Coordination zwischen den einzelnen Contractionscentren vorhanden sind, erklärt sich auf diese Weise 3) , auch wenn Nervenverbindung im Bande wie sonst in der Umbrella vorhanden ist4). Rom an es gibt dafür eigene Beobachtungen an und ebenso dafür, dass nach Einschneiden zwischen zwei Centren auch dann wenn vorher gleichzeitige Contraction aller Antimere statt hatte, die Synchronie gestört ist und dass jetzt bald dieses Segment, bald jenes den Anstoss zur Erregung gibt, welche dann auf die anderen fortgepflanzt wird5), Da nun ausserdem die Meduse in ausserordentlichem Grade zerschnitten wer- den kann , ohne dass Leituugs- und Contractionsfähigkeit leiden , da Leitungs- und Contractiousiähigkeit gleich schwierig zu zerstören sind , so sind wir , schliesst Roman es, veranlasst anzunehmen, dass diese beiden Funktionen wahrscheinlich an dieselben Gewebselemente gebunden sind („For excitatioual continuity beeing thus shown as difficult to destroy, in the case of this Medusa, as is contractional conti- nuity, we are led to conclude .... that both these funetious are probably dependent on the same tissue-elements") b). Die Thatsache, dass selbst nach ausserordentlich hoch- gradiger Zerschneidung die Leitungsfähigkeit bleibt, kann indessen durch Kleinen- bergs Theorie von zweifach funktionirenden Zellen nicht erklärt werden, denn es werden zuweilen Contractions wellen durch Zerschneiduug aufgehalten, während ein Reiz doch noch Zusammeuziehung der Tentakel hervorrufen kann. Öder: reizt man die Schirm unterfläche so leicht, dass gar keine Contractionswelle hervorgerufen wird, so kann man doch beobachten, dass dieser Reiz Contraction der Tentakel hervorruft. Wir sind somit zu der Annahme eines Nervenplexus mit der Fähigkeit des A icariirens veranlasst. Bei den bedecktäugigen Medusen scheint eine andere Coordination zwi- schen den einzelnen Randkörpern nicht zu bestehen, ausgenommen die, dass Con- tractionswellen schnell von dem einen zum anderen zieheu und , während sie die- 1) S. 720. 2) Vergl. S. 21 und »Ueber küustl. Theilbarkeit« etc. Würzb. Verb. a. a. 0 S. 111. Zoolog. Unter. S. -4:». 3) S. 727. 4) Man vergleiche das Folgende. 5) Vergl. den VI. Abschnitt und Würzb. Verb. a. a. O. S. 151. Zoolog. Unters. S. 59. 6) S. 749. 119 selben durchziehen, Entladung hervorrufen, während bei den Nacktäugigen eine Ver- bindung durch Nerven stattfindet. — Ich werde auf diese Fragen und auf die Rom an es 'sehe Fassung der aus den Thatsachen zu ziehenden Folgerungen am Schlüsse meiner Arbeit zurückkommen. Endlich wird der Einfluss noch einiger Gifte aufgeführt und bemerkt, dass süsses Wasser für die Medusen tödtlich ist. ClilllS1) vermochte „durch Wiederholung der Ei in er 'sehen Experimente an Aurelia und Chrysaora die Richtigkeit der wichtigsten Resultate derselben zu bestä- tigen'-, macht weiterhin einige Ausstände an denselben, die durch das Vorstehende erledigt sein möchten, vor allem derjenige, dass nach der Lähmung nicht nur schwache, sondern ganz kräftige Contractionen des ganzen Schirmes auftreten, „welche freilich nicht regelmässig und rhythmisch, sondern vereinzelt, nach langen Pausen" erschei- nen. Meine Untersuchungen hatten mich, wie bekannt, schon vorher gelehrt, dass diese Contractionen sogar vollkommen rhythmisch wieder auftreten können. Erst nachdem ich die wesentlichsten meiner Beobachtungen gemacht hatte, bekam ich mehr und mehr Kenntniss von Versuchen über Zertheilen von Medusen, welche im Gegensatz zu den bisher behandelten vor meinen ersten bezüglichen Experimenten gemacht worden sind , Angaben , welche in der Literatur zerstreut, theilweise in der Zeit ziemlich weit zurückreichen. Zwar sind diese Versuche meist nur gelegentlich erwähnt und nirgends planvoll , mit bewusstem Zwecke be- handelt und durchgeführt. Aber trotzdem ist die Thatsache , dass dieselben so spurlos begraben bleiben konnten , ein kaum erfreuliches Erinnerungszeichen einer- seits daran, wie ferne die heutige Physiologie der Benützung des fruchtbringenden Bodens der niederen Thierwelt steht und andererseits daran, wie die Zoologie, von der Herrschaft trockener Systematik kaum erlöst, fast ausschliesslich morphologischer Behandlung anheimgefallen und von der berechtigten biologischen Gestaltung mehr als je entfernt ist, so dass allgemein biologische und speciell physiologische Fragen in der zoologischen Sammelliteratur heute auch nicht das bescheidenste Maass von Beachtung finden. MaCl'i. Vor einem Jahrhundert veröffentlichte der Neapolitaner Saverio Macri eine Abhandlung über den „Polmone mariuo degli antichi"2), d. i. Rhizo- 1) Studien über Polypen u. Quallen der Adria. Denkschr. d. k. k. Akad. d. W. rnath. naturw. Cl. XXXVII. Bd. I. Abth. 1877. 2) Nuove osservazioni intorno la storia naturale del Polmone marino degli antichi, Napoli 1778. 8. 1 Taf. 120 stoma Cuvieri, welche 1832 in den Atti clella Reale Accademia Borbouica neu ab- gedruckt wurde, weil sie selten geworden war1). Das Original der ersten Auflage inuss Eysenhardt vorgelegen haben, welcher den Inhalt der Schrift im Jahre 1821 ziemlich eingehend behandelt2). Er sagt, er sei auf dieselbe durch Rudolphi auf- merksam gemacht worden. Mir liegt der Abdruck vor, der aber gleichfalls wenig bekannt zu sein scheint. Es fehlt die Schrift z. B. in dem Literaturverzeichniss von Bronn's Klassen und Ordnungen des Thierreichs , obschon sie 50 Seiten in Quart stark und wenn auch dem Inhalte nach nicht von besonderer wissenschaftlicher, so doch jedenfalls von hervorragender historischer Bedeutung ist. Ich linde in ihr die ersten Bemerkungen darüber, dass Theile des Medusenschirmes nach ihrer Loslösung vom Gesammtorganismus noch fortleben. Macri sagt nämlich in dieser Beziehung von dem Polmone marino : „Se si taglia a traverso l'intero gambo , o l'ombrella , o se tagliasi in piu parti questa Medusa . appena tratta d'al mare, l'animale anche vive per molte ore, palpitando sempre col cappello" 3). Er behauptet auch, dass nach Verstümmelung des Hutstiels und seiner Theile eine Reproduktion stattfinde. Aus seinen Worten scheint jedoch hervorzugehen, dass er sich im Wesentlichen nur auf die Aussagen der Fischer stützt, während er selbst nur Narbenbildung oder die Ent- stehung von kleinen Auswüchsen beobachtet hat, von welchen letzteren er nun an- nimmt, dass sie zu dem „Hutstiel", zu den Armen und deren Anhängen heranwachsen 4). Thatsächlich berichtet Niemand später über eine Reproduktion verstümmelter Theile bei Rhizostoma oder bei anderen topon euren Medusen , wie ich selbst niemals eine solche wahrnehmen konnte. Dass sie in der That jedenfalls bei Aurelia in keiner Weise stattfindet , das beweist die Thatsache , dass an den von mir beobachteten Krüppeln nie irgend Spuren derselben zu beobachten waren. Gäde spricht sich gegen die Regeneration von Aurelia aurita in meinem Sinne schon im Jahre 18 IG aus"). In seiner Abhandlung sind auch schon Bemerkungen über das Fortleben vou Theilen enthalten , welche von diesem Thiere losgetrennt 1) Atti della Reale Accademia delle scienze, sezione della Societa Reale Borbonica, Vol. III. 1832, Gasse di Pisica e di Storia Naturale S. 3. 2) F. W. Eysenhardt, zur Anatomie und Naturgeschichte der Quallen. I. Von dem Rhizostoma Cu- vierii Lam. N. A. A. C. L. C. T. X. 1821. 3) a. a. 0. (Accad. Borb. S. 40.) 4) Die Worte, welche ich diesem Sinne glaube deuten zu müssen, lauten: »mutilati i rami, le otto braccia o le ultime appendici le riproduce di bei nuovo come prima. Questa e un' opinione ricevutissima da' nostrali pesca- tori, e confermata dalla lunga osservatione : la rpiale c'insegna, che nelle parti mutilate prossime a riprodursi, or veggonsi delle manifeste cicatrice rammarginate, come quelle delle t'erite ; ed or talune piccole escrescenze irregolari a guisa di bottoni, formanti il gambo, le braccia, i rami.« 5) Man vergl. die kleine Schrift von H. M. Gäde, »Beiträge zur Anatomie u. Physiologie der Medusen«, Berlin 1816. 121 waren. Gäde findet, dass die Reproduktionskraft der Aurelia sehr gering sei. „Wenn ich", sagt er, „einen Theil ihres Körpers abschnitt, so bemerkte ich auch nach langer Zeit nicht den geringsten Schein von Wiederherstellung des verlorenen Theils, sondern nur eine völlige Abrundung der Durchschnittsstelle, die wenig Stun- den nach dem Abschneiden erfolgte. Das Thier selbst schien indess , selbst wenn ich ihm viele und grosse Stücke raubte, ebenso munter zu sein, als es vor der Ver- stümmelung gewesen war. Zerschnitt ich eine Meduse in mehrere Stücke, so lebten diejenigen, an denen auch nur ein Magensack geblieben war, fort; diejenigen hin- gegen, bei denen das nicht der Fall war, führten höchstens ein zweitägiges Leben. Auch müssen die Gläser, in welchen man diese Thiere beobachtet, täglich mit frischem Meerwasser gefüllt werden ; wird diese Erneuerung des Wassers nur für einen Tag ausgesetzt, so sterben sie sehr bald." — Da bei Gäde die des Magensackes beraub- ten Thiere nicht länger als zwei Tage lebten, so muss er die von ihm zuletzt erwähnte Vorsichtsmassregel selbst sehr wenig sorgfältig gehandhabt haben. Auch Eysenliardt erwähnt von Rhizostoma im Jahre 1821 die Thatsache , dass abgeschnittene Stücke des „Hutes" noch nach mehreren Stunden „Klappenversuche" machen1). Musste ihm dies von Macri her bekannt sein, so lässt auf eigene Beobachtungen die neue Nachricht schliessen , dass die Klappenversuche, „welche zwar zuletzt immer schwächer werden, sich erneuern, wenn man die Stücke stark berührt oder hineinsticht" 2). Spallanzaili veröffentlicht , wie es scheint ohne die Mittheilungen der bisher genannten Forscher zu kennen , wenige Jahre später Beobachtungen über die Bewe- gungen der Meduseu und über das Fortleben von Theilstücken derselben3). Und zwar verfuhr er zuerst consequent experimentell , in der Absicht , den Sitz der Con- tractionsursache aufzufinden. Er beschreibt zunächst die Bewegungen der Medusen4). Dieselben geschehen, sagt er, durch abwechselnde Verengerung und Erweiterung des Schirmes in Folge des durch erstere bedingten Rückstosses des Wassers. Hören sie auf, so sinkt das Thier zu Boden, weil es specifisch schwerer ist als das Wasser des 1) a. a. 0. S. 408. 2) Claus sagt in seinem Lehrbuch der Zoologie (III. Aufl. S. 241) bei Gelegenheit des Erwähnens einiger Ergebnisse meiner bezüglichen Untersuchungen über Aurelia : »Schon älteren Beobachtern (Eysenhardt) war bekannt, dass der getrennte Schirmrand automatische Contractionen ausführt.« Es ist wesentlich, ob Eysenhardt, wie aus den Worten von Claus hervorgehen möchte, schon aufgefallen ist, dass der Schirmrand oder Theile des- selben losgelöst sich contrahiren , andere Theile nicht. Aus den oben citirten Worten dieses Forschers, mit Aus- nahme welcher ich bei ihm keine den Gegenstand betreffende Bemerkung finde, geht jedoch solche Unterscheidung keineswegs hervor. 3) Lazzaro Spallanzani, Viaggi alle due Sicilie T. III. Milano 1826. 4) a. a. 0. S. 15. 16 122 Meeres. Dies hatte übrigens schon mehr denn hundert Jahre früher Eeaumur1) be- hauptet, indem er in seiner Abhandlung über die Ortsbeweguug der Thiere sagt, dass die an's Land geworfenen todten Quallen untersinken , wenn man sie wieder in's Wasser wirft: sie seien schwerer als das Wasser und hielten sich während des Lebens darin durch die Bewegungen des Schirmes2). Ganz im Gegensatze zu Spallanzani's Aeusserung hatte ich bei meinen ersten Lähmuugsversuchen beobachtet, dass Aurelia nach der Lähmung an die Ober- fläche des Wassers mit ausgebreitetem Schirme emporgetragen wurde, während Cyanea sank3). Meine neueren Versuche haben mir, wie auf Seite 26 gesagt ist, gezeigt, dass die gelähmte Aurelia bald sinkt, bald steigt; die gelähmte Cyanea mit Fang- fäden sank, ohne Faugfäden stieg sie in wiederholten Fällen. Ebenso können lebende Aurelien , wenn sie ihre Bewegungen einstellen . unter die Oberfläche des Wassers emporsteigen und auch bei anderen Medusen ist dies zu beobachten. Ausgeschnittene Einzelantimere sinken4). — Ich werde an einem anderen Orte auf diese Verhältnisse näher eingehen und zugleich über die Locomotion von Beroe Neues berichten. Um den Sitz der Contractionsursache zu finden, schnitt Spallanzani zu- nächst ein kreisförmiges Stück, einen Zoll im Durchmesser haltend, aus dem oberen Theile einer Meduse aus. Dieses ausgeschnittene Stück contrahirte sich nicht mehr, auch nicht auf Reiz. Der ringförmige Rest des Thieres dagegen contrahirte sich noch. Der Ring wurde darauf dadurch verschmälert, dass eine innere Zone von ihm weggeschnitten wurde. Auch diese letztere contrahirte sich , im Gegensatz zum äusseren Ringtheile nicht. „Con novelle recisioni venni in fine a scoprire la sede e Torigine dell' oscillatioue (so nennt er das abwechselnde sich Verengern und Er- weitern des Schirmes) nelle meduse" — es ist offenbar das Muskelgewebe der Sub- umbrella, von welchem die Contractionen ausgehen 5). Dieses Muskelgewebe beschreibt Spallanzani kurz vorher6), und wie er sagt, zuerst als solches. Schon Macri leitete die Zusarumenziehungen des Schirmes von den „concentrischen Fibern" auf der unteren 1) Reaumur »Du mouveuient progressif et de quelques autres mouveniens de diverses especes de Coquillages, Orties et Etoiles de mer«. Hist. de l'Acad. royale des sciences, Annee 1710, S. 434 ff. Paris 17o'2. 2) a, a. 0. S. 484. 3) Ueber künstliche Theilbarkeit etc. Würzb. Vevh. a. a. 0. S. 143 u. 160. Zoolog. Unters. S. 51 u. 68. 4) a. a. 0. S. 145 bezw. S. 53. 5) »Di sopra ho ragionato di ün tessuto sottilmente musculoso , che dei lembi dell' ombrello s'hioltra per un dato spazio su l'interno delle sue pareti. Espiato alla lente si trova composto di un iminenso nuniero di sot- tilissime fibre carnose trasversali, fra se parallele e sommaniente aderenti alla sostauza gelatinosa dell' ombrello d'all agire di cotai fibre trasversali e dal loro rilassarsi dipende tutto il giuoco delle oscillazioue. Ogni qualvolta dunque ellene si accorciano la porzioue dell' ombrello alla quäle sono attacate i stretta a restrignersi il che non puo accadere senza che il restante dell' ombrello vada sogetto a restignimento. Quindi si ha la sistole nella me- dusa.« a. a. 0. S. 17. 6) a. a. 0. S. 11. 123 Fläche der Medusen her, zugleich freilich vom Ringkanal, während dagegen die ßadiärkanäle die Erweite- rungen besorgen sollten (Rbizostoma) '). Allein andererseits spricht Macri dem von ihm behandelten Thiere ausdrücklich alle Muskeln ab2). Dagegen vermuthete Eysenhardt in jenen Streifen nicht nur die Ur- sache der Contractionsthätigkeit, sondern auch Muskelsubstanz : „die genannten Leisten oder erhabenen Ringe des Rhizostoma", sagt er auf S. 390 seiner Abhandlung, „schienen mir immer eine Andeutung von Muskel- wesen, und vielleicht sind sie es, mittelst deren das Thier die Bewegung des Klappens macht, die freilich wohl allen Medusen eigen ist, ohne dass man desshalb dergleichen erhabene Streifung fände." Wenn auch Spallanzani nicht der Erste ist, der das Muskelgewebe be- schreibt, so hat er doch zuerst mit Bestimmtheit der Subumbrella die Eigenschaft als Muskelsubstanz zugeschrieben und hat auch experimentell nachgewiesen , dass sie es sei, welche den Schirm contrahire. „Entfernt man, sagt er, irgend ein Stück vom Schirme, welches mit diesem Muskelgewebe nicht in Zusammenhang steht, so hört die Bewegung auf. Dagegen war es eigenthüralich anzusehen , wie der von der Meduse abgetrennte untere, mit Muskelbelag versehene Theil, welcher bei grossen Thieren mehr denn einen Zoll Breite hat , auf den Tisch gelegt bei jeder Systole enger wurde"3). Spallanzani meint mit dem Theil des Schirmes, den er als muskelfrei bezeichnet und der sich nach dem Ausschneiden nicht contrahirt , den oberen, geschlossenen Abschnitt desselben, mit dem sich contrahirenden Ring dagegen meint er offenbar bei allen seinen Versuchen die ganze Röhre , welche der , seiner Schilderung nach allein mit Muskelgewebe belegte untere Theil des Schirmes nach Entfernen des erstereu darstellt. Den Muskelbelag beschreibt er nämlich folgender- massen : „osservai ai lembi interni del medesimo (des Schirmes) im altra organizzata struttura , consistente in un sottilissimo tessuto musculoso , che dall1 imo fondo as- cende per lo spazio di mezzo pollice, ed anche d'un intiero pollice, secondo la gros- sezza delle meduse; e dove esiste cotal tessuto, la somma trasparenza dell' ombrello rimane alquanto oscurata" 4). Auch da, wo der Forscher davon spricht, dass er den „Ring durch Abschneiden einer oberen Zone verkürzt habe , meint er mit dem letz- teren, welcher sich nach dem Abschneiden nicht mehr contrahirte, noch einen muskel- losen Abschnitt. Dass ein solches ringförmiges Stück sich nur desshalb nicht con- trahirt, weil es vom natürlichen Schirmrande losgelöst ist, das war ihm entgangen. Auch seine weiteren Versuche führten ihn nicht darauf. Er schnitt nämlich weiter- 1) Macri a. a. 0. S. 27. 2) Auch nach anderer Seite interessant ist eine bezügliche Aeusserung bei ihm (S. 48 u. 41») : »Se vi e opera in natura , in cui maggiormente risplende l'onnipotenza, e la saviezza dell' Autor dell' Universo, e appunto la considerazione della struttura del nostro animale. Senza testa, senza ocehi, senza cervello, privo di midollo spi- nale, e di nervi (se pur non voglia dirsi , che le strie.del cappello, ed i canali (Radiärkanäle) siano destinati per questo uso). privo di muscoli, e di vasi grandi, senza bocca, senza cuore , e senz' altri organi, che si stinsan neces- sari alla vita: pure egli vive, sente, si muove, cresce, si nodrisce, si moltiplica ed esercita tutte le sue funziom.« 3) a. a. 0. S. 17. 4) a. a. 0. S. 11 u. 12. 16* 124 hin den durch die beschriebene Operation erhaltenen contractilen Ring quer durch in einzelne Stücke. Diese Stücke contrahirten sich weiter. Mit jeder Zusammen- ziehung wurde jedes derselben kürzer und darauf wieder länger und zugleich mit dem Längerwerden verdünnte es sich, wie ein Wurm sich mit dem Kürzerwerden ver- dickt und umgekehrt. Hob Spallanzani mit feinsten Zängchen das Muskelgewebe an einer Stelle von der Gallertmasse des Schirmes (eines contractilen Ringes) weg, so hörte dort die Contraction auf. Ungefähr dasselbe erfolgte , wenn er nur die Muskelfasern an mehreren Stellen entzweischnitt. Also ist, folgert er, der Sitz der Contractionsursache im Muskelgewebe zu suchen. Wie schon aus dem Mitgetheilten hervorgeht, beobachtete er aber ferner, dass Contraction auch an Medusen statt- findet, welche aufs Trockene gebracht worden waren. Grössere Thiere zeigten dann noch nach 24 Stunden Contractionen, trotzdem sie schon ein Drittel ihres Volumens verloren hatten. Nur wurden gegen den Ablauf dieser Zeit die Contractionen kurz, langsam, unterbrochen. Und oft, wenn man glauben mochte, dass sie aufgehört hätten, erwachten sie wieder in Folge von Anstreifen (stropiccio) des Muskelgewebes oder auf Stechen in dasselbe. Aehnliches wurde an Theilstücken beobachtet. Diese Ausdauer der Contractionen an sterbenden Medusen und an abgeschnittenen Theilen derselben möchte, so fährt Spallanzani fort, einen unwiderleglichen Beweis dafür abgeben, dass dieselben unabhängig vom Willen der Thiere seien, in gleicher Weise wie die Contractionen des Froschherzens , des Herzens einer Schildkröte oder einer Schlange, nachdem dasselbe vom Thierkörper losgelöst ist. Dennoch wagt er nicht dies bestimmt zu behaupten, weil er beobachtete, wie Medusen sich in die Tiefe des Meeres niederliessen, indem sie die Contractionen einstellten und so durch das eigene Gewicht niedersanken. Dort blieben sie eine viertel, eine halbe Stunde und länger, um nach Wiederbeginn der Contractionen wieder aufzusteigen. „La cessazione di questo moto", schliesst er, „e la repristinazione di esso nelle addotte circostanze non par che dipendano dall' arbitrio delle meduse ? Lascio tuttavia all" illuminato Let- tore il farne giudizio, a nie bastando su tal proposito la schietta e fedele narrazione dei fatti." Spallanzani schwankt somit, ob er die Contractionen der Medusen als willkürliche oder als unwillkürliche auffassen soll, ohne eiuen Versuch zu machen, dieselben bestimmt theils als unwillkürliche, theils als willkürliche zu deuten, wenn er nicht aus politischen Gründen sein wahres Urtheil zurückhält. Für meine Auf- fassung ist es sehr bemerkenswerth, dass er überhaupt die Frage aufwirft. Metteilheimer hat in der früher erwähnten Arbeit ') , auf welche ich erst 1) Mettenheimer, lieber die Gesichtsorgane des violetten Seesterns der Ostsee nebst Beobachtungen über die Ohrenqualle und Versuchen über die Motilität derselben. Arch. f. Anat. u. Physik 1862. 125 kürzlich aufmerksam gemacht worden bin, einige bemerkenswerthe Beobachtungen über die Bewegungen von Aurelia aurita und auf dieselben bezügliche Versuche mit- getheilt. „Ob die Zusammenziehuugen des Schirmes für willkürlich gehalten werden müssen", sagt er, „darüber kann ich nach längerer Beobachtung nicht mehr im Zweifel sein. Ich halte sie für mehr willkürlich als die Athembeweguugen des Men- schen, insofeme es gestattet sein würde, einen höheren Grad von Abhängigkeit von dem Willen in dem Umstände zu erkennen, dass die Quallen die Zusammenziehungen der Glocke viel länger unterbrechen können als der Mensch seine Athembeweguugen." Er habe wiederholt gesehen, dass Quallen sich stundenlang an den Wänden des Glases, in dem er sie hielt , festsaugten. Und eine andere Beobachtung , welche beweise, wie vollständig die Contractionen des Schirmes dem Willen unterworfen sind , sei die , dass sich gesunde , lebenskräftige Medusen häufig ganz flach machen und eine Zeitlang regungslos auf dem Rücken liegen bleiben. Auch die manchfachen Formen, welche sie dem Schirm geben können , sprechen für diese Ansicht. Kleine Indivi- duen klappen nicht selten ihre Glocke so zusammen, dass sie wie eine Muschel aus- sehen und umfassen dann etwas , z. B. den Stiel eines Tanges , anderer partieller und allgemeiner Zusammenfaltungeu des Schirmes nicht zu gedenken. „Sieht man dem Schwimmen der Quallen längere Zeit zu, so wird man sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass diese Bewegung eine willkürliche ist. Die Contractionen des Schirmes können stärker und schwächer sein und dadurch die Geschwindigkeit der Lokoinotion reguliren. In Gefässen , wo weder Wind noch Wellen einen Einfluss auf die Ortsbewegung der Quallen üben können , ist es nichts Seltenes , sie längere Zeit in einer und derselben Richtung schwimmen zu sehen , als wenn sie auf einen bestimmten Gegenstand lossteuerten." — Was über die Verengerung der Gefässe gesagt wird, ist schon früher erwähnt worden. — Schliesslich theilt der Verfasser „einige einfache Versuche" mit, „die in der Absicht angestellt worden sind, Finger- zeige zu erhalten, wo man eigentlich bei der Ohrenqualle die nervösen Centra, von denen die willkürlichen Bewegungen abhängig gedacht werden müssen, zu suchen hat." Da die bisherigen Versuche, auf anatomischem und histologischem Wege die Nervencentra zu entdecken nur zu unsicheren Resultaten geführt haben, so scheint es wohl gerechtfertigt, der Lösung der Frage durch den Versuch den Weg zu bahnen. Mettenheim er schnitt einer l1^ Zoll im Durchmesser haltenden Meduse den Mund mit Armen und Magen ab. Die Contractionen verloren ihren rhythmischen Charakter, ergriffen blitzähnlich einzelne Stellen des Randes , gingen gleichsam ringförmig um den Rand herum. — Schnitt er das ganze Centrum der Glocke, Eierstöcke, Magen und was dazu gehört heraus, so trat die geschilderte Erscheinung sehr deutlich ' auf. 126 Das verwundete Thier zuckte übrigens noch Stunden lang. Mit grösseren Exemplaren gab der Versuch dasselbe Resultat, jedoch nicht so schlagend. — Tiefe Einschnitte in den Rand, die ihn in eine Anzahl Lappen theilten, hatten keinen Eiufiuss auf den Charakter und den Rhythmus der Bewegungen. Erst wenn gleichzeitig Magen und Eierstöcke entfernt wurden, nahmen die Contractionen den blitzähnlich zuckenden, unregelmässigen Charakter an. Reizt man mit einer Nadel die Lippen des intakten Thieres, so erweitert sich der Mund und schickt sich zur Aufnahme der erwarteten Beute an. Der herausgeschnittene Magen aber zeigt sammt den Lippen und Armen sehr geringe Empfänglichkeit für mechanische Reize; jedenfalls ist diese Empfäng- lichkeit bei ihm viel geringer als bei abgeschnittenen Stücken des Randes. Von selbst aber zuckt das herausgeschnittene centrale Stück gar nicht mehr. Der äusserste Rand der Glocke zeigt , soweit er lilafarbig ist und die Fühlfäden trägt , nach dem Abschneiden gar keine rhythmische Contraction mehr; allein die wurmförmigen Zusammenziehungen der Fühlfäden sind noch zu bemerken. Nur wenn ein Stück- chen von der Scheibe mit entfernt ist , dauern die rhythmischen Contractionen fort. Je kleiner die Meduse , desto lebhafter contrahiren sich die abgeschnittenen Stücke. Dieselben konnten unter Seewasser noch nach vielen Stunden in lebhafter Contraction beobachtet werden. Man darf sie aber nicht zu klein machen, sonst er- lischt die Reizbarkeit sehr schnell. Metten heimer schliesst : „Es scheinen nach diesen Versuchen im Raudtheil des Discus Ganglien zu liegen, welche die Contrac- tionen hervorrufen; im mittleren Theil der Scheibe müssen jedoch andere Nerven- centra liegen, die diese Bewegungen beherrschen, coordiniren, zu rhythmischen macheu, einem Ganzen unterordnen. Meine Versuche , diese supponirten Ganglien zu tinden, sind bis jetzt ganz missglückt." Brücke bemerkt gelegentlich der Beschreibung der Muskelelemente von Aurelia aurita1) er habe sowohl an ganzen als an zerschnittenen Exemplaren der Medusa aurita beobachtet, dass jede Contraction nach einem bestimmten Typus erfolgte, in- dem sie sich stets vom Centrum nach der Peripherie ausbreite. Desgleichen sehe man deutlich an der Bewegung einzelner ausgeschnittener Stücke, dass dieselbe, wie dies auch schon die früheren Beobachter angegeben haben , nur von den Muskelele- menten ausgehe, die eigentliche Gallertscheibe aber sich dabei passiv verhalte. Der Thatsache , dass Theilstücke des Thieres noch Contractionen ausführen , wird also hier nur ganz kurz beiläufiu Erwähnung gethan. 1) Brücke, Ueber die mikroskopischen Elemente, welche den Schirmmuskel der Medusa aurita bilden. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. W. math. natw. Classe. XLVIII. Bd. I. Abth. Wien 1863. S. 158. 127 Häckel berichtet in seinen Studien über Monere» und andere Protisten" '), über Versuche künstlicher Theilbarkeit an cycloneuren Medusen und , was sehr be- merkenswerth ist , über beobachtete R e p r o d u k t i o n. Die auf Lanzarote ange- stellten Versuchen ergaben , dass die künstliche Theilbarkeit bei manchen Medusen, namentlich aus der Familie der Thaumantiaden (Gegenbaur), einen erstaunlichen Grad erreicht. „Bei mehreren Arten dieser Familie" , sagt Häckel, konnte ich den Medusenschirm in mehr als hundert Stücke zertheilen und aus jedem Stück , sobald es nur einen Theil des Schirmrandes enthielt, erwuchs in wenigen (2 — 4) Tagen eine vollständige kleine Meduse. Selbst ein einziger losgelöster Randtentakel , an welchem die Basis, das ansitzende Stück des Schirmrandes , erhalten war, bildete in wenigen Tagen eine Meduse. Noch überraschender war mir das Resultat , das ich bei anderen Hydromedusen erhielt. Hier konnte ich den kugeligen nicht differen- zirten Zellenhaui'en (oder die wimpernde kugelige Larve), welche aus der Eifurchung hervorgegangen war , in mehrere Stücke zerschneiden und aus jedem Stück ent- wickelte sich eine selbständige Larve." Schliesslich möchte es für die vorliegenden Fragen von Interesse sein, an die Beobachtungen zu erinnern , welche Kölliker an einer zu den Cycloneuren gehörigen Art, an Stomobrachium mi- rabile, über Vermehrung durch Theilung gemacht hat 2). Es theilt sich diese Me- duse so, dass sich zuerst der Magen spaltet. Man trifft daher im Uebrigen noch einfache Thiere mit zwei mehr oder weniger eingeschnürten und mit vollständig ge- theilten, aber noch dicht beisammenstehenden Mägen. Darauf beginnt zwischen den beiden Mägen, jedoch äusserlich an der Scheibe, die Bildung einer Meridianfurche, die, tiefer und tiefer schreitend, die Qualle immer mehr senkrecht halbirt, bis end- lich die zwei neuen Thiere nur noch durch eine schmale Brücke zusammenhalten, welche endlich auch noch sich theilt. In 8 — 12 Stunden verläuft der ganze Pro- cess. Es können nun aber getheilte Medusen sich nochmals theilen. Die neue Thei- lungslinie steht zu der alten in rechtem Winkel. Dabei schnürt sich jedoch der Magen nicht immer vor der Scheibe ein. Aus den Grössen, in welchen in der Thei- lung begriffene Thiere vorkommen, lässt sich schliessen, dass die merkwürdige Ver- mehrung auch mit zweimaliger Theilung noch nicht abgeschlossen ist. Es ist sehr zu bedauern, dass Kölliker keinerlei Angaben darüber macht, t) Häckel, Biolog. Studien I. Heft, 1870. S. 22. 2) C. Gegenbaur, A. Kölliker u. H. Müller, Bericht über einige im Herbste 1852 in Messina an- gestellte vergleichend-anatomische Untersuchungen Zeitschr. f. w. Zool. IV. Bd. 1853. vgl. S. 325. 128 in welcher Beziehung die Theilungslinien zu den Randganglien standen, weil daran zu denken ist, dass es sich bei der Theilung um eine Auflösung in die Antimere gehandelt hat. XVII. Hauptsächlichste Ergebnisse. Aus den mitgetbeilten Untersuchungen geht hervor, dass das centrale Nerven- system der „Acraspedoten" seine Hauptausbildung in den acht Randlappen haben muss, ohne dass diese Centren durch einen im Schirmrande verlaufenden Nerven- ring untereinander verbunden wären. Ich bezeichnete die Acraspedoten aus diesem Grunde als toponeure Medusen. Die „Craspedoten" dagegen müssen ein centrales Nervensystem haben , wel- ches den ganzen Schirmrand einnimmt, jedoch so dass sich eine grössere Anzahl von Nervenzellen angehäuft findet in den , auch früher als „Ganglien" bezeichneten An- schwellungen des Schirmrandes, als zwischen denselben. Ich nannte die craspedoten Medusen desshalb cycloneure. Das centrale Nervensystem der Toponeuren kann nicht auf die Randlappen beschränkt sein, sondern es müssen sich Nervencentren auch sonst über den Schirm verbreitet, wenngleich in spärlicher Anzahl, finden. Dies wird bewiesen dadurch, dass durch Ausschneiden der Randcentren gelähmte Thiere sich wieder erholen können und zwar soweit, dass sie von Neuem rhythmische Contractionen ausführen und dadurch , dass selbst einzelne beliebig ans dem Schirme ausgeschnittene , eines Randcentrums entbehrende Stücke , welche nach dem Ausschneiden stets durchaus regungslos sind, sich einer solchen Erholung unter besonders günstigen Verhältnissen als fähig erweisen; endlich dadurch, dass einzelne Medusen durch das Ausschneiden der Randcentren sogar nur in geringem Grade in ihrer rhythmischen Contractions- thätigkeit gestört werden. Am Deutlichsten aber zeigt sich die Verbreitung von Nervencentren über den ganzen Schirm in der Art und Weise , wie jene Erholung eingeleitet wird, indem dieselbe sichtbar von einzelnen lokalisirten Punkten ausgeht, welche neue Centren für die Contractionsthätigkeit bilden: Ersatz-Contractions- centren1). Diese Thatsache erklärt es, dass sich zuweilen einzelne Theile eines 1) Ich verweise in dieser Beziehung nachtraglich besonders noch auf Versuch A (XIII. Abschnitt, Seite 76 u. 77), wo sich am 5. Tage in zwei Lappenstücken, welche Aftertheilen entsprachen, Ersatzcentren gebildet haben müssen. 121 waren. G ä d e findet , dass die Reproduktionskraft der Aurelia sehr gering sei. „Wenn ich", sagt er, „einen Theil ihres Körpers abschnitt, so bemerkte ich auch nach lauger Zeit nicht den geringsten Schein von Wiederherstellung des verlorenen Theils, sondern nur eine völlige Abrundung der Durchschnittsstelle, die wenig Stun- den nach dem Abschneiden erfolgte. Das Thier selbst schien indess , selbst wenn ich ihm viele und grosse Stücke raubte, ebenso munter zu sein, als es vor der Ver- stümmelung gewesen war. Zerschnitt ich eine Meduse in mehrere Stücke, so lebten diejenigen, an denen auch nur ein Magensack geblieben war, fort; diejenigen hin- gegen, bei denen das nicht der Fall war, führten höchstens ein zweitägiges Leben. Auch müssen die Gläser, in welchen man diese Thiere beobachtet, täglich mit frischem Meerwasser gefüllt werden ; wird diese Erneuerung des Wassers nur für einen Tag ausgesetzt, so sterben sie sehr bald.'- — Da bei Gäde die des Magensackes beraub- ten Thiere nicht länger als zwei Tage lebten, so muss er die von ihm zuletzt erwähnte Vorsichtsmassregel selbst sehr wenig sorgfältig gehandhabt haben. Auch Eysenhardt erwähnt von Rhizostoma im Jahre 1821 die Thatsache , dass abgeschnittene Stücke des „Hutes" noch nach mehreren Stunden „Klappenversuche" machen'). Musste ihm dies von Macri her bekannt sein, so lässt auf eigene Beobachtungen die neue Nachricht schliessen , dass die Klappenversuche, „welche zwar zuletzt immer schwächer werden, sich erneuern, wenn man die Stücke stark berührt oder hineinsticht" 2). Spallaiizaili veröffentlicht , wie es scheint ohne die Mittheilungen der bisher genannten Forscher zu kennen , wenige Jahre später Beobachtungen über die Bewe- gungen der Medusen und über das Fortleben von Theilstücken derselben3). Und zwar verfuhr er zuerst consequent experimentell , in der Absicht , den Sitz der Con- tractionsursache aufzufinden. Er beschreibt zunächst die Bewegungen der Medusen4). Dieselben geschehen, sagt er, durch abwechselnde Verengerung und Erweiterung des Schirmes in Folge des durch erstere bedingten Rückstosses des Wassers. Hören sie auf, so sinkt das Thier zu Boden, weil es specifisch schwerer ist als das Wasser des 1) a. a. 0. S. 408. 2) Claus sagt in seinem Lehrbuch der Zoologie (III. Aufl. S. 241) bei Gelegenheit des Erwähnens einiger Ergebnisse meiner bezüglichen Untersuchungen über Aurelia: »Schon älteren Beobachtern (Eysenhardt) war bekannt, dass der getrennte Schirmrand automatische Contractionen ausführt.« Es ist wesentlich, ob Eysenhardt, wie aus den Worten von Claus hervorgehen möchte, schon aufgefallen ist, dass der Schirmrand oder Theile des- selben losgelöst sich contrahiren, andere Theile nicht. Aus den oben citirten Worten dieses Forschers, mit Aus- nahme welcher ich bei ihm keine den Gegenstand betreffende Bemerkung finde, geht jedoch solche Unterscheidung keineswegs hervor. 3) Lazzaro Spallanzani, Viaggi alle due Sicilie T. III. Milano 1826. 4) a. a. 0. S. 15. 16 122 Meeres. Dies hatte übrigens schon mehr denn hundert Jahre früher Reaumur1) be- hauptet, indem er in seiner Abhandlung über die Ortsbewegung der Thiere sagt, dass die an's Land geworfenen todten Quallen untersinken , wenu man sie wieder in's Wasser wirft: sie seien schwerer als das Wasser und hielten sich während des Lebens darin durch die Bewegungen des Schirmes2). Ganz im Gegensatze zu Spallanza ui's Aeusserung hatte ich bei meinen ersten Lähmungsversuchen beobachtet, dass Aurelia nach der Lähmung an die Ober- fläche des Wassers mit ausgebreitetem Schirme emporgetragen wurde, während Cyanea sank3). Meine neueren Versuche haben mir, wie auf Seite 26 gesagt ist, gezeigt, dass die gelähmte Aurelia bald sinkt, bald steigt; die gelähmte Cyanea mit Faug- fäden sank, ohne Faugfäden stieg sie in wiederholten Fällen. Ebenso können lebende Aurelien , wenn sie ihre Bewegungen einstellen , unter die Oberfläche des Wassers emporsteigen und auch bei anderen Medusen ist dies zu beobachten. Ausgeschnittene Einzelantimere sinken 4). — Ich werde au einem anderen Orte auf diese Verhältnisse näher eingehen und zugleich über die Locomotion von Beroe Neues berichten. Um den Sitz der Contractionsursache zu finden, schnitt Spallanzani zu- nächst ein kreisförmiges Stück, einen Zoll im Durchmesser haltend, aus dem oberen Theile einer Meduse aus. Dieses ausgeschnittene Stück contrahirte sich nicht mehr, auch nicht auf Reiz. Der ringförmige Rest des Thieres dagegen contrahirte sich noch. Der Ring wurde darauf dadurch verschmälert, dass eine innere Zone von ihm weggeschnitten wurde. Auch diese letztere contrahirte sich , im Gegensatz zum äusseren Ringtheile nicht. „Con novelle recisioni venni in fine a scoprire la sede e l'origine dell' oscillatione (so nennt er das abwechselnde sich Verengern und Er- weitern des Schirmes) nelle rneduse'' — es ist offenbar das Muskelgewebe der Sub- unibrella, von welchem die Contractionen ausgehen 5). Dieses Muskelgewebe beschreibt Spallanzani kurz vorher6), und wie er sagt, zuerst als solches. Schon Macri leitete die Zusammenziehungen des Schirmes von den „concentrischen Fibern" auf der unteren 1) Reaumur »Du mouvenient progressif et de quelques autrea mouvemens de diverses especes de Coquillages, Orties et Etoiles de mer«. Hist. de l'Acad. royale des seiences, Armee 1710, S. 434 ff. Paris 1732. 2) a. a. 0. S. 484. 3) Ueber künstliche Theilbarkeit etc. Würzb. Verh. a. a. 0. S. 143 u. 160. Zoolog. Unters. S. 51 u. 68. 4) a. a. 0. S. 145 bezw. S. 53. 5) »Di sopra ho ragionato di ün tessuto sottilmente rausculoso , che dei lenibi dell' ombrello s'inoltra per un dato spazio su l'interno delle sue pareti. Eapiato alla lente si trova composto di un immenso numero di sot- tilissime fibre carnose trasversali, fra se parallele e sommamente aderenti alla sostanza gelatinosa dell' ombrello d'all agire di cotai fibre trasversali e dal loro rilassarsi dipende tutto il giuoco delle oscillazione. Ogni qualvolta dunque ellene si accorciano la porzione dell' ombrello alla quäle sono attacate i stretta a restrignersi il che uon puo accadere senza che il restaute dell' ombrello vada sogetto a restignimento. Quindi si ha la sistole nella me- dusa.« a. a. 0. S. 17. 6) a. a. 0. S. 11. Fläche der Medusen her, zugleich freilich vom Ringkanal, während dagegen die ßadiärkanäle die Erweite- rungen besorgen sollten (Rhizostoma) '). Allein andererseits spricht Macri dem von ihm behandelten Thiere ausdrücklich alle Muskeln ab8). Dagegen vermuthete Eysenhardt in jenen Streifen nicht nur die Ur- sache der Contractionsthätigkeit. sondern auch Muskelsubstanz : „die genannten Leisten oder erhabenen Ringe des Rhizostoma", sagt er auf S. 390 seiner Abhandlung, „schienen mir immer eine Andeutung von Muskel- wesen, und vielleicht sind sie es, mittelst deren das Thier die Bewegung des Klappens macht , die freilich wohl allen Medusen eigen ist, ohne dass man desshalb dergleichen erhabene Streifung fände." Wenn auch Spallanzani nicht der Erste ist, der das Muskelgewebe be- schreibt, so hat er doch zuerst mit Bestimmtheit der Subumbrella die Eigenschaft als Muskelsubstanz zugeschrieben und hat auch experimentell nachgewiesen, dass sie es sei, welche den Schirm contrahire. „Entfernt man, sagt er, irgend ein Stück vom Schirme , welches mit diesem Muskelgewebe nicht in Zusammenhang steht , so hört die Bewegung auf. Dagegen war es eigenthümlich anzusehen , wie der von der Meduse abgetrennte untere , mit Muskelbelag versehene Theil , welcher bei grossen Thieren mehr denn einen Zoll Breite hat, auf den Tisch gelegt bei jeder Systole enger wurde"3). Spallanzani meint mit dem Theil des Schirmes, den er als muskelfrei bezeichnet und der sich nach dem Ausschneiden nicht contrahirt , den oberen, geschlossenen Abschnitt desselben, mit dem sich contrahirenden Ring dagegen meint er offenbar bei allen seinen Versuchen die ganze Röhre, welche der, seiner Schilderung nach allein mit Muskelgewebe belegte untere Theil des Schirmes nach Entfernen des ersteren darstellt. Den Muskelbelag beschreibt er nämlich folgender- massen : „osservai ai lembi interni del medesiino (des Schirmes) un altra orgauizzata struttura , consistente in un sottilissimo tessuto musculoso, che dall' imo fondo as- cende per lo spazio di mezzo pollice, ed anche d'un intiero pollice, secondo la gros- sezza delle meduse; e dove esiste cotal tessuto, la somma trasparenza dell' ombrello rimane alquanto oscurata" 4). Auch da, wo der Forscher davon spricht, dass er den „Ring durch Abschneiden einer oberen Zone verkürzt habe, meint er mit dem letz- teren, welcher sich nach dem Abschneiden nicht mehr contrahirte, noch einen muskel- losen Abschnitt. Dass ein solches ringförmiges Stück sich nur desshalb nicht con- trahirt, weil es vom natürlichen Schirmrande losgelöst ist, das war ihm entgangen. Auch seine weiteren Versuche führten ihn nicht darauf. Er schnitt nämlich weiter- 1) Macri a. a. 0. S. 27. 2) Auch nach anderer Seite interessant ist eine bezügliche Aeusserung bei ihm (S. 48 u. 49) : »Se vi e opera in natura , in cui maggiormente risplende l'onnipotenza, e la saviezza dell' Autor dell' Universo, e appunto la considerazione della struttura del nostro animale. .Senza testa, senza occhi, senza cervello, privo di midollo spi- nale, e di nervi (se pur non voglia dirsi , che le strie del cappello, ed i canali (Radiärkanäle) siano destinati per questo uso). privo di muscoli, e di vasi grandi. senza bocca, senza cuore , e senz' altri organi, che si stinsan neces- sari alla vita: pure egli vive, sente, si muove, cresce, si nodrisce, si moltiplica ed esercita tutte le sue funzioni.« 3) a. a. 0. S. 17. 4) a. a. 0. S. 11 u. 12. 16* 124 hin den durch die beschriebene Operation erhaltenen contractilen Ring quer durch in einzelne Stücke. Diese Stücke contrahirten sich weiter. Mit jeder Zusammen- ziehung wurde jedes derselben kürzer und darauf wieder länger und zugleich mit dem Längerwerden verdünnte es sich, wie ein Wurm sich mit dem Kürzerwerden ver- dickt und umgekehrt. Hob Spallanzani mit feinsten Zängchen das Muskelgewebe an einer Stelle von der Gallertmasse des Schirmes (eines contractilen Ringes) weg, so hörte dort die Contraction auf. Ungefähr dasselbe erfolgte, wenn er nur die Muskelfasern an mehreren Stellen entzweischnitt. Also ist, folgert er, der Sitz der Contractionsursache im Muskelgewebe zu suchen. Wie schon aus dem Mitgetheilten hervorgeht, beobachtete er aber ferner, dass Contraction auch an Medusen statt- findet, welche auf's Trockene gebracht worden waren. Grössere Thiere zeigten dann noch nach 2i Stunden Coutractionen, trotzdem sie schon ein Drittel ihres Volumens verloren hatten. Nur wurden gegen den Ablauf dieser Zeit die Contractionen kurz, langsam, unterbrochen. Und oft, wenn man glauben mochte, dass sie aufgehört hätten, erwachten sie wieder in Folge von Anstreifen (stropiccio) des Muskelgewebes oder auf Stechen in dasselbe. Aehnliches wurde an Theilstücken beobachtet. Diese Ausdauer der Contractionen an sterbenden Medusen und an abgeschnittenen Theilen derselben möchte, so fährt Spallanzani fort, einen unwiderleglichen Beweis dafür abgeben, dass dieselben unabhängig vom Willen der Thiere seien, in gleicher Weise wie die Contractionen des Froschherzens , des Herzens einer Schildkröte oder einer Schlange, nachdem dasselbe vom Thierkörper losgelöst ist. Dennoch wagt er nicht dies bestimmt zu behaupten, weil er beobachtete, wie Medusen sich in die Tiefe des Meeres niederliessen, indem sie die Contractionen einstellten und so durch das eigene Gewicht niedersanken. Dort blieben sie eine viertel, eine halbe Stunde und länger, um nach Wiederbeginn der Contractionen wieder aufzusteigen. „La cessazione di questo moto'', schliesst er, „e la repristinazione di esso nelle addotte circostanze non par che dipendauo dall' arbitrio delle rneduse ? Lascio tuttavia all' illuminato Let- tore il tarne giudizio, a me bastando su tal proposito la schietta e fedele narrazione dei fatti." Spallanzani schwankt somit, ob er die Contractionen der Medusen als willkürliche oder als unwillkürliche auffassen soll, ohne einen Versuch zu machen, dieselben bestimmt theils als unwillkürliche, theils als willkürliche zu deuten, wenn er nicht aus politischen Gründen sein wahres Urtheil zurückhält. Für meine Auf- fassung ist es sehr bemerkenswerth, dass er überhaupt die Frage aufwirft. Metteillieimer hat in der früher erwähnten Arbeit ') , auf welche ich erst 1) Mettenheirner, Ueber die Gesichtsorgane des violetten Seesterns der Ostsee nebst Beobachtungen über die Ohrenqualle und Versuchen über die Motilität derselben. Arch. f. Anat. u. Physik 1862. 125 kürzlich aufmerksam gemacht worden bin , einige bemerkenswertlie Beobachtungen über die Bewegungen von Aurelia aurita und auf dieselben bezügliche Versuche mit- getheilt. „Ob die Zusammenzielmngen des Schirmes für willkürlich gehalten werden müssen", sagt er, „darüber kann ich nach längerer Beobachtung nicht mehr im Zweifel sein. Ich halte sie für mehr willkürlich als die Athembewegungen des Men- schen, insoferne es gestattet sein würde, einen höheren Grad von Abhängigkeit von dem Willen in dem Umstände zu erkennen, dass die Quallen die Zusammenziehungen der Glocke viel länger unterbrechen können als der Mensch seine Athembewegungen." Er habe wiederholt gesehen, dass Quallen sich stundenlang an den Wänden des Glases, in dem er sie hielt, festsaugten. Und eine andere Beobachtung, welche beweise, wie vollständig die Contractionen des Schirmes dem Willen unterworfen sind , sei die , dass sich gesunde , lebenskräftige Medusen häufig ganz flach machen und eine Zeitlang regungslos auf dem Rücken liegen bleiben. Auch die manchfachen Formen, welche sie dem Schirm geben können , sprechen für diese Ansicht. Kleine Indivi- duen klappen nicht selten ihre Glocke so zusammen, dass sie wie eine Muschel aus- sehen und umfassen dann etwas , z. B. den Stiel eines Tanges , anderer partieller und allgemeiner Zusammenfaltungen des Schirmes nicht zu gedenken. „Sieht man dem Schwimmen der Quallen längere Zeit zu, so wird man sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass diese Bewegung eine willkürliche ist. Die Contractionen des Schirmes können stärker und schwächer sein und dadurch die Geschwindigkeit der Lokomotion reguliren. In Gelassen , wo weder Wind noch Wellen einen Einfluss auf die Ortsbewegung der Quallen üben können , ist es nichts Seltenes , sie längere Zeit in einer und derselben Richtung schwimmen zu sehen , als wenn sie auf einen bestimmten Gegenstand lossteuerten." — Was über die Verengerung der Gefässe gesagt wird, ist schon früher erwähnt worden. — Schliesslich theilt der Verfasser „einige einfache Versuche" mit, „die in der Absicht angestellt worden sind, Finger- zeige zu erhalten, wo man eigentlich bei der Ohrenqualle die nervösen Centra, von denen die willkürlichen Bewegungen abhängig gedacht werden müssen , zu suchen hat." Da die bisherigen Versuche, auf anatomischem und histologischem Wege die Nervencentra zu entdecken nur zu unsicheren Resultaten geführt haben, so scheint es wohl gerechtfertigt, der Lösung der Frage durch den Versuch den Weg zu bahnen. Mettenheim er schnitt einer l'i2 Zoll im Durchmesser haltenden Meduse den Mund mit Armen und Magen ab. Die Contractionen verloren ihren rlrvthmischen Charakter, ergriffen blitzähnlich einzelne Stellen des Randes, gingen gleichsam ringförmig um den Rand herum. — Schnitt er das ganze Centrum der Glocke, Eierstöcke, Magen und was dazu gehört heraus, so trat die geschilderte Erscheinung sehr deutlich auf. 126 Das verwundete Thier zuckte übrigens noch Stunden lang. Mit grösseren Exemplaren gab der Versuch dasselbe Resultat, jedoch nicht so schlagend. — Tiefe Einschnitte in den Rand, die ihn in eine Anzahl Lappen theilten, hatten keinen Eintiuss auf den Charakter und den Rhythmus der Bewegungen. Erst wenn gleichzeitig Magen und Eierstöcke entfernt wurden, nahmen die Contractionen den blitzähnlich zuckenden, unregelmässigen Charakter an. Reizt mau mit einer Nadel die Lippen des intakten Thieres, so erweitert sich der Mund und schickt sich zur Aufnahme der erwarteten Beute au. Der herausgeschnittene Magen aber zeigt sammt den Lippen und Armen sehr geringe Empfänglichkeit für mechanische Reize ; jedenfalls ist diese Empfäng- lichkeit bei ihm viel geringer als bei abgeschnittenen Stücken des Randes. Von selbst aber zuckt das herausgeschnittene centrale Stück gar nicht mehr. Der äusserste Rand der Glocke zeigt, soweit er lilafarbig ist und die Fühlfäden trägt, nach dem Abschneiden gar keine rhythmische Contraction mehr; allein die wurrafürmigen Zusammenziehungen der Fühlfäden sind noch zu bemerken. Nur wenn ein Stück- chen von der Scheibe mit entfernt ist , dauern die rhythmischen Contractionen fort. Je kleiner die Meduse, desto lebhafter contrahiren sich die abgeschnittenen Stücke. Dieselben konnten unter Seewasser noch nach vielen Stunden in lebhafter Contraction beobachtet werden. Man darf sie aber nicht zu klein machen, sonst er- lischt die Reizbarkeit sehr schnell. Mettenheime r schliesst: „Es scheinen nach diesen Versuchen im Raudtheil des Discus Ganglien zu liegen, welche die Contrac- tionen hervorrufen; im mittleren Theil der Scheibe müssen jedoch andere Nerven- centra liegen, die diese Bewegungen beherrschen, coordiniren, zu rhythmischen machen, einem Ganzen unterordnen. Meine Versuche, diese supponirten Ganglien zu linden, sind bis jetzt ganz missglückt.'' Brücke bemerkt gelegentlich der Beschreibung der Muskelelemente von Aurelia aurita') er habe sowohl an ganzen als an zerschnittenen Exemplaren der Medusa aurita beobachtet, dass jede Contraction nach einem bestimmten Typus erfolgte, in- dem sie sich stets vom Centrum nach der Peripherie ausbreite. Desgleichen sehe man deutlich an der Bewegung einzelner ausgeschnittener Stücke, dass dieselbe, wie dies auch schon die früheren Beobachter angegeben haben , nur von den Muskelele- menten ausgehe, die eigentliche Gallertscheibe aber sich dabei passiv verhalte. Der Thatsache , dass Theilstücke des Thieres noch Contractionen ausführen , wird also 1) Brücke, r/eber die mikroskopischen Elemente, welche den Schirmmuskel der Medusa aurita bilden. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. W. math. natw. Classe. XLVIII. Bd. I. Abth. Wien 1863. S. 158. 127 Häckel berichtet in seinen Studien über Moneren und andere Protisten" '), über Versuche künstlicher Theilbarkeit an cycloneuren Medusen und , was sehr be- merkenswerth ist, über beobachtete Reproduktion. Die auf Lanzarote ange- stellten Versuchen ergaben , dass die künstliche Theilbarkeit bei manchen Medusen, namentlich aus der Familie der Thaumantiaden (Gegenbaur), einen erstaunlichen Grad erreicht. „Bei mehreren Arten dieser Familie", sagt Häckel, konnte ich den Medusenschirm in mehr als hundert Stücke zertheilen und aus jedem Stück, sobald es nur einen Theil des Schirmrandes enthielt, erwuchs in wenigen (2 — i) Tagen eine vollständige kleine Meduse. Selbst ein einziger losgelöster Randtentakel , an welchem die Basis, das ansitzende Stück des Schirmrandes, erhalten war, bildete in wenigen Tagen eine Meduse. Noch überraschender war mir das Resultat , das ich bei anderen Hydromedusen erhielt. Hier konnte ich den kugeligen nicht differen- zirten Zellenhaufen (oder die wimpernde kugelige Larve), welche aus der Eifurchung hervorgegangen war , in mehrere Stücke zerschneiden und aus jedem Stück ent- wickelte sich eine selbständige Larve." Schliesslich möchte es für die vorliegenden Fragen von Interesse sein, an die Beobachtungen zu erinnern , welche Kölliker an einer zu den Cycloneuren gehörigen Art, an Stomobrachium nh- rabile, über Vermehrung durch Theilung gemacht hat 2). Es theilt sich diese Me- duse so, dass sich zuerst der Magen spaltet. Man trifft daher im Uebrigen noch einfache Thiere mit zwei mehr oder weniger eingeschnürten und mit vollständig ge- theilten, aber noch dicht beisammenstehenden Mägen. Darauf beginnt zwischen den beiden Mägen, jedoch äusserlich an der Scheibe, die Bildung einer Meridianfurche, die, tiefer und tiefer schreitend, die Qualle immer mehr senkrecht halbirt, bis end- lich die zwei neuen Thiere nur noch durch eine schmale Brücke zusammenhalten, welche endlich auch noch sich theilt. In S — 12 Stunden verläuft der ganze Pro- cess. Es können nun aber getheilte Medusen sich nochmals theilen. Die neue Thei- hmgslinie steht zu der alten in rechtem Winkel. Dabei schnürt sich jedoch der Magen nicht immer vor der Scheibe ein. Aus den Grössen, in welchen in der Thei- lung begriffene Thiere vorkommen, lässt sich schliessen, dass die merkwürdige Ver- mehrung auch mit zweimaliger Theilung noch nicht abgeschlossen ist. Es ist sehr zu bedauern, dass Kölliker keinerlei Angaben darüber macht, 1) Häckel, Biolog. Studien I. Heft, 1870. S. 22. 2) C. Gegenbaur, A. Kölliker u. H. Müller, Bericht über einige im Herbste 1 852 in Messina an- gestellte vergleichend-anatomische Untersuchungen. Zeitschr. f. w. Zool. IV. Bd. 1853. vgl. S. 325. 128 in welcher Beziehung die Theilnngslinien zu den Randganglien standen, weil daran zu denken ist , dass es sich bei der Theilung um eine Auflösung in die Antimere gehandelt hat. XVII. Hauptsächlichste Ergebnisse. Aus den mitgetheilten Untersuchungen geht hervor, dass das centrale Nerven- system der „Acraspedoten" seine Hauptausbildung in den acht Randlappen haben rnuss, ohne dass diese Centren durch einen im Schirmrande verlaufenden Nerven- ring untereinander verbunden wären. Ich bezeichnete die Acraspedoten aus diesem Grunde als toponeure Medusen. Die „Craspedoten" dagegen müssen ein centrales Nervensystem haben, wel- ches den ganzen Schirmrand einnimmt, jedoch so dass sich eine grössere Anzahl von Nervenzellen angehäuft findet in den , auch früher als „Ganglien" bezeichneten An- schwellungen des Schirmrandes, als zwischen denselben. Ich nannte die craspedoten Medusen dessh alb eycloneure. Das centrale Nervensystem der Toponeuren kann nicht auf die Randlappen beschränkt sein, sondern es müssen sich Nervencentren auch sonst über den Schirm verbreitet, wenngleich in spärlicher Anzahl, finden. Dies wird bewiesen dadurch, dass durch Ausschneiden der Randcentren gelähmte Thiere sich wieder erholen können und zwar soweit, dass sie von Neuem rhythmische Contractionen ausführen und dadurch, dass selbst einzelne beliebig aus dem Schirme ausgeschnittene, eines Randcentrums entbehrende Stücke, welche nach dem Ausschneiden stets durchaus regungslos sind, sich einer solchen Erholung unter besonders günstigen Verhältnissen als fähig erweisen; endlich dadurch, dass einzelne Medusen durch das Ausschneiden der Randcentren sogar nur in geringem Grade in ihrer rhythmischen Contractions- thätigkeit gestört werden. Am Deutlichsten aber zeigt sich die Verbreitung von Nervencentren über den ganzen Schirm in der Art und Weise , wie jene Erholung eingeleitet wird, indem dieselbe sichtbar von einzelnen lokalisirten Punkten ausgeht, welche neue Centren für die Contractionsthätigkeit bilden: Ersatz-Cont r actio n s- centren1). Diese Thatsache erklärt es, dass sich zuweilen einzelne Theile eines 1) Ich verweise in dieser Beziehung nachträglich besonders noch auf Versuch A (XIII. Abschnitt, Seite 76 u. 77), wo sich am. 5. Tage in zwei Lappenstücken, welche Aftertheilen entsprachen, Ersatzcentren gebildet haben müssen. 129 geknickten Thieres erholen können, während dasselbe im Uebrigen noch gelähmt ist. Ein sehr schönes Beispiel hiefür bietet der Versuch D, Seite 82, nach welchem eine Aurelia sich am vierten Tage nur in einzelnen ihrer Lappen erholt hatte, während die übrigen Lappen und der centrale Theil noch gelähmt waren. Verfolgt man solche Erholung in ihrem Verlaufe, so bekommt man durchaus den Eindruck, dass sie ge- schehe durch allmäliges Ansammeln von centraler Nervenkraft, durch Stärkung des Vermögens centraler Zellen und durch allmälige Stärkung und Fixirung der von diesen ausgehenden Leitung. Denn die ersten Anzeichen von Contractionen treten als lokale Zuckungen auf, welche schwach sind und unwirksam bleiben. Unge- regelt, uncoordinirt , ohne bestimmtes Ziel und ohne sichere Beziehung laufen sie zuweilen linienartig' am Schirme , häufig rings um denselben hin. Sichtbar stärkt und regelt sich mehr und mehr die centrale Kraft, bis sie sich in ausgiebigen rhyth- mischen Contractionen zu äussern vermag. Aus der lethalen Wirkung, welche das Entfernen bezw. Fehlen der Rand- centren doch schliesslich hat und noch mehr aus der unverhältnissmässig bedeutenden unmittelbaren Wirkung, welche dieses Entfernen gegenüber dem Wegnehmen irgend eines anderen Theiles des Körpers ausübt, geht übrigens hervor, dass entweder un- verhältnissmässig viel weniger Nervencentren in den übrigen Theüen des Kör- pers vorhanden sind, als in den Randlappen, oder wenn sie in gleicher Anzahl hier und dort vorhanden sind, kann nur vielen der über den übrigen Körper verbreiteten zusammen dieselbe Kraft zukommen wie einer einzelnen der im Randlappen be- findlichen. Ihre grösste Ansammlung muss liegen in dem Theile des Schirmrandes, welchem der Randkörper ansitzt. Wird dort nur ein Stückchen von wenigen Milli- metern Breite an jedem der acht Antimere ausgeschnitten , so erfolgt häufig schon lange andauernde Lähmung. In vielen Fällen aber erträgt der Organismus diesen Eingriff ohne zu bedeutende Folgen, und die Nervencentren des übrigen Schirmtheiles führen die Aufgabe der rhythmischen Contractionsthätigkeit nach geringer Störung weiter fort. Nun müssen zu den Randcentren noch Nervenzellen des übrigen Schir- mes entfernt werden und um die gesuchte Wirkung zu erzielen , muss man jetzt grössere und grössere, oft umfangreiche Stücke des Schirmes mit ausschneiden. — Lässt sich auch durch das physiologische Experiment nicht genau die Grenze nachweisen, in welcher jene bedeutende Anhäufung von Nervenzellen aufhört, so zeigt dasselbe doch, dass sie auf einen kleinen Bezirk beschränkt sein muss '). Genauer als Ein- 1) Ich mache darauf aufmerksam, dass ich nur bei Aurelia und bei derselben in der histologischen Struktur unmittelbar verwandten Medusen genaue Untersuchungen über den Erfolg des Ausschneidens verschieden grosser 17 130 griffe mit dem Messer deutet auf diesen Bezirk hin die Art des Absterbens der Au- relia aurita, indem nach Auflösung des ganzen Schirmes unverhältnissmässig lange Zeit noch acht kleine Gewebsstückchen in Verbindung mit dem Randkörper am Leben bleiben, welche jene Tasche einschliessen , in der der Randkörper geborgen ist und deren äussere Fläche somit jenes Polster bildet, welches bei den meisten toponeuren Medusen den Randkörper deckt. Es scheint nun Dem die Annabme nicht zu wiedersprechen , dass die eigent- lichen Nervencentren in den Randkörpern selbst gelegen seien und würde sich das Ueberleben jener Gewebsstückchen dadurch leicht erklären, dass es diesen Centren am nächsten gelegen und dass es unter dem Einfluss derselben noch zuletzt fähig ist durch einen kleinen etwa an ihm befindlichen Muskelrest sich zu contrahiren und so für die Ernährung, speciell für das Athembedürfniss des Nervencentrums ebenso zu sorgen , wie es von diesem die Anregung zu seiner Thätigkeit erhält. Dass ein solches reciprokes Verhältniss in der That besteht, abgesehen davon, dass auch sonst niedere Thiere, wie z. B. Beroe, in den Theilen zuerst absterben, welche vom Haupt- nervencentrum am meisten entfernt sind , ist unzweifelhaft , indessen nicht allein zwischen Randkörper und jenem als contractile Zone bezeichneten Bezirk , sondern wesentlich zwischen den Nervenzellen dieses Bezirks selbst und seiner Muskulatur. Denn es zeigt sich , dass alleiniges Abschneiden der Randkörper von einer Meduse sehr häufig gar keine erheblichen Lähmungserscheinungen hervorruft, fast immer nur ganz kurz vorübergehende. In noch geringerem Grade stört das alleinige Ent- fernen der Otolithensäckchen. Demnach möchte angenommen werden können , dass die Nervenzellen des ganzen Randkörpers sammt jenen der contractilen Zone dem Haupttheile des Ceutralnervensystems entspreche. Dabei ist jedoch die naheliegende Frage nicht erörtert, ob nicht die zeitweilige Wirkung, welche das Entfernen der Randkörper auf die Contractionsfähigkeit haben kann, einem einfachen „Nervenschlag" (Nervenchoc) entspreche, jener vorübergehenden Lähmung, wie sie auch nach der Durch- schneidung von Nerven bei höheren Thieren vorkommt, dass also die Nervenzellen der Randkörper einfach als Sinnesganglienzellen aufzufassen seien. Wir werden später, nach Erörterung der anatomischen Verhältnisse, noch auf diese Frage zurück- kommen. Einstweilen wurden die bezüglichen Erscheinungen so gedeutet, dass den Randkörpern allerdings eine Rolle bei der Anregung der rhythmischen Contractions- thätigkeit zugeschrieben werden möchte, wenngleich eine untergeordnete. In der Randstiieke gemacht habe. Die anatomischen Verbältnisse bei Cyanea lassen annehmen, dass dort eine viel weniger ausgesprochene Concentration der Nervencentren auch physiologisch sich ergeben werde. 131 That tritt die Bedeutung, welche ihneu in dieser Beziehung zukommen kann und ebenso diejenige, welche die Nervencentren der Umbrella unter normalen Verhält- nissen in gleicher Beziehung haben können, ganz unverhältnissmässig in den Hinter- grund gegenüber jener der Centren der contractilen Zonen, deren Gebiete als der wesentlichste Theil des Centralapparates aufgefasst werden müssen. Allein ein streng lokaliairtes und körperlich umschriebenes Nervensystem kaun somit nach den physio- logischen Versuchen bei den toponeuren Medusen nicht vorhanden sein und es sind also bei ihnen in dieser Beziehung ganz dieselben Verhältnisse vorauszusetzen , wie ich sie bei Beroe ovatus beschrieben habe. Was das peripherische Nervensystem, speciell die leitendenden Elemente an- geht, so ergibt sich gleichfalls ein Resultat, welches mit den von mir morphologisch bei Beroe nachgewiesenen Thatsachen vollkommen in Uebereinstimmung steht: es können bei den toponeuren Medusen keine Nervenstränge im Sinne der „Nerven" der höhern Thiere vorhanden sein, sondern es müssen Nervenfäden das Gallertgewebe nach den verschiedensten Richtungen durchziehen, welche in hohem Grade befähigt sind, für einander zu vicariiren '). Die Beweise hiefür sind zu deutlich in dem Er- folg der angestellten Zerschneidungsversuche ausgesprochen, als dass es nöthig wäre, auf dieselben noch näher einzugehen : die physiologische Verbindung der einzelnen Theile bleibt erhalten, so lange als dieselben nur durch eine schmale Gewebsbrücke mit einander verbunden sind , gleichviel iu welchem Theile des Schirmes man die Trennung vornimmt. Aber in der Gegend des Randes , speciell der Randlappen, braucht die Verbindungsbrücke nicht so gross zu sein als in jener der Kuppe und so muss dort die Verbindung durch Nerven eine reichlichere sein als hier. Ebenso muss sie reichlicher sein in der Nähe der oralen Schirmoberfläche , als in der Nähe der aboralen. Der grösste Nervenreichthum muss vorhanden sein unmittelbar unter der Muskelschichte, sofern man den Erfolg des Einschneidens in die Subumbrella auf unter derselben gelegene Nerven ausschliesslich beziehen darf. Indessen ist eine Betheiligung der Muskelsehichte an der Leitung nicht ausgeschlossen. Die Thatsache des Vicariirens von Nervenfäden wird bewiesen durch die Wiederherstellung der Lei- tung, nachdem dieselbe — oft nur kurze Zeit — aufgehört hatte und darin ist 1 ) Ich habe auf Seite 32 die Möglichkeit berührt, dass das Gallertgewebe als solches die Leitung besorgen könnte, habe aber im Weiteren — und schon in der Ueberschrift des betreffenden Abschnittes - diese Möglichkeit ausser Betracht gelassen , weil sie sich mit den physiologischen Thatsachen nicht vereinigen His9t , wie ich denn schon nach nieinen ersten Versuchen eine Verbindung der Theile des Medusen körpers durch Nervenfasern, welche für einander zu vicarüren im Stande seien, als thatsächlich angenommen hatte. (Ueber künstl. Theilbarkeit, Würzb. Verh. a. a. 0. 154. Zoolog. Unters. S. 62.) 17* 132 eben zugleich ein Hauptbeweis dafür enthalten, dass die Verbindung durch Nerven- fäden, nicht etwa durch das Gallertgewebe, vermittelt werde. Die Beherrschung der Contractionen des Schirmes und damit die Beherrschung der Ortsveränderung und sämmtlicher vegetativer Thätigkeit geht wesentlich von den Nervenceutren des Randes aus. Diese Centren müssen mit den zunächst ge- legenen contractilen Elementen in ausgiebigster Verbindung stehen und dieselben unter normalen Verhältnissen vorzüglich zur Contraction und damit die Zusammen- ziehungen des ganzen Schirmes anregen. Wie weit ausserdem eine Verbindung der Randcentren mit dem übrigen Theile der Umbrella-Muskulatur unter normalen Ver- hältnissen thätig ist, inwieweit die Fortpflanzung der Contractionen von den con- tractilen Zonen aus wesentlich durch die Muskulatur oder durch Nerven geschieht und welchen Antheil an der Anregung gewöhnlich die übrigen im Schirme zerstreuten Nervencentren an der Contractionsthätigkeit haben , lässt sich nicht bestimmen — genug, dass die letzteren nach Entfernen der Hauptcentren deutlich wirksam auf- treten. Eine Thatsache von höchster Wichtigkeit für die Bedeutung der Randcentren, bezw. der contractilen Zonen, ist die, dass jedes derselben bei den normalen Bewe- gungen des Thieres die Anregung zur Contraction des Schirmes übernehmen , die übrigen zur Thätigkeit veranlassen kann. Da nur durch eine Regelung der Thätig- keit aller Centren die Ortsveränderung des ganzen Thieres bestimmt, ein vorgesetz- ter Zweck erreicht werden kann, so scheint es nöthig, dass eine gemeinsame Kraft die acht Centren wiederum zu dirigiren , sie zu coordiniren oder sich gegenseitig zu subordiniren im Stande sei, ohne dass bestimmte Anhaltspunkte für die Feststellung des Sitzes einer solchen Kraft zu geben wären , es sei denn , sie resultire aus der Gesammtheit der centralen Herde des ganzen Körpers. Dagegen ergibt sich die re- lativ hochgradige Selbständigkeit der einzelnen Randnervencentren vorzüglich aus der Fähigkeit eines einzelnen derselben, für die übrigen zu vicariiren , nachdem diese entfernt sind und das Vermögen eines Strahlstückes des Thieres , ungestört fortzu- leben , so lange es nur sein Randcentrum besitzt. Soviel scheint sich aus allen Beobachtungen und Versuchen zu ergeben , dass dieses Vermögen an sich wohl ein absolutes ist und dass es nur eingeschränkt wird durch die Schwierigkeit der Er- nährung und überhaupt des Kampfes uin's Dasein. Sonach ist die Frage , in welcher Weise der Begriff Individuum auf unsere Thiere anzuwenden sei, eine nicht kurz zu beantwortende. Dabei ist vorauszusetzen, dass dieser Begriff auf organische Körper angewendet , in morphologischem Sinne überhaupt nur conventionell berechtigt ist. Wenn ich ihn etwa so definire : „ein 133 organisches Individuum ist ein als solches entwickeltes Ganzes" , so muss hervorge- hoben werden , dass die Definition nur für einen gegebenen Augenblick gilt , indem das organische Wesen fortwährend durch den Stoffwechsel sich verändert, einnimmt und abgibt und weil es sogar die Anlage in sich hat, zum Zwecke der Vermehrung Theile von sich abzuschnüren, wenn nicht sich geradezu zu theilen und dass es dies oder jenes im Verlaufe seines Lebens auch wirklich thut. Hievon abgesehen, in einem gegebenen Augenblicke also, ist die ganze Meduse in morphologischem Sinne ein In- dividuum. Sie ist es aber nicht in physiologischem Sinne: sie lässt sich theilen in die acht Strahlstücke, ohne dass diese, so isolirt, der Fähigkeit entbehrten selbständig zu leben und sie würde demnach als zusammengesetzt zu betrachten sein aus acht Individuen. Aber auch wieder das Strahlstück ist streng genommen kein Individuum : die contractile Zone scheint an sich ein lebensfähiges Ganzes zu sein , welches erst durch Zerstören des Nerveneentrums raschem Untergang anheimgegeben sein wird. Es würde somit in letzter Linie jedes Stückchen Gewebes, welches ein Randcentrum und soviel Rest der Organe des ganzen Thieres enthält, dass es selbständigen Lebens fähig ist, aber so wenig, dass ohne dieses Leben alsbald zu gefährden nichts mehr von ihm weggenommen werden darf, ein physiologisches Individuum sein. Eine be- stimmte Grenze hier zu ziehen ist aber nicht möglich und es schwindet uns bei unseren Thieren der Begriff des Individuums in diesem Sinne unter den Händen. Nimmt man einem solchen physiologischen Individuum das Nervencentrum, so ist es nicht todt, so wenig wie das durch Ausschneiden aller Randnervencentren gelähmte ganze Thier todt ist : beide sind zunächst nur willenlos , bewegungslos — sie sterben erst ganz allmälig , in Folge mangelnder Athmung ab , nicht wie ein höheres Thier durch den Stich in eine bestimmte Stelle der Medulla oblongata plötz- lich , sondern langsam , wie eine Pflanze stirbt , der man den Erdboden entzogen hat. Dabei darf allerdings nicht aus dem Auge verloren werden , dass in letzter Linie die Ursache der Folgen „des Knickens" eines Wirbelthieres wohl ganz dieselbe ist wie diejenige der Lähmung, des „Knickens", der Meduse und dass der Unter- schied nur in der rascheren Wirkung des Eingriffes im ersteren Falle liegt: denn es ist wohl das durch den Stich beim Wirbelthier verursachte Aufhören des Stoff- wechsels, welches von ihm keinen Augenblick ertragen werden kann und daher so- fortigen Tod herbeiführt. Aus der Bedeutung der Randnervencentren für den Organismus unter Zugrund- legen der geltend gemachten Gesichtspunkte erklärt es sich denn auch , dass der- selben beraubte Medusen nicht dauernd leben können, an sich, nicht etwa aus Grün- 134 den, welche im immittelbaren Kampf um's Dasein zu suchen sind. Sei es auch, dass sie sich zu rhythmischer Contractionsthätigkeit wieder erholt haben: dieselbe wird auf die Dauer nicht kräftig, nicht ausgiebig genug sein, um bleibend das Leben des Organismus zu stützen. II. THEIL. MORPHOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN. Toponenre Medusen. Bevor ich zur Darstellung der eigenen Befunde übergehe , wird es meine Aufgabe sein, die Ansichten zu erwähnen, welche über ein Nervensystem der topo- neuren Medusen laut geworden sind und ferner mit einigen Worten der von mir an- gewendeten Untersuehungsmethoden zu gedenken. Literatur. Ehrenberg beschreibt bei Aurelia aurita ausgebildete Nerven- massen *). Unter jedem der „Augenstiele" liegen nach ihm drüsige Knötchen, welche zur Pigmentstelle verlaufende Schenkel haben und welche seiner Meinung nach Ner- vensubstanz sein dürften. Die Abbildungen2) zeigen, dass die „Knötchen" dasselbe sind, was auch Claus jüngst für Ganglien erklärt hat — zwei blindsackartige Gru- ben der hinteren Abtheilung der Tasche , in welcher der Bandkörper gelegen ist 3). Indem diese Gruben durch die Körpersubstanz durchschimmern , mögen sie den Ge- danken an Nervenknoten erregen. Eine genauere anatomische Untersuchung hat Ehrenberg nicht vorgenommen und so sind seine Angaben überhaupt mehr aus historischen Bücksichten zu erwähnen. Die Nervenschenkel, welche von dem Ner- venknötchen ausgehen sollen und die als Augennerven bezeichnet werden , können der Abbildung nach nichts Anderes sein, als die optischen Längsdurchschnitte der Wandungen der äusseren Epithelialhülle des Bandkörpers. Ausserdem soll nach Ehrenberg längs des ganzen Scheibenrandes zwischen je zwei der feinen Fühl- fäden ein bei auffallendem Lichte weisslicher, bei durchgehendem gelblicher, markiger, zweischenkliger Nervenknoten liegen , der mit seinen zwei Schenkeln zu zwei ver- 1) a. a. 0. S. 203. 2) a. a. 0. Taf. IV. Fig. 1. r, q. 3) Von mir schon auf Seite 62 als »innere Riechgruben«, im Folgenden auch als »Riechkappen« bezeichnet. 18 138 schiedenen Fühlfäden gehe. Endlich sollen in den Gesehlechtshöhlen neben den Eier- stöcken zunächst dem Schlünde vier Gruppen von Markknötchen kranzartig gelegen sein und mit ebensoviel Gruppen von Fühlfäden in Beziehung stehen. — L. Agassiz, der einen oberen und einen unteren Nervenring, beide durch radiäre Nervenfäden verbunden, bei den Cycloneuren gefunden zu haben glaubte, spricht bei seiner Darstellung wiederholt allgemein vom Nervensystem der Medusen überhaupt und ist demnach der Meinung, die dort von ihm erlaugten Ergebnisse unmittelbar auch auf die Toponeuren ausdelmen zu dürfen1). — Ich selbst habe in der ersten Abhandlung, welche über meine physiologischen Versuche handelte, bemerkt: „die mitgetheilten Experimente möchten vermuthen lassen, dass die leitenden Nervenfäden sich in acht Ganglien sammeln , welche die contractilen Zonen beherrschen , deren Zusammen- ziehungen vorstehen. Ich habe körperliche Ganglien bis jetzt wenigstens nicht auf- finden können. Dagegen treffe ich ungewöhnlich zahlreiche Nervenelemente (Fasern und Zellen) in der Umgebung der Randkörper, Elemente, welchen ohne Zweifel zum Theil die Aufgabe zufällt, die contractilen Zonen zu beherrschen, während sie zum anderen Theile zu den Randkörpern selbst treten." Auch in Beziehung auf das peripherische Nervensystem kam ich schon dort zu den im physiologischen Theile ausgesprochenen Schlüssen2). Damals in Aussicht gestellte weitere Resultate der Untersuchung sind im Auszug in meinem Münchener Vortrage enthalten. Inzwischen hatte Claus, zum Ergreifen des Themas offenbar veranlasst durch meine Vorarbeiten, welche genau zeigten, wo zu suchen sei, ein körperlich differenzirtes centrales Ner- vensystem, die „Ganglien", welche ich vermisste , bei Aurelia zu finden geglaubt. Dieselben sollen in der Zahl von zweien an der Basis des Randkörpers liegen und werden „als sensible Centren und als Ausgangspunkt für die spontanen Bewegungen des Schirmmuskels" aufgefasst. Er sagt wörtlich3), es „findet sich an der Basis des Randkörpers in der Augenbucht eine paarige, in Form zweier Zapfen angeschwollene Verdickung des Ektoderms, die unterhalb des Epithels eine tiefere Schicht von Gang- lienzellen und Nervenfibrillen einschliesst. Wie sich dieselben freilich in ihrem wei- teren Verlaufe und in ihrer Beziehung zu dem erwähnten Sinnesorgaue , eventuell zu der quergestreiften Muskulatur verhalten, ist mir bislang nicht gelungen, völlig klar zu stellen." Es ist schon bemerkt worden, dass die von Claus erwähnten und 1) Mari vergleiche den Abschnitt über die Cycloneuren und: L. Agassiz von the Naked-eyed Medusae of the shores of Massachussets in their perfeet state of Development« in: Memoirs of the American Academy of Arts and Sciences, new series Vol. IV. part. II. p. 232 u. 233 (Cambridge and Boston, 1850). 2) »Ueber künstl. Theilbarkeit« etc., Würzb. Verh. a. a. 0. S. 155. Zoolog. Unters. S. 68. 3) a. a. Ü. S. 26. 139 für Ganglien erklärten , als „Zapfen" beschriebenen Bildungen nichts anderes sind als Gruben, zipfelartige, vom Ektoderm ausgekleidete Einbuchtungen der Körperober- fiäche, welche wohl dem Geruchsinne dienen werden. Ferner spricht Claus von einer tiefen Lage von Ganglienzellen und Nervenfibrillen, welche „in dem verdickten und Wimpern tragenden Ektodermepithel des Randkörperstiels" (das Sinnesorgan, auf welches er hinweist), enthalten sei. Da er die so bemerkenswerthe Eigenschaft der Ganglienzellen, welche ich über den Randkörper verbreitet finde, nicht erwähnt, die nämlich, dass sie sich nur wenig von Bindegewebszellen unterscheiden und insbesondere weil er sagt, dass die Zellen in dem Epithel liegen, während die von mir gefundenen unter dem Epithel liegen, so bin ich nicht im Stande, die Claus'schen Angaben mit meinen Beobachtungen zu vereinen. Dass die Nervenfibrillen , wie ich fand, Fortsätze des Epithels seien, erwähnt Claus gleichfalls mit keinem Wort und wenn er endlich sagt, dass er es nach an Chrysaora gemachten Beobachtungen für „sehr wahrscheinlich" halte, dass noch eine Menge grösserer Ganglienzellen unter dem Epi- thel der Ringmuskulatur zerstreut liegen und als motorische , bezw. reflectorische Centren dieser Muskellage zu deuten sind, so muss ich dagegen bemerken , dass ich an keiner der von mir untersuchten topoueuren Medusen andere Nervenzellen als solche gefunden habe, welche sich durch ihre Kleinheit auszeichuen und welche mor- phologisch auch sonst auf einer sehr tiefen Stufe der Ausbildung stehen bleiben l). Die Claus'sche Schilderung einer Riechgrube (die von mir sogenannte äussere Riech- grube) stimmt dagegen mit meinen Beobachtungen überein. Was im Uebrigen die Sinnesorgane der Topoueuren , die zuerst von Esc h Scholz2) sogenannten Randkörper angeht , so haben dieselben früher sehr verschiedenartige Deutung erfahren. Der grösste Theil der bezüglichen älteren Lite- ratur findet sich bei Ehrenberg3) und bei Oken4) verzeichnet. Schon Gäde5) spricht sich in Beziehung auf Aurelia aurita gegen die Ansicht 0. Fr. Mülle r"s aus, dass die in den Randkörpern befindlichen kleinen, wie sie Gäde beschreibt, mehr oder weniger sechseckigen Körperchen Excremente (und zwar von Meeressand) 1) Es ist mir nicht möglich, eine andere Erklärung der Claus'schen Angaben, insbesondere über den Bau der Randkörper, zu finden, als die, dass Claus zwar einige der von mir beschriebenen Dinge vor sich gehabt, aber zur Zeit als er darüber Mittheilung machte , noch nicht mit Müsse untersucht hatte. Die wiederholten eilfertigen Veröffentlichungen, durch welche dieser Autor bevorstehenden Publikationen Anderer zuvorzukommen weiss, scheinen durch die Gelegenheit veranlasst zu sein, neuere Entdeckungen in seinem Lehrbuch auf seinen Namen eintragen zu können. 2) Eschscholz, System der Akalephen, Berlin 1829. 3) Ehrenberg, a. a. 0. S. 191. 4) Oken, a. a. 0. 5) Gäde, a. a. 0. S. 18. 18* 140 seieu1), da ja diese Körperchen (die Krystalle) iu einer feinen Haut eingeschlossen seien und also nur mittelst Zerreissung derselben fortgeschafft werden könnten. Auch habe er, ungeachtet er sich einer starken Lupe bediente , niemals die Bemer- kung machen können, die Müller gemacht hat, dass nämlich diese kleinen Körper oft in's Wasser gestreut würden. Rosenthal2) hielt die Randkörper für Drüsen. Weil er die Krystalle in Schwefelsäure nicht aufzulösen vermochte, erklärte er sie gleichfalls für Sandkörner (abgelagerte Kieselerde). Die Ansicht, dass unsere Organe Drüsen seien, ist bei Oken entweder einfach angenommen J) oder sie werden mit Drüsen verglichen4). Einmal aber wird zu der Vergleichung hinzugefügt: „Da es gerade ihrer 8 sind, sind sie vielleicht Ansätze zu Rippen wie bei den Rippenquallen"5). Eschscholz fasste sie als der Leber entsprechende Organen auf. T i 1 e s i u s 6) erzählt , dass die Rand- bläschen Nachts leuchtendes Gas aushauchen: „Durch dieselbe allgemeine Respira- tions- oder Lebensbewegung des ganzen Körpers, deren Systole alle röhrigen Strahl- und Circularmuskeln gewaltsam zurückzieht, wird auch das Wasser aus den 8 Re- spirationsventrikeln wieder ausgespritzt , wodurch die Meduse ihren Portstoss im Meere erhält oder sich von einer Stelle zur andern fortbewegt , und zugleich wird auch das leuchtende Gas aus dem zersetzten Meerwasser durch die 8 Bronchial- röhren und Randbläschen ausgehaucht" (Cassiopea Andromeda). Erst Ehrenberg fand den an der aboralen7) Seite der Randkörper gelegenen Pigmentfleck und er- klärte ihn für ein Auge. Die Krystalle, welche er zuerst als solche bezeichnet, ver- mochte auch er anfangs nicht iu Schwefelsäure aufzulösen. „Bei Wiederholung des Versuches", sagt er, „fiel mir ein, dass die organische Hülle, worin die kleinen Kry- stalle liegen, vielleicht die Einwirkung der Säure hindern möge und so zerdrückte ich denn erst die Beutelchen mit einem Messer so , dass ich die Krystalle frei zu legen glaubte, was ich unter dem Mikroskope auch erreicht fand." Nun lösten sich dieselben auf Zusatz von Schwefelsäure auf8). Ehrenberg hält sie demnach „mit Wahrscheinlichkeit" für kohleusauren Kalk und glaubt in ihnen eine Kalkansamm- lung sehen zu dürfen, wie sie ähnlich auch sonst bei Thieren in der Nähe der Ner- vensubstanz angehäuft vorkomme. Kölliker stimmte der Deutung des Pigment- 1) O. Fr. Müller, Zoologia Danica 1779. Vol. II. p. 111 und neue Ausgabe von seinem Bruder besorgt, mit Tafeln. 1788. Vol. II. p. 51. (Medusa aurita.) 2) Rosenthal, Beitrag zur Anatomie der Quallen. Zeitschr. f Physiol. v. Treviranus, 1825. 3) Oken, a. a. 0. Seite IM, wo von Quallen überhaupt die Rede ist. 4) ebenda, Seite 21G (»Hutquallen« überhaupt) 235 (Aurelia aurita). 5) Tilesius, N. Acta L. C. XV. 1831. 6) Seite 216. 7) Man vergleiche hinten das über die Pigmentflecke Mitgetheilte. 8) Ehrenberg a. a. 0. S. 191. 141 fleckes durch Ehrenberg bei, vermuthete aber weiter, dass die die Krystalle um- sehliessenden Bläschen Hörorgane sein möchten'). Gegenbaur2) macht gegen solche Deutung Bedenken geltend, insbesondere den Mangel von Hörhaaren und die beträchtlichen Schwankungen in der Menge der unorganischen Einschlüsse und er- klärt die Annahme, die darauf zielt, die Randkörper als Excretionsorgane aufzufassen für nicht gerade verwerflich. Clark3) beschreibt das Krystallsäckchen genau als zusammengesetztes Auge : u. A. erklärt er die Krystalle für Linsen, das Plattenepithel für eine Cornea. (Aurelia flavidula, Cyanea arctica.) Auf die nähere Schilderung dieser lichtbrechenden Körper und ihre Beziehung zu den Zellen, in welche sie eingeschlos- sen sein sollen, gehe ich nicht ein, da C 1 a r k 's Darstellung mit dem Thatsächlichen nichts gemein hat. Nur sei noch bemerkt, dass jede dieser Zellen ein vollständiges Auge für sich sein soll, mit vorderer und hinterer Augenkammer, beide mit humor aqueus und geschieden durch eine undurchbohrte Membrana pupillaris. Diese Clark 'sehe Untersuchung der Sinnesorgane der Toponeuren ist bis zu der Zeit , in welcher ich die nachfolgend geschilderten Ergebnisse über dieselben erlangte und bis ich sie im Auszuge veröffentlichte 4) , die einzige histologische ge- wesen, welche, von den Claus 'sehen Bemerkungen abgesehen, bekannt gegeben war, eine Thatsache, welche für die so verschiedenen Deutungen dieser Organe eine hinreichende Erklärung abgibt. Die seitdem mitgetheilten Beobachtungen 0. und R. Hertwig's6) bestätigen meine Befunde über die Nervenepithelzellen der Randkörper, welche sie aber fälschlich und sogar ausschliesslich für das centrale Nervensystem der Toponeuren halten, indem sie hier wie auch sonst in diesen Thieren Ganglien- zellen vermisst zu haben scheinen. Methoden der Untersuchung. Nirgends im Thierreiche wird man verhältniss- mässig so wenig Entscheidendes durch die Untersuchung frischen Gewebes erreichen können, als bei den Qualleu, fast weniger aber noch als bei den Rippenquallen bei den Medusen. Es versteht sich, dass man trotzdem immer wieder zur Vergleichung auf die Beobachtung ohne Reagentien zurückzugreifen versuchen wird, allein bei gewissen Theileu, z. B. den Epithelzellen, sieht man sich zuletzt fast ausschliesslich auf con- servirte Präparate angewiesen. Zur Untersuchung und Conservirung von Beroe hob 1) Kölliker, »lieber die Randkörper der Quallen, Polypen und Strahlthiere«. Frorieps Notizen, 1843. S. 82 ff. 2) Gegenbaur, Bemerkungen über die Randkörper der Medusen. Müllers Archiv 1856. 3) In L. Agassiz, Contributiona to the Natural History of the United States of Amerika. Vol. IV. S. 41 ff. 4) Vergleiche meinen Münchener Vortrag. 51 a. a. 0. 142 ich vorzüglich das doppelt-chrornsaure Kali als geeignet hervor und ich gebrauchte dieses Salz mit demselben Vortheil bei den Medusen. Die Thiere werden in eine weingelbe Lösung desselben in Seewasser eingelegt, nach einiger Zeit herausgenom- men, in destillirtem Wasser so lange ausgewaschen, bis sich dasselbe nicht mehr färbt, sodann werden sie in Carminlösimg gebracht. Nachdem sie sich gleichmäßig roth gefärbt haben, werden sie in Wasser vollständig wiederum ausgewaschen und dann in eine Mischung von Glycerin und WTasser zu gleichen Theilen versetzt. Hier bleiben sie , je nach dem Gegenstand der Untersuchung, einige Tage bis Wochen oder länger liegen. Das nach der Färbung in Carmiu zuerst undurchsichtige Ge- webe — insbesondere das Epithelialgewebe , hellt sich durch die Einwirkung des Glycerins mehr und mehr auf und wird durchsichtig. Auf diese Weise war ich z. B. im Stande, die Ganglienzellen von Carmarina hastata x) durch das Epithel hindurch in schöner rother Färbung deutlich zu machen und ebenso den Ringuerven ohne wei- tere Präparation zu sehen. Erst nach der Erhärtung in Chromkali lassen sich die Epithelzellen, z. B. der Randkörper der Toponeuren, isoliren und in ihren Einzel- heiten studiren. Die Xervenfortsätze dieser und der Nervenepithelien der Cycloneuren und die Nervenfäden der letzteren weiden dann varikös und lassen sich auf solche W eise sofort in ihrer Eigenschaft erkennen und von Bindegewebs- oder Muskelfäden unterscheiden. Es bietet dieses Reagens dadurch einen grossen Vortheil dar vor der Anwendung der Osmiumsäure in stärkeren oder ganz schwachen Lösungen, welche letztere übrigens als Isolationsmittel gute Dienste leisten. Stärkere Osmiumsäure bindet im Gegentheil die Gewebselemente, besonders die Epithelzellen und schwärzt diese zu sehr. Zu Durchschnitten durch das Gewebe eignet sie sich besser und habe ich sie abwechselnd mit Chromkali zur Herstellung von solchen angewendet. — In doppelt-chromsaurem Kali eingelegt halten sich Quallen histologisch verwerth- bar wohl nahezu ein Jahr lang. Dann aber wird das Gewebe brüchig und un- brauchbar. Hat man dasselbe dagegen früher in der beschriebenen Weise mit Car- miu behandelt und in Glycerin und Wasser eingelegt , so lässt es sich viel länger erhalten. Meine eingelegten mikroskopischen Präparate haben sich Jahre lang con- servirt, ohne Spuren des Verderbens zu zeigen. Da wir, wie sich aus den physiologischen Untersuchungen ergibt, den wesent- lichsten Theil des Nervensystems in der Umgebung der Randkörper und an diesen 1) Die Untersuchungsmethoden gelten sowohl für Cycloneure als auch für Toponeure. 143 selbst suchen müssen, so beginne ich, nach vorausgeschickter topographischer Orien- tirung, mit der Beschreibung der letzteren , um von da auf die contractilen Zonen überzugehen , welche uns von selbst auf den Bau des übrigen Schirmes , besonders der Subumbrella und des die aborale Fläche deckenden Epithels führen werden. — Um unnöthige Wiederholungen zu vermeiden, werde ich gewöhnlich Aurelia aurita und Cyanea capillata, als typische Repräsentanten bei der Beschreibung voranstellen und brauche im Uebrigen nur auf die Unterschiede aufmerksam zu machen, welche sich diesen gegenüber bei anderen von mir untersuchten Formen finden. I. Gröbere Bau Verhältnisse der Randlappen. Der Schirmrand der Toponeuren ist bekanntlich nicht wie jeuer der Üyclo- neuren geschlossen, sondern vielmehr durch Einschnitte in Lappen abgetheilt, deren jeder einen Randkörper trägt. Da die Grundmembran des Randkörpers nichts An- deres ist als eine dünnhäutige Fortsetzung des Gallertgewebes der Umbrella, seine Höhle aber die blindsackartige Endigung je eines Gastrovaskulargefässes , wie dies zuerst Gegenbaur bei Pelagia nachgewiesen hat1), so müssen wir uns, um eine Grundlage für das Verständniss der Randkörper zu gewinnen, zunächst über die grö- beren anatomischen Verhältnisse der Umgebung derselben d. i. eben der Randlappen, orientireu. Als Ausgangspunkt der Schilderung für dieselben nehme ich: Aurelia aurita. In der Richtung von den acht Randkörpern zum Magensack verlaufen bei Aurelia aurita ebensoviele Radiärgefässe. Wir können dieselben als Haupt- radiärgefässe bezeichnen, im Gegensatze zu den acht in den Interradien ge- legenen Gefässen, welche von je einer Afteröffnuug zum Magen ziehen, den After- radiärgefässeu. Die Hauptradiärgefässe allein geben , wie Ehre n b e r g richtig abgebildet hat2), schon im oberen Theile ihres Verlaufes starke Seitenäste ab. Diese Seitenäste spalten sich , indem sie , gleich den Haupt- und Afterradiär- gefässen , gegen den Schirmrand hinziehen , mehr und mehr auf ihrem Wege in Zweige, welche schliesslich gleich jenen beiden und zwischen denselben in das Ring- gefäss einmünden (Zwischenradiärgefässe). Betrachten wir nun die Beziehung der 1) Gegenbaur, Müllers Arohiv 1856. 2) a. a. 0. Taf. 1. Fig. 1 und Taf. 3. Fig. 5. 144 Holzschnitt 19. Hauptradiärgefässe zum Ringgefäss genauer, so finden wir, dass jedes derselben (HR, Holzschnitt 19, H, Holzschnitt 20) in den obersten Theil der convexen Seite einer bogenförmigen Biegung (b) einmündet, welche das Ringgefäss (Rg) um jeden Randkörper (RM) herum beschreibt. In die Seitentheile des Bogens münden einige Zwischenradiärgefässe (ZR Holzschnitt 19, Z Holzschnitt 20) ein, welche theilweise durch Anasto- mosen untereinander in Verbindung stehen. Gegenüber der Einmünduugsstelle des Hauptradiärgefässes in das Ringgefäss, also aus dem obersten Theile der Concavität des an der betreffenden Stelle von diesem gebildeten Bogens , entspringt nun , in der Richtung der Fortsetzung des Hauptradiär- gefässes, aber erheblich enger als dieses, ein Gefäss , (Holzschnitt 21 A bei g) wel- ches , wie die Seitenansicht lehrt (ebenda B bei g) im Bogen nach auswärts — vom Centrum des Schirmes aus gedacht — und dann nach abwärts läuft, um sich darauf nach Art einer dreizinkigen Gabel in drei Zweige zu theilen , welche am Ende blind geschlossene Schläuche darstellen. Die seit- Deutlichsten die Gefässe zeigt. Holzschnitt 20. Orale Ansicht der unteren Flache des Schirmes in der Randkörpergegend, ^ bei einer^Einstellung , welche am liehen Zinken (h) der Gabel sind etwas kürzer als der mittlere (Rk, Holzschnitt 21 A, St ebenda B); sie biegen sich gegen ihr Ende etwas nach innen , gegen die Höhle des Schirmes zu und vereugern sich hier zugleich ein wenig, so dass sie bei der Ansicht von aussen — von der aboralen Fläche des Schir- mes her — wie zwei nach abwärts gerichtete Kuhhörner aussehen. Wir werden sie desshalb in Zukunft kurzweg als die „Hörn er", aus anderen Gründen auch als H ö r g e f ä s s e oder A m- pullen bezeichnen1). Das mittlere oder Rand- körperrohr, dessen Anfangstheil wir Randkörperstiel (Holzschnitt 22 St) nennen, Holzschnitt 21. 1) In der Seitenansicht, wie sie Holzschnitt 21 B gibt, sieht man nur eines der Hörner. 145 Holzschnitt 22. Radialer Längsdurchsclmitt des Schirrorandes. wfi sein blindsackartig geschlossenes unteres Ende das Kr .ii lsäckclien (Rk) herstellt, biegt sieh unmittelbar nach einem Ursprung aus der Breitheilung , also an seiner W'ur 1 (W) nach aussen gegen die aborale Körperoberfläche hin und wieder zurück und ferner macht es in seinem wei- teren Verlauf eine, wenngleich schwache, Biegung in entgegen- gesetzter Richtung mit dem Erfolg , dass sein unteres , blind geschlossenes Ende, das Krystallsäckchen, etwas nach auf- und auswärts (aboralwärts) sieht; indessen trifft man auch die umgekehrte Biegung oder gar keine. Wie auf Querschnitten leicht zu sehen ist, sind die soeben beschriebenen Hörner in das Gallertgewebe des Körpers ein- gebettete, von diesem rings umgebene Bohren. Ber mittlere der drei Zinken, das Randkörperrohr dagegen ragt, nachdem er die beschriebene erste Biegung gemacht hat, frei über den Körperrand hervor, ist jedoch in einer Tasche geborgen, welche, wie alsbald näher beschrieben werden soll, von der Waud des Schirmrandes gebildet wird (Holzschnitt 23 und 2G und Taf. V, Fig. 1). Bas Rohr selbst wird zunächst hergestellt von einer dünnen Haut von Gallertgewebe (Holzschnitt 22, vergl. auch die Tafeln), welche nichts anderes ist als eine unmittelbare Fortsetzung des Gallertgewebes der Umbrella : man wird sich die Verhältnisse richtig vorstellen, wenn man sich denkt, ein blindsackartiger Fortsatz des Radiärgefässes habe dieses Gallertgewebe vor sich hergetrieben und zu einer dünnen Wand für sich ausgebauscht. Biese dünne Wand ist aussen überzogen von einer Fortsetzung des auch die übrige Körperoberfläche bedeckenden , aber auf dem Randkörper zum Zweck der Sinnesempfindung modificirten Epithels; innen ist das Rohr, wie die Gastrovaskularräume überhaupt, ausgekleidet von Geisselzellen, die sich indessen vor den übrigen Elementen des Entoderms dadurch auszeichnen, dass sie hoch cylindrisch sind; in seinem blindsackartig erweiterten Ende, dem Kry- stallsäckchen , aber sind die Entodermzellen modificirt zu den otolithenführenden Zellen des Organs. Auf senkrechten Durchschnitten jener Gegend erkennt man noch weitere Eigenthümlichkeiten des Raudkörperrohres: au seiner Wurzel (W Holzschnitt 22) ist dasselbe bedeutend verengert und kommt dadurch, dass es an dieser Stelle die erwähnte starke Biegung nach auswärts macht, mit der äusseren Wand unmittelbar unter den Boden einer dort in die Oberfläche des Schirmes eingedrückten Grube, der äusseren Riech grübe (Rg) zu liegen. Barauf erst tritt es, indem es zugleich sich erweitert, ringsum vollkommen frei aus dem Schirmrande heraus, während die 19 146 Wurzel wenigstens seitlich und , abgesehen von den Beziehungen zur Riechgrube, nach aussen noch von dicker Gallertmasse umgeben und nur hinten durch eine sehr dünne Gallertwand (W) begrenzt ist. Wie schon angedeutet, liegt nun aber das Randkörperrohr nicht unbedeckt da, sondern es liegt in einer Art Tasche. Der Rand- körper hat bekanntlich schon dadurch eine geschützte Lage, dass er in einem Ausschnitte des Schirmrandes geborgen ist (Holzschnitt 20). Indem nun je ein Fortsatz der Kör- perwand diesen Ausschnitt aussen und innen überdeckt, ent- steht um ihn eine Art Tasche mit unterer Oeffmmg. Die äussere (aborale) Waud der Tasche liegt dem Randkörper- rohr viel näher als die innere. Sie wird gebildet von einem ziemlich dicken, vorhangartig über letzteres herabfallenden Lappen (d, Holzschnitt 22 und 23 , man vergleiche hiezu überall Tafel V, Fig. 1), der jederseits in einen mehr oder weniger langen Fortsatz ausgezogen ist, ähnlich einem Ohr- läppchen (Taf. I, Fig. 2, L), Theile, welche in Verbindung mit der Gestaltung der ganzen Randkörpergegend bei der Ansicht von aussen unserer Qualle den Namen gegeben ha- ben mögen. Die hintere Wand der Tasche liegt nicht wie die vor- dere dem Randkörperrohr nahe an, sondern es bleibt , wie m Holzschnitt 23. Radialer Durchschnitt des Schirmrandes nach einem Os- miumsäurepräparat : Rk Rand- körper; gr eine der zwei Riech- kappen (innere Riechgruben); d Decklappen ; Rg äussere Riech- grube ; o Riechtasche; b durch- schnittenes Gefäss; f Gallert- gewebe; h unterer, hinterer Durchschnitte durch erhärtete Präparate zeigen, zwischen Rand der Riechtasche. Der Schnitt ist neben dem Rand- beiden em ziemlich weiter Raum (Holzschnitt 23 , die hm- körper vorbei seitlich von dem . . auf Tafel v. Fig. i, abgebil- tere Wand ist mit h bezeichnet). Auch diese hintere Wand deten geführt. schhesst nicht vollständig ab , sie besteht , einem Fenster- ^jgssgi^ Vorhang ähnlich, aus zwei von der Seite hertretenden Lappen, welche sich je nach der Wirkung der Zusam- menziehungen des Schirmrandes in verschiedener Weise übereiuandersch lagen oder von einander zurückziehen, f ~ und dabei eiue verschieden grosse Spalte zwischen sieh /-' lassen können, durch welche der Randkörper theilweise oder a,anz frei nach innen durchblickt. (In Holzschnitt /'•^ 2-1 und 26 bezeichnet w die Ränder der hinteren Wand- ] s theile, S' und S" den dazwischen liegenden freien Raum ; g| » -! in Holzschnitt 25 bezeichnet Sw die hier zurüekgezo- y ;Jj! genen hinteren Wände, die Linie Z aber entspricht z Holzschnitt 24. 147 in Holzschnitt 23). Der Raum , welcher zwischen der hinteren Taschenwaud und dem Randkörper übrig bleibt, ist unteu offen (Holzschnitt 23, o), oben aber durch eine Wand geschlossen, welche im inneren Theile des Raumes zwar horizontal ver- läuft (bei f), nach aussen dagegen unmittelbar über der Wurzel des Randkörperstiels zwei Gruben von der Form phrygischer Mützen bildet, welche so nebeneinanderge- stellt sind, dass die Zipfel der Mützen nach hinten schauen. Ich bezeichne diese Gruben als „Riechkappen" oder innere Riechgruben. Auf dem Längsdurch- schnitt, welcher in Holzschnitt 22 dargestellt ist, sieht man von der Seite nur eine der Kappen (bei gr) ; dagegen zeigt Holzschnitt 25 beide von hinten (oral) gesehen , bei einer Einstellung , deren Ebene der Linie xx Holzschnitt 23 entspricht. (Die Bogen- linie Z in Holzschnitt 25 entspricht , wie schon bemerkt, der Stelle z in Holzschnitt 23.) In Holzschnitt 23 ist bei gr unmittelbar ausserhalb einer der Kappen durch- geschnitten und in Holzschnitt 21 A sieht man beide Kap- pen bei schwächerer Vergrösserung in der Flächenansicht von aussen durch die Wand des Randkörpergefässes durch- schimmern, da wo dasselbe in die Hörner und das Raudkörperrohr sich theilt1). Die Flächenansichten der Kappen, sei es die von aussen oder die von innen, sind es, welche vor bald 50 Jahren Ehrenberg und neuestens Claus zur Annahme von „Gang- lien" verführt haben. In seiner Figur 1, Tafel IV und V bildet Ehrenberg die Kappen unter der Bezeichnung r ab und nennt sie „Nervenknötchen" oder „Mark- knoten". Claus bildet sie in Figur 40' seiner IX. Tafel unter der Bezeichnung G ab als „Ganglien" 2). Schon die bildliche Darstellung des Objekts an sich zeigt dies unzweifelhaft ; wenn aber weitere Beweise für die Richtigkeit dieser meiner Behauptung nöthig wären , so würden sie in den Beziehungen der Pseudoganglien von Claus zu deren Umgebung auf dessen Abbildung leicht zu liefern sein. Wie meine Holzschnitte 22 und 23 zeigen, liegen die Kappen etwas oberhalb und zu- gleich nach innen von der schon früher von mir erwähnten äusseren Riechgrube. In der Flächenansicht ergeben sich die Lagerungsverhältnisse ganz so, wie sie Claus in seiner Figur 40' für seine Ganglien und die äussere Riechgrube dar- stellt. Ebenso stimmen vollkommen die Lagerungsbeziehungen von Kappen, bezw. Holzschnitt 25. 1) Zum besseren Verständniss ist die Figur umrandet zu denken als ein Stück des Schirmrandes , durch dessen Gallertgewebe die Kappen durch die Gefässe sichtbar sind. 2) Man vergleiche die Erklärung der Abbildungen bei Claus auf Seite 63 seiner Abhandlung. 19* 148 „Ganglien" , und den von mir sogenannten Hörnern (Hörgefässen oder Ampullen), welche Claus als Augenlappengefässe bezeichnet. Mein Holzschnitt 21 zeigt, wie früher bemerkt, dass die Kappen in der Höhe der Vereinigungsstelle der Hörner mit dem Randkörperrohr liegen (und zwar liegen sie hinter den Gefässen und schimmern bei der aboralen Flächenansicht durch dieselben hindurch) ebenso ver- halten sich die „Ganglien" und die Augenlappengefässe von Claus in ihren Lager- verhältnissen. Die Kappen, in welchen der Randkörper in der beschriebenen Weise liegt, sind nun mit Geisselzellen ausgekleidet. Diese Thatsache an sich und die später näher zu berührenden Verhältnisse des Epithels veranlassen mich, die Käppi a für Sinnes- organe zu halten , und ich bezeichne daher die Tasche auch als Riechtasche, die Kappen selbst als Riechkappen oder innere R i e c h g r u b e n. Jene andere Grube, die Einziehung der aboralen Schirmfläche, deren Grund gegenüber der Randkörperwurzel ' liegt ') , habe ich desshalb schon im Vorstehenden als äus- sere Riech grübe bezeichnet. Um die Topographie der Randkörperumgebung zu vollenden, erübrigt mir nun noch, die Lage der äusseren Riechgrube in Beziehung auf ihre Umgebung in der aboralen Flächenansicht zu schildern. Betrachtet man in dieser Ansicht den Rand einer Aurelia in der Randkörpergegend, so zeigt sich zunächst der Randkörper nach aussen bedeckt durch eine beutel- oder ärmelpufferartige Erhebung der Schirmober- fläche, sich ausnehmend wie ein kleines Säckchen, dessen Grenze nach oben ganz allmälig in letzterer verschwindet, während sie nach den Seiten mit scharfer Liuie wie eingeschnürt von derselben abgesetzt ist (Tafel I, Fig. 2). Der Beutel erscheint auf dem unteren Theil seiner Oberfläche tief ein- gezogen. Die Wände der Einziehung sind zu- weilen so gefaltet wie die der Einziehungen eines Polsters. Die so beschaffene Grube ist \ ' die äussere Riechgrube (Holzschnitt 26 Rg, — ^^V_ Tafel I, Fig. 2 und 10, Taf. V, Fig. 1 Rg). Der senkrechte Durchschnitt zeigt, dass der / ^H^ /^^IB^R untere Theil des Säckcheus gebildet wird durch den in Holzschnitt 22 und 23 dar- Holzschnitt 26. ... . ., . gestellten Lappen d, dass sein unterer Kand 1) Holzschnitt '20, Rg. 149 somit ein freier ist. Dieser untere Theil des Säckchens entspricht somit der äus- seren (aboralen) Wand der Itaudkörpertasche und überdeckt, bei der Ansicht von aussen, den Schirmrandausschnitt, in welchem der Randkörper liegt, und welcher ringsum von dem Ringgefäss umgrenzt wird. (In Holzschnitt 23 bei b ist der Durch- schnitt der Vereinigung von Ringgefäss und Randkörperrohr (g Holzschnitt 21) zu sehen vergl. Erklärung von Holzschnitt 23.) Zur weiteren Erläuterung dieser Verhältnisse mögen noch einige Abbildungen dienen: Holzschnitt 26 stellt eine Ansicht der Randkörpergegend von der aboralen Schirmfläche dar, bei einer solchen Stellung des Schirmrandes, in welcher dessen Kante dem Beschauer etwas zugekehrt ist , so dass man in den unteren Theil der Rand- körpertasche hineinblicken kann, zu welchem Zwecke zugleich die seitlichen Fort- sätze der vorderen Taschenwand, die Ohrlappen, entfernt gedacht sind. Die Einstel- lung ist nicht auf die Oberfläche der aboralen Schinnseite, sondern etwas tiefer ge- nommen. Man sieht in die äussere Riechgrube (Rg) hinein und oberhalb und zur Seite derselben sieht man die Hörner (h) durchschimmern. Ferner ist die vordere Taschen wand zu sehen (d) und ebenso die Ränder der beiden die hintere Taschen- wand bildenden Vorhänge , welche einen Spalt zwischen sich lassen. Die säckchen- artige Erhebung des die äussere Riechgrube tragenden Theils der Schirmaussenfläche tritt in der Zeichnung desshalb nicht hervor, weil ja die Einstellung nicht auf die Oberfläche, sondern etwas tiefer genommen ist. Man sieht indessen die Seitenränder des Säckchens. Erst die durch erhärtete Präparate nach verschiedenen Richtungen geführten Durchschnitte klären die Bauverhältnisse der Randlappen in der geschilderten Weise auf und machen auch die Bilder verständlich, welche die aborale Flächenansicht am frischen Thiere darbietet. Fig. 2 , Tafel I gibt diese Ansicht wieder. Zu- nächst fällt das Polster (P) in die Augen und ist deutlich zu erkennen, wie es be- sonders nach rechts und links hin scharf von der Umgebung abgesetzt ist. An diesen seitlichen Grenzen sind im Profil einzelne jener Häufchen Nesselzellen sicht- bar , wie sie die ganze Oberfläche der Aurelia zerstreut bedecken. Diese Häufchen von Nesselzellen fehlen auf der Oberfläche des Polsters fast ganz — nur gegen die obere Grenze derselben hin , welche in schiefer Ebene ganz allmälig in die Umge- bung übergeht, kommen sie vereinzelt vor. Der mittlere Theil des unteren Randes biegt in starker Wölbung nach innen (oralwärts) um, so dass er bei der gegebenen Ansicht als scharfe Querlinie (Q) erscheint; die Seitentheile . dagegen gehen in jene zwei zipfelartigen, über den Schirmrand herabhängenden Lappen (L) über, welche schon als , Ohrlappen" erwähnt sind. Bei hoher Einstellung, bei welcher die Ab- 150 bildung aufgenommen ist, erkennt man den Eingang zur Riechgrul lerhalb der Riechgrube sieht man die Hörner (H) hindurch, durch ihren Bodei a 1 unter ihr den Randkörper. Während der Contractionen zieht sich die Oeffnung der Riech- grube gewöhnlich etwas nach unten , schirmrandwärts und indem ihr Boden an- nähernd die frühere Lage beibehält, erscheint sie als ein nach u, öffneter Trichter, durch dessen hintere Wand ein Theil des Randkörpers hell durchscheint (Taf. I, Figur 10 Rg). — Bei tieferer Einstellung (Taf. I, Fig. 1) treten Hörner und Randkörper schärfer hervor. Man sieht den Ursprung der Hörner (H) aus dem von oben kommenden Radiärgefässe (g) und an der Stelle , an welcher dieser Ursprung statt hat, sieht man zwei zipfelartige Bildungen (gr) hinter dem Gefäss durchscheinen, die Riechkappen. Der Randkörper selbst scheint nach oben abgerundet aufzuhören (Fig. 1 bei x): es beruht dieses Bild auf einer Täuschung, hervorgerufen durch die Biegung , welche der Randkörper an seiner Wurzel macht. Auf dem nach oben convexen Bogen, welcher auf diese Weise im optischen Durchschnitt entsteht, sieht man jederseits zwei Linien weglaufen (Taf. I Fig. 1, 1), welche, je nachdem die Einstellung eine etwas höhere oder tiefere ist, entweder nach unten im Bogen sich vereinigen oder aber durch den doppelt begrenzten Rand eines ovalen Loches ver- deckt werden (Fig. 1 , L). Es handelt sich in diesen Linien um die Grenzen des in jener Gegend auf kurzer Strecke zuweilen fast horizontal verlaufenden Randkörperrohres (Z , Fig. -i). Das Loch stellt den reinen Querschnitt dieses Rohres dar (Fig. 1) : durch dasselbe sieht man die Chyluskörperckeu lebhaft in das Randkörperrohr herein- und wieder hinaus wirbeln. Alle diese Verhältnisse, welche wesentlich durch die Biegungen des Randkörperrohres complicirt sind, werden noch deutlicher in dem vertretenen Sinne erklärt, wenn man die hintere (orale) Flächenansicht zu Hülfe nimmt: in Figur 9, Taf. I stellt o den oberen Theil des absteigenden Randkörperrohres dar, bei L sieht man in die wagrecht gerichtete Ab- theilung desselben von innen hinein. Fig. 6 gibt diesen Einblick in etwas vergrös- sertem Massstabe. Bei v sieht mau einen Theil der Fläche der unteren Wand des wagrecht gestellten Rohres und diese Ansicht zeigt auch, dass die doppelt begrenzte Linie 1 nichts Anderes ist als der optische Querschnitt jener Wand. — In Figur 3 ist eine orale Ausicht gegeben , in welcher das wagrecht gerichtete Rohr sehr ver- kürzt erscheint, so dass die Höhle des Randkörpers unmittelbar in den Raum über- geht, welcher durch den Zusammentritt der Hörner gebildet wird; gr dieser Figur ist ein Theil der Auskleidung der hinteren Riechgrube (vergleiche damit Holzschnitt 23 bei gr); in Fig. 1 ist die Ansicht so, dass diese Auskleidung scharf im optischen Querschnitte gesehen wird (gr), so dass statt der zwischen x und x1 gelegeneu Fläche 151 der Figur 3 dort nur eine doppeltbegrenzte Linie zu bemerken ist. — In Figur i auf Tafel 11 ist endlich ein Querdurchschnitt durch den Randlappen gezeichnet, welcher die Orientiruug sehr erleichtert: D ist das Säckchen, die polsterartige Er- hebung der Aussenfläche , Rg die äussere Riechgrube , 0 die Randkörpertasche , Rk der Randkörper, H sind die Durchschnitte der als Hörner bezeichneten Gefässe, b diejenigen der zwei Schenkel des in jener Gegend bogenförmig über den Schirmrand sich erhebenden Ringgefässes (vergleiche Holzschnitt 20). — Figur 6 derselben Tafel stellt einen ähnlichen Querdurchschnitt dar. (Man vergleiche dazu die Querdurch- schnitte durch dieselbe Gegend von Rhizostoma und Cassiopea auf Tafel VI.) Als eine Variation der beschriebenen Verhältnisse sei erwähnt, dass zuweilen statt eines einfachen Randkörpers Zwillingsraudkörper vorkommen: es hängen zwei derselben in der Weise zusammen, class die Randkörperwurzel gemeinsam ist; dieselbe geht in zwei Randkörperrohre aus, welche in spitzem Winkel divergiren. Dass auch die Zahl der einzeln ausgebildeten Randkörper stark variirt , ist durch die Darstel- lung Ehrenberg 's hinreichend bekannt. Sie kann dadurch vermehrt werden, dass zwei Randkörper an einem Antimer sitzen oder es sind mehr Antimere als die ge- wöhnlichen acht vorhanden und jeder Antimer hat seinen Randkörper. Damit kann dann auch die Zahl der Geschlechtsorgane vermehrt sein. Umgekehrt kommt eine Verminderung der Zahl der Antimere vor. Auf seiner Tafel II hat Ehren berg solche Varietäten abgebildet : unter Anderem stellt dort Figur 1 ein Thier mit 6 Antimeren (Randkörpern) und 3 Geschlechtsorgauen vor, Fig. 11 ein solches mit 12 Antimeren und 6 Geschlechtsorganen u. s. w. Eine derartige Vermehrung oder Verminderung der Antimerenzahl muss selbstverständlich in Anstössen auf die Entwicklung liegen . welche wir auch] nicht entfernt festzustellen im Stande sind. Dem Verständniss einer einfachen Vermehrung, sowie der phylogenetischen Ent- stehung der Randkörper an sich aber rücken wir dadurch näher, dass wir sie mor- phologisch mit den Randtentakeln vergleichen. Diese Vergleichung ergibt nämlich die Thatsache, dass der Bau der Randkörper nur eine Modification desjenigen der Tentakel darstellt. Ganz ebenso wie die ersteren, sind die letzteren röhrenförmige Ausstülpungen der Gastrovaskulargefässe , speciell des Ringkauais. Uanz ebenso wie das Randkörperrohr ist das Tentakelrohr gebildet aus einer Stützlamelle , welche eine Fortsetzung der Körpergallerte ist , aus einer Aus- kleidung von Entoderm und einer Umhüllung von geisselnden Ektodermzellen. Es bedarf nur geringer Umänderungen , um aus einem Tentakel einen Randkörper zu bilden und es ist augenscheinlich, dass die letzteren ursprünglich aus der einfacheren Anlage der ersteren hervorgegangen sind. 152 Bekanntlich ist die Vertheilung der Gefässe bei Aurelia in früheren Stadien des Lehens eine viel einfachere als später. Es sind zunächst nur acht einfache Radiärgefässe vorhanden, welche an den bleibenden Zustand, z. B. bei Cyanea capil- lata in dieser Beziehung erinnern, indem hier acht taschenartige Ausbuchtungen der Magenhöhle zeitlebens bestehen. Erst während die junge Aurelia im selbständigen Leben heranwächst, beginnen ihre Radiärgefässe sich zu verzweigen. Auch die Bil- dung der Randlappen der jungen, erst kürzlich abgelösten Aurelia erinnert sehr an die bleibenden Verhältnisse der Cyanea. Die Taschen , in welchen nach meiner Schilderung die Randkörper der ausgebildeten Aurelia aurita gelegen sind , ebenso die zwei zipfelartigen Ausbuchtungen der oberen Wand derselben, die Riechkappeu, entstehen erst allrnälig während des freien Lebens , au Thieren von einigen Centi- meteru im Durchmesser sind sie nur in der Anlage ausgebildet oder fehlen voll- kommen. Ebenso entwickeln sich auch die Ohrlappen erst später. Die wesentlichsten Bauverhältnisse der Randkörper und ihrer Umgebung ver- halten sich ähnlich oder ebenso wie bei Aurelia aurita auch bei Rhizostoina Cuvieri, Pelagia noctiluca und Cassiopea borboiiica. Ueberall stellt das Randkörperrohr eine Ausstülpung des Gastrovaskularsystems dar, überall besteht es aus der Stützlamelle, der Ektodermumhüllung und der Ento- dermauskleidung und diese drei Lagen zeigen dieselben Beziehungen zu dem übrigen Körper hier wie dort. Die Entodermauskleidung ist überall cylindrisch und verhält sich zu der Otolithenansammlung in der bei Aurelia geschilderten Weise. Ueberall ist eine äussere Riechgrube vorhanden, welche in ähnlichen Beziehungen zum Rand- körperrohre steht und in derselben Art in eine polsterartige Erhebung auf dem Randlappen eingesenkt ist, wie ich das von Aurelia beschrieben habe. Ueberall ist der Randkörper von einer Deckplatte bedeckt und liegt in einer Tasche . welche hinter seiner Wurzel eine Grube bildet , die wühl als Riechorgan wirksam sein mag und die wenigstens bei Cassiopea in dieselben zwei Ausstülpungen, die Riechkappeu. sich nach oben fortsetzt wie sie bei Aurelia vorhanden sind. Stets zeigt das Rand- körperrohr mehr oder weniger schön geformte Biegungen und ist wenigstens bei Rhizostoma an der von mir als Wurzel bezeichneten Stelle verengert wie bei Aurelia. Auf Tafel II und III habe ich einige Abbildungen von Flächenansichten und Durch- schnitten der betreffenden Theile von Rhizostoma Cuvieri und Pelagia noctiluca gegeben. Figur 3, Tafel II zeigt die Flächenansicht eines Ausschnittes des Schirm- randes von Rhizostoma mit dem Polster (x), welches wie bei Aurelia nacli unten in 153 zwei Zipfel ') ausgeht , die jedoch hier kürzer sind als dort. Man sieht auch hier die als Hörner bezeichneten Gefässausstülpungen (H) , die sich ziemlich weit beider- seits vom Randkörper herabziehen, unter der Oberfläche durchschimmern. Der Rand- körper (Rk) ist bedeckt von der Deckplatte d , durch welche hindurch sein Pigment deutlich sichtbar ist. Die Deckplatte hat hier wie bei den übrigen genannten To- poneuren von aussen gesehen eine von rechts nach links gewölbte Oberfläche und stellt ein hohlziegelähnliches Schutzdach für den Randkörper dar. In Figur 1 und 2 derselben Tafel sind senkrechte Durchschnitte durch Randkörper und Umgebung von Rhizostoma geführt. Man sieht deutlich den Uebergaug des Stützblattes (3) in das Gallertgewebe der Umbrella, die Verengerung des Randkörperrohres an seiner Wurzel, die Deckplatte (D) , die äussere Riechgrube (Rg) und in Figur 2 auch den hinter dem Randkörper gelegenen Theil der Tasche (Rg'), in welchem derselbe geborgen ist. Das Randkörperrohr macht mit seinem geschlossenen Ende wie bei Aurelia aurita eine leichte Biegung nach aus- bezw. aufwärts, nachdem es unmittelbar vorher eine solche in entgegengesetzter Richtung ausgeführt hatte. Auf Tafel III sind Abbildungen des Randkörpers von Pelagia noctiluca gegeben. Die Gestalt des Randkörperrohres schliesst sich hier insofern an die bei Cyanea capillata zu beschreibenden Einrich- tungen an, als dasselbe von einem Gastrovaskularrohr abgeht, welches sich hinter ihm herab noch etwas verlängert (Fig. 1, 4 und 8, y) und so zu ihm in demselben Verhältniss steht wie der Wassersack zur Tabakspfeife. Figur 1 und i zeigen die Ansicht von der Seite , Fig. 2 von aussen (aboral) , Fig. S von innen (oral). Der Randkörper macht auch hier zuerst eine Biegung nach auswärts, hängt dann schief nach aus- und abwärts, und zuletzt ist das Hörsäckchen wiederum stärker nach aus- wärts gerichtet (Fig. 4). — In Figur 1 ist das Ektoderm weggenommen, die Stütz- lamelle liegt frei , in Figur i hängt nur noch ein Fetzen desselben (x) der Wand hinter ihm theilweise abgelöst an, in Figur 2 aber (Ek) hat es sich in Folge der Präparation schalenartig halb abgehoben. Cyanea capillata. Die Bauverhältnisse der Randlappen sind bei Cyanea capillata gegenüber jenen der bisher besprochenen Thiere so eigenthümliche , dass sie eine besondere Behandlung benöthigen , und dasselbe gilt auch für viele andere Organisationsver- hältnisse. Cyanea scheint, wie schon angedeutet, nach verschiedenen Richtungen 1) Der Buchstabe i bezeichnet den Zwischenraum zwischen beiden Zipfeln. 20 154 hin, bleibend Zustände sich erhalten zu haben, welche für andere Formen im Laufe der Entwicklung vorübergehend geltend waren. Sie ist auf einer tieferen Stufe der Ausbildung stehen geblieben. Betrachtet man einen Randlappen von Cyanea capil- lata in der Flächenansicht von aussen, so sieht man ihn durch einen tiefgehenden radiären Einschnitt in zwei Flügel getrennt, welche den zipfelartigen Fortsätzen des Polsters von Aurelia und Rhizostoma entsprechen, aber viel länger und breiter als diese und unten breit abgeschnitten, nicht zugespitzt sind (Taf. I, Fig. 5, L). Wie bei den letztgenannten Medusen liegt der Einschnitt in seinem unteren Theile frei, oben aber ist er von einem hohlziegelartigeu Dächlein (d) überbrückt , welches nur viel länger und auch breiter ist als bei jenen. Indem sich die getrennten Lappen unter dem üächlein nach aufwärts fortsetzen, bilden sie mit diesem eine Art Tasche. welche bei der oralen Ansicht durch sie wie durch die zwei Flügel einer Thüre ge- schlossen wird (Taf. V , Fig. 6 u. 7 F). Diese Flügel entsprechen den als vor- hangartig bezeichneten Lappen, die die Hinterwand der Tasche bilden helfen , in welcher der Randkörper bei Aurelia liegt (Holzschnitt 24 bei w). Bei Cyanea sind diese Bildungen im Gegensatz zu dort starr, sie können sich bei der Contraction nicht wie dort falten und in der Lage verschieben; daher hier der Vergleich mit Thürflügeln passend erscheint. Oben bildet die hintere Wand, ähnlich wie bei Au- relia, mit der vorderen eine geschlossene Tasche , welche wie dort in zwei Riech- kappen (gr, Fig. 5, Taf. 1) verlängert ist. Die ganze Tasche mag auch hier ein Riechorgan sein. In ihr liegt der Randkörper, welcher durch die Gallertwand von aussen sichtbar ist. Er liegt unverhältnissmässig weit vom Rande des Schirmes und auch vom freien Rande des hohlziegelartigen Dächleins entfernt (vergl. auch Taf. V. Fig. 6 , 7 u. 8). Durch das Dächlein sieht man ein langes Röhrchen (R) durchschimmern , eine stielartige Fortsetzung des taschenartigen weiten Gastro- vaskularraumes (Gt) , welcher einem Radiärgefässe entspricht. Jede der S Gastro- vaskulartaschen erstreckt sich zur Seite des Randkörpers, die eine in der rechten, die andere in der linken Hälfte des Randlappens , in Gestalt eines Sackes nach abwärts. Die beiden Säcke (H) scheinen, wenigstens physiologisch, den bei Rhizo- stoma und Aurelia beschriebenen Hörnern — Hörgefässen zu entsprechen. Unten und an ihrem inneren Rande haben die Säcke fjordähnliche Einbuchtungen. Das zwischen den Säcken nach abwärts gerichtete Röhrchen (R) liegt noch in der Gallertwand der Umbrella, je weiter nach unten um so mehr nahe der Ober- fläche derselben (Taf. II, Fig. 7 Rj. Es endigt unten in eine Spitze (ebenda s), aber vorher geht von ihm nach aussen ein nach abwärts hängendes Beutelchen ab , der Randkörper (Rk). Dieses Beutelchen verhält sich zu der unteren stumpfen Spitze 155 des im Gallertgewebe verlaufenden Röhrchens und zu diesem selbst wiederum wie der in der Wassersackmündung umgedrehte Pfeifenkopf zum Wassersack, bezw. zum Pfeifenrohr. Es sind also in dieser Beziehung hier dieselben Verhältnisse vorhanden wie bei Pelagia noctiluca. Ein schlankes Randkörperrohr wie bei den übrigen be- handelten Toponeuren ist nun bei Cyanea capil- lata nicht ausgebildet. Randkörperrohr und Kry- stallsäckchen bilden vielmehr zusammen ein kurzes, länglich ovales Beutelchen, welches sich durch ein ovales Loch (o) in das beschriebene Gefässröhrchen öffnet und davon in spitzem Winkel nach aussen absteht. Die Abbildungen (Taf. II, Fig. 7 und Holzschnitt 27) geben von dieser Einrichtung einen deutlicheren Begriff als alle Beschreibung. Im Uebrigen verhalten sich die Wände des Randkör- pers ganz ebenso wie bei den übrigen Arten. Eine polsterartige Erhebung der Aussenfläche der Randlappen und eine die äussere Riechgrube darstellende Einziehung dieses Pol- sters ist bei Cyanea capillata nicht vorhanden. Allein die Mitte des Randlappens ist wenigstens bei älteren Thieren zu einer Furche eingezogen, welche etwas ober- halb des Randkörpers beginnt , diesen sammt einem Theil des zu ihm hintreten- den Röhrchens deckt und sich bis zum Schirmrande hinzieht, den Boden dieser Furche bildet sonach das geschilderte Dächlein. Die Furche nimmt in ihrem oberen Ab- schnitt die Stelle der äusseren Riechgrube der anderen Toponeuren ein und sie ist von demselben Sinnesepithel ausgekleidet , wie diese : sie wird somit gleich ihr als Riechorgan aufzufassen sein. (Vgl. Tafel V, Fig. 6 Rg ; die in Taf. I, Fig. 5 gegebene Ansicht ist bei tieferer Einstellung — bei Einstellung auf den Boden der Riechgrube, gezeichnet. Die hier in Betracht kommende Ansicht dagegen berücksichtigt die Oberfläche des Randlappens.) Holzschnitt 27. II. Feinerer Bau der Randkörper. Aurelia aurita. Wir haben am Randkörper unterschieden einen oberen Theil, den Stiel und das untere blindsackartige Ende , den Krystallsack. Der Krystallsack findet seine Stütze in einer sehr dünnen Gallerthaut, ist bedeckt von einem niedrigen Epithel 20* 156 und enthält die Otolithen. Zwar ist seine Wand nur eine Fortsetzung derjenigen des Stiels , aber die Gallerthaut des letzteren ist dicker und ist aussen und innen von cylindrischem Geisseiepithel belegt. Wir behandeln zuerst den Randkörperstiel, sodann den Krystallsack. Der Randkörperstiel ist hohl. In seiner Höhle circuliren oder besser wirbeln, wie schon angedeutet, die Chyluskörperchen ; die das Rohr auskleidenden Geisseizellen treiben sie nach abwärts bis gegen die Otolithenansammlung hin und von da wirbeln sie wieder zurück. Die Wandung des Randkörperstiels zeigt bei schwacher Ver- grösserung vier Schichten : 1) eine innere, trübe (Taf. I Fig. 1, 3, 4, 6, 7, 8, 9 En); 2) darauf folgend eine glashell aussehende (ebenda bei S) ; 3) nach aussen von der vorigen eine trübe, bei starker Vergrösserung feinkörnig aussehende (Fig. 1 , 3 , 7 , 8 bei N) ; 4) zu äusserst eine radiär gestreifte, auf der ganzen Oberfläche flimmernde (Fig. 1, 3 , 4 , 6 , 7 , 8 , 9 bei Ek). Die erste dieser Schichten gehört dem die Gastrovaskularräume auskleidenden Entodermepithel an. Die zweite ist , wie schon früher bemerkt wurde , die Fort- setzung der Gallertwand der Umbrella , das Stützblatt, wTie ich sie nennen will. Die dritte besteht aus einem Filz von Nervenfäserchen, welche zugleich nichts anderes sind, als die Fortsätze der Zellen der vierten, äussersten Schichte. Diese ist die Ektodermzellenlage ; ihre radiäre Streifung rührt her von den Grenzen der neben- einander gelegenen Epithelzellen. Auf dem Stützblatt unter der Nervenfilzschicht liegen Nervenzellen, welche auf dem Durchschnitt als besondere Lage nicht gesehen werden , sondern erst nach Abheben der letzteren vom ersteren zu erkennen sind. Wir besprechen zunächst 1) Die äusserste Schicht. Während die Ektodermzellen des grössten Theils der aboralen Schirmfläche von Aurelia durchaus platt sind, ist die Ektodermschicht des Randkörperstiels aus hohen cylindrischen Geisselzellen und zwischen denselben gelagerten, eigenthümlichen, spindelförmigen, an die Zapfen der Retina der höheren Thiere erinnernden Elementen zusammengesetzt. Beide sind ausserordentlich klein und zart und sind zu ihrem genauen Studium die stärksten Vergrösserungen (ich benützte etwa 1000: 1, nämlich Immersion VIII von Seibert und Krafft und Okular 3 von Hartnack) und beste Beleuchtung notlrwendig. a) Die Geisselzellen sind schmale hohe Cylinderzellen , wrelche sich (Taf. IV, Fig. 2, 3, Fig. 4 d, Fig. 6 b , f , Fig. 7 a— d, Fig. 16) nach unten meist ganz ällmälig in einen dünnen Faden verschmächtigen. Von diesem Faden abgesehen, sind 157 dieselben etwa 0,012 mm lang oder länger und an sis höchstens 0,004 mm breit. Der Kern liegt entweder im äusseren Drittel dei Zellkörpers oder tief unten und treibt in letzterem Falle die an der betreffenden Stelle schon fädenartig gewor- dene Zelle spindelförmig auf. Andere Male endigt der Zollkörper stumpf mit dem Kerne und geht nun plötzlich in den feinen Ausläufer über. Es sind dies wohl die Zellen, welche mit ihrem grössten Dickendurchmesser der Nervenfilzschicht unmittelbar nahe und tiefer als die Sehspindeln liegen (vergl. Fig. 2); sie keilen sich nach oben zwischen die letzteren und zwischen die übrigen Geisseizellen ein und müssen, wenn sie die Oberfläche des Epithels erreichen wollen , die Höhe der ganzen Ektoderm- zellenlage haben. Das Protoplasma der Zellen ist feinkörnig. Nach oben tritt aus jeder der letzteren eiu feiner Geisselfaden heraus, welcher bei Anwendung sehr starker Vergrösserungen zuweilen deutlich in die Zelle hinein zu verfolgen ist und zwar in gerader Linie bis zum Kern hin verlaufend (Taf. IV Fig. 7, b, d, Fig. 16, a). Jede Geisseizelle geht also nach unten in einen Faden über, welcher meist varikös und von unendlicher Feinheit — Ausläufer erster Ordnung, wie ich ihn nennen will — ist. Der Faden kann sehr langen unverzweigten Verlauf nehmen oder er beginnt bald häufig von einer protoplasmatischen Anschwellung oder von knöpfchenartiger Endigung aus1) sich dichotomisch zu verzweigen, in jener eigenthümlich starren, spitz- winkligen Art, wie ich sie von den Nervenfädchen aus dem Gallertgewebe von Beroe beschrieben habe , in die Ausläufer zweiter Ordnung. Zuweilen entstehen zugleich miteinander mehrere solcher Fädchen aus dem unteren Ende einer Geisselzelle, häufig aus dem Protoplasma , welches den weit nach abwärts gerückten Kern unmittelbar noch nach unten umgibt. Liegt der Kern weit oben , so sieht man oft unterhalb desselben — im Zellkörper — ein Fädchen auftreten, welches dem in den oberen Theil der Zelle eingetretenen Geisselfaden durchaus gleicht, auch in der direkten Fortsetzimg desselben , nämlich senkrecht nach abwärts verläuft und welches in das variköse den Ausläufer der Zelle bildende Fädchen wiederum unmittelbar über- geht. Zuweilen hatte ich Bilder vor mir, welche ich dahin deuten musste, dass der Geisselfaden durch die Axe der ganzen Zelle und des Kerns, das Kernkörperchen durchziehend, in den varikösen Ausläufer am unteren Ende direkt sich fortsetzt (Taf. IV Fig. 7 d). Indessen handelt es sich hier um Verhältnisse von äusserster Feinheit. Leichter ist der Geisselfaden einerseits und der variköse Faden anderer- 1) Es wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die ganze Beschreibung nach Präparaten gemacht ist, welche mit doppeltchromsaurem Kali isolirt worden sind und nach solchen Präparaten sind auch die meisten Zeichnungen ausgeführt. Am frischen Objekt ist die Isolirung einer intakten Zelle unmöglich. 158 seits häufig bis genau au den Kern hiu zu verfolgen ; ebenso sicher und scharf sieht man zuweilen das Kernkörperchen von einem Fädchen durchzogen, welches die Rich- tung beider genannten Fäden verbindet — aber im oberen und im unteren Grenz- gebiete des Kerns wird die Fortsetzimg des Fädchens meist undeutlich '). Der obere Theil der varikösen Ausläufer der Zellen gehört noch der äusser- sten der vier aufgezählten Schichten an. Ihr unterer Theil und alle ihre Verzwei- gungen bilden mit ähnlichen Fäden der nun zu beschreibenden retinazapfenähnlichen Elemente die zweite, die Nervenfilzschieht. b) Die Seh spindein. (Taf. IV, Fig. 1, 2, 3, Fig. i, a— c, e, f, Fig. 7, e, f, g, Fig. 13, 18.) Mit diesem Namen bezeichne ich die spindelförmigen, retinazapfen- ähnlichen Bildungen, welche, wie früher bemerkt wurde, zwischen den Geisseizellen des Randkörperstiels gelegen sind. Es bestehen diese Elemente aus eiuem mittleren spindelförmigen Körper , aus einem starren , stäbchenartigen Theil , in welchen sich dieser nach oben fortsetzt und aus einem oder mehreren dichotomisch sich verzwei- genden Fädchen, in welche er uach unten übergeht. Der Körper misst in der Höhe etwa 0,01 mm, in der grössten Breite 0,003 — 0,004, das Stäbchen ist gewöhnlich nahezu so lang wie der Körper (0,008 — 0,009) und etwa zwischen 0,0005 und 0,0007 mm dick. (Isolirte Spindeln , sowie isolirte Geisselzellen massen , jene vom oberen Ende des Stäbchens, diese von der Basis , beide sammt varikösem Fortsatz bis zum Beginu der Verzweigung desselben 0,02 bis 0,028 mm.) Der Körper der Sehspindel hat, wie mir scheint nach dem Grade seiner Ausbildung, ein verschiedenes Aussehen. Er sieht zuweilen so aus als ob er aus feinkörnigem Protoplasma durchaus bestehe und ist ein Kern ohne Zuhülfenahme von Reagentien in ihm nicht wahrzunehmen. In anderen Fällen ist das Protoplasma ebenso beschaffen, aber ein Kern scheint hindurch und liegt meist im unteren oder auch im oberen Theil der Spindel oder in der Mitte. In Fällen, in welchen ich den Ausdruck höherer Ausbildung sehen möchte, ist das körnige Protoplasma ganz oder theilvveise geschwunden. Im letzteren Falle umgibt es noch den im Grunde des Spindelkörpers gelegenen Kern, während der Raum über diesem homogen, körnchen- 1) Ich muss gesteben, dass mir selbst ein Uebergehen der Fortsetzung des Geisselfadens in das Fadennetz des Kerns und ein Wiederaustritt desselben am unteren Kernende Anfangs wahrscheinlicher erschien als die be- schriebene direkte Verbindung (man vergleiche die bezüglichen Aeusserungen in meinem Aufsatze: »Weitere Nach- richten über den Bau des Zellkerns, nebst Bemerkungen über Wimperepithelien. Archiv f. mikrosk. Anatomie XIV. Band). Allein immer und immer wieder drängten sich mir Bilder auf, welche die Existenz dieser direkten Verbin- dung bejahen Hessen. Ausdrücklich ist allerdings zu bemerken, dass die besten Instrumente, die beste Beleuchtung und ebenso gute Geduld zur Beobachtung nothwendig sind. Bezüglich des Eintretens des Geisselfadens in Sinnes- zellen vergleiche man auch die Hörzellen von Carmarina hastata (Tafel XIII). 159 los ist (Fig. 6, d). Nach Isoliren in Jodserum traf ich auch Spindeln wie deren eine in Fig. 6 h abgebildet ist: der Spindelkörper ist in einem oberen hellen, homogenen und in einem unteren körnchenführenden Abschnitt durch eine horizontale Grenze geschieden; ob es sich hier um normale Verhältnisse handelt, ist zweifelhaft. Häufig füllt nun aber der Kern den ganzen Spindelkörper aus oder es bleibt nur ein ganz kleiner Raum über ihm (Fig. 1, a, 7, e und g). Auch der Kern kann mehr und mehr homogen werden, so dass der Spindelkörper jetzt als ein durchaus gleichförmiges Gebilde erscheint. — Nicht immer ist der Spindelkörper spindelförmig. Zuweilen weist er Gestalten auf, wie sie in Fig. 1, c, 4, e, 18, b abgebildet sind, und zeigt schon dadurch deutlich, dass die Sehspindel überhaupt der Umwandlung einer ge- wöhnlichen cylindrischen Ektodermzelle ihren Ursprung verdankt. — Der Kern der Spindeln ist, gleich jenem der Geisseizellen, meist eiförmig. In den Stadien früherer Ausbildung der Spindel ist er, wie aus dem Geschilderten schon hervorgeht, mehr körnig, später erscheint er mehr homogen. Ich möchte vermuthen , dass das kör- nige Aussehen herrührt von einem feinen Protoplasrnanetz in seinem Innern , einem Netze, welches späterhin feiner wird, beim Untergang der Spindel vielleicht schwindet und so das mehr homogene Aussehen hervorruft. Für diese Auffassimg spricht in meinen Augen schon die Thatsache , dass ich den Körnchenkreis in den Spindeln vielfach deutlich ausgeprägt gefunden habe , die Körnchen durch Radiärfäden ver- bunden mit dem Kern körperchen oder doch auf dasselbe zustrebend (Fig. 4, a). An- dererseits sah ich häufig genug, ganz so wie im Kern der Geisselzellen, einen Faden senkrecht den Kern durchziehen, das Kern körperchen schneidend (Fig. 1, c, Fig. 6, d, Fig. 7, e, Fig. IS), wie dort war aber die Fortsetzung desselben von der oberen und unteren Grenze des Kerns au. also innerhalb des letzteren meist verwischt, und itrat erst ausserhalb dieser Grenze und zwar oben und unten wieder hervor , hier wie dort die Längsaxe des Spindel körpers durchziehend und einerseits weiterhin die Axe des alsbald zu beschreibenden Stäbchens bildend , andererseits in den nach unten gerichteten Ausläufer der Spindel übergehend. In vielen Fällen — und viel- leicht sind dies die späteren Stadien der Ausbildung der Spindel — ■ scheint das Kernkörperchen völlig geschwunden zu sein. In Fig. 7, g ist ein solcher Fall ab- gebildet. Der Spindelkörper ist feinkörnig und scheint durchaus nur aus dem Kern hervorgegangen zu sein. Im Centrum ist er von oben nach unten — und dies sah ich hier durchaus deutlich — von einem feinen Faden durchzogen. Diese Spindel und die in Figur 1 , a gezeichnete möchten nach allen Beziehungen das normale, ausgebildete Objekt am besten wiedergeben, nur dass das feinkörnige Aussehen (das übrigens einem Chromkalipräparat augehört) noch mehr zurücktreten, kann. Das 160 Stäbchen der Spindel zeigt gleich dem Körper verschiedene Beschaffenheit, was hier ebenso wie dort auf verschiedene Grade der Ausbildung zu beziehen ist. Häufig besteht es aus dem vorhin erwähnten Centralfaden, erinnernd an den Ritter'schen Faden der Wirbelthiersehstäbehen, und einem um denselben herum gelagerten fein- körnigen, äusserst zarten Protoplasmamantel, welcher von der Fortsetzung des Pro- toplasma des Spindelkörpers gebildet wird. Zuweilen sah ich (dies übrigens bei Rhizostoma Cuvieri) den Axenfaden in einen Geisselfaden sich fortsetzeu. Wie weit diese Einrichtung verbreitet ist , kann ich nicht sagen , vielleicht dass sie die jugendlichste Bildung darstellt , vielleicht dass sie auch später noch angetroffen werden mag, denn der Geisselfaden ist ausserordentlich fein und schwer zu sehen. In anderen Fällen ist von körnigem Protoplasma nichts mehr zu bemerken , der Axen- faden wird undeutlich oder unsichtbar und es besteht das Stäbchen jetzt aus einem gleichartig, blass aussehenden, starren Faden, welcher sofort den Vergleich mit dem Aussenglied eines Retinaelementes bei höheren Thieren herausfordert. Diese Zusam- menstellung möchte noch um Vieles gerechtfertigter erscheinen durch andere That- sacheu, zunächst durch die folgende : ich habe an solchen blassen, übrigens homogenen Stäbchen der Aurelia aurita , allerdings nur unter Anwendung der stärksten Ver- grösserungen und unter Aufbietung aller Aufmerksamkeit an in Chromkali behandel- ten Präparaten deutlich eine Querstreifung beobachten können , welche an Verhält- nisse erinnert , wie sie von den Aussengliedern der Retinaelemente der höheren Thiere bekannt sind. (Fig. 1 , a.) Ich sah diese Querstreifung deutlich nur in seltenen Fällen, aber ich war auch — abgesehen davon, dass sie an der Gi-enze des mit meinen Linsen Sichtbaren steht — nicht in der Lage , auf diesen Punkt unter Anwendung verschiedener Untersuchungsmethoden die Sorgfalt speciell zu verwenden, welcher er von physiologischem Gesichtspunkte aus würdig sein möchte. Die unteren Fortsätze des Spindelkörpers. Es ist der gewöhnlichere Fall, dass die untere Spitze des Spindelkörpers sich zunächst in einen protoplasma- tischen Faden fortsetzt , den Ausläufer erster Ordnung, in dessen Innerem zuweilen der Axenfaden noch zu erkennen ist oder in einem unmessbar feinen Faden, welcher mit dem Axenfaden identisch zu sein scheint. Der Protoplasmafortsatz verdickt sich am Ende etwas , der feine Faden , wo er vorhanden ist , endigt in ein Knötchen — augenscheinlich eine Varikosität — und von diesem Knötchen oder von jener Ver- dickung, welche sogar eine mehr oder weniger sternförmige , grössere Protoplasma- ansammlung darstellen kann, treten nun spitzwinklig variköse und reichlich gabelig sich verzweigende Fortsätze ab, (Fig. -I , 6, 1-4) Ausläufer zweiter Ordnung — ein halbes Dutzend und mehr derselben sah ich oft zugleich von dem Ende des Aus- 161 länfers erster Ordnung abgehen. In anderen Fällen fehlen, wie bei den Geisselzellen, die letzteren und es entspringen jetzt die varikösen Fädchen unmittelbar vom Spindel- körper. Uebrigens kann auch der Ausläufer erster Ordnung ein variköser Faden sein. Es sind somit hierin dieselben Verhältnisse vorhanden wie bei den Geissel- zellen, nur mit dem Unterschiede, dass die Ausläufer erster Ordnung bei den Spindeln viel kürzer , häufig dicker und protoplasmaführend , desshalb seltener varikös sind, ferner aber , was noch ausdrücklich bemerkt werden muss , dadurch , dass ihre Ver- zweigung in Ausläufer zweiter Ordnung gewöhnlich eine viel reichlichere ist. Lage- und Mengenverhältnisse zwischen Sehspindeln und Geisselzellen. Die Abbildungen (Taf. IV, Fig. 2, 3, 13) zeigen am besten und machen weitere Beschreibung der Art und Weise überflüssig , wie die Spindeln auf Durchschnitten durch das Ektoderm , senkrecht zu dessen Fläche zwischen den Geisselzellen gelagert, sich darstellen, insoweit zunächst gefragt wird nach der rela- tiven Lagebeziehung der einzelnen Theile der Sehspindeln zu jenen der Geisselzellen bei gegebener Ansicht. Es sind demnach die grössten Querdurchmesser der Spindel- körper meist zu suchen etwa in der Mitte der Ektodermzellenlage , wenn man diese der Schicht des Nervenfilzes, d. i. der zweitäussersten , durch Verästelung der Aus- läufer jener entstehenden Schichte des Randkörperrohres gegenüberstellt. Es füllen die Spindelkörper die Räume aus, welche zwischen den nach unten, bezw. nach oben, sich verschmälernden Geisselzellen übrig bleiben. Die Spindelstäbchen schieben sich zwischen die Basalenden der letzteren ein. Zuweilen habe ich notirt, dass ihr ober- ster Theil über die Basis derselben etwas hervorragt. Bezügliche Präparate waren dem äusseren Pigmentfleck entnommen. Ob das Verhalten ein weiter verbreitetes oder wie es in den beobachteten Fällen zu deuten sei , darüber zu urtheileu fehlen mir nähere Untersuchungen (vergl. Taf. IV, Fig. 6, f). In der Flächenansicht des von seiner Unterlage losgelösten Epithels, bei Einstellung etwa auf die Mitte des Höheu- durchmessers der Epithellage , ergeben sich die Spindeln natürlich als kleinere oder grössere helle Kreise und fielen sie mir dann besonders nach Goldbehandlung schön in die Augen, wo sie wie runde Löcher sich ausnehmen. Auf solchen Flächenan- sichten bezw. auf optischen Querschnitten sieht man nun auch, dass gewöhnlich je ein Zapfen — eine Spindel — von einem Ring von Geisselzellen umgeben ist, so dass er von diesen ringsum eingeschlossen erscheint. Und zwar fand ich dieses Verhält- niss sowohl in dem alsbald zu behandelnden äussern Pigmentfleck als auch im oberen und im unteren Theil der Randkörperstiele. Dabei ist die Vertheilung der Zapfen eine ziemlich regelmässige. Ich fand indessen sowohl bei Aurelia wie bei Cyanea wiederholt eine Stelle am Randkörperstiele, welche lauter Spindeln aufzuweisen 21 162 schien und bedaure nur, genauere Angaben über die Lage derselben nochmaliger Untersuchung vorbehalten zu müssen. Zusammenfassung. Die Geisselzellen und die Spindeln des Randkörper- stiels haben somit das Gemeinsame, dass sie Epithelialbildungen sind, welche sich in Nervenfädchen fortsetzen. Das aSTervenfädchen durchsetzt beide , um in den Geissei- zellen in den Geisselfaden überzugehen, in den Spindeln aber einen Centralfaden in dem Stäbchen zu bilden , in welches der Spindelkörper sich nach oben verlängert. Die Spindeln sind umgewandelte Geisselzellen, deren Körper im vollendeten Zustande wesentlich aus dem mehr oder weniger homogen gewordenen Zellkern besteht, wäh- rend das demselben aufsitzende Stäbchen augenscheinlich aus dem Zellprotoplasma hervorgegangen ist; ursprünglich, gleich diesem, feinkörnig, erscheint es später ho- mogen, glashell, lässt den Centralfaden im Innern erkennen und ist zuweilen deutlich quergestreift. Die Pigmentflecke. Ehrenberg beschrieb, wie schon erwähnt, bei Aurelia aurita zuerst einen PigmentÜeck und erklärte denselben als Auge. In Be- ziehung auf die Lage dieses Auges sagt er : „Ich bemerkte schon mit blossem Auge einen rothen Punkt auf der Oberseite der braunen Körperchen und mit der Lupe erkannte ich alsbald, dass dieser Pigmentpunkt auf der Unterseite fehle" *), und spä- ter: „acht schön rothe , augenartige Punkte stehen .... auf sehr kleinen, dem blossen xYuge bräunlichen Körpern am Rande und die rothen Augenpunkte sind dem Rücken zugewendet" 2j. Ich finde nun aber zwei Pigmentflecke an jedem Rand- körper, einen an der äusseren, aboralen und einen an der oralen Seite, da wo Eh- renberg nach seiner ausdrücklichen Bemerkung einen solchen vermisste und zwar hat dieser letztere auffallender Weise gewöhnlich die scharf umgrenzte münzen- förmige Gestalt, in welcher Ehrenberg sein nach oben sehendes Auge abbildet, während der erstere von weniger typischer Form ist. Dieser äussere Fleck ist es, weli her dem Randkörper das von Ehrenberg erwähnte bräunliche Aussehen ver- leiht, er gehört dem Ektoderm an und ist durch die histologische Untersuchung als Augenneck zu bestimmen. Der innere dagegen ist Bestandtheil des Entoderms. AN enn ich trotzdem auch den letzteren hier abhandle , so geschieht dies aus praktischen, auf die Darstellung bezüglichen Gründen. Der äussere Pigmentfleck (Tafel I, Fig. 1, L 7, S, 10 P) ist der bei wei- tem grössere. Betrachtet man den Randkörper direkt von aussen, von der aboralen 1) a. a. 0. Seite 192. 2) Seite 207. 163 Schirmfläche her (Fig. 1), so sieht man den untei-sten Abschnitt des Randkörperstiels und den obersten des Otolithensäckchens, soweit ihr Umfang zu übersehen ist, pig- mentirt. Die Grenzen des Pigmenttiecks nach oben und nach unten scheinen ge- wöhnlich auf den ersten Blick scharf zu sein. Die obere Grenze sah ich wiederholt in der Mitte nach Art des oberen Randes eines Wappenschildes in zwei mit der Ooncavität nach aufwärts gerichteten Bogen und mit mittlerer Spitze sich erheben, während die untere abgerundet endete. Aber Form und Grenzen variiren sehr. Auch zeigt genauere Untersuchung, stärkere Vergrösserung, dass das Pigment in feiner Vertheilung sich noch über jene Marken nach auf- und nach abwärts erstreckt, um sich ganz allmälig zu verlieren. In der Seitenansicht des Randkörpers, bei hoher Einstellung, sieht man den Pigmentfieck etwa auf die Hälfte des Umfangs der in dieser Ansicht sichtbaren Fläche des Hörsäckchens und des Randkörpei'stiels sich aus- breiten (Fig. 8). Somit umfasst derselbe die Hälfte des Umfangs beider von aussen nach den Seiten hin. Dabei erstreckt er sich etwa über ein Viertel oder über ein Fünftel der Höhe des Otolithensäckchens herab und über das untere Viertel des Randkörperstiels. Der innere Pigment fleck (Taf. I. Fig. 3, i , 7, 9 bei p) ist kreisrund und liegt an der der Schirmhöhle zugekehrten Fläche des Randkörpers, in der Mit- tellinie dieser Fläche, am oberen Abschnitte des Otolithensäckchens , gewöhnlich um ein Geringes unterhalb der oberen Grenze desselben. Betrachtet man, um ihn zu sehen, den Randkörper von der oralen Schirmfläche aus, so sieht man den oberen Abschnitt des äusseren Pigmenttiecks um ihn herum und nach aufwärts von ihm von der entgegengesetzten Wand her durchscheinen. Ich beobachtete zuweilen auch zwei innere Pigmentflecke, beide kreisrund und symmetrisch jederseits der Mittellinie der nach der Schirmhöhle zu schauenden Oberfläche des Otolithensäckchens gelegen. Die histologische Untersuchung des äusseren Pigmentflecks ergibt , dass die cylindrischen Geisselzellen es sind , welche das Pigment in feinen Körnchen enthalten. Zwischen ihnen liegen als helle klare Körper die Sehspindeln (Taf. IV. Fig. 13, H). Wie oben schon angedeutet, erstreckt sich das Epithel in der vom Raudkörperstiel beschriebenen Beschaffenheit noch über den oberen Theil desjenigen Bezirks, in welchem das Otolithensäckchen beginnt, über dieses hin. Man sieht im optischen Längsdurchschnitt , wie die drei äusseren Lagen der Wand des Randkörperstieles sich ganz allmälig verdünnen, und so findet, was die Ektoderm- zellenlage angeht, ein allmäliger Uebergang der Geisselzellen in die das Otolithen- säckchen auf dem grössten Theil seiner Oberfläche bedeckenden kurzen, fast platten Epithelien statt. Der äussere Pigmentfleck fällt noch in das Gebiet des cylindrischen 21* 164 Geisseiepithels. Die Geisselzellen enthalten in ihrem Bereich das in feinsten und gröberen braunen Körnchen abgelagerte Pigment entweder nur in ihrem oberen Theile oder so, dass der ganze Zellkörper damit erfüllt ist. Auch in jenem Falle liegen die Körnchen sehr dicht, soweit die sie führenden Zellen dem dunkeln Abschnitte des Pigmentfleckes entnommen sind. Untersucht man dagegen die verblassende Zone aus- serhalb desselben , so trifft man nur einige oder öfters nur ein einziges Pigment- körnchen in einer Gelsselzelle. Die Spindeln liegen, wie schon bemerkt worden ist, so zwischen den pigmentirten Geisselzellen, dass jede derselben von letzteren ringsum völlig umgeben ist. Der innere Pigmentfleck liegt also, auffallender Weise, im Entoderm (Taf. 1, Fig. 4, 7, p). Man überzeugt sich hievon sehr leicht bei Betrachtung des Randkörpers von der Seite. Vollkommen isolirt habe ich die Eutodermzellen , in welchen das Pigment liegt, nicht , allein durch leichten Druck auf das frische Prä- parat verursachte ich ein Auseinander weichen der Pigmentzellen und erkannte dabei, dass diese von grösserem Breitendurchmesser seien als die Pigmentzellen des Ekto- derms. Von der Basalfläche aus gesehen bieten sie dem Beschauer verhältnissmässig grosse Polygone dar. Das Pigment ist in ihnen in gröberen Theilchen enthalten, macht weniger den Eindruck von Körnern, als den einer diffus in ölartigen Tropfen enthaltenen Masse. Einen Unterschied in der Farbe zwischen äusserem und innerem Pigmentfleck habe ich nicht feststellen können — in beiden ist dieselbe braunroth bis braungelb in feinerer Vertheilung und bei starker Vergrösserung , dunkelbraun, wenn man die ganze Masse vor sich hat, beides hei durchfallendem Licht. Bei auf- fallendem Licht ist dieselbe in Ehren bergs Abbildungen I, II und V, Tafel V, schön roth gegeben. 2) Die Nervenfilzsckicht (Taf. IV, Fig. 2, 15 n) wird zusammengesetzt 1) aus den dichotomischen Verästelungen der Ausläufer der Geisselzellen und Sehspindeln, also aus Ausläufern zweiter Ordnung und 2) von den Geisselzellen angehörenden Ausläufern erster Ordnung. Alle diese Ausläufer dokumentiren durch ihre Feinheit, durch ihre variköse Beschaffenheit und endlich durch die Art ihrer Verzweigung un- zweifelhaft den Charakter von Nervenelementen. Man kann jedoch diese Eigen- schaften nur nach Isoliren der Zelle erkennen. Betrachtet man die Nervenfilzschicht im Zusammenhang , selbst mit sehr starken Vergrösseruugen , so macht sie gewöhn- lich nicht den Eindruck eines Filzes feiner Fädchen, sieht vielmehr, wie schon früher bemerkt worden ist, aus wie eine aus feinsten Körnchen zusammengesetzte Punkt- substanz. Nur da und dort sieht man dann bei genauer Beobachtung in ihr nicht nur deutlich manchläch sich durchkreuzende Fädchen , sondern es treten noch viel 165 deutlicher Fadenzüge auf, welche die scheinbare Punktsubstanz theils in der Rich- tung von aussen nach innen, theils parallel der Oberfläche des Randkörpers durch- ziehen, auf welchem Zuge sie zuweilen auf weite Strecken hin zu verfolgen sind, ohne dass Verzweigungen an ihnen wahrzunehmen wären. Jene sind unzweifelhaft die unmittelbaren Ausläufer der Geisselzellen. Die Verbindung der mit der Fläche parallel gerichteten Fäden mit Geisseizellen lässt sich zwar nicht direkt sehen, allein man wird an der Existenz derselben nicht zweifeln dürfen. Es handelt sich in ihnen wohl meist um Fasern, welche ihren Weg nach aufwärts, gegen die Randkörper- wurzel hin nehmen , um weiter oben mit Ganglienzellen in Verbindung zu tre- ten oder auch um solche, welche nach demselben Ziele in umgekehrter Richtung streben. 3) Die Schicht der Ganglienzellen. Nachdem man das Epithel sammt dem Ner- venfilz von der Gallerthaut des Randkörperstiels sorgfältig da oder dort entfernt hat, kommt man zur Ansicht einer Lage von Formbestandtheileu , welche bei Betrach- tung des Randkörpers als Ganzes nicht zu sehen war: es liegen unter dem Nerven- filz und auf dem Stützblatte desselben zahlreich zerstreut Nervenzellen (Taf. IV, Fig. 15, 17, 20, 24, 25). Diese Nervenzellen zeigen allerdings keineswegs die ausge- prägte Differenzirung, welche wir au solchen bei den höheren Thieren zu sehen ge- wohnt sind. Sie unterscheiden sich nur durch wenige, aber charakteristische Merk- male von den gewöhnlichen „Bindegewebszellen" des Gallertgewebes. Das Haupt- unterscheidungsmerkmal ist. dass sie auf Einwirkung von Reagentien nicht wie letztere ihre Fortsätze einziehen und kugelige Gestalt annehmen, dass sie diese Fortsätze vielmehr ausgestreckt und überhaupt ihre verzweigte Gestalt beibehalten. Diese Gestalt hat ferner das Charakteristische, dass sie in weitaus den meisten Fällen nicht rein sternförmig, sondern dass sie mehr langgestreckt ist. Die Fortsätze erweisen ihre Zugehörigkeit zum Nervensystem dadurch, dass sie häutig — wenn auch nicht immer — Varikosi- täten zeigen. Auch verzweigen sie sich häufig nach Art der Fäden der Nervenfilz- schicht dichotomisch und verbinden die einzelnen Nervenzellen untereinander. Sorg- fältigen Bemühungen gelingt es aber auch zuweilen, eine Verbindung dieser Aus- läufer mit Nerven fädchen der Epithelschicht nachzuweisen. Solcher Nachweis ist jedoch desshalb sehr schwer und nur nach vielen vergeblichen darauf gerichteten Versuchen da oder dort zu liefern, weil die Epithelschicht in Zusammenhang mit dem Nervenfilz beim Abheben stets so abreisst, dass die Ganglienzellen auf der Stütz- haut liegen bleiben, so dass man nur selten eine Verbindung constatiren kann. In sehr seltenen Fällen glaubte ich auch den Ausläufer einer isolirten Geisselzelle 166 oder Sehspindel in unmittelbarer Verbindung mit einer Nervenzelle anzutreffen (Fig. 16, b, 18, a). Im Stützblatte des Randkörperstiels selbst sieht man nun eine ausserordent- lich grosse Masse feinster Fäden ziehen , vorzüglich in einer Richtung entsprechend der Längen ausdehnung des Randkörperstiels, vielfach aber auch sich durchkreuzend. Man trifft einzelne dieser Fäden in Verbindung mit den Ausläufern der Nervenzellen, deren unmittelbare Fortsetzung sie bildeu. Ich halte sie für Nervenfäden , welche hauptsächlich nach aufwäi'ts , gegen die Randkörperwurzel , gegen die contractilen Zonen hinziehen. Die Zellsubstanz der Nervenzellen hat ein feinkörniges Aussehen, wie diejenige gewöhnlicher amöboider Bindegewebszellen. Auch ihr Kern ist nicht ausgezeichnet. Ausser ihm liegt im Zellinhalt gewöhnlich ein eigenthüralicher , kugeliger, gelblich glänzender Körper (Fig. 25), über dessen Natur und Bedeutung ich mich nicht näher orientirt habe. Alle Eigenschaften dieser Nervenzellen weisen auf die niedere Stufe ihrer Ausbildung hin : sie sind die morphologisch am Tiefsten stehenden unter ihres Gleichen , und sie scheinen nichts als eine geringe Modification der gewöhn- lichen sogenannten Bindegewebszellen aus dem Gallertgewebe unserer Thiere darzu- stellen. Dass nicht nur auf dem Stützblatte des Randkörperstiels, sondern auch auf jenem des Otolithensäckchens Nervenzellen derselben Art wie dort gelegen sind, sei gleich hier bemerkt. ±) Das Stützblatt des Randkörperstiels (S der Abbildungen auf Taf. I u. IV) ward in seinen Eigenschaften theilweise schon berührt , indem hervorgehoben worden ist, dass eine ausserordentlich reichliche Anzahl von Nervenfäden in be- stimmter Richtung in ihm verlaufe. Auch ward schon bemerkt, dass das Stützblatt sehr viel dünner wird, da wo es das Hörsäckchen zu umschliessen beginnt (Taf. I, Fig. 4 u. 7). Jene Fasern wurden bezeichnet als mit den Nervenzellen in Verbin- dung stehend. Sie sind, wie es scheint , in allen Lagen des Stützblattes ungemein reichlich vorhanden. Von ihren Eigenschaften wird bei Besprechung des Baues der Randlappen gehandelt werden. Wenn man das Stützblatt sanimt Nervenzellen in der Flächenansicht vor sich hat, so ist nicht immer leicht zu beurtheilen, ob die letzteren auf oder in den ersteren liegen. Ueber 'den Zweifel kommt man jedoch alsbald hinweg, wenn mau, wie dies in Fig. 15, Taf. IV abgebildet ist den Rand der vom Ektodermepithel entblössten Randkörperröhre betrachtet, um durch die Dicke der Wand derselben hindurchzusehen. Man findet dann im Innern des Stützblattes gewöhnlich keine Zellen, während dieselben auf der Oberfläche zahlreich gelegen sind. Gerade bei Aurelia fand ich aber in einzelnen Fällen auffallender Weise zuweilen 167 auch in der Stützhaut Zeilen, weicheich am lebenden Thiere amöboide Bewegungen ausführen sah (Taf. I, Fig. S). Sie schickten Fortsätze nach verschiedeneu Rich- tungen aus, häutig nach beiden Seiten quer durch die Gallertwand hindurch, so dass sie deren Entoderm- und Ektodermzellenoberfiäche miteinander verbanden. Diese Eigenschaften, sowie die Unbeständigkeit ihres Vorkommens lassen darauf schliessen, dass sie von durchaus sekundärer Bedeutung für unsere Frage und dass sie vielleicht eingewanderte amöboide Zellen sein werden. Das Hörsäckchen. Es ist schon ausgeführt worden, dass die einzelnen Schichten des Randkörperstiels, indem sie an das Hörsäckchen herantreten, sich all- mälig verdünnen, so dass dieses abgesehen von seinem oberen Viertel oder Fünftel nur von einer ganz dünnen Hülle umgeben ist (Taf. I, Fig. 8, e). Das Ektoderm- epithel wird — und zwar geschieht der Uebergaug ziemlich rasch — zu kurz cy- lindrischen, nahezu platten , nicht geisselnden Zellen , zwischen welchen Sehspindeln nicht mehr vorkommen (vergl. Taf. 111, Fig. 11, a und b, wo der Epithelialbelag vom obersten Theile des Hörsäckchens von Pelagia noctiluca gezeichnet ist). Eine Nervenfilzschicht lässt sich unter diesen Zellen bei Betrachtung des Randkörpers als Ganzes nicht wie am Randkörperstiele erkennen. Macerationspräparate lehren in- dessen, dass jede der Zellen nach unten in einen varikösen Faden sich fortsetzt, der gröber ist als die varikösen Ausläufer der Geisselzellen und, soweit er in Zusammen- hang mit der Zelle zu beobachten ist — und das ist gewöhnlich in ausnehmender Länge möglich — keine Verzweigung zeigt (vergl. ebenda). Es möchte scheinen, dass die Fäden säm tntlich ihren Verlauf über das Hörsäckchen nach aufwärts gegen den Randkörperstiel hin nehmen , ohne sich auf dem Otolithensäckcheu selbst an Nervenzellen zu begeben. Dem widerspricht indessen die schon erwähnte Thatsache, dass auch unter dem Ektodermepithel des Otolithensäckchens zahlreiche Nerven- zellen liegen. Das Hörsäckchen enthält die Hörkrystalle in verschiedener Grösse und Aus- bildung. Es ist indessen nicht, wie man etwa früher angenommen hatte, ein ei- förmiges, nach allen Richtungen von einer Stützhaut geschlossenes Säckchen mit den Hörkrystallen als Inhalt. Denn, obwohl die letzteren eine Umhüllung auch nach oben, gegen den Rand körperstiel hin, haben, so wird dieselbe hier doch nicht ebenso wie im übrigen Umfange des Säckchens mit durch eine solche Stützhaut gebildet, sondern sie sind von der Höhle des Randkörperstiels nur geschieden durch die cylin- drischen Entodermzellen , welche sich in einem leicht concaven , nach oben offenen Bogen über sie herüberziehen (Taf. I, Fig. 7 u. 8, x). Die Hörkrystalle (Taf. I, Fig. 7 u. 8) können sich nach Zusatz von Säuren 168 auflösen. Die grösseren derselben lassen dann eine meist bräunlich oder gelblich ge- färbte Membran als Rückstand. Die Auflösung geschieht unter eigenthürnlicher, der Länge des Krystalls nach gerichteter Zerklüftung (Taf. III, Fig. 20, 22); dabei schwinden zuerst die beiden äussersten Enden desselben, von beiden her rückt die Auflösung der Mitte näher, bis alles zerstört ist (Fig. 22 c). Rosentbal gab an, dass Schwe- felsäure die Krystalle nicht löse, und er erklärte sie daher für Sandkörnchen '). Da- gegen fand Ehrenberg, dass sie in Säuren löslich seien und schloss, dass sie aus kohlensaurem Kalk bestehen. Ich habe bei einer grossen Anzahl von Aurelien auf Einwirkung von Essigsäure regelmässig eine Auflösung der Krystalle beobachtet. Um so mehr war ich erstaunt, zu sehen, dass an kleinen, nur wenige Cm. im Durch- messer haltenden Thieren (die ich zu einer anderen Zeit , im Frühjahr . untersucht habe) die Essigsäure bei zahlreichen Versuchen niemals eine Auflösung herbei- führte. Erst nachträglich fiel mir die oben citirte Stelle bei Ehren berg auf, wo- nach dieser Forscher gleichfalls zuerst eine Auflösung (in Schwefelsäure) nicht er- zielte und dieselbe erst erreicht haben will, nachdem er die Wand des Krystall- säckchens zerstört und die Krystalle befreit hatte. Ob diese Erklärung wirklich massgebend ist oder ob andere Ursachen für die Verschiedenheit des Verhaltens an- zunehmen sind, vermag ich heute, fern von der See, nicht mehr zu entscheiden2). Die Krystalle entstehen, wie ich finde, in amöboiden Zellen (Taf. III, Fig. 21) und lässt sich diese Entstehung von Kleinem an verfolgen, in- dem sich im Hörsäckehen zwischen ausgebildeten Krystallen auch solche finden, welche eben erst als kleinste glänzende Körperchen in der amöboiden Zelle sichtbar werden. Diese amöboide Zelle zeigt in Aussehen und Lebenserscheinungen eine grös- sere Aehnlichkeit mit freilebenden Amöben als irgend andere , mir aus dem Körper der Metazoen bekannte. Sie enthält — abgesehen von feinkörnigem, wohl auf die Struktur des Protoplasma zurückzuführendem Aussehen — meist noch einzelne braune Pigmentkörnchen. Das Kryställchen liegt gewöhnlich nahe der Mitte; einen Kern sah ich nach Zusatz von Essigsäure wenigstens in solchen Zellen, deren Krystall schon bedeutendere Entwicklung erreicht hatte (Fig. 21). Die Bewegungen der krystallbildenden Zellen sind sehr lebhafte. Fig. 21 zeigt die Form Verän- derung an , welche eine derselben unter meinen Augen in wenigen Augenblicken 1) Rosenth.il, Beitrag zur Anatomie der Quallen, Zeitschr. für Physiologie vou T re vi r a n u s. Bd. I. 1825. 2) Vielleicht liegt die Ursache der Verschiedenheit der Wirkung in der Verschiedenheit der Concentration der angewendeten Säuren : gerade wasserfreie Säuren greifen bekanntlich vielfach grar nicht an und verwenden Bo- taniker z. B. sogar concentrirte Schwefelsäure zum Conserviren. 169 ausgeführt hat. Dabei geht immer , wie bei den Amöben , ein durchaus hyaliner, körnchenloser Theil in der Bewegung dem Uebrigen voran. Aber auch die grössten, vollkommen ausgebildeten Krystalle sah ich zuweilen in Protoplasma eingeschlossen, welches bald da, bald dort im Umfang des Kiystalls sich anhäufte und amöboide Be- wegungen ausführte. Nach Zusatz von Essigsäure zeigte sich auch hier ein Kern: es liegen also auch ausgebildete Krystalle noch in einer amöboiden Zelle. Die Bewe- gungen beobachtete ich sehr lebhaft in Jodserum. Dabei sah ich zuweilen im Proto- plasma ein Gebilde wie eine Vakuole auftreten, ohne dass ich entschieden hätte, ob ich nicht eine Wirkung des Einflusses der Zusatzflüssigkeit darin vor mir gehabt habe. Augenscheinlich mit der Respirationsthätigkeit in Beziehung stehende Vakuolen schei- nen nämlich nach meinen gelegentliehen Beobachtungen viel häufiger in Zellen vor- handen zu sein, als man bis jetzt, da nur ganz vereinzelte derartige Fälle bekannt sind, annimmt. — Die Bildung der Hörkrystalle von Aurelia aurita geschieht somit ganz ebenso wie diejenige der Kiesel- und Kalknadeln und der Kiesel- und Kalk- körperchen bei den Spongieu. Ich bemerkte, dass ich selbst um ausgebildete Hörkry- stalle noch Protoplasma mit einem Kern getroffen habe ; damit soll aber nicht gesagt sein , dass beides immer an ihnen vorhanden ist. Vielmehr dürfte angenommen werden , dass, wie bei den Spongienzellen, so auch hier das Protoplasma schliesslich vollkommen aufgebraucht wird , der Kern nicht mehr nachzuweisen ist , so dass nur ein Krystall zurückbleibt. — Dass die krystallf (ihren den Zellen des Hörsäck- chens Entodermzellen sein müssen, braucht schliesslich nicht besonders hervorgehoben zu werden. Rhizostoma Cuvieri, Felagia noctiluca, Cassiopea liorbonica zeigen in Beziehung auf den feineren Bau der Randkörper im Wesentlichen dieselben Verhältnisse wie Aurelia aurita (Taf. II, Fig. 1 und 2 Rhizostoma, Taf. III, Fig. 1 — 3 Pelagia). Ueberall findet sich auf dem Randkörperstiel eine dicke Nervenfilzschicht, welche von den Ausläufern der geisselnden Ektodermzellen und der Sehspindeln zu- sammengesetzt wird. Bei Rhizostoma lind auch bei Pelagia (Taf. III, Fig. 10) sind die Epithelzellen mit ihren Ausläufern sehr hoch und schlank. Bei beiden finde ich theilweise Spindeln mit ausserordentlich langen Stäbchen (Taf. III, Fig. 10) und den Körper der Spindeln traf ich bei Pelagia (an Chromkalipräparaten) zuweilen von auffallend grossem Durchmesser. Ueberall ist das Rohr des Randkörperstiels von geisselndem Cylinderepithel umkleidet; überall wandelt sich auf dem Krystallsäckchen das hoch- 22 170 cylindrisehe Ektoderm in ein niedriges um ') ; die Nerveiifilzschicht ist im optischen Durchschnitt nicht mehr als besondere Lage zu erkennen , aber jede Ektodermzelle sendet, wie auf dem Stiel , ein Nervenfädchen als Ausläufer aus. Diese Ausläufer sind überall stärker als auf dem Stiel und kommen isolirt nur unverzweigt zu Ge- sicht. Auf dem Stützblatte von Stiel und Hörsäckchen finde ich Nervenzellen, welche durchaus die Beschaffenheit jener von Aurelia haben : auch das glänzende Körperchen wird in denselben angetroffen (Rhizostoma). Zuweilen isolirt man sehr lauge, vari- köse Nervenfäden , in welche eine spindelförmige Nervenzelle eingeschaltet ist. In Fig. 8, Taf. III ist Derartiges von Pelagia noctiluca abgebildet. Im Stützblatte selbst habe ich bei keinem der genannten Thiere Zellen gefunden , wie sie ausnahmsweise bei Aurelia vorkamen, im Uebrigen bietet es bei allen Arten dieselben Verhältnisse dar. Rhizostoma Cuvieri zeigt in Beziehung auf die Ektodermschicht des Stiels ein besonderes und bemerkenswerthes Verhalten, indem diese Schicht im äusseren, aboralen Umfange des letzteren sich an einer Stelle stark verdickt. In Figur 1 und 2 der Tafel II ist dieses Verhalten auf dem sagittalen Durchschnitte des Randkörpers deut- lich zu sehen: an der Wurzel des Randkörperstiels beginnt die Verdickung, nimmt allmälig zu und nachdem sie den höchsten Grad erreicht hat, ebenso allmälig wieder ab, so dass ein kleiner Hügel durch dieselbe gebildet wird. Auf dem Durchschnitte sieht man, dass diese Verdickung hervorgerufen wird einmal von einer Vergrösserung des Höhendurchmessers des Körpers der dort gelegenen Epithelzellen (1), zugleich aber auch von einer Zunahme des Höhendurchmessers der Nervenfilzschicht (2) ; die Zellen erscheinen auf dem Durchmesser nebeneinander gestellt wie die Steine eines Brückengewölbes : die in der Mitte gelegenen senkrecht, die beiderseits von der Mitte gelegenen mit dem unteren Ende gegen diese Mitte geneigt. Genauere Untersuchung möchte zeigen, dass an dieser Stelle bei unserem Thiere eine besondere Ausbildung und Anhäufung der Ganglienzellen statt hat und somit vielleicht, dass dort der erste Ansatz zu einer grösseren Centralisation des Nervensystems gegeben ist. Rhizostoma Cuvieri würde in dieser Beziehung unter allen von mir untersuchten Formen am höchsten stehen. — Speciell darauf gerichtete Beobachtung dürfte auch bei anderen Arten Andeutungen dieses Verhaltens auffinden. Cyanea capillata zeigt dieselben Verhältnisse wie die übrigen genannten Formen. Wie bei jenen finden sich auch hier Sehspindeln auf dem ganzen Rand körperstiel zwischen den Geissel- 1) Taf. III, Fig. 11 a und b und Fig. 6 stellt das schon erwähnte Ektodermepithel der Pelagia vom obersten Theile des Hörsäokchens dar. 17t zellen zerstreut. Und wie bei Aurelia traf ich auch hier eine Stelle, au welcher nur Sehspindeln vorhanden waren. Besondere Pigmentflecke hat Cyauea nicht, aber nach Isoliren findet man in den Geisselzellen des Ektoderms vielfach, wenngleich spärlich, Pigmentkörnchen. Auf dem Krystallsäckchen fand ich auch hier Nervenzellen. III. Feinerer Bau der Randlappen. Aurelia aurita, Rhizostouia Cuvieri, Cassiopea borbonica. Ueber diese physiologisch hochwichtigen Bezirke des Körpers der toponeuren Medusen kann ich mich nach der genauen Schilderung der Bauverhältnisse der Rand- körper selbst, wenigstens in Beziehung auf vorstehend genannte Formen, verhältniss- mässig kurz fassen , weil diese Bezirke hier Einrichtungen zeigen , welche sich an jene der Randkörper unmittelbar anreihen und welche gewissermassen nur auf einer massigeren Ausbildung derselben beruhen. Die ganze, bisher als „Polster" bezeichnete, säckchenartige Erhebung des Schirmrandes, unter welcher der Randkörper sammt seiner „Wurzel", zusammt den als „Hörner" bezeichneten Gefässausstülpungen und mit dem „Randkörperrohr" ge- nannten, vom Rmggefäss zum Randkörper radial verlaufenden Gefässabschnitte liegt, das Polster , welches in seiner Mitte zu der „äusseren Riechgrube" eingezogen ist, und welches mit seinem unteren Abschnitte, dem „Decklappen", die äussere Wand der Randkörpertasche bildet, ist bei Aurelia, Rhizostoma und Cassiopea mit Ner- venepi thelium überkleidet. Ich bezeichne die acht Polster fortan als Sinnes- polster, und die im Folgenden zu schildernden Thatsachen werden es rechtfertigen, wenn ich diese Sinnespolster, diese die Randkörper unmittelbar umgeben- den Bezirke des Schirmrandes, als den wesentlichsten T h e i 1 des Centr alnervenapparates derselben, als ihre Gehirne in jenem einge- schränkten Sinne erkläre, in welchem sie schon im physiologischen Abschnitte dieser Arbeit als solche angekündigt sind. Das Nervenepi- thelium erstreckt sich über das ganze Siunespolster '), soweit auf demselben die 1) Nach der auf Seite 104 citirten Bemerkung von Romanes zu schliessen, würde ein Nervenepithelium in dieser Gegend auch von anderer Seite beobachtet sein. Ob aber die Arbeit des Herrn Schäfer schon er- schienen ist, oder ob sich die Worte von Born an es auf das ihm bekannte, etwa an eine Zeitschrift eingesendete Manuscript beziehen, weiss ich nicht. Ebenso spricht Romanes auf Seite 719 (Philos. Transact. Vol. 167) von einem Nervenplexus, welcher von Schäfer im »contractile tissue« von Aurelia aurita aufgefunden worden sei. 22* 172 Eäufchen von Nesselzellen — ich gehe bei der Beschreibung von Aurelia aurita aus — . welche sonst über die convexe Oberfläche des Körpers zerstreut sind, fehlen (vergl. Taf. I, Fig. 2). An den seitlichen Grenzen des Polsters (P) geht es mit dem Auftreten dieser Nesselbatterien rasch in das gewöhnliche Epithel der Körperober- fläche über, nach oben dagegen mehr allmälig. Nach unten wird es niedriger, wäh- rend Nesselzellen zwischen ihm auftreten und modificirt sich (über Q hinaus) nach und nach zu der alsbald näher zu schildernden Auskleidung der Randkörpertasche. Es hat dieses Nervenepithel der Aussenfläche des Sinnespolsters auf dem grössten Theile dieses Polsters , da wo es am besten ausgebildet ist , durchaus die Eigen- schaften des den Randkörperstiel deckenden: es besteht aus Geisselzellen und da- zwischen gelagerten Spindeln und aus einer Nerventilzschicht von ansehnlicher Mäch- tigkeit. Die Höhe der Zellenlage beträgt dort 0,021 mm, ist ungefähr dieselbe wie auf dem Randkörper. Die Nerventilzschicht , welche auf dem Raudkörper nahezu die gleiche Höhe hat wie die Zellenlage, ist auf dem Sinnespolster niedriger (vergl. Taf. IV, Fig. 8 aus der äusseren Riechgrube von Rhizostoma) ; nach unten hin nimmt, wie bemerkt, auf letzterem die Höhe beider Schichten ab. — In der Nerventilzschicht sieht man sehr deutlich zahlreiche Fasern parallel der Körperoberfläche ziehen , wie ich dies in der soeben erwähnten, Rhizostoma Cuvieri entnommenen Figur abgebildet habe. Diese Figur zeigt , dass die Riechgrube von demselben Epithel ausgekleidet ist , welches den übrigen Theil der Oberfläche des Sinnespolsters deckt , allein ich habe darin , wenigstens bei Rhizostoma , keine Spindeln gesehen — In der Rand- körper (Riech-) tasche finde ich bei Aurelia aurita im unteren Theile ein nie- driges, fast plattes Epithel, zu welchem sich das Nervenepithel des Sinnespolsters allmälig umgewandelt hat , dazwischen einzelne Nesselzelleu , darunter glaubte ich wiederholt — ich habe diesen Punkt nicht erschöpfend untersucht — feine Nerven- fädchen zu sehen. Jedenfalls findet sich eine mächtige Nervenfilzschicht mit Geissel- epithel und mit dazwischen gelegenen Spindeln, also wieder ein ausgebildetes cylin- drisches Nervenepithel, ähnlich jenem des Randkörperstiels, in den Riechkappen und schon an der oberen Wand der Randkörpertasche, noch ausserhalb der RiechkapjDen, beginnt dasselbe aufzutreten. Ueberall da wo das Nervenepithel am vollkommensten entwickelt ist, fehlen die Nesselzellen durchaus, wo es in seiner Ausbildung zurück- zutreten beginnt, zeigen sich einzelne derselben, aber erst da treten sie in Batterien auf, wo das Ektodermepithel den Charakter der gewöhnlichen platten Ektoderm- zellen angenommen hat. — So viel ich mich erinnere, ist bei anderen Formen , so bei Cassiopea und bei Rhizostoma, ein grösserer Theil der Randkörpertasche von cv- lindrischem Nervenepithel ausgekleidet, indessen bedarf die nähere Feststellung des 173 Verbreitungsbezirkes neuer Untersuchung. — Entfernt man nun das Nervenepithel von der Oberfläche des Sinnespolsters, so sieht man dieselben Zellen, welche mau nach der gleichen Behandlung auf dem Stützblatte des Randkörpers findet, in grosser Anzahl über diese Oberfläche zerstreut. Aber nicht nur hier trifft man sie , einschliesslich selbstverständlich des Bodens der äusseren Riechgrube, sondern auch überall unter der Epithelauskleidung der Riechtasche uud der Riechkappen. Durchschnitte durch das Gallertgewebe der Gegend zeigen, dass es im grössten Theile des Sin- nespolstergebietes von diesen Nervenzellen durchsetzt ist. Einmal auf die nun näher zu beschreibenden Verhältnisse aufmerksam gemacht, werden sie einem Jeden leicht in die Augen fallen : auf solchen Durchschnitten, gleichviel in welcher Rich- tung an erhärteten Präparaten z. B. von Aurelia aurita oder von Rhizostoma Cuvieri ausgeführt, wird mau alsbald finden , dass eine Anzahl der im Bereiche des Sinnes- polsters und speciell die in der Umgebung der Raudkörper, bezw. der Randkörper- tasche, gelegenen Zellen des Gallertgewebes — also gewöhnlich sogenannte Binde- gewebszellen — - ein ganz anderes Aussehen zeigen, als die übrigen Bindegewebs- zellen der Gallerte. Ein Ueberblick über einen grösseren Theil der Oberfläche eines solchen Durchschnittes , z. B. mit System V. von Hartnack, zeigt diese über- raschende Thatsache auf das Deutlichste : die ersteren erscheinen bei solch schwacher oder selbst bei noch schwächerer Vergrösseruug vielfach verzweigt , mit Fortsätzen versehen, ihr Körper sehr verschieden gestaltet, meist aber mit einer Neigung zur Ausdehnung nach einer Richtuug oder ausgesprochen langgestreckt, dann wieder zu- gleich im Winkel geknickt, andere Male spindelförmig oder sternförmig. Die Zellen des übrigen Gallertgewebes dagegen haben sich unter dem Eiufluss der Reagentieu mehr oder weniger vollkommen kugelig zusammengezogen, nur einzelne kurze Fort- sätze lassen sich an ihnen bei stärkerer Vergrösseruug wahrnehmen , insbesondere an Osmiumsäurepräparaten, indem die Osmiumsäure die amöboiden Zellen theilweise getödtet hat, bevor sie im Stande waren, ihre Fortsätze einzuziehen. Ich unter- scheide die zweierlei Arten von Zellen in Zukunft als amöboide und als Ner- venzellen. Sehen wir uns nun zunächst die Verbreitung der letzteren au der Hand ei- niger Durchschnitte genauer an: in Figur 1 auf Tafel V ist ein radialer Durchschnitt durch den Randkörper und Umgebung von Aurelia aurita gezeichnet. In Fig. 2 und 3 derselben Tafel ist ein Theil des Decklappens (D) der Figur 1 uud der un- mittelbar oberhalb der Riechgrube gelegene vom Schnitte getroffene Bezirk der Gal- lerte des Sinnespolsters , etwa bis zu der Gegend x, vergrössert wiedergegeben. Im Decklappen (Fig. 3) sieht] mau lauter verzweigte Zellen, in Fig. 2 sieht man nur 174 solche im unteren Theile , nach oben beginnen sie dagegen kugelig zu werden. In Fig. 2, Taf. VI ist eine Ansicht der Gallertzellen aus dem Schirmrande, also entfernt vom Centralapparat, dargestellt (von der Stelle y, Taf. V, Fig. 10), in Fig. 3, Taf. VI dagegen eine Ansicht der Zellen, welche unterhalb der Auskleidung der Riechtasche gelegen sind (aus der Gegend von x Fig. -i , Taf. V) , beide Ansichten aus dem- selben Exemplar von Cassiopea borbonica. In Taf. VI , Fig. 1,5, ti und 7 sind Querdurchschnitte durch den Schirmrand von Rhizostomä Cuvieri gezeichnet, in wel- chen die Verbreitung der Nervenzellen durch Punkte angedeutet ist, während die amöboiden Zellen weggelassen sind. Es sind dieselben aus einer Anzahl von 14 suc- cessiven Schnitten, welche ich in jener Gegend gemacht hatte , als Repräsentanten ausgewählt (vergl. die Erklärung der Tafeln). Man sieht , dass die Nervenzellen überall in dem als Sinnespolster bezeichneten Abschnitte und in der Nähe des Rand- körpers, bezw. in der Umgebung der Randkörpertasche angehäuft sind. In Taf. V, Fig. 10 ist ein Durchschnitt durch den untersten Theil des Schirmrandes (y) samint dem unteren Ende eines der den Ohrlappen entsprechenden Bezirke des Sinnespolsters (p) von Cassiopea gezeichnet. Die in dieser Abbildung sichtbaren Punkte deuten nicht Ner- venzellen allein, sondern die Zellen des Gallertgewebes überhaupt an ; in der Gegend von p sind aber auch hier die Nervenzellen überwiegend, während aus der Gegend von y dagegen die Ansicht Fig. 2, Taf. VI genommen ist, woraus zu ersehen, dass dort nur amöboide Zellen angetroffen werden (man vergleiche hierzu die Tafelerklärung). — Ueberall liegen in den Bezirken, welche die höchste Bedeutung für das Nervenleben haben müssen, ausschliesslich Nervenzellen, so insbesondere zwischen äusserer Riechgrube und Raudkörpertasche. Es sind diese Stellen in den Durchschnitten durch stärkere Punktirung ausgezeichnet. Je mehr entfernt vom Mittel- punkte dieser Stellen, um so mehr mischen sich mit den Nervenzellen amöboide, bis diese überwiegen und schliesslich allein übrig sind (an den nicht punktirten Stellen der Durchschnitte). Bei Cassiopea borbonica geht die Mischung sehr weit gegen die Centren der Herde von Nervenzellen vor , ja es scheinen sogar die amöboiden in der Nähe der für das Nervensystem wichtigen Bezirke grösser und reichlicher zu sein als anderwärts. — Bei Cassiopea wie bei anderen Formen finden sich nun in den Grenzgebieten von beiderlei Zellenarten solche Zellen , welche zwischen amöboiden und Nervenzellen mitten iune stehen. Bei Rhizostomä ist mir aufgefallen, dass dort in diesen Grenzgebieten zuerst amöboide Zellen auftreten, welche in eigenthümlicher Weise zu mehreren in Häufchen zusammen liegen. Erst mehr peripherisch bekommen die einzeln gelegenen amöboiden die überhand. Es sind somit augenscheinlich die Nervenzellen nichts anderes als eine Modification der amöboiden. 175 Bei Cassiopea borbonica findet sich nun ausser eleu angegebenen Ansamm- lungen von Nervenzellen noch eine solche an der aboralen Schirmfläche in dem früher schon als „ Knöpfchen " bezeichneten Gebilde (Taf. V, Fig. 9, k), von welchem aus die Muskelelemente der Subumbrella radiär nach den Seiten und abwärts ausstrahlen, wie das in der Abbildung angedeutet ist, allerdings nach einem erhärteten Präparate, an welchem diese Verhältnisse nicht mehr so deutlich waren wie am frischen Ob- jekt. Von der oralen Schirmfläche aus gesehen bietet sich dieses Knöpfchen als eiue kleine Erhabenheit dar, welche muskelfrei ist und unmittelbar über der Einziehung des Schirmrandes liegt , die in die aborale Wand der Randkörpertasche einschnei- det. Auf dem in Fig. 4, Taf. V dargestellten Durchschnitt erkennt man die Lage des Kuöpfchens (k) etwa gegenüber der Randkörperwurzel. In Fig. 5 derselben Tafel ist es vergrössert dargestellt. Es ist aussen (oral) überzogen von einem nie- drigen Epithel, welches aber in dem abgebildeten Präparate bis auf einen kleinen Theil (oben) entfernt ist. Die Durchschnitte lehren, dass das Knöpfchen ein linsen- förmiger Körper ist. Derselbe besteht aus Gallertgewebe, gleich dem übrigen Schirm, enthält aber nur Nervenzellen und Nervenfäden. Züge solcher Fäden strahlen gegen seine freie Oberfläche hin aus und umgrenzen den Körper gegen die übrige Umbrella hin. In den nach aussen strebenden Fäden trifft man vou Stelle zu Stelle Nerven- zellen eingeschaltet und sie treten mit den Epithelzellen der Oberfläche in Verbin- dung. Es ist dieser Körper, welcher übrigens insbesondere in Rücksicht auf seine Beziehungen zu der umgebenden Muskulatur eine genauere Untersuchung verdient, ge- radezu ein Ganglion, relativ scharf umgrenzt, wie es an keiner anderen Stelle des Körpers unserer Medusen von mir beobachtet worden ist. Dabei darf man allerdings an ein Ganglion im Sinne jener der höheren Thiere oder auch nur der cycloneuren Medusen, bestehend aus eng aufgehäuften Zellen , nicht denken : die Nervenzellen liegen zerstreut durch die homogene Gallerte und die Bezeichnung Ganglion ist nur desshalb zulässig, weil der Körper nach aussen abgegrenzt, was bei den übrigen Ner- venceutren der Toponeuren nicht der Fall ist. Es erhält durch die Existenz dieses Ganglions der auf Seite 59 von mir mitgetheilte Versuch, bei welchem dasselbe ver- letzt worden ist, eine nähere Erklärung, auch scheint umgekehrt jener Versuch dafür zu sprechen, dass das Ganglion wesentlich als ein motorisches aufzufassen sei. Un- zweifelhaft werden ferner darauf gerichtete Untersuchungen ähnliche Einrichtungen, wenn auch da und dort in geringerer Ausbildung, auffinden. Bei den übrigen von mir studirten Formen habe ich Aehnliches nicht beachtet, kannte aber allerdings zu der Zeit als ich sie untersuchte, das Ganglion bei Cassiopea noch nicht. Indessen liegen dort, was übrigens auch bei Cassiopea der Fall ist , im Gebiete der contrac- 176 tuen Zonen, also in der Gegend und in der Umgebung des Ganglions der Cassiopea, zahlreiche Nervenzellen unmittelbar unter der Muskulatur. Auf den Durchschnitten der Tafel VI sind sie nicht zu sehen, man muss stärkere Vergrösserung und Flächen- ansichten zu Hülfe nehmen, um sie zu Gesicht zu bekommen. Sie sind ebenso un- scheinbar wie die übrigen Nervenzellen und werden wie diese ohne genauere Unter- suchung für gewöhnliche „Bindegewebszellen" erklärt werden. Hat man die Mus- kulatur abgelöst, so sieht man unter derselben zugleich sehr zahlreiche, mehr oder weniger parallel verlaufende Fäden, welche ich auf Grund meiner physiologischen Versuche und in Zusammenhalt mit sogleich zu schildernden Thatsachen glaube für Nervenfäden ansprechen zu dürfen. Man sieht die Nervenzellen oft auf weite Strecken hin Fortsätze aussenden, welche dieselben mit anderen ihres Gleichen in Verbindung setzen oder welche gegen das Epithel hinstrebeu. Die Fortsätze verzweigen sich vorher vielfach dichotomisch zu ausserordentlich feinen Fädchen. Das von mir zur Untersuchung angewendete doppelt-chromsaure Kali reicht übrigens zur erschöpfenden Erkenntniss dieser feinen Verhältnisse nicht aus und die Goldreaktion , von welcher ich mir die besten Auf- schlüsse verspreche , ist mir bei wiederholten Versuchen einstweilen nicht gelungen. Indessen lässt sich schon an Chromkali oder an Osmiumsäurepräparaten unschwer ferner so viel erkennen, dass die Nervenzellen an bestimmten Stellen in bestimmter Richtung gelagert sind: so sind sie z. B. am Boden der äusseren Riechgrube mit ihrer längsten Axe meistens senkrecht zu der Epitheliallage gestellt, strahlen auf Querdurchseimitten radiär gegen diesen Boden aus ; auch an anderen Stellen streben sie in dieser Weise dem Ektodermepithel zu und senden ihre Fortsätze nach dem- selben hin. — Ebenso sieht man nun im Gebiete des Oentralapparates ausserordent- lich zahlreiche, feinste Fäden in entsprechender Richtung oder sonst in bestimmten constanten Zügen das Gallertgewebe durchziehen (Fig. 2 und 3, Taf. V). Auf Quer- durchschnitten, durch das Sinnespolster in der Nähe der Riechgrube ausgeführt, er- scheint die Richtung der Fasern überall ähnlich Wie in Fig. 1, Taf. VI von Cyanea capillata angegeben ist. Sie sind stets da am zahlreichsten, wo man den wesent- lichsten Theileu des Sinnesapparates am nächsten ist. So ziehen sie in ungeheurer Menge vom Boden der Riechgrube gegen die Raudkörperwurzel hin aus 1), und so werden sie auf Durchschnitten wie die in der VI. Tafel abgebildeten in grosser An- 1) Die Fig. 1 auf Tat'. VI ist der entsprechenden Gegend von Cyanea entnommen : die Zahl der Fasern ist in der Abbildung aber viel zu gering angegeben, weil die meisten derselben wegen ihrer ausserordentlichen Feinheit erst bei starker Vergrösserung sichtbar werden. 177 zahl auch quer durchschnitten insbesondere in der Gegend des Randkörperrohrs an- getroffen — als die Fortsetzung der Fasern , welche ich aus dem Stützblatte des Randkörpers schon beschrieben habe. Es zeichnen sich diese Fäden morphologisch nicht allein durch ihre ausserordentliche Feinheit, sondern auch dadurch aus, dass sie überall von gleicher Dicke sind, und dass sie sich nirgends zu Maschennetzen verbinden, wie dies die Bindegewebsfäden aus anderen Theilen des Gallertschirmes thun. Auch findet man an denselben niemals jene platten , flügelartigen Verbreite- rungen, welche die Bindegewebsfasern der Medusen vielfach gegenseitig aneinander- heften1). So kommt es, dass man auf Durchschnitten im Gebiete der contractilen Zonen ganz andere Bilder erhält, als auf Durchschnitten anderer Umbrellatheile, wo unzweifelhafte Bindegewebsfasern vorherrschen (vergl. Taf. VI , Fig. 2 und Taf. V, Fig. 10). Dennoch machen die Fasern des Siunespolsters im Allgemeinen viel eher den Eindruck von feinsten Biudegewebsfäden als den von Nervenfasern. Nun kann man aber an vielen derselben einen Inhalt und eine Hülle unterscheiden: der er- stere besteht aus einer Masse, welche die Beschaffenheit eines sehr feinkörnigen Plasma hat. Nach längerem Einlegen von Chromkalipräparaten in Glycerin und Wasser bekommt dieser Inhalt ein wie geronnenes Aussehen, zieht sich auf einzelne kleine Portionen innerhalb der Fasern zusammen und schwindet schliesslich , so dass jetzt alle Fäden ähnlich Bindegewebsfasern aussehen. Stücke solcher plasmatischer Fä- den sind in Fig. 3, Taf. V bei a angedeutet. Es können nun ferner diese Fäden zwar in weiten Strecken durch das Gewebe ziehen, ohne mit Nervenzellen in Ver- bindung zu treten ; in andern sind dagegen von Stelle zu Stelle Zellen in sie ein- geschaltet , so dass der Nervenfaden eine Zellkette darstellt , ähnlich , wie sie die Nervenfasern von Beroe bilden. Im Gegensatze hiezu finde ich in unzweifelhaften Bindegewebsfäden niemals Zellen eingeschaltet: die amöboiden Zellen liegen stets zwischen ihnen oder hängen ihnen nur zufällig an. Die beschriebenen Fasern, seien sie plasmahaltig oder nicht, streben nun, wie gesagt, vorzüglich zum Ektoderm hin und scheinen überall mit dessen Epithel- zellen in Verbindung zu treten. Denselben Verlauf nehmen aber auch Fäden, welche entschieden bindegewebiger Natur sein müssen. So trifft man überall in der Ge- gend z , Taf. VI , Fig. 4 , entsprechend z Fig. 1 derselben Tafel , also von der tiefsten Umgrenzung des Sinnespolsters ausgehend, Fäden, welche, gleichlaufend mit den Nerven , Bindegewebsfasern sind oder sogar querdurchschnittene bindegewebige 1) Vergl. Taf. XIII, Fig. 9, a, wo solche flügelartige Verbreiterungen an der Hülle von Fasern des Hör- nerven abgebildet sind und: M. Schultze, über den Bau der Gallertseheibe der Medusen, Müller's Arch. 1856, Taf. XI, Fig. 7 und Taf. XII. 23 178 Scheidewände, Blätter, welche der Gallertwand hier besonderen Halt zu geben schei- nen. Jene Fasern zeichnen sich von Nervenfäden gewöhnlich durch grössere Dicke und durch einen welligen Verlauf, ähnlich elastischen Fasern aus. Aber genau zu unterscheiden , wo die Grenze sei zwischen Fäden , welche dem Nervensystem und solchen, welche dem Stützsystem zugehören, bin ich nicht im Staude, wie ich denn der Ansicht bin , dass eine solche Grenze morphologisch scharf bei unseren Thieren gar nicht noth wendig existiren muss. Für Aurelia aurita ist nun endlich noch über eine dort häufige Erscheinung zu berichten , welche an dieser Stelle zu erörtern ist und welcher zugleich für die Frage nach den Beziehungen zwischen amöboiden und Nervenzellen Bedeutung zu- kommt: anscheinend gewöhnliche, amöboide Zellen durchziehen hier häufig ketten- artig aneinander gereiht in einer bestimmten Richtung, und zwar oft in einer den Nervenfasern entsprechenden, von Ektoderm zu Ektoderm, das Gallertgewebe (vergl. Taf. II, Fig. 6 , wo solche Züge von Zellen bei schwacher Vergrösserung angedeutet sind). Es können nun diese Zellen unmittelbar aneinanderliegen, oder sie sind durch zwischengelagerte längere oder kürzere Fäden von einander getrennt , und scheint auf diese Weise der Uebergang zu den vorhin beschriebenen Nervenfasern mit ein- geschobenen Nervenzellen gegeben zu sein. Man ist versucht, derartigen Zellketten gleichfalls eine Bedeutung für die Leitung des Nervenstromes zuzuschreiben: sie könnten sich nach Bedürfniss bilden und in Folge wiederholten und langen Gebrauchs würden aus ihnen allmälig constante Nerven hervorgehen '). Cyanea capillata. Die Einrichtungen des Nervensystems müssen bei diesem Thiere schon dess- halb nach verschiedener Richtung andere sein, als bei den bisher abgehandelten Formen, weil bei ihm Zellen im Gallertgewebe bis jetzt gar nicht beobachtet worden sind. Allein auch in Beziehung auf das Nerveuepithel zeigen beide nach Form und Verbreitung grosse Verschiedenheiten. Zugleich mag ausserdem hier schon hervor- gehoben werden, dass bei Cyanea capillata die ganze Körperoberfläche von cylin- drischem Geisselepithel bedeckt ist, dessen Elemente ganz allmälige Ueber- gänge zu dem ausgebildeten Nervenepithel der Randlappen darbieten , so dass ein 1) Ich glaube mich bestimmt zu erinnern, dass Gegenbaur solchen kettenartig aneinander gereihten Zellen Bchon die Bedeutung von leitenden Nervenelementen zugeschrieben hat — vielleicht in der mir augenblick- lich nicht zugänglichen ersten Auflage seiner Grundzüge der vergleichenden Anatomie. 179 scharfer Gegensatz zwischen beiden wie bei den bisher abgehandelten Arten nicht besteht. Es enthalten diese Geisselzellen der Schirmoberfläche meist in ihrem oberen Abschnitte feine Pigmentkörnchen. Ihre Geissei ist von so ausserordentlicher Fein- heit, dass sie nur mit den stärksten Vergrösserungen gesehen werden kann — dies wohl die Ursache davon, dass die Art der Bekleidung der Oyanea der Beobachtung bisher entgangen ist. Ob die geisselnde Epithelialdecke sich auch bei den grössten, völlig ausgewachsenen Thieren oder bis zu welcher Grösse derselben sie sich eventuell er- hält, bleibt noch zu entscheiden : ich habe auf diesen Punkt nicht besonders ge- achtet, jedenfalls aber traf ich sie bei Thieren von einigen Centimetern im Durch- messer. Bis jetzt ist meines Wissens nur in der Aeginopsis mediterranea J. Müller eine Meduse bekannt, welche , wie dieser Forscher nachgewiesen hat , noch einige Zeit nach der vollendeten Entwicklung, freilich nur in den jüngsten Exemplaren, Wimperbeweguug auf der Oberfläche des Körpers zeigt1). Bei dem von Gegen- bau r beschriebenen Trachynema ciliatum erhält sich das Wimperkleid bis zur voll- kommenen Ausbildung der Medusenform und schwindet dann 2). Der grösste Theil dieser cylindrischen, die aborale Oberfläche von Cyanea capillata deckenden Epithel- zellen3) ist durch besondere Eigenschaften, die Gestalt betreffend, ausgezeichnet: die Zellen spitzen sieh nämlich nach unten nicht zu, sondern sie sitzen mit einer breiten Endfläche , welche gewöhnlich noch nach zwei entgegen- gesetzten Seiten oder einseitig in einen langen Faden, den ich als „Fuss" bezeichne, ausgezogen ist, dem Gallertge- webe auf (Holzschnitt 28). Solchen Fuss hat nun auch ein Theil des die Bandlappen deckenden Epithels, während ein anderer Theil desselben sich nach unten zuspitzt, ahn- Holzschnittes^ lieh den Ektodermzellen des Kandkörperstiels von Aurelia und Verwandten1): in bei- den Fällen ist es, wie dieses, fast auf dem ganzen Rand läppen und zwar nicht nur auf dessen aboraler, sondern auch auf seiner oralen Fläche als Nervenepithel zu erkennen. Wir gehen bei der Schilderung von der Furche aus, welche bei Cyanea capillata statt der äusseren Riechgrube vor- handen ist, weil dort die bezüglichen Verhältnisse besonders ausgeprägt sind. Ent- 1) J o h. Müller, lieber eine eigenthümliche Meduse des Mittelmeeres und ihren Jugendzustand, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1851. S. 272 ff. 2) Vergl. Gegenbau r, zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung der Medusen und Polypen, Würzb. 1854. S. 50 ff. 3) Auf der Kuppe des Schirmes sind die Epithelzellen sehr hoch cylindrisch (Taf. II, Fig. 5), aber ohne Fuss. 4) Ich bezeichne in Zukunft die toponeuren Medusen, deren Gallertgewebe von Zellen durchsetzt ist als cytoph ore, die übrigen als a c y t o p h o r e. 23* 180 lernt man in dieser Furche das Epithel von seiner Unterlage, so bemerkt man unter ihm und mit ihm zusammenhängend, ein Lager von varikösen Nervenfädchen. Sorg- fältige Beobachtung unter Anwendung starker Vergrösserungen und Isoliren der Epi- thelzellen lehrt nun das Folgende: diebreit abgeschnittene Basis jeder Zelle geht (z. B. im oberen Theil der Furche, über dem Randkörperröhrchen) nach einer Seite in einen laugen Fortsatz — entsprechend dem Fuss der gewöhnlichen Deckzellen der Oberfläche, über (Taf. IV, Fig. 21, a, b). An diesem Fortsatz kann man unterscheiden: 1) eine Hülle, welche die unmittelbare Fortsetzung der Zellhülle ist, 2) ein äusserst feines, von dieser Hülle umschlossenes Fädchen — ein Nervenfädchen. Das Nervenfädchen setzt sich einerseits fort in einen jener varikösen Fäden, welche soeben, als ein be- sonderes Lager bildend, erwähnt worden sind, ohne dass in der Regel eine Umhül- lung weiterhin an ihm noch deutlich zu erkennen wäre. Andererseits aber kann dasselbe zuweilen auf das Deutlichste in das Innere der Zelle hinein verfolgt werden. Es strebt direkt auf den Kern zu, scheint in denselben einzutreten und ihn zu durch- ziehen, denn es wird auf der seiner Eintrittsstelle entgegengesetzten Seite des Kerns, im oberen Abschnitt der Zelle wieder sichtbar und setzt sich in das Cleisselhaar fort. Das letzterwähnte Verhalten ist äusserst schwer zu erkennen, und auch der übrige Verlauf des Nervenfädchens, ebenso wie die Unterscheidung einer besonderen Um- hüllung an der Stelle seines Austritts aus der Zelle, bedarf zur Feststellung ausge- zeichneter Linsen und bester Beleuchtung. Nur selten wird eine Zelle isolirt werden können , welche alle Einzelheiten zugleich zeigt und ist man meist genöthigt , die bald da, bald dort sich deutlich ergebenden Thatsachen zu combiniren. — Aehnliche Verhältnisse kommen nun auch ausserhalb der Furche fast auf der ganzen Aussen- fläche des Randlappens vor. Oberhalb und zu den Seiten jener traf ich die Epithel- zellen gleichfalls mit breiter Basis, übergehend in je ein Nervenfädchen und dieses zuweilen auch innerhalb der Zelle sogar varikös ! Etwa in der Mitte der beiden Hälften des Lappens -- beiderseits von der Furche — waren solche Zellen von grösserem Breitendurchmesser und niedriger als in derselben (Taf. IV, Fig. 21, c). Etwas mehr nach aussen fand ich nach unten zugespitzte Zellen, je in ein langes variköses Nervenfädchen ausgehend, mit excentrisch gelagertem Kern. Diese vari- kösen Zellfortsätze bilden auf der Aussenfläche der Randlappen eine Nervenfilzschicht, welche jedoch dünn und nur in der Riechlürche von bedeutenderem Durchmesser ist ; nur ganz am Rande der Lappen vermisste ich au den hier wieder mit einem Fusse versehenen Zellen einen längeren Faden. Die Zellen sind hier höhere oder niedrigere polygonale Säulen mit kurz ausgezogenem Fusse (Taf. IV, Fig. 5 u. 11), welchen ich nicht positiv für einen Nervenfaden erklären konnte. 181 Nicht nur an der Aussenfläche der Randlappen trifft man nun die ge- schilderten Verhältnisse : die orale Fläche dieser Lappen ist zum grössten Theile nicht mit Muskulatur belegt und dieser muskelfreie Bezirk führt an verschiedenen Stelleu ein Epithel , welches gleichfalls deutlich mit Nervenfädchen in Verbindung steht. So finde ich an der unteren, gegen die Concavität des Schirmes zu gerich- teten Fläche der oben erwähnten, Randkörper und Randkörperr öhrchen von unten deckenden Flügel ein kurzes, breites Geisselepithel, mit seitlich, an der Zellwand ge- lagertem Kern , mit wenig körnigem Inhalt und wenig Pigment , mit breiter Basis aufsitzend und diese Basis ausgehend in ein ziemlich grobes Nervenfädchen (Taf. IV, Fig. 19 und 23) '). Die Masse solcher Fädchen macht in tieferer Lage den Eindruck von Punktsubstanz. Auch seitlich von den Fallthüren steht das die Unterseite der Rand- lappen bedeckende Epithel mit Nervenfädchen in Verbindung. Die Zellen ent- halten hier besonders in ihrem oberen Theile reichlich Pigment, dazwischen häufig gelblich glänzende Kugeln als Inhalt , welche oft wie Zellen aus- m sehen (Holzschnitt 29). Im unteren Abschnitte sind sie dagegen vielfach lü] ganz leer und bauschen sich hier zugleich oft becherzellenartig aus. Sie laufen nach unten spitz zu (oder verzweigen sich auch) und gehen in ein variköses Nervenfädchen, zuweilen von ziemlicher Stärke über. Bei grös- seren Thieren traf ich ein Nervenepithel an der Unterfläche der Rand- lappen sogar noch in einer Entfernung von mehreren cm oberhalb der Randkörpertasche. An der oberen Grenze des muskelfreien Bezirks aber bildet sich die fadenförmig auslaufende Basis der Epithelien , welche kurz k vorher in ein Nervenfädchen überging, zu einer Substanz um, welche sich zunächst durch stärkeres Lichtbrechungsvermögen vor dem übrigen Theil Holzschnitt 29. der Zelle auszeichnet und welche sich mehr und mehr als Anfangsstufe zur Bildung eines contractilen Fadens, des contractilen Theils einer Neurom nskelz eile erweist, wie sie s päterhin von der Unterfläche unserer Medusen beschrieben werden sollen. — Ner- venepithel findet sich nun ferner noch reichlich in der Randkörpertasche, theils mit Fuss (Taf. IV, Fig. 12), theils nach unten zugespitzt (Unterfläche des Randkörper- röhrchens). Gegen den Rand des Lappens hin endlich wird auch unten das Epithel niedrig, und seine Ausläufer lassen sich nicht mehr direkt als Nervenfädchen erkennen. Bei Gelegenheit des Weguehmens der Nervenepithelien vom Schirme traf ich zu- weilen sehr lange Nervenfäden mit stark ausgebildeten Varikositäten, welche oft nicht 1) Die Fäden sind in der Abbildung (ebenso auch die der Fig. 12) sehr kurz gezeichnet — sie können auf viel längere Strecken isolirt werden, und bilden zusammen eine dünne Faserlage. 182 mehr wie an den Ausläufern der Epithelien punktförmig, sondern spindelartig auf- getrieben waren : es schienen diese Varikositäten Erweiterungen einer Hülle darzu- stellen, welche erst das Nervenfädchen einschliesst. Dieses letztere nahm als feinster Faden die längste Axe der Spindeln ein, durchzog dieselben somit central (Taf. IV, Fig. 22), Eigenschaften, welche ich ganz ebenso von den Nervenfasern von Beroe beschrieben habe. Aus diesen Thatsachen und den vorhin von den Nerven des Gal- lertgewebes, sowie von den Ausläufern der Epithelzellen beschriebenen Verhältnissen möchte zu schliessen sein, es sei eine allgemeine Eigenschaft der Nervenfäden, auch der feinsten unserer Thiere, dass sie aus Hülle und Inhalt bestehen. Das Gallertgewebe von Cyanea capillata wird als zellenlos beschrie- ben. In der That sieht man auf Durchschnitten, z. B. durch die Randkörpergegend, von gewissen Zellen , auf welche ich später zu reden komme, abgesehen , nur klare Gallerte, von Fasern durchzogen. Solche Schnitte z. B. unmittelbar oberhalb des Rand- körpers geführt, zeigen ausserordentlich reichliche Fasern von der Umgebung des Rand- körpers aus radiär nach dem gegenüberliegenden Ektoderm strebend (Taf. VI, Fig. 1), ganz ebenso wie die entsprechenden Schnitte durch Cytophore. Nicht minder zahlreiche Fasern sind hier wieder im Querschnitt getroffen und sind diese augenscheinlich wiederum die Fortsetzung jener Fäden, welche aus der Stützlamelle der Randkörper erwähnt worden sind. Quere Fasern ziehen nun aber nicht allein vom Randkörper zum Ek- toderm , sondern auch vom aboralen Ektoderm zum oralen. Die Eigenschaften der Fasern sind ganz dieselben wie bei den Cytophoren , von den Verhältnissen abge- sehen , die eben durch die Zellen bedingt werden , welche das Gallertgewebe der letzteren führt. Wir unterscheiden wiederum zweierlei Faserm, solche mit plas- matischem Inhalt und solche ohne Inhalt. Jene haben ein feinkörniges Aussehen, wurden hier nicht immer ganz scharf begrenzt , nicht immer überall gleich dick angetroffen und machen den Eindruck von Plasmafäden , wie sie etwa entstehen würden , wenn man eine Zelle nach zwei entgegengesetzten Richtungen sehr lang auseinandergezogen hätte. Die zweite Art von Fasern macht den Eindruck von Bindegewebsfasern, unterscheidet sich aber von den Bindegewebsfasern des übrigen Körpers in der bei den Cytophoren beschriebenen Weise (vergl. für Cyanea gegen Taf. VI, Fig. 1, die Fig. 5 auf Taf. II, welche dem Gallertgewebe aus der Gegend der Kuppe entnommen ist). Allein desshalb , weil sie mit den plasmaführenden gemischt und Uebergänge zu ihnen zeigend, überall an den für das Nervenleben wichtigsten Bezirken in ausserordentlicher Menge und in ganz typischen Zügen vor- kommen und weil sie derselben Art sind wie die aus den Randkörpern beschriebenen, stellt sich die Frage, ob sie nicht gleichfalls als leitende Elemente anzusprechen 183 seien, obschon sie auch hier, wie bei den Cytophoren an bestimmten Stellen über- gehen in stark lichtbrechende , geschlängelte , elastischen ähnliche Fasern (Taf. VI, Fig. 1, z). Da diese letzteren den gleichen Verlauf wie die übrigen nehmen und sich in gleicher Weise wie sie mit dem Epithel verbinden , so sind beide mit den Plasmafäden augenscheinlich derselben Anlage entsprungen und mögen nur funk- tionell verschiedene Aufgaben haben. Sämmtliche Fäden sind also als Fortsätze des Ektoderms zu erkennen. Es wuchert dieses insbesondere an bestimmten Stellen, so im Grunde der nach hinten von den „Flügeln" begrenzten Taschen, in förmlichen Zapfen in das Stützgewebe hinein ; von solchen Zapfen treten, oft geradezu büschelförmig , in grösster Zahl die Fäden ab, um quer oder nach anderer Richtung die Gallerte zu durchziehen (Taf. VI, Fig. 1, x) und sich gegenüber wieder an das Epithel anzusetzen. Die zapfenartige Einwucherung des Ektoderms, welche also an der oralen Schirmoberfläche statt hat, geht so weit, dass zuweilen einzelne unförmlich gestaltete Protoplasmamassen (Zell- parthien) von dem Oberflächenepithel getrennt , nur durch Ausläufer mit ihm ver- bunden, im Stützgewebe gelegen sind und nun erst die Fasern abgeben. Inwieweit ausserdem subepitheliale Nervenzellen hier eingelagert sind , bleibt noch zu unter- suchen : auf dem übrigen Theil der Körperoberfläche kommen, wie wir sehen werden, Zellen, obgleich sehr spärlich und unscheinbar zwar vor und ebenso finden sich solche im Gebiete der Subumbrella, es scheint mir aber der Gedanke nicht von der Hand zu weisen zu sein , dass jene Wucherung der Epithelien an der oralen Schirmfläche an Stelle von Nervenzellen tritt , so dass hier der primitive Zustand gegeben sein würde, in welchem noch das Urektoderm, das Deckenepithel, die Funktion von Ner- venzellen mit übernimmt , oder gerade erst im Begriffe steht , besondere Nerven- zellen nach innen abzusondern — ein Zustand, welcher auf den ganzen mit Mus- kelelementen belegten Theil der oralen Schirmfläche bei allen von mir untersuchten Medusen gleichfalls besteht , insofern als hier der nicht contractile Theil der Neuro- muskelzellen als nervöser Theil gegenüber dem contractilen aufgefasst werden muss, während ausserdem eine Bildung meist spärlicher und wenig entwickelter gesonderter Nervenzellen besonnen hat. Nach dem Mitgetheilten würden wir bei den Toponeuren als Wege für die Nervenleitung ansehen dürfen : constante Bahnen, hergestellt 1) eutweder durch mit- telst Fäden verbundene Zellen, 2) durch feinste Protoplasmafäden; dazu kommen 184 vielleicht 3) inconstante Bahnen , Ketten von Zellen , welche möglicherweise nach Bedürfniss, im Augenblicke der Aktion sich bilden und die sich wieder lösen können. Die zweite Form, welche man bei Cyanea ausschliesslich antrifft, ist wohl als die primitivste von allen zu betrachten: sie konnte entstehen, noch bevor Zellen in die Gallerte aufgenommen worden waren , wie wir voraussetzen dürfen , durch gegen- seitige Entfernung zweier ursprünglich aus einer und derselben Anlage hervorge- gangener Lager von Ektodermzellen , somit durch fadenartiges Ausziehen von Zell- inhalt. Derartige Plasmafäden als leitende Nervenfäden unserer Thiere aufzufas- sen , dazu ist mau sicherlich vollkommen berechtigt. Ich hege nach dem Mitge- theilten die Hoffnung, dass speciell auf den Gegenstand gerichtete Untersuchung einen Inhalt auch in vielen der feinen Fäden noch nachweisen wird , welche mit den von mir angewendeten Mitteln einen solchen nicht erkennen Hessen. Allein es wird wohl immer eine Grenze bleiben, in welcher Nerven- und Bindegewebsfäden sich nicht von einander unterscheiden lassen und dies ist in Anbetracht der tiefen Stufe der Ent- wicklung , auf welcher unsere Thiere stehen , schon begründet in der Thatsache, dass beide, nach Allem, was über die Embryologie der Quallen bekannt ist, aus einer und derselben Anlage hervorgegangen sein müssen. Ganz dasselbe ist der Fall mit den Nervenzellen und den amöboiden. Es ist die ausschliesslich herrschende Vorstellung, dass die Zellen des Gallertgewebes der Cytophoren „Bindegewebszellen- seien. Da sie aber aller Erfahrung nach aus dem Ektoderm stammen, so ist gar nicht abzusehen, warum ihnen nicht von vornherein eine auf das Nervenleben be- zügliche Fähigkeit zu fuuktioniren. zugeschrieben werden sollte. In den für das Ner- venleben wichtigsten Bezirken des Körpers , in der Umgebung der Randkörper, tritt diese Fähigkeit in potenzirtem Maasse hervor oder kommt zu ausschliesslicher Gel- tung und prägt den Zellen bestimmte morphologische Eigenschaften auf, welche sie von den übrigen unterscheiden. Die Thatsachen, auf welche sich diese meine Auf- fassung stützt, stimmen im höchsten Grade mit den von mir bei Beroe' ovatus ge- schilderten Verhältnissen überein, nur ist dort die morphologische Differenzirung der Nervenelemente , der Fasern wie der Zellen , wenigstens theihveise eine viel mehr ausgesprochene als hier. — Ist es geradezu ein Postulat, dass Thiere existiren müssen, in deren Körper Elemente vorkommen, welche morphologisch ihre Zugehörigkeit zum Nervensystem erst andeuten und andere mit Elementen, welche im Dienste des Ner- t venlebens stehen, ohne dass sie dies durch ihre morphologischen Eigenschaften kund geben, so ist dieses Postulat nach beiden Richtungen hin bei unseren cytophoren Toponeuren in einer und derselben Person erfüllt. Die erschöpfende Untersuchung der so auf der Grenze stehenden Gewebselemente gehört zu den schwierigsten, aber 185 auch sicherlich zu den interessantesten Aufgaben der Histologie. Meine in dieser Beziehung heute mitgetheilten Beobachtungen können und sollen nur die Grundlage für die weitere Verfolgung dieser Aufgabe geben : niemals aber wird die morpholo- gische Untersuchung bei der Beurtheiluug so wenig differeuzirter Gewebselemente wie der in Frage stehenden vergessen dürfen, dass sie ihr Urtheil eben von einer gewissen Grenze an dem physiologischen Experiment unterordnen muss. IV. Zellen und Fasern des übrigen Körpers. Das Epithel der ab oralen Körperoberfläche verliert bei Cyanea capillata je weiter von den Randlappen entfernt um so mehr die ausgesprochenen morphologischen Eigenschaften eines Nervenepithels. Allein es ist bemerkensvverth genug, dass diese Umänderung eine ganz allmälige ist. Im Gebiete einer mittleren Zone der Körperoberfläche haben die cylindrischen Epithelzellen zwar einen ausge- sprochen fadenartigen Fuss, aber Varikositäten lassen sich an denselben nicht mehr erkennen (vergl. Holzschnitt 28). Entfernt man die Epithelzellen von der Umbrella, so sieht man diese ausserordentlich fein gestreift : ob die Streifen nur auf Eindrücke zurückzuführen sind , welche die „Füsse" auf der Oberfläche der Umbrella hervor- rufen, oder auf feinste Fäden, welche, als die Fortsetzung der Zellenfüsse, vielleicht auch in das Gallertgewebe eintreten und dasselbe durchziehen , das habe ich nicht entschieden. Nach der Kuppe zu verlieren die Epithelzell'-u den Fuss allmälig und werden mehr und mehr schlank und hoch. Aber wiederholt glaubte ich selbst hier in der Zelle noch ein Fädchen zu erblicken, wie es von den Randlappen als Nerven- fädchen beschrieben worden ist , freilich ohne class ich dazu gelangt wäre , nach dieser Richtung hin erschöpfend zu untersuchen. — Zwischen den cylindrischen Epi- thelzellen, welche, wie schon früher erwähnt , in ihrem oberen Abschnitte braunes Pigment führen, liegen eigenthümliche spindelförmige Körper, ähnlich an Gestalt den Sehspindeln, aber von viel bedeutenderem Durchmesser , welche theils feinkörnigen Inhalt führen, theils hohl erscheinen und welche im letzteren Falle im oberen Schluss der Spindel ein kleines glänzendes, durch Carmin sich rothfärbendes Körperchen zeigen, und in dessen Fortsetzung in ein feines, starres Stäbchen übergehen. Es stecken diese Spindeln ähnlich den Sehspindeln zwischen den Geisselzellen, sitzen der Umbrella aber gewöhnlich mit fadenartigem Fusse auf, nachdem sie sich häufig unterhalb der Spindel noch einmal blasenartig erweitert haben. Ausser diesen Spindeln liegen (und 24 186 dies ist bei allen von mir untersuchten Toponeuren der Fall) auf der aboralen Kör- peroberfläche Becherzellen, welche den Schleim erzeugen , den die Thiere in so reich- lichem Maasse z. B. beim Anfassen (Aurelia) absondern. Nach dem früher Mitgetheilten ist bei Aurelia aurita und ebenso bei den übrigen Cytophoren ein viel schärferer Gegensatz zwischen dem gewöhnlichen , die aborale Körperoberfläche deckenden Epithel und ausgesprochenem Nervenepithel ge- geben als bei Cyanea. Die Verhältnisse bei letzterem Thiere, welche annehmen lassen , dass die Bedeutung der Deckepithelien für das Nervensystem sich in der Richtung nach der Kuppe des Körpers zu alhnälig verliere , Hessen mich auch bei Aurelia darnach suchen , ob sich an den platten Deckepithelien derselben nicht. Einrichtungen finden würden, welche auf entsprechende Beziehungen hindeuteten. Ver- schiedene Untersuchungsmethoden führten zu negativem Ergebniss , und nur wenn ich auf Stückchen des frischen Thieres sehr schwache Goldlösungen einwirken liess, ein Verfahren, welches mir bei Beroe sehr gute Dienste geleistet hatte, sah ich zu- weilen variköse Fädcheu unter dem Epithel auftreten, welche mit demselben in Ver- bindung zu stehen schienen (Taf. III, Fig. 10), allein ich habe keinerlei Entschei- dung darüber erlangen können, ob es sich in diesen Dingen um normale Verhältnisse handle. Für die Wiederholung der Untersuchung werden die dem Nervenepithelium am nächsten gelegenen Bezirke des Schirmrandes auszuwählen sein, und ist anzunehmen, dass, wenn überhaupt irgendwo, hier positive Resultate erwartet werden dürften. Die Subumbrella. Die Epithelzellen der Subumbrella stehen bei allen von mir untersuchten Toponeuren in derselben Weise mit spindelförmigen Muskel- fäden in Verbindung, wie die von Kleinen berg für contractu erklärten Fortsätze der Ektodermzelleu von Hydra zu deren plasmaführendem Theile. Nur haben wir bei den Toponeuren morphologisch durchaus als solche ausgeprägte quergestreifte, nach beiden Enden spitz zulaufende Muskelfäden vor uns (Taf. III, Fig. 5 u. 12). Der Muskelfaden entspricht in seinem Verhalten zum plasmatischen, kernfüh- renden Abschnitte der Zellen dem „Fusse" der von Cyanea capillata beschriebenen Deckzellen der aboralen Oberfläche des Körpers und der oralen der Randlappen. Ihm, dem contractilen Organ der Neuromuskelzelle , sitzt der Plasmacylinder oralwärts auf. Der letztere spitzt sich nach ersterem hin entweder zu, um, in seiner Nähe angelangt, in ein Lager von Plasma sich fortzusetzen, welches seine orale Seite gewissermassen überfliesst (Taf. III, Fig. 12: das Plasma ist hier durch die Wir- kung des Chromkali vom Muskelfadeu theilweise abgehoben) oder es kann sich die Zelle gegen den Muskelfaden hin mehr und mehr verbreitern und auf diese Weise dasselbe Plasmalager an ihm bilden (Taf. III, Fig. 5). Bei der ersteren Art 187 des Verhaltens kann der sich verdünnende Theil des plasmatischen Abschnittes der Zelle zn einem gleichmässig dünnen Faden werden, welcher sich zuweilen so- gar gabelt und varikös erscheint, bevor er an den contractilen herantritt, wie icli öfters bei Cyanea beobachtet habe, und macht dann dieser Faden durchaus den Kin- druck eines Nervenfadens. Es rechtfertigen diese Thatsachen durchaus die Deutung, welche E. van Beneden der von ihm bei Hydractinia echinata beobachteten Form von Neuromuskelzellen gegeben hat, indem er einen dort Zelle und Muskelfaden ver- bindenden Plasmafaden als motorischen Nerven anspricht1). — Der plasmatische Theil der Neuromuskelzellen enthält vielfach, vorzüglich oberhalb des Kerns, Pigment (besonders schön bei Rhizostoma). Bei Aurelia traf ich, wie hier angefügt werden mag, in einem eine .Strecke weit oberhalb des Ran- des gelegenen Gebiete einen Theil der Zellen zu einer Substanz umgewandelt, welche äusserlich den Eindruck einer elastischen machte: ich isolirte dort Deckzellen, welche zu mehreren vereinigt und zu mehr niedrigen, nicht mehr cylindrischen Zellen gestaltet, eine stark lichtbrechende Platte aufsitzen hatten, die von «ruberen, auf Verdickung zurückzuführenden Balken und Fäden durchzogen war, ähnlich einer elastischen Membran, oder die durch solche, parallel gestellte, Verdickungen gestreift war (Taf. III, Fig. 14 bis 18). Es ist diese Platte augenscheinlich als (Juticularbildmig aufzufassen, welche als zusammenhängendes Lager Reihen von Deckzellen verbindet, Reihen, von welchen bei der Isolirung nur Bruchstücke zur Ansicht kommen. Es er- innern diese Verhältnisse sehr an die von mir näher beschriebene Auskleidung des unteren Theils des Magen- sackes von Beroe, wo die Cutieularbildurng in Reihen stehende, nach bestimmter Richtung gebotene, häk- chenartige Bildungen herstellt. Vom einen Muskelfaden war an den geschilderten Zellen nichts zu bemerken. Werfen wir einen Blick auf die Gesammtheit der Ektodermzellen , um die- selben zu vergleichen, so gehen wir billig von Dem aus, was uns Cyanea capillata bietet, denn es ist augenscheinlich, dass liier die primitivsten Verhältnisse vorliegen. Dabei ergibt sich die bemerkensvverthe Thatsache , dass zwar die am höchsten ent- wickelten Nervenepithelien auch dieser Meduse, gleich jenen der Cytophoren, nach dem einen Ende hin, sich zuspitzen, allmälig zu einem Faden verfeinern (einige Be- zirke der Randlappen) , dass aber sonst das aborale wie das orale Deckepithel in gleicher Weise ebendort in einen „Fuss" sich umbildet, und dass dieser Fuss auf der aboralen Fläche der Randlappen sich in ein Nervenfädchen fortsetzt, während er auf der oralen theils ebenso beschaffen, theils zum Muskelfäden geworden ist. Auf der aboraleu Körperoberfläche , von den Randlappen abgesehen , ist zwar die Zugehörigkeit des Fusses zum Nervensystem morphologisch nicht sicher nachgewiesen, indessen ist eine gemeinsame Anlage mit dem Nervenfuss unzweifelhaft uud die An- nahme einer und derselben , nur dem Grade nach verschiedenen physiologischen Be- deutung beider sicherlich nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. An der 1) E. van Beneden, De la distinetion originelle du testicule et de l'ovaire. Bulletins de l'Acade'uiie royale de Belgique 2me 3är. T. 37, 1874. 24* 188 Grenze zwischen dem Nerven epithel der oralen Fläche der Randlappen und deren muskelführendem Gebiete endlich verliert, wie ich schon früher gelegentlich erwähnt habe, der Nervenf uss die morphologischen Eigenschaften, welche er vorher hatte, erhält zunächst ein homogenes, stark lichtbre- chendes Aussehen und wandelt sich weiterhin in einen contra etilen Faden, den Muskeif uss um. Wenn lluxley den von Kl einen berg für contractu erklärten Fuss der Ektodermzellen von Hydra für einen Nervenfäden an- spricht1), so ist, diese entgegengesetzten Auffassungen verbindend, die Thatsache zu betonen , dass es nach dem Mitgetheilten bei unserem Thiere Bezirke gibt , in wel- chen der Fuss der Ektodermzellen ebensogut oder ebensowenig Muskel- wie Nerven- element ist , und gibt diese interessante Thatsache einen neuen und schlagenden Beweis für die Gemeinsamkeit der Anlage und der genetischen Continuität von Muskel- und Nervensubstanz bei den Quallen , ein Beweis , welchem ich bei Gele- genheit der Behandlung der Cycloneuren noch andere, nicht minder wichtige werde anzureihen haben. Nervenzellen und Nervenfasern. Der Erfolg der im ersten Theil geschil- derten Zerschneidungsversuche verlangt, wenn nicht morphologisch als solche erkennbare, so doch als solche funktionirende Nervenelemente nicht nur im Gebiete der contractilen Zonen, bezw. der Randlappen, sondern auch in jenem des übrigen Körpers und zwar vorzugsweise in der Nähe der oralen Schirmoberfläche. Ich habe die Aufgabe, dar- nach zu suchen, nicht mehr mit der Müsse und Sorgfalt ausführen können , welche die Schwierigkeit derselben erfordert. Es ist nicht unwahrscheinlich , dass sich bei den Cytophoren morphologisch als solche erkennbare Nervenzellen und Nervenfasern in den für das Nervenleben wichtigsten Theilen des Körpers auch ausserhalb der Subumbrella auffinden lassen , allein wegen der Unmasse von dort gelegenen amö- boiden Zellen lässt sich von vorn herein erwarten , dass bei ihnen die Untersuchung schwieriger sei als bei den Acytophoren. Andererseits ist es nach den über das Gal- lertgewebe der Sinuespolster mitgetheilten Thatsachen möglich, dass amöboide Zellen im übrigen Körper die Aufgabe von Nervenzellen übernehmen. Aus diesen Gründen habe ich mich an Cyanea capillata gewendet. Hier fand ich nun in der That unter den Epithelien der aboralen Körperoberfläche weitab vom Schirmrande noch Zellen: es ward mir schwer, zu entscheiden, ob ausschliesslich in der äussersten Schicht der Gallerte oder ob auch auf derselben gelegen, einmal wegen der Durchsich- tigkeit der letzteren und dann wegen der ausserordentlichen Kleinheit und Unschein- 1) Huxley, A Manual of the Anatomy of Invertebrated Animals, 1877. 189 barkeit jener. Dieselben haben das Aussehen amöboider Zellen, sind kaum so gross wie solche z. B. bei Aurelia aurita angetroffen werden, sind aber durch Ausläufer unterein- ander verbunden, welche wiederum mit einem die Gallerte durchziehenden Fadennetz in Zusammenhang stehen. Ihr Vorkommen ist ein äusserst spärliches, so dass man oft lange suchen muss , bis man ihrer eine oder einige habhaft wird. Nichts als ihre Lage und ihre Einschaltung in Pasern liesse die Annahme stützen, dass wir in ihnen die Anfänge einer Abtrennung von Zellen aus dem Epithel vor uns haben , ähnlich wie ich solche von den Randlappen beschrieben und dass sie demnach dem Nerven- system zugerechnet werden dürften. Der Nachweis einer Verbindung derselben mit den Epithelien würde weiter für diese Annahme sprechen , allein , diese Verbindung auch vorausgesetzt, würde doch nur das physiologische Experiment der Deutung Be- rechtigung geben können und dieses spricht nach den neuesten Beobachtungen von Romanes für Unempfindlichkeit der aboralen Körperoberfläche der Medusen. Ich bin nun allerdings der Ansicht, dass dieses auffallende Ergebniss erneuter Prüfung bedarf, schon desshalb, weil ich annehmen muss, dass jene unscheinbaren Zellen, auch wenn sie Nervenzellen sind, jedenfalls nur sehr geringe Funktionsäusserungen werden zeigen können, dass also das Experiment sehr sorgfältig wird ausgeführt werden müssen, falls dieselben erkannt werden sollen. Ferner sehe ich es als selbstverständ- lich au , dass die Annahme der Unempfindlichkeit für das Gebiet der Randlappen nicht zutrifft und endlich, dass sie von diesen weg central vvärts wenigstens bei Cyanea jedenfalls nur als eine ganz allmälig auftretende sich herausstellen werde. Indessen fehlen bis zur Erledigung dieser Fragen die positiven Beweise dafür , irgend Zellen der von den Randlappen entfernten Bezirke der aboralen Körperoberfläche für Ner- venzellen zu erklären oder eine Verbindung der Epithelien derselben mit tiefer ge- legenen Theileu durch Nervenfädeu vorauszusetzen. Schon bei Gelegenheit der Besprechung der Randlappen wurde erwähnt, dass dort der Subumbrella bei den Cytophoren zahlreiche Nervenzellen anliegen. Ich meinte damit Zellen, welche unter der Muskulatur gelegen sind, Zellen wie sie überall im Gebiete der contractilen Zonen das Gallertgewebe durchsetzen und so auch bis an die Muskelschichte heranreichen. Bei Cyanea capillata fand ich eine Anhäufung solcher Zellen auch in jenem Gebiete nicht. Dagegen traf ich da und dort, wenngleich selten , an der unteren Schirmfläche in der Flächenansicht vereinzelt theils stern- förmige, theils spindelförmige, unscheinbare Zellen, welche mir zwischen Umbrella und Muskulatur oder im äussersten Theile jeuer zu liegen schienen , durch Fäden verbunden oder Fäden absendend. Morphologisch unzweifelhaft "als solche erkenn- bare Nervenelemente traf ich aber bei allen von mir untersuchten Toponeuren beim 190 Versuch, die Neuromuskelzellen der Subumbrella zu isolireu. Dabei erschienen isolirt oft ziemlich lange zuweilen sich verzweigende Nervenfäden ähnlich jenen, welche ich auch unter dem Nervenepithel angetroffen habe (Taf. IV. Fig. 22). Theils waren dieselben sehr fein, mit punktförmigen Varikositäten versehen, theils waren sie gröber und die Varikositäten erschienen als Auftreibung einer Scheide, welche das centrale in ihr gelegene Nervenfädchen umgab. Oft ging die zweite Form von Fasern in die erste allmälig über. In diese Fasern fand sich nun häufig eine spindelförmige N e r- venzelle eingeschaltet (Taf. IV, Fig. 10). Es sei hier erwähnt, dass ich ganz die- selben Verhältnisse bei Oycloneuren , z. B. bei Lizzia Köllikeri, bei Gelegenheit des Isolirens der Subumbrellaelemente angetroffen habe: der Nervenfaden mit der Ner- venzelle wurde dann wiederholt auch unmittelbar einem Muskelfadeu anliegend ge- funden und zwar so, dass sie zwischen letzterem und der Deckzelle lagen, also „unter dem Epithel", wie man sich, wenn auch in Anbetracht der Einheit von Deck- zellen und contractilen Fäden nicht ganz richtig, ausdrücken kann1). Die bei Car- mariua zu schildernden Verhältnisse werden auch dort eine solche Lage von Nerven- zellen erkennen lassen. Leider ist es mir aber weder hier noch dort bis jetzt gelungen, die Verbindung der Nervenfäden mit der Muskulatur und eventuell mit den Deck- zellen nachzuweisen. Bei Gelegenheit der Besprechung der Randlappen wurden auch zahlreiche Fasern erwähnt, welche in der äussersten Gallertschichte nahe der Muskulatur liegen. Es ziehen diese Fasern in auffallender Menge der Unterfiäche des Schirmes parallel und finden sich auch ausserhalb des Gebietes der Randlappen. Ihre Aehnlichkelt mit den aus der Gallerte des Sinnespolsters und speciell mit den aus dem Randkörper- stiel beschriebenen, liess mich vermuthen, dass sie gleichfalls dem Nervensystem zu- zurechnen seien. Der Forderung meiner physiologischen Versuche aber , auch sonst im Innern der Umbrella Nervenfäden nachzuweisen, habe ich nicht mehr nachkommen können. Diese Forderung ist eine so bestimmte, dass man, falls morphologisch sicher auf Nervenfäden hinweisende Eigenschaften sich nicht sollten erkennen lassen, den- noch wird aunehmeu müssen, dass ein Theil der das Umbrellagewebe durchziehen- den Fasern den Nervenstrom leite. Bindegewebsfasern. — Verbindungsblatt. Wie schon früher be- merkt wurde , bieten Durchschnitte durch das Gallertgewebe des übrigen .Schirmes ganz andere Bilder dar, als solche durch die Gegend der Randlappen. Wie weit nach Zugrichtung und sonstigen Eigenschaften etwa für Nervenfäden zu erklärende 1) »Unter der Muskelschichte« kann man sagen, wenn man die Ansicht des Schirmes des ganzen Thieres in natürlicher Stellung von der oralen Fläche her voraussetzt. m Fasern hier vorkommen, bleibt, wie gesagt, noch zu untersuchen. Abgesehen davon trifft man ausserhalb der Randl^ppen ein Gewirre [von meist maschenartig unter- einander verbundenen, vielfach durch die erwähnten zipfelartigen Verbreiterungen vereinigten Fasern. Es bildet dieses Maschennetz, in dessen Fäden ich niemals Zellen eingeschlossen sah, in geringer Entfernimg von der aboralen Oberfläche im grössten Theil des Thieres einen ganz besonders dichten Filz (Taf. II, Fig. 5), welchem ich es zuschreibe, dass die Aussenfiäche mancher Medusen dem Messer einen auffallenden Widerstand entgegensetzen kann , wie dies z. B. am Kuppentheile von Cyanea zu beobachten ist. Man möchte diese Zähigkeit hierselbst mit derjenigen von Leder vergleichen. Ausserhalb dieses dichteren Filzes von Fasern, zwischen ihm und dem Epithel, findet sich vielfach eine, mit schwachen Vergrösserungen betrachtet, homogen aussehende Gallertlage, welche von dem Faserfilz mit scharfer Grenze sich sondert. Auch nicht maschenartig untereinander verbundene, sondern in bestimmten Richtungen die Gallerte durchziehende Fasern erweisen sich als dem Bindegewebe zugehörig, zu- weilen schon durch eine eigene Art der Gabelung, wie sie sonst nur bei elastischen Fasern beobachtet wird (Cassiopea), sowie auch durch andere Eigenschaften , durch ihre Dicke, ihren geschlängelten Verlauf, ihr Lichtbrechungsvermögen. Eine ganz eigenthümliche Einrichtung im Körper der Toponeuren muss hier noch .Behandlung finden : auf Querdurchschnitten der Umbrella trifft man eigenthüm- liche Blätter, welche theils die Gefässe untereinander, theils diese und das Ektoderm (z. B. in der Randkörpertasche) verbinden. Auf den Durchschnitten der Tafel V und VI sind diese Blätter, Verbindungsblätter, wie sie in der Erklärung der Abbil- dungen genannt sind, zu sehen. Es ziehen die Blätter dort theils oralwärts , von der Randkörpertasche nach den Gelassen, theils von diesen aus horizontal, parallel der unteren Fläche des Schirmes. Die letzteren sind Stücke eines Blattes , welches im ganzen Schirm die Gefässe zu verbinden scheint und also eine etwas oberhalb der Subumbrella gelegene und durch eine Schicht von Gallertgewebe von dieser ge- trennte Scheidewand in der Umbrella bildet. Durch die in den Sinnespolstern oral- wärts ziehenden Blätterabschnitte steht die Wand mit dem Ektoderm in Verbin- dung. Sie besteht offenbar ursprünglich aus zwei aus Zelleu gebildeten Lamellen, welche, wie in mehreren der Abbildungen, insbesondere aber in Fig. 9, Taf. II zu sehen ist, dadurch die Entodermauskleidnng der Gefässe bilden, dass sie auseinander weichen und sich wieder vereinigen. Man sieht nun aber die Blätter ebenso durch Auseinanderweichen in das Ektoderm übergehen, eine Thatsache, welche nur die ent- ' wicklungsgeschichtliche Untersuchung wird lösen können. Zuweilen aber bemerkt man, dass-" die Wand vor dem Ektoderm (Riechgrube) angelangt, wenigstens theil- 192 "weise frei in der Gallerte endigt, indem ihre Zellen in zapfenartige Auswüchse auf- gelöst, gegen dasselbe hinstreben (vergl. Taf. II, Fig. 8, und die Erklärung der Ab- bildungen). — Senkrecht auf die Wand streben, wie noch bemerkt werden mag, und wie in Fig. 9, Taf. II) zu sehen ist, von beiden Seiten feine Fasern herzu. Schon Köl- liker hat die Verbindungsblätter beachtet, denn er meint offenbar sie, wenn er sagt1): „Es zeigen übrigens auch nach meinen Erfahrungen die höheren Medusen an einem bestimmten Orte netzförmig vereinte sternförmige Zellen. ... Es sind dies meines Wissens noch nirgends erwähnte Bildungen, die bei Aurelia aurita , Rhizostoma Cu- vieri, Cassiopea borbonica und auch bei Cyanea capillata, deren Scheibe keine Zellen enthält , an der unteren Seite der Scheibe in einer Ebene mit den Ernährungsge- fässen sich finden. An der concaven Seite des Schirmes findet sich von aussen nach innen 1) ein zartes Pflasterepithel, 2) eine Muskellage, 3) eine dünne Lage der Gal- lertsubstanz der Scheibe u. 4) die Radiärgefässe und in den Maschen derselben das fragliche Zellennetz. Dieses Netz füllt , soweit ich diese Angelegenheit habe ver- folgen können , alle Zwischenräume zwischen den Gefässen aus und erscheint bald wie ein dichtes Netz sternförmiger Zellen (Aurelia, Rhizostoma), bald wie ein System von Kanälchen mit Kernen an den Verbindungsstellen, das an Capillarnetze erinnert (Cyanea). Ueberall liegen die Elemente dieses Netzes in einfacher Schicht und stossen somit nur an einen beschränkten Theil der Gefässe an , was den Gedanken in mir rege machte, ob dieselben nicht vielleicht wirklich eine Art capillärer Gefässe für den Nahrungssaft seien. Allein es ist mir in keiner Weise gelungen, eine offene Verbindung der beiderlei Theile nachzuweisen , vielmehr fand ich das Zellennetz immer nur den Ernährungsgefässen einfach von aussen anliegend , und ich bin so schliesslich bei der Vermuthung stehen geblieben, dass dasselbe in der That nur aus einer besonderen Form von Bindesubstanzzellen besteht. Uebrigens müssen die Ele- mente dieses Netzes, auch wenn sie mit den Radiärgefässen in keiner offenen Ver- bindung stehen , doch mit Leichtigkeit die Säfte derselben aufnehmen und weiter leiten, und wird man vielleicht nicht irren, wenn man diese besondere Einrichtung mit der Ernährung der wichtigen Muskel- und Nervenelemente an der unteren Seite der Scheibe in Verbindung bringt." Nach meinen Beobachtungen sind also die Zellen des Verbindungsblattes in zwei Lagen angeordnet, welche allerdings meist nur in der Nähe ihres Ueberganges in die Gefässauskleidung deutlich sind , während sie weiterhin zu einer einfachen Haut verschmolzen zu sein scheinen. Wären die Zellen des Blattes contractu, so 1) Kölliker, Iconps histiologicae S. 109 und Tafel X, Fig. 14, a und Fig. 15. 193 würden sie eine einfache Erklärung für eine dem Einflüsse der Subumbrella ent- rückte Verengerung, bezw. Erweiterung der Gefässe wenigstens in einem bestimmten Bezirke abzugeben vermögen; allein von Muskelelementen ist nichts zu bemerken. Möglich, dass sie, wie Kölliker meint, der Ernährung dienen, indem ihre Zellen Ernährungsmaterial aus den Gefässen aufnehmen: die von mir geschilderte Art der Verbindung mit den letzteren und ihre demnach wahrscheinliche Entodermnatur spricht für diese Auffassung, aber die Kenntniss der Entwicklungsgeschichte der eigenartigen Bildung muss zur Entscheidung abgewartet werden. 25 Cycloneure Medusen. Literatur. Zuerst hat L. Agassiz mit Bestimmtheit das Vorhandensein eines körperlich umschriebenen Nervensystems bei den Medusen behauptet '). Es exi- stirt, sagt er , indem er von Sarsia handelt 2), unzweifelhaft ein Nervensystem bei den Medusen, allein es bildet dasselbe nicht grosse Centralmassen, von welchen alle Lebenserscheinungen des Körpers ausgehen , sondern es besteht aus einem einfachen Strang eirunder Zellen, welche einen um den unteren Rand des Thieres herumlau- fenden Ring zusammensetzen, einen Ring, der sich von einem Augenfleck zum an- dern erstreckt, dem Ringkanale folgend. Ebenso ziehen mit den senkrechten Zweigen des Gefässsystems (mit den Radiärkanälen) Nerven und sind um den oberen Theil (um die Kuppe) des Thieres durch einen zweiten Ringnerven verbunden. Dieses Nervensystem besteht also durchaus nur aus Zellen; Fasern sind nirgends zu finden. Weiterhin3) wird das Nervensystem von Lizzia (Hippocrene) näher beschrieben. Ausser dem au der Einmüudungsstelle der vier Radiärkanäle in den Ringkaual zu je einem Ganglion angeschwollenen Ringnerven, der an der inneren Seite des Ring- gefässes verläuft , findet man unschwer an der inneren Oberfläche jedes Radiärge- fässes einen oder zwei Fäden, welche der ganzen Länge desselben nach zu verfolgen 1) Von einer Besprechung der unsicher ausgesprochenen und nicht genau auf bestimmtes Objekt bezieh- baren Angaben, welche schon vorher Kölliker: Ueber die Randkörper der Quallen, Polypen und Strahlthiere, Froriep's Notizen 1843 und Will: Horae tergestinae 1844, p. 72, jener über radiale Nerven, dieser über Gang- lien bei Geryoniden gemacht haben , glaube ich absehen zu dürfen ; ebenso von den nach der Veröffentlichung von Agassiz bekannt gegebenen Beobachtungen von Wright: Proceed. Roy. phys. Soc. Edinburg I. 1858. 2) Contrib. etc. a. a. 0. (1849) S. 232 u. 233. 3) S. 266 ff. 195 sind. Unterhalb der Stelle, wo die Radiärgefässe nach abwärts umbiegen, um zum Magen zusammenzutreten, bildet jeder Nervenladen einen Plexus. Von jedem dieser Plexus geht ein Faden ab, der horizontal zum nächsten verläuft, und wird auf diese Weise ein Ring solcher Fäden „a circle of such threads" rings um den oberen Theil des Verdauungsapparates gebildet, unterhalb des Centrums der Schwimmglocke. - In der Mitte zwischen je zwei Plexus geht von dem horizontalen, sie verbindenden Faden ein nach abwärts verlaufender Faden ab, der dem Hauptzug der breiten senk- recht ' ziehenden Muskelbündel folgt. Bei Sarsia soll dasselbe Nervensystem vorhanden sein, nur fehlen die Plexus. In Beziehung auf die Zugehörigkeit dieser letzteren zum Nervensystem spricht sich Agassiz indessen selbst zögernd aus, und in der That sind oberer „Ringnerv", davon abgehende „Nervenfäden" und „Nervenplexus" augen- scheinlich nichts anderes als Falten der inneren Schirmglockenwand, wie für Sarsia tubulosa u. A. die Ansicht einer Meduse vom dorsalen Pole aus , welche F. E. Schulze in Fig. 22, Taf. III seiner Abhandlung über diese Meduse1) gegeben hat, zeigen kann : die Ränder der dort mit den Buchstaben mp als Muskelplatte bezeich- neten Haut sind der obere Ringnerv von Agassiz; die nach abwärts ziehenden Anheftungsstellen dieser Haut an den Radiärkanälen mögen Agassiz die an der inneren Wand dieser von ihm beschriebenen Nerven vorgetäuscht haben. Auch die Fig. 23 , Taf. III von F. E. Schulze ist in dieser Beziehung lehrreich. Schon Keferstein und Ehlers2) haben eine ähnliche Erklärung für das Agas- si z'sche Nervensystem abgegeben. Diese Erklärung macht es leicht verständlich, dass dieser Forscher von seinen Nervenfäden sagt, sie hätten in jeder Beziehung etwas Besonderes in ihrem Aussehen. Für die Berechtigung der Agassi z'schen Annahme des Nervenringes erklärt sich dagegen Mc Crady3) und auch Hensen bemerkt ge- legentlich seiner Beschreibung des Hörorgans einer Eucope in der Abhandlung über das Hörorgan der Decapoden 4), dass er. für die Nerven nach Agassiz eintrete. Fritz Müller beschrieb im Jahre 1859 einen Nervenring bei Liriope catharinensis 5). Um das Ringgefäss ziehe sich ein ziemlich undurchsichtiger gelblicher Saum, der namentlich nach aussen conturirte rundliche Zellen von 0,005 bis 0,008 mm Dureh- 1) F. E. Schulze, lieber den Bau von Syneoryne Sarsii , Loveu und der zugehörigen Meduse Sarsia tu- bulosa, Lesson, Leipzig 1877. 2) Keferstein u. Ehlers, Zoolog. Beiträge, Leipzig 1861. 3) Mc Crady, Proceed. of the Elliot Soc. of Charleston, 1859. 4) Hensen, Studien über das Gehörorgan der Decapoden. Ztschr. f. wissensch. Zool. Bd. XIII. 1863. S. 355 Anmkg. 5) Fritz Müller, Polypen u. Quallen von Santa Catharina. Die Formwandlungen von Liriope catha- rinensis n. sp. Archiv für Naturgeschichte 1859. S. 314. 25* 196 messer zeige und auf dein mehr oder weniger reichliche Nesselzellen liegen. An der Basis der Tentakel und dazwischen habe er längliche Anschwellungen, denen die so- genannten Randbläschen aufsitzen. Mit aller Wahrscheinlichkeit sei er als Nerven- ring zu deuten. Es spreche dafür ausser den die Randbläschen tragenden Anschwel- lungen die Tbatsache, dass von jeder dieser Anschwellungen ein zarter aber scharf begrenzter Strang nach oben verfolgt werden könne. Von den acht Strängen gehen vier zur Basis der Tentakel, vier zu Punkten, an denen das jüngere Thier ebenfalls Tentakel getragen hatte. Fritz Müller beschreibt die Randbläschen der Ltriope als Bläschen mit doppelter Begrenzung: am oberen Rande entferne sich die innere Contur von der äusseren und bilde eine Art breiten kurzen Stiel, auf dem eine gelb- liche Kugel aufsitze und diese, dem Stiele gegenüber leicht ausgehöhlt, umfasse hier eine kleinere, stark lichtbrecheude Kugel ') : diese letztere wird als Linse, der erstere als Sehnerv gedeutet. Es ist aber jene offenbar nichts anderes als die von mir bei Carmarina alsbald zu beschreibende Kapsel von Hörzellen , welche den Hörstein (die untere, glänzende Kugel) umschliesst. Dagegen handelt es sich in den beiden Grenzlinien des Randbläschens, welche sich „oben von einander entfernen und eine Art breiten Stiel bilden" augenscheinlich um die wirklichen Sinnesnerven , d. i. um die Hörnerven. Die zarten aber scharf begrenzten Stränge , welche von den Anschwellungen des Ringnerven nach oben gehen , sind offenbar die später von Häckel als Mantelspangen beschriebenen Einrichtungen. — Ferner glaubt Fritz Müller auch bei Cunina Köllikeri bestimmte Theile dem Nervensystem zurechnen zu dürfen: einen matten, bei dem Randbläschen anschwellenden, aus Zellen beste- henden Streifen am Saume der Randlappen und ebenfalls aus Zellen bestehende Wülste an der Basis jedes Tentakels2). — Endlich beschrieb er bei den Charybdeiden an zwei neuen Arten, Tamoya haplonema und quadrumana, ein Nervensystem, wel- ches im Wesentlichen mit dem bei den genannten Craspedoten geschilderten über- einstimmen würde. Der Ringnerv schwelle zu vier Ganglien an, von welchen bei quadrumana gegen zwanzig Nerven theils zum Verum, theils zum handförmigen An- hang abgehen; bei haplonema seien die Nerven weniger zahlreich. Wenn auch der Ringnerv F. Müll er 's3) nicht überall dem wirklichen aus Fasern zusammengesetzten Ringnerven entsprechen kann, sondern vielmehr der Beschreibung nach theilweise zurückzuführen ist auf zellige Elemente des Schirmrandringes, so zeigt doch schon 1) Man vergl. Müller 's Fig. 9. 2) Fritz Müller, Cunina Köllikeri n. sp. Beitrag zur Naturgesch. d. Aeginiden, Archiv f. Naturgesch. Bd. I. 1861. 3) Fritz Müller, Zwei neue Quallen von Santa Catharina, Abhdl. d. naturf. Ges. zu Halle, V. Bd. 1860. 197 die Uebereinstimmung dieser uud anderer Verhältnisse zwischen den Charybdeiden und den Craspedoten, dass F. Müller im Rechte ist, wenn er jene von den A cra- spedoten weg und zu diesen stellt und ist anzunehmen, dass bei ihnen in derselben Weise auch ein faseriger Ringnerv im Schirmrande wie bei den Craspedoten vor- handen sei, so dass sie also wie diese Cycloneuren sein werden. Ausser Fritz Müller erwähnt auch Semper einen Nervenring bei zwei von ihm beobachteten Charybdeiden *) ; ob er eine histologische Untersuchung desselben vorgenommen hat, geht aus seinen Angaben nicht hervor. Leuckart äussert sich, die oben berührten Ansichten von Kefer stein und Ehlers besprechend, dass er sich im Gegensatze dazu bei einer in der Nord- see weitverbreiteten Eucope auf das Bestimmteste von der Existenz eines beson- deren , neben dem Ringgefässe hinlaufenden Randfadens überzeugt habe 2). Ob derselbe freilich ein Nervensystem darstelle, sei mit Sicherheit nur schwer zu ent- scheiden. Als der Erste thut er übrigens einer Längsstreifung Erwähnung, welche die zwischen den Anschwellungen des Schirmrandes gelegenen Commissuren zeigen. Claus sah den von F. Müller bei Liriope catharinensis beschriebenen Ner- venriug an Eucopiden, Oceaniden und Geryoniden 3). Er findet zwei Zellenlagen am Rmggefäss ; von welchen die untere als eine Verdickung des Zellbelags der Ge- fässwand anzusehen sei und gleich der oberen , an den Tentakelursprüugen Wülste bilde (also wohl die auf Seite 71 von mir beschriebenen Anschwellungen). Die von der oberen Zellenlage gebildeten Wülste seien nicht etwa Ganglien, sondern das Epithel der Tentakelanlage, welches Nesselzellen einschliesse. Die Deutung des Rand- saumes als specifisches Nervensystem sei wegen des Fehlens von Fasern zurückzu- weisen. Dagegen weist F. Müller wiederum darauf hin, dass er auch von zarten radial verlaufenden Strängen gesprochen habe , welche möglicherweise Sinnesnerven sein könnten4). Es würde ungerecht sein, nicht hervorzuheben, dass der Haupttheil des Ner- vensystems der Cycloneuren in der That in den Gebieten liegt , welche von den meisten der genannten Autoren dafür in Anspruch genommen sind, nämlich in Form eines Nervenringes am Schirmrande; und dass auch die Zellen, welche dort schon 1) Sein per, Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XIII. S. 562. 2) Leuckart, Bericht über die Leistungen in der Naturgeschichte der niederen Thiere während der Jahre 1861—1862. Archiv f. Naturgesch. 1863. II. Th. S. 232. 3) Claus, Bemerkungen über Ctenophoren u. Medusen, Ztschr. f. wissensch. Zool. Bd. XIV. 1864. Die Beobachtungen sind theilweise schon 1860 gemacht. 4) F. M ü 1 1 e r , Ueber die Raudbläschen der Bydroidquallen. Archiv f. inikr. Anat. Bd. I. 1865. 198 von Agassiz dem Nervensystem zugetheilt worden sind, demselben zugehören, wenn auch nicht in dem von ihm vorausgesetzten Sinne, sondern nur als Nervenepithelien möchte man annehmen, wenn er nicht ausdrücklich seinen Eingnerven an die innere Seite des Ringgefässes verlegte. Auch Diejenigen, welche einen der Mantelspange Häckels entsprechenden Radialstrang dein Nervensystem zurechneten (F. Müller), hatten nicht ganz Unrecht, und dasselbe scheint für einige der den Ringnerven betreffenden An- gaben der Fall zu sein (F. Müller, Leuckart): aber freilich ist die Ueberein- stimmung dieser Angaben mit dem Thatsächlichen eine mehr oder weniger zufällige, weil sie nicht auf Grund genauer, feinerer Untersuchung gemacht worden sind. Erst Häckel hat den wirklichen, aus Fasern zusammengesetzten Ringnerven unzweifelhaft vor sich gehabt und zwar speciell bei den Rüsselquallen '). Er beschreibt ein Nerven- system bei Glossocodon eurybia und bei Carmarina hastata, indem er bemerkt, dass die Bildungen, welche er als solches „mit Sicherheit deuten zu dürfen glaube'- nur mit den von Fritz Müller bei Tamoya gesehenen, und namentlich mit den von Leuckart als Nerven beschriebenen Theilen unter den früheren Angaben zusammenfallen. Es ist Häckel der erste und einzige Forscher, welcher Elemente beschreibt, die Aehn- lichkeit mit Nervenzellen und Nervenfasern haben und der erste , welcher dieselben isolirt zu haben scheint und isolirt abbildet. Der Ringnerv liegt zwischen Ringcanal und dem sogenannten Knorpelring und schwillt bei Carmarina an der Basis der zwölf Sinnesbläsohen zu ebensovielen Ganglien (Ganglien des Ringnerven) an (bei Glossocodon zu deren acht). An der Basis jedes Randbläschens befinde sich ein Ha- ches, wahrscheinlich mit dem Ringnervenganglion in Zusammenhang stehendes Zellen- jjolster, welches für einen Nervenknoten erklärt und als Basalgan gli on bezeichnet wird. Rechts und links verlängert sich dasselbe in die Sinnesnerven, vielmehr entspringen diese je zu zweien aus einem Ganglion des Ringnerven und treten durch das Basalgangliou durch. Beide bandförmigen Sinnesnerven laufen an der Wand des Sinnesbläscheus nach oben, wo sieh ihre Fasern zu durchkreuzen scheinen und in ein kugeliges, die darin gelegene, coucentrisch gestreifte Coucretion (Otolith oder Linse) umgebendes Körperchen eintreten, welches für einen dritten Nervenknoten erklärt und als Sinnesganglion bezeichnet wird. Es soll dasselbe bei starker Vergrös- serung als eine Kapsel erscheinen, welche in doppelt begrenzter Membran eine aus dichtgedrängten kleinen Zellen zusammengesetzte Masse umschliesst. Ausser den Sinnesnerven schickt jedes Ganglion des Ringnerven noch einen Span gen nerven 1) E. Häckel, Die Familie der Rüsselqualleu, eine Monographie, Leipzig, Eugeluiaan 1865 u. Jenaisehe Ztschr. f. Mediän u. Naturw. Bd. I u. II. 199 ab, welcher über das Sinnesbläschen weg nach aufwärts verläuft, ferner jedes der sechs radialen einen anderen, welcher das entsprechende Radialgefäss begleite, den Radialnerven und endlich noch einen Tentakelnerven, zu jedem der 6 Haupt- tentakel. Die sechs stärksten Nervenstränge des Schirmes seien die Radialnerven, welche als platte, breit lineare Bänder, begleitet von den 6 unpaaren radialen Mus- kelbändern der Subumbrella, in der Mittellinie der unteren Wand der Radialkanäle verlaufen, so dass sie hier nur von dem dünnen Ringmuskelbelege und dem zarten Epithel der Subumbrella bedeckt sind. Sie lassen sich bis zum Magen herab ver- folgen, wo ihr weiteres Verhalten undeutlich wird. — Die Sinnesbläschen liegen ein- gebettet in die Wand der Mantelgallerte, wie auch bei anderen Geryoniden. Die sehr dünne, doch bei starker Vergrösserung doppelt conturirte Wand des Randbläs- chens wird von einer homogenen Membran gebildet und ist innen von einem ein- fachen platten Pflasterepithel ausgekleidet. — Der Knorpelring bildet einen den Schirmrand rings umgebenden Strang von Knorpelzellen, und schickt über jedes Sinnesbläschen ein nach oben sich verschmälerndes und zuspitzendes, aus ebensolchen Zellen bestehendes Band, die Mantelspangen. Knorpelring und Mantelspangen stützen den Schirmrand. Was F. Müller bei Liriope als Ringnerv beschreibt, sei ohne Zweifel der Knorpelring : der Ringnerv enthalte nicht überall, sondern nur unter den Sinnesbläschen Zellen. Die Mantelspangen seien von F. Müller bei Liriope gesehen und als Tentakelnerven gedeutet worden. Es entspreche jedoch nicht die ganze Spange dem Nerven, der letztere verlaufe vielmehr in der Mitte über dem breiteren darunter liegenden Muskelstrange, der sich durch die Querstreifung seiner dunkleren Fasern deutlich von den helleren und blasseren Nervenfasern unterscheide. Beide seien ausserdem nach aussen von dem Spangenepithel überdeckt, welches zerstreute Nesselzellen enthalte. Bei Glossocodon sind die Verhältnisse im Wesentlichen die- selben wie bei Carmarina , nur in manchen Punkten nicht so deutlich. — Noch schwieriger als bei den Geryoniden sei es bei Cunina rhododactyla sich auch nur von der Existenz des Ringnerven zu überzeugen. Was F. Müller bei Cunina Köl- likeri als Riugnerv beschreibt, hält H ä c k e 1 für den Knorpelring. — Die Elementar - theile des Nervensystems der Geryoniden seien Fasern und Zellen, beide sowohl bei Glossocodon wie bei Carmarina, schwer nachzuweisen. „Viele Zeit und Mühe", sagt der Autor, „habe ich vergeblich aufgewendet, ehe es mir gelungen ist, die nervösen Elementartheile völlig zu isolireu und als solche zu bestimmen. Soweit ich diese sehr schwierigen Verhältnisse mit einiger Sicherheit erforschen konnte, habe ich die Nervenzellen nicht allein auf die unter der Basis der Sinnesbläschen gelegenen Gang- lienknoten beschränkt gefunden, sondern auch im Verlaufe der Fasern mehrfach zu 200 erkennen geglaubt" (vergl. dagegen vorhin). Als zum Studium der Nervenfasern besonders günstig werden die Radialnerven hervorgehoben, welche indessen, wie wir sehen werden, Muskelbänder sind. Ueberhaupt wird sich ergeben, dass ich in vielen wichtigen Punkten mit der Darstellung Hacke ls nicht übereinstimmen kann: je- denfalls aber hat dieser Forscher das grosse Verdienst, den wesentlichsten Theil des Nervensystems der Cycloneuren , den Ringnerven , zuerst auf Grund histologischer Untersuchung als solchen dargestellt und damit für weitere Untersuchung Bahn gebrochen zu haben. Wenn die Angaben HäckeTs vielfach nicht als entscheidend hingenommen worden sind, so erklärt sich dies, wie schon in der Einleitung bemerkt worden ist daraus, dass er selbst sich vielfach zweifelnd und unbestimmt ausspricht, und dass auch seine Abbildungen nicht gerade beweisend sind. Um so mehr bleibt es zu verwundern, dass eine eingehende Untersuchung des Gegenstandes so lange Zeit nachher nicht vorgenommen worden ist, denn vor mir sind von Anderen nur einzelne gelegentliche Beobachtungen in Betreff desselben gemacht worden. Nach F. E. Schulze soll bei Sarsia tubulosa ') ein Ringnerv vorhanden sein, vielleicht auch Radiärnerven. In Beziehung auf die letzteren enthält er sich eines bestimmten Ur- theils und erklärt, dass sie auch Muskelfasern sein könnten. Sie sind dies, wie mir eigene Untersuchungen zeigen, in der That. „Mit grösserer Sicherheit" sagt Schulze, „kann ich mich für das Vorhandensein eines Nervenstranges in dem unteren Rand- theile der Glocke aussprechen Nach unten und etwas nach aussen vom Ringkanal liegt nun jener aus etwa 6 bis 8 gleichmässig dicken, massig stark licht- brechenden Fasern bestehende bandförmige Strang, welchen ich nur für einen Ner- venring halten kann. Mit den oben beschriebenen Muskelfasern haben diese völlig parallelrandigen Fasern , an welchen ich niemals freie Enden wahrnehmen konute, durchaus keine Aehulichkeit. Sie sind gleichmässig hell, schwächer lichtbrechend, ohne Spur von Querstreifung. Während alle Muskelfasern ganz gerade gestreckt ver- laufen, zeigen sie an den erhärteten Objekten wellige Biegungen. Auffällig erscheint ferner eine grosse Menge ovaler Kerne, welche, von wenig körniger Masse umgeben, zwischen oder an diesen Fasern bemerkt werden." — Ich bedaure, mit der Deutung, welche Schulze den von ihm beschriebenen Fäden gibt, nicht übereinstimmen zu können: dieselben, wie sie in Figur 16 und 17 von ihm abgebildet sind, können ihrem ganzen Habitus und ihrer geringen Zahl nach und . besonders ihres grossen Dickendurchmessers wegen , unmöglich Nervenfäden sein ; es kann sich in denselben 1) a. a. 0. S. 21 u. 22. 201 nur um Muskelelemente handeln und in der That finde ich bei Sarsia am Schirm- rande ausser einem aus feinsten Fäden zusammengesetzten Ringnerven einen Ring- muskelbelag. Allmann1) stimmt der Darstellung Häckel's bezüglich des Ringnerven bei den Geryoniden bei, vertritt aber die Ansicht , dass dieselbe auf andere Medusen, speciell auf die Eucopiden , nicht anwendbar sei, wogegen Harting2) den Nerven bei einer Eucope (?) beschreibt. Den im Uebrigen von mir selbst über das Nervensystem der Cycloneuren ge- wonnenen Ergebnissen, wie ich sie vorzüglich für Carmarina hastata im September vorigen Jahi-es auf der Naturforscherversammlung zu München im Auszug mitgetheilt habe, folgten bald die Veröffentlichungen von Ü. und R. Hertwig3) und auch R. Böhm 4) hat seitdem einige bezügliche Beobachtungen bekannt gegeben. Unter allen von mir untersuchten cycloneuren Medusen bieten die Geryo- niden das günstigste Objekt zum ersten Erkennen des Nervensystems dar: an ihnen gelang es mir alsbald , unzweifelhafte Nervenelemente nachzuweisen , nachdem ich vorher bei anderen Formen mit wenig Erfolg darnach gesucht hatte und erst jetzt fiel es mir leichter , auch an diesen positive Ergebnisse zu erlangen. Da vollends das Nervensystem der Toponeuren in seiner Ausbildung weit hinter dem der Geryo- niden zurücksteht, so hat H ä c k e 1 mit der Untersuchung gerade der letzteren den denkbar glücklichsten Griff gethan. Wie früher bemerkt , sind meine bezüglichen Untersuchungen während der Monate März und April 1S76 in der zoologischen Sta- tion zu Neapel angestellt, in welcher Zeit mir dort Carmarina hastata und Geryonia exigua in Fülle zur Verfügung standen. Die folgenden Angaben be- ziehen sich auf Carmarina hastata ; auf Geryonia exigua habe ich nur gelegentlich Rücksicht genommen, fand indessen , soweit dies geschehen ist , nur Verhältnisse, welche mit den bei Carmarina von mir beobachteten übereinstimmen. Bevor ich an die Schilderung des Nervensystems von Carmarina hastata gehe, ist es nöthig, die allgemeinen Bauverhältnisse des Schirmrandes dieses Thieres zu behandeln, deren Kenntniss zu jener Schilderung vorausgesetzt werden muss. 1) All man, A Monograph of the gyinnoblastic or tubularian Hydroids, London 1871. 2) Harting, P., Notices zoologiques. Niederländisches Archiv für Zoologie. Bd. II. 1873. 3) a. a. 0. 4) a. a. 0. 26 •202 I. Allgemeine Bau Verhältnisse von Schirmrand und Segel. Betrachtet man den Schirmrand einer lebenden Carmariua genau mit blossem Auge von aussen, so sieht man ihn begrenzt von einem wulstartigen Saume , wel- cher mehr trübe aussieht als die klare, durchsichtige Masse des übrigen Theils des Schirmes. An dem conservirten , mit Garmin gefärbten Thiere wird dieser Wulst dunkler roth als die Umbrella. An einem Exemplare, dessen Schirm in nach aus- gebreitetem Zustande ohne Einrechnung des Segels 6 cm im Durchmesser hielt, war er etwa 3,5 mm breit. Schneidet man ein Stückchen des Schirmrandes aus und bringt dasselbe in der Lage unter das Mikroskop, dass die aborale Fläche nach oben schaut, so bietet sich der Randwulst als ein zuweilen leicht rosa gefärbter, im un- teren, dem Velum anstossenden Bezirke lebhaft flimmernder Streifen dar, dessen Ober- fläche aus Geisselzellen zusammengesetzt ist, während oberhalb dieses Streifens, zwi- schen nicht geisselndem Epithel zahlreiche Nesselzellen auf ihm in die Augen fallen. Dieser rings den Schirmrand umgebende Wulst, der Schirm randring, wie ich ihn nennen will, ist es, welcher ganz oder in Theilen seines Inhaltes von verschie- denen Forschern als Ringnerv in Anspruch genommen worden ist, und welcher diesen Nerven in der That enthält. Untersucht man den gauzen Randwulst mit schwachen Vergrösserungen, so sieht man oberhalb desselben , wie ihm aufsitzend , die zwölf, übrigens schon mit blossem Auge sichtbaren, Sinnesbläschen, Hörbläschen, wie ich sie nenne, von denen sechs um ein Geringes seitwärts von den sechs nach unten vom Rand abgehenden Tentakeln sitzen (Taf. VII, Fig. 1, Hbl), während von den anderen sechs je eines zwischen zwei der ersteren seine Lage hat, so dass alle zwölf in gleichmässigem Abstand von einander angebracht sind. Ueber jedes Hörbläschen läuft ein nach oben sich verschmälernder Faden au der Aussenfläehe des Schirmes nach aufwärts (Taf. VII, Fig. 1 Sp) mit breiter Basis vom Randwulst entspringend das Radialganglion oder Spangenganglion, die von Häckel sogenannte Mantelspange. Eine Ansammlung trüber Ektodermzellen, zwischen welchen nesselnde eingestreut sind, verdeckt diese Verbindung (Taf. VIII, Fig. 3, Gg) bei der gegebenen Ansicht. Zur genaueren Untersuchung des Schirmrandes , besonders zum Nachweis des Ringuerven, bezeichnet Häckel Querschnitte durch den ersteren oder Zerzupfen als geeignet. An in doppeltchromsaurem Kali conservirten Thieren, welche ich vor- zugsweise zum histologischen Studium benützt habe, hat man ein anderes gutes Mittel, um sich von der Anwesenheit, der Lage und der Beschaffenheit des Ringnerven zu überzeugen : beginnt man hier mit der Nadel die äussere Oberfläche des Schirmrand- 203 ringes zu verletzen, so gewahrt man, dass das dieselbe bildende Epithel sich ablöst und dass es sieh leicht entfernen, ja mit einer Lanzette stückweise abheben lässt. Hat man dies in geeignetem Umfange gethan, so erkennt man 1) nach unten, dicht neben dem Ansätze des Velums, einen aus feinsten Fäserchen zusammengesetzten Strang von etwa 0,08 mm Querdurchmesser — den Ringnerven (Taf. VIII, Fig. 1, N) und 2) eine eigenthümliche lockere Zellenmasse, welche den vom Nerven frei- gelassenen Raum des Sehirmrandringes ausfällt , indem es jenen nach oben und in besonderer Mächtigkeit nach aussen einschliesst — Hacke l's sogenaunter Knorpelring, die Füllzellen, wie ich diese Zellen nennen will. Um sich über die näheren Ver- hältnisse des Schirmrandringes zu unterrichten, verbinde man die soeben angewendete Methode mit Querschnitten. Man erkennt auf diese Weise, dass der Schirmrandring ein Rohr darstellt, Welches, wie schon vorausgeschickt wurde, an der Kante des von Schirmwand und Verum gebildeten Winkels gelegen ist, ein Rohr, ausgefüllt von den von Häckel sogenannten Knorpelzellen, den „Füllzellen", und ausserdem enthaltend den Ringuerven, sowie endlich eine grössere Anzahl von Zellen näher zu besprechender Art. Die Wände des Rohres sind die folgenden: die nach aussen und unten ge- richtete, die convexe Wölbung des Wulstes bildende Wand (W, Holzschnitt 30) wird hergestellt von dem schon erwähnten Epithel , welches nach oben in die platten Deckenepithelien der Aussenfläche der Umbrella, nach unten in diejenigen der abo- ralen Fläche des Segels (niedrige, einschichtige Zellenlage) übergeht. Es besteht dieses Epithel da, wo es den Ringnerven (N, Holzschnitt 30) überdeckt, und weiter proximalwärts, in der Richtung vom Velum weg, aus näher zu beschreibenden hohen, wie schon erwähnt, theilweise geisselnden, N ervenepit he li en (vergl. u. A. Taf. XI, Fig. 2, Taf. XII, Fig. S u. 12 u. Taf. VIII, Fig. 1 u. 2 und die Tafelerklärungen), welche mehr und mehr nach aussen einer niedrigeren, von Nessel- und gewöhnlichen Drüsen- zellen durchsetzten Bedeckung Platz machen (Taf. VIII, Fig. 2 D, Taf. IX, Fig. 3, d, Fig. 5 Drüsen, Taf. VIII, Fig. 1, 2, Z Nesselzellen). Die Drüsen haben theils einen mehr homogenen, theils einen ausgesprochen körnigen Inhalt, welcher sie nach Carminfärbung schön roth von der Umgebung abhebt. Dieselbe Färbung zeigen die Nesselschläuche der- jenigen Nesselzellen, welche noch im jugendlichen Zustande sich befinden, und solche Formen sind von den Drüsen mit homogenem Inhalt oft kaum zu unterscheiden. Da beiderlei Bildungen ausserdem zwischen einander liegen, so drängt sich der Gedanke auf, dass beide, Nesselzellen und gewöhnliche Drüsenzellen verwandtschaftlich un- mittelbar zusammenhängende Bildungen seien. Gegen die obere Grenze der Epithe- lialdecke hin traf ich wieder sehr hohe Zellen. — Irgend eine besondere Stütz- haut hat diese Epithelialwand des Schirmrandringes nicht; sie ist desshalb an er- 26* Holzschnitt SO. W Epithel wand des Sehirmrandringes; y von »Füllzellen« eingenommener Raum; c Cuti- 204 härteten Präparaten wenig widerstandsfähig, brüchig; im frischen Zustande dagegen mag durch die unter ihr gelegenen Zellen ein mehr oder weniger elastisches Polster für .sie hergestellt werden. Die ülirige Umgrenzung des Schirmrand- ringes dagegen , der obere Theil der inneren oder hinteren und die obere Wand, welch' letztere den- selben vom Binggefäss und von der über ihm ge- legenen Umbrella trennt, ist fest, indem sie aus einer homogenen Stützhaut hergestellt wird (c, Holz- schnitt 30). Ks ist diese Stützhaut, das Stütz- blatt, eine Fortsetzung des Stützblattes des Segels. Querdurchschnitte durch das Segel zei- gen nämlich , dass es zusammengesetzt ist aus ^larwand desselben; Hbl Hörbläsoheii; Hn diesem Stützblatl (s) , darauf gelagerten Neuro- Hurnerv; In Nerv; n dessen orale Antheilnng ; V /' o o b Stützblatt ; dea Velumsj ■> Stützblatt der mUskelzellen (En) und 3) einer auf seiner un- liinteren, s' Stutzldatt der vorderen Wand ' des RinggefiUseB; ■« StützblaU de,- aussen- |(,1V11 (;l,|M)r;1|cn) Fläche gelegenen niedrigen Epi- Bache der I morella; Spg Radialganglion ; v ° ° l Sp Spangengan-iion; - das das Kadiai-a.,-- t licl.scliir hl . Das homogene Stützblatt des Segels ist lion deckende Epithel; En Neuromuskelzellen. ° (Schematisohe Zeichnung.) ziemlich dick, die JVIuskelfäden können durch ihre Anlagerung auf seiner oberen Fläche eine feine Streifung hervorrufen, auf der lin- ieren dagegen werden leichte warzenartige Erhebungen bemerkt und besonders gegen ihren Uebergang iu den Schirm erscheint sie häulig, parallel dem Rande des Velums, gefaltet. Wie Durchschnitte lehren, geschieh! der Ansatz des Segels an den Schirm da, wo die hintere (innere) Wand (s1) des Ring gefässes (Rg) in dessen Boden übergeht. An dieser Ansalzstelle (heilt sich das Stützblatt desselben in zwei Lamellen, von welchen die eine nach oben steigt und das Stützblatt der hinteren Wand des Ringefässes (s1) bildet, während die andere, ungefähr in horizontaler Richtung nach auswärts strebend, nach aus- und auf- wärtszieht, (c und s2) um, nach aufwärts dünner und dün- ner werdend, eine Art auf der Umbrella aufgelagerter Cu- ticula zu bilden (Holzschnitt 31), mit welchem Namen sie auch von Kölliker, der die geschilderten Verhältnisse Holzschnitt 31. schon richtig beschrieben hat1), bezeichnet worden ist. Zuweilen schien es mir, als ob sich auch auf die hintere Oberfläche der das lving- 1) Kölliker, leones histiologioae, Tal'. XVII, Fig. 1. 205 gefäss nach aussen umgebenden Gallertmasse eine sehr zarte Fortsetzung des Stütz- blattes ausbreite (s3). — Es wird somit jedenfalls die obere und der oberste Ab- schnitt der hinteren Wand des Schirmrandringes von dem Stützblatte gebildet und zwar der letztere vom Stützblatte des Segels. — Der Muskelbelag des Segels reicht, wie schon Kölliker erwähnt, nicht ganz bis an seinen Ansatz am Schirme, hört vielmehr links von n (Holzschnitt 30) auf, um an der hinteren Wand des Ringge- fässes wieder zu beginnen, so dass in der Gegend von n nur Epithelbelag zu suchen ist, nicht aber Neuromuskelzellen. Mit Ausnahme dieser Stelle ragen nun von dem an der Wand des Schirmrandringes sich betheiligenden Abschnitte des Stützblattes in das Lumen des letzteren eigenthümliche kegelförmige Erhebungen zapfenartig hinein (Holzschnitt 31) l) , deren freies Ende theils spitz, theils mehr abgestumpft, stets aber deutlich zerfasert erscheint (Taf. VII, Fig. 6, 7, w): an günstigen Präparaten sieht man, dass diese Faserung den Anfang dünner, starrer Fäden bildet, in welche sich die zapfenartigen Erhebungen auflösen und welche, wie auf Querschnitten theil- weise deutlich zu verfolgen , zwischen den den Schirmrandring erfüllenden Zellen durchziehend, der gegenüberliegenden Epithel wand zustreben: die Stützfasern des Schirmrandringes, wie ich sie nennen will. Es sind diese Stützfasern besonders leicht an der oberen Grenze des Schirmrandringes , da wo dessen Epithel in das gewöhn- liche Epithel der Körperoberfläche übergeht, zu sehen (Taf. VII, Fig. 8, F) , wenn man, in der früher beschriebenen Weise das erstere entfernend , die Untersuchung von der Aussenfläche her vornimmt. Man erkennt dann zugleich, dass jene Grenze am Stützblatte durch eine unterbrochene, niedrige , zuweilen wie gezähnte leisten- artige Erhebung bezeichnet wird, von welcher, wie von den gewöhnlichen Zapfen, Stützfasern abgehen (Taf. VII, Fig. 2 und 6, Taf. IX, Fig. 2 y, und Holzschnitt 31). Eine zweite Leiste, welche indessen durchaus regelmässig glattrandig, scharf doppelt begrenzt und welche, wie wir sehen werden, von grösserer topographischer Bedeutung ist, erhebt sich etwas einwärts von der eben erwähnten, und durchzieht, ihr parallel, nur unter jedem Hörbläsehen im Bogen gegen dasselbe hinauf strebend, den Schirm- randring. Sie fällt in der Flächenansicht nach Wegpinseln des Inhalts des Schirmrand- ringes sofort in die Augen (Taf. VII, Fig. 2, 6, VIII, Fig. 2, IX, Fig. 2, 8, 9, 11 und Holzschnitt 31, überall bei L), nach Carminfärbung besonders auch durch das dunklere Roth, welches sie gegenüber den übrigen Theilen des Stützblattes angenommen hat. Inhalt des Schirmrandringes. Gleich unter der Epithelwand trifft man zerstreut Ganglienzellen (Taf. VI11, Fig. 1, 2, 3, 13, gz), von welchen später ausführ- 1) Holzschnitt 31 stellt einen zwischen zwei Hörbläschen geführten schematischen Durchschnitt des Schirmrandes dar. 206 lieber gehandelt werden soll. Unter demjenigen Theile dieser Wand , welcher sich der Stützlamelle des Segels nähert , um sich als Epithel der Unterfläche desselben fortzusetzen , liegt parallel mit der Grenze dieses Ansatzes , ein Strang von feinen Fäden, der Ringnerv (Taf. VIII, Fig. 1, 2, i, N, Holzschnitt 30, N)1). Der übrig- bleibende Raum des Schirmrandringes ist ausgefüllt von Zellen, welche im Wesent- lichen von zweierlei Art sind. Die einen liegen dem von der Stützlamelle gebildeten Theile der Wand dicht an — ich deute sie als Nervenzellen und werde sie als solche später näher behandeln (Taf. VIII, Fig. 12). Die anderen sind die von Häckel sogenannten Knorpelzelleu, und sollen nach diesem Autor einen „Knorpelring" her- stellen, der dem Schirmrande Festigkeit verleihe. Von diesem Knorpelringe aus soll ein Strang von Knorpelzelleu unter der Aussenfläche des Schirmes je über einem Hörbläschen radiär nach aufwärts verlaufen , um unter allmäliger Verschmälerung spitz zu endigen: die Spangenknorpel Häckel 's. Ebenso soll sich vom Knorpelringe aus ein Strang von Knorpelzellen je in einen Tentakel erstrecken: Tentakelknorpel. Ich bedaure, diese Darstellung, welche z. B. in die Lehrbücher der vergleichenden Anatomie von Liege nbaur, selbst durch einen schematischen Durchschnitt des Thieres erläutert, übergegangen ist 2), nicht für richtig erklären zu können : die Zellen des Spangenknorpels sind Nervenzellen und jene des Schirmrandringes sind ebenfalls keine Knorpelzellen, sondern Zellen ganz eigener Art. Häckel sagt, es seien die letzteren von Intercellularsubstanz zusammengehalten und seine Abbildungen scheinen allerdings ziemlich typischen Knorpel wiederzugeben. Ich kann jedoch eine Inter- cellularsubstanz nicht hnden, wie denn auch die Zellen selbst in ihrem Bau mit Knorpelzellen gar nichts gemein haben. Auch das physikalische Erforderniss zum Begriffe des Knorpels fehlt ihnen vollständig: einen Halt können sie dem Schirm- rande in keiner Weise bieten, vielmehr möchten sie die am lockersten zusammen- gefügten Zellen des ganzen Körpers sein. Sie fallen wenigstens an Chromkaliprä- paraten, auch dann, wenn andere Zelienverbindungen eine nur massige Lockerung erfahren haben, auf die leichteste Berührung bin auseinander , so wenn man nach Entfernen des OberÜächenepithels eine Zerstörung des „Knorpelringes" mit der Prä- parirnadel versucht, wobei es sich zeigt , dass z. B. speciell die Elemente des Epi- thels viel inniger aueiuander haften als sie. Auch wenn man an solchen Präpa- raten Querschnitte durch den Schirmrandring macht , sind es zuerst die fraglichen Elemente, welche eventuell auseinanderfalten und das Misslingen eines feineu Schnittes 1) Der Nerv ist im Holzschnitte zu weit vom Stützblatte entfernt gezeichnet: er liegt demselben in Wirk- lichkeit unmittelbar an. 2) Gegenbaur, Grundzüge der vergleichenden Anatomie 2te Auflage, S. 152, Grundriss S. 120. 207 verursachen können. Da diese Zellen den ganzen Iunenraum des Schirmrandringes, ab- gesehen vom Nervenring und von den der Wand anliegenden Nervenzellen, ausfüllen, so habe ich sie als „Fü 11z eilen" bezeichnet. Es erscheinen dieselben (Taf. IX, Fig. 10, a bis p) an Chromkalipräparaten als Bildungen von wenig bestimmter Ge- stalt, meist sind sie länglich eiförmig, dabei bald plattgedrückt, bald becherartig aufgebauscht. Sie bestehen aus einer glashelleu , durchsichtigen Hülle , welche zu- weilen an eiuem Ende wie eine Becherzelle geöffnet angetroffen wird und in welcher, ihren Innenraum nur zum Theil ausfüllend , ein durch Carmin sich meist intensiv rothfärbender wurstförmiger, sichelähnlich gebogener Körper neben einem Kern liegt. Ein Inhalt ist in dem freibleibenden Theile der Zelle nicht deutlich zu erkennen, aber eine dort zuweilen sichtbare, nach Art der Schichtung der Amylumkörner con- centrisch gestreifte Zeichnung deutet auf solchen Inhalt, der durchaus glashell wie die Hülle sein würde, hin. Im Kerne beobachtet man bei starker Vergrösseruug zu- weilen den Körnchen kreis mit von dessen Elementen radiär nach dem Kernkörperchen verlaufenden feinsten Fädchen, wie ich das schon anderwärts für diese Füllzellen be- schrieben und abgebildet habe1), oft ausserordentlich schön. Ebenso sieht man, wie ich dort gleichfalls schon hervorhob , häufig in der Peripherie des Kerns in regel- mässigen Abständen und in bestimmter Richtung hinziehende feinste Fäden, die ich als Bestaudtheile des Kernfadennetzes bezeichnete (Taf. IX, Fig. 10, o und p). Der erwähnte sichelförmige, wurstähnliche, durch Carmin sich meist intensiv rothfärbende Körper ist augenscheinlich ein Nesselschlauch und dürften demnach die Füllzellen nichts anderes sein, als Entwicklungsstadien von Nesselzellen. Diese Auffassung er- klärt auch die Thatsache , dass zwischen den beschriebenen Elementen auch Zellen liegen , in welchen statt des sichelförmigen ein eiförmiger , noch nicht gekrümmter Körper, gedrungener als jener, liegt oder gar nur ein ganz kleines Gebilde, welches sich als frühere Entwicklungsstufe des letzteren und damit des erstereu erkennen lässt. Und endlich findet man zwischen diesen Zellen mit mehr oder weniger aus- gebildeten Nesselschläuchen solche, welche noch gar keine Spur eines derartigen Ge- bildes enthalten (Fig. 10, m). Lagebeziehungen der Horb l'ä sehen zum S c h i r m r a n d r i n g und zur Umbrella. Dass die „Sinnesbläschen" der Geryoniden in die Gallertwand des Körpers eingebettet sind, hat schon H ä c k e 1 angegeben. Auf Durchschnitten lässt sich diese An- gabe bestätigen (Taf. X, Fig. 2, Holzschnitt 30 Hbl), ebenso aber dadurch, dass es, wie ich finde, möglich ist, die Hörbläschen unversehrt aus der Körperwand herauszuziehen. 1) Weitere Nachrichten über den Bau des Zellkerns etc. Arch. f. mikr. Anat. XIV. Bd. 208 Man lege ein Stück des peripherischen Theils des Schirmes unter das Präparirmi- kroskop, setze mit der Präparirnadel zwischen der oberen Grenze des Schirmrand- ringes und der unteren der denselben nach oben begrenzenden Wand des Körpers ein, und versuche den ersteren von der letzteren abzuziehen: es wird dies so ge- lingen, als ob er an ihr nur angeheftet wäre, zugleich aber werden sich mit ihm die benachbarten Hörbläschen in Zusammenhang erhalten, herausgezogen aus der Gallertwand des Körpers, so dass in dieser an ihrer Stelle je eine ihrer Gestalt ent- sprechende Höhle übrig bleibt. Ausserdem lösen sich mit Schirmrandring und Hör- bläschen jenem anhaftend, die entsprechenden „Mantelspangen" los , als nach oben sich verschmälernde und schliesslich spitz zulaufende Bänder, bestehend aus einer gallertartig durchsichtigen, längsgestreiften Hülle und einem Inhalt von reihenähnlich angeordneten Zellen. Figur 9 auf Tafel IX zeigt ein Stück des Schirmrandrings sammt Hörbläschen und „Mantelspange", welches auf diese Weise vom unteren Rande des Schirmes losgelöst worden ist. Daran ist allerdings die Epithelwand nicht mehr zu sehen, auch die Füllzellen sind entfernt. Der untere Rand der Umbrella, wie er sich nach solcher Ablösung des Schirmrandringes darbietet , ist in Figur S, Taf. VII dargestellt. In Figur 1 und i , Tafel IX ist in einer Ansicht von aussen (Fig. 1) und in einer Ansicht von innen (Fig. 1) stärker vergrössert das Stückchen der Um- brellawand abgebildet , aus welchem das Hörbläscheu herausgezogen worden ist , so dass die erwähnte Höhle in derselben zur Anschauung kommt. In Figur 1 sieht man, dass diese Höhle, die eine annähernd kugelförmige Gestalt hat, sich uuten in ein Loch öffnet, durch welches, wie wir sehen werden, die Hörnerven eintreten. In Fig. 1 bei x ist auf der äusseren Fläche der diese Höhle umschliessenden Umbrella- wand eine sich nach oben verlierende Furche angedeutet, in welche der untere Theil der „Mantelspange" eingebettet war. Aus dem Mitgetheilten und aus Vergleichung der Fig. 9, Taf. IX geht hervor, dass das Hörbläschen als von einer häutigen Hülle umschlossenes Säckchen aus der Umbrella herausgezogen wird. Es ist diese Hülle äusserst dünn und halte ich sie für entsprechend der beschriebenen . die obere uud den oberen Theil der hinteren Wand des Schirmrandringes bildenden Cuticula, welche sich somit in der in Holzschnitt 30 schematisch angegebenen Weise als Auskleidung der das Hörbläschen umschliessenden Höhle fortsetzen würde und in derselben Weise glaube ich, wie schon hier bemerkt werden kann, annehmen zu dürfen, dass die später zu besprechende , das von mir sogenannte Spangenganglion einschliessende Scheide eine Fortsetzung jener Cuticula sei. Es würde somit die beschriebene Ab- lösung von Hörbläschen und Spange von der Umbrella durch eine Ablösung der Cuticula vom Gallertgewebe der Umbrella sich erklären. 209 II. Der Ringnerv. Das Auffinden des Ringnerven, wie ihn Häckel beschrieben hat, war mir in Anbetracht des Fehlens desselben bei den Toponeuren zuerst ein sehr unerwartetes. Musste es doch scheinen, als ob die Existenz eines solchen Nerven jede auch sehr entfernte Beziehung zwischen dem Nervensystem der beiden Medusengruppen aus- schliessen würde. Allein es stellte sich bald heraus, dass derartige Beziehungen doch vorbanden seien, indem, wie später näher erörtert werden soll, auch bei den Cyclo- neuren ein Zusammenhang zwischen Epithelzellen und Nervenfäden besteht , in der Weise, dass die letzteren als eine Fortsetzung der ersteren zu betrachten sind. Der Ringuerv ist am leichtesten durch die früher angegebene Präparationsmethode — Entfernen der Epithelwand des Schirmrandringes und der Füllzellen — aufzufinden. Er zeigt sich dann als ein aus feinsten Fäden zusammengesetzter Strang (Taf. VIII, Fig. 2 N, Taf. IX, Fig. 8 n, Fig. 9 N, Taf. XI, Fig. 2 N, Fig. 3), welcher seine Lage unmittelbar unter der Epithelwand des Schirmrandringes an der Stelle hat, wo diese in das Epithel der Unterfläche des Segels übergeht. Er nimmt nur einen kleinen Theil des Raumes des Schirmrandringes ein; der Rest desselben ist ausge- füllt von den Füllzellen , welche somit den Ringnerven an demjenigen Theil seiner Oberfläche umgeben, welcher frei in jenen Raum hineinsieht. Hat man eine Stelle des Randes aus der Nähe eines Hörbläschens, ein Weniges seitlich von diesem , zur Untersuchung gewählt, so wird man leicht bemerken , dass der Ringnerv aus zwei Strängen bestellt , einem oberen und einem unteren. Untersucht man den Rand in der Gegend des Sitzes eines Hörbläschens selbst, so trifft man den unteren Ner- venstrang am Schirmrande und parallel mit ihm verlaufend (Taf. XII , Fig. 24, N), während aus dem Hörbläschen 2 Nervenstränge austreten, um in entgegengesetzter Richtung von jenem sich zu entfernen und dem unteren Nervenstrange sich zu nä- hern , sich ihm schliesslich anzulegen (ebenda Hn). Untersucht man endlich den Rand etwa in der Mitte zwischen zwei Hörbläschen , so wird man nur noch zwei unvollkommen getrennte Stränge, oder man wird beide zu einem Ganzen mehr oder weniger deutlich zusammengelagert finden. Fassen wir demnach das ganze Ringnerven- system in's Auge, so haben wir an ihm zu unterscheiden: 1) einen unteren Nerven- strang, welcher ohne Unterbrechung rings um den Schirmrand herumläuft; 2) einen oberen, der jedoch aus zwölf Abtheilungen besteht, deren jede zwischen je zwei Hör- bläschen gelegen ist und dieselben etwa so untereinander verbindet, wie die Auf- bau gepunkte von Guirlanden durch diese selbst verbunden werden. Da die zwei Enden dieser zwölf Nervenstränge, wie wir sehen werden, an je zwei benachbarten 27 210 Hörbläschen in der Art aufhören, dass ihre Fasern in den Hörstein umgebende per- cipirende Hörzellen übergehen, so hätten wir statt des oberen Ringnerven zwölf Ner- venstränge zu unterscheiden, welche wir als Hör nerven bezeichnen können, wäh- rend der untere Riugnerv einen einzigen um den Schirmraud herumlaufenden Strang darstellt. Indessen muss noch genauer festgestellt werden, ob und in welchem Grade in den zwischen je 2 Hörbläschen gelegenen Bezirken des Schirmrandes nicht nur eine Verschmelzung, sondern vielleicht auch eine Vermischung der zwölf Hörnerven mit dem hinteren Nervenstrang, welchen ich als Centralnerven bezeichnen will. statt hat. Häckel hat, wie aus der Vergleichuug seiner Angaben hervorgeht, die bezüglichen Verhältnisse ganz anders beschrieben. Er nahm nur einen Nervenstrang am Schirmrande an, welcher je in der Nähe eines Hörbläschens augelangt, mit zwei Schenkeln zu demselben aufsteigen sollte. Diese Nervenschenkel bezeichnete er als Sinnesnerven. Bevor der Ringnerv die zwei „ Sinnesnerven " abgibt, soll er je unter einem Hörbläschen zu einem Ganglion anschwellen; aus je einem der Ganglien sollen zwei , Sinnesnerven" hervorgehen. Im Grunde des Siunesbläschens sollen diese noch einmal zu einem Ganglion, dem Basalganglion, anschwellen und jeden Otolithen soll ein drittes Ganglion (Sinnesganglion) umschliessen. Von diesen drei angenommenen Ganglien existirt nach meinen Untersuchungen das Basalganglion nicht ; das Sinnes- ganglion ist kein solches, die um den Otolithen gelagerten Zellen sind vielmehr per- cipirende Hörzellen. Aber auch in den Ringnerven ist nirgends ein Ganglion ein- geschaltet: der Centralnerv läuft ohne jede derartige Einschaltung rings um den Schirmrand herum und sorgfältiger Präparation gelingt es, die Höruerven in ihrem Zuge vom Rande zum Hörbläschen deutlich zu verfolgen und bioszulegen, wobei zu erkennen ist, dass auch sie nirgends durch Einschaltung eines Ganglion unterbrochen oder gesammelt sind. Indessen wird die Annahme eines „Gangliou des Ringnerveu- von Seiten Häckels dadurch erklärlich, dass allerdings in der Gegend des Eintritts der Hörnerven in das Hörbläschen eine Anhäufung von Zellen und zwar von Nerven- zellen liegt , welche indessen ausschliesslich mit dem Spangenuerveu in Beziehung zu stehen scheint. Wie bemerkt ist der Riugnerv. und zwar gleichartig in beiden seiner Abthei- lungen , dem Hörnerven wie dem Centralnerven, zusammengesetzt aus feinsten Ner- venfädchen. Es zeigen nun diese Fädchen an Chromkalipräparaten ein feinkörniges, wie geronnenes (variköses) Aussehen. Allein es sind diese Fasern, wie schon Hä- ckel vermuthet, nicht der einzige Bestandtheil des Nerven. Es sind in dieselben, und zwar insbesondere in jene, welche auf seiner Oberfläche, in seiner Peripherie liegen, häufig von Stelle zu Stelle spindelförmige Zellen eingeschaltet (Tat. XI, Fig. 211 2, 3 k, Fig. 9 a), grosse, kugelige Kerne , welche ineist nur an den zwei entgegen- gesetzten, durch den Ansatz der Nervenfaden bezeichneten Polen etwas weniges Zell- plasma zeigen : Nervenzellen. Beginnt man den Ringnerven an seiner Oberfläche mit der Nadel zu misshandeln , so lallen die Zellen leicht heraus und der Nervenstrang bekommt nun ein wie zerfressenes Aussehen , indem die Zellen durch ihre Lagerimg auf demselben mehr oder weniger tiefe , selbst höhlenartige Eindrücke hinterlassen (Taf. XI, Fig. 2 1). Zerfasert man den Nervenstrang, so findet man, dass auch in seinem Innern da und dort einzelne Zellen in die ihn zusammensetzenden Fädchen eingeschaltet sind. Es erinnern diese Verhältnisse sehr an jene der von mir bei Beroe ovatus beschriebenen , das Gallertgewebe des Körpers isolirt durchziehenden Nerven- fasern, indem in diese gleichfalls überall von Stelle zu Stelle von wenig Zellplasma umgebene Kerne eingeschoben sind, so dass jeder Nerv gewissermassen eine Kette von Ganglienzellen darstellt. Auf der Oberfläche des Ringnerven liegen zwischen den beschriebenen, in die Nervenfäden eingeschalteten Zellen nun aber auch plasmareichere, welche sich in der Form mehr oder weniger einer Art der bald zu behandelnden Epithelzellen (Taf. XL Fig. 7 und 10) nähern, Descendenten derselben sind und den Uebergang zwischen ihnen und den ersteren bilden. Sie gehen nur nach dem einen Ende in einen langen Nervenfaden über, mit dem anderen, mehr oder weniger lang ausgezogenen schieben sie sich mehr oder minder deutlich zwischen den Epithelzellen ein (Taf. XI, Fig. 9, b, c). Ausserdem finden sich auf der Oberfläche des Ringnerven und überhaupt unter der Epitheldecke des Schirmrandes noch Ganglienzellen gelagert, welche die Eigen- schaften von solchen in ausgebildetem Maasse besitzen. Zur Beschreibung dieser Elemente gehe ich jetzt über. Ausser den beschriebenen auf der aboralen Seite der Stützlamelle des Schirm- raudringes gelegenen Nervenfasern nehmen an der Bildung des Ringnerven noch oral gelagerte Antheil, von welchen später gehandelt werden soll. III. Typische Ganglienzellen des Schirmrandringes. Die vorhin beschriebenen Kerne und Zellen verrathen ihre Zugehörigkeit zum Nervensystem nur durch ihre Verbindung mit Nervenfäden; ohne diese Verbindung würde ein richtiger Schluss auf ihre physiologische Bedeutung nur schwer zu ziehen sein. Dagegen liegen nun dem Ringnerven ausser ihnen noch typische , an ihren morpho- logischen Eigenschaften sofort als solche zu erkennende Ganglienzellen auf, unmittel- 27* 212 bar bedeckt von dem die äussere und untere Wand des Schirmrandriuges bildenden Epithel. Auch diese Zellen nehmen Theil an der Zusammensetzung des Kingnerven, indem sich ihre Ausläufer mit dessen Fasern mischen (Tat. XI, Fig. 2 Gz, Taf. VIII, Fig. 13), sofern sie sich nicht unter der Epithel wand des Schirmrandriuges über den Be- reich des Ringnerven nach aufwärts und unter dem Epithel der Aussenfläche des Segels nach abwärts verbreiten (Taf. VIII, Fig. 1, 2, 3 Gz). Es sind diese Ganglienzellen so prachtvoll ausgebildet, dass man sie typischer im Nervensystem selbst der höch- sten Thiere nicht wird finden können (Taf. XIII, Fig. 5 bis 11 und Fig. 13). Ihr Körper ist oft von sehr bedeutender Grösse (0,016 mm) und je nach der Zahl der von ihm abgehenden Fortsätze — einer, zwei oder (meistens) mehrere — von sehr verschiedener Gestalt: keulen- , spindel- oder sternförmig. Ihre Oberfläche ist nicht immer von glatten Flächen begrenzt, sondern zuweilen durch Eindrücke kantig, wie geknetet (Fig. 11). Ihre Ausläufer sind häufig, besonders in ihrem Anfangstheile. ausserordentlich dick und verzweigen sich verschiedentlich , in ihrem Verlaufe feiner und feiner werdend und oft iu bedeutender Länge verfolgbar. Der Kern der Gang- lienzellen ist sehr gross, kugelig, selten eiförmig und zeichnet sich insbesondere durch ein gewöhnlich excentrisch gelegenes oder durch zwei auffallend grosse Kernkörper- chen aus. Auch der Körnchenkreis und das davon ausgehende System von Radiär- fäden ist in diesen Kernen ungemein deutlich zu sehen (Fig. 7), wie ich dies schon in meiner letzten Abhandlung über den Zellkern beschrieben und abgebildet habe. Der übrige Inhalt des Kerns ist stark körnig, was auf bedeutende Ausbildung des Faden- netzes in demselben gleichfalls hinweist. Das Plasma dieser Ganglienzellen erscheint an mit Carmin behandelten Chromkalipräparaten roth oder bräunlich tingirt und heben sich dieselben daher von anderen Zellen dann deutlich ab. Sind solche Chrom- kalipräparate längere Zeit in Glycerin aufgehellt worden , so sieht man sie bei der Flächen ansieht des Schirmrandes durch das Epithel hindurch zerstreut dem Ringnerven aufliegen. Aber man sieht dann, wie schon angedeutet, dass sie in ihrem Vorkom- men nicht eben auf die Oberfläche des Ringnerven beschränkt sind, sondern dass sie auch oberhalb desselben unter der Epithelwand des Schirmrandriuges und nach unten bis unter das das Segel deckende Epithel zerstreut sich finden (Taf. VIII, Fig. 1, 2). Behandelt man diese Ganglienzellen frisch mit sehr verdünnter Essigsäure , wie das zum Zweck des Isolirens der Zellen des Thieres mit Vortheil geschehen kann , so zeigt der Zellinhalt, das sogenannte „Protoplasma", eine sehr bemerkenswerthe Eigen- schaft : es tritt eine Streif ung in seinem Innern auf, welcher aufs Deutlichste eine fadenartige Differenzirung zu Grunde liegt, wie sie den Ganglienzellen höherer Thiere von Max Schulze als organische Eigenschaft zuerst zugeschrieben worden ist (Fig. 213 8, 10). Ich habe an den Ganglienzellen von höheren Thieren dasselbe Verhältniss an ganz frischen Objekten zu oft und mit zu grosser Deutlichkeit beobachtet, als dass ich nicht mit der Schulze'schen Auffassung, wonach es sich in der Faserung um ein normales Strukturverhältniss handelt, vollkommen übereinstimmen sollte. Nicht nur an mit Essigsäure behandelten , sondern an der Einwirkung von Chrom- kali ausgesetzten Zellen ist die Faserung der Ganglienzellen bei Carmarina, wenn- gleich weniger deutlich ausgesprochen, öfters zu erkennen. Wir werden bald sehen, dass dieselbe Eigenschaft in dem Nervensystem zugehörigen Zellen unserer Medusen eine sehr verbreitete ist. Die auch sonst viel missbrauchte Bezeichnung „Proto- plasma" passt am wenigsten auf diesen so hoch differenzirten Zellinhalt und ich werde denselben in Zukunft als neurofibrillär e Substanz oder Neuroplasma bezeichnen. — Die geschilderten, wie beschrieben unter der Epitheldecke des Schirm- randringes gelagerten Ganglienzellen stellen nun aber gegenüber jenen anderen, aus- ser ihnen noch in die Zusammensetzung des Ringnerven eingehenden , viel geringer als sie entwickelten Zellen nicht etwa eine gänzlich abgeschlossene Form dar, viel- mehr lassen sich zwischen beiden vielfach Uebergänge auffinden und beide sind wie- der gewissen aus der Epithelialdecke zu isolirenden Elementen unmittelbar verwandt. IV. Das Nervenepithel der Wand des Schirmrandringes. Es ist, wie schon hervorgehoben wurde , die äussere und untere Wand des Schirmrandringes ohne Stützblatt und ausschliesslich aus Epithelzellen zusammen- gesetzt. Dieses Epithel liegt da, wo es den Ringnerven bedeckt demselben unmit- telbar auf. Isolirt man seine Zellen in dieser Gegend nach Behandeln mit verdünnter Essigsäure oder mit schwacher Chromkalilösung, so stellen sich dieselben in zwei sehr bemerkenswerthen Formen dar. Die eine dieser Formen besteht aus cylindrischen Zellen mit breiter Begrenzung nach aussen , nach unten allmälig sich verschmälernd und, was das Bemerkenswertheste ist, hier meist besenartig in feine Fäden sich zerfasernd (Taf. XI, Fig. 2, 6; Taf. XII, Fig. 8, 19). Diese Fäden er- scheinen an Chromkalipräparaten häufig durchaus varikös und machen so den Ein- druck von Nervenfibrillen. An denselben Präparaten ist nun aber weiter viel- fach auf das Deutlichste zu sehen, dass die Fäden sich in den Zellkörper hinein fortsetzen bis zurBasalfläche desselben hinauf. Es erhält dadurch der Zellkörper ein feingestreiftes Aussehen : es erscheint sein Inhalt wie aus lauter feinsten Fädchen zusammengesetzt und erinnert die ganze Einrich- 214 tung auf das Lebhafteste an die Darstellung und Deutung der Strukturverhältnisse der Zellen der Speicheldrüsen durch Pflüg er1). Und in der That handelt es sich in den in Rede stehenden Ektodermzellen von Carmarina augenscheinlich um Nev- venepithelien, um Zellen, deren Plasma in neuroribrilläre Substanz umgewandelt ist und welche unmittelbar in Nervenfäden sich nach unten zerfasern und durch diese ihre Nerven fortsätze den Kingnerven zum grössten T heile bilden. Wir sahen früher, dass von der hinteren Wand des Schirmrandringes Fa- sern ausgeben , welche ich als Stützfasern des Schirmrandringes bezeichnet und in Beziehung auf welche ich die Frage aufgeworfen habe , ob sie nicht mit Zellen der Epithelwand in Verbindung stehen. Dass es die soeben beschriebenen Elemente nicht sein können, mit welchen eine solche Verbindung statt hat , dass diese also nicht etwa als Stützzellen zu bezeichnen sind , geht nicht allein aus der varikösen Be- schaffenheit ihrer Fortsätze, sondern auch daraus hervor, dass gerade diese Besen- zellen es sind, welche beim Versuch, die Elemente der Epithelialdecke mit den Fa- sern des Ringnerven im Zusammenhange zu isoliren am wenigsten positive Ergebnisse liefern, weil ihre Fäden so ausserordentlich fein und zart sind, dass sie bei diesem Versuche gewöhnlich abreissen, so dass die Zellen abfallen. Von durch diese Besen- zellen vermittelter Stütze kann also keine Rede sein. Auch sind die als Stützläsern von mir bezeichneten Fäden viel gröber als die Fortsätze dieser Zellen und niemals varikös. Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen beiden habe ich nie beob- achtet. Zuweilen gelingt es dagegen Besenzellen und Ringnerv so weit in Zusammen- hang zu erhalten, dass man die Fortsätze der ersteren mit den Fasern des Ring- nerven sich mischen sieht und auch an isolirten Besenzellen bekommt man oft aus- serordentlich lange Fortsätze zu sehen, welche mit den Nervenfäden des Ringnerveu durchaus identisch sind. Es kann somit keinem Zweifel unterliegen , dass die Zer- faserung des unteren Endes der Beseuzellen den Aufbau des wesentlichsten Theils des Ringnerven bildet, um so weniger, als solches Verhalten durchaus übereinstimmt mit demjenigen, welches, wie wir sehen werden, ein grosser Theil der Ektoderm- zellen'überhaupt darbietet. — Zwischen den losen Zellen liegen nun im Ektoderm, im Gebiete des Ringuerven andere Zellen zerstreut, welche aus einem grossen Kern mit wenig Zellsubstanz bestehen, etwa von kurz spindelförmiger Gestalt, die eine Spitze der Spindel als kurzen, häufig mehr oder weniger stumpf abgerundeten oder auch quer abgestutzten Zapfen nach aussen kehrend, eingeschoben zwischen die breiten 1) Pflüger, die Endigung der Absonderungsnerven in den Speicheldrüsen. Bonn 1866 und Archiv für mikr. Anat. Bd. V. 1869. 215 Endflächen der Besenzellen, mit der anderen, unteren übergehend in einen Faden, welcher in den Ringnerven gleichfalls eintritt und mit dessen Fasern sich mischt, in Form und Lage also erinnernd au die „Spindeln" der Toponeuren (Taf. XI, Fig. 2, a; Taf. XII, Fig. 12, a). Es ist dieser Faden meist gröber als die Fortsätze der Besenzellen und ich hielt ihn anfangs für die Fortsetzung einer Stützfaser, die Spin- delzellen also für Stützzellen. Es ist möglich, dass sie dies wenigstens theilweise sind, jedenfalls aber sind sie es nicht alle, denn man findet unter ihnen solche, deren Ausläufer ausgezeichnet varikös ist (Taf. XI, Fig. 10, a) und diese wiederum sind offenbar nur eine Modifikation von Zellen, welche sich nach unten gabelig in zwei Ausläufer theilen, die sich in variköse Fäden fortsetzen (Taf. XI, Fig. 7, b, e, Fig. 10, a, c, d, Fig. 2, c). Einen Uebergang zwischen Grabelzellen und Spindelzellen scheint die in Fig. 7, a, Taf. XI abgebildete Form darzustellen. Au solchen mit varikösen Fortsätzen versehenen Spindel- und Gabelzellen findet sich nun häufig noch ein anderer Beweis für die Zugehörigkeit zum Nervensystem : ein Geisselfaden (Taf. XI, Fig. 7, b; 10, c). Es sind somit offenbar diese Elemente, welche das Flim- mern des Schirmrandringes verursachen. Endlich sind es die nervösen Spindel- bezw. Gabelzellen, welche Uebergänge darbieten zu deu in die Fäden des Ringnerven ein- geschalteten Nervenzellen : es ist augenscheinlich, dass die letzteren aus ersteren allmälig entstanden sind, indem diese in die Tiefe traten. Zuweilen trifft man sie gewissermassen unterwegs an : mit einem langen Ausläufer setzt sich eine Zelle nach oben zwischen die übrigen Epithelien hinein fort, während der Körper schon unter der Epitheldecke, dem Ringnerven aufgelagert ist und mit dem anderen Ende in einen Nervenfaden übergeht (Taf. XI, Fig. 9, b). Es handelt sich somit hier deutlich um iu der Entstehung aus Ektoderm- zellen begriffene Nervenzellen, ein Umbildungsprocess , welcher, wie wir sehen werden , in höchst bemerkenswerther Weise auch aus anderen im Ektoderm unserer Thiere zu beobachtenden Thatsachen zu erschliessen ist. — Nicht alle Ner- venepithelien mit breiter Basis und neurofibrillärem Inhalt sind wirkliche Besen- zellen : man findet deren auch solche, welche nach unten in einen einzigen, ziemlich starken Fortsatz ausgehen (Taf. XII, Fig. 12) und möchten damit Uebergänge wie- derum zu den Eigenschaften der Gabel- bezw. Spindelzellen geboten sein. Es wäre möglich, dass auch solche Elemente es sind, welche, unter Zurücktreten ihrer neuro- fibrilläreu Beschaffenheit, d. i. ihrer Thätigkeit im Dienste des Nervensystems oder welche eher umgekehrt bei mangelnder Entwicklung derselben, als Stützzellen dienen. — Wie schon erwähnt, findet sich Nervenepithel auch in proximaler Richtung über den Umfang des Ringnerven hinaus. Man sieht hier in der Oberflächenansicht im 216 Epithel an Chromkalipräparaten sehr häufig eine faserige Differeuzirimg des Zellin- haltes. Die Streifung erscheint bei dieser Ansicht — und dasselbe ist, wie wir noch sehen werden, der Fall bei in der Seitenansicht gleichfalls längsgestreiften Epithelien der Subumbrella — der Oberfläche parallel gerichtet und wirr durcheiuandergezogen (Taf. VIII, Fig. -i, E). Andererseits schien mir auch distal vom Ringnerven, auf dem dem Schirmrandringe des Segels zunächst gelegenen Bezirke der Stützlamelle, Aehn- liches vorzukommen, wie auch dort unter dem Epithel zerstreut noch Ganglienzellen gefunden werden. V. Belegzellen des Stützblattes des Schirmrandringes. Ringganglion. Radial- ganglien. Spangenganglien. Der ganze Inhalt des Schirmrandringes ist, gleich seiner Epithelialdecke, selbst- verständlich als Abkömmling des Ektoderms zu betrachten. Als solchen Inhalt haben wir bis jetzt kennen gelernt: die unter der Epithelial wand gelegenen Ganglienzellen, den Ringnerven, die Füllzellen. Ebenso wie Nervenzellen unmittelbar unter der Epi- thelwand gelagert sind, trifft man, wie schon beiläufig erwähnt worden ist, auch die obere, die Stützenwand des Schirmrandringes belegt mit Zellen, welche einen grossen kugeligen Kern und wenig Plasma führen, und welche oft an einem oder an zwei entgegengesetzten Enden in einen langen Faden auslaufen, so durchaus ähnlich wer- dend den spindelförmigen Zellen des Ringnerven. Es pflastern diese Zellen die Hin- terwand des Schirmrandringes gewissermassen aus , indem sie sich an dieselbe zwi- schen und auf deren zapfenartigen Erhebungen anlagern (Taf. VIII und XI, Fig. 12). Die Menge des Plasma dieser Zellen ist oft so gering, dass es im optischen Durch- schnitt nur in Form einer ganz schmalen Linie um den Kern herum sichtbar wird. Wegen solcher Eigenschaften können diese Belegzellen des Stützblattes des Schirm- randringes wohl nur als Nervenzellen aufgefasst werden. — Zu beiden Seiten des leistenartigen Vorsprunges , zu dessen Bildung das Stützblatt in geringer Entfernung hinter seiner oberen Verbindung mit der Epithelialwand verdickt ist (Taf. VII, Fig. 2 und 6; Taf. VIII, Fig. 2; Taf. IX, Fig. 2, S, 9, 11, Holzschnitt 31, überall bei L), findet sich nun eine Lage von Zellen, welche sich durch reichliches trübe aussehen- des Plasma von den beschriebenen Elementen sehr unterscheiden (Taf. VIII, Fig. 2 unter L; Taf. IX, Fig. 8 g'). Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass diese Zellen die ganze Leiste umgeben, dass aber die auf der Kante derselben gelegenen bei der Präparation leicht abfallen; indessen traf ich sie meist nur vor, zuweilen auch hinter 217 der Leiste. In ihrem natürlichen Zusammenhang sind sie schwer genauer zu studiren, weil sie so undurchsichtig sind , dass man gewöhnlich nicht einmal den Kern in ihnen sehen kann : es scheint dann ihre Gesammtheit einen zusammenhängenden Zellenbelag an der Leiste zu bilden (Taf. VIII, Fig. 2). Sie zu isoliren ist mir nur gelungen in der Nähe der Hörbläschen. Unter jedem Hörbläschen nämlich schwillt der sonst so unscheinbare Zellenbelag, welchen ich als Ringganglion bezeichnen will, zu einer mehr oder weniger ansehnlichen Zellenmasse an (Taf. IX, Fid. 11 Gi), welche die hier zum Hörbläschen aufstrebenden Hörnerven und dieses selbst in seinem unteren Theile deckt (vergl. Holzschnitt 30, Spg). Dieses Radialganglion setzt sich in ein centripetal verlaufendes Band von Zellen fort, das Spange nganglion (Taf. VII, Fig. 31), Fig. 4 und 5 Sp; Taf. IX, Fig. 2, 7, 8 und 11g; vergl. auch Holzschnitt 30) 2), dasselbe Band, welches von Hacke 1 als Spangenknorpel bezeichnet worden ist. Es zieht dieses Band an der Ausseitfläche der Umbrella unter dem Ekto- dermepithel nach aufwärts, um nach kurzem Verlauf oberhalb des Hörbläschens nach allmäliger Verschmächtigung spitz zu endigen. Bei der Ansicht von aussen deckt es das Hörbläschen. Es besteht nach seinem Ursprünge aus dem Radialganglion ge- wöhnlich zuerst aus mehreren Reihen von Zellen , bald darauf nur noch aus zwei Reihen und zuletzt nur noch aus einer, wobei die Zellen gleichzeitig je weiter nach aufwärts um so kleiner werden, Verhältnisse, durch welche eben die Verschmächtigung desselben hervorgerufen und bewirkt wird, dass es allmälig spitz zuläuft. Es sind diese Bänder dieselben, welche sich im Zusammenhang mit dem Schirmrandringe und mit den Hörbläschen vom übrigen Körper loslösen lassen (Fig. 9 , Taf. IX). Wer sie irgend genauer untersucht , kann unmöglich etwas au ihnen finden , was dazu berechtigte, die sie zusammensetzenden Zellen als Knorpelzellen zu deuten. Es haben nämlich diese Zellen, je nachdem sie mehr zusammengedrängt oder mehr frei, ver- einzelt, liegen, eine verschiedene, niemals aber eine bestimmte, charakteristische Ge- stalt. Im ersteren Falle sind ihre Grenzen häufig fast ganz verschwunden und man möchte auf den ersten Blick glauben , in dem Zellenband eine zusammenhängende Plasmamasse mit einzeln darin zerstreuten Kernen vor sich zu haben (Taf. VII, Fig. 4; vergl. auch Taf. IX, Fig. 7). Sind die Grenzen deutlich, so erscheinen die aneinander gelagerten Zellen als Elemente von meist annähernd gleichem Durch- messer, aber von durchaus wechselnder Form. Liegen sie frei (Taf. VII, Fig. 5), so 1) In dieser Figur ist die von Sp auf den Zellenstrang hingerichtete Linie nicht weit genug geführt. 2) Im Holzschnitte ist das Band, als Fortsetzung des Radialganglion Spg nach oben, der Deutlichkeit wegen verhältnissmässig zu dick gezeichnet. 28 2 IS trifft man sie häufig in die Länge gestreckt, an verschiedenen Stellen zu Fortsätzen ausgezogen und durch solche Ausläufer untereinander in Verbindung stehend. Die- selben Fortsätze kann man aber überall auch von den Zellen, seien sie compakt zu- sammengelagert oder nicht, nach der Peripherie des Stranges ausstrahlen sehen. Genauere Beobachtung lehrt, dass der ganze, übrigens reichliche Inhalt der Zellen eine faserige Differenzirung zeigt, wie aus feinsten Fäden zusammengesetzt ist, aus neuro fibrillärer Substanz besteht. Diese Fäden bilden, da und dort in Bündeln von der Zelle ab nach aussen tretend, jene Fortsätze, welche die Zellen theils untereinander verbinden , theils aber gegen die Peripherie des Zellenbandes hin gerichtet sind. Besonders das letzterwähnte Ver- halten ist bemerkenswert!! : mittelst starker Systeme erkennt man deutlich, dass die peripherisch vom Bande abgehenden Fortsätze sich zuletzt vielfach wiederum in die fernsten Fädchen auflösen und es unterliegt keinem Zweifel, dass- diese Fibrillen Ner- venfibrillen sind, die Zellen der von Häckel sogenannten knorpeligen Mautel- spange aber Nervenzellen. Wieder tritt in diesen Zellen die faserige Differen- zirung des Inhalts als eine Eigenschaft auf, welche auf die Natur derselben als Ner- venzellen hinweist und dass dieser Hiuweis ein sicherer ist , werden wir noch durch weitere Thatsachen belegen können. Es handelt sich somit in den zwölf Zellen- sträugen der sogenannten Mantelspange um Stränge von Nervenzellen, welche die unmittelbare Fortsetzung sind der den Hörbläschen an und auf- liegenden zwölf Ganglien, und diese wiederum sind nichts anderes als Anhäufungen der trüben Zellenlage, welche an der Leiste der oberen Wand des Schirmrandringes zu finden, und welche als Ring- ganglion bezeichnet worden ist. Dieses Ringganglion liegt auf den zwischen den Hörbläschen gelegenen Strecken des Schirmrandringes in der Tiefe, erhebt sich aber unter jedem Hörbläschen, indem es hier zum Radialganglion anschwillt, bis unter die Oberfläche der äusseren Wand des Schirmrandringes. Jedes Radialganglion sendet somit eine blattartig dünne (wenigstens im proximalen Theile einschichtige) Lage von Zellen, das Spangenganglion, centripetal an der Aussenfläche des Thieres und über das Hör- bläschen nach oben, um nach kurzem Verlaufe spitz zu endigen. — An der Verbin- dungsstelle zwischen Radial- und Spangenganglion traf ich häufig die Kerne auf eine kurze Strecke fehlend, das neurofibrilläre Plasma aber zu einem fadenartigen Strange ausgezogen, ähnlich der ausgezogenen Masse „mürben Teigs" , wie das in Taf. IX, Fig. 11 angedeutet ist. — Zerzupft man das Radialganglion, so erhält man Zellen mit neurofibrillärem Inhalt, ähnlich jenen des Spaugenganglion und zwischen den Zellen findet man einen Filz feinster Fädchen, Nervenfädchen, welche der Auffaserung 219 des Zellinhalts den Ursprung verdanken. Die zwischen den Radien an der Leiste des Schirmrandringes gelagerten trüben Zellen habe ich, wie bemerkt, nicht isolirt zu Gesicht bekommen, und ich schliesse nur nach Analogie , dass das trübe Aussehen ihres Inhalts gleichfalls auf Zusammensetzung aus Neuroplasma zurückzuführen und daraus nur aus ihrem Zusammenhang mit den Radialganglien, dass sie als Strang von Nervenzellen, als Ringganglion aufzufassen seien. Das Spangenganglion liegt, von seiner alsbald zu besprechenden Scheide um- schlossen, unter dem Epithel der aboralen Körperoberfläche. Dieses Epithel hat aber, soweit es das Ganglion bedeckt, eine von dem gewöhnlichen Epithel der Umbrellaaussen- fläche sehr verschiedene Beschaffenheit, indem es, ähnlich dem Nesselzellen führenden Theiie des Schirmrandringes aussehend, wenigstens im distalen Abschnitte mehr- schichtig ist und gleichfalls reichlich Nesselzellen enthält, auch sich durch eine trübe Beschaffenheit auszeichnet. Ueber der Gegend des Hörbläschens angelangt, breitet sich dieses Epithel auf eine grössere, annähernd kreisförmige Fläche aus (Taf. VII, Fig. 3, Hbl; Taf. IX, Fig. 8 ek : hier ist es theilweise weggenommen) und zugleich deckt es das Radialganglion, welchem es unmittelbar aufliegt (vergl. Holzschnitt 30, wo Spg Radialganglion, g das in Rede stehende Epithel bedeutet), um darauf in die übrige Decke des Schirmrandringes überzugehen. Diese nach obenin ein über dem Spangenganglion gelagertes Band sich fortsetzende Epithelplatte zeigt in der Flächen- ansicht eine leicht kuppenartige Wölbung, welche nicht allein dadurch hervorgerufen wird, dass ihr Dickendurchmesser mächtiger ist, als jener des Epithels der Umgebung, sondern vorzüglich durch ihre Auflagerung auf dem Radialganglion. Diese Verhältnisse sind es, welche Häckel dazu Veranlassung gegeben haben mögen, eine Anschwel- lung des Ringnerven anzunehmen , welche eiu in denselben eingeschaltetes Ganglion herstelle. Beim Zerzupfen der Epithelialdecke des Ganglion traf ich in der That Zellen mit neurofibrillärem Inhalt, Zellen, welche sich nach unten und nach der Pe- ripherie hin in ihre Fäden, Nervenfäden, auflösten (Taf. X, Fig. 6) , allein ich bin nicht sicher, inwieweit solche Zellen nicht dem unter dem Epithel gelegenen Radial- ganglion angehört haben konnten, wie ich auch nicht festgestellt habe , ob und in welcher Verbindung beide zusammen stehen. Führt, was allerdings das Wahrschein- lichere ist, auch das Epithel Nervenzellen und steht es durch dieselben mit dem Radialganglion in Verbindung, so würden beide als Ganzes, als Radialganglion im weiteren Sinne aufzufassen sein. Ferner stellt sich aber die Frage, ob nicht doch eine Verbindung dieses Ganglion mit dem Ringnerven, wenn auch nicht in der von Häckel angenommenen Weise, bestehe. Ich habe eine Verbindung zwischen den Nervenzellen des Radialganglion und den Hörnerven , welche hinter demselben auf- 28* 220 steigen, nicht beobachtet. Dem Centralnevven liegt das Ganglion nicht einmal un- mittelbar an (vergl. den Holzschnitt), ebenso liegt die als Ringganglion bezeichnete Zellenlage vom Centralnerven entfernt. Dennoch möchte die Annahme , dass jeden- falls die von den Zellen der Radialganglien austretenden Nerveufädchen mit den Fasern des Ringnerven und speciell mit der Hörnervenabtheilung desselben sich mi- schen, nicht von der Hand zu weisen sein. Auch ist nicht unwahrscheinlich, dass ebenso von den Zellen des Ringganglion feinste Fäserchen abgehen, welche mit dem Centralnerven sich mischen: indessen fehlt mir hierüber jegliche Beobachtung. Wir müssen nun noch einmal zum Spangenganglion zurückkehren, um schliess- lich den Zusammenhang für die complicirt erscheinenden Einrichtungen des bisher behandelten Theils des Nervensystems unserer Meduse zu gewinnen. Wenn man die „Mantelspangen" sammt den Hörbläschen in der früher beschriebenen Weise vom Schirme losgelöst hat , so besteht der losgelöste Theil nicht allein aus dem Zellen- strange, sondern es hängt mit diesem noch ein nach oben sich verschmälerndes und schliesslich, entsprechend dem Verhalten des Zellenstranges selbst , spitz endigendes Band zusammen (Taf. IX, Fig. 9). Aach sonst beobachtet man, besonders an Chrom- kalipräparaten, dass die Spange sich gerne in dieser Weise, bestehend aus dem Zel- lenstrang und einem Blatte durchsichtigen Gewebes, von der Körperoberfläche los- trennt. Dieselbe haftet also nur sehr leicht an dieser an. Betrachtet man nun das so beschaffene Ganze genauer, so wird deutlich, dass es, vom Epithel abgesehen, aus dem Spangenganglion und einer dieses umhüllenden Scheide zusammengesetzt ist. Es liegen die Nervenzellen somit nicht wie diejenigen des Radialganglion unmittelbar unter dem Epithel, sondern sie sind davon durch eine, wenngleich sehr feine Haut getrennt. Diese Scheide kann nichts anderes sein als eine schlauchartige Fortsetzung der die Gallertwand des Schirmrandringes deckenden Cuticula, wie sie auch die Avis- kleidung der Hörsäckchen bildet oder eine Umhüllung , hergestellt aus dieser Cu- ticula und einer dünnen Lage Umbrellagewebes. Dazu, an das Letztere zu denken, kam ich desshalb , weil sich jeweils im Zusammenhang mit dem Zellenstrange ein sehr dünner Theil der Umbrella loslöst *). Man sieiit nun in der aboralen Ansicht bei Anwendung schwächerer Vergrösserungen beiderseits von Spangenganglion eine ihm parallel ziehende Längsstreifüng (Taf. VII, Fig. 3 ; Taf. IX, Fig. 8 u. 9) und diese Streifung erscheint bei dieser Ansicht häufig in eine innere dichtere (Taf. VII, Fig. 3 n) und in eine äussere weniger dichte Parthie (ebenda bei x) geschieden. Die 1) In Holzschnitt 30 ist von der Bedeckung durch ein äusseres Blatt der Cuticula und von etwaiger Be- deckung durch Uinbrellagewebe keine Andeutung gegeben. 221 Streifung ist wohl nur wegen der Undurchsichtigkeit der Zellen nicht auch üher dem Ganglion sichtbar. Wendet man sehr starke Vergrösserungen an und stellt tief auf das Spangenganglion ein, so gewahrt man, dass die früher als Nervenladen bezeich- neten Fortsätze der Zellen desselben (f, Tal'. VII, Fig. 4 u. 5) unmittelbar in einen zunächst dem Spangenganglion gelegeuen Zug von Fasern übergehen. Es liegt am nächsten, diese dem Spangenganglion anliegenden Fasern für Nervenfäden anzusehen und somit einen Spangen nerven anzunehmen, welcher von ausserhalb der Scheide (Taf. IX , Fig. 2 , n) gelagerten Fasern , die Muskelfäden sein könnten, zu unter- scheiden wäre. Indessen habe ich beiderlei Fasern nicht isolirt und bin desshalb nicht im Stande, für diese ihre Qualität entschieden einzutreten, dies um so weniger, als ich auch nicht dazu gekommen bin, mir durch Querschnitte vollständige Gewiss- heit darüber zu verschaffen, ob wirklich zweierlei, in zwei Lagen geschiedene Faden- züge vorhanden sind. Solches hat Häckel angenommen und abgebildet, und zwar, was meiner Voraussetzung entgegengesetzt sein würde , einen inneren Muskel- und einen äusseren Nervenstrang (Spangennerv). Man darf sich nicht verhehlen, dass Muskelfäden auf der Aussenlläche eines Medusenschirmes oder in der peripherischen Gallertschichte desselben immerhin ein so eigenartiges Vorkommniss wären, dass nur der genaueste histologische Nachweis, auf Grund von Isoliren der fraglichen Elemente, davon würde überzeugen können ; auch der Ausgangspunkt dieser Muskelfasern würde noch festzustellen sein. Andererseits liesse sich solcher Apparat durch die Annahme erklären, dass er etwa dazu bestimmt sei, die Spannungsverhältnisse von Wand und Inhalt der Hörbläschen zu reguhren und auf diese Weise einen Hülfsapparat des Hörorgans herzustellen. Fassen wir die geschilderten Thatsacheu noch einmal mit wenigen Worten zusammen: entfernt vom Ringnerven liegt, von den gewöhnlichen Belegzellen des Stützblattes des Schirmrandringes unterschieden, an der an der letzteren sich erhe- benden Leiste eine Lage von plasmareichen , trübe aussehenden Zellen : das Ring- gauglion. Unter und auf jedem Hörbläschen verdickt sich diese unscheinbare Zellenlage zu einer mehr oder weniger entwickelten Zellenanhäufung, dem Radial- ganglion und von jedem Radialganglion zieht ein Band von Zellen radiär an der Aussenfläche des Schirmes, über dem Hörbläschen weg, empor, um bald, spitz zulaufend, zu endigen : das Spangenganglion. Mit diesen Zellenbändern und wohl auch mit den Radialganglien, stehen Fasern in Verbindung, welche in der Um- gebung derselben über den Schirm heraufziehen und welche wahrscheinlich als Spangennerven aufzufassen sind. Während das Ringganglion im Innern des Schirm- randringes verborgen liegt, erheben sich seine Anschwellungen unter das Epithel der 222 Aussenfläche, und deren Fortsetzungen , die Spangenganglien endlich liegen zwar gleichfalls unter diesem, aber in eine Scheide eingeschlossen, welche eine Fortsetzung der Wand des Schirmrandringes ist. Da auch die übrigen au der Cuticularwand des Schirmrandringes gelegenen Zellen wahrscheinlich dem Nervensystem zugehören, da die Epithelwand weit über den Ringnerven hinaus nachweislich Nervenepithel ist, wie sie auch auf den Radialganglien diesen Charakter zu haben scheint , so ergibt sich, dass wir im Schirmrandringe und den von ihm abgehenden Spangen ein System von Zellen und Fasern vor uns haben, welche vorzugsweise dem Nervensystem zu- gehören und tritt der Gedanke nahe, dass die Zellen des ersteren überall mehr oder weniger diesem System dienlich seien, vielleicht auch zwischen den „Füllzellen" ge- legene. Wie die von diesem ganzen Zellencomplexe abgehenden Nervenfädchen überall zusammenhängen, ist zu bestimmen unmöglich; indessen wird ein solcher Zusammen- hang als selbstverständlich angenommen werden und vorausgesetzt werden dürfen, dass die von mir wegen ihrer relativen Sonderung uud aus auf die Beschreibung be- züglichen Gründen mit besonderen Namen belegten Nervenzellengruppen des Schirm- randringes und ihre radialen Ausläufer einerseits und die Faserstränge andererseits, nur Differenzirungen eines Ganzeu darstellen, welche durchaus in innerer Abhängig- keit stehen, wie sie auch aus gemeinsamer zelliger Grundlage hervorgegangen sein müssen. Dabei ist als besonders bemerkenswerth hervorzuheben , dass die Nerven- zellen überall in Strängen oder Bändern, sträng- oder bandförmige Gang- lien bildend gelagert sind, und dass sich nur in geringem Grade ein Anlauf zeigt zu knotenartigen Nervencentren, wie sie sich bei den höheren Thieren finden. VI. Die Hörbläschen. Die Hörbläschen , sonst mit dem mehr indifferenten Namen Sinnesbläschen bezeichnet, gehören eigentlich mit zum Schirmrandringe, sind nur Ausstülpungen desselben in die Umbrella hinein. Die Thatsache, dass sie mit der Wand des ersteren aus der letzteren herausgezogen werden können (Taf. IX, Fig. 9), findet, wie schon erwähnt, ihre Erklärung darin, dass jedes Hörbläschen von einer dünnen Haut um- schlossen wird, die wohl als eine Fortsetzung der oberen Wand des Schirmrandringes, d. i. der dieselbe umkleidenden Cuticula betrachtet werden darf. Es wird also die Höhle in der Umbrella, in welcher das Hörbläschen liegt, von einer dünnen Haut ausgekleidet, der Umh tili ungs haut des Hör bläschens und diese Umhüllungs- 223 haut wird im Zusammenhang mit dem Schinnrandringe aus jener Höhle herausge- zogen. Die Umhüllungshaut des Hörbläschens ist von einem zarten Plattenepithel ausgekleidet (angedeutet in Fig. 25. w, Taf. XII), welches seine Entstehung aus dem Ektoderm noch dadurch anzeigt, dass es dann und wann eine Nesselzelle führt. Die Höhle des Hörbläschens öffnet sich, wie schon beschrieben worden ist, durch eine kreisrunde oder elliptische Oeffnung in die Höhle des Schirmrandringes, und es ist demnach anzunehmen, dass die Epithelialauskleidung des Hörbläschens die direkte Fortsetzung der Zellen des Schirmraudringes sei, wie dessen Stützmembran die Fort- setzung der Haut der letzteren ist, und wie auch die Zellen des Spangenganglion eine Fortsetzung der Zellen des Schirmrandringes sind. Durch die erwähnte Oeff- nung treten die Schenkel von zwei benachbarten Hörnerven ein (Taf. IX, Fig. 9, Taf. XII, Fig. 24) '). Der Eintritt geschieht , wenn man sich das Thier in natür- licher, aufrechter Stellung vor sich denkt, von rechts und von links. Jeder Nerven- strang legt sich an die Wand der Hörbläschenöffnung dicht an, biegt sich in dieses hinein, steigt, an die rechte, bezw. linke Wand desselben dicht angeschmiegt, empor und wendet sich, nahe dem Grund des Bläschens angelangt, in schöngeformtem Bogen nach abwärts zu dem den Otolithen umhüllenden , aus Zellen bestehenden Körper heran (Taf. VII, Fig. 2; IX, 9; X, 2; XII, 1, 5, 24, 25; XIII, 6, 8, 11, Hn). Es fragt sich nun , liegen die Hörnerven innerhalb des Hörbläschens zwischen dessen Stützlamelle und zwischen dem Epithel, oder liegen sie auf dem letzteren, frei in die Höhle des Hörbläschens hineinragend? Man kann diese Frage nicht gerade leicht an durchaus überzeugenden Bildern entscheiden. Das Epithel des Hörbläschens ist so zart, dass man es überhaupt nur an günstigen Objekten zu sehen bekommt und dann erscheiut es meist zweifelhaft, ob es die Hörnerveu überzieht oder nicht. Allein man sieht mit Sicherheit zuweilen Nesselzelleu auf den Nerven aufliegen , besonders nach Einwirkung von Essigsäure (Taf. XII, Fig. 1) und ebenso sieht man dann auch zuweilen deutlich (Fig. 25) die Kerne der Epithelzellen in derselben Lage; desshalb, sowie aus andern Gründen, müssen die Hörnerven als unter dem Epithel, zwischen diesem und der Stützlamelle gelegen betrachtet werden. Die Nerven, welche zuerst richtig beschrieben zu haben das Verdienst Häckels ist, bestehen aus denselben Fäden wie im Schirmrandring, nur sind diese Fäden, wenigstens im oberen Abschnitte der Nerven , etwas dicker als dort. Auch spindelförmige Nervenzellen trifft man noch innerhalb des Hörbläschens zuweilen in die Hörnerven eingeschaltet (welche, bezw. deren Kerne in Fig. 4, Taf. XII und in Fig. 6, 11, 12, Taf. XIII zu sehen 1) Wir bezeichnen dieselben in Zukunft als Hörnerven. 224 sind). Sorgfältige Präparation : Entfernen der Epithelwand und der Zellen des Ra- dialganglion, bezvv. der Füllzellen des Schirmrandringes, zeigt aufs Deutlichste den Verlauf der Nerven so wie ich ihn geschildert habe. Von einem Basal- ganglion, welches, wie Häckel annahm, im Grunde des Hörbläschen liegen und durch welches die Wurzeln der Höruervenschenkel durchtreten sollen, ist nichts zu sehen. — Im Hörbläschen und zwar im oberen Drittel von dessen Innenraum findet sich der Otolith, umschlossen von Zellen, welche, wüe bekannt, von Häckel eben- falls für ein Ganglion erklärt und als Sinnesganglion bezeichnet wurden (Taf. VII, Fig. 2; IX, 9; XII, 24; XIII, 6 Hz und XIII, 8 und 11). Zu dieser Zellenumhül- lung des Otolithen treten von oben und hinten her die zwei Hörnerven: der aus beiden zusammengesetzte Körper ist an ihnen frei aufgehängt. Der durch seinen Zellenmantel durchscheinende Otolith zeigt sich im frischen Zustande als stark licht- brechende Kugel, deren concentrische Streifung auf eine Schichtung oder doch auf eine ungleichartige, in concentrischer Folge angeordnete Beschaffenheit der ihn her- stellenden Substanz hinzuweisen scheint. Er löst sich in Säuren auf, nachdem die concentrische Streifung deutlicher geworden ist und nachdem sich in seinem innersten Theile häufig eine radiäre Strahlung gezeigt hat (Taf. XII, Fig. 3) und es bleibt zu- letzt nur eine zarte Membran zurück, die ihn ursprünglich umhüllt hat und wel- cher nach aussen die Zellen aufliegen. Dagegen sind die letzteren nicht wieder, wie Häckel angibt, von einer besonderen, gemeinsamen Hülle umschlossen. An Chrorn- kalipräparateu, an welchen der Otolith sich aufgelöst, seine Membran sich häufig etwas zusammengezogen hat (Taf. XIII, Fig. 11, w) , sind sie mit der Nadel sehr leicht auseiuanderzuziehen und zu isoliren. Die Art der Endigung der Nerven an den Zellen zeigt sich dann mit ausserordentlicher Klarheit (ebenda). Die Zellen um- geben den Otolithen in einer einzigen Lage. Sie sind cylindrische Elemente, welche mit der meist breiteren äusseren Fläche frei in die Höhle des Hörbläschens gerichtet sind und ihrer Aufgabe nach nichts anderes sein können als die perc ipir enden H ö r z e 1 1 e n. Jede Hörzelle geht nach unten zuletzt in einen Nervenfaden unmittelbar über. Aus ihrer freien äusseren Fläche dagegen tritt ein langer, äusserst feiner Geisselfaden hervor (Taf. XIII, Fig. 7, 9, 11, 12, 15). Die Geis- selfäden ragen von den Zellen aus in die Höhle des Hörbläschens hinein und mögen, frei in einer dieselbe ausfüllenden Flüssigkeit schwebend, dessen Wand berühren. Sehen wir weiter zunächst zu, wie die Hörnerven sich als Ganzes zu der Lage der Hörzellen verhalten. Nachdem sie im hinteren, oberen Abschnitte der Zellhülle dicht nebeneinander augekommen sind, treten ihre Fasern zwischen die percipirenden 225 Zellen jener Gegend ein und verbreiten sich, indem sie sich theilweise kreuzen, di- vergirend nach allen Seiten über die ganze Oberfläche der den Otolithen umschlies- senden Haut (Fig. 11). Näher an der Stelle des Nerveneintrittes oder weiter von ihr entfernt — denn jede Zelle wird versorgt — biegt sich je eine Faser nach auf- wärts um und geht in eine der Hörzellen über. So liegt die Ausbreitung der Hör- nervenfasern zwischen der Otolithenkapsel und den Hörzellen, und diese werden von jenen versorgt, indem sie zuerst zwischen ihnen durch und dann von unten an sie herantreten. Die Hörzellen selbst (Taf. XIII, Fig. 7, 9, 11, 12, 15) zeigen weiter folgende Eigenschaften : ihre frei dem Hohlräume des Hörbläschens zugekehrten Endflächen sind bald von ansehnlicher Breite, bald sehr schmal, fast stabförmig; ebenso ist die Gestalt der ganzen Zelle bald nahezu kubisch, bald kürbisflaschen- oder becherzellen- ähnlich, wobei der in jeder Zelle gelegene grosse, ellipsoidische Kern häufig den aus- gebauschten Theil derselben vollständig erfüllt, während der plasmatische Zellinhalt als umgekehrte, langgezogene Pyramide oder als dünner, stabförmiger Fortsatz dieser Ausbauschung nach oben aufsitzt, Verschiedenheiten, welche daher rühren, dass die Zellen, sämmtlich mit allen ihren Flächen dicht aneinanderliegend, sich in allseitiger Ausdehnung beschränken , während doch die äussere Endfläche einer jeden frei in den Raum des Hörbläschens hineinsehen will. Sind die Zellen auch unten, am auf- sitzenden Ende, nicht spitz, sondern breit, so tritt der Nervenfadeu an eine der Kanten der Zellbasis heran (Fig. 7, b, c, d; Fig. 9, c). Der Zellinhalt erscheint an Chrom- kalipräparaten feinkörnig. Eine besondere Eigenthümlichkeit zeigt er im Aussentheil der Zellen. Sei dieser breit oder von ganz geringem Durchmesser , stets bietet er eine obere Endfläche von gewisser Ausdehnung dar und die Endflächen aller Hör- zellen zusammen bilden daher die Kugeloberfläche des den Otolithen umhüllenden Zellmantels. Mit starken Vergrösserungen lassen sich nun im äussersten Theile einer jeden Zelle gegen deren Endfläche hin und zu ihr senkrecht gestellt einige sehr kurze und feine Strichelchen erkennen , wie feinste stabförmige Differenzirungen des Zellinhalts (Fig. 7, b, c; 9, c, d u. Fig. 15). Von einem dieser Stäbchen, welches in der Mitte der Zellenendfläche gelegen ist , geht der sehr lauge Geisselfaden aus, unmessbar fein schon unmittelbar nach seinem Austritt, aber vollends gegen sein freies Ende hin zu so unendlicher Feinheit sich gestaltend , dass er selbst mit den stärksten Vergrösserungen kaum bis zu seinem Ende hin verfolgt werden kann. Die Fäden sind nicht starr , • sondern im Gegentheil äusserst biegsam. Mittelst der stärksten Vergrösserungen gelingt es nun zuweilen weiter, den Geisselfaden in die Zelle hinein zu verfolgen. Das mittlere der Basalstäbchen , dessen Fort- 29 226 sctzung er nach aussen bildet, erstreckt sich manchmal ziemlich weit in der Zelle nach abwärts und von seinem unteren Ende ab setzt sich der Faden , ebenso fein wie nach aussen, nach innen, bezw. unten, gegen den Kern hin fort. In den mei- sten Fällen ist das mittlere Stäbchen von den übrigen nicht unterschieden und der feine Faden beginnt jetzt unmittelbar unter der Endfläche der Zellen (Fig. 9, b, c, d; Fig. 15). Zuweilen glaubte ich den Faden im weiteren Verlaufe in den Kern hinein verfolgen zu können. Dagegen sah ich an Chromkalipräparaten im Zellinhalt hiiufig deutlich mehrere feinste Fäden auf kürzeren oder lungeren Strecken und in verschiedenen Richtungen, theilweise sich durchkreuzend, hinziehen, durchaus von derselben Beschaffenheit wie der Geisselfaden (Fig. 9, c). Und ganz dasselbe Verhalten schien mir im Keine vorzukommen. So kam mir immer wieder der Verdacht, ich könnte bei jener Auffassung dadurch ge- täuscht worden sein, dass der Faden, welcher die unmittelbare Fortsetzung des Geisselfadens bildet, nicht unmittelbar in den Kern eingetreten war, sondern auf demselben gelegen hatte; dass er vielleicht zuerst in verschiedenen Richtungen in der Zelle herumzöge, um erst später in den Kern einzutreten und sich hier in der- selben Weise wie im Zellinhalt zu verhalten, indem er auch hier complicirt verlaufe. Der naheliegende Ge- danke, dass er tieh im Zellinhalt wie im Kerne in das gewöhnliche Fadennetz des Protoplasma fortsetze, würde mit der Beobachtung nur dann sich vertragen, wenn man annehmen wollte, dass er sich trotz solcher Verbindung wenigstens streckenweise besonders ausgeprägt und in selbständigem Verlauf erhalte. Da ich die bezüglichen Untersuchungen gemacht habe, noch bevor ich meine inzwischen veröffentlichten neuen, ge- naueren Beobachtungen über das Fadennetz im Kerne anderer Zellen angestellt hatte ') und bevor ähnliche Beobachtungen von Anderen gemacht waren, so habe ich diese Frage näher zu prüfen nicht Veranlassung genommen. Allerdings würde es eigenthümlich sein, wenn der Geisselfaden einer Hörzelle von Carmarina sich in dieser Beziehung so ganz anders verhielte als derjenige der ' Sinneszellen der Toponeuren. Dies, weil das Verhalten in Beziehung auf das Austreten des Fadens in beiden Fällen ganz dasselbe ist. Man sieht unterhalb des Kerns in den Hörzellen von Carmarina ebenso wie in den Sinneszellen der Toponeuren häufig deutlich einen Faden , welcher genau so beschaffen ist, wie der im oberen Theile derselben sichtbare, als Fortsetzung des Geisselfadens beschriebene, vom Kerne au direkt in den früher als Nervenfaden der Zelle bezeichneten Ausläufer hineintreten (Taf. XIII, Fig. 9, c, ß), sei es dass dieser als die Fortsetzung des unteren sich spitz ausziehenden Endes der letzteren erscheint oder dass er von irgend einer Stelle der breiten Zellbasis aus ausgezogen sei. Es zeigt sich nun aber ferner, dass dieser Ausläufer nicht als Ganzes als Nervenfaden bezeichnet werden kann: er besteht aus Hülle und Inhalt. Die Hülle geht unmittelbar über in die Aussengrenze der Zelle. Den Inhalt bildet eben jener feine Faden, der Nervenfaden. Somit sind in dieser Beziehung ganz dieselben Verhältnisse vorhanden, wie sie im Vorstehenden von Ektodermzellen von Cyanea capillata be- schrieben worden sind. An der Hülle beobachtete ich dann und wann, öfters an mehreren Stellen hintereinander, nach einer Seite hin platte, zipfelartige Fortsätze, 1) Vergl. die Arbeit: Weitere Nachrichten über den Bau des Zellkerns etc. a. a. 0. 227 ähnlieh wie an den Bindegewebsfasern /. B. von Aurelia aurita und von Beroe ovatus, wo sie die gegenseitige Verbindung dieser Fasern vermitteln '). Ein ähnlicher Zweck mag auch bei unseren Nervenhüllen gegeben sein (Fig. 9, a). Durch das Vorhandensein einer deutlichen Hülle um die Fäden der Hörnerven ergibt sich nun auch die Erklärung einer schon berührten Eigenthümlichkeit, welche beim Isoliren derselben alsbald in die Augen fällt, wenigstens sofern man ihren peripherischen Abschnitt zur Untersuchung bringt: der That- sache, dass die Fäden hier um ein Deutliches dicker sind als diejenigen, welche den Ringnerven zusammen- setzen. Und ferner erklärt sich wohl dadurch auch die weitere Thatsache , dass sie selbst an Chromkali- präparaten nicht leicht varikös erscheinen wie jene. Die Ursache dieser Verschiedenheiten ist augenscheinlich die, dass den Fibrillen des Kingnerven eine Hülle durchaus fehlen oder dass sie, wenn vorhanden, doch von ausserordentlicher Zartheit sein muss, während sie an jenen der Hörnerven viel dicker ist. Daher resultirt, abgesehen von den angegebenen Eigenthümlichkeiten, auch ein stärkeres Lichtbreehungsvermögen der letzteren. Die wesentlichste der mitgetheilten Thatsachen ist die, dass in jede Hörzelle ein Nerveufaden eintritt, welcher bis zum Kern hin verfolgt werden kann und wel- cher, wahrscheinlich durch diesen hindurchtretend, zuletzt in den Geisselfaden der Hörzelle sich fortsetzt. Der genetische Zusammenhang der Hörzellen mit der Zellenauskleidung' des Hörbläschens und mit der Zellenbedeckung des Ringnerven, also ihre — übrigens selbst- verständliche — Ektodermnatur gibt sich auf sehr hübsche Weise auch dadurch zu erkennen, dass man zwischen ihnen zuweilen da oder dort eine Nesselzelle an- treffen kann (Taf. XII, Fig. 1, 25; Taf. XIII, Fig. 8). Diese Thatsache stimmt zu- gleich damit überein, dass das Epithelium des Hörbläschens, in welchem sich, wie erwähnt wurde, gleichfalls Nesselzellen finden , die Hörnerven bedeckt : wahrschein- lich bedeckt es sie auch da, wo sie sich gegen den Otolithen herabbiegen vollstän- dig, um zuletzt auf dem letzteren zu Hörzellen zu werden. Somit würden die letz- teren nichts anderes " sein , als eine Modification des das Hörbläschen auskleidenden Epithels. Die Umkleidung auch der zum Otolithen herabsteigenden Fortsetzung der Hörnerven mag die Ursache davon sein, dass man zuweilen, besonders nach An- wendung von Essigsäure, in jener Gegend eine grössere Anzahl von Kernen sieht, welche leicht die Meinung erregen könnten, als liege dort ein Häufchen Zellen, etwa zu einem Ganglion vereinigt, beisammen (Taf. XII, Fig. 5, K). — Eine andere, sehr auffallende Thatsache, die mir nach Einwirkung von Essigsäure auch an den Hör- organen anderer Cycloneux-en begegnet ist, mag hier Erwähnung finden. Nachdem starke Essigsäure die Hörzellen und deren Kerne vollkommen unsichtbar gemacht hat, beobachtete ich an deren Stelle häufig kleine, glänzende, wie krystallinisch aus- 1) Man vergleiche meine Abhandlung über Beroe ovatus Taf. V, Fig. 47; Taf. VII, Fig. 69, b1 und Taf. VIII, Fig. 78. 29* 228 sehende Körnchen, welche nicht ordnungslos, sondern in der Weise vertheilt waren, dass ich annehmen musste , sie seien einzeln oder zu mehreren ursprünglich etwa in die Hörzellen eingeschlossen gewesen (Taf. XII, Fig. 5, p). Bei einer Thauman- tias, wo sie einzeln lagen , massen die grössten nahe an 0,002 mm. Bei anderen Formen traf ich ein einziges Körnchen an, aher immer an derselben Stelle, oberhalb des Otolithen, offenbar ursprünglich gleichfalls in eine Zelle eingeschlossen (Aegineta, Rhopalonema), und von ihm aus liess sich dann zuweilen wie ein starres, feines Fäd- chen nach aufwärts verfolgen (Rhopalonema velatum). An derselben Stelle sah ich nun auch einzelne Körnchen bei Carmarina manchmal besonders deutlich, noch bevor die Kerne geschwunden waren, und sie schienen dann , was ich übrigens nicht hin- reichend festgestellt habe, in diesen zu liegen (Taf. XII, Fig. 25, k). Es tritt der Gedanke nahe, dass es sich in diesen Körnchen um eine Art feinsten Hörsandes han- deln möchte, welcher etwa die Reizung des die Hörzelle durchziehenden Hörnerven- fädchens in Folge von Erschütterung vermehre. Die Sinnesbläschen der Geryoniden sind bisher in verschiedener Weise von verschiedeneu Forschern gedeutet, zuletzt noch von Häckel eingehender besprochen worden. Häckel stellt die früheren Ansichten zusammen1). Gegenbaur glaubt sie, bei den Geryoniden wie bei den übrigen Cycloneuren , zwar für Sinnesorgane, aber nicht bestimmt für Hörorgane erklären zu dürfen , weil den in ihnen einge- schlossenen Coucretionen die freie Beweglichkeit abgeht , welche sich sonst bei den analogen Otolithen niederer Thiere allgemein findet2). Leuckart dagegen erklärt die Sinnesbläschen seiner Geryonia exigua (Liriope ligurina (Häckel) für Hörorgane3). Fritz Müller endlich hält die Sinnesbläschen der Liriope catharinensis und der Cycloneuren überhaupt mit Agassiz für Sehorgane. Häckel fügt bei, es stimmen die drei genannten Forscher in der anatomischen Beschreibung der Sinnesbläschen der Geryoniden überein , während sie in der Deutung derselben weit auseinander gehen. Doch seien sowohl diesen Dreien, als auch allen anderen Beobachtern, die noch die Sinnesbläschen der Geryoniden untersucht haben , mehrere höchst wesent- liche anatomische Verhältnisse im Innern derselben entgangen, welche ihm für deren Deutung als Sinnesorgane von dem grössten Gewicht zu sein schienen. Er führt als diese von ihm aufgedeckten Verhältnisse an : sein Basalganglion, die Sinnesnerven, ein Sinnesganglion und bemerkt dazu: was die Deutung der Sinnesbläschen (Rand- 1) Häckel, Rüsselquallen, S. 54 fi'. 2) Gegenbaur, Bemerkungen über die Randkörper der Medusen, Müller's Arohiv 1856. S. 234. 3) Leuckart, Beiträge zur Kenntniss der Medusenfauna von Nizza. Arch. f. Naturgesch. 185G. 229 körperchen, wie er sie nennt) angehe, so werde zunächst durch seine Beobachtungen deren Stellung als Sinnesorgane nur befestigt; was aber die speciellere Feststellung der Sinnesqualität betrifft, so scheine ihm diese dadurch nach keiner Richtung be- stimmter bezeichnet zu werden. Im Gegentheil glaube er, dass damit nur die we- sentliche Differenz dieser Randbläschen von anderen ähnlichen Sinnesorganen nie- derer Thiere (Würmer, Mollasken) noch mehr bestätigt und ausdrücklich hervorge- hoben werde. Da das concentrisch geschichtete Concrement, welches gewöhnlich als Otolith aufgefasst wird, ganz in der zelligen, von ihm als Sinnesganglion gedeuteten Blase eingeschlossen sei und ausserdem die Nervenfasern rings um dasselbe inner- halb jener Zellenmasse auszustrahlen scheinen, so springe die auffallende Verschie- denheit dieses Organs von den mit frei beweglichen Otolithen versehenen Hörbläschen anderer niederer Thiere sofort in die Augen. Weder die morphologischen, noch die physikalischen Verhältnisse jenes Apparates lassen eine direkte Vergleichung mit letz- teren zu. Noch weniger könne die Ansicht befriedigen , dass die Sinnesbläschen Augen seien. „Die Deutung der Sinnesorgane niederer Thiere" fährt Häckel fort, „gehört ohne Zweifel zu den schwierigsten Objekten der vergleichenden Physiologie und ist der grössten Unsicherheit unterworfen. Wir sind gewohnt , die von den Wirbelthieren gewonnenen Anschauungen ohne Weiteres auch auf die wirbellosen Thiere der verschiedenen Kreise zu übertragen und bei diesen analoge Sinnesorgane anzunehmen, als wir selbst besitzen. Und doch ist viel wahrscheinlicher , dass hier wesentlich andere Sinnesempfindungen zu Stande kommen, von deren eigentlicher Qualität wir uns keine bestimmte Vorstellung machen können; wie es z. B. sehr wahrscheinlich ist, dass die Empfindung der Licht- und Schallwellen, für welche bei den höheren Thieren verschiedene Organe differenzirt sind , bei den niederen an ein und dasselbe Sinnesorgan , natürlich in unvollkommener Ausbildung, gebunden vor- kommen. Als ein solches „gemischtes Sinnesorgan", über dessen eigentliche Funk- tion wir uns natürlich vorläufig jeder bestimmteren Vermuthung enthalten müssen, möchte ich auch die Randkörper eines gi'ossen Theils der Medusen und namentlich die sogenannten „Randbläschen" bei den Geryoniden, Trachynemiden etc. betrachtet wissen." Wie wir gesehen haben, hat Häckel zwar Recht, wenn er sagt, dass allen früheren Beobachtern höchst wesentliche Vei-hältnisse der Raudbläschen, welche für ihre Deutung vom grössten Gewicht sind , entgangen seien und er selbst hat aller- dings das Verdienst, die Sinnesnerven nachgewiesen zu haben ; allein die für die Deu- tung der Sinnesbläschen wesentlichsten Verhältnisse sind auch ihm verborgen ge- blieben : solange als die percipirenden Endzellen der Sinnesnerven nicht bekannt, oder in dieser Eigenschaft nicht erkannt waren, konnte selbstverständlich von einer rieh- 230 tigen Auffassung der Sinnesorgane keine Rede sein. So ist es auch wohl verständ- lich, dass Häckel zu der Ansicht kam, es möchte sich in denselben handeln um Organe , in welchen Sinnesempfindungen zu Stande kommen , von deren eigentlicher Qualität wir uns keine Vorstellung machen können, um „gemischte Sinnesorgane", über deren eigentliche Funktion wir uns vorläufig jeder bestimmteren Vermuthung enthalten müssen. Nach meinen Beobachtungen dagegen kann es nicht mehr zweifelhaft sein, welcher Sinnesqualität Vertretung unserem Organ zukommt: es ist ein Hörorgan. Freilich ist dieses Hörorgan sehr eigenartig gebaut, nach einem ganz anderen Schema als die Hörorgane anderer niederer Thiere , z. B. der Würmer und Mollusken. Der Hörstein ist unbeweglich in einer Kapsel eingeschlossen. Es ist nicht möglich, dass Erschütterungen desselben die Vermittelung der Uebertragung der Schallwellen auf" die percipirenden Zellen besorgen. Dagegen ist augenscheinlieh , dass die in den mit Flüssigkeit gefüllten Hörbläschen schwebenden, laugen und feinen Geisselfäden der letzteren, die Hörhaare, von den durch Erschütterung von aussen veranlassten Bewe- gungen dieser Flüssigkeit ergriffen werden und die Erschütterimg in die Zellen leiten müssen. Da wegen der Länge der Haare anzunehmen ist , dass sie der Wand des Hörbläschens anliegen, so wird auch unmittelbar die Erschütterung dieser auf jene übertragen werden können. Dem Hörsteine kann dabei nur die Bedeutung zuge- schrieben werden , dass er , indem er einen festen Rückhalt für die Zellen bildet, deren Mitbewegung bei der Erschütterung verhindert, einen Anprall der Wellen- bewegung an dieselben, beziehungsweise an die Hörhaare ermöglicht und so deren Wirkung verstärkt. Wir haben somit im Princip hier dieselben Einrichtungen, welche, wie noch besprochen werden soll, bei den toponeuren Medusen bestehen, nur mit dem Unterschiede, dass dort die Hörhaare fehlen und dass statt eines Hör- steins zahlreiche Hörkrystalle vorhanden sind. VII. Untere Schirmoberfläche, deren Epithelien, Muskel- und Nervenelemente. Muskulatur. Häckel hat mitgetheilt, dass das contractile Gewebe des Geryo- nidenkörpers in zwei verschiedenen Formen auftrete, als quergestreifte und glatte Mus- kulatur. Es sollen nach ihm die glatten Muskelfasern ausschliesslich das contractile Gewebe der radialen Haupttentakeln und zum Theil auch der Magenwand bilden, wäh- rend die quergestreiften dasjenige aller übrigen Körpertheile zusammensetzen. Ich 231 habe genauer nur die Muskulatur der Unterfläche des Schirmes untersucht , kann aber für diese die Angaben Hack eis bestätigen. Nur bin ich nicht überall ein- verstanden mit der Beschreibung, welche dieser Forscher von den Muskelelementen gibt. Insbesondere sind ihm die Beziehungen entgangen , welche die quergestreifte Muskulatur zu den Epithelieu hat. Verhältnisse, die, wie wir sehen werden, von be- sonderer morphologischer und physiologischer Bedeutung sind. In Betreff des Vor- kommens der beiden Arten von Muskelelementen wird man sich am übersichtlichsten äussern, wenn man sagt: es sind an der oralen Fläche des Schirmes von Carmarina nach zweierlei Richtungen angeordnete Muskelelemente vorhanden, radiäre und cirkuläre. Die radiären sind von glatten, die cirkulären fast sämtntlich von quer- gestreiften Elementen gebildet. Die cirkuläre, quergestreifte Muskulatur belegt auch die Unterfläche der Stütz- lamelle des Veluni, setzt sich aber nicht unmittelbar auf die Unterfläche des Schirmes fort, vielmehr findet sich, wie früher erwähnt worden ist, an der Grenze zwischen Segel und Schirnn-and eine muskelfreie Stelle , die sich also um den Umfang des Schirmrandes herumziehen muss. Von der Unterfläche des Schirmes bedeckt die cirkuläre Muskulatur nur den Abschnitt, welcher bis zu den Genitalblättern hinreicht, vollkommen. Von da an sind die vorher zwischen ihr und dem Deckepithel einge- schlossenen Radialmuskelstränge (Taf. X, Fig. 10) dem Gallertgewebe der Umbrella unmittelbar aufgelagert. Ausser den quergestreiften , alsbald näher zu beschreiben- den Muskelelementen von Schirm und Veluni traf ich im Schirmrandring, das Ring- gefäss begleitend, bei anderen Cycloneuren (Sarsia) einen aus glatten, spindelförmigen Elementen zusammengesetzten Muskelbelag und derartige Muskelelemente habe ich, wenngleich spärlich, in jener Gegend auch bei Carmarina bei Gelegenheit des Iso- lirens der Theile des Schirmrandriuges zuweilen zu Gesicht bekommen , ohne dass ich sie nach Lage und Beschaffenheit näher untersucht hätte. Die radiären , aus glatten Elementen zusammengesetzten Muskeln der Sub- umbrella sind in zwölf Zügen angeordnet, sechs in der Fortsetzung der Tentakel in der Mittellinie der Unterseite der Radiärgefässe verlaufenden, welche ich als mediale bezeichnen will (Taf. XI, Fig. 4, m. Fig. 5, x) und sechs seitlich davon in derselben Richtung ziehenden, lateralen (ebenda bei 1). Beide zeigen in Beziehung auf die Ausdehnung ihres Verlaufs ein verschiedenes Verhalten. Nur die ersteren sind bis zum Schirmrande hin zu verfolgen und strahlen dort sogar in die Tentakel hinein aus, wo ich ihrer ferneren Verbreitung nicht nachgegangen bin. Sie liegen dabei dicht unter dem Epithel der Schirmuuterfläche , wie schon bemerkt, zwischen diesem und der cirkulären Muskelschichte (Taf. X, Fig. 10, Rm). Ihre Fortsetzung im Bereich 232 des Magenstiels habe ich gleichfalls histologisch nicht untersucht, an den wie er- wähnt behandelten Präparaten lässt sich aber als solche ein Streifen verfolgen, welcher bis gegen das untere Ende desselben auf jedem Radiärgefäss hinzieht. (Taf. XI, Fig. 5, m.) Es sind unzweifelhaft diese sechs mittleren Radiärmuskelstränge, welche Häckel als Radialnerven beschrieben und abgebildet hat: dass dem so ist, geht deutlich aus den Abbildungen dieses Forschers hervor l) , obschon derselbe an- gibt, dass seine Radialnerven nicht auf, sondern unter der cirkulären Muskulatur liegen. Radialnerven, wie sie Häckel annimmt, existiren also in Wirklichkeit nicht, dass es sich in den Strängen um Muskelbündel handelt, kann unschwer durch Iso- liren der sie zusammensetzenden Elemente nachgewiesen werden. Nach Behandeln mit Ueber osmium säure tritt der mittlere radiäre Muskelstrang in schwarzer Färbung ganz besonders deutlich hervor. Die zwei lateralen bleiben gewöhnlich blasser. Diese letzteren schliessen den mittleren von beiden Seiten ein (Taf. XI, Fig. -i u. 5, 1), ziehen parallel mit ihm , haben jedoch nach oben und nach unten mit ihm nicht dieselbe Ausdehnung. Unten beginnen sie erst eine Strecke weit oberhalb des Schirmrandes in der Höhe der unteren Grenze der Genitalblätter (Taf. XI, Fig. 5, 1). Nach oben werden sie nicht schmäler wie der mittlere Strang , sondern vielmehr breiter und von da an, wo dieser sich verschmälert, nähern sich beide, um sich an- einander zu schliessen, zu vereinigen, und als ein Band je über den Magenstiel bis zu dessen unterem Ende hin nach abwärts zu ziehen (die longitudinalen Stielmus- keln Häckels). Bau der Muskelelemente. Die glatten Muskelelemente bestehen überall aus langen, beiderseits zugespitzten, also spindelförmigen Fasern , deren Dicke die- jenige der Nervenfibrillen um ein Bedeutendes übertrifft (Taf. XI, Fig. 8). Auch zeigen sie ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen als diese. Indessen liefert zuweilen doch erst die Isolirung völlige Sicherheit darüber, was man vor sich hat. Bei anderen Cycloneuren, z. B. bei Sarsia, traf ich stets an der einen Seite wenigstens der tief- gelegenen Fäden ein Lager oder eine Anhäufung von Plasma , einen Kern einschlies- send. Bei Carmarina habe ich Aehnliches nicht beobachtet , halte jedoch dafür, dass dieselben Einrichtungen an unverletzten Fasern jedenfalls in den jüngeren Le- bensstadien hier ebenso ausgebildet vorhanden seien , wie sie denn thatsächlieh nichts anderes als eine Modification oder ein Proliferation sprodukt der alsbald zu besprechenden neurofibiillären Deckzellen darstellen, mit diesen somit gleichen gene- 1) a. a. 0. Taf. I, Fig. 1, 8 a'j Taf. VI, Fig. 72, ar. 233 tischen Ursprungs sein müssen. Nur wäre es möglich , dass im höheren Alter da oder dort der plasmatische Theil au den contractilen Fäden mehr zurücktritt. Ich komme auf diese Verhältnisse später noch zu sprechen. Die quergestreiften Muskelelemente zeigen da, wo ich sie genauer untersuchte, nämlich an der Unterfläche des Schirmes, sehr bemerkenswerthe Eigen- schaften , stehen hier ebenso wie bei den Toponeuren mit den Deckzellen in orga- nischer Verbindung, und lassen sich von diesen daher in der Beschreibung nicht trennen. Indessen sind die Bauverhältnisse dieser Neuro muskelzellen gegenüber den den Toponeuren zukommenden sehr eigenartige. Die Zellen erscheinen in der Ansicht von der Unterfläche des Schirmes her annähernd spindelförmig (Taf. XII, Fig. 6, 9, 20), mit der längsten Ausdehnung der Spindel radial gelagert1). Ent- fernt man einige der deckenden Zellen , so sieht man darunter Muskelelemente senkrecht zur längsten Ausdehnung des Querschnittes derselben verlaufen und zwar so, dass jede Zelle von mehreren Muskelelementen gekreuzt wird (Taf. XII, Fig. 6). Isolirt man die Deckzellen, so bleiben die letzteren an ihnen hängen und bilden mit ihnen in sehr eigenthümlicher Weise ein Ganzes. Zum Zweck der Beschreibung denken wir uns isolirte Deckzellen in der Richtung von m , Taf. XII, Fig. 6 von ihrer breiten Seitenfläche her gesehen. Dieselben erscheinen so in folgender Gestalt: ein im optischen Durchschnitt quadratischer oder rechteckiger Zellkörper (Taf. XII, Fig. 2, 7, 13, 17, 22) ist unten, da wo er die freie Oberfläche der Ektodermlage mit bilden hilft, scharf abgeschnitten, oben, an der entgegengesetzten, der Muskel- schichte zugekehrten Seite , mehr oder weniger stark ausgebuchtet oder ausge- zackt. In den Buchten und auf der Höhe der diese Buchten begrenzenden Fortsätze sieht man nun in der gegebenen Ansicht eigenthümliche, stumpfe, an der Basis häutig gekrümmte, stabähuliche Bildungen, meist annähernd von der Höhe der Zelle selbst, und ziemlich dick in grösserer Anzahl — bis 15 und mehr — aufsitzen, so dass ein Bild hervorgebracht wird, welches man ungefähr mit einer Flimmerzelle vergleichen könnte, die statt der feinen Wimperhaare grobe Stäbe tragen würde. Erst die An- sicht von einer der schmalen Seitenflächen der Zellen, von z Fig. 6, Taf. XII her, zu- sammengestellt mit dem Geschilderten , gibt Aufschiusa über den eigenartigen Bau des Ganzen (Taf. XII, Fig. 11, 16, 21): die Deckwellen haben etwa die Gestalt kurzer , hoher Wetzsteine ; quer über die aborale Fläche jeder derselben ist eine Anzahl von Muskelbändern gestellt, wie sie in Fig. 11, 16, 18, 20, 21 ganz oder 1) Zum richtigen Verstündniss ist Fig. 6 in derselben Lage zu denken wie Fig. 20 , also um 90 Grad gedreht. 30 2U in Stücken abgebildet sind. Die Bänder sind an beiden Enden entweder abgerundet oder zugespitzt; sie stehen mit der schmalen Kante theils auf den beschriebenen Fortsätzen der aboralen Zellenoberfläche, welche als quer über diese gezogene Leisten aufgefasst werden müssen, theils stehen sie in den Rinnen zwischen diesen Leisten. Ansichten wie die in Fig. 11, 16, 21 wiedergegebenen zeigen, dass die Zellen und die Muskelbänder miteinander durchaus Eins sind, so zwar, dass das Plasma der ersteren sich auf die (in natürlicher Lage) untere Kante eines jeden Bandes fortsetzt und hier zuweilen in dessen ganzer Ausdehnung zu verfolgen ist. Es fragt sich nun, ist wirklich jede einzelne Zelle mit zahlreichen Muskelbändern organisch ver- bunden oder bildet sie nur mit einem einzigen derselben eine Einheit , während die übrigen von benachbarten Zellen her nur übergreifen und vielleicht sekundär erst mit den Nachbarn in Verbindung treten. Dass ein Uebergreifen je eines Muskel- bandes auf mehrere Zellen statthaben muss, ist wegen des grossen Unterschiedes im Breitendurchmesser der Zellen und im Längendurchmesser der Bänder selbstver- ständlich und so möchte man zu der Auffassung hinneigen , dass zu jeder Zelle nur je ein Muskelband ursprünglich organisch gehöre , mit ihr ein Ganzes bilde. Dem scheint aber die Verbindung aller Bänder mit je einer Zelle direkt zu widerspre- chen. Auch wäre der dritte Fall möglich , dass nicht alle über eine Zelle weglau- fenden Muskelbänder, aber doch mehrere derselben zu dieser organisch gehören. Mag dem sein wie ihm wolle , jedenfalls haben wir in diesen eigenartig gebauten Elementen nach Analogie der bei anderen Medusen beschriebenen Verhältnisse Neuro- muskel zellen vor uns. Diese Zellen bieten nun aber noch nach anderer Rich- tung hin höchst bemerkenswerthe Eigenschaften dar , die mehr als die schon ge- schilderten beweisen, dass wir es in ihnen thatsächlich mit Apparaten zu thun haben, welche im Dienste des Nerven- und des Muskelsystems zugleich stehen. Bei starker Vergrösserung und besonders nach Anwendung schwacher Essigsäurelösungen auf das frische Objekt, sowie an Chromkalipräparaten, lässt sich häufig erkennen , dass die Körnchen des Plasma des Deckzellenkörpers nicht wirr durcheinander Hegen , dass sie vielmehr parallel nebeneinander, von unten nach oben ziehende Reihen darstellen, als ob sie den Weg feinster variköser Fädchen bezeichnen würden (Taf. XII, Fig. 13, 15, 22). Es lassen sich diese Fädchen bis an die aborale Zellgrenze und zuweilen bis in das äusserste Ende der Fortsätze hinein verfolgen, welche die zackige Beschaffen- heit dieser Grenze verursachen (Taf. XII, Fig. 13). Betrachtet man die Zellen mit starken Vergrösserungen von einer der Endflächen aus oder im optischen Querschnitt, so sieht man den Zellinhalt durchsetzt von wirr durcheinander laufenden Fadenzügen, welche dem Querschnitt jener Längsfaserung entsprechen (Taf. XII, Fig. 9). W i r 235 haben somit in dem Deckenthei-I unserer Neuromuskelzellen ganz dieselbe Eigenschaft, welche ich von den Besenzellen des Schirmrandringes beschrieben habe: ihr Inhalt ist fa- denartig differenzirt, in neurofibrilläre Substanz, in Neu r o- plasma umgewandel t. Die Muskelbänder erscheinen im frischen Zustande, wenn nicht überall, so doch an manchen Stellen deutlich quergestreift (Taf. XII, Fig. 15 u. 18). An Chronikali- präparaten dagegen zeigen sie nicht nur überall eine durchaus schöne Querstreifung, sondern zerfallen auch der Länge nach in Fibrillen, welche aus abwechselnd hellen und dunkeln Theilehen zusammengesetzt, verhalten sich also ganz wie die quergestreiften Muskelfasern der höheren Thiere. Leider bin ich nicht dazu gekommen, an Chrom- kalipräparaten nachzusehen, in welcher Art Beziehungen zwischen den Querstreifen des Mnskelbandes und der Streifung der Nervenzelle vorhanden seien: an frischen Objekten trat mir die Thatsache auffallend entgegen, dass die eine häufig geradezu als die Fortsetzung der anderen aufzutreten schien. Es möchten hier histologisch äusserst wichtige Verhältnisse aufzudecken sein. Die Ektodermzellen, welche den Radiärmu skelzügen und den der Muskulatur entbehrenden Bezirken der oralen Oberfläche des Schirmes aufliegen. Untersucht man den Ektodermzellenbelag der Radialmus- keln in dem der cirkulären Muskulatur entbehrenden Theile des Schirmes oder auch das Epithel der oralen Schirmfläche in deren Nähe , so begegnet man höchst be- ul erkenswerthen Verhältnissen. Es sind die hier gelegenen Deckzellen im Gegensatz zu den soeben von der cirkulären Muskulatur beschriebenen sehr niedrig , nahezu platt. Ihre Gestalt ist nicht eine bestimmte; im Ganzen ist sie wohl meist an- nähernd spindelförmig, aber stets bedingt durch die alsbald zu beschreibenden, von ihnen abgehenden Ausläufer (Taf. X, Fig. 1, ö, 4, S, 13). Das Eigenartige liegt im Inhalt dieser Zellen, welcher wie aus lauter feinsten Fäden zusammengesetzt er- scheint, die bald in mehr concentrischen Zügen, bald wirr durcheiuanderziehen, stets aber an den Rändern und an der Unterfläche der Zellen in grosser Menge austreten und daher diesen dort ein durchaus zerfasertes Aussehen verleihen. Es besteht dieser Inhalt somit aus Neuroplasma: er löst sich, ganz wie ich dies von den Besenzellen des Schirmrandringes beschrieben habe, in feinste Fädchen auf, welche ihrer varikösen Beschaffenheit nach nichts an- deres als Nervenfädchen sind. Zuweilen sah ich vou einer Zelle ausser den Bündeln von Fäden, in welche sie sich auflöst, auch ein oder das andere stärkere Nervenfädchen für sich abgehen (Taf. X, Fig. 4). Es streben diese Nervenfäden nun 30* 236 theils unmittelbar zu den Muskelelemetiten hin, so weit deren in der Nähe oder unter den Zellen liegen, ohne dass ich ihre Verbindung mit diesen nachgewiesen hätte, theils sammeln sie sich in Züge, welche mit anderen Zügen von Nervenfäden, die von unter dem Epithel gelegenen Ganglienzellen abgehen, sich zu vereinigen scheinen. Das vor Allem Bemerkenswertke ist nun aber, dass die beschriebenen neurofibrillären Epithelzellen , welche in ähnlicher Weise wie auf den Kadialmuskelu nicht nur zu den Seiten derselben, sondern auch sonst an muskelfreien Bezirken der Unterseite des Schirmes , auch auf dem Magenstiele in ähnlicher Weise getroffen werden, dass diese Zellen zuweilen ihren Eigenschaften nach durchaus in typische Ganglienzellen übergehen: es liegen zwischen ihnen, wenn auch selten und meist zerstreut, Zellen, welche mehr oder weniger vollkommen die Eigen- schaften solcher Ganglienzellen zeigen und finden sich alle möglichen Uebergänge zu diesen. Derartige zwischen den gewöhnlichen neurofibrillären Epithelzellen ge- legene Ganglienzellen senden , gleich jenen , Ausläufer unter die Epitheldecke ab (vergl. Taf. X, Fig 7, gz). Weil unter dem Epithel, wie wir noch näher besprechen werden , gleichfalls ausgebildete Gangienzellen liegen und bei der von mir angewen- deten Untersuchungsmethode (Einlegen der Chromkalipräparate in Glycerin und Was- ser) , durch das neurofibrilläre Epithel durchscheinen , so ist es oft schwer , jene im Epithel gelegenen von ihnen zu unterscheiden, festzustellen, dass sie nicht mit ihnen dieselbe Lage haben. Dass dies nicht der Fall ist, dass in der That typische Gang- lienzellen im Epithel liegen , das beweist schon die Thatsache , dass bei der Präpa- rat iun durch Herausfallen derselben häufig ihrer Form entsprechende Lücken im Epithel entstehen (Taf. X. Fig. 7, 1). Nur sie scheinen sich in dieser Weise abzu- trennen, während die neurofibrillären Zellen in viel innigerer Verbindung untereinan- der stehen. Dies hängt damit zusammen , dass die typischen Ganglienzellen glatt- randige , in der Form abgeschlossene Körper geworden sind , welche nur nach der einen oder der anderen bestimmten Richtung Ausläufer absenden, die gleichfalls be- stimmte Umgrenzung haben. Damit steht in Beziehung, dass ihr Inhalt weniger deutlich faserig erseheint als derjenige der gewöhnlichen neurofibrillären Epithelien; er zeigt ferner ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen und färbt sich durch Carmin leichter, als sie. Das Kernkörperchen ihres grossen Kerns ist von ausserordentlicher ( i rosse. Ausdrücklich hervorgehoben muss indessen nochmals werden , dass man nicht überall und gewöhnlich nur zerstreut und einzeln als typische Ganglienzellen erscheinende Zellen zwischen den gewöhnlichen neurofibrillären Epithelien antrifft und dass die Feststellung der Thatsache ihrer Existenz somit einige Mühe erfordert. Selbstverständlich lässt sich ihr Vorkommen nur in folgender Weise erklären: das 237 Epithel der Subumbrella ist überall, auf der quergestreiften wie auf der glatten Muskulatur, ein Nervenepithel. Es zeigt diese Eigenschaft auf das Deutlichste durch seine neurofibrilläre Beschaffenheit. Mit den Fäden der quergestreiften Muskulatur bildet der neurotibrilläre Theil der Subumbrella ein Ganzes (Neurornuskelzellen). Wie die Beziehungen der neurofibrillären Deckzellen zur radiären (glatten) Muskulatur be- schaffen sind, ist noch nicht völlig aufgeklärt ; jedenfalls sind sie auch da wo sie dieser Muskulatur aufliegen (Taf. X , Fig. 1 u. 5) nicht in so hohem Grade unmittelbare wie dort, sondern es handelt sich auch hier um eine Verbindung durch die Nerven- fäden . in welche sich die Zellen auflösen. Wie wir sehen werden , treten an beiden Orten an der oralen Fläche der Muskulatur typische Ganglienzellen auf. Schon die bei Besprechung des Schirmrandringes behandelten Verhältnisse lassen vermuthen, dass diese Ganglienzellen ursprünglich dem Epithel angehört haben und dass sie vom Epi- thel her eingewandert seien. In noch höherem Grade lässt darauf die Thatsache schlies- sen, dass die gewöhnlichen Deckzellen der Subumbrella nicht nur in derselben Weise wie z. B. die Besenzellen des Schirmrandringes sich als Nervenzellen darstellen, sondern dass sich zwischen ihnen ausserhalb des Gebietes der quergestreiften Muskulatur so- gar Uebergänge zu typischen Ganglienzellen und ausgebildete solche Ganglienzellen finden. Diese Ganglienzellen sind nur eine höher entwickelte Form der gewöhn- lichen neurofibrillären Deckzellen , während sie andererseits in ihren Eigenschaften mit subepithelialen völlig übereinstimmen können. Die nicht auf oder in unmittelbarer Nähe der radiären Muskulatur gelegenen Epithelien bedürfen in Rücksicht auf die Frage nacb der Verbreitung der geschilder- ten Verhältnisse einer näheren Untersuchung. Eine besondere Art der Umbildung zeigen dagegen die zwischen dem mittleren und den lateralen Zügen der Radialmus- keln gelegenen Gebiete (Taf. XI, Fig. 4 u. 5, d). Die Epithelien sind hier theilweise zu Drüsen zellen (Taf. X, Fig. 9) umgewandelt. Ihr Inhalt besteht aus ziemlich grossen, meist durch gegenseitigen Druck polygonalen oder auch ohne diesen unregelmässigen und dann auch ungleich grossen Massen einer homogenen Substanz , welche sich in Carmin gerne roth färbt : ganz ähnliche Verhältnisse , wie ich sie aus Drüsen von der oralen Fläche von Beroe beschrieben habe. Die Drüsenzellen (Taf. XIII, Fig 1 bis 5, Fig. 10 u. 13) erscheinen theils cylindrisch, theils becherföi'inig ; ihr unterer Theil ist oft noch von gewöhnlichem Protoplasma erfüllt, während sie oben die be- schriebene Sekretmasse enthalten. Nicht immer ist der ganze Raum zwischen den Strängen eines Radialmuskels in dieser Weise drüsig umgebildet , sondern man trifft auch hier, bemerkenswerther Weise, Nervenzellen mit faserig differenzirtem Inhalt und dazwischen einzelne Drüsenzellen (Taf. FX, Fig. 13). In anderen Fällen können 238 sich letztere über die lateralen Muskelzüge hinaus erstrecken und noch jenseits der- selben einzeln vorkommen. So zeigen dieselben bei geringerer Ausbildung des drü- sigen Inhalts zuweilen auch einen Fuss, ähnlich dem contractilen Faden einer Neuro- muskelzelle (Taf. XIII, Fig. 3), Verhältnisse, welche auf gemeinsame Anlage hinzu- weisen scheinen (vergl. auch Taf. X, Fig. 1 1 , vom Magenstiel). Ganglienzellen und Nerven unter dem Epithel der oralen Schirm fläche. Sie liegen wiederum in besonderer Menge in den Radien, auf der glatten Muskulatur und beiderseits von derselben und erstrecken sich, wie die Drüsen und das Nervenepithel, auch auf den Magenstiel. Sie sind ähnlich den vom Schirm- randring beschriebenen beschaffen, zeigen einen oder mehrere, an der Wurzel meist ziemlich dicke und oft sehr deutlich aus zahlreichen Nervenfibrillen zusammengesetzte Ausläufer. Die Ausläufer theilen sich vielfach in feinere Fäden oder Fibrillenbündel und diese ziehen mit den vom Nervenepithel herkommenden Fadenzügen zu den Muskel- fasern (Taf. XII, Fig. 23) hin, dieselben häufig in querer Richtung kreuzend oder beide zusammen bilden Züge von Nervenfasern, die neben den Muskelfasern und mit ihnen parallel, jedoch in unbestimmter Anordnung, vielfach durcheinanderziehend, auch in kleinere Bündel sich zertheilend, verlaufen. Der Reichthum an solchen subepithe- lialen Ganglienzellen, die übrigens häufig auch durch ihre Ausläufer untereinander in Verbindung stehen, ist ein wechselnder, an manchen Stellen aber ein so grosser, dass fast Zelle an Zelle liegt (Taf. XII, Fig. 23). Ihre Untersuchung gelingt am besten, wie auch diejenige des Nervenepithels, an Chromkalipräparaten , welche in Carmin gefärbt worden sind, und darauf, um die Epitheldecke durchsichtig zu ma- chen, längere Zeit in Glycerin und Wasser zu gleichen Theilen gelegen haben. Uebri- gens sind sie auch an (Jsmiumsäurepräparaten deutlich zu erkennen. In Taf. XI, Fig. 1 ist ein Präparat aus einer mit Osmiumsäure behandelten und in Alkohol auf- bewahrten Carmarina dargestellt, welches noch andere Verhältnisse andeutet. Es stammt das Präparat aus dem oberen Theile des Schirmes, von der Grenze der cir- kulären Muskulatur, welche dort gegen den Radialmuskelstrang hin aufhört. Zwischen die Muskelfäden hinein, offenbar um mit denselben in Verbindung zu treten, ziehen Nervenfasern (n) von der nach dem Radialmuskelstrang zu gelegenen Seite her, theil- weise deutlich von Ganglienzellen (Gz) ihren Ausgang nehmend, deren Ausläufer sich mit ihnen deutlich da und dort mischen; ein Theil der im Bogen nach auf- oder nach abwärts von der cirkulären Muskulatur ausziehenden Fäden aber gehört, so weit ich an Osmiumsäurepräparaten und ohne Isoliruug entscheiden konnte, noch dieser selbst an. In einer Richtung, welche parallel ist derjenigen der Radialmus- keln, laufen endlich dort Züge von Nervenfasern (nn) , welche man als Radial- 2.'59 nerven bezeichnen kann, wenn mau im Auge behält, dass es sich in ihnen mir eben um unregelmässige Faserzüge, nicht um umschriebene, streng lokalisirte „Ner- ven" handelt. Im Gebiete der radialen Muskeln liegen die Ganglienzellen also zwischen dem Epithel und den contractilen Elementen. Man findet ähnliche Zellen, wenn- gleich spärlicher , nun auch im Gebiete der quergestreiften Muskulatur. Dieselben liegen auch hier unter der Epitheldecke und zwar zwischen der neuroplastischen und contractilen Abtheilung der Neuromuskelzellen. Ihre Fortsätze sind hier auf weite Strecken hinziehend und manchfach anastomosirend zu verfolgen (Taf. XI, Fig. 1 1). Wenn ich nach Ohromkalibehandlung Neuromuskelzellen isolirt hatte , so traf ich sehr häufig auf dem contractilen Muskelbande und mit demselben, bezw. mit der Ansatzstelle des auf ihn von der Deckzelle her überfliessendeu Plasma, einen Nerven- faden von variköser Beschaffenheit und mit eingeschobener Nervenzelle, wie ich dies von Lizzia Köllikeri und von den Toponeuren schon früher erwähnt habe. Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass sich die Deckzellen der Subumbrella von (Jarmarina hastata, soweit ich sie näher un- tersucht habe und soweit sie nicht zu Drüsenzellen umgewandelt sind, durch neur ofi brillär e Beschaffenheit ihres Inhalts als dem Nervensystem dienende Elemente erweisen. Im Gebiete der cirku- lären Muskulatur sind sie mit den contractilen Apparaten zu wah- ren Neuromuskelzellen vereinigt. Ausserhalb dieses Gebietes tritt die Auflösung der neurof i brillären Deckzellen in Nervenfäden oder ihr üebergang in Nervenfasern in den Vordergrund und die vom Schirmrandringe beschriebenen Verhältnisse bieten nichts anderes als eine höhere (Jon cen tration dieser an der Unterfläche des Schir- mes blattartig ausgebreiteten E i n r i c b tuug c n d a r. Hier w i e d ort, a m Schirmrandringe wie an d e r S c hirmunte r f I ä c h e, liegen unter den Deckzellen typische Ganglienzellen, w e 1 c h e augenscheinlich aus j e n e n s i c h e n t \v i c k e 1 t haben und d e r e n Ausläufer unter sich u n d mit weiter herziehenden, eben f ;i. 1 1 s zuletzt von Ganglienzellen herstammenden Nervenfäden überall dort einen Nervenplexus bilden. In der Nähe der 1t a- d i ä rgefäese o r d n e n sie h Nerven f ä den z u radial e n Z ü g e n, welche einen Anlauf zur Bildung von Et a di al n e r ven bezeichnen. Histologisch bemerkenswerth ist, dass die Faserung des neuroplastischen In- halts der Deckepithelien eine gröbere , deutlichere ist , als diejenige der Ganglien- 240 zellen von typischer Ausbildung. Der letztere macht zugleich einen viel cornpakteren Eindruck als der erstere. Es scheint mir nicht zu bezweifeln zu sein , dass diese Unterschiede nur herrühren von einer feineren Ausbildung und Verfilzung und von einer dichteren Zusammenlagerung des Fadensystems in den vollkoni inneren Gang- lienzellen. VIII. Das Nervensystem der übrigen Cycloneuren. Der Randwulst, welcher in gleicher Weise wie den Geryoniden bekanntlich auch den übrigen craspedoten Medusen zukommt, wo er ganz oder in Theilen seines zelligen Inhalts wiederholt als Nerveuring gedeutet worden ist, schwillt hier zu Verdickungen an, die gewöhnlich verhältuissinässig viel bedeutender sind als jene von Carmarina und die man geradezu als „Ganglien" bezeichnet hat. Dass Randwulst und „Ganglien" aus Zellen bestehen, ist durch jene früheren Untersuchungen nachgewiesen. Auf einen im Innern des Zellenstranges gelegenen faserigen Ringnerven hat, wie bemerkt, Hacke 1 Cunina rhododactyla untersucht '). Er sagt, am leichtesten und deutlichsten könne man auch hier wieder den Nerven an den Sinnesbläschen erkennen und hält für den Sinnes- nerven einen sehr hellen und blassen cylindrischen Strang, welcher durch die Axe jedes Randbläschens geht. „Weit schwieriger ist es" bemerkt er, „sich von der Existenz des Ringnerven zu überzeugen, den ich auch hier, wie bei den Geryoniden, in einem blassen, hellen, fein längsgestreiften Strange zu finden glaube, der zwischen Ringgefäss und Knorpelring, in einer Furche des letzteren liegt." Dass ferner Harting den Ring- nerven bei einer cycloneuren Meduse wirklich vor sich gehabt hat, unterliegt keinem Zweifel, wenn auch seine Darstellung des Verlaufs desselben in den Hörbläschen kaum richtig sein kann. Nach meinen Befunden bei den Geryoniden musste es mir von vornherein als wahrscheinlich erscheinen, dass sich ein Ringnerv wirklich auch im Randwulste der übrigen Craspedoten finde. In der That fiel es mir bei einigen nicht schwer, ihn nachzuweisen. So isolirte ich ihn bei Oceaniden (Lizzia (Bougainvillea) Köllikeri), Aeginiden (Aegineta flavescens) , Trachyuemiden (Rhopalonema velatum) und bei Eucopiden (Eucope polystyla). Ueberall fand ich ihn zusammengesetzt aus Fasern mit eingeschalteten Zellen , ganz wie ich dies von Carmarina hastata ge- schildert habe. Nach der ausführlichen Beschreibung von Carmarina würde es an 1) Häckel, Geryoniden S. 136. 241 sich unnöthige Wiederholung sein, die Bauverhältnisse bei den genannten Formen eingehend zu behandeln, auch abgesehen davon, dass, seitdem ich die Grundzüge der Carmarina zukommenden Einrichtungen veröffentlichte, andere Arbeiten erschienen sind, welche diese Aufgabe übernommen haben (Hertwig, Böhm). Aus diesen Arbeiten ist, im Zusammenhalt mit meinen eigenen Beobachtungen und mit denje- nigen von Häckel und Harting nunmehr zu schliessen, dass der Ringnerv eine allgemeine Eigenschaft der Craspedoten sei , wenn er auch bei einigen weniger aus- gebildet ist als bei anderen, zuweilen nicht in einer strangartigen , sondern nur in einei- fiächenartigen , unter dem Epithel gelegenen Ausbreitung von Fasern besteht (Aequorea) 'und ferner ergibt sich , dass überall das Epithel des Schirmrandes mit diesen Fasern in Verbindung steht. Ausser den Geisselzellen isolirte ich auch hier bei verschiedenen Formen neurofibrilläre Zellen , deren Inhalt sich in Nervenfäd- chen auflöst, welche in den Ringnerven übergehen. Die Ansicht Hertwig's, welche die Besenzellen von Carmarina für die Stützzellen erklären, ergibt sich schon nach den früher von mir mitgetheilten Thatsachen als eine unhaltbare. Bei Sarsia tubulosa, wo ich bei der ersten Untersuchung nur den leichter aufzufindenden , das Ringgefass begleitenden Muskelstrang gesehen hatte, habe ich seitdem den Ringnerven gleichfalls isolirt. Der Ringmuskelstrang besteht aus glatten, spindelförmigen Fasern, welchen im mittleren Theile eine Plasmaanhäufung mit Kern aufgelagert ist. Er wird beim Zerzupfen des Randwulstes mit dem Ringnerven parallel laufend sichtbar. Da ich, wie bemerkt, auch bei Carmarina glatte, spindelförmige Muskelelemente am Schirmrande gesehen habe, so möchte es sich herausstellen, dass ein solcher Ring- muskelstrang ein weit verbreitetes Vorkotnmniss sei. Die Fasern des Ringnerven sind viel feiner und zahlreicher als diejenigen des Ringmuskels und enthalten , wie überall, so auch bei Sarsia eingeschaltete Nervenzellen. Bei Carmarina ebenso wie bei verschiedenen anderen Gruppen der Cycloneuren beschrieben Hertwig auch an der oralen Fläche des Stützblattes des Schirmrand- ringes Nervenfasern mit Ganglienzellen, bedeckt von Nervenepithel, an der zwischen Ringgefass und Velum erwähnten muskelfreien Stelle. Sie bezeichnen diese Fasern als unteren Ringnerven und theilen mit , dass er gewöhnlich vermittelst durch die Stützlamelle hindurchtretender Fäden mit dem oberen Ringnerven in Verbindung stehe, bei den Aeginiden aber wegen geringer Entwicklung der Scheidewand mit ihm theil- weise verschmelze. Bei den Ocellaten (Lizzia) wurde er nicht aufgefunden. Bei Nachuntersuchung meiner Präparate habe ich diesen oralen Faserstrang bei Carma- rina bestätigen können und ist seine Lage in Holzschnitt 30 bei n angedeutet, wo übrigens der aborale Nervenstrang (N) zu weit von dem Stützblatte entfernt ge- 31 242 zeichnet ist: beide Faserzüge liegen diesem unmittelbar an und bilden thatsächlich einen einzigen Nerven, an welchem somit eine mächtigere aborale und eine viel we- niger bedeutende orale Abtheilung zu unterscheiden ist. Vollkommen gesondert von diesem Nerven verlaufen, wie ich beschrieben habe, als vordere Stränge, auf ansehn- lichen Strecken die Hörnerven; aber auch von diesen ist anzunehmen, dass sie in der Mitte zwischen je zwei Hörorganen ihre Fasern mit jenen des Centralnerven ver- einigen werden. Was die Anschwellungen des Randwulstes, die „Ganglien" anbetrifft, so habe ich schon in meinem Münchener Vortrage bemerkt, dass ich in ihnen bei Sarsia und bei Lizzia (Bougainvillea) zahlreich angehäuft Zellen gefunden habe, welche ich für Ner- venzellen halte. Dieselben sind an» reichlichsten unmittelbar unter den Sinnesor- ganen anzutreffen. Sie sind meist klein, unscheinbar, multipolar, und würden kaum mit Bestimmtheit als Nervenzellen erkannt werden können, wenn nicht eben ihre Anhäufung au jener Stelle und vor Allem der Umstand für diese Eigenschaft sprechen würde, dass ich sie wiederholt mit den von Sarsia näher zu schildernden pigraen- tirten Sinneszellen in Verbindung zu isoliren vermochte. Böhm hat seitdem jede Beziehung jener Anschwellungen zum Nervensystem bestritten, wogegen von Seiten Hertwig's, welche die von mir erwähnten Zellen auch abbilden, Mittheilungen ge- macht worden sind, die meine Auffassung bestätigen. Zugleich habe ich damals geäussert , dass die den Axenstrang der Tentakel der Cycloneuren bildenden Zellen, wie sie von manchen Formen, insbesondere durch Häckel, als Knorpel beschrieben worden sind, wenigstens da, wo ich sie untersucht habe, nicht als Knorpel, sondern als Nervenzellen betrachtet werden müssen, welche dann wohl, gleich den Zellen des Spangenganglion, aus dem Schirmrandring als eine Wucherung des Ektoderms, herstammen möchten. Hertwig erklären die letzteren mit Häckel für Knorpelzellen und geben unter ihren Abbildungen einen Durch- schnitt von Carmarina , welcher alle Zweifel an der Richtigkeit ihrer Behauptung, dass sie hier eine Fortsetzung der Auskleidung des Ringgefässes (also des Entoderms) seien, auszuschliessen scheint. Nach Häckel würden sie dagegen als Fortsetzung des von ihm sogenannten Ringknorpels aufzufassen sein. Aus meiner Darstellung geht hervor, dass die fraglichen Zellen auch nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit Knorpelzellen haben , dass sie vielmehr Nervenzellen sind , demnach nur vom Ek- toderm stammen können , und dass sie in der That eine radiäre Fortsetzung von Nervenzellen des Schirmrandringes bilden. Dass ich demnach und nach meinen Er- fahrungen über den sogenannten Ringknorpel gegen die Annahme von „Knorpel" im Körper der Medusen überhaupt äusserst misstrauisch geworden bin, ist wohl erklär- 243 lieh. In der That habe ich, da wo ich gelegentlich nachgesehen habe, keinerlei Ei- genschaften an den Zellen der Tentakelaxen von Cycloneuren erkennen können, welche berechtigten , sie als aus „Knorpelzellen" bestehend zu bezeichnen. Dagegen fand ich u. A. z. B. bei Aegineta flavescens diese Zellen aus einem Plasma bestehend, welches durchaus neurotibrillären Charakter zu haben schien und welches seine aus feinsten Fasern bestehenden Fortsätze nach allen Richtungen an die Wand des Ten- takels absendete. Da somit gerade unter den Aeginiden, wo die „Tentakelknorpel" die besondere Starrheit der Tentakel bedingen sollen, so eigenartige Verhältnisse sich finden, so darf wohl die Frage aufgestellt werden, ob wirklich die Annahme der Entodermnatur der Tentakelaxen für alle Cycloneuren gültig sei. Die Subumbrella besteht bei allen von mir darauf untersuchten Arten, soweit ihre Elemente quergestreifte sind , aus Neuromuskelzellen , deren contractiler Theil aus spindelförmigen Fasern gebildet ist. Der Bau dieser quergestreiften Fasern ist, wie ich besonders bei Lizzia beobachtete, in allen Einzelheiten ebenso fein ausgeführt wie selbst derjenige der höchsten Thiere. Die Gestalt des epithelialen Abschnittes der Neuromuskelzellen ist gewöhnlich die von niedrigen, breiten Cylinderzellen. Zuweilen war die Muskelspindel im Bereiche desselben (bei Rhopalouema ist mir Derartiges aufgefallen) unterbrochen , d. i. der epitheliale Theil ging an seiner Basis nur nach zwei entgegengesetzten Richtungen hin in eiuen contractilen Fortsatz aus, während sein Boden nackt war, aus Plasma bestand. Die radiäre Muskulatur habe ich genauer bei Sarsia untersucht : es werden dort die Radiärgefässe von glatten, spindelförmigen Muskelfäden begleitet , welchen wiederum ungefähr in der Mitte ihres Verlaufs Plasma mit einem Kern in grösserer Anhäufung angelagert ist. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass dieses Plasma, welches den Muskelläden an einer Seite oft auf längere oder kürzere Strecken über- zieht, nichts anderes sein kann als ein Ueberrest des Bilduugsmaterials, aus welchem der contractile Faden sich abgesondert hat, genetisch aber gleichgesetzt werden muss einer plasmatischen Deckzelle des Ektoderms oder einem Theilprodukt einer solchen. Die Radialmuskestränge von Sarsia liegen den Radiärgefässen an der oralen Seite an und sind unschwer in ihre Fasern zu zerlegen, so dass man ihre wahre Natur leicht erkennen kann. Eine subepitheliale Lage von Nervenzellen und varikösen Nervenfasern, dicht anliegend der oralen Seite der Fäden der circulären Muskulatur habe ich, wie schon erwähnt, bei Lizzia beobachtet und Hertwig beschrieben dasselbe hier, sowie ausser bei Carmarina auch bei Aeginiden und Vesiculaten. Aus Allem ergibt sich, dass die Verhältnisse des Nerven- und Muskelsystems bei den übrigen Cycloneuren im Wesentlichen dieselben sind wie bei den Greryoniden, 31* 244 wenn sie auch bei diesen augenscheinlich weitaus die höchste Entwicklungsstufe erreicht haben, diejenigen des Nervensystems speciell darin , dass dasselbe in einem den Schirmrand einnehmenden ringförmigen concentrirten Theile, dem Centralapparat, und in einer die Unterfläche des Schirmes belegenden blattartigen peripherischen Ausbreitung besteht. Es ist hier nicht meine Aufgabe, die Sinnesorgane der Cycloneuren einer aus- führlicheren Besprechung zu unterziehen. Nur möchte ich eine meiner Beobachtungen kurz berühren, welche eine besondere nähere Beziehung zu den allgemeinen von mir geschilderten Einrichtungen des Nervensystems hat, eine Thatsache, die unmittelbar erinnert an die neurofibrilläre Umwandlung des Inhalts der Nervenepithelieu des Schirmrandringes von Carmarina und die offenbar ferner in Zusammenhang steht mit dem Durchzogenwerden der Sinnesepithelien von Nervenfädchen überhaupt, wie ich es insbesondere von den Toponeuren geschildert habe. Zerzupft man einen der den Ganglien aufsitzenden Pigmentflecke von Sarsia tubulosa, nachdem er ge- hörig macerirt ward, so erhält man cylindrische, nach unten sich zuspitzende Zellen, welche in ihrer äusseren, breiten Grenzfläche braun gefärbt sind. Die Färbung rührt her von kleinen, tröpfchenähnlichen Pigmenttheilchen , welche so angeordnet sind, dass sie nur eine äusserste Lage, gewissermassen einen Deckel in der Zelle, eine äusserste Schicht in derselben bilden. Es fällt auf, dass die Grössendiflerenzen zwi- schen diesen Theilchen nicht so bedeutend sind , wie sonst unter Pigmentköruchen in Sehorganen : um Körnchen handelt es sich nun in der That in ihnen nicht, vielmehr um regelmässige Kügelchen, welche ausserdem für Licht nicht undurchdringlich sind, sondern wie kleine Linsen in Folge der Lichtbrechung glänzen, nach der Peripherie hin heller erscheinen als im Mitteltheile. Man möchte glauben, in jedem solchen Tröpfchen, trotz seiner Kleinheit, ein bestimmt geformtes organisches Ganzes vor sich zu haben. Starke Vergrösserungen zeigen nun weiter, dass die Zelle in ihrem Innern längsge- streift ist und ferner, dass von jedem Pigmentkügelchen ein feinster Faden durch dieselbe nach abwärts zieht. Die Fädchen endigen nach oben in die Pigmentkü- gelchen, nach unten convergiren sie nach der Spitze der Zelle zu. Nach dem , was ich von den Nervenepithelien der Medusen überhaupt geschildert habe, kann es kei- nem Zweifel unterliegen , dass diese Fädchen Nerveufädchen sind. Es liegen nun unmittelbar unter den so beschaffenen Sinnesepithelien in den Anschwellungen des Schirmrandes die Elemente, welche ich für Ganglienzellen erklärt habe. Man isolirt unter den ersteren solche, welche nach unten in eine fadenartige Fortsetzung über- gehen, durch welche sie in Verbindung mit den multipolaren Nervenzellen stehen. Ausser den Pigmentzellen isolirte ich andere, welche ganz dieselben Beziehungen und 245 ganz dieselbe Streifung wie sie zeigten, aber statt der Piginenttröpfchen im breiten Aussentheil eine Schicht von ihnen im Uebrigen ähnlichen, nicht pigmentirten Theil- chen als Inhalt hatten. Auf weitere Einrichtungen des Sarsia- Auges werde ich, wie auch auf andere bezügliche Ergebnisse meiner Untersuchungen an einem anderen Orte eingehen. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen. I. Meine physiologischen Untersuchungen verlangen bei den Toponeuren ein centrales Nervensystem, welches seine vorzüglichste Ausbildung zeigt irn Gebiete der von mir sogenannten contractilen Zonen, d. i. in denjenigen Theilen der Randlappeu, welchen die Randkörper unmittelbar ansitzen. Sie verlangen ferner, dass Zellen, welche centraler Thätigkeit vorzustehen vermögen zugleich , wenn auch in geringer Zahl , oder wenn in grosser Zahl doch mit geringer Funktionsfähigkeit begabt, über den ganzen Schirm der Thiere verbreitet seien, in abnehmender Zahl, bezw. mit ab- nehmender Funktionsfähigkeit mit der Entfernung vom Rande gegen die Kuppe hin. Sie verlangen , dass leitende Nervenfasern im Schirme vorhanden seien , vorzüglich reichlich au dessen oraler Fläche, aber auch im Innern des Gallertgewebes der Um- brella. Nicht nur durch die Zerschneidungsversuche an verschiedenen Toponeuren, insbesondere auch durch die Art des Absterbens von Aurelia wurde in nachdrück- lichster Weise auf die acht Bezirke im Schirmraude hingewiesen , welche der Sitz der centralen Thätigkeit sein müssen. Die Stückchen Randgewebe, welche stets länger als alle übrigen Theile des Schirmes am Leben geblieben sind , und welche so unverhältnissmässig zähe im Leben verharrten , nachdem jene längst zerfallen waren (vergl. Holzschnitt 11, Seite 62), sie entsprechen in ihrer Umgrenzung durch- aus den Abschnitten des Schirmrandes, in welchen jene Anhäufung von Zellen sich findet, die ich bei den Üytophoren als Nervenzellen bezeichnet habe. Diese Zellen sind morphologisch in so wenig ausgesprochenem Maasse in dieser Eigenschaft ge- kennzeichnet, dass ich uhne Zuhülfeuahme des Experiments kaum dazu gekommen wäre, ihnen diese Eigenschaft mit Sicherheit zuzuschreiben. Allein mit dem Expe- riment zugleich spräche , auch wenn der Werth der morphologischen Eigenschaften dieser Zellen in Rücksicht auf ihre Deutung; in dem fraglichen Sinne ein noch ee- 247 ringerer wäre als er dies tatsächlich ist, der Umstand, dass ganz dieselben Zellen unter dem Nervenepithel der Randkörper sich finden, wie auch umgekehrt dasselbe Nervenepithel wie dort im Gebiete ihrer Verbreitung ausgebildet ist. Die Bedeutuno- jener Zellen der Randkörper für das Nervensystem aber ist selbstverständlich, und es kann höchstens die Frage aufgeworfen werden, ob sie mehr als Zellen im Sinne der- jenigen eines Sinnesganglions oder ob sie gleichfalls als Gehirnzellen aufzufassen seien. Hat nun, von dieser Frage zunächst abgesehen, auch das Absterben constant einen abgegrenzten Bezirk der Randlappen schliesslich abgeschlossen und ist in der Mehrzahl der Fälle durch das Ausschneiden ganz desselben Bezirks Bewegungslosig- keit erfolgt, so ist das Letztere in vielen anderen Fällen nicht geschehen und in jenen ersten trat mehr oder weniger leicht Erholung ein , welche aber nicht zum vollen dauernden Leben sich gestalten konnte. Die angedeutete Möglichkeit, dass Zellen in derselben Zahl, aber mit geringerer Funktionsfähigkeit als in der Randkörpergegend begabt , die centralen Funktionen möchten übernehmen können, ist nicht von der Hand zu weisen. Dafür spricht die Thatsache, dass die „Nervenzellen'- augenscheinlich nichts Anderes sind, als umge- wandelte amöboide. Beide stammen nach Allem, was wir über die Entwicklung der Medusen wissen, aus dem Ektoderm. Ein Weniges nur brauchte zu fehlen an der morphologischen Ausbildung der Zellen der contractilen Zonen und auch sie würden keine morphologische Handhabe zu ihrer Deutung als Nervenzellen mehr o-eben. Bei den Acytophoren finden sich nur sehr spärliche Zellen unter dem Epithel der muskelfreien Theile , allerdings reichlicher im Gebiete der Randlappeu , als centralvvärts von denselben. Diese Zellen sind äusserst unscheinbar. Dagegen ist das Nervenepithel im Gebiete der Randlappen sehr entwickelt und als Nervenzellen zu deutende Elemente finden sich auch hier im Bereich der Subumbrella. Es stellt sich die Frage, ob den letzteren nicht eine Bedeutung für die Gehirnthätigkeit zuge- schrieben werden darf oder in wie weit man berechtigt ist, vorauszusetzen, dass an dieser die Nervenepithelien selbst sich betheiligen. II. Gegen die Annahme, dass die im Gebiete der Subumbrella, speciell die unter den Deckepithelien dort gelagerten Nervenzellen als centraler Aktion im Sinne von Gehirnzellen fähig erklärt werden dürfen , sprechen die Verhältnisse bei den Cycloneuren , wo nur der Schirmrand , nicht aber der , wenigstens bei der aller- dings physiologisch nicht untersuchten Carmarina so hoch entwickelte Nervenbelag der Subumbrella als centraler Apparat in diesem Sinne aufgefasst werden darf. Nach den bis jetzt erlangten physiologischen Ergebnissen ist jener Belag nur als reflecto- rischer Funktion fähig anzuerkennen. Dürfen wir diese Erfahrungen auf die Topo- 248 neuren übertragen, so haben wir auch hier Funktionsfähigkeit im Sinne von Gehirn- zellen in derselben Einrichtung nicht zu erwarten. Vergessen darf freilich nicht werden, dass nach den Versuchen von Romanes an Tiaropsis indicans hier Gehirnthätigkeit über den Magenstiel und auch über den Schirm sich verbreitet findet ; allein es steht diese Thatsache vereinzelt da und weil die zu Grunde liegenden morphologischen Einrichtungen nicht bekannt sind, so kann sie für unsere Frage nicht massgebend sein. IIL Eine Gehirnthätigkeit im Sinne derjenigen der höheren Thiere, also eine mit dem Vermögen bewussten Handelns ausgeführte Nerventhätigkeit , dürfte wohl bei den Metazöen nur da vorausgesetzt werden, wo gesonderte, für sich bestehende Zellen vorhanden sind, welche, wie ich mich in meiner Beroe- Arbeit ausdrückte, die Aufgabe haben , die durch die percipirenden Sinneszellen aufgenommenen Eindrücke zu sammeln , aufzuspeichern und die Möglichkeit einer Wechselwirkung derselben zu bedingen 1). Da aber eine solche Thätigkeit nur ganz allmälig sich entwickelt haben kann, so müssen auch die morphologischen Differenzirungeu ganz allmälig vor sich gegangen sein. Ein einzelliger Organismus, ein Protozoon, wird percipirender, dirigi- render und ausführender Apparat Alles in Allem sein können, allein zum Zwecke der Er- reichung eines höheren Grades geregelter Thätigkeit wird eine Sonderuug dieser Qualitäten in bestimmten Theilen desselben vorausgesetzt werden müssen. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich die Direktion in den Kern verlege, wenn ich die Ausbildung des Kerns als die vollendete morphologische Wirkung der Notwendigkeit einer Central- leitung des Zellenlebens auffasse, welche in höherer Ausbildung mehr und mehr zu einer „psychischen" sich möglicherweise wird gestalten können. Wo er morphologisch nicht greifbar ist, mag auf gewisser Stufe der Ausbildung des Organismus ein mehr oder weniger bestimmter Theil des Plasma in seinem Sinne thätig sein. Wo aber eine Mehrheit von Zellen , wie bei den Metazöen , zu gemeinsamem Leben vereinigt ist, kann zwar jede einzelne derselben ihr Centralorgan für sich haben, allein auf der niedrigsten Stufe dieser Vereinigung wird ein Apparat fehlen, welcher für alle Zellen ein gemeinsamer ist, welcher die Erfahrungen aller einzelnen zu sammeln, aufzuspeichern, abzuwägen und für das Ganze zu verwerthen vermag. Auf diesem niedrigen Stadium der Ausbildung wird der Eindruck, welchen ein Theil des Ganzen erhält , dem Nachbarn und von diesem aus den übrigen Nachbarn mitgetheilt in Folge der Berührung, durch Contiguität, wenn nicht durch, einstweilen nicht nachweisbare, feinste Plasmaverbinduug. Bei solch einfacher Con- 1) a. a. 0. S. 80. 249 struction setzen wir voraus, dass in jeder einzelnen der den Gesammtorganismus zu- sammensetzenden Zellen ausser dem centralen auch ein percipirend'er und ein aus- führender Apparat vorhanden ist und die auf Reizung einer einzelnen Zelle erfol- gende motorische Wirkung, ergreife sie nur diese selbst oder die Gesammtheit aller übrigen , ist die einfachste Art einer Reflexaktion. So ganz einfache Verhältnisse würden nur bei einblättrigen Organismen thatsächlich bestehen. Bei den Zoophyten, mit der Sonderung in Ektoderm und Entoderm sind dieselben schon etwas compli- cirter. Aber von der Complikation durch das Entoderm abgesehen , dürfen wir bei den niedrigsten Zoophyten jene primitiven Verhältnisse voraussetzen. Aus den be- rühmten Versuchen T rembley's ') geht hervor , dass bei Hydra jedes Theilstück des Thieres dem anderen gleichwerthig ist. Jedes Stückchen des Körpers ist hier für sich lebensfähig, ist ein Ganzes für sich, mit allen Anlagen und Fähigkeiten des Gesammtorganismus. Dem Begriff Individuum fehlt in Anbetracht solcher Verhält- nisse, in Rücksicht darauf, dass jedes jener Stückchen weiter und weiter theilbar ist, immer die Eigenschaften des Ganzen behält, auch jeder Anhalt zur Anwendung bei diesem Thiere, es sei denn, dass wir ihn durch eine künstliche Definition mor- phologisch in der Weise abgrenzen, wie ich dies als Nothbehelf gethan habe, eine Abgrenzung auf Grund welcher wir ihn auf Theilstücke in morphologischem Sinne überhaupt gar nicht, sondern nur auf das ganze Thier anwenden könnten. Ein gemeinsames Lebensorgan, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein Gehirn, wTelches auf eine beschränkte »Stelle des Körpers lokalisirt wäre, ist jedenfalls bei Hydra nicht vorhanden. Will man ein solches Organ hier dennoch annehmen , so muss man voraussetzen, dass es über den ganzen Körper verbreitet und ohne Nach- theil für seine Funktion theilbar ist wie der übrige Körper, dass es also noch sehr wenig complicirte Verbindungen seiner Theile ausgebildet hat. Man könnte bei sol- cher Voraussetzung denken an die zwischen und unter den Epithelzellen gelegenen, von Kleinenberg als interstitielles Gewebe bezeichneten Zellen; allein es fehlt zu solcher Voraussetzung zunächst sicherer Anhalt , wrenngleich die Zellen , welche bei höheren Thieren ein Gehirn bilden, überall aus dem Ektoderm stammen müssen und wenngleich die Annahme sehr natürlich ist, dass sich bei solchen, an deren Körperober- fläche noch kein Theil vor dem anderen durch besondere Entwicklung von Sinnes- organen ausgezeichnet ist, auch centrale Zellen, sofern sich deren hier überhaupt dif- ferenzireu, in gleichmässiger Lage über den ganzen Körper zuerst abscheiden. 1) A. Trembley, mömoires pour servir a l'histoire d'un genre de Polypiers d'eau douce, aveo 13 plan- ches. Leyde 1744 (en 2 vol. avec 20 pl. Paris 1744). 32 250 Ob irgend ein Beginn centraler Differenzirung, wie aus gewissen Funktionen des Gesamrutorganismus allerdings geschlossen werden möchte, bei Hydra anzunehmen ist, steht dahin. Ich führe das Thier als Beispiel für sehr primitive Einrichtungen auf, weil es das bei Weitem am besten bekannte unter Seinesgleichen ist und weil es in diesen Einrichtungen wichtige Vergleichungspunkte vorzüglich mit Cyanea ca- pillata darbietet. Gleichviel ob in einem speciellen Falle der primitive Beginn der Bildung eines centralen Apparates in Abscheidung von Zellen auf der ganzen Körperober- fläche bestehe, oder ob er von vornherein auf eine bestimmte Stelle desselben be- schränkt sei , immer muss er zusammengesetzt gedacht werden aus Zellen, welche untereinander contiuuirlich verbunden sind und deren Gesammtheit andererseits wie- derum mit den Epithelzellen, bezw. mit den Sinneszellen der Körperoberfläche in Zu- sammenhang steht. Es ist jetzt anstatt des primitiven Zustandes unmittelbarer Con- tiguität der Deckzellen allein ein Zustand mittelbarer Conti nuität derselben durch centrale Nervenzellen entstanden. Erst wenn solche vom Epithel gesonderte centrale Zellen gebildet sind, können wir an eine gemeinsame Centralleitung des Organismus im Sinne jener der höheren Thiere denken und selbst eine rhythmische Contractionsthätigkeit eines Organismus als Gan- zes, wie sie sich bei den Medusen findet, auch wenn dieselbe durchaus unwillkürlich, ohne Abhängigkeit von einem .jGekirn" ausgeführt würde , wäre nicht verständlich ohne gemeinsame Leitung durch unter sich verbundene Nervenzellen. Der Epithe- lialdecke oder einem Theil derselben kann unmöglich die Leitung auch nur dieser Thätigkeit zukommen. Unter den von mir untersuchten Medusen scheint Cyanea capillata in Beziehung auf Gehirnthätigkeit die weitaus am wenigsten entwickelte zu sein, schon nach den Resultaten, welche die Beobachtung ihrer Lebensäusserungen ergibt. Lire l'ontractionen sind unter allen am wenigsten von willkürlichen Ein- griffen beeinflusst; sie geschehen gewöhnlich ausserordentlich regelmässig, in Inter- vallen , deren Dauer unter Voraussetzung einer bestimmten Grösse des Thieres in einem Grade vorausbestimmbar ist wie nirgends sonst. Und doch zeigt auch sie, gleich den anderen Medusen, dass diese Contractionen nach Bedürfniss in sehr aus- giebigem Maasse der Herrschaft des Willens unterworfen werden können. Es kann somit selbst bei diesem in geistiger Beziehung tiefstehenden Thiere an eine Beherr- schung der Lebensäusserungen durch die Elemente der Epitheliaklecke nicht entfernt gedacht werden. IV. So verschieden die Formentwicklung beider Thiere ist und so wenig un- mittelbare verwandtschaftliche Beziehunu;en zwischen beiden angenommen werden 251 können, so sehr nahe stehen sich doch Cyanea und die Hydren in Beziehung auf die Organisation des Körpers. Jedenfalls lässt sich keine cycloneure Meduse, so paradox dies klingt, so weit wenigstens unsere Kenntnisse über die bezüglichen Organisations- verhältnisse reichen, in demselben Maasse unmittelbar mit Hydra vergleichen, wie ge- rade Cyanea und zeigt uns diese Meduse ihrer einfachen, embryonalen Organisations- verhältnisse halber zugleich auf's Deutlichste, wie die Entstehung auf be- stimmte Stellen des Körpers lokalisirter C e n t r a 1 a p p a r a t e einem besseren Verständniss zugeführt werden kann. Diese Ent- stehung ist offenbar in unmittelbarer Beziehung zu der Bildung der höheren Sinnesorgane zu denken und diese wiederum steht in Beziehung zum Vermögen der Ortsveränderung. Das Vermögen der Ortsveränderung ist eine Anpassung zunächst an das Bedürfniss des Aufsuchens der Nahrung und damit eine Waffe zum Angriff und in zweiter Linie ein Mittel zur Vorsicht, zum Schutze. Dasselbe Bedürfniss ausgesprochen aktiver Lebensäusserungen gibt nun zugleich mit seinem Auftreten die Veranlassung zur Ent- wicklung der höheren Sinnesorgane, der Seh- und Hörorgane und man kann desshalb diese letzteren geradezu als aktive Sinnesorgane bezeichnen. Ein nicht zu höherer Sinnesfunktion ausgebildetes Epithel überzieht gleichmässig die Larven unserer Thiere ; es mag zugleich als Decke und als allgemeines Sinnesepithel dienen und dieselbe Einrichtung bleibt erhalten bei Zoophyten , welche ganz oder nahezu ganz des Ver- mögens der Ortsveränderung entbehren. Dass sie damit der Licht- und Schallempfin- dung durchaus verlustig seien, soll nicht behauptet werden ; im Gegentheil , es muss ihnen wenigstens erstere Empfindung bis zu einem gewissen Grade durchaus zuge- sprochen werden , allein sie ist eine minimale und bei den freilebenden Hydren, welche nur in beschränktem Maasse der Ortsveränderung fähig sind, wohl über den ganzen Körper verbreitet , bei den eingeschlosseneu , festsitzenden Formen auf die freien Theile, und sie ist wohl gebunden an die allgemeinen, zugleich anderen Sinnes- functioneu in mehr oder weniger ausgiebigem Maasse dienenden Sinueszellen. Erst bei jenen Metazoen, welche als Mittel im Kampf um's Dasein sich aktiver Thätigkeit in reichlicherem Maasse bedienen , welche in höherem Grade lokomotionsfähig sind, müssen sich nothwendig , nach dem Princip der Arbeitstheilung , die Sinnesorgane höher specifisch ausbilden und zugleich lokalisiren und die Lokalisirung findet statt an denjenigen Stellen des Körpers, welche für den Erfolg geregelter Ortsveränderung die passendsten sind. Hand in Hand mit solcher Ausbildung eines bestimmten Abschnittes der epi- thelialen Ektodermzellen zu specifischen höheren Sinnesorganen muss nothwendig eine 32* 252 höhere Entwicklung von subepithelialen, centraler Function vorstehenden Nervenzellen gehen. Je höher die Ausbildung des Sinnesorgans ist, um so be- stimmter lokalisirt es sich, um so schärfer grenzt es sich von der Umgebung ab. Bei Cyanea ist diese Lokalisirung des ausgeprägten Sinnesepithels noch eine sehr wenig vorgeschrittene ; es verliert sich dasselbe ganz allmälig nach oben in Zellen, an welchen sich die Eigenschaften des Nervenepithels nicht mehr nachweisen lassen. Viel mehr ausgesprochene Concentration findet sich bei Aurelia aurita und ganz dasselbe gilt für die centralen Nervenzellen. Diese sind bei Cyanea vorzugsweise entwickelt auf den Randkörpern selbst , allein, wie hier nachträglich hervorgehoben werden muss , auch auf diesen mit noch weniger ausgeprägten morphologischen Eigenschaften als bei den Cytophoren. Man würde sie ohne den Beweis der Vergleichuug zur Hand zu haben und auf Grund rein morphologischer Untersuchung nicht mit Sicherheit für Nervenzellen erklären können. Das Experiment allein muss ihnen , unter Voraussetzung der Richtigkeit des Satzes, dass nirgends Epithelzellen, sondern nur von diesen gesonderte und sie verbindende Zellen einen centralen , den Gesammtkörper leitenden Apparat bei Me- tazoen herstellen können , diese Eigenschaft zuschreiben. Dies zugegeben , muss man auf Grund des Experiments und mit Unterstützung phylogenetischer Erwägungen aber wohl auch schliessen , dass die so gering ausgebildeten und so wenig zahlreich vorkommenden subepithelialen Zellen der aboralen Oberfläche des Schirmes dem centralen Nervensystem zuzurechnen seien. Bei den Cytophoren hat sich das Gallertgewebe mit Zellen. Abkömmlingen des Epithels, durchsetzt. Diese Zellen zeigen auf den Randkörpern, und im Bereich des auf den Randlappen vorkommenden Nervenepithels deutlich, wenn auch gering genug ausgeprägt, Eigenschaften, welche sie als Nervenzellen erkennen lassen. Ob sich ähnliche Zellen im übrigen Theile der Umbrella , wenngleich sparsam , finden , habe ich nicht untersucht, allein, falls solche in Zukunft nicht gefunden werden, scheint mir, wie mehrfach hervorgehoben, nichts der Annahme entgegenzustehen, dass die dort vorhandenen amöboiden Zellen , sei es in ihrer Gesammtheit oder in einzelnen bevorzugten, ohne dass sie dies durch ausgeprägte morphologische Eigenschaften ver- rathen, die Funktion als Nervenzellen ausüben , denn das Experiment verlangt auf das Bestimmteste Nervenzellen in jenen Gebieten, und da wir in unseren Thieren erst den Beginn einer Ausbildung von Gehirnthätigkeit suchen müssen , so ist von vornherein so wenig strenge Centralisation zu erwarten, wie entschiedene morpho- logische Ausbilduno; der Elemente im Sinne der Funktion. Die Funktion 253 ist es, deren Bedürfniss überall die morphologische Differen- zirung bedingt, und allmälig ausgeprägt gestaltet. V. Hier muss eine Frage erörtert werden, welche schon früher gelegentlich berührt worden ist , die nämlich , ob die auf den Randkörpern gele- genen Zellen überhaupt als Gehirnzellen oder ob sie nur als Componenten von Sinnesganglien aufzufassen seien. Im letzteren Falle würde der Erfolg des Abschneidens der Randkörper, wie schon früher bemerkt , nur als eine Wirkung zu betrachten sein , wie sie auch sonst nach bedeutenden Verletzungen des peripherischen Nervensystems auftritt , ohne dass die centrale Funktionsfähigkeit dadurch organisch berührt wäre: ich habe im physiologischen Theile angenommen, dass sie allerdings dadurch berührt werde , in- dem ich eine successive Zunahme des Erfolgs der Experimente aufstellte, je nachdem nur der Randkörper oder zugleich weniger oder mehr vom Rande in dessen Umge- bung entfernt wurde. Die morphologischen Verhältnisse scheinen dagegen auf den ersten Blick dafür zu sprechen, dass die Zellen der Randkörper als einem Sinnesgang- lion entsprechende Zellen aufgefasst werden: sie sind von den Zellen der Randlappen dadurch unterschieden, dass sie, so viel ich wenigstens entscheiden konnte, nur unter dem Epithel , nicht gleich jenem auch in der Gallerte liegen , und durch die zellen- lose Gallerte ziehende Nervenfäden stellen ihre Verbindung mit den Randlappen her. Bei Rhizostoma findet sich sogar eine bedeutende Anschwellung am Randkörperstiele, welche durchaus den Eindruck eines Sinnesganglion macht. Ist es ganz dieselbe Stelle, deren Quetschung bei Aurelia aurita zeitweilige Lähmung hervorgerufen hat, so könnte dieser Erfolg sicherlich auch auf Rechnung der Verletzung des dort in grösserer Masse entwickelten Theils des peripherischen Nervensystems gesetzt werden, und ich darf wohl sagen , dass solche Annahme auch mit der Thatsache sich ver- einigen liesse, dass sich mit der Erheblichkeit der Verletzung die Reaktion steigert: denn angenommen, es beginne das Gehirn erst mit der Stelle des Schirmrandes, an welchem der Randkörper ansitzt, so wird auch eine geringe Verletzung dieses Randes nur vorübergehende Lähmung hervorrufen. Eine definitive Entscheidung ist hier un- möglich, wie denn die Schwierigkeit der Zurückführung der morphologischen Ein- richtungen aller Theile unserer Thiere in dem relativen Werthe liegt, welchen sie als erst im Beginn der Differeuzirung und Lokalisirung stehende haben müssen. Es erscheint nach den früher gegebenen Deduktionen als selbstverständlich, dass ge- rade auf dem Gebiete der Randlappen zuerst ausgeprägte centrale Nervenzellen sich entwickelt haben. Indem sich die Differeuzirung höher auszubilden beginnt, darf vielleicht angenommen werden, dass die in der Peripherie, speciell zuerst die 254 auf den Randkörpern gelegeneu Nervenzellen allmälig zu der Bedeutung von Sinnes- ganglienzellen sich specifisch gestalten, so dass sich jetzt Sinnesganglion und Gehirn zuerst funktionell und dann auch morphologisch mehr und mehr scheiden. Dass eine solche Scheidung überall allmälig vor sich geht , muss wohl überhaupt ange- nommen werden. Wo die Grenze, das lässt sich nicht bestimmen und Beweise lassen sich nicht geben. Mehr als irgendwo würde aber also wahrscheinlich solche Uiffe- renzirung bei Rhizostoma ausgeführt sein und die für Beroe noch zu besprechenden Verhältnisse würden mit solcher Deutung der Thatsachen , besonders in Rücksicht auf diesen Fall gleichfalls im Einklang stehen. VI. Die Ausbildung des Vermögens der Orts Veränderung be- dingt, abgesehen von seiner Bedeutung für die Entwicklung der Sinnesorgane und des centralen Nervensystems, selbstverständlich vor Allem eine Lokalisi- rung und bestimmte Ausbildung der contractilen Elemente des Kör- pers: je nach der Art der Ortsveränderung, je nach der Richtung in welcher die- selbe ausgeführt wird , muss sich die Muskulatur sondern, anordnen und ausbilden. Gerade in dieser Beziehung sind die Bauverhältnisse vom Cyanea ausserordentlich belehrend. Nerven- wie Muskelapparat gehen bei den Zoophyten aus dem Ektoderm hervor. Da wo zuerst eine morphologische Differenzirung angedeutet ist, welche man an der Hand der Lebensäusserungen des Thieres als eine Scheidung in einen ner- vösen und in einen contractilen Abschnitt erklären kann , sind beide Apparate als ein Gemeinsames über die ganze Aussenfläche des Körpers verbreitet. So ist es bei Hydra. Da eine geregelte und in bestimmter, Consta nter Richtung vor sich gehende Ortsveränderung hier nicht stattfindet, so haben sich speciell die Muskelelemente in keiner Weise etwa au bestimmten Stellen des Körpers lokalisirt oder hervor- ragend entwickelt. Anders bei den frei schwimmenden Medusen. Hier hat sich die Muskulatur auf der unteren Fläche des Schirmes lokalisirt und hoch ausgebildet, während sie auf der aboralen Schirmfläche geschwunden ist. Ueberall betrifft dieser Schwund bei den Toponeuren zugleich auch einen grösseren oder kleineren Ab- schnitt der unteren Fläche der Randlappen. Bei Cyanea gibt uns die tiefstehende Organisation noch auf's Deutlichste die Anhaltspunkte zur Verbindung mit deu bei Hydra bestehenden Verhältnissen : aus demselben Zellenfuss, welcher dort in gleicher Weise an allen Zellen des Ektoderms sich findet, ist bei Cyanea im Gebiete der Randlappen ein Nervenfaden hervorge- gangen und hat sieh andererseits auf dem zur Locomotion bestimm- ten Theile der Unterfläche des Schirmes ein Muskelfaden ent- 255 wickelt. Erst an den Theilen der Randlappen, an welchen das Nervenepithel die höchste Ausbildung erreicht hat, ist der Nervenfuss verloren gegangen und sind jene Einrichtungen aufgetreten, welche das Nervenepithel der Cytophoren durch- aus darbietet , darin bestehend , dass die Zellen desselben nach unten spitz zu- laufen und ohne Fuss in einen Nervenfaden sich verlängern. Au der Unterfläche der Randlappen von Cyanea dagegen finden sich noch Bezirke , wo der Nervenfuss allmälig seine charakteristischen Eigenschaften vollständig verliert und zuletzt zum Muskelfusse wird. VII. Auf der aboralen Schirmoberfläche lassen sich ausgesprochene Eigen- schaften eines Nervenepithels bei Aurelia nur im Gebiete der Sinnespolster, bei Cyanea aber auf der ganzen Ausdehnung der Randlappen erkennen. Cyanea bietet auch hierin gegenüber Aurelia wieder viel tiefer stehende Verhält- nisse dar. Das Princip der Concentration, die specifische Aus- bildung auf kleinerem Räume, verbunden mit scharfer Abgren- zung von der Umgebung, ist hier noch viel weniger zu Geltung ge- langt als dort. Bei Aurelia ist das Nervenepithel von jenem der Umgebung durch- aus verschieden , und die Verschiedenheit beginnt mit scharfer Grenze : ein plötz- licher Uebergang zwischen einem hochentwickelten Sinnesepithel und einem gewöhn- lichen Deckenepithel, in welchem Nesselzellen und Becherzellen auftreten, ist gegeben, allerdings nur centralwärts , während distal allmälige Umbildung statt hat. Bei Cyanea zeigt sich aber auch proximalwärts ganz allmälige Abnahme der ausgespro- chenen Eigenschaften des Nervenepithels und weit hinauf findet sich an den Zellen ein Fuss, von dem man in den Grenzgebieten in Zweifel ist, ob man an ihm mor- phologisch noch Eigenschaften anerkennen soll, die dazu berechtigen , ihn dem Ner- vensystem zuzurechnen. Ueberall aber trägt das Epithel noch die Geissei , welche bei den Cytophoren ausserhalb des Gebietes der Nervenepithelien verloren gegangen ist. Wo ist hier die Grenze zwischen Sinnesepithel und gewöhnli- chem Deckepithel? Gibt es überhaupt eine solche Grenze? Diese Fragen drängen sich auf. Das den Körper von Cyanea bedeckende Geisselepithel , ein Erbtheil aus der Zeit des Larvenlebens, hat, wo es immer bei Larven vorkommt, wahrscheinlich nicht allein Bedeutung als Bewegungsorgan, sondern es dient zugleich der Orientirung, es ist ein Sinnesepithel, welches zur Perception verschiedener Sinneseindrücke in einem gewissen minimalen Maasse befähigt sein mag, dessen Funktion indessen am meisten dem Tastsinne entsprechen dürfte. Es lässt sich diese Annahme durch gute Gründe stützen. Der Geisselfaden der Sinneszellen der ausgebildeten Medusen ist nach mei- 256 nen Beobachtungen die Fortsetzung eines Nervenfädchens und steht mit dem Zell- kern in Verbindung. Das Sinnesepithel ist ein üeberrest des Geisselepithels der Larve, und wenn auch in dieser sich noch nicht ein ausgebildeter Nervenfaden in die Geissei fortsetzt, so ist doch anzunehmen, dass eine feinste plasmatische Verbindung sie schon frühe mit dem Kerne in Beziehung setze. Es findet sich Geisseiepithel bei den Cyclo- neuren noch am Schirmrande, bei den Toponeuren an Randkörpern und Randlappen, bei beiden an den Tentakeln. Auf den übrigen Theilen der Schirmoberfläche ist es ausser Gebrauch gesetzt, nur bei Cyanea noch erhalten. Dass es hier ganz der Beziehungen zum Nervensystem entbehre, kann ich nicht annehmen. Aber ebensowenig möchte ich ohne Weiteres zugeben, dass die aborale Körperoberfläche auch der höher ste- henden Medusen, bei welchen die Differenzirung in ein ausgeprägtes Sinnes- und in ein Deckepithel viel mehr ausgesprochen ist , empfindungslos sei und ich bin , wie schon früher bemerkt, der Ansicht, dass sich von einer Wiederholung der Versuche mit elektrischer Reizung ein Resultat ergeben möchte, welches die Angaben von Rom an es etwas modificiren dürfte. Sollte in der That die früher unzweifelhaft über das ganze Thier verbreitete Empfindungsfähigkeit später auf dem grössten Theil desselben vollkommen verloren gegangen sein , auf jener Fläche , welche den Be- ziehungen zur Aussenwelt in so hohem Maasse ausgesetzt ist und bei Thieren, deren Körper von so ausserordentlicher Zartheit ist wie meistens derjenige der Quallen? Und sollte wirklich das bei Cyanea über den ganzen Körper verbreitete Geisselepithel als solches nichts mit der Nerventhätigkeit zu thun haben? Sollte man nicht annehmen dürfen, dass es noch Vermittler jener allgemeinen Sinnesempfindung sei, welche vor der specifischen Ausbildung und Lokalisirung von Sinnesorganen bei unseren Thieren die Beziehungen zur Aussenwelt allein besorgt haben wird? Und endlich, sollten die Drüsen, die Nesselzellen und die Becherzellen, welche überall über die aborale Kör- peroberfläche der Medusen verbreitet sind, ohne Beziehung zum Nervensystem stehen ? Es scheint mir alles dies undenkbar. Erscheint es als ganz natürlich, dass ein Theil der Körperoberfläche sich vorzüglich zum Zweck des Schutzes und der Vertheidigung zu einer Decke umbildet, die, wie bemerkt, z. B. bei älteren Exemplaren von Cyanea wenigstens im Kuppentheile sehr fest ist , und dass er sich weiter zu diesem Zwecke mit Waffen des Angriffs und der Vertheidigung ausrüstet, so ist doch zu erwarten , dass diese Waffen mit dem Nervensystem in Verbindung stehen und dass auch die Zellen, welche ausserdem den Körper decken, dessen Einfluss nicht ent- zogen seien '). Der Beweis eines Zusammenhanges ist mir nicht gelungen, und doch spricht 1) In Beziehung auf den Zusammenhang von Nesselzellen mit Nervenelementen vergleiche man: Korot- neff, Histologie de l'Hydre et de la Lucernaire, Arch. de Zool. experiment. T. V. 1876. 257 für denselben ausser den ausgesprochenen Gründen vor Allem noch die aus den Ex- perimenten zu erschliessende Thatsache, dass selbst die Abgrenzung des centralen Nervensystems keine scharfe ist und dass sich dessen Bedeutung nur allmälig pro- ximal verliert. VIII. Verweigern uns die auf dem grössten Theile der aboralen Fläche des Medusenschirmes gelegenen Epithelzellen einstweilen die Darlegung von morpholo- gischen Eigenschaften, welche deren Beziehung zum Nervensystem durchaus sicher stellen, so ist dies nicht überall der Fall bei den oralen. Zunächst die Neuro- muskelzellen , welche die quergestreifte Muskelschic hte zusammen- setzen und welche bei Cyanea ihre gemeinsame Anlage mit den S i n- nesepithelien so deutlich erkennen lassen, zeigen insbesondere bei Carmarina durch die neurof ibrilläre Beschaffenheit ihres nicht con- ti-actilen Deckentheils, dass dieser dem Nervensystem zugehört und dass sie in der That „Neuromuskelzellen" sind. Alle die Thatsacheu, welche ich über die neurofibrilläre Differenzirung von Nervenepithelien und Ganglienzellen mit- getheilt habe, lassen über die Berechtigung dieser Deutung keinen Zweifel. Ganz abge- sehen von der Einrichtung des Neuromuskelsystems bei Beroe, auf welche ich noch zu sprechen komme, würden die von mir bei den Medusen geschilderten morphologischen Thatsacheu die Neuromuskelhypothese zur durchaus berechtigten Theorie gestalten. Nur muss ich, den Folgerungen Kleinenbergs für Hydra entgegen, schliessen, dass bei den Medusen das ganze äussere Keimblatt an der Bildung der Neurom uskelschichte theilnimmt '). Bei einem Ueberblick über die Neuromuskelzellen sämmtlicher Medusen fällt auf, dass denselben allgemein der Geisselfaden fehlt , welcher den ausgesprochenen Sinnesepithelien dieser Thiere meistens zukommt, welcher aber auch den an der Bil- dung der Ringnerven betheiligten neurofibrillären Epithelien des Schirmrandringes abgeht. Dass darauf ein Unterschied in der Aufgabe der Perception beruhen muss, ist selbstverständlich. Indessen kann ich nur für die Neuromuskelzellen eine Deu- tung dieser Aufgabe versuchen. Es erscheint als die einfachste Annahme die, dass der Neuromuskelapparat der Unterlläche des Schirmes dazu bestimmt sei, die rhyth- mische Coutraktionsthätigkeit des letzteren , soweit dieselbe unwillkürlich geschieht, 1) Hier mag angefügt werden, dass, wie bekannt, K ö 1 1 i k e r das Muskelgewebe der Hydra zuerst als solches bezeichnet hat. Seine Beziehung zu den Epithelzellen scheint er gleichfalls gesehen zu haben, spricht sich indessen darüber sehr unbestimmt aus. Er sagt: »Ich glaube ausserdem gefunden zu haben, ohne jedoch für einmal mit voller Bestimmtheit mich aussprechen zu können, dass jede Faser oder Fibrille einzeln für sich im Innern eines schmalen Basalfortsatzes der Zellen des Ektoderms sich entwickelt« (Icon. histiolog. II. Abth. 1865). 33 258 unter Leitung der noch näher zu besprechenden, zwischen nervösem und contractilem Abschnitt der Neuromuskelepithehen gelegeneu Nervenzellen selbständig zu besor- gen. Dieser aus Neuromuskelepithehen und Ganglienzellen bestehende reflektorische Apparat muss auf der anderen Seite wiederum in Verbindung stehen mit den Ge- hirnzellen, deren Einfluss sich äussert in dem Auftreten augenscheinlich dem Willen unterworfener Contractionen. Der reflektorische Apparat arbeitet indessen nicht etwa wie unser Herz, dem unmittelbaren Einfluss der Aussenwelt vollständig ent- rückt, vielmehr wird der nervöse Theil der Neuromuskelzellen im Stande sein, Reize bestimmter Art direkt von der Aussenwelt her aufzunehmen und dein contractilen zuzuleiten, so dass unter Vermittelung der zwischen beiden gelagerten Ganglienzellen eine Reguliruug der Contractionsthätigkeit erfolgen kann, von welcher die Gehirne nicht unmittelbar Kenntniss erhalten. Es darf vielleicht vorausgesetzt werden, dass die Perceptionsfähigkeit des nervösen Abschnittes der Neuromuskelzellen vorzüglich eine auf solche Reize eingerichtete sei, welche für die Lokomotion von der gewöhn- lichsten Bedeutung sind : etwa auf Druckwirkung, wie sie durch den Widerstand des Wassers bei der Contraction gegeben ist. Aus der Thatsache , dass ein morpholo- gisch ausgeprägt nervöser Abschnitt an den Neuromuskelzellen der Subumbrella, so- mit auf einem sehr ausgedehnten Theil der Oberfläche ihres Körpers vorhanden ist, geht hervor, dass, wie nach der niederen Stellung unserer Thiere und bei der pri- mitiven Ausbildung ihrer Centralapparate nicht anders erwartet werden kann , ein bedeutender Theil ihrer Reaktionen gegenüber den Einwirkungen der Aussenwelt noch rein reflektorisch sei, eine Folgerung, welche ich auf Grund morphologischer Untersuchung in demselben Sinne auch für Beroe gemacht habe. Auf den radialen, aus glatteu Elementen bestehenden Muskelzügen hat die neurofibrilläre Beschaffenheit des Epi- thels eine ganz ausserordentliche Entwicklung erlangt und sie führt dort in der Nähe der Muskelzüge geradezu zur Bildung von Nervenfasern , welche erst eine mittelbare Verbindung nun von den Muskelfäden gesonderter neurotibril- lärer Epithelzellen mit diesen herzustellen scheinen. Ob an derart mit den neuro- tibrillären Epithelzellen verbundenen Muskelfäden noch eine besondere kernhaltige Plasmaanhäufung ausserdem vorhanden ist, habe ich nicht festgestellt. Ist sie vor- handen, so könnte sie wohl nur als aus einer Proliferation des nervösen Theils der ursprünglich einfachen Neuromuskelzelle hervorgegangen betrachtet werden, ein Vor- gang, welcher mehr und mehr zur Bildung tiefliegender Muskellagen allmälig führen dürfte, die nun vermittelst mehr oder weniger umschriebener Bündel von Nerven- fibrillen mit dem abgesonderten Epithel in Verbindung stehen würden. Der an der 259 Muskelfaser sitzende Theil des nervösen Abschnittes der ursprünglichen Neuromus- kelzelle würde zuletzt wohl die motorische Endigung des Nerven abgelten. IX. Es führen uns diese Fragen auf die nähere Besprechung der bei allen von mir darauf genauer untersuchten Medusen oral von der contra etilen Lage der Neuro muskelzellen in der Subumbrella gelegenen Nervenzellen. Bei Carmarina sind dieselben in ganz vorzüglichem Maasse entwickelt und sie bilden mit von ihnen ausgehenden Nervenfäden auch bei anderen Formen einen ausgezeichneten Nervenplexus. Ich habe diesen Plexus als das reflektorische Centralorgan der Subumbrella aufgefasst, als das Organ, welches die von dem nervösen Theile der Neurom uskelzellen aufge- nommenen Eindrücke sammelt und einem grösseren Gebiete der coutractilen Ele- mente, bezw. der Gesauimtheit derselben mitzutheilen bestimmt ist, ein Organ also, welches die ursprünglich coordinirte Verbindung der Neuromuskelzellen in eine sub- ordinirte umwandelt. Ist diese Auffassung eine selbstverständliche, so werden wir wohl ebenso selbstverständlich eine Entstehungsweise des Plexus erwarten dürfen , welche einen ursprünglichen organischen Zusammenhang mit dem Neuro- muskelepithel zur Grundlage hat. Die endgültige Feststellung der Art, wie die Entstehung stattfindet, wird sich allerdings erst dann mit Erfolg in Angriff neh- men lassen, wenn uns bekannt sein wird, wie die Verbindung der Nervenfäden mit den Muskelelementeu beschaffen ist. Darüber haben wir bis jetzt keine Kunde '). 1) Inzwischen habe ich mir von Herrn Rommes Nachricht über die von ihm citirte und auf Seite 111 von mir erwähnte Arbeit von Schäfer erbeten. Romanes theilte mir mit, dass sie noch nicht erschienen sei, wohl aber ein Auszug von ihr, welchen er die Güte hatte, mir zuzusenden und von welchem er, da derselbe erst nach seiner Arbeit veröffentlicht worden ist, in der von mir vermutheten Weise Kenntniss gehabt haben muss: »Obser- vations on the nervous system of Aurelia aurita« , Proceedings Roy. Soc. Vol. XXVII. Schäfer beschreibt bei Aurelia eine Lage von Nervenfasern , welche die ganze untere Fläche der Umbrella bedeckt und zwischen dem Ektodermepitheliuni und der Muskelschichte liegt. In die Fasern sind bipolare Nervenzellen eingelagert; sie sind selten oder nie mehr als 1 mm lang, verbinden sich mit benachbarten, verzweigen sich, und endigen spitz zulaufend; die Enden sind in enger Berührung mit den Muskelfäden, aber zuweilen ist die Endigung zu einer platten, kernhaltigen Verbreiterung gestaltet * wahrscheinlich einer primitiven Form einer motorischen Eudplatte«. — Es erinnert die Beschreibung dieser Endigung sehr an die Einrichtung, welche ich für Beroe geschildert habe, wonach der Ansatz der Nerven an Muskelfasern unter Vermittelung den letzteren aufliegender Kerne geschieht. Der Kern liegt unter dem Sarkolemma und die Hülle des Nervenfadens geht in dieses über. Statt des Kerns sieht man zuweilen eine granulirte Masse, wohl kernhaltiges Plasma. Ich verglich die Kerne mit den »Nervenendknospen« der Amphibien (Kühne, Stricker's Handbuch der Lehre von den Geweben S. 155), bezw. den Kernen der Nerven- endplatten der übrigen höheren Thiere (Beroe S. 70, Fig. 47; Fig. 67, A u. B). In anderen Fällen aber scheint sich die Nervenprimitivfibrille einfach an den Muskel anzusetzen. Diese beiden Arten der Verbindung gelten für den Fall, dass Nervenfäden im Winkel an Muskelfasern in deren Verlauf herantreten, die zweite speciell aber für die Endigung des der Muskelhaut der Oralfläche anliegenden Nervenplexus, d. i. der Ausläufer der derselben auf- liegenden Ganglienzellen (S. 71 u. 72 u. Fig. 45). Die dritte Art der Verbindung, wie sie in den Neuromuskelfasern gegeben ist, wird noch besprochen werden. Schäfer erwähnt das Nervenepithelium von Randkörpern und Umgebung und die Auskleidung einer aboralen und einer oralen Grube durch dasselbe, hält aber Nervenfilz und Epithelzellen für das centrale Nervensystem. 33* 260 Indessen haben wir in den morphologischen Verhältnissen ausserdem Anhaltspunkte, welche den Versuch einer Erklärung jener Entstehung rechtfertigen mögen. Da nach meinen Beobachtungen die oralen Epithelzellen geradezu Nervenzellen sind , so kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die subepithelialen aus ihnen hervor- gehen. Dies könnte geschehen entweder durch Proliferation des nervösen Theils der Neuromuskelzellen in der Richtung ihres Höhendurchmessers oder dadurch, dass Epithe- lien aus der Reihe der übrigen, mit welchen sie in seitlicher Verbindung sind und bleiben, in die Tiefe treten. Wir können den ersteren Modus bezeichnen als den auf Proliferatious- den zweiten als den auf Wanderungscontinuität beruhenden. Die Neuromuskelfasern von Beroe würden ein Beispiel von Proliferationscoutinuität zeigen. Wir finden dort zwischen Epithel und Muskelfasern, eine continuirliche Verbindung herstellend, Ner- venfasern und in dem Verlauf derselben, sowie insbesondere an der Stelle des Ueber- gangs von Muskel- und Nervenfaser, Ganglienzellen eingeschaltet1). Offenbar ohne meine Schilderung der Neuromuskelfasern von Beroe zu kennen, hat Gegenbau r bei Gelegenheit der Besprechung der x\ngaben von Kleinenberg über das Neuro- muskelgewebe von Hydra in der IL Auflage seines Grundrisses der vergleichenden Anatomie eine hypothetische Beurtheilung der aus der Neuromuskeltheorie zu zie- henden Schlüsse gegeben, welche in solcher Weise auf jene meine Schilderung hinaus- kommt, dass man meinen sollte, er habe dieselbe seinen Aeusserungeu geradezu zu Grunde gelegt. Er .sagt dort (Seite 32) „darin (in den Neuromuskelzellen der Hydra) erscheinen die ersten Anfänge der in höher differenzirten Zuständen in dem Zu- sammenhang von Ganglien/elle , Nervenfaser und Muskelfaser ausgesprochenen Ein- richtung. Wenn wir annehmen, dass die in diesem Fall (Neuromuskelzelle) nur als Portsätze von Zellen erscheinenden Fasern einen Kern erhalten, indem das Theilungs- produkt des Kernes der Zelle allmälig auf die Faser gelangt, dass ferner die Neuro- muskelzelle nicht mehr so unmittelbar, sondern durch einen gesonderten Fortsatz mit der somit gleichfalls selbständiger gewordenen contractilen Faser sich verbindet, so ist damit ein Uebergang zu jenem differenzirteren Zustande gegeben. Nerven wie Muskeln erscheinen von diesem Gesichtspunkte aus als die Produkte der Son- derung einer und derselben Gewebsschichte, die wir weiter unten als „Ektoderni- werden kennen lernen. Damit wird zugleich ein physiologisches Postulat erfüllt; denn es ist völlig undenkbar, dass Nerv oder Muskel in ihren Elementen einmal von einander gesondert bestanden und dass der die Funktionen beider bestimmende Zu- sammenhang das Ergebniss einer späteren Verbindung sei". Wir würden uns also 1) Vergl. Beroe, Taf. VI. 201 die Neuromuskelfaser entstanden denken durch Wucherung, Kernvermehrung und Ver- längerung einer Neuromuskelzelle in der ßichtuug ihres Höhendurchmessers : die mit dem Nervenfaden in Verbindung stehende Epithelzelle bleibt percipiren.de Sinneszelle, an der Uebergangsstelle zwischen Nerv und Muskel hat sich ein Apparat gesondert, der als motorische Nervenzelle functionirt '). Dabei ist nun aber die Thatsache hervorzu- heben, dass jeweils mehrere Epithelzellen mit einer motorischen Nervenzelle , d. i. mit einer Muskelfaser in Verbindung stehen und wenn wir daher annehmen wollen, dass der Apparat aus einer einzigen Neuromuskelzelle hervorgegangen sei, so müssen wir schliessen, dass mit der Proliferation in genannter Richtung zugleich eine seitliche in der Weise stattgefunden habe, dass von derselben nur der nervöse, nicht aber der contractile Abschnitt der letzteren ergriffen worden sei, mit anderen Worten, dass aus einem nervösen Abschnitt der gegebeneu Neui-omuskelzelle deren mehrere hervor- gegangen seien, während der contractile in der Einheit geblieben ist. Auf die zweite Art der Entstehung subepithelialer Ganglienzellen , auf die auf Grund der Einwanderung stattfindende , scheinen die von mir bei Carmarina geschilderten Verhältnisse hinzuweisen : man müsste annehmen , dass von beispiels- weise zwei nebeneinander gelegenen und untereinander seitlich zusammenhängenden Neuromuskelzellen die eine in die Tiefe tritt und , während sie mit dem Muskel- element in Verbindung bleibt, zur Nervenzelle wird, während die andere sich unter Verlust ihres contraktilen Theils allmälig zur percipirenden Epithelzelle gestaltet. Für Carmarina, wo je eine nervöse Deckzelle mit zahlreichen contractilen Apparaten nachweisbar in Verbindung steht , würde nun auch der schwierigste Theil der Er- klärung , die Frage , wie es möglich ist , dass eine einzige Gauglienzelle zahlreiche Muskelelemente beherrscht, hin wegfallen. Und es ist wohl anzunehmen , dass die Einrichtungen von Carmarina nur gewissermassen in gröberen Zügen Verhältnisse aufklären, welche, wenn auch nicht in ganz derselben morphologischen Bildung, so doch mit denselben Beziehungen auch anderwärts vorkommen. — Die Einrichtungen bei Carrnarioa , insbesondere die Bedeutung des Epithels dieser Meduse als Nerven- epithel sind es gewesen , welche mich zu solcher Erklärung der Entstehung subepi- thelialer Ganglienzellen geführt haben. Auf Grund derselben Beobachtung, welche ich am Schirmrandringe von Carmarina gemacht habe, wonach dort zu Ganglienzellen gestaltete Epithelzellen augenscheinlich in die Tiefe treten, haben Hertw ig kürzlich gleichfalls eine Entstehung von Ganglienzellen aus in die Tiefe tretenden , mit den Nachbarn in Continuität stehenden Epithelzellen angenommen ; allein sie stellen diese 1) Vergl. Beroe, Taf. VI, g der Abbildungen. 262 Auffassung in Gegensatz zu der von ihnen bekämpften Neuromuskeltheorie , was meiner Ansieht nach in keiner Weise geboten ist. Auch ist durchaus nicht anzu- nehmen, dass die Entstehung von Ganglienzellen auf Grund von Einwanderung die einzige sei: der zweite Bildungsmodus, der auf Grund von Proliferation, wird eine nicht minder bedeutende Rolle spielen und beide werden Hand in Hand gehen können. Gerade die Verhältnisse des Schirmrandringes sprechen in hohem Grade für eine Betheiligung der Proliferation : nur durch diese kann offenbar die Bildung des Ringnerven aus laugen Nervenfäden erklärt werden , in welche von Stelle zu Stelle Ganglienzellen eingeschaltet sind. X. Hat die quergestreifte Muskulatur des Schirmes die rhythmischen Con- tractionen desselben zu besorgen, so möchte die glatte, radiale, aktiver Erweiterung der Gefässe vorzugsweise vorstehen. Der Gegensatz im Bau dieser beiden Muskel- arten und die aus ihrer Lage hervorgehenden Beziehungen der Thätigkeit zu diesem Bau geben ein hübsches Beispiel für die Annahme ab, dass die Entstehung quergestreifter Muskulatur bei den Medusen wie in der ganzen Thierreihe offenbar nur einem höheren Grade der Thätigkeit den Ursprung verdankt. Ueberall , wo diese Thätigkeit eine sehr bedeutende ist, mag sie eine „willkürliche" oder eine „unwillkürliche" sein, tritt Querstreifung auf, bei den Medusen in derjenigen Richtung, nach welcher die Zusammeuziehungen des Schirmes vorzüglich stattfinden (cirkuläre Muskulatur), nicht in der entgegengesetzten (radiäre Muskelzüge). Am deutlichsten spricht hiefür die Beschaffenheit der so leb- hafte Bewegungen ausführenden Muskulatur der Arthropoden, der Muskulatur des Herzens der Wirbelthiere, im Gegensatze zu den übrigen „unwillkürlichen" Muskel- zügen und Muskelblättern. Dass ebenso bei den Zoophyten wiederum ein Zusammen- hang zwischen contractilem Gewebe und Bindegewebe besteht, indem beide von ge- wissen Grenzen ab sich nicht mehr trennen lassen und dass hier wiederum die Thä- tigkeit massgebend ist, indem ersteres sich überall nach denjenigen Richtungen aus einer mit ersterem gemeinsamen Anlage entwickelt , nach welchen vorzüglich Con- tractionsfähigkeit nothwrendig war und sich ausgebildet hat, habe ich bei Beroe nach- gewiesen. Neuerdings sind ähnliche Uebergäuge zwischen Bindegewebe und Muskel- gewebe auch bei Wirbelthieren erkannt worden 1). XI. In Zusammenhang mit der Annahme, dass Muskel- und Bindegewebe bei den Zoophyten durch Uebergäuge verbunden seien, steht die Frage inwieweit das 1) W. Flemming, Ueber Formen u. Bedeutung der organischen Muskelzelleu. Ztschr. f. wissensch. Zool. XXX. Bd. Suppl. 263 Gallertgewebe der Medusen durchziehende Fasern als den Nerven- strom leitende, als Nervenfasern betrachtet werden dürfen, denn für Beroe' bin ich zu dem weiteren Schluss gekommen, dass dort auch Nerven- und Bindegewebselemente von einer gewissen Grenze an nicht mehr unterscheidbar seien, wenn auch auf der anderen Seite, da wo bedeutendere Differenzinmg vor sich gegangen, diese Unterscheidung eine nicht schwierige ist. Zwischen zwei Blättern von Ektoderm- zellen hat sich bei den Medusen eine Lage von Gallertsubstanz ausgeschieden, welche nach Allem, was wir über ihre Entstehung wissen und erschliessen können, nur eben als ein Produkt der Ektodermzellen selbst aufgefasst werden kann. Von einem Theil der Fasern, welche die Gallerte durchziehen, dürfen wir wohl annehmen, dass sie zwischeu den Zellen der beiden Ektodermlager einfach ausgezogen worden seien, und dass sie von Anfang an leitender Verbindung derselben gedient haben. Bezügliche morphologische Verhält- nisse sprechen deutlich hiefür besonders bei Cyanea. Andere Fasern zeigen Zellen einge- schaltet und können entweder gleichzeitig mit vorigem Process vor sich gegangener Proliferation ihren Ursprung verdanken , oder aber nachträglicher Verbindung vom Epithel her eingewanderter Zellen. Es ist nicht anders zu erwarten, als dass solche Eutstehuugsweise Fasern hervorrief, welche ursprünglich ihre funktionelle Bedeutung in keiner Weise offenbarten : morphologisch indifferente Fäden. Ein Theil der- selben mag allmälig zu Stützfaseru, zu Bindegewebe, ein anderer zu morphologisch als solche deutlich differenzirten Nervenfäden sich umgestaltet haben. Muskelfasern, welche im Innern des Gallertgewebes von Beroe eine so bedeutende Entwicklung zeigen, sind wenigstens deutlieh morphologisch erkennbar bei den Medusen bis jetzt nicht beob- achtet. Wiederum ist es überall nur die Uebung der Funktion, welche die morpholo- gische Differeuzirung aus ursprünglich indifferent aussehendem Gewebe nach dieser oder nach jener Richtung hin hervorruft. Und so liegt es in der Natur der Sache, dass auch sorgfältigste morphologische Untersuchung in vielen Fällen unmöglich wird ent- scheiden können, ob diese oder jene Fasern, ob diese oder jene Zellen da oder dorthin zu rechnen seien. Abgesehen von den Stellen , wo mir eine solche Unterscheidung zu machen nicht schwierig war, muss ich somit hinweisen auf das Experiment, welches mir mit aller Bestimmtheit gezeigt hat , dass ein Theil der das Gallertge- webe der Toponeuren auch ausserhalb der Randlappen durchziehenden Fasern als solche zu betrachten seien, welche den Nervenstrom leiten. Als Fasern aber, welche ich auch nach ihren morphologischen Eigenschaften als Nervenfasern zu deuten berechtigt zu sein glaubte, habe ich solche mit plasmatischem Inhalt bezeichnet, sodann Ketten von durch Fäden verbundenen Zellen, und endlich fand ich ausgesprochene variköse Nervenfasern, in welche wiederum Zellen eingeschaltet sind. 264 Diese letzteren Verhältnisse erinnern durchaus an das, was ich bei Beroe beschrieben habe : wie dort, so sind auch hier die in die Nervenfasern eingeschalteten Zellen ausser- ordentlich arm an Plasma (Ringnerv, Belegzellen des Stützblattes des Schirmrandringes bei Carmarina) , so dass ich die Nervenfasern von Beroe' geradezu als Ketten von Ganglienkerneu bezeichnet habe. Schon dadurch fallen die Kerne besonders in die Augen, sind aber überhaupt überall hervorragend ausgebildet und auch als absolut gross zu bezeichnen. Bei den Toponeuren, wo das Nervensystem auf sehr tiefer Stufe der Entwicklung steht, ist derartige Auszeichnung nicht zu bemerken. Bei den Medusen wie bei Beroe beschrieb ich ferner die Nervenfasern als aus Hülle und Centralfaden zusammengesetzt; bei beiden werden die gröberen Varikositäten durch Erweiterungen der Hülle hergestellt (wahrscheinlich in Eolge von Ansammlung eines flüssigen oder halbflüssigen Inhalts) und in ihnen ist der leitende Nervenfaden , Centralfaden , be- sonders deutlich. Bei Beroe durchzieht derselbe die Kerne, das Kernkörperchen durch- setzend. Ich habe die eingeschalteten Kerne hier mit Stationen verglichen, in welchen die abgeschwächte durchziehende Depesche von Neuem deutlich gemacht wird, ein Ver- gleich, der nach den geschilderten Beobachtungen an Medusen auch für diese Berechti- gung haben möchte. Was ferner die feinsten Verzweigungen der Nervenfädchen angeht, so zeigen sich ganz dieselben Einrichtungen bei den Cteuophoren und bei den Toponeuren : jene eigenartige, nur dem Nervensystem eigene dichotomische Verzweigung oder Gabe- lung der Fibrillen bildet bei diesen einen dichten Filz unter dem Sinnesepithel der Rand- lappen, bei Beroe streben sie nur in laug ausgezogenen, aus einfacherer Verzweigung hervorgehenden Fäden zu ihm empor. Aber dieselben feinsten Verästelungen wie dort linden sich hier an den Ausläufern der Nervenzellen des Gallertgewebes und nach Goldbehandlung zeigt sich in diesem ein Plexus von gabelig sich verzweigenden und wiederum untereinander anastomosirenden Nervenfädchen so fein, dass mau er- staunt sein muss, derartige Verhältnisse bei so tiefgehenden Thieren zu finden. 1) Es sind kürzlich zwei Schriften erschienen, deren Verfasser Alles, was ich als Nervengewehe hei Beroe heschrieben habe, nicht in diesem Sinne anerkennen zu dürfen meinen. Her eine Autor erklärt meine Nervenzellen für > Bindegewebszellen mit varikösen Ausläufern« (Buekers, Bijdragen tot de Kennis der Anatomie von Cestum Veneris Les. Hoorn 1878, Dissertation). Die Entdeckung varikösen Bindegewebes mag den Herren in Leyden, welche die betreffende Schrift preisgekrönt haben, hiezu wichtig genug erschienen sein; Histologen möchte sie bis auf bessere Bestätigung meiner Angaben als eine Art solcher Bestätigung dienen. Ein anderer Autor (Chun, das Ner- vensystem und die Muskulatur der Rippenquallen, Abh. d. Senkenberg'schen Gesellsch. Bd. XI) erklärt Alles für Muskelzellen und trägt sogar kein Bedenken, mir in Hinblick auf seine misslungenen Goldpräparate eine Verwechs- lung körnigen Niederschlags von Gold mit Nervenfibrilleu zuzumuthen. Auf ähnliche Kritik, welche auf Grund des negativen Erfolgs des bezüglichen Theiles seiner Untersuchung von demselben ausserdem an meiner Arbeit geübt wird, kann ich hier nicht eingehen. Die detaillirte Art, in welcher ich das Nervengewebe und sein Verhalten zur Muskulatur beschrieben habe, musa, wie ich glaube, einem Jeden, der mit den allgemeinen Eigenschaften der Ge- webe hinreichend vertraut ist, Beweise genug vorführen, dass ich Nervenelemente vor mir hatte, auch wenn ich es 265 Wenn die Nervenfasern der Toponeuren nicht nur unter dem Sinnesepithel, sondern auch in der Subumbrella charakteristischer ausgebildet sind als innerhalb der Umbrella, so ist dies wohl durch die Art und che tiefe Stufe der Entwicklung des Nervensystems dieser Thiere und auch daraus erklärlich, dass die Thätigkeit wenigstens der in der Subumbrella gelegenen Nervenfasern in unverhältnissmässig viel höherem Grade in Anspruch genommen sein muss als die Thätigkeit jeuer des Gallertgewebes. Um so mehr darf aber erwartet werden, dass an grösseren Cycloneuren speciell darauf ge- richtete Experimente, ähnlich wie dies für die Toponeuren festgestellt ist, eine Nerven- leitung durch Fasern auch innerhalb der Umbrella nachweisen werden. Mir mag es ge- nügen, dass zunächst bei den Toponeuren dieser Nachweis geliefert ist und dass somit auch hierin volle Uebereinstimmung mit den von mir bei Beroe auf Grund morpho- logischer Untersuchung geschilderten Thatsachen besteht. Uebereinstimmung herrscht endlich, wie noch hervorgehoben werden muss. auch mit den Cycloneuren darin, dass die hier wie bei den Toponeuren experimentell nachgewiesenen Nervenbahnen nicht bestimmte, constant angeordnete Züge von Fasern, „Nerven" im Sinne der höheren Thiere, sondern dass sie überall vereinzelt verlaufende Fäden bilden, welche übrigens bei Carmarina, vom Ringnerven abgesehen, Anfänge einer Anordnung zu radiären Zügen zeigen, wie solche auch bei Beroe zu beobachten sind. Somit ist dem Experiment auch hierin durch die morphologische Untersuchung volles Genüge geleistet. Aus der gemeinsamen Anlage von Nerven- und Muskelgewebe und aus der geringen Diflerenzirung der Gewebe überhaupt, besonders bei den Toponeuren, mag sich auch die auf Seite 118 und 119 nach den Untersuchungen von Rom an es rnit- getheilte Thatsache erklären, dass sich Contractionswellen nicht schneller fortpflanzen als der Nervenstrom. Daraus ist nicht zu schliessen, dass beide auch morphologisch an dieselben Gewebselemente gebunden seien , sondern nur , dass die funktionelle Scheidung von zweierlei aus gemeinsamer Anlage hervorgegangenen Gewebselementen noch eine sehr jugendliche sei. Es ist unzweifelhaft, dass Nervenfäden die Leitung im Medusenkörper ver- mitteln, und dass der subepitheliale Plexus die contractileu Elemente der Subumbrella verbindet und dort die Leitung besorgt, ist höchst wahrscheinlich. Fraglich ist es nicht für nöthig hielt, diese Beweise überall besonders hervorzuheben. Aus früher hervorgehobenen Gründen habe ich aber schon vor der Kenntniss der genannten Schriften Widerspruch erwartet (vergl. die Einleitung) und da solcher von verschiedenen Seiten geübter Widerspruch, selbst wenn er nur auf negativen Argumenten beruht, die unbedingte wissenschaftliche Verwerthung von Thatsachen bis auf Weiteres hindern kann, so füge ich , ausser dem Hinweis auf die Uebereinstimmung zwischen Nervenelementen von Medusen mit jenen der Ctenophoren an, dass mein Freund Langerhans meine Untersuchungen an Beroe auf Capri genau verfolgt hat, und dass unser Urtheil über die Gewebselemente ein durchaus und selbstverständlich übereinstimmendes war. 34 266 indessen, inwieweit ausserdem eine Leitung des Reizes durch Contiguität der Muskel- elemente, also von Muskelelement zu Muskelelemeut mit in Betracht kommt. Die von mir beobachtete und von Rom an es bestätigte Thatsache , dass die Erregung von einer contractilen Zone sich auf die benachbarte überträgt, und des letzteren An- gabe dass diese Uebertragung durch eine Contractionswelle geschieht, gibt dieser Frage berechtigten Anhalt. Jedenfalls handelt es sich in der Subumbrella gerade der To- poneuren in Beziehung auf die Muskelelemente erst um den Uebergang von der Contiguitäts- zur Continuitäts-Verbindung. Die Neuromuskelzellen bestehen noch ganz ebenso wie dort, wo noch gesonderte Nervenfasern und Zellen fehlen , aber es tritt hinzu die Verbindung der contractilen Abschnitte derselben untereinander durch Ner- veufäden. Dass also die ursprünglichen Neuromuskelzellen als solche nicht mehr allein durchaus die Funktionen des Nerven- und Muskelgewebes vermitteln, ist selbst- verständlich, ganz abgesehen davon , dass auch das Gallertgewebe von Nervenfasern durchzogen wird. XII. Die besprochene hervorragende Bedeutung der Kerne im Bau der Ner- venfasern von Beroe, ihre besondere Ausbildung daselbst , ihre Beziehung zum Cen- tralfaden haben mich schon früher in Verbindung mit anderweitigen Thatsachen dazu veranlasst, auszusprechen, dass man versucht sei, den Kern als das nervöse Cen- tralorgan der Zelle zu bezeichnen1). Die Verhältnisse des Nervensystems der Cycloneuren, nicht nur bei Carmarina, sondern auch bei den übrigen von mir untersuchten Formen, geben neue Belege für die Berechtigung der Deutung, welche ich den bei Beroe beobachteten Thatsachen gegeben habe: es sind wiederum die Kerne, welche in den Nervenfasern hier eine besondere Rolle spielen, schon dadurch, dass sie, von auffal- lend wenig Plasma umgeben , in dieselben von Stelle zu Stelle eingeschaltet sind, allein auch dadurch, dass sie überall von ansehnlicher Grösse erscheinen. Besondere Grösse ist weniger oder nicht auffallend in den Nervenepithelien , dagegen ausser- ordentlich in den typisch ausgebildeten Ganglienzellen des Schirmrandringes und der Subumbrella von Carmarina. Diese Grösse ist hier nicht nur eine absolut bedeutende, sondern sie ist auch relativ hervorragend gegenüber der Menge des sie umgebenden Plasma. Zugleich ist das Kernkörperchen von ungemeiner Grösse und zeichnet sich durch bedeutendes Lichtbrechungsvermögen aus. Nur mit einer anderen Kernart im Medusenkörper lassen sich diese Verhältnisse vergleichen , nämlich mit den Keim- bläschen, und dieselben Verhältnisse treffen wir nicht nur bei den Medusen, sondern überhaupt im Thierreiche. Daraus mag es sich erklären, dass ein hervorragender 1) Beroe S. 81. 267 Forscher die Eier vou Medusen für Nervenzellen gehalten hat. Zum Vergleich habe ich auf Taf. XII, Fig. 14, Eier von Carmarina hastata im gallertigen Stützblatte liegend abgebildet: sie unterscheiden sich von den Ganglienzellen wesentlich durch das Fehlen der Fortsätze, ohuedies würde eine Verwechslang beider unschwer möglich sein. Dieselbe hohe Ausbildung der Kerne der Ganglienzellen findet sich nun als Regel im ganzen Thierreiche : nicht nur sind in den Centralapparaten vieler Thiere, was wohl allgemein bekannt, aber nicht verwerthet ist, Kern und Kernkörperchen von ganz ausserordentlicher absoluter Grösse, sondern vielfach tritt auch das Zellplasma den Kernen gegenüber ganz auffallend zurück, so dass man Theile vom Gehirn oder von Ganglien antrifft, welche bei nicht genauer Untersuchung den Eindruck machen, als ob sie nur aus Kernen zusammengesetzt seien. Dass man dabei sofort auch an die Neurogliakerne denkt und diese mit solchem Vermehrungsprocess in Verbindung bringen möchte, ist selbstverständlich. Die chemische Composition des thierischen Zellkerns überhaupt , soweit wir sie kennen , weist vorzüglich Stoffe nach , welche auch in der Zusammensetzung der Hirnsubstanz eine besondere Rolle spielen. Aus diesen und anderen Gründen ist zu schliessen , dass speciell die Zellkerne der Sitz und der Herd der centralen Nerventhätigkeit seien; und dass diese Thätigkeit da, wo sie eine lebhafte ist mit einer ständig in gewaltigem Maasse vor sich gehenden Neubildung von Kernen verbunden sei, möchte ich aus verschiedenen Thatsachen er- schliessen. Die Angaben über die Endigung von Nervenfädchen auch in Kernen anderer Zellen mehren sich und die Rolle , welche die Kerne bei der Bildung per- cipirender Sinnesorgane spielen, ist eine ganz hervorragende. Ist die Bedeutung der Kerne für das Nervensystem aus den geschilderten Verhältnissen offenkundig, so hat sich mir aus meinen fortgesetzten Untersuchungen über seinen Bau insbesondere aus dem Studium der radiären, im Kernkörperchen oder in kleineren Centralpuukten convergi- renden Plasmafäden, welche in seinem Inneren zu erkennen sind, immer mehr die An- sicht aufgedrängt, dass er überall als das Centralorgan der Zelle wenig- stens in dem Sinne eines Anregersund Leiters ihrer Lebensvorgänge, als ihr „Lebensorgan" anzusehen sei. Eine nähere Begründung und Ausführung der hier angedeuteten Auffassungen werde ich, insbesondere, auf Grund specieller Mitthei- lungen über die Bauverhältnisse der Kerne der Ganglienzellen, an einem anderen Orte geben. Hier sei nur noch darauf hingewiesen, dass die hervorragende Rolle, welche der Kern in den Eiern und auch in den Samenfäden spielt, bei der grossen Bedeutung, welche diese Theile als Vermittler einer Ungeheuern Entwicklung haben, vollkommen verständlich wird, sowie man die Kerne eben als die Anreger dieser Entwicklung auf- fasst, eine Annahme, die in neuesten Beobachtungen bedeutende Stützen findet. 34* 268 Die Thatsache, dass bei den Toponeuren eine besondere Ausbildung des Kerns in den dem Nervensystem zugehörigen Theilen nicht zu erkennen ist, erklärt sich unschwer wiederum aus dem geringen Grade der Centralisation , welche hier sich ausgebildet hat und unmittelbar daran reihen sich die bezüglichen Verhältnisse von Beroe, wo die Differenzirung der Nervenelemente weiter als bei den Toponeuren, aber nicht so weit wie z. B. bei Carmarina vorgeschritten ist. XIII. »Spricht sich das ganz Allmälige, Stufenweise in der morphologischen Differenzirung der ekto dermalen Ge webselement e unserer Thiere aus indifferenter Anlage je nach dem Grade des funktionellen Bedürfnisses überall au*, so ist dies doch am deut- lichsten und zugleich a in schönsten der Fall in der Umbildung des Epithels zu specifischen Sinnesapparaten, speciell bei den Toponeuren. Aus dem gewöhnlichen Deckepithel des Körpers entwickelt sich hier speci- fisches Sinnesepithel zum Zweck des Sehens, Hörens, Riechens (Schmeckens?), Tastens dicht nebeneinander in einer Weise, dass man meist nicht bestimmen kann, wo das eine Organ vom anderen sich scheidet, oder wo die Grenze ist gegenüber jener all- gemeinen Bedeckung. Das Geisseiepithel, ein Ueberrest der Körperdecke der Larve, findet sich insbesondere erhalten an den Tentakeln, wo ihm vielleicht noch hervor- ragend Bedeutung zum Tasten zukommt, sodann in den Gruben, deren Gestaltung- Veranlassung geben musste, ihnen speciflsche Bedeutung als Riech (Schmeck- ?) organe zuzuschreiben. Allein in den hinteren Riechgruben finden sich zugleich die als Seh- spindeln von mir bezeichneten Gebilde und auch auf den Randkörperstielen , sowie an den Randlappen, liegen beide zwischen einander. Deutlich entstehen ausserdem die Spindeln aus den Geisseizellen. Bei Cyanea finden sich auf der aboralen Schirm- fläche verbreitet noch spindelförmige Körper, welche vielleicht mit den Sehspindeln in unmittelbarer Beziehung stehen. Diese scheinen ihre höchste Bedeutung aber je- denfalls auf den Randkörpern zu erlangen , da wo die gewöhnlichen Geisselepithel- zellen dadurch in den Dienst des Sehapparates treten , dass sie Pigment aufnehmen und zu mehreren je eine Sehspindel umschliessen, auf diese Weise also in ihrer Ge- sammtheit eine Art Chorioidea herstellend. Allein Lichtempfindung scheint bei den Cytophoren nicht nur auf der ganzen Oberfläche der Randkörperstiele, sondern auch auf den Randlappen und in den hinteren Riechgruben vermittelt zu werden , also auf zwei räumlich getrennten Bezirken. Auf das Deutlichste ist so die Differenzirung von specifischen Sinnesorganen aus einem ursprünglich wohl allen Sinnesempfinduugen unvollkommen zugleich dienenden Sinnesepithel erst im Werden begriffen, so sehr, dass es nicht einmal möglich ist, eine bestimmte Grenze für jedes Organ zu ziehen, 269 abgesehen davon, class die Bedeutung, welche wir dem einen und dem anderen zu- schreiben — es gilt dies für die Deutung des Geisseiepithels als Riech- oder Tast- apparat — eben in Folge der geringen morphologischen Differenzirung, mehr auf Ver- muthung als auf Beweis beruht. Am deutlichsten sind der Verbreitung nach noch die percipirenden Hörzellen von den übrigen Sinneszellen abgegrenzt. Im Uebrigen sind sie von den Geisselzellen nur durch den Verlust der Geissei und durch gerin- geren Höliendurchmesser unterschieden. Physiologisch interessant sind die Einrichtungen des Hörorgans bei Toponeuren und bei Carmarina. Bei den Toponeuren muss entweder Erschütterung der Hör- krystalle die dem flörsäckchen aufgelagerten Hörzellen von ihrer unteren (inneren) Fläche aus erregen oder es dient die Gesammtheit der Hörkrystalle dem Hören nur insofern, als sie den Hörzellen bei Druck der von aussen herantretenden Schallwellen einfach Widerstand bietet und so einen Anprall derselben ermöglichend , ihre Wir- kung verstärkt. Es scheint mir , dass beide Arten der Leistung sich nicht aus- schliessen. Eine eigenthümliche Analogie mit den Bauverhältnissen von Beroe ergibt sich wiederum im Vorhandensein jener blindendigenden Ausstülpungen von Gefässen, welche zangeuartig, wenn auch bei den Toponeuren nicht in unmittelbarer Nähe, gegen die Hörsäckchen hinragen, der von mir sogenannten Hörge fasse oder Am- pullen1); man wird sie in beiden Fällen als Hülfsapparate des Hörorgans ansehen müssen, vielleicht insofern als die sie von der Aussen weit abgrenzende, verhältuiss- mässig dünne Gallertlage dazu geeignet ist, durch ihre Excursionen die Wirkung der Schallwellen zu verstärken. In ganz anderer Weise, aber doch im Wesentlichen nach demselben Princip wie bei den Toponeuren sind die Hörorgane von Carmarina gebaut: hier kann der Hörstein nur die Aufgabe haben, einen Anprall der Wellen auf das Hörepithel zu ermöglichen. Die hier, wie geschildert, ungemein feinen Hörhaare werden zwar durch die Erschütterung der Wand des Hörbläschens, zugleich aber auch durch die Bewe- gung der in diesem enthaltenen Flüssigkeit erregt werden, denn die Abbildung von doppeltconturirten , starken und starren Hörhaaren , welche wie Borsten nach der Wand des Hörbläscheus hinstreben, wie sie Hertwig geben, entspricht nach meinen Beobachtungen nicht dem Thatsächlichen und muss als schematisch bezeichnet werden. Bei Rhopalonema, wo ich die Verhältnisse der Hörorgane im Wesentlichen überein- stimmend mit der Darstellung der genannten Autoren gefunden habe, umschliessen. die Hörzellen gleichfalls den Otolithen von aussen : dieser sitzt zwischen den Hör- 1) Vergl. Beroe, Taf. I, Fig. 1, 2; Taf. II, Fig. 11 bei A. 270 zellen fest und es ist somit seine Bedeutung nur wieder ebenso zu erklären wie bei Carmarina. Sind alle diese Einrichtungen nach ganz anderem Princip construirt, als die Hörorgane anderer niederer Wirbelthiere, so findet sich, ohne dass irgend von einer Erklärung durch verwandtschaftliche Beziehungen geredet werden kann , doch das- selbe Princip wie bei den letzteren auch bei den ersteren vertreten. So hat Hen- sen1) zuerst bei einer Eucope die Hörhaare im Innern des Hörbläschens von einer im Grunde desselben gelegeuen Epithellage aus hineinragend beschrieben : auf ihnen liegt der Hörstein und es wird hier also die Höremphudung auf ganz dieselbe Weise vermittelt wie bei Würmern und Mollusken. Es hat diese Deutung verschiedene Widersprüche erfahren, wie denn z. B. Fritz Müller den Otolithen für eine Linse erklärt2), während Häckel die von Hensen als Hörhaare beschriebenen feinen, blassen Linien auf die Fasern der Sinnesnerven, die beiden äussersten derselben auf die Conturen des letzteren zurückführen zu dürfen meint , das Hörbläschen aber für das nach seiner Meinung auch bei den Gleryoniden den Otolithen umschliessende Sinnesgauglion hält, welches von jenem Nerven getragen werde. Es gibt Häckel an, dass er diese Deutung stützen könne durch eigene Beobachtung mehrerer Euco- piden (Phialidium viridicans und ferrugineum) und Trachynemiden (Khopalonema velatum und umbilicatum)3). Hertwig endlieh erklären die feinen Linien, welche Hensen als Hörhaare bezeichnet hatte, für die Grenzen der Sinneszellen und glauben erst die Entdeckung der wirklichen Hörhaare zu machen. Ich kann dem gegenüber die Angaben Hensen's durchaus bestätigen. Im Frühjahre 1S76, als ich iu Neapel u. A. die Hörorgane mehrerer Eucope-Arten untersuchte, habe ich mit starken Linsen die Linien, welche Hensen als Hörhaare beschreibt, auf das Deut- lichste als solche erkennen und Hensen, der zufällig zugleich mit mir in Neapel war, zeigen können. Ich führe diese Thatsachen hier desshalb an, um darauf hinzuweisen: 1) dass die höheren Sinnesorgane (denn ganz dasselbe wie für die Hörorgane gilt nach meinen Erfahrungen auch für die Sehorgane) der Toponeuren und der Cycloneuren keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen haben und dass auch verschiedene Gruppen der Cycloneuren unter sich derartiger Beziehungen in gleicher Weise baar sind; 2) dass aber zweierlei physikalische Principien im Bau der Hörorgane benützt sind , von welchen das eine auf Erregung frei in die Hörkapsel hineinragender Hörzellen durch 1) Hensen, Studien über das Gehörorgan der Decapoden, Zeitschr. f. wissenseh. Zool. Bd. XIII. 1863. 2) Fritz Müller, Ueber die Randbläschen der HydroiJquallen, Archiv f. mikr. Anat. Bd. I. 1865. 3) Häckel, Geryoniden S. 59. 271 den Hörsteiu, das andere auf Erregung nach aussen gerichteter, den Hörstein um- schliessender Hörzelleu beruht und von welchen beide bei den Cycloneuren Ver- werthung finden, das zweite aber, wenngleich in anderer Ausführung, auch bei den Toponeuren angewendet ist; 3) dass bei beiden Typen dieselben Mittel, nur in ver- schiedener Weise zum Aufbau benützt sind; -i) dass trotz Ausschlusses jeder ver- wandtschaftlichen Beziehung nicht nur das eine unter den bei den Cycloneuren zur Geltung gekommenen Principien , sondern dessen ganze Ausführung bei den Höror- ganen höherer wirbelloser Thiere (Würmer und Mollusken) wiederkehrt. Die letztere Thatsache ist von ganz besonderer Wichtigkeit : sie zeigt auf das Deutlichste, dass durch Anpassung, in Folge der Beziehung der Orga- nismen zu bestimmten Wirkungen der Aussenwelt, auch ohne jede unmittelbare Bl ut Verwandtschaft ganz dieselben Formen entstehen können, meiner Ansicht nach nicht etwa desshalb , weil das dem thierischen Or- ganismus mitgegebene Material wenig bildungsfähig wäre, aber allerdings desshalb, weil offenbar mit Hülfe dieses Materials nur in geringer Va- riation Einrichtungen geschaffen werden können, welche einer ganz bestimmten und constanten äusseren Anforderung alle auf's Beste genügend sind. Diese Auffassung schliesst auch die Erklärung für die Thatsache ein, dass überall dieselben Mittel zum Aufbau der Or- gane verwendet werden, nur in verschiedener Weise. Die percipirenden Zellen haben im einen Falle die umgekehrte Lage gegenüber dem Hörstein und gegenüber dem übertragenden Medium wie im anderen. Es bietet dieses Verhältniss ein Seitenstück zu der umgekehrten Lage der Retinaelemente im Auge der Cephalopoden und der Wirbelthiere, ein Beispiel, dem neuerdings innerhalb des Molluskentypus selbst in- teressanter Weise ein neues hinzugefügt worden ist, in welchem jene Lage wiederum dieselbe ist wie bei den Wirbelthieren '). Wir haben somit a) Fälle zu verzeichnen, in welchen trotz des Mangels aller unmittelbaren verwandtschaftlichen Beziehungen Formähnliclikeit oder sogar Formgleichheit entstanden ist und b) Fälle, in welchen unter derselben Voraussetzung ähnliche Formen , aber in anderer Zusammenfügimg entstanden sind. Die Anatomie der Sinnesorgane bietet nach beiden Richtungen zahlreiche Bei- spiele dar. Wiederholt treten in den höheren Gliedern von Thiergruppen nach dem- selben Typus gebaute höhere Sinnesorgane auf wie in anderen, welche mit jenen in keiner unmittelbaren Blutsverwandtschaft stehen oder es treten solche auf, die mit 1) Semper, Heber Schneckenaugen vom Wirbelthiertypus, Arch. f. mikr. Anat. XIV. Bd. 272 demselben Material, aber in anderer Anordnung zusammengesetzt sind. Wie die Cy- clonenren zeigen, kann in letzterem Falle die Blutsverwandtschaft sogar näher liegen als in ersterem. Es kann nicht meine Aufgabe sein, die Tragweite dieser Thatsachen hier aus- führlich zu erörtern. Allein es ergibt sich aus ihnen zunächst so viel, dass häu- figer als mau allgemein beachten mag, analoge Formähnlichkeit homologe Formbe- ziehungen nachahmen wird. Zwar werden bei complieirter gebauten Organismen die übrigen Organisationsverhältnisse und die Art der Entwicklung vor Irrthümern in phylogenetischer Verwerthung sofort bewahren, allein auf tieferer Stufe der mitoge- netischen wie der phylogenetischen Entwicklung wird die Gefahr des Irrthums eine viel grössere sein, denn je einfacher die Organisation, je gleichmässiger die äusseren Ver- hältnisse und je gleichmässiger die Bedürfnisse, um so ähnlicher werden Formen sein können, ohne dass diese Aelmlichkeit auf unmittelbare Blutsverwandtschaft schliessen lässt und eben wegen der Einfachheit der Organisation fehlt hier die Möglichkeit der Probe durch Vergleichen der Formbildung verschiedener Organe und vielfach auch die Möglichkeit der Probe durch die Entwicklung. Andererseits, je bestimmter, schärfer und nachhaltiger und je weniger rnodi- ficirt durch dritte Momente die Einwirkungen der Aussenwelt auf ein gegebenes Or- ganisationsmaterial ausgeübt werden, um so ähnlicher werden die Formbildungen sein können, welche sie erzeugen, selbst wenn die Blutsverwandtschaft dieses Ma- terials keine unmittelbare ist. Eine solche Einwirkung ist gegeben in jenen bestimmten, unwandelbaren phy- sikalischen Einflüssen, welche eben die Entstehung der Sinnesorgane auf dem Boden gegebenen ßildungsmaterials und in Folge des nöthigenden Bedürfnisses der Anpassung bedingen. Die Macht der Anpassung tritt hier gegenüber der Vererbung in ausser- ordentlichem Maasse in den Vordergrund : so gewaltig die Wirkungen der ersteren schon da sind, wo die manchfaltigen kleineren Beziehungen des Lebens der Einzelwesen unter- einander wechselweise in Frage kommen, so sehr diese durch wiederholte Uebung form- verändernd und durch lange Uebung in bedeutendem Maasse umgestaltend wirken: die Einflüsse, welche jeden Organismus auf Grund der Anforderungen seines Existenzbedürf- nisses in erster Linie beherrschen, die physikalischen Einflüsse der Medien, in welchen er- lebt, sie stellen einfache, aber durch keine Gegenanforderung paralysirte, immer in der- selben Weise mächtig wirkende Kräfte dar, welchen gegenüber von Seiten jenes gege- benen Materials nur in beschränktem Maasse vei'schiedene Formgestaltungen ange- passt sein können. Und so muss trotz der unendlichen Mauchfaltigkeit im Einzelnen, im Kleinen eine gewisse Uniformität im grossen Ganzen der Organisation bestehen, so 278 können dieselben Schemata in der Gestaltung wiederholt auftreten, ohne dass unmittel- bare Blutsverwandtschaft irgendwie dabei im Spiele wäre. Da nothwendig in der Or- ganisation der Sinnesorgane diese mächtige, andauernde Wirkung elementarer physika- lischer Kräfte am meisten zum Ausdruck kommt , so kann es eine vergleichende Anatomie dieser Organe, welche wesentlich auf Vererbung gegründet ist, nur inner- halb meist engerer Gruppen der Thiere geben und unter allen anderen sind gerade ihre Formähnlichkeiten am wenigsten für Feststellung phylogenetischer Beziehungen zu verwerthen. XIV. Fassen wir schliesslich die wesentlichsten Charakterzüge des Nerven- systems der Medusen zusammen, so ergibt sich , dass dasselbe bei beiden ihrer Ab- theilungen eine blattförmige Ausbreitung zeigt, welche bei den Cycloneuren die vor- vorzüglichste Concentration am ganzen Schirmrande, bei den Toponeuren an und in den Randlappeu, einschliesslich der Randkörper . aufweist. Eine bedeutendere Ent- wicklung erfährt die Concentration auch bei jenen, entsprechend der Forderung des Experiments, in den radial gelegenen Theilen des Schirmrandes, welchen die Sinnes- organe aufsitzen. Bei Cycloneuren wie bei Toponeuren ist die blattartige Ausbreitung des Nervensystems in grösserer Ausdehnung vorzüglich auf der Unterfläche des Schir- mes ausgeprägt erhalten und seine Entstehung ist hier in deutlichster Weise in Zu- sammenhang mit dem Epithel und mit der Muskulatur erfolgt. Bei den Toponeuren durchsetzen die centralen Nervenzellen das Gallertgewebe im Schirmrande. Die sämmtlichen Einrichtungen des Nervensystems zeigen, dass cycloneure und toponeure Medusen unmittelbare Verwandtschaftsbeziehungen nicht haben. Die Art der Aus- bildung der Nervenelemente zeigt weiter auf das Deutlichste, dass, trotz jener Durch- setzung der Randlappen von Nervenzellen, das Nervensystem der Toponeuren weniger hoch entwickelt ist als das der Cycloneuren und dasselbe ist zu schliessen aus dem Umstände, dass es bei jenen viel bestimmter körperlich abgegrenzt ist als bei diesen. Näher als an die Cycloneuren schliessen sich die Toponeuren in dieser Beziehung an die Ctenophoren an. Wie sehr die bei Beroe von mir beschriebene Einrichtung des centralen Nervensystems mit den bei den Toponeuren gewonnenen Resultaten über- einstimmt, braucht nicht weiter hervorgehoben zu werden , ebensowenig , wie sehr die Voraussetzungen, mit welchen ich die bei Beroe begonnenen Untersuchungen auf die Medusen ausdehnte, sich im Einzelnen erfüllt haben '). Der ganze aus dem Ekto- 1) Die neuesten Autoren auf dem Gebiete der Medusenliteratur, Hertwig, kommen hier zu ganz den- selben Schlüssen in Beziehung auf die phylogenetische Auffassung des Nervensystems, welche ich schon aus meinen Beobachtungen an Beroe gezogen uud auf Grund welcher ich die Untersuchung auch der Medusen in Angriff ge- nommen habe. Statt dies anzuerkennen, halten sie es für nothwendig, sich in der auf Seite 93 bezeichneten Weise 35 274 denn hervorgegangenen Theil des Körpers enthält bei Beroe Nervenzellen. Wie bei der Larve das äussere Keimblatt oder bei den niedrigsten Zoophyten zeitlebens das Ektoderm das Nervensystem herstellt, so hier die gesammte Körperdecke. Ein streng abgesondertes, körperlich differenzirtes Gehirn ist noch nicht vorhanden , allein in der Gegend des Afterpoles sammeln sich die Nervenzellen in grösserer Menge , hier bietet sich also der Beginn einer grösseren Oentralisation dar : ein gesondertes Ge- hirn ist im Werden begriffen, aber noch nicht als besonderes Organ körperlich dif- ferenzirt, von der Umgebung abgegrenzt. Dieser Beginn höherer Oentralisation des Nervensystems fand, wie selbstverständlich, statt in der Nähe der Sinnesorgane und wir haben somit bei Beroe ganz dieselben Verhältnisse wie bei den Toponeuren: nur weil bei letzteren acht am Rande gelegene Sinnesorgane vorhanden sind, haben sich bei ihnen am Rande acht Centralapparate auszubilden begonnen, statt des einen am aboraleu Körperende gelegenen vou Beroe. „Es bildet", so drückte ich mich in Be- ziehung auf die letztere aus, „dieses Oentralnervensystem noch nicht ein örtlich abgegrenztes Ganzes und zeigt nur den Beginn einer Lokalisirung , denn auch die übrige Haut ') dürfte au seinen Funktionen theilnehmen. Die Auffassung der Haut oder eines Theils derselben als Oentralnervensystem bei unseren niedrigstehenden Thieren kann nicht nur nichts Ueberraschendes haben , dieselbe steht vielmehr , wie schon angedeutet worden ist , in hohem Grade in Uebereinstimmung mit der anto- genetischeu Begründung der Descendeuzlehre. Wir können das äussere Keimblatt des Embryo der höheren Thiere als Neuro derma bezeichnen, indem wir es als zu meinen Arbeiten zu stellen. Zur Andeutung der Art, in welcher dies geschieht, sei erwähnt, dass u. A. eine von mir zum Zweck der Beschreibung beiläufig angewendete, in keiner Weise auf phylogenetische Auflassung bezügliche Vergleichung des Gallertgewebes mit der Cutis dazu benützt wird, um mir die Meinung unterzuschieben, es stamme jenes aus dem Mesoderm (Monogr. S. 159). So auf den Kopf gestellt, ist mein Urtheil in der Frage beseitigt. Da auch meine Experimente zum Nachweis des Nervensystems der Medusen den Herren mehrere Jahre unbekannt blei- ben, so ist meine ganze Thätigkeit für sie ohne alle Bedeutung und sie dürfen, ohne Rücksicht auf dieselbe zu nehmeu, als die »Reflexionen«, welche sie selbständig auf das Thema geführt haben, ungehindert dieselben Gesichts- punkte entwickeln, die ich vorher als die Resultate und die Ziele meiner Untersuchungen ausgesprochen hatte. Die Ungenauigkeit, mit welcher Hertwig in ihrer Monographie wiederholt die Angaben Anderer behandeln, ziehe ich gerne zur Erklärung bei. Leider ist dies nicht überall möglich. In der Monographie der Medusen und in der folgenden Abhandlung (der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie) werden meine vor den ihrigen veröffentlichten Nachrichten über das Nervensystem der Medusen (einen Versuch der Umkehrung des Verhältnisses: Monogr. S. 160 weise ich zurück mit dem Bemerken, dass zur Zeit meines Vortrags in München von bezüglichen Arbeiten H e r t w i g 's Niemand etwas gewusst hat , wie denn deren vorläufige Mittheilung erst im November-Heft der Jenaer Zeitschrift erschienen ist) trotzdem oder weil diese mit jenen in so hohem Grade zusammenfallen, vollkommen ignorirt , oder nur da angezogen , wo die Jenaer Autoren glauben mir einen Makel anhängen zu können. Dass solches Verfahren mit der Wissenschaft nichts zu thun bat, dass das Ignoriren meiner Untersuchungen speciell in einem Buche, welches sich >-Monographie des Nervensystems der Medusen« nennt, und besonders unter den gegebenen Umständen nur eine Deutung zulässt, ist klar. 1) Als Haut bezeichnete ich der Einfachheit wegen die Körperbedeckung einschliesslich des äusseren, ner- venreicheren Theils der Gallerte. 275 Körperdecke und zugleich als ausschliessliches Nervensystem desselben betrachten, das Ektoderm sehr niedriger Thiere l'ungirt zeitlebens als Haut- und als Nerven- system, d. h. es wird äussere Eindrücke aufnehmen und zur Wirkung führen, ohne dass sich schon morphologisch erkennbare Nervenelemente ausgebildet hätten. Bei etwas höher stehenden Thieren hat diese Ausbildung stattgefunden. Es hat sich jetzt eine Substanz in den Ektodermzellen morphologisch sichtbar gesondert, welche dazu bestimmt ist, äussere Reize aufzunehmen und zu leiten. Erst auf einer noch höheren Stufe der Entwicklung des Thierstammes beginnt eine specifische Ausbildung einer Anzahl von Elementen des Ektoderms , welche sich zum Zwecke gemeinsamer Aktion, zum Centralnervensystem verbinden und sammeln." Bei Ctenophoren wie bei Medusen ist das Nervensystem somit nichts anderes als eine primitive Differenzirung des Ektoderms und seiner Abkömmlinge, und der Un- terschied zwischen beiden besteht wesentlich nur in der Verschiedenheit der Stellen des Körpers, an welchen dieselbe am weitesten vorgeschritten ist. Ein wichtiger Unterschied im Nervensystem der Toponeuren und von Beroe scheint darauf zu beruhen, dass dort das Gallertgewebe auf das Reichlichste von Muskelfasern durchzogen wird, welche, soweit sie nach aussen, gegen die aborale Körperoberfläche ziehen, als Neuromuskelfasern in Nervenfäden übergehen und durch diese mit dem Epithel in Verbindung stehen. Man wird aber kaum voraussetzen dürfen, dass die Anlage des Gallertgewebes von Beroe gegenüber jener der Medusen eine so durchaus verschiedene sei, dass der Unterschied nicht wesentlich auf die Thätigkeit des Organismus zurückzuführen sein möchte, welche in dem einen Ealle deutlich Einrichtungen zur Ausbildung gebracht habe, die im anderen in der Anlage vorhanden sind. In der That bieten sich , wie er- wähnt, bei Beroe vollkommene Uebergänge zwischen Bindegewebe und Muskelgewebe dar und ist das letztere innerhalb der Gallerte wesentlich nach denjenigen Richtungen entwickelt, nach welchen hin vorzüglich Contractionen des Körpers stattfinden müssen. Somit dürfte zu vermuthen sein , dass die Ctenophoren in Beziehung auf die Zu- sammensetzung der Gallerte ein Bild liefern, welches nichts anderes darstellt, als eine höhere Entwicklung des Baues, welcher auch bei den Toponeuren in der Anlage vor- handen sein wird. Ob und wie weit die in die Neuromuskelfasern von Beroe ein- geschalteten allerdings sehr unscheinbaren Nervenzellen wiederum untereinander oder mit anderen durch Nervenfäden verbunden seien , in welchem Grade ihre Funk- tion als rein reflektorische zu betrachten sei , habe ich morphologisch nicht ge- nügend entschieden. Die ausserdem in der Gallerte vorhandenen Nervenzellen deuten auf centrale Thätigkeit auch in diesen Theilen hin; indessen glaubte ich auf Grund meiner Befunde annehmen zu dürfen, dass, je weiter ab vom Centralorgan, 35* ►78 ii, 0 In. In [J[| Mlll H llfl.l'il 1 Oh« Tll.ll l|'l < ll lli flOn \ 'll'l'T"! - 1 1 1 1 • I IiHn. Ill'lll \]\- |.iiiimiiiI um 1 1 1 < i llil l.iil ■> In - 1 « 1 1 1 1 1 ; ■ . ■ 1 1 1 1 < 1 1 r 1 1 . 1 1 1 < - 1 1 . 1,'lnl 'I.i < 1 1 k dfl die * * ■ 1 1 1 1 ., ii 'i ii.ii i;.i ■ i ii hol (Jon (Jyclonouron aui den Itand beschrankt , da ie bei don ■ um, Im i 1 1 1 ■ - < i > 1 1 m . ' doi liandlappon '.i/icIhIi entwickelt i i, abei tufen < i i!i n 1 1 .1 1 .i 1 1 abnimmt, o i I boi dei morphologischen l'urallulo , welche zwi . In ii 'i' ii |i i/ii n n und lli im zu zu in n i i voran hu et/en du die e Abnahme In i |',i im .null i |n mim' Uli II n.i'li'Mi |)U| i im iiNi"i || ■ In I I mii UiT'ln. In hohem (Jrudi int« i'< lunl I I in dicsoi Hostie! \x du nach den Ifoperitnonten ihm i; n ,N ,i N . in i i , . ii n Med um bei Tiaro] licans, centrale Thtttig- in ii am Mu inii und oviol ich wenigsten au den Angaben diese b'oi chei ei 1 1 .ml .i uli " i läi ii' 'i' i hiriw di utlii ii I I Li idei fehlt, wie früher her- •.ni ; • < • 1 1 • 1 1 ■ • ii iin i |ilnil . I < ■ i \uii lim i IgOtlll im 1 <■ nnii i . , 1 1 m i ,i.i vmi \inii , ii. ii in iiiin ,i,i iit|i|M'iM|ii.i Mnii. ein Hi ' glUlgllOll 'i, I i "I .mInin n Ii IiiiImi iim lil im I.iimIi m \m ,n w.ii niiin /nIIi'Ii all Nni \ Mi. i illi ii .ii erkennen Wnnii loh auch leitdem «u elnei Untersuchung des Kör i lii un iIm gekommen hin, so wurde loh doch In moiuoi /Vull'ussung daduroh hi in i i du loh I ioi i' i . i' n In Wesenheit in Neapel (Herbst 1877) an jungen II in- n ii .ii ii.m.r hiiIni das Mikroskop logen konnte, Köge von Nerven faden i" "i'.n hi' Im welche sich In diu achl schon fröhei vi di boschriobenon, unter iInii Hchwingplattchou vorlaufenden NorvonlUdon fortsetzten. Ob und in wolohor Weise dlosc NorvoulHdoti inii derselben von \ndoron heschriobenon Hinrichtung eu 277 samuienzustellen seien und in welcher Beziehung sie zu den Nervenzellen des Gal- lertgewebes insbesondere am Afterpole stehen, werde ich bei nächster Gelegenheil zu prüfen haben. Dass über die Bewegungen der Schwingplättchen von dem Sin- nesganglion nicht abhängig sind, sondern von den Nervenzellen des Gallertgewebes, haben mir einige gelegentliche Experimente auf das Deutlichste gezeigt: schnitl ich eine ßeroe' in ihrer halben Höhe querdurch, so hörten die Bewegungen der Schwing- plättchen beider Hälften eine Zeit lang auf. Bald aber begannen sie wieder, zuerst und weit lebhafter und von vornherein regelmässiger an der oberen, dann aber auch der unteren: hier anfangs unregelmässig, wenig coordinirt , aber bald regel- mässig und rasch wie dort. Durchschnitt ich die obere Hälfte abermals quer durch, so ergaben sich dieselben Erscheinungen, wieder mit demselben bezüg- lichen Unterschied in den beiden Theilsl i'irken : das untere erholte sich später als das obere. Ein Schüler von mir, Herr Ret z er, hat kürzlich in Neapel diese Ex- perimente mit demselben Erfolge hergestellt. Ich selbst hoffe bald in der Lage zu sein, ausgedehntere Versuche an Rippenquallen anstellen zu können, füge indessen hier noch an, dass auch die Art des Absterbens von Beroe vollkommen mit, dem l'ür Aurelia aurita beschriebenen Vorgange übereinstimmt, indem dasselbe am oralen Ende des Körpers beginnt und gegen das (Zentralnervensystem hin fortschreitet. Gibt es nach meinen Erfahrungen wohl kaum irgend ein histologisches Ob- jekt, welches höhere Anforderungen an den Untersuche)' stellt, als die wenig diffe- renzirten Gewebe der toponeuren Medusen und dei Rippenquallen, so ist es Genug- thuung für die morphologische Arbeit auf diesem Gebiete, wenn einfaches und Jedem zugängliches Experiment ihre Ergebnisse zu erproben vermag. Berichtigungen. Seite 9 Zeile 14 v. o. lies statt XV. Band XIV. Band. deenied accused. Seeanouione Seeanemone, ausschneiden durchschneiden. XV. Band XIV. Band. Vol. 169 Vol. 167. Metazoen Metazoe'n. Fig. 8 Fig. 7. Deckwellen Deckzellen. Metazoen Metazoen. ausgeprägte in grösserer Anhäufung 19 „ 14 v. 0. 20 „ 2 v. 0. , 31 „ 2 v. u. , 38 „ 8 v. u. , 90 Anmerkung 168 Zeile 7 v. u. , 170 „ 9 v. 0. „ 233 „ 3 v. u. „ 248 „ 10 v. 0. „ 253 „ 3 v. u. „ Tafel I. Sämmtliche Figuren mit Ausnahme von 5 und 11 sind vonAurelia aurita, 5 und 1 1 vonCyanea c a p i 1 1 a t a. Allgemeine Bezeichnungen. Ek Nervenzellenschicht. P äusserer Pigmentfleck. N Nervenfilzschicht. p innerer Pigmentfleck. S Stützblatt. Hg äussere Riechgrube. En Eutoderm. H Hörner (Hörgefässe oder Ampullen). Fig. 1. Der Randkörper mit angrenzendem Sch.irmrandth.eil in der aboralen Ansicht; vou der Gegend der Wurzel bei L an aufwärts tiefe Einstellung , so dass das querverlaufende Wurzelrohr L im Querdurchschnitt zu sehen ist: gr Ektodennauskleiduug der Tasche, in welcher der Raudkörper liegt, g Ursprung der Hörner aus dem Randkörperrohr. In Folge der tiefen Einstellung sind auch die Riechkappen gr' durch die Gefässe hindurch deutlich sichtbar. Vergr. 70. Fig. 2. Aeussere Ansicht eines Randlappens mit dem Sinnespolster P: in der Mitte desselben sieht man die Hörner H durchscheinen ; weiter uuteu die äussere Riechgrube , durch deren Boden der Randkörper Rk sichtbar ist, 1 die Fortsätze der Rand läppen (Ohrlappen). Vergr. 20. Fig. 3. Optischer Querdurchschnitt der Hörner und des Randkörpers, um deren Zusammenhang zu zeigen, in der oralen Ansicht : gr Ektodermauskleidung der Randkörpertasche, x Ektoderm, x' En- toderm. Fig. 4. Seitenansicht eines Randkörpers. Fig. 5. Randlappen von Cyanea capillata: R Röhrchen (Randkörperrohr), welchem der Raud- körper ansitzt (vergl. R und Rk Taf. IL Fig. 7); d der untere Rand des den Randkörper decken- den Dächleins, f die denselben von hinten deckenden Fallt hüren ; gr die den Riechkappen ensprechenden Gruben ; H Gefässtaschen entsprechend den Hörnern ; L unterer Rand der Randlappen. Vergr. 2. Fio-. 6. Der Theil unterhalb o in Fig. 9. vergrössert. Vergl. diese Figur. Fig. 7. Unterer Abschnitt, eines Randkörpers in seitlicher Ansicht (Optischer Längsschnitt): x Entoderm Überzug des Krystallsäckchens nach oben. Fig. 8. Dieselbe Ansicht wie in der vorigen Figur, aber bei Einstellung auf die Oberfläche. Im Stützblatte sieht man in diesem Präparat amöboide Zellen. Fi"-. 9. Ansicht wie in Fig. 3, jedoch bei etwas höherer Einstellung: 1 Verbindungsrohr zum Randkörper, welches in der Gegend von L horizontaleil Verlauf nimmt (vergl. Fig. 1, i, 6 und den Text). Fig. 10. Theil des Randlappens von aussen in einem Moment, wo die Riechgrube nach abwärts gezogen ist. Fig. 11. Stück der Unterfläche vonCyanea capillata: r und 1 kreisförmig und radial verlaufende Muskeln, x Andeutung der Fangfäden. Natürliche Grösse. Taf.L 3. .<£•*•■ P l-n ?! - Eimer, Medusen. U. hilft v. J.A.Hafmann ,Witr?,inrg Tafel II. Fig. 1, 2, 3 von Rhizostonia Cuvieri, 4, G, 8, 9 von Aurelia aurita und 5 und 7 von Cyauea capillata. Allgemeine Bezeichnungen. D Decklappen. 1 Schiebt der Geisselzelleu und Sehspiudelu. Rg äussere Riechgrube. 2 Nervenfilzschicht. Rk Randkörper. 3 Stützblatt, g aborale Anschwellung des Nervenepithels des 4 Entoderm des Randkörpers. Randkörpers. Fig. 1 und 2. Radiale Durchschnitte durch den Randkörper und Umgebung , Fig. 1 stärker vergrössert als 2 ; bei x in Fig. 1 und der entsprechenden Stelle in Fig. 2 ist das Ektodermepithel da , wo es in die Riech tasche übergeht , abgerissen ; Rg' in Fig. 2 bedeutet den hinteren Abschnitt der Randkörpertasche. Fig. 3. Ein Ausschnitt des Schirmrandes mit dem Sinnespolster, welches die äussere Riechgrube Rg trägt , unter derselben scheinen die Hörner und der Randkörper durch , der letztere ist bedeckt von dem Dächlein d; i Einschnitt zwischen den zwei Ohrlappen. Fig. 4. Querdurchschnitt durch den Schirmrand in der Gegend des unteren Abschnittes der Riechgrube, oberhalb des Randkörpers, welcher im Präparate der äusseren Wand o der Riechtasche noch anhängt; q Verbindungsblatt zwischen der Riechtasche und dem Ringgefäss b, welches an die- ser Stelle im Schirmrande einen bogenförmigen Verlauf nimmt (vergl. Holzschnitt 19 und 20) und daher im Präparat zweimal im Querschnitt getroffen ist, ebenso wie die Hörner. q' Verbindungs- blatt, welches vom Ringgefäss abgeht. Vergr. etwa 30. Fig. 5. Durchschnitt durch den aboralen Theil der Kuppe von Cyanea capillata : e Epithel, z Gallertgewebe mit untereinander maschenartig verbundenen Bindegewebsfasern, b Gallertschicht, welche von solchen Fasern frei ist. Vergr. 250! Fig. 6. Ein Stück eines Durchschnittes ähnlich demjenigen der Fig. 4 : man sieht darin ketten- artig verbundene Zellen angedeutet. Vergr. 80. Fig. 7. Radialer Durchschnitt durch den Randkörper und Umgebung von Cyauea capillata : S wassersackartige Verlängerung des Raudkörperrohres. Fig. 8. q ein Theil des Verbindungsblattes q der Fig. 4, wie es sich in der Gegend von w dieser Figur an die Auskleidung der Randkörpertasche (w) ansetzt; z zapfenartig frei endigende Zell- wucherungen des Verbinduugsblattes. Vergr. 250. Fig. 9. Ein Stück des Schirmrandes in der Gegend eines durchschnittenen Gefässes g, um die Be- ziehungen des Verbindungsblattes q zur Entodermauskleidung dieses Gefässes zu zeigen, m Subum- brella. Die starke Punktirung unterhalb von g deutet einen grossen Reichthum von dort gelegeneu Zellen an. Lupen vergrösserung. Taf.H. Eimer,Medu.sen Lüh . JA. Hol 'mann .Wurzburq . Tafel III. Fig. 1 bis 13 von Pelagia noctiluca, 14 bis 22 von Aurelia aurita. Allgemeine Bezeichnungen. Ek Nervenzellenschicht. S Stützblatt. N Nervenfilzschicht. En Entoderm. Fig. 1. Radialer Durchschnitt durch den Randkörper und ein Stück des Schirmrandes, stark vergrössert : das Entoderm ist aus dem durchschnittenen, zum Randkörper hinzutretenden Gefässrohr theilweise herausgefallen, bei x ist ein isolirtes Stück desselben hängen geblieben; y Wassersackar- tige Fortsetzung des genannten GefUssrohres. Fig. 2. Randkörper von der aboralen Fläche gesehen, stark vergrössert: das Epithel oben etwas abgehoben und abgerissen ; die Hörkrystalle aufgelöst, das Pigment uugleichmässig zerstreut (Chrom- kalipräparat). Fig. 3. Oberer Theil des Randkörpers, an welchem man die einzelnen Lagen der Waud im op- tischen Durchschnitte sieht. Fig. 4. Seitenansicht des Randkörpers nach Entfernen des Ektodermepithels. y wie in Fig. 1, x ein Fetzen des Ektodermepithels von der dem Randkörper benachbarten Wand der Randkörpertasche losgelöst. Fig. 5. Neuromuskelzelle mit drei eigenthümlich glänzenden Körpern als Inhalt. Fig. 0. Nervenepithel des Randkörpers aus der Gegend des Beginns des Hörsäckchens, um die zahlreichen Fädchen der Nervenfilzschicht zu zeigen : s Sehspiudeln im optischen Querschnitt. Fig. 7. Nervenzelle vom Randkörper. Fig. 8. Randkörper in der oralen Ansicht : y entspricht y in Fig. 1 und 4. Fig. 9. Optischer Querschnitt von Nervenzellen des Randkörpers : s entspricht dem Durchschnitt von sehr grossen Spindeln. Fig. 10. Nervenepithel vom Randkörper: s Spindeln. Fig. 11. Nervenepithel vom obersten Theil des Hörsäckchens: a Präparat von unten gesehen, b eine einzelne Zelle von der Seite. i Fig. 12. Neuromuskelzellen in der einen Zelle zwei eigenthümlich glänzende Körper (vrgl. Fig. 5). Fig. 13. Ein Stück des Muskelfadens sehr stark vergrössert (2000 mal). Fig. 14 — 18. Subumbrellaelemente aus dem Randtheile von Aurelia aurita, der Abschnitt e ist zu einer wie elastisch aussehenden Haut umgewandelt. Fig. 19. Ektodermzellen nach Zusatz von Goldlösung, vergl. den Text. Fig. 20 und 21. Hörzellen mit Hörkrystallen, Fig. 20 nach kurzer Einwirkung von Essigsäure. Fig. 22. a, b, c Hörzellen bezw. Krystalle nach Zusatz von Essigsäure in Auflösung begriffen. Vergrösserung für 20: 21, 22, 4G0, für alle übrigen histologischen Figuren etwa 1000. Tat'M. lith.Anst.v M. SzefW, Stuttgart . Eimer. Me.tUvse.n Tafel IV. Die Abbildungen sind von Aurelia aurita, Cyanea capillata und Rh izostoma Cuvier i. Fig. 1, 3, 4, 6, 7, 14, IG, 18. Isolirte Nervenepithelien aus dem Randkörperstiel von Aurelia aurita. Fig. 2. Durchschnitt durch das Randkörperepithel (e) sarnmt Nervenfilzschicht (n) von Aurelia aurita. Fig. 5 und 11. Epithelien von der aboralen Fläche des unteren Randes der Randlappen von Cyanea capillata: Fig. 11 im optischen Querschnitt. Fi°\ 8. Nervenepithel (e) mit Nervenfilzschicht (u) aus der Riechgrube von Rhizostoma Cuvieri. Fig. 9. Epithelzelle von der oralen Fläche des Randlappens von Cyanea capillata in der Ge- gend des obern Endes des Kandkörperröhrchens. Beginn der Umwandlung des Nervenepithels in Neuromuskelepithel. Fig. 10. Nervenzelle aus der Subumbrella, von Cyanea capillata. Fig. 12. Epithel aus dem oberen Theil der Raudkörpertascke von Cyanea capillata. Fig. 13. Nervenepithelien aus dem äussern Pigmentfleck von Aurelia aurita: die dunklen Pünkt- chen im obern Theil der Geisselzellen sind Pigmentkörncken, ebenso die Körnchen in den in Fig. 14 gezeichneten Zellen. Fig. 15. Ein Theil des Stützblattes (S) des Raudkörperstieles von Aurelia aurita mit demselben aufliegenden Nervenzellen (g) : im Bezirk c ist das Epithel weggenommen, nach oben ist es erhalten : e Epithelzellen bei Einstellung auf die Kerne, n Nervenfilzschicht. Fig. 17. Ein Stück des Stützblattes des Raudkörperstiels von Aurelia aurita mit aufliegenden Nervenzellen (g) : bei o beginnt das Epithel des Hörsäckcheus ; S optischer Querschnitt der sich um- biegenden Stützlamelle. Vergr. etwa 200. Fig. 19 und 23. Epithel von der oralen Fläche der die Randkürpertascke deckenden »Fallthüren« von Cyanea capillata, Fig. 23 im optischen Querschnitt. Fig. 20. Stützblatt des Randkörperstiels von Aurelia aurita mit Nervenzellen (g); S wie in Fig. 17. Vergr. 500. Fig. 21 a, b. Epithelzellen aus dem oberen Theil der Riechfurche von Cyanea capillata, c von der aboralen Fläche des Randlappens, seitlich von der Riechfurche. Fig. 22. Nervenf'ädeu aus der Subumbrella von Cyanea capillata. Fig. 24, 25. Nervenzellen vom Randkörperstiel von Aurelia aurita. Fig. 24 Vergr. 1000. Fig. 25. 2000. Alle übrigen Figuren haben eine Vero-rösserung von 1000. Taf.IV. I ■'•• , «' dl , ai I, c d >■ f •/ /, ' ' • '. ' 9. it. I 12. •i \ ■ ■ ■ a b c 19 I - 24. ■ , Eimer, MedzLS&n Lith JA- Hofmann.Wurzkurg. Tafel V. Fig. 1, 2, 3 von Aurelia aurit a, 4, 5, 'J, 10 von Cassiopeaborbonica, 6, 7, 8 von C y anea capillata. Allgemeine Bezeichnungen. Rk Randkörper. l!g äussere Riechgrube. D Decklappen. Rt Riechtasche. Fig. 1. Radialer Durchschnitt durch den Scbirmrand von Aurelia aurita mit Durchschneidung des Randkörpers : gr Riechkappe, Hr Hauptradiärgefäss, H Hörn (Hürgefäss oder Ampulle), r Ring- gefäss. Fig. 2. Stärkere Vergrösserung der Stelle x Fig. 1. Vergr. 200. Fig. 3. Stärkere Vergrösserung der Stelle y Fig. 1 : bei a plasmatische Fasern , bei b und c feine nicht plasmatische Fasern. Vergr. 200. Fig. 4. Durchschnitt durch den Rand von Cassiopea borbouica, die äussere Riechgrube ist seit- lich getroffen. M Muskelschicht, K orales Ganglion. Fig. 5. Schnitt nahe der Stelle K der Fig. 4 stärker vergrössert. Bezeichnung wie dort. N Nervenzellen, F seine Fäden. Fig. 6. Randlappen von Cyanea capillata, orale Ansicht. Die im oberen Abschnitte des Lappens be- ginnende Muskulatur ist weggelassen: vergl. dazu Taf. I. Fig. 11. ß Randkörperrohr, nach unten den Randkörper tragend: F beide Fallthüren etwas auseinandergezogeu ; D der freie Rand des Däch- leins, welches aboral den Randkörper deckt. Fig. 7. Stück des Randlappens von Cyanea capillata. Bezeichnung wie in der vorigen Figur. Die Fallthüren in natürlicher Lage. Fig. 8. Raudkörperlappen von Cyanea capillata von oben gesehen, um die Riechfurche Rg zu zeigen ; übrige Bezeichnung wie in Fig. 6. Man sieht Randkörper und Fallthüren durch den Boden der Riechfurche hindurch. Fig. 9. Schirmrand von Cassiopea borbonica von der oralen Seite , um das Knöpfchen (orales Ganglion) K zu zeigen, von welchem die Muskelzüge radiär ausstrahlen. Fig. 10. Querschnitt durch einen der »Ohrlappen« (p), in welche sich der Decklappen des Sin- nespolsters von Cassiopea borbonica fortsetzt und durch den damit in Verbindung stehenden Theil des Schirmrandes (B). M Subumbrella; x, x', x" Verbindungsblätter. B Bindegewebsfasern. Der Durch- schnitt ist etwa in der Gegend von i Taf. II. Fig. 3 (Rhizostoma) quer durchgeführt zu denken. Vergr. 60. Taf.Y. Eimer . Medusen . Tafel VI. Fig. 1 von Cyauea capillata, 2 und 3 von Cassiopea borbonica, 4 bis 7 Rhizostoma C u v i e r i. Allgemeine Bezeichnungen. Rg äussere Riechgrube. q Verbindungsbänder. Rk Randkörper. Rt Randkörpertasche ( Riech tasche). D Decklappen. Fig. 1. Querschnitt durch den Randlappeu von Cyanea capillata etwas unterhalb von R Taf. I. Fig. 5, unmittelbar oberhalb des Abgangs des Randkörpers vom Randkörperrohr (vergl. Taf. II. Fig. 7. R). Das Raudkörperrohr (R) ist quer durchschnitten, ebenso die Fallthüren (F) und die den Hör- nern entsprechenden Gefässtaschen (H) , von welchen nur der innere Theil sichtbar ist (vergl. Taf. I. Fig. 5) ; besonders bei x Wucherungen der Ektodermepithelien in das Gallertgewebe hinein, von wel- chen Fäden abgehen (vergl. den Text). Fig. 2. Ansicht des Gallertgewebes von Cassiopea borbonica aus dem Schirmrande entsprechend der Stelle, welche in Fig. 10. Taf. V. mit y bezeichnet ist; b Bindegewebe. Vergr. 200. Fig. 3. Durchschnitt der Wand der Randkörpertasche von Cassiopea borbonica aus der Gegend von x Fig. 4. Taf. V. Die Ansicht ist so, dass die Epithelialwand auf der dem Beschauer entgegen- gesetzten Seite gelegen ist; sie liegt au der dünnsten Stelle des Schnittes bei y frei, bei z scheint sie durch das dem Beschauer zugekehrte Gallertgewebe durch. Vergr. 200. Fig. 4 — 7. Querschnitte durch das Sinnespolster von Rhizostoma Cuvieri aus einer successiven Reihe von 14 Schnitten: Fig. 4 entpricht einem der obersten Schnitte, Fig. 5 dem Uten von unten gerechnet, Fig. 6 dem lOten, Fig. 7 dem 8ten. Die Pünktchen entsprechen Nervenzellen, z in Fig. 4 deutet Bindegewebselemente au (vergl. z Fig. 1); Rt in Fig. 5 ist der oberste Theil (Fun- dus) der Raudkörpertasche mit Epithelialauskleidung ; in Fig. 7 ist der Randkörper (Rk) der Rand- körpertasche anhängend querdurchschnitten. Die Querdurchschnitte mit Ausnahme von Fig. 1 sind 12mal vergrössert, Fig. 1 stärker. Rg Eimer, Medusen . Lith.J.A. Hofmarm , Würzlnrq . Tafel yn. Die Abbildungen betreffen Carmarina hastata. Allgemeine Bezeichnungen. R Schirmrandring. V Velum. Hbl Hörbläschen. L Leiste des Gallertwand des Schirmandringes. Fig. 1. Ein Stück des Schirmrandes (aborale Ansicht) mit einem Abschnitt des Schirmrand- ringes, an welchem nach unten der obere Theil eines Tentakels (Tt) zu sehen ist, während obeu der untere Theil des entsprechenden radialen Muskelzugs (Haeckel's sogenannter Radialnerv), der Subumbrella zugehörig, durch die Umbrella hindurch sichtbar ist (Rm). Am unteren Rand des Schirm- randringes wird der Kingnerv (N) sichtbar , indem das darüberliegende Epithel dort etwas entfernt ist. Oberhalb des Schirmrandringes liegt in der linken Hälfte der Zeichnung ein Hörbläschen. Dar- über läuft vom Schirmrandringe ausgehend, dicht unter den nicht sichtbaren Ektodermzellen, das Spau- gengauglion (Sp). Fig. 2. Ein Stück des Schirmrandes (orale Ansicht) mit jenem Abschnitte des Schirmrand- ringes (R) , welchem das Hörbläscheu aufsitzt. Das Epithel des Schirmrandringes ist weggepinselt, ebenso die denselben erfüllenden Zellen, sammt dem Ringnerven, welcher bei N gelegen hatte, ent- fernt. Man sieht an der oralen Fläche der Gallertwand des Schirmrandringes die Leiste (L) und zahl- reiche warzenartige Hervorragungen (w). Im Hörbläschen sieht man die zwei Hörnerven (Hn), wel- che im Bogen nach oben verlaufen und an die hintere Wand des durchschimmernden Otholithensäck- chens treten, um in den Hörzellen (Hz) zu endigen; der Hörstein (Ot) durchschimmernd. Das Hörbläs- cheu deckt den unteren Theil des Zuges der Spangenganglienzellen (Sp), bei n Andeutungen der die- selben begleitenden Faseruug; y obere, e' untere Grenze der Stützwand des Schirmrandringes; bei e' noch Reste nach dem Abpinseln sitzen gebliebenen Epithels. Vergr. 70. Fig. :>. Ein Stück des Seliirmrandringes (R) (z Nesselzelleu) mit dem Radialgauglion (Gg), durch welches das Hörbläschen durchschimmert. Vom Radialganglion geht ein Zellenstrang, das Spangengauglion, nach aufwärts, um welchen herum innere dichtere (n) und äussere weniger dichte Faseruug. n entspricht wohl der Grenze der durchscheinenden , das Spangenganglion umgebenden Scheide. Oberhalb x ist das Deckepithel, welches sich bei Gg zur Ueberkleidung des Hörbläschens verbreitert, weggenommen. Für Sp vergl. den Text S. 217. Fig. 4. Ein Stück des Zuges der Spangenganglienzellen, welche Fortsätze (f) an die Wand ab- senden, n Nervenfasern (?). Vergr. (.00. Fig. '). Ebensolches Präparat. Vergr. 460. Fig. C. Ein Stück der innern Oberfläche der Gallertwand des Seliirmrandringes (y deren obere, e deren untere Grenze) mit der Leiste und den in Fäden sich fortsetzenden Warzen. Vergr. 105. Fig. 7. Ebensolches Präparat, ohne die Leiste. Vergr. 3()5. Fig. 8. Oberer Theil des Schirmrandringes vom Gallertschirm (G) theilweise abgezogen (m — m). Nach rechts ist noch der grösste Theil des deckenden Epithels vorhanden . worin einige Nessel- zellen zu sehen sind; je mehr nach links, desto mehr fehlt von diesem Epithel, bezw. vom Schirmrand- ring. Ueberall sieht man unter den Epithelzellen starre Fäden (F) hervortreten : die Stützfasern. Die Umbrella, G, ist, nach dem vorgelegenen Präparat, gefaltet gezeichnet. T„r. vir. k A k ofnuznji, Warxbw^f. Tafel Till. Die Abildungen beziehen sich auf Carmarina hastata. Allgemeine Bezeichungen. Gz Ganglienzellen. 6 Umbrella. N Ringnerv. V Velum. R Schirmrandring. L Leiste. Fig. 1. Die äussere Wand des Schirmrandringes, d. i. das denselben deckende Epithel, in seiner ganzen Ausdehnung von unten nach oben. Oben Nesselzellen (z) zwischen den gewöhnlichen Epithel- zellen ; etwas weiter abwärts durchschimmernde Ganglienzellen. Zu unterst ist , besonders in der rechten Ecke, wo das Epithel entfernt ist, der Ringnerv zu sehen. Vergr. 100. Fig. 2. Ein Stück des Schirmrandringes ; nach oben ein Stück der Umbrella, nach uuten des Velum damit in Verbindung. Vom Schirmrandring ist, wie vorhin, die äussere Wand zu sehen, oben mit Xesselzellen , zwischen welchen Drüsen (D) liegen. Unten sieht man Ganglienzellen und den Ringnerven durchschimmern. Im mittleren Theile ist ein Stück der Epithelwand herausgebrochen: man sieht in den Ringkanal hinein, welcher von den Füllzellen entleert ist. Dagegen sieht man au der aboralen Fläche der Gallertwand (n) unterhalb der Leiste Zellen des Ringganglion. Vergr. 125. Fig. 3. Ein Stück des unteren Abschnittes des vorigen Präparats, ohne Ringnerv, stärker ver- grössert, von der inneren Fläche des Schirmrandringes aus gesehen. Fig. 4. Unterer Theil der äusseren (Epithel-) Wand des Schirmrandringes stärker vergrössert (460), von der oberen Fläche aus gesehen : man sieht den Ringnerven (X) durchschimmern. Bei E sind die Epithelzellen durch in denselben sichtbare faserige Differenzirung (Xeuroplasma) als Nerven- epithel gekennzeichnet. (Chromkalipräparat.) Fig. 5 — 11. Ganglienzellen, wie sie unter der Epithelialdecke des Schirmrandringes liegen, stark (1000) vergrössert. Fig. 12. Ein Stück der Gallertwand des Schirmrandringes von der Fläche, mit optischen Quer- durchschnitten der dort auf den Warzen entspringenden Stützfasern und mit aufgelagerten Zellen. Fig. 13. Ein Stück des unteren Abschnittes der äusseren Wand des Schirmrandringes von in- nen gesehen, mit aufgelagerten Ganglienzellen. Vergr. 460. Tiir.ii/i. * a ■ ■ ■ ■ Tafel IX. Die Abbildungen beziehen sich auf Carmarina hastata. Fig. 1 und 4. Randtheil der Urnbrella nach Ausziehen der Hörbläschen aus demselben : Fig. 1 Ton der aboralen, Fig. 4 von der oralen Fläche aus gesehen. In Fig. 1 sieht man bei x eine Furche, ■welche herrührt von einem Eindruck, den das an jener Stelle auf der Ausseufläche der Umbrella ge- legene Radialganglion hervorgerufen hat. Vergr. 70. Fig. 2. Ein Theil des Spangenganglion stark vergrössert: x die dasselbe einschliessende Scheide, entsprechend n Fig. 3 auf Taf. VII, in die Stützwand des Schirnirandringes (y) übergehend, n aus- serhalb der Scheide gelegene Fasern (vergl. den Text). L Leiste der Stützwand. Fig. 3. Epithelzellen und Drüsen der Epithelialwand des Schirnirandringes : vergl. Fig. 2. Taf. VIII. D. Fig. 5. Dieselben Zellen isolirt und vergrössert. Fig. 6. Epithelzellen vom oberen Theil der äusseren Wand des Schirmraudriuges, in der Um- wandlung zu Drüsenzellen begriffen. Fig. 7. Nervenzellen aus dem Spangenganglion stark vergrössert : g fadenartig differenzirter Zelleninhalt, f Nervenfäden, welche von demselben ausgehen: vergl. Taf. VII. Fig. 5 f. Die zwei Linien zu beiden Seiten bezeichnen die Grenzen der dort gelegenen Faserbündel (Taf. VII. Fig. 4 und 5 n). Fig. 8. Ein Stück des Schirmrandes mit einem Hörbläschen: die das Radialgauglion und das Hörbläschen (Hbl) deckenden Epithelzellen sind bis auf die Reste ek entfernt: dadurch wird sicht- bar das Spangenganglion g , von der Scheide umhüllt , ausserhalb der letzteren Fasern , darunter das Hörbläscheu (Hbl) , samint der äussern Grenze der Hörzellen (Hz). Das Spangenganglion geht nach unten in das Radialganglion (g') über: vergl. Gi Fig. 11. L Leiste der aboralen Fläche der Gallertwand des Schirmraudriuges, n Ringnerv. Fig. 9. Theil des Schirmrandringes mit Hörbläscheu und »Spange« von der Umbrella abgezo- gen, das Hörbläschen aus ihr herausgezogen. N Hürnerv , rechts an einer Stelle durchgerissen. L Leiste. V Velum. Hbl Wand des Hörbläschens. Hz Hörzellen. Ot Otolith. G Spangengangliou, n dessen Scheide. Ausserhalb derselben noch ein Stück Gallertgewebe von der Umbrella anhängend. Fig. 10. Füllzellen, a bis m bei etwa 500, n bis p bei lOOOfacher Vergrösserung. Fig. 11. Radialgauglion (Gi) mit einem Theil des Spangengangliou (G), beiderseits von G die Hörner veu. Fig. 12. Kerne aus Füllzellen mit fadenartiger Differenzirung des Inhalts. Fig. 13. Drüsenzellen von der unteren Fläche des Schirmes zwischen den Zügen eiues Radial- muskels. Zwischen den Drüsen Epithel mit fadenartig differenzirtem Inhalt (Nervenepithelien). Taf.fX. hlintw M . I ÄoPnuxi-Ln^'aszbxivg Tafel X. Die Abbildungen beziehen sich auf Carmarina hast ata. Fig. 1. Eine Anzahl Fasern aus einem Radialmuskel (vergl. Fig. 10) mit den dieselben von un- ten deckenden Ektodermzelleu E (Nervenepithelien). Vergr. 1000. Fig. 2. Radial an der Stelle des Sitzes eines Hörbliischens und durch dasselbe geführter Durch- schnitt des peripherischen Theils des Schirmes: x Theil der äussern Schirmoberfläche mit einem Stück des Spangenganglion Sp ; Rg Ringgefäss, h hintere, v vordere Wand des Radiärgefässes ; Sb Theil der oralen Schirmoberfläche, soweit diese die Decke des Ringgefässes bildet; Rm Muskelzug, welcher auf diesem Theil der oralen Schirmoberfläche aufwärts zieht, bei h von aussen nach innen durch- scheinend (der Häckel'sche Radialuerv) ; Hbl Hörbläschen in die Gallertwand G eingebettet; 0 Otho- lith mit aufliegendem Sinuesepithel ; Hn einer der von hinten und oben an dasselbe herantretenden Hörnerven ; V Velum; y Stelle wo der abgerissene Schirnirandring sass. Vergr. 45. Fig. 3 und 8. Neuroepithelzellen von der Fläche gesehen, dem Radialmuskelzug entnommen. Fig. 4. Ebensolche Ektodermzelle mit einem auffallend starken einzeln abtretendem Nervenfäd- chen n. Vergr. 1000. Fig. 5. Ein Stück des Radialmuskelzuges mit aufgelagerten Neuroepithelzellen, von der Seite ge- sehen. Vergr. 1000. Fig. 6. Nervenzellen aus der Decke des Radialganglion (vergl. den Text). Fig. 7. Ein Stück Epithel der Unterfläche des Schirmes ans deren oberem Theile , wo keine cirkuläre Muskulatur mehr vorhauden ist, aus der Gegend neben einem Radialmuskel. Zwischen den Neuroepithelzellen sieht man mehr oder weniger vollkommen typische Ganglienzellen (gz) ; bei 1 Löcher im Epithel, entsprechend herausgefallenen Nervenzellen ; links bei Rm ein Stück des Radial- muskels, welcher unter dem Epithel liegt. D Drüsen. Vergr. 4G0. Fig. 9. Ein Stück der Unterfläche des Schirmes entsprechend der Gegend d Fig. 4 Taf. XI: m, m entspricht deu Muskelzügen 1, 1 der genannten Figur, die Muskelfasern sind aber theilweise entfernt ; der mittlere Zug von Fäden entspricht m in jener Figur, bei d Drüsen mit hyalinem, bei D ebensolche mit körnigem, durch Carmin sich rothfärbenden Inhalt. Fig. 10. Ein Stück des in Fig 2 an der hinteren Wand des Ringgefässes sichtbaren Radial- muskels, stärker vergrössert (300) : rechts und links, bei E sieht man an demselben Ektodermzelleu (Nervenepithel), ein Theil der Zellenlage, welche ihn von nuten deckt. Im unteren Theile der Figur bei M ist die radiäre Muskulatur bedeckt von der cirkulären Muskulatur der Subumbrella m (im oberen Theile ist diese entfernt). Fig. 11. Zelle von der Oberfläche des Magenstiels, in der Umbildung zu einer Drüsenzelle be- griffen. Fig. 12. Epithel vom oberen Theile der Schirm im tertiäche aus der Nähe eines Radialmuskelzuges. Fig. 13. Epithel ebendaher, zwischen den Epithelzellen eigenthümlich glänzende Körper (x). Taf.X. ' ' 3^1 n ?& Eimer, Mcduspn , Iif/i o JA Hof/norm ,Würzbu.rg Tafel XI. Die Abbildungen beziehen sich auf Carraariua hast ata. Fig. 1. Muskel- und Nervenelemente neben dem Radialmuskelzug aus dem oberen Theile des Schirmes: m Muskelfasern, n Nervenfasern, Gz Ganglienzellen. Fig. 2. Ringnerv mit Epithel: N Nerv, a Spindelzellen, b Besenzellen, c tiabelzellen, k Kerne von in Fasern eingeschlossenen Nervenzellen mit wenig Zellinhalt, 1 Lücken, aus welchen solche Ele- mente herausgefallen sind. Fig. 3. Ringnerv mit iu die Fasern eingeschlossenen Nervenzellen. Fig. 4. Ein Stück des Radialmuskelzugs mit den medianen (m) und den lateralen (1) Muskelfaser- zügen. Fig. 5. Ein Stück von Carmarina hastata von der Unterfläche : V Velum, t Tentakel, N Ring- nerv, x medianer, 1 laterale Radialniuskelzüge ; d nur von Drüsen belegter Abschnitt, entsprechend d Fig 4. Fig. 6. Besenzellen vom Schirmrandring. Fig. 7 und 10. Epithelzellen von demselben. Fig. 8. Muskelfasern von demselben. Fitf. 9. a Nervenfaser mit eingeschlossener Nervenzelle, b Nervenfaser mit einer Epithelzelle, welche ganglienzellenähnlich geworden , mit ihrem Körper aus der Reihe der übrigen in die Tiefe o-etreten ist; c ebensolche Zelle. Sämmtliche Zellen vom Riugnerven. Fi"". 11. Nervenzellen der Subumbrella, der Muskelschichte aufliegend. Fi«-. 12. Ein Stück der Gallertwand des Schirmrandringes mit derselben aufliegenden Nerven- zellen bzw. Kernen (K), z von der Gallertwand entspringende Warzen. Taf.Xf. L-lÜi v JA Höfncum., Würzt Eimer MedAien- Tafel XII. Die Abbildungen beziehen sich auf Carmarina ha statu. Fig. 1 und 5. Hörorgan nach Behandeln mit Essigsäure : bei 1 ist das Hörbläseben etwas ge- schrumpft, der Otholith aufgelöst, die Nesselzellen sind stärker hervorgetreten und ebenso die Fasern der Hörnerven ; in Fig. 5 sind Otholith und Hörzellen gänzlich aufgelöst , an Stelle der letzteren sieht man kleine glänzende Körnchen fp) ; bei K ist eine Anzahl Kerne auffallend deutlich aufgetreten. Vergr. 150. Fig. 2, 6, 7, 9, 11, 13, 16, IT, 20, 21, 22. Neuromuskelzellen in verschiedenen Ansichten und Vergrösserungen : in 9, 13 und 17 (Vergr. 10(0) sieht man nach Behandeln mit Chromkali im Zellkörper feine Fäden ; ebenso in 22. Fig. 3. Otholith nach Einwirkung von Essigsäure in Auflösung begriffen. Fig. 4. Ein Stück der Innenwand des Hörsäckchens mit einem Theil des Höruerveu nach be- ginnender Einwirkung von Essigsäure : w die das Hörsäckchen auskleidenden Epithelzellen ; im Hör- nerven (Hu) sind drei halbgeschrumpfte Nervenzellen zu sehen. Vergr. 230. Fig. 6. Ein Stückchen der Subumbrella von der Unterfläche des Schirmes aus gesehen, ei u Theil des neuroplasmatischen Abschnittes der Neuromuskelzellen (z) ist entfernt, so dass die contractilen Platten (in) sichtbar werden. Fig. 8. Besenzelleu (Nervenepithelien) von der Oberfläche des Schirm randringes nach Einwir- kung verdünnter Essigsäure. Vergr. 1000. Fig. 10. Ein Stückchen einer Muskelplatte nach Behandeln mit Chromkali, um die Querstreifung zu zeigen. Vergr. 1000. Fig. 12. Epithelzellen von der Oberfläche des Schirmrandringes über dem Riugnerven : a eine Spindelzelle, b zwei Besenzelleu, welche aber nach abwärts in je einen einfachen Fortsatz übergehen. Vergr. 1000. Fig. 14. Ovarialblatt mit Eiern, das Gallertblatt ganz durchsetzend, wie die Löcher zeigen, aus welchen die Eier herausgefallen sind, die Punkte sind durchschnittene Bindegewebsfasern. Vergr. 90. Fig. 15. Ein Stück einer Muskelplatte frisch: man sieht an dem einen Rande Querstreifuug. Verg. 1000. Fig. 20. Eine Neuromuskelzelle von der oralen Schirmfläche aus gesehen , mit durch sie theil- •weise bedeckten Stücken der Muskelplatten (vrgl. Fig. (i). Taf.XH. • , r./r.r Stuttgart . Tafel XIII. Die Abbildungen beziehen sich auf Carmarina hastata. Fig. 1 — 5, 10, 13. Drüsenzellen von den radialen Bezirken der Schirmunterfläche (d, Fig. 4, Taf. XI.) theils in der seitlichen, theils in der Flächenansicht. Fig. 6. Wand des Hörbläscheiis mit Zellenbelag: im Innern die zwei Hörnerven zum Hörepi- thel hinzutretend, welches die Kapsel deckt, die den Otholithen früher umgab : dieser ist aufgelöst. Vergr. 240. Fig. 7, 9, 12, 15. Hörzellen, bei 12 noch in Verbindung mit dem Hörnerven n. Vergr. 650 und 1000. Fig. 8. Wie Fig. 6, aber das Hörbläschen sitzt noch in der Schirmwand, man sieht den Ein- tritt der Hörnerven; Nesselzellen im Hörepithel. Vergr. 125. Fig. 11. Die zwei Hörnerven, in Verbindung mit deren Fasern je eine Hörzelle steht: die Hörzellen sitzen der Otholithenkapsel auf, welche etwas geschrumpft ist, der Otholith ist aufgelöst. Vergr. 600. Fig. 14. Epithel von der aboralen Fläche des Schirmrandringes au der Grenze des Segels. Tat .Uff. >0 M : JHH w Mi :;/."-: i'% Eimer, Medusen Li.tk.o J.AMofinann. Wür&biwg. 2044 072 202 104 Date Due