N AN RZ: Si FR Ail 7 ü fi - 97 Ss f ne = q AN ee CAS; N CA ERINEN. EIER re BE Zn IN Me | LE RE 2 S TE ; ER u SE EEE. ae ne WE ° a nn - 2 = > . E enter - ET ET MARINE BIOLOGICAL LABORATORY, Received ) Ra "ARE A Accession No. er 7 Given by 9 a nel. Place, *,*No book or pamphlet is to be removed from the Lab- oratory without the permission of the Trustees, IRL/E j 4 A 5 2: were En fur na GE f arritge Wi ARTEN METER Ira ech gr AAN Wr. HR BL RAN j 5: 4 Wer Isa r A Bern ner Dun [22 ME N Zu eh s ir ig! Den ’ Eee EN N 1, { we ur un! 14 N Kir ar Y3 ö ” N RUN UNEN| N ii y tl PIE EN 4 gt 3 nn INDe n JM, jr N er Ir Br N er Fee = j i u 7 A N Sr gr 11 ! % SE EU’ IV AS DI i j \ | er aaa KOT AU OM Ag nn: ur 2 ö 2 fs JAH EIN LERNEN 4 i er | E TA > 2 NH ENDEN s „= Ei 8 5 ® u . = } j , - IEEHTATE KH TTORTBRAIONN ö | } Te wi u at R F ® hd ring FAUNA UND FLORA DES GOLFES VON NEAPEL UND DER ANGRENZENDEN MERRES-ABSCHNITTE HERAUSGEGEBEN VON DER ZOOLOGISCHEN STATION ZU NEAPEL. III. MONOGRAPHIE: PANTOPODA VON DR. ANTON DOHRN. LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 1881. Subscriptionspreis jährlich 50 Mark. le RB 0 4 DIE PANTOPODEN DES GOLFES VON NEAPEL UND DER ANGRENZENDEN MEERES-ABSCHNITTE, EINE MONOGRAPHIE DE ANTON DOHRN.: MIT 18 TAFELN IN LITHOGRAPHIE. HERAUSGEGEBEN ZOOLOGISCHEN STATION ZU NEAPEL. LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 1881. Ladenpreis 60 Mark. A ER " 5 t EN a AV aloe aid. BE. A a ar TE a 1. Mi { re h ’ N Kir k - a R h Aa KO Be ar Mr je INN zu, van nr Bi a, > € 3 r won N a x gi nv j . SE Re ’ ICH J h f x { N WE % 1? i r Ka 5 an. . oe At 2 Es Fe j n. Ran 5 Br “ 2 MR {R Er u NIT = Bd . E , er 7 u BR inemanemow ua “ Be Re a nn a 3 3 e% N BENIERKEISE, NARaA, vs F ‘ Be: Ks N u as ak R) in. an Kun au en er 2; ar EN VORWORT DES HERAUSGEBERS. Von den für das Jahr 1881 angekündigten drei Monographieen erscheinen der vorliegende Band III und der Band IV, Monographie der Corallineen von Prof. Graf SoLMS-LAuUBACH in Göttingen, gleichzeitig; Band V, Monographie der Gattung Balanoglossus von Dr. SPENGEL in Bremen, wird am Schlusse des Jahres nach- folgen. Für das Jahr 1882 sind bestimmt die zoologischen Arbeiten: Band VI, Monografia delle Attinie, dal Dr. ANGELO ANDRES ; Band VII, Monographie der Caprelliden, von Dr. Paun Mayer; und die botanischen: Band VII, Le Cistosire, dal Barone RAFF. VALIANTE; Band IX, Die Bangiaceen, von Dr. BERTHOLD. Neapel, Zoologische Station. 31. Mai 1881. Prof. ANTON DOoHRN. BR sim: BETEN % £ ern 7 Sum ” & eidg Tat ATRN AR zung sent Pr Ar R PN “ x ki I: , FR er a H Into! }: o ur nid je b* a bunt Yky, ar eh ä AT Ze $ r 1] zB u); er Dr 8 Altaregimo, 7 In arlimsih lg Bil We M ie 1 h y ei 2 a % i Bear talk hair on. ul® Bd u. BR, N - av Hui, Einleitung . Allgemeine Darstellung des Körperbaues Rumpf. Zahl der Segmente Seitliche Fortsätze Hinterleib . Schnabel Ir: Insertion der Extremitäten Augenhügel Höckerbildungen Schnabel. u . Mundöffnung und Lippenbildung Extremitäten Extremität I - 101 - III ser - IV—VU Muskulatur und Gelenke Körpermuskeln und Segmentfalten Muskulatur der Extremitäten - des Schnabels - der Lippen . - der Afterspalte der Geschlechtsöffnungen Körperwand Hypodermis Hautdrüsen Kittdrüsen Hautborsten Cuticula Nervensystem INHALT. Seite Zahl der Ganglienpaare u. Hauptnervenstämme 41 Schnabelnerven Augen und Augennerven Darmcanal Lippenbildung Reusenapparat u 0 v0 2 dr Oesophagus . u: Darm und Darmschläuche Darmkörperchen After . Herz und Blut Structur des Herzens Septal-Membran Blut Circulation Excretionsorgane Geschlechtsorgane und Entwicklung Lage und Struetur der Geschlechtsdrüsen . Geschlechtsöffnungen . . , . . Secundäre Geschlechts-Unterschiede Spermatozoen und Eier Eiersäcke und Kittmasse . Gestalt der Larven Innere Organisation der Larven . Weitere Larvenentwicklung Entwicklungsgang von Phoxichtlidium - - Pallene Häutungsprocess Ersatz verlorner Theile Phylogenie Phylogenetische Beziehungen im Allgemeinen Die Larve der Pantopoden und der Nauplius Beziehungen zu den Anneliden . Construction einer relativen Urform Das Tragen der Eier Seitens der Männchen . Phylogenetische Beziehungen der Pantopoden unter einander Die Kittdrüsen . Extremität III Extremität II Extremität I Extremität IV—VU 2 Die Mehrzahl der Geschlechtsöffnungen Die Dreitheiligkeit des Schnabels und die bi- laterale Structur . 65 vıu Reduction der Cireulation Reduction des Nervensystems eg Die Larven-Entwicklung und das biogenetische Gesetz . a ra ee ato Sind die Pantopoden Crustaceen, Arachniden, überhaupt Arthropoden ? ee Nachtrag. Pallene Tiberü, Neopallene u. Rhyn- chothorax Systematik. Einleitende Bemerkungen Synoptische Tabelle zur Bestimmung der Gattungen Ammotheidae Gattung Barana 1. B. Castelli 2. B. arenicola . Gattung Ammothea . franeiscana fibulifera . Langi magnirostris . appendiculata uni-unguiculata Su PPrbppP> bi-unguieulata Gattung Clotenia 1. ©. conirostris Gattungur yraeuserz en 1. T. communis Inhalt. Seite 110 112 113 115 Phoxichilidae_. Gattung Phoxichilus 1. P. vulgaris 2. P. charybdaeus . Gattung Phoxichilidium . 1. P. longicolle 2. P. exiguum . 3. JPlLangulatumesees. . 7. 4. P. robustum.. Nymphonidae Gattung Pallene . l. P. emaciata . 2. P. phantoma 3. P. spectrum . 4. P. Tiberii Gattung Neopallene 1. N. Campanellae Pyenogonidae Gattung Pyenogonum lo. 18, 2. P. pusillum . nodulosum Gattung Rhynchothorax 1. R. mediterraneus Historisch-kritische Uebersicht über die Lite- ratur der Pantopoden . Zusammenfassung der Resultate der vorliegen- den Monographie 247 Die Pantopoden. Einleitung. Die Pantopoden gehören zu den häufigsten Thiergestalten, welche die Litoralfauna aller Meere beherbergt. Man kann kaum eine Handvoll Algen, einige Bruchstücke unter- meerischen Gesteins oder die Ergebnisse eines Dredgezuges durchsuchen, ohne auf eine oder mehrere Arten dieser Thierchen zu stossen. Auch im Golf von Neapel ist es leicht, sie sich zu verschaffen, und wer am Castell dell’ Uovo, am Posilipp, oder auf den verschiedenen Seccen forscht, begegnet sicherlich einer grossen Zahl von Individuen der weiter unten beschriebenen Arten. Die technische Behandlung des Materiales bietet vielerlei Schwierigkeiten. Die Un- reinlichkeit der äusseren Hautbedeckung, auf welcher, Dank einer ziemlich beträchtlich abge- sonderten Klebeschicht — die wohl den Hautdrüsen entstammt — allerhand fremde Organismen, wie Diatomeen, Foraminiferen ete. haften, erschwert die directe Beobachtung beträchtlich. Aber unverhältnissmässig viel nachtheiliger erweist sich die Undurchlässigkeit der Chitin- wandungen gegen Säuren, Alkohol, Färbungsmittel und ätherische Oele. Sehr häufig schrumpfen die Thiere zur Unkenntlichkeit, oder, ist die Chitinwandung stark, so entwickelt sich im Innern des Darmes eine in ihrem Ursprunge mir unklar gebliebene Gas- oder Luftmasse, welche das Gewebe zerstört. Der geringe Zusammenhalt der einzelnen Organe stellt sich der Anfertigung dünnster, zu histologischen Forschungen brauchbarer Schnitte entgegen, und so entstehen Schwierigkeiten, die durch die Häufigkeit des Materiales leider nicht aufgewogen werden. Öberflächliche Betrachtung ergibt leicht, dass diese Thiere in die Reihe desjenigen Formenkreises gehören, welchen die bisherige Zoologie unter dem Namen Arthropoden begriff und beschrieb, von denen sie aber nicht sicher war, ob sie zu den Krebsen oder zu den Spinnen zu rechnen wären. In der That ist es nicht leicht, diese Frage zu entscheiden, wenn sie als Alternative gestellt wird. Man liess sich bisher daran genügen, hie und da einige Notizen über die Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 1 2 Die Pantopoden. Anatomie und Entwickelung zu sammeln, und gab der Systematik den Vorzug, ohne doch auch nach dieser Richtung eine genügende Basis zu gewinnen, wie weiter unten ausführlicher gezeigt werden wird. Das hätte nun freilich den Discussionen vorangehen sollen, welche über die morphologische Bedeutung und die systematische Stellung der Pantopoden geführt wurden, — indess liegt es in der Natur der Dinge, dass man versucht und versuchen muss, mit den gefundenen Daten zu operiren, 'wenn sie auch unvollständig sind, — ja dass man eben gewöhn- lich der Meinung ist, sie vollständig zu besitzen, bis ein neuer Fund, eingehenderes Studium oder erweiterte Gesichtspunkte zur erneuten Bearbeitung auffordern und den Beweis liefern, dass Vollständigkeit nicht erreicht war. Es soll nun hier versucht werden, die Grundlage der anatomisch-biologischen Thatsachen \ zu vergrössern, um daran neue Erkenntniss zu gewinnen. Allgemeine Darstellung des Körperbaues, Die Pantopoden gehören zu den segmentirten Thieren. Ihre Segmente sind nur zum Theil gleichwerthig. Mehrere derselben haben functionelle und darum structurelle Verände- rungen erlitten, deren wahrscheinlicher Anfangspunkt und Verlauf weiter unten, deren End- ergebniss aber hier dargestellt werden soll. Von einer Scheidung des Körpers in Rumpf, Kopf, Brust, Hinterleib zu reden, ist nur dann möglich, wenn man von vornherein mit der vorgefassten Meinung an die Betrachtung geht, man habe es bei dieser Gruppe mit einem Zweige entweder des Crustaceen- oder des Arachniden-Stammes zu thun, deren Körperabschnitte sich mehr oder weniger verändert auch bei den Pantopoden vorfinden müssten. Diese Benennungen der Regionen des Körpers, zu denen auch die Namen Bauch und Rücken gehören, haben viel dazu beigetragen, dem nıor- phologischen Verständniss nicht bloss der Arthropoden Hindernisse zu bereiten. Man trachtete zu sehr darnach, unter diesen Bezeichnungen Gleichwerthiges zusammenzufassen, und that dadurch den Resultaten morphogenetischer Untersuchung nur allzu oft Gewalt an. Denn da die Scheidung des Körpers in einzelne fest bestimmte Regionen der Natur der Sache nach nur Endergebniss längerer Entwickelung ist, konnte sie eben an allen möglichen Endpunkten auf- treten und die verschiedensten Componenten in sich begreifen. Daher die viele Verwirrung, welche innerhalb der Arthropodenklasse durch die Bezeichnung Kopf, Brust, Kopfbruststück etc. angerichtet ward, und die zu lösen der Descendenztheorie vorbehalten ist. Auch in der Beschreibung der Körpergestalt der Pantopoden haben frühere Autoren Gebrauch von den Bezeichnungen Kopf, Kopfbruststück, Hinterleib oder Abdomen gemacht. Man hat das vorderste Segment des erwachsenen Thieres, welches zugleich den Schnabel, die Augen und die vordersten vier Extremitätenpaare trägt, abwechselnd Kopf oder Kopfbruststück genannt. Sehr mit Unrecht. In der That kommt dies vorderste Segment des Pantopoden- körpers genetisch folgendermassen zu Stande: der Larvenkörper, an welchem drei Extremitäten- Allgemeine Darstellung des Körperbaues. — Rumpf. 3 paare sitzen, bildet an seinem hinteren Ende durch Ausstülpung der Körperwandung ein neues Extremitätenpaar, welches vollkommene Selbständigkeit gewinnt, ein eigenes Granglion, ein» Paar Darmschläuche und ein Paar Geschlechtsschläuche aufnimmt, gegen das folgende, auf gleiche Weise zu Stande kommende Extremitätenpaar aber durch deutliche ceirculäre Falten- bildung der Körperhaut geschieden bleibt, während eine ähnliche Faltenbildung gegen den ursprünglichen Larvenkörper verstreicht. Hier wären also nur vier ursprünglich gleichwerthige Segmente in die vorderste Körperregion, das Kopfbruststück, aufgenommen, während bei Krebsen oder Spinnen wenigstens sechs zu seiner Bildung beitragen. Auch vom Standpunkt der alten Morphologie betrachtet, decken sich also diese Regionen nicht. Um die Sache plausibler zu machen, hat man versucht, den Schnabel der Pantopoden als aus Verwachsung mehrerer Mundgliedmassen resultirend hinzustellen, — mit völliger Ver- kennung des Thatbestandes, da der Schnabel als Verlängerung des Rumpfes entsteht (Taf. XI Fig. 17), welche die Einstülpung des Vorderdarmes trägt und dieselbe zum inneren Schnabel- gerüst und Reusenapparat differenzirt, ohne dass auch nur eine Spur von Extremitätenbildung daran oder an der Lippenbildung der Mundöffnung nachweisbar wäre. Die Bezeichnung Kopfbruststück ist somit abzuweisen. ‘Der Ausdruck Rumpf dagegen, im Gegensatz zu den Extremitäten, ist brauchbar und darum beibehalten worden. Und aus dem Rumpf und den Extremitäten setzt sich der Körper der Pantopoden zu- sammen. Betrachten wir zunächst den Rumpf. Der Rumpf bildet bei den erwachsenen Pantopoden eine unregelmässige Walze (Taf. X Fig. 6), oder eine unregelmässige Scheibe (Taf. VIII Fig. 4). Es lässt sich wahrscheinlich machen, dass die Walze die ursprünglichere Gestalt ist, welche bei vielen Arten allmählich in gewissen Abschnitten zur Scheibe geworden ist. Der Anfangspunkt der Walze ist die Mund- öffnung, der Endpunkt die Afteröffnung. Zwischen beiden gliedert sich der Rumpf durch abwechselnd festere und weichere Ringe der Körperwandung in sechs Abschnitte, deren vor- derster der Schnabel, hinterster der Hinterleib, die mittleren die Körpersegmente sind. Die festen Ringe sind die Wandungen dieser Segmente, des Schnabels, des Hinterleibes, die weichen sind die Segmentfalten, welche durch zugehörige Muskulatur gestreckt oder eingezogen werden können. Die Segmentfalten sind so angeordnet, dass diejenige, welche zwischen Schnabel und vorderstem Körpersegment besteht, bei der Zusammenziehung beider 'Theile in das Innere des Segmentes, nicht in das Innere des Schnabels geräth, während die übrigen Segmentfalten bei der Zusammenziehung der aufeinander folgenden Abschnitte in das Innere des vorderen Ab- schnittes gestülpt werden. Diese Falten ermöglichen eine Beweglichkeit der einzelnen Theile des Rumpfes sowohl in der Längsrichtung, wie in auf die Längsaxe schrägen Richtungen, ver- bieten aber durch ihre Kürze eine Ausdehnung, die mehr als einen Winkel von ungefähr 1* 4 Die Pantopoden. 10—15 Grad betrüge. Nur allein der Schnabel bleibt einer beträchtlich grösseren Beweg- . lichkeit theilhaftig, wodurch das Thier je nach der Länge der eingestülpten oder einstülpbaren Segmentfalte und des ganzen Schnabels eine verschieden grosse Kugelfläche mit dem Munde resp. den Lippen erreichen kann. Die einzelnen Rumpfsegmente erscheinen nun aber, wie schon gesagt, keineswegs gleichwerthig, wie sie auch in der Grösse von einander mitunter sehr wesentlich unterschieden sind. Das grösste ist immer das vorderste. Während die drei andern Segmente nur je ein Extremitätenpaar tragen, bietet das vorderste normaler Weise vier Extremitätenpaaren Raum zur Insertion und ist in Folge dessen genöthigt, eine sehr viel beträchtlichere Muskulatur in sich zu beherbergen. Wir werden später zu betrachten haben, wodurch diese Vereinigung ‚so vieler Extremitäten an einem gemeinsamen Rumpfabschnitt zu Stande kam, — schon jetzt müssen wir aber darauf hinweisen, dass dies keinenfalls ein relativ ursprünglicher Zustand gewesen sein kann, sondern dass eine Concentration stattgefunden hat, durch welche aus meh- reren Rumpfsegmenten ein einziges gebildet ward. Wollten wir nämlich die Zahl der wirklich vorhandenen Segmente des Rumpfes berechnen nach der Zahl der Segmentfalten und der behufs ihrer Bewegung vorhandenen Muskelgürtel, so würden wir bei verschiedenen Pantopoden auch die Vierzahl der Segmente auf drei beschränken müssen, da sehr häufig zwischen letztem und vorletztem Segment die Segmentfalte und Muskulatur ausfällt, ja wir wären genöthigt, bei Clotenia conirostris sogar den ganzen Rumpf ausser Schnabel und Hinterleib als ein einziges Segment aufzufassen, denn bei dieser Art ist die Gliederung durch Segmentfalten, wie überhaupt die Walzengestalt des Rumpfes völlig aufgehoben und hat einer Scheibengestalt Platz gemacht, welche keiner inter- segmentalen Bewegung mehr fähig ist; denn die Segmentfalten, die entsprechende Muskulatur und die zur Anheftung dieser Muskulatur bei andern Pantopoden dienenden Chitinspangen sind verloren (Taf. VIII Fig. 4, 5), der Rumpf stellt also nur ein Segment dar, wäre auf die An- oder Abwesenheit dieser Falten und Spangen ein solcher Werth zu legen. Ebenso verfehlt wie dieser Schluss wäre aber derjenige, welcher aus der Abwesenheit der Segmentalfalten, der dazu gehörigen Muskulatur und Anheftungsspangen im vordersten Segmente ableiten wollte, dieses vordere Segment habe von Anfang an nur ein Segment dar- gestellt, an welchem nach und nach durch irgend welchen Process oder Agens verschiedene Extremitätenpaare entstanden seien, oder aber trotz der ursprünglich grösseren Zahl der Extre- mitäten habe es doch nur von Anfang an den Werth und die Structur eines einzigen Seg- mentes besessen. Diese Frage zu erörtern, hat eine beträchtliche Bedeutung, soll aber verschoben werden bis zur Behandlung der ersten Larve der Pantopoden und der Erörterung ihres morphologischen Werthes. Integrirende Theile jedes Rumpfsegmentes bilden nun die von mir mit dem neutralen, d. h. alle etwaigen Homologieen ausschliessenden Namen der »seitlichen Fortsätze« belegten Bildungen. Sie stellen Fortsätze dar, welche nach beiden Seiten jedes Segmentes Rumpf. 5 in der Horizontalebene des Körpers gelegen, aber gegen die Verticalebene in verschiedenen Winkeln gerichtet sind. Sie sind ursprünglich gewiss rein cylindrisch, und bleiben das auch bei vielen Arten. Bei anderen nehmen sie Theil an der Abplattung der Segmente, bei einigen schwellen sie keulenförmig an und zeigen ovale Conturen. Immer aber bleiben sie unmittel- bare Verlängerungen des Körpers der Rumpfsegmente, deren Länge meist der Breite des zuge- hörigen Rumpfsegmentes gleichkommt, sie um weniges übertrifft oder um weniges dahinter zurückbleibt. An der Spitze der »seitlichen Fortsätze« sind die Extremitäten eingelenkt, d. h. mit andern Worten, die starre Wandung der seitlichen Fortsätze endet in eine biegsame Zone, welche die Verbindung zwischen ihnen und der harten Wandung des Basalgliedes der Extre- mitäten herstellt. Dazu gehört denn die erforderliche Muskulatur, durch Chitinspangen ver- stärkte Wandung zu ihrem Ansatz, — kurz die secundäre Segmentbildung der Extremitäten. Indem ich diese Bezeichnung wähle, handle ich nicht ohne Absicht. Ich bin nämlich über- zeugt, dass die vielen Glieder der Extremitäten in der Weise entstanden sind, dass seitliche Fortsatzbildungen der Rumpfsegmente allmählich durch Muskelaction zu freier Beweglichkeit gelangten, eine dünnhäutige Falte gegen den Rumpf bildeten, und dadurch aus seitlichen Fortsätzen der Rumpfsegmente Basalglieder der Extremitäten werden. Diese an und für sich durchaus plausible Auffassung wird unterstützt durch aus anderen Verhältnissen abzuleitende Erwägungen, deren Hereinziehung an dieser Stelle aber nicht opportun erscheint. Bei der normalen Walzengestalt, welche bei den Gattungen Phowxichilus, einigen Arten von Phowichilidium, Pallene und andern beibehalten wird, bilden die beiden mittleren Rumpf- segmente mit ihren seitlichen Fortsätzen die Gestalt eines liegenden rechtwinkligen Kreuzes mit gleich langen Armen. Das vordere und hintere Segment indessen erleiden schon bei diesen Gattungen, noch mehr aber bei Ammothea verschiedene physiologisch motivirbare Verände- rungen. Zunächst wird die Richtung der seitlichen Fortsätze geändert, und zwar die des vorderen Segmentes durch eine Abweichung nach vorn, die des hinteren nach hinten. Diese Abweichungen sind leicht begreiflich durch die Bedürfnisse der Ortsbewegung. Das vordere Beinpaar, — also der weiter unten entwickelten Terminologie zufolge Extremität IV — wird hauptsächlich dazu gebraucht, den Körper des Thieres nach vorn, resp. beim Klettern nach oben zu ziehen. Seine Richtung muss also, soweit es angeht, eine der Längsaxe genäherte sein. Umgedreht ist die hinterste Extremität VII dazu da, den Körper entweder nach vorn zu schieben, oder ihn zu stützen, wenn das Thier klettert, resp. ihn rückwärts zu ziehen, wenn es rückläufige Bewegungen zu machen gibt. Aus diesem Grunde sind die seitlichen Fortsätze des letzten Segmentes nach hinten gerichtet. Damit ist die Grundlage für weitere Veränderungen gegeben, welche an den seitlichen Fortsätzen dieser beiden Segmente sich zutragen. Durch die Beugung nach vorn erleidet die nach vorn gerichtete Wandung des Fortsatzes eine Verkürzung. Der Winkel, den sie mit der Wandung des Segmentes macht, würde natürlich ein immer spitzerer werden müssen, je weiter die Drehung zur Richtung der Längsaxe fortschreitet, es würde also am Scheitelpunkt allmählich 6 Die Pantopoden. eine Berührung der Wandung des Fortsatzes und der des Segmentes eintreten, und aus der Berüh- rung würde schliesslich eine Verschmelzung werden. In der That geschieht das in zweierlei Weise. Bei einigen Arten, zumal bei Ammothea (Taf. Ill Fig. I—3, Taf. IV, Fig. 1, Taf. IX Fig. 6), verschmelzen die beiden sich berührenden Wandflächen und bleiben als. eine Art in das Innere vorragende Scheidewand erhalten, an die sich von beiden Seiten Muskulatur ansetzt, — wie sie sich ja auch an beide Wandungen ansetzte, so lange sie noch getrennt waren. Bei andern Arten aber verschmelzen die beiden Wandungen in der Weise, dass der spitze Winkel, den sie allmählich hätten bilden sollen, verstreicht, der Scheitelpunkt immer mehr nach vorn und aussen rückt, die Seiten des Winkels immer kürzer werden und schliesslich zu einer einfachen, mehr oder weniger tiefen Ausbildung des Vorderrandes des Segmentes führen, in welchen Vorderrand dann eben die Seitenwand des Segmentes und der Vorderrand des Fortsatzes auf- gegangen sind (Taf. XII Fig. 1, 13, 19). Der gleiche Process, aber mit verschiedener Wirkung, vollzieht sich am hinteren Segment. Hier ist der Körper des Segmentes kleiner, — da er nicht noch drei andere Ex- tremitätenpaare, wie das vordere Segment trägt, — die seitlichen Fortsätze treten von beiden Seiten soweit nach hinten, dass sie sich sogar gegenseitig an der Basis berühren und auf verschiedene, nach Gattungen und Arten varürende Länge mit einander verschmelzen. Auch hier bleibt sehr häufig die verschmolzene Partie der Wandung als mittlere Scheidewand zum Ansatz beiderseitiger Muskulatur im Innern des Segmentes bestehen (Taf. VII Fig. 4 u. 5); in andern Fällen vergeht sie und die seitlichen Fortsätze verschmelzen, indem sie ihre gegen einander gekehrten Wandungen verkürzen und, statt in einem spitzen, in einem rechten oder stumpfen Winkel zusammentreten (Taf. XIV Fig. 2). Und wie diese Veränderungen im Extrem am vordersten und hintersten Segmente sich ausbilden, finden sie sich in wesentlich geringerem Grade auch bei verschiedenen Arten an den beiden mittleren Segmenten, von denen das zweite die seitlichen Fortsätze mehr nach vorn, das dritte mehr nach hinten gerichtet zeigt. Es kann aber auch geschehen, dass der ganze Körper sich so sehr verkürzt, die Walzen- gestalt der Scheibenform Platz macht und die Entfernung zwischen allen vier seitlichen Fort- sätzen jeder Seite so gering wird, dass die benachbarten sich gegenseitig berühren, die Hinter- ränder der vorderen an die Vorderränder der hinteren anstossen und im Extrem, wie z. B. bei Clotenia conirostris, verschmelzen (Taf. VIIL Fig. 4 u. 5). Dann entstehen auf jeder Seite vier ins Innere vorragende Chitinscheidewände, welche wie eine Art Endothorax erscheinen, aber der Wirklichkeit und Entstehung nach nichts sind, als verschmolzene Körperwandung. Bis zu diesem Extrem gibt es verschiedene Gradationen, ja dieselben finden sich bei Individuen derselben Art in verschiedener Ausbildung, wie z. B. dass nur die mittleren, ausgebuchteteren Theile der einander entgegenstehenden Ränder sich berühren, der innerste Winkel aber frei bleibt, so dass es fast erscheint, als seien ebenso viele Löcher von oben nach unten durch den Körper der betreffenden Pantopoden gebohrt. Bei andern wieder stumpft oder rundet der Innenwinkel, wo die seitlichen Fortsätze an einander stossen, sich ab, bei andern berühren Rumpt. 7 sich dieselben auf halber basaler Länge, — kurz sehr verschiedene Abstufungen dieser Um- bildung sind zu erkennen. Zu den Einflüssen, welche auf die Gestaltung des vorderen und hinteren Segmentes weiterhin einwirken, gehören Schnabel und Hinterleib. Ich will von letzterem zuerst sprechen. Aus verschiedenen Gründen, die später erörtert werden sollen, bleibt anzunehmen, dass der Hinterleib ursprünglich bei allen Pantopoden, wie noch heute bei einigen, eine einfache Verlängerung des Rumpfes in der Längsaxe war, ja dass er vielleicht zu einem selbständigen Körpertheil erst geworden ist durch eine Reduction des Körpers an Segmenten und Extre- mitäten. Wie er aber zu der Gestalt gekommen ist, die er gegenwärtig bei den Pantopoden hat, ist mir nicht klar geworden. Der Hinterleib besteht nämlich aus einer mehr oder weniger verlängerten Walze, welche meist auf der Oberseite des hinteren Segmentes, zwischen und über den seitlichen Fortsätzen angebracht ist und entweder senkrecht nach oben ragt, oder schräg nach hinten gerichtet ist. Nur bei der Gattung Barana behält er die ursprüngliche Richtung der Längsaxe des Körpers bei (Taf. I Fig. I u. 2, Taf. II Fig. 2). Auf was für physiologischen Motiven die Veränderung dieser Richtung beruht, vermag ich nicht einmal zu vermuthen. Ich habe keinerlei Andeu- tungen gewonnen, warum bei einigen Arten der Hinterleib eine beträchtliche Länge erreicht, während er bei andern nur einen ganz geringfügigen Stummel bildet; weshalb er bei einigen noch eine selbständige Beweglichkeit behält, während er bei andern fest mit der Wandung des letzten Segmentes verwachsen ist. So weit meine Beobachtungen über die Larvenentwicke- lung mir zu Hilfe kommen, möchte ich annehmen, dass sein Hinauftreten auf die Oberseite des letzten Segmentes mehr ein passives Hinaufgedrängtwerden ist, als ein aus selbständiger physiologischer Nothwendigkeit resultirendes Geschehen. Und das Agens, welches ihn nach oben drängt, sind die seitlichen Fortsätze des letzten Segmentes, welche an einander rücken um ihre Richtung nach hinten einnehmen und den Körper bei seinen Bewegungen besser stützen zu können. Vielleicht hängt hiermit der Umstand zusammen, dass bei denjenigen Pantopoden, welche einen nach hinten gerichteten Hinterleib besitzen, wie Barana Castelli und arenicola und Ammothea appendiculata, dieser Hinterleib auch zugleich sehr lang und für seine Beweglichkeit durch Gelenkfalte und Muskulatur am besten ausgestattet ist. Man könnte dann auf die Vermuthung gerathen, dass der Hinterleib als Stützorgan beim Klettern diene oder, wie bei Barana arenicola, als Stützpunkt bei den Scharrbewegungen der Beine, wenn das Thier sich in den Sand eingräbt. Wäre zufolge der Verdauungsthätigkeit der Pantopoden eine stetige und beträchtliche Fäcalproduction vorhanden, so könnte eine beträchtliche Ausdehnung des die Darmabschnitte enthaltenden Hinterleibes nicht Wunder nehmen; da aber, wie wir später sehen werden, so gut wie gar keine Fäcalmassen durch den Stoffwechsel der Pantopoden geliefert werden, so wäre zu erwarten, dass der Hinterleib völlig zu Grunde ginge, oder höchstens, — wie bei Pallene, — als ein ganz unbedeutender Stummel zur Beherbergung der Afterspalten-Muskulatur 8 Die Pantopoden. erhalten bliebe. Da trotzdem eine immerhin beträchtliche Länge dieses Körpertheiles bei ver- schiedenen Gattungen vorkommt, so muss wohl noch ein anderes Motiv bei seiner Erhaltung, resp. Ausbildung mit im Spiele sein. Der Hinterleib ist nun hauptsächlich die Ursache, dass vom letzten Segment bei einigen Arten überhaupt noch ein Körper übrig bleibt, da dieser sonst durch völliges Verschmelzen der seitlichen Fortsätze hätte langsam verdrängt und völlig ersetzt werden können, wozu die Anläufe unzweifelhaft gemacht wurden, denn überall da, wo die letzten Ganglien und die letzten Darmschläuche sich weiter zurückgezogen haben, redueirt sich die Oberfläche des letzten Segmentes auf die Insertionsfläche, resp. den Insertionsring des Hinterleibes. Dass am Vorderende des Körpers die Insertion des Schnabels eine noch um vieles beträchtlichere Wirkung auf die Conformation des vorderen Segmentes ausüben musste, ver- steht sich bei der sehr viel bedeutenderen Grösse des Schnabels und seiner grösseren Beweg- lichkeit von selbst. Um letztere zu ermöglichen, ist die biegsame Zone oder Falte der Körperwandung eben auch, sehr beträchtlich entwickelt, und bei ihrer völligen Ausstülpung (Taf. IX Fig. 2) kann der Schnabel, resp. die Mundöffnung weit nach vorn geschoben, resp. nach hinten zurückgezogen werden. Da aber seitliche Bewegungen des Schnabels ebenso erforderlich sind, so musste auch dafür gesorgt werden, dass die harte Basis des Schnabels, an welche sich die, diese Bewegungen vermittelnde Körpermuskulatur ansetzt, nicht gegen die harte Wandung des vorderen Segmentes anstösst, welche die Insertion des Schnabels zunächst umgibt; hierdurch ward bewirkt, dass, je grössere Excursionen der Schnabel nach oben und unten, nach rechts und links zu unternehmen hat, um so breiter und im Durchmesser beträcht- licher der Chitinwall (Taf. II Fig. 3, Taf. IV Fig. 13) oder Ring ward, von dem aus die bieg- same Gelenkfalte des Schnabels an die Wandung des letzteren sich begibt. Je breiter und ‘geräumiger aber diese Oeffnung zur Aufnahme der Schnabelarticulation ward, um so breiter, resp. höher musste auch der Körper des vorderen Segmentes werden, — ganz abgesehen von dem Umstande, dass für grössere Bewegungen auch grössere Muskulatur, für diese wiederum entsprechende Ansatzflächen entwickelt werden. Von Anfang an lag nun offenbar diese Oeffnung der vorderen Segmentwand central um die Längsaxe, und so liegt sie auch noch heute bei einigen Pantopoden, deren Schnabel nach vorn gerichtet ist. Als aber bei andern Arten die Richtung des Schnabels in Ruhstellung nach unten abwich, ja geradezu eine gegenläufige ward, so musste auch die Lage dieser Oeff- nung eine entsprechende Veränderung erfahren, immer schräger nach unten sich begeben und schliesslich, wie z. B. bei Barana Castelli ganz und gar auf die Unterseite übergehen, — also die gerade entgegengesetzte Lageveränderung erleiden, die wir vom Hinterleibe kennen lernten. Welche physiologischen Motive aber bei dieser Verschiebung der Schnabelinsertion vorausgesetzt werden müssen, ist mir darum nicht klar geworden, weil ich über die Lebens- und Ernährungsweise der Pantopoden nur höchst spärliche Beobachtungen habe machen können. Und doch müssen auch Abweichungen innerhalb dieser Existenzsphäre sowohl die Rumpf. 9 Verschiedenheit der Richtung und Insertionsebene des Schnabels, wie aller derjenigen Ein- richtungen herbeigeführt haben, die sich als Hilfsmittel zur Ergreifung resp. Zerkleinerung der Nahrung ausgebildet haben. Darauf genauer einzugehen, wird aber erst erforderlich sein, wenn vom Schnabel und seiner speciellen Structur zu handeln ist. Hier haben wir uns nur mit den weiteren Einflüssen zu beschäftigen, welche Gestaltung und Umgestaltung des vordersten Rumpfsegments bewirkten, zu denen eben auch die Insertion des Schnabels gehört. Wir haben bisher nur ganz vorübergehend davon gesprochen, dass vor dem seitlichen Fortsatz dieses Segments, welches die Extremität IV zu tragen bestimmt ist, sich noch drei andere Extremitätenpaare befinden, oder normaler Weise befinden sollten. Es ist jetzt an ad Zeit, sich davon Rechenschaft zu geben, welche gestaltenden Einflüsse auf die Configuration des vordersten Segmentes von ihnen ausgeübt werden. Damit berühre ich aber eine etwas verwickeltere Frage der Morphologie des Pantopoden- körpers, die kaum in der Richtung, die uns hier allein interessirt, besprochen werden kann, ohne Betrachtungen vorauszunehmen oder Auffassungen als bewiesen zu betrachten, deren Beweis erst später beigebracht werden soll und kann. Die drei Extremitätenpaare, so verschieden sie in Ausbildung und Function auch sein mögen, haben doch eines mit einander und mit den übrigen Extremitäten gemein: sie sind auf mehr oder weniger deutlichen Fortsätzen oder fortsatzähnlichen Bildungen eingelenkt. Und mit diesen allein, als mit Theilen des vorderen Segmentes, haben wir uns jetzt zu befassen. Indess erfordert die Verschiedenheit der Lage dieser Fortsätze, ihr jeweiliges Fehlen und ihr verschiedener Bildungsgrad, dass wir etwas auf die Function eingehen, die den an ihnen befind- lichen Extremitäten zukommt. Dabei beginne ich mit der Extremität III, als derjenigen, die unter allen Umständen wenigstens den Männchen aller Pantopoden regelmässig zukommt, während die übrigen oft genug beiden Geschlechtern fehlen. Dieselbe hat zur Function das Tragen der Eiersäcke, die bekanntlich unter dem Leibe an der Bauchseite in verschiedener Zahl an den mittleren und Endgliedern dieser Extremität, aber ausschliesslich bei den Männchen, sich vorfinden. Hieraus ergibt sich eine Prädisposition der Extremität III, nach unten und hinten gerichtet getragen zu werden. Wo dieser Tendenz am stärksten nachgegeben wird, zeigt es sich, dass die Gelenkpfanne bei fast völliger Unterdrückung des sie sonst tragenden seitlichen Fortsatzes in der Wandung der Bauchseite des Segmentes selbst, oder aber in der unteren Wandung des zum Tragen der Extremität IV bestimmten seitlichen Fortsatzes liegt (Taf. IV Fig. 13, Taf. V Fig. 2, Taf. VI Fig. 4), von der Insertionsstelle der Extremität III somit von oben gar nicht gesehen werden kann, wie z. B. bei einigen Arten der Gattung Phowichilidium (Taf. XI Fig. 13 u. 19). Um- gekehrt zeigt Barana arenicola das entgegengesetzte Verhalten, da die Extremität III bei beiden Geschlechtern beträchtlich vor dem seitlichen Fortsatz von IV auf einen durchaus selbständigen, — wenn schon kürzeren — seitlichen Fortsatz eingelenkt, dessen Gelenkpfanne freilich , der Funetion von III entsprechend, schräg nach unten gerichtet ist (Taf. II Fig. 2). Ich will nicht Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. II. Pantopoda. 2 10 Die Pantopoden. behaupten, dass dieses Verhalten bei BD. arenicola unverändert von einem ursprünglicheren Zustand von III herrühre, als diese Extremität noch nicht in den Dienst der Geschlechts- oder Brütfunction getreten war, — es ist auch ganz denkbar, dass dazwischen liegende Modificationen wieder verwischt und der allgemeinen Verbreiterung und Abplattung des ganzen Körpers in diesem Ansatz der Extremität III Rechnung getragen sei; immerhin aber zeigt sich auch bei Dbarana Castelli eine viel grössere Selbständigkeit in der Insertion von III (Taf. I Fig. 1), und es gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, dass wir es bei D. arenicola noch mit einer, den übrigen seitlichen Fortsätzen von IV— VII homodynamen Bildung zu thun haben. Zwischen diesen beiden, von Barana arenicola und Phowichilidium robustum dargestellten Extremen bewegen sich nun eine Menge Varianten. Bei einigen Pantopoden ist die Insertion der eiertragenden Extremität in den Winkel gedrängt, welchen der seitliche Fortsatz für IV mit dem Vorderrande des vorderen Segmentes bildet; die letzte Andeutung des für II bestimmten seitlichen Fortsatzes wird durch eine convexe, von beiden Seiten zusammen- gequetschte Vorragung gebildet, deren nach unten gerichtete Gelenkfläche die Extremität auf- nimmt. So zeigt es sich z. B. bei den meisten Arten der Gattung Ammothea. Bei Pallene wiederum ist die Vorragung zwar auch nur halbkugelig, welche als letzte Andeutung des seitlichen Fortsatzes von III zu betrachten ist, aber infolge der ausserordentlichen halsartigen Verlängerung des vorderen Segmentes ist diese Vorragung wenigstens ganz frei (Taf. XIV Fig. 2, Taf. XV Fig. 1). Wie wenig brauchbar für etwaige classificatorische Trennungen indess diese Verschiedenheiten sind, beweisen am besten Ammothea appendiculata (Taf. VI Fig. 2), welche an die Bildung von Barana arenicola durch die Selbständigkeit der Fortsatzbildung für II erinnert, während bei Clotenia conirostris (Taf. VIII Fig. 5) dieselbe völlig an die Bauchseite verdrängt worden ist. Bei der Betrachtung der Extremität Il und ihrer Einlenkung am Körper des vor- dersten Segmentes ist im Auge zu behalten, dass wir es zwar mit einer Extremität zu thun haben, die eine auffallende Achnlichkeit in allen morphologischen Verhältnissen mit Extre- mität III darbietet, die aber zufolge einer total verschiedenen functionellen Entwickelung in Bezug auf Lage und Modification der Einlenkung eine ähnliche Differenz erkennen lässt, wie sie zwischen den Extremitäten IV und VII besteht, während nämlich die Function von 1II ihre Insertion mehr und mehr nach unten gedrängt hat, trägt die Function von II dieselbe nach vorn und oben. Die Extremität Il, von den Autoren mit dem, allen‘ erdenklichen morphologischen Wirrwarr begünstigenden Namen »Taster« belegt, hat allerdings »tastende« (wenn man so will) Leistungen zu erfüllen. Sie ist sichtlich dazu bestimmt, beim Fassen und Betasten der Nah- rung behilflich zu sein, richtet sich daher auch immer so, dass ihre Endglieder vor dem Munde sich befinden. Da nun aber die Richtung des Schnabels und damit die Lage der Mundöffnung stark varürt, so folgt die Richtung und Insertion der Extremität II diesen Schwankungen, und darum ist auch der seitliche Fortsatz, auf dem sie sich befindet, nicht immer in derselben Weise ausgebildet. Bei Barana arenicola (Taf. Il Fig. 2) ist er durchaus Rumpf. 11 gleich dem Fortsatz für III, nur mit dem Unterschiede, dass die Gelenkpfanne auf der Ober- seite angebracht ist. Bei Barana Castelli (Vaf. I Fig. 1) dagegen, deren Schnabel von allen Pantopoden am meisten nach unten und hinten gerichtet ist, ist die Insertion der Extremität II völlig identisch mit der von Ill, und beide Extremitäten werden fast in derselben Weise getragen. Bei allen Ammothea-Arten ist der seitliche Fortsatz für II dieht neben der Ein- lenkung des Schnabels als ein kleiner, nach vorn gerichteter Fortsatz zu erkennen (Taf. I Fig. 3, Taf. IV Fig. I, Taf. VOII Fig. 1), der aber durch den benachbarten, ebenfalls nur geringfügigen Fortsatz für III oder, falls der nach unten verdrängt ist, durch die grossen für IV zusammengequetscht wird. Wie in den seitlichen Fortsätzen für IV’— VII die Muskulatur zur Bewegung des Basalgliedes der entsprechenden Extremitäten sich an die Wandungen ansetzt, geschieht es auch in denen für II und III, die Wandungen erlangen also eine dieser Muskulatur propor- tionale Stärke, besonders am Rande, wo die harte Wandung in die biegsame Gelenkfalte über- geht. Es geschieht nun aber, dass bei den Weibchen vieler Pantopoden die Ausbildung der Extremität III, dass bei andern in beiden Geschlechtern die Extremität II völlig unterdrückt wird; das kann natürlich nicht ohne Einfluss auf die Gestaltung der Conformation des sie tragenden Segmentes bleiben. Die Wirkungen sind verschieden. Bei einigen geht die Aus- bildung auch der geringfügigen seitlichen Fortsätze dieser Extremitäten zu Grunde, so vor allem die, welche bei den Weibchen die ausgefallene Extremität III hätten tragen sollen; bei andern bleibt eine gekrümmte Chitinleiste vorhanden, als Andeutung der Stelle, wo die aus- gefallene Extremität eingelenkt war. Beim Ausfall der Extremität II bleibt im Gegentheil fast immer eine Höckerbildung neben der Einlenkung des Schnabels oder an der Basis des seitlichen Fortsatzes für IV zurück; im Innenraum derselben findet man dann zwar keine Muskulatur, wohl aber die Excretionsblase, welche sonst in dem vierten Gliede der Extre- mität II gelagert zu sein pflegt. Die Mündung der Excretionblase befindet sich dann an der Spitze dieser Vorragung, und das ist wohl auch der functionelle Grund, der die Höcker- bildung, also den Rest des seitlichen Fortsatzes erhalten hat (Taf. XII Fig. 19 u. 20 Ew.-O). Zu den allerwichtigsten Einflüssen auf die Gestaltung besonders der Oberseite des vor- deren Segmentes gehört aber die Insertion der Extremität I. Diese Extremität nimmt in jeder Weise eine Sonderstellung ein. Sie ist nie mehr als zweigliedrig oder, wenn man den beweg- lichen Arm der Scheeren als Glied rechnet, dreigliedrig; sie wird nicht vom Bauchstrang, sondern vom oberen Schlundganglion innervirt ; sie steht immer, wo sie vorhanden ist, über der Einlenkung des Schnabels. Diese Stellung macht eine Erhebung der Oberseite des Seg- mentes erforderlich, auf welcher Erhebung dann entweder zwei nach vorn gerichtete Fortsätze der Segmentwandung in der Richtung der Längsaxe der Körpers sich ausbilden, oder aber, mit Uebergehung dieser Fortsätze, das Basalglied der Extremität I direct sich einlenkt. Der Grad der Ausbildung der Extremität I bestimmt natürlich auch die Stärke der Muskulatur, welche zu ihrer Bewegung erforderlich ist, somit auch die Verstärkung der Chitinwandung zu ihrer Insertion; all das sinkt aber gleichzeitig, wo wie bei Ammothea und Barana die 2% 12 Die Pantopoden. Extremität I nur noch verstümmelt erhalten bleibt, oder bei Phowichilus und Pyenogonum, wo sie völlig zu Grunde geht. Im Gegensatz hierzu gewinnt der Vorderrand des Segmentes einen hohen Grad der Ausbildung, wenn die Extremität I, wie bei Phowichilidium , Nymphon und Pallene, kräftig functionirt und eine dem entsprechende Grössenentwickelung erreicht. Die Wirkungen, welche die Insertion von Extremität I auf die Gestaltung der Vorder- und Oberseite des ersten Segmentes ausübt, verbinden sich aber noch mit Einflüssen, welche aus der Lagerung der Augen hervorgehen. Die Augen, bei der Larve noch zu zweien, existiren bei den ausgebildeten Pantopoden in der Vierzahl. Es trägt sie ein von der Wandung der Oberseite gebildeter Höcker oder Zapfen, der sogenannte Augenhügel. Die Stellung des Augenhügels ist meist bestimmt durch die Lage des oberen Schlundganglions, — falls man nicht wiederum die Lage des oberen Schlundganglions als durch die möglichste Annäherung an den Augenhügel beeinflusst ansehen will. In diesem Falle müsste die Lage des Augenhügels als durch die Ermöglichung des grösstmöglichen Sehfeldes bedingt angenommen werden, — jeden- falls bleibt ein Zusammenwirken dieser beiden Einflüsse bestimmend. Die Existenz des Augen- hügels bewirkt eine Wölbung der Oberseite des vordersten Rumpfsegmentes, die entweder auf senkrechter Axe geschieht, wie bei Barana, Ammothea, Phowichilus ete., oder aber eine Ablen- kung nach vorn erfährt, wenn sie sich mit einer weiteren Tendenz verbindet, die bei Phowi- chilidium longicolle sich ausprägt, nämlich einer Verlängerung des ganzen Körpers des vordersten Segmentes zwischen der Einlenkung der Extremität I und des Schnabels (Taf. XIII Fig. 2). Wesshalb bei dieser Art der an sich schon hohe Augenhügel noch durch eine besondere Halsbildung erhöht wird, und wesshalb bei dieser Halsentwickelung die Insertion des Extre- mitätenpaares I mit einbegriffen wird, vermag ich mir nicht auszulegen. Eine andere Halsbildung, welche von der eben beschriebenen topographisch ver- schieden ist, findet sich bei Nymphon und Pallene. Die Verlängerung des Segmentes betrifft hier nicht bloss die obere Wandung, sondern den gesammten Körper des Segmentes. Denn während durch die Halsbildung bei Phowichilidium longicolle nur der Augenhügel und die In- sertion der ersten Extremität eime Lagenveränderung gegenüber den andern festen Punkten des Segmentes erfährt, erstreckt sich die Lagenveränderung bei Nymphon und Pallene auch auf die Insertion von Extremität Il, die halsartige Verengerung geschieht also auf dem ganzen Umfang des Segmentes zwischen der Insertion der beiden Extremitätenpaare II und III. Dies bedingt einerseits die A usschliessung des Augenhügels von der Umlagerung, andererseits die Einschliessung der Schnabelinsertion (Taf. XIV Fig. 1, 2, 11 u. 13, Taf. XV Fig. I u. 2). Die beiderlei Halsbildung ist also als gesondert entstanden zu betrachten. Ueber die Motive zur einen wie zur andern bleiben wir aber im Dunkel. Ob wir recht daran thun, die Bildung des Augenhügels allein auf die Bedürfnisse des freieren Umsichsehens der Pantopoden zu setzen, ist darum nicht sicher, da ähnliche Höcker- und Buckelbildungen auch auf den übrigen Segmenten sich vorfinden, wo sie offenbar keiner Sinnesfunetion dienlich sind. Sie sind da vielleicht zu betrachten als Schutzbildungen, als Defensivwaffen gegen das Verschlungenwerden, — obschon nicht in Abrede gestellt werden Rumpf. — Schnabel. 13 soll, dass sie gerade den zartesten Formen am vollständigsten fehlen. Diese Buckel stehen gewöhnlich dicht vor dem Hinterrand der einzelnen Segmente, und erreichen mitunter eine Höhe, die der des Augenhügels nichts nachgibt. Von den Formen der neapolitanischen Fauna ist Barana Castelli am stärksten damit versehen (Taf. I Fig. 1 u. 2). Neben dieser Buckelbildung, welche in der Mittellinie des Rückens stattfindet, begegnet man am Körper der Pantopoden einer andern Höckerbildung, die sehr viel verbreiteter ist. Es stehen nämlich auf der Oberseite der seitlichen Fortsätze, dicht vor ihrer Spitze bei vielen Formen, — vornehmlich bei Ammothea (Taf. XI Fig. 1—3) — kleinere Höcker, welche nicht etwa den Bau und den Werth von Stacheln oder Dornen haben, sondern wirkliche Erhebungen der Körperwandung darstellen. Dieselben sind auf den seitlichen Fortsätzen von IV—VI meist in gleicher Grösse, auf dem für VII gewöhnlich kleiner, mitunter auch gänzlich fehlend. Auch über der Einlenkung von” Extremität II sieht man häufig einen ähnlichen Höcker, was sich vielleicht als weiteren Beweis für die Gleichwerthigkeit des sie tragenden Fortsatzes mit denen der hinteren Extremitäten geltend machen lässt. Das Motiv zu dieser Höckerbildung kann wohl mit Wahrscheinlichkeit in Defensiv- zwecken gesucht werden. Es ist bemerkenswerth, dass diese Höcker immer viel kräftiger ausgebildet sind bei den Männchen als bei den Weibchen, und dass gleichzeitig die Männchen, besonders bei der Gattung Ammothea, eine Bewaffnung der Basalglieder der Beine besitzen, von der bei den zugehörigen Weibchen nur sehr schwache Andeutungen vorhanden sind. Fragt man aber, wesshalb die Männchen gerade stärkere Defensivwaffen tragen als die Weib- chen, so darf wohl ohne Weiteres auf die bereits erwähnte, höchst anomale Function hinge- wiesen werden, mit der sie betraut sind: nämlich das 'Tragen der vom Weibchen gelegten Eier bis zum Ausschlüpfen der Larven. Die Höcker- und Stachelbildung muss es jedenfalls viel schwerer machen, die eiertragenden Individuen anzugreifen, resp. ihnen die Eier abzu- nehmen. Darauf werde ich zurückkommen, wenn die höchst merkwürdige Uebertragung dieser eminent weiblichen Function auf die Männchen specieller zu erörtern ist. Es bleibt nun noch übrig, den Theil des Rumpfes zu betrachten, der als Schnabel eine getrennte Entwickelung genommen hat, darum auch den Inhalt eines besonderen Kapitels bilden soll. Schnabel. Wenn es eine Bildung am Pantopodenkörper gibt, welche allen Homologisirungen mit Crustaceen und Arachniden hätte von vornherein Einhalt thun sollen, so ist es der Schnabel, der im ganzen bisherigen Arthropodentypus nicht seines Gleichen, nicht einmal etwas ihm Aehn- liches findet. Leider hat Niemand der späteren Autoren, welche die Pantopoden einer von jenen beiden Gruppen zuzurechnen sich bemühten, es auf sich genommen, seine Homologisirungs- bestrebungen bis auf dies merkwürdige Organ auszudehnen, — es wäre interessant gewesen, zu hören, welcher Bildung des Spinnenkörpers, oder welchem Theil der Crustaceen-Mundtheile 14 Die Pantopoden. dieser Schnabel als Homologon zugesprochen werden müsste, wenn es nicht sich schliesslich empfohlen hätte, ihn in den eben so bequemen wie geräumigen Topf der »Neubildungen« oder » Anpassungen z«7 e£oyyv« zu werfen. In der 'T'hat handelt es sich bei allen Schnabelbildungen der Kruster, Spinnen und Insecten immer um Composition eines Schnabels aus modifieirten Mundtheilen, — sei es, dass Oberlippe und Unterlippe, oder Unterlippe und Maxillen, oder Mandibeln und Maxillen sich assocüren behufs Herstellung eines Schnabels. Dass aber eine directe Verlängerung des Rumpfes, förmlich ein vorderstes Segment, den Schnabel bildet, und dass dieser Schnabel unter Umständen ohne irgend welche beigeordneten Extremitäten, sogen. Mundtheile, für die Ernäh- rung seines Trägers sorgt und dabei eine eigene Lippenbildung, ein complieirtes äusseres und inneres Skelet, ein sehr complicirtes Muskelsystem, ja sogar grosse Ganglien und eine Fülle von Nerven entwickelt, das ist ebenso ungewöhnlich, wie bisher auch unbeachtet geblieben. An dieser Stelle interessirt uns der Schnabel indess nicht seiner inneren Constitution nach, sondern nur sofern er ein Haupttheil des Rumpfes ist, also nach seiner äusseren Gestalt und Configuration. Der Schnabel hat in vielen Fällen die Gestalt einer Walze, deren Axe den Querdurch- messer beträchtlich an Länge übertrifft. So findet man ihn bei Phowichilus , Phowichilidium, Trygaeus und einigen Arten von Pyenogonum. Bei den meisten Arten von Ammothea und bei Barana ist er oval oder tonnenförmig, bei einigen conisch; bei Nymphon und Pallene ist er kurz, cylindrisch, fast unbeweglich, mit abgestutzter oder abgerundeter Vorderfläche, bei Barana Castelli schliesslich ist seine Längsaxe an der Basis nach unten gekrümmt. Die Basis der Schnabelwandung geht unmittelbar über in die bereits erwähnte Gelenk- falte, welche ihn mit der Vorderfläche oder der Unterseite des vordersten Rumpfsegmentes verbindet. Die Länge dieser Falte bestimmt die Weite, bis zu welcher der Schnabel nach vorn vorgeschoben werden kann: der Durchmesser des Chitinringes, dem diese Falte am vor- dersten Segmente angefügt ist, und die Grösse des Durchmessers der Schnabelbasis bestimmen durch ihr gegenseitiges Verhältniss die Weite der Excursionen, welche der Schnabel nach oben und unten, nach rechts und links vornehmen kann. Die Schnäbel nun, deren Basis fast eben so breit ist wie der Durchmesser jenes Chitinwalles des Segmentes, das sie trägt, sind offenbar geringerer Beweglichkeit theilhaftig, als diejenigen, deren Basis stark verengert zugeht, und die einen beträchtlichen Zwischenraum zwischen ihrer Basis und jenem Ringe zeigen. Hiernach ergibt sich, dass die Schnäbel von Pallene und Nymphon die geringste, die von Barana und Ammothea die grösste Beweglichkeit besitzen. Diese Betrachtung ist nicht werthlos, wie wir uns überzeugen werden bei Erörterung der in den Dienst der Nahrungs- aufnahme gezogenen Extremitäten. Die äussere Gestalt des Schnabels hängt, wie es scheint, vornehmlich von der Ausbil- dung der Muskulatur ab, die er für sein inneres Gerüst und den, Reusenapparat entwickelt, von denen weiter unten gehandelt werden wird. Es beruht offenbar auf der verschiedenen Ausbildung dieser Muskulatur und des innern Gerüstes, dass bei einigen Pantopoden der Schnabel. 15 Schnabel ausserordentlich aufgeblasen erscheint auf der Mitte seiner Länge, so z. B. bei Ammothea magnirostris und appendiculata, und dass er näher der Basis plötzlich eine Verenge- rung erfährt, wie bei Ammothea fibulifera, franciscana und bei Barana Castelli, welche Ver- engerung gerade der Stelle entspricht, wo das innere Schnabelgerüst sich auch verengert und wo der Reusenapparat anfängt. Auch näher der Spitze zeigt sich mitunter eine freilich weniger plötzliche Abnahme des Durchmessers des Schnabels. Dies fällt wiederum zusammen mit einer anderen inneren Structur: nämlich mit der kreisförmigen Blutbahn und der Ausbildung der Schnabelganglien, welche die Muskulatur unterbrechen und darum auch an der äusseren Schnabelwandung eine wenn auch nur geringfügige Veränderung verursachen. Die Spitze des Schnabels wird immer von der Mundöffnung eingenommen, um die herum beträchtliche und sehr complieirte Differenzirungen der bis so lange verhältnissmässig einfachen Wandung Platz greifen. Die Mundöffnung ist nämlich umgeben resp. verschlossen durch eine besondere Lippenbildung. Die Structur dieser Lippen ist die folgende: die Wandung des Schnabels biegt an der Spitze um, oder rundet sich ab, wird dann biegsam und dünn, wie um eine Segmentfalte zu bilden, und bildet auch in der That eine nach innen gerichtete Falte. Diese erhebt sich aber wieder in verschiedener Höhe und Ausbildung bei den verschiedenen Arten zur eigentlichen Lippe, welche allerhand interessante Umbildungen erfährt, und senkt sich dann nach innen, um continuirlich in die Wandung des inneren Schnabelgerüstes überzugehen. Mit andern Worten: die Lippenbildung kommt zu Stande durch eine doppelte Faltenbildung desjenigen Stückes der Schnabelwandung, welches auf der Grenze zwischen äusserer Wandung und innerer Gerüstbildung steht; die eine dieser Falten hat ihren Scheitelpunkt oder Boden nach innen gestülpt, die andere nach aussen. Eistere ist die äussere, d. h. der äusseren Wandung zunächst gelegene, die andere ist die innere, welche unmittelbar die Mundöffnung umgibt. Diese letztere nenne ich die eigentliche Lippe, die eine grosse Beweglichkeit besitzt; dagegen nenne ich die Grenze der starren Schnabelwandung, von welcher die erste Falte nach innen herabsteigt, den Lippenträger, welcher, wie über- haupt die ganze Mundumgebung, durch mannigfaltige Chitinleistenbildung ausgezeichnet ist und dadurch fast immer brauchbare Kennzeichen zur specifischen Unterscheidung liefert. Die Auseinandersetzung dieser Verhältnisse verspare ich aber bis zur Darstellung der gesammten Verdauungsvorgänge und der ihnen dienenden Structuren. Hier habe ich aber noch eine Eigenthümlichkeit zu erwähnen, welche von solcher Bedeutung ist, dass sie nicht nachdrücklich genug hervorgehoben werden kann. Die Mundöffnung der Pantopoden ist nämlich weder eine kreisrunde, noch ovale, noch eine einfache Längs- oder Querspalte, sie ist vielmehr dreieckig, und bei geschlossenen Lippen bilden die Berührungsflächen derselben einen dreistrahligen Stern (Taf. VIII Fig. S, Taf. XI Fig. 18—19, Taf. X, Fig. 3—5, 7—13). Dem entsprechend gibt es auch nicht eine Ober- und eine Unterlippe, auch nicht zwei seitliche Lippen, sondern drei ganz gleiche Lippen umgeben die Mundöffnung, die eine von oben, so dass ihr Mittelpunkt in der Längsaxe des 16 Die Pantopoden. Körpers liegt, die beiden andern schräg von den Seiten, so dass ihr Berührungspunkt, d. h. also ihre beiden sich berührenden Endpunkte, in der Längsaxe liegen, dem Mittelpunkt der oberen gegenüber. Statt eines bilateral-symmetrischen haben wir es also hier mit einem dreistrahligen Bau zu thun. — Vielleicht liesse sich das auf irgend welche speciellen Einflüsse bei der Lippenbildung schieben, — die mir freilich nicht klar werden wollen, — wäre nicht dieselbe Dreitheiligkeit in dem Gesammtbau des Schnabels und aller seiner inneren Theile mit solcher Energie ausgedrückt, dass an sehr weit zurückliegende Einflüsse gedacht werden muss, will man die Aufgabe in ihrer richtigen Tragweite fassen. Um aber solche weit zurückliegenden Einflüsse discutiren zu können, muss erst der ganze Bau gekannt sein, wir müssen also diese Discussion verschieben, bis dieser Forderung genügt ist. Hiermit beende ich die Darstellung der äusseren Gestalt des Rumpfes und wende mich zu derjenigen der Extremitäten. Extremitäten. In den Darstellungen, welche vorstehend gegeben sind, ist schon ausgesprochen, dass die Pantopoden sieben Extremitätenpaare besitzen, die aber nicht bei allen Arten und in allen Lebensstadien der einzelnen Individuen vorhanden bleiben. Vergleicht man z. B. ein ausge- bildetes Weibchen von Pyenogonum oder Phowichilus mit einem Weibehen von Nymphon oder einem unausgebildeten, aber fast reifen Exemplar von Barana, so gewahrt man einen grossen Unterschied in der Zahl der vorhandenen Extremitäten. Erstere haben deren nur vier, wäh- rend diese alle sieben in vollkommener Ausbildung besitzen. Nimmt man ferner ein halb erwachsenes Exemplar von Clotenia conirostris oder von Phowichilus communis zur Hand und vergleicht sie mit ganz ausgebildeten Exemplaren derselben Arten, so wird man bei den ersteren wiederum die sieben Extremitäten, — wenn auch noch nicht alle in fertiger Gestalt — finden, während bei reifer Clotenia conirostris nur sechs Paare, bei reifen Phowichilus- Männchen nur fünf, bei reifen Weibchen, wie gesagt, nur vier Paare zu sehen sind. Dass die früheren Autoren diese Verhältnisse übersehen oder nur unvollständig erkannt haben, ist einer der vornehmsten Anlässe gewesen, welche die Systematik der Pantopoden in eine beträcht- liche Verwirrung gestürzt und das Urtheil über ihre Homologieen resp. über die genealogischen Beziehungen der Gruppe erschwert haben. Ihrer äusseren Gestalt nach scheiden sich die Extremitäten in drei Gruppen. Die erste wird durch das vorderste Paar gebildet, welchem ich in dieser Monographie diejenige Bezeich- mung gegeben habe, die gewiss am geeignetsten ist, alle verfrühten Homologisirungen, resp. alle morphologischen Missverständnisse auszuschliessen: Extremität I. Die zweite Gruppe bilden die. Extremitätenpaare II und III, die unter einander beträchtliche Aehnlichkeiten aufweisen, während sie von I und der dritten Gruppe, welche die Paare IV—VIH einschliesst, immer gleichmässig unterschieden bleiben. Endlich diese dritte Gruppe, deren vier Paare fast völlig « Extremitäten. 17 identisch gebildet sind, mit geringen Abweichungen, die aus der Lage und Zahl der Geschlechts- öffnungen resultiren. f Ihrer Function nach sondern sich diese Gruppen etwas anders. Da sind I und II ver- bunden als Hilfsorgane beim Packen und Halten der Nahrung, — obschon besonders I gewiss noch andere Dienste mit seinen Scheeren leisten kann, während III ausschliesslich zum Tragen der Eier bei den Männchen dient, bei den Weibchen aber, wie es scheint, functionslos ist und darum auch oft fehlt; IV bis VII aber dienen zur Locomotion. Dass ausserdem in 1, IV— VII noch Darmsäcke, in II und III Excretionsorgane, in IV—VII Geschlechtsorgane gelagert sind, geht uns hier zunächst nichts an. Die Extremität I besteht da, wo sie in voller Ausbildung und Functionirung existirt, aus zwei Gliedern und einer Scheere. Ihre Stellung ist derartig, dass die Scheere entweder von oben, oder von der Seite vor die Mundöffnung rückt. Letzteres ist der Fall bei der Gattung Phowichilidium (Tat. XIIL Fig. 2), ersteres bei Nymphon (Taf. XV Fig. 2) und Pallene (Taf. XIV Fig. I, 2 u. 10). Wesentlich ist dieser Unterschied zwar nicht, aber es ist doch vielleicht nützlich, auf ihn hinzuweisen wegen der daraus mit zu berechnenden Verwandt- schaften der einzelnen Formen unter einander. Das erste der beiden Glieder ist immer länger als das zweite, wogegen dieses muskelreicher, und darum meist mit gewölbten Wandungen versehen ist, um die kräftigere Muskulatur unterzubringen und an festere Wandungen zu inseriren. Die Muskulatur aber dient dazu, den beweglichen Scheerenarm, den man auch als drittes Glied der ganzen Extremität betrachten kann, zu beugen resp. zu strecken, darum bedarf unter Umständen und in Proportion zur Grösse der Scheere das zweite Glied einer kräftigeren Entwickelung, die es auch bei Pallene und Nymphon erreicht. Bei beiden Gat- tungen ist die Extremität I schräg nach aussen und oben gerichtet, und steht neben dem Schnabel, während sie bei Phowichihidium gerade über ihm sich findet, mit einem Basalgliede, welches an Länge den Schnabel übertrifft, während das zweite Glied sehr klein ist, fast in rechtem Winkel nach unten sich richtet und die kleineren, meist zangenförmig gebogenen Scheeren trägt, die dicht vor dem Munde der Thiere herabhängen. Die Scheere bei Pallene und Nymphon ist fast wagerecht gerichtet, während sie bei Phoxichihidium senkrecht steht. Bei jenen ist sie zugleich stark gezahnt auf der Schneidefläche, bei Phowichilidium nicht, aber da die beiden Scheerenarme nach innen gekrümmt sind, so begegnen sich ihre sehr scharfen Spitzen und bilden eine treffliche Kneipzange. Dass wie bei fast allen Scheerenbildungen auch hier nur der eine Arm beweglich ist, der andere dagegen als verlängerte Ecke des die Scheere tragenden Gliedes fest steht, mag nur beiläufig erwähnt werden. An vielen Pantopoden zeigen die ausgebildeten Exemplare eine verschieden-gradige Rückbildung der Extremität I. Bei Darana (Taf. I Fig. I, Taf. II Fig. 2), Ammothea appen- dieulata (Fig. VII Fig. 1), Am. uni-unguieulata (Taf. VIl Fig. 6) u. a. ist von der Scheere nur noch eine kleine stummelförmige Andeutung übrig geblieben, die keinesfalls mehr irgend eine Function erfüllen kann. Bei andern ist auch das zweite Glied unterdrückt, wie z. B. bei Trygaeus, wo das Basalglied als einfacher, an der Spitze abgerundeter Cylinder übrig Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 3 18 Die Pantopoden. bleibt (Taf. IX Fig. 6, 7). Bei Clotenia conirostris ist das erste Glied auf einen breiten Höcker reducirt (Taf. VIII Fig. 4); bei Pycenogonum und Phozwichilus fehlt auch dieser, und an der Stelle der Extremität I findet sich nur eine kleine Erhebung der Wandung des vorderen Rumpfsegmentes, auf der bei Phowichilus ein Dorn (Taf. X Fig. 6), bei Pyenogonum (Taf. XVI Fig. 1, 4) aber nicht einmal dieser mehr übrig geblieben ist. Die Extremität II ist im Gegensatze zu I eine vielgliedrige, wie auch die übrigen. Immerhin aber erleidet auch sie starke Schwankungen in der Zahl und Ausbildung der Glieder, und in vielen Fällen wird sie völlig unterdrückt. Die stärkste Anzahl von Gliedern besitzt Barana (Taf. I Fig. I u. 4, Taf. II Fig. 2) und Ammothea appendiculata; beide zeigen zehn Glieder. Es folgen Ammothea magnirostris mit neun, einige andere Ammothea-Arten mit acht (Taf. III Fig. 3, Taf. IV Fig. 1), Trygaeus mit sechs (Taf. IX Fig. 6), Clotenia conirostris mit fünf (Taf. VIIL, Fig. 4, 5), Nymphon mit vier Gliedern (Taf. XV Fig. 2, 4). Bei Phowichilus, Phowxichilidium, Pallene und Pyenogonum ist die ganze Extremität geschwunden. Der Gestalt nach sind alle einzelnen Glieder eylindrisch, allein das Grundglied hat mitunter keulenförmige Gestalt. Der Länge nach übertreffen die mittleren Glieder die übrigen, das dritte und fünfte sind mitunter fast eben so lang, als die übrigen zusammengenommen. In ihnen ist gewöhnlich das Excretionsorgan gelagert, dessen Mündung auf einem Höcker der Aussenseite sich findet (Taf. III Fig. 3, Taf. IV Fig. I, Taf. VIII Fig. 1). Dieser Höcker ist manchmal spitz, manchmal abgerundet. Er und die Exeretionsblase verursachen eine Anschwellung des Gliedes, das sie trägt, und damit die einzige Abweichung von der Cylindergestalt. Die vier oder fünf Endglieder sind immer mit zahlreichen und starken Borsten und Stacheln besetzt, hauptsächlich auf der dem Schnabel und der Mundöffnung zugekehrten Seite. Die Haltung der Extremität II ist charakteristisch. Da, wo sie beträchtlich länger als der Schnabel ist, wird sie zwiefach gekniet getragen. Das erste Knie ist vor dem Gliede, welches die Excretionsblase trägt, — gewöhnlich das vierte, aber bei Barana und Ammothea appendiculata, wo noch ein Basalglied mehr zur Ausbildung kommt, das fünfte. Das zweite beginnt mit dem auf dieses folgenden Glied. Da es in der Willkür des 'Thieres liegt, die Extremität gestreckt oder gekniet zu tragen, so sind natürlich zwischen beiden Extremen viele Abstufungen möglich, in der doppelten Kniestellung steht die mittlere Partie gewöhnlich senk- recht, die basalen Glieder schräg nach oben, die apicalen vor die Mundöffnung gerichtet. Es ist offenbar der Zweck der doppelten Beugung dieser Extremität, das Zusammentreten der Spitzen vor dem Munde, also zur Unterstützung beim Halten der Nahrung, mit einer freieren Beweglichkeit zum Fassen und Betasten derselben zu verbinden. Es würde sonst genügt haben, sie gerade so lang werden zu lassen, dass sie vor der Mundöffnung convergirten. Dass diese Auffassung der Function der Extremität II in der That richtig zu sein scheint, wird sehr unter- stützt durch den Umstand, dass dieselbe überall da fehlt, wo Extremität I mit ihrer kräftig entwickelten Scheere erhalten bleibt, also bei Pallene und Phowichilidium. Bei Nymphon ist sie so zu sagen im Verschwinden begriffen, sie ist nur viergliedrig, kurz und wenig beweglich. Wie es zu erklären, dass sie auch Phowichilus und Pycenogonum abhanden gekommen ist, bei Extremitäten. 19 denen auch Extremität I gänzlich fehlt, vermag ich nicht zu sagen, — wahrscheinlich werden wir bei beiden Gattungen Ernährungsweisen kennen zu lernen haben, welche dafür einen aus- reichenden Erklärungsgrund bieten. Im Gegentheil ist Extremität II sehr stark entwickelt bei Barana und Ammothea, wo Extremität I ihre Scheere eingebüsst hat und dem Schnabel keine Unterstützung mehr. gewähren kann. Andererseits ist sie bei C/otenia conirostris und Trygaeus nur kurz, wenig-gliederig und gerade gerichtet, so dass ihre Spitze mit dem Munde zwar auf gleicher Höhe steht, aber nicht im Stande ist, über ihn wesentlich hinauszureichen. Die Extremität III hat viel Achnlichkeit mit der vorangehenden, aber ihre gänzlich verschiedene Function zwang zu beträchtlichen Abweichungen in Structur und Haltung. Im Allgemeinen zeigt sie ähnliche Dimensionen wie Extremität IL, aber Ungleichheit bei Männchen und Weibchen: bei ersteren ist sie immer stärker und etwas länger, bei letzteren fehlt sie in vielen Fällen gänzlich. Sie ist selten gekniet, wie Extremität II, — bei den Arten der neapolitanischen Fauna lässt nur Darana Castelli ein Knie erkennen, — statt dessen aber weicht sie von der geraden Richtung durch mehrere Krümmungen ab, ja bei einigen Formen sind ihre Endglieder förmlich zu einer Spirale aufgerollt (Taf. XI Fig. 5, Taf. XII Fig. 3, Taf. XIV Fig. 6, Taf. XV Fig 5, 6). Sie wird immer auf der Unterseite des Körpers getragen, ja bei vielen Arten ist ihre Insertion vollständig auf die Bauchseite gerückt, und sie liegt dem Bauch in ihrer ganzen Länge dicht an. Der Grund dieser auffallenden Haltung, ebenso wie der der jeweilig spiraligen Richtung dieser Extremität, ist in ihrer Function als Trägerin der Eiersäcke zu suchen; auch ihre Ausstattung mit merkwürdigen Anhängen, Dornen, Stacheln und Höckern ist wahrscheinlich auf dies Motiv zurückzuführen. Darüber wird des Weiteren bei Erörterung der Geschlechtsverhältnisse gehandelt werden. In der Zahl der emzelnen Glieder lässt Extremität III geringere Schwankungen beobachten wie Extremität Il. Bei Barana sind zehn Glieder deutlich zu erkennen, ebenso bei den meisten Arten der Gattung Ammothea. Trygaeus zeigt nur neun Glieder, Phowichilus und Phowxichilidium schwanken zwischen sieben bis fünf Gliedern, Pyenogonum, Pallene und Nym- phon haben wieder 10 Glieder. Die Reduction der Gliederzahl ist schwer zu erklären, da diese Extremität bei den Männchen immer functionirt und es darum verständlich wäre, wenn überall die Reduction einträte. Sie fehlt den Weibchen von Phoiwichilus, Phowichihidium und Pyenogonum. Wir gehen nun über zur Betrachtung der dritten Gruppe, der Extremitäten IV bis VI. Dieselben werden als die typischen Extremitäten der Pantopoden, und mit Recht, betrachtet, da wir später schen werden, dass sie wahrscheinlich als Grundlage gedient haben zu den Umwandlungen, welche die vorangehenden Extremitäten erfahren haben. Es tritt bei diesen vier Extremitätenpaaren niemals eine Schwankung in der Glieder- zahl auf. In beiden Geschlechtern und bei allen Arten zählen sie immer neun Glieder. Diese Glieder bleiben auch mit wenigen Ausnahmen in denselben gegenseitigen Grössenverhält- nissen. Im Allgemeinen freilich sind die absoluten Dimensionen bei den Weibchen etwas 3* 20 Die Pantopoden. beträchtlicher als bei den Männchen. Dies hängt wohl mit dem grösseren Raumbedürfniss zusammen, das durch die Ovarienschläuche verursacht wird. Von diesen neun Gliedern dienen die letzten drei bei dem Auftreten resp. dem Um- fassen derjenigen Stützpunkte, welche bei der Ortsbewegung von den Beinen gepackt werden. Dem entsprechend sind sie als Kralle, Tarsus und Sub-Tarsus, falls dieser Name gestattet ist, von den übrigen Gliedern als eine gewisse functionelle Einheit zu scheiden. Da die Kralle sehr gut einschlagbar gegen die Sohle des Tarsus ist, so können diese vier Extremitätenpaare gewiss auch gelegentlich bei der Ergreifung der Beute gute Dienste leisten, — ihre Haupt- arbeit wird aber doch wohl in der Fixirung der Gliedmaassen beim Klettern resp. Kriechen des 'Thieres zu sehen sein. Die mittleren drei Glieder sind ausgezeichnet durch ihre grosse Länge; sie sind es also hauptsächlich, welche es dem 'Thiere ermöglichen, beim Klettern über Algen oder Hydroidpolypen etc. die Stützpunkte in grösserer Entfernung zu ergreifen, resp. beim Aufstützen der Kralle und des Tarsus den Körper in die Höhe zu heben. Die drei Basalglieder schliesslich sind wesentlich kürzer als die drei mittleren, tragen aber zur Viel- fältigkeit der Bewegungen der ganzen Extremität dadurch hauptsächlich bei, dass ihre drei Gelenke theils die Bewegung nach oben und unten, theils nach vorn und hinten gestatten. Ueber die emzelnen Gelenke aller Extremitäten und die Bewegungen, welche sie ermöglichen, kann aber erst gesprochen werden, wenn die Muskulatur erörtert wird, ohne welche die Gestalt der Gelenke nur unvollständig zu erfassen ist. Durch die Einlagerung der Darmschläuche, der Ovarien, der Hoden und ihrer Mün- dungen, schliesslich durch die Ausbildung der Kittdrüsen bei den Männchen, haben die Ex- tremitäten der Pantopoden eine so wichtige Erweiterung ihrer gewöhnlichen Functionen erfahren, dass auch ihre äussere Gestalt nur unvollständig verstanden werden kann, ehe nicht die Bezie- hungen aller dieser Organsysteme zu einander klar gestellt sind, was natürlich nur successive geschehen kann. Muskulatur und Gelenke. Die Muskulatur der Pantopoden ist verhältnissmässig einfach. Die Bewegungen der Rumpfsegmente unter einander sind sehr limitirt, ja bei vielen Formen gänzlich fehlend, die der Extremitäten durch ihre grosse Gliederzahl bei sehr einfacher Ausbildung der Muskeln zwar mannigfaltig genug, aber doch alle von derselben Natur, d. h. auf Kriech- und Kletter- bewegungen gerichtet; nur, der Schnabel bietet wieder complieirtere Einrichtungen. Die Muskulatur des Rumpfes besteht aus Rücken- und Bauchmuskeln, aus Mus- keln zur Bewegung des Hinterleibes und Schnabels und aus den Muskeln der seitlichen Fort- sätze, durch welche die Basalglieder der Beine in Bewegung gesetzt werden. Die Muskeln von Segment zu Segment sind einfache Längsmuskelbündel, welche einen vollkommenen Gürtel darstellen würden, wären sie nicht von den inneren Organen, die sich Muskulatur und Gelenke. 21 24 in die Extremität begeben, durchbrochen. Sie setzen sich an dem vorderen Rande der Seg- mente an, überbrücken die Segmentfalte und inseriren sich mehr oder weniger weit vom Hinterrande des vorhergehenden Segmentes, in welches sie durch ihre Contraction das nach- folgende Segment hineinziehen. Die Länge dieser Muskelbündel und ihre Gruppirung sind bei den verschiedenen Gattungen und Arten verschieden. Bei einigen, wie z. B. bei Pyenogonum, Barana, Trygaeus, mehreren Arten von Ammothea, gehen die Muskelbündel parallel neben einander über Rücken- und Bauchfläche bis an die Basis der seitlichen Fort- sätze, auf dem Rücken nur unterbrochen durch das Rückengefäss, auf dem Bauch gar nicht unterbrochen. Die Wirkung ihrer Contraction ist natürlich die gesammte Verkürzung des Körpers. Werden sie aber nur partiell contrahirt, so beugt sich der Körper in den Segmental- falten entweder nach oben resp. nach unten, oder nach rechts resp. nach links. Verschiedene Pantopodengattungen haben nun Einschränkungen dieser Einrichtungen erlitten. Bei einigen ist die ursprüngliche Gürtelmuskulatur auf vier Muskelgruppen reduceirt worden. So z. B. bei Phowichilus, wo von den äusseren seitlichen Punkten des Vorderrandes der einzelnen Segmente sowohl am Bauch wie am Rücken Muskelbündel ausgehen, die aber nicht mehr parallel neben einander, sondern strahlenförmig von einander divergirend in das vorhergehende Segment übertreten und sich daselbst in einer bogenförmigen Linie inseriren, so dass die am meisten der Mittellinie genäherten Bündel fast einen Winkel von 180° zu einander bilden. Auf der Bauchseite ist die strahlenförmige Gruppirung weniger extrem aus- gebildet als am Rücken. Die Action dieser Muskulatur wird in der Hauptsache eine Beugung der Segmente gegen einander nach rechts oder links sein. Bei einigen andern Formen tritt die Bildung der Rückenmuskeln beträchtlich zurück, ja erlischt gänzlich. So bei Phowichilidium, deren einige Arten freilich auch die ganze Bauch- muskulatur einbüssen. Der Verlust oder die Einschränkung dieser Muskulatur geht meist Hand in Hand mit dem grösseren Verschmelzen der Segmente. So ist gar keine Rücken- oder Bauchmuskulatur mehr vorhanden bei Phoxichilidium robustum und bei Clotenia conirostris, bei letzterer ist, wie wir schon oben sahen, die Verschmelzung der Segmente so weit gegangen, dass die seitlichen Fortsätze ihre gesonderten Wandungen verloren haben. Aechnlich bei Pho- wichilidium robustum. Bei einigen andern Ammothea-Arten verliert das vierte Segment seipe Beweglichkeit, und damit seine Muskulatur und Segmentfalte, bei einigen erhalten sich beide noch an der Bauchseite, während sie auf dem Rücken wegfallen. Andere wiederum ver- kürzen die Länge der Muskelbündel ausserordentlich, so dass die Contraction überhaupt nur einen minimen Einfluss ausüben, also auch leicht wegfallen kann. Von dieser mehr oder weniger ausgebildeten Muskulatur hängt natürlich auch die Bildung oder der Wegfall der Segmentalfalten ab. Die Grösse der letzteren steht meist in directem Verhältniss zur Grösse der Muskulatur. Diese Falten erscheinen besonders beträcht- lich bei Pyenogonum und bei Barana (Taf. I Fig. 2 SF), ja bei B. arenicola macht sich ein besonders bemerkenswerthes Verhältniss geltend. Während bei den meisten Pantopoden die Falte den engsten Theil der Segmente bildet, ist sie bei dieser Art ziemlich weit auf die DD) Die Pantopoden. u Hinterwand der seitlichen Fortsätze hinaufgerückt (Taf. II Fig. 2). Dadurch ist sie sehr breit geworden und die Muskulatur zu ihrer Bewegung ist ebenfalls sehr breit. Das Motiv zu dieser Bildung ist wahrschemlich in dem Umstand zu suchen, dass B. arenicola sich in die oberflächlichen Schichten des Sandes, in dem sie lebt, einscharrt, und dabei einen flachen Körperbau ebenso nöthig hat, wie eine Anzahl anderer Thiere, welche dieselbe Lebensweise führen. Die Segmentfalten selbst beginnen an einer circulären, stark verdiekten Chitinleiste, welche um Bauch und Rücken herumläuft, häufig nach innen wie eine Crista aufgerichtet ist und den Ansatzpunkt der Muskulatur bildet (Taf. V Fig. 9). Von dieser Leiste schlägt sich die Körperwandung in sehr geringer Dicke nach aussen um, bildet dann einen mehr oder weniger spitzen Winkel, schlägt wieder um und geht in die Wandung des vorhergehenden Segmentes über. Der Faltenwinkel ist natürlich um so spitzer, je stärker die Muskulatur sich contrahirt, — er wird dagegen stumpf oder gestreckt, wenn die Muskulatur ganz aufhört zu wirken und die Consistenz der Strecke, welche die Falte bildet, wird stärker, je weniger aus- giebig die Uontractionen überhaupt zu werden brauchen, also je concentrirter der Körper gebaut ist. Die Falte verschwindet völlig, d. h. der betreffende Abschnitt der Körperwandung gewinnt dieselbe Dicke und Consistenz der übrigen, wenn die Muskulatur wegfällt, — wie es vorher erörtert war. Man findet somit die Faltenbildung am stärksten bei Pyenogonum, Barana, Trygaeus (Taf. IX Fig. 7), am geringsten, d. h. völlig erloschen bei Phozwichiidium robustum (Taf. XII Fig. 14) und Clotenia conirostris (Taf. VIII Fig. 4, 5), bei allen übrigen in ver- schieden abgestufter Ausbildung. Wie die einzelnen Rumpfsegmente unter einander, so sind sie auch mit Hinterleib und Schnabel durch Muskulatur, Chitinleisten und Chitinfalten verbunden. Beim Hinter- leib erleidet diese Muskulatur sehr häufig völlige Rückbildung, derselbe erscheint dann ohne Falte mit dem letzten Segment verbunden, fast als wäre er nur ein Höcker, wie der Augen- hügel und ähnliche Bildungen. Bei Pyenogonum, Barana und Ammothea appendiculata (Taf. VII Fig. 1) erreicht der Hinterleib dagegen die freieste Beweglichkeit, wird auch dann meist in der ursprünglichen Richtung, d. h. in der Längsaxe des Körpers getragen, während er bei den übrigen Formen mehr oder weniger vertical darauf steht. Umgekehrt erlangt diese Muskulatur ihre höchste Entwickelung bei der segmentalen Verbindung des Schnabels mit dem Rumpf. Wie wir schon oben sahen, erlaubt die Gestaltung der Schnabelbasis und des zu ihrer Aufnahme bestehenden Ringes des vordersten Segmentes eine reichliche Beweglichkeit des Schnabels nach allen Richtungen; dem entspricht die Muskulatur und die Ausgiebigkeit der Segmentfalte, die zwischen Schnabel und Rumpf grösser ist, als zwischen den einzelnen Rumpfsegmenten (Taf. V Fig. 9). Die Muskeln gehen von den Rändern der Schnabelbasis nach innen und oben in das vordere Segment hinein, und inseriren sich an den Seitenflächen der Wandung. Bei den- jenigen, deren Schnabel mehr oder weniger in der Richtung der Längsaxe des Körpers getragen wird, liegen die Muskelbündel in schräger Richtung, aber ziemlich parallel neben einander, Muskulatur und Gelenke. 93 so dass sie auch hierdurch als gleichartig den Muskeln erscheinen, welche die Segmente des Rumpfes gegen einander in Bewegung setzen. Wo dagegen die Stellung des Schnabels eine senkrechte, oder gar der Richtung der Längsaxe gegenläufige ist, hat sich auch die Lagerung der Muskulatur etwas verändert und zu convergirenden Bündeln umgestaltet, welche sich theils an den unteren seitlichen Rand des Schnabels inserirt, — die weiter zurückliegenden Bündel, — theils an den oberen seitlichen Rand, — die weiter vorwärts liegenden Bündel. Die Rich- tung der Muskelbündel im Ganzen ist auch senkrechter geworden im Zusammenhang mit der weiter an die Bauchseite gerückten Insertion des Schnabels. Die bemerkenswerthesten Muskeln der Schnabelinsertion sind aber jedenfalls diejenigen, welche jederseits weit hinter dem oberen Schlundganglion nahe der Mittellinie des Rückens entspringen, durch den Schlundring neben einander durchtreten, zwischen und über sich frei- lich Raum für die Blutbahn lassend, um sich an die vorspringende Segmentfalte des Schnabels zu inseriren (Taf. 1 Fig. 2 m abd. Taf. IV Fig. 6 m). Diese bei einigen Arten sehr langen Muskeln dienen offenbar dazu, den Schnabel nach innen und oben zu ziehen. Das Bemerkens- werthe an ihnen ist offenbar der Durchtritt durch den Schlundring, der ihnen eine eigenthüm- liche Stellung im gesammten Muskelsystem der Pantopoden sichert und es unmöglich oder wenigstens sehr schwierig macht, seine Bündel als Theile eines ursprünglichen Hautmuskel- schlauches zu betrachten. Diese Muskeln, besonders ausgebildet bei Barana und Ammothea, deren Schnabel offenbar die grösste Beweglichkeit unter allen Pantopoden besitzen, werden völlig vermisst bei Pallene, und dies offenbar infolge der fast auf Null reducirten Beweglichkeit ihres Schnabels, dessen theilweises Hineinrücken und Verschmelzen mit dem Halstheile des vor- deren Segmentes Ausdruck derselben Tendenz ist. Neben diesen Muskeln, welche die Rumpfsegmente unter sich und mit dem Hinterleib und Schnabel verbinden, besteht nun noch die Muskulatur der seitlichen Fortsätze, welche sich an die Basalglieder der Extremitäten ansetzt. Diese Muskeln sind gleichfalls in Rücken- und Bauchmuskeln zu scheiden, ihre Function ist, bei den Extremitäten IV—VII die Basal- glieder derselben nach oben oder unten zu ziehen. Dementsprechend sind die Gelenkfalten zwischen den seitlichen Fortsätzen und dem Basalgliede ausgiebiger entwickelt an Bauch- und Rückenseite, während die Begrenzungen der Falten, d.h. ihr Winkel, wo sie seitlich an einander stossen, zu kräftigen Chitinangeln entwickelt sind, die als Gelenkköpfe und -Pfannen fungiren. Zum Unterschied von den Segmentalfalten der Rumpfglieder entwickelt sich an den Falten der Extremitätenglieder überall eine mehr oder weniger lange Chitinsehne, welche in diesem Falle bis fast an den Grund der seitlichen Fortsätze vordringt, zur Aufnahme der Muskelbündel, welche vom Vorder- und Hinterrand neben und über einander verlaufend, sich an die Sehne inseriren. Die äussersten Muskelbündel setzen sich aber direct an die Falte an. Je länger die seitlichen Fortsätze und je kürzer die Sehnen sind, um so schräger stellt sich die Richtung dieser Muskelbündel, welche aber fast immer von dem gesammten Bezirk der innern Wandung der Fortsätze ausgehen und nur auf der Ober- und Unterseite den dreieckigen Raum frei lassen, der zwischen ihren unter spitzem Winkel sich treffenden Muskelbündeln 24 Die Pantopoden. der Vorder- und Hinterseite der Wandungen und den geraden, die Grundlinie bildenden Muskelbündeln der intersegmentalen Muskulatur übrig bleibt. An denjenigen Arten, deren seitliche Fortsätze mit den einander zugekehrten Seiten verschmelzen, erscheint es dann eben, als bilde diese Scheidewand eigentlich auch nur eine Art breiter Sehne, welche in das Innere des Leibesraumes vorspringt, da sich an sie von beiden Seiten die Muskulatur in dichten Massen ansetzt, — aber wie schon oben erörtert ward, ist das eben nur Schein, und es han- delt sich um ursprünglich getrennte Wandungen der seitlichen Fortsätze. Weitere Complicationen erfährt die Ausbildung und Richtung dieser Muskulatur bei den drei vorderen Extremitätenpaaren, deren seitliche Fortsätze im Anschluss an die veränderten Functionen der betreffenden Extremitäten veränderte Stellungen gewonnen haben. So ist die Muskulatur zur Bewegung des Basalgliedes der Extremität I verschieden ausgebildet, je nach dem höheren oder geringeren Grad der Ausbildung der Extremität selber. Bei Pallene z. B., wo die Extremität die relativ grösste Entwickelung besitzt, und wo es sich um eine seitliche Bewegung derselben handelt, sind die Abductoren senkrecht auf die Längsaxe des Körpers gerichtet und gehen von der Mittellinie des Rückens aus an den äusseren Winkel des Basal- gliedes. Die Adductoren dagegen inseriren sich an der Bauchfläche, von wo eigentlich die Extremität II ihren Ursprung nehmen sollte, und gehen an den inneren Winkel des Basal- gliedes.. Im Gegensatz hierzu ist die Muskulatur zur Bewegung von Extremität I bei Phowi- chilidium longicolle an den oberen und unteren Rand des Basalgliedes inserirt und entspringt in convergirenden Bündeln an der Rückenfläche des aufrecht gebogenen Halstheiles, dicht unter- halb des Augenhügels. Die Contraction der Muskeln wird eine Bewegung der Extremität I nach oben und unten oder umgedreht zur Folge haben. Bei Ammothea Langi wiederum ist die Muskulatur auf der Ober- und Aussenseite des Basalgliedes angesetzt, während der Innenrand so gut wie gar keine Bündel zeigt, — die Bewegung richtet sich somit auch nur nach diesen Seiten, und da beide Extremitäten so nahe zusammengerückt sind, dass die Gliederung für beide gemeinsam zu sein scheint, so wirkt die Abductor-Muskulatur der einen zugleich als Adductor der andern; die Insertion innerhalb des vordersten Segmentes befindet sich hinter dem Augenhügel, dessen Hohlraum von beiden Muskeln seitlich überbrückt wird. Bei Am- mothea appendiculata wiederum ist die Muskulatur weit hinein in die langen Fortsätze reichend, auf welchen das Basalglied der Extremität I steht, — hier also durchaus an die Bildung der typischen Muskulatur der seitlichen Fortsätze für IV— VII erinnernd. Bei Clotenia coni- rostris ist die Muskulatur nur ganz winzig, der ganz geringen Ausbildung von 1 entsprechend, bei Phowichilus und Pyenogonum schliesslich ist sie gänzlich geschwunden, obschon beider Larven sie noch besitzen. Aehnlich unbeständig ist die Muskulatur für das Basalglied von Extremität II und Ill. Kräftig entwickelt bei Barana, Ammothea und Trygaeus, wo in beiden Geschlechtern beide Extremitäten voll ausgebildet sind, geräth sie bei andern Gattungen in völligen Wegfall. Letzteres ist für II der Fall bei Pallene, Pycenogonum, Phowichilus und Phowichilidium, für III bei Muskulatur und Gelenke. 35 den Weibchen von Phowichilus, Pyenogonum und Phowichilidium, an deren unausgebildeten Stadien sie aber als Rudimente zu erkennen sind. Die Muskulatur der Extremitäten ist eine fortgesetzte Wiederholung eines Systems von Beugern und Streckern, wie sie bei allen sogenannten Arthropoden sich mit mehr oder weniger Abwechselung findet. Das Interessanteste dabei, und was eine besondere Darstellung rechtfertigt, ist die Gelenkbildung. Zunächst ist zu bemerken, dass bei all den Gliedern der Beine, welche wegen ihrer beträchtlichen Länge, — also bei den 4-, 5- und 6-Gliedern — der Gefahr ausgesetzt sind, bei starker Muskelcontraction selbst umzuknicken, eine Verstärkung der Wandung eintritt durch Spangenbildung. Diese Spangen sind häufig unmittelbare Ver- längerungen der Angelpunkte der betreffenden Gelenke, d. h. derjenigen Cuticularverdickungen, welche als Gelenkköpfe und -Pfannen dafür sorgen, dass die Contractionen der Muskeln nicht wie bei den Rumpfsegmenten ein Glied in das andere hineinziehen, sondern es nur beugen oder strecken. Von jedem dieser Gelenkköpfe geht nach der Mitte, häufig sogar über sie hinaus bis zur Basis eine Cuticularspange als Verstärkung der Chitinwandung ab und gewährt den oft sehr langen und dünnen Gliedern die erforderliche Resistenzkraft (Taf. I Fig. S Sp. Taf. XI Fig. 14 Sp.) Begreiflicherweise fallen diese Spangen da weg, wo einmal die Glieder sich verkürzen, oder aber die ganze Cuticula so stark wird, dass sie gar keiner Unterstützung weiter bedarf, — wie z. B. bei Pyenogonum, bei Phowichilidium robustum und ähnlichen. Da die Bewegungen der vorher genannten drei Glieder ein Beugen und Strecken nach oben und unten ist, so finden sich die Gelenkköpfe und -Pfannen natürlich auf den Seiten; dem ent- sprechend laufen auch bei vielen Arten die Chitinspangen auf den Seiten der Wandungen und sind häufig in der Mitte unterbrochen, aber stark entwickelt an beiden Enden der Glieder. Bei einigen, besonders bei der Gattung Ammothea, sind aber die Seitenspangen nur schwach angedeutet und die Verstärkung geschieht an der Oberseite der Wandung, wo denn eine un- paare Spange verläuft, die im vierten Gliede nur die Basalhälfte, bei dem fünften und sechsten aber meist die ganze Länge des Gliedes einnimmt und ihnen ein charakteristisches Aussehen verleiht (Taf. III Fig. 2, 4,5 Sp.) Fast an allen Gliedern sind dann die Gelenkfalten begrenzt von ceireulären Cuticularverdickungen, welche manchem Gelenke ein ziemlich verwickeltes Aussehen geben. Sind die Glieder I—6 der vier Extremitäten IV—VII fast ausschliesslich für die Streck- und Beugebewegungen bestimmt, so sind dagegen die drei Endglieder bei den meisten Panto- poden zum Greifen und Umklammern eingerichtet. Das erste dieser drei Glieder, also der Gesammtzahl nach das siebente, dient offenbar nur als eine Art Verbindungsgelenk, um dem Tarsus und der Kralle eine festere Grundlage bei ihren mannigfaltigeren Bewegungen zu gewähren. Wir betrachten es darum auch besser nachher. Tarsus und Kralle bilden eine engste Einheit, insofern die Bildung der einen die der andern, und umgekehrt, unmittelbar beeinflusst. Die Kralle ist gegen den Tarsus einschlagbar; die Beugemuskulatur, welche diese Bewegung besorgt, geht infolge einer mehr oder weniger grossen Krümmung des Tarsus aus- schliesslich von der convexen Oberseite des Tarsus aus, inserirt sich an einer langen Sehne, Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 4 26 Die Pantopoden. welche zunächst der Unterseite des Tarsus in einer besonderen Scheide gleitet, und kann durch ihre extreme Contraction die Kralle vollständig gegen die Unterseite des Tarsus andrücken. Die Streckmuskulatur geht gleichfalls von der convexen Oberseite des Tarsus aus, aber wäh- rend jene sich mehr am Grunde inserirt, nimmt diese die Spitze ein und inserirt sich an einer Sehne, welche vom oberen Grundwinkel der Kralle dicht vor der Einlenkung der beiden Nebenkrallen abgeht (Taf. I Fig. 9, 10, Taf. I Fig. 1, 6, Taf. VIII Fig. 6, 10, 11, Taf. XI Big.+11,0,12, Dat aXIV Hig.3, 45): Die Kralle ist verschieden lang. Bei einigen Arten erreicht sie beinahe die Basis, bei andern höchstens ein Viertel der Gesammtlänge des Tarsus. Bei einigen ist sie stark gekrümmt, bei andern fast gestreckt, nur an der Spitze gekrümmt. Ihre untere resp. innere Seite ist zur Schneide entwickelt, ihre äussere ist gerundet, beide sind aus starker Cuticula gebildet. An der Basis der Oberseite befinden sich bei vielen, wohl den meisten Arten, zwei Nebenkrallen, deren Grösse mitunter mehr als die Hälfte der Hauptkralle beträgt. Sie sind gleichfalls stark gekrümmt bei einigen Arten, bei andern weniger und liegen der Haupt- kralle dicht an, schliesslich bei einer beträchtlichen Zahl sind sie nur nur noch als Rudimente sichtbar, um wieder bei andern gänzlich zu schwinden. Als sehr auffallende Ausnahme ist der Befund bei Ammothea bi-unguieulata zu erwähnen, bei welcher die Hauptkralle gänzlich rudimentär geworden ist auf Kosten der stärker entwickelten Nebenkrallen (Taf. VII Fig. 2, 3). Es ist mir nicht gelungen, über ihre Function irgend welche Beobachtung zu machen, so bin ich denn auch nicht im Stande, für die Verschiedenheit ihrer Ausbildung irgend welchen Grund anzudeuten, nur das scheint mir noch der Erwähnung werth zu sein, dass die starke Chitinwandung der Krallen von zahlreichen Kanälen durchzogen ist, welche sich sogar in vielen Fällen in kleinere Kanäle auflösen und mit zahlreichen Oeffnungen ausmünden (Taf. I Fig. 10, P). Da sich Hautdrüsen hie und da in der Hypodermis auch der Kralle gelagert finden, so könnten vielleicht diese Kanäle Ausführungsgänge besonders modifieirter Drüsen- zellen sein; doch werden wir nach Erörterung des Baues des Tarsus darauf zurückkommen müssen. Am Tarsus ist Ober- und Unterseite am stärksten von einander unterschieden. Fast immer ist die erstere convex, die letztere concav. An der Unterseite ist die Basis sehr häufig zu einem besonderen Absatz ausgezogen, welcher der eingeschlagenen Kralle durch die auf ihm befindlichen Dornen entgegenkommt. Dieser Absatz ist bei denjenigen Arten am stärksten entwickelt, deren Tarsus an der Basis am gekrümmtesten ist (Taf. XIII Fig. 6, Taf. XII Fig. 17, Taf. XI Fig. 11, 12). An der Spitze ist der Tarsus mitunter auf der Oberseite etwas spitz- winklig ausgezogen, häufiger aber abgestumpft oder abgerundet. . Eine besonders eingehende Beschreibung erfordert das Gelenk, welches er mit der Kralle bildet. Dasselbe liegt an der Vorderseite des 'Tarsus, d. h. an der schmalen, der Basis ent- gegengesetzten, und nimmt noch einen Theil der Unterseite ein. Die Segmentfalte ist sehr ausgedehnt. auf der Oberseite kann sie weit hinein in das Innere des Tarsus gezogen werden, auf der Unterseite dagegen bildet sie eine grössere Zahl von Runzeln (Taf. I Fig. 9, 10 Oh F, Muskulatur und Gelenke. 27 Taf. VIII Fig. 3), die neben einander wie Ringe liegen. Die Muskulatur, welche die Beugung und Streckung der Kralle besorgt, setzt sich auch nicht an die Falten an, sondern ausschliess- lich an die Chitinsehnen, letztere aber sind nicht eine Fortsetzung der Falten, sondern ein von der Basis der Ober- resp. Unterseite der Kralle ausgehender Fortsatz, der, wie schon erwähnt, auf weite Entfernung in das Innere des Tarsus sich hineinbegibt. Um nun aber die Streckung und Beugung mit Genauigkeit auszuführen, worauf gerade bei diesem Gelenk sehr viel an- kommt, sind die Angeln des Gelenkes ganz besonders sorgfältig eingerichtet. Der Vorderrand des Tarsus ist nämlich auf den Seiten spitz- oder rechtwinklig ausgezogen, der Scheitelpunkt ragt am weitesten vor und passt als Gelenkkopf in die entsprechende Pfanne der Krallenbasis, die sich nahe der Oberseite, genauer an der Stelle befindet, wo die Nebenkrallen in der Ober- seite der Hauptkralle wurzeln. Von dem Scheitelpunkt, d.h. dem Gelenkkopf, wendet sich die Chitinspange, welche diesen Vorderrand des Tarsus bildet, meist schroff nach rückwärts, um in den Unterrand des Tarsus überzugehen. Bevor das geschieht, bildet sie aber noch einen nach innen in den Tarsus vorragenden Fortsatz, welcher wie eine Art Pflugschar erscheint und mit dem der andern Seite eine Verengerung des Innenraums des Tarsus bildet, welche der zwischen beiden liegenden Sehne des Adductormuskels ein Ausweichen nach den Seiten unmöglich macht. Dieselbe ist vielmehr gezwungen, auf enger Bahn hin und her zu gleiten, so dass die Beugung der Kralle mit grösster Präcision geschieht. Den Grund dieser Bildung werden wir begreifen, wenn wir später die Bewaffnung des Tarsus betrachten und seine Function dabei erörtern (Taf. I Fig. 9). Das dem Tarsus vorhergehende Glied scheint darauf berechnet zu sein, für sich allein die Beugungen und Wendungen zu vermitteln, welche Tarsus und Kralle gegen die ihnen zugehörige Extremität zu vollführen haben, zugleich aber auch als eine Art von Sohle für die ganze Extremität zu fungiren, welche aufgestützt wird, wenn das Thier schreitet oder kriecht, während Tarsus und Kralle dazu dienen, es beim Klettern zu halten, oder auch beim Ergreifen anderer, beweglicher Körper zu unterstützen. Das betreffende Glied ist meist auf der Unter- seite breiter, während die Oberseite zusammengequetscht und häufig zu einem nach vorn und oben gerichteten Fortsatz entwickelt erscheint. Auf den Seiten zeigt es starke Chitinspangen, — ein Beweis, dass es einen starken Zug der Muskulatur auszuhalten hat. Seine Beweglich- keit gegen das vorhergehende Glied ist sehr stark, dem entsprechend auch die Segmentalfalten, während der Tarsus fast unbeweglich darauf eingelenkt ist. Die Gelenkfläche gegen den Tarsus ist nach der Oberseite hinübergeschoben, so dass sehr häufig die Unterseite sich noch über die Basis des Tarsus hinüberschiebt. Bei denjenigen Arten, wo Tarsus und Kralle offen- bar weniger als Greifapparat fungiren, wie z. B. bei Nymphon und Barana, ist auch das Glied 7 gestreckter. Die Ausbildung der übrigen Extremitäten ist sehr verschiedenartig, wie wir das ja schon oben sahen. Aber in der Entwickelung ihrer Muskulatur und Gelenke bieten sie wenig Bemerkenswerthes dar. 4 * [89] Die Pantopoden. Um so wichtiger und zugleich auffallender ist aber die Muskulatur des Schnabels, die ich jetzt erörtern will. Vorausnehmen muss ich freilich dabei, dass der Schnabel ein inneres Gerüst enthält, auf dessen Bewegung die Schnabelmuskulatur gerichtet ist. Wie schon oben erwähnt, bietet der Schnabel die merkwürdige Erscheinung einer Bildung aus drei gleichartigen Theilen, drei Antimeren, dar. Diese Dreitheilung erstreckt sich auch auf das innere Gerüst und die dazu gehörige Muskulatur, wie sie auch bei der Mundöffnung und der sie umgrenzenden Lippen- bildung zu erkennen war, deren Bewegung auch durch die jetzt zu erörternde Muskelbildung regulirt wird (Taf. VIII Fig. 8, Taf. X Fig. 3—5, 7—13). Das innere Schnabelgerüst ahmt bei fast allen Arten der Pantopoden die Gestalt der äusseren Schnabelwandung nach. Der Zwischenraum zwischen beiden ist der Raum, welchen die Muskulatur einnimmt, die ihrer Function nach auf Erweiterung resp Verengerung, auf Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung des inneren Schnabelgerüstes ausgeht, aber auch Oeffnung und Schliessung der Mundöffnung zum Zwecke hat (Taf. I Fig. 2). Diese im Schema zwar ziemlich einfachen Leistungen erfordern doch in der Ausführung so complicirte Apparate, dass es nützlich erscheint, sie gleichfalls erst rein schematisch sich vorzustellen. Da die Wandungen des inneren Schnabelgerüstes homogen sind, also nicht, wie die Körperwandung harte und weiche, oder besser starre und biegsame Abschnitte enthält, so muss sie in ihrer Totalität elastisch sein, soll ein von allen Seiten gleichzeitig auf sie ausge- übter Zug ihren Innenraum erweitern. In der That ist sie nachgiebig genug, um einen solchen Zug mit der erwarteten Wirkung zu beantworten. Die äussere Schnabelwandung im Gegen- satz hierzu ist hinreichend starr, um die Zugwirkung der sich contrahirenden Muskulatur allein auf eine Dehnung des inneren Schnabelgerüstes zu isoliren. Sie ist also der feste Punkt. Hiernach würde es also ausreichen, einen gleichmässigen Zug zu thun und ihn wieder nach- zulassen, um Dehnung und, zufolge der Elastieität der Wandung, darnach folgende Verenge- rung des inneren Schnabelgerüstes hervorzurufen. Aber das innere Schnabelgerüst ist weder eine vollkommene Walze, noch ein voll- kommenes Oval. Will man sich seine Gestalt im Querschnitt vorstellen, so erreicht man das genaueste Bild, wenn man es zusammengesetzt denkt aus drei gekrümmten Bögen (wie man sie zum Schiessen benutzt), von denen immer einer mit seinen Endpunkten die beiden andern berührt. Die Muskulatur setzt sich nun in Wirklichkeit nicht an alle Theile der äusseren Oberfläche dieser Bögen gleichmässig an, sondern sie tritt an die convexen 'Theile neben der Mitte jedes Bogens ebenso wie an die verbundenen Endpunkte je zweier Bögen hinan, lässt aber die dazwischen liegenden Theile mehr oder weniger frei (Taf. VOII Fig. Sg). Der Zug dieser Muskulatur müsste nun, wenn er überall gleich stark erfolgte, eine Erweiterung der gesammten Wandung zur Folge haben, die Wandungen müssten also wie Gummi sich dehnen, dabei aber zugleich dünner werden, oder an irgend einer Stelle auseinanderweichen. Da weder das Eine noch das Andere stattfindet, so muss ein anderer Modus der Muskelwirksamkeit bestehen, der auch nicht schwer auszudenken ist. Betrachtet man nämlich die beiden Gruppen Muskulatur und Gelenke. 29 von Muskeln, — die eine, welche sich näher der Mitte der Bögen inserirt (Taf. X Fig. 3 Dim), und die andere, welche sich an die vorhandenen Endpunkte ansetzt (Taf. X Fig. 3 €. M.) — als Antagonisten, so ergäbe sich bei Contraction der ersteren Gruppe ein Auseinanderweichen der Bögen an ihren breiten gewölbten 'Theilen, mithin eine Erweiterung des inneren Raumes im Schnabelgerüst, bei Contraction der zweiten eine Zerrung der Winkel, die also spitzer würden, die Bögen strecken und dadurch den Innenraum des Schnabelgerüstes verkleinern müssten. Durch abwechselndes oder gleichzeitiges, aber in der Intensität verschiedenes Wirken dieser Muskulatur lassen sich nun sehr zahlreiche Verstellungen und Verschiebungen der gegen einander gekehrten inneren Wandungen des inneren Schnabelgerüstes denken, welche ja auch in der That beabsichtigt sind. Es tritt aber ein anderer Umstand hinzu, der die Wirkungen noch complicirt. Zu- nächst muss constatirt werden, dass die Wirklichkeit nur zum "Theil der obigen Annahme entspricht. Während nämlich die Muskulatur, welche sich an die Mitte der Bögen des inneren Schnabelgerüstes begibt, mehr oder weniger senkrecht auf derselben steht, — mit der gleich zu besprechenden Abweichung, — ist die an die Winkel befestigte Muskulatur eine sehr schräg gerichtete (Taf. X Fig. 7—13). Sie steigt nämlich von der Aussenwandung des Schnabels schräg gegen die Basis des Schnabels gerichtet an ihre Insertionspunkte hinab; ihre Contraction würde also nicht nur eine Verengerung des Innenraums, sondern in erster Linie ein Vorwärts- ziehen des inneren Schnabelgerüstes gegen die Mundöffnung zur Folge haben. Ebenso ist eine schräge Richtung der Erweiterer des Schnabelgerüstes da zu bemerken, wo sich dies Gerüst dem später zu beschreibenden Reusenapparat in der Basis des Schnabels nähert. Die Richtung des Zuges, welchen hier die Erweiterungsmuskulatur ausübt, ist aber wiederum der- jenigen entgegengesetzt, welche die an die Winkel sich inserirenden Verengerer hervorbringen, sie zieht das innere Gerüst nach hinten gegen die Basis des Schnabels. Aber weiter. An dem basalen Theil des Schnabels, wo sein inneres Gerüst zu dem Reusenapparat umgebildet ist, trägt sich gerade das Entgegengesetzte zu: die Erweiterer sind von aussen nach innen in absteigender, der Basis zugewandter Richtung inserirt, ihre Contraction würde also den Reusenapparat nach vorn, gegen die Mundöffnung hin ziehen (Taf. I Fig. 2). Andererseits sind die Verengerer, welche sich an die in scharfer Leiste nach aussen vorragenden Ver- einigungspunkte der Antimeren des Reusenapparates ansetzen, aufwärts gerichtet, so dass ihre Contraction den Reusenapparat nach hinten, gegen den Körper zu, ziehen muss. Diese merkwürdige Vertauschung in der Contractionsrichtung der Schnabelmuskulatur begreift sich erst, wenn man die Beschaffenheit des inneren Schnabelgerüstes genau kennen gelernt hat, wobei sich ergibt, dass in der That eine entgegenwirkende Bewegung des Reusen- apparates gegen den vor ihm liegenden Abschnitt des inneren Schnabelgerüstes erforderlich und beabsichtigt ist. Darauf soll indessen an dieser Stelle nicht eingegangen werden; ich will vielmehr nur: betonen, dass die quantitative Entwickelung dieser Muskulatur eine nach den Gattungen und Arten sehr verschiedene ist, und dass das Maximum derselben bei Barana und einigen Arten von Ammothea gefunden wird. Bei Ammothea magnirostris und appendiculata ist 30 Die Pantopoden. die Anhäufung der Muskulatur so gewaltig, dass die äussere Gestalt des Schnabels wie die eines Ballons aufgebläht erscheint, und an den Stellen der äusseren Wandung, wo sich die Erweiterer des inneren Schnabelgerüstes inseriren, eine wellenartige Faltung entsteht, welche wohl die Resistenzkraft und Insertionsfläche vergrössern. Die eben dargestellte Disposition der Schnabelgerüstmuskulatur ist indess nicht für alle Pantopoden massgebend. Leider ist die genaue Erforschung dieser Verhältnisse mit mannig- faltigen Schwierigkeiten verknüpft, welche theils aus der Complication des Objects selber, theils aus dem Widerstande resultiren, die der sorgfältigen Präparation sich entgegenstellen. Ich will aber hier noch erörtern, wie die Muskulatur sich bei Phowichilus verhält. . Die Dilatatoren des inneren Schnabelgerüstes stehen auf der apicalen Hälfte des Schnabels vertical gegen die Längsaxe gerichtet (Taf. X Fig. 14), nach der Basis zu werden sie schräger, d. h. ihre Insertion am Reusenapparat steht tiefer, näher der Basis zu, als die an der äusseren Wand. Ihre Contraction schiebt also den Reusenapparat etwas nach vorn. Die Constrictoren dagegen, wenn diese Bezeichnung zulässig ist, sind vom Grunde bis beinahe zur Spitze umgedreht gerichtet, ihre Contraction zieht das innere Schnabelgerüst nach dem Körper zu. Eine Gegeneinanderbewegung der basalen und apicalen Hälften dieses Gerüstes wird also nicht stattfinden. Nahe der Schnabelspitze gibt es aber noch sehr starke Muskelbündel, welche, an die Nähte resp. Verbindungsstellen der drei Schnabelgerüst-Antimeren sich inse- rirend, das letztere gegen die starke Wandung der Schnabelspitze zu ziehen im Stande sind. Zwischen diesen Muskeln und den Abwärtsziehern findet sich an dem inneren Schnabelgerüst bei Phowichilus ein starker Chitinhöcker, welcher offenbar dazu bestimmt ist, die Widerstands- kraft der oberen Wandung des Gerüstes zu Gunsten der eben beschriebenen Muskulatur und ihrer Wirksamkeit zu erhöhen. \ Einer Abweichung von den erörterten Schemen begegnet man bei der Gattung Pallene. Infolge des Umstandes, dass der innere Schnabelgrund zum grossen Theil in den verlängerten Halstheil des vordersten Segmentes eingelagert ist, verlängert sich bei einigen Arten der Gat- tung derjenige Abschnitt des Verdauungstractus, der auf den Reusenapparat folgt, der eigent- liche Oesophagus. Abweichend aber von den übrigen Pantopoden wird auch dieser Abschnitt durch eine ähnliche Muskulatur bewegt, wie das ganze innere Schnabelgerüst, nur mit dem Unterschied, dass die einzelnen Muskelbündel in grösserer Entfernung von einander stehen, wodurch das Aussehen einer Strickleiter hervorgebracht wird, die sich zwischen der äusseren Wandung und dem Oesophagus neben und über einander mehrfach ausbildet. Die Wirkung ihrer Contraction ist ein Zurückziehen des Oesophagus gegen den Körper hin. Dagegen zeigt sich an dem wirklichen inneren Schnabelgerüst eine ähnliche Anordnung der Muskulatur wie bei Barana und Ammothea. Die Dilatatoren des Reusenapparates ziehen denselben gegen den Mund zu, während die vor dem Reusenapparat gelegenen Dilatatoren den vorderen Theil des Schnabelgerüstes nach rückwärts ziehen. Es bildet sich somit auch hier eine neutrale Zone aus, deren Dilatatoren gerade senkrecht auf die Längsaxe des Schnabels gerichtet sind. Die Muskulatur und Gelenke, 31 Gegeneinanderbewegung der beiden Abschnitte des Schnabelgerüstes ist auch hier die Ab- sicht dieser Einrichtung. Ausser der Muskulatur des inneren Schnabelgerüstes beherbergt aber der Schnabel noch eine weitere; die Muskulatur der Lippen und der Mundöffnung. Auch hier zeigen sich sehr bemerkenswerthe Schwankungen in der Ausbildung. Die mächtigste Entwickelung erreicht diese Muskulatur bei Barana, Ammothea und Pyenogonum. Sie besteht aus einem mächtigen Oeffner der Mundöffnung, der, wie alle übrigen Componenten des Schnabels, dreifach vorhanden ist, mit seinen langen Muskelbündeln von der äusseren Schnabelwandung ausgeht, und convergirend sich an eine lange Chitinsehne inserirt, welche sich zwischen Lippen und oberem Verschluss des inneren Schnabelgerüstes an die dort vorhandenen Chitinleisten begibt, oder richtiger von ihnen ausgeht. Die Lagerung des Muskels und der Sehne ist in der Mittellinie jedes Antimeres des Schnabels, so dass von oben gesehen der Muskel gerade in der Mittellinie liegt, von unten aber die beiden Muskeln der seitlichen An- timeren auch auf den Seiten des Schnabels zu finden sind. Die Richtung der Fasern ist der Längsaxe des Schnabels um so gleichlaufender, je weiter hinten sie ihren Ursprung nehmen; da bei Barana und FPycnogonum das aber so weit zurück der Fall ist, dass die äussersten Muskelbündel beinahe neben dem Reusenapparat entspringen, so sind sie auch hier fast par- allel mit der Längsaxe, die Sehne aber entsprechend lang. Die Dicke des Muskelbauches ist zwar beträchtlich, aber doch bleibt er immer der äusseren Schnabelwandung angelagert. Seine Wirkung ist: den durch mannigfaltige Chitinleisten gebildeten oberen Verschluss des inneren Schnabelgerüstes zu öffnen. Bei Phowichilus, Phowichilidium, Trygaeus und Pallene ist dieser Muskel weniger ausge- dehnt, seine Sehne auch weniger lang. Ein zweiter Muskel gehört der Lippenbewegung an. Er entspringt oberhalb, d. h. der Schnabelspitze mehr genähert, als der eben erwähnte, seine Bündel sind bedeutend kürzer und inseriren sich an die Lippenfalte, welche zwischen der festen Schnabelwandung und dem auf- wärts gerichteten Theil der Lippen nach innen vorspringt. Die Coytraction dieses Muskels hat ein Zurückschlagen der betreffenden Lippe zur Folge. Contrahiren sich alle drei Muskeln gleichzeitig, so öffnet sich der ganze Mund bis zum Eingang in das innere Schnabelgerüst. Contrahiren sich gleichzeitig die vorher beschriebenen grossen Mundmuskeln , so öffnet sich auch das Schnabelgerüst. Gewöhnlich wirken sie in der That zusammen. Beim Nachlassen ihrer Contraction tritt von selbst der Status quo ante ein, d.h. ohne antagonistische Muskel- wirkung schliesst sich der Mund. Wahrscheinlich aber spielt eine Art von Schwellgewebe noch eine Rolle, die unter den Lippen gelagert ist und später beschrieben werden soll. Ausser den bisher beschriebenen Körpermuskeln existiren noch jederseits an der Spitze des Hinterleibes Muskeln zur Oeffnung der Afterspalte. Sie sind kurz und gehen direct von den seitlichen Wandungen des Hinterleibes an die Ränder des Afters. Schliesslich sind noch zu erwähnen die kurzen, strahlenförmig angeordneten Muskel- bündel, welche den Geschlechtsöffnun gen zugetheilt sind. Sie entspringen an der 32 Die Pantopoden. Hinterseite des zweiten Gliedes der Beine und inseriren sich an der Unterseite gerade an der später zu beschreibenden Geschlechtsklappe, welche sie nach innen ziehen (Taf. II Fig. 7, S, Taf. IV Fig. 14). Diese Muskeln sind bei den Weibchen beträchtlich stärker entwickelt als bei den Männchen. Körperwand. Die Composition der Körperwandung ist die normale, aus Hypodermis und Cuticular- schicht bestehende. Die Hypodermis wird aus einer Schicht sehr kleiner Zellen gebildet. Die Zellen liegen pflasterförmig neben einander, ohne eine Spur von Zwischensubstanz (Taf. XIV Fig. 16). Es ist nicht richtig, wie es angegeben ward, die Hypodermis bestehe aus einer Plasmamasse mit eimgestreuten Kemen; freilich sind die Zelldistriete sehr schwer zu erkennen wegen der Natur der Cutieularschicht und der unter der Hypodermis liegenden Gewebstheile. Aber an halberwachsenen oder an eben gehäuteten Exemplaren erkennt man durch die Cu- ticula hindurch sehr gut die Zellenstructur der Hypodermis. Die Cuticula andererseits ist einfach, so lange die Thiere nicht ausgewachsen sind; dann aber zeigt sie eine deutliche Schichtung, welche anwächst, je älter das 'Thier wird (Taf. XII Fig. 16, Taf. XIII Fig. S). Von Porenkanälen, welche gleichfalls den Pantopoden zugeschrieben worden sind, ist keine Spur vorhanden, wie denn auch die Cuticula keine zell- ähnliche Structur zeigt. Was aber zu der Annahme geführt hat, es seien Porenkanäle vor- handen, ist das Folgende: Die Hypodermis zeigt bei allen Pantopoden eine Differenzirung in eigentliche Hypo- dermiszellen und in Hautdrüsen. Letztere liegen je nach den Arten verschieden in grös- serer oder geringerer Anzahl zwischen den Hypodermiszellen zerstreut; man trifft sie schon bei den Embryonen an. Sie bestehen aus vier neben einander, aber radiär gestellten Zellen, deren obere ausgezogene Enden gegen den gemeinsamen Ausführungsgang gerichtet sind, wäh- rend die Kerne meist wandständig am unteren abgerundeten Pol liegen (Taf. XIV Fig. 16, 16a, Taf. IV Fig. 22). Der Zellinhalt dreier dieser Zellen ist immer farblos durchsichtig, während die vierte Zelle meist von gefärbten oder stärker lichtbrechenden Kugeln erfüllt ist. Aber auch der Zellinhalt der andern drei Zellen ist nicht völlig homogen, sondern in einzelne an einander sich dicht anpressende Kugeln gesondert, was sich freilich nur bei genauer Unter- suchung ergibt. Von der Fläche aus gesehen, erkennt man diese Hautdrüsen am besten an der Mün- dung ihres Ausführungsganges, welche zweilippig erscheint, von einem länglich-ovalen Contour umgeben. Senkt man den Tubus, so erweitert sich dieser Contour und man trifft nun auf die Drüsenzellen, die zwischen sich und der Cuticula Hypodermiszellen erkennen lassen. Die Drüsenzellen selbst sind ungleich gross bei denselben Exemplaren, je nach der Stelle, wo sie sitzen, und nach dem Füllungszustande mit secretorischen Elementen, die sie zeigen. Gewöhnlich Körperwand. 39 findet man sie am geringsten entwickelt am Körper selber, am stärksten aber in den distalen Gliedern der Extremitäten. Betrachtet man die gewöhnlichen Drüsen im Profil, so springen sie nach innen vor, falls die Cuticula der Körperwandung wenig Schichten besitzt; vergrössert sich aber die Dicke der Cuticula, so umgibt sie auch die Drüsen, bildet also eigene Hohl- räume von verschiedener Form und Grösse, in welche die Drüsenzellen sich gelagert finden (Taf. X Fig. 22 H. D). Die Drüsenzellen in den distalen Gliedern der Beine schwellen häufig zu so beträcht- licher Grösse an, dass sie wie besondere Kugeln erscheinen. Ihre Grösse ist bedingt durch ihren Füllungszustand mit Drüsensecret. Solche grossen Drüsenzellen finden sich besonders zahlreich in den Beinen von Pallene, im Tarsus und im sechsten Gliede. Bei zwei andern Pantopoden zeigt dieses sechste Glied der Extremitäten IV’—VII eine besondere Complication des Hautdrüsensystems. Es findet sich nämlich bei Clotenia conirostris auf der Oberseite desselben eine Höckerbildung. Diese Höckerbildung wird hauptsächlich hervorgebracht durch eine Anzahl stark ausgedehnter Hautdrüsen, deren einzelne Zellen zu langen Säcken geworden und mit einer grossen Zahl jener Vacuolen gefüllt sind, die sich an einander abplatten. Diese stark vergrösserten Hautdrüsen finden sich bei beiden Geschlechtern. Aehnliches zeigt Trygaeus. Bei ihm sind die Drüsenzellen noch stärker verlängert als bei Clotenia, aber weniger breit im Durchmesser. Auch liegen dieselben so dicht an einander, dass man es schwer findet, die Componenten der einzelnen Drüsen zu sondern, was bei Clotenia durchaus möglich ist. Bei Trygaeus macht diese gesammte Masse mehr den Eindruck der gleich zu erwähnenden Kittdrüsen. Bei allen Männchen der Pantopoden begegnet man einer besonderen Umbildung der Hautdrüsen, den von mir sogenannten Kittdrüsen. Dieselben finden sich nur im vierten Gliede der Extremitäten IV— VII Sie bestehen aus einer bedeutenden Zahl von Haut- drüsen, welche aber in einen oder mehrere gemeinschaftliche Ausführungsgänge einmünden. Die Art und Weise, in der dies geschieht, ist bei den verschiedenen Arten verschieden. Darin aber stimmen sie alle überein, dass die Ausführungsgänge der einzelnen Drüsenzellen sich sehr verlängern, als ganz feine Chitinröhrchen eine Strecke weit von der Stelle, wo die Drüsenzelle liegt, bis zu dem gemeinsamen Ausführungsgange verläuft und sich mit ihm verbindet. Die Drüsenzellen liegen meist an der Oberseite der Wandung des betreffenden Beingliedes, oft aber sind auch noch die seitlichen Bezirke mit in diese Bildung hineingezogen und es gehen feine röhrenartige Ausführungsgänge auch von den Hautdrüsen der Vorder- und Hinterseite der Beinwandung zu dem oder den gemeinsamen Ausführungsgängen. Letztere sind nun sehr verschieden gestaltet, wie sie auch, wie schon erwähnt, bei den verschiedenen Arten in verschiedener Menge vorkommen, ja sogar an den verschiedenen Ex- tremitäten derselben Exemplare in der Zahl variiren. Am zahlreichsten finden sie sich bei der Gattung Phowichilus. Man bemerkt auf der ganzen Länge des betreffenden Extremitätengliedes eine Reihe kleiner becherförmiger Hervor- Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 5 34 Die Pantopoden. « vagungen (Taf. XI, Fig. 2, 3, 4). Ihre obere freie Partie ist abgerundet und umgebogen, wie die Mündung einer Flasche, während ihr inneres Lumen die Wandung des Beines durchsetzt und am Grunde ein Gewirre feiner Röhrchen aufnimmt, welche sich von allen Seiten heran- drängen. Solcher becherförmigen Ausführungsgänge besitzen die einzelnen Extremitäten von Phowichilus 10—15, und es ist nicht selten, dass die Zahl derselben eine verschiedene ist an den auf einander folgenden Extremitäten desselben Thieres, eben so wie an der rechten und linken Extremität desselben Segmentes. Die Masse der eigentlichen Drüsenzellen bildet um jeden Ausführungsgang einen beträchtlichen, nach innen vorspringenden Wulst. Bei Phowichilidium finden wir eine verschiedene Ausbildung der Kittdrüsen, und dies ist um so merkwürdiger, als wir bei den vier Arten der Gattung zwei durchaus differenten Typen ihrer Bildung begegnen. Die eine erinnert an die eben beschriebene bei Phowichilus, denn es zeigen sich mehrere Mündungsheerde, 2—5, in den verschiedenen Extremitäten; sie sind aber dadurch unterschieden, dass diese Mündungen nicht wie Becher über die Wandung hervorragen, son- dern vielmehr tellerartig vertieft auf der Oberseite kreisförmige Bezirke bilden. Die feinen Röhrchen der eigentlichen Drüsen münden alle in dieser tellerartigen Vertiefung. Bei Phowi- chılidium robustum finden sich 2—3 solcher Mündungen (Taf. XII, Fig. 16), bei Phowichilidium angulirostre (Taf. XII Fig. 5, 6) drei bis fünf. Die Drüsenmassen, welche zu jeder Mündung gehören, liegen neben einander zu einer kaum unterscheidbaren Gesammtmasse verbunden. Die beiden andern Phowichilidium-Arten, Ph. longirostre: und ewiguum, haben nur eine ein- zige gemeinsame Mündung auf der Mitte der Oberseite des vierten Extremitätengliedes. Diese Mündung ist in eine frei nach oben, aber schräg gegen das distale Ende des Gliedes gerich- tete grosse Röhre ausgezogen. Bei Ph. ewiguum ist diese Röhre etwas kürzer, aber ihr freier oberer Rand umgebogen und abgerundet (Taf. XII Fig. 22); bei Ph. longirostre ist die Röhre zartwandiger, aber länger und am freien Ende wie abgebrochen (Taf. XIII, Fig. 7). Am Grunde dieser Röhren, wo sie in die Wandung der Extremität übergehen, bemerkt man nun an der ganzen Breite ihres Bodens kleine regelmässige, sackförmige Ausbuchtungen, deren Wandung chitinös ist, wie die aller Cuticularbildungen, und hinreichend dick, um bequem bei mässiger Vergrösserung eine doppelte Contour zu zeigen. Bei Ph. ewiguum sind diese Aus- buchtungen etwas grösser, aber weniger zahlreich, bei Ph. longirostre kleiner, aber zahlreicher, und insonderheit sehr regelmässig angeordnet, so dass man ungefähr 12—15 von vorn nach hinten zählen kann, die in einer Reihe liegen, solcher Reihen aber S—10 neben einander, und den ganzen Boden des gemeinsamen Ausführungsganges einnehmend. In jede dieser Aus- buchtungen mündet aber ein kleines Ausführungsröhrchen der eigentlichen Drüsenzellen, und diese Röhrchen sind um so länger, je weiter der Drüsenkörper entfernt liegt. Aehnliche Bildungen zeigt Ammothea und Clotenia. Bei beiden Gattungen aber liegt die mitunter weit hinaus vorragende grosse Röhre des gemeinsamen Ausführungsganges der Kittdrüse nicht auf der Mitte, sondern an der Spitze des vierten Extremitätengliedes (Taf. III Fig. 4 Ada); auch ist sie gemeiniglich bedeutend stärker, als bei Phowichilidium. Am Grunde aber sieht man ähnliche, nur grössere und weniger zahlreiche sackförmige Ausbuchtungen mit Körperwand. 35 dieker Chitinwand, in welche die feinen Röhren der Drüsenzellen münden. Bei Ammothea appendiculata ist die grosse Ausführungsröhre am längsten und steht weit über das sie tragende Glied hervor (Taf. VII Taf. 4), bei Cloteni« ist sie verhältnissmässig kurz. Trygaeus communis zeigt wieder eine andere Ausbildung. Eine vorspringende Röhre ist ebenso wenig vorhanden, wie eine mehrfache Zahl tellerförmiger Vertiefungen, vielmehr liegt auf der Oberseite der Beinwandung eine ovale Chitinblase, die nach innen, nicht nach aussen vorragt (Taf. IX Fig. 12—14) Auf der ganzen Circumferenz, besonders aber unten und an den Seiten finden sich kleine Löcher in dieser Blase, in welche die feinen Ausführungs- röhrchen der Drüsenzellen münden. An der Oberseite des Beines verschmilzt die Wandung der Blase mit der Beinwandung unter gleichzeitiger Bildung einer grossen kreisförmigen Oeff- nung, welche die gemeinsame Mündung der ganzen Kittdrüse darstellt. Einen Aufschluss über das Zustandekommen dieser sonderbaren Bildungen erhält man aber, wenn man die Structur der Kittdrüsen bei Barana und Pallene untersucht. Anfänglich wollte es mir überhaupt nicht gelingen, die Mündungen der Kittdrüsen bei diesen beiden Gattungen aufzufinden, trotzdem es nicht schwer war, die Drüsenmasse selbst in jedem Bein zu entdecken, wo sie von beträchtlichem Umfange fast die Hälfte des ganzen Innenraums ein- nimmt. Eine localisirte Mündung, wie bei den eben beschriebenen Formen, konnte ich aber nicht erkennen. Auch existirt eine solche bei den von mir bisher beobachteten Arten dieser Gattungen nicht, — es sei denn, man betrachte fast die ganze obere Wandung des betreffenden Beingliedes als Mündung. Denn in der That münden bei Barana arenicola die feinen Röhr- chen der einzelnen Componenten der Kittdrüse zerstreut und getrennt an der ganzen oberen Wandung des vierten Gliedes der betreffenden Extremitäten aus (Taf. II Fig. 5). Es ist ein grosser elliptischer Raum, der von diesen zahlreichen kleinen Röhrchen erreicht und durchsetzt wird. Die Cuticula dieses Raumes ist verhältnissmässig sehr dünn; eingeschlossen wird aber derselbe von einer verdickten Spange oder Leiste (Ch L), an der dann die normale Dicke der Cuticula zum Vorschein kommt, wie auch an und in ihr die Hautdrüsen ihre Höhlungen und Mündungen haben, welche auf dem von diesen Spangen eingeschlossenen Raum gänzlich fehlen, — weil sie eben alle in den Bereich der Kittdrüse gezogen worden sind. So münden nun also bei Barana arenicola alle Componenten der Kittdrüsen getrennt aus, ohne in eine oder mehrere dazu bestimmte Vertiefungen oder blasenförmige Räume zu gelangen. Bei Barana Castelli ist die Sache sehr ähnlich, aber doch schon etwas anders. Man bemerkt zwar einen ähnlich grossen Raum, auf welchen die Röhren vereinzelt ausmünden, und dieser Raum hat keinerlei besondere Einzäunung durch Leisten oder Spangen, bildet auch keine Vertiefungen, — er ist eben einfach ein Bezirk der Beinwandung selbst. Aber man erkennt doch innerhalb dieses Gesammtbezirkes wieder kleinere Bezirke, auf denen die Mün- dungen der einzelnen Röhrchen näher zusammenstehen. Wären diese kleineren Bezirke ver- tieft und durch dickere Chitinleisten umgeben, so würden sie an die Bildungen erinnern, welche von Phowichilidium robustum und angulirostre beschrieben sind. Nimmt man dann wieder die Gestaltung bei Barana arenicola als Ausgangspunkt und 5* 36 Die Pantopoden. lässt daran die den elliptischen Raum einfassende Leisten sich etwas aufrichten und von beiden Enden immer mehr convergirend zusammenschliessen, so würden sich zwei Taschen bilden, deren Boden von dem Theil der Beinwandung gebildet wäre, auf dem die Röhrchen ausmünden, deren noch freie Ränder aber die Gesammtmündung aller dieser Röhrchen darstellen müsste. So könnte man das Zustandekommen der von Trygaeus beschriebenen Blase aus ursprünglicheren und indifferenteren Bildungen verstehen. Liesse man dazu noch die Mündungen der einzelnen Röhrchen auf kleinen Einsenkungen der ursprünglichen Wandung geschehen, so hätte man auch begriffen, wie es zu der Gestalt der Kittdrüsen bei Phowichilidium exiguum und longicolle kam, wie auch die Gattung Ammothea ihre Kittdrüse bildete. Die Verlängerung der so über dem eigentlichen Boden der Kittdrüse sich zusammenschliessenden Wandung des Beines in eine Röhre wäre dann nicht allzu schwer verständlich. Auch die Bildung von PAowxichilus ist un- schwer aus einem Barana ähnlichen Stadium zu verstehen, und die Herleitung der Kittdrüsen und aller ihrer besonderen gewiss noch zahlreichen Modificationen aus den einfacheren Haut- drüsen, resp. in letzter Instanz aus Hypodermiszellen verständlich. Die Anlage der Kittdrüsen gewahrt man aber nicht vor der letzten, der Geschlechtsreife vorausgehenden Häutung. Man erkennt dann, wenn schon nicht im Einzelnen, die Anlage der Kittdrüsen und die Bildung ihres gemeinsamen Ausführungsganges, welcher wie ein eingestülpter Handschuhfinger nach innen gerichtet erscheint, bis er, bei Abstreifung der alten Cuticula, zugleich mit den ähnlich eingestülpten Höckern und Dornen nach aussen gedrängt wird (Taf. III Fig. 6). Die Einzelheiten des ganzen Processes entziehen sich der Beobachtung theils wegen ihrer Kleinheit, theils wegen der Schwierigkeiten, die allen feineren Unter- suchungen die Undurchlässigkeit der Körperwandung und die dadurch bewirkte Schrumpfung, besonders bei Häutungsprocessen, bereiten. Im Zusammenhange mit den Hautdrüsen habe ich aber einer anderen Bildung zu gedenken, die eigentlich zu den Anhangsgebilden der Körperwand gehört: der von mir soge- nannten Hautborsten. Es sind dies meist gabelförmige Borsten oder Stacheln, welche immer in nächster Nähe der Hautdrüsen anzutreffen sind, und mit ihnen offenbar in functionellen Beziehungen stehen. Sie stehen immer auf kanalartigen Lücken der Wandung, durch welche ein feiner plasmatischer Faden sich an die Wurzel der Borsten begibt, den man wohl alle Ursache hat, für nervös zu halten. Ich habe oft gesehen, dass von den Nerven der Beine allerhand Verzweigungen sich an die Körperwand begeben und dass Ausläufer an die Haut- drüsen und zugleich an die zugehörige Borste sich begeben. Ich vermuthe, dass die Borsten dazu dienen, die Secretion der Drüsen auszulösen. Weshalb freilich dieser ganze Apparat da ist, vermag ich nicht anzugeben. Aber so viel ist sicher, dass die ganze Hautoberfläche mit einer dünnen klebrigen Schicht überzogen ist, an welcher alle möglichen fremden Körper fest- haften bleiben, welche nur vielleicht dazu beiträgt, die Undurchlässigkeit der Wandungen zu erhöhen. Es ist sehr gewöhnlich, dass der grösste Theil der Körperwand so dicht mit Dia- tomeen bedeckt ist, dass man glauben könnte, sie bildeten eine äusserste Schicht der Körper- wand. Ebenso finden sich Foraminiferen, Vorticellen, ferner aller erdenkliche Schmutz auf Körperwand. a den Beinen, besonders in den Winkeln und Gelenken, die man vergeblich mit Pinseln zu entfernen sucht, da die klebrige Schicht sie festhält. Dies trägt beträchtlich dazu bei, das Studium der Pantopoden zu erschweren. Die Hautborsten sind bei den meisten Pantopoden einfach gabelförmig (Taf. IV Fig. 22, Taf. XV Fig. 9, Taf. XII Fig. 18); aber auch so zeigen sie mancherlei Unterschiede, die freilich nicht immer so constant sind, um allein zu specifischen Kennzeichen auszureichen, aber doch ihren Werth bei der Artunterscheidung haben. Je nachdem nämlich die Gabeln in spitzen oder stumpfen Winkeln aus einander stehen, je nachdem sie senkrecht auf der Körperwand aufgerichtet sind oder parallel mit ihr verlaufen, indem sie gleich an ihrem un- paaren ‚Stamm umgebogen sind, je nach der Länge oder Kürze ihrer Gabeln können sie zu diagnostischen Zwecken verwendet werden. Es sind aber nicht immer Gabeln, wenigstens nicht einfache Gabeln vorhanden. Bei einigen, wie bei Olotenia, erscheinen sie als Rosetten, deren 6—8 Speichen wie die eines Rades um eine Axe gestellt sind und in horizontaler Lage dem Körper aufliegen (Taf. VIII Fig. 12). Bei Ammothea sind die Gabeln meist complieirt durch secundäre Gabelung; dabei wird der Stamm meist stärker, die Borsten richten sich senkrechter auf und zeigen 6 --8 Zweige (Taf. IV Fig. 23). Auch tritt eine ungleiche Grösse nicht selten ein, so besonders sind die Gabeln in den Winkeln der seitlichen Fortsätze (Taf. III Fig. 3) und auf der Unter- und Hinterseite der proximalen Glieder der Extremitäten IV—VII meist beträchtlich grösser und vielzackiger als die andern. Die Geschlechtsöffnungen sind vorzüglich von zahlreichen und kräftigen Borsten der Art umgeben (Taf. IV Fig. 14, Taf. III Fig. 3), und diese tragen nicht wenig dazu bei, dass allerhand Schmutz an diesen Stellen festgehalten wird. Die Kanäle, auf welchen diese Gabelborsten sitzen, sind nun verschieden lang, je nach der Dicke der Cuticula der Körperwandung. Die Dicke der Cuticula ist aber nicht nur bei den verschiedenen Arten verschieden, sondern auch eime andere bei ausgebildeten und noch unausgebildeten Exemplaren derselben Art. Im Allgemeinen nimmt die Dicke der Cuticula mit dem Alter zu, so dass ausgebildete, geschlechtsreife Formen eine beträchtlichere besitzen, als jüngere. Die Cuticula ist immer geschichtet, ohne eine Spur von sogenannten Porenkanälen, und ebenfalls ohne eine Spur von pseudozelligen Coutouren. Was als Porenkanäle beschrieben ist, sind eben die Ausfuhrkanäle der Hautdrüsen und die daneben befindlichen Kanäle der Hautborsten. Diese beiden haben nicht immer dieselbe Gestalt, so dass sie eben so wenig, wie die Hautborsten selber, als durchaus verlässige diagnostische Merkmale gebraucht werden könnten, schon darum nicht, weil sie bei jüngeren Thieren, der geringeren Dicke der Cuticula gemäss, eine andere Gestalt haben, als bei älteren. Es kommt aber bei den meisten Panto- poden doch zu einer annähernden Sicherheit der Unterscheidung auch dieser Bildungen. Die Cuticula verdickt sich nämlich nicht an den Stellen, wo Hautdrüsen liegen, sondern während die Hypodermiszellen Schicht auf Schicht über sich abscheiden, bleiben die Hautdrüsen in directem Zusammenhang mit der äussersten erhaltenen Schicht, in welcher ihre Oeffnung liegt. Je mehr Schichten also die Cuticula aufweist, um so grösser, d. h. zugleich tiefer und breiter 38 - Die Pantopoden. werden die Räume, in welchen die Hautdrüsen selbst liegen, welche sich an der Chitin-Aus- scheidung nicht betheiligen. Es kann sogar vorkommen, dass die Zahl der Schichten so gross wird, dass sie über die Hautdrüsen hinaus geht, — nach Innen natürlich, — wodurch denn letztere wie in eine Art von Höhle zu liegen kommen, welche nach innen nur noch einen geringen Zusammenhang mit der Leibeshöhle aufweist. Solchen Bildungen begegnet man z. B. bei Phowichilidium robustum (Taf. XII Fig. 18), wo die Dicke der Cuticula sehr beträchtlich ist. Die Höhlungen, in welchen die Hautdrüsen liegen, sind meist flaschenförmig, mit ver- engertem oberen Ende, das etwa dem Halse der Flasche gleich ist, während der übrige Hohl- raum dem Körper derselben gleicht. Complicationen dieser Höhlungen entstehen aber durch die Beziehungen, welche der Kanal der Hautborsten zu dieser Höhlung erlangt. Sehr häufig nämlich geräth er mit in sie hinein, so dass eigentlich zwei Mündungen zu solcher Höhlung gehören, die eine, durch welche die Drüse selbst ausmündet, die andere, durch welche der Nerv, oder falls es kein Nerv ist, der Plasmafaden hindurch geht, welcher die Drüse mit der dazu gehörigen Hautborste verbindet. Dieser Kanal ist übrigens auch bei Phozwichtlidium ro- bustum sehr häufig isolirt, und dann ebenso tief wie die Höhlung, in welcher die Drüse liegt. Wie er aber mit dieser Höhlung verschmelzen resp. auf halbem Wege in sie einmünden kann, so kommt es auch vor, dass zwei nahe bei einander liegende Hautdrüsen in dieselbe Höhlung gerathen, d. h. also, dass zwischen ihnen keine Cuticula abgeschieden wird, — wodurch denn natürlich ihre Höhlung beträchtlich grösser wird als die einer isolirten Drüse (Taf. XII Fig. 18). Untersucht man dann die Cuticula allein, ohne von der Umbildung so vieler Hypodermiszellen zu Hautdrüsen etwas zu wissen, so kommt man zu den Vorstellungen, welche bisher über die Art und Weise der Pantopoden-Cuticula geherrscht haben. Dies hat denn besonders bei der Gattung Pyenögonum zu verkehrten Vorstellungen geführt, weil die Bildung der Hautdrüsen sich hier mit anderen Processen verbunden hat. Bei Pycnogonum ist die Cuticula bei weitem stärker als bei irgend einer anderen Gattung der Pantopoden. Diese Stärke zeigt sich nicht bloss in absoluter Dieke der Cuticularschichten, sondern auch in der Bildung von Höckern und Vorragungen, welche durch nach innen gehende Leisten und chitinöse Verbindungsbrücken der gesammten Körperwand eine beträchtliche Stärke verleihen (Taf. XVI Fig. $), — aus dem- selben Grunde aber auch den Bemühungen, feinere Schnitte von ihnen zu bekommen, fast unüberwindliche Hindernisse entgegenstellen. Dazu kommt noch eine andere Eigenthümlich- keit, die sich sowohl bei Pyenogonum rhinoceros wie P. pusillum, in hohem Maasse aber bei einer mit P. litorale sehr nahe verwandten Art zeigt, die ich vor vielen Jahren als P. litorale in Millport auf Great Cumbrae, Firth of Clyde, in Schottland sammelte. Bei allen diesen Arten — natürlich auch bei dem wirklichen P. litorale — zeigt sich nämlich eine sehr dichte und regelmässige Ausrüstung der Körperwand mit Hautdrüsen; dieselben liegen aber zufolge der überaus verdickten Cutieula in grossen Höhlungen, deren Wand halbkuglig nach aussen vorspringt. Auf den Höckern und Buckeln sind die Drüsen wie in einer Kugelschale um einen gemeinsamen Mittelpunkt gelagert, auf den ihre Längsaxen zusammenlaufen müssten. Solche Buckel sind dann ebenso gut aufzufassen als solide Chitinklumpen, in welche aber Körperwand. 39 neben einander befindliche Hohlräume hineingearbeitet sind. Jeder solcher halbkugelig vor- springende Drüsenbezirk besitzt eine querstehende geschlitzte Oeffnung, und nicht weit davon eine zweite kleinere runde Oeffnung; erstere ist die Mündung der Hautdrüse, die zweite die der zugehörigen Hautborste. Auf der ganzen Peripherie aber dieser halbkugligen Chitinschicht finden sich noch eine Menge kurzer spitzer Höcker, zwischen denen es oft schwer hält die Drüsenmündung und die Hautborste, welche bei Pyenogonum als einfache, aber fast einen ge- streckten Winkel bildende Gabel existirt, aufzufinden. Fliessen nun zwei oder mehr solcher Drüsenbezirke zusammen, so geschieht es wohl, dass der sie im Innern beherbergende Chitin- höcker mit seinem Innenraum gegen die Höhlung des Körpers oder Beines fast ganz abge- schlossen erscheint durch die breiten Chitinabsonderungen, welche sich innen befinden, und die um so grösser und fester werden, je concentrirter die einzelnen Abschnitte des Körpers und der Extremitäten werden, um den Muskeln eine breite Ansatzfläche zu gewähren. In solche Hohlräume gerathen nun auch bei dem wirklichen P. litorale secundäre Blindsäcke des Darmes und seiner Schläuche'), sie haben aber von Hause aus nichts mit der Bildung dieser Chitin- höhlen zu thun, wie es ZENKER behauptet; diese sind vielmehr einzig und allein hervorgerufen durch die Hautdrüsenbildung, durch die um sie abgeschiedenen Chitinmassen und durch die ‚Bildung von Höckern und Buckeln zur Verstärkung der Resistenz der Körperwand. Uebrigens finden sich bei Pycnogonum auch Kanäle für Hautborsten mitten in den dicksten Chitinschichten, wie denn ja auch schon erwähnt ist, dass die durch sie gehenden Nerven oder Plasmafäden nicht immer in nächster Nähe von den zugehörigen Drüsen sich befinden. Die Gestalt der Hohlräume für die Hautdrüsen wird aber noch von einem anderen Umstande bedingt, nämlich durch die Verschiebung resp. die ungleichartige Absonderung der Cuticula an den Gelenken. Sehr häufig werden die Hohlräume in der Nähe der Gelenke in die Länge gezogen, zugleich aber auch in der Gesammtgestalt etwas verändert (Taf. IX Fig. 14). Ausser den Hautborsten, die zum Hautdrüsenapparat zu zählen sind, zeigt aber der Pantopodenkörper noch andere Anhänge. Dieselben gehören zu den gewöhnlichen Kategorieen der Dornen, Stacheln, Borsten und Zähne, welche theils unmittelbar ausgezogene Verlänge- rungen der Chitinwandung, theils gegen die Körperwandung abgesetzt und passiv beweglich sind; in ihrem Hohlraum scheinen Nervenfäden zu verlaufen, so weit eine Sicherheit zu haben ist, dass derlei plasmatische Fäden in der That Nerven seien. Die Vertheilung dieser Anhangs- bildungen richtet sich meist danach, Gelenke zu schützen, resp. zu Greif- und Kletterdiensten benutzbar zu werden. Zu letzterm Zwecke finden wir die Dornen an den Tarsen entwickelt, wie es schon bei Darstellung des Extremitätenbaues im Allgemeinen beschrieben ist. Eine besondere Umbildung finden wir aber bei den Eierträgern, wo statt der Zähne und Dornen an den letzten vier Gliedern eigenthümliche platte, breit ovale oder lanzettförmige Anhänge 1) welche der von mir in Schottland gefundenen viel kleineren Pyenogonum-Art durchaus fehlen. 40 Die Pantopoden. sich finden, welche fein ausgezackte Ränder haben (Taf. XIV Fig. S, 9, Taf. XV Fig. 6, 7). Diese Anhänge sehen manchmal wie Eichenblätter aus, manchmal, wie bei Pallene, haben sie mehr das Aussehen von Fraxinusblättern. Dass sie zu der specifischen Function der Eierträger in bestimmtem Zusammenhange stehen, scheint nicht unwahrscheinlich, aber wenn ihre Function nur sein sollte, das Herabgleiten der Eiermassen zu verhindern, so möchte man glauben, dass andere, einfachere Dornen das ebenso gut vermocht hätten, dass also die feine Auszackung des Randes für diese Arbeit überflüssig gewesen wäre. Betrachtet man aber noch näher diese Bildungen bei Pallene, so gewahrt man noch besondere Unterschiede zwischen diesen Zähnen, denn immer der äusserste derselben auf jedem Gliede ist bedeutend grösser, anders geformt und gerichtet und nur auf der einen Seite gezahnt; und hier stehen die Einschnitte weiter auseinander. Dass alles dies zufällig sei, oder aus ornamentalen Gründen, wird man schwerlich glauben, aber zu welchem Zwecke es so sei, ist mir nicht klar. Vielleicht ist es von Bedeutung bei der Ablage und Einhüllung der Eier mit dem Secret der Kittdrüsen; doch ist das um so mehr nur Vermuthung, als bei Phowichilus und Phowichilidium derlei ausgezackte Anhänge an den letzten Gliedern der Eierträger nicht gefunden werden, sondern nur einfache stumpfe Stacheln, die aber freilich rückwärts gerichtet sind (Taf. XI Fig. 5, Taf. XII, Fig. 14, Taf. XIII Fig. 4, 5), woraus denn wohl geschlossen werden kann, dass sie sich dadurch dem Herabgleiten der Eiersäcke am besten widersetzen können. Betrachtet man aber den Umstand genauer, dass die grösste Zahl dieser fiberblattförmigen Dornen denjenigen Gattungen zukommt, welche die wenigst concentrirten Kittdrüsen besitzen, — also Nymphon, Barana und Pallene, — so möchte man versucht sein, zwischen diesen beiden Verhältnissen einen Zusammenhang zu ver- muthen, oder aber die Bildung dieser Dornen und ihre eigentliche Funetionirung auf eine frühere Periode des Stammlebens der Pantopoden verlegen, und in der Reduction, die sie bei Ammothea, und ihrem gänzlichen Schwund, den sie bei Phowichilus und Phowichihdium. erleiden, bereits die rückläufige Bewegung sehr weit vorgeschritten erachten. Weitere Untersuchungen werden vielleicht darüber sicherere Argumente liefern, genüge es hier, das Problem zu be- zeichnen. Nervensystem. Die Pantopoden zeigen in der Structur des Centralnervensystems all’ die wesentlichen Züge, welche allen Arthropoden und Anneliden zukommen: eine Bauch-Ganglienkette, ein oberes Schlundganglion und die sie verbindenden Längscommissuren (Taf. I Fig. 2, Taf. IV Fig. 7, Taf. XII Fig. 2, Taf. XIV Fig. 11). Jedes Ganglion schickt einen Nerven aus, der sich peripherisch verästelt, jedes besteht aus Ganglienzellen, welche die Rinde bilden, während die aus feinen Fasern bestehende sogenannte fibrilläre Punktmasse die inneren Theile bildet, das Ganze aber von ziemlich festem Neurilemm umschlossen wird. Ueber diese fundamentalen Eigenschaften des Nervensystems mich specieller auszulassen, Nervensystem. 41 sehe ich weder für die Aufgabe dieser Monographie, noch für eine überhaupt leicht ausführ- bare Sache an, da das Object klein und schwer zugänglich ist. Es kann sich nur darum handeln, diejenigen Eigenschaften festzustellen, welche für den Vergleich der Pantopoden mit andern Arthropoden wichtig sind, sowie solche Punkte zu betonen, welche innerhalb der Gruppe zu Verschiedenheiten führen. Der Zahl der Extremitäten entsprechend gibt es sieben Paare peripherischer Nerven, welchen von Hause aus ebenso viel Ganglienpaare entsprechen müssten. Der Nerv für Ex- tremität I geht vom oberen Schlundganglion ab, aber schon Extremität II und III werden von einem gemeinschaftlichen Ganglion, dem ersten der Bauchkette, innervirt (Taf. IV Fig. 20), welches nicht selten seine Selbständigkeit auch noch verliert und mit dem folgenden verschmilzt, dessen Nerven für Extremität IV bestimmt sind (Taf. VIII Fig. 5, Taf. XII Fig. S). Es folgen dann die immer selbständigen Ganglien für Extremität V—VII, an deren hinterem und oberem Rande noch bei vielen Pantopoden ein oder zwei Ganglienpaare in sehr reducirter Gestalt gefunden werden (Taf. X Fig. 20, Taf. XI Fig. 24, Taf. XIV Fig. 18; von dem zweiten derselben gehen zwei peripherische Stämme an den Hinterleib zur Innervation seiner Muskulatur und der Afterspalte aus. Der Verlauf der grossen Nervenstämme ist im Allgemeinen der gleiche bei allen Arten. Dieselben verlassen die Ganglien an den Seiten in der horizontalen Mittelebene und liegen unterhalb des Darmschlauches, spalten sich früh in zwei gleich starke Aeste, welche die beiden von den Septen unvollkommen getheilten Räume mit Nerven versorgen. Die definitive Ver- ästelung ist sehr zahlreich, und so weit die Schwierigkeit des Objectes erlaubt davon spe- ciellere Kenntniss zu erlangen, scheint in der That jede Hautdrüse und jede dazu gehörige Hautborste, ferner auch die grösseren Dornen und Stacheln mit besondern nervösen Fäden versorgt zu werden, selbstverständlich auch alle übrigen Organe. Die Veränderungen. welche die Extremitäten I—III bei den einzelnen Arten erleiden, wirken nun auch zurück auf die sie versorgenden Nerven. Wo die Extremität sich verkleinert, erscheint auch der Nerv kleiner, wo sie gänzlich rudimentär wird, verschwindet auch der Nerv bis auf eine Wurzel. Diese bleibt unter allen Umständen erhalten. Und so sehen wir selbst bei den Weibchen von Phowichilus und Pyenogonum, welche diese drei Extremitäten vollständig beseitigt haben, die entsprechenden Nervenstümpfe noch vollständig erhalten (Taf. XI Fig. 21, 24, Taf. XIV Fig. 2). Sie gehen natürlich von derselben Stelle der Ganglien aus, von wo aus sie an die im Larvenleben existirenden drei Gliedmaassen herantraten, endigen aber in den Muskeln, welche an derjenigen Stelle übrig geblieben sind, die bei der Larve die Insertion der Extremitäten bildete. Weiter unten bei der Beschreibung der Larve und ihrer Entwickelung wird dargestellt, dass die Innervation ihrer drei Extremitäten in derselben Weise besteht, wie sie nachher bei den erwachsenen Thieren sich vorfindet. Dies ist auch selbstverständlich, sobald einmal fest- gestellt ward, dass die Extremitäten I, II und III der anfänglichen Larve continuirlich, wenn- schon manchmal in scheinbar latenter Weise, in die gleichnamigen Extremitäten des reifen Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 6 4» Die Pantopoden. Thieres übergehen. Mögen auch im Stadium völliger Reife diese Extremitäten schwinden, — ihre Innervation bis zu ihrem Insertionspunkt an der Körperwand bleibt um so sicherer erhalten, als von diesem Nervenstummel noch eine Reihe von Verästelungen an die Haut und an andere Extremitäten ausgehen. Die grösste Complication, welche diese vordersten drei Nervenpaare nämlich erleiden, wird hervorgebracht durch den Schnabel. Seine hochentwickelte und merkwürdige Organisation macht auch eine entsprechend hohe Entwickelung seines Nervensystemes erforderlich. Jedes seiner drei Antimeren wird von einem Nervenstamm versorgt. Das obere Antimer empfängt denselben aus dem oberen Schlundganglion (Taf. I Fig. 2, Taf. XIII Fig. 2), die beiden un- teren aus dem vordersten Theile des ersten Bauchganglions (Taf. IV Fig. 20, Taf. VIII Fig. 7, Taf. XI Fig. 21, 24). Der Verlauf dieser Nerven ist sehr bemerkenswerth. Bald nach ihrem Eintritt in den Schnabel spalten sie sich in zwei Aeste, welche als äussere und innere Nerven zu bezeichnen sind, da der eine dem inneren Schnabelgerüst zunächst verläuft, der andere aber nahe der äusseren Schnabelwandung (Taf. X Fig. 10-—-13, 14). Der äussere ist meist der kleinere, der innere aber zeichnet sich noch durch eine sehr merkwürdige Eigenschaft aus. Er bildet nämlich auf seinem Verlaufe eine grössere Anzahl von kleinen Ganglien (Taf. X Fig. 10—14). Diese Ganglien, welche bei allen drei inneren Schnabelnerven immer auf gleicher Höhe sich befinden, stehen auch alle durch ringförmige Commissuren mit einander in Verbindung, so dass 6—8 oder vielleicht noch mehr Nervenringe auf diese Weise zu Stande kommen. Gegen das vorderste Drittel des Schnabels trifft dann der äussere Schnabelnerv mit dem letzten und grössten dieser Ringe in der Weise zusammen, dass er in das betreffende Ganglion eintritt, wodurch es an Grösse ausserordentlich zunimmt und zu dem Hauptganglion des Schnabels wird, wie denn auch die Commissuren dieser drei Ganglien von beträchtlicher Grösse sind (Taf. I Fig. 2, Taf. X, Fig. 4, 8, 9, Taf. XI Fig. 9). Der Raum des Schnabels, in dem sie liegen, ist von Muskeln ziemlich frei, so dass man die Gestalt der Ganglien von aussen, im Profil sowohl wie en face, sehen kann. Die Gestalt derselben, von oben betrachtet, ist meist rhombisch, doch kommen auch mehr kuglige Gestalten vor. Die Grösse dieser Ganglien ist bei den verschiedenen Arten verschieden, eines der relativ grössten besitzt die Gattung Trygaeus (Taf. X Fig. 4). Auf derselben Stelle, wo dieser grösste Nervenring des Schnabels sich findet, theilt sich auch der Blutstrom , welcher im oberen Schnabelantimer arteriell, d.h. nach der Spitze zu läuft; er folgt dem Nervenringe und geht in den beiden unteren Antimeren wieder centripetal zurück, nur wenige Körperchen gehen nach vorn bis an die Mundöffnung. Von diesen Ganglien gehen denn auch nach vorn wiederum Nerven aus, doch lassen sie sich nicht mit Sicherheit verfolgen ; sie verästeln sich in den Muskeln der Lippen, ob sie aber auch bis in die Lippen selbst vordringen und zu jedem der feinen Lippenhärchen oder Höckerchen einen Faden entsenden, das konnte ich, so viel Mühe ich mir auch gab, weder beim lebenden T'hier noch auf Schnitten erkennen. Die ganglionären Wurzeln dieser Nerven des Schnabels liefert für das obere Antimer das obere Schlundganglion, für die beiden unteren das vorderste Ganglion der Bauchkette. Nervensystem. 43 Der obere Nerv verlässt das Ganglion an seiner Unterseite, ziemlich weit nach hinten, als ein mächtiger Stamm, welcher bald nach seinem Abgang aus dem Ganglion die beiden Nerven zur Extremität I, resp. für ihre Stümpfe, abgibt, dann nach unten an die Schnabeleinlenkung sich begibt, eine Biegung resp. sogar eine Krümmung von solcher Ausdehnung erleidet, die es gestattet, dass der Schnabel selbst seine Excursionen von oben nach unten ausführen kann, ohne eine Zerrung der Nerven herbeizuführen. Beim Eintritt in den schmalen Theil der Schnabelbasis wird der Nerv umfasst von der Fortsetzung des Septums, das den Körper und die Extremitäten in zwei horizontale Abschnitte theilt, und durch dieses Septum suspendirt und in bestimmter Lage erhalten bis zur Theilung, d. h. zur Spaltung in den oberen und unteren Zweig, wobei denn das Septum den unteren noch eine kurze Zeit begleitet, um dann zu verschwinden (Taf. X Fig. 12, 13). Die Nerven der beiden unteren Antimeren des Schnabels treten aus dem vorderen Rande desselben Ganglions aus, welches auch diejenigen für Extremität IT und III abgibt; man erkennt auch deutlich bei der Prüfung seiner Structur drei Centra für die Kreuzung der Nervenfasern, d. h. also drei Kerne der sogenannten fibrillären Punktsubstanz. Sie laufen gerade aus ohne weitere Biegungen, theilen sich in zwei Aeste, wie der obere Nerv, die dann in dem vordersten Schnabelganglion wieder zur Vereinigung gelangen. Bald nach ihrem Austritt aus dem vordersten Bauchganglion entsenden sie Zweige an die Extremität I und an die Haut ihrer Umgebung, so dass also eine ausschliessliche Inner- vation der vordersten Extremität durch Nerven des oberen Schlundganglions nicht besteht. Die Complicationen dieser Innervirungen zu beobachten, gelingt schwer genug, am besten aber bei Schnitten, die aufs Gerathewohl an grösseren lebenden Thieren vorgenommen werden. Auf regelrechten Schnitten gehärteter Exemplare ist dagegen fast gar nichts von diesen kleineren Nerven resp. ihrer Verzweigung zu erkennen, ja es gelingt sogar nur ausnahmsweise, den deut- lichen Abgang der Hauptnerven für Extremität I festzustellen, um so mehr, da dieselbe auch noch kleine Aeste von den gleich zu erwähnenden Augennerven empfängt. Die Unvollstän- digkeit und Irrigkeit aller bisherigen Angaben über das Nervensystem der Pantopoden beweisen für diese Schwierigkeit, wie sie auch durch sie entschuldbar erscheinen. Die Muskulatur der Segmente empfängt ihre Nerven zum Theil aus kleinen, direct von der Hinterseite der Ganglien oder von den Längscommissuren abgehenden Zweigen, zum Theil aber auch aus Verzweigungen der grossen Extremitätennerven. Die Augennerven gehen vom oberen Schlundganglion ab (Taf. I Fig. 3, Taf. XII Fig. 2). Die Augen selber befinden sich auf einem Höcker, welcher auf dem Rücken des vordersten Körpersegmentes sich findet und in seiner Gestalt je nach Gattung und Art wechselt. Gemeiniglich ist er gerade nach oben gerichtet, mitunter hat er auch eine geringe Neigung nach vorn. Bei einigen Arten, wie bei Barana Castelli, Pyenogonum, Trygaeus wieder- holt sich dieser Höcker auf allen Segmenten, obschon eben nur derjenige des vordersten Seg- mentes zum Träger der Augen geworden ist. Ob er ursprünglich für diese Function geworden ist, bleibt zweifelhaft; die Gründe für oder wider solche Annahme sollen weiter unten erörtert 6* 44 Die Pantopoden. werden. Er sitzt mit breiter Basis der Körperwand auf und geht kegelförmig, nach oben mitunter und besonders bei noch unreifen Exemplaren in einen spitzen Zipfel verlaufend, zu. Die Augen sitzen zu Vieren an ihm, meist auf halber Höhe, je eines in einem Quadranten, so dass die beiden derselben Seite zugehörigen halb nach vorn resp. nach hinten gerichtet sind (Taf. X, Fig Ra XIV SE): Die Augen sind senkrecht gerichtet, von oben nach unten spitz oval, halbkuglig nach innen vorspringend, ihre Mittellinie nach innen von oben nach unten kielartig vorspringend. An diesen Kiel setzen sich die Augennerven an und scheinen sich in eine Retina fortzusetzen, deren Zellen regelmässig beiderseits von der mittleren Längsscheidelinie jedes Augenbechers, in mehrfachen Schichten gegen eine Cuticularlinse convergirend, den Inhalt des Augenbechers bilden. Da die Linse ihrem Hauptdurchmesser nach quer steht, so müssen die unteren und oberen Retinazellen den am meisten gekrümmten Verlauf nehmen, resp. die Linse am meisten umfassen., Die Retinazellen sind von braunem oder röthlichem Pigment dicht umgeben, so dass es am unverletzten Auge nicht gelingt, sie überhaupt zu erkennen. Zufällige Entfärbung dieser Pigmentschicht oder durch Salpetersäure bewirkte lassen aber mitunter die an den Spitzen convergirenden, in der Mitte aber fast parallelen Retinazellen durch die Linse hindurch erkennen, und auf Längs- oder Querschnitten ist es mir mitunter gelungen, dieselben etwas deutlicher werden zu lassen. Nur habe ich nie weder die Zahl der Fasern, noch ihre feinere Structur ermitteln können, auch nicht, wo ihre Kerne sich befinden. Die Linse ist eine breite halbkuglige Cuticularbildung, von oben nach unten in zwei Hälften getheilt durch eine nicht allzu tiefe Furche, welche aber nur auf der inneren Ober- fläche erscheint. Die beiden Hälften sind ihrerseits fast halbkuglig gekrümmt; feine Spalten scheinen in ihrem Innern die Schichtbildung der Cuticula anzudeuten (Taf. X Fig. 1); am Rande gehen die beiden Halbkugeln mit ziemlich scharfer Biegung in die Cutieula der Körper- wand tiber, welche rund um den Augenhügel in derselben Krümmung verläuft, an den Stellen der Linsenverdickung nach aussen nicht convexer ist. Ob die Hypodermis sich in die Retinazellen fortsetzt, so dass letztere nur eine Um- bildung der ersteren ist, wage ich nicht zu entscheiden; es scheint mir nichts dagegen zu sprechen; dafür aber die deutliche Anlage des Augenbechers als einer Vorwölbung der Hypo- dermis nach innen im Embryo und in der Larve. Die Verbindung des oberen Schlundganglions mit diesen vier Augenbechern ist zwei- seitige. Von der seitlichen Circumferenz des Ganglions entspringt je ein ziemlich breiter Nervenstamm, richtet sich schräg nach oben und vorn und bildet kurze Zeit nach seinem Abgang aus dem Ganglion ein kleineres Ganglion, das aber kaum diesen Namen verdient. Von ihm aus theilt sich dann der Stamm des Nerven in eine Anzahl von Verzweigungen, die sich weiter spaltend an den mittleren Längskiel des Augenbechers sich begeben, wo ihr weiterer Verlauf in der Pigmentmasse unkenntlich wird (Taf. I Fig. 3). Von jenem unbedeutenden Ganglion geht auch ein Nerv aus, welcher sich an die Ex- tremität I begibt und oben bereits erwähnt wurde. Nervensystem. 45 Zwischen den Augen jeder Seite findet sich noch eine mir unverständlich gebliebene Bildung, die aber wohl als ein Sinnesorgan zu deuten ist. Ein Cuticularring von geringerem Durchmesser als der Augenbecher schliesst eine stark verdünnte Cuticularschicht ein. welche bei einigen Arten kappenförmig nach aussen vorragt, bei andern nur wie eine Art Trommel- fell zwischen dem Ringe ausgespannt erscheint. Im Innern der Kappe oder jenes Ringes liegt ein kleiner Haufen von Zellen, welcher mir um so mehr die Bedeutung eines Ganglions zu haben schien (Taf. X Fig. 1, 2, Taf. XII Fig. 4), als ein Nerv zwischen ihm und dem oberen Schlundganglion zu verlaufen scheint. Dieser Nerv ist nicht stärker als ein Zweig der Augen- nerven, daher auch schwer in toto zu erkennen. Welche Function dieses Organ hat, ist mir nicht deutlich, — ob wir es mit einem Gehörorgan zu thun haben, mag sich vielleicht bei jenen grossen Arten der Gattung Nymphon entscheiden lassen, welche die nordischen Meere bewohnen. Dass eine Drüse, analog der Kopfdrüse der Crustaceen darin zu erkennen, ist nicht wahrscheinlich, da keine Spur eines Ausführungsganges zu erkennen ist. Für die Gruppen- und Gattungsunterscheidung lassen sich nicht allzu scharfe Kriterien aus dem Nervensystem gewinnen. Im Allgemeinen beruhen die Unterschiede in der Gestaltung des Nervensystems nur in der Getrenntheit oder in der Incorporation des vordersten Bauchganglions, welches die Schnabel- nerven und die Nerven'zur Extremität II und III entsendet, in’ das folgende zweite Ganglion. Bei den Gattungen Ammothea, Barana, Trygaeus. Phowichilus, Pallene, Nymphon sind beide Ganglien mehr oder weniger deutlich isolirt, bei Pycenogonum und Clotenia verschmolzen. Ebenso ist bei einigen Gattungen im reifen Zustande das oder die Abdominalganglien deutlicher erhalten und isolirt, bei andern in das letzte Bauchganglion incorporirt. Letzteres ist der Fall bei Barana und bei Pyenogonum, doch habe ich bei P. pusillum gefunden, dass in dem einen Abdominalnerven, welcher vom letzten Bauchganglion ausgeht, eine kleine Anschwellung ein- geschaltet ist, die drei grosse Ganglienzellen enthält, während der Abdominalnerv der andern Seite nichts der Art erkennen liess. Offenbar ist diese Anschwellung der letzte Rest der Abdominalganglien, welche in ihrer Grösse und Gestalt auch bei andern Arten variiren. Am deutlichsten sind sie bei Phowichilus zu erkennen, wo sie noch bei ausgewachsenen Stücken im Profil als ein doppeltes Ganglienpaar erscheinen. während die jüngeren Stadien sie auf das allerdeutlichste und durch kurze Längscommissuren von einander geschieden erkennen lassen. Ebenso sieht man auch bei den Embryonen von Pallene die Anlage beider Paare von Ab- dominalganglien, während die ausgewachsenen Stücke nur eine einzige, ziemlich kleine runde Masse auf der Rückseite des letzten Bauchganglions erkennen lassen. Einen Gattungscharakter in dem Vorhandensein oder Fehlen dieser Ganglien sehen zu wollen, halte ich also für unrichtig. Ebenso schwankend ist das Vorhandensein oder Fehlen freier Längscommissuren zwischen den einzelnen Bauchganglien. Bei derselben Art, z. B. bei Ammothea franciscana, kommt es vor, dass einige Individuen beträchtliche Längscommissuren zeigen, während andere Ganglion an Ganglion stossen lassen. Natürlich fehlt nicht die Commissur, sondern sie ist nur so verkürzt, dass sie in die Neurilemmhülle der Ganglien mit aufgenommen wird. wo 46 5 Die Pantopoden. man sie auf Querschnitten als ein Gesammtbündel mehr oder weniger regelmässig gestalteter kleinerer, von eigenen Neurilemmscheiden umgebener Bündel von Nervenfasern erkennen kann. Darmkanal. Der Darmkanal der Pantopoden bietet sehr bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten dar. Sowohl sein Bau wie seine Funetionen sind von denen anderer Arthropoden ausserordentlich verschieden und sichern der Gruppe eine ebenso bemerkenswerthe wie isolirte Stellung. Der Structur nach können wir ihn in vier Abschnitte theilen: die Mundöffnung mit den Lippen, das innere Schnabelgerüst mit dem Reusenapparat, den eigentlichen Darmkanal mit den Blindsäcken und den kurzen Afterdarm mit der Analspalte. Die Lippen der Pantopoden sind, wie alle constitutiven Theile des Schnabels, in der Dreizahl vorhanden. Ein Gegensatz zwischen Ober- und Unterlippe, wie er bei anderen Ar- thropoden stattfindet, ist dadurch von selbst ausgeschlossen, die Lippen sind alle drei durchaus identisch geformt und vollziehen demgemäss auch dieselbe Thätigkeit. Ihre Lage ist an der Spitze des Schnabels, den Stoff zu ihrer Bildung gibt die Schnabelwandung ab, wenn sie sich von der äusseren Wandung zur Herstellung des inneren Schnabelgerüstes nach innen umschlägt (Var-Il 710.4, "Tat. IV Fio4,o, Tat. VII Rio: 8, Taf. x, Fie. 7, Seel li). An dieser Stelle des Schnabels findet die Ausbildung eines sehr complieirten Systems von Chitinspangen statt, das ich hier zunächst beschreiben will. Ich ersehe mir die besonders hervorragend ausgebildete Structur der Schnabels von Barana arenicola dazu, um daran an- knüpfend die Variationen der übrigen Arten zu beschreiben, — weit entfernt übrigens davon, jener Art einen grundlegenden Charakter dieser Formationen gegenüber den übrigen zuerkennen zu wollen. Die Chitinspangen befinden sich in den Wänden des inneren Schnabelgerüstes, theils sind sie bogenförmig und liegen in der Peripherie eines Kreises. dessen Mittelpunkt in der Längsaxe liegt, theils sind sie senkrecht auf diese gerichtet. Nehmen wir als Ausgangspunkt das obere Antimer des Schnabels. Dicht. neben der Mittellinie findet sich jederseits eine Spange, welche flach beginnend allmählich sich rundet, nach innen und aussen von der Wandung des inneren Schnabelgerüstes etwas vorspringend, doch mit dem Unterschied, dass die äussere Seite — also die der äusseren Schnabelwand zugekehrte — allmählich gekielt wird. Beide Spangen convergiren gegen die Mundöffnung zu, beugen sich nach innen, d. h. gegen das Innere des Mundes zu, um, legen sich mit den umgebogenen Stücken dicht aneinander und stellen so einen mächtigen Zahn dar, der in das Innere des Schnabelgerüstes gerichtet ist. Wollte man die Gestalt im Profil zeichnen, so würde ein ziemlich steifes S daraus, wobei das obere Ende des S der nach innen gerichtete Zahn wäre, das untere aber flach in der Wandung des inneren Schnabelgerüstes ausliefe. Der Zahn besteht also aus zwei Stücken, die aber so dicht an einander liegen, dass sie wie ein einzelnes erscheinen. Jederseits neben diesen beiden Spangen findet sich eine zweite, welche gleichfalls in Darmkanal. 47 der Wandung des inneren Schnabelgerüstes beginnt, ziemlich auf derselben Höhe mit der ersten. Ihr Verlauf ist aber wesentlich verschieden von jener. Auf halber Höhe gabelt sie sich; der innere Ast, d. h. der neben der ersten Spange liegende, biegt erst nach dieser hin gewandt aus, macht eine Art Knie und endet mit rundem Fortsatz am Grunde der Lippe; der äussere Ast biegt nach aussen um und verliert bald seine massivere Gestalt, wird dünner und läuft in der Wandung des inneren Schnabelgerüstes aus. Zwischen beiden Aesten bildet sich eine pfannenartige Höhlung, in welche hinein sich eine Querspange lagert; diese Quer- spange kommt direct von der äusseren Schnabelwandung, ihre Gestalt ist auch schwer zu beschreiben, sie ist ziemlich breit, blattartig, und bildet gegen die eben beschriebene Spange zwei Zähne; der grössere innere ruht in der eben erwähnten pfannenartigen Vertiefung, der kleinere äussere gehört bereits der äusseren Schnabelwand an und liegt in der Basis der später zu erwähnenden Lippenträger. Die ganze Querspange ist am breitesten an den beiden Enden dieser Zähne, von ihnen aus verengert sie sich und trifft mit den Endpunkten der Lippen- träger gerade an derjenigen Stelle zusammen, wo die das innere Schnabelgerüst jedes Anti- meres begrenzende, resp. die Verbindung mit dem benachbarten herstellende seitliche Leiste an die Querspange heran reicht. An dieser Stelle bildet sich auch in der Querspange eine untere Höhlung aus, in welche hinein diese Begrenzungsleiste sich begibt. An diesem Punkt also treffen zusammen 1) die Spitze der seitlichen Begrenzungsleisten des inneren Schnabel- gerüstes je zweier Antimeren, 2)' die Querspangen, 3) die Endpunkte von je zwei lippen- trägern. Unter dem letzteren Ausdrucke verstehe ich dasjenige Stück der äusseren Schnabel- wandung, welches am weitesten nach vorn vorragt und wie eine Art Schirm die Lippen von oben und von der Seite schützt; seine Gestalt ist verschieden, es ragt meist wie das freie Stück eines Fingernagels über die Fingerspitze, so über die Lippenbasis, mitunter sogar über die ganze Lippe hinaus, es ist manchmal stumpf, wie die Fingernägel einer an harte Arbeit gewöhnten Hand, bald gerundet wie der normale Fingernagel, bald auch so weit vorspringend, wie. die gepflegten Nägel zarter Frauenfinger. Von den Angelpunkten nun, die eben durch das Zusammentreten der Enden je zwei benachbarter Lippenträger, je zweier Begrenzungsleisten der Antimeren des inneren Schnabel- gerüstes und je zweier diesen zum Stützpunkt dienenden Querspangen gebildet werden, fangen auch die Lippen an, resp. stossen sie mit ihren Endpunkten hier zusammen. Behält man das Bild der Fingernägel bei, so kann man in der That den Vergleich auch der Fingerspitzen mit den Lippen der Pantopoden annähernd durchführen. Man braucht sich nur vorzustellen, dass die innere Fläche der Fingernägel an der Stelle, wo der Nagel das Nagelbett verlässt, sich continuirlich in die Epidermis der Fingerspitze umschlüge, so hätte man das, was am Lippenträger und an der Lippe sich zuträgt. In der 'Ihat biegt die Hypo- dermis der Schnabelwandung, wenn sie den Lippenträger geformt hat, an dem Grunde von dessen innerer Fläche wieder um, macht erst noch eine tiefere Einsenkung, an deren Boden sich von dem Innenraum des Schnabels der im vorigen Kapitel beschriebene Lippenmuskel ansetzt, steigt dann wieder in die Höhe, um die äussere Fläche der Lippe herzustellen, biegt 45 Die Pantopoden. dann wiederum nach innen um und geht nun gegen die Mundöffnung und das innere Schnabelgerüst hinab, d. h. bildet die innere Fläche der Lippe (Taf. X Fig. 15). Die beiden Flächen der Lippen berühren sich aber nicht, zwischen ihnen ist ein wenn auch geringer freier Raum, in den Ausläufer jenes*’bereits einmal erwähnten bindegewebigen Schwellgewebes und wahrscheinlich Nerven eintreten. Sind Mund und Lippen geschlossen, so legen sich die inneren Flächen der letzteren an einander. Das können sie aber nur dann vollkommen thun, wenn die Mittellinie ihrer inneren Fläche so weit vorspringt, dass alle drei — bei geschlossenen Lippen — in der idealen Längsaxe des Schnabels liegen, oder wenigstens ihr Grund oder ihre Spitzen, oder ein vorragender Abschnitt ihrer Flächen sich in dieser Längsaxe treffen. Sonst würde der Verschluss nicht vollständig sein. In der That ist das auch meist der Fall. Schneidet man eine Lippe auf halber Höhe quer durch, so ist die Linie der inneren Fläche ein Winkel, dessen Scheitelpunkt die Mitte ist. Mitunter freilich sind die Schenkel durchaus nicht gerade Linien, sondern Wellenlinien, aber dann ist, je näher der Basis, diese Wellenlinie um so geringer, so dass an dieser Stelle der Verschluss der Mundöffnung durch die drei an einander gepressten inneren Flächen der Lippen doch ein vollständiger wird. Der freie Rand der Lippen dagegen ist sehr mannigfaltig gestaltet. Der höchste Punkt ist auch hier wieder die Mittellinie, von der aus der Rand bald wie ein Spitzbogen nach den beiden Seiten abfällt, bald aber auch jene Wellenlinie im Extrem ausführt, die eben beschrieben ward. In letzterem Falle ist der Lippenrand fächerartig gebogen, es finden sich dann drei Biegungen, eine, die mittlere mit dem Scheitelpunkt nach innen zu, die beiden seitlichen nach aussen, von denen dann der freie Rand ziemlich steil auf die Basis, d. h. die Lippenträger abfällt (Taf. II Fig. 4, Taf. VII Fig. 8). Gruppiren wir uns nun nach dieser Beschreibung noch einmal die so zu sagen typischen Verhältnisse dieser verwickelten Constructionen, und betrachten wir sie zugleich unter dem Gesichtspunkt ihrer physiologischen Leistungen. Die Zusammensetzung des Schnabels aus drei Antimeren spricht sich aus durch drei Lippen, deren eine oben, die beiden andern halb seitlich, halb unten liegen (Taf. IV Fig. 5). Sie werden von aussen zum Theil oder ganz bedeckt von den drei Lippenträgern. Von den Berührungsstellen je zweier Lippen und Lippenträger, — also in den Winkeln der An- timeren, die für die beiden seitlich-unteren auf der Mittellinie der Bauchseite, für das obere auf den Seiten liegt — gehen Querspangen aus, welche eine Art von Basis für Lippen und Lippenträger in der Circumferenz des innern Schnabelgerüstes bilden. An denselben Punkt aber stossen je zwei dicht an einander liegende Leisten an, die als Begrenzungsleisten der ein- zelnen Antimeren des inneren Schnabelgerüstes durch die ganze Länge desselben bis zum Reusenapparat sich erstrecken, also zugleich auch eine Art von Stützpunkt für die Querspange abgeben. Ein zweiter Stützpunkt für dieselbe findet sich in einer gabelförmig sich theilenden Tängschitinspange, welche in der Wandung des inneren Schnabelgerüstes sich herausbildet; in die Gabel lagert sich die äusserste Spitze jener Querspange, während die zweite Spitze der- selben mehr nach oben in die Wandung des Lippenträgers sich begibt und in derselben Darmkanal. 49 aufgeht, resp. ihm grössere Festigkeit verleiht. Im Centrum jedes Antimeren bilden sich schliesslich an der Wandung des inneren Schnabelgerüstes die zuerst beschriebenen Längs- spangen aus, welche sich eine neben die andere lagernd gerade unter der Mittellinie der Lippen, also an der Berührungsstelle der drei Lippen bei geschlossenem Munde, am meisten nach innen vorragen, und am Schluss des Mundes, d. h. an der Stelle sich begegnen, wo das Lumen des inneren Schnabelgerüstes in den Zwischenraum zwischen den geöffneten Lippen übergeht. Von dieser Stelle, gerade wo sich die beiden Spangen umbiegen, geht auch die lange Sehne aus, welche dem grossen Muskel zum Ansatzpunkt dient, welcher oben beschrieben wurde, als der hauptsächlichste Muskel der Mundöffnung. Diese Spangen biegen sich hier um und bilden einen rückwärts und nach innen gerichteten mächtigen Zahn. Ihre Function scheint, ausser der Festigkeit, die sie dem Muskelansatz durch ihre äussere, kielförmig aufgerichtete Seite gewähren, auch zu sein, den Lippencentren eine Grundlage und durch den Zahn ein Hinderniss für die von innen nach äussen etwa wieder vordringenden Gegenstände zu sein, die im innern Schnabel- gerüst festgehalten und zermalmt werden sollen. AI diese auf so engem Raum dreimal wiederholten Bildungen bringen das äusserst complicirte Bild zu Stande, welches der Vordertheil des Schnabels bei Barana arenicola gewährt. Schon bei Barana Castelli sind einige wesentliche Variationen zu erkennen. Die Lippen- träger sind bedeutend höher und spitzbogig; die beiden centralen Leisten, an welche der lange Mundöffnungsmuskel sich begiebt, haben einen geringeren Zahn, die gabelförmige Leiste zeigt die beiden Zinken gleichgross und beide rundlich gebogen; der Kiel, welcher von dem Zahne der centralen Leisten nach aufwärts in die Mittellinie der Lippe sich fortsetzt, ist stark accentuirt. Sehr ähnlich den Bildungen bei Barana sind die von Ammothea Langi, A. appendiculata und magnirostris; bei A. uni-unguiculata ist eine Abweichung zu bemerken an der centralen Leiste, dieselbe ist an dem Ursprung gegabelt, was wohl auch mit dem ausserordentlich gross entwickelten Schnabel zusammenhängt. Bei A. franciscana, wo der Schnabel ziemlich spitz zuläuft, ist die Querspange fast eine dreieckige Platte geworden, deren oberer Zahn weit hin- auf reicht, während der untere in die Gabel der Chitinspalte sich einlagert, welche aber hier nur eine geringe Andeutung ihrer Gabel behält; die Lippenträger sind spitzbogig. Aehnlich ist die Configuration bei A. fibulifera. Wesentlich von all diesen Formen verschieden ist die Bildung der Lippen und der ganzen vorderen Schnabelpartie bei Clotenia conirostris, die auch hierin wieder ihre Selbständig- keit bezeigt, und eine generische Abtrennung wohl rechtfertigt. Die centralen Leisten sind sehr geringfügig, am Grunde weit auseinander weichend, die gegabelte Leiste fehlt vollständig, die Querspange allein ist kräftig entwickelt, allein auch sie ist im Vergleich mit denen der vorher beschriebenen Arten nur klein, eine einfache Spange bildend. Die Lippenträger sind ganz niedrig, fast abgestutzt, die Lippen sehr klein, kaum mit ihren Spitzen über die Lippen- träger vorragend (Taf. IX Fig. 2, 3). “ Aehnlich ist auch die Mundformation von Trygaeus. Die Lippenträger sind so gebildet, Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. T 50 Die Pantopoden. dass sie fast eine kreisrunde, aber etwas nach unten gerichtete Oeffnung constituiren, über welche die Lippen nur wenig vorragen. Ausser der Querspange sind die übrigen nur sehr schwach entwickelt. Die Composition des Schnabels bei Pyenogonum anzugeben bin ich leider nicht im Stande; am unverletzten Thiere ist wegen der ausserordentlich starken Cuticula nichts klar zu erkennen, und auf Schnitten wird das Ensemble aller einzelnen Stücke so sehr zerstört, dass es fast unmöglich ist, auch nur ein einziges klar zu erkennen. Allem Anschein nach zeichnet sich aber der Schnabel von Pyenogonum durch besondere Derbheit seiner Theile aus; nur die Lippen bleiben verhältnissmässig klein. Bei Phowichilus ist fast das gesammte Spangensystem unterdrückt, die Lippenträger bilden ein gleichmässiges Continuum mit der äusseren Schnabelwand und sind wie bei Trygaeus zu einer gemeinsamen runden Oeffnung, die etwas nach unten gerichtet ist, verbunden. An der Basis der Lippen finden sich einfache Querspangen, welche schräg von aussen nach innen gegen die Mundöffnung gerichtet sind. Die Lippen ragen beträchtlich über die Lippenträger hinweg (Ta X Big. 73,714,15, 19, Bei Phowichilidium ist besonders charakteristisch, dass der Uebergang von Lippenträger zur Lippe, statt biegsam und durch den dafür bestimmten Muskel tief nach innen zurück- ziehbar zu sein, vielmehr starr und nur in ganz kleinem Bezirk durch jenen Muskel beweglich ist, und dementsprechend die Lippen sehr klein sind. Auch die Chitinspangen sind gering- fügig. Bei Pallene schliesslich ist der Mund und die Lippenbildung am geringsten gegenüber der Breite des Schnabels, die Lippenträger stossen nicht unmittelbar an einander, sondern es bleibt ein Stück des Schnabelrandes zwischen dem oberen und den beiden seitlich-unteren ; letztere dagegen stossen wie auch sonst an einander. Das zwischen dem oberen und den seit- lichen Lippenträgern frei bleibende Stück der Schnabelwandung ist aber identisch mit der Querspange, die eben auch bei den übrigen Arten frei liegen würde, wenn die Lippenträger sich von einander entfernten. Die Erörterung aller dieser speciellen Bildungen hat zunächst nur die Tragweite, zur specifischen Unterscheidung der Arten und vielleicht der Gattungen Beiträge zu liefern, in höherem morphologischen Sinne kann ihnen, zunächst wenigstens, keine Wichtigkeit bei- gelegt werden, die mit der Schwierigkeit ihrer Darstellung auf gleicher Höhe stünde. Weiteres Eingehen darauf unterlasse ich deshalb. ; Wohl aber ist hier der Ort, über die Verschiedenheit der feineren Structur der Lippen etwas zu sagen. Die Lippe, als ein Ganzes genommen, hat eine Aussenseite und eine Innenseite. Bei vollständiger Schliessung der Lippen bildet die erstere die äussere Oberfläche, die letztere um- fasst den Theil, der sich dem seiner beiden Nachbarn eng anschliesst. Statt einer homogenen Cuticula, wie sie die äussere Schnabelwand darbietet, zeigt die äussere Lippenwand gewöhn- lich eine Art Schuppenbildung, d. h. eine für jede Hypodermiszelle besondere Cuticula, welche Darmkanal. 51 oft über die gemeinsame Oberfläche etwas hervorragt, etwa wie die Dachziegel sich einer über den andern schieben (Taf. IV Fig. 4, 5), oder wie bei einem Schuppenpanzer eine Schuppe die Verbindung zweier andern überragt (Taf. II Fig. 4). Auf diesen einzelnen Cuticulae erhebt sich auch nicht selten je ein kurzes steifes Haar oder Borste, so z. B. bei Ammothea fibulifera und ‚franciscana. Auf der Innenseite dagegen zeigen dieselben Lippen sehr feine Querrunzeln, etwa wie eine Feile, die sich bis über den Rand hinunter erstrecken, an dem sich Aussen- oder Innenseite berühren. Bei anderen Arten ist dagegen die Innenseite mit dichten, und zum Theil langen Haaren besetzt, welche über den Rand der Lippen hinausragen, so z. B. bei Ammothea Langi. Bei Ammothea uni-unguiculata ist dagegen die innere Fläche von einer glatten Cuticula gebildet, der Rand gerieft, die äussere Wandung sehr fein geschuppt, — nirgends eine Spur von Haarbildung (Taf. VII Fig. 8). Dasselbe ist der Fall bei A. magnirostris. Bei A. appendieulata treffen wir wiederum die feinen Runzeln, aber sie liegen nicht quer, sondern strahlenförmig von dem unteren Mittelpunkte der Lippe nach dem Rande zu. Achnlich sind die Lippen von Barana Castelli beschaffen, während sie bei B. arenicola auf der Innenseite ganz glatt sind. Beide entbehren jeglicher Haarbildung. Bei Trygaeus ist die Haarbildung auf die mittlere Partie der Aussenseite dicht am Rande beschränkt, während die Innenseite glatt erscheint. Bei Phowichilidium longicolle erkennt man radiäre Streifung der Innenseite, bei Phoxichilus dagegen ist die Innenseite dicht mit feinen langen abstehenden Haaren ausgestattet, die über den Rand hinweg ragen, während die Aussenseite vollkommen glatt erscheint (Taf. X Fig. 17). Bei den Arten von Pallene schliesslich stehen dichte Haare am Rande der Lippen auf der Innenseite. Diesen Einrichtungen am vorderen Ende des Schnabels stehen reichlich ebenso com- plieirte in der Mitte und an der Basis desselben gegenüber. Das ganze innere Schnabelgerüst gipfelt in der Bildung eines Reusenapparates, der seine hintere Hälfte bis zum eigentlichen Oesophagus einnimmt. Derselbe besteht aus zahllosen langen feinen Stacheln, welche reihen- weise neben und hinter einander stehen. Die Basis dieser Stacheln bilden Bogenleisten, welche an den drei Antimeren des Schnabelgerüstes sich finden. Diese Leisten sind nicht in ihrem ganzen Umfang auf gleicher Höhe gelagert, sondern ihre beiden Enden greifen weit nach vorn vor, während ihr Grund oder Boden zurückliegt. Sie sind auch nicht gerade nach innen vorspringend, sondern schräg nach vorn gerichtet. Dieselbe Richtung haben auch die von ihnen ausgehenden feinen Stacheln, die man am besten mit Inseetennadeln vergleichen kann (Taf. X Fig. 17, 18), deren Knopf aber in ihrem Ursprung an der Leiste zu suchen wäre. Die Richtung der Nadeln aller drei Antimeren und aller an denselben befindlichen Reifen ist schräg gegen die Längsaxe des Schnabels gelegen, und ist um so schräger, je näher der Basis, ja dicht an der Basis sind die Nadeln der Längsaxe fast gleich gerichtet. An den Begrenzungsstellen je zweier Antimeren fehlen die Nadeln, wie auch die sie tragenden Leisten hier ein Ende haben. Die Verbindung der Antimeren, also die Verlänge- rung der Leisten, welche wir bei der Erörterung des oberen Endes des inneren Schnabelgerüstes kennen lernten, wird durch eigenthümliche kleine Chitinkörperchen gebildet, welche wie 7* 52 Die Pantopoden. Ziegelsteine manchmal zu zwei neben einander, manchmal auch nur in einer Reihe sich finden Taf. X Fig. 17, 18), und die auf der inneren Seite glatt, oder nur gelegentlich mit kleinem Kiele vorragend gefunden werden, während sie auf der Aussenseite, je weiter nach der Basis zu, einen um so kräftigeren und grösseren Kiel, geradezu eine Art Crista bilden, an welche von beiden Seiten die Muskulatur sich ansetzt, die, den Reusenapparat nach abwärts, d. h. nach dem Oesophagus hin, zieht. Die Muskulatur dagegen, welche sich an die Aussenseite der die Reifen bildenden Theile des inneren Schnabelgerüstes ansetzt. thut dies, ohne besondere Kiele oder Ansatzstellen zu bilden. Die Stacheln oder Nadeln dieses Reusenapparates stehen nun bei den meisten Panto- poden so dicht, dass es ganz unmöglich wäre für irgend einen Gegenstand, durch ihn hin- durch zu kommen, ohne an den Hunderten oder Tausenden von Nadelspitzen hängen zu bleiben oder langsam zerrieben zu werden. Die Muskulatur des Reusenapparates ist offenbar ganz vortrefflich dazu eingerichtet, die einzelnen Leisten und mittelst derselben die auf ihnen sitzenden Stacheln oder Nadeln gegen die übrigen ein weniges zu bewegen, also eine reibende und allmählich zerreibende Thätigkeit auszuüben und zu verhindern, dass irgend welcher feste Körper in den eigentlichen Darmkanal gerathe. Zur Unterstützung dieser Function des Reusen- apparates ist offenbar noch eine andere Einrichtung bestimmt. Bei vielen Pantopoden findet sich nämlich zwischen dem Reusenapparat und der Mundöffnung die Wandung des inneren Schnabelgerüstes mit vielen kleinen, meist rückwärts gerichteten scharfen Zähnen besetzt. Diese Zähne müssen die Wirkung haben, die Gegenstände, welche in das Innere des Schnabels gerathen, festzuhalten, und dadurch die gegen sie gerichtete stechende und reibende Action des Reusenapparates zn erleichtern. Offenbar hängt mit der Function dieser Zähnchen die Richtung der oberen Muskulatur des inneren Schnabelgerüstes zusammen. Denn während die Muskeln des Reusenapparates, welche sich direct an die Reifen ansetzen, die Nadeln der- selben nach vorwärts schieben, ziehen diejenigen Muskeln, welche sich an die vorderen, mit den rückwärts gerichteten Zähnchen besetzten Theile des inneren Schnabelgerüstes inseriren, diese Zähnchen nach rückwärts. Was also zwischen Reusenapparat und Zähnchen geräth, kann durch die gegen einander arbeitende Muskelaction zerrieben werden. Diese Einrichtung findet sich bei den meisten Pantopoden. Sie wird aber noch gesteigert durch Vorkehrungen, wie sie durch die Gattung Phowxichilus dargestellt werden. Der vor dem Reusenapparat liegende Theil des inneren Schnabelgerüstes zeigt kleine, rückwärts gerichtete /ähnchen, aber in der Mitte jedes Antimeres springen auf einander folgend d4—6 grössere Zähne vor, die etwas nach vorn, d.h. gegen die Mundöffnung zu, gerichtet sind (Taf. X Fig. 14). Zwei derselben sind so beträchtlich, dass sie bei verengertem Schnabellumen sich fast berühren. Durch passende Combination der Muskelactionen können auch diese mäch- tigen Zähne für: die Zerkleinerung aller in den Schnabel gelangenden Körper wohl benutzt werden. Bei Phowichilidium angulatum findet sich nur am ‚oberen Antimer des inneren Schnabel- gerüstes ein einzelner solcher Zahn, der ziemlich lang und spitz nach vorn vorragt. Keine Art aber ist energischer in der Ausführung dieser Einrichtungen als Ammothea Darmkanal. 53 uni-unguiculata. Die wenig zahlreichen Bögen des Reusenapparates dieser Art sind entsprechend dem grossen Innenraum des Schnabelgerüstes sehr breit, ihre vorderen Enden ragen demzufolge auch weit vor dem Grunde vor. Die Nadeln convergiren, ohne sich allzu sehr nach vorm zu richten, gegen die Längsaxe des Schnabels. Dicht vor der äussersten Leiste finden sich nun nur ziemlich kleine, rückwärts gerichtete Zähne, ja die nächste Zone ist sogar fast frei. Aber etwas weiter nach oben zu und besonders im Centrum jedes Antimeres bildet sich ein dichtes Pflaster von zahntragenden Platten aus, welche grade in dem Centrum eines Kreises liegen, dessen Peripherie die Bögen des Reusenapparates bilden. Bei Bewegung des inneren Schnabelgerüstes müssen also die Nadeln des einen Antimeres den Zähnen des andern genähert werden. Die centralen Zahnplatten werden seitlich in jedem Antimer von einer Zone geringerer Zähnchen begleitet, — im Uebrigen ist der mächtige Innenraum des Schnabel- gerüstes glatt. - Dass aber diese Bewegungen des einen Theiles des inneren Schnabelgerüstes gegen den andern stattfinden, das wird ausser durch den Bestand der grossen Muskulatur auch dadurch bewiesen, dass sehr häufig dicht vor dem Beginn des Reusenapparates eine Knickung der Wandung des Schnabelgerüstes beobachtet werden kann, welche durch die Contraction jener gegen einander wirkenden Muskeln hervorgebracht wird. Auch ist auf die Nothwendigkeit dieser Bewegungen wohl die Einschnürung der äusseren Schnabelwand zurückzuführen, die sich bei so vielen Arten vorfindet, hauptsächlich aber bei Ammothea. Diese Einschnürung der äusseren Wandung entspricht genau der Stelle, wo die Wandung des inneren Schnabelgerüstes geknickt wird, also dicht vor dem Beginn des Reusenapparates. Auch entspricht dem die Insertion der Muskelbündel, durch deren Action dies zu Stande kommt. Vor der Einschnürung sind sie von der äusseren Wandung des Schnabels nach oben, d.h. der Mundöffnung zu gerichtet, — hinter der Einschnürung steigen sie abwärts, um den Reusenapparat hinauf zu ziehen. Die Lage des Reusenapparates im Schnabel ist meist so geregelt, dass die Basis bis hinauf zur Mitte davon in Anspruch genommen wird. Die Grösse des Reusenapparates hängt meist von der Zahl der Reifen ab, welche ihn bilden. Dennoch ist das nicht durchgehends der Fall. Bei der Gattung Phowichilidium occupirt er die Hälfte des Schnabels, besteht aber doch nur aus einer vergleichsweise geringen Zahl von Reifen, die aber weiter aus einander stehen. Bei Barana hingegen zählt er beinahe die doppelte Zahl von Reifen, nimmt aber kaum den vierten Theil der Schnabellänge in Anspruch. Die Reifen und Nadeln stehen eben unverhältnissmässig viel dichter. Bei manchen Pantopoden rückt aber der Reusenapparat noch weiter zurück und geräth in den vorderen Theil des Körpers hinein; so bei der vorher besprochenen Ammothea un-unguieulata ;, andere Complicationen erzeugt aber die halsartige Aus- dehnung des vorderen Segmentes des Körpers bei Pallene, wo der Reusenapparat fast ganz in diese Verlängerung gelagert wird, aber der Oesophagus, zu dessen Darstellung gleich über- gegangen werden soll, noch viel länger wird, um wie überall zwischen den seitlichen Fortsätzen des ersten Segmentes sich mit dem eigentlichen Darm zu verbinden. 54 Die Pantopoden. An den Reusenapparat schliesst sich nun unmittelbar der enge Kanal des Oeso- phagus an, dessen Structur wenig Bemerkenswerthes darbietet. Er ist eine einfache Röhre und verläuft von der Basis des Schnabels resp. des Reusenapparates in gerader Richtung, oder wenn die Segmentfalten, „welche den Schnabel mit dem ersten Körpersegment verbinden, nach innen gezogen sind, in einigen Biegungen nach hinten, um sich durch den Schlundring zu begeben und dicht dahinter in der normalen Weise, d.h. durch Intussusception seiner eigenen Wan- dung, deren umgeschlagener Theil mit der Wandung des eigentlichen Mitteldarmes verschmilzt, zu verbinden. Auf dem ganzen Verlauf des Oesophagus empfängt er keine Muskelbündel der Körpermuskulatur, wie sie sich so massenhaft an das Schnabelgerüst inseriren; die Bewegungen des Oesophagus reduciren sich also allein auf Schluckbewegungen, welche die Ringmuskeln seiner selbst vornehmen. Eine einzige Ausnahme macht auch hier wieder die Gattung Pallene, welche das lange Stück Oesophagus, das hinter dem Reusenapparat durch die halsartige Ver- längerung des vorderen Segmentes hindurchgeht, mit derselben Muskulatur ausstattet, welche dem Reusenapparat selbst zukommt, — ein Umstand, der die Verschmelzung des eigentlichen Schnabels mit diesem Theil des vorderen Segmentes in noch grelleres Licht stellt. Ist hiernach derjenige Abschnitt des Darmkanals, den der Schnabel darstellt, ein äus- serst complicirter, so erscheint dagegen der eigentliche Darm sehr einfach organisirt, wenn- schon er auffallender Eigenschaften nicht ermangelt. Seiner äusseren Gestalt nach ist er eine einfache Röhre, welche vom vorderen Theil des Körpers sich zum hinteren begibt, gerade in seiner Längsaxe und Mittellinie gelegen ist und in die vier Extremitätenpaare IV—VI, ebenso wie auch in das I., jeweilen auch in den Schnabel Blindsäcke absendet, welche in Structur und Function dem Hauptkanal durchaus gleichen. Die Röhre besteht aus einer einfachen Tunica propria mit innerem Zellenbelag und äusseren, sehr zarten Ringmuskelfasern. In seiner Lage erhalten wird er durch zweierlei Ein- richtungen. Zunächst sind die Enden der Blindsäcke durch Bindegewebsfasern in den End- gliedern der Beine, meist der Tarsen, festgehalten, können sich also nicht verkürzen. Ausser- dem aber werden der Darm und die Blindsäcke im Körper und den Beinen suspendirt durch ein Septum, welches gleichzeitig auch die Generationsorgane suspendirt erhält, welche im Körper wie in den Beinen den Verlauf des Darms begleiten. Diese Membran spannt sich quer durch die Leibeshöhle der Pantopoden aus, scheidet das Rückengefäss mit dem oberen Blutraum von Darm, Nervensystem und unterem Blutraum, durchzieht gleichfalls die Beine bis in das letzte oder vorletzte Glied, und scheidet auch deren Hohlraum in einen oberen oder vorderen und einen unteren oder hinteren Halbkanal, welche gleichfalls der erstere dem fortlaufenden, der letztere dem rücklaufenden Blutstrom zu besonderer Bahn verhelfen (Taf. X Fig. 21. Taf. XV Fig. 10 Spt). Im Centrum des Hohlraums der Beine verlaufen die Darmschläuche; dass sie in dieser suspendirten Lage beharren, verdanken sie eben der sie und die Greschlechtsdrüsen tragenden Septalmembran und einer unbestimmten Anzahl von Bindegewebsfasern, welche sich von der Körperwand an den Darm in unregelmässigen Inter- vallen ansetzen. | Darmkanal. ä 55 Das Bemerkenswertheste an der Structur des Darmkanals im Grossen ist nun die Ver- schiedenheit der Ausbildung der vorderen Schläuche. Wäre es Regel, dass jedes Extremitäten- paar einen Schlauch empfinge, so müssten wir sieben Paar Schläuche haben. Wir haben aber sehr häufig nur vier, häufig auch fünf, mitunter auch sechs. Diese Verschiedenheit begreift sich leicht dadurch, dass die Extremitätenpaare II und III niemals einen Darmschlauch auf- nehmen und dass I nur dann einen solchen empfängt, wenn es wenigstens noch das Grund- glied besitzt. Aber dadurch wären immer erst die fünf Paare beschafft; das sechste nicht. Dieses findet sich nur bei der Gattung Phowichilus, welche im weiblichen Geschlecht der drei vorderen Extremitätenpaare entbehrt, und im männlichen nur das III. Paar besitzt, das nie einen Darmschlauch enthält. Bei dieser Gattung dringen jederseits zwei Blindschläuche auf %/, der Länge des Schnabels in die Hohlräume ein, welche die Schnabelmuskulatur zwischen äusserer Wandung und innerem Gerüst bildet, über deren Homologie und morphologische Be- deutung später gesprochen werden soll. Andeutungen von solchen Schläuchen finden sich bei jungen Exemplaren von Trygaeus Taf. IX Fig. 7), besonders aber bei Barana Castelli (Taf. I Fig. 12), bei ausgewachsenen aber sind sie unterdrückt. Zu den hervorzuhebenden Unterschieden in der Bildung des Darmkanals bei den ver- schiedenen Arten der Pantopoden gehört ferner, dass bei der Gattung Phoxichilus die Schläuche bis an die Spitze des Tarsus vordringen, während sie bei den übrigen Arten meist nur bis an die Spitze des sechsten Gliedes reichen, bei einigen Arten freilich auch in das siebente und bis in die Basis des Tarsus. Die speciellere Betrachtung der histologischen Eigenthümlichkeiten des eigentlichen Darmkanals ergibt nun sehr merkwürdige Verhältnisse. Wie bereits erwähnt, besteht die Wan- dung der Darmschläuche aus einer Lage von Zellen, an denen normaler Weise nichts Ausser- ordentliches zu erkennen ist. Es sind eben Darmzellen mit Kernen und verschiedenen Va- cuolen und Tröpfchen. Das Merkwürdige aber ist, dass im Innern des Darms, sowohl des Hauptdarms als auch seiner Schläuche, eine grosse Zahl frei schwimmender Körper sich vor- finden, welche durch die Contraction der Schläuche in beständiger, unregelmässiger Bewegung erhalten werden. Diese Körper bestehen, so weit meine Untersuchungen reichen, aus einer Kugel von durchsichtiger, farbloser Masse, welche im Seewasser unverändert sich erhält, in destillirtem Wasser sofort zergeht, in Pikrokarmin keinerlei Gerinnung, auch, so weit ich sehen kann, keine Färbung erleidet, auf Zusatz von Chromsäure, von Essigsäure, von doppeltchrom- saurem Kali, von Mürrzer’scher und Merker’scher Flüssigkeit nicht reagirt, bei Behandlung mit verdünntem Glycerin keinerlei Membran erweist, — kurz durch seine negativen Eigen- schaften sich hervorthut. Um diese durchsichtigen Kugeln, die ich am liebsten freie Va- cuolen nennen möchte, gruppiren sich eine grosse Zahl stark lichtbrechender Kügelchen, die gewöhnlich leicht gelblich gefärbt sind, die aber auch dunkelroth, grün und braun vorkommen. Diese Kügelchen oder 'Tröpfchen .sitzen jener centralen Kugel in der Weise auf, dass sie meist den grösseren Theil ihrer Oberfläche bedecken. Auch sie erleiden nur durch destillirtes 56 Die Pantopoden. Wasser eine starke Einwirkung, während sie den übrigen Reagentien Widerstand leisten, sich auch nicht färben. Diese Körper, die ich mit Absicht nicht Zellen nenne, da ich bisher keinen Beweis ihrer zelligen Natur gefunden habe, werden nun in grossen Massen im Innern des Darms beobachtet. In welchem Verhältniss sie zu den Zellen der Darmwandung stehen, habe ich nicht positiv ergründen können, aber es scheint mir zweifellos, dass sie entweder losgelöste und veränderte Darmzellen, oder aber von zu gross gewordenen Darmzellen losgelöste Theile sind. Zu letzterer Annahme sehe ich mich bewogen hauptsächlich durch die Wahrnehmung, dass die Darmzellen bei Phowichilus communis eine grünliche Färbung ‚haben, während die herumfahrenden Darmkörper eigentlich farblos sind, aber an ihrer äusseren Circumferenz glänzende gelbe, oder violette, auch wohl karminrothe Tröpfehen und Körnchen zeigen, ohne jene grüne Färbung der Darmzellen. Man sieht diese Körper am besten in der Erweiterung des Darmrohrs im Abdomen, wo keine gefärbten Darmzellen sich vorfinden, wo sie durch die peristaltischen Bewegungen fortdauernd hin und her getrieben werden. ohne aber aus dem After hervorzutreten (Taf. XI Fig. 27, Taf. XIV Fig..4,.5). Wie es schwer ist, über die Herkunft dieser Darmkörper zu bestimmter Meinung zu gelangen, so ist es ebenso schwer, über ihre Function und ihr Ende etwas zu wissen. Ausser ihnen habe ich nur eigenthümliche, matt glänzende Körper im Darmkanal der Pantopoden sefunden, welche mich am meisten an Amylumkörner erinnerten, auch von Botanikern als diesen sehr ähnlich betrachtet werden. Bei einem besonders grossen Korn der Art, das auf einem Schnitt im Darmschlauch der Extremität VI gefunden wurde, ergab auch die Unter- suchung bei polarisirtem Licht Uebereinstimmung mit dem bei Stärkekörnern beobachteten Doppelkreuze, so dass es ziemlich wahrscheinlich geworden ist, diese mehrfach im Reusen- apparate und im Innern der Darmschläuche aufgefundenen Körner seien Amylumkörner. Wie diese aber assimilirt werden, wüsste ich nicht weiter zu sagen. In der Flüssigkeit im Innern der Darmschläuche konnte ich sie nie unterscheiden, nur auf Schnitten sah ich sie zuweilen. In jener rapide umherfliessenden Flüssigkeit sind ausser jenen grösseren Darmkörpern noch alle die Elemente suspendirt, welche ebensowohl aus dem Zerfall dieser Darmkörper her- stammen, wie sie vielleicht auch durch allmähliches Anwachsen zu ihnen sich entwickeln könnten. Um über diese Zweifel wenigstens einige Aufklärung zu gewinnen, untersuchte ich ebensowohl die Embryonen von Pallene, wie die im Innern von Pseudocoryne sich aufhalten- den Larven von Phowichilidium ewiguum. Bei den Embryonen von Pallene fand ich die im Darm eingeschlossene Dottermasse bereits in den Darmschläuchen der Beine in gleitender Bewegung. Mich erinnerte das durchaus an die Bewegung der eingeschlossenen Dottermassen in den Leberschläuchen der Edriophthalmen. Keinenfalls hatten die Embryonen von Pallene bereits irgend welche Nahrung zu sich genommen, so dass die in ihren Darmschläuchen auf- und abgleitenden Massen nicht fremden Ursprungs sein konnten. Die im Körper von Pseudocoryne eingeschlossenen Larven von Phowichilidium dagegen zeigten ihre Darmschläuche Darmkanal. Du durchaus gefüllt mit denselben Materien, die sich auch in der Darmhöhle des Wohnthieres beobachten liessen, — also hatten sie offenbar an dessen Mahlzeiten Antheil genommen. Was aber diese Verhältnisse vollends sehr schwer verständlich machte, ist die Abwesen- heit jedweder Fäcalmasse. Trotz der tausendfachen Beobachtungen lebender Pyenogoniden unter dem Mikroskop habe ich nie den Austritt geformter Bestandtheile aus dem After gesehen, auch nie gefärbte Flüssigkeiten im Afterdarm bemerkt. Gelegentlich traten wohl zufolge Druckes des Deckglases Flüssigkeit und Darmkörper aus dem kurzen Hinterleib hervor, — aber eine Spur von Fäcalbildung war nie dabei. Häufiger beobachtete ich dagegen den Aus- tritt von Darminhalt aus dem Schnabel. Rückläufige peristaltische Bewegungen drängten wohl einige Darmkörper durch den Oesophagus in den Reusenapparat und noch weiter bis aus dem Munde heraus, aber gewöhnlich ward ebenso schnell durch umgedrehte Bewegung diese kleine Quantität sofort wieder aufgesaugt und kehrte in den Darm zurück. Es bleibt da eben nur die Vermuthung übrig, dass feste Theile überhaupt nicht in den Darm gelangen, sondern von dem Reusenapparat entweder in solcher Weise zerkleinert werden, dass sie für die Verdauungssäfte ohne Rückstand auflösbar werden, oder aber schon vorher wieder entleert werden. Vielleicht auch dienen die Haare und Borsten der Lippen dazu, schon von vornherein derlei Stoffe auszusondern; dagegen wären nur die mitunter im inneren Schnabelgerüst, vor dem Reusenapparate gefundenen Spicula, Stacheln und sonstige unbestimm- bare festere Massen geltend zu machen, — die aber schliesslich nicht als Gegenbeweis gelten können, da sie auch zufällig an ihre Stelle gelangt sein könnten. Man fragt sich aber, weshalb überhaupt noch ein After besteht, wenn er doch nicht zu Ausscheidungen benutzt wird? Weshalb deutliche und nie fehlende Oeffnungs- und Schliessmuskeln da sind, wenn sie doch nichts zu thun haben ? Vielleicht ist die Antwort in anderer Richtung zu suchen. Ich werde weiter unten von der ausserordentlichen Lebenszähigkeit der Pantopoden zu berichten haben, von der Gleichgültigkeit derselben gegen Verstümmelungen und von ihren Regenerationskräften. Ich will hier den merkwürdigsten Fall erwähnen, der mir zur Beobach- tung kam. Behufs Untersuchung der Darmkörper und der Leibesflüssigkeit schnitt ich häufig in verschiedensten Richtungen lebende Pantopoden entzwei. Einmal führte ich einen Schnitt durch Barana Castelli, wodurch ihr Körper in zwei Theile getheilt ward. Das Vordertheil ' zerlegte ich noch weiter, das Hintertheil aber, welches die Extremitätenpaare V—VII behielt, brachte ich unter die Seewassereirculation zurück. Erstaunlich genug hat dieser halbe Körper noch viele Wochen gelebt. Die Bewegung der Darm- und Leibesflüssigkeit ging regelmässig vor sich, das Thier bewegte seine Extremitäten vollkommen wie ein unverletztes, sogar die Eier schienen mehr und mehr zu reifen, — es mussten also offenbar die wesentlichsten Funetionen vollkommen ungestört verlaufen. Diese Erfahrung scheint mir einigermaassen dafür zu sprechen, dass vielleicht in dem After eine Darmathmung vor sich geht. Ist es schon an und für sich wahrscheinlich, dass Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 8 58 Die Pantopoden. bei Abwesenheit aller specifischen Athmungsorgane und bei der fast völligen Undurchlässig- keit der Körperwandung der Darm diese Function mit übernimmt, so scheint mir in diesem Falle, wo die Aufnahme von Wasser durch den Schnabel ausgeschlossen ist, die Vermuthung gerechtfertigt, dass sie durch den After geschähe. Ich habe freilich keinerlei Erfolg mit Ex- perimenten gehabt, durch fein vertheilten Farbstoff die Aufnahme von Wasser nachzuweisen, weder vom Munde noch vom After her geschah etwas der Art, — aber da der Farbstoff sich gewöhnlich sehr bald niederschlug, und die ganz geringe Färbung, welche noch in dem Rest des Wassers blieb, nicht nachweisbar gewesen wäre, selbst wenn sie wirklich in die Darm- flüssigkeit übergegangen wäre, so kann ich meine Vermuthung auf diese Weise nicht unter- stützen. Sie bleibt nur eine aus den allgemeinen Verhältnissen abgeleitete Möglichkeit, welche aber vielleicht auch ein erklärendes Licht auf die sonderbare Circulation der Darmkörper würfe, die möglicher Weise dazu bestimmt ist, den Sauerstoff aufzunehmen und an die entfernteren Partien des Körpers zu befördern. Der Räthsel in der Organisation dieser Thiere sind eben so viele und der kritischen Untersuchungen so wenige, dass man es auch dieser Arbeit zu gut halten muss, wenn sie mehr dazu beiträgt, die Probleme aufzudecken, als sie zur Lösung zu bringen. Herz und Blut. Bei der Schilderung der Circulationsverhältnisse der Pantopoden halte ich es für ange- messen, von der bisherigen Darstellungsweise abzuweichen und zunächst die einschlägigen Erscheinungen nur an einer einzelnen Art zu erörtern, um daran weitere Angaben und Vergleichungen zu knüpfen. Ich wähle zu dieser grundlegenden Darstellung die Gattung Phowichilus. Das Herz liegt in der Mitte der Rückenlinie, gestreckt von dem Augenhöcker bis zum aufrecht stehenden Hinterleib. Es ist nicht überall gleich weit, sondern mehrfach verengert. Am breitesten ist es vorn an der Mündung, dicht hinter dem Augenhügel; etwas weniger breit ist es tiberall da, wo auch der Körper selbst eingeschnürt ist. _ Das Herz zeigt zwei Paar seitliche Spaltöffnungen, — gewöhnlich, aber nicht immer, ist auch die hintere Wandung mit einer unpaaren Spaltöffnung ausgestattet. Histologisch betrachtet besteht es aus circulären Muskel- fasern, welche anscheinend ohne jede Verästelung parallel neben einander liegen und auf jeder Seite oblonge Kerne zeigen, die meist etwas nach innen vorspringen. Es scheint nur je ein Kern auf die Muskelfaser jeder Seite des Herzens zu kommen, und mitunter kann man wahrnehmen, dass diese Kerne fast in einer geraden Linie neben einander liegen. Die Klappen, welche bei der Systole die Spaltöffnungen schliessen, zeigen eine grössere Anzahl von kleineren Kernen. In der Ruhe stehen die Klappen mit ihren freien Rändern rechtwinkelig an einander und bilden völligen Verschluss. Aussen von den Muskelfasern sieht man beim lebenden Thier so- wie auf Schnitten eine feine Membran rund um die Herzwandung herum laufen, sie gewährt Herz und Blut. 59 häufig den Eindruck einer Schicht feinster Längsmuskelfasern, da sie sehr feine, lange, dicht stehende Längsstreifen erkennen lässt; aber das ist nur Schein; in der That ist diese Membran bindegewebiger Natur und zeigt nur wenig grössere Kerne. Auch auf der Innenseite der Muskelwand des Herzens ist eine feine Membran zu erkennen, deren Provenienz und Natur mir nicht klar ist. Man erkennt sie gleichfalls am besten beim Stillstehen des Herzens. Meine Aufmerksamkeit auf dieselbe ward durch die Darstellung geleitet, welche Craus von der histologischen Beschaffenheit des Phronimiden-Herzens') gegeben hat. Das auffallendste Factum bezüglich der Structur des Herzens ist aber unstreitig die Abwesenheit einer contractilen Wandung auf der Oberseite des- selben. Das Herz ist nicht ein von Muskelwandung rund herum geschlossener Hohlraum; der Schluss auf dem Rücken wird vielmehr direct von der Hypo- dermis und Cuticula des Rückens selber gebildet (Taf. XV Fig. 10). Ist man einmal durch Schnitte auf dieses merkwürdige und einzig in seiner Art daste- hende Verhältniss aufmerksam geworden, so gewahrt man sehr leicht auch am lebenden Thier die Grenzlinie der Muskelwand des Herzens. Dieselbe inserirt sich ebenso wie die sie um- schliessenden bindegewebigen Membranen auf jeder Seite des Rückens in Linien, welche vom Beginn des Herzens hinter dem Augenhügel in concaver Bildung zur ersten Spalte, von dieser wiederum in erneuter concaver Bildung zur zweiten Spalte und dann zum Ende des Herzens fortschreiten. Bei den Contractionen des Herzens bemerkt man dann auch sehr bald, dass an diesen Linien die Contraction aufhört, resp. auf sie einen Zug ausübt, der aber nur zur F olge hat, dass die untere Wandung sich nach oben gegen den Rücken hebt, und alle diejenigen Theile mit hebt, welche mit der Herzwand in directer oder indirecter Verbindung stehen, also zunächst das bindegewebige, weiter unten zu beschreibende Septum, ferner die Geschlechts- drüsen und den ganzen Darmkanal. Die Abwesenheit eines aus Muskeln bestehenden Schlusses des Herzschlauches bedingt nun auch die Unregelmässigkeit in der Gestalt seines Querschnittes. Je nachdem die beiden Verbindungsnähte der Herzwand mit der Hypodermis des Rückens sich einander nähern oder von einander entfernen, wird der Querschnitt des Herzens ein kleinerer oder grösserer, von den Seiten oder vom Boden zusammengedrückterer. Ausser (dieser directen Befestigung der Wandungen des Herzens existirt aber noch eine indirecte durch Bindegewebsfasern, welche, von der Rückenwandung ausgehend, sich an die beiden Enden des Herzschlauchs und an die oberen Ränder der vier Klappen ansetzen, wo- durch der Systole eine besonders wirksame Grenze gesetzt wird. Diese Fasern heften sich in schräger Richtung, vom Rücken gegen die Spaltöffnungen convergirend, so an die Wandung des Herzschlauchs an, dass bei der Diastole dieselben sich öffnen. Die hintere unpaare Spaltöffnung zeigt einen weit nach innen vorspringenden Klappen- verschluss, der freilich sehr häufig verwachsen ist. Die Richtung der Muskelfasern dieses 1) Der Organismus der Phronimiden. Wien 1879 pag. 38 fi. g*+ 60 Die Pantopoden. hinteren Abschnittes des Herzschlauches ist schräg, ja am Ende mehr horizontal als vertical, wie denn auch die Spaltöffnung schräg gerichtet ist, und der Boden des Herzens weiter nach hinten ragt als der obere Theil. Die untere Wandung des Herzens steht in ganzer Ausdehnung in mechanischem Zu- sammenhang mit der bereits erwähnten dünnen‘ Septal-Membran. Diese Membran scheidet den Körper der Pantopoden in horizontaler Richtung in einen oberen kleineren und einen unteren grösseren Raum. Das Septum inserirt sich seitlich an der Hypodermis gerade an der- jenigen Stelle, an welcher eine Linie verläuft, die bei der Häutung als Scheidewand zwischen dem abgeworfenen Rücken- und Bauchstück der Cuticula fungirt. Diese Linie liegt etwas näher dem Rücken als dem Bauch. Die histologische Beschaffenheit des Septums ist sehr einfach : ziemlich kleine helle Zellen, fast ganz durchsichtig, mit mässig grossem Kerne legen sich zu ihrer Bildung dicht an einander (Taf. XI Fig. 13 Spt). Körnchen haften mitunter diesen Zellen an, viel öfter aber bleiben Blutkörperchen daran haften und erschweren die Er- kenntniss der zelligen Zusammensetzung des Gebildes. Mitunter aber zeigt sich, dass einige Bezirke dieses bindegewebigen Septums eine starke Zunahme des Zellinhaltes erfahren, dass also statt regelmässiger pflasterförmiger Endothelstructur das Aussehen von einschichtigem blasigem Bindegewebe hervorgebracht wird. Dies findet sich häufiger in der Umgebung der Geschlechts- drüsen, welche von der Septalmembran überzogen werden und deren eigene Wandung mit jener an der Berührungsstelle verschmilzt. Das Septum ist aber nicht völlig lückenlos. Im Innenraum der seitlichen Fortsätze jedes Segmentes ist eine deutliche Spalte vorhanden, durch welche die aus den Extremitäten zurückkehrenden Blutströme in den oberen, als Blutsinus fungirenden Raum einmünden, und dann durch die Spaltöffnungen vermittelst der Diastole in den Herzschlauch aufgenommen werden. Hinter diesen Lücken erleidet das Septum eine geringe Richtungsveränderung, da es, wie die Gestalt eines Dampfer-Schraubenflügels, etwas senkrechter sich stellt, um in die Extremitäten einzutreten, die bis in ihre letzten Glieder davon durchzogen werden. In den Extremitäten inserirt sich das Septum wiederum an die seitlichen Trennungslinien der dorsalen und ventralen Hypodermisgrenzen, verbindet sich mit den Blindsäcken der Geschlechtsorgane und mit der Tunica propria der Darmschläuche, welche beide auf diese Weise mehr oder weniger im Hohlraum der Extremitäten suspendirt gehalten werden. In denjenigen Extre- mitäten, welche wie Il und III weder Darmschläuche noch Geschlechtsorgane enthalten, theilt das Septum den Innenraum in fast zwei gleichgrosse Räume, umfasst und suspendirt die Ex- cretionsorgane in derselben Weise wie die Darmschläuche und Geschlechtsorgane in den an- deren Extremitäten und dringt bis in das letzte Glied vor, wo es etwa in der Mitte mit scharfer Grenze aufhört. Complicationen dieser Einrichtungen entstehen da, wo, wie auch bei Phowi- chilus, die Extremitäten I, II und III ausfallen, letztere nur bei den Männchen vorhanden ist. Da in diesen Fällen die Excretionsorgane in dem Körper verbleiben, so ist auch die Septal- Membran nur erkennbar, wo sie nicht von den dicht stehenden Muskelbündeln über- deckt wird. Herz und Blut. 61 Ihr vorderes Ende erstreckt sich bis über die Hälfte des Schnabels. Man erkennt das freilich nur auf Querschnitten, da die dichte Muskelmasse des Schnabels jede andere Beobach- tung unmöglich macht. Ihr Vorkommen ist aber nur auf das obere Antimer beschränkt, wo sie, ähnlich wie der Herzschlauch selber, zwischen der Insertion der Muskeln an den centralen Raum von unten her wie eine Rinne abgrenzt, während von oben her die Wandung des Schnabels selbst das Dach bildet. Auch hier ist ein anderes Organ von der Septalmembran umfasst: einer der Schnabelnerven, der gerade am Boden der Rinne verläuft und in seiner Lage fixirt ist durch das Septum (Taf. X Fig. 12, 15). Die Beschaffenheit des Blutes ist eine ebenso merkwürdige, wie die der Darmflüssigkeit. Zunächst erkennt man durch die Körperwandung hindurch drei verschiedene Arten von Körperchen, die in farbloser Flüssigkeit suspendirt sind und hin und her gleiten, je nach der Contraction des Herzens und der Darmschläuche. Zwei dieser Körperchen möchte ich Ballons und amöboide Körperchen nennen. Die letzteren haben verschiedene Gestalt. Bei der Bewegung im Körper erscheinen sie oft oval oder wurstförmig, sehr häufig gekrümmt, wie ein Viertel des Mondes; ihre Spitzen sind häufig in lange Plasmafortsätze ausgezogen. Sie sind platt, von den Seiten zusammen- gedrückt, enthalten eine Menge glänzender Tröpfehen, aber keine Granulationen. Ein Kern tritt erst deutlich hervor bei Behandlung mit verdünnter Essigsäure. Während des Laufes drehen sie sich oft um sich selbst herum, so dass man sie abwechselnd im Profil und von der Fläche zu sehen bekommt. Dann sieht man auch, dass die ihnen anhaftenden glänzenden Tröpf- chen hervorspringen, nicht in ihrem Innern gelegen sind. Reisst oder schneidet man ein Bein ab, so fliesst Blut aus; dann zeigen diese amöboiden Körperchen sofort ein starkes Ausstrecken von Plasmafäden, die mit denen benachbarter Körperchen zusammenfliessen und oft ein Plasmanetz bilden, in welchem bei Zusatz von Essigsäure die Kerne hervortreten, während die Plasmafäden sich zusammenziehen; an den Kernen erscheinen die Tröpfchen und Vacuolen sehr klar untl deutlich; weniger deutlich im Plasma. Im Gegensatz zu diesen amöboiden Körperchen stehen die andern, von mir Ballons genannten. Sieht man sie im Blut eireuliren, so erscheinen sie gefaltet, wie ovale Ballons aus Seidenpapier, die nicht mit Luft voll erfüllt sind. Bei ihrem Austritt verändern sie sich nicht, wenn sie in Seewasser gerathen; aber bei Berührung mit destillirtem Wasser zergehen sie sofort. Mit Pikrokarmin behandelt, schwellen sie zu Kugeln an und es coaguliren sich in ihrem Innern, aber näher der Peripherie als dem Centrum, eine mehr oder weniger grosse Anzahl kleiner brauner Körnchen; diese Coagulation ergreift schliesslich auch den Centralraum und scheint zu einer unregelmässig gestalteten festen Masse zu führen. Auch auf Jodzusatz erfolgt diese Gerinnung. Sie zeigen immer einen unregelmässigen glänzenden Kern. Die dritte Art von Körperchen sind Scheiben, welche bei allen Reactionen unverändert bleiben, sie sind platt, oval und scheinen einen festeren Kern zu besitzen, um den kleinere Tröpfchen sich befinden. 62 Die Pantopoden. Diese drei Arten von Körpern finden sich fast bei allen Pantopoden wieder, mit ver- schiedenen Formveränderungen. Die letzteren nehmen manchmal rhombische Gestalt an, während statt der Ballons, die unregelmässig gefaltet sind, kuglige Körper auftreten, welche bedeckt sind mit glänzenden Tröpfchen. Letztere finden sich besonders zahlreich bei Barana Castelli. Ich bin gänzlich ausser Stande, von der physiologischen Bedeutung resp. von der Her- kunft dieser verschiedenen Gebilde etwas zu sagen. Man kann ja sehr leicht die Vermuthung haben, dass diese verschiedenen Körperchen genetische Beziehungen unter sich und vielleicht mit den immerhin ähnlichen Darmkörpern hätten ; aber welcher Art diese Beziehungen sein könnten, bleibt mir unerkennbar. Ein merkwürdiges Verhältniss führt aber doch vielleicht zu noch weiteren Einsichten, oder wenigstens Vermuthungen. Während nämlich die meisten Pantopoden zwar bindegewebige Stränge an allen Organen aufweisen, welche dazu dienen, dieselben neben dem Septum, das den ganzen Körper durch- setzt, in ihrer Lage zu erhalten, zeigt es sich. dass bei Barana Castelli zuweilen der ganze Innenraum des Körpers mit netzförmigem Bindegewebe erfüllt ist. Ich habe leider nur ein Präparat der Art, das ich ganz im Anfange meiner Untersuchungen eingelegt habe, nachdem es in Pikrinsäure conservirt war. Aber an diesem Stück ist die Anwesenheit dieses Gewebes so deutlich, dass ich davon die Abbildung auf Taf. I Fig. 16 geben konnte. Bei anderen Exemplaren fehlt dies Gewebe völlig; aber mitunter zeigt es sich, dass die grossen Körperchen. welche mit den. glänzenden Tröpfchen bedeckt sind, in grossen zusammengeballten Massen herumschwimmen (Taf. I Fig. 14, 15), ferner dass diese Massen an der Körperwand und am Darm festhaften bleiben und eine Art von Gewebe bilden, zwischen dessen Lücken die übrigen nicht festsitzenden Körperchen circuliren. Ob nun diese Massen dieselben sind, aus denen jenes Bindegewebe geworden ist, resp. werden konnte, muss dahin gestellt bleiben, aber bei den vielen Anomalien der Organisation könnten die Pantopoden auch eine Art verflüssigten Bindegewebes besitzen resp. gewisse Bindegewebe aufhören, ein Stapelplatz von Nahrungs- stoffen zu sein, die vielmehr in einzelnen Elementen gesondert frei, wie Blutkörperchen, in der Leibeshöhle circuliren. Die Bewegung des Blutes oder der Leibesflüssigkeit, wie man sie nun nennen will, geht im Allgemeinen centrifugal am Bauch, centripetal am Rücken; im Schnabel ist es aber um- gekehrt, da der directe Stoss des Herzens das Blut nach vorn treibt. In den Beinen geht der centrifugale Strom an der Ober- und Innenseite, der entgegengesetzte an der Unterseite. Die Contractionen des Rückengefässes reichen bei vielen Pantopoden hin, beim Still- stand der peristaltischen Bewegungen des Darms die Blutbewegung vollkommen zu reguliren; man sieht besonders kräftig den Blutstrom auf der Oberseite des Schnabels nach vorn sich ergiessen. Angekommen über dem Hauptganglion des Schnabels, verengert sich die Bahn, und der kräftige Strom muss sich theilen, in zwei senkrecht auf der bisherigen Richtung stehenden Lacunen weiterfliessen, also den vorderen Theil des inneren Schnabelgerüstes ring- Exeretionsorgane. 63 förmig umfassen, um dann im Centrum jedes der beiden unteren Schnabelantimeren zurück- zu fliessen. In den Beinen ebenso wie im Körper wird nun aber die Regelmässigkeit der Blut- circulation stark gehemmt durch die Contractionen der Darmschläuche, welche eine bei weitem stärkere Action ausüben; dadurch hört dann der Blutstrom auf, nach der ihm ursprünglichen Richtung zu laufen, vielmehr gleiten die in ihm suspendirten Körperchen hin und her, wie es die Contractionen oder Dilatationen der Darmsäcke gestatten. Sehr häufig hat man darum auch einen völligen Stillstand der Herzactionen zu beobachten, selbst bei denjenigen Arten, deren Herz sich durch alle Segmente erstreckt und eine vollkräftige Wirkung auszuüben im Stande ist. Um so weniger aber ist es zu verwun- dern, dass bei denjenigen Arten, deren concentrirterer Körperbau das Herz stark verkleinert (Taf. IV Fig. 6, 7), dasselbe so gut wie gar keinen Einfluss mit seinen geringfügigen Con- tractionen ausübt, und dass bei denen, deren lange Beine die Blutbewegung in denselben weit vom Herzstoss entfernt hält, dieselbe ausschliesslich vom Darm abhängt. Dass das Herz infolge dessen eigentlich überflüssig und eine Art rudimentäres Organ wird, scheint aus diesen Umständen von selbst zu folgen. Exeretionsorgane. Ob die unter dieser Ueberschrift zu beschreibenden Organe wirklich Excretionsorgane vorstellen, will ich zweifelhaft lassen. Man kann sie auch als einfache Drüsen beschreiben, — von der Function hat sich eben nichts ermitteln lassen. Die betreffenden Organe finden sich in den Extremitäten II und III. Sie bilden kleine Blasen mit structurloser Tunica propria, auf welcher sich innen ein einfacher Zellbelag befindet. Die Blasen sind frei im Innenraum des vierten oder fünften (Extr. II) resp. des dritten oder vierten (Extr. III) Gliedes ausgespannt ; sie werden in ihrer Lage erhalten durch die Septalmembran, welche den Innenraum auch dieser beiden Extremitäten der Länge nach durchzieht, ausserdem gehen von ihren Zipfeln an die Wandung der Extremität Bindegewebsfasern ab, welche ebenfalls zur Be- festigung beitragen. Schliesslich ist die Blase durch ihre Mündung mit einem kleinen Höcker an der Aussenseite des betreffenden Gliedes verbunden, dessen Spitze durchbohrt ist und eine kurze Chitinröhre in das Innere der Blase absendet. Die Blase selbst ist in zwei Theile getheilt, ein grösserer, innerer, und ein kleinerer, äusserer. Zwischen beiden besteht eine äusserste Trennungsschicht, welche von oben nach unten die ganze Blase durchzieht, aber näher dem Basaltheile eine kreisrunde Oeffnung besitzt, durch welche die beiden durch sie geschiedenen Innenräume der Blase in Verbindung stehen. Die Mündung liegt immer dem distalen Ende der äusseren Blase nahe. Die Natur der die Blase innen auskleidenden Zellen ist mir nicht klar geworden. Bei Anwendung sehr starker Vergrösserungen sieht man in vielen Zellen Körnchen und Tröpfchen, und ein Plasmanetz, das, sich mit den Ausläufern benachbarter 64 Die Pantopoden. Zellen verbindend, Maschenräume umgiebt, welche farblos und unterschiedslos daliegen. Eine Membran dieser Zellen war nicht zu erkennen, die verästelten Ausläufer zeigen ebenfalls Körnchen und Tröpfchen. Die Dimensionen der Blase sind bei den einzelnen Arten verschieden, am grössten erschienen sie mir bei den beiden Arten der Gattung Barana. Gewöhnlich ist ihre Länge mehr als dreimal so gross als ihre Breite, diese wiederum doppelt so gross als ihr grösster Tiefendurchmesser; es kommen aber auch geringere Unterschiede der einzelnen Dimensionen vor. Anfänglich glaubte ich in diesen Blasen Organe von unwesentlicher Function erkennen zu dürfen, da sie mir an die Existenz der Extremitäten II und III gebunden zu sein schienen. Da wo diese Extremitäten ausfallen, wie bei Phowichilus, Pycnogonum, Phowichilidium und Pallene, vermuthete ich auch diese Blasen fehlend. Erst nach geraumer Untersuchungszeit gewahrte ich aber, dass zwar die Extremität II bei diesen Gattungen unterdrückt sein mag, dass aber die Blase dadurch nicht in Wegfall geräth. Man findet sie nämlich an der Stelle wieder, wo die Einlenkung der Extremität stattgefunden haben würde. Bei Phowichilus, noch mehr bei Phowichilidium, sieht man einen kleinen Höcker neben der Schnabeleinlenkung, im Profil der Wandung des vordersten Rumpfsegmentes. In diesem Höcker mündet die Blase, welche im Innenraum des Segmentes befindlich ist, und dort wiederum von der Septalmembran umfasst und fixirt wird. Bei Pycnogonum ist es mir nicht gelungen, sie nachzuweisen, ebensowenig bei denjenigen weiblichen Formen, welche der Extremität III verlustig gegangen sind. Bei Pallene aber findet sie sich wiederum dicht neben der Einlenkung von Extremität I. Wie gesagt, habe ich keinerlei ausschlaggebenden Grund, diese Blasen für Excretions- organe zu halten; bedenkt man aber, dass sie in einer gewissen Parallele zu den Geschlechts- drüsen stehen, wie diese ihre Mündungen in den Extremitäten, und zwar in jenen haben, die keine Geschlechtsdrüsen führen, wie diese letzteren von der Septalmembran suspendirt getragen werden, so kann man, wie weiter unten näher ausgeführt werden wird, wohl an jene Beziehungen denken, die z. B. bei Anneliden zwischen Excretionsorganen und Geschlechtsorganen bestehen. Da sie, was auch durch Reduction aus den Extremitäten II und III werden mag, doch erhalten bleiben, so hat man auch wohl ein Recht, sie in thätiger Function sich vorzustellen ; — aber da uns alle unsre V orstellungen vom Functionszusammenhang solcher Organismen einstweilen völlig im Stich lassen, so mögen auch diese Organe zunächst nur bezeichnet und beschrieben, wennschon unerklärt bleiben. In den Larven von Ammothea, die noch nicht alle Beinpaare besassen, sind die Excretionsblasen bereits zu erkennen, dagegen habe ich sie nicht aufzufinden vermocht in den die Eischale verlassenden ersten Larven. ı Geschlechtsorgane und Entwicklung. Die Pantopoden sind streng zwiegeschlechtig, ihre Geschlechtsdrüsen paarig. Sowohl die Hoden (Taf. X Fig. 20 Hd.) wie die Ovarien (Taf. XV Fig. 10) liegen im Innern des Geschlechtsorgane und Entwicklung. 65 Körpers, in dem Winkel, welchen das Rückengefäss mit dem Darmschlauch bildet. In dieser Lage werden sie suspendirt gehalten von der Septalmembran, welche den Körper in eine obere und untere Abtheilung scheidet. Die beiderlei Drüsen sind einfach schlauchförmig mit Nebenschläuchen, welche in die Extremitäten IV—VII sich hineinbegeben, um darin entweder blind zu endigen, oder auch noch einen Nebenschlauch abzugeben, welcher die Mündung bildet. Dicht hinter dem Rückengefäss und vor der Wurzel des kleinen Abdomens verschmelzen dann aber die beiden Geschlechtsdrüsen, so dass sie eigentlich in Wahrheit unpaar sind. Aber offenbar ist diese Verschmelzung secundärer Natur. Nach vorn reichen die Schläuche beider- seits bis über die Basis des Schnabels, also auch über die Einlenkung der Extremität IV hinaus. Die histologische Beschaffenheit sowohl der Hoden wie der Ovarien ist sehr einfach. Ein Epithelbelag liegt einer Tunica propria an, um welche in kleinen Intervallen feine Muskelfäden sich herumziehen, welche den Schläuchen die Fähigkeit selbständiger Contractionen sichern. Die Eier entstehen durch einfaches Auswachsen dieser Epithelzellen, von der Entwicklung der Spermatozoen vermag ich nichts zu berichten. Die Hodenschläuche reichen aber nicht so weit in die Extremitäten hinein, als die Ovarialschläuche. Sie hören am Grunde des dritten Beingliedes auf, während die Ovarien immer bis in die Spitze des vierten vordringen, sogar bei C/otenia bis an die Spitze des sechsten sich erstrecken. Die Hodenschläuche erzeugen demgemäss auch die Hauptmasse der Sperma- tozoen an ihren im Körper liegenden Haupttheilen, während die Ovarien zwar bei Pycnogonum und Darana auch in den Hauptschläuchen reife Eier bilden, aber bei allen übrigen ausschliesslich, — so weit meine bisherigen Untersuchungen reichen — nur in den Beinen. Daher hatte sich auch der Glaube gebildet, es seien acht einzelne Ovarien bei den Pyenogoniden vorhanden. Die reifen Eier werden aber hauptsächlich im vierten Beingliede gebildet, demselben, welches bei den Männchen die Kittdrüsen trägt, ja bei mehreren Arten, wie z. B. bei Pallene, werden sie ausschliesslich in demselben beobachtet, und da sie bei dieser Gattung sehr gross sind, so hat dies Glied bereits eine entsprechende Zunahme seines Volums aufzuweisen, wodurch sich denn die Weibchen -von den Männchen leicht unterscheiden. Auch in den Beinen werden die Geschlechtsdrüsen von der Septalmembran festgehalten (Taf. X Fig. 21). Sie liegen ebenfalls den Darmschläuchen dicht an, so dass sie von deren Contractionen in Mitbewegung gezogen werden. Die Nebenschläuche gehen über den Darm- schläuchen in die Extremitäten, im zweiten Gliede senden sie dann den Ausmündungsschlauch in ziemlich rechtwinkliger Richtung über den Darmschlauch erst an die Hinterseite des Beines, wo er dann nach unten sich richtet, und an die Ausmündungsstelle sich inserirt. Bei beiden Geschlechtern sind diese Mündungen nach demselben Typus gebaut. Sie erscheinen oval, eine schmale Chitinleiste setzt die Beinwandung ab, umgreift aber nicht den ganzen Bezirk, sondern verschwindet an der Stelle, wo eine eigentliche Klappe die Oeffnung zuschliesst (Taf. II Fig. 7, S, Taf. IV Fig. 14. Diese Klappe erscheint gleichfalls oval und passt mit ihrem freien Rande gerade in den Rand der Mündung hinein. Sie wird durch einen besonderen Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 9 66 Die Pantopoden. Muskel nach innen geöffnet, dessen Fasern sich an ihren freien Rand inseriren und von der Unterseite der Beinwandung convergirend ausgehen. Blickt man näher hin, so ist in der That der hufeisenförmige Zwischenraum zwischen dieser Klappe und der zuerst beschriebenen Leiste die eigentliche Mündung, und die Leiste selbst läuft in sich zurück, indem sie an den Angel- punkten der Klappe umbiegt und den freien Rand derselben bildet. Auch ist der Geschlechts- schlauch dicht an diese Leiste, sowohl an den concaven, feststehenden, wie an den convexen, beweglichen Theil inserirt, während der Oeffnungsmuskel neben dieser Verbindungsstelle sich ansetzt. Sobald er sich nun verkürzt, wird die Klappe nach innen gezogen, faltet sich an ihren Angeln und öffnet so dem Inhalt der Ovarien oder Hoden den Ausweg. In der Nähe dieser Mündungen stehen bei Männchen und Weibchen Stacheln und besonders zahlreiche Hautborsten, wie sie oben beschrieben wurden, als dem Hautdrüsenapparat zugehörig (Taf. III Fig. 3, Taf. IV Fig. 14). Solche Mündungen finden sich nun bei den Weibchen, mit einer Ausnahme, an allen vier Extremitätenpaaren, und immer an derselben Stelle, an der Unterseite des zweiten Gliedes. Die Ausnahme bildet allein die Gattung Pyenogonum. Bei ihr findet sich nur am letzten Extremitätenpaar ein Paar Geschlechtsöffnungen, und noch dazu varürt es in der Lage. Bei P. littorale liegt es normal, bei P. rkinoceros ist es gegen den Hinterrand gerückt (Taf. XVI Fig. 3), bei P. pusillum aber sogar ganz auf die Ober- oder Rückenseite (Taf. XVI Fig. 8), so dass ich lange Zeit, da ich auf solche Lagen- veränderung nicht gefasst war, vergeblich nach ihnen suchte. Bei den Hodenmündungen treten grössere Verschiedenheiten auf. Kein Pantopode, so weit ich sie untersuchen konnte, besitzt an allen vier Extremitäten Hodenöffnungen, obwohl in alle vier sich Nebenschläuche der Hoden erstrecken. Die Extremität IV aber zeigt nirgends die Spur einer Oeffnung. Bei Phowichilus, Olotenia und bei einem Exemplar des Phowichilidium robustum sind aber noch drei Paar Hodenmündungen erhalten; bei Trygaeus, Ammothea, Pallene und den übrigen Phowichilidium-Arten tragen Extremität VI und VI Hodenmündungen, nur Pyeno- gonum hat auch hier die höchste Reduction erreicht und besitzt nur ein Paar Mündungen auf dem siebenten Extremitätenpaare. Die Gattung Ammothea ist dann noch ausgezeichnet durch den Besitz besonderer höcker- artiger Verlängerungen des betreffenden Beingliedes. Diese Höcker stehen nach hinten und unten ziemlich weit hervor, bewaffnet mit Dornen und Hautborsten. Die Hodenmündung befindet sich auf ihrer Spitze und gleicht hier, wie bei allen übrigen Arten, der Ovarialmün- dung, mit dem Unterschiede, dass sie bei weitem kleiner ist (Taf. III Fig. 7). Zu diesen directen Geschlechtsunterschieden gesellen sich nun noch secundäre. Nach Cavanna’s durchaus richtiger und sehr einflussreicher Entdeckung sind es die Männchen, welche die Eier tragen, bis die Larven zum Ausschlüpfen reif sind. Sonach findet sich auch kein reifes Männchen ohne die Eierträger, während diese Extremität vielen Weibchen fehlt. Dies letztere findet statt bei den Gattungen Phowichilus, Phowichilidium und Pyenogonum. Bei den Gattungen Ammothea, Trygaeus und Clotenia ist Extremität III der Weibchen immer Geschlechtsorgane und Entwicklung. 67 kürzer und schlanker, als bei den zugehörigen Männchen, bei Pallene schliesslich besitzt der männliche Eierträger einen characteristischen Höcker am Ende des fünften Gliedes, welcher der gleichnamigen Extremität des Weibchens fehlt (Taf. XIV Fig. 6, 13). “ Alle reifen Männchen sind sofort an den Kittdrüsen zu erkennen, welche, wie darge- stellt, den Weibchen völlig abgehen, die ihrerseits wieder durch die leicht kenntlichen Ovarial- schläuche sich auszeichnen. Bei vielen Pantopoden ist ferner der Körper wie die Grundglieder der Extremitäten IV—VII bei den Männchen mit besonderer Höcker- und Dornbildung ausgezeichnet. So besonders bei den Arten der Gattung Ammothea, wo beträchtliche Unterschiede auf diese Weise hervorgerufen werden, deren Unkenntniss vielfach die Artunterscheidung in Verwirrung bringt. Auch bei Trygaeus und einigermaassen bei Pallene machen sich derartige Unterschiede, wenn auch in viel schwächerem Maassstabe bemerklich, worüber die einzelnen Artbeschreibungen das Speciellere bringen. Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass im Allgemeinen der weibliche ausgewachsene Pantopodenkörper grösser ist, als der männliche, ein Unterschied, der wohl auf den erforder- lichen grösseren Raumgehalt für die reifenden Eier zurückzuführen ist. Die Geschlechtsproducte selbst lassen keine besonderen Merkwürdigkeiten erkennen. Die Spermatozoen (Taf. IV Fig. 15) haben stäbchenförmige Köpfe mit ziemlich langen, mitunter gespaltenen Schwänzen; ihre Bewegungen sind lebhaft. Wie sie entleert werden, wo sie die Eier treffen, das habe ich nicht ergründen können, es ist mir aber nicht unwahr- scheinlich, dass sie in die Ovarialschläuche eindringen, und dass dieses Umstandes halber auch die Geschlechtshöcker bei Ammothea ausgebildet worden sind. Die Eier sieht man in allen Entwicklungsstadien im Innern der Ovarien (Taf. XI Fig. 1, Taf. XIV Fig. 21), hauptsächlich, wie schon erwähnt, im vierten Gliede der Extremi- täten, wo sie in mehrfachen Schichten und langen Reihen neben einander liegen, doch sind es immer nur diejenigen Epithelzellen, welche zu Eiern ausreifen, die der inneren Seite des Ovarialschlauches angehören, also die dem Darmschlauch anliegenden. Sie wachsen allmählich so stark, dass sie das Lumen des Schlauches nicht nur ausfüllen, sondern auch noch zu Follikeln ausstülpen, wobei es denn oft genug aussieht, als sässe die Eizelle mittelst eines Stieles dem Ovarialschlauche von aussen an, umgeben von den Wandzellen des Follikels. Die Zahl der Eier, welche zu gleicher Zeit reif werden, habe ich nicht an irgend einer Art feststellen können, ebensowenig, ob die Eier eines Weibchens ausschliesslich demselben Männchen übergeben werden oder nicht. Vergleicht man in dieser Beziehung die Pantopoden mit den Lophobranchiern, so ergibt sich der wesentliche Unterschied, dass die sämmtlichen Eier der letzteren alle auf demselben Entwicklungsstadium angetroffen werden, und nur eine Masse ausmachen, während die der Pantopoden gewöhnlich in mehreren Päckchen an den Beinen der Männchen haften und in ihrem Entwicklungsgange verschiedene Stadien repräsen- tiren. Es kommen bis zu acht verschiedene Packete von Eiern an den Eierträgern der Männchen vor, und zu gleicher Zeit und neben einander auskriechende Larven wie eben abgelegte Eier. g9* 68 Die Pantopoden. Die einzelnen Packete beherbergen eine sehr verschiedene Zahl von Eiern; ich habe bei manchen an hundert und mehr Eier in demselben Packet gezählt, während andere weniger als die Hälfte enthalten. Ein tüchtig beladenes Männchen kann an tausend Eier tragen. Man findet aber, wie es scheint, auch in dieser Function einigermassen constante Unter- schiede. So habe ich bei Pyenogonum littorale, oder vielmehr bei der von mir ursprünglich als P. littorale angesehenen, vom Clyde herstammenden Art immer nur eine einzige Masse von Eiern angetroffen, welche gemeinschaftlich von beiden Eierträgern gehalten und getragen wird. Dasselbe glaube ich von den beiden Arten der Gattung Barana behaupten zu dürfen; ingleichen hat mir die Untersuchung von Phowichilus (Taf. XI Fig. 5) keinen andern 'Thatbestand gelehrt. Bei Phowichilidium schwankt es; Ph. angulirostre (Taf. XII Fig. 3) zeigt eine einzige von beiden Eierträgern gehaltene Eiermasse, während Ph. longicolle sechs bis acht Massen an einem Eier- träger allein tragend gefunden wird. Die Gattung Ammothea (Taf. IV Fig. 12) hat immer eine Mehrzahl von Eierklumpen, ebenso Clotenia, von Trygaeus habe ich darüber keine Notizen gesanimelt. Ganz vereinzelt steht in all diesen Beziehungen die Gattung Pallene (Taf. XIV Fig. 10) wegen ihrer geringen Zahl, aber sehr beträchtlich grossen Eier. Auch sie zeigt Eier von sehr verschiedenen Entwicklungsstadien an denselben Eierträgern, gewöhnlich indess haften nur zwei Eier in derselben Kittmasse und werden in der Weise getragen, dass der Eierträger zwischen beiden Eiern die Kittmasse durchbohrt. Da aber das Loch der Kittmasse, durch welches der Eierträger dringt, bedeutend grösser ist, als der Durchmesser des Eierträgers selbst, und sich nicht eng demselben anschliesst, so ist zu vermuthen, dass bei der Erstarrung der Kittmasse dieselbe sich zusammenzieht. Die Kittmasse selbst ist natürlich structurlos, sie wird durch keine Reagentien ange- griffen oder aufgelöst. Auch färbt sie sich nicht, während sie gestattet, dass der Farbstoff durch sie hindurchdringt und den Eiinhalt färbt. Wie es scheint, werden übrigens die Eier- massen nachträglich umgossen von der Kittmasse, da man sehr wenig von ihr im Innern eines Eierklumpens antrifft, bei vielen Arten aber — nicht bei allen — einen ziemlich dicken äusseren Ueberzug der ganzen Masse, welcher auch dann noch bestehen bleibt, wenn schon die Larven auszukriechen beginnen, so dass man nicht selten bei gehärteten Exemplaren Durchschnitte erhält, deren äussere Kittschicht noch intact ist, während im Innern lauter Larven sich befinden. Greift dann auch die Durchlöcherung und Durchbrechung der äusseren Kittschicht Platz, so bleiben doch die Larven noch geraume Zeit beisammen und man findet sie an dem Körper und den einzelnen Extremitäten des sie tragenden Männchens umherkriechend. Ueber die Entwickelung im Eie habe ich wenig oder gar keine genaueren Angaben zu machen. Das Object ist sehr ungünstig, um daran irgend welche werthvolleren Angaben gewinnen zu können, und was zu phylogenetischen Schlüssen verwerthbar wäre, fängt eigent- lich erst mit der Larve selber an (Taf. I Fig. 13, Taf. IV Fig. 16, Taf. XI Fig. 16—20, Taf. XII Fig. 9). Geschlechtsorgane und Entwicklung. 69 Dieselbe ist in allen Fällen, — mit alleiniger Ausnahme der Gattung Pallene — ein kleines, blasenförmiges, mit drei Extremitätenpaaren ausgestattetes, schwerfälliges Geschöpf, welches eine oberflächliche Aehnlichkeit mit der Crustaceenlarve, dem vielberufenen Nauplius, besitzt, aber in allen wesentlichen Eigenschaften durchaus von ihm verschieden ist. Eine äusserlich wahrnehmbare Gliederung besitzt die Pantopodenlarve ebensowenig wie der Nauplius, ihre Gestalt ist aber quadratisch oder kugelig, selten länglich oder oval. Auf der Rückenseite ist sie glatt, ohne andre Erhebungen oder Senkungen, als sie durch das obere Schlundganglion mit den Augen hervorgebracht werden, welche eine leichte Erhöhung dar- stellen, hinter welcher eine ebenso leichte Senkung sich findet, wie es scheint, verursacht durch die an dieser Stelle stattfindende Insertion der Extremitäten- und Schnabelmuskulatur. Auf der Unterseite aber verursacht die Insertion des Schnabels eine Veränderung. Der Schnabel ist nicht identisch geformt oder gerichtet bei den einzelnen Arten; so ist er im Verhältniss ausserordentlich gross bei den kleinsten Larven, denen der Gattung Phowichilidium, während er nur klein bei Barana und Ammothea ist, und zwischen beiden die Mitte haltend bei Phowi- chilus. Seine Richtung auf die Längsaxe des Körpers ist auch bei verschiedenen Arten ver- schieden; bei Phowxichilus steht er etwas senkrechter, als bei Ammothea, obschon bei den erwachsenen Thieren gerade das umgekehrte der Fall ist. Doch sind dies Unterschiede, auf welche wohl wenig Gewicht zu legen ist, es sei denn, dass grössere Kenntniss der ganzen Gruppe erlaubt, auch hier wegweisende Beziehungen phylogenetischer Art aufzudecken. Von Bedeutung aber ist die innere Organisation der Larven und die Gestaltung ihrer Gliedmaassen. Was zunächst die letztere angeht, so scheint allen gemeinsam die Ausstattung der vor- deren Extremität mit einer Zange zu sein, welche unmittelbar übergeht in die Zange, die wir bei allen Pantopoden auch noch in späterer Zeit wiederfinden, die freilich zuletzt bei einem grossen Theil rudimentär, oder mit der ganzen Extremität I abgeworfen wird. Die Bedeutung dieser Zange für die Larve ist aber um so grösser, als die beiden andern Extremitäten aus- schliesslich zum Klettern und Kriechen geeignet scheinen und dazu wohl auch ausschliesslich verwendet werden. Sie ist sehr leicht beweglich und mit kräftiger Muskulatur versehen, und da die ganze vordere Extremität sowohl nach oben wie nach unten bequem zu richten ist, so dient wahrscheinlich die erste Extremität zur Ergreifung der Nahrung ebenso sehr, wie zur - Vertheidigung. Das Grundglied derselben ist von sehr beträchtlicher Grösse, von doppelt so starkem Durchmesser als derjenige der beiden andern Extremitäten. Kräftige Muskulatur zeichnet es gleichfalls aus. Die Länge der ganzen Extremität I ist ungefähr dieselbe wie die des Körpers, und da sie der Längsaxe desselben parallel eingelenkt ist, so lässt sie den Körper länger erscheinen, als er ist. Auf der Mittellinie des Rückens, vor der Schnabeleinlenkung stossen beide Extremitäten nahe aneinander, doch unterscheiden sich die einzelnen Arten in der mehr oder weniger grossen Strecke der Körperwand, die beide trennt. Die wesentlichsten Unterschiede dieser Extremität treten aber bei einer Einrichtung auf, 70 Die Pantopoden. die mir anfänglich grosse Schwierigkeiten des Verständnisses bereitete. Schon bei meiner ersten Bearbeitung der Pycnogoniden bemerkte ich in dem Basalgliede der ersten Extremität einen merkwürdigen Körper, über dessen feinere Organisation ich ebenso in Zweifel blieb, wie über seine Function. Ein Körper von umgekehrt herzförmiger Gestalt (Taf. IV Fig. 16 H. D., Taf. XI Fig. 185 H. D.) lag nämlich im Innenraum dieses Gliedes; seine herzförmig ausgeschnittene Basis gegen den Körper der Larve, seine Spitze gegen das obere Glied gerichtet, aber mehr in diagonaler Richtung vom Innenwinkel der Basis zum Aussenwinkel der Spitze. Hier befand sich bei den meisten Larven ein beweglich eingelenkter, gekrümmter hohler Stachel, der von der Basis zur Spitze sich verschmälerte und in seinem Innern eine zweite Röhre trug, welche sich nach innen in die Wandung der Spitze jenes herzförmigen Körpers fortsetzte, — woraus denn wohl zu folgen schien, dass dieser ganze merkwürdige Apparat eine Drüse sei. Ihre eigentliche Natur und Herkunft wurde mir aber früher nicht klar. Durch die erneute Untersuchung des Pantopodenkörpers bin ich nun aber etwas weiter gekommen. Vermag ich auch über die Function dieser Drüse nichts Bestimmtes anzugeben, so bin ich doch klar darüber geworden, von welcher einfacheren Bildung sie abzuleiten ist. Sie ist nämlich nichts als eine eigenthümlich modifizirte, dem Larvenleben ausschliesslich zukommende Hautdrüse, in allem Wesentlichen so gebaut, wie die Hautdrüsen der erwachsenen Pantopoden, wie sie oben beschrieben wurden. Der Drüsenkörper besteht aus mehreren Zellen, welche einen körnigen Inhalt und je eine mächtige Vacuole einschliessen, welche letzteren an der Spitze der Drüsen, umgeben von einer dünnen Schicht Zellinhalt, liegen. Die Fortsätze der Zellmembranen verschmelzen zu der inneren Röhre des beweglichen, stachel- artigen Ausführungsganges, welcher letztere eben eine Cuticularbildung der Körperwandung ist. Die Gestalt und Grösse dieses Stachels ist bei verschiedenen Arten und Gattungen verschieden. Bei Ammothea (Taf. IV Fig. 16) findet sich ebenso wie bei Olotenia eine mässig gebogene Röhre, welche bis über die Basis der Zange von Extremität I, mitunter auch über ihre Spitze hinausreicht. Bei Phowichilus (Taf. XI Fig. 18) ist dieser Stachel eigenthümlich abgeplattet, die Mündung liegt nahe seiner Basis, und von ihr aus ist der Stachel nur noch eine Halbrinne, oder eigentlich auch nicht einmal dies, sondern eine abgeplattete, schwertförmig gekrümmte Verlängerung des kurzen röhrenförmigen Basalstückes. Bei Barana Castelli (Taf. I Fig. 13) dagegen findet sich ein ausserordentlich langer, rankenförmig geschwungener Dorn, der mehr als doppelt so lang ist, als der Körper inel. der Extremität I. Damit man aber wieder nicht dazu gelangen könne, diese Verschiedenheiten als tiefer greifende zu behandeln, zeigt sich gleich bei Barana arenicola die Abwesenheit jedes solchen Dorns oder Stachels, ob rankenförmig oder einfach röhrenförmig. Wohl aber ist die Drüse beiden gleichmässig zukom- mend, aber weder bei der einen noch bei der andern war ich im Stande, etwas über den Ausführungsgang zu eruiren. Die Basalpartie des rankenförmigen Dorns der Barana Castelli- Larve ist breiter als der übrige Theil und trägt kleine Fiderhärchen, welche auch an den langen Krallen der beiden andern Extremitäten sich finden. Und wie dieser Unterschied der beiden Larven besteht, so existirt auch ein andrer, den ich gleich erwähnen will. Die langen Geschlechtsorgane und Entwicklung. 71 Krallen der beiden hinteren Fxtremitätenpaare tragen auf der inneren concaven Seite bei den meisten Arten eine kleine Zacke, welche beweglich scheint. Dieselbe ist bei Darana Castelli ganz kurz, ja wirklich nur eine kleine Zacke, bei Barana arenicola dagegen ein fast halb so langer Stachel, oder Nebenkralle, wenn man es so nennen will, als die Hauptkralle. Und da ich nun einmal dabei bin, mit Nachdruck auf die schwankende Natur fast aller zur Art- unterscheidung allenfalls heranzuziehender Charactere hinzuweisen, so will ich auch gleich betonen, dass der Schnabel der Larve von Barana Castelli ziemlich kurz und in der Weise der Ammothea-Arten gestaltet ist, während derjenige von Barana arenicola schmal und lang ist. Die Larve von Phozichilidium longicolle, die einzige dieser Gattung, welche ich kennen gelernt habe, zeigt ebenso wenig eine Spur von jenem Stachel oder Dorn, wie Barana arenicola, wohl aber lässt sich die Ex;stenz jener Drüse bestimmen. Die beiden andern Extremitätenpaare der Larve sind sich durchaus ähnlich. Das vordere ist neben der Wurzel des Schnabels eingelenkt, das hintere nicht weit davon, aber nicht etwa als Ausstülpung des Hinterrandes des Körpers, vielmehr auf einer Querlinie, welche diesen Hinterrand unberührt lässt. Der Gestalt nach sind beide Extremitäten cylindrisch, zweigliedrig und mit einer ausser- ordentlich langen Kralle oder Klaue ausgestattet. Das Grundglied ist an der Unterseite des Körpers befestigt, d. h. eine Art Ausstülpung desselben. Je nach den Arten sind die Glieder verschieden lang. Auf der Rückenseite des ersten befindet sich regelmässig ein ziemlich langer Dorn, welcher bisweilen steif, bisweilen rankenförmig biegsam ist, dessen Länge auch ver- schieden bei verschiedenen Arten ist. Mitunter fehlt er aber, so u. a. bei der Larve von Phowichilidium longicolle. Die Kralle dieser beiden Extremitäten ist ein merkwürdiges Gebilde. Gemeiniglich ist sie ebenso lang, als die beiden Glieder zusammengenommen; es ist aber nicht selten, dass sie länger ist. Sie ist immer gebogen, so dass ihre Oberseite convex, die Unter- seite concav ist. Meist auf der halben Länge der letzteren findet sich eine Nebenkralle in Gestalt einer Zacke oder eines langen schmalen Zahns oder Stachels. Dieser Zahn ist je nach der Art verschieden lang. Die Spitze der Kralle zeigt ihrerseits wieder interessante Ausbil- dung. Bei vielen ist sie mit einem ganz kleinen, aber sehr spitzen, pfriemförmigen Zähnchen ausgestattet, bei andern wiederum, wie bei Ammothea magnirostris, ist sie an der Spitze etwas verbreitert, aber zugleich ist diese verbreiterte Platte ausgerandet, so dass eine doppelte Zahn- bildung zu Stande kommt (Taf. VI Fig. 10, 11). Der Sinn dieser Bildungen ist offenbar, der Kralle die Möglichkeit des Festhaltens beim Kriechen und Klettern zu gewähren. Ganz von dieser Bildung abweichend ist wiederum die Gestalt der Krallen bei der Larve von Phowichilidium longicolle. Die Krallen sind hier zu ausserordentlich langen, vielfach aufgerollten Ranken geworden, deren Länge, wäre sie in gerader Linie gemessen, die des Körpers der Larve wohl 20—40mal überträfe. Keinerlei specielle Dorn- oder Zackenbildung findet sich bei diesen Ranken, auch entbehren die Grundglieder der betreffenden Extremitäten des kleineren rankenförmigen Dorns. Sind jene Krallen zum Kriechen und Klettern besonders günstig gestaltet, so scheint 72 Die Pantopoden. im Gegentheil die Umgestaltung zu den ausserordentlich langen Ranken der Larven von Phowxichilidium darauf zu beruhen, diese Larven an einer bestimmten Stelle festzuwickeln, — und das steht denn wohl mit der eigenthümlichen Lebensweise dieser Larven im Zusammen- hang, die nachher besprochen werden wird. Die innere Organisation der Pantopodenlarve bietet mehrfache bemerkenswerthe Punkte. Ich erwähne zunächst, dass der Schnabel bereits im Ei die vollständig dreitheilige Anlage offenbart, am entschiedensten durch die ausserordentlich deutliche Anlage der drei grossen Schnabelganglien (Taf. XI Fig. 18, 19). Auch werden schon im Ei die ersten Anfänge des Reusenapparates wahrgenommen, ebenso wie auch schon an der Muskulatur die dreitheilige Disposition zu erkennen ist. Von den eigentlichen Lippen ist noch nichts zu erkennen, wohl aber gewahrt man bei den meisten Larven eine Umbiegung der Chitinwand des Mundes und eine zahnartige Spitze derselben an dem oberen Antimer. In frühen Entwicklungsstadien erkennt man deutlich, dass die ganze Schnabelgerüstbildung, wie das auch nicht anders zu erwarten war, als Einstülpung der Embryonalwand zu Stande kommt (Taf. XI Fig. 17), — woraus denn an sich schon die Haltlosigkeit der Vermuthung folgt, man habe es bei dem Pantopodenschnabel, ähnlich wie bei manchen andern Arthropoden, mit einer aus verschmol- zenen Mundgliedmaassen herrührenden Bildung zu thun. Der eigentliche Darm offenbart nicht von vornherein die Charactere, welche ihn später in so hohem Maasse auszeichnen. Die Ausstülpungen, welche er freilich schon andeutet, gehen noch nicht über den Innenraum des Körpers hinaus, setzen sich noch nicht als Schläuche in die Basis der Extremitäten fort. Nur in die erste Extremität begibt sich eine distinctere Ausstülpung, welche dicht an den herzförmigen Drüsenkörper angrenzt, den wir eben als eine von den Hautdrüsen abzuleitende Bildung erkannt haben. In die beiden andern Extremitäten begeben sich keine Ausstülpungen, wohl aber wird die Darmwandung durch Bindegewebs- stränge dicht neben ihnen an der Körperwand festgeheftet. Dasselbe geschieht auch an dem Hinterrand des Larvenkörpers, wo später durch Ausstülpung die neuen Gliedmaassen sich bilden. Die Darmwandung zeigt nichts besonders Bemerkenswerthes. Die Zellen sind noch nicht frei flottirend, obschon kein reines Pflasterepitel, sondern an vielen Stellen in das Innere vorragend. Besonders auffallend aber ist es, dass ein After überhaupt nicht wahrzunehmen ist. Nun muss zwar zugegeben werden, dass die Untersuchung hier mannigfaltigen Schwierig- keiten begegnet, da frühzeitig eine beträchtliche Querrunzelung der Chitinschicht der Körper- wandung auftritt, welche die scharfe Beobachtung sehr erschwert und wohl eine so feine Spalte, wie die, auf welche man allein zu rechnen hätte, dem Auge entziehen dürfte. Ausser- dem ist es schwer, zu unterscheiden, ob innerhalb der Bindegewebsstränge, welche den Darm an die Hinterwand befestigen, nicht eine feine Verbindung der Körperwand mit der Darmwand selbst bestehe. Aber bei Stadien, welche die erste Häutung durchgemacht haben, und welche zeigen, dass ihr Resultat eine Freisetzung der eben erwähnten Querrunzeln ist, also eine sackförmige Verlängerung des hinteren Körperabschnittes, findet sich doch noch kein After, - Geschlechtsorgane und Entwicklung. 73 obschon grade diese sackförmige Verlängerung mit Recht als die erste Anlage jenes stummel- förmigen Hinterleibes zu betrachten ist, den die Pantopoden nachher erkennen lassen. An der Körperwand selber bemerkt man schon Hautdrüsen und die dazu gehörigen gabelförmigen Hautborsten. Zwischen Darm- und Körperwand gleiten bereits Blutkörperchen, oder wenigstens jene unbestimmten Zellkörper einher, von denen oben gesprochen worden; die Muskeln bestehen aus einfachen Bündeln, welche zumeist vom Mittelpunkt des Rückens ausgehen und sowohl an die Basis des Schnabels, durch den Schlundring, als auch an die Grundglieder der Extremitäten gehen. Das Nervensystem schliesslich zeigt ein unpaares kugliges oberes Schlundganglion und zwei Ganglienpaare an der Bauchseite. Letztere zeigen deutlich die paarige Anlage, sie berühren sich zwar in der Mittellinie, aber sie sind doch durch tiefere Einbuchtung am Vorder- und Hinterrand als aus zwei getrennten Theilen bestehend zu erkennen. Das zweite Ganglion zumal erscheint häufig völlig getrennt in ein rechtes und ein linkes; Längscommissuren zwischen oberem und unterem Schlundganglion sind kräftig entwickelt, ebenso erkennt man ganz kurze Längscommissuren zwischen den beiden Bauchganglien. Die Nerven, die von den Ganglien ausgehen, lassen sich ziemlich deutlich erkennen; vom oberen Schlundganglion wird die vorderste Extremität und das obere Antimer des Schna- bels innervirt, von den Bauchganglien die beiden hinteren Extremitäten. Wie schon erwähnt, sind die Schnabelganglien schon im Embryo sehr deutlich und verhältnissmässig sehr gross angelegt, eine Zweitheiligkeit des oberen Schnabelganglions habe ich nicht wahrgenommen. Die Augen entstehen als zwei kuglige, nach innen gerichtete Vorwölbungen der Hypo- dermis; gemeiniglich berühren sie sich mit ihren einander zugekehrten kugligen Flächen, welche bräunlich pigmentirt sind; es kommt aber auch vor, dass ein beträchtlicher Zwischen- raum zwischen ihnen bleibt, und dass sie seitlich und also von einander getrennt auf dem oberen Schlundganglion ruhen. \ Die weitere Entwicklung dieser Larven erfolgt nun durch Zunahme von Segmenten am hinteren Körperende. Diesen Process im Einzelnen zu beobachten, ist sehr schwer; die Larven sind so ausserordentlich klein, dass sie in dem Gewirr von Algen und Hydroiden, welches den Pantopoden meist als Aufenthaltsort dient, nur äusserst selten aufzufinden sind, -und von Züchtung ist erst recht keine Rede. Ich muss mich daher auf die folgenden Angaben beschränken. Das erste Zeichen der beginnenden Neubildung von einem Segmente ist eine Aussackung des Darmkanals hinter der letzten Larvenextremität, welcher sich eine Aussackung der Kör- perwand anschliesst. Dieselbe findet statt an der Stelle, wo der Darmcanal jederseits am Hinterrande des Körpers mit einem Bindegewebsstrange befestigt ist. Gleichzeitig bemerkt man eine Verdickung der Hypodermis an der Bauchseite, welche die Einleitung zu einem neuen Ganglienpaare darstellt. Ferner runzelt sich die Cuticula am hinteren Körperende, und Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 10 74 Die Pantopoden. überall an der Hypodermis zeigt sich ein gesteigerter Ernährungsprocess durch Erfüllung der einzelnen Zellen mit glänzenden Kügelchen. Dies letztere ist die Vorbereitung zur Häutung. Sobald dieselbe stattgefunden hat, ist auch die neue Extremität deutlicher vom übrigen Körper gesondert; die doppelte Ausstülpung — der Körper- und Darmwandung — ist selb- ständig geworden, man erkennt die Anlage einer Kralle an der Spitze der Aussackung. Die bisherigen Extremitäten erleiden anfänglich keine Veränderungen. Erst bei weiterer Zunahme des Körpers an Länge, bei Wiederholung des eben beschriebenen Segmentbildungsprocesses nehmen auch sie an den Veränderungen Antheil. Zunächst ist eine Zunahme an Stachel- und Dornbildung zu verzeichnen, welche bei der vordersten und der zweiten Extremität eintritt. Dann verlängert sich die vorderste bei gleichzeitiger Zunahme ihres Durchmessers, Verstärkung ihrer Zange und ihrer Muskulatur, obwohl sie relativ im Verhältniss zum Wachsthum des ganzen Körpers nicht grösser, sondern eher kleiner wird. Hand in Hand mit diesem Process geht die Rückbildung der merkwür- digen Hautdrüse, welche anfänglich fast den ganzen Innenraum des Grundgliedes einnahm. Der äussere röhrenförmige Stachel, in welchem sie ausmündet, wird bei einer späteren Häutung abgeworfen, an seiner Stelle zeigt sich meist ein gewöhnlicher Stachel. Der Darmsack, welcher anfänglich nur bis an die Basis der Hautdrüse reichte, erstreckt sich jetzt weiter in den Innenraum der Extremität hinein. Die zweite Extremität nimmt geringeren Theil an dem Wachsthum als die erste; die einzigen Veränderungen, die bemerkbar sind, werden durch die Anlage und Ausbildung einer Anzahl von Stacheln hervorgebracht, die an der Spitze und an der inneren Seite des Endgliedes erscheinen und sehr rasch die Grösse der ursprünglichen Kralle erreichen, welche ihrerseits an Grösse nicht zunimmt, wennschon der ganze Körper wächst. Die dritte Extremität schliesslich nimmt überhaupt keinen Theil an der weiteren Entwicklung, sondern wird immer kleiner und unbedeutender, je grösser der Körper durch Ausbildung neuer Segmente und Gliedmaassen wird. Ihre Kralle schrumpft zusammen, wird kurz kegelförmig, ihre beiden Glieder verschmelzen zu einem einzigen, und schliesslich erkennt man den Rest der ganzen Extremität als eine kleine Vorragung zwischen der Basis des Schnabels und der nun schon beträchtlicher herangewachsenen Extremität IV. Bei den verschiedenen Arten werden nun verschiedene weitere Entwicklungswege einge- schlagen. Diejenigen, welche Extremität II ganz unterdrücken, wie Phowichius, zeigen noch die Spur davon, wenn auch schon Extremität VII angelegt ist (Taf. XI Fig. 21, 24). Ebenso lange gewahrt man Extremität III. Ihre relative Grösse nimmt aber immer mehr ab, und schliesslich verschwinden beide, lassen aber eine ganz kleine Hervorragung übrig, neben welcher entweder nur das Excretionsorgan ausmündet, oder später der Eierträger seine auf- steigende Entwicklung beginnt. Anders dagegen entwickelt sich Ammothea. Extremität Il verschwindet nie völlig, sie wirft nur die Kralle ab, an deren Stelle ein einfacher Stachel auftritt (Taf. VIII Fig. 7, 9). Ihre Basis füngt dann an stärker auszuwachsen; gerade da, wo die bisherige Extremität in den Geschlechtsorgane und Entwicklung. 76) Körper überging, tritt das Excretionsorgan auf, das also einen festen Punkt leiht zur topo- graphischen Bestimmung. Aus den vor ihm liegenden beiden Urgliedern werden allmählich durch innere Gliederung alle diejenigen, welche auch bei der ausgewachsenen Extremität sich vor der Mündung des Excretionsorganes finden, also die kleineren 4—5 Glieder der Spitze, während die proximalwärts von der Excretionsorganmündung sich findenden Glieder aus Elementen der sich weiter ausstülpenden Körperwand hervorgehen. Extremität III nimmt ebenso wie bei Phowichilus in ihrer ursprünglichen Larvengestalt allmählich ein Ende; an manchen Stadien erkennt man noch einen kleinen Höcker mit einer kurzen, kegelförmigen Kralle, — bald auch verschwindet diese. Bei Phowichilus erscheint dann aber im männlichen Geschlecht — und das ist frühzeitig hieran kenntlich — eine neue Ausstülpung der Körperwand gerade an der Stelle, an welcher eine ring- oder hufeisenförmige Chitinleiste den Platz andeutet, an welchem die Larvenextre- mität III gesessen hat. Dieselbe wächst mit abgerundeter Spitze, an welcher mitunter noch eine ganz geringfügige kleine Kralle gesehen wird, sackförmig nach der Seite aus (Taf. XI Fig. 6, 7), so dass das Wachsthum beider Eierträger ein entgegengesetzt gerichtetes ist. In dieser Richtung beharren beide ziemlich lange Zeit, bis erst spät zuerst eine Krümmung des distalen 'Theils nach vorn und oben, dann noch später eine Beugung des proximalen Theils nach unten und hinten eintritt. Bei Ammothea erfolgt die Anlage des definitiven Eierträgers bei beiden Geschlechtern in derselben Weise, indem nach dem Schwund der ursprünglichen Larvenextremität die Kör- perwandung sich von neuem ausstülpt, aber gleich in der Richtung nach vorn und oben, so dass der fast vollkommen angelegte Eierträger mit seiner Spitze zwischen der Wurzel von Extremität II und IV nach oben über die Rückenwandung hervorragt (Taf. V Fig. 6, 7, S). Erst wenn die distalen Glieder zur Anlage der eichenblattartigen Zacken sich bereiten, erst dann richtet sich der Eierträger auch bei dieser Gruppe nach unten und hinten. Auf diese anfängliche Wachsthumsrichtung nach vorn und oben und ihre später ein- tretende Umkehr ist darum Gewicht zu legen, weil dieselbe andeutet, dass von Anfang an die Extremität III nicht in der Weise getragen wurde, wie die heutigen Pantopoden sie tragen, sondern in derselben Haltung, wie die Extremitäten I’—VII Für die Berechnung der Functionswechsel, welche aus dieser Extremität den Eierträger machten, ist das von Bedeutung. Die weitere Entwicklung der neu sprossenden Extremitäten IV’—VII geht überall auf dieselbe Weise vor sich. Leider fehlt an diesen Extremitäten der topographisch feste Punkt, den wir bei II und III finden, die Ausmündungsstelle des Exeretionsorganes, sonst liesse sich mit mehr Sicherheit feststellen, welche Glieder durch primäre Ausstülpung der Körperwand, welche erst durch secundäre, am bereits ausgestülpten Gliede selbst geschehene Gliederung ihren Anfang nehmen. Dennoch konnte ich bei Neopallene feststellen, dass Gl. 7 durch Abglie- derung vom Tarsus und Gl. 4 und 5 durch Scheidung des dem späteren sechsten vorangehenden Gliedes zu Stande kommen (Taf. XV Fig. 14, 15); während nämlich bei einer Larve Extr. V bereits 102 76 Die Pantopoden. aus 9 Gliedern besteht, zeigt Extr. VI nur 7 Glieder; vergleicht man beide mit einander, so gewahrt man bald, dass der Tarsus von VI bei nächster Häutung Gl. 7 abgeben und dass aus Gl. 4 sich Gl. 4 und 5 herstellen werden. Sollte meine Vermuthung zu Recht bestehen, dass die Excretions- organe von Il und Ill mit den Geschlechtsorganen ursprünglich einer und derselben Anlage ent- spriessen, so würde daraus ein anderer Gliederungsprocess für IV— VII angenommen werden müssen, als bei jenen, — worüber indess auf Grund bisheriger Beobachtungen kein Urtheil zu fällen ist. Die Differenzirung der einzelnen Glieder und ihre allmähliche Ueberführung in die definitive Gestalt beruht auf verschiedener Streckung derselben und auf allmählicher Zunahme an Bewaffnung. Sehr früh. ja fast schon bei dem Beginn der Ausstülpung tritt die Anlage der späteren Kralle auf; die Nebenkrallen dagegen treten erst später dazu und gehen hervor aus terminalen Dornen der Tarsalglieder selber, welche von Anfang an nicht grössere Bewafl- nung zeigen, als die Larvenextremitäten, aber mit jeder weiteren Häutung mehr gewinnen. Die Ausrüstung mit einem besonderen Haken, wie ihn vorzüglich die Gattung Phowichilidium besitzt, sowie die Bildung der grossen gekrümmten Basaldornen des Tarsus sind auf Umbildung und Vermehrung ursprünglich einfacher Dornen zurückzuführen. Von der oben beschriebenen Entwicklungsweise der Larven gibt es aber zwei bemer- kenswerthe Ausnahmen. Die eine findet sich bei der Gattung Phowichilidium , die andere bei Pallene. Zunächst wollen wir Phowichilidium betrachten. Schon bei der allgemeinen Beschreibung der Larvengestalt ward erwähnt, dass die Larve von Phowichilidium sich durch mehrfache Eigenthümlichkeiten auszeichnete. Zunächst ist sie ausserordentlich klein, der Schnabel aber sehr gross, halbkugelförmig und mit breitester Basis dem Körper aufsitzend. Die vordere Extremität hat keinen zum Ausführungsgange der grossen Hautdrüse umgewandelten Stachel an der Spitze des ersten Gliedes. Die Extremitäten II und III tragen keine Klauen wie die Larven der andern Arten, sondern ausserordentlich lange, aufgerollte Ranken. Diese kleinen Larven erleiden nun eine merkwürdige Umgestaltung. Sie verlieren nämlich sehr früh jede Spur der Extremitäten II und Ill. Dies würde sehr widersinnig sein, da ja bei den andern Larven ihre Fortbewegung auf dem Vorhandensein dieser Extremitäten beruht. Es begreift sich aber bei den Phowichilidium-Larven, wenn man ihre Existenzweise in Betracht zieht. Dieselben leben nämlich in der Verdauungshöhle von Hydroidpolypen, wo sie zuerst von GEGENBAUR und HopcE aufgefunden wurden. Wie sie in dieselben hineinge- rathen, ist weder den früheren Autoren noch mir zu beobachten gelungen. "Trotz angestrengten Suchens nach Hydroidpolypen, welche von Phowichilidium als Wohnplätze benutzt würden, habe ich nur einen solchen Fall an Podocoryne carnea gefunden, welche auf Steinen und Schneckenhäusern ziemlich häufig ist, habe aber leider niemals andre Stadien des darin vorkommenden Phowichilidium exiguum angetroffen, als diejenigen, welche ich auf Taf. XTI Fig. 25, 26 dargestellt habe, in denen bereits ein weit entwickeltes Stadium vorliegt. Unter meinen Zeichnungen aus dem Jahre 1867 habe ich aber noch diejenige einer Larve, welche, verglichen mit den von Hopge und Semrer gegebenen, wahrscheimlich als die Geschlechtsorgane und Entwicklung. zur einer Phowichilidium-Larve betrachtet werden muss, welche bereits die Extremitäten Il und Il abgeworfen hat (Taf. XIII Fig. 9). Wie die Larven in das Innere der Hydroidpolypen gelangen, ist, wie gesagt, mir zwei- felhaft geblieben. Keinenfalls gelangen sie als Eier hinein, denn es ist leicht, Phowichilidium- Männchen mit anhängenden Eierklumpen zu finden (Taf. XII Fig. 20). Fast möchte ich mich zu der Annahme neigen, dass die Larven von den Tentakeln der Hydroiden erfasst werden, mit ihren rankenförmigen Klauen sich um dieselben herumwickeln und erst in das Innere der Wohnthiere gerathen, wenn bei nachfolgender Häutung die rankentragenden Extremitäten abgeworfen werden. Ein glücklicher Zufall, welcher den Process selbst unter das Mikroskop führt, kann allein diese Vermuthung bestätigen, oder einen andern 'I'hatbestand lehren. Im Innern des Polypen ernährt sich die Larve offenbar auf Kosten der Nahrung des Wohnthieres. Bei den Schnitten, die ich durch gehärtete Exemplare von Podocoryne führte, die im Innern Phowichilidium-Larven erkennen liessen, habe ich eine ähnliche Körnchenmasse in der Darmhöhle des Polypen wie in den Darmschläuchen des Schmarotzers gefunden (Taf. XII Fig. 25). Den Leib des Polypen scheint sie aber ebenso wenig zu beschädigen, wie sie durch die ätzenden Verdauungssäfte desselben Schaden leidet, — ein Beweis ebenso sehr von der ausserordentlichen Undurchlässigkeit der Körperwandung wie von ihrer Lebenszähigkeit, — da wohl nur wenig andre Thiere an einem solchen Aufenthaltsort ihr Leben fortsetzen möchten. Es ist fernerhin bemerkenswerth, dass in einem und demselben Exemplar von Podo- coryne oft zwei, ja drei Phowichilidium-Larven angetroffen werden (Taf. XII Fig. 25), welche offenbar darin dieselbe Reife erhalten, die bei der Entwicklung von Pallene erreicht wird, wenn dieselbe die Eischale verlässt (Taf. XIV Fig. 17, 18). Da ich frei herumkriechende Phoxichilidien ‘angetroffen habe, deren letzte Extremität noch nicht über die Sackform hinaus entwickelt war (Taf. XII Fig. S), so lässt sich daraus schliessen, dass der Körper des Wohn- thieres verlassen wird, ehe die volle Ausbildung erreicht ist. Die zweite Abweichung vom typischen Entwicklungsgange treffen wir bei der Gattung Pallene an. Pallene hat die ganze Larvenentwicklung vollkommen unterdrückt, das junge Thier, welches die Eischale verlässt, besitzt bereits alle definitiven Extremitäten, wenn auch noch nicht in definitiver Gestalt. Wie in allen Fällen, wo eine Larvenentwicklung unterdrückt oder wesentlich verkürzt wird, geschieht das nur gleichzeitig mit einer beträchtlichen Volums- zunahme des Eies, dessen Nahrungsdotter sehr beträchtlich wird, um die raschere und aus- gedehntere Entwicklungsarbeit des Embryo zu ermöglichen. Da aber das Körpervolum von Pallene eher geringer denn grösser als das andrer Pantopoden ist, so muss nothwendiger Weise die Zahl der Eier um eben so viel abnehmen, als das einzelne Ei an Umfang und Inhalt zunimmt. Dass dies in der That der Fall ist, ward schon oben erwähnt. Reife Eier werden ausschliesslich im vierten Beingliede erzeugt, welches bei den Weibchen eine beträchtliche Anschwellung aufweist, um dieselben placiren zu können; es können also nur wenig Eier auf einmal reif werden. Dem entsprechend findet man auch an den Eierträgern der Männchen 78 Die Pantopoden. nur eine geringe Zahl von Eiern vom selben Entwicklungsstadium, wennschon, wie bei allen Pantopoden, Eier von verschiedenen Stadien, die also in verschiedenen Intervallen abgelegt sind (Taf. XIV Fig. 10). Die Erscheinungen der Entwicklung selbst bieten nichts Auffallendes dar. Statt successive, werden eben die einzelnen "Theile des Körpers gleichzeitig angelegt, und Einiges, was dem reifen Thiere überhaupt abgeht, wird auch im Embryo nicht mehr angelegt, — so besonders Extremität II. Dagegen finden sich noch Spuren von Larvenorganen an der vordersten Extremität, nämlich ein Ring an dem Aussenwinkel des Vorderrandes des Basalgliedes (Taf. XIV Fig. 17). Bei der Larve der andern Pantopoden begegnet man an dieser Stelle jenem röhren- förmigen Stachel, welcher den Ausführungsgang der grossen Hautdrüse enthält: wie es scheint, ist dieser Ring die letzte Andeutung der verloren gegangenen Bildung. Im dieser Annahme wird man noch mehr bestärkt durch das Festhaften einer besonderen Larvenhaut an diesem Ringe, die vielleicht einem Häutungsprocess entspricht, welcher mit dem Abwerfen des Stachels gleichzeitig vor sich ging. Die Anlage der vorderen Extremität sowie die der Extremitäten IV’—VII ist von vorn- herein verbunden mit einer Aussackung des Darmcanals, dessen Dotterinhalt schon im Ei durch die Contractionen der Darmschläuche hin und her geschleudert wird. Ebenso bemerkt man auch die frühzeitige Ausbildung der Körperflüssigkeit und der in ihr suspendirten Kör- perchen. Auch das Nervensystem wird mit allen Ganglien auf einmal gebildet, und sehr deutlich zeigen sich die beiden Analganglien, als gleichwerthige Anlage mit den übrigen, die aber später rückgebildet wird. Die Augen treten gleich in der Vierzahl auf, unmittelbar dem oberen Schlundganglion aufgelagert. Wenn der Embryo seine Reife erreicht hat, gleicht er in vielen Beziehungen der Larve von Phowichilidium, welche den Hydroidpolypen verlässt. Bei beiden sind alle Extremitäten IV— VII angelegt, VII aber noch ganz kurz sackförmig. Die nächste Häutung zeigt dann schon die Anlage der Eierträger, die in beiden Ge- schlechtern bei Pallene vorhanden sind, als kleine halbkuglige Vorragungen, welche sich dann weiter entwickeln, indem sie einander entgegenwachsen und eine Haltung annehmen wie ver- schränkte Arme (Taf. XIV Fig. 19, 20). In allen übrigen Punkten schliesst sich dann die weitere Entwicklung dem Normalen an. Was nun den Häutungsprocess selbst angeht, als eine Function der Entwicklung, so vermag ich leider nichts über die Regelmässigkeit und Häufigkeit desselben anzugeben. Ein- geleitet wird er durch eine Veränderung der Hypodermis, in welcher eine Menge glänzender Tröpfehen auftreten. Zugleich faltet sich die Hypodermis mehr und mehr, so dass von oben gesehen eine Menge unregelmässiger Runzeln auf der Oberfläche entstehen, an welchen aber die alte Cuticnla keinen Antheil nimmt. Dieselbe bleibt vielmehr glatt und prall, und an den Mündungen der Hautdrüsen am längsten in Zusammenhang mit der Hypodermis. Dieser Zusammenhang ist mitunter so stark, dass man bei künstlichem Druck die Hypodermis weit von der Cuticula entfernen kann, wobei denn die Hautdrüse aus dem Verband der Hypodermiszellen Geschlechtsorgane und Entwicklung. 79 fast völlig losgerissen wird und an der Cuticula haften bleibt. Dasselbe geschieht mit der Hautborste. Dies ist dann eine sehr gute Gelegenheit, den Zusammenhang beider Gebilde und ihre Verbindung durch nervöse oder Plasmafäden nachzuweisen. Die Stacheln und Dornen häuten sich in der bekannten Weise, dass ihr plasmatischer Inhalt sich zurückzieht, halb zur Intussusception gelangt, die neue Cuticula abscheidet, welche dann an dem Umbiegungspunkt der Intussusception eine dauernde Verdünnung erleidet, aber nach Abwerfen der alten Haut vorgestülpt wird (Taf. XI Fig. 10). Ich habe bei dem Häutungsprocess nie eine besondere Bildung von Cuticularhärchen wahrgenommen, wie sie kürzlich vom Flusskrebs beschrieben worden ist, — wohl aber habe ich sehr oft constatiren können, dass während der Häutung die feinen Tröpfchen, welche ich als in der Hypodermis sich ansammelnd eben erwähnte, auch zwischen die alte und die neue Cuticula treten, — ja, was ziemlich auffallend erscheinen muss, auch durch die alte Cuticula hindurchdringend gefunden werden (Taf. XI Fig. 10). Durch welche Oeffnungen das geschieht, ist mir unerfindlich; ich würde geglaubt haben, dass die ausserhalb der alten Cuticula sich findenden 'Tröpfehen durch Abscheidung aus den Hautdrüsen dahin gelangt seien, wäre nicht genau dieselbe Masse zwischen den beiden Cuticulae und innerhalb des Hypodermisplasmas zu sehen. Eine gewisse Porosität muss also wohl der Cuticula zugeschrieben werden, welche unter bestimmten Druckverhältnissen Flüssigkeit austreten lässt. Derselbe Druck, der diese Tröpfchen durch die Cuticula hindurchquetscht, könnte dann auch wohl als ausreichendes mechanisches Moment für ihre Abspaltung von der Hypodermisschicht und schliesslich für ihr Platzen angenommen werden. Bei der Häutung des Körpers findet das Platzen der alten Cuticula auf den Seiten statt, so dass eine obere und eine untere Hälfte sich bildet. Die Beine dagegen ziehen sich langsam aus der alten Hülle am Grunde heraus, obschon dieser Process sehr häufig durch das Einreissen der alten Cuticula an andern Stellen erleichtert wird. Der Schnabel häutet sich bis herab in den Oesophagus, indem die ganze Wandung sich allmählich zurückzieht und die alte Cuticula in einzelnen Stücken — meist in drei grösseren Abtheilungen — abgestreift wird. Auch der ganze Reusenapparat nimmt an der Häutung Antheil. Eine Complication erleiden diese Processe an den drei vorderen Gliedmaassen, welche oft in reducirter Gestalt aus dem Häutungsprocess hervorgehen. Das können sie nur dadurch, dass bei der Häutung nicht nur die alte Cuticula, sondern auch ein Theil der Hypodermis, oder was sonst mit abgeworfen werden soll, ausser Verbindung mit dem Körper treten (Taf. IX Fig. 5). Ich habe öfters beobachtet, wie bei sich vorbereitender Häutung eine Continuitäts- trennung zwischen der Hypodermis der Zangen von Extremität I und dem sie tragenden Gliede zeigte, oder wie mitten im ersten Gliede bereits eine Einschnürung der Hypodermis begann, die dann durch Zurücktreten des basalen Restes nur noch mittelst dünner, plasma- tischer Fäden mit demselben in Zusammenhang blieb, um ganz abzureissen, wenn der Moment der Häutung kam. Dabei zeigt es sich sehr häufig, dass dieses Abwerfen regellos vor sich geht, dass die Extremitäten beider Seiten ungleiche Processe durchmachen. Der characteristischste s0 Die Pantopoden. Fall der Art, der zu meiner Beobachtung gelangte, betrifft ein unausgewachsenes Männchen von Phowichilus. Ich war lange zweifelhaft gewesen, ob ich die beiden jederseits in den Lückenräumen der Schnabelmuskulatur befindlichen Darmschläuche dieser Gattung richtig deutete, wenn ich annahm, dass sie eigentlich für Extremität II und III bestimmt gewesen seien, sich aus ihnen aber dislocirt finden, oder ob ein Paar derselben die für Extremität I bestimmten Schläuche darstellte. Endlich gelang es mir, das Experimentum crucis zu machen. Ich fand nämlich eben dieses unreife Männchen, welches auf der linken Seite Extremität I völlig abgeworfen hatte, auf der rechten sie aber noch besass, mit der Zange und mit dem Darmschlauch. Zu gleicher Zeit waren aber im Schnabel die beiden Paar Darmschläuche auf der rechten wie auf der linken Seite zu erkennen, — es konnte also kein Zweifel darüber sein, dass der Darmschlauch der Extremität I sich nicht aus derselben zurückgezogen hatte und in den Schnabel gerathen war. Dem betreffenden Exemplar stand gerade eine neue Häutung bevor, und die noch erhal- tene rechtsseitige Extremität I bereitete sich vor, diesmal auch abgeworfen zu. werden. Es entstand eine Verdünnung der Hypodermis in der Nähe der Basis, während an dem distalen Ende eine unregelmässige Gestaltung in der Hypodermis Platz griff. Einzelne der Zellen schwollen kuglig an, andere zogen sich von der Cuticula zurück; die Circulation ging aber noch regelmässig vor sich, ebenso auch die Contraction des Darmschlauches und die Bewegung der Darmkörper Es dauerte mehrere Tage, ehe in diesem Stand der Dinge wesentliche Veränderungen zu erkennen waren. Allmählich aber ergriff der Degenerationsprocess auch den Darmschlauch selber, die Hypodermis erlitt eine fast völlige Continuitätstrennung, da nur noch dünne Plasmafäden übrig blieben, welche das abzuwerfende Stück mit dem Körper in Verbindung hielten, und die Hypodermis des übrigbleibenden Stumpfes schloss sich zusammen, auch den distalen Abschnitt des Darmschlauches abschnürend. Die Häutung und definitive Abwerfung der Extremität habe ich leider nicht mehr beobachten können, da das 'Thier vorher schon starb. Zu den Häutungs- resp. Entwicklungsvorgängen ist nun auch der Ersatz verlorner Gliedmassen zu rechnen, — ein Vorgang, der oft bei den Pantopoden stattfindet. Die Pantopoden verlieren sehr häufig Theile der Extremitäten IV— VII. Am leichtesten entarticuliren sie sich zwischen dem zweiten und dritten Gliede, wo die Hypodermis der Gelenkfalte äusserst dünn und zugleich ziemlich lang ist, um starke Excursionen des Beines zu gestatten. Sehr häufig werfen die Pantopoden an dieser Stelle ihre Extremitäten ab, wenn sie in Säuren gebracht werden. Dies kann leichtlich auf den Umstand zurückzuführen sein, dass die Säuren eine augenscheinliche Contractionswirkung auf die Extensoren unter den Muskeln ausüben, während umgekehrt Alkohol auf die Flexoren contrahirend wirkt. (Es ist aus diesem Grunde empfehlenswerth, die T'hiere erst in eine Säure, Pikrin- oder Chromsäure, zu werfen, um die Gliedmaassen gut untersuchen zu können, da die Stücke, welche von vorn- herein in Alcohol geworfen werden, ihre Extremitäten unter den Bauch ziehen und es dadurch auch sehr schwer machen, sie zu reinigen.) Setzt man die Säure langsam zu, so sieht man Geschlechtsorgane und Entwicklung. S1 häufig, wie eine Extremität nach der andern an dem Gelenke zwischen dem zweiten und dritten Gliede nach aussen ruckweise hervorgestossen wird und danach vom Körper abfällt. Ich kann das nur so verstehen, dass der plötzliche Contractionszustand der Muskeln an dieser Stelle so gross ist, dass er ebensowohl die dünne Cuticula durchreisst, wie er auch die Anheftung der Muskeln selbst ablöst. Es passirt das nun auch im Leben der Pantopoden ziemlich häufig, und man findet viele Exemplare mit beschädigten Gliedmaassen. Man sollte erwarten, dass bei der lebhaften Bewegung der Körper- und Darmflüssigkeit solche Beschädigungen von sehr störenden Folgen für die Oeconomie des Thieres sein müssten; das ist aber ganz und gar nicht der Fall. Gleich nach der Verletzung zieht sich sowohl der Darmschlauch, wie auch die Hypodermis zusammen und hemmen so den Ausfluss beider Flüssigkeiten. Dabei ist freilich zu bemerken, dass nicht jede Verletzung dieselbe Leichtigkeit der Heilung besitzt, und dass mitten im Gliede durch- schnittene Extremitäten mehr Darm- und Blutkörperchen austreten lassen, als wenn die Con- tinuitätstrennung in den Gelenken erfolgt, die von Hause aus geringeren Durchmesser haben. Ich habe aber beobachtet, dass Individuen tagelang fortlebten, wenn auch alle Extremitäten durchschnitten wurden, ja ich habe ein weibliches Exemplar von Barana Castelli quer durch- schnitten, den vorderen Körpertheil anatomirt, den hinteren aber, welcher die Extremitäten V—VIH trug, noch volle vier Wochen am Leben erhalten. Wie es scheint, beginnt die Ersatzarbeit der verlornen Extremität sofort nach dem Verlust, ohne erst eine neue Häutungsperiode abzuwarten, denn ich habe Exemplare gefunden, an denen im Uebrigen keinerlei Vorbereitungen für eine Häutung getroffen waren, bei denen aber doch der übrig gebliebene Stummel der abgerissenen Extremität seine Cuticula von der Hypodermis losgelöst hatte, die Hypodermis selbst aber stark verdickt und behufs Neubildung der verlorenen Glieder bereits eingeschnürt war. An einem Männchen von Ammothea fibulifera beobachtete ich ferner eine interessante Complication. Extremität VI war bis auf Glied 1 und 2 verloren gegangen, das ganze 'T'hier aber im Häutungsprocess, welcher der Kittdrüsenbildung voraufgeht. Extremität I zeigte die Vorbereitungen zum Abwerfen der Zange, Extremität III, bisher fünfgliedrig und nach dem Rücken hinauf gebogen, liess die vollständig ausgebildete Extremität mit den eichenblattartigen Dornen in der bisherigen Cuticula erkennen. Im Innern jenes Stummels von Extremität VI lag aber schon die ganze, neue, neungliedrige Ersatzextremität angelegt. Dieser Ersatz betrifft aber auch die Zacken, Höcker und Dornen der beiden übrig gebliebenen Grundglieder, welche also als nicht mehr vorhanden gelten, da aus der sie ursprünglich tragenden Hypodermis eben die neuen Glieder hervorgehen müssen. Statt dass nun die Hypodermis dieser Höcker und Dornen, wie es bei dem gewöhnlichen Häutungsprocess geschieht, mit zurückgezogen werden und nur ihre Cuticula an der alten Stelle verbleibt, schnürte sich dieselbe gleichfalls ab, um bei der Häutung als unbrauchbar mit abgeworfen zu werden, während weiter zurück dieselben Höcker neugebildet wurden, als wären sie auch abgerissen gewesen. Es ist weiterhin von beträchtlichem Interesse allgemeinerer Art, dass die Ersatzextremität, Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 11 2 Die Pantopoden. welche in einem solchen Stummel angelegt wird, nicht von derselben Organisationshöhe, wie die verlorene, ist, sondern um wenigstens ein Stadium geringer. Das zeigt sich zunächst an den Dimensionen, die bei dem Ersatzstück wesentlich geringer sind, als bei den erhalten gebliebenen Gliedmaassen. Ferner an der Bewaffnung der einzelnen Glieder, besonders auch der Tarsen, die durchaus larvenmässig ist. Schliesslich aber, und vielleicht am interessantesten, ist die Abwesenheit der Geschlechtsorgane, Geschlechtsöffnungen und Kittdrüsen, welche alle erst eine weitere Häutung erwarten, um zur erneuten Ausbildung zu gelangen. Diese Unfä- higkeit, bei der Reproduction sofort die definitive Organisationshöhe zu erreichen, ist gewiss ein sehr bedeutsames Factum, das vielleicht auch bei andern 'Thieren stattfindet, wenigstens macht mich Prof. 'Emery darauf aufmerksam, dass nach den Untersuchungen GörrE's eine ähnliche Erscheinung bei dem Ersatz verlorner Gliedmaassen der Amphibien stattfindet. Zugleich aber ist es unter anderm Gesichtspunkt von Bedeutung, dass auf derselben Stufe mit den Geschlechtsdrüsen und ihren Ausführungsöffnungen auch die Kittdrüsen der Männchen stehen, die durch diese Parallele also in ganz besondrer Weise in Zusammenhang mit der Geschlechts- function erscheinen, wie sie ja auch bei der normalen Entwicklung erst auftreten, wenn der Eierträger definitive Gestaltung erreicht. Phylogenie der Pantopoden. Die zahlreichen Arbeiten, welche sich mit Ergründung der Naturgeschichte der Pan- topoden befassen, beweisen, dass der kleinen Gruppe eine hinreichend rege Theilnahme geschenkt worden ist. "Trotzdem ist der Zweifel, welche Stellung die Pantopoden im System einzunehmen haben, sei es nach. darwinistischen oder vor-darwinistischen Principien gefasst, nicht gehoben. Sollen sie zu den Urustaceen oder Arachniden gestellt werden? Und wenn zu den Einen oder zu den Andern, wie verhalten sie sich zu der ihnen natürlich zukom- menden oder künstlich octroyirten Verwandtschaft? Wenn die alte Systematik beliebt wird, wie fügt sich die: Gruppe in die bekannte Gliedmaassentheorie, und wenn descendenztheoretische Anschauungen obwalten, an welcher Stelle berühren sich die Pyenogoniden mit den Krebsen oder mit den Spinnen? Die bisherige Beantwortung dieser Fragen hatte mit zwei Uebelständen zu kämpfen, die allerdings mehr als ausreichen, die Ergebnisslosigkeit zu motiviren. Einmal war das Object nicht genügend bekannt. So wenig ich mir einbilde, durch die vorliegende Arbeit unsre Kenntniss von der Organisation der Pycnogoniden zu einer vollkommenen gemacht zu haben, so glaube ich doch einigermaassen zutreffendere Grundlagen für genauere Kenntniss der kleinen Gruppe geschaffen zu haben, auf denen mit emiger Sicherheit weitergebaut, und aus denen auch Schlüsse gezogen werden dürfen, welche aus den bisherigen Forschungen nicht hätten gewonnen werden können. Der andre Uebelstand aber ist viel bedenklicherer Natur. Er betrifft nicht sowohl das Phylogenie der Pantopoden. 53 Object als die Methodik in der Anwendung der Beurtheilungsmaximen sowohl der alten wie der neuen Systematik. Bleiben wir zuerst bei der alten Systematik. Wer erinnert sich nicht noch der immer wiederholten Danaidenarbeit, die sämmtlichen Arthropoden so zu sagen wie Perlen auf den dünnen Faden der Savisnvy’schen und Erıchson’schen Gliedmaassentheorieen aufzuziehen ? Dieser Versuch ward immer von Neuem unternommen, und immer riss der Faden und die Perlen fielen hinunter. An und für sich wird ja durch den Nachweis der Arach- niden- oder Crustaceen- oder andern Natur der Pantopoden so gut wie gar nichts an unsern Auffassungen dieser grossen Ordnungen geändert und noch geringer ist die Tragweite der einschlägigen Erörterungen für unsre allgemeinen Auffassungen des Thierreichs: wenn es sich aber darum handelt, die Brauchbarkeit und Geschlossenheit unsrer logischen Methodik in der Beurtheilung phylogenetischer Probleme zu erproben, so sind dazu die Pantopoden eben so gut, wie irgend welche höchst organisirten Wirbelthiere, und jeder Fehlschluss trübt nicht nur unsre Einsicht in Bezug auf das vorliegende Object, sondern zeigt auch, wie schwan- kend der ganze logische Apparat noch ist, mit dem wir diesen schwierigen Problemen der heutigen Biologie zu Leibe zu gehen uns anschicken. Aus diesem Grunde also möge es auch erlaubt sein, die nachfolgenden Erörterungen so eingehend als möglich zu machen und den Schwerpunkt dieser Monographie in die Entscheidung der Frage zu verlegen: Was sind, phylogenetisch aufgefasst, die Pantopoden? Dass die Pantopoden zu den Arthropoden zu rechnen seien, scheint keines weiteren Beweises zu bedürfen, wenigstens ist bisher daran nie gezweifelt worden. Die einfache Gegen- frage: was sie sonst sein könnten, wenn sie nicht Arthropoden wären? scheint die Affirmation nothwendig zu machen. Dennoch muss auch schon bei dieser scheinbar selbstverständlichen Frage mit Vorsicht verfahren werden. Es ist vielmehr doch mit einer Gegenfrage zu antworten, nämlich mit der Frage: was sind denn Arthropoden? In der 'That ist diese Frage ausserordentlich schwer zu beantworten. Vor einer Reihe von Jahren bemühte ich mich, den Nachweis zu führen, dass die Arthropoden als Classe in der bisherigen Auffassung wohl als systematische Einheit alten Styls, aber nicht als phyloge- netische gefasst werden könnten, dass die Crustaceen vielmehr an einer andern Stelle aus annelidenartigem Stamme entsprossen seien, als die Insecten. Ich sprach das bestimmt in dem Vorwort des zweiten Heftes meiner Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Arthropoden aus. Ich würde die Erwägungen gern weiter ausführen, die mich zu solcher Auffassung drängten, wäre darauf an dieser Stelle schon ein entscheidendes Gewicht zu legen. Hier indess reicht es hin, dies ganz im Allgemeinen zu betonen, da, selbst wenn hier bewiesen würde, dass in der That Crustaceen und Tracheaten keine aus einander hervorgehenden Ordnungen darstellen, doch die Frage nach der Natur der Pantopoden in sofern unverändert bliebe, als man sie nur umzustellen hätte in die zwei Fragen: sind die Pyenogoniden Tracheaten? respective: sind die Pyenogoniden Urustaceen? 117 54 Die Pantopoden. Was diese letztere Frage angeht, so müssten wir wiederum zunächst definiren, was Crustaceen sind? Diese Definition scheint leicht, wenn man dabei an Decapoden, Stomatopoden, Amphi- und Isopoden denkt. Sie wird schon verwickelter, wenn Phyllopoden, Daphnieen, Ostracoden und Copepoden mit hineinbegriffen werden müssen, und sie wird sehr schwierig, wenn Cirripedien, Siphonostomen und Rhizocephalen auftreten. Definitionen wie: Crustaceen sind Arthropoden, deren Leib aus verschieden differenzirten Segmenten (10 —60) besteht, die zu grösseren Einheiten (Cephalothorax, Abdomen, Postabdomen) verbunden sind, an den meisten Segmenten Anhänge tragen, zwei Paar Antennen besitzen ete. ete. — solche Definitionen sind eben nichts werth, da sie bei weitem nicht auf alle die erwähnten Gruppen passen, und nur noch fortgeführt werden, weil man eben für den Anfänger gewisse orientirende Kategorieen braucht, ohne welche das Chaos der Formen schier unübersehbar würde. Diese Definitionen gehören also den Elementar-Lehrbüchern an, nicht mehr dem eigentlichen Körper der fortschreitenden wissenschaftlichen Doctrinen. Eine andre Art von Definition ist denkbar auf Grund der von Frırz Mürzer begründeten Theorie der Abstammung sämmtlicher Crustaceen vom Nauplius. Diese Definition würde, bei Zugrundelegung rückhaltlos adoptirter Descendenztheorie, lauten: Crustaceen sind alle Nachkommen des Nauplius. In der That ist das die Definition, welche dem Häcxer'schen Crustaceen-Stammbaum, meinem eignen »Versuch einer Geschichte des Krebsstammess, Craus’ ‚Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceensystemes und einer Reihe andrer Arbeiten zu Grunde liegen. Diese Definition, wenn sie auch nicht dazu dienen konnte, die Bedürfnisse der Syste- matik alten Styls zu befriedigen, schien doch wenigstens keine Ausnahme zuzulassen. Bei weitem die meisten der heut sogenannten Crustaceen verlassen nachweislich als Nauplius das Ei, und wo es nicht geschieht, wie bei Daphnieen, Amphipoden, Isopoden, Deca- poden etc., kann man doch durch hinreichend feste Begründung nachweisen, dass das Nauplus- stadium in der verkürzten Eientwicklung durchlaufen wird. Sie verweist aber wiederum auf eine andre, vorgängige Definition. Was ist der Nauplius? Die Antwort: der Stammvater der Crustaceen, würde eben nur dasselbe sagen, was die vorige Definition besagte, und uns nicht klüger machen. So wie wir uns aber auf eine specielle Definition des Baues des Nauplius einlassen, verfallen wir wiederum der neuen Schwierigkeit, durch eine kurz gefasste Definition doch nicht all die Mannigfaltigkeiten seiner Organisation zu umgreifen, ohne auch 'Thiere einzuschliessen, die wir nicht hineinziehen dürfen. Aber eine Vorfrage bleibt zu erledigen, die vielleicht über die Verlegenheit, den Nauplius zu definiren, hinwegträgt. Hat überhaupt je der Nauplius als selbständiges phylogenetisches Stadium der Krebse existirt? In dem Bruchstück der von mir verfassten »Geschichte des Krebsstammes« ist auf diese Frage keine Rücksicht genommen, obschon vor ihrer Abfassung in Gesprächen mit meinem Freunde KLEINENBERG von diesem bestimmt hervorgehoben ward, dass der Nauplius vielleicht nie als unabhängiges Stadium der Stammesentwicklung bei den Krebsen existirt Phylogenie der Pantopoden. s5 hätte. Ich betonte aber gleich in den einleitenden Worten, »soweit Analogieschlüsse und auf ein letztes allerdings dogmatisches Princeip gegründete Schlussreihen reichen«, liesse sich feststellen, dass einstmalen auf der Erde der Nauplius der höchstentwickelte Vertreter desjenigen Organismenkreises war, den wir heute als den der Crustaceen kennen und beschreiben. Als dies dogmatische Princip sah ich das biogenetische Grundgesetz an, wie es damals gefasst war. Konnte sich kritisch geltend machen lassen, dass dies Princip durch allerhand Einschränkungen seine unmittelbare Anwendbarkeit einbüssen müsste, so ward natürlich auch der Satz von der Abstammung aller Krebse vom Nauplius discutirbar, und in der That hatte ich aus den gleich zu erwähnenden Erwägungen schon im Jahre 1571 in meiner letzten an der Universität Jena gehaltenen Vorlesung denselben völlig aufgegeben und statt dessen den Versuch gemacht, eine directere genealogische Verbindung zwischen Anneliden und Crustaceen zu stabiliren, als ich an der weiteren Ausführung dieser Auffassung durch andre Thätigkeit gehindert ward. Es ist mir doppelt erfreulich, dass dieselben Erwägungen, welche zuerst KLEINENBERG gegen die Nauplius-Doctrin skeptisch machten, dann mich selber an der Fortführung des Druckes der Geschichte des Krebsstammes hinderten, schliesslich auch bei einem dritten Forscher sich selbständig einstellten, bei HarscHex, welcher in seinen »Beiträgen zur Entwicklungs- geschichte der Lepidopteren« pag. 22 ff. die Nauplius-Theorie angreift und sie als unvereinbar mit der Annahme von der Homologie der Ganglienkette der Anneliden und Urustaceen betrachtet. HarscHek sagt, meines Erachtens mit vollem Recht: »Donrn, der sich der Nauplius- Theorie angeschlossen hat, lässt in seiner Ausführung sämmtliche bekannte Urustaceen von Phyllopoden abstammen. Die hypothetische Ahnenreihe vom Nauplius bis zu den Phyllopoden erweist sich als überflüssig, wenn man die phyllopodenähnliche Stammform der Crustaceen direct von den Anneliden ableitet.« Aber wir dürfen nicht dabei stehen bleiben, eine solche Ableitung zu postuliren,, wir müssen uns auch klar machen, wie man sich den Ableitungsprocess vorzustellen hat. Auch ist das Homologisiren verschiedener Ausbildungsphasen einer und derselben Structur ja eine unzweifelhaft wichtige wissenschaftliche Aufgabe, aber doch nicht ausreichend, um uns begreif- lich zu machen, wie es zu so verschiedenen Ausbildungen kam. Ist es doch überhaupt unmöglich, ohne Anwendung physiologischer Vorstellungen die Entwicklung des Lebendigen zu begreifen; weshalb denn auch die bisher von physiologischen Vorstellungen künstlich nach Möglichkeit abgesperrte Morphologie wie eim Verdursteter die physiologischen Begriffe der Darwın’schen Theorie, Kampf um’s Dasein, Natürliche Züchtung etc. aufgesogen hat. Dass aus ihnen rasch Schlagwörter geworden sind, ändert nichts an ihrem begrifflichen Gehalt; allmählich wird man schon dazu übergehen, die durch sie angedeuteten Processe in ihre ein- zelnen Componenten zu zerlegen, und in der Vergangenheit stattgehabte, nach der üblichen Terminologie als »Anpassungen« bezeichnete Processe mittelst weiterer Scheidungen in immer speciellere und speciellste Vorgänge zu zerlegen. Es ist übrigens schon früher von mehreren Seiten angedeutet worden, dass genetische Beziehungen zwischen Anneliden und Crustaceen angenommen werden könnten. GEGENBAUR s6 Die Pantopoden. betont in seinen »Grundzügen ete.« pag. 431, dass man die Gliedmaassen der Crustaceen mit den ventralen Parapodien, ihre Kiemen vielleicht mit den dorsalen Kiemen der Anneliden homologisiren könnte, und vergleicht ausserdem die Schalendrüse mit den Schleifencanälen der Würmer. Dasselbe thut Craus in seiner Schrift über Dranchipus stagnalis und Apus pag. 136, wo es heisst: »in dem Vorkommen zweier Paare von Drüsengängen, der Schalendrüse und der an der Basis des zweiten Gliedmaassenpaares ausmündenden Schleifendrüse glauben wir auch für die genetische Verwandtschaft der Entomostraken mit den Anneliden ein nicht unwichtiges Zeugniss gefunden zu haben.« Aber trotz dieser Andeutungen adoptiren beide Autoren doch die Nauplius-Theorie, und machen dadurch, wie Harscnex hervorhebt, die strenge Homologisirung der Ganglienkette der Anneliden und Crustaceen unmöglich. Ich pflichte ihm in der Hervorhebung dieser Schwierigkeit bei. Wenn nämlich von der Nauplius-Larve in den »Untersuch. zur Erforsch. d. genealog. Grundlage des Crustaceensystemes« pag. 74 ausdrücklich behauptet wird, sie habe »im Allgemeinen einen gedrungenen, stets ungegliederten Leib«, so muss doch, soll von ihr auf den Stammvater zurückgeschlossen werden, auch diesem der ungegliederte Leib zuer- kannt werden. Wenn ferner nach demselben Werk pag. 75 die Drüsenschleife am zweiten Antennengliede dem Nauplius typisch ist, so muss die zweite Drüse doch erst entstanden sein nach seiner Fortbildung zu dem sog. Metanauplius, kann also nicht mehr als homolog mit den Segmentalorganen der Anneliden betrachtet werden. Wenn schliesslich — immer nach derselben Autorität pag. 100 — »die Kiemenanhänge am Grundgliede der Beine als ein secun- dläres, erst in späterer Zeit von grösseren Stammkrebsen mit höherer Gliedmaassenzahl erworbenes Organ betrachtet werden sollen«, so fällt die Gesengaur’sche Vermuthung von ihrer möglichen Identität mit den Kiemen der Anneliden sofort zusammen. Was bleibt dann aber von der genetischen Verwandtschaft der Entomostraken mit den Anneliden übrig? Anders stellt sich die Sache, wenn man ernstlich versucht, den Bau der Phyllopoden, als derjenigen unter den Krebsfamilien, welche am meisten ursprüngliches, nämlich einfache, aber möglichst zahlreiche Wiederholung desselben Segmentbaues, erhalten zeigt, von dem der Anneliden direct abzuleiten. Dann kann man, wie es GEGENBAUR andeutet, leicht dahin kommen, die ventralen Parapodien als den Anfangspunkt der Crustaceen- Extremitäten, die dorsale Kieme resp. auch den dorsalen Cirrus als homolog dem Phyllopoden-Kiemensäckchen und der neben ihr befindlichen Platte anzusehen. Alle weiteren Differenzirungen dieser Glied- maassen lassen sich vielleicht durch zahlreiche Funetionswechsel erklären, und die allmähliche Concentration des gesammten Körpers zu ausgebildeterer Functionirung ebenso wie die Reduction zu allgemein oder nur partiell vereinfachterer Gestaltung lassen sich in der Weise begreifen, wie ich es in dem Bruchstück der »Geschichte des Krebsstammes« zu entwickeln versucht habe. Die wichtigste Verschiedenheit von dem äusseren Bau der Anneliden und Phyllo- poden muss aber in dem Vorhandensein des Rückenschildes resp. der Schalenklappe der letzteren gesucht werden. Lässt sich dasselbe in irgend eimer Weise auf eine Bildung der Phylogenie der Pantopoden. 87 Anneliden zurückführen? Mir scheint das nicht so unmöglich, und zwar bleibe ich bei der Auffassung, die ich schon vor zehn Jahren in meiner Vorlesung entwickelte: ich nahm an, es sei hervorgegangen aus einer Art Elytrenbildung, wie wir etwa ähnliche Elytren bei Aphrodite und Hesione kennen, die ihrerseits wieder auf umgewandelte dorsale Cirren zurückzuführen sind. Stellen wir uns nämlich vor, dass solche Elytren auch bei den Vorfahren der Phyllo- poden die Kiemensäckchen schützten, und dass ein Paar derselben in der Mittellinie ver- schmolzen und allmählich nach den Seiten und nach hinten sich vergrösserten, so lässt sich ohne besondere Schwierigkeit sowohl der spätere Panzer als auch die zweiklappige Schale daraus ableiten. Bezüglich dieser Ableitungen beziehe ich mich wiederum auf die Erörte- rungen, die ich in der »Geschichte des Krebsstammes« pag. 114 ff. gegeben habe. Dort leitete ich die Schale aus der Hautduplicatur ab, welche sich nach Ferrrz Mürwer’s Angaben beim Nauplius oder Peneus finden sollen, — diese Ableitung fällt natürlich weg, wenn direeter Ueber- gang der Anneliden m die Phyllopoden angenommen wird, — die weitere Ausbildung und Differenzirung aber bleibt dieselbe, und auf sie würden im Grossen und Ganzen die dort gegebenen Ausführungen auch heute noch passen. Analoge Processe haben wir, wie mir scheint, in der Flügel- und Flügeldeckenbildung der Inseeten zu erkennen, die wohl mit Recht auf dorsale Kiemen- resp. Elytrenbildung der Anneliden zurückführbar sind, freilich aber nicht zu Verschmelzung in der Mittellinie geführt haben. Betrachtet man nun von solcher Grundlage aus die Frage nach der Bedeutung des Nauplius, so wird die Antwort allerdings anders ausfallen müssen, als bisher. Aus dem Vor- fahren aller heutigen und späteren Krebse wird er ene Annelidenlarve, in welche hinein successive immer mehr Crustaceencharactere getragen worden sind, der aber schliesslich, wie alle Larven, ebenso sehr den Einflüssen der unmittelbaren Existenz unterworfen ist, darum mannigfaltige Gestaltung und Umgestaltung erlitten hat und durch Verkürzung und Verschie- bung der zeitlichen und räumlichen Entwicklungsvorgänge in all jene Beziehungen gerathen ist, in denen wir ihn jetzt kennen. Diese Erörterung hier vorauszuschicken sah ich mich genöthigt, um die folgenden Auseinandersetzungen bezüglich der Phylogenie der Pantopoden begreiflicher zu machen. Schon in meiner ersten Arbeit über diese Gruppe erklärte ich die kleine Larve, welche aus dem Ei der meisten Pyenogoniden auskriecht, für einen Nauplius, der aber den von mir damals angenommenen Entwicklungsgang durch die Zo&a und Phyllopoden ete. nicht mitgemacht, sondern eine andre Entwicklungslinie eingeschlagen habe. Auch noch in der »Geschichte des Krebsstammes« pag. 100 habe ich diese Meinung ausgesprochen. Ich kann sie um so weniger beibehalten, als ich, wie eben ausgeführt, die ganze Nauplius-Theorie aufgegeben habe; im Gegentheil aber kann ich aus den Thatsachen der Pyenogonidenstructur und daran zu knüpfenden Erwägungen Gründe gewinnen, welche das Aufgeben der Nauplius-Theorie rechtfertigen helfen. Ich muss zu dem Behufe zunächst die Unmöglichkeit betonen und darlegen, die ss Die Pantopoden. Pantopoden als Krebse anzusehen. Selbst zugegeben, dass die Innervation nur einer Extre- mität aus dem oberen Schlundganglion seit der von Craus gemachten Entdeckung der Herkunft des unteren Antennennerven der Krebse aus dem unteren Abschnitte der Schlundeommissuren (die ich häufig zu bestätigen Gelegenheit gehabt habe und schon vor der Veröffentlichung der bezüglichen Forschungen Craus’ kannte) in gewissem Sinne ihre bündige Kraft als Gegen- beweis verloren hätte, so bestehen doch im übrigen Bau hinreichende Unterschiede, welche die Ableitung der Pantopoden von irgend einer der bestehenden oder berechenbaren früheren Krebsfamilien unthunlich erscheinen lassen, es sei denn, man lasse die Pantopoden aus jenem Zwischenstadium entstehen, welches zwischen Anneliden und Phyllopoden in der Mitte liegend gedacht wird. Ich verweise zunächst auf den merkwürdigen Bau des Schnabels mit seiner Zusammen- sesetztheit aus drei Antimeren. Derselbe entspricht morphologisch nicht etwa der Oberlippe der Krebse, sondern dem gesammten, aus der Einstülpung des äusseren Blattes hervorgegangenen, nach Barrour’scher Terminologie als Stomodaeum zu bezeichnenden Oesophagus und Kaumagen der Crustaceen. Diese Structur steht geradezu einzig im gesammten Bereich der Arthropoden da, — auch ist mir bei Würmern nichts allenfalls Analoges ausser der Dreitheiligkeit des Mundes der Hirudineen bekannt. Kein Krebs hat fernerhin mehr als ein Paar Geschlechts- öffnungen, — die Pantopoden aber von Haus aus vier Paare, die nur allmählich bei einigen Arten reducirt werden. Dass ein Rückengefäss besteht, dessen Abschluss nach oben von der Rückenwand selber gemacht wird, ist gleichfalls ein sehr auffallendes Verhältniss, dessen Ableitung aus bekannten Krebsstructuren wenigstens nicht leicht ist. Schliesslich ist auch die Structur der Augen mit der der Krebsaugen nicht in nahe Beziehung zu bringen und die Verdauungs- und Circulationsverhältnisse von eigenthümlicher Art, — was denn eben Alles dazu treibt, die Pantopoden für eine von den Urustaceen durchaus verschiedene Gruppe zu halten. Woher aber sollen wir sie ableiten? Was so eben als unübersteigliche Barriere gegen- über den Krebsen hervorgehoben ward, lässt sich auch mit derselben Schärfe gegen Ablei- tungsversuche von Spinnen oder Insecten und Myriapoden geltend machen, und die spärlichen und nicht einmal richtigen Vergleichspunkte, welche von Semrer hervorgehoben wurden, um die Pyenogoniden für Arachniden auszugeben, halten den Vergleich nicht aus mit den oben citirten Divergenzen. Es bleibt uns wohl nur übrig, wieder an den gemeinsamen Mutterschooss all dieser Gruppen gegliederter Thiere uns zu halten, an Anneliden. Die Pyenogoniden-Organisation zeigt zwar wenig directe Beziehungen auch zu Anneliden, aber wenn wir sie in frühere Zustände aufzulösen versuchen, werden wir schliesslich wohl noch zunächst auf Anneliden- ähnliche Bildungen stossen. Es ist da zuvörderst zu betonen, dass die gegenwärtige Segmentzahl des Körpers nicht als die höchste anzusehen ist, welche die Pyenogoniden überhaupt in ihrer Vorfahrenreihe je besessen hätten. Ich habe hervorgehoben, dass hinter dem letzten grossen Ganglienpaare der Phylogenie der Pantopoden. sg Bauchkette noch zwei Ganglienpaare sich finden, die sich bei den einzelnen Arten der Pantopoden in verschiedener Ausbildung finden. Das letzte liefert die Nerven für den kurzen Hinterleibsstummel, während das vorletzte keine Nerven absendet, — sicherlich ist das kein ursprünglicher Zustand, auch kein sich erst heranbildender, sondern nur das Anzeichen früherer zahlreicherer Metamerenbildung. Es erlaubt uns also den Schluss auf Vorfahren von grösserer Körperausdehnung; ob in der That nur dies eine oder ob mehrere Segmente ausgefallen sind, bleibt einstweilen noch unentschieden. Wie am hinteren Körperende, so haben wir auch am vorderen allerhand Concentra- tionstendenzen wahrzunehmen. Durch die vorgängigen Beschreibungen des Baues der vorderen Extremitäten und der zu ihnen gehörenden Segmente glaube ich das Verständniss dafür ange- bahnt zu haben, dass wir es bei Extremität II und III zunächst mit Bildungen zu thun haben, welche durch verschiedene Functionswechsel aus einer von vornherein gleichen Anlage und Ausbildung mit den übrigen Extremitäten zu ihren jetzigen Functionen und Gestaltung gelangt sind. Diese Meinung näher auszuführen, ist darum von Gewicht, weil von Prof. Semrer die Meinung geäussert worden ist, die Extremität III sei als »Neubildung« zu betrachten, und weil es darauf ankommt, jeglichen Erklärungsversuch, der auf »Neubildung« eines Organs recurnitt, wo man ihn auch antrifft, zurückweisen, als dem Geiste der Darwiıx’schen Theorie zuwider- laufend, die ebensowenig »Neubildung« von Organen wie von Organismen statuiren kann. Die Unterschiede in der Gestaltung der Extremitäten II und III gegenüber den fol- genden betreffen wesentlich den geringeren Umfang derselben, ferner ihre Insertionsrichtungen und die abweichenden Grössenverhältnisse und die Zahl der Glieder. Der geringere Umfang lässt sich sofort verstehen, wenn man bedenkt, dass weder ein Darmschlauch noch auch Eierstock oder Hode resp. Kittdrüsen darin sich vorfinden; ihre Insertionsverschiedenheit erklärt sich durch ihre veränderten Functionen, insofern die Extremität II als Hilfsorgan bei Erfassen der Nahrung und Extremität III zum Tragen der Eier bestimmt worden ist; dieselben Functionen gewähren auch die Erklärung für die verschiedenartigen Längsdimensionen und die schwankende Zahl der einzelnen Glieder. Sonach bleibt aber übrig, wahrscheinlich zu machen, dass in der That in den Extremi- täten II und III chedem Darmschläuche und vielleicht auch Geschlechtsorgane gesteckt haben. Ich habe oben beschrieben, dass bei Phowichilus zwei ziemlich lange Darmschläuche in die Hohlräume des Schnabels gelagert sich finden, ferner dass bei Jugendformen von Barana -Castelli wenigstens ein Darmschlauch sich vorfindet, welcher zwischen den in den Extremi- täten I und IV gelagerten abgeht, aber bald rückgebildet wird. Ich habe ferner darauf auf- merksam gemacht, dass bei einer Reihe anderer Pyenogoniden kürzere Blindsäcken ähnliche Ausbuchtungen in der Nähe der zur Extremität I bestimmten Darmschläuche bestehen. Diese Bildungen scheinen mir den Schluss zu gestatten, dass sie Ueberreste resp. Dislocationen von Darmschläuchen sind, welche für die Extremitäten II und III bestimmt waren, deren Spuren bei den meisten Pantopoden aber gänzlich verschwunden sind. Dass aber auch Genitalschläuche in diesen Extremitäten gesteckt haben könnten, dafür Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 12 90 Die Pantopoden. möchte ich die sonderbaren, von mir als Excretionsorgane aufgefassten Drüsensäcke verwerthen, in denen ich eine den Genitaldrüsen homotype Bildung betrachten möchte. Was für eime Function diesen Organen zukommt, ist mir nicht möglich gewesen herauszubringen, dass sie aber eine Function haben, möchte ich aus dem Umstande schliessen, dass sie selbst dann erhalten bleiben und in den Rumpf verlegt werden, wenn die betreffenden Extremitäten aus- fallen, wie bei Phowichilus, Phoxichihidium und Pallene.. Wie die Genitalschläuche liegen sie suspendirt von dem Septum im Hohlraum der Extremität und münden in einer kleinen papillen- artigen Erhöhung aus. In dem Umstande ihrer isolirten Lage möchte man nun vielleicht eher einen Gegensatz als eine Aehnlichkeit mit den Geschlechtsdrüsen finden, welche doch ein zusammenhängendes Organ durch den ganzen Körper bilden. Aber diesen Zusammenhang könnte man als eine secundär erworbene Bildung ansehen, welche aus einer ursprünglich metamerisch wiederholten und von einander geschiedenen Anlage hervorgegangen ist Darauf führt mich das Vorhandensein der vielen Ausmündungsstellen der Genitalschläuche Es ist merkwürdig genug, dass jedes Beinpaar eine gesonderte Mündung für die Ovarien enthält, und dass nur die Gattungen Pyenogonum und Rhynchothoraw hiervon eine Ausnahme machen, da bei ihnen nur ein Paar Ovarialöffnungen im letzten Beinpaare besteht, trotzdem die Ovarialschläuche sich durch den ganzen Körper und bei Pyenogonum in alle vier Extremitäten hineinerstrecken. Da aus andern Gründen wahrscheinlich gemacht werden kann, dass die Gattungen Pyenogonum und Rhynchothora® gerade unter allen Pantopoden am meisten verändert worden sind und von der ge- meinsamen Grundgestalt, d. h. also dem construirbaren Stammvater abweichen, wäre es nicht rath- sam, etwa umgedreht zu schliessen, dass die übrigen Geschlechtsöffnungen nachträglich erworben seien. Bestanden aber ursprünglich die Geschlechtsöffnungen in jedem Segment, so liegt es nahe, zu schliessen, dass auch die Geschlechtsdrüsen ursprünglich getrennt waren. Bedenkt man fernerhin, dass die Lage der Mündungen in den Gliedern der Beine auch erst eine allmählich, durch immer neue, fortschreitende Abgliederung von Rumpftheilen nach Art der seitlichen Fortsätze zu Stande gekommene ist, und dass anfänglich diese Mündungen wahrscheinlich an den Rumpfsegmenten lagen, so erhält man ein Stadium in der Vorfahrenreihe der heutigen Pantopoden, welches die Geschlechtsöffnungen jederseits an den Rumpfsegmenten hinter der Insertion der Extremitäten trug und für jede Oeffnung eine besondere Geschlechtsdrüse besass. Dadurch aber nähert sich der Bau der Pyenogonidenvorfahren beträchtlich der Annelidenstructur. Dann wird es auch begreiflich, dass ich die Excretionsorgane der Extremitäten I und III mit den Geschlechtsorganen zu homologisiren suche und in ihnen zu blossen Ex- oder Secretionsorganen herabgedrückte, also eigentlich degenerirte Geschlechtsorgane zu sehen versuche. Auch die Gestaltung des Darmkanals erinnert an die Divertikelbildung des Anneliden- darms, welche freilich auch in der Leberbildung des Crustaceendarmes wohl wieder zu finden ist, die ja allein dem Mitteldarm entspricht, während Oesophagus und Kaumagen das Stomo- daeum und der ganze hinter der Leber liegende Abschnitt des Darmes das Proctodaeum darstellt. Dass auch in der Bildung des Rückengefässes eine Andeutung des früheren, eine grössere Zahl von Metameren einschliessenden Baues enthalten ist, möchte ich aus der bei Exemplaren Phylogenie der Pantopoden. 91 einer Art wechselnden Offenheit oder Geschlossenheit des hinteren Endes des Rückengefässes erschliessen. Wenn wir nun nach diesen Andeutungen uns einen Vorfahren der Pantopoden zu construiren hätten, würden ihm etwa folgende Eigenschaften zukommen. Wenigstens acht Extremitätenpaare, von denen das erste vom oberen Schlundganglion innervirt wäre, die übrigen sieben aber in gleicher Gestalt je sieben Segmenten anhingen. Diese Extremitäten würden sehr viel weniger Glieder haben, vielleicht 3—4, die Darmdivertikel würden in sie hinein reichen, die Geschlechtsorgane aber nicht, dieselben würden vielmehr in jedem Segment eine gesonderte, paarige Drüse bilden mit je einem Ausführungswege hinter der Einlenkung der Extremitäten. Das Rückengefäss würde ebenso viele Spaltöffnungen haben, vielleicht würden sogar noch weitere geschlossene Blutbahnen existirt haben. Ob die vordere Extremität bereits in derselben Gestalt, wie bei den jetzigen Pantopoden bestanden hätte, wird sich kaum vermuthen lassen, da sie offenbar in Abhängigkeit von der Gestalt der Mundöffnung steht, zu deren Diensten sie verpflichtet ist. Jedenfalls lässt sich an- nehmen, dass die Zangengestalt keine ursprüngliche ist, da sie immer erst dann entsteht, wenn ein Theil des vorletzten Gliedes auf gleiche Höhe mit dem letzten heranwächst; ehe das geschehen konnte, musste natürlich das letzte Glied als einfache Klaue vorhanden sein, — also wohl in ähnlicher Ausbildung, wie die Klauen der Extremitäten II und III an den heutigen jüngsten Larvenformen. Ob die Gestalt des Schnabels in der letzten Phase der Pantopodenentwicklung wesent- liche Veränderungen erlitten hat, lässt sich aus keinen directen Anzeichen schliessen. Immer- hin aber sollte man es aus den charakteristischen Verschiedenheiten erschliessen, die sich an diesem Körpertheile bei fast allen Arten eingestellt haben und dazu führten, dass so mannig- faltige Umbildungen an den vorderen Extremitäten vorgenommen wurden. Nach den vorher gemachten Andeutungen ist offenbar Extremität I diejenige gewesen, welche zunächst aus- schliesslich in den Dienst der Nahrungsaufnahme gezogen ward. Ihrer natürlichen Lage nach wandte sie sich gerade nach vorn, und dahin scheint sich auch der Schnabel anfänglich gewandt zu haben, — findet sich in dieser Lage auch noch bei den meisten Pantopoden. Allmählich aber nahm seine Beweglichkeit, seine Grösse und innere selbständige Ausbildung so zu, dass er bei einigen Arten fast den ganzen Rumpf an Rauminhalt und Ausdehnung übertrifft. Auch ward seine Richtung verändert, — wie z. B. bei Barana Castelli, wo er über- ‚haupt nicht mehr horizontal gerichtet werden kann, gewöhnlich aber nach hinten und abwärts gerichtet getragen wird. Diese Veränderung und Vergrösserung des Schnabels zog dann Extremität II in seine Dienste, befähigte sie, bei dem Ergreifen resp. Aufspüren der Nahrung hilfreiche Nebendienste zu leisten, welche dann — nach den Principien des Functionswechsels — allmählich die Hauptdienste wurden und die Extremität I aus ihrer Charge verdräng- ten. Extremität II war von Anfang an beweglicher als I, so konnte sie auch leichter den Excursen der Schnabelmündung folgen; noch heute sehen wir in der doppelt geknieten Gestalt, in der sie bei den Ammotheiden getragen wird, dass sie bald dicht vor der Mund- 12° 02 Die Pantopoden. öffnung, bei eingezogenem und an den Leib gebogenem Schnabel, beschäftigt werden kann, bald bei ausgestrecktem und abducirtem Schnabel doch im Stande ist, noch über die entfern- teste Lage der Mundöffnung himaus zu reichen. Aus diesen Veränderungen glaube ich auf Veränderungen des Schnabels selbst schliessen zu dürfen, der anfänglich wohl geringere Dimen- sionen und ein einfacheres Gefüge gehabt hat, wovon uns freilich keine directen Nachrichten mehr überblieben sind — wenigstens nicht an den heut lebenden Pantopoden. Denn schon an der jüngsten Larve sehen wir den Schnabel als einen nach vorn vorspringenden Kegel mit Andeutung der Dreitheiligkeit des Schnabelgerüstes des Reusenapparates, der drei Schnabel- ganglien ete.; das sind offenbar Bildungen späterer Zeit, die in die Embryonalperiode hinein- getragen wurden, — wie wir später noch andere kennen lernen werden. Diese Spärlichkeit wirklicher directer Nachrichten über die Vorfahren der Pyenogoniden erklärt sich vielleicht aus folgendem Verhältnisse. In einem auffallenden sog. biologischen Charakter stimmen alle bisher gekannten Pyeno- goniden überein: in der T'hatsache, dass die Männchen die Eier tragen. Dass dieses Verhältniss kein ursprüngliches, selbst nicht relativ ursprüngliches sein kann, leuchtet ein, lässt sich aber auch aus dem Bau der Pantopoden beweisen. Das Männchen konnte die Eier nicht eher tragen, als bis Einrichtungen gewonnen waren, welche es dazu befähigten. Es trägt sie, wie allbekannt ist, an der Extremität III, den sogenannten Eierträgern, der von SEMPER für eine Neubildung erklärten Extremität. Gesetzt, die Neubildungs-Theorie wäre richtig, so hätte das Thier vorher doch jedenfalls seine Eier anders unterbringen müssen, als an einer nicht vorhandenen Extremität. Aber auch bei Zugrundelesung der hier ent- wickelten Auffassung, welche in dem Eierträger eine ursprünglich den übrigen Extremitäten homotypische Bildung erkennt. ist es nicht schwer, einzusehen, dass die neue Function erst später erworben werden konnte. Sehen wir uns nämlich innerhalb der in dieser Monographie beschriebenen Formen um, so bemerken wir bei einer Reihe von Arten die Ausbildung der Extremitäten II und III, in denen ein gewisser Parallelismus zur Erscheinung tritt, gehemmt. Wovon hängt diese Hemmung ab, was hat sie zuerst hervorgerufen ? Fxtremität II scheint bei einigen Gattungen eben so überflüssig geworden zu sein, wie Extremität I. So bei Pyenogonum, bei Phowichilus, welche als unausgewachsene 'T'hiere sogar Extremität I noch länger beibehalten, als Extremität II. Dennoch ist aus verschiedenen Anzeichen zu schliessen, dass Extremität II auch bei ihnen als eine in den Dienst des Schnabels gezogene Extremität bestanden hat. Bei einigen Arten ist Extremität II wesentlich geringer geworden, sowohl was die Zahl der Glieder, als was die Gesammtlänge betrifft. Man erkennt auch daraus, dass ein Reductions-, nicht umgedreht ein Evolutionsprocess an ihr stattfindet. Aehnliche Processe verlaufen nun auch an Extremität III. Bei vielen Pantopoden, z. B. bei allen Ammotheiden und bei Pallene, findet sie sich in voller Ausbildung an beiden Geschlechtern, vielleicht nur in der Grösse etwas verschieden. Bei andern fehlt sie den Weibchen völlig, so bei Pyenogonum, Phoxichilus, Phowichilidium. Bei den Männchen von Phylogenie der Pantopoden. 93 Pycenogonum zeigt sie, obschon in sehr reducirten Dimensionen, doch noch die ursprüngliche Zahl von Gliedern; bei Phowichilus und Phowichilidium dagegen ist diese Zahl beträchtlich redu- cirt. Hieraus also lässt sich ebenfalls schliessen, dass ihre ursprüngliche Gestalt, Grösse und Gliederreichthum nicht von derjenigen Function hervorgerufen ist, die sie jetzt erfüllt, sondern dass diese Function von der fertigen Extremität Besitz nahm und es zuliess, dass sie in ihrer Gesammtausbildung herabsank (— obschon sie nach gewisser Richtung und im Anschluss an ihre neue Function die erforderliche Fortbildung erfuhr —) und ein längeres Stadium der Latenz an den noch nicht zur Geschlechtsreife gelangten Exemplaren durchzumachen hat, bei vielen Weibchen in Grösse und Ausbildung — weil functionslos — sich verringerte, bei vielen endlich gänzlich in Wegfall gerieth. Woher kam es nun aber zu der merkwürdigen Eigenschaft, dass die Männchen die Eier tragen? Welcher Zustand ging diesem Verhältnisse voraus ? Wahrscheinlich haben die Vorfahren der jetzigen Pyenogoniden die Brutpflege ebenso den Weibchen überlassen, wie die übrigen Thiere. Es kann nur fraglich erscheinen, ob die Weibchen die Eier früher ebenso herumtrugen, wie jetzt die Männchen, oder ob sie dieselben etwa ablegten. Beides lässt sich wahrscheinlich machen. Wenn ich aber mehr dazu neige, die erstere Alternative wenigstens für diejenigen Vorfahren anzunehmen, von denen die jetzige Pyenogonidenwelt ihren direeten Ursprung genommen hat, so suche ich den Grund dafür in der Erwägung, dass es leichter ist, an die Uebertragung dieses Gebrauches von einem Geschlecht auf das andere zu glauben, als anzunehmen, das Tragen der Eier bis zum Auskriechen der Larven sei überhaupt nicht eher practieirt werden, als bis die Männchen sich dazu bequemten. Ich weiss wohl, dass eine wichtige Parallele den Schwerpunkt in die andere Alternative legen könnte: nämlich das ähnliche Verhältniss der Lophobranchier, Syngnathus und Hippocampus. Deren Verwandte, die Knochenfische, lassen die Eier einfach fallen, damit sie dann befruchtet, freilich auch mitunter noch vom Männchen oder Weibchen bewacht werden. Bei den meisten Crustaceen dagegen treffen wir das entgegengesetzte Verhalten: die Weibchen tragen die Eier bis zur Reife, die mannigfaltigsten Einrichtungen sind dazu benutzt worden, um diese Function so sorgfältig als möglich einzurichten, ähnliches finden wir bei Araneiden und vielen andern, so dass es wohl wahrscheinlicher ist, auch bei den Vorfahren der Pantopoden dies Verhältniss vorauszusetzen, als die andre von den Knochenfischen und Insecten practicirte Methode. Die Frage ist aber darum von ganz besonderem Interesse, weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass diese Eigenthümlichkeit, d. h. das Tragen der Eier Seitens der Männchen, es gewesen ist, welche die heut lebenden Pantopoden überhaupt erhalten hat. Wie ich oben hervorhob, lassen sich durchaus keine Verwandtschaftsverhältnisse mit Crustaceen oder Arachniden heraus- rechnen, welche etwa die Pycnogoniden aus ihrer Isolirung befreiten. Sie schweben. phylo- genetisch genommen, vielmehr in der Luft, oder wenn man lieber will, sie bilden eine Insel, deren Zusammenhang mit irgend welchem Festlande, d. h. einer der grossen 'Thierklassen, durchaus arbiträr bleiben muss. - Andrerseits: sie stellen durchaus keine wenig veränderten Ueberreste uralter Gruppen vor, wie das bisher fast von allen Zoologen angenommen worden 94 Die Pantopoden. ist. Im Gegentheil stehen alle vorhandenen Arten in so nahem Verwandtschaftsverhältniss, dass es fast unmöglich ist, Gattungen und Familien zu unterscheiden. Und doch ist gerade dies, meines Erachtens, eins der sichersten Kriterien, woran man zu Grunde gehende Gruppen, resp. letzte Ueberreste eines in alter, längst verflossener Zeit mächtiger gewesenen Stammes erkennen kann, dass nämlich zwischen den einzelnen Ueberresten so grosse Klüfte bestehen, die uns geneigt machen, jede einzelne Form zu einer besonderen Familie zu erheben. So die Marsupialia, so Ornithorhynchus, so die Ganoiden, und andere. Die Pantopoden erscheinen aber in lebhaftestem Artbildungspro- cess begriffen, und es war nicht schwer, nachzuweisen, dass ihre Artunterschiede leicht reducirbar sind auf äusserliche Umgestaltungen, nicht auf innere wesentliche Unterschiede. Sollte ich die mir bekannt gewordenen Pycenogoniden vergleichen mit irgend einer andern Thiergruppe, so würde ich sie vielleicht am liebsten mit den Laemodipoden oder den Cladoceren unter den Krebsen vergleichen, deren generische Abgrenzung freilich, wie es scheint, immer noch leichter ist, als die der Pycnogoniden, oder mit den frei lebenden Copepoden; diese drei oesaot te) {o] Gruppen sind aber meiner Ueberzeugung nach, was auch von anderer Seite dagegen worden ist, verhältnissmässig jungen Ursprungs und haben in ihrer Entwicklung die Spuren ihrer Vorfahren gründlich verwischt. Hätten wir von den Crustaceen nur noch Caprellen oder Daphnien oder Copepoden übrig behalten, — man würde schwerlich im Stande sein, irgend einen annähernd sichern Schluss auf ihre Stammesentwicklung zu machen — mit den Pyenogoniden scheint es mir aber, als befüänden wir uns in einer solchen Lage; die vielleicht art- und formreichen Gruppen ihrer directen Vorfahren und deren Seitenlinien scheinen ver- loren, — nur diese kleine Gruppe hat in relativ kurz verflossener Zeit aus sich eine Dynastie zu bilden verstanden, die nun wegen ihrer Isolirung den Schein erweckt, als sei sie in ihrer verhältnissmässigen Einfachheit ein lange Zeit unverändert gebliebener Rest alter Organismen, von denen man also versucht sein durfte, andere, formenreichere, scheinbar verwandte Ord- nungen abzuleiten. Betrachtet man z. B. die Isopoden in ihrer mannigfaltigen Gestaltung und ihren biologisch merkwürdigen Schicksalen, so wird schwerlich zu leugnen sein, dass sie sehr viel grössere Verschiedenheiten enthalten, als die Pyenogoniden. Tanais und Oniscus, Idothea und Bopyrus, Cymothea und Philoscia, Anceus und Sphaeroma sind unter einander viel beträchtlicher unterschieden, als die einzelnen Gattungen der Pycnogoniden, die zur Heraus- bildung solcher Verschiedenheiten offenbar noch beträchtlicher Zeiträume bedürften, und des allmählichen Zugrundegehens der die einzelnen Endpunkte der differenzirten Gruppen verbin- denden Zwischenglieder. Die vergleichsweise grosse Zahl ihrer Arten — und der Golf von Neapel umschliesst wahrscheinlich noch mehr, als mir bis jetzt aufzufinden gelungen ist — die Schwierigkeit, diese Arten in gut getrennte Gattungen zu sondern, sind in meinen Augen Anzeichen davon, dass die Pycnogoniden etwa in dem Rang einer einzelnen Krebsfamilie stehen, dass verwandte Familien nicht mehr da sind, wodurch sie etwa alle zum Range einer Ordnung hätten erhoben werden können, dass verschiedene Ordnungen noch weniger erhalten sind, — dass aber schliesslich ihres Isolirtseins halber diese kleine Gruppe eine Classe für sich bilden muss, in der dann aber freilich die Definitionen von Classe, Ordnung und Familie sich Phylogenie der Pantopoden. 9 ot decken müssen, während z. B. bei den Crustaceen die Definition der Classe besteht, ferner verschiedene Definitionen der verschiedenen Ordnungen und unter diesen wiederum verschie- dene Definitionen der einzelnen Familien. — Ich hoffe, mit diesen Auseinandersetzungen dargelegt zu haben, wie ich mir die phylo- genetische Stellung der Pantopoden vorstelle, und gehe nun dazu über, die innere Systematik der Gruppe zu erörtern. Die bisher benutzten Kriterien für systematische Aufstellungen innerhalb der Pycnogo- nidengruppe suchte man im Wesentlichen in dem verschiedenartigen Vorkommen und der Ausbildung der drei vordersten Gliedmaassenpaare. Die mannigfachen Fehler, welche dabei begangen wurden, hingen zum Theil mit der Verwechslung von Männchen und Weibchen, aber wohl noch mehr mit der Unbekanntschaft der allmählichen Veränderungen zusammen, welche gerade diese drei Extremitäten bei den meisten Arten durchzumachen haben, ehe sie ihre definitive Gestalt erreichen. Aber selbst wenn die einschlägigen Thatsachen auch schon besser bekannt gewesen wären, — das einseitige Betonen dieser Verhältnisse allein reicht nicht aus, um geschickte Gruppirung der verschiedenen Formen zu liefern, selbst nur für den Zweck einer synoptischen Bestimmungstabelle, viel weniger für den Einblick in die inneren genealo- gischen Zusammenhänge der kleinen Familie. Für letzteres Ziel ist es doch gewiss nöthig, Gewicht auch auf sog. biologische Thatsachen zu legen, wie z. B. auf die abgekürzte Ent- wicklung bei Pallene, auf die sonderbare Verwandlung der Phowichilidium-Larven, auf die Concentrirung der Geschlechtsöffnungen zu einem einzigen Paare bei Pycnogonum; derlei tiefere Eingriffe in die Organisation und Lebensweise haben gewiss eine ausschlaggebende Bedeutung bei, der Aufstellung von Gruppen, und das um so mehr, als die Kriterien, welche von den drei Extremitätenpaaren genommen wurden, kaum ausreichen, vor genealogischen Widersprüchen zu sichern. z Zweifellos sind Untersuchungen. an so beschränktem Material gemacht, wie es die wenn auch unerwartet ergiebige Fauna eines einzelnen Golfes gewährt, nicht ausreichend, definitiv bündige Grundlinien für die genealogische Gliederung einer bisher so wenig gekannten Thier- gruppe zu entwerfen. Da es sich aber allerwegen nie um »bündige«, sondern immer nur um annähernd richtige Aufstellung von Gesichtspunkten handeln kann, so wird auch der Versuch, mit dem hier erarbeiteten Materiale die Lösung der genealogischen Probleme einzuleiten, seine Berechtigung und seine Bedeutung haben. An und für sich betrachtet, hat die genealogische Systematik nicht nur nicht leichteres Spiel, als die frühere lineäre, sondern ein ungleich schwereres. Sie lässt sich eben nicht auf einen Hauptcharakter stützen, sie muss vielmehr die Evolutionen der gesammten innern und äusseren Organisation eines Thierstammes fortgesetzt im Auge behalten und immer darauf gefasst sein, dass bei neuen Radiationen von einem gegebenen Centrum Aehnlichkeiten mit andern, von andrer Stelle ausgegangenen Bildungen auftreten, die sich doch als Symptome directen genealogischen Zusammenhangs nicht deuten lassen. Haben wir die Charaktere der Pycnogoniden auf ihre Brauchbarkeit zu systematischen 96 Die Pantopoden. Eintheilungen, — seien sie lineär oder genealogisch — zu untersuchen, so müssen wir zunächst diese Charaktere auf ihre grössere oder geringere Wandelbarkeit innerhalb derjenigen Einheit antersuchen. die allen übrigen zu Grunde gelegt wird, der Einheit der Art. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass eine Reihe von Kennzeichen, welche früher benutzt wurden, nicht zuverlässig sind. So variiren die Zahl der Dornen und Stacheln an den Klauen; die stärksten Beispiele bietet die Gattung Phowichilidium, bei deren Arten oft die grössten Unterschiede an der rechten und linken Klaue desselben Extremitätenpaares sich finden. Ebenso wenig zuverlässig sind die Zahl und Vertheilung der Hautdrüsen, vor allem aber die Zahl der einzelnen Kittdrüsenöffnungen bei den Gattungen Phowichilus, Phowichilidium und Pallene. Die grössere oder geringere Länge der Längscommissuren des Bauchmarks bei Ammotheiden ist ebenso wie die grössere oder geringere Entfernung der seitlichen Fort- sätze der Rumpfsegmente bei den Arten derselben Gruppe individuellen Schwankungen unter- worfen, — es darf also auch darauf allem kein besonderer Nachdruck gelegt werden. Auch die Bildung gesonderter Segmentfalten am Rumpfe ist nicht immer als constant zu behandeln, ja ein merwkürdiges Schwanken scheint auch das Offen- oder Geschlossensein des hintern Endes des Rückengefässes bei Phowichilus anzudeuten. Für die richtige Aufstellung und Definition der Art viel gefährlichere Klippen, als diese Variabilität bietet aber, wie schon gesagt, der Unterschied des Geschlechts und der Geschlechtsreife. Ich habe hervorgehoben, welche secundären Geschlechtsunterschiede vorzu- kommen pflegen, wie ich auch darauf hingewiesen habe, an welchen Kriterien die Unreife eines Pantopoden zu erkennen ist. Leider sind frühere Beschreibungen und generische Abtren- nungen der Unbekanntschaft mit diesen‘ Umständen halber oft recht mangelhaft und erschweren die Identificirung der wirklichen Thiere mit den von ihnen gemachten Beschreibungen. Die Unterschiede der Gattungen festzustellen, wird dann wiederum sehr schwierig, weil sich noch keine hinlänglich weit von einander geschiedenen, innerlich gefesteten Gruppen gebildet haben. Zwar ist es leicht, die Gattung Pallene von der Gattung Pyenogonum, Phoxi- chilidium von Ammothea zu sondern. Aber besteht ein Recht, barana abzusondern ? Ist Trygaeus eine hinreichend trennbare Form? Soll für Clotenia conirostris ein eigner Gattungsname auf- gestellt werden? Das wird sich allenfalls erst beurtheilen lassen. wenn eine umfassende Mono- sraphie der Gruppe unternommen werden wird, zu welcher Material von der ganzen Erde wird herbeigeschafft werden müssen, das aber wiederum mit vorsichtiger Berücksichtigung der hier angedeuteten erschwerenden Umstände zu behandeln ist. Nur auf Grund von faunistischen Untersuchungen kann man lernen, mit Sicherheit Männchen und Weibchen derselben Art von verwandten Arten zu unterscheiden; dass diese Untersuchungen bisher nicht unternommen wurden, erschwert eben die Erkenntniss der ganzen Gruppe. Wie in so vielen Fällen, hat auch bei der wissenschaftlichen Erforschung der Panto- poden der Zufall einen hemmenden Einfluss gehabt und dafür gesorgt, dass den Erörterungen über ihren Bau und ihre Zugehörigkeit zu andern Gruppen die schlechteste Grundlage geboten Phylogenie der Pantopoden. 97 ward durch die Untersuchung derjenigen Gattung, die von allen Pantopoden als die abgeleitetste angesehen werden muss: Pyenogonum'). Das eigentliche Pycnogonum littorale, dessen genauere Untersuchung von ZENKER herrührt, ist in der That diejenige Form der Pantopoden, welche es in der Umgestaltung, Reduction einiger und Evolution andrer Charaktere am weitesten gebracht hat. Die Extremitäten I und II sind völlig beseitigt, beim Weibchen auch II. Die Genitalöffnungen des Männchens nicht nur, sondern auch der Weibchen sind auf eine im letzten (VII) Beinpaare gelegene reducirt; \ die Darmwandung hat es zu einer grossen Zahl von in Körper und Beinen gelegenen secundären Blindsäcken gebracht, welche keine andre Art oder Gattung der bisher bekannten Pantopoden aufweist; das Herz scheint definitiv unterdrückt zu sein, dafür aber eine besonders entwickelte Bindegewebsbildung im Körper aufzutreten. Die Körperwandung bietet das complicirteste ‚System von primären, secundären und tertiären Hohlräumen dar, in welchen die Hautdrüsen fast zu Follikeln abgekapselt liegen. All das aber ward als mehr oder weniger typisch betrachtet, die Tradition bemächtigte sich gerade dieser Anschauungen, um darauf Meinungen und Vergleiche zu gründen, welche nun in der Literatur weiter zogen, als seien sie kritisch begründet und nicht vielmehr zufällig da, weil zufällig gerade Pycnogonum littorale genauer untersucht wurde. Auf dieser traditionellen Basis ruht die bisherige Auffassung der Panto- poden, — um sie zu beseitigen, muss ich also nachweisen, dass in der That Pyenogonum so abgeleitet ist, wie keine andre Form, und dieser Nachweis wird zugleich die Darstellung der genealogischen Verzweigung innerhalb der Pantopoden bieten. Wenn wir davon ausgehen, dass der gemeinsame Stammvater der heutigen Pantopoden bereits die Einrichtungen besass, welche ihn zum Tragen der Eier befähigten, so müssen wir auch zugeben, dass er bereits Vorrichtungen besass, welche das Verkitten der Eier ermög- lichten. Wahrscheinlich ward dazu von Anfang an das Secret der Hautdrüsen benutzt, aus denen nachher an bestimmter Stelle des vierten Gliedes der Beinpaare die Kittdrüsen hervor- gingen. Ich habe es zwar nicht zur Gewissheit bringen können, dass die Kittdrüsen gerade diese Function haben, aber die oben angeführten Gründe machen es sehr wahrscheinlich, dass in der That die Verkittung der Eier ihre Aufgabe ist. Wenn dem aber so ist, so stellt sich die Frage ein: traf die Bildung der Kittdrüsen im vierten Beingliede mit der Uebertragung der Eier auf das Männchen .zusammen? War sie früher da? oder trug das Männchen die Eier schon, ehe die Kittdrüsen sich ausbildeten? Die Antwort ist nicht so leicht. Nimmt man an, dass das Vorhandensein der Kittdrüsen in den vierten Gliedern der Extremitäten der Männchen schon vor der Uebernahme der Eier Seitens der Männchen stattfand, so kommt die Frage zum Vorschein: durch welche Function geschah die Ausbildung dieser Kittdrüsen, ihre Localisation und die Concentration ihres Ausführungsganges ? Es ist leicht zu sagen: das wissen wir nicht; damit kommt man aber nicht weiter, und man gewinnt keine Gesichtspunkte für weitere Forschung. Dass die Kittdrüsen heute, bei den bisher darauf 1) Siehe Nachtrag zu diesem Abschnitt, worin über Rhynchothorax und Neopallene gehandelt wird. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 13 98 Die Pantopoden. untersuchten Arten, ein ausschliesslicher Besitz der Männchen sind, muss darauf führen, sie in Zusammenhang mit der Geschlechtsfunction zu halten, um so mehr, als sie auch erst zur Ausbildung gelangen, wenn die letzte, der Geschlechtsreife vorausgehende Häutung stattfindet. Sie konnten also möglicherweise auch schon das Kittseeret liefern, als noch die Weibehen die Eier trugen, oder als die Eier vielleicht abgelegt wurden, — etwa dicht vor dem Augen- blick der Befruchtung. Leider habe ich keine Andeutung gefunden, wie die Befruchtung vor sich geht, ob das Sperma in den weiblichen Körper gelangt, oder ob es bei der Uebernahme der Eier auf dieselben ausgegossen wird. Beides ist denkbar, ändert aber auch nicht viel für die hier erörterten Verhältnisse. Phylogenetisch interessant ist aber diese Erörterung darum, weil die Kittdrüsen bei allen Männchen im vierten Beingliede (Rhynchothora® ausgenommen) vorkommen und man vor der Entscheidung der Frage steht, ob der gemeinsame Stammvater der heutigen Pyenogoniden zugleich mit der Uebernahme der Eier auf das Männchen auch die Kittdrüsen localisirte aus dem allgemei- nen System der Hautdrüsen. Vor einer solchen Annahme scheut man darum zurück, weil eine nothwendige Correlation beider Bildungen nicht einzusehen ist, und beide Bildungen an sich Zeit genug gebraucht haben müssen, um alleinherrschend zu werden. Es ist darum leichter verständ- lich, wenn man annimmt, die Kittdrüsen hätten sich bereits bei den Männchen vorgefunden, ehe sie die Eier trugen, aber sie wären noch nicht in der Weise ausgebildet gewesen, wie heute, sondern es hätte nur im vierten Beingliede eine vorzüglich starke Entwicklung der Hautdrüsen stattgefunden, etwa ähnlich derjenigen, die wir noch heute im 'Tarsus oder im sechsten Bein- gliede bei vielen Pantopoden in verschiedener Weise bei beiden Geschlechtern wahrnehmen (z. B. bei Clotenia comirostris, Trygaeus communis, Pallene ete.). Mit dieser Annahme würden wir begreifen, dass nachher, nachdem einmal die sämmtlichen Nachkommen jenes Urvaters mit dem Tragen der Eier auch die functionellen Anfänge der Kittdrüsenfunction überkommen, diese Function sich specifischer ausbildete und verschiedene Realisationen seiner morpholo- gischen Ausbildung erlangte. Es wäre andernfalls schwer, die beträchtlichen Verschiedenheiten im Bau der Kittdrüsen zu verstehen, wollte man dem gemeinsamen Stammvater schon eine specifisch entwickelte Structur derselben zumessen. Es ist schon oben auf die Mannigfaltigkeit hingewiesen, die sich in der Gestaltung der Ausführungsgänge dieser Drüsen geltend macht, eine Mannigfaltigkeit, welche es zweifelhaft erscheinen lässt, ob nicht convergirende Bildungen von verschiedenen Ausgangspunkten statt- gefunden haben. Berücksichtigt man nämlich, dass die scheinbar einfachste, und darum, nach der traditionellen Auffassung von derlei Verhältnissen, als wenigst veränderte Form der Kittdrüsen bei Pallene (siche Nachtrag) angetroffen wird, während man Pallene schon infolge ihrer Eientwick- lung als eine durchaus nicht ursprüngliche, sondern als eine stark abgesonderte Form auffassen muss, so wird man dazu um so mehr gedrängt, wenn man gewahrt, dass die Gattung Phowi- chilidium zwei Typen der Ausbildung enthält: die Einzahl des Ausführungsganges als vorspringende Röhre, die wir bei Ammothea als Regel finden, ebenso wie die Mehrzahl, welche wir von Darana, Pallene und Phoxichilus kennen. Dass letzteres allerdings die ursprünglichere Form gewesen, Phylogenie der Pantopoden. 99 ergibt sich aus der Betrachtung der Drüse selber, aber dass die Centralisirung bei Phozxichilidium und die von Ammothea beide getrennten Ursprungs sind, das werden wir auch nachweisen. Die Kittdrüsen bestehen eben aus einfachen Hautdrüsen, deren Auführungsgänge zusam- menlaufen. Der funetionelle Grund dieses Zusammenlaufens muss wohl darin gesucht werden, dass es auf concentrirtere, zeitlich wie örtlich massenhaftere Absonderung des klebrigen Secretes der Hautdrüsen ankam. Dass sich solch Resultat auch hätte auf andre Weise erreichen lassen, ist klar. Eine einzelne Hautdrüse hätte ihre sie constituirenden Zellen wesentlich vergrössern und die Secretvorräthe innerhalb derselben stark anhäufen können. In der That ist dieser Modus beobachtbar in den ballonartig aufgeschwellten Hautdrüsen im Tarsus und im sechsten Beingliede von Pallene. Er ist noch viel grösser und virtuosenhafter entwickelt bei Tirygaeus und Cl/otenia, deren Hautdrüsenschläuche im sechsten Beinpaare höchst auffallend bei beiden Geschlechtern entwickelt sind. Bei den eigentlichen Kittdrüsen scheint aber ein andrer Vor- gang stattgefunden zu haben. Die Drüsen an der Wandung der vierten Beinglieder mussten offenbar am günstigsten gelegen sein für die Function, welche sie zu erfüllen hatten, und sie secernirten alle zugleich. Um aber das Secret an eine einzige, vorbestimmte Stelle gelangen zu lassen, war das Convergiren möglichst vieler einzelner Ausführungsgänge erforderlich, und so geschah es, dass immer mehr Drüsen ihre Ausführungsgänge verlängerten, deren Mündungen dicht neben einander blieben. Wie wir sahen, finden sich bei Phowichilus 12—15 Concen- trationsheerde, jeder für einige 20—30 Hautdrüsen, bei Pallene scheinen ähnliche Verhältnisse obzuwalten, bei Darana arenicola desgleichen, während Barana Castelli schon concentrirtere Plätze für die Mündungen aller einzelnen Ausführungsgänge besitzt, und Phowichilidium robustum und angulatum 2—3 solcher tellerförmigen Scheiben zeigt, während Phowichilidium ewiguum und Phowichilidium longicolle schon eine gemeinsame Blase mit schornsteinartig verlängertem Aus- führungsgange zeigt. Diese Bildung tritt dann zum zweiten Male bei Ammothea auf und erreicht ihre höchste Steigerung bei Ammothea appendiculata. (Ueber Neopallene siehe Nachtrag.) Diese Ausbildung der Kittdrüsen gewährt also kein absolutes Kriterium für den genea- logischen Zusammenhang der Pantopodenarten, sondern nur ein secundäres. In Verbindung mit den weiter folgenden Erörterungen werden aber die vorstehenden Erwägungen dazu dienen, die verwickelten Wendungen hervorzuheben, welche in der linear-synoptischen ebenso wie der radial-genealogischen Systematik auftreten. Die nächste Complication, mit der wir zu thun haben, betrifft nun die Frage nach der allmählichen Umgestaltung der vorderen drei Gliedmaassenpaare, besonders aber des dritten, als desjenigen, welches mit dem Tragen der Eier betraut wurde. Schon oben ward bemerkt, dass keine Rede davon sein kann, diese Function als die zu betrachten, welche die Extremität II hervorgerufen habe. Immerhin aber wird es geboten sein, zu untersuchen, welche Veränderungen sie an der Extremität bewirkt habe. Zunächst ist es klar, dass die Haltung und Lage des Eierträgers von dieser Function verändert ward. Abgesehen von der Anlage desselben in der Larve als gleichgerichteter Extremität mit II und mit den nachher hervorsprossenden Extremitäten IV — VII ist auch sein 13 * 100 Die Pantopoden. späteres Wachsthum ein nach aussen und oben gerichtetes und mit der Haltung der hinter ihm liegenden Extremitäten im Grossen und Ganzen gleichstrebendes. Erst kurze Zeit vor der definitiven Ausbildung richtet sich der Eierträger nach unten und mehr oder weniger parallel mit der Bauchfläche. Ebenso beginnt die Insertion der einzelnen Glieder erst dann die Abweichungen zu zeigen, welche zu der aufgerollten Haltung führen, auch verändern sich erst dann die Grössenverhältnisse und die Gestalt der einzelnen Glieder in der Weise, um diese Aufrollung zu ermöglichen. Dies Alles sind offenbar erst durch die Function selbst gewonnene Gestaltungen, denen frühere, indifferentere vorausgingen. Es schliesst sich ihnen die Umbildung der Dornen und Stacheln zu den eichenblatt-ähnlichen gezackten Stacheln an. Schwieriger zu verstehen bleibt es aber, woher es kam, dass diese Dormen sich auf die vier, meist aufgerollten Endglieder gleichmässig oder annähernd gleichmässig vertheilen. Dass dieselben irgend eine bestimmte Function im Zusammenhang mit dem Tragen der Eier erfüllen, möchte unzweifelhaft erscheinen, sie würden sonst nicht so constant sein, — obschon Ausnahmen da sind, wie wir oben sahen und gleich näher besprechen werden. Aber aus welchen früheren, einfacheren Dornen sind sie abzuleiten? Bestand an Extremität III eine ähnliche Klauen-, Nebenklauen-, Tarsal- und Sub-Tarsal-Bildung wie an den Extremitäten IV— VII? Und wenn, woher das vierte dieser kleineren Endglieder? Wie mir scheint, haben wir dasselbe einer nachträglichen Scheidung entweder des Tarsalgliedes oder des sechsten Gliedes zu danken. Immerhin vermag ich nichts Sicheres darüber beizubringen. Der Eierträger aber bereitet uns eine ganz andre Schwierigkeit, als diese. Wir können schliesslich vielleicht durch günstige Beobachtungsobjecte dazu gelangen, die bestimmten Gründe zu finden, welche gerade die Eichenblattgestalt der Stacheln hervorgerufen hat, die wir an ihm finden, — vielleicht stehen sie ausser dem Hinderniss, das sie dem Herabgleiten der Eiersäcke entgegensetzen, noch in irgend welcher Beziehung zur Umwicklung der Eier mit dem Secret der Kittdrüsen, — aber wie haben wir es zu erklären, dass dieselben Bildungen bei den Weibchen an derselben Extremität auftreten? Anscheinend hat doch der ganze Eier- träger bei ihnen keine Function mehr? Zu einer solchen Annahme sind wir um so mehr berechtigt, als sowohl bei Phowichilus, Phowichilidium und Pycnogonum die Weibchen den Eierträger überhaupt nicht mehr bilden, wie auch bei allen übrigen, mit Ausnahme von BDarana, der Eierträger der Weibchen viel kleiner ist, als bei den Männchen. Haben wir es aber hier mit keiner functionellen Nothwendigkeit mehr zu thun, so bleibt uns nur die Annahme, dass es sich bei dem Eierträger der Weibchen um die Uebertragung einseitig vom Männchen erworbener Charaktere einer Extremität auf die gleichnamige des Weibchens handelt. Weshalb freilich gerade diese Eigenthümlichkeit eine Uebertragung erfährt, warum nicht auch die Aus- bildung der Kittdrüse, das bleibt unerfindlich, indess kann hier weiter nichts geschehen, als diesen Umstand anzudeuten und das Problem zu bezeichnen, welches damit gegeben ist. Wir müssen aber noch weitere Fragen über die mögliche Bildungs- und Functions- geschichte des Eierträgers erörtern. Gesetzt, dass Extremität III ursprünglich, wie IV— VII, als Gang- oder Kletterbein fungirte, — wie konnte es denn als solches die Eier überhaupt . Phylogenie der Pantopoden. 101 übernehmen? Ist vielleicht nicht doch erst daran zu denken, die Extremität III des Weib- chens das Tragen der Eier beginnen zu lassen und dann durch Uebertragung seiner Charaktere auf das Männchen die Möglichkeit zu schaffen, dieses mit der wichtigen Function zu betrauen ? Das Weibchen würde dann die Absonderungsstoffe der Hautdrüsen als Klebematerial benutzt haben, um die Eier unter den Leib anzukleben, würde die Extremität III von beiden Seiten unter den Bauch geschlagen haben, als Schutz für die Eier, und so allmählich die Bildungen eingeleitet haben, welche zur Umgestaltung des Gangbeins zum Eierträger, zur Uebertragung seiner Charaktere auf das Männchen, zur schliesslichen Uebernahme der ganzen Function Seitens des Männchens und zur Rückbildung des Eierträgers bei den Weibchen einiger Gat- tungen geführt haben. Es erscheint weiterhin klar, dass die Beibehaltung der Grundglieder des Eierträgers ebenso wenig eine Nothwendigkeit war, wie die der zur Aufrollung dienenden Endglieder. Den Beweis liefert die Gattung Phowichilidium, woselbst der Eierträger der Männchen auf 4—6 Glieder reducirt ist,’ zugleich aber auch die eichenblättrigen Stacheln einfachen Stiften Platz gemacht haben. Obwohl es aus der ganzen bisherigen Erörterung klar ist, dass ich diese einfachere Bildung als die spätere und abgeleitete betrachte, will ich doch nicht versäumen, die Gründe dafür auseinanderzusetzen. Wäre der Eierträger von Phowichilidium die wrsprünglichere Gestalt dieser Extremität, so fiele die Möglichkeit hinweg, ihn als eine Umbildung eines Gangbeines aufzufassen, oder aber nur nach einer bereits erlittenen Rückbildung und Erlöschen seiner Function als Gang- bein. Wäre er nicht als ursprünglich gleichgeordnete Extremität aufzufassen, so müsste man dieselben Bedenken gegen die ehemalige Gestalt von II erheben, deren Parallelismus schwer zu leugnen ist. Die Innervation beider Extremitäten, ihre Umwandlungsgeschichte von der Larve zum reifen Thier wäre dann sehr schwer verständlich, die Abwesenheit von II bei Phowichilidium ebenso wie bei Phowichilus, während sie bei Ammothea, Barana und andern in ausgebildeter Form anwesend sind, bliebe erst wieder von Neuem zu erklären, der Wegfall von III bei den Weibchen von Phowichilidium und Phoxichilus müsste anders begriffen werden, als durch dieselbe Tendenz der Verkürzung und Ersparniss, die sich auch in der Reduction des Eierträgers der zugehörigen Männchen geltend macht. Ob irgend ein unbefangen Urthei- lender also nach Kenntnissnahme all dieser Umstände überhaupt solcher Auffassung noch irgend welchen Werth beizulegen geneigt wäre, muss zweifelhaft erscheinen. Andrerseits, gibt man zu, dass der Eierträger von Phowichilidium verkürzt ist, so gewährt man eine neue Stütze für die Auffassung, dass er ursprünglich seine Länge und Vielgliedrig- keit einer andern Function als dem Eiertragen dankt, für welche Thätigkeit auch die geringere Länge ausreicht. Dann aber gewinnt man auch einen neuen Einblick in den Process der Reductionen. Man pflegte früher den Ausdruck zu gebrauchen: diese oder jene unvollkom- menere Bildung sei »auf dem embryonalen Zustande stehen geblieben«. Dieser Ausdruck ist auch heute noch von vortrefflicher Anwendungskraft, insofern gewiss viele Fälle von Reductionen, 102 Die Pantopoden. also Rückbildungen, in solcher Weise geschehen, dass ein im Embryo durchzumachender Wiederholungspunkt früherer Zustände von Neuem, freilich mit moderneren Zuthaten vermischt, zur Function gelangt. Man hat eine gewisse Kategorie dieser Fälle als »Paedogenesis« bezeich- net, wenn es sich nämlich darum handelt, dass, trotzdem ein 'Thier in allen hauptsächlichen Bildungen noch unfertig ist, d. h. den Endpunkt seiner höchst entwickelten Vorfahren noch nicht erreicht hat, es doch schon geschlechtsreif wird und nun Seinesgleichen hervorbringt. Dass in diesem Erscheimungsgebiet wahrscheinlich auch das Verständniss der Genese des Generationswechsels zu suchen ist, erscheint um so wahrscheinlicher, als die Abstufungen, die dazu führen, ja viel mannigfaltiger sind, als früher gewusst ward, wo der Generationswechsel als ein grösstes Geheimniss mehr angestaunt, als auf erzeugende Bedingungen zurückzuführen gesucht ward. Vergleicht man in unserm Falle die definitive. Gestalt der Eierträger von Phozxichilidium mit dem Durchgangsstadium derselben Extremität von Ammothea, so gewahrt man Aehnlich- keiten. Liesse man an einem solchen sechs- bis siebengliedrigen Eierträger einer unreifen Ammothea kleine Stifte hervorsprossen und dann sofort die Extremität in Function treten, so würde man ungefähr das haben, was bei Phowichilidium vealisirt ist, wo ja bei einigen Arten nur vier, bei andern sechs oder sieben Glieder zur Sonderung gelangen. Auf diese Erscheinung ist darum viel Gewicht zu legen, weil es sehr wahrscheinlich ist, dass eine grosse Zahl von scheinbar einfachen Structuren doch in Wirklichkeit reducirt sind, ohne aber wahrnehmbare Spuren ihrer früheren höheren Ausbildung hinterlassen zu haben, und weil die traditionelle Auffassung sich berechtigt glaubt, ohne Weiteres eine solche einfachere Ausbildung als ursprünglich anzusehen gegenüber einer homologen, aber com- plieirteren. Wie der Eierträger, hat denn auch Extremität II offenbar eine specifische Functions- geschichte erlebt, von der uns mancherlei zu erkennen ist. Ihre ursprünglich gleichartige Anlage mit dem Eierträger offenbaren die Larven, ebenso wie die Rückbildungen, welche beide pari passu bei vielen Pantopoden durchmachen. Die Unterschiede der aufsteigenden Entwicklung beider beruhen aber auf den functionellen Divergenzen, die sie sogleich verrathen, sowie sie sich gleichzeitig ausbilden. Extremität II, kurzweg Taster genannt, ordnet sich in Lage, Richtung und Thätigkeit der Entwicklung des Schnabels und der Extremität I unter. Und letzteres ist ein besonders interessantes Verhältniss, da es wiederum mannigfaltige Schwankungen zeigt, aus denen "hervorgeht, in wie nahen Verwandtschaftsverhältnissen die heute lebenden Pantopoden noch stehen. Allen Pantopoden kommt ursprünglich eine zangentragende Extremität I zu, welche offenbar schon von dem gemeinschaftlichen Vorfahren besessen war. Sie scheint von Anfang an in den Dienst des Schnabels gezogen zu sein, in dem sie auch noch beharrt bei Phowichi- lidium,, Pallene und Nymphon. Wahrscheinlich war diese Extremität schon zangentragend, als noch II und III normale, mit IV— VII übereinstimmende Gestalt hatten. Ausser ihrer Hilfs- function des Schnabels gewährte sie offenbar auch beim Klettern wirksame Dienste, was sich Phylogenie der Pantopoden. 103 bei der Bewegung der Larven deutlich erweist. Wäre aber dies ihre Hauptfunction, so könnte sie nicht bei den reifen Exemplaren der Gattungen Ammothea, Barana, Trygaeus rudimentär werden, nicht bei Pyenogonum, Phowichilus gänzlich zu Grunde gehen. Dass sie es aber thut, beweist, wie ihre schliesslich überbliebene Hauptfunction der Nahrungsaufnahme untergeordnet worden und in dieser von Extremität II abgelöst, resp. durch selbständige Entwicklung des Schnabels überflüssig gemacht ward. Dem entsprechend finden wir bei den in ihrer Entwicklung völlig bekannten Formen, den Gattungen Barana, Ammothea, Trygaeus, Phoxichilus Extremität I mit kräftiger Zange ausgestattet bis an die Geschlechtsreife. Dann erst beginnt der Rückbildungsprocess, der am weitesten bei Phowichilus geht, indem die Extremität ganz verschwindet, während bei den übrigen verschiedene Grade der Reduction zu bemerken sind. Die Ammotheiden ersetzen nun die sich rückbildende Extremität I durch die in ihre Functionen, wie es scheint, eintretende Extremität II, welche mit ihren vorderen Gliedern, stachel-bewaffnet, neben der Mundöffnung sich hält, aber dabei so lang und gelenkig bleibt, dass sie allen Excursionen des Schnabels nachfolgen kann. Diese Function des Tasters ist aber offenbar schon erworben worden, ehe Extremität I ausser Dienst trat, denn sie wird bei den Nymphoniden wieder aufgegeben und der Taster rückgebildet, ohne dass er Extremität I zu ersetzen gehabt hätte, welche vielmehr zur kräftigsten Ausbildung gelangt. Bei Nymphon ist der Taster klein, weniggliedrig, bei Pallene ist er ganz abgeworfen, während bei beiden in beiden Geschlechtern der Eierträger sehr stark entwickelt und mit ursprünglicher Glieder- zahl versehen bleibt. Aber auch bei den Ammmotheiden ist ein Fall, in dem eine deutliche Reduction auch des Tasters zu erkennen bleibt, trotz weit vorgeschrittener Reduction von Extremität I. Diesen Fall bildet die Gattung Cl/otenia. Auch hier ist es wieder das Stehenbleiben auf embryonaler oder vielmehr larvaler Entwicklungsstufe, das wir zu gewahren haben, nicht etwa eine mit Reduction verbundene Umbildung der Extremität. Ihre Functionsfähigkeit tritt auf einer früheren Ausbildungsstufe ein und hemmt dadurch die weitere Ausbildung, ähnlich wie es bei Phowichilidium mit dem Eierträger geschieht. Diese Reductionsbewegung von I und II bei C/otenia steht wiederum in seltsamem Con- trast zur Beibehaltung der männlichen Geschlechtsöffnung an der Extremität V, während alle übrigen Ammotheiden sie daselbst bereits verloren haben, auch Trygaeus, bei dem gleich- - falls eine beginnende Rückbildung des Tasters zu sehen ist. Aus alledem geht eben hervor, wie nahe mit einander die einzelnen Gruppen der Pantopoden noch verwandt sind, wie wenig scharf geschiedene Gruppen sie bilden, wie ver- gleichsweise modern also ihre Gruppenbildung ist, — und wie hoffnungslos die Bemühungen der Systematiker, auf derlei Unterschiede allein Arten und Gattungen stabiliren zu wollen. Bei Phowxichilidium ebenso wie bei Phowichilus und Pyenogonum ist nun der Taster abge- worfen, bei den beiden letzteren auch Extremität I. Aber dennoch erscheint innerhalb der drei Gattungen wiederum so viel Divergenz, dass man es schwer findet, ihre Uebereinstimmung 104 Die Pantopoden. in jener Reduction als auf gemeinsamer Vererbung beruhend anzusehen. Die Ausbildung des Eierträgers bei Pyenogonum ist ausgeführter als bei Phowichilus und besonders bei Phowichilidium. Die Kittdrüsen der letzteren Gattung beweisen wieder Selbständigkeit gegenüber Phowichilus; die Stellung des Schnabels im Verhältniss zum Augenhügel und Extremität I sind gleichfalls stark abweichend von Phowichilus und Pyenogonum, welche ihrerseits wieder durch die Reduction der Geschlechtsöffnungen in beiden Geschlechtern und vielleicht durch den Ausfall des Her- zens bei Pycenogonum sich sehr bedeutend von einander unterscheiden. Ich wende mich nun zu der Betrachtung der Extremitäten IV’—VIH und ihres Zusam- menhangs mit den Geschlechtsdrüsen. Die oben dargestellten Untersuchungsresultate haben ergeben, dass die frühere Auffassung, wonach die Pycnogoniden in jedem Beinpaare gesonderte Ovarien besässen, irrig ist. Im Gegentheil hat sich herausgestellt, dass vielmehr ein einziges Ovarium ebenso wie ein einziger Hode bei allen bisher untersuchten Formen angetroffen wird. Auch hier bleibt zu ermitteln, wie diese Ausgestaltung zu Stande kam, ob sie so von Anfang an den Pantopoden zukam, oder ob sie erst allmählich aus andrer Gestaltung sich concentrirte oder reducirte. Die Bildungsgeschichte der einzelnen Extremitäten lässt nur erkennen, dass die termi- nalen Theile zuerst entstehen, als Ausstülpung der Körperwandung, und dass sehr früh auch die Klaue und Dornen des Endgliedes zu erkennen sind, deren zwei gleich von Anfang an sich als die Nebenklauen zu erkennen geben. Die Verbindung des sich gleichzeitig ausstülpenden Darmkanals mit dem Endpunkt der sich ausstülpenden Extremität ist der beste Beweis für den Umstand, dass die nachfolgende Gliederung der Extremität näher dem Grunde als der Spitze geschieht. Der Natur der Sache nach muss das auch der phylogenetische Process gewesen sein, obschon die späteren Umwandlungen der Klaue, die Bildung der Nebenklauen, des Hakens am Tarsus, des Subtarsus und viele andre Eigenthümlichkeiten sich erst auf die spätere Geschichte der Pantopoden beziehen kann, welche freilich vor der Periode zu suchen sein wird, wo die Männchen eiertragend wurden. Dies ist schon aus dem einen Umstand zu erschliessen, dass bei allen von mir untersuchten Arten gewisse Charaktere wiederkehren, die für andre bindend sind. Zunächst sind alle vier Extremitäten I’—VI neungliedrig, Glied 4, 5 und 6 sind bei allen die grössten, Glied 2 trägt überall die Geschlechtsöffnungen, und eine Vertheilung der Dornen und Stacheln ist erkennbar, welche auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt zurück- führt. Dieser Ausgangspunkt liegt zwischen den stark bedornten und den wenig oder gar nicht bewaffneten Formen in der Mitte, — bei den ersten ist eine Verstärkung, bei den letzteren eine Reduction eingetreten. Die Dornen stehen auf der Oberseite des vierten, fünften und sechsten Gliedes, die grössten dicht vor der Spitze, nach der Mitte gewöhnlich zwei neben einander. Diese ursprüngliche Vertheilung findet sich bei Ammothea am besten erhalten, sie zeigt sich auch bei den jüngsten Stadien von Barana Castelli, welche später eine starke Aus- bildung in dieser Richtung genommen hat, sie zeigt sich anfänglich auch bei Phowichtlidium, wo sie später fast ganz erlischt, sie liegt auch den zarten haarartigen Dornen von Pallene zu Phylogenie der Pantopoden. 105 Grunde und lässt sich sogar noch bei den knorrigen Gliedmaassen von Pyenogonum nodulosum wiederfinden. Offenbar also kam sie dem Stammvater bereits zu, welcher als Ausgangspunkt der heutigen Pantopoden anzunehmen ist. Dieser Ausgangspunkt erweist seine weiter wirken- den Einflüsse auch bei der verschiedenartigen Bewaffnung der Männchen und Weibchen derselben Art. Diese Verschiedenheiten treten erst mit Deutlichkeit vor der letzten, der Geschlechtsreife vorausgehenden Verwandlung auf; erst dann verstärken sich die Dornen der Männchen, ihre Insertionspunkte ziehen sich zu Höckern aus und die Unterschiede greifen Platz, deren regelmässiges Erscheinen wiederum auf gemeinsame Ererbung zurück weist. Die Rückführung der Unterschiede in der Bewaffnung der einzelnen Arten auf Unter- schiede der Lebensweise ist schwierig, — es ist sehr schwer, von der Lebensweise der Panto- poden überhaupt etwas zu erfahren. Dass die stärkere Bewaffnung der Männchen mit der Function des Eiertragens in Verbindung zu bringen sei, ist zwar sehr denkbar, — es könnte aber auch bloss aus Rücksichten der sexuellen Zuchtwahl zu ihrer Ausstattung mit dem grösseren Stachel- und Dornreichthum gekommen sein. Ebenso schwierig ist es, Gründe für die Zartheit des Baues von Pallene geltend zu machen, und es scheint zweifellos, dass gerade diese Gattung durch die Grösse der Eier, die sie zu tragen hat, besonders auffällig wird, also doppelter Schutzeinrichtungen benöthigt wäre. In dem Gesammtbau der Pantopoden erscheint nur die Gestalt von Darana arenicola als aus einer charakteristischen Anpassung an veränderten Aufenthaltsort entsprungen: wie nachher hervorgehoben werden wird, verbirgt sie sich im Sande, in den sie sich einscharrt. Darauf ist offenbar ihre platte, in die Breite entwickelte Gestalt und die an das Wollige grenzende Form ihrer haarartigen Dornen zu beziehen. Schwieriger ist wieder das Vorhandensein und der Mangel der Nebenkrallen auf unmit- telbare Gründe der Lebensweise zu reduciren. Dass dieselben eine Hilfe zum Klettern leisten, ist sicher, dass sie doppelt gute Hilfe gewähren, wenn die Kralle selbst eingeschlagen ist und etwa zum Ergreifen irgend eines Thieres benutzt wird, wobei dann die Nebenkrallen als Stütz- punkte für die Beinbewegung dienen, scheint auch ersichtlich. Was aber dazu geführt haben kann, dass diese Nebenkrallen bei Phowichilidium vrückgebildet, bei Barana gänzlich verschwinden, was ferner die eine Art der Gattung Ammothea (uni-unguiculata) zum Aufgeben der Neben- krallen, die andre (bi-unguieulata) zum Aufgeben der Hauptkralle und zu ausschliesslicher Beibe- haltung der Nebenkrallen gebracht hat, ist unerfindlich. Dass schliesslich die Nebenkrallen bei Pallene phantoma sogar noch secundäre Zacken gewonnen haben, deutet gewiss auf eine Functionssteigerung hin, — aber wie und wozu es dazu kam, das bleibt uns verborgen. Begreiflicher ist die Ausbildung der Stacheln und Dornen am Tarsus selber, welcher eben als Greiforgan in der Combination der Kralle solcher Disposition bedurfte. Es ist auch diese Bildung theils gesteigert, theils reducirt worden; ersteres bei Phowichilidium, wo der Tarsus einen sehr deutlichen, stark bewehrten Hacken gebildet hat, auf den die Klauenspitze ein- schlägt, während die Sohle wie eine Schneide sich gestaltete und beim Einschlagen der Klaue als zweite Schneide dazu dient, einigermaassen die Wirkung einer Scheere hervorzubringen. Ich habe in einem vorgängigen Capitel darauf verwiesen, dass Einrichtungen im Tarsus bestehen, Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 14 106 Die Pantopoden. welche die Bewegung der Klaue reguliren, so dass sie sicher auf die Dornen des Tarsus trifft, wenn*sie eingeschlagen wird. Reductionen finden sich bei Barana, Pyenogonum und Nymphon, wo wahrscheinlich das Einschlagen der Klaue nicht von der gleichen Bedeutung ist, 'Tarsus und Klaue vielmehr als Kriechorgane, weniger als Kletterorgane benutzt werden, wo also auch beim Einschlagen der Klaue weder die ganze Länge des Tarsus getroffen wird, noch auch eine Annäherung derselben durch Krümmung des Tarsus resp. durch Hackenbildung erfolgt. Die Einschaltung des kleinen Subtarsalgliedes scheint aus Gründen grösserer Beweg- lichkeit des Tarsus geschehen zu sein, und ich neige mich darum, und weil es später als vorhergehende Glieder sich sondert, zu der Annahme, dass es erst nachträglich sich vom Tarsus abgegliedert habe, — nachträglich freilich nur im Hinblick auf die Gesammtgliederung, nicht etwa erst nach der Spaltung der gegenwärtigen Pantopoden in Arten und Gattungen. Es spielt nur die Rolle eines Stützpunktes beim Aufsetzen des Fusses, erlaubt aber eine freie Beweglichkeit sowohl dem Tarsus als dem sechsten Gliede. Dieser Ausbildung der distalen Partie der vier Extremitätenpaare steht die Gliederung der proximalen in drei Glieder gegenüber. Ihre Function bezieht sich auf das Geschlechts- leben, weniger auf die Erleichterung der Ortsbewegung, obschon letzteres wohl nicht ohne Einfluss auf die Gliederung gewesen ist. Es ist schwer, den Grund für diejenige Eigenschaft des Pantopodenkörpers zu entdecken, welchem er seinen Namen dankt. Weshalb die Beine im Verhältniss zum Körper so über- wiegen, dafür habe ich keinen Schatten von Grund finden können. Ich erinnere mich aus früherer Beschäftigung mit der Systematik der Insecten, eine ähnliche Gruppe von Hemipteren studirt zu haben, die Emesiden, welche sehr lang und dünn sind und sehr lange und dünne Beine haben. Auch Phasma bietet eine ähnliche Disposition. Der Standpunkt, welcher »der Natur« Grundsätze wie »car tel est mon plaisir« zuschiebt, ist wohl für immer verlassen, — aber der an seine Stelle getretene Nützlichkeitsstandpunkt der Descendenztheorie ist öfters recht schwer zu realisiren. Die Phasmiden, ähnlich wie ihre Nachbarn, die Mantis, scheinen durch Mimiery-Tendenzen auf ihre Gestalten gerathen zu sein, — ob dasselbe bei den Emesiden eintrifft, hat noch Niemand untersucht, und doch wird nur durch die Beobachtung des lebenden Thieres eine annähernde Einsicht zu gewinnen sein. Ebenso steht es mit den Pantopoden; aber leider ist die Beobachtung des lebenden Thieres sehr schwer. Habe ich doch nicht einmal fest- stellen können, was sie fressen, viel weniger, wie sie fressen, wie sie sich wehren, wie sie sich begatten etc. Wie anders liessen sich die gleichen Probleme z. B. bei den Isopoden behandeln, bei denen charakteristische Verschiedenheiten der Lebensweise fast jede Familie specifisch verändert haben, wie anders auch z. B. bei den Laemodipoden, deren Abstammung von den Amphi- poden feststeht, deren frühere Schwimmfähigkeit dadurch erwiesen ist, deren Veränderungen also hauptsächlich auf der Linie der Anpassung an ein halb sesshaftes Leben auf Algen gesucht werden muss. Ob aber die Verwandten und Vorfahren der Pantopoden je geschwom- men haben, lässt sich wiederum nur aus der Analogie fast aller übrigen Meeresthiere erschliessen, ihr eigner Bau und ihre Entwicklung bieten keinerlei Anhaltspunkte. Phylogenie der Pantopoden. 107 So müssen wir uns denn auch begnügen, die Unwahrscheinlichkeit einer nachträglichen Bildung von segmentalen Geschlechtsöffnungen auf den zweiten Gliedern der Beine im Allge- meinen zu betonen und vielmehr aus ihrem Vorhandensein auf eine allmähliche Verlegung innerer Organe aus dem Körper in die Extremitäten mit gleichzeitiger Abgliederung seitlicher Stücke des Körpers schliessen. Die weiteste Umbildung dieses Zustandes gewahren wir an Pyenogonum, welches überhaupt nur noch ein Paar männliche und ein Paar weibliche Oeffnungen zeigt, dann folgen alle übrigen Pantopoden mit Ovarialöffnungen an allen Beinpaaren, Hoden- öffnungen aber nur auf den beiden letzten; dabei bleibt wieder die Unterscheidung der von Ammothea erworbenen Höckerbildung wichtig; schliesslich zeigt Clotenia und Phowichilus auch noch das Extremitätenpaar V mit Hodenöffnungen ausgestattet Fs ist wiederum nicht abzu- sehen, ohne genaues Studium der Lebensverhältnisse, weshalb diese Concentration bei Pyenogonum stattfindet, — nur das Factum ist einstweilen hervorzuheben. (Ueber Rhynchothorax und Neo- pallene siehe Nachtrag.) Dass von Anfang an die Geschlechtsdrüsen im Körper lagen und nicht in die Beine vorragten, scheint aus mehreren Gründen hervorzugehen. Zunächst beweisen es die Hoden, deren geringerer Umfang auch bei den dünnsten oder concentrirtesten Arten Raum genug im Körper allein findet und die nur wenig über die Mündungen in den Beinen hinaus sich erstrecken. Dann aber beweist es auch der Umstand, dass bei einigen Pantopoden (Pyenogonum, Barana) die Eier im Körper und in den Beinen reif werden, während die meisten nur in den Beinen reife Eier enthalten, im Körper aber die Urschläuche der Ovarien besitzen, ohne die sie constituirenden Zellen reif werden zu lassen. Es ist mithin dies letztere offenbar der abgeleitete, nicht der ursprünglichere Zustand. Sonderbarer Weise geht wieder am weitesten in der Ausbildung dieses Verhältnisses eine Gattung, welche in der Beibehaltung der Hoden- öffnung an Extremität V am ursprünglichsten gestaltet ist: Olotenia, sowie diejenige, welche am abgeleitetsten ist und überhaupt nur ein Paar Geschlechtsöffnungen besitzt: Pyenogonum ; bei beiden findet man reife Eier an der Spitze des sechsten Gliedes der Beine, während alle übrigen Pantopoden die Ovarialschläuche nicht über Glied 4 hinaus bilden. Hier ist also wiederum Convergenz auf der einen und Divergenz auf der andern Seite. Am isolirtesten in Bezug auf Ovarialverhältnisse steht die Gattung Pallene. Bei ihr ist die Concentration der ganzen Eientwicklung auf die vierten Glieder der Beine am weitesten getrieben und hat sogar umgestaltenden Einfluss auf die äussere Form dieser Glieder sowie auf die Lagerung des Darmschlauchs ausgeübt. Man könnte versucht sein, den Mangel der Kittdrüsen in den weiblichen Beinen auf ihr Verdrängtwerden durch die Ovarialschläuche zu schieben, und annehmen, dass von Anfang an beide Geschlechter derlei Drüsenconcentrationen besassen, die aber bei den Weibchen nachträglich der Eientwicklung Platz machten. Solche Vermuthung steht freilich zunächst völlig in der Luft. Die Räthsel, welche die phylogenetische Geschichte der Pantopoden umgeben, werden noch vermehrt, wenn man die Functionen ins Auge fasst, welche der Ernährung dienen. 14 * 108 Die Pantopoden. Wir hatten schon zu bemerken, dass die merkwürdige Dreitheiligkeit des Schnabels keinerlei Analogie im Annulaten- oder Arthropodenkreise fände; — trotzdem aber müssen wir versuchen, ihr Zustandekommen wenigstens zu vermuthen. Dabei ist vielleicht am besten die Beschaffenheit des Nervensystems zu verwerthen. Die Doppelseitigkeit des unteren Schlund- ganglions ist unzweifelhaft; nicht nur, weil die innere Structur dieselbe aufweist, auch die von ihm ausgehenden Nerven sind durchaus regelmässig bilateral. So gehen denn auch die Schnabelnerven streng bilateral-symmetrisch zu den beiden unteren Antimeren ab, bilden eine Reihe kleiner Ganglien, bis sie das Hauptganglion formiren, und verhalten sich in der Abgabe kleinerer Nerven durchaus gleichmässig. Dem entgegen zeigt das obere Schlundganglion, äusserlich wie innerlich, concentrirteren, scheinbar unpaaren Bau. Schon in der jüngsten Larve besteht es aus einer unpaaren kugligen Masse, und fasst man die von ihm ausgehenden Nerven ins Auge, so scheinen sie auch unpaar zu verlaufen. Doch aber ist es nur Schein. Zunächst lassen sich die Augennerven nicht in dies Schema zwängen. Freilich bieten auch sie wiederum merkwürdige Eigenthümlichkeiten, welche bisher wohl nicht hinreichend gewürdigt wurden, indem sie weder als jederseits einzelner Nerv, noch als compacter 'Tractus verlaufen, sondern einen zwar gemeinsam beginnenden Stamm besitzen, der aber bald sich in eine Reihe von Zweigen spaltet, die gesondert an die Augenbecher herantreten. Der Ausgangspunkt der Augennerven ist auch nicht die Mitte des oberen Schlundganglions, sondern vielmehr die äusseren seitlichen Flächen, und die Nerven divergiren nicht von gemeinsamem Üentrum gegen die Augen, sondern sie laufen von den Seiten nach der Mitte in den unpaaren Augenhügel zusammen. Dieser Augenhügel scheint aber überhaupt nicht von Anfang an für die Augen geschaffen zu sein. Die Larve trägt zunächst keinen Hügel, sondern die Augen liegen als doppelte Anlage neben einander, — ja mitunter, wie oben erwähnt, von einander getrennt einfach dem oberen Schlundganglion auf. Dem Augenhügel aber entsprechen auf den hinteren Segmenten bei mehreren Pantopoden ähnliche, ja z. Th. sogar identische Hügel oder Höcker, so bei Barana Oastelli, so bei Trygaeus und Pycenogonum. Es wäre nicht undenkbar, dass diese Höcker alle bestanden, ehe die Augen auf den des vordersten Segmentes placirt wurden. Dies liesse sich um so eher verstehen, als dadurch der Austritt der Augennerven von den Seitentheilen des oberen Schlundganglions verständlicher würde, auch vielleicht die Theilung der beiderseitigen Augen, die bei den Larven noch nicht geschehen ist, erst geschah, als sie von den Seiten des vorderen Segmentes nach der Mitte und auf den centralen Höcker hinaufrückten und die Richtung der Augennerven dementsprechend veränderten. Man hätte dann bei den Vorfahren der heutigen Pantopoden nur jederseits ein Auge zu denken, welches in normaler Weise mit den beiden Hälften des noch nicht zu einer Masse verschmolzenen oberen Schlund ganglions verbunden gewesen wäre, (etwa wie die Spinnenaugen es noch heute sind) und erst allmählich auf den Augenhügel rückte, durch welche Lagenveränderung die Richtungsveränderung der Augennerven erklärbar würde. Solche Auffassung spräche dann überhaupt zu Gunsten einer bilateralen Grundlage Phylogenie der Pantopoden. 109 auch des oberen Schlundganglions. Damit scheinen nun aber weder der unpaare Schnabelnerv, noch die von ihm ausgehenden Nerven der Extremität I zu harmoniren. Der Umstand indess, dass die paarigen Nerven dieser Extremität von dem Schnabelnerv ausgehen, erweckt auch den Verdacht, dass er selbst von Anfang an paarig war und erst durch Umwandlungen späterer Zeit unpaar wurde. An ein unpaares Darmnervensystem, wie es bei verschiedenen Arthropoden bekannt ist, lässt sich hier wohl kaum denken, — handelt es sich doch vielmehr um Inner- vation beträchtlicher Muskelmassen, welche den Reusenapparat und die Lippen zu bewegen haben, als um ein Eingeweide-Nervensystem. Sollte aber eine ursprünglich doppelte Anlage des oberen Schnabelnerven angenommen werden, so hat man auch einen doppelten Verbrei- tungsbezirk, also auch zwei obere Schnabel-Antimeren mit allem Zubehör zu postuliren. An und für sich würde es ja gar keine Schwierigkeiten haben, wie man zwei untere Antimeren hat, auch zwei obere zu denken. Die wirkliche Schwierigkeit beruht nur darin, wie man sich die allmähliche Verschmelzung dieser beiden vorzustellen hätte und welche Motive als wirksam für diese Verschmelzung angenommen werden müssten. Diese Schwierigkeit treibt dazu, den ganzen Bildungsprocess des Schnabels und seiner Dreitheiligkeit auf eine Zeit zurück zu verlegen, in der bereits die Nerven bestanden, wenn auch in sehr viel geringerer Grösse, in der vielleicht nach der alten Hypothese eine einfache Oberlippe und eine doppelte, resp. bilaterale Unterlippe nach Art der accessorischen Mundtheile der Crustaceen vorhanden war, welche dem Kaugeschäft oblagen. Wenn diese drei Bildungen sich allmählich verlängerten und durch die Aus- bildung des Reusenapparates und seiner Muskelmassen complicirten, so musste auch die Innervation sich so steigern, wie wir sie gegenwärtig sehen. Wir würden dann an eine langsame Bildung eines Schnabels aus Materialien der Körperwandung und der Vorderdarm-Einstülpung mit Ein- schluss der Ober- und Unterlippe zu denken haben, keinenfalls aber an eine Verschmelzung von extremitätenartigen Mundtheilen, wie es von einer Seite vermuthet worden, ehe die That- sachen der Pantopoden-Anatomie besser gekannt waren. Solche Annahme macht eine sehr lange Entwicklungsgeschichte des Schnabels erforderlich und nöthigt dadurch von selber zu Vermuthungen über gleichzeitige, zum Theil davon abhängige Umwandlungen correlativer Natur in allen andern Theilen des Verdauungsapparates resp. seiner Hilfsorgane. Es leuchtet ein, dass der Reusenapparat erst allmählich zu einer solchen Vollkommen- heit sich herausbilden konnte, wie er jetzt bei allen Pantopoden sich zeigt. Was er für eine bestimmte Bedeutung jetzt hat, können wir freilich nicht sagen; nur so viel lässt sich annehmen, dass er eine ausserordentliche Verkleinerungsmaschinerie vorstellt, die wohl geeignet ist, jedem festen Körper den Durchgang unmöglich zu machen. Und wie wichtig das ist, muss wiederum aus der Structur des auf ihn folgenden Darms entnommen werden, der wohl kaum in der Lage wäre, feste oder gar harte Theile zu verdauen. Es existirt weder ein Schlundkopf' noch ein Kaumagen, auch sind die Darmwandungen so zart, dass sie leicht verletzt werden könnten. Jeder festere Pfropf verdauter oder noch unverdauter Nahrung würde zugleich ein derartiges Hinderniss für die Circulation der Darmkörper sein, dass dieselbe total oder partiell zum Still- 110 Die Pantopoden. stand käme. Hervorgegangen scheint der Reusenapparat aber aus einfachen stachel- oder zahnartigen Auswüchsen der Oesophaguszellen zu sein, wie sie sich noch heut überall am inneren Schnabelgerüst vor dem Reusenapparat finden. Diese Zähne wirkten anfänglich offenbar in derselben Weise, wenn auch weniger vollkommen; sie zerrieben oder hielten fest, um es wieder auswerfen zu lassen, was von festen Substanzen in den Darm eindringen und ihn hätte verletzen können. Wahrscheinlich verhielt sich um dieselbe Periode, also vor der Ausbildung des Reusen- apparates, auch der Darm anders, als jetzt. Die Ausstülpungen erreichten wohl eine nur sehr viel geringere Länge, die peristaltischen Bewegungen beschränkten sich dementsprechend auf die im Körper liegenden Darmabschnitte und es war wohl noch nicht zu dem Circuliren, oder richtiger Herumgeschleudertwerden der Darmzellen gekommen. Zu solcher Annahme führt nämlich die mit dieser Eigenthümlichkeit in Correlation stehende Reduction des Rückengefässes, überhaupt des ganzen Cireulationsapparates. Das Vorhandensein eines Herzens bei allen Pantopoden (es bleibt nur zweifelhaft bei Pyenogonum) war früher nicht bekannt; daher entwickelte sich die Theorie des sog. Phleben- terismus. "Trotzdem aber heute nachgewiesen ist, dass alle Gattungen ein Herz besitzen, bleibt ein gewisser Kern von Wahrheit doch in jener "Theorie bestehen. Das Herz der meisten Pantopoden übt keine nennenswerthe Kraft auf die Bewegung des Blutes aus, ja bei vielen ist seine Contractilität, wie es scheint, erloschen. Was aber leistet überhaupt ein Herz, wenn es nicht die Blutbewegung bewirkt? Und woher stammt es, wenn nicht aus einem Zustande, in dem das Blut nur durch seine Con- tractionen zu circulirender Bewegung gebracht werden konnte? Das Vorhandensein also des Herzens deutet auf einen Zustand hin, in welchem die Darmbewegungen nicht, wie gegenwärtig, das Hauptagens der Bewegungen der Flüssigkeiten intra et extra muros des Darms waren, sondern wo die Blutmasse vom Herzschlauch ausging und in ihn zurückkehrte. Das Herz zeigt noch heut bei den meisten Formen einen gut metamerischen Charakter, und der Umstand, dass es bei seiner entwickeltsten Gestaltung darin variirt, dass es an seinem hinteren Ende geschlossen oder offen ist, ward schon oben dazu benutzt, die ursprünglich grössere Segment- zahl des Pantopodenkörpers zu erweisen. Das Herz hat heutzutage nicht die Kraft, die Blutbewegung, auch bei völligem Stillstande der Darmcontractionen, durch den Körper oder also muss entweder früher ein aus- gar bis in die letzten Glieder der Beine zu treiben, gebildeteres Blutgefässsystem den Contractionen des Herzens zu Hilfe gekommen sein, oder die Extremitäten müssen weniger Ausdehnung besessen und die Darmcontractionen ein geringeres Hinderniss für die continuirliche Bewegung des Blutstromes geboten haben. Alle drei Suppo- sitionen treffen aber wieder zusammen zu Gunsten der Annahme einer wesentlich verschiedenen Körpergestalt und Organisationsstufe der Vorfahren der heutigen Pantopoden. Ob die Annahme ausgeführteren Blutgefässsystems ein Recht zu bestehen hat, will ich keineswegs behaupten, obschon auch nichts dagegen zu sprechen scheint. Wohl aber ist die Annahme eines grösseren Körperinnenraums und geringerer Ausdehnung der Extremitäten auch aus andern Erscheinungen Phylogenie der Pantopoden. 1ll wahrscheinlich gemacht worden, während die merkwürdigen Oontractionsverhältnisse der Darm- schläuche eben als unmittelbar bedingender Factor der Rückbildung des Circulationsorganes erst nachträglich eingetreten sein können. Die starken Contractionen der Darmschläuche an sich brauchten aber noch keineswegs zur Folge zu haben, dass Darmzellen sich von der Wandung loslösen und in regellosem Auf- und Niedergleiten wie Blutkörper durch den ganzen Innenraum des Darmes hin und her fahren. Woher diese Eigenthümlichkeit der Pantopoden-Organisation abzuleiten sein mag, ist wieder um so unerfindlicher, als auch die gesammte Ernährungs- und Verdauungsthätigkeit mir ein Buch mit sieben Siegeln geblieben ist. Selbst wenn es als richtig anerkannt wird, dass Amylumkörner im Darm sich finden, dass also Pflanzennahrung aufgenommen wird; selbst wenn zugegeben werden müsste, dass die im inneren Schnabelgerüste sich findenden Nadeln und Spicula Schwämmen oder Radiolarien gehörten, deren Weichtheile durch den Reusen- apparat völlig zerrieben und in kleinsten wahrnehmbaren Partikeln in den Darm gelangten, also auch thierische Substanz von den Pantopoden gefressen würde, — immer bliebe unerklärt, warum die Loslösung und die Herumschleuderung der Darmkörper stattfände. Aber noch unerklärlicher wird der ganze Verdauungsmechanismus der Pantopoden durch den Umstand, dass nie und nirgends Faecalmassen im Darm anzutreffen sind, dass das Rectum, wenn man diesen Namen der kurzen, vor dem Anus gelegenen Erweiterung des Darmes geben will, niemals zu anderen Zwecken benutzt wird, als zu einer Ansammlung beliebiger Mengen von Darmkörpern, die aber niemals — und hier handelt es sich um hundert- und tausendfache Wahrnehmung — die geringste Differenz zu den in den übrigen Darmabschnitten cursirenden Körpern zeigen, keine Spur von Faecalmassen einschliessen oder abgeben, auch höchstens nur ganz zufällig einmal in geringster Zahl aus dem Anus hervorgepresst werden, dagegen regel- mässig wieder in den Circulationsstrom des Darms zurücktreten, als wäre das Rectum eben nur ein Blindsack, in den sich die Darmkörper ebenso wie im die andern Blindsäcke hineim- begeben können. Alles das deutet auf eine sehr merkwürdige Umgestaltung normaler Ver- dauungsfunctionen hin, und scheint mir, im Zusammenhang mit dem hoch entwickelten und so liberaus eigenartig gestalteten Bau des Schnabels wiederum als Beweis dafür zu dienen, dass die Pantopoden — weit entfernt, sog. unsprünglichen Organisationsstufen anzugehören — vielmehr in der Reduction einiger und Umgestaltung andrer Functionen und ihnen dienender Organe ebenso moderne, auf eine complieirte Stammesgeschichte schliessen lassende Organismen sind, wie irgend eine Daphnie oder Aphide, welche beide in der alierlebhaftesten Anpassungs- oder Dynastiebildenden Entwicklungsperiode begriffen erscheinen. Für die Fragen nach der Verwandtschaftsgeschichte innerhalb der heutigen Pantopoden- familien liefert die Organisation der Verdauungs- und Circulationsorgane nicht allzu viel Argumente. Höchstens durch die Erhaltung und in den Schnabel erfolgte Einlagerung der für die Extremitäten Il und III (meiner Auffassung nach) bestimmten Darmschläuche, ebenso wie durch das Eindringen der Darmschläuche bis an die Spitze des 'Tarsus unterscheidet sich Phoxichilus von den übrigen Gattungen und liefert dadurch vielleicht ein Merkmal genetischer 112 Die Pantopoden. Zusammengehörigkeit, das bei weiteren Forschungen zu benutzen sein könnte. Der Schnabel selbst, seine Allgemeingestalt, die Ausbildung des inneren Schnabelgerüstes, die Zahl der Reifen des Reusenapparates, besonders aber die Verschiedenheiten der Lippen und des ganzen Mund- gerüstes sind sehr brauchbar für specifische Unterscheidungen, — wennschon sie bisher dazu gar nicht benutzt wurden, da auch die Pantopoden, wie alle übrigen Arthropoden, zufolge des einseitigen, unfruchtbaren und überaus langweiligen Zutodehetzens der Gliedmaassentheorie und der zu ihrer Begründung ermittelten 'Thatsachen nur sehr oberflächlich in allen übrigen Beziehungen gekannt waren. Welche Function und welche Wichtigkeit die Lippen aber bei den Pantopoden haben müssen, das geht aus ihrer verschiedenartigen Ausbildung hervor, und darauf lässt auch der Umstand schliessen, dass Phowichilus wie Pycnogonum keine Extremität I oder II mehr als Hilfsorgan in den Dienst des Mundes gezogen zeigen. Weitere phylogenetische und darum systematisch brauchbare Kennzeichen liefert die Einlenkung des Schnabels am vorderen Körpertheil. Dieselbe ist bei Nymphon und Pallene offenbar in näherem Zusammenhange, als bei Pallene und Darana; wiederum erscheinen Barana und Ammothea unter sich verwandter als mit Phowichilidium ; letzteres steht ziemlich allein, während Phowichihis mit Pyenogonum Aehnlichkeiten bietet. Wie weit aber hier directe Uebertragung oder Ererbung von gemeinsamen Stammformen, wie weit Convergenz von ursprünglich verschiedenen Stammformen Platz greift, das mögen spätere Forschungen, die mit reicherem Materiale zu thun haben, ausfindig zu machen suchen. Werfen wir nun einen Blick auf die Gestaltung des Nervensystems, so lehrt es uns auch seinerseits, dass complicirtere Zustände im Vorfahrenleben der Pantopoden bestanden haben müssen. Ich habe schon früher darauf verwiesen, dass in dem Vorhandensein zweier Ganglienpaare hinter demjenigen, welches die Nerven für Extremität VII liefert, der Beweis zu finden sei, dass wenigstens ein Segment ausgefallen sein muss. Welche Gestalt dies Segment gehabt haben kann, ist natürlich nicht mehr nachweisbar, da es offenbar schon ausgefallen war, ehe der gemeinsame Stammvater der heutigen Pantopoden lebte. Ob nicht auch das Segment, für welches das letzte Ganglion vorhanden ist, früher grössere Complication gezeigt hat, als heute, lässt sich gleichfalls nur vermuthen, aber wahrscheinlich finden zufolge der Veränderungen, welche das gesammte Verdauungssystem betroffen haben. Neben der Concentration der vorderen Ganglien, welche eine Folge der Umwandlungen der Extremitäen II und II ist, bietet für die Gruppenbildung der Pantopoden das Nerven- system wenig Anhaltspunkte, da es in allen übrigen Beziehungen constant bleibt. Auch das Sinnesorgan, das Auge, bietet keinerlei Complicationen dar, und die merkwürdigen Haut- borsten, welche die Hautdrüsen begleiten, lassen sich zwar zur Unterscheidung von Arten benutzen, aber sie lehren nichts für die genetische Verkettung derselben, da es wahrscheinlich erscheint, dass der Stammvater bereits die einfache Gabelgestalt derselben besass, welche dann in verschiedene, aber naheliegende Ausbildungen überging, deren bemerkenswertheste sich bei Clotenia findet. Die biogenetische Doctrin verweist nun auf die Entwicklungsgeschichte, als auf dasjenige Phylogenie der Pantopoden. 113 Element, welches die sicherste Aufklärung für die vielen Räthsel der Organisation, ihres innern Zusammenhanges und ihrer Beziehungen zu verwandten, oder vermeintlich verwandten Orga- nismen böte. Ich fürchte, beträchtlichere Aufklärungen solcher Art werden wir vergeblich von der Entwicklungsgeschichte der Pantopoden erwarten. Wir sahen aus dem Ei fast aller Arten eine kleine, etwas unbehülfliche Larve auskriechen, mit drei Extremitäten-Paaren, deren vorderstes eine vortrefflich gebildete Zange besitzt, während die beiden andern sorgfältig gestaltete Kral- len oder Ranken tragen, die ihnen unmittelbare practische Dienste für ihre Existenz leisten. Sie sind bereits mit der vollkommenen Schnabel-Anlage bedacht, der Reusenapparat ist an- gelegt, die Dreitheiligkeit des Schnabels ist auf das Energischste in dem Vorhandensein seiner drei Hauptganglien angedeutet, Hautdrüsen und Sinnesborsten sind vorhanden, ja bei den meisten findet sich eine eigenthümlich geartete grosse Drüse in der vordersten Extremität, deren Natur wohl kaum anders verstanden werden kann, als dass man sie für eine, zum Ge- brauch des Larvenlebens besonders ausgestaltete Hautdrüse hält. Ganglien sind da, Augen gleichfalls, obwohl offenbar noch in ursprünglicherer Gestalt als jederseits einfache Anlage; der Darm zeigt schon den Anfang seiner peristaltischen Bewegungen, aber, merkwürdig genug, ist er ohne After; — und in dem Allen sollen wir nun die Recapitulation des Stammvaters der Pantopoden erkennen, und danach ihre Verwandtschaft zu andern Arthropoden berechnen. Eine beträchtliche Ausnahme existirt aber von dieser Regel. Die Gattung Pallene bietet sie uns. Bei ihr kriecht keine derartige Larve aus, sondern die definitive, verhältniss- mässig geringe Veränderungen bis zur Reife bedingende Pantopoden-Gestalt erscheint im Ei gleich angelegt. Soll man nun diese directe Entwicklung als die ursprünglichere betrachten, oder viel- mehr annehmen, dass die andre Larvengestalt anfänglich auch den Vorfahren Pallene's zukam und uns durch Verkürzungsprocess eliminirt wurde? Und wenn letzteres, durch welche Agentien ? Die Wahrscheinlichkeit ist sicherlich auf Seiten der letzteren Alternative. Wie bei den Amphi-, Iso- und Laemodipoden haben wir es hier offenbar mit der Verdrängung ursprüng- licherer Larvenzustände zu thun. Wie bei jenen das Nauplius-Stadium unterdrückt ist, kommt auch das Larvenstadium der Pantopoden bei Pallene nicht mehr zum Vorschein, — ob bei allen, bleibt abzuwarten — und wir haben mutatis mutandis eine vortreffliche Gelegenheit, von den Crustaceen auf die Pantopoden, von diesen auf jene zu schliessen. In wieweit lässt sich nun eine relative Ursprünglichkeit für die Larve der meisten Pan- topoden annehmen? Wir waren zu dem Schlusse gekommen, dass die heute lebenden Panto- poden sich alle ohne besondere Schwierigkeit auf einen Stammvater zurückführen lassen, welcher in dem Erwerb der Eigenthümlichkeit des Männchens, die Eier zu tragen, seine Uebermacht gegenüber seinen Verwandten behauptete, die zu Grunde gingen. Wir hatten Anlass, diesen Process für vergleichsweise modern anzusehen, weil sonst aller Wahrschein- lichkeit nach eine grössere Geschiedenheit, eine reichlichere Gruppenbildung innerhalb der Pantopoden Platz gegriffen haben würde durch Anpassungen einzelner Gruppen an besondere Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 15 114 Die Pantopoden. Existenzbedingungen und Unterdrückung der Mittelformen. Da derlei nicht geschehen ist, wenigstens bisher nicht hat nachgewiesen werden können, glaubten wir uns eben im Rechte, die heut lebenden Pantopoden auf diesen Stammvater beziehen zu dürfen, dessen Existenz wir als nicht allzu weit von der Gegenwart entfernt ansehen. Dieser Stammyvater hatte nun offenbar schon dieselbe oder wenigstens eine sehr ähn- liche Larve, wie seine heutigen Nachkommen. Ist damit aber gesagt, dass wir in seiner Ent- wicklungsgeschichte nun ein unverfälschtes Bild seiner Stammesgeschichte vom Ursprung der Dinge haben? Wäre uns z. B. von allen Pantopoden nur Pallene erhalten, mit ihrer heutigen Entwicklungsweise, wäre aus Pallene aber eine grössere Zahl von differenten Arten, Gattungen, Ja selbst beginnenden Gruppen hervorgegangen, welche trotz ihrer Unterschiede doch alle in der Beschaffenheit ihrer Entwicklung und der Gestalt ihrer Larven übereinstimmten, — wür- den wir dann in dieser Larve die Urgestalt der Pantopoden besitzen? Würden wir nicht die ganze Vergangenheit der Pantopodengeschichte vor Pallene, also die der meisten heute leben- den vergeblich suchen? Und wenn das, — wer erlaubt uns, zu behaupten, dass die Entwick- lung des gemeinsamen Stammvaters aller heutigen Pantopoden nicht gleichfalls starke Beschrän- kungen, ja völlige Verdunkelung erlitten habe, und dass wir nur ganz im Allgemeinen berechtigt seien, aus seiner Gestaltung und Entwicklung Schlüsse auf die Vorfahren der Pan- topoden zu ziehen? Könnten nicht die Verwandten dieses damaligen Vorfahrs in ihrer Ent- wicklungsweise und Larvengestalt sehr starke Abweichungen von der seinigen besessen haben, welche ihrerseits wieder andre Bilder von der Vorgeschichte entrollt hätten ? Läge nun aber die ganze heutige Pantopoden-Welt weit zurück in der Thiergeschichte, hätte sie sich meinethalb so, wie sie sich heute abspielt, schon vor dem Silur zugetragen, — die Möglichkeit solcher Supposition wird doch zugegeben werden müssen — so würden sicherlich jene zahlreicheren Gruppen und Familien aus ihnen geworden sein, die wir jetzt ver- missen, wenn wir die Pantopoden vergleichen mit den Crustaceen oder den Insecten und Arachniden. Alle diese möglichen Gruppen würden dann von dem einen Stammvater aus zu datiren sein, den wir jetzt annehmen und würden von ihm seine individuelle Entwicklungs- geschichte, seine Larvenform ererbt, oder aber auf sie neue Abänderungen gepfropft, ja wohl auch wesentliche Theile derselben unterdrückt haben. Seine Larve aber als ein mehr oder weniger unverfälschtes Abbild eines noch viel weiter zurückliegenden Stammvaters anzusehen, hätten wir ebenso wenig ein Recht, als wir etwa ein Recht hätten, die Pallene-Larve als ein Bild jenes Urvaters zu betrachten, falls nur aus Pallene und ihren Nachkommen sich der ganze Pantopoden-Stamm gebildet hätte. In die Larve von Pallene sind Eigenschaften hineingetra- gen worden, welche aus dem Endstadium resultiren, wie z. B. die frühzeitige Bewegung der Dottermassen in den gleich von vornherein angelegten Darmschläuchen der Beine; aus ihr sind characteristische Bildungen entfernt worden, welche den übrigen Pantopoden zukommen, wie Extremität II. Dass eine solche Extremität überhaupt bestanden hatte, würden wir schwerlich erfahren haben, insbesondere, wenn nun weitere Veränderungen auch diese Ent- wicklungsweise wieder verändert und durchbrochen hätten. Phylogenie der Pantopoden. 115 Wenn hienach also auch die heutige Larve der meisten Pantopoden durchaus cum grano salis und in sehr allgemeiner Weise als ein Abbild eines Ur-Vorfahren derselben zu betrachten ist, vielmehr seine Afterlosigkeit, die Zangenbildung seiner vorderen Extremität, die langen Klauen mit den kleinen Zähnchen, die ganze Schnabelbildung mit den drei Gan- glien und dem Reusenapparat, die Hautdrüsen- und Hautborsten-Bildung als ein in das frühe Larvenleben hineingetragener Erwerb viel späterer Stadien anzusehen ist, was bleibt dann von der Larve übrig, was wir als wirklich von Urzuständen Ererbtes anzusehen hätten? Das Ner- vensystem, d. h. also ein oberes Schlundganglion und zwei Bauchganglien, ein Darm, drei Extremitätenpaare von irgend welcher, je nach den Umständen modifiecirbarer Gestalt, und zwei Augen. Das aber wären Attribute, die jeder Annelidenstufe von drei Segmenten gleichfalls zu- kommen. Halten wir dann ferner in Obacht, dass wir Grund zu der Annahme hatten, eine grössere Gleichmässigkeit der Segmentbildung des früheren Pantopodenkörpers vorauszusetzen, — worauf besonders die Genital-Organe schliessen liessen, dass nach vielen Richtungen sich Concentration und Differenzirung, nach andern Reduction geltend gemacht hat, so begegnen sich diese beiden Schlussreihen in der Annahme einer directen Abstammung der Pantopoden von annelidenartigen, d. h. gleichmässiger segmentirten Vorfahren, und wir hätten die Larve als eine so zu sagen ins Pantopodenartige übersetzte Larve von Anneliden zu betrachten, die selbst aber niemals ein unabhängiges, geschlechtsreifes Dasein geführt hätte. Wir wären dann der Mühe überhoben, uns auf alle Weise anzustrengen, eine directe Beziehung der Pantopoden entweder mit Arachniden oder Crustaceen aufzufinden, für welche beiden Gruppen vielmehr ähnliche und selbständige Entwicklungslinien aus einem anneliden- artigen, d. h. viel-metamerigen Körper indifferenterer Organisation aufzusuchen blieben, und wir hätten für die Frage, ob der Nauplius der Crustaceen mit der Larve der Pantopoden phy- logenetische Beziehungen besässe, die Antwort gewonnen: um so weniger, als es ebenso un- wahrscheinlich ist, dass der Crustaceen-Nauplius jemals einen ihm gleich gearteten Stammvater besass, wie es unwahrscheinlich ist, dass die heutige Pantopoden-Larve dem Ur-Vorfahren- Stadium gleicht, welches nur erst drei Extremitätenpaare, resp. drei Segmente besass. Und so kehre ich zu dem Ausgangspunkt dieses Capitels zurück, um die Frage zu be- antworten: sind die Pantopoden Crustaceen, Arachniden, sind sie überhaupt Arthropoden ? Wie sie dazu kommen sollen, Arachniden zu sein, ist mir gänzlich unzugänglich, heute wie vor 13 Jahren, wo ich sie zum ersten Male bearbeitete. Wie man sich einreden kann, dass der vermeintliche Nachweis von sechs Extremitätenpaaren ausreiche, um ein irgendwie gestaltetes Arthropodon zu einer Arachnide zu stempeln, ist nur auf Grund der Verquickung traditioneller Lehrbuchs-Auffassung mit unzureichender Erfassung der Lehren und Aussprüche der Descendenztheorie zu verstehen. Denn wenn man Grund hat zur Annahme, dass den heutigen Arachniden scorpionähnliche Formen zu Grunde liegen, wenn ernstlich an eine gene- tische Beziehung zwischen Pterygotus und Limulus-ähnlichen Thieren und Scorpionen zu denken ist — was wohl von Neuem und ernstlicher als bisher im Einzelnen sollte untersucht wer- 15 * 116 Die Pantopoden. den — so ist gänzlich unerfindlich, ob in solchem Zusammenhang die Pantopoden als Ab- kömmlinge der Limulus, der Scorpione, der Araneen gelten, ob sie zu Phalangium in besondere Beziehungen zu bringen seien, oder ob sie schliesslich in dem grossen Haufen der Milben aufgehen sollen. Diejenigen, welche mit ihrem Urtheile hierüber freigebig sind, werden sich wohl auch der Aufgabe unterziehen müssen, uns etwas ausführlicher über die näheren Beziehungen der beiden Vergleichsobjecte zu unterhalten. Sollen aber die Pantopoden den Anfang der Arachniden bilden, so wäre es wieder recht schwierig, Scorpione und Araneen aus ihnen entstehen zu lassen, während Phalangien, Trombidien, Ivodes und alle Milben wohl nur darum zur Vergleichung herangezogen werden könnten, weil man beide Vergleichsobjecte nur aus nebelhafter Ferne kennt. Lassen wir also die Arachniden bei Seite. Mit den Crustaceen steht es im Grunde um kein Haar breit besser. Wenn es zuge- geben werden muss, dass die Phyllopoden als Stammgruppe aller heut lebenden Krebse an- zusehen sind, und wenn dieser Stammgruppe zahlreichere Segmente zuzuschreiben sind, als z. B. die Malakostraken heute besitzen, so müsste jeder Versuch, die Pantopoden von solchen Phyl- lopoden abzuleiten, darum schon aufgegeben werden, weil in der Anwesenheit von Geschlechts- öffnungen an den IV.—VN. Segmenten eine durchaus dem Crustaceenstamm fremde Eigenthüm- | lichkeit zu erkennen ist. Was vor dem Phyllopodenstamme, wie ich ihn in meinem »Versuch einer Geschichte des Krebsstammes« auffasse, gelegen hat, darüber wird wohl noch mancherlei Controverse stattfinden. Da ich diesem Stamme bereits Kiemen zuerkenne, die er direct von Anneliden-ähnlichen Vorfahren überkommen hat, so kann auch in der Entwicklungsreihe von Anneliden zu Phyllopoden sehr wohl ein Stadium bestanden haben, das mehrfache Geschlechts- öffnungen nach Anneliden-Weise besass, — also kann auch eine genetische Beziehung zu den Pantopoden stattgefunden haben. Darüber werden wir aber wohl keinerlei bestimmten Auf- schluss mehr zu erwarten haben. Dass aber die Larve der Pantopoden nicht kurzweg als ein modificirter Nauplius zu betrachten ist, das geht aus meiner Auffassung beider Larvenformen hervor, denen beiden ich keinen andern Werth zuschreibe, als dass jede für sich den drei-segmentigen Wurmzustand mit Crustaceen- resp. Pantopoden-Elementen verquickt darstellt. Ob nun also die Pantopoden Crustaceen zu nennen seien, scheint davon abzuhängen, was wir als Crustaceen zu bezeichnen wünschen. Unter die Nachkommenschaft der Urphyllo- poden können sie meines Erachtens nicht gezählt werden, und nur diesen Nachkommen möchte ich den Namen Crustaceen beilegen. Der Ausdruck Arthropoden kann füglich auch für die Pantopoden beibehalten werden. Ob die Arthropoden als genealogische Einheit zu betrachten sind, ob nicht, das zu entschei- den wird wohl noch manche Specialuntersuchung, vor Allem aber grössere Klarheit der dabei zu beobachtenden logischen Methodik erfordern; mit den bisher aufgewendeten Argumenten wird man nicht ausreichen. Phylogenie. 117 Nachtrag. — Als dieser Theil des Manuscripts bereits abgeschlossen und abgesandt war, gelang es mir, an einer Stelle in der Bocca piccola, in der Nähe des Tiberiusfelsens, drei Pantopodenarten aufzufinden, welche von hohem Interesse waren, die weiter unten be- schriebenen Pallene Tiberü, Neopallene Campanellae und Rhynchothoraw mediterraneus. Diese drei Formen gewähren interessante Gesichtspunkte für die Weiterführung der genealogischen Betrachtungsweise. Jede einzelne bietet neue Combinationen und Ausgestaltungen dar und verbindet zugleich die bereits bekannten. Die Gattung Neopallene beweist eine deutliche Verwandtschaft mit Pallene durch die abgekürzte Entwicklung; sie trägt nur wenig Eier, dieselben sind aber ebenso gross, wie die von Pallene, und die Embryonen schlüpfen in derselben Gestalt aus, wie jene. In der Grösse gleicht Neopallene durchaus Pallene, in der Gestalt des Schnabels, der Extremität I aber nähert sie sich der Gattung Nymphon. Und zum Beweis des Umstandes, dass Pallene erst aus Nymphon-ähnlichen Formen geworden ist, dient der Umstand, dass Neopallene im männlichen Geschlecht einen letzten Rest der Extremität II erkennen lässt, welche bei Nymphon vier- gliedrig ist, bei Pallene aber völlig fehlt. Sehr auffallend ist ferner, dass Extremität IV bei Neopallene keine Geschlechtsöffnung, ja auch keinen Ovarialschlauch enthält, vielmehr immer in einer Bildung verharrt, als sei sie noch nicht vollkommen reif. Dadurch wird ebenso eine neue Variation in die Ausbildung der weiblichen Geschlechtsorgane gebracht, wie die Männchen durch die Ausbildung der Kittdrüsen überraschen. Dieselben realisiren wieder den Röhren- typus des Ausführungsganges, — aber offenbar wieder auf selbständig erworbene Weise. Die grosse Röhre befindet sich diesmal nicht an der Spitze des Gliedes 4, überhaupt nicht auf der Oberseite, sondern gerade entgegengesetzt auf der Mitte der Unterseite. Wenn man nun darüber nachdenkt, welche functionellen Motive zu dieser absonder- lichen Verlegung der Kittdrüsen geführt haben könnten, da doch andere Abweichungen in der Gestalt von Neopallene nicht zu erkennen sind, denen man die Verantwortung dafür zuschieben könnte, so wird das Erstaunen nur noch grösser, plötzlich an Pallene Tiberü eine Bildung der Kittdrüsen zu gewahren, die wiederum sui generis ist. Weder die Ober- noch die Unterseite des vierten Gliedes sind hier in Anspruch genommen, sondern die Seiten; es existiren zwei Reihen Kittdrüsen mit je vier bis sieben röhrenförmigen Ausführungen. Man wird dadurch allerdings zweifelhaft, ob überhaupt in diesen Bildungen eine striete Abhängigkeit von irgend welcher Function zu suchen sei, ob sie nicht vielmehr einen Spielraum für Variabilität ge- währen, welche dann die schon oben ausgesprochene Ansicht bestätigen würde, dass die Kitt- drüsen zu ihrer — von mir nur hypothetisch angenommenen — Function erst sehr spät gelangt seien. Geradezu verwirrend wird aber diese Frage durch die Untersuchung von Rhynchothorax mediterraneus. Diese Pyenogonide hat nämlich gar keine Kittdrüsen an den vier Gliedern der Extremitäten IV—VII, sondern eine eigenthümliche, löffelförmige Verlängerung am dritten Gliede der Extremität VI, in welcher eine beträchtliche Anzahl feiner Hautdrüsenschläuche neben einander ausmünden, die also wohl im Stande wäre, statt der fehlenden Kittdrüsen zu 118 Nachtrag. functioniren. Auf den ersten Blick sieht es zwar aus, als hätte man in dieser Bildung mit einer Wiederholung des männlichen Geschlechtshöckers von Ammothea zu thun, aber man sieht gleich den Unterschied der Orts: bei Ammothea befindet sich der Geschlechtshöcker an dem zweiten Gliede der Extremitäten VI und VII, bei Rhynchothorax dagegen ist es eine Ver- längerung des dritten Gliedes der Extremität VI. Die Abwesenheit der Kittdrüsen in den vierten Gliedern der Extremitäten IV—VII bei Rhynchothoraw legt aber die Frage nahe, ob diese Bildungen überhaupt nie bei den Vor- fahren der Art bestanden haben, oder ob sie verloren worden sind. Die Antwort wird sich nur aus einer allgemeinen Betrachtung der gesammten Organisation von Rhynchothorax ge- winnen lassen. Wie Pyenogonum zeigt auch Rhynchothoraw eine Reduction der Geschlechtsöffnungen in beiden Geschlechtern auf ein Paar in der Extremität VII. Nach den oben gegebenen Aus- einandersetzungen nehme ich an, dies sei ein abgeleitetes, kein ursprüngliches Verhältniss. Im Gegensatz zu Pycenogonum, bei dem die Ovarien bis in das sechste Glied der Beine reichen, und reife Eier dort sowohl wie im Körper gebildet werden, zeigt Rhynchothorax das bemerkens- werthe Verhältniss, dass die Ovarien — ebenso wie die Hoden — nur auf den Innenraum des Körpers beschränkt sind und nicht einmal in das erste Glied der Beine reichen. Auch dies könnte ja noch als etwas Ursprüngliches, nicht als Reduction betrachtet werden. Es steht aber neben dieser Concentration der Organe im Körper von Rhynchothorax eine der allerauf- fallendsten Eigenschaften: die fast völlige Unterdrückung der Darmschläuche. In der That reichen dieselben nur bis in die Basis des ersten Gliedes der Beine, und Hand in Hand mit dieser Reduction scheint auch eine Beschränkung der Zahl und Bewegung der Darmkörperchen zu gehen. Soll man nun schliessen, dass die Vorfahren von Rhynchothorax noch keine Darmschläuche für die Extremitäten gebildet haben? Aber bei genauer Prüfung erkennt man, dass die Befestigung der kurzen Ausstülpungen des Darmcanals sich nicht da befindet, wo die Darmzellen aufhören, also in dem Basalgliede der Extremitäten IV— VII, sondern in dem sechsten und siebenten Gliede, also an derselben Stelle, wo auch die übrigen Pantopoden sie zeigen. Eine solche Befestigung wäre aber auffallend, wenn nicht ursprünglich der Darmschlauch bis an diese Stelle gereicht hätte; wir müssen also zu der Annahme neigen, dass eine Reduction eingetreten sei. Das Motiv derselben bleibt uns freilich völlig verschlossen ; wenn es aber geschah, dass die Geschlechtsorgane und die Darmschläuche aus den Extremi- täten zurückgezogen und diese auf einen sehr geringen Durchmesser reducirt wurden, so lässt sich auch vielleicht auf dieselben unbekannten Motive die Rückbildung ursprünglich vorhanden gewesener Kittdrüsen schieben. Ob jener Fortsatz am dritten Gliede der Extremität VI als Ersatz zu betrachten, ist natürlich fraglich, da er aber nur den Männchen zukommt und keine andre Structur erkennen lässt, als zahlreiche Ausmündungen von Hautdrüsenschläuchen, so glaube ich, bis auf bessere Einsicht, in ihm eine neue Kittdrüse gewahren zu sollen. Dass Rhynchothora® aber nicht ursprünglicher als andre Pantopoden organisirt sei, glaube ich auch aus der Gestalt des-Schnabels und der Extremität Il entnehmen zu sollen. Eırsterer Phylogenie. 119 zeigt den merkwürdigen und einzigen Fall einer Bildung des Mundes aus zwei Lippen statt aus drei. Die Mundöffnung ist dem entsprechend nicht ein Dreieck, sondern eine von oben nach unten gehende Längsspalte. Hier könnte nun freilich gleich wieder daran gedacht werden, man habe es mit einem ursprünglicheren Zustande zu thun, — aber der ganze Schnabel besteht aus drei Antimeren, wie bei allen Pantopoden, nicht aus zwei. Die dritte Lippe ist eben nicht zur selbständigen Ausbildung gelangt, sondern durch einen stärkeren Entwicklungsprocess der beiden unteren Antimeren ist die obere Lippe mit Lippenträger zurückgedrängt und zur Verwachsung mit der äusseren Schnabelwandung der unteren Antimeren gedrängt worden (Taf. XVII Fig. 2—4). Woher diese Veränderung, und auf welche Motive der Lebensweise sie zu schieben, bleibt unerfindlich, — ist es doch schon sehr schwer, Rhynchothoraw, der auf Melobesien und ähnlichen Kalkalgen sich findet, überhaupt wahrzunehmen, geschweige von seiner Lebensweise etwas zu erfahren, zumal er in einer Tiefe von nahezu 100 Meter lebt. Ob mit dieser Umgestaltung der Mundbildung die ausserordentlich mächtige Ausbildung der Extremität II in Causalnexus zu bringen ist, lässt sich ebenfalls. nur vermuthen. Sie ist aber sehr merkwürdig und gleichfalls einzig innerhalb der mir bekannten Pantopoden. Die grosse Stärke der Glieder 1—4 dieser Extremität scheinen auf eine kräftige Function der Extremität schliessen zu lassen, die wohl mit dem Besitz des vor die Mundöffnung reichenden, auf der Innenseite befindlichen, sehr grossen und starken Dorns (Taf. XVII Fig. 4 K. D.) zusammenhängt. Von Extremität I ist keine Spur vorhanden. Ich habe noch hervorzuheben, dass ich keine Männchen mit Eiersäcken gesehen habe, dass ich also nicht behaupten kann, sie trügen solche. Es bliebe ja immerhin möglich, die Abwesenheit der normalen Kittdrüsen darauf zurückzuführen, dass die Eier überhaupt nicht an die Eierträger des Männchens gelangten, sondern irgendwo abgelegt würden. Weder aus der Gestalt der Eierträger, die zwar auch von denen aller übrigen Pantopoden beträchtlich abweichen, noch aus andern Indicien lässt sich darüber etwas erfahren, die fortgesetzte Beob- achtung allein kann es lehren. Nach alledem erscheint Rhynchothoraw neben Pycenogonum als die abweichendst organi- sirte Pantopode, welche auf dem Wege der Reduction am weitesten gegangen ist. Nur in der Anwesenheit der Extremität II steht RAynchothora® hinter Pycnogonum zurück, sonst über- trifft er es an Reductionen. Was für weitere Modificationen im Bau dieser Thiere die späteren Untersuchungen lehren werden, bleibt abzuwarten. Aber vergleicht man Rhynchothorax mit irgend einer andern Pyenogonide, so ergibt sich immerhin eine sehr viel geringere Verschiedenheit, als sie etwa zwischen Palinurus und Alepas, oder Cypris und Phronima besteht, es bleibt also unangefochten die von mir entwickelte Auffassung, dass die heute lebenden Pantopoden alle in so naher Verwandtschaft mit einander stehen, wie etwa die Laemodipoden oder die Daphnien unter sich, dass sie also eine kleine, in der Entfaltung begriffene Gruppe darstellen, deren ursprüngliche genealogische Basis verloren ist, und auch kaum durch ontogenetische Studien wieder con- struirbar werden wird. Systematik Einleitende Bemerkungen. Es hat bisher nicht an Bearbeitungen der Pantopoden-Systematik gefehlt. In dem letzten Abschnitt dieser Monographie. wird davon weitere Rechenschaft gegeben. Wenn trotz- dem die Kenntniss der Arten, Gattungen und Familien innerhalb der ganzen Gruppe nur sehr mangelhaft ist, so muss die Schuld auf die unvollkommene Art und Weise geschoben werden, mit der bislang einzelne Autoren ihre Aufgabe behandelten. Obschon Orro FABRI- cıus eine Pyenogonide in solcher Weise beschrieb, dass für denjenigen, der die Fauna Grön- lands einmal bearbeitet, die Möglichkeit durchaus gegeben ist, die Art wiederzuerkennen, und obschon KroyEr vortrefflliche Beschreibungen bot, so ist doch mit wenigen Ausnahmen der allerletzten Zeit fast keine einzige Beschreibung eines Pantopoden brauchbar und ausführlich genug, um nahe verwandte Arten zu unterscheiden.*) *) Dass die Schuld an diesem Uebelstande zum Theil der lückenhaften anatomisch-biologischen Erkenntniss beizumessen ist, welche wir bisher von der sonderbaren kleinen Gruppe besassen, ist wohl eben so sicher, wie dass sie durch den vielleicht nicht immer zu vermeidenden, aber sehr wenig wünschenswerthen Gebrauch verursacht ward, dass, wenn bei gelegentlichen Expeditionen von Kriegsschiffen in abgelegene Meere, oder durch geographische Reisende, oder auf irgend welche Weise Sammlungen veranstaltet und nach Europa gesandt werden, dieselben irgend einem Interesse zu Liebe möglichst rasch bearbeitet werden. Statt sie entweder ruhig stehen zu lassen, oder aber an wirklich competente Systematiker zu vertheilen, werden sie dann von irgend einem Autor en masse be- arbeitet, d. h. mit Namen, Diagnosen oder kurzen Beschreibungen versehen, und so »der Wissenschaft einverleibt«. Sie wirken, in solcher Weise »einverleibt«, wie ein fremder Körper im Leibe der Wissenschaft, nicht wie assimilir- bare Nahrung, und müssen häufig durch einen monographischen Heilungsprocess wieder ausgestossen werden. Frühere Autoren, wie HEnky GooDsIR, oder Hopgz, von andern Aelteren zu schweigen, haben auf je 4 oder 5 kleinen Octavseiten 10—15 Pantopoden-Arten »beschrieben«? Besteht da wirklich eine Verpflichtung, sich die äusserste Mühe zu geben, um die betreffenden Namen denjenigen Arten wieder zuzulegen, welche vielleicht jenen Autoren vor- lagen? Ich glaube kaum, wenigstens nur in dem Falle, dass die Original-Exemplare noch vorhanden seien und in solchem Zustande sich befinden, dass es möglich ist, sie zu identifieiren. In der vorliegenden Monographie habe ich von den früher aus dem Golf von Neapel beschriebenen 8— 9 Arten keine einzige wiederzuerkennen vermocht, und habe um so mehr neue Namen für alle in Vorschlag gebracht, als die älteren Beschreibungen zumeist auf 2 oder 3 Arten gleich gut passten. Nur mit Ahynchothorax mediterraneus Costa vermochte ich eine Ausnahme zu machen, da seine äusserst charakteristische Erscheinung die Wiedererkennung erlaubte, trotzdem die Cosra’sche Beschreibung und Abbildung sehr fehlerhaft ist. Einleitende Bemerkungen. 121 24 Bei der Beschreibung ist besonders darauf zu achten, die Geschlechter und ihre secun- dären Unterschiede streng hervorzuheben; es ist genau Obacht zu nehmen, dass die Reife oder Unreife vorliegender Exemplare festgestellt werde, widrigenfalls die Synonymie eine un- willkommene Bereicherung erfahren muss. Es ist begreiflich wichtig, das Vorhandensein oder die Abwesenheit der drei ersten Extremitätenpaare zu betonen und die Zahl und Grösse ihrer Glieder genau zu beschreiben, womöglich abzubilden, aber es ist nicht weniger wichtig, die Gestalt der Kittdrüsen bei den Männchen, die Zahl der Geschlechtsöffnungen in beiden Ge- schlechtern, die Länge der Ovarialschläuche, und ob reife Eier nur in den Beinen oder auch im Hauptovarium im Körper gebildet werden, zu betonen. Alles das setzt natürlich voraus, dass von jeglicher Darstellung, die nur auf Lupen-Untersuchung basirt ist, völlig Abstand ge- nommen, dass vielmehr nur nach vollkommen durchsichtig gemachten mikroskopischen Präpa- raten die Beschreibung entworfen werde. Eine einigermaassen ausreichende Begründung der Gattungen wird schwerlich von einer Monographie erwartet werden können, die ein so beschränktes faunistisches Gebiet umfasst, wie ‚es der Golf von Neapel bietet. Dennoch habe ich nicht Anstand genommen, einige neue Gattungen aufzustellen, um Gesichtspunkte hervorzuheben, die wohl auch in Zukunft als Kri- terien für Gattungs-Unterscheidung gelten können. Ich muss es aber Monographen grösserer Gebiete, am besten der Gesammt-Gruppe überlassen, Familien zu unterscheiden, da es mir schwierig erscheint, von so geringer Grundlage aus, das zu thun. Es scheint plausibel, vier grössere Gruppen zu bilden: Ammotheidae (Gattungen Darana, Ammothea, Clotenia, Trygaeus), Nymphonidae (Gattungen Nymphon, Pallene, Neopallene), Phoxichilidae (Gattungen Phowichilus und Phoxichilidium) und Pyenogonidae (Gattungen Pyenogonum und Rhynchothoraw) — ich lege aber, wie gesagt, keinen Werth auf diese Unterscheidung, glaube vielmehr, dass es breiteren Untersuchungsmateriales bedarf, um sicherere Kriterien zu gewinnen. Möge ein späterer Mo- nograph diese Arbeit auf sich nehmen. Ich schliesse an diese Bemerkungen eine Tabelle, durch die es wohl gelingen mag, die nachfolgend behandelten Gattungen mit einiger Sicherheit und ohne viel Zeitverlust zu bestimmen, und erwähne, dass ich leider bis zum Abschluss dieser Monographie nicht erreicht habe, ein zweites Exemplar eines Nymphon aufzufinden, das mir ein einziges Mal von Bajae gebracht ward und von mir allzu schnell behufs Erledigung einiger anatomischen Fragen in Querschnitte zerlegt ward. Ich habe infolge dessen keine Beschreibung des Thieres geben können. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 16 Systematik. 122 Synoptische Tabelle zur Bestimmung der Gattungen. Il; Pe I vorhanden, mit ausgebildeter Scheere versehen. . Extremität Ilm beiden Geschlechtern 4—5-gliedrig . Extremität II unterdrückt, oder nur als kleiner Stummel beim gi erkalteng A. Extremität III 10—11-gliedrig, in beiden Geschlechtern vorhanden ; zahlreiche eichenblattförmige oder feingezähnte Dornen an ihren Endgliedern. a. Extremität IV ohne Geschlechtsorgane und deren Mündungen; 9 mit rudimentärer Extremität II 3 b. » » wie V— VII mit share und. den Mün- dungen; g' ohne Extremität II EA I ur DER, B. Extremität II 5—7-gliedrig, nur bei = we keine feingezähnte, sondern ganz einfache Domen . HM. Mer I vorhanden, mit rudimentärer oder ganz De Atiekten Sch . Extremität I 2-gliedrig. A. Extremität III 11-gliedrig. Oberseite des 4. Gliedes zerstreut, Nebenschläuchen der Ovarien NER a B. Extremität III 10-gliedrig. g' mit onententer ne vorspringen- der Gesammt-Mündung der Kittdrüsen an der Spitze von Gl. 4. © reife Eier nur in den Nebenschläuchen 2. Extremität I 1-gliedrig. A. Extremität III 10-gliedrig. B. Extremität III 7-gliedrig. III. Extremität I gänzlich unterdrückt. 1. Extremität II vorhanden, kräftig entwickelt 2. Extremität II gänzlich unterdrückt. A. Extremität III 7-gliedrig, nur beim 9! vorhanden. Geschlechtsöffnungen bei @ in Extremität IV— VII, bei g' in V—VI. Reife Eier nur in den Nebenschläuchen B. Extremität III 10-gliedrig, bei g'Q mur in Extremität VII. schläuchen SR g' Mündung der Kittdrüsen über die ganze ” mit reifen Eiern in den Haupt- und Körper scheibenförmig Körper gestreckt . nur beim 91 vorhanden. Geschlechtsöffnungen Reife Eier in Haupt- und Neben- Nymphon . Neopallene . Pallene . Phozichilidium . Barana . Ammothea 3. Olotenia 10. Trygaeus Rhynchothoraz . Phozxichilus . Pycnogonum Barana. 123 Erste Familie: Ammotheidae. Gattung: Barana Donen. Der Körper ist walzenförmig seiner Grundgestalt nach, oder von oben nach unten platt, die einzelnen Segmente deutlich von einander abgegrenzt und mit starker Segmentfalte versehen, deren Muskulatur rund um das Segment herum geht. Der Schnabel ist ausserordentlich gross; seine Einlenkung am Vordertheile des ersten Segmentes schräg nach unten oder gerade nach vorn gerichtet. Seine Basis, die den Reusen- apparat enthält, stark verschmälert. Der Hinterleib ist lang und schmächtig, seine Richtung in der Längsaxe des Körpers mit geringer Biegung nach unten. Die Extremitäten sind alle vorhanden in beiden Geschlechtern. I entspringt dicht über der Einlenkung des Schnabels, ist zweigliedrig und bei noch nicht geschlechtsreifen Exenı- plaren scheerentragend. Bei den geschlechtsreifen gehen die beiden Zangen der Scheere ver- loren, das Glied, das sie trug, bleibt aber erhalten. Der Darm dringt innerhalb derselben bis an die Basis des scheerentragenden Gliedes vor. II ist eingelenkt auf einem Seitenfortsatz, der wie eine Halbkugel neben der Basis des Augenhügels vorspringt. Sie ist 10-gliedrig, das dritte und fünfte Glied sind sehr lang, das fünfte trägt das Excretionsorgan. Die letzten fünf Glieder sind ziemlich gleich lang, im Ganzen aber kürzer, als das fünfte allein; sie sind in ihrer gewöhnlichen Haltung gegen das fünfte Glied gekniet, und während die Spitze dessel- ben nahe der Spitze des Schnabels sich befindet, umgeben die fünf Endglieder die Mund- öffnung von beiden Seiten. III ist dicht vor dem Seitenfortsatz von IV gleichfalls auf einem Seitenfortsatz eingelenkt, welcher weiter hinaus ragt, als der von II, wenn auch weniger weit als der von IV. Zwischen der Einlenkung von II und III ist ein grosser Zwischenraum. 'e) 5 II ist elfgliedrig, das 4. und 5. Glied am längsten, das 11. Glied besteht in einer beweg- lichen Kralle. Die Zähne der vorletzten 4 Glieder sind fiederspaltig. Das 4. Glied trägt das Excretionsorgan. Die letzten 4 Glieder sind halbkreisförmig gekrümmt. Die Extremitäten I’—VII sind normal gebildet, die Tarsen und das vorhergehende Glied nicht durch starke Zähne ausgezeichnet, auch die Klauen ohne Nebenklauen. 16 * 124 Systematik. Das Nervensystem ist, dem gestreckten Körperbau entsprechend, gleichfalls in die Länge gezogen, alle Ganglien bilden, von der Seite gesehen, fast Kugeln, von oben oder unten Ovale, deren Längsdurchmesser indess vom Querdurchmesser nicht allzu sehr übertroffen wird. Das obere Schlundganglion liegt hinter dem Augenhügel, die Ganglien der Bauchkette sind fünf an der Zahl, das erste liegt zwischen den Seitenfortsätzen für III, das zweite zwischen denen für IV, das dritte zwischen V, das vierte etwas vor, das fünfte etwas hinter den Seiten- fortsätzen für VI. Rudimentäre Abdominalganglien sind nicht vorhanden, die Nerven für den Hinterleib gehen direct vom fünften Ganglion ab. Die Ovarien tragen reife Eier im Körper, und in allen Gliedern der Beine bis zum Anfang des 6. Gliedes. Hodenmündungen im Extremitätenpaar VI-VH ohne Höcker. Kittdrüsen auf der Oberseite der betr. Glieder ohne concentrirten gemeinsamen Aus- führungsgang, vielmehr sind die Mündungen der feinen Röhrchen in einzelnen Stellen dichter neben einander zu erkennen, ls an andern. Die beiden Arten, welche die Gattung Barana bilden, haben wesentliche Kennzeichen gemeinsam, welche mir wichtiger schienen, als die Verschiedenheit in andern. Ich hatte freilich anfänglich geglaubt, sie trennen zu sollen, allein je näher ich sie untersuchte, um so weniger stichhaltig erschienen mir die Gründe hierfür. Die bedeutende Grösse der vorderen drei Extremitäten, die Einlenkung von II und III auf besondern, hinter einander in beträchtlicherer Entfernung befindlichen Seitenfortsätzen des ersten Segmentes, die Grösse des Schnabels, die mässige Bewaffnung der 'Tarsen und der Mangel der Nebenkrallen, die Getrenntheit der Bauchganglien, die Abwesenheit der rudimen- tären Ganglien, schliesslich die Beschaffenheit der Ovarien und der Kittdrüsen scheinen mir so deutliche Hinweise auf nähere Blutsverwandtschaft der beiden Arten, dass ich sie mit dem- selben Recht in eine Gattung vereinige, wie man die Arten von Ammothea oder Phowichilidium vereinigt. Die Verschiedenheiten lassen sich anscheinend auf eine Verschiedenheit der Lebens- weise zurückführen. B. arenicola lebt nämlich im Sande, resp. in schlammigem Boden, und gräbt sich ein. Daher offenbar ihr flacher Körperbau, daher auch die einer wirklichen Be- haarung nahe kommende Ausstattung des ganzen Körpers mit langen Borsten. BD. Castelli hingegen lebt auf Felsen und Steinen, — sie bedarf aber weder eines flachen noch eines mehr oder weniger glatten Körpers, — im Gegentheil helfen alle Zacken, Dornen und Stacheln dazu, ihre Existenz zu sichern. Barana Castelli. 125 1. Barana Castelli ». sp. (Taf. I 1—16, Taf. II 1.) Körper walzenförmig, gestreckt, mit gesonderten Seitenfortsätzen ; Jedes Segment trägt auf dem Rücken in der Mittellinie einen mit Dornen ausgestatteten Höcker von der Grösse des Augenhöckers. Das vorderste Segment ist doppelt so lang als die folgenden Segmente. Schnabel etwas länger als die Hälfte des Körpers, nach unten gerichtet, wohl auch ganz an die Bauchseite gebogen. Gliedmaassen I halb so lang, wie das vorderste Segment, zweigliedrig; II schlank, beinahe so lang wie der Körper; III beim J' kräftiger, bedeutend länger als der Körper, beim @ nicht stärker als II und wenig länger; IV—VII lang, die 4. und 5. Glieder in beiden Geschlechtern an der Spitze der Oberseite mit ebenso starken, dorntragenden Höckern ver- sehen, wie sie auf dem Rücken der einzelnen Segmente stehen. Länge des Körpers (excl. Abdomen und Schnabel) 5mm. Den Körper von B. Castelli zeichnet vor allen Dingen das Vorhandensein einer Reihe hoher, mit starken Dornen besetzter Höcker auf der Mittellinie und nahe am Hinterrande jedes Segmentes aus. Diese Reihe von Höckern, vom Augenhöcker angefangen, giebt der Rücken-Contur ein so eigenartiges Gepräge, dass es leicht ist, diese Pyenogonide von allen übrigen Formen des Golfes zu unterscheiden. Die betr. Höcker sind alle hohl, die Leibes- höhle verlängert sich in sie hinein, ja sogar die Segmentfalte, an deren innerem unterem Zipfel die Segmentalmuskulatur entspringt, überträgt sich auf die Höcker, deren hintere Wandung die Falte bilden hilft, deren innerer Basalhohlraum somit von der Segmentmuskulatur beiderseits überbrückt wird. Ebenso interessant ist das Vorhandensein deutlicher seitlicher Fortsatzbildungen am vordersten Segment von Barana Castelli sowohl wie von B. arenicola für II und II. Während bei den meisten übrigen Formen der Familie die Extremitäten II und III ohne weiteres an der Unterseite oder neben dem Schnabel an der Vorderseite des ersten Segmentes eingelenkt zu sein pflegen, zeigen die beiden Arten von Barana eine deutliche Hervorragung der Körper- wand, die zwar nicht so gross ist, wie bei den Extremitäten IV—VII, die aber doch sehr gut erkennen lässt, wie auch in dieser Beziehung II und III durchaus gleichartig mit den folgenden Gliedmaassen angelegt sind. Gegenüber andern Pyenogoniden ist als charakteristisch für B. Castell und arenicola noch hervorzuheben die Stellung und Richtung des ziemlich langen Hinterleibes, die bei beiden horizontaler ist als bei den andern Arten. Der Schnabel von B. Castelli ist durch seine Stellung sehr ausgezeichnet. Ein- gelenkt an der vorderen Fläche des ersten Segmentes dicht unter der Insertion von I, mit beträchtlicher Segmentfalte krümmt er sich sofort in halbrunder Beugung nach unten, dehnt sich aber zugleich etwas aus; dann erfolgt eine Einschnürung im Gesammtumfange, die un- gefähr coincidirt mit den äussersten Ringen des Reusenapparates. Die Wandung dieses basalen 126 Systematik. Abschnittes des Schnabels ist weniger stark, als die des grösseren folgenden Theiles. Nach der Einschnürung verdickt sich die Wandung und der Schnabel schwillt rasch an, um dann langsam sich zu verschmälern. Der Mund spitzt sich zu, die Lippen inseriren sich an Vor- sprüngen, deren Spitze fast einen rechten Winkel bildet. Die Verdickung der Wandung ebenso wie die Zunahme des Umfanges des Schnabels werden gleicherweise verursacht durch die Dilatations-Muskulatur des inneren Schnabelgerüstes. Wie der Umfang des Schnabels am äusseren Ende des Reusenapparates plötzlich zunimmt, so nimmt diese Anschwellung wiederum an einer anatomisch wichtigen Stelle ein Ende: nämlich da, wo die drei Schnabelganglien liegen, wo also auch die grosse circuläre Blutbahn ist. Bei völliger Hervorschiebung der Schnabelbasis kann derselbe dicht an die Bauchwand angelegt werden. Der Reusenapparat ist verhältnissmässig kurz und fein; einige dreissig borstentragende Ringe bilden ihn, die Borsten sind nicht lang und stehen sehr eng zusammen. Um so grösser ist die vor ihm liegende Höhlung des inneren Gerüstes Die Lippen ragen wenig über die äussersten Spitzen des Schnabels vor und tragen nur sehr kurze Borstchen. Der Hinterleib ist länger als die einzelnen Segmente, mit Ausnahme des vordersten; seine Segmentalfalte steht unmittelbar in Verbindung mit dem Rückenhöcker des letzten Segmentes, wie auch seine Rückenmuskulatur die Höhlung des letzteren beiderseits überbrückt. Seine Gestalt ist eylindrisch, gegen die Afteröffnung hin auf der Oberseite aber etwas ab- geschrägt. Die Extremitäten tragen alle zahlreiche Höcker, Dornen und Stacheln, die nun im Einzelnen betrachtet werden sollen. Extremität I ist dicht über dem Schnabel eingelenkt. Ueber jeder Einlenkung trägt der Körper einen Höcker mit kurzem Dorn; die Höhlung des Höckers wird überbrückt durch den Streckmuskel von I, der sich vor dem Augenhügel inserirt, während der Beugemuskel sich ihm zur Seite nach abwärts neben dem seitlichen Fortsatz von II ansetzt. I besteht aus zwei Gliedern, einem längeren leicht nach unten gekrümmten Basal- glied, und einem kürzeren fast kugelförmigen Endgliede, welches beim unreifen 'Thiere eine kräftige Zange trägt. Das Basalglied trägt auf der Oberseite einen breiten Höcker mit zwei ziemlich grossen Stacheln, einem vorderen am Grunde, einem äusseren auf der Spitze des Höckers. An der Spitze des Gliedes ist dasselbe auf ‘der Oberseite in einen Fortsatz aus- gezogen, auf welchem mehrere kürzere Stacheln stehen. Das Endglied trägt aussen wenige kleine Stacheln, die Zange ist bis auf einen stumpfen Höcker verschwunden. Extremität II ist nach unten gerichtet. Diese Richtung ist gleich in der Stellung der beiden ersten, sehr kurzen Glieder angedeutet. Glied 1 ist breit und mit starker Wandung versehen, die zahlreiche Hautdrüsen enthält. Glied 2 ist bedeutend schmäler, auch kürzer; die Muskulatur von Glied 1 greift direct an die Basis von Glied 3; nur ein dünner Muskel, der vom seitlichen Fortsatz des Segments ausgeht, setzt sich an den äusseren Basalrand des Gliedes 2 an; sein Verschwinden würde das Glied 2 überhaupt überflüssig machen, wie es auch bei den meisten übrigen Pyenogoniden verschwunden ist. Glied 3 ist sehr lang, gegen die Spitze etwas verdickt, an der Basis noch schmäler als Glied 2; entlang der hinteren äusseren Barana Castell. DT Wand befindet sich eine starke Spange. Glied 4 doppelt so gross wie Glied 2, ovaler Form, Glied 5 fast so lang wie Glied 3, in der Mitte etwas verbreitert, an beiden Enden enger; eine Spange läuft an der hinteren inneren Wand entlang; an der äusseren Wandung trägt es an der Basis wie an der Spitze längere Stacheln. Das nächste Glied bildet das Knie der Extremität, alle die 5 letzten Glieder sind fast gleich lang, an der Aussenwandung mit zahl- reichen, nicht langen Dornen und Stacheln ausgerüstet. Extremität IH ist dicht vor Extremität IV an den seitlichem Fortsatz, nach unten ge- richtet, eingelenkt. Die Glieder 1—4 sind alle von gleicher Stärke, aber ungleicher Länge, 1 und 3 kürzer, 2 doppelt so lang als 1, 4 doppelt so lang als 2. Glied 5 und 6 sind nur wenig schmächtiger, 5 gleich lang mit 4, 6 etwas kürzer, 7—10 verjüngen sich allmählich, 7 ist etwas länger als jedes der drei andern. Glied 10 trägt eine bewegliche, leicht gekrümmte Kralle, die etwas kürzer ist, als Glied 10 selber, der selbständigen Beweglichkeit halber aber als 11. Glied aufzufassen ist, welches direct von der Kralle der Larven-Extremität abstammt. Die letzten 4 Glieder tragen doppelte Bewaffnung an ihrer Innenseite. Glied 7 trägt sieben grössere fiderspaltige untere und sieben kleinere fiderspaltige und etwas kürzere innere Stacheln; Glied S trägt vier grössere, fünf kleinere, Glied 9 vier grössere und vier kleinere, Glied 10 endlich sieben grössere und fünf kleinere fiderspaltige Stacheln. An den Spitzen der letzten sechs Glieder finden sich ausserdem auf der Ober- und Aussenseite wenige kurze Dornen. Extremität IV Glied 1 nicht so lang wie der entsprechende seitliche Fortsatz; an der Spitze, aussen seitlich, ein Höcker mit Dorn. Glied 2 etwas länger als 1, trägt zwei Anschwellungen beim 9, eine für die Ovarialöffnung, die andere gegenüberliegend für den Ovarialschlauch, der dort umbiegt. Nur zwei oder drei Dornen ohne Höcker. Glied 3 kurz, einfach. Glied 4 so lang wie die drei ersten Glieder inel. seitlichem Fortsatz, verbreitert, im Profil gesehen sind Ober- und Unterrand mehrfach geschwungen, ihre Conturen wellig, an der Spitze der Oberseite steht ein grosser, kegelförmiger, aber mit gleichfalls geschwungenen Profillinien ver- sehener Höcker, der rund herum mit Dornen besetzt ist und einen Dorn auf der Spitze trägt. Auf der Innenseite trägt Glied 4 eine breite, gleichfalls wellige Spange. Kurze Stacheln stehen hie und da auf der Wandung. Fast dieselbe Beschreibung passt auf Glied 5, nur mit dem Unterschied, dass Glied 5 im Profil nicht so wellig, sondern auf der Oberseite leicht concav, auf der Unterseite etwas stärker convex ist. Der Höcker auf der Spitze ist um ein Weniges kleiner als auf Glied 4, auch trägt Glied 5 drei grössere Dornen auf der Oberseite, die Spange auf der Innenseite setzt sich aber von Glied 4 auf Glied 5 fort und geht auch direct auf Glied 6 über, welches Glied etwas länger als die vorhergehenden ist und auf der oberen Mittellinie eine grössere Zahl (10—12) längerer Dornen in ziemlich regelmässigen Ab- ständen trägt, welche Dornen indess auf keinerlei Vorragungen stehen. Neben und zwischen den grössern Dornen stehen kleinere nach abwärts gerichtete, besonders zahlreich an der Spitze des Gliedes. Glied 7 ist nicht klein, die Unterseite ohne vorgeschobene Spitze, mit einer Anzahl dicht stehender, aber mässig grosser und gleichmässig starker Stacheln aus- 128 Systematik. gestattet. Auf der Innen- wie Aussenseite je eine kurze Spange. Das Tarsalglied ist leicht geschwungen, wie Glied 6 auf der Oberseite mit grossen Dornen gleichmässig ausgestattet, auf der Unterseite dicht mit kleineren, ziemlich gleich grossen Stacheln versehen, die offenbar wenig Wirkung bei etwaigem Einschlag der Kralle bieten. Auf der Innenseite des Tarsus eine breite Spange. Die Kralle klein, höchstens '/, von der Länge des Tarsus. Extremität V—VI sind durchaus gleich IV gestaltet. Das Nervensystem zeigt die Gattungscharactere, d.h. fünf getrennte, ziemlich gleich grosse Bauchganglien, deren Gestalt rundlich oval ist. Das obere Schlundganglion liegt dicht hinter dem Augenhügel, das erste Bauchganglion nicht weit davon zwischen der Ein- lenkung von Extremität IH. Die Schlundeommissuren sind dieser nahen Nachbarschaft ent- sprechend kurz. Das zweite Bauchganglion liegt zwischen der Einlenkung von Extremität IV, gibt dem entsprechend auch seine Nerven an Extremität IV in gerader Richtung ab. Das dritte und vierte Bauchganglion liegen etwas vor den Einlenkungen von Extremität V und VI, ihre Nerven haben somit ihren Weg etwas nach rückwärts zu nehmen. Das fünfte Bauch- ganglion schliesslich liegt dicht hinter der Einlenkung von Extremität VI, seine Nerven, die an Extremität VII gehen, müssen einen weiten Weg im Körper nach hinten zurücklegen, ehe sie die von ihnen zu versorgende Extremität erreichen. Die Nerven für das Abdomen gehen direct von dem oberen Theil der Hinterwand des fünften Ganglion ab. Die Schnabel- nerven bieten ebenfalls keine Absonderlichkeiten, es sei denn die zur Grösse des Schnabels verhältnissmässige Kleinheit der Ganglien und der sie verbindenden Commissuren. Die Nerven für Extremität II haben erst eine bedeutende Strecke neben dem Oesophagus entlang zu laufen, ehe sie ihre Extremität erreichen. Die Augennerven gehen stark getrennt von einander ab, und da die Augen einer Seite gleichfalls weit von denen der anderen abstehen, so sind auch die Verzweigungen der Augennerven sehr deutlich. Die Kapsel des seitlichen Sinnesorgans ragt zipfelartig ziemlich weit vor. Der Augenhügel selber ragt hoch empor und trägt über den Augen noch eine bedeutende Zahl von Dornen. beim Männchen mehr als beim Weibchen. Der Darm ist meistens von farblosen Körpern stark erfüllt, welche von beträchtlicher Grösse sind. Die Schläuche sind überall gleich ‘geartet und reichen bis an das Ende des sechsten Gliedes der Extremitäten IV’—VIH, ebenso auch an die Spitze der Extremität I. Bei einem jüngeren Stadium war ausserdem noch ein kurzer Blindschlauch zwischen diesem letzteren und dem für Extremität IV zu bemerken, welcher den Erwachsenen aber fehlt. Die Hautdrüsen sind ziemlich zahlreich, die Höhlungen der Cuticula einfach um- gekehrt-becherförmig; die Hautborsten kleine Gabeln. Die Kittdrüsen der Männchen liegen als Convolut an der Oberseite des vierten Gliedes der Extremitäten IV—VII fast in ihrer ganzen Längenausdehnung; ein gemeinsamer Ausführungsgang ist aber nicht vorhanden, vielmehr treten je 10—20 kleine Röhrchen an einzelnen Stellen näher zusammen und münden in nächster Nähe von einander aus. Mitunter freilich laufen alle die kleinen Röhrchen mehr nach einer ventraleren Stelle zusammen, aber Barana arenicola. 129 niemals in einer Weise, welche eine oder mehrere streng begrenzte Stellen bezeichnen liesse, wie sie bei andern Gattungen sich finden. Die Hoden münden auf der Spitze der Unterseite des zweiten Gliedes von Extremität VI und VII, ohne besondere Verlängerungen oder Höcker zu bilden: Die Ovarien reichen bis in das fünfte Glied der Beine und "tragen reife Eier in ihrer ganzen Ausdehnung, auch im Körper. Die Larve trägt, wenn sie das Ei verlässt, die normalen Attribute; der Dorn an der Aussenseite des Basalgliedes von Extremität I ist doppelt so lang, als das ganze 'T'hier, leicht rankenförmig, an der Basis breiter und gefidert. Die Mündung der grossen Hautdrüse ver- mochte ich. nicht festzustellen. Barana Castelli ward mir von mehreren Punkten des Castell dell’ Uovo, des Posilippo und Nisita gebracht. Sie ist ein Bewohner flachen Wassers und felsiger Küstenpartieen. 2. Barana arenicola x. sp. (Taf. II, Fig. 2—8.) Körper gestreckt, abgeplattet, mit sehr langen, gesonderten Seitenfortsätzen, deren Hinterrand durch die Segmentfalte in zwei verschiedenen Segmenten zugehörige Stücke ge- 5 5 ie) >) =) theilt wird. Extremität II und III mit besonderen, stark vorragenden Seitenfortsätzen aus- gestattet. Das erste Segment mehr als doppelt so lang, als die übrigen. Schnabel eiförmig, so lang wie der Körper (exel. Abdomen), nach vorn gerichtet, oder in stumpfem Winkel nach unten gebogen. Gliedmaassen I beinahe so lang wie der Schnabel, zweigliedrig, das zweite Glied ganz klein, II schlank, so lang wie der Körper, III bei Q' und Q@ gleich lang und gleich stark, dreimal so lang als der Körper. IV—VI von gewöhnlichen Dimensionen, ohne Höcker, aber mit langen, haarartig gekrümmten Stacheln besetzt. Länge des Körpers (excl. Abdomen und Schnabel) 0,003 m—0,004 m. B. arenicola ist durch ihre Lebensweise eine sehr auffallende Pyenogonide. Sie kann sich in die Oberfläche sandigen Bodens einwühlen, und sich mit Sand völlig bedecken, so dass man sie nur durch Herumrühren mit einem Stabe aus dem Sande herausholen kann, der z. B. in einem Glasgefässe den Boden bedeckt. Mit dieser Lebensweise im Zusammen- hang scheint die abgeplattete, in die Breite gezogene Körperbildung zu stehen, ebenso auch die Abwesenheit aller grösseren Höcker und Vorsprünge und die fast wollige Bedeckung der Beine mit langen haarartigen Stacheln. Eben darauf aber scheint auch die grosse Ausdehnung der seitlichen Fortsätze bezogen werden zu müssen, welche eine so grosse Muskelentwicklung gestattet. Die Unterschiede von B. Castelli sind demgemäss so bedeutend, dass ich anfänglich geneigt war, beide Thiere auch zu zwei Gattungen zu erheben; da aber alle übrigen wesent- Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 17 130 Systematik. lichen anatomischen Charactere übereinstimmen und die beiden Arten andern Pyenogoniden durchaus gegenüberstehen, so glaube ich sie in derselben Gattung vereinigen zu dürfen. Das vorderste Segment des Körpers ist doppelt so gross, als die übrigen, was durch die Ausbildung oder, vielleicht richtiger gesagt, durch die Erhaltung gesonderter seitlicher Fortsätze für die Extremitäten II und III verursacht wird. An der Unterseite befindet sich die nach hinten halbkreisförmige Ausbuchtung der Chitinwandung zur Aufnahme des Schnabels, während auf der Oberseite die Grenze gegen das Schnabelgelenk durch eine ziemlich gerade Spange gezogen wird, die nach aussen ein wenig convex ist. Neben dieser oberen Spange und aussen von der Schnabelwurzel sind die beiden Extremitäten I eingelenkt, in der Weise, dass die Gelenkpfanne leicht schräg nach oben gerichtet ist. Aussen von diesen, auf der Unterseite des ersten kurzen seitlichen Fortsatzes befindet sich die Gelenkpfanne von Extremität II. Dann schnürt sich die Körperwand ein, und bestände eine Falte, mit dazu gehöriger Muskulatur, so würde im Uebrigen alles so beschaffen sein, um ein besonderes Segment aus dem bisher beschriebenen Körperstück hervorgehen zu lassen. Nach dieser ersten Einschnürung erweitert sich das Segment wieder behufs Ausbildung der seitlichen Fortsätze für Extremität III, welche halbkugelförmig vorspringen. Die Gelenk- pfanne ist auf ihrer Unterseite befindlich. Hienach erfolgt wieder eine scharfe Einschnürung des Segments, nach der sich dasselbe zu den seitlichen Fortsätzen der Extremität IV auszieht, die etwas nach vorn gerichtet sind. Eine gerade Linie, gezogen von den Enden eines dieser beiden Fortsätze zum andern, würde etwa so lang sein, wie die Entfernung der Schnabelspitze zur hinteren Grenze des vorderen Segments. Die Grenze des vorderen und des zweiten Segmentes liegt nun nicht, wie bei BD. Castelli und allen übrigen mir bekannten Pyenogoniden, zwischen je zwei seitlichen Fortsätzen, sondern sie geräth auf die Fortsätze selbst hinauf, in der Weise, dass die grösste Einschnürung des folgenden Segmentes beträchtlich hinter der Segmentfalte liegt, letztere somit auf die Hinter- seite der seitlichen Fortsätze hinaufrückt. Die hintere Segmentgrenze ist leicht concav. Die seitlichen Fortsätze des zweiten und dritten Segmentes sind die längsten und stehen, wenn auch nicht senkrecht auf der Längsaxe des Körpers, so doch in weniger spitzem Winkel; dagegen sind die des letzten Segmentes stark nach hinten gerichtet; die Begrenzung des letzten Segmentes gegen den Hinterleib geschieht auch mit deutlicher Falte. Der Schnabel ist wie bei B. Castelli sehr gross, ist aber nicht gekrümmt, sondern gerade und bildet ein nach vorn etwas breiteres, sonst aber ziemlich regelmässiges Oval. Ein- gelenkt an der Unterseite des vorderen Segmentes steht er zwischen den Einlenkungen der Extremität I, seine Wurzel gerade unter dem Augenhügel. Er erleidet keine Einschnürung an der Stelle, wo der Reusenapparat endigt, und seine Lippen sind abgerundeter als bei B. Castell, auch Jie Stützleisten derselben weniger gebogen, so dass bei eingezogenen Lippen der Schnabel vorn abgestutzt erscheint. Wenn das Thier sich in den Sand gräbt, steht der Schnabel gerade nach vorn, sonst wird er im stumpfen Winkel abwärts gebogen getragen. Der Reusen- Barana arenicola. 131 Apparat nimmt ein Viertel der Länge des Schnabels ein und zählt zwischen 40 und 50 Leisten. Wo die äussersten Spitzen der Reusen sind, ist das innere Schnabelgerüst etwas geknickt. Der Innenraum des inneren Schnabelgerüstes ist sehr beträchtlich; die Schnabelganglien liegen auf °/, der Länge des Schnabels. Der Hinterleib ist sehr lang, bei jüngeren Thieren länger als der Schnabel, bei älteren etwas kürzer. Er ist cylindrisch, nur am Ende erst etwas verbreitert, dann zugespitzt, von oben abgeschrägt. Die Extremitäten tragen keine Höcker, Dorne oder Zähne, wohl aber einen ver- hältnissmässig dichten Besatz von langen, gekrümmten, resp. peitschenartig geschwungenen Stacheln, deren Function nicht so sehr der Schutz des Körpers gegen Angriffe zu sein scheint, als vielmehr bei der Einscharrung des Thieres im den Sand ein allzu dichtes Anliegen der Sandpartikel zu verhindern, oder aber bei dem Acte des Grabens selbst irgend eine Hilfe zu leisten. Beide Geschlechter sind gleichmässig damit versehen, ein bemerkenswerther Umstand, da bei den meisten übrigen Pycnogoniden die Weibchen in der Ausstattung mit Stacheln, Dornen und Höckern meist wesentlich hinter den Männchen zurückstehen. Frei von diesen haar- artigen Stacheln bleiben nur der Schnabel, Rücken- und Bauchfläche des Körpers, und Extre- mität III. Dagegen sind der Hinterleib und alle übrigen Extremitäten damit reichlich versehen. Extremität I ist stark, zweigliedrig, fast so lang wie der Schnabel. Glied 1 sehr lang, Glied 2 fast verschwindend klein; es trägt noch die beweglichen Stümpfe der Zange, die bei jüngeren, aber kaum kleineren Thieren noch vollkommen erhalten bleibt. Extremität II ist dicht unter Extremität I eingelenkt und nach vorn gerichtet, kann aber ihrer Einlenkung zufolge auch nach unten sich richten. Da sie aber ihre Functionen an der Schnabelspitze wahrzunehmen hat, so ist sie auch der Lage und Richtung des Schnabels unter- than. Alle ihre Glieder sind gleichmässig schlank. Glied 1 richtet sich schräg nach vorm und aussen, es ist an der Spitze etwas keulenförmig verbreitert; es ist ungefähr so lang als die Extremität I breit ist. Glied 2 ist ganz klein, wie bei BD. Castelli; beide Glieder haben starke Wandungen. Glied 3 ist das längste, mit starker Spange versehen. Glied 4 ist klein, nicht ganz so lang wie Glied 1. Glied 5 nur ”ı so gross wie Glied 3, an der inneren Wandung wie Glied 3 mit kräftiger Spange versehen. Die übrigen Glieder 6—10 fast gleich lang, mit den üblichen nicht allzu langen Stacheln ausgerüstet, während die übrigen Glieder zahlreiche haarartige Stacheln wie die übrigen Extremitäten tragen. Ihrer ganzen Länge nach übertrifft Extremität II die Länge von Extremität I um Yı ungefähr. Extremität III ist 11gliedrig, wenn man die einschlagbare Kralle auf dem letzten Gliede wie bei der vorhergehenden Art als selbständiges Glied rechnen will. Sie ist so lang wie der Körper incl. Hinterleib, beim Männchen ein wenig länger und stärker als beim Weibchen, bei beiden aber sehr viel länger und stärker als Extremität II, ungefähr zwischen ihr und den Extremitäten IV’— VII die Mitte haltend. Glieder I—5 von gleicher Stärke; 1—3 kürzer, 2 doppelt so lang als I, 4 doppelt so lang als 2, 5 so- lang wie 4, mit einer Spange versehen. Glied 6 bis 10 schmächtiger, Glied 6 etwas länger als 2, Glied 7 etwas kürzer als 6, Glied S—10 17% 132 Systematik. ziemlich gleich lang und gekrümmt, so dass die kleine Kralle, die Glied 11 repräsentirt, gegen die Unterseite von $ eingeschlagen erscheint. Die Bewaffnung dieser Extremität ist sehr interessant. Glied 1—4 sind ganz frei von Zähnen oder Stacheln; beim Männchen trägt aber schon Glied 5 eine sehr wichtige Bewaffnung: sowohl auf der Innen- wie Aussenseite eine Anzahl nach rückwärts, widerhaken-ähnlich gerichteter kurzer, aber starker Stacheln ; beim Weibchen findet sich diese Bewaffnung nicht. Ihre Bedeutung beim Männchen ergibt sich aus dem Factum, dass die Eier in einem grossen Ballen getragen werden, welcher zugleich von beiden Extremitäten III getragen wird, und zwar haftet er an dem Glied 5, während die übrigen Glieder frei bleiben. Die Widerhaken sind wahrscheinlich darauf berechnet, die Eiermasse nicht abgleiten zu lassen, fehlen darum auch den Weibchen. Auch die Basalhälfte des 6. Gliedes trägt einige solche Widerhaken, während die apicale Hälfte die Domen nach vorwärts gerichtet zeigt. Am 7. Glied beginnt die Ausstattung mit fiderspaltigen Dormen; dasselbe trägt sechs grosse, drei kleine derartiger Domen; die grossen sind auf beiden Rändern tief ausgezackt, die kleinen nur auf einer. Letztere finden sich nur auf der Spitze der Glieder. Glied 8 trägt zwei grosse, drei kleine, Glied 9 zwei grosse und zwei kleine, Glied 10 endlich drei grosse fiderspaltige Dornen, deren letzterer besonders gross ist und es zulässt, dass die Kralle, Glied 11, sich gegen ihn wie eine Zange andrücken kann. Beim Weibchen ist die Disposition der fider- spaltigen Dornen dieselbe wie beim Männchen. Extremität IV. Glied 1—4 von gleicher Stärke und eben so stark wie der seitliche Fort- satz, der sie trägt. Glied 1 etwas kürzer als der Seitenfortsatz, Glied 2 so lang wie der letztere, Glied 3 so lang wie Glied 1, Glied 4 länger als der Seitenfortsatz, gebogen. Glied 5 etwas schmächtiger als Glied 4, auch nicht ganz so lang; Glied 6 noch schmächtiger, cylindrisch, mit einer Längsspange ausgestattet, Glied 7 ziemlich gestreckt, Glied 8, der Tarsus, cylin- drisch, kaum gekrümmt, Kralle % der Länge des Tarsus messend. Wie schon erwähnt, tragen sämmtliche Glieder lange, haarartige Stacheln, deren obere Hälfte mehrfach wellige Contouren zeigt. Auf der Unterseite des 7. und 8. Gliedes stehen nur kurze, zierliche, der Wandung eng anliegende Dornen, keinerlei Andeutungen von stärkeren Zähnen oder Domen sind zu erkennen. | Extremitäten V—VII sind genau gestaltet wie Extremität IV. Das Nervensystem gleicht dem von B. Castelli, mit dem Unterschiede, dass die Ganglien etwas mehr in die Breite gezogen und näher an einander gerückt sind. Die Com- missuren sind dementsprechend kürzer, auch ist die Gestalt der einzelnen Ganglien weniger kuglig als bei B. Castell. Die Schnabelganglien sind nicht besonders gross. Der Augenhügel befindet sich dicht vor dem oberen Schlundganglion. Die Augen stehen an seiner Spitze, verschiedene Pigmentflecke finden sich unter den Augen. Die Kapsel des seitlichen Sinnesorgans ragt nicht vor, so dass sie überhaupt schwer wahrnehmbar ist. Der Darm zeigt wenig Bemerkenswerthes. Er sendet einen Schlauch in die Extremität I ab, welche bis an das Ende des ersten langen Gliedes vordringt. In den Extremitäten IV—VII reichen die Darmschläuche bis an die Spitze des 6. Gliedes. Die Darmzellen scheinen ungefärbt. Ammothea. 135 Die Ovarien tragen Eier auch in den centralen Leibesschläuchen neben dem Herzen, und reifen überall zu gleicher Zeit. Man sieht in den Schläuchen der Beine ebensowohl wie in denen des Leibes bis zu 3 Schichten Eier über einander liegen. Die Excretionsorgane in den Extremitäten II und III münden auf einen abgesonderten Höcker aus, bei Extremität II im fünften Gliede, bei II im vierten. Die Länge der ausgespannten Doppelblase beträgt in beiden Extremitäten ca. '/, der Länge der sie beherbergenden Glieder. Die Hautdrüsen-Räume stehen ziemlich dicht über den ganzen Körper verbreitet. Sie haben die Gestalt von Krügen, mit schmalem Halse, etwas bauchigem Körper und schmalerer Basis; bei einigen ist auch die Basis so breit wie der Bauch; sie sind meist drei- mal so lang als breit. Die Canäle der Borsten stehen von den Drüsenräumen getrennt, nur sehr selten und nur bei den dicksten Hautstellen gehen beide von derselben Höhlung aus. Die Drüsenborste ist eine sehr kurze, fast aufrecht stehende zweizinkige Gabel. Es finden sich keine Verbindungen benachbarter Drüsenräume zu Höhlungen zweiter Ordnung. Die Kittdrüsen der Männchen auf noch grösserem Flächenraum ausmündend als bei BD. Castelli; nur mit dem Unterschiede, dass dieser Raum von einer mitunter beträchtlichen Chitinspange eingezäunt wird, die sich über die Oberseite des ganzen vierten Gliedes der betr. Extremitäten erstreckt. Die Eier werden vom Männchen in einem Klumpen getragen, den beide Eierträger halten. Die Larven unterscheiden sich von denen der vorigen Art durch kleineren Körper, längere Gliedmaassen und völlig fehlende Dornen an der Aussenspitze des Basalgliedes von Extremität 1. Ich erhielt diese Art mehrfach aus dem Golf von Gaöta, wo sie nicht weit von Torre Fico bei Formiae zusammen mit Phozxichilidium longicolle und mit der Bryozoe Serialia distans aus Sand gedretscht wurde, aus der Tiefe von 30 m. Einige Stücke bekam ich aus viel grösserer Tiefe von der Bocca piccola, wo sie im Schlamm lebte. Gattung: Ammothea Lrace. (Taf. III, IV, V, VI, VII, VII, Fig. 1—3.) Körper gestreckt oder scheibenförmig, mit deutlich von einander getrennten oder durch Ankylose verbundenen Segmenten. Letzteres ist meist nur bei dem letzten und vor- letzten Segmente der Fall, kann sich aber auch auf die vorderen erstrecken. Die seit- lichen Fortsätze sind meist frei, mitunter berühren sie sich unter einander. Schnabel nach vorn, etwas nach unten gerichtet, meist spindelförmig, mitunter auch tonnenförmig; von beträchtlicher Grösse, bei einigen Arten bedeutend voluminöser als der Rumpf selber; an der Basis verengert, am Beginn des Reusenapparates meist eingeschnürt. Lippen beträchtlich gross. Hinterleib von mässigen Dimensionen, gewöhnlich schräg nach oben gerichtet. Augenhöcker nach oben und etwas nach vorn gerichtet, im Centrum des vordersten Segmentes gelegen. 134 Systematik. Extremität I bei reifen Exemplaren ohne Scheere, immer zweigliedrig, bei Larven mit vollkommener Scheere. Extremität II ächt- bis zehngliedrig, immer länger als der Schnabel, meist gekniet getragen. Extremität III neun- oder zehngliedrig, bei beiden Ge- schlechtern vorhanden, beim J' beträchtlich stärker und länger als beim Weibchen, mit fider- artigen Dornen ausgestattet, ohne Endklaue. Extremität IV—VII bei den g9' mit stärker bewaffneten Gliedern 1 und 2 versehen, als beiden @. Der Tarsus mit und ohne Grunddornen. Kralle gewöhnlich mit Nebenkrallen; bei einer Art fehlen sie, bei einer andern sind sie auf Kosten der Hauptkralle entwickelter, welche letztere gänzlich unterdrückt wird. Darmschläuche reichen bis an die Spitze des sechsten Gliedes der Beine und in die Basis des Basalgliedes von Extremität 1. Herz ist immer vorhanden, bei den gestreckten Arten ist es leicht wahrnehmbar, gleichfalls gestreckt, bei den andern gelingt es nur mitunter, es am unverletzten Thiere zu sehen. Auf Schnitten ist es immer sichtbar zu machen. Hoden erstrecken ihre Schläuche in alle vier Beinpaare, münden aber nur in VI und VII auf besonderen Höckern aus, die an der Spitze der Unterseite des zweiten Gliedes befind- lich sind. ÖOvarien erzeugen nur in den Gliedern 3 und 4 der Beine reife Eier, erstrecken sich nicht über diese Glieder hinaus. . Kittdrüsen befinden sich immer auf der Oberseite des vierten Gliedes der Beine, umgreifen aber auch die Seiten. Sie münden auf langen, an der Spitze der Oberseite vor- ragenden Röhren aus. Die Mündung ist immer nur Eine. Hautdrüsen ziemlich zahlreich, Hautborsten gabelförmig, die Gabeln aber mit- unter secundär gegabelt. Die Gattung Ammothea ward von Lracn aufgestellt. Sie ist eine der best um- schriebenen und artenreichsten der ganzen Ordnung. Leider ward durch den Irrthum Leach’s, der eine unreife Ammothea vor sich gehabt hatte, in die Gattungscharactere die Angabe auf- genommen, Extremität I sei scheerentragend. Das ist sie bei keiner reifen Form der Gattung, aber bei allen unreifen Exemplaren. Es war natürlich, dass bei der weiten Verbreitung dieser Gattung und ihrer zahlreichen Arten die unrichtige Diagnose, die LeAcn davon gab, eine Menge Synonyme hervorrief; als solche sind zu betrachten die Gattungen: Phanodemus Costa, Pephredo Goopsır, Pasithoe Goopsır, Endeis Puıuiprı, Pariboea Purumpri, Platychelus Costa, Alcinous Costa, Achelia Hopce. Von den nachfolgenden Arten stehen sich die beiden ersten sehr nahe, unterscheiden sich aber durch ihre Grösse, — A. franciscana ist immer grösser als A. fibulifera, — durch die stärkere Bewaffnung der Beine des Q' bei A. franciscana und, — was sich natürlich nur an Ort und Stelle ergibt, — durch ihr Vorkommen, das immer in beträchtlicherer Tiefe statt hat, Ammothea franeiscana. 135 während A. fibulifera dicht unter der Oberfläche gefunden wird. A. Langi ist die grösste Art; A. magnirostris zeichnet sich durch den grossen Schnabel bei subtilem Körperbau aus. A. uni-ınguieulata verbindet mit einem den Körper bei Weitem an Raumgehalt übertreffenden tonnenförmigen Schnabel als sehr characteristische Eigenschaft den Mangel der Nebenkrallen, A. biunguieulata zeigt sich als schlanke, langgestreckte Form und entbehrt der Hauptkralle, die nur als kleine, rudimentäre Spitze vorhanden bleibt, bei kräftiger Entwicklung der Neben- krallen, während endlich A. appendiculata durch ihre fast Pallene-artige Schlankheit bei mäch- tiger Entwicklung des Schnabels und der Extremitäten I und durch die auffallende Bewaffnung hervortritt. Eine synoptische Tabelle würde sich folgendermaassen entwerfen lassen: I. Nebenkrallen vorhanden. 1. Hauptkralle normal entwickelt. A. Extremität II achtgliedrig. a. Schnabel pfriemförmig. * Q' Glied 2 der Extremitäten IV—VII jederseits mit drei dorntragenden Höckern . . . . . A. franciscana. “ g' Glied 2 der Extremitäten IV— VII ee mit zwei dorntragendenHöckern >. 2 u, 2 2 er Aabultera: b. Schnabel eiförmig A. Langi. B. Extremität II neungliedrig A. magnirostris. C. Extremität II zehngliedrig . A. appendiculata. 2. Hauptkralle rudimentär A. biunguwieulata. II. Nebenkrallen rudimentär A. uni-unguiculata. ” Die drei ersten Arten aus einander zu halten, gelingt leichter durch Vergleichen der Abbildungen als der Beschreibungen; sie sind sich in den einzelnen Kennzeichen ziemlich ähnlich, und doch im Habitus auf den ersten Blick zu unterscheiden; die übrigen Arten lassen sich leicht kennzeichnen. 1. Ammothea franeiscana n. sp. (Taf. IH.) Körper oval, mit kräftigen, nicht verwachsenen Seitenfortsätzen, welche letztere aber bei älteren Individuen mitunter sich berühren; auf der Rückseite jedes Seitenfortsatzes an den Aussenwinkeln zwei conische Höcker mit Dorn, über der Einlenkung von II gleichfalls jederseits ein dorntragender Höcker. Starke Segmentalfalten mit Querspangen auf Rücken und Bauch. Schnabel so lang wie der Körper, schräg nach unten in stumpfem Winkel gerichtet, spindelförmig, der kürzere Basalconus vor der grössten Breite eingeschnürt. Extremitäten I \, so lang wie der Schnabel, zweigliedrig, zweites Glied klein und 136 Systematik. knopfförmig, mit einem Stummel der beweglichen Zange versehen. II achtgliedrig, länger als der Schnabel, Glied 2 und Glied 6 unterdrückt. III zehngliedrig, beim J' stärker und länger als beim @; IV— VIE lang und schlank; beim ©' Glied 1 jederseits mit zwei gebogenen Höckern, auf denen je ein Dorn steht, Glied 2 jederseits mit drei solcher Höcker versehen ; Glied 4 an der Basalhälfte auf der Oberfläche eine Spange, auf der Spitze weit vorragend die Mündung der Kittdrüsen;, Glied 5 und 6 schlank, jedes in der ganzen Länge mit starker Spange versehen, mit verschiedenen, in grösseren Intervallen stehenden kleinen dorntragenden Höckern auf dem Aussenrande; Tarsus lang, wenig gebogen, drei Basaldornen ohne Haken; Kralle kräftig, Nebenkrallen halb so lang, wie die Kralle. Beim 9' VI und VII mit Genital- höcker. Beim & Glied 1 und 2 jederseits nur mit je einem dorntragenden Höcker ausgestattet. Augenhügel so lang wie I, aufrecht, ceylindrisch mit verschmälerter Mitte. Augen nahe der Spitze befindlich. Abdomen gebogen, auf der Rückenseite concav. Länge des Körpers 2 mm. Der Körper ist schon ziemlich concentrirt, aber da die Seitenfortsätze IV’—VII nicht verschmolzen sind, — nur bei einigen Exemplaren berühren sie sich beinahe mit ihren con- vexen Rändern, wodurch eime Art von Löchern im Winkel zwischen je zwei Fortsätzen ent- stehen, — bei anderen aber deutlich von einander getrennt sind, so ist doch noch der gestreckte Bau vorherrschend. Am vordersten Segment zeigt sich, dass die seitlichen Fortsätze für II und III bereits wesentlich an die Unterseite gerückt sind, besonders der für III; während auf dem Fortsatz für II ein grosser dorntragender Höcker sich findet, sieht man von dem Fortsatz für III vom Rücken fast gar nichts mehr, dagegen breitet sich der Fortsatz für IV nach vorn aus, und seine vordere Seitenwand verschmilzt zu beträchtlichem Theile mit der Rückenwand des Seg- mentes. Die Segmentfalte zum folgenden Segmente ist kräftig, vor ihr liegt aber eine kleinere Chitinspange, an welche sich von vorn her die Streckermuskeln des Schnabels, von hinten die ganz kurze Segmentalmuskulatur des folgenden Segmentes inserirt. Das zweite Segment wird vorm und hinten von stark verdickten Segmentalspangen begrenzt und zeigt eine geringere Spange nahe beim Hinterrande zur Anheftung der kurzen Rückenmuskulatur behufs Bewegung des folgenden Segmentes. Die seitlichen Fortsätze für V sind frei und stehen ziemlich grade nach beiden Seiten ab. Auf der Spitze an beiden Aussenwinkeln tragen sie je einen dorn- tragenden Höcker. Das dritte und vierte Segment sind ohne wahrnehmbare Grenze ver- schmolzen, ebenso ist auch der Hinterleib ohne Falte und darum bewegungslos mit dem Körper verbunden, so dass die Beweglichkeit des letzteren sich ganz auf gewisse Bezirke des zweiten Segmentes beschränkt. Auf dem Längsschnitt ergibt sich freilich, dass auch die Excursionen dieser Partie fast Null sein müssen, da die Segmentfalte überall so diek und massiv ist, dass man kaum für möglich hält, eine Streckung oder weitere Faltung von der bestehenden Muskulatur ausgeübt zu sehen. Die seitlichen Fortsätze für VI und VII stehen Ammothea franeiscana. 137 schräg nach hinten gerichtet, bei einigen berühren sie sich mit den einander zugekehrten Flächen, ja die für VII verschmelzen sogar mit einander in solcher Weise, dass die Berührungsflächen nicht mehr aus zwei unterscheidbaren Theilstücken zusammengesetzt erscheint; bei den meisten freilich bleiben sie von einander mit deutlichem Zwischenraum geschieden. Bemerkenswerth ist noch, dass an der Grenze der seitlichen Fortsätze gegen den Körper auf der Bauchseite starke Chitinspangen sich vorfinden, welche, wie alle übrigen verdickten Chitinpartieen, sich besonders gut färben und dadurch die Abschnitte der eigentlichen Bauchfläche gegen die seit- lichen Fortsätze bei dieser wie bei anderen Arten stark markiren. Die Bewaffnung mit je zwei dorntragenden Höckern ist den Fortsätzen für VI und VII mit den anderen gemein. Der Schnabel ist länger als der Körper incl. der seitlichen Fortsätze von VII, spin- delförmig, sehr schlank, mit einer Einschnürung an der Grenze des Reusenapparates. Die Lippenträger sind sehr spitz ausgezogen, die Lippen aussen mit kleinen Borsten besetzt, in- wendig gerieft. Das innere Schnabelgerüst ahmt durchaus die Gestalt der Schnabelwandung nach. Der Reusenapparat zählt einige dreissig Leisten. Der Hinterleib ist unbeweglich auf dem letzten Segment eingesetzt, er ist nach aufwärts gerichtet, auf der Rückenseite concav, auf der Bauchseite convex. Gegen die Spitze zu verengert er sich ein wenig, seine Länge beträgt etwas über die Hälfte der Schnabellänge. Extremität I ist von beträchtlicher Länge, ihre Spitze erreicht beinahe die Mitte des Schnabels. Eingelenkt dicht vor dem Augenhügel stehen die beiden Extremitäten nahe bei einander. Sie sind zweigliedrig, das erste Glied fünf Mal so lang, als das zweite, eylindrisch, an der Spitze auf der Oberseite besitzt es einen dorntragenden Höcker. Das zweite Glied ist knopfförmig, mit höckerartigem Ueberrest des beweglichen Scheerengliedes. Extremität II ist auf der Unterseite eingelenkt, unter dem dorntragenden Höcker, der neben dem Augenhügel steht. Sie ist achtgliedrig; verschmolzen sind Glied 1 und 2 und, wie mir scheint, Glied 5 und 6. Glied 1 ist dennoch nur klein, aber im Durchmesser breiter als das Glied 3, welches halb so lang ist wie der Schnabel, etwas gebogen. Glied 4 ist so gross wie die verschmolzenen 1 und 2, Glied 5 und 6 beinah so lang wie Glied 3. Glied 7—10 wie üblich, klein und mit Borsten besetzt, übrigens Glied 9 am kleinsten. Besondere Chitinspangen finden sich weder an Glied 3 noch an Glied 5, an Glied 3 aber finden sich zwei nach vorn gerichtete Stacheln. Die Excretionsblase liegt auch hier in dem typischen fünften Gliede, das aber durch den Ausfall des zweiten Gliedes in Wirklichkeit das vierte wird. Die Gesammtlänge der Extremität II übertrifft wohl um 'ı die des Schnabels. Extremität UI ist zehngliedrig, beim @ eben so lang, beim 0! etwas länger und stärker als II. Die Dimensionen der einzelnen Glieder sind die üblichen, die Krümmung der ganzen Extremität beträchtlich, so dass sie gewöhnlich in S-Gestalt unter dem Leibe getragen wird. Die Excretionsblase liegt an der Basis des vierten Gliedes. Die Bewaffnung der End- glieder ist spärlich. Glied I—5 sind ganz unbewaffnet, Glied 6 trägt an der convexen Seite nahe der Basis einen rückwärts gerichteten Dorn, und einige kleine an der Aussenfläche. Glied 7 trägt einen fiderspaltigen grossen Stachel und einen einfachen daneben. Glied S trägt Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 18 138 Systematik. zwei neben einander stehende fiderspaltige Stacheln, Glied 9 trägt an der Spitze der concaven kürzeren Seite einen starken, einfachen Stachel, gegen den sich zwei grosse fiderspaltige Stacheln des Endgliedes, wie um eine Zange zu bilden, einschlagen. Dies letzte Glied der Extremität ist ausserordentlich klein, Yı so gross nur, wie die von ihm getragenen Stacheln. Die fiderspaltigen Stacheln der Extremität III bei 9 und @ sind übrigens von sehr beträcht- licher Grösse, beim @ trägt Glied 6 keinen rückwärts gerichteten Dorn an der Basis, wohl aber einen fiderspaltigen nahe der Spitze. Extremität IV beim J'. Glied 1—3 gleichmässig stark und ebenso stark wie die seitlichen Fortsätze, die sie tragen. Glied 1 jederseits mit zwei nach vorn gekrümmten langen cylindrischen, dorntragenden Höckern versehen, die Dornen stehen nach aussen, d. h. gegen die Spitze des Gliedes gerichtet. Glied 2 in gleicher Weise jederseits mit drei derartigen Höckern versehen, doch ist zu bemerken, dass als Variation auch nur jederseits zwei solcher Höcker, oder auf der einen Seite zwei, auf der anderen drei vorkommen. An der Spitze des Gliedes auf der Unterseite steht jederseits noch ein kleiner dorntragender Höcker. Glied 3 trägt nur zwei solche kleine Höcker nahe der Spitze. Glied 4 ist so lang, wie 1—3 zu- sammengenommen. Es setzt verschmälert ein, erweitert sich aber gegen die apicale Hälfte beträchtlich; an der Stelle, wo der Umfang dieses Gliedes sich vergrössert, stehen auf der Unterseite drei dorntragende Höcker, einer in der Mitte, zwei etwas weiter nach vorn und zu den Seiten desselben, und zwei auf der Oberseite näher der Spitze zu, gleichfalls neben einander. An der Spitze des Gliedes stehen dann jederseits noch drei solcher Höcker und auf dem lang ausgezogenen Höcker der Oberseite, in welchem die Mündung der Kittdrüse sich befindet, neben dieser ein einzelner Dorn. Nahe der Oberseite auf der basalen Hälfte findet sich eine Chitinspange, welche aber vor der Hälfte des Gliedes aufhört. Glied 5 ist eben so lang wie Glied 4, eher noch etwas länger, schmal beginnend, in der Nähe der Basis noch einmal leicht eingeschnürt, dann gegen die Spitze zu etwas anschwellend. Eine starke Chitinspange läuft die Oberseite entlang, beginnt etwas vor der eben erwähnten Einschnürung und endigt kurz vor der Spitze. Das Glied trägt viele dorntragende Höcker, deren Disposition zwar nicht ganz regelmässig, aber im Ganzen und Grossen doch so geschieht, dass auf der Oberseite (im Profil also auf der Aussenseite) vor der basalen Einschnürung ein Höcker, etwas vor der Mitte zwei nebeneinanderstehende, etwas vor der Spitze ein einzelner mit schr langem Dorn, auf der Spitze ein kürzerer Höcker steht, während auf der Unter- resp. Innenseite vier bis sechs kleine Höcker an der distalen Hälfte stehen, und auf den Seiten je zwei Reihen von drei bis sechs Höckern sich finden. Wie immer ist die Spitze des Gliedes besonders mit dorntragenden Höckern ausgerüstet. Aehnlich verhält sich das folgende Glied 6, mit dem Unterschiede, dass sein Aussenrand (im Profil gesehen) leicht gewölbt, der Innenrand gerade ist; die Chitinspange liegt gerade auf der Oberseite, zu ihren Seiten sechs Paar dorntragende Höcker von bedeutenderer Grösse, dann folgen jederseits auf den Seitenflächen des Gliedes 6— 7 kleinere Dornen, die auf ganz kurzen Höckern eingepflanzt sind, und an der Unter- seite, resp. Innenseite, wenn das Profil betrachtet wird, zehn bis vierzehn zartere Dornen. Ammothea franeiscana. 139 Das kurze siebente Glied trägt auf der ausgezogenen oberen Spitze einen nicht langen Dorn, während die Unterseite an der Basis drei bis fünf zartere und fünf neben einander, der Spitze genäherte grössere Dornen trägt, von denen der mittlere der stärkste ist. Der leicht gebogene Tarsus trägt auf der Aussenseite‘ sechs längere Dornen und an der Spitze neben einander stehend fünf bis sieben, auf der Unterseite drei grössere Stacheln, die in beträchtlicherem Zwischenraume von einander befindlich sind, und von sechs bis vierzehn kleineren der Spitze zu gerichteten gefolgt sind. Auf den Seiten des Tarsus finden sich vier bis sechs kleinere Dornen. Als Variation kommen vier grössere Basalstacheln vor und Ungleichheit am selben Thier ist in dieser Beziehung mitunter zu constatiren. Die Kralle ist schwach gebogen, nicht einmal halb so lang als der Tarsus, die Nebenkrallen etwas über halb so lang als die Kralle. Extremität V entspricht durchaus IV. Extremität VI und VII hingegen weichen in der Gestalt des zweiten Gliedes durch das Vorhandensein des Geschlechtshöckers ab, welcher stark und kräftig und mit Hautdrüsenborsten, sowie mit ganz kurzen Stacheln besetzt ist. Andere Aenderungen in der Gestalt des betreffenden Gliedes werden durch seine Anwesenheit nicht hervorgebracht. Die Hautdrüsen liegen bei jüngeren Thieren in käseglockenförmigen Höhlungen der Haut, mit breiter Basis und schmaler Spitze. Bei der Zunahme der Chitindecke des Körpers werden die Höhlungen länger, ohne im Durchmesser breiter zu werden, nur an denjenigen Stellen, wo die Cuticula dünner bleibt, verändern auch die Höhlungen nicht ihre Gestalt. Ein Verschmelzen benachbarter Höhlungen habe ich nicht beobachtet, ebenso wenig die Verbin- dung der schmalen cylindrischen Canäle des Borstenapparates mit den Hautdrüsenhöhlungen. Der Borstenapparat besteht aus aufrecht stehenden, sehr ungleich grossen Gabel- borsten. Bei der Mehrzahl sind die einzelnen Zinken der Gabeln an der Spitze wieder gegabelt, so dass vier Spitzen zum Vorschein kommen, ja bei einigen sogar fünf. Die kleineren Gabeln trifft man über den ganzen Körper verbreitet, die grossen dagegen stehen am zahlreichsten zwischen den seitlichen Fortsätzen, und an den apicalen Stücken der Unterseite der einzelnen Beinglieder, hauptsächlich des dritten bis sechsten Gliedes, sie halten hier, wie bei den meisten anderen Pyenogoniden, die schmutzige Bedeckung des Körpers am dauerndsten fest, so dass der Pinsel es schwer findet, den Körper zu reinigen. Das Nervensystem ist in seiner äusseren Gestalt, der Grösse und Configuration der Ganglien, und der Länge der Commissuren beträchtlichen Schwankungen unterworfen. Bei einigen berühren sich die fünf Bauchganglien untereinander, bei anderen sind sie, besonders die drei hinteren, durch beträchtliche Commissuren von einander geschieden. Mir liegen Längs- schnitte vor, bei denen überhaupt keine anderen als die Schlundeommissuren zu sehen sind, während die Bauchganglien alle mit beträchtlich breiter Fläche sich an einander legen. Da- neben wieder kann ich mehrere Exemplare beschreiben, bei denen zwischen dem ersten Bauch- ganglion, das den Schnabel, Il und III mit Nerven versieht, und dem zweiten, welches IV versorgt, zwar kurze, aber deutliche Commissuren sich vorfinden; zwischen dem zweiten und dritten sind bedeutend längere Commissuren, zwischen dem dritten und vierten noch längere, 18* 140 Systematik. und das fünfte endlich zeigt Commissuren von der Länge derjenigen, die das zweite und dritte Ganglion verbinden. Es verdient freilich hervorgehoben zu werden, dass diejenigen Exem- plare von Ammothea franciscana, welche ein weniger concentrirtes Nervensystem haben, auch im Ganzen schlanker erscheinen, — immerhin ist es mir doch nicht möglich gewesen, irgend- welche charakteristische und stabile Merkmale aufzufinden, die etwa eine Abtrennung dieser Exemplare von der Art rechtfertigen könnten. Die rudimentären Abdominalganglien finden sich als ein kleiner abgerundeter Vorsprung auf der Rückseite des letzten Ganglions und sind bei allen Exemplaren vorhanden. Das obere Schlundganglion ist das grösste, es liegt dicht hinter dem Augenhügel, welcher aufrecht, wenn schon ein wenig nach vorn gerichtet ist. Die Augen liegen an seiner abgestumpften Spitze und berühren sich alle vier so dicht, dass es unmöglich ist, von dem seitlichen Sinnesorgan mehr als kleine, nach oben vorragende Höcker zu sehen, welche gleich hoch mit dem stumpfen Ende des Augenhügels liegen. Die Schnabelganglien bieten nichts Bemerkenswerthes dar. Am Verdauungstractus bemerkt man zunächst, dass die Lippen zugespitzt sind. Die Lippenträger sind ungleich hoch, der der oberen Lippe ist etwas weiter vorspringend, als der der beiden seitlichen, sodass, wenn die Lippen geschlossen sind, ihre Spitze noch von der des oberen Lippenträgers etwas überragt wird. Dieselben zeigen an ihren Rändern innen eine zarte Riefung. Wenn die Lippen in Ruhe zusammenschliessen, ist ihre Gestalt die der Spitze eines Zuckerhutes, die Aussenwandung zeigt sehr klar die Panzerschuppenbildung, auf jeder Schuppe steht eine kurze Borste. Im inneren Schnabelgerüste zeigt sich wenig Bemerkenswerthes; der Reusenapparat be- steht aus einigen dreissig Leisten, der kräftige Oesophagus reicht bis über die Mitte des ersten Bauchganglions, wo ihn der eigentliche Darm aufnimmt. Die Schläuche des letzteren für Extremität I dringen bis zum ersten Drittel des Basalgliedes vor, in IV—VII reichen sie bis ans Ende des sechsten Gliedes. Die Färbung der Darmzellen ist braunroth, doch ist sie häufig nur auf einzelne Ringe in verschiedenen Segmenten beschränkt. Am dunkelsten gefärbt sind die Basalabschnitte der einzelnen Schläuche, wo sie durch die seitlichen Fortsätze hin- durchgehen. Das Herz nimmt den Raum über den Darmschläuchen der Beinpaare IV—VI ein, ist nach hinten spitz zulaufend, vorn breiter. Das freie Bindegewebe beschränkt sich auf eine Anzahl (vier bis zehn) grosser Kugeln von 0,019 m mit glänzendem gelben Kern von 0,005 m Durchmesser, die auf dem Rücken im Winkel der seitlichen Fortsätze, hinter und über den Darmsäcken gelegen sind, während die Blutkörperchen nur 0,009 m im Durchmesser halten, Die Excretionsorgane von II und III sind ziemlich langgestreckt und schmal, die äussere Kammer nur halb so lang als die innere. Die Mündung befindet sich bei II auf einem ziemlich beträchtlichen, abgerundeten Vorsprung, der näher der Spitze als der Basis des Gliedes liegt. Ammothea fibulifera. 141 Die männlichen Geschlechtswerkzeuge zeichnen sich durch keine Besonderheit aus; ihre Ausmündung ist auf die Extremitäten VI und VII beschränkt, deren Geschlechts- höcker die Mündung des Hodens etwas umgebogen zeigt, der kurze Canal durch die Chitin- wand ist am Grunde etwas eingeschnürt, an der Mündung neben der kleinen Klappe stehen zwei gleichfalls gebogene Stacheln. Die Ovarien reichen nur bis an die Spitze des vierten Gliedes der Beine, tragen auch diesseits der Ovarialmündungen keinerlei reife Eier. Die Kittdrüsen der Männchen liegen am oberen Rande und an den Seiten nahe der Spitze des vierten Gliedes der Beine; die einzelnen Drüsenkanälchen sind ziemlich lang und vereinigen sich in einem gemeinsamen Ausführungsgange, der etwa 30—40 lappenförmige Ausbuchtungen besitzt und mit trompetenförmigem Canal auf einem grossen weit vorragen- den Höcker ausmündet. Neben, aber etwas unterhalb der Mündung des Canals ist ein kräftiger Dorn zu erkennen. Die Eier werden in verschieden grosser Zahl (eins bis acht) von Ballen getragen. Wenn sie abgelegt sind, messen sie 0,07 m, dieselbe Grösse, welche sich auch bei den Messungen der zum Ablegen reifen im Ovarium bestimmen lässt. Die auskriechende Larve dieser Art konnte ich nicht beobachten. Von den Ver- änderungen bis zur Geschlechtsreife sind die wesentlichsten die normalen: das Abweichen der Scheere an I, das Abwerfen der ausgezogenen Spitze des Augenhügels, die Verstärkung der Bewaffnung der Beine, die Verdickung der Chitinwand. Die Variationen betreffen die Gedrungenheit oder Schlankheit des ganzen Körpers, die mehr oder weniger grosse Annäherung der seitlichen Fortsätze bis zu fast völliger Ver- schmelzung, die bei denen des VII. Paares häufig eintritt; die von vier bis sechs schwankende Zahl der domtragenden Höcker am zweiten Gliede von IV’—VII beim Männchen; die zwischen zwei bis vier schwankende Zahl der Grunddornen am Tarsus von IV—VII, die grössere Breite des Schnabels vor dem Reusenapparat und das Vorhandensein, resp. die Ausdehnung der Bauch- markscommissuren. Keine dieser Variationen macht aber die Erkenntniss der Art gegenüber den anderen Arten der neapolitanischen Gewässer schwierig. Ammothea franciscana bewohnt grössere Tiefen von 15—100 m; ich habe sie von allen sogenannten Seccas des Golfes erhalten, von der Bocca piccola, von Ischia, von der Secca della Gajola etc. Sie ist aber niemals zwischen den Pyenogoniden des Ufers aufgetreten. 2. Ammothea fibulifera r. sp. (Taf. IV, Fig. 1—22.) Körper dem der vorigen Art durchaus ähnlich, aber kleiner und gedrungener, oval, mit kräftigen, selten verwachsenen, aber sich fast immer berührenden Seitenfortsätzen; auf der Rückseite der Seitenfortsätze an den Aussenwinkeln zwei dorntragende Höcker, über der Ein- lenkung von II gleichfalls jederseits ein solcher Höcker. Starke Segmentalspangen, geringere Falten auf Rücken und Bauch. 142 Systematik. Schnabel so lang wie der Körper, spindelförmig, schräg nach unten gerichtet. Extremitäten I '/) so lang wie der Schnabel, zweigliedrig, zweites Glied klein und knopftörmig, ohne Scheerenstummel. II achtgliedrig, länger als der Schnabel, Glied 2 und 6 unterdrückt. Ill zehngliedrig, beim Q' stärker und länger als beim @; IV— VII beim Männchen Glied 1 und 2 jederseits mit je 2 dorntragenden Höckern, beim Weibchen nur mit jederseits je 1 dormtragenden Höcker ausgestattet. Glied 4 ohne Spange oder mit ganz kleiner Basal- spange, auf der Spitze stark vorragend die Mündung der Kittdrüsen mit benachbartem Dorn beim 9', beim Weibchen der Dorn allein, Glied 5 und 6 mit starker, die ganze Länge des Rückens einnehmender Spange mit einigen dorntragenden Höckern versehen. Tarsus kräftig, gebogen, drei Basaldornen ohne Haken. Kralle kräftig, Nebenkrallen halb so lang, wie die Kralle. Beim 9' Extremitäten VI und VII mit kräftigem Genitalhöcker, IV und V ohne Hoden- mündungen. Augenhügel gedrungen, mit stumpfer Spitze. Augen an der Spitze befindlich. Abdomen schwertförmig gebogen, Rückenseite concav. Länge des Körpers 1,5 mm. Diese Art ist in allen Stücken »eine Copie der vorhergehenden, unterscheidet sich aber wesentlich durch ihren viel gedrungeneren Bau, geringere Grösse, geringere Bewaffnung des J', und durch ihr streng litorales Vorkommen. Der Körper ist, die Seitenfortsätze eingerechnet, oval, schnitte man letztere scharf ab, so würde er, vorn breit, nach hinten sackförmig und verschmälert zulaufen; die Seiten- fortsätze haben gerundete Ränder, die selten sich so nahe und in solcher Ausdehnung be- rühren, dass sie wie verschmolzen erscheinen; gewöhnlich bleibt der innere Winkel offen, wird aber freilich durch das Secret der Hautdrüsen und die daran klebenden fremden Körper fast ganz erfüllt. Das vorderste Segment zeigt die seitlichen Fortsätze für II und III durchaus an die Unterseite gerückt, über dem ersteren aber einen kräftigen dorntragenden Fortsatz. Die vordere Fläche des Segmentes ist abgestutzt, trägt den aufrecht stehenden Augenhügel und unter dem vorderen Rande die Extremität 1. Die Gestalt des ersten Segmentes ist trapez- förmig, der Hinterrand ist schmäler als der Vorderrand, die Seitenränder, welche das Segment gegen die seitlichen Fortsätze von IV begrenzen, laufen mithin convergirend nach hinten zusammen. Die Segmentspange zum folgenden Segmente ist wie bei der vorigen Art in den meisten Fällen sehr kräftig, davor liegt, zwischen den seitlichen Fortsätzen für IV, eine kleinere Spange, zwischen beiden Muskulatur. Das folgende Segment ist ebenso breit, wie das erste, aber nur halb so lang. Es trägt auf dem Rücken eine dem Hinterrande genäherte schmale Spange, an welche sich die Muskulatur des nächsten Segmentes ansetzt. Das letzte Segment umfasst den Körper für VI und VII und läuft, sich zuspitzend, mit schrägen Seiten in den Hinterleib aus, welcher gleichfalls ohne Segmentgrenze und bewegungslos mit diesem Ab- schnitt verbunden ist. Die Länge der seitlichen Fortsätze ist fast die der Breite des mittleren Segmentes. Auf der Rückenseite jedes Seitenfortsatzes erheben sich an beiden Aussenwinkeln Ammothea fibulifera. 143 je ein dorntragender Höcker, welcher bei den Männchen wesentlich grösser ist, als bei den Weibchen, bei denen man, wenn der Körper nicht sehr sauber ist, Mühe hat, ihn überhaupt zu sehen. Auf der Bauchseite bestehen, wie bei A. franciscana, auf den beiden vorderen Segmenten Querspangen, welche die Muskulatur der Segmentfalten zum Ansatz gelangen lassen; ebenso sind auch die Seiten der seitlichen Fortsätze durch Chitinspangen gegen die Mitte des Körpers abgesetzt. \ Der Schnabel ist fast ebenso lang, als der Körper incl. der Seitenfortsätze für VII; schlank, aber doch gedrungener als bei der vorhergehenden Art. An der Grenze des Reusen- apparates zeigt er dieselbe Einschnürung wie jener. Die Lippenträger sind gleichfalls spitz ausgezogen, die Lippen aussen mit borstentragenden Schuppen besetzt, inwendig gerieft. Das innere Schnabelgerüst ist ebenfalls spindelförmig, der Reusenapparat zählt gegen dreissig Borstenleisten. Der Hinterleib ist unbeweglich eingelenkt, nach aufwärts gerichtet, schwertförmig, auf der Rückenseite concav, auf der Bauchseite convex, gegen das Ende zugespitzt. Seine Länge beträgt fast die Hälfte der Schnabellänge. Extremität I ist mittelgross; sie reicht gerade so weit, wie Glied 3 von Extremität II, wenn sie gerade nach vorn gerichtet ist. Glied 1 ist über doppelt so lang, als das kurze kugel- oder knopfförmige Endglied, dessen beweglicher Scheerenhöcker kaum mehr als selb- ständiger Theil zu erkennen ist. An der Spitze des ersten Gliedes befinden sich zwei bis drei kleine Dornen und ein dorntragender Höcker; auch das Endglied trägt einige Dornen. Extremität II stimmt mit der Gestalt überein, wie sie von A. frameiscana beschrieben wurde, nur ist Glied 3 kürzer, etwa '/;, der Länge des Schnabels, überhaupt die ganze Extremität etwas kürzer. Die vier Endglieder sind gleich lang. Extremität III ist zehngliedrig. Das Basalglied kurz und kräftig, Glied 2—5 gleich stark, das folgende immer ein Weniges länger, als das vorhergehende. Diese Glieder sind unbewehrt. Glied 6 trägt einen nach hinten gerichteten starken Stachel an der Aussenseite, einige kleinere darüber auch an der Innenseite. Glied 7 trägt aussen einen fiderspaltigen Stachel, innen kleinere einfache, Glied S und 9 jedes ebenfalls je einen starken fiderspaltigen und mehrere kleinere einfache Stacheln, Glied 10 endlich zwei lange fiderspaltige. Glied 10 ist ganz klein. Extremität IV beim 9. Glied 1—3 gleichmässig stark und ebenso stark wie die seit- lichen Fortsätze. Glied 1 jederseits mit zwei nach vorn gerichteten dorntragenden Höckern, deren vordere aber mehr auf der Oberseite des Gliedes stehen, während die hinteren an den Rändern sich finden. Glied 2 jederseits gleichfalls mit zwei solchen dorntragenden Höckern ausgestattet, beide Paare stehen aber an dem Rande des Gliedes, so dass man sie fast gar nicht sieht, wenn die Extremität im Profil liegt. Glied 3 an der Spitze jederseits ein Dorn. Von diesen drei Gliedern ist das zweite etwas länger, als die andern beiden. Glied 4 ist nicht so lang, wie I—3 zusammengenommen. Es hat dieselbe Gestalt, wie bei A. franeiscana, ist aber gedrungener. Auch finden sich weniger dormtragende Höcker. Ein Paar derselben steht 144 Systematik. auf den Seiten der Spitze, es sind die grössten, zwischen ihnen neben dem Kittdrüsenaus- führungsgang stehen zwei kleinere, und auf dem Höcker, welcher die Kittdrüsenmündung trägt, ein grösserer. Vorher stehen noch zwei mittlerer Grösse ca. auf dem zweiten Drittel der Länge auf der Oberseite, und etwas weiter zurück auf den Seiten noch ein Paar. An der Basis des vierten Gliedes trifft man auf der Oberseite häufig eine kurze Chitinspange, welche nur das erste Drittel der Länge einnimmt. Dieselbe kann aber auch fehlen. An der Unterseite des vierten Gliedes steht ein kräftiger Dorn gerade in der Mitte, einige kleinere gegen die Spitze zu. Glied 5 ist noch kürzer und gedrungener als 4, an der Basis einge- schnürt, gleich darauf aber stark aufgeblasen; vor der basalen Einschnürung steht auf der Oberseite ein kurzer Dorn, gleich hinter der Einschnürung, nach der Mitte zu, ein Paar grössere, etwas vor der Spitze ein einzelner grösserer, um die Spitze herum acht bis zehn kleinere Dornen. Auf den gewölbten Seiten stehen jederseits vier Dornen, — alle diese Dornen haben kurze Höcker zur Basis. Die Oberseite entlang läuft, schon vor der basalen Einschnürung beginnend, eine starke Chitinspange. Im Profil ist dies Glied auf der Oberseite gerade, auf der Unterseite sehr stark gewölbt. Glied 6 ist ebenso, eher ein Weniges länger als 5. Nahe der Basis ist es leicht eingeschnürt, trägt vor der Einschnürung einen kleineren Dorn, davor auf dem ersten ein Paar und weiter auf dem zweiten Drittel der Länge einen einzelnen grösseren Dorn und vor der Spitze noch einen mittleren. Alle diese auf der Ober- seite, wo auch eine starke Chitinspange sich findet. Auf den Seiten stehen drei oder vier derartiger Dornen. Auf der Unterseite noch kleinere, zwischen drei und fünf. Die Zahl aller dieser Dornen varüirt einigermaassen. Im Profil gesehen ist die Oberseite etwas gebogen, während die Unterseite ziemlich gerade verläuft. Glied 7 trägt auf dem oberen Zipfel einen Dorn, auf der unteren Sohle 5--6. Der Tarsus ist kräftig, ungefähr ”/, von der Länge des sechsten Gliedes messend, gebogen, die äussere Spitze über der Kralleneinlenkung abgestumpft, auf der Oberseite mit einer bedeutenden (7”—10) Zahl von langen Dornen besetzt; auf der Unterseite stehen zwei oder drei starke Basalstacheln, dann folgt ein freier Raum, darauf drei bis sechs kleinere und drei grössere Stacheln, welche letztere dicht vor der Kralle stehen, — die beiden letzten neben einander, so dass die Kralle dazwischen trifft, wenn sie eingeschlagen wird. Die Nebenkrallen halb so lang als die Kralle selbst. Beim @ finden sich die gewöhnlichen Abweichungen. Statt der bedeutenden Bewaff- nung finden sich an Glied 1 nur zwei kleine dorntragende Höcker an der Spitze, ebenso bei Glied 2. Sonst stimmt Alles überein. Extremitäten V—VII sind identisch mit IV, nur haben VI und VII am zweiten Gliede den starken Geschlechtshöcker, welcher am Ende mit mehreren Borsten bewaffnet ist. Die Hautdrüsen liegen in flachen glockenförmigen Höhlungen wie bei A. franciscana. Sie liegen in so weiten Zwischenräumen von einander, dass sie selten verschmelzen, nur an der Bauchseite, wo die Muskulatur sich nicht ausspannt, findet man manchmal zwei Drüsen in einer grösseren Höhlung, und die Canäle der Hautborsten, von den Höhlungen der Haut- drüsen abgehend. Ammothea fibulifera. 145 Der Borstenapparat besteht wie bei A. franeiscana aus Gabelborsten, deren secundäre dichotomische Theilung ziemlich häufig ist, besonders in der Nähe der Geschlechtsmündungen und in den Winkeln der seitlichen Fortsätze. Auch sind die Borsten ungleich gross. Das Nervensystem ist weniger variabel als bei der vorhergehenden Art. Das Bauch- mark besteht aus fünf deutlich getrennten Ganglien, die sich aber alle mit breiten Flächen gegenseitig berühren. Es kommt freilich auch bei dieser Art vor, dass eine grössere Trennung der Ganglien stattfindet, immerhin aber zeigt sich doch nirgends eine so starke Ausbildung der Längscommissuren, wie bei A. franciscana. Auch in dieser Beziehung ist A. ‚fibulifera ge- drungener. Bei denjenigen Stücken, deren Bauchganglien weniger nahe auf einander gerückt sind, erscheinen dieselben auch wesentlich kleiner und in der Gestalt abweichend, nach den Seiten zugespitzt, und an der vorderen und hinteren Fläche gerundet, während sie bei der concentrirteren Form abgeplattet sind. Das Abdominalganglion ist gleichfalls nicht constant in seiner äusseren Gestalt. Es erscheint mitunter deutlich doppelt, d. h. als neben einander liegende Halbkugeln, während es häufiger, zu einer einzigen Kugel verschmolzen, auf dem Rücken des fünften Ganglions sich befindet. Die Schnabelnerven bieten nichts Bemerkenswerthes dar. Die Augen sitzen nahe an der Spitze des Augenhügels, das seitliche Sinnes- organ ragt wenig vor. Vom Verdauungstractus ist nichts weiter zu berichten, er stimmt in allem Wesent- lichen mit dem der vorigen Art überein. Die Färbung der Darmkörper ist meist bräunlich. Das Herz liegt über den Darmsäcken für IV—VI, und lässt hinter sich breiten Raum für das unpaare Verbindungsstück der Geschlechtsdrüsen. Die grossen Bindegewebs- oder Fettkörperzellen in der Basis der seitlichen Fortsätze finden sich auch bei dieser Art. Die Excretionsorgane sind klein, ihre Mündung mässig vorspringend. Die männlichen Geschlechtsöffnungen wie die weiblichen sind normaler Natur, die Ovarien tragen nur zwischen der Ovarialmündung und dem Ende des vierten Gliedes reife Eier. Die Männchen tragen bis zu acht Eierballen von verschiedener Grösse, einzelne Ballen enthalten an 100 Eier und darüber. Die Kittdrüsen stimmen mit denen der vorigen Art überein, nur ist der Ausführungs- gang etwas kräftiger und kürzer, zugleich etwas gerader gerichtet. Die Larven und Entwicklungsformen bieten nichts Bemerkenswerthes, es sei denn der Umstand, dass die seitlichen Fortsätze sich so nahe berühren bei Thieren von fast aus- gewachsener Grösse, dass ihre Berührungsflächen wie einfache Zwischenwände erscheinen. Als Variation muss das Wegfallen der Bauch- und Rückenspangen gelten. Diese Art ist im ganzen Golf sehr häufig, sie ist aber fast durchgehends nur littoral ; doch habe ich sie auch aus der Tiefe von 8—10 m von der Secca di Vivara erhalten. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 19 146 Systematik. 3. Ammothea Langi n. sp. (Taf. V, Fig. 1—8.) Der vorhergehenden Art sehr ähnlich, aber bedeutend grösser und kräftiger gebaut. Die Seitenfortsätze des Körpers sind nicht verwachsen, berühren sich, aber lassen einen länglichen Spalt am Grunde offen. Auf der Rückenseite tragen sie nur einen mittleren, kurzen, dorntragenden Höcker, welcher auf dem Seitenfortsatz von VII gänzlich fehlt. Ueber II steht gleichfalls ein Höcker. Der Schnabel ist oval, bedeutend breiter, die Lippen und Lippenträger bedeutend abgerundeter und breiter als bei den vorhergehenden beiden Arten. Extremitäten IV—VII. Glied 4 verhältnissmässig kürzer, aber mit längerer Spange versehen, als A. fibulifera. 'Tarsus stark, Kralle kurz, Nebenkrallen fast ”/, der Krallenlänge. Der Geschlechtshöcker der Q' verhältnissmässig lang, an der Basis etwas verschmälert, gegen die Spitze kolbig. Augenhügel kurz, breit an der Basis. Abdomen kurz, mit gerundeten Seiten. Borstenapparat aus kleinen zweizinkigen Gabeln bestehend. Hautdrüsen zahlreich. Länge des Körpers 2,5 mm. Die Unterschiede dieser Art von der vorhergehenden sind Unterschiede der Dimen- sionen und Proportionen. Man erkennt sie auf der Stelle als specifisch verschieden, aber die entscheidenden Charaktere hervorzuheben ist nicht leicht. Der Körper ist wesentlich breiter und, die Seitenfortsätze eingerechnet, gerundeter, als bei A. fibulifera,; das vordere Segment ist vorn breiter, die dorntragenden Höcker stehen näher dem Augenhügel. Die Segmentspangen und Falten sind sehr stark, eine mehr oder weniger bestimmt ausgeprägte Segmentfalte existirt auch zwischen dem Körperabschnitt, der die Gliedmaassen VI—VII trägt. Die Seitenfortsätze tragen nur einen dormtragenden Höcker; der am vorderen Aussenwinkel ist nur noch auf dem Seitenfortsatz für V zu erkennen, als ein ganz kleines Gebilde. Auf dem Fortsatz für VII fehlt auch der grössere Höcker vollständig und bei allen Exemplaren, die ich besitze. Der Schnabel ist unverhältnissmässig massiver und breiter, als bei A. fibulifera. Auch ist eine eclatante Verschiedenheit in den blossen Conturen zu bemerken. Eingeschnürt an dem Ende des Reusenapparates ist er auch, obschon ein bischen weniger als bei der vorher- gehenden Art; hinter der Einschnürung verbreitert er sich wesentlich, geht dann aber nicht rasch sich verengernd zu, sondern bleibt oval mit convexen statt concaven Conturen und hat vollkommene Eigestalt. Erst dicht vor den Lippenträgern zeigt er eine geringe Einschnürung, von wo an die Linie der Contur geradeaus geht und die Lippenträger erreicht. Diese, wie auch die Lippen selber, sind ähnlich gebildet wie die von A. fibulifera und A. ‚franciscana, aber sie haben bedeutend breitere Basis und geringere Höhe, so dass der Winkel, den sie an der Spitze bilden, nicht spitz, sondern stumpf wäre, bliebe nicht der .obere Rand überhaupt ein fast vollkommener Bogen. Der Reusenapparat gleicht dem der früheren Species. Ammothea Langi. Ammothea magnirostris. 147 Der Hinterleib ist kräftiger und scheint verhältnissmässig kürzer und seine Seiten etwas gerundeter im Profil. | Extremität I ist durchaus ähnlich der von A. fibulifera, nur wesentlich kräftiger. Auch Extremität II ist kräftiger und zugleich länger als bei der vorhergehenden Art; die grössere Länge betrifft hauptsächlich das dritte Glied, welches wesentlich über die Spitze der Extre- mität I hinausreicht, während es bei A. ibulifera höchstens ebenso weit reicht. Extremität III ist in Allem ähnlich den bereits beschriebenen bei A. fibulifera. Auch von Extremitäten IV’—VII bliebe dasselbe zu sagen, nur zeigen sich im Allge- meinen die Dornen und Stacheln kürzer, die Glieder 5 und 6 aber umfangreicher als bei der vorigen Art. Am entscheidendsten ist aber der Unterschied an der Kralle und den Neben- krallen, welche letzteren wenigstens ”/, der Länge der Kralle haben, während bei A. fibulifera die Länge kaum die Hälfte beträgt; auch gegenüber der Länge des Tarsus ist die Länge der Kralle bei A. Langi geringer. Diese Unterschiede zeigen sich gleichmässig bei allen Exem- plaren, die ich besitze. Sehr wichtig ist ferner der Unterschied in der Gestalt der Geschlechts- höcker. Bei den vorhergehenden Arten sind diese rein cylindrisch, an der Basis eher breiter als nahe der Spitze. Nicht so bei A. Langi, wo sie verhältnissmässig länger und nicht rein eylindrisch sind, und an der Spitze knopfförmig geschwollen erscheinen. Die Hautdrüsen sind zahlreicher vorhanden, sonst aber durchaus dieselben wie bei der vorigen Art. Verschieden sind aber die Gabelborsten. Dieselben sind klein und ein- fache Gabeln, deren Zinken nicht weiter gespalten erscheinen. Zwischen den Seitenfortsätzen stehen sie nicht dichter als an andern Stellen, infolge dessen ist der Körper von A. Langi leichter zu reinigen als der der andern Arten. Das Nervensystem der Stücke, die ich vor mir habe, gleicht mehr dem von 4A. franeiscana als dem von A. fibulifera. Freilich fehlen die Längscommissuren, aber dennoch berühren sich die Ganglien mit so geringen Flächen, wie es gerade möglich war, ohne die Commissuren frei hervortreten zu lassen. Die Gestalt des ersten Bauchganglions ebenso wie die des fünften ist länger als breit, auch die übrigen Ganglien sind in die Länge gezogen und dem entsprechend weniger breit. Die Kittdrüsen des Männchen zeigen am gemeinsamen Ausführungsgange zahlreichere Chitintäschchen, als bei der vorigen Art. Die auskriechende Larve ist die gewöhnliche Larve der Ammotheiden. Ich habe diese Art mehrfach vom Posilipp erhalten, von einer Stelle, welche den Fischern als die Due Frati bekannt ist, deren Tiefe nicht beträchtlich ist; A. Langi ist viel- mehr als der Littoralfauna angehörig zu betrachten. 4. Ammothea magnirostris n. sp. (Taf. VI, Fig. 1—11.) Körper schlank, länglich, mit freien Seitenfortsätzen, die Insertion von II und III freier als bei den vorhergehenden Arten. Auf dem Seitenfortsatz von II steht ein hoher, aber 19 * 148 Systematik. dornloser Höcker, auf den Seitenfortsätzen von IV—VII steht gleichfalls solch ein Höcker, da- neben resp. hinter ihm aber ein sehr scharfer langer und spitzer Dorn, der den Höcker an Länge bedeutend überragt. Bei den Männchen sind Höcker und Dorn bedeutend stärker ent- wickelt als bei den Weibchen. Auf Rücken und Bauch Querspangen und Falten, durch welche die gewöhnlichen Abschnitte gebildet werden. Schnabel regelmässig eiförmig, stark aufgeblasen, mit schmaler Basis und breiterer Lippenbildung. Am Ende des Reusenapparates findet sich keine Einschnürung. Lippenträger halbrund, Lippen ragen über dieselben hinaus. Hinterleib lang und schmal, cylindrisch, weniger aufwärts gerichtet, als bei den früheren Arten. Extremitäten Il zweigliedrig, aber auf verlängertem Basalstück stehend, so dass sie wie dreigliedrig erscheinen. Das Basalstück über halb so lang, als das erste Glied. Letzteres hat einen Höcker am innern Vorderwinkel. Das Endglied kuglig. II neungliedrig, sehr lang, weit den Schnabel überragend. III zehngliedrig, normal. IV—-VH lang, sehr schlank; beim ' Glied 1 jederseits mit drei Dornen ausgerüstet; die Höcker, auf welchen diese sitzen, sind aber so klein, dass man sie unberücksichtigt lassen kann, die Dornen dagegen sehr gross. Ausser- dem sind diese, wie fast alle übrigen Dornen dieser Art, mit Fiderhärchen dicht besetzt, und zwar nicht bloss auf zwei entgegengesetzten Seiten, sondern in der ganzen Circumferenz der Dornen; übrigens varürt die Zahl der dorntragenden Höcker an Glied 1, sogar bei demselben Thier. Glied 2 trägt jederseits drei dorntragende Höcker; Glied 3 ist an der Spitze mit fünf Dornen besetzt. Glied 4 trägt die Kittdrüsenmündung bereits vor der Spitze, so dass der Dorn, welcher sonst neben ihr steht, hier isolirt steht, gerade wie bei dem @. Glied 4, 5 und 6 sind ziemlich gleich gross, ohne Chitinspangen. Glied 5 ist im Profil auf der Ober- seite concav, auf der Unterseite convex und trägt mehrere sehr starke Dornen, desgleichen Glied 6. Tarsus, Kralle und Nebenkrallen normal. : Bei den @ fehlt die Bewaffnung der ersten beiden Glieder. Geschlechtsöffnungen des Männchen auf Höckern der VI und VII Extremität. Augenhügel mässig lang, oben gerundet. ? Länge des Körpers 2 mm. Eine Variation dieser Art unterscheidet sich durch kürzere Höcker der Seitenfortsätze, die keinen Dorn hinter sich haben, nur eine Querspange hinter dem ersten Segmente, eine leichte Einschnürung des Schnabels am Ende des Reusenapparates und an Zahl wie an Grösse geringere Dornen auf den Extremitäten I, IV—VII, deren Befiderung auch geringer ist. Von der Variation habe ich zwei Männchen mit Eiern. (Taf. VI, Fig. 2.) Das Charakteristische dieser Art ist ihr grosser, aufgeblasener Schnabel, ferner die Natur ihrer Dornen und die Lage der Kittdrüsen beim Männchen. Der Körper ist schlanker und mehr in die Länge gezogen, als bei den vorhergehenden Arten. A. magnirostris zeigt auch noch darin ihre Eigenthümlichkeit, dass- wie bei den Arten Ammothea magnirostris. 149 der Gattung Barana die seitlichen Fortsätze für II und III eine grössere Selbständigkeit be- wahrt haben. So erscheint das vordere Segment fast wie in die drei ursprünglichen Segmente aufgelöst, die seitlichen Fortsätze für II stehen ebenso frei, wie die für IV nach vorn hinaus, während die für III zwar nach unten gerichtet sind, aber doch nicht völlig von ihren Nach- barn unterdrückt werden. Freilich eine eigne Segmentfalte resp. Spange wird ebenso wenig gebildet wie bei Darana, aber die seitlichen Fortsätze für IV haben keinerlei Antheil an der Bildung der Seiten des vorderen Segmentes, sie stehen vielmehr wie die folgenden ganz frei zur Seite hinaus. Das zweite Segment wird gegen das vordere wie gegen das hintere durch breite Segmentfalte und Spange abgegrenzt, aber keinerlei secundäre Chitinspange ist vorhanden für den Ansatz der segmentalen Muskulatur, welche sich einfach an die Chitinwandung an- setzt. Die Seitenfortsätze von VI und VII berühren sich, lassen aber den inneren Winkel frei, die beiden Fortsätze von VII verschmelzen aber für ein geringes Stück ihrer Basis. Die Bewaffnung des Körpers ist charakteristisch. Statt der dorntragenden Höcker trifft man sehr hohe und spitze Höcker, aber ohne Dormen. Letztere stehen separat daneben, oder fehlen. So ist ein solcher Höcker auf den Seitenfortsätzen von II sehr deutlich und ragt weit nach vorn und oben hervor. Kein Dorn steht neben ihm. Wiederum steht auf den Seitenfort- sätzen von IV, V und VI je ein mittlerer sehr hoher Höcker, daneben, aber hinter ihm ein noch höherer, spitzer Dorn, daneben nach aussen ein etwas kleinerer, aber immer noch be- trächtlich grosser Dorn. Doch sind diese Verhältnisse Schwankungen . unterworfen. Mitunter fehlt der zweite Dorn, ja er fehlt wohl auch auf der einen Seite der Höcker, während er auf der andern vorhanden ist; auch sind die Grössenverhältnisse nicht constant. Auf dem Fort- satz von VII steht nur ein kleiner Höcker in der Mitte, aber keine Dornen. Der Schnabel ist so lang wie der Körper und ein vollkommenes Oval. Bemerkens- werth aber ist, dass er an der Basis schmaler ist, als am Ende. Im der Mitte ist er fast halb so breit wie lang, da aber das innere Schnabelgerüst keineswegs sehr geräumig ist, so folgt daraus, dass der grosse Innenraum zwischen Schnabelwand und Schnabelgerüst von starker Muskulatur eingenommen wird, und in der That erscheint der Schnabel auch so muskulös, dass man Mühe hat, durch die Muskelbündel die Schnabelganglien und -Nerven zu erkennen, und von der Blutbahn gar nichts sieht. Die Lippenträger sind halbrund, doch ist ein deut- licher Winkel in der Spitze zu erkennen, er ist eher stumpf als spitz. Die Lippen überragen die Lippenträger nicht unbeträchtlich. Am Schnabel zeigt sich auf der Oberseite ebenso wie auf jedem der beiden andern Abschnitte eine sonderbare wellenartige Gestaltung der Chitin- wandung. Im Profil erscheint sie vollkommen wellig, von oben gesehen ist der optische Aus- druck dieser Wellenbildung eine Querstreifung, wobei je nach Hebung und Senkung des Tubus die Thallinie dunkel oder hell erscheint. Der Hinterleib ist ziemlich lang, schmal, weniger schwertförmig gekrümmt, als bei den vorigen Arten. Vor der Spitze stehen die beiden grossen Domen, auf der Oberseite, welche hier ganz besonders hervorragend erscheinen, da der Hinterleib selbst schmäler ist. Extremität I ist noch beträchtlich entwickelt. Zunächst ist sehr bemerkenswerth, 150 Systematik, dass sie auf einer Art Fortsatzbildung des vorderen Körperabschnitts eingelenkt ist, die wie ein besonderes Basalglied erscheint, aber gegen den Körper kein Gelenk besitzt, demzufolge also auch nur als ausgezogene Körperwandung betrachtet werden darf. Dieses Basalstück ist bei den Weibchen fast so lang, wie das eigentliche erste Glied der Extremität; bei den Männchen aber wesentlich kürzer; auch ist es an der Spitze mit einigen Dornen ausgerüstet. Das erste Glied der Extremität ist an der Basis am schmalsten, schwillt aber gegen die Spitze keulenmässig an, ist dort mit einem Höcker und mehreren Dornen bewaffnet, und umfasst mit breiter Spitze das folgende, kugelförmige Endglied, welches den Stummel zeigt, der die bewegliche Kralle trug, und daneben einen Dorn. Beim Weibchen ist die Bewaffnung auch dieser Extremität geringer. Extremität II ist sehr lang, fast um die Hälfte länger als der Schnabel. Auch hat es statt 8, wie die vorigen Arten, 9 Glieder, und zwar ist dies neunte Glied hinter demjenigen eingeschoben, oder vielmehr erhalten geblieben, welches die Excretionsorgane trägt. Das Basal- glied ist klein, eingelenkt an der Vorderseite des dazu gehörigen seitlichen Fortsatzes. Das folgende Glied ist so lang, dass es die Spitze des ersten Gliedes von I erreicht, das nächste ist klein, dann folgt das längste mit der Excretionsblase, welches, wäre es ausgestreckt getragen, bis an die Spitze des Schnabels reichen würde. Darauf folgen fünf weitere Glieder, die alle ziemlich gleich gross sind und die übliche Borstenbewaffnung tragen. Extremität III ist bis zum Gliede 6 normal, d. h. ähnlich wie die vorigen Arten ge- staltet. Aber bei Glied 6 findet sich die Abweichung, dass es unbewaffnet ist, während es bei den früheren Arten auf der Aussenseite einen rückwärts gerichteten starken Dorn trägt. Dieser Dorn findet sich indess auch bei A. magnirostris; er steht aber hier auf der Innenseite des siebenten Gliedes, welche zipfelförmig ausgezogen ist und dadurch sehr gut dafür sorgt, dass die etwaigen Eierklumpen nicht abrutschen können. Glied 7 trägt noch einige andere Dornen an der Spitze. Die übrigen Glieder sind wieder normal, mit fiderspaltigen Dornen versehen. Bei den Weibchen fehlt der rückwärts gerichtete Dorn ebenso wie der Zipfel des siebenten Gliedes. Extremität IV ist durchaus ähnlich gebildet, wie die von A. fibulifera, aber viel schlanker. An Glied I erkennt man jederseits entweder zwei, oder drei, oder auf der nach hinten ge- wendeten Seite zwei, auf der andern drei lange Dornen, welche auf ganz kurzen, kaum als solche zu unterscheidenden Höckern sitzen. Diese Dornen, wie fast alle übrigen bei A. magnı- rostris, haben die Eigenthümlichkeit, dass auf ihrer ganzen Circumferenz ganz kleine Stacheln sich finden, als wäre die Oberfläche der Dornen mit einer Menge kleiner Oeffnungen versehen, aus denen eine klebrige Substanz in Gestalt kurzer Stäbchen austräte. Das folgende Glied trägt wie bei A. franciscana jederseits drei solcher Dornen; Glied 3 hat die Spitze rund herum damit besetzt. An Glied 4 ist der bemerkenswertheste Unterschied bei den Männchen die Lage der Kittdrüse. Sie befindet sich nicht an der Spitze und mit dem grossen Dorn zusammen auf einem Höcker, sondern sie mündet vorher auf der Oberseite, ihre Mündung ragt frei und hoch nach aussen vor, steht zwar auch zwischen zwei Dornen, aber diese Ammothea magnirostris. 151 wurzeln selbständig in der Wandung des Gliedes. Chitinspangen tragen die Extremitäten von A. magnirostris nicht, wohl aber ist Glied 4 mit einigen Dornen mehr ausgestattet als dasselbe Glied bei A. fibulifera. Dasselbe ist auch von Glied 5 zu sagen, das im Uebrigen in Gestalt jenen vollkommen gleicht. Auch Glied 6, 7 und Tarsus und Krallen bieten nichts Be- merkenswerthes. Ebenso verhalten sich V—Vl. Beim Männchen sind die Geschlechtshöcker bei VI und VII nichts als die ausgezogenen Vorderwinkel der Unterseite. Sie sind nicht lang und stehen nicht senkrecht auf der Fläche des Gliedes, sondern stark nach vorn gerichtet. Beim Weibchen fehlen die Dornen bis auf je einen kleinen auf der Oberseite von Glied 1 und 2. Aber auch Glied 4 und 5 tragen weniger und viel kleinere Dornen, als beim Männchen — ein Unterschied, der nicht unbeträchtlich gegenüber den vorigen Arten ist. Glied 7 und S, sowie Tarsus und Krallen sind gleich gebildet. Im Ganzen freilich sind die Extremitäten der Weibchen im allen einzelnen Theilen schlanker und länger als bei den Männchen, obwohl gerade diese Verhältnisse wiederum individuellen Variationen unter- worfen sind. Die Hautdrüsen sind sehr zahlreich, glockenförmig, sehr häufig aber fast eylindrisch mit scharf eingeschnürter Mündung, welche oft wie lippenförmig auf der Oberseite vorspringt, was der Oberfläche des Körpers, noch mehr aber der Beine ein warzenförmiges Aussehen verleiht. Die Hautborsten sind kurze, leicht gebogene und in nicht allzu spitzem Winkel aus einander stehende zweizinkige Gabeln. Das Nervensystem zeigt breite, sich an einander abplattende Ganglien von beträcht- licher Grösse. Auch das obere Schlundganglion ist ziemlich umfangreich. An den mir vor- liegenden Stücken habe ich keine Varianten gefunden. Der Augenhügel ist nicht lang, oben in einen abgerundeten Zipfel endigend. Das seitliche Sinnesorgan ragt eher nach oben neben der Spitze des Augenhügels vor. Die Kittdrüsen der Männchen unterscheiden sich durch ihre Lage beträchtlich von denen der bisher beschriebenen Arten der Gattung. Dort standen sie auf der Spitze der Oberseite des vierten Gliedes der Beine und hatten neben sich den spitzen Dorn, welcher bei den Weibchen und den noch nicht reifen Männchen die Spitze des Gliedes bildet. Bei A. magnirostris dagegen ist dieser Dorn bei Männchen und Weibchen gleich gestaltet, die Kittdrüse aber liegt weiter zurück und mündet mit einer langen Röhre frei und nach oben gerichtet auf der Oberseite des betr. Gliedes. Als Variation kommt die Abänderung vor, dass die freistehende Partie dieser Mündung, statt frei und hoch nach oben gerichtet zu sein, vielmehr kurz abgestutzt nach vorn gerichtet ist. An dem inneren Theil des gemeinsamen Ausführungsganges bemerkt man, dass die taschenförmigen Ausstülpungen an Zahl geringer, fast nur auf die Unterseite beschränkt und dem Ausführungsgange ziemlich flach angefügt sind, statt wie bei den früheren Arten freier von ihm abzustehen. Larven und Entwicklungsformen dieser Art habe ich nicht gehabt. Sie wird öfter vom Posilipp gebracht, besonders aus der Nähe des Palazzo della Regina Giovanna. 192 Systematik. 5. Ammothea appendieulata x. sp. (Taf. VII, Fig. 1—5.) Körper in die Länge gestreckt, in vier deutliche, durch Segmentfalten und Spangen begrenzte Segmente getheilt, von welchen die seitlichen Fortsätze für IV—VII frei nach den Seiten, das letzte Paar für VII nach hinten gerichtet abgehen. Vor dem Segment, das IV trägt. zeigt sich noch eine schwächere Segmentfalte, welche den vorderen Körperabschnitt begrenzt, der nach unten gerichtet III, nach vorn auf selbständigem Seitenfortsatz II trägt. Weder auf dem Körper noch auf den Seitenfortsätzen stehen Spuren von Höckern oder Dornen. Schnabel fast kuglig, noch stärker aufgeschwollen als bei der vorigen Art, mit sehr schmaler Basis, etwas breiteren Lippenträgern. Hinterleib mit deutlicher Falte auf dem letzten Segment beweglich eingelenkt, sehr lang und schmal, mit schräg abgestutzter langer Spitze. Extremität I sehr gross, fast so lang wie der Schnabel, mit langem Basalstück, sehr breitem ersten Gliede und grossem Endgliede, welches einen deutlichen Zapfen als Rest der beweglichen Zange trägt. II sehr lang und dünn, zehngliedrig, viel länger als der Schnabel. III normal. IV—VH lang und dünn, Glied 5 und 6 mit kräftigen an der Seite, nicht auf der Oberseite belegenen, langen Chitinspangen. Tarsus normal und Kralle klein, Nebenkrallen fast so lang wie die Kralle. Augenhügel lang und schmal. Hautdrüsen klein, nicht zahlreich, Hautborsten kleine zweizinkige Gabeln, die rechtwinklig auseinander stehen. Ausser ihnen aber stehen auf dem Körper und den Glied- maassen zerstreut eigenthümliche Anhänge, welche wie die Dornen auf niedrigen Höckern eingesetzt sind, aber cylindrisch gestaltet und mit angeschwollener und durchbohrter Spitze versehen sind. Länge des Körpers 2 mm. Körper gestreckt, fast walzenförmig, durch vier Segmentfalten in fünf Segmente geschieden, deren erstes den Bezirk für II und III, die übrigen je ihr zugehöriges Extremi- tätenpaar tragen. Das erste Segment trägt an der Vorderseite die Basalstücke für I, welche bei dieser Art nicht nur sehr lang sind, sondern auch beträchtlich über die Basis und Ein- lenkung des Schnabels nach vorn vorragen, ebenso wie sie auch vor dem Augenhügel gelegen sind, der mitten auf dem vorderen Segmente sich befindet. Dieser Bau des vorderen Segmentes erinnert lebhaft an Barana und die Gattung Phowichilidium, bei denen gleichfalls Extremität I, Augenhügel und der beide tragende vordere Körperabschnitt die Tendenz hat, sich über die Einlenkung des Schnabels nach vorn zu drängen. Ueber den seitlichen Fortsätzen von II steht ein stumpfer Höcker, der eigentlich nur der etwas ausgezogene Vorderwinkel des Seg- mentes ist. Die Seiten dieses ersten Segmentes verengern sich gegen den Hinterrand nur sehr wenig; der Hinterrand selbst wird durch eine schmale auf dem Rücken befindliche Segment- Ammothea appendiculata. 153 falte gebildet, welche freilich nicht um den Körper herum läuft, aber doch deutlich die Grenze des vordersten Segmentes gegen das zweite bildet. Die seitlichen Fortsätze von II sind durch das Vordringen von I und von dem Augenhügel nach unten gedrängt, noch mehr die von II. Es folgen nun die drei ziemlich gleich grossen Segmente für IV—VI, von denen die seitlichen Fortsätze in der Weise ausgehen, dass die von IV etwas nach vorn gerichtet sind, die von V gerade abstehen, die von VI etwas nach hinten. Nirgends findet sich die Spur eines Höckers oder Dorns, weder bei den Männchen, noch bei den Weibchen. Das letzte Segment ist wesentlich schmaler, als das vorletzte; seine seitlichen Fortsätze sind gerade nach hinten gerichtet, und stossen an ihrem inneren Winkel hinter, nicht unter der Einlenkung des Hinterleibes zusammen, so dass letzterer also mit ringsum abgesetzter Segmentfalte auf der Rückenseite und im Centrum des letzten Segmentes wurzelt. Auf der Bauchseite sind die Segmentfalten alle sehr deutlich, mit Ausnahme derjenigen zwischen erstem und zweitem Segment. Der Schnabel ist ausserordentlich aufgeschwollen und überaus muskulös, gleicht im Uebrigen dem der vorigen Art auch darin, dass die welligen Conturen, welche durch Runzeln der Chitinwandung hervorgebracht werden, auch hier wiederkehren. Die Basis des Schnabels ist sehr schmal, verbreitert sich aber sehr rasch und erreicht, ohne eine Einschnürung auf der Höhe des Reusenapparates zu erleiden, auf der Mitte der Länge den grössten Umfang. Der Durchmesser des Schnabels an dieser Stelle ist beträchtlich breiter als die Breite der Vorder- fläche des ersten Segmentes. Die Lippenträger sind breit angesetzt, nicht ganz rein gerun- det, sondern mit leicht vorgezogener Spitze und an der Basis leicht geschweiften Seitenrändern. Die Lippen ragen mit zipfelartig ausgezogener Spitze über den Lippenträgern hervor. Der Hinterleib wurzelt, wie gesagt, ausschliesslich auf der Oberseite des letzten Segmentes, woselbst eine kreisförmige Falte seine Wandung gegen die des Segmentes absetzt. Seine Länge kommt der des Schnabels beinahe gleich, er ist aber ceylindrisch, nur gegen das Ende auf der Unterseite leicht concav, auf der Oberseite aber plötzlich abgeschrägt, so dass die Profillinie einen stumpfen Winkel bildet etwas vor der Stelle, wo gewöhnlich und so auch hier die grossen Dornen stehen. Es ist hier der Ort, eine merkwürdige Art von Anhängen zu erwähnen, welche zahl- reicher auf den Extremitäten, aber doch auch schon auf dem Hinterleib zu finden sind, und deren gleichen ich bei keiner andern Pyenogonide wahrgenommen habe. Dieselben sind eylin- drisch, mit deutlichem Hohlraum, angeschwollenem Ende, an deren Spitze eine deutliche geschlitzte Oeffnung sich befindet, gegen welche hin ein innerer körniger Strang sich begiebt. Am Grunde sind diese Anhänge auf ganz kleinen Erhöhungen der Chitinwand des Körper- theils, auf dem sie stehen, in derselben Weise eingelenkt, wie die grossen Dornen. Von diesen Anhängen finden sich auf der Oberseite des Hinterleibes, gerade an der Stelle, wo der stumpfe Winkel gebildet wird, also vor den beiden langen gewöhnlichen Dornen, ein Paar, welche divergirend nach den Seiten in die Höhe sich richten. Ein zweites Paar steht weiter zurück, wiederum neben einem andern Paar gewöhnlicher zugespitzter Dornen, und ein einzelner der- Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 20 154 Systematik. artiger Anhang findet sich bei dem einen Exemplar noch weiter zurück, während er dem andern fehlt, — vielleicht auch nur verloren ist. Die eigentliche Natur dieser Anhänge ist mir nicht klar geworden, da ich nicht im Stande war, eine bestimmte drüsige Structur nachzuweisen, welche etwa an der Basis befind- lich wäre. Da auch Hautdrüsen vorhanden sind, so können diese Dornen nicht dafür vicariren. Extremität I ist unverhältnissmässig gross. Sie ist auf weit ausgezogenen Basalstücken eingelenkt, welche beide wiederum auf der ausgezogenen Vorderfläche des ersten Segmentes stehen. Hierdurch wird die Gestalt wesentlich verändert, wie schon vorher bemerkt ist, und man wird lebhaft an die Configuration derjenigen Pyenogoniden erinnert, bei welchen die Ex- tremität I noch eine Function zu vollziehen hat und ihre Scheeren vor der Mundöffnung herabhängen lässt, wie bei allen Nymphoniden im Gegensatz zu den Ammotheiden. Auf den beiden Basalstücken von I steht aussen je ein Dorn an der Spitze, dann folgt das erste Glied, welches weit über die Mitte des Schnabels reicht, gegen die Spitze keulenförmig angeschwollen ist, und das kleine kugelförmige Endglied fast wie mit einem Kugelgelenk umfasst. Auf der Oberseite, vorzüglich aber nahe der Spitze stehen eine grosse Anzahl von langen und spitzen Dornen, untermischt mit einer Anzahl der oben beschriebenen durchbohrten cylindrischen An- hänge. Auch auf dem kleinen Endglied, an dem ein zapfenförmiger Stummel der beweglichen Zange zu erkennen ist, befindet sich ein einzelner langer Dorn. Extremität II ist zehngliedrig, durchaus geformt wie die von A. magnirostris, mit stark vorragender, zugespitzter Mündung des Excretionsorgans. Fxtremität III ist gleichfalls zehngliedrig, mit normaler Länge und Verhältnissen der einzelnen Glieder. Auf dem Endgliede stehen zwei beträchtlich grosse fiderspaltige Stacheln, ebenso je einer auf den drei vorhergehenden Gliedern. Extremität IV ist sehr lang und schlank, Glied 4, 5 und 6 mit langen Chitinspangen ausgerüstet, welche aber nicht, wie bei den übrigen Arten der Gattung Ammothea, an der Oberseite, sondern an der nach hinten gekehrten Seite der Beine sich befinden, wie bei Barana Castell. Die sonderbaren Anhänge sind folgendermaassen vertheilt: auf dem ersten Gliede stehen drei oder vier, auf dem zweiten zwei, auf dem dritten keiner, auf dem vierten fünf, von denen das letzte auf der Spitze an der Oberseite, auf dem fünften endlich drei. Mit Extre- mität IV stimmen V—-VII überein. Der Tarsus aller dieser Extremitäten ist nicht stark gebogen, auf der Oberseite mit fünf langen Dornen ausgerüstet, welche auf kleinen Höckern stehen, an der Spitze stehen zahlreiche Dornen; auf der Unterseite finden sich vier Basal- stacheln und sieben bis neun kleinere nach der Spitze zu. Die Kralle ist klein, kaum halb so gross wie der Tarsus, die Nebenkrallen verhältnissmässig gross, auf besonderem Höcker und weit von der Kralle ab stehend. Beim Männchen tragen Glied 1 und 2 etwas längere, aber schlankere Dornen als das Weibchen. Hautdrüsen und Hautborsten sind weder zahlreich noch auffallend. Erstere sind Ammothea uni-unguiculata. 155 der geringen Dicke der Chitinwandung entsprechend flache Glocken mit sehr enger Mündung, letztere kleine, ziemlich stark divergirende, zweizinkige Gabeln. Kittdrüsen sind bemerkenswerth durch den Umstand, dass die gemeinsame Aus- führungsröhre wie gegliedert auf der Spitze des vierten Gliedes steht. Die Röhre ist sehr lang und schmal; dennoch beherbergt sie nicht nur die innere Röhre, sondern auch deren basale Ausbuchtungen mit den in diese einmündenden feineren Röhrchen der einzelnen Kitt- drüsencomponenten; dieselben reichen hinauf bis beinahe an die Mündung des gemeinsamen Ausführungsrohres. Das Nervensystem zeigt grosse, sich dicht berührende Bauchganglien. Die Augen sind länglich, etwas unterhalb der gerundeten Spitze des Augenhöckers gelegen. Das seitliche Sinnesorgan ist gleichfalls beträchtlich unterhalb der Spitze be- findlich. Hodenmündungen stehen nicht auf besonderen Geschlechtshöckern, sondern nur auf der Spitze der betreffenden Glieder. Diese Art ist mir von Santa Lucia gebracht worden. Sie ist in mehr als einer Beziehung bemerkenswerth. Ihre Gliederung in die ursprüng- lichen Segmente und die Grösse und Einlenkung der vorderen Extremität sind Merkmale, welche an Barana erinnern, während die übrigen Merkmale sie als durchaus zu Ammothea gehörig kennzeichnen. Auch hier wieder macht sich fühlbar, dass wir es bei den Pycnogoniden mit verhältnissmässig nahe zusammenstehenden Formen zu thun haben, die in sich sehr schwer grössere Gruppen erkennen lassen, während sie doch als Gesammtgruppe durchaus isolirt stehen. Zur weiteren Erhärtung dieser Behauptung werden auch die folgenden Arten dienen. 6. Ammothea uni-unguieulata n. sp. (Taf. VII, Fig. 6—9.) Körper incl. seitliche Fortsätze fast kreisrund; der seitliche Fortsatz für IV auf seiner vorderen Seite fast völlig mit dem vorderen Segment verschmolzen, die übrigen Fortsätze be- rühren sich fast auf die ganze Länge ihrer einander zugekehrten Seiten, nicht einmal die inneren Winkel bleiben frei. Eine Segmentfalte trennt hinter den Seitenfortsätzen für IV den Körper in zwei Stücke. Ueber I ein doppelzackiger Höcker, zwei Höcker ferner auf jedem seitlichen Fortsatz. Schnabel überaus gross und breit, tonnenförmig, an Basis und Spitze gleich breit, etwas länger als der Körper. Lippenträger flachbogig, Lippen vorstehend, mehrfach gefaltet. Hinterleib kräftig und lang, doch nur die Hälfte der Schnabellänge messend. Extremität I kräftig, bis zur Hälfte des Schnabels reichend, auf mässig langen Basal- stücken eingelenkt. 20* 156 j Systematik. Extremität II achtgliedrig. Extremität III normal. Extremitäten IV— VII kräftig, nicht allzu lang, ohne Chitinspangen, mit mässiger Dornausrüstung (mir liegen nur Weibchen vor), Tarsus kräftig, Kralle stark, länger als die Hälfte des Tarsus, ohne Nebenkrallen. Augenhügel kurz, breit. Nervensystem mit fünf sich stark an einander abplattenden Bauchganglien, deren vorderstes auf der vorderen Fläche ausgebuchtet ist, während die drei mittleren sehr breit, aber zugleich im Längsdurchmesser sehr verkürzt erscheinen. Hautdrüsen sehr zahlreich, gross, in ziemlich tiefer, halb glocken-, halb cylinder- förmiger Höhlung gelegen. Oft geht von dieser Höhlung der Canal für die Hautborstengabel ab, die nur von geringer Grösse ist. Am Ende des sechsten Gliedes und auf dem Tarsus finden sich auf allen Beinen Convolute von Hautdrüsen, welche in grössere Höhlungen münden, deren Oeffnung gleichfalls dementsprechend grösser ist. Ovarialöffnungen beträchtlich, desgleichen die sie verschliessenden Klappen. Länge des Körpers 2 mm. Durch ihren colossalen Schnabel und die Abwesenheit der Nebenkrallen ist diese Art von allen übrigen sehr leicht zu unterscheiden. Im Gegensatz zu den früheren und besonders zur vorigen Art ist der Körper von A. uni-unguiculata stark concentrirt, was sich in seiner runden, scheibenförmigen Gestalt aus- spricht. Es findet sich an den mir vorliegenden beiden Stücken nur eine Segmentfalte zwischen den Seitenfortsätzen für IV und V. Doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass bei andern Exem- plaren noch eine zweite zwischen V und VII sich finden mag, zu der bei meinen Exemplaren sich 8, nur bei dem einen ein schwacher Ansatz erkennen lässt. Der Vorderrand des vorderen Seg- ments ist leicht ausgerandet und concav, an beiden Seiten befindet sich ein Höcker mit zwei kleineren Höckern. Der seitliche Fortsatz für II ist durch die fast völlige Verschmelzung der Vorderseite des Fortsatzes für IV mit dem Körper nach unten gedrängt. Die Einbuchtung zwischen den beiden Fortsätzen für II und IV ist sehr klein und kurz, nicht halb so lang als der Seitenfortsatz für IV breit ist. Da dieser letztere nach vorn gerichtet ist, so hat sein Hinterrand eine bedeutendere Länge und zugleich eine starke Beugung aufzuweisen. Der Theil des Randes vor dieser Beugung stösst dicht an den Vorderrand des nächsten Fortsatzes an, ebenso wie auch alle übrigen Fortsätze auf der grössern basalen Hälfte ihrer Seiten- flächen sich dicht berühren, so dass nicht einmal der innere Winkel offen bleibt. Auf allen Seitenfortsätzen stehen je zwei Höcker; bei dem für IV ist die Grösse dieser Höcker sehr ungleich, der hintere ist bedeutend grösser, als der vordere; auch bei V ist der hintere noch etwas grösser, während bei VI und VII beide gleich gross, resp. klein sind. (Bei den Männchen, von denen ich leider keines untersuchen konnte, mögen 'noch weitere Complicationen vor- kommen.) Der Schnabel ist ausserordentlich gross, und, statt wie bei den bisher beschrie- benen Arten spindelförmig oder oval, ist er durchaus tonnenförmig mit ganz geringer Ammothea uni-unguiculata. 157 Einschnürung auf der Höhe des Reusenapparates. Basis und Mundöffnung sind gleich breit, beide viel breiter, als bei vorhergehenden Arten. Auch das innere Schnabelgerüst ahmt die Gestalt der Wandung nach, bemerkenswerth ist noch besonders die geringere Zahl der Leisten des Reusenapparates, die nicht viel über zwanzig beträgt. Die Lippenträger sind sehr flachbogig, die Lippen ragen in ihrer ganzen, sehr beträchtlichen Länge über sie hinaus, ihre Gestalt ist ganz besonders interessant durch die deutliche Faltung, die sie erkennen lassen, wenn sie geöffnet sind. Dann ist in der Mitte eine Falte mit nach innen, d.h. gegen die Längsaxe des Schnabels gerichtetem Faltenscheitel zu erkennen, von dem aus die Lippe nach beiden Seiten zurückweicht, bis sie in einem neuen Winkel, dessen Scheitel- punkt dem Lippenträger genähert ist, wieder umklappt und nach den Mundwinkeln einwärts und abwärts steigt. Der Hinterleib ist kräftig, eylindrisch, halb so lang wie der Schnabel. Extremität I steht auf zwei Basalstücken, die ihrerseits wieder auf einem ausgezogenen Stück des Vorderrandes des Körpers befindlich sind. Das erste Glied ist wenig länger als diese Basalstücke, trägt aber an der etwas breiteren Spitze vier starke Dornen. Das etwas längliche Endglied trägt auch einen Dorn und endet in zwei Zapfen — die Träger der ehe- maligen Zange. Die ganze Extremität erreicht nur die Mitte des Schnabels. Extremität II weniger lang, als bei den beiden vorhergehenden Arten, im Uebrigen normal. Extremität III gleichfalls normal. Extremität IV stark und kräftig. Glied 1 und 3 ohne besondere Abzeichen, nur die üblichen kleinen Dornen vor der Spitze von Glied 1 und 2. Glied 4 nicht so lang, wie 1—3 zusammen genommen; an der Spitze mehrere horizontal nach vorn gerichtete Dornen, einige andere kleinere auf den Seiten und oben. Glied 4—6 ohne Spur von Chitinspangen. Die Vertheilung der Dornen auf Glied 5 und 6 durchaus normal, wie bei A. fibulifera, aber die Hervorragungen, auf denen die grossen Dornen stehen, weniger hoch. Glied 7 trägt einen starken mittleren Stachel und mehrere schwächere Dornen. Der Tarsus ist ziemlich stark gekrümmt, mit drei Basalstacheln und 7—9 kleineren gegen die Spitze zu. Die auf der Oberseite stehenden Dornen haben alle deutlich vorragende Höcker, auf denen sie eingelenkt sind. Die Kralle ist kräftig, wenigstens ”/, der Länge des Tarsus messend, ohne eine Spur vor Nebenkrallen. Die Hautdrüsen sind sehr zahlreich und die Höhlungen, in denen sie münden, sehr gross. Die Gestalt der letzteren, im Profil gesehen, ist glockenförmig, mit leicht vorspringen- den Lippen; von oben gesehen ist die Mündung tellerförmig vertieft, der Rand des Tellers springt über die Chitinwandung vor, in der Mitte der Vertiefung der enge Hals des Drüsen- canals, danach die rasche Ausbreitung der inneren Höhlung. Die Höhlungen sind ungleich, viele sind mit dem Canal, der die Borste trägt, verbunden und darum breiter, andere ent- halten grössere Drüsencomplexe und sind infolge dessen geräumiger. Glied 6 und der Tarsus der Extremitäten IV—VII zeigen solche bedeutend vergrösserte Hautdrüsen in grösserer Menge. 158 Systematik. Hier geschieht es, dass die äussere Mündung der Drüsen so gross wird, um eine beträchtliche Vorragung zu bilden, auch sieht man die Drüsenmassen um die vergrösserten Höhlungen herumliegen, als wenn es sich darum gehandelt hätte, kleine Kittdrüsen herzustellen. Diese Anhäufung der Hautdrüsen findet sich gegen die distale Partie des sechsten Gliedes, und auch im Tarsus mehr auf seiner distalen Partie. Die Hautborsten sind sehr kleine zwei- zinkige Gabeln. Das Nervensystem ist äusserst stark zusammengedrängt. Die einzelnen Ganglien der Bauchkette sind sehr breit, aber dementsprechend von vorn nach hinten schmal. Nur das erste und letzte behalten ihre Rundungen bei, das erste aber zeigt in der Mitte des Vorderrandes eine Ausbuchtung zur Aufnahme resp. zum Durchlass des Oesophagus. Auch diese Ausbuchtung ist ein Zeichen der Concentration, da im Innenraum des Körpers nicht Platz genug blieb, das Ganglion frei zu entwickeln. Der Augenhügel ist kurz und kräftig, bei einem Exemplar nicht nur nicht ab- gerundet auf der Spitze, sondern etwas ausgebuchtet. Das seitliche Sinnesorgan liegt sehr nahe der Oberfläche des Augenhügels, über dem oberen Rand der Augen. Diese Art besitze ich in zwei Exemplaren, die mir vom Posilipp gebracht wurden, — ich weiss aber nicht genau zu sagen, von welcher Stelle. Das Charakteristischste bleibt die Abwesenheit der Nebenkrallen; da aber im Uebrigen keine Gründe vorhanden sind, die Art von Ammothea zu entfernen, so muss auch dies Merkmal als nebensächlich erscheinen. Freilich fehlt es mir an jeder Vermuthung, worauf sich das Fehlen dieser Nebenkrallen beziehen lässt. 7. Ammothea bi-unguieulata ». sp. (Taf. VIII, Fig. 1—3.) Körper lang gestreckt, alle seitlichen Fortsätze frei, drei deutliche Segmentfalten, kein Höcker oder Dorn. Schnabel lang eiförmig, so lang als Körper incl. Hinterleib. Keine Einschnürung. Lippenträger schwachbogig, stumpfwinklig. Lippen wenig vorstehend, schuppig. Hinterleib kurz, ', der Schnabellänge messend. Extremität I sehr klein, bis zum Ende des Reusenapparates reichend. Extremität II neungliedrig, so lang wie der Schnabel; Extremität IV—VI von mässiger Länge, einfach, fast überall vom selben Durchmesser, mit wenigen kurzen und feinen Stacheln ausgestattet, welche am Ende von Glied 6, an der Sohle von Glied 7 und am Tarsus am dichtesten sich vorfinden. Tarsus an der Spitze etwas höher als an der Basis, keine Spur von Haken oder Basaldornen. Kralle fast völlig rudimentär, nur als kleine Zacke an der Basis der allein übrig gebliebenen Nebenkrallen zu erkennen. Augenhügel kurz, gerundet. Nervensystem mit fünf ziemlich gleichen, runden, durch Commissuren verbundenen Ganglien, ein kleines Abdominalganglion frei sichtbar. Ammothea bi-unguiculata. 159 Hautdrüsen klein und spärlich, am Ende des sechsten, im siebenten Gliede und im Tarsus beträchtlicher. Hautborsten klein, gablig. Genitalien unbekannt. Grösse 3 mm. Von dieser Art liegt mir nur ein Stück vor, welches noch nicht ausgereift ist, daher auch die Beschreibung nicht alle Criterien erschöpfen kann. Extremität I trägt noch die Zange, der Eierträger ist noch unfertig, seine letzten fünf Glieder stecken noch ungeschieden in gemeinsamer Anlage, weder Hoden noch Ovarien lassen sich unterscheiden. Nach Analogie zu urtheilen, möchte ich aber glauben, ein unreifes Weibchen vor mir zu haben. An der merkwürdigen Krallenbildung ist aber die Art leicht kenntlich. Der Körper ist wie bei A. appendieulata in die Länge gestreckt, die Segmente frei und deutlich gegliedert, nur der Hinterleib zeigt keine besondere Falte.. Das vorderste Segment ist nicht durch Segmentfalte geschieden, aber ebenso wenig in Berührung oder gar verschmolzen mit den seitlichen Fortsätzen von IV. Die Basalstücke für I stehen gerade nach vorn, ebenso ragen kurze Fortsätze für II auf beiden Seiten der Schnabelwurzel vor, der leicht gerundete Fortsatz von III wendet sich nach unten. Die Segmente selbst tragen weder Höcker noch Dornen, die seitlichen Fortsätze stehen frei mit breiten Zwischenräumen, auch die beiden letzten berühren sich nicht auf ihren einander zugekehrten Flächen. Der Schnabel ist sehr lang, eiförmig, ohne Einschnürung nahe der Basis, aber mit ganz geringer an der Stelle der Schnabelganglien. Seine Länge übertrifft fast die des Körpers incl. des Hinterleibes. Die Wandung ist überall glatt. Die Lippenträger sind leicht spitzbogig, niedrig; die Lippen sind schuppig, vorragend. Hinterleib zwischen den seitlichen Fortsätzen für VII wurzelnd, ohne distincte Gliederung, nach hinten gerichtet, von geringer Länge, zwei schwache Dornen nahe dem Ende auf der Oberseite. Extremität I sehr klein, schmal, noch die Zange tragend, mit wenigen ganz winzigen Dornen, Glied 1 doppelt so lang als Glied 2, die Zange so lang wie Glied 2. Extremität II auf gleicher Höhe eingelenkt wie Extremität I; neungliedrig; Glied 1 klein, kaum breiter als die übrigen, Glied 2 und 4 die längsten, Glied 3, 5—9 gleich gross. Excretionsorgan nahe der Basis von Glied 4 gelegen, klein, mit wenig vorragender Mündung. Die Spitze von Extremität II steht wenig über den Mund vor. Alle Dornen sind klein und wenig zahlreich. Extremität III ist noch unreif, klein. Extremität IV—VII nicht allzu lang, aber schlank, fast ohne Anschwellungen der einzelnen Glieder, mit kleinen und spärlichen Dornen. Glied 6 das längste, an seinem distalen Theile etwas zahlreicher mit Dornen ausgestattet, die aber nicht aufrecht, sondern fast parallel mit dem Gliede stehen. Glied 7 klein, ohne Basaldornen, aber mit 6—7 gewöhnlichen Dornen ausgerüstet, die ebenso gerichtet sind, wie die von Glied 6. Der Tarsus hat keine Spur von 160 Systematik. Basaldornen, ist an der Spitze am höchsten, seine Ränder nicht gebogen, wenige Dornen darauf, nur an der Spitze stehen sie zahlreich nach der Kralle zu gerichtet. Die Kralle bildet die wesentlichste Eigenthümlichkeit der Art. Sie ist nämlich so gut wie völlig rudimentär, an ihre Stelle im Gebrauch des Thieres sind die Nebenkrallen getreten, welche beträchtlich gross und stark gekrümmt sind. Dieselben sind aber auf einem Basalstück eingelenkt, welches die Kralle vorstellt, das aber ganz klein ist. Von der eigentlichen Kralle sieht man noch an der Unterseite dieses Basalstückes die ganz winzige Spitze. Die Muskeln und Sehnen des Tarsus heften sich aber an dieses Basalstück. Hautdrüsen und Hautborsten sind klein und wenig auffallend ; die Chitinwandung des Thieres ist noch dünn, weil es unreif ist, daher kommt es auch noch nicht zu eigent- lichen Höhlungen für die Drüsen. Nur an der Spitze des sechsten Gliedes, im siebenten und im Tarsus befinden sich grössere kuglige Hautdrüsen. Die Borsten sind gablig. Das Nervensystem zeigt runde Ganglien mit Längscommissuren. Die Augen sind klein, der Augenhügel breit, fast halbkuglig, ohne Spitze. Ein noch unreifes Stück dieser Art ward auf der Secca della Gajola gefischt; ich erhielt es nicht mehr lebend, sondern schon eonservirt. Die merkwürdige Krallenbildung zeichnet sie vor allen übrigen aus, und setzt sie ganz besonders in Gegensatz zur vorhergehenden Art. Gattung: Clotenia Donsn. Körper concentrirt, scheibenförmig. Extremität I stummelförmig, II vier- bis fünfgliedrig, III wie bei Ammothea. IV—VIL ähnlich Ammothea. Nervensystem concentrirt. Hautdrüsen normal, im sechsten Gliede von IV—VII in Haufen mit stark ver- grösserten Zellen, in denen eine grosse Zahl von Vacuolen befindlich ist. Bei beiden Ge- schlechtern gleichmässig. Hautborsten rosettenförmig, wie die Speichen des Rades um die Axe gestellt. Geschlechtsorgane beim J' öffnen sich ohne Geschlechtshöcker auf der Spitze des zweiten Gliedes der drei letzten Extremitäten, nicht wie bei Ammothea nur bei zwei. Beim © reichen die Ovarialschläuche bis an das Ende des sechsten Gliedes von IV—VH und tragen reife Eier bis ans Ende. Ich habe längere Zeit geschwankt, ob ich für die jetzt zu beschreibende Art eine eigene Gattung aufstellen sollte, habe mich aber schliesslich dafür entschieden, weil sonst überhaupt der Begriff der Gattung innerhalb der sich so nahe stehenden Mitglieder dieser kleinen Gruppe gänzlich verloren ginge, wollte man die Unterschiede, welche in der obigen Diagnose hervorgehoben sind, nicht als Gattungsmerkmale gelten lassen. Es bleibt freilich Clotenia. 161 durchaus möglich, dass auch diese Merkmale sich wieder verflüchtigen, wie so viele andere, die früher zur Aufstellung von Gattungen führten, — immerhin braucht es dazu aber doch neuer eingehender Studien, die dann natürlich mit allen in dieser Arbeit aufgestellten Ge- sichtspunkten ins Gericht zu gehen haben, — Studien, deren Resultate sich indess nicht antecipiren lassen. In der äusseren Körpergestalt ist Olotenia gar nicht von Ammothea unterschieden. Ihr auf Grund der einen Art, die mir vorliegt, als Gattungsmerkmal einen ausschliesslich oder vorwiegend scheibenförmigen Körper zuzuschreiben, halte ich nicht für gerechtfertigt, da es sehr wohl möglich ist, dass mit länglicher Körpergestalt dieselben characteristischen Kenn- zeichen der Geschlechtsorgane verbunden vorkommen. Auf letztere freilich möchte ich bestimm- teres Gewicht legen, da es sicherlich eine stärkere Verschiedenheit und grössere Geschiedenheit involvirt, dass alle Ammothea-Arten im männlichen Geschlecht nur auf Extremität VI und VII Oeffnungen für die Hoden haben, und diese auf besonders dafür entwickelten, zum Theil sehr weit vorragenden Höckern gelegen sind, Clotenia dagegen noch auf V eine Hodenöffnung be- sitzt, die aber, wie auch alle übrigen, ohne Höckerbildung besteht. Bei den Weibchen ist ebenfalls eine starke Abweichung von der Configuration der Ovarien bei Ammothea zu be- merken. Dort hörten die Ovarialschläuche im vierten Gliede der Beine, das auch allein reife Eier entwickelte. auf, während bei C/otenia die Schläuche bis ans Ende des sechsten Gliedes reichen, und auch bis dahin reife Eier produeiren. Auf diese beiden Umstände möchte ich darum besonderes Gewicht legen, weil die Unterschiede in der Ovarial- und Hodengestaltung in der That mannigfaltig sind, und besondere Aufmerksamkeit ebenso sehr verdienen, wie die bisher allein ins Auge gefassten vorderen Extremitäten. Dass auch die in ihrer vollen Entwicklung gehemmte Extremität II als Gattungsmerkmal gelten kann, scheint auch gerechtfertigt. Schliess- lich möge auch die Gestalt der Hautborsten und das Vorhandensein der grossen Hautdrüsen im sechsten Beingliede bei beiden Geschlechtern als greifbareres Kennzeichen verwerthet werden. *) (lotenia eonirostris n. sp. (Taf. VIII, Fig. 4—11; IX, Fig. 1—5.) Körper scheibenförmig, concentrirt, rund; alle seitlichen Fortsätze mit einander ver- schmolzen ; keine Segmentfalten; keine Höcker oder Dornen. Schnabel conisch, mit geraden Seiten, ohne Einschnürung, so lang wie der Körper. Lippenträger gerade abgestutzt, Lippen sehr klein, mit Haaren besetzt. Hinterleib gestreckt, nach aufwärts gebogen, mitunter auch ganz gerade nach oben gerichtet. *) Es ist nicht unwahrscheinlich, dass mit dieser Gattung die von Mrers aufgestellte Tanystylum identisch ist. Wenigstens möchte ich das aus der Abbildung schliessen, die Wırson (Pyenogonida of New- England, Transactions Connecticut Academy Vol. V pag. 5) giebt. Aber da die entscheidenden Kriterien nicht vollständig gegeben sind, so habe ich mich nicht entschliessen können, die Identifieirung auszusprechen. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 21 162 Systematik. Extremität Il fast gänzlich rudimentär, nur ein kleiner Höcker deutet sie an. Extremität II viergliedrig, das zweite, längste trägt das Excretionsorgan. Extremität III wie bei Ammothea; Extremität IV—VII kräftig, Glied 4 an der Spitze eine stumpfe Anschwellung, Glied 5 und 6 je drei derartige höckerartige Anschwellungen tragend, Glied 7 mit vielen gleich starken Dornen, Tarsus gebogen, mit drei starken Basaldornen und zahlreichen kleineren; Kralle stark gekrümmt, Nebenkrallen weniger gekrümmt. Nervensystem concentrirt, das vorderste mit dem zweiten Ganglion verschmolzen, keine Spur von Längscommissuren. Hautdrüsen zahlreich, in flache Höhlungen gelagert; in den Höckern der Beine werden sie gross und sackförmig, mit glänzendem Inhalt. Hautborsten rosettenförmig mit sechs bis acht um einen Mittelpunkt gleichmässig gestellten Speichen. Hodenöffnungen auf der Unterseite der Extremitäten V—VII; Ovarien bis nahe an Glied 7 reichend. Grösse 1 mm. Dieses Thier hat die bei weitem concentrirteste Gestalt aller Pantopoden, die ich kenne. Die seitlichen Fortsätze sind in solcher Weise mit einander verschmolzen, dass ihre sich be- rührenden Seitenwände wie eine einzige Platte nach innen in den Körper hineinragen, als wären sie eine Art Endothorax; an ihnen inseriren natürlich die Muskeln zur Bewegung der Extremitäten. Da der Körper scheibenförmig und fast kreisrund ist, so convergiren auch diese Seitenwände der Fortsätze nach dem Mittelpunkt des Körpers. Segmentfalten und Spangen sind ebenso wenig vorhanden, wie Muskulatur zur Bewegung der Segmente; der Körper ist in sich unbeweglich geworden. Auf der Oberseite der seitlichen Fortsätze findet man je einen kleinen Dorn, — das ist alles, was an Bewaffnung auf dem Körper zu erkennen ist. Der Schnabel ist conisch, an der Basis am breitesten, an der Spitze am schmalsten; seine Länge kommt der des Körpers incl. der seitlichen Fortsätze, aber excl. des Hinterleibes gleich. Der Reusenapparat zählt etliche zwanzig Reihen. Die Lippenträger sind schmal, niedrig, fast ganz gerade und abgestutzt. Die Lippen ragen etwas vor, sind aber auch. klein, auf dem Rande und der Innenseite mit feinen Haaren besetzt. Der Hinterleib ist nach oben gerichtet, varürt in Länge und scheint bei manchen Stücken näher dem Augenhügel eingelenkt zu sein, als bei andern. Er trägt die üblichen beiden Dornen auf seiner Rückseite vor der Afterspalte. Der Augenhügel ist niedrig, breit und halbkuelige. Die Augen stehen so nah an o o ’ (oem) o einander, dass sie sich fast an einander abplatten. Die Extremität I ist auf einen kleinen, mit einem Dorn ausgestatteten Höcker reducirt. Extremität Il zeigt ein Grundglied, welches wohl dem ersten und zweiten der Ammotheiden entspricht, aber von nicht bedeutender Ausdehnung ist, dann ein grösseres Clotenia. 163 zweites Glied, welches der Vereinigung von 3—5 zuzuschreiben ist und auch das Excretions- organ trägt, ferner zwei Endglieder, die wiederum aus Reductionen geworden sind und .die entsprechenden Borsten tragen. Extremität III ist normal gebildet, zehngliedrig, das erste Glied das breiteste, Glied 2—5 ziemlich gleich lang, 6—9 auch, aber kleiner. Glied 10 trägt nur zwei eichenblattartige An- hänge, wie auch die vorhergehenden Glieder, — ganz in der Weise von Ammothea. Extremität IV’— VII zeigen geringe Bewaffnung, aber mannigfaltige Unterschiede in der Gestalt der einzelnen Glieder. Im Ganzen sind sie kräftig. Glied I fast kuglig, mit winzigen Dornen am Vorderrande; Glied 2 und 3 gleichfalls mit wenigen und kleinen Dornen ausgestattet. Glied 4 auf der Unterseite angeschwollen, auf der Oberseite mit einem stumpfen buckelartigen Höcker nahe der Spitze, auf welchem neben einander 6 verschieden grosse Dornen stehen; drei andere stehen etwas weiter zurück. Das folgende Glied zeigt auf der Oberseite vier buckelartige Höcker, welche alle mit Dornen bewaffnet sind; das sechste Glied hat deren drei. Das siebente Glied ist normal, trägt auf der Sohle drei vordere und einen hinteren Dorn. Der Tarsus ist stark gekrümmt, mit drei Basaldornen ausgestattet, vor denen nach der Spitze zu jederseits fünf kleinere stehen. Auch die Oberseite und die Spitze tragen ziemlich viel längere Dornen. Die Kralle ist kräftig, stark gekrümmt, die Nebenkrallen etwas über halb so lang. Das Nervensystem ist ebenso concentrirt, wie der Körper selbst. Das vorderste Ganglion ist mit dem zweiten zu einer Masse verschmolzen, die übrigen grenzen mit breiter Fläche dicht an einander, bei weitem breiter als lang. Das letzte Ganglion hat die Abdominal- ganglien aufgenommen, wird aber selbst am Hinterrande etwas eingestossen durch die ver- schmolzenen inneren Seitenwände der hintersten seitlichen Fortsätze. Die Schnabelganglien sind oval, von beträchtlicher Grösse. Der Darm zeigt beim lebenden 'Thier meist eine braunrothe Färbung. Seine Säcke erstrecken sich bis zur Basis des 'Tarsus. Die Hautdrüsen sind zahlreich, beim ausgewachsenen Thier in flache Höhlungen gelagert; in dem ersten buckelartigen Höcker von Glied 6 der Extremitäten IV—VI sind sie zu langen, durchsichtigen Schläuchen entwickelt, um welche oft schwarzes sternförmiges Pigment sich findet. Die Hautborsten sind rosettenartig, d. h. die sechs bis acht Aeste, die sie von gemeinsamem Stamm aussenden, liegen radienartig um denselben. Die Kittdrüsen der Männchen münden auf den Buckeln des vierten Gliedes zwischen den dort befindlichen Dornen mit kurzer, frei stehender Röhre, wie bei Ammothea, aus. Die Hodenöffnungen zeigen genau die Structur der Ovarialöffnungen und finden sich an der Unterseite von V, VI und VII; oft sind sie aber schwer zu erkennen. Die Ovarien erstrecken sich bis an das Ende des sechsten Gliedes von IV—VII, sie erzeugen auf der ganzen Strecke reife Eier, die von beträchtlicher Grösse sind und den Beinen ein auffallendes Ansehen geben. 21* 164 Systematik. Gewisse Varietäten zeigen den Hinterleib kürzer und breiter, Extremität I etwas länger, Extremität II mit Andeutung von sechs Gliedern. Sie als Art abzutrennen lag kein Grund vor. Diese Art kommt überall im Golf vor, hauptsächlich am Castell dell’ Uovo. Gattung: Trygaeus Donkn. Körper cylindrisch ; in drei Segmente getheilt. Schnabel cylindrisch. Hinterleib aufgerichtet. Extremität I eingliedrig, scheerenlos; bei unreifen Formen zweigliedrig, mit einer vor die Spitze des Schnabels herabreichenden Scheere versehen. Extremität II siebengliedrig, nicht über den Schnabel hinwegreichend. Extremität III siebengliedrig, die beiden letzten Glieder vor der Spitze des dritt- letzten eingelenkt, so dass diese Spitze eine Art Höcker bildet. Keine fiderspaltigen Dornen. Extremität IV—VII einfach, kräftig. Nebenkrallen vorhanden. Darmschläuche reichen bis an die Spitze von Extremität I, ferner finden sich zwei rudimentäre Schläuche an der Basis des Schnabels. In den Beinen reichen sie bis an die Wurzel der Tarsen. Hodenmündungen auf Extremität VI und VII ohne Geschlechtshöcker. Ovarien reichen nur bis in das vierte Glied der Beine. Im Körper werden keine reifen Eier gebildet. Kittdrüsen münden in eine im Innern des vierten Gliedes liegende Blase aus, welche eine runde Oeffnung nach aussen auf der Oberseite der Beinwandung besitzt. Diese Gattung scheint eine Art Vermittlung zwischen den Ammotheiden und Phowichilus zu bilden. Die beiden vorderen Extremitäten weisen auf die erstgenannte, Extremität III und die Darmschläuche auf die letzte hin. Da es immer misslich ist, Gattungscharaktere aus einer einzigen Art ableiten zu müssen, so muss die Artbeschreibung zum Theil die Kürze der Gattungscharakteristik ersetzen. Trygaeus communis n. sp. (Taf. IX, Fig. 6—14; X, Fig. 1—5.) Körper kräftig, eylindrisch, mit freien Seitenfortsätzen, die Insertion von Il und II nicht völlig frei, aber auch noch nicht nach unten gedrängt. Körper in drei deutliche und frei bewegliche Segmente geschieden, auf der Mittellinie des Rückens gegen den Hinterrand jedes Segments findet sich ein Höcker. Andre Dornen oder Höcker finden sich weder auf den Seitenfortsätzen noch auf dem Rücken. Schnabel cylindrisch, an der Basis und an der Spitze etwas verschmälert. Lippen- Trygaeus ecommunis. 165 träger schwach gerundet, Lippen nicht vorragend. Der Reusenapparat reicht fast bis zur Mitte des Schnabels. Hinterleib mässig lang, aber kräftig, nach oben gerichtet. Extremitäten I eingliedrig, fast so lang wie der Schnabel, eylindrisch, an der Basis etwas breiter. II sechsgliedrig, den Schnabel um ein geringes überragend; III neungliedrig, beim J' kräftig, mit dem vorletzten Gliede auf der Basalhälfte des vorhergehenden eingelenkt, beim @ klein mit normal eingelenktem vorletzten Gliede; I’—VII kräftig, lang, mit wenig Stacheln, Höckern und Dornen; beim J' Glied 1 mit vorspringenden Aussenwinkeln, auf deren vorderem ein, auf deren hinterem zwei kleine Stacheln stehen, die Extremitäten IV und V wesentlich länger als VI und VII, vorzüglich aber das 4.—6. Glied derselben. Beide Ge- schlechter zeigen auf der Oberseite des sechsten Gliedes gegen die Spitze zu eine starke An- schwellung, welche ein starkes Convolut von Hautdrüsen enthält, die getrennt von einander ausmünden. Beim 9' münden die Kittdrüsen nicht auf einem Vorsprung, sondern im Innern des Beines in einen sackförmigen Hohlraum, der mit kreisrunder Oeffnung an der Rücken- seite die Haut durchbricht. Geschlechtsöffnungen des J' nur bei VI und VII, ohne Geschlechtshöcker. Augenhügel breit, stumpf. Länge des Körpers 2—3 mm. Der Habitus dieser Art ist bedeutend von dem der früheren Arten abweichend. Der Körper ist massiver gebaut als der aller vorhergehenden. Er ist wie der von A. appendiculata wit drei deutlichen Segmentfalten versehen, die gerade den Winkel der seitlichen Fortsätze einnehmen und gleichmässig über Rücken- und Bauchseite hinüber- greifen. Das vordere Segment trägt die seitlichen Fortsätze von II, II und IV in solcher Grössenabstufung. dass von letzterem zu ersterem eine Linie gezogen werden kann, die ein Paralleltrapez aus dem Segment macht. Secundäre Chitinspangen sind auf keinem Segment vorhanden, wohl aber am Hinterrande jedes der Segmente in der Mittellinie des Rückens je ein stumpfer, mehr oder weniger hoher Höcker. Es kommt aber auch vor, dass diese Höcker sehr ungleich gross sind oder auch völlig fehlen. Die seitlichen Fortsätze stehen beträchtlich von einander ab; sie tragen keinerlei Höcker und Dornen. Der Schnabel ist durchaus cylindrisch, nach vorn gerichtet, an der Basis kaum schmaler als in der Mitte, vorn abgestutzt mit kaum gerundeten Lippenträgern, Lippen kurz, innerhalb der Lippenträger zurückziehbar, wodurch der Schnabel noch abgestutzter erscheint. Reusenapparat beinah bis zur Mitte des Schnabels vordringend, mit einigen 40 Leisten aus- gerüstet. Der Hinterleib ist ziemlich gerade nach oben gerichtet, massiv, so lang, wie die beiden letzten Segmente zusammen, fast so lang wie der Schnabel, nach oben hin abgestutzt, der obere Endwinkel etwas ausgezogen. Extremität I ist beim reifen 'Thier ”/, so lang wie der Schnabel, besteht aus einem 166 Systematik. einzigen eylindrischen Gliede, welches einen Darmsack enthält, der bis an die Spitze vordringt. Bei unreifen T'hieren findet sich die Scheere, welche wie bei der Gattung Phowichilidium gerade vor der Mundöffnung nach unten gerichtet ist. Diese Configuration der Extremität I weicht nicht unbeträchtlich von derjenigen der Ammothea-Arten ab und unterstützt die generische Abtrennung. Extremität II ist sechsgliedrig, das erste Glied klein, das zweite angeschwollen zur. Auf- nahme der Excretionsblase, die vier Endglieder fast gleich gross, das letzte etwas länger, mit wenigen Borsten besetzt. Wenn der Schnabel vorgestreckt ist, so können die beiden End- glieder gerade vor dem Munde zusammenstossen; ist der Schnabel zurückgezogen, so wird die Extremität zwischen dem langen zweiten Gliede und den vier Endgliedern gekniet getragen. Extremität III weicht wesentlich von II ab. Sie zählt neun Glieder, aber das vorletzte und drittletzte scheinen so zu verschmelzen, dass sie wie ein einziges Glied erscheinen beim J'. Die Extremität ist sehr kräftig beim J'; Glied 1 bedeutend breiter und stärker als die übrigen; Glied 2, 4 und 5 gleich lang, Glied 3 etwas kürzer, Glied 6 noch etwas kürzer, alle ziem- lich gleichen Durchmessers. Glied 7 abgerundet endend, mit dem Glied S nahe der Basis eingelenkt und so, dass die Gliederung selbst fast ganz verwischt ist, und das Ganze als ein Glied erscheint, dessen innere Wandung zu einem langen Höcker ausgezogen ist. Glied 9 ganz klein. Nur Glied 7 trägt einige wenige rückwärts gerichtete Stacheln, von fiderblatt- artigen Stacheln ist keine Spur vorhanden. Extremität IV ist beträchtlich lang und wesentlich länger als V— VI. Glied 1 ist bei den J' gegen die Spitze zu etwas verbreitert, die Ecken wenig ausgezogen, mit kurzen, leicht gekrümmten Dornen bewaffnet. Beim @ sind die Ecken nicht ausgezogen, die Dornen sind geringer an Zahl. Glied 2 und 3 ziemlich gleich lang, Glied 4 länger als beide zu- sammen, Glied 5 und 6 jedes etwas kürzer als Glied 4; Glied 7 klein; Glied 8 der 'Tarsus gebogen, die Kralle halb so lang als der Tarsus. Die Bewaffnung dieser Extremitäten ist sehr gering; man findet keine grösseren Dornen, nur eine ziemliche Anzahl kleiner Stacheln, die zahlreicher an den Spitzen der Glieder, weniger zahlreich an ihrer Wandung stehen. Dies ist kein irrelevantes Factum. Es gewinnt ein grösseres Interesse durch den Umstand, dass jüngere Stadien mit grösseren Dornen ausgestattet sind, welche durchaus ähnlich vertheilt sind, wie bei den bisher beschriebenen Ammothea-Arten. Man findet da z. B. auf Glied 4 nahe der Spitze nicht nur einen nach vorn gerichteten Dorn, sondern auch einen beträchtlich ausgezogenen Höcker der Wandung, auf dem er steht. Desgleichen auf Glied 5 mehrere Dornen in der Vertheilung. wie sie von A. fibulifera beschrieben sind. Auch Glied 6 trägt drei solcher Dornen in drei Intervallen, — aber all diese Dornen werden schon bei einer Häutung, in der die Scheere noch nicht abgeworfen wird, theils beseitigt, theils durch sehr viel kleinere ersetzt, so dass bei gleichzeitiger starker Grössenzunahme der Extremitäten ein anderer Habitus von ihnen gewonnen wird. Ganz besonders verändert sich dabei das sechste Glied, da in ihm eine starke Ausbildung von Hautdrüsen eine Anschwellung der unteren Hälfte bewirkt; diese Entwicklung von Hautdrüsen findet in beiden Geschlechtern statt. Trygaeus communis. 167 Der Tarsus ist kräftig, bei reifen Individuen entwickelt sich ein aus 3—-4 starken Basalstacheln bestehender Hacken, der bei unreifen nur zwei Stacheln aufweist; nach der Spitze zu finden sich in Doppelreihen zwischen 20 und 30 kleinere Stacheln. Auch auf der Oberseite stehen über ein Dutzend nicht grosser Dornen. Immerhin herrscht beträchtliche Variabilität in diesen Verhältnissen, die darum auch an sich allein nicht zur Bestimmung specifischer Verschieden- heit ausreichen. Extremitäten V—VII gleichen in allem Wesentlichen Extremität IV, nur sind sie durch geringere Längsdimension davon unterschieden, und zwar ist V noch etwas länger als VI—-VIN. Die Hautdrüsen sind sehr zahlreich und dicht über die ganze Oberfläche des Thieres ausgebreitet. Die Hohlräume, in denen sie liegen, sind ziemlich unregelmässig gestaltet, glocken- förmig, häufig aber auch cylindrisch oder birmförmig, mit schmaler Mündung; der Canal für die Hautborsten geht sehr häufig von dem Hohlraum der Drüsen aus, ebenso oft aber ist er auch selbständig. Wie schon erwähnt, findet sich am Ende des sechsten Gliedes der Extremi- täten IV— VII eine starke Anschwellung. Dieselbe ist angefüllt von Schläuchen von Haut- drüsen, die zwar dicht an einander gedrängt liegen, aber deren jeder seine separate Mündung hat. Aehnliche Bildung trifft man auch in dem Tarsus an, obwohl sie dort nicht regelmässig ist. Da diese Ausbildung der Hautdrüsen nicht bei den jüngeren Stadien zu sehen ist, so steht sie wohl auch mit der Geschlechtsfunction resp. mit der Sorge für die Kittbildung der Eiersäcke in Zusammenhang, obschon die Betheiligung der Weibchen an dieser Bildung nur noch bei A. conirostris ihres Gleichen findet. Die Hautborsten sind kleine Gabeln, die ziemlich schwer zu erkennen sind. Die Kittdrüsen der Männchen haben eine eigenthümliche Gestalt, durch welche dieselben leicht von allen andern Pyenogoniden des Golfs unterschieden werden können. Statt wie bei allen Ammothea-Arten auf vorspringenden Höckern auszumünden, liegt der gemein- schaftliche Ausführungsgang als ein eiförmiger, sackähnlicher Hohlraum innerhalb des Beines und öffnet sich mittelst einer kreisrunden Mündung an der Oberseite desselben. Die Wan- dungen des Sackes sind auf allen Seiten durchbohrt von kleinen Löchern — den Mündungen der feinen Ausführungsgänge der eigentlichen Drüsen, welche wie überall, so auch hier auf der äusseren und oberen Circumferenz des Gliedes liegen. Die Oberseite des Sackes berührt beinah die äussere Wandung des Beines, doch erkennt man deutlich zwischen beiden die Hypodermiszellen. Das Nervensystem besteht aus fünf breiten Ganglien, die niemals verschmolzen sind, aber auch keine langen Commissuren erkennen lassen. Die Abdominalganglien sind deutlich zu erkennen auch bei ausgewachsenen Exemplaren, sie sind nicht zu einer einzigen runden Masse verschmolzen, sondern deutlich paarig, und im Verlaufe der Nerven, die sich zum After begeben, erkennt man noch einige Ganglienzellen nahe an dem Ursprung der Nerven, welche die letzten Spuren des letzten Ganglienpaares darstellen, das sich noch bei jungen Stadien von Phowichilus vollkommen klar unterscheiden liess. Die Schnabelganglien sind bemerkenswerth durch ihren aussergewöhnlichen Umfang, 168 Systematik. welcher bewirkt. dass, auf dem Querschnitt gesehen, die sie verbindenden Commissuren sehr klein erscheinen. Der Augenhügel ist breit und nicht sehr hoch, die Augen stehen bei jüngeren Thieren ziemlich weit von einander entfernt, bei älteren dagegen bilden sie grössere Massen und rücken dem entsprechend näher zusammen. Die Nerven sind kurz, das seitliche Sinnes- organ nicht vorragend. Der Darmcanal ist durch seine reiche Ausstattung mit rothbraun gefärbten Darm- zellen bemerkenswerth. Ein schmaler Sack geht in die Extremität I bis an ihr Ende, zwischen der Ursprungsstelle dieses Sackes und dem grossen, für Extremität IV bestimmten Sack sieht man aber noch mit vollkommener Deutlichkeit zwei kleinere Ausstülpungen des Darmcanals, die indess nicht in die wahrscheinlich früher von ihnen eingenommenen Extre- mitäten II und III mehr eindringen, und auch nicht wie bei Phowichilus in die Lücken ge- rathen, welche die Muskulatur des Schnabels bei Phowichilus für sie frei lässt. Die Säcke für IV— VII gehen gleichmässig breit und überall mit Darmzellen besetzt bis an das Ende des sechsten Gliedes, bei einigen Exemplaren aber auch noch weiter, sogar bis zur Hälfte des Tarsus, — auch hierin einen Anschluss an Phowichilus bildend. Die Geschlechtsdrüsen der Weibchen haben reife Eier nur auf den Strecken des zweiten bis vierten Gliedes der Beine, — nur selten greift die Ausdehnung des Eierstocks noch in das folgende Glied hinein. Die Geschlechtsöffnungen der Männchen befinden sich an den Extremitäten VI und VI und münden direct, ohne Vermittlung von Geschlechtshöckern, auf der Wandung des zweiten Gliedes aus. Eiersäcke finden sich in der Mehrzahl an den eiertragenden Extremitäten. Die aus- kriechende Larve gleicht durchaus den Larven der Ammothea-Arten, sie besitzt wie jene den durchbohrten beweglichen Hautdrüsenausführungsstachel, der nicht wie bei den Larven von Phowichilus am oberen Ende platt gedrückt ist, sondern spitz zuläuft. Diese Art findet sich sehr häufig auf Nisita, auch von $. Lucia ward sie mir gebracht. Ein Exemplar bekam ich auch durch Prof. Emery aus Cagliari auf Sardinien. /weite Familie: Phoxichilidae. Gattung: Phoxichilus Zatreille. Körper eylindrisch, gestreckt, deutlich in vier segmentale Abschnitte geschieden, die gegen einander beweglich sind. Schnabel eylindrisch, nach vorn gerichtet. Phoxichilus vulgaris. 169 Hinterleib nach oben gerichtet. Extremität I und II fehlen völlig, III nur beim Q' vorhanden, IV— VII lang gestreckt. Geschlechtsorgane beim Q' in V—VII ausmündend. Ovarien im vierten Gliede der Beine reife Eier producirend. Kittdrüsen bilden im vierten Gliede von IV—VII eine grössere Zahl einzelner Drüsencomplexe, deren jeder eine getrennte Mündung hat. Excretionsorgane von II liegen in dem Kragen, welchen die Körperwandung über der Einlenkung des Schnabels macht. Darm mit langen Schläuchen, welche bis an die Spitze des Tarsus von IV— VII reichen. Im Schnabel liegen jederseits zwei kürzere Schläuche. Nervensystem mit fünf deutlich geschiedenen Ganglien, zum Theil mit langen Commissuren; das rudimentäre Abdominalganglion sehr deutlich, bei jüngeren Stadien aus zwei Ganglienpaaren gebildet. Die Gattung Phowichilus ist besonders bemerkenswerth durch die Bildung der Darm- schläuche und die Gestalt der Kittdrüsen. Erstere weichen sowohl durch das Vorhandensein der vorderen beiden Schläuche, welche die Zwischenräume der Schnabelmuskulatur einnehmen. als auch durch die Ausdehnung der ‘andern vier Schläuche bis an die Spitze des 'Tarsus durchaus von allen übrigen Pyenogoniden ab. Die Kittdrüsen des Männchens zeigen auch einen Typus für sich, der sich nicht als ein Derivat von andern uns bekannten ableiten lässt, sondern nur von der allgemeinen Grundlage der Hautdrüsengestaltung. Im Golf von Neapel habe ich zwei Arten gefunden. 1. Phoxichilus vulgaris x. sp. (Taf. X, Fig. 6; Xa, Fig. 16—20; XI, Fig. 1—10, 12, 13, 16—27.) Körper cylindrisch, jedes Segment an der Spitze etwas schmaler, gegen die seitlichen Fortsätze zu sich verbreiternd, hinter ihnen wieder rasch sich verschmälernd. Das vorderste Segment bildet auf der Oberseite eine Art von Kragen, welcher die Einlenkung des Schnabels überragt und umfasst. Der Kragen ist der breiteste Theil des Körpers. Die seitlichen Fort- sätze des vordersten Segmentes sind etwas nach vorn gerichtet, die des hintersten stärker nach hinten, die beiden mittleren beinahe senkrecht auf die Längsaxe des Körpers. Schnabel ist so lang, wie die beiden vorderen Körpersegmente, ceylindrisch, nur in der Mitte ein wenig angeschwollen. Lippenträger abgestutzt, leicht gerundet. Lippen gleich- falls abgestutzt, auf der Innenseite mit langen dichten Härchen besetzt. Das innere Schnabel- gerüst gleichfalls eylindrisch, dicht vor der Mundöffnung finden sich drei Höcker zum Ansatz Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 22 170 Systematik. der vorderen Dilatatoren. Auf der Mitte, gerade am Beginn des Reusenapparates, ist auch das innere Schnabelgerüst etwas angeschwollen; vor dem Reusenapparat stehen auf jedem der drei Schnabelantimeren vier bis sechs nach vorn gerichtete, ungleich grosse Zähne, deren mittelster von beträchtlicher Grösse ist. Der Reusenapparat zählt über vierzig Leisten. Hinterleib verhältnissmässig kurz, aufrecht stehend. Augenhügel conisch, über den getrennten Augen erhebt sich noch eine hohe Spitze. Extremität I ist völlig erloschen, an der Stelle, wo sie sein sollte, ist ein kaum merklicher Höcker mit einem kurzen, aber kräftigen Höcker darauf. II fehlt, III ist beim Männchen allein vorhanden, siebengliedrig, die letzten drei Glieder lockenförmig eingerollt, mit einigen kurzen, rückwärts gerichteten Dornen, aber ohne eine Spur fiderspaltiger Dornen. IV— VII lang, Glied 1 so lang wie der seitliche Fortsatz, 2 doppelt, so lang, 3 etwas kürzer, 4—6 jedes so lang wie I—3 zusammen, 7 ganz klein, der Tarsus bedeutend gross, mit vor- springendem oberen Endwinkel, zahlreichen Dornen und deutlichen Hacken. Kralle und Nebenkrallen normal. Geschlechtsöffnungen des J' an V, VI und VII, ohne vorspringenden Höcker. Ovarien bis an das Ende des vierten Gliedes reichend, reife Eier auch in 2 und 3 erzeugend, aber keine Spur von Eiern im Körper. Darmcanal mit grünen Darmzellen überall dicht besetzt. Hautdrüsen einfach, Hautborsten gabelförmig, dem Körper dicht anliegend. Kittdrüsen mit 10—15 Ausführungscanälen in jedem Beine ausgestattet. Länge des Körpers excl. Schnabel 3—4 mm. Der Körper ist walzenförmig, ohne Vorragungen und Höcker, nur auf den seitlichen Fortsätzen finden sich je ein kleiner Höcker und neben ihm ein noch kleinerer Dorn. Die einzelnen Segmente des Körpers sind so lang, dass die seitlichen Fortsätze von einander weiter abstehen, als sie lang sind. Die Segmentfalten gehen rund um den Körper herum. Der Kragen, den das vordere Segment über dem Schnabel bildet, kommt dadurch zu Stande, dass die Extremitäten I und II völlig zu Grunde gegangen sind. Von I bleibt nur eine fast un- merkliche Erhöhung mit einem Dorn übrig, von II gar nichts, ausser dem Excretionsorgan, welches eine kleine Vorragung der Körperwandung verursacht, durch welche es nach aussen mündet. Der Schnabel ist sehr lang. Abweichend von den Ammotheiden ist sein Reusen- apparat bedeutend grösser, bis zur Hälfte der Länge gehend; die Zahl der Reifen beträgt über vierzig. Die Mundöffnung ist breit, die Lippenträger leicht gerundet, im Allgemeinen aber abgestutzt, mit leichten Einkerbungen versehen und einigen kräftigen Borsten bewaffnet. Die Lippen sind vorragend, mit vielen Härchen auf den innern Flächen besetzt. Der obere Rand der Lippen ist nach aussen umgeschlagen, wenn sie offen stehen. Der Hinterleib ist cylindrisch, nicht durch eine vollständige Segmentfalte vom Körper getrennt, und darum auch nicht frei beweglich. Er steht senkrecht auf der Ebene des Körpers Phoxichilus vulgaris. 171 und ist etwa halb so lang als der Schnabel. Gegen das Ende schrägen sich die Seiten etwas ab, so dass die Afteröffnung auf einer conischen Spitze liegt.. An der Stelle, wo die Cylinder- gestalt des Hinterleibs in die des Conus übergeht, stehen auf der Seite, aber nach dem Rücken zu, je ein kräftiger, aber stumpfer Dorn. Extremität I ist nur noch angedeutet durch eine ganz kleine ovale Wölbung auf dem Kragen, der die Einlenkung des Schnabels überragt. Diese Erhöhung würde kaum wahr- zunehmen sein, stände nicht auf ihr ein kurzer, aber kräftiger Dorn. Extremität II ist in beiden Geschlechtern beim reifen Thier unterdrückt, von ihr ist nur, ebenfalls innerhalb des Raumes jenes breiten Kragens, das Excretionsorgan übrig geblieben. Extremität III findet sich nur beim Männchen. Sie ist siebengliedrig, der seitliche Fortsatz, auf dem sie eingelenkt ist, sitzt unter und vor demjenigen, welcher die Extremität IV trägt. Derselbe ist kurz, an der Basis schmal, erweitert sich dann und trägt auf der breiteren Spitze das eylindrische und doppelt so lange Glied 1. Glied 2 wiederum doppelt so lang wie 1, ist beträchtlich schmäler als 1, aber ebenfalls cylindrisch. Glied 3 ist so lang wie 1, ebenso Glied 4. Glied 5 ist cylindrisch, aber gekrümmt, ebenso Glied 7; beide zusammen bilden eine nach innen gerollte Röhre, man könnte sie auch einem nach innen eingeschlagenen Finger vergleichen, und das letzte Glied, das siebente, welches klein und conisch ist, als die Fingerspitze betrachten. An den letzten drei Gliedern, besonders am vorletzten, finden sich einige kurze rückwärts gerichtete, gekrümmte Stacheln. Extremität IV ist mehr als doppelt so lang, wie Körper und Schnabel zusammen genommen. Glied 1—3 sind ihrerseits wieder etwas kürzer, als Glied 4, und Glied 2 wieder fast doppelt so lang, als Glied 1. Letzteres trägt auf der Aussenseite, kurz vor der Spitze, einen kurzen stumpfen Dorn, den man auch wohl als Höcker charakterisiren könnte. Glied 2 hat eine kleine Anschwellung an der Aussenseite kurz nach der Mitte und, wie Glied 1 und 3, auf dem Innenwinkel der Spitze einen kleinen spitzen Stachel. Bei Glied 3 ist dieser Innen- winkel etwas ausgezogen. Glied 4 schwillt gegen die Spitze hin keulenförmig an, trägt vor der Mitte auf der Aussenseite, nach der Mitte auf der Innenseite einen kleinen Stachel, der auf schwacher, allmählich ansteigender Erhöhung sitzt, und zeigt auf dem höckerartig aus- gezogenen Aussenwinkel' der Spitze zwei nach vorn gerichtete-Dornen, deren ersterer nur halb so lang ist, als der zweite. Vor dem kürzeren sitzt noch ein kleiner Stachel. Glied 5 ist etwas - kürzer als 4, leicht gekrümmt, mit knieartig gebogenem Anfangsstück, einer beträchtlicheren Anzahl kleiner Stacheln, weniger angeschwollenem Endstück, dessen Aussenwinkel auch weniger stark ausgezogen ist, aber drei Dornen trägt, deren erster der kleinste. Glied 5 trägt auf beiden Seiten schmale, vom Anfang bis zur Spitze gehende Chitinspangen. Das Gleiche findet sich bei Glied 6, welches in der Länge Glied 4 gleichkommt. Es ist mit sehr viel zahl- reicheren kleinen Stacheln ausgestattet, trägt auf der Aussenseite in gleichen Intervallen drei etwas grössere Dornen, und am Innenwinkel der Spitze vier Dornen neben einander. Glied 7 ist klein, aber an der Unterseite mit einem grossen und mehreren kleinen Stacheln ausgestattet, 22 * 172 Systematik. auf der Oberseite ausgezogen und mit ein paar Stacheln versehen. Der Tarsus ist von be- trächtlicher. Grösse, stark gekrümmt, der obere Winkel über der Einlenkung der Kralle nicht gerundet, sondern rechtwinklig vorragend, mit scharfem Dorn bewehrt. Kleinere Dornen finden sich mehrfach auf der Wandung des Tarsus. Die Unterseite ist mit deutlichem und beträcht- lich grossem Hacken versehen, auf dem drei grosse und starke Dornen, einer vor dem andern, stehen. während zwei weitere neben einander an der Vorderseite des Hackens stehen, wo der- selbe zur Sohle des Tarsus herabsteigt. Es folgen dann fünf spitze mediane Stacheln wiederum einer vor dem andern bis zur Einlenkung der Kralle, wo zwei Stacheln neben einander stehen. Neben dieser medianen Reihe von Stacheln stehen jederseits eine Reihe weniger starker. Die Kralle ist kräftig; wenn sie eingeschlagen ist, trifft sie gerade zwischen die beiden vorderen Dornen des Hackens. Die Nebenkrallen sind halb so lang als die Kralle. Extremität V—VII stimmen durchaus mit dieser Darstellung überein. Die Hautdrüsen sind einfacher Natur, überall treten die typischen vier Zellen zu- sammen, lagern sich in einer conischen resp. birnförmigen Höhlung und münden in enger Mündung aus. Häufig verbindet sich der Kanal für die Hautborsten mit dieser Höhlung, häufig liegt er auch isolirt. -Die Hautborsten sind einfache Gabeln, welche aber der Wandung dicht anliegen. Sie sind ziemlich lang, ihre Schenkel gehen meist in einem Winkel von 15—30° auseinander, der gemeinsame kurze Stiel biegt sich sofort in starker Krümmung, wodurch eben das dichte Anlegen der Gabeln an die Wandungen zu Stande kommt. Bei denjenigen Exemplaren, die noch nicht völlige Reife erlangt haben, — auch wenn schon Eier resp. Samen deutlich zu erkennen sind, — ist die Cuticula noch nicht so stark geworden, dass die Hautdrüsen innerhalb der Höhlungen zu liegen kommen; da erkennt man die vier Drüsenzellen als ziemlich abgeplattete Complexe, welche nahe an der Mündung ihres gemein- samen Ausführungsganges liegen. In der Haut selbst, d. h. in der Hypodermis ist bemerkenswerth das Vorkommen grösserer Complexe von Pigmentzellen. Dieselben lassen sich am häufigsten und dichtesten auf der unteren Hälfte der Oberseite des Schnabels erkennen, wo die Pigmentflecke unregel- mässig sternförmig erscheinen. Sie finden sich aber auch an anderen Stellen des Körpers und der Beine, vorzüglich unter den Erhöhungen, auf welchen Dornen oder Höcker stehen, ja sehr häufig ist die Hypodermis innerhalb dieser Bildungen mit braunen Pigmentkörnern erfüllt. Die Farbe der Cuticula des ganzen Thieres ist meist grünlich, mitunter sogar geradezu grün. Es kommen aber dazwischen röthliche "Tinten vor, die besonders an der Extremität III zum Vorschein kommen. Mitunter geht die Farbe auch ins Bräunliche über. Die Kittdrüsen des Männchens sind höchst merkwürdig und weisen direct auf ihre allmähliche Ausbildung aus Hautdrüsen hin. Sie bilden sich als zehn bis fünfzehn Complexe aus, deren jeder eine gesonderte Mündung hat. Diese Mündung bildet eine über der Bein- wandung vorspringende Röhre, welche zugleich nach innen als Einstülpung in den Drüsen- complex reicht. Die langen dünnen Ausführungsröhrchen der einzelnen Drüsenmassen gehen in geschwungener, manchmal geradezu kreisförmiger Bahn an die innere Mündung der Phoxichilus vulgaris. 175 gemeinsamen Ausführungsröhre, wo ein fast unentwirrbarer Knäuel dieser Röhrchen sich findet. Die Zahl der Ausführungsröhren varürt, — natürlich im selben Verhältniss wie die der Drüsenballen, — gewöhnlich sind es ca. fünfzehn, es kommen aber auch weniger vor, ja am selben Thiere sind sie nicht constant, und es tritt auch der Fall ein, dass das rechte Bein fünfzehn Kittdrüsencomplexe besitzt, während das linke desselben Segments nur zwölf zeigt. Derartige Schwankungen sind sogar ziemlich häufig. Das Nervensystem zeigt fünf deutlich getrennte Ganglien des Bauchstranges. Davon ist das erste dem zweiten dicht angelagert, so dass auch keine oder nur ganz geringfügige Längscommissuren zwischen beiden frei zu erkennen sind. Das erste ist bedeutend kleiner als das zweite, es giebt die beiden Schnabelnerven und die Nervenstümpfe für- II und III ab, welch letzterer Nerv freilich beim ' durchaus vollständig ist. Beide liegen im vordersten Segment, dessen hintere Grenze auch die Grenze des zweiten Ganglions bildet. Das dritte Ganglion liegt zwischen den seitlichen Fortsätzen des zweiten Segmentes und sendet seine Nerven fast senkrecht auf der Längsebene in das fünfte Extremitätenpaar ab; es wird mit Ganglion 2 durch entsprechend lange Commissuren verbunden. Seine Gestalt ist fast rhombisch, ‚während die des ersten queroval, die des zweiten paralleltrapezförmig erscheint mit gerundeten Seiten. Dieselbe Gestalt, nur umgedreht gelagert, d. h. mit der Grundfläche nach hinten, hat das vierte Ganglion, welches zwar die Nerven für Extremität VI liefert, aber vor den dazu gehörigen seitlichen Fortsätzen gelagert ist. Zwischen den letzteren liegt das rundliche fünfte Ganglion, welches mit dem vierten durch kurze Commissuren verbunden ist; es schickt seine Nerven für Extremität VII gerade nach hinten, woselbst sie noch erst die Segmentfalte zwischen dem dritten und vierten Segment zu überschreiten haben, um sich dann neben der Einlenkung des Hinterleibes in die ihnen bestimmte Extremität zu begeben. Das rudi- mentäre Abdominalganglion liegt deutlich getrennt vom fünften Ganglion als ein quer- ovaler Vorsprung zwischen den Ursprungsstellen der Nerven für VII. Die Abdominalnerven gehen direct nach hinten. Die Schnabelganglien sind nicht von sehr beträchtlicher Grösse. Sie liegen ziemlich weit nach vorn, der Mundöffnung genähert, ihre Gestalt ist rhombisch. Der Augenhügel liegt direct über dem kugelförmigen oberen Schlundganglion. Er ist conisch, die Augen sind scharf von einander getrennt, über ihnen spitzt sich der Augen- hügel zu einem conischen Zipfel mit beträchtlicher Spitze zu. Das seitliche Sinnesorgan ragt nur wenig vor, und liegt gerade zwischen den Augen, nicht darüber. Der Darmcanal bietet des Bemerkenswerthen mancherlei dar. Zunächst durch das Vorhandensein zweier contractiler Schläuche, welche bis über die Hälfte der Gesammtlänge des Schnabels hinausreichen. Aus der Entwicklungsgeschichte lässt sich wahrscheinlich machen, dass diese beiden Schlauchpaare ursprünglich für die Extremitäten II und III bestimmt waren, wie sich denn auch Larvenstadien finden, in denen diese beiden Schläuche schon im Schnabel vorhanden sind, während noch Extremität I besteht und einen besonderen Darmschlauch enthält. Die Schläuche für IV— VII zeigen auch eine charakteristische Abweichung von den Verhältnissen 174 Systematik. anderer Pyenogoniden: sie reichen nämlich mit ihren blinden Enden bis an die äusserste Spitze der Tarsen, während bei allen übrigen Pycnogoniden des Golfes das blinde Ende höchstens bis in den Anfang des Tarsus, gewöhnlich sogar nicht einmal über die Spitze des sechsten Beingliedes, hinausreicht. Der ganze Darmcanal ist ununterbrochen mit dichten, dunkelgrünen Darmzellen besetzt, so dass der Darm in seiner ganzen Ausdehnung rasch über- sehbar ist. Die Ovarien reichen bis zur Spite des vierten Gliedes der Beine und zeigen reife Eier an der Basis des zweiten bis zur Spitze des vierten Gliedes. Die Oeffnungen der Hoden finden sich im unteren Winkel der Spitze des zweiten Gliedes von V—VH. Eine Höckerbildung findet nicht statt. Eiersäcke finden sich mitunter so massenhaft, dass der ganze Bauch davon bedeckt ist. Die Eier sind klein, die auskriechende Larve dem entsprechend klein. Ihr Körper ist sackförmig, die vordere Extremität mit breiter Basis und schmälerem Endgliede, die Scheere klein. Der bewegliche Ausführungsgang der grossen Hautdrüse ist abgeplattet und geht keulenförmig zu. Der Schnabel sitzt wie eine Geschwulst dem Körper an, kurz und ziemlich senkrecht nach unten gerichtet, wenig vorragend. Die Larvenentwicklung ist bereits pag. 73ff. besprochen. Diese Art ist ziemlich gemein an der Küste des Posilipp, bei Nisita, am Castell dell’ Uovo und im Hafen. 2. Phoxichilus charybdaeus n. sp.(Taf. X, Fig. 7—13; Xa, 14, 15, 21,22; XI, 11, 14, 15.) Körper cylindrisch, sehr in die Länge gestreckt, durchaus ähnlich der vorhergehenden Art, aber doppelt so lang. Schnabel halb so lang wie der Körper, in der Mitte etwas angeschwollen, aber gegen die Mundöffnung zu. Im Uebrigen durchaus wie der der vorhergehenden Art ausgestattet. Hinterleib etwas conischer als der der vorigen Art. Augenhügel gleichfalls conisch wie bei P. vulgaris. Extremitäten wie bei voriger Art, nur entsprechend grösser; abweichend sind nur in einigen Grössenverhältnissen die Glieder von III und die Tarsen und Krallen von IV—VH. Nervensystem, Darmcanal, Hautdrüsen, Hautborsten durchaus ähnlich denen von P. vulgaris; die Kittdrüsen sind bedeutend zahlreicher, in den einzelnen Bein- gliedern bis zu 24 Stück. Länge des Körpers excl. des Schnabels S—10 mm. Diese Art gleicht der vorigen ausserordentlich, ist aber durch ihre viel bedeutendere Grösse gleich von vornherein sehr leicht von ihr zu unterscheiden. Sonstige Unterschiede zeigen sich in der Gestaltung des Kragens des vorderen Segmentes. Auf demselben ist der Theil, welcher die Rudimente der Extremität I trägt, etwas mehr vorragend, Phoxichilus charybdaeus. TE, die beiden Höcker mit dem kleinen Stachel dieser Extremität näher zusammengerückt. Der seitliche Fortsatz von III ist kürzer als P. vulgaris, Glied 2 verhältnissmässig länger, Glied 5 zeigt eine Verbreiterung an dem äusseren Winkel der Spitze, die an die Gestaltung bei Pallene erinnert. Glied 6 ist weniger gekrümmt, Glied 7 schliesslich ein Bischen grösser. An IV— VII ist zu bemerken, dass schon an der Basis des vierten Gliedes eine deutliche Chitinspange auf der oberen Seite verläuft und dass die Chitinspangen der folgenden Glieder breiter und deut- licher sind als bei P. vulgaris. Die Tarsen erscheinen weniger gekrümmt und der Hacken weniger vorragend. Die grossen Dornen aber auf der äusseren Spitze des Tarsus sind länger, die Spitze selbst vorragender. Erwähnenswerth ist noch die grössere Zahl von Pigmentzellen, die in solcher Weise an- geordnet sind, dass die Beine abwechselnd hell und dunkel geringelt erscheinen. Da aber diese Verhältnisse der Variabilität unterworfen sind, so ist kein ausschlaggebendes Gewicht darauf zu legen. Der wesentlichste Unterschied liegt aber in der bedeutend grösseren Anzahl der Kitt- drüsenconvolute.e. Während ich bei P. vulgaris im Maximum fünfzehn einzelne Ausführungs- canäle zählte, schwankt die Zahl derselben bei P. charybdaeus zwischen 23 und 26. Die Larve dieser Art habe ich nicht angetroffen, ebenso wenig weiss ich von ihren Entwicklungsstadien etwas zu sagen. Ihr Vorkommen scheint an grössere Tiefen gebunden zu sein. Ich erhielt sie von der Secca d’Ischia, von der Secca di Forio und von den Faraglioni bei Capri aus der Tiefe von 60—S0 m. Ihren Namen habe ich aber aus früherer Zeit beibehalten, da ich sie auch aus der Charybde bei Messina gedredgt habe im Jahre 1869. Gattung: Phoxichilidium MiLne Epwarps. Die Gattung Phowichilidium zeichnet sich durch eine biologische Eigenthümlichkeit vor allen andern Pycenogonidengattungen aus: ihre Larven kriechen gleich nach der Geburt, d. h. nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei, in Hydroidpolypen und erreichen innerhalb der- selben ihre weitere Entwicklung. Soweit es bisher bekannt ward, geschieht das mit keinem andern Angehörigen dieser Gruppe von T'hieren, die übrigen erreichen ihre Entwicklung bei freier Bethätigung ihrer Existenz, nur die Gattung Pallene weicht in anderer Weise wieder ab, indem ihre Brut dieselbe Reife der Phoxichilidien erreicht innerhalb der von den J' ge- tragenen Eier. Ausser diesem bemerkenswerthen Verhältnisse sind noch folgende Criterien zur Er- kennung der Gattung Phowichilidium zu verwerthen. Körper meist walzenförmig, mitunter concentrirt und scheibenförmig. Schnabel immer stark, nach vorn gerichtet, eylindrisch, Mund abgestutzt. Seine Insertion liegt mitunter weit hinter der Einlenkung von Extremität I, ja auch hinter dem Augenhügel. Reusenapparat mit weniger eng stehenden Leisten ausgestattet. 176 Systematik. Extremität I dreigliedrig, die vorderen Glieder mit beweglicher Scheere vor dem Munde herabgebogen. Extremität II fehlt, an ihrer Statt findet sich eine geringe Vorragung in der Wandung des vorderen Segmentes, an welcher das Excretionsorgan ausmündet. Extremi- tät III fünf- bis siebengliedrig, nur beim Q' vorhanden, ohne fiderspaltige Dornen. Extremität IV— VII in allen Dimensionen der einzelnen Glieder normal; die Tarsalglieder mit starken und gut bewehrten Hacken, und einer scharf bewaffneten Sohle; die Dornen haben die Eigen- thümlichkeit, fast alle nach. vorn gekrümmt zu sein, mitunter sind sie auch zu einer einzigen messerscharfen Platte verbunden. Kralle lang, Nebenkrallen entweder rudimentär oder völlig fehlend. 2 Darmcanal endet in der Spitze des sechsten Beingliedes. Nervensystem zeigt nur vier Bauchganglien, das erste und zweite typische sind zu einem gemeinschaftlichen Knoten verbunden. Kittdrüsen bei den Männchen nach zweierlei Typus gebaut. Bei einigen Arten münden sie wie bei der Gattung Ammothea in weit vorspringenden Röhren aus, die aber nicht an der Spitze, sondern auf der Mitte des vierten Gliedes der Beine sich finden, oder aber sie haben mehrere runde Concentrationsheerde, zwei bis sieben an der Oberseite, näher der Basis der betreffenden Beinglieder, und die kleinen Canälchen der eigentlichen Drüsen treten zu diesen runden Einsenkungen der Haut dicht zusammen, — ähnlich wie bei Phowichius, nur dass bei diesem die gemeinsamen Ausführungsgänge über die Wandung der Beine vorragen, bei dieser Gruppe von Phowichilidium aber nicht. Die Ovarien reichen nicht über das vierte Glied der Beine hinaus, wohl aber trifft man mitunter reife Eier bis in die Basis der seitlichen Fortsätze. Sehr bemerkenswerth_ ist, dass um die Mündung der Ovarialschläuche an allen Beinen besondere Drüsen sich finden, die wohl gleichfalls als Kittdrüsen zu deuten sind, die aber bei keiner andern Pyenogoniden- gattung von mir beobachtet worden ist. Hodenmündungen finden sich in dem zweiten Gliede von Extremität VI—VI. Die Arten der Gattung Phowichilidium habe ich nur aus geringen Tiefen erhalten. In analytischer Tabelle geordnet erscheinen sie folgendermaassen: A. Schnabel mit abgestumpften oder abgerundeten Vorderecken. Die Kittdrüsen des Q' mit einer einzigen röhrenförmig vorragenden Mündung versehen. a. Schnabel mit geraden Seitenrändern . . 2. nn an en. P. longieolle. b. Schnabel auf der apicalen Hälfte ringförmig eingeschnürt . . . . P. ewiguum. B. Schnabel mit vorragenden Vorderecken. Kittdrüsen des Q' in zwei bis fünf getrennten tellerförmigen Vertiefungen der Beinwandung aus- mündend. Phoxichilidium longicolle. 177 a. Körper ganz concentrirt, ohne Segmentfalten; seitliche Fortsätze berühren sich auf beträchtlicher Strecke . . . 2 2.2.2.2... P. robustum. b. Körper gestreckt, mit zwei Segmentfalten; seitliche Fortsätze haben beträchtliche Zwischenräume zwischen einander . . . ........ P. angulatum. 1. Phoxichilidium longieolle x. sp. (Taf. XII, Fig. 1—8.) Körper gestreckt, vorderes Segment über den Ursprung des Schnabels weit nach vorn und oben halsartig eingeschnürt verlängert vorragend, Augenhügel über der Mitte des Schnabels stehend. Die übrigen Segmente hinter den Segmentfalten etwas eingeschnürt, dann aber sich stark erweiternd und mit langen seitlichen Fortsätzen ausgestattet, die weit von einander ab- stehen; nur diejenigen des letzten Segmentes sind kurz und berühren sich mit ihren inneren Basalflächen, die sogar zum Theil verschmelzen. Schnabel walzenförmig, mit breiter Basis und leicht gerundeter Spitze, halb so lang wie der Körper (incl. des verlängerten Halstheiles).. Das innere Schnabelskelet auf der Mitte etwas erweitert; ca. dreissig Leisten im Reusenapparat. Hinterleib cylindrisch, halb so lang wie der Schnabel. Extremität I ziemlich lang, überragt den Schnabel beträchtlich. Extremität III sechs- gliedrig, das dritte Glied sehr lang, da in ihm das eigentlich vierte mit dem ursprünglich dritten verschmolzen ist. Extremitäten IV—VII ziemlich lang, schlank, Tarsus schlank, Krallen schmal, mit drei bis vier gekrümmten Dornen versehen, die Sohle gerade, vier ge- krümmte Stacheln vor der Mitte, von der Mitte bis zur Spitze messerschneidig. Kralle lang, Nebenkrallen vorhanden, aber nicht grösser als der stärkste Dorn des Hackens des Tarsus. Nervensystem zeigt vier Bauchganglien, das vorderste, zusammengesetzt aus dem für den Schnabel, II und III bestimmten Ganglion und aus dem für IV, liegt an der Basis des Schnabels im vordersten Segment, dicht daneben, durch kurze Commissuren ver- bunden, aber schon im zweiten Segment, das Ganglion für V, auf der Grenze des zweiten und dritten Segments das Ganglion für VI und im Anfange des dritten Segments, das durch mehr oder weniger deutliche Commissuren mit seinem Vorgänger verbundene Ganglion für VII, an dessen Rücken, wenig vorspringend, das rudimentäre Abdominalganglion zu erkennen ist. Die Gestalt der mittlern Ganglien ist mehr oder weniger rhombisch, das vordere ist rundlich, das letzte oval. Hautdrüsen wenig zahlreich, auf ganz kleinen Höckern mündend, die etwas über der Hautfläche vorragen. Hautborsten gabelförmig aufgerichtet, nur die distale Hälfte umgebogen. ? Kittdrüsen in einen gemeinsamen eylindrischen, auf der Mitte des vierten Gliedes der Beine liegenden Ausführungsgang mündend, der halb innerhalb der Beinwandung gelegen, halb aber als freie Röhre nach aussen vorragt. ÖOvarien zeigen mitunter im Körper reife Eier, aber nur an einigen Stellen. Die Drüsen an den Mündungen umfangreich. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 23 178 Systematik. Hodenmündungen auf kurzen höckerartigen Hervorragungen von VI und VI. Länge des Körpers 1%—2 mm. Der Körper dieser Art ist zwar nicht cylindrisch, aber doch schlank zu nennen. Diesen Charakter verleiht ihm vornehmlich das zu einem deutlichen Halse ausgezogene vor- derste Segment. Dasselbe setzt sich über der Einlenkung des Schnabels weit nach vorn und oben fort, verengert sich anfänglich, dann verbreitert es sich wieder und trägt auf dieser ver- breiterten Stelle sowohl den Augenhügel wie die beiden Extremitäten I. In der normalen Stellung bleibt also zwischen diesen Extremitäten und der Oberseite des Schnabels ein breiter Zwischenraum. Durch die breite Basis des Schnabels wird der Haupttheil des vordersten Seg- ments gleichfalls stark verbreitert; die seitlichen Fortsätze für IV sind relativ kürzer als die des folgenden Segmentes. Die Vorragung zur Aufnahme des Excretionsorgans von II ist gering, ebenso die der Weibchen für das Exceretionsorgan von III bestimmte. Der seitliche Fortsatz von III ist bei den Männchen fast ganz unterdrückt, dafür aber ist der von II deutlicher. Die Segmente 2 und 3 sind breiter als lang, die Segmentfalten unregelmässig, mitunter deut- lich, mitunter fast völlig verwischt. Das letzte Segment ist sehr klein, es besteht fast nur aus seitlichen Fortsätzen, die selbst nur kurz sind und mit der Basalhälfte ihrer inneren Fläche verschmolzen sind: Die seitlichen Fortsätze aller Segmente stehen vollkommen frei und durch breite Zwischenräume von einander getrennt. Der Augenhügel erhebt sich senkrecht nach oben, seine Höhe über der Einlenkung der Extremität I beträgt die Hälfte der Länge des ersten Gliedes dieser Extremität. Die Augen stehen getrennt, ihre Gestalt ist von oben nach unten länglich oval. Der Schnabel ist cylindrisch, halb so lang als der Körper mit Einschluss des ver- längerten Halstheiles des vorderen Segmentes. An der Spitze ist er etwas gerundet, die Lippen- träger sind abgestutzt, die Lippen bilden kurze Falten, mit feinen Härchen besetzt. Die Schnabelganglien liegen dem Vorderende ziemlich nahe; der Reusenapparat beginnt auf der Mitte, welche etwas verbreitert ist; er zählt ca. dreissig Leisten mit verhältnissmässig kurzen Zähnen. Gegen seine Basis geht er conisch zu. Der Hinterleib ist schmal, leicht conisch, schräg nach oben gerichtet, nicht beson- ders lang. Extremität I ist zweigliedrig, Glied 1 schmal eylindrisch, gegen die Spitze leicht verdickt. Es ist so lang, dass es in natürlicher Stellung ein wenig über den Mund vorragt. Glied 2 ist breiter, aber kleiner, es hängt nach unten vor die Mundöffnung herab; die auf ihm befindliche Scheere steht einigermaassen vom Munde ab. Wird durch das Deckglas ein Druck ausgeübt, so vergrössert sich diese Entfernung, da die schräge Stellung der Extremität I aufgehoben wird. Auf der Spitze von Glied 1, ebenso wie auf Glied 2 und auf den beiden Zähnen der Scheere stehen einige nicht sehr grosse Dornen. Extremität III ist sechsgliedrig, ziemlich lang und schlank. Das erste Glied ist breiter als die übrigen, Glied 2 etwas weniger breit als Glied 1, aber doch breiter als die Phoxichilidium longicolle. 179 folgenden Glieder. Es ist etwas länger als Glied 1. Glied 3 ist über doppelt so lang als Glied 2. Es verdankt diese Länge dem Umstande, dass es aus den ursprünglich getrennten Gliedern 3 und 4 verschmolzen ist. Man erkennt die Gliederung noch, trotzdem sie nicht mehr effectiv ist. Sie befindet sich auf dem ersten Drittel der Länge des betr. Gliedes. Das folgende Glied, der Wirklichkeit nach das vierte, der morphologischen Dignität nach aber das fünfte, ist leicht gekrümmt, ebenso das nächste, welches etwas kleiner als sein Vorgänger ist, das letzte schliesslich ist nur ein kurzer Stummel. Die drei letzten Glieder tragen eine beträcht- liche Anzahl rückwärts gerichteter Stacheln, das lange dritte Glied zeigt die Stacheln vorwärts gerichtet. Extremität IV. ist in allen Dimensionsverhältnissen durchaus normal. Glied 4, 5 und 6 sind mittelgross, cylindrisch. Die Bewaffnung mit Dornen und Stacheln ist sehr spär- lich, nur an den Spitzen der einzelnen Glieder auf der Oberseite finden sich kleine Stacheln. Glied 6 trägt auf zwei stärker ausgebildeten Höckern je einen Dorn; Glied 7 hat eine breite Sohle mit einem stark nach vorn gerichteten Stachel; der Tarsus ist stark gekrümmt gleich an der Basis, der Hacken sehr bestimmt ausgebildet, mit zwei starken Dornen besetzt, vor denen zwei Paar kleinerer stehen; dann folgt die Sohle mit vier bis sechs freien gekrümmten Dornen und einer Messerschneide, welche das letzte Dritttheil der Sohle einnimmt. Die Kralle ist an der Basis gebogen, nachher ziemlich gerade, die Nebenkrallen ganz klein, nicht grösser als die Basaldornen des Hackens. Extremitäten V—VI sind durchaus gebaut wie IV. Die Hautdrüsen liegen in conischen Höhlungen, nicht allzu dicht neben einander; die Hautborsten sind einfache Gabeln, die anfänglich vom Körper gerade nach aussen abstehen, auf der Endhälfte aber umgebogen sind. Die Excretionsorgane, welche bei den Männchen im zweiten Gliede von III sich finden, liegen bei den Weibchen, wie bei der Gattung Phowichilus innerhalb des Körpers, im vorderen Segmente zu beiden Seiten der Schnabeleinlenkung und münden dort auf je einem Vorsprunge, welcher als Insertionspunkt der ausgefallenen Extremität II zu betrachten ist. Bei den Weibchen, welche gleichfalls der Extremität III entbehren, ist es mir nicht zur völligen Evidenz geworden, dass das betr. Excretionsorgan doch an der Insertionsstelle dieser Extremität sich findet, doch aber ist der Anschein zu Gunsten dieser Annahme. Die Kittdrüsen des Männchens liegen auf der Mitte des vierten Gliedes der Beine, Sie münden in einen gemeinsamen Ausführungsgang zusammen, der innerhalb der Wandung liegt. Die untere Seite dieser Blase ist wie bei den Arten der Gattung Ammothea in kleine Säckchen ausgezogen, welche in mehreren Reihen und durchaus regelmässig neben einander liegen. Die zarten langen Ausführungsröhrchen der einzelnen Drüsen münden in diese Säckchen — das Ganze gewährt einen durchaus regelmässigen Anblick. Nach aussen ist der gemeinsame Ausführungsgang zu einer frei vorragenden, etwas nach vorn gerichteten Röhre verlängert. 23* 180 Systematik. Das Nervensystem zeigt ein grosses oberes Schlundganglion, welches gerade über der Schnabeleinlenkung gelegen ist. Es giebt nach vorn und oben zwei lange Nerven zum Augenhügel ab, von denen erst ziemlich spät die Nerven für Extremität I sich abtrennen. Der obere Nery für den Schnabel geht wie immer von der Unterseite des oberen Schlund- ganglions ab. Der Bauchganglien sind nur vier, da die beiden ersten verschmolzen sind. Das zweite und dritte liegen im zweiten Segment, das vierte im dritten, das rudimentäre Abdominalganglion ragt frei nach hinten hervor. Die Ganglien sind durch verschieden lange Commissuren mit einander verbunden, am längsten sind die zwischen dem zweiten und dritten Ganglion; doch varürt bei den einzelnen Exemplaren die Länge der Commissuren. Die Schnabelganglien liegen weit nach vorn, sind aber nicht sehr gross. Der Darmcanal erstreckt sich in den Beinen bis zur Spitze des sechsten Gliedes, in der Extremität I gehen die beiden Säcke bis über die Hälfte des ersten Gliedes, für II und III sind keine Rudimente vorhanden. Die Ovarien tragen für gewöhnlich reife Eier nur bis zur Spitze des vierten Gliedes der Beine; sehr selten finden sich welche im Körper. An den Mündungen der Ovarien er- kennt man kleine verzweigte Drüsen, welche wie ein Kranz den Eierstocksschlauch umgeben. Da bei den übrigen Gattungen der Pycnogoniden nichts Aehnliches von mir wahrgenommen ward, so bin ich in Verlegenheit, welche Function diesen Drüsen zuzuschreiben sei. An irgend ein Kittsecret zu denken, liegt am nächsten, aber es bleibt dann unverständlich, warum die andern Gattungen nicht auch mit solchen Drüsen versehen sind, da doch in Allem die Ablage der Eier identisch ist. Die Mündungen der Hoden liegen auf kleinen Höckern an der Spitze der zweiten Glieder der Extremitäten VI und VI. Eiersäcke finden sich in reichlicher Zahl bei den Männchen. Die auskriechende Larve gleicht keiner der andern Pycenogonidenlarven, was wohl mit dem oben erörterten Entwicklungsgange dieser Gattung in Zusammenhang steht. Ihr Schnabel ist kürzer und breiter, als bei den früheren beschriebenen Formen, die Augen kaum angedeutet, die scheeren- tragenden vorderen Extremitäten entbehren sowohl der grossen basalen Hautdrüse, wie des frei beweglichen Ausführungsrohres, dagegen aber sind die Krallen der beiden anderen Extremi- tätenpaare zu ausserordentlich langen Ranken umgestaltet, welche wohl zwanzig Mal länger sind, als die gewöhnlichen Krallen, und welche wie die Ranken der Pflanzen sich aufrollen. Es ist mir nicht geglückt, die weitere Entwicklung dieser Art zu verfolgen. Ich erhielt sie nicht selten von verschiedenen Punkten der Küste, fand sie aber besonders häufig im Golf von Gaöta vergesellschaftet mit Barana arenicola auf den Zweigen einer Bryozoe, Serialia distans, welche in der Tiefe von ca. 14 m im Sande sich findet. Phoxichilidium exiguum. 181 2. Phoxichilidium exiguum x. sp. (Taf. XII, Fig. 19—22.) Körper wesentlich concentrirter, als bei voriger Art, vorn breit, der Halstheil des vordersten Segments weniger vorragend, nicht eingeschnürt. Augenhügel näher der Basis des Schnabels gelegen. Die einzelnen Segmente zeigen zwischen den seitlichen Fortsätzen geringere Ausdehnung, obschon letztere sich nirgend berühren; nur das letzte Paar ist an der innern Seite basalwärts verschmolzen, Schnabel gleichfalls kürzer als bei der vorigen Art, eylindrisch, kräftig, an der Spitze gerundet, dicht vor der Spitze rund herum etwas eingeschnürt. Lippenträger gerundet; inneres Schnabelgerüst oval, Reusenapparat ca. 25 Leisten zählend. Hinterleib kurz, conisch, halb so lang wie der Schnabel. Extremität I überragt den Schnabel mit dem ersten Gliede, das kurze zweite Glied ist nach unten gerichtet und trägt die Scheere, welche dicht vor dem Munde sich findet. Extremität III des Q' eingelenkt auf der Unterseite des seitlichen Fortsatzes von IV, sieben- gliedrig, das typische dritte und vierte Glied noch nicht verschmolzen, obschon die Gliederung nicht mehr vollständig ist, das dritte Glied aber sehr klein; Extremität IV’—VII kräftiger und gedrungener, als bei Ph. longicolle, auf der Spitze des vierten Gliedes einen langen, nach vorn und aussen gerichteten Dorn auf kürzerem Höcker, desgl. auf Glied 5 und 6, der Tarsus mit zwei kräftigen Grunddornen und drei davor befindlichen Stacheln am Hacken, während die Bewaffnung der ganzen Sohle zu einer Messerschneide verschmolzen ist, an deren Grunde, freilich nicht immer, noch ein oder zwei spitze, nach vorn umgebogene, auf Höckern stehende Dornen sich finden. Kralle gekrümmt, ohne eine Spur von Nebenkrallen. Nervensystem gewöhnlich ohne Längscommissuren, oder, wenn solche vorhanden ‚sind, nur äusserst kurz. Das rudimentäre Abdominalganglion verhältnissmässig gross und deutlich. Hautdrüsen sehr spärlich, münden in kleinen vorspringenden Höckern, welche wie Lippen im Profil erscheinen. Hautborsten gabelförmig, äusserst spärlich. Kittdrüsen nach dem Typus der vorigen Art gebaut, mit vorspringender Röhre auf der Mitte des vierten Gliedes der Beine. Ovarien und Hoden wie bei voriger Art. Länge des Körpers 1 mm. Diese Art unterscheidet sich von der vorigen durch geringere Grösse, bedeutendere Gedrungenheit des Körpers, durch die Einschnürung nahe der Spitze des Schnabels, durch die Gestalt des Tarsus und durch die Abwesenheit der Nebenkrallen. Der Körper dieser Art ist in vier Segmente geschieden, deren Muskulatur auf Bauch und Rücken sehr deutlich und wohl ausgebildet ist. Vorn breit, geht er nach hinten schmal zu. Der Durchmesser von einer Spitze der seitlichen Fortsätze von IV zur anderen ist der grösste des Körpers, jeder folgende Durchmesser der seitlichen Fortsätze ist etwas geringer. 182 Systematik. Der Höcker, welcher die Extremität II tragen sollte und nun nur die Mündung und die Excretionsblase selber beherbergt, ist ziemlich stark vorragend; von ihm aus verschmälert sich indess der Halstheil nicht mehr beträchtlich, und vor allem erfolgt nach der Verschmälerung keine neue Verbreiterung, wie bei der vorhergehenden Art, sondern der sog. Halstheil bildet eine Art von Quadrat, auf dem der Augenhügel seinen Platz findet und von dessen vorderem Rande die beiden Extremitäten I abgehen. Auf den seitlichen Fortsätzen der drei vorderen Segmente findet sich auf der Oberseite nahe der Spitze in beiden Geschlechtern je ein Höcker mit einem kleinen Dom, auf dem Fortsatze des letzten Segmentes findet sich nur eine ganz geringfügige Andeutung dieses Höckers. Die Segmentfalten sind stärker ausgeprägt als bei der vorhergehenden Art. Der Schnabel ist breit und kräftig, cylindrisch, also an der Basis so breit wie an der Spitze; auf %, der Länge erleidet er eine Einschnürung, gerade an der Stelle, wo die Schnabelganglien liegen, die Muskulatur unterbrochen ist und dem Blutlauf seine Bahn ge- währt. Von dieser Stelle an rundet sich der Schnabel bis zum Beginn der Lippenträger, die nicht besonders gross sind und nur die Hälfte der Vorderfläche des Schnabels einnehmen. Sie sind bogenförmig, die Lippen einfache Falten, die nicht über die Lippenträger vorragen. Das innere Schnabelgerüst ist ein längliches Oval, dessen grösster Durchmesser ein wenig vor der Mitte des Schnabels gelegen ist, gerade wo der Reusenapparat beginnt. Letzterer zählt ca. 25 Leisten; mitunter kommt es vor, dass die Oberseite weniger Leisten aufweist, welche | dann am Grunde fehlen. Der Hinterleib ist conisch, abgestutzt und nicht länger als der halbe Schnabel. Extremität I ist.einfach, Glied I ragt zur Hälfte über der Spitze des Schnabels vor, Glied 2 ist senkrecht gerichtet, fast kuglig, die beiden Scheeren länglich, leicht gebogen. Die Spitze des ersten Gliedes ist mit drei Stacheln bewehrt, auch das zweite Glied trägt einen Stachel. Extremität III ist im Unterschied von voriger Art siebengliedrig, es ist das kleine dritte Glied, welches seine Selbständigkeit noch nicht völlig eingebüsst hat, obschon es auch nicht mehr als gleichberechtigt mit den übrigen Gliedern anzusehen ist. Es wäre wohl mög- lich, dass bei einigen Exemplaren dieser Art Variationen vorkämen, die sowohl den Verlust der Selbständigkeit, als auch ihre völlige Erhaltung aufwiesen. Mir hat indess eine derartige Variation nicht vorgelegen. Die Insertion von Ill ist wie bei allen Phoxichilidien nach aussen gerückt, bis auf die Basis der seitlichen Fortsätze von IV; das erste Glied ist wie gewöhnlich breit und oval, das zweite schmaler und cylindrisch, etwas länger als das erste; das dritte ist, wie schon erwähnt, ganz klein, das vierte etwas kürzer als das zweite, das fünfte etwas kürzer als das vierte, leicht gebogen, das sechste wieder weniges kürzer als das fünfte, das siebente schliesslich ein kurzer Conus, beide letzten Glieder mit ziemlich langen, rückwärts gerichteten Stacheln besetzt, von denen auf dem fünften und sechsten Gliede sich nur zwei oder drei vorfinden. j Extremität IV zeigt bei beiden Geschlechtern die gleiche Gestalt und Bewaffnung ; Ph oxichilidium exiguum. 185 das erste kurze Glied trägt zwei kleine Stacheln an der Vorder- und Hinterseite der Spitze, Glied 2 und 3 sind ähnlich ausgestattet, Glied 4 ist etwas geschwellt, sein oberer Rand zeigt vor der Spitze eine Einschnürung, die sich aber nochmals erhebt zur Bildung eines nach vorn gerichteten Höckers, auf dem ein noch mehr nach vorn gerichteter, ziemlich kräftiger Dorn steht, — ein Verhältniss, das durchaus an die typischen Bildungen der Ammotheiden erinnert. Ebenso ist auch das folgende Glied auf der Oberseite mit zwei kleineren und einem bedeutend grösseren Dorn ausgestattet, die auf eigenen Höckern stehen. Das sechste Glied schliesslich zeigt ebenfalls die Aehnlichkeit mit Ammothea durch die Ausstattung mit zwei Dornen, von denen der zweite sehr gross ist und auf einem sehr prononcirten Höcker sich befindet. Das siebente Glied hat eine ziemlich ausgedehnte Sohle, schräg abgestutzte Gelenk- fläche und ausgezogene Oberseite. Seine Bewaffnung besteht aus einem nach vorn gerichteten Medianstachel, der direct unter den Hacken greift, sowie jederseits von diesem zwei kleineren Stacheln. Der Tarsus hat einen kräftigen Hacken, mit zwei grossen Basaldornen, vor denen jederseits nach vorn gerichtet zwei kleinere Stacheln sich finden, über denen wiederum ein unpaarer die Bewaffnung des Hackens abschliesst. Die Sohle ist auf ihrer grössten Länge mit einer Messerschneide versehen, neben der auf jeder Seite vier bis fünf kleine Dornen stehen, während mitunter zwischen ihr und dem Hacken noch ein bis zwei nach vorn ge- krümmte, auf Höckern eingelenkte Dornen sich finden. Die Oberseite des Tarsus ist durchaus gebogen, mit einigen Stacheln besetzt. Die Kralle erleidet keine Einschnürung an der Basis und ist gleichmässig gebogen. Von Nebenkrallen keine Spur. Extremität V— VII identisch mit IV. Die Hautdrüsen sind ganz aussergewöhnlich sparsam bei dieser Art ausgebildet. Lange Strecken der Beine haben keine Spur davon, auch auf dem Körper sind sie nur sporadisch. Sie liegen in conischen Höhlungen, deren Wandungen aber nach innen convex sind, und mit ihrer Mündung lippenartig über die Körperwandungen vorspringen, — wodurch sie, im Profil betrachtet, sehr rasch kenntlich werden. Die Hautborsten sind eben so selten, wie die Drüsen, gabelförmig. Die Kittdrüsen des Männchens geringer an Grösse als die der vorigen Art. Die kleinen Taschen des gemeinsamen Ausführungsganges sind nicht so regelmässig gestellt, wie die von P. longicolle, vielmehr denen ähnlich, die sich bei Ammotheiden finden. Der Röhren- theil des Ausführungsganges ragt weniger hoch über die Körperwandung vor, ist an der Spitze etwas umgeschlagen. Der Augenhügel ist conisch mit verlängerter Spitze. Die Augen getrennt, das seit- liche Sinnesorgan ragt zapfenförmig nach oben vor. Das Nervensystem bietet wenig Auffallendes dar. Die Augennerven sind weniger lang, als bei der vorhergehenden Art, weil der Augenhügel dem oberen Schlundganglion näher liegt. Die Ganglien der Bauchkette liegen dicht zusammen, ohne freie Commissuren, oder nur durch äusserst kurze verbunden. Das Abdominalganglion springt frei nach hinten vor. 184 Systematik. Der Darmcanal ist im Körper ziemlich umfangreich. Ein kleiner Blindsack findet sich zwischen dem für IV bestimmten Schlauche und dem nach I sich begebenden. Die Schläuche für IV—VII erstrecken sich mitunter bis in die Basis des Tarsus, gewöhnlich aber überschreiten sie nicht das sechste Glied. Die Ovarien enthalten zahlreiche reife Eier in mehreren Schichten in den Beinen vom zweiten bis zum vierten Gliede. Im Körper habe ich nie welche wahrgenommen. An den Mündungen finden sich auch bei dieser Art zwischen dem Oeffnungsmuskel und dem Ovarialschlauche an dem letzteren eine Anzahl kleiner verzweigter Drüsen. Die Hoden münden auf geringfügigen Vorsprüngen auf dem zweiten Gliede von VI und VI. Die Eiersäcke sind gleichfalls zahlreich bei dieser Art, deren freie Larvenform ich indessen nie aufgefunden habe. Wohl aber ist es mir gelungen, wie schon oben erwähnt worden, die dritte Larve, nachdem sie ihre Verwandlung im Innern der Podocoryne carnea durchgemacht hat, zu finden. Sie gleicht dann durchaus den Larven von Pallene, bevor sie die Eihülle verlassen; man vergleiche die S. 76 und 77 gegebene Darstellung. Diese Art ist ziemlich häufig an verschiedensten Stellen des Golfes. Sicher findet man sie vergesellschaftet mit Podocoryne-Colonieen, die besonders gern auf lebenden Objecten, wie den Panzern der grossen Krebse, den Schalen der Schnecken ete., sich ansiedeln. 3. Phoxichilidium angulatum ». sp. (Taf. XII, Fig. 1—12.) Körper schlank, nur aus drei deutlichen Segmenten bestehend, das vierte ist so redu- cirt, dass es nur aus den beiden mit der inneren Seite völlig verschmolzenen seitlichen Fort- sätzen zu bestehen scheint. So sind auch nur zwischen dem ersten und zweiten und dem zweiten und dritten Segmente deutliche Segmentfalten vorhanden, welche gleich weit von den seitlichen Fortsätzen der zugehörigen Segmente abstehen. Letztere lassen weite Zwischen- räume zwischen sich frei, während die seitlichen Fortsätze von VI und VII sich an der Basis mit einander berühren. Immerhin variiren diese Verhältnisse nach beiden Richtungen, sowohl zu grösserer Concentration als auch zu bestimmterer Geschiedenheit, wie es denn auch dazu kommt, dass das vierte Segment durch eine sehr deutliche Segmentfalte von dem dritten ge- schieden ist. Höckern und Stacheln begegnet man weder beim Q' noch beim @ auf der Oberseite des Körpers. Der Vorsprung zwischen den Insertionen von I und IV, welcher die Mündung des Excretionsorganes trägt, ist sehr klein, bedeutend kleiner, als bei den vorher- gehenden Arten; ebenso ist der Halstheil dieser Art sehr gering entwickelt, so dass der Augenhügel fast direct über der Basis des Schnabels sich findet. Schnabel sehr kräftig, lang, eylindrisch, mit leicht geschweiften Rändern, die unteren Vorderwinkel sind zu höckerartigen Vorsprüngen ausgezogen, zwischen denen die flachbogigen seitlichen Lippenträger sich befinden, während der obere weiter zurück liegt und nicht auf Phoxichilidium angulatum. 185 derselben Höhe mit jenen. Der Schnabel ist vorn breiter und auch von oben nach unten ausgedehnter als an der Basis. Hinterleib fast nur wie ein kurzer stumpfer Vorsprung erscheinend, kürzer als die seitlichen Fortsätze, über denen er eingelenkt ist. Augenhügel gleichfalls sehr niedrig, ohne ausgezogene Spitze, die Augen stehen so nah zusammen, dass sie sich alle unter einander berühren. Extremität | normal, die Scheeren vor dem Munde convergirend. Extremität III siebengliedrig, das dritte Glied weder ganz im vierten aufgehend, noch ganz selbständig. Extremitäten I’—VII einfach, normal in allen Dimensionen, auf der Spitze der Oberseite von Glied 4, 5 und 6 je ein grösserer Dorn, sonst nur wenige und kleine Dornen zeigend. Die Tarsen sind lang, mässig gebogen, der Hacken mit zwei gekrümmten grösseren Dornen und drei kleineren Stacheln ausgestattet, die Sohle ohne Messerschneide, aber mit einer Reihe von sechs bis funfzehn nach vorn gekrümmten, gleich grossen, spitzen Dornen ausgestattet, neben denen auf den Seiten noch eine Anzahl feinerer Stacheln sich finden. Kralle an der Basis gerade, dann gebogen; Nebenkrallen klein, aber deutlich, etwas grösser als die Basaldornen des Hackens. Nervensystem aus gleichmässig grossen Ganglien bestehend, die bald dicht an einander gerückt sind, bald durch kurze Commissuren verbunden werden. Abdominalganglien klein, mässig vorspringend. Augennerven kurz, da der Augenhügel dem oberen Schlund- ganglion dicht aufsitzt. Hautdrüsen einfach conisch, nicht allzu zahlreich; Hautborsten kleine, vom Körper abstehende Gabeln. Kittdrüsen in mehreren grösseren Bündeln an verschiedenen Stellen der Oberfläche ausmündend; die Mündungen ragen aber nicht über die Wandung hervor, sondern bilden kreis- förmige flache Vertiefungen, in deren Boden die einzelnen kleinen Ausführungsröhrchen sich öffnen. Ovarien und Hoden wie bei den vorigen Arten, letztere münden nicht auf Höckern, sondern direct auf der Wandung des Beins. Länge des Körpers 1',—2 mm. Diese Art entfernt sich in mehr als einer Beziehung von den beiden vorhergehenden. Man könnte versucht sein, diese und die nächste Art als Pyenogonum-ähnliche Gruppe von den beiden vorhergehenden als Nymphon-ähnlicher Gruppe abzusondern, — doch ist aus den oben erörterten Gründen solche Gruppirung in dieser ganzen Thierclasse einstweilen vom Uebel. Der Körper zeigt eine Zusammensetzung aus den gewöhnlichen vier Segmenten, doch erleidet das letzte sehr häufig eine sehr starke Reduction, die seinen eigentlichen Körper fast unterdrückt und es nur als aus den verschmolzenen seitlichen Fortsätzen bestehend erkennen lässt. Auch das erste Segment ist im Vergleich zu den vorhergehenden Arten redueirt zu nennen. Es existirt kein nach vorn vorragender Halstheil, der kurze Augenhügel sitzt dem oberen Schlundganglion auf, eine Vorragung für das Excretionsorgan von II existirt nicht, — im Ganzen erinnert die Körpergestalt an die von Trygaeus cylindrirostris. Auf den seitlichen Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 24 186 Systematik. Fortsätzen steht nur ein kleiner Dorn ohne Höcker. Die Segmentfalten sind stark ausgeprägt, nur die letzte ist mitunter fast verstrichen. Der Schnabel ist besonders charakteristisch. Im Gegensatz zu den Schnabelformen, denen wir bei den Ammotheiden begegnet sind, und welche sämmtlich nach vorn zugespitzt endeten, haben wir es hier mit einem Schnabel zu thun, der vorm am breitesten und massivsten ist. Auch seine Basis ist wie die aller Phoxichilidiumarten schon breit, aber die Spitze ist durch die Verlängerung der unteren Ecken in zwei stumpfe Vorsprünge breiter geworden. Da diese Verlängerung auf der Oberseite nicht stattfindet, so hat sich eine Ungleichmässigkeit auch in der Gestalt der Lippenträger ausgebildet; der obere steht mehr zurück, die beiden seitlichen ragen vor, so dass es fast erscheint, als übernehmen sie allein den Process des Ergreifens und ersten Zermalmens der Nahrung. Die Seitenränder des Schnabels sind etwas geschwungen, in der Mitte convex werden sie vor den Vorragungen der Spitze etwas eingezogen. Das innere Schnabelgerüst ist wiederum oval, die Zahl der Leisten des Reusenapparates beträgt 15—20, die äusseren sind ziemlich weit von einander getrennt. Der Hinterleib ist ganz kurz, conisch, sitzt den seitlichen Fortsätzen des letzten Segmentes ähnlich auf, wie der Augenhügel dem vordersten. Extremität I von normaler Länge, ist aber durch den Umstand auffallend, dass die Insertion beider Gliedmaassen sehr nahe zusammen gerückt ist, während im weiteren Verlaufe beide mehr auseinander weichen. Auch sind beide an der Basis beträchtlich schmaler, als näher der Spitze. Das erste Glied ist gerade so lang wie der Schnabel, vorn etwas ge- schwollen; das zweite kürzere Glied trägt mehrere Dornen, ebenso die beiden Scheeren. Extremität III ist sechsgliedrig; das ursprünglich dritte, kürzeste Glied erscheint im folgenden vierten aufgegangen. Immerhin tritt auch hier wieder individuelle Schwankung ein, und es könnte sich sehr wohl geben, dass einige Exemplare eine deutlich siebengliedrige Extremität III besässen. Das erste Glied wie immer kräftiger, auch das zweite etwas stärker, als das dritte; dieses vermöge der Incorporation des eigentlich dritten Gliedes das längste, die folgenden beiden kürzer, etwas gekrümmt, das letzte schliesslich ein conischer Zapfen. Die beiden letzten Glieder mit den rückwärts gerichteten Dornen ausgestattet. Extremität IV in den Dimensionen aller Glieder durchaus normal; auf den Spitzen der Oberseite des vierten, fünften und sechsten Gliedes mit je einem längeren Dom, im Uebrigen mit kleineren Dornen besetzt, die besonders zahlreich am sechsten Gliede sich finden. Das siebente Glied mit längerer Sohle, stark bewehrt mit Dornen; die Gelenkfläche schräg, die Oberseite schmal, ausgezogen, einen Dorn auf der Spitze. Der Tarsus ist ziemlich lang, mässig gebogen; der Hacken deutlich mit zwei starken Basaldornen ausgestattet, vor ihnen zwei mittlere kleinere Dornen und neben letzteren noch kleinere. Die Sohle ist gerade, ohne Messerschneide, aber besetzt mit einer Reihe gleichmässig grosser, kräftiger, nach vorn gerichteter, spitzer Dornen. Die Zahl dieser Dornen ist äusserst variabel. Bei völlig aus- gewachsenen Thieren variüirt sie zwischen fünf und fünfzehn. Dabei ist bemerkenswerth, dass mitunter diese Dornen so gebogen sind, dass die Spitzen der hinteren die Rückseite der Phoxichilidium angulatum. 187 vorderen Dornen berührt, wodurch die Zwischenräume zwischen ihnen sehr gering werden und nur wenig fehlt, um sie völlig zu verwischen und eine einzige Schneide statt der vielen Dornen oder Zähne herzustellen. Es ist ferner bemerkenswerth, dass die Dornen alle auf Höckern inserirt sind, neben denen jederseits nicht allzu kurze Stacheln eingelenkt sind. Die Kralle ist kräftig; wenn sie eingeschlagen ist, erreicht sie mit ihrer Spitze die Spitze des vorderen Grunddornes des Hackens und legt sich mit ihrer Schneide den Sohlendornen dicht an. Die Nebenkrallen sind deutlich, wenn schon nicht wesentlich grösser, als die Grund- dornen des Hackens. Es ist noch bemerkenswerth, dass die Zahl der Dornen an der Sohle des Tarsus meist grösser ist an den vorderen Beinpaaren, als an den hinteren, und dass eine Ungleichheit in ihrer Zahl sogar zwischen den rechten und linken Tarsen desselben Beinpaares an demselben Individuum fast Regel ist. Extremität V—VII sind identisch mit IV. Die Hautdrüsen sind in kleine conische Höhlungen gebracht, zahlreicher als bei der vorhergehenden Art. Die Hautborsten sind wie bei jener kleine Gabeln, welche von der Körperwand abstehen. Die Kittdrüsen des Männchens sind nach einem andern Typus gebaut, als bei den beiden vorhergehenden Arten. Sie bestehen aus drei bis sechs Convoluten von Drüsen, deren jedes einen besonderen Sammelpunkt der kleinen Ausführungsröhrchen besitzt. Diese Sammel- punkte sind tellerförmige Vertiefungen der Beinwandung mit kreisförmigem, kaum vorragendem Rande; in ihrem Grunde mündet Röhrchen neben Röhrchen, — ähnlich den Verhältnissen bei Phowichilus, nur mit dem Unterschiede der beschränkteren Anzahl solcher Ausmündungs- centra und ihrer geringeren Höhe. Die eigentlichen Drüsenmassen erkennt man sehr leicht durch ihre etwas abweichende Lichtbrechung resp. Färbung als ein dickes Packet zwischen der Beinwandung und dem Darmschlauch. Sie nimmt die basale Hälfte des vierten Bein- gliedes ein. Die Zahl der Sammelpunkte resp. der Drüsenconvolute variirt, mitunter sind nur drei, dann wiederum sechs vorhanden. Das Nervensystem ist normal; das vordere Bauchganglion natürlich grösser, als die übrigen, durch die Verschmelzung aus zweien. Die übrigen Bauchganglien sind gerundet oval, ziemlich voluminös, je nach der schärferen Gliederung des Körpers von einander geschieden und durch kurze Commissuren verbunden, oder aber dicht an einander liegend. Die Augen- nerven sind kurz, da der sehr niedrige Augenhügel direct über dem oberen Schlundganglion gelegen ist. Die Augen stehen in Folge dessen sehr nahe zusammen. Der Darmcanal offenbart nichts wesentlich Bemerkenswerthes, abgesehen von dem Umstande, dass es den Anschein hat, als wenn die Schläuche für Extremität I nicht mehr regelmässig bis ans Ende des ersten Gliedes gehen. An einem Individuum ist freilich deut- lich erkennbar, dass ein sehr schmaler Schlauch im Innern dieses Gliedes verläuft, bei einigen anderen indess ist er nicht wahrzunehmen. Hält man hinzu, dass bei der folgenden, mit Ph. angulatum offenbar nahe verwandten Art kein Darmschlauch mehr für Extremität I ge- bildet wird, resp. sich völlig daraus zurückgezogen hat, so erscheint das Variiren dieses Ver- . 24* 188 Systematik. hältnisses bei Ph. angulatum nicht mehr so auffallend. Für II resp. III konnte ich keinen rudimentären Blindsack wahrnehmen, was aber auch nicht immer gelingt, selbst wenn er vor- handen ist, da andere Theile, zumal aber allerhand Diatomeen etc., welche der Wandung ankleben, die Wahrnehmung hindern. Die Schläuche für IV’—VII gehen bis an die Spitze des sechsten Gliedes, darüber hinaus sah ich sie bei keinem Individuum. Der Centralschlauch im Körper ist ziemlich geräumig. Die Ovarien gleichen denen der vorigen Art und enthalten zahlreiche Reihen reifer Fier neben einander, wenn die Eiersäcke voll sind. Auch die bei den beiden früheren Arten erwähnten Drüsen sind dicht vor den Mündungen vorhanden. Die Hodenmündungen sah ich nur auf VI und VII, wo sie direct in der Bein- wandung, nicht auf Höckern befindlich sind. An einem Exemplar glaube ich freilich noch eine Andeutung der Hodenöffnung auch auf Extremität V bemerkt zu haben. Männchen mit Eiersäcken habe ich von dieser Art nie zu Gesicht bekommen, weiss also ebensowenig von der ersten wie von den späteren Larvenformen zu sagen, deren Aufenthalt ich nicht kenne. Die Art scheint nicht häufig zu sein, oder aber mir ist einstweilen ihr eigentlicher Fundort entgangen. Sie ward mir mit andern Pycnogoniden von Nisitäa mitunter gebracht. 4. Phoxichilidium robustum x. sp. (Taf. XII, Fig. 13—18.) Körper stark concentrirt, äusserst massiv; segmentale Gliederung völlig aufgehoben; die seitlichen Fortsätze theils unter einander verschmolzen, theils sich dicht berührend; be- sonders stark ausgebildet ist der seitliche Fortsatz für IV, dessen vordere Seitenwandung völlig mit der entsprechenden Partie des Körpers verschmolzen ist, und dessen hintere Wandung mit breiter, ungewöhnlich entwickelter Mächtigkeit die ganze vordere Seite des seitlichen Fortsatzes von V und sogar noch das erste Glied dieser Extremität dicht berührt, wobei nur der innerste Winkel eine ganz kleine Oeffnung zeigt, zum Beweise, dass hier nur Berührung, noch keine Verschmelzung Platz gegriffen hat. Alle übrigen seitlichen Fortsätze berühren sich auf breiter Fläche, nur das letzte Paar ist auf der Innenseite völlig verschmolzen. Von Höckern oder Stacheln ist nichts wahrzunehmen. Ein besonderer Halstheil ist an dieser Art ebensowenig vorhanden, wie bei der vorhergehenden, auch ist kein besonderer Höcker für das Excretionsorgan von II gebildet. Schnabel ausserordentlich kräftig, an der Basis sehr breit, gegen die Spitze zu etwas schmaler, in der Mitte etwas geschwollen, die Seiten gebogen, nicht conisch; die unteren Vorderecken wie bei voriger Art zu stumpfen Vorsprüngen ausgezogen. lippenträger stark gerundet, der obere weniger zurücktretend, als bei voriger Art. Das innere Schnabelgerüst oval, ca. zwanzig Leisten im Reusenapparat zählend. Hinterleib em kurzer stumpfer Kegel. Augenhügel gleichfalls ganz niedrig, breit und stumpf abgerundet. Phoxichilidium robustum. 189 Extremität I schmal, auf einer vorderen Verlängerung des Körpers eingelenkt; erstes Glied beträchtlich länger als der Schnabel, enthält keine Spur eines Darmschlauchs; zweites Glied kürzer, Scheere nicht sehr kräftig, aber mit ziemlich langen Armen. Extremität III fünfgliedrig, sowohl das ursprünglich dritte, als auch das ursprünglich letzte haben ihre Selb- ständigkeit eingebüsst und sind, das dritte mit dem vierten und das letzte mit dem vorletzten, verschmolzen. Extremität IV—VII in ihren Dimensionen normal, sind aber, wie der ganze Körper, sehr massig und mit äusserst starker Cuticularschicht versehen. Glied 1 zeigt zwei stumpfe Höcker vor der Spitze, Glied 4 einen oberen stumpfen Höcker dicht vor der Spitze, auf dem ein kleiner stumpfer Dorn sich befindet, Glied 6 trägt an der normalen Stelle gleich- falls einen stumpfen Höcker mit kurzem stumpfen Dorn. Glied 7 ist kurz, trägt an der Sohle nur kleine Dornen, der Tarsus ist kräftig, mässig gebogen, Hacken klein, mit’ zwei grossen Basaldornen und zwei kleineren vorderen stumpfen Stacheln, die Sohle ist gerade, mit sechs bis fünfzehn nach vorn gebogenen spitzen Dornen, neben denen jederseits eine Reihe stumpfer Stacheln steht. Kralle kräftig, an der Basis etwas gebogen, mit ganz kleinen, aber deutlichen Nebenkrallen. Nervensystem normal, mit keinen oder ganz geringfügigen Längscommissuren zwischen einigen der Bauchganglien. Augennerven kurz. Hautdrüsen äusserst zahlreich und complieirt. Zufolge der grossen Dicke der Cutieularschicht sind die Höhlungen, in welchen die Drüsen liegen, resp. durch welche ihr Ausführungsgang nach aussen mündet, sehr tief, fast cylindrisch; auch sind sie häufig zu mehreren in eine Höhlung eingeschlossen, die dann gekammert erscheint und zugleich auch die Canäle für die Hautborsten enthält. Diese gekammerten Höhlungen sind zahlreich in den Beinen, besonders im sechsten Gliede und an den Spitzen des vierten und fünften. Die Hautborsten sind ganz kleine umgebogene Gabeln. Kittdrüsen sind nach dem Typus der vorhergehenden Art gebaut, varüiren in der Zahl der einzelnen Ausmündungsstellen. Es kommen zwischen drei bis sechs an den einzelnen Beinen vor. Sie sind grösser und tiefer, als bei der vorigen Art. Ovarien kenne ich nicht, da ich nur Männchen untersuchen konnte. Hodenmündungen der Regel nach nur auf den Extremitäten VI und VII, doch habe ich auch ein Exemplar mit ganz deutlichen Mündungen auf dem V. Extremitätenpaare. Länge des Körpers ca. 2 mm. Diese Art ist offenbar mit der vorigen nahe verwandt, im Gegensatz zu den beiden ersten Phoxichilidienarten. Sie ist aber in allen Charakteren energischer, massiver. Der Körper ist concentrirter, an Ammothea erinnernd; die Gliederung in Segmente ist so gut wie ganz aufgehoben, die intersegmentale Muskulatur dem entsprechend fast völlig unterdrückt; die seitlichen Fortsätze haben eine bedeutendere Entwicklung erreicht, besonders das vorderste Paar ragt als mächtige, mit dem Körpersegment an der Vorderseite durchaus verschmolzene Masse hervor. Der Hinterrand dieses ersten Paars ist stark gekrümmt, bis zur r 190 Systematik. Krümmung berührt es dicht sowohl die seitlichen Fortsätze, als auch die Basis des ersten Gliedes von Extremität V; auch die folgenden seitlichen Fortsätze berühren sich, die von Extremität VII sind auf der einander zugewendeten Seite total verschmolzen, während die äussere Seite sich mit der Hinterseite des Fortsatzes von VI nur auf der Basalhälfte berührt. Der Schnabel ist ein robustes Organ, an seiner breitesten Stelle so breit, wie die Hälfte seiner Länge. Die Seiten sind gebogen, nach vorn zu verschmälert, die Ecken aus- gezogen, so dass, da auch die seitlichen Lippenträger gebogen vorragen, die vordere Fläche aus 4 Vorragungen besteht. Ueber Mund und inneres Schnabelgerüst enthält die Diagnose das Nothwendige. Der Hinterleib sitzt den beiden hinteren seitlichen Fortsätzen auf und ist kaum höher als der ebenfalls durchaus niedrige Augenhügel. Bei der Beschreibung der Extremitäten bedarf es besonderer Betonung, dass Ex- tremität I keinen Darmschlauch mehr enthält, sehr eng ist, auf einem vorragenden Theil des Körpers befestigt ist und den Schnabel an Länge nicht unbeträchtlich überragt. Ihre Wandung ist dicht besäet mit Hautdrüsen. Extremität III zeigt von allen mir bekannt gewordenen Pyenogoniden die am meisten verkürzte Form, da sie nur aus fünf Gliedern besteht. Glied 1 und 2 sind kräftig, Glied 3 und 4 verschmolzen, tragen das Excretionsorgan, Glied 5 (in Wirklichkeit 4) trägt aussen einige stumpfe, rückwärts gerichtete Stacheln, Glied 6 und 7 (in Wirklichkeit 5) sind ver- , bunden und tragen auf den Seiten je vier bis sechs rückwärts gerichtete stumpfe und auf der Basis der Innenseite einen rückwärts gebogenen, spitzen Dorn. Uebrigens ist die ganze Ex- tremität auch reichlich mit Hautdrüsen versehen. Extremität IV zeigt am ersten Gliede jederseits vor der Spitze stumpfe höckerartige Verlängerungen. Glied 4—6 sind sehr kräftig, etwas geschwollen, Glied 4 an der Spitze mit stumpfem Höcker versehen, Glied 6 mit einem andern Höcker an normaler Stelle, auf dem ein kurzer, stumpfer Stachel steht; Glied 7 ist verhältnissmässig klein, trägt auf der Sohle sechs bis acht kurze, stumpfe Stacheln; der Tarsus ist anfänglich stark, nachher wenig ge- krümmt, mit mässigem Hacken, der aber mit zwei sehr starken Grunddornen bewehrt ist, die ebenso wie zwei kleinere vordere Dornen sehr nach vorn gebogen sind. Die Sohle ist gerade, mit sieben bis zwölf starken Dornen bewehrt, die ursprünglich wohl auch auf getrennten Höckern gesessen, aber allmählich diese Grundlage zur Verschmelzung gebracht haben, sodass nur die Dornen selbst frei bleiben. Sie stehen je nach Zahl und Richtung näher oder weiter von einander und sind auf beiden Seiten von stumpferen, über sie wegragenden Stacheln be- gleitet. Ueberall auf Tarsus und den vorhergehenden Beingliedern findet man kurze, stumpfe Stacheln, die für die Ausstattung der Hautdrüsen bestimmt sein könnten, bliebe es nicht möglich, bei günstigen Präparaten doch die winzigen Gabeln zu entdecken. Die Kralle ist stark gleichmässig schwach gebogen, mit sehr kleinen, pfriemförmigen Nebenkrallen versehen. Extremität V—VII identisch mit IV. Die Hautdrüsen dieser Art sind im Gegensatz zu den früheren Arten sehr zahlreich Phoxichilidium robustum. 191 und zugleich von beträchtlicher Grösse. Ihre Gestalt ist mitunter eylindrisch, oder auch krug- förmig, sehr häufig verbinden sich zwei und mehrere Höhlungen und es entstehen besondere kammerartige Hohlräume, von denen dann auch sehr häufig eine Anzahl feiner Canäle für die Hautborsten ausgehen. Diese grösseren Hohlräume finden sich zumeist an den Beinen, am vierten, fünften und sechsten Gliede, und hängen dort zusammen mit der grösseren Dicke der Chitinschicht, welche die Drüsen von unten her umfasst. Die Hautborsten sind sehr kleine, gleich an der Basis umgebogene Gabeln. Die Kittdrüsen sind wie bei der vorigen Art gestaltet, ungleich gross und darum ungleich an Zahl der Ausmündungsstellen; es kommen zwischen zwei und sechs Ausmündungen vor, ja die rechte und linke Extremität desselben Segments schwankt in der Zahl der Mündungen. Das Nervensystem bietet keine auffallenden Eigenthümlichkeiten dar. Der Darmcanal zeigt den nach der Extremität I gerichteten Abschnitt als Blindsack vor dieser Extremität endigend. Die Schläuche an den Beinen endigen an der Spitze des sechsten Gliedes. Die Hodenmündungen sind normal nur auf VI und VII zu finden, aber an einem Exemplar fand ich die sehr interessante Abweichung, dass auch Extremität V noch eine Mündung trägt. Ueber Eier, Larven und Entwicklung kann ich keine Mittheilung machen, da ich weder Weibchen noch eiertragende Männchen bekommen habe, auch über den Aufenthalt der Larven nichts aussagen kann. Ich erhielt im Ganzen sechs Exemplare von verschiedenen Fundorten; Nisita, der Posilipp und Massa Lubrense sind in meinen Notizen als Fundorte angegeben. Dritte Familie: Nymphonidae. Gattung: Pallene Jornston. Körper meist sehr zart, zuweilen fast linear; in vier deutliche, durch Segmentfalten verbundene Segmente zerlegt, deren vorderes eine sehr prononcirte, zwischen den Insertionen von III und der völlig unterdrückten Extremität II gelegene Halsbildung aufweist. Schnabel sehr kräftig, kurz, aber breit; läppenträger und Lippen deutlich, aber an Umfang gering; inneres Schnabelskelet weit über den Umfang des Schnabels in den Halstheil des vorderen Segments zurückgreifend, in dem sogar der Reusenapparat ganz und gar gelagert ist. Hinterleib kurz, aufrecht stehend. Extremität I sehr kräftig, über dem Schnabel eingelenkt, mit mächtiger Scheere, deren Blätter gewöhnlich stark gezähnt sind. Extremität II fehlt bei beiden Geschlechtern. Extremität III bei beiden Geschlechtern vorhanden, sehr lang, zehngliedrig, das fünfte Glied 192 Systematik. bei den Männchen wesentlich verlängert, mit einem grossen eylindrischen, abstehenden Zapfen an der Spitze, die letzten vier Glieder mit einer Reihe dicht stehender gezackter Platten an Stelle der fiderspaltigen Dornen. Extremität IV— VII sehr lang und dünn, bei den Weibchen mit Anschwellungen des vierten Gliedes zur Entwicklung der grossen Eier versehen; Glied 7 ganz klein, wie bei andern Pantopoden, die Tarsen mit grossen Basaldornen, Kralle meist leicht gebogen, mit grossen Nebenkrallen verschen. Nervensystem mit fünf deutlich getrennten grossen Bauchganglien ausgestattet; das Abdominalganglion gleicherweise deutlich zu erkennen. Darmcanal mit grossen zelligen Elementen versehen, welche aber an vielen Stellen der Schläuche fehlen, wo die Darmhaut, allein von Muskelfasern umgeben, fast leer erscheint. Hautdrüsen nicht zahlreich, flache Hohlräume bildend, Hautborsten gegabelt, ziemlich lang, der Wandung anliegend. Kittdrüsen oft das ganze vierte Glied der Beine einnehmend, Ausführungsgänge über die obere oder untere Wandung zerstreut, bei einer Art auch auf den Seitenwandungen des Gliedes in eine Anzahl vorstehender kleiner Röhren mündend. Ovarien bilden ausschliesslich im vierten Gliede reife Eier, dieselben werden ausser- ordentlich gross und lassen das betreffende Glied stark anschwellen; Mündungen an allen Beinpaaren gleichmässig. Hodenmündungen finden sich in den Extremitäten V, VI und VI. Eier wenig zahlreich, werden immer zu zweien von Kittmasse eingehüllt und hängen so an der Extremität III. Ihre Entwicklung dauert lange, die Larven kriechen in der definitiven Gestalt aus, nach mehrfacher innerer Häutung. Wie Phowichilidium zeichnet sich auch die Gattung Pallene vor allen übrigen bisher bekannten Pantopoden durch ein biologisches Verhältniss aus, das von grösserer Bedeutung zu sein scheint, als alle rein morphologischen Beziehungen. Alle mir bisher bekannten Arten von Pallene haben nämlich die gesammte Larvenentwicklung unterdrückt. Aus den sehr viel grösseren und zugleich an Zahl sehr viel geringeren Eiern kriechen die Jungen hervor, in allem Wesentlichen bereits in der definitiven Gestalt der Eltern, nur in der Grösse und einigen untergeordneten Ausbildungsverhältnissen zurückstehend. Hand in Hand hiermit geht natürlich eine Structur der Ovarien, welche sie befähigt, diese sehr viel grösseren Eier zu produeiren. Im Uebrigen deutet die Organisation von Pallene nähere Verwandtschaft mit Nymphon an; es fehlen aber auch nicht Charaktere, die beweisen, dass Pallene nicht etwa ein phylo- genetisches Fortentwicklungsstadium von Nymphon heutigen Datums ist, sondern manche Ab- weichungen von der Structur Nymphon’s auf selbständigem Wege gewonnen hat, resp. andere Charaktere beibehielt, die Nymphon verloren oder umgewandelt hat. Die Proportionen der einzelnen Körpertheile sind das sicherste Mittel, die verschiedenen Arten auseinander zu halten. Als fester Punkt für die Messung dient der Augenhügel. Von ihm aus bis zum Vorderrande des ersten Segmentes ist eine feste Entfernung, da keine Segment- Pallene emaciata. 193 falte dazwischen liegt; nach rückwärts bis zur Spitze des Hinterleibes ist die Entfernung wandelbar, je nachdem die Segmentfalten gestreckt oder eingezogen sind. Eine zweite wich- tige Entfernung ist die des Reusenapparates vom Augenhügel. Ferner die Länge der seitlichen Fortsätze (von ihrer Ansatzstelle am Körper bis zur Articulation des ersten Beingliedes ge- messen) gegenüber der Breite der Körpersegmente. Die Proportionen der einzelnen Extremi- tätenglieder sind weiterhin von begreiflicher Bedeutung. Im Uebrigen sind die verschiedenen Arten sich sehr ähnlich. 1. Pallene emaciata x. sp. (Taf. XIV, Fig. 10—21.) Körper nicht allzu schlank; die Entfernung von der Mitte des Augenhügels bis zum Vorderrande des vordersten Segmentes (also zwischen der Einlenkung von I) um ca. ,; kürzer, als die Entfernung des Hinterleibes von der Mitte des Augenhügels; die engste Stelle der Halseinschnürung um '/; schmaler, als die Segmentaleinschnürungen zwischen den einzelnen Körpersegmenten; die Contour des Halstheils gebogen, nirgends gerade. Die seitlichen Fort- sätze aller Segmente um wenig länger, als die Hälfte der Breite des Körpers des zweiten Segmentes, der vorderste seitliche Fortsatz mit sehr wesentlich kürzerem Vorderrande als Hinterrande. Schnabel '% mal so lang als breit, von der Mitte an beiderseits verbreitert, gerundet, sodass die Contour des Vorderrandes fast halbkreisförmig ist. Die Begrenzung der Basis gleich- falls fast halbkreisförmig, beinahe ebenso weit unter dem vorderen Rande des Halstheils des vorderen Segmentes, als der Mund von der Grenze des vorderen Segmentes entfernt ist; Lippenträger bogig, Iäppen leicht vorragend; das innere Schnabelgerüst reicht bis zur In- sertionsstelle von III. Reusenapparat mit ca. fünfzig Leisten versehen, reicht bis zum Augen- hügel hinab. Hinterleib kurz, aufrecht, tonnenförmig. Extremität I kräftig, normal, III zeigt beim Männchen folgende Längenverhältnisse der einzelnen Glieder, wenn Glied 2 als Einheit zu Grunde gelegt wird: 1:1:1%:2:4: IB: 1; beim, Weibehen: 1% 1:71 21% 324: 1:14, 2 7a21a 21 Der’Zapfen an der Spitze von Glied 5 ist so lang, wie das Glied selbst breit ist. Extremität IV zeigt folgende Längenverhältnisse, bei Zugrundelegung der seitlichen Fortsätze (am freien Hinterrand ‚gemessen): 1:21,:1%:6:5:7:':%2:1. Dabei ist zu bemerken, dass die Männchen auch hier wie fast überall kürzere Beine haben. Extremität V—VII identisch mit IV. Das fünfte und sechste Glied der Beine haben jederseits Chitinspangen; ziemlich lange, dünne, peitschen- artige Dornen »mit geschwungenen Enden finden sich auf allen Gliedern, hauptsächlich auf dem fünften, sechsten, siebenten und auf der Oberseite des Tarsus. Der Tarsus ist schön gebogen, ohne Hacken, aber mit vier bis fünf Basaldornen, deren je zwei neben einander stehen, während eine Reihe kleinerer, nach vorn gerichteter an der Sohle sich finden. Kralle halb so lang als der Tarsus, Nebenkrallen über halb so lang, als die Kralle; stark gebogen. Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 25 194 Systematik. Nervensystem sehr gross, nimmt fast den ganzen Innenraum des Körpers ein; die fünf Bauchganglien berühren sich unter einander. Hautdrüsen nicht zahlreich, stellenweise nur sehr spärlich; in kleiner Höhlung mündend; Hautborsten gabelförmig, die Gabeläste ziemlich lang, einen Winkel von ca. 45° bildend, der Wandung dicht anliegend. Kittdrüsen an den Seiten und an der Unterseite des vierten Gliedes der Beine gelegen. Ovarien und Hoden normal. Länge des Körpers 1, mm. Gegenüber den nachfolgend zu beschreibenden Arten zeichnet sich die vorliegende durch grössere Concentration und kräftigere Körpergestalt aus, obschon sie immer noch, im Vergleich mit andern Pantopoden, sehr zart genannt werden muss. Die grösste Breite des Körpers, abgesehen von den seitlichen Fortsätzen, ist am Vorderrande, an welchem Extremität I eingelenkt ist. Fast ebenso breit ist der Körper an der Einlenkung von III, freilich die kurzen, seitlichen Fortsätze mit eingeschlossen. Dicht vor diesen ist der engste Theil des Halses, etwa halb so breit, als der Vorderrand, die seit- liche Contourlinie von der einen grössten Breite bis zur andern ist ein S. Die seitlichen Fort- sätze für IV sind etwas nach vorn gebogen, der Vorderrand infolge dessen wesentlich kürzer, als der Hinterrand. Am Schnabel ist noch bemerkenswerth, dass er, von der Seite gesehen, eine deut- liche Einsenkung vor dem mittleren Lippenträger besitzt, welche als seitliche Einschnürung sich im Profil zu erkennen gibt. Der sehr lange Reusenapparat beginnt an der unteren Ein- lenkung des Schnabels und reicht bis zum Augenhügel, liegt also gänzlich im Körper, nicht im Schnabel. Der Augenhügel ist stumpf, breit und flach, die Augen aber ziemlich tief, und mit ihren inneren gekrümmten Flächen sich berührend. Das seitliche Sinnesorgan nur gering vorragend. Der Hinterleib ist etwas spitzer, schmaler und wenig höher, als der Augenhügel, aufrecht stehend. Die Extremität I ist sehr kräftig, das zweite Glied stark gerundet, die Scheere lang und kräftig, der Innenrand der beiden Scheerenblätter mit kräftigen Zähnen besetzt, die sogar hier und da in doppelter Reihe sich finden. Die Dimensionen der übrigen Extremitäten sind bereits in ihren gegenseitigen Verhält- nissen angegeben. Höcker finden sich weder auf dem Körper, noch auf den Extremitäten, letztere aber tragen sehr zarte, mässig lange, haarartige Dornen an den üblichen Stellen, die besonders zahlreich am sechsten Gliede sind. Wie bei allen Pantopoden mit langen und dabei dünnen Beinen tragen die längsten, also hier das fünfte und sechste Glied, “seitliche Chitinspangen. Am vierten Gliede fehlen dieselben, es hat die grosse Ausbuchtung der Unter- seite, um die grossen Eier zu beherbergen. Pallene emaciata. 195 Das Nervensystem ist sehr gross; das obere Schlundganglion liegt dicht unter dem Augenhügel, die Augen scheinen auf ihm zu ruhen. Die Bauchkette besteht aus fünf sich dicht an einander schliessenden Knoten, deren vorderster der kleinste ist. Die Commissuren zwischen dem oberen und diesem unteren Schlundganglion sind unverhältnissmässig stark; die Nerven für III gehen noch nach vorn gerichtet ab, ehe sie in die Extremität selbst eintreten; der Nerv für die Extremität II ist deutlich entwickelt und läuft durch den ganzen Halstheil bis an die Basis der Einlenkung von Extremität I, wo er ein Ende nimmt, und wo zu gleicher Zeit das Excretionsorgan von II deutlich entwickelt zu erkennen ist. Die beiden Nerven für den Schnabel verlaufen neben dem Reusenapparat bis in den Schnabel. Die übrigen Ganglien der Bauchkette reichen bis in das letzte Segment, das rudimentäre Abdominalganglion liegt gerade unter dem Hinterleibe. Der Darmcanal ist mit grossen kugligen Zellen besetzt, die sich eylindrisch an einander abplatten, aber an den engeren Stellen der Beine völlig fehlen; so besonders im ersten und an der Basis des zweiten Gliedes, wo man beim lebenden Thiere nur die grossen Zellen hin und her gleiten sieht. Die Darmschläuche für Extremität I gehen durch den Halstheil des vordersten Segmentes neben und über dem Reusenapparat entlang und endigen an der Spitze des zweiten Gliedes, gerade an der Basis des beweglichen Scheerenblattes.. An den anderen Extremitäten reichen die Darmschläuche bis in das siebente Glied. Das Hautdrüsensystem ist mässig entwickelt. Die Drüsen sind abgeplattet, springen weder nach innen wesentlich vor, noch sind die Cuticularhöhlungen besonders tief, ihre Vier- zelligkeit ist aber an gefärbten Stücken überall deutlich wahrzunehmen, ebenso ihr Zusammen- hang mit den gabelförmigen Hautborsten. Die Kittdrüsen liegen an den Seiten des vierten Gliedes der Extremitäten, lassen die Oberseite völlig frei, und ebenso eine dünne Linie auf der Unterseite. Ihre Mündungen vermochte ich nicht deutlich zu machen, doch schienen die kurzen Ausführungsröhrchen in einzelnen Heerden zusammenzuliegen. Bemerkenswerth ist ferner eine beträchtliche Pigmententwicklung in der Haut und überall da, wo bindegewebige Elemente auftreten, also in der äusseren Umgebung des Darmes und der gesammten inneren Organe. Die Ovarien erreichen ihre grösste Entwicklung, wie auch sonst, im vierten Gliede der Beine, ihrer Zunahme an Umfang entspricht die des Gliedes selber, über das Glied hinaus erstrecken sich die Schläuche nicht; ebenso wenig finden sich Spuren reifender Eier im Körper oder in einem anderen Extremitätengliede. Die Mündungen der Ovarien liegen in allen vier Extremitätenpaaren und sind durchaus normal. Die Hodenmündungen trifft man an V, VI und VII als kleine Klappen, die ohne Höckerbildung unmittelbar in der Wandung des Beines sich finden. Die Eier sind vollständig oval, so lange sie noch im vierten Gliede der Beine sich finden, auch müssen sie sich noch stärker abplatten, wenn sie aus der kleinen Ovarialmündung ausgepresst werden; hernach sind sie kuglig und werden gewöhnlich zu zweien von einer 25* 196 Systematik. Kittsubstanz umgeben, welche auch zugleich das sie tragende Glied von Extremität III in der Weise umgibt, dass jederseits des Gliedes ein Ei hängt und die Extremität selbst durch ein Loch der Kittsubstanz tritt. Man findet bis zu zwanzig Eiern in verschiedenem Ent- wicklungszustande an den Beinen der Männchen. Die Art ist sehr häufig, aber erscheint nur in sehr geringen Tiefen von ein bis fünf Meter; sie findet sich überall im Golf, ich erhielt sie am häufigsten vom Posilipp, Nisita, vom Castell dell’ Uovo und aus dem Hafen. 2. Pallene phantoma n. sp. (Taf. XIV, Fig. 1—9.) Körper äusserst zart und schlank; die Entfernung des Vorderrandes des ersten Segmentes von der Mitte des Augenhügels ist etwas grösser, als die Entfernung des Augenhügels vom Hinterleib; der Halstheil des vorderen Segmentes ist auf weite Strecke cylindrisch und be- trächtlich schmaler, als die Segmentaleinschnürungen der Segmente; die Länge der seitlichen Fortsätze ist der der Breite der zugehörigen Segmente gleich, der Vorderrand des seitlichen Fortsatzes für IV ist durchaus frei, ebenso die seitlichen Fortsätze für VII auf ihrer inneren Seite. Schnabel doppelt so lang, als breit, mit parallelen, geraden, manchmal auch an der Spitze ausgebuchteten Seiten; Lippenträger gebogen, aber mit accentuirter Spitze; Reusen- apparat kurz, nur bis zum Viertel der Länge des Halstheiles reichend. Hinterleib cylindrisch. Extremität I bedeutend schlanker, als die der vorigen Art, sonst nicht unterschieden; III beim 9" mit folgenden Proportionszahlen der Glieder, bei Zugrundelegung von Glied 2 als Einheit 2 273:1822%, Am el beim Weibchen nel: 2% 2 23 al: 1:1:1:1. Extremität IV zeigt folgende Dimensionsverhältnisse, bei Zugrundelegung der seitlichen Fortsätze als Längeneinheit: 1:5:1%:10:9:11:Y:2'%:1'. Die Erweiterung des vierten Gliedes beim Weibchen ist sehr viel geringer, als bei voriger Art, weil die reifen Eier ausserordentlich lang werden; das vierte, fünfte und sechste Glied zeigen stärkere Chitin- spangen, als bei voriger Art. Der Tarsus ist fast ganz gerade; mit drei bis fünf starken Basal- dornen und sieben bis zwölf kleineren Dornen an der Sohle; die Kralle ist schwach gebogen, die halb so langen Nebenkrallen tragen an der Basis mitunter noch zwei bis drei kleinere, senkrecht auf sie gestellte Dornen. Nervensystem weniger concentrirt, als bei P. emaciata; das obere Schlundganglion und die beiden ersten Ganglien der Bauchkette liegen dicht zusammen im ersten Segment; das dritte Bauchganglion liegt zwischen den seitlichen Fortsätzen für V, durch lange Com- missuren mit dem zweiten und vierten Ganglion verbunden; das vierte und fünfte liegen im folgenden Segment zwischen den seitlichen Fortsätzen für VI. Hautdrüsen, Hautborsten wie bei voriger Art. Ovarien und Hoden wie bei voriger Art. Länge des Körpers 2’, mm. Pallene spectrum. 197 Die grössere Zartheit des ganzen Körperbaues ebenso wie die beträchtlichere Länge aller Körpertheile unterscheiden diese Art von der vorigen auf den ersten Blick. Am Körper ist sofort auffallend die grosse Länge des Halstheiles des ersten Segmentes. Dadurch wird der Schnabel, die Extremität I und der Reusenapparat weit vom eigentlichen Körper des Segmentes entfernt, und hierdurch zugleich eine Dehnung des Nervensystems und der Darmschläuche bedingt. Ferner ist bemerkenswerth, dass zwischen dem seitlichen Fortsatz für IV und dem für III ein kleiner Zwischenraum existirt, der bei der vorigen Art nicht vorhanden ist. Im Uebrigen ist der Beschreibung der Diagnose wenig Wichtiges hinzuzufügen, ausser dem Umstande, dass Pallene phantoma nur in beträchtlicherer Tiefe vorkommt, von wenigstens 25 Meter, wie z. B. auf der Secca di Gajola, aber auch aus der Tiefe von 100 Meter gewonnen ward von der Bocca piccola, der Secca di Benta Palummo und der Secca d’Ischia. Offenbar lebt sie überall im Golf an tieferen Stellen zwischen Geröll, Posidonienwurzeln ete. 3. Pallene Spectrum x. sp. (Taf. XV, Fig. 1—2.) Körper schlanker als bei P. emaciata, aber kräftiger als bei P. phantoma. Entfernung vom Augenhügel an den Vorderrand des ersten Segmentes etwas geringer, als die an den Hinterleib; Halstheil eylindrisch nur auf dem basalen Theil, und bis zur Basis des Reusen- apparates, schmaler als die Segmenteinschnürungen des Körpers; Länge der seitlichen Fort- sätze der Breite des Segments gleich; die seitlichen Fortsätze alle mit freien Rändern. Schnabel lang, mit geraden Rändern, abgestumpften Vorderecken, die gerundet‘ oder abgeschrägt sind; Reusenapparat reicht bis zur Mitte des Halstheiles herab. Hinterleib normal. Extremität I kräftig, länger als bei den vorigen Arten, Basalglied mit geraden Seiten. III beim @ mit folgenden Proportionszahlen der Glieder: '%:1:1%:2:2%:1:1 EZ beim’ 9:12: 2a: 15 1 IR Extremitäatt IVVzeist” Tolsende "Pro- portionen: 1:3%,:1:6:5:7:1:2:1. Die Erweiterung des vierten Gliedes beim & ist ebenso beträchtlich, wie bei P. emaciata; Chitinspangen fehlen bei diesem Gliede. Der Tarsus ist gebogen wie bei P. emaciata, mit fünf Basaldornen versehen; die Kralle gebogen, die Nebenkrallen ohne secundäre Zähne. Nervensystem wie bei P. phantoma mit aus einander liegenden Ganglien und beträcht- lichen Längscommissuren; es nimmt wenig Raum in Anspruch. Länge des Körpers 2 mm. Ob diese Art eine wohlbegründete ist, vermag ich weniger bestimmt zu sagen, als dass die beiden vorigen es sind, zu denen sie eine Art Mittelstellung einnimmt. Sie hat mit der ersten stärkeren Bau, gebogene Tarsen, mit der letzteren einen längeren Halstheil, längeren Schnabel und die Gestalt des Nervensystems gemein. Es ist immerhin möglich, dass 198 Systematik. Variationen bei diesen Arten sich finden, die ich nicht zu controlliren im Stande bin, um so weniger, als es ganz besonders schwierig ist, die Arten der Gattung Pallene gut zu conser- viren. Sie schrumpfen in solcher Weise, dass trotz behutsamster Behandlung selten die ein- zelnen 'Theile in natürlichen Verhältnissen erhalten bleiben. Durch genaue Abbildung hoffe ich die Unterschiede am besten darlegen zu können. 4. Pallene Tiberii ». sp. (Taf. XVII, Fig. 10—11.) Körper im Allgemeinen dem Bau der vorhergehenden Art ähnlich, weniger zusammen- gedrängt als bei P. emaciata, aber kräftiger als bei beiden andern Arten. Die Entfernung des Augenhügels von dem Hinterleibe ist um '/, grösser, als von der vorderen Grenze des ersten Segmentes; die engste Stelle der Halseinschnürung um '/, schmaler als die Segmental- einschnürungen; die Contour des Halstheiles leicht gebogen; die seitlichen Fortsätze ebenso lang, als die zugehörigen Segmente breit sind, nur die des vordersten Segmentes sind etwas kürzer; der Abstand zwischen den auf einander folgenden seitlichen Fortsätzen ist beinahe ebenso gross, als sie lang sind. Schnabel doppelt so lang, als breit, von der untersten Spitze der Lippen bis zur Basis der Einlenkung an der Unterseite ebenso lang, als das vorderste Segment bis zur Ein- lenkung von Extremität III. An der Basis quer herüber etwas schmaler als zwischen den leicht abgestumpften Vorderecken; Lippenträger flach, Lippen klein. Reusenapparat halb im Schnabel, halb im Halstheil des ersten Segments gelegen, dreissig bis vierzig Leisten, deren letzte ungefähr in der Mitte des Halstheils gelegen ist, während sie bei P. emaciata z. B. bis zum Augenhügel reicht. Hinterleib normal. Extremität I normal; Extremität III beim 9', bei Zugrundelegung von Glied 2 als Einheit al: 1 2257 A esse beim oO: 21 Eon, 2 een Der Zapfen an der Spitze von Glied 5 ist ebenso lang, als das Glied breit ist. Extremität IV zeigt folgende Längenverhältnisse bei Zugrundelegung der Länge der seitlichen Fortsätze am Hinterrande: 1:1:2:1:3,:4:5:':2:14. In den übrigen Criterien weicht diese Art wenig von der Gestalt der vorhergehenden ab. Die Kittdrüsen sammeln sich jederseits als kleinere Convolute und münden auf vertical stehenden, mässig langen, hohlen, dornartigen Ausführungsgängen aus, die Zahl dieser Dornen varıırt, man findet vier bis neun, am selben Gliede auf der einen Seite weniger als auf der andern; sie sind bei conservirten 'Thieren schwerer zu erkennen, als bei den lebenden. Der Darm zeichnet sich immer durch stark rostrothe Färbung semer Drüsenzellen aus; leider ist auch das ein Criterium, das durch die Conservirung häufig sehr verliert, aber doch sieht man viele Spuren der Farbe noch bei Stücken, die schon in Canadabalsam ein- Pallene Tiberii. 199 gebettet sind. Charakteristisch ist noch, dass die Darmschläuche der beiden letzten Beinpaare weit höher vom Centralschlauch abgehen, als die seitlichen Fortsätze, durch die sie ihren Weg zu nehmen haben, eingelenkt sind. Doch auch dieser Umstand fällt nur bei Unter- suchung frischer Exemplare hinreichend in die Augen, um bei der Determinirung der Art zu helfen. Ich habe diese Art bisher nur aus der Bocca piccola, zusammen mit Neopallene und Rhynchothoraw erhalten. Sie scheint nicht selten zu sein, aber nur auf beschränktem Gebiet vorzukommen. 2 Gattung: Neopallene Donrx. Körper zart, in vier deutliche, durch Segmentfalten verbundene Segmente getheilt, mit der auch bei Pallene beschriebenen Halsbildung versehen, die aber bei dieser Gattung kürzer ist. Schnabel lang und schmal, gegen die Mundöffnung zu etwas abgestutzt. Lippen- träger kurz, flach, Lippen fast unsichtbar, ganz klein. Inneres Schnabelskelet oval, weit über die Basis des Schnabels hinausreichend, Reusenapparat ausgedehnt. Hinterleib mässig gross, nach hinten gerichtet. Extremität I schlank, neben dem Schnabel eingelenkt, mit langen Scheerenblättern, welche innen neun bis elf Zähne tragen, deren Innenseite secundär gezähnelt ist. Extremität II als kurzer Stummel an der Unterseite hinter und neben der Schnabelbasis befindlich, mit zwei Borsten versehen; nur beim ©' vorhanden, bei den noch unentwickelten Larven beider Geschlechter in noch unbedeutenderer Kleinheit vorhanden. Extremität III bei beiden Geschlechtern wie bei Pallene; die eigenthümlichen Dornen der letzten vier Glieder sind schlank, wenig gezackt, an der Spitze des letzten Gliedes ist eine Kralle mit gezähnelter Innenseite, wie bei Nymphon. Extremität IV—VII lang und dünn, das Basalglied etwas kräftiger; Glied 4 bei Extremität V—VII zur Ausbildung der grossen Eier angeschwollen. Tarsen mit Basaldornen, Kralle mit zwei Nebenkrallen. Nervensystem wie bei Pallene. Darmcanal überall mit Darmzellen ausgestattet. Hautdrüsen nicht zahlreich, Hautborsten gegabelt. Kittdrüsen an der Unterseite des vierten Gliedes aller vier Beinpaare, Ausführungs- gänge als lange Röhre nach unten vorspringend. Ovarien nur in Extremitäten V—VII Schläuche sendend; auch nur in diesen drei Extremitäten mit Ausführungsöffnung. Extremität IV bleibt frei, zeigt auch keine Anschwel- lung im vierten Gliede. Hodenmündungen in V— VI. 200 Systematik. Eier wenige zahlreich, sehr gross; zu zweien in Kittmasse gehüllt. Entwicklung wie o oO oO o bei Pallene. Diese Gattung bildet eine Mittelform zwischen Nymphon und Pallene. Mit ersterer theilt sie die Gestalt des Schnabels und der Extremität I, die Art der Bewaffnung der Extre- mität III; mit letzterer die geringe Grösse, die geringe Zahl der Eier, die entsprechend gross sind und dieselbe abgekürzte Entwicklung der “Pallene-Eier zeigen. Durch die Bildung der Kittdrüsen, das Vorhandensein einer fast ganz rudimentären Extremität I bei den Männchen und durch die Abwesenheit der Eierstocksschläuche und der Geschlechtsöffnungen in Extremität IV beim Weibchen ist sie von beiden unter- schieden. Zu dieser Gattung muss wahrscheinlich die von Bönm beschriebene Pallene longiceps (Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin 1879. Nr. 4. p. 59) gerechnet werden. 1. Neopallene Campanellae x. sp. (Taf. XV, Fig. 11—15.) Körper schlank, seitliche Fortsätze je zwei mit Dornen bewehrte Höcker tragend, welche dem letzten Paare fehlen. Schnabel zwei Mal so lang, als breit. Hinterleib fast ebenso lang als der Schnabel. Extremität I schlank, Extremitäten IV—VII mit dorntragenden Höckern an dem Basalgliede, beim g9' mit je drei längeren Borsten jederseits am zweiten Gliede versehen, die freilich nicht ganz regelmässig vorhanden sind. Darmcanal geht bis zur Hälfte des ersten Gliedes von Extremität 1. Körper gestreckt; die Entfernung des Augenhügels von dem Vorderrande des vor- dersten Segmentes zu der Entfernung der Einlenkung des Hinterleibes verhält sich wie 1: 2. Die engste Stelle der Halseinschnürung ist kaum schmaler als die Einschnürung an den Segmentfalten, die Contouren leicht gebogen; die seitlichen Fortsätze der drei vordersten Segmente ungefähr gleich lang, wie die Breite des Körpers in den Segmenteinschnürungen, die des letzten Segmentes kleiner, wie sie auch schräg nach hinten gerichtet sind und das sie tragende Segment schmaler ist als die übrigen. Die vorderen drei Fortsätze tragen je zwei mit Dornen bewehrte runde Höcker, welche dem vierten fehlen, bei den andern mitunter auch nicht vollständig ausgebildet sind. Bei den @ sind sie beträchtlich kleiner als bei den d'. Schnabel zwei Mal so lang als breit, eylindrisch, mit parallelen Seiten, die vorderen Winkel abgestutzt; die Einlenkung an der vorderen Fläche des vordersten Segments ist gerad- linig begrenzt und greift auf der Unterseite nicht weiter nach rückwärts, als auf der Ober- seite. Lippenträger ganz flach und niedrig, Lippen nicht sichtbar; das innere Schnabel- Neopallene Campanellae. 201 gerüst oval, reicht beinahe bis an den Anhang des oberen Schlundganglions; Reusenapparat mit 20—22 Leisten ausgestattet. Hinterleib fast ebenso lang als der Schnabel, schräg nach hinten gerichtet. Extremität I schlank, Glied 1 etwas länger als der Schnabel, in normaler Haltung von demselben beträchtlich abstehend, da das zweite Glied und die Zange von bedeutender Grösse sind; letzteres zusammen mit der Zange fast ebenso lang als das erste Glied. Extre- mität II bei dem Männchen jederseits hinter der Basis des Schnabels eingelenkt, als kurzer etwas gekrümmter eingliedriger Anhang vorhanden, auf dessen Spitze zwei deutliche, steife Borsten stehen. Bei dem Weibchen ist nichts davon zu sehen, bei unreifen Thieren ist der Stummel kaum zu sehen, nur eine einzeln stehende Borste deutet die Stelle an, wo er bei einer nächsten Häutung sich einstellen wird. Extremität III bei Zugrundelegung von Glied 2 als Längeneinheit zeigt folgende Verhältnisse bei beiden Geschlechtern: 4,:1:%:2%:4: 1'y,:1:°4:°%4: Va: a. Letzteres Glied ist die Kralle. Der Zapfen an der Spitze des Gliedes 5 ist nur halb so lang, als das Glied breit ist. Extremität IV’—VI tragen an den Vorder- winkeln des ersten Gliedes je einen ziemlich langen, dorntragenden Höcker; am zweiten Gliede beim J' je drei längere haarartige Borsten jederseits, mitunter freilich fehlen mehrere davon; beim @ fehlen diese Borsten; Glied 4 trägt beim J' an der Spitze einen nach oben und zwei nach den Seiten gerichtete lange Dornen, Glied 5 desgleichen und ausserdem auf der Mitte der Oberseite und auf '/, seiner Länge je einen einzelnen Dorn; Glied 6 zeigt auf der Oberseite 6 Dornen, davon drei ziemlich lange, ferner auf der Unterseite zehn bis zwölf kleinere, abwärts gerichtete, an den Seiten je zwei bis drei. Glied 5 und 6 haben seitlich Chitinspangen; Glied 7 ist mit der Kralle fast zu eins verbunden, doch aber durch deutliche Gelenkbildung getrennt, an der Sohle trägt es zwei bis vier Dornen. Der Tarsus ist schlank, wenig gekrümmt, mit sieben bis neun gleichen Dormen an der Unterseite, zwei längeren Dornen auf der Mitte und drei bis vier an der Spitze. Die Kralle ist '/);, so lang wie der Tarsus, die Nebenkrallen stark gekrümmt, über '/, so lang, als die Kralle. Bei den & ist ein beträchtlicher Unterschied in der Conformation der Extremität IV und der Extremitäten V—VII. Da nur die letzteren drei Ovarialschläuche tragen, so ist auch nur bei ihnen Glied 4 stark angeschwollen wie bei Pallene, und Glied 2 trägt keine Ovarialöffnung. Nervensystem ist nicht sehr gross. Oberes Schlundganglion und Ganglion 1 und 2, die einander ohne Zwischentritt von Commissuren berühren, liegen im ersten Segment, Ganglion 3 und die Hälfte von 4 im zweiten, der Rest im dritten Segment. Das Abdominal- ganglion ist deutlich. Der Augenhügel dieser Art ist stumpf und ziemlich breit. Die seitlichen Organe ragen zipfelförmig vor. Der Darmcanal reicht in der Extremität I bis zur Hälfte des ersten Gliedes. Hautdrüsen sehr klein, wenig zahlreich, ebenso die Hautborsten, welche ganz kleine Gabeln darstellen. Zool, Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III, Pantopoda. 26 202 Systematik. Kittdrüsen an der Unterseite des vierten Gliedes der Extremitäten IV—VII ge- legen, auf der Mitte in einen langen röhrenförmigen, nach vorn gerichteten Ausführungsgang mündend. Hoden in den zweiten Gliedern von Extremität VI und VII ausmündend. Ovarien nur in Extremität V—VII reife Eier bildend, von derselben Grösse wie bei Pallene. Auch nur in diesen drei Extremitäten finden sich Mündungen. Länge des Körpers 2 mm. Diese Art ward von mir während des Druckes der vorliegenden Monographie zuerst aufgefunden. Sie lebt zwischen Melobesien-Geröll in der Bocca Piccola, in 90 Meter Tiefe, in Gesellschaft mit Pallene Tiberü, P. phantoma, Ammothea franciscana und Rhyncho- thorax mediterraneus. Wie Neopallene zwischen Nymphon und Pallene zu vermitteln scheint, so lässt sie auch in der Ausrüstung der seitlichen Fortsätze und der beiden ersten Glieder der Beinpaare IV— VII mit dorntragenden Höckern Achnlichkeiten mit Ammothea erkennen. Man könnte daraus also von Neuem schliessen, dass innerhalb der Ammotheiden die allen übrigen Panto- poden zu Grunde liegende Form noch am besten erhalten sei. Vierte Familie: Pycnogonidae. Gattung: Pyenogonum Line. Diese Gattung, welche als älteste der ganzen Classe den Ausgangspunkt zur morpho- logischen Auffassung und zur Benennung derselben gegeben hat, ist fast in jeder Beziehung als die am meisten von der gemeinsamen Stammform der Classe abweichende anzusehen, wie sie aus unseren obigen Analysen und darauf. begründeten Constructionen abzuleiten ist. An Reduction segmentaler Structuren, an Unterdrückung überflüssig gewordener Bildungen, ebenso wie an specifischer Ausbildung allmählich erworbener Züge, ist sie bemerkenswerther, als die übrigen Pantopoden, Rhynchothora® ausgenommen. Körper massiv, in vier bis fünf Segmente gegliedert, deren vorderes den Schnabel meist kragenartig umfasst; die segmentale Gliederung durch Segmentfalten und dazu gehörige Muskulatur deutlich entwickelt; seitliche Fortsätze kurz, aber selbständig, nur die des letzten Paares auf der inneren Seite völlig verschmolzen. Schnabel horizontal nach vorn gerichtet, sehr stark entwickelt; Iippenträger kräftig, Lippen fast rudimentär. Reusenapparat kurz, aber von sehr dicht stehenden Leisten gebildet, deren Zähne gleichfalls äusserst zahlreich sind. Hinterleib horizontal nach hinten gerichtet, kräftig. Pyenogonum nodulosum. 203 Extremität I und II völlig unterdrückt, III nur beim Männchen entwickelt, klein, aber neungliedrig; IV—VII kurz, aber sehr kräftig, häufig mit allerlei Höckern und Knoten ausgestattet, Tarsus klein, ohne Hacken, Sohle ohne starke, spitze Grunddornen, nur mit ge- wöhnlichen stumpfen Stacheln ausgestattet; Kralle klein, Nebenkrallen entweder rudimentär oder ganz fehlend. Augenhügel sehr niedrig. Nervensystem enthält nur vier Bauchganglien, deren vorderstes aus dem für den Schnabel, II und III und dem für IV bestimmten Ganglion verschmolzen ist, somit auch den grössten Umfang besitzt. Das Abdominalganglion ist entweder ganz verschwunden, oder aber, wie bei P. pusillum, noch als eine kleine ganglionäre Anschwellung im Verlauf des einen Abdominalnerven enthalten, während der andere keine Spur mehr davon enthält. Die Ganglien sind durch deutliche Commissuren verbunden. Darmcanal normal, die Schläuche bis ins siebente Glied der Beine, öfters sogar bis in den Tarsus reichend. Hautdrüsen complieirt infolge der ausserordentlich mächtigen Entwicklung der Cutieula und der dieselbe begleitenden Höcker- und Knotenbildungen. Die Mündungen der einzelnen Drüsen laufen meist in eine kleine Vertiefung der Cuticula aus, erheben sich aber innerhalb dieser Vertiefung als kleine freie Röhre nach aussen. Sehr häufig liegt ein Convolut von Hautdrüsen in kammerartigen Höhlungen zusammen. Die Hautborsten sind gablig, die Zinken weit von einander divergirend. Kittdrüsen sind mir leider nicht deutlich geworden infolge zu geringen Materials und der sich entgegenstellenden Untersuchungsschwierigkeiten. Ovarien bilden im Körper und in den Beinen überall reife Eier und erstrecken sich bis in das sechste Glied der Beine. Die Mündungen der Ovarien haben eine sehr bedeutende Reduction erlitten: sie finden sich nur in einem Paar auf dem zweiten Gliede der Extremi- tät VII und liegen mitunter auf der Oberseite. Hodenmündungen sind wie die Ovarialmündungen auf ein Paar auf dem zweiten Gliede der Extremität VII reducirt, liegen aber auf der Bauchseite an normaler Stelle. 1. Pyenogonum nodulosum n. sp. (Taf. XVI, Fig. 1—3.) Körper verhältnissmässig schlank, durch zahlreiche Höcker und Buckel ausgezeichnet; segmentale Falten finden sich zwischen dem vordersten und zweiten, und zwischen diesem und dem dritten Segmente; das vierte entbehrt derselben; das vorderste Segment zeigt eine deut- liche abgerundete seitliche Erhabenheit als Grundlage für die Insertion der zu Grunde ge- gangenen Extremität II. Ein kurzer, gerade abgestutzter Kragen umfasst die Insertion des Schnabels. Die seitlichen Fortsätze sind breit, die hintere Wandung der beiden vorderen Paare durch eine starke Höckerbildung ausgezeichnet, während die beiden hinteren Paare cylindrisch und weniger breit sind. Auf der Oberseite in der Mittellinie des Körpers findet 36* 204 Systematik. man ausser dem Augenhügel noch drei andere stumpfe Höcker, nämlich zwischen den seit- lichen Fortsätzen für IV, V und VI. Desgleichen sieht man auf der Oberseite dieser seitlichen Fortsätze kleinere Höcker ähnlicher Art, die aber auf dem Fortsatz von VI wesentlich kleiner und kaum deutlich unterscheidbar sind. Schnabel halb so lang als der Körper excl. Hinterleib, kräftig, eylindrisch, mit leichter Einschnürung gegen die Spitze zu und abgerundeter Spitze. Ein Buckel findet sich auf der Oberseite, gerade wo die Einschnürung besteht. Ueber die Natur der Lippen und Lippen- träger bin ich mir nicht klar geworden, da ich nur ein einzelnes Exemplar besitze, das diese Verhältnisse nicht deutlich zeigt. Inneres Schnabelskelet schwach oval, fast cylindrisch; der Reusenapparat liegt weit zurück in der Basis des Schnabels und besteht aus ca. dreissig bis vierzig Leisten, die aber ihrer Dichtigkeit und Feinheit wegen sehr schwer zu zählen sind. Die von den Leisten ausgehenden Zähne sind gleichfalls sehr fein und zahlreich, sodass der Reusenapparat zu den feinst ausgearbeiteten der ganzen Classe gehört. Hinterleib schmaler und kürzer als der Schnabel, aber wie jener in der Längsaxe des Körpers gelegen. Bemerkenswerth aber ist, dass er auf einem cylindrischen Fortsatz des Körpers mittelst einer feinen Segmentfalte scheinbar gegliedert ist; doch erreicht die Falte keine solche Ausbildung, um eine wesentliche Beweglichkeit des Hinterleibs zu ermöglichen, obschon eine entsprechende Muskulatur erkennbar ist. Extremität III des Männchens kann ich nicht beschreiben, weil mir nur ein Weibchen vorliegt. Extremität IV alle Glieder mit mehreren Höckern und Buckeln versehen, mit Aus- nahme des dritten, des siebenten und des Tarsus. Kralle ziemlich kurz, leicht gebogen, ohne eine Spur von Nebenkrallen. V—VIH identisch mit IV. Auf Glied 4, 5 und 6 steht an den normalen Stellen je ein grösserer Dorn. Nervensystem besteht aus vier Bauchganglien, die durch lange Commissuren unter einander verbunden sind. Darmcanal reicht mit seinen Schläuchen bis in das siebente Glied. Hautdrüsen in breiten eylindrischen Hohlräumen lagernd; ihre Mündungen ragen als kleine conische Röhrchen aus einer tellerförmigen Einsenkung hervor, welche sich über jeder der Erhöhungen befindet, in deren Hohlraum eine Hautdrüse sich befindet; neben diesen kleinen Röhrchen befindet sich ein zweiter kleiner conischer Zapfen, an dem die kurze, stark divergirende, gabelförmige Hautborste hervorragt; mitunter schliessen sich mehrere Haut- drüsen zu einer kammerartigen Höhlung zusammen, dann trifft es sich auch, dass mehrere Röhrchen und Hautborsten in einer tellerförmigen Vertiefung sich finden. Kittdrüsen kenne ich nicht, da ich kein Männchen besitze. Ovarien unerkennbar, weil ohne reife Eier. Ihre Mündung befindet sich auf der Unterseite des zweiten Gliedes der Extremität VII, aber so nahe dem Hinterrande, dass nur wenig fehlte, um sie gänzlich auf denselben übergehen zu lassen. Hodenmündungen unbekannt wegen Mangels eines Q'. Länge des Körpers 4—5 mm, Pyenogonum nodulosum. 205 Diese Art erinnert einigermaassen an P. Üittorale, ist aber schlanker und wesentlich kleiner, weicht auch bei genauerem Vergleich in fast allen specifischen Merkmalen von der nordischen Art ab. Körper ziemlich schlank im Vergleich zu andern Arten dieser Gattung; deutliche Segmentfalten mit kräftiger dazu gehöriger Muskulatur finden sich zwischen erstem und zweitem und zweitem und drittem Segment, fehlen aber zwischen diesem und dem letzten. Dafür aber zeigt sich der Hinterleib durch Falte und Muskulatur beweglich verbunden mit dem letzten Segmente. Die seitlichen Fortsätze lassen zwischen einander deutliche Zwischenräume frei, die sogar zwischen denen des ersten, zweiten und dritten Segmentes recht beträchtlich sind, während der letzte kleiner ist und die Fortsätze des letzten Segmentes auf ihrer inneren Seite verschmolzen sind. Die seitlichen Fortsätze des ersten und zweiten Segmentes zeigen auf ihrem Hinterrande einen beträchtlichen Höcker oder Buckel, welcher den anderen beiden Paaren fehlt, die auch wesentlich kürzer und schmäler sind, als die vorderen. Auf der Mittel- linie des Rückens über der intersegmentalen Muskulatur finden sich abgerundete stumpfe Buckel, auch auf dem dritten Segment, obwohl dort darunter keine Muskulatur und keine Segmentfalte mehr besteht. Aehnliche, aber viel kleinere und unbedeutendere Buckel stehen auf der Oberseite nahe der Spitze der seitlichen Fortsätze, doch sind sie auf dem letzten Paare kaum mehr zu erkennen, auf dem vorletzten auch ziemlich geringfügig. Schnabel ziemlich lang, walzenförmig; zwischen der Mitte und der Spitze etwas ver- engert, an der Stelle der grössten Verengerung findet sich gleichfalls ein mittlerer Buckel, der denen auf dem Körper durchaus gleicht, ja wohl noch etwas höher und distincter ist. Vorn ist der Schnabel durchaus gerundet, Lippenträger und Lippen unerkennbar. Reusenapparat und inneres Schnabelskelet wie in der Diagnose angegeben. Hinterleib an der Basis am schmalsten, gegen die Mitte etwas erweitert, zur Spitze hin sich verengernd. Extremität IV äusserst höcker- und buckelreich. Glied 1 zeigt einen oberen und zwei seitliche Buckel, einen nach vorn und einen nach hinten gerichteten; der erstere ist schmaler und höher als der letztere; das zweite Glied zeigt zwei Höcker, beide seitlich ge- legen, aber der Oberseite zugewendet; das dritte Glied weist die Andeutung eines Höckers an der Unterseite auf; das vierte ist damit über die Maassen reich versehen; auf der Mitte der Oberseite finden sich vier Buckel, einer dicht vor dem andern, und zwar jeder folgende etwas grösser, als der vorhergehende; ein weiterer Buckel findet sich zwischen Hinterrand und Unterseite, vor diesem noch eine Andeutung eines weiteren; ferner sind alle vier Ecken der Spitze zu Buckeln umgeformt, deren beide unteren einfach, etwas nach oben gekrümmt sind, während die beiden oberen noch in drei secundäre Buckel gespalten sind. Das ganze Glied ist ausserdem stark gekrümmt. Diese vier ersten Glieder zeigen auch einen beträchtlich grösseren Durchmesser, als die folgenden. Glied 5 zeigt fast die ganze Oberseite mit Buckeln und Höckern ausgestattet, auch stehen zwei kleinere an der Spitze der Unterseite. Auch das verhältnissmässig kurze sechste Glied hat mehrere Höcker auf der Mitte der Oberseite, von 206 Systematik. denen der erste der grösste ist, und je einen jederseits vor der Spitze. Beide letztgenannten Glieder zeigen je einen ziemlich langen Dorn auf der Oberseite vor der Spitze. Im Uebrigen sind kurze und stumpfe Dornen, freilich spärlich, überall zu erkennen, dichter aber stehen sie nahe der Unterseite des sechsten Gliedes. Glied 7 ist mittlerer Grösse, mit ziemlich langer Sohle, die ebenfalls von einer beträchtlichen Zahl stumpfer, kurzer Dornen besetzt ist. Eine ebensolche Reihe Dornen steht auf der ganzen Länge der Sohle des Tarsus, auf dessen Ober- seite sie auch vorhanden sind, wenn schon weniger regelmässig; der Tarsus ist cylindrisch, wenig gekrümmt; die Kralle nicht halb so lang, mit starkem Basalstück, an das die Muskulatur des Tarsus sich ansetzt; von Nebenkrallen keine Spur. Extremität V, VIund VII unterscheiden sich von IV nur durch die geringere Aus- bildung der mittleren Buckel auf Glied 4; die beiden ersten dieser vier Buckel sind bei den genannten drei Extremitätenpaaren wesentlich niedriger. Nervensystem mit verhältnissmässig kleinen Ganglien ausgestattet; ihre Gestalt ist rhombisch, unter einander sind sie durch lange Commissuren verbunden, nur das vierte Bauchganglion zeigt kürzere Commissuren. Der Lage nach findet sich das erste Bauch- ganglion im ersten Segment, das zweite und dritte im zweiten, das letzte am Vorderrande des dritten. Ob eine Spur des Abdominalganglions erhalten ist, vermochte ich durch die dicken Chitinwandungen nicht zu erkennen. Der Augenhügel ist niedrig und breit, die Augen jeder Seite berühren sich, werden aber in der Mittellinie beträchtlich von einander geschieden. Vom Darmcanal ist nur zu sagen, dass seine Schläuche bis ins siebente Glied der Beine reichen. Sehr bemerkenswerth ist die Structur der Hautdrüsen. Die Höhlungen der Chitin- wandung, in denen sie liegen, sind grösser, als bei irgend einer bisher beschriebenen Art. Ebenso ist die Dieke der Cuticula beträchtlicher. Beides zusammen bewirkt, dass die gesammte Körperwandung eine Art warziges Aussehen gewinnt, und dass jede Warze einer oder mehreren Hautdrüsenmündungen entspricht. Die Höhlung dieser Warzen ist nicht vollständig durch die Drüse ausgefüllt, nur ihr centraler Raum enthält die oberen Enden der die Drüse bilden- den Zellen. Auf der abgerundeten, durch die Chitindecke gebildeten Kuppe jedes Hohlraums findet sich eine von aussen nach innen eingedrückte tellerförmige Vertiefung, in deren Mitte sich eine kleine kurze Röhre wiederum nach aussen begibt. Dieses Röhrchen ist der eigent- liche Ausführungsgang der betreffenden Drüse. Neben sich hat diese Röhre einen zweiten kurzen Canal und darüber eine ebenfalls kurze conische Ausstülpung: das Lumen der Haut- borste, die zur Drüse gehört. Die Borsten sind gabelförmig, ihre Aeste klein, aber sofort beim Beginn stark divergirend, fast im Winkel von 180°. Ich habe keine einzige Hautdrüsen- höhlung ohne diese beiden Bildungen, Ausführungsröhrchen und Hautborstencanal gesehen, — was beweist, wie nahe beide Bildungen in ihrer Functionirung auf einander angewiesen sind. Es trifft sich aber häufig, besonders in den zahlreichen Buckeln und Höckern des Körpers Pyenogonum pusillum. 207 und der Beine, dass eine Höhlung zwei Drüsenkörper in sich aufnimmt, wie auch, dass kammerartige Höhlungen sich bilden. Die Ovarien konnte ich nicht deutlich unterscheiden, da reife Eier sich nur sporadisch sowohl im Körper, als auch in den Beinen vorfanden. Ihre Ausdehnung bleibt daher zweifel- haft. Die Mündung befindet sich auf der Unterseite, aber in der Nähe des Hinterrandes, dicht unter dem Höcker der Hinterseite des Gliedes. Die Oeffnungsmuskulatur der Klappe geht quer über die Unterseite des Gliedes weg. Weder über die Hoden noch Eier oder Larven vermag ich etwas zu sagen; das einzige Weibchen, das ich besitze, stammt vom Posilipp von der Stelle, welche »i due frati« ge- nannt wird. 2. Pyenogonum pusillum x. sp. (Taf. XVI, Fig. 4—8.) Körper in vier deutliche, durch Segmentfalten verbundene Segmente getheilt, eine Chitinspange am vorderen Segmente deutet ausserdem die relative Selbständigkeit des zur Ein- lenkung von III dienenden vordersten Abschnittes an. Die Oberfläche der einzelnen Segmente ist von vorn nach hinten ein wenig gewölbt, über jeder Segmentfalte in der Mittellinie er- hebt sich ein beträchtlicher Höcker; die seitlichen Fortsätze sind ebenso breit, wie die Segmente, auf ihrer Oberseite findet sich jederseits ein beträchtlicher Buckel. Schnabel conisch, mit leicht gebogenen Wandungen, vorn abgestutzt; Lippenträger gerundet mit wenig accentuirter Spitze. Länge des Schnabels etwa die der Hälfte des Körpers. Reusenapparat basal gelegen mit ca. vierzig Leisten. Hinterleib gleichfalls conisch, spitz zulaufend, nicht länger als das letzte Segment des Körpers. Extremitäten mit breitem umfangreichen Basalgliede; alle übrigen Glieder mit ge- ringerem Durchmesser versehen, und zwar jedes folgende Glied etwas geringer an Durchmesser, als das vorhergehende. Das vierte Glied wenig vor den anderen ausgezeichnet, zeigt nur an der Unterseite eine kleine basale Vorwölbung; auf den Spitzen des vierten, fünften und sechsten Gliedes je ein Dorn; an der Unterseite der Spitze von 6, ferner die Sohle von 7 und der Tarsus mit stumpfen Stacheln besetzt; Tarsus leicht gebogen, Kralle halb so lang, kräftig gebogen, kleine Nebenkrallen an der oberen Einlenkungsstelle der Kralle Nervensystem aus vier Bauchganglien von beträchtlicher Grösse bestehend, mit gleichfalls gut entwickelten Längscommissuren. Darmcanal bis in die Basis der Tarsen reichend. Hautdrüsen in tiefen Höhlungen der sehr dicken Chitinwandung gelegen, in jeder nur eine, mit mittlerer Ausmündung, die aber nicht, wie bei voriger Art, durch eine vorragende Röhre, sondern nur durch eine mittlere Längsspalte geschieht. Die Hautborsten sind wiederum kleine Gabeln. Auf der Oberfläche der Hautdecken, welche über den einzelnen Hautdrüsenhohlräumen leicht gewölbt nach aussen vorragen, sieht man eine dicht stehende 208 Systematik. Masse kleiner Zacken vorspringen. Dieselben sind aber geschlossen und keineswegs mit den Mündungen der Hautdrüsen zu verwechseln. Oft umgeben zwanzig bis dreissig solcher Zacken eine einzige Hautdrüsenmündung. Ovarien wie bei der vorigen Art, sehr geräumig, tragen reife Eier im Körper wie in den Beinen. Ihre Mündung befindet sich auf der Oberseite des zweiten Gliedes der Extremität VD. Hodenmündungen vermag ich nicht zu beschreiben, da ich kein intactes Männchen besitze. Länge des Körpers 3 mm. Durch die geringere Grösse, die geringere Ausstattung mit Höckern und Buckeln, die Anwesenheit kleiner Nebenkrallen und die Lage der Ovarialmündungen auf der Oberseite der Beine leicht von der vorhergehenden Art zu unterscheiden. Körper bei eingezogenen Segmentfalten im Grossen und Ganzen oval; die seitlichen Fortsätze einfach, auf ihrer Oberseite jederseits mit einem Buckel versehen, ebenso die drei vorderen Segmente auf der Mittellinie. Am vorderen Segmente ist der Abschnitt, welcher II und III zu tragen bestimmt wäre, deutlich durch eine Querspange von dem Haupttheil des Segmentes geschieden und kragenartig über die Basis des Schnabels hinüber gestülpt. Wird aber die Segmentfalte, welche Schnabel und vorderstes Segment verbindet, ausgereckt, so bleibt jener vorderste Abschnitt des Körpers als eine Art conischer Halstheil sehr distinet bemerkbar. Die Vorderseite der seitlichen Fortsätze für IV ist mit dem Segmentkörper fast ganz verschmolzen. Das hinterste Segment besteht fast nur aus den verschmolzenen seitlichen Fortsätzen, auf der Unterseite allein ist ein kleiner dreieckiger Theil des Segmentkörpers er- halten. Der ganze Körper des Thieres ist von einer Seite zur andern gewölbt, so dass die Längslinie der Mitte zugleich der höchste Theil des Körpers ist. Der Schnabel ist regelmässig conisch, zeigt keinen Höcker oder Buckel, auch keine Einschnürungen. Vorn ist er abgestutzt; die Lippenträger flach gerundet, der höchste "Theil des Bogens etwas gespitzt. Das innere Schnabelgerüst im vorderen Theile des Schnabels tonnenförmig, im hinteren sich rasch verschmälernd, an der Basis den aus ca. vierzig Leisten bestehenden, sehr fein und dicht mit Reusen versehenen Reusenapparat bildend. Hinterleib kurz, conisch, zugespitzt endend, die Chitinleisten, welche die Analspalte seitlich umfassen, concav. Hinterleib wie Schnabel liegen in der Körperebene. Augenhügel niedrig. Extremitäten kurz, das Grundglied breit, fast vom selben Durchmesser wie die seit- lichen Fortsätze; die folgenden Glieder progressiv schmaler werdend, ohne Höcker, nur am vierten Gliede auf der Unterseite eine basale Anschwellung. Die normalen Dornen auf der Oberseite des vierten, fünften und sechsten Gliedes fehlen auch hier nicht; ebenso wenig die kürzeren, aber zahlreicheren auf der Unterseite der Spitze des sechsten, des ganzen siebenten Pyenogonum pusillum. 209 Gliedes und des Tarsus. Bei letzterem ist aber bemerkenswerth, dass an der Basis keine Stacheln sich finden, dass sie eben nur so weit reichen, wie die eingeschlagene Kralle reicht. Letztere ist kräftig und stärker gebogen als bei der vorigen Art, an ihrem Grunde, dicht neben dem Tarsus, entspringen zwei kleine, aber sehr deutliche Nebenkrallen. Vom Nervensystem, dessen Lagerung mit dem der vorigen Art übereinstimmt, ist als besonders auffällig zu bemerken, dass vom rudimentären Abdominalganglion nur eine sehr sonder- bare Andeutung übrig geblieben ist. Unter den Längsschnitten, die ich von zwei Exemplaren dieser Art gemacht habe, befindet sich einer, der die Ganglienkette intakt geliefert hat, was darum sehr glücklich ist, weil die dicke Chitinwandung die Schnitte sehr erschwert. Es zeigt sich nun, dass von der Hinterseite des letzten grossen, für VII bestimmten Ganglions die beiden dünnen Abdominalnerven ausgehen, und dass nicht weit von ihrem Ursprung, aber einge- schaltet in den Verlauf des einen Nerven, eine neue ovale Anschwellung zu erkennen ist, welche ca. 15 deutliche Ganglienzellen enthält, deren Contour und Kerne schön gefärbt sind. Im zweiten Abdominalnerven sieht man nur ganz geringe Spuren von zwei bis drei Zellen. Offenbar haben wir es hier mit den Resten des Abdominalganglions zu thun. Die Structur der Haut in Verbindung mit dem Hautdrüsen-System ist wiederum sehr bemerkenswerth bei dieser Art. Durch eine reichliche Anzahl grosser und kleiner innerer Chitinbalken ist die Chitinwandung des Körpers und der Beine an vielen Stellen gekammert; aber für die Hautdrüsen ist doch immer nur je eine Höhlung eingerichtet, deren Kuppe aber gewöhnlich als kleine Wölbung nach aussen vorragt. Auf den meisten dieser Kuppen sieht man nun um die centrale, spaltförmige Mündung der Hautdrüse und um die schwer erkennbare, gabelförmige Hautborste eine grosse Zahl sehr dicht stehender Zäpfchen, welche geschlossen sind, der Körperoberfläche ein gezähneltes Aussehen verleihen und bei oberflächlicher Prüfung leicht als ebenso viel Drüsenöffnungen angesehen werden können, — was indess durchaus irrig wäre. Eine ähnliche Structur der Körperwandung kommt auch -bei Pycnogonum littorale vor. Die Ovarien scheinen hauptsächlich im Körper und in den ersten Gliedern der Beine ihre Entfaltung zu finden, ich vermochte leider nicht zu bestimmen, wie weit sie bis in die entfernteren Glieder der Extremitäten vordringen. Nach dem Befund und der Lagerung der Eier im Körper zu urtheilen verschmelzen die beiderseitigen Ovarien auf grössere Strecken als bei den übrigen Pantopoden. Die Mündungen liegen, wie auch bei P. Üittorale, auf der Oberseite des zweiten Gliedes des letzten Beinpaares und sind, ebenso wie bei jener, von beträchtlicher Grösse. Weder von Extremität III noch von den Hoden und ihren Mündungen und von den Kittdrüsen kann ich bestimmte Mittheilung machen. Auch habe ich weder Eier noch Larven untersuchen können, kenne auch nicht den Aufenthaltsort dieser Art näher, welche mir in vier Exemplaren vom Posilipp und vom Castell dell’ Uovo gebracht worden ist. Würde die Analogie mit P. Üittorale noch weiter reichen, so wäre die Hodenmündung am Hinterrand der Unterseite des Extremitätenpaares VII zu suchen, die Extremität III zehn- Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 27 210 Systematik. gliedrig und alle Glieder ziemlich kurz, an der Unterseite des kragenartigen Vordertheils des ersten Segmentes eingelenkt sein und keine Dornen oder Stacheln tragen. Der Eiersack würde nur ein einziger, von beiden Extremitäten III zugleich getragener sein. Ueber die Kittdrüsen vermag ich auch bei P. Üittorale keinen Aufschluss zu gewinnen. Gattung: Rhynchothorax 0. Costa. Körper länglich, äusserlich der Gattung Pyenogonum ähnlich. Zwei starke Segment- falten zwischen Segment 1—2 und 2—3. Die seitlichen Fortsätze frei, die für II stark vor- ragend, während die für III gänzlich unterdrückt sind und die Einlenkung von III in der Weise der Gattung Ammothea an der Bauchseite geschieht. Schnabel oval, nach der Spitze zu verschmälert. Lippenträger spitzbogig, abge- rundet, der des oberen Antimeres verkürzt, in die obere Wandung des Schnabels aufgegangen, woselbst zwei schräg-gerundete Leisten ihn ’andeuten. Lippen gleichfalls spitzbogig, die des oberen Antimeres ist völlig unterdrückt. Reusenapparat normal. Hinterleib nach hinten in der Ebene der Längsaxe gerichtet. Extremität I fehlt. Extremität II mächtig entwickelt, Glied 1—4 sehr kräftig, wie die Extremitäten IV’— VII; Glied 1 durch Ankylose mit dem betreffenden Seitenfortsatz ver- bunden. Glied 2 durch Ankylose mit Glied 1, Glied 5 mit Glied 4 ebenso verbunden, Glied 6—7 desgleichen; Glied 5—8 wesentlich zarter gestaltet; ein sehr starker, gegen den Mund zu gerichteter Dorn befindet sich auf der Innenseite von Glied 5. Extremität III elf- gliedrig, die letzten fünf Glieder ohne fiderspaltige Dornen, aber mit Höckern versehen, die in eimen starken, gekrümmten Zahn auslaufen und kleinere Zähne davor und dahinter tragen, der obere Rand dieser Glieder nicht gerade, sondern bucklig gewölbt; das elfte Glied eine kräftige Kralle bildend. Extremität IV— VII im Wesentlichen gleich gestaltet, Glied 1 breiter als lang, Glied 2 und 3 auch kräftig, aber schmaler, Glied 4 wieder etwas schmaler; Glied 5—9 noch schmaler. Hautdrüsen zahlreich, in tiefen Höhlungen gelegen, ähnlich wie bei Pyenogonum ; Hautborsten klein, gablig. Darmcanal erstreckt seine seitlichen, Drüsenzellen tragenden Schläuche nur bis in das Glied 1 der Extremität IV—VII; die diese Schläuche befestigende Membran lässt sich aber bis in das sechste Glied verfolgen. Eine circulirende Bewegung der Darmkörper habe ich nicht wahrgenommen, nur im Afterdarm befanden sich einige lose Darmkörperchen. Herz vorhanden, aber nur auf Schnitten nachweisbar. Kittdrüsen nur in einem Paar vorhanden, in einem dem Geschlechtshöcker der Ammotheiden ähnlichen Fortsatz an der Hinterseite des Gliedes 3 der Extremität VI, in mehr- fachen Oeffnungen ausmündend. Geschlechtsdrüsen bei beiden Geschlechtern nur im Körper gelegen, ohne Schläuche Rhynchothorax mediterraneus. 211 für die Extremitäten, die Ovarien reichen eben wie die Hoden nicht über die seitlichen Fort- sätze weg. Ein Paar Geschlechtsöffnungen in beiden Geschlechtern auf der Unterseite des Gliedes 2 der Extremität VII, wie bei Pyenogonum. Ei- und Larven-Entwicklung unbekannt. Die vorliegende Gattung ward im Jahre 1861 von Oronxzıo Costa in der Microdoride p: 7—9 zum ersten Male beschrieben und abgebildet. So fehlerhaft auch Beschreibung und Abbildung sind, so erlaubte mir doch die höchst charakteristische Gestalt des einzigen Exem- plares, das ich vor einigen Jahren in dem Dredgematerial aus der Bocca piccola erhielt, sofort, darin das von Costa beschriebene Thier wiederzuerkennen. Leider verlor ich dasselbe, ehe ich es noch einer genaueren Untersuchung unterwerfen konnte, und erst während des Druckes der Monographie fand ich wieder einige Exemplare an derselben Stelle auf. Freilich ist der Schnabel vorn nicht mit zwei grossen, nach innen gekrümmten Zähnen besetzt, wie Costa abbildet und beschreibt, und noch weniger der Hinterleib amphipodenmässig aus sieben Segmenten bestehend, wie es in der Microdoride steht; dennoch aber bietet dieses kleine Thier die grössten Abnormitäten von der herkömmlichen Structur der Pantopoden dar, die mir bisher vorgekommen sind. Nicht nur die auffallende Conformation des Schnabels, dessen oberes Antimer in der Entwicklung zurückbleibt und keinen Antheil an der Mundbildung nimmt, so dass nur zwei seitliche Lippen und Lippenträger vorhanden sind, auch die auf- fallende Kürze der Darmschläuche und des Ovarium, welche beide nicht in die Extremitäten IV—VI eintreten, das völlige Fehlen der Kittdrüsen an der herkömmlichen Stelle, d. h. in den vierten Gliedern der Extremitäten IV’—VII, die auffallende Entwicklung der Extremität II und die abweichende Gestalt der Extremität III, — alles das macht aus Rhynchothora® den durch Abnormitäten bemerkenswerthesten Pantopoden. Wie weit seine Eigenthümlichkeiten auf generische, wie weit nur auf specifische Kenn- zeichen verwerthbar, muss dahingestellt bleiben; die möglichst ausführliche Beschreibung lasse ich hier folgen. 1. Rhynchothorax mediterraneus O. Costa. (Taf. XV, Fig. 1—9.) Körper mit je einem starken centralen Höcker auf den drei Segmenten. Seitliche Fortsätze von einander getrennt. jeder mit einem starken Höcker versehen. Schnabel oval, Lippenträger spitzbogig abgerundet, neben einander parallel gerichtet. Augenhügel in einen langen, über die Mitte des Schnabels reichenden Höcker nach vorn verlängert. Extremität I sehr kräftig, Glied 5 mit einem starken, vor die Mundöffnung reichenden Dorn ausgerüstet. Extremität III mit grossen dorntragenden Höckern an Glied 7—10 versehen. 21% ID Systematik. Extremität IV—VII mit buckeltragenden Basalgliedern, schmaleren Endgliedern, ohne Nebenkrallen. Körper durch zwei Segmentfalten in drei Abschnitte getheilt; der mittelste ist der kleinste, der vorderste der grösste, jeder derselben trägt einen starken centralen Höcker, der mit secundären Höckern und verschiedenen Dornen ausgestattet ist; auf dem vorderen findet sich jederseits hinter dem Augenhügel ein kleinerer Höcker. Die seitlichen Fortsätze sind deutlich von einander geschieden, keiner berührt sich mit seinen Nachbarn; jeder trägt einen breiten, abgerundeten Höcker auf der Oberseite nahe am Ende, die der beiden hinteren Paare sind kleiner, als die der vorderen; der Breitendurchmesser der einzelnen Segmente mit den dazu gehörigen seitlichen Fortsätzen nimmt von vorn nach hinten allmählich ab. Schnabel drei Mal so lang, als breit, oval, gegen die Spitze verschmälert; die kurze Basis stark verschmälert; Lippenträger des oberen Antimeres als zwei geschwungene Leisten am Beginn des letzten Drittels in die äussere Schnabelwandung aufgegangen, Lippenträger der beiden unteren Antimeren parallel gerichtet, spitzbogig abgerundet, Lippen desgleichen. Hinterleib cylindrisch, ”/, der Länge des Schnabels. Augenhügel sehr gross, in einen beträchtlich langen, bis über die Mitte des Schnabels reichenden horizontalen Höcker verlängert, zwischen den beiden hinteren Augen zeigt sich ein kleinerer secundärer Höcker. Extremität II überaus kräftig, Glied 1 ankylotisch mit dem dazu gehörigen Seiten- fortsatz und mit Glied 2 verbunden, zusammen bis zur Mitte der horizontalen Verlängerung des Augenhöckers reichend. Glied 3 lang, stark, an der Spitze mit einem schräg nach oben und vorn gerichteten, breiten und starken Höcker versehen, Glied 4 kurz, mit kleiner, oben gelegener Anschwellung an der Stelle, wo es mit Glied 5 verschmilzt, welches letztere ganz kurz ist, dünnere Wandung zeigt und mit einem mächtigen, schwertförmig gekrümmten Dorn an der Innenseite ausgerüstet ist, der sich mit dem der anderen Seite gerade vor der Mundöffnung begegnet. Glied 6 ganz klein, Glied 7 nur knopfförmig, beide mit den üblichen Tastborsten der Endglieder der Extremität II ausgestattet. Extremität III nahe der Mittellinie auf der Bauchseite eingelenkt, gerade an der Stelle, wo die Einbuchtung zwischen den seitlichen Fortsätzen für IH und IV am tiefsten reicht. Glied 1 ist ganz klein, von dem basalen Seitenfortsatz fast kaum unterschieden, Glied 2 und 3 etwas länger, beide zusammen so lang wie Glied 4; letzteres leicht gekrümmt, Glied 5 etwas kürzer als 4, stärker gekrümmt, distalwärts keulenförmig angeschwollen, Glied 6 so lang wie 4, gerade an der Basis etwas schmaler, Glied 7—10 bucklig geschwollen, jedes einzelne trägt auf der Innenseite einen Höcker, auf dem 2—4 nach vorn gekrümmte starke Zähne sich finden; vor dem Zahn und Höcker des letzten Gliedes befindet sich noch eine fein gezahnte Schneide, welche bis an das Ende des Gliedes reicht und bei dem Einschlag des elften Gliedes, einer kräftigen, stark gekrümmten Kralle, der Schneide dieser letzteren entgegen kommt. Beide Rhynchothorax mediterraneus. 213 Extremitäten III werden meist nach vorn und aussen gerichtet getragen, doch so, dass die Glieder 4 und 5 ein Knie nach hinten bilden. ; Extremität IV—VII mässig lang, mit kräftigen Basalgliedern ausgestattet, deren Querdurchmesser zufolge der Ausbuchtung der Seiten beträchtlich grösser ist, als der Längs- durchmesser, auch etwas grösser, als der Durchmesser der seitlichen Fortsätze; auf der Ober- seite findet sich ein kräftiger Höcker; Glied 2 etwas schmaler als Glied 1; Glied 3 noch etwas schmaler; alle drei von ziemlich gleicher Länge. Glied 4 wieder etwas schmaler von oben nach unten betrachtet; im Profil so breit wie Glied 3; ein nicht grosser Dorn auf der Spitze, ein noch kleinerer etwas vorher; Glied 5 ziemlich gleich lang, bei Extremität IV etwas länger als Glied 4, mit einem ziemlich langen Dorn nahe der Spitze; Glied 6 weniges kürzer als Glied 5, distalwärts leicht geschwollen, mit einem noch längeren Dorn; Glied 6 klein, mit einem kleinen Dorn an der Unterseite, der Tarsus so lang wie Glied 6, leicht gekrümmt, an der Unterseite fünf bis sieben kleine Dornen, auf der Oberseite drei bis vier; die Kralle kaum halb so gross wie der Tarsus, kräftig, ohne Nebenkrallen. Die Structur der Haut und Hautdrüsen nähert sich am meisten derjenigen, die ich von Pyenogonum beschrieben habe. Die Hautdrüsen sind sehr zahlreich, jede einzelne mündet in einem kleinen Höcker aus, welcher über die Hautoberfläche mässig vorragt. Durch diese zahlreichen Höcker gewinnt die Oberfläche des ganzen Körpers und die eines Theiles der Extremitäten ein gekörntes Aussehen; von den Extremitäten sind es bei II und IV—VI Glied 1—4, die dies gekörnte Aussehen ihrer Oberfläche besitzen. Auch die übrigen Theile besitzen Hautdrüsen, aber weder stehen sie so dicht, noch 'sind sie so vorspringend. Auf jedem dieser Höckerchen findet sich eine ganz kleine Borste und eine aufrecht stehende gablige Hautborste. Am deutlichsten sieht man all diese Bildungen am Hinterleibe. Eine besondere Ausbildung erfährt das System der Hautdrüsen beim Q' am dritten Gliede der Extremität VI. Dort findet sich nämlich ein nach hinten gerichteter Fortsatz, welcher durchaus an die Geschlechtshöcker der Q' von Ammothea erinnert; diese sind aber zum zweiten Gliede der Extremitäten VI und VII gehörig und tragen auf ihrer Spitze die Mündungen der Hoden, während bei Rhynchothoraw die Hodenmündung wie bei Pycnogonum nur auf der Extremität VII sich findet. Der erwähnte Fortsatz zeigt viele einzelne Mündungen von Hautdrüsen, deren zugehörige Schläuche aber in drei Convoluten bis in das Innere des betreffenden Beingliedes sich verfolgen lassen; in dem Höcker erkennt man beim lebenden 'Thiere, wie jede Mündung ihren einzelnen Schlauch empfängt, dessen Wandung aber nicht in der Weise chitinisirt ist, wie etwa die feinen Ausführungsröhrchen der einzelnen Componenten der Kittdrüsen bei den anderen Arten der Pantopoden. Bei conservirten Stücken schrumpfen diese Schläuche zusammen, so dass man ihr Gesammtconvolut die Axe des Höckers einnehmen sieht, während sie im Leben den ganzen Höcker ausfüllen. Die betreffenden Höcker sind etwas länger als das Glied, das sie trägt. Das Nervensystem ist verhältnissmässig klein und concentrirter, als bei anderen Pantopoden. Von Längscommissuren zwischen den einzelnen Ganglien der Bauchkette sind 214 Systematik. nur Spuren vorhanden zwischen Ganglion 2 und 3 und Ganglion 3 und 4. Dort findet sich je ein kleiner runder Zwischenraum zwischen den betreffenden Ganglien und Commissuren ; an den Berührungsstellen der übrigen Ganglien ist davon nichts mehr übrig geblieben. Die Gestalt der einzelnen Ganglien ist fast viereckig, Längs- und Querdurchmesser sind fast überall gleich breit, und die Abgangsstellen der Nerven treten nicht so weit an den Seiten hervor, wie bei andern Arten. Das letzte grosse Ganglion ragt mit seinem Hinterrand etwas über die Segmentfalte zwischen dem zweiten und dritten Segment hinaus, in der Mitte des Hinterrandes steht als kleiner Vorsprung das Abdominalganglion, von dem scheinbar nur ein einzelner Nerv an das Abdomen abgeht; indess erweist genauere Untersuchung, dass beide Nerven nur sehr nahe an einander gerückt sind. Die Schnabelganglien sind in normaler Lage vorhanden, die drei Hauptganglien liegen an der Stelle, von der die beiden Leisten der in die äussere Wandung aufgenommenen Lippenträger des oberen Antimers ausgehen. Sie sind mässig gross. Die Verdauungsorgane zeigen auf den ersten Blick die auffallende Eigenthümlich- keit, fast nur auf den Innenraum des Rumpfes selbst beschränkt zu sein. In der That reicht aber die tunica propria der Darmschläuche bis in die Spitze des sechsten Gliedes, der Besatz mit Darmzellen aber ist fast regelmässig nur auf die Abschnitte beschränkt, welche im Rumpf und in den Basalgliedern von IV—VII enthalten sind. Ich habe aber auch Exemplare, bei denen in einer oder der andern Extremität bis in das dritte Glied Darmzellen zu erkennen | sind. Im Zusammenhang mit dieser Reduction der Drüsenzellen steht wahrscheinlich auch der Umstand, dass man niemals die Circulation der Darmkörperchen bemerkt, nur im After- darm erscheinen einige lose Elemente. Das Herz ist nur auf Querschnitten nachweisbar. Es scheint mit allen übrigen Arten in Uebereinstimmung zu sein. Sein Innenraum ist beträchtlich, seine Seitenwände fast vertical, die untere Wandung verschmilzt mit dem ausgespannten Septum, sodass man beide nicht ge- trennt unterscheiden kann. Auch die Geschlechtsorgane zeigen sich in ähnlicher Weise concentrirt. Die Ovarien erstrecken sich nur bis an die Spitzen der seitlichen Fortsätze; die reifen Eier nehmen den ganzen Innenraum des Rumpfes bis an diese Stelle ein, aber ragen nicht darüber hinaus. Die Hoden sind lange Röhren, welche, ohne weitere Schlauchbildungen einzugehen, bis an das Körperende gehen, dort verschmelzen sie in der Mitte und entsenden die kurzen Schläuche an die Mündungen. Sie sind nur auf Schnitten zu erkennen. Die Ovarial- und Hodenmündungen liegen an der Unterseite nahe dem Hinterrande des zweiten Gliedes in der Extremität VI. Kittdrüsen sind nicht vorhanden an der gewöhnlichen Stelle im vierten Gliede der Beinpaare. Die Grösse der ausgewachsenen Thiere ist 1'/, mm. Ich habe sie bisher nur auf 90 Meter Tiefe an einer bestimmten Stelle der Bocca piccola in der Nähe Uapri’s gefunden. Leider befand sich zwischen den bisher gefundenen Individuen Rhynchothorax mediterraneus. 215 kein eiertragendes Männchen, wohl aber zahlreiche Männchen ohne Eier und einige Weibchen mit reifen Eiern. Auch ein jüngeres Stadium ist aufgefunden, dessen Unterschiede von den ausgereiften Formen ich nachfolgend angeben will. In der allgemeinen Configuration des Körpers ist kein Unterschied zu bemerken. Die Körperwandung ist wesentlich zarter, infolge dessen springen auch die kleinen Höckerchen, in welchen die Hautdrüsen münden, stärker vor; wenn später die Chitinschicht sich wesent- lich verdickt, gleicht sich der Unterschied mehr aus, und für die Drüsen entstehen die Hohl- räume. Die centralen Höcker auf den einzelnen Segmenten werden ebenfalls stärker, büssen aber die vorragenden Spitzen ein, durch welche sich die Höcker der Jugendform vor den Erwachsenen auszeichnen. Von Extremität I ist keine Spur mehr vorhanden, Extremität II gleicht durchaus der Gestalt, die sie bei den reifen Thieren hat, mit dem Unterschiede, dass auch hier die Dicke der Wandung bei Glied 1—4 noch fehlt; aber der Höcker auf Glied 4 ist, wenn auch etwas kleiner, ebenso vorhanden, wie der grosse Dorn auf der Innenseite von Glied 5. Das Excretionsorgan sieht man deutlich nahe der Basis von Glied 4 ausgespannt; es ist sehr klein, bedeutend breiter als hoch. Extremität III ist noch wenig entwickelt; die einzelnen Glieder sind nur unsicher abgegrenzt gegen einander und bei Weitem nicht alle entwickelt. Die Kralle ist als stumpfer Haken aber schon sehr deutlich. Die Lagerung der Extremität III ist auffallend; sie ist nämlich in einer Schneckenwindung nach vorn auf- gewunden, sodass sie, oberflächlich betrachtet, wie ein halbkugliger Höcker erscheint. Bei Zusatz von Alcohol oder Reagentien rollt sie sich indess sogleich auf und richtet sich nach vorn. An den Extremitäten IV—VII ist kein Unterschied von der Gestalt der Erwachsenen zu bezeichnen. Historisch-kritische Uebersicht über die Literatur der Pantopoden von LINNE bis zum Jahre 1850. Die Uebersicht der Pantopoden-Literatur beginnt, wie üblich, bei Lmsf. In der XI. Ausgabe des Systema naturae Il p. 1027, publieirt im Jahre 1767, finden wir unter dem Namen Phalangium grossipes die Beschreibung eines Nymphon, wie folgt: Phalangium grossipes. 1. P. corpore minuto cylindrico humeris tuberculato, pedibus longissimis. Habitat in mari norvegico: tardissimum Mytilorum testasque penetrat. Corpus eylindricum, minutum, articulatum, artieulis antice supra tubereulo notatum. Antennae capitis, 2, setaceae. Os Palpis 2, biartieulatis, chelatis. Pedes $, setacei, longissimi, ut in Ph. opilione. Tentacula pectoris, 2, filiformia, corpori parallela, pone anum patentia, in medio chelata (unde Caneris affınis videtur). Cauda linearis, angusta. Mirum tam parvum corpus regere tam magnos pedes. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist mit dieser Beschreibung ein Nymphon gemeint. Mit Antennae bezeichnet Linn£ die Extremität Ii, während er den Ausdruck palpi für Extremität I verwendet. Die Eierträger, Extremität III, nennt er tentacula pectoris. In dieser kurzen Beschreibung finden wir schon die Andeutung des späteren Schwankens, ob die Pyenogoniden den Krustern oder den Arachniden beizuordnen seien. Lixnn& vergleicht die Extremitäten IV— VII mit denen von Phalangium opilio, während ihm die Gestalt der Eierträger »cancris affinis« erscheint. Gleich darauf folgt die Beschreibung von Pyenogonum littorale unter dem Namen Phalangium Balaenarum. 6. P. abdomine dilatato muricato, rostro tubulato. Habitat in mari norvegico sub lapidibus. Simillimus Onisco Ceti, sed pedes omnes pluribus articulis, omnes perfecti, nec plures quam octo. Dorsum rubrum pluribus segmentis: singulis 3 mucronibus. Cauda eylindrica, brevissima, truncata. Rostrum membranaceum, subsubulatum, longitudine pedum. Genus dubium, facie Onisei ceti, rostro, a reliquis di- versum. Cum solo rostro absque maxillis sit, forte aptius Acaris aut proprio generi subjiciendum. Linn£ hat die Verschiedenheit dieses Pyenogonum von Oyamus ceti sehr wohl gefühlt, ebenso sehr aber auch die zweifelhafte Stellung des Thieres unter der Gattung Phalangium. Ueber hundert Jahre dauerte es, bis eine entschiedene Beantwortung der von ihm aufge- worfenen Frage gegeben werden konnte. Literatur der Pantopoden. 210 Im Jahre 1750 beschrieb Orro Faprıcrus in der Fauna Groenlandica p. 229ff.: Pyenogonum grossipes. Mit der für die damalige Zeit ganz ausgezeichneten Beschreibung ist jedenfalls ein Nymphon bezeichnet. Ob es freilich mit der von Srröm resp. von Linn£ beschriebenen Art identisch ist, bleibt eine andere Frage. Jedenfalls wird es leichter sein, diese Art an Ort und Stelle wieder aufzufinden und mit der Beschreibung zu identificiren, als viele von späteren Autoren beschriebene Arten. In einem wesentlichen Punkte freilich irrt Fasrıcıus. Als Varietas beschreibt er offenbar ein Phowichilidium; die Worte: »nec antennis (Extremität II), licet palpis (Extremität I) et interdum filis oviferis praedito« deuten ganz zweifellos auf ein Phowxichilidium hin. Auch in der Beschreibung des Aufenthaltsortes scheinen zwei verschiedene Arten ver- mischt; »majores in profundo ad radices ulvarum maximarum« bezeichnet sicherlich eine andre Art, als die, welche »inter ulvas capillares, confervas et sub lapidibus littoreis« gefunden wurde. Dass Fasrıcıus das Märchen von der Mytilus-Schalen anbohrenden Pyenogonide bezweifelt, zeigt seinen kritischen Scharfblick. Eine weitere Art beschreibt Orro Faprıctus unter dem Namen Pyenogonum spinipes. Die Beschreibung deutet offenbar auf eine Art der Gattung Pallene. Die Beschreibung der Extremität I und noch mehr die von Extremität III lassen das kaum zweifelhaft erscheinen, ebenso wie die Abwesenheit von Extremität II und die Worte »Ova fulva, minus numerosa«. Was Faprıcıus von Pyenogonum littorale sagt, brauche ich nicht zu citiren, da es nur oe) ’ seine eigne Unsicherheit ausdrückt, ob er, überhaupt ein solches Thier vor sich gehabt habe. Im Gegensatz zu seinem Namensvetter behandelt J. C. Fagrıcıus im Jahre 1794 in der Entomologia systematica IV p. 416 u. 417 die Pantopoden sehr oberflächlich, wie sich am besten daraus ergibt, dass er sie zu seiner grossen Gruppe »Antliata« zwischen Hippobosca und Pediculus stellt. Erscheint dies auch heute als eine äusserst merkwürdige Gruppirung, so darf doch nicht ausser Acht gelassen werden, dass damaliger Zeit noch keine scharfe Tren- nung zwischen Crustaceen, Arachniden und Insekten bestand, da erst Lamarck die Klasse der Arachniden schuf. Immerhin kann die Diagnose der Pycnogoniden kaum anspruchsloser ge- dacht werden, sie lautet bei ıhm: »Haustellum tubulosum, conicum absque setis. Palpi ad basin haustelli.« Im Jahre 1502 publieirte Lamarck sein Systeme des animaux sans vertebres. Dasselbe ist mir nicht zugänglich geworden. Doch entnehme ich den Aeusserungen LATrEiLLE's in seinen Considerations gen£rales surl’ordre naturel des Crustac6s, des Arach- nides et des Insectes p. 39, dass Lamarck darin zwei Gruppen der zum ersten Mal auf- Zo0l, Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel, III. Pantopoda. . 28 218 Literatur der Pantopoden. gestellten Ordnung der Arachniden bildet: die Antennistes und die Palpistes, zu welchen letz- teren er die Pyenogoniden stellt. Im Jahre 1810 erschien nun LArkkırıe’s eingreifende und eben citirte »Consid£rations göncrales ete.« Die Arachniden werden darin in Broyeurs und Suceurs getheilt. Die letzteren spalten sich in die drei Abtheilungen Parasites, Pycnogonides,, Aceres. Damit treten die Pan- topoden zum ersten Male als speciell geschiedene Gruppe auf, und zugleich werden sie den Arachniden unterstellt. Es wird sich also der Mühe verlohnen, zu untersuchen, welche Gründe dafür beigebracht werden. Die Scheidung, welche Cuvıer (Tableau elementaire de l’histoire naturelle des animaux) in der alten Lmnfr’schen Klasse der Insekten herbeiführte, gründete sich auf einen Irrthum. Er betrachtete die Crustaceen als von den eigentlichen Insekten durch den Besitz eines musku- lösen Herzens unterschieden. Den Insekten gab er zwar den Besitz des vaisseau dorsal zu, leugnete aber seine Bedeutung als Centralorgan der Blutbewegung. Lamarck folgte auf diesem Wege, schied aber, über Cuvier hinausgehend, auch die Arachniden von den Insekten. Als Unterschied beider Klassen gab er an, die Arachniden hätten keine Metamorphosen undlegten mehrere Male Eier. Später m der Philosophie zoologiquel, p.306 fügt er noch hinzu: »des stigmates et destrach&es born&s pour larespiration; une ebauche de circulation.« Larkeıte glaubt sich berechtigt, dieser Eintheilung Lamaror’s, obwohl er sie beibehält, doch eine andere Definition zu geben. Seine Einwürfe sind zum Theil richtig, zum Theil verfehlt. Was die Metamorphose anlangt, so sucht er zu beweisen, dass sie den Arachniden nicht fehle, ebenso wie er anführt, es gäbe wirkliche Insekten, denen sie fehle. Unter die erstern rechnet er Oniscus und die Myriapoden, welche eben damals einen Theil der Arachniden Lamark’s und Larkeitre’s bildeten; zu den letzteren rechnet er die Orthopteren und Hemipteren. Die Fähigkeit, mehrmals Eier zu legen, spricht er vielen Arachniden, wie z. B. den Milben und Phalangium ab, will aber überhaupt darauf kein Gewicht gelegt sehen. Larkeııre gibt ferner die Circulation als Charakter der Arachniden gegenüber den Insekten zu, auch die Anwesenheit der Tracheen gegenüber den Urustaceen, will aber, um darauf die vermittelnde Stellung der Arachniden zwischen Crustaceen und Insekten zu begründen, die Eigenthümlichkeit der Arachniden treffen, indem er sagt (p. 32): »les arachnides auront des trach6es comme les insectes, quoique moins etendues; mais ces trachees S’anastomoseront avec des vaisseaux sanguins, et en cela les arachnides differeront essentiellement des insectes.« Die an sich schr lesenswerthe Auseinandersetzung Larkeirte's (l. ec. p. 14—32) wird noch interessanter durch den Umstand, dass LATREıLLE offenbar durch den damals bereits ac- centuirten Antagonismus zwischen Cuvirr und Lamarck zu sehr diplomatischer Ausdrucksweise genöthigt wird, ein Antagonismus, der zweifellos ebenso persönlich war, wie er die gesammte Auffassung jener beiden grossen Forscher betraf. Sich an diesen Gegensatz zu erinnern, wird um so nothwendiger sein, wenn wir nachher die, um mich dieses Ausdrucks zu bedienen, Filiation ihrer Auffassungsweisen zu erkennen haben werden. Larreırte schrieb seinen Arachnides broyeurs drei Gruppen zu: die Tötraceres (Asellus, Literatur der Pantopoden. 219 Idotea, Cymothoa, Bopyrus und die Oniscides) ferner die Myriapoden und schliesslich die Thy- sanura. Zu den Arachnides suceurs gehörten zunächst die Parasites (Pediculus, Ricinus) dann die Pyenogomides (Nymphon, Phowichilus, Pyenogonum) und die Aceres, d. h. die heute als Arach- niden betrachteten Gruppen (Scorpio, Aranea, Phalangium, Acariden). Die Charakteristik der drei Gruppen der Suceurs ist, wie folgt: »des antennes, tete distincte du corselet: les Parasites. Point d’antennes; tous les segmens du corps portant une paire de pates; tete distinete: les Pyenogonides. Point d’antennes; tete et corcelet confondus en un segment et portant seul les pates: les Aceres. LArreıtte sagt, ihrer complieirteren Mundtheile halber sollten die Aceres eigentlich vornan stehen, und fügt hinzu: »La plupart des Pyenogonides ont bien aussi des mandibules, qu’on a prises pour des palpes, et de veritables palpes, qu’on a consideres comme des antennes; mais leur bouche ne consiste qu'en un tuyau ou siphon d’une seule piece,« — d. h. sei inferior den Mundtheilen der Araniden. Nachher aber setzt er vorsichtig hinzu »jobserverai seulement, que je ne connais pas encore bien la place naturelle des Pyenogonides et des Parasites.« Auf Seite 115 führt Larreıte dann die Charakteristik der drei Gattungen an, die ihm damals bekannt waren. Von Nymphon heisst es: »Dix pates; mandibules termindes par une pince double ou en tenaille; deux palpes.« Von Phowichtlus: »Dix pates; mandibules terminces simplement par un article erochu; point de palpes.« Von Pycenogonum: »Huit pates; point de mandibules.« Als Typen dieser Gattungen werden auf Seite 424 bezeichnet: Nymphon grossipes Fasr. Für Phowichilus: Pyenogonum spinipes Orro Fagrıcıs. Für Pyenogonum: Pyenogonum balaenarum FABr. Es ist wichtig, auf den Umstand aufmerksam zu machen, dass Larkeıtze hiemit den Beginn einer ernstlichen Verwirrung machte. Wie ich oben hervorhob, muss Pyenogonum spinipes Orro Faprıcıus durchaus für eine Pallene nach der heute üblichen Bezeichnungsweise gehalten werden. Dennoch erklärt Larreıııe sie für den Typus seiner Gattung Phowichilus, gibt ihr aber als Diagnose eine nicht auf Pallene im heutigen Sinn passende Charakteristik: »mandibules termindes simplement par un article erochu.« Vier Jahre später, also 1814, wurde eine wichtige Arbeit von Lracn vor der Linnean Society gelesen und im Jahre 1815 im XI. Band ihrer Transactions gedruckt. Der Titel dieser Arbeit ist: A tabular View of the external Characters of four Olasses of Animals, which Lınn&£ arranged under Insecta; with the distribution of the genera composing Three of these Classes into Orders etc. and Descriptions of several new Genera and Species. Diese Arbeit bedeutet einen Fortschritt gegenüber Lamarcr und Larreiee In ihr werden zum ersten Male die Myriapoden als den Crustaceen, Arachniden und Insecten gleich- werthige Classe aufgestellt; es werden die Tetracera zu den Crustaceen gebracht, zu denen sie, wie LEACH sagt, »in every essential of internal organisation« gehören, und aus ihnen die Ordnung der Edriophthalmata gebildet. Auf sie folgt die Classe der Myriapoden, welche mit Glomeris beginnt und mit Geophilus schliesst. Dann kommt die Classe der Arachniden, welche 285 220 Literatur der Pantopoden. zwei Ordnungen einschliesst, die Cephalostomata und Notostomata. Letztere wird von Nyeteribia gebildet. Zu den Cephalostomata rechnet Leach vier Ordnungen, Podosomata, Polymerosomata, Dimerosomata und Monomerosomata. Die drei letzteren schliessen die heutigen Arachniden ein, die Podosomata sind für die Pyenogoniden gebildet mit folgender Definition: »Corpus 4-articu- latum et quasi e coxarum junctione efformatum. Os tubulosum. Oculi quatuor tuberculo im- positi. Pedes octo.« Innerhalb dieser Ordnung theilt Leach die Pyenogoniden in zwei Familien: Pyenogonides und Nymphonides. Letztere haben zweigliedrige, zangentragende Mandibeln, erstere nicht. Die Eierträger und Palpen der Autoren machen ihm wenig aus, auf Homologie-Bestimmung lässt er sich nicht ein. Die Gattung Ammothea, welche er später (Zool. Miscell. I, 34 Tab. 13) auf ein unreifes und darum zangentragendes Exemplar gegründet hat, wird den Nymphoniden unterstellt. In demselben Jahre mit Leacn, also in 1814, überreichte Savıcny dem Institut seine berühmten Untersuchungen über die „Theorie des organes de la bouche des Urustaces et des Inseetes« In 1815 folgte der zweite Theil, welcher die Mundtheile der Arachniden, Crustaceen und Entomostraken behandelt, die er unter dem gemeinsamen Namen Apiropodes den Insecten als Hexapodes gegenüberstellte. Im Druck erschienen beide Abtheilungen Anfang 1816. Der Geist dieser Arbeit unterscheidet sie wesentlich von den voraufgehenden. Es sind die Principien der vergleichenden Anatomie im Cuvirr’schen Sinne, welche in ihr‘ zur An- wendung gebracht werden, vermischt mit Ideen und Anschauungen Lamarck's. Was SavıonY darin über die Pyenogoniden sagt, ist sehr auffällig; wir werden uns nur dann ein richtiges Bild von dem Grunde machen, auf dem seine Anschauungen erwachsen, wenn wir uns voll- ständig vergegenwärtigen, welche weitgreifende Einsicht er in seiner Theorie des organes de la bouche überhaupt schuf. Das charakteristischste Beispiel führt er selbst auf 8. 9 an, indem er die Resultate seiner Theorie an den Lepidopteren prüft und mit den Anschau- ungen vergleicht, die kurz vorher von Lamarck und Larreiie gehegt waren. Lamarck hatte die Mundtheile der Lepidopteren folgendermaassen definirt: „Point de mandibules ... Un sucoir de deux pieces depourvu de gaine, imitant une trompe tubuleuse et roulee en spirale dans V’inaction.« LATREILLE seinerseits behauptete von den Lepidopteren: „Point de mandibules, de mächoires. ni de levres .... Une langue filiforme roulee en spirale.« Sıvıcny dagegen beginnt die Definition in contradietorischer Weise mit »Bouche pourvue de levres, de mandibules et de mächoires; quatre palpes, dont deux maxillaires, et deux inseres au bas de la levre införieure. Mandibules tres petites etc. etc.« Ein grösserer Gegensatz der Auffassungsweise liess sich nicht erdenken, und wir können uns vorstellen, wie weitgreifende Neuerungen sich Savıcny’s Geiste aufdrängen mussten, als er auf einmal die grundlegende Einsicht von der Identität aller Mundtheile der Insekten erfasst hatte. Darauf deutet u. a. auch die erste Anmerkung, welche Savıcny seinem Memoire beifügt, und die einen Theil des Berichtes enthält, den Lamarck selber, als Berichterstatter des Insti- tuts, zusammen mit Bosc redigirt hatte. Es heisst da: Mr. Sıvıny nous montre par son memoire, que la nature ne detruit aucun des organes essentiels de Literatur der Pantopoden. 221 la bouche des insectes dans les m&tamorphoses qu’elle leur fait subir; qu’on les retrouve tous, et quelle ne fait quattenuer, que reduire ceux dont elle ne veut plus d’usage, que transformer par des developpemens singu- liers ceux quelle veut encore employer, mais ä des fonctions nouvelles.... Aussi d’apres un prineipe etabli par Yun de nous (Lamarck), il est facile de sentir que les usages seuls, auxquels cette bouche est destinde dans les differens cas, ont pu modifier plus ou moins ses parties, developper les unes de diverses manieres, selon leurs differens emplois; reduire plus ou moins les autres, a raison de leur usage nul ou plus borne, et les amener toutes a l’&tat, ou nous les trouvons dans les insectes des differens ordres, des diverses familles.« Man muss diese Auffassungsweise Lamarcr’s im Auge behalten, und das Factum, dass Savıcny sie als Anmerkung in seinem Me&moire wieder abdruckt, um das Nachfolgende zu verstehen, das im zweiten Me&moire über die Pycnogoniden geäussert wird (p. 54ff.). Faprıcrus a mis dans le meme genre les Pyenogonum qui n’on point d’antennes, et les Cyames qui en ont quatre. C'est une m£prise sans doute, mais une meprise produite par les rapports reels qui se trouvent dans l’'habitation, le genre de vie, et surtout la forme generale du corps de ces insectes parasites. Si je comparais entre eux le Cyame, si voisin des Crevettes, et le Nymphon qui est de la famille des Pyenogonum, peut-etre ferais-je voir comment la nature arrive & la bouche des Arachnides en quittant celle des Crustaces. Le Cyame a une tete allongee, conique, pourvue de gros yeux composes, de quatre antennes, et d’une bouche formee des m&mes parties que celle de la Crevette, mais autrement disposees et deja si exigues qu’elles ont echappe a la vue de Fagrıcıus. Le corps est oblong, plat, divise en sept anneaux separes par de profondes ineisions; les cötes prolonges de ses anneaux donnent naissance A quatorze membres articules, que la variet@ de leur forme et du nombre de leurs articulations a fait distinguer en pattes proprement dites, et en fausses pattes. FaABrıcıus a meme designe comme des palpes les deux pattes anterieures. Ces quatorze pattes ne sont suivies d’aucune autre. Il n’y a point de queue. On trouve a sa place un petit mamelon abdominal qui porte l’anus. Le Nymphon a la tete plus allongee que le Cyame, mais cette tete est un simple tube un peu conique, depourvu d’yeux composes, d’antennes, et dont la bouche terminale laisse a peine entrevoir quelques vestiges de levre et de mächoires. Les yeux du Nymphon sont tres-petits, lisses et groupes pres de la tete sur le dos. Ce qwil y a de singulier, c'est qu’on trouve aussi deux petits yeux lisses au Cyame. Ce sont meme les seuls que les naturalistes aient apercus. Le corps du Nymphon est allonge, plat, et profondement döcoup6 comme celui du Cyame. Il porte de m&me quatorze membres ou parties articulees, qui toutes pourraient prendre le nom de pattes ou de fausses pattes. Les deux premieres sont courtes, de trois articles seulement, et termindes en pince. Fasrıcrus les considere comme des palpes, et M. LATREILLE comme des mandibules, ä cause de leur ressemblance avec les mandibules des Faucheurs. Le moyen toutefois de trouver quelque analogie entre la position ou les fonetions de ces deux petites pinces, et celles des vraies mandibules? Les secondes pattes sont presque aussi courtes que les premieres, formees de einqg articulations comme les palpes des Faucheurs, et termindes de meme par un petit ongle. Fasrıcıus et M. Larkeiue les prennent tous deux pour les palpes. Les troisiemes sont encore assez courtes, greles, multi-articuldes a leur bout; elles n’existent que dans les femelles, et sont destinees a porter les aufs. M. Larkeıvıe les appelle simplement de fausses pattes. Les huit dernieres sont fort longues; elles imitent assez bien les huit pattes des Faucheurs. Le corps, de meme que celui du Cyame, n’a pas de queue; il se termine brusquement par un petit abdomen. Il est @vident que le Nymphon a perdu les antennes, les yeux composeös, et les organes masticatoires du Cyame; mais il parait egalement certain qu’il en a conserve les quatorze pattes. Cependant les quatre anterieures sont deja tellement modifices dans leur forme, qu'elles ont recu les noms de mandibules et des palpes. Il ne reste ainsi que dix pattes au Nymphon femelle. La möme soustraetion n’en conserve que huit au Nymphon mäle. Quand on considere les changemens qui s’operent A Vexterieur dans les genres qui conduisent des Crabes aux Phalangium, on croirait, que la nature en retranchant aux Crustaces leurs organes anterieurs, et remplacant leur queue par un abdomen, les con- vertit en Arachnides. Die Commission des Institut, welche über dies zweite M&moire Savıcny's zu berichten hatte, war gebildet aus Cuvier, Lamarck und Larrente; Letzterer war der Berichterstatter. 322 Literatur der Pantopoden. Sein Bericht ist weniger optimistisch als der Lamarcr’s über das erste Me&moire; nicht nur der Gegensatz der Doctrinen ist darin zu erkennen, auch der der Geistesart und Auffassungs- weise. Lärkeite besorgt zu grosse Generalisirung und zu rasche Schlüsse auf zu wenige Data basirt. Die Anmerkung Nr. 7, welche Savıcny auf p. 72ff. macht, druckt die bezüg- lichen Aeusserungen Lartkeitre’s ab. Es heisst dort: »Frappe de la ressemblance generale du corps, qu’ont les Nymphons avec les Cyames, Mr. SavıonYy presume que les premiers font le passage des Crustaces aux Arachnides sans antennes. Le sucoir, en forme de tube conique et avanc& qui termine anterieurement le corps, pourrait &tre compare a une tete de Crustace dont on aurait retranche le bout ... »Oruon FAsrıcıvs remarque dans sa Faune du Groenland, que les Pyenogonum, genre tres voisin de celui des Nymphons, ont plus d’affinit@ avec les Crustaces quwavec les Faucheurs (Phalangium) oü Linnaeus les fait entrer. Mais les Pyenogonum, de meme que les Nymphons, n’ont point de branchies exterieures, du moins sensibles, caractere qui distingue exclusivement les Crustaces des Arachnides branchi- feres. Mr. LATReEıLıE avait soupconn& qu'ils pourraient respirer par le moyen d’un article tubulaire qui termine l’extrömite posterieure du corps; quelques larves d’insectes sont dans ce cas. Il a donne a Mr. Savıcny un Pyenogonum pour en faire Tanatomie. ÜOet observateur croit y avoir apercu quelques vaisseaux se rendant aux pattes; mais il n’a pu decouvrir aucune ouverture exterieure correspondante. L’oesophage oceupe entierement la cavite de la trompe ou du premier segment, qui n’offre aucune division et dont l’ex- trömite est pere&e d’un trou formant une espece d’etoile a trois branches. Cette trompe n’a point d’analogie avec le sucoir des Arachnides palpistes, et Mr. Savıcny, d’apres ces observations, est persuade que c'est une tete. »A ces faits. nous ajouterons, 1° que les mäles des Nymphons n’ont point de pattes oviferes; 2° que dans le genre Phoxichile, les palpes manquent'); 3° que dans celui des Pycnogonum il n’y a ni palpes ni mandibules. Les femelles, dans ces trois genres, ont deux pattes de plus, quoique plus petites, et a chacune desquelles les @ufs sont attaches et rassembles en pelotte. Si on place ces animaux entre les Crustaces et les Arachnides palpistes, on aura une serie continue d’Apiropodes dont les femelles portent les aufs, carac- tere d’habitude exchusivement propre aux Crustaces, aux Araneides et aux Pyenogonides. »Malgr& les rapprochemens ingenieux que prösente Mr. SAvicNY, et ceux qu’un de vos Commissaires (wahrscheinlich LaAmArck) avait @galement faits, il reste encore des doutes sur la place des Pyenogonides, et nous sommes forees d’attendre que des observations anatomiques la determinent.« Soweit das Referat Larreinre’s. Savıcny bleibt die Antwort nicht schuldig. Er sagt unmittelbar nach der Wiedergabe der Larkeirrr’schen Meinungen. »Il n’est pas necessaire a mon sujet de chercher a fixer la place que la famille des Pyenogonum doit occuper dans un systeme general. Que ce soient les Arachnides qui succedent immediatement aux Crustac6s; que ce soient les Myriapodes, peu importe. Ces deux series d’animaux ont avec les Urustaces une affınitö incontestable, et le plus ou le moins est une chose fort difficile a determiner. Ce qui est aise a decider, c'est la divergence des affınites en question, divergence telle, que les Crustaces, les Arachnides et les Myriapodes ne peuvent ötre places naturellement sur une seule ligne. Il est done permis de mettre la derniere serie de cöte, et d’examiner simplement comment s’unissent les deux autres. La question se reduit aA savoir quelle est, dans la classe des Arachnides, la famille la plus voisine des Crustaces. Or c’est un point qui peut certainement se r&soudre sans le concours de l’anatomie et par la seule inspection des organes exterieures. Les Crustaces ont une tete, et parmi les Arachnides, les Pyenogonum sont les seuls qui aient aussi une tete. Les Crustaces n’ont point, ä proprement parler, d’abdomen, et les Pyenogonum se distinguent des autres Arachnides par la longueur de leur thorax et lextreme petitesse de leur abdomen. Les Crustaces ont plus de huit pattes, et, abstraction faite des palpes et des mandibules, les Pyenogonum sont encore les seules Arachnides, qui aient plus de huit pattes. Ils 1) Hier zeigt sich wieder, dass LATREILLE seine Gattung Poxichilus mit Mandibeln, d. h. mit Extremität I aus- gestattet sein lässt, was also wieder darauf schliessen lässt, dass dieser Name vielmehr den Arten von Pallene als den heute Phoxichilus genannten zukäme bei rigoroser Anwendung der Prioritätsrücksichten. Literatur der Pantopoden. 223 en ont meme quatorze, si nous y comprenons les palpes et les mandibules, c’est-a-dire, qu'ils en offrent autant que la plupart des Crustaces en montrent a leur thorax. Si nous considerons plus partieulierement les mandibules et les palpes, nous jugeons que la famille des Pyenogonum est celle oü ces organes different le moins, soit par leur position, soit par leur usage, des pattes ordinaires. Leur insertion est tres &loignee de Touverture du pharynx qui se trouve souvent hors de leur portee; elle se fait non a la tete ou au segment avance qui sert de tete, mais immeödiatement au thorax. Les palpes ne sont attaches a aucune sorte de mächoires. Et que penser de la suppression quelquefois totale de ces organes? En effet, si les Nymphons ont des palpes et des mandibules, les Phoxichiles n’ont que des mandibules, et les Pyenogonum proprement dits n’ont ni mandibules ni palpes. Ües faits curieux ont &t& observes par Mr. LATrEILLe. Is ont et£ par moi meme sur des individus de la collection de Mr. LarkeiLue. Cependant les trois genres dont il s’agit recherchent les memes alimens; ils ont des habitudes &galement carnassieres. Ceeci prouve, sans replique, que les parties auxquelles on a donn& les noms de palpes et de mandibules chez les Nymphons, n’ont aucun emplöi necessaire dans la manducation, que la bouche a son existence propre et independante de celle de ces parties; quelle est essentiellement composse d’autres organes, et ce point est tellement decisif, quil suffirait, pour mettre en doute, si les Pyenogonum ranges jusqwiei parmi les Arachnides, ne seraient pas places plus convenablement dans la classe des Crustaces. »L’absence ou la presence des branchies exterieures est un fait sans importance pour la solution de cette question, puisque, d’une part, le defaut de branchies exterieures est un caractere commun ä toutes les Arachnides, et que, d’un autre cöte, lexistence de ces memes branchies est dissimulde et assez &quivoque dans beaucoup de Urustaces. »Pouvais-je mettre en parallele un Nymphon et un Oyame ou tout autre Crustace A quatorze pattes, assimiler la tete a la tete, la bouche a la bouche, les premiers membres articules aux premieres pattes, les seconds aux seconds, etc. avec la certitude de ne comparer les uns aux autres que des organes analogues? C'est un point que le rapport (d. h. derjenige LarrzıLre's) n’a pas completement deeide, et que la discussion dans laquelle je viens d’entrer contribuera peut-6tre ä £claireir.« Ich habe diese Debatte zwischen zwei so einflussreichen Forschern ausführlich wieder- gegeben, weil es mir darauf ankam, zu zeigen, wie damals über derlei Fragen geurtheilt wurde, und weil die Auffassungen der beiden streitenden Parteien Cuvier — LATREILLE und Lamarck — Savıcny ihre Vertreter bis auf unsere Tage besessen haben. Die Frage nach dem richtigen Verständniss der Pyenogoniden ward jedesmal erneuert, wenn irgend eine Wendung in der Gesammtauffassung der Arthropoden stattfand. Wenn uns freilich überaus sonderbar erscheint, dass Savıcny meint, die Pyenogoniden, Phalangium und Limulus seien all der Seg- mente und Extremitäten verlustig gegangen, welche bei den Crustaceen vor dem siebenten Extremitätenpaare sich finden, dass somit Extremität I der Pyenogoniden mit dem ersten Gang- beinpaare (also der siebenten Extremität) der Krebse homolog seien (nach der heutigen Aus- drucksweise); wenn wir also geneigt sind, einer solchen Behauptung gegenüber LArTrEiLLE un- bedingt beizupflichten »quil reste encore des doutes sur la place des Pyenogonides, et que nous sommes forees d’attendre que des observations anatomiques la determinent«, — so dürfen wir eben nicht ver- gessen, in welche Gährung die gesammten Fragen nach der Zusammensetzung des Arthropoden- Körpers gerade durch Savıcny gebracht war, und wie die Gedankenwelt Lamarck’s ebenso sehr wie der gegen dieselbe geführte siegreiche Kampf Cvvier’s zu geistreichen und frucht- baren, wie auch abenteuerlichen und kurzlebigen Auffassungen verführen musste. Mutatis mutandis durchleben wir jetzt eine ähnliche Situation, und führen eben so schneidige Debatten; wo die grössere Fruchtbarkeit, wo die Abenteuerlichkeit liegt, das wird eben auch erst die Zukunft zu sagen vermögen. 224 Literatur der Pantopoden. Savıcny hatte durch die Antwort auf Larreire’s Einwürfe zum ersten Male die Mög- lichkeit angedeutet, die Pyenogoniden möchten mit mehr Recht zu den Crustaceen, als zu den Arachniden gestellt werden. Lamarck, in seiner Histoire des animaux sans vertebres, welche im Jahre 1817 (?) erschien, belässt sie zwar noch bei den Arachniden, sagt aber: »les Pyenogonides forment parmi les Arachnides exantennees tracheales, une petite famille tres- singuliere, qui tient d’une part aux Faucheurs (Phalangium) et de l’autre, qui semble se rapprocher par ses rapports, de certains Orustaces tels que les Cyames et les Chevrolles (Caprella). Effeetivement, au lieu d’etre intermediaires entre les Faucheurs et les Faux-Scorpions, les Pyenogonides nous paraissent presenter un rameau lateral, avoisinant les Faucheurs, et qui se dirige vers les Urustaces qui viennent d’etre cites; mais il ne s’ensuit pas que ce soit de ce rameau que les Crustaces tirent leur origine.« Es folgt nun die zweite Ausgabe des Regne animal de Cuvier, dessen die Glieder- thiere behandelnder Band von LarkEiırze bearbeitet ist. Mir ist diese Ausgabe bisher leider nicht zugänglich geworden. Nach dem Citat in dem folgenden Werk bewahrt aber dieser Band die Pycenogoniden als zweite Familie der Arachnides tracheennes. In seinem Cours d’Entomologie, der im Jahre 1831 erschien, corrigirt LATREILLE diese Auffassung durch folgende Darstellung: Arachnides. — Deuxieme ordre. Aporobranches. Il compose, dans la seconde edition du Regne animal de M. Cuvıer, la seconde famille des Arachnides tracheennes, celle des Pyenogonides. Mais l’absence, pour la respiration, de toute ouverture exterieure, ainsi que d’autres caracteres exterieurs, et surtout ces deux pates surnumeraires, qui dans les femelles portent et uniquement les &ufs, ne permettent pas de ranger ces animaux, qui sont tous d’ailleurs marins, dans l’ordre des pulmonaires, ni dans celui des tracheennes. Par le nombre des organes de la locomotion et des appendices accompagnant le siphon, ils se rapprocheraient, suivant M. Savıcny, des Laemodipodes; mais cette comparaison est uniquement fondee sur la supposition que les Arachnides sont des Crustaces sans tete. D’apres quelques observations recentes, ces Arachnides auraient des vaisseaux pour la circulation; mais il est d’autant plus aise de se meprendre a cet egard, que les mouvemens qu'on a remarques dans les pates peuvent etre produits par les dilatations des expansions laterales du canal intestinal, et s’y presentent sous la forme de vaisseaux noirätres, que M. Mıunz Epwarps a observes dans ces organes. Ceux de la respiration s’affaiblissant a mesure que l’on arrive aux dernieres limites d’une coupe, oü ils doivent offrir un autre mode de composition, il serait possible que les Aporobranches fussent dans ce cas, et quils respirassent ainsi que diverses Annelides et divers Crustaces, par quelques parties de leur peau. Ils ont d’ailleurs une grande affınite avec les Faucheurs ou Phalangium, genre dont ils faisaient anciennement partie. Le siphon parait ötre form& par les mächoires et la levre soudees ensemble. On les trouve parmi les plantes marines, sur les pierres, pres des rivages, et quelquefois aussi sur des cetaces. Die Erkenntniss der Gruppe ist hierdurch beträchtlich gewachsen; sowohl die Betonung der mangelnden Tracheen, der Eierträger, der Darmschläuche, die früher für Blutgefässe gehalten wurden, die Abweisung des Vergleichs mit den Laemodipoden sind ebenso viel Fortschritte. Freilich wird dafür in den letzten Zeilen ein neuer Irrthum eingeführt, der noch bis heute nicht ganz überwunden wurde: die Meinung, der Schnabel der Pycnogo- niden sei aus den mit der Unterlippe verwachsenen Kiefern gebildet. Im Jahre 1833 beschreibt Jomston in The Magazin of Natural History VI p. 42 ein Nymphon coceineum, welches er selbst später zu Orithyia, d.h. Phowichilidium stellt. Die Literatur der Pantopoden. 225 Beschreibung ist nicht hinreichend zur Kenntlichmachung der Art. Bemerkenswerth ist nur, dass Jomnston die Darmschläuche und ihre Bewegung für Circulationsorgane nimmt. In der »Fauna del Regno di Napoli« setzt Oronxzıo Costa im Jahre 1836 seine Auffassung der systematischen Stellung der Pycnogoniden auseinander und beschreibt einige Arten. Er bespricht zunächst die bis dahin geäusserten Anschauungen anderer Forscher, hauptsächlich. Savıcny’s und LATREILLE's, neigt aber dazu, den Pyenogoniden eine isolirte Stellung zwischen Arachniden und Crustaceen anzuweisen. Durch LarkeiıLe war die Gruppe zu den Tracheen-führenden Arachniden gesetzt, LATREILLE selbst aber hatte weder Stigmen noch Tracheen auffinden können, und hatte daher die Ansicht geäussert, die Pyenogoniden möchten durch die Haut athmen, weshalb dann eine separate Abtheilung zwischen den Arachniden und Parasiten für sie gebildet werden müsste. ©. Costa glaubt sich nun in der Lage, versichern zu können, dass »in quanto alle specie del nostro novello genere, & indubitata cosa, che Anno essi due aperture nell’ inferiore ed anteriore parte del torace, per le quali lacqua deve farsi strada all’ interno e servire alla respi- razione. E quantunque non sia riuseito a vederle che in una sola specie, pure la perfetta analogia della loro organizzazione guida a farle supporre nelle altre due, nelle quali, per essere forse obliterate da materie eterogene non si lascian vedere. Queste aperture immetter deggiono nelle cavita branchiali o tracheali; la qual cosa & certamente impossibile anzi che diffieile a divisarla senza tema di errore. Quindi sarä sempre incerta la sede di questi esseri, che per altro godono evidentemente maggiori rapporti coi crostacei.« Was Costa für Stigmen- oder Branchialöffnungen angesehen hat, scheint schwer zu sagen; der Abbildung nach zu schliessen, hat er eine Ammothea vor sich gehabt, an welcher eben erst die Extremität III zu sprossen beginnt; da er nur mit Loupe untersucht hat, so hielt er die kleine Vorragung dieser Extremität für eine Höhlung und, von der Vorstellung beherrscht, Stigmen- oder Kiemenöffnungen entdecken zu können, nahm er sie dafür in An- spruch. Wären die Ovarialöffnungen für die damaligen Untersuchungen erkennbar gewesen, so würden sie gewiss für Stigmen erklärt worden sein. Nach diesen Auseinandersetzungen folgt ein kurzer systematischer Theil, worin ein neues Genus Phanodemus beschrieben wird. Beschreibungen und Abbildungen lassen erkennen, dass es sich um Arten der Gattung Ammothea Lerach handelt. Weiter aber geht die Sicherheit nicht; die geringe Sorgfalt, welche der Verfasser auf die Darstellung verwendet hat, geht auch aus dem Umstand hervor, dass er im allgemeinen Theile von zwei Arten dieser Gattung spricht, nachher aber drei beschreibt; dass er ferner nur eine Art Phoxichilus. im Text erwähnt, auf Tafel III aber noch ein Pyenogonum und ein Phowichilidium abbildet, von welchen weder im Text noch in der Tafelerklärung weiter Notiz genommen wird. Ich habe darum auch ge- glaubt, diese Beschreibungen und Abbildungen auf sich beruhen lassen zu dürfen, da sie sich doch in keiner Weise mit Sicherheit auf eine der von mir unten beschriebenen Arten be- ziehen lassen. Im Jahre 1837 kehrt Jonsston im Magazin of Zoology and Botany I, p. 371 ff. auf die Pyenogoniden zurück und liefert eine ziemlich ausführliche Arbeit. Neue Untersuchungen bringt er freilich nicht bei, spricht über den äusseren Habitus Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 29 2236 Literatur der Pantopoden. und Bau der Gruppe und schliesst sich mehr den Auffassungen Savıcny's als LATrEıLLe's an. Fr schliesst mit folgenden Sätzen: Some naturalists cannot coincide in this suggestion, because of the great simplieity of the anatomy of the Pyenogonidae, which is very inferior to that of the Crustacea. The simplicity of their structure must be admitted; the alimentary canal appears ‘to be a straight intestine extended between the mouth and anus, with some lateral expensions or coeca; and the circulating system is probably reduced to a single vessel which oceupies the centre of the thoracie segments, and sends a branch to each member or limb, in which the blood has an irregular movement, but cannot be said properly to eireulate. The rest of their anatomy is unascertained. But the argument hence deduced is one which will equally forbid their admission among the Arachnides, for the typical spiders are little less highly organized then the typical Crustaceans; and M. Epwarps has shown that, by assuming anatomical characters as the basis of classifi- cation, the most unnatural combinations would be the result, so that even they who have advocated the superiority of these characters, have found an adherence to their prineiples quite impracticable in the classification of avertebrate animals. It is a better and safer method to arrange these animals in as many groups as there are distinetly recognizable series formed by the successive simplification or degradation of each distinet organism. In this way we are not arrested by differences of anatomical structure, when these are confined to mere differences of complexness; and, in the instance of the Crustacea, we attach to the class all those species whose general organism, however simple, has no deviations incompatible with that of the types of the class, but which simplieity is, if we may so speak, the result of an arrest to its development, and recalls by its similarity, the transitory conditions through which the most perfect con- stituents of the class have passed during the continuance of their embryonie life. To proceed thus may seem to be acting contrary to the recognized principles of natural systems, and one is apt to be startled at a proposal to gather together in one category animals which breathe by gills or branchiae, with others which have no special organs for the performance of that important function, being reduced to respire by the skin; — animals which have a heart and a very complicated vascular system, with others which have no heart and no very distinet vessels: — animals which have a powerfully armed mouth and greatly developed chylopoetie viscera, with others which are sucklings, and whose intestines are fitted for the digestion of no solid food. But these difficulties disappear when we discover how much these organs, so influential in the higher animals, are modified before they entirely disappear in these less perfect beings; — how they become by little and little rudimentary previous to their obliteration, a loss which is then little felt, and is not accompanied with any essential change in the type of their organization. Branchiae, for example, become rudimentary and disappear, to be replaced and have their functions performed, by the common integuments in some Crustaceans, almost alike, in other respects, to others which are furnished with these organs in a state of high development, and that too without any notable modification in the other great systems. The blood-vessels cease to have distinet parietes, and exist no longer excepting as simple lacunae in some Crustacea, which it is impossible to separate from other animals of the same class having a very complete vascular system; and the heart becomes rudimentary, and perhaps even completely disappears, although nothing has occurred in the body generally to reveal its absence. Ihese facts have induced M. Epwarps rightly to place in the class Crustacea not only the articulated animals with jointed feet, having a complete eirculation and branchiae — the characters which are usually assigned to it — but also all those which, formed on the same general plan, are more or less imperfeet, and in one sense degraded. The group thus formed will be more difficult to define, but better this than that it should be circumseribed by arbitrary lmits. Class Crustacea — Sub-class Haustellata. Order Araneiformes M. EpwArns. (Podosomata LEACH. — Pyenogonides LATREILLE.) ı Character: — Animals erustaceous, araneiform: head rostrate, tubular, the mouth terminal, simple: thorax linear, of 4 sub-equal segments, the anterior with 4 simple eyes placed on a dorsal tuberele: legs $, exchusive of the auxiliary organs to the head, very long proportionally, ambulatory, raptorious, S-jointed: Literatur der Pantopoden. DORT abdomen rudimentary; anus terminal. — Marme: oviferous, carrying the eggs in masses attached to the spu- rious legs. 'The genera are I. Pyenogonum. Rostrum without mandibles and valpi; legs stout, the first tarsal joint minute, the claws simple; oviferous legs 10-jointed, the terminal joint claw-like. I. Phoxichilus. Rostrum without mandibles and palpi; legs slender, the first tarsal joint minute, the claws double, unequal, sharp; oviferous legs 7-jointed, the terminal joint tuberele-like. II. Orithyia. Rostrum sessile with a pair of chelate mandibles; palpi 0; legs slender, monodactyle, the first tarsal joint minute; oviferous legs 5-jointed, the terminal joint claw-like. IV. Pallene. Rostrum raised on a neck, with a pair of chelate mandibles; palpi 0; legs slender, monodactyle, with auxiliary claws, the first tarsal joint minute; oviferous legs 10-jointed, the terminal joints serrulated. V. Nymphon. Rostrum raised on a neck, with chelate mandibles and, palpı; legs slender, monodactyle, with auxiliary claws, the tarsal joints sub-equal; oviferous legs 10-jointed, the terminal joint claw-like. Die Gattung Orithyia ward von MıLne Epwaros in Phowichilidium umgetauft, weil-jener Name schon vergeben war; eigentlich hätte aber der Name Phowichilus für sie beibehalten werden müssen, da die ursprüngliche Definition dieser Gattung, wie sie von LATREILLE gegeben ward, auf die heutige Gattung Phowichilidium passt. Ammothea Lsach ist Jomnston unbekannt geblieben; im Uebrigen ist seine Classification diejenige geworden, auf der alle späteren Au- toren weitergebaut haben. Seine Species-Beschreibungen sind so allgemein gehalten, dass selbst ein späterer Monograph der britischen Pantopoden in Verlegenheit kommen wird, sollte er unter den wahrscheinlich sehr zahlreichen Arten der britischen Fauna diejenigen herausfinden, welche Jomnsston als Typen gedient haben. In der Histoire naturelle des Crustac&s Ill, p. 530 ff. bricht endlich Mıuxe- Epwarps im Jahre 1540 mit dem Vorurtheile, die Pyenogoniden eher zu den Arachniden als zu den Crustaceen zu stellen. Er beginnt indess seine Auseinandersetzung auch wieder mit den Worten: »ce n’est qu’avec beaucoup de doute que je range ieci un petit groupe d’animaux articules qui ont te consideres par la plupart des zoologistes comme appartenant a la classe des Arachnides ete.« Er vergleicht dann die Pyenogoniden wiederum, wie bisher üblich, mit den Laemodipoden, speciell mit Oyamus, und charakterisirt ihren äusseren Bau folgendermaassen: »Leur t&te est allongee, tantöt eylindrique, tantöt conique, et presente a son extremite un orifice buccal trilobe. Le thorax est constamment divise en quatre segmens, et ’abdomen n’est reprösente que par un petit article tubuleux fix& au bord posterieur du dernier anneau thoracique. La tete ne porte pas d’appendices, et les yeux, au nombre de quatre, sont groupes sur un petit tuberceule median, situ sur la face dorsale du pre- mier article du thorax. Ce segment porte souvent a son extremite une paire de pates-mächoires ter- minees par une pince bien formee et garnie quelquefois dun palpe allonge et compos& de plusieurs articles. Chez le mäle le nombre des paires de pates est egal a celui des articles du thorax; mais chez la femelle il existe une paire d’appendices pediformes supplömentaires fix@s au premier article du thorax, replies sous les pates proprement dites, beaucoup plus petites que celles-ci, et servant ä porter les oeufs. Le tube digestif traverse le corps en ligne droite et presente dans un des genres de cette famille (Nymphon) une 29* 228 Literatur der Pantopoden. disposition tres remarquable; il donne naissance A droite et a gauche a une serie de prolongemens tubu- laires et ferm6s au haut, qui s’avancent tres loin dans linterieur des pates correspondantes, et qui sont le siege d'un mouvement peristaltique. Il existe en outre une circulation vague. Quant aux organes respira- toires, on n’en voit aucune trace, et la disposition des organes de la generation n’est pas connue; il est seulement ä noter que chez les Pyenogonons on apergoit sur le second article des pates posterieures un pore qui parait etre l’orifice de ce dernier appareil.« Die Beschreibungen der Arten, welche Mırne-Epwarps gibt, sind durchaus ungenügend, um danach irgend eine Bestimmung vorzunehmen. Ich übergehe sie daher. In demselben Jahre 1840 erschien eine Arbeit Krever’s über die Larven der Pycnogoniden (Naturhistorisk Tydskrift II, p. 299 — 306). Darin spricht Krever die Ansicht aus, dass die Stellung der Pyenogoniden unter den Krebsen eine unsichere sei. Die Larven von Pyenogonum litorale, von Nymphon grossipes und von Phowichilus (Phowichilidium) femoratus werden beschrieben und abgebildet. Die Beschreibungen sind mit Krever’scher Genauigkeit gemacht und darum noch heute von besonderem Werthe. Besonders interessant ist der von KreYEr erwähnte Umstand, dass die erste Larve von Nymphon grossipes ihre Verwandlungen zum Theil durchmacht, während sie noch an dem die Eiersäcke tragenden Männchen sich festklammert. Weiterhin werde ich auf diesen Umstand zurückkommen. Im Edinburgh New philosophical Journal XXXIJ, p. 136 ff. publicirte Henry Goopsır im Jahre 1842 die Beschreibung folgender Pyenogoniden: Phowichilidium globosum (scheint ein wirkliches Phowichihdium gewesen zu sein), Pallene circularis (offenbar eine Ammothea), Pe- phredo n. g. hirsuta (ist mir unklar geblieben, die Angaben sind zu dürftig, wahrscheinlich eine unreife Ammothea), Nymphon Johnstoni, N. pellucidum, N. minutum, N. spinosum. (Vielleicht sind Nymphon und Pallene bei diesen vier Arten vermischt.) Die Beschreibungen sind gänzlich unbrauchbar. Im selben Jahre publicirte derselbe Verfasser im XXXIII. Bande der gleichen Zeit- schrift die Beschreibung einer neuen Gattung Pasithoe vesiculosa. Die Abwesenheit der Ex- tremität I, die achtgliedrige Extremität II, die kurze neungliedrige Extremität III sollen sie charakterisiren. Leider ist auch diese Beschreibung nicht zu entziffern, aus der Abbildung aber geht hervor, dass wir es mit einer Ammothea zu thun haben. Drei Jahre später, also 1843, erschien im Archiv für Naturgeschichte IX, p. 175. ein Aufsatz von A. Prımpri »Ueber die neapolitanischen Pyenogoniden« Es werden darin drei neue Arten beschrieben und abgebildet; für dieselben werden neue Gattungen Endeis und Pariboea errichtet. PriLippi glaubte in der Gliederzahl resp. im dem Vorhandensein der drei ersten Extremitätenpaare ein sicheres Gattungscriterium zu besitzen; indess lässt sich, obschon weder seine Beschreibungen noch seine Abbildungen das Wiedererkennen der be- schriebenen Formen ermöglichen, doch mit Sicherheit soviel sagen, dass seine Pariboea spini- palpis eine Ammothea, (vielleicht A. uni-unguwieulata mihi), dass Endeis didactyla eine zweite Am- mothea (vielleicht A. fibulifera mihi) ist, während unter Endeis gracilis wahrscheinlich Phowichilus vulgaris mihi verstanden werden muss, dessen Extremität III fälschlich für Extremität II, die Literatur der Pantopoden. 229 sogenannten Palpen, genommen worden. Die Beschreibungen hier abzudrucken, erscheint mir überflüssig, da es mir nicht gelingt, die bezeichneten Arten zu bestimmen, trotzdem ich an Ort und Stelle habe nachuntersuchen können. Einen classificatorischen Versuch machte im Jahre 1844 Hrxry Goopsir in the An- nals and Magazine of Natural History Vol. XIV p. 1—3. Der Versuch hätte, gründ- licher angestellt, vielleicht etwas fruchten können, da Goopsm auf den guten Einfall gerieth, auch die Stellung des Augenhügels zu verwerthen. Aber mit Diagnosen von der Kürze, wie sie l. c. geboten werden, ist nicht viel zu machen, und auch diese Arbeit kann unberück- sichtigt bleiben. Die erste eingehendere mikroskopische Untersuchung der Pyenogoniden verdankt die Wissenschaft A. pe Quarrerases. Einer kürzeren Mittheilung in den Comptes rendus de l’Acaddmie des Sciences, 25 novembre 1844 folgte das »M&moire sur l’organisation des Pyenogonides« in den Annales des Sciences naturelles III, Serie IV, 1845, p- 69 ff. Da diese Arbeit oft citirt und viel gelesen worden ist, so kann ich mich darauf be- schränken, folgenden Auszug davon zu geben. QuArtrEFAGES schliesst sich im Ganzen und Grossen den Auffassungen von Savıcny und MırLne-Epwarps an, gibt also die Pyenogoniden zu den Crustaceen, und möchte in ihnen eine Degradation des Crustaceen-Typus sehen, ähnlich wie er die Acariden für eine Degradation der Arachniden hält. Wie LartreiLLEe neigt er dazu, den Schnabel als die verwachsenen Oberlippe, Mandibeln und Unterkiefer anzusehen, beschreibt aber trotzdem den Oesophagus als mit Wimperbewegung versehen — ein Irrthum, zu welchem er durch die Beobachtung des Reu- senapparates offenbar geführt worden ist. Er ist zum ersten Male dazu gelangt, den Darm- canal mit seinen Blindsäcken ziemlich richtig zu beschreiben, hat die Circulation der Darm- körperchen und den kurzen Afterdarm beobachtet. Auch constatirt er die freie Bewegung der Blutflüssigkeit und die Anwesenheit der in derselben suspendirten Körperchen. Das Vor- handensein eines eigenen Rückengefässes leugnet er entschieden und lässt die Athmung durch die Haut geschehen. Zum ersten Male erhalten wir auch eine freilich noch ziemlich mangelhafte Beschreibung des Nervensystems. Zum Schluss begründet der Verfasser zum Theil auf die bei den Pycnogoniden gemachten Beobachtungen seine Theorie des Phlebenterismus (l. c. p. 83>—94) und spricht darin die Meinung aus, dass die Darmschläuche der Pyenogoniden die als aufgenommene Nahrung angesehenen Darmkörper behufs ihrer Zerkleinerung hin und ‘her schöben, um die aufgelösten Stoffe durch die Darmwand direct in die Leibeshöhle ge- langen zu lassen, wo sie durch Hautathmung unmittelbar, ohne Vermittlung eines Lymph- oder Blutgefässsystems zur Ernährung des Thieres verwendet würden, — eine Theorie, welche von mehreren Seiten stark angefochten ward, für die Pycnogoniden aber wohl eine gewisse Geltung besitzt, wie wir oben erörtert haben. Die Beschreibungen, welche QuATrEFAGEs seinem Memoire beifügt, sind unbrauchbar, die Abbildungen aber bei weitem die besten, die überhaupt bisher von den Pantopoden ge- geben waren. 230 Literatur der Pantopoden. Eine etwas unklare Notiz über die Circulationsverhältnisse der Pyenogoniden theilt van BEneEDEn sen. in den Comptes rendus de l’Institut 1845, No. 627 mit. Sie ist hervor- gerufen durch die Phlebenterismustheorie von QuATREFAGEs und die Discussionen über die Existenz eines Wassergefässsystems, welche gerade damals die zoologische Welt lebhaft be- schäftigte. Van BENEDEN scheint der Erste gewesen zu sein, der das Rückengefäss der Pyc- nogoniden gesehen hat, aber es ist ihm nicht als wirkliches Herz, sondern nur als contractile Membran, die an der Basis der Beine sich fände und den Blutstrom innerhalb der Beine leite, aufgefallen. (Siehe Frorırr, Neue Notizen 1846, No. 797.) Gleichzeitig mit der Arbeit Quarkeragzes’ erschien eine monographische Bearbeitung nordischer Pyenogoniden von Kreyer (Naturhistorisk Tydskrift 1845, 2. Ser. I p. 90—139, übersetzt in Isis 1846, p. 429—448), welche die Erkenntniss der kleinen Gruppe ausser- ordentlich förderte, und darum auch hier besondere Berücksichtigung verdient. Krever beginnt seine Auseinandersetzungen mit einer allgemeinen Beschreibung des Körpers, den er als aus sieben Ringen zusammengesetzt betrachtet. Als ersten Ring betrachtet er den Schnabel, als zweiten den Augenring. Die folgenden vier Segmente mit den Extremitäten IV—VI nennt er Brustringe und als siebentes gilt ihm das Abdomen. Die beiden ersten Ringe machen ihm den Kopf aus, »wobei jedoch zu bemerken ist, dass der Augenring meistens ziemlich undeutlich vom ersten Brustringe gesondert ist.«e Er beschreibt dann den Schnabel bei weitem besser, als irgend einer seiner Vorgänger, erwähnt mit Nachdruck, dass er eine dreilappige Mundöffnung habe, und macht dazu folgende beherzigenswerthe Anmerkung: »LATREILLE meinte, der Schnabel entstände bei dieser Ordnung durch das Verschmelzen der Ober- und Unterlippe und zweier Kiefer, mit welcher Meinung er sich auf die Nähte stützte, die er am Schnabel eines Phoziechilus beobachtet zu haben glaubte. MıLnz EpwArps, welcher den Schnabel Kopf nennt, äussert kein Vermuthen über dessen Zusammensetzung. Erıchson nimmt (Entomographie I, 11) an, dass, »da alle Körperpaare (?) schon existiren, die Oberlippe aber und das Mentum der Insekten sonst bei den Arach- niden nicht vorkommen, nur übrig bleibe, diesen Theil (den Schnabel) mit der Zunge zu vergleichen, welche auf ähnliche Weise schon bei den Milben vorkommt und wenigstens einen oben offnen Canal (eine Halbrinne) bildet.« Aber es scheint mir, dass hier auf etwas gebaut wird, welches erst zu beweisen wäre, nämlich: dass die Pyenogoniden wirklich Arachniden seien. Wie man nun auch diesen "Theil deuten will, so ist so viel gewiss, dass er gemeiniglich durch dunklere Längsstreifen gegen das Ende hin gleichsam Spuren einer Zusammensetzung aus mehreren Stücken zeigt. .... Sieht man die Pyenogoniden für Krebsthiere an, so wird man vielleicht in der Beschaffenheit dieses Schnabels seine Zusammensetzung aus einer Ober- und einer gespaltenen Unterlippe zu erkennen glauben.« Diese Anmerkung beweist, dass Krever der erste wirklich kritische Untersucher war, der die bisherige Dogmatik mit genauen Untersuchungen und vorsichtigen Erwägungen aus dem Wege schob. Mit welchem schliesslichen Erfolge, werden wir freilich weiterhin zu lernen haben. Er beschreibt dann die einzelnen Extremitäten. Wie in dieser Monographie geschehen, so nennt auch KreveEr die Gliedmaassen nach ihrer Zahl, und spricht vom »ersten Paar oder, wie man sie gewöhnlich nennt, Mandibeln«, vom zweiten Paar, »welches man wegen seiner Form, aber gewiss ganz unrichtig, die Palpen zu nennen pflegt.« Er betont, dass sie ganz getrennt von der ersten Extremität entspringen und fünf- bis neungliedrig seien. In einer Anmerkung sagt er: Literatur der Pantopoden. 231 »Weit mehr hat es jedenfalls für sich, mit Erıcuson sie als das erste Paar Kiefer (Maxillen) zu betrachten. Doch ist es, meiner Meinung nach. noch nicht als ausgemacht anzusehen, dass sie diese wirk- lich vorstellen. Die Deutung der Gliedmaassen des Aussenrings hängt nämlich u. a. davon ab, durch welcher Theile Verschmelzung der Schnabel gebildet sei. Aber die Erklärung dieses Punktes ist noch ganz hypothetisch. So könnte man sich also vielleicht auch für nicht weniger dazu berechtigt halten, alle die Gliedmaassen für Füsse anzusehen, mit SAvIıGnY«. Auch damit trifft Krover das Richtige gegenüber der unkritischen Tradition. Aber am unabhängigsten zeigt er sich in der Beurtheilung der Extremität III. Er sagt: »Das dritte Paar Gliedmaassen, die sog. eiertragenden Füsse, geht vom allerhintersten Ende des Augenringes, an dessen Unterfläche und nach den Seiten hin, aus. Man hat geglaubt, dass diese Glied- maassen blos dem Weibchen zukämen und ein den Pyenogoniden ganz eigenthümliches Organ wären und deswegen im Allgemeinen ihre comparative Bedeutung nicht zu erklären gesucht. Ich kann dieser Meinung nicht beitreten, und muss zuvörderst auf die bereits angedeutete, wichtige Thatsache aufmerksam machen, dass sie nicht ausschliesslich dem Weibchen angehören. Bei Nymphon, Zetes und Pallene nehme ich an, dass sie beiden Geschlechtern zukommen; von zwei dieser Gattungen kenne ich mehrere Arten und von den meisten derselben habe ich eine nicht geringe Zahl von Individuen untersucht, und von diesen fehlten bei keinem die Eierträger. In dem Umstande, dass sie in andern Gattungen (Phorichilidium, Phozichilus und Pyenogonum) nur beim weiblichen Geschlecht fehlen, finde ich keinen zureichenden Grund, sie von der Vergleichung auszuschliessen, und zwar um so mehr, als sie doch nie bei einer Art ganz fehlen, während die beiden vorigen Gliedmaassenpaare bei ganzen Gattungen verschwinden und sonach offenbar eine geringere physiologische Bedeutung bei den Pyenogoniden haben, als diese. Nimmt man das erste Paar Gliedmaassen für Mandibeln und das zweite Paar für Maxillen, so scheint man nothwendig, was auch in dem Bau eine Stütze findet, das in Rede stehende Paar für das zweite Paar Maxillen halten zu müssen. Theilt man den zwei ersten Gliedmaassenpaaren eine andere Bedeutung zu, so wird man auch diesen einen andern Namen geben müssen; aber sie ganz zu übergehen, dazu kann man nicht berechtigt sein.« In gewisser Weise ist diese Kritik heute fast noch eben so nothwendig wie damals, und man darf sich wundern, dass nach so klarer Exposition die alten Irrthümer in mannigfach- ster Gestalt durch Hand- und Lehrbücher bis auf unsere Tage weiter fortgeschleppt wurden. Bezüglich der vexata quaestio der Respiration erklärt sich Kreyer gegen die vermuthete Hautathmung wegen Undurchlässigkeit der Haut und für die Annahme einer Darmathmung. Eine Erörterung über die systematische Stellung der Pyenogoniden weist KreyeEr als ver- früht ab. Es fehlen dazu, seiner Meinung nach, alle Basen, sowohl die Kenntniss der innern Organe, als auch die durch Vergleichung vieler Arten zu gewinnende Einsicht; es sei am besten, von dem Einreihen unter Krebse oder Spinnen abzusehen und sie bis auf Weiteres isolirt zu lassen. Auf diese Erörterungen folgt der systematische Abschnitt, der gleichfalls mit der grössten Sorgfalt und Ausführlichkeit gearbeitet ist. Eine Bemerkung kann ich aber nicht unterlassen. Krever beschreibt die neue Gattung Zetes und theilt ihr einen zweigliedrigen Schnabel und zweigliedrigen Hmterleib zu. Diese Angabe möchte ich, bei aller Hochachtung, die ich vor der Gründlichkeit und Schärfe des dänischen Zoologen habe, doch in Zweifel ziehen. Nach Beschreibung und Abbildung gleicht Zetes hispidus der von mir beschriebenen Barana Castelli; nicht etwa, dass sie specifisch identisch wären, aber doch näher mit einander verwandt scheinen, als mit anderen Pantopoden. Die eigenthümliche Haltung des Schnabels, die Einschnürung auf der oberen Grenze des Reusen- 232 Literatur der Pantopoden. apparates, seine ausserordentliche Grösse, ferner auch die beträchtliche Länge des Hinterleibes können wohl dazu verführt haben, beide Körpertheile für zweigliedrig anzusehen, zumal Krever keine frischen Exemplare besessen und das Material gewiss hat schonen müssen. Es würde ein sehr bedenklicher Riss in die Einheit der ganzen Gruppe erfolgen, wenn plötzlich ein Pantopode mit neun statt mit sieben mehr oder weniger selbständigen Segmenten aufträte, etwa wie wenn wir plötzlich mit einem Amphipoden oder Isopoden überrascht würden, welcher statt achtzehn Segmente deren zwanzig oder noch mehr besässe. So wenig man auch be- rechtigt ist, ein absolutes » Unmöglich « auszusprechen, so sehr ist man aber verpflichtet, auf erneute und genaue Untersuchung zu dringen, ehe eine so auffallende Angabe den verbürgten wissenschaftlichen Thatsachen zugezählt wird. Am Schluss seiner Abhandlung gibt Kreyer weitere ausführliche Angaben über die Larvenentwickelung von Nymphon longitarse, Zetes hispidus, Pallene_ intermedia und Nymphon ‚grossipes, deren Gesammt-Erscheinungen er folgendermaassen zusammenfasst: 1. Die Pyenogoniden durchlaufen drei Hauptstadien, bevor sie ihre bleibende Gestalt erhalten. 2. Im ersten Stadium sind sie von dicker, aufgeschwollener, rundlicher oder ovaler Form, voll von Eidottermasse, ohne Hinterkörper, oder (selten) mit einem ganz rudimentären, mit einem Schnabel, scheeren- bewaffneten Kinnbacken und zwei Paar Füssen versehen. Sie zeigen ziemlich viel Uebereinstimmung in der Form und können nicht generisch, wohl aber specifisch unterschieden werden. Augen scheinen in diesem Stadium nicht vorhanden zu sein. — Bemerkenswerth ist es, dass selbst solche Arten, welchen in ganz entwickeltem Zustande die Kinnbacken fehlen (Pyenog. litor.), in diesem Stadium mit sehr grossen und starken Scheeren bewaffnet sind, welche also bei einer der folgenden Häutungen verloren gehen. 3. Im zweiten Stadium wird die Zahl der Gliedmaassen durch ein drittes Fusspaar vermehrt, welches aber kurz, mit undeutlicher oder keiner Gliedertheilung oder, mit andern Worten, in einem etwas rudimentären Zustand ist. Diese Füsse setzen sich vom Körper ab oder scheinen durch eine Spaltung des hintern Körpertheils zu entstehen. Die Theilung des Körpers in Ringe beginnt sich zu zeigen, und es tritt ein rudimentärer Hinterkörper hervor. Die Augen können nebst dem ersten und zweiten Kinnladen- paar, wenigstens bei einigen Arten, erkannt werden. Bald ist der Körper in diesem Stadium noch voll von Dottermasse (Nymph. gross.), und das Junge scheint dann dazu bestimmt zu sein, auch dieses Stadium ruhig unter dem Bauche der Mutter zuzubringen; bald ist der Körper dagegen klar und durchsichtig (Pall. interm.) oder, mit anderen Worten, der Dotter ist verzehrt, und das Junge muss dann ohne Zweifel die Mutter verlassen und selbst seine Nahrung im Meere suchen. 4. Im dritten Stadium wird das Thier wiederum mit einem rudimentären Fusspaare bereichert (dem vierten und letzten), und die zwei vorigen. Paare zeigen eine stark vorgeschrittene Entwickelung. Die Form wird mehr langgestreckt und schmal und nähert sich bedeutend der des erwachsenen Thieres Die Kinn- ladenpaare sind da, wo sie hervortreten, noch ganz rudimentär (nicht bloss sehr klein, sondern mit wenigen oder gar keinen Gliedern). | 5. Nachdem das Thier noch eine Häutung erlitten hat, zeigt es ungefähr die Form, welche es behalten soll; das vierte Fusspaar ist nicht mehr rudimentär, sondern besitzt deutlich alle seine neun Glieder. Ich sage ungefähr, weil die Pyenogoniden, gleich den meisten andern Thieren, mit vorschreitendem Alter nicht wenige, wenngleich weniger auffallende, Veränderungen in der Form und den Verhältnissen erleiden, welche zu kennen für eine gründliche und zuverlässige Unterscheidung der Arten wichtig ist. Obzwar bei weitem nicht im Stande, rücksichtlich der Pyenogoniden diesen Gegenstand zu erschöpfen, halte ich es doch für nützlich, dasjenige darzulegen, was ich in dieser Beziehung beobachtet zu haben meine. Die Form ist bei dem jüngern Thiere plumper und wird mit dem Alter schlanker; die drei hinteren Fusspaare: sind im Anfang kürzer, als das erste, und nehmen stufenweise an Länge vom zweiten Dis zum vierten ab; aber mit der Zeit wachsen sie in verschiedenem Grade, so dass sie etwa unter sich gleich lang und so lang wie das erste werden; die Füsse wachsen ferner in einem stärkeren Verhältnisse, als der Literatur der Pantopoden. 233 Körper, sodass, wenn sie z. B. bei einem jüngeren Thiere die Totallänge 2'/, Mal übersteigen, sie mit dem Alter, wenigstens bei einigen Arten, die drei- bis vierfache Totallänge oder sogar noch mehr erreichen. Ferner ist der Umstand wohl zu bemerken, dass die Tarsen der Füsse bei jungen Individuen von Nymph. brevit. z. B. ebenso kurz, wie bei einem erwachsenen von N. hirtum. Auch die Kinnladenpaare nehmen nicht bloss absolut an Grösse mit dem Alter zu, sondern auch relativ im Vergleiche mit dem Körper und den Kinnbacken. Das erste Kinnladenpaar oder die Palpen habe ich bei Arten, bei welchen sie im erwachsenen Zustande eben so lang sind, wie die Kinnbacken, oder der halben Totallänge gleich, viel kürzer, als den Schnabel, danächst etwa von gleicher Länge mit diesem und somit stufenweise zunehmend gefunden. Dasselbe ist ungefähr der Fall mit dem zweiten Kinnladenpaare oder den Eierschnüren, welche im Anfange der Periode, von welcher hier gehandelt wird, sich in der Form eines ovalen oder langgestreckten Plättchens. ohne Gliederung zeigen, deren Länge zehn Mal oder mehr auf die Totallänge geht, und welche später elf Glieder und eine Länge entwickeln, welche der Totallänge des Thieres gleich ist oder sie sogar um mehrere Male übertrifft. Es wird vielleicht nicht unzweckmässig sein, diese Verhältnisse durch ein bestimmtes Beispiel zu erläutern. Bei einem jungen Individuum von Nymphon brevitarse (*/5”’ lang) hatten die zwei ersten Fusspaare statt der dreifachen Totallänge nur unbedeutend mehr als die doppelte (1”/,,”); das dritte Fusspaar war etwas kürzer (1'/y’”’ lang) und das vierte wieder viel kürzer, als das dritte (1!/,,”’ oder nicht voll 1!/, Mal länger, als die Totallänge des T'hiers). Die Palpen hatten kaum !/, der Totallänge oder reichten kaum bis zum Ende des Schnabels, zeigten sich aber doch schon fünfgliedrig, wenngleich weniger deutlich. Die Eierschnüre machen nur etwa '/, der Totallänge aus, scheinen aber doch, wie bei grösseren Individuen, aus elf Gliedern zu bestehen, obgleich die Glieder vom sechsten bis zum zehnten undeutlich ausgedrückt waren und noch keine Sägeplatten am siebenten bis zum zehnten Gliede wahrgenommen wurden. Die Kinnbacken zeigten dagegen schon das volle Längenverhältniss oder waren der halben Total- länge gleich, stimmten auch in anderen Beziehungen mit denen beim älteren Thier überein; nur waren die Finger mit weniger Zähnen am inneren Rande bewaffnet. Bei einem noch etwas kleineren Individuum (3/5 lang) war das vierte Fusspaar kürzer, als die Totallänge, das erste Kinnladenpaar viel kürzer als der Schnabel, der unbewegliche Finger der Scheeren viel länger, als der Daumen, und die Eierschnüre fehlten ganz. Rücksichtlich dieser letzteren Organe ist noch zu bemerken, dass ihre Entwicklung einiger Abwechselung sowohl nach den Arten, indem eine Art sie früher erhält, als eine andere, wie auch bei verschiedenen Individuen ein und derselben Art, unterworfen zu sein scheint. So habe ich mehr als einmal junge Thiere von derselben Art und Grösse und übrigen Form untersucht, wo aber das eine Individuum das Rudiment einer Eierschnur zeigte, während nichts Aehnliches bis dahin bei dem anderen entdeckt werden konnte. In dieser Auseinandersetzung befindet sich der grösste Irrthum, den sich Krever hat zu Schulden kommen lassen, und der zugleich am meisten dazu beigetragen hat, die weitere Forschung zu erschweren und die richtige Auffassung der ganzen Gruppe, wie sie durch Kroyer’s vorzügliche Arbeit angebahnt war, wieder zu trüben. Kroyer gibt unter 3) an, dass ein drittes Fusspaar an der Larve auftritt, welche bis- her Extremität I, II und III besass. Im folgenden Stadium unter 4) lässt er das vierte und letzte hervorsprossen und behauptet von den vorhergehenden beiden, also III und IV, sie seien derweil weiter entwickelt worden. »Die zwei vorigen Paare zeigen eine starke Entwicklung. Die Form wird mehr langgestreckt und schmal und nähert sich bedeutend der des erwach- senen Thieres. Die »Kinnladenpaare« (also nach unserer, in dieser Monographie beobachteten Bezeichnungsweise Extremität II und III) »sind da, wo sie hervortreten, noch ganz rudimentär (nicht bloss sehr klein, sondern mit wenigen oder gar keinen Gliedern).« Aus dieser Stelle folgt, dass Krover die Extremitätenpaare Il und III der ersten Larve in die Extremitäten IV Zoo], Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 30 234 Literatur der Pantopoden. und V des fertigen Thieres umgewandelt glaubt, und dass die wirklichen Extremitäten II und III der erwachsenen Pantopoden seiner Auffassung nach später selbständig hervorsprossen, also etwa wie später Semrer die Extremität III, den Eierträger, als »Neubildung« hervorsprossen lässt. Dieser fundamentale Irrthum verdarb, wie gesagt, den Erfolg der sonst so vorzüg- lichen Arbeit. . In ihren »Beiträgen zur Kenntniss wirbelloser Thiere«p. 164—165 beschreiben Frey und Leverart im Jahre 1847 ein neues Phowichilidium mutilatum aus Helgoland. Ob das Thier nach dieser Beschreibung wiederzuerkennen sein wird, mag dahingestellt bleiben. Eins ist aber sicher, dass die Verfasser kein ausgewachsenes Exemplar vor sich gehabt haben, denn sie sagen: »auffallender Weise ist bei unserer Art das letzte Fusspaar verkümmert. Es ist nur halb so lang, als die übrigen, ohne Hand und Finger und unbeweglich mit dem entsprechenden Körperring verbunden ete.« Hieraus und aus der Angabe, dass »an der Stelle der eiertra- genden Beine ein stumpfer, ceylindrischer Fortsatz« sich befand, weshalb die Verfasser sie für Männchen halten, lässt sich schliessen, dass die Thiere nicht ausgewachsen waren. Ob über- haupt ein Phowichilidium, nicht vielmehr eine Ammothea vorgelegen hat, ist nicht mit Sicher- heit zu sagen, aber wahrscheinlich. Die Verfasser discutiren auch die Frage nach der Anzahl der Glieder an den Eier- trägern von Phowichilidium coceineum (Jounsr.) Mixe Eowaros. Krever hatte von sieben Gliedern gesprochen, Frey und LeuckArr wollen aber mit Jonnston und Prmwuprı nur fünf zugeben. In diesem Streit handelt es sich gewissermaassen um eine Geschmackssache: je nachdem man die halb ankylosirten, ursprünglich selbständig gewesenen Glieder als solche rechnen, oder aber mit denen, an welche sie sich angefügt haben, zusammenzählen will, erhält man fünf oder sieben Glieder. Eine Gattungscharakteristik daraus abzuleiten, ist jedenfalls unzulässig. Die Missverständnisse, welche aus Krever’s fehlerhafter Beobachtung über die Be- ziehungen der Larven-Extremitätenpaare I, II und Ill zu denen des ausgewachsenen T'hieres hervorgehen sollten, beginnen schon im Jahre 1848 ‘in Lruckarrs »Ueber die Morpho- logie und die Verwandtschaftsverhältnisse der wirbellosen-Thiere.« Auf Seite 99 stellt der Verfasser den Schnabel der Pycnogoniden einer durchbohrten Oberlippe der übrigen Arthropoden gleich und erwähnt auch, dass die Kiefer später als die Beinpaare entstehen, den Larven also fehlen. In der Deutung der Eierträger schliesst er sich Krever’s Verlangen an, sie in die Homologie-Bestimmung mit aufgenommen zu sehen, und möchte sie als drittes Kiefer- paar betrachten. In welcher ungelösten Verwirrung die ganze Frage nach den eigentlichen Beziehungen der Pantopoden aber verharrte, geht aus einer Anmerkung hervor (l. c. p. 120), in welcher LeuckArr u. a. sagt: »Leider hat die Entwicklungsgeschichte trotz der schätzbaren Angaben Krover’s noch wenig zur Deutung des Körperbaues bei diesen Thieren beigetragen. Dass die ersten Larvenzustände der Pyeno- goniden einige Aehnlichkeit mit Milben darbieten, hat man nach meiner Meinung zu hoch ange- schlagen, wenn man dadurch in der Gruppirung dieser Thiere (die. wie MıLnz Epwaros sagen würde, wirkliche animaux degrades sind) sich allein wollte leiten lassen. Auf der andern Seite findet sich auch einige Analogie mit den Larven der Entomosträaken«e — hier tritt also zum ersten Mal der Ver- gleich mit dem Nauplius auf! — »wenn wir die Schwimmbeine derselben in Geh- und Klammerbeine Literatur der Pantopoden. 235 we verwandelt uns denken. Ob deshalb die Pyenogoniden etwa den Entomostraken zuzurechnen seien, und nicht den Malacostraken, obgleich sie im ausgewachsenen Zustand den letzteren durch die interessante Gruppe der Laemodipoden sich anzuschliessen scheinen ?« Von Dusarpın rührt eine kurze aber sehr werthvolle Darstellung einer anatomischen Untersuchung her, welche in den Comptes rendus XXIX p. 28 und 29 des Jahres 1849 enthalten, aber von fast allen späteren Autoren unbeachtet geblieben ist. Dusarpın beschreibt darin die Ovarien, welche er in dem vierten Beingliede von Ammothea, Nymphon, Pallene und Phowichilus angetroffen hat, ihre Ausmündung im zweiten Beingliede; erwähnt auch, dass er bei Pyenogonum nur em Paar Ovarialöffnungen und Eier im Rumpf gefunden hat. Die Hoden sucht er gleichfalls, wie einige spätere Autoren, im vierten Beingliede und beschreibt ihren Ausführungsgang; was er indess dafür angesehen hat, sind die Kittdrüsen. Sehr gut, wenn auch kurz und gedrängt, ist seine Darstellung vom Baue des Schnabels, den er mit dem Schlundkopf der Nematoden vergleicht. Er weist die Larkeırre’sche Meinung von der Ver- wachsung mehrerer Mundtheile zu seiner Bildung energisch zurück und betont die Dreitheilig- keit des Schnabelbaues. Die Eierträger spricht er nicht nur beiden Geschlechtern zu, sondern sogar den Weibchen von Pyenogonum ab, — befand sich also in nächster Nähe der später von Cavanna gemachten wichtigen Entdeckung, dass die Männchen die Eier tragen. Im selben Jahre beschrieb auch Kronn die Ovarien (Frorırr, Notizen 3. Reihe Bd. IX, Nr. 191 p. 225), verfiel aber in den nachher oft wiederholten Irrthum, acht einzelne Ovarien in den Beinen anzunehmen, deren Ausmündung aber nicht gefunden ward. Nach der Be- schreibung sind es die Ovarien von Pallene gewesen, die Krons untersucht hat. Ohne von Krover’s und Dusarvın’s Untersuchungen Kenntniss erlangt zu haben, ver- öffentlichte Zenker seine allgemein bekannt gewordenen »Untersuchungen über die Pyenogoniden« im Archiv für Anatomie und Physiologie 1852. p. 379 ff. Taf. X, die an Pyenogonum litorale und Nymphon gracile angestellt wurden. ZENKER zufolge besteht der Körper der Pyenogoniden aus Kopf mit Augen und drei Extremitätenpaaren, vier 'T'horaxringen mit je einem Extremitätenpaar und dem kurzen Ab- domen. Seine Angaben über die Anatomie enthalten mancherlei Irrthümer. Ich habe schon oben erwähnt, dass die Höhlungen in der Körperwand des Pyenogonum litorale nur secundär mit den Blindsäcken der Darmschläuche in Zusammenhang stehen, nicht etwa durch oder für dieselben geschaffen wurden, wie man aus Zenker’s Darstellung schliessen möchte. Die Haut- drüsen betrachtet Zenker als zur Fettbildung bestimmt. In der Darstellung des Nervensystems mischt sich viel Wahres mit Falschem. ZExKer hat zwar den Schlundring erkannt, aber die Einsicht in die Vertheilung und die Herkunft der einzelnen Nerven aus demselben sehr fehler- haft geschildert. Ihm zufolge besteht »das Gehim aus drei Abtheilungen : einer oberen (dem Augen- gehirn) für den Ursprung der Augennerven, einer vorderen für die Scheerenfühler und Tasternerven, endlich einer für die Nerven der accessorischen Füsse. Aus der vorderen entspringt auch ein medianer Rüsselnerv. der sich vielleicht zu einem sympathischen Nervensystem begibt ete.« ZENKER hat offenbar das Nerven- system frei präparirt und aus dem Körper des betreffenden 'Thieres herausgenommen; dabei hat er nicht bloss die Nerven nahe an ihrer Wurzel abgerissen, sondern auch den Oesophagus 30* 236 Literatur der Pantopoden. aus dem engen Lumen des Schlundrings herausgezogen; dadurch hat er die Geschiedenheit des oberen und unteren Schlundganglions übersehen, hat vielmehr den Zwischenraum zwischen dem ersten und zweiten Bauchganglion als die Durchtrittsstelle des Oesophagus behandelt und infolge dessen das erste mit all seinen Nerven als einen "Theil des oberen Schlundganglions, resp. als Gesammtgehirn behandelt. So allein erklären sich die fast durchgehends fehlerhaften Angaben. Auch Semrer hat hierauf bereits aufmerksam gemacht. ZExkeEr hat zuerst das kleine Abdominalganglion entdeckt, irrt aber in der Beschreibung nur eines davon ausgehenden Nerven. Aus dem Gehirn beschreibt ZENKErR sonderbare Körperchen von hellgrauer Masse mit concentrischer Streifung und vergleicht sie den Corpusculis amylaceis aus dem Ependyma des menschlichen Gehirns; auch diese merkwürdige Angabe lässt sich wohl auf den oben gerügten Fehler zurückführen; diese Körperchen sind wohl wirkliche, aus dem Oesophagus bei seinem Abreissen ausgetretene Amylumkörner gewesen, die nun an der engen Durchbruchsstelle des Schlundringes liegen geblieben sind. Die Augennerven sitzen nach ZENKER auf einem besonderen Augengehirn; das wäre also das eigentliche obere Schlundganglion; die wirklichen Augennerven hat ZenKEr nicht erkannt. ZENKER beschreibt die Contractionen eines Rückengefässes bei Nymphon, und hält die Höhlungen der Haut für Athemorgane. Am besten ist seine Darstellung des Schnabels; sie gleicht der von Dusarpın, ist aber ausführlicher. Die Schnabelnerven hat er nicht gekannt. Gegen die Auffassung der eiertragenden Füsse, als allein den Weibchen zukommend, verwahrt er sich, wie Kreyer. Er sagt ferner, die Ovarien wie Hoden schickten Schläuche in die Beine ab, und beschreibt die Zoospermien. Zum Schluss meint er, der natürliche Platz der Pyenogoniden sei innerhalb der Arach- nıden in der Nähe der Acarinen, aber als eigene Familie. Seine Betrachtungen verlieren aber infolge der fehlerhaften Erkenntniss des Nervensystems jeden Werth. Im Jahre 1854 machte GesGEngaur (Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung bei Medusen und Polypen) auf den Umstand aufmerksam, dass gewisse Pyenogoniden als Larven in den Capitulis von Eudendrium lebten. Ohne das Verhält- niss genauer ergründet zu haben, stellte er es begreiflicher Weise so dar, als wenn die Eier direct in den Polypen abgelegt worden wären, was indess nicht der Fall ist, da die Eier von Phowichilidium, um die es sich hier handelt, ebenso von den Männchen herumgetragen wer- den, wie die übrigen; erst die auskriechende Larve gelangt activ oder passiv in den Polypen, wo sie dann ihre weitere Verwandlung durchmacht. »Ueber das Herz und den Blutumlauf in den Pyenogoniden« heisst die Ueber- schrift einer zweiten Arbeit von Kronx (Archiv für Naturgeschichte 1855, p. 6—8), worin der Verfasser die Angaben Zenker’s über die Anwesenheit eines Herzens bestätigt, und einige Literatur der Pantopoden. R 237 misszuverstehende Angaben über den Blutlauf macht, die ihn veranlassen, von Identität mit den Circulationsverhältnissen der Arachniden zu sprechen. Er sagt: »Die Kammern des Herzens ziehen sich gleichzeitig zusammen. Bei jeder Diastole wird das von den Organen rückkehrende Blut durch die vier Seitenöffnungen vom Herzen aufgenommen und bei der Systole nach vorn getrieben. Es gelangt so ein kleiner Theil des Blutes in den Rüssel, während der grössere Theil als ansehnlicher Strom seinen Lauf gegen das Abdomen nimmt.« Dies könnte man so interpretiren, als ob das Rückengefäss vorn das Blut gegen den Schnabel, hinten den grösseren Theil gegen das Abdomen triebe. Das ist indess nicht der Fall; alles Blut geht nach vorn und kehrt vom Schnabel oder aus den Beinen an die Bauchseite, wo es durch die Oeffnungen des Septums hindurch wieder in die Rückenseite gelangt und vom Herzen erfasst wird, oder aber, ohne durch das Herz ge- gangen zu sein, durch die Contractionen des Darms und seiner Schläuche hin und her geschoben wird und schliesslich irgend einer Strömung sich wieder unterordnet. Ein regel- mässiger Blutlauf wie bei den höheren Arachniden ist also nicht vorhanden. Danach sind Kronn’s Angaben zu corrigiren. Ueber den Parasitismus der Phoxichilidien spricht im Jahre 1859 Arıman in den Trans- actions of the British Association, und wird wörtlich eitirt von Hopsz in dessen aus- führlicher Darstellung der Entwicklung eines Phowichilidium coccineum (OÖbservations on a Species of Pyenogon, with the attempt to explain the Order of its Develop- ment in Ann. and Magas. of Natural History Ill Series IX, p. 33 ff.) im Jahre 1862. Beide behandeln diese Frage und Hopge bemüht sich nicht ohne Erfolg nachzuweisen, dass die Phoxichilidien-Larve in den Polypen erst als Larve, nicht als Ei hineingelangt. Er schildert ausführlich das Abwerfen der ersten Larvenhaut mitsammt den rankenförmigen Extremitäten und die allmälige Umformung in das Stadium, in welchem die Larve dann später den Polypen wieder verlässt. Eine kleine, ziemlich seltene Schrift Oronzıo Costa’s, genannt »Microdoride medi- terranea o descrizione de’poco ben conosciuti od affatto ignoti viventi minuti e microscopici del Mediterraneo« erschien im Jahre 1861 in Neapel und brachte eine neue Studie des Verfassers über die Pyenogoniden. Auch diese Arbeit leidet wieder an be- trächtlicher Ungenauigkeit der Beobachtung und der Darstellung, dass es unmöglich erscheint, ausser einer einzigen Art, die Identificirung vorzunehmen. Beschrieben werden Rhynchothorax (n. g.) mediterraneus, Platychelus (n. g.) sardonicus, Aleinous (n. g.) vulgaris und megacephalus. Die erstgenannte Art habe ich glücklicherweise, ihres merkwürdigen Baues halber, identificiren können; es wird aber Wunder nehmen, wenn ich nach der Charakteristik Costa’s anführe, dass die Kieferfühler, also Extremität I, viergliedrig und mit einer kleinen Scheere ausgestattet seien, die Palpen achtgliedrig mit einer Kralle, die eigentlichen Beine dagegen siebengliedrig und sogar der Hinterleib siebengliedrig seien und infolge dessen an Anceus erinnern soll. Wie aus der von mir gegebenen Beschreibung hervorgeht, fehlen die Kieferfühler, d. h. Extremität I völlig, wie bei Pyenogonum, Extremität II, die von Cosra als Kieferfühler angesehen wurde, hat acht Glieder, und die von ihm als Palpen beschriebene Extremität sind die Eierträger. Die Zahl 238 Literatur der Pantopoden. der Glieder der Extremitäten IV—VII ist die normale, und vom siebengliedrigen, amphipoden- artigen Abdomen ist keine Rede, dasselbe ist vielmehr so normal gestaltet, wie bei allen Pantopoden. Platychelus sardonicus wird nicht besser beschrieben; aber besondere Schwierig- keit erwächst durch die Abbildungen. Gleich nach dem Gattungsnamen steht: Tav. IA, Fig. 1. Man glaubt also auf Tafel la unter Fig. 1 dies Thier vor sich zu sehen. Nachher aber steht auch unter Alcynous vulgaris dieselbe Bezeichnung Tav. IA, Fig. 1, während für die Gattung Aleinous auf Tav. Il, Fig. 1 und 2 verwiesen wird. Auf der Tafel-Erklärung fehlt Platychelus gänzlich, — sonach ist es sehr schwer, zu rathen, was O. Costa vor sich gehabt hat. Wahrscheinlich handelt es sich auch hier wieder nur um eine Ammothea, deren Extre- mität I noch die Larvenscheere besass. Dieselbe fehlt der Gattung Alcinous, die der Ab- bildung und Beschreibung nach eben auch wieder nichts als eine Ammothea darstellt. Es ist eigenthümlich zu sehen, welche Fülle von Namen für diese Gattung in Verwendung gebracht sind: Ammothea Lracn, Phanodemus Costa, Pephredo Goovsır, Pasithoö Goopsır, Endeis Puinieri, Pariboea Purniprı, Platychelus Costa, Alcinous Costa, Achelia Honp«s — gewiss ein deutliches Bild der chaotischen Verwirrung, die in der Synonymie der Gruppe bisher geherrscht hat. JLAPAREDE bringt unter den vielen Notizen semer »Beobachtungen über Ana- tomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere, an der Küste der Normandie angestellt« im Jahre 1863 auch einige Angaben über Pyenogoniden. Zunächst bestätigt er auf Seite 102 das Vorhandensein des Herzens bei Phowichilus, hat auch die An-, wesenheit der hinteren Oeffnung desselben constatirt, aber nicht beobachtet, dass diese Oeft- nung eben so oft verwachsen ist. Er behauptet die Anwesenheit einer Aorta, die sich vorn im Schnabel T-förmig gabelt. Wir sahen oben, dass dies irig ist. Die Richtung des Blut- stroms von hinten nach vorn beweist CLAPAREDE zufolge eine Scheidung der Pantopoden von den Araneen, bei denen die umgekehrte Richtung eingehalten wird. In einer zweiten Notiz beschreibt CULArarepe ein Phowichilidium cheliferum, das indess, wie schon SEMPER nachgewiesen hat, eine Pallene ist. Ich möchte mir auch den Ausdruck des Zweifels gestatten, dass die Extremität III dieses Thieres, wie CrArarepe behauptet und abbildet, wirklich eine Scheere besessen hätte; wahrscheinlich hat ULArareve eben so eilig und unvollständig untersucht, wie er gezeichnet und beschrieben hat; keinenfalls darf seine Angabe ohne erneute Bestätigung als gültig betrachtet werden, wie denn auch das daran geknüpfte Raisonnement viel zu wünschen übrig lässt. In der dritten Notiz »Zur Entwicklung der Pyenogoniden« (l. c. 104) ist ebenfalls, wie schon früher von mir hervorgehoben ward, die Larve einer Ammothea als zu Phowichilidium cheliferum gehörig beschrieben und mit einer Larve dieser Pycenogonide, die eben eine Pallene war, als zu demselben Entwicklungseyclus gehörend verbunden. Also weder die eine noch die andere Larve gehört dem durch Parasitismus so ausgezeichneten Entwicklungsleben von Phowichilidium an. In dem mit Carus in Gemeinschaft herausgegebenen Handbuch der Zoologie be- handelt GerstÄcker die Pyenogoniden als Arachniden, denen er sie als sechste Ordnung unter Literatur der Pantopoden. 239 dem Namen Pantopoden beifügt. Da Gexstäcker keine eigene Untersuchungen angestellt hat, so bringt er nur die damals zugänglichen Angaben, hauptsächlich diejenigen Zexkers und Kronn’s. Wenn freilich GeErsTÄcKEr sagt (l. c. p. 349): »Die von Mırne Epwarps und Krover früher den Crustaceen beigezählten Pyenogonidene — (weder der Eine noch der Andre haben das mit irgend welcher Bestimmtheit gethan, Krever sogar mit durchaus kritischer Erwägung aller Verhältnisse) — »sind nach allen Charakteren eigentliche Arachniden, deren auf den ersten Blick sehr abweichende Körperbildung nur dem Element, auf dem sie leben, angepasst ist; sie sind nämlich Bewohner des Meeres ete.« — so bleibt er den Beweis für diese Behauptung natürlich schuldig; in der That ist nicht abzusehen, was das Meer für speeifische Einflüsse auf die Gestaltung des Schnabels, der Darmschläuche, der Geschlechtsdrüsen ete. ete. ausgeübt haben sollte, um aus Arachniden Pycenogoniden zu machen, mag man nun darwinistische oder antidarwinistische Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen. In der »List of the British Pyenogonoidea, with Descriptions of several new Species« (Annal. and Magazine of Natural History III Series, Vol. XUl, p. 113 ff.) gibt Hopcr im Jahre 1864 eine Anzahl durchaus unzureichender Diagnosen von Arten der Gattungen Ammothea, Achelia (n. g.), Phoxichilidium und Pallene. Es lohnt nicht der Mühe, diese Diagnosen wieder abzudrucken, ein späterer Monograph britischer Pantopoden wird vielleicht eben so wenig im Stande sein, dieselben zu identificiren mit den wirklichen Thieren, wie es mir mit Cosra’s und Prinippr’s Arten geglückt ist. Die von Hopse errichtete neue Gattung Achelia muss aber wieder eingezogen werden, da sie mit Ammothea zusammen- fällt, welche von Leacn auf noch nicht ganz ausgereifte Formen errichtet war, deren reife Stadien Hope eben als Achelia definirt. Hope beschreibt mehrfach Männchen und Weibchen unter verschiedenen Namen und, da er Ammothea beibehält für die mit Scheeren versehenen, unreifen Exemplare, so begegnet es ihm, dass er dieselbe Art unter zwei Gattungen und drei Artnamen beschreibt. Als Pallene pygmaea beschreibt er übrigens ein Phoxwichilidium. Die in den Annales des Sciences Naturelles 5. Serie Vol. VII, p. 199 im Jahre 1867 beschriebene Oeceobathes aracne von Hrsse ist, wie die meisten von diesem Forscher beschriebenen Thierformen, unentzifferbar und kann füglich unberücksichtigt bleiben. Im Jahre 1869 publicirte ich einige Untersuchungen »Ueber Entwicklung und Bau der Pyenogoniden« in der Jenaischen Zeitschrift für Mediein und Natur- 157 Tab. V und VI. In denselben machte ich es mir zur Auf- wissenschaft V, p. 138 gabe, auf Grund der Entwicklungsgeschichte die Frage nach der Verwandtschaft der Pyeno- goniden mit Crustaceen oder Arachniden zur Lösung zu bringen. Neben einer Anzahl ge- nauerer Angaben über die Entwicklung der ersten Larve im Ei und deren Anatomie, vermochte ich den Nachweis zu führen, dass Krever sich ernstlich geirrt hatte, als er die Larvenex- tremitäten II und III in die Extremitäten IV und V der Erwachsenen übergehen liess. Ich bewies, — obschon das nachher wieder angezweifelt ward — dass die Larvenextremitäten I—III in die gleichnamigen, damals Kieferfühler, Palpen und Eierträger genannten Extremi- täten I—III der ausgewachsenen Thiere übergingen, und dass die eigentlichen Beme nach“und 240 Literatur der Pantopoden. nach mit den zugehörigen Segmenten terminal nachwüchsen. An den Metamorphosen der als Achelia laevis Hopce von mir gedeuteten Art glaubte ich alle Umwandlungen der Extremi- täten I— III genau nachweisen zu können. Ich würde auch noch sicherer damit verfahren sein, hätte ich damals schon die Innervation der Extremitäten I—III genau gekannt und die Umwandlungen der Extremität I. Immerhin bezeichnete meine Arbeit einen Fort- schritt, insofern ich feststellen konnte, dass, — worauf schon Krever bestanden hatte — sieben homodyname Gliedmaassenpaare den Pyenogoniden zukamen, dass sie also nur dann mit den Arachniden hätten verbunden werden können, wenn nachgewiesen worden wäre, wo das siebente Gliedmaassenpaar bei diesen geblieben war. Indem ich auch die abgekürzte Ent- wicklung von Pallene (— die ich freilich, wie Semrer mit Recht monirte, fälschlicher Weise als Phowichilidium beschrieb —) kennen lehrte, glaubte ich eine Parallele oder sogar Identität zwischen der Pycenogo nidenlarve und dem Nauplius annehmen zu dürfen, deren weitere Entwicklung in Crustaceen und Pantopoden aber völlig selbständig und von einander durchaus getrennt vor sich ginge. In einer sehr eingehenden Arbeit »Ueber Pyenogoniden und ihre in Hydroiden schmarotzenden Larvenformen« (Arbeiten aus dem Zool.-zootom. Institut in Würzburg I, p. 264—286) behandelt Semrer im Jahre 1874 dieselben Fragen und Probleme. Die Eigen- thümlichkeit des Entwicklungsganges der halbparasitischen Gattung Phowichilidium liess ihn indess über den eigentlichen Sachverhalt im Dunkel. Statt die Frage nach der Continuität der Extremitätenbildung resp. Umbildung von der Larve zum reifen 'Thiere an denjenigen Gattungen zu studiren, welche eine ungebrochene, schrittweise Entwicklung von der Larve zum fertigen Endpunkte des Männchens oder Weibchens durchmachen, glaubte er aus dem compliceirteren Verhältnisse der Gattung Phowichilidium ohne weitere Vergleichung mit andern Entwicklungsgängen die richtige Deutung erlangen zu können. Da die Larve von Phowichilidium, ehe sie in den Polypenleib geräth, die Extremitäten II und III rückbildet, so konnte er ihre letzten Ueberreste auch nicht an den neu hervorsprossenden Palpen und Eierträgern nach- zuweisen, war somit dem Iırthum ausgesetzt, die schembar an der Stelle der verschwundenen Larvenextremität III bald darauf sich entwickelnde Extremität IV als die der Lage und Func- tion nach mit jener identische, so zu sagen den Amtsnachfolger der Larvenextremität III an- zusehen. Dadurch aber ward er genöthigt, für die dann später bei den Männchen, nach geraumer Latenz wirklich hervorsprossende Extremität IIl, den Eierträger, auf den Nothbehelf der »Neubildung« zu verfallen, — womit denn eben die ganze, auf diese Auffassung begründete Homologisirung der Pyenogoniden mit den Arachniden Banquerott machte. Eine wichtige Arbeit für die Erkenntniss der Pantopodenstructur sind die von Uavanna im Jahre 1876 in den Publicazioni del R. Istituto di studi superiori pratici e di perfezionamento in Firenze I. p. 249—264 veröffentlichten »Studi e ricerche sui Picnogonidi.« Cavanna erkannte zum ersten Male, dass alle früheren Autoren geirrt hatten, indem sie diejenigen Exemplare, welche die Eiersäcke an Extremität III tragen, für Weibchen hielten. Es seien vielmehr die Männchen, welche diese Function zu besorgen haben. Neben Literatur der Pantopoden. 241 dieser unzweifelhaft richtigen Erkenntniss enthält indess die Abhandlung Cavanna’s eine An- zahl von Irrthümern, welche ich schon in einer früheren kleinen Arbeit bezeichnet habe. Cavanna hielt die Darmkörperchen für vegetabilischen Ursprungs, und glaubte sie als aus- schliesslich von aussen aufgenommene Nahrungsmassen betrachten zu dürfen. Ferner sah er die Kittdrüsen als Hoden an (wie schon vor ihm Dusarvın), corrigirte indess seinen Vorgänger. insofern er die richtige Ausmündung der Hoden an den Geschlechtshöckern von Ammothea wahrgenommen hat, die Ausmündungsröhren der Kittdrüsen aber für sich allein als eine Drüse beschrieb. Dass die Hoden und Ovarien im Körper liegen, entging Cavanna wie den meisten früheren Autoren, dafür aber stellte er fest, dass alle Männchen die Extremität III besitzen, während sie nur einigen Weibchen zukommt. Im Jahre 1877 erschien eine Arbeit von Dr. Hork »Ueber Pyenogoniden« (Nieder- 254, Taf. XV und XVI.. Es werden darin Pyenogonum litorale, Pallene brevirostris, Phowichilidium femoratum und Nymphon gracile behandelt. ländisches Archiv für Zoologie III, p. 235 Ob diese Bestimmungen richtig sind, muss dahin gestellt bleiben: schon SEmPErR hat mit Recht hervorgehoben, dass fast nur die Beschreibungen Krever’s und Gruge’s brauchbar seien, und so sehr Hoek auch hofft, »die Art Nymphon so genau zu beschreiben, dass ein späterer SEMPER die Beschreibung brauchbar nennt«, so sehr muss doch betont werden, dass nur ver- gleichende Beschreibung und sehr sorgfältige Abbildung der ganzen Thiere und ihrer einzelnen Theile für eine »brauchbare« Beschreibung gelten kann. Hork kannte noch nicht die Cavanna’sche Entdeckung, aber er argumentirt richtig, wie schon früher Krever und ZENKER, dass beide Geschlechter mit Extremität III ausgerüstet seien. Ueber die Hautstructur gibt Horx einige nicht vollständige Mittheilungen; da ihm die Hautdrüsen entgangen sind, hält er ihre Ausführungsgänge für Porencanäle. Hork behauptet, die Extremität II bei Nymphon werde vom oberen Schlundganglion innervirt, da er aber den ganzen Verlauf der betreffenden Nerven nicht hat verfolgen können, so ist es um so wahrschemlicher, dass er sich täuschte, als er auch den oberen Schnabelnerv nicht aufgefunden hat. Hork schliesst sich in einer Erörterung über den Werth des Eierträgers der von Krever und mir vertretenen Auffassung an, derzufolge derselbe eine normale Extremität sei. Ueber nordamerikanische Pyenogoniden gab die »Synopsis of the Pyenogonida of New-England« von Wırson (Transactions of the Connecticut Academy Vol. V) 1878 Auskunft. Er behandelt die Gruppe fast ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt der Systematik. Es werden beschrieben Pyenogonum litorale. Ob die unter diesem Namen gehenden Formen wirklich alle zu derselben Art gehören, möchte ich sehr bezweifeln; ich habe oben (Seite 38 u. 39) schon erwähnt, dass ich ein Pyenognum litorale vom Clyde besitze, das sicher specifisch von einem Pyenogonum litorale aus dem Firth of Forth verschieden ist. PriLıppi behauptet, diese Art auch im Golf von Neapel gefunden zu haben: mir ist das bisher nicht gelungen, aber ich habe zwei neue Pyenogonum-Arten beschrieben, deren grössere vielleicht von ihm für P. litorale gehalten ward. Tanystylum orbiculare: Diese Art und Gattung scheint der von mir beschriebenen Clotenia conirostris nahe verwandt zu sein; ich zögere aber, den Zool. Station z. Neapel. Fauna uud Flora, Golf von Neapel. III. Puntopoda. 31 242 Literatur der Pantopoden. Gattungsnamen für C/otenia comirostris in Anspruch zu nehmen, da ich doch nicht sicher bin, dass die Criterien für beide passen. Ein späterer Monograph wird das auszumachen haben. Achelia spinosa scheint mit Ammothea franeiscana verglichen werden zu können; doch genügt die Beschreibung Wırson’s ebenso wenig wie die Abbildung, um das festzustellen; oberfläch- liche Betrachtung zeigt z. B. die Gestalt des Schnabels verschieden; die nachher beschriebene Ammothea achelioides Wırsox’s ist offenbar die noch unentwickelte Achelia spinosa desselben Autors. Pallene empusa scheint eine gute Art zu sein. Mit der Errichtung der Gattung Pseudopallene scheint mir Wrison das Rechte getroffen zu haben; der Beschreibung und Ab- bildung nach ist diese Art sicherlich keine Pallene. Leider vermag ich die Abbildungen, die Krover in der Voyage en Scandinavie, Laponie ete. von Pallene discoidea, spinipes und intermedia gibt, nicht zu vergleichen, gerade diese Tafel fehlt dem mir vorliegenden Exemplar des Reisewerkes; aber den Krever’schen Beschreibungen nach zu schliessen, kann ich WiıLson nur Recht geben, wenn er sie seiner Gattung Pseudopallene unterordnet. Ueber die Zugehörig- keit dieser Gattung zu einer der grösseren Gruppen muss indess noch Zweifel bleiben, bis neuere Untersuchungen die Structur der Kittdrüsen und die Ei- und Larvenentwicklung näher kennen gelehrt haben. Im Golf von Neapel habe ich keine Pseudopallene aufgefunden, kann also keine Ansicht darüber äussern. Wırsox’s Haupteriterium für die Absonderung der Gattung von Pallene, dass letztere nämlich Auxiliarklauen, erstere aber nicht habe, ist keineswegs aus- schlaggebend, da wir ebensowohl Phowichilidium- wie Ammothea-Arten mit oder ohne Nebenkrallen haben (die beiläufig auch nicht, wie Wırson behauptet, durch eigene Muskeln selbständig be- weglich sind). Ueber Phowichilidium mawillare und minus vermag ich keine irgendwie werth- volle Bemerkung zu machen, aber dass die Gattung Anoplodactylus mit Unrecht von Phowichi- lidium getrennt wird, geht theils aus der eben geäusserten Bemerkung über das Fehlen oder Vorhandensein der Nebenklauen hervor, wie es auch feststeht, dass die Zahl der deutlich ge- schiedenen Glieder der Extremität III bei Phowichilidium schwankt, da ein Rückbildungsprocess dieser Extremität bei Phowichilidium unzweifelhaft ist und verschiedene Grade erreicht. Wichtiger wäre es, von all diesen Arten die Structur der Haut- und Kittdrüsen zu kennen. Ueber den Werth der Arten der Gattung Nymphon, die Wırson beschreibt, habe ich keine Bemerkungen zu bieten, da ich diese Gattung nicht hinreichend studirt habe. Wohl aber möchte ich nicht unter- lassen, die Aufmerksamkeit der Forscher auf einen Umstand zu richten, auf den ich durch die Zeichnung 2i und 2) Taf. VI aufmerksam geworden bin. Diese beiden Figuren stellen nämlich »recently hatched« Larven von Nymphon hirtipes Bew dar; sie tragen noch das eben geplatzte Chorion an sich, besitzen aber bereits Extremität IV und V, und zu gleicher Zeit die drei deutlichen Larvenextremitäten I—IllI. Es wäre natürlich hochinteressant, wenn fest- gestellt würde, ob in der That diese oder andere Species von Nymphon in der Entwicklung eine solche Mittelstufe zwischen Pallene und den übrigen Pantopoden darstellten. Krever gibt an, zwei Stadien der Larven an den sie tragenden Männchen von Nymphon grossipes gefunden zu haben: das eine mit den drei Extremitäten I—III, das zweite mit den schon hinzugefügten IV—VI. Es wäre also möglich, dass die Larve, welche Wırson zeichnet, nicht sowohl die Literatur der Pantopoden. 243 zerplatzte Chorionschale mehr an sich trüge, als vielmehr die der Cuticula der ursprünglich- sten Larvengestalt. Weitere Untersuchungen können da allein entscheiden. »Ueber die Pyenogoniden des kgl. Zoolog. Museums zu Berlin, insbe- sondere über die von 8. M.S. »Gazelle« mitgebrachten Arten« ist der Titel einer folgenden systematischen Arbeit des Dr. Bönm im Monatsbericht der kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1879, p. 170—195, Tab. I u. II, im welcher eine Reihe neuer Formen beschrieben werden. Zunächst erscheinen fünf Arten der Gattung Nymphon (gracilipes Miers, phasmatodes Bönm mit sehr auffallend gestalteter Extremität III, grossipes ©. Fagr., hirtum Fapr., horridum Bönm, für das vielleicht nach weiterer Untersuchung eine eigene Gattung er- forderlich wäre. Pallene fluminensis Kr. wird. ausführlich beschrieben, und eine Erörterung vorangeschickt über die Definition der Gattungen Pallene und Phowichilidium. Nach der Be- schreibung und Abbildung müsste man freilich Krever Recht geben, der diese Art zu Phowi- chilidium stellt; die relative Lage des Schnabels und des Augenhöckers lassen darüber keinen /weifel bestehen, und das Vorhandensein von acht- bis zehngliedrigen Eierträgerın beweist nichts dagegen, wie oben bemerkt ward. Bei genauerer Prüfung wird vielleicht auch für Ph. fluminense ein eigener Gattungsname indieirt sein. Ob Pallene lappa zur Gattung Pseudo- pallene Wırson zu bringen ist, wie Bönm durch ein Fragezeichen andeutet, oder nicht vielmehr zu Phowichilidium, ist mir auch zweifelhaft geblieben. Phowichilidium digitatum scheint eine gute Art zu sein. Ob in der That Achelia laevis von den Kergueleninseln mit Achelia laevis Hopck von der englischen Küste identisch ist, wird wohl noch näher beleuchtet werden müssen, da- zu reichen nur Vergleiche der Originalexemplare aus. Die neue Gattung Corniger scheint mit der von- mir beschriebenen Gattung Trygaeus einige Aehnlichkeit zu besitzen, besonders auch in der Beschaffenheit der Eierträger, doch lässt sich ohne näheren Vergleich kein sicheres Urtheil fällen. Zwei Arten Phoxichilus werden erwähnt, die eine näher beschrieben und ab- gebildet, aber nicht genau genug. Ein Pyenogonum litorale von den Kergueleninseln wird er- wähnt; wahrscheinlich ist das auch wieder eine andere Art. Als Pyenogonum chelatum wird ein Thier unbekannter Herkunft beschrieben, welches wohl Anspruch auf einen eigenen Gat- tungsnamen hat und sehr interessant erscheint. Leider erfahren wir bei all diesen neuen Beschreibungen Nichts von der Zahl und Lage der Geschlechtsöffnungen, nichts von Hautdrüsen, Hautborsten und Kittdrüsen; Lippen, Lippenträger, Reusenapparat werden nicht berücksichtigt, — sonach ergibt sich, dass all diese Thiere von Neuem untersucht und auf die neu gewonnenen Gesichtspunkte geprüft werden müssen, sollen sie für die Erkenntniss der Mannigfaltigkeit im Kleinen, ebenso wohl wie der Einförmigkeit im Grossen des Pantopodengeschlechts Zeugniss ablegen. Derselbe'Autor fügt noch zwei interessante Formen der obigen Anzahl hinzu in einem Aufsatz »Ueber zwei neue, von Herrn Dr. HındEnnorr in Japan gesammelte Pyenogoniden (Sitzungsbericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, April 1879). Unter dem Namen Gnamptorhynchus ramipes wird ein 'Thier beschrie- ben, das grosse Verwandtschaft mit Barana zeigt. Die grösste Eigenthümlichkeit dieses 'Thieres 31* 244 Literatur der Pantopoden. scheint aber die normale Abwesenheit des Endgliedes der Extremität IV zu sein. BöHnm ver- gleicht dasselbe mit Zetes Kreyer und Rhopalorhynchus Mason (Journal of the Asiatie Society of Bengal XVII, P. II, 1873). Als Pallene longiceps wird eine Form beschrieben, welche zu der in dieser Monographie beschriebenen Neopallene gerechnet werden muss, da das Männchen die rudimentäre Extremität II besitzt. Ueber die Gestalt der Kittdrüsen lässt sich aus der Beschreibung nichts entnehmen. Die vorliegende Monographie ward im Jahre 1879 durch eine kürzere Auseinander- setzung in den Mittheilungen aus der Zoolog. Station zu Neapell, p. 28—39 einge- leitet, in welcher unter dem Titel »Neue Untersuchungen über Pyenogoniden« vor- nehmlich die von SEmPER geübte Kritik meiner im Jahre 1869 veröffentlichten Arbeit zurück- gewiesen ward. In derselben bemühte ich mich, zu zeigen, dass der Nachweis der Identität der Larvenextremität III und des Eierträgers selbst da feststünde, wo eine vorübergehende Latenz die unmittelbare Aufeinanderfolge beider Bildungen unterbräche, da der zu dieser Extremität gehörende Nerv derselbe und auch erhalten bliebe während der Latenz, ja sogar bei völligem Ausfall des Eierträgers, wie z. B. bei den Weibehen von Phowichihus, Phowichi- hdium etc. Ich wies ferner die Argumentation SEmper’s zurück, welcher aus dem Vorhanden- sein von nur fünf bis sechs Paaren Darmschläuchen auch nur auf sechs typische Gliedmaassen- paare schliessen wollte, indem ich die bei Phowichilus vorkommenden zwei Paar Darmschläuche des Schnabels als wahrscheinlich letzte Reste der ursprünglich für Extremität II und III be- stimmten in Anspruch nahm, wodurch dann mit Hinzurechnung der in der abgeworfenen Extremität I befindlich gewesenen Schläuche sieben Paare herausgerechnet werden müssten. Ich betonte das Vorhandensein von zwei rudimentären Abdominalganglienpaaren, rectificirte die bisher geltenden Anschauungen über die Lage und Zahl der Geschlechtsdrüsen und den vermeintlichen Mangel des Rückengefässes bei einigen Gattungen, wies auf die Existenz der Haut- und Kittdrüsen hin und warnte schliesslich vor übereilter Beschreibung von Gattungen und Arten ohne Berücksichtigung der sexuellen Unterschiede und genaueren Kenntniss der Larvenentwicklung. Soweit geht die Entwicklung derjenigen Literatur"), welche die Originalarbeiten über die Pycenogoniden enthält. Aus ihr resultiren die Auffassungen, welche sich gegenwärtig in Hand- und Lehrbüchern verbreitet finden, von denen ich die hervorragendsten noch kurz erwähnen will. In der »Generellen Morphologie der Organismen« II, p. XCV stellt Häcker im Jahre 1866 die Pycnogoniden als zweite Legion der Pseudarachnae auf. Von den Pseudarachnen sagt er: »Die Stellung dieser Gruppe unter den Arachniden betrachten wir als eine provisorische. Sie wird aber so lange beibehalten werden müssen, als nicht die Stelle ihrer Abzweigung vom Articulaten- stamme entdeckt ist. Die beiden hierher gehörenden Legionen Aretisca (Tardigraden) und Pantopoda (Pyeno- goniden) zeigen unter sich keine nähere Verwandtschaft.« !\ Einige systematische Arbeiten /neueren Datums konnten nicht mehr berücksichtigt werden. Literatur der Pantopoden. 2 245 Von den Pantopoda heisst es dann weiter: »Diese Legion umfasst nur die einzige Ordnung und Familie der Pyenogoniden, eine gleich der vorigen sehr eigenthümliche Artieulatengruppe, welche jedoch viel nähere Verwandtschaftsbeziehungen zu den übrigen Arthropoden zeigt. Vielleicht kann dieselbe als ein Zweig der Sphaerogastres betrachtet werden, der durch die einfache Anpassung an das Küstenleben seltsam modifieirt worden ist. Vielleicht sind aber die Panto- poden auch sehr aberrante Crustaceen.« So sehr diese Auffassung als der Anfang einer bessern Würdigung der Schwierigkeiten gelten kann, welche das Problem der systematischen Stellung oder phylogenetischen Verbin- dung mit andern Arthropoden bietet, so ist doch die wohl von GerstÄcker entlehnte Hypo- these, die Pyenogoniden als »durch einfache Anpassung an das Küstenleben seltsam modifieirte« Spinnen zu betrachten, mindestens seltsam, weil man sich fragt, warum das Küstenleben auf Milben oder Spinnen gerade in der Weise umgestaltend wirken sollte, um Pyenogoniden aus ihnen zu erzeugen? Doch ist es mit dieser Vermuthung wohl nicht auf allzu eingehende Begründung abgesehen gewesen, und so mag sie unerörtert bleiben. In GesEngAaur’s »Grundzügen der Vergleichenden Anatomie« 2. Auflage 1870 heisst es auf p. 349 bezüglich der Pyenogoniden : »Als erste Classe der Tracheaten führen wir die Arachniden auf. Zwei wenig mannigfaltige Formen umfassende Ordnungen, die der Tardigraden und der Pyenogoniden, welche Häckeı gewiss mit vielem Rechte als Pseudarachnae schärfer von den übrigen Antarachnae getrennt hat, sind wahrscheinlich Repräsentanten rückgebildeter Formen, die von dem Stamme der Gliederthiere viel früher als die Tracheaten sich abge- zweigt haben, und von denen die ersteren am besten ganz von den Arthropoden entfernt werden dürften.« Ob diese Auffassung gerechtfertigt ist, muss gleichfalls nach den oben erörterten Ver- hältnissen zweifelhaft erscheinen; ihre Erklärung findet sie aber in einer Angabe GEGENBAUR'S üxe. n..459): »diesen sehr verschiedenartig differenzirten Organen gegenüber müssen die Geschlechtsverhältnisse der Pyenogoniden als auf der niedersten Stufe stehend aufgefasst werden. Die Geschlechtsprodukte ent- stehen an der Wandung der Körperhöhle, und zwar an einer bestimmten Stelle des vierten Fusssegmentes, und werden, ohne dass besondere Leitapparate beständen, durch eine bald an allen, bald an einem Fusspaare vorhandene Oeffnung entleert.« Wie diese irrthümliche Angabe in GEGEnBAUr’s Werk gelangt ist, weiss ich nicht; aber sie scheint ihren Einfluss auf seine vorher erwähnte Auffassung von der phylogenetischen Dignität der Pantopoden gehabt zu haben, die dann wohl auch mit ihr fällt. Eine ganz verschiedene Auffassung bringt Huxrey's »Manual of the Anatomy of Invertebrated Animals« 1877, p. 386. Huxıry sagt: »The comparison of the embryos of the Pyenogonida with those of the Acarina especially such as leave the egg with three pairs of appendages, appears to me to leave little doubt, that the rostrum of the larval Pyenogonum is formed as in the Mites (Acarinae) by the coalesced representatives of the chelicerae and pedipalpi. If so, the seven other pairs of limbs are, by three pairs, in excess of the number found in any Arachnidan. On the other hand, the hexapod larva of the Pyenogonida differs from the hexapod Nauplius of the Crustacea, in as much as the three pairs of appendages of a Nauplius always represent antennary and mandibular appendages, and these, by the hypothesis, are to be sought in the rostrum of the Pyenogomda. ‘»The fact to which reference has already been made, that the embryo Scorpion has six pairs of rudimentary appendages, attached to as many of the anterior free somites, of which one pair only remain 246 Literatur der Pantopoden. (as the pectines) in the adult, leads me to suspect, that the Pyenogonida may represent a much modified early Arachnidan form, from which the Arthrogastra, Araneiden and Acaridea have branched off.« Da es aber feststeht, dass der Schnabel der Pantopoden nur ein hoch differenzirtes Stomodaeum ist und nichts mit irgend welcher Verwachsung von Mundtheilen zu thun hat, dass vielmehr das obere Schlundganglion die Extremität I und das untere Schlundganglion die Extremität II und III innervirt, und letzteres aus zwei anfänglich und noch in der Larve getrennten Ganglien sich zusammenfügt, so verliert auch dieses Raisonnement seine Gültigkeit. In Bawrour’s »Treatise on Comparative Embryology I, p. 448« 1880, heisst es nach kurzer Erörterung der Phaenomene der Entwicklung: »The position of the Pyenogonida is not as yet satisfactorily settled. The six-legged Larva has none of the characteristie features of the Nauplius, except the possession of the same number of appen- dages. ‘Ihe number of appendages of the Pyenogonida (7) does not coineide with that of the Arachnida. On the other hand, the presence of chelate appendages innervated in the adult by the supraoesophageal ganglia rather points to a common phylum for the Pyenogonida and Arachnida; though as shewn above, all the appendages in the embryo of true Arachnida are innervated by post-oral ganglia. The innervation of these appendages in the larvae of Pyenogonida requires further investigation. Against such a relationship the extra pair of appendages in the Pyenogonida is no argument, since the embryos of most Arachnida are provided with four such extra pairs. ‘Ihe two groups must no doubt have diverged very early.« Da ich keinerlei abweichende Beobachtungen über die Innervation der Extremität 1, der sog. Chelicerae, gemacht habe, muss ich die bisherigen aufrecht halten, denen zufolge es aus dem oberen Schlundganglion innervirt wird. Welche Beziehungen zwischen Pyenogoniden und Arachniden in einer phylogenetisch weit zurückliegenden Zeit möglicherweise stattgefunden » haben, bleibt natürlich um so mehr uncontrolirbarer Vermuthung vorbehalten, als schwerlich die blosse Thatsache der Innervation der Extremität I oder das Vorhandensein von mehr als sechs Extremitätenpaaren im Arachniden-Embryo ausreichen, darüber verlässliche Ansichten zu gewinnen. Zusammenfassung der Resultate der vorliegenden Monographie. 1. Der Körper der Pantopoden besteht aus Rumpf, Schnabel und Hinterleib. Von einem Kopf, Thorax, Abdomen oder Postabdomen im Sinne der Orustaceen, oder von einem Cephalothorax und Abdomen im Sinne der Arachniden kann nicht gesprochen werden. 2. In die Bildung des Rumpfes sind, wenn man die Zahl der sog. typischen Extre- mitäten, welche von der Bauchganglienkette innervirt werden, als Exponenten ebenso viel ursprünglicher Metameren ansieht, sechs Segmente aufgegangen, von denen die drei vordersten immer zu einer in sich ungegliederten, d. h. gegen einander unbeweglichen Masse ver- schmolzen sind, während die drei hinteren durch Segmentfalten und die dazu gehörige Muskulatur häufig, aber nicht immer, gegen einander beweglich bleiben. Je gestreckter und walzenförmiger der Rumpf ist, um so beweglicher bleiben diese Segmente unter einander; je concentrirter und scheibenförmiger, um so grössere Reductionen erleidet die Selbständig- keit derselben. In extremen Fällen (Clotenia, einige Arten von Phowichilidium) hört sie gänz- lich auf und findet ihren Ausdruck nur noch in der räumlichen Getrenntheit der seitlichen Fortsätze der ursprünglichen Segmente. die aber bei Clotenia auch bereits geschwunden ist. Zieht man dagegen zur Feststellung der ursprünglichen Segmentzahl die Anzahl der in der Bauchganglienkette nachweisbaren, selbständigen Ganglienpaare herbei, so zeigt sich, dass wenigstens sieben Segmente bestanden haben müssen (ungerechnet Schnabel und Hinterleib), da im Ganzen acht Ganglienpaare gesondert zur Anlage kommen, deren letztes den Hinterleib innervirt, während das vorletzte fast gänzlich verschwindet, oder aber so rudimentär wird, dass es nur schwer nachweisbar bleibt, auch niemals Nerven von ihm ausgehen. 3. Der Schnabel ist eine Bildung sui generis, die keine Analogie bei andern Arthropoden findet. Er ist eine nachträgliche Abgliederung des vordersten Rumpf-Segmentes und enthält das grösste Stück der Vorderdarm-Einstülpung (Stomodaeum Barrour) in sich, das sich in das innere Schnabelskelet und den Reusen-Apparat differenzirt. Merkwürdigerweise ist er aus drei gleichen Theilen, Antimeren, zusammengesetzt, deren einer oben, die beiden andern seitlich unten gelagert sind. Jedes Antimer zeigt an der Spitze eine bewegliche, aus einer Chitinfalte bestehende Lippe mit dazu gehöriger Muskulatur. Die Structur der Lippen ist bei den einzelnen Arten verschieden. Die äussere Wandung des Schnabels ist hart und unnachgiebig bei der Muskelcontraction, die innere dagegen durchaus biegsam, so dass bei der sehr bedeutenden und in mannigfaltige Antagonisten differenzirten Muskulatur Verengerung und Erweiterung des Innenraums des Schnabels stattfinden kann, wodurch Saug-Actionen ermöglicht werden, und der Reusenapparat zur Zergliederung und Zerreibung der aufgenom- menen Nahrungsstoffe in Bewegung gesetzt wird. 248 Resultate der Monographie. Der sehr complieirten Muskulatur entspricht eine ebenso complicirte Innervation. Jedes Antimer empfängt einen besonderen Nervenstamm, der sich aber bald nach dem Eintritt in die Schnabelbasis in zwei Aeste spaltet, deren innerer auf seinem Laufe eine beträchtlichere Anzahl, von der Basis zur Spitze an Grösse zunehmender Ganglien bildet, welche sich durch von ihnen ausgehende Commissuren zu eben so vielen vollkommen in sich geschlossenen Ringen verbinden. In den äussersten und zugleich grössten dieser Ringe münden auch, die äusseren Aeste dieser Schnabelnerven, wodurch die Ganglien eine bedeutendere Ausdehnung gewinnen. Aus ihnen geht nach vorn an die Lippen- und Lippenmuskulatur je ein Nerven- stamm ab, dessen peripherische Vertheilung von mir nicht ermittelt werden konnte. Der Nerv des oberen Antimeres geht von der Unterseite des oberen Schlundganglions ab, die der beiden unteren Antimeren von dem vordersten Theile des unteren Schlund- ganglions. An der Bildung des Schnabels nimmt keine Extremität den geringsten Antheil. Alle Vergleiche mit der Schnabelbildung der Acariden, Siphonostomen oder irgend welcher Insekten ist durchaus hinfällig. Alle derartigen Auffassungen basiren auf der von Larreiıre geäusserten Vermuthung, gewisse Näthe des Schnabels (nämlich die Leisten- und Spangenbildung des Schnabelskelets) möchten auf eine Verwachsung des Schnabels aus Maxillen und Unterlippe zu deuten sein. 4. Der kurze Hinterleibsstummel ist nichts mehr und nichts weniger als das letzte Segment des Rumpfes, welches seiner geringen Functionen halber keiner grösseren Entwick- lung bedarf. In ihm einen »verkümmerten« Hinterleib sehen zu wollen, hat man kein Recht, da sich auf keine Weise begründen lässt, dass er je früher eine beträchtlichere Ausdehnung besessen habe oder besessen haben müsse. Dass zwischen ihm und dem letzten Rumpfsegment Metameren ausgefallen sind, ist wahrscheinlich und wird durch das bereits erwähnte Rudiment des siebenten Bauchganglienpaares erhärtet; dass aber dieses oder noch andre, völlig und bis auf jede Spur unterdrückte Segmente eine besondere Beziehung zu einem »Hinterleib« oder Postabdomen gehabt hätten, ist wenigstens nicht nachweisbar. Alle auf solche. Annahme basirten Vergleiche mit den Zaemodipoden sind durchaus willkürlich; denn dort sind in der [hat und nachweisbar die Segmente des Postabdomen aus- gefallen; die Vergleiche stammen auch vornehmlich aus einer, bei oberflächlichster Betrach- tung sich ergebenden Aehnlichkeit des Pyenogonum litorale mit Oyamus ceti her, die indess um so weniger zu den darauf gegründeten Folgerungen der Verwandtschaft berechtigen kann, als sich mehr als wahrscheinlich machen lässt, dass ebenso wohl Cyamus eine sehr abgeleitete Endform der Laemodipoden-Amphipoden ist, wie Pycenogonum litorale einen der am meisten von der construirbaren Urform abweichenden Pantopoden darstellt. Die Pantopoden besitzen sieben sogenannte typische, d. h. der relativen Urform, soweit sich dieselbe reconstruiren lässt, zukommende Extremitätenpaare. Bei denjenigen Arten, welche weniger zeigen, lässt sich nachweisen, dass sie einige oder eines im Verlaufe der Stammes-Entwicklung unterdrückt haben, dieselben aber noch in der ontogenetischen Ent- Resultate der Monographie. 249 wicklung vorübergehend aufweisen. Die herkömmliche Bezeichnung Mandibeln, Palpen und accessorische Füsse für die ersten drei Extremitätenpaare muss aufgegeben werden, weil dadurch zu fehlerhaften Homologie-Bestimmungen angeleitet wird. Extremität I, die sog. Kieferfühler, wird vom oberen Schlundganglion innervirt, Extremität II, die sog. Taster, und Extremität Ill, der Eierträger, werden von den im erwachsenen 'T'hiere verschmolzenen, in der Larve aber noch getrennten, beiden vordersten Bauchganglien innervirt. Selbst bei völliger Verschmelzung dieser beiden Ganglien unter sich und mit dem folgenden dritten Ganglion bleibt der Heerd der Ganglienzellen, welcher die Nervenfasern für Extremität II, und der, welcher sie für Extremität III abgibt, ebenso deutlich geschieden, wie die Austrittsstelle beider Nerven von einander entfernt bleibt. Die eine Extremität also für den äusseren Ast oder Palpus der andern zu halten, ist gänzlich irrig und nur auf dogmatische, in der Tradition wurzelnde Tendenzen zurückzuführen, die Pantopoden ä tout prix für Arachniden erklären zu wollen, — eine Tradition, die schliesslich darauf basirt, dass Linx£ die ihm bekannten Pyeno- goniden unter die Gattung Phalangium subsummirte, und die späteren Systematiker bis auf unsere Zeit eine Art Aberglauben festhielten, es könne nicht mehr als drei, höchstens vier Arthropoden-Ordnungen geben, es müsse also ein Arthropode, der weder Insekt noch Myria- pode sei, ein Krebs oder ein Arachnide sein. Dieser Tendenz zu Liebe ward den Thatsachen Gewalt angethan, und lieber die allerungereimteste Vermuthung gewagt, wie z. B. dass der äussere Ast der Extremität II gesondert zur Anlage käme, als dass man sich entschlossen hätte, die Tradition für das zu halten, was sie werth war und in sehr vielen ähnlichen Fällen werth ist, eine recht schlechte und wenig motivirte Hypothese, die dadurch nieht an innerem Gehalt gewinnt, dass sie Einer dem Andern nachspricht. 6. Wie durch fehlerhafte Auffassung der morphologischen Dignität dieser Glied- maassenpaare die fundamentalen Irrthümer über die Verwandtschaft der Pyenogoniden ver- ursacht wurden, so gaben sie auch Anlass zu unrichtiger Scheidung in Familien, Gattungen und Arten. Fast unvermeidlich gemacht wurden diese Missgriffe durch den erst in neuester Zeit durch Cavanna entdeckten Umstand, dass es die Männchen sind, welche die Eiersäcke an der Extremität IIl herumtragen, und dass diese Extremität in vielen Fällen den Weibchen fehlt. Aber auch die Gestalt und Verwandlungen der Extremität I veranlassten solche Fehler, da, wie der Verfasser dieser Monographie hervorhob, die unreifen Individuen aller Panto- poden scheerentragend sind, diese Scheere aber bei vielen Gattungen rudimentär wird, und häufig mitsammt der ganzen Extremität I bei Häutungen abgeworfen wird. 7. Die Unterscheidung der Geschlechter ward durch den Umstand weiterhin erschwert, dass ausser Zenker kein früherer Autor die Hoden erkannt hatte, und auch Zexker über ihre wirkliche Lagerung und Beschaffenheit keine richtigen Angaben machte. Die Hoden liegen zu beiden Seiten und etwas oberhalb des centralen Darmschlauches als einfache Schläuche im Rumpfe, in ihrer Lage suspendirt gehalten durch ein den Körper in eine obere und untere Abtheilung scheidendes Septum; vor dem Hinterleibe berühren sie sich und verschmelzen mit einander; sie senden durch die seitlichen Fortsätze in die vier Extremitäten IV—VII secun- Zool. Station z. Neapel, Fauna und Flora, Golf von Neapel. III. Pantopoda. 32 2350 Resultate der Monographie. däre Schläuche ab, welche nie über das zweite Glied dieser Extremitäten hinausreichen, und in diesem Gliede ausmünden. Die Ausmündung geschieht meist an der Unter- und Hinter- seite des Gliedes nahe der Spitze, und wird durch eine besondere, von einem strahlenförmig angeordneten Muskel zu öffnende Klappe verschlossen. Diese Mündung fehlt der Extremi- tät IV, zeigt sich bei einigen Gattungen (Clotemia, Phowichilus, Phowichilidium robustum) in Extremität V—VII, bei den meisten nur auf Extremität VI und VII, bei Pyenogonum und Rhynchothoraw nur auf Extremität VII. Die Angaben früherer Autoren, welche Hoden und ihre Ausmündungen in den vierten Gliedern der Extremitäten IV—VII beobachtet haben wollten, beruhen auf irrthümlicher Verwechslung mit den Kittdrüsen. S. Wie die Hoden ganz unbekannt waren, sind auch die Angaben über die Ovarien bisher voller Irrthümer. Sie liegen an derselben Stelle wie die Hoden, verschmelzen wie diese vor dem Hinterleibe mit einander, senden wie diese Schläuche in die Extremitäten IV’— VI, welche meist bis an die Spitze der vierten Glieder reichen, bei Clotenia aber bis in das sechste. Sie erzeugen reife Eier meist nur in denjenigen Abschnitten, welche in den Gliedern 2—4 der Beine liegen, nur bei Pyenogonum, Barana und Rhynchothora® erzeugen auch die Hanpt- schläuche im Rumpfe reife Eier; bei Rhyncholhorax sogar gibt es keine in die Extremitäten reichende Nebenschläuche. Die Ovarien münden in den zweiten Gliedern der vier Extremi- tätenpaare IV— VII aus; ihre Mündungen sind genau so construirt, wie die Hodenmündungen, aber grösser; bei Pyenogonum und Rhynchothora® finden sie sich nur auf Extremität VI. Hiernach sind frühere Angaben über die Anwesenheit von 8 getrennten Ovarien oder gar die Meinung, die Eier entständen an der Innenseite der Körperwandung, zu rectificiren. 9. Secundäre Geschlechtsunterschiede machen sich bei vielen Pantopoden in der grösseren Bewaffnung des Rumpfes und der Basalglieder der Extremitäten I’—VII geltend, fernerhin in der Abwesenheit der Extremität III bei den Weibchen einiger Gattungen und in der Anwesenheit besonderer Kittdrüsen im vierten Gliede der Extremitäten I’—VII bei allen Männchen, mit Ausnahme der Gattung Rhynchothoraw. 10. Diese Kittdrüsen sind metamorphosirte Hautdrüsen, welche letzteren über die ganze Körperoberfläche der Pantopoden verbreitet sind. Die Hautdrüsen bestehen aus je vier zu einem gemeinsamen Ausführungsgange verbundenen, entsprechend modifieirten Hypodermis- zellen, welche mit eigenthümlichen, meist gabelförmigen, chitinösen Anhangsgebilden in Be- ziehung stehen, die in nächster Nähe der Mündungen dieser Hautdrüsen auf der Cuticula sich finden. Beide, sowohl die gabelförmigen Hautborsten als auch die Hautdrüsen, waren bisher unbekannt, die Canäle, durch welche sie theils ausmünden, theils mit nervösen oder rein plasmatischen Elementen in Verbindung stehen, wurden als Porencanäle gedeutet; derleit kommt aber nicht vor. Die Hautdrüsen können gelegentlich beträchtliche Grösse erreichen; das involvirt aber nicht eine grössere Betheiligung von benachbarten Zellen oder eine Proli- fication der ursprünglichen Drüsenzellen, sondern nur ein schlauchförmiges Auswachsen der einzelnen constituirenden Zellen und ihre Erfüllung mit vacuolenartigen, an einander sich abplattenden, homogenen Elementen. Resultate der Monographie. 251 Die Kittdrüsen werden aus einer beträchtlichen Anzahl dieser Hautdrüsen gebildet, deren Ausführungsgänge sich verlängern und als feine Röhrchen in eine oder zahlreiche ge- meinschaftliche Ausmündungsstellen zusammen laufen. Je nach Gattungen und Arten sind diese Ausmündungsapparate verschieden. Bald sind sie flache, tellerförmige Einsenkungen mit erhöhtem Rande (Phowichilidium), bald erhebt sich auf solchen eine gemeinsame grössere Röhre (Ammothea), bald liegt sie als Hohlraum innerhalb des Beingliedes (Trygaeus). Bei Phowichilus findet sich eine Reihe von zehn bis fünfzehn kleinen vorspringenden Cylindern, welche ebenso viel Ausmündungsheerde vorstellen, bei Pallene Tiberiüi existiren sogar zwei Reihen solcher feinen Röhren; bei Barana münden die feinen Ausführungsgänge der einzelnen Drüsen in einzelnen, sonst nicht weiter unterschiedenen Bezirken an der Oberseite des ganzen vierten Gliedes, bei Neopallene münden sie in eine gemeinsame, an der Unterseite vorspringende Röhre, — kurz, die grösste Mannigfaltigkeit herrscht in diesen Einrichtungen. Allein Rhynchothora® weicht fundamental davon ab; keinerlei Kittdrüse findet sich auf den vierten Gliedern der Extremitäten I’—VII, sondern eine vicarirende Einrichtung zeigt sich als Höcker an der Unterseite des dritten Gliedes der Extremität VI der Männchen. 11. Die Circulationsverhältnisse der Pantopoden gaben Anlass zu vielen verfehlten Aufstellungen. Lange Zeit glaubte man, es existire kein Uentralorgan für die Blutbewegung, nahm auch wohl die Darmschläuche selbst für Blutgefässe. Es gibt aber bei allen Pantopoden ein Rückengefäss, das zuerst von ZENKER und Kronn aufgefunden ward (— nur allein bei Pyenogonum gelang es mir nicht, wegen Mangels an Material, ein solches nachzuweisen —); dasselbe liegt an der üblichen Stelle, unterscheidet sich aber wesentlich von allen ähnlichen Organen durch die Abwesenheit einer Rückenwand. Es inserirt sich beiderseits neben der Mittellinie an die Hypodermis der Rückenwandung des Rumpfes, umschliesst also nur von der Seite und von unten den für die centrale Blutbewegung reservirten Raum. Es besteht aus halbkreisförmigen Muskelfasern; bei den gestreckteren Formen ist es ebenfalls in die Länge gestreckt und zeigt zwei Paar Spaltöffnungen, denen sich gelegentlich eine unpaare am hinteren Ende anschliesst. Nach vorn ist das Rückengefäss offen und verbindet sich mit einem Septum, welches durch den ganzen Körper und durch die Extremitäten ausgespannt ist, den ersten in eine dorsale und ventrale, die letzteren in eine vordere und hintere Abtheilung scheidend. Der Blutstrom geht von dem Rückengefäss aus nach vorn in den Schnabel, läuft zwischen den Muskeln des oberen Antimeres bis zu der Stelle, wo der grosse Nerven- und Ganglienring des Schnabels sich befindet, geht um denselben herum und durch die unteren Antimeren wieder zurück in die ventrale Abtheilung. Von dort geht er in die einzelnen Extremitäten, kehrt in denselben an dem Ende des Septums um und richtet sich an der anderen Seite der Beine wieder in den Rumpf zurück, woselbst die aspirirende Thätigkeit des Rückengefässes ihn durch die Spaltöffnungen wieder aufnimmt. So ist es bei denjenigen Formen, deren gestreckter Bau die Thätigkeit des Rücken- gefässes zur Geltung bringt. Immerhin ist auch bei diesen Formen ein theils störender, theils fördernder Factor der Blutbewegung in den starken peristaltischen Bewegungen der Darm- 32* 252 Resultate der Monographie. schläuche zu erkennen, da diese sehr häufig an Kraft die Contractionen des Rückengefässes übertreffen und ihre Wirkung paralysiren. Sie werden schliesslich. ausschlaggebend bei den concentrirteren Gestalten, deren Rückengefäss sehr verkürzt ist, und so gut wie gar keinen Einfluss mehr auf die Blutbewegung ausübt, welche darum auch nicht mehr eine Circulation im eigentlichen Sinne genannt werden kann. Die Blutflüssigkeit enthält verschiedenartige Körperchen, einige von amöboider Natur, andere ballonartig gefaltet mit zahlreichen Vacuolen und Tröpfchen, eine’ dritte Art rhombisch oder gestreckt scheibenförmig. Den genetischen Zusammenhang dieser Körperchen unter sich, oder mit ähnlichen Körperchen des Darms nachzuweisen, ist mir nicht gelungen. Häufig zeigen diese Körperchen einen mechanischen Zusammenhang unter sich oder mit der Körper- wandung, sodass ihre freie Beweglichkeit aufhört. 12. Der Umstand, dass in dem Darme mit seinen Nebenschläuchen gleichfalls eine unregelmässige Circulation von Körperchen stattfindet, verleitete eine Zeit lang dazu, diese Bewegung für die eigentliche Cireulation zu halten. Es ist mir nicht gelungen, diese Ver- hältnisse zur Klarheit zu bringen; es scheint mir aber festzustehen, dass die merkwürdigen Darmkörperchen, ‚welche im Innern der Schläuche hin und her geschleudert werden, aus den Zellen herstammen, welche den Drüsenbeleg der Darmwandung bilden und dazu bestimmt sind, die Nahrungsstoffe aufzunehmen und zur Vertheilung zu bringen. Ob die Bewegung derselben gleichzeitig mit einer etwaigen Darmathmung in Zusammenhang zu bringen ist, bleibt immerhin möglich, vielleicht wahrscheinlich. Fäcalmassen wurden nie beobachtet; von festen Nahrungs- theilen gelang es nur Amylumkörperchen mit annähernder Sicherheit nachzuweisen. 13. In den Extremitäten II und III wurden eigenthümliche Drüsen oder Exeretions- organe aufgefunden, welche aus einer, in zwei neben einander liegenden Kammern bestehenden Blase bestehen, von dem die Extremitäten durchziehenden Septum suspendirt gehalten werden und auf einem kleinen Vorsprung im vierten oder fünften Gliede der betreffenden Extremitäten ausmünden. Wenn die Extremität II ausfällt, liegt die Excretionsblase im Rumpfe nahe der Stelle, wo die Insertion der betreffenden Extremität statt hatte. 14. Das Nervensystem der Pantopoden ist bereits in seinen hauptsächlichen Charakteren unter No. 2—4 besprochen. Von Sinnesorganen sind die Augen zu erwähnen, welche aus vier Augenbechern bestehen, deren jeder eine Retina erkennen lässt, die von Pigment um- geben und mit einer euticularen Linse als lichtbrechendem Organ versehen ist. Die Augen- nerven gehen jederseits von der oberen Fläche des Schlundganglions aus und spalten sich bald nach ihrem Austritt wiederholt in eine Anzahl getrennter Nervenfibrillen, die sich an die Mittellinie der Augenbecher der zugehörigen Seite begeben. Ihr Zusammenhang mit der Retina ist mir nicht erkennbar geworden. Zwischen den Augenbechern jeder Seite liegt ein eigenthümlicher Ring, mit häufig vorspringender, kegelförmiger Cutieula, in deren Höhlung eine Anhäufung von Ganglienzellen zu liegen scheint. TAFEL- ERKLÄRUNGEN. 11. 12. Tafel 1. Barana Castelli. Ein männliches Exemplar im Profil. (Natürl. Grösse 5 mm.) Längsschnitt durch ein noch unreifes Exemplar. Im Schnabel ist der Nerv des oberen Antimeres zu erkennen (Schr. N.), welcher mehrere Ganglien . bildet vor dem Hauptganglion (Schr. G.). Der Reusenapparat (R. Ap.). Die Muskeln (M. Add. u. M. Ad.) abduciren und adduciren den Schnabel. M. sind die intersegmentalen Muskeln. Die Ganglienkette ist durchschnitten, zwischen oberem und unterem Schlundganglion liegt der Oeso- phagus (O.), der sich in den Darm (D.) öffnet. Nur Extremität I ist gezeichnet, welche noch die Zange trägt, Extremität VII ist angedeutet. Die Segmentfalten ($. 7.) sind am Rücken in die Basis der Höcker aufgenommen. Augennerven eines ausgewachsenen Exemplars. (@. $.) oberes Schlundganglion. (N. O.) der Beginn des Opticus, welcher sich in eine Anzahl Zweige spaltet, die sich an die Augen der einen Seite begeben. ($. 8.) das seitliche Sinnesorgan. An den Nervenverästelungen haften Blutkörperchen (B7.), bei (7. D.) ist eine Hautdrüse zu sehen. Extremität II. Das vierte Glied derselben von der Innenseite mit den hakenförmig umgebogenen Stacheln der Spitze. Endglieder der Extremität III des @ mit den eichenblattförmigen Anhängen. Ein einzelner eichenblattförmiger Anhang. Extremität IV des g', Glied 4—9. Sp. die Chitinspange. Das Gelenk zwischen Kralle und Tarsus. (Kr.) Kralle mit der grossen Sehne ($.) des Beugemuskels, welcher von den Chitinleisten (CA. L.) in seiner Lage gehalten wird. (Ch. F.) sind die dünneren Partieen der Chitinwand. welche sich falten bei der Beugung der Kralle. (S,.) ist die Sehne des Streckmuskels. Die Kralle. (Xr.) Hohlraum, in welche die Leibesflüssigkeit eindringt. (?.) Porencanäle, die sich verästelnd öffnen. (Ch. F.) die Chitinmembran, die sich bei der Beugung gefaltet hat. (7.) Ecke des Tarsus. Extremität IV eines jüngeren Stadiums, Glied 4—9. Conturen einer noch jüngeren Larve, welche leider vor der Vollendung der Zeichnung verloren ging. Schnabel (Sch.) kürzer und massiver als später. Bei (D.) der letzte Rest eines für II oder III bestimmten Darmschlauchs. fa: Jüngste Larve. Der Nervenknoten des hinteren Fxtremitätenpaares ist durch einen ovalen Zwischenraum geschieden. ZJellenmasse, welche im Innern der Beine umhergetrieben wird. Ein einzelner Körper derselben. Bindegewebsmasse, wie sie die Körperhöhlung bei einem fast reifen Stück erfüllt. - una n. Flora d 6olfes r Neapel, Jll. Pantopodu. , x } Mi f} w N mdbd \ ID Y RE i Fe II Q Ga RE u SZ en — — VER) 7 R Zuhr Berler & Winter Frarkfurb UM, Berl u Will: Zrgelnani, Bpzid. . ' ' ’ D » ‘ “ L D y \ 3 A N = ! R i i \ “ = R ' 5 . 44 ” 1 N * i 2 \ ‘ i f ’ - ı ‘ . { ‘ ‘ 177 i 5 ’ NIE Aaılaırls i inyl ’ ww Tafel I. Barana Castelli. Endglieder der Extremität IV eines reifen Weibchens. Barana arenicola. Ein ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 9 mm.) Schnabel mit dem Reusenapparat. Oberes Stück des Schnabels von unten gesehen. (ZL/, 2, 3.) die drei Lippen. (Zir.) Lippen- träger. (Ch. L.) Chitinspangen des inneren Schnabelgerüstes. Kittdrüse des Männchens, nimmt den ganzen oberen Abschnitt des Innenraumes des vierten Gliedes der Beine ein; (GI. 3) das dritte Glied, (GI. 5) das fünfte Glied. (Kt. Dr.) Kittdrüsenlager mit den vielen kleinen Mündungen. (CA. L.) Chitinleisten, welche den Mündungsraum der Kitt- drüsen umgrenzen. (FM. Dr.) Hautdrüsen. (D.) Darmschlauch. (A. St.) haarartige Stacheln. Endglieder der Extremität IV eines ausgewachsenen Thieres. Glied 2 einer Extremität IV mit der Ovarıalöffnung, von aussen gesehen. (0.) Mündung des Ovarialschlauches. (©. M.) Muskel zur Oeffnung der Ovarialklappe. (A7.) Ova- rialklappe, die nach innen aufgeschlagen ist. (M.) Beugemuskeln, die sich zur Bewegung des dritten Beingliedes an die Wandung des zweiten Gliedes ansetzen. Dieselbe Ovarıalmündung von innen gesehen. (X7.) Ovarialklappe, vom Muskel (0. M.) nach innen geöffnet. (CA. L.) der Chitinrand der Mündung, (D.) davor stehende zwei Dornen. ma u. Flora d. Golys v Neapel AL Funtopoda. Tiih WWÜRRer & Winten FRanktsre ST, Tafel IL. Ammothea franciscana. Ausgewachsenes Männchen, mit je sechs dormtragenden Höckern am zweiten Gliede der Beine. (Natürl. Grösse 4 mm.) Ausgewachsenes Weibchen mit vollständiger Extremität V. (Natürl. Grösse 1 mm.) Ein beinahe ausgewachsenes Männchen. (G. H.) Geschlechtshöcker. (H. B.) gabelförmige Hautborsten. (Natürl. Grösse 3!/, mm.) Extremität VII eines ausgewachsenen Männchens. (G.H.) Geschlechtshöcker. (X. D.) Kittdrüse. (A. D. 4A.) Kittdrüsenausführungsgang. Endglieder der Extremität V eines ©. Häutung zur Bildung der Kittdrüse. Die Kittdrüse hat sich eben erst angelegt, (A. X. D.) ist ihr Ausführungsgang, (7.) die Taschen, in welche (Z.) die feinen Röhrchen der einzelnen Com- ponenten der Kittdrüse münden. (M.) Muskel zur Streckung des (G/. 5) Gliedes 5; (C.) die alte Cuticula, die abgestreift werden soll, (C}.) die neue, mehrfach gefaltete, darunter liegende, (©. D. ’ il ) > ’ ’ die alte Cuticula des Hauptdorns, (D.) der plasmatische Inhalt derselben, der gekrümmt aus der alten Cutieula zurückgezogen wird. Geschlechtshöcker des Männchens. (M.) die Mündung des (HZ. Sch.) Hodenschlauches. bi i Taf. % a —AL > I (@ Er | Sl N ö - ® « A ” i ” v \ » ” v “ a4 . D 4 ‚.® 4 “ D “ % % ‘ D Fat y “ ® 2 5 LER» "2 . 2 ( « A 14 - % * { ; N sa 0 7 Fo 5 Ft, La hy , 2 A . Pi ı hi E # - | % Lin 1): . ! - DIIUNT . Er . u a m . u* j 0. » k x R : j ü Dr Mu Ar ii ‘ ' hl / le 5 ee 2 £ Mi Ara 2 | ne Veoh | ® ’ ' y ü E l \ \ j a 21. uw 15 23. Tafel IV. Ammothea fibulifera. Ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 21/, mm.) Ausgewachsenes Weibchen. (Natürl. Grösse 2!/, mm.) Schnabel. . Vorderes Schnabelende. (Z. Tr.) Chitin-Lippenträger. (Z.) die beiden unteren Lippen, dicht geschlossen. Man erkennt ihre schuppige Aussenfläche, mit den feinen Borsten auf den Schuppen, am Grunde tritt die quer-runzlige Innenfläche hervor. (M.) Muskeln zur Oeffnung der Lippen. (M,.) Muskeln zur Oeffnung der Mundspalte und des inneren Schnabelgerüstes. Geöffnete Lippen. Das Herz über dem Darm. (H.) Herz; seine Wandungen sind sehr zart, zwei Paar Spalt- öffnungen zu erkennen. Darin Blutkörperchen. (D. 8.) Darmschläuche. (D. X.) Darmkörperchen. (M.) Muskel zur Bewegung des Schnabels. (0. @.) oberes Schlundganglion. Sagittalschnitt durch einnoch unausgewachsenes Thier. (0.@.) oberes Schlundganglion. (D. &K.) Bauchganglienkette. (R. A.) Reusenapparat. (M.) Muskel zur Abduction des Schnabels. (Z7.) Heız. Extremität I der halbreifen Larve. Glieder 5—9 von Extremität VI des Weibcehens von oben gesehen, um die Chitinspange zu zeigen. Unterseite des Weibehens zeigt die verschiedenen Chitin-Querspangen; «a die breiten, b die schmalen. Endglieder der Extremität eines Weibchens. Männchen mit Eiersäcken. (Natürl. Grösse 21/, mm.) Extremität III (Eierträger) des Männchens. Ovarial-Oeffnung, geschlossen. (CA. R.) äusserer Chitinring. (A7.) Chitinrand der Ovarial- klappe. (M.) Muskel. (77. 5.) Hautborsten. (D.) gewöhnliche Stacheln. Spermatozoon. Jüngste Larve. (Natürl. Grösse !/,, mm.) (O. @.) oberes Schlundganglion mit den Augen, Die Nerven für Extremität I gehen davon aus. (7. D.) die grosse Hautdrüse ın Extremität 1. (AH. D. A.) Ausführungsgang derselben in besonderem Stachel. (Seh.) Schnabelspitze. (IV) erste Andeutung der Extremität IV. - Schnabel und vordere Extremitäten eines späteren Stadiums. (Seh.) Schnabel. (U. G.) unteres Schlundganglion. (HZ. D. St.) Hautdrüsenstachel der Extremität I. (Ar.) Kralle der Extremität II. (Xr,) Kralle der Extremität II. Schnabel und vordere Extremitäten eines noch späteren Stadiums. (A. A.) Augen- höcker. (Ex. O.) Exeretionsorgan der Extremität II. Extremität VII desselben Stadiums. Späteres Stadium mit Nervensystem. /// ist auf eine kleine Zacke reduzirt. (Seh. G.) Schnabel- ganglien. /—5. die Ganglien des Bauchstranges. (A. @G.) Abdomimalganglion. Die Nerven tragen die Nummern der Extremitäten. in welche sie sich begeben. Excretionsorgan des vorigen Stadiums. (A. Bl.) Hauptblase. (N. Bl.) Nebenblase. (Md.) Mündung. (N.) Nerv. (W.) Wandung der Extremität Il. Hautdrüsen a mit Hautborste (7. B.). Die Drüsen bestehen aus vier Zellen mit gemeinschaft- lichem Ausführungsgang (Md.) (K.) Kern der Zellen. (V.) Vacuole. (x.) die dunklere Zelle, mit grünlichen Vacuolen erfüllt. IHautborsten von verschiedener Grösse und Ausbildung, alle von demselben Exemplar. vYle oo Me Ant Doben del er - = — az — E —. e — P= E E - Lab rbirer 4 Meier Prasbiart Tafel V. Ammothea Langi. Ausgewachsenes Männchen. Natürl. Grösse 5 mm.) ie} Dasselbe von der Bauchseite. Nervensystem (7/—5), Extremität III und (G. HM.) die Ge- schlechtshöcker von Extremität VI und VII darstellend. Endglieder der Extremität IV des Männchens. Sagittalschnitt durch ein Männchen mit dem Nervensystem, der Muskulatur der Extre- mität I und der Schnabelwurzel. (CA. L.) Chitinleisten oder Segmentspangen. Extremität I eines unreifen Stadiums. Extremität IH in unreifem Stadium. Dieselbe in weiterer Entwicklung. Die Endglieder desselben Stadiums. gu 28 2 Fauna u. Flora d. boljes w Neapel. Hl, Pantopoda. 4 Gpes x Neapel I Pantopo u a Pa ee Luk vlkemrr a Minıer, Erankfar "Bl # . u Bet u u u - D u 3 v - bed D z . - + D & —_ - Br m je - . . i i - - { = = v - - 1 k Y - ‚ e [ “ - r en - + * - 5 2 Eu = = > DE 4. [S} | 6. Tafel VI. Ammothea magnirostris. Ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 2'/, mm.) Variation desselben. (Natürl. Grösse 2 mm.) Ausgewachsenes Weibchen. (Natürl. Grösse 23/, mm.) Unterseite des Männchens mit Extremität III und dem Nervensystem. Extremität II mit den dicht stehenden gabelförmigen Hautborsten. Extremität III des Weibchens. Extremität VI des Weibchens. Die Endglieder der Extremität V des Männchens. Ein ausgewachsenes Weibchen mit verschiedenen Extremitäten. Jüngste Larve. (Natürl. Grösse 1/,; mm.) Kralle der Extremität II derselben mit der gezahnten Spitze. (Abgestreifte Cuticula.) Taf u Ferlc Hilk Engel Kenny. “ Tafel VI. Ammothea appendiculata. Ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 3 mm.) Dasselbe von unten mit BEiersäcken. Spitze des Schnabels. Kittdrüse. Die Endglieder der Extremität VI. Ammothea uni-unguiculata. Ausgewachsenes Weibchen. (Natürl. Grösse 4 mm.) Dasselbe von unten. Spitze des Schnabels. Die Endglieder der Extremität VI. I ER Hlore d. Colfes vw Neapel. Ül. Pantopoda. V Taf, LA Tun we Womer a linie, Eranldurt "Mt, Verl wihhih, Engelmann, Jeipzig.* [897 9. 10. bil. Tafel VIN. Ammothea bi-unguiculata. Noch nicht ganz reifes Exemplar. Extremität I trägt noch die Zange. (Natürl. Grösse 7 mm.) Extremität IV. Das Vorderende des Tarsus mit der Kralle. (Zr.) rudimentäre Kralle.. (N. X.) Neben- krallen. Clotenia conirostris. Ausgewachsenes Weibcehen. (Natürl. Grösse 2 mm.) Ausgewachsenes Männchen von der Unterseite mit dem Nervensystem, dessen erstes und zweites Ganglion verschmolzen sind. Endglieder der Extremität IV des Männchens. Vorderer Körperabschnitt einer halbreifen Larve. (Seh. G.) Schnabelganglien. (R. A.) Reusenapparat. (Ex. O0.) Excretionsorgan von Extremität II. (A. Ex. O.) Ausführungsöffnung des- selben. Die Ganglien I und 2 des Bauchstranges sind noch nicht verschmolzen. Schnabel desselben Stadiums von unten, d.h. von der Mundöffnung aus, gesehen. (a) Mundöffnung. (6) beginnende Lippenbildung. (c) oberer Schnabelrand. (d) oberer Theil der Aussenseite der Wandung des inneren Schnabelgerüstes. {e) unterer Theil der Innenseite der Wan- dung des inneren Schnabelgerüstes mit dem Reusenapparat. (f) Verbindungsstücke der drei Anti- meren des inneren Schnabelgerüstes. (g) Muskulatur. (4%) Nerven (schematisch angedeutet). (2) Räume für die Circulation der Leibesflüssigkeit und der darin suspendirten Körperchen. (A) Basal- wandung des Schnabels an der Einlenkungsstelle am Körper. Extremität II desselben Stadiums. (Ex. O.) Excretionsorgan. Endglieder der Extremität VI desselben Stadiums. Endglieder der Extremität VII desselben Stadiums. 1 — fe Frankfüre Zur. wHener «link X AH. Pantopöda. u: Flora d. Golfes : Neapı DL r ’ ] \ » un? N, 1 ji B a IT a De N IITIETE Da Rear DE AFFE # hir 4 Hi ee Haid rar mode TAT EEE Iyäpe/t PETER u2 e Pe ‘ D 4 ; D ruht ' Ip PIE an ZZ ı li # ö „ ' EZ ET ‚ ui ® HTOEHRIRUN Ur LIITLIEFEITE . eig i j ni i ' Fi} I L 44 N: ur Ten, » z m T hufialai srl a ee F _ [Sit » Tafel IX. Clotenia conirostris. Ausgewachsenes Thier mit den Extremitäten IV— VII. (Natürl. Grösse 2 mm.) Schnabel. Vorderende des Schnabels mit den kleinen Lippen. Eine im Ersatz begriffene Extremität IV. (C.) abzustreifende Cuticula des alten Stummels. (Ar.) Kralle. (N. Ar.) Nebenkrallen. Extremität Il einer halbreifen Larve, welche noch keine Extremität VI und VII gebildet hat. (©.) die abzustreifende Larveneuticula mit der Kralle. (P7.) der zu einem einfachen Stachel um- zuwandelnde plasmatische Inhalt der Kralle. (S.) die abzuwerfenden Sehnen der Kralle. (H.) Hypodermis der übrigbleibenden Extremität. Trygaeus communis. Ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 3 mm.) Dasselbe im Sagittalschnitt mit dem Nervensystem, dem Darm, dessen in der Schnabelbasis liegenden kleinen Blindsäcken, und dem längeren Schlauche in I. (A. D.) Afterdarm. Extremität III des Männchens. Die drei Endglieder derselben. Contur der Extremität IV des Männchens. (7. D.) Wölbung, wo die Hautdrüsen in grösserer Masse sich finden. Die Endglieder der Extremität VII des Männchens. (Normaler Weise sollen drei Basal- dornen sich finden, hier sind nur zwei.) Glied 4 derselben Extremität mit der Kittdrüse (A. D.). Missgebildete Kittdrüse. Normale Kittdrüse. (C.) Cutieula des Beines. (7. D.) Hautdrüsenhöhlungen. (D.) Darm- wandung. (AK. D.) Kittdrüsenblase. (Z.) die kleinen Röhrchen der einzelnen Drüsen, a. Flora d. Golfes u Neapel. Il Pantopoda. ee | url Alan Hölter Era ki N, IE » er ir 1 Ir y m ward wi: renialılla ar f fi ar 115) i Il Biomisnh I l ’ } r 7 | Par H Narr RT f rel alriesetzel E ee BEN wmulbriein i 45” ins) DIESE ET TEr ner oh CH NT EN [ar ” t DGBIIIENI EIERN ie sila> Kits! Imlaheici ‘ EL a! prt ) f , EETEITYa) g DL TI ih i Y By Bl en r Bere yealyas ‚ Y. 155417 win Incl ‚* ih ur ‚ ini P) f 16 \ vg 4 B Fu “ B 4 \ n E B ) j \ | k & ' N yr H e \ ’ / j j | ! ' ’ ı ä 3 n } f N f F M Eh v $ ri rı a . i a 2 \ r e ”. ' v ’ N) x) u f h R 3 % . Y I } f i u { f E} a [ü g 4 & \ l i . i k “ k R la a IM ‘ ui i N ai “ A ' ih wird ‘ \ ! A] & A s \ h v f r \ 2 B N | | N aan A f i » SICH j 1 { a : EM R i Eu / \ a 1 .d r N a f 7 N 2 ‘ Br ’ A i f ! nt in; er FIET 4 I ra \ 0 \ f k R e x DR Si 10. IHR Tafel X.) Trygaeus communis. Schnitt durch den Augenhügel. (4A. B.) die vier Augenbecher. (Z.) die Linsen. ($. $.) das seitliche Sinnesorgan. (H. D.) Hautdrüsenhöhlungen. Das seitliche Sinnesorgan. (C.) Cuticula des Augenhügels. (A.) Auge mit Andeutung der Retina, die von Pigment umgeben ist. ($. 8.) seitliches Sinnesorgan, gangliöse Zellen im Innern bergend. (H. D.) Hautdrüse. Querschnitte durch den Schnabel. Nahe dem Munde. (C.) Cuticula mit Hautdrüsenhöhlungen der äusseren Schnabelwand. (7. 8.) inneres Schnabelgerüst. (D. M.) Dilatatorenmuskeln desselben. (C. M.) Constrietorenmuskeln. (N.) Schnabelnerven. Schnitt durch die Hauptganglien. Dieselbe Bezeichnung. (G.) die Ganglien, (G@. ©.) die Commissuren. Schnitt durch die Basis des Schnabels. Buchstaben wie oben. (C,) Cuticula des Körpers. (2. A.) Reusenapparat. (N,) äusserer Nerv des oberen Antimeres. (D.) Darmschläuche der Extremität T. (D. K.) frei darin liegende Darmkörper. Bei II sind die Basalglieder der Extremität II durch- schnitten. Phoxichilus vulgaris und charybdaeus. Phoxichilus vulgaris, ausgewachsenes Weibchen, die Vertheilung der Hautdrüsen zur Darstellung bringend. (Z.) letzte Andeutung der Extremität I. (Ex. O.) Excretionsorgan. (4.) Auge. ($. S.) seitliches Sinnesorgan. (FH. D.) Hautdrüsen. (Natürl. Grösse 6 mm.) Querschnitt durch den Schnabel von PA. charybdaeus. Oberste Spitze mit der Mundöffnung. (Z. 7.) Lippenträger. (ZL.) Lippen. (M.) Muskeln zur Be- wegung der Lippen. (D.) Domen der äusseren Schnabelwandung. Schnitt zwischen der Spitze und den Hauptganglien des Schnabels. (N.) Nerven. (B. @.) binde- gewebige Massen unbekannter Bedeutung. (R. M.) Retractoren des inneren Schnabelgerüstes. (D. M.) Dilatatoren desselben. (7. $.) inneres Schnabelgerüst. Schnitt durch die Hauptganglien (G), welche durch (G. ©.) die Ringeommissur verbunden werden. Weiter zurückliegender Schnitt. (N.) Ganglien der Haupt- oder inneren Nerven, welche fortgesetzt durch Ringeommissuren verbunden werden. (N,) äussere Nerven. (Z.) grosse Zähne des inneren Schnabelgerüstes. (D. $.) die beiden Paare Darmschläuche des Schnabels. Noch weiter zurückliegender Schnitt. Neben den (g. Z.) grossen Zähnen des inneren Schnabel- gerüstes treten (Al. Z.) kleine Zähne auf. Der innere Nerv bildet noch fortgesetzt Ganglien, die durch Ringeommissuren verbunden sind. Beginn des Reusenapparates. (N. B. A.) Nadeln desselben. Der (N,) äussere Nerv des oberen Antimeres ist eingefasst von der (Spt.) Septalmembran. Die inneren Nerven zeigen noch Ring- commissuren. Schnitt nahe der Basis des Schnabels. (R. 4A.) der Reusenapparat zeigt sein dichtes Gefüge von Nadeln. *), Im Texte ist auch Tafel Xa einfach als Tafel X bezeichnet worden. Die fortlaufende Numerirung der Figuren weist von selbst auf die richtige Stelle hin. . ” j be u Pr = RE Lu: = Br =. a4 u - . j u a ” R e SIT = G .AaNDG i® rs 2 D 1597 IV Tafel X... > \ Längsschnitt durch ein Schnabelantimer von Ph. charybdaeus. (C) Chitinwand des Schnabels. (Z. 7.) Lippenträger. (Z.) Lippe. (7. $.) inneres Schnabelgerüst. (g. Z.) grosse Zähne desselben. (7%. A.) Reusenapparat. (Z. M.) Lippenmuskulatur. (D. M.) Dilatatoren des inneren Schnabelgerüstes. (G.) Hauptganglion. (G,) lauter Nebenganglien des inneren Nerven. (N.) innerer Nerv. (N) äusserer Nerv. Vorderes Stück dieses Längsschnittes stärker vergrössert. Dieselbe Bezeichnung. (T. H.) Tasthaare der Lippe. (R. L.) Lippenretractoren. (Ch. Z.) mittlerer Chitinzahn des Mundes. Schnabel mit Reusenapparat von Ph. vulgaris. Oberes Ende desselben. (Z.) Lippen mit Tasthaaren. (D.) Dornen. (C.) Chitinwandung des Schnabels. Ein Stück des Reusenapparates. (Rf.) Reifen desselben. (Nd.) darauf stehende Nadeln. (Vs.) Verbindungsstücke der einzelnen Antimeren, an welche sich die Retractoren ansetzen. Dasselbe von der Seite gesehen. Sagittalschnitt durch die drei hinteren Segmente eines ausgewachsenen Männ- chens von Ph. vulgaris. (Ch.) die durchschnittenen Wandungen der seitlichen Fortsätze. (D. 8.) die dazu gehörigen Darmschläuche. (3—5) die Ganglienknoten, 6 und 7 die Abdominal- ganglien. V—VII die Nerven der betreffenden Extremitäten. (A. N.) Abdominalnerven. (Spt.) Septum des Körpers, welches sich auch in den durchschnittenen seitlichen Fortsätzen zeigt. (Hd.) Hodenschläuche, welche gleichfalls m den seitlichen Fortsätzen ihre durchschnittenen Abzweigungen zeigen. (4A.) Hinterleib. Querschnitt durch das Basalglied der Extremität VI eines Weibchens von PA. ceharybdaeus. (C.) Cuticula. (Zy.) Hypodermis. (Spt.) Septum. (Ov.) Ovarıum mit den Eiern nur an der oberen Seite. (D. 8.) Darmschlauch. (47. D. 8.) Hohlraum desselben. (N.) Nervenstamm. Senkrechter Schnitt durch ein Auge von Ph. charybdaeus. (C.) Cuticula des Augen- hügels. (4y.) Hypodermis. (4. D.) Hautdrüsen. (Z.) Linse. (Zt.) Retinafasern (schematisch). (Py.) Pigmentschicht. (N. O.) Sehnerven. - Fauna u. Flora d. boljes w Neapel. Hl. Pantopoda. | Taf'Xa. Luhv Werzer k Winter, Prunkfar! #28: “ 1 A 3 « R E as “,; PFR r ur ö urn I - J (Ab . 5 x x . ‘ / . . Ex s x ’ - 5 ° Zr u - i R | \ 7 i 5 ( = { “ - ‘ x x x Ian i N { $ f { n = f w k i ri j A 4 h * 143 j [2 ’ 4 ’ s ’ { tr mil { f D . 2 khlirl . f R j i ui ‚i ii ı Jahht r7 i f ie } N = a m wo Tafel XI. Phoxichilus vulgaris und charybdaeus (Fortsetzung). Stück eines Beines von Ph. vulgaris-Weibchen. (C.) Cuticula. (F. D.) Hautdrüsen. (©. D.) Chitinstacheln der Wandung. (D. 8.) Darmschlauch. (Ov.) Ovarıumschlauch. (B. F.) bindegewebige Fasern zur Anheftung des Darms und des Ovariums an die Wandung. (N.) Bein- nerv. (v0. N.) Verzweigungen desselben. (M.) Muskulatnr. Das vierte Glied der Extremität VI von Phozichilus vulgaris-Männchen mit den Kittdrüsen. (X. D.) Kittdrüsen. (X. M.) Mündungen derselben. (D. S.) Darmschlauch. Eine Kittdrüse stark vergrössert. (d. A.) becherförmiger Ausführungsgang. (Md.) über der Chitinwand des Beines hervorragende Mündung. (D.YV.) eigentliche Drüsenmasse. (42. R.) kleine Ausführungsgänge der einzelnen Componenten der Drüse. Der becherförmige Ausführungsgang im Profil. Extremität III mit Eiersack von PA. vulgaris. Extremität II—III von PA. vulgaris. Il ist bis auf einen ganz kleinen Höcker reducirt, III zeigt die Anlage der neuen Extremität, an deren Cuticula auf der Spitze die Kralle der Larven- extremität noch zu sehen ist. (Sch.) Schnabelwand. Contur des vorderen Abschnittes eines noch unausgewachsenen PA. vulgaris. II zeigt sich etwas weiter entwickelt als in der vorhergehenden Figur. Profilansicht dieses Stadiums von PA. vulgaris. Beginnender Ersatz einer abgerissenen Extremität VI von PA. vulgaris. Häutung zweier Dornen einer Extremität V. (a. C.) alte Cuticula, welche abgestreift wird. (r. €.) neue Cuticula, welche halb hervorsteht, halb in das Innere des Beines zurückgezogen ist und bei (U. C.) seine Umbiegungsstelle besitzt, die auch später noch erkennbar bleibt, wenn der Dorn ganz ausgestreckt ist. (Kech.) Körnchen, welche sowohl die Hypodermiszellen füllen, als auch durch die neue und durch die alte Cuticula hindurchdringen. Endglieder einer Extremität V von Ph. charybdaeus. Endglieder einer Extremität V von Ph. vulgaris. Optischer Längsschnitt eines Stückes des vierten Beingliedes eines PA. vulgaris- Weibehens. (D. $.) Darmschlauch mit den vorspringenden Muskelbändern an seiner Contur. (B. $.) Bindegewebsstränge zu seiner Befestigung an der Körperwand. (O».) Ovarıum mit unreifen Eiern; auch an der Grenze des Ovarıums erkennt man die durchschnittenen Ringmuskelbänder. (Spt.) Septum mit seinen Zellen. (B. B.) ballonförmige Blutkörperchen. (A. B.) amöboide Blut- körperchen. (N.) Nerv. (H. D.) Hautdrüsen. Extremität V eines Ph. charybdaeus-Männchens. ExtremitätIV desselben Männchens, die aber neugebildet und darum unreifer gestaltet ist. Embryo von PA. vulgaris im Ei. I, U und III die Larvenextremitäten. (Sch.) Schnabel. Optischer Längsschnitt des Schnabels dieses Embryos. (Md.) Mundöffnung. (4A. Sch. W.) äussere Schnabelwandung. (I. Sch. W.) innere Schnabelwandung, aus welcher das Schnabelgerüst, und der Reusenapparat werden. Erste Larve von Phozichilus vulgaris. (Sch.) Schnabel. (M. O.) Mundöffnung. (D. W.) Darmwand. (H. D.) die grosse Hautdrüse der Extremität I. (D. 7. D.) der den Ausführungsgang dieser Drüse tragende Dom. (H. F.) Hautfalten, welche bei der bevorstehenden Häutung die neue Segmentbildung einleiten. (G.) die Bauchnervenmasse. Der Schnabel dieser Larve isolirt, um die (Sch. G.) Ganglien zu zeigen. Dieselbe Larve im Profil gesehen. Dieselben Buchstaben. (4A.) Auge. Bedeutend ältere Larve, welche bereits IV und V gebildet hat und VI als Sack angelegt zeigt. I, II und III sind noch völlig im Larvenzustand, (A. D.) die grosse Hautdrüse zeigt noch ihren Ausführungsgang und dazu gehörigen Stachel. Die Endglieder der Extremität IV dieser Larve. Die Endglieder der Extremität V dieser Larve. Beide zeigen die Zunahme der Bedor- nung des Tarsus und des vorhergehenden Gliedes. Eine weiter entwickelte Larve, welche Extremität VII als sackförmige Anlage zeigt. Alle sieben (7—7) Ganglienpaare des Bauchstranges sind deutlich zu erkennen. Extremität I hat noch die Hautdrüse und den Ausführstachel, deren Zusammenhang aber unterbrochen scheimt. Extre- mität II und III sind nur als Verdickungen der Körperwandung zu erkennen. Extremität IV einer etwas weiter entwickelten Larve. ‘xtremität VII dieser selben Larve, welche das Stadium der Extr. IV der Larve 21 wiederholt. Ein Darmkörper von Ph. vulgaris. \ / 3 4 4 J ' Turn: ur 81 liirtr TILE Urt R ö Ä ' i j is \ f i k ' - 5 v4 iR, ER, j f 2 Wlııaly 4 ' ' j I * ’ % } ‘ ferrterndten ff { I ri) F ‘ 2 ’ 1) PIE f i 4 i ‘ | 4 und i i Ei N had ar j un? r j ‚is j i ’ . j | URIIERRTT Kiel 111 ’ t . - i j f ’ M + t ii? vs v l ‘ 7 ' N r 1 N N t 48 j “ - i - Bil K f N it% ara land rarelmueen HIMTTAr ' ' ’ \ f Per j 1 ı EBRFTE f “im a il 11% N 1 = er yr » I 1 ER N IE PIE J 4 } er ( f wu j 2 h ri N Aralk, 4 7 in IETEn 8 N f a \ ” t ri € Bu 2 . i j [1 {} ” wm —_ Tafel XI. Phoxichilidium angulatum. Ein ausgewachsenes Männchen von der Bauchfläche. (Natürl. Grösse 2'/; mm.) Der Schnabel. Extremität III mit Eiersack. Die Zahlen 1—7 bedeuten die Glieder, man bemerkt aber, dass zwischen 3 und 4 keine Segmentirung mehr besteht, nur eine schwache Andeutung derselben. Augenhügel. (4.) Auge. (8$.) seitliches Sinnesorgan. Kittdrüse des Männchens. Extremität VI des Männchens. Endglieder derselben mit der rudimentären Nebenkralle (N. Ar.) Larvenstadium. Extremität VII ist erst als sackförmige Ausstülpung angelegt. (Sch. G.) Schnabelganglien. (Ex. O.) Exeretionsorgan. Vorderer Körpertheil eines etwas älteren Stadiums des Männchens mit Extr. III. Extremität IV desselben. Extremität VI desselben. Extremität VII desselben. Phoxichilidium robustum. Ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 3 mm.) Dasselbe von der Unterseite mit Extremität III, welche die völlige Verschmelzung von Glied 3 und 4, und Glied 6 und 7 zeigt. Schnabel. Kittdrüsen. (X. M.) Kittdrüsenmasse. (A. @.) Ausführungsgänge. (4. D.) Hautdrüse. (4. B.) Hautborste. (D. W.) Wandung des Darmschlauchs. Endglieder der Extremität V. Hautdrüsen und Hautborsten. Phoxichilidium exiguum. Ausgewachsenes Männchen. (Er. O.) Excretionsorgan. (Natürl. Grösse 1!/; mm.) Dasselbe von der Unterseite mit Extremität III und dessen Gliederung. Schnabel. } Kittdrüse mit röhrenförmigem Ausführungsgange. Endglieder der Extremität VI mit ($ch.) den zu einer Schneide verschmolzenen Apicaldornen, ohne Nebenkralle. Hautdrüsen. Ein Polyp von Podocoryne carnea, welcher drei Larven von. Phozichilidium exziguum enthält. Längsschnitt durch eine derselben. ” Be 5 5 x | " | e J | KitiM ı DD Da Br a FI2 777 ’ Junieht ’ v - \ ' IEE en: wer‘: h . Be ie, 5 Me Tafel XI. Phoxichilidium longicolle. Ausgewachsenes Weibchen. (Natürl. Grösse 2'/, mm.) Längsschnitt durch ein ausgewachsenes Männchen. Schnabel. Extremität Ill mit Eiersäcken. Glied 3 und 4 fast verschmolzen. Glied 7 derselben. Endglieder der Extremität V, an der Spitze die (Sch.) Schneide. Kittdrüse mit langer röhrenförmiger Mündung. Kittdrüsen-Höhlungen. Eine Larve, deren Zugehörigkeit zu der vorstehenden Art zweifelhaft bleibt. (Natürl. Grösse !/y) mm.) u. Flora d. Golpes v ‚Veapel. Hl. Pantopoda. : Taf. ne - I WEITER, FRRNRÜUFENDE Karl v ih, Engelmanstr Leipzig. rl Pr E » = ‚ ü ' 0 . E 0 - 1! N j ‘ ” \ 5 x » i 0 B N * ’ E 4 1 4 En I “ * \ ‚PB B i ‘ . \ 7 j } ı 1 Ä = {} ee ir Yha, i r Eu ' r E x . 1 L ‚ . TEE ’ x . ’ IF 4 E \ - iW { \ \ bi | 1 4 F) 3 4 ö h Frei 7 \.,% ni R iu A \ kit j i AT OT a ir . 4 | r 2 1133 \ \ u ö Y ii PS N 5 w iin b ' i j ! ar u . ‚ 1 } ZI al Naar j i i \ ’ j y is E N j 5 ' kumilo ı BITTE Ir & 5 ' R Ä u ' ' h 7 u “ } ; 0 } l x \ = ı a * 1 P - f * 1 ' 8 2. 12. Tafel XIV. Pallene phantoma. (Natürl. Grösse 2!/, mm.) Dasselbe mit dem Nervensystem. (Ex. O0.) Lage des Excretionsorgans. Endglieder der Extremität VII. Ein Stück des zweiten Gliedes derselben Extremität. (C.) Chitinschicht der Bein- wandung. (Hy.) Hypodermis. (4. D.) Hautdrüsen. (N.) Nerv, am Neurilem liegt Pigment. (D. W.) Darmwandung mit kleinen Darmzellen. (M.) Ringmuskeln des Darms. (Pi.) Pigment. (D. K.) Darmkörper. (2. K.) ballonartige Blutkörper. (A. D. X.) amöboide Blutkörper. Ein einzelner Darmkörper. Die Endglieder der Extremität III mit eingeschlagenem Endgliede. Die Endglieder der Extremität III mit aufgeklapptem Endgliede. (E,D.) Enddorn. (M.D.) Mittlerer Dorn. Ein Enddorn derselben. Ein mittlerer Dorn. Ausgewachsenes Männchen. Pallene emaciata. Ein Männchen mit Eiern aus verschiedenen Perioden. (Natürl. Grösse 1!/, mm.) Dasselbe von der Seite gesehen. j Ein Weibchen. (Extremität V ist neugebildet, das vierte Glied dementsprechend ohne An- schwellung für den Eierstock.) Ein Männchen. \ Vorderer Theil mit den Darmschläuchen für Extremität 1. Endglieder der Extremität V1. Eine Hautdrüse von oben gesehen. (A4y.) Hypodermiszellen. (4. @.) Ausführungsgang der vier Zellen. (X.) Kern der Drüsenzellen. (D. Z.) Dunkle, mit glänzenden Vacuolen angefüllte Zelle. (H. B.) Gabelförmige Hautborste. Dieselbe Hautdrüse im Profil. (C.) Cuticula. \ Zum Auskriechen reife Larve. (Z. H.) Larvenhaut, welche noch an (Z. D. M.) der ver- mutheten Ausmündung der rudimentären Hautdrüse der unterdrückten ursprünglichen Larve fest- haftet. (B2.) Blutkörper. Dieselbe Larve auf optischem Längsschnitt zur Darstellung des Nervensystems und des Schnabels. Etwas ältere Larve, zeigt eine kleine kuglige Anschwellung als Beginn von Extremität II. Noch ältere Larve, die das weitere Wachsthum von Extremität III zeigt, welches nicht wie bei andern Gattungen nach aussen und oben, sondern gegen einander erfolgt. Stück des Ovarıums im vierten Beingliede mit reifenden Eiern. EU Tu = Ä wi \\ \ un pe unletet 19 n ' = ee = 5 s u er . } Eu . * \ EZ I Fi wwi ‘ in nern Rah Hanıikı i “* ur N il du N Ti F ij / Yak rn rn j - bi | 1 2 | hl Ann . ‚al Maar ” a - 7 f t v \,yer ( r i 23 re Tafel XV. Pallene Spectrum. Ausgewachsenes Weibchen. (Natürl. Grösse 2 mm.) sg ) Endglieder der Extremität IV. Nymphon sp». Seitenansicht eines ausgewachsenen Weibcehens. (Natürl. Grösse 11 mm.) Extremität Il. Extremität II. Endglieder derselben. Einer der ausgezackten Dornen. Hautdrüsenhöhlungen. Hautborste. Querschnitt dureh ein mittleres Segment und den dazugehörigen seitlichen Fort- satz. (Ch.) Cutieula des betreffenden Segmentes. (C,) Cuticula des hineingezogenen vorderen Segmentes, zwischen beiden verläuft die Segmentfalte, welche auf dem Schnitt natürlich nieht zu sehen ist. (M.) Muskulatur in den seitlichen Fortsätzen. (G.) Ganglion. (D.) Schnitt durch den Hauptdarm. (D. 8.) dazugehörige Darmschläuche. (Ov.) Ovarıum. (Spt.) darüberliegendes Septum. A.) Innenraum der Herzhöhle. (7. W.) Muskelschlauch des Herzens, welcher auf beiden Seiten an der Rückenwand sich ansetzt. Neopallene Campanellae. Neopallene Campanellae g'. (Natürl. Grösse 2!/, mm.) Endglieder der Extremität I derselben. Extremität VI derselben mit Kittdrüse (Ad@.). Extremität V einer noch unreifen Form, zeigt aber schon neun Glieder. Extremität VI desselben Exemplars, das erst sieben Glieder besitzt, während Extremität VII noch sackförmig ist. Fauna ı. Flora d. Golfes v. Neapel Al. Pantopoda. Tak N. R HLW. Spt, RER r ? = f L s . n [ “ {} n = } E ’ - E v ’ M x « 7%: fi er f i 5 . n = ! n e3 7 = ı TE j j f vr. = i L} 1 j \ {I B I : h > A ’ ’ ” 4 ö 2 " E z y \ * La 1 2 “ N u ® N 4 r = u d % { ’ en $ = i Tafel XV. Pycnogonum nodulosum. Ausgewachsenes Weibchen. (Natürl. Grösse 5 mm.) Üxtremität VI desselben im Profil mit Andeutungen der Hautdrüsenhöhlungen. Unterseite des hinteren Körperendes mit der Lage des einzigen Paares Ovarial- mündungen (Ov. M.). Pycenogonum pusillum. Ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 3 mm.) Schnabel. Extremität V. Endglieder derselben. Oberseite des hinteren Körperendes mit der Lage der Ovarıalmündungen (Ov. M.) und Andeutungen der Hautdrüsenhöhlungen. Nrapel. U. Pantopoda. Fauna u. Flora ıl. Golfes 7 Taf. ATI. ran Engeln, Zeipzsa, Lin schemer &Rinter, Futur IM, * - No Zn i 0 Ü} . D ‘ % “ N = 5 a 0 x — . wo s \ , [ . ' . \ \ “ \ [ \ - . \ Nu ı \ ° R . ” ’ r, 1 - . f 2 ! N \ i N ö = 0 ü \ n r \ 1 » ” D { ’ n . 5 x \' i au (0 or >>) 10. Tafel XVIl. Rhynchothorax mediterraneus. Ausgewachsenes Männchen. (Natürl. Grösse 11/; mm.) (Ad.) Kittdrüse. Ausgewachsenes Weibchen von unten. (Ov. M.) einziges Paar Ovarialmündungen. Dasselbe von der Seite gesehen. Vorderende des Schnabels und der Extremität Il eines jungen Thieres. (Sch. G.) Hauptganglien des Schnabels. (7. Seh. G.) inneres Schnabelgerüst. (Z. 7r,) Lippenträger des oberen Antimeres, welche in die Bildung der Schnabelwandung aufgegangen sind. (L. 7r.) Lippen- träger der beiden andern Antimeren, welche allein die Mundöffnung begrenzen. (Z.) Lippen der beiden unteren Antimeren. (BD. @.) Bindegewebe (?). (Er. O0.) Excretionsorgan. (X. D.) Kaudorn. Endglieder der Extremität II. Extremität II. Endglieder der Extremität Il. (A. D.) Kaudorm. Extremität V des g' ohne Kittdrüsen und Darmschlauch. Kittdrüse der Extremität VI. (cf. Fig. 1. Ad.) Pallene Tiberii. Ausgewachsenes Exemplar. (Natürl. Grösse 2 mm.) Mit einer Anomalie in der Ursprungs- stelle des Darmschlauches für Extremität VII. Kittdrüsen mit doppelseitigen Ausführungsröhrchen (A. Ad.). Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Fanna u. Flora d. Goljes v. Neapel. U. Pantopoda. 2 Ta All. 5] Sch. @. EHE Dolirn del, Li w Werner & Winter, Frankfurt N. . er kn ’ - N‘ a x , 2 } } -}j y% Ei 4 * s . Ti y ji j i % i 14 . . j - 7 iii i I ‘ : N \ : n y' s N 44 7 197 ch f} r m g 4 Ne h HB} ‘ BT: i hi, d,lj at » »ArHhsk rn ll iz . ‘4 ‘ Hud; J FR = ’ as > i ‘ \ = =. “ ' ii # { . - 2 + f fi y * I weh Ip ah au ; D 1% 8 n ! er ’ « v 4 Zi ” ‘ ) Le} B ui \ AU A) Uslln Kerl 7 1 4 M LER N IN Mil a HR Y ‚fe f J er, BRATEN wu ar INNE. Ra A} HE A at vs 2 Dr x ei ea Al, en — - ww. u \LIN JIOKBL “ A If 1 Bi nt ni a —. a et nen { Ca IN CE Ne T< 77 REIKI N De Gy | IR Ar