MIKROPHOTOGRAPHIE des aufrechten Net hautbildes im Augenhintergrunde des Leuchtkäferehens (Lami>yiis spldl . Vergrösserung uu. Aufgenommen mit Objectiv C von Zeiss. Als Objeet diente ein Bogenfenster, durch welches eine Kirche gesehen wird. Aul eine Fensterscheibe war ein aus schwarzem Papier geschnittenes »K )t. (ICs erscheint wegen der Vervielfältigung dun li Lichtdruck in ;elschrill.) Die Knlferuung des l'ensters vom Auge betrug 225 Ctm.; die dei Kirche vom l'cnslei 135 Schritte. (iJie Aufnahm« gi ■iclmh durch die k. k. I.ehr- und Versuchsstation für lolographie und Uepioduelionsverlahren in Wien.) DIE PHYSIOLOGIE !>KK FACETTIRTEN AUGEN VON KREBSEN UND INSECTEN. § EINE STUDIE o m VÜN SIGM. EXNER PROFESSOR DBR PHYSIOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT IN WIEN. Mit 7 lithographirten Tafeln, einem Lichtdruck und 23 Holzschnitten im Text. LEIPZIG UND WIEN. FRANZ D E U T I C K E. 1891. Alle Rechte vorbehalten. K. ii. k. Üofbuchdruckerei Carl Fromme in Wien HERRN GEHEIMEN RATH HERMANN VON HELMHOLTZ ZU SEINEM 70. GEBURTSTAG DEM 31. AUGUST 1891 IN ALTER VEREHRUNG GEWIDMET VOM VERFASSER. ■<;;: Vorwort. Die vorliegende Studie ist das Eesultat mehrjähriger Arbeiten, welche mich stärker, als man es von einem Physiologen erwarten mag, fesselten. Das Facettenauge liegt abseits von den viel begangenen Wegen unserer Wissenschaft. Einerseits aber hat es einen unzweifelhaften wissenschaftlichen Reiz, nachzuforschen, wie und warum die Natur zwei so grundverschiedene Mittel benützt, um anscheinend zu demselben Ziele zu gelangen, ein Lebe- wesen mit Augen auszustatten; andererseits zeigte sich mir, einmal dem Gegenstande näher- getreten,' eine solche Fülle von Formen und Erschei- nungen, dass dieselben von Frage zu Frage drängend, Antwort auf Antwort verlangten, und in ihrer Mannigfaltigkeit, indem sie anatomisches, bio- logisches, physikalisches und physiologisches Denken erforderten, das Inter- esse immer wieder wachriefen. Das Auge der Wirbellosen ist ein Proteus im Vergleiche zum Auge der Wirbelt liiere, ja letzteres könnte Jeden lang- weilen, der den Reichthum des ersteren kennen gelernt hat. So kam es, dass ich mich mit einer gewissen Gewaltsamkeit von meinem Studienobjecte losreissen musste, vor einer Menge Fragen gleich- sam die Augen verschliessend; wie lockend wäre es gewesen, die Augen der Myriapoden und die der Arachnoideen in den Kreis der Untersuchung zu ziehen, oder die sonderbaren Augenformen der Krebse aus der Tiefsee- fauna zu studiren. Aus diesem Grunde ist in den nachstehenden Zeilen auch Manches nur angedeutet oder musste in der Schwebe gelassen werden; so sind die Experimente über den Mechanismus der Pigmentverschiebung nicht über das Stadium von Vorversuchen gediehen. Oftmals war ich genöthigt, collegiale Hilfe in Anspruch zu nehmen, um mich in den mir fremden Gebieten zu orientiren; es haben mich die Herren vom k. und k. Naturhistorisclien Hofmuseum zu Wien auf das VI Vorwort. freundlichste unterstützt, besonders die Herren Custoden Prof. F. Brauer, Ganglbauer, Kölbl und Rogenhofer, sowie Director A. Brezina; der liebenswürdigen Vermittelung der Herren Hofratli Prof. Claus und Prof. Grobben verdanke ich die Zusendung lebender Seethiere aus Triest, und Prof. Ed. Suess die Ueberlassung von petrificirten Krebsen. Ganz besonders aber fühle ich mich der Leitung der zoologischen Station zu Neapel ver- fluchtet, welche mich während meines Aufenthaltes daselbst, abgesehen von der wissenschaftlichen Unterstützung, nicht nur auf das reichlichste mit Material, sondern auch mit den zu physiologischen Versuchen nöthigen Apparaten und Einrichtungen versorgte. Der Reichthum von Formen, den ich da zu sehen bekam, gäbe wohl Arbeitsstoff für manches Jahrzehnt, Herrn Prof. Dohrn, sowie den übrigen Herren des Institutes meinen wärmsten Dank! Nicht unterlassen kann ich es, der Verlagsbuchhandlung des Herrn Franz Deut icke öffentlich meinen Dank dafür auszusprechen, dass sie es nicht gescheut hat, dem Werkchen, das auf einen grossen Leserkreis kaum rechnen darf, eine in jeder Beziehung tadellose Ausstattung zu geben und mir jeden meiner Wünsche, den ich betreffs Holzschnitten, Lithographien oder Lichtdrucken geäussert habe, in der "zuvorkommendsten Weise sofort zu erfüllen. Wien, den 22. März 1891. Der Verfasser. Inhalt. Seite I. Capitel. Physikalische Vorbemerkungen 1 II. Capitel. Dioptrik des zusammengesetzten Auges 11 Historische Vorbemerkungen 11 .-L Das Appositionsbild von Lim ulus 18 Wirkung der Schiefstellung der Kegel 24 Wirkung des Kegelmantels 27 Das Zusammenwirken der Kegel und die Netzhaut 29 D;ts Auge von Limulus iin Vergleich mit jenen der Trilobitenkrebse 33 /•'. Das Superpositionsbild von Lampyris 35 1. Beobachtungen am frischen Lampyrisauge 35 2. Veranschaulichung der Dioptrik des Lampyrisauges 39 3. Experimentelle Prüfung des Strahlenganges im Lampyrisauge 47 4. Dioptrische Berechnung des Lampyrisauges 52 C. Katoptrische Wirkung der Kegel 59 III. Capitel. Das Irispigment und seine Wirkung 63 A. Insecten (17 B. Krebse 71 IV. Capitel. Das Netzhautbild verschiedener Insecten und Krebse . 75 A. Superpositionsbilder 76 1. Käfer 76 2. Schmetterlinge 81 3. Krebse 81 B. Appositionsbilder 86 1. Insecten 87 2. Krebse 90 C. Augen mit doppelter Punotionsweise 91 V. Capitel. Die Netzhaut; ihr Pigment und ihr Tapetum 95 1. Das Tapetum 97 2. Das Retinapigment 102 3. Die photo-mechanische Wirkung am Retinapigment UM VI. Capitel. Augen mit ungleichmässigem Bau 11- VII. Capitel. Kurze Beschreibung einzelner Augen von Insecten und Krebsen 1"; A. Insecten I"1 1. Tagschmetterlinge J16 2. Nacht- und Dämmeruncsfalter .• • • • 117 60Ü30 VIII Inhalt. Suite 3. Käfer 118 4. Diverse Insecten 120 B. Kreise 122 1 Langschwänze 122 2. Halbschwänze 125 3. Kurzschwänze 125 1. Diverse Crustaceen 127 VIII. Capitel. Die Augen von Squilla, Phronima und Copilia 128 a) Squilla iiiaiilis 128 h) Phronima 130 c) Copilia 135 IX. Capitel. Aceessorische optische Erscheinungen am zusammen- gesetzten Auge 141 1. Das Augenleuchten 141 Die gegenseitige Lage des Corneareflexes und der Pseudopupille 156 Einige weitere Beobachtungen über die Pigmentverschicbungen 160 2. Das' Phänomen der Pseudopupillen 162 Erklärung des Phänomens der Pseudopupillen 166 X. Capitel. Das Sehen mit den Facettenaugen 179 a) Schärfe des Netzhautbildes 179 l) Verzerrungen am Netzhautbild 180 c) Das Sehen von Bewegungen 182 d) Accommodation 188 e) Das Sehen in der Tiefendimension 189 XI. Capitel. Einige Bemerkungen über die Phylogenese des facettirten Auges vom functionellen Standpunkt betrachtet 192 Alphabetisches Register 195 Erklärung der Tafeln 199 I. CAPITEL. Physikalische Vorbemerkungen. Gelegentlich meiner ersten Untersuchungen über Insectenaugen ! im Jahre 1875 versuchte ich, den Brechungsexponenten der Hornhaut des Hydrophilus zu bestimmen. Diese besteht, den einzelnen Facetten ent- sprechend, aus zahlreichen drei- bis viermal so laugen als breiten Cylindern, deren vordere im Leben an Luft oder Wasser grenzende Fläche eine schwache kugelige Krümmung, deren hintere, dem Inneren des Auges zu- gewendete Fläche aber einen sehr kleinen Krümmungshalbmesser hat (ähnlich wie Fig. 23, Taf. III). Man bestimmt nach allgemeinen Kegeln in einem solchen Falle das Brechungsvermögen, indem man die Krümmungs- halbmesser der beiden kugeligen Flächen, ihre Entfernung voneinander und die Entfernung des Bildes von einer der beiden Flächen misst. Den hieraus berechneten Brechungsindex fand ich ganz ausserordentlich gross, nämlich 1/8. Später erkannte ich mit Hilfe des Mikrorefractometers, 2 dass jene Corneacylinder nicht, wie bei jener Rechnung selbstverständlich voraus- gesetzt war, aus einer homogenen Masse bestehen, dass sie vielmehr aus cylindrischen Schichten aufgebaut sind, deren Brechungsindex von der Axe nach der Mantelfläche allmählich abnimmt, ferner dass ein Stück eines solchen Cylinders nur den Brechungsindex 1'55 (ähnlich dem des gewöhnlichen Glases) hat, und dass der Corneacylinder, auch nachdem ich die beiden gekrümmten Endflächen weggeschnitten hatte, noch verkehrte Bildchen äusserer Objecte entwirft. Der früher gefundene falsche Werth für den Brechungsindex ent- stammt also dem Umstände, dass ich die gemessene Bildweite der die Strahlen sammelnden Kraft der gekrümmten Endflächen allein zugeschrieben und die bis dahin unbekannte sammelnde Kraft eines geschichteten Cylin- ders nicht mit in Rechnung gebracht hatte. 1 Das Sehen von Bewegungen und die Theorie des zusammengesetzten Auges. Sitzber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Bd. LXXII, Abth. 3. 2 Sigm. Kxner. Ein Mikrorefraetometer. Areh. f. mikr. Anat. Bd. XXV. E xne r, Faeettenaugen. -I- _ 2 — In dieser Weise geschichtete Cylinder, deren Brechungsindex also von der Axe gegen die Mantelfläche continuirlich abnimmt, fnngiren min in gewisser Beziehung ähnlich wie Linsen, ich nenne sie deshalb Linsen- cylinder; in mancher Beziehung weicht ihre Function aber von der der Linsen beträchtlich ab. Sie spielen im Facettenauge, wie sich später zeigen wird, eine grosse Rolle, und es wären gewisse seiner optischen Effecte durch Linsen nicht zu erzielen. Es scheint mir deshalb nicht überflüssig, hier eine kurze Darstellung der optischen Wirkung von Linsencylindern zu geben, obwohl der grösste Theil derselben in einer schon mehrere Jahre alten Abhandlung enthalten ist, * auf welche ich betreffs der genaueren Berechnungen und Ableitungen verweise. Es soll hier nur so viel von der Dioptrik geschichteter Körper besprochen werden, als zum Verständniss der Vorgänge im Facettenauge nöthig ist, und auch dieses soll nicht be- wiesen, sondern nur anschaulich gemacht werden. Betreffs der Berechnungen dieser dioptrischen Vorgänge verweise ich ferner auf den von meinem Bruder Prof. Karl Exner herrührenden Abschnitt C meiner eben genannten fi a! x^ 9 Fig. 1. Abhandlung, sowie auf dessen Aufsatz in den Ann. f. Physik und Chemie XXVII, 188G, und auf eine einschlägige Untersuchung von Matthiessen im Repert. d. Tliysik XXII. Es sei (Holzschnitt Fig. 1) ab cd ein Cylinder, dessen Brechungsindex in der Axe xy ein Maximum hat und nach dem Mantel stetig abnimmt. Die beiden Grundflächen ac und bd seien ebene, auf der Axe senkrecht stehende Flächen, xm ein Lichtstrahl; sobald dieser in den Cylinder ein- gedrungen ist, passirt er Trennungsflächen zwischen Schichten von abnehmen- dem Brechungsindex n. An jeder solchen Trenuungsfläche, z. B. a'b' wird er also zum Einfallsloth (pq) gebrochen, so dass seine Richtung einen stetig abnehmenden Winkel mit der Axe einschliesst, endlich wird der Winkel Null, dann negativ. Da der Strahl jetzt aus optisch dünneren in dichtere Schichten dringt, wird er vom Einfallsloth (jp'q4) gebrochen und schneidet so wieder die Axe in y. Der Symmetrie wegen werden alle von x unter demselben Winkel ausgehenden Strahlen sich in y treffen. 1 Sigui. Exner. Ueber Cylinder, welche optische Bilder entwarfen. Ffliiger's Aroh. XXXVIII, S. 274. und Nachtrag zu derselben. Ebenda XXXIX. S. 244. — 3 — Auf den eisten Blick mag es scheinen, dass der Strahl, nachdem er r Axe parallel geworden ist, nun in dieser Richtung weiter verlauten iisse, dass also alle Strahlen parallel der Axe austreten würden. Eine enauere Ueberlegung ergibt, dass dies unrichtig ist. Man braucht sich ur das einfallende Strahlenbündel in seine Elementarwellen zerlegt zu enken, so leuchtet ein, dass die der Axe näher gelegenen geringere Fort- flanzungsgeschwindigkeit haben müssen. Wir befinden uns hier eben an er Grenze der geometrischen Optik. Ob auch Strahlen, welche unter einem anderen Winkel, von x aus- ehend, den Cylinder treffen, in y vereinigt werden, muss die Rechnung ihren. Eine solche wurde zuerst von meinem Bruder Prof. Karl Exner ,uf meine Veranlassung durchgeführt und ist am angebenen Orte mitge- heilt. Sie sagt aus, dass, wenn man, wie das bei den gewöhnlichen Linsen- »erechnungen auch der Fall ist, nur die Centralstrahlen berücksichtigt, sich in Ler That alle diese Strahlen in y treffen; sollen aber auch die Randstrahlen n y vereinigt werden, dann muss n jeder Schichte eine ganz bestimmte M2 iih Hin Jh II:! Fis. 2. th Function der Entfernung derselben von der Axe sein. Diese Function hat die Form einer Parabel. Man kann sich den Vorgang auch so vorstellen: Es sei wieder (Fig. 2) ab cd der Cylinder, in x ein leuchtender Punkt, m n die Oberfläche einer von ihm ausgehenden Kugelwelle. Ist dieselbe nach mln[ gelangt, so beginnt sie eine Deformation zu erleiden, indem sie der Axe entlang die geringste Fortpflanzungsgeschwindigkeit hat. Sie geht näherungsweise über in m2 w2, jw3w3 . . . und tritt als concave Fläche w5w5 wieder in die Luft ein, d. h. die Strahlen treten convergent aus dem Cylinder. Man ersieht aus der Zeichnung auch ohneweiters, dass, wenn man den Cylinder in w»3w3 durchschnitten und den zweiten Theil desselben entfernt hätte, die austretende Wellen- oberfläche eben sein und senkrecht auf der Axe stehen, d. h. dass dann x den ersten Brennpunkt des Cylinders bilden würde. In analoger Weise ergibt sich die Construction des zweiten Brennpunktes. Fällt nämlich eine ebene, d. h. eine von einem unendlich entfernten Punkt ausgehende Wellen- oberfläche auf den Cylinder msnzbd, so kann die Welle, zur Kugelwelle deformirt, als mbnb austreten, d. h. es ist y der zweite Brennpunkt dieses Cylinders. Die vorgeführte Betrachtungsweise liefert auch den einfachsten Beweis dafür, dass durch den Cylinder ab cd ein Bild von x entworfen werden 1* 4 — liiuss, falls nur die Centralstrahlen in Betracht gezogen werden (wie bei sphärischen Liusen), es möge übrigens das Gesetz, nach welchem n von der Axe nach aussen abnimmt, welches immer sein. Von der Form dieser Abnahme hängt nämlich die Gestalt der Curve r».n5 ab. Jedenfalls aber wird das an der Axe liegende kleinste Flächentheilchen wegen der all- seitigen Symmetrie des Oylinders um die Axe die Gestalt einer Rotations- fläche haben, also mit Rücksicht auf seine Kleinheit nach bekannten geo- metrischen Gesetzen einen Antheil einer Kugelfläche darstellen. Das Centrum y dieser Kugelfläche ist dann das Bild von x. Die Rechnung zeigt, dass die Brennweite p eines Cylinders c ist, worin c eine Oonstante und l die Länge des Cylinders innerhalb gewisser Fig. 3. Grenzen bedeutet. Da die Brennweite also umgekehrt pro- portional der Länge ist, so könnte man von einem vorliegenden Cylinder die Dioptrien nach dem Massstabe herun^erschneiden. Ich sagte, die genannte Formel für die Brennweite gelte nur inner- halb gewisser Grenzen. In der That sind auch hier die Berechnungen nur für den Fall leicht durchzuführen, dass die Länge des Cylinders bei gegebenen Dichtigkeitsunterschieden hinreichend klein ist. Abgesehen Fig. 4. von diesem berechneten Fall ergibt die Anschauung, dass die Brennweite eine periodische Function der Länge des Cylinders ist. Der Verlauf eines z. B. parallel auffallenden Strahlenbündels muss nämlich näherungsweise der in Fig. 3 wiedergegebene sein, wo ran die einfallende ebene Wellen- oberfläche und ab zwei Strahlen derselben darstellen. Die Deformation von mn ist angedeutet. In einem derartigen Cylinder liegt also eine Suc- cession von Brennpunkten, und er wirkt bei Wachsthum seiner Länge abwechselnd als Sammel- und als Zerstreuungslinse. Hat man es mit einem verhältnissmässig kurzen oder schwachen Linsencylinder zu thun, und ist der abzubildende Gegenstand nicht punkt- förmig, so geschieht die Construction der Bilder wie bei den Linsen. Da die von einem Punkte der Axe kommenden Strahlen sich wieder in einem Punkte vereinigen, werden auch die von einem der Axe benachbarten 5 — Punkte kommenden Strahlen sich nahezu vereinigen. Um diesen Ver- einigungspunkt zu linden, bedarf es nur zweier Strahlen, des Focalstrahles und des Parallelstrahles. Sind M und N (Fig. 4) die beiden Brennpunkte, /, ein Punkt nahe der Axe, so wird der Strahl LP nach N gebrochen und der Strahl L M nach Q, folglich liegt das Bild von L in Q. Mit Bezug auf das Insectenauge interessiren uns hauptsächlich zwei Längen eines Linsencylinders, erstens jene, bei welcher sein Brennpunkt näherungsweise in der hinteren Fläche liegt, zweitens jene Länge, bei welcher der Brennpunkt in der Mitte des Cylinders gelegen ist. A. Der Brennpunkt liegt in der hinteren Basis des Cylin- ders. Strahlen also, welche vor der Brechung parallel der Cylinderaxe verlaufen sind, schneiden sich in demDurchschnittspunkte der Axe mit der hinteren Begrenzungsliäche. Es sei Fig. 5 ab cd wieder ein Liusencylinder, scy seine Axe; ein Strahlenbündel mn, das in Richtung der Axe einfällt, wird im Brennpunkte y ver- einigt. Das Bild eines anderen Punktes, dessen Strahlen- bündel durch p und q angedeutet wird, liegt in z. Es entsteht also in der hinteren Basis des Cylinders ein verkehrtes Bild der äusseren Objecte. Dieses Bild unter- scheidet sich aber in einigen Punkten nicht unwesent- lich von dem Bilde, das eine Linse entwerfen würde. Es sei z. B. in Fig. 6i/z ein ebenso grosses verkehrtes Bildchen, welches eine kugelförmige Sammellinse von demselben Objecte entwerfen mag. Man sieht, dass die durch o gehenden Hauptstrahlen nach der Brechung noch denselben Winkel miteinander einschliessen, wie vor der Brechung; mit anderen Worten, der Lichtkegel, welcher von den Strahlen eines Punktes gebildet wird, hat eine andere Axenrichtung als der Lichtkegel der von den Strahlen eines anderen Punktes gebildet wird. Anders ist es beim Liusencylinder Fig. 5; da sind die . kegel parallel gerichtet. Es leuchtet ein, dass, wenn Licht- darum handelt, Licht, welches aus einer bestimmten Richtung, z. B. xy (Fig. 5\ und deren nächsten Umgebung, z. B. bis zum Winkel a kommt, nutzbringend zu verwerthen (einem Nervenende zuzuführen), der Linsencylinder also den Vorzug vor der Linse verdiente. Nennen wir beim Linsencylinder jenen Strahl, welcher, von einem Punkte des Gegenstandes ausgehend, den Mittelpunkt der vorderen Begrenzung desselben trifft, einen Hauptstrahl (während bekanntlich bei der Linse die durch den Mittelpunkt derselben gehenden Strahlen diesen Namen führen), so lässt sich der uns hier interessirende Unterschied zwischen den beiden optischen Vorrichtungen so ausdrücken: bei der Linse divergiren die Hauptstrahlen verschiedener Objectpunkte nach der Brechung; bei dem Linsencylinder von der Länge seiner - 6 /// u eigenen Brennweite verlaufen nach der Brechung alle Haupt- strahlen parallel der Axe. Man ersieht aus der Fig. 5 unmittelbar, dass die Grösse der in cd abzubildenden Fläche des Objectes eine durch die Dicke des Cylinders (cd) und seine Höhe (a c) eng begrenzte ist (während bei der Kugellinse [Fig. 6] die Grösse des abzubildenden Objectes unbegrenzt ist) und dass für die optische Wirkung der untere äussere Antheil des ganzen Cylinders nicht in Betracht kommt. Es könnte dieser also fehlen, d. h. ein abgestutzter Kegel (die Grundform der dioptrischen Bestandteile der Facettenaugen) würde dieselbe Wirkung haben. Ein nach dem Principe des Linsencylinders gebauter ab- gestutzter Kegel von der Länge seiner Brennweite vereinigt alles von einer engbegrenzten, um seine Axe gelagerten Fläche der Aussenwelt kommendeLichtauf seiner hintereuFläche (/ derart, dass die sämmtlichen Hauptstrahlen /' nach dem Austritt aus dem Kegel parallel der Axe verlaufen. B. Der Linsencylinder ist doppelt so laug als seine Brennweite. In diesem Falle liegt das verkehrte Bild eines in grosser Ent- fernung befindlichen Gegenstandes natürlich in der Mitte des Linsencylinders. Es ist yz in Fig. 7. Würde der Linsencylinder ab cd in der Ebene yz quer durchschnitten, so würde der eben besprochene Fall vorliegen und alle Haupt- strahlen parallel zur Axe austreten. Nun beginnt ff' !/f \m' a^er gleichsam in der Ebene yz ein neuer Linsencylinder von derselben optischen Eigen- schaft und reicht bis cd. In der oberen Fläche desselben liegt yz, welches Bild jetzt als Gegenstand für die untere Hälfte des Cylinders aufzufassen ist. Nach dem allgemeinen dioptri- schen Gesetze, nach welchem der Verlauf der Strahlen zwischen zwei conjugirten Punkten derselbe ist, es mögen dieselben von dem ersten zum zweiten Puukte, oder vom zweiten zum ersten fortschreiten, muss der Strahlengang in der unteren Hälfte des Linsencylinders symmetrisch zu dem Strahlengang in der oberen Hälfte sein. Es werden also Strahlen (mw). welche in den Cylinder parallel der Axe eingetreten sind, sich in einem Punkte (y) treffen, welcher sich für die untere Hälfte des Cylinders ganz ebenso verhält, wie für die obere Hälfte. Der Weg dieser Strahlen wird in letzterer derselbe sein, wie in ersterer, nur die Richtung ihres Fortschreitens ist nun vom Punkte y weggewendet. Sie müssen aber wieder parallel der Axe austreten, so wie sie parallel eingetreten sind (m, ??,). Ein von einem anderen, dem ersten 7 benachbarten Punkte ausgehendes Strahlenbündel (p q), das, einen Winkel («) mit der Axe bildend, den Cylinder trifft, muss auch unter demselben Winkel (j3— «) den Cylinder wieder verlassen (/>, Vi)- Daraus folgt der oben schon angenommene Satz, dass der Hauptstrahl die Ebene yz senkrecht trifft. Ein Linsencylinder von den in Rede stehenden optischen Eigen- schaften bildet also ein astronomisches, nicht vergrößerndes Fernrohr, das auf Unendlich eingestellt ist. Man kann den Effect desselben in der Haupt- sache durch die Combination zweier gleicher Convexlinsen nachahmen, welche um ihre doppelte Brennweite von einander entfernt sind. Auch in diesem Falle bildet der austretende Strahl mit der Axe denselben Winkel, den er vor seinem Eintritt in die Linsencombination mit derselben gebildet hatte; Axe, eintretender und austretender Strahl liegen in derselben Ebene und die genannten beiden Strahlen auf derselben Seite der Axe. Die hier besprochenen Fälle der optischen Wirkung der Linsencylinder gehören zu den einfachsten, welche denkbar sind und linden sich so wohl nirgends in den Facettenaugen verwirklicht. Hier trifft man vielmehr in der Regel Effecte der Lichtbrechung, die durch die Com- bination von kugelig gekrümmten Flächen mit Linsen- cylindern erzielt sind. Jede sphärische Trennungsiiäche zwischen zwei Medien von verschiedenem Brechungs- vermögen entwirft von einem äusseren Object ein Bild; der Linsencylinder thut das auch; falls beide im Sinne einer Sammellinse wirken und die sphärische Fläche an Stelle der Basis am Linsencylinder selbst angebracht ist, so unterstützen sich die beiden Arten der Strahlen- brechung, ähnlich wie die Strahlen sammelnde Kraft einer Convexlinse durch die einer zweiten unterstützt wird. Dies ist natürlich auch der Fall, wenn der Linsencylinder beider- seits durch sphärische Flächen begrenzt ist, und ist ähnlich der Fall, wenn der dioptrische Apparat, wie das bei den meisten Arthropoden zutrifft, aus zwei Stücken, der Cornea und dem Krystallkegel, besteht, von denen wahrscheinlich jedes einen Linsencylinder bildet, dessen beide Basen durch kugelig gekrümmte Flächen ersetzt sind. Noch in anderer Weise weichen die Verhältnisse im Facettenauge von den hier geschilderten einfachen physikalischen Vorgängen ab. In Fig. 7 ist vorausgesetzt, dass die über yz gelegene und die darunter gelegene Hälfte des Cylinders vollkommen gleichen optischen Bau haben. Dadurch entsteht die Wirkung eines nicht vergrössernden astronomischen Fernrohres. In der Natur aber scheint es Regel zu sein, dass die beiden Antheile von ungleichem optischen Bau sind, wie dieses bei einem ver- grössernden Fernrohre der Fall ist. Es liegt dann das Bild yz nicht mehr in der geometrischen Mitte des Cylinders, sondern der einen Basis näher; - 8 - doch aber können die Strahlen eines Punktes parallel aus dem optischen Systeme austreten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass noch eine weitere Art optischer Bilderzeugung im Insectenauge eine Rolle spielt. Matthiessen1 hat in jüngster Zeit die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass ein Satz von an einer Axe angereihten Kugelschalen, von denen jede parallele Begren- zungsflächen hat, auch die Wirkung einer Sammellinse zeigt, wenn der Brechungsindex der Kugelschalen in der Richtung des Ganges der Licht- strahlen abnimmt und die Concavität derselben dem einfallenden Lichte zugewendet ist. Diese Linsenwirkung ist auch dann noch vorhanden, wenn das ganze System an beiden Enden mit planen Flächen schliesst. Es bildet dann auch einen Cylinder. Matthiessen führt einige Insectenaugen an, von deren Cornea er, da sie nach den Untersuchungen Grenacher's eine Schichtung mit nach hinten gerichteter Convexität zeigen, auch vorauszusetzen ist, dass die hinteren Corneaschichten, als die jüngeren, von geringerer optischer Dichtigkeit sind, vermuthet, dass sie nach diesem Principe, das er das der Etagenlupe nennt, wirken. Bei der Häufigkeit des Vorkommens einer solchen Schich- tung ist es, wie gesagt, nicht unwahrscheinlich, dass das Priucip auch im Insectenauge zur Geltung kommt; doch können nur verhältnissmässig kleine Wirkungen durch das- selbe erzielt werden. Die starken Brechungen, die wir im Insectenauge beobachten, würden nach dem Principe der Etagenlupe so grosse Differenzen im Brechungsvermögen der aufeinanderfolgenden Schichten erfordern, dass diese so- fort unter dem Mikroskope erkennbar sein müssten. Das ist aber nicht der Fall. Anders ist es mit einer Mischform von Etagenlupe und Linsencylinder, welche auch Matthiessen2 bespricht und deren Princip Fig. 8 veranschaulichen soll. Es handelt sich um hyperbolische Schichten, welche schalenartig ineinander stecken, und deren Brechungsindex in der Richtung des eindringenden Lichtes (ab) abnimmt. Mau sieht sofort, dass dadurch zugleich die Structur eiues Liusencylinders erzeugt wird, indem an jedem Querschnitt das Brechungs- vcimögen vom Centrum gegen die Peripherie abnimmt. Es ist gerade diese Art der Schichtung, die z. B. beim Auge des Limulus auffällt; ich halte es deshalb für sehr wahrscheinlich, dass sie auch anderen Ortes eine Rolle spielt. Wie wir beim Studium des eben genannten Auges bemerken werden, ist die Wirkung dieser Schichtung, wie zu erwarten war, wesentlich die eines Linsencylinders. Fig. 8. i Centralbl. I. Opt. u. Modi. VII, Nr. 10 und Report. .1. Physik XXII, S. 333. ■ Repert. d, Physik 188(1, S. 350. — 0 Ich habe oben auf die Verschiedenheit in der optischen Wirkung kugelig-gekrümmter Trennungsflächen und der Lins ency linder hingewiesen. Es scheint den Lebensbedürfnissen verschiedener Arthropodenfamilien zu entsprechen, dass einmal die Linsenwirkung, das anderemal der Effect des Linsencylinders überwiegt, und dadurch erklärt sich die grosse Mannigfaltigkeit in der Construction der zusammengesetzten Augen, eine Mannigfaltigkeit, gegenüber welcher das Auge, das ein verkehrtes Netz- hautbild erzeugt, eine armselige Einförmigkeit aufweist. Es ist mir nicht bekannt, dass in einem zusammengesetzten Auge das Princip des Linsencylinders allein zur Geltung kommt, obwohl das Auge von Limulus hart an dieser Grenze stehen dürfte, und es ist mir auch kein zusammengesetztes Auge bekannt geworden, in welchem nur das Princip der Linse die optischen Vorgänge beherrscht. Ist ja selbst im Auge der Wirbelthiere und des Menschen das Princip des Linsen- cylinders verwerthet, ' indem die Linse geschichteten Bau und in ihrem Kern ein cylinderähnliches Gebilde trägt, dessen Axe mit der Augenaxe (ganz oder näherungsweise) zusammenfällt. Die optische Wirkung des Linsencylinders ist nahezu unabhängig von der denselben umgebenden Flüssigkeit, die optische Wirkung der kugeligen Flächen ist im höchsten Grade von der Umgebung abhängig. Damit hängt es zusammen, dass jene Thiere, welche theils im Wasser, theils ausserhalb desselben leben, wie z. B. die Schwimm- und Wasser- käfer, eine vordere Begrenzungsfläche der Corneafacetten haben, deren Krümmung kaum in Betracht kommt, während z. B. bei vielen Schmetterlingen diese Flächen einen sehr kleinen Krümmungshalbmesser haben. In der That, die Wirkung des dioptrischen Apparates würde bei starker Krümmung der Corneafacetten sich gänzlich ändern, wenn das Thier aus dem Wasser steigt, während sie sich nahezu gar nicht ändert, Avenn die Corneafacette aus einem Linsencylinder besteht. Bei Krebsen, die das Wasser' zeitweilig verlassen, waltet ein analoges Ver- hältniss ob. Ein anderer Umstand, durch welchen die Mannigfaltigkeit der Augen- formen bedingt ist, liegt darin, dass für verschiedene Lebensweisen jene oben besprochene Art des Linsencylinders nicht immer am zweckmas- sigsten sein muss. Ich habe nämlich der Einfachheit wegen angenommen, dass der Linsencylinder in seiner ganzen Länge genau denselben optischen Bau hat. Er könnte aber, und das kommt thatsächlich vor, in seinem hinteren (dem Augeninnern zugewendeten) Antheile eine raschere Abnahme des Brechungsindex von der Axe gegen die Peripherie haben, als im vor- deren Theile, wobei aber zwischen den beiden Antheilen ein allmählicher Uebergang stattfindet. Kr entspricht dann, wenn er wieder ein auf Un- 1 Vergl. E. Brück, Vorlesungen über Physiol. Wien 1887. Bd. II, S. 151. 10 - endlich eingestelltes astronomisches Fernrohr bildet, einem solchen, das vergrössert, d. h. das verkehrte Bildchen liegt jetzt nicht mehr in der Mitte seiner Länge, sondern ist mehr nach hinten gerückt, liegt aber immer noch in der zweiten Brennebene des ersten Linsencylinders, und in der ersten Brennebene des zweiten, wenn wir uns wieder den ganzen Cylinder durch einen Schnitt in der Ebene des verkehrten Bildchens in zwei Theile getheilt denken. IL CAPITEL. Die Dioptrik des zusammengesetzten Auges. Historische Vorbemerkungen. J. Müller hatte im Jahre 1826 eine Theorie über die Eunctions- weise des Auges der Insecten aufgestellt, 1 uach welcher diese Thiere ein aulrechtes Netzhautbild haben sollen, das, im Gegensatze zu dem Netz- hautbilde des Wirbelthierauges, nicht so sehr durch Sammlung der von je einem Punkte des Objectes ausgehenden Strahlen, als vielmehr durch Trennung der von verschiedenen Punkten des Objectes ausgehenden zu Stande kommt. In der That hatte J. Müller erkannt, dass die sogenannten zu- sammengesetzten Augen aus einer grossen Anzahl von Elementen be- stehen, deren jedes, wir wollen es ein Facettenglied nennen, eine schwarz pigmentirte Röhre darstellt. Diese Röhren sind in radiärer Stellung auf einer mehr oder weniger vollkommenen Halbkugel aufgesetzt. Was immer die Röhre sonst noch enthalten mag, wenn ihr Inhalt nur durchsichtig ist, so muss an der Oberfläche der Halbkugel ein, wenn auch unvollkom- menes aufrechtes Bild eines äusseren Gegenstandes entworfen werden, denn es leuchtet ein, dass auf den Grund jeder Röhre nur Lichtstrahlen gelangen können, welche näheruugsweise in der Richtung jenes Kugel- radius einfallen, um welchen diese Röhre eben aufsitzt. Strahlen, welche mit grösserer Neigung gegen den Radius, d. i. gegen die Axe der Röhre in dieselbe eindringen, treffen, ehe sie ihren Boden erreicht haben, die \Yand derselben, und werden von dem Pigmente, das hier liegt, absorbirt. Beiludet sich aber auf dem Boden jeder Röhre ein nervöses Endorgan, d. h. ist die Kugeloberfläche von einer lichtempfindlichen Nervenausbreitung gebildet, so fungirt diese gegen das eindringende Licht convexe Netzhaut, wie die concave des Wirbelthierauges. Dies in ihren wesentlichsten Zügen die Müll er 'sehe Theorie vom musivischen Sehen und dem aufrechten Netzhautbilde. Grüel und Gottsche2 haben den Anstoss dazu gegeben, dass diese Theorie wieder fallen gelassen wurde, ja fast in Vergessenheit gerieth. 1 Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes. Leipzig 1826. 2 Müller 's Arch. 1852. — 12 — Letzterer hatte die leicht zu bestätigende Beobachtung gemacht, dass man bei einem Fliegenauge unter passenden Umständen, entsprechend jeder Facette der Hornhaut, mit dem Mikroskope ein verkehrtes Bildchen eines äusseren Gegenstandes zu sehen bekommt, welches Bildchen übrigens schon Leeuvenhök und Anderen bekannt war. Eine Bemerkung, welche J. Müller zu der Mittheilung Gottsche's hinzufügte, mochte in den Lesern den Eindruck erweckt haben, dass der Schöpfer der Theorie des aufrechten Bildes angesichts der sichtbaren verkehrten Bildchen seine Theorie fallen lasse; es folgte eine Anzahl vergleichend anatomischer und physiologischer Untersuchungen über das zusammengesetzte Auge, welche, jenem verkehrten Bildchen Eechnung tragend, die Müller'sche Theorie bei Seite liegen Hessen. Es muss das um so auffallender erscheinen, als die Forscher, welche sich mit dem Gegenstande beschäftigten, fast aus- schliesslich Mikroskopiker waren, denen die Thatsache, dass jeder Fett- tropfen, jede Luftblase u. s. w. ein mikroskopisches Bildchen entwirft, geläuüg sein musste; es wäre also zu erwarten gewesen, dass dem Nach- weise eines solchen in jeder Facette kein so grosses Gewicht, der ein- leuchtenden Müll er 'sehen Theorie gegenüber, zugewiesen werde, umsomehr, wenn man erwägt, unter welch bedenklichen Umständen Gottsche sein Bildchen demonstrirte. ' So kam es, dass im Jahre 1868 Max Schultze in seinen „Unter- suchungen über das zusammengesetzte Aiige der Krebse und Insecten" mit Bezug auf die Versuche von Gottsche und Zenker sagen konnte, ..die physikalisch nicht haltbare Theorie von dem musivischen aufrechten Bilde im Auge der Insecten ist denn auch durch das Experiment widerlegt", und dass er sich nun der undankbaren Aufgabe unterzog, zu dem voraus- gesetzten verkehrten Netzhautbilde jedes Facettengliedes die zugehörige Ketina aufzufinden. Erst 19 Jahre nach der Publication Gottsche's trat eine Wendung in der Angelegenheit ein, indem Fr. Boll, der Schüler Max Schultze's, angeregt durch die Beobachtung, dass auch die Stäbchen der Tritonenretina verkehrte Bildchen entwerfen, die functionelle Bedeutung der Facettenbildchen in Frage stellte, und zur Müller'schen Theorie zurückzukehren mahnte.3 Später haben, in verschiedener Richtung arbeitend und unabhängig voneinander, zuerst Grenadier, ' dann ich eine Lanze für die Müller'sche 1 Ich bin auf diese Verhältnisse in meiner ersten Abhandlung über das Faeettenauge näher eingegangen und verweise hier auf jene. (Ueber das Sehen von Bewegungen und die Theorie des zusammengesetzten Auges. Wiener akad. Sitzber. LXXII, Abth. III, Juli 1875.) 2 Bonn 1868. Du Bois-Reymond's u. Reichert's Areh. f. Anat. u. Physiol. 1871. 1 Seine erste, mir leider unbekannt gebliebene „Kurze Notiz", wie Grenadier sie nennt, in den Göttinger Nachrichten erschien 1874. Dann kam im Jahre 1875 meine oben citirte Abhandlung, auf welche eine ausführlichere Mittheilung Grenaeher's in den Klin. Monatsbl. f. Augenheilkunde 1S77 folgte, und sein Werk: Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. Göttingen 1879. erschien. - 13 — Theorie vom aufrechten Hilde gebrochen. Grenadier war auf Grund seiner ausgedehnten und erfolgreichen Untersuchungen über die einfachen uud zusammengesetzten Augen einer grossen Anzahl niederer Thiere, und insbesondere durch seine grundlegenden Erfahrungen über den nervösen, der Netzhaut entsprechenden Antheil derselben zu der Ueberzeugung ge- langt, dass die Theorie von den Einzelbildchen unhaltbar sei, dass selbst, wenn solche Bildchen da wären, die Netzhaut fehlen würde, welche zur physiologischen Verwerthung derselben nöthig wäre, und dass die anato- mischen Verhältnisse durchaus für die Müller'sche Theorie sprächen. Ich habe in gewissem Sinne den entgegengesetzten Weg eingeschlagen. Indem ich von dem Gedanken ausging, dass die wesentlichen optischen Vorgänge in ähnlich gebauten Augen auch wesentlich ähnlich sein würden, unter- suchte ich eingehend das Auge nur eines Thieres (des Hydrophilus piceus), und konnte zeigen, dass bei diesem das Gottsche'sche Bildchen zwar sehr schön zu sehen ist, wenn man so verfährt, wie Gottsche es gethan, dass dieses Bildchen im Leben aber nicht zu Stande kommen kann, dass überhaupt unmöglich ein Bildchen da liegen kann, wo es nach jener Theorie liegen müsste, um percipirt zu werden. Hingegen glaubte ich gezeigt zu haben, dass der doch ziemlich complicirte dioptrische Apparat des Facettengliedes seine Bedeutung darin hat, dass er die näherungsweise in der Sichtung der Axe derselben einfallenden Lichtstrahlen, theils durch Brechung, theils durch Seliexion bis an die Spitze des Krystallkegels leitet, wo sie dann in viel intensiverer Weise das Nervenelement zu reizen vermögen, als wenn dieser dioptrisch-katoptrische Apparat fehlte. Es wird durch denselben die Helligkeit des aufrechten Netzhautbildes erhöht, was schon J. Müller, freilich in anderer Weise, vermuthet hatte, wie aus folgendem physikalisch etwas unklarem Passus hervorgeht: „Die Convexität der einzelnen Facette der Cornea wird das in der Sichtung der Axe ein- fallende Licht als brechendes Medium der Axe zulenken und in der Tiefe des Auges zu grösserer Einigung bringen. So mag es kommen, dass das den ganzen Kegel durchleuchtende Licht an der Spitze desselben, wo es die Sehfaser afficirt, punktförmig vereinigt wird, wodurch die Bestimmtheit des Bildes sehr gehoben werden muss. Die von der äusseren convexen Fläche der Cornea bedingte Brechung ist aber nicht so gross, dass es zur Entstehung besonderer kleiner Bilder von jeder Facette aus kommen könnte." ' Die Concentration der Strahlen an der Spitze des Krystallkegels konnte ich durch Versuche am Auge von Lampyris splendidula mit voller Bestimmtheit nachweisen, nur kommt sie nicht, wie J. Müller meint, allein durch Brechung an der Corneafläche — in diesem Falle müsste wenigstens ein undeutliches verkehrtes Bildchen entstehen — , sondern, wie ich damals meinte, durch totale Eeflexion an der Mantelfläche des Krystallkegels zu Stande. Auf diese Weise würde das Licht, wie man das 1 Zur vergl. Thysiol. d. Gesichtssinnes, S. 3fi7. — 14 — mit jedem ausgezogenen Glasstabe nachmachen kann, ist es einmal im Kegel gefangen, bis an seine Spitze fortgeleitet. Ich habe später, für das Auge des Leuchtkäferchens in den geschichteten Linsencylindern einen opti- schen Vorgang gefunden, der im Effect bezüglich der Concentration der Strahlen an der Spitze des Krystallkegels dasselbe leistet, wie die totale Reflexion, aber doch auf einer Brechung beruht. Dass ich das Auge des Leucht- käferchens zu diesen Versuchen benutzte, hatte darin seinen Grund, dass bei diesem Thiere die Krystallkegel mit der Cornea verwachsen sind, man also in die glückliche Lage versetzt ist, Pigment und die übrigen Weich- theile des Auges abpinseln und den ganzen dioptrischen Apparat bei normaler Lagerung der Krystallkegel zu den Corneafacetten untersuchen zu können. Auch hatte ich darauf hingewiesen, dass die Resultate meiner dioptri- schen Untersuchung des Insectenauges geeignet sind, den Schlüssel zu der Erklärung der Erfahrungstatsache zu geben, dass diese Thiere ihre Feinde und Freunde vielmehr durch deren Bewegungen, als durch deren Gestalt erkennen. Ferner ist zu erwähnen, dass Oskar Schmidt1 bei gewissen Thieren Krystallkegel gefunden, welche nicht symmetrisch um eine Axe geformt waren, sondern die mannigfache Unregelmässigkeiten, vor Allem Biegungen nach Art eines Hornes, zeigten. Er kommt dadurch merkwürdigerweise zu dem Ausspruch, dass nicht nur die Theorie von den verkehrten Bildchen unhaltbar ist — worin ihm, falls seine Beobachtungen richtig sind, jeder- mann beistimmen wird — , sondern dass damit auch die Theorie vom musivischen Sehen unvereinbar ist. Es hat schon Grenacher gezeigt, dass er in letzterer Beziehung im Irrthum ist, so dass ich mich auf die folgende Bemerkung beschränken kann. 0. Schmidt hat selbst in der Art der von ihm gefundenen Krystallkegel gebogene Glasstäbe und Glas- kegel angefertigt und sich davon überzeugt, wie in solchen das Licht fortgeleitet wird. 2 Er glaubt auch, dass eine derartige Fortleitung bei den von ihm besprochenen Augen stattfindet. Er scheint aber nicht daraui aufmerksam geworden zu sein, dass auch unter diesen Umständen ein musivisches Sehen möglich ist. Wenn die Licht aufnehmenden Antheih der Krystallkegel in radiärer Anordnung ein Mosaik bilden, und du Spitzen der Kegel ein Mosaik, in welchem dieselbe Anordnung herrscht 1 Die Form der Krystallkegel im Arthropodenauge. Zeitschr. f. wiss. Zool. XXX, Siipp' 2 Ich zeige seit meinen ersten Untersuchungen über das zusammengesetzte Auge ein Anzahl solcher theilweise complieirt verbogener Glasstäbe und Glaskegeln in meiner Vor lesung, um die Art, wie das Licht darinnen fortgeleitet wird, zu demonstriren. In neueste Zeit ist dieser übrigens sehr alte Versuch praktisch verwerthet worden. Da, wo es sich darui handelt, das Licht „um eine Ecke" zu leiten, und wo man mit Spiegel und Linse nie zukann, mag dieses mit Erfolg geschehen. Zur Beleuchtung mikroskopischer Objer-te ( wurde eine derartige Lampe in Handel gebracht) wird wohl immer Linse und Spiegel vn zuziehen sein. — 15 — so muss unter den entsprechenden Bedingungen nach dem Müller'schen Principe ein Bild entstehen, es mögen die Kegel zwischen ihrer Basis und ihrer Spitze gebogen sein oder nicht, sie mögen alle in der gleichen Weise, oder es mag jeder in besonderer Weise verbogen sein. Auch Notthaft1 tritt betreffs des aufrechten Netzhautbildes auf die Seite der Müller'schen Theorie und stellt eine Ansicht über die Func- tionsweise des Facettenauges auf, die wesentlich in Folgendem besteht: „Es fällt auf jede Retinula ein cylindrisches Lichtbüschel oder eine Licht- linie genau in der Richtung der optischen Axe des Augenelementes. Die einzelnen, dieses Büschel zusammensetzenden Lichtstrahlen halten im strengen Sinne die gleiche Richtung ein. Das Stück des Gegen- standes, von welchem dieselben ausgehen und welches ein einzelnes Elementarsehfeld erfüllt, ist somit für alle noch so verschiedenen Entfernungen durchaus gleich gross; es ist nämlich genau gleich lern Querschnitte des hinteren zugespitzten, nicht pigmeutirten Endes des Krystallkegels, oder gleich demjenigen der Retinula." 2 Da die Strahlen dieses Lichtbüschels streng parallel sind, so wird weiter ausgeführt, kommen sie immer von der gleichen Anzahl von nebeneinander stehenden leuch- tenden Punkten der Aussenwelt, welche in ihrer Gemeinschaft ein Elementar- sehfeld bilden, es mag das gesehene Object nahe oder ferne sein. Nun nimmt die Helligkeit eines Lichtpunktes mit dem Quadrate der Entfernung ab, es muss also auch die Helligkeit des ganzen Elementarsehfeldes mit dem Quadrate der Entfernung abnehmen. Das Insect orientire sich also dadurch in der Aussenwelt, dass es alle nahen Objecte hell, alle fernen dunkel sieht, ja es werde dadurch in die Lage gesetzt, ohne Augenlider seine Augen dem directen Sonnenschein auszusetzen, da die Sonne so weit ist, etc. Abgesehen davon, dass das Insect nach dieser Theorie jeden dunklen Gegenstand für einen entfernten halten muss, ist dieselbe aus physika- lischen Gründen nicht annehmbar. Denn entweder ist unter jenem Licht- büschel, das auch Lichtlinie genannt wird, wirklich ein unendlich dünner Strahl gemeint, dann geht er auch von einer unendlich kleinen Fläche des Objectes aus, einem Punkte. Ist aber die Helligkeit des Objectes keine unendliche, sondern nur eine endliche, wie bei allen beleuchteten Objecten, so geht von einem Punkte desselben nur unendlich wenig, d. i. kein Licht aus, das Insect könnte also nicht sehen. Oder es ist unter dem Licht- büschel eine Anzahl parallel nebeneinander verlaufender Strahlen, deren Querschnitt eine endliche Grösse hat, gemeint (wie die obigen Angaben wahrscheinlich machen), dann können dieselben niemals parallel bleiben, wenn sie durch gekrümmte Trennungsflächen verschiedener Medien hindurch- dringen, wie solche im Facettengliede des Insectenauges vorkommen, und natürlich auch von Notthaft anerkannt werden. Werden die Lichtstrahlen 1 Ueber die Gesichtswabrnelimungen vermittelst des Faceftonaiiges. Frankfurt a. M. 1880. 2 1. c. S. Gl. 16 — aber gebrochen, dann treten auch die Gesetze in Geltung, welche derartige Strahlenbrechungen beherrschen, die Helligkeit nimmt nicht mehr ab mit dem Quadrate der Entfernung. N otthaft hat ausführliche Messungen über die Grösse der Hornhautfacetten bei zahlreichen Insecten ausgeführt, die an und für sich werthvoll sind. Ob er mit Recht die Grösse einer Facette als Massstab für die Sehschärfe des Thieres betrachtet, muss wohl dahin- gestellt bleiben, ich vermag die Berechtigung dazu nicht einzusehen. Eine eigenthümliche Modification der Müller 'sehen Theorie rührt von Thompson Lowne her. l Nach ihm ist jenes Gebilde, das man den Sehstab nannte und allgemein zu dem nervösen Antheile des Sehorganes rechnet, ein Theil des dioptrischen Apparates, und erst hinter den Seh- stäben liege eine bisher übersehene Retina. Der Sehstab sei nun that- sächlich von anderer Gestalt und von anderem Habitus als er gewöhnlich abgebildet wird, er stelle nämlich einen nach vorne convexen, ziemlich voluminösen Körper dar, der vermöge dieser convexen Fläche ein Bild eines vor ihm gelegenen Gegenstandes auf der Netzhaut entwerfen kann. Als der Gegenstand zu diesem Netzhautbildchen fungire aber das Gottsche'sche, im Krystallkegel liegende verkehrte Bildchen, das jedes Facettenglied unter dem Mikroskope zeigt. Es entstünde demnach auf der präsumptiven Retina ein zweimal umgekehrtes, d. h. ein aufrechtes Bildchen eines äusseren Objectes. Jedes dieser Bildchen enthält nur einen kleinen Theil des Sehfeldes, so dass sich ein aufrechtes Netzhautbild zusammensetzt, dessen einzelne Theile, die so zahlreich wie die Facetten des Auges sind, selbst aufrecht stehende Bildchen der betreffenden ein- zelnen Antheile des Sehfeldes sind. Auch dieser Hypothese vermag ich nicht zuzustimmen. Denn erstens kann ich in dem Sehstab kein optisches Medium erkennen, das im Stande wäre, ein Bildchen zu entwerfen; schon die Anwesenheit des Rhabdomes in demselben mit seinem starken Brechungsindex und dem complicirt gestalteten Querschnitt scheint mir das unmöglich zu machen. Zweitens kann ich nicht zugeben, dass die Retina hinter den Sehstäben da liegt, wo Thompson Lowne sie annimmt. Es ist natürlich sehr misslich, von der Lage der Retina im zusammengesetzten Auge Bestimmtes aussagen zu wollen. Es fällt diese Frage dem Sinne nach zusammen mit der auch für das Wirbelthierauge noch nicht sicher beantworteten Frage nach der empfindlichen Schichte der Nervenausbreitung. Doch glaube ich, dass aus dem später zu schildernden Verhalten des Retiuapigmentes und haupt- sächlich des Tapetums im Insecten- und Krebsauge mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit hervorgeht, das Licht bewirke seine Nerven- erregung in einer vor den centralen Enden der Sehstäbe gelegenen Schichte. Denn Niemand wird annehmen wollen, dass sich bei Nacht- thiereu, sobald die Dunkelheit eintritt, eine dicke Schichte stark reflec- 1 Transact. nf the Linnean Poe. Zool. 1884. — 17 — render Tapetumsubstanz zwischen dem dioptrischen Apparat und der ichtempfindlichen Schichte enthüllt. Man wird es vielmehr selbstverständlich Lüden, dass, wie beim Säugethier, das Tapet um im Sinne des Ganges der Lichtstrahlen hinter der empfindlichen Schichte liegt. Auf die Bilder, welche Thompson Lowne zur Annahme seiner Retina bestimmten, komme ;ch später zurück. Im Grossen und Ganzen scheint es, dass Max Schultze der Letzte war, der mit überlegenem Lächeln auf die Müller 'sehe Theorie vom auf- rechten Netzhautbild herabsehen konnte, die Forscher der letzten Jahre neigen unzweifelhaft dieser Theorie zu; ich erwähne z. B. der schönen biologischen Beobachtungen Forel's,1 der entschieden auf dem Boden dieser Theorie steht, sowie jener Plateau's2 und der Darlegungen von Sharp.3 Auch C. Claus ist auf Grund seiner Untersuchungen des Phro- nimaauges gegen die Leyd ig -Gott sehe 'sehe Theorie und für die Mül- ler'sche eingetreten.1 Bios Patten5 hat in neuester Zeit anatomische Befunde veröffentlicht, die der Müll er 'sehen Theorie nicht günstig sind die aber wohl noch sehr der Bestätigung bedürfen. Endlich habe ich der Vollständigkeit wegen noch zu bemerken, dass ich auf der 61. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Köln am Auge des Leuchtkäferchens das aufrechte Netzhautbild unter dem Mikroskope demonstrirt habe/' Nach meinen Erfahrungen lassen sich die zusammengesetzten Augen ihrer optischen Wirkung nach in drei Typen theilen; alle entwerfen ein aufrechtes Netzhautbild, aber in verschiedener Weise. Zwei dieser Typen wirken dioptrisch, eine hauptsächlich katoptrisch. Die Netzhautbilder der beiden ersten Typen, von denen zunächst die Rede sein soll, will ich ihrer Entstehungs weise nach als das Appositionsbild und als das Superpositionsbild unterscheiden. (Letzteres ist identisch mit dem früher von mir Summationsbild genannten Bilde des Lampyrisauges ; seit mir das Appositionsbild bekannt geworden ist, halte ich es, um Miss- Verständnisse zu vermeiden, für zweckmässiger, den Namen Summations- )ild fallen zu lassen.) Um den dioptrischen Apparat eines Auges zu studiren, ist es höchst vünschenswerth, dass derselbe ein Ganzes darstellt, mit dem man hantiren ..ann. Die meisten Augen entsprechen dieser Anforderung nicht, die zahl- 1 Sensations des Inseetes. Reeueil zoolog. Suisse, ßd. IV, 1886 u. 1887. 2 Rech, experim. sur la vision chez les arthropodes. Aead. d. seiences zu Brüssel 887 u. 1888. 3 Adresn read before the Entomological Society of London, 16. Jiinn. 1889. 4 Der Organismus der Pkroniraiden. Arbeiten au3 dem zoolog. Institute d. Universität "ien. ßd. II, S. 71. 5 Journ. of Morphoiogy I, Nr. 1, 1887. 6 Tagblatt der 61. Vers, deutsch. Naturf. u. Aerzte in Köln. Köln 18S9, S. 71. o Exner, i'acoltenaugen. - 18 — reichen Krystallkegel, die durch Weichtheile an die Cornea geheftet sind kommen leicht aus ihrer Lage, sobald man das Auge exstirpirt hat, das Pigment thut das Uebrige, um ein genaueres Studium des optischen Ver- haltens unmöglich zu machen. Es gibt aber Thiere, bei welchen die Krystallkegel oder solche Cuticulargebilde, welche ihnen, wenn auch vielleicht nicht morphologisch, doch functionell entsprechen, mit der Hornhaut verwachsen sind; hier hat man dann den ganzen dioptrischen Apparat in einem Stück vereinigt, kann denselben vom Pigment befreien und in seinem Verhalten gegen Licht studiren. Ich wählte zum Studium des einen dioptrischen Typus das Auge eines Krebses, des Schwertschwanzes (Limulus), das ausserdem den Vortheil hat, sehr grosse Elemente zu besitzen; und zum Studium des anderen Typus das unseres Leuchtkäferchens. Letzteres ist zwar recht klein, doch in hinlänglicher Anzahl leicht zu beschaffen. A. Das Appositionsbild von Limulus. Das grosse, ganz unbewegliche Auge des Schwertschwanzes, das in seinen Dimensionen und Umrissen unserer Lidspalte nicht unähnlich, mit der Längsausdehnung von vorne nach rückwärts gerichtet ist, hat einen sehr grossen Krümmungshalbmesser. Seine Oberfläche ist derb, chitinös; es lässt schon mit freiem Auge Facetten erkennen. Selbst an getrockneten Exemplaren, schöner an Spirituspräparaten und am besten am lebenden Thiere gewahrt man im Auge einen schwarzen Fleck, der vollkommen den Eindruck einer grossen Pupille macht, auch in der Tiefe zu liegen scheint. Diese „Pseudopupille" ist aber nur ein optisches Phänomen, wie man sich sofort überzeugt, wenn man das ganze Thier hin und her wendet. Die Pupille behält dann nämlich ihren Platz, indem sie stets dem Be- schauer zugewendet ist. Diese Pseudopupille ist bei zahlreichen Thieren zu beobachten und ihre Erklärung wird uns später noch beschäftigen. Sie wurde schon von Leydig bemerkt und als optisches Phänomen erkannt.1 Führt man senkrecht zur Oberfläche einen Schnitt durch das Auge von Limulus, so sieht man an die Cornea angewachsene zahlreiche Zapfen aus Chitinsubstanz in die Tiefe ragen. Einer derselben ist Taf. III, Fig. 20, dargestellt. Die Cornea selbst lässt kaum gewölbte Facetten erkennen, die Spitze des Kegels ist abgestuzt, und diese Endfläche erscheint sogar, wenigstens an manchen Stellen des Auges, geradezu schwach coneav. Das Ganze besteht, wie Grenacher 2 dieses schon abbildet, aus Lamellen, welche sich aussen der äusseren Oberfläche, in der Tiefe aber mehr und mehr der inneren, Zapfen bildenden Oberfläche anschliessen und diese Oberfläche auch bilden. Dabei heben sich gewisse Schichten « Müll er 's Areh. f. Physiol. 1855, S. 431. • Sehorgan der Arthropoden Göttiugen 1879, Tai'. XI, Fig. 123. - 19 — durch ihr optisches Verhalten von ihrer Nachbarschaft ab, eine ober- flächliche, welche aber schon deutliche Zapfen zeigt, und eine wahrscheinlich in jedem Kegel enthaltene, aber nicht überall gleich deutliche, mit denChitin- lamellen nicht parallele Schichte, welche einen Kegelmantel von dem Kegel- innern trennt. (S. Holzschnitt Fig. 10, S. 27.) Es macht den Eindruck, als stäken in den Kegeln noch Kegeln anderen optischen Verhaltens, und es ist auch so. Der Kegelmantel ist aber nicht anatomisch vom Kern getrennt, sondern nur durch sein Lichtbrechungsvermögen von diesem verschieden. An den Stellen, welche den Zwischenräumen der Kegel entsprechen, ist die ganze Chitinmasse durch feinste Porencanäle senkrecht zur Oberfläche durch- setzt (bei a der Tafel), die man am besten an Horizontalschnitten sieht, und die meines Wissens nirgends beschrieben sind. (In der Abbildung sind nur wenige als mit Luft gefüllt dargestellt; die meisten sind mit Flüssigkeit erfüllt und dadurch undeutlich geworden.) Ich muss bemerken, dass ich sowohl die Trennungsfläche als die Scheidung der Kegel in zwei Bestandteile an vielen Schnitten vermisst habe, so dass ich vermuthe, es möchten die optischen Differenzen, um die es sich da handelt, in verschiedenen Antheilen des Auges ungleich stark ausgeprägt sein. Eine auffallende Eigenthünilichkeit des Limulusauges, die das Studium des optischen Verhaltens recht erschwert, besteht darin, dass die Kegel mit ihren Axen nur in der Gegend der Mitte des Auges senkrecht zur Hornhautoberfläche stehen. Denkt man sich durch die Mitte des Auges eine auf der Oberfläche senkrecht stehende Linie gelegt, so convergiren die Kegelaxen nicht nach dem auf dieser Linie gelegenen Krümmungs- mittelpunkt der Cornea, sondern nach Punkten, die zwischen diesem und der Hornhaut liegen. Je näher also an der Peripherie des Auges, desto schiefer sitzt der Kegel der Hornhaut auf; der Winkel, den seine Axe mit der Hornhautoberfläche bildet, kann von einem Rechten bis um 40 Grad abweichen und wohl noch mehr. (Vgl. Holzschnitt Fig. 9, S. 25.) Der ganze Kegel ist, abgesehen von seiner abgestutzten Spitze, in schwarzes Pigment gehüllt, und der Spitze gegenüber befindet sich nach meinen Schnitten in einer Entfernung von circa Ö-04 Millimeter die Retinula (R) mit dem am Querschnitte sternförmigen Rhabdom. (S. Fig. 21.) Die Elemente der Retinula sind verglichen mit der Grösse der Facettenglieder und mii jenen anderer Augen ganz besonders kurz. Auch die Retinula ist noch eingehüllt in Pigment, das fast in Continuität mit jenem des Kegels steht, so dass nur die kurze Strecke zwischen der Kegelspitze und den nervösen Elementen pigmentfrei ist.' Die Spitzenfläche des Kegels — so will ich die Abstutzungsfläche an der Spitze nennen — pflegt nicht kreisrund, sondern elliptisch zu sein [ch fand den längeren Durchmesser in einem speciellen Fall 0"09, den kürzeren 0-07 Millimeter. Doch mögen auch da Variationen, vorkommen. So gibt Grenadier den Durchmesser mit 0065 Millimeter an. — 20 — Um nun die dioptrischen Eigenschaften des Auges zu studiren, war es natürlich wünschenswert^ irische Thiere zur Verfügung zu haben. Ich bekam zwei Exemplare von Limulus polyphemus aus dem Berliner Aquarium lebend nach Wien. Exstirpirt man das Auge, so gelingt es leicht, den ganzen dioptrischen Apparat von seinen Weichtheilen abzu- schälen, ein zartes Abpinseln bringt die Reste des Pigmentes, wenn solche an einzelnen Stellen fester haften, hinweg. Will man sich von der Wirkung eines solchen dioptrischen Apparates eine richtige Vorstellung bilden, so ist die Regel geboten, seine Flächen mit Medien in Berührung zu bringen, welche denselben Brechungsindex haben, wie jene Medien, welche diese Flächen im Leben berühren. Hat ja doch eine Linse eine andere Brennweite unter Wasser, eine andere in der Luft. Die vordere Fläche des Auges ist normalerweise bei Limulus mit Wasser oder mit Luft in Berührung, da er sein Leben theils im Meere, theils am Strande verbringt. Ich wählte bei meinen Untersuchungen Luft als erstes Medium. Die hintere Begrenzungsfläche des dioptrischen Apparates, d. i. die Manteloberfläche der Kegel und deren Spitzenfläche, stossen an Zellen, welche mit Blutflüssigkeit getränkt sind. Obwohl der grösste Theil dieser Zellen pigmentirt ist, ist ihr Brechungsindex, oder jener der Flüssigkeitsschichte, welche zwischen diesen Zellen und dem Kegel anzu- nehmen ist, nicht gleichgiltig, wegen einer etwa vorkommenden totalen Reflexion. Ich hatte schon früher für derartige Untersuchungen am Insecten- auge den Brechungsindex des Käferblutes (von Hydrophilus) bestimmt und n = 1346 gefunden; eine sehr verdünnte Glycerinlösung von dem- selben Brechungsvermögen diente mir da als Benetzungsflüssigkeit für die hintere Fläche. Es war vorauszusetzen, dass das Krebsblut keinen nennenswerth verschiedenen Brechungsindex hat, weshalb ich bei der Unter- suchung von Limulus dieselbe Glycerinlösung anwendete. Ich durfte das umsomehr, da ich mich überzeugt hatte, dass die Leistungen des diop- trischen Apparates bei diesem Thiere merklich gleich waren, ob ich den- selben in der geschilderten Weise richtig montirte, oder ob ich ihn ganz in Wasser eintrug, oder in sehr stark lichtbrechende Flüssigkeiten, selbst in Anilin, legte. Letzteres hat den Brechungsindex n = 1-5803, bricht also stärker wie die gebräuchlichen Glassorten. Dieses beweist, dass bei Limulus merklich alle Brechung im Inneren des dioptrischen Apparates stattfindet und die Trennungsflächen nahezu keine Rolle spielen. Nichtsdestoweniger habe ich die Bestimmungen und Messungen, die alsbald mitgetheilt werden sollen, alle bei correcter Montirung des dioptrischen Apparates gemacht. Es wurde also das von allen anhaftenden Weichtheilen befreite Auge an seiner vorderen Fläche mit verdünntem Glycerin befeuchtet, damit diese nicht durch Austrocknen rauh wird und die Schönheit des Bildes stört. Dieses konnte ohne Gefahr geschehen, da bekanntlich eine hinlänglich dünne Schichte eines wie immer brechenden - 21 — Mediums keinen Einfluss auf den Gang der gebrochenen oder zu brechen- den Strahlen hat. Dann wurde das Auge auf einen durchbohrten Object- träger gelegt, seine nach oben gerichtete Concavität mit einem Tropfen Glycerin des genannten Brechungsvermögens erfüllt und auf diesen ein Stückchen eines Deckgläschens gelegt. Letzteres, damit der Gang der Strahlen bei ihrem Austritt aus der Flüssigkeit nicht durch eine Wölbimg derselben beeinflusst wird. So kann man das Präparat unter das Mikroskop bringen, wobei man natürlich ohne Beleuchtungsapparat und mit dem Planspiegel arbeiten muss, oder noch besser, man legt das Mikroskop, nachdem das Auge vor- sichtig befestigt wurde, horizontal und richtet es direct nach den Objecten, deren Bilder beobachtet werden sollen. So verfuhr ich gewöhnlich. Das erste, was bei Einstellung auf die Kegel auffällt, ist die schon genannte starke Convergenz ihrer Axen. Hat man in der Mitte des Seh- feldes einen Kegel eingestellt, dessen Axe mit der des Mikroskopes zu- sammenfällt, so weichen die sechs Nachbarkegel schon merklich von dieser Richtung ab, und am Rande des Sehfeldes — man arbeitet natürlich mit schwacher Vergrösserung — sind die Kegel schon im Halbprofil zu sehen. An den Spitzenflächen liegeu nun die Bilder äusserer Objecte. Die- selben sind viel grösser als man sie etwa an den Hornhäuten der Insecten zu sehen pflegt und sind nicht sehr scharf. Stellt man den Balken eines Fensterkreuzes ein, so erkennt man leicht, dass dieser Mangel an Schärfe daher rührt, dass das Bild schon in der Ausdehnung der Spitzenfläche recht starke Krümmung hat. Hat man den Balken in der Mitte dieser Fläche scharf eingestellt, so muss man die Stellschraube recht nennenswerth gebrauchen, um an der Peripherie das Maximum der Schärfe zu erzielen. Was die Lage des Bildes betrifft, so ist dieselbe schon aus diesem Grunde natürlich nicht genau anzugeben. Ausserdem aber kommen kleine Verschiedenheiten in derselben bei verschiedenen Kegeln vor. Ich über- zeugte mich in manchen Fällen, dass das Bild in der Mitte der Spitzen- fläche gerade mit dieser Fläche zusammenfällt, bei anderen Kegeln sah ich dasselbe etwas hinter der Spitzenfläche. Dass es vor derselben liegt, dürfte kaum vorkommen. Eichtet man das Auge nach einen als Gegenstand wirkenden Licht- punkt (ein Gasrundbrenner ist mit einem weissen Thoncylinder und einem schwarzen Blechcylinder umgeben, welche beide an einer correspondirenden Stelle ein Loch von circa 1 Centimeter Durchmesser haben), so sieht man natürlich in den Spitzenflächen jener Kegel, deren Axe nahezu parallel zur Mikroskopaxe stehen, die hellen Bildpunkte. An den Mantelflächen dieser Kegel, sowie in der Tiefe zwischen ihnen sieht man nirgends Licht austreten, ein Beweis, dass alles Licht, welches näherungsweise in der Sehrichtung überhaupt das Auge trifft, an die Spitzenflächen gelangt, und keines zwischen denselben austritt. Anders ist es mit den Kegeln, welche — 22 — mit ihrer Axe von der Sehrichtung nennenswert!] abweichen. An diesen sieht man eine in der Mantelfläche oder in deren Nähe gelegene Brenn- linie. Die Entstehnngsweise derselben ist leicht einzusehen. Ein Linsen- cylinder wirkt für Strahlen, welche auf denselben senkrecht zu dessen Längsaxe fallen, wie eine Cylinderlinse, er sammelt die Strahlen in einer Brennlinie. Die schief gegen die Einfallsrichtung des Lichtes ste- henden Kegel nehmen eine Mittelstellung ein zwischen jener, bei welcher ein Bildpunkt in der Spitzenfläche und jener, bei welcher eine Brennlinie entsteht, die parallel der Axe liegt. In der That kann man häufig sehr schön verfolgen, wie die Lichtpunkte des centrirten Kegels in dem Nach- barkegel schon in radiärer Richtung ausgezerrt sind und so in den peri- pherer gelegenen Kegeln allmählich in die Brennliuien übergehen, die erst nahe der Spitze, dann länger werdend, immer innerhalb oder doch in nächster Nähe der Mantelfläche liegen. Macht man dicke Querschnitte durch die Kegel, so dass eiue Schnitt- fläche das vordere, die andere das hintere Ende eines solchen abtrennt, so wirkt der zurückbleibende mittlere Theil immer noch wie eine Convex- linse, nur liegt das verkehrte Bildchen, das er entwirft, in grösserer Ent- fernung, als beim unversehrten Kegel. Es geht aus dem Mitgetheilten hervor, dass ein Kegel des Limulus- auges, natürlich von der Hornhautoberlläche bis an die Spitzeniläche gerechnet, ein dioptrischer Apparat ist, der ausschliesslich oder doch hauptsächlich als Linsencylinder wirkt, und zwar als einer näherungsweise von der Länge seiner Brennweite. Da er im Vergleiche zu den Linsen- cylindern anderer zusammengesetzter Augen sehr lang ist, so muss auch sein Bild entsprechend gross sein. Ich bestimmte die Grösse desselben, indem ich zwei Lichtpunkte als Objecte verwendete und die Entfernung ihrer Bildchen mass. Es ergab sich: Das Bild eines 150 Zentimeter vom Auge entfernten, 22 Centimeter messenden Objectes ist 0-043 Millimeter gross. Von functioneller Bedeutung ist nun die folgende Beobachtung. Hat man auf die beiden in der Ebene der Spitzenfläche liegenden Bilder der Lichtpunkte eingestellt und verschiebt dann durch Schraubeneinstellung die Focalebene des Mikroskopes nach rückwärts (gegen den Augenhinter- grund), so geht jeder der beiden Bildpunkte in einen Zerstreuungskreis auseinander, die Centren der beiden Zerstreuungskreise rücken dabei gegen- und ineinander, so dass bald nur mehr ein näherungsweise kreisförmig begrenzter Zerstreuungskreis zu sehen ist. Der Zerstreuungskreis hatte dann in einem speciellen Falle einen Durchmesser von 0*13 Millimeter. Auch bei anderen, geringeren Entfernungen des Objectes konnte ich mich von der Convergenz der austretenden Strahlenkegel überzeugen. Doch kann ich nicht unerwähnt lassen, dass ich bisweilen Kegel traf, an welchen diese Convergenz weniger ausgesprochen war, ja bei denen man zweifeln konnte, ob die beiden austretenden Lichtkegel mit ihren — 23 - Axen nicht parallel stehen. Divergenz derselben kommt nach meinen Er- fahrungen nicht vor. Bei den vollkommen frischen Augen sah ich das parallele Austreten freilich nie, so dass es dahingestellt bleiben muss, ob man es hier mit Verschiedenheiten der Kegel intra vitam oder nur post mortem zu thun hat. Für die physiologische Deutung sind diese kleinen Variationen übrigens von untergeordneter Wichtigkeit. Die optische Wirkung eines Kegels von Limulus entspricht also auch in Bezug auf die Richtung der gebrochenen Hauptstrahlen, somit in allen wesentlichen Punkten der eines Linsencyliuders von der ungefähren Länge seiner Brennweite. (Vgl. d. physik. Einleitung.) Da, wo die Hauptstrahlen die geschilderte Convergenz zeigen, ist eine etwas grössere Länge voraus- zusetzen. Um uns die Entstehuug des Netzhautbildes im Gesammtauge klar zu machen, haben wir jetzt zu fragen, wie gross jener Theil des Sehfeldes ist. von dem aus das Licht an und durch die Spitzenfläche eines Krystallkegels dringt, somit genau oder nur annähernd — das möge vorläufig noch unerörtert bleiben die Richtung zur Retinula eines .Facettengliedes eingeschlagen hat. Meine Messungen ergaben, dass das Bildchen eines Lichtpunktes die Spitzenfläche durchwandert, wenn der Lichtpunkt in einer Entfernung von 63 Centimeter vom Auge eine Verschiebung um 8'5 Centimeter erfährt. Rechnet man das der Anschaulichkeit wegen für ein Object um, welches sich in 1 Meter Entfernung vom Auge befindet, so geht daraus hervor, dass ein Kegel des Limulusauges durchsetzt wird von Licht, welches von einer Kreisfläche des Objectes, deren Durchmesser 13-5 Centimeter beträgt, ausgestrahlt worden ist. Oder in Winkelgraden ausgedrückt: Fallen auf die Corneafläche eines Kegels Lichtstrahlen aus den verschiedensten Richtungen, so passirt von allen diesen nur jener Theil die Spitzenfläche, welcher vor dem Eintritt in das Auge einen Lichtkegel gebildet hat, dessen in der Eintrittsstelle gelegener Spitzenwinkel näherungs weise acht Winkelgrade hat. Ich bestimmte weiter an demselben Auge, an welchem diese Mes- sungen gemacht waren, den Krümmungsradius der vorderen Fläche. Es geschah das mit Hilfe des Ophthalmometers. Ich fand denselben r = 7-4 Milli- meter. Endlich mass ich an dem Auge die Entfernung der Mittelpunkte je zweier benachbarter Basen der Chitinkegel. Dabei wurde das Auge mit der Vorderfläche nach oben unter das Mikroskop gelegt und theils aus den allerdings kaum erkennbaren Wölbungen, theils und hauptsächlich aus dem optischen Effect der ganz oder näherungsweise senkrecht ste- henden Kegel deren Entfernung beurtheilt. Dieselbe war nicht gleich, schwankte bis zu % oder '/,„ ihrer Grösse und gab als Mittelwert!] 0-28 Millimeter. — 24 Alle diese gemessenen Werthe können theils wegen der Schwan- kungen, welche die Objecte selbst zeigen, theils wegen der Schwierigkeit der Messungen nur den Anspruch machen, als Näherungswerthe betrachtet zu werden. Sie genügen aber auch als solche zur Orientirung über die Leistungen des Auges. Bei dem genannten Krümmungsradius des Auges von 7-4 Millimeter und bei dem Oeffnungswinkel des Lichtkegels von 8 Grad, welcher für jeden Chitinkegel als verwerthbar in Betracht kommt, würde es, damit jeder Punkt des Objectes Licht in den Augenhintergrund entsenden kann, nahezu ausreichen, wenn die Kegel in einer Entfernung von 1 Millimeter der Cornea aufsässen. Wir sahen aber aus der Entfernung der Kegel- basen von 028 Millimeter, dass drei bis vier Kegel auf einen Millimeter kommen, woraus hervorgeht, dass ein Punkt des Gegenstandes sein Licht zugleich in mehrere Kegel so entsendet, dass es optisch verwerthet werden kann. Damit stimmt auch die directe Beobachtung überein. Gab ich dem Lichtpunkt eine solche Stellung, dass sein Bild in die Mitte der Spitzen- flache eines senkrecht gestellten Kegels fiel, so war es auch in den sechs rund um den ersten gestellten Nachbarkegeln noch im Bereiche der Spitzen- flache, freilich stark excentrisch gelegen, zusehen; in einem Durchschnitte des Auges würden also, wie die Berechnung erwarten Hess, je drei Kegel die Strahlen eines äusseren Punktes durch die Spitzenfläche leiten und ihnen jene Richtung geben, in welcher sie empfindende Elemente finden dürften. Wirkung der Schiefstellung des Kegels. Ich habe bisher die Verhältnisse so besprochen, als wenn die Axen der Chitinkegel alle radiär auf der Hornhautoberfläche stünden. Wie oben hervorgehoben, ist das nicht der Fall, sie sitzen um so schiefer der Oberfläche auf, je peripherer sie im Auge stehen. Das hat in Bezug auf die bisher dargelegten Ver- hältnisse keinen wesentlichen Einfluss; sicherlich nicht für die mittleren Antheile des Auges, wo die Schiefstellung eine geringe ist. Als Ganzes bildet diese Lagerung der Kegel eine Einrichtung, durch welche das Sehfeld jedes Auges erweitert wird. Bei der geringen Wölbung, welche das Auge von Limulus zeigt, dürfte diese Einrichtung in der That recht nützlich sein, und dürfte seinen Grund darin haben, dass die Thiere bei ihrer Lebensweise ein stark gewölbtes Auge nicht brauchen könnten. Sie graben sich nämlich in Sand ein,1 wobei das gewölbte Körperschild, in dem sich die gänzlich unbeweglichen Augen eingesetzt finden, die steinigen Massen bei Seite schieben miiss. Es war in der That bei den Exemplaren, die ich sah, die Mehrzahl der Augen zerkratzt, und wäre das gewiss 1 Vgl. Brehm's Thierleben, 1. Aufl. VI. S. 656. 25 — in höherem Grade, wenn die Augen sich in ihrer Wölbung von der Krüm- mung des Körperschildes stärker abheben würden. Wieso das Sehfeld auf diese Weise erweitert wird, leuchtet ein, wenn man erwägt, was für eine Brechung jene Lichtstrahlen beim Eintritt in den dioptrischen Apparat erleiden müssen, welche zur Retinula gelangen. [ch habe in Holzschnitt Fig. 9 die Stellung eines centralen und eines peripheren Kegels schematisch angedeutet, wobei natürlich die wahren Dimensionen des Auges nicht beibehalten werden konnten. Der Kegel A, der der Gegend des Augencentrums entspricht, ver- einigt als Linsencylinder die Lichtstrahlen (s, t), welche senkrecht auf die Cornea fallen, in einem Punkte (a) nahe der Spitzenfläche auf der Axe des Kegels, und Strahlen, die unter geringer Neigung zur Axe. z. B. unter dem Winkel ß einfallen, in derselben Ebene neben der Axe ^in h). So entsteht, wie wir sahen, das verkehrte Bildchen. Strahlen, die unter stärkerer Neigung gegen die Oberfläche, beziehungsweise die Kegelaxe auffallen, z. B. unter dem Winkel cc, werden schon nicht mehr zur Bild- erzeugung verwendet, sondern vom Pigmente absorbirt (in /). Anders beim Kegel B, der der Peripherie des Auges angehört. Hier fällt die Axe des Kegels \>q nicht mehr zusammen mit dem auf der < orneaoberfläche errichteten Lothe nm. Es dringt deshalb auch ein Lichtstrahl, der die Oberfläche senkrecht trifft, nicht mehr durch die Spitzenfläche, sondern wird ungefähr den durch o mi angegebenen Weg machen, und bei mi vom Pigment absorbirt werden. Aber auch Licht- strahlen, die parallel der Kegelaxe pq einfallen, werden kaum mehr die Spitzenfläche erreichen, sondern an der Mantelfläche durch Pigment absor- birt werden, indem sie den durch poql angedeuteten Weg zurücklegen. Erst Strahlen, welche, wie oc mit der Kegelaxe einen Winkel von mäs- — 26 — siger, mit dem Oberflächenloth einen Winkel von bedeutender Grösse Winkel y) bilden, sind nach dem Eintritte in die Cornea der Kegelaxe parallel, verhalten sich also wie Strahlen, welche für den centralen Kegel (.4) von einem Objectpunkte kommen, der in seiner Axe liegt. Und die Strahlen, welche mit oc einen kleinen Winkel (/3,) bilden, gelangen nach bt und entwerfen mit den ersteren zusammen das verkehrte Bildchen a{ b{ . Ich will den Strahl co die optische Axe des Kegels nennen, zum Unter- schied von der anatomischen Axe poav Bringt also im Sinne der Müller 'sehen Theorie jedes Facettenglied eines zusammengesetzten Auges fast nur das Licht zur Empfindung, welches näherungsweise in seiner Axe einfällt, was, wie wir noch sehen werden, für viele Augen nur in sehr wenig strengem Sinne richtig ist, und stehen die Axen der Facettenglieder senkrecht zur Corneaoberlläche, dann gibt die Stärke der Hornhautwölbung bei gleicher Basis des Auges (genauer gesprochen die Grösse des Bruchtheiles der Kugeloberfläche, den die Hornhaut darstellt) ein Mass für die Grösse des Sehfeldes. Durch die geschilderte Eigentümlichkeit des Limulusauges ist das Sehfeld nicht nur bis zu jener Grösse erweitert, die es hätte, wenn die Kegel alle ihre Richtung beibehielten und die Corneaoberlläche in Folge stärkerer Krümmung überall auf den Kegelaxen senkrecht stünde, sondern die Er- weiterung des Sehfeldes geht nicht unbedeutend über dieses Mass hin- aus: in der That eine schöne physikalische Lösung des Problemes, ein durch seine Form vor Insulten geschütztes Auge mit grossem Sehfeld her- zustellen. Wir können uns über den Grad dieser Erweiterung des Sehfeldes auch ein Maass bilden. Der Kreisbogen, den die Cornea auf ihrem längsten (horizontalen) Meridian zeigt, beträgt circa 90 Grad. Ich bestimmte an einem Schnitte den Winkel, den die Axe des Kegels mit dem auf dessen Cornealiäche errichteten Einfallsloth bildet. Er betrug, obwohl der Kegel noch keiner von den äussersten war, 40 Grad. Ferner ermittelte ich den Brechungsindex eines Stückchens aus den vordersten Schichten des Auges mit Hilfe des Mikrorefractometers und fand ihn n < 1-5381 n > 1-5327 Wir können den Brechungsindex also = 1-535 annehmen. Daraus der Einfallswinkel eines Strahles berechnet, der nach dem Eintritt in die Cornea in der Axe des Kegels verlaufen soll, ergibt 79 bis 80 Grad. Das heisst also, das Sehfeld ist nach beiden Seiten und ähnlich nach unten denn oben steht eine Lamelle des Körperschildes vor) um circa 80 Grad erweitert, .umfasst also in der Horizontalebene 2.80 -\- 90 = 250 Winkel- grade. Diese Erweiterung scheint fast überflüssig gross, wird aber sogleich verständlich, wenn man bedenkt, dass sie bedeutend reducirt wird, sobald das Thier ins Wasser geht. 27 Ich habe diese Eigenthümlichkeit im Bau des Auges, wie ich später zu besprechen haben werde, noch bei anderen Thieren gefunden. Es wurde sich lohnen, derselben bei den verschiedenen Thierclassen nachzugehen und das biologische Verhalten der betreffenden Species zu beachten. Wirkung des Kegelmantels. Auch eine andere optische Ein- richtung des Limulusauges und ihre Bedeutung kann ich nicht unerörtert lassen. Oben habe ich erwähnt, dass man, wie schon Grenadier be- schrieb, in den Kegeln durch eigentümliche Lichtbrechung zwei Theile unterscheiden kann, den kegelförmigen Kern und den umgebenden Mantel (Taf. III, Fig. 20 zeigt diese Zweitheilung nur unvollkommen, doch ist sie in Holzschnitt Fig. 10 angedeutet). Untersucht man die Licht- brechung dieser Theile mit dem Mikrorefracto- meter genauer, so überzeugt man sich, dass der Kern, den Bau eines Linsencylinders aufweisend, in seinen äusseren Schichten den geringsten Brechungsindex hat, und dass der Mantel von höherem Brechungsindex ist. die nicht scharfe Trennungsfläche zwischen beiden also einen raschen Uebergang von schwach zu stark brechen- den Schichten darstellt. Ja ich habe Kegel vor mir gehabt, bei welchem ich nicht im Zweifel bleiben konnte, dass der Mantel selbst wieder aus Schichten verschiedenen Brechungsvermögens bestehe, dass aber hier der Brechungsindex von innen nach aussen zunehme. Doch ist das optische Verhalten ver- schiedener Kegel nicht ganz gleich, auch sind die Deutungen der Schattirungen, welche man mit dem Mikrorefractometer sieht, für den Fall, dass zwei Linsencylinder verschiedener Art ineinander stecken, so schwierig, dass ich es aufgeben musste, über den optischen Bau auch in dieser Beziehung ins Klare zu kommen. Darüber aber kann kein Zweifel sein, dass der Kern des Kegels ein Linsencylinder der oben geschilderten Art ist, und dass seine schwach brechende äussere Lage an stärker brechende Schichten stösst, welche die inneren Schichten des Mantels bilden. (Ich will hier er- wähnen, dass ich auch bei Schmetterlingen ähnliche Complicationen im Bau des Krystallkegels und seiner Hüllen gefunden habe. Taf. V, Fig. 57, 2 und 3, zeigen den optischen Effect eines solchen, wenn man ihn unter dem Mikrorefracto- meter betrachtet.) Das Mikrorefractometer lehrt auch, dass die warzenartige Vorwölbung, Avelche die äussere Lage der ganzen Hornmasse, jedem Kegel entsprechend, zeigt (Fig. 10 bei a), als Sammellinse wirkt, d. h. dass die nach hinten anstossende Schichte von geringerem Brechungsindex ist, als die Warze selbst - 28 — Was bedeutet mm die optische — nicht anatomische - - Trennung von Kegelkern und Kegelmantel? Ich glaube, die Deutung ist eine einfache und lässt sich durch Fig. 10 versinnlichen, mn ist ein Axenstrahl, pq zeigt den schon oft besprochenen Verlauf eines Hauptstrahles, der von einem in der Nähe des Axenstrahles liegenden Punkte ausgegangen ist; cd ist das Bild des Objectes. Ein Strahl vs, der, von einem seitlicher gelegenen Punkt ausgehend, das Facettenglied trifft, wird durch die Wirkung der gekrümmten Fläche bei a und des Linsencylinders nicht mehr so stark aus seiner Richtung abgelenkt, dass er die Spitzenfläche erreicht. Er gelangt vielmehr durch die Randschichte des Kegelkernes in die daran- stossende, stark brechende Schichte des Mantels, verändert so, da er bei diesem Uebertritt zum Einfallsloth gebrochen wird, seine Richtung im Sinne einer Divergenz von der Axe und gelangt in das anliegende Pigment, wo er absorbirt wird. Durch diese Einrichtung ist zweierlei erreicht. 1. Der Einfallswinkel, unter welchem ein so abgelenkter Strahl die Grenze zwischen der Hornmasse und den Weichtheilen (bei e) trifft, ist nennens- werth verkleinert, und dadurch die Gefahr, dass dieser an derselben eine totale Reflexion erfährt, herabgesetzt, thatsächlich offenbar ganz vermieden. Als Gefahr muss dies in Bezug auf die Schärfe und die Begrenzung des Bildes cd bezeichnet werden, denn die total reflectirten Strahlen würden wenigstens zu einem beträchtlichen Theil die Spitzenfläche pässiren und als fremdes, von entlegenen Stellen kommendes Licht das Bild stören. Man wird nun freilich fragen, warum gerade der Limulus eine solche Einrichtung zur Vermeidung der totalen Reflexion hat, warum man die Einschachtelung eines Kegels in einen anderen, stärker brechenden nicht auch anderweitig flndet. Es scheint mir nicht sicher, dass diese selbe Bildung nicht ziemlich allgemein in den zusammengesetzten Augen vor- handen ist; bei manchen ist sie, wie erwähnt, sicher vorhanden. Thatsache aber ist, dass ich bei keinem Auge optische Erscheinungen gefunden habe, die mit Bestimmtheit auf das Stattfinden einer totalen Reflexion hätten schliessen lassen, ja gewöhnlich war das optische Verhalten so, dass totale Reflexionen an der Mantelfläche des Kegels geradezu ausgeschlossen er- schienen, wenigstens solche Reflexionen, die das Bild in der angedeuteten Weise stören würden. Und gerade solche müsste man erwarten, gerade diese sind es, welche man im reichsten Masse beobachtet, wenn man die Form eines Krystallkegels aus Glas nachahmt und seine Axe nach einer Lichtquelle richtet. Nun ist das Glas freilich nicht vom optischen Bau eines Linsencylinders, aber trotzdem müsste man auch beim Krystallkegel im Allgemeinen totale Reflexionen erwarten. Deshalb zeigte ich, wie sie bei Limulus vermieden sind, und werde in Folgendem Augen zu besprechen haben, bei denen ich eine weitere Ursache des Ausfalles totaler Reflexionen angeben zu können glaube. Bei allen Augen kann ich das freilich nicht. Es ist auch bei der Mannigfaltigkeit der Formen nicht zu erwarten, dass — 29 — man bald über derartige Details in der Wirkungsweise jedes Auges unter- richtet sein wird. 2. Eine andere Wirkung dieser optischen Einrichtung besteht darin, dass zwischen Strahlen, welche vermöge ihrer Einfallsrichtung die stark brechende Mantelschichte nicht erreichen, sondern durch die Spitzenfläche austreten, und jenen, welche die Mantelschichte durchsetzt haben, keine Mittelstufen vorhanden sind. Die ersteren werden in ihrem ganzen Ver- laufe der Kegelaxe zugelenkt, die letzteren schlagen früher oder später, wegen der Formation des ganzen Facettengliedes, aber niemals erst in der nächsten Nähe der Spitzenfläche, eine ganz andere Richtung ein. Es treten also unter den entsprechenden Beleuchtungsverhältnissen überall an der Mantelfläche des Kegels die schädlichen Strahlen aus, nur nicht in nächster Nähe der Spitzenfläche. Bedenkt man, dass die Retinula gleich hinter den Spitzenflächen liegt, so erscheint es, obwohl schützendes Pigment vorhanden ist, zweckmässig, diese Strahlen, die ihrer Richtung nach etwa die Retinula des Nachbarkegels treffen könnten, zu beseitigen. Das geschilderte Verhalten führt zu sehr schönen und auffallenden Bildern. Wenn man das abgepinselte Linmlusauge als Ganzes unter dem Mikroskope betrachtet, die Spitzenflächen nach oben gewendet, so sieht man bei entsprechender Beleuchtung (durch das Fenster) die Spitzen- flächen, welche horizontal liegen, hell, ihre Umgebung dunkel, wie ich das schon geschildert habe. Bei anderen Kegeln aber, welche einen gewissen Grad der Neigung haben, sieht man auch noch die Spitzenfläche hell, ebenso den grössten Theil der Mantelfläche, nur der hinterste, an die Spitzenfläche grenzende Gürtel derselben ist vollkommen dunkel, so dunkel, dass man glauben kann, es hänge ihm noch Pigment an, und sich durch eine weitere Neigung des Kegels überzeugen muss, dass dem nicht so ist, umsomehr, als gerade hier das Pigment sehr fest zu haften pflegt. Dieser dunkle Gürtel also ist der Ausdruck der besprochenen optischen Ein- richtung. Das Zusammenwirken der Kegel und die Netzhaut. Nach diesen Auseinandersetzungen über die optische Wirkung der einzelnen Krystallkegel ist es nun möglich, von ihrem Zusammenwirken zu handeln, von der Art des durch sie entworfenen Netzhautbildes. Dazu ist vor Allem nöthig, die Lage und Ausdehnung der Retinula ins Auge zu fassen. An die Spitzenfläche setzen sich, den Kegel gleichsam fortsetzend, unpigmentirte Zellen an (Taf. III, Fig. 20). Grenadier lässt die Frage offen, ob diese Zellen schon der Retinula angehören und Fortsetzungen der darunter liegenden unzweifelhaften Retinulazellen sind. Dieses pig- mentlose Zellenbündel wird nach hinten schmäler und räumt den Stäbchen- bildungen den Platz; diese, identisch mit Grenacher's Rhabdom, bildet) am Querschnitt einen vielstrahligen, zierlichen Stern von sehr geringer Grösse (Taf. III, Fig. 21). Die ganze pigmentlose Masse ist kegelförmig, - 30 — die Spitze des Kegels, das Rhabdom enthaltend, ist eingehüllt in dichtes Pig- ment, das von der Mantelfläche des Chitinkegels sich fast continnirlich bis herab fortsetzt. Ein Theil dieses Pigmentes ist nach der Auffassimg von Grenadier in den Retinulazellen selbst enthalten, deren axiale Flächen eben das Rhabdom bilden. In diese Zellen sah Grenadier die Nerven- fasern direct übergehen. Unsere Vorstellung von dem zur Perception kommenden Netzhautbild wird nun in erster Linie davon abhängen, wo wir in der unpigmentirten Strecke hinter dem Kegel die empfindende Schichte annehmen wollen, gleich hinter der Spitzenfläche, oder erst da, wo die Stäbchenbildung liegt, ferner davon, ob wir die Retinula als ein einheitliches Ganzes, das nur ein Localzeichen liefert, ansehen wollen, oder als Netzhaut im Sinne der Wirbelthierretina. Letzteres halte ich für falsch, werde aber diese Frage später noch besprechen. Zunächst wollen wir die Retinula als Seheinheit auffassen. Sind schon die pigmentlosen Zellen lichtempfindlich, welche sich an die Spitzenfläche ansetzen, so werden dieselben getroffen von allen Strahlen, die von einem auf der optischen Axe des Kegels gelegenen Punkt aus- gehen und die Corneafläche in jener Ausdehnung treffen, welche einem Facettenglied entspricht. Sie bilden zusammen einen Lichtkegel von der Basis einer Corneafacette, deren Spitze in dem Objectpunkt liegt. Wäre keine das Licht sammelnde Einrichtung vorhanden, so würde nur eine viel kleinere Zahl der von jenem Punkte ausgehenden Strahlen die Retinula erreichen, nämlich ein Lichtkegel, dessen Basis von der Retinula ge- bildet wird. Ferner erreichen sie gleich grosse Lichtkegel, welche von allen Punkten ausgehen, die mit dem ersten einen Sehwinkel von nicht mehr als 4 Graden bilden, also bei gegebener Entfernung in einem Um- kreis von bestimmtem Radius um jenen Axenpunkt angeordnet sind. Die Hauptstrahlen dieser Lichtkegel sind nach dem Austritt aus der Spitzen- tläche parallel der Kegelaxe gerichtet oder convergiren nach derselben. Würde keine lichtsammelnde Einrichtung getroffen sein, so wäre natür- lich wieder die Basis der Lichtkegel kleiner, und wären als sammelnde Vorrichtung eine oder mehrere kugelige centrirte brechende Flächen ver- wendet, so würden die Hauptstrahlen divergiren und somit unter den sämmtlichen in Betracht kommenden Strahlen ceteris paribus viel grössere Verschiedenheiten in der Richtung vorhanden sein. Sollte die Grösse der Nervenerregung mit davon abhängen, wie gross die Strecke der empfinden- den Zellen ist, welche vom Lichte durchlaufeu wird, oder wäre die empfind- liche Schichte nicht hart an der Spitzeniläche, sondern weiter hinten gelegen, so leuchtet ein, um wie viel der Linsencylinder den kugeligen Flächen über- legen ist. Es ist nun viel wahrscheinlicher, dass die Lichtempfindung erst da stattfindet, wo die Stäbchenbildungen sind. Hat doch Grenadier gezeigt, dass diese das constaiiteste Element im Auge sänimtlicher Thiere - 31 - sind, und wissen wir, dass die Schichte der Stäbchen und Zapfen des Menschenauges am nächsten mit der empfindenden Schichte zusammen- fällt. Ist also das Rhabdom Vermittler der Lichtempfindttng, dann ist eine parallele Richtung der Hauptstrahlen von auffallendem Nutzen. Man sieht dann aber weiter, dass nicht alle Punkte, welche dem Elementaf- sehfeld (um mit Notthaft zu sprechen) eines Facettengliedes angehören, gleich viel Licht dem Rhabdom zuwenden. Je weiter peripher, desto weniger Licht gelangt von jedem der Punkte zur Perception, da ein Theil des ihm zugehörigen Zerstreuungskreises für die Perception verloren geht. Anders ist es, wenn, wie ich ausgeführt habe, die Hauptstrahlen hinter der Spitzenfläche convergiren. Hier liegt der Nutzen der Verwendung des Linsencylinders bei den obwaltenden Dimensionen der brechenden Medien noch mehr zu Tage. Es werden dann eben alle Haupstrahlen und damit auch zum grossen Theile die Strahlen der zugehörigen Zerstreuungs- kreise dem Rhabdom zugeleitet. Immer noch wird aber der Axenpunkt das Maximum der Erregung erzeugen, es müsste denn die empfindliche Schichte unendlich dünn sein und gerade da liegen, wo sich die Zer- streuungskreise aller Punkte des Elementarsehfeldes decken, oder es müsste bei dickerer empfindlicher Schichte die Ebene dieses Zusammenfallen gerade in der Mitte der Dicke gelegen sein. Selbst dann würde eine Gleich- wertigkeit aller Punkte des Elementarsehfeldes bei den obwaltenden anatomischen Verhältnissen noch nicht im strengsten Sinne vorhanden- sein, weil ja das Rhabdom in einem engen Canal von Pigmentmasse ein- gebettet liegt. Ich muss hier in Bezug auf die Functionsweise des Rhabdoms an das erinnern, was zuerst E. Brücke für deren Analoga in der Wirbel- thiernetzhaut, den Stäbchen, hervorgehoben hat. Wegen des starken Licht- brechungsvermögens, im Vergleiche zur Umgebung nämlich, ist ein Licht- strahl, der einmal unter spitzem Winkel ins Rhabdom eingedrungen ist, darin gleichsam gefangen, er wird durch totale Reflexion bis ans Ende geleitet, am Ende kann er wenigstens zum Theil reflectirt und wieder in derselben Weise zurückgeleitet werden. Wie immer die Nervenerregung durch die Lichtwirkung zu Stande kommt, dieses Eintreten der Strahlen in die Stäbchenbildungen, die sich ja auch an den Zapfen der Säugethier- netzhaut finden, scheint von wesentlicher Bedeutung. Und eine Construc- tion des Auges, bei welcher der Eintritt des Lichtes in das Rhabdom, wenn auch nur an einem Ende, ermöglicht ist, genügt, es kann dann, wie das beim Limulusauge der Fall ist, der grösste Theil der Stäbchen in Pig- ment eingegraben sein oder nicht. Aus alldem geht hervor, dass wir uns das pereepirte Netzhautbild des Limulus aufrecht vorzustellen haben und von einer Schärfe, deren untere Grenze dadurch gegeben ist, dass ein Gitter, dessen Stäbe circa 13 Centimeter voneinander abstehen und ebenso dick sind, in einer Ent- fernung von 1 Meter noch als Gitter erkannt wird, wobei aber die Grenzen — 32 — der Stäbe nicht mehr scharf erscheinen. Die Helligkeit des N etzhautbildes, verglichen mit der des Objectes — wir wollen dieses Verhältniss die „relative Helligkeit des Netzhautbildes" nennen — ist insofern recht gross, als jedes Retinaelement mehr Licht bekommt, als bei den meisten anderen Arthropoden. Dafür ist allerdings die Anzahl der Netzhautelemente, auf die Flächeneinheit bezogen, sehr gering. Auch die „relative Grösse" des Netzhautbildes ist entsprechend den Dimensionen des Auges sehr bedeutend. Mit Rücksicht auf den Krümmungshalbmesser der Cornea von 7-4 Millimeter und der Entfernung der empfindlichen Schichte der Retinula von der vorderen Corneafläche = 0*92 Millimeter (nach Angaben und Zeichnungen von Grenadier als Näherungswerth angenommen) lässt sich die Länge des Netzhautbildes eines in 1 Meter Entfernung befindlichen, 1 Meter langen Objectes mit 6-5 Millimeter angeben. Das Netzhautbild desselben Gegenstandes und bei gleicher Entfernung würde im mensch- lichen Auge 15 Millimeter gross sein. Die Ausdehnung des Netzhautbildes, beziehungsweise des Sehfeldes, ist nennenswerth grösser als der Wölbung des Auges entspricht, und wird, wie wir sahen, in der Horizontalen circa 250 Winkelgrade umfassen, wenn das Thier in der Luft ist. Kann man das Netzhautbild sehen? Nach der dargelegten Theorie desselben muss das, wenigstens in unvollkommener Weise, der Fall sein. Und so zeigt es auch der Versuch. Wenn man ein abgepinseltes Auge oberflächlich mit wenig Glycerin befeuchtet, um die, wenigstens an meinen Augen immer vorhandenen, durch Lädirungen entstandenen Rauhigkeiten der Corneaoberfläche auszugleichen (ich tauchte die Augen zu diesem Zwecke in Alkohol, dem etwas Glycerin zugesetzt war), und richtet das- selbe gegen das Fenster, so sieht man zunächst kein deutliches Bild desselben, wenn man es von hinten betrachtet. Nimmt man nun die Lupe zu Hilfe, so erkennt man, dass eine grössere Gruppe von Spitzenflächen hell leuchtet, während die nächste Umgebung einer jeden dunkel ist. Es sind das die Spitzenflächen jener Kegel, deren Axen nach dem Fenster gerichtet sind. Der helle Fleck, welchen diese leuchtenden Spitzenflächen in ihrer Gesammtheit bilden, ist das aufrechte Netzhautbild, es wandert bei Drehung des Auges im Sinne eines solchen; ein Gegenstand, der zwischen Auge und Fenster bewegt wird, lässt die Spitzenflächen der Reihe nach dunkel werden, wie es dem aufrechten Bilde entspricht. Unvollkommen ist dieses Bild, weil einerseits die ganze Spitzenfläche hell gesehen wird, nicht, wie es der Function des Auges entspräche, nur jene viel kleinere Fläche, die dem Querschnitt des Rhabdoms angehört; andererseits, weil die Umgebung des geschilderten Fensterbildes nicht dunkel erscheint. Es treten nämlich, wie oben besprochen, die Lichtstrahlen, welche unter einem ziemlich grossen Winkel mit der optischen Axe in den Kegel gelangen, aus dessen Mantelfläche wieder aus. Unter normalen Verhältnissen werden sie bei ihrem Austritte vom Pigment absorbirt, am abgepinselten Auge aber und bei der eben geschilderten Betrachtungsweise — 33 - desselben erhellen sie die ganze Umgebung des eigentlichen Netzhaut- bildes, mit Ausnahme einer engen Zone um dasselbe, die sich auch aus dem oben Mitgetheilten erklärt. Ignorirt man, indem man den Augen- hintergrund mit der Lupe betrachtet, alles Licht, das in Form von Licht- streifen aus den Mantelflächen der Kegel tritt, als physiologisch bedeu- tungslos, so wird man das Netzliautbild und seine Bewegungen mit Bequemlichkeit beobachten und studiren können. Ich habe mit ziemlich gutem Erfolg versucht, das abgepinselte Pigment durch einen schwarzen Alkohollack zu ersetzen, der sich durch Capillarität in die Vertiefungen zwischen die Kegel hineinsaugte, die Spitzenflächen aber frei Hess. Die Augenfälligkeit des Netzhautbildes nahm dadurch bedeutend zu. Ich werde im Folgenden davon zu sprechen haben, dass bei Insecten Verschiebungen des Pigmentes in Folge von Lichteinwirkungen auftreten, so dass dessen Anordnung eine verschiedene ist, wenn sich das Thier einerseits im Hellen, andererseits, wenn es sich im Dunkeln befindet. Es ist nicht unmöglich, dass dieses auch bei Limulus der Fall ist, doch habe ich keine Versuche oder Beobachtungen hierüber angestellt, kann also nur Ver- muthungen aussprechen. Es könnte nämlich geschehen, dass die Pigment- hülle, welche die Retinula umgibt, mit der Beleuchtung ihre Weite ändert, oder auch, dass ihre Entfernung von der Spitzenfläche variirt, indem der unpigmentirte Kegel, der sich an die Spitzenfläche anschliesst, an Basis' und Höhe oder an einem von beiden abnimmt. Die Verengerung der Pigmenthülle entspräche der Lichtstellung, Erweiterung der Pigmenthülle würde die relative Helligkeit des Netzhautbildes erhöhen, allerdings wahr- scheinlich auf Kosten seiner Schärfe. Das Auge von Limulus im Vergleiche mit jenem der Triboliten- krebse. Unter allen Augen lebender Insecten und Krebse, die ich untersuchte, oder die ich auf anderem Wege kennen lernte, ist keines der Grrüel- Gotts che 'sehen Hypothese günstiger, als das von Limulus. Freilich wäre auch dieses nur eine sehr schwache Stütze für dieselbe. Aber wenn man annehmen wollte, dass die an die Spitzenfläche angesetzten durchsichtigen Zellen Eetinaelemente sind, wenn man die geringe Anzahl der Nerven- fasern, die G-renacher mit den Retinulazellen in Verbindung treten sah, für ausreichend zur Aufnahme eines verkehrten Netzhautbildes der Aussen- welt in jedem Facettengliede halten will, wenn man von der Nutzlosigkeit, ja dem Schaden absehen wollte, den die Verwendung des Linsencylinders statt der kugeligen brechenden Medien mit sich brächte, ebenso von den gerechten anderweitigen Bedenken, die so vielfach gegen jene Theorie erhoben worden sind, dann könnte man das verkehrte Bildchen, das in Exner, Facettenaugen. " — 34 — oder hinter der Spitzenfläche entsteht, so unvollkommen es ist, als Netz- hautbild, jene Zellen als Retina auffassen und sagen, der Limulus sehe mit zahlreichen Augen, deren jedes nach dem Typus des Wirbelthierauges füngirt. Ich glaube selbst, dass Max Schultz e gefrolilockt hätte, wenn er das verkehrte Netzhautbild und die verhältnissmässig zahlreichen Retinaelemente (Grenadier schätzt sie auf 14 bis 16) gesehen haben würde. Ich bin über die Functionsweise anderer Meinung, obwohl ich die Annäherung an den Typus des Wirbelthierauges eben hervorgehoben habe und in der Lage bin, noch ein Bindeglied zwischen diesem und dem Limulusauge einzuschalten. Bekanntlich ist die Stellung des Limulus im zoologischen System unsicher; früher rückte man ihn nahe an die fossilen Trilobiten, in neuerer Zeit sind Stimmen laut geworden, welche sich gegen diese Ver- wandtschaft wehren. Herr Professor Eduard Suess hatte die Güte, mir ein Paar Trilobiten zu überlassen, deren mit freiem Auge bequem sicht- bare grosse facettirte Augen mein lebhaftes Interesse erweckten. Ich glaubte in diesen längst ausgestorbenen Verwandten des Limulus dessen Auge nur in noch viel grösserem Massstabe wiederzufinden. Ich fertigte nach der Methode der Mineralogen, deren Erlernung ich der freundlichen Unterweisung des Gustos und Leiters der mineralogisch- pefrographischen Abtheilung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien, des Herrn Dr. A. Bfezina, verdanke,. Dünnschliffe aus den Augen an, theils senkrecht, theils tangential zur Oberfläche. Das mikroskopische Bild der Tangentialschliffe (Taf. II, Fig. 18) zeigte schon ein von Limulus sehr abweichendes Verhalten, indem hier in regelmässigen Abständen und durch Scheidewände voneinander getrennt, kreisrunde Felder zu sehen waren. Diese hätten noch den Querschnitten von eigenthümlichen Kegeln entsprechen können, umsomehr, als sie in ihrer Stellung dieselbe Regel- mässigkeit zeigten, wie sonst die Facettenglieder. Die Scheidewände waren freilich kaum als in einer zusammenhängenden Chitinmasse eingelagert zu betrachten. Die senkrecht auf die Oberfläche geführten Schliffe aber Hessen nichts von Kegeln erkennen, sondern wiesen sehr schöne und regelrechte Linsen auf, wie wir sie als Chitinbildungen bei den einfachen Augen der Insecten zu sehen gewohnt sind. Ein Paar solcher ist in Fig. 19 der Taf. II von Phakops fecundus abgebildet. Leider konnte ich von den tiefer- liegenden Theilen des Auges an den Versteinerungen nichts mehr erkennen. Doch was ich sah, zeigte, dass hier, ob ausschliesslich oder nur theilweise muss dahingestellt bleiben, das optische Princip der Linse verwendet war, und das Aufhören des zwischen je zwei Linsen eingeschobenen Septums in einer geringen Tiefe Hess vermuthen, dass hier auch bald die Grenze des ganzen Auges, die Netzhaut also nahe der Linse, lag. Mit einem Worte, wir haben das Bild eines einfachen Auges vor uns, und ein solches sieht un- zweifelhaft mit. verkehrtem Netzhautbild. — 35 — Bekanntlich kommen bei Spinnen paarweise gestellte einlache Augen vor; bei den Trilobiten sind es nicht zwei, sondern viele, die in einer Gruppe beisammen stehen, miteinander ein Gesammtauge bilden, das als solches eine recht geringe Krümmung hat, geringer als die des Limulusauges. Diese Thiere haben also, wenn man nach diesen dürftigen Befunden urtheilen will, wirklich so gesehen, wie die Theorie von Gottsche, Grüel und deren Nachfolgern verlangte: viele aggregirte Augen, deren jedes ein kleines verkehrtes Bildchen entwarf, wirkten zusammen als Sehorgan, und wenn man nur die Strahlen in Betracht zöge, welche jedes Netzhautcentrum treffen, so entstünde ein grosses aufrechtes Bild in jedem Gesammtauge. Schon der grobe Unterschied im Bau dieser Augen und jener von Limulus weist auf die Veränderung in der Functionsweise, das Verkümmern der kleinen verkehrten, die Vervollkommnung des grossen aufrechten Bildes hin. B. Das Superpositionsbild von Lampyris. Nachdem ich im Vorstehenden an einem Beispiele den optischen Bau einer Augenform besprochen habe, gehe ich zu einem zweiten Beispiele über, das uns einen zweiten Typus des zusammengesetzten Auges ver- stehen lehren soll. Das aufrechte Netzhautbild des Limulusauges entstand dadurch, dass die je einem Pacettengliede angehörigen Lichtmassen neben- einander die Ebene der Netzhaut treffen. Ich suchte dies durch den Namen Appositionsbild anzudeuten. Bei dem jetzt zu besprechenden Auge fallen die den einzelnen Facettengliedern zugehörigen Lichtmassen in der Ebene der Netzhaut zu einem grossen Theile übereinander. Ich nenne diese Art des Netzhautbildes deshalb das Superpositionsbild. Bei der Klarlegung desselben halte ich mich aus naheliegenden Gründen wieder zunächst an das Auge eines Thieres als Beispiel für diesen Typus. Es ist das Auge unseres Leuchtkäferchens (Lampyris splendidula), das sich, wie jenes von Limulus, zum Studium dadurch eignet, dass der ganze dioptrische Apparat ein Stück bildet. Ich benützte nur die Augen der fliegenden Männchen, da jene der flügellosen Weibchen gar zu rudimentär sind. 1. Beobachtungen am frischen Lampyrisauge. Ich kappe mit einer gut schneidenden Staarnadel den grössten Theil des Auges, welches nahezu eine Halbkugel darstellt, ab, bringe ihn in ein Schälchen und pinsele die concave Seite so gut als möglich ab, indem ich das Auge mit einer Nadel oder einer feinen Pincette festhalte. Im frischen Zustande geht das Pigment leicht weg; an Spirituspräparaten hat man dabei schon mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Nun bringe ich auf ein Deckgläschen oder auf eine dünne Glimmerlamelle einen Tropfen des verdünnten Glycerins, dessen Brechungsindex n = 1-346 3* — 36 — ist. Das ist, wie erwähnt, der Brechungsindex des Käferblutes, den ich bei Hydropliilus piceus bestimmt hatte. Bei diesem Thiere ist es, wenn man ihm den Kopf abschneidet, leicht, genug Blut zu gewinnen, um den Brechungsindex desselben mit Hilfe des Abbe'schen Refractometers zu ermitteln. Ich wähle diese Flüssigkeit, um Verhältnisse herzustellen, welche dem normalen Zustande, in dem die Krystallkegel mit Gewebsflüssigkeit benetzt sind, so nahe als möglich kommen. Aus demselben Grunde bringe ich nun in diesem Tropfen das abgekappte Auge in eine Lage, dass es mit der Concavität dem Tropfen aufliegt, die Convexität aber unbenetzt an Luft stösst. Es geht dies leicht, weil die frische Corneafläche eine Schwerbenetzbarkeit aufweist, fast als wäre sie eingefettet, sich also das Auge fast von selbst in die gewünschte Lage begibt. Ich ziehe Glimmer den gewöhnlichen Deckgläschen vor, weil sich der Tropfen auf diesem besser ausbreitet. Nun lege ich den Glimmer oder das Deckgläschen in der gewöhn- lichen Weise mit dem Präparate nach unten auf einen Objectträger, der eine Oeffnung von circa 1 Centimeter Durchmesser hat, natürlich so, dass das Auge in die Oeifnung fällt, und bringe das Ganze unter das Mikroskop. Es sind also jetzt, wie beim normalen Sehen der Thiere, die vordere Horn- hautfläche mit Luft, die Krystallkegel mit einer Flüssigkeit von n = 1-346 in Berührung. Am bequemsten bei schwacher Vergrösserung von 60 bis 100 sieht man nun bei hoher Einstellung ein aufrechtes Luftbild (abgesehen von der Umkehrung durch das Mikroskop und 'der Wirkung des Mikroskop- spiegels) der äusseren Gegenstände. Ein solches ist mikrophotographisch aufgenommen und durch Lichtdruck (selbstverständlich ohne jede Eetouche) vervielfältigt, diesen Zeilen als Titelbild beigegeben. Das Auge befand sich einem Bogenfenster gegenüber, durch welches eine Kirche sichtbar war; auf eine der Fensterscheiben hatte ich ein aus schwarzem Papier geschnittenes R geklebt. Es erscheint im Bilde in Spiegelschrift, wegen der Vervielfältigung durch Druck. Um sich vor Täuschungen durch die Wirkung des Hohlspiegels oder anderer Reflexionen und Brechungen zu schützen, kann man den Planspiegel anwenden, das abzubildende Object, z. B. eine Staarnadel, zwischen Spiegel und Präparat bringen; kann den Spiegel durch Papier ersetzen; das Mikroskop umlegen, unter Beseitigung des Spiegels gegen das Fenster richten und ein Object vor dem Präparat auf und ab bewegen; man kann unter diesen Umständen das Bild auch mit dem einfachen Mikroskop oder der Brücke'schen Lupe als aufrechtes er- kennen, ja ich zweifle nicht, dass es ein sehr kurzsichtiges Auge auch ohne optische Hilfsmittel sehen wird. Ich führe das an, weil wohl Jeder- mann, wenn er das Bild das erstemal sieht, so wie es auch mir geschehen ist, denkt, es möge doch noch irgendwie durch doppelte Reflexion von den Mikroskoplinsen her u. dgl. ein dem Präparate selbst fremdes Bild dahin gelangen. Das Weitere wird übrigens diese Bedenken vollständig beseitigen. - 37 — Ich benutzte zum Theil auch hohl geschliffene Objectträger, gab dieses aber später auf, erstens weil deren Schiit)', als Concavlinse wirkend, eine Brechung einführte, die ich bei der genaueren Untersuchung der optischen Eigenschaften zu vermeiden hatte, aus welchem Grunde ich auch mit dem Planspiegel oder ohne Spiegel untersuchte, zweitens weil durch das verdampfende Wasser eine Bethauung der concaven Fläche des Object- trägers eintrat, welche das Bild bald trübte, oder ganz zum Verschwinden brachte. Andererseits hat auch die Beobachtung in der freien Luft, wie ich sie eben beschrieb, den Nachtheil, dass sich der Brechungsindex der Flüs- sigkeit ändert, was bei den genaueren Prüfungen des optischen Verhaltens nicht zulässig ist. Man muss sich dann eben dadurch vor Irrthümern schützen, dass man häutig den Tropfen erneut. Uebrigens ist die Schönheit des Bildes nur in geringem Grade von dem genauen Einhalten jenes Brechungsmdex abhängig. Es ist bei Benützung von Wasser merklich ebensogut; concentrirtes Glycerin allerdings darf man nicht nehmen. Was die Schärfe des Bildchens betrifft, so übertraf dieselbe meine Erwartungen. Forel hat (1. c.) vermuthungs weise die Schärfe eines Netz- hautbildes abgebildet, das eine Biene von einem kleinen Insecte bekommen mag, das an ihr vorbeifliegt. Ungefähr von dieser Schärfe hatte auch ich mir die Bildchen nach meinen früheren Untersuchungen gedacht. Sie sind aber beim Lampyrisauge schärfe]-, und es ist alle Ursache, anzunehmen, dass die Augen anderer Insecten noch vollkommener gebaut sind. Ich sah eine Staarnadel, zwischen Spiegel des Mikroskopes und das Präparat gehalten, in ihrer Gestalt sehr gut, erkannte den weissen Griff, den Reflex bei Drehung der Nadel. Ich sah — da ich diese Studien theilweise während der Sommerferien auf dem Lande machte — das verkleinerte Bild des Mikroskopspiegels, das als Rahmen für eine kleine Landschaft diente, in der ich die weissen gemauerten Pfeiler einer meinem Fenster gegenüber- liegenden Scheune, deren rothes Ziegeldach und die braunen Bretterwände unterschied, und in der sich die einzelnen schwächlichen Zweige kleiner Zwetschkenbäume vom blauen Himmel abhoben. Ich komme auf die Schärfe des Bildes später nochmals zu sprechen. Die Grösse des Bildes ist seiner etwas verwaschenen Grenzen wegen nicht mit Sicherheit zu messen. Die Länge desselben betrug in einem Falle circa 0'24 Millimeter, in welchem der Gegenstand 32 Centimeter lang und in einer Entfernung von 52 Centimetern war. Ehe ich über die Lage des Bildchens in der Tiefe des Auges, also seine Entfernung von der vorderen Corneafläche spreche, wird es angezeigt sein, das Notwendigste über die Anatomie dieses Auges mitzutheilen. Ich habe in Taf. I, Fig. 1, einen meridionalen Schnitt durch ein Lampyrisauge mit Hilfe der Zeichenkammer abgebildet. Das Auge war in Celloidin eingebettet und mit Safranin gefärbt. Die Zeichnung zeigt denselben in 120facher Vergrösserung. — 38 — Die convexe vordere Corneafläche (c) trägt entsprechend je einem Krystallkegel eine gekrümmte Facette, deren Krümmungshalbmesser ich im Centrum grösser, an der Peripherie kleiner, O09 bis 0*02 Millimeter fand. Rechnet man die Cornea bis dahin, wo die chitinartige Substanz zu den einzelnen Kegeln auseinanderweicht, so ist sie bei diesem Thiere von sehr geringer Dicke und macht sich am Schnitte des nicht abgepinselten Auges durch ihre Pigmentlosigkeit kenntlich. Die mit der Cornea ver- wachsenen Krystallkegel (k) sind dicht von Pigment (J. P.) umhüllt, mit Aus- nahme ihres inneren Endes, das frei in die dahinter gelegene Zellenmasse hineinragt. Die Form der Kegel ist nur an abgepinselten Augen genauer zu erkennen. Ich habe einen solchen in Holzschnitt. Fig. 12, S. 44, seiner Gestalt nach, so getreu es mir möglich war, sammt der Corneafacette wiedergegeben. Nun folgt eine ziemlich breite Zone langgestreckter, kern- haltiger Zellen (G) iu radiärer Anordnung, die wahrscheinlich mit ähnlichen Gebilden von Schmetterlingen identisch sind und deren Bedeutung später besprochen werden soll. Bei R beginnt die Retina, von der man freilich an Meridionalschnitten sehr wenig sieht. An Flächenschnitten erkennt man hier eine kernreiche Zelllage, deren Mosaik gegen die retinale Pigment- schichte (R. P.) hin alsbald in jenes überaus zierliche Bild übergeht, das aus vergissmeinnichtartigen Figuren zusammengesetzt und noch in- und jenseits der retinalen Pigmentschichte, wenn auch in modiiicirter Form, zu erkennen ist. Inmitten jedes der blüthenförmigen Querschnitte sieht man eine ungefärbte Stelle, das Rhabdom Grenacher's. Noch weiter gegen den Krümmungsmittelpunkt des Auges gewahrt man die dünne Schichte, in welcher sich die Nervenzüge verlieren (wn.f.), die vom Ganglion opticum (G. o.) kommend, in dieselbe einstrahlen. Was nun die Lage des Bildes anbelangt, so ist es sehr schwer, die- selbe genau zu messen. Es muss natürlich mit der Stellschraube geschehen und die Lage aus der Höhe eines Schraubeuganges und den Winkelgraden der Schraubendrehung berechnet werden. Die Stellung, bei welcher das aufrechte Netzhautbild das Maximum der Deutlichkeit hat, ist ziemlich genau zu bestimmen, anders aber steht es mit dem zweiten, tiefer gelegenen Punkt. Man kann auch hier recht genau eine Stellung linden, bei welcher jedes Facettenglied als heller Kreis und die Räume zwischen den Facetten dunkel erscheinen, und zwar auch, wenn das Pigment abgepinselt worden ist. Es dringt eben zwischen den Facettengliedern in Folge von Brechungen kein Licht durch die durchsichtige Substanz, wie ich dies schon beim Limulusauge genauer erläutert habe. Auf welche Ebene aber hat man eingestellt, wenn das Facetten glied als scharf begrenzter heller Kreis erscheint? Bestimmt weiss ich es nicht, vielleicht auf die Basis der Krystall- kegel, vielleicht auf die Basis der Facettenwölbung, vielleicht aber auch auf einen weiter hinten gelegenen Querschnitt durch den Krystallkegel. Bei einer etwas höheren Einstellung konnte ich mich wiederholt mit Hilfe der noch anhaltenden Pigmentkörner so weit orientiren, dass ich — 39 — glaube, richtig auf die Spitze der Krystallkegel eingestellt zu haben. Die Entfernung zwischen der erstgenannten Einstellung und dem Netzhautbilde fand ich 023 Millimeter. Es würde demnach das Bild um die genannte Länge hinter dem dioptrischen Apparat liegen. Würden wir dieses Bild in die Zeichnung Fig. 1, Taf. I, eintragen, so würde es demnach nicht unbeträchtlich hinter die Retina lallen. Es mag das darin seinen Grund haben, dass meine Zeichnung einem Meri- dionalschnitt vom seitlichen Theile des Auges angehört. Ich Avählte diesen Theil, weil ich hier, ohne die Zeichnung zu gross machen zu müssen, den ganzen Schnitt abbilden konnte. Nun sieht man aber an durch das Centrum der Cornea gelegten Meridionalschnitten, dass gegen den Rand hin nicht nur, wie schon erwähnt, die Krümmung der Corneafacetten zunimmt, sondern auch, dass die Krystallkegel kürzer werden (ich mass z. B. 0-055 gegenüber 0*082 Millimeter im Centrum), der ganze dioptrische Apparat also stärker wird, das Bild näher liegt. Es ist übrigens nicht ausgeschlossen, dass noch ein anderer Umstand im Spiele ist. Jedermann weiss, um wie viel z. B. ein weisses Blutkörper- chen, das wir im Blutgefässe eines durch Alkohol gehärteten Präparates finden, kleiner erscheint als ein frisches. Die Schrumpfung ist eine sehr bedeutende; eine Volumabnahme kann also wohl trotz der stützenden Chitingerüste auch durch die Präparirung des Auges bis zur Schnitt- fähigkeit stattgefunden haben, Avenn sie auch nicht so hochgradig ist, wie bei einem weissen Blutkörperchen. Ich führe diese Dinge hier an, weil es nahe gelegen wäre, aus der Lage des Bildchens einen Schluss auf die Lage der empfindlichen Schichte innerhalb der dicken Retina zu ziehen und diese auf solche Weise genauer zu bestimmen. Mag sein, dass es einmal gelingen wird. Obwohl physiologisch ohne Bedeutung, will ich doch das in theo- retischer Beziehung nicht belanglose optische Curiosum hier noch hervor- heben, dass das in der geschilderten Weise zugerichtete Auge, von der ver- kehrten Seite betrachtet (d. h. die mit der Glycerinlösung bedeckte concave Seite ist dem Objecte, die an Luft grenzende convexe dem Mikroskope zugewendet), auch ein Bildchen zeigt. Es liegt merklich an derselben Stelle, wie das normale Netzhautbild, also vor dem optischen Apparate, hat dieselbe Grösse, ist aber verkehrt. 2. Veranschaulichung der Dioptrik des Lampyrisauges. Zunächst will ich die Dioptrik des Lampyrisauges, wie ich sie in meinen Studien gefunden habe, darlegen, der Nachweis für die Richtigkeit dieser meiner Anschauung und der Weg, wie ich zu derselben gelangt bin, soll im nächsten Abschnitte mitgetheilt werden. Würde die Müller 'sehe Theorie in ihrer ursprünglichen Form für das Lampyrisauge richtig sein, so müsste man bei Einstellung des Mikro- skopes auf die Spitze der Krystallkegel das aufrechte Bild des Objectes — 40 — zu sehen bekommen. Nun ist das andeutungsweise allerdings der Fall, das Bild in seiner weit vollkommeneren Form liegt aber, wie wir sahen, beträchtlich hinter den Spitzen der Krystallkegel. Dieses Hesse sich unter einigen Voraussetzungen noch mit der Theorie vereinigen. Gänzlich unvereinbar mit dieser aber ist das Resultat folgenden Ver- suches. Ich wähle als abzubildenden Gegenstand zwei Lichtpunkte (z. B. zwei Kerzenflammen), und richte das horizontal gestellte Mikroskop, auf dessen Objecttisch sich das Lampyrisauge, in der oben angegebenen Weise zu- gerichtet, befindet, gegen den Mittelpunkt der Verbindungslinie der beiden Fig. 11. Kerzen. Es befindet sich kein brechendes oder reflectirendes Medium zwischen dem Objecte und der convexen Corneafläche. Stelle ich auf die Ebene des Netzhautbildes ein, so sehe ich natürlich zwei Lichtpunkte, die Bilder der Kerzenflammen. Nähere ich die Focalebene des Mikroskopes der Cornea, so gewahre ich die optischen Querschnitte der Strahlenbündel, welche bei ihrer Vereinigung die beiden Bildpunkte gaben. Und zwar gehört jedem Punkte eine Schaar von Strahlen an; jeder dieser Strahlen kommt aus einem Krystallkegel. Sind die beiden Kerzenflammen in der passenden Entfernung, so gewahrt man, dass aus der Mehrzahl der beleuchteten Krystallkegel je zwei Strahlen hervordringen, von denen der eine dem einen Bildpunkte, der andere dem anderen Bildpunkte zustrebt. Ein vom — 41 — rechten Objectpunkte in den Krystallkegel eindringender Strahl wird also nach dem rechten Bildpunkte abgelenkt, ein vom linken Objectpunkte eindringender Strahl wird in demselben Krystall- kegel dem linken Bildpunkte zugelenkt. Mit anderen Worten: Ein unter einem Winkel gegen die Axe des Krystallkegels in denselben ein- dringender Strahl schliesst bei seinem Austritt wieder einen Winkel ein; eintretender, austretender Strahl und Axe liegen in einer Ebene; der aus- tretende aber auf derselben Seite der Axe, wie der eintretende. Hiernach sollte man glauben, es handle sich um eine Reflexion im Krystallkegel. Dieses trifft aber nicht zu, vielmehr beruht der geschilderte Effect auf Brechung. Ehe ich auf die Art dieser näher eingehe, will ich au der Hand der Abbildungen das Gesagte anschaulicher zu machen suchen. Benützt man als Object einen Lichtpunkt, der in grosser Entfernung ist, so dass die von ihm ausgehenden Strahlen, wenn sie ans Auge ge- langen, als parallel betrachtet werden können (was wegen der Kleinheit des Krümmungshalbmessers der Cornea schon für kurze Distanzen der Fall ist), so lässt sich der geschilderte optische Vorgang durch Holzschnitt Fig. 11 versinnlichen. Derselbe zeigt Auge und Strahlen in der Stellung, wie sie sich bei Untersuchung unter dem Mikroskope und horizontaler Stellung des Objecttisches befinden, kk stellen schematisch die einzelnen Facettenglieder dar, wie ich das „Einzelauge" der Autoren lieber nennen will, oa bis oh ihre Axen, die ausgezogenen senkrechten Linien die ein- fallenden Strahlen, welche in jedem Facettenglied in der geschilderten Weise altgelenkt werden und sich in B zu dem Bildpunkte vereinigen. 0 ist der Krümmungsmittelpunkt des Auges. Man sieht, dass ein ganz analoges Bild (B'J von einem zweiten Objectpunkte entstehen muss, der z. B. in der Verlängerung von Ob liegt und an dem sich theilweise die- selben Krystallkegel betheiligen werden, die das Bild B entworfen haben. Man sieht zugleich auch, dass das Bild aufrecht ist, wovon seine Grösse abhängt u. s. f. Stellt man das Mikroskop auf eine Ebene (AA1) ein, die (im Sinne des Ganges der Lichtstrahlen) vor der Cornea liegt, dieselbe tangirt, oder vielleicht schon in die vorderen Antheile der Krystallkegel -fällt (es ist das, wie oben hervorgehoben, nicht mit Sicherheit zu bestimmen), so bekommt man das in Fig. 2, Taf. I, wiedergegebene Bild zu sehen. Es ist dasselbe Bild, das ich schon in meiner ersten Abhandlung beschrieben habe, ' und stellt die optischen Querschnitte der von dem leuchtenden Punkte ausgehenden Strahlen in der Focalebene des Mikroskopes dar. Selbstver- ständlich sind es nicht die einfallenden Strahlen selbst, sondern die Ver- längerungen jener Strahlen pg, mn (Fig. 11), welche, nachdem sie den Krystallkegel passirt haben, das Bild zusammensetzen. warts, 1 Doch verlegte ich damals die Ebene, in der man es sieht, etwas weiter nach rück- - 42 — Bewegt man die Stellschraube auf und ab, so bleibt das Bild eine verhältnissmässig grosse Strecke wesentlich von der gleichen Art, nur erkennt mau an der gegenseitigen Annäherung oder Entfernung der Lichtpunkte, dass mau es iu der That mit convergirenden Strahlen zu thun hat. Hat man zwei Lichtpunkte als Object verwendet, so ist jeder der Punkte doppelt. Die Fig. 2, Tat. I, zeigt weiterhin an deu meisten der Punkte Andeutungen von Beugungserscheinungen, wie solche unter den obwaltenden Umständen zu erwarten sind. Verschiebt man die Focalebene des Mikroskopes nach rückwärts (CO Holzschnitt Fig. 11) bis in die Nähe der Spitzen der Krystallkegel, so geht das Bild der Fig. 2 allmählich in das der Fig. 3, Tat. I, über. Aus den helleu Punkten sind Kreise geworden, die meistens ein besonders helles Innere und einen oder zwei mehr oder weniger deutliche Höfe haben. Auch hier zeigen sich Interferenzerscheinungen, die in der Zeichnung nur ange- deutet sind. Verwendet man bei dieser Einstellung zwei Lichtpunkte als Gegenstand, so tritt keine Verdoppelung der hellen Kreise ein. Ich glaube, dass der helle Kern jedes dieser rundlichen Flecken deu physiologisch wichtigen Strahlenantheil enthält, und dass die hellen Höfe durch das Licht gebildet sind, welches normalerweise im Pigmeut ab- sorbirt wird, wenn es überhaupt in solcher Menge aus dem Krystallkegel herausdringt. Bei verschiedener Einstellung kanu man nämlich bemerken, dass sich das Licht der Höfe nach allen Richtungen diftüs zerstreut. Auch habe ich mich überzeugt, dass dieses falsche Licht an ganz frisch prä- parirten Augen in weit geringerem Masse vorhanden ist, so dass Fig. 3 der Fig. 2 sehr ähnlich wird, und nur die Lichtpunkte näher stehen. Bei weiterer Verschiebung der Focalebene nach rückwärts trifft dieselbe die Strahlen zwischen dem dioptrischen Apparate und dem Bild- punkte. Dabei rücken die Kreise der Fig. 3 immer enger zusammen und bilden zierliche Interferenzfiguren. Wenn man jetzt wieder zwei Licht- punkte als Gegenstand verwendet, so gewahrt mau wieder die Verdoppe- lung an ihnen. Schliesslich nähert sich das Bild bis zur Einstellung D D1 (Fig. 11) mehr und mehr dem Bildpunkte, der in Fig. 4, Taf. I, dargestellt ist. Auch an ihm sieht man, entsprechend der regelmässigen Sechseck- stellung der Krystallkegel, noch Beugungserscheiuungen, welche an die Streifung von Pleurosygma angulatum erinnern. Stellt man endlich auf eine hinter dem Bilde gelegene Ebene EE' (Fig. 11) ein, so geht der Bildpunkt in einen Zerstreuungskreis auseinander, Fig. 5, Taf. I, der die Interferenzfigur eines dreistrahligen Sternes, sowie andere Andeutungen von Diö'ractions- spectren erkennen lässt. Ich muss bemerken, dass die Abbildungen Fig. 2 bis 5 alle von einem Auge stammen, dessen Meridian in Bezug auf die Sechseckstellung der Krystallkegel bei jeder Zeichnung dieselbe Lage hatte, und dass das Auge sich unter den genannten, der Norm entsprechenden Verhältnissen befand. Als Lichtquelle diente ein 1 (Jentimeter grosser, runder Aus- — 43 — schnitt in dem weissen Thoncylinder eines Gasrundbrenners. Der Thon- cylinder war mit einem schwarzen Blechcylinder, der einen entsprechenden Ausschnitt hatte, überkleidet. Es entwirft also das Lampyrisauge ein aufrechtes Bild auch durch Sammlung der Strahlen, wie das Wirbelthierauge ; nehmen wir die Gerade, welche einen beliebigen Punkt des Gegenstandes mit seinem Bilde ver- bindet, als Axe des Auges an, so wird auch hier der parallel der A.xe einfallende Lichtstrahl umsomehr von seiner Richtung abgelenkt, je weiter er von der Axe entfernt ist (jenseits einer gewissen Grenze nimmt er überhaupt an der Bilderzeugung nicht mehr theil), auch hier bleibt der gebrochene Strahl in der durch den einfallenden Strahl und das Ein- fallsloth (Krystallkegelaxe) gegebenen Ebene u. s. . f. Der dioptrische Apparat, der das bewirkt, ist die Summe der mit der Cornea verwachsenen Krystallkegel in ihrer radiären Anordnung auf einer Kugeloberfläche. Es fragt sich nun, welchen dioptrischen Bau ein Krystallkegel (mit Einschluss seiner Corneafacette) haben niuss, um jene Wirkung zu erzielen. Ich erinnere daran, dass eine in wesentlichen Punkten gleiche Wirkung wie der Krystallkegel jedes Paar Convexlinsen ausübt, das, um die Summe ihrer Brennweiten voneinander entfernt, an derselben Axe angeordnet ist. Strahlen, welche, aus grosser Entfernung kommend, geneigt gegen die Axe auf die erste Linse auffallen, treten aus der zweiten Linse unter einem Winkel mit der Axe aus, der um so grösser ist, je grösser der Winkel war, unter dem sie eingetreten siud. Sie liegen dabei in der durch die Linsenaxe und den einfallenden Strahl bestimmten Ebene und sind untereinander parallel. Als solche bilden sie nach der gewöhnlichen Auffassung natürlich in endlicher Entfernung kein Bild; denkt man sich das parallelstrahlige Bündel aber von mikroskopisch kleinem Querschnitt, so begreift man, dass durch Zusammentritt von vielen solchen ein Bildpunkt entstehen kann, da dann die anderen Dimensionen des Bildes gross gegenüber jenem Querschnitt sind. So einfach wie bei dieser Linsencombination sind nun die Verhält- nisse bei den Krystallkegeln wohl nicht; ich hatte anfangs geglaubt, dass die convexe Corneafacette die Rolle der ersten Linse jener Linsencom- bination, und die Wölbung der Krystallkegelspitze die Rolle der zweiten Linse spielt. Es ist das aber nicht der Fall, wie mich ein eingehendes Studium gelehrt hat, Vielmehr beruht die Wirkung des Krystallkegels, wenigstens grossentheils, auf seiner Schichtung, die ihn zum Linsen- cylinder stempelt. Selbstverständlich werden die gekrümmten Flächen diese Wirkung unterstützen. Und zwar handelt es sich hier um einen Linsencylinder, dessen Länge gleich ist der Summe seiner Brennweiten. Ich habe in Holzschnitt Fig. 12 den jedenfalls sehr nahe richtigen Verlauf zweier Strahlenbündel in einem Facettengliede gezeichnet. Der- selbe gestaltet sich etwas anders, als ich dies in meiner Abhandlung 44 fl n (Das Netzhautbild des Insectenauges) dargestellt hatte. Schon damals musste ich die Vermuthung aussprechen, dass die Divergenz der homo- centrischen Strahlen nach ihrem Austritte aus dem Facettengliede im Leben nicht vorhanden sei; ich hatte sie damals bei einem Auge, das lange in Alkohol gelegen war, gefunden, und konnte nur aus der Erin- nerung mittheilen, dass ich sie an frischen Augen nicht bemerkt hatte. Seitdem hatte ich Gelegenheit, wieder frische Augen zu untersuchen, und hiernach ist die Zeichnung Fig. 12 angefertigt. Jene Divergenz hatte bewirkt, dass man im vorderen Theile des Kry stallkegels ein, natürlich virtuelles, verkehrtes Bildchen der äusseren Objecte zu sehen bekam; es be- ruhte offenbar darauf, dass durch das Liegen im Alkohol die Differenzen der Brechungsindices im Linsencylinder vermindert, die ganze Brechkraft also eine geringere geworden war. Ich erwähne dieses Auftreten von ver- kehrten Bildern im Innern der Kegel bei abgelegenen Augen, mit Rücksicht auf etwa vorkommende Nachunter- suchungen. Sei ab ein Gegenstand in grosser Entfernung, so dass die von einem Punkte desselben ausgehenden Strahlen gegenüber den im Ivrystallkegel vorkommenden Winkel- massen als parallel betrachtet werden können. Die Strahlen m und n mögen die Grenzstrahlen des vom Fuss- punkt (a) des Pfeiles ausgehenden und in das Facetten- glied eindringenden Bündels sein. Sie würden nach der Messung, die ich in einem speciellen Fall über die Krümmung derHornhautfacette gemacht habe, und unter Zugrundelegung des an der Hornhaut des Hydrophilus l gefundenen Werthes für den Brechungsexponenten sich in Folge der Brechung an der gekrümmten Fläche erst beträchtlich weit hinter dem Krystallkegel zu einem Bilde vereinigen (siehe die punktirten Linien m2 und w2). Wenn ich in anderen Fällen auch kleinere Krümmungs- halbmesser der Corneafacette gefunden habe, so kommt das hier nicht in Betracht. Die durch diese erste Bre- chung schwach convergent gemachten Strahlen werden dann in Folge der Linsencylinderwirkung bei a' zu einem Bilde vereinigt. Die vom Punkte 6 des Pfeiles ausgehenden Strahlen p und q werden in analoger Weise im Punkte V vereinigt. Das Bild a' b' kann aber als solches nicht gesehen werden, da zwischen ihm und dem Mikroskope noch der hintere Theil des Krystallkegels liegt. Wäre a' nicht genau der erste Brennpunkt dieses letzten Antheiles des Krystallkegels, sondern läge dieser i Den Brochungsindex der Lampyriscornea konnte ich wegen ihrer Dünnheit nicht mit genügender Genauigkeit messen. 1II.S "/ y v m. ' Fig. 12. - 45 — etwas weiter vorn, so verlassen die von a' weiter verlaufenden Strahlen m^n, den Kegel schwach divergent, so dass das oben erwähnte virtuelle, der Beobachtung zugängliche Bild entstünde. Die Lage des Bildes a'b' kann ich natürlich nicht genau angeben, die Zeichnung soll vielmehr nur zeigen, dass es in der hinteren Hälfte des Kegels liegen müsse. Uebrigens habe ich dieses Bild auch, wie ich später des Näheren mittheilen will der directen Beobachtung zugänglich gemacht, indem ich die Spitze des Krystall- kegels abschnitt. Es ist ja klar, dass man das Bild sofort sehen muss, wenn man den Kegel in der Ebene a' b' abkappt und nun von hinten darauf sieht. Man sieht demnach an der Zeichnung die Ablenkung des unter einem Winkel einfallenden Strahlenbündels (pq) nach derselben Seite der Axe, von der es gekommen ist, man sieht, dass der Winkel, den es nach der Brechung mit der Axe einschliesst, um so grösser ist, je grösser der Winkel war, den es vor der Brechung mit dieser gebildet hat. Dass sich unter diesen Umständen die StrahlenbündeL welche von einem Punkte ausgehen und verschiedene Krystallkegel passirt haben, wieder in einem Punkte vereinigen müssen, geht hieraus freilich noch nicht hervor, wird aber in einem der folgenden Abschnitte gezeigt werden. Man sieht weiter unmittelbar, welche Bedeutung es hat, dass die Natur die Wirkung des kleinen, auf Unendlich eingestellten astronomischen Fernrohres, als welches sich ein solches Facettenglied demnach herausgestellt hat, nicht nur auf den zwei brechenden gekrümmten Flächen beruhen liess, sondern das Princip der Linsencylinder zu Hilfe nahm. Würde die Corneafacette und die Spitze des Krystallkegels von hinlänglich kleinem Krümmungshalb- messer sein, so könnte der in Fig. 12 abgebildete Krystallkegel im Wesent- lichen dasselbe wirken, aber man erkennt sofort, dass Strahlen, die unter so grossem Winkel gegen die Axe wie der Strahl p einfallen, für die Er- zeugung des Bildes schon nicht mehr in Betracht kämen, es müsste denn der Brechungsindex eine ganz enorme Grösse haben. Kurz, es verhalten sich in diesem Facettenglied die Dinge so, wie ich es in der physikalischen Einleitung von einem Linsencylinder geschildert habe, der die oben ge- nannte Länge hat. Ich will hier noch hervorheben, dass ich nach den angegebenen Principien ein Schema eines Insectenauges angefertigt habe, das die dioptrischen Vorgänge veranschaulicht, und das ich zur experimentellen Prüfung der später zu entwickelnden Formeln über Grösse, Lage etc. der Bilder verwendet habe. ' Es besteht aus zehn Paaren von Convexlinsen (Brillengläsern). Jede Linse hat eine Brennweite von 2 Zoll und ist mit ihrem Partner in einer gegenseitigen Entfernung von 4 Zoll auf einem Brettchen befestigt. Dieses Paar repräsentirt den dioptrischen Apparat eines Facetten- gliedes. Die zehn Paare sind in einem Kreisbogen von 75 Centimeter Radius (bis zum gemeinschaftlichen Brennpunkt je zweier Linsen gemessen) 1 Dasselbe ist in etwas modificirter Form käuflich zu haben l"'i Lenoir u. Forster, Wien, IV. Waaggasse 5. — 46 angeordnet. Das Schema entwirft aufrechte Bilder, deren Schärfe freilich nicht gross ist, da das aus jeder Linse austretende Lichtbündel den Quer- schnitt der Linsenfläche hat, und an denen sich für jeden Punkt des Gegen- standes etwa fünf Linsenpaare betheiligen. Man kann an dem Schema die Aenderung in der Lage und Grösse des Bildes für verschiedene Entfernungen des Gegenstandes demonstriren u. s. w., kann die Schärfe des Bildes erhöhen, wenn man vor die Linsen Diaphragmen setzt. Nur nimmt dann die Anzahl der Linsenpaare ab, die sich an der Erzeugung eines Bildpunktes betheiligen. Was endlich das erwähnte virtuelle, verkehrte Bildchen betrifft, das man sieht, wenn man das normal zugerichtete ausgepinselte Auge mit seiner concaven Seite dem Gegenstande zuwendet und von der Cornea- seite betrachtet, und welches an der Stelle des normalen Netzhautbildes liegt, so erklärt sich dessen Zustandekommen aus der Fig. 13 unmittelbar. Alle homocentrischen, auf die Krystallkegel einfallenden Strahlen (a, b . . .) werden eben im Krystallkegel in der geschilderten Weise von ihrem Wege abgelenkt, so dass dieselben divergirend austreten und ihre Verlängerungen sich in einem Punkte (p) schneiden. Strahlen, die, von einem anderen Punkte des Gegenstandes ausgehend, in einer anderen Richtung (z. B. od) auf das Auge fallen, vereinigen sich in einem anderen Punkte (q). Die beiden Punktpaare bilden mit dem gemeinschaftlichen Krümmungs- mittelpunkte des Auges zwei ähnliche Dreiecke mit Scheitelwinkeln. Benützt man auch in diesem Falle als Gegenstand einen leuchtenden Punkt, der also, in grosser Entfernung vor den Spitzen der Krystallkegel liegend, sein Bild in der Gegend der Netzhaut entwirft, und stellt das an der — 47 - Corneaseite befindliche Mikroskop zu tief ein, su dass die Ebene des deutlichen Sehens (im Sinne des Ganges der Lichtstrahlen) vor die Netz- hautebene fällt, so sieht man wieder den dreistrahligen Sinn der Fig. 5, Taf. I. Bei allmählicher Hebuno- des Tubus taucht das virtuelle Bild des Lichtpunktes auf (Fig. 4, Taf. I), dann das Bild der Fig. 3 und endlich die optischen Querschnitte durch die Strahlenbündel der einzelnen Krystall- kegel, wie sie in Fig. 2, Taf. I, dargestellt sind. Man sieht also dieselben Bilder wie bei der normalen Functionsweise des Auges, jedes auch an demselben Orte, soweit dies beurtheilt werden kann. 3. Experimentelle Prüfung des Strahlenganges im Lampyrisauge. Im Nachstehenden sollen jene Thatsachen angeführt werden, durch welche ich mich überzeugt habe, dass die mitgetheilte Auffassung der Dioptrik des Lampyrisauges zutreffend ist oder, richtiger gesagt, durch welche ich auf die mitgetheilte Deutung der optischen Vorgänge geleitet worden bin. Bei den folgenden Versuchen ist, wenn nicht ausdrücklich etwas Anderes gesagt wird, vorausgesetzt, dass das abgepinselte Lampyrisauge, mit der vorderen Fläche an Luft grenzend, mit der hinteren Fläche in eine Glycerinlösung vom Brechungsindex 1-346 tauchend, direct nach dem abzubildenden Gegenstand gerichtet war, so dass das Licht nur durch Luft und, ohne eine Reflexion zu erleiden, vom Objecte bis zur ( lornea gelangte. Das Bild wurde durch ein Deckgläschen oder eine Glimmerplatte hindurch bei Horizontalstellung des Mikroskopes beobachtet. Es wurden also die Verhältnisse hergestellt, welche den normalen so nahe als möglich kamen. Benützt man als Gegenstand einen hellen Punkt, stellt auf dessen Bild (Fig. 4, Taf. I) ein und schiebt einen undurchsichtigen Schirm von einer Seite her über das Auge, so verschwindet das Bild, indem es in allen seinen Theilen gleichzeitig dunkler wird; thut man dasselbe, während man auf eine vor dem Bildpunkte gelegene Ebene einstellt (entsprechend Fig. 2 und 3, Taf. I), so verschwinden die hellen Flecken oder Punkte, welche den einzelnen Facettengliedern entsprechen, zuerst auf der Seite, von welcher der Schirm kommt; stellt man aber auf eine hinter dem Bilde gelegene Ebene ein, so verschwindet der Zerstreuungskreis (Fig. 5, Taf. I) zuerst auf der dem anrückenden Schirm entgegengesetzten Seite. (Ich beschreibe hier das thatsächliche Verhalten, indem ich von der Umkehrung des Bildes durch das Mikroskop absehe.) In diesen Beziehungen also ver- hält sich Bildpunkt und Zerstreuungskreis ganz so wie bei einer Convex- linse, nur dass man beim Insectenauge die einzelnen Strahlen unter dem Mikroskope sehen kann, wie sie convergirend den Bildpunkt bilden. Wir pflegen dieses sonst durch eine Zeichnung oder in einem Schema durch Fäden anschaulich zu machen, hier sieht man es unmittelbar. — 48 — Hieraus, sowie aus der oben beschriebenen directen Beobachtung durch Einstellung geht hervor, dass der Bildpunkt in der That dadurch entsteht, dass die durch eine Gruppe von Krystallkegeln hindurchgeleiteten Strahlen sich in einem Punkte schneiden. Verschiebt man den Objectpunkt, so wandert der Bildpunkt im gleichen Sinne, woraus folgt, dass der Ort, an welchem sich die Strahlen, die durch verschiedene Krystallkegel gegangen sind, schneiden, nicht etwa der Krümmungsmittelpunkt des Gesammtauges ist, wie dies nach der ursprüng- lichen Müller'schen Theorie der Fall sein müsste. Dabei ist noch Folgendes zu bemerken. Stellt man auf die den Spitzen der Krystall- kegel naheliegende Ebene der Fig. 3, Taf. I, ein, so gewahrt man bei der Verschiebung des Objectpunktes ein successives Erlöschen der ein- zelnen hellen Flecke, wobei diese selbst aber keine Verschiebung in der eingestellten Ebene erleiden. Verschiebt man die Focalebene des Mikro- skopes von da aus nach vorne (Fig. 2, Taf. I), so bewegen sich die ein- zelnen Lichtpunkte entgegengesetzt der Bewegungsrichtung des Objectes; nähert man hingegen von der erstgenannten Stellung aus die Focalebene dem Bildpunkte (so dass ein zwischen Fig. 3 und 4, Taf. I, liegendes Bild sichtbar wird), so verschieben sich die den Facettengliedern entsprechenden hellen Flecken im gleichen Sinne mit dem Objecte. Ich hatte zuerst hieraus gefolgert, dass in der Ebene von Fig. 3 oder in ihrer nächsten Nähe eine Spiegelung stattfinde, etwa durch totale Reflexion in dem Sinne, wie ich das in "meiner ersten Abhandlung mit- getheilt habe. Dem ist aber nicht so. Vielmehr begegnet man hier dem Unterschiede wieder, der von den optischen Phänomenen der Atmosphäre her bekannt ist. Ein von einem Punkte der Erdoberfläche ausgehender Lichtstrahl kann an oberen Schichten der Atmosphäre reflectirt werden und so in das Auge des Beobachters gelangen. Dann sieht dieser das Object höher, als es wirklich liegt und verkehrt („Luftspiegelung"). Der Strahl kann aber auch dadurch, dass mit der Höhe der Luftschichte ihr Brechungsindex abnimmt, im Bogen gebrochen und schliesslich auch dem Auge des Beobachters zugeführt werden. Dieses sieht dann das Object auch höher gelegen, aber aufrecht („Kimmung").1 Benützt man nämlich als Object zwei Lichtpunkte, so sieht man in der Ebene der Fig. 3 dasselbe Bild wie bei Benützung eines Lichtpunktes. Dreht man die Mikrometerschraube im Sinne der Einstellung nach vorne, so geht jeder lichte Kreis der Fig. 3 in zwei helle Flecken auseinander, welche die Querschnitte zweier Strahlen darstellen, die nach vorne untereinander divergiren. Verdeckt man nun den linken Objectpunkt, so verschwindet ' Vgl. Job Müller, Kosmische Physik. 4. Aufl. 1875, S. 372 u. ff. Zur Erklärung dafür, dass ein Beobachter die Kimmung eines Objectes sehen könne, das mit ihm in der- selben Horizontalebene liegt, glaubte Müller (S. 375) Luftschichten annehmen zu müssen, die nach unten convex sind. Diese Annahme wird nach dem, was wir nun vom Strahlen- gang in Linseneylindern und ähnlich geschichteten Körpern wissen, überflüssig. - 49 — der rechte helle Fleck und umgekehrt. Bewegt man die Mikrometerschraube im Sinne einer Annäherung der Focalebene von der Ebene der Fig. 3 nach dem Bildpunkte der Fig. 4, so gewahrt man dasselbe Phänomen des Auseinander- weichens je zweier Strahlen, von denen jeder seinem Bildpunkte zustrebt. Verdeckt man jetzt den linken Objectpunkt, so verschwindet der linke Strahl. Daraus geht hervor, dass man es hier mit einem Phänomen der Brechung, nicht mit einer Reflexion zu thun hat. Man kann dasselbe an meinem Schema des Lampyrisauges sehr gut demonstriren, indem man zwischen die beiden Linsen eines Facettengliedes seitlich von der Axe und parallel zu derselben einen Spiegel aufstellt, und nun die aus dem Linsenpaare austretenden Lichtbündel beobachtet, einmal unter Mitwirkung des Spiegels, das anderemal ohne diesen. Soviel über die Zusammensetzung des aufrechten Netzhautbildes durch die aus den Krystallkegeln austretenden Strahlen. Ich habe nun noch meine Erfahrungen über den optischen Bau des einzelnen Krystall- kegels mit Einschluss seiner Cornea zu besprechen. Legt man das abgepinselte Auge in einen Flüssigkeitstropfen hinein, so dass es allseitig von Flüssigkeit umgeben ist, und beobachtet unter gewöhnlicher Verwendungsweise des Mikroskopes, so bekommt man das aufrechte Netzhautbild nicht zu sehen. Es ist das selbstverständlich, da ja jetzt die Brechung an den beiden Endflächen geändert ist, das ein- getretene Strahlenbündel also auch nicht mehr annähernd parallelstrahlig den einzelnen Krystallkegel verlässt. Wohl aber sieht man jetzt in ganz ausgezeichneter Weise die verkehrten Bildchen der Facettenglieder, die man unter normalen Verhältnissen nicht sieht. Hat man eine schwach lichtbrechende Flüssigkeit gewählt, so können diese Bildchen immer noch von der Brechung an den Endflächen herrühren. Lege ich aber das Auge in Anilin, dessen Brechungsindex = 1*588 ist, so ist wohl nicht daran zu zweifeln, dass eine sammelnde Wirkung der Endflächen ausgeschlossen ist. Ich bestimmte seinerzeit, ehe ich das Princip der Linsencylinder gefunden hatte, den Brechungsindex der Krystallkegel von Hydrophilus zu n = 1-559. Falls auch bei diesem Thiere der Krystallkegel einen geschichteten Bau hat, ist diese Angabe noch zu gross, so dass wohl auch beim Lampyris- auge durch Anilin die Brechung an den Endflächen sicher beseitigt ist. Trotzdem entwirft aber noch immer jedes Facettenglied sein verkehrtes Bildchen. Liegt das Auge mit den Spitzen der Krystallkegel nach oben gerichtet (es ist mit einem gestützten Deckgläschen bedeckt und ruht auf einem gewöhnlichen Objectträger), so sieht man das Bildchen oberhalb jener Ebene, die man dem Aussehen nach als die Spitzen der Krystall- kegel tangirend betrachten muss. Es wohnt also dem Facettenglied, abge- sehen von seinen Endflächen, noch eine bilderzeugende Wirkung inne, die wohl nur auf einen geschichteten Bau desselben bezogen werden kann. Einer, Faeettenaugen. * — 50 — Stellt man unter den genannten Verhältnissen auf eine Ebene ein, welche vor (bei der gewöhnlichen Betrachtungsweise mit dem Mikroskope unterhalb) der Cornea liegt, so gewahrt man zu seiner Ueberraschung abermals, anscheinend jeder Facette entsprechend, ein Bildchen. Dasselbe ist freilich viel weniger deutlich als das erste, doch ist an seiner Existenz, insbesondere wenn man einen bewegten Gegenstand zwischen Auge und Mikroskopspiegel bringt, nicht zu zweifeln. Dieses Bildchen ist nun aber ein aufrechtes. Die Art, wie es zu Stande kommt, zu kennen, scheint mir nicht von grosser Wichtigkeit, da es physiologisch bedeutungslos ist. Wahrscheinlich ist sie die folgende. Bei der Aufsicht auf ein Facetten- glied sieht man den optischen Querschnitt des Krystallkegels als kleinen Kreis, und bei etwas tieferer Einstellung den der Corneafacette als grösseren concentrischen Kreis. Zwischen den Peripherien der beiden Kreise liegt eine Zone, die ihrem Aussehen nach keine starken Brechungen hervorruft. Sie entspricht der Mantelfläche des breiteren Kegelantheiles. Als solche kann sie ihrer Gestalt nach, und da sie von einem stärker brechenden Medium umgeben ist, als Zerstreuungslinse wirken und so das aufrechte, vorne liegende Bild erzeugen, während der eigentliche Krystallkegel das verkehrte hinten liegende Bild als Sammellinse entwirft. Es schien mir wenigstens, dass beim Einstellen des Mikroskopes die ersten Spuren des aufrechten Bildes in jener Zone, die des verkehrten im inneren Kreise zu sehen waren. Nicht unmöglich wäre es auch, dass die in der Nähe der Corneaebene gelegenen Stellen, an welchen je drei Facettenglieder zusammenstossen, dadurch als Concavlinsen wirken, dass schon hier an der Axe jedes Facettengliedes das höchste Brechungs- vermögen herrscht, so dass von der Mitte eines solchen Zwischenraumes aus der Brechungsindex allmählich (freilich nicht in Kreiscylinderschichten ansteigt. Bei der Undeutlichkeit des Bildes und seiner Lage unter der Cornea ist seine Stellung zu den einzelnen Facettengliedern nicht sicher zu bestimmen. Ich halte die erste Auffassung für die wahrscheinlich richtige. Die Ueberzeugung davon, dass im Innern des Krystallkegels das in Holz- schnitt Fig. 12, S. 44, abgebildete verkehrte Bildchen der äusseren Objecte liegt, gewann ich ausser durch das Mitgetheilte auf folgende Art. Ein Auge wird in der aus der histologischen Technik bekannten Weise in Celloidin eingebettet und von demselben parallele Schnitte angefertigt, deren erster die Cornea tangential trifft. In einigen der folgenden Schnitte hat man näherungs- weise kreisrunde Abschnitte des Auges vor sich, in deren Centrum oder in dessen Umgebung nur die hinteren abgestutzten Enden der Krystall- kegel liegen (durch das Celloidin in situ erhalten), weiter nach aussen kommt dann immer mehr und mehr vom vorderen Theile des Krystall- kegels dazu; bei passender Dicke des Schnittes ist das hintere Ende des- selben aber schon abgestutzt, wenn die Corneafacette des Kegels an dem- selben erhalten ist. An der Peripherie des Schnittes sind also nur die — 51 — vordersten Theile der Facettenglieder als runde, durch ihren optischen Effect erkennbare Scheiben zu sehen. An dem mikroskopischen Schnitte, von dem ich hier als von einem ausgewählten Beispiele sprechen will, war kein vollständiger Kegel vor- handen, da die Dicke desselben geringer war als die Länge eines Krystall- kegels. Da das Auge überdies in Celloidin lag, dessen Brechungsindex ich zwischen den Werthen von 1-561 und 1565 fand, ' konnte die Brechung an den Grenzflächen vernachlässigt werden, wenigstens sofern es sich um eine Sammelwirkung handelte (sie ist wohl schon durch eine Zer- streuungswirkung ersetzt). Richtete ich diesen Augenabschnitt gegen zwei Lichtflammen, die in einer gegenseitigen Entfernung von 85 Millimeter und in einer Entfernung vom Auge = 585 Millimeter aufgestellt waren, so entwarf jedes der Facetten- glieder ein verkehrtes Bild. Es war nicht möglich, die Entfernung des- selben von den einzelnen Facetten zu messen, doch habe ich die Grösse der Bilder mit dem Mikrometer annähernd bestimmen können. Die am äusseren Rande des Augenabschnittes gelegenen Facettenquerschnitte entwerfen Bilder, deren Grösse (d. i. die Entfernung der beiden Licht- punkte im Bilde) 0-031 Millimeter beträgt. Sie liegen eine bedeutende Strecke hinter den Facettendurch- schnitten (im Sinne des Ganges der Lichtstrahlen) und kommen nur durch den vordersten Antheil (Cornea) des Facettengliedes zu Stande. Die dem Centrum des Augenabschnittes näher gelegenen Bilder, welche von längeren Abschnitten der Facettenglieder entworfen werden, nehmen rasch an Grösse ab; ich mass die Grössen 0-011 Millimeter 0-004 0-002 Dabei rücken die Bilder, wie selbstverständlich, dem Facettenabschnitte immer näher, und das letztgenannte, das fünfzehnmal so klein wie das erstr genannte ist, liegt, so weit man das beurtheilen kann, in der hinteren Begrenzungsebene des Schnittes, also in der Schnittfläche des augen- scheinlich abgestutzten Krystallkegels. (Von dieser Lage überzeugt man sich besser, wenn man die gewöhnliche Beleuchtung mit Tageslicht benützt und das Bild des Fensterkreuzes beobachtet.) Es folgen dann noch weiter nach dem Centrum des Augenabschnittes Kegeln, denen man ansieht, dass der vordere Theil, wohl auch schon der mittlere Theil, fehlt, denn sie erscheinen nur mehr als kleine Kreise. Die Bilder derselben werden wieder grösser, z. B. 0-005 Millimeter und entfernen sich von dem brechenden Medium. Es ist also möglich, auch 1 Natürlich in dein Quellun^szustand, in dem es im Schnitte enthalten war. 4* 52 mit Ausschluss der Brechung, an den kugeligen Begrenzungsflachen ein Bild im Durchschnitt eines Krystallkegels zu sehen, die Wirkung der normalen vorderen Corneafläche muss dasselbe noch etwas weiter nach vorne schieben. In welchem Antheile des Kegels es im Leben liegt, wage ich nicht mit grösserer Bestimmtheit, als das oben gethan wurde, anzu- geben, aber darüber, dass es in seinem Innern liegt, kann nach dem Vorgetragenen kein Zweifel sein und ebensowenig, dass es wesentlich durch die Schichtung der Medien zu Stande kommt. Ich brauche kaum zu erwähnen, dass die oben mitgetheilten Mes- sungen bei der Kleinheit der Bilder keinen Anspruch auf grosse Genauigkeit machen können, vielmehr sollten sie nur zeigen, dass die Bilder in der Richtung eines Radius des Tangentialschnittes erst an Grösse ab-, dann wieder zunehmen, wodurch auch schon die Variation der Bild weite illu- strirt ist. Die Bilder also, deren Grösse mit 0-002 Millimeter angegeben wurde, lagen in der Abstutzungsfläche des Kegels, im Leben demnach im Innern desselben. Fig. 14. 4. Dioptrische Berechnung des Lampyrisauges. Wir haben gesehen, dass ein Krystallkegel mit Einschluss der Cornea wie ein astronomisches Fernrohr wirkt, das auf unendliche Entfernung eingestellt ist. Die Ablenkung, die ein Strahl durch ein solches erleidet, ergibt sich aus Holzschnitt Fig. 14: ah = a\ tang a = ah.2 tang ß. Nennen wir die beiden Brennweiten ahl und ah.,, 2 sin a c q. In dem Dreieck pca ist i 2. Aufl. S. 60 u. ff. — 54 — sm p c a ap Slll cpa a c und im Dreiecke acq sin qca a q a c Sin cqa Durch Division der ersten dieser beiden Gleichungen durch die zweite und unter Berücksichtigung von sin pca = sin pcd erhält man sin pcd # sin cqa ap sin qca sin cpa a q Fig. 16. Nun ist nach Gleichung 1) sin pcd Das Sehen von Bewegungen und die Theorie des zusammengesetzten Auges. Wiener akad. Sitzber. Bd. LXXII, Abth. III, 1875. 8* VII. CAPITEL. Kurze Beschreibung einzelner Augen von Insecten und Krebsen. A. Insecten. 1. Tagschmetterlinge. Pieris rapae (Rübenweissling) (Taf. VI, Fig. 61, und Taf. IV, Fig. 34 und 35). Ein typisches Tagauge mit Appositionsbild. Die Basen der Krystall- kegel sind nennenswerth kleiner als die Flächen der Corneafacetten. Die vorderen Antheile der auch sehr kurzen Kegel sind in Iristapetum (T) eingebettet, der hintere Antheil in Irispigment, das sich in Streifen, welche die Tracheen umgeben, bis an das Retinapigment fortsetzt. Ein bei a angelegter Querschnitt (Fig. 35) zeigt die Sehstäbe mit je vier nicht zu einem Rhabdom verschmolzenen Stäbchen in ihrer Mitte, und umgeben von den Leydig'schen dicken Tracheen. Melanargia hat ein Auge, das dem des Kohlweisslings durchaus ähnlich ist. Auch ein Iristapetum, auch vier stark lichtbrechende Stäbchen im Sehstab, die auf Querschnitten eine zierliche Quadratstellung zeigen, u. s. w. Der Fuchs (Vanessa) (Taf. IV, Fig. 36) hat ein typisches Tagauge, ähnlich jenem des Kohlweisslings und anderer Tagschmetterlinge. Sonder- barerweise ist die Cornea, wie man schon mit freiem Auge sieht, reichlich mit langen Haaren besetzt (a der Fig. 36 zeigt ein solches am freien Ende abgeschnitten), die bei ihrer radiären Anordnung das Netzhautbild kaum stark stören werden, so wie sie auch die Pseudopupille und die Nebenpupillen ganz gut sehen lassen. Epinephele (Taf. IV, Fig. 32, und Taf. VI, Fig. 64). Das Auge ist sehr ähnlich dem des Kohlweisslings. Man sieht das Rhabdom durch den ganzen Sehstab ziehen. An den hinteren Enden der Sehstäbe sind einzelne Kerne. Die Membrana fenestrata ist an manchen Schnitten isolirt und zeigt sich da mit Pigmentkürnchen besetzt. Hinter derselben liegen eigen- thümliche kolbige Gebilde, die nach vorne in den Sehstab übergehen und hinten mit den pigmentirten Nerven in Verbindung zu stehen scheinen. Sie entsprechen der Netzhaut von Thompson-Lowne. Lycaena (der Wiesenbläuling). Das typische Tagauge mit starken Wölbungen der vorderen Hornhautfäcetten und eigenthümlichen Lücken zwischen den Pigmentscheiden der Krystallkegel. Hinter der Membrana — 117 — fenestrata wieder eine Reihe kernartiger Gebilde, wie bei gewissen Nacht- schmetterlingen und Epinephele. Auch hier wie bei anderen Tagschmetterlingen verlaufen die Sehstäbe nicht durchaus radiär, sondern an den Rändern des Auges in zierlichen Bogen, welche dadurch zu Stande kommen, dass die seitliche Begrenzung des Auges keine radiäre, sondern eine nach dem Innern des Auges hin convexe ist. Dieser Begrenzung schmiegen sich die Sehstäbe an, so dass sie etwa wie Blumenstengel in einer geschweiften Vase nach vorne aus- einanderweichen. 2. Nacht- und Dämmerungsfalter. Catocala nupta (Rotlies Ordensband) (Taf. II, Fig. 15). Die Kegel dieses Auges zeigen Andeutungen einer Schichtung, wie ich sie bei Limulus beschrieben habe. An ihrer Spitze befindet sich ein eigenthümlicher durch- sichtiger, auch wieder kegelförmiger Ansatz, den man für eine Erweiterung des vielleicht durch den ganzen Sehstab hindurchgehenden Rhabdomes ansehen könnte, wenn er nicht ein deutliches centrales Ende zeigte. Im dünnen Antheile des Sehstabes sitzen die ihm zugehörigen Kerne, ich zähle sechs bis sieben; es mögen aber immer sieben vorhanden sein, wie dies nach Grenadier zu erwarten ist. Ich habe auf die Feststellung dieser Zahl besondere Aufmerksamkeit zu lenken keine Ursache gehabt.. Der dicke Antheil des Sehstabes zeigt im Innern am Querschnitt (Fig. 15 a) das Rhabdom. Nahe der Membrana fenestrata liegen unregelmässig, zwischen den Sehstäben angeordnet, Kerne und etwas Pigment. Die hier unzweifel- haft vorhandenen Tracheen sind durch die Behandlung mit Damar etc. unsichtbar geworden. Hinter der Membrana fenestrata liegen langgestreckte, sich mit Pikrokarmin gut färbende kernartige Gebilde (b), die Retina- elemente von Thompson- Low De. Ich hatte nicht darauf geachtet, in welchem Zustande das Thier, dem Fig. 15 entnommen ist, getödtet worden war. Doch befindet sich der grösste Theil des Auges in ausgesprochenster Dunkelstellung, am Rande desselben aber findet sich eine Gruppe von Facettengliedern in ebenso ausgesprochener Lichtstellung; ein solches Facettenglied mit seinem Irispigment ist in die Zeichnung aufgenommen. (Es ist das letzte rechts.) Dieses Pigment zerfällt hier wie auch in manchem anderen Auge mit doppelter Functionsweise in zwei sich gegen Licht ungleich verhaltende Abtheilungen. Ein feinkörniger dünner Pigmentbelag (c) bleibt nämlich, wie die Abbildung ersichtlich macht, an den Kegeln fixirt, es möge das eigent- liche Irispigment was immer für eine Stellung einnehmen. Man könnte diese Pigmentlage dem vergleichen, was ich bei anderen Augen Iristape- tuni genannt habe, doch wirkt es hier nur insoferne als reflectirendes Tapetum, als es Veranlassung zu der dunkelbraunen Farbe des Auges gibt, die um die schwarze Pseudopupille sichtbar ist. — 118 — Leucoma (?) zeigt wieder das typische Auge des Nachtschmetterlings sehr ähnlich dem des rothen Ordensbandes (Fig. 15). Auch hier liegen die Kerne der Sehstäbe in nächster Nähe der Spitze der Krystallkegel, und ent- hält die vorderste Schichte des Ganglion opticum jene radiär gestellten kern- artigen Gebilde. Das optische Verhalten des dioptrischen Apparates dieses Schmetterlings ist in Taf. V, Fig. 57, ersichtlich gemacht. Es ist die Cornea- facette, (1) ein Querschnitt durch einen Kegel (2) und ein flach liegender Kegel (3) gezeichnet, wie sie unter dem Mikrorefractometer erscheinen, Porthesia (Ocneria oder Cnophria?1) Nachtschmetterling (Taf. IV, Fig. 30, 31). Er hat ein typisches Auge mit doppelter Functionsweise, Seh- stäbe, deren dünne Antheile verhältnissmässig lang sind. Die Krystallkegel haben eine Andeutung von Doppelschichtung, und zwar liegt an der Grenze der beiden Schichten bei a etwas Pigment. Dass am Dunkelauge das Iris- pigment doch noch über die Spitze der Kegel vorragt, rührt, wie ich ver- muthe, daher, dass ich den Schmetterling kurz, ehe ich ihn tödtete, mit dem Augenspiegel untersuchte, um mich von seinem Augenleuchten zu überzeugen. Ich wusste damals noch nicht, dass die Pigmentverschiebung auf Lichtreiz so rasch eintritt, dass diese kurze Beleuchtung einen schon merklichen Effect hervorruft. Fig. 31 zeigt das Dunkelauge. Lasiocampa quercifolia (Ta£ IV, Fig. 28, 29). Der Bau des Auges entspricht vollkommen dem der schon beschriebenen Nachtfalter. Auch hier demonstriren die Zeichnungen die Verschiebung des Irispigmentes durch Licht wirkuug. Makroglossa (Der Taubenschwanz) (Taf. II, Fig. 17, und Taf. VI, Fig. 63) hat das Auge eines Nachtschmetterlings, wie er ja auch zu diesen gehört. Er fliegt aber im hellen Sonnenschein. Zwischen seinen Sehstäben linden sich lange Pigmentfäden, wie ich solche bei einem anderen Nacht- schmetterling nie gesehen habe. Leider habe ich keinen Versuch über die photomechanische Wirkung am Irispigmente dieses Thieres machen können, zweifle aber nicht daran, dass er sich in dieser Beziehung wie die übrigen Nachtschmetterlinge verhält, denn ich schnitt die Augen zweier Exemplare und es zeigte sich das Irispigment des einen in ausgesprochener Dunkel- stellung, während es bei dem anderen in massiger Lichtstellung war. Ich habe in Abbildung (Fig. 17) die Facettenglieder beider vereinigt gezeichnet und durch a und b unterschieden. Leider waren die dünnen Antheile der Sehstäbe, sowie die Muskelfasern des Irispigmentes nur im vorderen Theile erhalten. 3. Käfer. Cantharis fusca (Taf. I, Fig. 9) hat ein Auge, das jenem von Lam- pyris splendidula in hohem Grade ähnlich ist, wie aus dem in vorstehenden Capiteln Mitgetheilten schon hervorgeht: 1 Es ist in der Signirung meiner mikroskopischen Präparate ein Versehen geschehen, so dass ich nicht sieher weiss, welchem von den genannten drei Schmetterlingen die hier beschriebenen Augen angehören. — 119 — Die Krystallkegel sind mit der Cornea verwachsen, nur sieht man bei diesem Käfer eine Trennungsfläche dieser beiden. Sie hebt sich bei Färbung mit Säurefuchsin und Pikrinsäure in gesättigtem Tone ab. Im hinteren Ende der Kegel sieht man kleine, auch kegelförmige Gebilde eingelassen. Grenacher [ hält diese für die eigentlichen Krystallkegel, welche hier von einer cuticularen Masse eingeschlossen sind. Es wird dies wohl richtig sein. Functionen wirkt das ganze Gebilde ebenso wie der Kegel in seiner Vereinigung mit der Cornea bei Lampyris wirkt. Man kann sich davon leicht am abgepinselten Auge überzeugen. Wer sich für die Frage nach der morphologischen Bedeutung dieser mit der Cornea vereinigten Kegel interessirt, dürfte bei einem anderen Käfer, nämlich Trichodes apiarius, Aufschluss erhalten. Ich sah nämlich bei diesem die hintere Wölbung der Cornea anscheinend in eine blätterig-gallertige Masse übergehen, die mir eine Vorstufe des Zustandes zu sein schien, der bei Cantharis fusca existirt. Das Leuchtkäferchen, bei dem der eingeschlossene Kegel nicht mehr gesehen wird, dürfte eine weitere Entwicklungsstufe darstellen. Ich will übrigens hervorheben, dass nicht etwa nur die kleinen unscheinbaren, eingeschlossenen Kegel ein nennenswerthes Lichtbrechungs- vermögen besitzen, wie man nach der Abbildung Grenacher's (1. c. Taf. XI, Fig. 127) hätte erwarten können, sondern dioptrisch wirksam ist gewiss der ganze grosse Kegel wie bei Lampyris. Fig. 9 zeigt Kegel sammt anhaftender Corneafacette von einem Dunkelauge (Ä) und von einem Lichtauge (B). Colymbetes fuscus (Schwimmkäfer) (Taf. II, Fig. 16). Sein Auge ist dem des Dyticus sehr ähnlich. Es sind dies die einzigen zwei Augen von Insecten, die ich kenne, bei denen eine deutliche Lichtwirkung auf das Pigment besteht und die Sehstäbe doch wie bei Tagaugen in. gleich- massiger Dicke von hinten bis vorne verlaufen. Ihre Kerne sitzen am vor- deren Ende, also gleich hinter den Krystallkegeln. Die Corneafacetten wirken als Linsencylinder. Diese Augen bilden ein Gegenstück zu jenen der Rosenkäfer und deren Verwandten, insoferne als diese Sehstäbe haben, wie sie bei Nachtaugen vorzukommen pflegen, aber keine Irispigmentver- schiebung, die genannten Schwimmkäfer aber umgekehrt Pigmentverschie- bung, aber Sehstäbe ohne Trennung in die zwei Abtheilungen. Vielleicht hat dieses Vorkommen bei letzteren einen analogen Grund, wie ich ihn für erstere (siehe S. 67) vermuthimgsweise ausgesprochen habe. Dytiscus (Schwimmkäfer) (Taf. I, Fig. 6, 7). Abgesehen von der Grösse ist das Auge dem von Colymbetes so ähnlich, dass die Fig. 16 fast auch als Abbildung des Licht- und Dunkelauges dieses Käfers dienen könnte. Tropinota hirtella (Taf. III, Fig. 23, 24). Sehr kleine und wegen der Pigmenteinbettung schwer sichtbare Krystallkegel, die einer dicken Sehorgan der Arthropoden, S. 130. - 120 - Hornhaut ansitzen. Die Sehstäbe haben einen dicken hinteren Antheil und einen dünnen vorderen, der am Krystallkegel in eine kolbenartige Erweite- rung übergeht, in welche die Kerne eingelagert sind. Zwischen den dünnen Theilen der Sehstäbe gewahrt man an Querschnitten eine netzartige Zeich- nung, die an jene bei Tagschmetterlingen erinnert und wahrscheinlich auch Querschnitten von Tracheen entspricht. Ein Iristapetum dürfte nur in geringen Andeutungen vorhanden sein; ich sah, dass dünne Lagen (bei T), die zwischen den vorderen Enden der Kegel sichtbar werden, das Licht stärker reflectiren, als das beim schwarzen Pigmente der Fall sein kann. Das Irispigment hört mit scharfem Rande nach hinten auf, ebenso das Retinapigment nach vorne. An keinem der beiden konnte ich in Folge der Einwirkung von Sonne oder Dunkelheit eine Aenderung wahrnehmen. Ueber die Eigenthümlichkeiten dieses Auges, durch welche es den Augen mit doppelter Functionsweise ähnlich wird, aber doch kein solches ist, sowie über die Augen der verwandten Käfer vergleiche das auf S. 67 Gesagte. Oryctes rhinoceros (Lin.). (Ich verdanke dieses Thier meinem Bruder Prof. Franz Exner, der es in Indien fing und für mich conser- virte.) Das Auge ist durchaus dem von Tropinota hirtella ähnlich, nur sind die Cornea dicker, die Krystallkegel besser ausgebildet, überhaupt die einzelnen Elemente des Auges grösser. Die Lage des Irispigmentes, auch die zierlichen Querschnitte durch die Sehstäbe und die Tracheen sind wie bei jenem. 4. Diverse Insecten. Libellula vulgata (Diplex) (Taf. VI, Fig. 58, 59. Vgl. auch Taf. VII, Fig. 66, 67). Das Auge zerfällt in eine obere, gelb pigmentirte Abtheilung (Fig. 58) und eine untere, hauptsächlich schwarz pigmentirte (Fig. 59). Schon mit freiem Auge erkennt man an Durchschnitten des ganzen Auges, dass die obere Abtheilung dicker ist, d. h. längere Facettenglieder hat; sie sind auch breiter. Die Messung der sechseckigen Hornhautfacetten ergab als Durchmesser von einem Winkel zum gegenüberliegenden gemessen für den oberen Antheil 0059 Millimeter, für den unteren 0033 Millimeter. Der Uebergang der beiden Augenabtheilungen ist, was die Grösse der Facettenglieder betrifft, ein ziemlich unvermittelter. Insbesondere aber geschieht das Auftreten des schwarzen Pigmentes so plötzlich, dass man in den Schnitten neben einem solchen, das nur gelbes Pigment enthält, eines findet, das schon reichlich schwarzes führt, und am zweiten Nachbar ist der Pigmenttypus schon vollkommen der der unteren Augenabtheilung. Hier kann man ein Iris- und ein Retinapigment unterscheiden, die aber nicht scharf voneinander getrennt sind. Vor dem Irispigment liegen gelbe, dem Iristapetum entsprechende Zellen. Diese sowie das gelbe Pigment im oberen Theile des Auges werfen Licht zurück, wenn auch nicht so reichlich, wie von einem eigentlichen Tapetum erwartet werden müsste. - 121 — Beide Augenabtheilungen entsprechen typischem Tagauge. Gewisse optische Erscheinungen, zu denen sie in ungleicher Weise Veranlassung geben, sind unten noch Gegenstand der Besprechung; sie machen, dass man die beiden Augenabtheilungen am lebenden Thiere sofort unterscheidet, nur erscheint da der Uebergang doch nicht so unvermittelt, wie ihn die Durch- schnitte zeigen. Die Larve einer kleinen Libelle (Agrion) zeigt ein Auge, das durchaus ähnlich gebaut ist und ähnliche Pigmentvertheilung hat, wie der untere Theil des (Taf. VI, Fig. 59) abgebildeten Auges einer ausgebildeten Libelle. Dementsprechend hat es auch ein ähnliches optisches Verhalten, z. B. in Bezug auf 'die Pupillen und Pseudopupillen (siehe unten). Die Stubenfliege (Musca domestica) zeigte mir ausserordentlich zierliche und klare Bilder in Schnittserien. Insbesondere sieht man die Lage der verschiedenen Arten Kerne, ferner die Querschnitte durch die Sehstäbe und Rhabdome sehr gut, wegen Mangels jedes undurchsichtigen Pigmentes am in Alkohol gehärteten Auge. Dieselben waren mit Pikro- karmin gefärbt. Die Configuration ist die des (Taf. VI, Fig. 60) abgebildeten Fliegenauges von Eristalis, weshalb ich keine besondere Abbildung zu geben nöthig habe. Eristalis. Stark gekrümmte vordere Corneaflächen und bis an die Krystallkegel reichende Sehstäbe von gleichbleibender Dicke charakteri- siren das Auge als solches von einem am Tage munteren Landthiere. Das gelbe Pigment (nicht Tapetum) nimmt am hinteren Theile der Sehstäbe eine mehr kirschrothe Farbe an, was in der Zeichnung nicht wiedergegeben werden konnte. Schwarzes Pigment findet sich nur an den Grenzflächen zwischen je zwei Corneafacetten und in kleinen Härchen (a Fig. 60), welche dem Auge aufsitzen. Am Längsschnitt sieht man nichts von den „wurstförmigen" Tracheen, welche die Sehstäbe voneinander trennen. Wohl erkennt man sie am Querschnitt (Fig. 60 c), am besten allerdings am Zupfpräparat. Da sieht man, dass sie einen blind endenden langen Sack bilden, welcher einer recht dünnen Trachea entstammt. Diese dünnen Tracheenstämmchen durch- bohren die Membrana fenestrata und stehen mit den hinter derselben liegenden Tracheen (b der Fig. 60) in Verbindung. Die Hornisse (Vespa crabo) (Taf. III, Fig. 27) hat eine sehr dicke Cornea, kleine Krystallkegel, hat als echtes Tagthier gleichmässig dicke Sehstäbe, in deren Innerem man Stäbchenbildungen sieht und die in ihrem ganzen Verlaufe von Pigment umgeben sind. Dasselbe ist am vorderen und hinteren Ende besonders dicht gehäuft. Fig. 27 zeigt drei Facettenglieder aus dem Seitentheile des Auges, wo die optischen Axen derselben nicht senkrecht auf der Oberfläche der Cornea stehen. Die physiologische Be- deutung hiervon wurde S. 24 besprochen. Die Sehstäbe zeigt die Abbildung in einer Curve verlaufend. Es ist das nicht Resultat von Verschiebungen beim Härten und Schneiden, sondern, wie aus der Configuration des ganzen Auges hervorgeht, die natürliche Lage. — 122 — Locusta viridissima (Grüne Heuschrecke). Das Thier hat ein aus- gesprochenes Tagauge, recht ähnlich jenem der Hornisse. Nur sind die Kegel bis gegen die Spitze hin in ein grüngelbes Pigment, also wieder eine Art Iristapetum gehüllt, welches das Licht stark reflectirt. Die Spitze der Kegel, sowie der ganze Sehstab und die Schichte der Opticusfasern des Ganglions sind reichlich mit Pigment versehen. Sirex gigas. Auch das Auge dieses Thieres ähnelt sehr dem der Hornisse. Die einzelnen Cylinder der recht dicken Cornea stehen schief und nicht senkrecht auf der Oberfläche der Cornea, ebenso ist die Axe der Krystallkegel geneigt. Bei Tenthredo instabilis ist das durchaus nicht der Fall. Tenthredo instabilis hat ein Auge, welches, was die einzelnen Facettenglieder anbelangt, sehr ähnlich ist dem der Hornisse. Nur sind die Cornea dünner und die Krystallkegel grösser. B. Krebse. 1. Langschwänze. Palämon(Taf. V, Fig. 51, 52, und Taf. VII, Fig. 69, 70) (ich unter- suchte P. rectirostris und eine zweite nicht näher bestimmte Species) hat, wie schon Max Schultz e abbildet, einen eigenthümlichen haubenförmigen Aufsatz am Krystallkegel, der in eine weiche Schichte hineinragt, die der hinteren Corneafläche anliegt. Die eigentlichen Krystallkegel sind, wie bei anderen Langschwänzen, aus vier Stücken longitudinal zusammengesetzt. An dieselben schliesst sich nach vorne noch ein kurzes Zwischenstück zwischen Kegel und Haube, und nach hinten schliesst sich jene Krystall- kegelhülle an, die, enger werdend, bis an die Netzhaut reicht und, wie es scheint, mit einer gallertigen, in Tropfen coagulirenden Flüssigkeit gefüllt ist; der sich direct an den Kegel anschliessende Theil dieser Gallerte hat aber noch etwas festere Consistenz, gerinnt deshalb in etwas anderer und wechselnder Form. Zwischen den Hüllen befindet sich auch coagulirende, wie es scheint ziemlich flüssige Masse. Während z. B. bei Sicyonia die Krystall- kegel kugelig begrenzte Endflächen haben, sind diese bei Palämon eben, so dass der grösste Theil der optischen Wirkung auf Linsencylinderbau bezogen werden muss. Die vorderen Enden der Sehstäbe sind in meinen Präparaten nicht deutlich, wohl aber die daselbst liegenden Kerne. Quer- schnitte durch die hinteren Theile der Sehstäbe zeigen diese sternförmig, in Tapetummasse eingebettet. Eventuell noch innerhalb der Tapetumlage eine Pigmentschichte. Typische Lichtverschiebung des Iris- und Retina- pigmentes. Merkwürdig sind bei diesem Thiere fadenförmige Verbindungen des Iristapetums mit dem Netzhauttapetum (Fig. 52). Letzteres besteht aus den üblichen zwei Schichten. Die Facetten der Cornea sind quadratisch. Crangon hat ein Auge, das dem von Palämon recht ähnlich ist. Auch hier zwei Tapetumschichten der Retina und ein Iristapetum. Die — 123 — Sehstäbe haben eine zierliche Zeichnung, die durch regelmässig an ihrer Oberfläche vertheilte körnige Gebilde entsteht. Nica edulis hat ein Auge, das durchaus ähnlich ist dem von Sicyonia sculpta und wie dieses Pigmentverschiebungen zeigt. Ich müsste die Fig. 53, 54 fast genau wiederholen, sollte ich das Auge zeichnen, was wohl überflüssig wäre. Der einzige Unterschied, der etwa auffällt, besteht darin, dass bei Nica mehr Tapetumsubstanz im Ganglion opticum ein- gebettet liegt, und zwar in Fäden vertheilt. Der Bärenkrebs (Scyllarus) hat wohl ausgebildete, hinten schön linsenartig abgerundete, im Uebrigen fast cylinderförmige Krystallkegel hinter einer in quadratische Facetten getheilten Cornea. Das Irispigment, das den Kegeln in dünner, aber ziemlich compacter Schichte dicht anliegt, sendet einzelne fadenförmige — nicht scheidenförmige — Fortsätze ziemlich weit nach hinten. Die Krystallkegelscheide ist mit einer sich an die convexe Fläche der Kegel anschliessenden Masse gefüllt, die sich gegen Färbungsflüssig- keit anders verhält als die ausserhalb der Scheiden gelegene Substanz, welche im Präparate den Eindruck coagulirter Flüssigkeit macht. Die Seh- stäbe fand ich im Lichtauge mehr in die Länge gestreckt mit spindel- förmiger Anschwellung, im Dunkelauge nähern sie sich der Walzenform. Ich halte nach Analogie mit anderen Krebsen die erst genannte Form für die natürliche und die andere, die ich übrigens auch bei einem Lichtauge fand, für den Ausdruck nicht gelungener Härtung. Sie sitzen auf einer Membrana fenestratä auf, hinter welcher die Schichte der Nervenverzwei- gungen folgt. Querschnitte durch die Anschwellung des Auges zeigen am Lichtauge das Ehabdom, dessen eigenthümliche Gestalt noch den sieben- strahligen Stern wohl erkennen lässt, umgeben von den pigmentirten Reti- nulazellen. Am Irispigment konnte ich eine Verschiebung als Lichtwirkung nicht sicher erkennen, wohl aber an der Retina. Das Pigment liegt hier auch im Dunkelauge in der Netzhaut, aber nur an den hinteren Antheilen der Sehstäbe, die vorderen bleiben frei. Beim Lichtauge dagegen reicht das Pigment auch über die vorderen Theile und zeigt eine eigenthümlich streifige Anordnung, deren Erklärung ein Blick auf den sternförmigen Querschnitt des Sehstabes gibt. Die Schichten des Ganglion opticum fand ich bei diesem Krebse ganz pigmentfrei. Sicyonia sculpta (Taf. V, Fig. 53, 54, und Taf. IV, Fig. 39) hat ein sehr schönes, leicht zu schneidendes Auge mit drei Lagen Tapetum und deutlicher Verschiebung von Iris- und Retinapigment. Die quer- gestreiften Sehstäbe beginnen erst eine geraume Strecke hinter den hinteren Enden der Krystallkegel. Diese Strecke ist durchzogen von den Scheiden der Krystallkegel, zwischen denen sich im Präparate coagulirte Flüssigkeit findet. Die Krystallkegel selbst haben schöne vordere und hintere kugelige Begrenzungsflächen. Die Corneafacetten sind quadratisch. — 124 — Das Irispigment wandert bei Lichtwirkung mit dem Iristapetum eine grosse Strecke nach rückwärts, das Retinapigment kommt aus dem Gang- lion opticum und wandert durch die Membrana fenestrata und die Tapetum- schichte bis an die vorderen Enden der Sehstäbe, die es einhüllt. Die grossen kugeligen Augen von Palinurus (Langusta) (Taf. V, Fig. 50) haben einen mit freiem Auge präparirbaren Glaskörperraum, hinter dem, gerade wie beim Wirbelthierauge, die Retina liegt. Die Sehstäbe sind hier ziemlich klein. Der Bau des Auges ist ganz ähnlich dem von Palämon oder Sicyonia. Nur scheint es, dass das Retinapigment auch im Dunkel- auge in der Netzhaut selbst liegt, aber hinter dem Tapetum. Im Dämme- rungsauge schon liegt alles Pigment vor dem Tapetum. Der linke Theil des Netzhautstückes der Fig. 50 stellt das Stadium dar, in welchem eben das Pigment durch das Tapetum zu treten im Begriffe ist. Es hat die vor- deren Enden der Sehstäbe noch nicht erreicht, liegt aber schon zum Theile zwischen ihnen und vor der Tapetummasse. Die seitlichen Theile dieses selben Auges zeigen das Netzhautpigment noch in Dimkelstellung. Ich habe eine solche Stelle rechts in Fig. 50 abgebildet. Dahingestellt muss ich es lassen, ob das Irispigment bei Palinurus auch im Lichtauge die Stellung hat, welche diese Figur zeigt, denn in einem Auge aus diffusem Tageslicht sieht es auch so aus, wie in dein abgebildeten unvollkommenen Dunkelauge. Die Scheiden der Krystallkegel, im Querschnitt b gut zu sehen, sind wieder mit einer Substanz gefüllt, die, soweit sie sich an den Kegel anschliesst, stark lichtbrechend und homogen erscheint, weiter nach hinten aber sich in tropfenartige Coagula auflöst. Die Cornea lässt an ihrer vor- deren Fläche keine Facetten erkennen; an der hinteren scheint eine weiche Hypodermisschichte zu liegen, die deutliche quadratische Facetten zeigt. Astacus fluviatilis lieferte mir keine hinlänglich guten Präparate, dass ich eine Zeichnung nach ihnen anfertigen möchte. Doch sind sie genügend, mit voller Deutlichkeit erkennen zu lassen, dass das Irispigment in der oft geschilderten Weise in Folge von Lichtwirkung nach rückwärts rückt und dass das Retinapigment im gleichen Falle die vorderen Enden der Sehstäbe einhüllt, während es im Dunkelauge aus der Netzhaut ganz verschwunden und in reichlichen Massen hinter der Membrana fenestrata angehäuft ist. Ein Theil desselben bleibt übrigens auch im Lichtauge hier zurück. Ein typisches schönes Tapetum umhüllt die hinteren Hälften der Sehstäbe sowohl im Dunkel- als im Lichtauge. Peneus membranaceus (Taf. V, Fig. 47, und Taf. VII, Fig. 75). Die schönen Augen dieses Thieres zeichnen sich dadurch aus, dass sie kein oder nahezu kein Pigment enthalten, hingegen schönes Tapetum. Ich fand nämlich bei einem Dunkelauge und einem Auge aus diffusem Tages- licht keine Spur von Irispigment, wohl aber sehr schönes Iristapetum. Die Augen waren in Alkohol gehärtet. Dann fand ich bei einem Lichtauge, das in Müller'scher Flüssigkeit gehärtet war, doch Spuren eines braunen — 125 — Pigmentes, welches sich vom Iristapetum aus auf eine kurze Strecke, etwa bis in die halbe Höhe des Kegels erstreckte und im Uebrigen den gewöhn- lichen Platz des Irispigmentes einnahm. Nur mit einiger Mühe war es möglich, sich von der Pigmentnatur des unscheinbaren Belages zu über- zeugen. Ich konnte demnach nicht entscheiden, ob dieses Individuum Iris- pigment hatte, die beiden anderen Individuen keines oder, was mir nicht unwahrscheinlich schieu, dass alle in das Iristapetum eingesprengt und von diesem verdeckt etwas Pigment besitzen, sich dasselbe aber nur bei Sonnenbeleuchtung so weit vom Tapetum trennt, dass es mit Sicherheit erkannt werden kann; oder endlich könnte man denken, dass diese Diffe- renz der Augen auf der Härtungsflüssigkeit beruhe. Es wäre aber viel wahrscheinlicher, dass die Müller'sche Flüssigkeit das Pigment aufgelöst hätte, als dass es der Alkohol thue. Ueber diese Fragen klärte mich der Anblick einiger Exemplare des- selben Thieres auf, welche Herr Gustos Kölbel mir aus der Sammlung des kaiserl. naturhistorischen Hofmuseums zu zeigen die Freundlichkeit hatte. Diese Thiere, an der spanischen Küste gefangen, zeigten, obwohl seit vielen Jahren in Alkohol, deutlich und schon mit freiem Auge erkenn- bar, pigmentirte Augen. Es scheint also kein Zweifel, dass hier individuelle Schwankungen vorkommen, die vielleicht mit der grösseren oder geringeren Tiefe, in welcher die Thiere leben, zusammenhängen. Die kurzen quergestreiften Sehstäbe tauchen nach hinten in das Retinatapetum. Wie bei vielen Krebsen, liegt auch bei Peneus im Ganglion opticum und vollkommen von der ersten getrennt eine zweite Tapetum- schichte, die aber nicht reichhaltig mit Tapetummasse versorgt ist. Auf- fallenderweise finde ich diese zweite Schichte nicht bei dem in Müller- scher Flüssigkeit conservirten Lichtauge. Schöne, hinten abgerundete Krystallkegel, deren Fortsätze in je zwei Stränge ausgehen, die mit coagulirter Flüssigkeit erfüllt sind. Corneafäcetten quadratisch. 2. Halbschwänze. Der Einsiedlerkrebs (Pagurus) (Taf. VII, Fig. 71 und 72) hat sechseckige Corneafäcetten. Auch bei diesem Thiere lässt sich die Ver- schiebung des Irispigmentes auf Lichtwirkung an den mikroskopischen Präparaten nachweisen, wie durch das Verhalten des Augenleuchten s erwartet werden musste. 3. Kurzschwänze. Dromia vulgaris (Taf. V, Fig. 55, 56). Hinter der dicken quadra- tischen Corneafacette liegt ein Krystallkegel, in dessen Innerem man, wie das nicht selten ist, noch einen anders brechenden linsenartigen Körper liegen sieht. Ob dieser auch schon im Leben dasselbe optische Verhalten zeigte, muss ich dahingestellt sein lassen. Die Sehstäbe reichen mit ihren Verlängerungen bis an den Krystallkegel. Typische Verschiebung von Iris- und Retinapigment. — 126 — Portun us (Taf. IV, Fig. 37, 38). Die Krystallkegel zeigen starke Coagulationen, so dass ich ihre Form zwar gezeichnet habe, wie die Mehr- zahl sie zeigen, aber für deren Correctheit nicht einstehen hann. Die Corneafacetten sind sechseckig. Merkwürdig ist hier das Spiel des Iris- pigmentes, das am Dunkelauge die hintere Wölbung des Kegels durch eine weite Oeffnung frei lässt und im Lichtauge sich am Sehstab dicht anliegend wie ein Ueberguss nach hinten zieht. Das gewöhnliche ist, dass das Pigment eine Röhre von der Weite des Kegels bildet, in welcher, sie aber bei- weitem nicht ausfüllend, der Sehstab oder die Hülle des Kegels liegt. Sehr schön ist auch das Spiel des Retinapigmentes, das sich von der hinteren Hälfte der Spindeln und dem Ganglion opticum auf die vordere Hälfte zieht, an dem ursprünglichen Standort nur spärliche Reste zurück- lassend. Man sieht hier direct die Stränge, welche das Pigment führen, die Sehstäbe umgeben und die Membrana fenestrata durchbohrend sich in das Ganglion einsenken. Querschnitte (a,b) zeigen, dass diese Stränge Sterne bilden, d. h. bandförmig sind und mit ihrer Breitseite radiär stehen. Galathea (Taf. V, Fig. 45, 46, und Taf. VI, Fig. 65). Die Kegel- scheiden bilden zwischen Cornea und eigentlichem Kegel lange mit coagu- lirter Flüssigkeit gefüllte Röhren; Lichtverschiebung am Iris- und Retina- pigment. Im Dunkelauge sind die Spindeln der Sehstäbe wahrscheinlich in Folge der Härtung in die Länge gezogen, so dass das Tapetum nicht auf der Membrana fenestrata aufsitzt. Corneafacetten quadratisch. Maja (Taf. IV, Fig. 41, 42) hat Sehstäbe, die bis in die nächste Nähe der Krystallkegel reichen, kein Tapetum und eine nicht bedeutende Licht- verschiebung sowohl im Iris- als im Retinapigment. An dem ersteren erkennt man dieselbe fast nur daran, dass die runden Kerne, welche dem vorderen Theile der Sehstäbe ansitzen, am Lichtauge von Pigment einge- hüllt sind, an letzterem ist eine Wanderung aus dem Ganglion nach vorne wenn auch nicht sicher, so doch recht wahrscheinlich. Die Corneafacetten sind sechseckig und die Cornea zeigt eine deut- liche Schichtung in Lamellen. Ueber die Krystallkegel kann ich Näheres nicht aussagen, da sie an meinen Augen nicht gut erhalten waren. Pisa (Taf. V, Fig. 48, 49). Die lamellirte Cornea hat sechseckige Facetten, die Krystallkegel an ihrer Spitze von dicht anliegenden Kernen umgeben. Der Sehstab zerfällt in zwei Abteilungen und trägt am vorderen Ende die übliche kernhaltige Anschwellung. Zwischen den hinteren Enden der Sehstäbe, sowie im Ganglion opticum findet sich Tapetum. Querschnitte (d der Fig. 48) lassen es kaum zweifelhaft erscheinen, dass dasselbe hier in Zellen eingelagert ist, die schöne runde Kerne haben. Deutliche Ver- schiebung des Irispigmentes, ebenso des Netzhautpigmentes, welches im Dunkelauge fast ausschliesslich hinter der Membrana fenestrata liegt und im Lichtauge an die vordere Hälfte der spindelförmigen Anschwellung gerückt ist, wo es in zierlich unterbrochenen Strängen angeordnet ist. Au einem Lichtauge fand ich übrigens das Pigment auch an der hinteren — 127 — Hälfte der spindelförmigen Anschwellung, wo Querschnitte schöne Pigment- sterne mit dem centralen durchsichtigen Rhabdom zeigten. Die Strahlen der Sterne waren durch die Querschnitte der Pigmentstränge gebildet. Das Rhabdom zeigt sich im dünnen und dicken Theile des Sehstabes als aus vier Scheiben zusammengesetzt. Auffallend ist, dass das obere Ende des Sehstabes im Lichtauge vom Kegel abgezogen, aber noch mit einem Strange an ihn befestigt erscheint. Ich würde glauben, dass dies durch Härtung und Schrumpfung bedingt ist, aber beide von mir geschnittenen Lichtaugen zeigen dieses Verhalten, obwohl das eine in Müller'scher Flüssigkeit, das andere in Alkohol gehärtet worden war. Nicht unerwähnt kann ich lassen, dass das Tapetuni bei diesem Thiere, wenigstens an den Präparaten, schlecht das Licht reflectirt, so dass es im auffallenden Lichte weniger hell, im durchfallenden weniger dunkel erscheint als bei anderen Thieren. 4. Diverse Crustaceen. Squilla mantis (Taf. III, Fig. 22). Eine Pigmentwanderung durch Licht einwirkung konnte ich an keiner der beiden Schichten beobachten. Tapetum fand ich keines. Die Corneafacetten sind sechseckig. Phronima, Copilia, sowie die ebengenannte Squilla haben Augen von so eigenthümlichem Bau und so besonderer Functionsweise, dass ich sie zum Gegenstand der Besprechung in einem eigenen, dem nächsten Capitel machen will, woselbst sich auch Holzschnitte finden. VIII. CAPITEL. Die Augen von Squilla, Phronima und Copilia. Es war bisher fast ausschliesslich von den Augen der Insecten und der Dekapoden die Rede. Ueber die übrigen Crustaceen, abgesehen vom Limulus, habe ich sehr wenig Erfahrungen, doch schienen mir die Augen einiger derselben nach den Beschreibungen, die ich von ihnen las, so inter- essant, dass ich sie ihres absonderlichen Baues wegen doch in den Kreis meiner Beobachtungen zog und Einiges darüber mittheilen zu können glaube. a) Squilla mantis steht, was den Bau der einzelnen Facettenglieder betrifft, den halb- und kurzschwänzigeu Krebsen sehr nahe. Es gelang mir, am frischen Auge ziemlich gute Bilder über den Strahlenverlauf zu erhalten. Derselbe ähnelt durchaus dem von Limulus, d. h. man sieht in der Nähe der Kegeispitzen ein nicht sehr deutliches verkehrtes Bildchen äusserer Objecte. Benützt man als solche zwei Lichtpunkte, so erkennt man, dass die Strahlen, welche von jedem derselben ausgegangen waren, sich im Bilde unter einem recht spitzen Winkel kreuzen und dass die Axen der beiden weiter verlaufenden Lichtkegel sich wenigstens nicht in einer hier in Betracht kommenden Entfernung kreuzen, sondern näherungsweise parallel verlaufen. Und zwar war das Verhalten der Lichtstrahlen dasselbe, ob die Facettenglieder dem stärkst- oder dem schwächstgekrümmten Theile des Auges angehören. Das Thier sieht also mit einem Appositionsbild. Das Absonderliche an diesem Auge liegt aber in seiner Gestalt. Ich habe schon erwähnt, dass dieselbe einer an beiden Enden abgerundeten Walze zu vergleichen ist, die aber in ihrer Mitte eine ringförmige Ein- schnürung hat. Einen Schnitt, der auch den Stiel des Auges trifft, zeigt Fig. 22, Taf. III. Herr Prof. Brauer macht mich nach Abschluss meiner Unter- suchungen darauf aufmerksam, dass es auch eine Insectenart gibt, deren Augen durch eine tiefe Kerbe in zwei Theile getheilt ist, nämlich Asca- laphus. Ein Längsschnitt durch das Auge von Squilla würde im Allgemeinen Biscuitform haben, ein Querschnitt Kreisform, wenigstens soferne der Stiel — 1 29 — nicht mit in den Schnitt fallt. Ich sage Biscuitform, denn thatsächlich kann kein Schnitt, wie das bei einem wahren Cylinder der Fall wäre, eine gerade Begrenzungslinie des Auges ergeben, die Wölbung am Ende der Walze geht direct in die Wölbung der Einschnürung über. Es ist das des- halb von Wichtigkeit, weil es im Principe des Facettenauges liegt, dass die Axen der Facettenglieder gegeneinander geneigt sind. Ich habe auch schon oben auf die durch die Gestaltung nothwendig bedingte Verzerrung des aufrechten Netzhautbildes hingewiesen; es lohnt sich aber doch, diese Verzerrung etwas genauer ins Auge zu fassen und nach deren möglicher Bedeutung im Leben des Thieres zu fragen. Fassen wir zunächst nur die eine Hälfte des Organes ins Auge, also eine Hälfte der Walze, welche vom Ende bis zur Einschnürung reicht. Denken wir uns die Walze horizontal stehend, so ist der Krümmungshalb- messer des Auges in der Horizontalen weit grösser als in der Verticalen. Das Netzhautbild eines mit einer Seite horizontal stehenden Quadrates muss also die Gestalt eines langgestreckten Rechteckes haben, dessen horizontal stehende Seite die lange ist. Kann nun eine solche Verzerrung für das Thier von irgend einem Nutzen sein? Ich denke wohl. Wir wenden bei unseren physikalischen Ver- suchsanordnungen eine solche Verzerrung eines Bildes häufig als einen zu dem speciellen Zwecke sehr geeigneten Kunstgriff an. So z. B. wird jetzt oftmals die vordere Fläche von Thermometerröhreu so zugeschliffen, dass durch die an ihr stattfindende Lichtbrechung der dünne Quecksilberfaden dick erscheint; wir sehen ihn dann viel besser wegen des Zuwachses in der einen Dimension. In der anderen Dimension war eine Vergrösserung durchaus kein Bedürfniss. Es ist auch dasselbe Princip, nach welchem wir zur Erzeugung eines Spectrums nicht einen hellen Punkt als Lichtquelle, sondern eine helle Linie verwenden. Das Spectrum wäre ebensolange und enthielte dieselbe Anordnung der Farben, wenn wir nur einen Punkt verwenden würden, wir würden aber viele Details nicht sehen, wenn wir nicht die Verzerrung in der Richtung- bewirken würden, welche auf die Reihe der wahrzunehmenden Details senkrecht steht. Gerade ebenso würde also das Netzhautbild einer Squilla z. B. ein System paralleler Linien noch als solches erkennen lassen, wenn die Linien vertical stehen, und würde die Auflösung desselben Liniensystemes nicht mehr bewirken, wenn es horizontal stünde. Es würde sich also die eigen- thümliche Form des Auges unter der Voraussetzung erklären, dass es im Haushalte dieses Thieres von Wichtigkeit ist, Details, die in einer bestimmten Richtung angeordnet sind, genau zu unter- scheiden. Die andere Absonderlichkeit des Auges, die ringförmige Furche, die dasselbe in zwei recht ähnliche Hälften theilt, muss zur Folge haben, dass ein Object, welches näherungsweise in der Ebene dieser Furche liegt, zwei Netzhautbilder in demselben Auge entwirft. Es muss das so sein, weil das Exner, Fucetten;mgeii. ',1 — lao — Facettenauge, abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden gering- fügigen Abweichungen, nach jeder der vielen über seine Functionsweise aufgestellten Theorien, das Bild eines Punktes durch jenes Facettenglied entwirft, dessen Axe den Punkt trifft. Hier sind aber zum mindesten zwei Facettenglieder, auf jeder Seite der Einschnürung, deren Axen nach dem Gegenstand gerichtet sind, wenn er in der genannten Ebene liegt. Das Thier sieht also mit einem Auge zwei Bilder, es sieht binoculär. Es hat demnach auch die Vorzüge des binoculären Sehens für jedes Auge speciell. Der wichtigste Vortheil des binoculären Sehens aber ist unzweifel- haft die ermöglichte Schätzung der Entfernungen. Squilla kann also mit einem Auge Entfernungen schätzen. Wir wissen freilich nicht, wie gut andere Krebse und Insecten monoculär stereoskopisch sehen, das aber ist sicher, dass das Auge der Squilla in dieser Beziehung über einen der wichtigsten Factoren verfügt, der den anderen fehlt. Dabei ist aber noch Folgendes zu beachten. Es ist nicht gleichgiltig, von welcher Beschaffenheit der Gegenstand ist, dessen Entfernung geschätzt werden soll. Einer horizontalen Linie gegeuüber wäre diese ganze Ein- schnürung des Squillaauges fruchtlos; geradeso wie unser binoculäres Sehen uns bei horizontalen Linien im Stiche lässt, ebenso die Vögel, die sich ja deshalb so häufig an Telegraphendrähten im Fluge erschlagen, wie das allgemein bekannt ist. Wir haben oben der Einfachheit der Darstellung wegen vorausgesetzt, dass das walzenförmige Auge mit seiner "Läugsaxe horizontal stehe und sehen nun, dass dies die Richtung eines Liniensystems ist, dessen Ent- fernung es am schlechtesten schätzt. In der Senkrechten muss es Entfernun- gen am besten schätzen. Wie nun immer im Leben das Auge stehe, so geht daraus hervor, dass diejenige Richtung, welche ein Liniensystem haben muss, um das deutlichste Netzhautbild zu entwerfen, die- selbe ist, die es haben muss, damit seine Entfernung am sichersten erkannt werde. Ein Zusammentreffen, das man kaum ein zufälliges nennen darf. Die Eigentümlichkeiten des Auges befähigen also Squilla Structuren, in deren Anordnung eine bestimmte Richtung hervortritt, schärfer zu sehen und ihre Entfernung genauer zu beurtheilen, als dies ohne diese Eigen- tümlichkeiten cet. par. der Fall wäre. Ich bin mit der Lebensweise des Thieres zu wenig vertraut, um auch nur vermuthen zu können, um welche Objecte des Sehens es sich hier handelt. b) Die Phronimiden haben, wie seit geraumer Zeit bekannt, Augen, die sich von jenen der anderen Krebse recht bedeutend unterscheiden- Jedes Auge zerfällt auch hier in zwei Theile, doch sind dieselben so hoch- gradig verschieden, dass man füglich jeden als ein Auge betrachten und sagen kann, das Thier habe vier Augen. (Vgl. Holzschnitt Fig. 20.) Es sind zwei Seitenaugen, deren Sehfeld die gewöhnliche Lage und Ausdeh- nung hat, und zwei Scheitelaugen, deren Sehfeld ausschliesslich nach oben i:-n liegt, wenn man sich das Thier, mit seiner Körperaxe horizontal sitzend denkt. Ja, es sind dement- sprechend auch vier Retinen vor- handen (Rl, R'2). Fig. 20 zeigt die rechte Hälfte eines Kopfes von vorne gesehen, bei schwacher Vergröße- rung. Diese Thiere sind nämlich fast durchsichtig, so dass man so- fort das Seitenauge mit den kurzen theilweise in Verkürzung erscheinen- den Krystallkegeln und der Retina Rl erkennt, ebenso das ausgedehnte Scheitelauge, dessen Kegel in lange Fäden übergehend von der zweiten Netzhaut R- aufgenommen werden, deren Sehstäbe fast wie eine Fort- setzung der Kegel erscheinen und in ihrer Gemeinschaft die Form einer Düte nachahmen. Ich verdanke auch hier wieder Herrn Prof. Brauer die Mittheilung, dass bei Insecten, und zwar der den Ephemeriden angehörigen Chloe bino- culata, eine ähnliche Theilung der Augen vorkommt. Indem ich, was den anatomi- schen Bau des Auges und der Retina von Phronima betrifft, auf die be- kannten Untersuchungen und Ab- bildungen von Claus * verweise, mit deren Benützung auch die beistehende Figur entworfen ist, will ich hier nur das besprechen, was mir von physiologischer Bedeutung scheint. Während Gammarus (ich unter- suchte G. R ö s e 1 i i) Krystallkegel hat, deren hintere Enden in einer nennens- werthen Entfernung von der Retina i Vgl. C. Claus: Der Organismus der Phroniuiiden. Arbeiten aus dem zoologischen Institute der Universität in Wien. 1879. Tom. II- Fig. 20. y* — 132 — liegen, somit ein Superpositionsbild bei diesem Thiere nicht ausgeschlossen ist, ragen bei dem im Uebrigen ziemlich ähnlich gebauten Seitenauge von Phronima die Krystallkegel so in die Netzhaut hinein, dass ihre sehr kleine, aber ebene Endfläche hart an das vordere Ende des Rhabdomes (S) zu stehen kommt, so dass dieses, da es auch fast dieselbe Dicke hat, wie eine Port- setzung des Kegels wirkt. (Vgl. Taf. IV, Fig. 43.) Die centralen Fortsätze der Netzhautelemente sieht man die Membrana fenestrata (in. f.) durchbohren und sich hier mit Körnern in Verbindung setzen, welche ein primitives Ganglion opticum darstellen, und von diesen Kernen sieht man wieder die Nervenfäden abgehen und den Sehnerven zusammensetzen. Pigment findet sich im Auge keines, abgesehen von einer gelblichen diffusen Färbung der Netzhaut. l Ich kenne kein Facettenauge von ähnlicher Einfachheit und deshalb Verständlichkeit des Baues, in Bezug auf die Gliederung in den dioptri- schen Apparat, die Netzhaut als energieumwandelnden Apparat und den eigentlich nervösen Perceptions- und Leitungsapparat. Etwas anders steht es mit der Verständlichkeit der physikalisch- optischen Vorgänge. Ein Superpositionsbild kann nicht da sein, aus dem schon genannten Grunde, aber auch ein Appositionsbild von der Art, wie wir es bisher kennen gelernt haben, ist ausgeschlossen. Denn es erfordert, dass in der Nähe der Spitze jedes Krystallkegels ein, wenn auch schlechtes, dioptrisches Bild der äusseren Objecte entworfen werde. Das ist hier aber so gut wie ausgeschlossen, denn die Kegel -sind erstens hierzu in ihrem Baue nicht regelmässig genug, sie sind, wie 0. Schmidt richtig hervor- hebt, durchaus nicht symmetrisch um eine Axe orientirt, zweitens aber schliesst, wenigstens beim Scheitelauge, die ungeheure Länge des Krystall- kegels, sowie seine Dünne den Gedanken an ein gewöhnliches dioptrisches Bild gänzlich aus. Der Kegel des Scheitelauges hat ja im Allgemeinen die Form einer Stecknadel, deren Kopf aber nicht kugelig ist, sondern allmählich in die Nadel übergeht, und deren Nadel circa fünfzehnmal so lang ist als die Kopfanschwellung. (Vgl. Taf. IV, Fig. 44, einen isolirten Kegel, dessen Faden aber noch bedeutend vor seinem natürlichen Ende durchschnitten ist.) Sollte da ein dioptrisches Bild entstehen, so müsste der ganze lange Faden kaum um ein Tausendstel Millimeter von der Geraden abweichen, wenn das Bild nicht zerstört werden dürfte. Nun trifft das gewiss nicht zu, vielmehr sieht man Asymmetrien und Verbiegungen, die ganz gewiss schon im Leben bestanden haben. Aus diesen hat Schmidt gefolgert, dass die Krystallkegel von Phronima das Licht durch totale Reflexion leiten, wie ein Glasstab dies thut, und dass die Theorie vom musivischen Sehen hier nicht zutrifft. Die letzte Folgerung ist, wie schon mehrfach hervorgehoben wurde, falsch, die erstere ist im gewissen Sinne richtig. 1 So zeigten es meine in Alkohol, theilweise auch vorher in Osmiumsäure, erhärteten Thiere. Frische Augen zu untersuchen, hatte ich keine Gelegenheit. - 133 — In meiner ersten Abhandlung (1875) über das zusammengesetzte Auge glaubte ich, die Theorie aufstellen zu dürfen, dass jedes Facetteuglied des zusammengesetzten Auges Lichtstrahlen, welche näherlings weise in der Richtung seiner Axe auffallen, theils durch Brechung, theils durch totale Reflexion an die Spitze des Krystallkegels leitet, wo sie dann vom Netz- hautelemente aufgenommen werden. Im Grossen und Ganzen war diese meine Theorie falsch. Ich kannte damals die optische Wirkung der Linsen- oylinder noch nicht. Für Phronima aber muss ich sie heute noch aufrecht erhalten, allerdings in einer durch die Kenntniss der Linseneylmder vervoll- kommneten Form. Die Leitung von Lichtstrahlen in Glasstäben geschieht auch, wenn dieselben gekrümmt sind, ja es ist dieses Princip in neuester Zeit praktisch verwerthet worden. Stellen wir uus also zunächst die radiäre Anordnung der wirklich kegelförmigen vorderen Enden der Krystallkegel vor und setzen wir vor- aus, dass Lichtstrahlen, welche näherungsweise in Richtung der Axe in einen solchen Kegel eintreten, in den Faden gelangen und von diesem bis zum Netzhautelement geleitet werden, so ist nur nöthig, dass diese letz- teren dieselbe gegenseitige Anordnung haben wie die dazugehörigen vor- deren Kegelenden. Es muss dann ein aufrechtes Netzhautbild entstehen, ob die Kegelfäden gerade oder gebogen verlaufen. Wenn die drei Punkte a, b, c eines Gegenstandes in den Axen der drei nebeneinander stehen- den vorderen Kegelenden av bv c{ liegen, so müssen die von ihnen aus- gehenden Lichtstrahlen den Netzhautelementen a2, b.2, c2 zugeführt werden. Stehen diese letzteren auch nebeneinander, so erhalten sie also ein Bild • von a, b, c. Nun stehen sie aber nebeneinander, wie daraus mit Bestimmt- heit zu ersehen ist, dass auch beim Scheitelauge von Phronima die Kegel- fäden vollkommen regelmässig, d. h. ohne sich zu verflechten oder zu kreuzen, nach der Netzhaut convergiren. Dass nun wirklich Licht, das näherungsweise mit der Axenrichtung in den Kegel eindringt, in der geschilderten oder einer ähnlichen Weise durch denselben bis an seine Spitze geleitet wird, davon überzeugte ich mich am Seitenauge von Phronima folgendermassen. Das Auge, gefärbt und in Celloidin eingebettet, wurde in dicke Schnitte zerlegt und ein Kegel ausgesucht, dessen Axe senkrecht stand, mit dem vorderen Ende dem Spiegel des Mikroskopes zugewendet. Man sieht nun bei passender Beleuchtung ganz wie bei einem Glasstab das obere Ende hell und dunkel werden, wenn man das untere Ende belichtet oder beschattet. Das Licht selbst gab den Beweis, dass es den Kegel der Länge nach durchsetzt hatte, denn es war tief roth gefärbt, obwohl die nicht senkrecht stehenden Kegel so schwach tingirt waren, dass sie eben nur eine röthliche Farbe erkennen Hessen. Auf ähnliche Weise überzeugte ich mich nun aber auch — es geschieht das wohl jedem Forscher — dass die Dinge doch noch complicirter sind, als man sie sich vorgestellt hat. Auch diese Krystallkegel, die, wie Claus richtig beschreibt, aus zwei longitudinal aneinandergelegten — 134 — Stücken bestehen, sind nämlich wieder nach dem Principe der Linsen- cylinder gebaut. Die lichtsammelnde Wirkung der Linsencylinder wird sich also zu der gleichen Wirkung der vorderen convexen Kegelfläche addiren. Es fragt sich, was für eine Bedeutung für das Sehen kann diese Sammelwirkung an den Krystall- kegeln überhaupt haben? Mir scheint dieselbe auf der Hand zu liegen. Ich habe oben (S. 59) gezeigt, dass ein Kegel im strengen Sinne des Wortes nicht ge- eignet ist, Licht an seine Spitze zu leiten. Hier handelt es sich aber gerade um etwas derartiges, und speciell um die Lösung der Aufgabe, das aus einer bestimmten Eichtung, nämlich der Axe kommende Licht in den Kegelfaden zu bringen. Betrachten wir die Sache in Holzschn. Fig. 21 etwas schematisirt. Würde eine Brechung der Lichtstrahlen nicht stattfinden, so könnte von einem entfernten, auf der Axe x y des Kegels ge- legenen Punkte fast nur ein Lichtbündel bei m n in den Faden eintreten, das den Querschnitt m'n' hat. Etwas von den benachbarten Strahlen würde wohl noch durch Reflexion dahin gelangen, aber aus den oben angeführten Gründen würde das bei der Feinheit des Fadens nicht viel sein. Anders ist es, wenn die Strahlen gebrochen werden. Es kann dann das ganze von demselben Object- punkte kommende Lichtbündel, dessen Basis a b der Breite des Kegelendes entspricht, den Faden erreichen; denn die Wellenoberfläche von a b wird durch die Brechung an der convexen Fläche nach unten concav (ax bj, welche Concavität durch den Linsencylinderbau im Fortschreiten der Wellenoberfläche noch vermehrt wird (a2 b2), und bedenkt man, dass die Richtung der Strahlen immer senkrecht auf der Wellenoberfläche steht, so gelangt ein Strahlenkegel «2 °, \ ° in den Faden, welcher nun durch totale Reflexion (\ az) bis an das Netzhautelement geleitet wird und alles Licht enthält, das aus jener Richtung in die Convexität des Kegels eingedrungen ist. Die kegelartige Erweiterung am vorderen Ende, ihre convexe Fläche und ihr Linsencylinderbau erzielt also eine sehr nennenswerthe Hellig- keitssteigerung des Netzhautbildes. Strahlen, welche schief in den Kegel eindringen, werden, je nach dem Grade ihrer Neigung gegen die Axe, entweder eliminirt (s. oben) oder 135 sie werden auch in den Kegeltaden gelangen. Ks ist dies natürlich der kleinere Theil, der eine geringe Neigung gegen die Axe hat. Er niuss aber bewirken, dass in einen Kegelfaden nicht nur das Licht des Axen- punktes, sondern auch das seiner nächsten Umgebung gelangt. Also auch Phronima sieht mit einem aufrechten Netzhautbild, das dem Appositionsbilde verwandt ist, sich von ihm aber dadurch unter- scheidet, dass ausser der Brechung in jedem Facettenglied auch noch eine Leitung des Lichtes durch totale Reflexion vorhanden ist. Das Thier sieht wie die Libelle nach oben mit einem mehr abgeflachten Auge, was wohl eine ähnliche Bedeutung haben dürfte, wie bei jener. Im Ganzen ist das Auge jedenfalls ein weit unvollkommeneres als das anderer Krebse. Die bisher besprochenen Augenformen hatten manche Absonderlich- keiten, führten aber doch immer wieder auf den Typus des Facettenauges mit aufrechtem Netzhautbild zurück. ■ c) Bei Copilia aber und ihren nächsten Verwandten, besonders Sapphirina, hat man neuerer Zeit eine Augenform kennen gelernt, die in der That im höchsten Grade absonderlich ist und in den Rahmen keines bekannten Augentypus zu passen scheint. Copilia, die ich lebendig und todt zu untersuchen Gelegenheit hatte und von der ich deshalb hier allein zu sprechen habe, ist ein wenige Millimeter grosser, von oben nach unten abgeplatteter Copepode, in der Flächenansicht näherungsweise von der Gestalt eines gleichschenkeligen Dreieckes. Die Basis desselben bildet die vordere Kante des Thieres, und an deren beiden Enden findet sich eine auffallend schöne Linse, deren eine convexe Fläche nach vorne sieht und an Wasser grenzt, und deren hintere Fläche dem Innern des fast ganz durchsichtigen Körpers zugewendet ist. (Vgl. Holz- schnitt Fig. 22.) Grenadier hat bemerkt und ich kann es bestätigen, dass die Linse aus zwei Substanzen besteht, einer cuticularen, welche selbst wieder die Form einer concav-convexen Linse hat, und einer dahinterliegenden bicon- vexen stärkeren Linse. Die Linsen bilden die vordersten Theile des ganzen Thieres, und hinter denselben ist nichtj wie man erwartet hätte, eine Retina, sondern durchsichtige Körpermasse. Erst weit hinten, etwa in der halben Länge des Körpers, gewahrt man eia Gebilde, das man zunächst gar nicht als mit der Linse in Beziehung stehend erkennt. Es ist ein krystallkegel- artiger Körper, vorne abgerundet, von starkem Lichtbrecliungsvermögen, der auf einem knieförmig umgebogenen gelben Stab aufsitzt, dem einzigen pigmentirten Körpertheil des Thieres. Er endet auf der anderen Seite stumpf. Bei genauerer Betrachtung sieht man, dass dieser Krystallkegel, wenn wir ihn so nennen wollen, durch Aufhängebäiider, die bis in die Nähe der Linse reichen, vorne befestigt ist, und dass weiterhin in den gelben Stab seitlich ein Nerv, der Sehnerv (n. o.), hineinführt, sich auch 136 ein quergestreifter Muskel an ihn ansetzt. Grenadier, auf dessen Be- schreibung ich in anatomischer Beziehung verweise (auch Gegenbauer, Leuckart, Claus und Haeckel haben dieses Auge studirt), und unter Benützung von dessen schöner Abbildung auch die Fig. 22 angefertigt worden ist, beobachtete weiter, dass im Innern des gelben (hier grau gezeichneten) Stabes die Analoga der Retinulazellen, sowie der Rhabdome zu sehen sind, und zwar wahrscheinlich drei an der Zahl. Es ist leicht begreiflich, dass ein solches Auge zu Versuchen anregen musste, seiner Functionsweise auf die Spur zu kommen. Es wurde mit einem Fernrohre verglichen, dessen Objectiv die grosse Linse, dessen Ocular der stark brechende Körper ist, den wil- der Einfachkeit wegen Krystallkegel nannten. Das möchte wohl gehen, aber wo ist die Netzhaut, die das Fern- rohrbild aufnehmen soll? Das Bild jener Linse muss ja eine ganz bedeutende Grösse haben; nur der kleinste Theil des Bildes kann überhaupt vom Kegel aufgenommen werden, und selbst für diesen wäre doch die hinlängliche An- zahl von Nervenenden nicht vorhanden. Grenadier1 sagt mit Bezug auf die Leistung dieses Auges: „. . . hier liegen eine Reihe von Gründen vor, dieselbe für die gleiche zu halten, wie die des Einzel- auges des facettirten. Freilich wird bei consequenter Durchführung der Be- griffe, die in dieser Hinsicht, nament- lich bezüglich der Leistung der Stäb- chen und der Bedeutung ihrer Zahl für die Sehschärfe, in der Wissenschaft zur Zeit existiren, diese Leistung zu einer minimalen heruntergedrückt, und die grosse Unvollkommenheit des percipirenden Apparates, dessen anato- mischer Bau die Annahme einer Bildperception ausschliesst, contrastirt seltsam mit dem sozusagen kolossalen Aufwand von Mitteln zur Erzeugung eines Bildes, wie sich dieser namentlich im Bau der Linse ausspricht." Auch ich bin der Meinung, dass eine solche Deutung der Functions- weise nicht eine befriedigende genannt werden kann. Was könnte auch nach unseren heutigen Kenntnissen ein einziges Facettenglied für einen Fig. 22. 1 1. c. S. 73. 137 — Nutzen bieten, abgesehen von dei sehr fraglichen Analogie des Baues? Nur der pigmentirte Sehstab mit seinen Retinnlazellen und dem Rhabdom hat die von Grenadier hervorgehobene Aehnlichkeit mit der Retinula eines Facettengliedes, im Uebrigen ist eine Aehnlichkeit kaum aufzufinden. Ich glaube nun, eine ebenso einfache als befriedigende Lösung dieses Augenräthsels geben zu können. Nach den Abbildungen und Besehreibungen dieses Auges hatte ich mir schon gedacht, es sei eine mögliche Functionsart im Folgenden ge- legen: die Linse entwirft jedenfalls ein verkehrtes Bild äusserer Objecte. Dieses Bild könnte von einer Netzhaut aufgefangen werden, deren Retina- elemente gleichzeitig von den verschiedenen Theilen des Bildes erregt werden. Eine solche Netzhaut aber fehlt; es ist nur ein Netzhautelement, ver- bunden mit dem Kegel, da: dieses aber könnte successive nach der Willkür des Thieres von den verschiedenen Theilen des Bildes erregt werden, wenn es am Bilde entlang geführt wird. Die eine Retinula würde dann z. B. angesichts einer horizontalen Reihe von Punkten abwechselnd hell und dunkel sehen und dadurch im Stande sein, die Anordnung der- selben zu erkennen; es würde bei einer bestimmten Stellung hell sehen, und durch diese Stellung würde die Lage des hellen Zwischenraumes geradesogut charakterisirt sein, wie sie es im Wirbelthier- oder Facetten- auge durch die Lage des erregten Netzhautelementes ist, ja das Thier würde mit dem einen Netzhautelement eigentlich genau dasselbe thuu, was wir Menschen mit unserer Stelle des deutlichsten Sehens machen; auch wir führen ja die Fovea centralis unserer Netzhaut am optischen Bilde entlang und betrachten uns so des Genaueren die einzelnen, uns inter- essirenden Stellen: wir machen Blickbewegungen. Oft ist der Vergleich gemacht worden: wir tasten mit unserem Blicke das Sehfeld ab, indem wir die Fovea centralis am Netzhautbilde hin und wider führen; ebenso tastet Copilia mit dem einzigen Netzhautelement das Bild ab, welches die Linse entwirft. Wir haben freilich dabei noch ein indirectes Sehen, dieses fehlt der Copilia. Sollte diese meine Vorstellung von der Functionsweise des Auges richtig sein, so müssten zwei Bedingungen erfüllt sein. Erstens das Retina- element, also der gelbe geknickte Stab mit dem darangesetzten kegel- artigen Gebilde, muss gegen die Linse verschiebbar sein, oder die Linse gegen das Retinaelement, aber derart, dass sich die Entfernung der beiden voneinander nicht merklich ändere. Denn das Bild der Linse liegt ja immer in fast gleicher Entfernung von ihr. Zweitens müsste das Netzhautelement, wenigstens näherungsweise (wegen des Vorhandenseins des Kegels) in der Entfernung von der Linse liegen, in welcher auch deren Bild liegt; das Netzhautelement muss in der Ebene des Bildes liegen und bei den voraus- gesetzten Bewegungen in dieser Ebene bleiben. In der Neapeler zoologischen Station hatte ich Gelegenheit, Copilia lebend zu untersuchen, und der erste Blick durchs Mikroskop überzeugte — 138 - mich von der Erfüllung der ersten Bedingung-. Die geknickten Sehstäbe zeigten die lebhaftesten Bewegungen, welche, wenn man das Thier im hohlgeschliffenen Objectträger mit dem Deckgläschen eindeckte und es wahrscheinlich deshalb anfing, bei der geringen Menge Wassers Sauerstoff- mangel zu empfinden, geradezu krampfhaft wurden. Die Bewegungen waren aber immer merklich dieselben und symmetrisch. Beide Sehstäbe wurden gegen die Medianebene gezogen oder von ihr entfernt und blieben dabei immer, soweit man das ohne Messung beurtheilen kann, in derselben Ent- fernung von den Linsen. Die Bewegung machte den Eindruck jener Turn- übung, bei welcher die in der Faust gehaltenen Hanteln oftmals nach- einander an den Körper gezogen und wieder von ihm entfernt werden. Nur blieben hier die Sehstäbe immer in der gleichen Weise geknickt, änderten überhaupt nur ihre Lage innerhalb der genannten Ebene. Die Exemtionen eines Sehstabes betrugen schätzungsweise ein Vier- theil der ganzen Breite des Thieres. Ob derselbe ausser diesen seitlichen Bewegungen auch solche von oben nach unten und umgekehrt macht, Hess sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Bei der geringen Tiefe des, wie erwähnt, flachgedrückten Körpers könnten diese Elongationen nur von sehr geringer Ausdehnung sein. Besorgt wird die Bewegung wohl zweifellos durch den von Grenadier beschriebenen und abgebildeten quergestreiften Muskel; auch die Flinkheit spricht dafür, dass ein quergestreifter Muskel im Spiele ist, Ob dieser allein wirkt oder ob gewisse Stränge, die sich noch an den Sehstab an- setzen, doch auch Muskeln sind, wie behauptet worden ist, weiss ich nicht. Im ersteren Falle würden diese Stränge als elastische Bänder wirken, die das Zurückschnellen des Sehstabes gegen die Medianebene bewirken, wenn der Zug des von aussen kommenden Muskels nachlässt. * Die Anordnung der Stränge, deren einer sich am fingerförmigen Ende des Sehstabes, der andere in der Nähe des Kegels, den Sehstab umschlingend, ansetzen, würde hiefür sprechen. Es ist mir nicht bekannt, dass diese Bewegungen schon beschrieben worden sind, allein ich gestehe, die einschlägige Literatur nicht genau genug zu kennen. Doch theilte mir Herr Prof. P. Mayer von der zoologischen Station in Neapel, dem ich von diesen Bewegungen erzählt hatte, mit, dass sich in seinen Notizen diese seines Wissens nie, auch nicht von ihm veröffentlichte, Beobachtung verzeichnet finde. Was die zweite Bedingung betrifft, nach welcher das Netzhautelement näherungsweise in der Ebene des Bildes liegen müsse, so ist dieselbe durch Messung zu prüfen. Ich fand mit dem Mikrometer an einem lebenden Thiere die Entfernung der hinteren Linsenfläche von der Convexität des Kegels = 0-87 Millimeter. Die Entfernung des Bildes, von der Linse zu messen, ist weniger einfach. Ich schnitt parallel mit der vorderen Begrenzung des Körpers einen schmalen Streifen des Thieres ab; es gelang mir nach einiger Mühe, — 139 — denselben im Wasser so auf die Kante zu stellen, dass die hintere Fläche der Linse dem Objective des Mikroskopes zugekehrt war. Nun sieht man ein überraschend schönes und natürlich auch ziemlich grosses Bild, das die Linse entwirft. Seine Entfernung vom hinteren Linsenpol wurde mit der Mikrometerschraube gemessen. Ich fand sie 093 Millimeter. Die Differenz der beiden Messungen beträgt also 006 Millimeter, kommt somit bei der Entfernung von fast 1 Millimeter nicht mehr in Betracht. Sie ver- mindert sich aber noch, freilich um eine sehr geringe Grösse, wenn man bedenkt, dass die Untersuchung in einem hohlgeschliffenen Objectträger geschah. Es ist also kein Zweifel, dass der Kegel fast genau in der Ebene des Bildes liegt. Nun drängt sich aber noch die Frage auf, welche Bedeu- tung diesem stark lichtbrechenden vorne convexen Kegel zukommen mag. Ich glaube, auch diese Frage ist unschwer zu beantworten. Oben bei Bespre- chung des Phronimaauges habe ich auf den Werth von kegelartigen Ge- bilden hingewiesen, für die Sammlung aller jener Strahlen, welche nähe- rungsweise die Richtung der Axe haben, und für die Abbiendung der schief einfallenden Strahlen ist die grosse Bedeutung der Kegel im Ab- schnitte C des Capitels II, S. 59, auseinandergesetzt worden. Bei der grossen Entfernung der Linse vom Bilde, beziehungsweise bei der Kleinheit der- selben, werden die sich in einem Bildpunkte schneidenden Strahlen sehr spitze Winkel miteinander bilden. Werden sie von der Convexität des Kegels aufgefangen, so werden sie wohl an seiner Spitzenfläche sämmtlich wieder austreten und somit in die Retinula gelangen, gleichgültig ob dieses Auffangen etwas vor oder etwas hinter dem Vereinigungspunkte geschieht. Sie verhalten sich bei den obwaltenden Dimensionen fast wie parallele Strahlen. Damit ist aber schon gesagt,1 dass durch Brechung keine anderen Strahlen an die Retinula gelangen können, als eben jene aus der Gegend der Linse kommenden, um die es sich beim Sehen handelt. Etwa durch totale Reflexion könnten noch seitlich einfallende Strahlen störend wirken. Doch diejenigen, welche mit einer geringen Neigung auf den Kegel fallen (also aus der Nähe der Linse kommen), müssen nach ihrer Brechung den hinteren Theil der Mantelfläche des Kegels treffen, wo sie vielleicht von der eigenthümlichen Pigmentlage absorbirt werden, falls dieselbe die dazu nöthigen optischen Eigenschaften hat,- vielleicht aber auch thatsächlichreflectirt werden und die Reinheit des Bildes trüben. Strahlen von stärkerer Nei- gung aber werden so gebrochen, dass sie aus dem Kegel wieder austreten, ohne an die Retinula zu gelangen. Bedenkt man, dass das Thier, abgesehen vom Sehstab, vollkommen durchsichtig ist, dass also auf das vordere Ende der Retinula, selbst wenn sie, wie thatsächlich der Fall, am Boden einer kurzen Pigmentröhre sitzt, 1 Wegen des optischen Gesetzes von der Umkehrbarkeit des Strahlenganges, siehe S. 6. 2 Sie müsste sieh zur Kegelsubstanz verhalten, wie z. B. der schwarze Lack zum Glase, mit dessen Hilfe man schwarze Soiegeln zu machen pflegt. — 140 Licht aus einem immerhin noch sehr grossen Theile des Sehfeldes gelangen würde, so leuchtet der Nutzen des vorgesetzten Kegels sofort ein. Er bewirkt, dass der aus der Linse kommende Strahlenkegel in sehr voll- kommenem Masse der Eetinula zugeführt und alles oder fast alles Licht, das aus anderer Richtung kommt, von derselben abgeblendet wird. Aus der Linse kommt aber an die eine Stelle des Bildes eben nur Licht von der entsprechenden Stelle des Gegenstandes. Copilia sieht also, indem sie mit einem lichtempfindlichen Netzhautelemente das Bild, das die Linse entwirft, abtastet. Der psychische Process, der dem Erkennen der Objecte zu Grunde liegt, ist wesentlich jener, der uns zum Erkennen von Formen führt, wenn wir mit einem Finger tastend, den Kanten und Flächen des Objectes ent- lang fahren und uns so aus dem Nacheinander der Empfindungen die Gestalt construiren. Dieses Sehen hat eine gewisse Analogie mit unserem Sehen bei bewegtem Blicke. Wegen der Körperform des Thieres ist sein Sehfeld, d. i. die Fläche des Bildes, die es abtasten kann, ein lang- gestrecktes. Die Ausdehnung desselben ist eine derartige, dass, wie aus den obigen Angaben hervorgeht, das Thier mit einem Auge eine Strecke von 1 Meter Länge noch ganz zu übersehen vermag (natürlich successive), wenn sie sich in einer Entfernung von näherungsweise 2 Meter befindet. ' Das Netzhautbild, das abgetastet wird, ist ein verkehrtes, und der Umstand, dass das Thier symmetrische Bewegungen mit seinen Sehstäben ausführt, zeigt, dass es, so wie die Krebse meistens oder immer, mit jedem Auge besonders sieht, also keinen binocularen Sehact besitzt. 1 Diese Angabe ist natürlich ganz approximativ; ieli kann mich um die Hälfte geirrt haben; doch gibt sie einen Begriff von der Grössenordnung, um die es sieh hier handelt. IX. CAPITEL. Accessorische optische Erscheinungen am zusammen- gesetzten Auge. Soweit ich die optischen Vorgänge in den facettirten Augen bisher besprochen habe, bezogen sie sicli auf die Function des Auges als Seh- organ, insbesondere also auf die Entwerfung des Netzhautbildes. Es liegt aber auf der Hand, dass ein so complicirter optischer Apparat, wie dieses Auge einer ist, auch zu Brechungen, Reflexionen, Absorptionen etc. Ver- anlassung geben muss, die zwar mit der Function des Sehens direct nichts zu thun haben, wegen des gesetzmässigen Baues des Organes aber regel- mässige optische Erscheinungen hervorrufen können, sowie etwa die auf Reflexion beruhenden Purkinje'schen Bildchen des menschlichen Auges oder das Leuchten des Katzenauges auch direct mit dem Sehen nichts zu thun haben. Bei der oft genannten Mannigfaltigkeit im Bau des Facetten- auges sind auch diese Erscheinungen fast bei jeder Species andere; doch treten gewisse Typen immer wieder hervor. Von diesen soll hier die Rede sein und die zum Theil nicht einfache Erklärung derselben gegeben werden. Einzelne Beobachtungen liegen schon vor, aber allgemeine Erklärungs- versuche dieser Erscheinungen sind meines Wissens überhaupt noch nicht gemacht worden. Ich gehe hauptsächlich ein auf das Leuchten der Facettenaugen und auf die Pseudopupillen derselben. 1. Das Augenleuchten. Leydig1 erzählt, er habe vermuthet, dass das von ihm entdeckte Trachealtapetum im Auge von Schmetterlingen, beim Windenschwärmer (Sphinx convolvuli) besonders stark entwickelt sei, da von diesem „Lepi- depterologen (Kleemann) melden, dass die Augen desselben im Dunkeln wie glühende Kohlen leuchten". Es sei ihm aber erst später gelungen dieses Thieres lebend habhaft zu werden, und da sah er Folgendes: „Als ich das erste lebende Thier in der Abenddämmerung erhaschte und sofort im Freien auf die Beschaffenheit der Augen prüfte, war ich 1 Das Auge der Gliederthiere. Tübingen 1864. Histologie. S. 255. — 142 — nicht wenig betroffen, auch keine Spur von einem Leuchten zu gewahren. Die Augen hatten dasselbe dunkle Aussehen, wie etwa bei einem Käfer. Zu Hause angekommen, wende ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Falter im erhellten, sowie im ganz dunklen Zimmer, doch die Augen leuchten eben nicht. Des Experimentirens müde, sperre ich das Thier in eine ausgeräumte Commodenschublade. In aller Frühe des anderen Morgens sehe ich nach dem Windig; ich ziehe behutsam die Schublade etwas hervor, der Falter sitzt ruhig am Rande, ich blicke nach seinen Augen — und sie leuchten jetzt prächtig „wie glühende Kohlen". Ich glaubte nun, die Bedingung zu kennen, unter denen das Leuchten auftritt. Der Käfig des Falters stand vom Lichte abgewendet, die Fensterläden waren geschlossen bis auf einen, die Augen leuchteten, als nur durch den Spalt der geöffneten Schublade auf das im Dunkeln sitzende Thier etwas Licht fiel. Unter ähnlichen Verhältnissen sieht man bekanntlich auch am ehesten z. B. an Hunden und Katzen das Leuchten ihrer Augen. Aber seltsam, als ich einige Stunden später das noch immer wie im Schlafe ruhig dasitzende Thier besehe, ist trotzdem, dass ich genau dieselben Umstände wieder herbeiführe, nicht die leiseste Spur von einem Leuchten wahrzunehmen. Die Augen haben wieder das dunkle, sammtschwarze Aussehen wie Abends vorher. Dieselbe Unbeständigkeit beobachtete ich an anderen frisch eingefangenen Thieren." Leydig schliesst aus derartigen Beobachtungen mit Recht, dass ausser den entsprechenden Beleuchtungs Verhältnissen noch eine andere Bedingung erfüllt sein muss, soll ein Leuchten statthaben, dass nämlich ein gewisser innerer Zustand im Auge statthaben müsse. Er denkt hier an zwei Möglichkeiten, entweder eine stärkere Füllung der Tracheen, die das Tapetum bilden, oder „die Contractionszustände der Pupillenschichte wechseln". Unter den Pupillen versteht hier Leydig die engen Oeffnungen im Pigmente, durch welche die Spitzen der Krystallkegel oder die oberen Enden der Sehstäbe hindurchragen und denen er nach gewissen Beob- achtungen Verengerungsfähigkeit zuschreibt. Wir wissen nach dem Vor- stehenden, dass diese Auffassung, wenigstens für die Nachtschmetterlinge, nicht annehmbar ist, doch werden wir uns überzeugen, dass Leydig's zweite Alternative im Principe zutrifft. Während sich Leydig über die Verbreitung des Augenleuchtens bei den Schmetterlingen nicht näher ausspricht, sich nur wundert, dass er bei gewissen Arten, die auch Tracheen im Auge haben, kein Leuchten finden konnte, spricht Max Schult ze den Satz aus, dass die Augen der Nacht- schmetterlinge im Dunkeln leuchten, die der Tagschmetterlinge nicht. Dieser Satz, soferne man ihn aussprechen will, ohne von den Tausenden von Schmetterlingen, die es gibt, mehr als einen sehr kleinen Bruchtheil untersucht zu haben, ist, wie wir sehen werden, wenigstens unter gewissen Bedingungen richtig, unbegreiflich aber ist, dass Max Schultze der leicht zu bestätigenden Beobachtung Leydig's widerspricht, dass die Augen eben nur zeitweilig leuchten. Er stellt die Behauptung auf, dass sie jeder- — 143 - zeit leuchten, wenn man die Thiere in den dunklen Raum bringt, und schreibt den vermeintlichen Irrthum Leydig's der Unzweckmässigkeit der Beleuchtung zu. Die Ursache des Leuchtens sieht er nicht in der Schichte der Tracheen, sondern in der vou ihm beschriebenen Blättchenstructur der Sehstäbe. Endlich hat Kühne1 nach Beobachtungen hauptsächlich an einem Todtenkopf (Acherontia atropos) ausser Zweifel gestellt, dass stärkere Be- leuchtungen das Augenleuchten zum Schwinden bringen und dass sich der Zustand des Auges, in welchem es leuchtet, wiederherstellt, wenn das Thier längere Zeit im Dunkeln gehalten wurde. Er sah nämlich während der Beleuchtung des Auges mit dem Augenspiegel das Leuchten vergehen. Aus der Langsamkeit, mit der die entsprechende Veränderung im Auge vor sich geht, vermuthet er, dass dieselbe auf Vorgängen an Pigmentzelleu beruhe, da sie für eine Muskelaction zu langsam, für eine Aenderung au den Tracheen zu rasch erfolge. Eigene Beobachtungen. A. Insecten. Mit Hilfe des Augenspiegels untersucht, zeigen nicht alle, wohl aber die meisten Facettenaugen die Fälligkeit zu leuchten, d. h. das eingedrungene Licht nach bestimmten Gesetzen zurückzuwerfen und aus dem Auge wieder austreten zu lassen, in voller Analogie zu dem sogenannten Augenleuchten der Wirbelthiere. Wie bei diesen die Pupille leuchtet, so beschränkt sich auch bei den Facettenaugen das Leuchten auf ein kreisförmiges Stück derselben, welches ganz oder nahezu identisch ist mit dem Sitze jener optischen Erscheinung, die wir unten als Pseudopupille kennen lernen werden. Es sei mir deshalb jetzt schon gestattet, von der leuchtenden Pseudopupille zu sprechen, obwohl ich die Eechtfertigung des Namens Pupille erst später bringen werde. Ein wesentlicher Unterschied aber zwischen dem Leuchten der beiden Augenarten zeigt sich sofort, wenn man das Facettenauge dreht, während die Richtung der Beleuchtung und die Stellung des Beobachters dieselbe bleibt. Es behält nämlich dann auch die leuchtende Stelle des Auges dem Beobachter gegenüber immer dieselbe Lage, d. h. während der Drehung des zusammengesetzten Auges wechselt die leuchtend erscheinende Gruppe von Facetten. Ist die Beleuchtung des Auges eine möglichst voll- kommene, so* erscheint dem Beobachter leuchtend die Facette, deren opti- sche Axe in der Richtung seiner eigenen Augenaxe liegt, und deren kreis- förmig begrenzte Umgebung. Wie gross dieser leuchtende Kreis ist, hängt vom feineren Bau des Auges, sowie von der Stellung der beiden Pigment- lagen ab; er kann, wie das bei Nachtschmetterlingen und Dunkelstellung des Pigmentes geschieht, mehrere Millimeter im Durchmesser haben, und das sind die Fälle, welche von Leydig, Kühne und Anderen beschrieben worden sind; er kann aber auch, und so verhält es sich normalerweise bei Tag- schmetterlingen, so klein sein, dass er nur unter besonders günstigen Ver- 1 Eine Beobachtung über das Leuchteu der Tnseotenauiien. Untersuchungen des phys. Institutes der Universität Heidelberg. Bd. I. Heft 3. Heidelberg, bei Winter. — 144 — hältnissen überhaupt und da fast nur unter Lupenvergrösserung wahr- genommen wird, und wenn es mir bei manchen Insecten und bei den meisten Krebsen in Lichtstellung überhaupt unmöglich war, den leuchten- den Kreis zu sehen, so beruht das offenbar wenigstens zum Theile darauf, dass seine Grösse eben jenseits der Grenze der Wahrnehmbarkeit fällt. Ich vermuthe das darum, weil ich ihn bei manchen Insecten erst vergebens gesucht, später aber doch als kleines leuchtendes Pünktchen gefunden habe. Die Farbe des leuchtenden Kreises ist gewöhnlich roth, kann aber auch bei gewissen Alten eine weissliche bis grünliche sein, und während der Dauer der Belichtung des Auges ihren Ton ändern. Ich gebe keine Abbildung von dem wenigstens theilweise bekannten Leuchten der Insectenaugen, doch können die Krebsen angehörigen Figuren 68 und 70 der Taf. VII als Beispiele engeren und ausgebreiteteren Augen- leuchtens dienen, welches dem der Tag- und Nachtschmetterlinge recht ähnlich ist. Gerade wie beim Wirbelthierauge die optischen Vorgänge zwar wesent- lich dieselben sind, ob das Auge ein Tapetuni enthält oder nicht, man aber doch der auffallenderen Lichterscheinung wegen hauptsächlich von den mit Tapetum versehenen Augen als von leuchtenden Augen spricht, so kann man es auch bei Facettenaugen halten. So wie das menschliche Auge unter günstigen Umständen eine leuchtende Pupille zeigt, hat auch das Fliegen- auge unter analogen Bedingungen eine leuchtende Pseudopupille; dieses Leuchten ist aber in beiden Fällen ein unscheinbares gegenüber den mit Tapetum versehenen Augen einerseits der Raubthiere, gewisser Wieder- käuer u. s. w., andererseits der Nachtschmetterlinge und der Nachtkrebse, letzterer für den Fall, dass sie im Dunkeln gehalten worden waren. Ich beginne mit der Besprechung des Augenleuchtens der Nacht- schmetterlinge als jener Thiere, bei denen diese Erscheinung schon bekannt ist und in vollkommenstem Masse auftritt. Die Erklärung des Phänomens ist für die verschiedenen Thierclassen wesentlich dieselbe, so zahlreich auch seine Variationen sind. Es wird also auch für diese genügen, wenn ich mich zunächst an die Nachtschmetterlinge halte. Es ist Regel, dass ein nach Anbruch der Dunkelheit gefangener Nachtschmetterling, den man so hinter eine Lichtflamme hält, dass das beobachtende Auge, Flamme und der Kopf des Schmetterlings fast in einer Geraden liegen (letzterer also hart an der Flamme vorbei gesehen wird), leuchtende Augen zeigt. Die Art des Leuchtens ist mit Recht dem glühen- der Kohlen verglichen worden. Schöner noch und bequemer ruft man die Erscheinung hervor, wenn man einen Augenspiegel zur Beleuchtung ver- wendet; ich pflegte denselben mit einer Convexlinse, die ich als Lupe benützte, zu versehen. Man erkennt dann leicht, dass nicht das ganze Auge leuchtet, sondern nur eine kreisrunde Scheibe desselben, dass bei Drehung des Thieres diese Scheibe am Auge so wandert, dass sie ihre Fläche stets dem Beschauer zuwendet und dass sie, an den Rand des Auges geschoben, 145 - hinter demselben nach und nach zu verschwinden scheint. Betrachtet man das Thier von vorne, so sieht mau beide Augen leuchten, aber entspre- chend der Randstellung der leuchtenden Pseudopupillen in jedem Auge nur einen linsenförmigen Abschnitt. Die Erklärung des Augenleuchtens schliesst sich vollkommen an die des Wirbelthierauges an. Das hinter und zwischen den Sehstäben gelegene Tapetum wirft, wie wir sahen, das Licht, nachdem es die Seh- stäbe durchsetzt hat, wieder zurück. Auf diesem Rückweg wird es haupt- sächlich die schon einmal durchlaufenen Sehstäbe, beziehungsweise Rhab- dome zum zweitenmale durchdringen uud dadurch die Sehfähigkeit des Auges bei geringen Heiligkeiten erhöhen. Es ist aber bei der Structur des Tapetum kaum anders denkbar, als dass ein Theil des Lichtes auch diffus zerstreut wird. Bei geringen Helligkeiten, also unter den normalen Ver- hältnissen für das Dunkelauge, wird dieser kaum in Betracht kommen, bei grossen Helligkeiten, also dem besprochenen Fall, dass das Dunkelauge in die Nähe einer Lichtflamme gebracht wird, muss sich auch dieses diffus gewordene Licht bemerkbar machen. Erinnern wir uns an den normalen Strahlengang im Dunkelauge eines Insectes, wenn ein leuchtender Punkt als Gegenstand fungirt. Das Iris- pigment steht zwischen den Krystallkegeln, die Strahlen eines mächtigen Lichte}- linders (vgl. Holzschnitt Fig. 11 auf S. 40) werden durch die Facettenglieder so gebrochen, dass sie sich im Bildpunkte B treffen. Dieser, iu der stark reflectirenden Netzhautschichte liegend, wirkt nun selbst als leuchtendes Object und die von ihm ausgehenden Strahlen, soferne sie in die Krystallkegel ein- und durch dieselben hindurchdringend in das Auge des Beobachters gelangen können, werden gerade so gebrochen, wie die einfallenden Strahlen gebrochen worden waren; es zeigen also die Linien der Fig. 11 x' B ?/', p B q, sowie alle dazwischen liegenden jetzt den Weg an, welchen die von der beleuchteten Netzhaut ausgehenden Strahlen durch den dioptrischen Apparat einschlagen, um wieder uach Aussen zu gelangen. Das Resultat ist wieder ein Strahlencylinder, der denselben Weg zurückgeht, den er, von dem beleuchtenden Lichtpunkt kommend, nach dem Auge gegangen war. Würden die Verhältnisse mathematisch genau die eben geschilderten sein, so könnte man (wie beim Wirbelthierauge) mit unbewaffnetem Auge das Leuchten nicht sehen, sondern nur mit Hilfe des Augenspiegels, denn das beobachtende Auge müsste sich genau an dem Punkte im Räume befinden, an welchem gleichzeitig der beleuchtende Lichtpunkt sein muss. Noch weniger als beim Wirbelthierauge ist aber dieser ideale Zustand im Facettenauge verwirklicht, und deshalb genügt es, wenn man, wie oben beschrieben, das Auge des Beobachters und die Lichtquelle nur näherungsw7eise mit dem beobachteten Facettenauge in dieselbe Linie bringt. Andererseits aber ist das geschilderte Verhalten doch die Ursache, aus welcher das Augenleuchten bei ungeeigneter Ein- fallsrichtnng des Lichtes gar nicht und am vollkommensten mit Hilfe des Einer, Facettenaugen. ^Q - 146 — Augenspiegels beobachtet werden kann; denn dieses Instrument ermöglicht eben Lichtquelle (beziehungsweise deren Spiegelbild), beobachtendes und beobachtetes Auge in eine Linie zu stellen. Wäre nämlich jener ideale Zustand verwirklicht, so müsste das Augen- leuchten, falls ein Punkt als Lichtquelle dient, sofort verschwinden, wenn der Beobachter sein Auge aus der genannten Richtung bringt. Das ist nun, wie wir sahen, erst bei recht merklicher Verschiebung der Fall. Unter- sucht man mit dem Augenspiegel, indem man diesen sammt dem eigenen Auge um das Facettenauge als Centrum bewegt, und merkt sich eine Stelle, z. B. die Mitte des untersuchten Auges, so kann man gewahren, dass, auch wenn die Lichtquelle als punktförmiges Object zu betrachten ist (z. B. das Spiegelbild der Sonne durch einen Helmholtz'schen Augenspiegel als Object benützt wird), diese Stelle schön leuchtend erscheint, während man einen Bogen von ziemlich viel Winkelgraden um das Auge beschreibt. Die leuchtende Pseudopupille ist eben recht gross und die Stellung des Beobachters, bei welcher die Mitte des Auges in dieselbe hinein- rückt, demnach recht verschieden von der Stellung, bei welcher sie wieder herausrückt. Gemessen habe ich die Anzahl dieser Winkelgrade nicht, da sie verschieden ist bei verschiedenen Species und auch bei demselben Individuum unter verschiedenen Pigmentzuständen des Auges. Diese Beobachtung lehrt, dass auch bei punktförmiger Lichtquelle die aus einer Facette austretenden Lichtstrahlen nicht nur, wie es jener ideale Zustand voraussetzte, nach einer Sichtung verlaufen, sondern dass sie einen Lichtkegel bilden. Dieser Lichtkegel ermöglicht es also auch, dass wir das Auge leuchten sehen, ohne Zuhilfenahme des Augenspiegels, und es fragt sich nun, woher kommt es weiter, dass beim Facettenauge, indem es leuchtet, an jedem Punkte seiner Oberfläche (oder doch an jeder Hornhautfacette) ein ganzer Lichtkegel austritt. Beim Wirbelthier- auge ist das nur der Fall, wenn das Netzhautbild eine merkliche Aus- dehnung hat. Diese Frage ist leicht zu beantworten. Es mag hierbei in Betracht kommen, dass unter den genannten Umständen, wo ein grelles Netzhaut- bild bei voller Dunkelstellung des Pigmentes im Auge entworfen wird, dieses eben durch Diffusion des Lichtes seine Punktform verliert. Man bedenke, dass sowohl die stark lichtbrechenden Shabdome als das Tracheal- tapetum so stark Licht zerstreuen und reflectiren muss, dass das Netzhaut- bildchen der punktförmigen Sonne so wenig punktförmig sein wird, wie etwa das Sonuenbildchen, durch eine Linse auf Milch entworfen, seine richtige Grösse zeigen würde. Mehr aber dürfte ein anderer Umstand in Betracht kommen. Die Netzhaut des Facettenauges ist im Vergleiche zu der des Wirbelthierauges sehr dick, auch das Tapetum liegt in sehr ver- schiedenen Ebenen. In welcher Ebene immer die Perception des Netzhaut- bildes geschehen möge (wenn sie überhaupt in einer Ebene geschieht), so ist kein Zweifel, dass sowohl die Netzhaut als hauptsächlich das Tapetum 117 in sehr verschiedener Tiefe des Auges erleuchtet wird, somit auch die zurücklaufenden Strahlen aus sehr verschiedenen Entfernungen auf den dioptrischen Apparat stossen. Wenn der Punkt B in Fig. 11, S. 40, den vordersten Enden der Sehstäbe entsprechen würde, so niüsste nicht nur von diesem aus Licht nach den Krystallkegeln zurückkehren, sondern auch von weiter hinten gelegenen Stellen, z. B. von den Tracheen, welche das hintere Ende dieses Sehstabes umfassen, und da diese Tracheen von hinten nach vorne verlaufen, auch wieder von den verschieden tief gelegenen An- theilen derselben. Es ist. aber klar, dass diese Strahlen dann unter einem anderen Winkel gegen die Axe desselben Krystallkegels, z. B. nach n, ge- langen müssen als der Strahl Bn, somit auch unter einem anderen Winkel aus der Hornhautfacette austreten. Das ist offenbar die hauptsächlichste Ursache dafür, dass an jeder Facette ein ganzer Strahlenkegel das Auge verlässt, dessen Spitze in der Facette gelegen ist. Von der Grösse dieses Strahlenkegels, d. h. von der Grösse seines Spitzenwinkels hängt ceteris paribus aber direct die Grösse der leuchtenden Pseudopupille ab. Die Erscheinungen des Augenleuchtens erklären sich also nach den- selben Principien wie bei Wirbelthieraugen, sie unterscheiden sich aber insoferne, als an Stelle der Pupille eine mit der Stellung des Beobachters ihre Lage ändernde Pseudopupille tritt und die erhellten Objecte im Augen- hintergrunde nicht in einer, sondern in sehr verschiedenen Ebenen liegen, demnach die an einem Punkte das Auge wieder verlassenden Strahlen in einem Strahlenkegel divergiren, auch wenn die beleuchtende Lichtquelle eine punktförmige. ist. Das Verschwinden des Augenleuchtens in Folge von Lichtein- wirkimg ist bei Nachtthieren eine allgemeine Erscheinung. An jedem der vielen von mir darauf geprüften Nachtschmetterlinge habe ich beobachten können, dass die am Abend gefangenen Thiere leuchtende Augen haben und dass dieses Leuchten verschwindet, wenn man sie in einen hellen Raum bringt. Die Geschwindigkeit, mit der das geschieht, ist wohl von sehr verschiedenen Umständen abhängig, vor Allem von dem Grade der einwirkenden Helligkeit; eine Eule, die des Abends in mein Zimmer ge- flogen kam, zeigte nach 25 Minuten kein Augenleuchten mehr, wenigstens nicht in jenen Theilen des Auges, die ich in dieser Zeit wiederholt mit dem Augenspiegel beleuchtet hatte. Das ist also ungefähr die Zeitdauer, in welcher der Zustand des Auges den Wechsel durchmacht. Langsamer geht die Umwandlung in entgegengesetzter Richtung vor sich. Nach meinen Erfahrungen braucht es immer mehr wie eine Stunde, bis das nicht leuch- tende Auge wieder leuchtend geworden ist. Zweifellos hängt die Lebhaftig- keit dieser Vorgänge auch von dem Gesundheitszustand der Thiere ab. Matte, im Absterben begriffene Schmetterlinge verlieren die Fähigkeit, leuchtende Augen zu bekommen. Der Uebergang hingegen in Nichtleuchten scheint auch noch bei recht kranken Thieren verhältnissmässig gut abzu- laufen: ich habe schon gesagt, dass ich wiederholt bei der Glucke (Lasio- 10* — 148 — campa quercifolia) folgenden Versuch gemacht habe. Dem dem Dunkeln entnommenen Thiere wird sagittal eine Kopfhälfte sammt dem Auge ab- geschnitten und dann wird es in die Sonne gebracht. Das zurückgebliebene Auge, zunächst wunderschön leuchtend, war nach circa einer Viertelstunde vollkommen dunkel geworden. Was das Hervorrufen des Leuchtens bei Tage anbelangt, so muss ich bemerken, dass man für sorgfältigen Abschluss des Lichtes sorgen muss. Man täuscht sich eben leicht über den Grad der Dunkelheit in der Nacht, und eine kleine Spalte am Käfig des Thieres reicht hin, das Auge am Uebertritt in die Dunkelstellung zu verhindern. Die Art, wie das Augenleuchten erlischt, hat, wie gesagt, Kühne nach Beobachtungen an einem Todtenkopf vollkommen zutreffend beschrieben : die leuchtende Kreisscheibe wird kleiner und kleiner, blasst dabei etwas ab, zeigt auch Unregelmässigkeiten in der Helligkeitsvertheilung besonders am Rande, bis endlich nichts mehr von ihr zu sehen ist. Dem ist noch hinzuzufügen; dass, wenigstens bei gewissen Schmetter- lingen, die klein gewordene leuchtende Scheibe zunächst von einem schwarzen, weiter nach aussen von einem bräunlichen Hofe umgeben erscheint (es sind das die Phänomene der später zu besprechenden Pseudopupille) und dass die grösseren Unregelmässigkeiten wohl von ungleicher Beleuchtung der verschiedenen Augenantheile herrühren. Den physiologischen Vorgang, der dem Erlöschen des Augenleuchtens zu Grunde liegt, wird der Leser schon aus dem Mitgetheilten entnommen haben. Er besteht in den oben ausführlich besprochenen Pigmentverschie- bungen in Folge der Lichteinwirkung. Bei den in Rede stehenden Nacht- schmetterlingen kommt nur die photomechanische Wirkung des Irispigmentes in Betracht. Es ist klar, dass, wenn dasselbe in die Lichtstellung über- getreten ist, nicht nur das Netzhautbild um Vieles weniger hell, deshalb auch das aus dem Auge rückgestrahlte Licht entsprechend vermindert sein muss, sondern dass auch die leuchtende Kreisscheibe mit zunehmender Lichtstellung an Grösse bis zum Verschwinden abnehmen muss. Denn (vgl. Holzschnitt 19, S. 64) so wenig wie Lichtstrahlen durch die von ab entfernteren Krystallkegel noch nach fr, dem Bildpunkte, gelangen können, um sich an der Erzeugung des Bildes zu betheiligen, wenn das Irispigment in Lichtstellung ist, ebensowenig können, von dem immer noch in b liegen- den Bildpunkte aus, Strahlen durch diese seitlichen Facettenglieder aus- treten. Sie werden vom nach hinten geschobenen Irispigmente aufgefangen. Rückt das Pigment im ganzen Auge gleichmässig nach hinten, dann sind es die von ab entferntesten Strahlen, welche zuerst am Austritt ge- hindert werden: es verschwindet die periphere Zone der leuchtenden Scheibe zuerst, und mit successiver Zunahme der Lichtstellung werden ebenso successive die ab näher gelegenen Strahlen abgeblendet: die Scheibe geht ein, bis endlich nur wenige, vielleicht nur mehr eine Facette Licht nach aussen treten lässt: das Leuchten ist verschwunden. 149 Man ersieht hieraus, dass man sich jederzeit mit Hilfe des Augen- spiegels von dem Zustande des Irispigmentes am lebenden Thiere über- zeugen kann, ein Umstand, der mir beim Studium der Pigmentverschie- bungen sehr dienlich war. Ich komme zur Besprechung eines weiteren Verhaltens, durch welches sich die leuchtende Pseudopupille von der leuchtenden Wirbelthierpupille unterscheidet. Es besteht darin, dass die Licht Wirkung auf das Irispigment eine locale ist. Während sich also die Säugethierpupille bei Lichtwirkung im Ganzen contrahirt und dabei rund bleibt, kann die leuchtende Pseudo- pupille verschiedene Gestalten annehmen, indem auf einen Theil des Auges Licht eingewirkt hat, auf einen anderen keines oder doch weniger. Ich wage nicht zu behaupten, dass die nicht belichteten Theile des Auges vollkommen unberührt bleiben, doch sind, wenn sie überhaupt in Mitleidenschaft ge- zogen werden, die Wirkungen an ihnen mit den von mir benützten Hilfs- mitteln nicht zu bemerken. Man kann sich von dieser localen Lichtwirkung auf das Augen- leuchten und somit auf das Irispigment leicht dadurch überzeugen, dass man ein in der Dunkelheit gefangenes Thier von einer gewählten Richtung aus mit dem Augenspiegel untersucht. Wenn dann die betreffende Augen- stelle ihr Leuchten eingebüsst hat, so leuchten noch andere Stellen des Auges, die man nun, indem man das Thier dreht, der Beobachtung zu- gänglich macht. Am schlagendsten habe ich mich von der localen Lichtwirkung durch folgenden Versuch überzeugt. Ein grosser Windenschwärmer (Sphinx con- volvuli) wurde an einem Abend, während seine Augen leuchteten, auf einer Korkplatte fast unbeweglich so befestigt, dass eines seiner Augen in der oberen Gesichtsfeldhälfte die La^npe und von dieser beleuchtetes weisses Papier sah, während die untere Hälfte des Auges einem möglichst dunkel gehaltenen Räume gegenüber stand. Die beiden Sehfeldhälften stiessen in einer scharfen horizontalen Linie aneinander Nach circa 10 Minuten zeigte das Auge, mit dem Augenspiegel untersucht, in der oberen Hälfte kein Leuchten mehr, während die untere Hälfte noch schön leuchtete. Bei passender Stellung des Auges zum Beobachter konnte man die Grenze der beiden Hälften einstellen, und gewahrte nun einen correcten Halbmond mit scharfer horizontaler Grenze und nach unten gewendeter Convexität. Es entspricht dies also dem in der eben genannten Zeichnung (Fig. 19, S. 64) dargestellten Schema der Pigmentstellung, wo aus der unteren Hälfte des Auges noch Licht austreten kann, während in der oberen Alles von dem nach hinten geschobenen Irispigment absorbirt wird. Diesen Versuch habe ich zweimal mit demselben Erfolg ausgeführt. Auch habe ich ihn in folgender Weise modificirt. Ich sorgte dafür, dass die ganze Umgebung der Lampe und das Zimmer möglichst dunkel waren und das Thier, ruhig gehalten, die Lampe immer mit derselben Facettengruppe sehen musste. — 150 — Das Resultat war, dass, während das ganze Auge noch leuchtete, eine beschränkte Stelle dunkel geworden war. Untersuchte man, indem das T hier hin und her gewendet wurde, mit dem Augenspiegel, so gab diese photomechanisch modificirte Stelle zu eigenthümlichen optischen Effecten Veranlassung, sobald man die leuchtende Pseudopupille in ihre Nähe schob. Das Verschwinden des Leuchtens geht in der Regel mit einer recht nennenswerthen Farbenveränderung einher. Während anfangs, wie so oft beschrieben wurde, die Pseudopupillen zwei glühenden Kohlen gleichen, geht die rothe Farbe allmählich in ein matteres Orange und einen weiss- lichen Ton über, um selbst bisweilen, d. h nach meiner Erfahrung bei gewissen Species, in einem Grünlichweiss zu enden. Leider ist es mir nicht möglich, für diesen Farbenwechsel eine genügende Erklärung zu geben. Es läge freilich nahe, das ursprüngliche Roth dem in den Sehstäben ent- haltenen Sehpurpur ähnlichem Farbstoffe zuzuschreiben und das Erblassen dann dem Ausbleichen des Farbstoffes in Folge der Lichtwirkung. Doch ist es mir, wenigstens bei Tagschmetterlingen, wo ich alsbald eine analoge Erscheinung zu besprechen haben werde, nicht gelungen, ein Ausbleichen des Farbstoffes auch im directen Sonnenlichte unter dem Mikroskope zu beobachten. Was nun die Taginsecten betrifft, so erstrecken sich meine Unter- suchungen auch hier hauptsächlich auf Schmetterlinge. Ich muss dem Späteren vorwegnehmen, dass. viele Tagfalter eine schon mit freiem Auge sichtbare dunkle Pseudopupille zeigen, die von einer Gruppe Nebenpupillen umgeben ist. Alle diese erscheinen, mit ßder ohne Augenspiegel untersucht, als dunkle Flecke. Es soll unten noch ausführlich von ihnen die Rede sein. Die Pseudopupille, die uns hier allein inttressirt, ist von den Nebenpupillen gewöhnlich leicht durch ihre tiefere Schwärzung und ihre centrale Lage zu unterscheiden. Sie wandert mit der Drehung des Auges wie die leuch- tende Pseudopupille der Nachtschmetterlinge. Nimmt man nun z. B. unseren gemeinen Rübenweissling (Pieris rapae) in die Hand und untersucht sein Auge mit dem Augenspiegel, indem man als Lichtquelle die Sonne benützt, so sieht man im Centrum der Hauptpupille einen sehr hellen, roth glänzen- den Fleck. Derselbe ist so klein, dass ihn nicht Jeder mit unbewaffnetem Auge erkennen wird — ich pflege den Augenspiegel mit einer Convexlinse von 2 bis 8 Zoll Brennweite zu armiren — , und anfangs bekommt man den Eindruck, als würde er nur zeitweilig aufblitzen, um alsbald wieder zu verschwinden. Es rührt dies, von zwei Umständen her. Erstens sieht man den leuchtenden Punkt nur, wenn das Licht recht genau aus der Richtung des beobachtenden Auges kommt. Der concave Augenspiegel entwirft einen Reflex, in welchem man die centrale Oeffnung als Lücke sieht. Man muss nun dieses Spiegelbild der Oeffnung, durch welche man durchblickt, hart neben die Pseudopupille oder doch neben das Auge werfen, soll man den roth leuchtenden Punkt sehen. Bei Nachtschmetterlingen genügte es voll- — 151 — kommen, wenn nur überhaupt vom Spiegel reflectirtes Licht ins Auge drang. Zweitens verliert der leuchtende Punkt seine rothe Farbe schon nach einer oder doch sicher nach einigen Secunden der intensiven Beleuch- tung und wird weisslich und unscheinbar, so dass er der Beobachtung leichter entgeht. Die Schmetterlinge pflegen sich bei dieser Untersuchung nicht ruhig zu halten, sie bedroht sie am Leben (mir sind sie wiederholt todt in der Hand geblieben, ob in Folge von Hitze, lasse ich dahingestellt), und deshalb machen sie mit dem Kopfe unruhige Bewegungen-. Sowie nun die Pseudopupille in Folge dessen ihren Platz ändert, leuchtet auch wieder der helle Fleck in derselben in grellem Roth auf, um sofort wieder abzu- blassen und in Folge neuerlicher Kopfdrehungen au einer anderen Stelle aufzutauchen. Dies sind die Ursachen der Unstetigkeit der Erscheinung am Tagschmetterling. ' Die Erklärung dieser Form des Augenleuchtens ergibt sich aus der Erklärung des Augenleuchtens der Nachtschmetterlinge sofort, wenn man die anatomischen Verhältnisse in Betracht zieht. In der That habe ich erst die Vermuthung gehabt, man müsse auch bei Taginsecten eine, wenn auch sehr kleine leuchtende Scheibe finden und, indem ich nach ihr suchte, fand ich das beschriebene Phänomen. Denn wenn auch ein Tapetum von der Art, wie wir es bei Nachtschmetterlingen kennen gelernt haben, hier nicht vorkommt, so wissen wir doch, dass ein solches zum Zustandekommen des Augenleuchtens nicht nothwendig ist, und betrachten wir das Auge z. B. des Rübenweisslings auf dem Durchschnitt (Taf. IV, Fig. 31), so verhält es sich, was die Pigmentlagen betrifft, recht ähnlich dem Auge eines Nachtschmetterlings in Lichtstellung oder in annähernder Lichtstellung. Letzteres leuchtet noch, und wenn ersteres nicht mehr leuchtend gefunden wurde, so liegt das gewiss nur an ungenügenden Unter- suchungsmitteln. Es war deshalb recht wahrscheinlich, dass auch Tag- insecten mutatis mutandis Leuchten zeigen, und wirklich hat der helle Fleck in der Pseudopupille des Eübenweisslings recht viel Aehnlichkeit mit dem letzten Eeste des Leuchtens an Nachtschmetterlingen, bei denen man auch schon um den leuchtenden, punktförmig gewordenen Kreis die dunkle Pseudopupille sieht. Dass die dioptrischen Verhältnisse im Auge der Tag- und Nachtschmetterlinge nicht dieselben sind, wie wir sahen, kommt hier nicht in Betracht, denn in jedem Falle müssen die Strahlen von einem Netzhautelement, das durch eindringendes Licht beleuchtet wurde, wesentlich auf demselben Wege zurückkehren, den sie auf dem Wege nach dem Netzhautelement zurückgelegt hatten. Es lässt sich nun freilich in der genannten Fig. 34 nicht genauer angeben, wo Licht zurück- geworfen wird, ob erst an der Membrana fenestrata oder schon früher etwa an den die Sehstäbe begleitenden Tracheen oder noch später oder 1 Ich will nicht unerwähnt lassen, dass man bei jenen [nseeten, die Nebenaugen besitzen, diese in der vorzüglichsten Weise leuchten sieht, wenn man mit dem Augenspiegel untersucht. - 152 — auch an allen drei Orten. Das aber ist sicher, dass wegen der bis unten reichenden Pigmenthüllen alle Strahlen absorbirt werden müssen, die auf ihrem Rückwege nicht in der Richtung nach den Spitzen der Krystallkegel verlaufen. Diese aber dringen dann nahezu genau in der Axe des Facetten- gliedes in den dioptrischen Apparat ein und erleiden hier eine ganz analoge Brechung, wie die einfallenden Strahlen erlitten haben. Stellen wir uns nämlich einen Querschnitt des Sehstabes als beleuch- tete und somit leuchtende Fläche vor, so wird von diesem ungefähr an der vorderen Corneafläche ein verkehrtes Bildchen entworfen (sowie normaler- weise von einem kleinen äusseren Objecte an der Spitze des Krystallkegels ein verkehrtes Bild entworfen wird), dessen Lichtstrahlen aber wegen der Linsencylinderwirkung so wenig divergiren, dass sie in ihrer Verlängerung nur ein ganz kleines Stückchen des Sehfeldes treffen. Haben wir ja ge- sehen, dass der dioptrische Apparat jedes Facettengliedes seinem Sehstab nur Licht aus einem sehr beschränkten Gebiete des Sehfeldes, dieses aber in verhältnissmässig grosser Intensität zuführt. Oder correcter ausgedrückt: nach den obigen Darlegungen über den Strahlenverlauf in den Tagaugen gelangen in das Netzhautelement eines Facettengliedes nur Strahlen, welche von einem engbegrenzten Antheile des Sehfeldes ausgingen, diese aber in relativ grosser Intensität. Der Querschnitt des vordersten Theiles eines Netzhautelementes enthält also Punkte, welche entsprechenden Punkten jenes Stückes des Sehfeldes conjugirt sind. Alle Strahlen, welche diesen Querschnitt passiren, müssen also auch an die zugehörigen Punkte des Sehfeldes gelangen. Nun müssen aber alle zurückkehrenden Licht- strahlen, soferne sie überhaupt das Auge verlassen, jenen Querschnitt des Netzhautelementes durchsetzen. Was wir mit dem Augenspiegel beobachten, ist also eine volle Be stätigung der im dioptrischen Theile dargelegten Verhältnisse. Es beweist, dass aus jedem Facettenglied nur in einer sehr bestimmt eingehaltenen Richtung Licht zurückstrahlt, dieses aber auffallend intensiv ist; demnach müssen wesentlich dieselben Verhältnisse auch für das eindringende Licht obwalten. Beobachtet man im dunkeln Zimmer unter Benützung einer Kerzenflamme zur Beleuchtung, so gewahrt man, dass der leuchtende Punkt im Inneren der schwarzen Pseudopupille kleine Verschiebungen erleidet, wenn man den Spiegel ein wenig dreht. Der Sinn dieser Verschiebungen entspricht der jeweiligen Richtung des einfallenden Lichtes, indem z. B. bei Verschiebung des Spiegelbildes der Kerze nach rechts eine Facettengruppe ins Leuchten geräth, die auch (spurweise) weiter nach rechts liegt. So gibt die Kleinheit des leuchtenden Fleckes in der Pseudopupille einen Massstab für die Schärfe des Netzhautbildes ab, ja man kann den Lichtpunkt bei Beleuchtung geradezu als das von Aussen gesehene Netz- hautbildchen der Sonne auffassen. Sieht man doch auch mit Hilfe des Augenspiegels ein Netzhautbild im menschlichen Auge. — 153 — Das Verblassen des Augenleuchtens bei Tagschmetterlingen bin ich, wie schon erwähnt, nicht zn erklären im Stande, da ich ein Schwinden des rothen Farbstoffes in den Sehstäben nicht beobachten konnte. Ich zer- zupfte das Auge eines Rübenweisslings und sah unter dem Mikroskope die rothen fadenartigen Gebilde der Sehstäbe. Dann brachte ich das ganze Mikroskop sammt dem Präparate in die Sonne, wo letzteres nahezu im Brennpunkte des beleuchtenden Hohlspiegels lag. Trotzdem war auch nach einer Viertelstunde keine Aenderung in der Intensität der Farbe zu erkennen. Nachdem ich nun das Augenleuchten der Insecten im Grossen und Ganzen besprochen habe, will ich gewisse Einzelnheiten, sowie meine Er- fahrungen au verschiedenen Thieren mittheilen. Zunächst, dass ich nicht unterlassen habe, mich davon zu überzeugen, dass das Augenleuchten eine rein dioptrische Erscheinung ist, wie beim Wirbelthiere und dass keine Lichtproduction im Auge stattfindet. Schon aus dem beschriebenen Verhalten des Auges ist mit Sicherheit zu ent- nehmen, dass nicht etwa leuchtende Körper wie im Leuchtorgan von Lampyris vorhanden sind, aber an etwas anderes konnte gedacht werden. Es könnten Stoffe im Augenhintergrunde sein, welche nachleuchten, d. h. wenn auch nur kurze Zeit nach der Belichtung selbst Licht prodnciren. Thun dies ja selbst die fiuorescirenden Stoffe, und sind solche im mensch- lichen Auge nachgewiesen. Ich construirte mir einen Apparat (nach Art des Phosphoroskopes von Becquerel), der mit Hilfe eines rotirsnden Zahnrades gestattete, das Auge eines Nachtschmetterlings in Dunkelstellung zu beleuchten, während es für den Beobachter verdeckt war und gleich nach Abbiendung der Beleuchtung sichtbar werden zu lassen. Durch rasches Kotiren konnte sich dies oftmals in der Secunde wiederholen, so dass ein Nachleuchten, selbst wenn es von sehr kurzer Dauer wäre, hätte bemerkt werden müssen. Der Taubenschwanz (Makroglossa), als ein bei Sonnenschein fliegender Nachtschmetterling, hat, wie wir sahen, Augen, die sich sowohl von jenen der Tagschmetterlinge wie der Nachtschmetterlinge im feineren Baue unter- scheiden. (Vgl. Taf. II, Fig. 17 und Taf. VI, Fig. 63.) Auch sein Augen- leuchten ist eigenthümlich. Mit dem Augenspiegel betrachtet, zeigt sich ein auffallend grosser, schön grün glänzender Fleck im Inneren der Pseudo- pupille. Ich sah dieses wiederholt, und zwar am Tage, bei diffusem oder directem Sonnenlicht. Auch der Bärenspinner (Euprepria) ist ein am Tage sich herum- treibender Abendfalter. Er zeigte mir aber ein Leuchten, das dem der Tagschmetterlinge entsprach, also nur einen ganz kleinen hellen Fleck. Sehr gut eignete sich zum Studium des Augenleuchtens bei Nacht- schmetterlingen auch das rothe Ordensband (Catocala nupta), dessen Augen gross genug sind, um das Leuchten an einem Theile zum Schwinden zu — 154 — bringen (durch Lampenbeleuchtung in circa einer Viertelstunde), während es noch an anderen weiter besteht. Ich brachte ein solches Thier am Tage, wenn seine Augen gleichmässig dunkel erschienen, in einen lichtverschlos- senen Raum und nahm es nach zwei Stunden heraus. Die Augen zeigten das schönste Leuchten. Was die Tagschmetterlinge betrifft, so glaubte ich anfangs nur bei jenen Species eine leuchtende Pseudopupille zu finden, die keine schwarzen Augen haben. Denn der nächste Verwandte des oben behandelten Rüben- weisslings, der schwarze Augen hat (ich kann nicht sicher sagen, ob es Pieris crataegi oder brassicae war), zeigte mir trotz mancher Bemühungen kein Leuchten. Ebenso viele andere schwarzäugige Insecten, insbesondere Käfer. Doch fand ich später bei dem eben genannten Bärenspinner trotz seiner schwarzen Augen ein Leuchten wie bei Tagschmetterlingen, und habe seitdem an mehreren schwarzäugigen echten Tagschmetterlingen die Erscheinung beobachtet. So z. B. beim Wiesen bläuling (Lycaena). In meinen Notizen finde ich, dass ich die typische Form der leuch- tenden Pseudopupille bei folgenden Tagschmetterlingen gesehen und an- gemerkt habe: bei Vanessa urticae, C-album und cardui, dem Bärenspinner (Euprepia). Lycaena corydon, Coenonympha Pamphilus, Argynnis Latonia, Polias, Coleas Hyale, Polyomatus phlaeas, dem Rübenweissling (Pieris rapae) und einer Hipparchia (Medea?), welche alle einen rothen Augenreflex zeigen, während mir Pararge megarea, Melanargia galathea, sowie Epine- phele grünes Augenleuchten zeigten; vom Taubenschwanz habe ich dasselbe schon angeführt, und ganz ähnlich diesem verhält sich Hesperia coma. Plusia gama zeigt bei Tage im Inneren der schwarzen Hauptpupille nur einen helleren Fleck, der erst am Abend in die leuchtende Pseudopupille übergeht. Es liegt der Gedanke nahe, dass diese grüne Farbe des reflec- tirten Lichtes der Ausdruck längeren Aufenthaltes im Sonnenschein ist, doch liegen die Dinge nicht so einfach, dass sie ohne genauere Untersuchung beurtheilt werden können. Ich habe natürlich auch anderelnsecten auf die Anwesenheit der leuchten- den Pseudopupille untersucht, und, wie zu erwarten war, gefunden, dass sie eine in der Insecten weit recht verbreitete Erscheinung ist. Nur bei Käfern konnte ich sie niemals sehen. Auch wenn ich z. B. Hydrophilus piceus im Dunkeln gehalten hatte, in welchem Falle das Irispigment ja eine Stellung einnimmt, welche der bei Nachtschmetterlingen durchaus ähnlich ist, konnte ich ein Leuchten nicht sehen. Als Ursache hiefür kann das massige und dichte Retinapigment der Käfer angesehen werden, ob das aber die alleinige Ursache ist, muss ich dahingestellt lassen. Schön sieht man das Augenleuchten, und zwar nach dem Typus der Tagschmetterlinge in den unteren Hälften der Libellenaugen. Ich habe es bei verschiedenen Arten gesehen, hebe hier aber Libellula vulgata (Diplex) — 155 als bestimmt besonders hervor. Audi bei unseren grossen grünen Heu- schrecken (Locusta viridissima oder caudata), die eine sehr kleine dunkle Pseudopupille haben, kann man, unter gewissen gleich zu besprechenden Bedingungen, noch im Inneren derselben das hellglänzende Pünktchen erkennen. In anderer Art zeigt sich das Augenleuchten bei Untersuchung mit dem Augenspiegel und directem Sonnenlicht an allen jenen Insecten, deren Augen arm an schwarzem Pigment sind. Eine Stubenfliege z. B. zeigt einen ziemlich grossen roth glänzenden, aber nicht scharf begrenzten Fleck, in dessen Mitte eine viel hellere Stelle besonders aufleuchtet. Ebenso ver- hält sich im Allgemeinen das Auge der übrigen Dipteren. Bei manchen ist der centrale hellste Fleck, den ich als das Analogon der leuchtenden Pseudopupille betrachten muss , besonders schön ausgebildet , z. B. bei Eristalis. Sehr schön zeigt sich bei dieser Untersuchungsart wieder die Differenz der beiden Augenhälften der Libellen, indem auch hier der obere Augenantheil das Verhalten des Fliegenauges, der untere der des Auges der Tagschmetterlinge zeigt. Man denke sich in Fig. 67 (Taf. VII) den grossen schwarzen Fleck, abgesehen von einem schmalen Randstreifen, voll leuchtend, und in Fig. 66 die mittlere schwarze Hauptpupille mit einem leuchtenden Fleck versehen, so hat man einen Begriff von den beiden Formen des Augenleuchtens. Man kann aber mit Hilfe des Augenspiegels am Libellenauge noch eine andere physiologisch bedeutsame Beobachtung machen. Dreht man das Thier, indem man die untere Augenhälfte beobachtet, und achtet auf die Geschwindigkeit, mit welcher die leuchtende Pseudopupille wandert, und macht dann dasselbe mit der oberen Augenhälfte, so wird man nicht im Zweifel darüber sein, dass im letzteren Falle die Bewegung eine weit, raschere ist. Erinnern wir uns daran, dass die Licht erscheinung in ge- wissem Sinne als das von aussen sichtbare Netzhautbild betrachtet werden kann, so ersieht man, dass ein Object von gewisser Winkelgeschwindigkeit im oberen Theile des Sehfeldes ein Netzhautbild entwirft, das sich schneller über die Netzhaut bewegt, als wenn dasselbe Object sich im unteren Theile des Sehfeldes bewegen würde. Oben habe ich auf Verhältnisse hingewiesen, die dafür sprechen, es sei der obere Theil des Libellenauges wesentlich zum Sehen von Bewegungen bestimmt, der untere zur Erkennung von Formen. Das geschilderte Verhalten am Augenspiegel dient als kräftige Stütze hiefür. Die Verwaschenheit und Grösse des Netzhautreflexes bei allen nach dem Typus des Fliegenauges gebauten Insectenaugen erklärt sich von selbst, wenn man die Lichtzerstreuung auf der Netzhaut wegen des man- gelnden schwarzen Pigmentes in Betracht zieht. Ich habe oben von der Diffusion des Lichtes an der Netzhaut als Ursache der grossen leuchtenden Pseudopupille von Nachtschmetterlingen gesprochen. Am Fliegenauge muss diese Diffusion eine viel stärkere sein, und da auch das typische schwarze — 156 — Irispigment mangelt, so wird der helle Kreis auch keine so scharfen Ränder haben. Immerhin aber ist zu erwarten, dass das eigentliche Netz- hautbild als Centrum des verwaschenen Fleckes sich mit besonderer Intensität abliebt, wie wir das thatsächlich sehen. Die gegenseitige Lage des Corneareflexes und der Pseudo- pupille. Wie gesagt, sieht man das Leuchten der Pseudopupille bei sehr vielen Insecten, aber nicht bei allen. Eine vermuthete Ursache für den Wegfall der Erscheinung habe ich schon erwähnt, es ist die Kleinheit und Licht- schwäche derselben. Bei anderen Thieren aber dürfte noch eine andere Ursache im Spiele sein, deren Besprechung einiger physikalischer Erläute- rungen bedarf und auch für das Folgende noch von Bedeutung ist. Ich will die Sache hier also besonders behandeln. Ich habe gezeigt, dass und warum die leuchtende Pseudopupille im Grunde jener Facettenglieder gesehen wird, deren Axen in ihrer Ver- längerung genau oder näherungs weise das Auge des Beobachters treffen. Sie erscheint also (in der Regel) an jener Stelle des Insectenauges, an welcher die Gesichtslinie des Beobachters die Insectencornea senkrecht schneidet. Nun bildet aber die Cornea selbst eine mehr oder weniger kugelförmige Wölbung, die als Convexspiegel wirken kann. Sie entwirft also wie die Cornea des Menschen ein Spiegelbild von jeder Lichtquelle. Die Lage dieses Spiegelbildes der Sonne bei Untersuchung mit dem Augenspiegel muss nun aber wieder durch die Richtuug gegeben sein, in welcher die Gesichtslinie des Beobachters die Hornhautoberfläche des Insectenauges senkrecht trifft, denn der Werth des Augenspiegels beruht ja eben darauf, dass die Lichtquelle mit dem beobachtenden Auge von dem beobachteten Auge aus in derselben Richtung liegt. Man sollte also zunächst glauben, dass die Pseudopupille überhaupt nicht Gegenstand der Beobachtung sein könne, da sie von dem starken Cornearetiex zugedeckt werden müsse. Und in der That glaube ich, dass dies die Ursache ist, aus welcher bei vielen Thieren eine leuchtende Pseudopupille nicht gesehen werden kann. Es fragt sich nun, wieso sieht man sie bei anderen Thieren? Aus zweierlei Ursachen. Erstens, weil viele Iusecten gar keinen Corneareflex in Form eines Bildchens haben. Es sind das alle jene, deren vordere Corneafläche nicht eine gekrümmte Fläche darstellt (wie z. B. bei den im Wasser lebenden Käfern und Krebsen inTaf. II, Fig. 16 und Tat. V, Fig. 45 bis 56), sondern in Facetten zerfällt, deren jede eine kleine, nach vorne convexe Fläche bildet (z. B. beiden Schmetterlingen, Taf. IV, Fig. 28 bis 36). Eine solche Cornea entwirft kein einheitliches Spiegelbild der Lichtquelle, sondern jede Facette wirkt als selbstständiger Convexspiegel; die mikro- skopisch kleinen Spiegelbilder dieser aber bilden in ihrer Gesammtheit — 157 — nur einen Schimmer über das Auge, der die Wahrnehmung der leuchtenden Pseudopupille nicht stört. Werden die Krümmungshalbmesser der einzelnen Facetten aber recht gross, d. h. nähert sich die Gestalt der Fläche einer einfach gekrümmten, so entsteht doch ein Corneareflex, ähnlich dem an einer glatten Hornhautfläche, nur weniger scharf (z. B. bei Libellen, Taf. VI, Fig. 58). Man kann also in dieser Weise schon mit freiem Auge bestimmen, welcher Art die vordere Hornhautfläche eines Thieres ist. Zweitens aber sieht man oft die leuchtende Pseudopupille trotz starken Corneareflex aus folgender Ursache. Oben (S. 24) wurde gelegentlich der Dioptrik des Limulusauges auseinandergesetzt, dass , wenn die anatomische Axe des Kegels die Corneaoberfläche nicht senkrecht schneidet, der Kegel also geneigt auf der Cornea aufsitzt, an der Kegelspitze Strahlen zur Vereinigung gelangen, die nicht von jenem Antheile des Sehfeldes stammen, der durch eine auf die Cornea errichteten Senkrechten getroffen wird, sondern von einem Sehfeldantheil, der mit diesem einen recht bedeutenden Winkel einschliessen kann (vgl. Holzschnitt Fig. 9, S. 25). Wir erkannten in dieser Einrich- tung ein Mittel, das Sehfeld des Thieres bedeutend zu vergrössern, ohne der Cornea eine gefährlich starke Wölbung zu geben Dieses Mittel ist in der Thierwelt viel verbreiteter, als man nach der groben mikroskopischen Untersuchung erwarten könnte, wie die feinere Untersuchung der leuch- tenden oder nicht leuchtenden Pseudopupille mit Hilfe des Augenspiegels beweist. Da gewahrt man nämlich als eine ganz gewöhnliche Erscheinung die örtliche Verschiebung des Corneareflexes gegen die Pseudopupille, erkennt auch wieder, wie uns das die anatomische Untersuchung von Limulus und von einigen anderen Thieren erwarten liess, dass diese Ver- schiebung an den Rändern des Auges ihr Maximum erreicht. Bei gewissen grossen Libellen und Heuschrecken z. B. wäre es wegen des Zusammen- fallens von Pseudopupille und Corneareflex nicht möglich, erstere zu sehen, wenn nicht eine gegenseitige Verschiebung der beiden Phänomene einträte, sobald man die Beobachtung vom Centrum des Auges gegen den Rand hin fortsetzt. Hier fallen die beiden Lichterscheinungen räumlich ganz auseinander, indem der Corneareflex peripherer liegt als die Pseudopupille, ja ersterer schon am Rande des Auges verschwunden sein kann, während man die letztere noch übersieht. Die Erklärung hiervon ist nach dem gemachten Hinweis kaum mehr nöthig. Man braucht sich nur wieder zu erinnern, dass der Weg der Strahlen in einem dioptrischen Systeme, wenn er gegeben ist für die eine Richtung des fortschreitenden Lichtes, auch für die entgegengesetzte Richtung zutrifft. In Holzschnitt Fig. 9, S. 25, wird also der Strahl, der von dem beleuchteten Punkte a' ausgeht, den Weg a'oc zurücklegen, da ein von c nach o verlaufender Strahl, wie wir sahen, den Weg coa' gegangen war. Ist also die Netzhaut bei a' durch den Augenspiegel erleuchtet, so wird die leuchtende Pseudopupille in der Richtung co zu — 158 sehen sein; der Corneareflex aber wird bei x oder einem Punkte, der von o noch weiter als x gegen die Peripherie des Auges gelegen ist, sichtbar sein, nämlich an jener Stelle der Corneaoberfläche, an der diese von der Gesichtslinie des untersuchenden Auges senkrecht getroffen wird. Im Centrum des Auges, dem der Kegel A der Figur entspricht, fallen Pseudopupille und Corneareflex zusammen, da der Weg des nach a gelangenden Strahles senkrecht auf der Hornhautoberiläche steht. Dieses örtliche Auseinanderfallen von Pseudopupille und Corneareflex gibt also in theoretischer Beziehung eine schöne Bestätigung der auf anderem Wege gefundenen Art der dioptrischen Erweiterung des Seh- feldes; in praktischer Beziehung ist sie von Wichtigkeit, weil sie ermög- licht, die Pseudopupille noch bei Thieren zu sehen, wo ein starker Cornea- reflex dies sonst unmöglich machen würde. Es gilt dies nicht nur für die leuchtende Pseudopupille, sondern in noch höherem Grade für die schwarze, die unser Interesse später noch in Anspruch nehmen wird. .B.Krebse. Es war zu erwarten, dass bei der Aehnlichkeit im Baue der Augen von Insecten und Krebsen auch bei diesen letzteren Erscheinungen, welche dem Augenleuchten entsprechen, vorhanden sein werden. Ich kannte dieselben schon, ehe ich wusste, dass die Aehnlichkeit sich bis auf die Ver- schiebung des Irispigmentes und die Anwesenheit eines Tapetums erstreckt. So viel mir bekannt, ist das Leuchten der Krebsaugen bisher nicht beschrieben worden. Es hängt das wohl mit der grösseren Unzugänglichkeit des lebenden Materiales zusammen. Zuerst sah ich an einem der kleinen, in unseren Seen und Bächen vorkommenden gemeinen Krebse (Astacus) mit Hilfe des Augenspiegels und bei Sonnenbeleuchtung eine roth leuchtende Pseudopupille. Das Thier war vorher im Dunkeln gewesen. ludem das Leuchten verschwindet, bleibt eine schwarze Pseudopupille zurück. Ich habe den Versuch bei Sonnen- beleuchtung, sowie bei künstlicher Beleuchtung am Abend oder des Morgens ausgeführt, im Allgemeinen mit demselben Erfolg. Freilich fand ich bis- weilen die Augen nicht leuchtend, wenn ich sie leuchtend erwartet hatte (nie umgekehrt), was, wie ich jetzt weiss, mit dem Gesundheitszustände des Thieres zusammenhing. Das Auftreten des Zustandes, in welchem die Augen leuchten, ist bei Krebsen viel mehr vom Wohlbefinden des Thieres abhängig als bei Insecten — so weit man dieses Wohlbefinden beurtheilen kann. Ich habe schon auf dieselbe Thatsache betreffs der Verschiebung des Irispigmentes, das ja mit dem Augenleuchten in ursächlichem Zu- sammenhang steht, hingewiesen. Obwohl die mikroskopische Untersuchung des Flusskrebses (Astacus fluviatilis) ein Tapetum an der Netzhaut erwies, so steht sein Leuchten doch weit hinter dem mancher Meerkrebse zurück. Taf. VII, Fig. 71 und 72, zeigt die Augen eines Einsiedlerkrebses (Pagurus); Fig. 69 und 70 das Auge einer Species von Palaemon, dessen Leuchten dem von Nachtschmetter- liugen nicht nachsteht, und Fig. 73, 74 die Augen von Sicyonia sculpta. 159 In jedem Paare dieser Abbildungen ist Licht- und Dunkelauge desselben Thieres nebeneinander gestellt und bei Lupenvergrösserung abgebildet, sämmtlich so wie man sie bei Beleuchtung mit dem Augenspiegel sieht. Das Leuchten der* Dunkelthiere verging im Laufe von Minuten, wenn sie ans Licht gebracht wurden, so dass das in Fig. 70 dargestellte Auge in das der Fig. 69, Fig. 72 in 71, Fig. 74 in 73 überging. Ein ähnlich intensives Augenleuchten sah ich nach Einwirkung der Dunkelheit bei Dromia vulgaris — ich verweise auf die ausgesprochene Dunkelstellung, welche Iris- und Retinapigment bei diesem Thiere eingeht, wie Taf. V, Fig. 55 und 56, zeigt ; ferner bei Nica edulis, Sicyonia sculpta und Anderen. Während bei diesen Thieren das Auge eine grosse leuchtende Scheibe zeigt, wie bei den Nachtschmetterlingen, nähert sich das Bild bei anderen Krebsen insoferne dem der Tagschmetterlinge, als die leuchtende Pupille kleiner ist und im Inneren einer schwarzen Pseudopupille sichtbar wird, oder es ist die leuchtende Fläche nicht so scharf begrenzt und nicht so intensiv wie bei den erstgenannten Thieren. Immer aber ist es ein unzweifelhaftes Leuchten, das im hellen Räume rasch vergeht. Ohne auf das Verhalten der einzelnen Thiere näher einzugehen, führe ich an, dass ich derartiges Augenleuchten bei Carcinus maenas gesehen und Taf. VII, Fig. 68, abgebildet habe ; ferner bei Innachus , Scyllarus arctus, Pisa, Galathea strigosa, Herbstia und Maja verrucosa. Waren die Thiere am Lichte, so verschwand das Leuchten vollkommen bei Innachus, Galathea, Pagurus, den verschiedenen Species von Palaemon, Sicyonia sculpta, während ein sehr kleiner Rest einer leuchtenden Pupille, wie bei Tagschmetter- lingen, bei Carcinus maenas zurückblieb. Wir wissen, dass diese Krabbe sich wirklich wie ein Tagthier benimmt und auch im Sonnenschein ihr Wesen treibt. Eine eigenthümliche Stellung nehmen Palinurus (die Langusta), Homarus (der Hummer) und Scyllarus arctus (der Bärenkrebs) ein, indem ihre Augen, wenn sie im Dunkeln waren, ein unzweifelhaft rothes, aus- gedehntes, aber nicht scharf begrenztes Leuchten zeigen, das am Lichte schwächer wird, auch die Farbe ändert, aber doch als ein ausgebreiteter weisslicher Schimmer bestehen bleibt. Von einer Pseudopupille kann man wegen der schlechten Begrenzung nicht sprechen. An Portunus konnte ich bei Untersuchung mit dem Augenspiegel überhaupt kein Augenleuchten und keine Veränderung in Folge von Licht- einwirkung beobachten. Wie die spätere mikroskopische Untersuchung lehrte, hat diese Krabbe wirklich kein Tapetum, wohl aber eine Licht- verschiebung von Iris- und Retinapigment. (Siehe Taf. IV, Fig. 37 und 38.) Es liegt wohl an dem Mangel reflectirten Lichtes, dass mir der optische Effect dieser Verschiebungen entgangen ist. Ebenso hatten die Augen der frisch aus dem Dunkelkasten ent- nommenen Exemplare dasselbe Aussehen, wie der in der Sonne gehaltenen, bei Peneus membranaceus und Squilla mantis. Bei diesen stimmte die — 160 — mikroskopische Untersuchung vollkommen mit dem Augenspiegelbefimd, denn keiner dieser Krebse zeigte an den Schnitten Verschiedenheiten bei Licht- und Dunkelauge. Der erstere hat, wie wir sahen, überhaupt kein oder fast kein Pigment. Fast bei allen von mir untersuchten Crustaceen habe ich wieder das oben bei den Insecten besprochene Phänomen beob- achtet, dass gewöhnlich am Rande des Auges der Cornearefiex von der leuchtenden Pseudopupille örtlich abweicht, und zwar natürlich wieder in dem Sinne, dass der Cornearefiex peripherer liegt als die Pseudopupille. Ja man kann hier die Pseudopupille in der Regel nur dann gut sehen ? wenn man solche Stellen des Auges aufsucht, wenigstens wenn sie klein ist. Es weicht also auch hier die optische Axe des Facettengliedes von der auf der Corneaoberfläche desselben errichteten Senkrechten nennens- werth ab, und wird auch bei diesen Krebsen so wie es bei Limulus und manchen Insecten besprochen wurde, das Sehfeld durch diese Einrichtung weiter gemacht, als es der Corneawölbung entsprechen würde. Einige weitere Beobachtungen über die Physiologie der Pigmentverschiebungen will ich hier noch anführen, mehr um dadurch zu eingehenderen Versuchen anzuregen, als um Fertiges mitzutheilen. Der Uebergang von der Dunkelstellung zur Lichtstellung geschieht viel rascher, als der Uebergang von der Licht- zur Dunkelstellung. Ich hatte anfangs geglaubt, dass die Krebsaugen überhaupt nur des Nachts leuchten, weil ich sie gewöhnlich nur des Morgens, indem ich sie aus dem Dunkelkasten nahm, leuchtend fand. Später überzeugte ich mich, dass das Leuchten doch auch bei Tage eintritt, wenn man die Thiere nur lange genug im Dunkeln hält. Das Leuchten verschwindet an der Sonne im Laufe von Minuten und tritt im Dunkelkasten wieder auf im Laufe von Stunden. Auch überzeugte ich mich z. B. an verschiedenen Species vou Palämon, dass die Oeffnung des Dunkelkastens, die so kurz dauert, dass das Augenleuchten beim Schliessen noch nicht verschwunden ist, doch bewirkt, dass noch nach einer Stunde kein Auge leuchtet. Erst nach drei Stunden fand ich wieder schönes Augenleuchten. Es ist eine naheliegende Frage, ob die Pigmentverschiebungen im Krebsauge directe Lichtwirkungen oder ob sie reflectorisch ausgelöste Bewegungen sind. Ich habe auf verschiedenen Wegen versucht, diese Frage zu beantworten, bin aber zu keinem mich befriedigenden Resultate gekommen. Bei einer Reihe von Thieren (ein grosser Palinurus, zwei Scyllarus, drei Maja, ein Pagurus) bohrte ich auf einer Seite den Augen- stiel an und entfernte aus dem centralen Canal alle Weichtheile, also auch den Sehnerv. Es zeigten sich dann wohl Unterschiede der beiden Augen, wenn man mit dem Augenspiegel prüfte und die Thiere vorher in der Sonne oder im Dunkeln gehalten hatte, nur waren dieselben nicht eindeutig genug. Nur das ging aus den Versuchen hervor, dass das operirte lßl — Auge gar nicht, oder doch weit geringer auf Hell und Dunkel reagirte als das normale. Wie leicht einzusehen, könnte das ganz wohl von der gestörten Ernährung herrühren. Ferner, habe ich eine ganze Reihe von Versuchen gemacht (Palämon eiguet sich dazu am besten), in denen ich dem im Dunkeln gehaltenen Thiere ein Auge, natürlich sammt dem Augeustiel, abschnitt, Thier und Auge dann an die Sonne brachte, oder umgekehrt. Es zeigte sich, dass im ersteren Falle das dem Thiere gelassene Auge natürlich zu leuchten aut- hörte, während das abgeschnittene fortleuchtete. In einem Falle fand ich die Augen (ich machte den Versuch immer zugleich an mehreren Thieren) nicht nur nach einer Stunde, sondern noch am nächsten Morgen, nach 17 Stunden leuchtend, obzwar ich sie auch da wieder in der Sonne liegend antraf. Andererseits hatte ich bei mehreren Palaemonen, die in der Abend- sonne gehalten waren, je ein Auge abgeschnitten, diese wie die Thiere dann in den Dunkelraum gebracht; am nächsten Morgen fand ich die am Thiere gelassenen Augen natürlich leuchtend, während die abgetrennten Augen in voller Lichtstellung verblieben waren. Es ist selbstverständlich, dass die abgetrennten Augen vor Vertrocknen geschützt sein müssen. Diese Versuche sprechen wohl dafür, dass man es hier mit reflectorisch ausgelösten Pigmentbewegungen zu thun hat. Sie sind aber durchaus nicht einwurfsfrei, hätten auch nur zur vorläufigen Orientirung über die Mög- lichkeit der experimentellen Prüfung dienen sollen. Leider war mir nicht genügend Zeit in Neapel gegönnt, die Frage definitiv zu beantworten. Es liegt nämlich auf der Hand, dass eine hinlänglich rasche Abnahme der Erregbarkeit nach Abtrennung des Auges auch die Ursache für das Ver- bleiben des Auges in dem Zustand sein kann, in welchem es sich im Momente der Exstirpation befindet. Auf die Notwendigkeit, dass die Thiere in gesundem Zustande sein müssen, sollen sich die Pigmentverschiebungen correct vollziehen, habe ich schon wiederholt hingewiesen. Es ist mir z. B. vorgekommen, dass aus einer ganzen Reihe von im Dunkelkasten gehaltenen Krebsen einer aus dem Aquarium herausgesprungen war. Er war nicht ins Trockene gerathen, sondern sass in einer Tasse, die einige Centimeter hoch Wasser enthielt. Trotzdem war er der einzige von allen Krebsen, der keine leuchtenden Augen zeigte, obwohl man ihm im Uebrigen ein Unbehagen nicht ansehen konnte. Endlich habe ich mich bemüht, zu ermitteln, ob die Pigmentverschie- bungen durch elektrische Reizung erzielt werden können. Auf diese Weise müsste man erfahren, welcher der Ruhezustand der Pigmentlagen ist. Leider haben mir auch diese Versuche keine befriedigenden Resultate ergeben. Aeussere Verhältnisse zwangen mich, die meisten an Hydrophilus anzustellen, bei welchem Thiere erst durch die mikroskopische Unter- suchung ein Urtheil über die Pigmentstellung zu gewinnen ist. Am meisten wäre zu erwarten von Reizung des leuchtenden und des nicht leuchtenden Exner, Facettenaugen. 11 — 162 — Auges eines grossen Nachtschmetterlings. Solche bekam ich aber nur während meines Landaufenthaltes, wo mir die elektrischen Reizmittel nicht zur Verfügung standen. 2. Das Phänomen der Pseudopupillen. Ich komme zur Besprechung eines merkwürdigen optischen Phänomens, dessen Enträthselung mir manches Kopfzerbrechen gekostet hat. Auch hier war, meines Wissens, wieder Leydig1 der Erste, der eine Beschreibung und zutreffende Beobachtung brachte, sonst ist kaum von dem Gegenstande die Rede gewesen, abgesehen von einer Bemerkung Thompson-Lowne's, auf die ich alsbald zurückkomme. Die allgemeine Verbreitung der Er- scheinung — sie wird an den meisten Facettenaugen beobachtet die Einheit in der Mannigfaltigkeit ihrer zahlreichen Former), wurde bisher freilich nicht hervorgehoben, und eine Erklärung kaum angestrebt. Leydig sagt richtig, dass man bei Limulus einen dunklen, einer Pupille ähnlichen Fleck im Auge sieht, der sich aber von einer Wirbel- thierpupille dadurch wesentlich unterscheidet, dass er mit dem Beschauer die Lage im Auge ändert. Er nennt ihn schon eine Pseudopupille. Auch hebt er hervor, dass man bei Schmetterlingen gelegentlich mehrere solche schwarze Flecken im Auge bemerken kann. Thompson Lowne2 bemerkte bei einem Schmetterlinge (Cabbage Butterfly) sechs schwarze Flecken um einen siebenten centralen angeordnet, welche mit dem Beschauer den Ort ändern, und die, wenn er sie mit einem ophthalmoskopisch armirten Mikroskope betrachtete, hell erschienen. (Ich zweifle nicht, dass hier ein Irrthum vorliegt und nicht alle sieben, sondern nur der centrale Fleck hell erschienen war, d. h. dass das im vorstehenden Abschnitte behandelte Phänomen vorlag.) Als Erklärung denkt er an ein Diffractionsbild. Ich habe im Vorstehenden schon wiederholt von der Pseudopupille zu sprechen gehabt, alter hauptsächlich insoferne sie oder ein centraler Kern in ihr leuchtete. Im P'olgenden bitte ich den Leser, von dieser Er- scheinungsweise der Pseudopupille, dem das Leuchten des Wirbelthierauges entspricht, abzusehen und sich vielmehr einen pupillenähnlichen schwarzen Fleck als solche vorzustellen. Man kann als Regel aufstellen, dass jene zusammengesetzten Augen, die zwischen den vorderen Antheilen der Krystallkegel eine Licht reflectirende Substanz (Iristapetum) haben, Pseudopupillen zeigen. Als solche Substanz fungirt in der Regel ein gleich hinter der Cornea gelegenes Pigment, das die verschiedensten Farben und Helligkeiten besitzen kann. Je deutlicher eine Farbe vom Schwarz absticht, desto deutlicher ist auch die Pseudopupille; so sieht man sie auf rothem (Taf. VI, Fig. 65), blauem (Taf. VII, Fig. 71 und 76), gelbem (Taf. VI, Fig. 61), blaugrünem (Taf. VII ' Müller's Areh. f. Phys. 1855, S. 431. 2 Transact. of the Lninean Soe. Zool. 188k S. 407. 163 — Fig. 66, 71, 75), lichtbraünem (Tai. VI, Fig. 64, Tat'. VII, Fig. 68;, braunem (Taf. VI, Fig. 62, 63, und Tat'. VII, Fig. 69) und dunkelbraunem (Taf. VII, Fig. 73) Grunde, welcher Grund schliesslich so dunkel werden kann, dass man die Pseudopupille, wie bei vielen nichtleuchtenden Augen von Nacht- schmetterlingen oder bei Hydrophilns pieeus und Dyticus,1 kaum mehr sieht, ähnlich wie man bei recht dunkler Iris auch in manchem Menschenauge die Pupille schwer unterscheiden kann. Bei jenen Insecten, es sind haupt- sächlich Käfer, bei welchen auch die vordersten Pigmentlagen im Auge schon schwarz sind, sieht man gar keine Pseudopupille mehr. Krebse dieser Art sind mir nicht bekannt geworden.2 Alle Pseudopupillen haben die Eigenschaft, mit dem Beschauer den Ort zu ändern, indem sie im Allgemeinen da erscheinen, wo das Facetten- auge von der Gesichtslinie des Beobachters senkrecht getroffen wird. Die sehr häufig und insbesondere an der Peripherie des Auges auftretende Ab- weichung von dieser Stelle ist oben schon ausführlich besprochen und für die leuchtende Pseudopupille erklärt worden. Die Pseudopupille ist durchaus nicht immer kreisrund. Entsprechend der Abweichung der Corneaoberfläche von der Kugelgestalt nimmt auch sie häufig die Form eines Oval an, welches bei Insecten, deren Facetten sechseckig sind, bisweilen Neigung zeigt, in ein unregelmässiges Sechseck überzugehen, bei Krebsen, deren Facetten quadratisch sind, gewöhnlich, wenigstens bei massiger Vergrösserung in deutliche Viereckform übergeht. (Taf. VI, Fig. 65, und Taf. VII, Fig. 69 und 73.) Auch unsere Flusskrebse zeigen die Pseudopupille. Peneus membranaceus, der, wie wir sahen, kein oder fast kein Pigment im Auge hat, zeigt in Folge seines Iristapetums doch in seinem, herrliche Farben spielenden Auge eine deutliche quadratische Pseudopupille, die durch die Kreuzung zweier dunkler meridionaler Streifen entsteht (Taf. VII, Fig. 75). Auch er hat, wie dieses Phänomen erwarten Hess, quadratische Hornhautfacetten. Die eigenthümliche Wölbungsart der Cornea bewirkt, dass manche Krabben, z. B. Carcinus maenas (Taf. VII, Fig. 68), nach einer Seite hin spitz- zulaufende Pseudopupillen haben. Ausser dieser Pseudopupille sieht man aber bei sehr vielen Thieren noch andere schwarze Flecke am Auge, die zwar nicht so dunkel, auch weniger scharf begrenzt als jener sind, aber doch viele Aehnlichkeit mit ihm haben, sich vor Allem auch wie die Pseudopupille am Auge ver- schieben, wenn sich die Stellung des Beobachters zu demselben ändert. Hat man einige Thiere, am besten Tagschmetterlinge, genau angesehen, so erkennt man bald, dass in der anscheinend unregelmässigen Gruppe 1 Man üiuss in diesen Fällen kräftige Beleuchtung des Auges mit dem Augenspiegel vor- nehmen, dann überzeugt man sieh auch an diesen dunkeln Augen von der Anwesenheit der Pseudopupille. 2 Bei der Lan^nsta und dem Hummer sind die Pseudopupillen aus anderen Ursachen nicht deutlich. 11* — 164 — dunkler Flecke eine Gesetzmässigkeit herrscht. Um die eigentliche Pseudo- pupille liegt nämlich zunächst ein Kranz von sechs dunklen Flecken, die in ihrer Schärfe der Pseudopupille am nächsten stehen, weiter nach Aussen kommt ein zweiter Kranz noch schlechter ausgebildeter Flecken, deren zwölf zu sein scheinen. Bei gewissen Libellenlarven habe ich auch noch Flecken unterschieden, die einem dritten Kranze angehört haben. Alle zusammen bilden das Phänomen der Pseudopupillen. Es besteht aus der bisher allein besprochenen Hauptpupille, ferner aus (bei den Thieren mit sechs- eckigen Facetten) sechs Nebenpupillen erster Ordnung und wahrschein- lich zwölf Nebenpnpillen zweiter Ordnung, endlich solchen dritter Ordnung, die sich alle über das Auge verschieben, wenn man es dreht. Die meisten Augen zeigen das Phänomen nicht in dieser Vollständig- keit. Wie etwa das Phänomen des Regenbogens aus äusseren Gründen last nie in seiner Totalität gesehen wird, so ist es auch mit dem der Pseudopupillen. Freilich ist mir die Theorie dieses letzteren, somit die Kenntniss alles dessen, was dazu gehört, nicht in jener Vollkommenheit bekannt, doch glaube ich das Gesagte vertreten zu können. Am vollkommensten sah ich die Erscheinung bei reifen, im Wasser lebenden Larven von Agrion, deren Augen wie übersäet mit Punkten waren, an denen ich zuerst die geschilderte Anordnung und Zahlenvertheilung bemerkt habe. Dreht man das Auge so, dass die Hauptpupille gegen den Rand rückt, so verschwinden die Nebenpupillen auf der einen Seite, indem sie gleichsam über den Rand hinausrücken, während auf der entgegen- gesetzten Seite neue Nebenpupillen aufzutauchen Platz finden. So ist es bei jedem Thiere, das überhaupt Nebenpupillen hat. Der untere Augen- antheil grosser Libellen (Taf. VII, Fig. 66) lässt das Phänomen auch noch in ziemlicher Vollkommenheit erkennen, wenn man die Hauptpupille an den richtigen Ort bringt. Man sieht dann die verzerrten, zum Theil mit- einander verschmelzenden Nebenpupillen erster Ordnung, auf der einen Seite ziemlich vollkommen die Reihe der Nebenpupillen zweiter Ordnung, und sieht zeitweilig an einzelnen Randstellen auch noch die eine oder andere Nebenpupille dritter Ordnung auftauchen (bei a). Bei jeder Bewegung des Thieres oder des Beschauers geräth das ganze Bild in ein Fliessen, das dem Auge jenen räthselhaften Schimmer verleiht, der noch unver- ständlicher wird, wenn man die Hauptpupille gegen den oberen Antheil des Auges verschiebt, wo sie schliesslich halbmondförmig wird, und in die grosse schwarze Hauptpupille des oberen Augenantheiles übergeht, unter Wegfall aller Nebenpupillen. Immer noch sehr schön, aber schon enger begrenzt tritt das Phänomen am Auge vieler Tagfalter auf, z. B. an dem des Rübenweisslings (Pieris rapae) Taf. VI, Fig. 61. Eine schöne Hauptpupille, sechs gut ausgebildete Nebenpupillen erster Ordnung und einige Andeutungen von jenen zweiter Ordnung sind bei einer gegebenen Stellung des Auges zu erkennen. Die letzteren treten auf einer Seite deutlicher hervor, wenn man die Haupt- 165 — pupille nach der anderen Seite verschiebt. Ganz ähnlich verhalten sich Pupille und Nebenpupille beim Citronenfalter (Colias rhamni). Auch Epinephele zeigt die Nebenpupillen bis zur zweiten Ordnung. Diese haben hier eine Neigung, miteinander und mit der Hauptpupüle zusammenzufliessen, so dass das Auge ein eigenthümliches Aussehen erhält (Taf. VI, Fig. 64) und erst nach einigem Drehen und Wenden das Gesetz- massige der Anordnung erkennen lässt. Man darf nämlich bei Betrachtung dieser Abbildungen nicht vergessen, dass eine solche das Auge nur bei einer Stellung und von einem Gesichtspunkte aus darstellen kann. Bei kleinen Verschiebungen schon ändert sich Lage, Form uud gegenseitige Entfernung der Pupillen. In ähnlicher Ausdehnung, aber mit anderer Anordnung tritt das Phänomen beim Distelfalter (Vanessa cardui. Fig. 62) auf. Auch hier sind noch einzelne Nebenpupillen zweiter Ordnung andeutungsweise zu erkennen. Bei Melanargia, und noch mehr beim Taubenschwanz (Makroglossa stella- tarum) hat das Phänomen grössere Dimensionen angenommen, so dass selbst die Nebenpupillen erster Ordnung nicht mehr ganz auf dem Auge Platz finden (Taf. VI, Fig. 63). Die Hauptpupille ist bei letzterem ver- hältnissmässig gross, es ist dieselbe, welche bei Untersuchung mit dem Augenspiegel so intensiv grün aufleuchtet. Würden, wie Thompson-Lowne angibt, die Nebenpupillen auch leuchten können — bei diesem Schmetterling wäre mir das sicher nicht entgangen. Man denke sich diese Hauptpupille noch grösser und die Nebenpupillen über den Rand des Auges hinausgerückt, dann liegt das Bild vor, das, wie oben gesagt, die nicht leuchtenden Augen von Nachtschmetterlingen und manchen Käfern zeigen. Die grossen Heuschrecken, z. B. Psophus stridulus, zeigen scharfe, aber kleine schwarze Pupillen ohne Nebenpupillen. In allen diesen Fällen ist, wie die Abbildungen zeigen, der ring- förmige Raum zwischen der Hauptpupille und den Nebenpupillen erster Ordnung von besonderer Helligkeit. Bei manchen Thieren, z. B. Hesperia coma, die ein dem Auge des Taubenschwanzes sehr ähnliches Auge hat, ist diesei' lichte Hof um die Hauptpupille so ausgeprägt, dass man geneigt ist zu sagen, diese sei von einem sechsstraliligen, weisslichen Stern umgeben. Ein auffallender Unterschied zwischen der Hauptpupille und den Nebenpupillen erster Ordnung einerseits, den Nebenpupillen zweiter und dritter Ordnung andererseits besteht darin, dass die Lage der ersteren nur von der Stellung des beobachtenden Auges, die Lage der letzteren aber ausserdem noch von der Richtung der Beleuchtung abhängig ist. Ich beobachtete das bei Pieris rapae. Benutzt man eine Kerzenflamme als Lichtquelle im sonst dunkeln Räume, überzeugt sich unter Benützung des Augenspiegels, dass man die Hauptpupille richtig erkannt hat (indem ihr Kern bei passender Belichtung roth leuchtet) und wendet das Auge so — 166 — dass wenigstens einige Nebenpnpilleii zweiter und dritter Ordnung sicht- bar werden, so sieht man, wie sich diese im Kreisbogen um die Haupt- pupille drehen, wenn man die Kerze auf und ab bewegt. An der Haupt- pupille, sowie au den Nebenpupillen erster Ordnung habe ich nie aut diese Weise eine bemerkbare Bewegung hervorrufen können. Es ist nothwendig bei diesen Beobachtungen eine Lupe zu benützen. Die Hauptpupille steht also, wie gesagt, fest, insoferne als ihre Lage unabhängig von der Richtung der Beleuchtung ist. Anders aber ist es mit dem centralen leuchtenden Theile derselben. Diese, die „leuchtende Pseudo- pupille", erleidet wenigstens bei dem genannten Schmetterling — und bei anderen Tagschmetterlingen wird es sicher ebenso sein — kleine Orts- veränderungen im Inneren der schwarzen Pseudopupille, wenn die Richtung der Beleuchtung durch den Augenspiegel sich ändert. Ich habe das oben schon hervorgehoben und erklärt. Aehnlich wie bei den Insecten, ist auch bei vielen Krebsen (z. B. Carduus mänas, Taf. VII, Fig. 68) die dunkle Hauptpupille von einem auffallend hellen Hof umgeben. Bei den Krebsen habe ich, so deutlich, wenn auch klein, die Haupt- pupille ist, niemals unzweifelhafte Nebenpupillen gesehen, ausser beim Einsiedlerkrebs (Pagurus, siehe Fig. 71). Dieser Krebs hat wie die Insecten sechseckige Corneafacetten, und hat wohl auch sechs Nebenpupillen. Sie sind aber sehr undeutlich, nur unter den günstigsten Verhältnissen mit Sicherheit zu erkennen, und es gelang mir nicht, sie zu zählen. Man ist nie überzeugt, das ganze Phänomen zu übersehen. Wohl aber glaube ich noch Nebenpupillen zweiter Ordnung erkannt zu haben. Bei den Krebsen mit quadratischen Corneafacetten, bei denen sich vier Nebenpupillen erster Ordnung erwarten lassen, habe ich niemals solche von ähnlicher Deutlichkeit wie bei Insecten gesehen. Vier dunkler gefärbte Stellen, wie man sie z. B. bei Galathea (Taf. VI, Fig. 65) sieht, oder die eigentümliche Zeichnung bei Palaemon (Taf. VII, Fig. 69) und ähnliche Erscheinungen an Palinurus und Homarus halte ich für den Ausdruck von Reflexen, die an den in Reihen gestellten Corneafacetten, beziehungsweise den darunter liegenden Kegeln erfolgen; sie haben also einen anderen Ursprung als die Pseudopupillen. Am ersten könnten mit diesen noch die Arme des dunklen Kreuzes identificirt werden, das man am Auge von Peneus membranaceus (Taf. VII, Fig. 75) sieht. Erklärung des Phänomens der Pseudopupillen. Diese Erklärung ist nicht ganz einfach, auch nicht für jene Theile des Phänomens, für die ich sie überhaupt zu geben vermag. Ich werde mich nämlich darauf beschränken müssen, die optischen Grundlagen für — 167 — die Erscheinungsweise der Hauptpupille und der Nebenpupillen erster Ordnung klarzulegen. Die Nebenpupillen höherer Ordnungen sind so schwach entwickelt, dass sie einer eingehenderen physikalischen Unter- suchung zu grosse Schwierigkeiten entgegensetzen. Ich musste hier also auf eine experimentelle Prüfung meiner Vermuthungen verzichten, glaube deshalb auch die Mittheilung dieser Vermuthungen unterlassen zu können, umsomehr, als der Weg, auf dem man die Deutung der Nebenpupillen zweiter und dritter Ordnung zu suchen hat, durch die Erklärung jener erster Ordnung schon in seiner Richtung bestimmt ist. Die grosse Manigfaltigkeit, die wir in Form und Grösse des Phänomens kennen gelernt haben, und die auf den zahlreichen Variationen im Baue der Facettenaugen beruht, zwingt uns zunächst eine Erklärung des typischen Phänomens auf Grund eines typischen Auges zu suchen und die einzelnen Variationen dann an der Hand der zu Grunde liegenden anatomischen Verhältnisse besonders in Betracht zu ziehen. Wir setzen also im Folgen- den ein vollkommen regelmässig gebautes (z. B. kugelig gekrümmtes, mit senkrecht aufsitzenden Krystallkegeln versehenes etc.) Insectenauge voraus. Das Phänomen hat ein Centrum, um das es angeordnet ist. Dasselbe ist die Mitte der Hauptpupille, welche, wie oft erwähnt, dadurch charakte- risirt ist, dass in ihr die Gesichtslinie des Beschauers das Facettenauge senkrecht trifft. Wir wollen diese Linie die Axe des Phänomens nennen. Dasselbe, soweit wir es zu erklären beabsichtigen, besteht dann aus der die Axe umgebenden Hauptpupille und sechs von der Axe gleichweit ent- fernten, im Sechseck gestellten Nebenpupillen. Die Hauptpupille. Man sieht dieselbe, wie schon Leydig beob- achtet hatte, sehr schön am Limulus, selbst an einem getrockneten Exemplare konnte ich sie noch erkennen. Nebenpupillen fehlen bei diesem Thiere, doch zum Studium der Hauptpupille eignet es sich besonders, nicht nur wegen der Grösse dieser - sie misst mehrere Millimeter im Durch- messer — sondern vor Allem wegen der Grösse der einzelnen Facetten- glieder. Betrachtet man am lebenden Thier mit der Lupe die Grenze der Hauptpupille, so gewahrt man eine Liclitvertheilung an den einzelnen Facetten, die ich durch Taf. I, Fig. 8, wiederzugeben versucht habe. A liegt noch im Bereiche der Pupille, B liegt schon ausserhalb derselben. Mau hat sich diese Liclitvertheilung an den Facetten rund um die Pupille vorzustellen. Diese verdankt somit ihre Schwärze dem Umstände, dass in der Nähe der Axe des Phänomens aus den Facetten kein Licht in das Auge des Beobachters gelangt, und die Grenze der Pupille ist dadurch gegeben, dass aus Facetten, die von der Axe weiter entfernt sind, wohl Licht in der Richtung nach dem beobachtenden Auge herausdringt. Die Abbildung zeigt weiter jede dieser Facetten auf der der Axe ab gewen- deten Seite hell, und dass die mit der Entfernung von der Axe zunehmende Helligkeit der Augenoberfläche darauf beruht, dass in jeder einzelnen Facette die helle, fast lialbmond förmige Zone an Breite und Intensität wächst, — 168 — Ich habe mich überzeugt, dass bei Thieien, welche Nebenpupülen haben, die Lichtvertheilung in und um die Hauptpupille dieselbe ist, wie hier bei Limulus. Libellen und der Rübenweissling, bei schwacher Ver- grösserung unter dem Mikroskope untersucht, dienten zu dieser Controle. Die Richtung der Beleuchtung kommt, wie aus dem Vorstehenden schon hervorgeht, hier in der Regel nicht in Betracht. Die Ursache dieser Lichtvertheilung und somit der Entstehung der Hauptpupille geht aus Holzschnitt Fig. 23 hervor. Zum Verständnisse des- Pig. 23. selben ist festzuhalten, dass das von einem Punkte ausgehende Licht die Oberfläche des Facettenauges nur an einer Stelle senkrecht trifft, und dass es auf die übrigen Corneafacetten unter um so grösserem Einfalls- winkel auffällt, je weiter diese, bei gegebenem Krümmungshalbmesser des Auges, von der ersten Stelle entfernt sind. Gestatten wir uns, der Bequemlichkeit der Darstellung wegen, das Auge des Beobachters als leuchtenden Punkt vorzustellen, und zu fragen, wohin die von diesem Punkte ausgehenden Strahlen im Facettenauge gelangen werden. Haben wir den Weg dieser Strahlen gefunden, dann — 169 - wissen wir auch, von welchen Punkten des Facettenauges aus Licht in das Auge des Beobachters gelangen kann. Haben wir ja doch den Satz von der Umkehrbarkeit des Strahlenganges schon wiederholt in Anwendung gebracht. Es seien A und B (Fig. 23) zwei Facettenglieder, deren Form ich ,dem Lampyrisauge entnehme, ohne damit einen anderen Zweck zu verfolgen, als das mir bekannteste Auge den Betrachtungen zu Grunde zu legen. Bei den anderen Augen müssen die Verhältnisse in den wesentlichen Punkten dieselben sein. Befindet sich das leuchtende Auge des Beobachters in der Verlängerung von b a, also in der Axe des Phänomens, so dringt Licht durch das Facettenglied B und beleuchtet eine in der Axe gelegene Stelle der .Retina. Ist diese Stelle nicht mit schwarzem Pigmente ausgekleidet, sondern vermag sie eine genügende Menge Licht zurückzuwerfen, so dringt dieses in der Eichtung von b a in das Auge des Beobachters, und dieses sieht — wie das für Tagschmetterlinge, Libellen und manche Krebse oben beschrieben wurde — das Centrum der Hauptpupille leuchtend. Ist eine solche reflectirende Schichte nicht da, so kann aus dieser Facette kein Licht in das Auge des Beobachters zurückgelangen, es sieht das Centrum der Pseudopupille schwarz, wie das bei Käfern, Krebsen, deren Augen sich in Lichtstellung befinden, etc., besprochen wurde. Fällt aber vom Auge des Beobachters ein Strahl etwa unter der Neigung von c o auf eine Facette — dieselbe stünde dann in einiger Ent- fernung von der Axe des Phänomens — so gelangt er, wie wir (S. 25) sahen, nach w, und wird, wenn sich daselbst schwarzes Pigment befindet, wie das bei fast allen Augen der Fall ist, absorbirt. Aus allen Facettengliedern also, deren Axen zu der Axe des Phänomens, eine gewisse Neigung haben, könnten in das Auge des Beobachters nur Strahlen gelangen, die von dem schwarzen Pigmente ausgegangen sind, d. h. es gelangen keine Strahlen in sein Auge; er sieht das schwarze Pigment, das die Krystallkegel umgibt, in Form eines schwarzen Einges um die leuchtende Pupille (Fig. 72,Taf. VII), oder wenn an der Eetina kein Licht refiectirt wurde, als äussere Zone des schwarzen Fleckes, der durch die erst besprochenen Strahlen bedingt ist. Beide zusammen bilden dann das, was wir die Pseudohauptpupille genannt haben. Dieser äussere, von dem Kegelpigment herrührende schwarze Eing ist deshalb immer vorhanden, es mag die Beleuchtung welche immer sein, denn das Pigment absorbirt eben immer alles Licht, das auf das- selbe fällt. Ein Strahl, der, vom Auge des Beobachters kommend, unter einer noch grösseren Neigung ein Facettenglied trifft, z. B. d o, gelangt nach dem Punkte n in das daselbst liegende Pigment. Wir haben aber gesehen, dass bei vielen Facettenaugen vor dem schwarzen Irispigment ein lichteres, häufig schön gefärbtes Pigment, das Iristapetum, liegt, z. B. beim Eübenweissling ein gelbes (T) Fig. 34, Tai'. IV). In das Auge des Beschauers gelangt also jetzt in diesem Falle reichlich gelbes Licht, und zwar nur solches, denn aus allen — 170 — Facettengliedern, welche die bestimmte Neigung- gegen die Axe des Phänomens haben, dringt nach der Richtung des beobachtenden Auges eben nur dieses gelbe Licht. Hierdurch ist die äussere Grenze der Hauptpupille gegeben, und zugleich die Ursache des hellen Hofes, den man um dieselbe zu sehen pflegt (Taf. VI, Fig. 62, 64). Auch die Lichtvertheilung an einer Corneafacette, die oben beschrieben und Taf. I, Fig. 8, abgebildet wurde, erklärt sich in dieser Weise sehr einfach, denn es ist klar, dass ein Lichtstrahl e /, der aus derselben Richtung wie d o, also auch aus dem beobachtenden Auge kommend, die Cornea- facette bei / trifft, den Kegelrand erst etwa bei jj, also im Bereiche des schwarzen Pigmentes erreichen muss. Die Corneafacette wird also auf der der Axe des Phänomens zugewendeten Seite noch schwarz erscheinen, während die andere Seite schon hell ist. Diese Deutung der Hauptpupille bedarf uoch einiger Ergänzungen. Nach ihr kann eine Pseudopupille überhaupt nur in jenen Augen sichtbar sein, in denen vor dem schwarzen Pigment, das wir Irispigment genannt haben, noch eine andere das Licht nicht oder doch nicht vollständig absorbirende Masse liegt. In dieser Beziehung stimmt meine Erfahrung vollkommen mit der Theorie. Es liegt ja eben hierin die Ursache, aus welcher man bei Schmetterlingen mit schwarzen Augen (zwar mit Hilfe des Augenspiegels eine leuchtende, aber ohne diesen) keine Pseudopupille sieht, ebenso bei den meisten Käfern. Viele freilich haben nicht vollkommen schwarze, sondern dunkelbraune Augen; das entsprechende Pigment hat dann auch die Lage wie das Iristapetum bei anderen Thieren (c, Taf. II, Fig. 15). Dann aber sieht man auch die Hauptpupille. Eine scheinbare Ausnahme macht Limulus, bei dem man gerade die Pupille auffallend schön sieht, obwohl er ausser dem schwarzen kein Pigment im Auge hat. Hier wird das vordere lichte Pigment, das Iristapetum, in ganz exquisiter Weise vertreten durch die stark reflectirenden Stellen der Corneasubstanz, die wir zwischen den einzelnen Kegeln kennen gelernt haben. Da liegen (s. a auf Taf. III, Fig. 20) zahlreiche feinste Porencanälchen, welche die Substanz von vorne nach hinten durchziehen und mit Luft gefüllt zu sein scheinen. Es ist klar, dass diese um die vorderen Antheile jedes Kegels (soferne er optisch als solcher wirkt) angeordnete modiflcirte Chitinsubstanz ihrer Lage, sowie dem Reflexionsvermögen nach das helle Pigment anderer Augen nicht nur ersetzen, sondern übertreffen kann. Wenn der obere Theil des Libellenauges, auch wo er kein schwarzes Pigment enthält, doch eine grosse diffuse Pseudopupille zeigt, so rührt das daher, dass das betreffende braune Pigment eben doch recht dunkel ist. Es ist das Leuchten dieser Pseudopupille eben wegen dieses nicht ganz srliwarzen Pigmentes auch ein ausgedehntes und diffuses. Im unteren Theile des Libellenauges ist die Pupille dunkelschwarz und scharf begrenzt, weil hier schwarzes Pigment vorhanden ist und die Kegel relativ länger und schmäler sind, wie im oberen Theile (s. oben Cap. VI und Fig. 59, Taf. VI.) - 171 — Ich habe im Vorstehenden nur von dein die Kegel umkleidenden Pigmente als Ursache der Hauptpupille gesprochen. Es ist aber kein Zweifel, dass bei jenen Thieren, deren bis an die Kegelspitzen reichende Sehstäbe mit Pigment umhüllt sind, dieses Retinapigment in derselben Weise wirken muss. Es bildet dann in Bezug auf die Pseudopupille eben nur eine Fort- setzung des Irispigmentes nach hinten. Einer besonderen Bemerkung bedürfen noch die Augen mit Super- positionsbild und sehr ausgiebiger Verschiebung des Irispigmentes. Am besten erkennt man an jenen unserer Nachtschmetterlinge bei Tagstellung eine auffallend grosse, von einer bräunlichen Umgebung sich schwach abliebende Pseudopupille. Wo ist da das nothwendige vordere Pigment- lager? Eine solche vordere diiferenzirte Pigmentlage ist in der That vor- handen, wenn sie sich auch am mikroskopischen Präparate nur wenig in der Färbung vom Irispigment unterscheidet. Man erkennt sie doch als unzweifelhaft dunkelbraun. Auch verhält sie sich physiologisch anders als das Irispigment. Dieses Pigment bildet eine dünne, dem Kegel sich eng anschmiegende Lage, welche schon in der Dunkelstellung von dem eigent- lichen Irispigmente leicht zu unterscheiden ist und beim Uebergang in die Lichtstellung vielleicht nicht immer, aber jedenfalls bisweilen in seiner Lage am Kegel verharrt (vgl. die Abbildung vom rothen Ordensband, Taf. II, Fig. 15). Bei den Krebsen, deren Irispigment ausgiebige Ver- schiebungen eingeht, macht das Iristapetum, das Analogon der lichten Pigmentschichte der Insecten, dieselben mit (vgl. Taf. IV, Fig. 39, und Taf. V, Fig. 51 bis 54), ohne die Lage gegen dasselbe zu ändern; bei anderen Krebsen, deren Irisverschiebungen weniger ausgiebig sind, ver- harrt das analoge Pigment an seinem Platze (so z. B. bei Portimus, Taf. IV, Fig. 37, 38 it.). Aber auch die Pupille bei Nachtschmetterlingen bedarf einer Bemer- kung. Bei vielen dieser Thiere, sowie wohl bei den meisten Insecten und Krebsen, die ein Superpositionsbild haben, ist bei Lichtstellung des Auges die Mantelfläche des Krystallkegels ganz oder zum grossen Theile vom Irispigment entkleidet. Man könnte nun fragen, wie entstellt da eine Pseudo- pupille, wo die Strahlen co, do und ef des Holzschnittes Fig. 23 auf gar kein Pigment stossen? Die Antwort hierauf ergibt sich, wenn wir zunächst die regelrecht gebrochenen Strahlen ins Auge fassen. Bei diesen Thieren, deren Facettenglied einen Linsencylinder von der doppelten Länge seiner Brennweite darstellt, werden die gegen die Axe desselben massig geneigten Strahlen noch an die Spitze des Kegels geleitet, wo sie auf derselben Seite der Axe austreten, auf der sie eingetreten sind. Es ist das oben ausführ- lich besprochen worden. Vgl. Strahl p l>' p' auf Holzschnitt Fig. 12, S. 44. Diese Strahlen aber gelangen dann auch noch an das nach rückwärts geschobene Irispigment, werden also absorbirt, so dass das ganze Gebiel dieser schief einfallenden Strahlen der Hauptpupille angehört, obwohl der — 172 — Verlauf derselben von dem bisher geschilderten recht verschieden ist. Der Beschauer sieht dann in der Pupille ein Schwarz, welches nicht den der Axe des Phänomens abgewendeten Seiten der Kegelmantelumhüllungen angehört, sondern den der Axe zugewendeten Seiten der Pigmentscheideu, die zwischen Kegel und Retina liegen. Strahlen aber, welche so verlaufen wie co oder ef des Holzschnittes Fig. 23 müssen, nachdem sie aus dem Kegel ausgetreten sind, doch früher oder später auf schwarzes Irispigment stossen, das jetzt aber weit rückwärts geschoben ist. Je grösser also die Anzahl der Facettenglieder ist, welche zur Bilderzeugung eines Punktes bei voller Dunkelstellung des Auges ver- wendet wird, desto grösser muss ceteris paribus auch die Pseudopupille dieses Auges während der Lichtstellung sein. Und das dürfte mit der Erfahrung auch stimmen. Die Nebenpupillen erster Ordnung. Zum Verständnisse dieses Theiles unseres Phänomens werden uns hauptsächlich zwei Beobachtungen führen. Die erste besteht in Folgendem. Untersucht man das lebende Auge eines Thieres, das gut entwickelte Nebenpupillen hat (Rübenweissling; unterer Theil des Libellenauges), indem man die Corneafläche desselben bei auffällendem Lichte unter dem Mikroskope betrachtet, und eine Ver- grösserung wählt, bei welcher die sechseckigen Facetten schon gut zu sehen sind, so bemerkt man, dass die Lage einer Nebenpupille gegen die Hauptpupille gegeben ist durch eine Gerade-, die, vom Centrum der Haupt- pupille ausgehend, je zwei Seiten der sechseckigen Facetten senkrecht schneidet. Denken wir uns nämlich eine ebene Fläche in regelmässige Sechsecke getheilt, so liegt auf der Hand, dass vom Mittelpunkt eines derselben sechs Linien (von denen je zwei in derselben Richtung liegen) zu ziehen sind, die alle Sechseckseiten, die sie schneiden, rechtwinkelig treffen. Das sind die Richtungen, nach welchen von der Hauptpupille aus die Nebenpupillen erster Ordnung zu finden sind. Da das Auge gewölbt ist, auf einer kugelig gekrümmten Fläche aber eine vollkommen regelmässige Eiutheilung in Sechsecke bei gegebener Grösse der letzteren im Allgemeinen nicht möglich ist, so weicht die Richtung correspondirender Sechseckseiten am Auge häufig recht beträcht- lich von der an der supponirten ebenen Fläche ab. Das ist die Ursache, aus welcher die sechs Nebenpupillen erster Ordnung in der Regel von einer regelrechten Anordnung recht weit entfernt sind, also durchaus nicht in gleichen Abständen voneinander und vom Centrum der Hauptpupille stehen. Es zeigen das die Figuren auf Taf. VI zur Genüge- Ich mache noch darauf aufmerksam, dass die genannten Linien auf der in Sechsecke getheilten Ebene kurze Durchmesser der Sechsecke bilden, während sie um 30 Grad gedreht, indem sie die gegenüber- liegenden Ecken der Sechsecke miteinander verbinden, lange Durchmesser darstellen. — 173 Wenn schon von vornherein kaum daran zu zweifeln war, dass die Sechszahl der Nebenpupillen erster Ordnung in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Sechszahl der Facettenseiten steht, so wird diese Vermuthung durch diese weitere Beziehung der Lagen beider noch ver- stärkt. Die zweite Beobachtung, die uns zum Verständuiss der Nebenpupillen führen soll, bezieht sich auf eine recht überraschende dioptrische Er- scheinung, von der ich im einschlägigen Abschnitte noch nicht sprach, weil sie zwar ihre Entstehung der Dioptrik des Auges verdankt, für das Sehen des Thieres aber bedeutungslos ist; ich meine die Erscheinung der N eben bil der, wie ich sie nennen möchte. Hat man das Auge von Lampyris spl. abgepinselt, und so unter das Mikroskop gebracht, wie man es tliun muss, um den Verhältnissen im Leben möglichst nahe zu kommen („correct montirt") und das normale Netzhautbild zu sehen, so gewahrt man unter günstigen Verhältnissen um dasselbe herum sechs weitere aufrechte Bildchen von wesentlich gleicher Art wie das Hauptbild, nur nennenswerth weniger scharf. Wie beim Haupt- bilde kann man auch hier, unter Benützung eines Punktes als Gegenstand, die Strahlen nach dem betreffenden Bildpunkt convergiren sehen, und zwar ist es sehr evident, wie — geschieden durch sechs radiäre Trennungslinien — die Strahlen eines Sectors nach je einem Bildpunkte convergiren, also Strahlen, welche aus den Trennungslinien nahe gelegenen Kegeln aus- treten, untereinander divergiren. Die Nebenbilder sind ebenso angeordnet wie an anderen Augen die Pseudopupillen erster Ordnung, verhalten sich insoferne ihnen ähnlich, als man gewöhnlich nicht gleichzeitig alle sechs übersieht, ihre Abstände voneinander und vom Hauptbild kleinen Variationen unterliegen, und indem die Lage derselben gegen das Hauptbild wieder gegeben ist durch die sechs Linien, die vom Centrum des ersteren aus- gehend gedacht werden, und die Seiten der Sechsecke senkrecht schneiden. l Die Nebenbilder sind immerhin noch deutlich genug, um die Finger einer nahe gehaltenen Hand, besonders wenn sie bewegt wird, unter- scheiden zu lassen. Sie liegen in einer etwas anderen Ebene als das Hauptbild, haben aber näherungs weise dieselbe Grösse. Ich sah sie nicht nur bei Lampyris und jenen seiner Verwandten, deren Krystallkegel auch mit der Cornea verwachsen sind, sondern auch bei Tropinota hirtella und dessen Verwandten. Ich habe oben hervorgehoben (S. 80), dass bei diesen 1 Beim Lampyrisauge kann man in der oben geschilderten Anordnung die sechs- eckigen Facetten nicht sehen; um mich über die Lage der Nebenbilder zu den Sechseckseiten zu orientiren, benutzte ich den Kunstgriff, das Präparat wie es war umzudrehen. Man sieht, wie oben S. 39 geschildert wurde, auch dann in der Ebene der Netzhaut ein Bildchen, und sieht nun auch die Nebenbilder. Jetzt aber kann man durch Hebung des .Mikroskoptubus auch die sechseckigen Facetten zur Anschauung bringen und sieh über die gegenseitige Lage unterrichten. — 174 - Thieren der Hauptantheil der dioptrischen Leistung des Facettengliedes der dicken Corneafacette zufällt, und man deshalb bei ihnen, auch wenn die unscheinbaren Krystallkegel mit dem Pigmente weggepinselt worden sind, noch ein allerdings schlechtes aufrechtes Netzhautbild sieht, dessen Zustandekommen dem bei Lampyris ganz ähnlich ist. Diese Thiere zeigten mir nun auch Nebenbilder, immer natürlich erst nach Abpinselung des Pigmentes. Die Anordnung entsprach der bei Lampyris. Diese Nebenbilder nun geben ein Mittel an die Hand, den Strahlen- gang im Auge zu verfolgen, und dadurch einen Rückschluss auf die Neben- pupillen zu machen. Hat man bei Lampyris em Nebenbild unter dem Mikroskope ein- gestellt und als Object einen Lichtpunkt verwendet, so gewahrt man bei Annäherung des Tubus an das Object, ganz ähnlich wie beim Hauptbilde, dass die Strahlenbündel — die freilich lange nicht so scharf begrenzt, sondern stark verzerrt sind — auseinanderweichen und jedes derselben in das Bild eines schief gesehenen Krystallkegels übergeht, wenn man den Focus des Mikroskopes bis an den dioptrischen Apparat herangeschoben hat. Es erscheint eine rundlich begrenzte Gruppe von Kegeln, ungefähr von derselben Anzahl wie jene in der Verkürzung gesehenen des Haupt- bildes, hell erleuchtet. Hier überzeugt man sich nun, dass alles Licht, das das Nebenbild zusammensetzt, aus der Mantelfläche der Kegel austritt. Diese Mantelfläche ist aber im Leben vom Iris- pigment überkleidet, absorbirt l also das ganze Nebenbild. Deshalb ist dieses für das Sehen des Thieres bedeutungslos. Kehren wir aber jetzt wieder zu unserer Vorstellung zurück, nach welcher das Auge des Beobachters leuchtet, so ist klar, dass die von diesem ausgehenden Strahlen an jenen sechs Gruppen von Krystallkegeln, und zwar an der der Axe des Pupillenphänomens abgewendeten Seite der- selben durch das Irispigment absorbirt werden müssen, während wir vor- läufig keinen Anhaltspunkt dafür haben, eine ähnliche Absorption für die Zwischenräume zwischen jenen sechs Gruppen anzunehmen. Der Beobachter sieht also jedenfalls ausser der Hauptpupille auch jene sechs Stellen am Auge schwarz : die sechs Nebenpupillen erster Ordnung. Also die Existenz der Nebenpupillen folgt nothwendig aus der Existenz der Nebenbilder, und die physikalische Erklärung der ersteren fällt mit der der letzteren zusammen. Wir haben uns demnach zu fragen, wie kommen die Nebenbilder zu Stande? Denken wir uns das kugelig gewölbte Auge von parallelen, z. B. im Räume senkrecht verlaufenden Strahlen getroffen. Es ist dann jener Strahl, der dessen Oberfläche senkrecht schneidet, die Axe des Phänomens. In der Nachbarschaft dieser Axenfacette schliessen die einfallenden Strahlen 1 Oder dasselbe liegt bei Lichtstellung tiefer unten und fängt demnach das aus- tretende Licht auch, nur etwas später, auf. Bei Tropinota tritt das Licht durch die seitlichen Theile der hinteren Oorneafläche aus. - 175 — Winkel mit deii Facettenaxen ein, die, um so grösser werden, je weiter die Facette von der Axenfacette entfernt ist. Die so in das Auge tretenden Strahlen com der Fig. 23, S. 168, werden erst vom Irispigment absorbirt, dann (don) vom lichten Pigmente reflectirt (theilweise auch absorbirt) und veranlassen so, wie wir sahen, das Phänomen der Hauptpupille und des sie umgebenden hellen Hofes. In noch grösserer Entfernung von der Axen- facette ist der einfallende Strahl noch stärker geneigt (go), und dringt deshalb auch nicht mehr in das lichte Pigment des Auges, sondern passirt die Trennungsfläche zweier Corneafacetten, bei h, gelangt so in den benachbarten Kiystallkegel und nimmt daselbst einen Weg, den wir nach unserer Kenntniss vom optischen Bau desselben zwar nicht genau, wohl aber näherungsweise angeben können; er dürfte o kkl sein. Bei Je sehen wir diese Strahlen aus den Kegeln austreten, wenn wir nach Beobachtung der Nebenbilder den Tubus so weit verschieben, dass die Krystallkegel sichtbar werden. Bedenkt man, dass bei k Irispigment liegt, so ist klar, dass die Facetten der betreffenden Antheile des Auges für den Beschauer schwarz erscheinen müssen. Mau könnte also einen schwarzen Ring erwarten, da eine ringförmige Zone Facettenglieder die supponirte Neigung gegen die Axe des Phänomens hat. In der That sieht man bei gewissen Thieren unzweifelhafte Andeutungen dieses Ringes, z. B. bei Epinephele (s. Taf. VI, Fig. 64). In der Regel aber hat dieser Ring nicht nur wie bei diesem Thiere die Neigung, iu sechs Stücke zu zerfallen, sondern er besteht wirklich aus sechs Stücken, den Pseudopupillen, beziehungsweise den Nebenbildern. Diese Zerfällung geschieht augenscheinlich durch die Corneafacetten. Ein Umstand, der hierzu beiträgt, ist leicht zu nennen. Wir sahen, dass die Richtungslinie für die Pseudopupille jede sechseckige Facette in einem kurzen Durchmesser schneidet. Stellt also v f (Holzschnitt Fig. 23) einen Durchschnitt durch die Corneaoberfläche dar, welcher im kurzen Durchmesser geführt wurde, so müsste die Distanz vf grösser sein, wenn der Schnitt durch den langen Durchmesser ginge. Dann aber würde der gebrochene Strahl oh noch nicht in den Nachbarkegel gelangen, sondern er müsste (ähnlich wie o n) das lichte Pigment zwischen den Kegeln treffen. So erklärt sich, weshalb der lichte Hof um die Hauptpupille iu den sechs Meridianen, welche die Facettenflächen senkrecht treffen, schmäler ist als in den um 30 Grad dagegen Verschobenen Meridianen, weshalb er also, einen seehsstrahligen Stern bildend, die centrale Begrenzung der Pseudopupillen erster Ordnung herstellt. Das ist die Ursache, aus welcher die Strahlen, welche die Trennungs- fläche zweier Corneafacetten passiren, ein Phänomen erzeugen müssen, das in seiner kreisförmigen Anordnung sechsmal seinen Charakter ändert, in der Weise, dass die Grenze zum mindesten vom Centrum weggeschoben wird. Aber auch eine periphere Grenze muss das Phänomen haben, die ebenso leicht zu erklären ist. Die Nebenbilder zeigen, wie gesagt, dass - 176 — Strahlen, wie g o, bei k die Mantelfläche des Kegels verlassen. Ein noch geneigter auf die erste Facette auffallender Strahl q o wird etwa so gebrochen werden, wie es der Weg o r s f angibt; bei s aber liegt wieder das lichte Pigment. Das Auge des Beschauers also sieht peripher von der schwarzen Stelle (der Pseudopupille erster Ordnung) wieder das lichte Pigment, sowie es dasselbe central von dieser Stelle sieht. Dieses aber ist nun die äussere Begrenzung der Pseudopupille. So weit wir die Sache bisher betrachtet, könnte man erwarten, die Gestalt der Pseudopupille, beziehungsweise der Nebenbilder, müsste ein mit sechs Wellenbergen versehenes Band sein, das die Hauptpupille kranz- förmig umgibt. Jeder nach Aussen gerichtete Wellenberg entspräche der grösseren Breite, in welcher die Facetten vom Lichtstrahl durchsetzt werden müssen. Dass nun das Phänomen kein fortlaufendes Band ist, dieses viel- mehr thatsächlich in sechs Stücke zerrissen wird, beruht nun darauf, dass die Lichtstrahlen, indem sie die Trennungsflächen zweier Hornhautfacetten durchsetzen (bei r oder h der Fig. 23), eine seitliche Ablenkung erfahren, wenn diese Trenuungsflächen nicht in einem der sechs bevorzugten Meridiane liegen. Das sowohl, wie die Entstehung der Nebenbilder überhaupt, geht aus folgender Betrachtung hervor. Wir denken uns durch die Axe des Phänomens und eine jenerLinien,welche die Facettenseiten senkrecht schneidet, eine Ebene gelegt, die somit, unserer obigen Voraussetzung entsprechend, im Räume senkrecht steht und Meridianebene heissen soll. Die ebenfalls vertical einfallenden Lichtstrahlen, so weit sie jener Zone des Auges an- gehören, in der sie .die Trennungsfläche zweier Corneafacetten passiren, convergiren nach der Brechung untereinander, und zwar näherungsweise nach einem in der Meridianebene gelegenen Punkte. Im ganzen Auge sind das also die sechs Convergenzpunkte, die Nebenbilder. Die Convergenz kommt für jene Strahlen, die in der Meridianebene verlaufen, dadurch zu Stande, dass sie sämmtlich Theile des dioptrischen Apparates passiren, die im Wesentlichen Linsencylinder sind. Diese werden schief durchsetzt, und nach Allem, was wir vom Linsencylinder wissen, dürfte der im Holzschnitt Fig. 23 g o hkl und q o r st angegebene Weg ziemlich richtig sein. Denn die Richtung der austretenden Strahlen ist Gegenstand der Beobachtung, wenn ich auch nicht über genauere Messungen verfüge. Die Zeichnung zeigt, dass, wie das bei jedem regelmässigen Durchtritt des Lichtes durch einen Linsencylinder geschehen muss, die in das Facettenglied ein- tretenden Strahlen im Bogen abgelenkt werden. In Bezug auf den Verlauf nach dem Austritte spielt freilich auch die Form des Kegels und die Eintrittstelle des Strahles eine Rolle. Die austretenden Strahlen kreuzen sich, wie das die directe Beobachtung lehrt. Die Strahlen st und kl, welche verschiedenen in der Meridianebene gelegenen Facettengliedern angehören, convergiren also hinter dem dioptri- schen Apparate und geben dadurch die Möglichkeit zur Entstehung des 171 — Nebenbildes. Es ist dazu aber weiter nötliig, dass auch Strahlen, welche die ausserhalb der Meridianebene gelegenen Facetten treffen, zur Meridian- ebene hin abgelenkt werden. Trägt man sich in möglichst regelmässiger Anordnung Sechsecke auf eine Kugelfläche auf, so gewahrt man — wie am Insectenauge — dass in einiger Entfernung vou jener Linie, in der die Meridianebene die Augenoberfläche schneidet, die Sechsecke nicht mehr ihre Seiten, sondern ihre Ecken der Axenfacette zukehren, wie das natürlich auch in der Ebene der Fall ist. Jede der Seiten des Sechseckes ist aber nur das freie Ende jener Trennungsfläche zwischen zwei Hornhautfacetten, in der die Punkte h und r der Fig. 23 liegen. Denkt man sich auf einer dieser Trennungsflächen ein Loth errichtet, so fällt dasselbe in die Meridian- ebene, wenn die Facette dem Meridian angehört, liegt sie aber ausserhalb derselben, so ist das Loth gegen die Meridianebene geneigt. Denken wir uns den Fusspunkt desselben von einem senkrechten Lichtstrahl getroffen, so muss derselbe, er mag was immer für eine Brechung an der Trennungs- fläche erfahren, in der Ebene bleiben, welche durch den Strahl und das Loth gegeben ist. Diese senkrechte Ebene schneidet aber die Meridian- ebene. Er wird demnach dieser zugeführt, da im Uebrigen seine Brechung im Kegel der jener Strahlen ähnlich ist, welche in der Meridianebene selbst einfallen. Es wäre demnach ganz wohl denkbar, dass die beiden oberen Trennungsflächen einer Corneafacette das durch sie dringende Licht so trennen, dass der eine Theil dem einen Nebenbilde zugeführt wird, der andere dem anderen Nebenbilde. Bei den Thieren, die ich unter- suchte, trifft das aber nicht zu, da ist immer zwischen zwei Kegelgruppen, die sich an der Erzeugung von Nebenbildern betheiligen, eine Strecke, deren Kegeln gar kein Licht so austreten lassen, dass es in das Mikroskop gelangt. Hier tritt alles Licht, das man den dioptrischen Apparat passiren sieht, zwischen den Basen der Kegeln hervor, da also wo sonst das Iris- tapetum liegt. Wir haben ja schon einsehen gelernt, dass der Zwischen- raum zwischen den Pseudopupillen deshalb von der Farbe dieses Pig- mentes ist. Dass jene Ablenkung, welche die Strahlen an den Trennungsflächen zweier Corneafacetten erleiden, um so grösser sein muss, je weiter inner- halb gewisser Grenzen die Facette von der Meridianebene entfernt ist, dass sie auch innerhalb des Meridians mit der Entfernung von der Axe des Phänomens wächst, geht aus dem Dargelegten wohl hervor; dass die Nebenbilder nicht deutlicher sind, wird wohl auch Niemanden Wunder nehmen; eher dass sie so deutlich sind, wie man sie thatsächlich sieht. Mit dieser Erklärung der Nebenbilder ist aber auch die Erklärung der Nebenpupillen erster Ordnung erledigt, denn wir brauchen uns eben wieder nur die Eichtung des Strahles umgekehrt zu denken und zu erwägen, dass die Strahlen, welche die Nebenbilder zusammensetzen, sämmtlich an der im Leben pigmentirten Mantelfläche des Kegels austreten, so leuchtet ein, E x 11 e r , Facetten atigen 12 — 178 - dass sechs getrennte schwarze Flecke um die centrale Hauptpupille gesehen werden müssen. Eine eingehendere Theorie des Phänomens zu geben bin ich nicht in der Lage. Ich weiss wohl, dass das hier Vorgelegte in vieler Beziehung mangelhaft ist, ich habe z. B. auf die Wölbungen der Corneafacetten keine Rücksicht genommen, doch dürfte der richtige Weg zur Erklärung des complicirten Phänomens eingeschlagen sein. Die dargelegte Theorie der Nebenpupillen postulirt, dass kein Thier solche zeigt, bei welchem sich zwischen den Corneafacetten undurch- sichtiges Pigment befindet (Taf. VI, Fig. 60). In der That habe ich niemals bei einem solchen Insect Nebenpupillen gesehen. Dasselbe gilt natürlich für die Nebenbilder. Das Leuchtkäferchen, die Verwandten der Cetonia, zeigen Neben- bilder, aber keine Nebenpupillen. Letzteres aus demselben Grunde, aus dem sie keine Hauptpupille zeigen. Hauptpupille und Nebenpupille sind da, aber von ihren Zwischenräumen nicht zu unterscheiden, weil diese Thiere eben nur schwarzes Pigment im Auge haben. Aus derselben Ursache kann auch ein anderer Effect eintreten. Ich habe hin und her gesonnen, weshalb wohl die grossen grünen Heuschrecken (Locusta viridissima) keine Nebenpupillen zeigen, obwohl sie so hellgefärbte Augen haben. Die mikroskopischen Schnitte belehrten mich, dass bei diesen Thieren das lichte Pigment fast bis an die Spitze des Krystallkegels reicht. Unter diesen Umständen kann sich natürlich auch die Pseudopupille von der Umgebung nicht abheben, obwohl sie virtuell vorhanden ist. Diese Pigmentvertheilung ist zugleich die Ursache, aus welcher die Hauptpupille dieser Thiere so ausserordentlich klein ist. Wie leicht einzusehen, muss diese cet. par. um so grösser sein, je höher das Irispigment am Kegel hinaufreicht, beziehungsweise je weniger tief das Iristapetum herabreicht. Es ist selbstverständlich, dass Alles, was ich von der gegenseitigen Verschiebung des Corneareflexes zur leuchtenden Pseudopupille gesagt habe, Giftigkeit hat für das ganze Phänomen der Pseudopupilleu. X. CAPITEL. Das Sehen mit den Facettenaugen. a) Schärfe des Netzhautbildes. Eine Angabe über die Schärfe des dioptrischen Netzhantbildes bin ich mit Sicherheit nur für Lampyris zu geben in der Lage. Sie ist in der Photographie des Titelbildes enthalten, und zeigt, dass dieses Thier, soferne es sich um das Netzhautbild handelte, noch im Stande wäre, Schilderschrift in der Entfernung von einigen Metern zu lesen. Die Dicke der Haupt- striche des an der Fensterscheibe angebrachten R betrug 4-9 Centimeter, die Entfernung desselben vom Auge 2-25 Meter. Das ,,R" ist, obwohl die Photographie und die weitere Vervielfältigung desselben gewiss das Bild nicht gebessert, sondern nur geschädigt haben kann, noch erkenntlich. In der Ausdrucksweise der Ophthalmologen entspräche also das Netzhautbild von Lampyris einer Sehschärfe von -— ^ bis — ^ Snellen. 1 J 400 500 Der senkrechte Stab des „/?'" war 4-9 Centimeter breit. Ein Gitter aus so dicken Stäben würde also das Leuchtkäferchen aus einer Entfernung von 225 (Zentimeter noch als Gitter erkennen. Ein Netzhautbild von der- selben Grösse würde es auch erhalten, wenn Gitter und Entfernung sich proportional verkleinern würden. Es unterscheidet also auf die Distanz von 1 Centimeter noch die Stäbe des Gitters, wenn diese nur 022 Millimeter breit sind. Wie man sieht, eine Leistung des Auges, die nicht gering genannt werden kann, und dem Thiere beim Aufsuchen von Nahrung u. dgl. sehr wohl dienen dürfte. Nach dem Baue der Augen ist kaum daran zu zweifeln, dass andere Insecten und Krebse mit Superpositionsbild sehr viel schärfere Netzhaut- bilder haben; schon ihre Grösse deutet in hohem Masse darauf hin. Ich glaube, es würde mit einiger Mühe gelingen, diese Netzhautbilder entweder auch direct sichtbar zu machen, wie ich es bei Lampyris und dessen Ver- wandten gethau habe, oder auf Grund des Augenspiegelbefundes ein Mass für die Schärfe derselben zu gewinnen. Aehnliches gilt von den Appositionsbildern. So könnte man z. B. für Limulus ans den oben mitgetheilten Daten die Sehschärfe theoretisch ermitteln. 12* — 180 — wenn der Durchmesser der einzelnen Retinula am lebenden Thiere (oder an Schnitten durch das gefrorene Auge) ermittelt würde. Man kann die Frage aufwerfen, ob die Schärfe des Netzhautbildes auch wirklich ein Maass für die Sehschärfe abgibt. Es wäre ja möglich, dass die Netzhaut so unvollkommen ist, dass sie die im Bilde enthaltenen Details nicht wahrzunehmen gestattete. Ich glaube nicht, dass irgend Jemand ernstlich das Zutreffen einer solchen Möglichkeit in ausgiebigem Masse annehmen würde. Denn erstens entspricht die Anzahl der Netzhaut- elemente, die so gross ist, wie die Anzahl der Facettenglieder (wenn wir mit Grenadier ein Rhabdom als eine physiologische Einheit auf- fassen), durchaus der Schärfe des Bildes, zweitens wäre es doch wohl absurd, zu denken, die Natur habe einen so complicirten dioptrischen Apparat zur Herstellung eines Bildes construirt und dem Thiere keine Netzhaut gegeben, dieses Bild zu verwerthen. Freilich, dass das Bild in seiner vollen Schärfe percipirt wird, kann auch nicht behauptet werden; ich werde selbst sofort einen Umstand anzuführen haben, der dies zweifel- haft erscheinen lässt. b) Verzerrungen am Netzhautbild. Eine besondere Beachtung verdient der Umstand, dass das Netzhaut- bild des facettirten Auges häufig, ja vielleicht in der Mehrzahl der Species der Projection des Objectes nicht geometrisch ähnlich ist. Wir sind das beim Wirbelthierauge nicht oder doch nur in sehr geringem Grade zu finden gewohnt. Beim Facettenauge aber haben wir Einrichtungen kennen gelernt, welche eine solche Verzerrung des Netzhautbildes zu Gunsten einer Erweiterung des Sehfeldes bewirken. Es sind das die Schiefstellungen der Kegel am Rande des Auges. Ausserdem aber lernten wir vielfach sehr beträchtliche Abweichungen der Cornea von der Kugelgestalt kennen, sehr nennenswerthe Differenzen der Krümmungshalbmesser in den verschiedenen Meridianen, welche dann natürlich auch eine Verzerrung der Pseudopupille bewirken (Libellen, Carcinus). Das Maximum solcher Abweichung zeigte uns Squilla, von deren Consequenzen oben schon die Rede war. ' Sei es also, dass die Corneaoberfläche nicht eine Kugelschale um die kugelig gekrümmte Netzhaut bildet, sei es, dass bei kugeliger Krümmung der Cornea die Axen der Facettenglieder nicht radiär gestellt sind, immer muss eine Verzerrung des Netzhautbildes entstehen, durch welche es seine geometrische Aehnlichkeit mit dem Sehfelde verliert. So muss z. B. die stärkere Krümmung des Auges an seiner Peripherie bewirken, dass ein Quadrat, dessen eine Seite horizontal steht und das in 1 Schon J. Müller hat die Abweichung des Auges von der Kugelgestalt bemerkt und besprochen (zur'vergl. Physiologie des Gesichtssinnes, S. 379), hebt aber nun hervor, dass die Deutlichkeit des Netzhautbildes in Folge dessen an verschiedenen Stellen eine ungleiche sein müsse. — 181 — einer kugeligen Fläche um das Auge bewegt wird, ein Netzhautbild ent- wirft, das, wenn das Quadrat nach oben oder unten verschoben ist, die Form eines Kechteckes hat, dessen horizontale Seite länger ist; befindet sich das Quadrat aber rechts oder links, so bildet das Netzhautbild ein Rechteck, dessen verticale Seite die längere ist. In den Zwischenstellungen bildet es Rhomben. Kurz, das Netzhautbild eines solchen Auges wird an seinem Rande Verzerrungen zeigen, die dadurch zu Stande kommen, dass die Dimensionen desselben in radiärer Richtung (wobei die Mitte des Seh- feldes Centrum ist) verkürzt sind. Analoges muss sich auch im Centrum des Netzhautbildes linden, wenn der Krümmungshalbmesser desselben in verschiedenen Meridianen verschieden ist. Ist er z. B. im verticalen kürzer, so wird auch das in der Mitte des Sehfeldes stehende Quadrat als Rechteck abgebildet, dessen horizontale Seite die längere ist. Es fragt sich nun, ob diese geometrische Unähnlichkeit des Netzhaut- bildes mit dem Sehfeld nicht etwa das Sehen schwer schädigt. Vom physiologischen Standpunkte aus ist eine solche Schädigung nicht zu erwarten. Erkennen doch auch wir die Grösse eines Objectes ziemlich gut, ob das Object nahe oder ob es ferne, d. h. ob sein Netzhaut- bild gross oder ob es klein ist. Der Mensch, wenn er es nicht in der Schule gelernt hat, weiss nichts davon, dass er ein Netzhautbild besitzt und wie es gestaltet ist, der Arthropode noch viel weniger. Der Werth aller Sinnesorgane bei der Wahrnehmung der Aussenwelt beruht vielmehr darauf, dass unter gleichen äusseren Bedingungen gleiche Nervenerregungen zum Centralorgan gelangen. Aus der Differenz der Nachrichten, die dahin gelangen — unter sonst gleichbleibendem Zustand des Thieres und seiner Organe — wird eine Differenz der Verhältnisse in der Aussenwelt erkannt. Nun ist das Netzhautbild bei einem gegebenen Auge, z. B. am Rande immer in der bestimmten Weise verzerrt. Es hat das betreffende Insect einen Vogel, der am Rande seines Sehfeldes vorbeifliegt, immer mittelst eines langgestreckten Netzhautbildes gesehen, und wenn nun wieder ein solches langgestrecktes Netzhautbild in demselben Theile des Sehfeldes auftritt, so wird es, vom Netzhautbild nichts wissend, den Vogel erkennen und sich zu verbergen trachten. Es kann natürlich keine Rede davon sein, dass dieses Individuum das Netzhautbild zu deuten gelernt hat, wohl aber ist der ganze centrale Mechanismus von Instincten etc. auf Grund dieses so und nicht anders geformten Netzhautbildes im Laufe der Generationen ausgebildet worden. Ein in der angeführten Art verzerrtes Netzhautbild ist also durchaus nicht als schlechter betreffs der Erhaltung des Individuums zu betrachten, es wird vielmehr gewöhnlich gerade wegen seiner Brauchbarkeit diese Form erhalten haben. Wenn auch am Rande weniger Details im Netzhaut- bilde enthalten sind, so kann die Erweiterung des Sehfeldes doch einen grösseren Werth für das Thier haben ; denn wenn es Details an einem - 182 — Objecte beobachten will, so kann es ja das Centrun] des Auges nach dem- selben richten. Machen wir es doch auch so. Unser Netzhautcentrum dient uns zur genauen Beobachtung : wir richten unseren Blick nach Objecten, die wir bis dahin in den seitlichen Theilen des Sehfeldes hatten und die unser Interesse erweckt haben. c) Das Sehen von Bewegungen. Ich habe im Vorstehenden mit Absicht nur von der Schärte und der Verzerrung des Netzhautbildes gesprochen, denn so wenig die Thiere die Verzerrung des Netzhautbildes als Verzerrung der Objecte sehen, so wenig ist von vornherein die Schärfe des Netzhautbildes als directer Aus- druck für die Schärfe des Sehens zu betrachten. Es ist unmöglich, dass die Thiere Einzelnheiten sehen, die nicht im Netzhautbild enthalten sind, es ist aber, wie schon bemerkt, wohl möglich, dass sie solche nicht sehen, obwohl sie im Netzhautbilde enthalten sind. Hier kommt es auch auf die Leistungsfähigkeit der Netzhaut an, sowie auf die ganze Art ihrer Function. Die Netzhaut des Facettenauges ist im Allgemeinen absolut dicker als die des Wirbelthierauges , eine Differenz, welche mit Rücksicht auf die kleinen Dimensionen des dioptrischen Apparates eine ungeheure wird. Würden wir uns vorstellen, dass nur eine dünne Schichte dieser Netzhaut lichtempfindlich ist, so könnte das Bild in seiner vollen Schärfe percipirt werden. Eine dünne Schichte, der man eine solche Function zuschreiben könnte, ist aber nirgends zu finden, und es geschieht gewiss mit Recht, dass wir die Sehstäbe, beziehungsweise die Rhabdome für dieselbe in Anspruch nehmen. Die Schichte der Sehstäbe ist aber eben recht dick, und ist bei vielen Augen immer, bei anderen in der Dunkelstellung des Netzhautpigmentes, noch bei anderen allerdings wohl gar nicht oder nur in geringem Grade (Tagschmetterlinge) für solches Licht durchgängig, das nicht genau in der Richtung der Axe des Facettengliedes eindringt. Dadurch aber kann es geschehen, ja es ist nicht einzusehen wie es nicht geschehen sollte, dass das von einem hellen Punkt ausgehende Licht nicht nur einen Sehstab, sondern, allerdings in geringerem Grade, auch noch die benachbarten reizt. Ein Blick auf Holzschnitt Fig. 11, S. 40, macht es klar, dass, wenn der Bildpunkt B z. B. auf dem vorderen Ende eines Sehstabes vom Lampyrisauge liegt, die nach rückwärts divergirenden Strahlen auch noch in Nachbarstäbe eindringen müssen. Die oben ge- schilderte Art, wie die Rhabdome das gefangene Licht festhalten, wird diese Diffusion des Lichtes in der Netzhaut gewiss sehr beschränken, aber gänzlich wegzuschaffen vermag sie sie wohl nicht. Es wird deshalb ein heller Punkt, wenn sein mikroskopisch beobachtetes Netzhautbild auch scharf wäre, immer noch in der Empfindung als mit einem Hofe umgeben erscheinen, der an Intensität nach Aussen rasch abfällt. AYiirde der Bild- - 183 — punkt nicht an dem vorderen Ende des Sehstabes liegen, sondern an seinem hinteren, oder irgendwo in seinem Verlaufe, so würde das im Verhalten dieser Lichtdiffusion nichts Wesentliches ändern. Die ganze Lichtverschiebung des Retinapigmentes bei Krebsen scheint mir, nur von diesem Standpunkt betrachtet, eine physiologische Bedeutung zu haben; es war schon oben davon die Rede, dass auf diesem Wege das Netzhautbild, soferne es percipirt wird, bei Nacht eine grosse relative Helligkeit auf Kosten seiner Schärfe gewinnen muss. Es scheint das um so wünschenswerther, als das Netzhautbild des Facettenauges, ganz im Allgemeinen gesprochen, sehr viel lichtschwächer ist als das des Wirbel- thierauges. Man bedenke nur die grosse Ebene der Pupille des Säuge- thieres als Basis jedes einem Bildpunkte zugehörigen Strahlenkegels und die kleine Gruppe von Facetten, welche beim zusammengesetzten Auge die Basis dieses Strahlenkegels bildet, von dem Appositionsbild ganz abgesehen. Die Schärfe des Netzhautbildes gibt also nur die obere Grenze für die Schärfe des Unterscheide gs Vermögens; der physiologische Zerstreuungs- kreis drückt dieses herab. Doch ist dieser Zerstreuungskreis gewiss nicht so bedeutend, dass er es unmöglich machte, die Sehschärfe nach der Schärfe des Netzhautbildes näherungsweise zu beurtheilen. Ich bin auf den wahrscheinlichen Zerstreuungskreis und seine physiologische Entstehung hier eingegangen, weil ich mit demselben einen Umstand in Beziehung bringen möchte, der mir von Bedeutung scheint. Es ist ja eine sehr naheliegende Frage: was bedeuten die beiden Typen von Augen, die im Thierreiche vorkommen? Haben sie wirklich ganz gleiche Functionen, und hat die Natur hier dasselbe Ziel auf zwei grundverschiedenen Wegen erreicht, einmal mit einem Linsensystem und dem verkehrten Bilde, das anderemal mit Hunderten von Linsensystemen und einem aufrechten Bilde? Wenn ja, was bedeutet es dann, dass viele Thiere nebst den grossen Facettenaugen kleine einfache Augen haben? Wozu die kleinen, wenn die grossen genau dieselben Functionen, nur ihrer Grösse wegen in vollkommenerer Weise erfüllen? Ich stehe in der Beantwortung dieser Fragen noch auf dem Stand- punkt, den ich schon in meiner ersten Abhandlung über das zusammen- gesetzte Auge (1875) angegeben habe; die genauere Begründung desselben muss nach meinen heutigen Kenntnissen vom Facettenauge freilich eine andere Gestalt annehmen, und wird dadurch wohl an Festigkeit gewinnen. Meine Ansicht geht dahin, dass der Typus des Wirbelthierauges in vollkommenerer Weise dem Erkennen von Formen der äusseren Objecte, der Typus des Facettenauges in vollkommenerer Weise dem Erkennen von Veränderungen1 an den Objecten dient. i Ich habe früher gesagt „von Bewegungen der Objecte". Es seheint mir berechtigt, den Begriff zu dem der Veränderungen zu erweitern. Es geschieht auf Grund von Studien über die Fähigkeit des menschlichen Auges, Bewegungen und Veränderungen im Allgemeinen wahrzunehmen. — 184 — Ich muss bemerken, dass die Wahrnehmung von Veränderungen, ins- besondere von den Bewegungen äusserer Objecte, im Leben der Thiere eine viel grössere Rolle spielt, als man gewöhnlich anzunehmen scheint. Es steht das in Zusammenhang mit deu lebendigen Feinden, vor denen sie sich zu hüten, oder mit der lebendigen Beute, die sie zu erjagen haben. Ich habe mich zu wiederholtenmaleu davon überzeugt, dass Rehe oder Hasen den Menschen an seiner Gestalt nicht erkennen; wenn er sich vollkommen ruhig verhält, so kommt es vor, dass er ihnen als etwas Absonderliches auffällt, dass sie ihn lange und aufmerksam betrachten, dass sie aber ganz nahe kommen, und sich schliesslich vollkommen über den fremden Gegenstand beruhigen. Selbstverständlich würde das Reh im höchsten Grade erschrecken, wenn es so unter den Wind käme, dass es Geruch vom Menschen empfinge — nebenbei bemerkt — ein Zeichen, um wie viel sicherer diese Thiere nach dem Geruchsinn, als nach dem Gesichts- sinne, wenigstens bei ruhenden Objecten urtheileu. Wer je eine Katze genau beobachtet hat, weiss, wie sehr die leiseste Bewegung in ihrem Gesichtsfeld sie aufzuregen, oder doch ihre Aufmerksamkeit zu wecken vermag, während sie für ruhende Objecte verhältnissmässig stumpfsinnig ist. Eine Natter sieht den Frosch in ihrem Käfig nicht, so lange er ruhig ist, beim ersten Sprung, den er macht, ist er gesehen und erhascht. Aehnliches beobachtet man bei Fröschen, wenn sie Fliegen fangen, oder bei Fischen. Der Angelfischer weiss, dass sich seine künstliche Mücke an der Wasseroberfläche bewegen muss, soll die. Forelle nach ihr schnappen. Solche Beispiele Hessen sich von Wirbelthieren in grosser Menge anführen; noch viel mehr aber ist das für die Insectenwelt der Fall. Ich brauche nur daran zu erinnern, wie man einen Schmetterling oder eine Libelle fängt. Alles kommt auf die Behutsamkeit der Annäherung an, jede rasche Bewegung schreckt das Thier auf, bei hinlänglich langsamer Bewegung aber kann man sich oft nähern, bis man es greifen kann. Die Gestalt des sich bewegenden Objectes scheint dabei ziemlich gleichgültig, es fliegt auf, ob ein Vogel vorbeifliegt, ein Schmetterlingnetz ihm unvorsichtig genährt wird, ein Mensch oder ein Hund vorbeigeht u. s. w. Das Insect kennt seine Feinde nicht nach Formen, sondern nur nach Bewegungen, die Fliege setzt sich ungescheut auf jeden ausgestopften Vogel, und der ganze Schwann von Fliegen steigt in die Luft, wenn im Zimmer ein Sacktuch geschwungen wird. Andererseits erkennt die Libelle auch ihre Beute hauptsächlich an Bewegungen, denn sie stürzt sich auf ein in die Luft geworfenes Papier- kügelchen, sowie sie es bei einem fliegenden Insect thut. Dieses Alles sollte nur die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung lenken, welche die wahrgenommene Bewegung im Sinnesleben der Thiere hat. Nun war ich, ehe ich mich mit den Facettenaugen zu beschäftigen begann, auf Grund physiologisch-optischer Studien zu der Anschauung gelangt, dass die Wahrnehmung von Bewegungen mit dem Auge auf einer primitiven Empfindung beruhe, einer so primitiven Empfindung etwa, wie — 185 — die Empfindung Roth oder Hell im Gegensatze zu einer anderen Farbe oder zu Dunkel ist. Es ist hier nicht der Ort auf diesen Gegenstand näher einzugehen, ich will nur erwähnen, dass diese Empfindung der Bewegung ebenso eine obere und untere Intensitätsgrenze hat, wie die Empfindung der Farbe, dass sie wie diese ein negatives Nachbild hinterlässt, welches sich wie bei dieser auf die gereizte Netzhautstelle beschränkt u. s. w. Für uns von Wichtigkeit ist nun der Umstand, dass die Empfindlich- keit für die BeAvegungen an den verschiedenen Stellen der menschlichen Netzhaut durchaus nicht gleichen Schritt hält mit der Localisations- lähigkeit derselben. Diese ist im Centrum am grössten und nimmt nach der Peripherie hin rasch ab. Die Bewegungsempfindlichkeit aber nimmt so viel Aveniger rasch ab, dass man geneigt ist zu sagen, die Function der Netzhautperipherie besteht in erster Linie in der Wahrnehmung von Bewegungen, oder, wie ich mich später überzeugt habe, in der Wahr- nehmung von Veränderungen überhaupt.1 In der That lehrt die tägliche Erfährung, dass wir ruhende Objecte nie bemerken, wenn sie nicht recht nahe dem Blickpunkt liegen, dass aber die leiseste Veränderung an der Peripherie des Sehfeldes, ein vorbeifliegender Vogel, die Bewegung eines Zweiges, das Herabgleiten eines Kleidungsstückes von einem seitlich stehenden Stuhl, den wir vorher gar nicht bemerkt hatten, u. dgl. m. unsere Aufmerksamkeit sofort rege macht und uns fast reflectorisch nöthigt, den Blick dahin zu wenden, v. Fleischl hat eine sinnreiche Hypothese über die Structurverhältnisse der menschlichen Netzhaut aufgestellt, welche, anknüpfend an meine Anschauungen über die Functionsweise des Insecten- auges, diese relative Ueberempfindlichkeit für Bewegungen bei Unter- empfindlichkeit für räumliche Auffassung zu erklären vermag. Ich bin nämlich der Anschauung, dass das Facettenauge ähnlich functionirt wie die Netzhautperipherie des Menschen, dass also das Hauptgewicht der Wahrnehmung von Veränderungen zufällt, die Wahr- nehmung der Formen erst in zweiter Linie in Betracht kommt. Warum ich diese Ansicht hege, geht aus folgender Betrachtung hervor: Wie eben besprochen wurde, wird durch das Superpositionsbild eines hellen Punktes, auch wenn das optische Bild so vollkommen als möglich wäre, nicht nur ein Sehstab in Erregung versetzt, sondern eine ganze Gruppe derselben. Es entstellt eben eiu kleiner Empfindungszerstreuungs- kreis. In diesem Zerstreuungskreis aber ist der Grad der Erregung nicht gleichmässig vertheilt, sondern das Maximum der Erregung trifft den im Centrum gelegenen Sehstab; um diesen herum liegt eine Zone Sehstäbe, deren Erregung geringer ist, um diese Zone eine zweite, deren Erregung noch geringer ist u. s. w.; kurz es ist ein Zerstreuungskreis vorhanden, 1 Wenn man z. B. eine' Gruppe dunkler Punkte auf hellem Grunde so weit an die Peripherie des Sehfeldes schiebt, dass man sie auch nicht mehr annähernd zählen kann, so bemerkt mau es doch sofort, wenn einer von ihnen versehwindet oder ein neuer auftaucht. — 186 - innerhalb dessen die Erregung nicht gleichmässig vertheilt ist, sondern vom Centrum nach aussen continuirlich bis auf Null absinkt. Denken wir uns jetzt den leuchtenden Punkt nur um so weniges verschoben, dass sein Bild sich auf der Netzhaut nur um den Durchmesser eines Sehstabes ver- schiebt. Es muss sich dann der Erregungsgrad aller dem Zerstreuungs- kreis angehüriger Sehstäbe geändert haben. Es leuchtet ein, dass diese Erregungsänderung in einer grossen Anzahl von Nervenendigungen in hohem Grade geeignet ist, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, d. h. ein Bemerken der stattgehabten Bewegung sowie ihrer Richtung zu veranlassen, ebenso dass jede Veränderung, also das plötzliche Auftreten eines vorher unsichtbar gewesenen Objectes (es ist ein solches ohne sehr merkbare Bewegung möglich), ähnlich starke Sinnesreizung veranlassen muss. Der Zerstreuungskeis eines correct gebauten Wirbelthierauges würde nicht in gleicher Weise wirken, weil er durchaus von gleicher Helligkeit ist.1 Es treten im selben Falle dann Veränderungen im Erregungszustande nur in der relativ geringen Anzahl von Netzhautelementen ein, welche die Peripherie des Zerstreuungskreises bilden. Die beiden Typen der Zerstreuungskreise verhalten sich also recht verschieden und die physio- logische Wirkung gleicher Verschiebungen gleich grosser Zerstreuungs- kieise dürfte sich verhalten wie die Peripherie zum Flächeninhalt. Es ist also der Zerstreuungskreis des Facettenauges in dieser Beziehung sehr bedeutend im Vortheil. Eine Vergleichung der Bewegungsempfindlichkeit beider Augentypen muss natürlich auf der Voraussetzung basiren, dass in beiden Fällen die Netzhaut gleich empfindlich für Helligkeitsdifferenzen ist. Auf dieser Voraussetzung beruht natürlich jede Schätzung der Leistungen eines Auges nach seinem dioptrischen Verhalten. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass nur die mit Superpositons- bildern begabten Augen einen derartigen physiologischen Zerstreuungs- kreis haben. Er ist wohl auch beim Appositionsbild vorhanden. Man erinnere sich, dass bei diesen Augen in der Nähe der Spitze des Krystallkegels ein Bild von einem kleinen Stück Sehfeld entsteht (vgl. Holzschnitt Fig. 9, Seite 25 ab), welches von der da liegenden Retinula aufgenommen wird. Es wird nicht als Bild percipirt, sondern liefert einen einheitlichen Eindruck, da ja die Retinula einem Sehelement entspricht, Nun ist die Aussenfläche der Retinula, wie die Mantelfläche des Kegels von Pigment umgeben. Ein wie grosser Theil des Bildes ab auf die Reti- nula fällt, hängt von der Lage dieser und des einhüllenden Pigmentes ab. Es wäre sehr unzweckmässig und deshalb nicht wahrscheinlich, dass der percipirte Antheil des Bildes kleiner wäre, als es dem zugehörigen Bruch- theil des Sehfeldes entspricht. Wäre er nämlich kleiner, so würde das Thier nicht Eindrücke von allen Objecten des Sehfeldes erhalten, sondern 1 Ich sage: eines eorreet gebauten Auges, denn thatsächlich kommen Helligkeits- differenzen vor, die aber unregelmässig sind, und deshalb nicht wie die des oben geschilderten Zerstreimngskreises im Faeettenauge der geschilderten Function dienen können. — 187 — das Sehfeld wäre gleichsam mij einem Netz überzogen, durch dessen Maschen es sieht, das alter selbst vieles zudeckt. Es würde zwar von der Existenz dieses Netzes so wenig eine Empfindung haben, wie wir von der Existenz unseres blinden Fleckes, doch erlitte es eine bedeutende Schädigung seines Sehens. Man wird also wohl voraussetzen, dass die pereipirten An- theile des Bildes ab so gross sind, dass sich die correspondirenden Antheile des Sehfeldes mindestens berühren. Nun aber braucht man nur anzunehmen, dass diese Antheile noch etwas grösser sind, so hat auch dieses Auge Zerstreuungkreise, welche sich ebenso verhalten wie die des Auges mit Superpositionsbild. Denn es gelangt dann zu der Retinula eines Facetten- gliedes nicht nur das Licht, welches von dem ihm durch Protection zugehörigen Theile des Sehfeldes ausgeht, sondern auch noch solches aus den Nachbartheilen des Sehfeldes, aber in geringerer Menge, uud zwar in um so geringerer Menge, je weiter dieser Nachbartheil von dem in der Axe des Facettengliedes gelegenen entfernt ist. Aus den oben geschilderten Beobachtungen an abgekappten Augen mit Appositionsbild geht hervor, dass man diese Voraussetzung aber gar nicht braucht und dass es keine Hypothese, sondern Thatsache ist, dass an der Spitze einer ganzen, wenn auch kleinen Gruppe von Kegeln die verkehrten Bildchen desselben leuchtenden Objectes gesehen werden; uud die anatomischen Verhältnisse der Eetinula lassen es kaum möglich erscheinen, dass auf jede nur das Licht des geometrisch zugehörigen An- teiles des Sehfeldes gelangt. Es ist also nur — vielleicht übergrosse - Vorsicht, wenn ich mich über das Vorhandensein des nach der Peripherie an Intensität abnehmenden Zerstreuungskreises mit so geringer Ent- schiedenheit ausspreche. Wenn sich die Beobachtung Leydig's und Thompson Lowne's bestätigt, nach welcher das Pigmentlumen zwischen Krystallkegel und Retinula seinen Durchmesser im Leben zu ändern vermag, an welche Möglichkeit freilich nur für gewisse Thiere gedacht werden kann, so haben wir auch hier, wie bei den Augen mit Super- positionsbild, ein Mittel vor uns, nicht nur die Helligkeit des Netzhautbildes, sondern auch die Grösse des Zerstreuungskreises, somit die Schärfe des Bildes zu variiren. Dass ich beim Sehen der Insecten ein grösseres Gewicht auf das Erkennen von Veränderungen lege, geschieht, weil ich darin die wesent- lichste functionelle Differenz vom Sehen mit dem verkehrten Netzhautbild erblicke; ich bin aber weit davon entfernt, das Erkennen von Formen zu unterschätzen,1 wie man wohl geglaubt zu haben scheint. Die schönen Ver- suche von Plateau haben hinlänglich festgestellt, dass die Insecten Objecte und deren Lage sehen, und die Schärfe, mit der das geschieht, stimmt recht gut mit der überein, die ich seit Langem vermuthet und auch angedeutet habe. 1 Vgl. das oben bei Besprechung des A.uges von Squilla Mitgetheilte. Es seheint mir übrigens selbstverständlich, dass bei verschiedenen Thierarten das Verhältniss der Voll- kommenheit 'los Form- und Bewegungssehens bedeutenden Variationen unterworfen ist. — 188 — Man braucht mir einen Schmetterling zu beobachten, wie er von IM Linie zu Blume fliegt, um sieh zu überzeugen, dass er diese aus massiger Entfernung sieht, und man braucht andererseits nur zu sehen, dass er sich nicht zu selten von Objecten ähnlicher Gestalt und Farbe täuschen lässt, diese Täuschung aber erst bemerkt, wenn er fast bis zur Berührung- nahe gekommen ist, um die Ueberzeugung zu gewinnen, es sei dieses Sehen etwa von jener Vollkommenheit, deren Grössenordnung durch das Netzhautbild von Lampyris gegeben ist. Auch dass die Thiere Farbenempfindung haben, kann man so ohne weiters beobachten, hauptsächlich an der Art, wie sie sich täuschen lassen; doch ist das durch die exacten Versuche Lubbock's längst bekannt, und die ganze bunte Welt der Schmetterlinge und Blumen legt Zeugniss davon ab. d) Accommodation. Dass es im zusammengesetzten Auge eine Accommodation gebe, ist mir sehr unwahrscheinlich. Erstens ist dieselbe beim Appositionsbild über- flüssig, denn es kommt eine geringe Verschiebung des an der Spitze des Krystallkegels entworfenen Bildes physiologisch kaum in Betracht. Zweitens ündet man weder in den Augen mit Appositionsbild, noch bei jenen mit Superpositionsbild irgend eine Einrichtung, welche als Accommodations- mechanismus gedeutet werden könnte. Bei den Augen letzterer Art rückt das Bild bei Annäherung des Objectes nach vorne, im Gegensatze zu den Wirbelthieraugen. Ich mass diese Verschiebung in einem Falle bei Lampyris. Sie betrug 0092 Millimeter, wenn der Gegenstand aus der Entfernung von 810 Millimeter in die von 1-2 Millimeter gebracht wurde. Um den Gegen- stand so nahe zu bringen, benutzte ich den Kunstgriff, von demselben durch den Abb e 'sehen Beleuchtungsapparat ein Bild zu entwerfen. Dieses fungirte als abzubildender Gegenstand. Die Messungen sind aus nahe- liegenden Gründen nur approximativ, doch zeigen sie zur Genüge die Grössenordnung der Verschiebung, um die es sich bei diesem Auge handelt. Man wird wohl kaum zweifeln, dass das herumfliegende Lanipyrismännchen mit dem Auge das im Grase sitzende leuchtende Weibchen sucht, dass es also diesen Lichtpunkt mit näherungsweise auf Unendlich eingestelltem Auge sieht; ob es aber noch deutliche Bilder von 1-2 Millimeter entfernten Objecten zu bekommen nöthig hat, mag wohl fraglich erscheinen. Wäre ein Accommodationsapparat da, so müsste er beim Fixiren naher Objecte eine Annäherung des dioptrischen Apparates und der Netzhaut erzielen. Doch ist nichts von einem solchen zu finden. Es ist auch sehr leicht begreiflich, dass ein Accommodationsapparat diesen Augen fehlt, Denn die grosse Dicke der Netzhaut vermag ihn vollständig zu ersetzen. Wenn das Bild auch etwas nach vorne oder nach rückwärts rückt, es kann dabei immer noch im Inneren der Netzhaut verbleiben. Beim Wirbelthierauge ist es unter gleicher Verschiebung des Objectes längst schon vor oder hinter die Netzhaut gewandert. — 189 — Noch ein anderer Umstand kommt in Betracht. Er betrifft auch das Wirbelthierauge. Je kleiner die Dimensionen des Auges werden, desto entbehrlicher wird die Accommodation, unter der im Grossen und Ganzen zutreffenden Voraussetzung, dass die empfindliche Schichte der Netzhaut eine absolut gleichbleibende Dicke hat. Die Grösse der Verschiebung des Netzhautbildes ist, gleichen Bau der Augen vorausgesetzt, proportional den linearen Dimensionen des Auges. ' Für diese gibt die hintere Brennweite ein Mass ab. Dieselbe ist z.B. beim Elephanten vielmals grösser als bei der Maus; und da die beiden empfindlichen Netzhautschichten, sowie die Netz- hautelemente nur geringe Grössenunterschiede zeigen (beim Frosche sind sie sogar viel grösser als beim Elephanten), so ist die Accommodation bei der Maus viel entbehrlicher als bei den grossen Säugethieren. Hier ist freilich unter entbehrlicher nur verstanden, dass das Thier in einer Entfernung noch scharfe Bilder bekommt, für welche der Elephant schon stark accom- modiren muss. Dabei könnte allerdings für die Maus die Beobachtung wenige Millimeter entfernter Objecte noch Bedeutung haben, die für den Elephanten bedeutungslos ist. Ganz ähnlich aber verhält es sich auch bei den Insecten und Krebsen mit Superpositionsbild, deren Augen durchaus nur die Grösse von denen- kleiner Säugethiere haben. e.) Das Sehen in der Tiefendimension. Dass Insecten und Krebse nahe von fernen Gegenständen unter- scheiden, wird wohl nicht zu bezweifeln sein; es lassen sich, besonders an Insecten, leicht Versuche anstellen, die zeigen, dass sie sich vor einem nahen Gegenstand mehr fürchten, als vor einem fernen, auch wenn schein- bare Grösse und Winkelgeschwindigkeit dem letzteren günstig sind. Wir Menschen und offenbar alle Wirbelthiere erkennen Entfernungen hauptsächlich auf Grund der Verschiedenheit, welche die beiden Netzhau t- bilder desselben Gegenstandes in den beiden Augen zeigen, und auf Grund der Convergenzanstrengung, die wir beim binocularen Fixiren eines Gegen- standes aufwenden müssen. Letzterer Punkt kommt bei sehr vielen Thieren, welche mit Facettenaugen sehen, sicher nicht in Betracht, denn ihre Augen sind unbeweglich am Kopfe befestigt. Die Augen anderer allerdings sind beweglich (viele Krebse), doch sind ihre Bewegungen so unabhängig von- einander, dass es schwer ist, zu glauben, ein Mechanismus binocularer Fixation spiele in ihrem Sehen eine grosse Rolle. Auch ist vielfach die Stellung der Augen am Kopfe eine solche, dass dieser Gedanke zurück- gedrängt wird. Doch ist kein Grund anzunehmen, dass das erste Moment bei Facetten- augen nicht dieselbe Rolle spiele, wie bei Wirbelthieraugen. Auch hier ist, i Denn die Entfernung des Bildes vom zweiten Brennpunkt f2— F2 = D ergibt, da f., = JjlL ist, D = F) F2 fi-F. f,-F, - 190 z. B. bei Libellen, ein grosses gemeinsames Gesichtsfeld, unzweifelhaft viel grösser als das des Menschen, denn es erstreckt sich nicht nur nach vorne, sondern auch nach oben, hinten und unten. Auch hier müssen die Bilder beider Augen verschieden sein, und die beiden Netzhautstellen, welche von dem Bilde desselben Objectpunktes getroffen werden, bestimmen eindeutig die Entfernung und Lage des Objectpunktes bei gegebener Stellung des Kopfes. Die binoculare Tiefenschätzung des Wirbelthieres ist eine um so genauere, je grösser die Distanz der beiden Augen voneinander ist, wie dies jüngst Berlin1 ausgeführt hat. Diese Distanz ist bei Insecten allerdings recht gering, obwohl sie so gross zu sein pflegt, als es die Dimensionen des Kopfes nur immer zulassen. Daraus geht aber nicht hervor, dass diese Thiere mit dieser Art der Tiefenwahrnehmung nicht auskommen, sondern nur dass sie bei gleicher und ziemlich grosser Entfer- nung der Objecte unvollkommener ist. Bei geringer Entfernung aber kann das Princip der Tiefenwahrnehmung genau so fungiren wie bei den Wirbelthieren. Und wenn ein solches in wenigen Centimetern von seinen Augen schon gar keine brauchbare Tiefenwahrnehmung- mehr hat, schon wegen der schlechten Netzhautbilder und der unmöglich gewordenen Con- vergenz, so wird eine Libelle vielleicht gerade in dieser Entfernung die schärfste Tiefenwahrnehmung besitzen, und diese kann ihr vortheilhafler sein, als eine genaue Schätzung grosser Entfernungen. Es ist sehr wohl möglich, dass manche Insecten, wie dies Plateau beobachtet hat, deshalb erst kurz vor einem Hinderniss ihren Weg ändern (Platta) und ausweichen, weil sie das Object zwar vorher gesehen, seine Entfernung und damit seinen Charakter als Hinderniss aber erst erkannt haben, als sie nahe genug waren, um einen brauchbaren binocularen Tiefen- eindruck von ihm zu bekommen. Wenn viele Insecten an ein Papierblatt erst anstossen mussten, um auszuweichen, so kann das auch darin seinen Grund haben, dass die Tiefenwahrnehmung (auch beim Wirbelthiere) nur dann möglich ist, wenn Details im Objecte gesehen werden. Ein Blatt Papier könnte also nur auf Grund der Wahrnehmung seiner Begrenzungslinien in die richtige Entfernung verlegt werden, wenn es selbst vollkommen gleich- massig gefärbt wäre. Wie gesagt, ist es bei der Unabhängigkeit voneinander, mit der sich die Augenstiele vieler Krebse bewegen, schwer, bei diesen Thieren an einen binocularen Sehact der geschilderten Art zu denken. Doch drängt sich bei der Betrachtung eines solchen Krebses mit seinen lebhaften Augen- bewegungen eine andere Vorstellung auf. Jedermann weiss, dass es eine für das schwierige Erkennen und Enträthseln eines Gesichtsobjectes charak- teristische Bewegung ist, wenn Jemand mit vorgestreckten Hals und fixirtem 1 lieber die Schätzung der Entfernungen bei Thieren (Festschrift zur Feier des XXV. Regieraugsjubiläums Sr. Majestät des Königs Karl von Württemberg), Stuttgart 188(J. 191 Blicke eleu Kopf nach rechts und links hin und her bewegt. Auch Thiere machen es bisweilen so. Es handelt sich darum, das Object von etwas ver- schiedenen Richtungen aus zu betrachten. Die nacheinander erhaltener! Bilder gewähren dann nicht nur eine correctere Anschauung der Formen, sondern vor Allem auch der Entfernungen der verschiedenen Theile. v. Helmholtz führt einen sehr treffenden Fall an, ' in dem man sich von der Wirkung dieser Succession von Bildern überzeugen kann : Wenn man den binocularen Sehact beseitigt, indem man ein Auge schliesst, und blickt dann bei ruhig gehaltenem Kopfe in die Zweige eines Baumes oder in das Astwerk eines Gebüsches, so sieht man nur ein wüstes Gewirre von Zweigen und Blättern, in dem man sich nicht zurechtfindet und vor Allem kein Urtheil über die Entfernung und gegenseitige Beziehung der einzelnen Aeste zu einander gewinnt. Sowie man aber nun den Kopf etwas nach rechts und links bewegt, so geht das ganze Gewirre in räumlicher Klar- heit auseinander, es scheiden sich Aeste und Wipfeln, kurz es stellt sich ein plastisches Bild des Ganzen dar. Es beruht das natürlich darauf, dass das Netzhautbild eines nahegelegenen Gegenstandes sich während der Kopf- bewegung rascher auf der Netzhaut verschiebt, als das eines fernen, und dass der nahe Gegenstand eben dadurch als solcher erkannt wird. Ich halte es nun für möglich und wahrscheinlich, dass Krebse, deren Augenstiele keine coordinirten Bewegungen machen, sich aber, fast wie in gewohntem Spiele, hin und her zu bewegen pflegen, nach diesem Principe Wahrnehmungen der Tiefendimension gewinnen. Es ist dieses freilich eine Hypothese, die leider nicht leicht wird verificirt werden können, deren Prüfung aber doch nicht ganz ausgeschlossen erscheint. Sie findet ihre Stütze auch darin, dass diese fast continuirlichen Augenbewegungen keinen anderen einsehbaren Grund haben. 1 Physiologische Optik. 1. Auflage, S. 653. XI. CAPITEL. Einige Bemerkungen über die Phylogenese des facettirten Auges vom functionellen Standpunkte betrachtet. Grenadier hat neuerdings die genetische Verwandtschaft der beiden Augentypen einer Discussion unterzogen, des zusammengesetzten und des einfachen, nach dem T}Tpus des Wirbelthierauges gebauten Stemmas. In der That, man findet bei verwandten Thieren, ja an einem und demselben Kopfe nebeneinander die zwei Augenformen, das eine Auge sieht mit verkehrtem, das andere mit aufrechtem Netzhautbilde. Wo ist da das Bindeglied, nach dem wir doch stets zu suchen pflegen, wie kann überhaupt ein Bindeglied zwischen einem aufrechten und einem verkehrten Bilde, zwischen dem Bilde einer Camera obscura und dem Superpositionsbilde vieler astronomischer Fernrohre aufzufinden sein? Ich will zum Schlüsse hierüber noch ein Paar Worte vom optischen Standpunkte sagen, umsomehr, als mich meine Betrachtungen zu wesentlich demselben Resultate geführt haben, das Grenadier auf Grund seiner morphologischen Untersuchungen gefunden hat. Eine warzenartige Verdickung der Cuticula mit einer oder einigen darunterliegenden Sinneszellen, die im Stande sind, Aetherbewegungen als solche oder vielleicht nach ihrer durch ein schwarzes Pigment bewirkten Umwandlung in Wärmebewegung, zu Nervenerregung umzusetzen, kann wohl in den ruhesten Zügen als Urauge betrachtet werden. Solche Uraugen sehen wir auch noch heute bei niederen Tliieren. Sie sind bei gegebener Stellung des Thieres im Stande, Hell und Dunkel, sowie die Sichtung zu unterscheiden. Ein im Wasser schwimmendes Thier wird durch dasselbe erkennen können, nach welcher Richtung die leuchtende Ober- fläche liegt. Nun sind zwei Arten der Vervollkommnung dieses einfachsten Seh- apparates möglich. Erstens die Verdickung der Cuticula (auch die Linse des Menschen entwickelt sich noch aus dem äusseren Keimblatt) nimmt immer mehr die Gestalt einer optischen Linse an, und die Sinneszellen nähern sich der Brennweite derselben. Schon bei der einfachsten warzen- artigen Verdickung wird im Allgemeinen die in der Axe derselben gelegene — 193 — Sinueszelle, dann die intensivste Erregung- erleiden, wenn diese Axe der Sonne zugekehrt war; es wäre also da schon ein Beginn der Localisirung vorhanden, wenn mehrere Sinneszellen im Urauge angenommen werden. Denken wir uns diese Zellen allmählich an Zahl zunehmen und gegen die Brennweite der Linse rücken, so wird, da der von der Sonne stammende Lichtkegel in immer intensiveren Partien von den Sinneszellen aufgefangen wird, die Localisirungsfähigkeit stetig zunehmen, und wir gelangen so ohne Sprung — und darauf kommt es hier ja ausschliesslich an — bei ebenso stetig zunehmendem Werthe des Organes für seinen Träger zu den ein- fachen, aber hoch entwickelten Augen der Spinnen u. dgl., sowie der Wirbelthiere. Die Sinneszellen breiten sich in grosser Anzahl in der Brenn- ebene der brechenden Medien, also in einer nach vorne concaven Fläche aus und empfangen das verkehrte Bild. Zweitens kann sich das Urauge durch Multiplication vervollkommnen und so zum zusammengesetzten Auge werden. Das Thier, das ein Urauge besitzt, bekommt in einem gegebenen Momente nur Nachricht darüber, ob in der Richtung, welche der Axe und deren Umgebung entspricht, helle Objecte sind; will es über eine andere Richtung Erfahrungen einziehen, so muss es den Körper wenden. Soll das Thier zu gleicher Zeit über mehrere Richtungen orientirt werden, so müssen sich mehrere Augen ent- wickelt haben, deren Axen divergiren. Zwei solcher Augen geben dann in ihrer vereinten Wirkung schon den ersten Anfang eines aufrechten Bildes. Je grösser die Anzahl dieser primitiven Augen geworden ist, desto vollkommenere Localisirung ist möglich. So entstehen, wieder ohne Sprung, die zahlreichen radiär augeordneten Facettenglieder des zusammengesetzten Auges, von denen jedes noch die ursprünglichen Elemente birgt. Bei der Kleinheit der Cuticularlinsen wird die Quantität des in ein Einzelauge dringenden Lichtes eine geringe sein, es werden sich Structurverhältnisse ausbilden, welche diese geringe Menge Lichtes wenigstens in so voll- kommenem Masse als möglich dem nervösen Elemente oder den nervösen Elementen zuführen, sei es durch die Bildung kugeliger brechender Flächen, sei es durch Schichtung von Medien ungleichen Brechungsvermögens. Wir kommen auf diesem Wege direct zu dem Auge, das wir als mit einem Appositionsbilde ausgestattet kennen gelernt haben. Morphologisch haben wir diese Entwickelungsreihe im Vorstehenden kennen gelernt, ausgehend vom Trilobitenkrebs und durch das Auge von Limulus zu dem der Taginsecten fortschreitend. Man sieht in dieser Reihen- folge deutlich, wie das verkehrte Bildchen des Einzelauges (beim Trilobiten- krebs) verkümmert, um dem aufrechten Bilde des Gesammtauges, das auch bei diesem Thiere schon in der Aggregation der Augen vertreten war, Platz zu machen und es zur vollkommensten Ausbildung gelangen zu lassen. Es fragt sich nun, ob auch vom Appositionsbild zum Superpositions- bild eine phylogenetische Brücke führt, d. h. ob eine continuirliche Reihe von Zwischengliedern denkbar ist, deren jedes gegenüber dem vorher- Ex 11 er, Facetteuaugen. lO — 194 — gehenden im Kampfe ums Dasein Vortheile gewährte, und sich dadurch ausbilden konnte. Es scheint mir, dass diese continuirliche Reihe unschwer zu linden ist : Das Facettenglied in dem mit einem Appositionsbilde begabten Auge enthält, wie wir sahen, einen Linsencylinder, näherungsweise von der Länge seiner Brennweite. Er bewirkt, dass an seiner Spitze ein Bildchen eines engbegrenzten Antheiles des Sehfeldes entsteht, welches dadurch einen verhältnissmässig intensiven Lichtreiz hervorruft, dass die Hauptstrahlen der verschiedenen Punkte des Sehfeldes sämmtlich fast parallel mit der Kegelaxe in die Eetinula eindringen. Der einem Bildpunkte angehörende Strahlenkegel zeigt dabei eine nicht unbeträchtliche Divergenz. Stellen wir uns vor, der Träger dieses Auges sei aus biologischen Motiven gedrängt, ein Dämmerungs- und ein Nachtthier zu werden. Dann braucht sich der Linsencylinder nur zu verlängern, und die Retina in entsprechendem Maasse vom dioptrischen Apparat zurückzuweichen, um das Auge für geringeres Licht sehtüchtiger zu machen. Durch die Verlängerung, beziehungsweise Verstärkung des Linsencylinders, nämlich verringert sich die Divergenz jedes einem Bildpunkte zugehörigen Strahlenkegels, was jedenfalls für das Centrum des „Elementarsehfeldes" (s. S. 31) eine Erhöhung der Perceptions- intensität bedeutet; zugleich aber hören die Hauptstrahlen der peripherischen Punkte des Partialsehfeldes auf, parallel der optischen Axe des Facetten- gliedes der Retina zuzustreben ; sie bilden mit dieser einen Winkel in dem- selben Sinne, wie sie das beim Superpositionsbilde thun. Wenn also, wie vorausgesetzt, die Retina zurückgewichen ist, so trifft jetzt ein Theil des Strahlenkegels dieser peripheren Sehfeldpunkte schon das benachbarte Netzhautelement, geht also auch für die Perception nicht mehr verloren. Ich habe schon S. 84 und S. 91 von solchen Augen gesprochen, welche Uebergangsformen zwischen den beiden Typen darstellen. Auf diesem Wege kann die relative Helligkeit des Bildes zum Nutzen der betreffenden Thierclasse allmählich steigen, ohne dass ein Super- positionsbild in vollkommenster Weise entsteht; dieses in der Form, wie wir es oben besprochen haben, ist erst vorhanden, wenn der ursprüngliche Linsencylinder an Stärke oder Länge um das Doppelte zugenommen, also die doppelte Länge seiner Brennweite hat, und die Netzhaut sehr be- trächtlich zurückgewichen ist. Dieses Ziel also, so scheint mir aus dem Dargelegten mit Wahr- scheinlichkeit hervorzugehen, kann unter continuirlicher Steigerung der Leistungsfähigkeit des Auges bei Lichtmangel erreicht werden; dabei ist zu bedenken, dass die Lichtverschiebung des Irispigmentes jederzeit aus dem unvollkommenen Superpositionsbild ein Appositionsbild zu machen vermag, sollte ein Ueberfluss an Licht das erheischen. Sachregister. A. Aecommodation 188. Aeherontia atropos 143. Agrion-Larve, Bau 121. — Pseudopupillen 164. Agrypnus inoertus, Netzhaut- bild 77. Appositionsbild 17, 18, 75, 86. Argynnis latonia, Augen- leuehten 154. Asealaphus, Zweitheilung der Augen 128. Astacus, Augenleuehten 158. — Bau 124. — Jrispiguient 73. — Retinapigment 108 — Tapetum 101. Augen mit doppelter Functions- weise 91. — mit ungleiehraässigem Bau 112. Augenleuehten 141, 153. — der Krebse 158. — der Nachtsehmetterlinge 144. — der Taginseeten 150. — Versehwinden desselben 147. Augensehema 45 B. Bärenkrebs, s. Seyllarus. Berechnung d. Lampyrisauges 52. Bewegungen der Augenstiele von Krebsen 190 — ihre Wahrnehmung 182. Bild, verkehrtes von Lampyris 39, 46. Bilder durch Linsencylindor 2 u. folg. Bildschärfe 37. Bombus terrestris, Netzhaut- bild 87. C. C-album, C-cardui, Augenleuchten Netzhaut- Augen- 154. Augenleuchten 154. Cantharis fusca, Bau 118. — Irispigment 67. — Netzhautbild 77. Cantharis rustiea, bild 77. Carcinus maenas, leuchten 159. — Irispigment 74. — Pseudopupillen 163, 166. — Tapetum 102. Catoeala nupta, Augenleuchten 153. — Bau 117. — Irispigment 71. — Pseudopupillen 171. Cetonia, optischer Bau 80. — Irispigment 67. — Retinapigment 103. Chloe binoculata, Bau 131. Cnophria quadria, Netzhaut- bild 81. Coenonympha Pamphilus, Augenleuchten 154. Coleas hyale,Augenleuehtenl54. Colymbetes fuscus, Bau 119. Irispigment 68. Colymbetes fuseus, Retinapig- ment 103. Copilia 135. Cordulegaster, Augenwölbung 113. Cornea für Wasser und Luft 9. — der Wasser- und Luft- thiere 9. — der Krebse 82. Corneafacetten, Grö'ssendiffe- renz 113. Corneakrümmung, unregel- mässig 113. Corneareflex 166. — der Libellen 157. — und Pseudopupille 156. Corneaschiehtung 8: Crangon, Bau 122. — Tapetum 101. D. Dioptrik des Lampyrisauges 39, 52. Diplex, Bau 120. Dipteren, Augenleuehten 154. — Corneakrümmung 113. Doppelte Functiousweise der Augen 91. Dorkadion aethiops, Netzhaut- bild 90. Dromia vulgaris, Augenleuch- ten 159. — Bau 125. — Irispigment 73. — Retinapigment 109. — Tapetum 102. 13 * 196 — Dytiscus, Bau 119. — niarginalis, Irispiguient 68. Einsiedlerkrebs, s. Pagurus 73. Elater, Kegel desselben 77- Epinephele, Augenleuehten 154. — Bau 116. — Pseudopupille 165. Eristalis, Bau 121. Etagenlupe 8, 58. Euprepria, Augenleuehten 153, 154. F. Flusskrebs, s. Astaeus. Fuchs, s. Vanessa. G. Au gen - Galathea strigosa, leuchten 159. — Augenzeichnung 166. — Bau 126. — Irispiguient 74. — Retinapigrnent 110. — Tapetum 102. Gammarus 131. Gastropacha, Irispigment 70. H. Hauptstrahlen der Linsen- cylinder 5. Helligkeit, relative, des Netz- hautbildes 32. Helligkeitsregulirung des Bildes 65. Herpstia, Augenleuehten 159. Hesperia coina, Augenleuehten 154. — Pseudopupillen 165. Hipparchia, Augenleuchten 154 Hornarus, Corneakriimmung 113. — Augenleuchten 159. Hornisse, s. Vespa. erabo Hummel, Netzhautbild 87. Hydrophilus piceus 13. — Netzhautbild 78. — optischer Bau 78. — Irispigment 68. — Retinapigrnent 103. I. Innachus, Augenleuchten 159. Irispigment 63. — Function 59. — locale Lichtwirkung 149. — locale Wirkung 66. — Verschiebung und Wirkung 63, 160. Iristapetum 61, 62. — dunkles 117, 171. — von Catoeala 117. — Wanderung 171. K. Käfer, Corneakriimmung 113. Katroptrische Wirkung der Kegel 59. Kegel der Krebse 82. — optische Wirkung 83, 134. Kegel, katoptrische Wirkung 59. — optische Wirkung 43, 133. — optische Wirkung der Schiefstellung 24. — von Lampyris 44. Kegelmantel 27. Krebse, Corneakriimmung 113. Krystallkegel, s. Kegel. L. Lampyris splendidula 35. — Nebenbilder 173. — Retinapigrnent 103. Lampyrisauge, Dioptrik 39, 52. Languste, s. Palinurus. Lasiocampa quercifolia,Baull8. — Irispigment 70. Leuchten der Augen 141. Leuchtkäferchen, s. Lampyris. Leueoma, Bau 118 — Irispigment 70. Leueoma Salicis, Netzhaut- bild 81. Libelle, Netzhautbild 89. Libellen, ihr Sehen 115. — Augenleuchten 154, 155. — Corneareflex 157. — Pseudopupillen 164. Libellula depressa, Differenzen im Bau 113. Libellula vulgata, Augen- leuchten 154. — Bau 120. Libellulinen, Differenzen im Bau 113. — Augenwölbung 113. Lichtschimmer im Auge 61. Lichtwirkung auf das Iris- pigment 64. — auf das Retinapigrnent 104 Limulus 18. — Pseudopupille 167. Linsencylinder 2. u. folg. — von der Länge ihrer Brenn- weite 5. — von der doppelten Länge der Brennweite 7. — im Facettenauge 7. Locusta caudata, Augenleuchten 155. Locusta virdissiina, Augen- leuchten 155. — Bau 122. — Pseudopupillen 178. Luciola italica, Netzhautbild 77. Lycaena, Augenleuehten 154. — Bau 116. Lycaena coridon, Augen- leuchten 154. M. Maja verrucosa Augenleuchten 159. — Irispigment 74. — Bau 126. — kein Tapetum 102. — Retinapigrnent 110. Makroglossa, Augenleuchten 153. — Bau 118. — Netzhautbild 81. — Pseudopupillen 165. — Retinapigrnent 103. Melanargia, Bau 116. Melanargia galathea, Augen- leuehten 154. Müller'sche Theorie 11. Musca, Augenleuchten 154. Musea domestiea, Bau 121. Musca vomitoria, Netzhaut- bild 87. N. Nebenbilder 173. Netzhaut 95. 197 - Netzhautbild, Grösse von Lam- pyris 37. — Lage 38. — Schärfe 37, 179. — unähnlich 112, 129. — Verzerrungen 180. Netzhautfunction 95. Nica edulis, Augenleuchten 159. — Bau 123. — Irispigment 72. — Tapetuni 101. — Retinapigment 108. O. Ocneria rubea, Netzhautbild 81. Ordensband, rothes, s. Cato- cala. Oryctes rhinocerus 81. — Bau 120. P. Pagurus, Augenleuchten 158. — Bau 125. — Irispigment 73. — Pseudopupillen 166. — Retinapigment 110. — Kein Tapetum 102. Palaemon, Augenleuchten 158. — Augenzeichnung 166. — Bau 122. — Corneakrümmung 13. — Irispigment 72. — Retinapigment 104. — Tapetum 101. Palinurus, Augenleuchten 159. — Bau 124. — Corneakrümmung 113. — Irispigment 72. — Retinapigment 107. — Tapetum 101. Pararge megarea, Augen- leuchten 154. Peneus membranaceus, kein Augenleuchten 159. — Augenzeichnung 166. — Bau 124. — Irispigment 73. — Tapetum 101, 109. Phacops fecundus 34. Pliotomechanische Wirkung am Irispigment 63. Phronima, Bau 130. Phylogenese der Augen 192. Pieris rapae, Augenleuchten 151, 154. — Bau 116. — Nebenpupillen 172. — Pseudopupillen 164, 165. Pisa, Retinapigment (Tapetum) 110. — Augenleuchten 159. — Bau 126. — Irispigment 74. Plusia gama, Augenleuchten 154. Polias, Augenleuchten 154. Polyommatus phlaeas, Augen- leuchten 154. Portunus, Kein Augenleuchten 159. — Bau 126. — Irispigment 74. — kein Tapetum 102. — Retinapigment 110. Porthesia, Bau 118. — Irispigment 70. — Netzhautbild 81. Pseudopupillen 18, 162. — Erklärung 166. — ihre Form 163. — quadratische 163, 166. Pseudopupille und Corneareflex 156. Psophus stridulus, Augenab- theilungen 114. — Pseudopupillen 165. R. Reflexion im Auge 61. Retina der Dekapoden 85. — beim Superpositionsbild u. Appositionsbild 75 Retinapigment 102. — Liehtwirkung 101. — Verschiebung 104. Retinatapetum 97. Retinula, s. Rhabdom. Rhabdom, optische Wirkung 31. — Function 96. — Retinapigment 105. Rhagonycha tnelanura, Kegel und Netzhautbild 77. Rosenkäfer, s. Cetonia. Rübenweissling, s. Pieris rapae. S. Schärfe des Netzhautbildes 37, 179. Schema des Insectenauges 45. Schiefstellung der Kegel 24, 90, 121. Schimmer im Auge 166. Scyllarus arctus, Augen- leuchten 159. — Bau 123. — - Irispigment 73. — Retinapigment 108. — kein Tapetum 101. Sehen von Bewegungen 182. — in der Tiefendimension 189. Sehen, Theorie des, s. Theorie des Sehens. Sehstäbe 91. Sicyonia sculpta 107. — Augenleuchten 159. — Irispigment 72. — Retinapigment 123. — Tapetum 101. Sirex gigas, Bau 122. Sphinx eonvolvuli, Augen- leuchten 149. — Netzhautbild 81. Spillosoina, Irispigment 70. Squilla mantis, kein Augen leuchten 159. — Bau 127. — optischer Bau 112, 128. — Irispigment 74. — Netzhautbild 112. — Verzerrung des Netzhaut- bildes 112, 129. — Retinapigment 111. — kein Tapetum 102. Stereoskopisches Sehen 189. — bei Krebsen 190. Stubenfliege,s.Muscadomestica. Superpositionsbild 35, 75, 84. T. Tapetum 67. — körnig 100. 198 Tapetuiu im Ganglion opticiim 101. — der Krebse 100. — der Retina 97. — aus Tracheen 98. Taubenschwanz, s Makroglossa. Telephorus, Irispigment 67. Tenthredo instabilis, Bau 122. Theorie des Sehens, von J. Müller 11, von Grüel und Gottsche 11, von Max Schultz« 12, von Grenadier 12, von 0. Schmidt 14, von Notthaft 15, von Thompson-Lowne 16 Tracheen im Auge 99. — bei Tagschmetterlingen 99. — als Tapetum 98. Trichodes apiarius, Cornea- kegel 119. Trilobitenkrebse 33. Tropinota hirtella, Irispigment 67. — Bau 119. U. Uebergangsformen des Auges 85. Vanessa, Bau 116. — Pseudopupillen 165. Vanessa urticae, Augenleuchten 154. Verkehrtes Bild im Insecten- auge 46. Verzerrungen des Netzhaut- bildes 180. Vespa crabo, Bau 121. — Hornhaut und Kegel 90. — Schiefstellung der Kegel 121. W. Wasser- und Luftaugen 9. Wiesenbläuling, s. L)'caena. Z. Zertreuungskreis 182. Erklärung der Tafeln. Tafel i. Fig. 1. Meridionaler Durchschnitt durch den seitlichen Antheil des Auges von Lampyris splendidula. Alkoholhärtung; Einbettung in Celloidin; Färbung mit Saffranin, Vergrösse- rung der Zeichnung (auf diese, nicht auf die Mikroskopvergrösserung, bei welcher gezeichnet wurde, sind die Angaben über Vergrößerung im Folgenden zu beziehen): 120. c. Corneafacetten. I. P. Irispigment in Dunkelstellung, aus welchem nach rückwärts heraus ragen: K. die .Spitzen der Krystallkegel. Die hier nicht sichtbare Gestalt eines Krystall kegeis und einer Hornhautfacette ist im Holzschnitt S. 44 wiedergegeben. Gr. Glaskörperraum der Autoren, hier mit durchsichtigen spindelförmigen, radiär gestellten Zellen erfüllt. R. Retina. RP. Retinapigment. vi. f. Membrana fenestrata, an welche von hinten die Nervenbündel herantreten, welche aus dem G. o. Ganglion opticum kommen. Fig. 2 bis 5 zeigt die optischen Querschnitte der aus den Krystallkegeln des Lampyris-Auges austretenden dünnen .Strahlenbündel (beziehungsweise ihrer Verlängerungen), wie man sie bei schwacher Vergrösserung sieht, wenn als Object ein heller Punkt in Verwendung steht und das Mikroskop successive auf verschiedene Ebenen eingestellt wird. Der Ver- lauf der Strahlen, sowie die vier Ebenen, bei deren Einstellung die vier in Rede stehenden Bilder gesehen werden, sind in Holzschnitt, Fig. 11, S. 40 des Textes, gezeichnet. Fig. 2, 3, 4, 5 entsprechen der Einstellungsebene AAV CC{, DDV E Ex. Fig. 2 zeigt die Strahlen (richtiger ihre Verlängerungen), wenn man auf eine im Innern der Krystallkegel oder noch vor denselben gelegene Ebene eingestellt hat. Rückt man mit der Focalebene von da aus gegen die Netzhaut, so nähern sich die einzelnen Strahlenbünde] und gewähren etwa in der Ebene, welche die Spitzen der Kegel tangirt fCC{J, das Bild der Fig. :j. Ist das Auge frisch dem Thiere entnommen (die Figuren •_' bis "> sind nach einem in Alkohol cönservirten Auge gezeichnet), so sind die durch Reflexe u. dgl. be- dingten Höfe weniger ausgeprägt. Rückt man die Focalebene noch weiter nach rückwärts (DDt), so nähern sich die Strahlenbündel, bis sie an der Ebene der Netzhaut zu dem Bilde des punktförmigen Objectes den kleinen hellen Fleck der Fig. 1 verschmelzen. Noch weiter nach hinten (EEX) gehen sie in den Zerstreuungskreis, Fig. 5, auseinander, der zierliche Diffractionserscheinunffen zei"-t. — 200 - Fig-. 6 und 7. Krystallkegel und vorderer Antlieil des Sehstabes von Dyticus marginales. Die Umrisse sind mit dem Zeichenprisma aufgenommen. Vergrösserung 550. Fig. G zeigt das Irispigment in der Lichtstellung, Fig. 7 dasselbe in der Dunkelstellung. Fig. 8. Ein Streifen aus dem Auge eines lebenden Limulus. Das Ende der Zeichnung A liegt im Bereiche der schwarzen Pseudopupille, B liegt ausserhalb derselben, so dass die Ab- bildung die Art der Lichtvertheilung in den einzelnen Facettengliedern wiedergibt. Das beleuchtende Licht kam von der rechten Seite des Beschauers. Fig. 9. Corneafacette mit dem daranhaftenden Krystallkegel von Cantharis fusca. A einem im Dunkehi, B einem im Sonnenscheine getödteten Thiere angehörig. Tafel II. Fig. 10 und 11. Heide Abbildungen betreffen dasselbe frische Zupfpräparat der Netzhaut von der Messingeule (Plusia chrysetis). Es zeigt die bei den Nachtschmetterlingen das Tapetum bildenden Tracheenbüscheln, welche die Sehstäbe von hinten her umkleiden und im durchfallenden Lichte, Fig. 10, dunkel, im auffallenden Lichte, Fig. 11, hell erscheinen. Hinter dem Tapetum sieht man bei Fig. 10 die Pigmentschichte der Netzhaut und in dieselbe eintretende Nerven. S. die im frischen Zustande undeiitlichen vorderen Hälften der dicken Antheile der Sehstäbe. Fig. 12. Zwei solcher Tracheenbüschel desselben Thieres isolirt. Man erkennt, wie jedes derselben aus einer kleinen Trachea hervorgeht. Fig. 13 und 14. Durchschnitte durch das Auge von Hydrophilus piceus. Die Cornea ist nicht gezeichnet. Die Umrisse der einzenlen Schichten sind mit dem Zeichenprisma aufgenommen. Vergrösserung 210. R. Ketina. m. f. Membrana fenestrata. Zwischen dioptrischem Apparat und Netzhaut befindet sich ein von Fasern durch- zogener Glaskörperraum. Die Fasern inseriren sich an kegelartigen Vorsprüngen des Irispigmentes. Fig. 13 gehört einem im Dunkeln gehaltenen und daselbst getödteten Thiere an, Fig. 14 einem im Sonnenschein getödteten. Fig. 15. Einige Facettenglieder eines rothen Ordensbandes (Catocala nupta) (Nachtfalter) links in Dunkelstellung, rechts ein Facettenglied mit seinem Irispigment in Lichtstellung. Vergrösserung 21(3. Man sieht, dass bei c eine dem Kegel eng anliegende Pigmentschichte zurückbleibt, wenn das Irispigment nach rückwärts wandert. Es ist das das Analogon des „Iristapetums". Es reflectirt, wie das eigentliche Iristapetum der Krebse, das Licht, und gibt dadurch zu der braunen Farbe Veranlassung, die das Auge des Ordensbandes hat, und von der sich am Tage die schwarze Pseudopupille abhebt. a. Querschnitt durch die Anschwellung eines Sehstabes. b. Netzhaut im Sinne von Thompson Lowne. m. f. Membrana fenestrata. Fig. 16. Facettenglieder von Colymbetes ruscus. Vergrösserung 160. A gehört einem Thiere an, das im Dunkeln gehalten und daselbst getödtet, B einem solchen, das dem Sonnen- scheine ausgesetzt und in diesem getödtet wurde; beide durch Alkohol. i. p. Irispigment. r. p. Retinapigment. Fig. 17. Facettenglieder eines Taubenschwanzes, Makroglossa (Abendfalter). Vergrösserung 166. a gehört dem .-1111' Tafel VI, Fig. 63, abgebildeten Auge an. Es zeigte, mit dem Augen- spiegel untersucht, schönes grünes Leuchten im Innern der Pseudo-Hauptpupille. Das Iris- pigment befindet sich in Dunkelstellung. b gehört einem anderen Exemplare an. Sein Irispigment nähert sich der Lichtstellung. r. p. Das Retinapigment ist in langen Streifen zwischen den Sehstäben angeordnet. m. f. Membrana fenestrata. — 201 — Fig. 18. Tangentialschliff durch das Auge des fossilen Phakops fecundus. Vergrös- serung 22. Fig. 10. Meridionalschlifr' durch dasselbe Auge, Vergrösserung 22. Tafel III. Fig. 20. Ein Facettenglied von Limulus polyphemus. Vergrösserung 170. Es ist nur insoferne combinirt, als gerade an dem hier abgebildeten Facettengliede die Porencanälchen in der Cornea bei a nicht mit Luft gefüllt waren, die wenigen hier lufthaltig gezeichneten also einem anderen entnommen sind. Die wellenartige Streifung der Chitinsubstanz ist in der Natur viel reicher und regelmässiger, als dies die Abbildung wiedergeben konnte. 7t. Stäbchen im Innern der Retinula. Fig. 21. Querschnitt durch die Retinula desselben Thieres. Vergrösserung 170. Die radiär gestellten Gebilde im Centrum sind die Querschnitte der in Fig. 20 der Länge nach sichtbaren Stäbchen. Der Querschnitt trifft die Retinula etwas tiefer als der mit R be- zeichneten punktirten Linie der Fig. 20 entspräche. Fig. 22. Uebersichtlicher Durchschnitt eines Auges von Squilla mantis bei Vergrösserung 30. Der Schnitt geht parallel zur Längsaxe des walzenförmigen Auges und durch seinen grössten Umfang. c. Cornea. k. Ervstallkegel. I. P. Irispigment. s. Sehstäbe. mi. f. Membrana fenestrata und in ihrer Umgebung das Netzhautpigment. ff. Ganglion opticum. Fig. 23. Drei Facettenglieder von Tropinota hirtella. Vergrösserung 280. c. Cornea. T. Ein Kiystallkegel der vom Irispigment vollkommen umhüllt ist, während die beiden benachbarten wenigstens in ihren oberen Antheilen freigelegt sind. Die Sehstäbe haben knopfartige kernhaltige Anschwellungen, die den Kegeln anliegen, und eine längere ver- dickte Strecke an ihren hinteren Enden. m. f. Membrana fenestrata. a gibt den Ort an, wo der Schnitt geführt ist, welcher Fig. 24 ergibt. Die Sehstäbe sind durch die Färbung dunkel geworden, und zwischen ihnen sieht man polygonale Felder, die wahrscheinlich Querschnitte von Tracheen sind; am Längsschnitte (Fig. 23) siebt man dieselben nur als scharf gezeichnete parallele Streifen. Vergrösserung 1000. Fig. 25 und 26. Facettenglieder vom Bärenkrebs (Scyllarus arctus). Vergrösserung 85. Fig. 25 gehört einem Dunkelauge an. Das Thier war über Nacht bis gegen Mittag im Dunkeln gewesen, wurde in Alkohol abgetödtet, nach Verlauf von drei Viertelstunden wurden die Augen abgetrennt und in (Mprocentige Chromsäure gelegt. Fig. 26 entstammt einem Lichtauge. Das Thier ward in der Sonne gehalten und dann ebenso behandelt wie das erste. a. Querschnitt eines Sehstabes an der bezeichneten Stelle bei stärkerer Vergrösserung. m. f. Membrana fenestrata. Fig. 27. Einige Facettenglieder der Hornisse (Vespa crabo). Vergrösserung 132. Dieselben sind dem Rande des Auges entnommen und zeigen die Abweichung der optischen Axe der Facettenglieder von dem auf der Corneaoberfläche errichteten Loth. Cornea und Kegel zeigen Schattirungen, wie man sie unter Zuhilfenahme des Mikroretractometers sieht, so dass die Grenzen der einzelnen Corneafacetten und dadurch die sonst schwer wahr- nehmbare Zuordnung der Kegel zu denselben kenntlich wird. 202 — Tafel IV. Fig. 28. Einige Facettenglieder von Lasiocampa qüercifolia (Nachtfalter). Vergrösserung 145. Die Sehstäbe bestehen aus einem dünnen, vorderen und einem dicken hinteren Antheil. m. f. Membrana fenestrata. n. Die Elemente der Netzhaut im Sinne von Thompson-Lowne. n. o. Bündeln der Sehnervenfasern. Das Irispigment befindet sich in Lichtstellung, die dadurch erzielt wurde, dass das Thier etwa eine Viertelstunde im Sonnenschein gehalten wurde; vorher aber war es im Dunkeln gewesen, und daselbst hatte ich ihm die eine Hälfte des Kopfes mit einem Auge ab- geschnitten, und diese Hälfte sogleich in Alkohol gegeben. Ihr entstammt Fig. 29, welche nur den vorderen Theil der Facettenglieder zeigt; das Irispigment in Dunkel- stellung. In beiden Abbildungen sieht man die muskelartigen Stränge, welche sich an die Pigmentzellen ansetzen und augenscheinlich dieselben in Folge der Erhellung nach h inten ziehen. Fig. 30 und 31 zeigt Licht- und Dunkelauge eines kleinen Nachtfalters, von dem ich in Folge eines Versehens bei der Signirung (wie schon im Texte erwähnt) nicht weiss, ob es Porthesia, Ocneria rubea, Leucoma Salicis oder Cnophria quadra ist. Das Thier dem Fig. 31 angehört, wurde des Nachts gefangen und noch während der Nacht in der Dunkelheit getödtet, das andere (Fig. 30) wurde nächsten Morgen in directes Sonnen- licht gesetzt und daselbst getödtet. Vergrösserung 208. Fig. 32. Ein Facettenglied von Epinephele (Tagfalter). Vergrösserung 240. m. f. Membrana fenestrata. a Kolhige Erweiterungen augenscheinlich analog n der Fig. 28 und b der Fig. 15. Fig. 33. Ein Facettenglied einer Blattwespe (Tenthredo instabilis). Vergrösserung 220. Fig. 3-4. Zwei Facettenglieder des Rübenweisslings (Pieris rapae). Vergrösserung 18.0. Macht man bei a einen Querschnitt, so erhält man das Bild der Fig. 35, wo die dunkleren Kreise die Querschnitte der Sehstäbe, die hellen jene von sack- artigen Tracheen bilden. In den ersteren sieht man je vier Stäbchen, die nicht zu einem eigentlichen Rhabdom verschmolzen sind. Vergrösserung 300. Fig. 36. Zwei Facettenglieder eines Fuchses (Vanessa) (Tagfalter). Vergrösserung 208. 1 >as Auge ist behaart. a. Ein Stück eines Haares, das der Cornea aufsitzt. Fig. 37. Facettenglieder eines Portunus, der im Dunkeln gehalten war. Vergrösserung 125. i. t. Iristapetum zwar dunkel, aber doch deutlich unterscheidbar von i. p. dem Irispigment. r. p. Retinapigment, das sich den Nervenfasern folgend Ins hinter die Grenzschichte des Auges, vi. f. die Membrana fenestrata, erstreckt und dadurch den Zusammenhang der Nerven mit den Sehstäben sehr deutlich hervortreten lässt. a u. b. Zwei verschieden hoch gelegene Querschnitte des Sehstabes mit seiner Pigmenthülle. Fig. 38. Zwei Facettenglieder derselben Krebsspecies, doch von einem Individuum, das in diffusem Tageslicht gehalten worden war. Vergrösserung und Bezeichnungen wie in Fig. 37. Man sieht eine Verschiebung des Irispigmentes, sowie das Vorwandern des Retinapigmentes, in Folge dessen die hinteren Enden der Sehstäbe, sowie die Nerven- bündeln des Ganglion opticum fast ganz pigmentfrei geworden sind. Fig. 30 zeigt in den Abtheilungen T) und L zwei Augenabschnitte von Sieyonia sculpta, die erstere in der Dunkelstellung, die zweite in der Lichtstellung. Sie sind so aneinander- gerückt, dass sie einen Augenabschnitt zu bilden scheinen, damit die Umlagerungen der Pigmentschichten augenfälliger zu Tage treten. Die dritte Abtheilung A zeigt das Präparat L im auffallenden Lichte und ist auch als die Fortsetzung des Auges dargestellt. Schematisirt ist also nur die Zusammenstellung der drei Bilder zu einem grösseren Augenabsclmitte, im Uebrigen ist alles genau nach der Natur gezeichnet; Vergrösserung 60. - 203 - Eine deutlichere Darstellung der einzelnen Facettenglieder dieses Thieres findel sich auf Tafel V, Fig. 53 und 54. Blendet man beim Präparate vom Lichtauge das durchfallende Lieht ab, s<> erkennl man, dass dem Erispigmente vorne ein Iristapetum (i. t.) aufsitzt, und dass die hinteren Enden der Sehstäbe blo's vom Retinatapetum (r. t.) umgehen sind; im Ganglion opticum findet sieh eine dritte Lage Tapetumsubstanz (t), welche auch im durchfallenden Liebte vom Pigmente kaum zu unterscheiden ist. Bei Vergleich des Lieht- und Dunkelauges fällt das als geschlossene Masse wandernde Irispigment auf, sowie das Retinapigment, welches das Retinatapetum durchsetzend vom Ganglion opticum Ins an die vorderen Ende der. Sehstäbe wände, t. C. Cornea. i. p. Irispigment. F. Retina. vi. f. Membrana fenestrata. i. t. Iristapetum. r. t. Retinatapetum. /. Tapetumschichte im Ganglion opticum. Das Lichtauge gehört einem Thiere an, das nicht an der Soune, sondern nur im hellen diffusen Tageslichte verweilt hatte. Fig. 40. Facettenglieder von Lycaena (Tagfalter). Vergrösserung 330. vi. f. Membrana fenestrata. Darunter die kernartigen Gebilde wie bei vielen anderen Schmetterlingen. Fig. 41 und 42. Facettenglieder von Maja. Vergrösserung 126. Die erste Figur gehört einem Lichtauge, die zweite einem Dunkelauge an. Am Irispigment ist eine nur geringe Ver- schiebung zu beobachten; auffallender ist dieselbe am Retinapigmente. Schön sieht man. den Zusammenhang der Sehstäbe mit den Nerven. Fig. 43. Ein Kegel mit der Cornea (c) und seinen centralen Verbindungen, dem Sehstab (S) und dem Ganglion opticum aus dem Seitenauge von Phronima. Vergrösserung 157. Fig. 44. Ein Kegel, dessen fadenförmiger centraler Antheil noch nicht in voller Länge gezeichnet ist, aus dem Scheitelauge von Phronima. Vergrösserung 157. Tafel V. Auf dieser Tafel ist alle Tapetummasse gelb gezeichnet. Selbstverständlich erscheint sie unter dem Mikroskope nicht so, es soll die gelbe Farbe vielmehr nur ein Zeitdien dafür sein, dass die betreffenden Stellen im durchfallenden Lichte dunkel, wie Pigment, im auffallenden Lichte aber hell, im Gegensatz zum Pigment, erscheinen. Fig. 45 und 46. Facettenglieder von Galathea. Vergrösserung 02. Fig. 45 gehört einem Dunkel- thiere an; das Thier, dem die Fig. 46 entnommen ist, war in der Sonne getödtet. Wan- derung des Iris- und Retinapigmentes. Gehärtet in Müller'scher Flüssigkeit. Fig. 47. Facettenglieder von Peneus memhranaceus. Vergrösserung 114. Im ganzen Auge ist kein Pigment (hei einem anderen mikroskopisch untersuchten Individuum dieser Species fanden sich Spuren von Pigment, wie im Texte erläutert ist) sondern nur die drei Lagen von Tapetum, wie sie hei anderen Krebsen auch vorkommen. Härtung in Alkohol. i. t. Iristapetum. r. t. Retinatapetum. t. Tapetummasse im Ganglion opticum. vi. f. Membrana fenestrata. Fig. 4r grösste schwarze Fleck ist die Hauptpupille, in deren Innerem man bei Benutzung des Augenspiegels und directen Soimenlichtes noch ein roth leuchtendes Pünktchen sehen würde. Um die Hauptpupille in etwas unregelmässiger Anordnung die sechs Nebenpupillen erster Ordnung der Haupt- pupille am nächsten stehend. Noch weiter nach Aussen sieht man eine Anzahl Neben- pupillen zweiter Ordnung, deren regelmässige Anordnung aber nicht mehr zu er- kennen ist. Fig. 62. Auge des lebenden Distelfalters (Vanessa cardui) unter Lupenvergrösserung. Haupt- pupille mit den sechs Nebenpupillen erster Ordnung und einigen am Rande eben noch bemerkbaren Nebenpupillen zweiter Ordnung. Fig. 63. Auge eines lebenden Taubenschwanzes (Makroglassa) unter Lupenvergrösserung. Die Hauptpupille. Die Nebenpupillen erster Ordnung sind bis an den Rand des Auges gerückt and, obzwar sechs an der Zahl, nicht mehr mit Sicherheit bei einer Stellung des Beob- achters zu übersehen. Würde die Zeichnung bei Benutzung des Augenspiegels und directen Sonnenlichtes aufgenommen sein, so würde der dunkelste Theil der Hauptpupille mit grünem Glänze leuchtend zu zeichnen sein. Fig. 64. Lebendes Auge von Epinephele (Tagfalter) mit der Lupe betrachtet. Die Hauptpupille ist durch eine dunkle Spange mit zwei der sechs Nebenpupillen erster Ordnung verbunden, und diese wieder sind untereinander durch einen dunklen Ring in Communication. An- deutungen von Nebenpupillen zweiter Ordnung. Fig. 65. Lebendes Auge von Galathea in diffusem Lichte mit der Lupe betrachtet. Die Hauptpupille ist entsprechend der quadratischen Gestalt der Comeafacetten viereckig. Schimmernde Streifen, den Seiten der Pupille parallel durchziehen das Auge in einer Feinheit und Regelmässigkeit, wie dieses die Zeichnung nicht wiederzugeben vermag. Tafel VII. Fig. 66. Auge einer grossen Libelle (Cordulegaster), von seitlich vorne und unten mit freiem Auge gesehen. Hauptpupille; theilweise ineinanderfliessende Nebenpupillen erster Ordnung und eine Anzahl Nebenpupillen höherer Ordnung. Fig. 67. Auge derselben Libelle von oben gesehen. Die grosse Hauptpupille des oberen Augenabscbnittes und einige Nebenpupillen erster und zweiter Ordnung am seitlichen Theile des Auges. Fig. 68. Auge eines im Dunkeln gehaltenen Carcinus maenas mit dem Augenspiegel bei schwacher Lupenvergrösserung untersucht. In der länglichen dunkeln Pseudopupille sieht man den roth leuchtenden Kern (leuchtende Pseudopupille). Um das Ganze ein heller Hof. Die Flecken in der Umgebung des Phänomens haben mit diesem nichts zu thun, wandern nicht mit der Blickrichtung des Beobachters, sondern sind Pigment- flecken. Fig. 69 und 70 sind Augen von Palaemon, beide mit dem Augenspiegel und bei schwacher Vergrösserung untersucht. Fig. 69 gehört einem in diffusem Tageslicht gehaltenen Thiere an, Fig. 70 einem eben der Dunkelheit entnommenen. Nach Minuten dauerndem Auf- enthalte im Lichte geht das Bild der Fig. 70 in das der Fig. 69 über. Durchschnitte dieser Augen siehe Fig. 51 und 52. Fig. 71 und 72. Licht- und Dunkelauge von Pagurus, in derselben Weise betrachtet. Ersteres (Fig. 71) zeigt um die dunkle Hauptpseudopupille einige eben merkbare Pseudo- pupillen erster Ordnung, die zum Theile doppelt erscheinen. (Pseudopupillen zweiter Ordnung?) Fig. 73 und 74. Licht- und Dunkelauge von Sicyonia sculpta in derselben Weise betrachtet. Durchschnitte dieser Augen siehe Fig. 39, 53 und 54. — 206 - Fig. 75. Das Auge von Peueus membranaceus im diffusen Tageslichte bei schwacher Lupen- vergrösserung. Die Pseudopupille bildet den Kern eines vierstrahligen Sternes. Durch- schnitt dieses Anges Fig. 47. Fig. 70. Das Auge von Nica edulis bei schwacher Lnpenvergrösserung unter Wasser betrachtet. Benutzt man zur Beleuchtung den Augenspiegel und directes Sonnenlicht, so leuchtet die schwarze Pseudopupille oder ein centraler Fleck in ihr hell auf. Die weissen Streifen stellen einen Reflexionsschimmer von einer Zartheit und Zierlichkeit dar, die die Zeichnung nicht wiederzugeben vermag. Taf I. 3ez. v. Verfasser. ZMi-inst 7. 77: dannwwrth ' :. r. Verlag von rrair/. Dcirticke in Wien imri Leipzig. nf. II. Fig. 10 I-* ' v* . ^ ▼ ■» • -> N ' • II fifl» Vb WT ifi! »: i 1 1 1 1 ; 1 "l iitfctVtiBtfim'fii Ä^^J 1 I Fig. /5 •:*''"> Fiq.1t* Tili ■ kWwn mmm m i : Fig.16 J*'-p- i j l > sis 1 a r-p. ,{ t n«"1 mm i%. f 8 ■^ .;.»» ' • ü H 3c7. ;■ Yzrfs.sszr. Lith Ans! v. Th jsrr.v.sr Verlag von Franz Dcnticlce in Wien und Leipzig. Taf.MI. Fig. 20 qu Jcz. v. lerr&sser. ZähJnstz3JL3azam'arth.Wen. Verlay von ft-anz Deutioke in Wien und Leipzig. Taf.rv: Tut r>:.ftA Fig.: Jez.i' Verfs-sser. LühJnstv. ThBamwarlh. Wen. Verlan voil fi-anz Doulick« in Wien und I.oipzijj. Ta f. 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