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DIE REDEN DES BUDDHA

DAS FÜNFER' BUCH

I I

OSKAR SCHLOSS VERLAG MÜNCHEN 'NEUBIBERG

UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY

WILLIAM H. DONNER COLLECTION

piirchased from a gift by

THE DONNER CANADIAN FOUNDATION

DIE

REDEN DES BUDDHA

AUS DER

»ANGEREIHTEN SAMMLUNG«

- ANGUTTARA NIKAYO - DES PALI-KANONS

AUS DEM PALI ZUM ERSTEN MALE ÜBERSETZT UND ERLÄUTERT

VON

BHIKKHU NYANATILOKA

DAS FÜNFER-BUCH

THEOSOPHISCHES VERLAGSHAUS LEIPZIG

/1-e/r

i«^ JUN2 51969

INHALT

Seite I.Teil. Das Kapitel der Kampfeskräfte

Die fünf Kampfeskräfte 1

Glückliches und unglückliches Mönchsleben .... 3

Die Askese 3

Die fünf Bedingungen zum Bösen 4

Die Amme und der unmündige Säugling .... 4

Die Ursachen des Fortschrittes und Rückschrittes ... 6

II. Teil. Das Kapitel der Kräfte

Die fünf Kräfte des Vollendeten . . ... . 7

Die Kraft der Einsicht . 7

Die fünf Kräfte 7

Woran die Kräfte zu erkennen sind 9

Eigenes und fremdes Heil 10

III. Teil. Das Kapitel der fünffach gestützten rechten Erkenntnis Stufenweise bedingter Fortschritt (1), (2) Die sechs Höheren Wissen (abhiiifiä) Eines aufs andere gestützt Fünffach gestützte rechte Erkenntnis Fünf Erlösungswege ....

Fünf Wissen

Die edle fünfgliedrige rechte Sammlung Der Segen des Auf- und Abwanderns . Das Glück der Loslösung

IV. Teil. Das Kapitel der Sumanä Die Vorteile des Almosengebens . Cundl, die Fürstentochter ....

12, 13 14 18 19 20 21 22 28 28

32 35

lli

Die Pflichten der Gattin

Die Früchte des Almosengebens (1), (2)

Zeitgemäße Gaben

Fünffacher Segen der Nahrungsspende . Der Segen des Vertrauens Warum wünscht man sich einen Sohn? Der Einfluß des Vertrauensvollen .

V.Teil. Das Kapitel des Königs Mundo Der Einfluß des guten Menschen Die fünf erwünschten Dinge . Wer schenkt wird beschenkt . Die fünf Ströme des Verdienstes Die fünf Gewinne ... Das eiserne Gesetz der Natur Das Herausreißen des Leidensstachels

VI. Teil. Das Kapitel der Hemmungen Die fünf Hemmungen (nivaranä) Der Haufen Schuld Die fünf Kampfesglieder Günstige und ungünstige Zeiten Die Falle des Mahr Die Bedingungen zum Fortschritt Fünf Betrachtungen für jedermann Fünf segensreiche Eigenschaften Die Nachteile des Alters (1), (2)

VII. Teil. Das Kapitel der Betrachtungen Fünf segensreiche Betrachtungen Der edle Gewinn Der würdige Ordensbruder Der Segen der Machtfährten (iddhi-pada) Zur Erlösung führende Betrachtungen

VIII. Teil. Das Kapitel des Kämpfers Der Befolger des Gesetzes Die fünf Kämpfer ....

Der Kämpfer

Gefahren für den Waldasketen Drohende Gefahren für den Mönch

Seite . 37 40, 42 42 43 44 45 46

61 62 62 63

64 67 70 73 76, 77

83 84 91 98 100

lY

Drohende Oefahren'für den Orden Drohende Gefahren für den Mönch

IX. Teil. Das Kapitel der Ordensälteren Gründe des Beliebtseins und Unbeliebtseins Der Einfluß des Ordensälteren .... Nachteilige Dinge (1), (2)

X.Teil. Das Kapitel des Kakudho Fünferlei Schätze Die Kundtuung Höchsten Wissens

Wohlsein

Unerschütterlichkeit (1), (2) . Der Löwe ....

Die fünf Meister

SeUe 103 105

108 110 112

. 114

. 114

. 114

115, 116

. 116

. 117

XL Teil. Das Kapitel der glücklichen Zustände Kampfeszuversicht bewirkende Eigenschaften Verdacht erregende Umstände

Der Räuber

Glückliche Zustände

Wie lebt man im Orden glücklich?

Würdig der Verehrung .

Herr in jeder Richtung ,

Zum Waldleben befähigt

Xll.TeiL Bei Andhakavinda Unbeliebt bei den Familien . Der ungeeignete Begleiter Unfähig zur rechten Sammlung Ermahnt die Neulinge! . Die schlechte Nonne

XIlI.Teil. Das Kapitel vom kranken Mönche Der für die Erlösung reife Kranke . . .

Höchstes Wissen oder Niewiederkehr ....

Der schwer zu pflegende Kranke

Der ungeeignete Krankenwärter

121 122 122 125 125 127 128 128

129 129 130 130 131

133 134 134 135

Lebenverkürzende und lebenverlängernde Dinge (1), (2) 135, 136

Untauglich für die Einsamkeit Leidige und freudige Askese

136 136

Die rettungslos Verlorenen Gewinn und Verlust

Seitti 137 137

XIV. Teil. Das Kapitel des Königs

Das unzerstörbare Reich 139

Der König des Gesetzes 140

Der Sieger ^- ... 141

Der Hoffnungsvolle (1), (2) 143, 144

Die Schlaflosen 145

Der unwürdige Elefant . 145

Der Königselefant 147

XV. Teil. Im Tikändakiwalde

Fünferlei Menschen (1), (2)

Die fünf Ideale oder Kleinode . .

Die Betrachtung über Widerliches und Nichtwiderliches

Der Ausgang des Sittenlosen

Der Freundschaft unwürdig

Rechtes Geben und verkehrtes Geben .... Rechtes Geben

151,

152 155 156 158 158 158 159 Nachteilige Dinge 160

XVI. Teil. Das Kapitel des Guten Gesetzes

Hindernisse zur Erreichung des Pfades 161

Die Dauer des Guten Gesetzes 161

Der Untergang des Guten Gesetzes (1), (2) . . . 162, 163

Unangebrachte Gespräche 164

Der Befangene und der Unbefangene 165

Die Darlegungsweise des Gesetzes 165

Schwer loszuwerdende Dinge 166

XVII. Teil. Das Kapitel des Grolles

Fünf Mittel zur Überwindung des Grolles (1), (2) . . 167

Die Gründe des Fragesteilens 171

Udäyl widerspricht Säriputto . . ' 171

Tadeln und getadelt werden 175

Durchdringender Scharfblick 179

Die fünf höchsten Dinge 181

XVIII. Teil. Das Kapitel der Anhänger

Der Befangene und der Unbefangene 183

VI

Seite

Die fünf schrecklichen Übel 183

Zweierlei Anhänger 184

Die Freude der Loslösung .185

Die fünf verwerflichen Berufe 186

Der Sittenreine hat nichts zu fürchten 187

Der in den Strom eingetretene Hausvater .... 190 Strebet immer höher! 194

XIX. Teil. Das Kapitel der Einsiedler Fünf Arten von Asketen

XX. Teil. Das Kapitel der Brahmanen Die alten Brahmanensitten bei den Hunden . Die fünf Arten von Brahmanen Die Hemmungen des Gedächtnisses . Das beseligende Gesetz des Herrn Gotamo . ■^Der Brahmane Pingiyäni ....

Die fünf Traumbilder des Bodhisat Die Hemmungen des Regens .... Das wohlgesprochene Wort .... Der segensreiche Einfluß des sittenreinen Mönches Die fünf Elemente der Befreiung ....

XXI. Teil. Das Kapitel des Kimbilo Die Dauer des Guten Gesetzes Die Vorteile beim Anhören des Gesetzes

Das Königsroß

Die fünf Geistesverhärtungen ....

Die fünf Geistesumstrickungen

Die guten Wirkungen der Reissuppe

Die Nützlichkeit des Zahnreinigungsstäbchens

Der singende Vortrag des Gesetzes

Klarbewußt einschlafen

XXII. Teil. Das Kapitel der Beschimpfung Die bösen Folgen der Beschimpfung .... Die bösen Folgen der Streitigkeiten ....

Die Folgen des Sittenwandels

Die Folgen der Gesprächigkeit und der gemessenen Rede Die Folgen der Widerspenstigkeit und der Nachgiebigkeit Die Folgen der Freundlichkeit und Unfreundlichkeit (1), (2)

. 200

. 202

. 204

. 210

. 213

. 216

. 217

. 220

. 221

. 222

. 223

227 228 228 228 229 230 230 231 232

233 233 233 235 235 236

VII

Der üble Einfluß des Feuers . Die Nachteile der Stadt Madhurä

Seite 237 237

XXIIl. Teil. Das Kapitel des langen Umher- wanderns Die Folgen des zielbewußten und des ziellosen Wanderns (1),(2) 238 Allzulange an einem Platze wohnen (1), (2) . . . . 239

Die Gefahren des Familienverkehrs (1), (2) Vorteile und Nachteile des Reichtums Die Nachteile des zu späten Essens Die schwarze Schlange (1), (2)

239, 240 . 240 . 241 . 241

XXIV. Teil. Das Kapitel der Klosterbewohner

Der unwürdige Klosterbewohner 243

Der beliebte Klosterbewohnef 243

Eine Zierde des Klosters 243

Eine Stütze des Klosters 244

Der mitleidige Klosterbewohner . . . ' . . . 244

Zweierlei Klosterbewohner 245

XXV. Teil. Das Kapitel des schlechten Wandels

Die Folgen des schlechten Wandels 247

Dem Leichenfeld ähnlich 247

Die üblen Folgen persönlicher Zuneigung . . . . 248

XXVI. Teil. Das Kapitel der Mönchsweihe Der würdige Ordenslehrer Die Selbstsucht (1), (2) . Klosterordnung .... Die allgemeine Geltung des Gesetzes Erlöschung

. 250 250, 251 . 251 . 253 . 254

VIII

FÜNFERBUCri T 1, 2

Das Fünferbuch

ERSTER TEIL

Das Kapitel der Kampfeskräfte

Die fünf Kampfeskräfte

Fünf Kampfeskräfte gibt es, ihr Mönche: u^elche fünf? Die Kraft des Vertrauens, die Kraft des Scham- gefühls, die Kraft des Gewissens, die Kraft des Willens und die Kraft der Einsicht.

Darum, ihr Mönche, habt ihr danach zu trachten: >Au3gerüstet wollen wir sein mit den Kampfeskräften des Vertrauens, des Schamgefühls, des Gewissens, des Willens und der Einsicht!« Das, ihr Mönche, sei euer Streben!

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Ver- trauens (saddhä-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der edle Jünger Vertrauen; er glaubt an die Erleuchtung des Vollendeten, nämlich, daß dies der Erhabene ist, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Welten- kenner, der höchste Lenker der zu bezähmenden Menschheit, der Meister der Himmelswesen und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des Vertrauens.

W'dS aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Scham- gefühls (hiri-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der edle Jünger Schamgefühl; er schämt sich vor dem schlechten

Die Reden des Buddha. Bd. II 1 1

Y 2 DIE REDEN DES BUDDHA

Wandel in Werken, Worten und Gedanken, schämt sich vor der Ausübung böser, schuldvoller Dinge. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des Schamgefühls.

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Ge- wissens (ottappa-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der edle Jünger Gewissensscheu; er scheut sich vor dem schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken, scheut sich vor der Ausübung böser, schuldvoller Dinge. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des Gewissens.

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Willens (Viriya-bäla)? Da, ihr Mönche, setzt der edle Jünger seinen Willen daran, die schuldvollen Dinge zu über- winden, die verdienstvollen Dinge aber zu erwecken, ist standhaft. Von gestählter Kraft, unermüdlich im Guten. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des Willens.

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Einsicht (pamä-bäla)? Da, ihr Mönche, ist der edle Jünger Voll Einsicht; er besitzt Einsicht in das Entstehen und Vergehen, edle, durchdringende, zu völliger Leidens- vernichtung führende. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft der Einsicht («).

Diese fünf Kampfeskräfte gibt es, ihr Mönche.

(«) paniiä, im weitesten Sinne, bezeichnet jederart Wissen, Können, Fertigkeit, Verständnis und Einsicht, sei es auf technischem oder geistigem Gebiete, in sinnlichen oder übersinnlichen Dingen. Das spezifisch buddhistische, zur Erreichung der vier Seifen der Heiligkeit und der Erlösung nötige Wissen ist das im Hellblick«; (vipassanä), d. i. in der Einsicht in die Vergänglichkeit, das Elend und die Wesenlosigkeit aller Daseinsgebilde, bestehende Wissen.

2

FÜNFERBUCH V 3, 5

Glückliches und unglückliches Mönchsleben 3

Mit fünf Eigenschaften behaftet, ihr Mönche, lebt der Mönch schon bei Lebzeiten elend, voll Ver- druß, Verzweiflung und Qual; und beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, hat er eine Leidensfährte zu gewärtigen. Welches aber sind diese fünf Eigen- schaften ?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch vertrauenslos, schamlos, gewissenlos, träge und töricht.

Mit folgenden fünf Eigenschaften aber ausgerüstet, ihr Mönche, lebt der Mönch schon bei Lebzeiten glücklich, ohne Verdruß, Verzweiflung und Qual; und beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, hat er eine glückliche Fährte zu gewärtigen. Welches aber sind diese fünf Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, hat der Mönch Vertrauen, Schamgefühl, Gewissen, Willenskraft und Einsicht.

Die Askese 5

Wer, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen die Askese aufgibt und zum niederen Weltleben zurückkehrt, den treffen fünf berechtigte entsprechende Vorwürfe: welche fünf? Daß er nämlich hinsichtlich des Guten kein Vertrauen hatte, kein Schamgefühl hatte, kein Gewissen hatte, keine Willenskraft hatte, keine Einsicht hatte.

Wer aber, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen, selbst unter Qualen und Kummer, mit tränen- bedecktem Antlitze, den völlig lauteren heiligen Wan- del führt, den trifft selbst schon bei Lebzeiten fünf- faches berechtigtes Lob: welches fünffache Lob?

3 1*

T (J, 7 DIE REDEN DES BUDDHA

Daß er hinsichtlich des Guten Vertrauen hatte, Scham- gefühl hatte, Gewissen hatte, Willenskraft hatte, Ein- sicht hatte. -^

Die fünf Bedingungen zum Bösen

So lange, ihr Mönche, hinsichtlich des Guten Vertrauen besteht, so lange wird nichts Schuldvolles Verübt. Erst wenn, ihr Mönche, das Vertrauen ge- schwunden und die Vertrauenslosigkeit erwacht ist, erst dann wird das Schuldvolle verübt.

So lange, ihr Mönche, hinsichtlich des Guten Schamgefühl besteht, Gewissen besteht, Willens- kraft besteht, Einsicht besteht, so lange wird nichts Schuldvolles verübt. Erst wenn, ihr Mönche, die Einsicht geschwunden und die Torheit erwacht ist, erst dann wird das Schuldvolle verübt.

7 Die Amme und der unmündige Säugling

Gewöhnlich, ihr Mönche, finden die Wesen Ge- fallen an den Sinnendingen. Von dem edlen Jüng- linge, ihr Mönche, der Sichel und Tragstange aufgibt und von Hause in die Hauslosigkeit zieht, kann man daher mit Recht behaupten, daß er aus Vertrauen fortgezogen ist. Und aus welchem Grunde? Weil nämlich, ihr Mönche,' der Jugend die Sinnenfreuden leicht zugänglich sind. Wie diese auch immer sein mögen, gemein, mittelmäßig oder edel, sie gelten eben alle als Sinnenfreuden.

FÜNPERBUCH V 7

Wenn da, zum Beispiel, ihr Mönche, ein kleines Kind, ein unmündiger Säugling, bei Unachtsamkeit der Amme ein Stück Holz oder eine Scherbe in den Mund steckt, wird die Amme sich sofort ein Herz fassen und den Gegenstand schleunigst herausreif3en; oder wenn sie nicht imstande ist, den Gegenstand sofort zu entfernen, wird sie mit der linken Hand den Kopf des Kindes festhalten und mit den ge- krümmten Fingern der rechten Hand den Gegenstand selbst unter Blutvergießen herausreißen. Und warum? Wohl hat das Kind dadurch Verdruß, und nie werde ich behaupten, daß dem nicht so sei; doch die Amme, die auf sein Wohl bedacht ist, seinen Vorteil sucht, Mitleid mit ihm empfindet, hat eben aus Mitleid so zu handeln. Ist aber, ihr Mönche, jenes Kind heran- gewachsen und verständig genug, dann, ihr Mönche, kümmert sich die Amme nicht mehr um jenes Kind, denn es ist nun sein eigner Wächter, ist der Fahr- lässigkeit nicht mehr ausgesetzt.

Ebenso auch, ihr Mönche: so lange der Mönch hinsichtlich des Guten noch unvollkommen ist in dem Vertrauen, dem Schamgefühl, dem Gewissen, der Willenskraft und der Einsicht, so lange, ihr Mönche, habe ich über jenen Mönch noch zu wachen. Besitzt aber, ihr Mönche, der Mönch hinsichtlich des Guten genügend Vertrauen, Schamgefühl, Gewissen, Willens- kraft und Einsicht, so bin ich, ihr Mönche, ohne Sorge für jenen Mönch,, denn er ist nun sein eigener Wächter, ist dem Leichtsinne nicht mehr ausgesetzt.

5

V S~10 DIE REDEN DES BUDDHA

Die Ursachen des Fortschrittes und Riickschrittes

Der Mönch, ihr Mönche, der Vertrauenslos, scham- los, gewissenlos, träge und töricht ist, geht zurück und beharrt nicht im Guten, ist ohne Achtung und Ehrfurcht, ist außerstande, es in diesem Gesetze und dieser Disziplin zum Wachsen, Gedeihen und zur Entfaltung zu bringen.

Der Mönch aber, ihr Mönche, der voll Vertrauen ist, voll Schamgefühl, voll Gewissen, voll Willenskraft und voll Einsicht, geht nicht zurück, sondern beharrt . im Guten, ist Voll Achtung und Ehrfurcht, -- ist imstande, es in diesem Gesetze und dieser Disziplin zum Wachsen, Gedeihen und zur Entfaltung zu bringen.

FÜNFERBUCH y 11, 12, 14

ZWEITER TEIL

Das Kapitel der Kräfte

Die fünf Kräfte des Vollendeten n

Fünf Kräfte, ihr Mönche, eignen dem Vollendeten, mit denen ausgerüstet der Vollendete den höchsten Rang behauptet, unter den Menschen den Löwenruf erschallen läßt und das Reich des Gesetzes begründet: welche fünf?

Die Kraft des Vertrauens, die Kraft des Scham- gefühls, die Kraft des Gewissens, die Kraft des Willens und die Kraft der Einsicht.

Die Kraft der Einsicht 12

Die höchste, ihr Mönche, der fünf Kampfeskräfte, die zusammenhaltende, die verbindende: das ist die Kraft der Einsicht.

Gleichwie nämlich, ihr Mönche, an> einem Giebel- hause der Giebel das Höchste, das Zusammenhaltende, das Verbindende ist: ebenso auch, ihr Mönche, ist unter den fünf Kampfeskräften die Kraft der Einsicht die höchste, die zusammenhaltende, die Verbindende.

Die fünf Kräfte 14

Folgende fünf Kräfte^gibt es, ihr Mönche: welche fünf? Die Kraft des Vertrauens, die Kraft des Willens, die Kraft der Achtsamkeit, die Kraft der Sammlung und die Kraft der Einsicht.

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Ver- trauens (saddhä-bala)? Da, ihr Mönche, besitzt der

V U DIE REDEN DES BUDDHA

edle Jünger Vertrauen; er glaubt an die Erleuchtung des Vollendeten, nämlich daß dies der Erhabene ist, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Welten- kenner, der höchste Lenker der zu bezähmenden Menschheit, der Meister der Himmelswesen und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des Vertrauens.

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft des Willens (viriya-bäla)? Da, ihr Mönche, setzt der edle Jünger seinen Willen daran, die schuldvollen Erscheinungen zu überwinden, die verdienstvollen Erscheinungen aber zu erwecken, ist standhaft, von gestählter Kraft, un- ermüdlich im Guten. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft des Willens («).

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Achtsam- keit (sati-bäla)? Da, ihr Mönche, besitzt der edle Jünger Achtsamkeit, ist mit höchster Achtsamkeit und Klugheit ausgestattet. Was selbst vor langer Zeit getan oder gesprochen wurde, dessen gedenkt er, dessen erinnert er sich. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft der Achtsamkeit {ß).

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Samm- lung (samädhi-bala)? Da, ihr Mönche, gewinnt der edle Jünger, den Sinnendingen entrückt, entrückt den schuldvollen Erscheinungen, die mit Sinnen und Nachdenken verbundene, in der Entrückung ge- borene. Von Verzückung und Glückseligkeit

(«) Identisch mit »Rechtem Streben« (sammä-väyäma), dem sechsten Bestandteile des Achtfachen Pfades.

Qi) Identisch mit »Rechter Achtsamkeit- (sammä-sati), dem siebenten Bestandteile des Achtfachen Pfades.

8

FÜNFERBUCH V ir,

erfüllte erste Vertiefung (jhäna). Nach dem Schwinden des Sinnens und Nachdenkens aber gewinnt er den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die Von Sinnen und Nachdenken freie, in der Sammlung geborene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte zweite Vertiefung. Nach Abwendung von der Verzückung aber verweilt er gleichmütig, achtsam, geistesklar; und er fühlt in sich jenes Glück, von dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleich- mütige, der Achtsame!« - so gewinnt er die dritte Vertiefung. Nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz aber und durch Überwindung des früheren Frohsinns und Trübsinns gewinnt er einen leidlosen, freudlosen Zustand, die durch Gleichmut und Acht- samkeit geklärte vierte Vertiefung. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft der Sammlung («).

Was aber, ihr Mönche, ist die Kraft der Einsicht (patinä-bäla)? Da, ihr Mönche, ist der edle Jünger voll Einsicht; er besitzt Einsicht in das Entstehen und Vergehen, edle, durchdringende, zu völliger Leidens- vernichtung führende. Das, ihr Mönche, nennt man die Kraft der Einsicht (ß).

Diese fünf Kräfte gibt es, ihr Mönche.

Woran die Kräfte zu erkennen sind 15

Woran, ihr Mönche, kann man die Kraft des Ver- trauens erkennen? An den vier »Gliedern des

(a) Identisch mit Rechter Sammlung* (sammä-samädhi), dem achten Bestandteile des Achtfachen Pfades.

(ß) Identisch mit -Rechter Erkenntnis« (sammä-ditthi) , dem ersten Bestandteile des Achtfachen Pfades,'

9

VIT DIE REDEN DES BUDDHA

Stromeintrittes«: daran kann man die Kraft des Vertrauens erl^ennen. («)

Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft des Willens erkennen? An den vier Rechten An- strengungen: daran kann man die Kraft des Willens erkennen.

Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft der Achtsamkeit erkennen? An den vier Grund- lagen der Achtsamkeit (sati-patthänä): daran kann man die Kraft der Achtsamkeit erkennen.

Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft der Sammlung erkennen? An den vier Vertiefungen (jhänä): daran kann man die Kraft der Sammlung erkennen.

Woran aber, ihr Mönche, kann man die Kraft der Einsicht erkennen? An den vier Edlen Wahr- heiten: daran kann man die Kraft der Einsicht erkennen.

17 Eigenes und fremdes Heil

Bei wem, ihr Mönche, fünf , Bedingungen an- zutreffen sind, der Mönch wirkt zum eigenen Heile, nicht zum Heile der anderen: welche fünf? Da, ihr

(a) Mit den vier »Gliedern des Stromeintrittes« (sotäpatti-y- angäni) sind offenbar hier gemeint: das unerschütterliche Vertrauen zu Buddha, dem Gesetze, der Jüngerschaft und vollkommene Sittlichkeit, m. a. W. die vier charakteristischen Eigenschaften des »Stromeingetretenen< oder Sötapan (Päli: sotäpanna). Meistens jedoch sind damit die vier zur Erreichung des Stromeintrittes erforderlichen Vorbedingungen gemeint, nämlich: Umgang mit edlen Menschen, Anhören des guten Gesetzes, weise Erwägung und Befolgung des Gesetzes.

FÜNFERBUCH Y IK, 19, 20

Mönche, hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung, Ein- sicht, Erlösung («) und den Erkenntnisblick der Er- lösung (ß) selber gewonnen, doch die anderen spornt er nicht zur Gewinnung dieser Dinge an.

Bei wem, ihr Mönche, fünf Bedingungen an- \s zutreffen sind, der Mönch wirkt zum Heile der an- deren, nicht zum eigenen Heile: welche fünf? Da, ihr Mönche, hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung, Einsicht, Erlösung und den Erkenntnisblick der Er- lösung nicht selber gewonnen, doch die anderen spornt er zur Gewinnung dieser Dinge an.

Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen 19 sind, der Mönch wirkt weder zum eigenen Heile noch zum Heile der anderen: welche fünf? Da, ihr Mönche, hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung, Einsicht, Er- lösung und den Erkenntnisblick der Erlösung nicht selber gewonnen, und auch die anderen spornt er zur Gewinnung dieser Dinge nicht an.

Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen 20 sind, der Mönch wirkt sowohl zum eigenen Heile als auch zum Heile der anderen: welche fünf? Da, ihr Mönche, hat der Mönch Sittlichkeit, Sammlung, Einsicht, Erlösung und den Erkenntnisblick der Er- lösung selber gewonnen, und auch die anderen spornt er zur Gewinnung dieser Dinge an.

(«) d. i. »die im Ziel des Arahattums (Heiligkeit) bestehende Erlösung-: (arahatta-phala-vimutti). Komm.

(,?) vimutti-fiäna-dässana erklärt der Kommentar durch pacca- vekkhana-näna, d. i. die auf die vier Grade der Heiligkeit (Strom- eintritt, Einmal-Wiederkehr, Niewiederkehr und Vollkommene Heiligkeit) sich beziehende Selbsterkenntnis.

11

y21 DIE REDEN DES BUDDHA

DRITTERTEIL

Das Kapitel der fünffach gestützten rechten Erkenntnis

21 Stufenweise bedingter Fortschritt

(1) Wahrlich, ihr Mönche, daß der Mönch, der ohne Ehrfurcht und Achtung ist und nicht in Eintracht mit seinen Ordensbrüdern lebt, das Gesetz des guten Benehmens (abhisamäcärika-dhamma) («) erfüllen wird, das ist nicht möglich. Und daß er, ohne das Gesetz des guten Benehmens zu erfüllen, die Regeln der Zucht (sekha-dhamma) (ß) erfüllen wird, auch das ist nicht möglich. Und daß er, ohne die Regeln der Zucht zu erfüllen, Sittlichkeit (sila) (y) er- wirken wird, auch das ist nicht möglich. Und daß er,

(a) Das bezieht sich auf die äußerlichen Pflichten des Mönches gegen seinen Berater (upajjhäya-vatta), seinen Vorgesetzten usw.

(ß) Diese gehören nicht zu den für alle Menschen bindenden natürlichen, sog. »ursprünglichen Sittenregeln« (päkati-sTla), son- dern sind von Buddha erst später eingesetzte, sog. ^vorgeschriebene Sittenregeln: (pannatti-sTla). Sie betreffen lediglich das äußere Ver- halten des Mönches beim Essen, beim Tragen des Gewandes, beim Gehen durch die Straßen und beim Verkehre mit den Menschen.

(y) Nach dem Kommentare sind hier die vier Großen Sitten- regeln« (mahä-sTlä) gemeint. Welches diese vier sind, gibt er nicht an, doch meint er offenbar die 'vier Sittenregeln der Lauterkeit- (catu-pärisuddhi-sTlä), nämlich : Zügelung gemäß der Ordenssatzung (patimokkha-sariivara-slla), Zügelung der Sinne (indriya-sarhvara- sila), Reinheit der Lebensweise (äjiva-pärisuddhi-sTla) und die Regeln betreffs der (vier) Bedarfsgegenstände (paccaya-sannissita-s'ila).

12

FÜNFERBUCH V '2-J

ohne Sittlichkeit zu erwirken, rechte Erkenntnis (sammä-ditthi) («) erwirken wird, auch das ist nicht möglich. Und daß er, ohne rechte Erkenntnis zu er- wirken, rechte Sammlung (sammä-samädhi) (/?) er- wirken wird, auch das ist nicht möglich. ^

Daß aber, ihr Mönche, der Mönch, der voll Ehr- furcht und Achtung ist und in Eintracht mit seinen Ordensbrüdern lebt, das Gesetz des guten Benehmens erfüllen wird, das ist wohl möglich. Und daß er, nach- dem er das Gesetz des guten Benehmens erfüllt hat, die Regeln der Zucht erfüllen wird, auch das ist wohl möglich. Und daß er, nachdem er die Regeln der Zucht erfüUt hat, Sittlichkeit erwirken wird, auch das ist wohl möglich. Und daß er, nachdem er Sittlichkeit erwirkt hat, rechte Erkenntnis erwirken wird, auch das ist wohl möglich. Und daß er, nachdem er rechte Erkenntnis erwirkt hat, rechte Sammlung er- wirken wird, auch das ist wohl möglich.

Stufenweise bedingter Fortschritt 22

(2) Nicht möglich ist es, daß man, ohne das Ge- biet der Sittlichkeit (sila) zu bemeistern, das Gebiet der Sammlung (samädhi) bemeistern wird. Nicht möglich ist es, daß man, ohne das Gebiet der Samm-

(a) Nach dem Kommentare die im Hell blick (vipässanä) bestehende rechte Erkenntnis, also diejenige Erkenntnis, die den ersten Bestandteil des Achtfachen Pfades bildet. Vgl. p. 2 («).

(,i) Nach dem Kommentare ist hier die mit den vier Graden der Heiligkeit verbundene sog. >edle Sammlung* (ariya-samädhi) zu verstehen.

- 13

23

T 23 DIE REDEN DES BUDDHA

lung zu bemeistern, das Gebiet der Einsicht (paiifiä) bemeistern wird. («)

Woiil aber mag es sein, daß einer, der das Gebiet der Sittiichi^eit bemeistert, auch das Gebiet der Sammlung bemeistern wird. Wohl mag es sein, daß einer, der das Gebiet der Sammlung bemeistert, auch das Gebiet -der Einsicht bemeistern wird.

Die sechs Höheren Wissen (abhinnä)

Fünf Unreinheiten, ihr Mönche, finden sich im Golde, durch die getrübt das Gold weder biegsam noch schmiedbar noch glänzend ist, sondern spröde und ungeeignet zur Verarbeitung: welche fünf? Eisen, Kupfer, Zinn, Blei und Silber. Ist aber, ihr Mönche, das Gold von diesen fünf Unreinheiten befreit, so ist es biegsam, schmiedbar und glänzend und nicht mehr spröde, sondern wohl geeignet zur Verarbeitung. Und zur Herstellung Von welchen Schmuckgegenständen man es auch immer wünscht, sei es zu einem Diademe, einem Ohrring, einem Halsschmuck oder zu einer goldenen Kette, : diesen Zweck erfüllt es.

Ebenso auch, ihr Mönche, gibt es fünf Unrein- heiten des Geistes, durch die getrübt der Geist weder biegsam noch geschmeidig noch geklärt ist, sondern spröde und sich nicht recht sammelt zur Versiegung der Leidenschaften (äsava).(/5) Und welches sind diese fünf? Sinnenlust, Groll, Stumpfheit und Mattig- keit, Aufgeregtheit und Gewissensunruhe, Zweifel-

(a) Die drei Gebiete oder Zweige: Sittlichi<eit, Sammlung und Einsicht (sTla, samadhi, panfiä) bilden die drei Teile, in die sich der Achtfache Pfad zerlegen lälU.

{(i) äsavakkhaya.

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FÜNFERBUCH V "-»ä

sucht. («) Ist aber, ihr Mönche, der Geist von diesen fünf Unreinheiten befreit, so ist er biegsam, geschmeidig, gel^lärt, nicht mehr spröde und sammelt sich recht zur Versiegung der Leidenschaften. Und auf weiche durch höheres Wissen erreichbare Erscheinung man nun auch immer seinen Geist richtet, um sie weise zu verwirk- hchen ^: man erreicht eben da stets die Fähigiieit, sie zu verwirl^hchen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

Möchte man der mannigfachen magischen Kräfte (iddhi) der Reihe nach sich erfreuen, einer seiend Viel- fach werden, vielfach geworden einer werden, er- scheinen und Verschwinden, ungehindert durch Mauern, Wälle und Berge hindurch schweben gleichsam wie in der Luft, in der Erde auf- und untertauchen gleich- sam wie im Wasser, auf dem Wasser dahineilen, ohne unterzusinken gleichsam wie auf der Erde, durch die Lüfte sich fortbewegen wie ein beschwingter Vogel, ja selbst diese Sonne und diesen Mond, die so mäch- tigen, so gewaltigen, mit der Hand berühren und be- streichen, ja gar bis hinauf zur Brahmawelt sich mit seinem Körper bewegen : man erreicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirklichen, sobald die Be- dingungen erfüllt sind.

Und möchte man mit dem himmlischen Ohre (dibba-sota), dem geklärten, übermenschlichen, beide Arten der Töne vernehmen, himmlische wie mensch- liche, ob ferne oder nah : man erreicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

(a) über diese geistigen fünf Hemmungen s. I 2.

«

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V 23 DIE REDEN DES BUDDHA

Und möchte man der anderen Wesen, der anderen Geschöpfe Gesinnung mit seinem Geiste durchdringend erkennen, den gierverbundenen Geist als gierverbunden und den gierlosen als gierlos, den haßverbundenen Geist als haßverbunden und den haßlosen als haßlos, den verblendeten Geist als verblendet und den unver- blendeten als unverblendet, den gesammelten Geist als gesammelt und den ungesammelten als ungesammelt, den entwickelten Geist als entwickelt und den unent- wickelten als unentwickelt, den übertreffbaren Geist als übertreffbar und den unübertreffbaren als unüber- treffbar, den gefestigten Geist als gefestigt und den ungefestigten als ungefestigt, den befreiten Geist als befreit und den unbefreiten als unbefreit : man er- reicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

Und wünscht man sich: »Ach, möchte ich mich doch der mannigfachen früheren Daseinsformen erinnern, an ein Leben, an zwei, drei, Vier und fünf Leben, an zehn Leben, an zwanzig, dreißig, vierzig und fünfzig Leben, an hundert Leben, an tausend Leben, an hunderttausend Leben, an viele Weltentstehungen und Weltuntergänge, an das Entstehen und Vergehen zahlreicher Welten: »Dort war ich, solchen Namen hatte ich, solcher Familie, solcher Kaste gehörte ich an, so ernährte ich mich, solche Freuden und Leiden wurden mir zuteil, solcher Art war mein Lebensende. Von da abgeschieden, trat ich dort wieder ins Dasein. Dort nun war ich, solchen Namen hatte ich, solcher Familie, solcher Kaste gehörte ich an, so ernährte ich mich, solche Freuden und Leiden wurden mir zuteil, solcher Art war mein Lebensende. Von dort

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•FÜNFERBUCH V 28

abgeschieden, trat ich hier wieder ins Dasein.« Möchte ich mich doch so mit den Merkmalen und Einzelheiten mannigfacher früherer Daseinsformen erinnern!« : man erreicht eben da stets die Fähig- keiten, das zu verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

Und wünscht man sich; »Ach, möchte ich doch mit dem himmlischen Auge (dibba-cakkhu), dem ge- klärten, übermenschlichen, die Wesen abscheiden und wiedererscheinen sehen, niedrige wie erhabene, schöne wie häßliche, glückliche wie unglückliche! Möchte ich doch erkennen, wie die Wesen ihren Taten entsprechend wiedererscheinen; wie die einen Wesen einen schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken führen, Edle beschimpfen, verkehrte Erkenntnis hegen und, nach ihrer verkehrten Erkenntnis handelnd, beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf den Abweg geraten, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle; wie aber die anderen Wesen einen guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken führen, die Edlen nicht be- schimpfen, rechte Erkenntnis besitzen und, nach ihrer rechten Erkenntnis handelnd, beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte gelangen, in himmlische Welt! Möchte ich doch so mit dem himm- lischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, die Wesen abscheiden und wiedererscheinen sehen, niedrige wie erhabene, schöne wie häßliche, glückliche wie un- glückliche! Möchte ich doch erkennen, wie die Wesen ihren Taten entsprechend wiedererscheinen : man er- reicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

Und möchte man, durch Versiegung der Leiden-

Die Reden des Buddha. Bd. II 17

V24 DIE REDEN DES BUDDHA

Schäften, noch bei Lebzeiten die leidenschaftslose Ge- mütserlösung und Wissenserlösung selber erkennen, verwirklichen und sich zu eigen machen : man erreicht eben da stets die Fähigkeit, das zu verwirk- lichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind. («)

24 Eines aufs andere gestützt

In dem Sittenlosen, ihr Mönche, der Sittlichkeit Entbehrenden, ist die rechte Sammlung ohne Stütze. Ist aber keine rechte Sammlung da, so ist in dem der rechten Sammlung Entbehrenden der wahrheits- gemäße Erkenntnisblick (ß) ohne Stütze. Ist aber der wahrheitsgemäße Erkenntnisblick nicht da, so sind in dem des wahrheitsgemäßen Erkenntnisblickes Ent- behrenden der Daseinsekel und die Abwendung ohne Stütze. Ist aber kein Daseinsekel und keine Ab- wendung da, so ist in dem des Daseinsekels und der Abwendung Entbehrenden der Erkenntnisblick der Er- lösung ohne Stütze.

Gleichwie nämlich, ihr Mönche, an einem der Zweige und Blätter beraubten Baume auch Borke, Haut,

(«) Von den oben erwähnten sechs -Höheren Geisteskräften^ (abhinnä) sind die fünf ersteren - nämlich: magische Kraft, himm- lisches Ohr, Herzensdurchschauung, vorgeburtliche Erinnerung und himmlisches Auge - als solche, weltliche Fähigkeiten« (fokiyä- dhammä); die sechste (Versiegung der Leidenschaften) dagegen ist eine »überweltliche Fähigkeit (lokuttara-dhamma).

(j3) Der wahrheitsgemäße Erkenntnisblickv (yathä-bhüta-näna- dässana) ist der angehende Hellblick (vipässanä), beginnend mit dem analytischen Erkennen der geistigen und körperlichen Aggregate (iiäina-rüpa). (Komm.)

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FÜNFERBUCH V 25

Grünholz und Kernholz sich nicht Vollkommen ent- wickeln können: ebenso, ihr Mönche, ist in dem Sitten- losen, der Sittlichkeit Entbehrenden, auch die rechte Sammlung ohne Stütze, der wahrheitsgemäße Er- kenntnisblick ohne Stütze, ~ der Daseinsekel und die Abwendung ohne Stütze, - der Erkenntnisblick der Erlösung ohne Stütze.

Gleichwie aber, ihr Mönche, an einem an Zweigen und Blättern strotzenden Baume auch Borke, Haut, Grünholz und Kernholz zur vollkommenen Entwicklung gelangen: e|)enso, ihr Mönche, hat in dem Sittenhaften, Von Sittlichkeit Erfüllten, auch die rechte Samm- lung eine Stütze, der wahrheitsgemäße Erkenntnis- blick eine Stütze, der Daseinsekel und die Abwendung eine Stütze, der Erkenntnisblick der Erlösung eine Stütze.

Fünffach gestützte rechte Erkenntnis 25

Die auf fünf Dinge gestützte rechte Erkenntnis, ihr Mönche, zeitigt die Frucht der Gemütserlösung, hat die Frucht der Gemütserlösung zum Ergebnisse, zeitigt die Frucht der Wissenserlösung, hat die Frucht der Wissenserlösung zum Ergebnisse. Und welches sind diese fünf Dinge?

Da, ihr Mönche, stützt sich die rechte Erkenntnis auf Sittlichkeit, auf ein großes Wissen, auf Be- sprechung, auf Gemütsruhe (samatha) und auf Hell blick (vipässanä).

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V 26 DIE REDEN DES BUDDHA

26 Fünf Erlösungswege

Fünf Erlösungswege («) gibt es, ihr Mönche, auf denen dem strebsam, eifrig, selbstentschiossen ver- weilenden Mönche der unerlöste Geist erlöst wird, die noch unversiegten Leidenschaften zur Versiegung ge- langen und er der bis dahin unerreichten höchsten Ge- wißheit teilhaftig wird: welche fünf?

Da, ihr Mönche, weist der Meister oder ein würdiger Ordensbruder dem Mönche das Gesetz. Und soweit, ihr Mönche, der Meister oder der würdige Ordensbruder dem Mönche das Gesetz darlegt, soweit versteht er das Gesetz und seine Auslegung. Das Gesetz und seine Auslegung verstehend, steigt Freude in ihm auf; im Er- freuten die Verzückung; verzückten Herzens wird sein Inneres (ß) beruhigt; innerlich beruhigt, empfindet er Glück; und des Glücklichen Geist festigt sich. Das, ihr Mönche, ist der erste Erlösungsweg.

Fernerhin, ihr Mönche: da weist zwar nicht der Meister oder ein würdiger Ordensbruder dem Mönche das Gesetz, sondern soweit, ihr Mönche, der Mönch das Gesetz erfahren und gelernt hat, soweit legt er es den Anderen dar. Oder: soweit er das Gesetz erfahren und gelernt hat, soweit sagt er sich dasselbe ausführlich her.

(a) Vimuttäyatanäni erklärt der Kommentar als vimuccana- käranäni oder »Ursachen der Befreiung« . Äyatana wird übrigens mei- stensals kärana erklärt, so bei den sechs Äyatanas oder sechs Ursachen oder Quellen (des Bewußtseins), obzwar das Wort auch in dieser Verbindung von den westlichen Gelehrten mit Gebiet (Neumann), domain, sphere (Rhys Davids u.a.) stets wiedergegeben wurde.

(ß) Mit käya (Körper) ist hier nicht etwa der physische Körper (rüpa-käya) gemeint, sondern das geistige Aggregat (näma-käya), das Innere des Menschen.

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FÜNFERBUCH V 27

Oder: soweit er das Gesetz erfahren und gelernt hat, so- weit sinnt und denkt er über dasselbe nach, erwägt es im Geiste. Oder: er hat einen gewissen Gegenstand der Sammlung («) gründlich erfaßt, gründlich erwogen, wohl verstanden, in Weisheit Wohl durchdrungen. Und soweit er, ihr Mönche, den gewissen Gegenstand der Sammlung gründlich erfaßt, gründlich erwogen, wohl verstanden, in Weisheit wohl durchdrungen hat, so- weit versteht er das Gesetz und seine Auslegung. Das Gesetz und seine Auslegung verstehend, steigt Freude in ihm auf; im Erfreuten die Verzückung; verzückten Herzens Wird sein Inneres beruhigt; innerlich beruhigt, empfindet er Glück; und des Glücklichen Geist festigt sich. Das, ihr Mönche, ist der fünfte Erlösungsweg.

Diese fünf Erlösungswege gibt es, ihr Mönche, . auf denen dem strebsam, eifrig, selbstentschlossen ver- weilenden Mönche der unerlöste Geist erlöst wird, die noch unversiegten Leidenschaften zur Versiegung gelangen und er der bis dahin unerreichten höchsten Gewißheit teilhaftig wird.

Fünf Wissen 27

Unbegrenzte Sammlung {ß) erwecket, ihr Mönche, weise und besonnen! Denn wer, ihr Mönche,

(a) »Eine gewisse Sammlung bei einer der achtunddreißig Vor- stellungen (ärammana): das ist samädhi-nimitta oder das Objekt der Sammlung.« (Komm.)

(ß) Darunter, sagt der Kommentar, hat man die »überweltliche Sammlungc (loki'ittara-samädhi) zu verstehen, d. i. die mit den überweltlichen Bewußtseinsmomenten der vier Klassen von »edlen Jüngern< (ariya-sävaka) verbundene sog. edle Sammlung: (ariya- samädhi).

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y 2S DIE REDEN DES BUDDHA

weise und besonnen unbegrenzte Sammlung erweckt, in dem gelangen fünf Wissen der Reihe nach zur Entstehung: welche fünf?

Daß diese Sammlung mit gegenwärtigem Wohle verbunden ist und künftiges Wohl zum Ergebnisse hat; daß diese Sammlung edel und überweltlich ist; daß diese Sammlung von edlen Menschen erweckt wurde; daß diese Sammlung edel, erhaben, von Friede und Innigkeit erfüllt und keine durch mühsame Unterdrückung aufrecht erhaltene Übung ist; daß er besonnen in sie eintritt und besonnen sich aus ihr erhebt. Unbegrenzte Sammlung erwecket, ihr Mönche, weise und besonnen! Denn wer, ihr Mönche, weise und besonnen unbegrenzte Sammlung erweckt, in dem . gelangen diese fünf Wissen der Reihe nach zur Ent- stehung.

28 Die edle fünf^liedrige rechte Sammlung

^Die Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten Sammlung, ihr Mönche, will ich euch weisen. So höret denn und achtet wohl auf meine Worte!* >Ja, o Ehrwürdiger!« erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Der Erhabene sprach:

»Da, ihr Mönche, gewinnt der Mönch, den Sinnen- dingen entrückt, entrückt den schuldvollen Erschei- nungen, die mit Sinnen und Nachdenken verbun- dene, in der Entrückung geborene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte erste Vertiefung. Und eben diesen Körper läßt er von der in der Entrückung geborenen Verzückung und Glückseligkeit durchströ- men, durchsättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit,

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hÜNFERBUCH V 28

SO daß an diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr von der in der Entrückung geborenen Verzückung und Glückseligkeit undurchtränkt bleibt.

»Gleichwie, ihr Mönche, ein geschickter Bader oder Badergehilfe einen Messingnapf mit Waschpulver füllt und dasselbe mit Wasser beträufeU und innigst vermengt, so daß der Schaumballen von Feuchtigkeit erfüllt, von Feuchtigkeit durchsetzt, innen und außen von Feuchtigkeit durchtränkt ist und nichts herab- träufeh: ebenso auch, ihr Mönche, läßt der Mönch diesen Körper von der in der Entrückung geborenen Verzückung und Glückseligkeit durchströmen, durch- sättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit, so daß an diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr von der in der Entrückung geborenen Verzückung und Glückseligkeit undurchtränkt bleibt. Das, ihr Mönche, ist die erste Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten Sammlung.

»Und fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch, nach dem Schwinden des Sinnens und Nachdenkens, den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von Sinnen und Nachdenken freie, in der Sammlung ge- borene, von Verzückung und Glückseligkeit er- füllte zweite Vertiefung. Und eben diesen Körper läßt er von der in der Sammlung geborenen Verzückung und Glückseligkeit durchströmen, durchsättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit, so daß an diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr von der in der Sammlung geborenen Verzückung und Glückseligkeit undurchtränkt bleibt.

»Es ist, ihr Mönche, als ob da ein Teich wäre, der in der Tiefe eine Quelle birgt, aber ohne Zufluß

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y 28 DIE REDEN DES BUDDHA

ist, sei's von Osten, Westen, Norden oder Süden her. Wenn es da nämiicli nicht von Zeit zu Zeit regnet, so durchströmen eben die kühlen Wasserströme, die aus der Tiefe des Teiches hervorquellen, jenen Teich mit kühlem Wasser, durchsättigen, erfüllen, durch- tränken ihn damit, so daß auch nicht eine Stelle im ganzen Teiche Von jenem kühlen Wasser undurch- tränkt bleibt. Ebenso auch, ihr Mönche, läßt der Mönch diesen Körper von der in der Sammlung geborenen Verzückung und Glückseligkeit durchströmen, durch- sättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit, so daß an diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr von der in der Sammlung geborenen Verzückung und Glückseligkeit undurchtränkt bleibt. Das, ihr Mönche, ist die zweite Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten Sammlung.

»Und fernerhin, ihr Mönche, verweilt der Mönch, nach Abwendung von der Verzückung, gleichmütig, achtsam, geistesklar, und er fühlt in sich jenes Glück, von dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleich- mütige, der Achtsame!« und gewinnt so die dritte Ver- tiefung. Und eben diesen Körper läßt er Von dem gleichmütigen Glücke durchströmen, durchsättigt, er- füllt und durchtränkt ihn damit, so daß an diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr von dem gleichmütigen Glücke undurchtränkt bleibt.

»Gleichwie, ihr Mönche, in einem Teiche voll blauer, roter oder weißer Lotuspflanzen einige der im Wasser entstandenen, im Wasser aufgewachsenen Lotuspflanzen, die noch nicht über den Wasserspiegel ragen, sich im Wasser nähren, und, während ihre Kronen und Wurzeln von dem kühlen Wasser durch-

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FÜNFERBUCH T 2S

tränkt, durchsättigt, vollgesaugt und durchdrungen werden, auch nicht eine von allen diesen Von dem kühlen Wasser undurchtränkt bleibt: ebenso auch, ihr Mönche, läßt der Mönch diesen Körper von dem gleich- mütigen Glücke durchströmen, durchsättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit, so daß an diesem ganzen Körper auch nicht eine Stelle mehr von dem gleichmütigen Glücke undurchtränkt bleibt. Das, ihr Mönche, ist die dritte Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten Sammlung.

>Und fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch, nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und durch Überwindung des früheren Frohsinns und Trübsinns, einen leidlosen, freudlosen Zustand, die durch Gleichmut und Achtsamkeit geklärte vierte Vertiefung. Und während er dasitzt, durchtränkt er mit dem geläuterten, geklärten Geiste diesen Körper, so daß auch nicht eine Stelle an seinem ganzen Körper von dem geläuterten, geklärten Geiste undurch- tränkt bleibt.

>Gleichwie, ihr Mönche, wenn ein Mann, mit einem weißen Gewände ganz bis über den Kopf verhüllt, dasitzt, auch nicht eine Stelle an seinem ganzen Kör- per unverhüllt ist: ebenso auch, ihr Mönche, sitzt der Mönch da, indem er mit dem geläuterten, geklärten Geiste diesen Körper durchtränkt, so daß auch nicht eine Stelle an diesem ganzen Körper von dem ge- läuterten, geklärten Geiste 'undurchtränkt bleibt. Das, ihr Mönche, ist die vierte Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten Sammlung.

^Und fernerhin, ihr Mönche, hat da der Mönch den Gegenstand der Selbstbetrachtung (pacca-

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Y 28 DIE REDEN DES BUDDHA

Vekkhana-nimitta) festgehalten, im Geiste erwogen, mit Einsicht l<lar durchdrungen.

»Gleichwie etwa, ihr Mönche, der Eine den Anderen betrachten möchte, - der Stehende den Sitzenden, oder der Sitzende den Liegenden : ebenso auch, ihr Mönche, hat da der Mönch den Gegenstand der Selbstbetrachtung festgehalten, im Geiste wohl erwogen, mit Einsicht klar durchdrungen. Das, ihr Mönche, ist die fünfte Entfaltung der edlen fünfgliedrigen rechten Sammlung.

»Hat man, ihr Mönche, die edle fünfgliedrige rechte Sammlung also gepflegt, entfaltet, häufig geübt, zur Triebfeder und Grundlage gemacht, gefestigt, groß- gezogen und zur rechten Vollendung gebracht, so mag man, auf welche durch höheres Wissen erreichbare Erscheinung man auch immer seinen Geist, richtet, um sie weise zu verwirklichen, eben da stets die Fähigkeit erreichen, sie zu verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

»Angenommen, ihr Mönche, es befinde sich da auf einem Gestelle ein Krug, angefüllt bis zum Rande mit Wasser, das selbst den Krähen [auf dem Rande sitzend] erreichbar sei (a). Wenn nun diesen Krug ein starker Mann nach irgend einer Seite umstülpen sollte, möchte da nicht wohl das Wasser herausfließen?«

»Gewiß, 0 Ehrwürdiger.«

»Ebenso auch, ihr Mönche: hat man die edle fünfgliedrige rechte Sammlung also gepflegt, entfaltet, häufig geübt, zur Triebfeder und Grundlage gemacht,

(u) »Wenn da eine Krähe sich auf den Rand der Öffnung setzt, kann sie, ohne den Hals zu beugen, das im Kruge befindliche Wasser trinken. 4 (Komm.)

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FÜNFERBUCH ' V 28

gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung gebracht, so mag man, auf welche durch höheres Wissen erreichbare Erscheinung man auch immer seinen Geist richtet, um sie weise zu verwirklichen, eben da stets die Fähigkeit erreichen, sie zu verwirk- lichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

»Oder gesetzt, ihr Mönche, in einer Ebene befinde sich ein an allen vier Seiten eingedämmter Teich, an- gefüllt bis zum Rande mit Wasser, das selbst den Krähen erreichbar sei. Wenn nun da ein starker Mann den Damm aufbrechen sollte, möchte da nicht wohl das Wasser herausfließen?«

»Gewiß, 0 Ehrwürdiger.«

»Ebenso auch, ihr Mönche: hat man die edle fünfgliedrige rechte Sammlung also gepflegt, entfaltet, häufig geübt, zur Triebfeder und Grundlage gemacht, gefestigt, großgezogen und zur rechten Vollendung gebracht, so mag man, auf welche durch.höheres Wissen erreichbare Erscheinung man auch immer seinen Geist richtet, um sie weise zu verwirklichen, eben da stets die Fähigkeit erreichen, sie zu verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.

»Oder gesetzt, ihr Mönche, es stände da, auf ebenem Boden, am Treffpunkte von vier Straßen, ein prächtig bespannter, mit Peitsche versehener Wagen. Den- selben bestiege ein Meister der Fahrkunst, ein geübter Rosselenker, nähme die Zügel in die linke Hand, die Peitsche in die rechte und triebe, wo immer er wünschte, hin und her. Ebenso auch, ihr Mönche: hat man die edle fünfgliedrige rechte Sammlung also gepflegt, ent- faltet, häufig geübt, zur Triebfeder und Grundlage

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y 29, 30 DIE REDEN DES BUDDHA

gemacht, gefestigt, großgezogen und zur rechten Voll- endung gebracht, so mag man, auf welche durch höheres Wissen erreichbare Erscheinung man auch immer seinen Geist richtet, um sie weise zu verwirklichen, eben da stets die Fähigkeit erreichen, sie zu verwirk- lichen, sobald die Bedingungen erfüllt sind.«

29 Der Segen des Auf- und Abwanderns

Fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das Auf- und Abwandern: welche fünf?

Lange Wegestrecken hält man aus; Anstrengungen erträgt man; man bleibt gesund; was man ißt, trinkt, kaut und schmeckt, wird gründlich verdaut; beim Auf- und Abwandern hält die Sammlung lange an. Diese fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das Auf- und Ab- wandern.

30 Das Glück der Loslösung

Das habe ich gehört:

.Einst gelangte der Erhabene auf einer Wanderung durch das Kosaler Land, von einer großen Schar von Mönchen begleitet, vor dem Kosaler Brahmanendorfe Icchanahgula an. Bei Icchänahgula aber, im Icchänah- guler Waldesdickicht, ließ sich der Erhabene nieder. Es kam nun den brahmanischen Hausleuten von Icchanaiigula zu Ohren, daß der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der aus der Sakyerfamilie fortgezogen war, bei Icchänahgula eingetroffen sei und im Waldes-

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FÜNFERBUCH V :W

dickicht bei Icchänarigula verweile, und daß sich über jenen Herrn Gotamo der hehre Ruf verbreitet habe, daß er der Erhabene sei, der Heilige, vollkommen Er- leuchtete, der im Wissen und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Weltenkenner, der höchste Lenker der zu bezähmenden Menschheit, der Meister der Himmels- wesen und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene. Und gut sei es, wenn man solche Heilige zu sehen bekomme.

Nach Ablauf der Nacht nun begaben sich die brahmanischen Hausleute von Icchänangula, mit vielen harten und weichen Speisen versehen, nach dem Icchänanguler Waldesdickicht. Dort angelangt, stellten sie sich unter großem, lautem Lärme vor der Ttir- schwelle auf. Zu jener Zeit aber war der ehrwürdige Nägito des Erhabenen Begleiter; und der Erhabene sprach zum ehrwürdigen Nägito:

»Wer macht da, Nägito, diesen großen, lauten Lärm? Man sollte meinen, es seien Fischer beim Fischfange!«

»Die brahmanischen Hausleute, o Ehrwürdiger, haben sich, mit vielerlei festen und flüssigen Speisen versehen, an der Türschwelle aufgestellt, um dem Er- habenen und der Mönchsgemeinde aufzuwarten.«

»Wer da nicht, Nägito, wie ich, dieses Glückes der Entsagung, der Loslösung, des Friedens und der Erleuchtung nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird, den freilich mag es nach jenem kotigen, faulen Glücke, nach der Freude an Besitz, Ehre und Rühm gelüsten.«

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V 30 DIE REDEN DES BUDDHA

»Möge doch, q, Ehrwürdiger, der Erhabene Nach- sicht üben! Möge doch, o Ehrwürdiger, der Gesegnete Nachsicht üben! Der rechte Zeitpunid ist es, o Ehr- würdiger, wo der Erhabene Nachsicht üben sollte. Denn wo auch immer, o Ehrwürdiger, der Erhabene sich jetzt hinbegibt, dort eben werden die brahmanischen Hausleute sowie die Stadt- und Landbevölkerung hin- strömen. Gleichwie nämlich, o Ehrwürdiger, wenn da eine geballte Wolke sich entlädt, das Regenwasser in das Tal hinabströmt: ebenso auch, o Ehrwürdiger, werden, wo immer der Erhabene sich jetzt hinbegibt, die brahmanischen Hausleute sowie die Stadt- und Landbevölkerung hinströmen.«

»Möge ich nichts zu tun haben mit dem Ruhme! Ich begehre keinen Ruhm. Wer da nicht, Nägito, wie ich, dieses Glückes der Entsagung, der Loslösung, des Friedens und der Erleuchtung nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird, den freilich mag es nach jenem kotigen, faulen Glücke, nach der Freude an Besitz, Ehre und Ruhm gelüsten. Wahrlich, Essen, Trinken, Kauen und Schmecken, Nägito, endet in Kot und Urin: so ist der Ausgang. Und beim Wechsel und Wandel der begehrten Dinge, Nägito, entstehen Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsinn und Verzweiflung: so ist der Ausgang. Wer aber, Nägito, in der Be- trachtung des Schmutzes sich übt, bei dem festigt sich der Ekel vor der lieblichen Vorstellung: so ist der Ausgang. Und wer da, Nägito, bei den sechs Gebieten des Sinneneindruckes in der Betrachtung ihrer Ver- gänglichkeit verweilt, bei dem festigt sich der Ekel vor den sechs Gebieten des Sinneneindruckes: so ist der Ausgang. Und wer da, Nägito, bei den fünf mit

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FÜNFERBUCH V ;{0

Anhaften verbundenen Daseinsaggregaten («) in der Betrachtung ihres Entstehens und Vergehens verweilt, bei dem festigt sich der Ekel vor dem Anhaften: so ist der Ausgang.«

(a) Nämlich den fünf ^Aggregaten (khandhä): Körper- lichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, geistigen Gebilden und Be- wußtsein.

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T :U DIE REDEN DES BUDDHA

VIERTER TEIL

Das Kapitel der Sumanä

31 Die Vorteile des Almosengebens

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei SäVatthl, im Kloster des Anäthapindiko. Da begab sich Sumanä, die Fürstentochter, mit einem Gefolge von fünfhundert Wagen und fünfhundert Fürstentöchtern zum Erhabenen hin. Dort angelangt, begrüßte sie ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzte sich zur Seite. Zur Seite aber sitzend, sprach Sumanä, die Fürstentochter, also zum Erhabenen:

/>Gesetzt, o Ehrwürdiger, es seien da zwei An- hänger mit Vollkommenem Vertrauen, vollkommener Sittlichkeit und vollkommener Einsicht. Der eine gebe Almosen, der andere nicht. Wenn nun beide beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glücklicher Fährte, in himmlischer Welt wiedererscheinen, besteht dann wohl noch zwischen den als Himmelswesen Wiedergeborenen irgend eine Verschiedenheit, ein Unterschied?«

»Ja, Sumanä, es besteht ein Unterschied,« sprach der Erhabene.* »Derjenige nämlich, Sumanä, der Al- mosen gegeben hat, übertrifft den anderen, der keine gegeben hat, als Himmelswesen in fünf Dingen: in himmlischem Alter, himmlischer Anmut, himmlischem Glücke, himmlischer Ehre und himmlischer Herrschaft.«

»Wenn nun aber beide, o Ehrwürdiger, von dort abgeschieden, zu dieser Welt zurückkehren sollten, möchte auch dann noch, o Ehrwürdiger, für die als

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FUNFERBUCH V 31

Menschen Wiedergeborenen irgend ein Unterschied, eine Verschiedenheit bestehen?«

»Ja, Sumanä,« sprach der Erhabene. »Derjenige nämlich, Sumanä, der Almosen gegeben hat, möchte den anderen, der keine gegeben hat, als Mensch in fünf Dingen übertreffen: in menschlichem Alter, mensch- licher Anmut, menschlichem Glücke, menschlicher Ehre und menschlicher Herrschaft.«

»Wenn nun aber, o Ehrwürdiger, beide von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, besteht wohl dann noch zwischen den in die Hauslosigkeit Gezogenen irgend ein Unterschied, eine Verschiedenheit?«

»Ja, Sumanä, es besteht ein Unterschied,« sprach der Erhabene. »Derjenige nämlich, Sumanä, der Al- mosen gegeben hat, übertrifft den anderen, der keine gegeben hat, als Hausloser in fünf Dingen: Nur auf Bitten hin und selten ungebeten, bedient er sich des Gewandes, der Almosenspeise, der Lagerstatt und der Heilmittel und Arzneien; seine Ordensbrüder aber, mit denen er zusammenlebt, erweisen sich in Taten, Worten und Gedanken stets gefällig, nie ungefällig, machen ihm stets nur höfliche Anerbieten, nie un- höfliche.«

»Wenn nun aber, o Ehrwürdiger, beide die Heilig- keit erreichen, besteht wohl dann noch, o Ehr- würdiger, nach Erlangung der Heiligkeit, zwischen ihnen irgend ein Unterschied, eine Verschiedenheit?«

»Zwischen Erlösung und Erlösung, da freilich, Sumanä, gibt es keinerlei Verschiedenheit.«

»Vortrefflich, o Ehrwürdiger! Wunderbar, o Ehr- würdiger! Allen Grund hat man, o Ehrwürdiger,

DieRedendesBuddha.Bd.il 55

V 31 DIE REDEN DES BUDDHA

Almosen zu geben und gute Werke zu tun, insofern da die guten Werke einem als Himmelswesen zum Vor- teil gereichen, einem als Menschen zum Vorteil ge- reichen und einem als Hauslosen zum Vorteil gereichen.«

»So ist es, Sumanä! So ist es, Sumanä! Allen Grund hat man, Sumanä, Almosen zu geben und gute Werke zu tun, insofern da die guten Werke einem als Himmelswesen zum Vorteil gereichen, einem als Menschen zum Vorteil gereichen und einem als Haus- losen zum Vorteil gereichen.«

«

Also sprach der Erhabene. Und auf diese Worte sprach der Gesegnete, der Meister, dann fernerhin:

»Gleichwie der ungetrübte Mond, Durcheilend diesen Himmelsraum, Die Sternenschar der ganzen Welt Mit seinem Glänze überstrahlt:

»So überstrahlt der sittenreine, Von Zuversicht erfüllte Mensch Die Geizigen in aller Welt Mit seinem freigebigen Sinn.

'Gleichwie die Wolke beim Gewitter, Von hundertzack'gem Blitz umzucket. Die Länder, Meere überflutet, Dieweil sie mächtig niedergießt:

»So überragt der Einsichtsvolle, Der Jünger des Erleuchteten, Der Weise, den von Geiz Erfüllten In diesen folgenden fünf Dingen:

In hohem Alter und in Ehre, In Anmut und im Wohlergeh'n; Und hier von Schätzen überhäuft. Wird dort ihm Himmelsglück zuteil.'

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FÜNFERBUCH T 32

Cundi die Fürstentochter 32

Einst weilte der Erhabene im Bambushaine bei Räjagaha, an der Fütterungsstätte der Eichhörnchen. Da begab sich Cundi die Fürstentochter, mit einem Gefolge von fünfhundert Wagen und fünfhundert Fürstentöchtern, zum Erhabenen hin. Dort angelangt, begrüßte sie ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend, sprach Cundi die Fürstentochter also zum Erhabenen:

»Mein Bruder, o Ehrwürdiger, Prinz Cundo mit Namen, behauptet: ,Wer von den Männern oder Frauen zum Erleuchteten, zum Gesetze und zur Jüngerschaft Zuflucht genommen hat und absteht vom Töten, Stehlen, geschlechtlichen Ausschreiten, Lügen und vom Genüsse berauschender Getränke, der erscheint beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, stets auf glücklicher Fährte wieder, nie auf leidvoller.' Ich frage nun, o Ehrwürdiger, den Erhabenen: Auf welcherart Meister, welcherart Gesetz, welcherart Jüngerschaft vertrauend, welcherart Sittenregeln befolgend, erscheint man beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, stets auf glück- licher Fährte wieder, nie auf leidvoller?«

»Was es da auch immer, Cundr, an Wesen gibt, ob fußlos, Zweifüßer, Vierfüßer oder Vielfüßer, körper- lich oder unkörperlich, bewußt oder unbewußt oder halb bewußt: als höchstes unter ihnen gilt der Voll- endete, der Heilige, Vollkommen Erleuchtete. Jene nun, Cundi, die auf den Erleuchteten vertrauen, ver- trauen auf das Höchste. Denen aber, die auf das Höchste vertrauen, ist höchster Segen beschieden.

»Was es da auch immer, Cundi, an Gesetzen gibt, ob geworden oder ungeworden: als höchstes unter

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V 32 DIE REDEN DES BUDDHA

ihnen gilt die Abwendung, nämlich die Wahnzerstörung, die VerWindung des Durstes, die Ausrottung de« Anhaftens, die Durchbrechung des Kreislaufs, die Qier- versiegung, die Abwendung, die Aufhebung: das Nir- wahn. Jene nun, Cundi, die auf das in der Abwen- dung bestehende Gesetz vertrauen, vertrauen auf das Höchste. Denen aber, die auf das Höchste vertrauen, ist höchster Segen beschieden.

»Was es da auch immer, Cundl, an Jüngerschaften oder Gemeinden gibt: als höchste unter ihnen gilt die Jüngerschaft des Vollendeten, als da sind die vier Paare oder acht Arten Von (heiligen) Menschen. Jene Jüngerschaft des Erhabenen ist würdig der Opfer, würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig des Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für gute Werke. Jene nun, Cundi, die auf die Jüngerschaft ver- trauen, vertrauen auf das Höchste. Denen aber, die auf das Höchste vertrauen, ist höchster Segen beschieden.

»Was es da auch immer, Cundi, an Sitten gibt, die dem Edlen Heb sind: als höchste unter ihnen gelten die ungebrochenen, die ohne Lücke sind, frei von Makel, unbefleckt, die befreienden, von Verständigen gepriesenen, unbeeinflußten, zur Sammlung führenden. Jene nun, Cundi, welche die dem Edlen erwünschten Sitten erfüllen, erfüllen das Höchste. Denen aber, die das Höchste erfüllen, ist höchster Segen beschieden.«

3>Wer Vertrauen hat zu Hohem Und die höchste Lehre kennt, An den höchsten Buddha glaubet, Der der höchsten Ehre wert, An die höchste Lehre glaubet. An des Nirwahns Friedensglück,

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FÜNFERBUCH V 3.-

»An den höchsten Orden glaubet, Des Verdienstes bestes Feld, Und dem Höchsten Gaben reicht: Dem erblühet höchster Segen, Alter, Schönheit, Kraft und Ruhm.

»Dem Weisen, der dem Höchsten gibt, Erstarkt in höchster Lehre, - Sei's Himmelswesen, sei's ein Mensch Wird einstens höchstes Glück zuteil. <^

Die Pflichten der Gattin 33

Einst weilte der Erhabene im Urwalde bei Bhaddika. Und Uggaho, der Enkel des Mendiko, begab sich zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzte sich zur Seite. Zur Seite aber sitzend, sprach Uggaho, der Enkel des Mendiko, also zum Erhabenen:

»Möge mir doch, o Ehrwürdiger, der Erhabene für morgen zum Mahle zusagen für vier Mönche, ein- schließlich den Erhabenen!«

Durch Schweigen gab der Erhabene seine Zu- stimmung zu erkennen. Als nun Uggaho, der Enkel des Mendiko, die Einwilligung des Erhabenen erhalten hatte, erhob er sich von seinem Sitze, begrüßte ehr- furchtsvoll den Erhabenen und, ihm die Rechte zu- kehrend, entfernte er sich.

Nach Ablauf der Nacht, in der Frühe, kleidete sich der Erhabene an und begab sich, mit Gewand und Schale versehen, zur Wohnung Uggaho's, des Enkels Mendiko's. Dort angelangt, nahm er auf dem angewie- senen Sitze Platz. Und Uggaho, der Enkel Mendiko's, bediente den Erhabenen und wartete ihm eigenhändig

37 -^

y 33 DIE REDEN DES BUDDHA

mit vorzüglichen harten und weichen Speisen auf. So- bald er aber bemerkte, daß der Erhabene sein Mahl beendet und dieHände*Von der Almoseqschale zurück- gezogen hatte, setzte er sich zur Seite und sprach zum Erhabenen:

»Diese meine Töchter, o Ehrwürdiger, werden ins Eheleben eintreten.' Möge sie, o Ehrwürdiger, der Erhabene ermahnen! Möge sie, o Ehrwürdiger, der Erhabene unterweisen, auf daß es ihnen lange zum Heil und Wohle gereiche!«

»So hat man denn, ihr Töchter, danach zu streben: , Welcher Gatte es auch immer sein möge, dem die Eltern auf unser Heil und Wohl bedacht uns anvertrauen werden: wir wollen uns vor ihm er- heben, nach ihm zu Bette gehen, ihm willige Diene- rinnen, angenehme Gefährtinnen sein und ihm mit freundlichen Worten begegnen/ Danach, ihr Töchter, hat man zu streben!

»So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu streben: ,Die Personen, die dem Gatten teuer sind, wie Vater und Mutter, Asketen und Priester, die wollen wir ehren, würdigen, schätzen und achten und ihnen bei ihrer Ankunft mit Sitz und Wasser aufwarten.' Danach, ihr Tochter, hat man zu streben!

»So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu streben: ,Was es da für die Gattin an häuslichen Arbeiten gibt, wie in Wolle und Baumwolle, da wollen wir tüchtig sein und eifrig, uns dabei auf die richtigen Mittel verstehen, zu handeln und anzuordnen.' Danach, ihr Töchter, hat man zu streben!

»So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu streben: ,Was da das Hausgesinde im Hause des

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FÜNFERBUCH V 33

Gatten anbetrifft, wie Knechte, Diener und Arbeiter, so wollen wir die von ihnen verrichtete Arbeit als verrichtet betrachten, die unverrichtete als unverrichtet. Sind sie krank, so wollen wir ihre Tauglichkeit oder Untauglichkeit zur Arbeit feststellen. Harte und weiche Speisen wollen wir ihnen in richtigem Maße Verab- reichen.' Danach, ihr Töchter, hat man zu streben! »So hat man denn ferner, ihr Töchter, danach zu streben: ,Was der Gatte an Schätzen, an Getreide, Silber und Gold mitbringt, das wollen wir bewachen und behüten. Nicht wollen wir ihn hintergehen und ihm etwas entwenden, uns nicht dem Trinken ergeben und ihn zugrunde richten.' Danach, ihr Töchter, hat man zu streben!

»Die mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattete Gattin aber, ihr Töchter, erscheint beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, unter der Schar der An- mutigen Himmelswesen wieder.«

"Den Mann, der stets sein Weib beschirmt,

Beständig, eifrig, unentwegt,

Der alle Wünsche ihr gewährt,

Den wird die Gattin nie verschmäh'n.

»Nicht schafft das gute Weib dem Gatten

Mit ihren Wünschen je Verdruß.

Dem Gatten und den Würdigen

Zeigt Achtung sie, die weise Frau.

>Stets rüstig und von Fleiß beseelt.

Voll Liebe zu der Dienerschaft,

Zeigt freundlich sie sich ihrem Manne

Und hütet seine Schätze wohl.

»Das Weib, das also sich benimmt.

Des Gatten Wunsche willig folgt,

Kehrt unter Himmelswesen wieder,

Die als die Lieblichen man kennt. ^

39

T 34 DIE REDEN DES BUDDHA

34 Die Früchte des Almosengebens

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesäli, in der Halle des Giebelhauses. Da begab sich Siho der Feldherr zum Erhabenen, begrüßte ihn ehr- furchtsvoll und setzte sich zur Seite. Zur Seite aber sitzend, sprach Siho der Feldherr also zum Erhabenen:

»Ist es wohl möglich, o Ehrwürdiger, eine sicht- bare Frucht des Almosengebens aufzuweisen?«

»Das ist möglich, Siho,« erwiderte der Erhabene. »Der Geber, Siho, der Gabenspender, ist vielen Menschen lieb und angenehm. Daß aber der Geber, Siho, der Gabenspender, vielen Menschen lieb und angenehm ist, das eben ist eine sichtbare Frucht des Almosengebens.

»Und fernerhin, Siho, suchen mit dem Geber, dem Gabenspender, die guten, edlen Menschen Um- gang. Das aber ist eine sichtbare Frucht des Almosen- gebens.

»Und fernerhin, Siho, verbreitet sich über den Geber, den Gabenspender, ein guter Ruf. Das aber ist eine sichtbare Frucht des Almosengebens.

»Und fernerhin, Siho: zu welcher Versammlung auch immer der Geber, der edle Gabenspender, sich hinbegibt, seien es Adelige, Brahmanen, Bürger oder Diener, -- da tritt er voll Sicherheit auf, frei von Verwirrung. Das aber ist eine sichtbare Frucht des Almosengebens.

»Und fernerhin, Siho, gelangt der Geber, der Gabenspender, beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische Welt. Das aber ist die jenseitige Frucht des Almosengebens.«

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FUNFERBUCH V 34

Auf diese Worte sprach Siho der Feldherr also zum Erhabenen:

»Was da, o Ehrwürdiger, jene vom Erhabenen gewiesenen sichtbaren Früchte des Almosengebens anbetrifft, so folge ich da nicht etwa meinem bloßen Glauben an den Erhabenen, sondern ich selber er- kenne diese. Denn ich, o Ehrwürdiger, gebe Almosen, bin ein Gabenspender. Und ich bin vielen Menschen lieb und angenehm; mit mir suchen die guten, edlen Menschen Umgang; über mich hat sich der gute Ruf verbreitet: ,Siho der Feldherr gibt Almosen, ist mild- tätig und unterstützt die Jüngerschaft'; zu welcher Versammlung ich mich auch immer hinbegebe, seien es Adelige, Brahmanen, Bürger oder Diener, da trete ich voll Sicherheit auf, frei von Verwirrung. Was da, 0 Ehrwürdiger, diese vom Erhabenen gewiesenen vier sichtbaren Früchte des Almosengebens anbetrifft, so folge ich da nicht etwa meinem bloßen Glauben an den Erhabenen, sondern ich selber erkenne diese. Wenn mir aber, o Ehrwürdiger, der Erhabene sagt, daß der Geber, der Gabenspender, beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische Welt gelangt, so erkenne ich das nicht, sondern darin folge ich meinem Glauben an den Erhabenen.«

»Das aber ist so, Slho! Das aber ist so, Siho! Der Geber, der edle Gabenspender gelangt beim Zer- falle des Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische Welt.«

-Beliebt ist, wer da gibt; ihn suchen viele auf; Ein edler Ruf wird ihm zuteil, sein Anseh'n wächst; Frei von Verwirrung tritt er auf in der Versammlung, Voll Sicherheit, weil er dem Geize abgewandt.

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V 35. DIE REDEN DES BUDDHA

Drum geben Gaben alle die Verständigen, Des Geizes Laster scheuend, auf ihr Heil bedacht; Und lange Zeiten werden sie im Himmel weilen Und werden unter Himmelswesen glücklich sein.

»Erschlossen der Zugang, gewirkt das Heil, scheiden sie ab, Durchwandeln selbstleuchtend die Himmelsgefilde Und jubeln dort laut, frohlocken und jauchzen. Im Vollbesitze der sinnlichen Freuden.

Des Heiligen, des Losgelösten Wort befolgend. Frohlockt im Himmel, wer zum Buddha Zuflucht nimmt.*

35 Die Früchte des Almosengebens

Folgende fünf Früchte, ihr Mönche, gewährt das Almosengeben: welche fünf?

Vielen Menschen ist man lieb und angenehm; gute, edle Menschen suchen einen auf; ein guter Ruf verbreitet sich über einen; man erfüllt seine Pflicht als Hausvater; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt man auf glückliche Fährte, in himmlische Welt. Diese fünf Früchte, ihr Mönche, gewährt das Almosengeben.

Wer Gaben gibt, ist stets beliebt.

Weil er der guten Lehre folgt.

Ihm schließen sich die Guten an,

Die selbstbeherrscht und heilig sind.

Sie legen das Gesetz ihm dar, Das alles Leid versiegen läßt. Durch dessen Schauung er schon hier Erlöst wird, frei von Leidenschaft.

36 Zeitgemäße Gaben

Fünf zeitgemäße Gaben gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Man bringt dem Ankommenden Gaben dar; man

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FÜNFERBUCH . V 37

bringt dem Fortgehenden Gaben dar;, man bringt dem Kranken Gaben dar; man bringt bei Naiirungsmangel Gaben dar; was es aber an Erstlingskorn und Erst- lingsfrüchten gibt, das bringt man als Ersten den Tugend- haften dar. Diese fünf zeitgemäßen Gaben gibt es, ihr Mönche.

Rechtzeitige Gabe gibt der Weise,

Der mild gesinnt ist, frei von Geiz.

Wer da den Edlen Gaben gibt, Die aufrichtig und heilig sind, Im Herzen voller Zuversicht, Dess' Gabe ist von hohem Wert.

Wer daran seine Freude findet Und jenen seine Dienste leiht. Gewaltig nennt man dessen Gabe, Und er genießt des Guten Lohn.

Drum geb' man unverzagten Geistes, Wo Geben bringet hohen Lohn. Denn gute Werke sind den Wesen Die Stützen für die nächste Welt.

Fünffacher Segen der Nahrungsspende 37

Durch Nahrungsspenden, ihr Mönche, verschafft der Geber den Empfängern fünf Vorteile: er verhilft ihnen zu langem Leben, zur Anmut, zum Wohlsein, zur Stärke und zur Einsicht.

Dem Ernsten, der zu langem Leben, Zu Einsicht, Anmut, Kraft verhilft Und andre Menschen glücklich macht. Dem wird Glückseligkeit zuteil.

Den, der da Leben, Kraft und Anmut, Verstand und Wohlsein fördern hilft. Erwartet Ruhm und langes Leben, Wo immer er ins Dasein tritt.

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Y 38 DIE REDEN DES BUDDHA

38 Der Segen des Vertrauens

Fünf Vorteile, ihr Mönche, genießt der vertrauens- volle edle Sohn: welche fünf?

Was es da, ihr Mönche, in der Welt an guten, edlen Menschen gibt, die zeigen zuerst dem Vertrauens- vollen ihre Freundschaft, nicht dem Vertrauenslosen. Sie nähern sich zuerst dem Vertrauensvollen, nicht dem Vertrauenslosen. Sie empfangen zuerst den Ver- trauensvollen, nicht den Vertrauenslosen. Sie weisen das Gesetz zuerst dem Vertrauensvollen, nicht dem Vertrauenslosen. Der Vertrauensvolle aber gelangt beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glück- liche Fährte, in himmlische Welt. Diese fünf Vorteile, ihr Mönche, genießt der vertrauensvolle edle Sohn.

Gleichwie, ihr Mönche, der am Kreuzwege auf festem Boden stehende große Feigenbaum den Vögeln ringsumher als Zufluchtsstätte dient: ebenso auch, ihr Mönche, ist der vertrauensvolle edle Sohn eine Zu- fluchtsstätte für Viele Menschen, für Mönche, Nonnen, •Anhänger und Anhängerinnen.

Wie da ein stämm'ger großer Baum, Von Zweigen, Blättern, Früchten voll Und festgewurzelt, fruchtbeladen, Den Vögeln eine Zuflucht ist

Und in der lieblichen Umgebung

Die Vögel alle ihn umschwärmen,

- Wer Schatten sucht, zum Schatten eilt.

Und Früchte ißt, wer Früchte wünscht, -:

So steht es mit dem sittlichen, Von Zuversicht erfüllten Mann, Der Demut übt, nicht störrig ist. Der Milde, Güte, Sanftmut zeigt.

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FÜNFERBUCH T 3f)

Denn gern' verkehr'n mit solchem Manne, Die frei von Gier sind, frei von Haß, Verblendung und der Leidenschaft, >Das höchste Tugendfeld der Welt< .

Sie legen das Gesetz ihm dar.

Das alles Leid versiegen läßt,

Das ganz durchschauend, er schon hier

Erlöst wird, frei von Leidenschaft.

Warum wünscht man sich einen Sohn? ^^

Aus fünf Gründen, ihr Mönche, wünschen die Eltern in ihrer Familie die Geburt eines Sohnes: aus welchen fünf Gründen?

Damit der Pflegling einst ihr Pfleger sei; damit er die Arbeit für sie verrichte; damit der Stammbaum lange bestehen bleibe; damit er das Erbe übernehme; damit er für die Abgeschiedenen, die Verstorbenen, die Opfer darbringe.

Fünf Gründe sind's, daß einen Sohn Sich wünschet der verständ'ge Mann:

Der Pflegling wird sein Pfleger sein ; Die Arbeit wird er für ihn tun; Der Stammbaum lang' erhalten bleibt; Das Erbe auf ihn übergeht; Und den Dahingeschiedenen Bringt er das Totenopfer dar.

Aus diesen Gründen wünschen sich Verständ'ge Eltern einen Sohn.

Drum helfen edle, gute Menschen Aus Dank und aus Erkenntlichkeit Dem eignen Vater wie der Mutter, Der früh'ren Dienste eingedenk, Und arbeiten, wie sich's geziemet, Für sie, die einstmals sie gepflegt.

45.

V 40 DIE REDEN DES BUDDHA

Pflegend sie, die sie einst pflegten, Folgsam, nicht den Stammbaum störend, Ist der zuversichterfüllte Sittenreine Sohn zu loben.

40 Der Einfluß des Vertrauensvollen

Am Himälaya, ihr Mönche, dem Könige der Berge, nehmen die mächtigen Bäume an fünf Dingen zu: an Ästen und Blätterwerl<, an Haut, an Borl<e, an Reisern und an Kernholz. Ebenso auch, ihr Mönche, nehmen bei dem vertrauenerfüliten edlen Sohne die Haus- genossen an fünf Dingen zu: an Vertrauen, Sittlichkeit, Wissen, Freigebigkeit und Einsicht.

Gleichwie am mächt'gen Felsgebirge, Im Forst, im tiefen Urwaldgrund, Die Bäume, Herrscher dieses Forsts, Gewaltig steigen in die Höh':

Genau so wachsen bei dem edlen, In Sittlichkeit vollkommenen, Von Zuversicht erfüllten Sohn Das Weib, die Kinder, die Verwandten, Die Freunde, die Verschwisterten Und alle, die ihm anvertraut.

Des Sittenreinen Wandel merkend, ^ Die iVlilde und die guten Werke,

Zum Vorbild alle die ihn nehmen. Die weise und verständig sind.

Denn sind hienieden sie in Tugend Dem Pfad zum Himmel nachgefolgt, Dann jauchzen sie in Himmelswelten, Frohlocken voll Glückseligkeit.

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FUNFERBUCH V 4i

FÜNFTER TEIL

Das Kapitel des Königs Mundo

[Der Erhabene zu Anäthapindiko:] 4i

Fünf Anwendungen der Schätze gibt es, o Haus- vater: welche fünf?

Mit den Schätzen, o Hausvater, die da der edle Jünger durch Aufbietung von Fleiß und Anstrengung errungen, durch seiner Hände Arbeit im Schweiße seines Angesichtes angehäuft hat, den rechtmäßigen, ehrlich erworbenen, damit macht er sich selber glück- lich und zufrieden und wahrt sich vollkommenes Wohl- sein; und Vater und Mutter, Weib und Kind, Diener und Knechte macht er glücklich und zufrieden und wahrt ihnen Vollkommenes Wohlsein.

Das ist die erste Anwendung der Schätze.

Ferner, o Hausvater, macht der edle Jünger mit diesen Schätzen -Fremde und Genossen glücklich und zufrieden und wahrt ihnen vollkommenes Wohlsein. Das ist die zweite Anwendung der Schätze.

Ferner, o Hausvater, schützt sich der edle Jünger vermittels dieser Schätze gegen Unfälle, die durch Feuer oder Wasser, durch Fürsten, Diebe oder gehässige Erben entstehen könnten, und sichert sein eignes Leben. Das ist die dritte Anwendung der Schätze.

Ferner, o Hausvater, verrichtet der edle Jünger vermittels dieser Schätze fünferlei Abgaben: an die Ver- wandten, die Gäste, die Verstorbenen, die Fürsten und die Götter. Das ist die vierte Anwendung der Schätze.

Ferner, o Hausvater: solchen Asketen und Priestern,

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Y 41 DIE REDEN DES BUDDHA

die frei sind von Dünkel und Leiclitsinn, gefestigt in Geduld und Milde, die ein und dasselbe Herz bezähmen, stillen und vom Wahne erlöschen lassen solchen Asketen und Priestern macht er vermittels dieser Schätze Geschenke, aufwärts führende, himmlische, glückspendende, himmelwärtsleitende. Das ist die fünfte Anwendung der Schätze.

Diese fünf Anwendungen^ der Schätze gibt es, o Hausvater.

Wenn nun, o Hausvater, jenem edlen Jünger, während er diese fünf Anwendungen der Schätze macht, die Schätze zum Schwinden gelangen, so denkt er: >Die Anwendungen der Schätze, die es gibt, die mache ich, und dabei gelangen meine Schätze zum Schwinden.« Dieser Trost ist ihm beschieden. Und wenn, o Haus- vater, jenem edlen Jünger, während er diese fünf An- wendungen* der Schätze macht, die Schätze zunehmen, so denkt er: »Die Anwendungen der Schätze, die es gibt, die mache ich, und dabei nehmen meine Schätze zu.« Dieser doppelte Trost ist ihm beschieden.

Verzehrt ist's Gut; an Knecht und Diener,

Bei Unfall und Gefahr verschenkt;

Gerechte Gaben sind gegeben,

Die Fünfergaben ausgeteilt;

Die Sittenreinen sind bedient,

Die heilig leben, selbstbeherrscht.

♦Warum sich Schätze wünschen mag

Der Weise, der im Hause lebt.

Erfüllet hab' ich diesen Zweck,

Und nicht kann meine Tat mich reu'n«:

So denket er, der sterbliche

In edler Lehre feste Mensch.

Hier erntet er das Lob der Menschen

Und dort des Himmels Seligkeit.

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FÜNFERBUCH V,42, 43

Der Einfluß des guten Menschen 42

Der in edler Familie wiedergeborene gute Mensch, ihr Mönche, gereicht Vielen Menschen zum Heil, Segen und Wohle. Vater und Mutter, Weib und Kind, Dienern und Knechten, Freunden und Genossen, Asketen und Priestern: allen gereicht er zum Heil, Segen und Wohle.

Gleichwie ein mächtiger Regen dadurch, daß er das ganze Getreide zur Reife bringt, vielen zum Heil, Segen und Wohle gereicht: ebenso auch, ihr Mönche, gereicht der in edler Familie wiedergeborene Mensch vielen Menschen zum Heil, Segen und Wohle.

Wer aus Liebe vielen Wesen Gaben spendet, Engel wachen über diesen Tugendhüter, Diesen Wissensreichen, rein in Sitt' und Wandel; Und den Tugendhaften nie der gute Ruf verläßt.

Den gerechten, sittenreinen. Wahren und bescheid'nen Menschen, Der da lauter ist wie Gold: Wer vermag wohl den zu tadeln?

Die Himmelswesen preisen ihn, Selbst Brahma kündet ihm sein Lob.

Die fünf erwünschten Dinge 43

Der Erhabene sprach zu Anäthapindiko, dem Haus- Vater:

Folgende fünf erwünschten, begehrten, angeneh- men Dinge, o Hausvater, sind schwer in der Welt zu erlangen: welche fünf? Langes Leben, Anmut, Wohl- sein, Ehre und himmlische Wiedergeburt. Und ich sage, 0 Hausvater: nicht erlangt man durch Bitten und y Wünschen diese fünf erwünschten, begehrten, ange- nehmen, in der Welt so schwer erlangbaren Dinge.

DieRedciidpsBuddlia.nd.il 49 -1

V43 DIE REDEN DES BUDDHA

Denn könnte man diese durch Bitten und Wünschen erlangen, wer möchte da wohl auf sie verzichten?

Nicht ziemt es sich, o Hausvater, für den edlen Jünger, der langes Leben wünscht, daß er darum fleht, daran Entzücken findet oder danach giert. Zur Er- langung eines langen Lebens, o Hausvater, sollte der ein langes Leben wünschende edle Jünger eben den zu langem Leben führenden Pfad beschreiten. Denn den zu langem Leben führenden Pfad wandelnd, wird er ein hohes Alter erreichen, und langes Leben wird ihm beschieden sein, sei's himmlisches, sei's menschliches. Nicht ziemt es sich, o Hausvater, für den edlen Jünger, der Anmut wünscht, -- Wohlsein wünscht, Ehre wünscht, - eine^ himmlische Wiedergeburt wünscht, 'daß er darum fleht, daran Entzücken findet oder danach giert. Zur Erlangung himmlischer Wieder- geburt, 0 HausvateF, sollte der eine himmlische Wieder- geburt wünschende edle Jünger eben den zu himm- lischer Wiedergeburt führenden Pfad beschreiten. Denn den zu himmlischer Wiedergeburt führenden Pfad wandelnd, wird er den Himmel erreichen, und himmlische Wiedergeburt wird ihm beschieden sein. Auf Alter, Anmut, Ehr' und Ruhm, Auf Himmelsglück und hohen Stand, Auf hehre Freuden wohl bedacht. Erwartend immer höh'res Glück, Der weise Mann die Strebsamkeit In allen guten Werken lobt. Denn nur durch Strebsamkeit erringt Der Einsichtsvolle zweifach' Heil. Sei's hier das Heil, in dieser Welt, Sei's dort das Heil, in nächster Welt: Den Starken, der sein Heil erschaut. Den nennt man einen weisen Mann.

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FUNFERBUCH T 44

Wer schenkt, wird beschenkt 44

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesäli, in der Halle des Giebelhauses. Und der Er- habene kleidete sich in der Frühe an und begab sich, mit Gewand und Schale versehen, zur Wohnung des Vesalier Hausvaters Uggo. Dort angelangt, nahm er auf dem angewiesenen Sitze Platz. Uggo, der Vesalier Hausvater, aber trat zum Erhabenen heran und setzte sich zur Seite, und zur Seite sitzend, sprach er zum Erhabenen:

>Aus dem Munde des Erhabenen, o Ehrwürdiger, habe ich es vernommen, von ihm erfahren, daß, wer etwas Gutes verschenkt, Gutes zurück erhält. Etwas Gutes aber, o Ehrwürdiger, ist meine Reisblumen- speise, (u) Möge diese der Erhabene von mir annehmen, von Mitleid bewogen!«

Und der Erhabene nahm dieselbe an, von Mitleid bewogen. ^

»Aus dem Munde des Erhabenen, o Ehrwürdiger, habe ich es vernommen, von ihm erfahren, daß, wer etwas Gutes verschenkt, Gutes zurück erhält. Etwas Gutes aber, o Ehrwürdiger, ist mein Schweinefleisch mit süßen Brustbeeren, (ß) etwas Gutes mein mit

(«) So heißt eine gewisse aus Reismehl hergestellte Speise.

(ß) -Ein Jahr altes Schweinefleisch, das zusammen mit süßen Brustbeeren gekocht und mit Kümmel und anderen Zutaten ^ge- würzt ist.' (Komm.) - Buddha hat also keineswegs den Fleisch- genuß an sich als verwerflich bezeichnet, was sich auch noch durch weitere zahlreiche Suttenstellen belegen läßt.

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V 44 DIE REDEN DES BUDDHA

Öl zubereitetes Stielgemüse, («) -- etwas Gutes mein Reisgericht, zubereitet aus dem von schwarzen Körnern gereinigten Hügelreis, mit mancherlei Brühen und Ge- müsen, — etwas Gutes sind meine kostbaren Benares- gewänder. Möge diese der Erhabene von mir annehmen, Von Mitleid bewogen!«

Und der Erhabene nahm dieselben an, von Mit- leid bewogen.

»Aus dem Munde des Erhabenen, o Ehrwürdiger, habe ich es vernommen, von ihm erfahren, daß, wer etwas Gutes verschenkt, Gutes zurück erhält. Etwas Gutes aber, o Ehrwürdiger, ist mein Ruhebett, belegt mit einer Ziegenhaardecke, einer weißen Wolldecke, einer Decke aus feinstem Antilopenfell und versehen mit einer Überdecke und purpurnen Kissen an beiden Enden. Ich weiß indessen, o Ehrwürdiger, daß solches für den Erhabenen nicht annehmbar ist. (ß) Doch diese Bank aus Ebenholz, die über ein Tausend wert ist, mööe der Erhabene Von mir annehmen, von Mitleid bewogen!«

Und der Erhabene nahm dieselbe an. Von Mit- leid bewogen. Darauf sprach der Erhabene dem Vesalier Hausvater Uggo seine Anerkennung aus, in den Worten :

(«) Hierüber sagt der Kommentar: Erst wird dasselbe zu- sammen mit Reismehl kleingestampft, dann in Butteröl, das man mit Kümmel etc. versetzt hat, gekocht, darauf mit den vier Süßen Zu- taten* (d. i. Butter, Honig, Öl und Zucker) vermengt und vor dem Anrichten parfümiert.- Offenbar sind hier die Lotosstengel gemeint, die als äußerst gesunde Nahrung gelten.

(ji) Es ist nämlich dem Mönche nicht gestattet, hohe und üppige Lagerstätten zu benutzen.

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fÜNPF.RRUCH . T4-i

^C'er Gutes spendet, kriegt zurück das Gute; Wer gern den aufrichtigen Menschen Gaben gibt, Gewand und Lager, sowie Trank und Speise Und manche andere Bedarfsartikel:

>Der gute Mann, der, was zu geben schwer ist, Vergibt, verschenkt, verwirft und fahren läßt, - Die Heiligen als besten Boden achtend, - Erhält zurück das Gute, das er schenkt. -^

Nachdem nun der Erhabene dem Vesalier Haus- Vater Uggo in diesen Worten seine Anerkennung aus- gesprochen hatte, erhob er sich Von seinem Platze und ging davon. Uggo, der Vesalier Hausvater, aber starb kurze Zeit darauf und erschien nach seinem Tode in einer geistgezeugten Welt wieder. («) Zu jener Zeit weilte der Erhabene im Jetahaine bei SäVatthi, im Kloster des Anäthapindiko. Und Uggo, der Himmels- sohn, kam zu vorgerückter Nachtstunde, mit seinem herrlichen Glänze den ganzen Jetahain erleuchtend, zum Erhabenen heran, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und stellte sich zur Seite hin. Als er aber zur Seite da- stand, sprach der Erhabene also zu ihm:

»Geht es dir, Uggo, wohl nach deinem Wunsche?«

»Ja, 0 Ehrwürdiger, es geht mir nach meinem Wunsche.«

Und der Erhabene sprach zu Uggo, dem Himmels- sohne, in folgenden Versen:

Wer Gutes schenkt, erwirbt sich selber Gutes; Das Höchste spendend. Höchstes man erringt; Erhabenes erlangt, wer solches spendet; Wer's Beste gibt, gelangt zum besten Ort.

(a) »d. i. in einer durch das Selbstvertiefungs-Bewußtsein er- wirkten Himmelswelt in den »Gefilden der Reinen« (suddhäväsa). « (Komm.)

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V 45, 4(J^ tO DIE REDEN DES BUDDHA

»Der Mann, der Hohes, Edles spendet, Erhabenes als Gabe gibt, Erlanget Ruhm und langes Leben, Wo immer er ins Dasein tritt.*

45 Die fünf Ströme des Verdienstes

Fünf Ströme des Verdienstes, Ströme des Guten, gibt es, ihr Jünger, segenbringende, himmlische, glücl<- erzeugende, himmeiwärtsleitende, die zu Erwünschtem, Erfreulichem, Angenehmem führen, zu Heil und Segen: welche fünf?

Demjenigen, ihr Jünger, dessen Gewand, Almosen- speise, Bett, Stuhl oder Arzneimittel gebrauchend, der Mönch in der unbeschränkten Geistessammlung ver- weilt, dem gehört ein unermeßlich großer Strom des Verdienstes, ein Strom des Guten, ein segenbringender, himmlischer, glückerzeugender, himmelwärtsleitender, der zu Erwünschtem, Angenehmem führt, zu Heil und Segen.

46 Die fünf Gewinne

Fünf Gewinne gibt es, ihr Mönche: welche fünf? Gewinn an Vertrauen, Gewinn an Sittlichkeit, Gewinn an Wissen, Gewinn an Freigebigkeit und Gewinn an Einsicht: das, ihr Mönche, sind die fünf Gewinne.

49 Das eiserne Gesetz der Natur

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sä- Vatthi, im Kloster des Anäthapindiko. Da begab sich der Kosaler König Pasenadi zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen

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FÜNFERRIICH V .',0

und setzte sich zur Seite. Gerade aber an jenem Tage starb Mallikä, die Königin. Und ein Mann trat zum Könige und flüsterte ihm ins Ohr: >Herr, die Königin Mallikä ist gestorben«. Diese Worte aber erfüllten den Kosaler König Pasenadi mit Schmerz und Gram; und mit gebeugtem Körper und gesenktem Haupte, vor sich hinbrütend und ohne ein Wort zu sprechen, saß er da. Als das aber der Erhabene erblickte, sprach er:

>Fünf Dinge, o König, kann kein Asket oder Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt: welche fünf?

»Daß, was dem Altern unterworfen ist, nicht altern möge; daß, was der Krankheit unterworfen ist, nicht erkranken möge; daß, was dem Tode unterworfen ist, nicht sterben möge; daß, was dem Verfalle unterworfen ist, nicht verfallen möge; daß, was dem Untergange unterworfen ist, nicht untergehen möge: das, o König, kann kein Asket oder Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt.«

Das Herausreißen des Leidensstachels 50

Einst weilte der ehrwürdige Närado im Kukkuta- kloster bei Pätaliputta. Damals gerade war dem Könige Mundo seine geliebte und teure Königin Bhaddä ge- storben; und infolge ihres Todes badete er sich nicht mehr, noch salbte er sich, noch nahm er Nahrung zu sich, noch erledigte er seine Geschäfte. Tag und Nacht lag er ganz verstört neben der Leiche der Königin Bhaddä. Und der König Mundo sprach zu Piyako, seinem Schatzmeister:

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T50 DIE REDEN DES BUDDHA

»So lege denn, lieber Piyako, den Leichnam der Königin Bhadda in einen eisernen, mit Öl angefüllten Sarg und bedecke ihn mit einem anderen eisernen Sarg, damit wir den Leichnam der Königin Bhaddä noch länger zu sehen bekommen!«

»Ja, 0 Herr,« erwiderte Piyako, der Schatzmeister, dem Könige Mundo und tat, wie befohlen.

Und Piyako, der Schatzmeister, dachte: »Diesem Könige Mundo ist seine geliebte, teure Königin Bhadda gestorben; und wegen ihres Todes badet er sich weder, noch salbt er sich, noch nimmt er Nahrung zu sich, noch erledigt er seine Geschäfte. Tag und Nacht liegt er ganz verstört neben der Leiche der Königin Bhaddä. Wie Wäre es nun, wenn der König Mundo sich zu einem Asketen oder Priester begeben wollte, damit er nach dem Vernehmen des Gesetzes diesen Stachel der Pein los werde?« Und Piyako, dem Schatzmeister, kam der Gedanke: »Dieser ehrwürdige Närado weilt da bei Pätaliputta im Kukkutakloster. Über den ehr- würdigen Närado aber hat sich der gute Ruf verbreitet, daß er weise und erfahren sei, einsichtsvoll, Von großem Wissen, ein trefflicher Redner von edler Schlagfertig- keit, dabei in vorgerücktem Alter und ein Heiliger. Wenn der König Mundo den ehrwürdigen Närado auf- sucht, mag er vielleicht, nachdem er vom ehrwürdigen Närado das Gesetz vernommen hat, den Stachel der Pein los werden.^ Und Piyako, der Schatzmeister, trat Vor den König Mundo und teilte ihm das mit.

»Gut, Piyako!« sprach der König. »Verständige den ehrwürdigen Närado hiervon; denn wie dürfte wohl einer wie ich daran denken, ohne vorherige An-

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FÜNFERBUCH T 50

kündigung einen Asketen oder Priester, der noch am Leben ist, aufzusuchen?«

» Gut, 0 Herr!« erwiderte Piyako, der Schatzmeister, dem Könige Mundo und begab sich zum ehrwürdigen Närado. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den ehrwürdigen Närado und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend sprach Piyako, der Schatzmeister, also zum ehrwürdigen Närado: »Diesem Könige Mundo, 0 Ehrwürdiger, ist seine geliebte, teure Königin Bhaddä gestorben, und infolge ihres Todes badet er sich weder, noch salbt er sich, noch nimmt er Nahrung zu sich, noch erledigt er seine Geschäfte. Tag und Nacht liegt er ganz Verstört neben der Leiche der Königin Bhaddä. Gut wäre es, o Ehrwürdiger, daß der ehrwürdige Närado dem Könige Mundo das Gesetz wiese, auf daß der König Mundo, vom ehrwürdigen Närado belehrt, den Stachel der Pein los werde.«

»Wie es denn, Piyako, dem Könige Mundo be- lieben mag.«

Und Piyako, der Schatzmeister, stand von seinem Sitze auf, begrüßte ehrfurchtsvoll den ehrwürdigen Närado, ging rechts herum und begab sich zum Könige Mundo. Dort angelangt sprach er zu ihm: »Der ehr- würdige Närado, o Herr, hat seine Zustimmung ge- geben. Möge es nun dem Herren gefällig sein!

»Solasse also, lieber Piyako, recht stattliche Wagen bespannen!«

»Gut, 0 Herr!« erwiderte Piyako, derSchatzmeister, dem Könige Mundo und ließ recht stattliche Wagen bespannen. Darauf sprach er zum Könige Mundo: »Bespannt, o Herr, sind deine stattlichen Wagen. Möge es dem Herren nun gefällig sein!«

57

T50 DIE REDEN DES BUDDHA

Und der König Mundo bestieg seinen Staatswagen und begab sich, von vielen stattlichen Wagen begleitet, in Voller Königspracht, zum Kukkutakloster, um den ehrwürdigen Närado zu besuchen. Als er soweit ge- fahren war, wie man fahren konnte, stieg er vom Wagen und ging zu Fuß ins Kloster. Und der König Mundo begab sich zum ehrwürdigen Närado. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den ehrwürdigen Närado und setzte sich zur Seite nieder. Als er sich aber gesetzt hatte, sprach der ehrwürdige Närado also zu ihm:

»Fünf Dinge, o König, kann kein Asket oder Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt: welche fünf?

»Daß, was dem Altern unterworfen ist, nicht altern möge; daß, was der Krankheit unterworfen ist, nicht erkranken möge; daß, was dem Tode unterworfen ist, nicht sterben möge; daß, was dem Verfalle unterworfen ist, nicht verfallen möge; daß, was dem Untergange unterworfen ist, nicht untergehen möge: das, o König, kann kein Asket oder Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt.

»Da, 0 König, beginnt bei dem unwissenden Welt- linge, was dem Altern unterworfen ist, zu altern, was der Krankheit unterworfen ist, zu erkranken, was dem Tode unterworfen ist, zu sterben, - was dem Verfalle unterworfen ist, zu verfallen, was dem Untergange unterworfen ist, unterzugehen. Dabei klagt, stöhnt und jammert er, schlägt sich weinend in die Brust, gerät in Verzweiflung. Von diesem unwissen- den Weltlinge, o König, heißt es, daß er, getroffen vom giftigen Pfeile des Kummers, sich nur selber Qualen bereitet.

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FÜNFERBUCH V r.O

»Da aber, o König, beginnt bei dem wissenden, edlen Jünger, was dem Altern unterworfen ist, zu altern, ~ was der Krankheit unterworfen ist, zu er- kranken, — was dem Tode unterworfen ist, zu sterben, was dem Verfalle unterworfen ist, zu verfallen, was dem Untergange unterworfen ist, unterzugehen. Während aber das dem Untergang Unterworfene unter- geht, da sagt er sich: ,lch bin ja nicht der einzige, bei dem das dem Untergang Unterworfene untergeht. Soweit es eben Wesen gibt, die da kommen und gehen, sterben und geboren werden: bei allen Wesen geht eben unter, was dem Untergange unterworfen ist. Würde ich nun, da das dem Untergange Unterworfene unter- geht, klagen, stöhnen, jammern, mir weinend in die Brust schlagen und in Verzweiflung geraten, so möchte mir die Nahrung nicht bekommen, der Körper elendes Aussehen erlangen, die Arbeiten nicht voranschreiten, die Feinde aber würden erfreut und die Freunde bedrückt sein.' Während also das dem Untergang Unterworfene untergeht, klagt, stöhnt und jammert er nicht, schlägt sich nicht weinend in die Brust, gerät nicht in Ver- zweiflung. Von diesem wissenden, edlen Jünger aber, 0 König, heißt es, daß er entfernt hat den giftigen Pfeil des Kummers, durch den- getroffen der unwissende Weitling sich nur selber Qualen bereitet. Befreit vom Kummer, befreit vom Pfeile des Leidens, führt der wissende, edle Jünger sein eigenes Selbst zur Wahn- erlöschung.

»Diese fünf Dinge, o König, kann kein Asket oder Priester erreichen, kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt.«

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V 50 DIE REDEN DES BUDDHA

Nicht durch Kummer, auch durch Klagen nimmermehr, Wird auch nur der allerkleinste Zweck erreicht; Ja, beim Anblicke des Kummers und der Klagen Sind die Feinde alle wahrlich hocherfreut.

Doch, wenn der Weise nicht im Unglück mehr erzittert, Da alle Dinge abzuwägen er versteht, Dann wird der Feind erfüllt von großem Kummer, " Da er sein früh'res Antlitz unverändert sieht.

Ob durch Gespräch, durch Rat, durch edle Rede, Durch Gabe oder durch Familienbrauch: Wodurch und wo man immer 's Heil erringen kann. Da ist es recht, daß man sich d'rum bemühe.

Sobald man weiß, daß dieses oder jenes Ding Man selbst nicht, auch kein and'rer je erreichen kann, Soll, ohne Klagen duldend, man sich selber fragen, Ob man's Geschick («) denn immer fester fügen soll.

Auf diese Worte sprach der König Mundo also zum ehrwürdigen Närado:

»Was ist wohl, o Ehrwürdiger, der Name dieser Gesetzesdarlegung?«

»,Das Herausreißen des Leidensstachels': das, 0 König, ist der. Name dieses Gesetzesvortrages.«

>Wahrlich, o Ehrwürdiger, ein Herausreißen des Leidensstachels war es; denn nach dem Anhören dieses Gesetzesvortrages, o Ehrwürdiger, ist mir der Leidens- stachel geschwunden.

Und der König Mundo gebot Piyako, seinem Schatz- meister: »So verbrenne denn, lieber Piyako, den Leich- nam der Königin Bhaddä und lasse einen Grabhügel darüber errichten! Von heute ab will ich mich wieder baden, salben, Nahrung zu mir nehmen und meinen Geschäften nachgehen.«

(«) Genauer: das auf Verblendungund Begehren beruhende und zu immer erneuter Geburt führende daseinsbejahende Wirken (kamma).

FÜNFERBUCH V ol

SECHSTER TEIL:

Das Kapitel der Hemmungen

Die fünf Hemmungen (nivaranä) 51

[Im Jetahaine bei Sävatthi]:

Fünf gibt es, ihr Mönche, der Hindernisse, der Hemmungen, der Störungen des Geistes, der Lähmungen, der Einsicht: welche fünf? Sinnenlust, Groll, Stumpf- heit und Mattigkeit, Aufgeregtheit und Gewissens- unruhe, Zweifelsucht.

Daß nun, ihr Mönche, ein Mönch, ohne diese fünf Hindernisse, diese Hemmungen und Störungen des Geistes, diese Lähmungen der Einsicht überkommen zu haben, das eigene Heil oder das Heil der anderen oder das gemeinsame Heil erkennen und das über- menschliche Ziel des vollkommenen Erkenntnisblickes verwirklichen wird: das ist nicht möglich.

Gleichwie, ihr Mönche, wenn da ein Mann an einem weithin eilenden, schnell dahinströmenden, reißenden Gebirgsstrome die Schleusen auf beiden Ufern öffnet, sich dadurch die Strömung in der Mitte teilt, erweitert und zerrissen wird und nicht mehr in weite Fernen eilt, noch schnell dahinströmt, noch reißend ist: ebenso auch, ihr Mönche, ist es nicht möglich, daß ein Mönch, ohne diese fünf Hindernisse über- kommen zu haben, das eigene Heil oder das Heil der anderen oder das gemeinsame Heil erkennen und das übermenschliche Ziel des vollkommenen Erkenntnis- blickes verwirklichen wird. («)

(«) IJber die fünf Hemmungen (nivaranä) siehe I, 2.

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V 52, 53 DIE REDEN DES BUDDHA

52 Der Haufen Schuld

Will man, ihr Mönche, von einem Haufen Schuld sprechen, dann mag man mit Recht die fünf Hemmungen als einen solchen bezeichnen, denn diefünf Hemmungen, ihr Mönche, sind ein Vollständiger Haufen Schuld.

53 . Die fünf Kampfesglieder

Fünf Kampfesglieder gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, eignet dem Mönch Vertrauen; er glaubt an die Erleuchtung des Vollendeten, nämlich daß das der Erhabene ist, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Weltenkenner, der höchste Lenker der zu bezähmenden Menschheit, der Meister der Himmelswesen und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene.

Gesund ist er, frei von Siechtum. Seine Säfte {(() bewirken eine gleichmäßige Verdauung, sind weder zu kah noch zu heiß, sondern besitzen mittlere Wärme und machen ihn dem Kampfe gewachsen.

Kein Heuchler ist er, kein Gleisner. Der Wahr- heit entsprechend, bekennt er sich dem Meister oder verständigen Ordensbrüdern.

Eifrig kämpft er, um die schuldvollen Dinge zu überwinden, die verdienstvollen Dinge aber zu er- wecken, ist standhaft, von gestählter Kraft, nicht nach- lässig im Guten.

(«) gahanl (= Sanskrit: grahanT) erklärt der Kommentar als das dem einzelnen angeborene (kamraa-ja, das durch vorgeburt- liches Wirken hervorgerufene) Wärmeelement (tejo-dhätu).

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FUNFERBUCH V 54

Weise ist er; er besitzt Einsicht in das Entstehen und Vergehen, edle, durchdringende, zur Vöihgen Leidensvernichtung führende.

Das, ihr Mönche, sind die fünf Kampfesgiieder.

Günstige und ungünstige Zeiten 54

Fünf ungünstige Zeiten zum Kampfe gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Wenn da, ihr Mönche, der Mönch alt ist, 'von Alter bedrückt: das, ihr Mönche, ist die erste ungünstige Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, der Mönch siech ist, von Siechtum bedrückt: das, ihr Mönche, ist die zweite ungünstige Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, Nahrungsnot und schlechte Ernte ist und Almosen schwer zu erlangen sind und es nicht leicht ist, vom Eingesammelten zu leben: das, ihr Mönche, ist die dritte ungünstige Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, die Jüngerschaft ge- spalten ist; denn ist, ihr Mönche, die Jüngerschaft gespalten, so verleumdet einer den anderen, beschimpft einer den anderen, umgeht einer den anderen, verjagt einer den anderen; und wer da kein Vertrauen be- sitzt, erlangt es nicht; bei einigen unter den Vertrauens- vollen aber tritt eine Wandlung ein das, ihr Mönche, ist die fünfte ungünstige Zeit zum Kampfe. Diese fünf ungünstigen Zeiten zum Kampfe gibt es, ihr Mönche.

Fünf günstige Zeiten zum Kampfe gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Wenn da, ihr Mönche, der Mönch noch ein Jüng- ling ist, jung, schwarzhaarig, in bester Jugend, im ersten Mannesalter: das, ihr Mönche, ist die erste günstige

V 5& DIE REDEN DES BUDDHA

Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, der Mönch gesund ist, frei Von Siechtum und seine Säfte eine gleichmäßige Verdauung bewirken, weder zu kalt sind noch zu heiß, sondern mittlere Wärme besitzen und ihn dem Kampfe gewachsen machen: das, ihr Mönche, ist die zweite günstige Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, Nahrungsüberfluß ist und gute Ernte und es leicht ist, Almosen zu erlangen und durch Almosen und Gaben das Leben zu fristen: das, ihr Mönche, ist die dritte günstige Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, die Menschen in Ein- tracht und Freundschaft leben, ohne Streit, ein mildes Wesen haben und einander mit freundlichen Blicken begegnen: das, ihr Mönche, ist die Vierte günstige Zeit zum Kampfe. Wenn da ferner, ihr Mönche, die Jüngerschaft in Frieden lebt. Voll Eintracht und Liebe, ohne Streit und ein und dieselben Vorschriften befolgt; lebt nämlich, ihrMönche, die Jüngerschaft in Eintracht, so verleumdet nicht einer den anderen, beschimpft nicht einer den anderen, umgeht nicht einer den anderen, verjagt nicht einer den anderen; dadurch aber gewinnen die Vertrauenslosen an Vertrauen, und die Vertrauens- vollen werden fester das, ihr Mönche, ist die fünfte günstige Zeit zum Kampfe. Diese fünf günstigen Zeiten zum Kampfe gibt es, ihr Mönche.

55 Die Falle des Mahr

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sä- vatthT, im Kloster des Anäthapindiko. Zu jener Zeit aber traten ein Mönch und eine Nonne Mutter und Sohn - beide in Sävatthi die Regenzeit an. Beide

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FÜNFERBUCH T 55

hatten häufig den Wunsch, sich einander zu sehen; bisweilen war es die Mutter, die den Sohn zu sehen wünschte, bisweilen der Sohn, der die Mutter zu sehen wünschte. Durch ihr häufiges Sehen aber Entstand Geselligkeit, und aus der Geselligkeit wurde Vertrau- lichkeit, und infolge der Vertraulichkeit unterlagen sie ihrer Schwäche; und schwachen Herzens, ohne das Asketenleben aufzugeben, verübten sie den Begat- tungsakt.

Damals nun begaben sich zahlreiche Mönche zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßten sie ehrfurchts- voll den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend, berichteten jene Mönche die ganze Sache dem Erhabenen.

[Der Erhabene:] »Wie? So meint wohl, ihr Mönche, jener Tor, daß eine Mutter nicht zu ihrem Sohne von Begierde ergriffen werden könnte oder ein Sohn nicht zu seiner Mutter? Nicht kenne ich, ihr Mönche, auch nur eine andere Gestalt, die so lust- erregend, so begierreizend, so berauschend, so be- strickend, so betörend und so hinderlich wäre, die unvergleichliche Sicherheit zu erringen, als wie gerade die Gestalt des Weibes. Wegen der Gestalt des Weibes, ihr Mönche, sind die Wesen in Lust und Begierde entbrannt, gefesselt und betört; und lange klagen sie im Banne der weiblichen Gestalt. Nicht kenne ich ihr Mönche, auch nur eine andere Stimme, nur einen anderen Duft, nur einen anderen Geschmack, nur eine andere Berührung, die so lusterregend, so begierreizend, so berauschend, so bestrickend, so betörend und so hinderlich Wäre, die unvergleichliche Sicherheit zu erringen, als wie gerade die Berührung

DieRedendesBuddha.Bd.il 65

t 65 DIE REDEN DES BUDDHA

des Weibes. Wegen der Berührung des Weibes, ihr Mönche, sind die Wesen in Lust und Begierde ent- brannt, gefesselt und betört; und lange klagen sie im Banne 'der weiblichen Berührung.

»Ob, ihr Mönche, das Weib geht oder steht, sitzt oder liegt, ob es lacht oder spricht, singt oder weint, oder ob es entblößt ist: selbst als Leiche, ihr Mönche, fesselt das Weib des Mannes Herz. Wollte man also, ihr Mönche, etwas mit Recht als die vollständige Falle des Mahr bezeichnen, so hätte man da mit Recht das Weib als solche zu bezeichnen.« («)

»Man plaud're eher mit Dämonen Und Mördern mit gezücktem Schwert, Berühre eher gift'ge Schlangen, Selbst wenn ihr Biß den Tod bewirkt. Als daß man jemals plaudere Mit einem Weibe ganz allein!

>Den Unachtsamen nämlich fesselt Durch Blick und Lächeln stets das Weib, Sowie durch ihre dünne Kleidung Als auch durch ihrer Stimme Reiz.

»Fünf sinnliche Objekte sind es. Die man am Weiberleib gewahrt: Gestalt und Stimme, Duft, Geschmack, . Berührung, die den Sinn berückt.

>Vom Strom der Leidenschaft getrieben, Ohn' Einblick in die Sinnlichkeit, Folgt einem Zeit, Geschick und Werden Stets nach in dieser Wandelwelt.

>Doch wer, die Sinnlichkeit durchschauend, Jedweder Furcht entronnen ist. Der hat den Strom der Welt durchkreuzet; Versiegt ist alle Leidenschaft.«

(«) Zu dieser Sutte vgl. I, 1.

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FUNFERBUCH V 56

Die Bedingungen zum Fortschritt 56

Einst begab sich ein Mönch zu seinem Berater («) und sprach zu ihm: »Gar verweichlicht, o Ehrwürdiger, ist mein Körper; die Richtwege sind mir nicht l^lar, die Fähigkeiten (ß) stellen sich bei mir nicht ein, Stumpfheit und Mattigkeit halten meinen Geist ge- fangen, und ohne Begeisterung führe ich das Mönchs- leben; auch bin ich über das Gesetz noch voller Zweifel.« Darauf begab sich jener Mönch, zusammen mit dem untergebenen Mönche (y), zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend, sprach jener Mönch also zum Erhabenen:

»Dieser Mönch, o Ehrwürdiger, sagt da, daß sein Körper gar verweichlicht sei, daß die Richtwege ihm nicht klar seien, die Fähigkeiten sich bei ihm nicht einstellen, Stumpfheit und Mattigkeit seinen Geist ge- fangen halten, und daß er ohne Begeisterung das Mönchsleben führe, daß auch hinsichtlich des Gesetzes er noch voller Zweifel sei.«

»So steht es damit, o Mönch: Wer da die Sinnen- tore nicht bewacht, beim Mahle nicht Maß hält, nicht

(«) Jeder Mönch (bhikkhu) muß mindestens während der ersten fünf Jahre in Abhängigkeit von dem von ihm selbst ge- wählten Berater (upajjhäya) leben. Zu letzterem darf er sich nur einen in dem Gesetz und der Ordenszucht erfahrenen Mönch, der zum wenigsten zehn Ordensjahre hinter sich hat, einen sog. thera, d. i. Ordensälteren, erwählen. Das gegenseitige Verhältnis soll wie das zwischen Vater und Sohn sein.

(ß) nämlich Gemütsruhe (samatha) und Hellblick (vi- pässanä), sagt der Kommentar.

(y) saddhi-vihärika, wörtl. -Mitbewohner«. So bezeichnet der Ordensältere seine ihm untergebenen Mönche und Novizen.

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t 56 DIE REDEN DES BUDDHA

der Wachsamkeit ergeben ist, die heilsamen Dinge nicht beachtet und nicht bei Beginn und Ende der Nacht, die Erweckung der zum Wissen führenden Dinge übend, verweilt, dessen Körper verweichlicht eben, die Richtwege sind ihm nicht klar, die Fähig- keiten stellen sich bei ihm nicht ein, Stumpfheit und Mattigkeit halten seinen Geist gefangen, und ohne Begeisterung führt er das Mönchsleben; auch hin- sichtlich des Gesetzes ist er voller Zweifel. So mögest du denn, o Mönch, danach trachten: ,Mit wohl- bewachten Sinnentoren will ich verweilen, maßhalten beim Mahle, mich der Wachsamkeit ergeben, die heil- samen Dinge beachten; und bei Beginn und Ende der Nacht will ich, die Erweckung der zum Wissen führen- den Dinge übend. Verweilen!' Danach, o Mönch, mögest du trachten!«

Und jener Mönch, Vom Erhabenen ermahnt, er- hob sich Von seinem Sitze, begrüßte ehrfurchtsvoll den Erhabenen und ging, dem Erhabenen die Rechte zukehrend, davon. Und einsam, abgesondert, uner- müdlich, eifrig, selbstentschlossen verweilend, gewann jener Mönch nach gar nicht langer Zeit jenes höchste Ziel der Heiligkeit, demzuliebe edle Söhne gänzlich Von Hause in die Hauslosigkeit ziehen, indem er es selber erkannte und verwirklichte. Und er erkannte: »Aufgehoben ist die Geburt, ausgelebt der Heilige Wandel, das Werk vollendet; nicht kehr' ich mehr zu dieser Welt zurück.« Und jener Mönch war einer der Heiligen geworden. Als er aber die Heiligkeit erlangt hatte, begab er sich zu seinem Berater und sprach zu ihm:

»Nicht mehr, o Ehrwürdiger, ist mein Körper ver-

G8 -

FÜNFERBUCH V ä6

weichlicht; die Richtwege sind mir klar, die Fähig- keiten stellen sich bei mir ein, nicht halten Stumpfheit und Mattigkeit meinen Geist gefangen, und voll Be- geisterung führe ich das Mönchsleben; auch hinsicht- lich des Gesetzes habe ich keine Zweifel mehr.«

Darauf begab sich jener Mönch, zusammen mit dem ihm untergebenen Mönche, zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend sprach jener Mönch also zum Erhabenen:

»Dieser Mönch, o Ehrwürdiger, sagt da, daß sein Körper nicht mehr verweichlicht sei, dai3 die Richt- wege ihm klar seien, die Fähigkeiten sich bei ihm einstellen, Stumpfheit und Mattigkeit seinen Geist nicht mehr gefangen halten und er voll Begeisterung das Mönchsleben führe, auch daß er hinsichtlich des Ge- setzes keine Zweifel mehr habe.«

»So steht es damit, o Mönch: Wer da die Sinnen- tore bewacht, der Wachsamkeit ergeben ist, die heil- samen Dinge beachtet und bei Beginn und Ende der Nacht, die Erweckung der zum Wissen führenden Dinge übend, verweilt, dessen Körper verweichlicht nicht, die Richtwege sind ihm klar, die Fähigkeiten stellen sich bei ihm ein, Stumpfheit und Mattigkeit halten seinen Geist nicht gefangen, und voll Begeisterung führt er das Mönchsleben; auch hat er hinsichtlich des Gesetzes keine Zweifel mehr. Darum habt ihr, o Mönche, da- nach zu trachten: »Mit Wohl bewachten Sinnentoren wollen wir verweilen, maßhalten beim Mahle, uns der Wachsamkeit ergeben, die heilsamen Dinge beachten und bei Beginn und Ende der Nacht, die Erweckung

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V57 DIE REDEN DES BUDDHA

der zum Wissen führenden Dinge übend, verweilen!« Danacii, ihr Mönche, habt ihr zu trachten!«

57 Fünf Betrachtungen fiir jedermann

Folgende fünf Gesetze, ihr Mönche, sollte jeder öfters bei sich 'erwägen, ganz gleich ob Mann oder Weib, Hausbewohner oder Hausloser: welche fünf?

»Dem Alter bin ich unterworfen, kann dem Alter nicht entgehen. Der Krankheit bin ich unterworfen, kann der Krankheit nicht entgehen. Dem Sterben bin ich unterworfen, kann dem Sterben nicht entgehen. Von allem Lieben und Angenehmen muß ich scheiden und mich trennen. Eigner und Erbe meiner Taten bin ich, meinen Taten entsprossen, mit ihnen verknüpft, habe sie zur Zuflucht und werde die guten und bösen Taten, die ich tue, zum Erbe haben«: das sollte jeder öfters bei sich erwägen, ganz gleich ob Mann oder Weib, Hausbewohner oder Hausloser.

Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich erwägen, daß man dem Alter unter- worfen ist, dem Alter nicht entgehen kann?

Die Wesen, ihr Mönche, sind erfüllt vom Jugend- wahne, durch den berauscht sie in Werken, Worten und Gedanken einen schlechten Wandel führen. Wer aber diese Tatsache öfters bei sich erwägt, bei dem schwindet dieser Jugendwahn entweder ganz, oder er wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich erwägen, daß man dem Alter unterworfen ist, dem Alter nicht entgehen kann.

Aus Welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich erwägen, daß man der Krankheit unterworfen ist, der Krankheit nicht entgehen kann?

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FÜNFERBUCH V 57

Die Wesen, ihr Mönche, sind erfüllt Vom Gesund- heitswahne, durch den berauscht sie in Werken, Worten und Gedanken einen schlechten Wandel führen. Wer aber diese Tatsache öfters bei sich erwägt, bei dem schwindet dieser Gesundheitswahn entweder ganz, oder er wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich erwägen, daß man der Krank- heit unterworfen ist, der Krankheit nicht entgehen kann.

Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich erwägen, daß man dem Sterben unterworfen ist, dem Sterben nicht entgehen kann?

Die Wesen, ihr Mönche, sind erfüllt vom Lebens- wahne, durch den berauscht sie in Werken, Worten und Gedanken einen schlechten Wandel führen. Wer aber diese Tatsache öfters bei sich erwägt, bei dem schwindet dieser Lebenswahn entweder ganz, oder er wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich erwägen, daß man dem Sterben unterworfen ist, dem Sterben nicht entgehen kann.

Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich erwägen, daß man von allem Lieben sich scheiden und trennen muß?

Die Wesen, ihr Mönche, sind hinsichtlich der ge- liebten Dinge von Willensgier erfüllt, durch die sie berauscht in Werken, Worten und Gedanken einen schlechten Wandel fühien. Wer aber diese Tatsache öfters bei sich erwägt, bei dem schwindet diese Willens- gier entweder ganz, oder sie wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche, sollte man öfters bei sich

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V&7 DIE REDEN DES BUDDHA

erwägen, daß man von allem Lieben scheiden und sich trennen muß.

Aus welchem Grunde aber, ihr Mönche, soll man öfters bei sich erwägen: »Eigner und Erbe meiner Taten bin ich, meinen Taten entsprossen, mit ihnen verknüpft, habe sie zur Zuflucht und werde die guten und bösen Taten, die ich tue, zum Erbe haben«?

Den Wesen, ihr Mönche, eignet schlechter Wandel in Werken, Worten und Gedanken. Wer aber öfters bei sich erwägt, daß er Eigner und Erbe seiner Taten ist und die guten und bösen Taten, die er tut, als Erbe haben wird, bei dem schwindet dieser schlechte Wandel entweder ganz, oder er wird abgeschwächt. Aus diesem Grunde, ihr Mönche, sollte man, ganz gleich ob Mann oder Weib, Hausbewohner oder Haus- loser, öfters bei sich also erwägen: »Eigner und Erbe meiner Taten bin ich, meinen Taten entsprossen, mit ihnen verknüpft, habe sie zur Zuflucht und werde die guten und bösen Taten, die ich tue, zum Erbe haben«.

Der edle Jünger, ihr Mönche, erwägt da also bei sich: »Nicht bin ich ja der Einzige, der dem Altern unterworfen ist, dem Altern nicht entgehen kann; son- dern wo immer es Wesen gibt, die da kommen und gehen, sterben und geboren werden: alle diese Wesen sind dem Altern unterworfen, können dem Altern nicht entgehen«. Indem er aber diese Tatsache häufig bei sich erwägt, erschließt sich ihm der Pfad. («) Jenen Pfad hegt und pflegt er, wandelt er beharrlich. Und

(a) magga, d. i. der Eintritt in einen der vier Grade der Heilig- keit, nämlich in den Stromeintritt, die Einmal-Wiederkehr, die Nie- wiederkehr oder die Vollkommene Heiligkeit, in Päli: sotäpatti- magga, sakadägämi-magga, anägäniT-magga und arahatta-magga.

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FÜNFERBUCH V 08

indem er jenen Pfad hegt und pflegt und ihn beharr- Uch wandelt, schwinden ihm die Fesseln («), und seine Neigungen (ß) ersterben.

[Er erwägt:] >Nicht bin ich ja der Einzige, der der Krankheit unterworfen ist, der Krankheit nicht entgehen kann; nicht bin ich ja der Einzige, der dem Sterben unterworfen ist, dem Sterben nicht ent- gehen kann; nicht bin ich ja der Einzige, der von allem Lieben scheiden und sich trennen muß; nicht bin ich ja der Einzige, der der Eigner und Erbe seiner Taten ist, seinen Taten entsprossen und mit ihnen verknüpft ist, sie zur Zuflucht hat und die guten und bösen Taten, die er tut, einst erben wird; sondern wo immer es Wesen gibt, die da kommen und gehen, sterben und geboren werden: alle diese Wesen sind Eigner und Erben ihrer Taten, sind ihren Taten ent- sprossen und mit ihnen verknüpft, haben sie zur Zu- flucht und werden die guten und bösen Taten, die sie tun, zum Erbe haben«. Indem er aber diese Tatsache häufig bei sich erwägt, erschließt sich ihm der Pfad. Jenen Pfad hegt und pflegt er, wandelt er beharrlich. Und indem er jenen Pfad hegt und pflegt und ihn be- harrlich wandelt, schwinden ihm die Fesseln, und seine Neigungen ersterben.

Fünf segensreiche Eigenschaften 58

Einst weilte der Erhabene im großen Walde bei SäVatthi, in der Halle des Giebelhauses. Und der

(a) Über die zehn Fesseln, sannöjana, die der Reihe nach durch das Erreichen der vier Pfade zur Aufhebung gelangen. Siehe X, 13.

(ß) anüsaya. Siehe VII, 12.

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V 68 DIE REDEN DES BUDDHA

Erhabene kleidete sich in der Frühe an, nahm Gewand und Almosenschale und begab sich nach Vesäli um Almosen. Nach dem Almosengange aber, am Nach- mittage, nach Beendigung des Mahles, ging er tief in den großen Wald hinein und setzte sich am Fuße eines Baumes nieder, um dort den Tag zu verbringen. Zahl- reiche Licchavier Prinzen aber, die damals gerade, mit gespannten Bogen versehen und von einer Schar Hunde umgeben, im großen Walde umherstreiften, sahen den Erhabenen am Fuße des Baumes sitzen. Bei seinem Anblicke legten sie die gespannten Bogen weg, trieben die Hunde beiseite und näherten sich dem Erhabenen. Dort angelangt begrüßten sie ehrfurchtsvoll den Er- habenen und setzten sich still und schweigsam nieder, indem sie zum Erhabenen die gefalteten Hände erhoben. Bei jener Gelegenheit aber erging sich Mahänämo der Licchavier im großen Walde, und er bemerkte jene Licchavier Prinzen, wie sie still und schweigsam, die gefalteten Hände erhoben, zur Seite des Erhabenen dasaßen. Bei ihrem Anblicke näherte er sich dem Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend stieß Mahä- nämo der Licchavier den Ruf aus: »Heil den Vajjiern! Heil den Vajjiern!«

[Der Erhabene :] > Warum sagst du denn, Mahänämo : »Heil den Vajjiern! («) Heil den Vajjiern!«?«

»Diese Licchavier Prinzen, o Ehrwürdiger, sind wild und roh und störrig. Was da in ihre Häuser an Süßigkeiten geschickt wird, wie Zuckerrohr, Brust- beeren, Kuchen, Backwerk und Palmzucker, das nehmen sich diese weg, essen davon und bewerfen

(«) Ein anderer Name für das Prinzengeschlecht der Licchavier. 74

FUNFERBUCH V 58

dann Von hinten die anständigen Mädciien und Frauen damit. Nun sitzen aber jene still und schweigsam, die gefalteten Hände erhoben, vor dem Erhabenen.«

»Sei es, Mahänamo, ein hauptgekrönter Khattiya- könig oder ein Bürger, der von seines Vaters Erbe lebt, oder ein Feldherr, ein Dorfherr, ein Gemeinde- vorsteher oder einer, der in seiner Familie die alleinige Leitung innehat: bei welchem edlen Sohne auch immer fünf Eigenschaften anzutreffen sind, da hat man Segen zu erwarten, keinen Nachteil. Welches aber sind diese fünf Eigenschaften? ^

»Mit den Schätzen, Mahanämo, die der edle Sohn durch Aufbietung von Fleiß und Anstrengung errungen, durch seiner Hände Arbeit im Schweiße seines An- gesichtes angehäuft hat, den rechtmäßigen, ehrlich er- worbenen, damit beschenkt er seine beiden Eltern. Er achtet und ehrt sie, ist ihnen ergeben. Von ihm aber beschenkt, geachtet und geehrt und hochgehalten, spenden ihm diese mit gutem Herzen ihren Segen: , Mögest du lange leben! Möge dir ein langes Leben beschieden sein!' Von ihnen aber gesegnet, hat der edle Sohn Segen zu erwarten, keinen Nachteil.

>Und fernerhin, Mahänamo, beschenkt der edle Sohn mit seinen Schätzen Weib und Kind, Knechte und Arbeiter, beschenkt er diejenigen, die an- grenzend an sein Feld beschäftigt sind, beschenkt er die Opfergötter («), beschenkt er Asketen und Priester. Er achtet und ehrt sie, ist ihnen ergeben. Von ihm aber beschenkt, geachtet und geehrt und hochgehalten, spenden ihm diese mit gutem Herzen ihren Segen: ,Mögest du lange leben! Möge dir ein

(a) Die Schutzgeister der Familien, sagt der Kommentar.

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V59 DIE REDEN DES BUDDHA

langes Leben beschieden sein!' Von ihnen aber ge- segnet, hat der edle Sohn Segen zu erwarten, keinen Nachteil.« («)

»Die beiden Eltern unterstützend, Erfüllt von Lieb' zu Weib und Kind, Gereicht zum Heil er dem Gesinde Und denen, die ihm anvertraut.

Zum Segen zeigt der Sittenreine Freigeb'ge Milde beiderseits: Den einst verstorbenen Verwandten Und denen, die noch lebend sind.

Sowohl Asketen als auch Priester, Ja, gar den Himmelswesen selbst, Macht Freude der verständ'ge Mann, Der tugendhaft zu Hause lebt.

\ s Indem er gute Werke wirkt.

Wird Lob und Ehre ihm zuteil. Hier preiset man ihn allgemein. Und dort erlangt er Himmelsglück.«

59 Die Nachteile des Alters

0)

Unter denen, ihr Mönche, die erst im Alter in die Hauslosigkeit gezogen sind, trifft man selten einen im Besitze folgender fünf Eigenschaften: welcher fünf?

Selten, ihr Mönche, trifft es sich, daß einer, der erst im Alter in die Hauslosigkeit gezogen ist, Scharf- sinn besitzt; selten, daß er ein vollendetes Benehmen hat; selten, daß er wissensreich ist; selten, daß er ein Gesetzesredner ist; selten, daß er ein Kenner der

(a) Zu dieser Rede vergl. die Rede über die sieben segens- reichen Eigenschaften der Vajjier. VII, 19 und 20.

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F-ÜNF£kBUCH V 66

Ordensdisziplin ist. Unter denen, ihr Mönche, die erst im Alter in die Hauslosigkeit gezogen sind, trifft man selten einen im Besitze dieser fünf Eigenschaften.

Die Nachteile des Alters 60

(2) Selten, ihr Mönche, trifft es sich, daß einer, der erst im Alter in die Hauslosigkeit gezogen ist, nach- giebig ist, daß er das Gelernte behält, daß er den anderen Beachtung schenkt, daß er ein Gesetzes- redner ist, daß er ein Kenner der Ordensdiziplin ist.

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V 61, 62, 63 DIE REDEN DES BUDDHA

SIEBENTER TEIL

Das Kapitel der Betrachtungen

61 Fünf segensreiche Betrachtungen

(1)

Fünf Betrachtungen, ihr Mönche, entfaltet und häufig geübt, bringen hohen Lohn und Segen und haben das Todlose Reich (a) zum Stützpunkte und Ziele, welche fünf?

Die Betrachtung des Widerlichen, die Betrachtung des Todes, die Betrachtung des Elends, die Betrach- tung des Ekels der Nahrung und die Betrachtung der Reizlosigkeit des ganzen Daseins.

62 Die Betrachtung der Vergänglichkeit, die Be- trachtung der Wesertlosigkeit, die Betrachtung des Todes, die Betrachtung des Ekels der Nahrung und die Betrachtung der Reizlosigkeit des ganzen Daseins. Diese fünf Betrachtungen, ihr Mönche, entfaltet und häufig geübt, bringen hohen Lohn und Segen und haben das Todlose Reich zum Stützpunkte und Ziele.

63 Der edle Gewinn

Wer da, ihr Mönche, unter den edlen Jüngern in fünf Dingen einen Fortschritt macht, der macht einen edlen Fortschritt und erlangt für sich das Edelste und Beste: in welchen fünf Dingen?

(«) amata (Sskr, amrita -= afj,ßQoaia) Todlosigkeit, Unsterb- lichkeit bezeichnet das Nirwahn, das Erlöstsein von künftigem Wiedergeboren werden, Altern und Sterben.

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FÜNFERBUCH V 05, 66, 6^

In Vertrauen, Sittlichkeit, Wissen, Freigebigkeit und Einsicht.

Wer da erstarkt ist in Vertrau'n und Sittlichkeit, In mildem Sinn, im Wissen und in Einsicht, Solch einsichtsvoller, edler Mensch gewinnt fürwahr Hienieden noch des eignen Selbstes wahres Ziel.

Der würdige Ordensbruder 65

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch Würdig der Besprechung mit seinen Ordensbrüdern. Und welches sind diese fünf?

Er hat selber Sittlichkeit erlangt, und die beim Gespräche über die Erlangung der Sittlichkeit auf- geworfenen Fragen weiß er zu beantworten. Er hat selber Sammlung erlangt, Einsicht erlangt, Er- lösung erlangt, den Erkenntnisblick der Erlösung erlangt, und die beim Gespräche über die Erlangung des Erkenntnisblickes der Erlösung aufgeworfenen Fragen weiß er zu beantworten. Mit diesen fünf Eigen- schaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Besprechung mit seinen Ordensbrüdern, würdig 66 ihrer Ordensgemeinschaft.

Der Segen der Machtfährten (iddhi-pada) 67

Wer da, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen folgende fünf Dinge entfaltet und häufig übt, der hat einen von beiden Ausgängen zu erwarten: entweder noch bei Lebzeiten »Höchstes Wissen« (aiinä) oder aber, wenn noch ein Daseinsrest übrig

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Y 68 DIE REDEN DES BUDDHA

bleibt («), die »NichtWiederkehr« (anägämi-tä). Und welches sind diese fünf Dinge?

Da, ihr Mönche, entfaltet der Mönch die in an- gestrengter »Sammlung des Willens« (chanda-samädhi) bestehende Machtfährte, die in angestrengter >Samm- lung der Kraft« (viriya-samädhi) bestehende Macht- fährte, die in angestrengter »Sammlung des Geistes« (citta-samädhi) bestehende Machtfährte, die in ange- strengter »Sammlung des Erwägens« (vimarhsä- samädhi) bestehende Machtfährte und als fünftes die

Ausdauer.

68 Schon vor meiner Vollkommenen Erleuchtung, ihr Mönche, als ich noch ein Unerleuchteter, ein Bödhisat (d. i. ein »Anwärter auf Erleuchtung«) war, da entfaltete und übte ich häufig diese fünf Dinge. Indem ich aber, ihr Mönche, diese Dinge als fünftes die Ausdauer entfaltete und häufig übte, da erreichte ich auf welche durch Höheres Wissen erreichbare Erscheinung ich auch immer meinen Geist richtete, um

(«) D. h. wenn er eben noch nicht bei Lebzeiten das Arahattum (Heihgkeit) erreicht hat und infolgedessen nach d'em Tode die fünf Daseinsaggregate (khanda-upädi) fortbestehen.

Auch beim Arahat (Heiligen) spricht man von einem mit einem Daseinsrest behafteten Nirwahn (upädi-sesa-nibbäna) und einem »von jedem Daseinsrest freien Nirwahn (an-upädi-sesa-nibbäna). Ersteres ist identisch mit der während seines Lebens eingetretenen ^Erlöschung (Nirwahn) der Leidenschaften« (kilesa-parinibbäna) und letzteres mit der bei seinem Tode eintretenden Erlöschung der Daseinsaggregate (khanda-parrinibbäna), von upädiyati, erfassen, sich anklammern, upädi ist eine Bezeichnung der fünf Daseinsaggregate (khanda). Der Kommentar sagt: upädi ist das, woran man sich mit den vier Anhaftungen (Begierde, Ansicht, Hang an Sittenregeln und Riten, Persönlichkeitsglaube) anklammert; es ist eine Bezeich- nung der fünf Daseinsaggregate».

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FUNFERBUCH V69

sie weise zu verwirklichen eben stets die Fähigl^eit, sie zu Verwirklichen, sobald die Bedingungen erfüllt waren.

Zur Erlösung führende Betrachtungen

Da, ihr Mönche, verweilt der Mönch in der Be- trachtung der Unreinheit des Körpers, ist eingedenk des Ekels der Nahrung, eingedenk der Reizlosigkeit des ganzen Daseins, betrachtet die Vergänglichkeit aller Bildungen, und die Vorstellung des Todes hat sich in seinem Innern wohl gefestigt. Diese fünf Dinge, ihr Mönche, entfaltet und häufig geübt, führen zum gänzlichen Daseinsüberdruß, zur Abwendung, Auf- hebung und zum Frieden, zur Durchschauung, Erleuch- tung und zum Nirwahn, führen zur Versiegung der Leidenschaften, zeitigen die Frucht der Gemüts- erlösung, haben die Frucht der Gemütserlösung zum Ergebnisse, zeitigen die Frucht der Wissenserlösung, haben die Frucht der Wissenserlösung zum Ergebnisse.

Insofern nun aber, ihr Mönche, der Mönch gemüts- erlöst und wissenserlöst ist, so nennt man ihn einen Schrankensprenger, einen Grabenzerstörer, einen Stützenausreißer, einen Ungehemmten, einen edlen Fahnenledigen, Lastenledigen, Losgelösten.

Wie aber, ihrMönche, ist der Mönch ein Schranken- sprenger? Da, ihr Mönche, ist in dem Mönche die Verblendung (avijjä) aufgehoben, entwurzelt, gleich einer Palme zerstört, zunichte gemacht und außerstande. Von neuem wieder aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Schrankensprenger.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Graben- zerstörer? Da, ihr Mönche, ist für den Mönch der

Die Redendes Budüha, Bd 11 81 ti

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V 69 DIE REDEN DES BUDDHA

Kreislauf (samsära) der Wiedergeburten versiegt, entwurzelt, gleich einer Palme zerstört, zunichte ge- macht und außerstande. Von neuem wieder aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Grabenzerstörer.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Stützen- ausreißer? Da, ihr Mönche, ist in dem Mönche das Begehren (tanhä) aufgehoben, entwurzelt, gleich einer Palme zerstört, zunichte gemacht und außerstande, von neuem wieder aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Stützenausreißer.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Un- gehemmter? Da, ihr Mönche, sind in dem Mönche die fünf niederen Fesseln (saiiiiejana) geschwunden, entwurzelt, gleich einer Palme zerstört, zunichte ge- macht und außerstande, von neuem wieder aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Ungehemmter.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein edler Fahnenlediger, Lastenlediger, Losgelöster? Da, ihr Mönche, ist in dem Mönche der Ichdünkel ge- schwunden, entwurzelt, gleich einer Palme zerstört, zunichte gemacht und außerstande. Von neuem wieder aufzukeimen. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein edler Fahnenlediger, Lastenlediger, Losgelöster.

H2 -

FUNFERBUCH V T^

ACHTER TEIL

Das Kapitel des Kämpfers

Der Befolger des Gesetzes 73

Ein Mönch kam zum Erhabenen und sprach:

»Als Befolger des Gesetzes, o Ehrwürdiger, wird da mancher bezeichnet. Inwiefern aber, o Ehrwürdiger, ist der Mönch ein Befolger des Gesetzes?«

>Da, ihr Mönche, lernt ein Mönch das Gesetz; und mit dem Lernen des Gesetzes verbringt er den ganzen Tag. Er aber flieht die Einsamkeit, übt keine innere Gemütsruhe. Einen Vielwisser, ihr Mönche, nennt man diesen Mönch, aber keinen Befolger des Gesetzes.

»Fernerhin, ihr Mönche: da legt ein Mönch das Gesetz, so wie er es gehört und gelernt hat, den anderen ausführlich dar; und mit dem Darlegen des Gesetzes verbringt er den ganzen Tag. Er aber flieht die Einsamkeit, übt keine innere Gemütsruhe. Einen eifrigen Redner, ihr Mönche, nennt man diesen Mönch.

»Fernerhin, ihr Mönche: da sagt ein Mönch das Gesetz, so wie er es gehört und gelernt hat, ausführ- lich her; und mit dem Hersagen Verbringt er den ganzen Tag. Er aber flieht die Einsamkeit, übt keine innere Gemütsruhe. Einen eifrigen Hersager des Gesetzes, ihr Mönche, nennt man diesen Mönch, aber keinen Befoiger des Gesetzes.

»Fernerhin, ihr Mönche: da denkt und sinnt ein Mönch über das Gesetz, so wie er es gehört und ge- lernt hat, nach, erwägt es im Geiste; und mit dem

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V 75 DIE REDEN DES BUDDHA

Nachdenken über das Gesetz verbringt er den ganzen Tag. Er aber flieht die Einsamkeit, übt keine innere Gemütsruhe. Einen eifrigen Grübler, ihr Mönche, nennt man diesen Mönch, aber keinen Befolger des Gesetzes.

>Fernerhin, ihr Mönche: da lernt ein Mönch das Gesetz; aber mit dem Lernen des Gesetzes verbringt er nicht den ganzen Tag. Und er flieht nicht die Ein- samkeit und übt innere Gemütsruhe. So wahrlich, ihr Mönche, ist der Mönch ein Befolger des Gesetzes.

»Erklärt habe ich also, ihr Mönche, den Vielwisser, erklärt den eifrigen Redner, erklärt den eifrigen Her- sager, erklärt den eifrigen Grübler, erklärt den Be- folger des Gesetzes. Was, ihr Mönche, ein Meister für seine Jünger, aus Liebe und Mitleid, von Mitleid bewogen, tun mag, das habe ich für euch getan. Ihr habt da, ihr Mönche, diese Plätze unter den Bäumen, ihr habt da diese leeren Behausungen. Übet Vertiefung, ihr Mönche, auf daß ihr nicht lässig werdet und euch später keine Reue ankomme! Das ist die Weisung, die ich euch gebe.«

75 Die fünf Kämpfer

Fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der Welt an- zutreffen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, ist ein Kämpfer schon beim An- blick der Staubmassen niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, in den Kampf zu ziehen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da der eine Kämpfer. Dies aber, ihr Mönche, ist der erste Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält ein Kämpfer zwar die Staubmassen aus, doch beim Anblick der Fahnen-

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FÜNFERBUCH V 75

spitzen ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, in den Kampf zu ziehen. Auch von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Kämpfer. Dies aber, ihr Mönche, ist der zweite Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar ein Kämpfer die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen- spitzen aus, doch beim Vernehmen des Kampfgeschreies ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, in den Kampf zu ziehen. Auch von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse .^Kämpfer. Dies aber, ihr Mönche, ist der dritte Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar ein Kämpfer die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen- spitzen aus, hält das Kampfgeschrei aus, doch im Kampfe erliegt er und gibt sich verloren. Auch Von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Kämpfer. Dies aber, ihr Mönche, ist der Vierte Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar ein Kämpfer die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen- spitzen aus, hält das Kampfgeschrei aus, hält den Kampf aus. Er gewinnt den Kampf und verbleibt als Sieger auf jenem Schlachtfelde. Auch von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Kämpfer. Dies aber, ihr Mönche, ist der fünfte Kämpfer, der in der Welt an- zutreffen ist.

Diese fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Ebenso auch, ihr Mönche, trifft man fünf den Kämpfern äh'nliche Menschen unter den Mönchen an: welche fünf?

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V 75 DIE REDEN DES BUDDHA

Da, ihr Mönche, ist der Mönch schon beim Anblicl< der Staubmassen niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Welt- leben zurück. Was aber gilt ihm als Staubmassen? Da, ihr Mönche, erfährt der Mönch: »In diesem Dorfe oder dieser Stadt lebt eine Frau oder ein Mädchen von schöner und stattlicher Erscheinung, mit Anmut und unvergleichlicher Schönheit begabt«. Auf diese Worte hin ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Welt- leben zurück. Das aber gilt ihm als Staubmassen. Und jenem Kämpfer, der schon beim Anblick der Staub- massen niedergeschlagen und entmutigt ist, nicht stand- hält und unfähig ist, in den Kampf zu ziehen: dem, ihr Mönche, ist dieser Mensch zu vergleichen. Von solcher Art, ihr Mönche, ist da der eine Mensch. Dies aber, ihr Mönche, ist der erste den Kämpfern ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar der Mönch die Staubmassen aus, doch beim Anblick der Fahnen- spitzen ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Welt- leben zurück. Was aber gilt ihm als Fahnenspitzen? Da, ihr Mönche, erfährt der Mönch zwar nicht: »In diesem Dorfe oder dieser Stadt lebt eine Frau oder ein Mädchen von schöner und stattlicher Erscheinung,

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FÜNFERBUCH V 75

mit Anmut und unvergleichlicher Schönheit begabt«; sondern er selber erblickt eine Frau oder ein Mädchen Von unvergleichlicher Schönheit. Bei ihrem Anblicke aber ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Weltleben zurück. Das aber gilt ihm als Fahnenspitzen. Und jenem Kämpfer, ihr Mönche, der die Staubmassen aushält, doch beim Anblick der Fahnenspitzen niedergeschlagen und entmutigt ist, nicht standhält und unfähig ist, in den Kampf zu ziehen: dem, ihr Mönche, ist dieser Mensch zu vergleichen. Auch von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Menschen. Dies aber, ihr Mönche, ist der zweite den Kämpfern ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält zwar der Mönch die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnen- spitzen aus, doch beim Vernehmen des Kampfgeschreies ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine Unfähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese auf und kehrt zu dem niederen Weltleben zurück. Was aber gilt ihm als Kampfgeschrei? Da, ihr Mönche, hat sich der Mönch in den Wald begeben, an den Fuß eines Baumes oder in eine leere Klause. Und ein Weib kommt zu ihm heran, lacht über ihn, ruft ihn an, lacht ihn aus, verspottet ihn. Von dem Weibe aber Verlacht, angerufen, ausgelacht und verspottet, ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, den heiligen Wandel zu führen. Seine Un- fähigkeit zur Askese bekennend, gibt er die Askese

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DIE REDEN DES BUDDHA

auf und kehrt zu dem niederen Weltleben zurück. Das aber* gilt ihm als Kampfgeschrei. Und jenem Kämpfer, ihr Mönche, der die Staubmassen aushält, den Anblick der Fahnenspitzen aushält, doch beim Vernehmen des Kampfgeschreies niedergeschlagen und entmutigt ist, nicht standhält und unfähig ist, in den Kampf zu ziehen: dem, ihr Mönche, ist dieser Mensch zu vergleichen. Auch Von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Menschen. Dies aber, ihr Mönche, ist der dritte den Kämpfern ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält der Mönch die Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnenspitzen aus, hält das Kampfgeschrei aus, doch im Kampfe er- liegt er und gibt sich verloren. Was aber gilt ihm als Kampf? Da, ihr Mönche, hat sich der Mönch in den Wald begeben, an den Fuß eines Baumes oder in eine leere Klause. Und ein Weib kommt zu ihm heran, setzt sich zu ihm, legt sich hin, umfängt ihn. Von jenem Weibe aber niedergezerrt, zu Boden gezogen und umfaßt, begeht er, ohne das Asketenleben auf- zugeben und seine Schwäche zu bekennen, den Ge- schlechtsakt. Das aber gilt ihm als Kampf. Und jenem Kämpfer, ihr Mönche, der die Staubmassen aushält, den Anblick der Fahnenspitzen aushält, das Kampfgeschrei aushält, doch im Kampfe erliegt und sich verloren gibt: dem, ihr Mönche, ist dieser Mensch zu Vergleichen. Auch Von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Menschen. Dies aber, ihr Mönche, ist der vierte den Kämpfern ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da hält der Mönch die

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FÜNFERBUCH V T;

Staubmassen aus, hält den Anblick der Fahnenspitzen aus, hält das Kampfgeschrei aus, hält den Kampf aus. Er gewinnt den Kampf und Verbleibt als Sieger auf jenem Schlachtfelde. Was aber gilt ihm als Sieg? Da, ihr Mönche, hat sich der Mönch in den Wald be- geben, an den Fuß eines Baumes oder in eine leere Klause. Und ein Weib kommt zu ihm heran, setzt sich zu ihm, legt sich hin, umfängt ihn. Von jenem Weibe aber niedergezerrt, zu Boden gezogen und um- faßt, entwindet er sich, reißt er sich los und geht wohin er will. Er wählt sich ein abgeschiedenes Lager im Walde, am Fuße eines Baumes, auf einem Berge, in einer Kluft, einer Felsenhöhle, auf dem Leichen- felde, im Waldesdickicht, unter freiem Himmel oder auf einem Strohhaufen. Mit gekreuzten Beinen setzt er sich nieder, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit gewärtig.

Weltliche Begierde hat er verworfen; begierde- losön Herzens Verweilt er; von Begierde läutert er sein Herz.

Groll und Mißmut hat er verworfen; sein Herz ist frei von Groll; auf das Wohl aller lebenden Wesen bedacht, läutert er sein Herz von Groll und Mißmut.

Schlaffheit und Mattheit hat er verworfen; frei Von Schlaffheit und Mattheit verweilt er; hellen Geistes, achtsam, klarbewußt, läutert er sein Herz Von Schlaff- heit und Mattheit.

Aufregung und Gewissensunruhe hat er verworfen; frei von Unruhe Verweilt er; von innerem Frieden er- füllt, läutert er sein Herz Von Aufregung und Gewissens- unruhe.

Zweifelsucht hat er verworfen; zweifelentsonnen

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V 75 DIE REDEN DES BUDDHA

Verweilt er; er zweifelt nicht am Guten, läutert sein Herz Von Zweifelsucht.

Er hat nun diese fünf Hemmungen beseitigt, die Be- fleckungen des Geistes kennen gelernt, die lähmenden.

Den Sinnendingen entrückt, entrückt den schuld- vollen Erscheinungen, gewinnt er die mit Sinnen und Nachdenken verbundene, in der Entrückung gebo- rene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte erste Vertiefung (jhäna). Nach dem Schwinden des Sinnens und Nachdenkens aber gewinnt er den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von Sinnen und Nachdenken freie, in der Sammlung. geborene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte zweite Vertiefung. Nach Abwendung von der Verzückung aber Verweilt er gleichmütig, achtsam, geistesklar; und er fühlt in sich jenes Glück, Von dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleichmütige, der Acht- same!« — so gewinnt er die dritte Vertiefung. Nach dem Schwinden Von Wohlgefühl und Schmerz aber und durch Überwindung des früheren Frohsinns und Trüb- sinns gewinnt er einen leidlosen, freudlosen Zustand, die durch Gleichmut und Achtsamkeit geklärte vierte Vertiefung.

Also im Geiste gesammelt, geläutert, fleckenlos, ungetrübt, nachgiebig, geschmeidig, fest, unerschütter- lich, richtet er seinen Geist auf die Erkenntnis der Versiegung der Leidenschaften: »Dies ist das Leiden« - erkennt er der Wirklichkeit gemäß. »Dies ist die Entstehung des Leidens« erkennt er der Wirklichkeit gemäß. »Dies ist die Aufhebung des Leidens« er- kennt er der Wirklichkeit gemäß. »Dies ist der zur

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FÜNFERBUCH V 76

Aufhebung des Leidens führende Pfad« erkennt er der Wirklichkeit gemäß.

Also erkennend, also schauend, wird sein Herz er- löst von der sinnlichen Leidenschaft, erlöst von der Daseinsleidenschaft, erlöst von der Leidenschaft der Unwissenheit. Und im Erlösten steiget die Erkenntnis auf: »Erlöst bin ich!«. »Versiegt ist die Geburt, er- füllt die Heiligkeit, das Werk vollbracht und nichts mehr bleibt für diese Welt«: also erkennt er. Das aber gilt ihm als Sieg. Und jenem Kämpfer, ihr Mön- che, der die Staubmassen aushält, den Anblick der Fahnenspitzen aushält, das Kampfgeschrei aushält, den Kampf aushält, den Kampf gewinnt und als Sieger auf jenem Schachtfelde verbleibt: dem, ihr Mönche, ist dieser Mensch zu vergleichen. Auch von solcher Art, ihr Mönche, sind da gewisse Menschen. Dies aber, ihr Mönche, ist der fünfte den Kämpfern ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Diese fünf den Kämpfern ähnliche Menschen, ihr Mönche, sind unter den Mönchen anzutreffen.

Der Kämpfer 76

Folgende fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, nimmt der Kämpfer Schwert und Schild, gürtet sich Köcher und Bogen um und zieht kampfgerüstet ins Treffen hinaus; und in jenem Treffen bekundet er Mut und Tapferkeit. Während er aber mutig und tapfer kämpft, töten und vernichten ihn die Feinde. So, ihr Mönche, steht es mit dem einen Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der erste Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

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V 7(5 DIE REDEN DES BUDDHA

Oder: während er mutig und tapfer kämpft, bringen die Feinde dem Kämpfer eine Verletzung bei; und man füfirt ihn ab und geleitet ihn zu seinen An- gehörigen. Während er aber zu seinen Angehörigen geleitet wird, und noch bevor er dieselben erreicht, ereilt ihn auf dem Wege dorthin der Tod. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der zweite Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

Oder: die Angehörigen warten dem Kämpfer auf und pflegen ihn. Während ihm aber seine An- gehörigen aufwarten und ihn pflegen, erliegt er eben jener Verletzung. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der dritte Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

Oder: während dem Kämpfer die Angehörigen aufwarten und ihn pflegen, genest er von eben jener Verletzung. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der Vierte Kämpfer, der in der Welt anzutreffen ist.

Oder: er gewinnt den Kampf und Verbleibt als Sieger auf jenem Schlachtfelde. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Kämpfer. Das aber, ihr Mönche, ist der fünfte Kämpfer, der in der Welt an- zutreffen ist.

Diese fünf Kämpfer, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Ebenso auch, ihr Mönche, sind unter den Mönchen fünf den Kämpfern ähnliche Menschen an- zutreffen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, wohnt ein Mönch in der Nähe eines Dorfes oder einer Stadt. In der Frühe kleidet er sich an, nimmt Gewand und Schale und geht in

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FÜNFERBUCH V 76

eben jenes Dorf oder jene Stadt um Almosen, ohne zu wachen über Körper, Worte und Gedanken, nicht gewärtig der Achtsamkeit, mit ungezügelten Sinnen. Dort erblickt er ein Weib, halb bekleidet, spärlich verhüllt. Bei ihrem Anblicke aber quält die Begierde sein Herz. Und giergequälten Herzens verübt er, ohne das Asketenleben aufzugeben und seine Schwäche zu bekennen, den Begattungsakt. Jenen Kämpfer aber, ihr Mönche, den die Feinde töten und Vernichten, dem ähnlich nenne ich diesen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit dem einen Mönche. Das aber, ihr Mönche, ist der erste dem Kämpfer ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da ist der Mönch gier- gequälten Herzens, wird von körperlichen und geistigen Qualen verzehrt. Der sagt sich: >So laß mich denn zum Kloster gehen und den Mönchen mitteilen, daß ich von Gier besessen, von Gier verzehrt bin; daß ich nicht länger den keuschen Wandel aushalte, daß ich hiermit meine Unfähigkeit zur Askese bekenne, und ich die Askese aufgeben und zum niederen Weltleben zurückkehren will.« Während er sich aber auf dem Wege zum Kloster befindet, und noch bevor er das Kloster erreicht, bekennt er schon unterwegs seine Unfähigkeit zur Askese, gibt die Askese auf und kehrt zum niederen Weltleben zurück. Jenem Kämpfer aber, ihr Mönche, dem die Feinde eine Verletzung beibringen und der abgeführt und zu seinen An- gehörigen geführt wird und, noch bevor er seine An- gehörigen erreicht, bereits unterwegs den Tod erleidet, dem ähnlich, ihr Mönche, nenne ich diesen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Mönche.

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V76 DIE REDEN DES BUDDHA

Das aber, ihr Mönche, ist der zweite dem Kämpfer ähn- liche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist. Fernerhin, ihr Mönche: da begibt sich der Mönch ins Kloster und spricht zu den Mönchen: »Von Gier besessen bin ich, ihr Brüder, werde von Gier verzehrt. Nicht kann ich länger den keuschen Wan- del aushalten. Ich bekenne euch hiermit meine Un- fähigkeit zur Askese, und will die Askese aufgeben und zum niederen Weltleben zurückkehren.« Seine Ordensbrüder aber ermahnen und belehren ihn: »Un- befriedigend sind die Begierden, hat der Erhabene ge- sagt, 0 Bruder, Voller Leiden und Qualen; mehr Elend steckt darin. Einem Knochenskelette gleichen die Be- gierden, — Fleischfetzen gleichen die Begierden, einer Grube voll glühender Kohlen gleichen die Be- gierden, — Traumbildern gleichen die Begierden, Betteleien gleichen die Begierden, Baumfrüchten gleichen die Begierden, einer Schlachtbank glei- chen die Begierden, Schwerterspitzen gleichen die Begierden, Lanzenspitzen gleichen die Begierden, Schlangenköpfen gleichen die Begierden, sind voller Leiden und Qualen; mehr Elend steckt darin. Möge doch der Ehrwürdige am keuschen Wandel Gefallen finden! Möge er sich nicht als unfähig zur Askese erklären, nicht die Askese aufgeben und zum niederen Weltleben zurückkehren!« Von seinen Or- densbrüdern also ermahnt und belehrt, spricht er: »Wohl hat, ihr Brüder, der Erhabene erklärt, daß die Begierden unbefriedigt sind, voller Leiden und Qualen, und daß mehr Elend darin steckt; doch das keusche Leben halte ich nicht länger aus. Ich bekenne euch somit meine Unfähigkeit zur Askese, gebe die Askese

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FÜNFERBUCH V 76

auf und kehre zum niederen Weltleben zurück. Und er bekennt seine Unfähigkeit zur Askese, gibt die As- kese auf und kehrt zum niederen Weltleben zurück. Jenem Kämpfer aber, ihr Mönche, der trotz der Auf- wartung und Pflege seitens seiner Angehörigen seiner Verletzung erliegt, dem ähnlich, ihr Mönche, nenne ich diesen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Mönche. Das aber, ihr Mönche, ist der dritte dem Kämpfer ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: Von seinen Ordens- brüdern ermahnt und belehrt, erwidert der Mönch also: »Standhaft will ich bleiben, ihr Brüder! Kämpfen will ich, ihr Brüder! Begeisterung will ich haben, ihr Brü- der! Nicht will ich nunmehr, ihr Brüder, mich als unfähig zur Askese erklären, die Askese aufgeben und zum niederen Weltleben zurückkehren.« Jenem Kämpfer aber, ihr Mönche, der unter Aufwartung und Pflege seitens seiner Angehörigen von seiner Ver- letzung genest, dem ähnlich, ihr Mönche, nenne ich diesen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Mönche. Das aber, ihr Mönche, ist der vierte dem Kämpfer ähnliche Mensch, der unter den Mön- chen anzutreffen ist.

Fernerhin, ihr Mönche: da lebt der Mönch in der Nähe eines Dorfes oder einer Stadt. In der Frühe kleidet er sich an, nimmt Gewand und Schale und geht in eben jenes Dorf oder jene Stadt um Almosen, wachend über Körper, Worte und Gedanken, gewärtig der Achtsamkeit, sinnengezügelt. Erblickt er nun mit dem Auge eine Form, so haftet er weder am Ganzen noch an den Einzelheiten. Da, unbewachten Auges

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V 70 DIE REDEN DES BUDDHA

weilend, Begehrsucht und Kummer, üble, schuldvolle Dinge in ihm eindringen möchten, so befleißigt er sich dessen Bewachung, trübet er das Auge, hält er das Auge im Zaume. Vernimmt er mit dem Ohre einen Ton, riecht er mit der Nase einen Duft, schmeckt er mit der Zunge einen Saft, fühlt er mit dem Körper ein Tastobjekt, bekennt er im Geiste ein Ding, so haftet er weder am Ganzen, noch an den Einzel-, heiten. Da, unbewachten Geistes weilend, Begehr- sucht und Kummer, üble, schuldvolle Dinge in ihm eindringen möchten, so befleißigt er sich dessen Be- wachung, hütet er den Geist, hält er den Geist im Zaume.

Am Nachmittage, nachdem er Vom Almosengange zurück ist, wählt er sich ein abgeschiedenes Lager im Walde, am Fuße eines Baumes, auf einem Berge, in einer Kluft, einer Felsenhöhle, auf dem Leichenfelde, im Waldesdickicht, unter freiem Himmel oder auf einem Strohhaufen. Mit gekreuzten Beinen setzt er sich nieder, den Körper gerade aufgerichtet, die Acht- samkeit gewärtig.

Weltliche Begierde hat er Verworfen; begierde- losen Herzens verweilt er; von Begierde läutert er sein Herz.

Groll und Mißmut hat er verworfen; sein Herz ist frei Von Groll; auf das Wohl aller lebenden Wesen bedacht, läutert er sein Herz von Groll und Mißmut.

Schlaffheit und Mattheit hat er verworfen; frei Von Schlaffheit und Mattheit verweilt er; hellen Geistes, achtsam, klarbewußt, läutert er sein Herz Von Schlaff- heit und Mattheit.

Aufregung und Gewissensunruhe hat er verworfen;

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FÜNFERBUCH V 76

frei von Unruhe verweilt er; von innerem Frieden er- füllt, läutert er sein Herz Von Aufregung und Gewissens- unruhe.

Zweifelsucht hat er verworfen; zweifelentsonnen Verweilt er; er zweifelt nicht am Guten, läutert sein Herz von Zweifelsucht.

Er hat nun diese fünf Hemmungen beseitigt, die Be- fleckung des Geistes kennen gelernt, die lähmenden.

Den Sinnendingen entrückt, entrückt den schuld- vollen Erscheinungen, gewinnt er die mit Sinnen und Nachdenken verbundene, in der Entrückung geborene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte erste Vertiefung (jhäna). Nach dem Schwinden des Sinnens und Nachdenkens aber gewinnt er den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die Von Sinnen und Nach- denken freie, in der Sammlung geborene, von Ver- zückung und Glückseligkeit erfüllte zweite Ver- tiefung. Nach Abwendung von der Verzückung aber Verweilt er gleichmütig, achtsam, geistesklar; und er fühlt in sich jenes Glück, von dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleichmütige, der Achtsame!« so gewinnt er die dritte Vertiefung. Nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz aber und durch Über- windung des früheren Frohsinns und Trübsinns ge- winnt er einen leidlosen, freudlosen Zustand, die durch Gleichmut und Achtsamkeit geklärte vierte Vertiefung.

Also im Geiste gesammelt, geläutert, fleckenlos, ungetrübt, nachgiebig, geschmeidig, fest, unerschütter- lich, richtet er seinen Geist auf die Erkenntnis der Versiegung der Leidenschaften: »Dies ist das Leiden« - erkennt er der Wirklichkeit gemäß. »Dies ist die

DieRpdendesBiidd1ia.nd.il - 97 <

Y 11 DIE REDEN DES BUDDHA

Entstehung des Leidens« erkennt er der Wirklich- keit gemäß. »Dies ist die Aufhebung des Leidens« erkennt er der WirkHchkeit gemäß. »Dies ist der zur Aufhebung des Leidens führende Pfad« erkennt er der Wirklichkeit gemäß.

Also erkennend, also schauend, wird sein Herz erlöst von der sinnlichen Leidenschaft, erlöst Von der Daseinsleidenschaft, erlöst von der Leidenschaft der Unwissenheit. Und im Erlösten steiget die Erkennt- nis auf: :^Erlöst bin ich!« Versiegt ist die Geburt, erfüllt die Heiligkeit, das Werk vollbracht und nichts mehr bleibt für diese Welt«: also erkennt er. Jenen Kämpfer aber, ihr Mönche, der den Kampf gewinnt und als Sieger auf eben jenem Schlachtfelde Verbleibt; dem ähnlich, ihr Mönche, nenne ich diesen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit einem anderen Mönche. Das aber, ihr Mönche, ist der fünfte, dem Kämpfer ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.

Diese fünf den Kämpfern ähnliche Menschen, ihr Mönche, sind unter den Mönchen anzutreffen.

77 Gefahren für den Waldasketen

Angesichts folgender fünf drohender Gefahren, ihr Mönche, sollte der im Walde lebende Mönch eifrig, unermüdlich, selbstentschlossen verharren, um das Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu errin- gen, das Unverwirkfichte zu Verwirklichen. Und wel- ches sind diese fünf Gefahren?

Da, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Ich lebe da allein im Walde. Und während ich allein im Walde lebe, mag mich eine Schlange beißen, oder ein Skor-

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FÜNFERBUCH Y 77

pion oder Hundertfuß mag mich stechen, und so möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis. So laß mich denn meine Willenskraft daran setzen, um das Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwjrklichte zu ver- wirklichen!« Das, ihr Mönche, ist die erste drohende Gefahr.

Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: >Ich lebe aHein im Walde. Und während ich allein im Walde lebe, möchte ich einmal straucheln und hin- fallen, oder die Speise möchte mir schlecht bekommen, oder Galle, Schleim oder stechende Gase möchten erregt werden; und dadurch möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis. Jungen Burschen, die zur Arbeit gehen oder von der Arbeit kommen, möchte ich begegnen. Die möchten mich des Lebens berauben; durch sie möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hinder- nis. — Auch wilde Unholde hausen im Walde. Die möchten mich des Lebens berauben; durch sie möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis. So lasse mich denn meine Willenskraft daran setzen, um das Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirklichte zu ver- wirklichen!« Das, ihr Mönche, ist die fünfte drohende Gefahr.

Angesichts dieser fünf drohenden Gefahren, ihr Mönche, sollte der im Walde lebende Mönch eifrig, unermüdlich, selbstentschlossen verharren, um das Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirklichte zu verwirklichen.

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t :*8 DIE REDEN DES BUDDHA

78 Drohende Gefahren für den Mönch

Angesichts folgender fünf drohender Gefahren, ihr Mönche, sollte der Mönch eifrig, unermüdlich, selbst- entschlossen Verharren, um das Unerreichte zu er- reichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirk- lichte zu verwirklichen. Und welches sind diese fünf Gefahren ?

Da, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Noch bin ich jung, jung an Jahren, ein Jüngling, dunkelhaarig, in der besten Jugend, im ersten Mannesalter. Einst je- doch kommt eine Zeit, wo diesen Körper das Alter be- fällt. Für einen aber, der alt ist, Vom Alter gebeugt, ist es nicht leicht, die Weisung des Erleuchteten zu beachten, nicht leicht, imWaldein waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu leben. Bevor mich also jener uner- wünschte, unliebsame, unangenehme Zustand ereilt, will ich schon vorher meine Willenskraft daransetzen, um das Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirklichte zu verwirklichen, in dessen Besitze ich dann selbst noch im Alter glück- lich leben werde!« Das, ihr Mönche, ist die erste drohende Gefahr.

Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Noch bin ich gesund, frei von Siechtum; meine Säfte bewirken eine gleichmäßige Verdauung, sind weder zu kalt noch zu heiß, sondern besitzen mittlere Wärme und machen mich dem Kampfe gewachsen. Einst jedoch kommt eine Zeit, wo diesen Körper Krankheit befällt. Für einen Kranken aber. Von Krankheit Be- drückten ist es nicht leicht, die Weisung des Erleuchteten zu beachten, nicht leicht, im Walde in waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu leben. Bevor mich

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FUNFERBUCH V 78

also jener unerwünschte, unliebsame, unangenehme Zustand ereilt, will ich schon Vorher meine Willens- kraft daransetzen, um das Unerreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das UnVerwirklichte zu verwirklichen, in dessen Besitze ich dann selbst während der Krankheit glücklich leben werde!« Das, ihr Mönche, ist die zweite drohende Gefahr.

Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Gegenwärtig gibt es Nahrungsüberfluß und gute Ernte, und leicht ist es, Almosen zu erhalten und durch Almosen und Gaben das Leben zu fristen. Einst jedoch kommt eine Zeit, wo Nahrungsnot und schlechte Ernte eintritt, und wo es schwer ist, Almosen zu er- langen und durch Almosen und Gaben das Leben zu fristen. Bei Nahrungsnot aber begeben sich die Men- schen dorthin, wo Nahrungsüberfluß herrscht. Dort aber lebt man in Gesellschaft, lebt man gedrängt zu- sammen. Lebt man aber in Gesellschaft und gedrängt zusammen, so ist es nicht leicht, die Weisung des Er- leuchteten zu beachten, nicht leicht, im Walde in waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu leben. Bevor mich also jener unerwünschte, unliebsame, un- angenehme Zustand ereilt, will ich schon vorher meine Willenskraft daransetzen, um das Unerreichte zu er- reichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirk- lichte zu verwirklichen, in dessen Besitze ich dann selbst während der Nahrungsnot glücklich leben werde!« Das, ihr Mönche, ist die dritte drohende Gefahr.

Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Gegenwärtig leben die Menschen in Eintracht und Freundschaft, ohne Streit, haben ein mildes Wesen und begegnen einander mit freundlichen Blicken. Es

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V 7S Din REDFN DES BUDDHA

kommt jedoch eine Zeit, wo Gefahr droht und Auf- ruhr unter der Gebirgsbevölkerung und die Bewohner des Landes auf Wagen umhereilen. Zur Zeit der Ge- fahr aber begeben sich die Menschen an einen ge- sicherten Ort. Dort aber lebt man in Gesellschaft, lebt man gedrängt zusammen. Lebt man aber in Ge- sellschaft und gedrängt zusammen, so ist es nicht leicht, die Weisung des Erleuchteten zu beachten, nicht leicht, im Walde in waldeinsamen, abgeschiedenen Behau- sungen zu leben. Bevor mich also, jener unerwünschte, unliebsame, unangenehme Zustand ereilt, will ich schon Vorher meine Willenskraft daransetzen, um das Uner- reichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirklichte zu verwirklichen, in dessen Besitze ich dann selbst während der Gefahr glücklich leben werde!« Das, ihr Mönche, ist die Vierte drohende Gefahr.

Fernerhin, ihr Mönche, sagt sich der Mönch: »Gegenwärtig lebt die Jüngerschaft in Frieden, Voll Eintracht und Liebe, ohne Streit und befolgt ein und dieselben Vorschriften. Es kommt jedoch eine Zeit, wo die Jüngerschaft gespalten ist. Ist aber die Jünger- schaft gespalten, so ist es nicht leicht, die Weisung des Erleuchteten zu beachten, nicht leicht, im Walde in waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen zu leben. Bevor mich also jener unerwünschte, unlieb- same, unangenehme Zustand ereilt, will ich schon vor- her meine Willenskraft daransetzen, um das Uner- reichte zu erreichen, das Unerrungene zu, erringen, das Unverwirklichte zu Verwirklichen, in dessen Besitze ich dann, selbst während die Jüngerschaft gespalten ist, glücklich leben werde!« Das, ihr Mönche, ist die fünfte drohende Gefahr.

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FÜNFERBUCH V 79

Angesichts dieser fünf drohenden Gefahren, ihr Mönche, sollte der Mönch eifrig, unermüdlich, selbst- entschlossen verharren, um das Unerreichte zu er- reichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirk- lichte zu verwirklichen.

Drohende Gefahren für den Orden 79

Fünf drohende Gefahren, ihr Mönche, gegen- wärtig noch nicht entstanden, werden dereinst ent- stehen. Jene sollt ihr erkennen; und habt ihr sie erkannt, so sollt ihr nach deren Überkommung streben. Welches aber sind diese fünf?

Einst, ihr Mönche, in späteren Zeiten wird es Mönche geben, die ohne körperliche Zucht sind und unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste und in Einsicht. Ohne körperliche Zucht und unentwickelt in Sittlich- keit, im Geiste und in Einsicht, werden sie andere als Mönche aufnehmen («). Aber nicht werden sie imstande sein, dieselben in hoher Sittlichkeit, hoher Geistig- keit und hoher Einsicht iß) zu erziehen. So werden auch diese wieder ohne körperliche Zucht sein und unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste und in Einsicht. Ohne körperliche Zucht und unentwickelt in Sittlich- keit, im Geiste und in Einsicht, werden auch diese wieder andere als Mönche aufnehmen. Und auch sie werden nicht imstande sein, diese in hoher Sittlich- keit, hoher Geistigkeit und hoher Einsicht zu erziehen. So werden ebenfalls diese wieder ohne körperliche

(«) Nur ein Mönch (bhikkhu) mit zehnjähriger Ordens- angehörigkeit, d. i. ein Thera (wörtl. Älterer) kann im Verein mit vier anderen Mönchen die Bhikkhuweihe (upasämpadä) erteilen.

iß) D. i. adhi-sila, adhi-citta und adhi-paiiüä.

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V 71) Dlh REDEN DES BUDDHA

Zucht sein und unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste und in Einsicht. Auf diese Weise, ihr Mönche, kommt es durch den Zerfall des Gesetzes (dhamma) zum Zerfalle der Ordensdisziplin (Vinaya) und durch den Zerfall der Ordensdisziplin zum Zerfalle des Gesetzes. Das, ihr Mönche, ist die erste drohende Gefahr.

Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten Mönche geben, die ohne körperliche Zucht sind und unentwickelt in Sittlichkeit, im Geiste und in Einsicht; und ohne körperliche Zucht und unentwickelt in Sitt- lichkeit, im Geiste und in Einsicht gewähren sie anderen ihren »Beistand« (nissaya) («), oder beim Vor- trage hoher Gesetze und Erklärungen werden sie die bösen Dinge, auf die sie verfallen, nicht erkennen, oder, wenn jene vom Vollendeten verkündeten Ge- setze vorgetragen werden, jene tiefen, tiefsinnigen, überweltlichen, die von der Nichtigkeit handeln, so horchen die Mönche nicht gern zu, leihen kein Ge- hör, machen ihren Geist nicht dem Verständnisse der- selben zugängig und glauben, jene Dinge nicht lernen und sich aneignen zu müssen. Werden dagegen jene von den Dichtern verfaßten Dichtungen vorgetragen, jene schönklingenden, schöngeistigen, äußerlichen. Von den Anhängern gelehrten, so horchen die Mönche gerne zu, leihen Gehör, machen ihren Geist dem Ver-

(a) Jeder Mönch (bhikkhu) hat die fünf ersten Jahre seiner Ordensangehörigkeit in Abhängigkeit seines Beraters (upajjhäya), oder, wenn dieser abwesend oder gestorben ist, in Abhängigkeit irgend eines von ihm selber gewählten Ordens älteren (thera) zu leben. Letzterer ist also der Vertreter, bzw. Nachfolger, des Be- raters, wird aber niemals als upajjhäya, sondern stets bloß als nissaya (Beistand) bezeichnet.

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FÜNFERBUCH V 80

Ständnisse derselben zugängig und glauben, jene Dinge lernen und sich aneignen zu müssen.

Oder sie sind als ältere Mönche der Üppig- keit ergeben, schlaffe Menschen, vor allem die Gesellig- keit suchend und die Einsamkeit als Last Verwerfend; und sie strengen ihre Willenskraft nicht an, um das Unerlangte zu erlangen, das Unerreichte zu erreichen, das Unverwirklichte zu verwirklichen. Auf diese Weise, ihr Mönche, kommt es durch den Zerfall des Ge- setzes zum Zerfalle der Ordensdisziplin und durch den Zerfall der Ordensdisziplin zum Zerfalle des Ge- setzes. Das, ihr Mönche, ist die fünfte drohende Gefahr.

Diese fünf drohenden Gefahren, ihr Mönche, gegenwärtig noch nicht entstanden, werden dereinst entstehen. Jene sollt ihr erkennen; und habt ihr sie erkannt, so sollt ihr nach deren Überkommung streben.

Drohende Gefahren für den Mönch so

Fünf drohende Gefahren, ihr Mönche, gegenwärtig noch nicht entstanden, werden dereinst entstehen. Jene sollt ihr erkennen; und habt ihr sie erkannt, so sollt ihr nach deren Überkommung streben. Welches aber sind diese fünf?

Einst, ihr Mönche, in späteren Zeiten wird es Mönche geben, die nach guten Gewändern begehren; und indem sie nach guten Gewändern begehren, meiden sie die Fetzenkleidung, meiden sie die waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen im Walde und begeben sich nach dem Dorfe oder der Stadt oder der könig- lichen Residenz. Dort nehmen sie ihren Aufenthalt, und um des Gewandes willen benehmen sie sich in

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V, so DIE REDEN DES BUDDHA

Vielerlei Weise aufdringlich und ungehörig. Das, ihr Mönche, ist die erste drohende Gefahr.

Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten Mönche geben, die nach guter Almosenspeise be- gehren; und indem sie nach guter Almosenspeise be- gehren, meiden sie den Almosengang, meiden sie die waldeinsamen, abgeschiedenen Behausungen im Walde und begeben sich nach dem Dorfe oder der Stadt oder der königlichen Residenz. Dort nehmen sie ihren Aufenthalt, indem sie nach leckeren Bissen spähen («). Um der Almosenspeise willen aber benehmen sie sich in vielerlei Weise aufdringlich und ungehörig. Das, ihr Mönche, ist die zweite drohende Gefahr.

Ferner, ihr Mönche, Wird es in späteren Zeiten Mönche geben, die nach guten Wohnstätten begehren; und indem sie nach guten Wohnstätten begehren, meiden sie das Wohnen am Fuße eines Baumes, meiden sie waldeinsame, abgeschiedene Behausungen im Walde und begeben sich nach dem Dorfe oder der Stadt oder der königlichen Residenz, um dortselbst ihren Aufenthalt zu nehmen. Um der Wohnstätte willen aber benehmen sie sich in vielerlei Weise aufdring- lich und ungehörig. Das, ihr Mönche, ist die dritte drohende Gefahr.

Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten Mönche geben, die in Gesellschaft Von Nonnen, Schülerinnen und Asketenzöglingen (ß) leben. Da sie aber in Gesellschaft von Nonnen, Schülerinnen und Asketenzöglingen leben, steht zu erwarten, daß sie entweder ohne Begeisterung den heiligen Wandel

(rt) Wörtl: mit der Zungenspitze die besten Säfte suchend. iß) bhikkhunl, sikkhamänä und saman'uddesä.

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FÜNFERBUCH V SO

führen oder sich eines schmutzigen Vergehens schul- dig machen oder die Askese aufgeben und zum niederen Wehleben zurückkehren werden. Das, ihr Mönche, ist die vierte drohende Gefahr.

Ferner, ihr Mönche, wird es in späteren Zeiten Mönche geben, die in Gesellschaft Von Klosterdienern («) und Asketenzöglingen leben; und indem sie, ihr Mönche, in Gesellschaft von Klosterdienern und Asketenzöglingen leben, steht zu erwarten, daß sie mit vielerlei aufgespeicherten Schätzen sich zu schaffen machen und Arbeiten an Grund und Boden vornehmen lassen. Das, ihr Mönche, ist die fünfte drohende Gefahr.

Diese fünf drohenden Gefahren, ihr Mönche, gegenwärtig noch nicht entstanden werden dereinst entstehen. Jene sollt ihr erkennen; und habt ihr sie erkannt, so sollt ihr nach deren Überkommung streben.

(rt) ärämika, im weitesten Sinne jeder, der in einem Äränia (Kloster) wohnt, als KI oster insasse, Klosterbewohner.

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V 81, S2, S3, DIE REDEN DES BUDDHA 84, 85, (8J)

NEUNTER TEIL:

Das Kapitel der Ordensälteren

81 Gründe des Beliebtseins und tlnbeliebtseins

Insofern, ihr Mönche, ein älterer Mönch fünf Eigenschaften besitzt, Wird er Von seinen Ordens- brüdern nicht geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt: welche fünf?

Wenn er bei giererregenden Dingen in Gier ge- rät, bei haßerregenden Dingen in Haß gerät, bei verblendenden Dingen in Verblendung gerät, bei zorn- erregenden Dingen in Zorn gerät und bei wahnerregen- den Dingen in Wahn gerät.

82 Wenn er nicht frei ist von Gier, Haß, Ver- blendung, Heuchelei und Neid.

83 Wenn er ein Betrüger ist, ein Schmeichler, Zeichendeuter, Gaukler und immer nach Geschenken giert.

84 Wenn er vertrauenslos ist, schamlos, gewissen- los, träge und töricht.

85 Wenn er nicht standhaft bleibt bei Gestalten, Tönen, Düften, Geschmacksempfindungen und Be- rührungen. Insofern, ihr Mönche, ein älterer Mönch diese fünf Eigenschaften besitzt, wird er von seinen Ordensbrüdern nicht geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt.

(81) Insofern aber, ihr Mönche, ein älterer Mönch folgende fünf Eigenschaften besitzt, wird er Von seinen Ordensbrüdern geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt: welche fünf?

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Y (82), (83), FÜNFERBUCH (nA), (85), 80, 8t

Wenn er bei giererregenden Dingen nicht in Gier gerät, bei haßerregenden Dingen nicht in Haß gerät, bei verblendenden Dingen nicht in Verblendung gerät, bei zornerregenden Dingen nicht in Zorn gerät und bei wahnerregenden Dingen nicht in Wahn gerät.

Wenn er frei ist von Gier, Haß, Verblendung, (82) Heuchelei und Neid.

Wenn er kein Betrüger ist, kein Schmeichler, (83) Zeichendeuter, Gaukler und nicht nach Geschenken giert.

Wenn er Vertrauen besitzt, Schamgefühl, Ge- (84) wissen, Willenskraft und Einsicht.

Wenn er standhaft bleibt bei Gestalten, Tönen, (85) Düften, Geschmacksempfindungen und Berührungen.

Wenn er das Analytische Wissen der wahren 86 Bedeutung, das Analytische Wissen des Gesetzes, das Analytische Wissen der Sprache und das Analy- tische Wissen der Darlegung («) besitzt und er in allen den kleinen und großen Pflichten gegen seine Ordensbrüder tüchtig und eifrig ist, sich dabei auf die richtigen Mittel versteht, zu handeln und anzu- ordnen.

Wenn ihm Sittlichkeit eignet, ein großes Wissen 87 eignet, edle Rede eignet, er der vier Vertiefungen teil- haftig wird und schon bei Lebzeiten die Oemüts- erlösung und Wissenserlösung selber erkannt, ver- wirklicht und sich zu eigen gemacht hat.

(«) attha-patisambhidä, dhamma-patisambhidä, niriiüi-pati- sanibhidä und patibhäna-patisämbhidä.

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V88 DIE REDEN DES BUDDHA

88 Der Einfluß des Ordensälteren

Sind, ihr Mönciie, bei einem älteren Mönche fünf Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen zum Schaden, Vielen zum Unglück, Vielen zum Verderben, zum Unheil und Leiden der Himmelswesen und Menschen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, blickt der ältere Mönch auf viele Ordensjahre zurück, ist schon vor langem in die Haus- losigkeit gezogen. Er ist bekannt, besitzt Ansehen und eine große Anhängerschaft unter Mönchen wie Hausleuten. Er wird beschenkt mit Gewand, Almosen- speise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Er ist wissensreich, ein Träger des Wissens, hat sich ein großes Wissen angesammelt. Jene Ge- setze, die im Anfang erhaben, in der Mitte erhaben und im Ausgange erhaben sind, dem Sinne wie dem Wortlaute nach, und das ganz und gar vollkommene, geläuterte Heilige Leben lehren, solcher Gesetze hat er viele vernommen, sich eingeprägt, in Worten ge- merkt, im Geiste erwogen, mit Erkenntnis wohl durch- drungen. Er besitzt aber verkehrte Ansichten, ver- kehrte Anschauungen, bringt Viele Vom Guten ab und befestigt sie im Bösen.

Seinem Beispiele aber folgt man, denn man sagt sich, daß er als älterer Mönch auf viele Ordensjahre zurückblickt und schon vor langem in die Hauslosig- keit gezogen ist; daß er bekannt ist. Ansehen und große Anhängerschaft unter Mönchen wie Hausleuten besitzt; daß er beschenkt wird mit Gewand, Almosen- speise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien; daß er Wissensreich ist, ein Träger des Wissens, sich ein großes Wissen angesammelt hat.

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FÜNFERBUCH V 88

Sind, ihr Mönche, bei einem älteren Mönche diese fünf Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen zum Schaden, Vielen zum Unglück, Vielen zum Verderben, zum Unheil und Leiden der Himmelswesen und Menschen.

Sind aber, ihr Mönche, bei einem älteren Mönche folgende fünf Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen zum Nutzen, Vielen zum Glücke, Vielen zum Segen, zum Heil und Wohl der Himmelswesen und Menschen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, blickt der ältere Mönch auf Viele Ordensjahre zurück, ist schon Vor langem in die Hauslosigkeit gezogen. Er ist bekannt, besitzt Ansehen und eine große Anhängerschaft unter Mönchen wie Hausleuten. Er wird beschenkt mit Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Er ist wissensreich, ein Träger des Wissens, hat sich ein großes Wissen angesammelt. Jene Gesetze, die im Anfang erhaben, in der Mitte erhaben und im Ausgange erhaben sind, dem Sinne wie dem Wortlaute nach, und das ganz und gar Voll- kommene, geläuterte Heilige Leben lehren, solcher Gesetze hat er Viele vernommen, sich eingeprägt, in Worten gemerkt, im Geiste erwogen, mit Erkenntnis wohl durchdrungen. Er besitzt rechte Ansichten und unverdorbene Anschauungen, bringt Viele vom Bösen ab und befestigt sie im Guten.

Seinem Beispiele aber folgt man, denn man sagt sich, daß er als älterer Mönch auf viele Ordensjahre zurückblickt und schon vor langem in die Hauslosig- keit gezogen ist; daß er bekannt ist. Ansehen und große Anhängerschaft unter Mönchen wie Hausleuten

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V st), 90 DIE REDEN DES BUDDHA

besitzt; daß er beschenkt wird mit Gewand, Almosen- speise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien; daß er wissensreich ist, ein Träger des Wissens, sich ein großes Wissen angesammelt hat. Sind, ihr Mönche, bei einem älteren Mönche diese fünf Dinge anzutreffen, so gereicht er Vielen zum Nutzen, vielen zum Glücke, Vielen zum Segen, zum Heil und Wohl der Himmelswesen und Menschen.

89 Nachteilige Dinge

(1)

Fünf Dinge, ihr Mönche, gereichen dem kampfes- fähigen Mönche zum Nachteil: welche fünf?

Gefallen an körperlicher Arbeit, Gefallen am Plaudern, Gefallen am Schlafen, Gefallen an Gesellig- keit und nicht bedenken, wie das Herz Befreiung findet. Diese fünf Dinge, ihr Mönche, gereichen dem kampfes- fähigen Mönche zum Nachteil.

90 Nachteilige Dinge

(2)

Fünf Umstände, ihr Mönche, gereichen dem kampfesfähigen Mönche zum Nachteil: welche fünf?

Da, ihr Mönche, ist der kampfesfähige Mönch Viel geschäftig, hat Viel zu tun, ist in allen Geschäften bewandert; und er meidet die Abgeschiedenheit, übt keine innere Gemütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der erste Umstand, der dem kampfesfähigen Mönche zum Nachteil gereicht.

Und ferner, ihr Mönche: da Verbringt der kämpf es- fiihige Mönch mit einer nichtigen Arbeit den ganzen Tag; und er meidet die Abgeschiedenheit, übt keine

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FUNFERBUCH V 90

innere Gemütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der zweite Umstand, der dem l<ampfesfähigen Mönche zum Nach- teil gereicht.

Und ferner, ihr Mönche: da lebt der kampfes- fähige Mönch in Gesellschaft Von Hausleuten und Mönchen, in verkehrter Laiengesellschaft; und er meidet die Abgeschiedenheit, übt keine innere Ge- mütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der dritte Umstand, der dem kämpfenden Mönche zum Nachteil gereicht.

Und ferner, ihr Mönche: da begibt sich der kampfesfähige Mönch sehr früh ins Dorf und kehrt erst nach der Mittagszeit zurück; und er meidet die Abgeschiedenheit, übt keine innere Gemütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der vierte Umstand, der dem kämpfen- den Mönche zum Nachteil gereicht.

Und ferner, ihr Mönche: was da diese läutern- den, für die geistige Entfaltung so heilsamen Beleh- rungen betrifft, als wie Belehrungen über Bedürfnis- losigkeit, Zufriedenheit, Einsamkeit, Abgeschiedenheit, Willenskraft, Sittlichkeit, Sammlung, Einsicht, Erlösung und den Erkenntnisblick der Erlösung: alle solche Belehrungen werden ihm nicht nach Wunsch, nicht ohne Mühe und Anstrengung zuteil; und er meidet die Abgeschiedenheit, übt keine innere Gemütsruhe. Das, ihr Mönche, ist der fünfte Umstand, der dem kämpfenden Mönche zum Nachteil gereicht.

Diese fünf Umstände, ihr Mönche, gereichen dem kampfesfähigen Mönche zum Nachteil.

Die Reden des Buddha. Bd. II 113

T9J,V)2,93,94 DIE REDEN DES BUDDHA

ZEHNTER TEIL:

Das Kapitel des Kakudho

Fünferlei Schätze

91 Fünferlei Schätze (sampadä) («) gibt es, ihr Mönche : den Schatz des Vertrauens, der Sittlichkeit, des Wissens, der Freigebigkeit und der Einsicht; den Schatz der

92 Sittlichkeit, der Sammlung, der Einsicht, der Erlösung und des Erkenntnisblickes der Erlösung.

93 Die Kundtuung Höchsten Wissens

Fünferlei Kundtuungen »Höchsten Wissens« (anfiä) (ß) gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Aus Dummheit und Torheit mag da einer Höchstes Wissen kundtun; in übler Absicht und aus Begehren mag da einer Höchstes Wissen kundtun; infolge Von Wahnsinn und geistiger Zerfahrenheit mag da einer Höchstes Wissen kundtun; aus Selbstüberhebung mag da einer Höchstes Wissen kundtun; der Wahrheit ent- sprechend mag da einer Höchstes Wissen kundtun. Diese fünferlei Kundtuungen Höchsten Wissens gibt es, ihr Mönche.

94 Wohlsein

Fünf Arten des Wohlseins gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, gewinnt der Mönch, den Sinnen- dingen entrückt, entrückt den schuldvollen Erschei- nungen, die mit Sinnen und Nachdenken verbundene,

(a) Wörtl. Erlangungen, Gewinne (sampadä).

iß) anfiä ist das dem Arahat (Heiligen) eigene Wissen.

114 -

FÜNFERBUCH T 95

in der Entrückung geborene, Von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte erste Vertiefung. Das, ihr Mönche, ist die erste Art des Wohlseins.

Fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch nach dem Schwinden des Sinnens und Nachdenkens den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von Sinnen und Nachdenken freie, in der Sammlung ge- - borene, von Verzückung und Glückseligkeit erfüllte zweite Vertiefung. Das, ihr Mönche, ist die zweite Art des Wohlseins.

Fernerhin, ihr Mönche, verweilt der Mönch nach Abwendung der Verzückung gleichmütig, achtsam, geistesklar; und er fühlt in sich das Glück, Von dem die Edlen sprechen: »Glückselig der Gleichmütige, der Achtsame!« so gewinnt er die dritte Vertiefung. Das, ihr Mönche, ist die dritte Art des Wohlseins.

Fernerhin, ihr Mönche, gewinnt der Mönch nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und durch Überwindung des früheren Frohsinns und Trüb- sinns einen leidlosen, freudlosen Zustand, die durch Gleichmut und Achtsamkeit geklärte Vierte Vertiefung. Das, ihr Mönche, ist die Vierte Art des Wohlseins.

Fernerhin, ihr Mönche, macht der Mönch, durch Versiegung der Leidenschaften, noch bei Lebzeiten die leidenschaftslose Gemütserlösung und Wissens- erlösung sich zu eigen, indem er sie selber erkennt und verwirklicht. Das, ihr Mönche, ist die fünfte Art des Wohlseins.

Unerschütterlichkeit 95

(1) Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, erreicht der Mönch in gar tlicht langer Zeit die

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T 96, 99 DIE REDEN DES BUDDHA

Unerschütterlichkeit (a). Und welches sind diese fünf?

Das Analytische Wissen der wahren Bedeutung, das Analytische Wissen des Gesetzes, das Analytische Wissen der Sprache und das Analytische Wissen der Darlegung.

96 Unerschütterlichkeit

(2)

Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, dringt der Mönch, durch »Achtsamkeit bei Ein- und Aus- atmung« (änäpäna-sati), in gar nicht langer Zeit durch bis zur ünerschütterlichkeit. Und welches sind diese fünf Dinge? -

Da, ihr Mönche, hat der Mönch wenig Bedürf- . nisse, ist wenig geschäftig, leicht zu befriedigen und bescheidet sich mit dem, was zum Leben nötig ist. Er begnügt sich mit wenig Speise, ist dem leiblichen Genüsse nicht zugetan. Er schläft wenig, befleißigt sich des Wachens. Er ist wissensreich, ein Träger des Wissens, hat sich ein großes Wissen angesammelt. Er denkt darüber nach, wie das Herz Erlösung findet. Mit diesen fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, dringt der Mönch, durch »Achtsamkeit bei Ein- und Aus- atmung«, in gar nicht langer Zeit durch bis zur Un- erschütterlichkeit.

99 Der Löwe

Der Löwe, ihr Mönche, der König der Tiere, tritt des Abends aus seiner Höhle heraus. Aus der Höhle herausgetreten, springt er empor. Emporgesprungen,

(«) Damit ist das Arahattum, d. i. der Zustand des Arahats, gemeint.

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FÜNFERBUCH V 100

Späht er nach allen Vier Seiten. Nachdem er nach allen vier Seiten gespäht hat, läßt er dreimal seine Löwenstimme erschallen. Nachdem er dreimal seine Löwenstimme hat erschallen lassen, geht er auf Beute aus. Versetzt er nun einen Schlag, sei es einem Elefanten, Büffel, Rinde oder Panther oder auch einem kleinen Tiere, ja selbst einem Hunde oder einer Katze, so versetzt er den Schlag eben gründlich, nicht ober- flächlich. Und warum? Damit er seiner Würde nicht verlustig gehe.

Der Löwe, ihr Mönche, ist eine Bezeichnung des Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erleuchteten. Daß nämlich der Vollendete, ihr Mönche, den Menschen das Gesetz verkündet, das gilt als sein Löwenruf. Weist aber, ihr Mönche, der Vollendete das Gesetz, sei es den Mönchen, Nonnen, Anhängern oder An- hängerinnen oder auch Weitlingen, ja selbst Futter- knechten oder Vogelstellern, so weist der Vollendete das Gesetz eben gründlich, nicht oberflächlich. Und warum? Weil der Vollendete, ihr Mönche, eben das Gesetz würdigt, das Gesetz hochhält.

Die fünf Meister loo

Das habe ich gehört:

Einst weilte der Erhabene im Ghositakloster bei Kosambi. Zu jener Zeit aber war der Kolier Kakudho, des ehrwürdigen Mahä-Moggallano Begleiter, gerade gestorben und in einer geisterzeugten Welt wieder- erschienen; und er besaß einen Körper, der so groß war wie zwei oder drei Magadher Bauernfelder. Mit jenem Körper aber belästigte er weder sich selber noch die anderen. Und Kakudho der Himmelssohn

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V 100 DIE REDEN DES BUDDHA

begab sich dorthin, wo der ehrwürdige Mahä-Moggal- läno weilte. Dort angelangt, begrüßte er ehrfurchts- voll den ehrwürdigen Mahä-Moggalläno und stellte sich zur Seite hin. Zur Seite aber stehend, sprach Kakudho der Himmelssohn also zum ehrwürdigen Mahä-Moggalläno :

' >In Devadatto, o Ehrwürdiger, ist der Wunsch aufgestiegen, selber die Jüngerschaft zu leiten. Gleich- zeitig mit dem Aufsteigen dieses Gedankens aber, 0 Ehrwürdiger, ist Devadatto die magische Fähigkeit geschwunden.«

Dies sprach Kakudho der Himmelssohn. Nach diesen Worten aber begrüßte ßr ehrfurchtsvoll den ehrwürdigen Mahä-Moggalläno, und ihm die Rechte zukehrend, verschwand er von eben jenem Platze. Der ehrwürdige Mahä-Moggalläno aber begab sich zum Erhabenen und berichtete ihm, was sich zu- getragen hatte.

[Der Erhabene:] »Wie, Moggalläno? Hast du wohl im Geiste die Gedanken Kakudhos des Himmels- sohnes durchschaut und erkannt, daß, was er da sagt, sich alles so verhält und nicht anders?«

»Im Geiste, o Ehrwürdiger, habe ich die Ge- danken Kakudhos des Himmelssohnes durchschaut und erkannt, daß, was er da sagt, sich alles so ver- hält, nicht anders.«

»Hüte diese Worte, Moggalläno! Hüte diese Worte, Moggalläno! Denn gar bajd wird jener nichts- würdige Mensch (nämlich Devadatto) sich selber ver- raten.

»Folgende fünf Meister, Moggalläno, sind in der Weh anzutreffen: welche fünf?

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FÜNFERBUCH V 100

»Da, Moggalläno, behauptet ein Meister, obgleich von unlauterem Wandel, daß er einen lauteren Wandel führe, daß sein Sittenwandel lauter sei, rein und unbefleckt. Seine Jünger aber wissen, daß der Meister von unlauterem Sittenwandel ist, obgleich er behauptet, daß er Von lauterem Sittenwandel sei, daß sein Sittenwandel lauter sei, rein und unbefleckt. [Und sie denken:] 3>Wenn Wir das den Hausleuten mitteilten, so wäre das nicht angenehm für ihn. Wie sollen wir uns aber zu dem, was ihm unangenehm ist, verhalten?« Man beehrt ihn mit Gewand, Almosenspeise, Lager- statt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Durch alles aber, was er tut, wird er sich verraten. Einen solchen Meister, Mogalläno, nehmen die Jünger wegen seines Sittenwandels in Schutz, und auch er erwartet von seinen Jüngern, daß man ihn wegen seines Sitten- wandels schütze.

»Fernerhin, Moggalläno: da behauptet ein Meister, obgleich von unlauterer Lebensweise, daß er eine lautere Lebensweise führe, obgleich er unvoll- kommen das Gesetz darlegt, daß er in der Darlegung des Gesetzes vollkommen sei, obgleich er unvoll- kommene Erklärungen gibt, daß seine Erklärungen vollkommen seien, obgleich er einen unvollkom- menen Erkenntnisblick besitzt, daß er mit einem voll- kommenen Erkenntnisblick ausgestattet sei, daß sein Erkenntnisblick lauter sei, rein und unbefleckt. Seine Jünger aber wissen, daß der Meister einen unvoll- kommenen Erkenntnisblick besitzt, obgleich er be- hauptet, daß er einen vollkommenen Erkenntnis- blick besitze, daß sein Erkenntnisblick lauter sei, rein und unbefleckt. [Und sie denken:] »Wenn wir das

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V 100 DIE REDEN DES BUDDHA

den Hausleuten mitteilten, so wäre das nicht an- genehm für ihn. Wie sollen wir uns aber zu dem, was ihm unangenehm ist, verhalten?« Man beehrt ihn mit Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Durch alles aber, was er tut, wird er sich verraten. Einen solchen Meister, Moggalläno, nehmen die Jünger wegen seines Erkenntnisblickes in Schutz, und auch er erwartet von seinen Jüngern, daß man ihn wegen seines Erkennt- nisblickes schütze.

»Diese fünf Meister, Moggalläno, sind in der Welt anzutreffen. Ich aber, Moggalläno, behaupte, da ich eben von lauterem Sittenwandel bin, daß ich einen lauteren Sittenwandel führe, daß mein Sitten Wandel lauter ist, rein und unbefleckt. Und nicht schützen mich meine Jünger wegen meines Sittenwandels, und auch ich erwarte nicht von meinen Jüngern, daß sie mich wegen des Sittenwandels schützen sollen. Ferner- hin, Moggalläno, behaupte ich, da ich eben von lauterer Lebensweise bin, daß ich eine lautere Lebensweise führe, da ich eben das Gesetz vollkommen darlege, daß ich in der Darlegung des Gesetzes vollkommen bin, da ich eben Vollkommene Erklärungen gebe, daß meine Erklärungen vollkommen sind, da ich eben einen vollkommenen Erkenntnisblick besitze, daß ich mit einem vollkommenen Erkenntnisblick aus- gestattet bin, daß mein Erkenntnisblick lauter ist, rein und unbefleckt. Und nicht schützen mich meine Jünger wegen meines Erkenntnisblickes, und auch ich erwarte nicht von meinen Jüngern, daß sie mich wegen meines Erkenntnisblickes schützen sollen.

120

FÜNFERBUCH V IM

ELFTER TEIL

Das Kapitel der glücklichen Zustände

Kampfeszuversicht bewirkende Eigenschaften lOi

Fünf Eigenschaften, ihr Mönche, bewirken Kampfes- zuversicht: welche fünf? Da, ihr Mönche, besitzt der Mönch Vertrauen, Sittlichkeit, Wissen, Willenskraft und Einsicht.

Was da, ihr Mönche, der Vertrauenslose an Scheu besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem von Vertrauen Erfüllten; demnach bewirkt diese Eigen- schaft Kampfeszuversicht.

Was da, ihr Mönche, der Sittenlose an Scheu besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem Von Sittlichkeit Erfüllten; demnach bewirkt diese Eigen- schaft Kampfeszuversicht.

Was da, ihr Mönche, der Unwissende an Scheu besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem von großem Wissen Erfüllten; demnach bewirkt diese Eigenschaft Kampfeszuversicht.

Was da, ihr Mönche, der Träge an Scheu besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem von Willens- kraft Erfülhen; demnach bewirkt diese Eigenschaft Kampfeszuversicht.

Was da, ihr Mönche, der Einsichtslose an Scheu besitzt, jene Scheu besteht nicht mehr in dem Von Einsicht Erfüllten; demnach bewirkt diese Eigenschaft Kampfeszuversicht.

Diese fünf Eigenschaften, ihr Mönche, bewirken Kampfeszuversicht.

121 -

V 102, 103 DIE REDEN DES BUDDHA

102 Verdacht erregende Umstände

Gegen einen Mönch, ihr Mönche, bei dem fünf Umstände zutreffen, hegt man Mißtrauen und Verdacht, daß er ein schlechter Mönch sei, selbst wenn er schon die Unerschütterlichkeit erreicht hat. Und welches sind diese fünf Umstände?

Da, ihr Mönche, besucht der Mönch Dirnen, be- sucht Witwen, besucht alte Jungfern, besucht Eunuchen und besucht Nonnen. Gegen einen Mönch, ihr Mönche, bei dem diese fünf Umstände zutreffen, hegt man Mißtrauen und Verdacht, daß er ein schlechter Mönch sei, selbst wenn er schon die Unerschütterlichkeit er- reicht hat.

103 Der Räuber

Ein großer Räuber, ihr Mönche, bei dem fünf Be- dingungen anzutreffen sind, bricht in Häuser ein, geht auf Raub aus, plündert selber ein ganzes Haus und lauert als Wegelagerer auf. Und welches sind diese fünf Bedingungen?

Da, ihr Mönche, ist der große Räuber ein Freund unwegsamer Plälze, ein Freund des Dickichts, ein Freund der Mächtigen, ist freigebig mit seinen Schätzen und zieht allein seines Wegs.

Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber ein Freund unwegsamer Plätze? Da, ihr Mönche, lebt der große Räuber an einem schwer passierbaren Flusse oder auf einem schwer zugänglichen Berge.

Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber ein Freund des Dickichts? Da, ihr Mönche, lebt der große Räuber im Gestrüppe des Grases oder der Bäume, im Dickicht oder einem großen Waldhaine.

122

FUNFERBUCH V 103

Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber ein Freund der Mächtigen? Da, ihr Mönche, ist der große Räuber ein Freund von Fürsten oder Ministern; und er sagt sich: »Sollte mir irgendeiner etwas sagen, so werden diese Fürsten und Minister die Sache ablehnend behandeln«. Wenn somit irgendeiner ihm etwas sagt, so verhandeln eben diese Fürsten und Minister die Sache ablehnend.

Wie aber, ihr Mönche, ist der große Räuber frei- gebig mit seinen Schätzen? Da, ihr Mönche, ist der Räuber wohlhabend, besitzt großen Reichtum, große Schätze; und er sagt sich: »Wenn mir irgendeiner etwas sagen sollte, so werde ich ihn da mit meinen Schätzen gewinnen«. Wenn somit irgendeiner ihm etwas sagt, so gewinnt er ihn alsbald mit seinen Schätzen.

Wie aber, ihr Mönche, zieht der große Räuber seines Weges allein? Da, ihr Mönche, geht der Räu- ber ganz allein auf Beute aus. Und warum? Damit eben seine geheimen Pläne nicht nach außen hin dringen.

Ein großer Räuber, ihr Mönche, bei dem diese fünf Bedingungen anzutreffen sind, bricht in Häuser ein, geht auf Raub aus, plündert selbst ein ganzes Haus und lauert als Wegelagerer auf.

Ebenso auch, ihr Mönche, führt der schlechte Mönch, bei dem fünf Bedingungen anzutreffen sind, ein verkanntes. Verdorbenes Leben, ist verwerflich, wird von den Verständigen getadelt und erwirkt sich große Schuld, und welches sind diese fünf Be- dingungen?

123

y 103 DIE REDEN DES BUDDHA

Da, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch ein Freund unwegsamer Plätze, ein Freund des Dickichts, ein Freund der Mächtigen, freigebig mit seinen Schätzen und zieht allein seines Wegs.

Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch ein Freund unwegsamer Plätze? Da, ihr Mönche, verübt der Mönch unwegsame Tat in Werken, un- wegsame Tat in Worten und unwegsame Tat in Ge- danken.

Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch ein Freund des Dickichts? Da, ihr Mönche, hegt der schlechte Mönch verkehrte Ansichten, ist extremen Ansichten ergeben.

Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch ein Freund der Mächtigen? Da, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch der Freund Von Fürsten und Ministern; und er sagt sich: »Sollte mir irgendeiner etwas sagen, so werden diese Fürsten und Minister die Sache ab- lehnend behandeln«. Wenn somit irgendeiner ihm etwas sagt, so verhandeln eben diese Fürsten und Minister die Sache ablehnend.

Wie aber, ihr Mönche, ist der schlechte Mönch freigebig mit seinen Schätzen? Da, ihr Mönche, er- langt der schlechte Mönch Gewänder, Almosen, Lager- stätten und Arzneien und Heilmittel; und er sagt sich: »Sollte mir irgendeiner etwas sagen, so werde ich ihn da mit meinen Schätzen gewinnen«. Wenn somit irgendeiner ihm etwas sagt, so gewinnt er ihn alsbald mit seinen Schätzen.

Wie aber, ihr Mönche, zieht der schlechte Mönch seines Weges allein? Da, ihr Mönche, nimmt der schlechte Mönch seinen Aufenthalt in den Grenzländern.

124 -

FÜNFERßUCH V 105, 106

Dort begibt er sich zu den Familien hin und erhält Gaben.

Der schlechte Mönch, ihr Mönche, bei dem diese fünf Bedingungen anzutreffen sind, führt ein verkom- menes, verdorbenes Leben, ist verwerflich, wird von den Verständigen getadelt und erwirkt eine große Schuld.

Glückliche Zustände 105

Fünf glückliche Zustände gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, erweist sich der Mönch gegen seine Ordensbrüder ob bemerkt oder unbemerkt

liebevoll in Werken, liebevoll in Worten und liebe- voll in Gedanken. Was die Sitten aber betrifft, die un- gebrochenen, lückenlosen, unbefleckten, ungetrübten, ungezwungenen, Von den Verständigen gepriesenen, unbeeinflußten, zur Sammlung hinführenden, in solchen Sitten stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein

ob bemerkt oder unbemerkt. Und in jener edlen, erlösenden Erkenntnis, die den danach Handelnden zum Völligen Leidensende führt, in solcher Erkenntnis stimmt er mit seinen Ordensbrüdern überein, ob bemerkt oder unbemerkt. Diese fünf glücklichen Zu- stände gibt es, ihr Mönche.

Wie lebt man im Orden glücklich? 106

[Im Ghositakloster bei Kosambi:]

Der ehrwürdige Änando sprach zum Erhabenen:

»Wie, 0 Ehrwürdiger, mag wohl der Mönch im Orden glücklich leben?«

>Wenn, Änando, der Mönch selber vollkommen ist in Sittlichkeit und nicht die anderen in hoher Sitt-

125

V 106 DIE REDEN DES BUDDHA

lichkeit bekrittelt, so mag der Mönch im Orden glück- lich leben.«

»Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine andere Weise, wie der Mönch im Orden glücklich leben mag?«

»Ja, Anando. Wenn, Anando, der Mönch selber in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht die anderen. Auch so, Anando, mag der Mönch im Orden glücklich leben.«

»Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine andere Weise, wie der Mönch im Orden glücklich leben mag?«

»Ja, Anando. Wenn, Anando, der Mönch selber in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht die anderen; wenn er, insofern er unbekannt ist, durch dieses Unbekanntsein nicht beunruhigt wird. Auch so, Anando, mag der Mönch im Orden glücklich leben.«

»Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine andere Weise, Wie der Mönch im Orden glücklich leben mag?«

»Ja, Anando. Wenn, Anando, der Mönch selber in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht die anderen; jvenn er, insofern er unbekannt ist, durch dieses Unbekanntsein nicht beunruhigt wird; wenn er der vier Vertiefungen, der geisterhebenden, zeitlich beglückenden, nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird. Auch so, Anando, mag der Mönch im Orden glücklich leben.«

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FÜNFERBUCH V 107, i08

>Gibt es nun wohl, o Ehrwürdiger, noch eine andere Weise, wie der Mönch im Orden glücklich leben mag?«

>Ja, Änando. Wenn, Anando, der Mönch selber in Sittlichkeit vollkommen ist und nicht die anderen in hoher Sittlichkeit bekrittelt; wenn er sich selber beobachtet und nicht die anderen; wenn er, insofern er unbekannt ist, durch dieses Unbekanntsein nicht beunruhigt wird; wenn er der Vier Vertiefungen, der geisterhebenden, zeitlich beglückenden, nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird; wenn er, durch Versiegung der Leidenschaften, noch bei Lebzeiten die leidenschaftslose Gemütserlösung und Wissenserlösung selber erkennt, verwirklicht und sich zu eigen macht. Auch so, Änando, mag der Mönch im Orden glücklich leben. Ein anderes Wohlsein aber, Änando, das höher und edler wäre als dieses, das, Änando, sage ich, gibt es nicht.«

Würdig der Verehrung 107

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gast- freundschaft, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchts- vollen Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für verdienstvolle Werke. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch vollkommen in Sittlichkeit, vollkommen in Sammlung, vollkommen in Einsicht, vollkommen in Erlösung, vollkommen im Er- kenntnisblicke der Erlösung.

Er besitzt die Sittlichkeit des Kampfesledigen, 108 die Sammlung des Kampfesledigen, die Einsicht des

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1 109, 110 DIE REDEN DES BUDDHA

Kampfesledigen, die Erlösung des Kampfesledigen, den Erkenntnisblick der Erlösung des Kampfesledigen. Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastfreund- schaft, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für ver- dienstvolle Werke.

109 Herr in jeder Richtung

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch Herr in jeder Richtung: mit welchen fünf Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, besitzt der Mönch Sittlichkeit, besitzt ein großes Wissen, ist zufrieden mit jederart Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien, wird der Vier Vertiefungen teilhaftig und hat schon bei Lebzeiten die Gemüts- erlösung und Wissenserlösung sich zu eigen gemacht. Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch Herr in jeder Richtung.

110 Zum Waldleben befähigt

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch befähigt, im Walde in waldeinsamen, abgelegenen Behausungen zu leben: mit welchen fünf Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, besitzt der Mönch Sittlichkeit, besitzt ein großes Wissen, besitzt Willenskraft, wird der Vier Vertiefungen teilhaftig und hat schon bei Leb- zeiten die Gemütserlösung und Wissenserlösung sich zu eigen gemacht. Mit diesen fünf Eigenschaften aus- gestattet, ihr Mönche, ist der Mönch befähigt, im Walde in waldeinsamen, abgelegenen Behausungen zu leben.

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FÜNFERBUCH T 111, 112

ZWÖLFTER TEIL:

Bei Andhakavinda

Unbeliebt bei den Familien m

Der in den Familien verkehrende Mönch, ihr Mönche, der fünf Eigenschaften besitzt, wird nicht in den Familien geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?

Mit Unbekannten sucht er Vertraulichkeit; wie ein Herr befiehlt er; mit denen, die einander in Zwiespalt leben, sucht er Verkehr; ein Ohrenbläser ist er; viele Anliegen hat er. Der in den Familien Verkehrende Mönch, ihr Mönche, der diese fünf Eigenschaften be- sitzt, wird nicht in den Familien geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt.

Der ungeeignete Begleiter 112

Wenn, ihr Mönche, ein Mönch folgende fünf Eigen- schaften besitzt, sollte man ihn nicht zum Begleiter (a) nehmen: welche fünf Eigenschaften?

Wenn er in zu großem oder zu kleinem Abstände geht; wenn er das in der Almosenschale Enthaltene nicht annehmen will; wenn er, sobald man gerade etwas Unrechtes sprechen will, einen nicht davon zurückhält; wenn er dem Redenden immer in die Worte fällt; wenn er unverständig und stumpfsinnig ist. Wenn, ihr

(a) Das Wort bedeutet wörtlich : Nach-Asket. Damit ist ge- meint ein jüngerer Mönch oder Novize, der den älteren Mönch begleitet, und, gemäß der Sitte, nicht etwa zu seiner Seite, sondern hinter ihm her geht.

DieRedendesBuddha.Bd.il 129 9

T 113, 114 DIE REDEN DES BUDDHA

Mönche, ein Mönch diese fünf Eigenschaften besitzt, sollte man ihn nicht zum Begleiter nehmen.

113 Unfähig zur rechten Sammlung

Der Mönch, ihr Mönche, bei dem folgende fünf Bedingungen anzutreffen sind, ist außerstande, in den Besitz rechter Sammlung zu gelangen: welche fünf Bedingungen aber?

Er bleibt nicht standhaft bei den Gestalten, nicht standhaft bei den Tönen, nicht standhaft bei den Düften, nicht standhaft bei den Geschmacksempfindungen, nicht standhaft bei den Berührungen (a).

114 Ermahnt die Neulinge!

[Bei Andhakavinda im Magadherlande:]

Der Erhabene sprach:

Die Mönche, Änando, die noch Neulinge und Vor noch nicht langer Zeit in die Hauslosigkeit gezogen sind, die erst seit kurzem diesem Gesetze und dieser Disziplin angehören, diese habt ihr in fünf Dingen zu ermutigen, zu festigen und zu stärken: in welchen fünf Dingen?

In der Zügelung im Sinne der Ordenssatzung habt ihr sie also zu ermutigen, zu festigen und zu stärken: >Geht, Brüder, seid sittenrein! Lebt gezügelt im Sinne der Ordenssatzung! Seid vollkommen im Wandel und Umgang, und die geringsten Vergehen scheuend übt euch in den auf euch genommenen Übungsregeln!«

In der Sinnenzügelung habt ihr sie also zu er- mahnen, zu festigen und zu stärken: »Geht, Brüder,

(a) d. h. er wehrt nicht den dabei aufsteigenden Trieben der Gier, des Hasses und der Verblendung.

130

FÜNFERBUCH T 115, 116

seid wachsam über eure Sinnentore, seid aufs Wachen bedacht, weise, besonnen, bewachten Geistes, des Wachens eingedenk!«

Im Maßhalten beim Sprechen habt ihr sie also zu ermutigen, zu festigen und zu stärken: »Geht, Brüder, seid nicht gesprächig! Haltet Maß beim Sprechen!«

In körperlicher Abgeschiedenheit habt ihr sie also zu ermutigen, zu festigen und zu stärken: »Geht, Brüder, lebt im Walde! Wohnt im Walde in wald- einsamen, abgeschiedenen Behausungen!«

In rechter Erkenntnis habt ihr sie also zu ermutigen, zu festigen und zu starken: »Geht, Brüder, hegt rechte Erkenntnis, seid Von rechten Anschauungen erfüllt!«

Die Mönche, Änando, die noch Neulinge und vor noch nicht langer Zeit in die Hauslosigkeit gezogen sind, die erst seit kurzem diesem Gesetze und dieser Disziplin angehören, diese habt ihr in diesen fünf Dingen zu ermutigen, zu festigen und zu stärken.

Die schlechte Nonne ii5

Wenn, ihr Mönche, bei einer Nonne fünf Bedin- gungen anzutreffen sind, so erscheint diese ihren Wer- ken entsprechend in der Hölle wieder: welche fünf Be- dingungen?

Wenn sie selbstsüchtig ist hinsichtlich der Woh- nung, hinsichtlich der Familien, hinsichtlich der Ge- schenke, hinsichtlich des Ansehens und hinsichtlich geistiger Dinge.

Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu haben, 116 den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten tadelt. Ge- fallen findet woran man Mißfallen haben sollte, Miß-

131 9*

V 117, 118 DIE REDEN DES BUDDHA Y 119, 120

fallen findet woran man Gefallen haben sollte und die aus Zuversicht gegebenen Gaben umkommen läßt.

117 Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten tadelt, neidig ist, selbstsüchtig ist und die aus Zuversicht gegebenen Gaben umkommen läßt.

118 Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten tadelt, verkehrte Erkenntnis hegt, verkehrte Gesinnung hegt und die aus Zuversicht gegebenen Gaben umkom- men läßt.

119 Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten tadelt, verkehrte Rede pflegt, verkehrte Werke Verübt und die aus Zuversicht gegebenen Gaben umkommen läßt.

120 Wenn sie, ohne erkannt und geprüft zu haben, den Tadelnswerten lobt, den Lobenswerten tadelt, nach Bösem strebt, an Böses denkt und die aus Zuversicht gegebenen Gaben umkommen läßt.

Wenn bei einer Nonne, ihr Mönche, diese fünf Bedingungen anzutreffen sind, so erscheint diese ihren Werken entsprechend in der Hölle wieder.

132

FÜNFERBUCH V 121

DREIZEHNTER TEIL:

Das Kapitel vom kranken Mönche

Der für die Erlösung reife Kranke 121

Einst weilte der Erhabene im großen Walde bei Sävatthl, in der Halle des Giebelhauses. Am Abende aber, nachdem der Erhabene aus seiner Abgeschieden- heit herausgetreten war, begab er sich zum Kranken- zimmer. Dort erblickte er einen schwachen, kranken Mönch. Ihn erblickend setzte er sich auf dem an- gewiesenen Sitze nieder und sprach zu den Mönchen:

Ein schwacher, kranker Mönch, ihr Mönche, dem fünf Dinge nicht schwinden, darf erwarten, daß er in gar nicht langer Zeit, durch Versiegung der Leiden- schaften, noch bei Lebzeiten die leidenschaftslose Ge- mütserlösung und Wissenserlösung selber erkennen, verwirklichen und sich zu eigen machen wird. Und welches sind diese fünf Dinge?

Da, ihr Mönche, verweilt der Mönch in der Be- trachtung der Unreinheit des Körpers, in der Betrach- tung der Widerlichkeit der Nahrung, in der Betrach- tung der Reizlosigkeit des ganzen Daseins, in der Betrachtung der Vergänglichkeit aller Bildungen, und die Vorstellung des Todes hat sich in seinem Innern wohl gefestigt. Ein schwacher, kranker Mönch, ihr Mönche, dem diese fünf Dinge nicht schwinden, darf ^ erwarten, daß er in gar nicht langer Zeit, durch Ver- siegung der Leidenschaften, noch bei Lebzeiten die leidenschaftslose Gemütserlösung und Wissenserlösung

133

1 122, 123 DIE REDEN DES BUDDHA

selber erkennen, verwirklichen und sich zu eigen machen wird.

122 Höchstes Wissen oder Niewiederkehr

Wer, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen fünf Betrachtungen entfaltet und häufig übt, hat eine von beiden Früchten zu erwarten: noch bei Lebzeiten Höchstes Wissen (afiiiä) oder, wenn noch ein Da- seinsrest übrig bleibt, Niewiederkehr (anägämitä). Und welches sind diese fünf Betrachtungen?

Da, ihr Mönche, hat der Mönch in seinem Innern die Achtsamkeit gewärtig; der Erscheinungen Entstehen und Vergehen erkennend Verweilt er in der Betrach- tung der Unreinheit des Körpers; er ist eingedenk der Widerlichkeit der Nahrung, eingedenk der Reizlosig- keit des ganzen Daseins, schaut in allen Bildungen die Vergänglichkeit. Wer, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen diese fünf Betrachtungen entfaltet und häufig übt, hat eine von beiden Früchten zu erwarten: noch bei Lebzeiten Höchstes Wissen oder, wenn noch ein Daseinsrest übrig bleibt, Niewiederkehr.

123 Der schwer zu pflegende Kranke

Einem Kranken, ihr Mönche, bei dem fünf Dinge anzutreffen sind, ist es schwer aufzuwarten: welche fünf Dinge?

Er tut, was unzuträglich ist; im Zuträglichen weiß er nicht maßzuhalten; er nimmt keine Arzneien an; dem auf seine Gesundheit bedachten Krankenwärter gibt er nicht den Tatsachen gemäß Auskunft über seine Krankheit wenn sie zunimmt, daß sie zunimmt; wenn sie abnimmt, daß sie abnimmt; wenn sie anhält,

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FÜNFERBUCH V 124, 125

daß sie anhält ; die aufgestiegenen körperlichen Gefühle, die schmerzhaften, scharfen, beißenden, bit- teren, unliebsamen, unangenehmen, lebensgefährlichen, hält er nicht aus. Einem Kranken, ihr Mönche, bei dem diese fünf Dinge anzutreffen sind, ist es schwer aufzuwarten.

Der ungeeignete Krankenwärter 124

Ein Krankenwärter, ihr Mönche, bei dem fünf Dinge anzutreffen sind, ist nicht imstande, einem Kranken aufzuwarten: welche fünf Dinge?

Er ist unfähig, die Arznei zu bestimmen; er weiß nicht, was zuträglich und was unzuträglich ist; das . Unzuträgliche verabreicht er, und das Zuträgliche nimmt er weg; auf seinen eigenen Vorteil bedacht wartet er dem Kranken auf, nicht in liebevoller Ge- sinnung; er empfindet Ekel davor, Kot, Urin, Ausge- spiehenes und Speichel zu entfernen; er besitzt nicht die Fähigkeit, den Kranken von Zeit zu Zeit in Worten über das Gesetz zu belehren, zu ermahnen, zu ermutigen und zu ermuntern. Ein Krankenwärter, ihr Mönche, bei dem diese fünf Dinge anzutreffen sind, ist nicht imstande, einem Kranken aufzuwarten. Lebenverkürzende und lebenverlängernde 125 Dinge

(1)

Fünf Dinge, ihr Mönche, verkürzen das Leben: welche fünf? Unzuträgliches tun, beim Zuträglichen nicht maßhalten, Unmäßigkeit beim Mahle, zur Un- zeit ausgehen und unkeuscher Wandel.

Fünf Dinge, ihr Mönche, verlängern das Leben: welche fünf? Zuträgliches tun, beim Zuträglichen maß-

135

V 126, 127, 128 DIE REDEN DES BUDDHA

halten, Mäßigkeit beim Mahle, zur rechten Zeit aus- gehen und keuscher Wandel.

126 Lebenverkürzende und lebenverlängernde

Dinge

(2)

Fünf Dinge, ihr Mönche, verkürzen das Leben: welche fünf? Unzuträgliches tun, beim Zuträglichen nicht maßhalten, nicht maßhalten beim Mahle, Sitten- losigkeit und schlechter Umgang.

Fünf Dinge, ihr Mönche, verlängern das Leben: welche fünf? Zuträgliches tun, beim Zuträglichen maßhalten, maßhalten beim Mahle, Sittlichkeit und guter Umgang.

127 Untauglich für die Einsamkeit

Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen sind, dieser Mönch ist nicht geeignet, abgesondert Von der Jüngerschaft zu leben: welche fünf?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch nicht zufrieden mit jedem Gewand, ist nicht zufrieden mit jeder Al- mosenspeise, ist nicht zufrieden mit jeder Lagerstätte, ist nicht zufrieden mit jedem nötigen Heilmittel und jeder Arznei; und er verweilt häufig bei begehrlichen Gedanken. Bei wem, ihr Mönche, diese fünf Dinge anzutreffen sind, dieser Mönch ist nicht geeignet, ab- gesondert Von der Jüngerschaft zu leben.

128 Leidige und freudige Askese

Fünf Asketenleiden gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch nicht zufrieden

- 136 -

FÜNFERBUCH V 129, 130

mit jedem Gewände, nicht zufrieden mit jeder Almosen- speise, nicht zufrieden mit jeder Lagerstätte, nicht zu- frieden mit jedem nötigen Heilmittel und jeder Arznei; und ohne Freude führt er den Heiligen Wandel. Das, ihr Mönche, sind die fünf Asketenleiden.

Fünf Asketenfreuden gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch zufrieden mit jedem Gewände, zufrieden mit jeder Almosenspeise, zufrieden mit jeder Lagerstätte, zufrieden mit jedem nötigen Heilmittel und jeder Arznei: und voll Freude führt er den Heiligen Wandel. Das, ihr Mönche, sind die fünf Asketenfreuden.

Die rettungslos Verlorenen 129

Fünf dem Abweg und der Hölle verfallenen, jäh- zornigen, unheilbaren Menschen gibt es, ihr Mönche, welche fünf?

Den Muttermörder, den Vatermörder, den Heiligen- mörder, den in boshafter Gesinnung des Vollendeten Blut Vergießenden und den Entzweier der Jüngerschaft.

Gewinn und Verlust 130

Fünf Verluste gibt es, ihr Mönche: den Verwand- tenverlust, den Güterverlust, den Verlust durch Krank- heit, den sittlichen Verlust und den Erkenntnisverlust. Nicht gelangen, ihr Mönche, die Wesen infolge von Verwandtenverlust oder Güterverlust oder Verlust durch Krankheit beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle. Wohl aber, ihr Mönche, gelangen die Wesen infolge des Verlustes an Sittlichkeit und

137

Y 130 DIE REDEN DES BUDDHA

Erkenntnis beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf den Abweg, eine Leidensfäfirte, in verstoßene Welt, zur Hölle.

Fünf Gewinne gibt es, ihr Mönche: den Gewinn an Verwandten, den Gewinn an Gütern, den Gewinn an Gesundheit, den Gewinn an Sittlichkeit und den Gewinn an Erkenntnis. Nicht gelangen, ihr Mönche, die ' Wesen infolge des Gewinnes an Verwandten oder Gütern oder Gesundheit beim Zerfalle des Lei- bes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himm- lische Welt. Wohl aber, ihr Mönche, gelangen die Wesen infolge des Gewinnes an Sittlichkeit und Er- kenntnis beim Zerfajle des Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische Welt.

138

FÜNFERBUCH V 131, 132

VIERZEHNTER TEIL

Das Kapitel des Königs

Das unzerstörbar^Reich 131

Der mit fünf Eigenschaften ausgestattete l<önig- iiche Weltherrscher, ihr Mönche, lenl<t sein Reich im Sinne des Gesetzes, und kein menschliches Geschöpf, kein feindliches Wesen kann jenes Reich zugrunde richten. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, kennt der königliche Weltherr- scher das Heilsame, kennt das Gesetz, kennt das rechte Maß, kennt die rechte Zeit, kennt die Menschen. Ebenso auch, ihr Mönche, lenkt, mit diesen fünf Eigen- schaften ausgestattet, der Vollendete, Heilige, Voll- kommen Erleuchtete, im Sinne des Gesetzes das höchste Reich des Gesetzes, und kein Asket oder Priester, kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt, kann jenes Reich zugrunde richten.

Der mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattete 132 ^- älteste Sohn des köni^ichen Weltherrschers, ihr Mön- che, führt das von seinem Vater gegründete Reich im Sinne des Gesetzes weiter, und kein menschliches Geschöpf, kein feindliches Wesen kann jenes Reich zugrunde richten. Ebenso auch, ihr Mönche, führt, mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, Säriputto das vom Vollendeten aufgerichtete höchste Reich in Vollkommenheit weiter, und kein Asket oder Priester, kein Engel, Teufel oder Gott, noch irgend einer in der Welt, kann jenes Reich zugrunde richten.

139

V 138 DIE REDEN DES BUDDHA

133 Der König des Gesetzes

»Der königliche Weltherrscher, ihr Mönche, der gerechte König des Gesetzes, leitet sein Reich nicht ohne einen Führer.«

Auf diese Worte sprach einer der Mönche zum Erhabenen:

»Wer ist woht, o Ehrwürdiger, der Führer des königlichen Weltherrschers, des gerechten Königs des Gesetzes?«

»Das Gesetz, o Mönch,« erwidert der Erhabene. »Da, 0 Mönch, verehrt der königliche Weltherrscher, der gerechte König des Gesetzes, eben auf das Ge- setz gestützt, das Gesetz, achtet das Gesetz, hält das Gesetz hoch; und das Gesetz zum Banner, das Gesetz zur Flagge, das Gesetz zum Führer habend, gewährt er seinem Volke, den Adeligen, seinen Er- gebenen, der Heeresmacht, den Brahmanen und Haus- leuten, den Stadt- und Landbewohnern, den Asketen und Priestern, den Tieren und Vögeln gerechten Bei- stand, Schutz und Schirm. Jener Weltherrscher aber, 0 Mönch, der gerechte König des Gesetzes, der, eben auf das Gesetz gestützt, das Gesetz ehrt, achtet und hoch hält, und es zum Banner, fcur Flagge, zum Führer habend, allen Wesen gerechten Beistand, Schutz und Schirm gewährt, der leitet sein Reich mit Hilfe des Gesetzes. Und jenes Reich vermag kein menschliches Wesen, keine Feindesmacht zu überwerfen.

»Ebenso auch, o Mönch, ehrt der vollendete Hei- lige, vollkommen Erleuchtete, der gerechte König des Gesetzes, eben auf das Gesetz gestützt, das Gesetz, achtet das Gesetz, hält das Gesetz hoch; und das Ge- setz zum Banner, das Gesetz zur Flagge, das Gesetz

-- 140

FÜNFERBUCH J 134

zum Führer habend, gewährt er den Mönchen, Nonnen, Anhängern und Anhängerinnen gerechten Beistand, Schutz und Schirm, [indem er lehrt:] ,Diese Taten in Werken hat man zu üben, jene aber nicht; diese Taten in Worten hat man zu üben, jene aber nicht; diese Taten in Gedanken hat rnan zu üben, jene aber nicht; eine solche Lebensweise hat man zu führen, solcheine aber nicht; solches Dorf und solche Stadt hat man aufzusuchen, solches Dorf und solche Stadt aber nicht. Der Vollendete aber, o Mönch, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der gerechte König des Ge- setzes, der, eben auf das Gesetz gestützt, das Gesetz ehrt, achtet und hochhält, und es zum Banner, zur Flagge, zum Führer habend, den Mönchen, Nonnen, Anhängern und Anhängerinnen gerechten Beistand, Schutz und Schirm gewährt, der leitet eben mit Hilfe des Gesetzes das höchste Reich des Gesetzes. Und jenes Reich vermag kein Asket oder Brahmane, weder Gott, Engel noch Teufel, noch irgend einer in der Welt zu überwerfen'.«

Der Sieger 134

In welcher Gegend auch immer, ihr Mönche, der mit fünf Dingen ausgerüstete hauptgesalbte Khattiya- könig weilen mag, da befindet er sich eben stets in seinem eigenen Reiche. Und welches sind diese fünf Dinge?

Da, ihr Mönche, ist der hauptgesalbte Khattiya- könig beiderseits von reiner Abstammung, vom Vater wie von der Mutter aus, rein empfangen bis zum siebenten Ahnengeschlechte hinauf, unversehrt und untadelig nach dem Kastengesetz. Er ist reich, hoch-

141

V 134 DIE REDEN DES BUDDHA

begütert, hoch vermögend, und seine Kammern sind mit Schätzen angefüllt. Er ist mächtig und besitzt eine vierfache Heeresmacht, die ihm gehorcht und seine Befehle ausführt. Sein Ratgeber ist verständig, erfahren, scharfsinnig und fähig, die vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Vorteile zu bedenken. Diese vier Dinge aber machen seinen Ruhm voll. Und mit diesem Ruhme, als fünfter Eigenschaft, ausgerüstet, befindet er sich in welcher Gegend er auch immer weilen mag stets in seinem eigenen Reiche. Und aus welchem Grunde? Weil es eben so, ihr Mönche, bei den Siegern ist.

Ebenso auch, ihr Mönche: in welcher Gegend auch immer der mit fünf Eigenschaften ausgerüstete Mönch weilen mag., da weilt er eben stets gemüts- erlöst. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?

Gleichwie, ihr Brüder, der hauptgesalbte Khattiya- könig Von reiner Abstammung ist, so ist der Mönch sittenrein, lebt gezügelt im Sinne der Ordenssatzung, ist vollkommen im Wandel und Umgang, und sich vor den geringsten Vergehen scheuend übt er sich in den auf sich genommenen Übungsregeln. Gleich- wie der hauptgesalbte Khattiyakönig reich ist, hoch- begütert, hochvermögend, so ist der Mönch reich an Wissen, ein Träger des Wissens, hat sich ein großes Wissen angesammelt. Jene Gesetze, die im Anfang erhaben, in der Mitte erhaben und im Ausgange er- haben sind, dem Sinne wie dem Wortlaute nach, und das ganz und gar Vollkommene, geläuterte Heilige Leben lehren, solcher Gesetze hat er viele vernommen, sich eingeprägt, in Worten gemerkt, im Geiste er- wogen, mit Erkenntnis wohl durchdrungen. Gleich-

142

FÜNFERBUCH T 135

wie der hauptgesalbte Khattiyakönig mächtig ist, so kämpft der Mönch mit Macht, um die schuldvollen Erscheinungen zu überkommen und die verdienst- vollen Erscheinungen zum Entstehen zu bringen, ist standhaft, von unerschütterlichem Streben, nicht nach- lässig im Guten. Gleichwie der hauptgesalbte Khattiya- könig einen Ratgeber besitzt, so besitzt der Mönch Einsicht, ist begabt mit der Einsicht in das Entstehen und Vergehen, mit edler, durchdringender, zur völligen Leidensaufhebung führender. Diese vier Eigenschaften bringen seine Erlösung zur Reife. Und ausgerüstet mit dieser Erlösung, als fünfte Eigenschaft, ist er in welcher Gegend auch immer er weilen mag Stets gemütserlöst. Und aus welchem Grunde? Weil es eben so, ihr Mönche, bei den Gemütserlösten ist.

Der Hoffnungsvolle 135

(1)

Mit fünf Dingen ausgerüstet, ihr Mönche, hofft der älteste Sohn des hauptgekrönten Khattiyakönigs auf die Königsherrschaft: mit welchen fünf Dingen?

Da, ihr Mönche, ist der älteste Sohn des Khattiya- königs beiderseits von reiner Abstammung, Vom Vater wie Von der Mutter aus, rein empfangen bis zum siebenten Ahnengeschlechte hinauf, unversehrt und untadelig nach dem Kastengesetz. Er ist von schöner Gestalt, Von gefälligem Äußern, voll Anmut und von edler Erscheinung. Seinen Eltern, wie der Stadt- und Landbevölkerung ist er lieb und teuer. In den zu einem hauptgesalbten Khattiyakönig gehörenden Künsten, wie im Reiten auf Elefanten und Rossen, im Wagenlenken und in der Bogenkunst, da ist er ge-

143 -

V 136 DIE REDEN DES BUDDHA

schult und vollendet. Und er denkt: »Ich bin ja beiderseits von reiner Abstammung, bin von schöner Gestalt, bin den Eltern lieb und teuer, bin der Stadt- und Landbevölkerung lieb und teuer, bin in den zu einem Khattiyakönig gehörenden Künsten geschult und Vollendet: warum sollte ich da nicht auf die Königs- herrschaft hoffen?« Mit diesen fünf Dingen aus- gerüstet, ihr Mönche, hofft der älteste Sohn des haupt- gekrönten Khattiyakönigs auf die Königsherrschaft.

Ebenso auch, ihr Mönche, hofft der mit fünf Dingen ausgerüstete Mönch auf die Versiegung der Leidenschaften: mit welchen fünf Dingen?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch voll Vertrauen, gesund und frei Von Siechtum, kein Heuchler oder Gleisner, besitzt Willenskraft und Einsicht. Und er denkt: »Ich bin ja voll Vertrauen, bin gesund und frei von Siechtum, bin kein Heuchler oder Gleisner, besitze Willenskraft und Einsicht: warum sollte ich da nicht auf die Versiegung der Leidenschaften hoffen?« Mit diesen fünf Dingen ausgerüstet, ihr Mönche, hofft der Mönch auf die Versiegung der Leidenschaften.

136 Der Hoffnungsvolle

(2)

Mit fünf Dingen ausgerüstet, ihr Mönche, hofft der älteste Sohn des hauptgekrönten Khattiyakönigs auf die Unterherrschaft: mit welchen fünf Dingen?

Da, ihr Mönche, ist der älteste Sohn des haupt- gekrönten Khattiyakönigs beiderseits Von reiner Ab- stammung, ist von schöner Gestalt, ist den Eltern lieb und teuer, ist dem Heere lieb und teuer, ist ver- ständig, klug und weise und fähig, die Vergangenen,

- 144 - ,

FÜNFERBUCH V 137, ISS

gegenwärtigen und zukünftigen Vorteile zu bedenken. Und er denkt: »Ich bin ja beiderseits von reiner Ab- stammung, bin Von scliöner Gestalt, bin den Eltern lieb und teuer, bin dem Heere lieb und teuer und bin verständig: warum sollte ich da nicht auf die Unterherrschaft hoffen?«

Ebenso auch, ihr Mönche, hofft der mit fünf Dingen ausgerüstete Mönch auf die Versiegung der Leiden- schaften: mit welchen fünf Dingen?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch sittenrein, reich an Wissen, hat seinen Geist auf die vier Grundlagen der Achtsamkeit fest gegründet, besitzt Willenskraft und Einsicht. Und er denkt: »Ich bin ja sittenrein, reich an Wissen, habe meinen Geist auf die Vier Grundlagen der Achtsamkeit fest gegründet, besitze Willenskraft und Einsicht: warum sollte ich da nicht auf die Aufhebung der Leidenschaften hoffen?«

Die Schlaflosen 137

Fünf Menschen, ihr Mönche, schlafen wenig des Nachts, sind häufig wach: welche fünf?

Das Weib, das an den Mann denkt; der Mann,

der an das Weib denkt; der Dieb, der an Diebstahl

denkt; der Fürst, der in seinen Regierungsgeschäften

aufgeht; der Mönch, der auf Loslösung sinnt. Diese

fünf Menschen, ihr Mönche, schlafen wenig des Nachts,

sind häufig wach.

Der unwürdige Elefant 138

Der mit fünf Eigenschaften behaftete Elefant des Königs, ihr Mönche, zehrt das Futter auf, nimmt den Platz weg, läßt Kot fallen und erhält dabei seine

DieRedendesBuddha.Bd.il 145 ^^

V 138 Die reden des büddhä

Nummer und trägt den Namen eines Königselefanten. Und weiches sind diese fünf Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, hält der Elefant nicht stand bei Gestalten, nicht stand bei Tönen, nicht stand bei Ge- rüchen, nicht stand bei Geschmacksempfindungen, nicht stand bei Berührungen.

Ebenso auch, ihr Mönche, zehrt der mit diesen fünf Eigenschaften behaftete Mönch die Speise auf, nimmt den Platz weg, nutzt Bett und Sitz ab, erhält aber dabei seine Nummer und trägt den Namen eines Mönches.

Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs Elefant nicht stand bei Gestalten? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er aber eine Abteilung Elefanten, Reiter, Wagen oder Fußvolk erblickt, ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, ins Treffen zu ziehen. Insofern, ihr Mönche, hält des Königs Elefant nicht stand bei Gestalten.

Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs Ele- fant nicht stand bei Tönen? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er aber den durch Elefanten, Rosse, Wagen und Fußvolk ver- ursachten Lärm hört und das Getöse der Pauken, Trommeln und Trompeten vernimmt, ist er nieder- geschlagen und entmutigt, häU nicht stand und ist unfähig, ins Treffen zu ziehen. Insofern, ihr Mönche, hält des Königs Elefant nicht stand bei Tönen.

Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs Ele- fant nicht stand bei Gerüchen? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er aber den Geruch von Kot und Urin der Vollblütigen,

146

FÜNFERBUCH V 140

kampfestüchtigen Königselefanten wittert, ist er nieder- gesctilagen und entmutigt, hält nicht stand und ist un- fähig, ins Treffen zu ziehen. Insofern, ihr Mönche, hält des Königs Elefant nicht stand bei Gerüchen:

Inwiefern aber, ihr Mönche, hält des Königs Ele- fant nicht stand bei Berührungen? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant in die Schlacht. Sobald er aber Von ein, zwei, drei, vier oder fünf Pfeilschüssen getroffen wird, ist er niedergeschlagen und entmutigt, hält nicht stand und ist unfähig, ins Treffen zu ziehen. Insofern, ihr Mönche, hält des Königs Elefant nicht stand bei Berührungen.

Der mit diesen fünf Eigenschaften behaftete Ele- fant des Königs ist nicht würdig des Königs, nicht des Königs Liebling, gilt nicht als zum König gehörig.

Inwiefern aber, ihr Mönche, hält der Mönch nicht stand?

Erblickt da, ihr Mönche, der Mönch mit dem Auge eine Gestalt, vernimmt er mit dem Ohre einen Ton, riecht mit der Nase einen Duft, schmeckt mit der Zunge einen Saft, berührt er mit dem Körper einen Gegenstand, so wird, wenn dieser lusterregend ist, er von Begierde danach erfaßt und ist nicht im- stande, seinen Geist zu sammeln.

Der mit diesen fünf Eigenschaften behaftete Mönch, ihr Mönche, ist nicht würdig der Opfer, nicht würdig der Gastfreundschaft, nicht würdig der Gaben, nicht würdig des ehrfurchtsvollen Handgrußes und ist in der Welt nicht der beste Boden für verdienstvolle Werke.

Der Königselefant 140

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist des Königs Elefant würdig des Königs, des Königs

147 10^

1 140 DIE REDEN DES BUDDHA

Liebling, wird als zum König gehörig betrachtet. Welches aber sind diese fünf Eigenschaften? Da, ihr Mönche, ist des Königs Elefant gelehrig, ein Kämpfer, wachsam, ein Dulder und ein Pfadfinder.

Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant gelehrig? Bei jeder Übung, ihr Mönche, die der Elefantenbändiger des Königs Elefanten ausführen läßt, ob früher verrichtet oder nicht, da ist er eifrig und achtsam und, sie im Geiste Völlig erfassend, leiht er Gehör. So, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ge- lehrig.

Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein Kämpfer? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant hinaus ins Treffen und vernichtet den Elefanten samt dem Reiter, vernichtet das Roß samt dem Reiter, ver- nichtet den Wagen, den Wagenlenker und das Fuß- volk. iSo, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein Kämpfer.

Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant wachsam? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Elefant ins Treffen; er wacht über den vorderen Teil seines Körpers, wacht über den hinteren Teil seines Körpers, wacht über seine Vorderfüße, wacht über seine Hinter- füße, wacht über seinen Kopf, Wacht über seine Hauer, wacht über seinen Rüssel, wacht über seinen Schweif und wacht über den Reiter. So, ihr Mönche, ist des Kpnigs Elefant wachsam.

Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein Dulder? Da, ihr Mönche, zieht des Königs Ele- fant hinaus ins Treffen und erträgt geduldig Messer- stiche, Pfeilschüsse, Säbelhiebe, Axtstreiche sowie den Lärm und das Getöse der Pauken, Trommeln und

148

FÜNFFRBUCH V 140

Trompeten. So, ihr Mönche ist des Königs Elefant ein Dulder,

Wie aber, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein Pfadfinder? Wohin ihn, ihr Mönche, der Elefanten- bändiger des Königs Elefanten schickt, ob bereits früher hingegangen oder nicht, dahin findet er rasch seinen Weg. So, ihr Mönche, ist des Königs Elefant ein Pfadfinder.

Ebenso auch, ihr Mönche, ist der mit fünf Eigen- schaften ausgestattete Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für gute Werke. Und welches sind diese fünf Eigenschaften? Da, ihr Mönche, ist der Mönch ge- lehrig, ein Kämpfer, wachsam, ein Dulder und ein Pfadfinder.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch gelehrig? Wird da, ihr Mönche, das vom Vollendeten verkündete Gesetz und die Disziplin vorgetragen, so ist er eifrig und achtsam und, im Geiste es völlig erfassend, leiht er Gehör. So, ihr Mönche, ist der Mönch gelehrig.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Kämpfer? Da, ihr Mönche, läßt der Mönch einen aufgestiegenen Gedanken der Begierde, des Übelwollens und der Grausamkeit nicht Fuß fassen; läßt aufgestiegene üble, schuldvolle Geisteszustände nicht Fuß fassen, über- windet, vertreibt, Vernichtetsie, bringt siezum Schwinden. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Kämpfer.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch wachsam? Erblickt da, ihr Mönche, der Mönch mit dem Auge eine Form, so haftet er weder am Ganzen noch an den Einzelheiten. Da, unbewachten Auges weilend,

149

V 140 DIE REDEN DES BUDDHA

Begehrsucht und Kummer, üble, schuldvolle Dinge in ihm eindringen möchten, so befleißigt er sich dessen Bewachung, trübet das Auge, hält er das Auge im Zaume. Vernimmt er mit dem Ohre einen Ton, riecht er mit der Nase einen Duft, schmeckt er mit der Zunge einen Saft, fühlt er mit dem Körper ein Tastobjekt, bekennt er im Geiste ein Ding, so haftet er weder am Ganzen, noch an den Einzelheiten. Da, unbewachten Geistes weilend, Begehrsucht und Kummer, üble, schuldvolle Dinge in ihm eindringen möchten, so befleißigt er sich dessen Bewachung, hütet er den Geist, hält er den Geist im Zaume. So, ihr Mönche, ist der Mönch wachsam.

Wie aber, ihr Mönche, ist der Mönch ein Pfad- finder? Dieses Ziel, ihr Mönche, das der Mönch auf diesen langen Wanderungen zuvor noch nicht erreicht hat, nämlich den Ruhestand aller Bildungen, die Los- lösung von allen Daseinssubstraten, der Hier -Ver- nichtung, die Abwendung, die Aufhebung, das Nirwahn: dieses Ziel erreicht er in gar kurzer Zeit. So, ihr Mönche, ist der Mönch ein Pfadfinder.

Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig des ehr- furchtsvollen Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für gute Werke.

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FÜNFERBUCH V 141

FÜNFZEHNTER TEIL:

Im Tikändakiwalde

Fünferlei Menschen 141

(1)

Fünf Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen: welche fünf? Der eine empfindet Miß- achtung infolge des Gebens, der eine empfindet Miß- achtung infolge des Zusammenlebens, der eine ist leichtgläubig, der eine wankelmütig, der eine dumm und töricht.

Inwiefern aber, ihr Mönche, empfindet einer Mißachtung infolge des Gebens? Da, ihr Mönche, gibt einer einem anderen Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und die nötigen Heilmittel und Arzneien. Er aber denkt: >Ich bin der Geber, jener der Emp- fänger.« Und infolge des Gebens mißachtet er jenen. Insofern, ihr Mönche, empfindet einer Mißachtung infolge des Gebens.

Inwiefern aber, ihr Mönche, empfindet einer Miß- achtung infolge des Zusammenlebens? Da, ihr Mönche, lebt einer mit einem anderen zwei oder drei Jahre zusammen, und infolge des Zusammenlebens miß- achtet er jenen. Insofern, ihr Mönche, empfindet einer Mißachtung infolge des Zusammenlebens.

Inwiefern aber, ihr Mönche, ist einer leicht- gläubig? Da, ihr Mönche, ist einer, sobald man einen anderen lobt oder tadelt, gar schnell zum Glauben geneigt. Insofern, ihr Mönche, ist einer leicht- gläubig.

- 151 -

T 142 DIE REDEN DES BUDDHA

Inwiefern aber, ihr Mönche, ist einer wankel- mütig? Da, ihr Mönche, besitzt einer wenig Ver- trauen, wenig Hingabe, wenig Liebe, wenig Glauben. Insofern, ihr Mönche, ist einer wankelmütig.

Inwiefern aber, ihr Mönche, ist einer dumm und töricht? Da, ihr Mönche, kennt einer weder die heilsamen noch die unheilsamen Dinge, weder die tadeligen noch die untadeligen Dinge, weder die ge- meinen noch die edlen Dinge, noch die Gegensätze von Gut und Böse. Insofern, ihr Mönche, ist einer dumm und töricht.

Diese fünf Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen.

142 Fünferlei Menschen

(2)

Fünf Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch (gegen die Ordenssatzung) und macht sich Gewissensbisse («); er kennt aber nicht der Wirklichkeit gemäß (ß) jene Gemütserlösung und Wissenserlösung (y), wo ihm die aufgestiegenen, schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.

Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch, ohne

(a) »Er begeht eine in einem Ordensvergehen (äpatti = gehen) bestehende Überschreitung und empfindet demzufolge Reue« (Komm.).

{ß) d. h. er hat sie noch nicht selber verwirklicht.

(y) ceto-vimutti find pafifia-vimutti : »die mit dem Arahattum (Heiligkeit) verbundene Sammlung (arahatta-samädhi) und das mit dem Ziel des Arahattums verbundene Wissen (arahatta-phala^näna)«. (Komm.)

152

FÜNFERBUCH T 142

sich Gewissensbisse zu machen (a); er kennt aber nicht der Wirklichkeit gemä[3 jene Gemütserlösung und Wissenserlösung, wo ihm die aufgestiegenen, schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.

Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch nicht, doch er macht sich Gewissensbisse {ß)\ er kennt aber nicht der Wirklichkeit gemäß jene Gemütserlösung und Wissenserlösung; wo ihm die aufgestiegenen, schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.

Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch nicht und macht sich keine Gewissensbisse; er kennt aber nicht der Wirklichkeit gemäß jene Gemütserlösung und Wissenserlösung, wo ihm die aufgestiegenen, schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.

Da, ihr Mönche, vergeht sich ein Mensch nicht, macht sich keine Gewissensbisse, und er erkennt der Wirklichkeit gemäß jene Gemütserlösung und Wissens- erlösung, wo ihm die aufgestiegenen, schuldvollen Eigenschaften restlos schwinden.

Hier nun, ihr Mönche, ist der erste Mensch folgendermaßen zu belehren: »Es bestehen da in dem Verehrten durch Vergehen verschuldete Leidenschaften, und durch Gewissensbisse entstandene Leidenschaften wachsen an. Gut wäre es, wollte der Verehrte die durch Vergehen verschuldeten Leidenschaften über-

(a) >d. h. er hat ein Vergehen begangen; weil er sich aber davon frei gemacht hat (d. i. weil er es den Mönchen gestanden und die vorschriftsmäßige Sühne getan hat; s. II, 70) macht er sich keine Gewissensbisse mehr.« (Komm.)

(ß) *d. h. nachdem er einmal ein Vergehen begangen und es wieder gut gemacht hat, begeht er zwar späterhin kein Ver- gehen mehr, doch kann er seine Gewissensbisse nicht los werden.* (Komm.)

153

T 142 DIE REDEN DES BUDDHA

winden (a), die durch Gewissensbisse entstandenen Leidensciiaften Vertreiben und alsdann Geist und Ein- siciit entfalten. Es möchte dann der Verehrte jenem fünften Menschen genau gleich werden.«

Der zweite Mensch, ihr Mönche, ist folgender- maßen zu belehren: »Es bestehen da in dem Ver- ehrten durch Vergehen verschuldete Leidenschaften, doch keine durch Gewissensbisse entstandenen Leiden- schaften wachsen an. Gut wäre es, wollte der Ver- ehrte die durch Vergehen verschuldeten Leidenschaften überwinden und alsdann Geist und Einsicht entfalten. Es möchte dann der Verehrte jenem fünften Menschen genau gleich werden.«

Der dritte Mensch, ihr Mönche, ist folgender- maßen zu belehren: »Es bestehen da in dem Ver- ehrten keine durch Vergehen verschuldeten Leiden- schaften, doch durch Gewissensbisse entstandene Leidenschaften wachsen an. Gut wäre es, wollte der Verehrte die durch Gewissensbisse entstandenen Leidenschaften vertreiben (ß) und alsdann Geist und Einsicht entfalten. Es möchte dann der Verehrte jenem fünften Menschen genau gleich werden.«

Der vierte Mensch, ihre Mönche, ist folgender- maßen zu belehren: *Es bestehen da in dem Verehrten weder durch Vergehen verschuldete Leidenschaften, noch durch Gewissensbisse entstandene Leidenschaften wachsen an. Gut wäre es, wollte der Verehrte Geist und Einsicht entfalten. Es möchte dann der Verehrte jenem fünften Menschen genau gleich werden.«

(«) »Dadurch,- daß er sein Vergehen bekennt, bezw. sühnt (wörtl.: sich daraus erhebt).« (Komm.)

(ß) Nämlich dadurch, daß er seine Schuldlosigkeit erwägt.

- 154

FÜNFERBUCH V J43

So, ihr Mönche, erreichen denn diese Vier Men- schen durch jenen fünften Menschen also ermahnt, also belehrt, allmählich die Versiegung der Leiden- schaften.

Die fünf Ideale oder Kleinode 143

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesäli, in der Halle des Giebelhauses. Und der Er- habene kleidete sich in der Frühe an und begab sich, mit Gewand und Schale versehen, nach Vesäli um Almosen. Zu jener Zeit aber gerade hatte man unter den fünfhundert Licchaviern, die beim Särandada- Schreine versammelt dasaßen, das Gespräch darauf gebracht, daß sich selten in der Welt fünf Ideale («) zeigten, nämlich das Ideal eines Elefanten, das Ideal eines Rosses, das Ideal eines Edelsteines, das Ideal einer Frau und das Ideal eines Hausvaters. Und jene Licchavier schickten einen Mann, auf die Straße, mit dem Auftrage, daß, sobald er den Erhabenen heran- kommen sehe, es ihnen mitteilen solle. Es sah nun jener Mann den Erhabenen schon von ferne heran- kommen; ihn erblickend ging er zu den Licchaviern und sprach: »Dort, ihr Herren, kommt jener Erhabene, Heilige, vollkommen Erleuchtete. Wie es euch nun belieben mag.« Darauf gingen jene Licchavier dem Erhabenen entgegen, begrüßten ihn ehrfurchtsvoll und stellten sich zur Seite, indem sie sprachen: »Gut wäre es, 0 Ehrwürdiger, wollte der Erhabene sich nach dem Sarandada-Schreine begeben, von Mitleid bewogen!« Schweigend willigte der Erhabene ein und begab sich nach dem Särandada-Schreine. Dort angelangt setzte (a) Wörtl.: Juwelen (ratanäni).

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V 144 DIE REDEN DES BUDDHA

er sich auf dem angewiesenen Sitze nieder und sprach zu den LicchaViern:

»Bei welchem Gespräche, ihr Licchavier, saßet ihr da zusammen? Was war das Gespräch, das ihr abgebrochen habt?«

>Als wir, 0 Ehrwürdiger, hier beim Särandada- Schreine versammelt dasaßen, wurde das Gespräch darauf gebracht, daß sich selten in der Welt fünf Ideale zeigten, nämlich das Ideal eines Elefanten, das Ideal eines Rosses, das Ideal ein,es Edelsteines, das Ideal einer Frau und das Ideal eines Hausvaters.«

»Freilich, unter den den weltlichen Wünschen hingegebenen lieben LicchaViern hat sich eben ein ihren weltlichen Wünschen entsprechendes Gespräch entsponnen. Fünf Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich selten in der Welt: welche fünf? Selten zeigt sich in der Welt ein Vollendeter, Heiliger, Vollkommen Erleuchteter; selten zeigt sich in der Welt ein Lehrer des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin; selten zeigt sich in der Welt Einer, der beim Vortrag des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin Verständnis erlangt; selten zeigt sich in der Welt Einer, der, den Vortrag des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin verstehend, im Sinne des Gesetzes lebt; selten zeigt sich in der Welt ein dankbarer, erkenntlicher Mensch. Diese fünf Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich selten in der Welt.- 144 Die Betrachtung über Widerliches und Nichtwiderliches

[Im Tikändaki- Walde bei Saketa:]

Gut ist es, ihr Mönche, wenn der Mönch von Zeit zu Zeit Nichtwiderliches als- widerlich be-

156

FÜNFERßUCH V 144

trachtet (a); wenn er Widerliches als nichtwiderlich be- trachtet iß); wenn er Nichtwiderliches wie Widerliches als widerlich betrachtet; wenn er Nichtwiderliches und Widerliches als nichtwiderlich betrachtet; wenn er beides, Widerliches wie Nichtwiderliches, verwerfend, gleichmütig verweilt, achtsam, klaren Geistes.

Aus welchem Beweggrunde aber, ihr Mönche, mag der Mönch Nichtwiderliches als Widerlich betrachten? Damit ihm bei den giererregenden Erscheinungen keine Gier aufsteige.

Aus welchem Beweggrunde aber mag er Wider- liches als nichtwiderlich betrachten? Damit ihm bei den haßerregenden Erscheinungen kein Haß aufsteige.

Aus welchem Beweggrunde aber mag er Nicht- widerliches wie Widerliches als widerlich betrachten? Damit ihm bei den giererregenden Erscheinungen keine Gier und bei den haßerregenden Erscheinungen kein Haß aufsteige.

Aus welchem Beweggrunde aber mag er Wider- liches wie Nichtwiderliches als nichtwiderlich betrachten? Damit ihm bei den haßerregenden Erscheinungen kein Haß und bei den giererregenden Erscheinungen keine Gier aufsteige.

(a) Den Gegenstand nämlich, der seine Begier reizen möchte - z. B. den weiblichen Körper, gute Speise usw. - betrachtet er als unrein, vergänglich und widerlich und vergegenwärtigt sich alle die einzelnen Teile, aus denen sich der Körper zusammensetzt (s. X, 60) und verhindert so das Aufsteigen der sinnlichen Begierde.

(ß) Nämlich den Gegenstand oder die Person, die Mißmut, Groll, Haß oder Rache in ihm erwecken könnte, durchstrahlt er in Liebe, Mitleid und Wohlwollen und verhindert so das Auf- steigen der Vorstellung der Widerlichkeit und somit der bösen Triebe des Grolles und Hasses,

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1 14ä, 146, 14t Dife REDEM DES BUDDHA _^^^

Aus welchem Beweggrunde aber mag er beides, Widerliches wie Nichtwiderliches, verwerfend, gleich- mütig verweilen, achtsam, klaren Geistes? Damit ihm bei keiner Gelegenheit, nirgends, irgendwie, bei den giererregenden Erscheinungen Gier aufsteige, bei den haßerregenden Erscheinungen Haß aufsteige und bei den verblendenden Erscheinungen Verblendung auf- steige. i45 Der Ausgang des Sittenlosen

Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge zutreffen, der verfällt, seinen Werken entsprechend, der Hölle: welche fünf?

Töten, Stehlen, geschlechtliches Ausschreiten, Lügen und das Genießen berauschender Getränke («).—

146 Der Freundschaft unwürdig

Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen sind, mit diesem Mönche sollte man keine Freund- schaft pflegen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, läßt der Mönch Feldarbeiten vornehmen, läßt sich in Streitigkeiten ein, hegt Feind- schaft gegen hervorragende Mönche, wandert gern lange und unstet umher; und er ist nicht fähig, von Zeit zu Zeit durch Worte über das Gesetz zu belehren, zu ermahnen, zu ermutigen und zu ermuntern.

147 Rechtes Geben und verkehrtes Geben

Auf fünffache Weise, ihr Mönche, gibt der schlechte Mensch Gaben: ohne Eifer gibt er; ohne Ehrfurcht

(a) Über diese von jedem guten Buddhisten gemiedenen fünf Sittenvergehen siehe Näheres VIII, 25.

158

röNFERBÜCH 1 148

gibt er; nicht eigenhändig gibt er; Abfälle gibt er; ohne Glaube an Vergeltung gibt er.

Auf folgende fünffache Weise, ihr Mönche, gibt der gute Mensch Gaben: voll Eifer gibt er; voll Ehr- furcht gibt er; eigenhändig gibt er; keine Abfälle gibt er; im Glauben an die Vergeltung gibt er.

Rechtes Geben 148

Auf fünffache Weise, ihr Mönche, gibt der gute Mensch Gaben: Voll Vertrauen, voll Eifer, zur rechten Zeit, freigebigen Herzens und ohne sich und andern zu schaden.

Wer, ihr Mönche, voll Vertrauen eine* Gabe gibt, der ist, wo immer diese Gabe Früchte bringt («), reich, hochbegütert, hochvermögend und ist von schöner Gestalt, von gefälligem Äußern, voll Anmut und Von edler Erscheinung.

Wer, ihr Mönche, Voll Eifer eine Gabe gibt, der ist, wo immer diese Gabe Früchte bringt, reich, hoch- begütert, hochvermögend; und seine Frauen und Kinder sowie seine Knechte, Diener und Arbeiter hören auf ihn, gehorchen ihm, leihen ihm Gehör und richten ihren Sinn darauf, ihn zu Verstehen.

Wer, ihr Mönche, zur rechten Zeit eine Gabe gibt, der ist, wo immer diese Gabe Früchte bringt, reich, hochbegütert, hochvermögend, und zum Genüsse der erhabenen fünf Sinnenfreuden ist sein Herz ge- neigt.

Wer, ihr Mönche, ohne sich oder anderen zu schaden, eine Gabe gibt, der ist, wo immer diese

(a) d. h. an welchem Platze auch immer er infolge seiner Gaben nach dem Tode wiedergeboren wird.

159

Y 150 DIE REDEN DES BUDDHA

Gabe Früchte bringt, reich, hochbegütert, hochver- mögend, und durch nichts können seine Schätze zer- stört werden, sei es durch Feuer, Wasser, Fürsten, Räuber oder Heblose Erben.

Auf diese fünffache Weise, ihr Mönche, gibt der gute Mensch Gaben.

150 Nachteilige Dinge

Fünf Dinge, ihr Mönche, gereichen dem »Zeit- weilig Befreiten« («) Mönche zum Nachteil: Gefallen an körperlicher Arbeit, Gefallen am Plaudern, Gefallen am Schlafen, das Nichtwachen über die fünf Sinnen- tore und linmäßigkeit beim Mahle.

(a) d. i. dem von Zeit zu Zeit Sammlung und innere Ge- mütsruhe Erlangenden, denn derselbe ist während dieser Zeit be- freit von Leidenschaft. Hierüber s. Nyanatiloka, Puggala Paiifiati,

Nr. 1.

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FÜNFERBUCH T 151, 152, 153, 154

SECHZEHNTER TEIL:

Das Kapitel des Outen Gesetzes

Hindernisse zur Erreichung des Pfades i5i

Bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen sind, der ist, selbst wenn er das Gute Gesetz zu hören bekommt, außerstande, den Pfad und die Voll- endung im Guten zu erreichen. Und weiches sind diese fünf Dinge?

Er unterschätzt den Vortrag, unterschätzt den Vortragenden, unterschätzt sich, hört verwirrten und ungesammeiten Geistes das Gesetz und gibt sich un- weisen Erwägungen hin.

Er unterschätzt den Vortrag, unterschätzt den 152 Vortragenden, unterschätzt sich; er ist unverständig, dumm und stumpfsinnig; und Unverstandenes glaubt

er zu Verstehen.

Aus Heuchelei hört er sich das Gesetz an, von 153 Heuchelei erfüllt; mit boshafter Gesinnung hört er sich das Gesetz an und sucht nach Fehlern; gegen den Gesetzesredner ist er im Herzen aufgebracht und erbittert; unverständig ist er, dumm und stumpfsinnig; Unverstandenes glaubt er zu verstehen. Bei wem, ihr Mönche, diese fünf Dinge anzutreffen sind, der ist, selbst wenn er das Gute Gesetz zu hören bekommt, außerstande, den Pfad und die Vollendung im Guten

zu erreichen.

Die Dauer des Guten Gesetzes 154

Fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall und Untergange des Guten Gesetzes: welche fünf?

Die Reden des Buddha. Bd. II 161 H

V 155 DIE REDEN DES BUDDHA

Da, ihr Mönche, hören die Mönche nicht voll Eifer das Gesetz, lernen nicht die Mönche voll Eifer das Gesetz, merken sich nicht voll Eifer das Gesetz, untersuchen nicht voll Eifer den Sinn der sich ein- geprägten Gesetze; und selbst, wenn sie das Gesetz und seine Bedeutung kennen, leben sie nicht voll Eifer im Sinne des Gesetzes. Diese fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall und Untergange des Guten Gesetzes.

Fünf Umstände aber, ihr Mönche, führen zur Festigung, Zunahme und Unzerstörbarkeit des Guten Gesetzes: welche fünf?

Da, ihr Mönche, hören die Mönche voll Eifer das Gesetz, lernen voll Eifer das Gesetz, merken sich voll Eifer das Gesetz, untersuchen voll Eifer den Sinn der sich eingeprägten Gesetze; das Gesetz und seine Bedeutung aber kennend leben sie im Sinne des Ge- setzes. Diese fünf Umstände, ihr Mönche, führen zur Festigung, Zunahme und Unzerstörbarkeit des Guten Gesetzes. 155 Der Untergang des Guten Gesetzes

(1)

Fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall und Untergang des Guten Gesetzes: welche fünf?

Daß die Mönche das Gesetz nicht lernen, daß sie, wie sie dasselbe gehört und gelernt haben, nicht den anderen ausführlich darlegen, nicht die anderen ausführlich lernen lassen, nicht sich selber aus- führlich hersagen, nicht darüber nachdenken, nach- sinnen und es im Geiste erwägen.

Diese fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall und Untergange des Guten Gesetzes.

162

FÜNFERBUCH 1 156

Der Untergang des Guten Gesetzes 156

(2)

Fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall und Untergange des Guten Gesetzes: welche fünf?

Da, ihr Mönche, eignen sich die Mönche eine verkehrt gelernte Sutte an, eine Sutte mit verkehrtem Wortlaute. Der Sinn des verkehrten Wortlautes aber, ihr Mönche, ist irreführend. Das, ihr Mönche, ist der erste Umstand.

Ferner, ihr Mönche, sind da die Mönche heftig, von streitsüchtiger Natur, hartnäckig, schenken den Unterweisungen nicht die richtige Achtung. Das, ihr Mönche, ist der zweite Umstand.

Ferner, ihr Mönche: jene Mönche, denen reiches Wissen eignet, die mit der Botschaft vertraut, Träger des Gesetzes, der Disziplin und des Inhaltes sind, die lassen die anderen nicht voll Eifer die Sutten lernen. So sind denn nach ihrem Tode die Sutten ihrer Träger beraubt und ohne Stütze. Das, ihr Mönche, ist der dritte Umstand.

Ferner, ihr Mönche, sind da die älteren Mönche der Üppigkeit ergeben, schlaffe Menschen, suchen vor allem die Gesellschaft und fliehen die Einsamkeit als eine Last. Und sie kämpfen nicht, um das Un- erreichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen, das Unverwirklichte zu verwirklichen. Ihre Nachfolger aber nehmen sie zum Vorbilde: auch sie sind der Üppigkeit ergeben, schlaffe Menschen, suchen vor allem die Gesellschaft und fliehen die Einsamkeit als eine Last. Und sie kämpfen nicht, um das Uner- reichte zu erreichen, das Unerrungene zu erringen,

163 . u

T 167 DIE REDEN DES BUDDHA

das Unverwirklichte zu verwirklichen. Das, ihr Mönche, ist der Vierte Umstand.

Ferner, ihr Mönche, ist da die Jüngerschaft ge- spahen. Ist aber die Jüngerschaft gespalten, so ver- leumdet einer den anderen, beschimpft einer den anderen, umgeht einer den anderen, verjagt einer den anderen. Wer da kein Vertrauen besitzt, erlangt es nicht; bei einigen unter den Vertrauensvollen aber tritt eine Wandlung ein. Das, ihr Mönche, ist der fünfte Umstand.

Diese fünf Umstände, ihr Mönche, führen zum Zerfall und Untergange des Guten Gesetzes.

157 Unangebrachte Gespräche

Verkehrt ist es, ihr Mönche, zu fünf Menschen zu sprechen mit Anspielung auf ihre Person.

Verkehrt ist es, ihr Mönche, einem Vertrauens- losen von Vertrauen zu sprechen, einem Sittenlosen Von Sittlichkeit, einem Unwissenden von großem Wis- sen, einem Geizigen von Freigebigkeit und einem Toren von Einsicht. Und warum?

Spricht man da, ihr Mönche, über Vertrauen, so gerät der Vertrauenslose in Wut, wird erregt, gerät außer sich, ist eigensinnig, zeigt Zorn, Haß und Miß- trauen. Und warum? Weil er eben kein Vertrauen in sich bemerkt und darum keinen Gefallen und keine Freude daran hat. Darum ist es verkehrt, einem Ver- trauenslosen von Vertrauen zu sprechen.

Spricht man über Sittlichkeit, über großes Wissen, über Freigebigkeit, über Einsicht, so gerät der Tor in Wut, wird erregt, gerät außer sich, ist eigensinnig, zeigt Zorn, Haß und Mißtrauen. Und

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FÜNFERBUCH V 158, 169

warum? Weil er eben keine Einsicht in sich bemerkt und darum keinen Gefallen und keine Freude daran hat. Darum ist es Verkehrt, einem Toren Von Einsicht zu sprechen.

Der Befangene und der Unbefangene 158

Mit fünf Eigenschaften behaftet, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch befangen: mit welchen fünf? Er ist vertrauenslos, sittenlos, unwissend, träge und unver- ständig. —

Mit fünf Eigenschaften aber ausgerüstet, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch unbefangen: mit welchen fünf? Er besitzt Vertrauen, Sittlichkeit, großes Wissen, Willenskraft und Einsicht.

Die Darlegungsweise des Gesetzes 159

Einst weilte der Erhabene bei Kosambi im Gho- sitakloster. Zu jener Zeit aber saß der ehrwürdige Udäyl inmitten einer großen Versammlung von Haus- leuten und legte ihnen das Gesetz dar. Der ehrwür- dige Änando bemerkte es; und es bemerkend begab er sich zum Erhabenen und teilte es ihm mit.

[Der Erhabene:] »Nicht leicht, wahrlich, ist es, Änando, anderen das Gesetz darzulegen. Wer anderen das Gesetz darlegt, sollte sich dabei fünf Dinge im Geiste gewärtig halten: welche fünf?

>Er sollte bei Darlegung des Gesetzes darauf be- dacht sein, eine stufenweise Darlegung zu geben («),

(a) d. h er sollte daran denken, zuerst vom Almosengeben zu sprechen, dann von den Sittengeboten usw. und nicht etwa gleich zu Anfang von den letzten Zielen der Lehre, denn das möchte zu rein theoretischem Wissen führen, dem jede wirkliche moralische Grundlage fehlt.

165 -

Y 160 DIE REDEN DES BUDDHA

eine begründete Darlegung zu geben (a), aus Mitleid das Gesetz darzulegen, nicht zu irgend einem welt- lichen Vorteile und dabei weder auf sich noch auf die anderen anzuspielen.«

160 Schwer loszuwerdende Dinge

Fünf Dinge, ihr Mönche, einmal erwacht, kann man schwer los werden: welche fünf? Gier, Haß, Verblendung, Gesprächigkeit und unstete Gedanken.—

(a) »für alle (besprochenen) Dinge Gründe anzugeben« sagt der Kommentar.

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FÜNFERBUCH T 161, 162

SIEBZEHNTER TEIL:

Das Kapitel des Grolles

Fünf Mittel zur Überwindung des Grolles 161

(1)

Es gibt, ihr Mönche, fünf Mittel, den Groll zu überwinden, wodurch der im Mönche aufgestiegene Groll überwunden werden sollte: welche fünf?

Hinsichtlich eines Menschen, ihr Mönche, gegen den Groll aufsteigen möchte, hat man Liebe zu er- wecken, — hat man Mitleid zu erwecken, hat man Gleichmut zu erwecken; oder man hat ihm keine Beachtung und Aufmerksamkeit zu schenken; oder man hat sich das Gesetz Von der Tatenvererbung zu vergegenwärtigen, daß nämlich dieser Verehrte Eigner und Erbe seiner Taten ist, seinen Taten entsprossen und mit ihnen verknüpft ist, sie zur Zuflucht hat und die guten und bösen Taten, die er tut, zum Erbe haben wird. Auf diese Weise hat man den Groll zu jenem Menschen zu überwinden.

Fünf Mittel zur Überwindung des Grolles 162

(2)

Der ehrwürdige Sariputto sprach:

Es gibt, ihr Brüder, fünf Mittel, den Groll zu überwinden, wodurch der im Mönche aufgestiegene Groll überwunden werden sollte: welche fünf?

Da, ihr Brüder, ist ein Mensch Von unlauterem Wandel in Werken aber von lauterem Wandel in Worten. Gegen einen solchen Menschen hat man den Groll zu überwinden.

- 167 -

V 162 DIE REDEN DES BUDDHA

Da, ihr Brüder, ist ein Mensch von unlauterem Wandel in Worten aber Von lauterem Wandel in Werken. Auch gegen einen solchen Menschen hat man den Groll zu überwinden.

Da, ihr Brüder, ist ein Mensch von unlauterem Wandel in Werken und Worten, aber von Zeit zu Zeit öffnet sich sein Herz (a), erlangt sein Herz Zuversicht. Auch gegen einen solchen Menschen hat man den Groll zu überwinden.

Da, ihr Brüder, ist ein Mensch von unlauterem Wandel in Werken und Worten, und nicht öffnet sich von Zeit zu Zeit sein Herz und erlangt Zuversicht. Auch gegen einen solchen Menschen hat man den Groll zu überwinden.

Da, ihr Brüder, ist ein Mensch Von lauterem Wandel in Werken und Worten, und von Zeit zu Zeit öffnet sich sein Herz und erlangt Zuversicht. Auch gegen einen solchen Menschen hat man den Groll zu über- winden.

Wie aber, ihr Brüder, hat man den Groll gegen solche Menschen zu überwinden?

Gleichwie etwa, ihr Brüder, wenn ein in Fetzen- gewänder sich kleidender Mönch auf der Straße einen Fetzen erblickt, denselben mit dem linken Fuße fest- hält und mit dem rechten ausbreitet und, was es daran an festem Stoffe gibt, abschneidet und mitnimmt: ebenso auch, ihr Brüder, hat man bei einem Menschen von unlauterem Wandel in Werken aber lauterem Wandel in Worten bei jener Gelegenheit nicht etwa seine Un- lauterkeit in Werken zu erwägen, wohl aber seine

(a) d. h. er gewinnt die durch die Sammlung bedingte Ge- mütsruhe und Hell blick (vipässanä).

168

FUNFERBUCH T 162

Lauterkeit in Worten. Auf diese Weise hat man den Groll ^egen jenen Menschen zu überwinden.

Gesetzt, ihr Brüder, es befände sich da ein mit Moos und Wasserpflanzen bedeckter Teich. Und ein Mann, glühend vor Hitze, von der Hitze überwältigt, ermattet, zitternd. Von Durst gequält, käme des Weges daher. Und er stiege zu jenem Teiche hinab, entfernte mit beiden Händen hier und da das Moos und die Wasserpflanzen, tränke darauf aus seiner Hand und ginge alsdann seines Weges weiter. Ebenso auch, ihr Brüder, hat man bei einem Menschen von unlauterem Wandel in Worten aber lauterem Wandel in Werken bei jener Gelegenheit nicht etwa seine Unlauterkeit in Worten zu erwägen, wohl aber seine Lauterkeit in Werken. Auf diese Weise hat man den Groll gegen jenen Menschen zu überwinden.

Gesetzt, ihr Brüder, es befände sich da ein wenig Wasser in den Fußtapfen eines Rindes. Und ein Mann, glühend vor Hitze, von der Hitze überwältigt, ermattet, zitternd, von Durst gequält, käme des Weges daher. Der dächte: »Wenn ich dieses wenige in dem Rinder- fußtapfen befindliche Wasser Vermittels der Hand oder einem Gefäß trinken möchte, so würde ich es auf- stören, aufwühlen und ungenießbar machen. So will ich mich denn auf allen Vieren niederlassen und wie eine Kuh das Wasser schlürfen und dann meines Weges weiterziehen.« Und er täte so. Ebenso auch, ihr Brüder, hat man bei einem Menschen von unlauterem Wandel in Werken und Worten, dessen Herz von Zeit zu Zeit sich öffnet und Zuversicht erlangt, bei jener Gelegenheit nicht etwa seine Unlauterkeit in Werken und Worten zu erwägen; wohl aber soll man daran denken, daß

169

T162 DIE REDEN DES BUDDHA

sein Herz von Zeit zu Zeit sich öffnet und Zuversicht erlangt. Auf diese Weise hat man den Groll gegen jenen Menschen zu überwinden.

Gesetzt, ihr Brüder, ein siecher, leidender, schwer kranker Mann wanderte eine lange Straße entlang. So- wohl das Dorf hinter ihm als auch das Dorf vor ihm lägen in weiter Ferne. Und er fände keine passenden Speisen und Heilmittel, keinen passenden Pfleger und keinen, der ihm den Weg wiese. Ein Mann aber, der des Weges daherzöge, erblickte ihn. Und er empfände mit ihm Mitleid, Liebe und Wohlwollen und dächte: »Ach, daß doch dieser Mann passende Speisen und Heilmittel fände sowie einen passenden Pfleger und einen, der ihm den Weg weist, damit er nicht um- kommt!< Ebenso auch, ihr Brüder, hat man gegen einen Menschen von unlauterem Wandel in Werken und Worten, dessen Herz sich nicht von Zeit zu Zeit öffnet und Zuversicht erlangt, Mitleid, Liebe und Barm- herzigkeit zu empfinden und zu denken: »Ach, daß doch dieser Verehrte seinen schlechten Wandel in Werken und Worten aufgäbe und einen guten Wandel in Werken und Worten pflegte, damit er beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, nicht auf den Abweg gerät, auf eine Leidensfährte, in Verstoßene Welt, zur Hölle!« Auf diese Weise hat man den Groll gegen jenen Menschen zu überwinden.

Gesetzt, ihr Brüder, es befände sich da ein Teich, ge- füllt mit klarem, lieblichem, kühlem, silberhellem Wasser, mit einem Badestrande Versehen, entzückend, von zahl- reichen Bäumen umgeben. Und ein Mann, glühend vor Hitze, von der Hitze überwältigt, ermattet, zitternd, von Durst gequält, käme des Weges daher. Und er

170

FÜNFERBUCH V 165, 166

stiege in jenen Teich, badete sich und tränke Von dem Wasser. Darauf stieg er wieder heraus und setzte oder legte sich dortselbst im Schatten der Bäume nieder. Ebenso auch, ihr Brüder, hat man bei einem Menschen von lauterem Wandel in Werken und Worten, dessen Herz sich von Zeit zu Zeit öffnet und Zuversicht erlangt, bei jener Gelegenheit seinen lauteren Wandel in Werken und Worten zu erwägen und daran zu denken, daß sein Herz Von Zeit zu Zeit sich öffnet und Zu- versicht erlangt. Auf diese Weise hat man den Groll gegen jenen Menschen zu überwinden.

Bei einem in allen Dingen Zutrauen erweckenden Menschen, ihr Brüder, empfindet das Herz Zuversicht.

Die Gründe des Fraj^estellens 165

Der ehrwürdige Säriputto sprach:

Wer auch immer, ihr Brüder, einem anderen eine Frage stellt, tut es immer aus fünf Gründen oder aus einem derselben: aus welchen fünf Gründen?

Aus Dummheit und Torheit, aus üblem Wunsche und Begehren, aus Verachtung, aus Wißbegierde oder in dem Gedanken: »Wenn jener die von mir gestellte Frage richtig beantwortet, so ist's gut; wenn rieht, so werde ich ihm dieselbe richtig beantworten.« Ich, ihr Brüder, stelle einem anderen eine Frage in dem Gedanken: »Wenn jener die von mir gestellte Frage richtig beantwortet, so ist's gut; wenn nicht, so werde ich ihm dieselbe richtig beantworten.«

UdäyT widerspricht Säriputto i66

Der ehrwürdige Säriputto sprach: »Wohl ist es möglich, ihr Brüder, daß da ein in Sittlichkeit, Sammlung und Einsicht vollkommener

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T166 DIE REDEN DES BUDDHA

Mönch die »Aufhebung von Wahrnehmung und Ge- fühl« («) erreicht und sich wieder daraus erhebt. Wenn nun dieser nicht schon bei Lebzeiten das Höchste Wissen erreicht, so mag er, jenseits der Gemeinschaft der von grobstofflicher Nahrung lebenden Himmels- wesen (/?), in einer geistigen Welt wiedererscheinend (y), auch dort in die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl eintreten und sich wieder daraus erheben. Das ist wohl möglich.«

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Udäyi zum ehrwürdigen Säriputto:

»Unmöglich ist es, Bruder Säriputto, kann nicht sein, daß jener Mönch, der, jenseits der Gemeinschaft den von grobstofflicher Nahrung lebenden Himmels- wesen, in einer geistigen Welt wiedererscheint, dort in die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl ein- tritt und sich wieder daraus erhebt.«

Und zum zweitenmale und drittenmale tat der ehrwürdige Säriputto seinen Ausspruch. Und zum zweitenmale und drittenmale widersprach ihm der ehr- würdige UdäyT.

Da dachte der ehrwürdige Säriputto: »Wahrlich, gar dreimal widerspricht mir der ehrwürdige Udäyi,

(a) sanfiä-vedäyita-nirödha oder nirödha-samäpätti.

iß) d. i. der der sinnlichen Sphäre (kämävacara) angehörenden Himmelswesen.

(y) d. i. in den der (von Sinnlichkeit freien) reinen Formsphäre (rupävacara) angehörenden sog. »Reinen Gefilden« (suddhäväsa), die nur dem von den ersten fünf Fesseln Befreiten, dem Niewieder- kehrenden (anägämi), zugänglich sind, und zwar unter der Vor- aussetzung, daß er die Vertiefungen (jhäna) gewonnen hat. »In einem durch die Vertiefungen gewirkten reinen Gefilde der Brahma- welt« sagt der Kommentar.

172 -

FÜNFERBUCH V 166

und keiner der Mönche stimmt mir bei. So will ich denn zum Erhabenen gehen.« Und der ehrwürdige Säriputto begab sich zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite aber sitzend wandte sich der ehrwürdige Säri- putto an die Mönche und tat den früheren Ausspruch. Und wiederum widersprach ihm dreimal der ehr- würdige Udäyi.

Da dachte der ehrwürdige Säriputto: »Selbst im Beisein des Erhabenen widerspricht mir dreimal der ehrwürdige Udäyl, und keiner der Mönche stimmt mir bei. So will ich denn schweigen.« Und der ehr- würdige Säriputto schwieg.

Da aber wandte sich der Erhabene an den ehr- würdigen Udäyi und sprach:

»An welche geistige Welt denkst du da, Udäyi?«

»An die formlosen, durch Wahrnehmung gezeugten Himmelswesen, o Ehrwürdiger.« («)

»Was willst du mit deinen Reden, du Tor, du unwissender Mensch! Du glaubst wohl auch etwas sagen zu müssen?«

Und der Erhabene wandte sich an den ehrwür- digen Änando und sprach: _

>Wenn ein älterer Mönch, Anando, beleidigt Wird, dürft ihr da wohl gleichgültig bleiben? Solltet ihr denn da kein Mitleid mit ihm haben?«

Und zu den Mönchen gewandt sprach er:

>Wohl ist es möglich, ihr Brüder, daß da ein in

(a) Udäyi meint nämlich, daß die geistgezeugte Welt (wörtl. Körper, Aggregat) sich in der sog. Formlosen Sphäre (arüpä- vacara) beiinde.

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T 16ß DIE t^EDEN DES BUDDHA

Sittlichkeit, Sammlung und Einsicht vollkommener Mönch die »Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl« erreicht und sich wieder daraus erhebt. Wenn nun dieser nicht schon bei Lebzeiten das Höchste Wissen erreicht, so mag er, jenseits der Gemeinschaft der Von grobstofflicher Nahrung lebenden Himmelswesen, in einer geistigen Welt wiedererscheinend, auch dort in die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl eintreten und sich wieder daraus erheben. Das ist wohl möglich.«

Das sprach der Erhabene und nach diesen Worten erhob er sich von seinem Sitze und begab sich in seine Zelle.

Nicht lange aber nachdem der Erhabene gegangen war, trat der ehrwürdige Änando zum ehrwürdigen Upaväno und sprach:

>Hier, Bruder Upaväno, beleidigen die anderen die älteren Mönche: jene will ich nicht angeben. Es Wäre nicht zu Verwundern, wenn der Erhabene, nach- dem er gegen Abend aus seiner Abgeschiedenheit herausgetreten ist, sich hierüber äußern möchte. Möchte dann dem verehrten Upaväno eine Erwiderung einfallen. Wir sind da eben in Ungewißheit geraten.«

Nachdem nun der Erhabene gegen Abend aus seiner Abgeschiedenheit herausgetreten war, begab er sich zur Empfangshalle, setzte sich dort auf dem an- gewiesenen Sitze nieder und sprach alsdann zum ehr- würdigen Upaväno:

»Mit wievielen Eigenschaften ausgestattet, Upa- väno, wird der ältere Mönch von seinen Ordensbrüdern geliebt, geschätzt, geachtet und geehri?«

»Mit fünf Eigenschaften, o Ehrwürdiger. Da, o Ehrwürdiger, eignet dem älteren Mönche Sittlichkeit.

174

FÜNFERBUCH V 167

Es eignet ihm ein großes Wissen, es eignet ihm edle Rede. Der vier Vertiefungen, der geisterhebenden, gegenwärtig beglückenden, wird er nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig. Durch Versiegung der Leidenschaften hat er schon bei Lebzeiten die leidenschaftslose Gemütserlösung und Wissenserlösung selber erkannt, verwirklicht, und sich zu eigen gemacht. Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, o Ehrwür- diger, wird der ältere Mönch von seinen Ordensbrüdern gehebt, geschätzt, geachtet und geehrt.«

>Recht so, recht so, Upaväno! Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, Upaväno, wird der ältere Mönch von seinen Ordensbrüdern geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt. Sind nämlich, Upaväno, bei dem älteren Mönche diese fünf Eigenschaften nicht anzu- treffen, aus welchem Grunde sollten ihn dann wohl seine Ordensbrüder lieben, schätzen, achten und ehren? Etwa weil er gebrochen, ergraut und seine Haut voller Falten ist? Wahrlich, Upaväno, wenn bei dem älteren Mönche diese fünf Eigenschaften anzutreffen sind, so lieben, schätzen, achten und ehren ihn seine Ordens- brüder.<

Tadeln und getadelt werden 167

Der ehrwürdige Säriputto sprach:

Der tadelnde Mönch, ihr Brüder, hat, wenn er einen anderen tadeln will, sich dabei fünf Dinge ge- wärtig zu halten: welche fünf?

»Er spreche zur rechten Zeit (a), nicht zur Unzeit.

(a) „d. h. nicht inmitten einer versammelten Menge oder in dem Upö^aiha- (s. Nyanatiloka, Zweierbuch, Anm. 60) oder Pavärana- (I. c. Anm. 61) Gebäude, der Schlaf- oder Speisehalle usw.; sondern während der andere in seinem täglichen Aufenthaltsorie sitzt, soll

175

1 16t DIE REDEN DES BUDDHA

Er spreche den Tatsachen entsprechend, nicht unwahr. Er spreche sanft, nicht roh. Er spreche zweckmäßig, nicht zwecl<ios. Er spreche in liebevoller Gesinnung, nicht aus innerer Bosheit.

»Da, ihr Brüder, sehe ich den Menschen, der erregt wird, wenn er zur Unzeit getadelt wird und nicht zur rechten Zeit, wenn er unwahr getadelt wird und nicht den Tatsachen entsprechend, wenn er roh getadelt wird und nicht sanft, wenn er zwecklos ge- tadelt wird und nicht zweckmäßig, wenn er aus innerer Bosheit getadelt wird und nichtaus liebevoller Gesinnung.

»In dem ungesetzlich getadelten Mönche, ihr Brüder, hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Unschuld zu wecken, nämlich: »Zur Unzeit wurde der Verehrte getadelt, nicht zur rechten Zeit, unwahr getadelt und nicht den Tatsachen entsprechend, roh getadelt und nicht sanft, zwecklos getadeU und nicht zweckmäßig, aus innerer Bosheit getadelt und nicht in liebevoller Gesinnung; recht ist es, wenn du dich unschuldig fühlst.«

»In dem ungesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder, hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Reue zu wecken, nämlich: »Zur Unzeit hast du getadelt und nicht zur rechten Zeit; unwahr hast du getadelt und nicht den Tatsachen entsprechend; zwecklos hast du getadelt und nicht zweckmäßig; aus innerer Bosheit hast du getadelt und nicht in liebevoller Gesinnung; recht ist es, wenn du Reue empfindest.« In dem un- gesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder, hat man in

man, bevor man ihn ermahnt, erst um die Erlaubnis bitten, etwa: »Möge mir der Verehrte gestatten! Ich möchte mit dem Verehrten sprechen«" usw. (Komm.)

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FUNFERBUCH T 167

dieser fünffachen Weise die Reue zu wecken. Und warum? Damit es nicht auch einem anderen Mönche einfalle, unwahr zu tadeln.«

>Da, ihr Brüder, sehe ich den Menschen, der erregt wird, selbst wenn er zur rechten Zeit getadelt wird und nicht zur Unzeit, den Tatsachen entsprechend getadelt wird und nicht unwahr, sanft getadelt Wird und nicht roh, zweckmäßig getadelt wird und nicht zwecklos, in liebevoller Gesinnung getadelt wird und nicht aus innerer Bosheit.«

»In dem gesetzlich getadelten Mönche, ihr Brüder, hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Reue zu wecken, nämlich: »Zur rechten Zeit wurde der Ver- ehrte getadelt und nicht zur Unzeit, den Tatsachen entsprechend getadelt und nicht unwahr, sanft getadelt und nicht roh, zweckmäßig getadt;lt und nicht zwecklos, in liebevoller Gesinnung getadejt und nicht aus innerer Bosheit; recht ist es, wenn du Reue empfindest.« In dem gesetzlich getadelten Mönche, ihr Brüder, hat man in dieser fünffachen Weise das Gefühl der Reue zu wecken.«

»In dem gesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder, hat man in fünffacher Weise das Gefühl der Unschuld zu wecken, nämlich ; »Zur rechten Zeit hat der Verehrte ge- tadelt und nicht zur Unzeit, den Tatsachen entsprechend und nicht unwahr, sanft und nicht roh, zweckmäßig und nicht zwecklos, in liebevoller Gesinnung und nicht aus innerer Bosheit; recht ist es, wenn du dich unschuldig fühlst.« In dem gesetzlich tadelnden Mönche, ihr Brüder, hat man in dieser fünffachen Weise das Gefühl der Un- schuld zu erwecken. Und warum? Damit auch die

Die Reden des Buddha. Bd. H ^177 ^2

T 167 DIE REDEN DES BUDDHA

anderen Mönche daran denken möchten, den Tatsachen entsprechend zu tadeln.«

»Der Getadelte, ihr Brüder, sollte in zwei Dingen fest bleiben: in der Wahrheit und in der Unerregbarkeit. Sollten mich, ihr Brüder, die anderen auch zur Unzeit tadeln und nicht zur rechten Zeit, unwahr tadeln und nicht den Tatsachen entsprechend, roh tadeln und nicht sanft, zwecklos tadeln und nicht zweckmäßig, aus innerer Bosheit tadeln und nicht in liebevoller Gesinnung, so möchte auch ich in eben diesen beiden Dingen fest bleiben: in der Wahrheit und der Unerregbarkeit. Wenn ich eben einsehe, daß diese oder jene Sache bei mir zutrifft, dann sage ich: ,Es ist so; diese Sache trifft bei mir zu'. Erkenne ich aber, daß diese oder jene Sache bei mir nicht zutrifft, dann sage ich: ,Es ist nicht so; diese Sache trifft bei mir nicht zu'.«

. [Der Erhabene:] »Obzwar, Säriputto, Von dir auf solche Weise angesprochen, wollen da dennoch gewisse Toren keine rechte Belehrung annehmen.«

>Die da, o Ehrwürdiger, ohne Vertrauen sind, die aus Broterwerb und nicht aus Vertrauen Von Hause in die Hauslosigkeit gezogen sind, Heuchler, Gleisner, Betrüger, aufgeregte, aufgeblasene, unstete Schwätzer, Verworrene Plapperer, die ihre Sinnentore nicht be- wachen, nicht maßhalten beim Mahle, nicht der Wach- samkeit ergeben sind, gleichgültig gegen das Asketen- leben, ohne wirkliche Achtung vor der Askese, der Üppigkeit ergeben, schlaffe Menschen, die vor allem die Geselligkeit suchen, die Einsamkeit verwerfen, träge sind, ohne Willenskraft, unachtsam, unklar, ohne Sammlung, zerfahrenen Geistes, töricht und stumpf- sinnig: — freilich, solche Menschen werden, von

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FUNFERBUCH ' T 169

mir also angesprochen, nicht die rechte Beachtung schenken. Jene edlen Söhne aber, o Ehrvuiirdiger, die voll Vertrauen von Hause in die Hauslosigi<eit zogen und keine Heuchler, Gleisner und Betrüger sind, keine aufgeregten, aufgeblasenen, unsteten Schwätzer, keine Verworrenen Plapperer, sondern ihre Sinnentore be- wachen, maßhalten beim Mahle, der Wachsamkeit er- geben sind. Voll Liebe zum Asketenleben, voll wirklicher Achtung vor der Askese, nicht der Üppigkeit und Schlaffheit Verfallen, die die Abgeschiedenheit suchen und die Gesellschaft fliehen, Voll Willenskraft sind, selbstentschlossen, der Achtsamkeit gewärtig, geistes- klar, gesammelt, geeinten Geistes, einsichtig, nicht stumpfsinnig: solche Menschen aber werden, von mir also angesprochen, die rechte Beachtung schenken.« »Sei es um jene ersteren, Säriputto! Zu diesen aber, Säriputto, die Voll Vertrauen von Hause in die Hauslosigkeit zogen, zu diesen edlen Söhnen mögest du sprechen! So ermahne denn, Säriputto, deine Ordensbrüder! Belehre sie! Und deine Ordensbrüder Vom Bösen abzubringen und im Guten zu festigen, das, Säriputto, sei dein Streben!«

Durchdringender Scharfblick 169

Der ehrwürdige Änando sprach zum ehrwürdigen Säriputto:

»Inwiefern Wohl, Bruder Säriputto, besitzt der Mönch durchdringenden Scharfblick bei den verdienst- vollen Erscheinungen, gute Auffassung, eignet sich Viel an und schwindet ihm das Aufgenommene nicht aus dem Gedächtnisse?«

»Großes Wissen besitzt ja der ehrwürdige Änando.

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Tie9 DIE REDEN DES BUDDHA

Möge dem ehrwürdigen Anando selber die Antwort einfallen!«

»So höre denn, Bruder Säriputto, und achte wohl auf meine Worte!«

»Gut, Bruder!« erwiderte der ehrwürdige Säriputto dem ehrwürdigen Anando. Der ehrwürdige Anando sprach:

»Da, Bruder Säriputto, ist der Mönch wohl Ver- traut mit der wahren Bedeutung, wohl vertraut mit dem Gesetze («), wohl vertraut mit der Sprache, wohl vertraut mit der Darlegung, wohl vertraut mit dem Früheren und Späteren (ß). Insofern, Bruder Säriputto, besitzt der Mönch durchdringenden Scharf- blick bei den verdienstvollen Erscheinungen, gute Auf- fassung, eignet sich Viel an und schwindet ihm das Aufgenommene nicht aus dem Gedächtnisse.«

>Wunderbar ist es, Bruder Anando; erstaunlich ist es, Bruder Anando, wie da der ehrwürdige Anando so treffend geantwortet hat. Als mit diesen fünf Eigen- schaften aber ausgestattet, wollen wir des ehrwürdigen Anando gedenken! Denn *der ehrwürdige Anando ist wohl vertraut mit der wahren Bedeutung, wohl Vertraut mit dem Gesetze, wohl vertraut mit der Sprache, wohl Vertraut mit der Darlegung und v^ohl Vertraut mit dem Früheren und Späteren.«

(a) Nach dem Kommentar zn dieser Stelle ist unter dem ersten »Analytischen Wissen« (Auslegung) der Kommentar, und unter dem zweiten (Gesetz) der kanonische Text (Päli) zu verstehen.

(ß) In tünferlei Hinsicht, sagt der Kommentar, nämlich: betreffs des Kommentares, des Textes, der Worte, der 'Buchstaben und des Zusammenhanges.

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FÜNFERBUCH V 170

Die fünf höchsten Dinge 170

[Im Ghositakloster bei Kosambi.]

Der ehrwürdige Änando spracli zum ehrwürdigen Bhaddaji:

»Was ist wohl, Bruder Bhaddaji, der höchste An- bh'ck, was der höchste Klang, was das höchste Glück, was die höchste Wahrnehmung und was das höchste Dasein?«

»Es gibt da, o Bruder, jenen Brahma, den Herrscher, den Unbeherrschten, Allwissenden, Allmächtigen. Wer jenen Brahma schaut, der genießt den höchsten Anblick.

»Es gibt da, o Bruder, jene strahlenden Himmels- wesen, die ganz und gar vom Glücke durchdrungen sind. Dann und wann stoßen jene den Freudenruf aus: »O, welches Glück! O, welches Glück!« Wer jenen Klang vernimmt, der vernimmt den höchsten Klang.

»Es gibt da, o Bruder, jene helleuchtenden Himmels- wesen. Jene Zufriedenen empfinden stets ein Glück des Friedens. Das ist das höchste Glück.

»Es gibt da, o Bruder, jene in dem Nichtdaseins- gebiete wiedergeborenen Himmelswesen. Das ist die höchste Wahrnehmung.

»Es gibt da, o Bruder, jene in dem Gebiete der Weder- Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung wieder- - geborenen Himmelswesen. Das ist das höchste Da- sein.«

»Ja, hierin stimmt der ehrwürdige Bhaddaji mit der großen Menge überein.«

»Freilich, der ehrwürdige Änando besitzt ein großes Wissen. Möge denn dem ehrwürdigen Änando eine Erklärung einfallen!«

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T170 DIE REDEN DES BUDDHA

»So höre denn, Bruder Bhaddaji, und achte wohl auf meine Worte!«

»Gut, Bruder«, erwiderte der ehrwürdige Bhaddaji dem ehrwürdigen Änando. Der ehrwürdige Anando sprach:

»Jene Sehempfindung, o Bruder, auf die unmittel- bar die Versiegung der Leidenschaften erfolgt, das ist der höchste Anblick. Jene Hörempfindung, auf die unmittelbar die Versiegung der Leidenschaften erfolgt, das ist der höchste Klang. Jene Glücksempfindung, auf die unmittelbar die Versiegung der Leidenschaften erfolgt, das ist das höchste Glück. Jene Wahrnehmung, auf die unmittelbar die Versiegung der Leidenschaften erfolgt, das ist die höchste Wahrnehmung. Jener Da- seinsmoment, auf den unmittelbar die Versiegung der Leidenschaften erfolgt, das ist das höchste Dasein.«

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FÜNFERBUCH V 171-173, 174

ACHTZEHNTER TEIL:

Das Kapitel der Anhänger

Der Befangene und der Unbefangene m-m

Mit fünf Eigenschaften behaftet, ihr Mönche, fühlt sich der Anhänger befangen: mit weichen fünf? Er tötet, stiehlt, begeht geschlechtliche Ausschreitungen, lügt und genießt berauschende Getränke.

Mit folgenden fünf Eigenschaften aber ausge- stattet, ihr Mönche, ist der Anhänger unbefangen: mit welchen fünf? Er meidet das Töten, Stehlen, ge- schlechtliche Ausschreitungen, Lügen und den Genuß berauschender Getränke. Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der Anhänger unbefangen, lebt voll Unbefangenheit im Hause, gelangt seinen Werken entsprechend zum Himmel.

Die fünf schrecklichen Übel 174

Der Erhabene sprach zu Anathapindiko dem Hausvater:'

Wer, 0 Hausvater, fünf schreckliche Übel nicht überkommen hat, der gilt als sittenlos und erscheint in der Hölle wieder: welche fünf?

Töten, Stehlen, geschlechtliches Ausschreiten, Lügen und den Genuß berauschender Getränke. Wer aber, o Hausvater, diese fünf schrecklichen Übel überwunden hat, der gilt als sittenrein und erscheint auf glücklicher Fährte wieder.

Während der, o Hausvater, der diese Dinge ver- übt, gegenwärtiges wie künftiges schreckliches Übel erzeugt und geistigen Schmerz und Trübsal empfindet,

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T 175 DIE RFDEN DES BUDDHA

SO erzeugt, wer sich dieser Dinge enthält, weder gegenwärtiges noch künftiges schreckliches Übel, noch empfindet er geistigen Schmerz und Trübsal. Jenes schreckliche Übel ist eben in ihm erloschen.

Wer Lebewesen wehe tut, Verlogen ist in seinem Wort, An fremdem Gute sich vergreift Und seines Nachbars Weib verführt, Dem Branntwein- und dem Weingenuß Voll Eifer hingej^eben ibt:

WtT diese Übel nicht verwirft,

Der gilt fürwahr als sittenlos;

Und wenn dereinst sein Leib zerbricht,

Eilt solch ein Tor zur Hölle hin.

Wer keinem Wesen wehe tut, Kein falsches Wort entschlüpfen läßt, Sich nie an fremdem Out vergreift. Nicht seines nächsten Weib verführt. Zu Branntwein- und zu Weingenuß Sich niemals hingezogen fühlt:

Wer dieser Übel sich enthält, , Der gilt fürwahr als sittenrein; Und wenn dereinst sein Leib zerbricht,^ Eilt himmelwärts der weise Mann.

175 Zweierlei Anhänger

Der mit fünf Eigenschaften behaftete Anhänger (upäsaka), ihr Mönche, gilt unter den Anhängern als ein ausgestoßener, ein Schmutzfleck, ein Verworfener: mit Welchen fünf Eigenschaften?

Er ist Vertrauenslos; ist sittenlos; ist vergnügungs- süchtig, dem Vergnügen hingegeben und nicht der Arbeit; er sucht außerhalb (dieses Ordens) nach den der Gaben Würdigen; und dort wartet er vor allem auf.

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FÜNFERRUCH T 176

Der mit folgenden fünf Eigenschaften aber aus- gestattete Anhänger, ihr Mönche, gilt unter den An- hängern als ein Kleinod, als eine Lilie: mit welchen fünf?

Er ist voll Vertrauen; ist sittenrein; ist nicht Ver- gnügungssüchtig, sondern der Arbeit hingegeben, nicht dem Vergnügen; er sucht nicht außerhalb nach den der Gaben Würdigen; und er wartet nicht vor allem dort auf.

Die Freude der Loslösung 176

Und es begab sich der Hausvater Anä'hapindiko in Begleitung von fünfhundert Anhängern zum Erhabenen. Dort angelangt begrüßte er ehrfurchtsvoll den Er- habenen und setzte sich zur Seite nieder. Als er sich aber gesetzt hatte, sprach der Erhabene zu dem Haus- Vater Anäthapindiko also:

»Zwar beschenkt ihr, o Hausleute, die Mönchs- gemeinde mit Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Doch dürft ihr, 0 Hausleute, euch nicht schon damit begnügen. Möget ihr denn auch danach streben. Von Zeit zu Zeit die Freude der Loslösung (a) euch zu erringen! Das möge euer Streben sein!«

Auf diese Worte wandte sich der ehrwürdige Säri- putto an den Erhabenen und sprach:

»Wunderbar ist es, o Ehrwürdiger, erstaunlich ist es, 0 Ehrwürdiger, wie da der Erhabene so treffende Worte gesprochen hat. Zu einer Zeit nämlich, o Ehr- würdiger, wo der edle Jünger im Besitze der los-

(a) d. i. die durch die erste und zweite Vertiefung bedingte Verzückung, sagt der Kommentar.

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T177 DIE REDEN DES BUDDHA

gelösten Freude verweilt, zu einer solchen Zeit gibt es für ihn keine der folgenden fünf Möglichkeiten. Mit Sinnlichkeit verbundenen Schmerz und Trübsinn: das gibt es nicht zu einer solchen Zeit. Mit Sinnlichkeit verbundene Freude und Frohsinn: auch das gibt es nicht zu einer solchen Zeit. Mit Schuld verbundenen* Schmerz und Trübsinn: auch das gibt es nicht zu einer solchen Zeit. Mit Schuld Verbundene Freude und Frohsinn: auch das gibt es nicht zu einer solchen Zeit. Mit Verdienst Verbundenen Schmerz und Trüb- sinn: auch das gibt es nicht zu einer solchen Zeit. Zu einer Zeit eben,- o Ehrwürdiger, wo der edle Jünger im Besitze der losgelösten Freude verweilt, zu einer solchen Zeit gibt es für ihn keine dieser fünf Mög- lichkeiten.«

»Recht so, recht so, Säriputto! Zu einer Zeit, Säriputto, wo der edle Jünger im Besitze der los- gelösten Freude Verweilt, zu einer solchen Zeit gibt es für ihn keine dieser fünf Möglichkeiten.«

177 Die fünf verwerflichen Berufe

Folgende fünf Arten des Handels, ihr Mönche, sollte der Anhänger nicht ausüben: welche fünf?

Handel mit Waffen, Handel mit Lebewesen, Handel mit Fleisch, Handel mit berauschenden Getränken und Handel mit Giften: diese fünf Arten des Handels, ihr Mönche, sollte der Anhänger nicht ausüben, (a)

(a) ^weder selber soll man diese Arten des Handels ausüben noch auch andere dazu veranlassen« (Komm.)- Die Enthaltsamkeit davon gehört zur fünften Stufe des Achtfachen Pfades, nämlich »rechter Lebensweise« (sammä-äjlva).

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FÜNFERBUCH V 178

Der Sittenreine hat nichts zu fürchten 178

»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl jemals schon gesehen oder gehört, daß, weil einer Vom Töten absteht, sich des TÖtens enthält, ihn die Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens vom Töten hinrichten, binden oder verbannen lassen und mit ihm nach Belieben verfahren?«

>Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«

>Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen, sobald man von einem Menschen eine derartige böse Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, einen Mann oder ein Weib des Lebens beraubt zu haben, ihn die Fürsten fest, und wegen des Mordes lassen sie ihn hinrichten, binden, verbannen und verfahren mit ihm nach Belieben. Habt ihr wohl solches schon gesehen oder gehört?«

»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin solches hören.«

»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer vom Stehlen absteht, sich des Stehlens enthält, ihn die Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens vom Stehlen hinrichten, binden oder verbannen lassen und mit ihm nach Belieben verfahren?«

»Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«

»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen, sobald man Von einem Menschen eine derartige böse Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, aus dem Dorf oder Walde fremdes Eigentum in diebischer

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V 178 DIE REDEN DES BUDDHA

Absicht weggenommen zu haben, ihn die Fürsten fest, und wegen des Diebstahles lassen sie ihn hinrichten, binden, verbannen und veifahren mit ihm nach Be- lieben. Habt ihr wohl solches schon gesehen oder gehört?«

»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin solches hören.«

»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer von geschlechtlicher Ausschreitung absteht, sich geschlecht- licher Ausschreitung enthält, ihn die Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens von geschlechtlicher Ausschreitung hinrichten, binden oder verbannen lassen und mit ihm nach Belieben verfahren?«

»Das wohl, nicht, o Ehrwürdiger.«

»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen, sobald man von einem Menschen eine derartige böse Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, gegen fremde Weiber oder Mädchen geschlechtliche Aus- schreitungen verübt zu haben, ihn die Fürsten fest, und wegen der geschlechtlichen Ausschreitung lassen sie ihn hinrichten, binden, verbannen und Verfahren mit ihm nach Belieben. Habt ihr wohl solches schon gesehen oder gehört?«

»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin solches hören.«

»Was meint ihr Wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer vom Lügen absteht, sich des Lügens enthält, ihn die

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FUNFERBUCH V 178

Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens vom Lügen hinrichten, binden oder verbannen lassen und mit ihm nach Beheben Verfahren?«

»Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«

»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen, sobald man von einem Menschen eine derartige böse Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, durch falsche Aussage das Vermögen eines Hausvaters oder dessen Sohnes zugrunde gerichtet zu haben, ihn die Fürsten fest, und wegen der falschen Aussage lassen sie ihn hinrichten, binden, verbannen und ver- fahren mit ihm nach Belieben. Habt ihr wohl solches schon gesehen oder gehört?«

»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin solches hören.«

»Was meint ihr wohl, ihr Mönche: habt ihr wohl schon jemals gesehen oder gehört, daß, weil einer vom 'Genüsse berauschender Getränke absteht, sich des Genusses berauschender Getränke enthält, ihn die Fürsten festnehmen und wegen seines Abstehens Vom Trinken hinrichten, binden, oder verbannen lassen und mit ihm nach Belieben Verfahren?«

»Das wohl nicht, o Ehrwürdiger.«

»Nun gut, ihr Mönche; auch ich habe niemals solches gesehen oder gehört. Wohl aber nehmen, sobald man von einem Menschen eine derartige böse Tat zur Kenntnis bringt und ihn beschuldigt, infolge des Genusses berauschender Getränke einen Mann oder eine Frau des Lebens beraubt zu haben, oder aus Dorf oder Wald fremdes Eigentum in diebischer

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Ti79 DIE REDEN DES BUDDHA

Absicht weggenommen zu haben, oder sich an fremden Weibern oder Mädchen vergriffen zu haben, oder durch falsche Aussage das Vermögen eines Haus- vaters oder dessen Sohnes zugrunde gerichtet zu haben, ihn die Fürsten fest und lassen ihn hinrichten, binden oder verbannen und verfahren mit ihm nach Belieben. Habt ihr solches wohl schon gesehen oder gehört?«

»Gewiß, 0 Ehrwürdiger, haben wir solches schon gesehen und gehört und werden auch noch fernerhin solches hören.«

179 Der in den Strom eingetretene Hausvater

Und Anäthapindiko der Hausvater begab sich in Begleitung von fünfhundert Anhängern zum Erhabenen. Dort angelangt begrüßte er ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Darauf wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Säriputto und sprach:

Der unter den weißgekleideten Hausleuten, Säri- putto, von dem ihr wiiät, daß er hinsichtlich der fünf Sittenregeln in Werken sich beherrscht und der Vier geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglückenden Zustände nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird, der kann, wenn er will, von sich erklären, daß er entronnen ist der Hölle, entronnen dem Tier- reiche, entronnen dem Gespensterreiche, entronnen dem Abwege, der Leidensfährte, der verstoßenen Welt, und daß er »eingetreten ist in den Strom« (sotäpanna), dem Verderben entronnen, gesichert, der Vollen Er- leuchtung gewiß.

Hmsichtlich welcher Sittenregeln aber beherrscht er sich in Werken? Da, Säriputto, meidet der edle

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FÜNFERBUCH V 179

Jünger dasTöten, Stehlen, geschlechtliche Ausschreiten, Lügen und den Genuß berauschender Getränke. Hin- sichtlich dieser fünf Sittenregeln beherrscht er sich in Werken.

Welcher vier geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglückenden Zustände aber wird er teilhaftig? Da, Säriputto, ist der edle Jünger erfüllt von unerschütter- lichem Vertrauen zum Vollendeten, nämlich: »Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Weltenkenner, der höchste Lenker der zu bezähmen- den Menschheit, der Meister der Himmelswesen und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene!« Diesen ersten geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglücken- den Zustand hat er erreicht, der da führt zur Läuterung des noch ungeläuterten Geistes, zur Klärung des noch ungeklärten Geistes.

Fernerhin, Säriputto, ist der edle Jünger erfüllt von unerschütterlichemVertrauen zum Gesetze, nämlich: »Wohldargetan ist vom Erhabenen das Gesetz, das ein sichtbares, unmittelbares Ergebnis zeitigt, das ein- ladende, zum Ziele führende, das jedem Verständigen verständlich ist.« Diesen zweiten geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglückenden Zustand hat er erreicht, der da führt zur Läuterung 'des noch un- geläuterten Geistes, zur Klärung des noch ungeklärten Geistes.

Fernerhin, Säriputto, ist der edle Jünger erfüllt von unerschütterlichem Vertrauen zur Jüngerschaft, nämlich: »In Vollkommenheit wandelt die Jüngerschaft des Erhabenen, in Aufrichtigkeit wandelt die Jünger- schaft des Erhabenen, auf dem rechten Pfade wandelt

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V179 DIE REDEN DES BUDDHA

die Jüngerschaft desErhabenen, in Pflichtentreue wandelt die Jüngerschaft des Erhabenen, als da sind die Vier Paare und acht Arten von Menschen. Diese Jünger- schaft des Erhabenen ist würdig der Opfer, würdig der Gastfreundschaft, würdig des ehrfurchtsvollen Hand- grußes, ist in der Welt der beste Boden für verdienst- volle Werke.« Diesen dritten geisterhebenden, j-chon bei Lebzeiten beglückenden Zustand hat er erreicht, der da führt zur Läuterung des noch ungeläuterten Geistes, zur Klärung des noch ungeklärten Geistes.

Fernerhin, Säriputto, ist der edle Jünger aus- gestattet mit den Sitten, wie sie den Edlen lieb sind, den ungebrochenen, lückenlosen, unbefleckten, un- getrübten, ungezwungenen, Von den Verständigen ge- priesenen, unbeeinflußten, zur Sammlung hififührenden.

Diesen vierten geisterhebenden, schon bei Leb- zeiten beglückenden Zustand hat er erreicht, der da führt zur Läuterung des noch ungeläuterten Geistes, zur Klärung des noch ungeklärten Geistes.

Dieser vier geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglückenden Zustände wird er nach Wunsch teilhaftig, 'ohne Mühe und Anstrengung.

Der unter den weißgekleideten Hausleuten, Säri- putto, von dem ihr wißt, daß er hinsichtlich dieser fünf Sittenregeln in Werken sich beherrscht und dieser Vier geisterhebenden, schon bei Lebzeiten beglückenden Zustände nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig wird, der kann, wenn er Will, von sich er- klären, daß er entronnen ist der Hölle, entronnen dem Tierreiche, entronnen dem Gespensterreiche, entronnen dem Abwege, der Leidensfährte, der Verstoßenen Welt, und daß er »eingetreten ist in den Strom« (sotäpanna),

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FÜNFERBUCH V l7d

dem Verderben entronnen, gesichert, der vollen Er- leuchtung gewiß.

Der Hölle Schrecken eingedenk, Vermeide jede böse Tat, Der weise Mann, der Zuflucht nahm Zu dem erhabenen Gesetz.

Er tue keinem Wesen weh. Selbst nicht, wenn er die Macht besitzt; Sprech' nie bewußte Falschheit aus, Vergreif sich nicht an fremdem Gut.

, Mit eignen Frau'n begnüg' er sich,

Begehre nicht des Nachbars Weib! Dem Wein und Branntwein bleib er fern, Da er den Geist verworren macht.

Des Buddha sei er eingedenk Und sinne über das Gesetz, Üb' milden, liebevollen Sinn, Der aufwärts führt zur Himmelswelt.

Wenn der nach Gutem Strebende Die Gaben, die bereitet sind, Zuerst den Heiligen verteilt. Erwächst den Gaben hoher Lohn.

Die Heiligen will ich dir weisen; So hör' mich, Säriputto, an!

Ob schwarze oder weiße Kühe, Von roter Farbe oder braun. Einfarbig oder auch gefleckt. Und auch wie Tauben grau gefärbt:

Den wohlbezähmten Leitstier, Den man darunter treffen mag. Dies kraftbeseelte Lastentier Von edlem und geschwindem Gang, Ihn wendet man als Träger an Und fragt nach seiner Farbe nicht.

Die Reden des Buddha. Bd. II 193 ^3

1 180 DIE REDEN DES 6UDDHA

Genau so ist es unter Menschen, Welch Kaste es auch immer sei - Ob Krieger, Priester, Bürgersmann, Candäla, Feger oder Knecht, -

Wer da von allen diesen Menschen Gezügelt ist und pflichtentreu. In Tugend fest, voll Sittlichkeit, Die Wahrheit spricht, bescheiden ist,

Entflohen Alter und Geburt,

Die Heiligkeit vollendet hat.

Der Lasten ledig, losgelöst, ,

Das Werk gewirkt hat, wahnerlöst,

Die Dinge all' durchschauet hat, Von jeder Leidenschaft geheilt: Auf solchem unbefleckten Boden Erwächst der Gabe hoher Lohn.

Ja, nur der einsichtslose Tor, Dem's an Verstand und Einsicht fehlt, Schenkt nur den Andersgläubigen Und wartet nicht den Heil'gen auf.

Wer Heil'gen seine Dienste weiht, Den Weisen, die als stark erprobt, Des Zuversicht zum Meisterherrn Ist tiefgewurzelt, felsenfest.

Er eilet hin zur Himmelswelt, Wenn nicht zu vornehmem Geschlecht; Und Stuf um Stufe nähert sich Dem Nirwahn der verständ'ge Mann.

180 Strebet immer höherl

Einst befand sich der Erliabene, von einer großen Schar von Mönchen begleitet, auf einer Wanderung durchs Land der Kosaler. Während der Erhabene aber die Straße entlang zog, bemerkte er einen großen

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FÜNFERBUCH V 18Ö

Salwald; und als er ihn bemerkte, bog er vom Wege ab und begab sich zu jenem Salwalde. Dort angelangt, trat er in den Wald ein; und an einer ge- wissen Stelle ließ er ein Lächeln bemerken. Da dachte der ehrwürdige Änando: »Was ist wohl der Grund, was der Anlaß, daß der Erhabene ein Lächeln zeigt? Nicht ohne Grund lächeln die Vollendeten.« Und der ehrwürdige Anando sprach zum Erhabenen:

»Was ist wohl der Grund, o Ehrwürdiger, was der Anlaß, daß der Erhabene ein Lächeln zeigt? Nicht ohne Grund lächeln die Vollendeten.«

»Einst, Anando, da befand sich an dieser Stelle eine reiche, mächtige, dicht bevölkerte Stadt, die Von Menschen wimmelte. Bei jener Stadt aber, Änando, lebte Kassapo, der Erhabene, Heilige, Vollkommen- Erleuchtete (a). Derselbe hatte einen Anhänger namens GavesT, der die Sittenregeln nicht erfüllte. Von dem Anhänger GavesI aber, Änando, wurden fünfhundert Anhänger, die ebenfalls die Sittenregeln nicht erfüllten, zurechtgewiesen und ermahnt.

»Da dachte GaVesi der Anhänger: ,Wahrlich, eine große Stütze bin ich diesen fünfhundert Anhängern, bin ihr Führer und Ermahner; doch erfülle weder ich die Sittenregeln, noch tun es diese. Somit sind wir uns ganz und gar gleich, und keiner übertrifft den anderen. So laß mich denn die anderen übertreffen!' Und der Anhänger Gavesi begab sich zu jenen fünf- hundert Anhängern und sprach: ,Mögen die Verehrten von mir wissen, daß ich Von heute ab die Sittenregeln

(«) Kassapo soll der dem Buddha Gotamo vorangegangene Buddha gewesen sein. Nach buddhistischer Auffassung nämlich sind schon unzählbare Buddhas in der Welt erschienen.

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X 180 DIE REDEN DES BUDDHA

erfüllen werde.' Da aber dachten jene fünfhundert Anhänger: ,Wahrlich, der verehrte GavesT ist uns eine große Stütze, ist unser Führer und Ermahner. Nun will der verehrte GavesT die Sittenregeln erfüllen. Warum sollten nicht auch wir das können?' Und jene fünfhundert Anhänger, Anando, begaben sich zum Anhänger GaVesI hin und sprachen zu ihm: ,Möge der Verehrte GavesT wissen, daß wir fünfhundert An- hänger von heute ab die Sittenregeln erfüllen werden.'

»Da aber dachte GavesT der Anhänger: ,Wahrlich, eine große Stütze bin ich diesen fünfhundert Anhängern, bin ihr Führer und Ermahner. Ich erfülle die Sitten- regeln, und auch diese fünfhundert Anhänger tun es. Somit sind Wir uns ganz und gar gleich, und keiner übertrifft den anderen. So laß mich denn die anderen übertreffen!' Und der Anhänger GavesT begab sich zu jenen fünfhundert Anhängern und sprach: ,Mögen die Verehrten Von mir wissen, daß ich von heute ab keusch und enthaltsam lebe, abgewandt dem Ge- schlechtsleben, dem gemeinen.' Da aber dachten jene fünfhundert Anhänger: ,Wahrlich, der verehrte GavesT ist uns eine große Stütze, ist unser Führer und Er- mahner. Nun will der verehrte GaVesT keusch und enthaltsam leben, abgewandt dem Geschlechtsleben, dem gemeinen. Warum sollten nicht auch wir das können?' Und jene fünfhundert Anhänger, Änando, begaben sich zum Anhänger Gavesi hin und sprachen zu ihm: ,Möge der verehrte GaVesT wissen, daß wir fünfhundert Anhänger Von heute ab keusch und ent- haltsam leben werden, abgewandt dem Geschlechts- leben, dem gemeinen.'

»Da aber dachte GavesT der Anhänger: ,Wahr-

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FÜNFERBUCH V 180

lieh, eine große Stütze bin ich diesen fünfhundert An- hängern, bin ihr Führer und Ermahner. Ich erfülle die Sittenregeln, und auch diese tun es; ich lebe keusch und enthaltsam, und auch diese tun es. Somit sind wir uns ganz und gar gleich, und keiner übertrifft den anderen. So laß mich denn die anderen übertreffen!' Und der Anhänger Gavesi begab sich zu jenen fünf- hundert Anhängern und sprach: , Mögen die Verehrten von mir wissen, daß ich von heute ab nur noch zu einer Tageszeit Nahrung zu mir nehme, nachts nüchtern bleibe, mich des Abends des Essens enthalte.' Da aber dachten jene fünfhundert Anhänger: ,Wahrlich, der verehrte GavesI ist uns eine große Stütze, ist unser Führer und Ermahner. Nun will der Verehrte nur noch zu einer Tageszeit Nahrung zu sich nehmen, nachts nüchtern bleiben, des Abends sich des Essens enthalten. Warum sollten nicht ajjch wir das können?' Und jene fünfhundert Anhänger, Änando, begaben sich zum Anhänger Gavesi hin und sprachen zu ihm: ,Möge der verehrte Gavesi wissen, daß wir fünfhundert An- hänger von heute ab nur noch zu einer Tageszeit Nahrung zu uns nehmen, nachts nüchtern bleiben, des Abends uns des Essens enthalten werden.*

»Da aber dachte Gavesi der Anhänger: ,Wahrlich, eine große Stütze bin ich diesen fünfhundert Anhängern, bin ihr Führer und Ermahner. Ich erfülle die Sitten- regeln, und auch diese tun es; ich lebe keusch, und auch jene tun es; ich nehme nur zu einer Tageszeit Nahrung zu mir, und auch diese tun es. Somit sind wir uns ganz und gar gleich, und keiner übertrifft den anderen. So laß mich denn die anderen übertreffen!' Und es begab sich, Änando, der Anhänger GaVesi zu

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T 180 DIE REDEN DES BUDDHA

Kassapo, dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen -Er- leuchteten, hin und sprach zu ihm: , Möchte ich doch, 0 Ehrwürdiger, unter dem Erhabenen die Weltent- sagung (pabbajjä) vollziehen dürfen und die Mönchs- weihe (upasampadä) erlangen!' Und der Anhänger GaVesi, Anando, Vollzog unter Kassapo, dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen-Erleuchteten, die Weltentsagung und erlangte die Mönchsweihe. Nicht lange aber, Änando, nachdem er Mönch geworden war, hatte Ga- vesT, der Mönch, einsam, abgeschieden, unermüdlich, eifrig, selbstentschlossen Verweilend, jenes höchste Ziel der Heiligkeit dem zuliebe edle Söhne gänz- lich von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen schon bei Lebzeiten selber erkannt. Verwirklicht und sich zu eigen gemacht. Und er erkannte: , Aufgehoben ist die Geburt, ausgelebt der heilige Wandel, das Werk vollendet; nicht kehr ich mehr zu dieser Welt zurück/ Und GavesT der Mönch war einer der Heiligen ge- worden. Da aber, Anando, dachten jene fünfhundert Anhänger: , Wahrlich, der Verehrte Gavesi ist uns eine große Stütze, ist unser Führer und Ermahner. Nun aber hat der verehrte GaVesT sich Haar und Bart ge- schoren und ist, mit dem gelben Gewände bekleidet, vom Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Warum sollten nicht auch wir das können?' Und jene fünf- hundert Anhänger, Anando, begaben sich zu Kassapo, dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen -Erleuchteten, hin und sprachen zu ihm: , Möchten wir doch, o Ehr- würdiger, unter dem Erhabenen die Weltentsagung vollziehen dürfen und die Mönchsweihe erlangen!' Und jene fünfhundert Anhänger, Anando, vollzogen unter Kassapo, dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen-

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FÜNFERBUCH V 180

Erleuchteten, die Weltentsagung und erlangten die Mönchsweihe.

»Da aber dachte GavesT der Mönch: ,Ich vermag da dieses unvergleichlichen Glückes der Erlösung nach Wunsch teilhaftig werden, ohne Mühe und Anstrengung. Ach, daß doch auch diese fünfhundert Mönche dessen teilhaftig würden!' Und während jene fünfhundert Mönche, Änando, einsam, abgeschieden, unermüdlich, eifrig, selbstentschlossen verweilten, erreichten sie jenes höchste Ziel der Heiligkeit, dem zuliebe edle Söhne gänzlich von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, in dem sie dasselbe schon bei Lebzeiten selber erkannten und verwirklichten und sich zu eigen machten. Und sie erkannten: ,Aufgehoben ist die Geburt, ausgelebt der heilige Wandel, das Werk voll- endet; nicht kehren wir mehr zu dieser Welt zurück.' Indem also, Änando, jene fünfhundert Mönche, Von GavesT geleitet, nach immer Höherem immer Edlerem strebten, verwirklichten sie das unvergleichliche Glück der Erlösung.

»Darum, Änando, möget ihr danach trachten, durch Streben nach immer Höherem, immer Edlerem das unvergleichliche Glück der Erlösung zu verwirklichen. Das, Änando, sei euer Streben!«

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V 181-190 DIE REDEN DES BUDDHA

NEUNZEHNTER TEIL:

Das Kapitel der Einsiedler

181-190 Fünf Arten von Asketen

Von fünffacher Art, ihr Mönche, sind die Wald- einsiedler, die Fetzenträger («), die Baumasketen (/?), die Friedhofasketen, die unter freiem Himmel lebenden Asketen, die Stetigsitzer (y), die mit jedem Lager zu- friedenen Asketen, die nur bei einer Sitzung Speisen- den («J), die »jede weitere Speise verwerfenden Asketen«, die Almosengänger. Von welch fünffacher Art?

Sie sind es aus Dummheit und Torheit (e); oder sie sind es mit übler Absicht und begehrlicher Ge- sinnung (^); oder sie sind es aus Überspanntheit und

(a) Diese machen sich ihre Gewänder aus aufgelesenen Fetzen und verweigern die Annahme fertiger Gewänder.

(ß) Diese haben das Gelübde abgelegt, nur am Fuße eines Baumes zu wohnen.

(y) Diese haben das Gelübde abgelegt, sich nicht zu legen, sondern nur in sitzender Haltung sich auszuruhen oder zu schlafen.

((f) Diese essen nur einmal des Tages; falls sie während des Essens einmal aufstehen und sich wieder zum Essen hinsetzen, haben sie ihr Gelübde gebrochen.

(e) »d. i. wenn sie weder die Ausübung verstehen noch den heilsamen Zweck erkennen, sondern nur aus Dummheit und Tor- heit, aus irgend einem unvernünftigen Grunde Waldeinsiedler sind.« (Komm.)

*Sie sagen sich: ,Den im Walde lebenden Mönch wird man, weil er im Walde lebt, mit den vier Bedarfsgegenständen beschenken'; und denken: , Dieser Mönch lebt bescheiden und einsam', man wird ihn wegen dieser und anderer Tugenden verehren.« (Komm.) Mit anderen Worten: aus niedriger Sucht nach Gewinn und Ehre üben da manche Mönche die äußerlichen Asketenregeln aus, wonach man daher niemals den Mönch einschätzen darf.

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FÜNFERBUCH V 181-190

Wahnwitz; oder sie sind es, weil solches von dem Erleuchteten oder dessen Jüngern gepriesen wurde; oder sie sind es um der Genügsamkeit willen, der Zufriedenheit willen, der Ablösung willen, eben um dieser Lebensweise willen.

Wer da aber, ihr Mönche, um der Genügsamkeit, Zufriedenheit, Ablösung und dieser Lebensweise willen Asket ist, der gilt unter den fünf Arten Von Asketen als der erste, der beste, der hervorragendste, der höchste, der edelste.

Gleichwie nämlich, ihr Mönche, von der Kuh die Milch kommt, von der Milch der Rahm, vom Rahm die Butter, von der Butter das Butteröl, vom Bulteröl der Butterölschaum, und der Butterölschaum da als das Beste gilt: ebenso auch, ihr Mönche, gilt unter den fünf Arten von Asketen dieser als der erste, der beste, der hervorragendste, der höchste, der edelste («).

(a) Obige äußerlichen Asketengelübde werden meist nur für eine kürzere oder längere Zeit abgelegt und sollen lediglich als Mittel dazu dienen, den Mönch genügsam und bedürfnislos zu machen; sind aber an sich keine Tugenden.

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V 191 DIE REDEN DES BUDDHA

ZWANZIGSTER TEIL:

Das Kapitel der Brahmanen

191 Die alten Brahmanensitten bei den Hunden

Fünf alte Brahmanensitten, ihr Mönche, werden heutzutage nur noch bei den Hunden angetroffen, aber nicht mehr bei den Brahmanen: welche fünf?

Ehemals, ihr Mönche, gingen die Brahmanen nur zu einer Brahmanin, niemals zu einer Nichtbrahmanin. Heutzutage aber, ihr Mönche, gehen die Brahmanen ebensogut zu einer Brahmanin wie zu einer Nicht- brahmanin. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, gehen nur zu einer Hündin, niemals zu einer Nichthündin. Dies, ihr Mönche, ist die erste alte Brahmanensitte, die heutzutage nur noch bei den Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr bei den Brahmanen.

Ehemals, ihr Mönche, gingen die Brahmanen nur zu einer Brahmanin, die ihre Zeit hatte («), niemals zu einer anderen. Heutzutage aber, ihr Mönche, gehen die Brahmanen ebensogut zu einer Brahmanin, die ihre Zeit hat, wie zu einer anderen. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, gehen nur zu einer Hündin, die ihre Zeit hat, niemals zu einer anderen. Dies, ihr Mönche, ist die zweite alte Brahmanensitte, die heutzutage nur noch bei den Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr bei den Brahmanen.

(a) d. i. zur Zeit ihrer Befruchtungsfähigkeit, also nicht etwa nachdem bereits zwei Wochen seit Eintritt der Menstruation ver- strichen sind. Vgl. nächste Sutte und Nyanatiloka, Die Fragen des Milindo, I.

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FÜNFERBUCH T 191

Ehemals, ihr Mönche, weder kauften noch ver- kauften die Brahmanen ein Brahmanenmädchen, sondern nur aus Neigung und um sich zu begatten lebte man zusammen. Heutzutage aber, ihr Mönche, kaufen und verkaufen die Brahmanen ein Brahmanenmädchen oder auch leben sie aus Neigung zusammen oder um sich zu begatten. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, weder kaufen noch verkaufen eine Hündin, sondern nur aus Neigung und um sich zu begatten leben sie zusammen. Dies, ihr Mönche, ist die dritte alte Brahmanensitte, die heutzutage nur noch bei den Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr bei den Brahmanen.

Ehemals, ihr Mönche, stapelten die Brahmanen nichts auf an Geld, Getreide, Gold oder Silber. Heut- zutage aber, ihr Mönche, stapeln die Brahmanen Geld, Getreide, Gold und Silber auf. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, stapeln nichts auf. Dies, ihr Mönche, ist die Vierte alte Brahmanensitte, die heutzutage nur noch bei den Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr bei den Brahmanen.

Ehemals, ihr Mönche, sammelten die Brahmanen des Abends zum Abendessen und des Morgens zum Frühstücke ihre Almosenspeise ein. Heutzutage aber, ihr Mönche, essen die Brahmanen, bis sie genug haben und füllen ihren Bauch; und den Rest nehmen sie mit sich fort. Die Hunde jedoch, ihr Mönche, suchen sich ihre Brocken. Dies, ihr Mönche, ist die fünfte alte Brahmanensitte, die heutzutage nur noch bei den Hunden anzutreffen ist, aber nicht mehr bei den Brahmanen.

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V 192 DIE REDEN DES BUDDHA

102 Die fünf Arten von Brahmanen

Der Brahmane Dono sprach zum Erhabenen:

»Gehört habe ich, Herr Gotamo, daß der Herr Gotamo alten, ergrauten, angesehenen, hochbejahrten, im Alter vorgerückten Brahmanen weder seinen Gruß entbietet, noch vor ihnen sich erhebt, noch ihnen. einen Sitz anbietet. Dies, Herr Gotamo, verhält sich durchaus so, denn nicht bietet ja der Herr Gotamo alten, er- grauten, angesehenen, hochbejahrten, im Alter vor- gerückten Brahmanen seinen Gruß, noch erhebt er sich vor ihnen, noch bietet er ihnen einen Sitz an. Das aber, Herr Gotamo, ist nicht recht!«

»Bekennst du dich wohl, Dono, als einen Brah- manen?«

»Wenn man, Herr Gotamo, von einem mit Recht behaupten kann, daß er beiderseits Von reiner Ab- stammung ist, vom Vater Wie von der Mutter aus, rein empfangen bis zum siebenten Ahnengeschlechte hinauf, unversehrt und untadelig nach dem Kastengesetze, so kann man eben, Herr Gotamo, solches von mir mit Recht behaupten.«

»Die da, Dono, unter den ehemaligen Brahmanen als Weise gelten, als Verfasser der mystischen Gesänge, als der Gesänge Verkünder, denen noch heutzutage die Brahmanen die alten mystischen Sprüche, Gesänge, Erklärungen und Texte nachsingen, nachreden, das Gesprochene nachsprechen, das Rezitierte nachrezi- tieren, das Gelehrte weiterlehren, als wie Attako, Vamako, Vämadevo, Vessamitto, Yamataggi, Ahgiraso, Bhäradväjo, Väsettho, Kassapo und Bhagu, diese lehren fünf Arten von Brahmanen: den göttergleichen, den

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FÜNFERBUCH V 192

engelgleichen, den sittenfesten, den sittenübersctireiten- den und als fünften den ausgestoßenen Braijmanen. inwiefern aber, Dono, ist man ein göttergleicher Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane beiderseits von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jahre lang führt er den kindlich keuschen Wandel, während dem er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtund- vierzig Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt und die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf unvorschriftsmäßige Weise. Und was gilt da, Dono, als Vorschrift? Daß er dies nicht etwa zu erreichen sucht durch Ackerbau, Handel oder Viehzucht oder als Bogenschütze, königlicher Beamter oder Hand- werker, sondern lediglich durch Almosengehen, indem er dabei die Almosenschale nicht verachtet. Sobald er aber seinem Lehrer das Lehrgeld eingehändigt hat, schert er sich Haar und Bart, legt die gelben Gewänder an und zieht von Hause in die Hauslosigkeit. Nachdem er solcherart der Welt entsagt hat, durchstrahlt er mit liebevollem Gemüte erst eine Richtung, dann eine zweite, dann die dritte, dann die vierte, ebenso nach oben, unten und ringsherum, und überall und in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüte, mit weitem, erhabenem, un- beschränktem Gemüte, frei Von Gehässigkeit und Groll. Und mit mitleidvollem Gemüte, mit mitfreudigem Gemüte, mit gleichmütigem Gemüte durchstrahlt er erst eine Richtung, dann eine zweite, dann die dritte, dann die vierte, ebenso nach oben, unten und rings- herum, und überall und in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganzeWelt mit gleichmütigem Gemüte,

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T 192 DIE REDEN DES BUDDHA

mit weitem, erhabenem, unbesciiränktem Gemtite, frei von Gehässigkeit und Groll. Indem er aber diese Vier göttlichen Zustände (brahmä-vihära) entfaltet, gelangt er beim Zerfall des Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, zur Götterwelt. Insofern, Dono, ist man ein göttergleicher Brahmane.

»Inwiefern aber, Dono, ist man ein engelgleicher Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane beiderseits Von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jahre lang führt er den kindlich keuschen Wandel, während dem er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtundvierzig Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt und die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf unvorschriftsmäßige Weise. Darauf sucht er sich ein Weib, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf un- vorschriftsmäßige Weise. Und was gilt da, Dono, als Vorschrift? Daß er sich nur mit einer Brahmanin abgibt, aber mit keiner Adeligen, Bürgerin oder Dienerin, mit keiner aus der Candäla-, Jäger-, Korbmacher-, Wagner- oder Fegerzunft, mit keiner Schwangeren, keiner Säu- genden, keiner, die nicht ihre Zeit hat. Warum aber, Dono, geht der Brahmane nicht zu einer Schwangeren? Weil dann sowohl der junge Mann als auch das junge Weib als Erzdreckgeburt bezeichnet werden. Und warum geht er nicht zu einer Säugenden? Weil dann sowohl der junge Mann als das junge Weib als Dreckverschlinger bezeichnet werden. Er hat sein Weib weder der Sinn- lichkeit wegen, noch des Vergnügens wegen, noch des Geschlechtsgenusses wegen, sondern eben nur der Fortpflanzung wegen. Nachdem er aber den Zeugungs- akt ausgeübt hat, schert er sich Haar und Bart, legt

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FÜNFERB ÜCH t 1Ö2

die gelben Gewänder an und zieht von Hause in die Hauslosigkeit. Nachdem er solcherart der Welt entsagt hat, gewinnt er, den Sinnendingen entrückt, entrückt den schuldvollen Erscheinungen, die vier Vertiefungen. Indem er aber die vier Vertiefungen gewinnt, gelangt er beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf glück- liche Fährte, in himmlische Welt. Insofern, Dono, ist man ein engelgleicher Brahmane.

>Inwiefern aber, Dono, ist man ein sittenfester Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane beiderseits von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jahre lang führt er den kindlich keuschen Wandel, während dem er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtundvierzig Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt und die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf unvorschriftsmäßige Weise. Darauf sucht er sich ein Weib, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf un- vorschriftsmäßige Weise. Nachdem er aber den Zeu- gungsakt ausgeübt hat, sehnt er sich nach den Freuden an Kindern und lebt inmitten seiner Familie; und nicht zieht er von Hause in die Hauslosigkeit. An den alten Brahmanensitten aber hält er fest und überschreitet sie nicht. Da er aber an den alten Brahmanensitten festhält und sie nicht überschreitet, heißt man ihn einen sitten- festen Brahmanen. Insofern, Dono, ist man ein sitten- fester Brahmane.

»Inwiefern aber, Dono, ist man ein sittenüber- schreitender Brahmane? Da, Dono, ist der Brahmane beiderseits von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jahre lang führt er den kindlich keuschen Wandel, Während dem er die Gesänge erlernt. Nachdem er

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1 192 DIE REDEN DES BUDDHA _^

aber achtundvierzig Jaiire lang den l<indlich keuschen Wandel geführt und die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer das Lehrgeld, und zwar auf vor- schriftsmäßige, nicht auf unvorschriftsmäßige Weise. Darauf sucht er sich ein Weib, sei's auf vorschrifts- mäßige oder unvorschriftsmäßige Weise, oder sei's durch Kauf oder Verkauf, oder sei's eine, bei der der Akt der Wasserbesprengung («) vollzogen wurde. Und er geht ebensogut zu einer Brahmanin, wie zu einer Adeligen, Bürgerin oder Dienerin oder einer aus der Candäla-, Jäger-, Korbmacher-, Wagner- oder Feger- zunft, geht zu einer Schwangeren oder Säugenden oder zu einer, die ihre Zeit hat, oder zu einer außer ihrer Zeit. Auch hat er sein Weib teils der Sinnenlust wegen, teils des Vergnügens wegen, teils des Ge- schlechtsgenusses wegen, teils der Fortpflanzung wegen. An den alten Brahmanensitten hält er nicht fest, sondern überschreitet dieselben. Da er aber an den alten Brah- manensitten nicht festhält, sondern sie überschreitet, heißt man ihn einen sittenüberschreitenden Brahmanen. Insofern, Dono, ist man ein sittenüberschreitender Brahmane.

»Inwiefern aber, Dono, ist man ein ausgestoßener Brahmane? Da, Dono, ist der Bramahne beiderseits

(a) Der Kommentar sagt hierüber: »In die Familie, wo sich ein erwachsenes Mädchen befindet, da geht er hin und stellt sich an der Türe auf. Sobald man ihn fragt, warum er da stehe, erklärt er: »Achtund vierzig Jahre lang habe ich den kindlich-keuschen Wandel geführt. Das alles will ich euch geben. Mir aber gebt eure Tochter!« Die Eltern holen nun die Tochter, und indem sie seine Hände mit Wasser besprengen, geben sie ihm die Tochter. Er aber nimmt sie nach vollzogener Wasserbesprengung zum Weibe und zieht mit ihr fort.«

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FÜNFERBUCH T 192

von reiner Abstammung. Achtundvierzig Jalire lang fülirt er den kindlich keuschen Wandel, während dem er die Gesänge erlernt. Nachdem er aber achtundvierzig Jahre lang den kindlich keuschen Wandel geführt und die Gesänge erlernt hat, sammelt er für seinen Lehrer das Lehrgeld, und zwar auf vorschriftsmäßige, nicht auf unvorschriftsmäßige Weise. Darauf sucht er sich ein Weib, sei's auf vorschriftsmäßige oder unvorschrifts- mäßige Weise, oder sei's durch Kauf oder Verkauf, oder sei's eine, bei der der Akt der Wasserbesprengung vollzogen wurde. Und er geht ebensogut zu einer Brahmanin wie zu einer Adeligen, Bürgerin oder Die- nerin oder einer aus der Candäla-, Jäger-, Korbmacher-, Wagner- oder Fegerzunft, geht zu einer Schwangeren oder Säugenden oder zu einer, die ihre Zeit hat, oder zu einer außer ihrer Zeit. Auch hat er sein Weib teils der Sinnenlust wegen, teils des Vergnügens wegen, teils des Geschlechtsgenusses wegen, teils der Fortpflanzung wegen. Durch irgend ein beliebiges Handwerk verdient er sich seinen Lebensunterhalt. Zu einem solchen aber sprechen die Brahmanen: »Was gibst du dich denn als Brahmanen aus, wo du dir durch irgend ein beliebiges Handwerk deinen Lebensunterhalt verdienst?« Er aber entgegnet: »Wie da, ihr Verehrten, das Feuer, dadurch, daß es Reines wie Unreines Verbrennt, nicht befleckt wird, ebenso auch, ihr Verehrten, wird der Brahmane, wenn er durch irgend ein Handwerk seinen Lebens- unterhalt verdient, dadurch nicht befleckt.« Insofern nun ein Brahmane durch jedes beliebige Handwerk seinen Lebensunterhalt verdient, heißt man ihn einen ausgestoßenen Brahmanen. So, Dono, ist man ein

ausgestoßener Brahmane.

*

Die Reden des Buddha. Bd. II 209 ^"^

T 19S DIE REDEN DES BUDDHA

»Die da, Dono, unter den ehemaligen Brahmanen als Weise galten, als wie Attako, Vamako, VämadeVo, Vessamitto, Yamataggi, Arigiraso, BhäradVäjo, Väsettho, Kassapo und Bhagu, die lehren diese fünf Arten von Brahmanen: den göttergleichen, den engelgleichen, den sittenfesten, den sittenüberschreitenden und als fünften den ausgestoßenen Brahmanen. Als welcher aber von diesen gilst du, Dono?«

»Wenn dem so ist, Herr Gotamo, so entspreche ich noch nicht einmal dem ausgestoßenen Brahmanen. Vortrefflich, Herr Gotamo! Vortrefflich, Herr Gotamo! Möge mich der Herr Gotamo als einen Anhänger be- trachten, der von heute ab zeitlebens Zuflucht ge- nommen hat.«

193 Die Hemmungen 3es Gedächtnisses

Saiigäravo der Brahmane sprach zum Erhabenen: »Was ist wohl, Herr Gotamo, die Ursache, was der Grund, daß einem das eine Mal die Sprüche, die man lange Zeit memoriert hat, nicht einfallen, ganz zu schweigen von denen, die man nicht memoriert hat? Und was ist, Herr Gotamo, die Ursache, was der Grund, daß einem das andere Mal die Sprüche, die man lange Zeit nicht memoriert hat, einfallen, ganz zu schweigen von denen, die man memoriert hat?«

»Wenn da, Brahmane, in einem Topfe befindliches Wasser mit roter, gelber, blauer oder brauner Farbe Versetzt ist und ein Mann mit gesunden Augen sein eigenes Spiegelbild darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande, dasselbe der Wirklichkeit ent- sprechend wahrzunehmen und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer Zeit, wo man begierdegefesselten,

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FÜNFERBUCH V 193

begierdegequälten Geistes verweilt und der aufgestie- genen »Sinnenlust« (käma-räga) Aufhebung nicht der Wirklichkeit gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder das eigene Heil noch das Heil der anderen noch das beiderseitige Heil der Wirklichkeit gemäß. Und wenn man auch lange "Zeit Sprüche memoriert hat, so fallen einem diese nicht ein.

»Wenn da, Brahmane, in einem über dem Feuer erhitzten Topfe das Wasser aufkocht und siedet und ein Mann mit gesunden Augen sein eigenes Spiegelbild darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande, dasselbe der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer Zeit, wo man grollgefesselten, grollgequälten Geistes verweilt und des aufgestiegenen »Grolles« (vyäpäda) Aufhebung nicht der Wirklichkeit gemalt erkennt, zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder das eigene Heil noch das Heil der anderen noch das beider- seitige Heil der Wirklichkeit gemäß. Und wenn man auch lange Zeit Sprüche memoriert hat, so fallen einem diese nicht ein.

»Wenn da, Brahmane, in einem Topfe befindliches Wasser mit Moos und Schlamm völlig bedeckt ist und ein Mann mit gesunden Augen sein eigenes Spiegelbild darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande, dasselbe der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer Zeit, wo man mit einem von »Stumpfheit und Mattig- keit« (thina-middha) gefesselten und gequälten Geiste verweilt und der aufgestiegenen Stumpfheit und Mattig- keit Aufhebung nicht der Wirklichkeit gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder

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tl93 DIE REDEN DES BUDDHA

das eigene Heil noch das Heil der anderen noch das beiderseitige Heil der Wirklichkeit gemä(3. Und wenn man auch lange Zeit Sprüche memoriert hat, so fallen einem diese nicht ein.

»Wenn da, Brahmane, in einem Topfe sich vom Winde bewegtes, unstetes, unruhiges, aufwellendes Wasser befindet und ein Mann mit gesunden Augen sein eigenes Spiegelbild darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande, dasselbe der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer Zeit, wo man mit einem von »Aufgeregtheit und Gewissens Unruhe« (uddhacca- kukkucca) gefesselten und gequälten Geiste verweilt und der aufgestiegenen Aufgeregtheit und Gewissens- unruhe Aufhebung nicht der Wirklichkeit gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder das eigene Heil noch das H^l der anderen noch das beiderseitige Heil der Wirklichkeit gemäß. Und wenn man auch lange Zeit Sprüche memoriert hat, so fallen einem diese nicht ein.

»Wenn man da, Brahmane, einen Topf mit trübem, aufgestörtem, schlammigem Wasser ins Dunkle stellt und ein Mann mh gesunden Augen sein eigenes Spiegel- bild darin zu sehen wünscht, so ist er eben nicht imstande, dasselbe der Wirklichkeit entsprechend wahrzunehmen und zu erkennen. Ebenso auch, Brahmane: zu einer Zeit, wo man mit einem von »Zweifelsucht« (vicikicchä) gefesselten und gequälten Geiste verweilt und der auf- gestiegenen Zweifelsucht Aufhebung nicht der Wirk- lichkeit gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man weder das eigene Heil noch das Heil der anderen noch das beiderseitige Heil der Wirklichkeit

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FÜNFERBUCH V 194

gemäß. Und \3k)enn man auch lange Zeit Sprüche memo- riert hat, so fallen einem diese nicht ein («).

»Zu einer Zeit aber, Brahmane, wo man im Geiste von Sinnenlust, von Groll, von Stumpfheit und Mattig- keit, von AuTgeregtheit und Gewissensunruhe und Von Zweifelsucht nicht gefesselt und gequält wird und des aufgestiegenen Zweifels Aufhebung der Wirklichkeit gemäß erkennt, zu einer solchen Zeit begreift und erkennt man sowohl das eigene Heil als auch das Heil der anderen als auch das beiderseitige Heil der Wirklichkeit gemäß. Und wenn man auch nicht lange Zeit die Sprüche memoriert, fallen einem dieselben dennoch ein.

»Das also, Brahmane, ist die Ursache, das der Grund, daß einem das eine Mal die Sprüche, die man lange Zeit memoriert hat, nicht einfallen, ganz zu schweigen von denen, die man nicht memoriert hat. Und das, Brahmane, ist die Ursache, das der Grund, daß einem das andere Mal die Sprüche, die man lange Zeit nicht memoriert hat, einfallen, ganz zu schweigen von denen, die man memoriert hat.« Das beseligende Gesetz des Herrn Gotamo 194

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesäll, in der Halle des Giebelhauses. Damals aber

(a) Obige Gleichnisse sind eine geradezu meisterhafte Ver- bildlichung der fünf Hemmungen (nlvaranä) des Geistes. Der sinnlichen Begierde (käma-räga) also entspricht das mit aller- hand bunten Farben versetzte Wasser, dem Groll (vyäpäda) das kochende Wasser, der Stumpfheit und Mattheit (thlna-middha) das mit Moos und Schlamm bedeckte Wasser, der Aufregung und Gewissensunruhe (uddhacca-kukkucca) das vom Winde bewegte, unruhige Wasser, dem Zweifel (vicikicchä) das im Dunkeln befindliche, aufgestörte, schlammige Wasser.

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V194 DIE REDEN DES BUDDHA

gerade war der Brahmane Karanapäll mit einer Arbeit für* die LicchaVier beschäftigt. Und der Brahmane Karanapäll sah von ferne den Brahmanen Pingiyäni kommen, und bei seinem Anblicke sprach er zu ihm: »Ei, Herr Pingiyäni! Wo kommt ihr her zur Mittagsstunde?«

»Ich komme vom Asketen Gotamo.« »Was hält wohl der Herr Pingiyäni Von der Wissensgröße des Asketen Gotamo? Hält er ihn wohl für einen Weisen?«

>Wer bin denn ich, Verehrter, daß ich die Wissens- größe des Asketen Gotamo ermessen könnte? Wahr- lich, ebenso groß wie der Asket Gotamo müßte einer sein, um seine Wissensgröße zu ermessen.«

»Fürwahr, in lautem Lobe rühmt der Herr Pingiyäni den Asketen Gotamo.«

»Wer bin denn ich, Verehrter, daß ich den Asketen Gotamo preisen sollte? Über und über wird ja jener erhabene Gotamo gepriesen, der beste unter Göttern und Menschen.«

»Aus welchem Grunde aber ist der Herr Pingiyäni so sehr von dem Asketen Gotamo entzückt?«

»Gleichwie etwa, Verehrter, ein Mensch, der sich an den wohlschmeckendsten Dingen satt gegessen hat, nicht mehr nach den anderen, weniger schmackhaften Dingen verlangt: ebenso auch kann, wer einmal jenes Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, sei's aus den Sutten, der mit Versen vermischten Prosa, den Erklärungen oder den Lehren von den wundersamen Erscheinungen, es nicht mehr nach den Gesetzen jener anderen, zahlreichen Asketen und Priester verlangen. Oder, wenn da ein Mann, der von Durst und Schwäche

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FÜNFERBUCH V 194

Überwältigt ist, einen Klumpen Zucker erhält, so empfindet er, so oft er davon kostet, eben stets einen süßen, lieblichen Geschmack. Ebenso auch empfindet, wer jenes Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, Zufrieden- heit und Zuversicht im Herzen. Oder gleichwie, wenn ein Mann ein Gefäß aus gelbem oder rotem Sandelholz erhält, er eben stets, sobald er daran riecht, sei's oben, unten oder in der Mitte, einen lieblichen, süßen Duft empfindet: ebenso auch empfindet, wer jenes Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, Zufriedenheit und. Zuversicht im Herzen. Oder gleichwie, wenn da ein Mann siech, leidend und schwer krank ist und ein geschickter auf der Stelle seine Krankheit heilen möchte: ebenso auch kommen, sobald man jenes Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, Sorge, Klage, Leiden, Trüb- sal und Verzweiflung zum Schwinden. Oder gesetzt, es befände sich da ein Teich mit klarem, erquickendem, kühlem, silberhellem Wasser, lieblich gelegen und entzückend. Und ein Mann, glühend Vor Hitze, Von der Hitze überwältigt, ermattet, erschöpft, von Durst gequält, käme des Weges daher. Und er stiege in jenen Teich und badete sich darin. Darauf labte er sich an dem Wasser und stillte so alle Qual, Erschöpfung und Glut. Ebenso auch wird, sobald man jenes Herrn Gotamo Gesetz vernimmt, alle Qual, Erschöpfung und Glut gestillt.«

Auf diese Worte erhob sich der Brahmane Karana- pälT von seinem Sitze, warf das Obergewand über eine Schulter; und, indem er sein rechtes Knie zur Erde beugte und die gefalteten Hände nach der Richtung, wo der Erhabene weilte, emporhob, ließ er den frohlockenden Ruf erschallen:

215

T 196 DIE REDEN DES BUDDHA

»Ehre dem Erhabenen, Heihgen, Vollkommen

»Erleuchteten!

»Ehre dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen

»Erleuchteten!

»Ehre dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen

»Erleuchteten!

»Vortrefflich, Herr Pihgiyäni! Vortrefflich, Herr

»Pihgiyäni! Gleichwie man, Herr Pingiyäni, das Umgestürzte wieder aufrichten oder das Verborgene enthüllen oder den Verirrten den Weg weisen oder in die Finsternis ein Licht bringen möchte, damit, wer Augen hat, die Dinge sehe: ebenso hat der Herr Pihgiyäni auf mancherlei Weise das Gesetz enthüllt. Ich nehme, Herr Pihgiyäni, Zuflucht zu jenem Erhabenen, zum Gesetze und zur Mönchsgemeinde. Möge mich der Herr Pingiyäni als Anhänger betrachten, der Von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat.«

195 Der Brahmane Pingiyäni

Einst weilte der Erhabene im Großen Waide bei Vesali, in der Halle des Giebelhauses. Damals aber waren gerade fünfhundert Licchavier um den Erhabenen versammelt. Einige der Licchavier erstrahlten in Blau, in blauer Farbe, blauer Tracht, blauem Schmucke, einige in Gelb, einige in Rot, einige in Weiß. Und der Brahmane Pingiyäni erhob sich Von seinem Sitze, warf das Obergewand über eine Schulter; und, indem er seine gefalteten Hände zum Erhabenen emporhob, sprach er:

»Es steigt mir ein Gedanke auf, Erhabener. Es steigt mir ein Gedanke auf. Gesegneter.«

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FÜNFERBUCH V 196

»MögedirdennderGedankeauftauchen,Pingiyäni!« erwiderte der Erhabene. Und der Brahmane Pirigiyäni pries den Erhabenen in folgenden treffenden Versen: »Der roten Lotus gleich, der düfteschwangeren, Aus der am frühen Tag' der Blüten Duft entströmt, Betrachtet den Erleuchteten, den Strahlenden, Der weithin leuchtet wie die Sonn' am Firmament.« Und jene Licchavier beschenkten den Brahmanen Pingiyäni mit fünfhundert Obergewändern. Der Brah- mane Pitigiyäni aber beschenkte mit diesen fünfhundert Obergewändern den Erhabenen. Und der Erhabene sprach zu jenen LicchaViern:

»Fünf Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich selten in der Welt: welche fünf? Selten zeigt sich in der Welt ein Vollendeter, Heiliger, Vollkommen Erleuchteter; selten zeigt sich in der Welt ein Lehrer des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner Dis- ziplin; selten zeigt sich in der Welt einer, der beim Vortrage des vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin Verständnis erlangt; selten zeigt sich in der Welt einer, der, den Vortrag des vom Voll- endeten verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin Verstehend, im Sinne des Gesetzes lebt; selten zeigt sich in der Welt ein dankbarer, erkenntlicher Mensch. Diese fünf Ideale, ihr Licchavier, zeigen sich selten in der Welt.«

Die fünf Traumbilder des Bodhisat 196

Dem Vollendeten, ihr Mönche, dem Heiligen, Voll- kommen Erleuchteten, zeigten sich kurz vor seiner Vollkommenen Erleuchtung, als er noch ein Unerleuch- teter, ein »Anwärter auf Erleuchtung« (bodhi-satta) war, fünf erhabene Traumbilder: welche fünf?

217 -

y 196 DIE REDEN DES BUDDHA

Diese gewaltige Erde bildete seih Bett; den Hi- malaja, den König der Berge, hatte er zum Kissen; auf dem östlichen Meere ruhte seine linke Hand, auf dem westlichen seine rechte Hand, und auf dem süd- lichen ruhten seine Füße. Dies, ihr Mönche, ist das erste erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.

Und fernerhin, ihr Mönche: eine Grasart, namens Tiriya, wuchs aus seinem Nabel empor und reichte hinauf bis zum Himmelsgewölbe. Dies, ihr Mönche, ist das zweite erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.

Und fernerhin, ihr Mönche: weiße Würmer mit schwarzen Köpfen krochen an seinen Beinen hinauf und bedeckten dieselben bis zu den Kniescheiben. Dies, ihr Mönche, ist das dritte erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.

Und fernerhin, ihr Mönche: vier Vögel von ver- schiedener Farbe kamen aus den vier Himmelsrichtungen herangeflogen; und sobald sie sich zu seinen Füßen niedergesetzt hatten, wurden sie vollkommen weiß. Dies, ihr Mönche, ist das vierte erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.

Und fernerhin, ihr Mönche: er stieg einen hohen Kotberg immer höher hinauf, ohne aber selber Vom Kote befleckt zu werden. Dies, ihr Mönche, ist das fünfte erhabene Traumbild, das sich ihm zeigte.

Daß der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige, Vollkommen Erleuchtete, die unvergleichliche, höchste Erleuchtung erringen wird: um ihn das vorhersehen zu lassen, zeigte sich ihm das erste erhabene Traumbild.

Daß der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige, Vollkommen Erleuchtete, den edlen achtfachen Pfad erkennen und, soweit es Himmelswesen und Menschen

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FÜNFERBUCH V 196

gibt, denselben wohl darlegen wird, um ihn das vor- hersehen zu lassen, zeigte sich ihm das zweite erhabene Traumbild.

Daß, ihr Mönche, zahlreiche weißgekleidete Haus- leute beim Vollendeten zeitlebens ihre Zuflucht nehmen werden: um ihn das vorhersehen zu lassen, zeigte sich ihm das dritte erhabene Traumbild.

Vier Kasten («) gibt es, ihr Mönche: Adelige, Brahmanen, Bürger und Knechte. Daß aber beim Vernehmen des Vom Vollendeten verkündeten Gesetzes und seiner Disziplin diese vom Hause in die Haus- losigkeit fortziehen werden: um ihn das Vorhersehen 2u lassen, zeigte sich ihm das vierte erhabene Traumbild.

Daß der Vollendete, ihr Mönche, reichlich beschenkt wird mit Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien und sich derselben bedient, ohne daran zu hängen, unbetört, ohne sich zu Vergehen, das Elend merkend und den Ausweg kennend: um ihm das vorhersehen zu lassen, zeigte sich ihm das fünfte Traumbild.

Dem Vollendeten, ihr Mönche, dem Heiligen, Voll- kommen Erleuchteten, zeigten sich kurz vor seiner vollkommenen Erleuchtung, als er noch ein Unerleuch-

(a) Ursprünglich bedeutet dieses Wort: Farbe (vanna). Die vierte Kaste der Knechte besteht aus den unterworfenen Urvölkern Indiens. Dieselben unterscheiden sich von den drei ersten Kasten, die sich selber die Herren oder Edlen (ariyä) nennen, durch ihre dunklere Hautfarbe.

Beim Eintritt in den Orden fällt jeder Kastenunterschied fort, und alle gelten als »Söhne des Sakyersohnes«.

219

V 197 DIE REDEN DES BUDDHA

teter, ein »Anwärter auf Erleuchtung« war, diese fünf erhabenen Traumbilder (ä).

197 Die Hemmungen des Regens

Fünf Hemmungen des Regens gibt es, ihr Mönche, die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Sterndeuter Auge Versagt: welche fünf?

Wenn, ihr Mönche, hoch oben in den Lüften das Hitzeelement in Erregung gerät, so werden dadurch die aufgestiegenen Wolken verscheucht. Das, ihr Mönche, ist die erste Hemmung des Regens, die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Sterndeuter Auge versagt.

Fernerhin, ihr Mönche: wenn hoch oben in den Lüften das Windelement in Erregung gerät, so werden dadurch die aufgestiegenen Wolken Verscheucht. Das, ihr Mönche, ist die zweite Hemmung des Regens, die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Stern- deuter Auge versagt.

Fernerhin, ihr Mönche: wenn Rähu der Dämonen-

(a) Nach dem Kommentare gibt es vier Arten von Träumen. Die erste Art wird hervorgerufen durch Erregung von Galle, Schleim oder Gase. Man träumt, daß man von einem Berge fällt, durch die Luft fliegt oder von wilden Tieren verfolgt wird usw. Die zweite Art besteht aus Reflexen früher gehabter Eindrücke. Die dritte Art ist durch gut oder übel gesinnte Geister hervorgerufen. Die vierte Art besteht in Vorbedeutungen für kommende Ereignisse, wie die obengenannten Träume des Bodhisat. Die beiden ersten Arten von Träumen, sagt der Kommentar, sind unwahre Träume, die dritte Art ist bisweilen wahr, bisweilen unwahr, die vierte Art aber unter allen Umständen wahr.

220

FÜNFERBUCH V 198

könig (a) mit seiner Hand Wasser schöpft und in das Weltmeer gießt, so ist das die dritte Hemmung des Regens, die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Sterndeuter Auge versagt.

Fernerhin, ihr Mönche: wenn die Götter der Regen- wolken nachlässig sind, so ist das die Vierte Hemmung des Regens, die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Sterndeuter Auge versagt.

Fernerhin, ihr Mönche: wenn die Menschen tugend- los sind, so ist das die fünfte Hemmung des Regens, die die Sterndeuter nicht kennen, wo der Stern- deuter Auge versagt- " '

Das wohlgesprochene Wort 198

Das mit fünf Eigenschaften ausgestattete Wort, ihr Mönche, ist wohlgesprochen, nicht schlechtgesprochen, untadelig, kann von keinem Verständigen getadelt Werden: mit welchen fünf Eigenschaften?

Es wird zur rechten Zeit gesprochen, wahr, sanft, zweckdienlich und in liebevoller Gesinnung.

(a) Nach altindischem Volksglauben ist Rähu der Sohn des Viprachitti und der Sinhikä. Als einst die Götter mit der Un- sterblichkeitsspeise (amrita = a^ßqoaia) bedient wurden, nahm er sich etwas davon weg und wurde dadurch unsterblich. Sonne und Mond (hier als Götter zu denken) aber, die dies bemerkten, verrieten ihn, und so wurde er von Vischnu enthauptet. Da er aber durch die Götterspeise unsterblich geworden war, so rächt er sich dadurch an Sonne und Mond, daß er sie beide von Zeit zu Zeit verschlingt und so die Sonnen- und Mondfinsternis hervorruft. Rähu bezeichnet in der Astronomie, die in Indien auf das Höchste entwickelt war, Sonnen- oder Mondfinsternis bezw. einen der neun Planeten.

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ri99 DIE REDEN DES BUDDHA

199 Der segensreiche Einfluß des sittenreinen

Mönches

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo sittenreine Mönche sich zu einem Hause hinbegeben, da erwirl^en die Menschen aus fünf Gründen großes Verdienst: aus welchen fünf?

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo beim Anbiicl^e der zu ihrem Hause {kommenden sittenreinen Mönche der Menschen Gedanl<en sich erheitern, zu einer solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene Familie den Pfad zum Himmel beschritten.

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen den zu ihrem Hause kommenden sittenreinen Mönchen auf- warten, sie ehrfurchtsvoll begrüßen und' ihnen Sitze anbieten, zu einer solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene Familie den zur Wiedergeburt in hohem Hause führen- den Pfad beschritten.

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen beim Herankommen eines sittenreinen Mönches zu ihrem Hause dem Laster des Geizes entsagen, zu einer solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene Familie den zu großer Macht führenden Pfad beschritten.

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen ah die zu ihrem Hause kommenden sittenreinen Mönche nach Kräften Gaben verteilen, zu einer solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene Familie den zu großem Vermögen führenden Pfad beschritten.

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo die Menschen die zu ihrem Hause kommenden sittenreinen Mönche be- fragen, sie um Aufklärung bitten und sich das Gesetz anhören, zu einer solchen Zeit, ihr Mönche, hat jene Familie den Pfad zu hohem Wissen beschritten.

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FÜNFERBUCH \ 200

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wo sittenreine Mönche sich zu einem Hause hinbegeben, da erwirl<en die Menschen aus diesen fünf Gründen großes Verdienst.

Die fünf Elemente der Befreiung 200

Fünf Elemente der Befreiung gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches zur Erwägung der Sinnenlüste keinen Drang, neigt nicht dazu, verharrt nicht dabei und findet l<eine Befreiung. Zur Erwägung der Gierentsagung («), aber fühlt sein Herz einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und findet Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohl- entfaltet, völlig abgewandt, befreit und losgelöst von den Sinnenlüsten. Befreit ist er von jenen Leiden- schaften, jenem Verdruß und jenen Qualen, die zufolge der Sinnenlüste zum Entstehen kommen; und jene Empfindung kommt ihm nicht mehr an. Das aber nennt man die Befreiung von den Sinnenlüsten.

Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches zur Erwägung des Hasses keinen Drang, neigt nicht dazu, verharrt nicht dabei und findet keine Befreiung. Zur Erwägung der Haßlosigkeit (ß) aber fühlt sein Herz einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und findet Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohl-

(a) n6kkhama ist, wenn es auch etymologisch auf nis -}- Vkram, hinausziehen, entsagen zurückzuführen ist, hiernatürUch so gebraucht, als ob es von käma, Sinnenlust, abgeleitet sei.

(ß) avyäpäda (Haßlosigkeit), obzwar ein negatives Wort, hat nichtsdestoweniger einen stark positiven Sinn und ist ein Synonym von mettä (Wohlwollen, Liebe). Durch die Konzentration auf Liebe mag man die ersten drei Vertiefungen erreichen.

223

V 200 DIE REDEN DES BUDDHA

entfaltet, völlig abgewandt, befreit und losgelöst vom Hasse. Befreit ist er von jenen Leidenschaften, jenem Verdruß und jenen Qualen, die zufolge des Hasses zum Entstehen kommen; und jene Empfindung kommt ihm nicht mehr an. Das aber nennt man die Befreiung vom Hasse.

Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches zur Erwägung der Wut keinen Drang, neigt nicht dazu, Verharrt nicht dabei und findet keine Befreiung. Zur Erwägung der Wutlosigkeit (0) aber fühlt sein Herz einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und findet Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohlentfaltet, Völlig abgewandt, befreit und losgelöst von der Wut. Befreit ist er von jenen Leidenschaften, jenem Verdruß und jenen Qualen, die zufolge der Sinnenlüste zum Entstehen kommen; und jene Empfindung kommt ihm nicht mehr an. Das aber nennt man die Befreiung von der Wut.

Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches zur Erwägung des Formhaften keinen Drang, neigt nicht dazu. Verharrt nicht dabei und findet keine Befreiung. Zur Erwägung des Formlosen aber fühlt sein Herz einen Drang, neigt dazu, verharrt dabei und findet Befreiung. Sein Herz ist wohlbeschaffen, wohl- entfaltet, völlig abgewandt, befreit und losgelöst Von den Formen. Befreit ist er von jenen Leidenschaften, jenem Verdruß und jenen Qualen, die zufolge der Formen zum Entstehen kommen; und jene Empfindung

(a) Wutlosigkeit wird erweckt durch Meditation des Mitleides (karunä), wodurch die vier Vertiefungen entstehen mögen.

224

FUNFERBUCH V 200

kommt ihm nicht mehr an. Das aber nennt man die Befreiung von den Formen (a).

Fernerhin, ihr Mönche, fühlt das Herz des Mönches zur Erwägung der Persönlichi<eit (ß) keinen Drang, neigt nicht dazu, verharrt nicht dabei und findet keine Befreiung. Zur Erwägung der Aufhebung der Persön- lichkeit aber fühlt sein Herz einen Drang, neigt dazu. Verharrt dabei und findet Befreiung. Sein Herz ist wohibeschaffen, wohlentfaltet, völlig abgewandt, befreit und losgelöst von der Persönlichkeit. Befreit ist er Von jenen Leidenschaften, jenem Verdruß und jenen Qualen, die zufolge der Persönlichkeit zum Entstehen kommen; und jene Empfindung kommt ihm nicht mehr an. Das aber nennt man die Befreiung von der Per- sönlichkeit (y).

Einem solchen haftet keine Sinnenlust mehr an, keine Lust zum Hasse, keine Lust zur Wut, keine Lust an den Formen, keine Lust zu der Persönlichkeit. Und weil ihm keine Lust mehr anhaftet, darum, ihr

(a) »Die Vertiefungen in der formfreien Sphäre bilden die Befreiung von den Formen« heißt es im Kommentar. - Obige vier Erwägungen, bezw. Meditationsübungen, erzeugen nur eine zeitweilige Befreiung von Sinnenlust, Haß, Wut usw. Vollkommen erloschen sind Sinnenlust, Haß und Wut erst in dem Niewieder- kehrenden (anägäml).

(ß) sakkäya, eine konventionelle Ausdrucksweise für die das Dasein ausmachenden fünf Daseinsaggregate (kandhä): Körper- lichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Geistesgebilde und Bewußtsein.

(y) Genau genommen tritt die Befreiung von der Persönlich- keit, besser gesagt, der fünf Daseinsaggregate, erst mit dem Tode des Arahat (Heiligen) ein, obgleich allerdings alle schuldvollen wie geistig leidvollen Erscheinungen bereits beim Eintritt in das Arahattum geschwunden sind.

Die Reden des Buddha. Bd. II 225 15

t 200 DIE REDEN DES BUDDHA

Mönche, nennt man einen solchen Mönch frei vom Anhaften. Vernichtet hat er das Begehren, abgestreift die Fessel und hat durch des Dünkels Völlige Durch- schauung dem Leiden ein Ende gemacht.

Das, ihr Mönche, sind die fünf Elemente der Befreiung.

226 -

FÜNFERBUCH T 201

EINUNDZWANZIGSTER TEIL:

Das Kapitel des Kimbilo

Die Dauer des Guten Gesetzes 201

[Im Bambushaine bei Kimbilä.] Der ehrwürdige Kimbilo sprach zum Erhabenen:

>Was ist wohl, 0 Ehrwürdiger, die Ursache, was der Grund, wenn nach dem völligen Dahinscheiden des Vollendeten das Gute Gesetz nicht mehr lange bestehen bleibt?«

»Wenn da, 0 Kimbilo, nach dem Völligen Dahin- scheiden desVollendeten die Mönche,Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen keine Achtung und Ehrfurcht haben vor dem Meister, dem Gesetze, der Jüngerschaft, der Askese und voreinander: das, 0 Kimbilo, ist die Ursache, das der Grund, wenn nach dem völligen Dahinscheiden des Vollendeten das Gute Gesetz nicht mehr lange bestehen bleibt.«

»Was ist aber, 0 Ehrwürdiger, die Ursache, was der Grund, wenn nach dem völligen Dahinscheiden des Vollendeten das Gute Gesetz noch lange bestehen bleibt?«

»Wenn da, 0 Kimbilo, nach dem Völligen Dahin- scheiden des Vollendeten die Mönche, Nonnen, An- hänger und Anhängerinnen Achtung und Ehrerbietung haben vor dem Meister, dem Gesetze, der Jüngerschaft, der Askese und untereinander: das, 0 Kimbilo, ist die Ursache, das der Grund, wenn nach dem Völligen Dahinscheiden des Vollendeten das Gute Gesetz noch lange bestehen bleibt.«

227 15*

1 202, 203, 206 DIE REDEN DES BUDDHA

202 Die Vorteile beim Anhören des Gesetzes

Fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das Anhören des Gesetzes: welche fünf?

Nicht Gehörtes bekommt man zu hören; das be- reits Gehörte klärt sich auf; den Zweifel wird man los; die Erkenntnis richtet man auf; das Herz erheitert sich. Diese fünf Vorteile, ihr Mönche, gewährt das Anhören des Gesetzes.

203 Das Königsroß

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist des Königs gutes, edles Roß, würdig des Königs, des Königs Liebling, gilt als zum Könige gehörig. Und welche sind diese fünf Eigenschaften? Aufrechter Gang, Schnelligkeit, Sanftmut, Geduld und mildes Wesen.

Ebenso auch, ihr Mönche, ist der mit fünf Eigen- schaften ausgestattete Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Handgrußes, ist in der Welt der beste Boden für verdienstvolle Werke. Und welches sind diese fünf Eigenschaften? Aufrechter Wandel, schnelles Erfassen («), Sanftmut, Geduld und mildes Wesen.

205 Die fünf Geistesverhärtungen

Fünf Geistesverhärtungen gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, schwankt und zweifelt der Mönch hinsichtlich des Meisters, ist ohne Hingebung und Zu- versicht. Bei einem Mönche aber, der hinsichtlich des Meisters schwankt und zweifelt, ohne Hingebung und

(a) Cf. hierzu III, 94-96 und das Gleichnis von dem wie der Blitz schießenden Kämpfer in III, 131.

228

FÜNFERBUCH V206

Zuversicht ist, da neigt der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe. Und daß der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe neigt: das gilt als die erste Geistes- verhärtung.

Und fernerhin, ihr Mönche, schwankt und zweifeit der Mönch hinsichtlich des Gesetzes, schwankt und zweifelt hinsichtlich der Jüngerschaft, schwankt und zweifelt hinsichtlich der Askese, ist wegen seiner Ordensbrüder erregt, geistig niedergeschlagen und voll Widerspenstigkeit. Bei einem Mönche aber, der wegen seiner Ordensbrüder erregt, unzufrieden, geistig nieder- geschlagen und Voll Widerspenstigkeit ist, da neigt der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe. Und daß der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe neigt: das gilt als die fünfte Geistesverhärtung.

Diese fünf Geistesverhärtungen gibt es, ihr Mönche.

Die fünf Geistesumstrickungen 206

Fünf Geistesumstrickungen gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Da, ihr Mönche, ist der Mönch hinsichtlich der Sinnendinge nicht frei von Gier, Wille, Neigung, Durst, Fieber und Begehren. Bei einem Mönche aber, der hinsichtlich der Sinnendinge nicht frei ist Von Gier, Wille, Neigung, Durst, Fieber und Begehren, da neigt der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe. Und daß der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe neigt, das gilt als die erste Geistesumstrickuhg.

Und fernerhin, ihr Mönche, ist der Mönch nicht

229

V 207, 208 DIE REDEN DES BUDDHA

frei von Gier hinsichtlich des Körpers, nicht frei von Gier hinsichtlich der Formen («), oder, wenn er seinen Leib vollgegessen hat, findet er Genuß daran, sich auszuruhen, sich auf die Seite zu legen und ein- zuschlummern; — oder in der Hoffnung auf einen Himmel führt er den Heiligen Wandel, denkend: »In- folge dieser Übung oder dieser Buiäaskese oder dieses Heiligen Wandels werde ich als Gott wiedererscheinen oder als einer unter den Himmelswesen.« Bei einem Mönche aber, der in dieser Hoffnung den Heiligen Wandel führt, da neigt der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Ausdauer und zum Kampfe. Und daß der Geist nicht zum Eifer, zur Anstrengung, Aus- dauer und zum Kampfe neigt: das gilt als die fünfte Geistesumstrickung.

Diese fünf Geistesumstrickungen gibt es, ihr Mönche.

207 Die guten Wirkungen der Reissuppe

Fünf gute Wirkungen, ihr Mönche, besitzt die Reis- suppe: sie vertreibt den Hunger, stillt den Durst, regelt die körperlichen Gase, reinigt den Leib und bringt die unverdauten Speisereste zur Verdauung (ß).

208 Die Nützlichkeit des Zahnreinigungsstäbchens

Fünf Nachteile, ihr Mönche, hat der Nichtgebrauch des Zahnreinigungsstäbchens zur Folge: der Mund ge- währt einen üblen Anblick, man riecht übel aus dem Munde, die Geschmacksnerven werden nicht gereinigt,

(a) »der äußeren Formen« sagt der Kommentar.

(ß) Auch heute noch bildet in Ceylon, besonders in den Klöstern, eine dicke, bisweilen breiartige Reissuppe die tägliche Morgenkost. Dieselbe ist häufig mit der aus geschabter Kokosnuß ausgepreßten sogen. Kokosmilch versetzt.

230

FUNFERBUCH V 209

Galle und Schleim hüllen die Speisen ein, und die Speise bekommt einem nicht.

Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, gewährt der Ge- brauch des Zahnreinigungsstäbchens: der Mund ge- währt einen guten Anblick, man riecht nicht übel aus dem Munde, die Geschmacksnerven werden gereinigt, Galle und Schleim hüllen die Speisen nicht ein, und die Speise bekommt einem («).

Der singende Vortrag des Gesetzes 209

Wer, ihr Mönche, das Gesetz in gedehntem, singen- dem Tone vorträgt, der hat fünf Nachteile zu erwarten: welche fünf?

Selber verstrickt er sich in seine Stimme; die anderen verstricken sich in seine Stimme; die Haus- leute murren darüber und sagen: »Genau wie wir singen, so tun es ja auch diese Asketen des Sakyer- sohnes!«; wer auf den Tonfall bedacht ist, dessen Sammlung wird unterbrochen; sein Anhang aber ahmt sein Beispiel nach. Wer, ihr Mönche, das Gesetz in gedehntem, singendem Tone vorträgt, der hat diese fünf Nachteile zu erwarten (ß).

(ß) Das ^ Zahnholz« (danta-kattha) ist ungefähr zehn Zentimeter lang. Das eine, zugespitzte Ende dient als Zahnstocher, das stumpfe Ende dagagen als Zahnbürste. Auch die Zunge wird damit gereinigt. Nach dem Gebrauche wird es weggeworfen. Es ist heutzutage noch gerade so sehr in Gebrauch wie es offenbar zu Zeiten Buddhas war, und zwar bedient man sich desselben sowohl nach dem Auf- stehen wie nach jeder Mahlzeit. Über die vorschriftsmäßige Länge dieses Zahnholzes gibt der Vinayo genaue Vorschriften.

iß) Häufig geht auch bei Mönchen in Ceylon der an sich würdig klingende intonierte Vortrag in regelrechtes Singen über, was dann allerdings geradezu eine Übertretung des siebenten Mönch- gebotes bedeutet.

231

V 210 DIE REDEN DES BUDDHA

210 Klarbewußt einschlafen

Wer, ihr Mönche, achtlos und unklaren Geistes in Schlaf verfällt, hat fünf Nachteile zu erwarten: er schläft schlecht, erwacht schlecht, hat böse Träume, die Engel beschützen ihn nicht und Samenerguß mag eintreten. Wer aber, ihr Mönche, achtsam und klar- bewußt in den Schlaf eintritt, hat fünf Vorteile zu er- warten: er schläft gut, erwacht gut, hat keine bösen Träume, die Engel beschützen ihn und kein Samen- erguß tritt ein.

232

FÜNFERBUCH T 211, 212, 213

ZWEIUNDZWANZIGSTER TEIL:

Das Kapitel der Beschimpfung

Die bösen Folgen der Beschimpfung 211

Der Mönch, ihr Mönche, der seine Ordensbrüder beschimpft und verleumdet und die Edlen schmäht, hat fünf böse Folgen zu gewärtigen: welche fünf?

Entweder er begeht ein »Ausstoßendes Vergehen« (päräjikä) und schneidet sich so den Fortschritt ab; oder aber er begeht ein beschmutzendes Vergehen, oder ein schweres Leiden befällt ihn; ein unruhiger Tod erwartet ihn; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt er auf den Abweg, eine Leidens- fährte, in verstoßene Welt, zur Hölle.

Die bösen Folgen der Streitigkeiten 212

Wer, ihr Mönche, Zank, Hader und Zwist stiftet, Klagen erhebt und in der Mönchsgemeinde Streitig- keiten hervorruft, dieser Mönch hat fünf böse Folgen zu gewärtigen: welche fünf?

Das Unerreichte erreicht er nicht; das Erreichte schwindet ihm; ein übler Ruf verbreitet sich; ein un- ruhiger Tod erwartet ihn; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt er auf den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle.

Die Folgen des Sittenwandels 213

Den Sittenlosen, ihr Mönche, treffen infolge seiner sittlichen Verkommenheit fünf böse Folgen: welche fünf?

Da, ihr Mönche, erfährt der Sittenlose, sittlich

233

V 213 DIE REDEN DES BUDDHA

Verkommene, infolge seiner Lässigkeit große Ver- mögensverluste. Das, ihr Mönche, ist die erste böse Folge.

Fernerhin, ihr Mönche, verbreitet sich über den Sittenlosen, sittlich Verkommenen, ein übler Ruf. Das, ihr Mönche, ist die zweite böse Folge.

Fernerhin, ihr Mönche: in jedweder Gesellschaft, zu der sich der Sittenlose, sittlich Verkommene hin- begibt, — seien es Adelige, Brahmanen, Hausväter oder Asketen, da tritt er unsicher auf, voll Ver- wirrung. Das, ihr Mönche, ist die dritte böse Folge.

Fernerhin, ihr Mönche, erwartet den Sittenlosen, sittlich Verkommenen, ein trüber Tod. Das, ihr Mönche, ist die vierte böse Folge.

Fernerhin, ihr Mönche, gelangt der Sittenlose, sittlich Verkommene, beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, auf den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle. Das, ihr Mönche, ist die fünfte böse Folge.

Den Sittenreinen aber, ihr Mönche, treffen infolge seiner sittlichen Vollkommenheit fünf gute Folgen: welche fünf?

Der Sittenreine, sittlich Vollkommene, ihr Mönche, gewinnt infolge seiner Strebsamkeit großen Überfluß an Schätzen. Das, ihr Mönche, ist die erste gute Folge.

Fernerhin, ihr Mönche, verbreitet sich über den Sittenreinen, sittlich Vollkommenen ein guter Ruf. Das, ihr Mönche, ist die zweite gute Folge.

Fernerhin, ihr Mönche: in jedweder Gesellschaft, zu der der Sittenreine, sittlich Vollkommene sich hin- begibt, — seien es Adelige, Brahmanen, Hausväter oder

234

FÜNFERBUCH T 214, 215

Asketen, da tritt er voll Sicherheit auf, ohne Ver- wirrung. Das, ihr Mönche, ist die dritte gute Folge.

Fernerhin, ihr Mönche, erwartet den Sittenreinen, sittlich Vollkommenen, ein ungetrübter Tod. Das, ihr Mönche, ist die vierte gute Folge.

Fernerhin, ihr Mönche, gelangt der Sittenreine, sittlich Vollkommene, beim Zerfalle des. Leibes, nach dem Tode, auf glückliche Fährte, in himmlische Welt. Das, ihr Mönche, ist die fünfte gute Folge.

Die Folgen der Gesprächigkeit und der 214 gemessenen Rede

Fünf üble Folgen, ihr Mönche, zeigen sich bei einem gesprächigen Menschen: er redet unwahr, ist ein Zwischenträger, redet roh, redet leeres Geplapper; und beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, gelangt er auf den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle.

Fünf gute Folgen aber, ihr Mönche, zeigen sich bei dem edlen Menschen, der gemessen redet: er redet nicht unwahr, ist kein Zwischenträger, redet nicht roh, redet kein leeres Geplapper; und beim Zerfalle des Leibes, nach dem Tode, gelangt er auf glückliche Fährte, in himmlische Welt.

Die Folgen der Widerspenstigkeit und der 215 Nachgiebigkeit

Die Widerspenstigkeit, ihr Mönche, hat fünf üble Folgen: vielen Menschen ist man unlieb und unan- genehm; häufig gerät man in Wut; viele Verkehrtheiten macht man; man hat einen trüben Tod; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt man auf

235

V 217, 218 DIE REDEN DES BUDDHA

den Abweg, eine Leidensfährte, in Verstoßene Welt, zur Hölle.

Die Nachgiebigkeit aber, ihr Mönche, hat fünf guteFolgen:VielenMenschenist man lieb und angenehm; nicht gerät man in Wut; nicht macht man viele Fehler; man hat einen ungetrübten Tod; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt man auf glück- liche Fährte, in himmlische Welt.

217 Die Folgen der Freundlichkeit und Unfreund-

lichkeit

0)

Fünf üble Folgen, ihr Mönche, zeigen sich beim unfreundlichen Menschen: selber macht er sich Vor- würfe; die Verständigen, die es merken, machen ihm Vorwürfe; ein übler Ruf verbreitet sich über ihn; eines trüben Todes stirbt er; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt er auf den 'Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle.

Fünf gute Folgen aber, ihr Mönche, zeigen sich beim freundlichen Menschen: selber macht er sich keine Vorwürfe; die Verständigen, die es merken, loben ihn; ein guter Ruf verbreitet sich über ihn; eines ungetrübten Todes stirbt er; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt er auf glückliche Fährte, in himmlische Welt.

218 Die Folgen der Freundlichkeit und Unfreund-

lichkeit

(2) Fünf üble Folgen, ihr Mönche, zeigen sich beim unfreundlichen Menschen: die Vertrauenslosen bekom- men kein Vertrauen; bei einigen Vertrauensvollen tritt

236

FUNFERBUCH V 219, 220

eine Wandlung ein; des Meisters Weisung wird nicht erfüllt; sein Anhang ahmt sein Beispiel nach; und sein Herz gewinnt keine Zuversicht.

Fünf gute Folgen aber, ihr Mönche, zeigen sich beim freundlichen Menschen: die Vertrauenslosen gewinnen Vertrauen; den Vertrauensvollen gereichtes zu größerer Festigkeit; des Meisters Weisung wird erfüllt; sein Anhang ahmt sein Beispiel nach; und sein Herz gewinnt Zuversicht.

Der üble Einfluß des Feuers 219

Fünf üble Einflüsse, ihr Mönche, übt das Feuer aus: dem Auge ist es unangenehm, es bewirkt ein häßliches Aussehen, bewirkt Schwäche, begünstigt die Geselligkeit und regt zu verkehrtem Gespräche (a) an.

Die Nachteile der Stadt Madhurä 220

Fünf Nachteile, ihr Mönche, bietet Madhurä: es gibt dort Viele Unebenheiten, viel Staub, Viele wilde Hunde, viele wilde Unholde, und Almosen sind dort schwer zu erlangen.

(a) Über die vielen Arten der »verkehrten Gespräche« (tirac- chäna-kathä) s. X, 69.

237

T 221, 222 DIE REDEN DES BUDDHA

DREIUNDZWANZIGSTER TEIL:

Das Kapitel des langen Umherwanderns

221 Die Folgen des zielbewußten und des ziellosen

Wanderns

(1)

Wer, ihr Mönche, lange und ziellos umherwandert, den treffen fünf Nachteile: das noch nicht Gehörte bekommt er nicht zu hören; über das Gehörte ver- schafft er sich keine Klarheit; in keiner Wissenschaft wird er bewandert; schweres Leiden befällt ihn; und er bleibt ohne Freunde.

Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, gewährt das ziel- bewußte Wandern: das noch nicht Gehörte bekommt man zu hören; über das Gehörte verschafft man sich Klarheit; in irgend einer Wissenschaft wird man be- wandert; keine schwere Krankheit befällt einen; und man gewinnt Freunde.

222 Die Folgen des zielbewußten und des ziellosen

Wanderns

(2)

Wer, ihr Mönche, lange und ziellos umherwandert, den treffen fünf Nachteile: das noch nicht Errungene erringt er nicht; das bereits Errungene schwindet ihm; in keiner Wissenschaft wird ertüchtig; schweres Leiden befällt ihn; und er bleibt ohne Freunde.

Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, gewährt das ziel- bewußte Wandern: das noch nicht Errungene erringt

238

FÜNFERBUCH V 2^3, 224, 225

man; das bereits Errungene schwindet einem nicht; in irgendeiner Wissenschaft wird man tüchtig; kein schweres Leiden befällt einen; und man gewinnt Freunde.

Allzulange an einem Platze wohnen 223

0)

Allzulange an einem Platze wohnen, ihr Mönche, hat fünf Nachteile: Vielerlei Sachen häufen sich an; Viele Arzneien speichert man auf; vielgeschäftig ist man, vieltätig und in allerlei Arbeiten verstrickt; man lebt in Gesellschaft von Hausleuten und Mönchen und verkehrt in unpassender Laiengesellschaft; wenn man aber jenen Ort Verläßt, geht man voller Sorge weg.

Allzulange an einem Platze w^ohnen 224

(2) Allzulange an einem Platze wohnen, ihr Mönche, hat fünf Nachteile: man wird selbstsüchtig hinsichtlich der Wohnung, hinsichtlich der Familien, hinsichtlich der Geschenke, hinsichtlich der Würde und hinsichtlich geistigen Besitzes.

Die Gefahren des Familienverkehrs 225

(1) .

Wer (von den Mönchen), ihr Mönche, in Familien verkehrt, den treffen fünf Nachteile: welche fünf?

Sobald er uneingeladen Besuche macht, vergeht er sich; sobald er an einem einsamen Platze (allein mit einem Weibe) sich niedersetzt, vergeht er sich; sobald er an verstecktem Platze (allein mit einem Weibe) sich niedersetzt, vergeht er sich; sobald er (unter Vier Augen) einem Weibe in mehr als fünf oder

239

T 226, 22: DIE REDEN DES BUDDHA

sechs Worten das Gesetz vorträgt, vergeht er sich; und häufig Verweilt er bei sinnlichen Gedanken. Diese fünf Nachteile treffen ihn («).

226 Die Gefahren des Familienverkehrs

(2)

Fünf Nachteile, ihr Mönche, treffen den in den Familien verkehrenden Mönch, der über die Zeit hinaus in den Familien gesellig verweilt: welche fünf?

Der wiederholte Anblick des Weibes; infolge des Anblicks die Zugesellung; infolge der Zugesellung die Vertraulichkeit ; infolge der Vertraulichkeit das Herunter- kommen; im Herzen aber heruntergekommen, ihr Mönche, steht zu erwarten, daß er entweder ohne Freude das Asketenleben führt oder ein beschmutzen- des Vergehen Verübt oder die Askese aufgibt und zum niederen Weltenleben zurückkehrt. Diese fünf Nachteile treffen ihn.

227 Vorteile und Nachteile des Reichtums

Fünf Nachteile, ihr Mönche, besitzt der Reichtum: er ist dem Feuer ausgesetzt, dem Wasser, den Fürsten, den Räubern und lieblosen Erben.

Fünf Vorteile aber, ihr Mönche, besitzt der Reich- tum: man macht sich damit selber glücklich und froh und wahrt sich vollkommenes Wohlsein; man macht die Eltern glücklich und froh, macht Frau, Kinder und Diener glücklich und froh, macht Freunde und Gefährten glücklich und froh und wahrt ihnen voll- kommenes Wohlsein; an Asketen und Priester aber

(a) Die ersten vier Nachteile bestehen in Vergehen gegen die Ordenssatzung (pätimokkha).

240

FÜNFERBUCH V 228, 229, 230

verteilt man förderliche Gabe, himmlische, glück- bringende, himmelwärtsführende.

Die Nachteile des zu späten Essens 228

Fünf Nachteile, ihr Mönche, zeigen sich bei einer erst gegen Abend speisenden Familie: welche fünf?

Die Fremden und Gäste beschenkt man nicht zur rechten Zeit; die opferempfangenden Gottheiten be- schenkt man nicht zur rechten Zeit; die Asketen und Priester, die nur zu einer Tageszeit speisen, des Nachts nüchtern bleiben und vom abendlichen Essen abstehen, auch diese beschenkt man nicht zur rechten Zeit; die Diener und Arbeiter verrichten ihre Arbeit mit Wider- Willen und was immer man zur Unzeit ißt, gibt keine Kraft.

Die schwarze Schlange 229

0)

Fünf Nachteile, ihr Mönche, besitzt die schwarze Schlange: sie ist unrein, übelriechend, feige, gefährlich und treulos gegen ihre Freunde.

Ebenso auch, ihr Mönche, besitzt das Weib diese fünf Nachteile: es ist unrein, übelriechend, feige, ge- fährlich und treulos gegen seine Freunde.

Die schwarze Schlange > 230

(2)

Fünf Nachteile, ihr Mönche, besitzt die schwarze Schlange: sie ist boshaft, jähzornig, besitzt ein gefähr- liches Gift, ist doppelzüngig und treulos gegen ihre Freunde.

Ebenso auch, ihr Mönche, besitzt das Weib diese

Die Reden des Buddha. Bd. II 241

16

\ 230 DIE REDEN DES BUDDHA

fünf Nachteile: es ist boshaft, jähzornig, besitzt ein schreckhches Gift, ist doppelzüngig und treulos gegen seine Freunde.

Daß da nämlich, ihr Mönche, das Weib häufig von heftiger Begierde erfüllt ist, darin besteht sein schreck- liches Gift. Daß es häufig Zwischenträgereien verübt, darin besteht seine Doppelzüngigkeit. Daß es häufig geschlechtlich ausschreitet, darin besteht seine Treu- losigkeit gegen seine Freunde (a).

(a) Derartige scharfe Urteile wie die obigen sollen sich natürlich bloß auf das niedrig gesinnte Alltagsweib beziehen, denn an anderen Stellen werden Frauen, die teils dem Orden angehören und oft die Vollkommene Heiligkeit erreicht haben, teils Laienanhängerinnen sind, von dem Buddha mit den höchsten Lobesworten gepriesen. Nie wird eine Frau getadelt, die z. B. die fünf Sittenregeln hält.

242

FUNFERBUCH T 231, 232, 233

VIERUNDZWANZIGSTER TEIL:

Das Kapitel der Klosterbewohner

Der unwürdige Klosterbewohner 231

Mit fünf Dingen behaftet, ihr Mönche, verdient der im Kloster lebende Mönch keine Verehrung: mit welchen fünf Dingen?

Er erfüllt nicht die Vorschriften und Pflichten; er ist nicht wissensreich und ein Träger des Gesetzes; er lebt nicht zurückgezogen, neigt nicht zur Abgeschieden- heit; er bedient sich keiner edlen Worte; führt keine edlen Gespräche; er ist ohne Einsicht, dumm und stumpfsinnig.

Der beliebte Klosterbewohner 232

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, wird der im Kloster lebende Mönch, von seinen Ordens- brüdern geliebt, geschätzt, geachtet und geehrt: mit welchen fünf?

Er ist sittenrein und lebt gezügelt im Sinne der Ordenssatzung; ist wissensreich und ein Träger des Gesetzes; bedient sich edler Worte, führt edle Ge- spräche; der vier Vertiefungen wird er nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig; die leiden- schaftslose Gemütserlösung und Wissenserlösung hat er sich zu eigen gemacht.

Eine Zierde des Klosters 233

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der im Kloster lebende Mönch, eine Zierde für sein Kloster: mit welchen fünf Eigenschaften?

243 - 16*

T 234, 236 DIE REDEN DES BUDDHA

Er ist sittenrein und lebt gezügelt im Sinne der Ordenssatzung; ist wissensreicii und ein Träger des Gesetzes; bedient sicii edler Worte, führt edle Ge- spräche; versteht es, die Ankommenden in Worten über das Gesetz zu belehren, zu ermahnen, zu ermutigen und zu ermuntern; der vier Vertiefungen wird er nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig.

234 Eine Stütze des Klosters

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der im Kloster lebende Mönch, eine große Stütze für sein Kloster: mit welchen fünf?

Er ist sittenrein und lebt gezügelt im Sinne der Ordenssatzung; ist wissensreich und ein Träger des Gesetzes; was zerbrochen und zerfallen ist, stellt er wieder her. Kommt eine große Schar Mönche heran, Mönche aus den verschiedensten Gegenden, so geht er zu den Hausleuten hin und spricht: »Eine große Schar Mönche, Verehrte, ist angekommen, Mönche aus den verschiedensten Gegenden. Tut gute Werke! Die Gelegenheit, Gutes zu tun, ist nun da.« Der Vier Vertiefungen wird er nach Wunsch, ohne Mühe und Anstrengung, teilhaftig. Mit diesen fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, ist der im Kloster lebende Mönch eine große Stütze für sein Kloster.

235 Der mitleidige Klosterbewohner

Mit fünf Eigenschaften ausgestattet, ihr Mönche, besitzt der im Kloster lebende Mönch Mitleid mit den Hausleuten. Undwelches sind diese fünf Eigenschaften?

Zu hoher Sittlichkeit regt er sie an. In der Er- kenntnis des Gesetzes festigt er sie. Zu den Kranken

244

FÜNFERBUCH V 236, 237

begibt er sich hin und weckt ihre Achtsamkeit, indem er spricht: »Haltet, Verehrte, eure Achtsamkeit auf das Heilige gerichtet!« Kommt eine große Schar Mönche heran, Mönche aus den verschiedensten Gegenden, so geht er zu den Hausieuten hin und spricht: »Eine große Schar Mönche, Verehrte, ist angekommen, Mönche aus den verschiedensten Gegenden. Tut gute Werke! Die Gelegenheit, Gutes zu tun, ist nun da.« Was man ihm an Speise darreicht sei es grobe oder feine das verzehrt er selber, läßt das aus Vertrauen Gegebene nicht umkommen.

Zweierlei Klosterbewohner 236

Mit fünf Dingen behaftet, ihr Mönche, gelangt der im Kloster lebende Mönch seinen Werken entsprechend zur Hölle. Und welches sind diese fünf Dinge?

Ohne erkannt und geprüft zu haben, lobt er den Tadelnswerten, tadelt den Lobenswerten, findet Ge- fallen woran man Mißfallen haben sollte, Mißfallen woran man Gefallen haben sollte, läßt das aus Ver- trauen Gegebene umkommen.

Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, gelangt der im Kloster lebende Mönch seinen Werken ent- sprechend zum Himmel. Und welches sind diese fünf Dinge?

Nachdem er erkannt und geprüft hat, tadelt er den Tadelnswerten, lobt den Lobenswerten, findet Mißfallen woran man Mißfallen finden soll. Gefallen woran man Gefallen finden soll, läßt das aus Vertrauen Gebenene nicht umkommen.

Mit fünf Dingen behaftet, ihr Mönche, gelangt der 237

245

V 238, 240 DIE REDEN DES BUDDHA

im Kloster lebende Mönch seinen Werken entsprechend zur Hölle: welche fünf?

Ohne erkannt und geprüft zu haben, lobt er den Tadelnswerten, tadelt den Lobenswerten, ist voll Selbst- sucht und Habgier hinsichtlich der Wohnstätte, ist voll Selbstsucht und Habgier hinsichtlich der Familien, läßt das aus Vertrauen Gegebene umkommen. 238 Ohne erkannt und geprüft zu haben, lobt er den Tadelnswerten, tadelt den Lobenswerten, ist voll Selbstsucht und Habgier hinsichtlich der Wohnstätte, hinsichtlich der Familien, hinsichtlich der Gaben. 240 Er ist selbstsüchtig hinsichtlich der Wohnstätte, hinsichtlich der Familien, hinsichtlich der Gaben, hin- sichtlich der Würde, hinsichtlich geistigen Besitzes. Mit fünf Dingen ausgestattet, ihr Mönche, gelangt der im Kloster lebende Mönch seinen Werken ent- sprechend zum Himmel: welche fünf?

Er ist nicht selbstsüchtig hinsichtlich der Wohn- stätte, nicht selbstsüchtig hinsichtlich der Familien, nicht selbstsüchtig hinsichtlich der Gaben, nicht selbst- süchtig hinsichtlich der Würde, nicht selbstsüchtig hin- sichtlich geistigen Besitzes.

246

FÜNFERBUCH V 241, (242-244,) 249

FÜNFUNDZWANZIGSTER TEIL:

Das Kapitel des schlechten Wandels

Die Folgen des schlechten Wandels 241

Fünf üble Folgen, ihr Mönche, hat der schlechte (242244) Wandel (in Werken, Worten, Gedanken): welche fünf?

Selber macht man sich Vorwürfe; die Verständigen, die es merken, tadeln einen; ein übler Ruf Verbreitet sich; eines trüben Todes stirbt man; beim Zerfalle des Leibes aber, nach dem Tode, gelangt man auf den Abweg, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle.

Dem Leichenfeld ähnlich 249

Fünf üble Eigenschaften, ihr Mönche, besitzt das Leichenfeld: es ist schmutzig, übelriechend, gefährlich, ^ die Behausung wilder Unholde, die Klagestätte vieler Menschen.

Ebenso auch, ihr Mönche, zeigen sich bei einem dem Leichenfelde ähnlichen Menschen folgende fünf üble Eigenschaften: welche fünf?

Da, ihr Mönche, ist ein Mensch behaftet mit schmutziger Tat in Werken, Worten und Gedanken: das nenne ich seinen Schmutz; und dem schmutzigen Leichenfelde nenne ich diesen Menschen ähnlich.

Über den mit schmutziger Tat Behafteten aber verbreitet sich ein übler Ruf: das nenne ich seinen üblen Geruch; und dem übelriechenden Leichenfelde nenne ich diesen Menschen ähnlich.

247

V 250 DIE REDEN DES BUDDHA

Dem mit schmutziger Tat Behafteten aber weichen die guten Ordensbrüder schon von Ferne aus: das nenne ich seine Gefährhchl^eit; und dem gefährlichen Leichen- felde nenne ich diesen Menschen ähnlich.

Der mit schmutziger Tat Behaftete aber lebt mit Seinesgleichen zusammen: das nenne ich sein wildes Hausen; und dem von wilden Unholden behausten Leichenfelde nenne ich diesen Menschen ähnlich.

Sobald aber den mit schmutziger Tat Behafteten die guten Ordensbrüder erblicken, brechen sie in Klagen aus: »Ach, ist das ein Elend für uns, daß wir mit derartigen Menschen zusammenleben müssen!«: das nenne ich eine Klagestätte; und dem die Klagestätte vieler Menschen bildenden Leichenfelde nenne ich diesen Menschen ähnlich.

Diese fünf üblen Eigenschaften, ihr Mönche, be- sitzt der dem Leichenfelde ähnliche Mensch.

250 Die üblen Folgen persönlicher Zuneigung

Fünf üble Folgen, ihr Mönche, hat die persönliche Zuneigung: welche fünf?

Da, ihr Mönche, hat die Person, zu der man Zuneigung hegt, ein derartiges Vergehen begangen, daß ihn die Mönchsgemeinde* verstößt. Da sagt man sich: »Der Mensch, der mir lieb und teuer ist, wurde von der Mönchsgemeinde verstoßen.« Daher ist man voll Abneigung gegen die Mönche; und voll Abneigung gegen die Mönche pflegt man mit den anderen Mönchen keinen Verkehr. Mit den anderen Mönchen aber keinen Verkehr pflegend, bekommt man das Gute Gesetz nicht zu hören. Indem man aber das Gute Gesetz nicht

248

FUNFERBUCH V 260

hört, fällt man vom Guten ab. Das, ihr Mönche, ist die erste üble Folge der persönlichen Zuneigung.

Und fernerhin, ihr Mönche, da hat die Person, zu der man Zuneigung hegt, ein derartiges Vergehen begangen, daß ihn die Mönchsgemeinde abseits nieder- zusitzen bittet, oder jene Person ist in ferne Länder fortgezogen, oder ist dem Wahnsinne ver- fallen, — oder ist gestorben. Da sagt man sich: »Der Mensch, der mir lieb und teuer ist, ist gestorben.« Daher ist man voll Abneigung gegen die Mönche; und Voll Abneigung gegen die Mönche, pflegt man mit den anderen Mönchen keinen Verkehr. Mit den anderen Mönchen aber keinen Verkehr pflegend, bekommt man das Gute Gesetz nicht zu hören. Indem man aber das Gute Gesetz nicht hört, fällt man vom Guten ab. Das, ihr Mönche, ist die fünfte üble Folge der persön- lichen Zuneigung.

249

DIE REDEN DES BUDDHA

SECHSUNDZWANZIGSTER TEIL:

Das Kapitel der Mönchsweihe

Der würdige Ordenslehrer

Der mit fünf Eigenschaften ausgestattete Mönch, ihr Mönche, mag die »Mönchsweihe« (upasämpadä) vollziehen, mag seinen »Beistand« (nissaya) er- teilen (a), mag einen als »Novizen« (sämanera) auf- nehmen. Und welches sind diese fünf Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, eignet dem Mönch das zu einem Kampfesiedigen gehörige Gebiet der Sittlichkeit, der Sammlung, der Einsicht, der Erlösung und des Er- kenntnisblickes der Erlösung.

Die Selbstsucht

(1)

Fünf Arten der Selbstsucht gibt es, ihr Mönche: welche fünf?

Hinsichtlich der Wohnstätte, hinsichtlich der Fami- lien, hinsichtlich der Gaben, hinsichtlich der Würde und hinsichtlich geistigen Besitzes. Die gemeinste aber unter diesen fünf Arten der Selbstsucht, ihr Mönche, ist die Selbstsucht hinsichtlich geistigen Besitzes.

Zur Überwindung und Zerstörung dieser fünf Arten der Selbstsucht, ihr Mönche, führt man den Heiligen Wandel. Ohne die Selbstsucht überkommen zu haben, ist man außerstande, die Vier Vertiefungen zu erreichen, sowie die Frucht des Stromeintrittes, der

(a) Über upasämpada und nissaya s. Anm. zu V, 79. 250

FUNFERBUCH

Einmal-Wiederkehr, der Niewiederkehr und der Heilig- keit zu verwirklichen.

Wer aber, ihr Mönche, diese fünf Dinge über- kommen hat, ist wohl imstande, die vier Vertiefungen zu erreichen, sowie die Frucht des Stromeintrittes, der Einmal-Wiederkehr, der Niewiederkehr und der Heilig- keit zu verwirklichen.

Die Selbstsucht

(2)

Ohne, ihr Mönche, fünf Dinge überkommen zu haben, ist man außerstande, die vier Vertiefungen zu erreichen, sowie die Frucht des Stromeintrittes, der Einmal-Wiederkehr, der Niewiederkehr und der Heilig- keit zu verwirklichen. Und welches sind diese fünf Dinge?

Selbstsucht hinsichtlich derWohnstätte, Selbstsucht hinsichtlich der Familien, Selbstsucht hinsichtlich der Gaben, Selbstsucht hinsichtlich der Würde, sowie Undank und Unerkenntlichkeit.

Klosterordnung

Sind, ihr Mönche, bei einem Mönche fünf Dinge anzutreffen, so sollte er nicht zum Speiseverteiler ernannt werden: welche fünf?

Wenn er auf dem bösen Pfade der Gier wandelt, des Hasses, der Verblendung und der Feigheit und er das Festgesetzte und Nichtfestgesetzte nicht kennt.

Sind aber, ihr Mönche, bei einem Mönche diese fünf Dinge nicht anzutreffen, so mag er zum Speise- Verteiler ernannt werden.

Sind, ihr Mönche, bei einem Mönche diese

- 251 -

DIE REDEN DES BUDDHA

fünf Dinge anzutreffen, so sollte er nicht zum Speise- verteiler ernannt werden und, wenn er bereits dazu ernannt ist, nicht (zum Verteilen) aufgefordert werden. Sind aber diese fünf Dinge nicht bei ihm anzutreffen, so mag er, wenn er dazu ernannt ist, (zum Verteilen) aufgefordert werden. Wer diese fünf Dinge besitzt, ist ein Tor, wer nicht, ein Weiser. Wer diese fünf Dinge besitzt, hält sein Herz befleckt und unrein, wer nicht, hält es unbefleckt und rein.

Wer diese fünf Dinge besitzt, gelangt seinenWerken entsprechend zur Hölle, wer nicht, zum Himmel.

Wer (als fünfte Eigenschaft) nicht weiß, Was angeordnet ist und was nicht, der sollte nicht zum Wohnstättenanordner ernannt werden; wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.

Wer nicht weiß, was bewacht ist und was nicht, der sollte nicht zum Schatzmeister ernannt werden; wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.

Wer nicht weiß, was empfangen werden darf und Was nicht, der sollte nicht zum Empfänger von Gewändern ernannt werden; wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.

Wer nicht weiß, was verteilt wird und was nicht, der sollte nicht zum Verteiler von Gewändern, Reissuppe, Früchten und Kauwaren ernannt werden; wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.

Wer nicht weiß, was empfangen wurde und was nicht, der sollte nicht zum Verteiler von Über- würfen und Almosenschalen ernannt werden; wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.

Wer nicht weiß, wer abgeschickt wird und

252

FÜNFERBUCH

wer nicht, der sollte nicht zum Entsender von Kloster- dienern und Novizen ernannt werden; wer es aber weiß, mag dazu ernannt werden.

Die allgemeine Geltung des Gesetzes

Ob Mönch^ Nonne oder Klosterschüler, ob männ- licher oder weiblicher Novize, Anhänger oder An- hängerin, ob nackter Bettelasket («), Niganther (/?), Jünger der Niganther, Flechtenträger (y), Wanderasket, Barde (<?), Dreistabträger (e), Verschlossener, Gotamide oder Gottergebener : bei wem, ihr Mönche, fünf Dinge anzutreffen sind, der gelangt seinen Werken entsprechend zur Hölle: welche fünf?

Das Töten, Stehlen, geschlechtliche Ausschreiten, Lügen und Genießen berauschender Getränke.

Bei wem aber, ihr Mönche, diese fünf Dinge nicht anzutreffen sind, der gelangt seinen Werken entsprechend zum Himmel.

(a) äjTvaka.

iß) Die Ungebundenen oder Nigänthas bilden den von Nätha- putto gestifteten und noch heute bestehenden Orden der Jainos. Über ihre Lehre s. III, 74.

(y) jatila. Diese Klasse von Asketen trägt langes geflochtenes Haar. ((f) Die Kaste der Barden (mägadha oder mägadhika) soll zurückgehen auf die Verbindung einer Adeligen mit einem Bürger- lichen. Die Angehörigen dieser. Kaste sind berufsmäßige Sänger, die an den Höfen die Ruhmestaten der Fürsten besingen.

(e) Diese Asketen tragen drei zusammengebundene Stäbe mit sich, offenbar als Symbol für die dreifache Zügelung in Werken, Worten und Gedanken. In Manusmriti heißt es: »vägdando' tha manodandah käyadandasya' thaiva ca. yasyaite nihitä buddhau, tridandi ti ucyate.« (cit. Vaidya.)

253

DIE REDEN DES BUDDHA

Erlöschung

Zur Erkennung und völligen Durchschauung von Gier, ihr Mönche, von Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Neid, Geiz, Gleisnerei, Falschheit, Hartnäckigkeit, Heftigkeit, Dünkel, Hochmut, Eitelkeit und Nachlässigkeit, und zu dieser Dinge völligen Ver- nichtung, Überwindung, Versiegung, Erlöschung, Ab- wendung, Zerstörung, Entsagung und Loslösung, hat man fünferlei Dinge zu üben: welche fünf?

Die Betrachtung über die Unreinheit, den Tod, das Elend, die Widerlichkeit der Nahrung und die Reizlosigkeit des ganzen Daseins.

Die Betrachtung über die Vergänglichkeit, die Wesenlosigkeit, den Tod, die Widerlichkeit der Nahrung und die Reizlosigkeit des ganzen Daseins.

Die Betrachtung über die Vergänglichkeit, das Leiden bei der Vergänglichkeit, die Wesenlosigkeit beim Leiden, die Überwindung und die Abwendung.

Die Fähigkeit und die Kraft des Vertrauens, des Willens, der Achtsamkeit, der Sammlung und der Einsicht.

Ende des Fünferbuches.

- 254

THEOSOPHISCHES VERLAGSHAUS / LEIPZIG

JATAKAM

Das Buch öer Erzählungen aus früheren Existenzen Buööhas

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Das Werk j'jatakam« besteht aus 547 Erzählungen unö ist eine öer umfangreichsten unö hervorragenösten Sammlungen von jatakas (= Vorgeburtsgeschichten). }eöes Jataka glieöert sich in zwei Hauptteile, nämlich in öie Begebenheit aus öer Zeit Buööhas unö in öie öamit verbunöene Erzählung aus seiner Vergangenheit, öas eigentliche ]ataka, öas in einem oöer mehreren Versen gipfelt, öie Buööha bei öieser Gelegenheit gesprochen hat. Diese Verse sinö öer älteste Bestanöteil öes }ataka-Buches unö gehören zu öen kanonischen Schriften öes süölidien Buööhismus.

Die Erzählungen öes ]atakam wuröen von öen inöischen Buööhisten für besonöers heilig erklärt unö sinö in unzähligen Verwanölungen in öie Märchenliteratur öer ganzen Welt über- gegangen.

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