1^- Um . _ I Schmeils naturwiflenichaftliche Atlanten | i _ _ \ f Die Reptilien und Amphibien Mitteleuropas Von Dr. Richard Sternfeld 1912 Verlag von Quelle *3D Meyer in Leipzig . 3 Alle Rechte vorbehalten. Druck von C. G. Naumann G. m. b. H., Leipzig. Vorwort. Einer langen Vorrede bedarf dieses Buch wohl kaum. Jeder, der das Leben und Treiben unferer heimifchen Kriechtiere und Lurche näher kennen lernen will, mag es getrolt in feine Tafche ftecken. Es kann ein Führer fein für den Wanderer, der in freier Natur, an Ort und Stelle, Belehrung finden möchte über die fchimmernde Eidechfe, die seitwärts von feinem Pfade über das Geltein dahinhufcht, über die zierliche Schlange, die leis zifchend mit kokett erhobenem Köpfchen zu dem erfchrockenen Störenfriede emporftarrt, über den unfichtbaren „Glöckner", deflen ge* heimnisvolles „öng, öng" aus der Mitte des trüben Lehmtümpels zu ihm herübertönt, oder über den buntgefleckten Molch, der in krampfhaften Windungen vom Grunde zum Waflerfpiegel aufftrebt und, eine Schnur filberner Perlen zurücklaflend, langfam wieder in die Tiefe finkt. Das Buch kann ein Ratgeber fein für den, der die glücklich erlangte Beute daheim im Terrarium in Muße beobachten will. Die farbigen Tafelbilder und die zahlreichen, möglichlt einfach gehaltenen Beftimmungstabellen werden auch den Anfänger rafch über die Art des betreffenden Tieres aufklären, fo daß er fich aus dem Texte über die Lebensgewohnheiten feines Schützlings unterrichten kann. Es ilt höchlt bedauerlich, daß die Pflege unferer Reptilien und Amphibien immer noch zu fehr als eine kindliche Spielerei betrachtet wird,- denn fo gewiß es ilt, daß diefem Teile unferer Tierwelt von vielen Seiten mit Mißtrauen und felblt mit Abfcheu begegnet wird, fo gewiß ilt nichts mehr geeignet, derartige Vorurteile zu bekämpfen und zu befeitigen, als die Befchäftigung mit diefen Tieren felblt. Berlin, im Oktober 1911. Der Verfafler. Inhaltsüberficht. Reptilien. Schildkröten : Seltc Sumpffchildkröten 11 Europäifche Sumpffchildkröte 12 Eidechfen : Echte Eidechfen 16 Smaragdeidechfe 17 Zauneidechfe 23 Wuhlechfen 25 Blindfchleiche 73 Kammolch . Unter den fünf Klaffen des Tierkreifes der Wirbeltiere nimmt die der Reptilien oder Kriechtiere eine Mittelftellung ein. Die regelmäßig unvollkommene Trennung der beiden Herzkammern läßt eine ftändige Mifchung des venöfen und des arteriellen Blutes zu und macht die Körper- wärme abhängig von der der Umgebung. Die Reptilien erfcheinen dadurch als „Kaltblüter7' fcharf von den beiden höher Gehenden Gruppen, den Vögeln und Säugetieren, gefchieden. Die ohne Verwand* lung fich vollziehende Entwicklung, die ftändige Lungenatmung, die mit Schuppen bedeckte, drüfenarme Haut fchaffen eine noch weitere Kluft zwifchen den Reptilien und den niederen Klaffen, den Amphibien und Fifchen. Die geln-eckte, wohlgegliederte, langfchwänzige Echfe oder die ahn* liehe Riefenform des Krokodils, die langgezogene, fußlofe Schlange und die in eirundem, mehr oder weniger gewölbtem Panzer fteckende Schildkröte find die Hauptformen, in denen uns die Reptilien vor Augen treten. Der Körperform entspricht die Art der Bewegung. Die Kriech* tiere tragen ihren Namen nicht mit Unrecht,- nur sehr wenige von ihnen laffen den Leib nicht auf der Erde fchleppen, und diefe wenigen, Land* fchildkröten und Chamäleonen, find gerade die langfamften von allen. Das Kriechen ift hauptfächlich durch die eigentümliche, von der der hö* heren Wirbeltiere durchaus verfchiedene Stellung der Gliedmaßen bedingt. Der Körper des Reptils wird von den Beinen, falls folche überhaupt vorhanden, weder getragen noch geftützt, fondern er ift zwifchen ihnen fo niedrig aufgehängt, daß er wenigftens teilweife dem Boden aufliegt. Die Fortbewegung gefchieht, außer bei den Schildkröten und einigen Echfen, durch S*förmige feitliche Biegungen des Körpers, und zwar um fo rafcher, je länger die Wirbelfäule und je größer ihre Beweglichkeit ift. Erft in zweiter Linie kommen die Beine als ruderartig wirkende Fortfchieber für die Bewegung in Betracht. Ganz allgemein genommen ftehen die Reptilien in ihren körper* liehen Fähigkeiten hinter den Säugern und Vögeln zurück, aber 8 Die Reptilien . doch weniger als man glauben follte. Viele Eidechfen und Schlangen bewegen lieh auf dem Erdboden außerordentlich fchnell und gefchickt. Die im Boden wühlenden Arten zeigen für die ihnen eigentümliche Tätigkeit eine hervorragende Begabung, die Bewohner der Felfen jagen mit faft unglaublicher Schnelligkeit und Sicherheit an den fchroffften Steinwänden empor, ja die Geckonen find vermöge des eigenartigen Baues ihrer Zehen fähig, fich felbft an fenkrechten Glas- platten und überhangenden Wänden zu bewegen. Sämtliche Kroko* dile und See- und Süßwaflerfchildkröten , zahlreiche Schlangen und Echfen find vorzügliche Schwimmer, die im Notfalle auch ftundenlang am Grunde der Gewäfler auszuhalten vermögen,- manche verlaflen das feuchte Element sogar zeitlebens nicht. Die im Gezweige der Bäume häufenden Schlangen und Echfen endlich ftehen in ihrer Bewege lichkeit hinter anderen Kletterern fchwerlich zurück. Der bekannte Flug* drache von Java vermag fogar mit Hilfe eines von Rippen geftützten Hautfallfchirms Gleitflüge von beträchtlicher Weite zu vollbringen, und in neuefter Zeit hat man beobachtet, daß felbft Baumfchlangen imftande sind, weite Schrägfprünge in die Tiefe auszuführen. Weniger gut find die geiftigen Fähigkeiten entwickelt. Das Kriech* tier ift in feinem Wohlbefinden zu fehr von den Bedingungen der Außen* weit abhängig, um für feinere finnliche Reize empfänglich zu fein, und damit geht eine gewifle geiftige Stumpfheit Hand in Hand. Unter den Sinnen fteht durchweg das Auge obenan,- es erreicht manchmal fogar eine recht beträchtliche Schärfe und ift nur bei wühlenden Formen zuweilen ver- kümmert. Das Gehör ift bei den Schildkröten gut, ebenfo bei denjenigen Eidechfen, die ein äußeres Gehörorgan befitzen. Der Taftfinn hat bei den Schlangen, wo er in den fein ausgezogenen Spitzen der Zunge feinen Hauptfitz hat, eine hohe Ausbildung erlangt. Geruch und Gefchmack helfen beim Auffuchen und Auswählen der den einzelnen zufagenden Nahrung, ohne irgendwie befonders hoch entwickelt zu fein. Alles in allem ftehen die Echfen hinfichtlich der geiftigen Begabung am höchften, am tiefften, trotz ihrer fprich wörtlichen Klugheit, die Schlangen,- doch find die Unterfchiede zwifchen den einzelnen Gattungen nicht eben bedeutend. Infolge der Abhängigkeit der Körperwärme der Reptilien von der Temperatur ihrer Umgebung ift kein einziges Kriechtier imftande, eine Kälte von wenigen Graden unter dem Gefrierpunkte zu ertragen. Die in unferen Breiten lebenden Arten find daher genötigt, zu Beginn der kalten Jahreszeit ein froftfreies Winterlager aufzuziehen. Waflerbewohner vergraben fich im Schlamm, und die Landtiere finden unter Steinen, in Erdfpalten und Löchern ein ficheres Verfteck, wo fie bis zum Frühjahr ungeftört ihren Winter fchlaf halten können. Hier liegen fie in tod- ähnlicher Erftarrung,- alle Lebenserfcheinungen find aufs äußerfte herab* gefetzt. Doch belehrt uns fchon die Tatfache, daß die Schläfer im Laufe des Winters bedeutend an Gewicht abnehmen, darüber, daß nur eine Die Reptilien . 9 Verlangsamung, nicht etwa ein Stillftand des Stoffwechfels ßatt* gefunden hat. Das erfte Gefchäft des durch die warmen Sonnenftrahlen erweckten Tieres iit gewöhnlich die Häutung, ein Vorgang, der im Laufe des Jahres noch mehrfach wiederholt zu werden pflegt. Die alte Oberhaut wird abgeltreift, und ein neues Frühjahrskleid tritt an ihre Stelle. Bei den Eidechfen löft fich die Haut in großen Fetzen ab, die Schlangen aber fchlüpfen aus ihrer alten Hülle hervor, häufig ohne fie zu verletzen, so daß ein wirkliches „Natternhemd" liegen bleibt, deflen frühere Innenfeite nach außen gekehrt ilt. Auch Schildkröten und Krokodile fchuppen die Ober* haut ab, aber nicht auf einmal und nicht in fo vollkommenem Grade wie Eidechfen und Schlangen. Kurze Zeit nach Verlaflen des Winterquartiers macht fich der Fort- pflanzungstrieb geltend, und zwar weit leidenfchaftlicher, als man das von folchen „Kaltblütern" erwarten follte. Die Vermehrung gefchieht meiftens durch Eier, die vom Weibchen wenige Wochen oder Monate nach der Paarung abgelegt und in der Regel der Natur zur Zeitigung über* laflen werden. Viele Echfen, manche giftlofe und fehr viele giftige Schlangen find jedoch lebendiggebärend, oder, da die Jungen die Eihülle gewöhnlich erlt unmittelbar nach der Geburt fprengen, genauer gefagt „ovovivipar". Eine Brutpflege findet nur bei einigen Riefen* fchlangen ftatt. Die Reptilien haben den Höhepunkt ihrer Entwicklung länglt über* fchritten, um Jahrmillionen liegt ihre Blütezeit hinter uns. Gegen Ende des Paläozoikums, im Perm, zuerft auftretend, erreichten fie im Mittel- alter der Erde, in Trias, Jura und Kreide, den Höhepunkt ihrer Ent- wicklung. In den Waflern tummelten fich riesige Krokodile, floflen* tragende Ichthyofaurier und langhalfige Plefiofaurier. Mächtige Flug* echfen, die an Spannweite felblt die größten Flieger der heutigen Zeit oft weit übertrafen, durchfchnitten gleich Fledermäufen flatternd die Luft. Auf dem feiten Lande fanden fich Riefenformen von Landfchildkröten, mit denen verglichen felblt die mehrere Zentner fchweren Elefantenfchild* kröten der Aldabra* und Galapagosinfeln zwergenhaft erfcheinen müflen. Ais die gewaltiglten Erfcheinungen jener Tierwelt aber dürfen wir die Dinofaurier bezeichnen. Diefer Name umfaßt heute eine Anzahl fehr verfchiedenartiger Formen. Teils folche, die fich nach Känguruhart auf- recht auf den Hinterbeinen bewegten, teils folche, die den heutigen Echfen näher Itehen, teils wiederum feltfame Geltalten, die fich zu keinem leben- den Reptil in Beziehung bringen laflen. Wir finden unter ihnen Riefen von 7~8 m Höhe und von 10, 15, ja 40 m Länge, Tiere alfo, die jedes Landtier und mit Ausnahme der größten Wale überhaupt jedes Lebewefen an Größe übertreffen. Mit dem Ende der Kreidezeit fchlug ihnen allen die Stunde des Ver- derbens. Sie erlagen trotz ihrer Riefengröße im Kampfe ums Dafein 10 Die Reptilien . gegen die geiftig und körperlich höherftehenden Vögel und Säugetiere, und bereits zu Beginn der Tertiärepoche waren im wefentlichen die heu- tigen Verhältnifle erreicht. Immerhin gibt es heute noch weit über viertaufend Arten von Reptilien. Mehr als die Hälfte davon kommt auf die Echfen und nicht viel weniger auf die Schlangen, während die Schildkröten etwa dreU hundert und die Krokodile gut fünfzig Arten umfallen. Die geographifche Verteilung ift fehr ungleichmäßig,- die Tropen beanfpruchen den Löwenanteil für fich, und manche Gruppen find völlig oder faft völlig auf fie befchränkt. Am reichften ift das südoftafiatifche Gebiet,- dann folgen Südamerika und Afrika. Nach den Polen zu nimmt die Zahl der Arten wie der Individuen fehr fchnell ab. Der nördliche Polarkreis wird nur in Europa und auch hier nur von einer einzigen Echfe überfchritten. Infolge der günftigen klimatifchen Bedingungen ift Europa im allgemeinen zwar reicher an Kriechtieren als irgendein anderes Gebiet in gleicher geographifcher Breite, in Wirklichkeit aber doch ziemlich arm. Mitteleuropa im befonderen beherbergt fechzehn Arten, nämlich eine Schildkröte, fünf Echfen und zehn Schlangen. Keiner Tierklafle der Erde hat der Menfch von jeher fo feinde lieh gegenüber geftanden wie den Reptilien. Die giftige Waffe, die einige hundert Schlangenarten befitzen und die unter Umftänden dem Menfchen allerdings furchtbar genug werden kann, ift für die ganze Klaffe zum Fluche geworden, denn der Herr der Erde fühlte fich, ge- treu dem alten Bibelworte, berechtigt, denen, fo ihn in die Ferfe ftechen, „den Kopf zu zertreten". Die Unkenntnis des Volkes, das in jeder harmlofen Eidechfe die giftige Viper zu erblicken glaubt und das Fehlen eines befonders in die Augen fallenden Nutzens hat weiterhin einer Anfchauung Vorfchub geleiftet, die geeignet ift, den Menfchen mit feiner Reptilienfurcht geradezu lächerlich erfcheinen zu laflen. Hier winkt dem Forfcher wie dem Erzieher der Jugend die dankbare Aufgabe, durch Aufklärung und Belehrung einer Anficht Geltung zu verfchaffen, die im Interefle der Erhaltung unferer Tierwelt gefordert werden muß. Tabelle zur Bestimmung der Ordnungen. I. Körper in einer Schale eingefchlofTen/ ftets vier Gliedmaßen. After ein Längsfpalt. 1. Ordnung: Schildkröten, Testudinata. S. 5. II. Körper geftreckt, feiten wurmförmig, rings von kleinen Schuppen und Schildern umgeben. After quergefpalten. Augen durch Lider verfchließbar. Gliedmaßen in der Regel vier, feiten fehlend. 2. Ordnung: Eid echfen, Sauria. S. 8. III. Körper fehr langgeftreckt, auf der Oberfeite von Schuppen, auf der Unterfeite von einer Reihe großer Querfchilder bedeckt. After quergefpalten. Augen von einer durchfichtigen Kapfei bedeckt. Gliedmaßen fehlend. 3. Ordnung: Schlangen, Ophidia. S. 21. Schildkröten. \ \ I. Ordnung: Schildkröten, Testudinata. Der den ganzen Körper umfchließende Panzer, den die ver* knöcherte Lederhaut mit Unterftützung von Wirbeln und Rippen bildet, macht jede Schildkröte auf den erlten Blick kenntlich. Bei ge- nauer Betrachtung find eine Reihe weiterer, wichtiger Merkmale wahr^ zunehmen. Die Kiefer tragen keine Zähne, fondern bilden wie bei den Vögeln fcharfe, hornige Schneiden. Das wohl ausgebildete Auge kann durch zwei Lider und eine Nickhaut verfchlolfen werden. Die Gliedmaßen find niemals verkümmert und zeigen je nach ihrer Ver* wendung als Grab-, Schwimm- oder Gangfüße fehr verfchiedenen Bau. Die Atmung ift infofern befonders eigentümlich, als die Schildkröten in dem beengenden Panzer keinen Spielraum für Atembewegungen des Bruftkorbes haben, so daß die Luft durch Schluckbewegungen in die Lungen befördert werden muß. Die Lebensweife der Schildkröten ift ziemlich einförmig. Die auf dem Lande lebenden Arten find Pflanzenfrefler, die Bewohner des Süß- wafiers und der Meere hingegen Räuber, die vor allem den Fifchen nachltellen. Die Schildkröten ihrerseits haben weit mehr Feinde als man bei fcheinbar fo vortrefflich gefchützten Tieren annehmen follte. Bei uns wird es allerdings außer einigen Raubvögeln kaum einen Fleifchfrefier geben, der einer erwachsenen Schildkröte etwas anhaben kann, in den Tropen aber ftellen außer den gefiederten Gegnern eine ganze Anzahl von Raubfäugetieren , befonders Wildhunde und Katzen, den unbehilf- lichen Gefchöpfen nach. Tiger und Jaguar wenden felblt die riefigen, mehrere hundert Kilogramm fchweren Seefchildkröten um und holen mit ihren Tatzen die Beute mit verblüffender Gefchicklichkeit aus dem feiten Panzer hervor. Mehr als von allen tierifchen Feinden aber haben die Schildkröten unter der Verfolgung des Menfchen zu leiden, der ihnen ihrer Eier, ihres Fleifches und felblt ihres Panzers wegen nachltellt. Familie: Sumpffdiildkröten, Emydae. Der Panzer der Sumpffchildkröten ift fchwach gewölbt,- etwa ein Drittel fo hoch wie lang. Der Rückenfchild befteht aus dreizehn Scheiben- und drei- bis fünfundzwanzig Randplatten, die Bauchfchale aus zwölf Platten. Der Kopf ift glatt, Beine und Schwanz dagegen find mit Schuppen be= deckt. Die Vorderfüße haben fünf, die Hinterfüße vier durch Schwimm- häute verbundene Zehen, die mit langen, fcharfen Krallen bewehrt find. Kopf, Beine und Schwanz können unter den Panzer gezogen werden. Alle Arten find Bewohner des Süßwafiers und im Vergleich zu ihren Verwandten fehr lebhafte und bewegliche Tiere. 12 Sumpffdiifdkröte. Die einzige in Mitteleuropa vorkommende Gattung, Emys, zeichnet lieh aus durch die knorpelige Verbindung von Bruft* und Rückenpanzer und die Beweglichkeit des vorderen Teiles der Bauchfchale. Europäische Sumpfschildkröte, Emys orbicularis . I. Vier Beine vorhanden: Echte Eidechfen, Lacertidae. A. Halsband gezackt. 1. Zügelgegend mit vier Schildern. Die beiden vorderen Zügelfdhilder übereinanderliegend. Schwanz, wenn unbefchädigt, etwa doppelt fo lang wie der Körper: Smaragdeidechfe, Lacerta viridis. Die drei vorderen Zügelfchilder ein Dreieck bildend Einzige Art: Blindfchleiche, Anguis fragilis 1. Familie: Echte Eidechfen, Lacertidae. Die Lazertiden kennzeichnen fich durch den geftreckten Körper, den mittelgroßen, deutlich abgefetzten Kopf, die wohlgebildeten Gliedmaßen und den Itets mehr als körperlangen, drehrunden und fpitz endigenden Schwanz. Das Auge ift mittelgroß, die Pupille kreisrund und am Rande häufig fein ausge* S B • JV franzt, das große Trommelfell zu bei- den Seiten des Nackens offen ficht* bar. Der Kopf ift faft vollftändig mit größeren Schildern bekleidet, ebenfo die Bauchfeite, wo die Platten in mehreren Längsreihen ftehen. Den Rücken hinge- gen bedecken zahl* reiche Querringe kleiner Schuppen. Von der großen Zahl der Gattungen, die Afrika, Afien und Europa bewohnen, findet fich nur eine einzige in Mitteleuropa. Die Halsbandechfen find, wie ihr Name fchon fagt, ausgezeichnet durch eine mit vergrößerten Schuppen beklei- dete, halsbandartige Hautfalte am unteren Ende des Halfes Dazu tritt noch eine zweite Falte an der Kehle, aus der der Kopf der Echfe Fig. 1. Kopf einer Eidechfe. A Auge, O Ohr, N Nasenloch, L Ober~ und Unterlippen^ fchilder, Z Zügelfchilder, S Stirnfchild, H Hinterhauptfchild, B Brauenfchilder, Ha Halsband. Smaragdeidechfe. \ J wie aus einem Futteral herausfieht. Die Gattung, die Europa, Weft= afien und Nordafrika bewohnt, ift in Mitteleuropa durch vier Arten vertreten. Smaragdeidechse, Lacerta viridis . Der Rumpf der Smaragdeidedife ift kräftig, erfcheint aber wegen der Länge des Schwanzes fchlanker, als er wirklich ift. Der Kopf, etwa um die Hälfte länger als breit, ift fpitzer als bei der Zauneidechfe. Die Schläfengegend wird durchweg von größeren, unregelmäßigen Schildern bedeckt. Zwifchen denAugenbrauenfchildern und den angrenzenden Schupp pen liegt eine Reihe äußerft kleiner Schuppenkörnchen, die wenige ftens bei deutfchen Exemplaren nie fehlt, fich dagegen bei der Zauneidechfe niemals findet. Der Schwanz bleibt nur feiten, und zwar bei Weibchen, hinter der doppelten Körperlänge zurück, Fig. 2. Kopf der Smaragdeidedife. übertrifft diefe aber manchmal noch beträchtlich. Die Gefamtlänge deutfcher Smaragdeidechfen kann auf 35—40 cm fteigen, die in Dalmatien lebende, vielleicht als befondere Art zu betrachtende Varietät major erreicht jedoch Maße von 50— 60 cm und fteht damit nur noch wenig hinter der größten Echfe Europas, der füdwefteuropäifchen Perleidechfe im Vergleich mit ihren Verwandten, fondern die „Heid'*Echfe" im wahr* ften Sinne des Wortes. Wo immer fie lieh aufhalten mag, am Boden der Gebirgstäler, am fonnigen Bergesabhang oder an der fandigen Böfchung des Fußweges, ftets ziehen die braunrotgrünen Büfche des Haidekrautes fie mit unwiderftehlicher Macht an. Ihr unfeheinbares und doch fo anfprechendes Kleid erweift fich hier als eine ausgezeichnete Schutzfärbung. Selbft das fchärffte und geübtefte menfehliche Auge bemerkt die Echfe faft niemals, ehe fie, durch die allzu große Nähe des gefürchteten Feindes erfchreckt, laut rafchelnd ihrem Schlupfloche zueilt. Die unauffällige Färbung bildet auch den beften Schutz gegen ihre zahlreichen Feinde in der Tierwelt, denen fie infolge ihrer geringen Größe fonft weit häufiger zum Opfer fallen müßte als die zudem weit fchnellere Smaragdeidedife. Nur der Schlingnatter, vor der kein Schlupf* loch Rettung gewährt, ift fie meiftens rettungslos ausgeliefert, aber die Verlufte, die diefe Feindin ihr zufügt, gleicht die ftarke Vermehrung mit Leichtigkeit wieder aus. Sobald im Frühjahr die Männchen das duftere Winterkleid mit dem fchmucken, grünen Hochzeitsgewande vertaufcht haben, beginnt die Fort* pflanzung, die wie bei den Verwandten von heftigen Kämpfen der eifersüchtigen Männchen eingeleitet wird. Sechs Wochen fpäter, etwa in der Mitte des Junis, legt das Weibdien vier bis vierzehn weiße, reich* lieh bohnengroße Eier, die es mit Hilfe der Hinterfüße forgfam unter Moos und Wurzeln verfcharrt. Im Süden des Verbreitungsgebietes fieht man fchon in den letzten Julitagen, in nördlicheren Gegenden erft zwei bis drei Wochen fpäter, die zierlichen, 3— 4 cm langen Jungen, auf deren Rücken fich die großen, hellen Augenflecken lebhaft abheben, luftig umherlaufen. Leider bilden fie eine willkommene Beute für die eben geborenen kleinen Kreuzottern und Schlingnattern. In der Gefangenfchaft ift die Zauneidechfe außerordentlich an* fpruchslos. Ein luftiger, fonniger Käfig, Infekten jeder Art als Nahrung und ein kleiner Napf zum Trinken, das ift alles, was fie braucht. In jedem größeren und gut gepflegten Terrarium fchreitet fie auch ohne Zögern zu Paarung und Fortpflanzung. Man hüte fidh jedoch, Eier oder eben ausgefchlüpfte Junge mit erwachsenen Tieren oder gar mit verwandten Arten zufammenzulaflen, da fie in der Regel alsbald kanni* balifchen Gelüften zum Opfer fallen. Bergeidechse, Lacerta vivipara . Nächft der Zauneidechfe ift die häufigfte und verbreitende Eidechfe unferes Gebietes die Berg* oder Waldeidechfe. Sie unterfcheidet fich von ihren Verwandten durch die geringere Größe, den zierlicheren Bau des Kopfes und der Gliedmaßen, den kürzeren, in feiner erften Hälfte 22 Bergeidedife. faft gleichmäßig dicken Schwanz, die gekielten Rückenfchuppen fowie durch feinere Einzelheiten der Befchuppung des Kopfes. Die Länge überfteigt feiten 14— 16 cm. Die Färbung der Bergeidechfe ift auf der Oberfeite ein helleres oder dunkleres Grau* oder Rotbraun, gewöhnlich in ein lichtes Rückenband und zwei dunkle Seitenzonen eingeteilt. Die Grund- färbung wird von mehreren Reihen weißlicher Flecken und tiefbrauner Linien unterbrochen, die in ihrer Ausbildung vielfachen Schwankungen unterliegen. Ein oft fehr fchwacher, manchmal p. a aber auch recht lebhafter Bronzefchimmer liegt auf Kopf der Bergeidedife. dem Rücken. Die Unterfeite ilt grau- oder rötlicfi- weiß beim Weibchen und orangegelb bis orange- rot mit fchwärzlichen Punktflecken beim Männchen, das fich fonft in der Färbung nur durch etwas lebhaftere Töne auszeichnet. Das Wohngebiet der Art ift beträchtlich größer als das der Zaun* eidechfe, da fie nach Norden und Ölten hin viel weiter geht als jene. Sie begleitet in Schweden die Kreuzotter bis zum Polarkreife und geht felbft bis zum fiebzigften Grade, weiter polwärts als irgendein anderes Reptil der Erde. Ebenfo fteigt fie im Gebirge weit höher empor als alle ihre Verwandten, wurde fie doch in den Alpen mehrfach noch in Höhen von über 2000 m und felbft bis faft zur Schneegrenze hinauf beobachtet. In Deutfchland findet fie fich vor allem an all den Orten, wo fie der Zauneidechfe, die den jungen Bergeidechfen begierig nachltellt, nicht begegnet, im Gebirge alfo erftjn Höhen von über 500 m. Die hoch* gelegenen Teile des Schwarzwaldes und der Vogefen, des Harzes und der Sudeten, des Thüringer Waldes und des Juras wimmeln von ihr. In der Ebene bevorzugt fie auffällig die Nähe des Wafiers, das fie weit weniger fcheut als andere Echfen, und im Notfalle fogar ohne weiteres auffucht. Im Gebirge bieten ihr die dichten Büfchel des kurzen, dichten Gräfes, die der größeren „Agilis" nicht genügend Deckung geben würden, ein vorzügliches Verfteck und die vereinzelten, flachen Granitbrocken das notwendige Plätzchen an der Sonne. Ihrer größeren Widerftandsfähigkeit entfprechend erfcheint die Berg* eidechfe im Frühjahre fchon fehr zeitig,- im höheren Mittelgebirge kann man das Tierchen oft genug fchon in den letzten Tagen des Aprils, unmittelbar am Rande der Schneefelder, luftig in der Sonne nach den erften vorwitzig fich herauswagenden Infekten jagen fehen. Die Paarung findet im Mai ftatt, aber die Weibchen legen, wie fchon der Artname „vivipara" andeutet, keine Eier, fondern fie gebären, meiftens im Juli, fpäteftens im Auguft, acht bis zehn Junge, die unmittelbar vor oder nach der Geburt die dünne, durchfichtige Gallerthülle, in der fie verfchlofien liegen, fprengen. Es kann kaum etwas niedlicheres geben, als den Anblick einer Bergeidechfenmutter mit ihren eben geborenen, kaum Mauereidedife. 23 3 cm langen, tieffchwarzen Sprößlingen. Leider währt das Familienidyll jedoch nur wenige Stunden,- die Mutter kümmert fich nicht um ihre Nachkommen, und diefe, die ihrer Hilfe auch nicht bedürfen, zerftreuen fich alsbald in alle vier Winde. . . ■*■ ■ Mauereidechse, Lacerta muralis . Der fchlanke Körper, der geltreckte Kopf mit der fpitzen Schnauze und der den Leib um mehr als das Doppelte an Länge übertreffende Schwanz kennzeichnen die Mauereidedife auf den erften Blick gegenüber der Bergeidechfe, mit der fie wegen iher Färbung vielleicht verwechfelt werden könnte. Wie bei diefer ift der Grundton des Rückens, wenigftens bei deutfchen Mauer* eidechfen, ein rötliches Braun, an den Seiten dunkler als in der Mitte. Bei Jungen und Weibchen laflen die hellen Begrenzungs- linien der einzelnen Zonen das Tier längs- p. 5 geltreift: erfcheinen/ bei erwachsenen Mann* Kopf der Mauereidedife. chen find die dunklen Seitenbänder gewöhnlich in wolkige Flecke aufgelöft, und der Rücken zeigt eine fchwärzlichbraune Sprenkelung. Die Bauchfeite der Jungen, der meiften Weibchen und auch vieler Männchen ilt rötlich* oder bläulich weiß, feltener blaßgelb gefärbt. Hin und wieder aber prangt die Unterfeite alter Männchen in tiefem Kupfer- oder Violettrot. Unten an den Seiten des Körpers findet fich bei beiden Gefchlechtern , deutlich jedoch nur beim männlichen, eine Reihe himmelblauer Schmuckflecke, die zu klein find, um etwa das Auge eines Feindes verräterifch auf fich zu ziehen, aber groß genug, in den Augen eines Eidechfenfräuleins den um Liebe werbenden Anbeter liebenswert erfcheinen zu laflen. Die Befchuppung der Zügel- gegend und der Schläfen ähnelt der von „Vivipara", die feine Schupp* chenreihe neben den Augenbrauenfchildern teilt die Mauereidedife mit der „Viridis", dagegen ift die äußerft feine, körnelige Befchuppung des Rückens eine befondere Eigentümlichkeit der Art. Die ans Mittelmeer grenzenden Länder Europas find die eigentliche Heimat der Mauereidedife. Hier bewohnt fie jeden ihr irgendwie zu* gänglichen Platz, die natürliche Mauer des Felfens wie die künftliche der menfchlichen Wohnung, die kahlen, zerriflenen Lavablöcke des Vefuvs wie die flachen, fandigen Ufer der Infein und die Wälle der italienifchen Feftungen und Forts wie die friedlicheren Mauern der Weinberge und Kirchhöfe. Unüberfehbar ift die Zahl ihrer Varietäten, unendlich die Menge der Individuen. Sie wird im Süden ihres Gebietes bedeutend größer und fchöner als bei uns. Der fchwadie Bronzefchimmer, der im Norden kaum deutlicher ift als bei der Bergeidechfe, wird zu einem lebhaften, fatten Grün und die Größe fteigt von 18 auf 22~25 cm 24 Mauereidechfe. Gefamtlänge. Eine befondere Berühmtheit genießt die auf dem kleinen Faraglionefelfen bei Capri vorkommende, gleichmäßig tiefblau gefärbte Abart, bei der die urfprüngliche Fleokenzeichnung erft nach dem Tode, im ausbleichenden Alkohol wieder zum Vorfchein kommt. Nach Mitteleuropa ift die „Muralis" auf den gleichen Wegen wie die Smaragdeidechfe vorgedrungen. Sie bevölkert einzelne, geeignete Örtlichkeiten der Rheinebene und die niederen Teile der örtlichen und weltlichen Grenzgebirge: der Vogefen, des Schwarzwaldes, der Haardt und des Odenwaldes fowie weiterhin das rheinifche Schiefergebirge. Sie folgt dem Laufe des Neckars, der Mofel, der Nahe und der Lahn fluß- aufwärts und erreicht hier die Nordgrenze ihrer Verbreitung. Das zweite Einfallstor bildet das Tal der Donau, deren Laufe entgegen die Echfe von den öfterreichifchen Kronländern her nach Deutschland ge- wandert ift. In Öfterreich - Ungarn felbft, befonders in den füdlichen Teilen, gehört fie bereits faft überall zu den häufigften Erfcheinungen. In ihrer Lebensweife weicht die Mauereidechfe von ihren Ver- wandten erheblich ab. Ihre Bewegungen auf ebenem Boden ftehen an Schnelligkeit wenig, an Eleganz ficherlich nicht hinter denen der Smaragd* eidechfe zurück, aber fie liebt den Boden nicht, fondern zeigt, wie ja fchon ihr Name fagt, eine ganz befondere Vorliebe für lotrechte Stein- wände. Mit Hilfe ihrer fchlanken, weitausgreifenden, mit kurzen, fcharfen und ftarken Krallen bewehrten Zehen die geringfte Unebenheit des Gefteins benutzend, bewegt fich die kleine Lazerte hier mit unübertreff* lieber Sicherheit und Gewandtheit. An hohen Felswänden, fern von ihrem Schlupf loche überrafcht, flüchtet fie regelmäßig nach oben, wohl wiflend, daß der Arm des Menfchen ihr dorthin nicht folgen kann, und fie verfteht es, dabei felbft überhangende Strecken zu überwinden. So- lange nicht ein Feind, der Hunger oder irgendein neckifcher Artgenofle ihre Ruhe ftört, liegt fie feft an den Fels gepreßt, auf dem das Braun ihres Gewandes förmlich verfchwindet, und der durch Seitwärtsftellen der Rippen abgeflachte Leib bemüht fich, kein Sträflichen Sonne unaus- genützt zu lalfen. Die geiftigen Eigen fchaften der Mauereidechfe ftehen auf ver* hältnismäßig hoher Stufe. Der Reptilienfänger merkt fehr bald zu feinem Leidwefen, daß die mehrfach Verfolgte ihn fchon aus der Entfernung von dem harmlofen Spaziergänger unterfcheidet und ihn nicht mehr, wie anfangs, auf Griffweite herankommen läßt. Gleichwohl läßt fie fich, durch ihre Neugier verführt, durch allerlei Kniffe überliften. In der Gefangen febaft lernt fie, wie alle Echfen, den Pfleger rafch kennen und wird in kürzefter Zeit außerordentlich zutraulich. Die Art der Fort* pflanzung gleicht der der Smaragd* und der Zauneidechfe, doch ift die Vermehrung etwas geringer als bei diefen Arten. Wühlediren. 25 2. Familie : Wühlechfen, Anguidae. Die Wühle ch fen unterfcheiden fich von den echten Eidechfen durch den fehr geftreckten, faft drehrunden Körper, delTen Gliedmaßen fchwäch^ lieh oder gänzlich verkümmert find, fowie vor allem durch Einlagerung von Knochenplättchen oder Kalktäfelchen in der Lederhaut, die daraus einen mehr oder weniger feiten Panzer machen. Der Kopf ift vom Hälfe wenig abgefetzt, die Augen find klein und das Trommelfell liegt häufig unter der Haut verborgen. Schindelartig fich deckende Schuppen umgeben rings den Körper, nur auf dem Kopfe finden fich größere Schilder. Die einzige in Mitteleuropa heimifche Gattung, die der Bruch- fchleichen . Der Körper der Biindfchleiche ift walzenförmig und fehr geftreckt, der Kopf vom Rumpfe kaum merklich abgefetzt, ein befonderer Hals- teil alfo nicht vorhanden. Der Schwanz bildet etwas mehr als die Hälfte der Gefamtlänge, die auf 40—45 cm anfteigen kann. Das Auge ift wohlentwickelt, wenn auch ziemlich klein und im Gegenfatz zu dem der Schlangen durch Lider verfchließbar. Ein äußeres Gehörorgan fehlt meiftens, ift jedoch ausnahmsweife als winzige Öffnung bemerkbar. Wie bei den meiften Echfen ift auch bei unferer Schleiche die Färbung in hohem Grade veränderlich, zumal da bei ihr die Altersunterfchiede fich befonders ftark bemerkbar machen. Soeben geborene Blindfchleichen find auf der Oberfeite faft reinweiß, bis auf eine tiefbraune Längslinie, die fich vom Hinterkopfe bis zur Schwanzfpitze zieht. Die Bauchfeite glänzt in tiefem Schwarz. Mit zunehmendem Alter dunkelt die Fär- bung zu einem fchönen Gelb- oder Rotbraun nach, um fchließlich in ein tiefes Graubraun, Bleigrau oder Kaftanienbraun überzugehen, wobei das Schwarz der Unterfeite allmählich von den Seiten her eingefchränkt und aufgelöft wird. Neben dem ursprünglichen Mittelftreif treten häufig Parallelftreife auf, die jedoch im Alter regelmäßig wieder verblaflen. Die Iris des Auges ift fchön gelbrot. Trotz der großen allgemeinen Veränderlichkeit der Art ift die Anzahl der ftändigen Varietäten nur gering. Sehr feiten ift die weißgefleckte Form, ebenfo die blaubauchige, eine fehr fchöne Abart, bei der das Schwarz der Unterfeite durch ein dunkles Himmelblau erfetzt ift. Häufiger und bekannter ift die blaugefleckte Biindfchleiche . A. Papille kreisförmig; Afterschild geteilt. I. Schuppen deutlich gekielt, in 19Reihen. 7 Oberlippenfchilder Ringelnatter, Tropidonotus natrix. 8 Oberlippenfchilder Würfelnatter, Tropidonotus tesselatus. II. Schuppen glatt oder faß glatt. a) Schuppen in 17—19 Reihen,- ein kleines Unteraugenfchild vorhanden Zornnatter, Zamenis gemonensis. ß) Schuppen in 19—23 Reihen,- kein Unter- augenfchild 1. Bauchfeiten mit deutlichen Längskanten. Schuppen in 21—23 Reihen Äskulapnatter, Coluber longissimus. 2. Bauchfchilder völlig abgerundet. Schuppen in 19 Reihen,- 7 Oberlippenfchilder Schlingnatter, Coro- nella austriaca. Schuppen in 21 Reihen,- 8 Oberlippenfchilder Girondifche Schlinge natter, Coronella girondica. Fig. 6. Schwanzwurzel einer Schlange mit geteiltem Afterfchild. Fig. 7. Schwanzwurzel einer Schlange mit ungeteiltem Afterfchild. ^3L_V-^— ^ ~~~"? . ' I i \ u 1 1 1 1 1 Fig. 8. Zählung der Schuppenreihen vertreten, die fich durch das Vorhandenfein von 21 Schuppenreihen von ihr und der Ringelnatter unterfcheidet. In Deutfchland begegnet man ihr nur in einem verhältnismäßig kleinen Gebiete. Sie bewohnt zunächft das mittlere Rheintal von Bingen bis Koblenz und geht von dort aus an der Nahe, der Mofel und der Lahn aufwärts, wo fie bei Ems . ganz befonders häufig auftritt. In neuefter Zeit ift fie auch im Königreich Sachfen, am rechten Eibufer bei Meißen, gefunden worden. Ein ver^ einzelter Fund liegt noch aus der Umgegend von Gera vor. Die Würfelnatter ift in noch weit höherem Grade als ihre Verwandte vom Waffer abhängig. Sie ift auf dem Lande durchaus nicht un- gefchickt, im Gegenteil, eher flinker und beweglicher als die Mehrzahl der anderen Nattern Mitteleuropas,- fie klettert fogar ziemlich gut und häufiger als die Ringelnatter. Im Schwimmen aber ift fie unübertroffene Meifterin. Die Würfelnatter ift infolge der Beweglichkeit ihrer Rippen imftande, ihren Körper feitlich fo ftark abzuplatten, daß er ganz an jene Riemenform erinnert, die bei den Seefchlangen, die ja niemals das feuchte Element verlaflen, dauernd geworden ift. Der Querfchnitt der Natter ift alsdann bedeutend höher als breit,- ihr Leib durchfchneidet daher mühelos die Wellen und wird gleichzeitig zu einer breiteren Ruderfläche. Solange die Schlange an der Oberfläche bleibt, ift die große Lunge prall gefüllt, will fie aber den Grund der Gewäfler auffuchen, fo wird die Luft ausgeftoßen, der vorher gedehnte Vorderleib der Schlange fällt zufammen, und fie finkt nun, fpezififch fchwerer geworden, ohne befondere An- ftrengung auf den Boden hinab. Hier liegt fie dann, durch ihre grau= gelbe Farbe der Umgebung trefflich angepaßt, zum Teller zufammen^ geringelt und lauert auf irgendeinen kleinen Fifch, der fich unvorfichtig in ihre Nähe wagt. Dann fährt fie blitzfchnell zu, packt den Ahnungs- lofen mit faft unfehlbarer Sicherheit an irgendeiner Stelle feines Körpers, taucht auf und fchwimmt mit der zappelnden Beute im Maule dem Ufer zu, um fie auf dem Trocknen gemächlich zu verzehren. Wenn der Hunger fie treibt, geht die Würfelnatter aber auch auf die , .Suche". Sie fchwimmt dann in eleganten Bogenwindungen unter WaiTer am Ufer entlang,- ihr fpitzes Schnäuzchen verfchwindet unter jedem Stein, der irgendwo eine kleine Lücke bietet, und mancher Gründ- ling und manch junger Karpfen, der fich dort ficher glaubte, wird unbarm- herzig ans Tageslicht befördert. Andere Nahrung als Fifche nimmt fie nur ungern,- Molche und Fröfche genügen ihr allenfalls, wenn eben nichts anderes zur Stillung ihres Hungers zur Verfügung fteht. Zornnatter. 35 Die Art der Fortpflanzung ift die gleiche wie die der Ringelnatter, doch legt die Würfelnatter nur 5—13 Eier, die an ähnlichen Örtlich* keiten wie bei der Verwandten zur Reife gebracht werden. Die Paarungs- zeit fällt in den Mai, die Zeit der Eiablage in den Juli oder Auguft. Die Jungen fchlüpfen gegen Ende des Septembers aus den Eiern hervor und verkriechen fich alsbald zur Winterruhe. In der Gefangenfchaft verlangt die Würfelnatter, neben ausgiebiger Möglichkeit, fich ftundenlang zu fonnen, vor allem einen größeren Wafler* behälter und ihre Lieblingsnahrung in reichlicher Menge. Dann hält fie aber auch jahrelang aus und kann, da fie dem Menfchen wie den Ge* noflen ihrer Haft gegenüber ebenfo friedfertig Ift wie die Ringelnatter, ohne Bedenken jeder Terrariengemeinfchaft einverleibt werden, ohne fich anders als angenehm bemerkbar zu machen. Zornnatter, Zamenis gemonensis unter dem Voraugenfchild. Die Bauchfchilder zeigen an den Seiten eine ftumpfe, undeutliche Kante. Die Zornnatter ift die größte Schlange Europas. Ihre öltlichen Varietäten erreichen eine Länge von 2,50 m und die Stärke eines Handgelenks. Die weltlichen Formen Dleiben jedoch beträchtlich hinter folchen Riefen zurück. Die Veränderlichkeit der Färbung und der Zeichnung ift außer* ordentlich groß. Bei der Stammform, der fogenannten gelbgrünen Natter (Zamenis viridiflavus), ift die Oberfeite grün oder fchwärzlich mit gelben Flecken oder Längsftreifen. Der Schwanz trägt ftets eine aus* gefprochene Längsftreifung. Die Unterfeite ift gelb, einfarbig oder an den Seiten fchwarz gefleckt. Die ganz jungen Tiere find hellolivenbraun, und der Kopf zeigt auf fchwarzem Grunde gelbe Abzeichen, die fpäter mehr oder weniger verfch winden. Alte Exemplare find oft vollftändig fchwarz (Zamenis carbonarius). Die Stammform bewohnt den Weften des Verbreitungsgebietes. V^on Ungarn an wird fie von der Balkennatter (Zamenis trabalis) abgelöft. Bei diefer ift der Rücken grau oder hell* olivenfarben und jede Schuppe mit einem gelben oder braunen Längs- ftreife versehen, fo daß der ganze Körper längsgeftreift ericheint. Die Unterfeite ift einfarbig orange oder fchön zinnoberrot. Häufig ziehen fich noch Längsreihen fdiwarzer Flecke über den Rücken hin. Das Verbreitungsgebiet der Zornnatter erftreckt fich von Frank* reich über Italien, die Balkanhalbinfel und Südrußland, geht über die Infein des Ägäifchen Meeres nach Kleinafien hinüber und reicht bis Perfien. Da fie in der Schweiz, fowie neuerdings in verfchiedenen Gegenden Öfterreichs noch mehrfach gefunden worden ift, fo im Böhmer* W i W ;*J 36 Äskulapnatter. und Wienerwald, in Kärnten, Krain und in Südtirol, fo fireift ihre Nordgrenze wenigftens das mitteleuropäifche Gebiet. Angebliche Funde aus Südweftdeutfchland beruhen zweifellos auf Verwechslungen mit der Äskulapnatter. Wie man auch an Gefangenen beobachten kann, hat die Zornnatter ein fehr großes Wärmebedürfnis. Trockene, von der Sonne durchs glühte, fteinige Gegenden bilden daher ihren Lieblingsaufenthalt. Hier (teilt fie hauptfächlich Eidechfen und Mäufen, nebenbei auch Schlangen, Vögeln und Fröfchen nach. Ihre Angriffe gefchehen mit einer erheb- lichen Entwicklung von Schnelligkeit und Kraft,- die Smaragdeidechfe fchützt das kräftige Gebiß ebenfowenig wie die Viper der Giftzahn. Kleine Eidechfen werden ohne weiteres Verfehlungen, fie verbeißen fich höchltens krampfhaft in den Hals der übermächtigen Gegnerin. Größere Echfen werden durch Umfchlingung gefefielt, Mäufe und Vögel in wenigen Minuten erwürgt. Die Zornnatter trägt ihren Namen mit vollem Rechte. Der Uner- fahrene, der es wagt, eine mittelgroße Zamenis ohne Umftände vom Boden aufzunehmen, fieht fehr bald ein, daß er hier keine Ringelnatter vor fich hat. Zifchend und wütend um fich beißend verteidigt die Natter ihr Leben oder ihre Freiheit gegen jeden, auch den überlegen* ften Gegner. Keine Schlange Südeuropas wird daher von der Land* bevölkerung fo fehr gefürchtet wie die größeren Zornnattern. Im Dafeins* kämpfe fcheint fie aber einigen ihrer Verwandten nicht gewachfen zu fein, jedenfalls wird fie in verfchiedenen Gegenden befonders von der Äskulapnatter mehr und mehr zurückgedrängt, woran auch ihre geringe Fruchtbarkeit fchuld fein mag. Die Gefangenhaltung der Zornnatter hat ihre Schwierigkeiten. An die Nahrung geht die Schlange zwar gewöhnlich ohne weiteres, ilt darin auch weit weniger wählerifdi als die Mehrzahl ihrer Verwandten, aber fie ilt ziemlich hinfällig, fühlt fich in etwas kühlerem Klima nicht mehr wohl und kann zudem mit anderen Reptilien, die ihr nicht völlig gewachfen find, nur fchwer zufammen gehalten werden, da fie fich fchwere Übergriffe zufchulden kommen läßt. Äskulapnatter, Coluber longissimus . Der geftredtte und doch kräftige Körper und der längliche, fchmale, kaum vom Hälfe abgefetzte Kopf geben der Äskulapnatter einen eigenartigen Ausdruck. Die Schuppen ftehen in 21—23 Reihen und find glatt,- nur am hinteren Teile des Körpers zeigen fich ganz fchwache, kaum fichtbare Kiele. Ein Vorderaugenfchild und zwei Hinteraugenfchilder find vor* handen. Von den acht Oberlippenfchildern ftoßen das vierte und das fünfte ans Auge. Die Bauchfchilder zeigen an beiden Seiten einen Knick, fo daß der Bauch rechts und links eine deutlich ausgeprägte Längskante zeigt, ein Merkmal, das die Äskulapnatter von allen anderen Schlangen Äskulapnatter. 37 Mitteleuropas unterfcheidet. Die Länge kann, in Südeuropa wenigftens, 1,50 m erreichen, in Deutfchland wird 1 m feiten überfchritten , und dabei ilt die Natter zudem Itets bedeutend fchlanker als ihre Ver= wandten, mit Ausnahme der Zornnatter. Das Farbkleid der Äskulapnatter ilt fdilicht gehalten. In der Regel ilt die Oberfeite olivenbraun und die Unterfeite einfarbig hellgeb. An den Seiten des Körpers ftehen an vielen Schuppen weiße Strichfleckchen, fo daß häufig der ganze Leib weiß gefprenkelt erfcheint. Am Hinterkopfe findet fich zu beiden Seiten ein mehr oder weniger deutlicher dunkelgelber Fleck, der bei jungen Tieren auch dunkel gefäumt fein kann, aber nie auch nur annähernd fo auffallend hervortritt, wie bei der Ringelnatter. Die Bauchkanten find etwas heller gefärbt als ihre Umgebung. Nach der mehr ins Gelbe oder Graue fpielenden Grundfarbe lallen fich mehrere Spielarten unter fcheiden. Faft fchwarze kommen ebenfo vor wie unge^ wohnlich hellfarbene,- auch Albinos — hellorangegelb mit roten Augen — find gefunden worden. Als die eigentliche Heimat der Äskulapnatter muß Südeuropa, vor allem Italien angefehen werden. Von hier aus geht fie oltwärts über Südrußland bis Transkaukafien,- in nördlicher Richtung hat fie in Weft= deutfchland und Öfterreich die Alpen überfchritten. In den an Deutfch^ land grenzenden Gebieten der habsburgifchen Monarchie gehört fie zu , den feltenen Erfcheinungen, fehlt jedoch weder in den öfterreichifchen Alpenländern, wo fie in Tirol bis 1600 m hoch fteigt, noch in Böhmen und Mähren. Dem Laufe der Donau folgend überfchreitet fie hier auch die bayrifche Grenze ,- fie findet fich vereinzelt in der Gegend von Paflau, Der bekannteste Fundort auf deutfchem Boden ilt jedoch Schlangenbad im Taunus, das der Natter ja fogar leinen Namen verdankt. Auf- fallend weit entfernt von jedem anderen Fundorte der Schlange liegt diefe Stelle, und als auch von Badenweiler im Schwarzwald ein Fund gemeldet wurde, tauchte die Vermutung auf, daß die alten Römerbäder von ihren Erbauern mit diefen italienifchen Gälten bevölkert worden feien. Auch das Auftreten der Würfelnatter bei Ems wurde darauf zurück- geführt. Wahrscheinlich find jedoch die beiden Nattern ebenfo wie Sma^ ragd= und Mauereidechfe felbftändig dem Laufe des Rheines folgend vor- gedrungen und haben fich an befonders geeigneten Örtlichkeiten erhalten. Felfige, mit Steingeröll und zerftreutem Bufchwerk bedeckte, fonnige Hänge bilden den Lieblingsaufenthalt unferer Schlange. Ihre Bewegungen auf ebenem Boden find nicht befonders fchnell, aber ungemein kraftvoll und anmutig. Die Nähe des Wafiers fucht fie nicht, obwohl ihre Schwimmfähigkeit durchaus nicht gering ilt, fondern zieht im allgemeinen trockenes Gelände vor. Im Klettern wird fie von keiner Schlange Mitteleuropas auch nur annähernd erreicht, höchltens ihre füdeuropäifchen Verwandten, vor allem die Leopardennatter . Der Kopf ilt klein, flach und kurz, kaum vom Hälfe abgefetzt, und auch das Auge ilt kleiner als bei den Verwandten. Die vollftändig glatten Schuppen, denen die Schlange ihren zweiten Namen verdankt, ftehen in 19 Längsreihen. Von den fieben Oberlippenfchildern ftoßen das dritte und das vierte ans Auge. Die Bauchfchuppen zeigen nicht die Spur eines feitlichen Kieles. Der Körper ilt kräftig, gedrungen und ziemlich kurzfchwänzig. Die lg' ' op er in?na Länge der Schlingnatter fteigt nur ausnahmsweife auf 70 cm an, felblt diefe Größe wird aber nur vom Weibchen erreicht. Die Färbung der Oberfeite ilt ein helles Grau= oder Rotbraun, von dem fich manchmal mehrere, etwas hellere Längsftreife abheben. Eine Doppelreihe dunkelbrauner oder rotbrauner Flecke zieht fich den Rücken entlang, auf dem Schwänze allmählich verfchwindend. Ein dunkler, großer, ungefähr herzförmiger Fleck Iteht auf dem Hinterkopfe . Im Süden unferes Erdteils wird die Schlingnatter durch eine ihr fehr änhliche, nahe verwandte Natter vertreten. Durch 21 Schuppenreihen und die regelmäßig vorhandenen acht Oberlippenfchilder, von denen das vierte und das fünfte das Auge berühren, läßt fich die girondifche Natter jedoch mit Sicherheit von ihrer Gattungsgenoffin unterfcheiden. Die Größe überfteigt ebenfo wie bei jener nur feiten 70 cm. Der Rücken der girondifchen Schlingnatter trägt auf braunem, rot* braunem oder rötlichgrauem Grunde dunkelbraune bis fchwärzliche Quer* flecke oder Querbänder, ähnlich wie bei der quergeflediten Form ihrer Verwandten. Statt des Krönchens fchmückt ihren Nacken ein großes, in der Geftalt wechselndes, meiftens jedoch U förmiges, dunkelbraunes Abzeichen. Ein dunkler Streif geht vom Auge zum Mundwinkel, ein ebensolcher etwas vor den Augen quer über den Kopf. Die Unter* feite ift gelblich oder rötlich mit zwei, mehr oder weniger regelmäßigen Reihen tieffchwarzer Flecke. Die Pyrenäenhalbinfel, Südfrankreidi, Italien und Nordafrika bilden die Heimat diefer Schlange, die von Ober* italien aus ebenfo wie die Zornnatter auch in Südtirol eingedrungen und dort befonders in der Umgegend von Rovereto häufig ift. Über ihre Lebensweife ift wenig bekannt. Sie nährt fich vorwiegend von kleinen Eidechfen, die fie in derfelben Weife wie die glatte Natter überwältigt. 2. Familie: Vipern, Viperidae. Der verhältnismäßig kurze, dicke Körper und der breite, dreieckige, fcharf vom Hälfe abgefetzte Kopf machen unfere einzigen Giftfchlangen, die Vipern, auf den erften Blick kenntlich. Bei genauer Betrachtung bemerken wir weiter, daß der Scheitel niemals mit fo regelmäßigen, 42 Vipern. Fig. 13. Giftzahn einer Viper, mit demAusführungs- gang einer Giftdrüfe. Fig. 14. Längsfchnitt durch den Giftzahn Viper. einer großen Schuppenplatten bedeckt ilt wie bei den Nattern, und daß die Pupille des Auges einen faft fenkrecht ftehenden, im Dunkeln fich er* weiternden Schlitz bildet, das Kennzeichen des Nachttiers. Die Schilder an der Unterfeite des kurzen, kegelförmig zugefpitzten Schwanzes find geteilt wie bei den Nattern, aber das den After deckende Schild ift un* gefpalten gleich den Bauchfchildern. Was aber die Schlange erft zur Viper, zur Giftfchlange , macht, ilt die Bezahnung. An Stelle der beiden wohlentwickelten, gleichmäßig mit kleinen Zähnchen befetzten Ober* kieferhälften der Nattern find hier zwei ftark verkürzte Knochen zu fin* den, die mit ihrem hinteren Ende am Schädel lofe befeftigt, pendelartig be* weglich find. Diefe beiden, gewifler* maßen verkümmerten Oberkiefer tragen an ihrem Vorderende jeder einen ungewöhnlich großen, durchbohrten Haken, den Gift* zahn häufig ift, während fie in Weftfalen falt, im Rheinlande völlig vermißt wird. In der Rhön tritt fie wieder auf, ebenfo im füdlichen Schwarzwald und im Jura, aber auch in den nördlichen Gebieten Elfaß*Lothringens, Badens | und Württembergs begegnet man ihr nirgends. In ihrem Wefen ift die Kreuzotter eine echte Viper, oder vielmehr ift fie, vielleicht nicht immer mit Recht, ftets als Urbild ihrer Gattung an* gefehen worden. Ihre Bewegungen find, wenigftens bei Tage, wo das Sonnenlicht fie blendet, fchwerfällig. Sie klettert fchlecht, verfteht aber nicht übel zu fchwimmen, was ihr im Moor oft trefflich zuftatten kommt. Bei gutem Wetter liegt fie ftundenlang vor dem Eingange ihres Schlupf* loches träge in der Sonne,- erft wenn der glühende Ball des finkenden Tagesgeftirns am Horizonte verfch windet, beginnt ihre Tätigkeit. Die im Sonnenlichte zur fchmalen Spalte zufammengezogene Pupille erweitert fich, in die Ruhende kommt Bewegung, und langfam fchickt fie fich an, zunächft einmal für die Befriedigung ihres rege gewordenen Appetits Sorge zu tragen. Am Rande des nahen Ackers hat fie ein Feldmaus* dien erfpäht und fchleicht nun vorfichtig hinzu. Jetzt, nur noch wenige Zoll von dem arglofen Nager entfernt, biegt die Otter den Hals in S förmig gekrümmtem Bogen zurück, noch ein Züngeln, dann wirft fie den Kopf vor, der Rachen öffnet fich weit und hochfchnellen die Gift* zahne und bohren fich tief in den Leib des Opfers. Das Mäuschen, vor Schreck laut aufquietfchend, fucht zu entrinnen. Zwei, drei Schritte weit läuft es dahin, aber bald bleibt es fitzen, fein ganzer Körper zittert heftig, und es finkt langfam auf die Seite. Noch zucken ein paarmal krampfhaft feine Glieder, dann ift es aus, der tödliche Saft hat feine Schuldigkeit getan. Jetzt erft nähert fich die Schlange, die bis dahin die Wirkung ihres Bifies aufmerkfam beobachtet hat, der Beute. Ringsum mit der feinfühlenden Zunge die Maus abtaftend, fucht fie den Kopf, faßt ihn mit den Kiefern, und nach wenigen Minuten ift der Bifien in dem Magen der Otter geborgen. Neben den kleinen Nagern ftellt die Kreuzotter noch anderen Säuge* tieren nach, insbefondere jungen Maulwürfen und Spitzmäufen. An Vögel macht fie fich feiten, wohl aber nehmen die Jungen auch Eidechfen 46 Spitzkopfotter. außer den Mäufen. Der Nutzen, den die Otter durch deren Vertilgung ftiftet, darf nicht unterfchätzt werden. Was kein anderer Mäufevertilger zu leiften vermag, teiltet fie, denn die Kreuzotter kriecht in die Schlupf* löcher der Nager und nimmt ohne weiteres die ganzen Nefter aus, fo daß man nicht feiten ihren Magen mit eben geborenen, noch blinden Feldmäufen vollgepfropft findet. Den Haß, den man der Otter überall entgegenbringt, hat fie fich wahr- fcheinlich weniger durch von ihr verurfachte Unfälle zugezogen, als durch die abflößende Wut, mit der fie jedem Störenfriede begegnet. Gereizt rollt fie fich fofort in eine Spirale zum „Teller" zufammen, in defTen Mitte der Kopf gefchützt zurückgezogen liegt, aber bei jedem Verfuch einer Annäherung haut fie mit weitaufgerifTenem Rachen blitzfchnell nach dem Gegner. Nur ift fie freilich nicht halb fo fchlimm wie fie ausfieht. Springen, d. h. fich vom Boden hochfchnellen , kann fie natürlich nicht, ja nicht einmal die Hand erreichen, wenn man fie an der Schwanzfpitze erfaßt und hochhält, und ein halbwegs fefter Schuh ift für ihre kurzen Gifthaken undurchdringlich. Früher als alle ihre Verwandten erfcheint die Otter fchon im März, ja felblt im Februar wieder auf der Bildfläche. Entfprechend früh paaren fich die Schlangen bereits im April. Hierbei wurde wiederholt eine merkwürdige Erfcheinung beobachtet, die fonft nur noch von der nordamerikanifchen Klapperfchlange bekannt ift. Man fand nämlich zur Paarungszeit ganze Klumpen ineinander verfchlungener, fich paarender Ottern, die, wie man beobachten konnte, mitunter tagelang in Ver- einigung bleiben. Vier Monate fpäter, im Auguft, legt das Weibchen 5—16 dünnhäutige, durchfichtige „Eier" ab, deren dünne Hülle wie bei der Glattnatter fofort von den Jungen gefprengt wird. Diefe find 15—20 cm lang und kaum bleiftiftdick, aber ihre tödlichen Waffen find bereits ebenfo wohl vorhanden wie ihre nie verfiegende Bosheit. Mit keiner anderen Schlange ift in der Gefangenfchaft fo fchwer auszukommen wie mit der Kreuzotter. Ihre Biffigkeit legt fie niemals ab,- das möchte noch hingehen, aber fie ift im halbwegs engen Gewahr- fam fo gut wie niemals zum Freuen zu bringen. Mit ihren Käfig- genofien verträgt fie fich allerdings gut, nur Mäufe tötet fie, ohne aber die Gemordeten anzurühren. Wohl möglich, daß fie im Freilandterra- rium fich wohler fühlen und dann auch über ihr noch wenig bekanntes Nachtleben wichtige Auffchlüfle geben würde. Spitzkopfotter, Vipera Ursinü . 49 Unterfdilupf gewähren, am wohlften fühlt. Ihre Nahrung bilden Mäufe, Eidedifen und kleine Vögel, deren fie lieh in der gleichen Weife be- mächtigt wie alle ihre Verwandten. Keine andere Giftfchlange Europas ift in der Gefangenfchaft fo leicht zu halten wie die Sandotter. Sie ilt in ihrem Wesen von vorn^ herein nicht fo boshaft und unzugänglich wie die Kreuzotter, und wenn man fich natürlich auch ftets hüten muß, fie leichtfinnig zu behandeln, fo föhnt fie fich eben doch ziemlich fchnell mit ihrem Schickfal aus. Vor allem nimmt fie regelmäßig Nahrung an, am liebften Mäufe, die an ihrem Biffe nach wenigen Minuten fterben, und dann, manchmal erft mehrere Stunden fpäter, von der Schlange wieder aufgefucht und ver^ fchlungen werden. Mit anderen Schlangen, auch giftlofen, und mit Eidedifen verträgt sie fich ausgezeichnet, wenigftens folange fie nicht felbft beläftigt wird. Die Amphibien . Noch vor wenigen Jahrzehnten war man geneigt, die beiden Klaffen der Reptilien und Amphibien miteinander zu vereinigen, wie Linne und nach ihm Cuvier es getan hatten. Heute fchließen wir mit den Reptilien die Gruppe der höheren Wirbeltiere ab und faffen die Lurche mit den Fifchen als eine tiefer ftehende Abteilung des erften Tierkreifes zufammen. Die Gründe hierzu find fchwerwiegend : Die Amphibien atmen, wenigftens in ihrer Jugend, faft ausnahmslos durch Kiemen, und diejenigen, die im erwachfenen Zufiande die den höheren Wirbel- tieren ftets zukommende Lungenatmung haben, muffen daher eine Ver* Wandlung, eine Metamorphofe durchmachen. Außerdem bilden die vollftändig nackte, fehr drüfenreiche Haut und die unvollkommene Verknöcherung des Skelettes weitere wichtige Eigentümlichkeiten, die einer Vereinigung der beiden Klaffen widerfprechen. Der Bau des Blutgefäßfyftems ähnelt dagegen dem der Reptilien. Die beiden Herzhälften bleiben ungetrennt, und die Amphibien find da^ her ebenfo wie jene Kaltblüter, deren Wärme fich kaum über die der Umgebung erhebt,- doch find fie gegen geringe Kälte etwas weniger empfindlich als die Kriechtiere. Nach der äußeren Form des Körpers laffen fich unter den Amphi* bien mit Leichtigkeit zwei Icharf getrennte Gruppen unterfcheiden. Die einen, dieSchwanzlurche, ähneln mit ihrem walzenförmigen, geftreckten Körper, ihren meiftens vier gleichmäßig ausgebildeten Beinen und dem wohlentwickelten Schwänze einigermaßen den Eidedifen. Bei den anderen, den Frofchlurchen. 51 drüfen. Der von ihnen abgeänderte wäßrige Saft dient zunächft dazu, die Haut ftändig feucht zu erhalten und die Austrocknung möglichft zu verzögern. Außerdem aber liefern die Drüfen eine fcharfe, bei Unken, Kröten und Erdfalamandern fogar wirklich giftig wirkende Flüffigkeit, die den genannten Lurchen einen wirkfamen Schutz gegen die Mehrzahl ihrer Verfolger gewährt. Häutungen finden mehrmals im Jahre ftatt. Die alte Oberhaut löft fich in Fetzen ab, oder fie wird von vorn nach hinten allmählich und faft unbefchädigt abgefireift. Die Schwanzlurche helfen dabei gewöhnlich zuletzt mit dem Maule nach und freflen ihr altes Hemde unmittelbar nach dem Ausziehen ohne Weiteres auf. Die Fortpflanzung gefchieht in der Regel durch Eier, die faft aus* nahmslos im Wafler abgefetzt werden, da ja die Larven in diefem ihre Entwicklung durchmachen muffen. Seltener werden die Larven lebendig geboren, ganz ausnahmsweife erblicken die Jungen fogar fertig ausge* bildet, auch bereits mit Lungen ausgeftattet, das Licht der Welt. Häufiger als bei den Reptilien finden fich bei den Amphibien Beifpiele von Brut* pflege. Bei einigen Frofchlurchen wird der abgelegte „Laich" vom Männchen längere Zeit befchützt. Befonders eigenartige Verhältnifle kommen bei verfchiedenen tropifchen Formen vor, wo die Keimlinge im Kehlfack des Männchens oder in der Rückenhaut des Weibchens zur Entwicklung gelangen. Über die Vorfahren unferer heute lebenden Amphibien wiflen wir nicht eben viel. Die älteften Vertreter der Klafle treten in der Stein* kohlenzeit auf, aber jene Panzerlurche, die Stegocephalen, haben mit den heutigen Amphibien keine nähere Verwandfchaft. Erft vom Tertiär ab finden fich Vertreter der noch jetzt beftehenden Ordnungen vor. Die Zahl der gegenwärtig noch lebenden Arten ift verhältnismäßig recht gering,- etwa taufend mögen bis jetzt befchrieben worden fein, wovon die große Mehrzahl die Gleicherländer bewohnt, wenngleich auch die nördliche gemäßigte Zone nicht arm genannt werden kann. Mitteleuropa be* herbergt 19 Arten, und zwar zwölf Frolch* und fieben Schwanzlurche. An Feinden fehlt es den wehrlofen Tieren natürlich nicht. Bei uns ftellen Raubfäugetiere und Infektenfrefler, alle Raub* und Raben* vögel, Reiher, Störche und Entenvögel ihnen nach. Dazu kommen die Lurchfreffer unter den Schlangen, die Raubfifche und felbft Raubinfekten und deren Larven. Der Menfch hat zudem feinen Reptilienhaß auf die gräßlichen „Salamander, Molche und Drachen" übertragen, und nur die fehr ftarke Vermehrung vermag die dauernden, fchweren Verlufte immer wieder auszugleichen. Tabelle zur Bestimmung der Ordnungen. I. Körper kurz und breit,- beim entwickelten Tiere fchwanzlos, mit vier wohlausge= bildeten Beinen. 1. Ordnung: Frofdilurdie. S. 46. II. Körper geltreckt, ftets gefchwänzt, mit vier . Der Körper des Wafler- oder Teichfrofches ift ziemlich geftreckt, die Schnauze vor allem lang und fpitz, was den an fich fchon fchmalen Kopf noch fchlanker erfcheinen läßt. Die kräftigen Hinterbeine über- treffen den Leib anderthalbmal an Länge, fodaß fie nach vorn gelegt bereits mit der Fußwurzel, dem Ferfenhöcker, die Schnauzenfpitze über- ragen. Der Teichfrofch ilt einer unferer größten Lurche. Gewöhnlich erreicht er zwar nur eine Länge von 7 — 8 cm, aber feine größere Varietät, der Seefrofch . Die Erdkröte, auch graue oder gemeine Kröte genannt, erfcheint noch plumper als die meiften ihrer Verwandten. Die lederartig zähe, fehr warzenreiche Haut ift mit Drüfen überfät. Die halbmondförmige Ohrdrüfe insbefondere tritt an beiden Seiten des Hinterkopfes ftark hervor. Die Schwimmhäute, ebenfo wie bei den Fröfchen nur an den Hinterfüßen vorhanden, find etwas befler entwickelt als bei unferen anderen Kröten, aber niemals vollftändig. An Länge erreicht die Erdkröte, neben dem Seefrofche unfer größter Lurch, 10 — 12 cm, im Süden fogar noch ein paar Zentimeter mehr, und an Breite nicht viel weniger. Die Färbung der Erdkröte ift recht eintönig, das duftere Kleid eines nächtlichen Bodentieres. Die Oberfeite zeigt ein fchmutziges Gelb^ braun, bisweilen mehr oder weniger ins Graue oder Olivengrüne fpielend, oft mit hellen und dunklen Flecken unregelmäßig bedeckt. Die Spitzen der Warzen heben fich häufig durch etwas lebhaftere, rötliche Färbung ab. Die Unterfeite ift weißlich oder gelblich, beim Weibchen dunkelgrau gefleckt. Sonft unterfcheidet fich das Männchen von diefem noch durch die geringere Größe und, während der Paarungszeit, durch 60 Erdkröte. das Vorhandenfein von fchwarzen Brunftfchwielen an der Innenfeite der drei erften Finger. Das einzige Schöne an dem fonlt wirklich nicht gerade reizenden Tiere find die großen, lebhaften Augen mit ihrer tief orangerot gefärbten Regenbogenhaut. Die Erdkröte bewohnt ganz Europa vom 65. Grad nördlicher Breite an bis zum äußerften Süden, fehlt nur auf Irland und einigen Mittel^ meerinfeln, findet fidi aber noch in Nordafrika. Im Often reicht fie ebenfo wie der Grasfrofdi quer durch ganz Mittelafien bis China und Japan. Als ausgefprochenes Landtier, in nocfi höherem Grade als felbft die braunen Fröfche vom Waller unabhängig, geht fie daher auch in die hohen, trockenen Regionen der Gebirge hinauf, bei uns wenigftens fo hoch wie der Grasfrofch, im Himalaja bis zu Höhen von 3000 m. Ob- wohl die Erdkröte durch ihre ziemlich feite Haut und die wäßrige Ab- fonderung ihrer Drüfen fich längere Zeit vor dem Austrocknen fchützen kann, vermeidet fie es doch möglichlt, fich den Strahlen der Sonne unmittel- bar auszufetzen, und hält fich daher tagsüber gewöhnlich an dunklen, etwas feuchten Schlupfwinkeln verborgen. Erft mit Anbruch der Dämmerung beginnt ihre Tätigkeit. Lebhaft umherkriechend oder in kurzen Sätzen hüpfend macht fie fich auf die Suche nach allerhand nächtlichem Kleine getier, nach Schnecken, Würmern, Spinnen, Allein und Kerfen jeder Art, außer Schmetterlingen, deren große, Itaubige Flügel ihr wohl zu unangenehm find. Es ilt fehr unterhaltend zu beobachten, wie die Kröte fich einer folchen Beute bemächtigt. Da haben die raftlos umherfpähen- den Augen an einem Grashalm eine fette Nacktraupe bemerkt, und fofort humpelt die Jägerin, fo eilfertig ihre kurzen Beinchen es geftatten, auf die leckere Beute zu. Aber unmittelbar vor diefer wird noch einmal Halt gemacht, mit etwas erhobenem Vorderkörper, die weit vorquellenden Augen ftarr auf die Raupe gerichtet, verharrt die Kröte ein paar Augenblicke regungslos. Dann eine blitzfchnelle Bewegung des Kopfes, die Zunge fchlägt weit heraus, und die angeleimte Larve verfchwindet unter krampfhaften Windungen zwifchen den kräftig kauen- den, unerfättlichen Kiefern des Lurdhes. Diefer felbft ilt gegen die meiften Amphibienfeinde durch die fcharfe Abfonderung feiner Drüfen gefchützt,- nur die Schlangen machen fich bei regem Hunger nicht viel daraus, und der Storch tötet jede Kröte, die er findet, aus reiner Mordluft, ohne die Getötete weiter zu beachten. Die Erdkröten laichen im Frühjahr ebenfo zeitig wie der Grasfrofch und fammeln fich zu diefer Zeit in einzelnen Tümpeln manchmal zu un- geheuren Mengen an, die fich allerdings nicht fehr bemerkbar zu machen willen, denn die Stimme der Erdkröte ift nur ein leifes Knurren. Der Laich bildet mehrere Meter lange, bleiftiftdidte Schnüre, in denen fich die kleinen Eier zickzackförmig aneinanderreihen. Die Larven und die jungen Tiere ftehen in Itarkem Gegenfatz zu der imponierenden Größe der ausgewachfenen Kröte, da fie kleiner find als die aller übrigen Frofch* Grüne Kröte. 61 furche. Mißt doch die in den erften Julitagen ans Land fchlüpfende, tief- fchwarz gefärbte Jungkröte kaum mehr als 10 mm. In der Nähe ftark befetzter Gewäfler wimmeln alsdann oft alle Wege von den winzigen, durcheinanderhüpfenden fchwarzen Dingerchen, die auf dem erften Blick einem Infekt ähnlicher fehen als einem Wirbeltier. Im nicht zu trockenen Terrarium hält die Kröte mit Leichtigkeit jähre* lang aus, zumal da ihre bekannte Lebenszähigkeit manches überwindet, woran empfindlichere Wefen unbedingt zugrunde gehen würden. An Intelligenz übertrifft fie die Fröfche erheblich, fie gewöhnt fich fehr bald an den Pfleger und die futterreichende Hand und ift bei ihrer Verträglich- keit, Ruhe und Harmlofigkeit einer der dankbarften Pfleglinge, die man haben kann. Grüne Kröte, Bufo viridis . Ähnlich wie bei den braunen Fröfchen hat es auch bei unferen Kröten längere Zeit gedauert, bis die verfchiedenen Arten mit Sicherheit als folche unterfchieden wurden. Zumal Bufo calamita und viridis find lange Zeit hindurch miteinander verwechfelt worden, obwohl hier die beftehenden Unterfchiede durchaus nicht gering find. Die Kreuzkröte ift in ihrem ganzen Körperbau plumper, nähert fich darin mehr der Erdkröte, die Hinterbeine find fehr kurz, ftatt der Schwimmhäute nur mit kurzen Spannhäuten zwifchen den Zehen ausgerüftet, der zweite Finger der Hand ift nicht länger als der erfte und die flachen Ohrdrüfen find weit kürzer als bei der Wechfelkröte. In der Größe ftimmen beide Arten annähernd überein. Die Färbung der Kreuzkröte ift fehr eigentümlich. Die grünlich- graue oder olivenbraune, meiftens ziemlich dunkle Oberfeite ift mit unregel- mäßigen, dunklen Flecken geziert, die in ihrer Anordnung allerdings manchmal an die Zeichnung der Wechfelkröte erinnern und auch wohl zu Verwechflungen Anlaß gegeben haben. Auch die Warzenfpitzen find oft, befonders beim Männchen, rot gefärbt wie bei der Verwandten. Das befte Kennzeichen der Kreuzkröte, dem fie auch ihren Namen ver- dankt, ift aber ein meiftens fchwefelgelber, feiten weißlicher Strich, der fich auf dem Rückgrat entlang zieht, und der faft immer vor- handen, wenn auch manchmal undeutlich ausgeprägt ift. Die Bauchfeite ift weißgrau und in der Regel dunkel gefleckt. Die Kreuzkröte bewohnt ein verhältnismäßig kleines Gebiet, das fich auf Wefteuropa, von Portugal bis zur Weichfei und von Däne^ mark bis zur Straße von Gibraltar, befchränkt. In Italien, dem größten Teile der Alpenländer und auch in Öfterreich-Ungarn fcheint fie zu fehlen, in Deutfchland dagegen begegnet man ihr im Flachlande wie im niederen Baumfröfche. 53 Mittelgebirge faß allenthalben und, da fie die Feuchtigkeit weniger liebt als die Wechfelkröte, auch im höheren Gebirge. Ihre Genügfamkeit und Anpaflungsfähigkeit an die fchwierigften Lebensbedingungen find außerordentlich groß. Auf den kleinften der oftfriefifchen Infein, wo nur winzige Regenlachen ihren Larven Unterkunft bieten, wo furchtbare Sturmfluten alle paar Jahrzehnte jedes Schlupfloch ertränken, wo man keinem anderen Lurch begegnet und höchftens einige Zauneidechfen als Vertreter der Kriechtiere fich zeigen, fieht man Dutzende von kleinen, etwas kümmerlichen Exemplaren der Kreuzkröte umherkrabbeln. Die Kürze der Hinterbeine erlaubt ihr nicht, größere Sprünge auszuführen, aber dafür veriteht fie es, auf allen Vieren, faft fo behende wie eine Maus, dahinzurennen, wie fie auch im Wafler nicht nach Art der Fröfche, fondern paddelnd wie ein kleiner Hund umherrudert, was ungemein komifch aus- fieht. Überdies veriteht die Kreuzkröte vortrefflich zu graben, und im Klettern übertrifft fie alle ihre Verwandten. Mit ihren harten Finger^ fpitzen fich anklammernd, drückt fie ihre klebrige Bauchfeite an die zu erklimmende Fläche und vermag auf diefe Weife langfam aber ficher felbft an fenkrechten Wänden in die Höhe zu rutfehen. Die Laichzeit liegt ebenfo früh wie bei der Erdkröte, mit der die Kreuzkröte auch hinfichtlich der geringen Größe der Larven und der Dauer der Verwandlung übereinftimmt. Nur das Laichen felbft vollzieht fich rafcher als bei jener, da die Laichfchnüre nicht fo lang find, und die Stimme der Männchen erinnert eher an das helle Quaken des Laub- frofehes, als an das knurrende Grunzen der grauen Kröte. 3. Familie: Baumfröfche, Hylidae. Die Baumfröfche ähneln in ihrem Körperbau mehr den echten Fröfchen als den Kröten,- der Leib ift ziemlich fchlank, die Gliedmaßen find dünn und die Hinterbeine ftark verlängert. Die Haut des Rückens ilt glatt, die Bauchfeite dagegen ilt mit fehr kleinen, an der Spitze mit einer Pore ver- fehenen Wärzchen bededet und erfcheint daher fein gekörnelt. Die Ohr= drüfe fehlt, Oberkiefer und Gaumen tragen Zähne, die länglichrunde Zunge ilt vorn feftgewachfen und an dem freien Hinterende ausgerandet. Befonders kennzeichnend für die ganze Familie find die fcheibenförmigen Haftballen an den Zehenfpitzen. Die Baumfröfche find in zahlreichen Gattungen über alle Erdteile verbreitet,- bei uns kommt von diefen jedoch nur eine einzige, die Gattung Hyla, vor, die auch nur durch eine Art vertreten ilt. Laubfrosch, Hyla arborea . Der breite Kopf mit der ftumpfen Schnauze geht ohne Verfchmäle- rung in den Rumpf über, der fich feinerfeits in den Weichen fo ftark 64 Laubfrofch. verjüngt, daß der ganze Körper faft dreieckig erfcheint. Die Hinter- beine, die Kopf und Rumpf an Länge weit übertreffen, tragen zwifchen ihren Zehen halbe Schwimmhäute, die Vorderfüße dagegen nur einen fchmalen Hautfaum. An Länge erreicht der Laubfrofch bei uns höchftens 4,5 cm, in Südeuropa wird er beträchtlich größer. Hinfichtlich der Färbung ift zu beachten, daß diefe je nach dem Be* finden des Tieres, nach der Belichtung, vor allem nach dem Untergrunde, auf dem der Frofch fich befindet, in faft unglaublicher Weife wechfeln kann. Sitzt der Laubfrofch ungeftört auf irgendeinem glatten, grünen Blatte, fo ift die Farbe des Rückens ein fchönes Blattgrün, ein fchwärzlicher Streifen zieht vom Nafenloche zum Auge und über diefes hinaus, fdvwächer aus- geprägt, bis zur Hüfte, wo er eine eigentümliche, nach unten offene Schleife bildet. Unterhalb diefes Streifens beginnt die Bauchfärbung, ein glänzendes Silberweiß. Die Kehle ilt beim Weibchen gelblich, beim Männchen fchwärzlichbraun. Die Iris des Auges fchimmert in prächtigem Goldglanz und ift fein fchwarz beftäubt. Das Grün des Rückens kann nun zunächft, fei es, daß der Frofch auf rauhem oder dunklem Untergrunde fitzt, fei es, daß fein Wohlbefinden geftört wird, in Blaugrün oder Lila übergehen und durch zahlreiche, unregelmäßige, mißfarbene Flecke unter- brochen werden. Umgekehrt bleicht der Grundton in hellem Lichte, be- sonders wenn es dem Frofche gleichzeitig an Wafler fehlt, zu Gelb, ja Schließlich faft zu Weiß aus. Bei dauerndem Aufenthalte am Erdboden, alfo auch während der Winterruhe, tritt an die Stelle des Grüns ein tiefes Braun, das allmählich in Braunlila übergeht und faft bis zu Schwarz dunkeln kann. Diefe Veränderungen werden, wie bei allen Lurchen, durch Be- wegungen der Farbkörner in den Farbzellen der Oberhaut hervor- gerufen. Die Vorgänge gefchehen durchaus unwillkürlich, unabhängig vom Willen des Frofches, lediglich bewirkt durch die aus der Außen* weit kommenden Reize, wodurch zwar in der Regel eine Anpalfung an die Farbe der Umgebung erzielt wird, unter Umftänden aber, z. B. bei greller Sonnenbeleuchtung auf dunkelgrünem Hintergrunde, auch das Gegenteil hervorgerufen werden kann. Das Verbreitungsgebiet des Laubfrofches fällt ungefähr mit dem von Rana esculenta zufammen. Es reicht weftöftlich wie bei diefem von Portugal bis Japan, reicht im Südoften, in China etwas weiter nach Süden, dafür aber in Europa nicht ganz fo weit nach Norden hinauf. In Mitteleuropa ift unfer Frofch überall zu finden, außer auf den Kam* men der höchften Mittelgebirge, da er 1000 m Meereshöhe nur feiten überfteigt. Feuchte Wiefen und Gräben, Schilfrohr, Gärten, Bufchwerk und Waldbeftände bilden feine bevorzugten Aufenthaltsorte. Hier findet er feine Nahrung, hauptfächlich kleine Infekten, in reichlicher Menge. Seine große Sprungfähigkeit kommt ihm dabei vortrefflich zu* ftatten, verfteht er es doch, von feinem Ruhepunkte aus felbft das fliegende Kerbtier mit der Zunge feftzuleimen und gleichzeitig mit faft Krötenfröfche. 65 unfehlbarer Sicherheit einen neuen Stützpunkt zu erreichen. Die Haft* polfter an den Zehenfpitzen erzeugen beim Anpreflen an einen glatten Gegenftand einen kleinen luftleeren Raum an ihrer Unterfeite, fo daß der Frofch, hat nur einer feiner Füße einen Halt erwifcht, vom Luft- drucke feftgehalten wird. Man kann die Tätigkeit der Ballen ja fehr leicht beobachten, wenn der gefangene Frofch an den Glasfeheiben feines Behälters auf und ab klettert, und man wird auch bemerken, daß er beim Stillfitzen durch Andrücken feiner klebrigen Bauch* und Kehlhaut an die Scheiben die Haftpolfter unterstützt. Der Laubfrofch macht feinem Namen alle Ehre, da er fich tatfäch* lieh während des größten Teils des Jahres im Gezweige aufhält. Seine Nordgrenze fällt mit dem Aufhören der von ihm bevorzugten Buche faft genau zufammen. Nur während der Fortpflanzungszeit fucht er wie feine Verwandten das Waffer auf. Kurz nach Beendigung des Winterfchfafes, in der Mitte des Aprils, erfcheinen zuerft die Mann* chen und machen fich durch ihre allabendlichen Konzerte bemerkbar. Die Stimme des Laubfrofches ift ein helles, nicht eben unangenehm klingendes quäck, quäck, quäck, von erftaunlicher Kraft im Verhältnis zur Größe des ,. Sängers". Verftärkt wird der Schall durch den Kehl* fack, der in aufgeblähtem Zuftande den Kopf feines Befitzers an Größe übertreffen kann. Wenige Tage nach den Männchen erfcheinen auch die Weibchen auf der Bildfläche, und das Laichgefchäft beginnt. Die Eier, bis zu 1000 an der Zahl, finken in Klumpen zu Boden, wo ihnen die dichtftehenden Walferpflanzen den nötigen Sauerftoff liefern. Im An* fange des Mais erfcheinen die Larven, und bis zum Auguft oder fpäteftens September ift die Verwandlung vollendet. Man kann fich kaum etwas Niedlicheres denken als folch einen eben ausgebildeten fingernagelgroßen Grünrock. Wie bekannt, ift der Laubfrofch, allem Vorurteil gegen feine Klaffen* genoflen zum Trotz, fchon feit langem ein gern gefehener Zimmergenoffe des Menfchen. Sein Ruf als Wetterprophet, der ihm vielleicht in erfter Linie zu diefem Vorzuge verholfen hat, ift freilich in letzter Zeit arg erfchüttert worden, aber er hat fich durch feine fonftigen guten Eigen* fchaften, feine Genügfamkeit, Zutraulichkeit und durch die Schönheit feiner Farben fo viele Freunde erworben, daß es unnötig ift, noch befonders für ihn einzutreten. 4. Familie: Krötenfröfche, Pelobatidae. Die Krötenfröfche ßehen in ihrem Körperbau zwifchen den Kröten und den echten Fröfchen, nähern fich den letzten aber mehr. Ihre Ge* ftalt ift ziemlich plump, die mit vollftändigen Schwimmhäuten ausgerüfteten Hinterfüße find jedoch etwa um ein Viertel länger als Kopf und Rumpf, und die glatte Haut, wie das Fehlen der Ohrdrüfen erinnern ebenfalls an Sternfeld, Atlas der Reptilien und Amphibien Mitteleuropas. 5 66 Knoblauchskröte. die echten Fröfche. Dagegen haben die Krötenfröfche in dem Fehlen des Trommelfells und der Gelenkhöckerchen an der Unterfeite der Zehen- gelenke, ihrer fenkredit>elliptifchen Pupille und dem fcharfen, fchaufeU förmigen Mittelfußhöcker befondere , ihnen eigentümliche Merkmale. Zunge und Bezahnung verhalten fich ähnlich wie bei den Baumfröfchen. Mitteleuropa beherbergt nur eine Gattung mit einer Art. Knoblauchskröte, Pelobates fuscus . Wie alle Waflerfalamander zeichnet fich der Kamm*Molch durch feinen verhältnismäßig fchlanken Körper und den hohen, feitlich zufammen* gedrückten Ruderfchwanz gegenüber den Erdfalamandern aus. Die rauhe, körnige Haut und die Färbung unterfcheiden ihn von feinen nächften Verwandten. An Länge erreicht der größte unferer Molche 14-17 cm. Die Färbung des Kamm*Molches ift nach Jahreszeit und Gefchlecht einigem Wechfel unterworfen. Das Männchen ift im Hochzeitskleide, alfo im Frühjahr, oberfeits tief fchwarzbraun, mit unregelmäßigen, fchwarzen Kamm-Molch. 75 Flecken und zahlreichen, feinen, weißen Pünktchen. Die Unterfeite fchmückt ein tiefes Orangegelb, von zahlreichen, fchwarzen Flecken unterbrochen. An beiden Seiten des Schwanzes zieht fich von der Wurzel beginnend ein leuchtend blauweißer Streif nach hinten. Die Rücken- mitte endlich trägt einen hohen, zackigen Kamm, der über der Schwanz^ wurzel unterbrochen ift. Im Laufe des Sommers, wenn die Tiere das Wafler verlaffen haben, fch winden Silberitreif und Kamm, und auch das Gelb der Bauchfeite erfcheint matter als zuvor. Das Weibchen ähnelt dem Männchen im Landkleidc,- es hat höchftens eine fch wache Andeutung des Silberitreifs und niemals einen Kamm. Das Verbreitungsgebiet des Kamm-Molches erltreckt fich über faft ganz Europa mit Ausnahme des äußerften Südweftens und der Ge^ biete nördlich vom 60. Grad. Er fehlt auch in Großbritannien und felbft in dem an Kriechtieren und Lurchen fo armen Irland nicht. Im Südoften geht er fogar über das europäifche Gebiet etwas hinaus, da wir ihn aus Transkaukafien und Perfien kennen. In Mitteleuropa ift er weit verbreitet,- nur wenige, vereinzelte Striche und die Höhen der Ge= birge meidet er vollftändig,- an faft allen anderen Orten ift er gemein. In ihrer Lebensweife ftehen fich unfere vier Waflerfalamander fehr nahe. Der Name ift eigentlich nicht ganz berechtigt, denn die Tiere leben nur in der erften Hälfte des Jahres, vor allem alfo während der Fortpflanzungszeit, im Wafler / fpäter verlaflen fie das feuchte Element und treiben fich, häufig im Ausfehen ftark verändert, nach Art der Erd* falamander auf dem Lande umher. Immerhin erfcheint das Wafler als ihr eigentliches Gebiet. Sie fchwimmen unter fchlängelnden Bewegungen und mit kräftigen Schlägen des Ruderfchwanzes fehr gefchickt und fchnell und wiflen fich durch ihre Tauchfähigkeit den Verfolgungen, die ihnen vom Lande her drohen, häufig mit Erfolg zu entziehen. Um fo mehr find fie den Angriffen der Waflerbewohner, verfchiedener Fifche, der Blutegel und vor allem der räuberifchen Larven der Libellen und der Waflerkäfer, ausgefetzt. Gleich im Beginne des Frühjahrs nimmt das Gefchäft der Fortpflanzung alle unfere Molche vollftändig in Anfpruch. Kaum hat die erfte Häu=^ tung das prächtige Hochzeitskleid an die Stelle des abgetragenen Winter- rockes treten laflen, fo beginnen die Männchen lebhafte Liebesfpiele vor ihrer Auserkorenen aufzuführen, wobei fie fich nach Kräften bemühen, ihre neu erhaltenen Prunkfarben leuchten zu laflen. Nach der Befruchtung, die in gleicher Weife wie beim Feuerfalamander erfolgt, legt das Weibchen feine Eier einzeln ab und klebt fie forgfältig an die grünen Teile der Waflerpflanzen , wo ihnen der notwendige Sauerftoff in reichem Maße zur Verfügung fteht. Die Larven fchlüpfen erft nach mehreren Wochen aus, find dann aber auch weiter entwickelt als die Kaulquappen der Fröfche, wenn auch gleich diefen noch ohne Gliedmaßen. Im Laufe der Ent* Wicklung fproflen zuerft die vorderen, dann die hinteren Beine hervor, 76 Bergmolch. fchließlich beginnen die großen Kiemenbüfchel zu fchrumpfen, und nach einer Gefamtzeit von drei bis vier Monaten verläßt der junge Molch das Wafler. Diefe Regel kann jedoch Ausnahmen erleiden. Zunächft kommt es nicht eben feiten vor, daß die Larven als folche überwintern und erft im folgenden Frühjahre ihre Verwandlung beendigen. Sodann kann aber auch der Fall eintreten, daß die Larven gefchlechtsreif werden und fich fortpflanzen, was man als Neotenie zu bezeichnen pflegt. Die „neotenifchen" Larven bleiben allerdings, auch abgefehen von der Bildung der Fortpflanzungsorgane, nicht völlig auf dem Larvenftandpunkte ftehen, aber fie behalten jedenfalls eine Anzahl von Larveneigenfchaften, vor allem die Kiemenatmung bei und bilden alfo gewiflermaßen einen Rückfchlag auf die tiefer ftehende, zeitlebens durch Kiemen atmende Gruppe der Fifchmolche. Nach Beendigung der Fortpflanzung verladen die Molche noch nicht fofort das Wafler, verharren darin vielmehr häufig noch mehrere Monate und fuchen es fogar vor Antritt des Winterfchlafes manchmal wieder auf. Wenigftens findet man oftmals noch im Dezember und felbft im Januar, folange noch nicht ganz ftrenge Kälte eingetreten ift, in einzelnen kleinen, eiskalten Tümpeln unfere Tiere ganz munter umherfchwimmen. Ihre Unempfindlichkeit ift alfo weit größer als die der anderen Lurche. Die unglaubliche Lebenszähigkeit offenbart fich ganz befonders auch Verletzungen gegenüber. Die fcharfen Zangen der Käfer- und Libellen^ larven kneifen den kleineren Molchen oft genug Zehen oder gar Füße ab, und die großen Kamm-Molche verletzen fich zudem auch gegenfeitig recht häufig. Alle diefe Wunden heilen aber nicht nur wieder, fondern die abgerittenen Fleifchteile und felbft ganze Gliedmaßen werden volU ftändig wieder erfetzt. Sogar die Regeneration eines faft vollftändig zerftörten Auges ift für unfere Molche kein Ding der Unmöglichkeit! In der Gefangenfchaft verlangen die Waflerfalamander wenigftens in der erften Hälfte des Jahres ein geräumiges Aquarium, das dicht mit Waflerpflanzen befetzt fein muß, wenn man auf die Zeitigung der Eier Wert legt. Die Tiere werden fehr bald völlig zahm und nehmen ihr Futter, am lebften Regenwürmer, ohne Umftände aus der Hand des Pflegers an. Übrigens verliehen es befonders die kleinen Arten, mit Hilfe ihrer klebrigen Zehen auch an Glasplatten in die Höhe zu klettern, was man wohl beachten muß, wenn die Infaflen des Aquariums nicht entrinnen follen. Bergmolch, Molge alpestris . Der Olm ift ein Fifchmolch von fehr fchlankem, faft aalartigem Körperbau. Die Schnauze ift ftark verfchmälert und vorn gerade ab* geftutzt, der ganze Kopf erfcheint etwa birnförmig. Die Gliedmaßen find winzig klein. Die Vorderfüße tragen drei, die Hinterfüße nur zwei Zehen. Der Schwanz ift etwa halb fo lang wie Kopf und Rumpf, ftark feitlich zufammengedrückt und mit einem hohen Floflenfaume verfehen. Die Augen liegen völlig unter der Haut und find beim erwachfenen Tier auch kaum fichtbar, während man fie bei den Jungen als violette oder rötliche Punkte wahrnehmen kann. Eine eigentliche Färbung hat der Olm gewöhnlich nicht, da feine Haut keine irgendwie erhebliche Mengen von Farbftoff enthält. Er er« fcheint aber hell weißrofa, weil das Blut durch die zarte Haut hindurch* fchimmert. Bei längerer Einwirkung des Lichtes beginnt die Haut jedoch dunkler zu werden,- es bilden fich große, violettbraune bis blaufchwarze Flecke, die immer mehr an Ausdehnung gewinnen und fchließlich zur vorhergehenden Farbe werden. Infolge feiner eigenartigen Lebensweife hat der Olm nur eine fehr befchränkte Verbreitung. Er bewohnt unterirdifche Gewäfler von Krain, Iftrien, Illyrien und Dalmatien. Befonders häufig ift er in der Magdalenen« und der Kleinhäuslergrotte in der Nähe von Adelsberg in Krain, man findet ihn aber außerdem an zahlreichen Punkten diefer öfterreichifchen Provinzen, wo unterirdifche Gewäfler zutage treten. In der tiefen Finfternis feines Aufenthaltsortes braucht er kein Auge und ebenfowenig eine fchützende Färbung, zumal da er hier nur Verfolger und nie Verfolgter ift, folange der Menfch ihn nicht beunruhigt. An* fcheinend ernährt er fich von kleinen Krebstieren, Mufcheln und Würmern, die er mit Hilfe feines feinen Geruches und Taftgefühls aus« findig macht. Auch an Gefangenen hat man beobachtet, daß fie ins Wafler geworfene Nahrung trotz ihrer Blindheit fofort wahrnehmen und mit großer Sicherheit zu erfaflen wiflen. Über die Fortpflanzung der Höhlenmolche war man erklärlicher« weife lange im Umklaren. Heute wiflen wir, daß der Olm Eier legt und diefe an Steinen einzeln anklebt. Erft nach drei Monaten fchlüpfen die etwa 2 cm langen Jungen aus, die fich von den Erwachfenen nicht wefentlich unterfcheiden. Nur die Augen find, wie fchon erwähnt, bei 80 Olm. ihnen ziemlich gut fichtbar, die Hinterfüße aber noch ganz kurze, zehen^ lofe Stummel, und der obere Floflenfaum des Schwanzes erftreckt fich über den größten Teil des Rückens. Man hat wiederholt verfucht, Olme in der Gefangenfchaft zur Verwandlung zu bringen, wie das mit dem mexikanifchen Axolotl, der im Freileben auch nur als Fifchmolch gefunden wird, in der Tat ge^ lungen ilt. Durch allmähliches Entziehen des Waflers, durch verfchiedene Experimente, teilweife fehr grober Natur, follten die Tiere veranlaßt werden, ihre „Larvennatur" aufzugeben. Aber es zeigte fich, daß der Olm eben keine neotenifche Larvenform fondern ein echter Fifchmolch ilt. Die Verfuche fchlugen fämtlidh fehl, und heute ilt die Hoffnung auf ihr Gelingen wohl fo gut wie aufgegeben. An fich hält der Olm jedoch bei geeigneter Pflege im Aquarium ebenfo gut und lange aus wie feine oberirdifchen Verwandten. Namenverzeichnis. Die arabifchen Ziffern bezeichnen die Seite, die röraifdicn Ziffern die Tafel. Aeskulapnatter 36 Bergmolch 76 Blindfchleiche 25 Bombinator 67 Bruchfchleichen 25 Bufo 59 Bufonidae 59 Coluber 36 Colubridae 30 Coronella 39 Discoglossidae 67 Echfen 14 Echte Eidechfen 16 Echte Fröfche 53 Eidechfen 14 Emydae 11 Emys 12 Erdkröte 59 Europ.Sumpffchildkröte 12 Fadenmolch 78 Feuerfalamander 72 Gelbbauchige Unke 67 Girondifche Schlingnatter 41 Glattnatter 39 Grasfrofch 55 Grüne Kröte 61 Halsbandechfen 16 Höllennatter 44 Hyla 63 Hylidae 63 Kammolch 74 Knoblauchskröte 66 (XXI) Kreuzkröte 62 Kreuzotter 43 Kröten 59 Krötenfröfche 65 Kupferotter 44 Lacerta 16 Lacertidae 16 Landfalamander 71 Laubfrofch 63 Leiftenmolch 78 Mauereidechfe 23 Nattern 30 Olm 79 Ophidia 27 Pelobates 66 Pelobatidae 65 Proteidae 78 Proteus 79 Rana 53 Ranidae 53 Reptilia 7 Reptilien 7 Ringelnatter 30 Rotbauchige Unke 69 Salamander 71 Salamandra 72 Salamandridae 71 Sandotter 48 Sauria 14 Scheibenzüngler 67 Schildkröten 11 Schlangen 27 Schlangenbader Natter 38 Schlingnatter 39 Schwanzlurche 70 Smaragdeidechfe 17 Spitzkopfotter 46 Springfrofch 58 Streifenmolch 77 Sumpffchildkröten 11 Teichfrofch 54 Testudinata 11 Tropidonotus 30 Unken 67 Urodela 70 Viper 47 Vipera 43 Viperidae 41 Vipern 41 Vipernatter 34 Waldeidechfe 21 Waflerfrofch 54 Wafferfalamander 71 Wechfelkröte 61 Wuhlechfen 25 Würfelnatter 33 Zamenis 35 Zauneidechfe 19 Zornnatter 35 (IX) Sternfeld, Atlas der Reptilien und Amphibien Mitteleuropas. TAFELN 4— ' ■o Oh a CO o — ' e-1 CN c CS a. S < a, tu c Ca Di LT, U— i es G < 3 c a, 5 ^ ^ G a. S < •v G 3 c (VI CS C Co CS o. E < CA c -6 •6 03 ^N re H E < CN 00 7& t- c 3 5 -6 ja rg :« 2 o c 'S t- -1—1 00 ■5 E < 5 c CM o H a. B < C 3 C a. VERLAG VON QUELLE & MEYER IN LEIPZIG Profeffor Schmeils natur- wiffenfchaftliche Atlanten iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimiiimii Jeder Band 8° enthält 30— 1 20 farbige Tafeln mit erläuternd. Text In Originalleinenband ca. Mark 5.— bis Mark 7.— Hiermit übergeben wir ein Unternehmen der Öffentlichkeit, das auf populär -naturwissenschaftlichem Gebiete berechtigtes Aufsehen erregen dürfte. In jahrelanger Arbeit hat Schmeil, der Altmeister biolo- gischer Darstellung, diese Atlanten mit einem Stabe von Naturforschern und Künstlern geschaffen. Jede Tafel ist das Ergebnis eingehendster wissenschaftlicher Beobachtung, künstlerisch bis ins feinste Detail durchgearbeitet und von peinlichster Sorgfalt in der technischen Herstellung. Die hier in Schwarz wiedergegebenen, stark verkleinerten Abbildungen können natürlich keine Vorstellung geben von dem koloristischen Reize der farbigen Tafeln; sie sollen nur den Geist zeigen, aus dem heraus sie geschaffen wurden. Jeden Naturfreund werden diese kleinen Kunstwerke entzücken; insbesondere aber dem Lehrer werden sie eine höchst wertvolle Ergänzung der Seh mei Ischen Lehrbücher sein, ein vollkommenes Hilfsmittel zur Belebung und Veranschaulichung seines Unterrichtes. Zunächst werden erscheinen: Die Süßwasserfische Mitteleuropas, von Dr. E. Walther. 50 farbige Tafeln mit Text. Die 50 von Maler Härder und Heubach gemalten Tafeln umfassen alle mitteleuropäischen Süßwasserfische mit Ausnahme der ganz seltenen Arten. Die Fische werden in ihrem natürlichen Element, in der auf die Lebensweise der einzelnen Arten abgestimmten Umgebung, in ihren Geselligkeitsverhältnissen usw. dargestellt. Auch die biologischen Eigenschaften, Formen und Farbenvarietäten sind berücksichtigt. So ist ein Anschauungsmaterial gewonnen, wie es in dieser Ausführung und systematischen Geschlossenheit noch nicht vorhanden ist. Im Text ist das Hauptgewicht auf die Biologie de; Fische gelegt. Die einzelnen Arten werden nicht für sich betrachtet, sondern als Glieder der verschiedenen Lebensgemeinschaften im Wasser. Nicht nur die neuen wissenschaftlichen Er- gebnisse, sondern auch die der Fischereipraxis sind berücksichtigt, so daß der Atlas für Naturwissenschaften und Naturfreunde, für Fischer, Fischzüchter, Angler und Aquarienliebhaber in gleicher Weise sich eignet. Die Pflanzen der Heimat, von Prof.Dr. o. schmeii und J. Fitschen. 2. Aufl. 2 Bände mit je 80 farbigen Tafeln mit Text. Der Atlas soll dem Pflanzenfreunde ein einfaches Mittel bieten, sich auf seinen Spaziergängen mit den lieblichen Kindern Floras bekannt zu machen. Auf 120 Tafeln, von den Kunstmalern Hajek und Nauhaus hergestellt, sind die bekanntesten Pflanzen unserer Fluren dargestellt. Den dargestellten Arten ist ein kurzer biologischer Text gewidmet. Das Werkchen wird auch eine höchst wertvolle Unterstützung bei jedem Botanikunterricht sein. Unsere Pilze. Von Prof. Dr. O. Schmeil und E. Qramberg. 2 Bände mit ca. 125 farbigen Tafeln mit Text. Wer den hohen wirtschaftlichen Wert der Pilze kennt und weiß, daß nur durch Abbildungen, die wirklich der Natur entsprechen, ein genaues Bestimmen der einzelnen Formen möglich ist, wird das neue Pilzbuch sicher mit Freuden begrüßen. Auf 120 Tafeln sind die bekannten Pilzarten, die uns besonders in den Wäldern begegnen, von Kunstmaler E. Dörstling im Bilde wiedergegeben. Die einzelnen Gruppen zeigen die Pilze in ihrer natürlichen Umgebung mit den in der Nähe wachsenden Begleitpflanzen, berücksichtigen bei jeder Pilzart die verschiedenen Entwicklungsstadien und geben durch die Darstellung geeigneter Schnitte usw. auch die Möglichkeit, die betreffende Art sicher zu bestimmen Jeder Pilz ist mit größter Ausführlichkeit beschrieben und seine praktische Ver- wertbarkeit eingehend erörtert. Am Schluß der Beschreibungen sind ähnlich aus- sehende Pilze, mit denen Verwechslungen vorkommen könnten, charakterisiert. In den einleitenden Kapiteln sind Bau und Leben der Pilze, ihre chemische Zusa mensetzung und ihre Züchtung behandelt, sowie Winke über das Sammeln und die Zubereitung der wertvollen Naturkörper gegeben. In Vorbereitung befinden sich: Säugetiere, Meeresfische, Insekten, Weichtiere Niedere Tiere des Meeres etc. Ferner erscheinen: Die Singvögel der Heimat, von o. Kleinschmidt. 80 farbige und ca. 20 schwarze Tafeln mit erläuterndem Text. In Originalleinenband ca. Mark 6. — Der Verfasser gehört zu unseren besten Vogelkennern; die Ergebnisse seiner eingehenden Beobachtungen und Studien hat er in diesem Werke niedergelegt, das trotz seiner Kürze dem Leser eine nahezu vollständige Übersicht über die heimische Vogelwelt in Wort und Bild bietet. Auf 80 vom Verfasser selbst gemalten Tafeln treten uns die bekanntesten Klein-Vögel unserer Heimat lebens- wahr entgegen, während sie im Texte nach Körperbau und Lebensweise kurz und anschaulich geschildert sind. 2 Eiertafeln, 2 Nestertafeln und eine Reihe Naturaufnahmen werden dem Vogelfreunde willkommen sein, der sich kaum schneller und besser über unsere Sänger unterrichten kann, wie an Hand dieses prächtigen Atlasses, dessen Bilder ausgestopfte Präparate vollständig ersetzen werden. Ausführliche ProspeRte unentgeltlich und postfrei! Bücher für Naturfreunde aus dem Verlage von Quelle ® Meyer in Leipzig Lehrbuch der Zoologie Für alle Freunde der Natur Unter besonderer Berücksichtigung biologischer Verhältnisse bearbeitet von Professor Dr. Olto Schmeil Mit 37 mehrfarbigen Tafeln, sowie mit ca. 700 Textbildungen nach Original- zeichnungen. 1910. 25.-30. Aufl. XVI u. 535 Seiten. In Leinwandbd. M. 5.40, in elegantem Geschenkband M. 7.— »Wenig mehr als zehn Jahre nach dem ersten Erscheinen dieses Werkes liegt die 25. Auflage vor, das ist wohl ein Erfolg, zu welchem man dem Verfasser Glück wünschen kann. Er hat ihn aber auch durch unablässige Arbeit erworben. Hat er doch nicht nur für die verschiedenen Arten von Schulen Lehrbehelfe für den zoologischen und botanischen Unterricht verfaßt, sondern er hat dieselben auch fortwährend auf dem Stande erhalten, den die Wissenschaft, durch weitere Forschung bedingt, jeweilig eingenommen hat . . . An vielen Stellen erkennt man kleine Änderungen, aber einzelne Abschnitte erfuhren eine vollständige Erneuerung, und die mit dem Texte eng verwachsenen Abbildungen sind viel- fach erneuert und ergänzt worden, wobei nicht nur die äußere Gestalt der Tiere, sondern auch ihre innere Organisation und ihre Entwicklung, ihre Lebensweise zum Ausdruck kam. Das letztere ist besonders bei vielen der zahlreichen farbigen Tafeln der Fall, welche selten in einem Werke für den Schul- unterricht in so reicher Menge und guter Ausführung enthalten sind." Pädagogischer Jahresbericht. 62. Jahrg. »Schon Lüben, Roßmäßler und Junge strebten nach einer Methodik, durch welche die Naturkunde zu einem anziehenden und lehrreichen Fache der schul- mäßigen Unterweisung werden sollte. Aber der „große Wurf" gelang erst ihrem Nachfolger Schmeil, der es in ausgezeichneter Weise verstand, die Lehre von der Harmonie zwischen Bau und Leben des tierischen Körpers mit richtigem Takte zu popularisieren, bezw. die organische Zweckmäßigkeit, welche allenthalben und auf allen Stufen des Tierreichs zutage tritt, zum Gegenstand einer anregenden geistigen Beschäftigung zu machen. Die Systematik, die man früher als die Hauptsache des zoologischen und botanischen Unterrichts ansah, rückte nunmehr in den Hintergrund und an ihre Stelle trat die „biologische Betrachtung, welche das Tier nicht mehr als eine bloße Merkwürdigkeit ins Auge faßte, sondern es nach Gestalt, Organisation, Bewegungs- und Lebensweise als ein höchst zweckmäßig ausgestattetes Naturgebilde verstehen und bewundern lehrte. Sich mit Tatkraft und ausgezeichnetem Geschick der Durch- setzung dieser bedeutungsvollen Reform des naturkundlichen Unterrichts ge- widmet zu haben, ist Schmeils großes und bleibendes Verdienst .... Viele sind berufen, aber nur wenige — vielleicht auch bloß einer — sind auserwählt, um eine bestimmte Sache zu vollbringen. Das ist eine alltägliche Erfahrung. Und so verhält es sich auch in dem Falle des Schmeil'schen Buch