nmaMnmmai DIE ROHSTOFFE DES PFLANZENREICHES VOM Dr. JULIUS VON WIBSNER 10. BAND g miTiE A^WI MliR 3 J'%*J± i^-JVtM iSJ VERLAG VON UlHEIl! EMiSJ^iAHN lEimä mk:j.mMmMmmm'ä mmmm iift ■^™^^" ^ ' — ^M^— m j LH □ m o^^^s IT J r-q ^t— — O ^^=^= □ W^^i ;« v/ i DIE ROHSTOFFE DES PFJLANZENEEICHES VERSUCH EINER TECHNISCHEN RdllSTOFFLEHRE DES PFLANZENREICHES UNTER MITWIRKUNG Hofrat Proi iK Wien; Re' Prof. Dr. Y. Dr. G. van 1 Prof. Dr. F Prof. Dr. K. Hofrat Prof Dr. K. WI vox Dr. MAX BAMBERGI:R in Wien; Prof. Dr. WILH. FIGDOR erungsrat Prof. Dr. T. F. HANAUSEK i in Wien; Hofrat V. HÖHNEL IN Wien; Prof. Dr. M. HONIG in Brunn; Prof. ERSON in Delft; Prof. Dr. F. KRASSER in Prag; Hofrat AFAR IN Wien; Prof. Dr. K. LINSBAUER in Graz; Hofrat OSCH + IN Brunn; Hofrat Prof. Dr. J. MOELLER in Wien; Dr. H. molisch in Wien; Pro£\ J. WEESE; Hofrat Prof. HELM in Wien und Hofrat Prof. Dr. S. ZEISEL in Wien VON D" JULIUS VON WIESNERt MIE UND PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN UND DIREKTOR DES PFLANZENPHYSIOL. INSTITUTES JSITÄT I. R., WIBKL. MITGL. DER KAISERL. AKAD. DER VVISS. IN WIEN, KORR. BZW. AUSWÄRT. AKAD. DER WISS. IN BERLIN, MÜNCHEN, PARIS, ROM, STOCKHOLM, KOPENHAGEN, ST. PETERSBURG UND TURIN USW. DRITTH UMGEARBEITETE UND ERWEITERTE AUFLAGE NACH DEM tUe J. VON WIESNERS UND T. F. HANAUSEKS FORTGESETZT VON J. MOELLER O. O. PROF. DER ANAT AN DER WIENER UNIV MITGLIED DES DRITTER BAND MIT 332 T E X T F I G U R E N LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1921 Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten. Copyright by Wilhelm Engelmann 1921. / Vorbemerkimg zum dritten Bande der dritten Auflage. Auch Hanausek, dem Wiesner neben mir die Fortsetzung dieses Werkes anvertraut hatte i), ist aus dem Leben geschieden; am 4. Fe- bruar 1918 erlag der Nimmermüde einem langjährigen Herzleiden. So blieb mir, der ich auch am Ende meiner Tage stehe, die Aufgabe, das literarische Vermächtnis des Altmeisters zu vollstrecken. Die Kriegsnot erschwerte und verzögerte die Arbeit. Die bereits abgelieferten Beiträge waren z. T. veraltet und bedurften namentlich mit Rücksicht auf die neue Literatur mancher Ergänzung. Dieser mühevollen Aufgabe unter- zog sich bezüglich der Beiträge Wiesners und Hanauseks Herr Prof. Weese, der auch die z. T. nur in Skizzen vorliegenden Figuren zeichnete und das Register bearbeitete. Ihm gebührt auch an dieser Stelle mein und der Leser Dank. Wien, im September 1950. J. Moeller. 1) S. die Vorbemerkungen zum zweiten Bande. Inhaltsübersicht. Siebzehnter Abschnitt. Fasern von J. Wiesner ■{• und S. Zeisel, ergänzt von J. Weese I I. Anatomischer Bau 2 II. Physikalische Eigenschaften . 9 III. Chemische Charakteristik . . 25 IV. Kennzeichen 36 V. Übersicht der Faserpflanzen . 62 VI. Spezieller Teil 97 1. Baumwolle 100 2. Wolle der Wollbäume . . .139 3. VegetabiHsche Seide . . . .146 4. Flachs 154 3. Hanf 184 6. Gambohanf 195 7. Faser von Crotalaria juncea . 200 8. > » Sida retusa. . . . 204 9. » > Calotropis gigantea 207 10. Boehmeriafaser 208 II. Nesselfaser 223 12. Jute 238 13. Abelmoschusfaser 251 14. Urenafaser 254 15. Bauhiniafaser 257 16. Thespesiafaser 258 17. Gordiafaser 261 18. Lindenbast 264 19. Sterculiabast 267 20. Holopteleabast 269 21. Kydiabast 271 Seite 22. Gnidiabast 272 23. Tremabast 275 24. Musafasern 277 25. Agavefasern (Pite, Sisal) ... 286 Sisalhanf 297 Kantalahanf 302 Henequen 308 26. Mauritiushanf 313 27. Neuseeländischer Flachs. . . .314 28. Aloefaser 318 29. Bromeliafaser 320 30. Sansevieriafaser 323 31. Esparto 327 32. Piassave 334 33. Pandanusfaser 342 34. Raphiafaser 344 33. Posidoniafaser 347 36. Tillandsiafaser 350 37. Kokosfaser 337 38. Torffaser 362 Papierfasern 367 39. Strohfaser 371 40. Espartofaser 377 41. Bambuspapiere 379 42. Holzfaser 381 43. Papiermaulbeerfaser 384 44. Edgeworthiafaser 387 45. Torffaser 389 Anhang: Arahamark 390 Geschichtliches .... 392 Inhaltsübersicht. Achtzehnter Ahschnitt. Unterirdische Pflanzenteile von J. Moeller 406 Übersicht 4 07 Besonderer Teil 429 1. Vetiverwurzel 429 2. Kalmus 431 3. Veilchenwurzel 4 35 4. Ingwer 439 Seite 5. Gelbwurzel 443 6. Canaigre 447 7. Seifenwurzel 430 8. Bodawurzel . 45G 9. Süßholz 437 10. Alkannawurzel 463 11. Krapp 467 12. Morinda 470 Zuckerrübe von F. Krasser 473 Neunzehnter Abschnitt. Seite Blätter und Kräuter von T. F. Ha- nausekf, ergänzt vonJ. Weese 490 Übersicht 492 Besonderer Teil 524 1. Wau 524 2. Weichselblätter 526 3. Färberginster 530 4. Sumach 531 Zuckerrohr von G. van Iterson jr. Seite ö. Shiniablätter 543 6. Henna 347 7. Rosmarin 549 8. Pfeffei'minze .t51. 9. Krauseminze 353 10. Patschuü 357 11. 'I abak 365 12. Triiisablätter 380 583 Zwanzigster Abschnitt. Seite Blüten u. Blütenteile von K. Lins- bauer 397 Übersicht 597 Besonderer Teil 609 1. Safran 609 Calendula-Blüten . . . . . . 617 2. Champaca-Blüten 618 3. Ylang-Ylang 619 Seite 4. Rosenblätter 622 3. Orangenblüten 629 6. Malvenblüten 632 7. Gewürznelken 634 8. Jasminblüten 641 9. Lavendelblüten G42 10. Insektenpulverblüten 649 11. Saflor 656 Einnndzwanzigster Abschnitt. Samen von T. F. Hanaus ek f, er- gänzt von J. Weese .... . . 662 Übersicht . . 662 Besonderer Teil . . 673 1. Vegetabilisches Elfenbein . . 675 2. Kokosnußkerne .... . . 691 3. Palmkerne . . 696 4. Muskatnuß und Macis . . . 701 5. Mohnsamen . . 707 6. Senfsamen . . 712 Seite 7. Raps- und Rübsensamen. . . . 724 8. Mandeln 729 9. Erdnuß 734 10. Tonkabohnen 744 11. Leinsamen 732 i 12. Ricinussamen 736 I 13. Baumwollsamen 760 j 14. Kakaobohnen 763 13. Sesam .776 I 16. Flohsamen 786 Inhaltsübersicht. Zweiundzwauzigster Abschnitt. Früchte von T. F. H anause kf und 8. J. Weese. . . . . . 791 9. Übersicht . . . . . 791 10. Besonderer Teil . . . 807 11. ■). Kokosnußschalen . . . 807 12. 2. Vanille . . . . . 812 13. 3. Buchnüsse . . . 820 14. 4. Valonea . . . . 823 15. 5. Hopfen . . . . . 834 16. 6. Sternanis . . . . 844 17. 7. Bablah . . . . . 850 18. Seite 858 Dividivi Tari 863 Algarobillo . 869 Seifenbeeren 873 Gelbbeeren 884 Myrobalanen 8*<9 Chines. Gelbschoten 895 Sonnenblumenkerne 898 Saflor . „ 903 Nigerfrüchte 907 Madifrüchte 90 Bast- belege« als Libriform gedeutet werden sollten. Da sie aber mit den »Bastbelegen« des Phlocms vollständig übereinstimmen, so ist es namentlich von unserem Stand- punkte aus gerechtfertigt, den hier statthabenden, bloß topographischen Unterschied unbeachtet zu lassen. 6 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. von den übrigen Gefäßbündelteilen getrennt (z. B. bei allen Fasern diko- tyler Pflanzen), im letzteren Falle dient das ganze Gefäßbündel als Faser (Kokosnuß). Ausnahmsweise kommt es vor, daß sämtliche Gefäßbündel eines Stengels, untereinander durch mechanische Zellen verbunden, als Faser auftreten (Tillandsiafaser). Die diese Faser zusammensetzenden Gefäß- bündel sind kollateral gebaut. Die Textilfasern werden, von Haarbildungen abgesehen, in der Regel nur aus Stengeln dikotyler oder aus Blättern monokotyler Pflanzen dargestellt. Seltener dienen Stengel mono- kotyler Gewächse oder Früchte zu derlei Fasern. Die Tillandsiafaser ist ein Beispiel für den ersteren. die Kokosfaser für den letzteren Aus- nahmsfall. Der Stengel der Dikotylen besteht, im Querschnitt gesehen (Fig. 1), aus einem Kreis von kollateralen Gefäßbündeln, welche nach außen zu von Rindenparenchym (z. B. im Stengel des Lein, s. Fig. 1 , r) oder von diesem und Kollenchym (Ramiestengel), nach innen zu vom Marke (Fig. 1, 7n) begrenzt sind. Zwischen den Gefäßbündeln liegen die Markstrahlen. Der Stengel ist anfangs stets von einer Oberhaut begrenzt. Diese Oberhaut bleibt entweder bis ans Lebensende des Stengels erhalten (z. B. beim Flachs; Fig. 1, o) oder sie wird später durch ein Periderm ersetzt (z. B. bei Ramie). Die Gefäßbündel des Stengels der Dikotylen gliedern sich in den nach der Rinde gekehrten Rindenteil (Phloem) und den nach dem Marke gewendeten Holzteil (Xylem). Bei der Fasergewinnung aus dikotylen Stengeln (Flachs, Hanf, Jute, Ramie usw.) handelt es sich darum, die Bastbündel von allen übrigen Geweben des Stengels zu befreien. Es gehngt dies bei Stengeln viel leichter als bei Blättern, wie aus den anatomischen Verhältnissen hervorgeht. Die aus den Stengeln dikotyler Pflanzen dar- gestellten Fasern bestehen in ihren reinsten Formen bloß aus Bastzellen (Flachs). Doch können an solchen Fasern, namentlich an gröberen, noch andere Phloembestandteile (Bastmarkstrahlen, ßastparenchym, selten Sieb- rühren), ja bei unvollkommener Zubereitung auch Rindenteile (Rinden- parenchym oder Kollenchym, sogar auch Oberhaut) und Fragmente von Holzteilen (aus dem Xylem des Gefäßbündels) anhaften. Die Blätter der Monokotylen bestehen aus Haut-, Grund- und Stranggewebe (Fig. 3). Als Hautgewebe tritt eine Oberhaut auf. Das Grundgewebe ist, insbesondere in den fleischigen Blättern (z.B. dem Agaven- blatt), sehr reich entwickelt. In diesem Gewebe liegen die Stranggewebe. Letztere sind entweder nur (kollaterale oder hemikonzentrische) Gefäßbündel Siebzehnter Abschnitt. Fasern. oder es gesellen sich hinzu noch ein- fache Baststrängel) (pig. 3; 1—4 Gefäßbündel, öeinfacheBaststränge). Bei der Fasergewinnung aus Monokotylenblättern (Manilahanf, Si- sal, usw.) handelt es sich darum, die Bastbündel von den übrigen Ge- weben des Blattes zu befreien. Die »einfachen Baststränge« sind wohl leicht zu isolieren, da sie ohne weitere Anhänge im Parenchym des Grundgewebes liegen. Aber die »ein- fachen Baststränge« fehlen entweder in den Blättern gänzlich oder sie '-^-C bündeln an Zahl und Masse (Fig. 3). Die Bastbündel des Phloems von den übrigen Gefäßbündelanteilen zu befreien, gelingt bei Monokotylen- blättern beinahe niemals vollständig, so daß der technischen Faser fast immer noch Xylembestandteile (Ge- fäße usw.), ja manchmal auch Sieb- rühren oder auch noch Grund- gewebszellen anhaften. 1) Einfache Baststränge bestehen bloß aus Bastzellen. Man findet diese Art von mechanischem Gewebe sowohl in Blättern monokotyler Pflanzen (Agave, Sansevieria usw.) als in Stengeln mono- kotyler Pflanzen (z. B. im Schafte von Oy- perus Papyrus, aus welchem der Papyrus der Alten erzeugt wurde). Sie dienen der Biegungsfestigkeit der Organe, gleich den Bastbündeln der Gefäßbündel, und kommen deshalb hauptsächlich in der Peripherie der Organe vor. Die einfachen Baststränge sind wohl Stranggewebe, können aber nicht als Gefäßbündel in dem oben definierten Sinne betrachtet werden. Vom phylo- genetischen Standpunkte aus — der aber Fig 3 Vergi.50. Duichscbintt durch das Blatt der Agave americana (unteres Drittel), oo Olier- haut, nimm parenchymatisches Grundgewebe des Blattes (Mesophyll), 1, 2, 3, 4, 5 Stranggewehe {1—4 Gefäßbündel, 5 einfache Baststränge). Die Gefäßbündel sind durchweg koUaleral und wenden ihre Phloeme (6 Baststraug, p Siebteil des Phloems), sowohl an der Ober- als Unterseite des Blattes gegen die Oberhaut, ihre Xyleme (x) gegen das Blattinnere hin. Im mittleren Blatteile ist das Gefäßbündel [2) nach außen und innen mit Bast- beleg versehen. hier nicht eingenommen wird, da er für unsere Betrachtungsweise keinen Vorteil gewährt — sind wohl viele, wenn auch nicht alle einfachen Baststränge als reduzierte Gefäßbündel zu deuten. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Wenn das Gefäßbündel des Rohmaterials der Faser hemikonzen- trisch ist (p. 5). so lassen sich die Bastzellen von den übrigen Ge- tier. 4. Vergr. 300. Kin tiefäßbühdel ans dem unteren Teile des Blattes von Ayave americanu \m Querschnitt. P parencliymatisches Grnndgewebe (Mesophyll), in welchem das (kollaterale) Gefäßbündel eingebettet ist. p + 6 Phloem, x Xylem, h Bastbündel, p Siebteil des Phloems. s von den Gefäßen abgelöste Schraubenbänder. k Kristall von osalsaurem Kalk in Bastpareuchymzellen liegend. fäßbündelbestandteilen gar nicht trennen. Dieser Fall kommt bei Blättern der Monokotylen nur selten, hingegen häufig bei monokotylen y, ,..,-, Stämmen (Fig. 2i und nicht selten auch hei den Früchten ^ jf?^ "\ der Monokotylen, z. B. bei der Kokosnuß, vor. Die aus fi der Kokosnuß gewonnene i : ;. Faser (Goir) besteht noch aus t- / i dem ganzen Gefäßbündel, der Bastmantel ist intakt, desgleichen das ganze Xylem. Hingegen ist der sog. Weich- bast, d. i. der weiche er- nährungsphysiologische Teil des Phloems (Siebröhren und Phloemparenchym), an der technischen Faser nicht mehr zu sehen ; an seiner Stelle erscheint ein Hohlraum (Fig. 5,_p/<). Die zarten Ele- mente des Phloems trockneten bei der Darstellung der Faser ein, schrumpf- ten und zerstäubten, so daß sie in der Faser nicht oder nur in kleiner Menge und dann nur sehr schwer nachweisbar sind M. — Auch an Fig. 5. Vergr. 300. Querschnitt durch die Kokosnuß faser. Hemikonzentrisches Gefäßbündel mit kollateralem Mestom (x Xylem, ph Stelle, wo da» zarte PhloPm sich befand), das von einem mächtigen ßastraantel (6) umgeben ist. p Reste des Grundgewebes, in welchem das Gefäßbündel liegt. \) Siehe hieiüber weiter unten bei Kokosnußl'asern. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 9 anderen technischen Fasern, z. B. an den Fasern bestimmter Agave- und Sansevie7'ia- Avien, kommen gleichfalls solche Aushöhlungen vor. In all diesen Fällen ist die Faser von einem luftführenden Kanal durch- zogen. Bei der mikroskopischen Charakteristik der Fasern wird auf die histologische Zusammensetzung derselben Rücksicht zu nehmen sein, so wie auf Form, GrOße und den feineren Bau der die Faser zu- sammensetzenden Zellen (Bastzellen, Bastparenchymzellen, Bastmark- strahlen usw.) und Gefäße. Einige in der Charakteristik der Fasern besonders wichtige Eigentümlichkeiten ihrer histologischen Bestandteile werden weiter unten (Kennzeichen der Fasern) noch hervorgehoben werden. II. Die physikalisclien Eigenschaften der Fasern. Wenn auch die physikalischen Eigenschaften der Pflanzenfasern bis- her noch keine durchgreifende, dem heutigen Standpunkt der Natur- wissenschaften durchweg entsprechende Bearbeitung gefunden haben, so schreitet das Studium dieses wichtigen Gegenstandes doch unaufhörlich weiter, was sich auch in diesem Werke ausspricht, wenn die aufeinander- folgenden Auflagen nach dieser Richtung hin verglichen werden. Die Farbe der meisten Fasern ist eine weißliche, ins Gelbe, Grüne oder Graue geneigte. Nur selten haben die Fasern eine andere natür- liche Färbung, die dann fast immer für die betreffende Faser charakte- ristisch ist. So ist die kotonisierte Ramiefaser schneeweiß, der Kordia- bast blaßgelblich, die Bauhiniafaser rostbraun, die Kokosfaser braun in verschiedenen Nuancen, die brasilianische Piassave zimt- bis schokolade- braun, die afrikanische Piassave strohgelb bis tiefbraun, die Tillandsia- faser und die Caryota-Piassave (Kitool) braunschwarz bis schwarz usw. Glanz. Die Pflanzenfasern zeigen in bezug auf Glanz alle Grade, von völliger Glanzlosigkeit angefangen bis zum lebhaftesten Seidenglanz. So ist die Kordiafaser und die Bastfaser von Calotropis gigantea matt im Aussehen, die Jute deutlich seidenglänzend; die vegetabilische Seide besitzt einen starken, von der Seide nicht übertroffenen Glanz. Doppelbrechung der Fasern. Die Doppelbrechung (Anisotropie) der vegetabilischen Zellhaut wurde zuerst von Kindt, und zwar an der Baumwolle nachgewiesen i). Die Membran der Pflanzenzelle ist in der Regel doppeltbrechend, doch gibt es Ausnahmen, z. B. die Membranen der Myzelfäden von Tremella fimbriata Pers., welche erst durch Zug \) Poggendorffs Annalen, LXX (1847), p. 167. 10 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. oder Druck doppeltbrechend werden i). Aber die Zellhäute der Pflanzenfasern sind immer anisotrop^). Bringt man eine Pflanzen- faser zwischen die gekreuzten Nikols eines Polarisationsmikroskops, so erscheint sie immer hell im dunkeln Gesichtsfelde. Der Grad der Doppelbrechung ist bei verschiedenen Fasern ein ver- schiedener. Beispielsweise ist die Bastzelle der Kokosfaser (Coir) so außerordentlich schwach anisotrop, daß sie das Gesichtsfeld nur sehr wenig aufhellt. Viele Pflanzenfasern sind aber so stark doppellbrechend, daß sie in allen prismatischen Farben erscheinen z. B. die Bastzellen von Flachs und Hanf. Man kann also von einer spezifischen Doppel- brechung der Pflanzenfasern sprechen. H. Behrens^) hat zuerst den Versuch gemacht, die spezifische Doppelbrechung zur Charakterisierung der technisch wichtigsten Fasern heranzuziehen. Es folgt hier eine Übersicht der Polarisationsfarben der von Behrens untersuchten Pflanzenfasern 4). ' Art der Faser bez. der Pflanzenbestandteile Beobachtete Polarisationsfarben Gefäße und Parenchymzellen von Holz und Stroh Epidermiszellen von Stroh und Esparto Kokosfaser . ■ Dunkelgrau, grau. Baumwolle, FaserzeUen von Holz „ , ^ r\, ■ ' i schon weißlich bis gelb. Bastfaser von Fhorinia'ni tenax . J i) V. V. Ebner, Untersuchungen über die Ursachen der Anisotropie organi- scher Substanzen. Leipzig 1882, p. 2H. Über das Zustandekommen der Doppel- brechung siehe hauptsächlich Nägeli nnd Schwendener, Das Mikroskop 2. Aufl. Leipzig 1877, und v. Ebner, 1. c. Ferner Schwendener in den Sitzgsber. d. Ber- liner Akademie, 1887, L 2) Von Haller, Beiträge zur Kenntnis der toten Baumwolle, Chemikzeitg. (1908) ist behauptet worden, daß die tote Baumwolle einfach lichtbrechend sei. Brieflichen Mitteilungen des Herrn Prof. Herzog an mich zufolge ist diese Behauptung unrichtig. Siehe weiter unten p. 12 und bei Baumwolle. 3) Anleitung zur mikroskopischen Analyse, Hamburg und Leipzig, 1896, 2. Heft, p. 543 fr. Schon vor Behrens hat W. Lenz (Zeitschr. f. analyt Chemie, 1890, p. 133) gezeigt, daß man Jute von Hanf oder Flachs im polarisierten Lichte unter- scheiden könne. Auf die Unterscheidung von Baumwolle und Leinenfasern im Pola- risationsmikroskop hat zuei'st Valentin (Untersuch, der Gewebe im polarisierten Lichte, 1861) hingewiesen. 4) 1. c, p. 30 — 37. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. \\ Faserzelle von Esparto und Jute Bastzellen von Flachs und Hanf [ Dunkelgrau, grau, hellgrau, weiß- \ gelb; doch auch schon bis rot. Weiß, gelb I, orange, rot, violett, blaugrau, gelb II; wechselt zu- meist von gelblich weiß und gelb II, am häufigsten violett. Sehr eingehende, auf eine größere Zahl von Pflanzenfasern bezug- nehmende Untersuchungen über spezifische Doppelbrechung hat B. Ke- rn ec*) im Wiener pflanzenphysiologischen Institut ausgeführt. Er zeigte zunächst, daß chemisch identische Fasern selbst bei gleicher Dicke eine sehr verschiedene spezifische Doppelbrechung zeigen können. So ist bei gleicher Dicke die Ramiefaser schwach, die Flachsfaser sehr stark doppelt- brechend, obgleich beide nahezu aus reiner Zellulose bestehen. Er fand ferner, daß die Verholzung auf den Grad der Doppelbrechung keinen merklichen Einfluß ausübt 2). Es geben rohe und ihrer Holzsubstanz völlig beraubte Fasern von Hanf bei gleicher Dicke der Membran die gleichen Polarisationsfarben. Ein gleiches Verhalten zeigt die rohe und die von ihrer Holzsubstanz befreite Manilahanffaser. Eine 1 0 [x dicke Hanfbastzelle gibt in beiden Zuständen als höchste Farben blau bis grün, die Bastzelle des Manilahanfes in beiden Zuständen bei derselben Dicke als höchste Farbe gelb 3). Hingegen ist erwiesen, daß die Gegenwart von Gutin oder Suberin, also fettarliger Substanzen, in der Zellhaut den Grad der Doppelbrechung herabsetzt, was zuerst von DippeH) beobachtet, später von Am- bronn^) eingehend dargelegt wurde. Ganz speziell mit Rücksicht auf Pflanzenfasern wurde dieses optische Verhalten der Zellhaut von Remec^) untersucht, wobei die Beobachtungen von Dippel und Ambronn be- stätigt wurden. Es ist selbstverständlich, daß eine und dieselbe Substanz, also auch eine und dieselbe Faser, desto höhere Polarisationsfarben zeigen wird, je dicker sie ist. Im großen ganzen werden, wie obige Tabelle lehrt, die höchsten Polarisationsfarben bei den dicksten Fasern auftreten. So hat ja auch schon Behrens gezeigt, daß ein Bastbündel der Jute höhere Polarisationsfarben gibt als eine isolierte Jutebastzelle. Remec be- 1) Sitzungsber. der Wiener Akad. 1901. 2) Siehe auch Schacht, Anat. und Physiol. der Gewächse, 1, 1856, p. 430. 3) Die angegebenen Farben beziehen sich stets auf den mittleren Teil der Längsansicht der Faser, also nicht auf den Rand. 4) Dippel, Das Mikroskop II. Teil (1872), p. 306. 5) H. Ambronn, Über das optische Verhalten der Kutikula an den verkorkten Membranen. Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft Bd. 6 (1888), p. 226 ff. 6) 1. c, p. 361 (Sep.-Ab. p. 6). 12 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. obachtete an einer und derselben Pflanzenfaser in dem angeführten Sinne ein Ansteigen der Polarisationsfarbe je nach der Dicke der Zell- haut wie aus folgenden Daten hervorgeht i). a) Jute. Zellbreite Membrandicke Polarisationsfarbe 8 jx 1 |X grau I 10 2 14 4 graublau I 8 3,5 gelb I 22 5 » 18 7 orange 1 26 10 rot 1 b) Faser von Musa froglodytarum. Zelibreite Membrandicke Polarisationsfarbe 10 [j. 2 [JL graublau \ 10 3 12 4 16 5 gelb I 16 6 » 16 7 orange I c) Hanffasern. Zellbreite Membrandicke 1 Polarisationsfi 12 fx 2 jx grau I 8 2 weiß I 26 4 » 12 2 gelb I 12 4 , 28 8 16 4 orange I 14 5 ^ 14 6 rot I 14 5,5 » 18 8 ^ 1) Die irrige Angabe Hallers (siehe oben p. 40, Note 2), daß die tote Baum- wolle einfach lichtbrechend sei, erklärt sich durch die ungemeine Dünnheit der Mem- bran solcher Baumwollenhaare. Wie Herzog zeigte, ist auch die Membran der toten Baumwolle doppelt lichtbrechend, aber wegen der geringen Dicke der Membran ist in der Lüngsansicht der Faser der Grad der spezifischen Doppelbrechung ein außerordentlich niedriger. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 13 Zell breite Membrandicke Polarisationsfarbe 18 6 indigo n 24 7 > 22 7 blau 11 i4 , 5,5 grün II 26 6 > 24 8 » Wie man sieht, ist es nicht die Breite, sondern die Dicke einer Faser, welche ceteris paribus die Höhe der Polarisationsfarbe bedingt. So liefert eine Baumwollenfaser, welche die Breitseite dem Beobachter zuwendet, grau oder weiß, während die Schmalseite in hohen Farben (bis grün II) leuchtet. Aber nicht nur die Dicke der Membran einer Faser, sondern auch ihre innere Organisation oder, wenn man will, ihre speziQsche Molekular- struktur, bedingt die spezifische Doppelbrechung einer Faser. Dies lehrt ja wohl schon das bezüglich der Hanffaser angeführte Verhalten. Die Polarisationsfarben steigen hier nicht stetig mit der Membrandicke. Die in der Organisation selbst einer und derselben Faser gelegenen Ver- schiedenheiten können ungleiche Doppelbrechung bedingen. Besonders auffallend ist aber das verschiedene Verhalten verschiedener Fasern bei gleicher Wanddicke. So erreichen die Tillandsiafasern bisweilen eine Membrandicke von 6 ;x und geben dazu im Polarisationsmikroskop grau, während Hanffasern von derselben Wandstärke rot I, indigo III oder grün II erkennen lassen. Die Polarisationsfarben der einzelnen Faserarten sind, wie die Be- obachtung lehrt und die verschiedene Verursachung der spezifischen Doppelbrechung es nur erklärlich erscheinen läßt, nicht absolut, aber innerhalb fester Grenzen konstant, so daß man diese optische Eigen- schaft in der Charakteristik der Fasern, wenigstens in einzelnen Fällen, mit Vorteil wird benutzen können. Es handelt sich nur darum, die Farben, beziehungsweise die Farbentöne (z. B. rot I, rot II), welche die einzelnen Fasern im Polarisationsmikroskop erreichen, richtig zu be- stimmen. Zur genauen Ermittelung der Polarisationsfarben kann man sich mit Vorteil des Gipsplättchens Rot I (Rot erster Ordnung) bedienen. Wenn die optische Hauptachse ^j dieses Gipsplättchens mit jener der Faser zusammenfällt, so erhält man bestimmte Additions färben. Wenn aber die optische Hauptachse des Gipsplättchens senkrecht auf der op- tischen Hauptachse der Faser steht, so erhält man bestimmte Subtrak- tion sfarben. 1) Unter optischer Hauptachse ist hier immer die längste Achse des Elasti- zitätsellipsoids zu verstehen. 14 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Nach den von Remec angestellten Beobachtungen geben die meisten Fasern (Flachs, Hanf, Jute, Ramiefasern, Manilahanf, Pitefaser, afrika- nische Piassave) zu grau I als Additionsfarbe indigo II und als Sub- traktion sfarbe orange I. Bei diesen Fasern fällt die optische Hauptachse mit der Faserrichtung zusammen. Nach den Unter- suchungen von J. Schiller 1) trifft diese Orientierung der optischen Achsen bei allen Pflanzenfasern zu. Hingegen wurde von Remec ein entgegengesetztes Verhalten bei der Kokosnußfaser, bei der brasilia- nischen Piassave und bei der Tillandsiafaser gefunden. Bei diesen Objekten steht nach Remec die optische Hauptachse senk- recht zur Längsrichtung der Faser. (S. auch unten bei der »Cha- rakteristik der Fasern«.) Was die Höhe der Doppelbrechung der Pflanzenfasern anlangt, so ist zu bemerken, wie enorm verschieden dieselbe bei verschiedenen Arten ist, weshalb man sich in manchen Fällen der Unterscheidung dieses optischen Charakters mit Vorteil be- dienen kann. Schon V. v. Ebner^) hat auf die merkwürdige Tatsache aufmerksam gemacht, daß die Bastfasern von Flachs und Hanf rück- sichtlich der Höhe der Doppelbrechung, Gips und Quarz bedeutend über- ragen. J. Schiller hat diesen Vergleich zahlenmäßig durchgeführt . und fand für Lein . . 7— a = 0,0395 Hanf . . Y— a = 0,0550 Quarz . -'— a = 0,0091 Gips . . Y— a = 0,0098 Orthoklas y— ^- = 0,0070 Unter y ist der Brechungsexponent zu verstehen, wenn die Bestimmung parallel, unter a, wenn die Bestimmung senkrecht zu dieser Richtung vorgenommen wird; z. B. bei Lein 'i—o. = 1,5757 — 1,5362 = 0,0395. Man sieht, wie sehr die Höhe der Doppelbrechung der beiden Pflanzenfasern die der angeführten Mineralkristalle überragt. Nun ist zu beachten, daß unter den Pflanzenfasern auch solche vorkommen, welche sich durch exorbitant niedere Höhe der Doppelbrechung auszeichnen, z. B. die Faser von Agave americana, bei welcher nach der Unter- suchung von Schiller Y—a = 1,530— 1,522 = 0,008 ist. Dichroismus der Pflanzenfasern. Die ersten eingehenden Untersuchungen über den Dichroismus der vegetabilischen Zellhaut sind 1) J. Schiller, Optische Untersuchungen von Bastfasern. Sitzgsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. Bd. 115 (1906), p. 4 623 ff. 2) Ebner, V. v., Untersuchungen über die Ursache der Anisotropie organischer Substanzen. Leipzig, Engelmann. 1882, p. 211. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 15 H. Ambronni) zu danken. Er studierte den Dichroismus von pflanz- lichen Zellhäuten, welche entweder natüriich gefärbt waren oder auf künstlichem Wege gefärbt wurden. Solche gefärbte Zellhäute verhalten sich so wie gefärbte doppeltbrechende Kristalle, deren Dichroismus schon vor langer Zeit von Haidinger festgestellt wurde. Wie in solchen gefärb- ten doppeltbrechenden Kristallen, erfahren auch in den gefärbten vegetabili- schen Zellhäuten, welche, wie wir gesehen haben, doppeltbrechend sind, die beiden durch Doppelbrechung entstandenen polarisierten aufeinander senk- recht schwingenden Strahlen eine bestimmte Farbenabsorption, welche für die betreffende Zellhaut und den färbenden Körper charakteristisch ist. SpezialStudien über den spezifischen Dichroismus der Pflanzen- und Tierfasern wurden von Behrens 2) durchgeführt, welcher neue Gesichts- punkte zur Unterscheidung der Faserstoffe eröffnete und zu manchen praktischen Unterscheidungsmerkmalen führte. Zur Färbung eignen sich nach jetzigen Erfahrungen am besten die sogenannten Kongofarbstoffe (Benzidinfarbstoffe), welche sich auch auf ungeheizter Faser in Form von Alkalisalzen fixieren, während Säurefarbstoffe für die Ermittelung des Dichroismus der Faser ganz ungeeignet sind. Nach den Untersuchungen von Behrens ist (tierische) Wolle mit keinem Farbstoff dichroitisch zu machen, Seide — nach bisherigen Er- folgen — - bloß mit Benzoazurin und mit diesem auch nur sehr schwach. Die Pflanzenfasern sind hingegen durchweg dichroitisch zu machen, aber in verschiedenen Graden: am schwächsten, aber doch stärker als Seide, Gefäßhäute von Holz und weiters Markstrahlen, Epidermiszellen, Baum- wolle, Jute, Stroh, am stärksten Flachs und Hanf. Andere, z. T. sehr scharfe Unterschiede ergeben sich, wenn man die Orientierung der zu untersuchenden Faser zur Richtung der Polari- sationsebene des wirkenden Nicoischen Prismas beachtet, aber zwischen dichroitischer Achsen- und dichroitischer Basisfarbe unterscheidet. Beispielsweise gibt Kongorot auf Leinfaser als Achsenfarbe dunkel- rot, als Basisfarbe ein schwaches Rot bis zur Farblosigkeit. Baumwolle läßt hingegen fast gar keinen Unterschied zwischen Achsen- und Basis- farbe erkennen; sie erscheint bei jeder Orientierung gelblichrosa. Auch Epidermiszellen lassen fast gar keinen Unterschied zwischen Achsen- und Basisfarbe erkennen. ■1) H. Ambronn, Pleochroismus gefärbter Zellmembranen. Ber. Deutsch. Bot. Ges., 1888. Ders., Anleitung z. Benutzung d. Polarisationsmikroskopes. -1892. 2) Behrens, 1. c; Höhnel, Mikrosiiopie der techn. verw. Faserstoffe, Wien u. Leipzig. 2. Aufl., 1905. Aisslinger (Beitr. z. Kenntn. wenig bek. Pflanzenfasern, Zürich, 1907) beschäftigt sich neben andern auch mit dieser Frage, doch konnte ich nach Fertigstellung des Satzes die Ergebnisse seiner Studien nicht mehr in den Text einfügen. — J. Weese (Wien). 16 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Die Wärmeleitung 1) der Pflanzenfasern scheint nach meinen Ver- suchen in der Richtung der Faser stets eine größere als senkrecht dar- auf zu sein. Ich habe den Bast der Linde und zahlreicher anderer Pflanzen, welche Fasern liefern, mit einer Wachsschicht überzogen und von rückwärts mit der Spitze einer heiß gemachten Nadel berührt. Es schmolz das Wachs stets in Form einer deutlichen Ellipse, deren große Achse in die Längsrichtung der Fasern zu liegen kam. Die kleine Achse der Ellipse verhielt sich zur großen Achse fast immer wie 3 : 4 bis 3 : 5, woraus sich ergibt, daß die Wärmeleitung der Fasern in der Faser- richtung bedeutend grüßer als in der darauf senkrechten sein müsse. Hygroskopizität. Eine nicht nur für die Charakterisierung, son- dern auch für die Wertbestimmung der Fasern sehr bemerkenswerte physikalische Eigenschaft ist deren Hygroskopizität. Es liegen hierüber nur bezüglich sehr weniger Fasern genauere Versuche vor und doch ist die Kenntnis des Umstandes, in wie weit eine Pflanzenfaser die Fähig- keit besitzt, Wasserdampf aus der Atmosphäre aufzunehmen, für alle käuflichen Fasern von praktischem Werte. Da die Fasern fast stets nach dem Gewichte verkauft werden, so sollte der Käufer wohl beachten, wie viel Wasser seine Ware enthält. Obschon nun hierauf bei der Wert- bestimmung von Wolle und Seide Rücksicht genommen wird und gegen- wärtig in den meisten Städten, welche ausgedehnteren Seiden- oder Wollehandel betreiben, in besonderen Anstalten (Konditionierungsanstalten) die Wassermenge von Kaufproben der Wolle und Seide bestimmt wer- den, wird die Wassermenge der käuflichen Pflanzenfasern- kaum noch beachtet, obwohl die nachfolgenden Zahlen lehren werden, daß die ver- schiedenen Pflanzenfasern in verschiedenem Grade hygroskopisch sind und einige darunter vorkommen, welche viel und begierig Wasser auf- nehmen 2). Um einen Maßstab für den Grad der Hygroskopizität der verschie- denen Fasern zu gewinnen, habe ich die Wassermenge ermittelt, welche sie bei mittlerer Temperatur und mittlerer (relativer) Luftfeuchtigkeit im , 1) Siehe erste Auflage dieses Werkes, p. 292. 2) Die Wertbestimmung der Baumwolle wird in großen Handelsstädten in höchst rigoroser "Weise vorgenommen. Siehe beispielsweise die Bestimmungen der Bremer Baumwollenbörse (Semler, Tropische Agricult., III, p. 517). In dem be- treffenden Regulativ ist aber bezüglich des "Wassergehaltes des Kaufgutes keine Norm angegeben. Nur ganz allgemein heißt es (I.e., p. 521): »Irgendwelche Ver- gütungen im Gewichte für Feuchtigkeit, Beschädigungen usw. sind in der Faktm'a besonders abzusetzen«. Nach Pfuhls (Die Jute und ihre Verarbeitung, Berlin I [188 Sj, p. 83) Vorschlag möge bei Handel mit Jute ein Wassergehalt von 1 4 Proz. zugrunde gelegt werden. Über die ersten mit Gründhchkeit von A. Herzog durchgeführten Konditionierungsversuche von Pflanzenlasern wird unten bei Abhandlung des Flachses berichtet werden. siebzehnter Abschnitt. Fasern. ]^7 lufttrockenen Zustande führen, und hierauf bei mittlerer Temperatur in einem mit Wasserdampf völlig gesättigten Räume so lange belassen, bis sie sich eben mit Wasserdampf völlig sättigten. Häufig erfolgte bei ge- nügend feiner Verteilung der Faser die völlige Sättigung schon nach 24 Stunden. Bei manchen Fasern genügt dieser Zeitraum nicht. Nament- lich bei dicken, aus zahlreichen dictt verbundenen histologischen Ele- menten bestehenden Fasern (z. B. bei Piassave) ist ein Zeitraum von einer Woche und mehr erforderlich, bis völlige Sättigung eingetreten ist. Wassermenge im Bezeichnung der Faser lufttrockenen ^^^^ßte aufgenommene Zustande Wassermenge Sunn 5,31 Proz. i0,87 Proz. Frische Bastfaser von AbelmoscJius tetraphyllos G,80 » 13,00 Bast von Calotropis gigantea . . 5,67 » 13,13 ^ Espartofaser 6,95 » 13,32 Belgischer Flachs ...... 5,70 > 13,90 BasUdiser \on Hibiscus cannabinus 7,38 > 14,61 > Frische Bastfaser von ZJre^a smM(7ir/ 7,02 » 15,20 » Piassave (brasilianische) .... 9,26 » 16,98i) » Bastfaser von Sida retusa . . . 7,49 » 17,11 > BMliaser \on Aloe perfoUata . . 6,95 * 18,03 » Kotonisiertes Chinagras .... 6,52 » 18,15 » Blattfaser von Bromelia Karatas . 6,82 » 18,19 » Bastfaser von Thespesia Lampas . 10,83 » 18,19 » » Cordia latifolia . . 8,93 . 18,22 » Kotonisierte Ramiefaser .... 6,68 » 18,55 » Bastfaser von Bauhinia racemosa. 7,84 » 19,12 » Tillandsiafaser 9,00 > 20,50 » Baumwolle . 6,66 » 20,99 » Frische Jute 6,00 » 23,30 Pite ... 12,3 » zirka 30—36 » Manilahanf . 12,5 : zirka bis 50,00 » Afrikanische Piassave 15,4 » 50,04 » Jüngsthin wurden sehr eingehende Untersuchungen über die Hygro- skopizität von Kapok (Fruchthaare von Eriodendron anff'actuosum) und Akon (Samenhaare von Calotropis gigantea und C. procera) von E. A. Lincke2) angestellt, welche ergaben, daß Kapok bis 28,5, Akon bis 26 Proz. hygroskopisches Wasser aufnimmt. 1) Einzelne Sorten bis 20 Proz., siehe unten bei Piassave. 2) Kapok, Dresden -1912, p. 79. iesn er, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 18 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Mit steigender Luftfeuchtigkeit nimmt die von einer bestimmten Faser aufgenommene Wassermenge zu. Eingehende Untersuchungen hier- über wurden von Pfuhl i) und von Lincke (1. c.) angestellt. Nach Unter- suchungen von Pfuhl enthält die Jute bei 71 Proz. rel. Luftfeuchtigkeit 14 Proz., bei 98 Proz. rel. Luftfeuchtigkeit 32, im mit Wasserdampf ge- sättigten Räume 34,25 Proz. Wasser, also beträchtlich mehr, als ich be- obachtete. Eine analoge Zunahme der Hygroskopizität mit der Feuchtig- keitszunahme der Luft hat Lincke bei Kapok und Akon nachgewiesen. Fasersorten, welche von verschiedenen Kulturvarietäten einer und derselben Pflanze herrühren, so z. B. Flachs, zeigen oft einen verschie- denen Grad von Hygroskopizität. Ich fand, daß der Flachs (holländischer, belgischer, preußischer, mährischer), mit Wasserdampf gesättigt, etwa 1 4 bis 1 7 Proz. Wasser führt, daß hingegen der ägyptische Flachs viel hygro- skopischer ist, nämlich im aufs Maximum durchfeuchteten Zustande 23,36 Proz. W^asser enthält. Herzogt) untersuchte acht auf verschiedene Weise gerüstete belgische und böhmische Flachse und fand den Wassergehalt dieser Sorten im lufttrockenen Zustande zwischen 7,7 (Gourtray, Wasser- röste) und 9,3 Proz. (Trautenau, Tauröste). An manchen Fasern habe ich die Beobachtung gemacht, daß ihre Hygroskopizität mit der Zeit eine größere wird. Ich konstatierte dies an mehreren an der Luft dunkler werdenden Fasern und glaube nicht zu irren, wenn ich annehme, daß alle jene Fasern, welche durch partielle Umsetzung ihrer Zellhautbestandteile in Huminkörper dunkler werden, diese Eigentümlichkeit zeigen werden. An braun gewordenen Proben der folgenden Fasern habe ich das Auftreten von Huminkörpern direkt beobachtet. Wassermenge Größte Bezeichnung der Faser im lufttrockenen aufgenommene Zustande Wassermenge Frischer Sunn 5,31 Proz. 10,87 Proz. Alte stark gedunkelte Sorte . . . 5,84 > 19,10 Frische Jute . 6,00 » 23,30 > Gebräunte Jute (verschiedene Sorten) 7,11 » 24,01 — 33,2 » Frische Abelmoschusfaser .... 6,80 » 13,00 Gebräunte » .... 9,70 • 22,70 ^ Frische Urenafasern 7,0^ » 15,20 Gebräunte > 8,77 » 1 6,20 Quellbarkeit der Pflanzenfasern und Dimensionsänderun- g^en derselben nach den Achsenrichtungen der Fasern infolge des Quellens. Es ist lange bekannt, daß die Zellmembranen der Pflanzen- <) 1. c. I, p. 18. 2) Die Flachsfaser. Trautenau 1896. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 19 gewebe in mehr oder mioder hohem Grade im Wasser quellen, desgleichen, aber bedeutend stärker, in anderen Flüssigkeiten, insbesondere stark in Kupferoxydammoniak, Schwefelsäure und Ghlorzinkjodlüsung. Von besonderer physiologischer Wichtigkeit ist die Kenntnis der Quellbarkeit der Pflanzenfasern im Wasser. Wie ich vor langer Zeit zeigte, ist diese Quellung mit einer Verdichtung des Wassers in der Substanz der Zellwand verbunden, was zu einer Temperaturerhöhung führt*). Für die Unterscheidung der Pflanzenfasern ist aber auch deren Ver- halten starken Quellungsmitteln gegenüber von Wichtigkeit. Über den Grad der Quellung der Fasern je nach den Achsenrichtungen sind von F. v. Höhnel eingehende Untersuchungen angestellt worden, welche unter anderem zu einer Erklärung der Verkürzung der Seile nach ihrer Besprengung mit Wasser führten^), v. Höhnet fand ferner, daß das Quellungsvermögen der Pflanzenfasern nach den Richtungen ihrer Achsen ein verschiedenes ist. Als Haupt- resultat seiner Untersuchungen ist die Feststellung der Tatsache zu be- trachten, daß die Quellung der Pflanzenfasern nach der Dicke sehr groß, nach der Länge sehr gering ist, und daß bei starker Quellung nach der Dicke selbst eine Verkürzung in der Längs- richtung eintritt. Trockene Fasern verdicken sich bei der Quellung im Wasser gewöhnlich um 20^ — 30 Proz. und verlängern sich gewöhn- lich bloß um 1/2 Proz. v. Höhnel fand ferner, daß Tier haare weniger rasch und weniger stark im Wasser quellen als Pflanzenfasern, und daß erstere hierbei bloß um 10 — 14 Proz. dicker werden. SpezialStudien über das Verhalten gedrehter und ungedrehter Tier- und Pflanzenfasern, ferner über die Volumänderungen der Fasern bei Quellung in Schwefelsäure wurden von v. Höhnel in ausgedehntem Maße angestellt. Ich teile hier noch die Ergebnisse einiger leicht anzustellender Ver- suche mit, welche sich auf die bei starker Quellung sich einstellenden Dimensionsänderungen beziehen. Die Ergebnisse dieser Versuche sind für das Verständnis jener morphologischen Veränderungen sehr lehrreich, welche Pflanzenfasern erleiden, deren Zellwände aus Schichten ver- schiedener Quellbarkeit bestehen^). — Es handelt sich hierbei hauptsäch- 1) Wiesner, Sitzungsberichte der Wiener Akademie d. Wiss. Bd. 64 (nn). 2) F. V. Höhnel, tjber einige technisch wichtige Eigenschaften der Textilfasern und über die Verkürzung der Seile im Wasser. Dingler, polyt. Journal, Bd. 262 (1884). Derselbe, Die Mikroskopie der technisch verwendeten Faserstoffe. 2. Aufl. Wien u. Leipzig 1905, p. 20 — 23. 3) Über diese in diagnostischer Beziehung wertvollen morphologischen Ver- änderungen siehe weiter unten. 2* 20 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. lieh um die Verkürzung der Fasern in der Längsrichtung beim Quellen nach der Dicke. Es wurden Faserstücke von annähernd gleicher Dicke auf den Ob- jektträger gebracht, behufs Geradestreckung mit Wasser befeuchtet und mit dem Skalpell so zugeschnitten, daß jedes Faserstück eine Länge von 20 mm hatte. Nun wurde die feuchte Faser mit einem Deckgläschen überdeckt, mit destilliertem Wasser versehen und hierauf mit Kupfer- oxydammoniak so lange behandelt als die Verkürzung fortschritt. Von Zeit zu Zeit wurde unterm Mikroskop der Fortschritt der Quellung bzw. der Verkürzung gemessen. Bei Eintritt der Lösung der Faser im Kupfer- oxydammoniak hatte der Versuch natürlich sein Ende erreicht. Länge der Faser nach vollständiger Kontraktion Kontraktion in Proz. Leinenfaser . . 15,3 mm 4,7 mm 23,5 Hanffaser . . 16,0 » 4,0 » 20,0 Jutefaser . . 19,4 » 0,6 » 3,0 Posidoniafaser . 20,0 >' — » — Festigkeit und Elastizität der Fasern. In seinem grund- legenden Werke über das mechanische Prinzip im Aufbaue der Mono- kotylen i) hat Schwendener nachgewiesen, daß in der Pflanze Zellen besonderer Art ausgebildet sind, welche in ihr zu biegungs-, druck- und zugfesten Konstruktionen vereinigt sind und dem zweckmäßigen mecha- nischen Aufbau der Gewächse dienen. Schwendener hat diese Zellen, welche sich gegenüber den anderen Elementen des Pflanzenkörpers durch hohe Festigkeit auszeichnen, als mechanische Zellen bezeichnet. Die Hauptrepräsentanten dieser mechanischen Zellen sind die Bastzellen, also jene Zellen, aus welchen viele Gespinstfasern zusammengesetzt sind (Flachs, Hanf, Jute usw.) oder den Hauptbestandteil von technisch ver- wendeten Pflanzenfasern bilden (Manilahanf, Kokosfaser usw.). Pflanzenhaare fungieren in der Natur niemals als mechanische Zellen, Die technisch verwendeten Pflanzenhaare sind gewöhnlich so wenig fest, daß sie als Gespinstfasern nicht wohl geeignet sind, trotz ihrer sonstigen, oft sehr empfehlenswerten Eigenschaften, wie die Wolle der Wollbäume und die vegetabilische Seide. Eine Ausnahme bildet die Baumwolle, welche fest genug ist, um zu textilen Zwecken benutzt werden zu können. Es spricht sich die merkwürdige Eigentümlichkeit in einigen Kulturvarie- täten der Baumwolle besonders auffallend aus. Wenn nun auch Schwendener seine Untersuchungen über die Festigkeit und Elastizität der mechanischen Zellen nur vom rein wissen- schaftlichen Standpunkte und nicht mit Rücksicht auf die Praxis durch- 1) Leipzig, W. Engelmann, 1874. T pro qmm in kg E . 16—20 M 40-1540 20 1580 25 1720 19 2550 22 2000 . 15—20 3450 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 21 führte und als Prüfungsmaterial Organe von Pflanzen wählte, welche, abgesehen von den Blättern von Phormium tenax, deren Fasern den neuseeländischen Flachs liefern, keine Beziehung zur Technik haben, so dürfen die Ergebnisse der Versuche des genannten Forschers hier nicht übergangen werden, da sie uns mit allgemein gültigen Eigenschaften der in technischer Beziehung so wichtigen Bastzellen bekannt machen i). In der nachfolgenden Zusammenstellung sind die von Seh wendener ermittelten Zahlenwerte über das Tragvermögen (T) und den Elastizitäts- modul (E) der Bastzellen einiger Pflanzen enthalten. Unter Elastizitätsmodul (Dehnungsmodul) ist das Gewicht (in Kilogrammen) zu verstehen, welches erforderlich ist, um. einen Stab von einem Quadratmillimeter Querschnitt auf die doppelte Länge zu dehnen. Unter Tragvermögen ist die absolute Festigkeit innerhalb der Grenzen vollkommener Elastizität zu verstehen. Phormimn tenax (Blatt) . . Jubcea spectabüis (Blatt) . Pincenectia recurvata (Blatt) Lilium auratum (Stengel) Molinia caerulea (Stengel) Seeale cereale (Stengel) . . Vergleicht man das Tragvermögen der mechanischen Zellen mit dem der festesten Metalle (Schmiedeeisen, Stahl), so gewahrt man zwischen beiden keinen wesentlichen Unterschied 2). Aber nach den bisherigen Untersuchungen besitzen die festesten Bastzellen (von Pincenectia recur- vata) ein etwas höheres Tragvermögen als die besten Stahlsorten. Hingegen bleibt der Elastizitätsmodul der Bastzellen weit hinter dem der Metalle zurück. Mit anderen Worten ausgedrückt: Zur Dehnung der mechanischen Zelle sind geringere Gewichte als zur Dehnung der Metalle erforderlich. Es beträgt der Elastizitätsmodul nach Weisbach für Schmiedeeisen in Stäben 19 700, für Schmiedeeisen in Blech 21900, für Schmiedeeisen in Drähten 18300 und für deutschen gehämmerten und angelassenen Stahl 20 500. Aus nachfolgender Zusammenstellung ist aber zu ersehen, daß die zulässige (nämlich die innerhalb der Grenzen vollständiger Elastizität stattfindende) Dehnbarkeit bei den mechanischen Pflanzenzellen größer ist als bei den Metallen. 4) Weitere Untersuchungen über die Zugfestigkeit von bastreichen Pflanzenteilen Hegen von Kalinnikow und Rasdorsky (Bull. Soc. Imp. Nat. Moscou, 1911 [1913] p. 406—523) vor. — J. Weese. 2) Nach Weisbach (Ingen.- u. Maschinenmech., 5. Aufl.) hat Schmiedeeisen in Drahtl'orm ein Tragvermögen = 21,9 kg, deutscher Stahl, gehämmert und an- gelassen = 24,6 kg. 22 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Verlängerung der Faser bez. der Metalle innerhalb der Elastizitätsgrenze in Prozenten ausgedrückt. nach Schwendener nach Weisbach Phormium tenax . . . 1,3 — 1,4 Schmiedeeisen in Stäben . 0,067 JubcEa spectabüis .... 1,26 Blech . 0,080 Pincenectia recurvata . . 1,45 Drähten . 0,010 Lüium auratum . . . . 0,75 Deutscher gehämmerter und Molinia caerulea . . . . 1,1 angelassener Stahl . . 0,012 Seeale cereale 0,44 Über die Festigkeitsverhältnisse der wichtigsten Gespinstfasern liegen in praktischer Beziehung wichtige Versuche von K. E. Hartigi), PfuhP), E. Hanausek^) u. a. vor. Es wurden Faserbündel bei 50 bis 0,5 mm Einspannlänge zerrissen und hieraus die absolute Festigkeit ab- geleitet. Aus diesem Werte wurde unter Zugrundelegung der Dichte der, Faser die Reißlänge bestimmt, worunter jene berechnete Länge zu ver- stehen ist, bei welcher durch ihr eigenes Gewicht das Abreißen in der Nähe der Aufhängestelle erfolgen müßte. Die Reißlänge wird in Kilo- metern ausgedrückt. In nachstehender Tabelle sind die Festigkeitsverhältnisse der wich- tigsten vegetabilischen Fasern nach den Untersuchungen von H artig und Pfuhl ziffernmäßig ausgedrückt. Zum Vergleiche wurde auch Seide heran- gezogen. Die Reißlängen sind auf eine Einspannlänge = 0 berechnet. Bruchmodul Faserstoff Kokosfaser . . Reißlänge in km R 17,8 Spezifisches Gewicht s od. Festigkei auf \ qmm in kg K4) L Nach Hartig Baumwollenfaser . . 23,0 1,49 34,27 . Flachsfaser s) . . 24,0 1,50 36,00 • > Rohseide . . . 30,8 1,30 40,04 » Manilahanf . . 31,8 — — » Chinagras . . . Polnischer Reinha . 20,0 [if 52,0 1,5 ■ 78,00 : Jutefaser . . . . 34,5 6) 1,436 49,51^) Nach Pfuhl») A) Dinglers polytechn. Journal (4 879 und 4 883). 2) 1. C. I (1888). 3) S. unten bei Baumwolle. 4) K = R. s. 5) Über die neuesten Untersuchungen der Reißlänge des Flachses, welche von A. Herzog ausgeführt wurden, s. unten bei Abhandlung des Flachses. 6) Für Einspannlänge = 1 0 mm ist R = 20 km. 7) Für Einspannlänge = 10 mm ist K = 28,72 kg. 8) Pfuhl hebt ausdrücklich hervor, daß der Bruchmodul bei geringeren Jute- Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 23 Eine systematische Untersuchung der Festigkeitsverhältnisse technisch verwendeter Pflanzenfasern ist bis jetzt noch nicht durchgeführt worden^). Manche Einzelheiten finden sich in der Literatur und wird im speziellen Teile hierauf zurückzukommen sein. Hier will ich nur eine alte, von Roxburgh2] herrührende Versuchsreihe vorführen, welche vergleichs- weise die Festigkeit verschiedener indischer Bastfasern veranschaulicht. Bezeichnung der Faser Belastung Bastfaser von Marsdenia tenacissima . . 2483) » » Urtica tenacissima ... 240 » Corchorus capsularis . . 143 — 164 » » Grotalaria juncea. . . . 112 — 160 » ^ Äeschynomene cannabina . 138 Hibiscus cannabinus . . 115 » >' Hibiscus abelmoschus . . 107 » " Abroma angiista .... 100 > » Guazuma ulmifolia . . . 100 » » Hibiscus sabdariffa ... 89 » » Hibiscus furcatus ... 89 » Hibiscus esculentus ... 79 Härte der Fasern. Über die Härte der vegetabilischen Zell- membran lagen bis vor 2 Jahrzehnten keinerlei Untersuchungen vor. Auf meine Veranlassung führte Emma Ott im Wiener pflanzenphysio- logischen Institute eine Reihe hierauf bezüglicher Versuche durch*), bei welchen auf vegetabilische Fasern gebührend Rücksicht genommen wurde. Es ergab sich, daß die Härte der vegetabilischen Zellhaut, falls nicht reichliche mineralische Einlagerungen in dieselbe stattgefunden hatten, stets dieselbe ist, nämlich der des Muskovits nahe kommt. Durch mine- rahsche Einlagerungen steigert sich die Härte bis auf die des Calcit (Oberhaut von Equisetum silvaticum, variegatum und pratense, Ober- arten bedeutend niedriger, als oben angegeben, sein kann, und tatsächlich fand Hartig für Jute: R = 10 km. Nach Pfuhl muß es eine geringere oder verdorbene Faser gewesen sein, welche Hartig prüfte. 1) Nach Abschluß des Manuskriptes erhielt ich von Prof. Lyster Dewey (Washington) eine Abhandlung über die Festigkeit der Pflanzenfasern, welche sehr interessante Daten über die absolute Festigkeit von Baumwolle und Hartfasern enthielt, auf welche ich hier aber nicht mehr eingehen kann. Im speziellen Teile werde ich noch Gelegenheit finden, einige seiner Forschungsergebnisse mitteilen zu können. 2) Siehe Royle, in dem unten zitierten Werke, p. 200. 3) Gewichtseinheiten auf gleiche Querschnitte bezogen. Die absoluten Gewichte und die absolute Größe der Querschnitte sind a. a. Orte nicht namhaft gemacht. 4) Beiträge zur Kenntnis der Härte vegetabilischer Zellmembranen. Österr. botan. Ztschr., 1900, Nr. 7. 24 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. haut des Blattes A^on Deutxia scahra^ Stammoberhaut von Calamus Rotang, Fruchtschale von Pinus Pinea), des Fluorits (Oberhaut von Equisetum hiemale und Telmateja^ Fruchtschale von Lithospermum of- ficinale)^ ja sogar auf die des Opals (Fruchtschale von Coix Lacryma). Von Fasern wurden auf ihre Härte geprüft: Baumwolle, Wolle der Wollbäume, vegetabilische Seide (verschiedene Asclepias-kviexi), Leinen, Hanf- und Jutefaser, ferner die Fasern von Musa textilis, Aloe per foliafa, Boehmeria nivea, Agave americana, Attalea funifera, Cocos nucifera, Sansevieria sp., Yucca sp., Arenga sp. und Stipa teiiacissima. Alle diese Fasern besitzen die Härte des Muskovits, bis auf die folgenden, welche erheblich härter waren, nämhch die Härte von Kalium- dichromat aufwiesen: Cocos n^Lcifera, Areiiga sp. und Stipa tena- cissima^). Im Anschlüsse an diese Angaben über die Härte der Pflanzenfasern sei der in der Praxis gebrauchte Kunstausdruck Hartfasern erläutert. Man versteht hierunter die Pflanzenfasern, die sich durch Dicke und Steifheit von den spinnbaren Fasern unterscheiden, zur Herstellung von Garnen und Geweben nicht oder nur in geringem Grade geeignet sind und nur zur Herstellung von Seilerwaren und als Ersatz für Borsten oder Roßhaare Verwendung finden. Zu diesen Hartfasern gehören: Kokosfaser, Piassave, Agavefaser, Manilahanf, die verschiedenen Arten von vegetabilischen Roßhaaren usw. Die Härte dieser sog. Hartfasern stimmt in der Regel mit denen der Spinnfasern überein und nur aus- nahmsweise, z. B. bei der stark verkieselten Kokosfaser, macht sich eine 1) Anmerkungsweise sei hier auf das magnetische Verhalten der Pflanzen- gewebe, bzw. der Pflanzenfasern, hingewiesen, welche bisher in der Charakteristilc der Fasern nicht berücksichtigt wurde, möglicherweise aber später doch zu Unter- scheidungen mit Erfolg herangezogen werden könnte. Wie ich vor langer Zeit zeigte, ist die vegetabihsche Zellhaut selbst bei hohem Eisengehalt gewöhnhch diamagnetisch. Später hat einer meiner Schüler, Dr. J. Pauksch, gefunden, daß manche vegetabihsche Gewebe mit hohem Eisengehalt der Zellmembran sich paramagnetisch verhalten (z. B. das Parenchym aus den Früchten von Lunaria biennis, einige Periderme usw.), indem in diesen Geweben das Eisen in den Zellmembranen in seinen gewöhnlichen paramagnetischen Formen auftritt, während bei diamagnetischem Verhalten eisenreicher Gewebe anzunehmen ist, daß das Eisen in den Zellmembranen nur in diamagnetischer Form vorhanden sei, wie z. B. im gelben Blutlaugensalz (im roten Blutlaugensalz ist es in paramagnetischer Form vorhanden). So wird man vielleicht Pflanzenfasern von konstant paramagnetischem Charakter finden, was möglicherweise für die Zwecke der Unterscheidung von Wert sein könnte. In den Pflanzengeweben, also auch in den Fasergeweben und Fasern der Pflanzen werden magnetische Achsen nachgewiesen, welche nach bisherigen Be- obachtungen, mit den geometrischen Achsen der Gewebe übereinstimmen. Siehe hier- über J. Pauksch, Das magnetische Verhalten der Pflanzengewebe. Sitzungsber. der Wiener Akad. d. Wiss. Bd. 115 (l906). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 25 größere Härte bemerkbar. Von größerer Härte kann bei den sog. Hart- fasern im Vergleiche zu den Spinnfasern ebensowenig die Rede sein wie bei den Holzarten, von denen man harte und weiche unterscheidet, die aber in der physikalischen Härte miteinander übereinstimmen. Ich will aber nicht unerwähnt lassen, daß manche Fachmänner auf textilem Gebiete unter Hartfasern nur die in der Seilereiindustrie verwendeten Fasern monokotyler Gewächse verstehen, also vegetabilisches Roßhaar und Piassaven nicht zu den Hartfasern rechnen i). III. Chemische Charakteristik der Pflanzenfasern. An der Zusammensetzung der rohen Faser nehmen teil: Kohle- hydrate, Ligninstoffe, Pektinsubstanzen, Lipoide, stickstoffhaltige Ver- bindungen, Farbstoffe, Mineralstoffe und Wasser. Aus der Gruppe der Kohlehydrate werden immer Zellulosen und Pentosane, häufig Gummi, mitunter Stärke und Zucker vorgefunden. Das allgemeinere Vorkommen von Hemizellulosen ist wahrscheinlich. Wirklich erwiesen ist es nur bei der Jute. Von den Zellulosen fehlt die Glukozellulose (a- Zellulose von Gross und Bevanj nie. Sie bildet vielmehr der Menge nach den Haupt- bestandteil der Fasern und bedingt, soweit hierbei die chemische Zu- sammensetzung in Betracht kommt, in entscheidender Weise deren tech- nischen Wert. Sie wird vielfach von weniger resistenten Zellulosen (nach Gross und Bevan [3 -Zellulose, vielleicht Oxyzellulose) begleitet. Der Ligninkomplex fehlt in manchen Fasergattungen vollständig. Dafür findet man als Interzellularsubstanz die Faserzüge untereinander und mit den umgebenden Gewebselementen verkittend die »Pektose« vor. Von Lipoiden sind in den Fasern feste und flüssige Fette, freie Fett- säuren, Wachsarten^ Wachsalkohole, Phytosterine und Harze angetroffen worden. Sie sind insofern nicht ohne technische Bedeutung, als ihre Gegenwart den manchen Fasern eigentümlichen Glanz bedingt, der in solchen Fällen durch Extrahieren mit Fettlösungsmitteln verloren geht. Die stickstoffhaltigen Substanzen der Fasern sind Protoplasmareste, so- mit vorwiegend Proteine und diesen nahestehende Verbindungen. Die Pigmente, welche den Fasern im natürlichen Zustande oft gelbe bis braune Färbungen erteilen, sind nicht genügend untersucht. Einige von ihnen könnten nach ihrem Verhalten gegen Säuren und Basen dem 1) Lyster H. Dewey in den Berichten des Ackerbaudepartement der amerika- nischen Regierung zu Washington, wo eine Übersicht der Weltproduktion der Pflanzenfasern gegeben wird. Nach dieser Übersicht sind die wichtigsten Hart- fasern des Welthandels: Manilahanf [von Miisa textilis), Henequen (von Agave fourcroydes], Sisal (von Agave sisalana) und Neuseeländischer Flachs (von Phor- tenax). 26 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Anthokyan nahestehen, während andere, so die der Getreidestroharten, vermutungsweise der Karotingruppe beigezählt werden. Meist fehlt der- zeit jeder Anhaltspunkt zur Beurteilung der natürlichen Faserfärbungen. Die Mineralstoffe der Fasern sind dieselben, welche allgemein in den Aschen der Pflanzen und Pflanzenteile auftreten. Gross und Bevani) sind der Ansicht, daß die Zellwände der Ge- M^ebe höher organisierter Pflanzen nicht die Zellulose als solche, son- dern esterartige Verbindungen derselben mit Lignin-, Pektin-, Fett- und Kutinstoffen enthalten. Sie bezeichnen derartige Zelluloseverbindungen al^ zusammengesetzte Zellulosen und sprechen im Sinne dieser Vor- stellungen beim Holze und den Fasern, welche die Ligninreaktionen zeigen, von Lignozellulosen, bei Fasern mit einem Gehalte an Pektin- stofl'en von Pektozellulosen, bei lipoidhaltigen Fasern von Adipozellu- losen usw. Zu den Lignozellulosen würden somit zu zählen sein: die Jute, die Getreidestroharten, die Fasern anderer Gramineen, die Esparto- faser und andere ähnliche, zu den Pektozellulosen: die Baumwolle, die Bombaxwolle (Kapok), Ramie, Flachs, Hanf, Neuseelandflachs, Manila- hanf, Sunnhanf und dergl. Da einige der zuletzt aufgezählten Fasern neben Pektinsubstanz mehr oder weniger Lignin enthalten z. B. die Espartofaser, andere noch überdies einen Gehalt von zum Teil schwer extrahierbaren Lipoiden aufweisen, so die Flachsfaser, so ist die von Gross und Bevan versuchte Einteilung, weil unscharf, nicht zweckmäßig. Aber es ist auch die Existenz von zusammengesetzten Zellulosen im Sinne der Definition von Gross und Bevan bei den Fasern ebensowenig sichergestellt wie bei den Hölzern, wie aus der Beschreibung der ein- zelnen Fasergattungen zu entnehmen ist, in welchen die Gegenwart von freier Zellulose durch die spezifischen Reagentien (Jod-Schwefelsäure, Jod-Chlorzink, Kupferoxydammoniak) ohne weiteres nachgewiesen werden kann. Andererseits lassen sich die Lipoide den Fasern durch indifferente Lösungsmittel entziehen, wenn auch nicht leicht vollständig. Dies deute eher auf Gemenge von Zellulose mit ihren Begleitern als auf Zellulose- verbindungen hin. Von den aufgezählten Bestandteilen der Pflanzenfasern mögen als die wichtigsten die Zellulosen, Ligninsubstanzen und Pektinstofi"e ein- gehender beschrieben werden. Die Zellulosen der Fasern. Die Baumwollzellulose soll aus- schließlich aus Glukozellulose bestehen 2). Der bezüglichen Angabe von 4) Zellulose, 1903, p. 89. 2) Flechsig, Ztschr. f. physiol. Ghem. 7, 524 (1882); Ost u. Wilkening, Chem. Ztg. 36, 461 (1910); Schwalbe u. Schulz, Ber. d. dtsch. ehem. Ges. 43, 913 (1910); Briggs, Journ. Soc. Chem. Ind. 28, 340 (1909); Stern, Journ. Soc. Chem. 67, 74 (1893\ Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 27 Flechsig;, welche sich auf Darstellung der d-Glukose in Substanz aus jener Zellulose ohne Ausbeuteermiltelung und auf analytische Bestimmung des gebildeten Zuckers mittelst des Verfahrens von Soxleth— Tollens — AUihn gründet, steht die Vermutung Sterns gegenüber, daß Flechsig nur etwa 3 Proz. der Baumwollzellulose in Traubenzucker übergeführt habe. Schwalbe und Schulz konnten nach Flechsig arbeitend 20 Proz. der Baumwollzellulose an Dextrose gewinnen, hingegen 44 Proz. wenn sie die Verzuckerung der intermediär erhaltenen Azidzellulose nach Eckström im Autoklaven unter Druck vollzogen, und Briggs erzielte eine maximale Zuckerausbeute von 50 Proz. Ost und Wilkening ver- mochten analytisch eine Umwandlung von 80 — 83 Proz. der Zellulose in Zucker nachzuweisen. Bei der Verzuckerung unter Druck entstehen nebenher 3,3 — 10,8 Proz. organischer Säuren. Daß die analytischen Werte mit dem Ergebnisse der präparativen Verzuckerung nicht über- einstimmen, wird teils durch die Bildung von Kristallisationsstörern (Dextrine), tieils durch Entstehung von Produkten unvollständigen Ab- baues mit höherem Kupferreduktionsvermögen, vielleicht auch von stärker reduzierenden Reversionsprodukten der Glukose, endlich durch .\uftreten von nichtzückerartigen Zersetzungsprodukten des Traubenzuckers erklärt. Anzeichen für die primäre Bildung eines anderen " Monosacharids als d-Glukose aus Baumwollzellulose wurden niemals beobachtet. Die elemen- tare Zusammensetzung entspricht der Formel CgHioOs, für welche sich 44,41 Proz. G und 6,25 Proz. H berechnen, während sich als Mittel von neun Analysen dreier Autoren^) 44,39 Proz. C und 6,29 Proz. H ergeben. Allerdings darf die Baumwollzellulose, um genau diese Zu- sammensetzung zu zeigen, keiner zu energischen Bleiche mit Oxydations- mitteln oder Chlor unterworfen worden sein, da diese die Bildung von Oxyzellulose veranlassen. Die Flachszellulose2) ist nach der Vollbleiche ebenso zusammen- gesetzt wie die Zellulose der Baumwolle. Die Spuren wachsarliger Sub- stanz, welche sie enthält und welche den eigenartigen Glanz der ge- bleichten Leinenfaser bedingen soll, scheint auf die Analysenwerte keinen Einfluß auszuüben. Auch sonst sind die beiden Zellulosearten sehr ähn- lich. Doch ist die Flachszellulose leichter angreifbar durch Salzsäure, aber weniger empfindlich gegen konzentrierte Schwefelsäure als die BaumwoUzellulose^), wird von alkalischen Agentien (Soda) und von Chlor- kalk leichter angegriffen und adsorbiert aus einer Kupfersulfatlösung i) Klason, Ztschr. f. angew. Ghem. 22, 1207 (1909); ßumckeu. Wolffen- stein, Ber. d. dtsch. chera. Ges. 32, 2495 (1909); Ost, Zeitschr. f. angew. Ghem. 19, 993 (1906), Ghem. Ztg. 33, 197 (1909). 2) G. G. Schwalbe, Die Ghemie der Zellulose, Berlin 1911, p. 581. 3) Herzog in Sorau, Unterscheidung von Leinen u. Baumwolle 1904, p. 12. 28 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. etwa doppelt so viel Kupfer als diese, ohne daß diese Unterschiede durch Verunreinigungen zu erklären wären. Die vorhandenen Angäben bezüglich Verhaltens beider Zellulosegattungen gegen Farbstoffe stimmen nicht immer überein, so über die ungleich starke Anfärbung durch Methylenblau ^). Kochenilletinktur färbt Baumwolle hellrot, Leinen vio- lett, Krapptinktur erstere hellgelb, letztere orange, mit Fuchsin gefärbte Baumwolle wird durch Ammoniak rascher entfärbt. Bei all diesen Unterschieden dürfte es sich wohl um die Wirkung kleiner aber un- gleicher Mengen von Oxyzellulose handeln. Diese dürfte auch die gelb- liche Färbung der Flachszellulose durch Alkalien sowie Reduktion von neutraler Silbernitratlösung beim Kochen mit dieser Art von Zellulose verursachen. Die Jute2) liefert mit allen Entholzungsmethoden (Bisulfit, Salpeter- säure, Permanganat, Bromwasser, Alkali) mit Ausnahme des Ghlorverfah- rens a-Zellulose, nach letzterem 70 — 7b Proz. eines Gemenges von a- und ß-Zellulose (im Verhältnisse 4:1) mit 12,8—^3,8 Proz. G und 5,8— 5,9 Proz. H. Ohne Zweifel enthielt die von Gross und Bevan dar- gestellte a-Zellulose beträchtliche Mengen von Oxyzellulose, da sie bei der Salzsäure 6 Proz. Furfurol lieferte, nicht weniger als das durch Chlorierung gewonnene Gemenge der beiden Zellulosen. Bemerkens- werterweise erhielt Beltzer^) aus der Jute mittelst Natriumbisulfitlösung bei 160° G gerade soviel (60 — 65 Proz.) Zellulose wie Gross und Bevan mittelst der Müll er sehen Bromwassermethode, anscheinend a-Zellulose, löslich in Ghlorzink- und in Kupferoxydammoniaklösung und aus letzterer nicht mehr vollständig fällbar. Das Gemenge der Jutezellulosen wird durch Phenylhydrazin gelb^ durch Fuchsin rot gefärbt. Gegen hydro- lytische Agentien ist die a-Zellulose der Jute weniger resistent als die Baumwollzellulose. Die ß-Zellulose enthält 6 Proz. Methoxyl. Ob der Methoxylgehalt im Sinne der Anwesenheit einer methoxylierten Zellu- lose zu deuten ist oder vielleicht bloß von Ligninbestandteilen der Jute herrührt, ist nicht genügend festgestellt. Die Zellulose der Getreidestroharten*)^ durch energische alka- lische Hydrolyse und Ghlorkalkbleiche (technisch) gewonnen und mittelst wässeriger Fluorwasserstoffsäure gereinigt, ist kohlen- und wasserstofT- i) Herzog, Ztschr. f. d. ges. Textilind. 11, 437 (1908); Schwalbe, Chenaie der Zellulose 1911, 582. 2) Gross u. Bevan, Ber. dtsch. ehem. Ges. 26, 2522 (1893), Researches on Gellulose I, 146 u. Cellulose 1903, 83,- 37. 3) Bull. soc. China. [4], 7-8 295 (1910). 4) Gross, Bevan u. Smith, Ber. dtsch. ehem. Ges. 29, 1457 (1896); vergl. Gross, Bevan u. Beadle, ibid 28, 1061 (1895); Ghem. Soc. J. 66, 472; 67, 4 33; Journ. Am. Soc. 1896, 8. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 29 ärmer als normale Zellulose. Cross, Bevan und Beadle fanden im Hafer- stroh 42,4 Proz. G und 5,8 Proz. H. Sie sprechen sie als eine Oxy- zellulose an. Sie liefert bei der Destillation mit Salzsäure 12 — 13 Proz. Furfurol, ohne nach dem Erwärmen mit Phlorogluzinsalzsäure die für die Pentosen charakteristische Rotfärbung zu zeigen, wird durch Phenyl- hydrazinsalze gelb, durch fuchsinschwefelige Säure magentarot, durch Kochen mit neutralen Anilinsalzlösungen rosenrot gefärbt und reduziert alkalische Kupferlösung. Durch saure Hydrolyse, am besten durch Er- hitzen mit der sechsfachen Menge einprozentiger Schwefelsäure im Auto- klaven bis drei Atmosphären und Belassen bei diesem Drucke durch 15 Minuten, spaltet sich diese Stroh-»Oxyzellulose« in 66 — 70 Proz. »normaler Zellulose« (mit 45,2 G und 5,6 Proz. H!), welche bloß 1 ,06 Proz. Furfurol gibt, und eine licht gefärbte Lösung, welche 90 bis 95 Proz. der »furfuroiden Bestandteile« der Strohzellulose enthält. Diese Lösung enthält keine Hexosen, denn sie liefert mit Salpetersäure keine Zuckersäuren. Das Reduktionsvermögen von ein Gewichtsteil d-Glu- kose=100 gesetzt, beträgt das Kupferreduktionsvermögen von ein Ge- wichtsteil der schwefelsäurefreien Trockensubstanz dieser Lösung 120 bis 130, was auf eine Pentose hindeuten würde. Die Reaktion mit Phloro- gluzinsalzsäure ist jedoch nicht kirschrot, sondern tief violett, Phenyl- hydrazinazetat gibt ein kristallisiertes Phenylosazon C5H803(IN'2HG6H5)2, zwischen 146 und 153" G schmelzend, ähnlich wie Phenylxylosazon. Nach Beseitigung der Schwefelsäure mit Baryumkarbonat wurde ein gummiartiger Abdampfrückstand GgHioOs erhalten, welcher mit Salzsäure 39 — 42,5 Proz. Furfurol und mit Wasserstoffsuperoxyd 19,5—20,5 Proz. Kohlendioxyd neben dem Gerüche von Formaldehyd lieferte. Hieraus schließen die Autoren, daß sich die durch alkalische Hydrolyse des Strohs gewonnene Zellulose beim Erhitzen mit ver- dünnter Schwefelsäure in resistente Glukozellulose und ein Pentose- monoformal C5H803<' 7GH2 spaltet. Letzteres sollte 44,4 Proz. Fur- \o/ furol und bei vollständiger Oxydation der Methylengruppe 27 Proz. GO2 geben. Diese Schlußfolgerungen sind jedoch in manchen Belangen an- greifbar. Solche Pflanzenstoffe, welche bei der Destillation mit Salz- säure Furfurol entstehen lassen, aber im übrigen nicht das Verhalten von Pentosanen oder Pentosen zeigen, wurden allgemein als »Furfuroide« oder »Furo'ide« bezeichnet. Sie sollen sich auch in der ß- Zellulose anderer Pflanzenfasern und der Hölzer vorfinden. Ob sie auch dort das geschilderte Verhalten eines Pentosemonoformals zeigen, ist nicht be- kannt Nach E. Schulze 1) entsteht durch energische Hydrolyse der 1) Zeitschr. f. physiol. Gh. 16, 418 (1892). 30 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Roggenstrohzellulose mittelst des Verfahrens von Flechsig Trauben- zucker, jedoch weder Galaktose noch Mannose. Die Esparto- oder Haifagras-Zellulose i) enthält 41,0 bis 41,8 Proz. C und 5,8—5,4 Proz. H, gibt 12,2 Proz. Furfurol und scheint somit der Zellulose aus Getreidestroh ähnlich zu sein. Hingegen ist sie wesentlich verschieden von der Baumwoll- und Flachszellulose, welche keine oder fast keine FuroTde enthalten. Die mittelst Alkalien isolierte Ramiezellulose steht in bezug auf ihre chemische Resistenz und ihre genetische Beziehung zur d- Glu- kose 2) der Baumwollzellulose nahe. Gegen Chlorkalk ist sie sogar noch viel widerstandsfähiger als diese^). Wie beim Holze die kleinen Mengen von Galaktose und Mannose, welche bei schonender Hydrolyse auftreten, als Merkmale für die Präexistenz von Hemizellulosen gedeutet werden können, wäre aus der Auffindung der Mannose^) unter den Produkten der Säure- hydrolyse der rohen Jute der analoge Schluß zu ziehen. Andere Fasern scheinen nach dieser Richtung nicht oder mit negativem Ergebnis unter- sucht worden zu sein. Bezüghch der pektosehaltigen Fasern muß aller- dings bemerkt werden, daß sie eine Erkennung der Hemizellulose mit den gegenwärtig bekannten Mitteln kaum gestatten, da ja die Pektin- stolTe mit den Hemizellulosen die Lüslichkeit in Alkalien und die Ab- spaltbarkeit von Galaktose durch Säurehydrolyse teilen. Das gleiche gilt auch wegen der hydrolytischen Entstehung von Pentosen (Arabinose, vielleicht auch Xylose) aus Pektinsubstanzen bezüglich Unterscheidung dieser von den Pentosanen. Letztere hingegen können, falls man die Furfurolbildung bei Destillation mit Salzsäure als Maßstab für ihre Menge ansieht, ganz oder teilweise auch mit den oben besprochenen Furoiden verwechselt werden, welche Gross und Bevan in den Stroharten glau- ben nachgewiesen zu haben und welchen sie auch sonst eine weitere Verbreitung im Pflanzenreiche zuschreiben. Aus diesem Grunde sind die Pentosan werte in der tabellarischen Zusammenstellung auf Seite 3 5 f., weil aus Furfurolbestimmungen abgeleitet, mit entsprechender Vorsicht aufzunehmen. Doch ist festzuhalten, daß die alkalischen Ablaugen der technischen Gewinnung von Strohzellulose nach Stone und Test^) ein besonders geeignetes Ausgangsmaterial zur Darstellung des Xylans ab- seben. 1) Gross, Bevan u. Beadle, Ber. dtsch. ehem. Ges. 27, 1061 ff. 2) Ernest, Ber. dtsch. ehem. Ges. 39, 1947 (1906). 3) Witz, Bull, de la soc. industr. de Ronen 10, 461 (1882). 4) Beltzer, Bull. soc. chim. [4] 7/8, 366 (1910). 5) Am. Chem. Journ. Soc. 15, 195 (1893). Siebzehnter Abschnitt. Fasern, 31 Angaben über das Vorkommen von Metliylpentosanen in Pflanzen- fasern, beziehungsweise über die Entstehung von Methylfurfurol aus diesen liegen nicht vor^). Vom Ligninanteile der verholzten Fasern ist am eingehendsten der der Jute studiert worden, und dieser insbesondere bezüglich seines Verhaltens gegen Chlor 2). Das Ergebnis dieser Untersuchungen läßt sich bis zu einem gewissen Grade auch auf die Ligninstoffe anderer verholzter Fasern und auch des Holzes anwenden. Nach Behandlung der feuchten Jutefaser mit Chlorgas läßt sich durch Auslaugen mit Alkohol und Ver- setzen der alkoholischen Lösung mit Wasser in gelben Flocken das »Ligninchlorid« CigHigC^O.j abscheiden, welches nach Gross und Bevan ein dem Mairogallol aus Pyrogallol GisHvCluOio^) vergleichbares Produkt yCH = CHv und wie dieses ein Abkömmling des Chinonchlorids CO CCI2 ^cn = GW sein soll. Die dem Ligninchlorid entsprechende (hypothetische) halogen- freie Muttersubstanz G19H22O9, das »Lignon«, soll den zyklischen Komplex /CH = CHx CO GH2, den >Keto-R- Hexenbestandteil« enthalten, den ^CH = CH^ Hantsch und Schniter^) dem Mairogallol zugrunde legen. Diese Vor- stellung wird gestützt durch die Bildung gechlorter Chinone bei der trockenen Destillation des Ligninchlorids, durch teilweise Überführung des Ligninchlorids in Trichlorpyrogallol mittelst naszierenden Wasserstofl's und durch das Auftreten einer Purpurfärbung bei Einwirkung einer Lösung von neutralem Natriumsulfit, Na2S03, auf Ligninchlorid, wie sie auch Mairogallol unter gleichen Umständen zeigt. Da bei der Chlori- sierung der feuchten Jute annähernd ebensoviel Chlor als Chlorwasser- stoff auftritt, wie ins Ligninchlorid eingeht, so vollzieht sich bei dieser Ghlorisierung nebenher kein Oxydationsprozeß, sondern die Bildung des Chlorids und dessen hydrolytische Abspaltung vom Zelluloseanteile sind als Hauptreaktionen zu betrachten. Der Keto-R-Hexenbestandteil soll durch Vermittlung der Hydroxyl- gruppen mit einem hypothetischen Ligninbestandteile, CiiHio(OGH3)204, 1) Während des Druckes dieses Werkes hat Mag. pharm. Bela Wolf in meinem Laboratorium an einer kleinen von Hofrat v. Wiesner herrührenden Probe Posidonia- faser neben anderem auch eine Methylpentosan-Bestimmung ausgeführt. Es wurden 4,380/0 Methylpentosan vorgefunden. Die übrigen analytischen Werte finden sich am Schlüsse der Tabelle p. 36. 2) Gross u. Bevan, Journ. Chem. Soc. 55, 213 (1889); Zellulose 1903, p,9G. Ber. dtsch. chem. Ges. 26, 2528 (1893). 3) Hantsch u. Schniter, Ber. dtsch. chem. Ges. 20, 2033 (1887). 32 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. kondensiert sein, welcher, weil mit Salzsäure gleichfalls Furfurol liefernd, als >Furfurolkomplex des Lignins« bezeichnet wird. Aus quantitativen Bestimmungen der beiden Zellulosen und des Ligninchlorids und Bestim- mungen des Furfurols und Methoxyls in der Jute und in ihren einzelnen Bestandteilen schließen Gross und Bevan, daß die Jutefaser sich zu- sammensetzt aus 60 — 65 Proz. a-Zellulose, 15 — 20 Proz. ß-Zellulose, <8— 22 Proz. Furfurolkomplex CigHigOe und 7—9 Proz. Keto-R-Hexen- derivat, und daß diese Anteile nach konstanten Verhältnissen chemisch miteinander verbunden sind. Wenn hierfür auch andere Beobachtungen ins Treffen geführt wurden, wie Löslichkeit der gesamten Jutesubstanz in Zinkchlorid und in Kupferoxydammoniak ^), Gleichartigkeit des Ver- haltens der aus solchen Lösungen durch Verdünnen oder dui;ch Säuren fällbaren und der 15 — 25 Proz. in Lösung bleibenden Substanz mit dem der ursprünglichen Jutefaser und identisches Verhalten des bei Einwirkung von Alkalien auf nitrierte Jute sich lösenden Anteiles und des Lösungs- restes 2), so erscheint doch die Existenz von Lignozellulosen als bestimmter chemischer Verbindungen von Zellulosen und Lignin und auch die Homo- genität des Lignins selbst keineswegs über jeden Zweifel sicher festgestellt. Das Verhalten der anderen verholzten Fasern und auch das des Holzes im feuchten Zustande gegen Chlor gleicht einigermaßen dem der Jute: Gelbfärbung bei der Chlorierung, Rotfärbung bei nachfolgender Behandlung mit Natriumsulfit, Möglichkeit der Isolierung von Substanzen mittelst Alkohols, welche in bezug auf Eigenschaften und Zusammensetzung dem Ligninchlorid aus Jute ähnlich sind. So enthält das Ligninchlorid aus einem spanischen Mahagoniholz 30,4 Proz. Chlor, während die Formel C,9Hi8Cl409 26,7 Proz. verlangt. Ähnliches liegt bezüglich der Chlorierung des Holzes der Kiefer, Buche und Birke vor. '-Doch findet bei Einwirkung des Chlors auf Hölzer im allgemeinen neben der Chlorierung auch im größeren Umfange Oxydationswirkung statt^). Das Studium der Chloreinwirkung auf andere Fasern als Jute ist bis jetzt ein bloß qualitatives geblieben. Bezüglich des Nachweises der Ligninsubstanzen in den Fasern be- dient man sich der in der chemischen Charakteristik des Holzes (p. 336) angegebenen Farbenreaktion, insbesondere der Phlorogluzinreaktion. Hier sei bloß im allgemeinen bemerkt, daß nur wenige Fasern sich als lignin- frei erwiesen haben (z. B. Baumwolle, Flachs); weitaus die meisten zeigen die Lisninreaktion in mehr oder minder starkem Grade 4). i) Gross u. Bevan, Zellulose, <903, p. 114. 2) Mühlhäuser Dinglers Polytechn. Journ. 283, 88, 137 (1842), Gross u. Bevan, Zellulose 1903, 132 u. Researches on Gellulose I, 130. 3) S. auch unter IV (Kennzeichen der Faser) d. 4) Gross u. Bevan, Zellulose 1903, 104 u. 195. S. auch unten Wiesner; und Gräfes einschlägige Beobachtungen p. 4 4 ff. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 33 Die in pflanzlichen Geweben der verschiedensten Art vorwiegend als Bestandteile der Mittellamelle verbreiteten Pektinstoffe*), welche, wie bereits am Beginne dieses Abschnittes erwähnt, auch als Bestand- teile einer Anzahl von rohen Fasergattungen auftreten und als Inter- zellularsubstanzen speziell die Bastfasern teils mit ihrem Nachbargewebe, teils auch untereinander verkitten, sind polysaccharidartig zusammen- gesetzte Kolloide, welche ihrem physikalischen und chemischen Ver- halten zufolge nur sehr unscharf von den Hemizellulosen, Pentosanen, Pflanzenschleimen und Gummiarten abgegrenzt erscheinen, derart, daß wiederholt in Frage gestellt werden durfte, ob sie eine besondere Stoff"- klasse vorstellen. Nur mit diesem Vorbehalte kann hier an eine kurze Beschreibung dieser Stofi'e geschritten werden. Die Pektinstoffe sollen in ihrem ursprünglichen Zustande in Wasser unlöslich sein (Fremy's Pektose). Sie enthalten in dieser Form immer Kalzium und sind daher Kalziumsalze von irgendwelchen Säuren (Mul- ders Pektinsäure) oder enthalten wenigstens solche (Beijerincks Pektose, Tschirchs Protopektin). Pektose hinterbleibt als unlösliches Zellhaut- skelett (vielleicht als Cupripektat) nach Behandlung mikroskopischer Schnitte von pektoseführenden Geweben mit Kupferoxydammoniak. Nach Waschen mit Wasser zeigt der Lösungsrückstand keine von den früher ^i beschriebenen Reaktionen der Zellulose, wird nicht von den spezifischen Zellulosefarbstoft'en, wohl aber von Hämatoxylin nach Delafield, ferner von Fuchsin, Hoffmanns Violett, Jodgrün, Bismarckb.raun, Malachitgrün, Au ramin, Nilblau, Naphtylenblau R, Methylenblau usw. gefärbt. Die an- fänglich für die Pektose im natürlichen Zustande von Mangin^) für be- sonders charakteristisch gehaltene Rotfärbung durch ammoniakalisches Rutheniumrot Ru(OH)2Glii(NH3)7-l-3H20 hat ihren Wert als Erkennungs- mittel für jene verloren, seitdem festgestellt wurde, daß auch Glykogen, Isolichenin, Pflanzenschleime und Gummiarten durch das Reagens in ähnlicherweise gefärbt werden^). Durch aufeinanderfolgende Einwirkung i) Bezüghch der umfangreichen Literatur der Pektinstoffe sei auf umfassende Zusammenstellung in Czapeks Biochemie der Pflanzen, 1913, p. 665 ff. hingewiesen, wo sich auch eine sehr eingehende Beschreibung dieser Substanzen findet. Eine ge- drängtere rein chemische Darstellung bringt ToUens in »Kurzes Lehrbuch der Kohlen- hydrate«, 1914, p. 491 ff. In Lafars Handbuch der Technischen Mykologie, 1904 — 1906, Band 3, p. 269 if. handelt ein Beitrag von J. Behrens über Pektingärung. Diese ist für die Ver- edelung der Gespinstfasern sehr wichtig. 2) Siehe Seite 323 ff. des IL Bd. vorhegenden Werkes. 3) L. Mangin, Compt. rend. de l'Acad. des Sc. 107, 144 (1888); 109, 579 (1889); 110, 295 (1890); 116, 653 (1893). 4) Tobler, Zeitschr. f. wissensch. Mikrosk. 23, 182 (1906). Wiesner, Eoli Stoffe. III. Band. 3. Anfl. 3 34 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. von kalter verdünnter Salzsäure und kochenden Alkalien entstehen aus Pektose die im freien Zustande in kaltem Wasser unlösliche Pektinsäure und dann ihr lösliches Alkalisalz oder vielleicht auch Alkalisalze von hydrolytischen Spaltungsprodukten der Pektinsäure. Wird auch das Alkali kalt verwendet, so unterbleibt die Hydrolyse. Schon das Kochen .mit Wasser scheint beginnende Hydrolyse der nativen Pektose zu be- wirken. Hierbei entstehen in heißem Wasser, besonders bei Gegenwart von Zucker, lösliche, beim Erkalten sich gallertig ausscheidende Pektine (Gelee der mit Zucker eingekochten Früchte), deren Hydrolyse mit zu- nehmender Dauer des Kochens unter Einbuße an Gelatinierfähigkeit vor- zuschreiten scheint. Die durch kurzes Kochen mit stärkeren Basen entstehenden Produkte wurden von Fremy als Parapektin und Meta- pektin bezeichnet. Diese wandeln sich bei weiterer Einwirkung der kochenden Laugen in Salze der Parapektinsäure und Metapektinsäure (Fremy und Ghodnew) oder der Arabinsäure (?) (Scheibler) um. Die hydrolytische Überführung der nativen Pektose in lösliche Produkte, darunter reduzierende Zuckerarten, soll nach Bourquelot und Herissy^j durch die im Malzextrakte vorkommende Pektinase beschleunigt werden. Andererseits bilden sich in neutralen pektinhaltigen Extrakten auf Zu- satz von vielen Pflanzensäften Gallertausscheidungen, wie Fremy^) an- nimmt, unter dem Einflüsse eines lösliche Pektinstoffe koagulierenden Enzyms, der Pektase. Vielleicht handelt es sich hierbei bloß um die Ausscheidung von unlöslichen Kalziumpektaten. In Gegenwart der Pek- tinase bleibt die Pektase-Wirkung aus. Durch die >Pektosinase«, welche verschiedene bei der Flachsröste wirksame Granulobakter-Formen pro- duzieren, wird nach Beijerinck und van Delden*) die unlösliche Pektose in der Mittellamelle der Leinpflanze in lösliche Pektine und weiterhin in Zuckerarten übergeführt. Nach älteren Angaben entfernt sich die elementare Zusammensetzung der Pektinstofi"e von der der Kohlenhydrate insofern, als das Gewichts- verhältnis zwischen Wasserstoff und Sauerstoff vom normalen 1:8 stark abweicht. Es erreicht sogar den Wert 1:12, Neuere Analysen \] Mangin, 1. c, Boresch, Sitzungsber. Akad. d. Wiss. Wien 117, I, 32 1908; Tumann, Pflanzenmikrochemie, Berhn 1913, p. 564; Molisch, Mikrochemie d. Pflanze, Jena 4 913, 315. 2) Compt. rend de l'Acad. sc. Paris 127, 191 (1898). 3) Journ. f. pr. Ghem. 21, 1 (1840); Liebigs Ann. d. Chem. u. Pharm. 07, 257 (1848). 4) Arch. Neerland. Sei. exact. [2.] 9, 418 (1903), zit. in Czapek, Biochemie d. Pflanzen 1913, p. 669. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 35 an sorgfältiger gereinigtem Material i) führten zum Verhältnisse 1 : 7,9 bis 1 : 9,0. Die hydrolytische Überführbarkeit der Pektinstoffe in Pektin- säuren machen die Gegenwart einer unter Umständen intramolekular veresterten Karboxylgruppe wahrscheinlich, die jedoch wegen der be- trächtlichen Molekulargrüße der Pektinstoffe deren elementare Zusammen- setzung nicht sehr beeinflußt. Als einfachste hydrolytische Spaltungsprodukte der Pektinstoffe wurden Galaktose, d-Glukose und 1-Arabinose aufgefunden. Die unzweifel- haft daneben entstehende einfachere Karbonsäure (vielleicht Glukonsäure) wurde bisher nicht isoliert. Aus nachstehender Tabelle ist die Zusammensetzung der wichtigsten Fasern zu entnehmen. Fasergattnng 3> 1 1 1 1 Zellulose iil 1 Mi'thylziihl Furoide oder Pontosan i. Mittel Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Pro/,. Proz. Jute, fast farblos 2) . . 0,68 9,93 1,03 64,24 24,41 0,39 __ > rehfarbenS). . . — 9,64 1,63 63,03 23,36 0,32 — — — cuttings, braun . — 12,58 3,94 61,74 21,29 |0,45 — — — Winterroggenstroh 3) . 3,2 4 4,3 9,34 49,22 • 27,70 1,99 1,5 — 1 23 Wintergerstenstroh 3) . 5,3 14,3 — — — 2,0 2,0 — 1 25 Winterweizenstroh 3) . 5.5 14,2 8,32 49,17 30,34 1,58 2,0 -| 23 Sommergerstenstroh 3; . 7,0 14,3 — — I'l,* 3,0 Haferstroh 3) 5,0 14,3 — 46,5—42,0 — i 2,0 2,5 — ; 27 Maisstroh 3) 4,0 14,0 — — — 1,1 3,0 — j über 4 0 Bambus*) 5,13 9,03 11,16 33,84 26,17 0,83 — — ~ Esparto , span. fein- blättrig &) 3,72 9,75 10,68 50,19 27,23 2,13 — — — Esparto, span. grob- blättrig 5) 3,43 10,30 12,02 49,52 25,73 2,43 — — ~ Esparto, afrikan. dick- t blättrig 5) 3,34 8,45 10,05 50,16 28,83 2,51 — - 1) Tromp de Haas u. Tollens, Ann. d. Chem. 286, 278 1893. 2) H. Müller, Ber. über die Weltaussteilung Wien 1873, Abt. Pflanzenfaser, p. 39. 3) E. Wolff, zitiert bei H. Müller, 1. c, p. 67. 4) H. Müller, 1. c, p. 113; siehe auch Sindall, Bambos for papermaking London 1910, zitiert in C. G. Schwalbe, Die Chemie der Zellulose, Berhn 1911, p. 392. 5) H. Müller, 1. c, p. 104. 3* 36 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Fasergattuug 1 1 1 ,1 Zellulose ■2 -So 1 • 1 i II ? S i Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Rohbaumwolle, 1 Surall) 0,22 ■ 7,50 — 91,33 0,53 0,40 — — — Rohbaumwolle, Ame- i rika 1) 0,12 8,00 — 91,00 0,53 0,33 — — — Rohbaumwolle, Ägyp- \ ten i) 0,25 7,83 — 90,80 0,68 0,42 — — — Kapok, roh 2) .... 3,58 8,6—9,3 — 64,3—71,1 — 5,77 — 8,18 23—23 Chinagras 3) .... 2,87 9,05 6,47 78,07 6,10 0,21 — — — RheaS) 5.65 10,15 10,34 66,22 12,70 ' 0,59 — — — Flachs (Lin bleu de Lockeren)*) . . . 0,70 8,63 3,63 82,57 2,39 2,39 — — — Flachs (Lin Wallon)*) 1,32 10,70 6,02 71,50 9,41 2,37 — — — Roher Flachs 5) . . . 1,00 — — 63—70 20—25, — — — — Hanf 6) 0,82 8,88 3,48 77,70 9,31 0,56 — — — Neuseelandflachs": . 0,63 11,61 21,99 63,00 1,69 1,08 — — — Manilahanfs) . . . 1,02 11,85 0,97 64,72 21,80 ! 0,63 — ; — — SunnhanfS) .... 6,61 9,63 2,84 80,49 6,46 0,56 1 — — — Posidoniafaserio) . . 3,08 — — 38,41 — — — — 11,13 IV. Die Kennzeichen der Pasern. Bei der vielfachen Übereinstimmung der Fasern in den äußeren Eigenschaften ist es begreiflich, daß eine durchgreifende Unterschei- dung derselben auf dem bloßen Augenschein nicht beruhen könne. Daß in vereinzelten Fällen chemische und in immerhin nur beschränktem Maße auch physikalische Merkmale zur Unterscheidung herangezogen werden können, wird weiter unten dargelegt werden, ist übrigens oben be- reits mehrfach angedeutet worden. Da aber die Beobachtung gelehrt hat, daß die Fasern und die dieselben zusammensetzenden Elementarorgane eine 1) Bowman, The structure of cotton fibre, London 1908, p. 147, zitiert in G. G. Schwalbe, Die Chemie der Zellulose, Berlin 1911, p. 4 66. 2) C. G. Schwalbe, I.e. 469. 3) H. Müller, 1. c. 49; Wit, Chem. Technologie d. Gespinstfaser, p. 158, zitiert in G. G. Schwalbe, 1. c. 471. 4) Fein gehechelt. H. Müller, 1. c, p. 38. 3) Tassel, Revue general de matieres colorantes 4, 127 (1900) zit. in C. G. Schwalbe, 1. c. 477. 6) H. Müller, 1. c, p. 38. 7) Church, zit. bei H. Müller, 1. c. 69. 8) und 9) H. Müller, 1. c, p. 71. 10) Methylpentosan siehe p. 31, Fußnote 1. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 37 große Verschiedenartigkeit und dabei doch eine große Konstanz in morpho- logischer Beziehung darbieten, ja daß die Eigenschaften, um derent- willen wir die Fasern zu diesem oder jenem Zwecke benutzen, vorwiegend auf für die Faserart konstanten Struktureigentümlichkeiten be- ruhen, so muß wohl einleuchten, daß, wenn überhaupt eine Unter- scheidung der Fasern möglich ist, dieselbe in erster Linie nur auf die mittelst des Mikroskops festzustellenden morphologischen Verhältnisse der Fasern gestützt werden könne. Die Frage, ob eine Unterscheidung der Fasern auf mikroskopischem Wege mit Sicherheit durchführbar ist, muß ich, eine wissenschaftliche Untersuchungsmethode vorausgesetzt, für die überwiegende Mehrzahl der Fälle bejahen. Die Unterscheidung gelingt allerdings nicht immer leicht und auch nicht bloß auf Grund weniger Merkmale. Man darf sich nicht vorstellen, daß die Auffindung der Art einer Faser auf so einfache Weise erfolgt, wie etwa die Nachweisung der bekannteren Metalloxyde oder Mineralsäuren. Jene analytische Methode, die in der Chemie so rasch und sicher zur Auffindung der in einer Substanz enthaltenen chemischen Individuen führt, kann in der Untersuchung der Fasern nicht ausreichen ; die morphologischen Verhältnisse sind hier oft so verwickelt, daß man nicht durch ein einfaches Schema auf die Art der Fasern geleitet wird, sondern erst aus einem ganzen Bild von Erscheinungen hierauf schließen kann. Alle Versuche, die Kennzeichen der Fasern in ein Schema zusammenzustellen und hieraus in einem gegebenen Fall die Art einer Faser zu bestimmen, sind bis jetzt mißglückt. Unsere heutigen Kennt- nisse über die Morphologie der Fasern würden wohl die Aufstellung eines halbwegs ausreichenden Schemas gestatten; aber es würde außerordent- lich kompliziert ausfallen. Es ist heute gewiß noch geratener, auf eine scharfe Charakteristik der Fasern zu verzichten und auf Grund ge- nauer Physiographien die Ableitung der Abstammung vorzunehmen. Die nachfolgende Zusammenstellung der wichtigsten Kennzeichen der Fasern wird zur ersten Orientierumg über die Art einer zu untersuchen- den Faser insofern dienen, als sie die Frage, welche Faser vorliegt, auf einen engen Kreis beschränkt. Mit Zuhilfenahme der im speziellen Teile dieses Abschnittes gegebenen Beschreibungen wird sich die Art der Faser wohl fast stets ermitteln lassen. Die Unsicherheit, welche noch hier und dort in der Auffindung der Unterscheidungsmerkmale der Fasern besteht, liegt nicht in dem Mangel der Untersuchungsmethode, vielmehr in dem Umstände, daß die Kennzeichen, ja Eigenschaften mancher Fasern bis jetzt noch nicht oder noch nicht genau studiert wurden. Wie wichtig eine methodische Prüfung der Fasern ist, wird jeder leicht einsehen, der irgendeine rohe Faser unters Mikroskop bringt und gleich an diesem Objekt, wie dies in der Tat noch in manchen neueren 38 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Technologien geschieht, die Kennzeichen aufzufinden versucht. Hanf, Flachs, Sunn, Jute und viele andere Fasern lassen in diesem Zustande gar keinerlei Unterschiede wahrnehmen, und derjenige, dem die histo- logischen Untersuchungsmethoden fremd sind, möchte nicht glauben, welche große Mannigfaltigkeit höchst charakteristischer Formbestandteile sich hinter dieser scheinbaren Gleichartigkeit birgt; der spezielle Teil dieses Abschnittes wird dies genügend belegen. Unsere bisherigen Kenntnisse über die Morphologie der Fasern sind aber noch nicht so weit gediehen, um alle bereits in Verwendung ge- nommenen Fasern mit aller Bestimmtheit erkennen zu können. Die Morphologie der gewöhnlichen Spinnfasern ist allerdings bereits so gründ- lich erkannt, daß es heute wohl keine Schwierigkeiten mehr machen kann, Baumwolle, Hanf, Flachs, Jute, Sunn und noch zahlreiche andere mit aller Bestimmtheit im rohen Zustande und im Gewebe zu ermitteln. Aber über die echte Äloe-^ Bromelia- Hibiscus-^ Slda-, Co)-dia-¥&seT, über die in der Papierfabrikation benutzten Gramineenfaser (abgesehen von Reis-, Getreidestroh, Espartofasern und weniger anderer) wissen wir noch zu wenig, um selbe auch selbst nur im rohen Zustande genau erkennen zu können. Soweit eben auf Grund wissenschaftlicher Methode nach stichhaltigen Kennzeichen der Fasern gefahndet wurde, haben sich solche in der Regel auch gefunden. Ein weiteres Vorgehen auf dem- selben Wege wird nicht nur die bis jetzt noch ungelösten Fragen klären, sondern gewiß auch eine Vereinfachung in der mikroskopischen Er- kennung der Fasern herbeiführen. Wie die früher mitgeteilten physikalischen Eigenschaften gelehrt haben , so wohnt denselben allerdings nicht jene unterscheidende Kraft inne wie den morphologischen, aber in manchen Fällen leisten sie doch überraschend gute Dienste, wie oben rücksichtlich des optischen Verhaltens dargelegt wurde. Tieferes Eindringen in die physikalischen Eigenschaften der Fasern wird gewiß zu weiteren Unterscheidungsmerkmalen führen. Derzeit liegt aber die Sache doch so, daß die physikalischen Eigenschaften nur zur Unterscheidung einzelner Fasern mit Vorteil anzuwenden sind und daß heute noch nicht daran gedacht werden kann, auf diesem Wege alle Fasern zu unterscheiden. Doch lassen die Resultate der bis- her durchgeführten Untersuchungen hoffen, daß bei fortgesetzten ein- schlägigen Studien weitere brauchbare Materialien zur Unterscheidung der Fasern herbeizuschaffen sein werden. Chemische Reaktionen, mikro- oder makrochemisch angewendet, leisten seit längerer Zeit in der Unterscheidung der Fasern, zumal der rohen, ungebleichten, gute Dienste, wenngleich sie doch mehr den Charakter von Klassenreaktionen an sich tragen. Die wichtigsten dieser Reaktionen sind noch immer die auf reine Zellulose (mit Jod + Schwefel- Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 39 säure oder Chlorzinkjod) und auf Verholzung (mit Anilinsulfat oder Phloro- gluzin + Salzsäure). Den gebleichten Fasern gegenüber sind die chemischen Reagentien fast durchaus ohne Bedeutung, da sie eben nur die Reaktion der reinen Zellulose liefern. Bei sonst gleichen Eigenschaften ist eine Faser desto besser, je weniger sie durch Anilinsulfat oder durch Phlorogluzin -j- Salz- säure gefärbt, je rascher sie durch Kupferoxydammoniak in Lösung ge- bracht wird; sie ist besser, wenn sie durch Jod- und Schwefelsäure ge- bläut wird, als wenn sie, mit diesen Reagentien behandelt, eine grüne, braune oder gelbe Farbe annimmt. a) Spezifische Doppelbrechung^). Zu einer systematischen Unterscheidung der Pflanzenfasern kann deren spezifische Doppelbrechung nicht herangezogen werden, wohl aber leistet sie in der Charakteristik mancher Fasern gute Dienste und kann atich als Hilfsmittel benutzt werden, um zwischen bestimmten Fasern zu unterscheiden, z. B. zwischen Baumwolle und Flachs, Flachs und Ramie, Hanf oder Flachs und Jute und einigen anderen. Hier folgt eine Zusammenstellung der spezifischen Doppelbrechung der wichtigsten Pflanzenfasern 2) von charakteristischem Verhalten nach den von Remec angestellten Beobachtungen: a) Polarisationsfarbe bis Weiß I. Baumwollenfaser, Ramiefaser, ferner Fasern von Yucca gloriosa, Sansevieria xeylanica, Aloe perfoliata, Adansonia digitata, Bromelia sp. b) bis Gelb I. Afrikanische Piassave, Manilahanf, Cordia latifoUa. c) bis Rot I oder Indigo H. Jute, Esparto, Urena sinuala, Abel- moschus tetraphyllos. d) bis Grün H. Lein, Hanf, ferner die Bastfasern von Calotropis gigantea, Crotalaria Juncea, Bauhinia racemosa, Pandanus odoratissimus. Es sei hier auch daran erinnert, was bereits oben betont wurde, daß die Hübe der spezifischen Doppelbrechung bei verschiedenen Fasern im höchsten Grade verschieden ist, wie etwa der Vergleich von Flachs- und Hanffaser mit der Agavefaser lehrt (s. oben p. \ 4). b) Verhalten der Fasern gegen Jod und Schwefelsäure. Mit Recht wird dem Verhalten der Pflanzenfasern zum Jod bei deren Unterscheidung eine besondere Wichtigkeit beigelegt. Die Färbungen, welche die Pflanzenfasern bei Einwirkung bestimmter Jodreagentien 1) Über die spez. Doppelbrechung siehe auch die in der Fußnote 2 auf p. 15 angeführte Arbeit von Aisslinger. 2) Es wurden stets die isolierten Zellen der betreffenden Faser geprüft und die Polarisationsfarbe am mittleren Teile der Längsansicht der Faser ermittelt. 40 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. annehmen, sind für dieselben charakteristisch und hängen von der che- mischen Beschaffenheit der Zellwand der betreffenden Fasern ab. Am häufigsten verwendet man ein Gemenge von gelöstem Jod mit Schwefelsäure. Die un verholzte und nicht kutinisierte, also vorwie- gend aus reiner Zellulose bestehende Faser wird durch diese Flüssig- keit blau gefärbt. Die verholzte oder kutinisierte Faser nimmt, mit diesem Reagens behandelt, eine gelbe oder braune Farbe an. In besonderen Fällen stellt sich bei verholzter Faser eine Grünfärbung ein. Zur Her- vorbringung der Farbenreaktion kann nicht jedes beliebige Gemenge von Jod und Schwefelsäure verwendet werden, es ist vielmehr die Ein- haltung bestimmter Mischungsverhältnisse erforderlich. Nach V. Höhnel haben sich folgende Konzentrationen der Reagentien am besten bewährt. Für die Jodlösung: 1 Gramm Jodkalium wird in \ 00 Gramm destilliertem Wasser gelöst, worauf Jod bis zur Sättigung der Lösung zugefügt wird. Für die Schwefelsäure: Zwei Volumteije Glyzerin, ein Volumteil destilliertes Wasser und drei Volumteile konzen- trierte englische Schwefelsäure. Werden die Fasern auf dem Objekt- träger hintereinander mit der genannten Jodlösung befeuchtet und dann ein oder zwei Tropfen des Schwefelsäuregemisches hinzugefügt, so tritt kein Aufquellen der Faser auf und diese färbt sich, wenn sie aus unverholzter oder nicht kutinisierter Zellulose besteht, tief himmelblau. Bei zu starker Konzentration der Schwefelsäure quellen die Fasern oder lösen sich auf. Bei zu verdünnter Jodlüsung werden die Fasern nicht blau, sondern violett oder rosa gefärbt. Blau werden gefärbt: Baumwolle. Rohe Bastfaser von Hibiscus cannabinus. Rohe Bastfaser von Caloto-opis gigantea (grünlichblau bis blau). Rohe Flachsfaser. Kotonisierte Ramiefaser (blau) 2). Rohe Hanffaser (grünlichblau bis reinblau). Gelb bis braun werden gefärbt: Die Haare der Bombaxwolle. Die Haare der vegetabilischen Seide (selten grünlich oder grünlichblau). Rohe Jute. Die rohe Bastfaser von Abelmoschus tetraphyllos. » > > » TJrena sinuata. 4) F. V. Höhnel, Mikroskopie der techn. verwendeten Faserstoffe. Wien und Leipzig. 2. Aufl. (1905). p. 28. 2) Über das merkwürdige und ganz exzeptionelle Verhalten dieser Faser gegen wässerige Jodlösung siehe unten bei Boehmeriafaser. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 41 Die rohe Bastfaser der Bauliinien (schwärzlichbraun). » » von Thespesia Lampas. Pandanusfaser (lichtbräuniich). Die rohe Espartofaser (rostrot). Die rohe Bromeliafaser (rotbraun). Die rohe Aloefaser (die Mehrzahl der Fasern rotbraun, ver- einzelt grünlich, sogar blau). Der neuseeländische Flachs (wird je nach dem Grade der durch die Rüstung vollzogenen Reinigung der Faser gelb, grün, bis blau gefärbt). Grasgrün durch Jod und Schwefelsäure werden jene Fasern, deren faserige Zellen durch Jod gelb oder bräunlich gefärbt werden und die stärkeerfüllte Bastmarkstrahlen führen. Die grüne Farbe, welche im schwächeren Grade auch durch Jodlüsung allein hervorgebracht werden kann, ist hier eine Mischfarbe aus Blau (durch Jod gefärbte Stärke- körner) und Gelb (durch Jod gelb gefärbte Membranen aller an der Zu- sammensetzung der Fasern Anteil nehmenden Zellen. Je nach der mehr oder minder feinen Verteilung des stärkeführenden Gewebes erscheinen die Fasern gänzlich oder nur stellenweise grün. Diese Reaktionen nehmen an: die Bastfaser von Sida retiisa » ^ » Cordia latifolia » » > Sterculia villosa » > » Holoptelea integrifolia y> » » Kydia calycina. c) Verhalten gegen Kupferoxydammoniak. Kupferoxydammoniak ist eines der wichtigsten Reagentien für die Erkennung der Pflanzenfasern. Es ist das einzige Reagens, welches Zellulose löst. Je nach dem Gehalt an Zellulose und der Beschaffen- heit der neben der Zellulose auftretenden chemischen Bestandteile wird die Faser entweder gelöst oder sie quillt bloß auf oder sie quillt nicht. Die quellende oder auch die ungequollene Faser nimmt je nach ihrer Art im Kupferoxydammoniak eine bestimmte Färbung an. Es muß stets darauf geachtet werden, daß das Reagens in wirk- samem Zustande sich befindet, was am einfachsten durch sein Verhalten gegen reine Zellulose zu konstatieren ist. Nach meinen Erfahrungen ist es am zweckmäßigsten, das Reagens durch Einwirkung von hoch- prozentigem Ammoniak auf Kupferdrehungsspähne zu bereiten *). 1) In seiner Abhandlung >Über das mikroskopische Verhalten der Baumwolle im Kupferoxydammoniak< Zeitschrift für Kunststoffe, München 4 911, p. 2 sagt Prof. Herzog >Bei Durchsicht der in der Literatur enthaltenen Angaben über die Her- 42 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Durch Kupferoxydammoniak werden rasch angegriffen und fast ganz gelöst 1) : Baumwolle. Kolonisierte Ramiefaser. Die rohe Bastfaser von Hibiscus cannahinus. » » » > Calot7'opis gigantea. Roher Flachs. Roher Hanf (bloß die Bastzellen; die häufig noch anhaften- den Parenchymzellen bleiben ungelöst). Roher Sunn. Kupferoxydammoniak wirkt bläuend und mehr oder weniger deut- lich quellend auf: Rohe Jute. Rohe Bastfaser von Abelmoschus tetraphyllos. •> » » Urena sinuata. > » » Bauhinia racemosa (einzelne Stellen der Bastfaser werden stark aufgetrieben). Rohe Bastfaser von Thespesia Lampas. Roher neuseeländischer Flachs. Rohe Faser von Aloe pterfoUata (schwache Quellung). » » » Bromelia Karatas (starke Quellung). Rohe Bastfaser von Sida retusa (wird anfangs grünlich, dann blau, und quillt schließlich auf). Kupferoxydammoniak wirkt bloß färbend auf: Vegetabilische Seide (blau). Bombaxwolle (blau). Rohe Espartofaser (lebhaft grün). Da Ammoniak die Faser gelb färbt, deuten. Rohe Faser von Cordia latifolia (blau). » » » Sterculia villosa (blau). Pandanusfaser. Stellung des zu mikroskopischen Arbeiten bestimmten K.upl'eroxydammoniaks ist nicht recht einzusehen, warum außer der einfachsten und stets sicheren Methode von Wiesner (Technische Mikroskopie 1867) noch andere recht umständliche und zudem nicht immer brauchbare Verfahren empfohlen werden. Die häufige Unwirk- samkeit solcher Lösungen ist fast immer Ursache der auseinandergehenden Angaben verschiedener Autoren. € -1) Nämlich bis auf Kutikula (bei Baumwolle), Reste von Mittellamellen (Hanf), Innenschlauch und Protoplasmareste. Über die morphologischen Veränderungen, welche die Fasern durch Einwirkung von Kupferoxydammoniak erfahren, siehe den folgenden Paragraphen dieses Kapitels. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 43 d) Verhalten gegen Reagentien, welche Verholzung anzeigen. (Anilinsulfat und Phlorogluzin -|- Salzsäure '). Ungefärbt oder fast ungefärbt bleiben: Baumwolle. Bombaxwolle (wird kaum merklich gefärbt). Kotonisierte Ramiefaser. (Auch die Bastzellen der rohen Ramie bleiben ungefärbt oder werden kaum merklich gefärbt). Roher Flachs (nur die geringsten Sorten werden etwas gefärbt). Rohe Bastfaser von Hibiscus cannahiniis (wird nur sehr schwach gefärbt). Rohe Bastfaser von Calotropis gigantea (wird nur sehr schwach gefärbt). Roher Sunn. Roher neuseeländischer Flachs (wird nur sehr schwach, manchmal gar nicht gefärbt). Manilahanf (sehr schwach gefärbt). Dispopo (Agave cocui) sehr schwach gefärbt. Raphiabast (sehr schwach gefärbt). Deutlich oder stark werden gefärbt: Vegetabilische Seide (durch Anilinsulfat intensiv zitrongelb, selten blaßgelb). Rohe Jute (durch Anilinsulfat goldgelb bis orange). Sisal und Kantala (beide intensiv goldgelb). Rohe Bastfaser von Abelmoschus tetraphyllos (durch Anilin- sulfat goldgelb). Rohe Bastfaser von Urena siruiiata (durch Anilinsulfat gold- gelb). Rohe Bastfaser von Sida retusa (durch Anilinsulfat gelb, mit einem Stich ins Zimtbraune). Rohe Bastfaser von Thespesia Lampas (durch Anilinsulfat goldgelb). Rohe Bastfaser von Cordia latifolia (durch Anilinsulfat isa- bellgelb). Roher Hanf (durch Anilinsulfat schwach gelb). Rohe Espartofaser (durch Anilinsulfat eigelb). Rohe Faser von Bromelia Karatas (durch Anilinsulfat gold- gelb). Rohe Pandanusfaser (durch Anilinsulfat eigelb). \) Siehe oben p. 31. 44 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Zur Charakteristik mancher verholzter Fasern trägt es bei, den Grad der Verholzung vergleichsweise durch Zahlen auszudrücken. Dabei han- delt es sich strenge genommen nicht um den faktischen Gehalt an Lignin, sondern um die relative Menge der Leitsubstanz, welche durch Phloro- glucin + Salzsäure angezeigt wird. Man bedient sich am besten des von Gräfe') angegebenen Verfahrens, welches im wesentlichen darin besteht, daß man durch Zurücktitrieren von überschüssig zugesetztem Phloroglucin mittelst Formaldehyds die Menge von Phloroglucin bestimmt, welche bei der Reaktion auf die Leitsubstanz (Vanillin usw.) aufgebraucht wurde. Indem man den auf diese Weise ermittelten Grad der Ver- holzung für Jute = 1 setzt, erhält man folgende Werte für die an- geführten Fasern, bzw. für Fichtenholz. Fichtenholz 1,5 Posidoniafaser . . . . 1,4 Jute 1,0 Kantala 0,9 Sisal 0,8 Lecheguilla 0,1 Baumwolle 0,0 e) Länge der rohen Faser. Fasern der Bombaxwolle .... 1 — 3 cm Fasern der Baumwolle 1 — 5 » Fasern der vegetabilischen Seide 1 — 5,6 » Tillandsiafasern 2 — 65 » Baisthünde\'^)yonCalotro2)is gigantea 20 — 30 » Kokosnußfasern 15 — 33 » Espartofasern 10 — 40 » Sunn 20 — 50 . Blattfaser von Aloe perfoliata . . 40 — 50 » Blattfaser von Pandcmus . . . . 40 — 70 » Bastbündel von Ahelmoschus tetra- phyllos 60—70 * Bastbündel von i?^■ö^■sc^^sca?^/^a6m^/s 10 — 90 »3j » » Co?-dia latifolia . . 50 — 90 > * Sida retusa . . . 80—100 . Agavefasern (Pite und Sisal ; Handels- . 1) V. Gräfe, Ernährungsphysiologisches Praktikum der höheren Pflanzen, P. Parey, Berhn H9U, p. 172. 2) NämHch die vorwiegend aus Bastzellen bestehende Rohfaser. 3) Es wurden angebhch auch Längen von 330 cm beobachtet (siehe unten bei Gambohanf). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 45 wäre gewöhnlich künstlich ge- kürzt, entweder einerseits oder beiderseits abgeschnitten) . . 50 — 1 i 0 cm Neuseeländischer Flachs .... 80 — 110 » Gefäßbündel von Bromelia Karatas 110 — 120 » Bastbündel von ürena sinuata. . 100 — 120 » Sansevieriafaser 80 — 140 » Flachs 20—140 » ^B,?>ihviXiAQ\ \o\\ Bauhinia racemosa 50 — 150 » Hanfi) . 100—225 . Piassave 50 — 185 » Jute. 150—250 > 2) Manilahanf (grobe Sorten) ... bis 250 » (feinere Sorten) ... bis 200 » f) Einige auffälligere, auf dem anatomischen Bau der Faser beruhende Kennzeichen. Aus einzelnen Zellen bestehen. Baumwolle | Vegetabilische Seide \ Haare. BombaxwoUe j Kolonisierte Ramiefaser: isolierte Bastzellen. Aus Zellgruppen, die bloß aus Bastzellen zusammengesetzt sind, be- stehen: Rohe Jute 3). Roher Flachs (schlecht gereinigter führt auch Parenchym, Holz- fragmente und selbst Oberhautzellen). Rohe Bastfaser von Hibiscus cannabinus. (kleine Reste von Rinden- parenchym- und von Kol- lenchymgewebe fehlen fast niemals). Bastzellen und kleine Mengen von Bastmarkstrahlen führen: Rohe Bastfaser von Sida retusa. > » » Cordia latifolia. » » Thespesia Lampas. Boehmeria nivea <) Mit Ausschluß des Riesenhanfs von Boufarik. 2) Selten darüber bis 450 cm. (Siehe unten bei Jute.) 3) Völlig gebleichte Jute, wie überhaupt alle völlig gebleichten Fasern bestehen nur aus isolierten Zellen. Halbgebleichte Kokosfaser weist fast noch den ursprüng- lichen Gewebezusammenhang auf. 46 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Bastzellen und Bastparenchymzellen enthalten: Rohe Bastfaser von Abelmoschus teiraphyllos. » > » TJrena sinuata. » » Crotalaria juncea (Sunn). » » » Calotropis gigantea. Roher Hanf (enthält kleine Mengen von Bastparenchym ; sehr rein ausgehechelter Hanf ist manchmal frei von Bast- parenchym). Aus Bastzellen, Bastparenchym und Bastmarkstrahlen besteht: Die rohe Bastfaser von Bauhinia racemosa. Neben Bastzellen treten auch Yiefaße auf: Bei allen aus Blättern monokotyler Pflanzen dargestellten Fasern (neuseeländischer Flachs, Manilahanf, Pite, Sisal, Tillandsia-, Pandanus-, rohe Espartofaser, Piassave), ferner in der Kokosnußfaser. g) Verdickung der Zellwände. Die Wandverdickung der die Fasern zusammensetzenden Zellen ist im allgemeinen eine sehr verschiedenartige, z. B. bei der vegetabilischen Seide und bei der Bombaxwolle eine geringe, an den Bastzellen von Flachs, Hanf, des Espartoblattes eine sehr mächtige. So sehr an den genannten und noch einigen anderen weniger bekannten Fasern die Dünn- oder Dickwandigkeit der Zellen in die Augen springt, so möchte ich aber doch die Größe der Wandverdickung nicht als ein durchgreifendes Kennzeichen benutzen, da die histologischen Elemente vieler Fasern oft alle Übergänge von schwacher bis starker Verdickung nachweisen lassen. Hingegen ist zu betonen, daß bei manchen Fasern eine höchst merk- würdige, charakteristische und in die Augen fallende Eigentümlichkeit in der Ungleichartigkeit der Zellwandverdickung besteht. Während nämlich die Bastzellen von Hanf und Flachs eine gleichmäßige Ver- dickung aufweisen, sind folgende Fasern dadurch ausgezeichnet, daß ihre Bastzellen stellenweise wenig, an anderen Stellen mehr oder minder stark verdickt sind. Eine solche ungleichmäßige Verdickung der Zellhaut findet sich bei: den Bastzellen von Corchorus-krien (Jute), » » Äbelmoschus teiraphyllos, » ■ » > Edgeworthia papyrifera, » » » TJrena sinuata, » » » Thespesia Lampas. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 47 Stellenweise vollkommen verdickt, also geradezu lokal lumenlos ^) sind die Bastzellen von: TJrena sinuata, Sterculia villosa, Sponia Wightii , Edgeivorthia pa'pTjrifera. Es sei hier auch noch erwähnt, daß die Bastzellen vieler technisch verwendeter Fasern insofern direkt keine Strukturverhältnisse erkennen lassen, als die Verdickungsschichten gleichmäßig ausgebildet erscheinen, also keine Poren, Tüpfel, Ringe, Schrauben u. dgl. mehr aufweisen. Hierher gehören z. B. Hanf-, Flachs-, Ramiefasern und Baumwolle. An anderen erkennt man viele und deutliche Poren in der Zellwand, nämlich : an den Bastzellen der Faser von Abelmoschus tetrapkyllos, » » » » :. , » Sida retusa, j> » » » , » Thespesia Lampas^ » » » Blattgefäßbündel von Bromelia Karatas, » » Kokosnuß. Manche Bastzellen zeigen, mit Reagentien behandelt, Schichtung; gequetscht oder nach gewissen chemischen Einwirkungen, Streifung, worauf ich bei der speziellen Abhandlung der einzelnen Fasern aufmerk- sam machen werde. Die Länge der die einzelnen Fasern zusammensetzenden Zellen ist ein sehr wichtiges Kennzeichen. Auf die Länge der Haare, welche die Baumwolle, die Bombaxwolle und vegetabilische Seide konstituieren, wurde schon oben aufmerksam gemacht. In der Beschreibung der ein- zelnen Fasern habe ich auf die Dimensionen aller dieselben aufbauenden Formelemente gebührend Rücksicht genommen. In der nachfolgenden Zusammenstellung begnüge ich mich, die Längen der integrierenden, oft (z. B. beim Flachs) einzig und allein auftretenden Formbestandteile, nämlich die Längen der Bastzellen anzugeben. Die Ermittlung der Länge dieser histologischen Elemente macht gewöhnlich keine Schwierigkeiten, da ja die meisten Bastzellen sich entweder durch Kalilauge oder Chrom- säure leicht und vollständig isolieren lassen, worauf ich im speziellen Teile dieses Abschnittes bei jeder einzelnen Faser aufmerksam machen werde 2), 1) Auf dieses merkwürdige Strukturverhältnis der vegetabiUschen Zellhaut habe ich zuerst in meiner Abhandlung über die indischen Pflanzenfasern (iSVO) aufmerk- sam gemacht. 2) Ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß nach der Ansicht von Höhnel's (Mikroskopie der Faserstoffe, 2. Aufl. t905, p. 27) die Größenverhältnisse der Faserele- mente von der Größe der betreffenden Exemplare der Faserpflanze abhängig sein sollen. 48 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Bezeichnung der Faser Länge der Bastzellen Tillandsiafaser 0,2—0,8 mm Piassave 0,3-0,9 » Bast von Cordia latifolia . . . . 1,0 — 1,6 » » » Abelmoschus tetraphyllos . 1,0 — 1,6 » Espartofaser 0,5 — 1,9 » Bast von Sida retusa 0,8 — 2,3 >> » Urena sinuaia .... 1,1 — 3,2 » Blattgefäßbündel von Aloe perfoUata 1,3 — 3,7 » Bast von Bcmhinia racemosa . . . 1 ,5 — 4,0 » ') Jute 0,8—4,1 . Blattgefäßbündel von Pandanus odo- ratissimus . 1,0 — 4,2 » Bastfaser von Thespesia Lampas . . 0,92 — 4,7 > Neuseeländischer Flachs 2,5-^5,6 ■» Blattgefäßbündel von Bromelia Ka- ratas 1,4 — 6,7 » Sunn 0,5—6,9 » Bastfaser von Hibiscus cannabinus . 4 — 12 »2) Flachs 20—50 » s) Ramiefaser bis 220 » und auch darüber (s. Ramiefaser;. Er sagt: »Je länger ein Exemplar z. B. von Lein, Jute usw. infolge von günstigen äußeren Verhältnissen wird, desto länger werden auch die Fasern in demselben«. Nähere Angaben fehlen. Soweit meine Erfahrungen reichen, bleiben die Dimensionen der histologischen Elemente bei allen normal entwickelten Individuen einer Pflanzen- form innerhalb bestimmter Grenzen konstant und erscheinen von den Dimensionen der ganzen Pflanzen kaum merklich beeinflußt. Bei ausgesprochenen Zwergpflanzen habe ich wohl selbst beträchtliche Abweichungen bemerkt; aber diese kommen hier nicht in Betracht. Es sei hier noch angeführt, daß Amelung in der »Flora« (1893) eine eingehende Arbeit über das Verhältnis der Zellengröße zur Organgröße veröffenthcht hat, aus welcher hervorgeht, daß die mittlere Zellengröße von der Größe der betreffenden Organe unabhängig ist. Über pygmaeische Formen hat Amelung keine Beobachtungen angestellt. Hierüber und überhaupt über die Beziehung der Zellgröße zur Größe der betreflenden Organe oder Individuen liegt aus neuester Zeit eine Arbeit von Sierp vor, welche zu dem Ergebnis führte, daß für die Zellgröße eines Gewebes einer Spezies ein Mittelwert charakteristisch und erblich festgehalten ist. Sierp, Hermann, Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik, Bd. 53 (1913). 1) Und wahrscheinlich darüber (vgl. Beschreibung). 2) Und wahrscheinUch darüber (vgl. Beschreibung). 3) Von der Wurzel, ferner im untersten und obersten Stengelteil kommen auch viel kleinere Bastzellen vor, die wohl im Werg, aber nicht im Reinflachs zu finden sind (siehe unten bei Flachs). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 49 i) Breite der die Fasern zusammensetzenden Zellen. Ich nehme hier bloß auf die Breite der die Fasern zusammen- setzenden Haare bzw. Bastzellen als den wesentlichsten histologischen Bestandteilen der Fasern Rücksicht, werde aber in dem speziellen Teile dieses Abschnittes nicht verabsäumen, auch die Breite der anderweitigen an dem Aufbaue bestimmter Fasern anteilnehmenden Zellen anzuführen, da für einzelne Fasern auch die Dimensionen dieser Elementarorgane sehr bezeichnend sind. Ich habe im vorUegenden Abschnitte versucht, mich von der früher befolgten Art, die Breite der Baumwollenhaare, Flachsbastzellen usw. festzustellen, nämlich diese Dimension an irgendeiner beUebigen Stelle der Faser auszuführen, zu emanzipieren, und habe an jeder einzelnen zu messenden Zelle die größte Breite gemessen. Daß man auf diese allerdings sehr mühevolle Bestimmungsweise viel verläßlichere Resultate, als nach der früheren, erhalten muß, ist wohl einleuchtend. Auch habe ich mich nicht begnügt, aus den gefundenen Maximalbreiten ein Mittel abzuleiten, sondern bestimmte aus einer genügend großen Reihe von Beobachtungen die häufigsten Werte, ähnlich wie ich dies auch bei der Grüßenbestimmung der Stärkekörner getan habe (vgl. Bd. II, p. 6). Ich habe mich durch viele Versuche überzeugt, daß durch Berücksichti- gung der maximalen Breiten und der hieraus abgeleiteten häufigsten Breiten der Zellen Resultate zum Vorschein kommen, welche für die einzelnen Fasern höchst konstant sind und mit Recht einen Platz in der Charakteristik der Fasern beanspruchen i). Art der Maximale Breite Bezeichnung der Faser gemessenen ' Grenz- Häufigster Zellen ^erte Wert Tillandsiafaser Bastzellen 6 — -15 ;j. ? Espartofaser 9 — 4 5 » ? Bastfaser von Cordia latifolia . » 14,7 — -16,8 > . 15 fi Neuseeländischer Flachs ... » 8 — \ 9 » 13» Bastfaser von Abelmoschus tetra- phijllos » 8—20 » 16 » Bastfaser von Bauhinia racemosa » 8 — 20 •» ? > > Corchorus capsularis » 10 — 21 » 16 » » Thespesia Lampas . > 12 — 21 16 » * " Urena sinuata . . » 9 — 24 > 15 » Blattgefäßbündel von Aloe per- foliata » 15—24 . ? 1) In neuerer Zeit ist diese Art der Dimensionsbestimmung von Zellen und anderen histologischen Bestandteilen der Pflanzenzelle auch von anderen Seiten akzep- tiert worden. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 4 50 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Bezeichnung der Faser Bastfaser von Sida retusa . > Calotropis gigantea Flachs '. Hanf Bastfaser von Corchorus olitorus » > Hibiscus cannahinus Baumwolle Vegetabilische Seide von Calotropis gigantea Bombaxwolle Bastfaser von Crotalaria juncea Blattgefäßbündel von Bromelia Karatas Ramiefaser Art der Maximale Breite gemessenen Zellen Grenz- werte Häufigster Wert Baslzellen 15—25 11 9 18—25 » ? 12—26 :. 15—17/«!) 15—28 16 — 19 » 16—32 20 > 20—41 » ? Haare 12—42 > 18—37 .2) 5, 12-42 » 38 » » 19—42 » 21—29 > Bastzellen 20—42 * ? , 27—42 » ? , 16—80 ,> 50 ,3) k) »Verschiebungen« in den Membranschichten der Bastzellen. Von F. V. Höhnel ist zuerst auf eine für manche Pflanzenfasern sehr charakteristische morphologische Eigentümlichkeit hingewiesen worden, für welche der genannte Forscher das bezeichnende Wort »Verschiebungen« (der Verdickungsschichten) angewendet hat. Unter »Verschiebungen« ver- steht V. Hühnel die in der Längsansicht der Fasern erscheinende, stellen- weise plötzlich auftretende Richtungsänderung der Verdickungsschichten : die der Längsrichtung der Faser folgenden Verdickungsschichten brechen mit einem Male winkelig ab, um eine kurze Strecke weiter wieder in die normale Richtung zurückzukehren (Fig. 6). Der Entdecker dieser Erscheinung hält sie für eine im normalen Lebenslauf der betrefi'enden Pflanze auftretende morphologische Verände- rung, welche dadurch zustande kommt, daß die Zonen je einer Faser während des Wachstums der betreffenden Organe einem verschieden starken radialen Druck ausgesetzt sind, wodurch gewissermaßen eine mechanische Schädigung eintritt, die sich als »Verschiebung« zu erkennen gibt^). 1) Im Reinflachs. In das Werg gehen aucli Bastzellen über, deren Dimensionen von den oben mitgeteilten abweichen und von den Spitzen und dem Fuße der Flachsstengel herrühren. Siehe unten bei Flachs. 2) Näheres über die Breite der Baumwollenfaser siehe unten bei Baumwolle. 3) Infolge mechanischer Angrifi'e bei der Gewinnung der Ramie scheint der Qiierschnitt der Faser einen Durchmesser bis 126 [a erreichen zu können. 4) F. V. Höhnel in Pringsheims Jahrb. f. wiss. Botanik. XV (1884), p. 311 ff. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 51 äi3 Nach den von Schwendener^) ausgeführten Untersuchungen sind die von v. Hühnel aufgefundenen »Verschiebungen« in der lebenden Pflanze nicht vorhanden, sie entstehen vielmehr erst durch spätere Ver- letzungen. Schwendener isolierte die Bastfasern verschiedener Pflanzen durch Fäulnis, wobei sie, obgleich aus dem gegenseitigen Verbände tretend, keinerlei mechanische Angriffe erleiden. Die auf solche Weise isolierten Fasern wurden frei von »Verschiebungen« gefunden. Dem ge- nannten Autor war es nur darum zu tun, zu entscheiden, ob die Pflanze durch ihre eigene Tätigkeit dazu beitrage, ihre mechanischen Elemente zu schädigen. Auf Leinenfaser und andere technisch verwen- deten Fasern, welche die Erschei- nung der »Verschiebungen« dar- bieten, ist Schwendener nicht eingegangen. Ich habe Leinen- fasern von reifen, aber noch ungebrochenen Flachsstengeln durch Kochen in Wasser isoliert und habe an denselben keine * Verschiebungen « wahrgenom- men. Auch die durch Fäulnis isolierten Bastzellen von Hanfund Ramie habe ich vollkommen un- verletzt gefunden. Ich muß also der Ansicht Seh wendeners bei- pflichten, daß die an Bastzellen zu findenden »Verschiebungen« in der intakten Pflanze noch nicht vorhanden sind, sondern sich erst durch mechanische Verletzungen, des »Brechens« einstellen. So wird es verständlich, daß wohl an Flachs oder Hanf, nicht aber an der Jute »Verschiebungen« vorkommen. Die Jute wird eben nicht >gebrochen«, sondern nach kurzer Rüstung in ganzen Streifen vom Stengel abgezogen, wobei sie begreiflicherweise keinerlei heftigen mecha- nischen Angriffen ausgesetzt ist. Selbstverständlich ist auch die Baum- wollenfaser völlig frei von »Verschiebungen«'. So ist durch v. Höhn eis Auffindung ein neues Mittel an die Hand gegeben, um Leinfasern von Baumwollfasern zu unterscheiden. In der Diagnose der Fasern ist das Fig. Ö. Vergr. 400 tez. (Querscknitte q) 200. Flachs- faser, e Spitze, vv »Verschiebungen«, in der Längs- ansicht l gesehen. Nach v. Höhnel. z. B. beim Flachs und Hanf während ^) Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft. XII (4 894), p. 239 ff. 4* 52 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Auftreten oder das vollständige Fehlen der willkommenes Kennzeichen i). -Verschiebungen« ein oft 1) Querschnittsformen der Faserelemente. In manchen Fällen erscheint es zur richtigen Beurteilung von Form und Struktur der die Fasern zusammensetzenden histologischen Elemente erforderlich, deren Querschnitte im Mikroskop vor sich zu haben. Um Fig. 7.' Vergr. 340. Pflanzenseide von Asclepias Cornuti. m Mitte, qu Querschnitt eines Haares, Id Längsleisten , d dünne Stelle dazwischen , w Wandung. (Nach v. Höhnel.) Fig. 8. Vergr. 340. Pflanzenseide yon Strophan- thus sp. m Mittlerer Teil, q Querschnitt, w Wan- dung, J Längsleisten eines Haares. (Nach v. Höh- nel.) <) Über »Verschiebungen» s. auch K. Saito in Journ. of the College of Science, Imp. Univ. Tokio, XV, 4 90-1, p. 425. Verfasser pflichtet der Höhneischen Ansicht bezüglich des Zustandekommens der »Verschiebungen« bei. Aisslinger (1. c, p. 48) schließt sich bezüglich der Fasern von Fieus eoronata und Gaesalpinia timoriensis der Anschauung von v. Höhnel u. Saito an. — J. Weese. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 53 die Querschnitte zu gewinnen, müssen vor dem Schneiden (aus freier Hand oder mittelst des Mikrotoms) die Fäden in eine dicke Gummilösung eingelegt und in derselben bis zur Schneidbarkeit des Gummis belassen werden, worauf die Herstellung von Querschnitten keine Schwierigkeit bereitet 1). Man erkennt auf diese Weise die gleichmäßige oder un- gleichmäßige Wandverdickung (nament- lich im Vergleiche mit den entsprechen- den Längsschnitten); häufig wird erst auf dem Querschnitt die wahre Form der Zelle offenbar, z. B. bei Haaren (Baum- wolle usw.). In gewissen Fällen finden sich bei Betrachtung des Querschnittes Strukturverhältnisse der Fasern, welche in der Längsansicht der Faser nicht oder nur sehr undeutlich zu sehen sind. So z. B. die von v. HühneP) an der Innen- seite der Zellhäute der Pflanzenseide aufgefundenen Leisten. B o ^ :^ Fig. 9. Vergr. 400. A Bruchstücke iso- lierter Bastzellen aus der Jutefaser, a a natürliche Enden, sä Zellwand. U Lumen der Zelle. £ Querschnitt durch die Jutefaser. Fig. 10. Vergr. 500. Querschnitte durch Baumwollen- fasern A mit gewöhnlichem, weitem, B mit linien- förmigetn, C mit flächenförmigem Lumen hez. mit weitlumigem, fadenförmigem und handförmigem Innenschlauch, c Kutikula, z Zellhaut, l Lumen nach außen vom Innenschlauch begrenzt. m) Über gestaltliche Veränderungen der Zellhaut an Pflanzen- fasern infolge ungleicher Quellung der Zellhautschichten. Als Gharaktereigentümlichkeiten mancher Pflanzenfasern werden häufig Formänderungen angeführt, wejche bei Einwirkung von Quellungs- mitteln zustande kommen und sichtlich auf ungleicher Quellbarkeit der verschiedenen Schichten der Zellhaut dieser Fasern beruhen. Es sind mehrere solcher Formänderungen beschrieben und abgebildet worden, aber man hat bis jetzt nicht den Versuch unternommen, die- 1) V. Höhnel in Dingler, Polytechn. Journ. 1889, p. 573. Wie Höhnel (Mi- kroskopie etc., S.A., 1905) p. 59 bemerkt, ist es zweckmäßig, dem Gummi, in welches behufs Herstellung von Querschnitten die Faser eingebettet wurde, etwas Glyzerin beizufügen, um das Sprödewerden der festgewordenen Gummimasse zu verhindern und die Schneidbarkeit zu erhalten. 54 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. selben übersichtlich, eventuell einheitlich auf Grund von Beobachtungen über die ungleiche Quellbarkeit der Zellhautschichten darzustellen. Ich unternehme hier diesen Versuch in der Hoffnung, zum Verständnis dieser Formänderungen beizutragen und Anregungen zu weiteren diesbezüglichen Untersuchungen, auch mit Rücksicht auf die Unterscheidbarkeit der Fasern, zu geben. Im hohen Grade quellbar in starken Quellungsmitteln sind jene Zell- hautschichten, welche der Hauptmasse nach oder (im gebleichten Zu- stande) gänzlich aus Zellulose bestehen. Ganz anders verhalten sich kutinisierte oder verholzte Zellhautschichten, welche entweder gar nicht quellen oder sofern sie ein kleines Quantum von Zellulose enthalten, in geringem Grade. Wenn also an einer Faserzelle kutinisierte oder ver- holzte Schichten mit Zelluloseschichten abwechseln, so muß es zu Form- änderungen kommen, welche, wenn die Schichten im Verbände bleiben, sich besonders charakteristisch gestalten. Auch der Innenschlauch toter Pilanzenfasern, welcher aus einer hautfürmigen Schicht von eingetrock- netem Protoplasma besteht, quillt im Vergleich zu den Zelluloseschichten nicht oder nur wenig. Die Pflanzenfasern quellen niemals gleichmäßig, sondern stets in der Richtung des Querschnittes am stärksten und in der Längsrichtung am geringsten. Die ungleichartige Volumzunahme, welche sich als Folge ungleicher Quellung der Fasern nach Länge und Dicke ergibt, tritt am schärfsten hervor, wenn stArk aufquellend wirkende Reagentien, am besten Kupferoxydammoniak, in Anwendung gebracht werden. Die quellungsfähige Faser nimmt dabei so sehr an Dicke zu, daß sie in der Längsrichtung, trotz Quellung, sogar eine Verkürzung erfahren kann. Wie V. HühneU) gefunden hat, können sich Pflanzenfasern bei starker Quellung bis auf 60 Proz. verkürzen, während die Dicke hierbei um das sechsfache zunehmen kann. Diese Volumänderungen betreffen nur selten die ganze Faser, nämlich nur dann, wenn sie bloß aus Zellulose besteht, was wohl nur bei reingebleichten Fasern zutrifft. Bei den na- türlichen Pflanzenfasern, deren Membranschichten eine verschiedene chemische Zusammensetzung besitzen, nehmen bestimmte Schichten- anteile (Kutikula, Mittellamelle, Innenschlauch) an diesen Volumände- rungen keinen oder nur einen verhältnismäßig geringen Anteil und werden, da sie in Verbindung mit den stark quellenden Zelluloseschichten bleiben, begreiflicherweise in ihren Formverhältnissen total umgestaltet, was auf dreierlei Weise geschehen kann: durch Faltung, Biegung oder Zerreißung, d. h. die mit den quellenden und hierbei sich verkürzenden Zelluloseschicbten verbundenen nicht quellenden Schichten können ihre H) Mikrosi Leitelemente« gegeben sind, welche mit großer Sicherheit ergeben, ob das Strohpapier aus Mais-, Reis-, Weizenstroh usw. erzeugt wurde. Ich habe dies auch für das Espartopapier nachgewiesen und habe in vielen anderen Fällen durch Ausfindigmachung von solchen > Leit- elementen« die mikroskopische Prüfung der Faser zu erleichtern versucht. Diese > Leitelemente« spielen nunmehr in der Faseruntersuchung eine immer größere Rolle, z. B. bei Untersuchung von Lein, Hanf, Manila- Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 61 hanf, Kokosfaser, Piassave usw. Eine besondere Wichtigkeit besitzen die Leitelemente bei der häufig außerordentlich schwierigen Papierunter- suchung, wie schon oben angedeutet wurde. Nach der Richtung ver- danken wir T. F.Hanausek wichtige Beiträge'). Jüngsthin hat Herzogt) durch Auffindung von »Leitelementen« (Oberhaut), die Erkennung der Sunnfaser sehr erleichtert. Die Leitelemente können histologisch einen sehr verschiedenen Cha- rakter an sich tragen. Sehi' häufig gehören sie der Oberhaut der be- treffenden Organe zu. Sie können aber auch dem Holzkörper oder dem Rindenkürper angehören oder können das Gefäßbündel begleitende Ele- mente sein, wie die früher besonders abgehandelten höchst charakteristi- schen Stegmata. p) Morphologie der Asche. Die Agche der meisten Fasern ist wohl formlos;, aber es existieren manche Fasern, in deren Asche ganz bestimmt geformte Bestandteile auf- treten, welche für die betreffenden Fasern höchst charakteristisch sind. So findet man z. B. in der Asche der Espartofaser eine Menge von, der Form nach, völlig wohlerhaltenen Oberhautzellen, nämfich deren Kieselskelelte. In mehreren Faseraschen treten Formen auf, an denen man sofort einen kristallartigen Charakter erkennt. In der Regel sind diese Gebilde Scheinkristalle von Kalk, welche bei der Veraschung aus den in den betreffenden Fasern enthaltenen Kristallen von oxalsaurem Kalk entstanden sind und auch noch nach der Verbrennung die ursprüngliche Gestalt beibehielten. Daß diese Scheinkristalle aus Kalk bestehen, eikennt man an ihren Löslichkeitsverhällnissen, ferner an der Einwirkung von Schwefelsäure, welche diese Gebilde in nadeiförmige Kristalle von Gips umformt. Die in den Pflanzenaschen auftretenden Scheinkristalle unterscheiden sich weder in der Form noch in der Größe von den in den Zellen der Fasern vorkommenden Kristallen, wohl aber im Aussehen. Sie sind nämfich von zahlreichen, lufterfüllten, über- aus kleinen Klüften durchsetzt und erscheinen deshalb im Mikroskop schwärzlich. Es ist sehr naheliegend, zu fragen, weshalb ich vorschlage, die Kristalle der Asche aufzusuchen, da sie ja doch in gewissen Geweben (Bastparenchym und Bastmarkstrahlen) der betreffenden Fasern enthalten sind, es mithin zweckmäßiger erscheint, sie gleich direkt nachzuweisen. Es läßt sich hierauf einwenden, daß die direkte Nach Weisung der Kri- staUe häufig wegen der geringen Menge, in der sie auftreten, außer- 1) Der Papierfabrikant. Berhn 1912 ff. 2) A. Herzog, Zur Unterscheidung der Seilerfasern. (Tropenpflanzer, XVIII, 19U, p. i17 — 136.) 62 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. ordentlich zeitraubend ist, der indirekte Nachweis, nämlich ihre Auf- findung in der Asche, stets leicht ist, indem sie hier durch die Ver- brennung der ganzen organischen Substanz der Faser auf einen kleinen Raum zusammengedrängt werden. In den Aschen der nachfolgenden Fasern lassen sich Kristalle nach- weisen: Samenhaare von Ochronia Lagopiis (sehr kleine Mengen in der be- kannten Briefkuvertform des Oxalsäuren Kalks). Roher Bast von Boehnieria nivea (kleine Mengen von Kristallaggre- gaten aus dem subepidermoidalen Parenchym). Bast, bzw. rohe Bastfaser von Abelmoschus tetraphyllos (sehr viele kurze, schiefprismatische Kristallformen; aus dem Bast- parenchym stammend). Roher Bast von Ure7ia smuata{gT oCe Mengen von Scheinkristallen; gleicher Form und Herkunft wie die vorigen). » von Thespesia Latnpas (große Mengen von Kristall- aggregaten, die durchweg aus den Bastmarkstrahlen stammen). » von BauJiinia racemosa (viele kurze, schiefprismatische Formen, aus dem Bastparenchym stammend). Cordia latifolia (viele Kristallaggregate, von den Bast- markstrahlen herrührend). Alle jene Pflanzenfasern, weiche Stegmata (s. oben p. 59) führen, lassen in ihrer Asche die Inhalte dieser Zellen erkennen. Diese Inhalts- körper sind entweder Kieselsäure, welche in Form von runden oder morgensternförmigen Körnen in der Asche zurückbleiben (Coir, alle Arten von Piassave, Manilahanf), oder bestehen aus Kalkverbindungen (Pandanusfaser). In der Asche treten die Inhaltskörper der Stegmata nicht in so wohlerhaltenem Zustande wie nach der Isolierung mit Chromsäure (p. 60, Fig. 16) auf. Die kieseligen Körper scheinen bei der Veraschung etwas zu schmelzen. In der Regel treten diese Inhaltskörper unbedeckt in der Asche auf, da die umhüllenden Membranen gewöhnlich weder verkieselt noch verkalkt sind. V. Übersicht der Faserpflanzen^). 1. Florideen (Algen). Polysiphonia sp. In Verbindung mit anderen pflanzlichen Papier- materialien wird der Thallus dieser Rotalgen in Japan zur Herstellung von Tapeten verwendet. Das rote Algengewebe erscheint der übrigen \) Die im nachfolgenden Verzeichnis enthaltenen, mit ? versehenen Spezies fehlen im Index Kewensis. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 63 Fasermasse aufgepreßt, wodurch diese Tapeten ein charakteristisches Gepräge erhalten. Ein Teil der von Hilgendorf aus Japan mitgebrachten japanischen Pflanzen war in solchem Tapetenpapier eingelegt. Nach einer von Hilgendorf herrührenden Angabe in den Schriften des Botan. Vereins der Provinz Brandenburg, 1878. 2. Cjatheaceen. Cibotium Ba7'ometx Kz., C. glauceseens Kx. Sumatra. Die am Grunde der Wedel dieser tropischen Baumfarne auftretenden Spreuhaare, »Pennawar Djambi«, sind als blutstillende Mittel bekannt, liefern aber auch, gleich der Bombaxwolle, ein Polstermaterial. C. glaucum Hook. Sandwichinseln. Liefern Spreuhaare, >Pulu« genannt. Dicksonia Meiixiesü Hook. Mexiko, Zentralamerika. Liefert >Pulu«. »Pulu« wird wie »Pennawar Djambi« verwendet. Die langfaserigen Sorten beider sollen auch gemischt mit anderen Fasern versponnen werden. — Miquel, Sumatra, 1862, p. 74. — Dodge, A descriptive Gatalogue of useful fiber plants of the world. Washington, 1897, p. 118. 3. Cycadaceen, Cycas circinalis L. Ostindien. Blattfasern. — Gat. des col. fr. 1867, p. 81. — Nach Dodge, 1. c, p. 143 liefern C?/c«s-Arlen auch eine Art »Pulu«. 4. Pinaceen. Picea excelsa Link, Ahies pectinata DC. Das Holz der Fichten, Tannen und anderer Nadelhölzer findet ausgedehnte Anwendung in der Papierfabrikation; siehe Papierfasern. Die Nadeln der genannten und auch anderer Koniferen, insbesondere aber die der Föhren, dienen in verschiedenen Ländern (im Thüringer Wald, zu Jönköping in Schweden, zu Wageningen in Holland usw.) zur Darstellung der Wald wolle (Pine or forest wool, laine de bois), welche durch Zerfaserung der Nadeln gewonnen wird. Es ist dies ein Faserstoff, welcher aus Oberhautstreifen, Sklerenchymfasern und Gefäßbündelteilen der Koniferennadeln besteht, als Stopfmaterial und, mit anderen Fasern (Baumwolle oder Schafwolle) gemengt, zu Gesundheits-Kleidungsstücken (Gesundheitsflanell) versponnen und gewebt wird. — Grenish, Pharm. Journ. and Transact. XV (1884—1885), p. 381. — J. Zipser, Die textilen Rohmaterialien, Wien und Leipzig, 1(1899), p. 41. Die bedeutendste WaldwoUwarenfabrik be- findet sich zu Remda (Weimar), wo La ritz diesen Industriezweig be- gründete. Waldwolle aus Kiefernnadeln findet in neuerer Zeit wieder mehr Beachtung. Tropenpflanzer 1915, p. 720. 64 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 5. Gnetaceen. Gnetum gnemon L. (= Gnemon domesticiim Rumph.). Sunda- inseln, Molukken, Neuguinea, Philippinen, Mariannen. Bastfaser. — Miquel, Flora Nederl. Indie, II, p. 1067. — Selleger in Bull. Kolon. Museum Haarlem, Nr. 31, 1904. — Aisslinger, Beiträge z. Kenntnis wng. bek. Pflanzenfasern, Zürich 1907, p. 52. Hier auch über die Fasern \ . G: latifolium Bl. u. scandens Roxb. G. funiculäre Bl. Java, Celebes, Molukken. Bastfaser. >Waru'r, »Baguc — Miquel, 1. c, p. 1068. — Miquel, Sumatra, p. 96. 6. Typhaceen. Typha angustifolia L. und T. latifolia L. Lieschkolben, Rohr- kolben (cat tail [England], mosette [Frankreich], Lana de Enea [Italien], Totora [Peru]). Europa, Asien, Amerika. Die Fruchtwolle wird als Polster- material und mit Tierhaaren gemengt, da sie gute Filze gibt, in der Hutfabrikation verwendet. Soll auch versponnen werden (Grothe). Die Blätter dienen zu Flechtwerk, auch in der Papierfabrikation. — A. Ernst, La exposicion nacional de Venezuela. Caracas 1886, p. 414. — Dodge, 1. c, p. 319. — Beschreibung der Fruchthaare: Wiesner, Mikrosk. Unters. 1872, p. 8. — v. Höhnet, Mikroskopie etc., 2. A., p. 39. Ab- bildung der Früchte und Fruchthaare auf p. 42, p. 72 Beschreibung der bastzellenreichen Gefäßbündel der Stengel von Typha angustifolia und latifolia, welche eine Faser bilden, die als Ersatz für Jute in Vorschlag gebracht wurde. S. auch C. Ho ff me ister, Mitteil, üsterr. Flachs- und Leineninteressenten 1899, Nr. 122. — Herzog, A., Mikrophotogr. Atlas der techn. wichtigsten Faserstoffe. München 1908, p. 77, Fig. 146. — Selleger, 1. c. — Aisslinger, 1. c, p. 56. Die als »Schilffaser« bezeich- nete Ersatzfasern, (s. unten bei Phragmites) ist z. T. Typha-Faser. Textil- meister, Wien, 1915. 7. Pandanaceen. Pandanus odoratissimus L. , P. utilis Bo?y, P. furcatus Roxb., P. Thomensis Henr. siehe Pandanusfaser. 8. Potamogetonaceen. Zostera marina L. Adria. u. andere Meere. Als »Seegras« häufig verwendetes Polstermaterial. Seit alters her als »Alga vitrariorura« in Venedig zum Verpacken von Glaswaren verwendet. Posidonia oceanica L. (Bei.) (= P. Caulini Kon.). Mittelmeer und atlantische Küsten der iberischen Halbinsel. So wie Zostera marina verwen- det. Engler-Prantl, Pflanzenfamilien II. Teil, l. Abteil. (1889), p. 206. P. australis Hook. Siehe Posidoniafaser. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 65 9. HydrocharitaceeD. Enalus aeoroides Steud. fStratioies acoroides L. ßl. = Enhalus Königii L. C. Rieh.) Ind. u. trop. Küsten des westl. Stillen Ozeans. Blattfasern. — Engler-Prantls Pflanzenfamilien, II, 1. p. 254. — • Dodge, 1. c, p. 157. Liefert auf Gelebes eine geschätzte Faser. — Savorgnan, Goltivazione etc. delle Plante Tessili. Milano 1891. 10. <]!ramineen. Bamhusa arundinacea Willd. (= Anindo Bambos L.). Die Faser des Stammes dieser und anderer Bambusa-Arten dient in China zur Papierbereitung. Siehe Papierfasern. Stipa tenacissima L. f= Macrochloa tenacissima Kunth). Siehe Espartofaser. Lygeiim sparfum Löffl. (= L. spathaceum L.J. Spanien, Nord- afrika. Stengel zu Flechtwerk und Geweben. — ■ Duchesne, 1. c, p. 15. Siehe auch Esparto. Gymnostacliys anceps R. Br. Neu-Süd-Wales. »Trawellers grass«. Die Fasern der Blätter zeichnen sich durch außerordentliche Festigkeit aus. Saccharum officmarum L. Das abgepreßte Zuckerrohr, die Ba- gasse, dient zur Papierbereitung — Gat. des col. fr., p. 79 — H. Müller, Deutscher Ausstellungsbericht der Wiener Weltausstellung (1873), III, p. 109. — Tropenpflanzer, YIII (1904). — Mikroskopie: T. F. Hanausek, Der Papierfabrikant, Berlin 1911, Fest- und Auslandsheft, p. 34. S. Mara Roxb. und S. Munja Roxb. Beide in Indien. Beide zu Flechtarbeit und namentlich letztere in ausgedehntem Maße in der Papierfabrikation. — Watt, Econ. Prod. of India. Vol. I, Part. HI, p. 2 in H. 3. Kalkutta 1883. Über Munj fibre von S. arundinaceuni Retz. s. Watt, Gommerc. Products of India. London 1908, p. 929. ' Eleusliie coracana Gärt. Indien. Faser der Stengel zu Seilen. Gat. des col. fr., p. 79. Ampelodesmos tenax Link. Mittelmeergebiet, insbesondere Algier. Dient zur Papierfabrikation. — H. Müller, 1. c, p. 104. — Die anato- mischen Verhältnisse dieses Grases hat T. F. Hanausek insbesondere mit Rücksicht auf die analogen Verhältnisse der Blätter von Stipa tena- cissima und Lygeum spar tum studiert, da auch Ampelodesmos tenax den Espartogräsern , dem Rohmateriale der Espartozellulose für die Papierfabrikation zugezählt wird. T. F. Hanausek, Der Papierfabrikant, Berlin 1912, H. 23a, p. 34. Festuca patula Desf. Nordküste Afrikas. Dient zur Papierfabrika- tion. — H. Müller, 1. c, p. 104. Wiesner Uohstoffe. 111. Band. 3. Aufl. 5 66 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Phragmites communis Trin. (= Arundo Phragmites L.). Schilf- rohr. Kosmopolit, bis in die Arktis reichend, selten fehlend, z. B. im Amazonasgebiete. Halm samt Blättern in der Papierfabrikation. Dient auch als Ersatzfaser für Bindegarne, aber nur von geringer Qualität. Die Bindegarne aus Schilf haben (Deutsche Kriegskommission 4 915) nur eine Tragkraft von 9 kg, während die aus Hanf erzeugten Bindegarne eine Tragkraft von 55 — 60 kg aufweisen. Textilmeister, Wien 1915 u. Mittig. techn. Versuchsamtes, Wien, VII., 1918, 1. Heft. Phragmites Karka Trin. Kain'ggras, Indisches Monsungebiet. (Nach Index Kew. artgleich mit unserem Schilfrohr, Phr. communis.^ Zur Papierbereitung. T. F. Hanausek, Der Papierfabrikant, 1911, H. 46. Arundo Donax L. Mittelmeergebiet. Italienisches Rohr. Dient zu Flechtarbeiten. Die Faser wird für die Papierfabrikation empfohlen. — Herzberg in den Mitteilungen der Techn. Versuchsanstalt. Berlin 1895. Arundinaria macrosperma Desr. Amerikanisches Schilf. Dient in der Papierfabrikation. — H. Müller, 1. c, p. 106. Ä. tecta Miihl. Maryland, Faser der Stämme zur Papierbereitung. — Ann. Report. U. St. Depart. Agric. 1879. Ämmojjhüa arenaria Roth (^ Arundo arenaria L.). Strandhafer. Sehr gemeines Gras der Dünen. Mittelmeergebiet, auch sonst fast überall an den Küsten Europas und Nordamerikas. Als Marram-Gras in der Papier- fabrikation in England und Amerika angewandt. Kew Bull. 1912, p. 396. Imperata arundinacea Cyr. »Lalüng« oder »Alang«. Lästiges Unkraut in Ostasien, Slam und Indien. Bildet im malayischen Archipel den Hauptbestandteil der Alang-Alangfelder. Dient in der Papierfabri- kation und bildet auch Material zum Dachdecken. Kew Bulletin 1909. — Remington, G. St., Lalang as a paper making material Agric. Bull. Straits and Feder. M^lay States VII (1908). Trop. Agric. and Magazin XXXH (1909). — Hacke 1 in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien II, 2, p: 23. Zizania aquatica L. Wasserreis, Tuscarorareis. Nordamerika, nordöstliches Asien. Dient in Nordamerika zur Papierfabrikation. — H. Müller, 1. c, p. 108. Hymenachne Myurus Bcauv. Dieses in großer Menge in den Savannen Venezuelas vorkommende Gras dient in der Fabrikation von ordinärem Papier. Es wird als Halbzeug unter dem Namen Ganielote nach den Vereinigten Staaten zur Bereitung von Packpapier ausgeführt. — A. Ernst, La exposicion nacional. Caracas 1886, p. 432. Andropogon Ivarancusa Roxh. Indien. Faser der Wurzel. »Vet- tiver« (Woetiwear) zu groben Geweben, Seilen, Teppichen usw. — Gat. des col. fr., p. 78. Ähnlich so scheinen noch andere Andropogon-.\rten Indiens, bei Royle, The fibrous plants of India, London, Bombay 1855, p. 32, Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 67 »Khuskhus« oder »Vettiveyr« genannt, z. B. die in der Parfümerie an- gewendeten Spezies Ä. squarrosUs L. f. und A. muricatus Retx., auf Fasern ausgebeutet zu werden. — Cat. des col. fr., p. 78 und 79. Ä. Gryllus L. (= Chrysopogon Gryllus Trin.j. Die Wurzelfasern werden in Oberitalien als > Quadro« oder itälifenische Reiswurzel in den Handel gebracht und stark in der Bürstenfabrikation verwendet. — Bull. Colon. Harlem 1897. — Wiesner, Aüsstellungsbericht (1867), p. 353. Themeda gigantea Hacke! (= AntJiisüria gigantea Cai\). Ullagras, Riesenspeergras, giant speargrass, Himalaya, hochwüchsiges Gras zur Papier- bereitung. T. F. Hanausek, Der Papierfabrikant, Berlin, 1911, H. 46. Ischaemum angusUfolkmi Hook. Indien. Bulous- oder Bhabur- gras. In Indien zur Papierfabrikation.— Stapf, in Kew Bullet. 1899. p. 367. — Raitt, William, Trop. Agriculture and Magazin XXXII (1909,. T. F. Hanausek, Der Papierfabrikant, 1911, Hft. 25, p. 751. Epicampes^ sp, Mexiko. Die Wurzeln mehrerer Spezies (mexikan. Zakaton) bilden die mexikanische Reiswurzel, welche ähnlich wie die itahenische Reiswurzel besonders in der Bürstenfabrikation verwendet wird. Über Zakatqpwurzel siehe Tropenpflanzer, X., 1906, p. 369 und K. Braun, Der Pflanzer, 1912, p. 8. Sorghum vulgare Pers. und S. halepense Pers. (= Ämlropogoii arundinaceus Scop.) sind die Stammpflanzen der in zahllosen Varietäten kultivierten Durrha der warmen Länder. Die steifen Rispen einzelner Varietäten liefern die sogenannten Reisbesen. Heieropogon contortus R. et S. (^= Andropogon contortus L.): Indien. Gras zu Flechtarbeiten. — Watt, Diction. IV (1890)', ji. 228. Reisstroh, Maisstroh und das Stroh unserer gewöhnlichen Getreide- arten werden in der Papierfabrikation verwendet. Über die hieraus-, sowie über die aus Holz dargestellte Faser siehe unten bei >Papierfasern«. 11. Cyperaceeii. Cyperus Papyrus L. Papyrusstaude. Tropisches Afrika, Cala- brien und Sizilien. Papyrus der Alten. Siehe Papierfasern. C. textilis Thunberg. Japan. In europäischen Gärten seit 1 850 kultiviert. Die Blätter dienen getrocknet, in Längsstreifen zerschnitten und dann aufgeweicht zum Binden, z.B. des Robstocks. — Caillc, Belgique horticole 1878, p. 317. C. Schimperianum Steudel. Im Südgebiete der Bahr el debal. Aus den > Halmen« wird eine zur Herstellung von Stricken dienende Faser gewonnen. Die Stricke dieser Faser werden für Wasserschöpfräder ver- wendet. — Rein, Tropenpflanzer, XIH (1909), p. 534. Carex bryxoides L. Die Blätter liefern eine Art Seegras. In großen Mengen im Großherzogtum Baden (im badischen Rheintal) und in Ober- 5* 68 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Österreich (jährlich 2,5 Mill. kg) gesammelt und in den Handel gebracht. — Sehr ausführliche Mitteilungen über diese Art Seegras siehe Newald, Offiz. österr. Ausstellungsbericht 1873, Forstwirtschaft, p. 43 ff. Lepidosperma elatius Lahill. L. gladiatum Labill. Viktoria und Tasmanien. Die Fasern der grünen Teile zur Papierbereitung. — Thos. Ghristy, New Gommerc. Plauts I, fibres. London 1882, p. 48. Eriophorum sp. Mitteleuropa. Wollbüschel des Fruchtstandes. Man versuchte die Wolle unserer europäischen Wollgrasarten als Ersatz für Baumwolle zu verwenden; begreiflicherweise ohne Erfolg (vgl. bei Cha- maeneriuTn). — Böhmer, Technische Geschichte der Pflanzen. Leipzig 1794. Bd. I, p. 567. Siehe auch über die Verwendung von »Cotton grass« [E. latifoUum Hoppe und andere Spezies) Dodge, 1. c, p. 762. — Über die > Wollgrashaare« von Eriophorum-Arten siehe auch F. v. Höhnet, Mikroskopie der Faserstoffe, 2. Aufl., Wien und Leipzig 1905, ferner. Der Textilmeister, Wien 1915. — Bei Höhnel auch eine mikro- skopische Gharakteristik der Fruchthaare von Eriopho7'mn angustifolium L. und latifoUum Hoppe. Hanausek im Textilmeister, Wien 1915. Siehe auch unten bei Torffaser. 12. Palmen. Chamcerops humüis L. Faser der Blätter zu Seilen, auch als eine Art vegetabilisches Roßhaar (crin vegetale oder crin d'Afrique), in Berlin als Indiafaser, worunter nach Wittmack aber auch andere Ersatzmittel der Roßhaare zu verstehen sind, in Wien Afrik genannt. Die Blätter sind auch für die Papierfabrikation sehr geeignet. — H. Müller, Deutscher Bericht über die Wiener Weltausstellung 1873, HI, 1, p. 105. Mit Kamelhaar gemengt zu Geweben (Zeltstoffe) in Algier, in den Mittel- meerländern, am Senegal. Gat. des col. fr., p. 80. Ch. Ritchiana Griff. Indien. Blattfaser. »Pfees«. — Watson, Journ. of arts, 1860, Mai, p. 1 1 ff. Ch. hystrix Fräs. Zentralamerika und Westindii^n. Die starke und dauerhafte Faser der Blätter ist Handelsware. — Squiei', Tropical fibres, London, New York 1863, p. 50. Borassus flabelliformis L. (^= Lontwus domestica Rumph.). Süd- liches Asien, überall in den Tropen kultiviert. Fasern der Blattscheiden. »Palmyra nar«. — Royle, 1. c, p. 98. — Gat. des col. fr., p. 80. — Squier, 1. c, p. 52. Siehe auch Piassave und Papier. Medeyniaargun P. O.v. Württemberg. Kordofan und am blauen Nil. Aus den Blättern wird eine Faser gewonnen, welche sich durch besondere Festigkeit auszeichnen soll. — Rei n , G. K., Tropenpflanzer XHI (1 909), p. 535. Corypha umbraculifei'a L. Indien. Die Fasern der Blattstiele für Taue. — Gat. des col. fr., p. 80. Über das Blatt von C. u. siehe Papier. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 69 Arenga saccharifera LabiU. (^ Gonmhis saccharifera Sp?'.). Inseln des indischen Meeres und Cochinchina, in den Tropen häufig kultiviert, z. B. auf Reunion. Fasern der Blattscheiden. »Gomuti obre«, »crin vegetale^^ z. T., »Ejoo«. — Royle, 1. c, p. 92. — Cat. des col. fr., p. 81. — Watson, 1. c, p. 11 ff. — Squier, 1. c, p. 48. — Watt, The com- mercial proViucts of India. London 1908, p. 91. Caryota mitis Loiir. Reunion. Blattscheidenfaser, »crin vegetale« z. T. ~'Cat. des col. fr., p. 81. C. urens L. Indien, Ceylon Blattscheidenfaser, »crin vegetale« z. T., »Kitool«, >Kitul«, »black fibre«. — Royle, 1. c, p. 99. — Squier, 1. c, p. 52. — Cat. des col. fr., p. 81. — Dodge, 1. c, p. 112. — Watt, l. c, p. 170. Was im deutschen Handel unter dem Namen »Siamfaser« vorkommt und als Ersatz für Borsten Verwendung findet, scheint zu- meist von Car?/o^a-Fasern abzustammen. Siehe auch Piassave. In gleicher Weise werden auch di(j Blattfasern von Raphia vinifera verwendet. Siehe Piassave. Piioenix dactylifera L. Tropen. Blattfaser zu Matten usw. — Royle, 1. c, p. 96. — Österr. Monatssch. f. d. Orient, IX (1883), p. 112. Ph. silvestris Roxb. Indien. Blattfaser. Royle, 1. c, p. 91. Ph. reclinata Jacq. Die Einfuhr der Blätter aus Deutsch-Üstafrika wird empfohlen. Zu Flechtarbeiten und als vegetabilisches Roßhaar. — Tropenpfianzer, III (1899), p. 125. Ästrocaryum vulgare Mart. Südamerika. Aus den unentwickelten Blättern wird die zur Verfertigung von ausgezeichneten Tauen dienliche Tuccumfaser bereitet. Die Angabe, daß A. Tucurna Mart. die Tuceum- faser liefert, hat sich als irrtümlich erwiesen. — Cat. des col fr., p. 86. — Seemann, Die Palmen, p. 50. A. Ayri Mart. Brasilien. Blattfaser zu Gespinsten. >Tuccum«. — Wiesner, Bericht, p. 354. Acrocomia lasiospatha Mart. Brasilien, Westindien. Blattfaser. Auf Kuba »Pita de Corojo« genannt. — Morris, Cantor Lectures on Com- mercial Fibres. London 1 895. Mauj'itia flexuosa L. Brasilien. Die Faser der Blätter ist für grobe Arbeiten sehr geschätzt. — Seemann, Palmen, p. 176. Squier, I.e., p. 51. Raphia vinifera P. Beauv. Siehe Piassave und Raphiafaser (Raphiabast). R. taedigera Mart. R. 7iicaraguensis Oerst. Siehe Raphiafaser R. Ruffia Mart. (= R. pedunculata P. B.) Raphiabast). R. Momhuttorum Drude Sagus ßlaris Rumph. (^= Metroxylon filare Mart.). Fasern junger Blätter zu Garnen. — Miquel, Flora von Nederl. Indie, III, p. 149. 70 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. S. Rumphü Willd. und S. Icpms Rumph. Indien. Faser der Blätter. — Royle, 1. c, p. 92. Dictyosperma fibroswn Wright s. Piassave. Bhaphis flabeUiforniis L. ftl. Reunion. Blattfaser, »crin vegetale< z. T. — Gat. des col. fr., p. 81. Co cos nucifera L. Siehe Goir. C. crispa H. B. K. Zentralamerika, Kuba. — Dodge, 1. c, p. 120. Über die Eigenschaften der Blattfasern dieser Palme siehe auch Thos. Christy, 1. c, p. 51—52. Attalea fu7iife7'a Mart. Siehe Piassave. Leopoldina Piassaba Wallace. Siehe Piassave. Calamus sp. Die Stämme mehrerer Calamusarten : Calamus Rotany Willd. , C. Royleanus Griff. , C. rudeyitum Low. usw. , sämtlich in Indien, werden durch Zerreißen in einen Faserstoff verwandelt, der zur Herstellung verschiedener Seilerarbeiten und zu Schiffstauen, Matten u. dgl. sehr geeignet sein soll. — Cat. des col. fr., p. 81. — Royle, 1. c, p. 93. Österr. Monatsschrift f. d. Orient, IX (1883), p. 112, 120 und 124. Über die anatomischen Verhältnisse des Stammes von Calamus Rotang siehe Wiesner in Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 72 (1.902). — T. F. Hanausek, Techn. Mikroskopie 1901, p. 234. — Tropenpflanzer, 1908, p. 95. Cmiudovica pcdmata Ruii et Par. Tropisches Amerika. Junge Blätter dienen zur Herstellung feiner Flechtarbeiten (Panamahüte). — Semler, 1. c. lü, p. 728. 13. AraceeD. Caladiwn giganteum Blume. Guayana. Fasern der Stengel dienen zur Papierbereitung. — Cat. des col. fr., 1867, p. 80. — Dodge, 1. c, p. 102. Typlionodoi'um tnadagascariensis Engl. Faser der Blätter ver- wendet zur Herstellung von Fischernetzen usw. Claverie, Pascal,. Etüde morphologique des Typhonodoriun madagascariensis, textile de Mada- gascar. Revue general Botahique, XVIII (1906). ■ Ä77iorphophallus gigaiiteus Bl. AissUnger (l.c.,p. 59) beschreibt javan. Bastfasern, deren Zugehörigkeit zu dieser Pflanze aber nicht ganz sicher ist: 14. Bromeliaceen. Ananassa sativa Lindl. f= Bromelia Ananas L.) Siehe Bro- meliafasern. A. Sagenaria Scliott. (= Bromelia SagenariaL.) Südnmerika. Ge- fäßbündel der Blätter. Wurde von J. Mo eil er (Dinglers polytechn. Journ. Bd. 231 (1881) mikroskopisch untersucht. »Grawata«. — Royle, 1. c, p. a7. — Semler, Trop. Agricultur, HI (1888), p. 707. Bromelia Karatas L. Siehe Bromeliafasern. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 'J^ B. silvestris Tiiss. Siehe Bromeliafasern. B. Pinguin L. Westindien, besonders Jamaika. Gefäßbündel der Blätter. — Squier, 1. c, p. 40. — Royle, 1. c , p. 37. — A. Ernst, La exposicion nacional. Caracas 1,886, p. 41 4. Siehe auch unter Broraeliafasern B. Pigna Perrott. Philippinen. Gefäßbündel der Blätter. »Pina« Soll zur Herstellung batistartiger Gewebe geeignet sein. -^ Duchesne 1. c, p. 40. — Royle, 1. c, p. 39. Siehe auch unter Bromeliafasern B. argentea Bak. Argentinien. Liefert »Caraguata fibre«. Wird für die Papierfabrikation empfohlen. — Kew Bull. 1891. Bülbergia variegata Mart. Brasilien, Ebenfalls Blattfaser. —r Royle, 1. c, p. 37. — Semler, L c, p. 707. Tillandsia usneoides L. Siehe Tillandsiafaser. Ptiya coarctata Gay (Pourretia coarctata Buix et Pav.). An der chilenischen Küste wird aus den Blättern eine Faser abgeschieden, welche sich zur Verfertigung von Fiscliernetzen ausgezeichnet bewähren soll. — F. Leybold, Zeitschr. d. üst(>rr. Apothrkervereins, 1879, p. 272. L"). Liliaceen. Aloe vulgaris L. (^= A. barbadensis MilL). Afrika, fast überall in den Tropen. Blattfaser. — Royle, 1. c, p. 51. A. indica Royle. hidicn. Blattfaser. — Royle, 1. c, p. 51. A. pei'foUata Thbg. Siehe Aloefaser. A. angustifolia L. Kultiv. in Indien. Blattfaser. — Royle , 1. c, p. 53. Yucca filamentosa Lam. Südliche Staaten von Nordamerika. Blatt- faser zu Tauwerken. In Virginien früher zu Geweben. Seit die Be- wohner Virginiens mit europäischen Geweben bekannt wurden, hat die Kunst, die Yukkiifasoi'n (Gefäßbündel der Blätter) zu verspinnen und zu verweben, ihr Ende erreicht. — Kahn, Reisebeschreibungen, I, p. 494. — Böhmer, 1. c, p. 543. — Bischof, 1. c, HI, p. 2, p. 932. — Cat. des rol. fr., p. 79. Dient indes jetzt in der Papierfabrikation. Y. aloifolia L. Wärmeres Nordamerika imd Westindien. Blattfaser zu Seilerarbeiten. — Cat. des col. fr., p. 79. Y. gloriosa L. Südlich(^ Staaten von Nordamerika. Blattfaser. — Cat. des col. fr., p. 79. — Watson, 1. c, p. 11 ff. Y. angustifolia Pursh. Vereinigte Staaten Nordamerikas; kultiviert in Indien. — Blattfaser. — Royle, 1. c, p. 56. Über Yukkafaser (= Adams needle fibre) siehe Royle, l. c, p. 56; Semler, l. c, III, p. 730. Hier ist auch angegeben, daß das Holz, da- mit soll wohl gesagt sein die Gefäßbündel des Stammes, zur Papier- fabrikation in großem Maßstabe verwendet wird. Unter anderen soll eines der gelesensten Blätter Englands (Daily Telegraph) ausschließlich auf solchem Papier gedruckt worden sein. — Dodge, 1. c, p. 330, wo auch Siehe Sansevieriafaser. 72 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. noch einige andere faserliefernde Yuklia- Arten genannt .sind. — G. Mohr, Pharm. Rundschau, New- York 1884 — 85. Daselbst über Verwendung von Yukkafasern in Nordamerika in der Papierfabrikation. Phoi'mium tenax Forst. Siehe Neuseeländischer Flachs. Sanseviei'ia xeylanica WiUd. S. guineensis Willd. S. Kirim Bak. S. longiflora Sims. S. Eoxburghia7ia Schult, fil 8. cylindrica Boj. 8. Ehrenhergimia Schiueinf. 8. Perottü Warb. 8. thyrsiflora Thunbg., 8. subspicaia Bak., 8. nilotica Bak., 8. senegambensis Bak., 8. Volkensii Gurke. Die Blätter aller dieser afrika- nischen Sansevieriaarten liefern Fasern. Die zuletzt am Kongo entdeckte 8. Laurentii E. de Wild, soll eine ebenso gute Faser wie 8. guineensis liefern. — S. Gurke, in Engler, Pflanzenwelt Ostafrikas, Berlin 1895, A, p. 364 und B, Nutzpflanzen, p. 359 ff". — Axel Preyer, Beihefte zum Tropenpflanzer, V(1900), p. 18 fr. Sanseviera fibre from Somali stammt von 8. Ehrenbergii Schivänf. (Kew Bull, 1892). — E. de Wildeman, Revue des cultures coloniales XIV (1904). Über 8. guineensis, cylindrica^ Ehrenbergiana und Roxburghii, siehe Ridley, Agr. Bull, of the Straits and Feder. Malay States 1909. Astelia trinervia Kirk. Kauriegras. Sehr gemein in Neuseeland, desgleichen A. 8olandri Cunn., von den Kolonisten »Baumflachs« ge- nannt, beide zur Fasergewinnung sehr geeignet. — F. Kirk, Ausland 1875. A. Banksii Cunn. Neuseeland. Faser zur Papierbereitung. — D o d gc , 1. c, p. 73. Äletris nervosa Roxb. Indien. Blattfaser. — Royle, 1. c, p. 53. — Cat. des col. fr., p. 79. A. guineensis L. Westliches Afrika. Blattfasern zu Tauwerk. — Adanson, Senegal-Reise, p. 131. — Böhmer, 1. c, p. 528. 16. Anitaryllidaceen. Agave americana L. I A. cantala Roxb.^) = vivipara Dabx et \ ^'^^'*-^ Agavetasern Gibs, non L. = america7ia Blanco = (Sisal,Henequen,Pit.., Fourcraea cantala Haiv. J ■'' 1) In der Schreibweise des Speziesnamens dieser Pflanze herrscht keine Über- einstimmung. Der Index Kewensis schreibt konstant cantula; "Watt, I.e. (1908) kon- stant cantala. Roxburgh hat das Sanskritwort Kantala zur Bildung des Speziesnamen benutzt (Flora Bengalensis 1814). Aber in seiner Flora indica Ed. II (1832) ist zu lesen A. cantula Roxb. Zweifellos liegt hier ein Druckfehler vor, auf den die in Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 73 Ä. cociä Trelease A. decipieus Baker A. Deveyana Trelease A. diacantha L. A. falcata Engel in . A. fdifera Sahn-Dtjck A. foiircroydes Leniaire. = A. rigida Hemsley = elongata Jacohi = rigida long ifolia Eng elm. = rigida elongata Bak. A. Funkeana Koch et BoucM = A. lophanta Jacohi A. hcteracantha Zucc. = A. Lechegnilla Torr. A. Lespinassei Trelease A. mexicana Lam. A. rigida Mill. = A. ixtli Karivinski A. rigida Mill. sisalana Per r ine = var. sisalana Engelm. Siehe Agavefasern (Sisal, Henequen,Pite, Jxlle usw.). Siehe Mauritiushanf. A. striata Zuccar. A. Tequilana Trelease A. yiiccaefolia BC. A. Zapiipe Trelease Fourcroya gigantea Verl = F. foetida. F. cuhensis Jacq. Westindien. Liefert die Faser »Cajun«. Curculigo latifolia Bryand. Liefert auf Borneo eine Spinnfaser. — Thyselton Dyer, A fibre-yielding Curculigo. Journ. of Botany XVIII, p. 219. Daselbst siehe auch die Verwendung von Curculigo seychellarimi Baker auf den Seychellen. 17. Musaceen. Musa textilis Luis N^e^) (= M. mindanensis Rumph.). M. paradisiaea L. } Siehe Manilahanf. M. Cavendishi Faxt. M. Sapientum L. neuerer Zeit so häufig anzutreffende Speziesbezeichnung zurückzufüiiren ist. Ein Sanskritwort »Kantula< existiert niclit. Wie mir aber Prof. v. Schroeder mitteilt, werden einige mit Dornen versehene Pflanzen im Sanskrit Kantala genannt; letzteres wahrscheinlich von dem Sanskritwort Kanta = Dorn abgeleitet. Dewey (zuletzt \^\k schreibt stets korrekt cantala. Er hat auch die Bezeichnung »Kantala« für die Faser (Handelsprodukt) eingeführt. 1 ) Nicht seilen ist Nees oder Nees ab Es. als Autorname der Müsa textilis an- geführt, was aber nur auf eine Verwechslung mit dem wahren Autornamen Luis Nee zurückzuführen ist. 74 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 31. Ensete Gm. Afrika. Kultiviert in Neu-Süd -Wales. Hier zur Ai> scheidung einer der Plantainfibre ähnlichen Faser benutzt. Gefäßbündel di^s Scheinstammes. M. ulugwensis 0. Warb. 0. Warburg, Beschreibung der ostafri- kanischen Bastbananen. Tropenpflanzer, VIII (1904), p. 1 1 6 ff. — Moritz Fritz, Über den Anbau der ustafrikanischen Bastbananen. Tropen- pflanzer, YIII (1904). p. 109 ff. Siehe Manilahanf. M. Holstii K. Schum. Deutsch-Ostafrika, siehe Manilahanf. Heliconia caraibcea Lam. Antillen. Gefäßbündel des Stanunes. — Cat. des col. fr., 1867, p. 79. Auf Guadeloupe »Balisier ]>ihau. Cat. di's ed. fr., 1873, P-. 14. 18. Zingiberaceen. Curcuma longa L. Indien, Fasern des Mittelnervs der Blätter. — Cat. des col. fr., 1867, p. 89. — Dodge, 1. c, p. 143. Älpinia nutans Rose. Liukiu u. Formosa. Fasern der Blattscheide. Zu Seilen. Saito, Journ. Coli. Science Univ. Tokyo, XV, 1901, p. 407. 19. Marantaceeii. Phrynium diclwtomum Roxb. Indien. Gefäßlmndel des Stammes. — Royle, 1. c, p. 60. 20. Salicace.en. Die Samenwolle der Pappeln und A\'(^iden (z. B. der Salix pentan- ara L., der man auch den Namen l>aumwollenweide gab, u. a. m.) hat man als Gespinstfaser statt Baumwdlle mid zur PapK'ihn'i'itiing in Vor- schlag gebracht. Die Versuche haben kein befriedigendem KeMiltat ergeben. Vgl. die Noten bei Eriophorum und Chaniaeneriiim. — Böhmer, 1. c, I, p. 573 und Beckmann, Vorl)ereitung zur \^^•^renkunde usw. Göttingen 1793, wo auch die Literatur dieses Gegenstamles naeli/.ii> Der Papierfabrikant« , Berlin 1 908. Das Holz scheint zur Papierfabrikation besonders geeignet. Spezifisches Gewicht des Holzes = 0,43. Das Holz läßt sich verhältnismäßig leicht in »aufgeschlossenen Zellstoff« verwandeln. Indien, Neukaledonien. Bastfaser zu Seilen. — Cat. des col. fr., p. 81. Über Ficus sp. siehe auch Royle, p. 343. — Dodge, 1. c, p. 166. Java. Bastfasern. Sellcger, L c. — Aiss- linger, 1. c. p. 63—73. 76 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Artocai-pus incisa L. fil. Bast junger Zweige zur Bekleidung auf den Südseeinseln benutzt. — Böhmer, 1. c, p. 529. — Royle, 1. c, p. 314. Ä. hirsuta Lam., A. hirsuta Willd. und A. lacoocha Roxb. Der Bast dieser Pflanzen wird in Indien zu Flechtwerken und zur Papier- bereitung benutzt. — Royle, 1. c, p. 341. — Gat. des col. fr., p. 81. Antiaris saccidora Dalx. (A. toxicaria Lesck.J. Indien. Bast. »Jä- sund«. — Wiesner, Ind. Faserpflanzen, p. 3. Cannahis sativa L. Siehe Hanf. Humulus Lupulus. Die Stengel des Hopfens (»Hopfenranken«) dienen zur Herstellung eines flachsartigen Faserstofl"s. — Nördlinger in Dinglers polytechn. Journ., Bd. 230 (1878), p. 287. Deutsches Reichs- patent Nr. 860 vom 23. Sept. 1877. Über die mikrosk. Kennzeichen der Hopfenfaser siehe Hanausek, Technische Mikroskopie 1901, p. 83 und V. Höhnel, Mikroskopie der Faserstoffe, 2, Aufl. (1905), p. 58. 23. Urticaceen. Urtica dioica L. Gemeine oder zweihäusige Nessel. Siehe Nesselfaser. U. urens L. Brennessel. Kosmopolit: fehlt nur im hocharktischen und tropischen Gebiete. Auch mit dieser Art der gemeinen Brennessel, wurden Versuche zur Gewinnung einer brauchbaren Spinnfaser, aber in viel geringerem Ausmaße wie mit ü. dioica angestellt, die aber nicht zu den gewünschten Resultaten führten. Grothe, Chinagras und Nesselfaser. 2. Aufl. Berlin 1889. U. cannahina L. Sibirien. Bastfaser. — Bischof, Lehrb. d. Bo- tanik HI (1840), p. 765. — Royle, 1. c, p. 344. U. argentea Forst. Gesellschaftsinseln. Bast. Roa-Faser. — Royle, 1. c, p. 344. Siehe auch Semler, 1. c, III, p. 726. U. japonica Thunh. Japan. Bastfaser. — Thunberg, Flora ja- ponica, p. 71 . ü. cai'ücassana Jacq. Tahiti. Bastfaser. — Cat. des col. fr., p. 81. TJ. heteropkylla Roxb. (= Girardinia heterophylla Dcne.) Goncan, Malabar. Bastfaser. »Chor Putta«. — Royle, 1. c, p. 367. Engler in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien HI, 1 (1894), p. 103. Nilgiri Nestle fibre von Kalkutta. Tropical Agriculturist and Magazine XXY (1905), p. 233 ff". Watt, The commercial products of India. London 1 908, p. i 61 . Nach dieser Quelle bildet diese Faser eines der Substitute der Rhea-Faser (Ramie). TJ. alineata L. {= Boehmeria alineata W.). In ganz Indien wild- wachsend. Bastfaser. — Cat. des col. fr., p. 81 . U. baccifera L. Antillen, besonders auf Kuba. Bastfaser zu Seiler- waren, — Duchesne, 1. c, p. 319. — Squier, 1. c, p. 56. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 77 Z\ virulenta Wall. Gurliwal in Hindostan. Bastfaser. — ■ Royle, 1. c, p. 372. U. Thunhergiana Sieh, et Zucc. Japan. Bast liefert die Faser »Iraklisa«. — Sai'to, 1. c, p. 409. U. gigas Moore. Neu-Süd-Wales. Bast. — Wiesner, Offiz. üsterr. Bericht über die Pariser Ausstellung, 1867, Bd. V, Fasern, p. 555. Diese Ahhandlinig wird in der Folge kurz zitiert: Wiesner, Bericht. U. crenulata Roxb. (Laportea crenulata Gaud.). Indien. Bast- faser. — Royle, I.e., p. 344 und 366. — Watt, Dict. IV (1890), p. 586. — Devil Nettle. Ein Substitut der Ramief^ser. — Watt, The commercial products of India. London 1908, p. 162. TJ. rubra? Guayana. Zouti rouge. Die Bastfaser liefert grobe Ge- webe. — Cat. des col. fr.. 1873, p. 20. Laportea pustfdata Wedd. (Urtica pustidata L.). Alleghanygebirge bis 1300 m über dem Meere vorkommend, wurde als Faserpflanze auch für Deutschland in Vorschlag gebracht. — Wittmack, l.c.,p.7. — F. Marc, Akklimatisationsversuche mit Laportea, ausgeführt in Pest. Wiener Ol^st- und Gartenzeitung, 1877, p. 69. L. canadensis Wedd. (Urtica canadensis L.). Kanada, Nordamerika. Bastfaser. Oftmals als Faserpflanze in Kultur genommen, stets ohne praktischen Erfolg. — Wiesner, Bericht, p. 355. — Engler in Engler- Prantl, 1. c, p. 103. Die mikroskopischen Kennzeichen dieser Faser hat J. Moeller in der Deutschen Polytechnischen Zeitung 1883 bekannt gegeben. S. auch Botan. Zentralblatt 1884. Fleiirya aestuans Gaud. var. Limieana Wedd. (Ortiga). San Thome. Soll mit Ramiefaser Ähnlichkeit haben. — Tropenpflanzer, III (1899), p. 128. Villebrunea integrifolia Gaud. Crylon, Indien. Grobe Bastfaser. Risa oder Wild-Rhea genannt. — W alt, George, The Agriculture Ledger. Kalkutta 1898. — Dodge, 1. c, p. 325. Bildet einen Ersatz für Rhea. (Boehmeria). — Watt, Tlie commercial products of India. London (1908), p. 164. V. frutescens Blume. Indien, Bastfaser zu Seilerarbeiten. — Watt, Econ, Prod. of India, I, III, Nr. 294. Kalkutta 1883. Boehmeria nivea Hook, et Arn. (= Urtica nivea L.). Siehe Bamie (Chinagras). B. n. Hook, et Arn. forma chinensis Wiesn. (= Boehmeria nivea Gaud.). Siehe Ramie. B. n. forma indica Wiesn. (^ Urtica n. tenacissima L. = B. n. var. candicans Sadebeck = B. tenacissima Gaud. = B. utilis Bl. = B. candicans Hassk. = Urtica candicans Burm. = Urtica tenacissima Boxb. = Bamium majus Rumph.). Siehe Ramie. 78 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. B. frutescens Blume. Nipal und Sikkim. Bast und Bastfaser; die feine Faser heißt »Pooah fibre«. — Royle, 1. c, p. 369. B. macrostachya Wall. 1 , ,. „ . ^ . ^ ^ , T ^rr 11 Indien. Bast und Bastfaser. — Royle, B. Gaglado Wall. ,^ ■' ' B. salicifolia Bon. j " "' ^ ' B. spicata Thiinh. Japan. — Saitu, 1. c, p. 408. B. Puya Hook. (= Maoutia Pmja Wedd.). Indien. Bast. — Henkel, Naturprodukte I, p. 334. — Engler, 1. e., p. 103. — Dodge, 1. c, p. 235. Hier wird die Faser »Wild Henip« genannt. — Engler in Engler-Prantl. Pflanzenfamilien III, I,p. 115. — Watt, 1. c. (1908), p. 163. B. clidemaides Miq. Sumatra, Java. Bast und Bastfaser. — Jung- huhn, Java, deutseh von Hasskarl, I, p. 329. B. diversifolia Miq. Sumatra, Java. Bast und Bastfaser. — Jdrig- huhn, 1. c., p. 329. B. sanguinea Hassk. Bast und Bastfasi-r. — Naeh Junghuhn, I.e., I, p. 1 76 wird der ;uit Java ^\ ildw acliscndi' Slraueh Rame oder Kepirit als Faserpflanze kultivieit und seit llunderti'n von Jahren dii' äußerst dauerhafte Bastfaser daselbst zur Herstellung von Geweben, beson- ders aber von Fischernetzen verwendet. Dieser Spinnstoff dient seit langer Zeit in Holland zur Herstellung schöner und feiner Gewebe. Durch Teys- manns Tätigkeit hat sich die Kultur dieser Pflanze ausgebreitet imd wurde das Produkt in die holländische Industrie eingeführt. Debregea.sia hypoleuca Wedd. Bastfaser vdii großer Stärk«' und Widerstandskraft gi'gm die Wirkung des Wassers. Himalaya. Substitut für Rhea (Ramie) — Watt, 1. c. (1908), p. 160. Leucocnide candidissima Miq. Java. Bast und Bastfasei'. — Jung- huhn, 1. c, I, p. 174 ff. L. alba Miq. Java. Bast und Bastfaser. — Junghuhn, l. c. Pipiurus veluÜJVHS Wedd. Neukaledonien. »Aouin«. Bast zu Seilen und Netzen. Bastfaser von der Feinheit des Chinagrases zu Luxus- geweben. — Cat. des col. fr., 1867, p. 81. Ebenda 1873, p, 47. P. propinquus Wedd. Inseln des Stillen Ozeans. — Engler, 1. <-. P. argenteus Wedd. Java. Flachsartige, seidenglänzende, aber steife Bastfaser, welche zu Tauen und zu Flechtarbeiten verwendet und sehr empfohlen wird. — Semler, HI, p. 726. — Dodgr, 1. r., p. 271. Als Roafaser beschrieben bei Herzog in dem unten zitiiTtcn ANCrkc, p. 57, Photogr. Abbildungen der Faser ebendaselbst Nr. 97. Pouxolxia occidentalis Wedd. Venezuela. Die Pflanze und die Faser werden >Yaquilla« genannt. Die Bastfaser läßt sich kolonisieren, ähnlich wie die Ramiefaser und bildet ein sehr feines spinnbares Produkt. — A. Ernst, La exposicion nacional. Caracas 1886, p. 424 ff. Über P. hypo- leuca als Papierfaser siehe Papierfabrik. Fest- u. Aus). Heft 1912, p. 61. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 79 P. viminea Wedd. Nepal. Bastfaser zu Seilen und Tauen. — Watt, Econ. Prod. of India, Vol. I, Part. III, Nr. 200. P. pentandra Benn. Java. Soll nach Aisslinger (I.e., p. 6i) die dickste, technisch verwendete Bastfaser sein. Sarcocklamys pulcherrima Gaud. Assam und Burma. Die Bast- faser, Duggalfibre, ist ein Substitut der Ramie. Watt, 1. c. (1908), p. 163. Parietaria dehilis G. Forst. Nach Bouche und Grothe, Über Ramie, Eheea, Chinagras und Nessel, 2. A., Berlin 1884 soll die Bastfaser dieser Pflanze in Portugal, Ostindien, Angola und Australien als Spinnfaser benutzt werden, welche Angabe in den verläßlicheren Quellen fehlt. Parietaria officinalis L. Nach Oswald Richter ist die Bastfaser einer im Wiener Prater und in den Donauauen massenhaft vorkommen- den Parietaria- kv\ als Ersatz für Spinnfasern sehr zu empfehlen. Die Spezies hat Richter nicht angegeben, wohl aber auf die verwandte Art P. dehilis hingewiesen. Nach Angabe der Fundstätte der von Richter empfohlenen Art kann es sich nur um Parietaria officinalis L. handeln. 0. Richter, Alte und neue Textilpflanzen, Wien 1915, p. 5 1 . 24. J^ymplia^aceeu. Nelumbium speciosum Willd. (= Nelumbo nucifera Gärtn.). Indien. Fasern der Blattstiele. Nach der Meinung der Hinduärzte üben aus diesen Fasern bereitete Bekleidungsstoffc eine fieberwidrige ^^'irku^g aus. — Watt, Dict. E. Prod. Ind., 1889. V. — Cat. des col. fr., p. 82. 25. Meuispermaceen. Cocculus mrdifolius PC. Indien. Die Wurzelfasern dienen als grober Faserstoff. — Cat. des col. fr., p. 82. 26. Anonaceen. Anona squamosa L. Guadeloupe. Bast zu derben Seilen. — Cat. des col. fr., p. 82. — Dodge, 1. c, p. ß1. Xylopia frutescens PC. Zentral- und Südamerika. Bastfaser zu Seilen. — Seemann, Herald Exp., p. 70. — Dodge, 1. c, p. 329." X sericea St. Hil. Brasilien. Bastfaser zu Tauen u. dgl. — St. Hilaire, Plantes usuelles de Bresil. 33, p. 3. — Dodge, 1. c., p. 329. 27. Leguminosen. Crotalaria juncea L. Siehe Sunn. C. intermedia Kotschy. Tr^pisclier Sudan. Liefert starke Fasern zu Seilen. — Rein, 1. c. (1909), p. 534. C. tenuifolia Roxb. Indien, daselbst auch kultiviert. Bastfasern. »Jubulpore Hemp«. — Royle, 1. c., p. 290ff. — Cat. des col. fr., Paris 1867, p. 83. — Semler, 1. c, IH, p. 724. 80 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. C. Burhia Hamüt. Zu Shind (Indien) als Faserpflanze gebaut. Bast- faser. — Royle, 1. c, p. 272. C. retusa L. Indien. Bastfaser, — Royle, 1. c, p. 281. — Watson , Journ. of arts, 1 860, Mai, p. 11 fT. Lupmus luteus L., L. nngusüfolius L., L. polyphyllos Lindl. it. L. perennis L. Bastfasern nach T. F. Hanausek (Arch. f. Chem. u. Mikr., 1917, p. 119) als Juteersatz geeignet. Siehe auch B. Heinze, Jahresb. Ver. ang. Bot., XIII., 1916, p. 88; Schwede ebenda, XV., 1917, p. 80 u, Arch, f. Chem. u. Mikr., 1918, p. 154. Melüotus albus Desi\, M. officitmlis Lani. u. M. altissimiis TJmill. Bastfasern »Melilote blanc de Siberie«. — Vetillard, 1. c, Dodge, 1. c, p. 240. — T. F. Hanausek im Arch. f. Chemie u. Mikrosk., X., 1917, p. 91. Trifolium pratense L. Nach T. F. Hanausek (Arch. f. Ch: u. M., 1917, p. 141] Bastfaser zu den feinsten Spinnfasern gehörig. Bastfasern junger Stengel (»Genet< oder »Genet d'Espagne«) dienen zu Geweben, Schnüren für Netze und anderen ähnUchen Produkten, — Mantoureaux,Dingl. pölyt. Journ. 42. p. 51 . — Heldreicli,DieNutzptl. Griechenl.,p.69. — Vetillard, I.e., p. 132. In Frankreich bildet die Ba.stfaser eine Art Hanf. »Flachs und Lein«, Wien und Trau- tenau, 1894, p. 27. — Oenista virgata bo- treffend siehe in Engler-Prantls Pflan- zenfamilien, HI, 3 (1 894),. p. 235. — Spar- tiumjunceum siehe auch Kew Bull. 1892 Ahrus p7'ecato7'ius L. Ost- und Westindien. Bast zu groben Seilen. — Dodge.^ 1. c, p. 35. Indigofera tinctoria L. Java, Bastfaser, Aisslinger, 1. c, p, 87. Wistariu chinensis S. et Z. Japan. Bastfaser, Saito, 1. c, p. 414. . Sesbania acideata Pers. Indien. Äquatoriales Afrika (Bahr el Gazal). Bastfaser. >Dhunchee fibre«. — Roxburgh, Flora indica, p. 335. — Royle, 1. c, p. 293. — Nach Semler, 1. c, auch in China kultiviert und heißt diese Faser in Bengalen >Jayunti«. In vielen Teilen Indiens als Substitut für Hanf verwendet, — Prain, Bengal Plauts 1903. — Watt, Sir G., 1. c. (1908), p. 988. — Rein, G, K, (1909), 1. c, p. 534, S. cannabina Retx,. (=^ Aeschynomene cannabina Kön.). Koro- mandelküste. Bastfaser. — Cat. des col. fr., 1867, p. 83, — In den fran- zösischen Kolonien am Senegal kultiviert und dort »Selene« genannt, — Cat, des col, fr, 1873, p. 30. Erythrina suberosa Roxb. Indien. Bastfaser. — Cat. des col, fr., p. 83. Cytisus scoparius Lk. (== Sarothamnus scoparius Wimm.) Genista virgata DG. Spartium jimceum L. Sp. mo7iospermum Des f. Sp. multiflorum Ait. (z= incarnatiun Lodd.) Siebzehnter Abschnitt. P'aseni. Q\ E. indica L., u. E. lithosperma Bl. Java. Aisslinger, I. c, p. H8. Acacia procera Willd. Bastfaser. — Wiesner, Ind. Faserpll., p. 4. Ä. Sing Perrott. Senegal. Grobe Bastfaser 7,11 Tauen. — Gat. des col. fr., 1867, p. 83. Ebenda 1873, p. 30. Ä. leucophloea Willd. Indien. Geylon. Bast lokal zu Fisrbcrnetzen u. dgl. — Watt, Dict. of the Econ. Prod. of India, Kalkutta. 1889. Pi'osopsis spicigera L. ludicu. Bastf. »Sarmdal«. — Wiesner, 1. c. Parlia africana R. IJr. .fava. Bastf. — Aisslinger, 1. c, p. 83. Butea frondosa Roxb. (= B. nfonosperina Taub.). Indien. Bast- faser. »Dhak«. — Royle, 1. c., p. 297. Holz zu Papier. T. F. Hanau- sek, Papierfabrikant, 1911. B. superba Roxb. Indien. Bastfaser'. »Pulas fibre«. — Ebendaselbst. B. parviflora Roxb. Indien. Bastf. »Palsbin«. — Wiesner, I.e. Bauhinia tomentosa L. Indien. Bast und grobe Bastfaser, zu starken Seilen, ebenso die ührigen l'.auinnicn. — Gat. col. fr., p. 83. B. pai'viflora Vakl. Indien. Elx'iidascilist. B. purpurea L. »MachaU. Indien. — Wiesner, I.e. — Gat. des col. fr., p. 83. — G. K. Rein, 1. c. B. racemosa Lam. — >^'iesner,' Indisclie Kaserpllanzen, p. 4. — Aubert, L., Some fibre plants of Upper Burma. Agric. Journ. India 1908. B. scandens L. Indien. Bastf. — Journ. Agric. Soc. VI, p. 185. B. reüculata DC. Seneg.il. hu südlichen Sudan. Bastfaser. — Gat. des col. fr., p. 83. — G. K. Rem, Tropenpflanzer XIII (1909), p. 534. B. coccinea DC. Gochinchina. Bastfaser. — Ebenda. Aeschynomene grandiflora L. Indien. Bast. — Ebenda. A. aspera L. Indien. Bastfaser zu Fischernetzen usw. Sunnersatz. In Bengalen »Sola« oder »Shola« genannt. — Watt, Dictionary etc., V. A. spinulosa Roxb. Indien. Bast liefert eine hanfartige Gespinst- faser. — Roxburgh, Flora ind. I, p. 535. — Royle, 1. c, p. 293. Parkinsonia acideata L. Bast zur Papierfabrikation. — Royle, 1. c, p. 298. — Squier, Tropica! fibres. London, New -York, 1863, p. 63. — Taubert in Engler-Prantls Pflanzenfamilien III, 3, p. 98 und 171. Caesalpinia timorensis DC. Java. Bastf. Aisslinger, 1. c, p. 74. Cassia auriculata L. Indien. Bastfaser. — Gat. des col. fr., p. 83. Uraria lagopodioides DC. Indien. Bastf. — Ebenda. — Taubert in Engler-Prantls Pflanzenfam. III, p. 98. — Aisslinger, 1. c, p. 96. Pueraria pthaseoloides Be?ith. (= Pachyrrhixus montanus DC). Neukaledonien. Bast und Bastfaser. — Gat. des col. fr., p. 84. Pueraria Thunbergiatia Benth. Ghina, Japan. Gespinstpflanze. Die Faser heißt Ko hemp, Ko-pou-Faser. — Taubert, 1. c. — Dodge, 1, c, p. 275. Avetta, Ann. del R. Inst. bot. 1885, p. 201. — Salto, 1. c, p. 414 u. Aisslinger, 1. c, p. 93. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. Q 82 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Vigna sinensis (L.) Endl. f. textilis von Togo. Feste Fasern liefernd. Volkens, Notizbl. Bot. Gt. Berl., Appd. XXII, 2, 1909, p. 56; Harms, Der. D. Bot. Ges. XXX., p. 423. Phaseolus vulgaris L. u. Ph. coccineus L. Bastfaser. Hanausek, Arch. f. ehem., 1918, p. 5. Pachyrrhixus angulatus Rieh. Fidji-Inseln, Bastfaser zu Fischer- netzen usw. — Kew Bull., Mai 1889. — Dodge, 1. c, p. 255. 28. Linaceen. Linum usitatissimum L. Siehe Flachs. L. Levisii Pursh. Siehe Flachs. — Dodge. 1. c, p. 219 29. Anacardiaceeu. Rhinocarpus excelsa Bert. (== Anacardium Rhinocarpus DC.J. Venezuela. — Ernst, 1. c, p. 414. Liefert die Faser Mijagua. Odina Barteri Oliv. Sudan (Bahr el Gazal). Bastfaser zu Seilen und Stricken. Bein, 1. c, p. 534. Bouea macrophylla Oriff'. Java. Aisslinger, 1. c, p. 99. 30. Polygalaceen. Securidaca longepedunculata Pres. 'Südafrikanische Liane. Grobe starke Bastfaser. >Sogat«, » Buaze-fiber « , »Zamhesi-Buaze«. — Kew Bull. Sept. 1889. — Dodge. 1. c, p. 292. — Bein, G K., 1. c, p. 532 3L Eupliorbiaceeii, Tragia cannahina L. F. Indien. Bastfaser zu guten Geweben. — Gat. des col. fr., p. 83. T. involucrata L. Pondichery. Bastfaser. — Ebendaselbst. Antidesma alexiterium L. Ostindien. Bastfaser. — Böhmer, I.e., p. 532. — Dodge, 1. c, p. 61. Mallotus conchinchinensis Larn. ? Bastfaser zu textilen Zwecken benutzt. — Ridley, Fibre plants oftheMalay Peninsula. Agr. Bull, nf the Straits and Federation. Malay States 1904. 32. Sapindaceen. Sapindus saponaria L. Südamerika und Westindien. Kultiviert in Indien. Bastfaser zu groben Seilen. — Cat. des col. fr., 1867, p. 83. — Dodge, 1. c, p. 290. 33. Tiliaceen. Corchorus olitorius L. C. capsularis L. c- k i t C. fuscus Roxh. (= C. acutangulus Lam.) C. decemangulatus L. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 83 C. tridens L. und C. trilocularis. Dienen in Indien zur Herstellung von Tauen. — Watt, Dictionary II (1889), p. 544. Beide Pflanzen werden auch in Senegambien der Fasergewinnung halber kultiviert. — Lonessan, Les plantes utiles des Colon, frang. Paris 1886, p. 810. C. süiquosus L. Im tropischen Amerika häufig. Sehr grobe Bast- fasern liefernd. — Dodge, 1. c, p. 133. C. fascicularis L. Die Bastfaser dient im Sind zur Herstellung von Tauen. — Watt, 1. c, p. 540. C. astuans L. Äquatoriales Amerika. Liefert angeblich eine feine Bastfaser. — Dodge, 1., c, p. 125. Tilia parvifolia Erh. \ T. grandifolia L. S. Lindenbast. T. americana L. J T. cor data Mül. var. jayonica Miq. Japan, jap. Shinanoki. Bastf. Saito, 1. c, p. 418. Sparmannia africana Linn. f. Afrika. In Viktoria wurden Anbau- versuche mit der Pflanze gemacht. Liefert eine sehr schöne starke Bast- faser, welche gleich- oder mehrwertiger als Ramie sein soll. — Semler 1. c, HI, p. 723. Honckenya ficifolia Willd. Tropisches Westafrika. Fibre from Lagos. KewBull. 1889, p. 15. Trhwifetta rhomboidea Jacq. Sehr verbreitet in den warmen Län- dern beider Erdhälften. Bastfaser. — Engler-PrantI, Pflanzenfamilien HI, 6, p. 28 (1895) Tiliaceen, bearbeitet von K. Schumann. E. Gowley, Growning and Separation of fibre. North Queensland. Queensl. Agr. Journ. [11(1898). Liefert die Faser Nzonogwe im Nyassaland und bildet nach M. Einstein ein Substitut der Jute. Tropenpflanzer, XIH (1909), p. 187. Triumfetta lappida L. Gabon. — Martinique, Jamaika. Bast, Bast- fasern zu Geweben. — James Macfadyen, The Flora of Jamaica, Lon- don 1837, p. 110. — Cat. des col. fr., p. 83. Ridley, 1. c. Triumfetta semitrüoba L. A. Jäger, Jahresbericht der Wiener Handelsakademie 1892. Dunstan, W. R. Fibres from The Gold coast. Bull. Imp. Inst. London, VI (1908). Grewia oppositifolia Hamilt. Indien. Bast; Ersatz für Linden- bast. »BihuU. — Royle, 1. c, p. 235. G. elastica Royle. Indien. Bast. »Dhamann«. — Wiesner, Ind. Faserpflanzen, p. 2. O. vülosa Roxb. Indien. Bast. >Khat Kati«. Ebenda. G. microcos DC. Indien. Bast. »HasaU«. — Ebenda, p. 4. — Dodge, 1. c, p. 187. 6r. didyma Roxb, Himalaja. Bast. — Royle, I. c, p. 235. 6* 84 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. G. tüicefolia Vahl. Indien. Bastfaser zu Seilen. — Cat. des col. fr., p. 83. — Dodge, 1. c, p. 187. Daselbst noch genannt die Bastfaser von G. asiatica L. (Indien), G. Icevigata Vahl (Indien, Australien), G. oppo- sitifolia Buchan. (Nordwest!. Himalaya), G. scabrophylla Boxb. (Indien). G. occidentaiis L. Südafrika. Liefert den »Kaffir hemp«. — Spon, Encyel. of the Industrial Arts etc. London and New- York 1879. Erinocarpus Knimonii Hassk. (Hort. Bomb.). Indien. Bast. »Gher^. — Wiesner, Ind. Faserpflanzen, p. 2. S. Baumwolle. 34. Malvaceen. Gossypium herhaceum L.^) G. arhoreum L. G. barbadense L. (= G. maritirnum Tod). J G. hirsutum L. (= G. religiosum Cav.). G. obtusifolium Roxb. (^= G. Wightianum Tod). G. acuminatuni Roxb. G. vitifolium Lam. G. religiosum L. G. flavidum ? G. conglomeratum? G. neglectum Tod. G. Jumelianum? G. siamense? G. punctatum Sehum. G. latifoUum Mur. G. indicum Lam. G. taitense Pari. G. sandvicense Pari. (^= G. religiosum Forst. = tomentosum Nutt.). G. perurianum Cav. (= G. religiosum Auct). G. racemosum Poir. G. purpurascens Poir. G. rubrum Forsk. G. eglandulosum Cav. G. micranthum Cav. G. a?io?nalum Ky. Payr. (= Cienfuegosia ano- mala Gurke). G. Stocksii Mast. Hibiscus cannabiiius L. S. Gambohanf oder Java-Jute, S. Baumwolle. <) Über die dieser Linn eschen Spezies untergeordneten, von anderen Autoren als selbständige Arten aufgefaßte Formen siehe den Artikel Baumwolle. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 85 . H. digitatus Cav. Wild in Indien, in Guiana kultiviert. Bastfaser. »Ghanvre de Mahot«. — Cat. des col. fr., p. 82. H. elatus Swartx. Indien. Bastfaser. Sehr stark, zu Tauen. »Warwe«. — Miquel, Flora von Nederl. Indiel, 1, p. 154. H. arboreus Desf. (= Malva arborea St. HU.). Südamerika, West- indien. "Bastfaser zu Seilerwaren. — Squier, 1. c, p. 57. H. gossypinus Thunb. Guadeloupe. Bastfaser. — Cat. des col. fr., p. 82. H. rosa sinensis L. Indien; China. Bastfaser, seidig, bis 3 m lang. — Ebenda. — Wiesner, Bericht. Pflzf., p. 351. Aisslinger, 1. c. 103. H. striatus Cav. Indien. Bastfaser zu Seilerarbeiten. — Cat. des col. fr., p. 82. H. circinatus Willd. Antillen, Tahiti. Gute, spinnbare Bastfaser. — Cat. des col. fr., p. 82. H. sijriacus L. Japan. Bei uns häutig in Gärten kultiviert. In Japan wird die Bastfaser zu textilen Zwecken benutzt und führt den Namen »Mukuge«. — Saito, 1. c, p. 420. H. tiliaceus Cav. (= Paritium tiliaceum Juss.J. Indien^ Zentral- amerika, Marquises, Mozambique. Gute, spinnbare Bastfaser. »Bola«. »Mololia«. — Rumpf, 1. c, III, Kap. 28. — Loureiro, 1. c, p. 509. — Forster, Reise um die Welt, p. 388. — Royle, 1. c, p. 261. — Cat. des col. fr., p. 82. — Bertolini, Pflanzen von Mozambique. Flora 1857, p. 566. — Jardin, Essai sur l'hist. nat. de TArchipel des Marquises. Paris 1862, p. 33. — Squier, 1. c, p. 57. — Watt, 1. c, p. 247. Auch in Venezuela gewonnen und »Majagua« genannt. A. Ernst, Esp. nac. Caracas 1 886, p. 41 4. — Foucon J., Quelques fibres textiles indo-chinoises, L'Agriculture pratique des pays chauds VIII (1908). H. esculentus L. ( AbelmoscMis esculentiis W. et A.). Angeblich wild in Indien, in den Tropen vielfach kultiviert. — Watt, Dict. IV (1890), p. 237ff. — Gumbo of Louisiana, Okra libre. — Dodge, 1. c, p. 194. Auch Bandakai fibre genannt, angeblich Substitut für Jute. — Tropical Agri- culturist, 1897 (Bot. Jahresber.) 1898, II, p. 136. — Nach Semler, 1. c, III, p. 739 in Nordamerika zur Papierfabrikation verwendet. Desgleichen, aber auch als juteartige Spinnfaser H. eculneiis L. — Dunstan, W. R., Jute and Jute Substitutes from West-Africa. Bull. Imp. Inst. London VI (1908). Der Bast des unteren Teiles der Okrapflanze« zur Papier- bereitung, Tropenpflanzer, XIV (1910). H. Äbelmoschus L. Indien. Bastfaser. — Royle, 1. c, p. 259. — Nach Abel, Bot. Jahresb. 1896, II, p. 481, ist die Bastfaser 3—5 Fuß lang, juteähnlich. — Ridley, 1. c, 1904. H. Sabdariffa Perrott. Bastfaser. »Rozelle- (Madras), ^Red Sorrel« (Westindien). Auf Jamaika als Faserpflanze stark kultiviert. — James 86 Siebzehnter Absclimtt. Fasuin. Macfadyen, The Flora of Jamaica, p. 101. — Gat. des col. fr., p. 82 — Royle, 1. c, p. 260. — Watt, 1. c, IV (1890), p. 242. —Von Semler, 1. c, III, p. 723, Rosellahanf (von Madras) genannt. — Ridley, 1. c, 1 904. — The Tropic. Agriculturist and Magazine XXIX (1 907). — Webster, P. J. Rosette its cultur and uses. Ebendaselbst XXX (1 908). — G. K. Rein , Tropenpflanzer, XIII (1909), p. 533. H. tortuosus Roxb. Indien. Bast zu Seilen. — Cat. des col. fr., p. 82. H. populneus L. {= Thespesia populnea CorrJ. Gesellschafts- und Südseeinseln. Bast un^d Bastfaser, letztere zu Geweben. — Royle, 1. c, p. 262. — Dodge, 1. c, p. 311. H. Manihot Moench. Japan. Bastfaser. — Royle, 1. c, p. 262. H. hete7'ophyllus Vent. Neuholland. Bastfaser. — Ebenda. H. mutabüis Cav. ^= H. sinensis Mill. = Ketmia miäabilis L.J. China, Indien. Bastfaser. — Rumph, 1. c, VI., Kap. 12. — Duchesne, 1. c, p. 213. — Watt, Dict. IV (1890), p. 242. — Dodge, 1. c, p. 196. Bull. Kol. Mus. Ilarlem, 1904 (Kegelstoffe). — Aisslinger, 1. c, p. 104. H. strictus Roxb. Indien. Bast. — Royle, 1. c, p. 260. H. furcatus Roxb. (= surattensis L.). Bengalen. Bastfaser. — Royle, I. c, p. 261. — Watt, 1. c, p. 246. — Ridley, 1. c, 1904. H. erioca7pus DC. (=collinns Roxb.). Indien. Bastfaser. >Ganda- gang«. — Royle, 1. c, p. 261. H. ficifolius Roxb. Molukken. Bastfaser. — Royle, 1. c, p. 261. H. clypeatus L. (= H. tomentosus Mill.). Westindien. Bastfaser. — Royle, 1. c, p. 262. H. verrucosus Quill, et Perrott.^). Senegambien. Bastfaser. Ebenda. Abelmoschus tetraphyllos Graham (= Ä. t. Wall. = Hibiscus tetraphyllos Roxb.). Aus diesen an der Küste von Koro- mandel häufigen Pflanze soll nach dem Gat. des col. fr., p. 82 eine Faser abgeschieden werden. A. indicum Don. Indien. Bastfaser. »Kashki«. — Wiesner, Ind. Faserpfl., p. 2. — »Kanghi«, Dodge, 1. c, p. 37. — Ridley, 1. c, 1904. — K. Braun, »Der Pflanzer«, V (1909). Liefert mit A. Avicennae die chinesische Jute. A. Abutilon? {=^ A. Avicennae Ocertn.). Ost- und Westindien. Lie- fert eine spinnbare Bastfaser. — Dodge, 1. c, p. 35. — Bildet grobe, bandartige Fasern, Bastzellen ungleichmäßig verdickt, werden durch Jod und Schwefelsäure gelb bis gelbbraun. Kommt im Handel als »Ghina- 1) Über andere, insbesondere in Indien als Faserpflanzen verwendete Hibiscus- Arten siehe Watt, Dict. IV (<890). Abutilon populifolium Sw. A. asiaticum Don. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 87 jute« vor. A. Herzog, Mikrophotographischer Atlas der technisch wichtig- sten Faserstoffe. München 1908. Photographische Abbildung der Faser: H. 98/99. Siehe auch Deutsche Seilerzeitung 1905. — Nach Watt, Gom- mercial Products of India(1908) liefert die Pflanze in Nordwest -Indien eine vorzügliche Bastfaser, genannt »American Jute». — Berteau M. L'Agriculture prat. des pays chauds IX (1909). Note sur le Jute de Chine. Diese China-Jute soll besser als indische Jute und leichter als diese zu spinnen sein. — Saito, 1. c, p. 419, Ä. Bedfordiamim A. St. Hü. Brasilien. Bast. In Australien (Viktoria) eingeführt, liefert dort Spinn- und Papierfasern. — Ann. Report U. St. Depart. of Agric. 1879. Wissadula rostrata Planck. Liefert auf St. Thome eine juteähnliche, auch auf dem Londoner Markt erscheinende Faser. — Ad. F. Moller, Tropenpflanzer, IV (1 900), p. 562. — Rein (1 909), p. 223. (Kultur in Sudan.) W. periplocifolia Thw. Juteähnliche Faser. In Indien auf Faser ausgenutzt. — Schumann in Engler-Prantls Pflanzenfamilien III, 6 (1895), p. 38. Kosteletxkya pentacarpa LM. Die Bastfaser dieser im Kubirschen Kreise (am Westufer des Kaspi-Sees) gebauten Pflanze dient als Spinn- faser unter dem Namen Kanaf oder Kanab. Nach brieflichen Mitteilungen von Radde (Tiflis) an K. Mikosch. Sida tüicefolia Fisch. In China kultiviert. Bastfaser. »King ma«. — Royle, 1. c, p. 262. Sida retusa L. S. Chikan Kadia. S. rhomboidea Roxb. Bengalen. Bast. »Sufet«. — Royle, 1. c, p. 262. — Watson, Journ. of arts, 1860, Mai, p. 1 1 ff. — Venezuela. >Escoba*. — A. Ernst, 1. c, p. 426. S. rhombifolia L. Bengalen. Bast. »Lal bariala«. — Röyle, I. c. — Dodge, 1. c, p. 296. — E. Cowley, 1. c, III (1898). — Auf St. Thome »Bobö-bobö« genannt. Zu groben Zeugen und in der Seilerei. — A. F. Moller, Tropenpflanzer, IV (1900), p. 562. Bull. Kolon. Mus. Harlem 1904. — Foucon L., 1. c, 1908. — Im (engl.) Nyassaland kultiviert. Führt dort den Namen »denje«, Juteersatz. The Agricult. Resources of Nyassaland (Bull. Imp. Jap. VII,-1909). — Aisslinger, 1. c, p. 104. S. periplocifolia Willd. Malayische Inseln. Bastfaser. — Royle, 1. c, p. 263. S. alba L. Indien. Bastfaser. Chikan Kadia. — Wiesner, Ind. Faserpfl., p. 3. S. pulchella Bonpl. f= Plagianthus pulchellus A. Gray). Viktoria, Neu -Süd -Wales, Tasmanien. »Victoria Ilemp«. Soll der Faser von Ä retusa völlig gleich sein. — Thos. Ghristy, New Commere. Plauts, I, London 1882, p. 35. 88 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Sida iirens L. Am weißen Nil. Liefert feine seidenartige Bast- fasern. — Rein (1909), 1. c, p. 532. S. asiatica Cav.^ S. indica L. u. 8. grareolens Roxb. Indien. Bast- faser. — Royle, 1. c., p. 2(33. S. humüis Car. (= 8. veronicajfolia Lam.). Auf Reunion versuchs- weise als Faserpflanze kultiviert. — Rev. cult. col. fr., 1 899, Dec. Kritische Bemerkungen hierzu: Tropenpflanzer, IV, 1900, p. 149. Älthcea rosea Cav. Indien, Reunion. Bast zur Papierbereitung. — Cat. des col. fr., p. 83. A. cannahina L. Südeuropa. Bastfaser. — Royle, 1. c, p. 2(53. A. narhonnensis Pourr. Südfrankreich. Reich an brauchbarer Bastfaser. — F. Marc, Akklimatisationsversuche. Wiener Obst- und Gartenzeitung, 1877, p. 69. Media crispa L. Syrien. Bastfaser. — Ca vanille, Memoire d'agri- culture etc. de la societ. roy. d'agric. a Paris 1786. Daselbst auch die Resultate der Versuche mit Bastfasern von J/. nmuritana L., peruviana L. und limensis L. — Bischof, III, 1, p. 161. — Royle, 1. c, p. 265. Thespesia Lampas Dulx. Siehe Thespesiafaser. Th. poptdnea Corr. (= Hibisciis p)opulneus L.). Siehe unten bei der Faser von Th. Lampas. Th. macrophiilla Bl. Java. »Kapas oetan« Aisslinger, 1. c, p. 101 . Urena sinuata L. Siehe Urenafaser. U. lobata Cav. Indien. In den Tropen vielfach kultiviert. Flachs- artige Bastfaser. »Bun-ochra«. — St. Hilaire, Plantes usuelles du Br6sil, 63, p. 4. — Royle, 1. c, p. 263. — Semler, 1. c, III, p. 723 hält die Pflanze für identisch mit U. sinuata. — Nach Dodge, 1. c, p. 321 auch auf Ceylon und in Florida kultiviert. — E. Cowley, 1. c, III (1898). — Auf St. Thome »Otuto grande« genannt. Tropenpflanzer, IV (1900), p. 562. — Aubert L. Some fibre plants of Upper Burma. Agr. Journ. India 1908. — Abbey-Yates R. The use of Urena lobata as a fibre material and as a possible Substitute for Jute. The Agricultural Ledger 1908. — Dunston (1908), 1. c. — Rein (1909), 1. c, p. 533. ~ Saito, 1. c, p. 420. — Im Indian Trade Journ., -XIV (1909) wird die Faser von Urena lobata unter den »Jute Substitutes« angeführt. Malachra ovata L. Westindien. Hanfartige Bastfaser. — Cat. des col. fr., 1867, p. 82. — Auf Martinique »Guimauve« genannt. — Ebenda 1873, p. 8. 31. capitata L. Westindien, in Indien eingeführt (Watt) Bastfaser. — Ebenda, p. 82. Die Pflanze wird zur Fasergewinnung auch in Venezuela gezogen, wo sie den Namen Cadillo führt. — A. Ernst, 1. c, p. 426. — Nach Abel, Report on certain Indian fibres (Bot. Jahresbericht 1896, Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 89 II, p. 491) soll die Bastfaser dieser Pflanze bis 6 Fuß lang sein und an Güte die Jute übertreffen. — Auch Watt (1908) hebt die enorme Länge der Faser (bis 9 engl. Fuß) hervor und bezeichnet diese Faser als Sub- stitut für Bengaljute. Pavonia ceylonica Gar. Indien. Bastfaser. — Ebenda. — Dodge, 1. c, p. 259. Siehe Wolle der Wollbäume. 35. Boinbacaceen. B. quinatum Jacq. f= B. Ceiba L.) \ Siehe Wolle der B. heptaphyllum L. (= B. septenatum Jacq.) | Wollbäume. B. pubescens. In Brasilien (Sao Paolo) werden aus dem Bast Riemen und Stricke gearbeitet, v. Wettstein, Briefliche Mitteilungen aus Sao Paolo (9. JuU 1901). B. malabaricum DG. (= Salmalia malahariea Seh. et End.) B. carolinuni Vellos. B. cumanense H. B. K. B. huonopoxense Pal. B. B. rhodognaphalon K. Schiim. Eriodendi'on anfractuosum DG. ( — Bombax pentandrum L. = B. Geiba Lun. = Gossampinus alba Harn. = Ceiba pentandra Gcertn.) Ochroma lagopus Siv. Ghorisia crispifolia Kth. Brasilien Samenwolle. Gk. speciosa St. HU. Südamerika. Samenwolle. Gh. Pecholiana? Westindien. Polstermaterial. — Semler, 1. c, 111^ p. 735. Adansonia digitata L. Tropisches Afrika. Bastfaser zu Seilen. — Gat. des col. fr., p. 83. — Welwitsch, Synopse expl. das amostras de madeiras e drogas de Angola. Lisboa 1862, p. 40. — Spon, 1. c. Dodge, 1. c, p. 41. — Rein, 1. c. (1909), p. 531. — W. Herzberg, Mitteilungen aus den kgl. technischen Versuchsanstalten, Berlin. Bd. VIII (1890). Dalen und Wisbar, ebenda 1902, p. 51. — Herzberg, Papier- prüfung, 2. Aufl. p. 81. Die Bastfaser dieser Pflanze wurde auch schon in Deutschland (Niederkaufungen bei Kassel) zur Papierbereitung benutzt. Der Versuchsanstalt zur Prüfung übergeben, wurde die große Festigkeit der erzeugten Papiere konstatiert und wurden die mikroskopischen Kenn- zeichen derselben festgestellt. Der Bast der Adansonia liefert 17,97 Proz., das Papier 5,35 Proz. Asche. Wiesner, Mikrosk. Unters. 1. Kap., p. 3. 90 Siebzehnter Abschnitt Fasern. 36. Sterculiaceen. Sterculia villosa Roxb. Siehe Sterkuliabast. St. guttata Roxb. Malabar. Spinnb. Bastf. — Royle, 1. c, p. 266. St. colorata Roxb. Indien. Bast. >Khaus«. — Wiesner, Ind. Faserpflanzen, p. 2. St. foetida L. Java, »Dangdoer gedeh«. Aisslinger, 1. c, p. 109. St. tomentosa O. et P. und St. cinerea. Sudan. Gute Bastfaser. — G. K. Rein, Tropenpflanzer XIII (1909), p. 533. Firminia 'platanifplia L. Japan, Zu Seilen, Saito, I.e., 418. Dombeya sp. Reunion. Bast. — Cat. des col. fr., p. 83. — Über den Bast von Dombeya- kvien siehe Dodge, 1. c, p. 152. Waltheria americana L. Ges. Tropen. Juteersatzfasern. Tropenpfl. 1912, p. 429. »Malva blanca«: auf Kuba. Pachira aquatica Äubl. Martinique. Bast — Cat. des col. fr., p. 83. P. BaiTigon Seem. Zentralamerika. Bast zu Fischernetzen und Tauen. — Seemann, Botany of the voyage of the Herald. London 1852—57, p. 70. — Siehe auch Dodge, 1. c, p. 255. Eriolaena spectabilis PL Zentralhimalaya. Fasern zu Stricken. Engler-Prantl, Nat. Pflfam. III. VI., p. 75. E. montana DC. Java. Aisslinger, 1. c. Abronia angusta L. fil. (= A. angulata Lam.J. Indien, Philip- pinen. Bastfaser. »Woolet comul*, »perennial Indian Hemp«. — Royle, 1. c, p. 276. — Duchesne, 1. c, p. 217, — Dodge, 1. c, p. 34. — Abel, 1. c, III (1898). — Watt, Commerc. Products of India (1908), p. 1. — Foueon, I. c. (1909). — Aisslinger, 1. c, p. 107. Ä. fastuosa R. Br. Timor, Neuholland. — Bastfaser. — Bischof, 1. c, III, 1, p. 179. A. molle DC. Molukken, Sundainseln. Bastfaser. — Bischof, I.e. — Dodge, I. c, p. 34. Theobroma Cacao L. Guadeloupe. Bastfaser. — Cat. des col. fr., p. 83. Guaxuma uliriifolia Desf. Tropisches Amerika, Antillen. Bast zu Seilerarbeiten. Auf Guadeloupe »Mahot« genannt. — Cat. des col. fr., 1867, p. 83. — Royle, 1. c, p. 267. — Cat. des col. fr., 1873, p. 14. Kydia calycina Roxb. Siehe Kydiabast. Melochia corchorifolia L. (= Visenia corchorifolia Spreng. = Riedlea corchorifolia DC). Indien, auch im Nilgebiet. — Watt, Diction. V — Rein, I. c. — Ridley H. W. Agr. Bull. Str. a. Fed. Mal. Stat. IV (1 905). Bastf. bis 2 Fuß lang, fest, seidenglänzend. Helicteres Isora L. Indien. Bastfaser, genannt Khavon. Wiesner, Indische Faserpflanzen. — Über diese Faser unter dem Titel Helictera fibre, 93. The Tropic. Agric. and Magaz. XXIX (1907). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 91 37. Cochlospermaceen. Cochlospermum OossypiumDC (= Bomhax grandiflorum Sonner.). Indien. Samenwolle und Bastfaser. Wiesner, Ind. Faserpflanzen, p. 2. o8. Bixaeeen. Bixa orellana L. Tropisches Amerika, in Indien angepflanzt. Bast- fasern. — Böhmer, 1. c, I., p. 547. — Dodge, 1. c, p. 84. — Watt, Commerc. Prod. of India (1908), p. 143. ;)9. Datisciiceeu. Datisca cannahina L. Orient. Spinnbare Bastfaser. — Duchesne, 1. c, p. 312. 40. Thymelaeaceeii. Lasiosiphon speciosus Decne. S. Lasiosiphon-Bast. L. eriocephalus Decne. Indien. Bast zur Papiererzeugung emp- fohlen. — Dodge, 1. c., p. 214. Daphne cannabina Wall. (== D. Bholua Don. = D. papyracea Wall.). Himalaya. Nepal paper plant. Bast zur Papierbereitung. — Royle, 1. c., p. 311. — Vetillard, Etudes, p. 169. D. pseudomexereum Ä. Gr. Japan. Papierfaser, Salto, 1. c, 425. D. Wallichii Meisn. Indien. Dient gleichfalls zur Papierhereitung. — Watt, Econom. Prod. of India, Galcutta 1883. Vol. I, Part. III, Nr. 82. D. pendula 8m. Java. Aissliiiger, 1. c, p. 112. Daphnopsis hrasiliensis Marl. Nach brieflichen Mitteilungen von Wettsteins (1. c.) wird der Bast (i>Embira brenca«) in Streifen ge- schnitten als Riemzeug, sonst auch zu Stricken verwendet. Lagetta lintearia Lam. (= Daphne Lagetta Siv.). Westindien, bes. Jamaika, wo der Baum Lagetta heißt, Brasilien. In Indien (Nepal) kultiviert. Bast, AUigator-bark, Lace-bark, läßt sich schichtenweise ablüsen und bildet ein reinweißes spitzenartiges Gewebe, das zu Frauenhüten, Kragen und Luxusgegenständen verarbeitet wird. In Brasilien zu Peitschen verarbeitet (Sem 1er). Wichtiger ist seine Verwendung zur Papierbereitung. — Wright, Acc. pl. grow. Jam. — Royle, 1. c. — Lindley, The veget. Kingdom, p. 531. — Semler, 1. c, III, p. 725. — Vetillard, 1. c, p. 169. L. funifera Marl. Martinique, Guadeloupe. »Mahot piment«. Es werden die vortrefflichen Eigenschaften mehrseitig hervorgehoben. Ver- wendung wie bei der vorhergehenden Art, aber in beschränkterem Maß- stabe. — Gat. des col. fr., 1873, p. 8. — Semler, 1. c, III, p. 725. Onidia eriocephala Meisn. Westl. Ind. Bast. — Royle, 1. c, p. 317. Dirca palustris L. Nordamerika. Bastfaser zu Tauen. — Du- chesne, 1. c, p. 54. 92 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Passerina hirsuta L. Wird nach Schweinfurth in Ägypten zur Herstellung feiner Papiersorten verwendet. — Jencic, Ost. bot. Zeit- schrift 1902. Sep. Abd., p. 6. Edgeworthia papyrifera Salxm. (E. chrysantha Lindl.). Siehe Edgeworthiafaser. E. Gardneri Meisn. Nepal. Bastfaser zur Papierbereitung. Lie- fert nach Watt, Econom. Prod., 1. c, III, Nr. 93 das feinste Nepalpapier, welches an Weiße und Feinheit das von Daphne papyracea erzeugte überragt. — Watt, Dict. of the Econ. Prod. of India, Galcutta 1889. Wikstroemia canescens (Wcdl.) Meisn. Bastfaser in Japan zur Papierbereilung. — Dodge, 1. c, p. 327. — Im wärmeren Amerika kul- tiviert. Der Bast wird als sehr leicht und widerstandsfähig bezeichnet und dient zur Papierbereitung (Usegopapier). — A. Hofmann, Amer. Drugg. XX, p. 89. W. sikokianum Fr. etSav. Südl. Japan. Zu Papier. Saito, 1, c, p. 424. Wikstroemia indica C. A. Mey. Indien. Bastfaser. — Ridley, Agric. Bull, of the Straits and Feder. Malay States 1904. Lythraceen. Lagerstroemia parviflora Roxh. Indien. Liefert in Ghota und Nagpar eine zu Seilen und Stricken verwendete Faser. — Watt, Commercial prod. (1908), p. 701. 4L Lecythidaceen. Lecythis (Maria L. Brasilien, Guiana, Golumbien, Venezuela; hier unter dem Namen »Coco de mono«. Der Bast^) liefert ein Werg und dient auch zur Papierbereitung. — Böhmer, 1. c, I, p. 552. — Cat. des col. fr., 1867, p. 83. — A, Ernst, 1. c, 1886, p. 413. — Über die Faser dieser und anderer Spezies von Lecythis siehe Dodge, Catal. 1897, p. 215—216. L. grandiflora Auhl. Gayenne, Brasilien. Bastfaser zu Papier. Nach den französischen Kolonien in Afrika verpflanzt. — Gat. des col. fr,, p. 83. — Duchesne, p. 240. L. longifolia H. B. K. Venezuela. »Goco de mono<. — A. Ernst, 1. c, p. 413. 42. Combretaceen. Terminalia glahrata Forsk. Indien. Bast. »Uin«. — Wiesner, Indische Faserpflanze, p. 4. T. paniculata L. Indien. Bast. »Kinjal«. — Ebenda. \) In Brasilien wird der zimtbraune Bast zur Umhüllung des Tabaks für Ziga- retten benutzt. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 93 43. Myrtaceeii. Melaleuca lencodendron L. Indien. Tropisches Australien. Der Bast liefert einen wergartigen Faserstoff. — Rumph, Herb, amboin., Kap. 25. — Loureiro, Flora cochinch., p. 573. — Ferd. v. Mueller, Rep. on the Veget. Prod. Intercol. Exhib. Melbourne i 867. Nach letzterem wird der Bast von M. armülaris Wendl. (Tasmanien) ebenso verwendet. Careya arhorea Roxh. Indien. Bast zu Kleidungsstoffen und Bast- fasern als Gespinststoff. — Royle, 1. c, p. 301. Barringtonia sp. Fasern der Wurzeln zu Flechtwerken. — Miquel, Flora Nederl. Indie I, p. 492. Über i?. spicata Bl, Aisslinger, I.e. p. 114. 44. Oenotlieraceeu. Chatnaenerium angustifolium Scop. (^= EpiloUmn angustifolium L.J. Samenwolle. Zur Zeit der Einführung der Baumwolle nach Europa versuchte man diese und andere Samenwollen (von Weiden, Pappeln usw.) zum Spinnen und Weben zu verwenden. Es gelang dies nur sehr unvollständig. Es wurden Dochte, Garne zu Handschuhen u. dgl. aus diesem Materiale gemacht, selbes auch zu Polsterungen verwendet. Bald mußte man jedoch einsehen, daß diese Faserstoffe nach keinerlei Richtung mit der Baumwolle zu konkurrieren vermögen. — Holmb erger, Ab- handlungen der Schwedischen Akademie der Wissenschaften, 1774, p. 260 und VII, p. 51. — Beckmann, Vorbereitung zur Warenkunde. Göttingen 1793, I, p. 65. — Vgl. auch Wiesner, Mikroskopische Untersuchungen, Kap. : Beiträge zur näheren Kenntnis der Baumwolle und einiger anderer technisch verwendeter Samenhaare, und Dodge, 1. c, p. 195, wo auch über die Verwendung der Bastfaser dieser Pflanze nachzusehen ist. Nach T. F. Hanausek, Über einige Ersatzfaserstoffe und »Die Weidenröschen- faser«, Der Textilmeister, Wien 1915, ist die Bastfaser wohl fest und un- verholzt, aber in zu geringer Menge im Stengel enthalten. 45. Gentianaceen. Canscora diffusa E. Br. (=^ Pladera virgata Roxh.). Malabarküste. Faser liefernder Pflanzenteil unbekannt. — Gat. des col. fr., p. 82. 46. Apocynaceeii. Apocynum sihiricum Fall. Südliches Rußland, am kaspischen Meere, in Südsibirien. Liefert eine spinnbare Bastfaser. In Taschkent soll keine andere Spinnfaser im Gebrauche sein. — Wittmack, Nachrichten des Klubs der Landwirte, Berlin, 1874. — Seiheim, über die Faser \QwA.sih. Arbeiten der St. Petersburger Gesellschaft der Naturforscher IV, 1 , p. 3 ff. enthält auch eine mikroskopische Charakteristik der Faser. — Michotte F., Kendir der Kirgisen. Revue des cultures coloniales XIV (1904). 94 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. A. venetum L. Von den Lagunen Venedigs ostwärts bis (Ihina, zerstreut. Die Bastfaser stimmt nach Seiheim (1. c.) mit der von A. sibiricum Fall, überein. — Nach Ledebour ist Ap. sib. mit Ap ven. identisch. Als Spinnpflanze auch für Europa empfohlen. — Über den mikroskopischen Charakter der Faser von A. ven. siehe Mikosch, Be- richt der Deutsch. Bot. Ges. 1891, p. 306 ff. — Über A. ven. als Faser- pflanze siehe noch Aitchison, Notes on the products of W^estern Afgha- nistan, 1886. Daselbst ist angegeben, daß die Kazak (ein Turkmenen- stamm) aus dieser Faser ein Gewebe bereiten, Katan genannt. S. über die in Turkestan von Apocynum venetiim gewonnene Faser (»Kendir«, »Tarka«), Zeitschr. ges. Textilind. III., 1899—1900, Nr. 15. A. cannahinilm L. Nordamerika. Liefert eine hanfartige Faser. welche von verschiedenen Indianerstämmen zu Seilen , Fischernetzen usw. verarbeitet wird und von den Ansiedlern als »Indian Hemp« oder Wildhanf Verwendung findet. — Böhmer, 1. c, p. 534. — Wiesner, Rohstoffe I.Aun., p. 318. — Engler, Syllabus 2. Aufl. (1898), p. U5. A. indicum Lam. Bastfaser von den östlichen Indianern benutzt. — Indian use of Apocynum. Philadelphia 1884, p. 38. Bot. Jahres- ber. 1884, II, p. 150. Rauivolfia reflexa Teysm. et Birm. Java. Aisslinger, 1. c, p. 1 16. Nerium piscidium Roxb. Indien. Bast. - — Roxburgh, Flora in- dica, II, p. 7. — Royle, 1. c, p. 303. Strophanthus sp. Siehe vegetabilische Seide. Wrightia tinctoria R. Br. Französ. Indien. Liefert ein Polster- material »Oualte«. — Cat. des col. fr., 1873, p. 78. Echites grandiflora Hook, et Arn. (= E. longiflora Desf.J. Bra- silien. Die Samenhaare liefern vegetabilische Seide. — Arnaudon, Sur les soies vegetales. Moniteur scientif. 1893, p. 693 ff. Funtumia elastica Stapf (= Kickxia elastica Preuss). Amani. Die Samenhaare dieser Pflanze wurden von dem biol. landwirtschaft- lichen Institut in Amani der Chemnitzer Aktienspinnerei zur Begutachtung eingesendet. Diese Samenhaare sollen ihrer Zähigkeit halber zu Spinnerei- zwecken sich besser eignen als Kapok. Der Pflanzer, 1910, p. 301. Beaumontia grandiflora Wallich (=^ Echites grayidiflora Roxb.). Siehe vegetabilische Seide. Auch die Bastfaser steht in Ver- wendung. — Cat. des col. fr., 1867, p. 81. — Spon, 1. c. — Watt, 1. c. 47. Asciepiadaceen. Calotropis gigantea R. Br. (= Asclepias gigantea Noran.). Siehe vegetabilische Seide, welche aus den Samenhaaren dieser Pflanze besieht. In Indien wird aber auch die hanfartige Bastfaser dieses Ge- Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 95 Wachses gewonnen. — Royle, 1. c, p. 306 ff. — Cat. des col. fr., p. 82. — Miquel, 1. c, II, p. 481. Aisslinger, 1. c, p. 118. C. procera R. Br. (=■ C. Hamiltonii Wight). Madras. Bastfaser. »Yerkum«. — Royle, 1. c, p. 306 ff. — Watson, Indischer Katalog. (Exhib. 1862.) — Über die vegetabilische Seide dieser Pflanze siehe G. Watt, Silk cotton of. Calotropis jirocera. Agric. Ledger 1897. — Nach L. A. Lincke, Über Kapok, Dresden 1912, wird die vegetabilische Seide dieser Pflanze gleich jener von C. gigantea in Indien als Ak oder Akon bezeichnet. C. herhacea Roxb. Nördliches Vorderindien. Seide ähnlich der von Calotropis gigantea und procera, kommt aber für die Fasergewinnung nicht in Betracht. — Lincke, 1. c, p. 16. Äsclepias curassavica L. Siehe vegetabilische Seide. A. voluhiUs L. Siehe vegetabilische Seide. A. syriaca L. (= A. Cornuti Decsne.). Siehe vegetabilische Seide. A. asthmatica L. (== Tylophora asthmatica W. et Arn.). Indien. Bastfasern. Cat. des col. fr., p. 81. A. spinosa Arrah. (DC, Prodr. VIII., p. 573). Indien. Bastfaser. — Cat. des coL fr., p. 81. Cynanchum extensuni Ait. Indien. Bastfaser. — Ebenda, Marsdenia sp. Siehe vegetabilische Seide. M. tenacissima W. et Arn. (= Ascl. ten. Roxb.). Indien. Bast- faser. »Rajemahl«, >Getee«. — Roxburgh, Corom. PI. III., p. 35. — Royle, 1. c, p. 304. — Watson, 1. c, p. 1 1 ff . — Semler, 1. c, III, p. 724. — Semler rühmt die große Widerstandskraft dieser Faser gegen Feuchtigkeit und ihre große Elastizität, in welcher Eigenschaft sie den Hanf übertrifft, wenn sie auch minder fest als dieser ist. M. Condurango. Amani. Stopfmateriale. — K. Brauns, 1. c. Gymnema süvestre R. Br. Java. Aisslinger, 1. c, p. 120. Stephariotis florihunda A. Brongn. Martinique. Die Samenhaare geben vegetabilische Seide. — Cat. des col. fr., p. 84. Holostemma Rhedeanum Sprg. (= Äsclepias annularis Roxb.). Indien. (Gircars, Mysore.) Bastfaser. — Roxburgh, Flora indica II, p. 37. — Royle, 1. c, p. 306. Oomphocai'pus fruticosus R. Br. Senegal, Tunis. Die Samen- haare liefern vegetabilische Seide. — J. J. Arnaudon, Sur les soies vegetales. Moniteur scientif. 1893, p. 693 ff. — Die Bastfaser dieser Pflanze wird wegen ihrer Festigkeit von Herzog (Tropenpflanzer, XIV, 1912) sehr empfohlen. Herzog gibt auch eine mikroskopische Charak- teristik dieser Bastfaser. Das von ihm untersuchte Material stammt aus Deutsch-Ostafrika. 96 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. G. semüunatus A. Riehter. Die Samenhaare dieser Pflanze, Buluba genannt, werden in Abessinien, Kongo, Deutsch-Ostafrika und Angola ge- sammelt und als Stopfmaterial verwendet. Die Bulubafaser soll 80 Proz. Zellulose enthalten. — K. Braun, Der Pflanzer, 1911, p. 22 fl". G. physocarjJus E. Mey. Natal. Die Samenhaare bilden ein Stopf- material. — K. Braun, 1. c. Nach Ind. Keyv- ist diese Art mit der vorigen identisch. Orthanthera viminea Wight. Indien. Bastfaser. — Royle, Hima- layan Botany, p. 274. — Lindley, The veget. Kingd. 3. A., p. 626. Hemidesinus indicus R. Br. (= H. Wallichü Miq. = Periploca indica Willd.). Indien. Bastfaser. — Cat. des col. fr., p. 81. — Watt, Dictionary IV, Kalkutta (1890), p. 219. Leptadenia spartum Wight. Indien. Bast. — Royle, The fibrous plants of India, p. 306. Hoya viridiflora R. Br. Indien. Bast. — Ebenda. Periploca silvestris Retx. Indien. Sehr starke Bastfasern. — Ebenda. P. aphylla Dcsne. Indien. Bastfaser. — Ebenda. 48. Borraginaceen. Tournefortia hirsutissima Sw. Liefert in Venezuela die Faser »Nigno«. — A. Ernst, 1. c, p. 414. Cordia angustifolia Roxb. Indien. Bastfaser. »Narawali fibres«. C. latifolia Roxb. Siehe Cordia- Faser. C. Rotthü R. et Seh. Bastfaser. »Gundui fibre«. — Wies n er, Indische Faserpflanzen, p. 4. C. ohliqua Willd. Indien. Bast. — Cat. des col. fr., p. 82. C. cylindristachya Kom. Trinidad. Bastfaser zu Seilen. — Siehe J. H. Hart, Ann. Report on the Royal Botan. Gard. of Trinidad. — Zit. nach Dodge, 1. c, p. 133. 49. Solanaceen. Nicotiana tahacum L. Die bei der Tabakfabrikation abfallenden Blattfragmente werden manchmal in der Erzeugung von Zigarettenpapier verwendet. Herzog, Mikrophot. Atlas, p. 76 ff. Der Autor beschreibt die mikroskopischen Kennzeichen solcher Zigarettenpapiere und gibt eine mikrophotographische Abbildung der charakteristischen Bestandteile (Ober- haut, Sandzellen des Parenchyms usw.). 50. Rubiaceen. Psychotria Mapowia R. Guiana. Siehe Bast. — Cat. des col. fr., p. 81. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 97 Pceden'a fcetida L. Die Bastfaser dient in Panama zu Gespinsten. — Seemann, Herald Exped., p. 70. Uncaria Gamhir Roxb. Java. Aisslinger, 1. c, p. 123. Timonius Rumphii DC. Ebenda, p. 124. 51. Cucurbitaceen. Luffa cylindrica M. Roem (= L. cegijptiaca Mill.). Tropisches Afrika und Asien. Das Fasernetz der Frucht bildet die bekannten »Luffa- schwämme«. — Dodge, 1. c, p. 229. L. acutangula Roxb. Faser der Frucht. Luffaschwamm, auf Guade- loupe »trochon« genannt. — Cat. des col. fr., 1873, p. 14. Coccinia indica W. et Arn. Java. Aisslinger, 1. c, p. 125. 52. Compositen. Celmisia coriacea Hook. fil. Neuseeland. Blattfasern für textile Zwecke und zur Papiererzeugung geeignet. — T. Kirk, Ausland, 1875. Centaurea salmantica L. »Escoba«. Une nouvelle fibre textile au Mexique. L'Agric. prat. pays chauds IX (1909). Nach dieser Quelle löst sich nach zweitägigem Liegen die Rinde dieser Pflanze ab, welche durch Klopfen eine lange, seidenartige Faser liefert. Die Pflanze ist auch im Mittelmeergebiete verbreitet. VI. Spezieller Teil. Übersicht der nachfolgend abgehandelten technisch verwendeten Pflanzenfasern. a) Pflanzenhaare. 1. Die Arten der Baumwolle (Samenhaare der Oossypium- Arien). 2. Die Wolle der Wollbäume (Haare aus den die Samen einhüllenden Früchten mehrerer Bombacaceen). 3. Die Arten der vegetabilischen Seide (Samenhaare mehrerer A«clepia- daceen und Apocynaceen). b) Bastfasern aus den Stengeln beziehungsweise Stämmen dikotyler Pflanzen. a) Flachs und flachsähnliche Fasern. 4. Nesselfaser (Urtica dioica L.J. 5. Flachs (Linian usitatissimum) . 6. Hanf (Cannabis sativa). 7. Gambohanf (Hibiscus cannabinus) . 8. Sunn (Crotalaria juncea). 9. Chikankadia (Sida retiisa). 1 0. Yercumfibre (Calotropis gigantea). Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 7 98 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. ß) Boehmeriafasern. 1 I . Ramiefaser oder Chinagras (Boehmeria nivea). Y) Jute und juteähnliche Fasern. 12. Jute (Corchorus capsularis und C. olitorius). ■13. Raibhenda (Abelmoschiis tetraphyllaj. 14. Tupkhadia (JJrena sinuata). o) Grobe Bastfasern. 15. Bastfaser von Bauhinia racemosa. 16. Bastfaser von Thespesia Latnpas. 1 7. Bastfaser von Cordia latifolia. z) Baste. 18. Lindenbast (Tilia sp.). 1 9. Bast von Sterculia villosa. 20. Bast von Holoptelea intecjrifolia. 21. Bast von Kydia calycina. 22. Bast von Lasiosiphon speciosus. 23. Bast von Sponia Wightii. c) Gefäßbündelbestandteile oder Gefäßbündel monokotyler Pflanzen. et) Blattfasern. 24. Musafasern fManilahanf) von Musa textüis und Fasern anderer ifwsa- Arten, 25. Agavefasern (Agave sp.) Sisal, Kantala, Henequen usw. 26. Mauritiushanf (Fourcroya foetida). 27. Sansevieriafasern (Sansevieria sp.). 28. Neuseeländischer Flachs fPhormmm tenax). 29. Aloefasern (Aloe sp.). 30. Bromeliafasern (Bromelia sp.). 31. Pandanusfasern (Pandanus sp.). 32. Raphiafasern (Raphia sp.). 33. Espartofaser (Stipa/ tenacissima). 34. Piassave (Attalea funifera, Leopoldinia Piassaha usw.j. 35. Posidoniafaser (Posidonia austraUs). ß) Stengelfasern. 36. Tillandsiafaser (Tülandsia usneoides). y) Fruchtfasern. 37. Coir oder Kokosnußfaser (Cocos nucifera). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 99 Anhang. Weltproduktion der wichtigsten Pflanzenfasern. Wie die vorgeführte Zusammenstellung lehrt, ist die Zahl der tech- nisch verwendeten Pflanzenfasern eine enorm große. Um eine erste, vorläufige Orientierung über diese Fasern in Rücksicht auf ihre Bedeutung als Gegenstand des Handels und der Industrie zu geben, lasse ich hier eine Übersicht der Weltproduktion der allerwichtigsten Pflanzenfasern folgen. Dieselbe umschließt die Daten über die Weltproduktion jener Fasern, welche entweder zum Spinnen und Weben dienen (Spinnfasern = Weichfasern) oder in der Seilerindustrie Verwendung finden (Hart- fasern i). In dieser Übersicht werden die Polstermaterialien, die Mate- rialien zur Erzeugung von Besen und groben Bürsten (Piassaven, sog. Reiswurzeln usw.)^ die zahlreichen, in der Papierfabrikation verwendeten Materialien (Holz, Stroh usw.) und die nur eine untergeordnete technische Verwendung findenden Pflanzenfasern, nicht berücksichtigt. Die Produk- tionsmengen sind in Tonnen ä 1000 kg ausgedrückt und die Daten be- ziehen sich, wenn nichts anderes angegeben ist, auf das Jahr 19122). A) Hartfasern. 1. Manilahanf. Philippinen. (Musa textiUs) . . . 170,500 Tonnen. 2. Henequen. Yucatan und andere Gebiete von Mexiko (Agave fourcroydes) 138,900 » 3. Sisalhanf. Deutsch-Ostafrika, Java usw. fl4.s^sö!^a?^aj 23,950 » 4. Neuseeländischer Flachs. Neuseeland (Phormium tenax) 18,000 5. Kokosnußfaser. Indien (Cocos nucifera) . . . 25,000 3) > B) weiche Fasern. 6. Baumwolle. (1910—1911) (Gossypium sp.) . . 4,500,000 7. Flachs. (1909) (Linum usitatissimum) . . . 692,200 8. Hanf. (1909) (Cannahis sativa) 1 67,700 *) > 9. Jute (indische). (1911 — 1912) (Corchorus capsu- laris und C. olüorius) 1,920,000 d) Papierfasern. 38. Strohfaser (Roggen, Weizen, Hafer, Reis). h) Über Hartfaser siehe oben p. 23. 2) Die Daten -1 — 4 und 7 — 9 nach Lyster H. Dewey. Siehe auch Nachrichten über Handel, Landwirtschaft und Industrie. Zusammengestellt im Reichsamt des Innern, Berlin 3. Mai 4 913. 3) Nach nicht übereinstimmenden Quellen. Der oben angegebene Wert scheint zu klein zu sein. 4) Dieser Wert ist nach anderer Quelle zu klein. 7* 100 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 39. Esparlofaser (Blattfaser von Stipa tenacissima). 40. Bambusfaser (Bambusa sp.). 41. Holzfaser (Fichte, Tanne, Führe, Espe usw.). 42. Bastfaser des Papiermaulbeerbaums (Broussonetia paiiyrifei'a). 43. Bastfaser der Edgeworthia papyrifera. 44. Torffaser. Anhang.. Papier aus dem Mark von Aralia papyrifera. Im geschichtlichen Teile des den Papierfasern gewidmeten Abschnitts werden noch abgehandelt werden : 1. Palmblätter als Beschreibstjofl'. 2. der Papyrus der Alten (aus dem Marke des Schaftes von Cyperus Papyrus. 3. die sog. Baumbastpapiere. 4. die Papiere der Bhurja-Manuskripte (Periderm der Betula Bhojpattra). 5. die Papiere der Maya-Codices und der altmexikanischen Bilder- handschriften. 1. Baumwolle 1). Es ist hinlänglich bekannt, daß die Baumwolle (coton franz., cotton engl.) nicht nur die wichtigste aller spinnbaren Fasern ist, sondern gerade- zu die wichtigste Ware des Welthandels bildet, womit nicht gesagt sein soll, daß das Gewicht oder der Wert der jährlich gewonnenen Baumwolle \] Beckmann, Vorbereitung zur Warenkunde. I. Göttingen \1^Z. ßaines, History of cotton naanufacture in Great Britain, London 1835. Harry Rivet-Cornac, Report, on the cotton dep. etc., Bombay 1869. B. Nieß, Die Baumwollenspinnerei in allen ihren Teilen, 2. Aufl., Weimar 1883, 3. Aufl., 1902. Oppel, Die Baumwolle nach Geschichte, Anbau, Verarbeitung und Handel, Leipzig 1802. Kleine, Die Baum- wolle, ihre Kultur, Ernte, Verarbeitung und der internationale Baumwollehandel. Leipzig 1908. G. Watt, Commercial productes of ludia, London 1908. Die Baum- wollenfrage. Denkschrift über Produktion und Verbrauch von Baumwolle. Maß- nahmen gegen die Baumwollennot. Veröfi'entlicht vom Reichskolonialamt Nr. 1, Jena 1911. Pariatore, Le specie dei cotoni, Firenze 1861. Todaro, Relatione sui cotoni coltivati nel R. orto botanico di Palermo, Palermo 1876. G. Watt, The wild and cult. Cotton plants on the world, London 1907. Speziell über Kultur u. Gewinnung siehe noch: Semler, Tropische Agrikultur, Bd. III, 1888 und spätere Auflage. Dodge, I.e., 1897. M. Passon, Die Kultur der Baumwolle, Stuttgart 1910. Speziell über mikroskopische Kennzeichen: Wiesner, Mikroskop. Unters., Stuttgart 1872. Weitere Literaturangaben folgen im Laufe dieses Artikels. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 101 die höchsten seien, welche eine Handelsware erreichen kann. Es wird bei- spielsweise jährlich weitaus mehr Weizen geerntet als Baumwolle (0. War- burg) i und auch der Wert dieser Feldfrucht überragt jenen der Baum- wolle. Aber der ungemein hohe Wertzuwachs der aus Baumwolle erzeugten Fabrikate begründet die große Bedeutung der Baumwolle als Handelsware, — ich erinnere nur an das bekannte Wort: King cotton. Die Geschichte der Baumwolle wird am Schlüsse dieses Paragraphen in Kürze geschildert werden, dort kommt auch die steigende Bedeutung dieses Faserstoffes zur Besprechung. Hier sei einleitend nur erwähnt, daß man die Menge der in den Welthandel kommenden Baumwolle auf ca. 4,5 Milliarden Kilogramm veranschlagt 2), wovon derzeit beiläufig noch immer, trotz großer Anstrengungen anderer Länder, 65 Proz. auf die Vereinigten Staaten fallen. Vor etwa zwanzig Jahren schätzte man — allerdings mit geringerer Sicherheit als jetzt — die jährlich auf der Erde produzierte Menge an Baumwolle auf die Hälfte und vor etwa vierzig Jahren auf etwa rund 1000 Millionen Kilogramm, d. i. auf weniger als ein Viertel der jetzigen Produktionsmenge 3). Nähere Daten über die jährliche Produktionsmenge der Baumwolle folgen weiter unten. Die Kultur der Baumwollenpflanze ist dementsprechend sehr ausgedehnt und es sei einstweilen nur hervorgehoben, daß, einzelne Ausnahmen (z. B. die kaukasische Baumwolle) abgerechnet, das Anpflanzungsgebiet dieser Nutzpflanze von 36° S. B. bis zu 41° N. B. reicht. Das hohe Alter der Baumwollenkultur und die sehr verschieden- artigen Vegetationsbedingungen der über einen großen Teil der Erde verbreiteten Baumwollpflanzen sind die Ursache der Entstehung zahl- reicher, zum großen Teile fixer Rassen und vieler Spielarten, welche die Einordnung der Formen in bestimmte Spezies sehr erschweren, so daß die Systematik der Gattung Gossypium keineswegs als geklärt zu be- trachten ist. Vor allem gilt für die Baumwolle, wie für fast alle alten Kultur- gewächse, daß man die Stammpflanze, von welcher die gezüchteten Formen abstammen, nicht oder nicht mit genügender Sicherheit kennt. Es wurden viele angeblich wildwachsende indische und amerikanische Gossypium- jüvien beschrieben, die sich aber fast durchweg als ver- wilderte Gewächse herausgestellt haben. Nur das von Maxwell H) 0. Warburg, Die Baumwolle, in dem Werke: Die Kulturpflanzen der Welt- wirtschaft von 0. Warburg und J. E. von Someren-Brand, Leipzig, Voigtländer 190S. Die Zeit der Herausgabe dieses Werkes ist weder dem Titel des Buches, noch der Vorrede zu entnehmen. Auch die einzelnen Aufsätze sind undatiert. 2) Nach den statistischen Angaben aus dem Jahre 1910— H. 3) Andree, Geographie des Welthandels (1872), p. 640. Semler, Tropische Agrikultur III (1888), p. 495. -[Q2 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Masters beschriebene Gossypium Stocksü^), welches in der Nähe von Karachi (Indien) und auf den Ühofor-Bergen (im südöstlichen Arabien) aufgefunden wurde, gilt als Stammpflanze des von Linne aufgestellten Gossypium herhaceum. Indes sind auch gegen diese Herleitung Be- denken geäußert "worden 2). Folgende Spezies dieser Gattung liefern erwiesenermaßen die größte Menge, beziehungsweise überhaupt Baumwolle: Gossypium herhaceum L.^]. Insbesondere stark in Indien, aber auch in Ägypten, Kleinasien, in der europäischen Türkei gebaut. Liefert kurzstapelige Baumwolle. G. hirsutiwi L. Die Heimat dieser Baumwollenart ist Westindien und das wärmere Amerika. Sie wird nicht nur in den genannten Län- dern, sondern auch an vielen anderen Orten kultiviert, insbesondere in Nordamerika, wo sie mit den weiterfolgenden die Hauptmasse der Handels- ware liefert. Unter anderm hat man auch in Italien Anhauversuche mit dieser Pflanze vorgenommen (Rivet-Cornac). G. harhadense L.^). Heimat: Westindien. Diese Spezies liefert eine ausgezeichnete, durch besondere Länge und Güte der Faser aus- gezeichnete Baumwolle (Sea Island) und dies ist wohl der Grund, wes- halb man in allen Baumwolle liefernden Ländern dieselbe anzubauen bestrebt ist. G. peruvianum Cav.^). Heimat: Peru, Barbados (Maycock), ist für Südamerika eine wichtige Kulturpflanze geworden. 1) Flora Brit. Indien. 1874. 2) G. Watt, Wild and cult. cotton PI. of the World (1907) 73 f. Siehe auch Watt, Commerc. Products of India, London (1908), p. 575. 3) Die Linnesche Spezies zerfällt in zahlreiche Formen, welche von den Autoren zumeist als selbständige Arten beschrieben werden. Diejenige Form, welche für die indische Baumwollenkultur die höchste Bedeutung hat, ist das von Todaro be- schriebene 0. Wightianum. Zu 6. herhaceum gehört auch Q. obtusifolium Roxb. und das das Hauptquantum an Dhollera-Baumwolle liefernde O. fuicrocarpum? (O. herb. var. microcarpuvi Tod.). Nach neuerer Auffassung gehören zu dem Linne- schen Q. herhaceum noch Q. neglectum Tod., Q. latifolium Murr., O. eglandulosum Cav. und micranthum Gav. Wie unsicher derzeit noch die Systematik von Gossy- pium ist, gehl daraus hervor, daß einige Autoren O. neglectum Tod. als eine Form von 0. herhaceum L., andere als eine Form von O. arboreum L. (0. arb. var. neglectum Watt) erklären. Siehe hierüber Watt, 1. c. 4) Mit Gossypium harhadense werden jetzt identifiziert G. acuminatum Roxb., vitifolium Lam., punctatum Schum. et Thonn.,] racemosum Poir. und mariti- mum Tod. 5) Wird von einigen Autoren als eine Form von G. harhadense betrachtet. G. peruviamtm Tod., als deren wahrscheinliche Heimat Zentral- und Südamerika angegeben wird, identifiziert Watt mit G. vitifolium Roxb. und G. hirsu- tum Cook. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. X03 O. religiosum Auct. Die Nankingbaumwolle. In China zu Hause. Dort und in Hinterindien stark gebaut; aber auch in andern Ländern, z. B. Ägypten, Italien i). O. a?'boreum L^). Die baumartige Baumwolle wird seit alter Zeit in Vorderindien gebaut; nach Masters ist sie aber nicht ostindischen, sondern afrikanischen Ursprungs. Sie wird aber auch sonst noch in Ostindien, in China, Ägypten, in Nordamerika und Westindien (May- cock), und selbst im Mittelmeergebiete kultiviert. Im Vergleiche zu den vorher angeführten Arten (insbesondere zu den Formen vgn O. hei'haceum, hirsutum und bai'badense) tritt diese Art und ihre Formen schon stark in den Hintergrund 3). An diese angeblichen Arten der Gattung Oossypium schließen sich an: Gossypium indicum LamJ) in Ostindien; O. viüfolium Lam.^ Heimat Ostindien und die Maskarenen, kultiviert auf Barbados, in Indien, Java, Neukaledonien und Italien 6); G. punctatum Schuni.^ Senegal; G. acuminatum Roxb., Indien, daselbst auch kultiviert ^j; G. obtusi- foliuTn Roxb., Indien, daselbst auch kultiviert '^); G. 7niera?ithu?n Cav., als »Kapas mori« in Vorderindien und Java gepflanzt ^j; G. taitense Parl.^ Tahiti, und G. sandwicense Pari., Sandwichsinseln ^j. Die französischen Kolonien exportieren zwei Handelssorten der Baum- wolle, nämlich coton pierre, und c. nankin court soie, erstere aus Mar- tinique und Guadeloupe, letztere aus Indien, welche von den übrigen \) Die in der Nähe indischer Tempel (der Brahminen) angepflanzte, heiUg ge- haltene Baumwollenpflanze ist, wie ich selbst gesehen, nicht O. religiosum Auct., sondern Q. arboreum oder eine Spielart derselben. Aus der Wolle dieses Baumes wird die heilige Brahminenschnur (»Upavita< nach gef. Mitteilung des Herrn Prof. L. V. Schröder) angefertigt. Nach Watt, Dictionary, Artikel Oossypium, p. 39, hat es den Anschein, als würde die Wolle von 0. kerbaeeum zur Verfertigung der heihgen Brahminenschnur (>the Brahminical string«) dienen. Doch findet sich bei Watt, 1. c, p. 43 bezeugt, daß, wenn nicht alle, so doch zumeist die Schnur (hier >brahminical thread« genannt) aus der Wolle von O. arboreum verfertigt werde. 2) Über die Varietäten dieser Linn eschen Spezies siehe Watt (Wild and cultiv. cotton plants), wo indes auch 0. neglectum Tod., die von anderen Autoren zu O. ker- baeeum gezogen wird, als Form von G. arboreum, betrachtet wird (siehe obere Note, p. 806). 3) Siehe Tropenpflanzer 11 (1898), p. 68 0". 4) Über die Identifizierung einiger dieser Arten mit Oossypium, herbaceum, und barbadense siehe die Anmerkungen p. 10 2. 5) Siehe Miquel, Flora von Nederl. Indic. I. 2. p. 163; Cat. des col. fr., 1867, p. 86. Maycock, Flora Barb., p. 134. 6) Cat. des col. fr., p. 86 und Wiesner, Indische Faserpflanzen, 1. c, p. 2. 7) Wiesner, 1. c, p. 2. 8) Miquel, 1. c, p. 162. 9) Pariatore, 1. c. 104 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. bekannten Sorten so abweichen, daß sie als selbständige Formen im nachfolgenden beschrieben werden müssen, wenn auch die angeblichen Stammpflanzen, nämlich G. conglomeratum und G. flavidum, wohl als zweifelhafte Spezies zu betrachten sind '). Es werden häufig noch andere als die hier angeführten Spezies von Gossypium als Baumwolle liefernd bezeichnet, z. ß. G. siamense^ G. purpurascens^ G. Jumelianum und viele andere. Es sind dies ent- weder nur Kulturformen, z. B. die letztgenannte, oder ungenau be- schriebene Spezies, welche wahrscheinhch mit anderen der früher auf- gezählten Spezies zusammenfallen, oder, wie auch manche der früher genannten Hybride. — Überhaupt läßt die Systematik des Genus Gos- sypium^ wie schon oben betont, noch viel zu wünschen übrig und eine scharfe Abgrenzung der typischen Formen steht wohl noch zu erwarten. Freilich wird es mit nicht geringen Schwierigkeiten verbunden sein, die so zahlreich gewordenen Kulturvarietäten und hybriden Formen durch- wegs auf genau definierbare Typen zurückzuführen-). — Die Güte der Baumwolle hängt in erster Linie von der Gossypium- Spezies oder der Kulturvarietät, welcher die Stammpflanze zugehört, ab. Im allgemeinen liefern die baumartigen und strauchigen Formen bessere 1) Cat. des col. fr., p. 86. O. conglomeratum ist insofern charakteristisch, als die Samen nicht lose wie bei den andern Arten in der Frucht liegen, sondern zu einer schwer zerbrechlichen steinartigen Masse zusammengefügt erscheinen, daher der französische Name ^coton pierre^. Nach Sadebeck, Die Kulturgewächse der deut- schen Kolonien, Jena <898, p. 305 bilden auch die in den Fruchtkapseln von Oossy- piuTn peruvianimi vorkommenden Samen eine zusammenhängende Masse. 2) Pariatore (1. c.) hat versucht, alle bekannten Formen auf folgende Typen zurückzuführen: Oossypium herbacemn L., G. arbofetim L., O. sandvieense Pari. (= 0. religiosurn Forst.), 0. taitense Pari., O. hirsutiwi L., 0. barbadense L. und O. religiosum L. Schumann (in Engler-Prantls Pflanzenfamilien III. 6. 1895, p. 51) führt alle kultivierten Oossypiwn- Arten auf drei Spezies zurück: auf Ö. herbacemn, 6. arborewn und 0. barbadense. Dabei wird aber selbst Q. herbaceum als eine Kultur- form angesehen, welche möglicherweise auf das wildwachsende O. Stocksü Mast. zurückzuführen ist (siehe oben p. 102). Mit welcher Vorsicht manche Daten über Formen der Baumwollenpflanze aulzunehmen sind, dafür sei hier ein Beispiel an- geführt. Delchevalerie gibt (Amsterdamer Kongreß, Leyden i878) an, daß in Unterägypten durch Kreuzung von Gossypium vitifoliian und Hibiscus esculentus ein Bastard entstanden sei, die Baniiah-Baumwolle, welche sehr dichte Pflanzung ver- trägt und zur Anpflanzung überhaupt sehr geeignet sein soll. Nach Asche rson und Seh wein furth ist aber bei dieser angebhchen Kreuzung Hibiscus esculentus nicht beteiligt. Siehe Bot. Jahresb. 1879, IL, p. 334. Über Gossypium anomalum Ky Peyr. iCienfuegosia anomala Oiirl:e) siehe Schwein furth, Le plante utili dell' Eritrea. Soc. Afr. d' ItaHa. X (1891). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 1Q5 Wollen als die krautarligen. Die von Beckmann*) zuerst ausgesprochene und dann oft wiederholte Meinung, daß sich die Güte der Baumwolle mit der Höhe der Mutterpflanzen steigere, hat mithin einige Berechti- gung, ist aber keineswegs durchschlagend, da die besten Wollen von strauchigen Formen herrühren. Aber auch Klima, Boden und Kultur- verhältnisse üben einen sehr wichtigen Einfluß auf die Güte der Wolle aus. Trotz der zahlreichen kultivierten Gossi/pium-Spezies und der weitaus größeren Zahl von Spielarten unterscheidet die Praxis bloß zwei Haupt- arten von Baumwullenpflanzen, nämlich die indische und die ameri- kanische Pflanze, wo immer dieselben auch gebaut werden mögen. Zur indischen ßaumwollenpflanze zählen vorwiegend die Formen von Gossijpium herbaceiim] sie liefern stets kurzstapelige Baumwolle und sind dadurch charakterisiert, daß ihre Samen stets mit weißlicher oder schwach gelblicher Grundwolle bedeckt sind und deshalb nie schwarz ge- färbt erscheinen. Die amerikanischen Baumwollenpflanzen sind hohe strauchartige Formen von G. barbadense und hiysutum, welche ent- weder schwarz aussehende Samen besitzen, wenn nämlich keine Grund- wolle ausgebildet wird oder von einer eigentümlichen grauen oder grünen Grundwolle bedeckt sind. Die Samen von G. barbadense sind ge- wöhnlich kahl und schwarz, die von G. hirsutum gewöhnlich mit stark gefärbter (smaragdgrüner bis grauer) Grundwolle bedeckt. Eine scharfe Unterscheidung zwischen indischen und amerikanischen Baumwollen- pflanzen läßt sich selbstverständlich nicht durchführen; es sollte aber nicht unerwähnt bleiben, daß der Baumwollenpflanzer zunächst diese beiden Arten unterscheidet^), und von den amerikanischen Baumwollenpflanzen zwei verschiedene Typen stets beachtet: Sea Island und Upland. Die erstere ist lang-, die letztere kurzstapelig (kurzfaserig)'^). Auf diese Baum- wollensorten des Handels komme ich weiter unten noch zurück. Die auf die Güte und überhaupt auf die Art der Baumwolle Ein- fluß nehmenden Faktoren scheinen auch die Menge der Baumwolle, die der Boden hervorbringt, zu bestimmen. Das Baumwoflenquantum, welches ein Hektar liefert, schwankt zwischen 60 — 300 kg reiner Wofle im Jahre, ^) 1. c, p. 9. Wie sehr die Auffassungen über den Speziesbegriff innerhalb der Gattung Qossypiwn voneinander abweichen, ist aus einer Zusammenstellung zu er- sehen, welche jüngsthin M. Passon (1. c, p. 12) über die Zahl der Oossypmm-Spezies gibt, welche von verschiedenen Autoren angenommen werden. Er sagt: Linne räumt 6 Spezies ein, De Gandolle 16, Pariatore 7, desgleichen Masters, Royle 4, Bentham und Höoker 3. Es wird ein Autor genannt (Rohr), welcher 34 Spezies annimmt und Passon scheint die Ansicht zu vertreten, daß nur eine Art bestehe. 2) Semler, 1. c. III., p. 483. 3) Semler, 1. c. III., p. 485. 106 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. worunter reine entkernte Baumwolle zu verstehen ist i). — Von entschei- dender Wichtigkeit für die Güte und Homogenität der Ware ist das Saatgut. Es ist nicht nur notwendig, daß die Sorte, welche man kulti- viert, möglichst rein erhalten und nicht mit anderen Sorten vermengt wird; es muß auch in vielen Ländern, ähnlich wie beim Lein, der Samen aus den Heimatländern der Stammpflanzen jährlich oder nach Ablauf einiger Jahre wieder frisch bezogen werden. Die Baumwollenkapseln werden zur Zeit der Reife gesammelt und aus ihnen die Baumwolle abgeschieden. Früher waren die Baumwollen- kapseln Gegenstand des Handels und es wurde aus ihnen in Europa der Faserstoff von dem Samen und Fruchthüllen befreit^). Dieses in jeder Beziehung irrationelle Verfahren hat man lange aufgegeben und es er- folgt jetzt die Fasergewinnung in den Produktionsländern selbst. Zur rationellen Fasergewinnung ist zunächst erforderlich, daß die Kapseln gerade im Stadium der Reife gesammelt werden, weil nur in diesem Stadium die Abscheidung der Wolle von den übrigen Fruchtbestandteilen gut und ohne großen Verlust gelingt 3). Die Einerntung der reifen Frucht ist aber mit Kosten verbunden, da auf einem und demselben Felde die Früchte nicht zur gleichen Zeit reifen. Zuerst erfolgt die Gewinnung der Samenwolle, nämlich der von den Fruchthüllen be- freiten, aber noch die Samen enthaltenden Wolle. Diese Prozedur wurde früher mit der Hand ausgeführt. Es gehört zu den großen Fortschritten der Baumwollenkultur, daß die Enthülsung nunmehr maschinell, nämlich unter Anwendung einer Art von Exhaustor geschieht (Semler). Nun- mehr wird die Samenwolle von den Samen befreit und dadurch in L int wolle (Lintbaum wolle, Lint) umgewandelt. Es geschieht dies durch das Entkörnen (Egrenieren, Ginen). Das Entkörnen erfolgt auf der Egreniermaschine. Einrichtung und Wirkungsweise dieser Maschine zu schildern ist nicht Aufgabe dieses Werkes *) und es sei nur bemerkt, daß die gewöhnliche Egreniermaschine (Gin) für kurzstapelige Wollen 1) M. Passon (1. c, p. 63) gibt folgende Erträge pro Hektar an: Italien Rohbaumwolle ^50 kg, Reinbaumwolle 50 kg Indien > 360— 390 kg, » ■120— -1 30 kg Venezuela » 800— H 50 kg, » 260— 382 kg Pernambuco » < 000 kg, » 335 kg Bahia » 800— 1200 kg, » 266— 400 kg. Auf den Antillen soll die Ernte an Rohbaumwolle in einzelnen Fällen 2000 kg pro Hektar übersteigen. 2) Beckmann, 1. c , p. 23. 3] Über Einsammlung der Baumwollenkapseln und über Gewinnung der Baum- wolle s. Henry Lecomte, Le coton, Paris 1899, und TropenpDanzer, III (1899) p. 347 und einige der oben (p. 100) zitierten neueren Werke. 4) S. hierhei- hauptsächlich Sem 1er, 1. c. HI (1888), p. 593 IT. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 107 ausreicht, die langstapeligen Wollen aber stark angreift (z. T, zerreißt). Die Egrenierung solcher Wollen geschieht rationeller auf einer Walz- maschine (rollergin). Das Egrenieren gelingt am leichtesten bei den Wollen von Gossypium harhadense^ am schwierigsten bei jenen Arten (z. B. G. herbaceum]^ welche eine dichte Grundwolle besitzen. Bei der ersteren lösen sich die Ilaare sehr leicht von den Samen ab, während bei der letzteren eine größere Kraftanstrengung hierzu erforderlich ist. Die bei der Abschei- dung solcher schwer zu entkörnenden Wollen sich ergebenden Wider- stände haben zur Folge, daß auch Samenfragm.ente in die Wolle über- gehen, überhaupt ein unreineres Produkt zustande kommt. Durchschnittlich besteht die Samenwolle dem Gewichte nach aus zwei Drittel Samen und ein Drittel Lint. Es ist gelungen, Spielarten zu erzielen, deren Samenwolle aus 4 0 Proz. Lint und 60 Proz. Samen be- steht i). Selbstverständlich kann nicht die ganze Wolle der Kapseln ge- wonnen werden; bei Abscheidung der Faser ergeben sich mehr oder minder große Verluste. Ausnehmen der Wolle und Egrenieren werden in den verschiedenen Produktionsländern mit größerer oder geringerer Sorgfalt vorgenommen: es entstehen auf diese Weise reine, d. i. fast nur aus den Samenhaaren bestehende, und unreine, d. i. solche Sorten, welche neben den Samen- haaren noch Bruchstücke der Kapsel, Samenfragmente, auch wohl Samen, Stengelteile u. dgl. m. enthalten. Sehr unrein ist z. B. die kolumbische, sehr rein die Wolle von Reunion und insbesondere die gute langstapelige nordamerikanische Baumwolle. Es ist schon oben angegeben worden, warum die Wolle von Gossypium harhadense beim Egrenieren reiner ausfällt als die von G. herbaceum. Da die Baumwolle ein großes Volumen einnimmt, so wird sie für den Transport durch Eintreten und Einschlagen in Säcke, häufiger durch starkes Zusammenpressen mittelst hydraulischer und anderer mechani- scher Pressen auf ein kleines Volumen gebracht. Die Technik der Pressung der Baumwolle hat sich in neuerer Zeit sehr gehoben 2). Zur Verpackung dienen Säcke aus Hanf, Jute und anderen Bastfasern oder Tierhäute. Die amerikanische und indische Baumwolle wird vorwiegend in Gunny- säcken (s. Jute), ein großer Teil der levantinischen und brasilianischen Baumwolle in Säcken aus Tierhäuten verpackt 3). i) Semler, 1. c, p. 607. 3) Über Baumwollenpressen s. Semler, I.e., p. 61911. 3) Letztere in der Literatur häufig anzutreffende Angabe ist wohl nicht mehr richtig oder ist höchstens so zu interpretieren, daß diese Wollen aus dem Inneren des Landes- in Tierhäuten verpackt in die Verschiffungshäfen gelangen, worüber indes keine verläßlichen Daten vorliegen, und dann erst gepreßt und für den Handel de- 108 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Morphologie der Baumwollenhaare. Da die mit Zuhilfenahme des Mikroskops festzustellenden morphologischen Eigentümlichkeiten die einzig sicheren Merkmale der Baumwolle, durch die man sie von den übrigen Fasern zu unterscheiden imstande ist, darbieten, und außerdem die wichtigsten Eigenschaften der Baumwollsorten in morphologischen Verhältnissen fast ausschließlich ihren Grund haben, so ist es notwendig, diesen Gegenstand mit möglichster Gründlichkeit abzuhandeln ^). Die Baumwollenfaser ist, wie hinlänglich bekannt, ein einzelliges, von der Oberhaut des Baumwollensamens ausgehendes Haar. Es wird gewöhnlich angegeben, daß jede einzelne Baumwollenzelle eine kegelförmige Gestalt besitzt, also spitz endet, und ihr größter Querschnitt mit der Basis der Faser zusammenfällt. Die nachstehenden Beobachtungen werden jedoch zeigen, daß dies nicht richtig ist. I . Baumwollenhaare von Gossypium herbacemn. Länge des gemessenen Haares = 2,5 cm Querschr Spitze : litt Nr. 1 : 0 4,2 u-^) » * 2 : 5,8 \ ,> » 3 : 10,0 . >> ^> 4 : 16,8 ^ » » 5. : 21,0 V » » 6 : 16,9 . » » 7 : 21,0 . Basis : 16,8 . 2. Gossypium arhoreum. L. d. g. H. = 2,5 cm. 3. Gossypium acuminatum. L. d. g. H. = 2,8 cm. Spitze ; 0 8,4 LI Spitze : 0 4,2 u 21,0 . 12,6 » 29,4 * 16,8 » finitiv verpackt werden. Nach den an den icompetenten Stellen eingezogenen Erkun- digungen kommt die brasilianische und levantinische Baumwolle in den europäischen Handel in kleinen gepreßten, mit Jutehülle verselienen Ballen im Gewichte von 1 50 bis 200 engl. Pfund. \] Die nachfolgende Darstellung stützt sich hauptsächlich auf die Abhandlung: Beiträge zur näheren Kenntnis der Baumwolle, in: Wiesner, Mikr. Unters. (1872) p. 9ff. Über die Mikroskopie der Baumwolle s. ferner: Vetillard, Etudes sur les fibres vegetales textiles. Paris 1876. v. Höhnel, Mikroskopie der technisch ver- wendeten Faserstoffe, 2. Aufl. 1905. T. F. Hanausek, Lehrbuch der technischen Mikroskopie, Stuttgart 1901. 2) Die Querschnitte wurden in gleichen Entfernungen voneinander gemessen. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 109 e : 0 29,4 u 17.0 . 21.1 » 21,0 . L. d. g. H. = 3,5cm. Spitze : 0 4,2 u 8,4 > 21,3 » 25,2 > 25,9 > Basis : 21,0 » Spitze : 0 25,2 u Spit 29,4 V - 25,2 » Basis : 17,0 - Basis : 4. Gossypium flavidum. L. d. g. H.= 1,8 cm i. b) L. d. g. H.= 2,0cm. c) Spitze : 0 8,4 1.1 Spitze : 0 12,6 n 21,0 ^ 16,8 > 25,2 . 29,8 » 37,8 » 29,0 ^ 37,8 >^ 25,2 . 33,2 . 29,8 » 29,4 » Basis : 21,0 > Basis : 29,4 . 5. Gossypium conglomeratum. Ein Haar der Grundwolle. L. d. g. H. = 3 cm. Spitze : : 0 16,8 21,0 21,0 21,6 33,2 42,0 25,2 Basis : 16,8 Diese Beobachtungen lehren, daß die Gestalt der Baumwollen- faser beträchtlich von der Kegelform abweicht, indem die größte Breite des Haares nicht mit dessen Basis zusammen- fällt, sondern, von der Spitze aus gerechnet, meist hinter der Mitte zu liegen kommt. Ich habe noch mehrere andere Baum- wollenarten in derselben Richtung durchgeprüft und bin auch bei diesen zu dem gleichen Resultate gekommen. Das obere Ende, die Spitze der Baumwollenhaare ist allerdings nicht selten kegelig, bildet also einen Abschluß der Haare, welcher dem ganzen Verlauf der Faser entspricht. Es kommen aber oft auch sehr typische Abweichungen von dieser Faser vor, indem sie oben abgerundet, oder spatelfürmig oder kolbenförmig verdickt erscheint. Zumeist ist 110 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. gerade die Spitze besonders stark verdickt. Oft sind die oberen Enden der Baumwollenhaare selbst bei einer und derselben Sorte sehr ver- schieden gestaltet. Die Basis der Baumwollenhaare zeigt in der Regel keine Besonder- heiten; sie entsteht bei der Gewinnung der Baumwolle durch Abbrechen mittelst der Egreniermaschine. Einen merkwürdigen Ausnahmefall hat T. F. Hanausek^) an der in neuerer Zeit oft genannten Caravonica- woUe beobachtet. Beim Egrenieren dieser Baumwolle bricht die Faser an ihrem unteren Ende nicht ab, sondern wird mit ihrem natürlichen unteren kegelförmigen Ende (»Fuß« s. Fig. 17 6), welches zwischen der Epidermiszelle der Samenschale liegt, häufig ganz unverletzt herausgezogen. Es scheint dies für große Zugfestigkeit dieser Baumwolle zu sprechen. Die Basis dieser Baumwollenhaare, der »Fuß« ist, wie Hanausek zeigte, nach Ausweis der Phlo- rogluzinprobe verholzt, während die Baum- wolle bekanntlich völlig unverholzt ist. Die Breite der Baumwollenfaser ist häufig Gegenstand der Untersuchung ge- wesen ; man hoffte durch Ermittelung dieser Größe nicht nur die Baumwolle von den anderen Fasern zu unterscheiden, sondern auch hierdurch ein Maß für den Feinheits- Fig. 17. Caravonica - Baum- wolle. Vergr. 300. q Querschnitte, .s Spitzen der Baumwollhaare, w, nii, ■m>i Mittelstücke, 6 kegelförmig ge- stalteter Fuß der Haare. (Nacli T. F Hanausek.) Schacht^) gibt als Grenzwerte für die Breite der Baumwollenfasern 12,5 — 22,5 «, BolleyS) hingegen 17 — 50 ^tt an. Diese Zahlen sind nicht genau, weil hierbei nicht Sorten genommen wurde, und weil man sich stets damit begnügte, irgend einen Querschnitt der Faser zu messen, ohne sich durch völlige Durchprüfung sämtlicher an jeder einzelnen zur Messung \) Über die Garavonicawolle, Mitteilungen des Technologischen Gewerbemuseums, Wien 4 910. 2) Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse I. p. 252, und: Die Prüfung der im Handel vorkommenden Gewebe, p. 24. 3) Chemische Technologie der Spinnfasern. Braunschweig 1867, p. 3. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 111 bestimmten Zelle vorkommenden Breiten darüber Rechenschaft zu geben, ob die gemessene Breite auch die größte Breite des betreffenden Baum- wollenhaares ist. Ich habe früher denselben Fehler begangen und glaubte in den Zahlen \i,9 bis 27,6 u die wahren Grenzwerte für die Breite gefunden zu haben i). Erneute und sorgfältige Untersuchungen über die maximalen Breiten der Baumwollenhaare, an Wollen angestellt, deren Stamm- pflanzen botanisch genau bestimmt waren, haben folgende Zahlen ergeben: Baumwollenhaare von Oossypium kerbaceum . . 11,9 — 22,0 u barbadense . . 19,2—27,9 ^ » » co7iglomeratu7n 17,0 — 27,1 • » » acuminatum . 20,1 — 29,9 ^ » » » arboreum . . 20,0 — 37,8 » » » » religiosum . . 25,5 — 40,0 - flavidum . . 29,0—42,0 > Die maximalen Breiten der bis jetzt untersuchten Baumwollenhaare schwanken mithin zwischen 11,9 — 42,0 /<. Ich habe zahlreiche käuf- liche Baumwollensorten des Handels, deren Stammpflanzen aber nicht genau festgestellt werden konnten, in derselben Richtung untersucht und bin stets zu Zahlen gekommen, welche innerhalb der angeführten Grenzwerte zu liegen kamen, so daß ich wohl Grund zur Annahme habe, daß die mitgeteilten Grenzwerte nicht nur für die Wollen der angeführten Gossyjnum-SpeziQs, sondern für die Baumwolle des Handels überhaupt Geltung haben. Es scheint mir bemerkenswert, daß die Fasern jeder der oben angeführten Baumwollensorten stets eine bestimmte häufigste maximale Breite besitzen, und daß diese in Verbindung mit den angeführten Grenzwerten für die maximale Breite in der Charakteristik der Baum- wollensorten von Wert sind, weshalb ich die gefundenen Resultate hier folgen lasse. Baumwollenhaare von: Häufigste maximale Breite Gossypium kerbaceum . . . 18,9 fi barbadense . . . 25,2 » conglomeratum . . 25,5 « • acuminatum . 29,4 » arboreum . . . . 29,9 > religiosmn . . . 33,3 » flavidum . . . . 37,8 » 0 Technische Mikroskopie (4 867), p. 99 112 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Die Länge der Baumwollenhaare ist nicht nur bei verschiedenen Sorten eine variable; selbst die Fasern aus einer und derselben Kapsel variieren beträchtlich. Da die Länge der Baumwollenhaare eines der wichtigsten Kennzeichen der Sorte bildet und auf ihren Wert einen großen Einfluß ausübt, weil ja die Unterscheidung der Baumwollen in lang-, mittel- und kurzstapelige nur auf der Länge der Haare beruht, so muß diese Eigenschaft hier eingehend erörtert werden. Es läßt sich an jeder Samenkapsel leicht konstatieren, daß die von jedem einzelnen Samen ausg.ehenden Haare sehr verschiedene Längen besitzen. Selbst in den Kapseln, welche langstapelige Wollen liefern, finden sich kurze Haare, und von diesen bis zu den längsten, mehrere Zentimeter messenden Fasern herrscht ein kontinuierlicher Übergang. Die verschieden langen Haare sind in gesetzmäßiger Weise an jedem Samen angeordnet. Die überwiegende Mehrzahl der langen Haare findet sich am breiten, die kürzeren Haare am schmalen Ende des Samens vor. Es macht infolge dieser Verteilung jeder mit seiner gesamten Wolle aus der Kapsel herausgenommene Samen den Eindruck, als wäre er von einer eiförmig begrenzten Haarhülle umkleidet; gegen die breite Seite des idealen Konturs strahlen die langen, gegen die schmale Seite die kurzen Haare aus, der Same liegt dem schmalen Ende der Eiform zugewendet. Die Samen der Baumwollenpflanzen sind entweder kahl oder mit einer Grundwolle versehen. Im ersteren Falle erscheint der Same glatt und schwarz (Gossypium harbadense)^ im letzteren weiß-filzig, ins Gelbliche neigend (die indischen Baumwollen, von O. herbaceum und G. arboreum) oder grau bis grünfilzig [G. hirsutum). Die Haare dieser Grundwolle haben eine Länge von einem oder wenigenMiUimetern, die Breite weicht aber von jener der langen Baumwollenhaare nicht wesentlich ab. Die Grundwolle überzieht entweder als gleichmäßiger Haarfilz die ganze Samenoberfläche, wie an Gossypium flavidum, arboreum und hi?'sutum, oder sie findet sich bloß an der Spitze und der Basis der Samen vor, wie bei G. conglomeratum und religiosum. An G. herbaceum tritt wohl auf der ganzen Oberfläche des Samens eine Grundwolle auf; selbe bildet aber bloß an der Spitze und der Basis einen dichten Filz. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß, während die längsten Haare der eigentlichen Wolle am breiten Samenende auftreten, die längsten Härchen der Grund wolle am. spitzen Ende vorkommen, woselbst sie häufig einen dichten Bart bilden. — Alle Samen mit gelber Wolle haben eine intensiv gelbe Grundwolle. Aber auch die Grundwolle derjenigen Baumwollen- samen, die eine weiße Wolle tragen, ist mehr oder weniger stark gelb- lich gefärbt. Je weißer eine Baurawollensorte ist, desto weniger gelblich ist die Grundwolle gefärbt. Manche Baumwollensorten tragen Samen, die mit einer smaragdgrünen Grundwolle bedeckt sind; fast typisch Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 113 tritt diese Färbung an dem kurzhaarigen Überzuge der Samen von Gossypium hirsuturti auf. Anschließend an meine Beobachtungen über die spezifischen, also nicht durch Übergänge verbundenen Kategorien der die Baumwollen- samen bedeckenden Haare hat A. Herzog dieselben folgendermaßen zusammengestellt: 1 . Langfaser, 2. Grundwolle, 3. Barthaare. Unter Langfasern versteht Herzog die gewöhnlichen langen Haare, welche von der Samenhaut des Baumwollensamens ausgehen, also die- jenigen, welche im wesentlichen die »Baumwolle« bilden. Ich habe diesen Langfasern die Grundwolle gegenübergestellt und wohl die am spitzen Samenende vorkommenden, hier einen Bart bildenden Haare besonders betont, aber sie der Grundwolle untergeordnet. Herzog hat nun eine eingehende Untersuchung der Grundwolle (in meinem Sinne) durchgeführt und gefunden, daß die Haare der die ganze Samenhaut überdeckenden Grundwolle von denen, welche den »Bart« zusammensetzen, verschieden sind. Erstere hat er als > Grund- wolle«, letztere als > Barthaare« bezeichnet. Die Grundwolle bildet nach Herzog einen gleichmäßigen, filzigen Überzug der Samenhaut, aber die Haare derselben stimmen, abgesehen von Länge und Färbung, im wesentlichen mit den Langhaaren überein. Wie schon oben erwähnt, kann die Grundwolle (im Sinne Herzogs) fehlen; die Barthaare scheinen aber niemals zu fehlen. Die Barthaare sind häufig gefärbt (braun, grün), haben nach Her- zogs Studien eine nur wenig entwickelte Kutikula, sind hingegen reich an abgestorbenen Protoplasmaresten, besonders an der Basis der Haare. Im Vergleiche zu den Langfasern und den Haaren der Grundwolle sind sie dem Kupferoxydammoniak gegenüber relativ resistent. Die unmittel- bar unter der Kutikula gelegenen Membranpartien werden von Kupfer- oxydammoniak noch am stärksten angegriffen, aber es braucht viel längere Zeit, um sie zur Quellung zu bringen als die Membran der gewöhnlichen Baumwollenfaser. Auch sind die Kurzhaare reicher an Fett (Rohfett) als die Langhaare (Herzog, Chem. Ztg. 1914). Von technischem Interesse ist bloß die Länge der gewöhnlichen Baum wollhaare, derjenigen, welche Herzog als Langfasern' bezeichnet. Die Länge dieser Langfasern ist, wie schon bemerkt, selbst bei jeder einzelnen Sorte, ja innerhalb jeder Kapsel eine schwankende. Dennoch spricht man von der Faserlänge (Stapel) einer Baumwollensorte und versteht hierunter die Länge eines Faserbüschels, welches aus der Wolle Wie SU er, Rohstoffe. IIl. Band. 3. Aufl. Q 114 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. herausgenommen wurde, für dessen Stapel die längsten Fasern maß- gebend sind. Nach Bolleyi) soll die Stapellänge zwischen 2,5 und 6 cm variieren. Nach Benno Nieß^) haben die kürzesten Wollen eine Länge bis 4 Lin. (0,9 cm) und die längsten, nämlich Sea Island-Wolle, von 18 Lin. (4 cm). Ich habe folgende häufigste Werte für die Längen (Stapel) der nachstehenden, botanisch bestimmten und ihrer Herkunft nach bekannten Baumwollensorten gefunden. Gossypium barbadense, Sea Island . 4,05 cm 3) » » Brasilien . . 4,00 Ägypten . . 3,89 » » vitifolium^ Pernambuc . 3,59 » » co7iglomercäum, Martinique 3,5i > acuminahwi, Indien . . 2,84 » » arboreum, Indien . . . 2,50 - ' herbaceum, Macedonien 1,82 » Bengal . . . 1,03 » *) Struktur der Baumwollenzelle. Das Baumwollenhaar ist, wie oben dargelegt wurde, eine Zelle von etwa kegelförmiger Gestalt, welche gegen die Mitte zu mehr oder minder stark erweitert ist. Der Quer- schnitt der Baumwolle lehrt, daß sie häufig mehr oder weniger platt- gedrückt ist. Manchmal ist die Zelle ziemlich lange Strecken hindurch 1) 1. c. p. 3. 2; Die Baumwollenspinnerei in allen ihren Teilen. Weimar 1868. 3) Erste Auflage dieses Werkes p. 339. Später beobachtete ich auch an Qossy- pium barbadense Längen bis 5,1 cm. Mit obigen Werten stimmen auch die Angaben von Semler (1. c. p. 508fr.) über Stapellängen der aus verschiedenen Ländern stam- menden Sea Island-Wolle nahezu überein; nämlich Gallini (Ägypten) 3,8 cm, Florida (Festland) 4,0, Florida (Küste) 4,3, Fidschi, Tahiti, Laguayra, Sea Island 4,3 cm. Ich führe hier auch die von Sadebeck (1. c. p. 308) ausgeführten Messungen an: O. barbadense [^ea. Isldind) . . . 4,10 — S,20 cm (von den dem Festlande vor- gelagerten Inseln z. B.Galveston) (Festland von Florida) 3,90—4,60 » (Ägypten) . . . 3,80—3,9 5 :- G. perurianum . ...... 3,40 — 3,60 » O. herbaceum 2,00 — 2,80 » S. auch unten bei Stapellängen käuflicher Baumwollen. 4) Über Stapellängen käuflicher Baumwollensorten s. die ausführliche Angabe bei Semler, 1. c. p. 508ff., ferner A. C. True, The Cotton plant. Bull. U. St. Dep. of Agric. Washington 1896. F. v. Höhnel, Die Mikroskopie der technisch verwen- deten Faserstoffe. Wien und Leipzig, 2. Aufl. (1905), p. 32. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 115 zylindrisch geformt, so daß man bei Betrachtung solcher Stellen, nament- lich wenn sie stark verdickt sind, die Flachsfaser vor sich zu haben vermeint. An den Haaren von Gossypium conglomeratum tritt dieses morphologische Verhältnis stellenweise fast typisch auf. An jeder Baumwollenzelle unterscheidet man die Wand und das Lumen oder den lufterfüllten Hohlraum der Zelle. Die Zell wand (Zell- haut) erscheint von einem zarten Häutchen, der Kutikula, überdeckt, welche streng genommen nur die äußerste Schicht der Zellwand ist. An die Zellhaut schließt sich nach innen der Innenschlauch an, d. i. der Rest des Protoplasma in Form eines häutigen Gebildes. Die Wand der Baumwollenzelle hat eine für Pflanzenhaare sehr be- trächtliche Mächtigkeit. Sie kann sich in bezug auf ihre Dicke nicht mit der Flachsfaser, aber mit sehr vielen anderen Bastfasern messen. Im Vergleich zu den übrigen tech- nisch verwendeten Pflanzenhaaren hat die Baumwolle eine geradezu beispieflose Dicke der Wand und infolgedessen eine sehr beträcht- liche Festigkeit aufzuweisen. Fig. IS. Vergr.SOO. Querschnitte durch Baumwollen- Die Dicke der Zellwand beträgt f^^«™ ^ ^i* gewöhnlichem, weitem, b mit linien- . förmigem, C mit fläch enförmigem Lumen bez. mit gewöhnlich etwa 1/3 ^3 vom weitlumigem, fadenförmigem und bandförmigem Durchmesser der Zelle. Seltener lanenschlaucU. c Kutikula, ^ Zellhaut, l Lumen nach außen vom Inuenschlauch begrenzt. ist infolge starker Wandverdickung das Lumen der Zelle so eng, daß es in der Längsansicht nur als dunkle Linie erscheint. Es kann aber, selbst bei starker Wandverdickung vorkommen, daß die gegenüberliegenden Wandpartien sich berühren, in welchem Falle das Lumen im Querschnitt linienförmig erscheint. Durch Säuren und Alkalien wird die Zellwand zum Quellen gebracht, oft unter Annahme einer schraubig verlaufenden Streifung. Porenkanäle kommen in der Wand der Baumwollenzelle nicht vor. Alle Mittel, welche die Zellwand des Baumwollenhaares zur Quellung bringen, strecken diejenigen Partien der Faser, welche korkzieherartig gedreht sind, gerade. Hier sei bemerkt, daß die oft als Unterscheidungsmerkmal zwischen Baumwolle und Flachsfaser genannte korkzieherartige Drehung der ersteren an der letzteren allerdings niemals zu bemerken, aber auch an der Baumwollenfaser nicht immer nachweisbar ist. Abgesehen davon, daß die gesponnene Baumwollenfaser sehr häufig geradegestreckt ist, ist hervorzuheben, daß die Haare von Gossypium conglomei'atum oft ihrer halben Länge nach völlig geradegestreckt sind, daß die oberen und unteren Enden der Haare von G. arboreum und barbadense gerade, die sich zunächst anschließenden Partien schwach und nur die mittlere Partie stark gedreht ist. Die unveränderten Haare von G. herbaceum 8* 116 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. habe ich allerdings manchmal von der Spitze bis zmii Grunde gedreht gefunden. Die Kutikula ist an allen reifen Baum wollenhaaren deutlich er- kennbar. An den zarten, seidigen Wollen ist sie weniger scharf aus- gesprochen als an den groben Sorten. Wie ich schon früher zeigte '), tritt dieses zarte Häutchen am schärfsten in Erscheinung, wenn man die zu untersuchenden Haare trocken präpariert, d. h. ohne sie in Wasser oder anderer Flüssigkeit einzulegen, unter das Mikroskop bringt. Die Kutikula erscheint dann als zartes, körniges oder streifiges Häutchen. Bei dieser Art der Beobachtung sieht man bei etwa zweihundertmaliger Vergrößerung in der Richtung der Streifen der Kutikula zarte Interferenz- hnien liegen. An gröberen Wollen ist die Kutikula auch scharf ausge- prägt zu erkennen, wenn die Faser in einer nicht allzu stark licht- brechenden Flüssigkeit, z. B. Wasser, liegt. Die Ausbildung der Kutikula ist, soviel ich zu beobachten Gelegen- heit hatte, an den Wollen verschiedener Gossypium- Arien eine verschie- dene. Die deutlichste Ausbildung dieses Häutchens habe ich an den Haaren von G.flavichim, religiosum, arboretim und herhaceum beobachtet. Die Haare der beiden ersteren sind mit einer ästig gezeichneten, die von Q. aj'horeum und herbacemn mit einer teils körnigen, teils zart spiralstreifigen Kutikula versehen. Die Haare von G. conglomeratum sind größtenteils von einer zart spiralstreifigen, stellenweise auch körnigen oder, und zwar am oberen Ende, von einer völlig strukturlosen Kuti- kula umkleidet. An den Haaren von G. harbadense fand ich das obere Ende, etwa 0,5 — 5 mm lang, und das unterste Ende mit einer völlig glatten, die mittleren Partien teils mit einer zarten, streifigen, teils mit \] Technische Mikroskopie p. 99. 2) »Die Kutikula der Baumwollfaser kann durch mancherlei mechanische und chemische Einwirkungen mehr oder weniger zerstört werden. Vor allem gilt das vom Bleichprozeß, durch den die Kutikula meist ziemlich bedeutend, nicht seilen sogar vollständig zersetzt wird. Die Ansicht aber (T. F. Hanausek, Techn. Mikro- skopie, -1901, p. 62 und Haller, Zeitschr. f. Farbenindustrie, -1907, Nr. 6), daß die merzerisierte Baumwolle, also jene Baumwolle, die durch kurze ßehandlunsi (im gespannten Zustande) mit Alkahen seidenartigen Glanz und besseres Färbevermögen erlangte, der Kutikula entbehre, hat sich insofern als nicht ganz richtig erwiesen, als es A. Herzog (>Über das mikrosk. Verhalten d. Baumwolle in Kupferoxydammoniak« in Kunststoffe, 1911) nachzuweisen gelang, daß beim Merzerisieren roher, ungebleichter Baumwolle die Kutikula keine nennenswerten Veränderungen erleidet, während durch den Bleichprozeß, gleichgültig ob er vor oder nach der Merzerisation durchgeführt wird, die Kutikula fast vollständig zerstört wird. Bezüglich der Mikroskopie der merz. Baumwolle oder »Seidenbaumwolle«, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, siehe die oben angeführten Arbeiten u. v. Höhneis, Mikrosk. d. Faserst., 1905, p. 35.* — J. Weese. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 117 Am besten läßt sich die Anwesenheit der Kiitikula am Baumwollen- haar durch Kupferoxydammoniak erweisen. Man kann sie durch dieses Reagens auch dann noch auffinden, wenn sie strukturlos ist und der direkten Beobachtung entgeht. Wie zuerst von Gramer i) gezeigt wurde, löst das Kupferoxydammoniak wohl die fast gänzlich aus Zellulose be- stehende Zellwand, aber nicht die Kutikula des Baumwollenhaares auf. Nach vorhergehender starker Aufqueliung und späterer Auf- lösung der Zellwand bleibt die Kutikula in mehr oder minder wohlerhaltenem Zustande zurück. Gramer und später ich'^) haben einige morphologische Verände- rungen konstatiert, welche das Kupferoxydammoniak an der Baumwolle hervorruft und die darin bestehen, daß die Zellwand stellenweise blasenfürmig aufge- trieben wird, indem sich die Kutikula von diesen Stellen los- löst und entweder fetzen weise abgeworfen oder an jenen Stellen, die bei der blasenförmigen Auf- treibung des Baumwollenhaares eingeschnürt erscheinen, ringför- mig zusammengeschoben wird (Fig. 19). Die blasenförmige Auftreibung des Baumwollen- haares bei Einwirkung von Kupferoxydammoniak kann in- des nicht mehr als Unterschei- dungsmerkmal der Baumwolle dienen, indem nicht nur Baum- wollensorten existieren, welche diese Erscheinung nicht zeigen, sondern auch viele Bastzellen, manchmal in den äußersten Partien der Zellwand eine solche Widerstandskraft gegen das genannte Reagens zeigen, daß auch an ihnen bei der Aufquellung der inneren Zellwandpartien eine gleiche blasenförmige Auftreibung der Zellen zum Vorschein kommt, ins- besondere dann, wenn die Bastzellen noch von den Mittellamellen rund Fig. 19. Baumwolle. A Vergi 50. B und C \eigi. 400. C nach Behandlung mit Kupfeioxydammoniak. c faltig zusammengeschobene, c' fetzenförmig abge- löste Kutikula. i Innenhaut. (Wiesuer, in Papyrus Erzherzog Kainer). 1) Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschalt in Zürich. 181: 2) Technische Mikroskopie, p. iOO. p. 395 tf. 118 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. umgeben sind (s. oben p. 55 Fig. 11). Die Baumwollen faser unterscheidet sich von den Bastfasern bei der Behandlung mit Kupferoxydammoniak nicht durch die Form, welche die Zellen hierbei annehmen, wohl aber dadurch, daß nach längerer Einwirkung des frischen Reagens von der Baum- wolle die äußerste Haut, nämlich die Kutikula, zurückbleibt, was bei den Bastfasern nicht der Fall ist. Dazu ist aber zweier- lei zu bemerken. Erstens gelten die mitgeteilten Eigentümlichkeiten stets für die rohe Baumwolle, nicht aber immer für sämtliche Baum- wollerzeugnisse, namentlich sind es nach von Höhnet) gutgebleichte Baumwollenwaren (Zwirne, Kattune usw.), an deren Fäden die Kutikula fast vollständig fehlen kann. Zweitens gibt es rohe Bastfasern, z. B. rohen Hanf, bei welchen die Bastzellen noch von den Mittellamellen umgeben sind, die sich bei der Behandlung mit Kupferoxydammonik ABC Fig. •2U. Vergr. 400. Stücke von mit Kupferoxydamraoniak behandelten Baumwollefasern. s ge- quollene Zellhaut, i InnenscMaueh, A Innensclilauch fadenförmig, B bandförmig, C hohlzylindriscli. ähnlich wie die Kutikula der Baumwolle verhalten, nämlich faltige Gürtel bilden, die zur Entstehung blasenfürmiger Auftreibung in ähnlicher Weise führen wie die Kutikulargürtel der Baumwolle (s. oben p. 57, Fig. U). - Außer den schon angegebenen ruft das Kupferoxydammoniak an der Baumwollzelle noch andere Veränderungen hervor. Es tritt näm- lich nach starker Quellung der Faser der schon oben genannte Innenschlauch mit großer Schärfe hervor und bleibt noch er- halten, wenn sich die Zellulosehaut schon gelöst hat. Der Innenschlauch nimmt innerhalb der in Kupferoxydammoniak quellenden Zellulosehaut verschiedene Formen an: ist er fadenförmig, so erscheint er wellenförmig oder schraubenförmig gewunden, ist er bandförmig, so ist er zart und stets der Quere nach gefältelt i), ist er endlich hohl- zylindrisch, so erscheint er hin- und hergebogen 2) und an den verengten \] Zuerst beobachtet von Hölinel 1. c. (190ü), p. 34. 2) Zuerst beobachtet und von mir abgebildet in Technische Milvroskopie (1 867), p. 100. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 119 Stellen auch quergestreift (Fig. 20). Über das Zustandekommen dieser Formänderungen s. oben p. 56. Die Form der nach Lösung der Zellhaut in Kupferoxydammoniak zurückbleibenden Kutikula kann eine sehr verschiedene sein. Die Haare von Gossypiiüii arboreum, herhaceum und barbadense verhalten sich gegen Kupferoxydammoniak, wie es von Gramer und mir angegeben und oben kurz angedeutet wurde. Die Haare von GossypÜDH con- glomeratum lassen nach längerer Einwirkung des Reagens die Kutikula fast immer nur in Form eines kollabierten Schlauches zurück. Nur a h '' Fig. 21. Vergv. 400. Baumwolle, er Mittelstüfk von reifen Haaren, & schwächeres Haar mit sehr regelmäßiger Drehung, c sekr stark verdickte Partie eines Haares, d Endstücke, e tote Baumwolle (Nach T. F. Hanausek.) hier und dort, namentlich an der Basis der Haare wird die Faser blasenförmig aufgetrieben und dann erscheint die abgeworfene Kutikula Baumwollenarten. Die Samenhaare von Oossypium flavidum und reli- giosum scheinen in Kupferoxydammoniak nicht blasenförmig aufzuquellen; ich habe bei diesen Baumwollensorten eine solche blasenförmige Auf- quellung niemals bemerkt. Soviel ich gesehen habe, bleibt nach völliger Lösung der Zellulose der Zellwand in dem Reagens die Kutikula als zusammengefallener Sack zurück, an welchem weder Ring- noch Spiral- streifung zu bemerken ist. 120 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Zwischen völlig ausgereiften Haaren finden sich in allen Sorten der Baumwolle mehr oder minder reichlich unreife Haare, welche sehr schwach kutikularisiert und sehr dünnwandig sind (Fig. 21 e). Diese unreifen Haare haben nur eine geringe Festigkeit und besitzen nicht jene Färbbarkeit, überhaupt nicht jene technischen Eigenschaften, durch welche die reife Faser ausgezeichnet ist. Die Praxis bezeichnet die unreifen Fasern als tote Baumwolle i). Selten kommt tote Baumwolle in gewebten und gefärbten Stoffen in so großen Massen vor, daß ihre Anwesenheit schon mit freiem Auge erkannt werden kann 2). Nach eingehenden von Herzog durchgeführten Untersuchungen kommen unter dem, was die Praxis als tote Baumwolle bezeichnet, zwei Kategorien von Baumwollhaaren vor, welche sich sehr wohl unter- scheiden lassen und die er als tote Baumwolle (s. st.) und unreife Baumwolle bezeichnet. Die tote Baumwolle (s. st.) besteht aus so stark zusammen- gedrückten Haaren, daß sich die gegenüberliegenden Zell wände berühren, das Lumen der Zelle im Querschnitt nur als dunkle Linie erscheint. Die Zellhaut ist außerordentlich dünn (0,5 — 0,6 /<), hingegen ist die Faser im Vergleich zum normalen Haar auffallend breit. Die Zellhaut der toten Baumwolle ist ebenso färbbar wie die normale; wenn sie nach dem Färben in helleren Tönen erscheint, so ist die Ursache hierfür nur die außerordentliche Dünne der Wand. Sie ist sehr arm an protoplasma- tischen Substanzen, womit die geringe Färbbarkeit der Faser (in toto) im Einklänge steht. Nach Hai 1er 3) soll die tote Baumwolle nicht doppelt lichtbrechend sein, was wohl nach unseren Kenntnissen über die Anisotropie der pflanzlichen Gewebe im höchsten Grade unwahr- scheinlich ist. Durch sorgsame Untersuchungen hat Herzog gezeigt, daß die Zellhaut der toten Baumwolle wie die der normalen doppelt lichtbrechend ist und der geringe Grad der spezifischen Doppelbrechung 1) Nach T. F. Hanausek, Technische Mikrosliopic (1900) p. 58 findet sich tote Baumwolle häufig in gröberen (levantinischen und indischen), am seltensten in Sea Island-Wollen. Nach dessen Beobachtungen ist die tote Baumwolle nie gedreht und stets, oft doppelt schraubig gestreift. 2) Über einen solchen Fall berichtet das königl. Materialprüfungsamt (Berlin- Lichterfelde) im Jahresberichte für das .Tahr 4 9H p. 29: >Auf Antrag einer Firma war die Ursache kleiner weißer Stellen in einem blaugefärbten Stoffe zu ermitteln. Die mikroskopische Prüfung ergab, daß die Pünktchen (Noppen) aus unreifer (toter) Baumwolle bestanden, die sich nicht mit gefärbt, bez. nur schwach angefärbt hatte. Die Fasern waren im Garn mit eingesponnen.« Nach den im Texte enthaltenen, von Herzog angestellten Beobachtungen ist tote Baumwolle mit unreifer nicht identisch. Es scheint sich in dem hier genannten Falle um tote Baumwolle (im Sinne Herzogs) gehandelt zu haben. 3) Haller, Beiträge zur Kenntnis der toten Baumwolle, Chemikerzeitung 1 908. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 121 der toten Baumwolle in der ungemeinen Dünnheit der Membran des Haares zu suchen ist. (S. oben p. 12.) Die unreife Baumwolle besteht nach Herzog aus Fasern, deren Wand im Vergleich zur toten etwa doppelt so dick ist (Dicke = i jii und darüber] und welche reichliche Protoplasmareste , namentlich an der Basis der Haare führen. Infolge dieses Reichtums an Protoplasma- resten färbt sich die Faser ziemlich stark, wodurch der Unterschied zwischen »toter« und »unreifer« Baumwolle sehr auffällig wird. In der Breite unterscheidet sich die unreife Baumwollenfaser nicht wesent- lich von der Vollreifen i). Die »tote« und die »unreife« Baumwolle im Sinne Herzogs sind also leicht und sicher voneinander zu unterscheiden und es ist ein Verdienst Herzogs, die Unterschiede dieser beiden fehlerhaften Baum- wollenanteile festgestellt zu haben. Zur Erläuterung des Wesens der »toten« und der »unreifen« Baumwolle im Vergleiche zu der normalen Baumwolle mögen noch folgende Bemerkungen dienen. In der Ware sind selbstverständlich alle diese drei Arten von Baumwolle tot. Nicht so zur Zeit der Ernte, wo wohl die »tote« und die »normale« Wolle tot sind, nicht aber die un- reife, welche noch entwicklungsfähig ist, worauf die großen in ihr ent- haltenen Protoplasmamassen hindeuten. Die unreife Baumwolle ist unreif geerntet worden und starb nach der Ernte ab, weil die Bedingungen für ihre Weiterentwicklung nicht mehr vorhanden waren. Die unreife Baumwolle ist ein normales Produkt. Hingegen ist die tote Baum- wolle ein pathologisches Produkt, welches offenbar infolge eines krankhaften Zustandes frühzeitig abstarb und schon durch die ungemein geringen in seinen Zellen enthaltenen Protoplasmamengen darauf hindeutet, daß es frühzeitig entwicklungsunfähig geworden ist. Unterscheidung der Baumwolle von der Leinenfaser durch die Form der Zelten. Im vorhergehenden sind eine Reihe von Eigenschaften der Baumwolle aufgeführt worden, die mit Vorteil zur Unterscheidung derselben von der Bastzelle des Flachses verwendet werden können. Die unterscheidenden Merkmale sind: die Zell wanddicke, das Vorhandensein einer Kutikula bei der Baumwolle und der Mangel dieses Häutchens an der Leinenfaser, endlich die Form^). Wie oben 1) Nach Herzog in Chem. Ztg. 1914, Nr. 1U— 116. 2j Über die Unterschiede in der spezifischen Doppelbrechung zwischen Baum- wolle und Leinfaser s. oben p. lOff. und 39. Eine Reihe besonderer Eigentümlich- keiten, welche die Doppelbrechung der Baumwolle darbietet, ist vor kurzem durch A. Herzog festgestellt worden. Diese Feststellungen sind um so beachtenswerter, als die aufgefundenen optischen Eigentümlichkeiten nicht nur für die rohe, sondern auch für die merzerisierte Baumwolle Geltung haben. A.Herzog, Zur Kenntnis 122 Siebzehnter Abschnilt. Fasern. auseinandei'gesetzt wurde, ist die Baumwollenzelle ein gegen die Mitte hin etwas erweiterter Kegel. Die Flachsbastzelle ist hingegen wie jede Bastzelle ein an beiden Enden konisch zugespitzter Zylinder. Es ist für die Unterscheidung der Leinenzelle von der Baumwolle gewöhnlich nicht notwendig, die zu untersuchende Faser ihrer ganzen Länge nach im Mikroskope zu prüfen i), um aus der Form schließen zu können, ob man es mit der einen oder der anderen zu tun habe; auch an Bruch- stücken, welche nur einige Millimeter lang sind, läßt sich diese Frage in der Regel entscheiden. Die Baumwollenhaare zeigen im Längsverlaufe viele Unregelmäßigkeiten, während die Flachsbastzellen sehr regelmäßig von dem Ende nach der Spitze an Breite zunehmen, wie folgende Zahlenreihen lehren. a) Baumwollenhaar, durch verdünnte Salpetersäure gerade ge- streckt, um an jeder beliebigen Stelle die Breite messen zu können 2). Spitze: 8,43); 15^0; 16,8; 20,0; 21,0; 21,8; 29,4; 29,4; 32,4; 37,8; 25,2; 29,4; 31,0; 30,0; 31,1; 29,9; 29,4; 29,4; 29,0; 28,0; 25,2: Basis. b) Flachsbastzelle, 4 cm lang. Spitze: 0; 6,3; 8,4; 9,5; 10,5; 11,7; 15,8: 15,9; 16,6; 15,9; 16,9; 16,8; 15,5; 16,9; 15,8; 14,3; 12,9; 13,0; 12,5; 12,3: 9,0; 8,4; 6,5; 0 Basis"). der Doppelbrechung der Baumwollenfaser. Zeitschrift für Chemie und Industrie der Kolloide, Bd. V (1909). -1) In schwierigen Fällen ist es doch wichtig, beide Enden der zu untersuchen- den Faser auf ihre Form zu prüfen. Findet man zwei konische (oder angenähert konische) Enden vor, so ist die Gegenwart der Baumwolle ausgeschlossen. Sollte Karavonikawolle vorUegen, deren unteres Ende auch konisch sein kann (s. oben, p. HO), so kann keine Jrrung eintreten, da der kegelförmige Fuß der Zellen dieser Baumwolle sich scharf von dem eigentlichen Körper der Haare abhebt, übrigens mit Phlorogluzin und Salzsäure die Holzstoü'reaktion gibt. 2) Die Quellung der Zellwand geht bei Anwendung von verdünnter Salpeter- säure an allen Stellen des Haares so gleichmäßig vor sich, daß die an der so vor- behandelten Faser angestellten Messungen ein ganz richtiges Bild Ton der Zu- und Abnahme der natürlichen Faserbreite entwerfen, wie ich durch vergleichende, an der unveränderten und künstlich gestreckten Faser angestellte Messungen konsta- tieren konnte. 3) Diese und die folgenden Zahlen drücken die in gleichen Abständen gemessenen Breiten der Fasern in Mikromillimetern [/li) aus. 4) Selbstverständlich gibt es noch zahlreiche andere Mittel, um die Baumwolle von der Leinenfaser zu unterscheiden, wie aus dem Vergleiche der Beschreibungen beider hervorgeht. Es sollte aber nur auf den groben Unterschied hingewiesen werden, welcher in bezug auf die Form zwischen dem Baumwollenhaar und der Bastzelle besteht. 12,0; 12,5; 12,9; 13 .i; 14,8; 15,5; 14,8;' 15,5; 12,0; 11,7; 10,9; 10,0; Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 123 Chemisches Verhalten der Baumwolle. Die Baumwolle führt im lufttrockenen Zustande 6,66 Proz. Wasser. Im mit Wasserdampf ge- sättigten Räume beträgt die aufgenommene Wassermenge 20,99 Proz.i) Die getrocknete Faser gibt 1,83 Proz. Asche. Mit Jod und Schwefelsäure wird, wie lange bekannt, die Baumwolle himmelblau gefärbt. In Kupferoxydammoniak quillt die Faser unter Blaufärbung und wird bis auf die Kutikula und Reste des Innenschlauches völlig in Lösung gebracht. Schwefelsaures Anilin, desgleichen Phloro- gluzin + Salzsäure bringen keinerlei Änderung hervor; die Baumwollen- faser ist somit völlig unverholzt^). Außer Zellulose und dem in der Kutikula auftretenden Kutin (einem talgartigen Fett) sind in der Baumwolle noch Eiweißkörper, welche im Innenschlauch ihren Sitz haben, ferner etwas Fett, eine wachsartige Sub- stanz, Farbstoffe und Mineralsubstanzen nachgewiesen worden. In der Baumwolle treten verschiedene Farbstoffe auf. Der Farb- stoff der Nankingwolle (von Gossypium religiosum und O. flavidum) hat seinen Sitz in der Zellmembran. Ob er dort entstanden ist oder von der Membran aus dem Zellinhalte aufgenommen wurde, konnte ich nicht entscheiden. Der Nankingfarbstoff ist in Wasser, Alkohol und Äther, desgleichen in nicht oxydierend wirkenden Säuren und Alkalien unlöslich. Durch längere Einwirkung von Salpetersäure oder Chrom- säure wird aber dieses Pigment völlig zerstört. — Der gewöhnliche Farbstoff der licht-gelblichen — anscheinend weißen — Wollen und der zugehörigen Grundwollen hat ebenfalls seinen Sitz in der Zellmembran. Dieser Farbstoff wird durch Einwirkung von Säuren rosenrot, durch Alkahen smaragdgrün. Diese Farbenänderungen und die Lüslichkeit in Wasser führen zu der Annahme, daß dieses Pigment mit dem Antho- kyan — dem gewöhnlich roten oder violetten Pigmente vieler Zellsäfte — identisch ist und daß dieser Farbstoff im Zellsafte gebildet und beim Eintrocknen der Zellen von der Zellhaut aufgenommen wurde. Es kann wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß die grünlichen und schwach röthchen Baumwollen durch dasselbe Pigment fingiert sind 3). — Manche Grundwollen, besonders die an den Samen von Oossypium hirsiäum \) Nach Zipser, Die textilen Rohmateriahen und ihre Verarbeitung I (Wien, i899) p. 13 beträgt die normal zulässige Wassermenge der Baumwolle 8 Proz. (Siehe auch oben p. 16 IT.). Zur Wertbestimmung der Handelsware wird ähnlich wie bei Wolle und Seide die Konditionierung vorgenommen. (S. Note 2 auf p. 16.) 2) Abgesehen von den kegelförmigen Fasern (basales Ende) der Karavonikawolle (s. oben p. 110.) 3) Nach Heldreich (1. c. p. 52) kommt auf Santorin eine Spielart von Gossy- pium herbaceum mit rötlich-gelber Wollfarbe vor. S. auch unten (p. 125) über die Farbe der Baumwollenarten. 124 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. auftretenden, sind schon an und für sich smaragdgrün gefärbt. Diese grüne Farbe, welche ebenfalls ihren Sitz in der Zellmembran hat, ver- wandelt sich auf Zusatz von Säure sofort in Rosenrot und kann nur durch Ammoniak wieder in Grün übergeführt werden, wie viele antho- kyanhaltige Blüten, welche neben Anthokyan (das als solches durch Alkahen blau wird) noch durch Alkalien sich gelbfärbende Substanzen enthalten, durch Alkalien grün gefärbt werden. Das Grün ist hier, wie leicht ersichtlich, Mischfarbe aus blau und gelb. Die wichtigeren käuflichen Sorten der Baumwolle. Ehe ich auf die Aufzählung der wichtigeren Baumwollensorten eingehe, will ich die Eigenschaften, auf die es bei der Beurteilung des Wertes der Baumwolle ankommt, kurz berühren^). Die Wertbestimmung der Baum- wolle ist Sache der Übung, und viele Anhaltspunkte hierfür, wie An- fühlen, Geruch usw. entziehen sich der Erörterung. Es kann hier nur der wissenschaftlich faßbaren Eigentümlichkeiten der Baumwolle Erwähnung getan werden. Eine der wichtigsten Eigenschaften bildet die Länge der Faser, auf die schon oben aufmerksam gemacht wurde. Hiernach unterscheidet man langstapelige Wollen, deren längste Fasern 4 cm und darüber lang sind, mittelstapelige und kurzstapelige , deren längste Fäden unter 2 cm messen. Die Seidigkeit hängt von der Ausbildung der Kutikula ab. Je weniger kenntlich die Strukturverhält- nisse der letzteren sind, desto seidiger ist die Wolle; je grüber sie ist, d. h. je deutlicher die körnig-streifige oder astförmige Zeichnung derselben hervortritt, desto weniger seidig, desto glanzloser ist sie. Die von Gos- sypium barbadense herrührenden .Wollen sind dur€h starken seidigen Glanz ausgezeichnet, also die Sea Island-, viele brasilianische Wollen usw. Die Feinheit der Baumwolle hängt in erster Linie von der Feinheit der Faser ab; je kleiner der Querschnitt der Haarzelle ist, desto feiner ist sie. Aber auch die Geschmeidigkeit der Wolle kommt hierbei mit in Betracht. Die Sea Island bildet die feinste Sorte. Von nicht geringer Wichtigkeit erscheint die Stärke der Baumwollenfaser, nämlich deren absolute Festigkeit. Es liegen hierüber mehrere Beobachtungsreihen vor 2), zur praktischen Wertbestimmung wird aber die Stärke der Baumwolle \) Über die Bestimmung des Handelswertes der ßaumwollensorten s. die aus- führlichen Angaben bei Semler, 1. c, p. 508ff. und insbesondere das daselbst (p.517ff.) mitgeteilte, auf die Wertbestimmung der Baumwollensorten bezugnehmende Regulativ der Bremer Baumwollenbörse. 2) S. hierüber Sem 1er, 1. c, p. 512. Nach den daselbst mitgeteilten Daten soll, auf gleichen Querschnitt berechnet, die ägyptische Baumwolle durch besondere Stärke ausgezeichnet sein. Nach Untersuchungen, welche Herr Prof. Ed. Hanausek vornahm und mir gefälligst mitteilte, beträgt das geringste Zerreißungsgewicht der einzelnen Baumwollenhaare bei ostindischer DhoUerah-Baumwolle 2,ö00, bei Louisiana Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 125 noch nicht herangezogen. Die Reinheit und Homogenität der Baum- wolle hängt davon ab, ob sie frei von fremden Beimengungen, nämlich Kapselgewebe, Samengewebe, Blatt-, Stengelfragmenten, Staub, Erde usw. ist, und der Grad der Reinheit davon, ob diese Körper in größeren oder kleineren Mengen darin auftreten. Unter finnigen Wollen versteht man diejenigen, an deren Haaren kleine, kaum sichtbare Knötchen, näm- lich zusammengeballte Stücke von Fasern, haften. Die Farbe bildet ein wichtiges Kennzeichen der Baumwolle. Obwohl die meisten Baum- wollensorlen weiß erscheinen, so sind sie es doch nicht. Stark zu- sammengedrückt oder versponnen lassen sie doch immer einen Stich ins Gelbe (die meisten indischen) oder ins Graue (peruanische Wolle) oder Rötliche (ein Teil der siamesischen und chinesischen Baumwolle) erkennen. Es wird sehr häufig angegeben, daß die als Louisianawolle vorkommende Sorte eine bläulich-weiße Farbe habe, was ich jedoch, wenigstens für die mir bekannt gewordenen Proben dieser Sorten^ nicht bestätigen kann. Die Nankingwollen von Gossypium i'eligiosum und flaviduni, ferner manche afrikanische Sorten, z. B. die von Wida^)^ haben ausgesprochen gelbbräunliche Farbe. Die Farbe der Baumwolle hat, wie schon oben auseinandergesetzt wurde, ihren Sitz in der Zell- wand der Faser. Über die Farbstoffe der Baumwolle s. oben p. 123. Während die Handelsware nach den angegebenen Eigenschaften klassifiziert und als langstapelig, kurzstapelig usw., ferner als fine, good, goodfair, fair usw., oder als Prima, Sekunda, Tertia, Kaufmannsgut usw. bezeichnet wird, pflegt man jetzt die Baumwolle als Spinnmaterial nach technologischen Prinzipien zu beurteilen. Dabei wird 2) nicht nur 2,750, bei Pernambuc 3,988, Sea Island 4,330, bei Mako 3,400, bei kurzer Georgia 4,501, endUch bei Martinique 4,763 g. Jüngsthin hat Dewey (The strength of textile plant fibers; s. oben p. 25) die absolute Festigkeit der Faser einiger wichtiger Baum wollensorten. geprüft. Aus seiner Zusammenstellung heben wir folgende charakteristische Zahlen hervor: Zerreißgewicht in Gramm Max. Min. Mittel American Uplord (Gossypium hirsutttmi Big-BoU group 11,6 4,6 6,60 Early group 6,9 5,2 5,63 Sea Island (Gossypium barbadense) Amerikanisch 7,6 4,7 6,14 Ägyptisch, von Arizona und Kahfornien 8,0 5,6 6,65 1) Die Baumwolle von Wida ist schon seit dem vorigen Jahrhundert bekannt. Isert, Reise nach Guinea. Kopenhagen 1788.) Daß sie von Gossypium religiosum L. stamme, ist sehr zweifelhaft. 2) E.Müller, Handbuch der Spinnerei. Leipzig 1892; ferner nach gefälligen Mitteilungen des Herrn Prof. Ed. Hanausek. 126 . Siebzehnter Abschnitt. Fasern. die Stapellänge genau ermillelt, sondern auch die Reißlänge i), die Zug- festigkeit und der Feinheitsgrad zahlenmäßig festgestellt. Die besten Baumwollen haben eine Reißlänge von 26 — 28 km und eine absolute Zugfestigkeit von 39 — 42,65 kg, die mittleren Sorten von 24,5 km und 36,5 kg, die geringsten bis hinab zu 7,5 km und H,27 kg. In bezug auf den Feinheitsgrad werden drei Klassen unterschieden. Erste Klasse: Durchschnittsbreite 14 — 16//; zweite Klasse: 18 — 20 /< ; dritte Klasse: 22—28 .«. Nach der Gesamtheit dieser Arbeitseigenschaften werden die Baumwollsorten in acht Klassen gruppiert, von welchen die ersten zu feinen Gespinsten, die letzten zu gröberen Garnen verarbeitet werden. Typen dieser acht Klassen sind : 1 . lange Georgia : 2. Jumel, Bourbon, Portoriko; 3. Pernambuk; 4. Louisiana, Cayenne; 5. Karolina, kurze Georgia; 6. Virginia: 7. Surate; 8. Bengal. Als Hauptfehler der Baumwollen werden die unreinen und finnigen Wollen (s. oben p. 125) und ferner die tote Baumwolle (s. oben p. 121) angesehen. Von den nordamerikanischen Sorten ist vor allem die von Gossypium harhadense herrührende Sea Island hervorzuheben. Die besten Sorten liefern die Küsten von Georgien, Südkarolina und einige benachbarte Inseln. Sie heißt auch: lange Georgia (Lowland-Georgia). Die Sea Islandwolle hat man in die meisten baumwolliefernden Länder einzuführen getrachtet, z. B. in Indien, Ägypten, und hat in einzelnen in der Tat sehr gute Sorten erzielt, die aber doch gegen die originale Sea Islandwolle zurückstehen. Die Sea Islandwolle ist nicht nur die langstapeligste aller bekannten Sorten, sie überragt auch in den meisten anderen Eigenschaften, besonders in Reinheit (s. oben p. 125) und Feinheit, die übrigen Baumwollen und wird nur in einzelnen Eigen- schaften von anderen Sorten überholt. So sind die besten brasilianischen Baumwollen weißer als die lange Georgia, welche stets einen Stich ins Gelbe erkennen läßt, und auch glänzender, seidiger. Diese Sorte wird ihrer Feinheit und Länge wegen nur zu den feinsten Garnen versponnen. — - An diese Sorte reiht sich in der Güte die Baumwolle von Louisiana; sie ist langstapelig, weiß (angebUch bläulich-weiß), glänzend. Ihr ähn- lich ist die Alabama oder Mobile, die gewöhnlich aber unreiner und kurzfaseriger ist. Bemerkenswert ist die kurze Georgia (Upland Georgia), eine weiße, aber kurzstapelige Sorte. Hierher gehören die Sorten: Virginia, Texas, Arkansas und Florida (letztere häufig von grauer Farbe). Von Florida kommen indes auch langstapelige (bis 42 mm lange) Sorten. 1) S. oben p. 20. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 127 Von südamerikanischen Baumwollen sind besonders einige bra- silianische wegen Feinheit, Weiße und Seidigkeit ausgezeichnete Sorten hervorzuheben, besonders die Baumwolle von Pernambuk und Maranhao; sodann kommen Bahia und Minas novas. Geringer sind Rio Janeiro und Para. In Brasilien wird vorwiegend Gossypium peruvianum und barbadense, in einzelnen Provinzen (Pernambuk) auch G. vitifoliwyi und wahrscheinlich auch G. racemosum und purpiirascens kultiviert i). Die längste der brasilianischen Wollen (bis 34 mm) ist die südbrasilianische Sorte Rio Grande. Von den Baumwollen aus Guayana ist vorerst die seit alter Zeit in Surinam gewonnene hervorzuheben, welche fast der Wolle von Pernambuk an Güte gleichkommt. Einzelne Sorten der Baumwolle von Demerara stellen sich sogar noch über die Pernambuk- wolle. Die übrigen Sorten von Guayana (Berbice, Cayenne usw.) sind sehr unrein, häufig mit zerquetschten Samenkörnern untermengt. Die kolumbische Baumwolle kommt der brasilianischen im Glänze nahe, ist aber ungleichfarbig, indem zwischen den weißen Flückchen auch gelb- liche vorkommen. Die reinste und beste dieser Baumwollen ist die Sorte Varinas. Die peruanischen Sorten sind geringer als die kolum- bischen, da ihre Farbe graulich-weiß ist. Seit einiger Zeit kommt als Sea Island Peruvian eine sehr langstapelige Sorte (bis 42 mm) aus Peru in den Handel 2). Die westindischen Wollen (Santo Domingo, Kuba, Martinique, Jamaika usw.) sind ihrer Natur nach meist vorzüglich und kommen dann den besten nordamerikanischen gleich, nur sind sie mit Ausnahme der Baumwolle von Portoriko sehr unvollständig gereinigt. Als beste westindische Sorte gilt Guayanilla. Die ostindischen Baumwollen 3) haben seit der durch den ameri- kanischen Krieg hervorgerufenen Baumwollenkrise für Europa eine große Wichtigkeit erhalten. Es hat sich nicht nur die Produktionsmenge ge- steigert, sondern auch die Güte der Baumwolle selbst, sowohl durch sorgsamere Kultur als auch durch vollständigere Reinigung verbessert. Die größten Mengen indischer Baumwolle kommen von Bombay*). Nach \) Martius, Reise in Brasihen II, p. 483 ff. und II, p. SIS ff. 2) Nach der Warenliste der Liverpool Gotton Association. 3) Über indische Baumwolle s. den ausführlichen Artikel in Watt, Dictionary of the Economic Products of India IV (Kalkutta 4890, p. \—Mi), ferner Middleton, T. H., Description of certain Indian forms of cotton. Agric. Ledger. Kalkutta 1896. — Watt, The commercial products of India. London -1908. Tropenpflanzer, 1913, Beihefte 5 u. 6. 4) tjber die Beteiligung der einzelnen Präsidentschaften und Provinzen Indiens an der Baumwollproduktion s. die Tabelle von Watt and Murray in Watt, Diction. p. 56 und die ausführlichen Daten, welche in Watt, Comm. Prod. p. 596 — 608 ent- halten sind. 128 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. B. Nieß haben die indischen Wollen fast durchgängig einen kurzen Stapel, und zwar mißt die Länge des Haares der Sorte Dhollerah 11,2— 13,50 mm » » Madras unter 13,50 » » » Bengal » 8,90 » Doch beziehen sich diese Daten auf Wollen aus der alten Ära der ostindischen Baumwollenkultur. Wie sehr sich die Qualität der indischen Baumwolle namentlich rücksichtlich der Stapellänge verbessert hat, geht aus zahlreichen in neuerer Zeit von Watson u. a. vorgenommenen Messungen der Stapellängen hervor. a) Wollen aus den nördhchen Distrikten. Minimum Maximum Durchschn. Länge Surate . . . 20,3 mm ' 30,6 mm S5,4 mm Guzerate . . . 22,8 » 33,0 » 27,9 > Broach . . . . 1 5,2 » 25,4 » 20,3 » D bar war . . . 20,3 :> 45,7 » . 33,0 » Canseish . . . 22,8 » 27,9 » 25,4 » Berar . . . . 1 7,7 :. 25,4 » 21,5 y> b) Wollen aus den südhchen Distriicten Minimum Maximum Durchschn. Länge Madras. . . . 20,3 mm 22,8 mm 21,5 mm Tinnevelly. . . -15,2 » 30,6 » 20,3 » Trichmopoly . . 15,2 » 25,4 » ' 22,8 » c) BengaUsche Sorten. Minimum Maximum Durchschn. Länge Agra . . . . ■15,5 mm 20,3 mm '17,7 mm Delhi . . . . 12,2 » 20,3 » 16,4 » Kalkutta . . . 25,4 - 33,0 » 28,0 » d) Wolle von Tenasserim . . 27,9 . 33,0 » 30,6 » Die meisten indischen Sorten sind stark gelblich gefärbt und grob, so daß sie zumeist nur zur Herstellung niederer Garnnummern dienlich sind. Zu den besten Sorten der indischen Baumwolle gehören »Dharwar« (aus amerikanischen) und »HingHung hat« (aus indischen Samen) gezogen. Als geringste indische Baumwolle gilt die aus den Industälern stammende Sorte Scinde. Sie ist unrein, grob, schmutzig- weiß, erreicht aber doch eine Länge von 25 mm. Die persische Baumwolle stimmt fast in allen Eigenschaften mit der indischen, hauptsächlich in Guzerate gewonnenen Sorte Dhollerah überein. Die levantinischen Wollen (Smyrna oder Subudja, syrische, zyprische, türkische usw.) kamen früher häufiger auf den europäischen Markt als gegenwärtig. Die Ursache hiervon liegt in dem großen Aufschwünge der indischen Baumwollenproduktion. Die anatolische Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 129 Baumwolle ist langstapelig und fast reinweiß, die mazedonische wohl fest und weiß, aber sehr kurz, so daß sie sich nur schwierig verspinnen lassen soll. Nach B. Nieß beträgt ihre Länge dennoch 15,7-^20,25 mm. Nach neueren Messungen steigt der Stapel einzelner Sorten bi,s auf 32 mm. Von afrikanischen Wollen ist vor allen die ägyptische hervor- zuheben. Seit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts ist die dortige Baumwollenproduktion in fortwährender Steigerung begriffen und stellt gegenwärtig beiläufig ein Fünfzehntel der Gesamtmenge dieses Artikels auf dem Weltmarkt'). Seit dem Rückgang der Zuckerpreise ist die Baumwollenpflanze in Ägypten das rentabelste Kulturgewächs geworden^). Schon in den zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts führte der französische Ingenieur Jumel den Anbau der Sea Islandpflanze in die Niltäler ein, wodurch sehr gute, langstapelige Wollen erzeugt wurden, die unter dem Namen Mako oder Jumel im Handel erscheinen. Die Länge der Faser dieser Sorte steigt nach meinen Messungen bis auf 38,9 mm. Die Makowolle ist zwar nicht rein, auch etwas ungleichfarbig (teils weiß mit einem Stich ins Rötlichgelbe, teils gelblich), aber fein, weich und langstapelig, so daß sie sich zur Herstellung sehr feiner Gewebe benutzen läßt. Als beste Sorte gilt gegenwärtig unter den ägyptischen Baumwollen die Sorte »Älitaffi«, welche aber angeblich nicht von der Sea Islandpflanze abstammt^). Hingegen wird die sehr wertvolle Sorte »Gallini« als von Sea Island abstammend von Sem 1er hingestellt. Eine charakteristische Sorte ist Egyptian brown aus Zagazig mit lebhaft gelber Farbe. Außer sehr ausgezeichneten Baumwollen, welche fast an die besten, die überhaupt existieren, heranreichen, liefert Ägypten auch geringere Sorten (Merkantil wäre). Von afrikanischen Wollen kamen in neuerer Zeit nicht unbeträcht- liche Mengen guter Mittelsorten aus den englischen und den seinerzeitigen deutschen Kolonien in den Handel. Geringer ist die Produktionsmenge in den französischen Kolonien. Die französische Wolle (von Reunion und Bourbon) ist schon lange auf dem Markt und wird als langstapelig und glänzend gerühmt, hat aber nur eine geringe Festigkeit, 1) Tropenpflanzer, I (1897), p. IIS. — Ebenda III (1899), p. 505. — Ebenda IV (•1900), p. 266. — Über ägyptische Baumwolle s. auch Bouteron, Le coton d'Egypte. Congr. internat. d'agricult. Bruxelles. Sept. 1895. Ferner Tropenpflanzer, XIII (1909), p. 438ff. und XIV (1910), p. 369ff. Über die Unterscheidung echter Makobaumwolle von imitierter s. Herzog in Kunststoffe, III, 1913, 8 S. An dieser Stelle sei auch noch eingefügt, daß R. Hai 1er in »Mikroskopische Diagnostik der Baumwollarten< (Wittenberg, 1919) den Versuch macht, die Oossypium- Arien auf Grund der Roh- baumwolle mikroskopisch zu bestimmen. 2) Foaden, Cotton Culture in Egypte. Bull. U. S. Dep. of Agric. Washington 1 897. 3) In Ägypten wird in jüngster Zeit viel getan, um die Baumwollenkultur zu heben. Zu Zagazig befindet sich eine bloß im Dienste dieser Kultur stehende Versuchsstation. Wi es ner, Rohstoffe. HI. Band. 3. Aufl. 9 130 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Die europäischen Baumwollen, z.B. die spanische (Motril), die neapolitanische (Castellamare) , die sizilianische (Biancacella) haben für den Handel fast gar keine Bedeutung. Die australischen Wollen, welche auf die Ausstellungen und — freilich in geringer Älenge — auch auf den Markt gebracht wurden, waren guter, z. T. sogar ausgezeichneter Qualität i). Man hat eine Zeit hindurch auf die australischen Wollen große Hoffnungen gesetzt. Neue- stens ist aber die ßaumwollenkultur in Australien durch die Zuckerkultur in den Hintergrund gedrängt worden 2). Tahiti und die Fidschiinseln produzieren vorzügliche Sea Island, aber die auf den Markt kommende Menge ist nach neuen Berichten doch nur eine geringe, da die dortige auftretende Zuckerrohrkultur der Ausbreitung der Baumwollenpflanze nicht günstig ist. Von intensiv gefärbten Baumwollen ist die in Ostindien und China in großer Menge gewonnene Nankingwolle (von Gossypium religiosuiu)^ die Sorte Egyptian brown und die auf Martinique produzierte Nanking- wolle (cotton nanking a courte soie von GossypiiDii flaridiim) hervor- zuheben. Durch die Kultur von Gossypium religiosum sind mehrere Varietäten entstanden, deren Wolle in der Farbe zwischen Rostbraun und einem nur wenig hervortretenden Lichtbraun liegt. Es seien hier einige Bemerkungen über die in neuester Zeit viel genannte Garavonicawolle angefügt. Sie stammt von einer peren- nierenden Form, über deren systematische Stellung man noch nicht im klaren zu sein scheint. Es wird angegeben, daß sie eine Hybride von Sea Island- und Perubaumwolle sei. Die Garavonicawolle wurde von Dr. Thomatis^) in Garavonica (bei Cairn in Nord Queensland) zuerst empfohlen und wird versuchsweise nicht nur in Australien, sondern auch in Peru, auf den neuen Hebriden, in Deutsch -Ostafrika und in Ägypten kultiviert. Man unterscheidet zwei Hauptformen der Garavonicawolle, eine gröbere und kürzere (»Wolle«) und eine feinere, längere (»Seide«), welche man schon als eine langstapelige bezeichnen könnte (Stapel nach T. F. Haiiausek 45 mm und darüber). Die von T. F. Hanausek ausgeführte mikroskopische Untersuchung hat gelehrt, daß diese beiden Formen der Garavonicabaumwolle, in einer merkwürdigen, oben schon berührten, bei keiner anderen Baumwollensorte bis jetzt beobachteten Eigenschaft übereinstimmen. Es werden nämlich bei der Abscheidung der Faser aus der Kapsel, beim Egrenieren die Haare mit ihrem natürlichen. 1) J. R. Lorenz, Ost. off. Ausstellungsbericht, 1807, V, p. 821 ff. ä) Semler, I. c, p. 506. 3; The Queensland Agr. Journ. 1903. siebzehnter Abschnitt. Fasern. 131 herausgezogen, was für eine hohe absolute Festigkeit dieser Baumwoll- sorte spricht. Dieses mehr konische Ende (?uß) der Faser ist verholzt, da es sich mit Phlorogluzin und Salzsäure violett färbt. So -hat man Kennzeichen, durch welche sich die Gara- vonicawoUe von anderen Baumwollsorten unterscheidet. Über den Wert der Caravonicawolle gehen die Ansichten noch sehr weit aus- einander i). In der Anrühmung der Caravonicawolle kam manche abenteuerliche Anschauung zum Worte. So wurde von Thomatis behauptet, daß es durch Hybridrisation und Kastration gelinge, die Menge der Wolle zu steigern und die der Samen zu verringern, und es wurde sogar die Hoffnung ausgesprochen, man werde vielleicht Pflanzen erzielen, welche nur Wolle und gar keine Samen enthalten werden. Da aber die Baumwolle ein Haar- gebilde der Samen darstellt, so muß man sich fragen, woher denn die Baumwolle kommen solle, wenn die Kapseln keine Samen führen. Verwendung. Die Baumwolle bildet das wichtigste Material zum Spinnen von Garnen und zur Herstellung von Weberei- produkten. Die Baumwollengarne dienen nicht nur zum Verweben (sowohl für sich allein, als auch mit aus anderen Fasern dar- gestellten Garnen), sondern auch zur Dar- stellung von Zwirnen. Ausgedehnte Verwen- dung findet die Baumwolle zur Gewinnung von entfetteter Baumwolle als Verbandstoff (Brunssche Watte usw.) und zur Darstellun Eine große Menge von Baumwolle wird gegenwä von Kunstseide (Chardonnet- Seide, Glanzseide usw Vergr. 300. q Querschnitte, s Spitzen der Baumwollhaare, m, »ii, m-y Mittelstiicke , h kegelförmig ge- stalteter Fuß der Haare. (Nach T. F Hanau sek.) Kollodium, rtig zur Darstellung .) verwendet. Das -11 Über Caravonicawolle s. Zimmermann, Der Pllanzer III (1907), p. 302; G. K. Rein, Tropenpflanzer, XIV (lOlO), p. 604f.; Derselbe, ebendaselbst XV (49H), p. -leel.; St. Paul Illair, ebendaselbst XIV (1910), p. 90f.; T. F. Hanausek, Mit- teilungen d. Technologischen Gewerbemuseums in Wien (1910). 9* 132 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. verbesserte Verfahren des meist als Erfinder der Kunstseide i) genannten Grafen Hilaire de Chardonnet (1890), bei welchem die Gefährlichkeit des Produktes (Nitrozellulose) durch Anwendung von Nalriumsulfhydrat beseitigt wurde, hatte einen großen Aufschwung in der heute schon von großer Wichtigkeit gewordenen Kunstseidefabrikation zur Folge. Es gibt heute neben der Ghardonnet-Seide noch andere Kunstseiden, welche nach ganz anderen Verfahren erzeugt werden, z. B. die Glanz- seide (Paulysche Seide), deren Substanz durch Fällung aus einer Lösung von Baumwolle in Kupferoxydammoniak erzeugt wird. Welche Sub- stanz zur Erzeugung der Kunstseide auch immer verwendet werden mag, immer ist ein Spinnapparat erforderlich, welcher die plastische Substanz in die Form der Seide bringt. Gegenwärtig werden bereits über sieben Millionen Kilogramm Kunstseide dargestellt (die Jahresproduktion an Seide in der ganzen Welt beträgt 18,5 Millionen Kilogramm 2), nach ein'er anderen Angabe 24,5 Millionen Kilogramm 3)) und die Produktion ist in fort- währendem Steigen begriffen. — Es werden nunmehr außer Baumwolle noch andere »Zellulosen« u. a. auch Holzzellulose zur Darstellung von Kunstseide verwendet. Neuestens versucht man die den Baumwollensamen anhaftenden Haare, welche im wesentlichen dem Samenbart und der Grundwolle angehören, aber auch Reste der eigentlichen Wolle enthalten, in der Papierfabrikation zu verwenden. Diese »Virgofasern « haben eine Länge von 4 — 6 mm*). Die ungeheuer große Menge von Baumwollptlanzen, welche zur Erzeugung der Faser verwendet wird, macht es begreiflich, daß man bestrebt ist, die Nebenprodukte der Faserpflanze möglichst auszunutzen. Von großer Bedeutung für die Ülgewinnung sind die Baumwollensamen geworden, über welche in einem späteren Kapitel abgehandelt werden wird. Neuestens hat man auch die Stengel der Baumwollpflanze mit Erfolg in der Papierfabrikation eingeführt s). Geschichtliches. Über die Anfänge der Baumwollenkultur ist wenig Sicheres bekannt, desgleichen über die Benutzung dieses Spinn- 1) Über Kunstseide s. C. Süvern, Die künsthche Seide, ihre Herstellung, Eigen- schaften und Verwendung. 3. Aufl. Bernn1912. Witt, Die künstlichen Seiden. Ver- hardlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes 1904. Lehner, Entwick- lung der Kunstseidedarstellung, Vortrag, gehalten in der Hauptversammlung der Deut- schen Chemiker. Nürnberg 1906. Herzog, Die Unterscheidung der natürlichen und künstlichen Seiden. Dresden, 1910. Kunststoffe, München, 1911 ff. F.Becker, Die Kunstseide. Halle, 1912. Stirm, Chem. Technologie der Gespinstfasern. Berhn1913. 2) Statistische Syndikate der Lyoner Seidenhändler 1906. 3) Stirm, 1. c, p. 231. 4) Kränzlin, Der Pflanzer, 1909, p. 44. 5) Tropenpnanzer VHI (1904) p. 4 59 ff.; Der Pflanzer 1910, p. 228. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 133 und WebstoCfes in den ältesten historischen Epochen. Behauptet wurde allerdings nach beiderlei Richtungen vieles, und manches davon gilt als feststehend. Allein strengen wissenschaftlichen Forschungen konnten die meisten dieser landläufigen Behauptungen nicht standhalten. Die Baumwolle der Alten Welt ist zweifellos indischen Ursprungs. Was an echten Baumwollstoffen bei Arabern, Persern, Ägyptern, Griechen und Römern verwendet wurde, kam entweder als Gewebe oder als Rohstoff aus Indien oder ist das Produkt von Kulturpflanzen, welche von der indischen Baumwollenpflanze (Gossypium herhaceum) abstammen. Nach Mitteilungen, welche ich Herrn Prof. L. v. Schröder verdanke, wird die indische Baumwolle (Kärpäsa im Sanskrit) mit Sicherheit zuerst in den jüngsten vedischen Schriften, den sog. Sütras, und zwar schon in Verbindung mit der Erzeugung von Gewändern (vasas) erwähnt. (Agvaläyana ^räutasütra 9, 4; auch Lätyäyana 2, 6, I; 9, 2, 14; bei- läufig 5 — 600 Jahre v. Chr.). Die Angabe Watts, Dictionary usw. IV (Kalkutta 1890) p. 43, daß die erste Erwähnung der Baumwolle wahr- scheinlich sich erst in den Institutionen des Manu finde (II, Nr. 44; Periode des klassischen Sanskrit, indisches Mittelalter), ist somit im Sinne obiger Angabe richtigzustellen. Auf Watts Vermutung, daß viel- leicht schon im Rig-Veda (also 1500 — 2000 v. Chr.) von Baumwolle die Rede sei, ist kein Gewicht zu legen. Nach Prof. v, Schröder ist nämlich die betreffende Stelle bei Watt unrichtig übersetzt. — In Ver- bindung mit upavita (Brahmanenschnur^) erscheint die Baumwolle zuerst in Manu, II, 44. Sichere Nachrichten über indische Baumwolle gehen also über die Zeit von 500 — 600 v. Chr. nicht hinaus. Die Angaben über Baumwollengewebe der alten Kulturvölker 2) stützen sich zumeist auf Deutungen der Ausdrücke (ivooog, byssus der 1) S. oben p. 103. 2) Von den am meisten verbreiteten Angaben über alte Baumwollengewebe seien folgende hier hervorgehoben. Die von Alexander dem Großen aus Indien mit- gebrachten Stoffe (GangesstofTe = yccyyrjTiy.cu Gti'd'öi'!;^) sollen durchweg Baumwollen- stoffe gewesen sein. Die ägyptischen Priester trugen Baumwollengewänder. In neuerer Zeit ist aber wahrscheinlich gemacht worden, daß diese Kleider aus Leinen- fasern gewebt waren (Pauly in dem unten genannten Werke p. -llOSff.). Joseph soll von Pharao ein baumwollenes Gewand erhalten haben. Die Ägypter, Römer und Griechen hätten die Baumwolle nicht nur als Spinn- und Webstoff, sondern auch zur Füllung von Polstern {Tihj = Pfühl) benutzt. Es ist aber wenig wahr- scheinlich, daß ein offenbar kostbarer Webstoff wie die Baumwolle, welcher zeitweilig mit Gold aufgewogen worden sein soll, als Füllmaterial gedient habe. Es liegt auch hier wohl eine Verwechslung mit einem anderen Faserstoffe vor. Die aus Malta nach Rom gebrachten feinen Webereien sollen baumwollene gewesen sein. Nach neueren historischen Forschungen ist dies aber nur eine Vermutung (Blümner, Technologie und Terminologie der Gewerbe und Küriste bei den Griechen und Römern. 134 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Griechen bzw. Römer, und des semitischen Wortes keton, auf welches die modernen Bezeichnungen coton, cotton, cottone, Kattun usw. zurückzuführen sind. Aber das Wort byssus ist ebenso vieldeutig i) wie das Wort keton^) und kann ebensogut Baumwolle als Leinen oder auch einen anderen Spinnstoff bezeichnen. Nur genaue materielle, insbesondere mikroskopische Untersuchungen sind imstande zu beweisen, aus welcher Faser ein als byssus, keton usw. bezeichnetes Gewebe besteht. Solcher Untersuchungen liegen aber bisher nur wenige vor. Ich nenne hier nur die wichtigsten. Herodot (Mitte des fünften Jahrhunderts v. Chr.) bezeichnete die Mumienbinden der Ägypter als ßvooog. Man deutete diesen Ausdruck lange als Baumwolle, und fast bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hielt man die Mumienbinden für Baumwollengewebe 3). Schon vor längerer Zeit ist aber diese Deutung als irrig erkannt worden 4). Später mit größerer Sachkenntnis ausgeführte Untersuchungen ^j haben die An- gaben Thomsons bestätigt und beweisen mit unumstößlicher Gewiß- heit daß die Mumienbinden durchweg Leinengewebe sind. — Die mikroskopischen Untersuchungen der ältesten arabischen und späterer Leipzig, I [1875], p. 188. 2. Aufl. I [1912], p. 199). — In China soll schon unter Kaiser Yao (2300 v. Chr.) Baumwolle verwendet, ja sogar gebaut worden sein. Nach neueren Forschungen wurde aber die Baumwollenkultur nicht, wie häufig angegeben wird (z. B. bei Semler, 1. c, p. 502), 200 Jahre v. Chr. in China eingeführt, sondern erst unter der Regierung Kubitai Chans (1257 — 1294) aus Ma'bar (im südlichen Indien) dahin gebracht (Ztschr. d. morgenländ. Gesellsch. I, p. 224). 1) S. z. B. den Artikel Byssus in Paulys Realenzyklopädie des klassischen Altertums, III (1899), p. 1108, wo nachgewiesen ist, daß hierunter im einzelnen Falle Seide, Muschelseide, Baumwolle, Leinenlasern usw. zu verstehen ist oder verstanden werden könne. S. hier und 1. c, p. 167 ff. auch über andere gleichfalls mehrdeutige Bezeichnungen der Baumwolle bei Griechen und Römern. 2) Nach gefälliger Mitteilung des Herrn Dr. Dav. Heinr. Müller, Prof. der semitischen Sprachen an der Wiener Universität, geht seine Ansicht dahin, daß das altsemitische Wort kettan nichts anderes als Leinen bedeutet. Es ist unentschieden, ob der Stoff »ses< (hebräisch, im Ägyptischen schens), aus welchem die Kopf- binde und der Leibrock des Hohenpriesters angefertigt wurden, Leinen oder Baum- wolle gewesen ist. Nach der Ansicht des genannten Forschers ist die Deutung des (Josua 2, 6) »pistim« genannten Baumes als »Baumwolle« irrig; darunter ist vielmehr »Flachsstengel« zu verstehen. 3) Als Gewährsmänner dieser Angabe sind von hervorragenden Forschern namentlich hervorzuheben Rouelle, Larcher und J. R. Forster, zitiert in Thomsons unten genannter Abhandlung. 4) Francis Bauer in Thomsons Abhandlung über Mumienbinden. Lieb ig und Wohle rs Annalen. Bd. 69 (1849). 5) F. ünger, Botan. Streifzüge auf dem Gebiete der Kulturgeschichte. IV. Die Pflanzen der alten Ägypter. Sitzgsber. der kaiserl. Akad. d. Wiss. in Wien. Bd. 38 (1859). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 135 europäischer Papiere!) haben gelehrt, daß die bis in die achtziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts behauptete Existenz von aus roher, nämhch unversponnen gebliebener Baumwolle erzeugtem Papier (charta bombycina) in das Reich der Fabel zu verweisen ist, daß vielmehr alle sog. Baumwollenpapiere aus Leinen- und Ilanfhadern (Lumpen) erzeugt wurden. In dem bekannten Werke Karabaceks über das arabische Papier 2) wurde auf Grund eingehender historisch-linguistischer Studien gezeigt, daß die aus arabischen Quellen entnommenen Daten über Papiererzeugung mit dem Resultat der eben genannten mikrosko- pischen Untersuchung in vollkommenem Einklang stehen. Der Zusammenhang der römischen und griechischen baunnvollenen Gewandstoffe mit dem indischen Rohmateriale ist mehrfach aus sprach- lichen Gründen abgeleitet worden. Worte wie carbasa und ähnliche, die man für bestimmte Gewebe benutzte, wurden auf den oben schon genannten Sanskritnamen Karpäsa^) zurückgeführt^). Die Frage des Allers der Baumwollenkultur in Ägypten scheint mir noch offen zu sein. Nach Brandes s) soll 500 Jahre vor unserer Zeit- rechnung in Oberägypten Baumwolle gebaut worden sein und sollen die Griechen und Römer zu dieser Zeit bereits die daraus bereiteten Gewebe gekannt haben. Auch dieser Arbeit fehlt die materielle Grund- lage, weshalb ihre Resultate doch mit Vorsicht aufzunehmen sind. Immerhin bleibt es auffällig, daß Daten über die Kultur der Baumwolle in Ägypten aus der Zeit des Mittelalters fehlen und in dieser Zeit die Baumwolle nicht unter den Handelsprodukten Ägyptens erscheint 6). Ebenso sichergestellt wie die alte indische ist auch die alte Baum- wollenkuUur auf südamerikanischem Gebiete. Die mikroskopische Unter- 1) Wiesner, Die mikroskop. Untersuch, des Papiers mit besonderer Berück- sichtigung der ältesten orientalischen und europäischen Papiere (Die Fajümer und Uschmuneiner Papiere). II. u. III. Bd. der Mitteil, aus der Sammlung des Papyrus Erzherzog Rainer. Wien 1887. 2) Karabacei<, Das arab. Papier. 11. u. III, Bd. der Mitteii. aus der Samm- lung des Papyrus Erzherzog Rainer. Wien 1887. 3) »Kärpäsa« bedeutet ausschließlich Baumwolle, nämlich den Faserstoff, hingegen »Kärpäsi« die Baumwollenpflanze. 4) Bei Plinius erscheint zuerst ein in Spanien erzeugtes Gewebe, »carbasa« genannt. Die Ausdrücke xÜottccoo^ und carbasus bei Griechen und Römern deuten auf Baumwollengewebe hin, welche aus Indien stammten.- Als diese Worte sich im Griechischen und Lateinischen einbürgerten, teilten sie das Schicksal der Worte byssus und keton und wurden mehrdeutig. Es ist mit diesen Worten sowohl Baumwolle als (später) Leinen bezeicimet worden, und mehrfach haben sie nur die Bedeutung von Zeltstoff oder Segel. Pauly 1. c, im Artikel Baumwolle von Wagler. 5) Über die antiken Namen und die geographische Verbreitung der Baumwolle im Altertum. Leipzig 1866, p. 100. 6) W. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter. 1879. p. 574. ]^36 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. suchung von aus alten peruanischen Gräbern stammenden Textilstoffen hat unzweideutig gelehrt, daß die alten Peruaner die Baumwolle als Spinn- und Webstoff kannten. Sie verwendeten teils weiße, teils braune Sorten'). Zur Zeit der Eroberung Perus durch die Spanier (1532) stand dort die Baumwollenkultur schon in hoher Blüte. Auch im alten Mexiko war die Baumwolle, neben der Agavefaser, das gewöhnliche Spinn- und Webmaterial; andere Spinn- und Web- stoffe scheinen den Azteken nicht bekannt gewesen zu sein. Die Baumwollenindustrie beginnt erst am Ausgange des achtzehnten Jahrhunderts sich zu entwickeln 2). Bis zu den siebziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts hat man in erheblicher Quantität wohl Baum- wollen ge webe aus Indien nach Europa, vorzugsweise nach England, gebracht; rohe Baumwolle war aber zu dieser Zeit und auch früher nicht Gegenstand des Imports nach England. Am Schlüsse des sech- zehnten Jahrhunderts brachten die Holländer rohe Baumwolle nach Europa, welche in Gent und Brügge verwebt wurde; die so erhaltenen Produkte sollen den indischen Geweben nicht nachgestanden haben. Was damals an roher Baumwolle nach England gelangte, war für die Textilindustrie von ganz untergeordneter Bedeutung. Man konnte dort aus Baumwolle noch keine feste Kette machen und verwendete hierzu Leinengarne. Erst im Jahre 1772 wurden in England die ersten Gewebe aus reiner Baumwolle verfertigt. Von dieser Zeit an begann die Einfuhr von Baumwolle nach Europa. Schon im Jahre 4 782 wurden mehr als 33 000 Ballen Baumwolle nach Großbritannien allein gebracht 3). Die Länder, welche zur Zeit des Beginns des europäischen Baum- wollenhandels erhebliche Quantitäten dieser Ware nach Europa brachten, waren die Levante und Mazedonien^), Cayenne, Surinam^), Guadeloupe und Martinique*'). Länder, welche heute für den europäischen Baum- wollenhandel in erster Linie genannt werden müssen, wie Nordamerika, Indien, Ägypten, kamen damals noch kaum in Betracht. Indien führte damals allerdings, wie oben angeführt wurde, Baumwollengewebe aus. Der Rohstoff blieb aber im Lande, und nur von der Küste von Coro- mandel brachte man Baumwolle nach Europa^). Ägypten konnte da- 1) Wittmack, Über die Nutzpflanzen der alten Peruaner. Compt. rend. du Congrrs Intern, des Americanistes, Berhn -1888, Sept.-Abdr. p. 22. 2) Beckmann, 1. c, I, p. -laff. 3] Andree, Geographie des Welthandels, p. 638. 4) Beckmann, 1. c, p. 20 und 25. 5) Fermin, Übersicht der Kolonie Surinam, Deutsch von Ganz 1er. Göt- tingen 1788, p. 90. fii Beckmann, 1. c, p. 40. 7] Histoire philos. et polit. des etablissements dans les Indes. Geneve '1780. I, p. 34-1. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 137 mals seinen eigenen Bedarf noch nicht decken und kaufte Baumwolle aus Cypern und Kleinasien i). In Nordamerika wurden allerdings schon im Jahre 1770 die ersten Versuche mit der Kultur der Baumwollen- pdanze gemacht. Es dauerte indes doch einige Zeit bis dort der Baumwollenbau erstarkte. Aber schon im Jahre 1800 stieg die Pro- duktion auf 9 Millionen Kilogramm 2j. Von da an ging es mit der amerikanischen Baumwollenkultur rasch aufwärts, bis der amerikanische Bürgerkrieg zu einem plötzlichen Sturz der Produktion • führte. Es folgte die Periode des »Baumwollenhungers«, in welcher in allen tro- pischen und subtropischen Ländern, ja über diese weit hinaus, die Baum- wollenpflanze in Kultur genommen wurde. Vielfach mit lohnendem Erfolge, der auch heute noch manchem Lande erhalten blieb, wenngleich, namenthch durch lokal vorteilhaftere andere Kulturen (s. bezüglich Australien oben p. 130), ein Rückgang in der Produktion der Baum- wolle in vielen Gebieten sich einstellte. Aber Nordamerika hat seine Stellung als wichtigstes Produktionsland der Baumwolle nicht nur zurück- erobert, sondern bringt nunmehr eine noch größere Menge an dieser wichtigsten Ware des Welthandels (King Cotton!) hervor als vor dem Kriege. Aus der mit Sorgfalt geleiteten Baumwollstatistik der Ver- einigten Staaten ist zu ersehen, daß in dem Dezennium vor dem Kriege 13 000 Millionen Kilogramm Baumwolle dort geerntet wurden, gegenüber 20 000 Millionen Kilogramm in dem dem Bürgerkriege gefolgten Jahrzehnt. Während des Baumwollenhungers hat Indien in der Kultur der Baumwollenpflanze die größten Fortschritte gemacht. Vom Jahre 1815, als die indische Baumwolle zuerst in größerer Menge nach Europa ge- bracht wurde, bis zum Jahre 1861 stammten nur 9 — 25 Proz. der in Großbritannien verarbeiteten Baumwolle aus Indien, die Menge der ame- rikanischen Baumwolle betrug damals 46 — 84 Proz. Zur Zeit des ame- rikanischen Bürgerkrieges stieg die Menge der aus Indien nach England gebrachten Baumwolle auf 40 — 50 Proz., während die Menge der aus Nordamerika kommenden auf 42, ja zeitweise auf 7 Proz. sank. Die nachfolgenden Zahlen sollen ein Bild von der Gesamtproduktion der Baumwolle auf der ganzen Erde und von dem Anteil geben, welcher derzeit den wichtigsten baumwolleliefernden Ländern zufällt. Die Zahlen bedeuten Ballen a 500 Pfund Nettogewichts). 1904 . . . . 18,803,000 Ballen 1905 . . . . 15,747,000 » 1906 . . . . 19,942,000 » 1) Beckmann, 1. c, p. 19. 2) Semler, 1. c, p. 498. 3) Nach Tropenpflanzer, XIII (1909), p. 438 ff. 138 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 1907 1908 Vereinigte Staaten von Amerika 10,882,(100 Ballen 13,002,000 Ballen Britisch Indien 2,498,000 » 2,914,000 » Ägypten ■I,29(i,000 » 1,275,000 » Rußland 620,000 » 846,000 » China 426,000 » 600,000 » Brasilien 370,000 » ' 425,000 » Mexiko 70,000 » 140,000 » Peru . • 55,000 » 57,000 » Türkei 80,000 » 80,000 » Persien 50,000 » 30,000 » Andere Länder 165,000 » 185,000 > Summe 16,512.000 Ballen 19,374,000 Ballen Zu diesen Hauptsummen wären noch jene nicht bekannten Zahlen zu rechnen, weiche die für den Lokalbedarf in kleinen Betrieben gewonnenen Baumwollenmengen beziffern l). Das enorme Übergewicht der nordamerikanischen Baumwollen- produktion gegenüber der Erzeugungsmenge aller anderen Länder ist vom wirtschaftlichen Standpunkte aus oft betont worden und man hat die Frage aufgeworfen, was zu geschehen habe, um zu verhindern, daß Nord- amerika, wo die Ausschreitungen der Trusts am stärksten hervortreten, das Monopol für ein Handelsobjekt von der Bedeutung der Rohbaumwolle fast ganz in die Hand bekomme, M. Schanz spricht sich über diese Frage folgendermaßen aus: ». . . Die für Europas Baumwollenindustrie so unerquickliche Lage kann dauernd nur dadurch gebessert werden, wenn es gelingt, eine wesentliche Steigerung des Baumwollenbaues in Gebieten außerhalb Amerikas zu erreichen; die natürlichen Vorbedingungen dazu sind erfreulicherweise in vielen Teilen der Erde vorhanden und je höher die Preise der Rohprodukte in Nordamerika steigen, um so leichter wird die Einführung eines lohnenden Baum- wollenbaues auch in anderen Ländern werden« 2). In vielen warmen Ländern werden große Anstrengungen gemacht, um den Baumwollenbau zu heben. Dies erkennt man u. a. an der in neuester Zeit erfolgten Steigerung des Baumwollenbaus in Afrika. Es heferten die englischen Kolonien in Afrika im Jahre 1908 Baumwolle im Werte von 12,1 Mill., die deutschen Kolonien im Werte von 2,8 Mill. und die französischen im Werte von 0,5 Rlill. Mark 3). Die größte Baumwollenindustrie hat Großbritannien (45 Millionen Spindeln); hierauf folgen, bez. folgten die Vereinigten Staaten (16 Millionen 1) Wie oben angegeben wurde, schätzt man die Baumwollenernte von 1910/11 auf 4,5 Milliarden Kilogramm (gegenüber 4,9 Milliarden Kilogramm lür das Jahr 1908). S. auch noch Tropenpflanzer, XIV (1910), p. 369ff. 2; M. Schanz, Baumwollennot. Tropenpflanzer XIV (1910), p. 63. 3) K. Supf, Tropenpflanzer, Beiblatt 1910. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 139 Spindeln), sodann das Deutsche Reich, Frankreich, Rußland, Ostindien, das ehemalige Österreich-Ungarn, Itahen usw. Einen enormen Aufschwung hat in neuerer Zeit die japanische Baumwollenindustrie genommen: ob- gleich die Baumwollespinnmaschine erst 1 875 in Japan eingeführt wurde, arlieiteten schon 1894 780 000 Spindeln (gleichzeitig in hidien 3,5 MiUionen Spindeln). 2. Wolle der Wollbäiimei). In der Fruchtkapsel der Bombaceen ist eine feine, seidige, die Samen umhüllende Wolle in reichlicher Menge vorhanden, die seit alter Zeit her gesammelt und verschieden verwendet wird. Diese Wolle geht nicht wie die Baumwolle von den Samen, vielmehr von der inneren Fruchtwand aus^). Die Wolle der Wollbäume ist also keine Samenwolle wie die Baumwolle, sondern ist den Geweben der Frucht zuzuzählen. Es gehören hierher vor allem die in Brasilien gewonnene »Paina limpa«, das Produkt »Kapok« der Sudanesen und die im europäischen Handel unter dem Namen »Pflanzendunen«, »Ceibawolle«, »Patte de lievre und »Edrdon vegetale« vorkommenden Waren. Im deutschen Handel hat sich in neuerer Zeit für die Wolle der Wollbäume (ins- besondere für die Wolle von Eriodendron anfractuosum) der Name Kapok zum Unterschiede von den vegetabilischen Seiden, welche man als Akon zusammenfaßt, eingebürgert. Der Name Kapok nimmt über- haupt immer mehr einen internationalen Charakter an, was rücksicht- Uch des Wortes Akon nicht gesagt werden kann. Die Paina limpa ist die Wolle von Bomhax heptaphyUum und anderen in Südamerika und Westindien vorkommenden Wollbäumen. Auch B. caroUnuni^ eine südamerikanische Bombacee, liefert eine Art Paina. Sonst wäre von Bombax-Arlen^ deren Wolle praktisch verwendet wird,. noch zu nennen B. cumanense^ welche in Venezuela ein Polster- material liefert, genannt Lana vejetale^j, B. rhodognaphalon^ der wilde Kapok der ostafrikanischen Steppen, welcher gutes Stopfmaterial für Kissen liefert^), und B. malabaricum, dessen Wolle im Handel als indische Pflanzendunen erscheint, aber u. a. auch aus Ecuador in den Handel kommt. i] Als Grundlage für die folgende Darstellung diente vornehmlich die Abhand- lung: Beiträge zur näheren Kenntnis der Baumwolle und einiger anderer Pflanzen- haare. Wiesner, Mikroskopische Untersuchungen (1872), p. 3 ff. 2) Schumann in Engl er- Prantls Pflanzenfamilien III, 6 (1895), p. 56 be- merkt ausdrücklich, daß die Samen von Bomhax, Eriodendron, Ochroma und Cho- risia kahl sind. 3) A. Ernst, Die Beteiligung Venezuelas an der Wiener Weltausstellung 1878. 4) Gurke in Englers Pflanzenwelt Ostafrikas B (1895) und Warburg in den Beiheften zum Tropenpflanzer I (1900), p. 6. 140 Siebzehnter Absclinitt. Fasern. Was im Handel unter dem Namen Kapok vorkommt, war ursprüng- lich nur und ist derzeit gewöhnlich die Fruchtwolle von Eriodendron anfractuosum (der Kapok der Holländer, der silk-cotton-tree der Eng- länder), welcher Baum in Indien und auf dem Archipel häufig vorkommt und übrigens auch im tropischen Afrika, in Mexiko und auf den Antillen zu Hause ist^). Das edrdon vegetale, auch patte du lievre genannt, stammt von Ochroma lagopiis^ einer westindischen, auch im heißesten Süd- amerika vorkommenden 2) Bombacee, welche auf Guadeloupe und Mar- tinique auf Wolle ausgebeutet wird. Unter dem Namen »Ouate vege- tale« kommen die verschiedensten Wollen vor, die wahrscheinlich nicht nur von Bombax- und Ochroma-^ sondern auch von Chorisia- Ar\er\'^) herrühren. Die Wolle der Wollbäume hat ein schönes glänzendes Aussehen, aber nur eine geringe Festigkeit und Dauerhaftigkeit, so daß sie nicht den Eindruck einer spinnbaren Faser macht. Sie wird aber dennoch teils als solche, teils mit Baumwolle gemengt versponnen, wie weiter unten noch näher dargelegt werden solH). Als Watte und als Polster- material wird sie jedoch häufig verwendet. Die Wolle aller Bombaxarten hat einen stark seidigen Glanz und unterscheidet sich in der Feinheit und leichten Zerreißbarkeit der Fasern selbst von den schwächsten Sorten der Baumwolle, schon ohne jede weitere genaue Untersuchung. Ich kann deshalb Grothe nicht beistim- men, wenn er erklärt, die Wolle der Wollbäume sei der Baumwolle »sehr ähnlich«. Die Wolle der WoUbäume ist in der Regel rein, ziemlich frei von Beimengungen. Die Samen der Pflanzen, besonders unreife, kommen manchmal darin vor. Den unreifen Samen, welche stets stark zusammen- geschrumpft sind, haften oft mechanisch noch Haare an, und dies ist wohl der Grund, warum gerade sie in den käuflichen Bombaxwollen manchmal vorkommen. Die reifen Samen haben eine glatte Oberfläche und lassen sich deshalb leicht von der Wolle trennen. Die Samen sind von eiförmiger bis bauchig-bohnen förmiger Gestalt, braunschwarzer Farbe und haben Hanfkorn- bis Erbsengröße. Die Bombaceenwolle ist nur selten reinweiß: fast immer zieht sie ins Gelbliche oder Bräunliche, manchmal ist sie graubräunlich oder tief 1) Schumann, I. c., p. 62. Was in St. Thome Sumaüna oder Ca de Oca genannt wird, ist die Wolle von Eriodendron anfractuosum. 2) Schumann, 1. c, p. 6ö. 3) S. oben p. 89. 4) Grothes Artikel über Textilindustrie in: Muspratts Chemie 2. Auil. V, p, 132. Zipser, Textile Rohmaterialien 4 899, p. 14. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 141 ! gelbliche bis bräunliche Farbe hat ihren Sitz in der Zellmembran. An graubramien Wollen habe ich die Beobachtung gemacht, daß die einzelnen Haare von innen her mit zarten Pilzwuche- rungen bedeckt sind. Aufbewahrung in feuchten Räumen ist die Ursache dieser Bildungen. Die Paina limpa ist oft ziemlich weiß, ebenso Kapok s. st. Hingegen hat eine andere brasilianische Painasorte eine licht- bräunliche (licht havannabraune) und die Ochromawolle eine gelbbraune Farbe (Färbung der Nankingwolle). — Die Farbe ist kein sicheres Unterscheidungsmerkmal für die Bombaxwollen , da keine Sorte völlig frei von Farbstoff ist und an einzelnen Spezies Übergänge von lichtgelb bis fuchsbraun auftreten. Die Haare aller Bombaxwollen sind fast immer nur einzelne Zellen. Nur sehr selten fand ich diese Haare zweizeilig, ein Fall, den ich an Baumwolle nie beobachtet habe. Die Gestalt der Haare ist fast immer eine kegelförmige. Doch ist der Grund der Haare fast immer entweder etwas eingeschnürt oder ausgebaucht. Starke Abweichung von der konischen Gestalt habe ich bei den Haaren von Ochroma lagopus beobachtet (s. unten). Die Länge der Haare dieser Wollen schwankt gewöhnlich zwischen 1 — 3 cm. Die Haare von B. caroUnum erreichen nur eine Länge von 1 — 2 cm, länger sind die von B. heptaphyllnin. Eingehende Unter- suchungen über den Stapel der Kapok, nämlich der Wolle von Erio- dendron anfractuosuni hat Linckei) angestellt. Die durchschnittliche Länge dieses wichtigsten Wollhaares beträgt 15 — 35 Millimeter. Der grüßte Durchmesser der einzelnen Haare schwankt zwischen 19 — 43 ;it, meist jedoch zwischen engeren Grenzen, nämlich zwischen 21 — 29;«. Die Wanddicke ist eine sehr geringe, häufig beträgt sie nur 1 ,3 1.1. Im Mittel verhält sich die Wanddicke dieser Haare zum Durch- messer des hmenraums der Zelle wie 1:10 (bei der Baumwolle im Mittel etwa wie 4 -.10) und es lehren schon diese Zahlen, daß Festigkeit und Dauerhaftigkeit der Bombaceenwolle nur sehr gering sein können. Die Kutikula ist an den Haaren der Bombaxwolle stets stark ent- wickelt, doch finde ich sie fast immer völhg strukturlos. Nur an ein- zelnen Haaren schien es mir, als zeigte die Kutikula eine überaus feine der Achse parallele Streifung. Sehr deutlich habe ich eine solche Längs- streifung an einzelnen Wollhaaren von Cochlospermum Gossypium be- obachtet, deren Wolle so wie Bombaxwolle verwendet werden soll. Die eigentliche Wand der Haarzelle besitzt an einzelnen Stellen eine sehr klar ausgesprochene Struktur, welche es ermöglicht, die Bombaxwolle von verwandten Fasern (Baumwolle, vegetabilische Seide) 1 ) In der weiter unten mehrfach zitierten wichtigen Abhandlung über Kapok. 142 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. auf das bestimmteste unterscheiden zu können. Betrachtet man näm- hch ein Bombaxhaar, z. B. eine Kapokfaser bei SOOfacher linearer Ver- größerung, so erkennt man, meist an der Basis, seltener an der Spitze oder an irgendeiner anderen Stelle eine ringförmige Streifung, so daß man eine Ringfaserzelle vor sich zu haben meint. Starke Vergrößerungen lehren hingegen, daß die betreffenden Stellen eine netzförmige Ver- dickung besitzen, worauf ich zuerst die Aufmerksamkeit lenkte i) (Fig. 23). Die unverletzten Haare der Bombaxwollen sind stets gerade ge- streckt. Schraubenförmige Windungen, welche an der Baumwolle so überaus häufig vorkommen und ihr ein korkzieherartiges Aussehen geben^ kommen hier nicht vor, wie die eingehenden, von Lincke angestellten Beobachtungen lehrten. Wie die außerordentliche Dünne der Zellwand nicht anders erwarten läßt, sind die Haare der Bombaxwolle häufig verletzt. Fast immer sind solche beschädigte Zellen eingeknickt. Die Bruchlinien stehen zumeist in zur Achse mehr oder wemger senkrechter Richtung. Längsspalten kommen an den Haaren dieser Wolle wohl nie vor. Mit Phlorogluzin und Salzsäure behandelt, werden nach einiger Zeit die Wollhaare aller untersuchten Bombaceen schwach rotviolett gefärbt; ihre Zellwände sind somit schwach verholzt. Durch Jod und Schwefelsäure werden die Zellwände nicht gebläut (wie Baumwolle), sondern gelb oder braun gefärbt.- Kupferoxydammoniak verändert sie fast gar nicht. Die angeführten morphologischen und chemischen Kennzeichen ge- nügen, um die Bombaxwolle von allen verwandten Faserstoffen (Baum- wolle und vegetabilischer Seide) auf das bestimmteste zu unterscheiden. Schon durch die Reaktion auf Zellulose mit Jod und Schwefelsäure und auf die Holzsubstanz mit Anilinsulfat oder Phlorogluzin + Salzsäure ge- lingt es, wie ich fand, diese drei aus Haaren bestehenden Faserstoffe zu charakterisieren, wie folgendes Schema zeigt. Durch Jod und Schwefelsäure blau: Baumwolle. durch Anilinsulfat gelblich, durch Phlorogluzin -f- Salzsäure nach eini- ger Zeit blaß i^otviolett: Bombax- wolle. durch Anilinsulfat intensiv zitron- gelb, durch Phlorogluzin + Salz- säure intensiv rotviolett: Vegeta- bilische Seide. So leicht es ist, die Bombaceenwolle von allen anderen Fasern und selbst von den zunächst verwandten (Baumwolle und vegetabilische Seide) 1) Mikroskopische Untersuchungen, Stuttgart 1872. Durch Jod und Schwefelsäure gelbbraun Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 143 zu unterscheiden, so schwierig ist es, die Wollen verschiedener Bom- baceen auseinanderzuhalten. Die Sache hat auch keine praktische Be- deutung. Am wenigsten schwer wird es sein, die Wolle von Ochroma lagopus von den übrigen Bombaceen wollen zu unterscheiden. Die Haare dieser Wolle sind stets einzellig, verhältnismäßig am tiefsten braun gefärbt, relativ am schwächsten verholzt: die Kutikula dieser Haare ist völlig strukturlos. Die Form der Zellen ist nicht regelmäßig konisch, sondern baucht sich bis etwa zur oder bis hinter die Mitte aus, um gegen die Basis hin sich wieder rasch zu verschmälern, ja oft förmlich einzuschnüren. Der Querschnitt der Faser ist gewöhnlich kreisrund, doch kommen nicht selten auch fast bandförmig gestaltete und dann meist korkzieherförmig gewundene Haarformen vor. Die größten Durchmesser der Haare schwanken zwischen 16—35 u] die Wanddicken zwischen 3 und 8 n. Die Wanddicke ist im Verlaufe der Faser ungleich, häufig etwa in der Mitte der Faser am stärksten. Nicht selten ist die Spitze des Haares und auch der Grund desselben stark verdickt. — Es treten an den Haaren der Ochroma lagopus ähnliche Strukturver- hältnisse wie bei den Wollen der oben genannten Bombax-kvlexx, aber nie mit jener Deutlichkeit wie bei diesen auf. Viele Haare erscheinen geradezu strukturlos. Am Grunde jedes Haares tritt eine bräunlich gefärbte, bei Behandlung des Haares mit Wasser schaumig werdende Inhaltsmasse auf. Im In- halte der Zellen fand ich oft Oxalsäuren Kalk in sogenannten Briefkuvertformen, Die Zell- wand ist stets gelblich bis lichtbräunlich gefärbt, — Die Haare von Eriodendron anfractuosum sind von denen der eigentlichen Bombax- Arten {Eriod. anfract. ist früher auch zu Bombax gezogen worden) mit Sicherheit nicht zu unterscheiden i). Der in der Zellwand der Bombaceenhaare auftretende gelbe oder braune Farbstoff zeigt bei allen von mir untersuchten Arien (Bombax, Eriodendron, Ochroma) das gleiche Verhalten. Weder durch Wasser, noch durch Säuren oder Alkalien, noch durch die Lösungsmittel der Harze läßt sich dieser Farbstoff in Lösung bringen. Salpetersäure ruft in der Zellwand anfänsclich eine noch dunklere Farbe hervor. Auch Fig. 23. lVergr.250. ÄVergr.üOO. Unteres Ende eines Haares aus der Samenwolle des Wollbaumes : Eriodendron anfractuusiim. (Aus Wiesner, Mikr. Unters. 1872.) \) Wiesner, Mikr. Unters, p. 5, und v. Höhnet, Mikroskopie der techn. verw. Faserstoffe, 1. Aufl. ]^44 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. durch Ammoniak wird die Farbe der Zellwand noch dunkler. Durch längere Einwirkung kalter Salpetersäure entfärbt sich unter Aufquellung der Zellwand die Zelle völlig. — Der Farbstoff der BorabaceenwoUe verhält sich so wie der Farbstoff der Nanking-Baumwolle (vgl. oben p. 123). Kapok. Die wichtigste Sorte der BombaceenwoUe ist die schon mehrfach erwähnte Fruchtwolle von Eriodendron anfractuosum. Der europäische Hauptmarkt dieser VVaare ist Amsterdam, der australische Melbourne. Die Handelsnamen waren bisher sehr wechselnd. Wie schon bemerkt, bürgert sich immer mehr und mehr der holländische Name Kapok ein. Kapok ist in neuerer Zeit ein ziemlich wichtiger Handelsartikel ge- worden, und eine reiche Literatur verbreitet sich sowohl über die Kultur des Kapokbaumes wie über die Eigenschaften des Materials und dessen. Verwendung!). Die größte Menge von Kapok liefert Java; nämlich 80 Proz. der in den Welthandel eintretenden Ware; aber die Produktion ist dort noch im Steigen begriffen. Java führte aus: -1906 . . . 5700 Tonnen Kapok 1909 . . . 8300 » » \%\\ . . . 9900 y> * 2) Der Kapokbaum ist asiatischen und afrikanischen Ursprungs; auf Java ist er nicht wild, aber verwildert (S. H. Ko Orders). Auf Java wird der Baum mit Kaffee und Kakao zugleich kultiviert oder als Straßenbaum, auch wird er als Einfriedigung von Kulturstücken gezogen. Die Vermehrung des Baumes geschieht entweder durch Samen oder rationeller durch Stecklinge. Der hauptsächlich aus Haaren (Wolle) bestehende Fruchtinhalt wird entkernt. Zur Gewinnung guten Kapoks sollen nur reife Früchte verwendet werden 3). Die Samen bilden ein zur Ölpressung geeignetes Nebenprodukt. Es erscheint zweckmäßig, die entkernte Wolle vor der Verpackung, in Säcke lose eingefüllt, zu trocknen. Für den Export wird der Kapok durch Pressen auf ein kleineres Volumen gebracht, doch darf die Pressung nicht so weit wie bei Baumwolle ge- trieben werden, weil sonst die Faser durch Brechen leidet. 1) S. hierüber hauptsächhch E. Alex. Lincke, Über Kapok, Doktordissertation der Dresdner Techn. Hochschule, Dresden 1912. Ferner Brück, Tropenpflanzer Bd. XVI, 191i, woselbst hauptsächlich auf Erzeugung und Handel in dem wichtigsten Produktionsland für Kapok Rücksicht genommen wird, und G. F. J. Bley, Die Kapok- kultur auf Java, Souraboja 1911. 2) Tropenpflanzer XVI (1912), p. 400 fi". 3) Zu verurteilen ist es, die Frucht vor der Reife zu ernten und durch Fermen- tation der Faser das Aussehen von Reife zu geben, wie es kürzlich infolge hohen Preises zum Nachteil der Ware geschehen ist. Tropenpflanzer XV (1911), p. 103. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 145 Von anderen tropischen Gebieten, welche Kapok in den Handel bringen, wären hauptsächlich die folgenden zu nennen: Venezuela, dessen Produkt sogar besser als das javanische sein solP), Deutsch-Ostafrika 2), wo Kapok als Nebenkultur gute Erträge liefert, ferner Togo und Ada- maua^). Auch in Australien wird Kapok gewonnen, ueuestens auch in Mauritius 4) und in Oaxaca (Mexiko^). In der Literatur wird auch Ekuador als Produktionsland des Kapok genannt, wo aber nur eine geringe, angeblich von Bombax malabaricum herrührende Kapoksorte gewonnen werden soll 6). Eingehende Untersuchungen über die physikalischen Eigenschaften des Kapoks wurden von Lincke angestellt '^). Das spezifische Gewicht wurde mittels der Auftriebmethode bestimmt. Inklusive Luft beträgt dasselbe für Kapok 0,30—0,32 (für Akon 0,34—0,36). Nach voll- ständiger Evakuierung ergab sich als spezifisches Gewicht für Kapok 1,32 (für Akon 1,42). Der Höchstgehalt an hygroskopischem Wasser beträgt für Kapok 28,5 Proz. (für Akon 26 Proz.). S. Schwalbe und R. Troeltzsch^) haben jüngsthin Beiträge zur chemischen Beschaffenheit des Kapok geliefert, wobei sie ostafrikanische Ware mit der indischen (javanischen) verglichen. Als Höchstwert des Gehaltes an hygroskopischem Wasser wurde bei afrikanischem Kapok im lufttrocknen Zustande 10,3, bei javanischem 9,4 Proz. gefunden. Die Asche beider Sorten ist infolge hohen Eisen- gehaltes rotbraun. Afrikanischer Kapok gab 2,41 — 2,49, javanischer 1,27 — 1,34 Proz. Asche. In ersterem wurde 69,9 — 71,6, in letzterem 66,4 — 75,4 Proz. Zellulose gefunden. Rohfett (Fett und Wachs) waren nur in sehr geringer Menge nachweisbar. Der Stickstoffgehalt, welcher für Baumwolle = 0,2 — 0,3 gesetzt wird, betrug bei afrikanischem Kapok 0,30—0,33, bei indischem 0,34—0,35 Proz. Der Kapok ist nach bisherigen Erfahrungen das beste Material für Schwimmgürtel u. dgl. Er übertrifft nicht nur in bezug auf Tragkraft \) Tropenpflanzer XV (lOH), p. 456. 2) Tropenpflanzer IX (1905). 3) Tropenpflanzer XVI (ISia) Beiheft. Daselbst ist angegeben, daß neben Eriodendron anfractuosum auch Bombax buonopoxense auf Kapok ausgebeutet wird. 4) Station agronomique. Mauritius igOS (nach Botan. Jahresbericht 1909). 5) Nach Berichten des Kais, deutsch. Vizekonsulats in Oaxaca (Mexiko) (für das Jahr 1913) ist Kapok unter dem Namen Pochote ein neuer Exportartikel des Staates Oaxaca. Es beschäftigt sich die Compania Pochotera Mexicana in Oaxaca mit der Kultur von Eriodendron anfraetuosum und mit der Ausbeutung derselben auf Faser und Öl. — Nach den Berichten des Kais, deutsch. Konsulats in Mexiko produzierten die Philippinen im Jahre 1913 500 000 kg Kapok, der aber geringer als der javanische ist. 6) Tropenpflanzer XV (1911), p. 456. 7) E. Alex. Lincke, 1. c, p. 32fl'. 8) Tropenpflanzer XVII (1913, Dezember). Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 10 146 Siebzehnter Abschnitt, Fasern. die anderen bisher verwendeten Materialien (Kork, Renntierhaare, Sonnen- blumenmark), sondern ist auch dadurch ausgezeichnet, daß er nach Imbibition mit Wasser rasch wieder trocknet und seine früheren Eigen- schaften wiedergewinnt. Gepreßter Kapok vermag das 36 bis 37 fache des eigenen Gewichtes zu tragen. Nach den Untersuchungen der Deutsch. Physik.-techn. Reichsanstalt übersteigt der passend gepreßte Kapok (1 g auf 40 cm3) das Sonnenrosenmark an Tragfähigkeit noch um Ys — V4 und erleidet dieser Faserstoff beim Eintauchen in Wasser und Wieder- abtrocknen keine iiach weisliche Veränderung, während Sonnenblumen- mark viel langsamer trocknet und im ausgetrockneten Zustande nicht mehr die ursprünglichen Eigenschaften gewinnt i). Als Polstermaterial ist Kapok außerordentlich wichtig geworden, hl neuerer Zeit wird er auch als Ersatz der Baumwolle in der Chirurgie angewendet^]. Viele Versuche sind namentlich von der Chemnitzer Aklienspinnerei unternommen worden, um Kapok für textile Zwecke zu verwendoi. Es wurden Kapokgarne, Kapokzwirne und Kapokgewebe erzeugt, letztere als reine und gemischte Gewebe (Kapok in Mischung mit Baumwolle und dem unten bei vegetabihscher Seide erörterten Akon). Nach fachmännischem Urteil scheint Kapok als Spinn- und Webematerial nur eine geringe Zukunft zu haben und selbst für die geringsten Baumwollensorten keinen wirklichen Ersatz zu bieten 3). Nach Schwalbe und Troeltzsch (1. c.) besitzt der Kapok, wie sich der Papiertechniker ausdrückt, eine große Räumigkeit, d. h. besitzt, seinem histologischen Charakter entsprechend, die Fähigkeit, das Volum des Papiers sehr zu vermehren. Deshalb ist er besonders zur Her- stellung von Dachpappe geeignet und konnte die bisher als Zusatz zur Dachpappe benutzte teuere Wolle ersetzen. 3. Vegetabilische Seide''). Die Samen vieler Pflanzen sind, wie bekannt, mit einem Haarschopf versehen. Die Haare dieses Samenschopfes sind bei einigen Apocyneen und Asclepiadeen so lang und glänzend, daß man vielfach versucht hat. i) Auf Kapok als Füllmaterial für Rettungsgürtel wurde ein Reichspatent verliehen. In England soll (Die Deutsche Leinen-Industr., 1918, Nr. 6) während des Krieges große Nachfrage nach Kapok für Rettungsbojen usw. gewesen sein, obwohl durch das Board of Trade vorgeschrieben ist, daß für diese Zwecke vor allem Java- Kapok gebraucht werden solle, ist man doch der Ansicht gewesen, daß Togoland- Kapok dieselben Dienste leisten werde. Auch in Nordamerika hat in den letzten Jahren der Kapokverbrauch sehr zugenommen. (Tropenpflanzer, 1919, p. 63.) 2) Möller, Tropenpflanzer III (1899), p. 144. 3) A. Herzog, Textile Erzeugnisse aus Kapok. Tropenpflanzer XVI (191 2), p.lSSff. 4) Wiesner, Mikr. Unters. Stuttgart 1872, p. GS. Arnaudon, J. J., Sur les soies veget. Monit. scientif. 1893, p. 693fr. v. Höhnel, Mikrosk. usw. 1905, p. 30 f. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 147 sie zu verspinnen und zu verweben. Man hat diesen Faserstoffen den Namen {»vegetabilische Seide« (Soie vegetale oder Soyeuse) gegeben. Im Handel erscheint jetzt dieser Faserstoff unter dem Namen Akon (s. oben p. i39). Sehr häufig hat man versucht, die sogenannte syrische Seidenpflanze (Äsdepias syriaca), die eigentlich aus Nordamerika stammt und häufig in unseren Gärten als Zierpflanze gezogen wird, auf vegetabilische Seide auszubeuten. Die in den 3 — 5 Zoll langen Balgkapseln enthaltenen Samenhaare wären wohl lang genug, um versponnen werden zu können, der starke Glanz der Haare würde den Geweben auch ein schönes, seidiges Aussehen geben, auch wäre der Ertrag des Bodens an dieser vegetabilischen Seide ein genügender; allein genaue und unparteiische Untersuchungen, welche in neuerer Zeit mit diesem Materiale ausgeführt wurden, haben gelehrt, daß die seit langer Zeit immer wieder auftauchenden Hoffnungen , die man in die Verwendbarkeit dieser Fasern setzte, die Festigkeil zu gering, dieBrüchigkeitsogroJß, daß es kaum gelingt die Faser für sich zu verspinnen. Mit Baumwolle gemengt versponnen, fällt diese vegetabilische Seide beim ersten Gebrauche oder beim Waschen des Gewebes heraus. Auch zur Bereitung von Schieß- wolle läßt sich dieser Faserstoff nicht verwenden, da er zu viel Asche hinterläßt und überhaupt nicht schnell genug abbrennt. — Die Versuche mit diesem Spinnstoffe ziehen sich bereits mehr als ein Jahr- hundert hindurch. Obschon die Unbrauchbarkeit dieser Faser schon vor längerer Zeit erwiesen wurde, ist man wieder auf sie zurückgekommen, und es hat den Anschein, als würde die Sache noch immer nicht abgetan sein, da man bei den neuen Experimenten auf die schon gemachten Erfahrungen keine Rücksicht nimmt und diejenigen, welche die neuen Versuche anstellen, sich gewöhnlich von ihren sanguinischen Hoffnungen nicht trennen können i). ■I) Eine sehr interessante Schrift über die Seidenhaare der Asclepias syriaca verfaßte H. Meitzen (Über die Fasern von Äsdepias Cornuti. — Inauguraldisser- tation. Göttingen 1862). Sie enthält eine gründliche Darlegung der Wertlosigkeit und eine recht anziehende Darstellung der Geschichte dieses sogenannten Spinn- 10* Fig. 24. Natürl. Größe. Samen von Asckinits cur savica mit Haarschopf (vegetabilische Seide). 148 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Von anderen Äsclepias-Arten, welche vegetabilische Seide liefern, sind zu nennen: Ä. ciirassavica und A. volubüis, beide in Westindien und Südamerika zu Hause. Nach den zahlreichen Proben von Samen- haaren der erstgenannten Pflanze, ferner von daraus angefertigten Ge- spinsten und Geweben, welche zu den Pariser Weltausstellungen gesandt wurden, scheint erstgenannte Pflanze häufiger als letztere auf vegetabilische Seide ausgenutzt zu werden. — Ich gebe hier bloß die Beschreibung der Samenhaare von Ä. curassavica^). In Massen, dicht beisammen- liegend, zeigen diese Haare einen deutlichen Stich ins Gelbliche. Der Glanz der »Seide« ist ein starker, die Festigkeit entschieden größer als bei A. syriaca. Die Seide ist nicht völlig rein. Stücke des Kapsel- gewebes und Samen treten hin und wieder zwischen den Haaren auf. Die Samen sind bräunlich gefärbt, 5 — 6 mm lang, etwa 4 mm breit. Auf einer schmalen, scharf ab- geschnitten erscheinenden 1,5 — 2 mm breiten Fläche sitzen die Haare, einen dich- ten Schopf bildend, auf. Nahe dem Grunde sind die Haare stärker als an den übrigen Stellen fingiert. Die Länge der Haare beträgt 1—3, meist 2,5 cm. Jedes Haar ist wie eine Baumwollfaser eine einzige Zelle. Die Form dieser Zelle ist regelmäßig kegelförmig und unterscheidet sich schon hierin und da- durch, daß sie nie korkzieherartig gedreht ist, sehr auffällig von der Baumwolle. Der Maximaldurchmesser der Zellen beträgt 20 — 44 //, die mittlere Wanddicke 1,5 fi. Es scheint oft, als würde die Wanddicke zwischen sehr weiten Grenzen variieren, häufig sehr ansehnlich sein und oft mehr als ein Drittel des Zelldurchmessers betragen. Es ist dies jedoch auf eine eigentümliche Verdickungs weise der Zellmembran zurückzuführen, auf welche v. Höhnet zuerst die Aufmerksamkeit ge- lig. 25. Natüii. Größe. Samen von C'alotropis pr Haarscliopf (vegetabilische Seide). Stoffes. S. ferner hierüber: Böhmer, I.e., p. 582, und Kaufmann, Über die Faser von Asdepias Gornuti. Zeitschrift der Moskauer landwirtschaftl. Gesellschaft. 1865. ■1) Die vegetabilische Seide von Aselepias volubüis läßt sich äußerlich von jener der A. curassaviea nicht unterscheiden. Einen genauen mikroskopischen Ver- gleich beider Samenhaare habe ich nicht angestellt; doch scheint es mir, als würde eine sichere Unterscheidung nicht durchführbar sein. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 149 lenkt hat. Nach seinen Untersuchungen i) unterscheidet sich die vege- tabilische Seide von der Wolle der Wollbäume dadurch, daß jedes Haar der ersteren durch innere Verdickungsleisten der Länge nach verdickt ist (Fig. 26 qul und Id). Fig. 2t). Vergr. 340. Pflanzenseide von Asclepias Gornuti. m Mitte, qu Querschnitt eines Haares, Id Längsleisten, d dünne Stelle dazwischen, w Wandnng. (Nach v. Höhnel.) Q.- Fig. 27. Vergr. 340. Pflanzenseide von Strophan- thus sp. m Mittlerer Teil, q Querschnitt, zu Wan- dung, l Längsleisten eines Haares, (Nach V. Höhnel.) Die vegetabilische Seide von Calotropis gigantea, einer in Indien und auf den Molukken vorkommenden, auch in Venezuela und anderen warmen Ländern akklimatisierten Asclepiadee, unterscheidet sich äußer- lich von der »Seide« der Ä. ciirassavica bloß durch eine stärkere gelbliche Färbung, die auch hier am Grunde der Haare am meisten 1) 1. c, p. 32 ff. 150 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. hervortritt. Die Samen der Pflanze sind in einer ähnlichen Weise, wie bei Ä. curassavica ausgeführt wurde, geformt. Die Haare sind einzellig, regelmäßig kegelförmig, bis auf den Grund gerade gestreckt, 2 — 3 cm, meist nahezu 3 cm lang. Das unterste Ende des Haares, von der Basis etwa 2 — 3 mm aufwärts, ist halbbogenförmig gekrümmt und nach dem Grunde zu merklich verschmälert. Der maximale Durchmesser der Haare beträgt 12 — 42, meist nahezu 38 ^a. Die Wanddicke schwankt zwischen 1,4 — 4,2 ,«. Selbst an einer und derselben Faser ist die Wanddicke infolge der Verdickungsleisten variabel. In Venezuela heißt diese Art vegetabilischer Seide Algodon de seda^). Es scheint, daß unter allen vegetabilischen Seiden die von Calo- tropis gigantea und C. procera am meisten Aussicht auf praktische Verwendung haben werden. Gerade die Seide dieser beiden Pflanzen ist es, welche unter dem Namen Akon2) auf den Markt gebracht wird. Die Ware kommt über Bombay nach Europa, und es betrug im Jahre 1910 die Ausfuhr 10 000 Ballen. Akon wird in Indien von wildwachsenden Pflanzen gewonnen. Im Jahre 1911 wurden Anbauversuche mit beiden Pflanzen in Deutsch-Ostafrika unternommen. Hygroskopizität und spezi- fisches Gewicht dieser Faserstoffe wurden bereits bestimmt und oben (p. 145) mit Kapok verglichen vorgeführt. In der Chemnitzer Aktien- spinnerei wurden Versuche angestellt, um zu prüfen, inwieweit Akon auch für textile Zwecke verwendet werden könnte. Über diese Versuche liegen aber noch keine sicheren Resultate vor^). Sonst wird dieser Faserstoff" als Polstermaterial und zur Erzeugung künstlicher Blumen verwendet, wie die anderen vegetabilischen Seiden. Auch eine nicht näher bekannte Spezies von Marsdenia liefert in Indien eine Art vegetabilischer Seide. Die Haare stehen am breiten, gewölbten Ende des Samens dicht gedrängt, in strahlenförmiger Anord- nung nebeneinander. Die Samenhaare sind auch an dieser Pflanze einzellig. Jede Zelle ist völlig gerade gestreckt und regelmäßig kegel- förmig. Die mittlere Länge der 1 —2,5 cm langen Haare beträgt 2 cm, der maximale Durchmesser der einzelnen Haare 19 — 33 {.l und die 1) A. Ernst, La exposicion nacional. Caracas 1886, p. 423. Auch die Samen- haare von Äsclepias curassavica werden in Venezuela gewonnen. A. Ernst, Die Produkte Venezuelas. Bremen 4 874. 2) Nach Zimmermann, Der Pilanzer VI (ISIO), p. 194 heißt diese Faser auch Akunda. 3) E. A. Lincke, Über Kapok. Dresden 1912. p. 17f. und p. 89 wird ange- geben, daß Akon keinen vollwertigen Ersatz für Baumwolle bilde. Infolge der im Vergleich zu Baumwolle geringen Rißfestigkeit können die Akongewebe voraussicht- lich nur zu Erzeugnissen dienen, an welche nur geringe Anforderungen in bezug auf Festigkeit und Widerstandskraft gestellt werden. Siebzehnter Abschoitt. Fasern. 151 mittlere Wanddicke 2,5 ,u. Die vegetabilische Seide der Marsdenia ist stark glänzend und nur eben merklich gelb gefärbt^). Senegal liefert eine eigentümliche vegetabilische Seide, welche von einer mir nicht bekannten Spezies von Strophantliiis'^)^ einer Pflanze aus der Familie der Apocyneen, herrührt. Die nicht sehr stark glän- zenden Samenhaare sind an dieser Pflanze an einem fadenförmigen I bis 2 cm langen Träger in der Weise angeordnet, daß sie letzteren rundum Fig. 28. Natürliche Größe. Samen von Stropliantlnis. dicht bedecken und unter gleichem Winkel (von etwa 45'') abstehen (Fig. 28). Die einzelnen Haare sind bis auf den stets eigentümlich gekrümmten untersten Teil ziemlich gerade gestreckt und kegelförmig gestaltet. Gegen den Grund hin baucht sich das Haar deutlich aus, um aber am untersten Grunde sich wieder deutlich zu verschmälern. Die 1) über die vegetabilische Seide von Calotropis procera s. p. 149 und Fig. 25. 2) Nach Arnaudon (1. c.) hefert St. dichotoma P. DC. vegetabilische Seide. Es ist dies aber eine ostindische Spezies. 152 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Länge des Haares steigt bis auf 5,6 cm. Die maximalen Durchmesser der einzelnen Haare schwanken zwischen 49 — 92 (t. Die Wanddicke ist stärker als bei den beiden schon beschriebenen Haaren und steigt gegen den Grund zu bis auf 5,9 /a. Die Haare von Strophanthus zeigen am Grunde große Poren in der Zellwand (Fig. 29). Die Samenhaare dieser Pflanze sind fast ganz wohlerhalten, der Grund dafür liegt in der größeren Festigkeit, welche durch die relativ starke Verdickung der Wand mit bedingt wird. Die Ursache, weshalb die Samenhaare von Strophanthus nicht so häufig als jene von Äsclepias und Calotropis verwendet werden, scheint wohl hauptsächlich darin zu liegen, daß die Abtrennung der Haare vom Samenträger nicht so leicht als bei den Asclepiadeen gelingt. Die Strophaiithus-Seide ist etwas rötlichgelb gefärbt. Fig. 29. Vergr. 300. Untere Enden der Samenhaare -von Strophanfims sp. im optischen Längsschnitt. Natürliche Größe. Häarschopf der Samen von Beim- montia gramUßora (veget. Seide). Die beste vegetabilische Seide, die bis jetzt bekannt geworden ist, besteht aus den Samenhaaren der Beaumontia grandiflora, einer in Indien häufig vorkommenden Apocynee. Die vegetabilische Seide dieser Pflanze glänzt nicht nur stärker als die der drei früher besprochenen Gewächse, sie ist nicht nur fast reinweiß, während die übrigen stets einen mehr oder weniger starken Stich ins Gelbe haben, sondern sie hat eine Festigkeit, welche für vegetabilische Stoffe geradezu beispiellos ist. Die Festigkeit dieser Samenhaare steht gegen Baumwollen fasern mittlerer Festigkeit nur wenig zurück. Auch ist zu bemerken, daß die Samenhaare der Beaumontien sich sehr leicht von den Samen abtrennen lassen. Die Haare stehen an den Samen dieser Pflanzen auf einer Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 153 schwach gewölbten, im Umrisse sphärisch-dreieckigen Fläche, und zwar am Rande dieser Fläche dichtgedrängt nebeneinander. Vom Grunde aus erheben sich die Samenhaare in der Fläche eines umgekehrten Kegelmantels, also ziemlich geradlinig. Noch unterhalb der Mitte krümmt sich jedes Haar etwa halbkreisförmig nach abwärts, um dann etwa geradlinig zu enden. Jedes Haar ist also stark gekrümmt. Die einzelnen Fig. 31. Vergr. 340. Pflanzenseide von Beaumontia grandiflora; b Basis, s Spitze, q Querschnitt, m Mitte des Haares w Wandung, l Längsleisten in der Längsansicht (in 6) und im Querschnitt bei //. (Nach V. Höhnel.) Haare sind 3 — 4,5 cm lang, zeigen 33 — 50 ^.i im maximalen Durchmesser und besitzen eine mittlere Wanddicke von 3,9 f^i. Jedes Haar ist an seiner Basis stark ausgebaucht, viel stärker als ein 8trophanthus-llSia.T. Die Ausbauchung an dieser Stelle ist eine so große, daß man sie als eine blasenförmige Auftreibung bezeichnen kann. Sowohl auf dem Querschnitt als in der Längsansicht werden die leistenförmigen Ver- dickungen erkennbar (Fig. 31). — Die Festigkeit der Beaumontia-EaiSiTe zeigt sich unter anderm auch darin, daß diese Haare völlig wohler- 154 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. halten sind, weder eingeknickt, noch der Länge nach zerdrückt, ähnlich so wie bei den Samenhaaren von Strophanthus, und schon hierdurch unterscheiden sich die Samenhaare der beiden zuletzt genannten Pflanzen auf das vorteilhafteste von jenen der Asclepias- und der Cahtropis-Arten. Im chemischen Verhalten lassen sämtliche Sorten von vegetabilischer Seide eine ziemliche Übereinstimmung erkennen. Durch Jod und Schwefel- säure werden sie nicht gebläut, sondern gelb bis bräunlich, selten grün- lich oder blaugrün gefärbt. Frisch bereitetes Kupferoxydammoniak, welches Baumwolle rasch in Lösung bringt, ruft bis auf eine schwache Bläuung an diesen Fasern keinerlei Veränderungen hervor. Durch schwefelsaures Anilin werden alle Arten von vegetabilischer Seide intensiv zitrongeü), durch Phlorogluzin + Salzsäure rotviolett gefärbt. Vergleicht man die mit diesem Reagens behandelten Sorten von vegetabilischer Seide untereinander, so ergibt sich, daß die von Beaumontia herrührende Sorte verhältnismäßig am wenigsten stark gefärbt wird, eine jedenfalls zugunsten der Güte dieser Samenhaare sprechende Reaktion^). Die vegetabilische Seide von Asclepias und Calotropis wird »soie vegetale de fafetone«, die von Strophanthus »s. v. de Thiock< genannt 2). Die vegetabilische Seide dient zur Herstellung von' Gespinsten und Geweben, sie wird entweder als solche oder mit Baumwolle gemengt versponnen 3). Es scheint, daß die Verwendung dieser Faserstoffe in der Textilindustrie bis jetzt nur eine sehr beschränkte ist. Häufiger wird jetzt die vegetabilische Seide zur Verfertigung künstlicher Blumen und als Watte und Polstermaterial verwendet. Alle Sorten von vege- tabilischer Seide lassen sich gut färben. 4. Flachs 4). Der als Spinnstoff allgemein bekannte Flachs [lin, franz. ; flax, engl.) ist die Bastfaser der Lein- oder Flachspflanze, welche außerdem die Lein- samen (S. Abschn. Samen) liefert. Die Leinpflanze gehört der artenreichen Gattung Linum an^). Aller ist ^) Über vegetabilische Seide von Oomphoearpus frueticosa (Asclepiadee) und Eehites grandiflora (Apocynacee) s. oben p. 94 und 95. 2) Über silk cotton von Calotropis procera s. oben p. ISO. 3) Cat, des col. fr. (1867) p. 94ff. u. Grothe, Artikel: Textilindustrie in Mus- pratts Chemie. 2. Aufl., V, p. 134. Lincke (1912), 1. c, p. 17 ff. und 89. 4) Über den Grund, daß die hier eingeschlagene Reihenfolge der Faserstoff- besprechungen und die damit im Zusammenhange stehende Numerierung der Ab- schnittspunkte nicht mit der auf p. 97 festgelegten übereinstimmt, s. die Anmerkung des ergänzenden Bearbeiters auf p. 223. ' 5) Reiche in Engler-Prantls Pflanzenfamilien III, 4 (1897), p. 27 gibt 90 Spezies dieser Gattung an. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 155 nur einer Spezies dieser Gattung, nämlich dem Linmn usitatissimum, unterzuordnen. Die in Kultur stehenden Rassen des Leins wurden botanisch genau beschrieben, hingegen sind die bisherigen Angaben über die Abstammung und das Vorkommen des Leins im wildwachsenden Zustande noch un- sicher 1). 1) Herrn Prof. v. Wettstein verdanke ich die folgenden Angaben über die •mutmaßliche Abstammung unserer heutigen Kulturformen des Leins. Die ältere Annahme, daß L. usitatissimum im Altai vorkomme, hat sich schon lange als unhaltbar erwiesen, aber auch die in neueren Werken (z. ß. Reiche, 1. c, p. 32) vielfach sich findende Angabe, daß L. u. »in den zwischen dem Persischen Golf, dem Kaspisee und dem Schwarzen Meere gelegenen Ländern wild vorkomme«, ist nicht hinlänglich gestützt. Boissier [Flora Orientahs L p. 860 (iSG?) und Supplem. p. 138 (1888)], der doch mit größter Umsicht alle das Gebiet betreffenden Daten sammelte, konnte keinen einzigen sicheren Fall »wilden« Vorkommens konstatieren, und auch die seither erschienenen, nicht wenigen Arbeiten (vgl. nur z.B. Stapf, Die botan. Ergebnisse der Polakschen Exped. Denksehr. d. Wiener Akad. LI, p. 42. — Buhse, F., Die Flora des Alburs u. d. Kasp. Südküste. Arb. d. natur f. Vereins. Riga. Neue F. 8. Heft, 1899, p. 9. - Albow, N., Prodr. Florae Coleb, p. 43 [1895]. — Bornmüller, J., Plantae Straussianae. Beih. bot. Zentralbl. XIX.; Bearbeitung der von J. A. Knapp im nordwestl. Persien gesammelt. Pfl. Verh. zool.-bot. Ges. LX. — Handel-Mazzetti, H. v., Ergebn. einer bot. Reise in d. port. Randgeb. Ann. d. naturh. Hofmus. in Wien. XXIII.; Wissensch. Ergebn. d. Exped. nach Mesopot. 1. c. XXVII. u. a.) haben uns mit keinem solchen bekannt gemacht. Wir sind heute zur Annahme gezwungen, daß L. u. eine Kulturpflanze ist, die in dieser Form wildwachsend überhaupt nicht vorkommt, wofür ja auch der morphologische Bau der Pflanze spricht. Bei Beantwortung der Frage, von welcher wildwachsenden Pflanze der kultivierte Lein abstammt, sind wir auf theoretische Er- wägungen angewiesen. Von solchen könnte folgende zur Eruierung der Stamm- pflanze führen: 1. Von den beiden oben erwähnten Hauptrassen dürfte sicherlich L. humile der Stammart näher stehen, denn einerseits ist das Geschlossenbleiben der Kapsel von L. vulgare eine unzweckmäßige Einrichtung, die sich im Naturzustande kaum finden dürfte, sondern, analog wie bei Papaver somniferum, durch Selektion im Zustande der Domestikation entstanden sein dürfte; — anderseits ist die übermäßige Verlängerung des Stengels von L. vulgare gleichfalls ein Merkmal, das bei einer Textilpflanze durch die Kultur erzielt wurde. Danach wäre — da L. humile heute insbesondere in den klimatisch günstigeren, insbesondere wärmeren Gebieten gebaut werden kann — der Ursprung des Leins für Europa in südlicher oder südöstlicher Richtung zu suchen. 2. Die Stammpflanze des Leins war zweifellos ausdauernd. An L. usitatissimum sind heute noch Merkmale zu erkennen, die darauf hindeuten, so die regelmäßige An- lage von Seitenachsen in den Achseln der Kotyledonen, die Tendenz der Ausbildung von Innovationssprossen in den Achseln der unteren Laubblätter. Auch durch das Ex- periment läßt sich diese erblich noch festgehaltene Tendenz der Leinpflanze, zu perennieren, noch erweisen. Während bei uns normalerweise die Leinpflanze sofort nach der Samenreife abstirbt, kann sie durch Zurückschneiden des Blütenstengels zur Ausbildung zahlreicher Innovationssprosse , welche bis spät in den Herbst hinein 156 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Die in Europa gebauten Rassen des Leins, Linuni ttsita- tissimum, werden hier hauptsächlich in zwei Hauptformen, als Schließ- oder Dreschlein (L. u. forma vulgare Schuh, et Mart. = L. u. forma indehiscens NeilrJ und als Spring- oder Klanglein (L. u. humüe Mill. = L. u. creipitans Böningh.) kultiviert. Ersterer ist die gewöhnlich als Faserpflanze, letztere die gewöhnlich als Samenpflanze kultivierte Form. aushalten, gebracht werden. Sie verhält sich also ganz analog, wie andere Pflanzen, von denen erwiesen wurde, daß sie von perennen abstammen, aber im Laufe der Zeit die Fähigkeit des Ausdauerns eingebüßt haben, so z. B. unsere Getreidearten nach den Untersuchungen Bat a lins j Phaseolus coccineus nach den Untersuchungen Wettsteins. Aus den sub -l. und 2. angeführten Momenten ergibt sich, daß die Stamni- pflanze des L. u. höchstwahrscheinlich perenn war, aufspringende Früchte und niedrigere Stengel besaß und in einem im Süden oder Südosten Europas liegenden Gebiete vorkam. Eine solche Pflanze gibt es nun; es ist das jene Pflanze, welche im ganzen Mediterrangebiete heimisch ist und zumeist als L. anfjiistifoliuvi Huds. bezeichnet wird*). Aus diesem mediterranen L. angustifolium oder einer ihr nahestehenden Form könnten mithin durch den Einfluß der Kultur die heutigen Formen des L. usitatissimum entstanden sein. Dabei kann nicht ganz ausgeschlossen werden, daß vielleicht ver- schiedene Formen des L. tisitatissimum auf verschiedene Rassen des L. atigustifnlium zurückzuführen sind, da dieses letztere auch gegenwärtig im Mediterrangebiet ziem- lich reich gegliedert erscheint (L. ambiguum Jord., L. deciimhens Desf., L. Reutcri Boiss. et Haussk.). Mit der hier vertretenen Anschauung steht es im Einklang, daß die altägjT)tischen Gräbern entstammenden, recht zahbeichen Leinreste (vgl. A. Braun, Üb. d. im Kgi. Mus. aufbewahrten Pflanzenreste. Ethnogr. Zeitschr. Bd. 9. -1877. — Schweinfurtli, J.. in Ber. d. deutsch, bot. Ges. I (1883), II (1884). — Koernicke, F., in Ber. d. deutsch, bot. Ges. VI (1888). usw.) vielfach als dem L. humile entstammend erkannt wurden Bei der Erörterung der Frage nach der Herkunft der kultivierten Leinpflanze haben bisher stets die Funde in prähistorischen Fundstätten Mitteleuropas eine große Rolle gespielt. Solche Funde sind nicht selten, am bekanntesten sind die der Schweizer Pfahlbauten geworden**). Heer hat zunächst diesen Lein d\s L. angusti- folium bestimmt, und dies würde mit der eben ausgesprochenen Vermutung über die Abstammung des Kulturleins sehr gut stimmen. Doch sind in neuerer Zeit berechtigte Zweifel an der Richtigkeit dieser Bestimmung laut geworden. Wettstein (vgl. 2. Aufl. dieses Buches, S. 278) hat den Pfahlbaulein von Robenhausen***) geradezu als L. vulgare bezeichnet, Neuweiler, E. (Die prähistorischen Pflanzenreste Mittel- europas, Zürich 1903) sieht in ihm eine ausdauernde, dem L. atcstriaeum nahe- stehende Form. Bei der Schwierigkeit der genauen Bestimmung einer Linum-A.rt aus dem hier allein in Betracht kommenden Formenkreis auf Grund von subfossilen *) Ich gebianelie diese Fassung, weil es nicht ganz sicher ist, daß die mediterrane Pflanze wirklich mit der von Hudson (Flora Anglica, Ed. 2, 1, p. 134 |1778]l beschriebenen englischen Pflanze identisch ist. Sollte sich heransstellen, daß dies nicht der Fall ist, dann hätte die mediterrane Pflanze //. cribrostim Rchb. zu heißen. **) Heer, 0., Die Pflanzen der Pfahlbauten . (Neujahrsbl. der naturf. Gesellsch. in Zürich 1866.) Vgl. über die Frage auch Engler, A., in Hehn, Cnlturpfl. u. Hansthiere. 6. Aufl., p. 182 (1894) : A. de Candolle, Orig. d. pl. cnlt. p. 95; Tammes Tine, Der Plachsstengel, 1907. ***) MeBsikommer, H., Die Pfahlbauten von Robenhausen. Zürich 1913. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 157 Der Schließlein hat höhere Stengel, ist arm- und kleinblütig, er- zeugt kleinere und dunklere Samen und besitzt kahle Kapselscheidewände und nicht aufspringende Früchte. Der Springlein hat niedrigere Stengel, reich verzweigte Infloreszenzen, größere Blüten und Früchte, behaarte Kapselscheidewände, lichtere Samen und aufspringende Kapseln. Schon aus dieser Charakteristik ist zu ersehen, daß man es in diesen beiden Rassen mit Züchtungsprodukten zu tun hat. Der Schließlein mit seinen hohen zur Verzweigung wenig geneigten Stengeln ist als Faserpflanze, der Springlein mit seinen reichen Fruchtanlagen und großen Samen als Samenpflanze gezüchtet worden. Im Kleinbetriebe dienen hin und wieder beide Rassen sowohl der Faser- als auch der Samengewinnung. Als Industrieflachs wird aber stets nur Schließlein und, wo der Lein als Ölpflanze rationell und im großen Maßstabe gezogen wird, der Springlein gebaut. Wo Lein der Samen halber gebaut wird, um Lein- saat für Faserflachs zu gewinnen, wie namentlich in Rußland, wird selbstverständlich nur Schließlein in Kultur genommen i). Außer diesen Hauptrassen gibt es noch andere bisher weniger beachtete, so eine bienne Rasse (L. u. forma hiemalis = L. bienne Mül.) und den durch seine Höhe ausgezeichneten Königslein 2) (L. u. regale). Der Schließlein aus den mitteleuropäischen Niederungen ist nach v. Wettsteins Mitteilungen von dem der alpinen Täler verschieden, und nach Koernicke^) ist es wahrscheinlich, daß der ägyptische Lein eine eigene Rasse repräsentiert. Flachsbau und Flachsgewinnung^). Der Flachs ist eine der ältesten und verbreitetsten Kulturpflanzen. Der heutige Stand des Flachs- Früchten und Samen kann die Frage nach der Natm- des mitteleuropäischen prä- historischen Leins als noch nicht definitiv beantwortet bezeichnet werden. Es kann der direkte Zusammenhang der mitteleuropäischen Leinkultur mit der des Orientes ebensowenig geleugnet werden, wie die Möglichkeit, daß hier selbständig aus einer ursprünglich heimischen Art (etwa L. austriacum oder pereune) eine Kulturpflanze erzielt wurde, die in Anbetracht der großen Ähnlichkeit der Stammpflanze mit dem mediterranen L. angustifolmm begreiflicherweise dem orientalischen L. usitatissimum überaus ähnlich gesehen haben muß. \) Auf die Bedeutung des Schließleins als Faserpflanze ist besonders in neuer Zeit oft die Aufmerksamkeit gelenkt worden. So ist nach den Beschlüssen des inter- nationalen Kongresses der Flachsinteressenten in "Wien (1873) der Schließlein die einzig wahrhaft empfehlenswerte Kulturform der Flachspflanze. Ost. Ausstellungsber. 1873. Der Intern. Kongreß der Flachsinteressenten, p. 37 ff. 2) Der Königslein erreicht nach Langethal (Handb. d. landw. Pflanzenkunde, 2. Aufl., p. 156) eine Höhe von 125 cm und darüber. Auch die Spielart L. u. amc- ricanum album erreicht die Höhe des Königsleins. 3) Ber. d. Deutsch, bot. Ges. VI (1888), p. 380 ff, 4) Über Kultur und Gewinnung des Flachses s. Finaly, Offiz. öst. Ausstel- hmgsbericht Y, Wien 1867. Internationaler Kongreß der Flachsinteressenten. Wien 158 Siebzehnter Absclinitt. Fasern. baues fordert zu unterscheiden zwischen dem gemeinen Flachs, welcher" als bäuerliche Hauspflanze noch weit verbreitet ist, und der Lein- pflanze als Industriegewächs. Erstere wird in primitiver Weise kultiviert und in altherkömmlicher, gleichfalls sehr primitiver Weise auf Faser verarbeitet. Die aus diesem Faserstoff erzeugten Garne und Ge- webe dienen im Hausgebrauche und waren früher auch Gegenstand eines nennenswerten Handels. Als Handelsprodukt treten die aus der Hauspflanze erzeugten Garne und Gewebe immer mehr und mehr zurück ; denn trotz der Dauerhaftigkeit dieser Textilobjekte können dieselben die Konkurrenz mit den so billig gewordenen Massenprodukten Baumwolle und Jute nicht aushalten. So betrug beispielsweise in Sachsen die mit Flachs bebaute Boden- fläche zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts über 19 000 ha imd ist unter dem Einflüsse der Baumwollen- und Juteeinfuhr in den sechziger Jahren auf 6000 und zwanzig Jahre später auf die Hälfte dieses kargen Areals gesunken ^j. Dem entschiedenen Rückgang der Flachskultur trachtet man in einigen Ländern entgegenzuwirken. So in Ungarn 2) durch verstärkten 1873. Pfuhl, Fortschritte in der Flachsgewinnung. Riga 1886. Derselbe, Wei- tere Fortschritte in der Flachsgewinnung. Riga 1893. L. Langer, Flachsbau und Flachs- bereitung. Darstellung ihrer gegenwärtigen Entwicklung. Wien 1893. A. Hecker. Beiträge zur i-ationellen Kultur des Leines. Inaug.-Diss. 1897. F. Schindler, Flachs- bau und Flachsbauverhältnisse in Rußland mit besonderer Berücksichtigung des bal- tischen Gouvernements. Wien (Holder) 1899. Littrow und Steglich, Bericht über den Stand der Flachsbereitunc in Trautenau 1893. »Flachs und Leinen<, Zeitschrift. Red. von E. v. Stein. Wien und Trautenau 1893 ff. J. Frost, Flachsbau und Flachs- industrie in Holland, Belgien und Frankreich. Berlin 1909. Kuhnert, Der Flachs, seine Kultur und Verarbeitung. Berhn, 1913. Herzog, A., Was muß der Flachs- käufer vom Flachsstengel wissen? Sorau 1918. 1) Langer, 1. c, p. 11. Über den Rückgang der Flachskultur in Österreichisch- Schlesien s. die Zeitschrift »Flachs und Leinen«, IV (1897) p. 623. In der genannten Zeitschrift sind zahlreiche Daten über Zu- und Abnahme des Flachsbaues in den Kulturländern enthalten. S. auch J. Frost, 1. c; Stein, E. v.. Graphische Statistik der österr. Leinenindustrie. Trautenau 1917. Generaldirektor J. Hildebrand gibt im »Deutschen Leinen-Industr.^ , 1919^ Nr. 7 folgende instruktive Zahlen bezüglich der Anbaufläche des Flachses in Deutsch- land, die deutlich zeigen, auf welche Weise man im Deutschen Reich während der Kriegszeit erfolgreich dem Faserstoffmangel entgegentrat und welche hervorragende Bedeutung der bereits halb vergessene heimische Faserstoff für die Rohstoffversorgung binnen wenigen Jahren wieder erlangte. 1873 — 133000 ha 1883 — 108 000 » 1893 — 60 000 » 1900 — 33000 . 1918 — 55000 » 2) E. Schulz, Die Flachskultur in Ungarn. Leipziger Monatsschrift für Textil- industrie. XXIII (1908). 1913 — 1^000 ha 1916 — 22000 » 1917 — 35000 :» Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 159 Anbau und in Frankreich durch materielle Unterstützung des Flachs- baues seitens des Staates i). Soll der Flachs mit anderen Spinnstoffen erfolgreich konkurrieren, so muß er als ein veredeltes Produkt auf dem Markte erscheinen, wel- ches nicht nur durch seine natürliche Festigkeit und Dauerhaftigkeit, sondern auch durch Reinheit, Schönheit und Spinnbarkeit die anderen vegetabilischen Rohmaterialien übertrifft. Die Umwandlung der alten Hauspflanze in ein Industriegewächs ist sowohl nach landwirtschaftlicher als auch technischer Seite mit großen Schwierigkeiten verbunden, welche nur durch eine zweckmäßige Teilung der Arbeit, verbunden mit großen geschäftlichen Assoziationen zu überwinden sind und häufig trotz kräftiger Nachhilfe durch den Staat sich nicht oder nicht rasch beseitigen lassen. Nur in wenigen Ländern — Belgien voran — hat dieser Umwandlungs- prozeß sich in erfolgreichem Maße vollzogen; in den meisten andern Ländern ist dieser Prozeß mit mehr oder minder großem Erfolge noch im Gange, und die Zukunft wird-* lehren, inwieweit sich die Flachs- faser gegenüber den. modernen Spinnstoffen, insbesondere gegenüber der Baumwolle und der Jute, zu behaupten imstande sein wird. Der Flachs als Industriepflanze erfordert eine sorgsame Pllege. Was zunächst das Saatgut anlangt, so hat die Erfahrung gelehrt, daß der in den verschiedenen flachsbauenden Ländern gewonnene Leinsamen als Saatgut für die Spinnpflanze in der Regel nicht geeignet ist. Der grüßte Teil der flachsbauenden Länder verwendet russischen Leinsamen. Es werden enorme Quantitäten von Leinsamen aus Rußland als Saatgut für den Flachsfaserbau ausgeführt. Als beste Sorten gelten Rigaer und Pernauer Leinsaat. Es liefert der Rigaer Samen widerstandsfähigere Pflanzen, verhältnismäßig viele Samen, aber eine sich relativ stark ver- ästelnde Pflanze, was nicht erwünscht ist. Aus Pernauer Samen erzieht man hingegen Pflanzen, welche sich weniger verästeln, feinere und längere Fasern, aber weniger Samen liefern. Die Faserausbeute soll eine größere sein als bei den aus Rigaer Leinsaat gezogenen Pflanzen 2). Gute Leinsaat soll ein Hektolitergewicht von mindestens 68 kg besitzen und 92 Proz. keimfähigen Samen enthalten-^). In neuerer Zeit versucht man sich von russischer Leinsaat zu emanzipieren, aber wie es scheint noch ohne großen Erfolg. Gut soll die Ötztaler (Tiroler) Leinsaat sein. Als Zeeländer Saatgut versteht man Samen, welche in Holland als erste Frucht aus Rigaer Leinsaat 1) Leipziger Monatsschrift für Textilindustrie. XXV (19H0). Über Flachsbau Marokko s. die >Deütsche Leinen-Industr. « 1919, Nr. 28. 2) Langer, 1. c, p. 45. 3) Langer, 1. c, p. 45. Nach Schindler, Flachsbau in Rußland, Wien 18« beträgt das durchschnittliche Keimprozent der russischen Leinsamen 87 Proz. 160 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. hervorgegangen sind i). Es soll überhaupt die erste aus russischer Lein- saat hervorgegangene Frucht Samen Mefern, welche als Saatgut hinter originalem russischem Samen nicht zurücksteht. In den deutschen Ländern nennt man ein derartiges selbstgezogenes Saatgut Rosenlein. Von Wichtigkeit ist bei der Kultur des Industrieflachses die Frucht- folge, Wo man rationell vorgeht, sät man auf einem Felde Flachs nur nach 7 — 8 Jahren 2), Als Grund der in Irland häufig vorkommenden MiBernten des Flachses wird angeführt, daß man innerhalb 7 — 8 Jahren zweimal dasselbe Feld mit Flachs bestellt. Welche Kulturpflanzen dem Flachs voranzugehen haben und welche Düngungsmittel anzuwenden sind, darüber sind viele Angaben in den Werken über Flachskultur enthalten, auf welche aber hier nicht weiter eingegangen werden kann. Die Industriepflanze wird immer als einjähriges Gewächs kultiviert. Aber je nachdem die Aussaat des Flachses im März oder April oder erst im Mai oder Juni vorgenommen wird, unterscheidet man Frühlein und Spätlein. Frühlein ist stets vorzuziehen und Spätlein soll nur dort kultiviert werden, wo die frühe Aussaat aus klimatischen Ursachen unausführbar ist, also namentlich in Gebirgsgegenden. Die ausgezeichneten belgischen Flachse stammen durchgängig von Frühlein. In einigen Ländern war es üblich, die Flachspflanzen zu zwingen, durch Reisig, mit dem man das Feld belegt, oder zwischen Schnüren, die nach zwei aufeinander senkrechten Richtungen über den Acker gespannt wurden, durchzuwachsen, wodurch man hohe, zarte Pflan- zen erhielt, die langen, feinen Flachs lieferten. In Frankreich erhielt man auf diese Weise den »lin rame«, der sehr gute Flachsqualitäten ge- liefert haben soll. In Holland ist diese Prozedur unter dem Namen »Ländern«, in Deutschland als »Stützen« oder auch »Ländern« bekannt gewesen. Die bezüglich des »Länderns« gemachten Erfahrungen sprachen aber nicht zugunsten dieses Verfahrens. In Belgien, dem klassischen Lande des Flachsbaues, hat man es daher ganz aufgegeben, da die Kosten der Arbeit und die Beschädigungen beim Ernten des geländerten Flachses durch die erzielte Faserqualität nicht aufgewogen wurden (Langer). Der internationale Kongreß (Bericht p. 47) empfahl das »Stützen des Leins« nur für die edelsten Qualitäten. Flachs wird als Gespinstpflanze vorzugsweise in Europa gebaut. Die Nordgrenze des Flachsbaues fällt mit jener der Gerste zusammen. Der Flachs kann in Mitteleuropa bis zu einer Seehöhe von 1500 m kultiviert werden. Auch Ägypten liefert viel Flachs, der auch der 1) Langer, 1. c, p. 38. 2) Über den Einfluß des den Flachspflanzen zugewiesenen Standraumes (Saat- dichte) auf Stroh- und Samenertrag und auf Höhe, Länge, Verästelung, Dicke, Bast- gehalt, Festigkeit, Wassergehalt und Reinheit der Stengel, s. Herzog, L c, p. 12fl. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 161 europäischen Industrie zugute kommt. Ferner wird in Algier, in den kälteren, höher gelegenen Gegenden Ostindiens i), wo die Baumwolle nicht gedeiht, in Nordamerika, Brasilien und Australien in neuerer Zeit Flachsbau betrieben 2). — Von europäischen Flachs bauenden Ländern ist in erster Linie Belgien (insbesondere Westflandern mit dem Zentrum Courtray, ferner Ostflandern und Namur) zu nennen, woselbst nicht nur die schönsten Flachssorten, sondern auch verhältnismäßig die grüßte Menge dieses Spinnstoffes erzeugt wird. Nach Finaly nimmt die Lein- kultur in diesem Lande so viel Bodenfläche für sich in Anspruch, als alle übrigen Kulturgewächse zusammengenommen einnehmen. Die mit Lein bepflanzte Bodenfläche beträgt in Belgien 600 000 ha, welche durch- schnittlich im Jahre zirka 20 Millionen Kilogramm Flachs im Werte von 60 Millionen Francs liefern. Drei Fünftel des erzeugten Flachses werden exportiert 3). Große Mengen von Flachs liefert das nördliche, europä- ische Rußland, ferner Irland, Holland, Preußen, Thüringen, preuß. Schlesien, Österreich (Böhmen, Sudetenland, Kärnten, Tirol), Frankreich und Italien. Schädlinge der Flachspflanze sind die Flachsseide (Cuscuta epilinuvi Weihe), die den Flachsrost (Brand) erzeugende Melmwpsora Uni (Pers.) Tiil.^ Engerlinge, die Raupe der Gia.mmaeu\e (Plusia gamma L.) und die Made der Flachsfransenfliege (Thiips Uni Lad.)^). In manchen Ländern wird die Flachspflanze nur der Samen wegen gebaut und das Flachsstroh nur als Brennmaterial verwendet; so in der europäischen und asiatischen Türkei und in Siebenbürgen s). In den 1) Nach Watt, Econom. Prod. of India, Calcutta III (1883), p. -159, wird Flachs als Faserpflanze nur in sehr geringem Maßstabe gebaut. Die erzielten Fasersorten sind geringer als der ägyptische Flachs. S. auch Watt, Commerc. Products of India. London 4 908. p. 720 f. Hier wird auf eine wünschenswerte Verbesserung in der indischen Flachskultur hingewiesen, übrigens auch dieVerwendung der Flachspflanze in der Papierfabrikation erwogen, was mit Rücksicht auf ein so edles Fasergewächs doch ein schlechtes Zeugnis für die Qualität des indischen Flachses bildet. Während des Krieges hat sich auch das eughsche Handelsamt be- müht, den Flachsanbau in Indien und Kanada, wo die Bedingungen zur Kultur günstig sind, nach Kräften zu fördern (»Flachs und Leinen«, Nr. 291, Trautenau 1918.). Die Weltproduktion von Flachs wird a. a. 0. (zu 1000 Tonnen) folgendermaßen angeführt: Rußland 400, Frankreich und Belgien 50, Irland 10, Holland 10, Deutschland und Österreich 30. 2) A. du Mesnil, Manuel du cultivateur du lin en Algerie. Paris 1866. 3) Langer, 1. c, p. 23. 4) Nach A. Herzog (Was muß der Flachskäufer usw., Sorau 1918) tritt auch Glado- spariiim herbarum Lk. nicht selten als ausgesprochener Parasit des Flacbsstengcls auf. Die in Nordamerika häufig beobachtete »Welke« wird auf Fusarium Uni Bollcy zurückgeführt (Exp. Stat. North Dakota, 1901, Nr. 30). 5) Dasselbe gilt auch von Nordamerika, Argentinien u. Holland. Indien. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. ;i. Aufl. H 162 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. leiobauenden Distrikten dieser Länder ist die Leibwäsche der Bewohner aus Hanf gewebt, und man scheint dort oft gar nicht zu wissen, daß die Flachspflanze auch eine spinnbare Faser Heferti). Die Flachspflanze wird gewöhnlich vor der Samenreife geerntet, wenn der Grund der Stengel gelb zu werden beginnt 2). Die in diesem Reife des Samens abgewartet werden. In Irland erntet man die noch grüne Pflanze, wobei auf den Samenertrag verzichtet wird. i'ig. 32. Yerar. 300. Querschnitt durch den Flaclisstengel (Limtm iisitatissinnim). Ein Stück desselben mit drei (kollateralen) Gefäßbündeln, welche am deutlichsten an den drei ßastbündeln (6) zu er- kennen sind. 0 Oberbaut, r Eindenparenchi'm , c Kambium, darüber (gegen die Oberhaut zu) das Phloem der Gefäßbündel, bestehend ans den Bastbündeln 6 und dem zwischen diesen und dem Kambium gelegenen Siebteil, h Holz des Stengels, bestehend aus den ins Mark (m) deutlich vor- springenden (drei) Holzteilen (Xylemen) der Gefäßbündel. Die Ernte der Flachspflanze erfolgt in der Regel nicht durch Schnitt, sondern durch Ausraufen; es wird also die Pflanze mit der Wurzel aus dem Boden gezogen. 1) Finaly, 1. c, p. 333. 2) Herzog empfiehlt auf Grund seiner Studien über die Bastfasern des Flachs- stengels in verschiedenen Reifegraden (Mitteilungen d. Forschungsstelle Sorau, Bd. I, ■1919, Nr. 1—3). die Ernte des Flachses ausschließlich im Zustand der vorgerückten Gelbreife vorzunelimen, da der Bast erst in diesem Entwicklungsstadium die günstigste Ausbildung aufweist. Hierbei kann auch ein nahezu völhg ausgereiftes Saatgut ge- wonnen werden. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 163 Im wesentlichen besteht die Flachsbereitung darin, daß man die Bastfaser des Hauptstengels von allen übrigen Bestandteilen der Pflanze trennt (s. Fig. 32). Seitenäste und Früchte, letztere zum Zwecke der Samengewinnung, werden von dem Hauptstengel und der damit in Ver- bindung bleibenden Hauptwurzel nach erfolgtem Trocknen der gerauften Pflanze an der Luft entfernt. Diese Abscheidung erfolgt durch die Prozedur des Riffeins oder Reffeins i). Das nach dem Rifl"eln zurück- bleibende Flachsslroh .wird durch das Rüsten so gelockert, daß die Scheidung der Flachsfaser durch mechanische Prozesse (Brechen'^), Hecheln, Schwingen) von den übrigen Gewebsbestandteilen des Stengels (einerseits Oberhaut- und Piindenparenchym, anderseits den Siebteilen des Phloems, dem Holze und Marke) vollzogen werden kann. Diese Prozeduren werden in verschiedenem Grade der Vollkommenheit vorgenommen, und dementsprechend sind auch die Handelssorten des Flachses im hohen Grade in bezug auf Reinheit und Güte verschieden. Am rationellsten geht man in Westflandern zu Werke, wo die genannten Prozeduren in ganz getrennten Betrieben durchgeführt werden. Der Landwirt baut auf das sorgsamste seinen Flachs und liefert das Flachsstroh an einen Unternehmer ab, welcher nur die Röste besorgt. Das Rüstprodukt übernimmt ein anderer Unternehmer, welcher in Schwingereien (Flachsfabriken) die Abscheidung der Flachsfaser vor- nimmt. Der Landwirt rüstet den Flachs also nicht selbst, arbeitet aber dem Rüster vor durch die Prozedur des »Kapellens«, d.i. die Auf- schichtung der gerauften Pflanze in besonderen Formen (»Kapellen«), wo ein Welkungsprozeß eingeleitet wird, welcher eine Abkürzung des Rüstverfahrens ermüglicht. Dieser vollständig durchgeführten Arbeitsteilung steht die Flachs- 1) Über die Zweckmäßigkeit des Sortierens des geriffelten Flachses nach Länge und Dicke der Stengel, Pfuhl, 1. c, p. 2 und 5 bzw. in der 2. oben genannten Abhandlung p. 1 8 und i 9. 2) Dem »Brechen« geht in manchen kleinen Betrieben ein »Dörren« voraus. Nach Langer (1. c, p. 59) ist der gedörrte Flachs wohl leichter zu brechen, aber die Faser leidet unter dieser Prozedur. Das Dörren ist also nicht zu empfehlen. Bisher wurde also jede künstliche Trocknung des Flachses als der Beschaffenheit der Bastfasern schädhch angesehen. Herzog hat uns nun auf Grund seiner mehr- jährigen Studien vor kurzem mitgeteilt (Mittig. d. Forschungsstelle Sorau, I, 19'! 9, Nr. V,, daß die künstliche Trocknung in Großbetrieben nicht zu umgehen und auch ohne Schädigung der Faserbeschaffenheit zulässig sei, wenn vor dem Trocknen die in dem feuchten Röslflachs enthaltene saure Röstflüssigkeit entfernt wurde. In diesem Falle sei auch unmittelbar nach der Trocknung die mechanische Ausarbeitung des Flachs- stengels möglich, während sonst bei Trocknung ohne vorheriges Ausquetschen der Röstflüssigkeit die Qualität des Blachses sehr geschädigt wird. Über die Einwirkung von trockener und feuchter Hitze auf den Flachsstengel siehe auch Herzog, Was muß der Flachskäufer usw., Sorau 1918, p. 23 — 25. 11* 164 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. gewinnung nach der allen Methode gegenüber, bei welcher der Landwirt selbst alles am Felde und im Hause besorgt, vom Ernten der Leinpflanze bis zum Hecheln des Flachses, ja bis zum Spinnen und Weben der selbstgewonnenen Faser. Zwischen diesen Extremen bewegen sich in den einzelnen flachsbauenden Ländern die tatsächlichen Betriebe des Flachsbaues und der Leinenindustrie. Je mehr man sich dem belgischen Systeme nähert, desto gewinnreicher wird der Ertrag. Wo man auf der alten Stufe bleibt, dort geht, wie schon oben angedeutet, der Flachs- bau und die Flachsgewinnung zurück. Immer mehr verschwindet der Handweberstuhl, und das Spinnrad hat seine frühere Bedeutung lange bereits eingebüßt. Beide wurden von der Maschinenspindel und dem mechanischen Webstuhl überholt. Das Riffeln geschieht zumeist noch durch Eisenkämme (Riffel- oder Reffkamm ij). In neuerer Zeit versucht man das Riffeln maschinen- mäßig, auf besonders eingerichteten Walzwerken, durchzuführen. Die besten Riffelmaschinen befreien zugleich die Samen von den Fruchthüllen; man erhält dann zwei Produkte: Flachsstroh und Samen, ferner Abfall. Häufig wird die Pflanze schon am Felde geriffelt. Die alte, jetzt viel- fach noch geübte Methode des Dreschens zum Zwecke der Gewinnung des Flachsstrohs ist, wie Langer (1. c, p. 50) sagt, eine verwerfliche Art der Abtrennung, weil dabei der Stengel zerschlagen wird, die Rüste ungleich ausfällt und der Abfall sich unnötig vermehrt. Die Röste (Rotte) des Flachses, ein technologischer Gegenstand, kann hier nicht im Detail erörtert werden. Ich muß mich, dem Plane dieses Buches entsprechend, damit begnügen, das Prinzipielle dieses Prozesses vom chemischen, besonders aber vom pflanzenanatomischen und pflanzenphysiologischen Standpunkt aus darzulegen, namenthch mit Rücksicht auf den Einfluß, welchen die Art der Röstung auf das erzielte Produkt ausübt. Man unterscheidet Tau-, Kaltwasser-, Warmwasser-, Dampf- und gemischte Röste 2). Bei der Tauröste legt man das Flachsstroh auf 1) Über RifTeln mittels RifTeliiamni s. Pfuhl, Fortschritte p. 2 u. 5. 2) Es wurden auch chemische Mittel zur Flachsröste in Anwendung gebracht, bis auf die neuere Zeit jedoch nur mit geringem Erfolg. Erst das Baursche Ver- fahren, in welchem als chemisch wirkender Körper verdünnte Schwefelsäure unter besonderen Vorsichten angewendet wird, scheint wirklich Vorteile zu gewähren. Über dieses Verfahren s. weiter unten. — Es sind in neuerer Zeit noch andere chemische Röstmethoden für Flachs in Vorschlag gebracht worden, z. B. das Ver- fahren von Tresvangue (Anwendung von Alkahsalzen), Biets (Einwirkung von Harnstoff), Bonny undPritchard ^Seife- und Kaliumbromatlösungen), Summers erhielt angeblich gute Resultate durch Einwirkung von Kali auf lufttrockenes Flachs- stroh. S. über diese chemischen Röstmethoden Lafar, Technische Mvkologie. Siebzehnter Abschnitt., Fasern. 165 Stoppelfeldern oder auf Rasenplätzen aus und überläßt es der Einwirkung des Taues, des Regens und der Atmosphäre. Starke Niederschläge be- fördern die Röste, trockene, sonnige Tage ziehen sie in die Länge, so daß sie, je nach der Witterung, drei bis acht Wochen währt. Diese Abhängigkeit von der Witterung, die viele Arbeit, welche das häufig notwendig werdende Umlegen der Leinstengel erheischt, bilden die Schattenseite dieses Verfahrens. Aber bei förderlichem Wetter und gut geleiteter Arbeit ist das erzielte Produkt ein vorzügliches. Auch ist die Tauröste nicht gesundheitsschädlich, wie einige der nachfolgenden Röstmethoden. Im allgemeinen ist man bestrebt, die Tauröste durch ein gemischtes Verfahren oder durch Wasserröste ganz zu ersetzen. In Gebirgsgegenden wird sie aber wohl auch in der Folge kaum zu umgehen sein ^). Rei der gemischten Röste wird der ausgeraufte Flachs einer kurzen Tauröste unterworfen, hierauf bei trockener Witterung geriffelt, gebündelt und einer Nachröste in Wasser unterworfen, welche je nach der Temperatur des Wassers in 3 — 7 Tagen vollendet ist. Die Kaltwasserröste wird am rationellsten in Relgien (West- flandern, im Flusse Lys) betrieben (System Courtray, Lysröste)2). Es Bd. III (1904—1906), p. 273, und K. Stirm, Chemische Technologie der Gespinst- faser. Berhn 1913. p. 73. Die Faserabscheidung aus Flachsstengeln ohne Röste ist, wie Pfuhl (Fort- schritte, p. 7) bemerkt, fast wohl so alt wie die Flachsgewinnung überhaupt. Es ge- lingt auf rein mechanische Weise, die Bastfaser aus dem Flachsstengel zu gewinnen, aber die Verluste sind groß, die Faser ist rauh, hart und weniger spinnbar als die durch Röstung gewonnene. Der Haupt nachteil eines solchen rein mechanischen Ver- fahrens besteht aber darin, daß die Faser wenig haltbar ist, nämlich bei Feuchtigkeit oder Nässe (im Garn oder Gewebe) zu faulen oder zu gären beginnt. Die Röstung hat nämlich, wie weiter unten noch näher auseinandergesetzt werden wird, nicht nur den Zweck, die Faser von den übrigen Geweben zu trennen und untereinander auf- zulockern, sondern auch zu reinigen, nämlich von der Nichtzellulose zu befreien. Über die mechanische Bearbeitung des Flachsstrohes auf Grund eigener Versuche s. Herzog, 1. c, p. 26-28. Am Anfang des Weltkrieges wurde in Deutschland von Dr. Schneider die Kanalröste erfunden, die es ermöglichte, den Flachs rascher zu bearbeiten als bisher. Die Kanalröstanlage besteht aus zwei Stockwerken; in dem unteren Stockwerke voll- zieht sich der Röstvorgang in Kanälen, die von warmem Wasser durchströmt werden, und in dem oberen wird die künstliche Trocknung eingeleitet. Für Friedensverhält- nisse müßte aber dieses beschleunigte Arbeitsverfahren, das es möglich machte, den geernteten Flachs sofort zu rösten und zu trocknen, nach Gürtler (Neue Faserstoffe, I, 1919, p. 128) geändert werden, und man vermutet, daß die ßassinröste an die Stelle der Kanalröste treten werde. 1) Langer, I c, p. 51. 2) BoUey, Technologie der Spinnfasern, p. 8. Langer, 1. c, p. 27 ff. S. auch Frost, 1. c. ]Lß6 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. kommen zumeist belgische,, aber auch niederländische Flachsstengel (aus Zeeland und Nordbrabant) zur Rüste. Besonders feine Sorten von Flachs werden aus gelagertem, der Ernte des Vorjahres angehörigem Rohmaterial erzeugt. Die Flachsstengel werden in Bündel zusammengefaßt, welche mit Strohseilen umwickelt, dicht in aus Holzlatten zusammengefügte Kästen gestellt werden, die man, mit Brettern belegt und mit Steinen beschwert, in langsam fließendes Wasser so hineinstellt, daß sich der Wasserspiegel einige Zentimeter über den Enden der Flachsstengel be- findet. Das Wasser des Flusses Lys ist der Röste erfahrungsgemäß be- sonders zuträglich. Namentlich bei Menin und Werwick sind die Rüst- kästen in so großer Zahl in den Fluß gebaut, daß während der Rüstzeit (Mitte April bis Mitte Oktober*)) der Lys nicht mit Schiffen befahren werden kann. Die Rüstkästen sind so eingerichtet, daß Schlamm und Sand keinen Zutritt zu den Flachsbündeln hat. Nachdem die Rüste eine Woche gedauert hat (Vorröste), wird das Flachsstroh herausgenommen, getrocknet und noch ein zweites Mal gerüstet (Nachröste 2) ). Es dauert die ganze Rüste gewühnlich vierzehn Tage, doch dehnt sie sich bei kaltem Wetter bis auf zwanzig Tage aus. Der westflan- drische Flachs erscheint im Handel als Gourtray- oder Kortrykflachs. Wasser dieses Flusses nicht so zum Rösten, wie das Lyswasser. Häufiger wird hier die Schlammrüste angewendet und zumeist vom Flachs- bauer selbst. Das Flachsstroh wird gebündelt in Rüstgräben schief eingestellt; mit Schlamm bedeckt und mit Steinen beschwert, steht es hier je nach der Temperatur 6 — 12 Tage, seltener, bei niederer Tem- peratur, länger unter (stehendem) Wasser. Herausgenommen, wird es gewaschen und hierauf auf Wiesen oder Feldern einer 2 — 3wüchentlichen Nachrüste unterworfen. Eine besondere Form der belgischen Flachsrüste ist die Schwarzrüste. Bei derselben w^erden dem Wasser unreife Walnüsse oder Erlenblätter zugefügt. Der hierbei gewonnene Flachs hat eine dunkle Farbe und dient nur zur Herstellung dunkler Gewebe. Die Schlammrüste ist wegen der im stagnierenden Wasser sich reichlich entwickelnden Fäulnisgase ein gesundheitsschädliches Verfahren. 1) Es wird in Belgien auch im März und April in fließendem Wasser geröstet. Wegen der relativ niederen Temperatur der hierbei wirkenden Wasser wird dieses Verfahren als Winterröste- bezeichnet. Der hierbei erzielte Flachs ist von gerin- gerer Qualität, 2) Ein einwandfreies, klares und automatisches Kennzeichen für die Beendigung des Röstprozesses im allgemeinen, also für die Röstreife, konnte bisher wissenschaftlich noch nicht lestgestellt werden. Man ist in dieser Hinsicht lediglich auf das mehr oder weniger sichere Urleil des Fachmannes angewiesen. (Siehe das Preisausschreiben des Verbandes deutscher Leinenindustrieller, 1919.) Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 167 Bei der War m was ser rüste werden die Stengel in Bündel zu- sammengebunden, in mit kaltem Wasser gefüllte Holzbottiche eingetaucht und durch Zuströmen von Dampf die Temperatur des Wassers auf 27—35° G erhöht. In 60—72 Stunden ist der Prozeß beendet. Es tritt hierbei Gasenlwickelung ein; an der Oberfläche der Flüssigkeit entsteht eine Schaumdecke, es stellt sich eine stark saure Reaktion der Flüssigkeit ein. Die anfänglich weiße Schaumdecke nimmt eine dunkle Farbe an und verschwindet bei Beendigung des Prozesses völlig. In Sachsen hat man mit dieser Warmwasserröste gute Erfahrungen ge- macht i). Auch eine Dampfröste ist auf das Flachsstroh angewendet worden (Wattsche Methode), die jedoch trotz der Kürze des Verfahrens (12 bis 18 Stunden) keine Vorteile bringt. Mit großen Mitteln hat die Irish- Flax-Supply- Association das Wattsche Verfahren einzuführen gesucht. Die Resultate waren so ungünstig, daß das Verfahren in Irland nirgends Fuß gefaßt hat. Der Zweck des Röstens besteht in der Auflösung der Bindesubstanz, welche die Bastzellen mit den benachbarten Geweben verbindet. Dabei wird auch die in dem Bastgewebe auftretende Bindesubstanz mehr oder minder stark gelöst, was eine Auflockerung der Baslbündel zur Folge hat. Die Auflösung der in den Baslbündeln auftretenden Bindesubstanz erfolgt allerdings rasch durch kochendes Wasser, aber die benachbarten Gewebe werden hierbei nur wenig angegriffen, so daß der geringe Erfolg der Warmwasserröste begreiflich erscheint. Bei Tau- und Wasserrösten kommen Fermentorganismen zur Wirkung2)^ welche die Auflösung der Bindesubstanz in einer der Abscheidung der Faser sehr förderlichen Weise bewirken und aus der Faser — mehr oder minder vollständig — alles beseitigen, was nicht Zellulose ist. Dadurch gewinnt die Flachsfaser erst ihre große Widerstandskraft. Die genannte Bindesubstanz hat man früher auf Grund der Unter- suchungen Kolbs'') für Pektose gehalten und den Röstprozeß als Pektin- gärung angesehen. Letzteres ist richtig, und Kolb ist das Verdienst zuzuschreiben, als Erster erkannt zu haben, daß die Flachsröste im wesenthchen eine Pektingärung ist^). Aber die Bindesubstanz ist nach den Untersuchungen Mangins^) pektinsaurer Kalk, welcher bei dem 1) Langer, 1. c, p. öl. 2) Erste Auflage dieses Werkes, p. 363 ff. und p. 367. 3) Compt. rend. 66, p. 1024 (-1868). 4) Behrens in Lafar, Technische Mykologie, Bd. III, p. 26911, Jena ■1904—1906. 5) S. bezüglich der bei der Flachsröste auftretenden Gärung: Lafar, Tech- nische Mykologie I, Jena 1897, p. 179. 168 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Rüstverfahren unter Intervention von Fermentorganisrnen aufgelöst wirdij. Auf die Mitwirkung von Fermentorganismen beim Rüstprozeß habe ich 2) zuerst hingewiesen und einschlägige Untersuchungen dringend empfohlen. 1879 hat van Tieghem den Bacillus amylohacter für den Erreger der Flachsgärung erklärt. Aber dieser Bacillus bedingt die Zellulose- gärung, und bei der Flachsrüste kommt es darauf an, die Zellulose zu schonen. Bacillus amylohacter ist also bei der Flachsrüste nicht der wirksame Fermentorganismus. Später (1895) hat Friebes einen anae- roben Bazillus als Erreger der Pektingärung nachgewiesen. Bei Gegenwart von Pepton vergärt dieser Bacillus Zucker und Stärke; wenn demselben aber der Stickstoff nur in Form von Ammoniaksalzen geboten wird, so greift er Stärke und Zucker nicht an, wohl aber die Pektinsubstanzen 3). In den letzten Jahren wurden eingehende Studien über die bei der Rüste wirkenden Fermentorganismen durchgeführt, welche zu folgenden Er- gebnissen führten. Bei der Rüste sind Fermentorganismen beteiligt, denn, wenn man dieselben im Versuche ausschließt, sei es durch Sterilisation oder durch Desinfektion, so unterbleibt der Erfolg der praktischen Rüste. Bei der Wasser- rüste des Flachses geht die Hauptwir- kung von einer Bakteriacee aus, welche „. .,, ,, ,„, .. , , , , von Beiierinck und van Delden als Flg. :3o. Vergr. 051. Oruiutlohacter iiecti>w •> vornw. Nach B e i j e r i n c k und van D e 1 d e n. Graiiulohacter pectinovorum beschrie- ben wurde (Fig. 33). Es ist dies ein stäbchenfürmiger Spaltpilz von anaerobem Charakter, welcher an einem seiner Enden eine Endospore bildet. Im praktischen Betriebe wirken aber noch andere Fermentorganismen bei der Wasserrüste mit, welche zur Peklingärung führen^). Es künnen aber, wie oben bereits angedeutet, manche bei der Wasserrüste auftretende Bakterien stürend -1) Der pektinsaure Kalii läßt sich auch durch verdünnte Schwefelsäure in Lösung bringen, worauf das Baursche Verfahren (Patent 1884 und -1892) der Flachs- gewinnung beruht, welches nach Lafar mit Erfolg im großen ausgeführt wird. Über das Baursche Verfahren s. ferner Pfuhl, Weitere Fortschritte, p. 27 fl'. 2) Erste Auflage (1873) p. 363, 364 und 367. 3) Später ist ein von Allison und Pennington erfundenes Verfahren patentiert worden, welches darauf beruht, dem Röslwasser bestimmte, dem Peklingärungs- Baziilus zuträgliche Salze beizufügen und dasselbe mit den Bakterien der Lysröste (s. oben) zu infizieren. S. Pfuhl, Weitere Fortschritte, p. 24. 4) Näheres über die Bedeutung der Pektingärung bei der Gewinnung von Gespinstfasern siehe im Artikel über Pektingärung von .1. Behrens in Lafar, I.e., Bd. III, p. 2-27 ff. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 169 in den Rüstprozeß eingreifen, insbesondere solche, welche Zellulosegärung einleiten i). Insbesondere kommen solche die Faser gefährdende Störungen vor, wenn die Kaltwasserrüste zu lange währt 2). Bei der Tauröste kommen auch Mycelien von Pilzen zur Wirkung. Ich habe zuerst (1872) auf die Mitwirkung von Cladosporium herbarum Link bei der Tauröste des Flachses hingewiesen 3). Die Art der Röste übt zweifellos einen sehr merklichen Einfluß auf den chemischen Charakter der gewonnenen Faser aus. Je vollkommener die Rüste wirkte, desto größer wird die Menge an Zellulose sein, welche in der Faser vorkommt. Die relativ kleinste Zellulosemenge und dementsprechend die größte Menge an Nichtzellulose wird sich in jener Faser vorfinden, welche ohne Röstung erzeugt wurde (s. oben, Anmer- kung auf p. 165). Leider sind die bisher vorgenommenen chemischen Untersuchungen von Lein fasern zumeist sehr summarisch durchgeführt worden, ohne nähere Rücksichtnahme auf das Röstverfahren, ja ohne Rücksicht darauf, ob der Flachs überhaupt geröstet wurde oder nicht. Um den Zellulosegehalt im ungerösteten Flachs kennen zu lernen, also jene Zellulosemenge, welche zur Zeit der Reife des Flachses in der natürlichen Faser vorkommt, habe ich eine Untersuchung von rein- gehecheltem, aber ungerüstetem, fast ganz aus Bastzellen bestehendem Flachs veranlaßt, welche von R. Benedict und M. Bamberger ausgeführt wurde. Dieser Untersuchung zufolge beträgt die Zellulose- menge eines ungerüsteten Flachses 65,5 — 76,5Proz.4). Nach Herzogt) beträgt die mittlere Menge an Zellulose im gei'östeten Flachse 85,4 Proz. Von vergleichenden Analysen verschieden gerösteter Flachse ist mir nur eine ältere Untersuchung von Hodges^) bekannt geworden, derzufolge ein durch belgische Kaltwasserrüste hergestellter Flachs 82,5 Proz. Zellu- lose, 7,6 Proz. Zucker, Gummi und Pektinsubstanzen enthielt, während ein durch Warmwasserröste erzielter Flachs 88 — 89 Proz. Zellulose und bloß 1 — 2 Proz. Zucker enthalten haben soll ^). Um aus dem gerüsteten Flachsstroh die Faser zu erhalten, muß eine Reihe von mechanischen Arbeiten durchgeführt werden, welche als 1) Über Zellulosegärung s. Lafar, 1. c, III, p. 243 ff. 2) Omelianski, Centralblatt für Bakteriologie, Bd. XII (1904), p. 33. 3) S. hierüber Behrens in Lafar, Techn. Mykol. III, p. 28i. 4) Wiesner, Elementarstruktur und Wachstum der lebenden Substanz. Wien 189-2. p. 141. ö Die Flachsfaser in mikrosk. und chemischer Beziehung. Trautenau 1896, p. 21. (!) Chemical Gazette, Dez. 1854. 1] Selbst in neuesten Werken über die chemische Technologie der Gespinst- fasern ist man über die Resultate der Hodgesschen Versuche nicht hinausgekommen. S. z. B. Wit, 0. N. und Lehmann, L., Chemische Technologie der Gespinstfasern (1888—1911:. K. Stirm, I.e. (1913), p. 73 — 74. 5^70 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Klopfen, Brechen, Schwingen und Hecheln hezeichnet werden, die im Kleinbetriebe mit ziemlich primitiven Vorrichtungen, in den vorgeschrit- tenen flachserzeugenden Ländern im großen Maßstabe mit Maschinen vorgenommen werden (s. auch p. 163). Die Mechanik der hierzu dien- lichen Vorrichtungen und die Wirkungsweise derselben gehören in das Gebiet der mechanischen Technologie, passen also nicht in den Rahmen dieses Buches. Es sei hierüber nur Folgendes kurz erwähnt. Das Klopfen des Flachsstrohs besteht in einer mechanischen Bearbeitung des Flachsstrohs durch Schlägel, Keulen und Stampfen und hat den Zweck, die spröden Teile (Oberhaut und Holzteil des Gefäßbündels nebst Mark) des Flachsstrohs zu lockern und die Ablösung des zähen Bastes von den Nachbargeweben, soweit dies nicht schon durch die Röste geschehen ist, zu vollenden ; durch das Brechen werden die spröden Teile des Strohs vielfach zerknittert und zerbrochen und die holzige Masse vom zähen Baste größtenteils befreit. Das Schwingen entfernt etwas vollständiger die spröden zerbrochenen Gewebe und beseitigt auch die ganz kurzen Flachsfasern. Durch das Hecheln endlich wird der rohe Flachs gekämmt, die langen Fasern werden parallel zueinander gelegt (Reinflachs), die kurzen Fasern ausgeschieden (Werg, Hede). Je nach der Güte der Flachs- pflanze i), der Art der Röstmethode und den mehr oder minder zweck- mäßigen weiteren mechanischen Bearbeitungen des Flachsstrohs erhält man angeblich 8 — 20 Proz. Reinflachs. Beide Grenzwerte erscheinen ungenau. Nach Pfuhls Angaben be- trägt das Maximum der Ausbeute von reinem Flachs i 5 — i 7 Proz. (belgische und holländische Flachse), das Minimum 4,6 — 6,1 Proz. (einzelne Sorten von schlesischem und böhmischem Flachs^)). Die weiten Grenzen der faktischen Ausbeute haben weniger in dem i) Überprüfung und Bewertung des Flachsstrohs siehe Herzog, A., Was muß der Flachskäuf'er vom Flachsstengel wissen?, Sorau 1918, p. 43. Nach genanntem Forscher kommen als wertbestimmende Eigenschaften des Flachsstrohs vor allem in Betracht: 1) Die Länge und Verästelung des Stengels, 2) die Stengeldicke und deren Gleichmäßigkeitsgrad, 3) der Bastgehalt, 4) die innere Struktur der Bastfasern, 5) die Festigkeit des im Stengelinnern befindlichen Bastes, 6) die Reinheit des Strohes, 7) die äußere Beschaffenheit der Stengel und 8) der Wassergehalt. 2) Der von Pfuhl angegebene Maximalwert kommt zweifellos den tatsächlichen Verhältnissen näher als der so häufig in der Literatur genannte Maximalwert (20 Proz.). Da nämlich die Holzmenge des geriffelten Flachses 73—80 Proz., die des Bastes 20 — 27 Proz. beträgt; aus welchem letzteren im günstigsten Falle sich GO Proz. reine Fasern abscheiden lassen, so berechnet sich das Maximum von aus dem Flachsstroh zu gewinnendem Reinflachs mit ^ 6,2 Proz. 3) Über die sehr vervollkommneten Flachsbereitungsanstalten s. Langer, 1. c, p. 30 ff. Die neuen Fortschritte in betreff der Abscheidung der Faser sind in den beiden oben mehrfach zitierten Abhandlungen Pfuhls zusammengestellt und kritisch beleuchtet. S. auch Frost (1909) 1. c. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 171 Eigenschaften der Flachsfasern. Die Länge der Flachsfasern beträgt etwa 0,2 — 1,4 Meter. Je länger bei gleicher Feinheit die Faser ist, als desto besser gilt sie. Es ist leicht einzusehen, daß nicht gerade die längsten Flachse die besten sein müssen, da mit der Zunahme der Feinheit, d. i. mit der Abnahme der Dicke der Faser, auch begreiflicher- weise die Länge mehr oder minder abnehmen muß. Sehr feine Flachs- sorten, bei deren Rüstung stets eine weitgehende Zerlegung der natür- lichen Bastbänder erfolgte, sind niemals sehr lang. Auch die Breite der Fasern ist eine höchst variable. Sie hängt von der größeren und geringeren Vollständigkeit der Zerlegung des Bastes in kleinere Bastbündel durch das Röstverfahren ab. Selbst die Fasern der besten, feinsten belgischen Flachse bestehen noch aus ganzen Gruppen von Bastzellen i) und nur selten begegnet man darunter gänzlich isolierten Bastzellen. Die Breite der gehechelten Flachsfasern variiert nach meinen Beobach- tungen meist zwischen 45 — 620 /(. Ich lasse hier einige meiner Beobachtungen über die Länge und Breite der Fasern von gebrochenen und gehechelten, nach verschiedenen Methoden erhaltenen Flachssorten folgen. Flachssorte Mittlere Länge d. Faser d. gebroche- nen Flachses Mittlere Länge d. Mittlere Breite Faser d. Rein- d. Faser des flachses Reinflachses -1. Ägyptischer Flachs 2. Westfälischer Flachs. Wasser- röste; auf Kaselowskyscher Maschine verarbeitet 3. Belgischer Flachs. Wasser- röste; auf Felhoenscher Ma- schine verarbeitet 4. Belgischer Flachs. Kaltwasser- röste im Flusse Lys, auf ge- wöhnlicher belgischer Schwing- maschine verarbeitet 5. Belgischer Flachs. Nach Lefe- bures Methode gewonnen 6. Belgischer Flachs. Wasserröste auf Colyers Maschine gebrochen 7. Ostflandrischer blaugerösteter Wasserliachs 8. Preußisch-schlesischer Flachs. Tauröste. Auf Warnecks Ma- schine verarbeitet 4,32 m 0,8S 0,79 0,96 m J5 II 114 ,75 » 0,37 » 105 - 0,45 . 108 ,68 » 0,34 » 90 ,58 » 0,41 » 202 1) Durch die Bleiche erfolgt gewöhnlich erst ein Zerfall der Faserbündel in die Einzelfasern. Siehe H. Schneider, Über die technologischen Veränderungen der Leinengarne durch den Bleichprozeß. Diss. 1908. 172 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Herzog 1) erhielt als mittlere Länge von Flachssorten verschiedener Provenienz (Belgien, Holland, Rußland, Böhmen, Mähren, Galizien, Tirol) den Wert 0,867 m. Der längste von Herzog untersuchte Flachs (Tirol, Handschwingerei) maß 1,25, der kürzeste (Galizien, Kopfflachse, auf Handbrechen erhalten) 0,65 m. Festigkeit der Flachsfaser. Über Reißlänge und Bruchmodul der Flachsfaser s. oben p. 22. Eingehende Studien über Festigkeit und Reißlänge des Flachses hat in jüngster Zeit Herzog angestellt. Seinem freundlichen Entgegenkommen danke ich die folgenden Tabellen über die Festigkeitsverhältnisse der Flachsstengel, der Rohfaser und der hier- aus berechneten Festigkeit der einzelnen Bastzellen 2). Diesen beiden Tabellen ist auch der Einlluß der Stengelhöhe (nämlich der in ver- schiedenen Höhen des Stengels über den Keimblättern liegenden »Stengel- zonen«) und Stengel dicke auf die Festigkeitsverhältnisse des Flachses zu entnehmen. Die zweite Tabelle enthält auch Zahlen über das Ver- I. Allgemeine Festigkeitsverhältnisse des Flachsstengels und seiner Bastfasern. Stengelzone über d. Keim- Stengelfestigkeit Ungleich- Reißlänge in km Festigkeit einer Bast- blättern in cm 1 in kg mäßigkeit in Proz. des Stengels der Faser zelle in g 0—10 ! 9,32 1 23,8 9,8 1 55,4 26,0 10 — ^20 15,97 6,0 19,6 76,8 i0,5 20 — 30 15,62 9,5 22,2 81,0 18,0 80—4 0 13,74 10,8 22,0 79,6 14,9 40—50 13,16 12,7 24,4 89,8 14,2 50 — 60 9,69 25,4 20,1 1 84,1 13,6 60—70 4,6 34,8 13,9 j 73,2 13,6 Einspannlänge 5 cm. In der Keimblattachse und "Wurzel konnten die Festigkeitsverhältnisse nicht einwandfrei ermittelt werden; praktisch ist dies jedoch belanglos, da die genannten Teile infolge ihrer Sprüdigkeit für die Flachsbereitung ohnehin nicht in Frage komriien. 1) Herzog, Diö Flachsfaser usw. Trautenau, 1896, p. 11. 2) Diese beiden Tabellen, die zu Lebzeiten Hofrat v. Wiesners noch nicht veröffentlicht waren, sind neben vielen anderen wertvollen Zusammenstellungen in A.Herzogs Werke >Was muß der Flachskäufer vom Flachsstengel wissen?« (Sorau 1918) enthalten. Siebzehnter AbachniU. F asern. 173 II. Einfluß der Stenseldicke auf die Festigkeit des Flachses. Stengeldicke 1) in mm Gesamtbast in Proz. Stengelfestigkeit in kg Reißlänge des Strohes in km der Faser 0,90—1,-10 1,11 — 1,50 1,51-1,80 1,81-2,20 31,5 28,5 26,7 25,4 7,64 11,76 13,94 17,55 28,3 22,2 ; 20,8 : 16,1 1 89,8 77,8 77,9 6.i,4 Einspannlänge 5 cm. Vorstehende Angaben beziehen sich auf gutes schlesisches Fiachsstroh der Ernte 1912. Die Farbe der besten Flaehssorten ist eine lichtblonde. Nach Lefebures Methode erhaltener Flachs ist ganz lichtblond, beinahe weiß. Die durch Tauröste gewonnenen Sorten sind grau 2]. Unvollständig ge- röstete Sorten zeigen eine etwas grünliche Färbung, indem das in den Geweben enthaltene Chlorophyll nicht völlig zerstört wurde. Eigentümlich ist die Farbe des unter Mitwirkung von Schlamm durch Kaltwasserröste in Belgien erhaltenen Flachses, welcher stahlgrau gefärbt ist. Am dunkelsten sind die durch Schwarzröste erzielten Sorten. Die Farbe des ägyptischen Flachses ist graugelb mit einem Stich ins Rötliche. — Die blonde oder weißliche Farbe ist den Bastzellen des Flachses eigen- tümlich. Stark gelb gefärbte rohe Flachse enthalten noch viel von den dem Baste außen anhaftenden Parenchymzellen. Untersucht man die grauen, durch Tauröste erhaltenen Flachssorten mikroskopisch, so findet man, daß die Bastzellen glasartig durchsichtig und farblos sind, daß hingegen die anhängenden Nachbargewebe, vorwiegend Parenchym, aber auch kleine Oberhautreste, stark mit Pilzsporen durchsetzt, von meist dunkel olivenbraun gefärbten Pilzmycelien durchzogen sind. Diese Pilz- vegetationen entstanden bei der Röste, und es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, daß sie den Prozeß der Isolierung des Bastes sehr be- förderten, indem die von ihnen durchsetzten Gewebe stark demoliert wurden. Ich darf nicht unerwähnt lassen, daß ich in einigen wenigen Bastzellen eines solchen grauen Flachses auch eingedrungene Pilzmycelien 1) Bezogen auf die Zone 20 — 30 cm. 2) Über die Ursachen der natürlichen Färbung der pflanzlichen und tierischen Faserstoffe siehe auch A. Herzogs vorläufige Mitteilung in den »Mitteilungen der Forschungsstelle Sorau des Verb, deutscher Leinen-Industrieller«, Nr. 1, 1919, p. 2, wo genannter Forscher die Färbung des wassergerösteten Flachses auf Oxydations- wirkungen durch Fermente und die des taugerösteten Flachses auf gefärbte, den Fasern aufgelagerte Fremdstoffe zurückführt. 174 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. gesehen habe. Es ist immerhin möglich, daß bei Tauruste ein Teil der Bastzellen durch Pilze zerstört wird. Auch möchte ich noch betonen, daß durch Tau- und Wasserröste erhaltene Flachse außer den genannten Pilzsporen und Pilzmycelien noch andere Fermentorganismen, insbe- sondere Bakterien, hefenartige Zellen usw. führen, welche beim Rösten beteiligt waren und nicht immer vollständig bei den üblichen Verfahren Glanz. Die besten, sowohl grauen als blonden Flachse sind stark seidenglänzend. Besonders sind die italienischen Flachssorten durch hohen Glanz ausgezeichnet. Starker Glanz wird als ein Zeichen der Güte angesehen und mit Recht, denn alle jene Flachssorten, die von den anhaftenden Geweben befreit sind und aus möglichst gut isolierten Baslzellen bestehen, deren Wände außen stets glatt sind, zeigen einen lebhaften Glanz. Alle mattglänzenden oder gar glanzlosen Sorten (z. B. der ägyptische) enthalten doch noch Reste von parenchymatischen Nachbar- geweben, auch sind ihre Bastzellen nur stellenweise außen von glatten Flächen begrenzt; sehr häufig sind sie außen mit einer feinkörnigen Masse oder mit streifenförmig gestalteten Resten der Mittellamelle bedeckt. Lufttrocken enthält der Flachs 5, 70 — 7,22Proz. Wasser; in mit Wasser- dampf gesättigtem Räume steigt der Wassergehalt bis auf 13,9 — 23,36 Proz. Käuflicher Flachs wird in Rußland und anderen Ländern durch »Netzen« mit Wasser versetzt, um das Gewicht zu vermehren i). Bei der Wert- ermittelung des Flachses muß selbstverständlich auf den Wassergehalt Rücksicht genommen werden. Die Wichtigkeit dieses Gegenstandes (Konditionierung des Flachses) erkennend, hat Prof. Herzog in Sorau durch achtzehn Jahre sehr ein- gehende diesbezügliche Untersuchungen angestellt, welche sich auf die Flachsstengel, auf gerösteten und ungeröstelen Rohflachs, endlich auf ausgehechelten Flachs im gerösteten und ungerösteten Zustand beziehen. Herr Prof. Herzog hat mir die Resultate seiner langjährigen 1840 Konditionierungen umfassenden Studien übersendet und mir die Erlaubnis erteilt, dieselben in den »Rohstoffen« zu verwerten 2). In der folgenden kleinen Tabelle stelle ich in aller Kürze jene auf den Wassergehalt des Flachses bezugnehmenden Daten zusammen, welche mir am wichtigsten scheinen. 1) Schindler, 1. c, p. 48 und 44. 2) Diese Tabelle ist z.T. in Herzog, Was muß der Flachskäufer usw. (Sorau, 1918), z. T. in »Der Wassergehalt der ausgearbeiteten Flachslaser« (Mittl. Forschungs- stelle, Sorau, 1919) enthalten, welch letztere Abhandlung mit sehr lehrreichen und übersichtlichen Schaubildern ausgestattet ist. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 175 Wassergelialt in Proz. I. Flachspflanzeni). M inimum Maximum Mittel Grünrei 1 66,3 79,8 72,0 Gelbreif 58,7 64,9 62,0 Vollreif 45,4 53,7 50,0 Nach dem Trocknen der Gelbreifen 11,2 19,4 13,0 II. Flachsstroh2). Nach dem Riffeln 7,3 18,3 Rasenröste 9,0 17,7 "Wasserröste 8,2 15,4 III. Ausgearbeiteter Flachs (Schwingllachs). a] Rasenröste. Provenienz: Minimum Maximum Häufigste Werte Deutsches Reich u. ehem. Österreich 5,4 13,7 9,9—11,1 Rußland 7,3 15,9 11,1—12,4 Belgien, Holland und Frankreich 5,1 11,9 8 — 9 b) Wasserröste. Provenienz: Deutsches Reich u. ehem. Österreicli 0,4 , 11,8 8—9 Rußland (),6 14,6 9 — 10 Belgien, Holland und Frankreich 5,0 11,2 7-8 F. Ilünig^) ist bei seinen Untersuchungen über den Feuchtigkeits- gehalt von Textilfasern bezügUch des Flachses bei einem mittleren relativen Feuchtigkeitsgehalt der Luft von 43,8 Proz., bei einer mittleren Temperatur von 20,25° G zu folgenden Mittelwerten gekommen, und zwar für gehecheltes Material bei vorangegangener Wasserröste zu 8,52 Proz., bei vorangegangener Taurüste zu 8,72 Proz. und bei vorangegangener Überrüste zu 9,57 Proz. Wassergehalt, bezogen auf Trockensubstanz. Bei Berücksichtigung der Mittelwerte des relativen Feuchtigkeits- gehaltes der Luft für die europäischen Hauptproduktionsgebiete des Flachses hat sich für diesen Faserstoff ein Wassergehalt von ziemlich genau 1 2 Proz. ergeben, welcher Gehalt auch dem im Handel üblichen Zuschlag entspricht. Die völlig getrocknete Faser gibt 1,18 — 5,93 Proz. kristalli'reie Asche. Die höchsten Werte für Wasser- und Aschenmenge wurden beim ägyp- tischen Flachs konstatiert. Die Trockensubstanz des Flachses enthält Zellulose (über den Zellu- losegehalt der Bastzellen des Flachses s. oben p. 1 69), ein bei gewöhn- licher Temperatur festes Fett (Flachswachs), dessen Menge 1,6 — 2,1 Proz. 1) Unmittelbar nach dem Raufen konditioniert. 2) Nach längerer Lagerung. 3) F. Honig, Beiträge zur Kenntnis der hygroskopischen Eigenschaften der Textilfasern unter Berücksichtigung der Entwicklung der Trocknungsapparate, -ver- fahren und -anstalten. (Forschungsarbeiten v. deutsch. Forschungsinstitut für Textil- industrie in Dresden, Heft 3, 4, 5. Dresden 1918, 190 S.) 176 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. beträgt, Eiweißkörper (ca. 4 Proz.), Zucker und zahlreiche stickstofffreie Extraktivstoffe (Pektinkürper, Gerbstoffe, Farbstoffe usw.i)). Handelssorten des Flachses. Die Zahl derselben ist eine große. Es können hier nur die wichtigeren Sorten genannt werden. Auf eine genaue Charakteristik muß wohl verzichtet werden, da nur sehr wenige Sorten durch unverrückbare Eigentümlichkeiten ausgezeichnet sind. Zu den besten Flachssorten gehören die belgischen Produkte. Die besten belgischen Sorten sind blond, fein, langfaserig. Andere sind stahlgrau, und gerade diese lassen sich leicht vollkommen bleichen. Hierher gehören auch die dunklen durch Schwarzröste (s. oben p. 166) erhaltenen Flachse. Früher hat man allen anderen die irischen Sorten vorangestellt. Bei schöner Farbe (lichtblond), Feinheit und Weiche im Anfühlen, wird ihnen auch hohe Festigkeit nachgerühmt. Später rügte man die schlechte Zubereitung der irischen Flachse und sprach viel vom Niedergang des Flachsbaues in Irland 2). Die in neuerer Zeit von Italien in den Handel gesetzten Flachse zeichnen sich vor allen anderen durch schönen und stark seidigen Glanz, ferner durch sorgfältige Zubereitung des Reinflachses aus. Auch die besten französischen und holländischen Flachse werden in der Reihe der feinsten genannt. — Die längste aller im Handel erscheinenden Flachssorten ist die ägyp- tische (Ben Said, alexandrinische). Ihre Länge beträgt 1,0 — 1,3 m, nach einigen Angaben auch noch darüber. Diese Sorte ist an den langen, matten, graugelblichen, ins Rötliche fallenden Fasern zu erkennen. Die Faser ist grob, schwierig rein zu bleichen, aber fest und wird deshalb nur zu grober, ungebleicht bleibender Leinwand verarbeitet. Die ägyptischen Flachse sind sehr hygroskopisch und reich an Mineral- bestandteilen. Zu den langen, aber nicht zu den feinen Sorten zählen der Petersburger, Rigaer, Königsberger, böhmische und schlesische. Libauer, österreichischer, Kärntner und Tiroler Flachs sind stark, aber häufig nur von mittlerer oder geringer Qualität. Die amerikanischen Sorten (Minnesota-, Dakotaflachs) können selbst mit den mittleren europäischen Sorten nicht konkurrieren. Der Flachsimport nach Amerika ist gering, da die Baumwolle den Flachs dort nicht aufkommen läßt 3). 1) Über die chemische Beschaffenheit des Flachses s. Näheres bei Herzog, Die Flachsfaser usw. (1896), p. IGff. 2) »Flachs und Leinen«, III, p. 349, 417. 3) Ebenda, IV, p. 41. Über Flachskultur in Nordamerika und über amerika- nische Flachsarten. Dodge, The present state of flax culture in the Unit. St. Dept. ofAgric. 1894, p. 174ff., und Dodge, A Report on Flax culture for Seeds and fihre in Europe and America. U. S. Dep. of Agric. 1898. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 177 Die Haupthandelsplätze für Flachs (und Hanf) sind nach Glafeyi) für Rußland: Riga, Dünaburg (üwinsk), St. Petersburg, Moskau, Archangel, Pskow; für Irland: Belfast; für Belgien: Gent; für Frankreich: Lille; für Österreich: Trautenau; für Deutschland: Landshut (Liegnitz). Über Einfuhr und Ausfuhr des Flachses (und Hanfes) insbesondere in bezug auf Deutschland s. Leipziger Monatsschrift für Textilindustrie und die verschiedenen Jahrgänge von »Der deutsche Leinen-Industrielle. Mikroskopische Kennzeichen der Flachsfaser^). Um eine genaue Kenntnis der morphologischen Eigenschaften der Leinenfaser zu gewinnen, ist zunächst erforderlich, die unveränderte Bastzelle des Flachses mit der im gehechelten, versponnenen und verwebten Flachse auftretenden zu vergleichen. Die unveränderte Leinbastzelle kann man leicht zur Anschau- ung bringen, wenn man Abschnitte des Flachsstrohs im Wasser durch einige Minuten kocht. Zieht man dann die Rinde vom Stengel ab, so haften teils an dieser, teils am Holzkörper die völlig isolierten Bastfasern; man findet viele freie Enden der Fasern und kann die einzelnen Zellen mit der Pinzette leicht fassen und unter das Mikroskop bringen. Diese Bastzellen sind mehrere Zentimeter lang und erscheinen unter dem Mikroskop, abgesehen von einer Andeutung von Schichtung, strukturlos (Fig. 34 J.). Hin und wieder sieht man quere oder schiefe Linien (Fig. 3iB, C, ss), welche man früher als Porenkanäle gedeutet hat. Porenkanäle kommen aber in der Wand der Flachsbastzellen nicht vor. Die genannten Linien sind zarte die Zellhaut durchziehende Bruchlinien und haben mit dem Strukturverhältnis der Bastzelle nichts zu tun. Querwände anhaftender Parenchymzellreste geben auch Veranlassung zum Auftreten von queren oder etwas schrägen Linien an der Leinenbastzelle. Ein anderes Bild bekommt man, wenn man die Bastzellen des 1) Glafey, Die Rohstoffe der Textilindustrie, Leipzig IQIO. 2) Wiesner, Technische Mikroskopie, 1867, p. lOOff. Rohstoffe, I.Aufl., p. 369 — 372. Wiesner, Die mikr. Unters, des Papiers mit besonderer Berücksich- tigung der ältesten orientalischen und europäischen Papiere. (Aus Papyrus Erzherzog Rainer.) Wien -1887. Daselbst auch die ältere Literatur. Vetillard, Etudes sur les fibres textiles. Paris 1876. A. Herzog, Beiträge zur Kenntnis der Flachsfaser. Österr. Chemikerzeitung, 1898, Nr. 1 0 und 11. T. F. Hanausek, Lehrbuch der technischen Mikroskopie. Stuttgart 1900. v. Höhnel, Die Mikroskopie der techn. verwendeten Faserstoffe. Wien und Leipzig 1887. 2. Aufl. 1903. A.Herzog, Mikrophotographischer Atlas der technisch wichtigen Faserstoffe, München, Ober- netter 1908. Korn, Untersuchungen über die technisch-mikroskopische Unterschei- dung einiger Fasern, insbesondere der Leinen- und Hanffaser. Dissertation, Techn. Hochschule, Dresden 1909. P. Sonntag, Torsionserscheinungen der Pffanzenfasem beim Anfeuchten und die mikroskopische Unterscheidung von Hanf und Flachs. (Jahres- ber. f. ang. Botanik, Berlin 1911, IX, p. 140—163.) Wie sner, Rohstoffe. III. Baud. 3. Aufl. jo 178 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. gehechelten, versponnenen oder des im Gewebe bereits ausgenützten FJachses betrachtet. Die Bruchlinien sind schärfer, reichlicher, und stellen- weise sieht man die Zelle knotenförmig aufgetrieben (Fig. 34 5, C, SS). In den Knoten erscheinen die Verdickungsschichten der Zellen auseinander- gebrochen, voneinander getrennt. Nunmehr wird man leicht erkennen, daß die in den Knoten getrennt erscheinenden Verdickungsschichten der Zellhaut über und unter den Knoten sich häufig fortsetzen und als mehr oder minder reicblich auftretende Längsstreifung der Faser sich zu erkennen geben. Eine Andeutung dieser Längsstreifung ist hin und wieder auch an den unveränderten Baslzellen zu finden. Die Knoten entstehen durch die mechanischen Angriffe bei der Gewinnung und Verarbeitung der Flachsfaser und sind in verschiedenem Grade aus- gebildet. Eine Vorstufe der Knoten- bildungen sind die von v. Höhnel aufgefundenen »Verschiebungen« der Zellwandschichten (Fig. 35, l). Je stärker die Bastzelle des Leins mechanisch angegriffen wurde, desto stärker treten die Zerklüftungen in Form von »Verschiebungen «, Knoten und Zerreißungserscheinungen her- vor. In den besten belgiscben und auch sonst in guten Flachssorten finden sich viele fast noch gar nicht angegriffene Bastzellen vor, die sich also der natürlichen unverletzten Faser nähern. Für die genaue Kenntnis der morphologischen Eigenschaften der erforderlich, die Ausbildung derselben in Flachsstrohs zu verfolgen. Es ist hier der Flachs stets gerauft wird, also der Die Fig. 34. A, Vergr. 200, £, C, 400. Bruchstücke von Leinenfasern. A in völlig unverändertem, i), ein mechanisch bereits angegriffenem Zustande, s streifen (zumeist Brnchlinien, doch auchmanch- raal auf anhaftende Querwände von Parenchym- zellen zurückzuführen), ^' 6' stärker hervortretende Bruclistellen der Faser (»Knoten«). Wiesuer, Papyrus Erzh. Rainer. Leinenfaser ist es besonders verschiedenen Höhen des vor allem zu beachten, daß geriffelte Flachs aus einem Wurzel- und einem Stengelteil besteht Bastzelle ist nun ein mechanisches Element, welches in erster Linie der Biegungsfestigkeit des Stengels dient und in der druckfest konstruierten Boden Wurzel entweder fehlt oder nur in geringer Menge vorkommt. Die Wurzel der Leinpflanze ist arm an Bastzellen i). Diese Wurzelbast- l) Nach Herzog (h c. p. lO, österr. Chemikerzeitg. 1898) fallen auf den Wurzel, querschnitt 35, auf den Stengelquerschnitt (abgesehen von dem oberen Ende) 530 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 179 Zellen haben allerdings normale Länge, sind aber sehr weitlumig, ver- hältnismäßig dünnwandig und besitzen im Vergleiche zu den Bastzellen des Stengels einen bis doppelt so großen Durchmesser. Im Stengel des Flachsstrohs stimmen die Bastfasern im großen und ganzen überein, nur im untersten Stengelteile nähern sich die Bastzellen in Form und Größe den Wurzelbastzellen, und im obersten sind sie unreif, nämlich verhältnismäßig dünnwandig, mit noch proto- plasmareichem Inhalte. Die Fasern des obersten und untersten Stengelteils und der Wurzel gelangen bei der Flachsbereitung gewöhnlich in dasWerg, undnur in den ge- ringsten Flachssorten sind sie zu finden. Im Reinflachs und in den daraus erzeugten Gespinsten und Geweben erscheint nur die dick- wandige, also die spezifische Bastzelle des Flachsstengels; die Bastzelle der Wurzel, des unter- sten und obersten Stengelteiis fehlt. Es ist also bei der Unter- suchung des Flachses und der Leinenprodukte in erster Linie auf die spezifische Bastzelle, des Flachses zu achten. Wir wollen diese Bastzellen als »Rein- flachsfaser« bezeichnen. Die Reinflachsfaser hat im unveränderten Zustande eine sehr regelmäßige Gestalt i). Ihre Grenzfläche ist abgerundet prismatisch bis fast zylindrisch, nach den Enden zu kegelförmig; die Enden sind in der Regel lang zuge- spitzt, seltener anders gestaltet, nämlich entweder etwas abgeflacht oder kurz vor einem scharf zugespitzten Ende etwas aufgetrieben. Der Quer- 13m i Fig. 35. Vergr. 200 tzw. 400. Leinenfaser, l Längs- ansicM mit Verschiebungen v ; q Quei schnitte, e spitzes Ende der Faser. (Nach v. Höhnel.) bis 550 Bastzellen. In dem von Herzog herausgegebenen Werke »Mikrophotogra- phischer Atlas der technisch wichtigen FaserstofTe«, München 1908, sind neben den normalen Flachsbastzellen die abweichend gebauten ßastzellen der Wurzel, der oberen und unteren Stengelenden und der hypokotylen Stengelglieder abgebildet, Bastzellformen, welche im Reinflachs nicht oder nur ausnahmsweise erscheinen. ■1) Über den Verlauf der Dickenzunahme der Flachsbastzelle vgl. oben bei Baumwolle p. 122. 12* 180 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. schnitt weicht oft mehr oder weniger von der Kreisgestalt ab. Der Innenraum der Zelle ist fast immer nur sehr klein und erscheint fast stets nur auf eine dunkle Linie reduziert. Durch Anwendung von Isolierungsmitteln (Kalilauge oder Chromsäure; auch durch Kochen in Wasser) kann man sich überzeugen, daß diese Baslzellen stets eine bedeutende Länge haben, welche fast immer 2 — 4 cm beträgt, aber auch darüber hinaus steigt 1). Über die Dimensionen des I ^ "Ml \ "l Querschnittes der Flachsbastzellen ist viel geschrieben worden. Häufig fin- det man noch Schachts Angabe^) aufgeführt, daß ihr Querdurchmesser 4 — 6 -^^ mm (=10— 15,«) beträgt. Nach meinen Untersuchungen beträgt die maximale Breite der Reinflachsfaser 12 — 26, zumeist 15 — 17/<3). Strukturverhältnisse sind, wie schon erwähnt, an der unveränderten Flachs- bastzelle fast gar nicht zu beobachten. Am Querschnitt tritt zarte Schichtung der Zellhaut auf, welche auch in der Längsansicht der unveränderten Flachs- faser angedeutet ist. Die auf dem Quer- schnitt der Flachszelle erscheinenden gemeinsamen Außenhäute (Mittellamel- len) sind zart und färben sich nach V. Höhnel mit Chlorzinkjod blau. (Vgl. bei Hanf und Jute.) — ;•/!? I Fig. 36. Vergr. 550. A Fragment einer Flachsbastzelle nach kurzer Behandlung mit 1,4 proz. Schwefelsäure gekocht, wobei eine steile, schiefe Streifung zu erkennen ist. B F'ragment einer Flachshastzelle nach Be- handlung mit 50proz. Kalilauge. Stellen- weise Erweiterung des Lumens mit Proto- plasma erfüllt, »Protoplasmaknötchen«. (Nach F. Keinitzer.) -1) Sehr zahlreiche Messungen über die Länge der Flachsbastzellen sind von Herzog (1. c.) angestellt worden. Diese Längen betrugen in der Ilauplwurzel der Leinpflanze im Mittel r),3 cm im unteren Teile des Flachsstrohs » » 5,3 » im mittleren Teile des Flachsstrohs im Mittel im oberen >^ » » » » 4,6 4,3 2) Die Prüfung der im Handel vorkommenden Gewebe p. 22. 3) 4. Aufl. p. 369. Diese Werte stimmen genau mit den später von V. Höhnel meist 25 — 30 fj) (1. c, p. 34) angegebenen überein. Vetillards Angaben (15 — 37 beziehen sich wohl auf alle Bastzellcn des Flachsstrohs, gewiß auch auf verletzte, auseinandergebrochene, welche stets breiter als die unverletzten erscheinen. Nach Herzog (1. c.) beträgt die mittlere Breite der Bastzellen des mittleren Stengelteiles "i1,1 fi; in der Wurzel ist die mittlere Breite 52,5, im unteren Stengelteile 30,9, im oberen Stengelteile 19,3 ,m. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 181 ;i. V F. Reinitzeri) hat \9\] mitgeteilt, daß die Flachsbastzelle auch durch eine feine Längsstreifung charakterisiert sei, welche, im Mikro- skop gesehen, sehr steil in der Richtung von rechts unten nach links oben verläuft und bei Anwendung von Quellungsmitteln deutlicher wird (Fig. 36^). Auch zeigt nach Reinitzer der Innenraum der Flachsbast- zelle hin und wieder stellenweise Erweiterungen, welche mit Protoplasma erfüllt sind (»Protoplasmaknütchen«) (Fig. 36 B^ a.). Diese erweiterten Hohlräume, bzw. die »Protoplasmaknötchen« sollen für die Leinenfaser charakteristisch sein, der Hanffaser hingegen fehlen, so daß nach der Ansicht Reinitzers hierin ein neues Kennzeichen gegeben ist, welches die Leinenfaser von der Hanffaser unter- scheidet. Durch Kupferoxydammoniak wird die Zellwand der Flachsbastzelle zuerst stark aufgetrieben, so daß der Durch- messer der Zelle oft eine Grüße von 55 1.1 annimmt. Die Membran erscheint dabei gerade oder schief parallelstreifig und manchmal, wegen der größeren Resistenz der äußeren Zellwandpartien gegenüber den inneren, sogar blasen- fürmig aufgetrieben. Die blasenfürmige Auftreibung der Zellwand bei Einwirkung dieses Reagens kann mithin nicht als Unterschied zwischen Baumwollen- und Leinenfaser gelten (vgl. hierüber bei Baumwolle p. 121). Die Zellwand ver- fließt nach kurzer Zeit im Reagens, und nur ein nie fehlender Protoplasmarest bleibt als dünner, etwas gelblich gefärb- ter, selten gerade gestreckter, in der Regel wellig (Innenschlauch) in der blauen, schleimigen Masse zurück 2). Nach einiger Zeit wird der Innenschlauch zerstückelt und schließlich in eine fein- körnig-gelatinöse Masse verwandelt (Fig. 37). Wenn Reste der Interzellular- substanz (Mittellamellen) den Bastfasern anhaften (im Werg oder in ge- ringen Flachssorten) und diese noch rund umgeben, so werden dieselben S L / Fig. 37. Vergr. 400. Fragmeut einer Leinen- bastzelle nacli Behandlung mit Kupferoxyd- ammoniak. i Innenschlaucli, i'i' nach Ein- wirkung von Kupferoxydammoniak zurück- bleibende Reste der Innenschläuche. \) Friedrich Reinitzer, Beitrag zur Kenntnis des Baues der Flachs- und Hanl- faser. Archiv für Chemie und Mikroskopie, IQH, Sonderabdruck, p. 2. 2) Die wellenförmige Krümmung des Innenschlauches kommt durch Verkürzung der quellenden Zellulosemasse, mit -welcher der Schlauch in der Regel noch innig verbunden ist, zustande (s. oben p. \M). 182 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. durch das Kupferoxydammoniak in feine Körnchen zersprengt oder er- scheinen in einer Andeutung von Faltung ähnlich wie bei der Ramiefaser (s. unten Fig. 54, p. 220), niemals in jener scharf ausgesprochenen Faltung wie beim Hanf (s. unten beim Hanf). — Jod und Schwefelsäure bläuen die Faser, Ghromsäure bringt sie unter starker Abminderung des Licht- brechungsvermögens nach längerer Zeit in Lösung. Gute Flachssorten bestehen aus unverholzten Bastfasern, welche durch Phlorogluzin + Salz- säure nicht gefärbt werden. Die natürliche Bastfaser des Flachses ist nicht oder nur schwach tK>^] J~"^T 1 Ti r— — r^ verholzt (besonders die Bastfaser der Wurzel), aber bei der Röste verschwindet die Holzsubstanz, und nur an sehr geringen Flachssorten macht sich stellenweise eine schwache Verholzung bemerkbar ^j. Die dem ge- brochenen Flachse anhaftenden Gewebs- reste des Flachs- stengels , wie Ober- haut, Parenchym und Holzgewebe, sieht man, wie schon oben mitgeteilt wurde, wenn man die Faser mit Reagenzien be- handelt. Phlorogluzinsalzsäure färbt die dem Holzkürper des Flachs- stengels angehörigen Teile intensiv rotviolett. Kupferoxydammoniak läßt all die genannten Gewebe ungelöst. Jod und Schwefelsäure färben die Bastzellen blau, die übrigen anhaftenden Gewebe hingegen gelb bis braun. Mikroskopisch läßt sich das Holzgewebe der unreinen Flachs- faser sehr leicht an den verhältnismäßig dünnwandigen, etwa 12// breiten, gewöhnlich mit einer Reihe kleiner Tüpfel versehenen Holzzellen und an den Gefäßen, von denen besonders scharf die etwa \ 8 // breiten Spiralgefäße hervortreten, erkennen. Schwieriger ist es mit dem direkten mikroskopischen Nachweis des Parenchymgewebes, von welchem man an . Vergr. 300. Oberhaut des Flachsstengels (in der Flächen- ansicht) mit Spaltöffnungen, s Schließzellen, n Nehenzellen der SpaltöiFnungen. oo Oberhautzellen. (AusWiesner, Papyrus Erzherzog Eainer.) 1) Über die spezifische Doppelbrechung der Flachsbastzelle s. oben p. 9 ff. I Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 183 manchen Bastzellen noch Reste der Zellwand anhaften sieht; sie erscheinen in Form von Linien, die die Flachsbastzelle meist quer durchsetzen. Gewöhnlich ist aber das Parenchymgewebe bis zur Unkenntlichkeit zer- drückt und zerrissen. Auch das Oberhautgewebe ist oft stark angegriffen. Es erscheint gewöhnlich in Form von dünnen, gelblichen Schuppen, an welchen bei sorgfälliger Präparation und genauer Beobachtung sowohl die Oberhautzellen als auch die Spaltöffnungen erkennbar werden (Fig. 37). Bei Untersuchung geringer Flachssorten, von Werg (Hede) und daraus erzeugten Garnen (Tow- oder Werggarn) ist zu beachten, daß darifi Bastzellen der Wurzel und der unteren und oberen Stengelteile, ferner die eben genannten der Rinde und dem Holze der Flachsstengel ange- hürigen Bestandteile, wenn auch nur in kleiner Menge, zu finden sind, was die Erkennung solcher Produkte sehr erleichtert i). Die Verwendung der rohen Flachsfaser zu Gespinsten ist bekannt 2). Der Flachs wird als solcher nicht gebleicht, sondern erst nachdem er versponnen oder verwebt wurde. Die Flachsfaser läßt sich in der Regel ausgezeichnet bleichen; nur grobe Sorten (z. B, ägyptischer) setzen dem Bleichverfahren einige Schwierigkeiten entgegen. Gebleichte Leinengarne und -gewebe lassen sich bekanntlich nicht so leicht wie Baumwollen- garne und -gewebe färben; erstere werden deshalb hauptsächlich im ungefärbten Zustande verwendet. — In neuerer Zeit wird die rohe Flachsfaser auch in der Fabrikation von Wertpapieren benutzt. Aus Flachswerg und Abfällen der Flachsbereitung wird nach einem bestimmten Verfahren eine Faser abgeschieden, welche mit Wolle versponnen wird und den Namen Kosmosfaser führt. Nach v. Höhnet werden auch die Abfälle der Hanf- und Juteerzeugung zur Erzeugung von Kosmosfaser verwendet^). 1) A. Herzog macht darauf aufmerksam, daß die Bastzellen des russischen Steppenflachses sich von denen des gewöhnhchen Flachses dadurch unterscheiden, daß sie im Bau sehr an die Bastzelle des Hanfes erinnern, namentlich wegen der Weite des Lumens und des schärferen Hervortretens der Schichtung. Die Samen des russischen Steppenflachses sollen zur Verfälschung der russischen Leinsaat (aus den russ. Ostseeprovinzen) verwendet werden, und so soll es kommen, daß die Fasern dieses Flachses hin und wieder auch in unseren Leinengeweben erscheinen. Da sich die Bastfasern des russischen Steppenflachses aber nur zu sehr geringen Geweben verwenden lassen, so wird man wohl in den Leitelementen, welche dem Flachsstengel angehören, Mittel haben, um diese Zellen, trotz ihrer Ähnlichkeit mit den Hanfbast- zellen, als Flachsbast^ellen zu erkennen. Übrigens fehlen an den Bastzellen des Steppen- flachses einige der wichtigsten Kennzeichen der Hanfbastzelle (s. unten bei Hanf). Alois Herzog, Zur Kenntnis d. russischen Steppenflaches, Textil- u. Färbereizeitung, Braunschweig 1904. 2) Während des Weltkrieges war es wichtig, daß sich glatte Leinengewebe für die Herstellung von Aeroplanflügeln eigneten. 3) F. V. Höhnet, Mikrosk. d. Faserstoffe, 2. Aufl. (1905) p. 83 ff. 184 Siebzehnter Abschnitt Fasern. In der letzten Zeit machten die Bestrebungen nach VerbaumwoUung (Kontonisierung) der Flachs- und Hanffaser viel von sich reden. Tech- nisch ist es unstreitig möglich, die Faserbündel dieser beiden Pflanzen so zu zerlegen, daß die Einzelfasern auf Baumwollmaschinen versponnen werden können, praktisch hat aber vorläufig diese Verbesserung keine sonderliche Bedeutung i). Geschichtliches. Der Flachs ist die am längsten bekannte vege- tabilische Gespinstfaser. Im alten Ägypten wurde Flachs versponnen und verwoben, wie die durchaus leinenen Mumienhinden bezeugen (s. oben p. 134). Die Verwendung des Flachses als Gespinstpflanze bei den Pfahlbauern ist gleichfalls sichergestellt 2). Den alten Griechen war Flachs als Xivov^ den alten Römern als l'inum bekannt'^). Diese Worte wur- den, wie im Deutschen, sowohl auf die Leinpflanze als auch auf die Faser und deren Spinn- und Webeprodukte angewendet. Die bei den Römern behufs Flachsgewinnung vorgenommenen Prozeduren (raufen fvellere], rösten imacerare], brechen [frangere], hecheln [digerere]*) stimmen schon mit der heutigen Flachsbereitung im wesentlichen überein. Die massen- hafte Einfuhr billiger vegetabilischer Textilstoffe, namentlich der Baum- wolle und der Jute, führte zu einer Wendung in der Flachsindustrie^ der Flachs kann sich als Welthandelsprodukt nur halten, wenn er als veredeltes Produkt auf dem Markte erscheint, in welcher Form er unter den übrigen vegetabilischen Spinnstoffen noch keine Konkurrenten hat. 5. Haut'. Der Hanf [chanvre^ franz.; hemp, engl.) besteht aus den Bastzellen der Hanfpflanze, Cannahis sativa, deren Samen auch der Ölgewinnung dienen. Seit Jahrhunderten wird dieser Spinnstoff allenthalben in Europa gewonnen. Auch Afrika (insbesondere Ägypten und Algier), Nordamerika (besonders Kentucky) und in neuerer Zeit auch Australien liefern Hanf. Cannahis sativa ist die einzige Spezies der schon von Tournefort aufgestellten Gattung Cannahis. Außer Cannahis sativa wird als Stammpflanze des Hanfes auch C. indica genannt. Aber diese Pflanze ist nur eine tropische Kulturform der ersteren. Die unterscheidenden Merkmale gegenüber Cannahis sativa sind so geringfügig, daß man sie 4) Schürhoff in Mittig. der Forschungsstelle Sorau, IQIO, p. 7 u. »Neue Faser- stoire<, I, 1919, p. 7. 2) 0. Heer, Ueber den Flachs und die Flachscultur im Alterthume. Eine kultur- historische Skizze. Neujahrblatt d. naturf. Ges. in Zürich 1872. 3) Über Lein bei den Römern und Griechen s. die reichlichen Nachweise bei II. Blümner, Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern I. Leipzig 1875. Zweite AuQ., Bd. I, 1912, p. 191fP. 4) Plinius, XIX, 16—18, linuni betreffend. Siebzehnter Abschnitt,. Fasern, 185 als besondere Spezies fallen gelassen hat, wenn auch die indische Hanf- pflanze durch Reichtum an narkotischen Bestandteilen sich von der gewöhnlichen Art unterscheidet und deshalb nicht nur zur Darstellung von betäubenden Genußmilteln (Bhang, Ghurrus, Haschisch usw.), sondern auch als Medikament (Ganja oder Guaza; Summitates Cannabis indicae der Pharmakopoen) dient. Cannabis indica gibt nur eine verholzte, steife, wenig brauchbare Faser, welche in Indien fast gar keine Ver- wendung findet 1). Am richtigsten scheint es wohl, Cannabis indica und C. sativa als Produkte verschiedener Kultur einer und derselben Pflanze zu betrachten. Erstere wird als eine Pflanze kultiviert, bei der es in erster Linie auf den Reichtum an narkotischer Substanz ankommt, hingegen wird bei der letzteren auf reichlicheren Faserertrag das Hauptaugenmerk gelenkt. Als Heimat des Hanfes wird gewöhnlich Persien angegeben 2). Nach Engler findet sich der Hanf wild in den vom Kaspischen Meere südlich gelegenen sumpfigen Gebieten 3). Die Urheimat des Hanfs scheint aber Indien zu sein, wo die Pflanze durch Kultur sich zur Form C. indica umgebildet hat, während sie in nördlichen Gebieten durch Kultur als Faser- und Ölpflanze zu unserem Hanf wurde (s. Geschichtliches). Sieht man von dem sehr spärlichen Vorkommen männlicher Blüten auf weiblichen Hanfpflanzen ab, so ist der Hanf als zweihäusiges Ge- wächs anzusehen. Man kann mithin männliche und weibliche Pflanzen unterscheiden, die man in allen Hanf bauenden Ländern genau kennt und mit besonderen Namen belegt. Die männliche Pflanze nennt man Sommerhanf, Hanfhahn (Preußen), Femel oder Fimmel, Staubhanf, Geige (Holland), die weibliche Winterhanf, Hanfhenne (Preußen), Bästiing (in Österreich Bösling). Geringe Hanfe weiblicher Pflanzen heißen in Niederösterreich Sämling. Den männlichen Hanf kann man, da er keine Nebennutzung gewährt, zu einer Zeit aus dem Boden nehmen, in welcher er für die Fasergewinnung am tauglichsten ist. Er wird dicht gesät ^) Royle, 1. c, p. 252. — Nach Watt, Econ. Prod. of India IIF, Nr. 62 (4883) wird Hanf als Faserpflanze in Indien nur selten gebaut. In Watts neuestem Werke über ökonomische Produkte Indiens (Commerc. Products of India, London 1908, p. 253 ff.) wird auf die Kultur des Hanfes in Nordwest-Himalaya und Sind als Faser- pflanze hingewiesen, ferner auf die Versuche auch in anderen Gebieten Indiens, den Hanf, als Faserpflanze zu bauen, u. a. unter Anwendung von europäischem Saatgut. Der Verfasser macht indes selbst aufmerksam, daß die Berichte über indische Hanf- kultur häufig unzuverlässig sind, da unter Hanf (hemp) in Indien auch die Faser anderer Pflanzen verstanden werde. 2) Humboldt, Ansichten der Natur, 3. Aufl., II, p. 4. 3j Zusätze zuHehn, Kulturpflanzen, 6. Aufl. (1894), p. 180. Daselbst auch der Hinweis auf Standortsangaben von Bunge nach Gay, Bull, de la soc. bot. de France, 1860, p. 30ff. S. auch Engler, Notizblatt des Berliner Botan. Gartens, 1904. 18ß Siebzehnter Abschnitt. Fasern. und liefert eine feinere Hanfsorte als die weibliche Pflanze. Von dieser wünscht man aber nebst der Faser auch die Samen zu erhallen und läßt sie deshalb so lange auf dem Felde, bis die Reife der Samen beginnt. Die Samen solcher Pflanzen eignen sich wohl zur Ölpressung, können aber nicht als Saatgut verwendet werden. Um Hanfsamen von ge- nügender Keimkraft zu gewinnen, muß die Pflanze bis zur vollendeten Fruchtreife am Felde stehen bleiben; die Faser solcher Pflanzen ist nicht mehr brauchbar. Die Rücksichten, die man beim rationellen Hanfbau auf die möglichste Ausnutzung der weibUchen Pflanzen nehmen muß, bringen es mit sich, daß diese im allgemeinen geringere Hanf- sorten als die männlichen Pflanzen liefern. Aus freistehenden weiblichen, rechtzeitig geernteten Pflanzen kann indes ein sehr fester Hanfi) abge- schieden werden. Männlicher Hanf wird wie die Flachspflanze aus dem Boden gezogen (gerauft), weiblicher meist (mit der Sichel) geschnitten. Wie der Flachs wird der Hanf zunächst geriffelt, dann geröstet oder aber gedörrt, dann gebrochen, geschwungen und gehechelt. Im allgemeinen geht man bei all diesen Prozeduren weniger sorgsam als bei der Flachsgewinnung vor. Die Röste des Hanfes ist gewöhnlich eine kurze 2 — 4 Wochen in Anspruch nehmende Kaltwasserröste. Oft wird eine gemischte Röste angewandt, bei welcher die geriffelten Hanfstengel 8 — 10 Tage im Wasser liegen und auf Feldern oder Wiesen zu einer Nachröste ausgelegt werden. Auch eine bloße Tauröste wird angewendet, wobei häufig ein sehr dunkles Produkt, der Schwarzhanf erhalten wird. Diese dunkle Farbe wird durch Cladosporium-diVW^e Pilze bedingt 2). Die Hanfröste ist wie die Flachsröste 3) eine durch Mikroorganismen bedingte Pektingärung*). Beim Hecheln erhält man Reinhanf und Werg. Das Werg wird häufig von den anhängenden nichtfaserigen Teilen (Schabe) unter Anwendung von Sieben gereinigt. In neuerer Zeit hat man versucht, Hanf auch ohne Röste abzuscheiden, indem man die durch einen warmen Luftstrom getrockneten Stengel gleich auf bestimmt eingerichteten mechanischen 1) Über Kultur und Gewinnung des Hanfes s. F. Camp eil, A treatise on the cultivation of flax and hemp, Sydney 1868. Carcenac, Du coton, du chanvre usw. Paris 1869. Brinkmeier, Der Hanf, 2. Aufl., Ilmenau 1886. Marquart, B., Der Hanfbau, seine Verbreitung, seine Bedeutung und sein Betrieb. Thaer-Bibl., Berlin, Parey. 2) Lafar, Technische Mykologie, Bd. HI ,1904—6), p. 269. •3) In der Regel wirken bei der Hanfröste spontan auftretende Fermentorganismen mit. Versuchsweise läßt man in Italien die Kaltwasserröste des Hanfes u ter Ein- wirkung von reinkultivierten Bakterien (Baeterium Comesii Rossi) vor sich gehen. Es soll dadurch die Zeit der Röste auf die Hälfte abgekürzt werden. Rossi, Annali Scuola Agricultura Portici, 1907. 4) Behrens und Omelianski in Lafar, 1. c. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 187 Brechen verarbeitete, wobei alle Gewebe bis auf den Bast zerbrochen werden und letzterer sich dann rein abscheiden läßt^). Auch wird der Hanf in ähnlicher Weise wie die Jute (s. unten) gewonnen, indem man nach der Rüste den Bast abzieht und sodann, was bei Jute nicht ge- schieht, klopft, wobei ein schäbefreies Produkt erzielt wird (Pellhanf). Die ilanffaser ist im allgemeinen länger als die Flachsfaser. Bei gleicher Feinheit und Festigkeit gilt der längste Hanf als der beste. Gewöhnlich hat der Hanf eine Länge von 1 — 2 m. Die in neuerer Zeit in den Handel getretenen ausgezeichneten italienischen Hanfsorten haben eine Länge von mehr als 2 m. Alle Sorten dieser Faser übertrifft der Riesenhanf von Boufarik (Algier) an Länge; er mißt 3 m und darüber"-). — Die Farbe des Hanfs wird als Zeichen der Güte betrachtet. Die weißlichen und grauen sind die besten, sodann kommen die grünlichen, die matten gelblichen und dunkel gefärbten Hanfsorten sind die geringsten. Der Glanz der Sorten ist erwiesenermaßen ein Zeichen der Güte. Vor allen übrigen ist der italienische (besonders die Bologneser Sorte) Hanf durch starken, seidigen Glanz ausgezeichnet. — Die Feinheit des Hanfes hängt nicht nur von der Glätte des Fadens, sondern auch von der Größe des Querschnittes der Faser ab. Gebrochener Hanf ist fast immer aus bandartigen, breiten Streifen zusammengesetzt. Gehechelt zeigt er verschiedene Grade der Feinheit. Im großen ganzen ist Reinhanf viel gröber als Reinflachs und nur die schönen Bologneser Sorten zeigen eine flachsartige Feinheit. Bei einem mittleren relativen Feuchtigkeitsgehalt der Luft von 43,86° und einer Temperatur von 20,25° C zeigt gehechelter Hanf italienischer Herkunft 9,25 Proz. und solcher russischer Herkunft 9,13 Proz. Wasser- gehalt, bezogen auf Trockensubstanz. Für 100 Proz. relative Feuchtig- keit der Luft wird für obengenannte Faserstoffe 23,9 Proz. bzw. 23,7 Proz. Wassergehalt angegeben 3). Mit schwefelsaurem Anilin behandelt, färben sich selbst die sehr gut durch das Hecheln gereinigten, mithin fast bloß aus Bastzellen be- stehenden Fasern gelblich; die grauen und weißlichen Sorten weniger als die grünlichen und gelben. Aber selbst der ausgezeichnete, flachs- artige italienische Hanf wird durch dieses Reagens gelblich gefärbt. 1) Diese Methode wurde zuerst von Coblenz und Leoni angewendet. S. hier- über Barral in: Bulletin de la societe d'encouragement 1865, p. 705. Über die Eigen- schaften rein mechanisch abgeschiedener Fasern s. oben p. 165. Der »Schleiß- hanf« wird von der frischen Pflanze durch die Hand abgezogen. Stirm, Chem. Technologie der Gespinstfasern, 1913, p. 83. 2) Eine durch Größe ausgezeichnete indische Spielart des Hanfes wird in Gärten unter dem Namen »indischer Riesenhanf« als Ziergewächs gezogen. 3) F. Honig, 1. c. 188 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Analoge Reaktion erzielt man durch Phlorogluzin -|- Salzsäure. Der Hanf ist somit selbst in seinen besten Sorten verholzt, wenn auch nicht in dem Maße wie die Jute. Jod und Schwefelsäure färben die Fasern der besten Sorten rein blau, jene der minderen, stärker verholzten hin- gegen grünlich blau. Alles was an Oberhaut-, Parenchym- und Holz- gewebe der Faser anhaftet, wird durch diese beiden Reagenzien gelb bis braun gefärbt und durch Kupferoxydammoniak nicht aufgelöst, während die aus Bastzellen bestehende Faser durch dieses Reagens zerstört wird. Die größten Hanfmengen produziert Rußland. Die russischen Hanfe sind nicht fein, aber von großer Festigkeit und Resistenz, auch gegenüber dem Einfluß des Wassers. Die ausgezeichnetste aller im Handel erscheinenden Hanfsorten ist entschieden der Bologneser Hanf, dessen Länge bis über 2 m steigt, dessen Glanz seidig ist und der sich durch flachsarlige Weichheit und blonde Farbe von allen anderen Hanfsorten unterscheidet. Dem Hanfbau und der Hanffasergewinnung wird überhaupt in Italien große Aufmerk- samkeit zugewendet i), was -sich ja in der guten Qualität der erzielten Faserprodukte ausspricht. Aber die Einfuhr anderer Faserstoffe, insbe- sondere von Sisal (Blattfaser von Agave sisalana), schränkt jetzt schon die Kultur des Hanfes in Italien ein. Die Anbaufläche ist dort in letzter Zeit tatsächlich klein geworden. Während gröbere italienische Hanf- sorten im Sisal einem gefährlichen Konkurrenten gegenüberstehen, hat sich die Produktion feinerer Hanfsorten gehoben, da dieselben, insbe- sondere zu Bindfäden, durch Sisal nicht zu ersetzen sind. Den besten italienischen Sorten (Bologna, Ferrara) kommt an Güte zunächst der Hanf von Grenoble. Der spanische Flachs (Hanf von Orihuela) wird als sehr fest bezeichnet. Elsaß, Preußen und das Gebiet des ehemaligen Österreich produzieren große Mengen von Hanf, von denen besonders der Straßburger Hanf sich durch Güte auszeichnet und als Spinnmaterial sehr gut verwendbar ist. Seit den vierziger Jahren wird auch in Nordamerika viel Hanf produziert. Die dort gewonnenen Sorten stimmen am meisten mit dem russischen Hanf überein. Man unterscheidet ferner nach der Zubereitung den gebrochenen Hanf als Basthanf, den gehechelten Hanf oder Reinhanf je nach seiner Güte als Spinn- und Schusterhanf und den beim Hecheln abfallenden, kurzfaserigen, unreinen Hanf als Werg, Kodille oder Tors. In ItaUen gewinnt man als Abfall des Reinhanfs ein relativ langfaseriges Werg, 1) W. F. Brück, Studien über Hanfbau in Italien. Tropenpflanzer, XV (1911), p. 1-29 ff. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 189 welches, von Schabe gereinigt, als Streppalura in der Fabrikation von Bindfaden eine ausgedehnte Anwendung findet. Die Gesamtproduktion an Hanf betrug im Jahre 1890 340 und wurde vor einigen Jahren auf beiläufig 500 Millionen Kilogramm geschätzt. Der stärkste Produzent der Ilanffaser ist Rußland (36 Proz.), hierauf folgt ItaUen (9 Proz.), sodann Ungarn, Frankreich, das alte Österreich, Deutsch- land. Letzteres produziert etwa so viel Hanf wie Nordamerika (3,3 Proz.). Infolge der Fasernot während des Krieges ist man in Deutschland wieder für die Steigerung des Hanfanbaues eingetreten i). Da die Hanffaser sich nicht vollständig bleichen läßt, so wird sie meist in ungebleichtem Zustande verwendet. Die vornehmlichste Ver- wendung findet jedoch der Hanf wegen seiner Dauerhaftigkeit und Festig- keit zur Herstellung von Seilerwaren, zu Spagat, zu Netzen, Seilen, Schiffstauen usw. Die Hanffaser läßt sich teeren, ist mithin zu allen Sorten von Tauen verwendbar. Dadurch unterscheidet sie sich vor- teilhaft vom Manilahanf (s. unten). Mikroskopisches Verhalten. Der Hanf besteht der Hauptmasse nach aus Bastzellen. Aber selbst in fein gehecheltem Hanf treten neben den Bastzellen 2) noch kleine Mengen von Bastparenchymzellen auf. Im gebrochenen oder unvollkommen gehechelten Hanf findet man außer- dem noch Oberhautfragmente, Reste von Parenchym- und Holzgewebe der Hanfstenael. Behandelt man den zu untersuchenden Hanf mit Jod Auch durch Einwirkung von Kupferoxydammoniak kann man sehr leicht die der reinen Hanffaser fremden Gewebsbestandteile ersichtlich machen ; das Reagens löst bloß die Bastzellen ; die übrieren Gewebsbestandteile ■))• Siehe auch die Fußnote bei Nessellaser p. 237. In der konstituierenden Ver- sammlung der »Deutschen Hanfbaugesellschaft«, G. m. b. H. am 25. Februar lO'IS in Berlin wurde der Nachweis der dauernden Lebensfähigkeit des Hanfbaues in Deutsch- land erbracht und die Einführung desselben in Brandenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen, Westfalen und in der Rheinprovinz in Aussicht genommen, und zwar vor allem auf den reichlich vorhandenen Moorböden, die, bisher ohne rechten landwirt- schaftlichen Ertrag, bei Hanfkultur durch Unterdrückung des Unkrautes die Bedin- gungen für eine folgende Getreidekultur erlangen würden. Der Anbau des Hanfes hat dann im Deutschen Reiche beträchtlich zugenommen, aber nicht in demselben Ver- hältnisse wie der Anbau des Flachses und nicht in dem Maße, wie es wünschenswert gewesen wäre (Kuhnert in »Neue Faserstoffe«, I, 1919, p. -167). Die Ursache dürfte darin liegen, daß der Hanf einen kräftigen nährstoffreichen Boden braucht und wäh- rend des Wachstums sorgfältigster Pflege bedarf. 2) Inwieweit den ßastzellen noch Mittellamellen anhaften, welche mit Vorteil zur Charakteristik der Hanffaser herangezogen werden können, wird weiter unten dargelegt werden. 190 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. bleiben ungelöst zurück. Da die genannten Gewebe an der Hanffaser in ziemlich wohlerhaltenem Zustande vorhanden sind, so kann es keine Schwierigkeit machen, sie neben den integrierenden Bestandteilen der rohen ungebleichten Hanffaser, nämlich neben den Bastzellen und Bast- parenchymzellen, zu erkennen. Die in geringer Menge vorhandenen Bastparenchymzellen haben eine Länge von 15 — 84 /<, eine Breite von 12 — 15 u. Sie treten in Zellreihen auf, welche den Bastzellen parallel laufen. Ihre Wände sind nur schwach verdickt. Gramer hat zuerst darauf hingewiesen, daß viele dieser Parenchymzellen mit einem intensiv Fig 3y. Vergr. ;i{'ü. Oberhaut des Hanfstengels, oo Oberhautzellen. h von einem Haare in der Oberhaut zurückgebliebene Lücke. n Nebenzellen der Haare. (Wiesner, Pap. E. R.) Fig. 40. Vergr. 3i)U. Haar vom Stengel des Hanfs mit einem Oberhautfragroent. (Wiesner, Papyr. Erzherz. Rainer.) rotbraunen Inhalt gefüllt sind, welcher kochender Kalilauge und konzen- trierter Schwefelsäure lange widersteht. Zur Erkennung der Hanffaser in gröberen Produkten, namentlich solchen, welche aus Werg erzeugt wurden, leisten die den Fasersträngen nicht selten anhaftenden Oberhautfragmente sehr gute Dienste, wie zu- erst von Gramer 1) gezeigt wurde. Die Oberhaut des Hanfstengels 2) 1) C. Gramer, Drei gerichtliche mikroskopische Expertisen, betreffend Textil- fasern. Programm des schweizerischen Polytechnikum für das Jahr 1881 auf 1882. 2) Es wurde oben (p. 182) erwähnt, daß in manchen Fällen auch die Oberhaut des Flachsstengels zur Erkennung der Flachsfaser herangezogen werden kann. Der Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 191 (Fig. 39, p. 190) ist fast spaltüffnungsfrei (s. Note 2 auf p. 190), führt kegelförmige, etwas gekrümmte mit Warzen besetzte Haare, welche leicht abfallen und in der Oberhaut kreisförmige Narben zurücklassen, welche von radial angeordneten Nebenzellen umgeben sind (Fig. 40). \:^i Die Bastzellen des Hanfes sind gleich jenen des Flachses sehr lang und messen ein oder mehrere Zentimeter. Auf dem Querschnitt ist die Hanfbastzelle rund oder auch abgeplattet; im [Längsverlaufe erscheint sie nicht so regelmäßig wie die Flachsbastzelle gestaltet. Die natürlichen Enden dieser Zellen laufen meist stumpf aus; nicht selten sind sie sogar elliptisch abgerundet. Verzweigte Zellenden kommen hin und wieder vor. Obschon ich hierauf schon vor Jahrzehnten hingewiesen habe^), wird doch Schachts ältere Angabe, daß solche verzweigte Enden an den Bastzellen des Hanfes so häufig vorkommen, daß man hierin ein diese Faser von der Leinenfaser unterscheidendes Merkmal vor sich habe, fast noch immer als richtig hervorgehoben. Nach V. Höhnel ist die Zahl der mit verzweigten Enden versehenen Bast- zellen bei verschiedenen Sorten verschieden, und nach den bisher von ihm angestellten Beobachtungen nimmt die Zahl solcher Bastzellen mit der geographischen Breite des Standortes der Pflanze ab 2). Es ist von Gramer (1. c.) darauf hingewiesen worden, daß die Aufsuchung der Faserenden zum Zwecke der Unterscheidung der Hanfbastzelle von der Leinenfaser ungemein zeitraubend ist und deshalb nicht praktisch aus- genutzt werden könne. Die Hanffaser, welche die Prozesse des Bre- chens usw. durchmachte, erscheint stets parallel gestreift und ist häufig mit Querbrüchen oder »Verschiebungen« versehen. Die natürliche Bast- zelle läßt, wenn sie sorgsam aus dem Verbände genommen wurde, so daß sie keinerlei Verletzung hierbei erlitt, weder »Verschiebungen« noch Streifung erkennen. Porenkanäle sind nicht vorhanden. Hin und wieder sichtbar werdende Querlinien, welche man für Poren erklärt hat (Schacht), sind auf Querbrüche und auf die bei Flachs genannten »Verschiebungen« (p. 178) zurückzuführen. Nach Schacht mißt der Durchmesser der Zellen — —- mm (= 12,5 — 17,5 n). Nach meinen Beobachtungen betiägt der Bau der Oberhaut des Flachsstengels ist von jenem des Hanfstengels total verschieden, so daß die Verwechslung beider Fasern auf Grund der Morphologie der Oberhäute völlig ausgeschlossen ist. Ich erwähne nur, daß die Oberhaut des Flachsstengels per cm2 3000 Spaltöffnungen führt, die Oberhaut des Hanfstengels aber auf dieser Fläche bloß 1 2 — 1 ö. Die Oberhäute von Flachs und Hanf leisten somit bei der Prüfung der betreffenden Fasern als »Leitelemente< oft gute Dienste. ^] Techn. Mikr. p. ilO. 2) Zeitschrift für Nahrungsmitteluntersuchung, Hygiene und Warenkunde, •1891, p. 30. 192 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. maximale Durchmesser der Zellen 15— 28/Außenhaut« im Sinne Wiesners (primäre Membran und verdickte sekundäre Membran) schwach verholzt, während die »Innenhaut« (das sind die inneren Schichten) unverholzt ist. Nach Aisslinger besteht die Sunnfaser nicht aus zwei, sondern aus mehr als zwei ausgeprägten Schichten. Bei einzelnen Fasern hat er zwei, drei und mehr innere Schichten festgestellt. 2) Nach Aisslinger, 1. c, p. 34, tritt bei Schnitten durch die Sunnfaser bei Behandlung mit Kupferoxydammoniak die innerste Schicht plötzlich heraus und wird fast momentan gelöst. Die übrigen Schichten lösen sich je nach dem Grade der Ver- holzung mehr oder weniger langsam. 3) Nach V. Höhnel steigt die Länge der Bästzelle bis auf 12 mm. 4) Nach V. Höhnel zwischen 25 — 50,«, nach Hanausek zwischen 13 — 30 ,w. Nach ersterem ist der häufigste Querschnittsdurchmesser 30, nach letzterem 25—30 y. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 203 Bemerkenswert sind die Gestalten, weiche die Enden der Bastzellen zeigen. Selbe sind nämlich stets stumpf, und selbst bei deutlich kegelförmiger Gestalt haben sie eine halbkugelfürmige Abrundung. Die Enden der Bastzellen sind sehr stark verdickt, was man von den übrigen Teilen dieser Elementarorgane nicht aussagen kann , da deren Wanddicke ge- wöhnlich stets nur 1/3 — 1/9 des Querdurchmessers der Zelle beträgt. Auch in der relativ Verdickung der Wand der Bastzellen zeigt der Sunn viel Ähnlichkeit mit dem Gambohanf. Die mit Chromsäure behandelten Bastzellen bieten deutliche Parallelstreifung (Schichtung), die mit Kupferoxydammoniak oder mit heißer Natronlauge behandelten Bastzellen hin- gegen eine sehr deutUche spiralige Strei- fung dar. Durch Quetschune: läßt sich Fig. 461. Vergr. 100. Oterhaut des Sunn- stengels, radiär über den Gefäßbündeln gelegen. Nach einer photographischen Auf- nahme Herzogs verkleinert gezeichnet. Fig. 46 Ä Vergr. 100. Oberhaut des Sunnstengels, über einer gefäßbündelfreien Partie gelegen. l^ach einer photographischen Aufnahme Herzogs ver- kleinert gezeichnet. letztere nicht hervorrufen. Sehr bemerkenswert erscheint mir auch die Eigentümlichkeit der Bastzellen, daß sich, nach längerer Einwirkung von Chromsäure, von denselben die äußeren Verdickungsschichten in Form von Kegelmänteln mittels der Nadeln abschieben lassen^), v. Höhnet hat gezeigt, daß die äußeren sich leicht von den inneren ablösenden Verdickungsschichten verholzt sind (Fig. 45, p. 202). Die obengenannte im ganzen doch nur schwache Verholzung des Sunn betrifft also nur die äußere Verdickungsschicht der Bastzelle dieser Faser. Die parenchymatischen Elemente des Sunn bestehen aus dünnwan- l) Auf die Ablösung der äußeren (relativ stark verholzten) Verdickungsschichten machen auch v. Höhnel und Hanausek aufmerksam. 204 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. digen Zellen, deren Länge meist 32, deren Breite meist 22 fi beträgt. Diese Zellen sind frei von kristallisierten Einschlüssen. In jüngster Zeit hat A. Herzog die mikroskopische Charakteristik der Sunnfaser nach mehrfacher Richtung und hauptsächlich dadurch in zweckmäßiger Weise vervollständigt, daß er die im Stengel der Crotalaria juncea auftretenden, die Bastzellen begleitenden histologischen Elemente als »Leitelemente« beschrieb. Es finden sich im Sunn Ober- hautstücke und Holzfragmente neben den Bastzellen, insbesondere in gröberen Sunnfasern vor, und besonders die ersteren bewähren sich infolge ihres histologischen Baues sehr wohl als Leitelemente, da sie unter dem Mikroskop sehr charakteristische, nicht zu mißdeutende Bilder darbieten. Besonders auffällig sind die langen scharf zugespitzten Haare, welche die radial über den Ba'stbündeln gelegene Oberhaut förmlich bedecken. Auf das Quadratmillimeter dieser Hautpartien kommen 80 — 129 (im Mittel 52) Ilaare zu liegen, welche eine Länge von 87—850 (im Mittel 366) /< und eine maximale Breite von 26,0—58,8 (im Mittel von 46,0) ^«, endlich eine Wandstärke von 2 — 6 (im Mittel von 4) jtt besitzen i). Diese haarreiche, spaltöffnungsfreie Oberhaut liegt radiär über den Gefäßbündeln des Sunnstengels (Fig. 46J.). Die radiär über den gefäßbündelfreien Partien des Sunnstengels liegende Oberhaut enthält spärliche Haare und spärliche Spaltöffnungen (140 pro qcm) (Fig. 465). 8. Bastfaser von Sida retusa L. (Chikan Kadia; ind.) Das artenreiche Genus Sida aus der Familie der Malvaceen stellt ein starkes Kontingent zu den Gespinstfasern (vgl. oben p. 84 ff). Die Faser der Sida-kvie,n ist je nach der Gewinnungsmethode grob oder fein. Im ersteren Falle wird sie zu Stricken, Seilen, Tauen, im letzteren zu Gespinsten gleich dem Hanf oder Flachs verwendet. Die Sida-¥&%ev scheint bis jetzt hauptsächlich nur in den Heimatländern verwendet zu werden. Die Häufigkeit des Vorkommens der faserliefernden Sida-kvien^ die lichte Farbe und Festigkeit des Faserstoffes lassen indes annehmen. ■1) Nach Prof. A. Herzog, Zur Unterscheidung der Seilerfasern (Tropenpflanzer, XVIII, iSIA, p. 117 — 136), wo außer den oben angeführten nocli zahh^eiche andere mikroskopische und mikrochemische Kennzeichen des Sunn zu finden sind, welche in hohem Grade dazu geeignet sind, eine genaue Unterscheidung dieser Faser von den anderen durchzuführen. Herzog weist auch hier darauf hin, daß im Sunnstengel neben primären Bastbündeln auch sekundäre vorhanden sind, deren Elementarfasern von denen der erstgenannten sowohl in der Form, als auch in der chemischen Zu- sammensetzung wesentlich verschieden sind. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 205 daß dieser Spinnstoff in der Folge auch in der europäischen Industrie festen Fuß fassen werde. Unter den S/da- Arien scheint S. retusa die wichtigste zu sein. Sie liefert einen Bast, welcher zu Seilerarbeiten verwendet wird. Diese Pflanze ist in Indien häufig und wurde in neuerer Zeit in Queensland (Queensland hemp), in Nord- und Südamerika eingeführt. In Venezuela heißt die Pflanze Escoba. Der Queensland -Hanf wird nicht nur zur Herstellung von Seilen, sondern auch in der Papierfabrikation ange- wendet i). Der von mir untersuchte Bast von S. retusa^) bildet 0,8 — \ m lange, teils faserförmige, teils bandartige, bis 6 mm breite Stücke. Die breiteren Baststreifen sind von spaltenfürmigen, schon für das freie Auge erkennbaren Hohlräumen durchsetzt (Fig. 47 p. 206). Dieselben rühren von Bastmarkstrahlen her, die bei der Abscheidung des Bastes zum größten Teil zerstört wurden. Stellenweise sind in den breiteren Baststreifen diese Bastmarkstrahlen noch ganz wohl erhalten und geben den be- treffenden Stücken ein kreidiges Aussehen. Die Farbe der Faser gleicht jener von frisch angeschnittenem Weißbuchenholz [Carpinus betulus). Der Bast dieser Pflanze ist glanzlos und selbstverständhch auch die Faser 3), Die Festigkeit der Faser ist eine beträchtliche, indem selbst Faserstücke, die nur eine Breite von 0,5 mm haben, sich nur sehr schwer zerreißen lassen. Im lufttrockenen Zustande führt die Faser 7,49 Proz. Wasser. Im mit Wasserdampf gesättigten Räume steigert sich bei mittlerer Tempe- ratur der Wassergehalt bis auf 1.7,11 Proz. Die getrocknete Faser gibt 1,90 Proz. Asche, welche nur Spuren von kristallartigen Bildungen führt. Jodlösung färbt die Faser bräunlich. Stellenweise ruft jedoch außerdem dieses Reagens eine schwärzlichgrüne Punktierung hervor. Diese dunkeln Punkte entsprechen, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, den noch unverletzten Bastmarkstrahlen, deren Zellen reichlich mit Stärkekörnchen gefüllt sind. Letztere werden durch die Jodlösung blau, die umschließenden Zellwände hingegen tief gelb bis bräunlich gefärbt, wobei ein dunkles, schmutziges Grün als Mischfarbe entsteht. Auf Zusatz von Schwefelsäure wird die grüne Farbe lebhafter. Durch Kupferoxydammoniak werden die Bastbündel anfangs grünlich, später unter beträchtlicher Quellung bläulich gefärbt. Die Wände der Bast- markstrahlenzellen färben sich sofort blau und quellen merklich auf. i) Dodge, 1. c, p. 296. In Indien führt diese Faserpflanze nach diesem Autor auch den Namen Swet Bariala oder Sufet Bariala, womit aber wahrscheinlich auch andere Sida-Arten gemeint sind. 2) Vgl. Wiesner, Ind. Faserpflanzen, p. 2, 10 und M. 3) Der Bast einiger anderen Sida-Xrtm (z. B. S. tiliaefolia) soll seidenglänzend sein (vgl. Royle, I.e., p. 262). 206 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Mit schwefelsaurem Anilin behandelt, nimmt der Bast und ebenso die Faser eine intensiv gelbe Farbe an, die stellenweise ins Zimtbraune neigt. Phlorogluzin -f- Salzsäure färben die Faser intensiv rotviolett. Die den Bast und die Faser zusammensetzenden ßastzellenbündel haben eine Breite von 0,06— 0,20mm und eine Dicke von 0,04 — 0,10 mm. Sowohl im Baste als auch in der Faser liegen Markstrahlen, häufiger C !M1 Fig. 47. Vergr. 300. A. Quersclinitt durch den Bast von Sida rebiaa. h Bastbündel; /;( Marlistrahlen; p Kindeiiparenchym. B Ein Stück des Bastes in der Fläclienansicht. 6 Bastbündel; m Markstrablen. 6', a, b Bruchstücke isolierter Bastzellen, p Poren der Zellwand. jedoch noch Markstrahlenräume. Die Länge der Markstrahlen schwankt Sie sind meist lang zugespitzt. Die den Bastzellen zugewendeten Grenz- linien der Markstrahlen sind entweder ganz wellenios oder nur sehr schwach ausgebuchtet. Die Markstrahlenzellen, welche den Bastzellen anhaften, sind dickwandig, deutlich porös und langgestreckt, die übrigen kurz und dünnwandig. Die Länge der ersteren beträgt meist 75, die Breite 42 u. Häufig sind vom ganzen Markstrahl bloß dessen äußere, Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 207 dickwandigen Elemente erhalten. Die in den Markstrahlenzellen vor- kommenden Stärkekürnchen haben einen mittleren Durchmesser von 4/^ Die Bastbündel bestehen bloß aus Bastzellen. Letztere zeigen ab- gerundete, in tangentialer Richtung meist abgeplattete, häufig unregel- mäßige Querschnittsformen. Der Umriß der Zelle ist ein höchst un- regelmäßiger, wie sich leicht durch Ghromsäure, welche die Bastzellen rasch isoliert, erweisen läßt. Höcker, mehr oder minder tiefe Ein- und Ausbuchtungen, Erweiterungen und Verengungen sind fast an jeder Bastzelle wahrnehmbar. Die Querschnittsmaxima betragen 15 — 25 /<. Die Länge der Bastzellen beträgt 0^8 — 2,29 mm. Porenkanäle sind häufig, namentlich in der Flächenansicht, zu beobachten. Sie haben die Form schmaler, schief verlaufender Spalten. 9. Bastfaser von Calotropis gigautea K. (Yercum fibre). Jene Asclepiadeen^ deren Samenhaare als vegetabilische Seide ver- wendet werden, geben, wie vielleicht noch andere Pflanzen derselben Familie, sehr beachtenswerte Bastfasern. Einige dieser Fasern, z. B. die letee fibre (von Marsdenia ienacissima) , die Yercum fibre, finden in Indien ihrer Festigkeit und sonstigen Eigenschaften halber schon seit langer Zeit Verwendung i). Besonders berücksichtigungswert erscheinen die Bastfasern der Asclepiadeen wegen ihrer großen Festigkeit. Nach Royle ist die Faser von Calotropis gigantea fester als Hanffaser, trotz ihrer Feinheit. Auch Wight hebt die große Festigkeit der Yercumfaser hervor. Nach Roxburgh soll die leteefaser alle anderen Pflanzenfasern an Festigkeit, sowohl im trockenen als feuchten Zustande überragen 2). Ich will deshalb diese Fasergruppe nicht ganz übergehen und wenigstens eine Fasersorte derselben hier als Repräsentanten beschreiben, obwohl ich kaum glaube, daß diese Faser schon Gegenstand des europäischen Handels ist. Calotropis gigantea ist ein in Indien und im südlichen China sehr gemeiner Strauch. Die Pflanze wird in den Heimatländern Mudar, Medar oder Ak-Muddar genannt 3). In Madras führt sie den Namen Yercum, daher der Handelsname Yercum fibre. Ein Acre liefert 1 0 Tonnen grüne Stengel und 580 (engl.) Pfund reine Faser. Die Faser der Calotropis gigantea hat eine Länge bis zu 40 cm. Bei gleicher Länge sind die Fasern auch von ziemlich gleicher Dicke. Überhaupt zeichnet sich diese Faser durch große Homogenität aus. Die \) Vgl. Royle, 1. c, p. 303 ff. und Miquel, Fl. v. N. I. III, p. ASI. Nach Dodge (1. c, p. 235) wird die Bastfaser von Marsdenia tenacissima in Indien Raj- mahal hemp genannt. 2) Vgl. Royle, 1. c, p. 268 und SOG ff. 3) Dodge, 1. c, p. 104. Nach Watt (1908), p. 206, Madar fibre. 208 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Dicke der Fäden beträgt etwa 0,18 — 0,24 mm. Von allen Fasern gehen zahlreiche kleine, glänzende Fäserchen ab; es sind dies nämlich sich ablösende Baslzellen. Die Faser ist fast weiß, hat einen eben nur merklichen Stich ins Gelbliche und ist ziemlich glänzend. Die Holzstoffreagenzien rufen in dieser Faser keine Färbung hervor, sie ist also vollkommen unverholzt- Durch Jod und Schwefelsäure wird sie für das unbewaffnete Auge grünlichblau bis blau gefärbt. Kupfer- oxydammoniak bringt sie in Lösung. Lufttrocken enthält die Faser 5,67, mit Wasserdampf gesättigt 13,48 Proz. Wasser. Die völlig getrocknete Faser gibt 1,30 Proz. kristall- freie Asche. Mikroskopisch erkennt man an dieser Faser zweierlei histologische Elemente, nämlich Bastzellen und parenchymatische Zellen. Die Bast- zellen messen nach der Länge 0,7 — 3 cm. Die maximale Breite der Bastzellen beträgt 1 8 — 25 ^t, das Lumen zeigt meist etwa ein Drittel der Breite der Zellen '). Sehr bemerkenswert erscheint mir die Wahrnehmung, daß die Bastzellen schon durch geringe Quetschungen unter Annahme einer zarten Längsstreifung eine außerordentliche Breite gewinnen, welche nicht selten die natürliche Breite um das drei- bis vierfache überragt. Die Bastzellen werden durch Jod und Schwefelsäure blau, die paren- chymatischen Zellen gelblich oder grünlich gefärbt. Gegen Kupferoxyd- ammoniak zeigen die Bastzellen eine beispiellose Widerstandslosigkeit. Während die äußeren Zellwandschichten selbst der vollständig in Kupfer- oxydammoniak löslichen Bastzellen stets eine gewisse Resistenz der ersten Einwirkung dieses Reagens entgegensetzen, verfallen die Bast- zellen der Calotropis gigantea einer fast momentanen Lösung. Nur der Innenschlauch hält sich etwas länger. Die parenchymatischen Zellen, wahrscheinlich Reste der Bastmark- strahlen, sind dünnwandig; ihre Länge beläuft sich auf 36 — 45, ihre Breite auf 30—36 //. 10. Böhmeriafasern (Ramie oder Chinagras). Alle Nesseln sind reich an Bast, die Bastzellen ihrer Stengel sind zudem verhältnismäßig lang, fest und dauerhaft, nämlich widerstands- fähig an der Luft und im Wasser. Dies ist die Ursache der vielen Bestrebungen , die Bastfasern der Nesseln zu textilen und verwandten Zwecken nutzbar zu machen. In den verschiedenen Ländern (Mittel- europa, Sibirien, China, Japan, Indien, Australien usw.) ist man, wie es -t; Aisslinger (1. c, p. 14 8) hat auch locker vereinigte, 30 — 40 cm breite, ge- schichtete Bastzcllen festgestellt. Für Calotropis gigantea sollen drei verschiedene Arten von Bastzellen charakteristisch sein. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 209 scheint, durchweg spontan auf die Gewinnung der Nesselfaser gekonamen. Über die ehemalige Verwendung unserer gemeinen Nessel [Urtica dioica) in verschiedenen Gegenden Mitteleuropas verweise ich auf den folgenden Punkt W. Die Erzeugung von Nesselgarn und Nesseltuch war nie be- deutend und hörte mit der Einführung von Baumwolle nach Europa gänzlich auf, wenn auch von Zeit zu Zeit immer wieder neue Projekte auftauchen, unsere gemeine Nessel industriell zu verwerten. In den übrigen der genannten Länder werden von alters her mehrere Nessel- arten auf spinnbare Bastfasern ausgebeutet. Von den außereuropäischen Nesselfasern (s. oben p. 76) soll hier nur diejenige besprochen werden, welche in die europäische Industrie Eingang gefunden und als Ramie (Chinagras i)) in neuerer Zeit in hohem Grade die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Diese Faser stammt von einer oder, nach der Auffassung einiger Botaniker, von zwei Arten aus der Gattung Boehmeria. Alle Boehmeria- Arten unterscheiden sich von den eigentlichen Nesselarten und von man- chen anderen Urticaceen dadurch, daß sie keine Brennhaare besitzen. Wenn nun zwei verschiedene Rassen einer und derselben Spezies oder, nach anderer Auffassung, zwei verschiedene Arten die Fasersorte, welche hier vorgeführt werden soll, liefern, so ist wohl von vornherein anzunehmen, daß dieselben keine absolut identische Faser liefern werden. Die Unterschiede dieser Fasern sind aber tatsächlich so geringe, daß in der Praxis darauf keine Rücksicht genommen wird. Wir fassen sie als Ramie2) zusammen, welcher Name in der europäischen Industrie sich am meisten eingebürgert hat. Doch ist es selbstverständlich notwendig, die Formen oder Arten, welche Ramie liefern, botanisch zu definieren, und zwar nicht nur aus 1) Der anfangs in Europa oft benützte indische Name »Rhea« ist daselbst für Ramie nicht mehr in Verwendung, wird aber in Indien (besonders in Assam) noch gebraucht. Andere Namen für Ramie sind: chu-ma oder tschu-ma (China', pa-ma (Cochinchina), kankura (Bengalen), gun (Burma), pulas (Sumatra) und Rameh (malaiisch). S. hierüber Watt, Comm. Prod. of India (1 908), p. 144. Royle, I.e., Dodge(l. c). Nach Mitteilung der Ramiegesellschaft in Emmendingen ist im Handel derzeit der Ausdruck »Chinagras« auf das Rohprodukt beschränkt, während die Fabrikate als Ramie bezeichnet werden. 2) Über Ramie, hier im weiteren Sinne genommen, liegt eine sehr ausgedehnte Literatur vor. Es seien hier einstweilen die wichtigsten einschlägigen Schriften ge- nannt. Royle, I.e., p. E49ff. Miquel, Sumatra, p. 96ff. Wiesner und Un- gerer in Wiesner, Mikr. Untersuchungen (1872), p. ISff. P. L. Favier, Nouvelle Industrie de la ramie. Paris 1886. Michotte, Traite scientifique et indust, de la ramie. Paris 1891. Hassack, Ramie, ein Rohstoff in der Textilindustrie. Jahresber. der Wiener Handelsakademie 1890. Dodge (1897), I.e., p. 85— 91; daselbst auch die engl. Literatur. Schulte im Hofe, Die Ramiefaser und die wirtschaftliche Bedeutung der Ramiekultur für die deutschen Kolonien. Berlin 1898. Gurke, Die Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. ' \^ 210 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. wissenschaftlichen, sondern auch aus praktischen Gründen, da man in der Kultur der Ramie die Verschiedenheit der Rassen oder, wenn man will, der Arten wohl berücksichtigt. Die komplizierte Synonymik jener Pflanzen, welche Ramie liefern, habe ich oben (p. 77) zu entwirren gesucht. Es erscheint mir am richtigsten, Boehmeria nivea in der von Hooker und Arnott gegebenen Umgrenzung als die Stammpflanze der Ramie zu betrachten und von dieser zwei Rassen zu unterscheiden, B. n. forma chinensis (die weiße oder chinesische Nessel, ramie blanche der französischen Kolonisten) und B. n. forma indica (die grüne Ramie, ramie verte der französi- schen Kolonisten). Wie später noch näher nachgewiesen werden soll, ist für die europäische Industrie die erstere von entschieden größerer Bedeutung und für die Herstellung feinster Gespinste ausschließlich in Verwendung. Diese beiden Rassen sind habituell und geographisch verschieden. Die erstere besitzt Blätter, welche infolge reichhcher Behaarung unter- seits schneeig weiß sind, die Blätter der letzteren sind unterseits grün- lich, aber an den Nerven mehr oder weniger weißlich behaart, deshalb der Art- bzw. Varietätname candicans. Beide Rassen sind im Osten Asiens verbreitet; während aber die erstere dem gemäßigten bis subtropischen Ostasien angehört und in China seit alter Zeit kultiviert wird, liegt die Verbreitung der letzleren hauptsächlich im indischen Gebiete (Ind. Archipel), wo sie seit alter Zeit in Kultur steht. Doch scheinen sich beide Formen im subtropischen Gebiete zu berühren ^). Auch die populären Namen der Ramiefaser deuten vielfach auf die geographische Verschiedenheit der beiden Rassen hin. Die Varietät chinensis heißt in China tschou-ma (chou-ma), in Japan mao. Die Engländer nennen die Ramiefaser China grass; anfänglich galt der Name für das chinesische Produkt, jetzt wird auch das indische Produkt in England mit diesem Namen bezeichnet 2). Die Varietät indica hat in den Heimatländern die schon oben angeführten Namen. Seit Einführung Bedeutung der Ramieliultur für unsere Kolonien, insbesondere für Kamerun in: Tro- penpflanzer, IH (1899). Drabble, E. and Scott, D. G., The structure and culti- vation of the Ramie plants. Quart. Journ. Tropical Researches I (1906), 2 Tafeln mit anatomischen Figuren. G. W. Rossi, L'Agricultura coioniale II (1908). Carter, H. A., Ramie, China grass. London, 1910. Brück, Tropenpflanzer, XVI (1912). A. Miethe, Die Technili im zwanzigsten Jahrhundert, II. Braunschweig, li'ia. Auf einige andere Abhandlungen wird weiter unten noch Bezug genommen werden. 1) Da die beiden Rassen geographisch getrennt entstanden sind und tatsächlich verschiedenen Vegetationsgebieten angehören, so habe ich zur Bezeichnung derselben geographische Namen [chinensis und indica] gewählt. 2) Vgl. Semler, I.e., III, p. 665. S. auch Anmerkung auf p. 209. Siebzehntel' Abschnitt. Fasern. 211 der Boehmeriafaser in die europäische Industrie haben die Nauien des Spinnstoffs verschiedene Wandlungen erfahren. Auf dem Kontinent hat man anfänglich die Faser der Rasse nivea China grass und die der Rasse indica Ramie genannt i). Später war es vielfach Gebrauch, die letztere Rhea zu nennen. Gegenwärtig ist der Name Ramie für die Faser beider Rassen, wenigstens auf dem Kontinente, so ziemlich in allgemeinem Gebrauche. (S. Anmerkung p. 209.) In ihren Heimalländern werden beide Rassen der Boehmeria nivea seit uralter Zeit, besonders in China (hauptsächlich in der Provinz Kiarsi [Kirassi]), ferner in Japan 2), in Indien und auf dem Archipel kultiviert, und es wird sowohl der aus den Stengeln dieser Pflanzen abgeschiedene Bast als auch die feine Bastfaser verwendet, erstere zu Seilerarbeiten, letztere als Spinnfaser. Nachdem die Boehmeriafaser in die europäische Industrie Eingang gefunden, ist man bestrebt, die Ramiepflanze in den Tropen, im subtropischen Gebiete, ja selbst in der gemäßigten Zone zu kultivieren. Ramie wird gebaut in Britisch-Indien^), auf Martinique und Guadeloupe*), auf Jamaika, Trinidad, Mauritius, Reunion^), in Australien (Queensland), in Algier«), Ägypten'). Mit großer Energie wurde die Anpflanzung der Ramie im deutschen Kolonialgebiet, insbesondere in Kamerun angebahnt s), desgleichen in den Straits Settlements und auf Sumatra 9). Auch in den Vereinigten Staaten (New-Orleans) i»), in Brasilien (Sta. Catharina), Mexiko usw. wurden vielfach Anbauversuche gemacht, sogar in Europa (Spanien, Itahen, Frankreich usw.). Viele dieser Versuche sind mißlungen ^i), andere 1) S. erste Auflage p. 389. 2) Über Kultur und Verwendung der Ramie in Japan s. H. v. Siebold, Österr. Monatsschrift für den Orient, ISSI, p. -179. 3) G. O'ßrien, Observations on fibrous products in India. Journ. of Science, VII (1885). G. Watt, The Agric. Ledger. Calcutta 1898. 4) Cat. des col. frang., 1873, p. 8 und 14. 5) Raynaud, La Ramie (culture et expl.) ä l'ile de la Reunion. S. Denis (Reunion) 1881. Tropenpflanzer, III (1899), p. 518. Revue cult. Colon. 1900, No. 44. 6) Wiesner, Fremdländische Pflanzenstoffe. Ausstellungsbericht. Wien 1873 (ausgegeben 1874), 11, 1, p. 126 ff. 7) Foreign Office 189 4. 8) A. Schulte im Hofe, Die Ramiefaser und die wirtschaftliche Bedeutung der Ramiekultur für die deutschen Kolonien. Berlin 1898. Ramie-Expedition des kolonialwirtschaftlichen Komitees nach Kamerun, l'ropenpflanzer, III (1899), p. 285 ff. M. Gurke, Die Bedeutung der Ramiekultur für unsere Kolonien, insbesondere für Kamerun. Tropenpflanzer, III (1899), p. 469 ff. 9) Tropenpflanzer, III (1899), p. 388. 10) L. Brückner, Einiges über Ramie. New-Orleans, La., Amerika (1870). 11) Über die geringen Erfolge der Gesellschaft »La Ramie frangaise« in Avignon s. Semler, 1. c, lil, p. 670. 14* 212 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. geben aber der Hoffnung Raum, daß die Ramie in der europäischen Industrie eine hervorragende Rolle spielen werde i). Kultur der Ramiepflanze^). Von großer Bedeutung für Menge und Qualität der Ramiepflanze ist die Art der Kultur des zur Faser- gewinnung verwendeten Gewächses. Es wird sowohl die »weiße Ramie- pflanze« {Boehmeria n. forma chinensis) als auch die grüne Ramie- pflanze [Boehmeria n. f. indica) zur Anpflanzung verwendet. Für die gemäßigten und subtropischen Gebiete ist die erstere, für das tropische Gebiet die letztere geeignet. Nach Semlers Meinung ist im allgemeinen die letztere vorzuziehen, was für das tropische und sub- tropische Gebiet gewiß seine Richtigkeit hat 3), In trockenen Gebieten gedeiht die Ramie nicht oder liefert keine brauchbare Faser. Nur in genügend feuchten Gegenden und auf gutem Boden ist auf reichen Er- trag und gute Faser zu rechnen. Die zur Anpflanzung dienenden Samen und Wurzeln (richtiger unterirdischen Stammgebilde oder Wurzelstöcke) sind nach Semler*) am besten aus Java oder Indien zu beziehen. Es können indes auch Stecklinge zur Anpflanzung benutzt werden, nur müssen dieselben von ausgereiften Stengeln herrühren. In dieser Weise erfolgt die Anpflanzung der Ramie in Kamerun. Wählt man Wurzeln zur Vermehrung, so hat man gleichfalls auf die »Reife« derselben zu achten. Sie sollen von 3 — 4jährigen Pflanzen herrühren. Es werden ^) >Das erfolgversprechendste neue Unternehmen, die Ramiekultur der europäi- schen Industrie dienstbar zu machen, ist die Gesellschaft für Ramiebau auf Sumatra, wo im nordöstlichen Teil der Insel nach und nach eine Fläche von 15 000 ha mit Ramie bepflanzt werden soll. Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Zürich. < Dieser der zweiten Auflage der »Rohstoffe« entnommenen Notiz ist beizufügen, daß die genannte Sumatraner Gesellschaft schon wenige Jahre nach ihrer Gründung in Liquidation treten mußte, da der Anbau der Ramiepflanze sich dort alsbald als unrentabel heraus- gestellt hat. Die fachmännischen Gutachten über die in Kamerun mit Ramie er- zielten Resultate sprechen sich nicht abfällig aus. Die Deutsche Ramiegesellschaft in Emmendingen lobt das Produkt nicht, spricht aber die Hoffnung aus, daß sich dasselbe verbessern werde, wenn die Pflanze in Kamerun länger in Kultur gestanden haben werde. Tropenpflanzer, V (1901), p. -192 ff. 2) Über die Kultur der Ramie s. Royle, 1. c. , p. 359fr. Teysman, Bot. Reise nach Banka. — Miquel, Sumatra, p. 96fr. Semler, 1. c, 111, p. 670ff. Watt, G., The Agr. Ledger. Calcutta 1898. A. Schulte im Hofe, 1. c, Tropen- pflanzer, HI (1899), p. äSSff. Schulte im Hofe, Zweiter Bericht der Ramieexpe- dition des kolonial wirtschaftl. Komitees nach Kamerun. Tropenpflanzer, IV (1900), p. 606 ff. Watt, The commercial products of India. London (1908). 3) Nach Mitteilungen, welche mir von der Emmendinger Ramiegesellschaft zu- gekommen sind (1914), wird in den europäischen Spinnereien fast ausschließlich nur chinesisches Rohmaterial verarbeitet, also eine Rohfaser, welche von Boehmeria nivea f. chinensis abstammt. 4) 1. c, p. 671. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 213 zur Vermehrung die knolligen Teile der Wurzel gewählt, welche mit »Augen« (Knospen) besetzt sind. Die Samenkultur ist weniger vorteil- haft, da man erst im dritten oder vierten Jahre schnittreife Stengel bekommt. Die Ramiepflanzen bleiben auf gutem Boden 20 — 25 Jahre hindurch ertragreich, doch muß mit Düngung nachgeholfen werden. Die Triebe sind gegen das Ende der Blütezeit schnittreif. Es sollen jährlich 3 — 6 Ernten gemacht werden können (Hassack). Nach ver- läßlichen Berichten werden die Ramiepflanzen jährlich bloß zweimal behufs Fasergewinnung geschnitten i). Gewinnung der Faser^). Aus den Boehmeriastengeln wird Roh- faser (Bast) und Spinnfaser abgeschieden. Die Gewinnung des rohen Bastes erfolgt oft noch nach der alten chinesischen Methode, welche in einer mechanischen Ablösung des Bastes durch Handarbeit und in einer Reinigung von Nebenbestandteilen durch Absghaben geschieht. In neuerer Zeit sind verschiedene andere Methoden der Rohfasergewinnung in Vor- schlag gebracht und mit größerem oder geringerem Erfolge in die Praxis eingeführt worden. Einzelne dieser Verfahren beruhen darauf, daß man die entblätterten Stengel mit warmem Wasser, Dampf oder Aschenlauge vorbehandelt, die dünne Rinde mit der Hand abreibt und die Faser, wie bei der Jutegewinnung, mit der Hand abzieht. Andere Verfahren ersetzen die Handarbeit durch Maschinen, indem die unter Wasser tauchenden entblätterten Stengel zwischen gerieften Walzen durchgezogen werden-') oder indem man die grün geschnittenen Stengel nach Vorbe- handlung in Wasser an der Sonne trocknen läßt und dann auf der Maschine die Faser abscheidet^). In beiden Fällen erhält man nur Rohfaser, einen nur sehr unvoll- ständig zerlegten Bast von hoher Festigkeit, welcher als solcher wohl zu Seilerwaren, nicht aber zu textilen Zwecken geeignet ist. Um eine Spinnfaser zu erhalten, muß die Rohfaser kotonisiert werden. Über das Kotonisierungs verfahren ist wenig bekannt geworden; die chinesische Methode wird so gut wie geheimgehalten und auch über die in Europa geübten Verfahren dringt wenig in die Öffentlich- 1) Semler, 1. c, p. 678. 2) Über die Fasergewinnung s. die obengenannten Schriften von Royle, Favier, Michotte, Semler, Siebold, A. Schulte im Hofe, Gurke und Watt. 3) Über derartige Maschinen s. Semler, I.e., p. 683— 685. Sehr empfohlen wird die Maschine von P. A. Favier in Villefranche (Hassack, Zeitschr. für die gesamte Textilindustrie 1898/99). Neuestens wird die Dekorlikationsmaschine von Faur als besonders zweckmäßig bezeichnet. Dieselbe wurde unter anderem mit Er- folg in Kamerun in Anwendung gebracht. Schulte im Hofe, Die Ramiefaser und die wirtschaftliche Bedeutung usw., 1. c. 4) G. O'ßrien, 1. c, Nr. 134. 214 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. keit 1). Wahrscheinlich beruht das Kolonisieren auf einer Mazeration und auf einer nachträglichen Bleichung der Faser oder der Gespinste, bzw. Gewebe. Nach H Müller^) besteht das von Mallard und Bonneaud er- fundene Kolonisierungsverfahren, welches dem chinesischen ähnlich sein soll, im wesentlichen darin, daß die Rohfaser in 5 cm lange Stücke geschnitten und mit Öl und Alkali behandelt wird. Die hierbei ent- stehende Seifenlüsung isoliert die Baslzellen und bringt sie zu einem hohen Grad von Weiße und Reinheit. Dabei verliert die Rohfaser 25 Proz. an Trockengewicht. Nach anderen Angaben ^^] ist man bestrebt, die »Aufschließung des Bastes«, d. i. also die Isolierung der Bastzellen durch Einwirkung von Fermenten und durch künstlich eingeleitete Gärung zu erzielen. Die Deutsche Ramiegesellschaft in Emmendingen hat auf ein erfolgreiches Aufschließungsverfahren ein Reichspatent genommen, demzufolge aus den Ramieabfällen ein Gärungserreger gezüchtet wird, mit welchem eine mehrtägige Gärung eingeleitet wird, worauf durch drei Stunden bei zwei Atmosphären mit schwacher Lauge gekocht und das Produkt noch durch Zentrifugieren und andere mechanische Prozesse gereinigt wird ^). Es wird vielfach angegeben und wurde auch oben (nach H. Müller) bemerkt, daß durch das Kotonisieren allein schon jene Weiße der Ramie- faser erzielt wird, wodurch dieses Spinnmaterial so sehr besticht. Es scheint aber, daß diese Weiße doch erst durch eine nachträgliche Bleichung erzielt wird. Nach einer Mitteilung, welche ich der Direktion der Emmen- dinger Ramiegesellschaft verdanke, ist »das vom Pflanzenleim befreite (also aus isolierten Bastzellen bestehende) Fasergut« braun gefärbt und erhält seine rein weiße Farbe erst durch nachträgliche Bleichung. Bevor in die Charakteristik der Rohfaser der kolonisierten Faser eingegangen wird, scheint es zweckmäßig, die anatomischen Ver- hältnisse des Stengels der Boehmeria nivea Hook, et Arn. in Kürze dazulegen. Man muß hierbei wohl zunächst auf das primäre Entwicklungs- stadium des Stengels achten, wo die Gewebebildung vom Vegetations- i) Siehe hierüber die Angaben bei Roy le, Dodge und Hassack. S. ferner Erbau, Über die Gewinnung eines brauchbaren Spinnmateriales aus Ramie und Chinagras, Zeitschrift für die gesarate Textilindustrie. Leipzig, 1906—1907. 2) 1. c, p. 45. 3) S. hierüber Erban, I.e. und Stirm, Chemische Technologie der Gespinst- lasern. Berlin, 191 3, p. 101 ff. 4) Stirm, 1. c, p. 102. Auf meine an die Emmendinger Ramiegesellschaft ge- richtete Anfrage über das derzeitige Fabrikationsverfahren erhielt ich (S.März 1914) die Nachricht, daß das obengenannte Verfahren durch ein anderes ersetzt wurde, welches aber als Betriebsgeheimnis sich der Mitteilung entzieht. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 215 punkt ausgeht und als Hautgewebe eine unmittelbar aus dem Dermatogen hervorgehende Oberhaut den Stengel bedeckt. Die Oberhaut besteht aus kleinen, vierseitigen, in der Richtung des Stengels etwas gestreckten, platten Zellen, welche zwischen sich einzellige, unabgegliederte, aber auch M—f C CtTTtlt. Fig. 49. Vergr. 400. Stück eines Quer- schnittes des schon im Dickenwachatum befindlichen Stengels von Boehiiierin. niven. Oberhaut samt Haar schon in Vertrocknung begriiFen, darunter das Phellogen ph. C, P, s, C'aiiib., wie in Fig. 48. h in Ver- dickung begriffene Bastzellen. Fig. 48. Yergr. 450. Stück eines Querschnittes des noch im primären Entwicklungsstadium befindlichen Stengels von Boehmeria nivea. Oberhaut mit von der Oberhautzelle nicht abgegliederten Haaren. (Die Basis des kleineren Haares ist durch eine Oberhaut- zelle, über welcher dieses Haar zu stehen scheint, ge- deckt.) CCollenchym. PRindenparencbym mit Chloro- phyllkörnern und Kalkoxalatkristallen. h Bastzellen (noch nnausgereift). s Siebteil des Gefäßbündels, gleichfalls kristallfuhrend. Canih. Kambium. gewöhnlich kleinere, abgegliederte Haare aufnehmen (Fig. 48). In diesem Entwicklungsstadium schließt an die Oberhaut unmittelbar ein Collenchym an (Fig. 48, 49c). Unter diesem Collenchym, dem Innern des Stammes zugewendet, liegt ein kleinzelliges Parenchym, dessen Elemente teils Chlorophyllkörner, teils Kristallaggregate von oxalsaurem Kalk führen 216 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. (Fig. 48 P). Erst hinler diesem Gewebe kommt der Bast zu liegen, dessen Zellen [b) sich auf dem Querschnitt durch außerordentliche Grüße bemerklich machen. Nunmehr folgt der Siebteil des Phloeras und das Kambium. Hieran schließt sich gegen die Achse des Stammes zu der Holzkörper, der für uns aber kein weiteres Interesse hat. Das sekun- däre Entwicklungsstadium der Stengel gibt sich dadurch schon für das freie Auge zu erkennen, daß an der Oberhaut bereits Lenlizellen in Form mattbrauner Fleckchen auftreten. Auf dem Querschnitt erkennt man, daß unter der Oberhaut sich ein Phellogen (Fig. i9 jjh) eingeschoben hat, welches aus den peripheren Zellen des Collenchyms hervorgegan- gen ist. Aus diesem Phellogen geht bald ein Periderm hervor (Fig. ^0])). Nunmehr erscheint die Oberhaut ver- trocknet und die ebenfalls eintrock- nenden Haare sind zumeist nicht mehr deutlich erkennbar. Die Epidermis wird endlich ganz abgeworfen und der Stengel erscheint nunmehr bloß vom Periderm bedeckt. Im übrigen selbe wie im primären Entwicklungs- stadium. Der schnittreife Stengel be- findet sich in seinem oberen Teile noch im primären Entwicklungssta- dium, ist also noch von der primären Oberhaut bedeckt; der untere Teil ist aber mehr oder minder vollständig in den sekundären Entwicklungszustand übergegangen und es ist das sekun- däre Hautgewebe entweder durch Phellogen oder durch dieses und Peri- derm vertreten. Die Bastzellen sind in diesem sekundären Entwicklungs- stadium der Stengel im Durchschnitt beträchtlich dickwandiger als im primären. Ihre Zellwände sind geschichtet, porenlos. Hin und wieder hat es bei Betrachtung der technischen Faser den Anschein, als wenn der Länge nach oder schräg verlaufende spaltenförmige Poren in der Zellwand der Bastzellen vorhanden wären (B'ig. 51 und 53); es scheinen dies aber Spalten zu sein, welche bei den mechanischen Angriffen der Faser erst entstanden sind. Die Bastzellen geben direkt die Zellulosereaktionen und sind unverholzt. Im Inhalte der Bastzellen erscheinen nicht selten kleine Fig. 50. Vergr. 40ü. Stück eines Quer- schnittes durch einen schnittreifen Stengel von Boehmeria nivea. p Periderm. b reife Bastzellen. C, P, s, Camb. wie in Fig. 49. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 217 Stärkekürnchen (Fig. 53 st), ein für Bastzellen seltener Fall. Auf das mikro- skopische Verhalten der Bastzellen, die ja den Hauptbestandteil der rohen Ramie bilden und die die kotonisierte Faser gänzlich zusammensetzen, wird weiter unten näher einzugehen sein. Die Vereinigung der Bastzellen zu Bündeln ist im Stengel der Pflanze häufig eine sehr unvollständige (Fig. 496), was zu der irrigen Auffassung geführt hat, daß die Bastzellen hier isoliert auftreten und gar nicht zu Bündeln vereinigt wären. Ilohfaser. Dieselbe entspricht im wesentlichen dem mehr oder weniger stark in seine faserigen Bestandteile zerlegten Baste der Ramiestengel. Sie ist im ganzen mehr bandartig als faserig und besitzt eine weißliche bis lichtbräunliche, nicht selten infolge des Auftreten von Chlorophyliresten eine ins Grünliche ziehende Farbe. Der mikro- skopische Charakter der rohen Ramie wird verständlich, wenn man den anatomischen Bau der Rinde des Ramiestengels beachtet. Als Rohfaser tritt nämlich niemals bloß der Bast [b in den drei obigen Figuren) auf, sondern auch Reste vom Rindenparenchym (P), manchmal Collenchym (c), parenchymatische Bestandteile des Phloems (s), ja sogar hin und wieder selbst noch Siebröhren. Es wird nunmehr das Auftreten von Chloro- phyll- und von Kalkoxalatkristallen in den Rohfasern verständlich sein. In der Asche finden sich diese Kristallisationen, in Kalk oder kohlen- sauren Kalk umgewandelt, mehr oder minder reichlich vor. Die Roh- faser zeigt bei Anwendung der Holzstoffreagenzien höchstens Spuren von Verholzung. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Rohfaser findet man in den Bastzellen entweder noch unveränderte Stärkekörnchen, oder diese sind infolge der Zubereitung halb oder ganz verkleistert und er- scheinen als ein ungeformter Wandbelag, welcher durch wässerige Jod- lösung violett oder blau gefärbt wird (Fig. 53 c, d, ST). Die Zellmembranen mancher Bastzellen werden gleichfalls durch Jod violett oder blau gefärbt (s. unten bei kotonisierten Ramiefasern). Die rohe Ramiefaser ist durch außerordentliche Festigkeit und Zähigkeit ausgezeichnet. Es scheint außer der Bastfaser von Asclepias tenacissima kaum noch eine vegetabilische Faser zu existieren, welche in der absoluten Festigkeit der Ramiefaser gleichkäme i). Nach Zerreißversuchen, welche von G. Ar ton angestellt wurden, ertragen Fäden von Ramiefasern, die aus einer bestimmten Anzahl von Fasern angefertigt wurden, eine doppelt so große Belastung als Fäden aus reinem Hanf guter Qualität, die aus derselben Anzahl von Fasern hergestellt wurden. Die Versuche, welche über die absolute Festigkeit der Ramie- faser im englischen Marinearsenal ausgeführt wurden, ergaben, daß die 1) Royle, 1. c, p. 26S. 218 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Faser 2— 3 mal so fest als russischer Hanf isti). Nach von Alcan^j herrührenden Versuchen verhält sich die Tragfähigkeit von Ramie, Flachs, Hanf und Baumwolle wie 1 : 0,25 : 0,33 : 0,33 und die Elastizität wie 1: 0,66: 0,75: 1; hingegen ist die Torsionsfestigkeit der Baumwolle vier- Die Rohramie (auch oft noch rohes Chinagras genannt) kommt in ansehnlicher Menge nach Europa, um entweder hier »kotonisiert«, d.h. in spinnbare Faser umgewandelt zu werden oder um zur Herstellung sehr fester, dauerhafter und gefällig aussehender, feiner Seilerwaren zu dienen^). In China, Japan, Indien und auf dem Archipel wird die rohe Ramie seit alter Zeit zur Herstellung von außerordent- lich festen und dauerhaften Seilen, Stricken, Netzen, Bindfaden u. dgl. verwendet. Die feine, spinnbare Ramiefaser ^) (kotonisierte Ramie, kotonisiertes China- gras, in Frankreich auch linosoie genannt) besteht aus den Bastfasern der Ramie- stengel. Die guten Sorten Fig. 51. Yergr. Innenschicht bei i. Chinagrasfaspr. q Querschnitte mit J Lumen der Zelle. Sek S> hichtnng. Enden der Zellen, v »Verschiebungen«, r in der Figur links Spalten, in der Figur rechts (t) Lumen der Zelle. (Nach y. Höhnel.) 1 ) Osterr. Monatsschrift für den Orient, 1881, p. -181. 2) Näheres über Ale ans Versuche in betreff der Festigkeit und Elastizität der Ramiefaser im Vergleich zu anderen Fasern siehe bei A. Schulte im Hofe, Die Ramiefaser und ihre wirtschaftliche Bedeutung für die deutschen Kolonien. Berlin 1898. 3) Die rohe, in mehr oder minder breiten Rindenstreifen abgeschiedene Faser wird nach Europa unter dem Namen »Strippen« oder »lanieres« gebracht, um hier auf ihre Faser verarbeitet zu werden. Häufiger erscheint aber jetzt in Europa eine feinfaserige Rohfaser, weiche hier kotonisiert oder roh zu feinen Seilerwaren ver- arbeitet wird. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika soll man nach »Deutsch. Leineninduslr.« 1919, p, 3^0, Ramie auf gewöhnlichen Baumwollmaschinen ver- spinnen können, wobei sich ein sehr annehmbares weiches und gleichmäßiges Garn ergeben soll. 4) Über die mikroskopisclien Kennzeichen der kolonisierten Ramie s. Wiesner und Ungerer in Wiesner, Mikr. Unters. (1872); Vetillard, Etudes sur les fibres veget. (1876,; Hassack, i.e. (1890. und i898/1899); v. Höhnel, Mikroskopie der techn. verwendeten Faserstoffe. 2. Aufl. 1905. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 21*9 dieses Spinnstoffes haben eine blendend weiße Farbe und starken seiden- artigen Glanz. Minder gute Sorten weisen eine ins Gelbliche ziehende Farbe auf und sind we- niger glänzend. Die Fasern der ko- tonisierten Ramie haben eine für Pflanzenfasern beispiellose Länge. Sie bestehen entweder aus völlig isolierten Bastzellen oder aus Fragmenten oder aus kleinen Gruppen von Bastzellen. Diese Bast- zellen besitzen Längen, welche bei Bastzellen an- derer Pflanzen noch nicht beobachtet wurden. Ich habe in Gemeinschaft mit A. Ungerer diese Längen zuerst gemessen. Wir fanden, daß dieselben bis auf 220 mm steigen. Dieser Maximalwert ist aber noch zu niedrig. Die neuesten Ramieprodukte, bei welchen es noch in höherem Maße als früher Fig. 52. Vergr. 660. a von der Breitseite gesehen mit zahlreichen »Verschiebungen« und mit körnigen? Inhalt i. h Drehungsstelle von der flachen zur aufrechten Lage, c Fasern von der Schmal- seite gesehen, d Enden. (Nach Hassack.) Fig. 53. Vergr. 600. Längsansicht von kotonisieitem Chinagras, a — d Bruchstücke von Bastzellen. « Faserstück mit kurzen Längsspalten •>. st Stärkekörnchen. S T gequollene Stärke. gelungen ist, die Bastzellen unverletzt zu isolieren, ergaben Längen der Bastzellen bis zu 260 mm. Die Spinnfaser kann aber noch länger aus- 2*20 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. fallen, da manche dieser Fasern doch noch aus kleinen Bastfasergruppen bestehen 1). Der maximale Querdurchmesser der Bastzelle beträgt 40 — 80, meist etwa 50 ^t^). Die Bastzellen sind an den beiden Enden ausgezogen, die Enden selbst sind aber stets abgerundet (Fig. 51 und 52). Im übrigen sind die Zellen zylindrisch mit unregelmäßigen Leitlinien, im Zellverbande aber von polygonalem Querschnitt (s, Fig. 48 — 51); Ab- plattung der Zellen kommt häufig vor. Auf die »Verschiebungen« der Bastzellen des Chinagrases ist zuerst von v. Hühnel hingewiesen worden (Fig. 51 1;); gewöhnlich gehen die Zerstörungserscheinungen der Zellhaut aber weiter (Fig. 52); die Bastzellen erscheinen stellenweise gebrochen, sind von vielen Längsrissen durchsetzt, und nicht sel- ten haben sich die Zell- hautschichten in Form riemenförmiger Stücke teilweise von der übrigen Zellwand abgelöst. Die Querschnitte der Zellen erscheinen geschichtet. / Fig. 54. Vergr. 900. Mittellamellen der Bastzellen von Eamiebast nach Behandlnng mit Knpferoxydammoniak. Oben noci unver- ändert , unten teils zerrissen {A) oder z. T. noch die Querfaltung zeigend {B). weit als linienförmig ver- schmälert (s. Fig. 51 bis 53). Im Inhalte erscheint -I) Vetillard (1. c, p. 105) beziffert die größten Längen der Bastzellen von Boehmeria nivea mit 250 mm. Nach Hassack (1. c, -ISGO, p. 13 und 1. c, 'l 898/1 899, p. 4) sollen die Bastzellen eine Länge von mehr als einem halben Meter (380 ram) besitzen. Ich habe, von diesen Zahlen überrascht, seinerzeit eine höchst peinliche Prüfung der Längen veranlaßt, und zwar an den besten Sorten kotonisierten China- grases, welche damals aus den Fabriken von Emmendingen in den Handel gebracht wurden. Diese Messungen wurden von P. Puric im Wiener pflanzonphysiologischen In- stitut ausgeführt. Es wurde darauf geachtet, daß nur solche Fasern zur Messung gelangten, welche völlig isoliert waren und noch beide natürliche Enden besaßen. Die längsten Bastzellen hatten die oben angegebene Länge. Um sichere Werte zu erhalten, ist es erforderlich, die Faser von einem zum anderen natürlichen Ende das Gesichtsfeld des Mikroskopes passieren zu lassen, eine sehr zeitraubende und mühevolle Arbeit. Es wurden allerdings auch Fasern gefunden, welche bis 520 mm maßen; es waren dies aber Fasern, welche, wie die genaue mikroskopische Beobachtung lelu-te, aus mehreren Bastzellen zusammengesetzt waren. Die häufigsten von Purid beob- achteten Längen beziffern sich auf 120 — 150 mm. 2) Mit diesen von mir festgestellten Werten stimmen die später von Vetillard und v. Höhnel gefundenen überein. Hassack (1. c, 1890, p. 14) gibt als größten Querdurchmesser der Faser ca. 40 — 60 ^ an. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 221 häufig eine feingranulierte durch Jodwasser sich violett färbende Masse, welche von verkleisterten Stärkekürnern herrührt. Hin und wieder wird auch die Zellmembran durch Jodwasser violett oder bläulich gefärbt. Ob diese Färbung mit dem ursprünglichen Stärkegehalte der Zellen im Zu- sammenhange steht oder ob nicht Amyloid an der Zusammensetzung der Zellhaut Anteil nimmt, müssen spätere Untersuchungen erweisen. Mit Rücksicht auf die Charakteristik der Ramie ist aber das Verhalten der kotonisierten Ramiefaser gegen Jodlösung von hohem Interesse. Ich habe auf das Verhalten des Inhaltes dieser Bastzellen gegen Jod schon vor Jahren hingewiesen und kann zu den alten Beobachtungen hinzu- fügen, daß alle kotonisierten Ramiefasern, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, schon makroskopisch durch Jodwasser sich nach kurzer Zeit schwach, aber doch deutlich violett färben, eine Eigentümlichkeit, welche bisher an keiner anderen technischen Pflanzenfaser beobachtet wurde. Es ist aber auch vom rein botanischen Standpunkt aus sowohl das Vorkommen von Stärke im Inhalte der Bastzellen von Boehmeria nivea^ wie überhaupt das Verhalten dieser Fasern zu Jod der Beachtung wert. Jod und Schwefelsäure färben die Bastzellen und ebenso die Fasern des kotonisierten Chinagrases blau. Kupferoxydammoniak treibt die Fasern enorm auf, ohne sie jedoch völlig zu lösen. Bei der Quellung der Schichten erfolgt eine starke Verkürzung der Faser. Wenn Mittel- lamellen den Fasern noch rundum anhaften, so setzen sie der Quellung einen großen Widerstand entgegen, werden aber schließlich entweder in eine körnige Masse zersprengt oder zeigen, was seltener der Fall ist, noch eine Andeutung einer schraubigen Streifung. Schwefelsaures Anilin oder Phlorogluzin + Salzsäure rufen keinerlei Veränderungen hervor; es ist also keine Spur von Verholzung an der kotonisierten Chinagras- faser erkennbar. Das lufttrockene kotonisierte Chinagras enthält 6,52 Proz. Wasser. Durch 24 Stunden bei 20° C in einem mit Wasserdampf völlig ge- sättigten Räume aufbewahrt, steigert sich der Wassergehalt bis auf 18,15 Proz. Bei einem mittleren Feuchtigkeitsgehalt der Luft von 46,32 Proz. und einer mittleren Temperatur von 19,83° C wurde für rohe, bzw. kotonisierte Faser, bzw. Garn ein Wassergehalt von 7,12 Proz., bzw. 5,88 Proz., bzw. 5,48 Proz. festgestellt i). Die Aschenmenge der trockenen Substanz beträgt 1,70 — 1,91 Proz. Die kotonisierte Boehmeriafaser wird seit langer Zeit zur Herstellung von Geweben (Grass-cloth2), Ardeas usw.) benutzt. Diese Gewebe wurden 1) Honig, 1. c. 2) In China nennt man diese Gewebe hsia-pu, das heißt Sommerstoff, da ihn die Eingeborenen zur Verfertigung ihrer Sommerkleidung verwerten. Dieser Stoff 222 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. früher aus China, Indien usw. nach Europa gebracht. Im Jahre 1810 kam der Rohstoff zuerst nach Europa, und zwar nach England, wo John Marshall in Leeds sich um die Einführung und Verarbeitung von »Chinagras« verdient machte. Aber erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wird das Spinnmaterial in Europa fabrikmäßig verarbeitet, insbesondere in England, Frankreich und Deutschland. Bis zu den achtziger Jahren stieg die Ramieindustrie in den genannten und in anderen europäischen Ländern; man lernte die ausgezeichneten Eigenschaften dieser Faser kennen und verarbeitete sie nicht nur zu den verschieden- artigsten glatten, einfach gemusterten und damastartigen Stoffen, sondern auch — gefärbt — zu Möbelstoffen, Möbelplüsch und Effektstoffen. Für die Wäschekonfektion liefert die Ramie kein gutes Rohmaterial, weil die erzeugten Gewebe zu hart und steif ausfallen und im Gebrauch infolge einseitiger Loslüsung vieler Fasern die Oberfläche der Gewebe zu rauh wirdi). Der hohe Preis des Spinnstoffes hat aber die Ver- wendung der Boehmeriafaser wieder stark eingeschränkt. Derzeit existiert in Deutschland nur eine große Ramiespinnerei (zu Emmendingen im Großherzogtum Baden). Die Zahl der Spezialfabriken für Ramieverar- beitung in England, Frankreich, der Schweiz und Nordamerika ist eine geringe geworden2). Die Zukunft der Ramieindustrie ist ganz und gar vom Preise der Faser abhängig. Nur wenn es gelingt, die Ramiekullur rationell zu gestalten und die Fasergewinnung zu ver- billigen, ist Hoffnung zu neuem Aufschwung der europäischen Ramie- industrie vorhanden. Daß aber gerade in dieser Richtung, namentlich von deutscher Seite, mächtig vorgeschritten worden ist, ist oben ge- nügend hervorgehoben worden 3). Es scheint mir zur richtigen Beurteilung der Bedeutung der Ramie nützlich, noch folgende Bemerkungen vorzubringen. wird nicht fabriksmäßig, sondern von den Bauern des mittleren und südlichen China auf Handwebstühlen hergestellt. Über die verschiedenen Sorten von Grass-cloth siehe »Chinas Hartfasernbau und -handel« (Der Deutsche Leinen-Industrielle, 36, i918, Nr. 2 u. 3). 1) 0. Johannsen, Die Verarbeitung der Faserstoffe in A. Miethe, Die Technik im zwanzigsten Jahrhundert. Braunschweig, Bd. II (1912), p. 206 ff. 2) Siehe hierüber C. Hassack, Die Ramie. Zeitschrift für die gesamte Texlil. Industrie, 1898 — 1899. Nach brieflichen Mitteilungen der Emmendinger Ramiogesell- schaft ist die Anzahl der Fabriken gegen früher geringer geworden; es bestehen in Deutschland drei, in Frankreich vier, in England zwei Spinnereien. Die Jahres- produktion der Emmendinger Ramiegesellschaft ist ungefähr doppelt so groß wie die sämtlicher anderen Spinnereien zusammengenommen. 3) Nach Mitteilungen, welche mir jüngsthin (Januar 1914) von Herrn F. J. Baum- garten, Direktor der Emmendinger Ramiegesellschaft zukamen, wird die spinnbar gemachte Ramiefaser heute in großen Mengen zur Herstellung von Glühstrumpf- geweben und zur Spitzen- und Litzenfabrikation verwendet. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 228 Die bestechenden Eigenschaften der Ramiefaser, namentlich der herr- liche seidenartige Glanz, die unübertreffliche Weiße und die exzeptionelle Länge der aufs feinste geteilten Faser sind die Ursache der intensiven industriellen Bemühungen, diese Spinnmaleriale in großem Maßstabe zu gewinnen und die Kultur der Ramiepflanze möglichst zu fördern. Das günstige Vorurteil für diese Faser scheint aber doch vielfach die Spekulation irregeleitet zu haben. Manchen guten Erfolgen in agrikultureller und industrieller Beziehung stehen wieder Mißerfolge gegenüber, so daß die Urteile über die Bedeutung der Ramie oftmals in krassem Widerspruche stehen und eine objektive Würdigung des wahren Werts dieser Faser wohl noch zu gewärtigen ist. Von ungünstigen Urteilen über Kultur der Ramiepflanze und über deren industrielle Verwertung seien den diesbezüglich oben bereits vor- gebrachten Andeutungen noch die folgenden von kompetenter Seite kommenden Äußerungen hinzugefügt. War bürg (1. c.) sagt, daß sich die Kultur der Ramiepflanze in den Tropen nirgends recht bewährt habe, und Bluntschli hat sich auf dem Faserkongreß in Soerabeya (19M) über Ramie folgendermaßen ge- äußert: »Selbst ernst zu nehmende Unternehmungen in Südrußland, Brilisch-Indien und Amerika haben mit Ramie keinen Erfolg gehabt, und auf dem letzten Ramiekongreß in Paris haben wir ausgerechnet, daß in den Jahren 1860 — -IQOO in den Untersuchungen mit mechanischer Auf- arbeitung der Ramie ein Kapital von 100 Millionen Franken investiert war, das vollständig verlorengegangen isfi)«. IL Nesselfaser 2). Unter den > Ersatzfasern«, welche zur Zeit der durch den Krieg bedingten Fasernot an Stelle unserer wichtigsten überseeischen Faser- stofTe sich Geltung verschafften, steht, wenn wir von der höchst be- 1) Brück, Tropenpflanzer, XVI (1912), p. 503. 2) Nach der von Prof. v. Wiesner auf p. 97 festgelegten Reihenfolge hätte die Nesselfaser unmittelbar nach d^r vegetabilischen Seide als vierte Pflanzenfaser noch vor dem Flachs und dem Hanf besprochen werden sollen. Warum gerade diesi'r Faser dieser hervorstechende Platz eingeräumt wurde, blieb dem ergänzenden Bearbeiter des vorliegenden Buchabschnittes fast bis zur Beendigung seiner Ergän- zungsarbeiten vollständig unverständlich. Erst die Auffindung eines nicht veröffent- hchten Wi es ner sehen Vorwortontwurfes für den 2. Band dieses Werkes, aus dem Herbst 1916 stammend, löste ihm das bisherige Rätsel. Infolge einer Verzögerung und Unterbrechung bei der Drucklegung des Abschnittes >Hölzer< hätte nämlich ein bereits gesetzter Teil der »Fasern« anstelle der noch fehlenden Hölzerbesprechungen den Schluß des 2. Bandes bilden sollen, um den Band noch im Jahre 1916 heraus- geben zu können. Bei der damaligen Aktuahtät der Nesselfaserfrage und inmitten der bewegten Diskussion für und wider diesen Faserstoft' erschien es nun Wiesner 224 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. deutungsvollen Textilose, die weiter unten bei Besprechung der Papier- fasersloffe erörtert werden soll, absehen, die Faser der gemeinen oder zweihäusigen Nessel (Urtica dioica) obenan i). zweckmäßiger, schon im 2. Bande die Nesselfaser zu besprechen, und, er schob daher in der Hoffnung, durch seine Besprechung möglichst rasch zur Klärung des Gegenstandes beitragen zu können, diese so weit vor, um sie noch in den 2. Band hineinzubringen. Nach dem Tode Wiesners (9. Oktober \^\&) verzögerte sich aber die Herausgabe des Bandes, die Hölzer wurden inzwischen fertig gedruckt und der von Wiesner gewählte Ausweg, den Abschnitt »Fasern« zu teilen, war daher gegenstandslos ge- worden. Aus diesem Grunde gebe ich der Nesselfaser wieder den ihr in der syste- matischen Reihenfolge gebührenden natürlichen Platz, wenn auch dadurch der auf p. 97 festgelegte (inzwischen reingedruckte) Plan nicht ganz eingehalten wird. An dieser Stelle bemerkt auch der ergänzende Bearbeiter, daß das Manuskript für die in den früheren Auflagen vorliegenden Werkes fehlende Besprechung der Nesseifaser von Wiesner ziemlich sicher erst im Sommer IQ-IG fertiggestellt worden sein dürfte, während das Manuskript für die früheren Bogen allem Anschein nach aus den Jahren -1913/1914 stammt, zumal es nach Wiesners eigenen Angaben bereits Ende Mai 1914 in den Händen des Verlegers gewesen sein soll. 1) Während des Weltkrieges wurde in Deutschland und Österreich versucht, aus allen möglichen Pflanzen Fasern zu gewinnen ; doch sind neben Nesselfasern nur die einiger weniger Pflanzen, wie z. B. Rohrkolben [Tijp]id\^ Besenginster [Gytisus scoparius (L.) Lk.\ Hopfen [Humulus lupithis L.], Lupinen und Getreidestroh [Stranfa], erwähnenswert geworden. Die meiste Aussicht für die Friedenswirtschaft scheint neben der Nesselfaser die Typha-Fa.ser zu haben, und zwar vor allem die Blattfaser von Typha angustifolia L., weniger die von Typha latifolia L. Die Ursachen der gün- stigen Verwertungsaussichten der T?/^/m-Faser liegen darin, daß die faserliefernde Pflanze in ungeheuren Beständen in den großen Niederungen Deutschlands (an Uferflächen und in Sümpfen) vorkommt, leicht angebaut werden kann und dadurch auch bisher landwirtschaftlich nicht genutzte Flächen volkswirtschaftlich nutzbar gemacht werden können. Ein wichtiger Umstand, der außerordentlich für diese Faserpflanze spricht ist noch der, daß der Fasergehalt der Blätter zwischen 25 und 33 Proz. der Trocken- substanz schwankt und daß sich die Rohrkolbenfaser vielseitig technisch verwerten läßt. Da nun der Fasergehalt der Nesselstengel nur mit ungefähr 6 — 8 Proz. spinn- barer Faser (Krais in Zeitschr. f. angew. Chemie 1919, Nr. 2) angegeben w-ird und die Qualität der Typha-Faser in den letzten 1 1/2 Jahren außerordentliche Verbesse- rung erfuhr, so ist es verständlich, daß man derzeit der Ansicht zuneigt, daß die letztgenannte Faser die wichtigste Ersatzfaser zu werden verspricht und einzelne Forscher, wie z. B. Graebner (»Der deutsche Leinen-Industrielle«, 37. Bd., Bielefeld 1919, Nr. 25, p. 280) sogar der Meinung Ausdruck verleihen, daß die Kultur der Nesselpflanze trotz der großen Propaganda, die für sie gemacht wurde, in der Frie- denswirtschaft sicherlich wieder völlig verschwinden werde. Eine hervorragende Textilfirma (siehe »Der deutsche Leinen-Industrieile«, 1918, Nr. 34) hat das Quantum der jährlich erfaßbaren Typlia-FdiSer für ganz Deutschland auf etwa 10 Millionen Kilogramm geschätzt, welche Annahme nach Graebner sicherlich nicht zu hoch ge- griffen sein soll. Man glaubt, daß die Tijpha-F a.ser, die man nicht nur als Jute-, sondern auch als Wollersatz (Krais, I. c.) verwertet haben will, auch gegenüber billigen Fasern aus dem Ausland lange konkurrenzfähig bleiben werde. Näher auf die Typhafaser einzugehen, ist dem ergänzenden Bearbeiter der »Fasern« infolge Raummangels nicht Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 225 Wie es gekommen, daß gerade unsere gemeine Nessel eine so bevorzugte Stellung unter den Ersatzfasern errang, ist nicht leicht zu sagen. Die historischen Nachweise früherer Verwendung der Nessel sind sehr unsicher, gehen ins Sagenhafte und Unbestimmte über, was einer- seits auf frühe, aber wenig erfolgreiche Benutzung der Nessel als Faser- pflanze hinweist, aber zugleich andeutet, daß all die sich anhäufenden Nachrichten aus vergangenen Zeiten die Anregung gaben, die verachtete Nessel zu großer Nutzleistung für den Menschen heranzuziehen i). Die möglich, und er sieht sich daher genötigt, ledighch auf die nun folgenden Literatur- angaben zu verweisen. P. Graebner, E. Mediews ka und A. Zinz, Typha als Nutzpflanze (Ange- wandte Botanik, I, 1919, p. 30— 48, 98—103). Hier ist auch das Wichtigste über die Geschichte der Typhafaser-Verwertungsbestrebungen zu finden. Leykum, Typha und seine Verarbeitung als Faserstoff (Neue Faserstoffe, I, 1919, p. 87 — 89, 97 — 101). Hall er, R., Nachweis der Typhafaser in Gespinsten und Geweben (Neue Faserstoffe, I, 1919, p. 160). Siehe weiter die p. 64 angegebene Literatur, wobei aber zu be- merken ist, daß nur Aisslinger (1. c, p. 36) die Blattfaser behandelt, während V. Höhnet (Mikroskopie d. techn. verw. Faserstoffe, 2. Aull., p. 71) die Stengelfaser bespricht Die Stengel sollen aber für die Fasergewinnung nach Graebner wenig geeignet sein. Die Fruchtkolbenwolle wird als Kapokersatz verwertet und wäre auch als Füllstoff in der Streichgarnabfallspinnerei in gewissen Grenzen anwendbar (Mittig. d. Forsch. -Inst. f. Text.-lnd. in Reutlmgen, 5. Ausg., 1919, p. 14). Bezüglich der anderen in der Kriegswirtschaft verwerteten Fasern bzw. zur Ver- wertung vorgeschlagenen Fasern, wie z. B. Besenginster, Lupinen, Binsenginster, Hopfen, Bohnenfaser, Wollgras, Meerrettich, Weidenröschen, Seegras, Huflattich, Kartoffel- stengel usw., siehe die Aufsätze in »Neue Faserstoffe«, München 1919, »Angewandte Botanik«, Berlin 1919, >Mitteilungen der Landesstelle für Spinnpflanzen«, München 1919, und in den Mitteilungen der Forschungsstellen für Textilindustrie in Sorau, Dresden, Reutlingen, Karlsruhe usw. Weiter Zillig, H., im Jahresbericht der Vereinigung für an- gewandte Botanik, 1 91 8, 1 6. Bd., p. 79—1 1 6 und die in der »tJbersicht der Faserpflanzen« bereits gegebene Literatur. Die Mikroskopie der während des Krieges aufgetauchten Faserstoffe wird A. Herzog in der neuen Auflage des Handbuches der biochemischen Arbeitsmethoden von Abderhalden Kapitel Faserstoffe) zusammenfassend behandeln. Auf die außerordentlich bedeutungsvoll gewordenen Papiergarne wird an an- derer Stelle noch hingewiesen werden. 1) Die Mangelhaltigkeit, um nicht zu sagen: die Leere unserer Kenntnisse über die Geschichte der Nesselfaser, findet, wie ich glaube, ihre Erklärung in der Tat- sache, daß dieses in neuester Zeit so sehr in den Vordergrund geschobene Textil- objekt nie eine ernstere Bedeutung hatte und nirgends dauernd Wurzel schlagen konnte. In der ganzen technologischen Literatur ist nichts Sicheres, vor allem nichts Brauchbares über die Geschichte der Nesselfaser zu finden. Und die Geschichte des Püanzenbaues hätte, wenn der Anbau der Nessel mit Erfolg durchgeführt worden wäre, von dieser Tatsache Notiz nehmen müssen. Aber in der ganzen landwirt- schaftlichen Literatur ist von der Nesselkultur kaum die Rede, und was vorge- bracht wird, strotzt von Irrtümern. In neuerer Zeit ist fast in allen Schriften, welche der Nesselkultur das Wort reden, auf ein Buch von F. W. Hof mann hingewiesen worden, welches >die Kultur der Handelsgewächse« zum Gegenstand hatte und sich Wie Sil er, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 15 226 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. neueren Impulse zur Nutzbarmachung der Nessel als Faserpflanze in Mitteleuropa haben aber einen positiveren Grund. Die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erfolgreich betriebene Erzeugung wunder- schöner, fester Fasern aus den Stengeln ostasiatischer Nesseln in England, Frankreich und Deutschland (Chinagras, Ramie) haben in hohem Maße die Aufmerksamkeit auf unsere eigene gemeine, massenhaft wildwachsende Nessel als Faserpflanze gelenkt. Die mit den ostasiatischen Nesseln in Europa erzielten textilen Er- folge waren offenbar die Veranlassung zur Gründung der Deutschen Nesselkommission, welche 1876 — 77 einberufen wurde, in Berlin tagte und sich die Aufgabe stellte, zu prüfen, ob nicht unsere gemeine Nessel zu textilen Zwecken vorteilhaft benutzt werden und als wahrer Ersatz namentUch der Baumwollenfaser verwendet werden könnte. Auf die Arbeiten dieser Kommission setzte man in nationalökonomischer und überhaupt wirtschaftlicher Richtung große Hoffnungen und erwartete, sehr eingehend mit der Nutzbarmachung der Nessel in technischer und agrikultureller Beziehung beschäftigt. Das Buch erschien 4 845*) und behandelt die zweckmäßige Verbindung von Grünfuttererzeugung und Gewinnung von Spinnfaser. Wer dieses Buch best, gewinnt den Eindruck, daß noch im Jahre 1845 in Österreich Nessel als Textilpflanze gebaut wurde. Alle Erkundigungen, welche ich über eine etwaige Nesselkultur in Böhmen, Mähren und Niederösterreich eingezogen habe, lieferten aber ein negatives Resultat. Ich wendete mich in dieser Frage auch an Herrn Prof. v. Liebenberg, den Vertreter des Pflanzenbaues an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, welcher mir mit aller Bestimmtheit mitteilte, daß seines Wissens die Nessel »weder als Futter noch als Faserpflanze« jemals in einem regelmäßigen landwirt- schaftlichen Betriebe gebaut wurde. Nur die botanische Literatur enthält einige brauchbare Angaben über die Benutzung von Nesselgarn und Nesselgewebe. Wir verdanken diese Angaben der Umsicht und dem Sammeleifer des Botanikers Böhmer, welcher in seiner Technischen Geschichte der Pflanze (Leipzig 1794) u. a. die sonst übersehene Frage der Nesse'lfasergewinnung mit der ihm eigenen Gründlichkeit er- örtert. Wir erfahren, daß noch im Anfange des 1 8. Jahrhunderts in Leipzig eine Nesselgarnmanufaktur bestand, daß aber zur Zeit, als Böhmer seine Technische Geschichte der Pflanzen herausgab, also im Jahre 1794, eine auf die Dauer ein- gerichtete Nesselfasergewinnung nicht mehr bestand. Diese historische Tatsache ist nicht widerlegt worden, und wenn 0. Richter in seiner Schrift >Alte und neue Textilfasern«, p. 36 (Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Wien 1915, p. 388 — 442), angibt, daß die Faser von Urtica dioica in Europa am Ende des 1 8. und zu Anfang des 1 9. Jahrhunderts zu textilen Zwecken ausgewertet wurde, bedauerlicherweise aber bald darauf aus dem Verkehr verschwand, so ist diese Angabe gewiß als unrichtig anzusehen. Da sich keine materiellen Zeug- nisse einer bestandenen Nesselfaserindustrie auffinden ließen, so habe ich zahlreiche deutsche und französische aus dem 1 8. Jahrhundert stammende Gewebe auf Nessel- faser mikroskopisch untersucht, durchaus mit negativem Erfolge. Die aus dem Ende des 1 8. Jahrhunderts stammenden »Musline«, welche als wollenes Nesseltuch ausge- geben wurden, bestanden durchweg aus Baurawollenfaser. Prag, Calvescbe Buchhandlung. Das Vorwort hat das Datum : Wien 1843. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 227 daß auf heimatlichem Boden dem immer unerträglicher werdenden Drucke der amerikanischen Baumwolle ein mächtiger Konkurrent ent- stellen werde. Der damalige deutsche Kronprinz, der spätere Kaiser Friedrich nahm das lebhafteste Interesse an dem Unternehmen. Der berühmte Techniker Beule aux stand an der Spitze der Kommission, welcher hervorragende Texliltechniker(Grothe u.a.), angesehene Botaniker (Wittmack, Bouche u. a.), Landwirte, Industrielle und Kaufieute an- gehörten, die sich nach den verschiedensten Seiten um die wichtige Sache fachlich bemühten und bestrebt waren, die Regierung und die Vertretungskörper für die Förderang der Nesselfasergewinnung zu inter- essieren. Die Resultate der umfassenden Prüfungen und Untersuchungen und die daran geknüpften Diskussionen über den Wert der vorgeschlagenen Maßnahmen sind in einem kleinen Werke zusammengestellt, welches zwei Mitglieder der Nesselkommission, Bouche und G rot he, herausgegeben haben. In diesem Buche wird die ganze moderne Nesselfrage aufgerollt, auch mit Rücksicht auf die derzeit in Europa verwendeten ostasiatischen Nesseln, das Hauptgewicht wird aber auf unsere einheimische Nessel und deren Faserprodukte gelegt i). Die Kommission behandelte hauptsächlich die Frage der Gewinnung der Nesselfaser aus den Stengeln durch Röste, die Eigenschaften der gewonnenen Produkte, ließ aber auch die Frage nach einer eventuellen Kultur der Pflanze nicht aus dem Auge. Sie veranlaßte auch, daß außerhalb der Kommission stehende Fachmänner des Inlandes sich in der Faserfrage äußern konnten und daß die Regierungen des Auslandes um einschlägige gutachtliche Äußerungen angegangen wurden. So kamen manche wichtige Äußerungen zustande, u. a. die vielbeachteten durch die österreichische Regierung vorgelegten Gutachten der Wiener Pro- fessoren Friedrich Haberlandt (Hochschule für Bodenkultur) und Julius Wiesner (Universität), die allerdings in einigen wichtigen Punkten von den Anschauungen der Deutschen Nesselkommission abwichen. Überblickt man die Resultate der Arbeiten der Deutschen Nessel- kommission, so gelangt man zu dem Schlüsse, daß sie ihre Hauptaufgabe, eine rationelle Methode zur Abscheidung der Fasern zu finden, nicht 1) Das in zweiler Auflage -1884 bei Jul. Springer in ßerhn erschienene Werk führt den Titel »Ramie, Rheea, Chinagras und Nesselfaser«. Weitere Literatur: Roessler-Lade, Die Nessel, eine Gespinstfaser. Leipzig, ISTS, 11. Aufl., 1916. Dodge, I. c, p. 323. Richter, Brennnesselanbau, Sammlung, Verwerfung, Wien 1917, und >Die ökonomische Seite des Nesselproblemst (Mittig. aus d. Intendanzwesen, 1 91 8, 1 2 S., t 0 Tab.). >Über Brennnesselfaser, Zellonieren, Lüstrieren und Bedrucken der Gewebe« s. Barluß in »Neue Faserstoffe«, I, 1919, p. 181 — 183 u. 207 — 209. 15* 228 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. gelöst hat. Leider gehört zu ihren Ergebnissen die irreführende Angabe, daß Urtica dioica gar keine Ansprüche an den Boden stelle, diese Pflanze somit auf den schlechtesten Böden erfolgreich kultiviert werden könne. Diese Angabe hat in unserer Zeit, in welcher die Nesselfrage so akut geworden ist, viele Verwirrung hervorgerufen. Die Äußerungen der beiden Wiener Fachautoritäten bestritten keines- wegs die ausgezeichneten Eigenschaften der Bastfasern der Nessel, aber es wurde auf jene morphologischen Verhältnisse hingewiesen, welche die Abscheidung der reinen Nesselfaser erschweren, und die Boden- ansprüche der Nessel betont, welche ihre Kultur auf Ödland nicht zu- lässig erscheinen lassen, und manches andere noch erwähnt, was nicht zugunsten der Nutzbarmachung der Nessel als Gespinstpflanze spricht. Die Enthusiasten der Deutschen Nesselkommission unterwarfen die österreichischen Gutachten einer scharfen Kritik, und namentlich hielt man die Bouchesche Behauptung aufrecht, daß die Nessel ohne jede Bodenverbesserung durch zehn Jahre auf den schlechtesten Kulturböden gezogen werden könne, obgleich schon damals sichergestellt war, daß die Nessel als Ruderalpflanze große Forderungen an den Bodenstickstoff (Nitrate, Nitrite und Ammoniaksalze] stelle. Wie die Dinge in der Deutschen Nesselkommission sich weiter ge- stalteten, soll hier nicht weiter erwähnt werden. Wir müssen uns mit der Tatsache begnügen, daß die Deutsche Nesselkommission ihre Tätig- keit mit der Erklärung einstellte, daß es nicht gelungen sei, eine rationelle Methode zur Abscheidung der Nesselfaser ausfindig zu machen. Wie Bouche-Grothes Buch über die Auflösung der Deutschen Nessel- kommission berichtet, braucht man die Hoffnung auf eine glückliche Lösung der Nesselfrage noch nicht aufzugeben, vielmehr dürfe man erwarten, daß mit der Erfindung einer zweckmäßigen und billigen Methode zur Isolierung der wertvollen Nesselbaslfasern unsere gemeine Nessel- pflanze vielleicht doch eine praktische Bedeutung als Faserpflanze ge- winnen könne. So wird es erklärlich, daß das Streben nach der Auffindung eines rationellen Degummierungsverfahrens, überhaupt eines Verfahrens zur Abscheidung der Nesselbastzellen noch erhalten geblieben ist. Betretfs der letzten, noch vor dem Weltkriege dieses Ziel verfolgenden Be- strebungen berichtet Dr. Rieh. Schwarz im Niederösterreichischen Gewerbevereine (nach dem Journal »Textil« vom Januar i910) über ein angeblich rationelles von K reißt und Seibert erfundenes Degummierungs- verfahren für Urtica dioica, welches bei reichem Ertrage eine sehr gute Faser geben soll^). Aber auch diese Erfindung hat zu keinem \) Siehe über dieses Verfahren auch Tropenpflanzer XIV (IQ-IO), p. 104. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 229 praktischen Resultat geführt und wird heute schon als gegenstandslos betrachtet. Die weitaus stärkste Förderung hat aber die Nesselfasererzeugung aus der gleich eingangs dieses Artikels erwähnten als Folge des Welt- krieges hereingebrochenen Fasernot gezogen. Selbstverständlich vollzog sich dieser Prozeß in jenen Ländern, welche unter der Blockade der Entente zu leiden halten, also vor allem in Deutschland und Österreich. In "Deutschland steht man der Nesselfasergewinnung im großen ganzen mit einer gewissen Skepsis gegenüber, während man in Öster- reich, obgleich gerade von österreichischen Fachmännern den Aufstellungen der Deutschen Nesselkommission entgegengetreten wurde, der Nessel- fasergewinnung mit Sympathie gegenübersteht, womit aber nicht gesagt sein soll, daß nicht auch in Österreich sich kritische Stimmen gegen die Ausschreitungen der Nesselfaserreklame aussprachen und daß nicht auch in Deutschland manches geschah, um die aufkeimende Nesselfaser- industrie zu fördern i). Am meisten hat sich um die österreichische Nesselfasergewinnung Professor Oswald Richter verdient gemacht, dem es gelang, das öster- reichische Kriegsministerium während der Kriegszeit für die Sache zu gewinnen, die dann von dieser Seite auf das mächtigste gefördert wurde^). Freilich darf nicht unerwähnt bleiben, daß Richter durch zu geringe Rücksichtnahme auf die bereits hochentwickelte technisch- botanische Forschung seine Anschauungen vielfach ungenügend begründete und der Nesselindustrie eine Zukunft prognostizierte, welche der Kritik kaum standzuhalten vermögen dürfte. Sein nicht hoch genug anzuschlagen- des Verdienst besteht darin, während des Krieges ein gutes Ersatzmittel für grobe Fasern gefunden zu haben. Seine großen Hoffnungen auf die Zukunft der Nesselfaserproduktion, welche durch seine Anhänger ins Maßlose gehoben wurden und zu der Behauptung führten, daß die Nesselfaser ein übermächtiger Konkurrent der Baumwolle und der Jute zu werden verspreche, sind von allen besonnenen Fachmännern zurück- gewiesen worden, entweder in der Form, daß der Nesselfaser jede Zu- kunft abgesprochen wurde, oder daß ihre Zukunft noch ganz zweifelhaft erscheine, eine Ansicht, welche auch ich vertrete und in diesem Artikel zu begründen versuchen werde 3). 1) Der ergänzende Bearbeiter dieses Abschnittes muß hier allerdings liinzufügen, daß seit "Wiesners Vollendung des Manuskriptes die Nesselfaservervvertung in der reichsdeutschen Ersatzfaserindustrie auch größere Bedeutung erlangte. 2) Über einiges zur Geschichte der Nes«elfaserbestrebungen in Österreich und Deutschland siehe auch E. 0. Rasser in »Neue Faserstoffe«, München 1919, I. Bd., p. 4 u. 5 u. p. 18—22. 3) Aus zahlreichen mir zugekommenen brieflichen Äußerungen hervorragender Fachmänner über die Zukunft der Nesselfaser hebe ich die folgende hervor. Herr 230 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Herr Generaldirektor Weißenstein der üslerr. Jutespinnereien spricht sich in einem an mich gerichteten Briefe sehr skeptisch über die Zukunft der Nessel aus und hält es für ausgeschlossen, daß, schon in Anbetracht des Preises, die Nesselfaser als Konkurrent der Jute jemals in Betracht kommen könnte, hingegen sei Textilose während des Krieges ein wahrer Ersatz für Jute. Was die Textilose als Ersatzfaser im Vergleich zur Nesselfaser bedeute, darüber spricht sich Herr Weißenstein in dem- selben Schreiben folgendermaßen aus: »Textilose scheint mir der aus- sichtsreichste Ersatz für Jute zu sein. Tatsache ist, daß unsere Heeres- verwaltung viele Millionen von aus Textilose (Textilit) erzeugten Säcken verwendet hat und noch verwenden will, die den erhöhten Anforderungen des Krieges entsprochen haben und die nach den Strapazen, welche sie im Felde ausgesetzt waren, seit einiger Zeit im Hinterlande in eigenen Anstalten der Militärverwaltung gewaschen und in brauchbarem Zustande wieder verwendet werden.« Da der Ersatz der Baumwolle durch Nessel- faser, wie in den Tagesblättern mit aller Bestimmtheit behauptet wird, einfach in das Reich der Fabel gehört, wie unten noch näher zu be- gründen sein wird, so ist leicht einzusehen, wie sehr die Nesselfaser in bezug auf ihre Bedeutung gegen die Textilose zurücksteht. Die Hauptverwendung der Nesselfaser besteht, auch nach den Aussagen deutscher Fachmänner, in dem Ersatz für gröbere Wollen. So lesen wir im Tropenpflanzer (1915, p. 702): »Als Ersatzfaser für Schafwolle hat sich die Nesselfaser gut eingeführt für Strickstrumpf- und Triko- tagenfabrikation. Das llichtersche Verfahren zur Gewinnung der Nessel- faser. Schon vor dem Kriege hat Professor Oswald Richter ein Verfahren ausgearbeitet, um aus den Stengeln der Nessel eine spinnbare Faser abzuscheiden. Er hatte schon im Jahre 1900 im konzentrierten Ammoniak ein Mittel gefunden, um die Rinde der Nessel in ihre Ele- Prof. V. Liebeuberg (Wien) schreibt mir: »Seit ich landwirtschaftHch denke, ist die Nesselpflanze schon zu wiederholtenmalen als Gespinstpflanze erfunden worden, aber immer wieder verschwunden. Trotz der neueren Verfahren, welche für die Bereitung der Faser in neuerer Zeit gefunden worden sind, glaube ich nicht an die Zukunft der Kultur der Nessel; höchstens, daß man dieselbe, durch den jetzigen Krieg angeregt, sammeln und verarbeiten wird.« Der hervorragende Forscher auf dem Gebiete der Faserkunde, Herr Prof. A. Herzog in Sorau (Niederlausitz) schreibt mir: »Es sind die bisher gewonnenen und noch zu gewinnenden Mengen an Nessel- fasern so lächerHch gering im Verhältnis zu dem Rohstoffbedarf der österreichischen und deutschen Baumwoll- und Jutespinnereien, daß sie den erforderlichen Aufwand an Zeit, Arbeit und Kosten kaum rechtfertigen. Ich bin der Ansicht, daß Deutsch- land in richtiger Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse gut getan hat, von der Verwendung von Soldaten zum Einsammeln von Brennesselfasern Abstand zu nehmen. Ich bitte von meinen Mitteilungen jederzeit nach Belieben Gebrauch zu machen.« J Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 231 mentarbestandteile zu zerlegen. Aber diese Mazeration führt nicht etwa wie die Rüste der Jute dazu, die Bastfasern zu isolieren, so daß sie als Ganzes abgezogen werden können , sondern dahin , die Rinde der Nesselstengel in zahllose isolierte Zellen der verschiedensten Dimensionen zu zerlegen, deren Natur man aus der Fig. 55 ersehen kann: das sind Bastzellen, Chlorophyll führende Rindenparenchymzellen, Oxalsäuren Kalk in Kristallform führende Rindenparenchymzellen, Collenchymzellen usw. Die gewonnene Bastfaser ist aber gemengt mit kleinzelligen Elementen, die entfernt werden müssen, wenn man eine halbwegs gute Bastfaser- Fig. 55. Zur Mikroskopie der Brennesselfaser (Urtica dioica). Q Quersclmittpartie mit Kalilauge behandelt, o Oberhaut mit Drüsenhaar d, ko Collenchym, Icy Kristalldriise von Kalkoxalat, b Bastzelle, e Bastfaserendeu, f—p Mittelstücke der Bastfaser, q, gi Querschnitte der Bastfaser , o Stück der Oberhaut an der schon verarbeiteten Faser, A's Rindenzellen mit Kalkoxalatkristallen, tr Borsteuhaar, i Basis eines Borstenhaares, c;/ C'ystolith. (Nach T. F. Hauausek.j masse erhalten will. Richter sagt selbst, daß sein Ammoniakverfahren das Eigentümliche habe, alle in den Zellen enthaltenen Stoffe (Chlorophyll, Stärke, Kalkoxalatkristalle usw.) intakt zu lassen. Will man diese ent- fernen, so kann mit Erfolg ein Seifenbad in Anwendung gebracht werden. Aber diese Reinigung kommt ja fast gar nicht den rein darzustellenden Bastzellen zugute, welche ja nichts oder nur Spuren der genannten Inhaltsstoffe enthalten. Das Seifenbad leistet also für die Reingewinnung der Bastfasern fast nichts. Es ensteht aber die Frage: wie befreie ich die Bastzellen von den anhängenden parenchymatischen, chlorophyjl- führenden, kristallführenden Zellen usw., die ja alle nur als Verun- 232 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. reinigungen der Bastzellen anzusehen sind? Dies könnte ja nur durch Waschen und eine Art Kämmen geschehen. Wollte man also aus den Nesselstengeln ein nur aus Fasern bestehendes der Baumwolle vergleich- bares Produkt darstellen, so wäre das ein mühevolles, kostspieliges Verfahren, in welchem der Mazeration mit Ammoniak ein Seifenbad, eine reichliche Waschung und ein mechanisches Verfahren zur Beseitigung der kleinen Begleitzellen der Bastfasern folgen müßte. Dies der Grund, weshalb es praktisch unmüglich ist, ein baumwollenarliges Produkt aus der Nessel zu gewinnen. Es ist in der Tat auch ein ganz anderes Verfahren, welches Richter in Anwendung bringen läßt, um eine tech- nisch brauchbare Nesselfaser zu erhalten. Er spricht sich darüber selbst folgendermaßen aus^): »Die weitere Verfolgung des Problems nach der Verbilligung des Verfahrens durch sukzessive Verdünnung des Ammoniak führte schließlich dazu, zu zeigen, daß man mit Wasser allein bei der Brennessel zum Ziele kommt und damit war auch die Lösung des Nesselproblems, die denkbar billigste Gewinnung der Faser, gegeben.« Durch die Behandlung der Nesselstengel mit bloßem Wasser, welches nach seiner Aussage nur Y2 — 2 Stunden einzuwirken braucht (1. c. p. 40), geschieht nichts anderes, als daß durch stärkere Quellung der Rinde diese sich vom Holze löst. Nunmehr muß aber durch mechanische Prozesse die Rinde in Fasern zerlegt werden, was durch Zerreißmaschinen erfolgt, wodurch ein sehr rohes Produkt erzielt wird, da dabei nicht nur viele Bastzellen zerrissen werden, sondern auch andere nicht faserige Bestandteile in der Faser erhalten bleiben. Dieses Zerreißverfahren ist sehr alt, wurde u. a. auf den Flachs von den ältesten Zeiten an bis auf die Neuzeit angewendet (z. B. in England, siehe p. 165) und hat stets zu minderwertigen, wenig haltbaren Produkten geführt. Wenn Richter als Vorzug dieses mechanischen Verfahrens anführt, daß eine Rüste bei diesem Verfahren gar nicht nötig ist (1. c. p. 40), so ist dies der größte Tadel, den man über dieses aussprechen kann: denn, wie heute allgemein anerkannt wird, gewinnt erst durch die Röste (oder ein analoges che- misches Verfahren) die natürliche Faser ihre Teilbarkeit und durch Beseitigung der »Nichtzellulose« aus der Zellmembran ihre exzeptionelle Dauerhaftigkeit (siehe p. 167). Wie man sieht, ist dieses Richter- sche Quellungsverfahren von seinem Ammoniakverfahren gänzlich ver- schieden; ersteres ist ein mechanisches, letzteres ein chemisches Verfahren, denn im ersteren Falle erfolgt die »Teilung« der natürlichen Faser durch Zerreißung, im letzten Falle durch chemische Lösung der äußersten Zellhautschichte, der Interzellularsubstanz, Wenn nun auch durch das Richter sehe Verfahren ein für die 1) Alte und neue Textilpflanzen p. 40. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 233 Kriegszeit brauchbares Produkt aus der Nessel erzeugt worden ist, so ist 0. Richter doch im Irrtum, wenn er (1. c. p. 45) sagt: »daß das Nessel- problem nach der technischen Seite gelöst ist und die Brennessel in der Reihe der neuen Faserpflanzen rasch einen hervorragenden Platz ein- zunehmen verspricht«. Er ist aber auch in bezug auf die landwirt- schaftliche Seite des Problems im Irrtum, wenn er sich der Ansicht Bouches anschließt, daß Urtica dioica so bedürfnislos ist, daß das Nesselfeld zehn Jahre nicht gedüngt zu werden braucht und trotzdem reichliche Ernte trägt (1. c. p. 46) und daß die Vermehrung der Nessel durch Wurzelstöcke besonders zu empfehlen sei (1. c. p. 46). Er stimmt der Auffassung zu, daß Ödland zur Kultur der Nessel bedenkenlos zu empfehlen sei, und schließt sich jenen an, welche die Eisenbahndämme für die Nesselkultur besonders empfehlen. Aber da kommen zu den älteren kritischen Bedenken (von Friedrich Haberlandt, v. Lieben- berg u. a.) die neuesten von Wacker i) in Hohenheim ausgeführten Versuche, welche lehren, wie groß die Ansprüche sind, welche die Nessel an den Boden stellt, und daß Ödland als Ackergrund für Nessel gänz- lich unzulässig ist 2), ferner der Nachweis, daß die Vermehrung der Nessel durch Wurzelstöcke nicht zu empfehlen sei, da erst im dritten Jahre nach der Aussaat die Pflanzen so weit entwickelt sind, um zur Faser- gewinnung herangezogen werden zu können. Es ist auch mehrfach, zuerst von Jos. Moeller^) darauf hingewiesen worden, daß der Anbau \] Wacker, Zur Frage des Anbaues der Brennessel in Nr. 46, Jahrg. 43 der »Deutschen Landwirtschaftlichen Presse«. 2) Der hervorragende Landwirtschaftslehrer Prof. Dr. K. Fruwirth (Wien) be- zeichnet in seinem Vortrag »Neue Pflanzen auf dem Acker« (Schriften d. Ver. z. Yerbr. naturw. Kenntnisse, Wien, 1919, p. 89 — IIB) die Bewegung, die Nessel als Feldfrucht zu bauen, als eine »verfehlte«. Er sagt: »Ich hatte gleich zu Beginn derselben darauf verwiesen, daß die Nessel, wenn sie unter den Verhältnissen des Ackerlandes gut ge- deihen würde, längst gemeines Ackerunkraut geworden wäre, was nicht der Fall ist. Was ich bisher an Nesselanlagen auf Ackerland hier und in Deutschland sah, ent- sprach auch meiner Erwartung, daß ihr der Acker zu wenig Feuchtigkeit, keinen Schatten und — in der Kriegszeit — unbedingt zu wenig Slickstoffnahrung bieten wird. Befriedigt haben Anlagen auf neu in Kultur genommenem Niederungsmoor, die in Deutschland von der Nesselanbaugesellschaft an vielen Orten, bei nur schwacher Entwässerung des Bodens, geschaffen wurden. Als dann später von Richter der Niederungswald als geeigneter Standort bezeichnet wurde, war ein weilerer Standort gefunden, auf welchem Erfolge erzielt werden konnten. Auf dem Acker wird die Nessel eine Stellung nicht behaupten können. Guter Acker kann Besseres, Geeigne- teres tragen. Mit Lein kann man 6 — 8 dz guter Faser vom Hektar erzielen, mit Nessel 2 — 4 dz einer, trotz seidigem Glanz und genügender Festigkeit, immerhin minderwertigen.« 3) Jos. Mo eil er, Polytechn. Zeitung 1 88 3, Nr. 34 u. 35. Dieser seinerzeitige Ein- wand erscheint allerdings dem ergänzenden Bearbeiter des vorliegenden Buchabschnittes nach den obigen Ausführungen von Fruwirth nicht mehr stichhaltig. 234 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. der Nessel von den Landwirten übel vermerkt werden würde, da er eine starke Verunkrautung des Ackerbodens mit Nessel zur Folge haben werde. Entsprechend den Erfahrungen über die Vermehrungs weisen der Nessel geht Wackers Ansicht dahin, daß zum Zwecke der Nesselfaser- gewinnung sich weder die Stecklingsvermehrung noch die Vermehrung durch Samen eigne i), sondern hierzu nur, wie es ja derzeit geschieht, die Einsammlung der wildwachsenden Pflanze dienen könne, wodurch allerdings die Zukunft der Nesselfaser in kein günstiges Licht gestellt werde, da die auf den IMarkt zu bringende Ware von den bei der Ein- sammlung unvermeidlichen Zufälligkeiten der Preise und der Grüße der Ernte abhängig sein wird. Unter Umständen kann aber dieser primitive Modus der Faserge- winnung zum Vorteil gereichen. So verhielt es sich beispielsweise in Österreich, wenigstens in den beiden ersten Kriegsjahren. Die öster- reichische Heeresverwaltung beauftragte die dienstfreie Mannschaft zur Einsammlung und Erntebereitung der wildwachsenden Nesseln, wodurch den Spinnereien das zu verarbeitende Rohmaterial (entästete und ent- blätterte Stengel oder gar die Rinde der Nesseln) kostenlos zur Verfügung gestellt werden konnte. Die Kosten von Grund und Boden fielen weg, desgleichen die Kosten für Aussaat, Ernte und Erntebereitung. So konnte die österreichische Heeresverwaltung Nesselgewebe um sehr ge- ringe Preise herstellen lassen, während in Deutschland, wo die Nessel- pflanze mit Kostenaufwand eingesammelt und für die Spinnereien her- gerichtet werden mußte, sie naturgemäß höher zu stehen kamen. Wie schon oben bemerkt, hat die deutsche Heeresverwaltung die Einsammlung der Nessel durch Soldaten prinzipiell abgelehnt und sich überhaupt zur Bekämpfung der durch den Krieg hervorgerufenen Fasernot ganz anderer Mittel bedient als das österreichische Kriegsministerium, worüber oben bei Flachs und Hanf die Rede war (s. oben p. 158 u. p. 189). Aber auch die österreichische Kriegsverv/altung hat sich schon im Jahre 1916 genötigt gesehen, die Einsammlung der Nessel durch Soldaten, wenigstens teil- weise, einzustellen, und hat durch Aufrufe die zivile Bevölkerung eingeladen, an der Einsammlung der Nessel Anteil zu nehmen. Da hierbei die Nesselstengel nur durch Ankauf in den Besitz der Heeresverwaltung ge- langen konnten, so mußte sich der Preis der Nesselfaser selbst schon zur Kriegszeit höher stellen. \) Nach Kalt (Deutsche Ldw. Presse, 1917, Nr. 16/17) ist man mit der Erziehung von Nesseliiulturen aus Samen noch nirgends gut gefahren. Über die Keimungs- verhältnisse der Nesselfasern siehe Schwede in »Textile Forschung«, 1919, 1. Bd., p. 72 — 75. Nach Schwede erscheint es im Hinblick auf die den Keimprozeß be- günstigende Frostwirkung angezeigt, die Nesselsamen schon im Herbst, und zwar nur wenig tief in lockeren Boden auszusäen. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 235 Urtica dioica (^= U. dioeca L. [Hegi] = major KaniU) ist eine mit dem unterirdischen Wurzelstocke ausdauernde Pflanze, welche krautige, blühende und fruchtende Stengel nach oben entsendet, deren Haupttriebe der Fasergewinnung dienen, nachdem Blätter und Seitentriebe entfernt wurden. Sie ist ein ausgesprochener Kosmopolit, der nur im Polargebiet und in einigen tropischen Gebieten Afrikas fehlt. In Mitteleuropa stark verbreitet, kommt sie im Gebiete des ehemaligen Osterreich doch mi ganzen häufiger vor als in Deutschland, was . im ersteren Reiche der Nesselfasergewinnung auch Vorschub leistete. Es gibt zahlreiche Spielarten der Urtica dioica, von denen einzelne selbst zu Arten erhoben wurden. Für die Fasergewinnung sind diese Formen bedeutungslos i). Hingegen unterscheidet der Nesselfasererzeuger zwischen der schlanken, wenig verzweigten, bis 1,3 m hohen und der kurzen, reichverzweigten, unregelmäßig gebauten Nessel. Aus morpho- logischen, gleich zu erläuternden Gründen liefert die erstere die Faser leichter als die letztere, zudem ist die Faser der ersteren feiner, länger und gleichmäßiger. In der Rinde der gemeinen Nessel verlaufen Rinden- parenchymzüge, deren Zellen häufig reich an KristaÜaggregaten von oxalsaurem Kalk sind. Dieses Rindenparenchym verläuft z. T. in breiten Zügen zwischen den Bastbündeln, z. T. in feinen Zügen zwischen den Fasern der Bastbündel. Da beim Zerreißen der Rinde der Zusammen- hang in den Partien der geringsten Zerreißfestigkeit stattfinden muß, so wird die Zerlegung der Rinde in Fasern hauptsächlich im Rinden- parenchym vor sich gehen, und da bei der mechanischen Extraktion der Bastfasern die Richtung erhalten bleibt, so ist leicht einzusehen, daß die gekrümmten Stengel infolge von Rißbildung kürzere und erfahrungsgemäß auch gröbere Fasern liefern werden. In meinem vor 40 Jahren erstatteten Gutachten habe ich schon die Vorteile der langaufschießenden, geradwüchsigen, wenig verzweigten Nesseln gegenüber den kurzen, reichverzweigten, krummwüchsigen bei der Fasergewinnung betont, und es scheint mir bemerkenswert, daß 0. Richter'-} das in die Länge schießende Material »als das beste für die Faserbereitung erklärt«. Tiefer in die anatomischen Verhältnisse des Nesselstengels eingehend, findet man zahlreiche Momente, welche zugunsten oder zuungunsten der 1) Es ist sehr interessant, daß man wilde Nesseln, so die Tullner und die Egerer Nessel, fand, die für die Fasergewinnung geeigneter waren als die andernorts ver- breiteten und die eine Fasergewinnung ohne Darren der Stengel zulassen. Dies weist nach Fruwirth (1. c, p. 115) darauf hin, daß der Grund zur Vielförmigkeit unserer Kulturpflanzen schon in Verschiedenheiten der wilden Pflanze gelegen ist, die an ver- schiedenen Orten zur Kulturpflanze wurde. 2) Alte und neue Textilpflanzen, p. 4 6. 236 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Fasergewinnung sprechen und deshalb für die Beurteilung der Nessel als Gespinstpflanze von Bedeutung sind. Was zunächst die Bastzellen des Nesselstengels anbelangt, so sind dieselben fest, von guter mechanischer und chemischer Beschaffenheit. Sie sind in allen Stadien der Entwicklung unverholzt, indem Phloro- gluzin und Salzsäure sie ungefärbt lassen. Dieses mechanische und chemische Verhalten der Bastzellen spricht für die Verwendbarkeit der Nesselstengeln zur Fasergewinnung. Aber im höheren Maße dagegen spricht der Umstand, daß die Menge der Bastzellen im Nessel- stengel nur eine geringe ist^). Einer aufmerksamen Betrachtung der Nesselstengelquerschnitte kann es nicht entgehen, daß die Nessel im Vergleich zu Flachs, Hanf und Jute sehr arm an Bastzellen ist. Prof. Herzog betont dies in Briefen an mich sehr eindringlich und belegt seine Anschauung durch Vorführung von Originalphotographien, aus welchen hervorgeht, daß gerade das parenchymatische, die Blatt- gefäßbündel voneinander trennende Zwischengewebe (primäre Markstrahlen) im Vergleich zu Flachs, Hanf und Jute geradezu mächtig entwickelt ist, was für die Reindarstellung der Bastzelle ein großes Hindernis be- deutet, und daß die in den Bastbündeln reichlich auftretenden paren- chymalischen Elemente, so sehr sie für die Teilbarkeit der Bastbündel vorteilhaft sind, die Reindarstellung der Bastzellen erschweren. Schwerer als dieser letztere Übelstand fällt aber die nicht genug zu betonende Armut der Nesselstengel an Bastzellen ins Gewicht 2). Diese Tatsache ist nicht so unbekannt, als es den Anschein hat, wenn man bedenkt, daß dieser wichtige Gegenstand von den Lobpreisern der Nesselindustrie entweder mit Stillschweigen übergangen wird oder die Behauptung auf- gestellt wird, daß die Nessel an Fasergehalt den anderen bekannten Faserpflanzen nicht nachstehe. Ich finde in der trefflichen Flora von Hegi3), welche sich durch die Genauigkeit und Verläßlichkeit ihrer An- gaben auszeichnet, folgende, mir wichtig erscheinende Stelle: »Da der Stengel verhältnismäßig wenig Bastfasern enthält und die Verarbeitung ziemlich umständlich ist, hat die Nesselgarnindustrie nie recht prospe- rieren wollen. Diese Stelle ist auf keine Quelle zurückgeführt, aber es kann nach 1) Krais schätzt den Fasergehalt des Nesselstengels auf ungefähr 6 — 8 Proz. spinnbarer Faser (Ztschr. angew. Chemie, 1919, Nr. 2), während E. Collin (Der Spinner und Weber, 1919, Nr. 5) behauptet, daß die Ausbeute der Nessel 10 Proz., die der Typhafaser hingegen nur 17 — 20 Proz. [nach Gr aebner 25—33 Proz.) betrage. 2) Eine mikroskopisch-graphische Methode zur Bestimmung des Fasergehaltes einer Gespinstpflanze gab uns kürzlich A. Herzog in > Angewandte Botanik«, Bd. I, 1919, Heft 3 u. 4. 3) Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Bd. HI, p. 140 (Wien und München). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 237 meiner Ansicht keinem Zweifel unterliegen, daß die tastenden Versuche, die Nessel als Gespinstpflanze zu prüfen, manche auf den richtigen Weg führten, sich durch direkte Beohachlung klar zu machen, ob die Menge der Bastfasern der Nessel genüge, um deren Darstellung praktisch nutzbar zu machen. Ich meine, daß diese mit ungenügendem Erfolge endigenden Versuche der Hauptgrund waren, daß man die Gedanken, die Nessel als Gespinstpflanze einzuführen, wieder aufgab. Was sich alles in der auf rohmechanische Art dargestellten Nessel- faser finden läßt, ist in Fig. 55 abgebildet. Neben dem eigentlichen wert- vollen Bestandteil der Nesselstengel, den Bastzellen, finden wir noch die Chlo- rophyll- und kristallführenden Parenchymzellen, ferner Reste von Collen- chym, ja bei sehr roher mechanischer Behandlung auch Oberhaut mit Spaltöffnungen und Haaren. Diese VielgestaUigkeit der Bestandteile der Nesselfaser zeigt einerseits den primitiven Charakter derselben, auf der anderen Seite aber auch die Leichtigkeit, mit welcher diese Faser mikroskopisch i) nachgewiesen werden kann. Noch möchte ich mit Rück- sicht auf die Mikroskopie der Nesselfaser auf die von T. F. Hanausek besonders betonte Vielgestaltigkeit der Bastzellen des Nesselstengels auf- merksam machen, welche darin besteht, daß die Enden dieser Bastzellen nicht immer, wie man früher angab, konisch geformt sind, sondern auch flache und ebene, aber auch lüffelförmige Gestaltungen aufweisen. (S. Fig. 55.) Nach ziemlich übereinstimmendem Urteil leistete die Nesselfaser- industrie der österreichischen Kriegsverwaltung^j während des Krieges gute Dienste. Es handelte sich da aber nur um grobe Ware, welche nach dem neueren 0. Richterschen Verfahren durch bloße Quellung im Wasser und durch bloße mechanische Bearbeitung erzielt wurde, also um die Herstellung von Zeltstoffen, Rucksäcken, Binden, Stricken, Trikotagen (Strümpfen) usw. Die feineren Waren, welche auf reine Bastfasererzeugung abzielen und welche selbst nach dem kompli- zierten Verfahren durch Ammoniak, Kochen in Seifenlösung usw. nur in unvollkommener Weise erzielt werden, haben so wie die versuchten 1) Über die Mikroskopie der Faser von Urtica dioica s. J, Mo eller, Die Nessel- faser. Mit 6 Abbildungen. D. A. Polytechnische Zeitung, 1883, Nr. 34/35. V. Höhnel, Mikroskopie der techn. verwendeten Faserstoffe, 2. Aufl., Wien 1905. T. F. Hanausek, Allgemeine Textilzeitung, Leipzig, Wien 19 16. 2) Die deutsche Krie gs Verwaltung hat einen ganz anderen Weg zur Bekämpfung der durch den Krieg bedingten Fasernot eingeschlagen: den vermehrten Anbau erprobter Faserpflanzen (Flachs, Hanf), welche, als Vorfrucht bei der WeizenkuUur angewendet, eine Ertragssteigerung des Getreides unter bestimmten Umständen ermöglichten. 238 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Mischungen mit Baumwolle, Flachsfaser einen untergeordneten Wert und bleiben späteren technischen Fortschritten vorbehalten i). Über die Zukunft der Nesselfaserindustrie läßt sich, wie in allen Dingen, welche von den Zufälligkeiten menschlicher Erfindungen abhängen, ein zuverlässiges Urteil mit Sicherheit nicht fällen; Wer hätte z. B. vor zehn Jahren geglaubt, daß man aus Holz eine gut verspinnbare Faser und ausgezeichnete Bindfäden würde erzeugen können, noch dazu auf dem Wege der Papierbereitung. Deshalb gebietet die Vorsicht, auch in der Nesselfrage mit einem endgültigen Urteil zurückzuhalten. Destoweniger kann ich angesichts meiner oben dargelegten Kennt- nisse, Erfahrungen und Einsichten nur mit sehr geringen Hoffnungen der aufsteigenden Entwicklung der Nesselfaserindustrie entgegensehen, besonders wenn ich erwäge, daß nach dem Kriege wieder die alten erprobten Faserstoffe in den allgemeinen technischen Dienst getreten sein werden. 12. Jute2). Die Jute 3] ist die Bastfaser mehrerer indischer CorcÄorws- Arten, Pflanzen aus der Familie der Tiliaceen. In Indien ist diese Faser von alters her im Gebrauche. In Europa steht sie als Spinnmaterial erst i] Der Spinnwert der Nesselfaser steht hinter dem der Baumwolle zm-ück, und zwar sowohl infolge der geringen Dehnung, als auch der geringen Schmiegungsfähig- keit, des Mangels einer Kräuselung und des Mangels der Spinnsporen. S. Johannsen in Mittig. deutsch. Forsch.-Inst., Reulhngen-Stuttgart 1919, 6.-8. Ausg., p. 4 und Chr. F. Walz, Zusammenhänge zwischen Gespinsteigenschaften und Spinnstruktur bei Er- satzfaserstoffen. Inaug.-Dissert. (dieselbe Mittig., p. 5 — 54). 2) Über Jute s. Wiesner, Studien über die Eigenschaften einiger indischer Pflanzenfasern, in Mikrosk. Unters., p. ä6ff.; ferner Wiesner in »Ausland«, 1861», p. 830 0". Über Kultur und Gewinnung der Jute s. Semler, Tropische Agrikultur, III, 1888. Über technische Eigenschaften, Verarbeitung und Verwendung: Pfuhl, Die Jute und ihre Verwendung. 3 Bde., Berlin 1888— -1891, und Legatt, Theory and practice of Jute. Dundee 1893. Henri Lecomte, La culture du Jute. Revue des Cultures coloniales I, 1897. Dalen undWisber, Über Jute usw., Mitteilungen aus der techn. Versuchsanstalt, Berlin 1902. Watt, The Commercial Products of India. London 1908, p. 405 ff. Wolff, R., Die Jute, Berlin 1913. Beauverie, Les textiles vegetaux. Paris 1913. 3) Der Name Jute ist nunmehr allgemein im Gebrauch. In der älteren tech- nischen Literatur findet man die früher gebräuchlichen Ausdrücke: Gunny fibre, Paathanf, Indian grass, Calcuttahanf n. e. a. Das Wort Jute wird seit aHers von den Bengalen für die Faser von Corchorus gebraucht (Roxburgh), während sie die Pflanze, welche die Faser liefert, »paat« nennen. Die Zahl der in Indien landes- üblichen Namen für Jute ist, wie sich Dodge (1. c.) ausdrückt, Legion. Nach Semler (1. c, III, p. 644) sind für Jute in Indien 64 Lokalnamen im Gebrauch. Der Sanskritname ist Jhat, so viel wie Faser, von welchem Worte sich der jetzt ge- bräuchliche Ausdruck Jute ableitet. Nach G. Watt, Econ. Prod. of India III, No. 146 (Calcutta, 1883) heißt die Jute im Sanskrit yuta. Nach gefälHger Mitteilung Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 239 seit etwa 85 Jahren in Verwendung und hat erst in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts Bedeutung gewonnen (siehe unten, »Geschichtliches«). Im Jahre 1866 betrug die Einfuhr von Jute nach England schon das doppelte der eingeführten Hanfmenge. Gegenwärtig gehört die Jute zu den wichtigsten Spinnstoffen der europäischen Indu- strie und wird bereits auch sehr stark auf dem Kontinent (Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien usw.) verarbeitet ^j. Auch für die Ver- einigten Staaten ist die Jute von Bedeutung geworden und wird in großer Menge in Massachusetts und auf Rhode-Island, bekanntlich dem dichtbevölkertsten, in bezug auf Textilindustrie sehr vorgeschrittenen Staate der Union, verarbeitet. Die grüßten Mengen von Jute liefert der kultivierte Corchorus capsu- laris. Aber auch der in den wärmeren Ländern Asiens häufig als Ge- müse gebaute C. olitorius liefert große Quantitäten von Jute. Wild- wachsende (verwilderte?) Pflanzen von C. capsularis und olitorius werden allerdings zu Flechtarbeiten, nicht mehr aber wie früher zu textilen Zwecken benutzt. Gering ist die Fasermenge, welche kultivierte Formen von Coi'choi^as fuscus L. und decemangidatus Roxh. (wahrscheinlich nur eine Form von C. olitorius) liefern. Corchorus capsularis wird als Faserpflanze stark in Indien und den umliegenden Inseln, in Ostasien (besonders China, aber auch auf Formosa2)j in neuerer Zeit auch in Algier 3), in Guayana und anderen Ländern des amerikanischen Kontinents •*] gebaut. C. olitorius wird des Herrn Prof. L. v. Schröder geht das Wort Jute wahrscheinhch zurück auf Sanskr. vyuta (vi-uta), so viel als geflochten, gewebt, bez. (substantivisch) Gellecht oder Gewebe. 1) Im Jahre 1828 betrug die Ausfuhr roher Jute aus Indien 346 Zentner, im Jahre 1856 stieg sie bereits auf 700 000, 1872 auf 6 Millionen Zentner, 1891 auf 12 Mill. Zentner. In Indien selbst wurden zu dieser Zeit 4 Mill. Zent, fabrikmäßig versponnen. Nach Semler (1. c, p. 652) wurden im Jahre 1882/1883 aus Bengalen 60 Millionen Stück Jutesäcke ausgeführt. Nach Henri Lecomte führte Britisch Indien im Jahre 1895 Jute im Werte von 10575477 Pf. St. aus. Nach dem Berichte des kais. Generalkonsulats in Kalkutta für das Deutsche Reich betrug die indische Juteernte im Jahre 1911 — 1912 nahezu 38 Mill. Zentner (9 461 000 Ballen ä 4 Zentner). Tropenpflanzer XVI (1912). 2) Dewey, Princip. commerc. Plauts. Yearbook of the Departem. of Agricult. 1903. 3) Exp. univ. 1867. Aigerie. Catal. spec. p. 73. In Algier wird die Jutepflanze corite textile genannt. 4) In den Baumwollendistrikten Nordamerikas gedeiht vielfach auch die Jute. Die Kultur rentiert sich aber nicht wegen des billigen Preises der asiatischen Jute. Aus dem gleichen Grunde waren die Anbauversuche, welche in vielen tropischen und subtropischen Ländern mit der Jutepflanze unternommen wurden, von geringem Erfolge begleitet. Auch in den ehemaligen deutschen Kolonien ist vorläufig wenig Aussicht auf lohnenden Ertrag der JutekuUur. S. hierüber Warburg, Tropenpflanzer XII (1908), p. 16. 240 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. in einigen Gegenden Indiens als Faserpflanze i), häufiger aber als Gemüse gezogen, und zwar nicht nur in Indien, sondern auch in Ägypten, Ara- bien und Palästina. — Außer den vier genannten Spezies von Corchorus^ die alle kultiviert werden, kommen in Indien, ferner in Südamerika und Australien, noch andere Arten (etwa 30) dieser Gattung wildwachsend vor, die aber nicht zur Fasergewinnung dienen. Die beiden als Jutepflanzen praktisch allein in Betracht kommenden Spezies der Gattung, nämlich Corchorus capsvlaris und C. olitorius, sind, abgesehen von den Früchten, wenig unterschieden, und in den Heimat- ländern hält man sie eigentlich nicht auseinander. Man macht nur den Unterschied zwischen »Nalita«, welche Gemüse, und »Paat«, welche Fasern liefert. Jede der beiden Spezies bildet mehrere Varietäten, »weiße« und »rote«. Erstere haben grüne Blätter und Stengel, letztere rote Stengel und rote Blattrippen. Die grünstämmigen werden den rotstämmigen vorgezogen 2). Die beste Julesorte »Uttariya« stammt von einer grün- stämmigen (weißen) Spielart von Corchorus capsularis ab''). Im allge- meinen stimmen die aus den Varietäten beider Spezies abgeschiedenen Fasern miteinander überein, tatsächlich vv^ird auch im Handel kein Unter- schied gemacht zwischen der von Corchorus capsularis und der von C. oUtorius abstammenden Gespinstfaser (Sem 1er). Die Jute gedeiht am besten in feuchten Gebieten der tropischen und subtropischen Zone, auch noch weiter nordwärts bis zum 36" nördl. Breite. In trockenen Gebieten wird die Faser hart und steif Die Kultur der Corchorus- Arien macht keinerlei Schwierigkeit. Die Aussaat der Samen erfolgt im April oder Mai, wenn anhaltender Regen den Grund stark durchfeuchtet hat. Im Juni oder Juli tritt die Blüte, im September oder Oktober die Fruchtreife ein. Wie bei Hanf, Flachs, Chinagras und wahrscheinlich allen basthaltigen Pflanzen nimmt die Festigkeit und Biegsamkeit der Bastfaser zur Zeit der Fruchtreife ab. Es findet eine Verholzung der Bastzellen statt, und infolgedessen stellt sich eine große Sprüdigkeit der Faser ein. Deshalb trachtet man die Jute, wie überhaupt alle Bastfasern, vor dem Eintritt der Fruchtreife vom Felde zu bringen. Nach Semler ist es am rationellsten, zu ernten, wenn die ersten Früchte zu reifen beginnen. Vor beginnender Samenreife geerntete Faser ist nach Sem 1er zu schwach, nach beendigter Samenreife gesammelte als Spinnfaser werllos. Durch Schnitt erhält man ein besseres 1) In einigen indischen Bezirlien (Dinajpore, Rungpore und Purneah) wird nach Royle C. eapsularis als Gemüse, hingegen C. olitorius der Faser wegen gebaut. 2) Burhill, J. H. and Finlow, R. S., The Races of Jute. The Agric. Ledger (1907). Die Autoren unterscheiden 33 Rassen von Corchorus capsularis und G. oli- torius. 3) Vgl. Semler, 1. c, III, p. 652. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 241 Produkt als durch Ausraufen der Ptlanzen, weil im ersteren Falle der geringwertigste Teil der Faser, der Fuß, am Felde bleibt. Geringe Sorten (Dowrah) werden aus dem Boden gezogen (Semler). Man gewinnt dann nicht nur den »Fuß«, sondern auch die Wurzeln, welche noch Verwendung in der Papierfabrikation finden. Die geschnittene oder aus dem Boden gezogene Jutepflanze läßt man, nach Beseitigung der Blätter und Seitentriebe, gebündelt 3 — 4 Tage am Felde stehen. Es tritt hierbei ein »Welken« der Stämmchen ein, wodurch eine Abkürzung der späteren Rüste ermöglicht wird. Vom Felde gebracht, werden die Jutestengel einer Röste unter- worfen. Dieselbe ist nur selten eine Tauröste, in der Regel eine Kaltwasserröste. Die Bündel werden in tiefen mit Wasser gefüllten Gruben schief aufgestellt, mit Steinen beschwert und es wird dafür Sorge getragen, daß das Wasser etwa 10 cm über den Bündeln steht. Um den schädigenden Einfluß der direkten Besonnung hintanzuhalten, bedeckt man die Gruben mit Gras, Schilf und dergleichen. Je nach der Temperatur des Wassers dauert die Röste 3 — 30 Tagei). Es ist nament- lich in sehr heißen Gebieten erforderlich, Tag für Tag nachzusehen, ob die Röste vollendet ist, d. h., ob der mehr oder weniger stark sich zerfasernde Bast sich leicht von den übrigen Geweben der Stengel los- lösen läßt. Die Abscheidung der Faser erfolgt durch Handarbeit, welche selbst von Kindern mit großer Geschicklichkeit besorgt wird. Mit einem Stocke stößt der Arbeiter gegen die Stengel oder schlägt diese gegen die Kante eines Brettes, wobei sich eine Partie des Bastes loslöst. Er faßt dieses Stück und löst nun die Faser ihrer ganzen Länge nach vom Stengel ab. Die Faser wird im Wasser gewaschen, ausgewunden und auf Seilen zum Trocknen aufgehängt^). Trotz dieser höchst elementaren Gewinnungsweise ist die Jutefaser doch außerordentlich rein und so völlig vom Nachbargewebe befreit wie gehechelter Hanf oder Flachs. Durch die Röste wird nicht nur der Bast vom umliegenden Gewebe abgelöst, sondern es vollzieht sich auch gleichzeitig ein Zerfall der Bastbündel, so daß das Produkt nicht einen bastartigen, sondern mehr oder minder feinfaserigen Charakter erhält. Die maschinelle Abscheidung der Jutefaser hat bisher zu keinem praktischen Resultate geführt; wohl aber wird mit Vorteil in Europa I i) So nach Semler, während Pfuhl (1. c, p. 61) angibt, daß die Röste in 8—10 Tagen beendigt ist. 2) Weitere Angaben über die Gewinnung der Jute finden sich bei Schulte im Hofe, Tropenpflanzer, 190^, p. 38 ff. u. p. 295ff., und Zimmermann, Der Pflanzer, I (1905), p. 105ff. Daselbst auch die Angaben von Dewey, daß sofort von der ge- ernteten Pflanze die Rinde abgezogen und diese einer Röste unterzogen wird. Wiesner, EohstofFe. III. Band. 3. Aufl. 16 242 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. die Abtrennung der Wurzelenden (»roots«) durch Maschinenarbeit vor- genommen (mittelst snipping machines, Schnippmaschinen i). Der Ertrag des Bodens an Jute ist zwei bis fünfmal, nach einigen Angaben zehnmal so groß als an Flachs oder Hanf2j. Zweifellos ist die Menge, welche der Boden an Jutefaser hervorbringt, sehr groß. Es liegt dies einerseits in der Höhe, welche die Pflanze in der Kultur erreicht (bis 3 und 4 m und darüber), andererseits in der großen Bast- menge der Stengel. Eigenschaften der Jute. Dimensionen. Die Jutefaser hat ge- wöhnlich eine Länge von 1,5 — 2,5 m. Die größte Länge, welche an der Handelsware bisher wahrgenommen wurde, betrug beiläufig 4,5 m^j. Früher kamen oft sehr kurzfaserige Sorten vor, die man von wildwach- senden Corchorus- Arien abgeleitet hat. Im ganzen liefert C. capstdaris längerfaserige Jute als C. olitorius. Erstere Pflanze ist auch höher und schlanker. Der Stengel der ersteren erreicht eine Höhe von 5 Meter, während der Stengel der letzteren höchstens 3 Meter hoch wird. Die Breite der Fasern ist, je nachdem der Röstprozeß eine größere oder geringere Zerlegung der ursprünglichen Baslbündel in Fasern hervorrief, sehr variabel. Die vom oberen Stengelteile herrührenden Fasern sind feiner, also weniger breit als die vom unteren Stammende .herkommenden. Die im Mikroskop zu sehenden Breiten der Fasern betragen 30 — 140, im Mittel etwa 80//. Nur an den feinsten Jutesorten ist die Zerlegung des Bastbündels so weit fortgeschritten, daß einzelne Bastzellen zum größten Teil isoliert erscheinen. Farbe. Frische Jute ist stets nur wenig gefärbt, sie zeigt nämlich eine weißliche, ins Flachsgelbe geneigte Farbe. Die besten Sorten sind weiß, mit einem Stich ins Gelbliche oder Silbergraue. Die Fußenden selbst der besten Jutesorten sind stets dunkler gefärbt. Manche Jutesorten ändern nur wenig ihre Farbe. Andere, und zwar die Mehrzahl der Sorten, nehmen hingegen unter dem Einflüsse der Atmosphäre, besonders bei längerer Einwirkung von Feuchtigkeit eine tiefere Färbung an, die sich bis zu einem dunkeln Braun steigern kann. Diese Farbenänderung zeigen am deutlichsten solche Jutegewebe, die lange im Gebrauche standen, z. B. Kafl'ee-, Baumwollensäcke aus Jute usw. Wenn man bedenkt, daß die von den untersten Stengelteilen herrührenden Faserpartien stets dunkler gefärbt sind als die übrigen, oft eine tiefbraune Farbe haben. ^] Pfuhl, ]. c, I, p. 160. 2) Es wechselt indes der Bodenertrag an Jute je nach Klima und Boden. Um Kalkutta rechnet man 5,6 — 11,3 Met.Zent. Faser, in südlicheren Gegenden Indiens 22,5— 3 'i Met.Zent. pro Hektar. 3) Oberlei Lhner im offiz. österr. Ausstellungshericht. Wien 1873. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 243 während die von den oberen Stengelteilen stammenden fast farblos sind, und weiter erwägt, daß der Verholzungsprozeß, welcher der Bräunung stets vorangegangen ist, an jeder Pflanze von unten nach oben zu vorwärtsschreitet, so gewinnt die Annahme, daß die ungefärbten und im Gebrauche sich nur wenig färbenden Jutesorten von jungen, vor oder im Beginne der Fruchtreife geernteten Stengeln, die sich rasch bräunen- den hingegen von älteren Stengeln herrühren, an denen die Früchte viel- leicht schon zur Reife kamen, gewiß ihre Berechtigung. Indes dürfte bei dem Umstände, daß die Jute des Handels von verschiedenen Spezies von Corchorus herrührt, nicht zu übersehen sein, daß auch die Art der Stammpflanze diese Unterschiede bedingen könnte, wie ja selbst die Varietäten von Hanf und Flachs in ihren Eigenschaften sehr auseinander- gehende Fasern liefern. Geringe Jutesorten haben schon bei der Ab- scheidung stark ins Gelbe,. Bräunliche und Rostbraune ziehende Farbe. Je heller die Farbe der Jute ist, als desto besser wird sie angesehen. Glanz. Der Glanz der Jute ist spiegelnd, bei guten Sorten fast seidenartig. Schon dadurch unterscheidet sich die Jute vom Flachs, der nie so stark spiegelt, und vom Hanf, der nur in wenigen Spielarten (Sorten von italienischem Hanf) glänzend ist, aber nie so stark wie gute Jute. Mindere Sorten haben geringeren Glanz. Je glänzender die Jutefaser ist, desto besser ist sie. Es besteht ein inniger Zu- sammenhang zwischen Farbe und Glanz einerseits und der Festigkeit, worauf später noch zurückzukommen sein wird. Geruch. Die rohe Jute hat einen eigentümlichen, jedoch nicht so intensiven und unangenehmen Geruch wie der Hanf. Jutegarne und Jutegewebe riechen häufig unangenehm. Es rührt dieser Geruch aber nicht von der Faser, sondern vom Tran (Robbentran) her, mit dem die Faser, um sie leichter verspinnen zu können, eingefettet wird. Dieser Geruch ist aber nie so stark, um Jutesäcke zur Verpackung von Mehl untauglich erscheinen zu lassen. Bedenklicher ist es aber, wenn die Jutegarne mit Petroleum i) eingefettet werden; dann sind aus derartigen Garnen gewebte Stoffe zur Verpackung von Nahrungsmitteln nicht geeignet. Hygroskopizität, Wasser- und Aschengehalt. Die Jute ist in nicht geringem Grade hygroskopisch und enthält bei mäßig trockener Luft häufig 6 — 8 Proz. Wasser. Der Wassergehalt ist aber in bestimmter Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit. Über diesen in praktischer Be- ziehung wichtigen Gegenstand hat Pfuhl 2) eingehende Untersuchungen \) Pfuhl, 1. c, I, p. 75. 2) 1. c, I, p. 81. 16* 244 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. angestellt, welche ergaben, daß bis zu 71 Proz. relativer Luftfeuchtigkeit der Wassergehalt der Jute sich proportional steigert. Bei diesem Wassergehalt der Luft enthält die Faser 1 4 Proz. vom Trockengewicht an Wasser. Über die genannte Luftfeuchtigkeit hinaus steigt der Wassergehalt der Faser sehr stark, indem bei 98 Proz. Luftfeuchtigkeit von der Faser 32, bei 100 Proz. (im wasserdampfgesältigten Räume) 34,25 Proz. Wasser aufgenommen werden. Nach Pfuhls^) Vorschlag wird für den Handel mit Jute ein Wassergehalt von 1 4 Proz. zu- grunde gelegt. Die Aschenmenge der völlig getrockneten Jute beträgt 0,9 — 1 ,75 Proz. Die Asche ist kristallfrei. Das spezifische Gewicht der Jute beträgt nach Pfuhl 2) (bei 7 Proz. Wassergehalt und bezögen auf 4 ° C) 1,436. Die Festigkeit der rohen Jute wurde »von Pfuhl 3) bestimmt und es wurde hierbei gefunden, daß die größte Reißlänge (für die Einspann- länge = 0) 34,5 km beträgt (polnischer Hanf ergab 52 km). Geringe Sorten von Jute haben aber oft beträchtlich geringere Reißlängen. Be- rechnet man diese für eine Einspannlänge von 1 0 mm, so' kommt die Jute an Festigkeit dem Flachs und der Baumwolle nahe, wird aber vom Hanf weit übertroffen. Mikrochemisches Verhalten der Jute. Über die chemische Beschaffenheit der Jute ist bereits früher (p. 28 und 32) das Wichtigste mitgeteilt worden. In bezug auf die mikroskopisch -chemische Unter- suchung ist zunächst auf die wichtige Eigenschaft, nämlich auf die von mir zuerst (1869) konstatierte starke Verholzung der Jutefaser hinzu- weisen'*). Durch die Verholzung erklären sich eine Reihe von Eigen- schaften der Jute. Man ist durch die entsprechenden Reagenzien im- stande, die Jute (im ungebleichten Zustande und in diesem findet sie ja ihre Hauptverwendung) mit Sicherheit von Baumwolle, Flachs und Hanf zu unterscheiden, denn die Baumwollenfaser ist gänzlich unver- holzt, die Flachsfaser unverholzt oder — in den geringsten Sorten — nur spurenweise, die Hanffaser aber entweder unverholzt oder nur in geringem Grade verholzt. Während beispielsweise selbst ganz geringe i) 1. c, I, p. 83. 2) I. c, I, p. 80. 3) 1. c, I, p. 83. Derselbe Autor behandelt auch die Festigkeit der Jutegarne (1. c, p. 85). h) Ich hatte schon früher (1866 in Karstens Bot. Unters. Berlin) das schwefel- saure Anilin als Reagens auf Holzsubstanz in die Pflanzenanatomie eingeführt und mit Zuhilfenahme dieses Reagens konstatierte ich die starke Verholzung der Jute- faser. Später, als ich im Phlorogluzin ein noch feineres Reagens auf Holzsubstanz auffand, ergab sich neuerdings, daß die Jutefaser stark verholzt ist. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 245 Sorten von Hanf oder Flachs durch schwefelsaures Anilin fast gar nicht oder nur schwach gelblich gefärbt werden, nehmen alle Jutesorten, selbst die besten, weißesten, mit dem genannten Reagens behandelt, alsbald eine intensiv goldgelbe bis orangegelbe Farbe an^). Alle Jutesorten werden durch Jodlüsung goldgelb gefärbt. Auf Zusatz von Schwefelsäure wird die Färbung dunkler gelb, bis braun. An einzelnen Stellen, besonders an den Enden, färbt sich die Faser etwas bläulich grün. Wird die Jute mit verdünnter ChromSäure oder mit Kalilauge vorbehandelt, so nimmt sie durch Jod und Schwefelsäure eine schöne blaue Farbe an. Kupferoxydammoniak färbt die unveränderte Jutefaser bläulich und bringt sie zur schwachen Quellung. Wird hingegen die Faser so behandelt, daß sie durch Jod und Schwefelsäure gebläut werden würde, so wird sie durch Kupferoxydammoniak nach star- ker Aufquellung ohne Rückstand in Lösung gebracht. In einem Gemisch von Eisenchlorid und Ferrizyankalium nimmt die Jutefaser nach Gross und Bevan eine tief indigo- blaue Farbe an 2). Im gebleichten Zustande zeigt die Jute alle mikrochemischen Eigenschaften der reinen Zellulose. Mikroskopische Kennzeichen. Nach mehrfachen mißglückten von Schacht, Seubert, Grothe u. a. zwischen 1853 und 1867 angestellten Versuchen 3), die Jutefaser mikroskopisch zu charakterisieren, ist es mir gelungen, jene morphologischen und mikrochemischen Kennzeichen dieses inzwischen so wichtig gewordenen Spinnstoffes ausfindig zu machen, welche es ermöglichen, die Jutefaser von allen anderen Fasern mit Sicher- heit zu unterscheiden *). Diejenigen, welche wie v. Höhnel, Vetillard, Fig. 56. Vergr. 4Ü0. A Bruchstücke iso- lierter ßastzellen aus der Jutefaser, a a natürliche En'3en. sz Zellwand. II Lumen der Zelle. B Querschnitt durch die Jutefaaer. 1) Über den Grad der Verholzung der Jute, nach dem Gräfe sehen Verfahren ermittelt, s. oben p. 44. 2) Dieselbe Berlinerblaureaktion hat R. Haller (Färber-Zeitung 1915, p. 157, 173; 1919, p. 29) auch für die auf Malta gebaute Kakhibaumwolle konstatiert. 3) S. hierüber die erste Auflage dieses Werkes p. 397. 4) »Ausland« 1869 und Mikrosk. Unters. 1872, p. 27. 246 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Pfuhl, T. F. llanausek u. a. die Jute später mikroskopisch charakteri- sierten, haben sich der von mir angegebenen Charakteristik angeschlossen oder sind über dieselbe nicht hinausgekommen. Fertigt man Querschnitte durch den Stengel von Corchorus cop- sularis oder C. olitorius an oder erzeugt man Querschnitte durch die Faser selbst, was nach Einbettung eines Faserstranges in Gummilösung leicht gelingt, so erhält man im Mikroskop ein Bild, welches sich von den Querschnittsansichten fast aller spinnbaren Bastfasern sehr auffällig unterscheidet. Die Zellen erscheinen in dieser Ansicht polygonal, fünf- bis sechsseitig, mit auffällig ungleichen Hohlräumen versehen (s. Fig. 56). Es hat, nach diesem Bilde zu urteilen, den Anschein, als würden einige Zellen sehr dünnwandig, andere mäßig verdickt und der Rest außergewöhnlich dickwandig sein, denn manche Zellen haben ein großes, andere ein kleines Lumen und in einigen scheint letzleres auf einen einzigen Punkt reduziert zu sein. Die Bilder der isolierten Bast- zellen der Jute lehren jedoch, daß diese Ungleichfürmigkeit der Hohl- räume nicht in einer verschiedenen Verdickung der Zellmembranen des Bastgewebes, vielmehr in einer ungleichartigen Verdickung der Zellmembranen jeder einzelnen Bastzelle ihren Grund hat. Zum genauen Studium der morphologischen Verhältnisse der Jute ist es notwendig, die Faser in ihre Elementarbestandteile zu zerlegen, was ebensowohl durch verdünnte Chromsäure als durch Kalilauge gelingt. Die Zellen treten alsbald aus dem gegenseitigen Verbände und lassen sich mit den Nadeln auseinanderlösen. Man erkennt hier zunächst, daß die Jute bloß aus Bastzellen zusammengesetzt ist. Es lassen allerdings sehr viele andere Fasern (z. B. Flachs) die gleiche Ein- fachheit im Bau erkennen. Aber es existieren auch Fasern, die im Aussehen mit der Jute eine große Übereinstimmung zeigen, z. B. die Fasern von Äbelmoschus tetropkyllos und JJrena sinuata, bei welchen außer Bastzellen noch andere histologische Elemente auftreten, und die deshalb, wie unten noch näher auseinandergesetzt werden soll, von der Jute sehr wohl unterschieden werden können. Die durch die genannten Reagenzien isolierten Bastzellen lassen eine genaue Bestimmung ihrer Länge zu. Dieselbe schwankt zwischen 0,8 — 4,1 mm und es hat den Anschein, als würde in bezug auf diese Dimension kein Unterschied zwischen den Bastzellen der vier genannten Corcho?'us-Arien bestehen. Für Corchorus cajjsularis und C. olitorius, welche vielleicht die ganze Jute, die auf den europäischen Markt kommt, liefern, möchte ich mit Bestimmtheit aussprechen, daß die Grenzwerte für diese Längen mit den angeführten Zahlen übereinstimmen. So wenig in den Längen der Bastzellen der beiden genannten Pflanzen ein Unterschied sich wahrnehmen läßt, so bestimmt unter- Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 247 scheiden sich die maximalen Querschnittsdurchmesser derBastzelien dieser beiden Gewächse. Es beträgt nämlich diese Dimension bei Corchorus capsularis 10 — 21, meist 16^«; bei Corchorus olitorkis 16 — 32, meist 20 u. Nach Vetillard haben die Bastzellen der Jute (Spezies werden nicht angegeben) eine Länge von 1 ,5 — 5 mm und einen Durchmesser von 20 — 25, meist von 22 i.i. Die Formen der Bastzellen der Jutepflanzen variieren sehr wenig. Sie sind annähernd zylindrisch, jedoch stets etwas abgeplattet fünf- bis sechsseitig und am Ende kegelförmig, mit etwas abgerundeter Endfläche. Im ganzen Verlaufe der Zellänge ergeben sich kleine Unregelmäßigkeiten in den Breiten, die man im Mikroskop sehr leicht erkennt, die sich jedoch schwierig in Zahlen fassen lassen, da die Variation der einzelnen Zellen in dieser Beziehung eine ganz unbegrenzte zu sein scheint. Querverletzungen (»Verschiebungen«, Querbrüche usw.), bei Flachs-, Hanf-, Ramiefaser so häufig, kommen an der Jute nicht vor, da die- selbe bei der Gewinnung mechanisch nicht angegriffen wird. Höchst auffällig ist an jeder isolierten Bastzelle der Jutefaser der Nichtparallelismus des äußeren und inneren Konturs, welcher dadurch hervorgerufen wird, daß die Membran jeder einzelnen Bastzelle an verschiedenen Stellen verschieden stark ver- dickt ist. An manchen Punkten ist die Zellwand so dünn wie an der Baumwolle oder gar an der vegetabilischen Seide, an [anderen Stellen ist sie hingegen so dick wie an der Leinenfaser und das Lumen der Zelle erscheint dann nur als dunkle Linie. Da die Zellwandverdickung in den nebeneinander liegenden Bastzeflen eine verschiedene und unregel- mäßig wechselnde ist, so müssen jene oben beschriebenen Querschnitts- formen der Bastzellen zum Vorschein kommen. Die eben hervorgehobene ungleichförmige Verdickung der Zellwände der Bastzellen ist aber nicht ausschließlich der Jute eigentümlich ; ich habe dieselbe außerdem noch konstatiert an den Bastzellen von Abel- moschus tetraphyllos, Urena sinuata, Thespesia Lauipas^ Holoptelea integrifoUa und Kydia calycina. Die beiden zuletzt aufgeführten Pflanzen geben jedoch keine spinnbare Faser, sondern bloß ein dem Linden- baste' im Aussehen und in der Verwendung gleiches Produkt. Eine Verwechslung der Jute mit dem Baste dieser beiden Pflanzen ist deshalb ausgeschlossen. Thespesia Lampas liefert in der Regel nur Bast, doch kann aus dieser Pflanze auch eine spinnbare Faser abgeschieden werden. Aber sowohl die Faser dieser Pflanze als auch die Faser von Äbel- ntoschus teiraphyllos und Urena sinuata unterscheiden sich von der Jute auf das bestimmteste dadurch, daß sie alle neben Bastzellen auch noch Bastparenchymzellen führen, welche Zellen zudem noch mit Kristallen von oxalsaurem Kalk gefüllt sind. Die drei zuletztsenannten 248 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Fasern liefern stets eine mit Scheinkristalien von Kalk (entstanden durch Verbrennung aus oxalsaurem Kalk) durchsetzte Asche, während die Asche der Jute völlig frei von derartigen kristallähnlichen Bildungen, überhaupt völlig kristallfrei ist, was die später von Pfuhl angestellten ausgedehnten Untersuchungen vollauf bestätigt haben i). Diese Auseinandersetzung macht es klar, daß sich die Jute von allen übrigen bis jetzt bekannten verwendeten Fasern unterscheiden läßt. Zur Kontrolle für die Richtigkeit der Bestimmung können die Dimensionen der Länge und des Querschnittes dienen. Zur Unterscheidung der Bastfaser von Corchorus ca-psularis und C. olitorius lassen sich, wie die oben angeführten betreffenden Daten lehren, die Längen der Elemente nicht benutzen. Hingegen eignen sich die Maxima der Querschnittsdurchmesser hierzu ganz gut und reichen hierfür auch völlig aus, wenn man es mit unvermengten Fasern, also mit einem Faserstoff zu tun hat,- der entweder bloß von Corchorus capsularis oder von C. olitorius abstammt. Eine größere Sicherheit in der Unterscheidung der beiden Fasern erhält man durch genauere Prüfung der Zellenden. Die Enden der Bastzellen beider Pflanzen sind langgestreckt konisch mit einer meist abgerundeten Endfläche an Stelle der Kegelspitze. Die Enden der Bastzellen von Corchorus capsulai'is sind in der Mehrzahl der Fälle schwach, hingegen die Enden der von C. olitorius herrührenden Bastzellen zumeist stark verdickt. Die Frage der Unterscheidung dieser beiden Fasern wird indes in der Praxis wohl kaum auftauchen, da in der Juteindustrie die botanische Provenienz außer acht gelassen wird. Bei der Kultur wird die Spezies aber häufig beachtet 2). Wahrscheinhch wird in der Kultur der Jute dieselbe Wandlung wie in der Flachskultur sich einstellen, daß man nur die beste Form (Art oder Rasse) kultiviert. Und dies dürfte, nach jetzigen Erfahrungen zu urteilen, wohl Corchorus capsularis sein. Im großen ganzen ist auch in der Qualität beider Fasern. kein Unterschied, wenngleich konstatiert wurde, daß die besten, weißesten und haltbarsten Jutesorten von der sog. weißen Varietät von Corchorus capsularis ab- stammen (s. oben p. 240). Die Jutefaser wird in den Heimatländern der Stammpflanze seit alter Zeit zur Herstellung von Stricken, Seilen und Geweben verwendet. Die besseren Sorten der letzteren führen in Bengalen den Namen Megila; die geringeren, welche nur als Packleinwand benutzt werden können, nennt man dort Tat oder Choti. i„ I. .:., 1, p. 78. 2) In Bengalen versteht man unter Jute kurzweg die Faser von Corchorus capsularis, unter Nalta-Jute die von Corchorus olitorius. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 249 Handelssorten und Verwendung. In Indien unterscheidet man folgende Hauptsorten von Jute: Uttariya (nördliche Jute), die beste Sorte, von der »weißen« Spielart von Corchorus capsularis abstammend, kommt von Rengpore, Goalpora. Bagra und den von Sirajganj nordwärts gele- genen Gebieten, sodann in absteigender Reihe: Dacca (Narejganje), Daisee, Dowra, Rejections und Cuttings (vom Wurzelende des Stengels), die ge- ringste Sorte. In Europa gelten vornehmlich die Bezeichnungen: fme, medium, common, low, rejection (Ausschuß) und cuttings (Fußenden) i). Diese Fußenden, auch roots oder runners, womit übrigens auch andere holzige Teile oder holzige Sorten der Jute bezeichnet werden, dienen in der Papierfabrikation, aber auch in großem Maßstabe zur Verfertigung sehr grober Säcke und ordinären Packtuchs, z. P. zur Verpackung von indi- schem Indigo. Die Hauptmasse der Jute kommt aus Indien (Bengalen, Assam). Die grüßten Mengen von Jute werden von Kalkutta aus in den Handel gesetzt. Es führte deshalb die Jute auch im europäischen Handel zur Zeit der Einführung den Namen Kalkuttahanf, der aber wohl schon außer Gebrauch gekommen ist. Die wichtigsten anderen Handelsplätze für Jute sind Dundee, London, Hamburg und Bremen. Eine sehr große Quantität dieses Spinnstoffes wird in Indien zur Herstellung der Gunny- säcke verwendet, die in der ganzen Welt bekannt sind und vorzugsweise zur Verpackung der amerikanischen Baumwolle und des javanischen Kaffees dienen. Die zur Herstellung dieser Säcke dienenden Gunnytücher (gunny cloth) werden jedoch nach Royle auch aus Sunn (Faser der Crotalaria juncea) gewoben, der in Madras Goni genannt wird, von welchem Worte auch der Name Gunny hergeleitet wird 2). Die nach Europa und Nordamerika gebrachte Jute wird fast gänzlich im ungebleichten Zustande versponnen, und zwar zu groben Zeugen, die zur Verpackung von Getreide, Mehl, Hopfen, Wolle, Kohle, Salz 3), Chili- salpeter, Erzen usw. verwendet werden. Die groben Säcke werden nach der Bezeichnung der großen schottischen Spinnereien Sackings und Baggings, die feineren Hessians genannt. Die Jute läßt sich auch bleichen, aber schwerer als Flachs und Hanf. Gebleichte Jutegewebe \] Näheres über die Bezeichnung der Handelssorten s. Pfuhl, 1. c, I, p. 67fr. 2) Früher wurde die Verfertigung der Jutesäcke von den Eingeborenen besorgt und in primitiver Weise durchgeführt. Gegenwärtig wird die Erzeugung dieser Säcke in Indien fabrikmäßig betrieben und hat sich hier zu einem hoch entwickelten In- dustriezweig emporgeschwungen. Daneben besteht aber noch eine große Zahl von Handwebstühlen. Über die enorme Menge von roher Jute, welche in Indien ver- sponnen wird, s. oben Anmerkung 1 auf p. 239. 3) Salzsäcke aus Jute werden in Oberösterreich und Tirol verwendet. 250 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. werden zu Dundee erzeugt. Sie unterscheiden sich von gebleichten Hanfgeweben durch einen starken fast seidenartigen Glanz. Gegenüber Flachs und Hanf zeigt Jute ein größeres Aufnahmever- mögen für Farbstoffe 1). Gefärbt oder ungefärbt dienen bessere Jutegewebe zur Verfertigung von Teppichen, Läufern, Tischdecken, Voi^hängen u. dgl. Jutegarne werden heute bereits vielfach wie Baumwollengarne benutzt oder als Kette mit Baumwolle, Wolle und Flachs verwebt und zu Hosenstoffen, Möbelrips, zu Gurten, Dochten usw. verarbeitet. Farbig bedruckte Jute- gewebe besserer Qualität (Hessians) dienen zu Dekorationszwecken. Sehr effektvolle Juteplüsche mit Baumwolle als Grundgewebe wurden in neuerer Zeit hergestellt. Asphaltierte und mit Sand bestreute grobe Jutegewebe benutzt man zu Dacheindeckungen. — Mit Karbolsäure, Salizylsäure und anderen antiseptischen Substanzen imprägniert, findet die Jute als Phenyljute, Salizyljute usw. eine ausgedehnte Verwendung in der Heilkunde 2). Aus Juteabfällen wird in neuerer Zeit eine spinn- bare Faser (Kosmosfaser) abgeschieden, die mit Wolle gemischt zu minderen Wollstoffen verarbeitet wird 3). Geschichtliches. Die Jute wird in Indien seit undenklichen Zeiten versponnen und verwebt. In den Heimatländern tritt sie unter den verschiedensten Namen auf (s. oben p. 238). Aus diesen Namen wählte der Botaniker Roxburgh (1795) gelegentlich der Übersendung eines Ballens dieses Spinnstoffs an die ostindische Handelsgesellschaft den Namen Jute, welcher schließlich in der ganzen Welt Eingang ge- funden hat. Die Jute fand anfangs wenig Beachtung. Erst im Jahre 1832 wurde sie in Dundee, wo auch heute noch der llauptsilz der Jutespinnerei ist, in größerem Maßstabe verarbeitet. Seit dieser Zeit steht sie in steigender Verwendung. Aber erst in den fünfziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts hat die Jute für die Spinnereien Englands und des Kontinents eine größere Bedeutung gewonnen. Namentlich war der Mangel an russischem Hanf in England zur Zeit des Krim- krieges die Veranlassung, große Mengen von Jute aus Indien nach England bringen zu lassen. Aber auch die Baumwollennot zur Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges hat sehr begünstigend auf die englische Juteindustrie eingewirkt (Grothe). Welche Ausdehnung die Kultur der Jute und welche enorme Bedeutung die Jute als Spinnstoff gewonnen 1) Stirm, 1. c, p. 95. "2) Weiteres über Verwendung der Jute und der Abfälle der Jutespinnerei s. Pfuhl, 1. c, I, p. -1311. u. p. 332. 3) V. Höhnel, Mikroskopie der techn. verw. Faserstoffe, 2. Aufl. (1905), p. 83, wo angegeben ist, daß auch aus Lein- und Hanfwerg Kosmosfaser gewonnen wird. (S. auch oben p. isa.i Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 251 hat, ist schon oben gezeigt worden. Baumwolle und Jute sind derzeit die beiden wichtigsten vegetabilischen Faserstoffe. — Die europäische Juteindustrie erstarkte in Schottland, überhaupt in Großbritannien, hier- auf folgte Deutschland (1861), wo sich Jul. Spiegelberg um diese Industrie große Verdienste erwarb, und 10 Jahre später Österreich. Alle andern europäischen Länder, Rußland zuletzt, welches zum Schutze des heimischen Hanfes die Rohjute mit einem relativ hohen Zoll belegte, beteiligen sich gegenwärtig an der Verarbeitung dieses so bedeutungsvoll gewordenen Spinnstoffes. Unter dem Namen Jute erscheinen im Handel auch Faserstoffe, welche nicht von CorcJiorus-Arien abstammen. So z. B. die Java-Jute, welche von Hibiscus cannabinus (s. oben p. 195) abstammt, die China- Jute, die Bastfaser von Äbutüon Avicennae. Einige andere Fasern, die von verschiedenen Sida-, Ürena- und Triumfetta- Arien herrühren, gelten als Ersatz für Jute i). (S. oben im Verzeichnis der Faserpflanzen, p. 83 — 88, ferner die folgenden Artikel über Abelmoschus- und ürena- Fasern. In Brasilien wird die Aloefaser als Ersatz für Jute heran- gezogen 2). 13. Bastfaser von Abelmoschus tetraphyllos^). Diese in Indien Rai bhendä genannte, in den gebirgigen Gegenden Hindostans gemeine Pflanze scheint mit Hibiscus [Manihot] tetraphyllos RoQch. identisch zu sein. Die aus den vor der Fruchtreife gesammelten Stengeln abgeschiedene Faser hat eine Länge von etwa 0,7 m. Die Farbe der Faser (Bastfaser) ist flachsgelb, stellenweise hellbraun. Nament- lich zeigen die von dem unteren Stengelteile der Pflanze herrührenden Bastfasern diese Bräunung. Der Feuchtigkeit ausgesetzt, tritt an dieser Faser viel rascher ein allgemeineres Braunwerden als bei der Jute ein. Dieses auf Bildung von Huminkürpern in den Zellwänden der Bastzellen beruhende Braunwerden schreitet bei dieser Faser so weit wie bei den 1) Über das Bestreöen, von Indien unabhängig zu werden und für Jute Ersatz zu finden, siehe Wolff, Die Jute, Berlin 1913. 2) Neue Faserstoffe, I, -1919, p. 107. Während des Krieges hat man in Deutsch- land hauptsächhch Typhafaser, die Faser von Cytisus seoparius und die von Lupinen als Juteersatz empfohlen. Bezüglich Typhafaser siehe p. 224 bei Nessel- faser. Bezüglich der Faser des Besenginsters, auf die auch die französischen Textil- fabrikanten bei dem zunehmenden Mangel an Jute und den sich ständig erhöhenden Preisen dieses Rohstoffes große Hoffnungen setzen (Tropenpflanzer, -1919, p. 63), siehe Ulbrich in »Neue Faserstoffe« I, 'i9'l9, p. 3 und darm ebenda, p. 177. Es soll ge- lungen sein, die Besenginsterfaser so zu veredeln, daß ein hochwertiges Produkt er- halten wird. Über die Lupinenfaser s. die p. 50 angeführte Literatur u. Schwede in »Texlile Forschung« I, 1919, p. 28; Leykum in »Neue Faserstoffe« I, 1919, p. 133 und Ha 11 er in Färber-Zeitung, 1919, Nr. 5. 3) Wiesner, Indische Faserpflanzen p. 8 ff. 252 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. schlechtesten Sorten von Jute vor. Auch die Abelmoschusfaser nimmt wie gewöhnliche Jute mit der Zeit eine tiefbraune Farbe an. Die Güte der Faser leidet unter dieser Bräunung, indem sich hierbei nicht nur die Hygroskopizität der Faser steigert, sondern auch ihre Festigkeit abnimmt. Die Abelmoschusfaser ist sehr feinfaserig. Die Dicke der Fasern beträgt gewöhnlich 30 — 70 j^i. In dieser Eigenschaft stellt sie sich den besten Sorten von Jute an die Seite. Aber sie muß doch geringer als die Jute angesehen werden, da ihre Festigkeit wegen der schon ge- nannten raschen partiellen Umsetzung der Zellwände in Huminsubstanzen sehr leidet. Im Handel kommt diese Faser manchmal als Jute vor. Ich habe selbst Gelegenheit gehabt, dieselbe unter der Jute des europäischen Handels zu finden. Der Wassergehalt der lufttrockenen Faser beträgt 6,8 — 9,7 Proz. In mit Wasserdampf vollkommen gesättigtem Räume erhebt sich der Wassergehalt bis auf 13,0 — 22,7 Proz. Das niederste Maximum des Wassergehaltes entspricht der frischen, flachsgelben, das höchste der gebräunten Faser. Die völlig trockene Faser ergibt 1,05 Proz, Asche. Jodlösung färbt die Faser goldgelb. Auf Zusatz von Schwefelsäure wird gewöhnlich bloß die Intensität dieser Färbung gesteigert. Nur sehr selten habe ich an dieser Faser nach Einwirkung dieser beiden Reagenzien ein Bläulich- oder GrünUchwerden beobachtet, Kupferoxydammoniak bläut die Faser augenblicklich und bringt sie, wenn das Reagens ganz frisch ist und Baumwolle rasch löst, zu starker Aufquellung. Schwefel- saures Anilin färbt die Faser intensiv goldgelb, Phlorogluzin und Salz- säure intensiv rotviolett. Nach Vorbehandlung in Chromsäure wird die Faser durch Jod und Schwefelsäure gebläut, durch Kupferoxydammoniak ohne Rückstand gelöst und durch schwefelsaures Anilin nicht mehr ver- ändert. — Diese Reaktionen zeigen deutlich, daß es auf chemische Weise nicht gelingt, die Abelmoschusfaser von der echten Jute (Corchorusfaser) zu unterscheiden. Es gelingt hingegen durch Benutzung der morphologischen Charaktere sehr wohl, die beiden Fasern auf mikroskopischem Wege aus- einanderzuhalten. Die Faser, wie sie im Handel erscheint, setzt sich zum größten Teil aus isolierten zarten Fasersträngen von etwa 0,07 m Länge zu- sammen. Dazwischen finden sich noch halbzerlegte Faserbündel vor, die ein weitmaschig-netzartiges Aussehen zeigen. Die isolierten Fasern haben eine Dicke von 30 — 70 ^<. Der Länge nach unter dem Mikroskop ausgehreitet, erscheinen zwischen vielen Fasern breite Spalten, welche von Bastmarkstrahlen herrühren, deren Zellen aber fast gänzlich aus dem Gewebe herausgefallen sind. Der Querschnitt jeder Faser setzt sich aus Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 253 kleinen Polygonen mit fünf bis sechs Seiten zusammen, innerhalb welcher, ähnlich so wie bei der Jute, höchst ungleiche Hohlräume sichtbar werden. In jedem Bastbündel des Stengels und fast in jedem einzelnen Bündel dieses Faserstoffes finden sich zweierlei histologische Elemente vor, nämlich Baslzellen und Bastparenchymzellen (gefächerte Bastzellen), welche letztere in der Jute fehlen. Die Bastzellen sind durch Chromsäure leicht zu isolieren. Ihre Länge mißt bloß 1 — 1,6 mm. Die maximalen Dicken betragen 8 — 20, meist 16 u. Die häufigste Dicke der Bastzelle der Abelmoschusfaser fällt mit dem analogen Werte der Bastzelle der gewöhnlichen Jute [Co7xhorus capsularis) zusammen. Bemerkenswert ist es, daß die Zell- breite manchmal die Größe von 40 /t erreicht. Diese übrigens selten vorkommenden breiten Bastzellen unterscheiden sich von den gewöhn- lichen dadurch, daß erstere dünn-, letztere dickwandig sind. Das Lumen der dickwandigen Zellen beträgt gewöhnlich den dritten Teil des Zellen- durchmessers. In den meisten Zellen verengt sich stellenweise das Lumen sehr beträchtlich, so daß es dann nur als dunkle Linie erscheint. Es zeigt sich also auch an der Bastzelle von Abelmoschus tetraphyllos ein ähnlicher, durch ungleiche Zellwanddicke hervorgerufener Nichtparalle- lismus der äußeren und inneren Zellgrenzen, wie er auch in den Bast- zellen der Jute vorkommt. Die Wände der Bastzellen sind häufig von spaltenförmigen Poren durchsetzt. Gequetschte Zellen sind häufig spi- ralig gestreift. Das Bastparenchym der Bastbündel bildet Zellenzüge, welche ent- weder aus einer einzigen Zellenreihe bestehen oder sich aus mehreren nebeneinanderliegenden Reihen von Zellen zusammensetzen. Die dieses Bastparenchym zusammensetzenden Zellen sind vierseitig prismatisch und parallel der Richtung der Bastzelleri etwas in die Länge gestreckt. Wenn mehrere Reihen von Bastparenchymzellen nebeneinander liegen, so läßt sich stets deutlich erkennen, daß die seitlich sich berührenden Zellwände stärker als die übrigen verdickt und außerdem noch mit deutlichen Poren versehen sind. Jede Bastparenchynizelle führt einen Kristall von oxalsaurem Kalk, der fast den ganzen Innenraum der Zelle ausfüllt und genau die Gestalt der in den Bastparenchymzellen von Urena sinuata vorkommenden Kristalle besitzt, die weiter unten (p. 255, Fig. 57) abgebildet sind. Durch Veraschung wird die Form dieser Kristalle nicht geändert. Die Asche der Bastbündel ist reichlich von diesen kristall- ähnlichen Bildungen durchsetzt. Auch in der Abelmoschusfaser lassen sich die eben beschriebenen Bastparenchymzellen und deren kristallisierte Einschlüsse leicht nach- weisen und auch in der Asche der Faser die zuletzt genannten Kristall- formen in großer Zahl erkennen. Es gibt also genügend viele präzise 254 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Kennzeichen, durch welche sich die Abehiioschusfaser, die nicht nur im Aussehen mit der Jute sehr nahe übereinstimmt, sondern im Handel auch manchmal unter demselben Namen erscheint, von dieser Faser unterscheiden läßt. 14. Bastfaser von Ureua siniiata (Tup Khadial^). Schon von Royle ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß sowohl die genannte Pflanze als auch die naheverwandte ü. lohata einen Bast besitzt, dessen feine flachsähnliche Faser als Ersatzmittel für Jute dienen kann. Beide Pflanzen kommen als Unkraut in Indien überaus häufig vor und werden vor der Fruchtreife zur Abscheidung der Faser benutzt. Erstere führt in Indien den Namen »Tup Khadia«, letztere »Bun-ochra« 2). Die Faser nähert sich in ihren Eigenschaften, besonders in Feinheit, Glanz und Farbe sehr der Abelmoschusfaser, zeigt somit auch viel Ähn- lichkeit mit der Jute. Im europäischen Handel kommt sie auch vor, wird aber, soviel mir bekannt ist, nur der Jute substituiert und führt hier keinen eigenen Namen 3). Aber auch diese Faser hat gegen die Atmo- sphärilien nicht einmal die Widerstandskraft der Jute; wie die Faser von AbelmoscJins tetraplujllos verfällt auch sie durch Einwirkung von Feuchtigkeit einer auf Bildung von Huminkürpern in den Zellwänden beruhenden Bräunung, deren Folge nicht nur gesteigerte Hygroskopizität, sondern auch verminderte Festigkeit ist. Die Urenafaser hat trotz ihrer Feinheit doch eine Länge bis zu 1,2 m. Die Dicke der Faser stimmt mit jener der Abelmoschusfaser nahezu überein. Der Wassergehalt der lufttrockenen Faser beträgt 7,02 — 8,77 Proz., je nach dem Grade der eingetretenen Bräunung. Im mit Wasserdampf vollkommen gesättigten Räume erhebt sich der Wassergehalt der blonden Faser bis auf i5,2, der braunen Faser bis auf 16,2 Proz. Die Faser liefert, völlig getrocknet, 1,47 Proz. kristallhaltige Asche (s. Fig. 57). \) Wiesner, Indische Faserpflanzen, 1. c, p. -llff. 2) Nach Sem 1er (I. c, p. 7ä3; führt auch die Faser von Urena lobata letzteren Namen. Diesem Autor zufolge werden die Bastfasern der beiden genannten Urena- Arten auch in Brasilien gewonnen und führen hier den Namen Guaxima. Während des Druckes der zweiten Auflage war ich noch in der Lage folgendes beizufügen. Prof. V. Wettstein teilt mir (Sao Paulo in Brasilien, 26. Mai igo-l) mit, daß neuestens die Faser von Urena lohata zum Zwecke der Fasergewinnung dort kultiviert wird. Die Faser wird in Sao Paulo »Araniina< oder »Carrapicho< genannt (siehe unten bei Pandanusfaser) und soll zur Herstellung von KaCfeesäcken in Verwendung kommen. 3) Semler gibt an (1. c, p. 737;, daß die Faser von Urena sinuata zu starken Seilen verarbeitet werde. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 255 Jodlösung färbt die Faser goldgelb. Durch Zusatz von Schwefel- säure nimmt die Färbung kaum merküch zu. Kupferoxydammoniak bläut die Faser unter Quellungserscheinungen. Nach Vorbehandlung in Chrom- säure oder Kalilauge und hierauffolgendem Auswaschen färbt sich die Faser durch Jod und Schwefelsäure blau und löst sich auch in Kupfer- oxydammoniak vollständig auf. Schwefelsaures Anilin färbt die Faser goldgelb, Phlorogluzin -|- Salzsäure rufen rotviolette Färbung hervor; diese Faser ist also stark verholzt. — Die hier angeführten Reaktionen stimmen mit jenen überein, welche durch die genannten Rengenzien auch an der Jute- und Abelmoschusfaser hervorgerufen werden können. Es Fig. 57. A Vergr. 400; £ C schwächer. A Bruchstücke von Bastzellen aus dem Stamme von Urena sinuata. p Poren der Zellwand; Z Lumen; a: Stelle, an welcher kein Lumen zu erweisen ist. ß Quer- schnitt durch den Bast dieser Pflanze, b Basthündel; r Reste des Rindenparencbyms; in Reste der Markstrablen. 6' Kristalle aus der Asche der Faser, welche als oxalsaurer Kalk in den Bastparenchym- und in den Rindenparenchymzellen vorkommen, c nach dem Veraschen im Gewebeverband verbliebene Kristalle. erhellt mithin, daß sich auf chemischem Wege eine Unterscheidung der Urenafasern von den beiden anderen, im Aussehen mit diesen so harmo- nierenden nicht durchführen läßt. Aber schon die oben mitgeteilte Be- obachtung, daß nämlich die Asche der Urenafaser kristallhaltig ist, zeigt, daß sich dieser Faserstoff von der Jute unterscheiden läßt. Um aber die Faser der Urena sinuala auch von der Abelmoschusfaser und über- haupt von allen übrigen bekannten Spinnfasern unterscheiden zu können, ist es notwendig, auf die mikroskopischen Kennzeichen einzugehen. Die Faser von Urena sinuata setzt sich aus zweierlei histologischen Elementen zusammen, nämlich aus Bastzellen und Bastparenchymzellen. Außerdem erkennt man darin noch Spuren einer dritten Art von Zellen, nämlich Bastmarkstrahlzellen, welche die Bastbündel in radialer Richtung 256 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. durchsetzen. Die meisten Bastniarkstrablen sind bereits aus der Faser herausgefallen und es ist in diesen, zwischen den Bastzellen, nur mehr die Stelle kenntlich, an welcher diese Gebilde lagen. Kleine spalten- fürmige Markstrahlräume mit wellenförmigen Grenzen, wie sie besonders scharf am Baste der Thespesia Lampas vorkommen (vgl. Fig. 59), treten an vielen Fasern auf; sie haben hier jedoch nur etwa die Breite einer Bastzelle. Die in den Stengeln der Stammpflanze auftretenden Baslbündel sind in radialer Richtung abgeplattet (s. Fig. 57^). Die Bastzellen haben eine Länge von 1,08 — 3,25, meist von 1,8 mm, wie sich nach Isolierung dieser Zellen mittels Chromsäure erweisen läßt. Der größte Querschnittsdurchmesser der Bastzellen variiert von 9 — 24 ,t<; gewöhnlich beträgt er etwa iö/*. Die Dicke der Bastzellen nimmt von den stumpfen oder gar abgerundeten Enden ziemlich regelmäßig gegen die Mitte hin zu. Auch an den Bastzellen dieser Pflanze ist die Ver- dickung der Wände im Verlaufe einer und derselben Zelle eine ungleich- mäßige, wie bei Jute und bei der Abelmoschusfaser; auch hier läuft der äußere Kontur der Zellwand dem inneren nicht parallel (s. Fig. 57 J.,. Hierzu tritt aber noch die Eigentümlichkeit, daß an einzelnen Stellen der Zelle das Lumen ganz verschwindet. Da es durch Chromsäure und andere Reagenzien nicht in Erscheinung zu bringen ist, so muß man annehmen, daß diese Zellen an einzelnen Stellen völlig solid sind. Poren kommen in der Zellwand nur selten vor. Wo ich solche bemerkte, hatten sie in der Flächenansicht einen rhombischen Umriß (Fig. 57). Die Bastparenchymzellen bilden Zellreihen, die den Bastzellen parallel laufen, und zwar ent\veder einfache oder doppelte bis dreifache. Die Breite der Bastparenchymzellen stimmt völlig mit der Breite der Bast- zellen zusammen, die Länge ist eine veränderliche, meist ist jedoch diese Dimension größer als die der Breite, so daß diese Zellen meist die Form von Prismen haben, deren längste Achse in die Richtung der Bastzellen zu liegen kommt. Die meisten Bastparenchymzellen enthalten Kristalle von oxalsaurem Kalk, von denen jeder einzelne den Hohlraum der Zelle, die ihn birgt, fast völlig ausfüllt. In der Asche lassen sich, wie schon oben erwähnt wurde, die Kristalle mit Leichtigkeit nachweisen. Sie treten hier nicht selten in ganzen Ketten auf, w^elche ihrer Anordnung nach einem Stück Bastparenchym entsprechen. Das Aneinanderhaften der Kristalle in der Asche deutet darauf hin, daß die Membranen der diese Kristalle umschließenden Zellwände stark mit mineralischer Sub- stanz (wahrscheinlich mit Kalk, an Oxalsäure gebunden) infiltriert sind^). 1, Über die mikrosk. Kennzeichen der Bunochra-Faser siehe auch v. Höhne 1, Mikroskopie der Faserstoffe, 2. Aufl. OOS, p. 58. Chor die Faser von Urena sinuata s. auch Bull. Kol. Museum, Harlem, Stud. over Nederl. Ind. Vezelstoffe 1904. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 257 15. Bastfaser von Bauhiuia racemosa (Maloo, Aptä). Der Bast der Stämme mehrerer zu dem Genus Baiihima gehöriger Spezies wird in Indien seit langer Zeit zur Herstellung von Seilen, Tauen, Fischernelzen und Geweben benutzt. Es wurde bereits mehrfach die Aufmerksamkeit der europäischen Industriellen auf die Bauhiniafaser gelenkt, die sich durch enorme Festigkeit und besonders durch große Widerstandskraft gegen Wasser auszeichnet. Es scheint aber dieser Faserstoff in die europäischen Gewerbe noch keinen Eingang gefunden zu haben. Folgende Spezies der genannten Gattung werden als faserliefernd bezeichnet : Bauhinia racemosa^ B. scandens, B. purpurea, B. parvi- flora, B. reticidata und B. coccinea. Alle sind in Indien einheimisch. Am häufigsten scheint unter den aufgeführten Spezies die erstgenannte als Faserpflanze verwendet zu werden. Zunächst dürften sich an diese die Arten scandens L. und pnrpurea L. reihen i). Der Bast der Bauhinia racemosa ist tief rostbraun gefärbt, zeigt keinen Glanz und setzt sich aus groben Fasern zusammen. Durch längere Röstung zerfällt er in grobe Fasern von gleichem Aussehen mit dem Baste, welchen eine Länge von 0,5 — 1,5 m eigen ist. Der Bast läßt sich in grobe Fasern zerreißen, die einige Zentimeter Länge haben. Sowohl der Bast als auch die auä demselben entstandene Faser zeichnet sich durch Biegsamkeit und schwere Zerreißbarkeit aus. Lufttrocken führt die Faser 7,8 i, mit Wasserdampf völlig gesättigt 19,12 Proz. Wasser. Völlig getrocknet liefert sie 3^32 Proz. Asche, welche reichlich von kristallähnlichen Formen durchsetzt ist. Jodlösung färbt den Bast oder die Faser schwärzlich; auf Zusatz von Schwefelsäure geht die Farbe in ein tiefes Braun über, Kupfer- oxydammoniak bläut die Zellen und treibt sie an einzelnen Stellen blasen- förmig auf. Schwefelsaures Anilin und Phlorogluzin + Salzsäure bringen keinerlei Farbenänderung hervor. Im querdurchschnittenen Baste treten in einem reich entwickelten, teils radial, teils tangential angeordneten Parenchym Bastzellen auf, meist in Gruppen, seltener vereinzelt. Die Gruppen bestehen aus prismatischen, im Querschnitte sechsseitig polygonalen, kegelförmig zugespitzten Zellen. Die Bastbündel messen im Mittel in radialer Richtung 30, in tangentialer Richtung 60 ,t<. — Die durch Röslung entstandene Bauhiniafaser besteht, soviel ich gesehen habe, niemals aus isolierten Bastbündein, sondern stets aus mehreren der genannten Gruppen und isolierten Bastzellen, die durch die parenchymatischen Gewebszüge fest miteinander verbunden sind. \) Royle, 1. c, p. 296. Wiesner, Indische Faserpflanzen, p. 4 und 24ff. iesn er, Rohstoffe. IH. Band. ,3. Aufl. 17 258 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Die Bastzellen lassen sich durch Chromsäure nur schwer, leicht hingegen durch stark alkalische Flüssigkeilen, am besten durch Natron- lauge isolieren. Hierbei entfärben sich die gelblichen bis bräunlichen Bastzellen fast vollständig. Sehr bemerkenswert erscheint es mir, daß sich von jeder Zelle die äußerste Schicht optisch scharf abhebt. Die Länge der Zellen fällt nicht unter i,5, scheint aber häufig über 3 mm zu steigen. Die maximalen Querschnittsdurchmesser betragen 20 f.i. Die Zellen sind häufig, nämlich an jenen Stellen, wo sie an das Parenchym anstoßen, höckerig. Die Verdickung der Zellwand ist fast immer eine sehr starke und hierin liegt wohl der Hauptgrund der enormen Festig- keit der Bauhiniafaser. Manche Bastzellen habe ich völlig solid gefunden. Holzsubstanz scheint in den Zellwänden der Bastzellen nicht vor- handen zu sein, da auch diejenigen Bastzellen, welche, weil sie fast ungefärbt sind, die Gelb- färbung durch schwefelsaures Anilin erkennen lassen müßten, durch dieses Reagens keine Farbenänderung erfahren. Die Biegsamkeit der Bauhiniafaser dürfte wohl auf diesem Mangel an Holzsubstanz beruhen. Die parenchymatischen Elemente des Bau- hiniabastes sind mit braunem Inhalte gefüllt, der zum großen Teil die Löslichkeitsverhältnisse der Harze besitzt, aber auch die Reaktion ge- wisser Gerbstoffe zeigt, indem er nämlich durch Eisenchlorid dunkelgrün gefärbt wird. Durch Kochen mit Natronlauge werden auch die Parenchymzellen isoliert, anfänglich unter Kontraktion, später unter Auflösung des Zellinhaltes. Das Bastparenchym führt reichlich Kristalle von oxalsaurem Kalk, welche in der Asche leicht nachgewiesen werden können. rig. 58. Vergr. 300. i Bruchstücke von Bastzellen aus dem Baste Ton Bnuhinia racniiosa. a äußere, stärker liclitbrecliende SchicM. s spiralige Streitung. B Bastparenchyuizellen. t brauner, körniger Zellinbalt, durch Natron- lauge kontrahiert. 16. Bastfaser von Thespesia Lampas^) (Räu bhend; incl. Diese Malvacee wächst in (Hindostan), wo sie zur Abscheidung einer Faser nächstverwandte Thespesia populnea Corr. (■■ ähnlich wie die Hibiscus populneus L.p)^ 1) Vgl. Wiesner, Indische Faserpflanzen, p. 2 und 5 — 8. 2) Über diese Faser s. Dodge, 1. c, p. Sl-I. Sie wird als sehr resistent be- zeichnet und soll zur Verfertigung von Kaffeesäcken und verschiedenen Seilerwaren dienen. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 259 welche auf den Südsee- und Gesellschaftsinseln vorkommt, benutzt wird^). Die Baststreifen, welche sich nach vorausgegangener Rüstung leicht von den Stämmen loslösen lassen, haben eine Länge von 1 — 1,8 m und eine Breite von 0,5 — 3 cm. Der Bast, durch große Festigkeit ausge- zeichnet, wird als solcher etwa so wie Lindenbast benutzt. Durch Zer- reißen läßt sich aus diesem Baste eine feine, 5 — 12 cm lange Faser gewinnen. Durch stärkere Röstung des losgelösten Bastes erhält man eine feine Faser von noch größerer Länge. Die auf die eine oder andere Weise dargestellte Faser gibt ein dem Sunn im Aussehen und in den sonstigen Eigenschaften nahekommendes Spinnmaterial. Die vom untersten Stammteile herrührenden Bastpartien sind bräun- lich, die übrigen Bastteile und die aus ihnen entstandene Faser gelblich weiß gefärbt und von geringem Glänze. Die innere Partie des Bastes, welche an den Stämmen der Pflanze dem Holzkürper zugewendet ist, hat etwas mehr Glanz und eine lichtere, weißlichere Farbe als die äußere Partie. Die letztere unterscheidet sich von der inneren Partie durch eine netzartige Struktur. Die Maschen des Netzes sind aus zarten Bast- bündeln gebildet, die zwischen sich am unverletzten Stamme die Bast- markstrahlen aufnehmen. Im Baste, wie er nach der Röste erhalten wurde, und in der Faser fehlen die Markstrahlen fast gänzlich, aber die Räume, welche sie ausfüllten, sind wohl erhalten. Die Bastbündel haben eine mittlere Breite von 300 u. Sie bestehen bloß aus Bastzellen. Bast und Faser sind von scharf zugespitzten Hohlräumen (Markstrahlenräumen) durchsetzt. Die lufttrockene Faser führt 1 0,83 Proz. Wasser. In mit Wasser- dampf völlig gesättigtem Räume steigt die absorbierte Wassermenge bei mittlerer Temperatur bis auf 1 8,1 9 Proz. Die trockene Faser gibt 0,70 bis 0,89 Proz. Asche, welche kristallähnliche Bildungen einschließt. Jodlüsung färbt die Faser goldgelb. Auf Zusatz von Schwefelsäure wird die Färbung dunkler. Kupferoxydammoniak bringt eine schwache Bläuung und Aufquellung der Zellwände hervor. Mit schwefelsaurem Anilin behandelt, nimmt die Faser eine intensiv goldgelbe Färbung an, Phlorogluzin -|- Salzsäure färbt sie intensiv rotviolett; diese Faser ist also stark verholzt. Die Bastzellen, welche die Markstrahlenräume begrenzen, sind wellig konturiert. Die Länge einer Welle entspricht genau der Länge einer Mark- strahlenzelle und beträgt 16 — 56, meist 46 /ii. Diese Wellenformen ent- 1) Semler (1. c, III, p. 7.^7) stellt diese Faser, in Übereinstimmung mit meinen älteren Angaben, dem Sunn an die Seite; nach diesem Autor soll sie gleich der Faser von Thespesia Lampas in Indien unter dem Namen Porush bekannt sein. 17* 260 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. stehen durch Eindrücke der Markstrahlenzellen in die Zellwand der Bast- zelle, welche hierdurch mit seichten Höhlungen versehen erscheint. Diese Höhlen oder Wellen sind an zahlreichen Bastzellen unschwer nachweisbar (Fig. 59). Die Bastzellen, welche sich durch Chromsäure leicht unverletzt aus dem Gewebsverbande -bringen lassen, haben eine Länge von 0,92 — 4,7 mm. Der Mehrzahl der Fälle nach sind die von der Innenseite des Bastes herrührenden Bastzellen kürzer als die übrigen. Der größte Querdurchmesser der Bast- zellen beträgt 12 — 21, meist 16 u. Die Dickenzunahme er- folgt ziemlich regelmäßig von den Enden nach der Mitte zu. Kleine Unregelmäßigkeiten kommen in- des an jeder Bastzelle vor. Die Enden der Bastzellen sind lang- gestreckt kegelförmig, an den Polen abgerundet. Der Quer- schnitt der Bastzellen ist poly- gonal, 4 — Gseitig. Die Verdickung der Wände der Bastzellen ist meist eine so starke, daß das Lumen dieser Zellen auf eine dunkle Linie reduziert erscheint. An vielen Bastzellen ist die Wand- dicke stellenweise so mächtig, daß gar kein Hohlraum vorhan- den zu sein scheint. In diesem Falle tritt das Zeil-Lumen je- doch stets nach Einwirkung von Chromsäure hervor. Ist die Zell- wand nur so weit verdickt, d&ß das Lumen der Zelle im optischen Durchschnitt mit doppeltem Kontur erscheint, dann erkennt man deutlich, daß die äußere Grenze der Zelle der inneren nicht parallel läuft, indem diese Zellen, gleich denen der Jute und der juteähnlichen Fasern, eine ungleichmäßige Verdickung der Zellwand aufweisen. Porenkanäle sind an den Zellen nicht selten zu bemerken, an den Enden der Zellen häufiger als in der Mitte. Die Poren der Zellwand erscheinen in der Flächenansicht kurz, parallel zur Zellachse oder schief spalten förmig, im Querschnitt überaus fein und bogig ge- Fig. 59. A Vergr. 200. 6 Bastbündel des Stammes der Thespefia Lampas. m MarkstraWenräume. ?p Welle, entsprechend der Länge ein^r Markstralilenzelle. r Rest der Wand einer Markstrahlenzelle. B Vergr. 500, Bruchstück einer Bastzelle ans dem Bastbündel des Stammes von Tliesp. Lamp. lo Welle, p Poren der Zellwand. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 261 krümmt. Eine gabelförmige Teilung des Porenkanals gegen die Peri- pherie der Zellwand zu kommt häufig vor. Die äußeren Partien der querdurchschnittenen Bastzellen werden durch Ghromsäure in konzen- trische Schichten zerlegt. Die gequetschte Bastzelle zeigt eine feine schraubige Streifung. Wie schon erwähnt, ist das Gewebe der Bastmarkstrahlenzellen in der Faser nur in ganz rudimentärem Zustande anzutreffen und es bedarf langen Suchens, bis man Zellen dieses Gewebes in der Faser auffindet. In den Markstrahlenzellen finden sich Kristallgruppen von oxalsaurem Kalk. Wie schwer es fällt, diese Kristallaggregate direkt an der Faser aufzufinden, so leicht ist es, dieselben in der Asche nachzuweisen, wo- selbst sie sich, morphologisch ungeändert, aber in Kalk verwandelt, in Massen vorfinden. 17. Faser von Cor.dia latifolia (Slielti, Wadgundi; lud.). Diese Pflanze wird in Indien ihrer genießbaren Früchte wegen kul- tiviert. Junge Individuen, sowohl der wildwachsenden als auch der kulti- vierten Form, dienen zur Abscheidung einer Faser^ welche auch den Namen »Narawali fibre« führt. In den Distrikten Guzerate (Hindostan) ist Cordia latifolia besonders häufig. Zur Abscheidung der Narawali fibre dient auch Cordia angustifolia^). Die »Gundui fibre«, der Narawali fibre zu- nächst stehend, wird aus dem Baste d^r Cordia Rothii abgeschieden (vgl. p. 96). Über den Bast und die Faser der Cordia latifolia habe ich zuerst berichtet 2). Die Länge des Bastes beträgt 0,5 — 0,9 m, die Breite 1 — 8mm, die Dicke 8 — 16^<. Die einzelnen Baststreifen erscheinen teils dicht, teils erkennt man daran schon mit freiem Auge kleine Bastmarkstrahlenräume. Der Bast ist blaß bräunlich, er hat etwa die Farbe des bekannten Eisen- holzes und ist fast gänzlich glanzlos. Die Baststreifen sind ungemein fest und auch die davon abgetrennten feinen Fasern von etwa 200 /t Breite und etwa gleicher Dicke zeichnen sich noch durch hohe Festig- keit aus. Der Bast wird als solcher angewendet und könnte auch bei uns gleich dem Lindenbaste benutzt werden. Wenn es sich um große Festigkeit handelt, wäre der Cordiabast selbst dem Lindenbaste vorzu- ziehen. Die Abscheidung des Bastes erfolgt durch eine kurze Rüstung. Durch weiter fortgesetzte Röstung erhält man die Narawali fibre, welche 1) Über die Faser von Co7-dia angustifolia s. Royle, 1. c, p. 311. 2) Indische Faserpflanzen, p. 3 und 22 — 24. Über Cordiafaser s. auch Seml 1. c, III (1888), p. 737. 262 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. zur Verfertigung grober Gewebe, zu Seilen, Tauen, Netzen usw. in den Heimatländern verwendet wird. Die lufttrockene Faser enthält 8,93 Proz. Wasser. Mit Wasserdampf gesättigt steigt die Wassermenge bis auf 18,22 Proz. Die trockene Faser liefert verhältnismäßig viel, nämlich 5,54 Proz. Asche. Jodlüsung färbt die Faser schmutziggelb mit einem Stich ins Grün- liche. Auf Zusatz von Schwefelsäure tritt die grünliche Färbung noch deutlicher hervor. Das Grün ist hier Mischfarbe aus Gelb und Blau, wie die mikroskopische Unter- suchung lehrt. Die gelbe Farbe entsteht durch Einwirkung der Jodlüsung auf die Zellwände, die Stärkekürnchen der Bastmarkstrahlen. Kupfer- oxydammoniak färbt die Faser blaß bläulich. Die freiliegenden Zellen werden an den Enden durch das Reagens zu schwacher Aufquellung gebracht. Schwefelsaures Anilin färbt den Bast isabellgelb, Phlorogluzin + Salzsäure rufen eine rotviolette Färbung hervor; diese Faser ist mit- hin stark verholzt. Der Bast besteht aus dicht gedrängt stehen- den Bastbündeln, welche nur durch schmale Züge von zum großen Teil wohlerhaltenen Markstrahlen durchsetzt sind. Die ßastzellen künnen durch Ghromsäure leicht aus dem Verbände gebracht werden. Sie zeigen eine große Konstanz in der Länge, welche fast immer nur zwischen \ — ^i,6 mm schwankt. Auch die maximale Dicke der einzelnen Bast- Fig.60. Yergr.300. Bruchstücke von Bastzellen aus dem Stamme der Cordia latifolia. A natür- liches Ende einer Bastzelle, p, p' Poren der Zellwand. Zellen ist im Verlaufe des nur wenig veränderliche. ranzen Gewehes eine Diese Dimension liegt gewöhnlich zwischen 14,7 und 16,8 /«. Die Enden der Bastzellen sind lang zugespitzt. Die Breite dieser Zellen nimmt regelmäßig nach der Mitte hin zu. Unregelmäßigkeiten in der Form der Bastzellen, nämlich keulenförmige Enden, Ausbuchtungen u. dgl., sind nur selten zu beobachten. Das Lumen ist im mittleren Teile der Zelle weiter als an den Enden (Fig. 60^), die Verdickung der Zellwände ist im allgemeinen nur eine mäßige. Eigentümlich sind die Poren der Zell- wand. Sie verlaufen häufig sehr steil; viele haben in der Flächenansicht eine winkelige Gestalt (Fig. 60 C). Eine Slreifung der Zellwand konnte ich hier weder an der mit Reagenzien behandelten noch an der ge- quetschten Bastzelle wahrnehmen. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 263 Die Bastmarkstrahlen bestehen der Hauptmasse nach nur aus wenigen Zellen, oft gar nur aus einer einzigen Zellenreihe. Die Länge der Mark- strahlenzellen beträgt meist 42, die Breite etwa 15 /«. Diese Zellen führen teils Stärkekürnchen, teils Oxalsäuren Kalk. Erstere überwiegen weitaus. Die Amylumkörnchen sind teils einfach, teils zusammengesetzt und be- stehen dann aus 2 — 3 Teilkörnern - von rundlicher, meist schwach ellipsoidischer Gestalt, deren längster Durchmesser 2,5—3,9 ^i mißt. Der Oxalsäure Kalk tritt in den Zellen in Form von rundlichen, den Innen- raum der Markstrahlenzellen fast gänzlich erfüllenden Aggregaten auf. In der Asche sind die Kristallaggregate wohl leicht aufzufinden; aber ihre Gestalt erscheint so regellos, daß man es kaum mit morphologisch umgeänderten Kristallaggregaten zu tun zu haben glaubt. Mit Weingeist vorbehandelt und in Kanadabalsam eingelegt, erkennt man den kristalli- sierten Charakter dieser Aggregate viel genauer. Auch lassen sich diese etwas klumpigen Massen dadurch als die Abkömmlinge des Oxalsäuren Kalkes der Markstrahlenzellen erkennen, daß sie durch Einwirkung von Schwefelsäure sich in Kristallnadeln von Gips umsetzen. In den Bastbündeln scheinen außer den Bastzellen keinerlei andere histologische Elemente aufzutreten. Parenchymatische Gewebselemente, wie Bastparenchymzellen usw., scheinen gänzlich zu fehlen. Baste. Von vielen dikotylen Holzgewächsen läßt sich direkt oder nach '^acher Röstung der Bastteil des Gefäßbün breiten Streifen von den Stämmen ablösen. rasch und ohne Mühe viel langen, breiten und festen Bast, wie ein solcher zur Herstellung von Matten, zum Binden, zur Enveloppierung gewisser Waren, zu Flechtarbeiten, Baststricken und ähnlichen Zwecken erforderlich ist. Von europäischen Holzgewächsen hat sich die Linde zur Bast- gewinnung als besonders geeignet erwiesen ^j. Auch die Ulme^) liefert einen brauchbaren, aber in der Güte dem Lindenbast nicht gleich- kommenden Bast. Von den europäischen Holzpflanzen wird auch die Weide 3) als bastliefernd bezeichnet. — Von tropischen Holzgewächsen hat 4) Über die Verwendung des Lindenbastes in außereuropäischen Ländern s. unten bei Lindenbast. 2; Über die Verwendung des Ulmenbastes in Japan (von Uhnus 7nontana) s. oben p. 75. 3) S. oben p. 74. Versuche, den Weidenbast für Textilzwecke zu verwerten, hatten keine sonderlichen Erfolge. Siehe Flögl in Mittig. Techn. Versuchsamt, Wien 1918, p. 6. 264 . Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Daten lehren. Die wichtigsten tropischen Bastarien stammen von einigen Oreivia- Kvi^xi (Holzpflanzen aus der Familie der Linden), Sterculia- Arten i), von Holoptelea mtegrifolia, Kydia calycina^ Onidia eriocephala (Lasiosiphon speeiosus), Trema orie?italis (Sponia Wightü), Cordia latifoUa und Thespesia Lampas. Der Bast der G^re^^'m-Arlen stand mir für die Untersuchung nicht zu Gebote. Der Bast der zwei zuletzt ge- nannten Pflanzen wurde schon oben (s. p. ibS und 261 ff.) abgehandelt. Die übrigen Bastarten sollen hier genauer beschrieben werden 2). 18. Lindenbast. Der Bast der europäischen Linden, vorzugsweise der Tüia parvi- folia und T. grandifolia, wird bei uns wohl überall nur im Kleinbetriebe dargestellt. Im großen Maßstabe wird er in Rußland gewonnen und zur Herstellung von Bastmatten verwendet, die einen wichtigen Gegen- stand des russischen Exporthandels bilden. Er findet aber auch zum Binden, insbesondere in der Gärtnerei, ausgedehnte Anwendung, ferner zur Herstellung von Bindstricken, Brunnenseilen, Trockenschnüren in der Papierfabrikation usw. 3). Der russische Lindenbast wird u. a. in großer Menge nach England gebracht, woselbst diese Ware als Russian Bast bekannt ist. So wie man sich aber dort in neuerer Zeit durch Einfuhr von Jute vom russischen Hanf zu emanzipieren strebte, so trachtet man nunmehr auch in indischen Bastarten Substitute für Lindenbast zu er- halten. Ausgedehnte Anwendung zu Matten und auch zu groben Seilen findet der Bast der amerikanischen Linden, insbesondere der weitver- breiteten Tüia americana*) (von Virginien bis zum Alleghanygebirge, in Georgien, Nebraska und Kansas). Die zur Bastgewinnung dienlichen Stämme werden gefällt. Wenn die Bäume einen Durchmesser von 30 — 40 cm erlangt haben, sind sie zur Bastabscheidung am geeignetsten. Das Schälen der Bäume wird Mitte Mai vorgenommen. Zu dieser Zeit läßt sich die Rinde leicht vom Holzkörper ablösen, was in der Weise geschieht, daß man mit dem Rücken eines Beiles die Stämme gelinde klopft, worauf sie sich leicht in Streifen von 6 — 9 cm Breite abziehen läßt. Diese Rindenstreifen, auch Röhren genannt, werden in lockere Bündel zusammengefaßt und ähnlich H) Der netzartige Bast einiger Sterculia- Arten wird in den Tropen oft abge- schieden und dient zu verschiedenen [Zwecken, u. a. zur Enveloppierung gewisser Zigarrensorten. 2) Der oft genannte Bast von Brousso7ietia papyrifera, hauptsächhcli zur Papier- erzeugung verwendet, wird unten bei Betrachtung der Papier hefernden Fasern ab- gehandelt werden. 3) Kick-Gintl, Technisches Wörterbuch, VIII, p. -193. 4) Dodge, 1. c, p. 313. Siebzehnter Abschnitt: Fasern. 265 dem Hanf einer Kaltwasserrüste unterworfen. Gewöhnlich läßt man die Hindenpäcke in stagnierendes Wasser tauchen, indem man sie entweder mit Steinen beschwert oder in der Weise wie bei der Hanfrüste durch Pfähle zum Untertauchen zwingt. Ende Oktober ist die Rüste so weit vorgeschritten, daß sowohl das etwa noch vorhanden gewesene kambiale als auch das Gewebe der Außen-, Mittelrinde und der Bastmarkstrahlen zerstört ist. In dieser Zeit werden die Bündel aus dem Wasser ge- nommen, die einzelnen Streifen, die nunmehr bloß aus den Bastlagen bestehen, in reinem Wasser ausgespült und zum Trocknen aufgehängt. Nach dem Trocknen lassen sich die einzelnen Jahreslagen des Bastes leicht voneinander trennen. Diese Spaltung des Bastes in die Jahres- schichten wird wirklich vorgenommen und hierauf die Ware sortiert. Ein Baum von 1 0 m Hübe und 30 — 40 cm Durchmesser liefert eine Bastmenge, aus welcher sich angeblich 10 — i2 Matten flechten lassen. Rußland liefert jährlich über 14 Millionen Stück Matten (Sack-, Segel-, Tabakmatten usw.), von denen etwa der vierte Teil exportiert wird. Die aus den jüngsten Bastschichten bestehenden Matten sind feiner als die von den alten Schichten herrührenden. Die Preise der grübsten und feinsten Matten verhalten sich zueinander etwa wie 1 : 4. Der Bast der Ulmen (ülmus effusa, ü. cantpestris), von dem Lindenbaste durch bräunliche Farbe und geringere Festigkeit und Dauer- haftigkeit unterschieden, wird manchmal ähnlich wie der Lindenbast gewonnen und verwendet. Hartigi) hält dafür, daß die Ursache der geringen Haltbarkeit des Ulmenbastes gegenüber dem aus Linden abge- schiedenen Produkte darin zu suchen sei, daß die Bastbündel der Rüster bei weitem nicht so groß und die Bastfasern in den Bündeln bei weitem untereinander nicht so fest verbunden sind wie bei der Linde. Daß auch Weidenbast in großem Maßstabe abgeschieden und gleich dem Lindenbaste verwendet wird, findet man oft angegeben 2). Ich konnte über eine etwaige Weidenbastgewinnung nichts in Erfahrung bringen. Da nun auch Hartig a. a. 0. die Weidenbastbenutzung nicht erwähnt, obschon in dem bezeichneten Werke die Verwertung der euro- päischen Holzgewächse mit grüßter Gründlichkeit und Ausführlichkeit abgehandelt wird, so halte ich dafür, daß die angeführten Angaben auf einem Irrtum beruhen oder die Abscheidung des Weidenbastes nur lokal und beschränkt betrieben wird. Nach Hempel und Wilhelm 3) geben die bastreichen Rinden junger Triebe (Ruten von Salix amygdalina und anderen Weiden) ein grobes Bindematerial. \) Th. Hartig, Naturgeschichte der forstlichen Kulturgewächse, p. 465. 2) Hauke, "Warenkunde, p. 250. Schedel, Warenlexikon, H, p. 24. Von Schriften neuesten Datums nenne ich insbesondere Dodge, 1. c, p. 284 ff. 3) »Die Bäume und Sträucher des Waldes«. Wien, p. 105. 266 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Der im Handel erscheinende Lindenbast hat eine Länge von \ — 2,5 m und eine sehr wechselnde Breite, die aber häufig zwischen 2 — 5 cm schwankt. Eine Bastlage hat eine Dicke von 40 — 80 .«. Die von den innersten Jahreslagen herrührenden Baststreifen sind meist nur schwach gelblich gefärbt, seltener fast rein weiß. Die den älteren, äußeren Bast- lagen entsprechenden Streifen sind hingegen stets gelblich bis bräunlich gefärbt. Der Lindenbast ist nie dicht im Gefüge, sondern setzt sich aus Bündeln zusammen, die, netzartig miteinander verflochten, Maschenräume zwischen sich freilassen, die am unverletzten Stamme von den Zellen des Bastmarkstrahlengewebes dicht erfüllt sind. Durch den Rüstprozeß wird dieses Gewebe fast gänzlich zerstört. Die Markstrahlenräume sind nicht sehr scharf zugespitzt und seitlich wellenförmig konturiert. Jede Welle hat eine Länge von i8 — 21 ,« und entspricht der Einsenkung einer Bastmarkstrahlzelle. Dort, wo zwei Wellen aneinanderstoßen, haften häufig noch Zellwandreste, nämlich Stücke jener Zellwände der Mark- strahlenzellen, die senkrecht auf die Grenze des Markstrahlenraumes zulaufen. Lufttrocken führt der Lindenbast 6,20, mit Wasserdampf gesättigt 17,7 Proz. Wasser. Der völlig trockene Bast gibt 1,89 Proz. Asche, welche spärlich von bestimmt geformten großen Kristallen durchsetzt ist, über die noch weiter unten gesprochen werden wird. JodlöBung färbt den Bast goldgelb; auf Zusatz von Schwefelsäure wird er schmutzigbraun. Kupferoxydammoniak bläut die Faser des Bastes, ohne sie zum Aufquellen zu bringen. Mit schwefelsaurem Anilin behandelt, wird jeder Lindenbast deutlich gelb, mit Phlorogluzin + Salz- säure rötlich violett gefärbt. Die weißen Innenlagen gut gerösteter Bast- sorlen nehmen, mit ersterem Reagens behandelt, eine blaß zitrongelbe Farbe an, während alter und schlecht gerösteter Bast sich ganz intensiv eigelb färbt. Desgleichen erfolgt durch das zweitgenannte Reagens eine stärkere Rotvioleltfärbung bei älterem Bast. Älterer Lindenbast erscheint sohin stärker als junger verholzt. In der Flächenansicht des Bastes macht sich sofort bemerkbar, daß er sehr reich an parenchymatischen Elementen ist. Es sind nicht nur die Bastmarkslrahlenräume durchweg von parenchymatischen Zellen be- grenzt, sondern es nehmen auch an der Zusammensetzung der inneren Bündelteile vorwiegend derartige Zellen Anteil. Auf dem Querschnitt erkennt man, daß vorwiegend dünnwandige Elemente mit verhältnismäßig breitem Querschnitt die Zellenbündel des Lindenbastes konstituieren und daß nur schmale Züge von dickwandigen Bastzellen und vereinzelte Bastzellen in die Zellverbindung eintreten. Es ist nicht leicht, die Zellen des Lindenbastes unverletzt außer Zusammenhang zu bringen, und weder durch Chromsäure noch durch Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 267 stark alkalische Flüssigkeiten will dies vollständig gelingen '). Wegen der Schwierigkeit, die Eiementarbestandteile zu isolieren, ist es fast unmög- lich, genaue Zahlen für die Längen der faserförmigen Elementarteile dieses Bastes zu gewinnen. Die nachfolgenden Zahlen können deshalb keinen Anspruch auf Genauigkeit machen. In den Zellenbündeln des Lindenbastes kann man zweierlei Elementar- bestandteile unterscheiden, nämlich Bastparenchymzellen und Bastzellen. Siebröhren und Phloemparenchymzellen haften dem Lindenbaste auch manchmal an. Die Anwesenheit der Siebröhren hat schon H artig 2) konstatiert. Die von ihm als Kristallfaserzellen des Lindenbastes an- gesprochenen histologischen Elemente entsprechen den Bastparenchymzellen. Die Bastparenchymzellen haben meist eine Breite von 18 — 27 und eine Länge von 45 — 75 i^i. Doch kommen auch kürzere und längere derartige Zellen nicht selten vor. Die Wände dieser Zellen sind porös, besonders an den Querwänden. Die langgestreckten Bastparenchymzellen besitzen häufig gabelförmige Enden. In den Bastparenchymzellen finden sich Kristalle von oxalsaurem Kalk vor, deren Länge nicht selten 42 i-t beträgt und die in der Flächenansicht als stark in die Länge gezogene Sechsecke erscheinen, deren Längsachse durch zwei Ecken hindurchgeht. Solche Kristalle lassen sich besonders leicht in der Asche des Bastes nachweisen, wo sie jedoch nicht massenweise auftreten. — Die Sieb- röhren teilen die Größe des Querschnitts mit den Bastparenchymzellen, die Siebröhrenglieder sind jedoch im allgemeinen länger als diese. In gut gerösteten Basten fehlen die Siebröhren vollständig, desgleichen alle größeren Markstrahlen. Die Bastzellen sind sehr dickwandig. Im Querschnitt erscheint ihr Lumen meist nur als Punkt. Ihre Länge beträgt, soviel ich gesehen habe, 1,11 — 2,65 mm. Ihr maximaler Querschnittsdurchmesser mißt gewöhnlich nur 15 /<. An einzelnen Bastzellen verbreitert er sich in der Mitte bis etwa auf das Doppelte. 19. Bast von Sterculia villosa^) fOodal, Udali; ind.). Der Bast dieses in den Gebirgsgegenden Indiens, vornehmlich in Concan und Canara häufigen, baumartigen Gewächses steht schon lange 1) Nach H. Müller (Ausstellungsbericht, I.e., p. 62) gelingt es durch abwech- selnde Behandlung des Bastes mit Brom\vasser und Ammoniak leicht, die Elemente des Lindenbastes zu isolieren. 2) 1. c, p. 560. 3) Vgl. Royle, 1. c, p. 965fr., Wiesner, Indische Faserpflanzen, p. 2 und 4 5 bis 17, Semler, I.e., III (1888), Dodge, I.e. Hooper, Rept. Laborat. Ind. Mus. 1905—1906, p. 3öff., zitiert nach Watt, Coram. Prod. of India (1908), p. 1051. 268 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Wendung und wird in neuerer Zeit zur Papierbereitung empfohlen i). Die Baststreifen haben eine Länge von 0,2 — 0,6 m, eine Breite von -1 — 3 cm und eine Dicke von 0,4 — 2 mm. Dieser Bast ist völlig glanzlos, gelblich, mit einem Stich ins Zimtbraune gefärbt und hat einen lockeren, netzartigen Bau. Die netzartige Struktur rührt hier, wie bei allen anderen Bastarten, von den Bastmarkstrahlenräumen her, die aber hier nicht nur sehr zahlreich auftreten, sondern auch nach Länge und Breite verhältnis- mäßig sehr stark entwickelt sind. Der Bast besteht aus mehreren distinkten Schichten, läßt sich aber in dieselben nicht so leicht wie der Lindenbast zerlegen. Dünne Stücke, die in der Dimension der Dicke mit Lindenbast übereinstimmen, stimmen in der Festigkeit mit diesem zum mindesten überein. Feinere, flachsartige Fasern, die man vom Sterculiabast abtrennen kann, sind hingegen sehr schwach. Lufttrocken führt der Bast 8,86, mit Wasserdampf gesättigt 18,69Proz. Wasser. Der völlig getrocknete Bast gibt 3,i3 Proz. Asche, welche reichlich von Kristallen durchsetzt ist. Jodlösung färbt den Bast goldgelb, bis auf einzelne feine Längs- streifen, welche bei Behandlung mit diesem Reagens eine schwärzliche Farbe annehmen. Auf Zusatz von Schwefelsäure färbt sich der ganze Bast durchweg, aber ungleich schmutziggrün. Kupferoxydammoniak bläut die Bastbündel, ohne sie zum Aufquellen zu bringen. Nur die zu- fällig freiliegenden Bastzellen werden durch dieses Reagens deutlich auf- getrieben. Schwefelsaures Anilin ruft eine intensiv eigelbe Farbe, Phloro- gluzin -|- Salzsäure rotviolette Färbung hervor. Diese Faser ist also stark verholzt. So dick der Bast auch erscheinen mag, so haben doch die ihn zu- sammensetzenden Bastbündel nur gewöhnliche Dimensionen. Ihr Quer- schnitt mißt nämUch in der Richtung der Tangente 130—290, in der Richtung des Radius 60 — iöO /<. Die Dicke dieses Bastes kommt nur durch mehrfache Bastlagen zustande, indem derselbe von mehrjährigen Stämmen abgenommen wurde, die Röslung aber nicht, wie dies z. B. beim Lindenbaste der Fall ist, eine Spaltung des ganzen Bastkörpers in die einzelnen Bastlagen vollzieht. Eine Scheidung des Bastes in Jahres- lagen wie bei der Linde kommt in den tropischen Basten wegen der ununterbrochenen Vegetation der Stämme nicht vor. Jede Bastlage besteht aus Bastbündeln und Markstrahlen. Die letz- teren sind an dem künstlich abgelösten Baste nur mehr in Resten vor- handen. Aber auch die rückständigen Markstrahlenzellen sind nicht un- verletzt, sondern weisen meist stark demolierte Wände auf. Es haften 1] Vgl. Kew Bullet. 1879. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 269 daran gewöhnlich Stärkekürnchen, welche einfach und elliptisch sind und deren größter Durchmesser etwa 7 /< mißt. Die Bastzellen des Sterculiabastes lassen sich durch Chromsäure leicht isolieren. Die Länge dieser Elementarorgane beträgt 1,52 — 3,55 mm, die maximale Dicke 17 — 25 /<. Es ist sehr bemerkenswert, daß die größten Querschnitte der einzelnen Bastzellen ' sehr konstant sind und fast immer 20 /< messen. Auch die Form der Bastzellen muß als eine sehr konstante bezeichnet werden. Die Dicke dieser Zellen nimmt nämlich von den stets abgestumpften Enden gleichmäßig bis zur Mitte zu. Die mittlere Partie fast jeder Bastzelle ist etwas angeschwollen. Die Zellwand weist eine höchst charakteristische Verdickung auf. Die mittlere angeschwollene Partie der Zellwand ist nämlich wohl kaum schwächer als die anderen Stellen verdickt, aber das Lumen ist in der Mitte der Zelle verhältnismäßig groß. Abgesehen von diesem breiten Baume inmitten der Zelle, ist der Innenraum der- selben so schmal, daß er nur als dunkle Linie erscheint oder aber es ist seine Gegen- wart gar nicht zu erweisen. In der Wand sind kurze, schief verlaufende Poren häufig zu sehen. Durch Quetschung tritt an der isolierten Bastzelle stellenweise sehr deutlich eine feine Spiralstreifung hervor (Fig. 61). Das Bastparenchym bildet ein-, seltener zwei- und mehrreihige Zellenzüge, welche den Bichtungen der Bastzellen folgen. Die Breite der Bastparenchymzellen entspricht entweder völlig jener der Bastzellen oder ist etwas größer. Ihre Wände sind stets deut- lich porös. Jede Zelle enthält einen Kristall von oxalsaurem Kalk (Fig. 61). Die Asche der Faser ist überaus reich an Kristallen, welche oft noch in ganzen Zü2:en aneinanderhaften. Fig. 61. Vergr. 300. A Bruchstück einer Bastzelle aus dem Stamme der StercuUa viUofsa. iii Angeschwollene, relativ schwach verdickte mittlere Partie der Faser, p Poren der ZuU- wand. s Spiralige Streifung der ge- quetschten Wand. B Bastparenchym mit Kristallen von oxalsaurem Kalk. 20. Bast von Holoptelea integrifoliai) (Wawla; ind.). Die im Westen Indiens und auf Ceylon häufig vorkommende, zu den Ulmaceen gehörige Holoptelea integrifoUa liefert einen gelblichen, stellen- weise graubräunlich gefärbten, fast völlig glanzlosen Bast. Nach Semler Wiesner, Indische Faserpflanzen, I.e., p. 3 und 17, 18. Semler, I.e., p. 737. 270 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. soll diese Faserpflanze auch in Westindien kultiviert, die Faser aber wenig benutzt werden. Die durch Rüstung erhaltenen Baststreifen sind 0,7 — 1 m lang, 3 — 5 mm breit und 60 — 90 ft dick. Die Außenseite des Bastes ist glatt, die Innenseite rauh, nicht selten weißlich. Diese Bastsorte ist dichter als Lindenbast und die meisten anderen Bastarten. Große Strecken des Bastes erscheinen dem freien Auge völlig dicht und homogen, andere sind von kurzen, beinahe elliptischen Spalten durchsetzt, an deren Stelle in der Rinde die Bastmarkstrahlen lagen. Trotz dieses dichten Gefüges ist die Festigkeit dieses Bastes doch keine große, indem selbst breite Streifen leicht zerreißbar sind. Er bildet aber trotzdem noch ein gutes Ersatzmittel für Lindenbast. Der Wassergehalt des lufttrockenen Bastes beträgt 9,73 Proz. Im feuchten Räume steigert sich der Wassergehalt bis auf 23,12 Proz. Der Bast gibt 4,79 Proz. an Krislallen reicher, in Wasser beinahe gänzlich löslicher Asche. Jodlösung färbt die Hauptmasse des Bastes gelb. Nur kleine Längs- streifen, welche dem stärkereichen Bastmarkstrahlengewebe entsprechen, nehmen hierbei eine für das freie Auge schwärzliehe Farbe an. In Kupferoxydammoniak färbt sich der Bast bläuhch. Die freiliegenden Bastzellen quellen hierbei merklich auf. Schwefelsaures Anilin färbt den Bast isabellgelb, Phlorogluzin + Salzsäure rotviolett; die Bastfaser ist sohin stark verholzt. Der Bast enthält außer Bastzellen noch kristallführendes Bast- parenchym und stärkeführende Bastmarkstrahlenzellen. Die Länge der Bastzellen schwankt zwischen 0,88—2,13 mm. Die maximale Dicke be- trägt 9 — 14, meist 12 //. Die Zellenenden sind meist spitz, seltener kolbig. In der Regel nehmen die Bastzellen ziemlich gleichmäßig von den Enden gegen die Mitte hin an Breite zu. Seltener kommt es vor, daß sie stellenweise plötzlich breiter werden. Die Bastzellen sind meist stark und ungleichmäßig verdickt; ihre Querschnittsform ist polygonal. Die Markstrahlenzellen dieses Bastes sind zumeist schon so stark demoliert, daß sich die Konturen der Zellen nicht mehr deutlich er- kennen lassen. Ich beobachtete rundliche, mäßig verdickte Markstrahlen- zellen mit einem Durchmesser von 50 a. Die Markstrahlen sind mit Stärke erfüllt, deren Körnchen einfach oder zu zweien oder dreien kom- poniert sind, einen elliptischen Umriß und einen Längendurchmesser von 3 1^1 aufweisen. Die Bastparenchymzellen teilen die Breite mit den Bastzellen. In der Richtung der letzteren sind sie etwas in die Länge gestreckt. Jede Bastmarkstrahlzelle enthält einen ihren Hohlraum fast völlig erfüllenden Kristall von oxalsaurem Kalk. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 271 21. Bast von Kydia calycimii) (Wtiraug, AVilia; ind.). Der Bast dieser auf den Ghats des westlichen Indiens häufigen Sterculiacee hat eine Länge von 0,9 — 1,3 m, eine Breite von 2 — 8 mm und eine Dicke von 70—100 a. Die Außenseite ist gelblich gefärbt, etwa in der Farbe des Zürgelbaumholzes, glatt und schwach glänzend; die Innenseile matt, weiß, beinahe kreideartig. Auf den ersten Blick erscheint der Bast ziemlich dicht; genauer, besonders im durchfallenden Lichte betrachtet, werden zahlreiche feine Längsklüfte erkennbar, welche einem Markstrahlengewebe, das an diesen Stellen vorhanden war, aber zerstört wurde, ihr Entstehen verdanken. Breite Baststreifen, wie sich solche vom Stamme leicht ablösen lassen, haben eine beträchtliche Festig- keit; feine davon abgetrennte Fasern, von der Dicke einer spinnbaren Faser, fallen nur kurz aus und sind sehr schwach. Zur Herstellung einer Spinnfaser ist der Kydla-Bsisi nicht tauglich, wohl könnte er aber bei uns ein treffliches Ersatzmittel für Lindenbast abgeben. Lufttrocken führt der Kydia-Basi 8,63, mit Wasserdampf gesättigt 19,44 Proz. Wasser. Er liefert 7,23 Proz. Asche. Krislalleinschlüsse sind in der Asche sehr sparsam vorhanden. Jod färbt den Bast schmutziggrün, welche Farbe sich auf Zusatz von Schwefelsäure in Grasgrün verwandelt. Die grüne Farbe ist Misch- farbe von Blau und Gelb; erstere Farbe rührt von der durch Jod ge- färbten Stärke, letztere von den durch dieses Beagens fingierten Zell- wänden her. Kupferoxydammoniak ruft schwache Bläuung und schwache Quellung hervor. Schwefelsaures Anilin färbt den Bast isabellgelb, Phloro- gluzin + Salzsäure rotviolett; er ist mithin stark verholzt. Es ist höchst bemerkenswert, daß dieser Bast durch Chromsäure nur sehr schwer und unvollständig in seine Elemente zerlegt werden kann, während doch diese Säure gewöhnlich die Isolierung der Zellen leicht und vollständig vollzieht. Besser, wenn auch gerade nicht vollständig, gelingt die Zer- legung des Bastes in seine histologischen Bestandteile durch Natronlauge, wobei die Baslzellen eiue gelbe Farbe annehmen, während die paren- chymatischen Anteile fast ungefärbt bleiben. Die Bastbündel sind von zahlreichen kurzen Markstrahlen durchsetzt, welche, von der Fläche aus betrachtet, meist nur 0,7 — 2,1 mm lang, 0,05 — 0,26 mm breit sind. Nur an jenen Stellen des Bastes, welche von den unteren Stammteilen herrühren, kommen noch längere und breitere Markstrahlen vor. Die Kleinheit der Markstrablen bedingt das homogene Aussehen dieses Bastes. Das Markstrahlengewebe ist meist noch sehr i) Wiesner, Indische Faserpflanzen, p. 2 und 18 — 20. Wird auch von Sem- ler, 1. c, III, p. 737, als Warangbast genannt. S. auch Watt, Dictionary, IV (1890) p. 568. Dodge, 1. c, p. 212. 272 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. wohl erhalten, wie schon die Lupe erweist, mit welcher betrachtet jeder Markstrahl als kreideweißer Strich erscheint. Die Bastbündel setzen sich aus Bastzellen und Baslparenchym zu- sammen. Die Länge der Bastzellen ist wegen der Schwierigkeit, sie voll- ständig zu isolieren, nicht genau bestimmbar. Sie scheint sich auf 1 — 2 mm zu belaufen. Die Maximaldicke der Bastzellen beträgt 16,8- — 24,2 ,«. Die Enden der Zellen sind spitz, die Form der Zellen regelmäßig, sowohl in bezug auf den Querschnitt als auf die Dickenzunahme von der Spitze nach der Mitte zu. Die Wandverdickung ist mäßig stark und unregel- mäßig. Porenkanäle kommen sehr häufig vor. Das spärlich anhaftende Phloemparenchym besteht aus siebartig ver- dickten Zellen. Die Bastmarkstrahlen sind, wie schon erwähnt, im ganzen sehr wohl erhalten. Von der Fläche gesehen beträgt die Länge meist nahezu 50, die Breite 30 a. Sie sind reichlich von Stärke erfüllt, deren Körnchen einfach und elliptisch sind und einen mittleren Längendurchmesser von 4 u aufweisen. Die Zellen des Bastmarkstrahlengewebes führen auch hin und wieder kleine Mengen von oxalsaurem Kalk, in Form von die Zelle erfüllenden Kristallaggregaten. Die Aschenmenge ist eine infolge starker Imprägnation der Zell- wände mit mineralischen Substanzen verhältnismäßig große, was sich dadurch zu erkennen gibt, daß in der Asche eine große Menge gut er- haltener Zellwandskelelte auftreten. Nebenher finden sich auch Kristall- aggregate, die dem Markstrahlengewebe entstammen. 22. Bast von Guidia eriocephala (Lasiosiphou speciosus^j) (Raineta; ind.). Der Bast dieser auf den Ghats in Dekan häufigen Pflanze hat eine Länge von 1 — 1,2 m und eine Breite von 2 — 7 mm. Die Dicke dieses Bastes beträgt 0,5 — 1,0 mm. Bei der Eintrocknung bildet der Bast ein dichtes anscheinend homogenes Ganze, doch ist er geschichtet. Schon mit freiem Auge erkennt man, daß zahlreiche, einem an Ort und Stelle zugrunde gegangenen Bastmarkstrahlengewebe ihr Entstehen verdankende Hohlräume in Form feiner Längsspalten den Bast durchziehen. Der Bast hat nur wenig Glanz und eine rein weiße Farbe. Seine Oberfläche ist mit feinen, bauniwollenartigen Fasern, den sich von selbst ablösenden Zellen des Bastgewebes, bedeckt. Der Bast als solcher hat eine enorme Festigkeit. Er läßt sich mechanisch sehr leicht in lange flachsähnliche Fasern, durch weitere ■ \ *!) Wiesner, Indische Faserpflanzen, p. 3 und 13 — 15. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 273 mechanische Bearbeitung selbst in eine baumwollenartige, jedoch kurz- faserige Masse zerlegen. Über seine gegenwärtige Verwendung in Indien liegen mir keine Daten vor. Seine Eigenschaften deuten jedoch darauf hin, daß er eine sehr vielseitige Anwendung finden könnte; als Bast, zu Seilerarbeiten, zu feinen und gröberen Geweben und zur Papier- bereitung. Die daraus bereiteten Papiere würden in den Eigenschaften dem aus dem Baste der Broussonetia papyrifera dargestellten Papier gleichkommen!). ' Die lufttrockene Faser führt 8,00 Proz. Wasser. Im Maximum der Sättigung steigt der Wassergehalt bis auf 1 8,67 Proz. Die völlig getrocknete Faser liefert 3,31 Proz. kristallfreie Asche. Befeuchtet man die Faser mit Jodlösung, so nimmt sie sofort eine olivengrüne Grundfarbe an, in welcher sich eine große Zahl schwärzlicher Flecke bemerkbar macht. Schon mit der Lupe ist zu erkennen, daß diese dunkeln Flecke den Bastmarkstrahlen, deren Zellen mit Stärkekürnchen reichlich versehen sind, entsprechen. Auf Zusatz von Schwefelsäure nimmt die Faser für das freie Auge eine ziemlich gleichmäßige schwarzgrüne Farbe an. Die dunkle Farbe rührt von den durch Jod tiefblau gefärbten Stärkekörnchen der Markstrahlen her. Die grüne Farbe verdankt ihr Entstehen sowohl den Zellwänden des Gewebes, welche mit Jod eine gelbe, als auch den Stärkekörnchen der kleinen Markstrahlen, welche mit demselben Reagens eine blaue Farbe annehmen. Die durch Jod hervorgerufene Färbung, die dem freien Auge grün erscheint, ist mithin auch bei dem Baste und der Bastfaser von Onidia eriocephala (Wall.) Meisn. 2) eine Mischfarbe aus Gelb und Blau, wie die mikroskopische Beobachtung lehrt. Kupferoxydammoniak färbt die Faser sofort unter starker Aufquellung blau. — Trotz der weißen Farbe dieses Bastes, welche vermuten ließe, man hätte es hier mit unverholzten, fast nur aus Zellulose bestehenden Zellwänden zu tun, wird derselbe doch durch schwefelsaures Anilin isabellgelb, durch Phlorogluzin und Salzsäure rotviolett gefärbt, ist also verholzt. Der Bast hat, wie aus den oben angeführten Daten hervorgeht, eine ansehnliche Dicke. Er ist aber auch im Vergleich zum Querschnitte des Stammes als mächtig entwickelt anzusehen. Ich fand, daß ein einjähriger. 1) Die Rametafaser wird in jüngster Zeit sehr für die Papierfabriiiation emp- fohlen. Dodge, I.e., p. 2U. 2) Lasiosiphon speeiosus Decn. und Onidia eriocephala Meisn., die auf p. 91 noch getrennt aufgezählt werden, fallen nach dem Index Kewensis zusammen. Der ergänzende Bearbeiter hat daher an dieser Stelle im Gegensatz zu dem bei der auf p. 98 gegebenen Aufzählung gewählten Namen der eben erwähnten Feststellung Rechnung getragen, zumal auch die Gattung Onidia L. vor Lasiosiphon Fres. die Priorität genießt. Wiesner, Kohstofte. 111. Bd. 3. Aufl. 18 274 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 3 mm im Durchmesser haltender Stamm der genannten Pflanze eine Bastlage enthielt, welche in radialer Richtung gemessen 0,29 mm betrug. Zieht man an einem trockenen Exemplare die Rinde vom Stamme ab, so erkennt man, daß der Bast zum Teil aus losen Fasern besteht. Also schon an der Pflanze selbst, bei der Eintrocknung des Rindengewebes ist ein starker Schwund oder ein Zerreißen der sog. Interzellularsubstanz der Baslzellen eingetreten. Es ist leicht einzusehen, daß dieser partiellen Freilegung der Zellen durch den Prozeß der Rüstung, der zur Abschei- Fig. 62. A, B, D Vergr. 300. C, E Vergr. 600. A Bastzellen und Enden von Bastzellen aus dem Stamm* von Gnidia eriocephala. B Querschnitt durch die Bastzellen. C Bruchstück einer gequetschten Bast- zelle; p Poren; s Streitung. J?Dieselhe im Querschnitt. /> Bastparenchymzellen. p Protoplasmareste. dung des Bastes in der Tat angewendet wird, noch mehr Vorschub geleistet werden muß. Hierdurch erklärt sich der feinfaserige Charakter dieses Bastes und das baumwollenartige Äußere desselben. Im Baste treten neben den Bastzellen noch reichlich parenchymatische Zellen, teils in Form von Markstrahlen, teils in Form von Rinden- und Bastparenchym auf. Die Bastzellen haben eine Länge von 0,42 — 5,08 mm und eine Dicke von 8 — 29 f.1. Der Umriß der Zellen ist ein höchst variabler. Eine kontinuierliche Dickenzunahme, von den Enden gegen die Mitte zu, kommt Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 275 an dieser Faser beinahe niemals vor. Fast an jeder Zelle treten plötzliche Erweiterungen und Verjüngungen auf. Bastzellen mit schmalen Enden und breiter Mitte überwiegen. Aber auch der umgekehrte Fall gehört bei der genannten Pflanze nicht zu den Seltenheiten. Die Zellenenden sind meist spitz, nicht selten kolbig oder unregelmäßig. Die Querschnitte der Zellen sind meist polygonal, selten rund. Strukturverhältnisse sind an der von der Fläche aus gesehenen Zelle nur selten wahrzunehmen. Hin und wieder erkennt man zarte, spaltenförmige Poren (Fig. 62 C, p). Eine Streifung der Zellwand ist direkt nicht kenntlich. Wohl aber tritt sie bei der Quetschung der Zellen deutlich hervor und erscheint dann in Form feiner, zur Längsrichtung senkrechter Linien. Auf dem Quer- schnitt der Faser ist die Streifung im Umfange der Membran angedeutet. Es hat den Anschein, als würde die Streifung in den peripheren Partien der Wand senkrecht, in den inneren schief gegen die Grenzfläche der Zelle verlaufen. Es erscheinen nämlich die inneren Partien der Wand häufig spiralförmig gestreift. Markstrahlengewebe und Bastparenchym sind am Baste stark ent- wickelt. Auch Reste des Rindenparenchyms sind noch häufig zu finden. Die Markstrahlenzellen, deren Breite 42 — 63 /^i beträgt, desgleichen die von außen den Bastschichten anhaftenden Rindenparenchymzellen führen Stärke in großer Menge. Die Stärkekörnchen sind kugelförmig oder elliptisch, seltener abgeplattet und, soviel ich gesehen habe, stets ein- fach. Ihr Durchmesser (bei symmetrisch gebauten Körnern der längste Durchmesser) mißt 3,9 — 9,8 u, meist 6 u. Die Stärkekörnchen erfüllen häufig das ganze Innere der genannten Zellen. Das Bastparenchym besteht aus Zellen, welche parallel der Richtung der Bastzellen gestreckt sind. Ihre Länge beträgt zumeist 70, ihre Breite 20 1.1. Diese Zellen sind sehr dünnwandig und führen nichts als kleine, den Wänden anhaftende Protoplasmareste (Fig. 62 D, p), ihre radialen Wände sind häufig mit großen Poren versehen. In der Asche lassen sich bloß strukturlos erscheinende Zellwand- skelette nachweisen. 23. Bast von Trema orientalis (Sponia Wightii^)) (Cliitrang; iiid.). Dieses Gewächs kommt in den hügeligen Distrikten Concans häufig vor. Die Länge des durch Röstung abgeschiedenen Bastes beträgt 0,3 bis 0,8 m, die Breite der Stücke 0,9—5,0, die Dicke 0,1—0,8 mm. Einzelne 1) s. Wiesner, Indische Faserpflanzen, p. 3 und 20, 21. Spon, Encycl. ol" the Induslrial Arts etc. London and New York 1879. Dodge, I.e., p. 316. Die Namensänderung gegenüber p. 75 und p. 98 nach Index Kewensis. 18* 276 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Stücke sind zimtbraun, andere beinahe kreideweiß. Die meisten halten in der Farbe die Mitte zwischen den beiden Extremen. Sowohl die Basistreifen als auch die Fasern, welche sich in beliebiger Dicke vom Baste abtrennen lassen, erweisen sich als sehr fest. Nicht nur der Bast als solcher ist verwendbar, sondern auch in Form von Fasern eignet sich derselbe zur Herstellung von Seilerwaren. Die sog. Interzellular- substanz hat bei der künstlichen Abscheidung des Bastes sehr gelitten. Die Folge davon ist die gleiche wie bei dem Baste von Gnidia erio- cephala; auch der Bast von Trema orientalis ist an seiner Oberfläche fast wollig, so reichlich trennen sich von ihm einzelne Zellen und Zell- gruppen in Form feiner Fasern ab. Im lufttrockenen Zustande führt die weiße Faser 8,66, die braune 8,75 Proz. Wasser. Im mit Wasserdampf völlig gesättigten Räume steigert sich die Wassermenge bei dem weißen Baste, bzw. der weißen Faser bis auf 18,86, bei dem braunen Baste oder der braunen Faser bis auf 21,82 Proz. Die weiße Faser und der weiße Bast geben im völlig getrockneten Zustande 3,69, die braune Faser oder der braune Bast 3,55 Proz. kristallfreie Asche. Die braunen Partien der Faser und des Bastes verdanken ihre Farbe dem Auftreten von Huminsubstanzen. Infolgedessen ist die Hygroskopizität derselben größer als an den ungefärbten Partien der Faser oder des Bastes derselben Pflanze. Jodlösung färbt die Faser braun. Einzelne Fasern nehmen hierbei eine kupferrote Farbe an. Auf Zusatz von Schwefelsäure werden Bast und Faser blau. Kupferoxydammoniak färbt beide blau und bringt sie zur starken Quellung, teilweise zur Auflösung. Mit schwefelsaurem Anilin behandelt, erscheint die Faser und der Bast schmutziggelb mit einem Stich ins Zimtbraune, mit Phlorogluzin -j- Salzsäure schmutzigviolett; diese Faser ist mithin deutlich verholzt. Der Bast führt in einem reichlich entwickelten Parenchym gruppen- weise auftretende, hin und wieder vereinzelte Bastzellen, ähnlich wie der Lindenbast. Die Zellen dieses Gewebes lassen sich durch Ghromsäure nur sehr unvollkommen isolieren, so daß es auf diese Weise unmöglich ist, eine Längenbeslimmung der Bastzellen vorzunehmen. Nach langer Einwirkung von Chromsäure wird allerdings die Interzellularsubstanz völlig gelüst; dann sind aber die Zellwände der genannten Zellen bereits so stark angegriffen, daß sie schon bei der leisesten Berührung mit der Nadel zerreißen. Hingegen gelingt die Freilegung der den Bast zu- sammensetzenden Zellen sehr leicht durch Kochen in Natronlauge. Die Bastzellen haben meist eine Länge von 4,0 mm und eine Dicke von 21 f.i. Es scheint eine außerordentliche Konstanz in den Dimensionen der Zellen des Bastgewebes stattzuhaben. Die überwiegende Mehrzahl der Bast- Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 277 Zellen ist bis auf die meist dünnwandigen Enden sehr stark verdickt, infolgedessen erscheint das Lumen der Zelle in der Flächenansicht nur als dunkle Linie. Einzelne Stellen mancher Bastzellen sind völlig solid: wenigstens wollte es mir weder an der isolierten noch an der quer- durchschnittenen Bastzelle, auch nicht durch Reagenzien, gelingen, einen inneren Hohlraum nachzuweisen. Die Wände der Bastzellen erscheinen deutlich geschichtet. Die äußeren Wandpartien sind senkrecht zur Achse, die inneren schief gegen diese gestreift. Die äußeren Partien der Zell- wand sind von den inneren optisch stark verschieden. Die Markstrahlen führen reichlich Stärke, deren Körnchen teils ein- fach, teils zu 2 — 5 komponiert sind. Die einfachen und die Teilkörnchen haben eine elliptische Form und zeigen einen grüßten Durchmesser von etwa 3,3 /<. In dem reich entwickelten Bastparenchym habe ich trotz emsigen Suchens keine Kristalle aufgefunden. Nach Dodge wird dieser Bast zum Binden und zur Verfertigung von Seilen in Indien angewendet. Nach Spon soll die Faser dieser Pflanze auch in Mauritius und in Venezuela verwendet werden. 24. Musafasern (Manilahanf *)). Der Manilahanf des Handels stammt fast gänzlich von Musa textüis. Diese Pflanze kommt auf den Philippinen und Molukken angeblich wild- wachsend vor; aber die wilde (oder verwilderte?) Pflanze liefert zu wenig Faserstoff", als daß dessen Gewinnung sich lohnen würde (Preyer). Was auf den Philippinen Layason genannt und nur lokal gewonnen und be- nützt wird, rührt von wild wachsenden Pflanzen her (Brück). Die Handelsware stammt durchweg nur von kultivierten Pflanzen. Die Hauptmasse des Manilahanfs wird auf den Philippinen gewonnen, wo man die Pflanze seit uralter Zeit kultiviert und wo die klimatischen und edaphischen Bedingungen der Kultur außergewöhnlich günstig sind. Die Faser, welche einen wichtigen Exportartikel der Philippinen bildet, heißt dort Abacä. Musa textüis wird auch anderwärts in den Tropen gebaut und auf 1) Neuere Literatur über Manilahanf: Spon, Encycl. of the Indust. Arts etc. London and New York 1873. Blumentritt, Ost. Zeitsch. 1'. d. Orient. Wien 1881, p. 161 ff. Labhart, Ebendas. 1882, p. 94ff. Semler, I.e., IH, p. 712. Dodge. l. c, p. 245ff. F. W. van Beden, De Manila hennep. Bull. Col. Mus. Harlem 1893. W. B. Preyer, Manila hemp in British North Borneo. Kew Bull. 1898. Edwords and Saleeby, Farmers Bullet. Manila 1910. W. F. Brück, Manilahanf kultur. Tropen- pflanzer, XVI (1912), Beihefte. 278 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Faser ausgebeutet, so auf Java'), Sumatra 2), Celebes^) und ßorneo^), auf Martinique 5), Guadeloupe 6), in Neu-Galedonien und in Queensland^), aber zumeist mit geringem Erfolge. Nach Lab hart dürfte die wenig erfolg- reiche Kultur des Manilahanfs außerhalb der Philippinen auf ungünstige Bodenverhältnisse zurückzuführen sein. Nach Semler sind die relativ hohen Arbeitslöhne in den neuen Anpflanzungsgebieten, wohl auch das exzeptionelle Gedeihen der Abacapflanze auf den Philippinen die Ursache, weshalb der daselbst erzeugte Manilahanf noch ohne Konkurrenz dasteht. Nach Lab hart, welcher als Konsul auf Manila die Abacakultur genau kennen zu lernen Gelegenheit hatte, gedeiht auch auf den Philip- pinen Musa textilis nicht überall gleich gut, sondern nur auf vulkani- schen Böden bestimmter Gebiete. Die »Hanfprovinzen« der Philippinen liegen im Süden von Luzon und auf einigen der Visayas-Inseln (Cama- rines, Albay und Leyte), nach Semler auch auf Bohol, Mindanao und Carnequin. Weitere und eingehende Daten über die Kulturgebiete des Manilahanfs sind in Drucks Abhandlung zu finden. Die Kultur von Musa textilis wird, wie schon bemerkt, auf den Philippinen seit alter Zeit betrieben. Allein erst im Jahre 1818 begann der Export dieses Faserstoffes, welcher in den letzten Jahrzehnten sich enorm gesteigert hat^). \) Speziell über die Kultur des Manilahanfs auf Java hat Brück (1. c.. p. 447£f.) eingehende Mitteilungen gemacht. Die Resultate selbst der neuen umfangreichen Versuche, den Manilahanf zu einem Kolonialprodukt auf Java zu erheben, sind nichts weniger als aufmunternd. Brück meint, daß selbst unter den günstigsten Verhält- nissen die Kultur des Manilahanfs auf Java nie den Erfolg haben wird, den Reis, Kaffee und Zuckerrohr erzielen. Reine Manilahanfkulturen gibt es auf Java nicht. Die Pflanze wird nur als Nebenkultur von Kautschukbäumen (besonders von Hevea- Arten) gehalten. Brück meint, daß sich die Manilahanfkultur auf Java vielleicht nur in der Hand der Eingeborenen, wenn ihnen einfache Entfaserungsmaschineii zu Gebote stehen würden, bewähren könnte. Für den Kolonisten ist keine Hoffnung vorhanden, aus dieser Kultur den entsprechenden Nutzen zu ziehen. 2) Labhart, 1. c, p. 94. 3) Semler, 1. c, p. 713. 4) Preyer, 1. c. 5) Cat. des col. fr. 1873, p. 8. 6) Cat. des col. fr. 1873, p. 34. 7) E. Cowley, Growning and Separation of fibres. Queensland Agr. Journ. III, 1898. 8) Nach Brück (I.e.) wurden im Jahre 1818 41 Tonnen Manilahanf von den Philippinen in den Handel gebracht. . Im Jahre 1850 betrug die Ausfuhr 8 561 Tonnen »1860 » > > 30 000 > » . 1880 > » > 50 000 » 1900 » » » 89 000 » Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 279 Ehe näher auf den Manilahanf des Handels, nämlich auf die Faser von Musa textüis eingegangen wird, mögen einige Bemerkungen über die Fasern anderer iÜMsa-Arten, welche man dem Gebrauche zuzuführen bestrebt ist, hier Platz finden. Außer Musa textüis dienen noch andere Musa-krien zur Fasergewinnung, so z. B. M. paradisiaca und sapientum, welche bekanntlich die Bananen liefern; die Fasergewinnung ist hier mehr Nebennutzung. Auch ilf. Cavendishi und M. Ensete liefern Fasern. Beispielsweise wird Musa paradisiaca in Guayana i), M. sapientum in Vorderindien 2], die in Abyssinien heimische M. Ensete in Neusüd wales auf Fasern verarbeitet. Die genannten Musa-Arten liefern durchaus mindere Produkte, welche mit dem Manilahanf von M. textüis sich nicht vergleichen lassen und auch unter anderen Namen (Bananenfaser, Plan- tainfibre usw.) erscheinen, zumeist nur an Ort und Stelle verwendet werden oder nur zur Papierfabrikation dienen 3). Musa basjoo wird in Japan auf Faser ausgebeutet. Man unter- scheidet eine gröbere Sorte, welche zu Seilerwaren dient, und eine feinere, welche versponnen wird und einen geschätzten Kleiderstoff (Bashoo fu) liefert 4). Nach neueren Angaben &) geben die eßbare Bananen liefernden Mtisa^Arten nicht so schlechte Fasern wie die wilden Bananen, sogar eine gute Sorte, wenn die Ernte unmittelbar vor dem Blühen vorgenom- men wird. Die Verwertung der Eßbananen zur Fasergewinnung bietet aber, sofern man auf die Frucht verzichtet, keinerlei Vorteil und kommt für das Welthandelsprodukt gar nicht in Betracht. Von anderen ilfwsa-Arten, welche in neuester Zeit versuchsweise zur Gewinnung von Manilahanf verwendet werden, seien noch ilf. idugurensis 0. Warb, und M. HolstiiK. Schum., beide in Deutsch-Ostafrika, genannt^). Nach dem Tropenpflanzer, Bd. XV (1911), betrug die Ausluhr von Manilahanl von den Phihppinen: im Jahre 1903 132 000 Tonnen 1909 149000 > » 1910 170000 » 1) Cat. des Col. frang. 1873, p. 20. 2) Miquel, Flora von Nederl. Indie III, p. 588. 3) Cat. des Col. frang. 1873, p. 20. Über die beträchthcli geringere Festigkeit der Faser von Musa paradisiaca und M. sapientum s. Dodge, 1. c, p. 246. S. hier auch über die Faser von Musa Ensete. Vgl. auch Kew Bull, für August 1894. Über die Faser von M. paradisiaca zur Papierbereitung s. E. Hanausek, Mitteilgn. aus dem Laboratorium der Wiener Handelsakademie 1889. 4) M. Fesca, Der Pflanzenbau in den Tropen II, Berlin 1907, p. 126. 5) Hautefeuille, N., Fibres des Baniers. Journ. d'Agric. tropic. VIII (1908). 6) Erstere wurde oben (p. 74) bereits kurz erwähnt. Die Faser der letzteren ver- danke ich Herrn Konservator Brunnthaler, welcher sie von seiner afrikanischen Reise mitbrachte. Das biologisch-landwirtschaftliche Institut in Amani hat sowohl Anbau- 280 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Die Faser von Musa texUlis führt außer dem Namen Manilahanf (Manila hemp) und Abacä noch die Namen Menado hemp, Cebu hemp, Slam hemp und white rope. Musa textüis gedeiht in den obengenannten »Hanfprovinzen« der Philippinen überaus üppig. Nach Labhart erreicht dort die Pflanze eine Höhe bis zu 6 m und jener Teil der Pflanze, welchen man den Stamm nennt, der aber, wie wir gleich sehen werden, sich aus Blatteilen zu- sammensetzt, 3,5 ra. Dieser sog. Stamm wächst bis auf 1 8 cm Dicke heran. Die Pflanze muß am Felde durch anderthalb bis drei Jahre stehen; dann erst ist sie schnittreif. Es ist dies die Zeit, in welcher die Blüten zum Vorschein kommen. Von Musa textüis existieren zahlreiche Varietäten, welche ver- schiedene Fasererträge liefern, die sich im Extrem zueinander wie 2 : \ verhalten!). Häufig findet man die Angabe, daß die Blätter der genannten Musa-krien den Manilahanf liefern 2). Man verstand hierunter die vom »Stamm« abstehenden Blatteile, also die Blattspreiten. So aufgefaßt, ist die Angabe vollkommen unrichtig. Die Gefäßbündel der freien Blatteile besitzen nur «geringe Festigkeit und Haltbarkeit, so daß sie zur Dar- stellung von Seilen, Tauen u. dgl. nicht tauglich sind^). Aber auch die gewöhnliche, auf die Autorität hervorragender Botaniker sich stützende Angabe, daß der Stamm der Musa-kvien den Manilahanf liefere^), ist, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, nicht richtig. Das- jenige, was man an den Musa-kv\,e.n als Stamm zu betrachten geneigt wäre, und wovon tatsächlich der Manilahanf abgeschieden wird, ist als Verarbeitungsversuche angestellt, welche sehr gute Resultate ergeben haben sollen. Die in meinen Besitz gelangte Faser ist sehr rein ausgearbeitet, reicht aber in bezug auf die spezifischen Qualitäten des Manilahanfes an gute Handelsware nicht heran. Nach einem Berichte, den A. Zimmermann über die Faser dieser beiden Musa-krien erstattete (Der Pflanzer, Bd. II [1906], p. 77 ff.), ist die Faser der Musa Holstii von besonders guter Qualität und überragt die der M. ulugurensis in jeder Beziehung. U. a. wurde konstatiert, daß der Zellulosegehalt der ersteren bis auf 78,'I Proz. steigt (erste QuaUtät 78,1, zweite Qualität 74,5), während derselbe bei der letzteren bloß 70,7 Proz.^beträgt. 1) Die ertragreichste Sorte ist nach Brück (1. c.) Tangorgon, welche 2,6, die geringste Sinaba, welche 1,3 Proz, Faser hefert. Über die anderen Varietäten siehe Brück, 1. c. 2) Henkel, Naturerzeugnisse, I, p. 443. Grothe, in Muspratts Chemie, V, p. 165. 3) Blumentritt (1. c) sagt unter Berufung auf F. v. Hochstetter, daß die Fasern der Blätter fBlattspreiten) zur Papierbereitung geeignet seien. 4) S. z. B. Miquel, 1. c, IH, p. 588. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 281 strenggenommen nur ein falscher Stamm (Scheinachse *)), setzt sich nämlich aus den dicht zusammenschließenden Vaginalteilen der Blätter zusammen; der faktische Stamm liegt als Rhizom im Boden und sendet Laubtriebe nach oben, an welchen die Blutenstände in den Blattachseln zur Ausbildung kommen. Aus der obengenannten »Scheinachse« wird, wie schon bemerkt, der Manilahanf abgeschieden. Es geschieht dies zur Zeit der Blüte oder kurz vorher. In dieser Periode ist die Faser reif, und nur in diesem Lebensabschnitt der Pflanze ist ein gutes Produkt zu gewärtigen. Unreife und überreife Fasern sind geringwertiger als reife. Die Reife der Faser tritt bei verschiedenen Spielarten zu verschiedenen Zeiten ein. Es wird dementsprechend die Ernte auf den Philippinen in den verschiedenen Monaten des Jahres vorgenommen 2). Man fällt den »Stamm« und ent- fernt die vom Scheinstamme frei abstehenden Blatteile (die Spreiten), was wegen der großen Weichheit des Materials durch einen einzigen mit einem Messer geführten Querschnitt geschehen kann. Was nun die Abscheidung der Faser aus dieser Scheinachse betrifft, so lauten die älteren Angaben dahin, daß man die »Stämme« fällte, hierauf durch Fäulnis einer Art Rüste unterwarf und die Masse durch Eisenkämme zog, um die Fasern von den Resten der anhaftenden Nachbargewebe zu befreien. Neuere Berichte erwähnen diese Rüste ent- weder nicht mehr oder sprechen nur von einem drei Tage anwährenden Lagern der »Stämme«. Dieses Lagern dürfte wohl den Zweck haben, die sehr wasserreichen Blatteile, aus welchen die Faser abgeschieden werden soll, durch Welken wasserärmer und zur Abscheidung der Faser tauglicher zu machen. Nach Lab hart hat aber das Lagern den Zweck, eine Art Gärung einzuleiten, wobei der gerbstoff haltige Saft aus dem beiderseits geüffneten »Stamme« abfließt. Bliebe der an der Luft sich dunkel färbende Saft zurück, so würde die Faser eine bräunliche durch Waschen mit Wasser nicht zu beseitigende Färbung annehmen. Die Fasergewinnung erfolgt im Handbetrieb mit sehr einfachen Werk- zeugen. Der ge welkte »Stamm«, genau gesagt jede einzelne Blattscheide, wird in 1 0 cm breite Streifen zerlegt, mit hülzernen Hämmern geklopft, gewaschen, zwischen halbstumpfen Eisen durchgezogen, bis die Fasern freiliegen, und hierauf an der Sonne getrocknet. So berichten Labhart und Blumentritt. Nach Semler wird der »Stamm« abgehauen, sofort, ohne früheres Lagern in 5 — 8 cm breite Längsstreifen zerlegt, welche auf einem horizontal liegenden Brette mit dem Rücken eines Messers so -1) Über diese Scheinachse s. Petersen in Engler-Prantls Pflanzenfamihen II, 6 (1889), p. 1 und 7. 2) Edwords and Saleeby, 1. c. 282 Siebzehnter Abscliniü. Fasern. lange geschabt werden, bis die Fasern freiliegen. Die so gewonnenen Fasern werden durch kurzes Liegenlassen eines Teils ihres Wassers be- raubt, hierauf erst mit hölzernen Hämmern geklopft und schließlich vollkommen getrocknet. Alle Berichte stimmen darin überein, daß die Faser an der Sonne getrocknet und vor Tau und Regen bewahrt werden müsse. Labhart sagt, daß die an sich sehr lichte Faser durch Regen rostbraun werde und dadurch um etwa 15 Proz. im Werte sinkt. Die getrocknete Faser wird nunmehr sortiert. Die von der peri- pheren Partie des »Stammes« herrührende grobe Faser gibt die Sorte Tig. 63. Natürl. Größe. Querschnitt durch den aus BUttvaginalteilen (5) bestehenden Scheinst am m von Mtisa, aus dem obersten, stark verschmälerten Teile. F die durch den hohlen Scheinstamm hin- durchwachsende Blütenstandsaehse. Die dunkeln Partien von B entsprechen den großen luftführenden Interzellnlarräumen ii der Fig. (i4. Bandala, sodann folgt die Sorte Lupis und endlich die feinste, von den innersten Teilen des »Stammes« herrührende Sorte Tupoz. Die durchschnittliche Gesamtausbeute beträgt pro »Stamm« etwa 0,5 kg. Wahrscheinlich wird den Manilahanf dasselbe Schicksal wie alle an- deren wichtigen tropischen Faserstoffe erreichen: die Gewinnung durch Maschinenarbeit. Dann wird vielleicht die außerhalb der Philippinen in den hierzu geeigneten Tropengebieten kultivierte Manilahanfpflanze mit der Abaca der Philippinen in Konkurrenz treten können. Doch geht die maschinelle Gewinnung nur langsam vorwärts '). Man gebraucht, aber doch mehr nur versuchsweise, die Glarke-Maschine und auch andere Entfaserungsmaschinen. Auf den Philippinen ist der primitive Hayalon noch am meisten im Gebrauche. 1) Tropenpflanzer, IX (1905), p. 69, S. übrigens auch E. de Kruyff, Ver- öfTenÜichungen des »Nederl. Ind. Landbouw-Syndicat«. Soerabaya 19i0. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 283 Die Verschiffung des auf Luzon und den gesamten Visayas- Inseln gewonnenen Manilahanfes erfolgt hauptsächlich von Manila und Cebu aus, daher denn auch die Namen Manila- und Cebuhanf. Die Faser wird in Ballen von MO: — 120 kg versendet. Charakteristik des Manilahanfes. Je nach dem Grade der Feinheit hat die Faser eine verschiedene Länge. Die grobe Faser (Ban- dala, Lupis) erreicht eine Länge bis 2,5 m und selbst darüber; sie be- sitzt eine maximale Dicke von 100 — -280, meist von 220 /<. Die feinen Sorten von Manilahanf haben eine Länge von 1 — 2-m und eine bis auf 1 5 n sinkende Dicke. Sowohl die feinen als auch die groben Fasern sind im Längsverlaufe sehr gleichmäßig in der Dicke. Der Manilahanf besitzt einen mehr oder minder starken seidenartigen Glanz, ist niemals rein weiß, sondern gelblich bis licht bräunlich gefärbt. Manilahanf ist sehr hygroskopisch. Die lufttrockene Faser enthält bis 12,9 Proz. Wasser. In mit Wasserdampf gesättigtem Räume steigert sich die Feuchtigkeits- menge sukzessive bis auf 45 — 56,1 Proz.i). Die Aschenmenge der groben Faser beträgt 1,22, die der feinen Faser 0,71 Proz. 2). Die Asche ist grau, mit mehr oder minder starkem Stich ins Grüne. Mit Jodlösung wird der Manilahanf gelb, auf Zusatz von Schwefelsäure goldgelb bis grünlich. Kupferoxydammoniak bläut die Faser und bringt sie zur schwachen Aufquellung. Durch schwefelsaures Anilin wird der Manila- hanf nur schwach gelblich, durch Phlorogluzin -f- Salzsäure nur blaß violett gefärbt; diese Faser ist also nur in geringem Grade verholzt. In anatomischer Beziehung entspricht der Manilahanf im wesentlichen den im Querschnitt halbmondförmig gestalteten Bastbelegen der Gefäß- bündel, welche einerseits das Phloem, anderseits das Xylem nach außen abgrenzen (Fig. 64 und 65). Doch finden sich nicht nur Reste von Phloem und Xylem, insbesondere große mit einem oder mehreren Schraubenbändern versehene Gefäße, sondern auch manchmal Parenchym- zellen an den Fasern vor. Auch sehr reduzierte Gefäßbündel (Fig. 64 und 65 G), ja selbst einfache Baststränge (Fig. 64 und 655) sind im Manilahanf nachweisbar. In der Peripherie der Bastbündel und Bast- belege finden sich Stegmata^) vor, welche ganze Reihen bilden. Die Menge der Stegmata ist im Manilahanf im Vergleich zu den Piassaven eine geringe, manchmal hat man Mühe, sie aufzufinden. Am leichtesten sind sie noch in der Asche nachzuweisen (Fig. 665s'). 1) Semler (I.e., p. 715) hat viele Jahre nach Bekanntgabe meiner Beobach- tungen über die große Hygroskopizität des Manilahanfes betont, wie notwendig es gerade beim Ankauf dieses Faserstoffes sei, auf den Wassergehalt zu achten. 2) Über die Aschenmenge des Manikihanfes und die chemische Zusammensetzung dieser Faser überhaupt s. H. Müller, 1. c, p. 71. 3) S. oben p. 59. 284 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Fig. 64. Tergr. 25. Stück eines Querschnittes, geführt durch den Vaginalteil des Blattes von Musa. o' ohere, o untere Oberhaut, ii luftführende im Mesophyll (P) enthaltene Interzellularräume. isolierte Baststränge. G reduzierte Gefäßbnndel. h Basthelege, ph Siebteil des Phloems, x Xylem mit großen Gefäßen {q) und nach außen gekehrten halbmondförmigen Bastbelegen (s. Fig. 65). Fig. 65. Vergr. 100. Das Stuck i, 2, 3, 4, 5, 6 der Fig. 64 stärker vergrößert. o untere Oberbaut, h Hypoderma. Im Mesophyll (m) isolierte Baststränge {B, B) und drei Gefäßbünde], davon GG reduziert, doch noch gefäßführend. 6, ph, x, ij wie in Fig. 64. Das große Geßßbündel besitzt zwei halbmondförmige Bastbelege, von welchen einer dem Xylem x (in der Figur oben), der andere dem Phloem angehört (in der Figur unten, mit h bezeichnet). Siebzehntel' Abschnitt. Fasern. 285 Die Hauptmasse des Manilahanfes besteht aus Bastzellen. Sie lassen sich sowohl durch Chromsäure als durch Kalilauge isolieren, sind lang zu- gespitzt, 2,0 — 2,7 mm, meist 2,7 mm lang und 12 — 46, meist 29 {,i dick. Die Zellwände der Bastzellen sind mäßig bis stark verdickt und bieten keinerlei Strukturverhältnisse dar. Die Faser von Musa paradisiaca ist kürzer als der echte Manila- hanf, erreicht höchstens eine Länge von 0,5 m. Die maximale Dicke reicht von 17 — 2i0 a und beträgt meist nahezu 140 u. Im anatomischen Fig. 66. Vergr. 400. Manilahanf, eff Bastzellen in der Längsansicht, qq' im ). Die Literatur über die Agavefasern ist eine ungemein ausgedehnte und insbesondere in neuester Zeit, in welcher die technische und kom- merzielle Bedeutung dieser Rohstoffe außerordentlich gestiegen ist, ent- stand eine wahre Flut von Abhandlungen, reich an Widersprüchen in ihren Ergebnissen, so daß es schwer ist, dieselben wahrhaft nutzbar zu machen. K. Braun^j gab in zwei Abhandlungen eine Zusammenstellung über die der Abstammung, Kultur, Gewinnung und Verwendung der Agaven gewidmeten Schriften, welche im ganzen 345 hauptsächlich der neueren Literatur angehörige Nummern umschließt. Um sichere Anhaltspunkte über jene Agave- Arten, welche Fasern für den Weltmarkt liefern, zu gewinnen, schien es mir am ratsamsten, mich um Auskunft an jene Forscher zu wenden, welche in diesen Fragen am kompetentesten sind, und mir auch authentische Faserproben, bzw. die Blätter, aus welchen diese Fasern dargestellt werden, zu verschaffen, um durch eigene Untersuchungen die Charaktere dieser Fasern feststellen zu können 3). Wertvolle einschlägige Daten wurden mir zuteil von Prof. Lyster H. Dewey (Botanist in Charge of Fiber Investigations, Washington), von Prof. W. Trelease (Urbana, Illinois) und Prof. v. Iterson (Delft). Original- muster der Fasern erhielt ich von Prof. Dewey und Iterson, von ersterem hauptsächlich amerikanische, von letzterem hauptsächlich java- nische Produkte. Frisches Pflanzenmaterial wurde mir aus dem bota- nischen Garten in Wien von Prof. v. Wettstein, welcher mir auch gut 1) Über die Gattung Agave s. hauptsächlich: Terracciano, Prinio contributo ad una monografia della Agave. Neapel 1885. Jacopo Danielli, Nuovo giornale botanico ital. 1885. Pax, in Engler -Prantls Pflanzenfamihen II, 3, 1888, p. 14 8 ff. Wil. Trelease, Agave macrocantha and alhed Euagaves. Annual Report ol' the Missouri Botan. Garden, 4907. Derselbe, Variegation in the Agaveae. Mit 7 Tafeln und 11 Textfiguren. In Wiesner-Festschrift, Wien 1908. Derselbe, The Mexican Ober agaves known as Zapupe. Transact. of the Academie of Sciences of St. Louis 1909. 2) Der Pflanzer, Bd. II (1906), p. 21 3 ff.; ebendaselbst, Bd. IV (1908), p. 49 ff. 3) Zu der im nachfolgenden mitgeteilten mikroskopischen Charakteristik der wichtigsten Agavefasern des Handels war ein eingehendes Studium des anatomischen Baues des Blattes der betreffenden Agave-Arten erforderlicli. Die mühevollen und zeit- raubenden diesbezüglichen Arbeiten habe ich im Wiener pflanzenphysiologischen In- stitute gemeinschaftlich mit H. Baar ausgeführt. Die betreffende Abhandlung wird in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften unter dem Titel: »Beiträge zur Kenntnis der Anatomie des Agaveblattes« erscheinen. (Letztgenannte Abhandlung ist inzwischen im 123. Band der Sitzungsb. d. Akad. d. Wissensch. in Wien, math.-naturw. Klasse, Abt. 1, p. 679, im Jahre 1914 erschienen. J. Weese.) Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 289 bestimmte, kräftig ausgestaltete Agaven aus La Mortala (Ventimiglia, Italien) verschaffte, und aus dem botanischen Garten in Hamburg durch Vermittlung des Prof. Voigt zugestellt. . Zunächst soll festgestellt werden, inwieweit Agave americana noch als Faserpflanze in Betracht kommt. Bis in die neueste Zeit ist, wie schon oben angedeutet wurde, diese bekannteste aller Agaven als diejenige Pflanze bezeichnet worden, von deren Blättern die amerikanische Agavefaser, im Handel häufig als Pite oder Henecpien bezeichnet, abstammen soll, eine Angabe, welche in dieser Fassung irrtümlich ist. Man wird, wenn von Deweys Arbeiten und einigen neuesten Schriften, welche sich diese Arbeiten gelegentlich des Faserkongresses in Soerabaja zunutze machten, abgesehen wird, kaum eine über Pflanzenfasern handelnde Schrift finden, in welcher dieser Irr- tum nicht vorkäme. So auch in den bekannten trefflichen Werken von Hühnel, T. F. Hanauseki), und auch ich verfiel in diesen Irrtum; aber in der zweiten Auflage der »Rohstoffe« habe ich bereits den Sisalhanf in einem besonderen Paragraphen abgehandelt und eine Reihe von Agave- Arten (A. Ixtli, A. Lechequilla usw.^ namhaft gemacht, welche in Süd- und Zentralamerika Pite liefern. Eine neuerliche mikroskopische Untersuchung über die aus dem heißen und wärmeren Amerika nach Europa gebrachten Agavefasern hat ergeben, daß dieselben nicht von A. amei'icana abstammen. Nichtsdestoweniger ist diese Agave-kvi als Faserpflanze nicht zu streichen, aber sie hat als Faserpflanze nicht jene Bedeutung, die ihr früher zugesprochen wurde, auch ist die geographische Provenienz der von dieser Pflanze gewonnenen Faser z. T. eine andere, als früher an- genommen wurde. Agave americana wird hin und wieder auch in Amerika kultiviert, sie zählt aber nicht zu jenen Kulturgewächsen, welche der Faser halber dort in größerem Maßstabe gezogen werden. Nach brieflichen Mittei- lungen von Dewey an mich wird diese Art z. B. in Mexiko gezogen, wo sie auch zur Gewinnung einer Faser dient, die aber nur lokal ver- wendet wird. Wie schon erwähnt, wird Agave americana im Süden Europas häufig kultiviert, kommt daselbst auch häufig verwildert vor, und aus ihr wird dann oft durch Handarbeit eine Faser dargestellt, 1) S. übrigens auch A. L. Pinart et H. Bourgeois, L'Aloe americaine et ses produits, Paris 1896, Semler, I.e., Bd. III, p. 701, wo es ausdrücklich heißt, daß die Hauptmasse der »Pita« in Mexilco von Agave americana gewonnen wird. Lab- hart (Österr. Monatsschrift für den Orient, 1882, p. 174 fr.) hielt die Maguey der Phihppinen für Agave americana; es wird aber später gezeigt werden, daß die dortige Maguey Agave cantala ist. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 19 290 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. welche zu Seilen, Tauen und Fischernetzen verarbeitet wird, so z. B. in Spanien, wo die Faser »Pita«, oder auf Sizilien, wo sie »Zambara« iDanielli) genannt wird. Aber auch diese südeuropäischen Produkte haben nur eine lokale Bedeutung und bilden keinen Handelsgegen- stand. Wie Watt^j angibt, steht diese Pflanze in hidien als Ornamental- pflanze häufig in Kultur, kommt aber, kultiviert oder verwildert, doch nur in zu geringen Mengen vor, um zur Fasergewinnung im großen Maß- stabe verwendet werden zu können. Nach einer an mich gerichteten brieflichen Mitteilung De weys hat die Faser der Agave americana manche schätzenswerte Eigenschaften, insbesondere ist sie sehr elastisch; aber das Haupthindernis für ihre Darstellung im großen Maßstabe liegt in dem stark fleischigen Charakter durch Handarbeit gewonnen, wie Dewey ausdrücklich angibt, auch die mexikanische Faser. Alle sonstigen früher in der Literatur zu findenden Angaben über Agave americana als Faserpflanze sind als unrichtig zu streichen. Es sei noch erwähnt, daß das Papier der altmexikanischen von Alex. v. Hum- boldt aus Neuspanien mitgebrachten Bilderhandschriften bis in die neueste Zeit als aus Agavefasern bereitet angesehen wurde. Nach spä- teren Angaben soll das Papier dieser Maya-Codices aus der Faser von A. americana bereitet worden sein. Nach in neuester Zeit ausgeführten mikroskopischen Untersuchungen besteht das Papier dieser alten Schrift- stücke aus den Fasern von Ficus-kvien'^). Aus den von Dewey ausgeführten Untersuchungen geht hervor, daß von den zahlreichen Agave-kvi&n^ welche in der ausgedehnten Lite- ratur über faserliefernde Pflanzen angeführt wurden, in erster Linie nur die folgenden Spezies namhaft zu machen sind. Pflanze: Faser: Hauptproduktionsgebiet: Agai)e sisalana Perrine Sisal s. st. Bahamas, Deutsch-Ostafrika A. cantala Roxb. Kantala Java, Phihppinen, Indien 4.. fourcroydes Lemaire Henequen Yucatan In zweiter Linie sind nach Dewey als Faserpflanzen folgende Agave- arten zu nennen: V.; ■\] Commerc. Prod. of India (1908), p. 33. ■ ■■ 2) R.Schwede, Über die Papiere der Maya-Codices. Dresden, Berthng, 1912. Maya ist ein indianisches Wort, welches Agave bedeutet. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 291 Faser: Hauptproduktionsgebiet: Tequila Jalisco Zapupe fina Vera Cruz, Tamaulipas Zapupe fuerta Vera Cruz Zapupe larga Vera Cruz, Tamaulipas Tula Ixlle (Tampico) 1 Gusiiilla K Mexiico Espadinin 1 Dispopo Venezuela 1) Pflanze: Agave tequilana Trelease Ä. Zapupe Trelease A. Lespinassei Trelease A. Devpyana Trelease A. Lecheguüla Torr. A. falcata Engelin. A. striata Zuccar. A. cocui Trelease Agavearten und deren Fasern zu nennen, die aber wegen allzu geringer Wichtigkeit nicht weiter in Betracht gezogen werden sollen. Im nachfolgenden muß ich mich darauf beschränken, von den oben- genannten elf Fasern bloß die drei wichtigsten abzuhandeln und übeT die anderen, soweit verläßliches Material in meiner fland ist, nur einige zur beiläufigen Charakteristik dienende Daten vorzubringen. Späteren Untersuchungen muß es vorbehalten bleiben, auch diese einer eingehenden mikroskopischen Prüfung zu unterziehen. Sämtliche Agavefasern werden nur aus den Blättern der Agaven gewonnen. Der vegetative Stamm ist gewöhnlich ganz verkürzt und trägt dann bloß grundständige Blätter, kann also für die Fasergewin- nung gar nicht in Betracht kommen. Aber selbst an jenen Agavearten, welche faktisch einen Stamm ausbilden, kommt dessen Fasergewinnung gar nicht in Frage. Auch die ziemlich hohen und voluminösen Blüten- schäfte liefern keine brauchbare Faser 2). Zum Verständnis der Ausnutzung des Blattes der Agaven für die Fasergewinnung, aber auch für die richtige Beurteilung der histologischen Zusammensetzung der Agavefaser ist es erforderlich, in die Anatomie des Blattes der Agaven einzugehen, welche nachfolgend an der H.md des so leicht zugänglichen Blattes der Agave americana vorgeführt werden soll 3). 1) Zusammengestellt nach brieflichen Mitteilungen Prof. Deweys an mich (Washington, 14. Jan. 1914) und einer Abschrift des derzeit (Jan. 1914) noch nicht ver- öffentlichten offiziellen Berichtes der Faserausstellung in Soerabaja (1911) von Dewey, welche Prof. Iterson in Dclfl mir gütigst zur Verfügung stellte. 2) Das markreiche Gewebe der Blütenschäfte wird als ein Korksurrogat ver- wendet, u. a. in Griechenland das Mark der Agave americana. Heldreich, Die Nutzpflanzen Griechenlands. Athen 1862, p. 9. 3) Wenn auch die Faser von Agave americana kein Handelsprodukt bildet, so wird sie doch, wie wir gesehen haben, lokal zu textilen Zwecken verwendet. Des- halb, aber auch wegen der so oft versuchten Herleitung vieler Fasern von Agave americana kann die Frage auftauchen, ob ein vorliegendes Produkt von dieser Pflanze herrührt. Daß solche Fragen faktisch gestellt werden, ist oben (p. 290) mit Bezug auf 19* 292 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Das Agavenblatt (Fig. 67) 9-^ rx. ist von einer derben Oberhaut (oo) be- o kleidet, welche ober- und unterseits tief versenkte Spaltöffnungen führt. ^'''■' Oberseits kommen mehr Spaltöffnun- gen vor als unterseits. Die Ober- haut umschließt ein parenchymati- sches Grundgewebe (nimm). Dieses gliedert sich in eine von jeder Art von Stranggeweben freie Blattrinde (m!m') und das von Stranggeweben ('7, 1^, o, 4^ ö) reichlich durchzogene eigentliche Mesophyll (m). Im letz- teren liegen zweierlei Stranggewebe: einfache Baststränge f.Jj und Gefäß- bündel (1 — 4). Erstere kommen in der Nähe der unteren Blattrinde ge- wöhnlich nur spärlich vor; reichlich sind sie in der Nähe des Blattgrun- des zu finden. Die Baststränge sind im Vergleich zu den Gefäßbündeln in der Regel kurz. Die Gefäßbündel haben sehr verschiedene Länge. Die längsten Fasern finden sich in der Mitte des Blattes, also am meisten von den Rändern des Blattes ent- fernt, vor. Die technische Agave- faser geht also, wie man sieht, wenn auch nicht ausschließlich, so doch hauptsächlich aus den Gefäßbün- deln des Blattes hervor. Fig. 67. Vergr. ,")(). Durchschnitt durch das Blatt der Agave americana (unteres Drittel), oo Ober- haut, m' in' Blattrinde, m parenchymatieches Grund- gewehe des Blattes (Mesophyll), i, 2, ä, 4, 5 Stranggewehe(7— 4 Gefäßbündel, 5 einfache Bast- Bträngei. Die Gefäßbündel sind durchwog kollateral und wenden ihre Phloeme (& Baststrang, p Sieb- teil des Phloems: sowohl an der Ober- als Unter- seite des Blattes gegen die Oberhaut, ihre Xyleme {x) gegen das Blattinnere hin. Im mittleren Blatt- teil ist das Gefäßbündel {2, 3) nach außen und innen mit Bastheleg versehen. die in neuester Zeit aufgetauchten Zweifel, ob die alten mexikanischen Maya-Codices aus einem aus der Faser von Agave ame- ricana bereiteten Papier bestehen, gezeigt worden. Es schien deshalb notwendig, oben auf die Anatomie des Blattes von A. americana näher einzugehen. Übrigens wird im Anschluß an die anatomischen Verhältnisse des Blattes von A. ameri- cana gleich auf anatomische Charakter- eigentümlichkeiten hingewiesen werden, durch welche sich die Fasern einiger tech- nisch wichtiger Faseragaven von den Fasern der A. am,ericana unterscheiden. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 293 Die einfachen Baststränge bestehen nur aus Bastzellen (Fig. 70). Die Gefäßbündel besitzen entweder nur einen (Fig. 68) oder zwei halbmond- förmige Bastbelege (Fig. 69). Die Bastbündel und die Bastbelege der Gefäßbündel dienen der Biegungsfestigkeit des Blattes, sie bilden dessen' mechanische Gewebe, deren Elemente (Bastzellen) durch hohes Tragver- mögen ausgezeichnet sind. Die Verteilung dieser mechanischen Gewebe- ist aus den Figg. 67, 68 und 69 zu ersehen. Während an der Blattbasis die Bündel den höchsten Grad von Festigkeit aufweisen, nämlich vorwiegend oder bloß aus mechanischen Elementen (Bastzellen) bestehen, findet man an der Spitze des Blattes Fig. 68. Vergr. JOO. Querschnitt durch ein Gefäßbümlel aus dem oberen Blatteil vod Agave anie- ricana, x Xylem mit Schrauhengefäßen s, ph Phloera (Siebteil desselben), b Bastzelle, P Parenehyra (Mesophj'llj. das gerade Gegenteil ausgebildet: hier fehlen die mechanischen Elemente oder sind stark reduziert; das Gefäßbündel ist da so eingerichtet, daß* es ausschließlich oder fast ganz bloß der Ernährung dient (Fig. 70). * Die Gefäßbündel von Agave americana sind fast ausschließlich, kollateral ausgebildet, und wenn zwei Bastbelege vorhanden sind, ist der eine gegen die obere, der zweite gegen die untere Fläche des Blattes gewendet. In der Nähe des Blattrandes, namentlich im obersten Teile des Blattes, haben aber die Gefäßbündel die Tendenz zur hemikon- zentrischen Ausbildung i), indem der Bast den inneren kollateral ge- bauten Teil des Gefäßbündels in einem mehr oder minder vollständiK 1) S. oben p. 5. 294 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. geschlossenen Mantel umgibt. Ein gleiches gilt auch für Agave sisalana, auch hier wiegen die rein koliateralen Bündel vor, es kommen aber spärlich auch kleine hemikonzentrische Bündel am Blaltrande, besonders in der Nähe der Blaltspitze vor. Ganz entgegengesetzt verhält sich Agare cantala, bei welcher die hemikonzentrischen Bündel das Über- gewicht haben. Das gibt, wie wir sehen werden, ein wichtiges Mittel an die Hand, um die Faser von A. sisalana von A. cantala zu unter- scheiden 1). In bezug auf ^4. americana wäre noch zu bemerken, daß die Bast- zellen verhältnismäßig dünnwandig sind, im Querschnitt nicht so scharf polygonal begrenzt wie bei A. sisalana und A. cantala^ vielmehr stark hin- und hergebogen erscheinen (Fig. 70). In den Gefäßbündeln von A. americana, haben wir keine anderen als Ring- und Schraubengefäße gefunden. Bei A. sisalana und cantala gesellen sich dazu auch Netzgefäße. Die Dimensionen der Bastzellen sind in verschiedenen Partien des Blattes verschieden, aber für jede Partie innerhalb bestimmter Grenzen konsiant. In der Mitte des Blattes haben die Bastzellen von A. ame- ricana eine Länge von \ — 2,3 mm, bei cantala von 1,5 — 2,6, bei sisa- lana von 2,7 — 4,4 mm. Man kann bei der Unterscheidung der Fasern diese Eigentümlichkeit sich zunutze machen, indem man aus dem Handels- produkt die längsten Fasern auswählt, die annähernd der Länge des Blattes entsprechen, und in der Mitte dieser längsten Fasern die Längen- bestimmung der Bastzellen vornimmt. Bei der Fasergewinnung kommt es darauf an, die festen faserigen Gewebe, also die Bastbündel und -belege von den übrigen Geweben zu scheiden. Diese Scheidung gelingt begreiflicherweise nicht vollständig. Bei unvollkommener Gewinnungsweise haften der technischen Faser noch Zellen des Mesophylls und Bestandteile des Holzteiles, ja auch des Sieb- teiles des Gefäßbündels an, also Parenchymzellen, Gefäße und Siebrühren. Die Gefäße fallen besonders auf, die Parenchymzellen sind bei der Maze- ration der Fasern unschwer aufzufinden, während die Siebrühren sich leicht der Beobachtung entziehen, übrigens bei der Abscheidung meist zerstürt werden. Je besser die Sorten der Agavefasern sind, desto spär- licher treten neben den Bastzellen die anderen genannten histologischen Elemente auf. Es ist aber leicht ersichtlich, daß selbst in den geringsten Sorten von Agavefasern Faserbündel auftreten werden , welche nur aus Bastzellen bestehen; es sind dies jene Fasern, die die einfachen ßast- 1) Der anatomische Bau des Blattes von A. cantala weicht so auffallend von jenem des Blattes von A. americana ab, daß es ganz ungerechtfertigt erscheint, die erstgenannte Art auf die letztgenannte zurückzufuhren (s. oben p. 287). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 295 /' stränge zusammensetzen (Fig. 67, 5) oder von allen Nebenbestandteilen befreite Bastbelege von kollaleralen Gefäßbündeln sind, entsprechend den Partien 66 in Fig. 69. Die botanische Provenienz der Agavefasern ist in neuester Zeit, wie wir gesehen haben, rücksichtlich der für Handel und Industrie wichtigsten Arten sichergestellt worden; hin- gegen herrscht in bezug auf die Nomenklatur der Handelspro- dukte noch immer eine große Verwirrung. Wenn man die Zu- fälligkeiten beachtet, von denen, häufig genug, die Namengebung der Handelswaren abhängt, so wird es begreiflich, daß eine zweckmäßige Vereinheitlichung der Nomenklatur, welche doch die wichtigste Voraussetzung einer Stabilisierung der Handels- namen bildet, nur schwer durch- führbar ist; auch greift die Ein- führung von schon bekannten Waren aus neuen Produktions- gebieten nicht selten störend in die wörtliche Bezeichnung der Handelsgegenstände ein. Die ursprüngliche Haupt- quelle der Agavefasern war das wärmere Amerika, hauptsächlich Mexiko, insbesondere die Halb- insel Yukatan. Aus den alten Sprachen dieser Länder stammen die Namen der seit alter Zeit kul- tivierten Agavefasern, die sich z. T. noch jetzt im amerikani- schen Handel erhalten haben i). So vor allem der Name Hene- quen, welcher, wie ich nach Deweys Mitteilung an mich bereits hervorhob, in Amerika noch jetzt LA 1 Jf ■-^K:.- Fig. 69. Vergr. 350. Ein Gefäßbändel von i^at« am f- ricimn ans dem mittleren Teile des Blattes (ent- sprechend 2—i der Fig. ()7). h b Bastbelege des Gefäß- bündels, b + x = Xylem, b + p Phlo^m des Gefäßbun- dels. p Siebteil des Phloems. x Gefäßgruppen des Xylems. P Parenchymzellen des Mesophylls. K Kri- stall von oxalsaurem Kalk, in einer Bastparenchymzelle liegend. 1) Die nachfolgenden Angaben über die alten yukatanischen Namen der Agave- fasern verdanke ich Herrn Prof. E. Sei er in Berhn, welcher auf meine Bitte die Güte hatte, mir brieflich (Berlin, 23. April 1914) diese Daten zur Verfügung zu stellec. 296 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. für die Faser von Agave fourcroydes üblich ist. Das Wort Henequen^ ist eines jener zahlreichen Worte, welche die spanisch redenden Be- wohner von Yukatan der Sprache der alten Haiti -Indianer verdanken. Die wörtliche Bedeutung des Wortes Henequen ist nicht mehr zu eruieren. Man versteht hierunter eben Agave fourcroydes oder deren Faser. Oft ist auch von Älaya-Fasern, Maya-Papieren, Maya- Codices usw. die Rede. Maya ist der Name, mit dem das alte Volk, welches die Halb- insel Yukatan bewohnte, sich und seine Sprache bezeichnete. Man findet manchmal angegeben, daß der Name Maya sich auf eine Pflanze (Agave) beziehe. Dies ist aber ganz unrichtig. Die Agavefaser wird in der Mayasprache zoz-ci (spr. sosski) oder ci (spr. ki) genannt. Unter den amerikanischen Handelsnamen erscheinen noch die der Mayasprache entstammenden Namen sac ci (spr. ssak ki) und yax ci (spr. yasch ki). Ersterer bedeutet »weiße Y\ , Agave« und bezieht sich *^X^^ " " " ^^ wohl auf Agave fourcroy- /-^x^ j^^,, ^^^-i""-^ f/es, deren Blätter hellgrün j bis weißlich sind, und ihre Faser; letzterer Name be- deutet »grüne Agave« und y bezieht sich wohl auf ^4^a?'e v-^ sisalana, welche dunkel - ■^ ^ , j ^ ' grüne bis blaugrüne Blätter ^ ^ r hat, und ihre Faser. Fig. 70. Vi rgr. 450. Einfacher Baststrang aus dem unteren Jjjj eurOüäischen Han- Teile des Blattes von Ar/aie americana (entsprechend 5 der Fig. 67). P Parenchymzellen des Mesophylls, h Bastzellen. dcl kommCn dieSC Namen nicht vor; kaum, daß man bei uns von Henequen spricht. Für die amerikanischen Agavefasern wird nicht selten in Europa der spanische Name »Pita«^), in Pite oder Pit umgewandelt, gebraucht. In jedem Warenlexikon wird man das Wort Pite als Bezeichnung der (amerikanischen) Agavefasern finden, während der Name Henequen häufig darin vergebens gesucht wird. Aber der Name Pite wird im europäischen Handel jetzt schon weniger gebraucht und es tritt nunmehr der Name Sisal für Agavefaser stark in den Vordergrund. Im Wiener Handel gilt häufig noch der Ausdruck »Fibris« als Bezeichnung der Agavefasern; aber in neuester Zeit wird dieser Name durch das Wort Sisal ersetzt, worunter man, wie ich mich, selbst überzeugte, nicht nur die mexikanische Faser von Agave four- croydes, sondern auch die aus Deutsch-Ostafrika stammende, von Hani- i) Es wurde bereits oben erwähnt, daß die aus A. americana in Spanien er- zeugte Faser Pita genannt wird. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 297 bürg nach Österreich gebrachte Faser von A. sisalana versteht. Diese Beziehung des Namens Sisal auf die beiden genannten Agavearten ist nicht sinnlos; denn, wie mir Prof. Dewey brieflich mitteilt, wird die Faser von A. fourcroydes im amerikanischen Handel nicht nur Henequen, sondern auch Sisal hemp, Mexican Sisal und Yucatan Sisal genannt und die Faser von A. sisalana als Bahama Sisal, East Africa Sisal bezeichnet. Prof. Dewey macht den Vorschlag, und ich folge ihm darin in der unten folgenden Charakteristik der wichtigsten Agavefasern, den Namen Hene- quen für die Faser von Agave fourcroi/des und den Namen Sisal für die Faser von A. sisalana zu gebrauchen. Als Sisal erscheint im Handel auch die Faser von A. cantala^ welche in den Heimatländern die Namen Nanas oder Ananas Sabrang (Java), Manila Magney (Philippinen] und Bombay aloe (Ostindien) führt. Ich schließe mich Prof. Dewey an, diese vonri Sisal s. st. verschiedene Faser im nachfolgenden als »Kantala« zu bezeichnen. Die von andern Agavearten abstammenden, bestimmten Produktions- gebieten angehörenden Fasern haben daselbst bestimmte Namen (s. oben p. 291), von denen einige, wie Ixtle, Zapupe, im Handel Eingang ge- funden haben. Manche für Agavefasern benutzte Namen, z. B. Tampicohanf, sind vieldeutig oder, wie z. B. Matamoros, außer Gebrauch gekommen i). Die Faser von Agave sisalana (Sisal). Die Heimat von Agave sisalana"^) ist Zentralamerika. Anfänglich wurde die Blattfaser der unkultivierten Pflanze verwendet. In Yukatan wird aber diese Pflanze schon seit langer Zeit zum Zwecke der Faser- gewinnung kultiviert und es wurde das Produkt vornehmlich unter dem Namen Henequen, aber auch als Yaxi (spr. Yakschi) und anderen Namen in den amerikanischen Handel gebracht. Nunmehr hat diese Faser, namentlich durch die Anpflanzung in ganz anderen als den ursprünglichen Vegetationsgebieten eine größere Bedeu- tung erlangt, ja gehört jetzt geradezu zu den wichtigsten Hartfasern des Handels. Ihren Siegeslauf trat sie unter dem Namen Sisal an; es ist dies jener mexikanische Hafen im Staate Yukatan, von wo sie zuerst in 1) über andere selten noch verwendete oder schon außer Gebi'auch gekommene Namen von Agavefasern s. Dodge, 1. c, Semler, 1. c, Watt (-igos), 1. c. 2) Gürcke, Die Kultur und Produktion des Sisalhanfes. Zeitschrift für die ge- samte TextiUndustrie, Leipzig -1897— ISgs. Gürcke leitet den Sisal von zwei Varie- täten der Agave rigida ab, von A. r. sisalana und A. r. longifolia. Erstere ist die obengenannte A. sisalana, letztere die A. foiircroydes, welche die weiter unten be- schriebene Faser Henequen liefert. Aus dieser Ableitung ist zu ersehen, wie nahe verwandt die Kulturpflanzen sind, welche diese beiden Fasern. liefern. 298 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. größerem Maßstabe exportiert wurde. Der Hafen Sisal liegt nordwest- lich von Merida, von wo Agave sisalana schon im Jahre 1836 von Perrine nach Florida gebracht wurde i). Im Jahre 1845 wurde die Pflanze von Nesbit auf die Bahamas gebracht, wo sie auf den Inseln Groß-Bahama, Abaco und Harbour Island besonders gut gedeiht. Das reicblich ausgeführte Produkt hat den Sisal unter den Namen Bahama- Sisal oder Bahama Hemp sehr populär gemacht. Von Florida wurde die Sisalpflanze in andere warme Länder der alten und der neuen Welt verpflanzt; unter anderem stammen die seit 1893 2) jn Deulsch-Ostafrika mit großem, sich noch fortwährend steigerndem Erfolge kultivierten Sisalagaven aus Florida =5). In den beiden letzten Dezennien wurde Agave sisalana auch erfolgreich in Ostindien, auf Java, in Britisch Oslafrika, Neuguinea, in Indochina auf den Fidschiinseln usw. kultiviert*). Die Kultur 5) der Sisalpflanze macht keine Schwierigkeiten ; schwie- riger ist die Ernte und namentlich die Aufarbeitung der Blätter. Die Vermehrung geschieht entweder durch Bulbillen, die sich in großer Zahl, aber erst an den Blütenschäften entwickeln, oder durch ■W^urzelschüßlinge (Rhizomsprosse). Handelt es sich um Übertragung in andere Vegetationsgebiete oder überhaupt um Transportierung auf weitere Strecken, so ist die Verwendung der Bulbillen kaum zu umgehen. Sonst zieht man es vor, die Vermehrung durch Schößlinge vorzunehmen. Die Sisal- pflanze läßt sich leichter als Agave cantala kultivieren, da sie in bezug auf klimatische und edaphische Verhältnisse weniger wählerisch ist als letztere. Nach Brück gedeiht die Sisalpflanze am besten auf gut durch- lassenden Kalkböden und in trockenem Klima. Sowohl für das Gedeihen der Pflanze als auch für bequeme Einerntung der Blätter ist eine große Pflanzweite (auf Java von 5 — 8 Fuß) zweckmäßig. In den ersten Jahren i) Florida liefert zwei verschiedene Arten von Sisal, den echten Sisal von Agave sisalana und den falschen Sisal, eine viel geringere Sorte, welche erwiesenermaßen von einer ganz anderen Pflanze, nämlich von A. decipiens Bak., abstammt. Kew Bull. 1892. 2) Bald darauf wurde die »Deutsche Agavegesellschaft« gegründet, welche sich die Sisalhanfgewinnung in Deutsch-Ostafrika zum Ziele gesetzt hat (Tropenpflanzer, III, p. 4 48). Anfangs betrug die jährliche Ausfuhr von Sisal aus Deutsch-Ostafrika nur einige hundert Tonnen. In wenigen Jahren schon stieg die AusfuhrziCfer auf das Fünlfache. Vom Jahre 1897 bis 1907 stieg der Wert der Ausfuhr an Sisal von etwa 100 000 auf 220000 und im Jahre 1908 auf 2949000 Mark. Tropenpflanzer, XIV (1910), p. 9 und p. 439. Vgl. auch 1, c, p. 518. 3) Stuhlmann, Die Sisalagaven und deren Fasern. Der Pflanzer, III (1907), p. 229 fi". 4) Watt, Commerc. Prod. (1908), p. 39fr. Dewey, briefliche Mitteilungen, Jan. 1914. 5) Über die Kultur der Sisalpflanze, insbesondere bezüglich des Betriebs auf Java s. W. F. Bruck^ Tropenpflanzer, XVI (1912), Beihefte, p. 414 ff. Siebzehnter Abschnitt, Fasern. 299 der Entwicklung kann dieser weite Raum durch Zwischenkulturen (auf Java z. B. Hibiscus cannabinus, welcher die Java-Jute liefert) ausgenutzt werden. Später sind Zwischenkulturen schädlich, da den Sisalpflanzen durch die Zwischenkultur zu viel Bodennahrung entzogen wird. Letzteres kann auch durch Verunkrautung geschehen, weshalb es notwendig ist, reichlicher sich einfindendes Unkraut zu beseitigen. Auch die in späteren Jahren zahlreich auftretenden Wurzelschößlinge müssen entfernt werden. Doch können dieselben, wie schon bemerkt, zur Vermehrung nutzbar sein. Auf den Bahamas verwendet man als Zwischenkultur Baumwolle und Mais^j. Fig. 71. Vergr. 400. Querschnitt durch das Gefäßbündel von Ai/nve sisalana aus der Spitzenregion des Blattes. Das Gefäßbündel besteht nur aus ernährungsphysiologischen Elementen, die mechanischen Zellen (Bastzellen) fehlen gänzlich. P Parenchym (MesopLyll), x Xylem, ph Phloöin. Die Blätter erreichen eine Länge von 1—1,75 m und weisen in der Mitte eine Breite von 8 — 1 4 cm auf. Die einzelne Pflanze liefert nach Brück in ihrer ganzen Lebenszeit etwa 180 — 200 Blätter. Bei drei- bis viermaliger Ernte im Jahre liefert eine Pflanze in diesem Zeitraum etwa 30 Blätter. Die abgeschnittenen Blätter werden von den Dornen befreit^) und zu je 50 in Bündel zusammengefaßt. Vom Felde werden die gebündelten Blätter nach den Fabriken gebracht, wo ohne vorher- 1) Brück, 1. c, p. 422. 2) Soviel ich gesehen habe, besitzen die Blätter von A(jare sisalana wohl einen starken Enddorn, wie alle Euagaven, aber keine Randdornen; an Stelle der Rand- dornen tritt an den Flanken des Blattes ein brauner Randstreifen auf, welcher histo- logisch mit dem Gewebe der Dornen viel Übereinstimmung aufweist. 300 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. gehende Röste ^) die Fasergewinnung durch Raspadore oder durch größere Enlfaserungsmaschinen erfolgt. Die so gewonnene Rohfaser wird in großen Wasserbehältern gewaschen, hierauf getrocknet und schließhch durch Bürstapparate gereinigt und geglättet^). Wenn die Blätter ins- besondere am Grunde zu fleischig geraten, muß der eigentlichen Ent- faserung eine Quetschung der Blätter vorangehen, was durch Quetsch- Walz werke wie bei Sansevieria-Blättern geschieht 3). Ein Welkwerden der Blätter vor der Entfaserung soll für die erzeugte Faser nicht günstig sein. Wie alle Agavefasern kommt auch der Sisal in Form von Strängen oder Büscheln in den Handel, nachdem er in Packtuch oder in Kisten ver- packt dem Handel übergeben wurde. Es ist, wie auch bei den anderen Agavefasern darauf zu achten, daß bei der Verpackung die Faser nicht geknickt werde, weil die entstandenen Knickungen sich nicht mehr aus- gleichen. Deshalb soll die Verpackung nur in Kisten vorgenommen werden, deren Länge mit jener der Stränge oder Büschel übereinstimmt. Die Länge des Sisals steigt bis auf i 70 cm, wobei aber zu be- merken ist, daß die einzelne Sisalfaser diese Länge niemals erreicht, sondern jeder Strang sich aus Fasern von sehr verschiedener Länge zu- sammensetzt. Die maschinelle Darstellung bringt es mit sich, daß Fasern sehr verschiedener Länge nebeneinanderliegen, die durch Reibung anein- anderhaften, wodurch es verständlich wird, daß die Länge der Stränge größer ausfallen kann, als den längsten Fasern entspricht. Ich habe ein Büschel von deutsch-ostafrikanischem Sisal von 1 70 cm Länge in seine Fasern zerlegt und gefunden, daß die längsten Fasern bloß eine Länge von 135 cm hatten. Ich fand daneben auch viele Fasern von 90 bis 100 cm, 50 — 60 cm und so hinab bis auf 15 — 20 cm. Kein einziger Faden repräsentierte ein intaktes Gefäßbündel, am oberen Ende waren /Sie alle abgerissen und hatten häufig noch eine Breite von 30 — 50 //. Viele Fasern sind entweder bloß an den Enden oder vielfach in ihrem 1) Auf die Schädlichkeit der Röste bei Gewinnung der Agaveiasern haben schon Semler u. a. aufmerksam gemacht, da die Faser, namentlich bei länger andauernder Röste, leidet. Indes, wie weiter unten noch dargelegt werden wird, ist bei Gewin- nung der Faser bei manchen Agaven dennoch eine Röste in Übung, und speziall bei Sisal soll nach manchen Angaben eine dreitägige Röste der Rohfaser gute Resultate liefern. 2) Brück sagt 1. c, p. 43.5, daß die Faser vor der Bearbeitung durch die Bürst- apparate noch gebleicht werde, ohne anzugeben, ob es sich um eine natürliche Bleiche durch Luft und Sonne, oder ob es sich um einen besonders eingeleiteten chemischen Prozeß handelt. Da von einem solchen chemischen Prozeß nirgends die Rede ist, wohl aber von einer Trocknung an der Sonne, so ist wohl anzunehmen, daß es sich bloß um einen durch Luft und Licht herbeigeführten Bleichprozeß han- deln dürfte. 3) Brück. 1. c, p. 429. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 301 Längsverlaufe gespalten. Dieser Zustand erklärt sich aus dem anatomi- schen Bau des Gefäßbündels: zwischen den nach außen und innen ge- legenen Bastfasersicheln liegen die schwachen Teile des Xylems und des Weichbastes. So wird es begreiflich, daß bei stärkeren mechanischen Angriffen, welche notwendigerweise beim Prozeß der Entfaserung statt- finden, diese Spaltung in mehr oder minder ausgedehntem Maße zustande kommen muß. Die Fasern jedes Stranges oder Büschels sind insoweit orientiert angeordnet, als alle oberen Enden der Blattfasern nach einer Seite, alle unteren Enden nach der entgegengesetzten Seite im Büschel gewendet sind. Fig. 72. Vergr. 400. Querschnitt durch das Icollaterale Gefäßbündel des Blattes von Agave sisalana, X Xylem mit Schrauhengefäßen s, j)!) Phloem (Siebteil desselben), b Bastzellen, PParenchym (Mesophyll). In der Regel nimmt die Dicke einer Faser in der Richtung von der Spitze nach der Basis hin zu. Durch Längsbruch der Fasern kann aber dieses Wie der Verlauf der Dicke einer einzelnen Faser sich gestaltet, möge durch folgende Beispiele anschaulich gemacht werden. Eine lange Faser von dem obengenannten deutsch-ostafrikanischen 170 cm langen Sisal^ 1 32 cm lang, war am oberen und am unteren Ende gespalten und besaß am oberen Ende eine Breite von 96 (.i, in der Mitte von 240, am unteren Ende von 400 fi. Eine gänzlich ungespaltene 51 cm lange Faser war oben 80, unten 160, in der Mitte 136 /.i breit. Die Gefäßbündel von Agave sisalana sind in der Regel bikollateral mit sichelförmigen Bastbelegen. Nur in der Nähe des Blattrandes und 302 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. hauptsächlich in der Spitzenregion des Blattes kommen auch hemikon- zentrische Gefäßbündel vor. Wie wir später sehen werden, treten bei Agave cantala solche hemikonzentrische Gefäßbündel sehr häufig auf, und hierauf läßt sich ein Unterschied zwischen Sisal und Kantala gründen. Durch Eintrocknung verschwindet im hemikonzentrischen Bündel der Weichbast und es erscheint die technische Faser von einem die Faser durchsetzenden Kanal durchzogen i). Im Sisal habe ich diese Kanäle nur sehr selten beobachtet, während sie an der Kantala häufig vorkommen. Die Bastzellen des Sisal sind dickwandig, so wie die von Henequen und Kantala, und sie lassen sich leicht von denen der Agave americana unterscheiden (Fig. 72), allein eine Unterscheidung von Sisal, Henequen und Kantala ist weder auf Grund der Wanddicken noch des Zellendurch- messers zu erzielen, und zwar um so weniger, als die Dicke der Zellhäute und der Durchmesser der Bastzellen je nach der Lage dieser Elemente im Blatte verschieden ist. Eher kann man die Länge der Bastzellen heranziehen, um Sisal zu charakterisieren. Wohl schwanken die Längen der Bastzellen auch bei ein und demselben Blatte; allein in der Mitte des Blattes erreichen sie eine Länge von 2,4 — 4,4 mm, wodurch sich ein sehr merklicher Unterschied gegenüber Kantala und insbesondere A. americana ergibt (s. oben p. 294). Noch wäre zu erwähnen, daß die im Sisal vorkommenden Gefäße nicht nur ring- und schraubenfürmig, sondern auch netzförmig verdickt sind 2). Die Faser von Agave cantala (Kantala). Als Roxburgh^) die Spezies Agave cantala aufstellte, hielt er dieselbe für eine Ostindien eigentümliche Pflanze. Da nach seinen Erkun- digungen diese Agave in Indien den Sanskritnamen Kantala führt, wurde er in seiner Annahme bestärkt. Spätere, oben bereits erwähnte Studien haben aber gelehrt, daß das ganze Genus Agave dem wärmeren Amerika angehöre und auch Agave cantala in Indien eingeführt wurde, wo sie unter den neuen Vegetations- und Kulturbedingungen sich spezifisch aus- gestaltete wie unsere A. americana. Wie diese hat auch A. cantala in 1) Über die Entstehung hohler Fasern durch Eintrocknung des Weichbastes s. oben p. 8. Über den Luftkanal in der Faser von Agave cantala berichtet Brück (1. c, p. 590) auf Grund von Beobachtungen, welche Saleby {Philippine Magney, The PhiUppine Agric. Review 1910) an auf den Philippinen kultivierter Kantala, dort Philippine Magney genannt, angestellt hat. 2) Über Sisal s. noch: Kindt, L., Über Agaven in Deutsch-Ostafrika, Tropen- pflanzer, X (1906). De Kruijff, La cuiture du Sisal ä Java, Journ. d'Agric, tropic. IX (1909). M. Einstein, Deutsch-ostafrikanischer Hanf, Tropenpflanzer, XIV (1910). 3) Horlus Bengalensis 1814. S. auch Watt, I.e. (190S), p. 31 und 33. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 303 der Kultur sich so verändert, daß man die amerikanische Stammpflanze, von welcher diese beiden Formen abstammen, nicht ausfindig zu machen imstande war. Es wurden verschiedene Versuche, die Stammpflanze der Ä. cantala festzustellen, unternommen, die aber alle mißglückt sind. Unter anderem wollte man Ä. cantala auch auf A. aniericana zurück- führen i). Aber die anatomischen Verhältnisse des Blattes der letzteren, insbesondere der Gefäßbündel, weichen so sehr von jenen des Blattes und insbesondere der Gefäßbündel der ersteren ab, daß diese Herleitung aufgegeben werden mußte. Agave cantala wird schon seit längerer Zeit in Ostindien kultiviert, wo die Faser gewöhnlich Bombay Aloe fibre genannt wird 2). Das Haupt- produktionsland der Faser ist Java, wo die Pflanze und ihre Faser Nanas sabrang heißen^j. Auch auf den Philippinen wird Kantala in be- trächtlicher Ausdehnung kultiviert. Die Pflanze und Faser führen dort den Namen Manila Magney, was so viel als Agave, auf Manila gezogen, bedeutet 4). Kantala ist nach Dewey wertvoller als Henequen, und Bruck^) bemerkt, daß sie häufig bessere Preise als Sisal erziele. Die Prüfungen Deweys haben dargetan, daß Kantala nicht nur ein spezifisches Gepräge an sich trage, sondern mehrfach die anderen Agavefasern an Güte über- rage. Es sei nur, um der Kantala größeren Eingang zu verschaffen, wünschenswert, daß sie unter besonderem Handelsnamen erscheine, um sich gegenüber Sisal und Henequen zu differenzieren. Er schlug den Namen Kantala vor, der, wie es scheint, als Handelsbezeichnung sich immer mehr und mehr durchsetzt. Für Java ist derzeit Kantala die wichtigste Faser; sie wird dort in weitaus größerem Maßstabe als Sisal gebaut. Die Kultur der Kantala macht geringe Schwierigkeit; die Anforde- rungen an KUma und Boden sind noch geringere als bei Sisal. Obwohl sie in trockenem Klima am meisten gedeiht, kommt sie auch in feuchtem Klima fort. Doch ist zu gedeihlicher Entwicklung ein nasser Boden mög- lichst zu vermeiden, da die Wurzeln der Kantala gegen länger andauernde \) ßotan. Jahresbericht, 1907, III, p. 656. 2) Watt, 1. c, p. 33. Über die Pflanze, ihre Kultur und über die Gewinnung und Verwendung der Faser in Ostindien s. Drummond and Prain, Notes on Agave and Furcraea in Bull. Dept. Land Rec. and Agric. Bengal. -1905. (Agric. Ledger, 1906.) 3) Über Agave cantala als Kulturpflanze auf Java s. Brück, 1. c. 4) Über die Kultur und Gewinnung der Kantala auf den Philippinen s. Lab- hart, I.e. (der aber, wie schon erwähnt, die Pflanze noch für Agave americana hielt). H. T. Edwards, The cultivatijn of Magney in the i'hilip. Islands. Farmers Bullet. No. 13, Manila 1906. Saleeby, The Philip. Agric. Rev. 111 (1910). Brück, 1. c, p. 582 f. 5) 1. c, 443. 304 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Nässe sehr empfindlich sind. Auch läßt sie sich in viel höheren Lagen noch gut fortbringen. Sisal soll nicht über 1200 Fuß über dem Meere gezogen werden; nach Watt^) kommt Kantala noch auf einer bis 6000 Fuß reichenden Seehühe fort. Die Vermehrung der Pflanze erfolgt durch Wurzelschößlinge, welche sich etwa vom dritten Jahre an so reichlich entwickeln, daß sie entfernt werden müssen, um die gute Weiterentwicklung der Mutterpflanze nicht zu gefährden. Wurzelschößlinge von 0,5 m Länge werden im Felde direkt ausgepflanzt, kleinere, etwa 20 — 2S cm lange, werden in Saat- beeten durch 1 — 2 Jahre kultiviert, ehe sie aufs Feld gebracht werden. Ausgewachsene Blätter erreichen eine Länge von 1,5 — 2 m, weshalb die käufliche Kantala gewöhnlich etwas länger als der käufliche Sisal ist. Die Breite des Blattes steigt in der Mitte bis auf 14 cm. Die längsten Fasern entsprechen, wie bei allen Agaven, der Mitte des Blattes, nämlich dem mittleren Längsstreifen, welcher zwischen der Spitze und der Basis des Blattes liegt. Die Pflanzweite entspricht etwa jener des Sisal und ist geräumig genug, um wenigstens in den ersten Jahren Zwischenkulturen zuzulassen. Später haben die Zwischenkulturen zu unterbleiben und ist für die Ent- fernung von Unkraut und Wurzelschößlingen Sorge zu tragen. Die Blätter besitzen nicht nur einen Enddorn, wie die Blätter des Sisal, sondern sind auch seitlich mit Stacheln besetzt. Sowohl der End- als die Seitendornen werden bei der Ernte entfernt, hierauf werden die Blätter gebündelt und in die Fabriken zur Entfaserung gebracht. Die Entfaserung erfolgt entweder mittels Raspador oder durch Entfaserungs- maschinen, durch welche das Kantalablatt viel mehr als das Sisalblatt angegriffen werden. Der Entfaserung geht dort, wo maschinell gear- beitet wird, keine Röste voran. Auf den Philippinen ist aber die Röste üblich, welche dort so weit getrieben wird, bis die die Fasern umgebenden Gewebe durch Fäulnis zugrunde gegangen sind 2). Hier er- folgt die ganze Fasergewinnung häufig noch auf sehr primitive Weise durch Handarbeit. Es ist begreiflich, daß die hier gewonnene Faser namentlich wegen der starken Röste, die sonst bei der Gewinnung der Agavefaser möglichst vermieden wird, von geringerer Qualität ist als die viel sorgfältiger erzeugte Kantala von Java, welche im wesentlichen nach denselben Verfahrungsarten erzeugt wird wie der dort gewonnene Sisal. Die Kantala kommt in denselben Formen wie der Sisal in den Handel, und es gilt im allgemeinen für die Zusammensetzung der Stränge, i) 1. c, p. 33. 2) Brück, i. c, p. 388. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 305 Bündel und Büschel aus Einzelfasern dasselbe, was oben beim Sisal an- geführt wurde. Die natürlichen Enden der Fasern sind in der Regel nicht mehr erhalten, die Faser nimmt vom oberen zum unteren Ende an Dicke zu. Im ganzen ist die Kantalafaser besser als die Sisalfaser erhalten, was im anatomischen Bau dieser beiden Fasern begründet ist. Das bikollaterale Bündel, aus welchem die Sisalfaser besteht, neigt zur Spaltung, nicht so das hemikonzentrisch gebaute Gefäßbündel, aus welchem die Kantalafaser hauptsächlich zusammengesetzt ist. Dieses Fig. 73. Vergr. 40U. Hemikonzentrisches Gefäßbündel aus dem Blatte von Agave cantala mit zentral gelegenem Mestom. x Xylem, mit Schraubengefäßen s, pli Phlofim (Siebteil) , 6 Bastzelle, P Parenchym (Mesophyll). Gefäßbündel ist durch einen Bastmantel bis zu einer weitgehenden Grenze vor Spaltung und Zerreißung geschützt. Die Büschel der Kantala sind oft noch länger als die des Sisal, was in der größeren Länge der Blätter von Agave cantala begründet ist. Wenn aber die Länge dieser Büschel oder Stränge bis auf 2 m steigt, so ist damit nicht gesagt, daß die einzelnen Fasern eine solche Länge erreichen. Es gilt in bezug auf das Verhältnis der Länge der Fasern zu dem der Stränge oder Büschel dasselbe, was hierüber bei Sisal gesagt wurde. In der Dicke und in der Dickenzunahme der ein- wies n er, Roiistoffe. III. Band. 3. Aufl. 20 306 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. zelnen Fasern ist gegenüber den Fasern von Sisai kein großer Unter- ' schied wahrzunehmen. Die leichte Spaltung und Zerreiß- barkeit der Sisalfasern bringt es allerdings mit sich, daß in- folge der auf diese Art sich ergebenden Verletzungen die Dickenzunahme der Fasern vom oberen zum unteren Ende bei Sisal eine größere Un- regelmäßigkeit aufweist als bei Kanlala. Auf Grund des anatomi- schen Baues der Blätter von Agave sisalana und A. can- tala lassen sich mit Zuhilfe- nahme des Miskroskops nach zwei Richtungen hin durch- greifende Unterschiede zwi- schen Sisal und Kantala fest- stellen. Es muß aber nach jeder dieser beiden Richtungen mit Vorsicht vorgegangen wer- den. Erstens: wie die anatomische Untersuchung lehrt, kommen im Fig. 74. Vergr. 4U0.- Querschnitt durch das hemikonzen- trische Bündel von Agave cantala mit stark exzentrisch gelegenem Mestom. x Xylem mit Schraubengefäßen .■>•, ph Phlo6m (Siebleil desselben), P Parenchym (Mesophyll). Fig. 75. Vergr. 4U0. Einfaches Bastbündel aus dem Blatte von Agave cantala. b Bastzellen, P Parenchym (Mesophyll). Siebzehnter Abschnitt. Pasern. 307 Blatte von A. sisalana vorwiegend kollaterale Bündel vor und nur konzentrische oder Bildungen, welche zu der hemikonzentrischen Ausbildung neigen. Hingegen herrschen bei A. cantala die hemikonzen- trischen Bündel vor. Im Sisal fehlen die hemikonzentrischen Bündel entweder ganz oder sind nur spärlich vorhanden, während sie in der Kantala vorherrschen. Es ist schon früher darauf aufmerksam gemacht worden, daß beim Trocknen der Faser die hemikonzentrischen Bündel durch Eintrocknung des Weichbastes von einem lufterfüllten Kanal durch-^ zogen erscheinen. Solche hohle Bündel können bei Sisal sparsam vor- Fig. iC. Vergr. 400. Querschnitt durch die infolge Eintrocknens des Weichbastes hohl gewordene Faser von Agave cantala. x Xylem mit Gefäßen, b Bastzelleii, h Hohlraum. auftretenden mikroskopischen Bestandteil. Zweitens: Die Dimensionen der Bastzellen lassen sich bei Beachtung bestimmter Vorsichtsmaßregeln zur Unterscheidung von Sisal und Kantala heranziehen, obgleich die Dicke sowohl als auch die Länge dieser Zellen je nach der Lage im Blatte Es ist schon oben (p. 294) gezeigt worden, wie man imstande ist, die Länge der Bastzellen, bestimmten Partien der Fasern entnommen, zur Unterscheidung der Kantala von Sisal zu benutzen. Wenn man nämlich die längsten Fasern eines Büschels, welche etwa der Länge des 20* 308 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Blattes entsprechen, aussucht und in der mittleren Partie dieser Fasern die Länge der Bastzellen bestimmt, so erhält man bei Kantala eine Länge von i,5 — 2,6, bei Sisal eine Länge von 2,4 — 4,4 mm. Wie bei allen Agavefasern kommen auch in der Kantala einfache Baststränge vor (Fig. 75). Kantala gilt als die beste der Agavefasern, sie ist weißer, flexibler und weicher als Sisal und Henequen. Dewey rühmt insbesondere das javanische Produkt. Die besten Sorten erzielen höhere Preise als die besten Sorten von Sisal. Die Faser von Agave fourcrojdes (Henequen). Die Faser von Agare fourcroydes ist die älteste Agavefaser des Handels, sie wird seit langer Zeit aus Mexiko, insbesondere aus Yukatan, aber gegenwärtig auch aus andern mexikanischen Staaten (Campeche, Chiapas, Sinaloa, Tamaulipas) und aus Kuba in den Handel gebracht. Die Pflanze kommt auf den trockensten Gründen fort und gedeiht am besten auf vulkanischen Böden. Die Vermehrung erfolgt durch Wurzelschößlinge. Die Blätter erreichen eine Länge von -1,5 — 2,5 m, werden in verschiedenem Reifezustande geernlet und geben deshalb Fasern von sehr ungleicher Güte. Auch die Gewinnuugsweise übt auf die Qualität des Produkts einen großen Einfluß aus. Die Blätter werden vor der Fasergewinnung entweder, in Bündel zusammengefaßt, einer Kaltwasserröste unterzogen, sodann, geklopft und auf primitive Weise durch Handarbeit die Fasern abgeschieden oder ohne vorhergegangene Röste durch Maschinenarbeit entfasert. Die durch Röste gewonnene Faser ist weniger gut als die ohne Röste erzeugte. Im Handel erscheint Henequen in Form von Büscheln und Strängen, welche ganz in derselben Weise wie die Stränge und Büschel von Sisal und Kantala aufgebaut sind, Fasern von sehr verschiedener Länge ent- halten, deren schmale Enden nach einer, deren breite Enden nach der andern Seite gewandt sind. Im großen ganzen nimmt die Breite der Faser vom oberen (schmalen) gegen das untere (breite) Ende zu, aber sehr unregelmäßig. Namentlich an geringen Sorten ist die Faser nicht nur an vielen Stellen gespalten, sondern auch zerrissen. Diese Zustände der Faser haben Ähnlichkeit mit jenen, die wir beim Sisal kennen lernten, und haben auch denselben anatomischen Grund. Die Fasern entsprechen nämlich vorwiegend kollateral gebauten Gefäßbündeln, welche zumeist nach außen und innen hin in zwei ge- trennten Partien dichtes, festes Bastgewebe führen, zwischen welchem die mechanisch schwächeren Gewebe (Weichbast und Xylem) gelegen sind, die bei der mechanischen Bearbeitung stark angegriffen werden, Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 309 wodurch es zu Spaltungen der Fasern und andern mechanischen Insulten kommt. In bezug auf den Durchmesser und die Wandverdickung unter- scheiden sich die Bastzellen von Henequen, Sisal und Kantala nicht oder wenigstens nicht auffällig und in betreff ihrer Länge stimmen sie sehr nahe mit der Bastzelle des Sisal überein. Man sieht also, daß im ana- tomischen Bau und dementsprechend auch in mancher Eigenschaft eine große Ähnlichkeit zwischen Sisal und Henequen besteht, was auf die natürliche Verwandtschaft der diese Fasern liefernden Pflanzen hinweist, welche von manchen Botanikern nicht als besondere Spezies, sondern als Varietäten einer und derselben Art angesehen werden (s. oben p. 287 und p. 297). Je nach dem Reifezustand des geernteten Blattes und nach der Gewinnungsweise fallen die Handelsprodukte sehr verschieden aus. Die minderen Sorten sind gelblich gefärbt, hart und brüchig, während die besten Sorten weißlich, weich und geschmeidig sind. Diese Sorten sind nach den modernen rationellen Methoden der Entfaserung und Reinigung der Fasern hergestellt, und so hat es den Anschein, daß sich Sisal von Henequen weniger durch spezifische Eigentümlichkeiten, als durch die Art, wie die Ernte und Entfaserung vorgenommen wurde, unterscheidet. Ich habe noch zu bemerken, daß ich zur Untersuchung der anatomischen Verhältnisse der Fasern von Agave americajia, sisalana und cantala nicht nur diese, sondern auch die Blätter der Stammpflanze benutzen konnte. Hingegen gelang es mir nicht, die Blätter von A. fourcroydes zu erhalten, und alle oben angegebenen histologischen Eigentümlichkeiten der Henequen-Faser wurden nur an dem Fasermaterial festgestellt, welches mir Prof Dewey zur Verfügung stellte. Die histologischen Kennzeichen der Henequen-Faser konnten also nicht mit jener Sicherheit festgestellt werden wie bei den drei oben genannten Fasern, bei welchen die Iden- tität des Handelsproduktes mit der Faser der Stammpflanze völlig klar- gelegt werden konnte. Aus den mitgeteilten Daten über die histologischen Eigentümlich- keiten der Fasern von Agave amerieana, sisalana und cantala kann mit voller Sicherheit abgeleitet werden, daß sich diese drei Fasern unter- scheiden lassen. Durch die Form und Verdickungsweise der Bastzellen kann man sicher unterscheiden zwischen Agave amerieana einerseits und A. sisalana und cantala andererseits. Im Querschnitt wird man augenblicklich zwischen Sisal und Kantala unterscheiden können durch den Reichtum bikollateraler Bündel bei ersterem und durch den Reich- tum hemikonzentrischer Bündel bei der letzteren. Nach den bisherigen Untersuchungen scheint sich Henequen nur sehr wenig von Sisal zu unterscheiden, und es werden später mit Rück- sichtnahme auf die Anatomie des Blattes der Stammpflanze durchgeführte 310 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Prüfungen lehren, ob sichere Unterschiede zwischen Sisal und Henequen — die beiden letzten im Sinne unserer Terminologie genommen — bestehen. Insofern ist jetzt schon eine Übereinstimmung der Kennzeichen von Sisal und Henequen anzunehmen, als in beiden die hemikonzentrischen Bündel entweder fehlen oder nur sehr spärlich auftreten, was auf eine Über- einstimmung im anatomischen Bau des Blattes von Agave sisalana und fourcroydes hinzuweisen scheint. Bei Agave sisalana wurde sicherge- stellt, daß hemikonzentrische Bündel nur am Rande, insbesondere in der Spitzenregion des Blattes auftreten. Auf diese Weise wird es er- klärlich, daß hemikonzentrische Bündel auch im Sisal vorkommen können. Da dieselben spärlich auch im Henequen zu finden sind, so läßt sich annehmen, daß die Blätter von A. fourcroydes in bezug auf den Bau der Gefäßbündel mit den Blättern von A. sisalana übereinstimmen. Ehe ich darangehe, die Fasern einiger der oben (p. 291) namhaft ge- machten in Amerika gewonnenen und hauptsächlich dort verwendeten Fasern auf Grund eines mir zugänglich gemachten Untersuchungsmaterials zu charakterisieren, sei hier noch auf zweierlei hingewiesen: erstlich auf jene Eigentümlichkeiten, welche allen Agavefasern zukommen, und so- dann auf einige unter Umständen zur Charakteristik der Fasern heran- zuziehende Besonderheiten, welche bisher noch nicht erwähnt wurden. Den Hauptbestandteil der Agavefasern, mögen dieselben Gefäßbündel oder einfache Basistränge sein, bilden Bastzellen, welche in allen zur Handelsware gewordenen Fasern kurz und mehr oder weniger dickwandig sind. Wenn in der Faser Gefäße (Ring-, Schrauben- und Netzgefäße) meist nur spärlich vorkommen, so liegt der Grund hierfür nicht nur darin, daß der Gefäßteil des Gefäßbündels im Blatte der Agaven gewöhn- lich nur schw^ach ausgebildet ist, sondern ist auch auf den Umstand zu- rückzuführen, daß bei der Fasergewinnung die Gefäße stark angegriffen und relativ reichlich entfernt werden. Nur bei starker Ausbildung hemi- konzentrischer Gefäßbündel (Kantala) bleiben die Gefäße verhältnismäßig reichlich erhalten. Neben Bastzellen und Gefäßen führen die Agavefasern auch Bastparenchymzellen, welche nicht selten Kristalle von Kalkoxalat enthalten. Durch Jodlüsung werden die Bastzellen aller Agavefasern gelb, auf Zusatz von Schwefelsäure bräunlich gefärbt. Anilinsulfat ruft an allen Agavefasern Gelbfärbung, Phlorogluzin -1- Salzsäure Rotviolettfärbung hervor. Alle Agavefasern, selbst die besten, weißesten, sind somit ver- holzt. Auf den Grad der Verholzung bei verschiedenen Agavefasern komme ich später zurück. Durch Kupferoxydammoniak nehmen die Bastzellen aller Agavefasern eine bläuliche Färbung an, wobei eine schwache Quellung sich einstellt. Lufttrocken führen die Agavefasern 9 — 1 2 Proz. Wasser. Im Maximum der Sättigung steigert sich der Wassergehalt bis auf 30 Proz. und darüber. Die Agavefasern sind somit sehr hygro- I Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 311 skopisch. Die Aschenmenge beträgt etwa 2 Proz. ('1,8—2,5) und ent- hält fast regelmäßig prismatische Pseudokristalle von Kalk, die bei der Veraschung aus oxalsaurem Kalk hervorgegangen sind. . Diese Pseudo- kristalle verwandeln sich auf Zusatz von Schwefelsäure in Gipsnadeln. Durch diese geformten Einschlüsse der Asche lassen sich die Agavefasern vom Manilahanf leicht unterscheiden, dessen Asche keine Pseudokristalle von Kalk, wohl aber Stegmata (s. oben p. 283) enthält. Verholzungsgrad der Agavefasern. Wie schon angegeben wurde, sind die Fasern aller von mir untersuchten Agavefasern verholzt befunden worden. Ich fand mit Ausnahme der unten kurz charakteri- sierten Dispopofaser, welche durch Phlorogluzin + Salzsäure nur sehr schwach gefärbt wird, alle anderen Agavefasern stark verholzt, indem sie durch Phlorogluzin + Salzsäure sehr intensiv rotviolett gefärbt werden. Zahlenmäßig wurde der Verholzungsgrad nach der Graf eschen Methode (s. oben p. 44) nur an drei Agavefasern untersucht, an Kantala, an Sisala und an Dispopo. Setzt man den Ligningehalt der Jute = 4, so erhält man für diese drei Fasern die Vergleichswerte 0,9, 0,8, 0,15. Ob der geringe Verholzungsgrad der Dispopofaser eine angeborene Eigenschaft oder im Röstverfahren begründet ist, konnte ich nicht ent- scheiden, da mir nur die Faser, nicht aber die Blätter, welche diese Faser liefern, zu Gebote standen. Ob der Verholzungsgrad diagnostisch, nämlich zur Unterscheidung einiger Agavefasern verwendet werden kann, müssen spätere Untersuchungen erweisen. Höhe der Doppelbrechung der Agavefasern. Es wurde schon oben (p. 1 4) angegeben, daß die Fasern des Blattes von Agave ameri- cana sich durch eine sehr geringe Höhe der Doppelbrechung auszeichnen. Die Höhe der Doppelbrechung, y — a, ist bei dieser Faser (= 1,530 — 1,522 = 0,008) der kleinste Wert, welcher bezüglich dieser optischen Eigen- schaft an einer Pflanzenfaser gefunden wurde. Ich habe mich, um die Höhe der Doppelbrechung bei den drei wichtigsten Agavefasern des Handels, bei Henequen, Sisal und Kantala, kennen zu lernen, an Herrn Dr. Alfred Himmelbauer, Assistent an der petrographischen Lehrkanzel der Wiener Universität, mit der Bitte ge- wendet, die betrefl'enden Bestimmungen vorzunehmen. Es wurde gefunden: y—(i für Henequen (Agave fourcroydes) ■1,546 — -1,519 = 0,027 » > '^isa\ (A. sisalana) 1,543 — 1,521=0,022 » » Kantala (A. cantala) 1,547 — 1,522 = 0,025 Wie man sieht, ist die Höhe der Doppelbrechung bei diesen drei Fasern auch eine geringe, wenn auch nicht so exzeptionell niedrig, wie bei der Faser von A. americana. Die gefundenen Werte stimmen aber so nahe miteinander überein, daß die Höhe der Doppelbrechung wohl 312 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. kaum zur Unterscheidung der drei genannten Arten von Agavefasern benutzt werden kann. Zur Charakteristik einiger weniger häufig vorkommender Agavefasern des amerikanischen Handels. Die nachstehend mit- geteilten Daten beziehen sich auf Agavefasern, welche ich Herrn Prof. Lyster Dewey verdanke i). Tequila. 0,480 cm lang, beiderseits abgeschnitten. Faser rund, glatt, am oberen Ende bis 96 /<, am unteren Ende bis 128 ^<. Bastzelle sehr dickwandig. Fast rein weiß. Gefäßbündel kollateral, vereinzelte auch hemikonzentrlsch. Stark verholzt. Zapupe Azul (Z. fina). Länge der Faser = 0,950 m, beiderseits abgeschnitten. Faser sehr ungleichmäßig, häufig bandförmig. Bastzellen dickwandig. Gelblichweiß. In dieser Faser wurden nur kollaterale Gefäß- bündel gefunden. Stark verholzt. Tula Ixtle. Länge der Faser 0,4(50 m, beiderseits abgeschnitten, oben bis 20 /<, unten bis 55 fi. Faser rund, glatt, ziemlich gleichmäßig von oben nach unten zunehmend. Bastzellen sehr dickwandig. Farbe leicht gelblich bis lichtbräunlich. Gefäßbündel zumeist kollateral, doch auch vereinzelt hemikonzentrlsch oder doch mit Neigung zu hemikon- zentrischer Ausbildung. Mäßig verholzt (stärker als Dispopo, schwächer als Sisal). Guspilla. Länge 0,450 m, beiderseits abgeschnitten, oben bis 80 n, unten bis 192 /< dick, sehr fein, gleichmäßig, doch im Mikroskop an den Grenzen rauh, gleichmäßig in der Dickenzunahme. Es wurden nur kollaterale Gefäßbündel gefunden. Stark verholzt. Dispopo. Länge 0,92 m, beiderseits abgeschnitten, im Vergleich zu allen anderen Agavefasern überaus weich, seidenglänzend, Fasern mehr wellig als gerade gestreckt, gelblich, sehr schwach verholzt (s. oben p. 3'H). Es wurden nur kollaterale Gefäßbündel gefunden. Jaumave ixtle 2) von Agave Funkeana Koch et Bouche, welche in den Hochgebirgstälern in der Nähe von Jaumave (Mexiko) vorkommt. Länge 0,852 m, beiderseits abgeschnitten, oben bis 120, unten bis 560 //. Bastzellen nicht stark verdickt, etwa wie bei Agave america7ia., häufig mit bräunlichem Inhalte. Faser hart, steif, glatt. Es wurden bloß kol- laterale Bündel gefunden. Stark verholzt. 1) Über die Agavearten, welche diese Fasern liefern, und über deren Haupt- produktionsgebiet s. oben p. 29). 2) Fehlt in der Zusammenstellung p. 291. Siebzelinter Abschnitt. Fasern. 313 2(). Mauntiusliaiif. Im vorangegangenen Paragraphen wurde darauf hingewiesen, wie viele Spezies der Gattung Agave zur Fasergewinnung verwendet werden. Unter diesen Pflanzen befindet sich ein früher als Agave, später als Fourcroya beschriebenes Gewächs, welches den Mauritiushanf liefert, der immerhin eine gewisse Bedeutung erlangt hat^). Sämtliche Fouixroya- Avien gehören dem tropischen Zentralamerika an. Die Spezies, welche den Mauritiushanf liefert, ist als F. foetida (= F. gigantea) beschrieben worden. Sie bildet wohl einen ober- irdischen Stamm aus, aber es dienen auch hier wie bei den mit grund- ständigen Blattrosetten versehenen Agaven die Blätter als Rohmaterial, aus welchem die Faser abgeschieden wird. Diese Pflanze hat sich mit Ende des achtzehnten Jahrhunderts in zahlreichen Tropengebieten der alten Welt ausgebreitet, seit 1750 auch auf Mauritius, wo sie teils verwildert vorkommt, teils im Plantagen- betriebe kultiviert und als Faserpflanze ausgebeutet wird. Die Pflanze bildet, wie viele Agave-Arien, am Blütenstande zahlreiche Bulbillen, welche zu ihrer Vermehrung dienen. Die Blätter erreichen eine Länge von i,5 — 2,5 m; sie werden vom dritten Jahre an geerntet. Kultur der Pflanze und Fasergewinnung stimmen fast genau mit der Art und Weise überein, welche wir beim Sisalhanf kennen gelernt haben. Die Fasergewinnung wird auch hier entweder mit der Hand oder mittels Maschinen vollzogen. Wie bei Sisal ist auch beim Mauritiushanf Waschen und späteres Trocknen erforderlich, wenn man ein gut aussehendes Pro- dukt erzielen will. Mauritiushanf wird jetzt noch in andern Ländern gewonnen, unter anderem auch in Deutsch-Ostafrika 2) (bei Dar-es-Salam) und in West- afrika, wo die Hamburger Pflanzungsgesellschaft »Bibundi« Mauritius- hanf baut und gewinnt 3). Die Faser weicht im Aussehen von Sisal nicht ab. Nach Gürcke ließ sich ein mikroskopischer Unterschied zwischen diesen beiden Fasern nicht finden. Wie Fourcroya foetida wird F. cubensis in Westindien — hier »Cajun« genannt — auf Faser ausgebeutet. •1) Über Mauritiushanf s. Gürcke, Zeitschrift für die gesamte Textilindustrie 1898/1899. Nr, 29. S. auch Dodge, 1. c, p. 169, wo die Vüa.nze Fureraea gigantea genannt wird. 2) Engler, Die Pflanzenwelt Ostafrikas B. 1895. Notizblatt des kgl. bot. Gar- tens und Museums in Berlin 1896. 3) Tropenpflanzer, XII (1908), p. 532, wo ausdrücklich hervorgehoben wird, daß es sich um die Faser von Fourcroya gigantea handle. .'314 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. F. V. Hühnel beschreibt als Mauritiushanf die Faser von Aloe per- foliata und bildet dieselbe auch ab (Mikroskopie der Faserstoffe, 1 905, p. 67). Seine Beschreibung der Faser stimmt vollständig mit meiner Beschrei- bung der Aloefaser (Rohstoffe, 1. Aufl. 1873, p. 431) überein, so daß kein Zweifel besteht, daß das, was er als Mauritiushanf beschreibt, iden- tisch ist mit jener Faser, die ich als die Faser von Aloe perfoliata be- schrieben habe. In den Handelsnamen der überseeischen Fasern herrscht vielfach eine starke Verwirrung, so daß es erklärlich wird, wenn V. Hühnel unter dem Namen »Mauritiushanf« eine Faser in die Hand bekam, die nicht von Fourcroya, sondern von Aloe abstammt. Die Ab- leitung des Mauritiushanfs von Aloe ist in andere neuere Schriften über- gegangen. Meine Gewährsmänner für die botanische Provenienz des Mauritiushanfs sind in den Noten 1 ) und 2) p. 313 genannt. Über die Faser von Aloe yerfoliata s. weiter unten in dem der Aloefaser gewid- meten Paragraphen. 27. Phormiumfaseri) (Neuseeländischer Flachs). Die neuseeländische Flachslilie, Phormium tenax, wurde in Neu- seeland entdeckt, ist aber später auch auf der Norfolkinsel und in ver- schiedenen Teilen Australiens aufgefunden worden. Als Topf- und Garten- zierpflanze ist sie nunmehr allgemein bekannt. Die Bastfasern der Blätter dieser Pflanze werden in Neuseeland seit alter Zeit zur Verfertigung von Bekleidungsstoffen, Seilen usw. verwendet. Die ersten Nachrichten über diese durch große Festigkeit und Widerstandskraft ausgezeichneten Fasern gab Cook, welcher bekanntlich im Jahre 1769 Neuseeland im Namen Englands in Besitz nahm 2). Bald darauf wurde neuseeländischer Flachs in England Handelsgegenstand. Seit dieser Zeit hat man vielfache, zum Teil von Erfolg gekrönte Versuche gemacht, die Stammpflanze in den verschiedensten Ländern zu kultivieren. Am besten gelang die Akklima- tisierung von Phorinium tenax in Neusüdwales, wo schon in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts der Anbau der Pflanze in so großem Maßstabe betrieben wurde, daß die dort dargestellte Faser als Handels- artikel nach England gebracht werden Iconnte^). In Neusüdwales gedeiht die neuseeländische Flachslilie ausgezeichnet. Die neueren Erfahrungen haben gelehrt, daß in diesem Lande der Bodenertrag an Fasern noch größer als in Neuseeland ist. Ein Acre Landes gibt nach 18 Monaten schon drei Tonnen Rohfasern, in den darauffolgenden Jahren soll aber i) Neuere Literatur: Hector, Sir James, Phormium tenax as a Fibrous Plant. New Zealand i889. Semler, 1. c, p. 729. Dodge, 1. c, p. 261ff. 2) Cook, An account of the voyages etc. London, III (-1778), p. 39. 3) Bennet, Wandering in New South Wales. London 1834, I; p. 72. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 315 die gewonnene Fasermenge eine noch größere sein^). Auch in Britisch- Ostindien, auf Mauritius und in Natal ist die Akklimatisation der Pflanze gelungen und die Fasergewinnung wird in den genannten Ländern auch im großen betrieben 2), Die sehr zahlreichen in neuester Zeit mit der Flachslilie in den Vereinigten Staaten unternommenen Versuche scheinen keinen großen Erfolg erzielt zu haben. Auch die Vorschläge Cooks, Phormium tenax als Gespinstpflanze in England einzuführen, ergaben kein praktisches Resultat 3), Wenn auch die Anpflanzung in einigen anderen Ländern Europas gelingt, z. B. in Frankreich, Dalmatien^), so sei damit nicht gesagt, man könne dort mit Vorteil neuseeländischen Flachs gewinnen. Die Einfuhr guter und weitaus billigerer anderweitiger Faserstoffe hat eine Zeit hindurch schädigend auf den Verbrauch der Faser gewirkt. So wurde in den Vereinigten Staaten der neuseeländische Flachs in neuester Zeit durch Sisalhanf verdrängt (Semler). Auch die geringe Widerstandskraft der Phormiumfasern gegen langandauernde Wirkung des Wassers, welche das Verbot der englischen Marine, aus neuseelän- dischem Flachs verfertigte Schiffstaue zu verwenden, zur Folge hatte, schränkte die Einfuhr beträchtlich ein. Die in mehrfacher Beziehung unübertroffenen Eigenschaften dieser Faser lassen aber doch hoffen, daß sich ihre Anwendung wieder steigern werde, falls durch zweckmäßigen maschinellen Betrieb ihre Herstellung sich verbilligen sollte. In neuester Zeit ist tatsächlich wieder ein Aufschwung im Gebrauch und im Handel dieser Faser festgestellt worden, so daß der neuseeländische Flachs wieder in der Reihe der am stärksten verwendeten Hartfasern steht (s. oben p. 24). In Neuseeland und Australien, der Heimat und noch immer dem Haupt- produktionsgebiet des neuseeländischen Flachses, werden einerseits durch Verbilligung der Darstellung, anderseits durch neue Verwendungsarten verschiedene Varietäten von Phormium tenax unterschieden. Die festeste Faser liefert die Form »Tihore«, welche aber fruchtbaren Boden und gute Kultur erfordert. Die feinste Gespinstfaser liefert die Form »Rataroac. Für Kultur im flachen Lande eignet sich die Form »Harake* oder 1) Offic. Osten-. Bericht über die Pariser Ausstellung 1867, V, p. 346 fr. 2) Offic. österr. Ausstellungsbericht, 1. c, p. 350. Nach Watt, Econ. Prod. of India, III, 196, auch auf St. Helena. — In Deutsch- Ostafrika (Amani) wurden in neuester Zeit Versuche über die Kultur von Phormiuni tenax als Faserpflanze an- gestellt, welche aber ein sehr ungünstiges Resultat ergaben. S. hierüber A. Zimmer- mann, Der Pflanzer IV (1908), p. 8. 3) Meyen, Pflanzengeographie. Berlin 1836, p. 474. Vgl. bezüglich Irland Dodge, 1. c. 4) Meyen, 1. c. Vgl. rücksichtl. des südl. Frankreich auch Dodge, 1. c. 316 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. »Harakake«, für das Gebirge die Form >Paritanewha€ (Paretaniwa)i). Es werden auch wildwaciisende Pflanzen ausgebeutet, welche in den Heimal- ländern noch immer massenhaft, besonders an Flußufern vorkommen. Die Blätter des Phormium tenax haben eine Länge von 1 — 2 m und eine Breite von mehreren Zentimetern. Das Gefäßbündelgewebe ist im Blatte der Pflanze so reich entwickelt, daß die Angabe, man könne aus ihm 22 Proz. Rohfaser erhalten 2), nicht unwahrscheinlich ist. Der anatomische Bau des Blattes von Phormium tenax ist nebenstehender Figur (Fig. 77) zu entnehmen. Innerhalb des Haut- gewebes (o) liegt das ganz aus Parenchym zusammengesetzte Grund- gewebe (Mesophyll) des Blattes ipp')' Dieses chlorophyllos (p' ), zum Teil chlorophyllhaltig ^_pA In diesem parenchymati- schen Grundgewebe hat man dreierlei Strangge- webe zu unterscheiden: erstensgroße Gefäßbündel mit je zwei Bastbelegen, zweitens kleine Gefäß- bündel mit je einem Bast- beleg und drittens ein- fache Baststränge f 6^. In den beiden ersteren, zwi- schen bzw. neben den Bastbelegen, liegt der der Ernährung dienende Gefäßbündelanteil (Mestom). Die Gefäßbündel sind von parenchymatischen Scheiden (Gefäßbündelscheiden) umgeben. Die Bast- bündel und die Bastbelege dienen der Festigkeit des Blattes, sie bilden deren mechanisches Gewebe. Bei der Darstellung der technischen Faser handelt es sich nun darum, diese mechanischen Gewebe abzuscheiden und von den übrigen Geweben zu trennen. Beachtet man die anatomischen Ver- hältnisse des Blattes, so wird es klar, daß es kaum möglich ist, die Bastgewebe von den benachbarten Geweben vollkommen zu reinigen. Am leichtesten wäre dies rücksichtlich der einfachen Baststränge (b) zu erreichen, denn diese hat man nur von dem Parenchym zu befreien. Fig. 77. Vergr. 35. Schematischer Querschnitt durch die dünnere Partie des Blattes von Phormium tenax. 0 0 Hantgewebe. B m B von Parenchymscheiden umgebene Ge- fäßbündel. BB Bastbelege, m Mestom dieser Gefäßbündel. i; g kleinere Gefäßbündel mit je einem Baslbeleg, mit Mestom und Parenchymscheide. b h einfa,che Baststränge, p + p' Grund- gewebe des Blattes (Mesophyll), p grünes, p' farbloses Paren- chym. (Nach Schwendener.) 1) Über diese und andere Kultiulormen von Phormium tenax s. Dodge, 1. c p. -261. 2) Offic. österr. Bericht usw., 1. c. p. .^"lO. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 317 Aber diese Stränge bilden nur einen kleinen Bruchteil der Fasergewebe des Phormiumblaltes. Gerade die Bastbelege der großen Gefäßbündel werden nur schwer zu reinigen sein. In der Tat hängen denselben stets Teile des Xylems, insbesondere Gefäße, auch Spuren von Phloem und von den Gefäßbündelscheiden an. Die Gewinnung der Faser besteht in einer primitiven Kaltwasser- rüste. Doch hat man auch mit einigem Vorteil Warmwasserrüste in Anwendung gebracht. Es scheint, als würden die bisherigen Erzeugungs- methoden doch sehr unvollkommen sein. Es ist von H. Müller^) darauf hingewiesen worden, daß gerade dieser Faser das Rüstverfahren leicht Schaden bringe, da sie lange andauernde Einwirkung des Wassers nicht gut verträgt. Von den Eingeborenen wird in Neuseeland die Faser- gewinnung ohne vorhergegangene Rüstung durch einen einfachen Schabe- prozeß betrieben. Angeblich wegen ungleicher Dicke des Blattes macht die maschinelle Gewinnung Schwierigkeiten und liefert überhaupt kein günstiges Resullat2), Mikroskopische Charakteristik. Der neuseeländische Flachs besteht der Hauptmasse nach aus Bastbündeln, welchen aber noch Ge- fäßbündelbestandleile (am auffälligsten sind Schraubengefäße mit einem Durchmesser von 15 — 30 ^i) und Parenchymzellen (insbesondere der Ge- fäßbündelscheide) anhaften. An der Rohfaser sollen nach v. HühneP) sogar häufig Epidermisfragmente haften (vgl. Fig. 77), was auf eine sehr unvollkommene Darstellung hinweisen würde. Die Bastzellen erscheinen, im Querschnitt gesehen, polygonal im Umriß, mit einem deutlich aus- gesprochenen, oft großen Lumen versehen. — Die Dimensionen der in der Rohfaser vorkommenden Bastzellen stimmen mit jenen der natür- lichen, unveränderten überein. Der Prozeß der Fasergewinnung hat mithin an den morphologischen Verhältnissen dieser Zellen nichts ge- ändert. Es beträgt die maximale Breite der Bastzellen 8— 18,9 ^i, meist nahezu 13 u. Die Breite der Faser nimmt sehr regelmäßig von den Enden nach der Mitte hin zu. Das Lumen der unveränderten Bastzelle mißt meist 1/4 — 1/2 der Zellbreite; nur selten erscheint es auf eine einfache Linie reduziert. Die Bastzellen sind scharf zugespitzt und lassen keinerlei Strukturverhältnisse erkennen. Es fehlt jede Streifung, desgleichen fehlen stets die Verschiebungen (v. Hühnel). Sowohl durch Ghromsäure als durch Alkalien kann man jede Rohfaser in ihre Elementarorgane zer- legen. Da aber erstere die Faser stärker mechanisch angreift als letztere, so ist es für die Längenbestimmung der Bastzellen zweckmäßiger, letztere i) Deutscher Ausstellungsbericht (1873). Fasern, p. 68. 2) A. Zimmermann, 1. c, p. 10. 3) 1. c. (1905), p. 65. 318 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. in Anwendung zu bringen. Die Länge dieser Zellen beträgt gewöhhlicb 2,7 — 5,65, nach Vetillards Messungen bis 15 mm. Die Bastfaser des neuseeländischen Flachses ist verholzt (v. Hühnel) und wird im rohen Zustande durch rauchende Salpetersäure rot gefärbt (Barresville). Diese Reaktion tritt aber manchmal selbst an der rohen Faser nicht ein. Mit Chlor wasser und hierauf mit Ammoniak behandelt, nimmt die Faser eine rotviolette Farbe an (Vincent), aber auch diese Reaktion bleibt häufig aus. Der neuseeländische Flachs kommt zumeist als Rohfaser nach Europa und wird gewöhnlich erst hier gereinigt. Die Rohfaser ist häufig meterlang und auch etwas darüber, gelblich oder, wenigstens stellenweise, weißlich. Nach Labillardiere verhalten sich die absoluten Festigkeiten von neuseeländischem Flachs, Hanf und Flachs zueinander wie 60 : 48 : 34,4 i), nach Royle wie 23,7 : 16,75 : i 1,75. Es ist eben die absolute Festig- keit verschiedener Sorten des neuseeländischen Flachses verschieden. Bei Dodge2) findet sich die Angabe, daß nach Hutton die Festigkeiten von den Sorten Tihore, Harakeka, Paritanewha und Wharariki sich zuein- ander verhalten wie 48 : 42: 42 : 34. Der neuseeländische Flachs findet Anwendung zur Herstellung von. Tauen, Seilen und anderen Seilerwaren. Im gereinigten Zustande wird er auch zur Herstellung von Gespinsten und Geweben benutzt, welche sich rein weiß bleichen lassen. 28. Aloefaser. Sehr oft wird die Faser verschiedener Agaven mit diesem Namen belegt 3), was wohl darauf zurückzuführen ist, daß häufig die kultivierten Agaven (z. B. die Agave americana) den populären Namen Aloe führen. Hier soll jedoch die Faser aus den Blättern der echten, dem botanischen Genus Aloe angehörigen Pflanzen besprochen werden. Die echten Aloen, deren Heimat die afrikanischen Küstenländer sind, — die Mehrzahl der Arten gehört dem Kaplande an — die aber durch Kultur nach den meisten übrigen tropischen Ländern, namentlich Indien, und Westindien verpflanzt wurden, werden hier und dort auch zur Faser- gewinnung benutzt. Wenn auch in einzelnen Gegenden Ostindiens größere Quantitäten dieser Faser gewonnen werden, so hat sie für den Handel 4) E. Meyer, in den Schriften der physik.-ökon. Gesellschalt zu Königsberg, 18. Febr. 1842. 2) 1. c, p. 262. 3) So erscheint z. B. die in Indien aus Agave cantala erzeugte Faser im Handel als Bombay Aloe fibre (s. oben p. 303). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 319' doch keine große Bedeutung und steht namentlich der Agavefaser an Wichtigkeit weit nach i). Von den zur Fasergewinnung dienenden Äloe-Arien, die ich in der obigen Zusammenstellung namhaft gemacht habe, scheint Aloe per foliata noch am häufigsten benutzt zu werden 2), weshalb ich die Faser gerade dieser Pflanze auswählte, um sie im nachfolgenden als Repräsentanten, der echten Aloefasern zu beschreiben 3). Die genannte Faser ist von weißer Farbe, etwas glänzend, von spinnbarer Feinheit, lang, weich und geschmeidig. Die Länge der rohen Faser steigt bis 50 cm, die der fein ausgehechelten Faser auf 20 — 38 cm. Die Fasern sind im Verlaufe äußerst gleichartig; es gehen von ihnen entweder keine oder nur kaum sichtbare kurze Fäserchen ab. Die Dicke der Fasern ist eine sehr gleichmäßige; selbst nahe den Enden sind die Fäden kaum schmäler als in der Mitte. Die maximale Dicke beträgt 75—105 //. Lufttrocken führt die Faser 6,95, mit Wasserdampf gesättigt 18,03 Proz. Wasser und gibt im völlig getrockneten Zustande 1,28 Proz. kristallfreie Asche. Jodlüsung färbt die Faser goldgelb. Auf Zusatz von Schwefelsäure nimmt sie eine rotbraune Farbe an. Kupferoxydammoniak färbt sie intensiv blau und bringt sie zu schwacher Quellung. Schwefelsaures Anilin bringt eine goldgelbe, Phlorogluzin -f- Salzsäure eine rot violette Färbung hervor; diese Faser ist somit verholzt. Die Fasern der Aloe perfoliata bestehen, soviel ich gesehen habe, bloß aus Bastzellen, dieselben liegen bündelweise beisammen und er- scheinen im Querschnitt polygonal. Sowohl durch Chromsäure als durch Kalilauge lassen sie sich leicht aus dem Zusammenhange bringen. Aber die Chromsäure greift die Substanz der Faser sehr stark an, so daß sie sich mit Nadeln nur unter Zerreißung trennen lassen; Kalilauge bringt die Zellwände zur starken Aufquellung. Will man die Querschnitts- dimensionen dieser Zellen an isolierten Zellen auffinden, so muß man. Chromsäure, will man die Länge der Bastzellen bestimmen, so muß man zur Isolierung eine alkalische Flüssigkeit anwenden. Die Länge der Bast- \) Cat. des col. fr. (1867), p. 79. 2) Royle, 1. c, p. 51 und Cat. des col. fr., p. 79. 3) In seinem hier oft genannten Werke übergeht Semler die echte Aloefaser gänzlich. Dodge (1. c, p. 53) bemerkt in betrefi" dieser Faser bloß, daß die Blätter der Aloearten, welche zur Gewinnung der Aloe des Handels dienen (s. Bd. I dieses Werkes, p. 557 ff.), eine gute Faser liefern. In Watts neuestem Werke (The com- merc. products of India, -1908, p. 59) wird im Artikel Aloe gar nicht von der echten Aloefaser gesprochen, woraus zu entnehmen ist, daß die echte Aloßfaser für Indien- bedeutungslos ist. 320 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Zellen beträgt 1,3 — 3,72 mm, ihre maximale Breite 15 — 24 u. Die Ver- dickung der Wand ist immerhin eine so mächtige, daß das Lumen der Zolle meist bloß den dritten Teil des Querschnittsdurchmessers der Zelle n;ich der Quere mißt. Von Strukturverhältnissen ist direkt nur das Auftreten von schief verlaufenden, spaltenfürmigen Poren, die indes nur spärlich vorkommen, zu bemerken'). Die mit Kalilauge vorbehandelte Faser nimmt, wenn sie gequetscht wird, eine schraubige Streifung an. — Die Zelle nimmt von dem konischen Ende nach der Mitte hin regel- mäßig an Dicke zu. Nur sehr selten findet man einzelne Zellen mit gabelförmigen Enden. Diese Faser wird im fein zubereiteten Zustande zu Geweben (Aloe- tüchern) verarbeitet. 21). Bromeliafaser (Ananasfaser, Silkgrass z. T.). Unter den zahlreichen Bro7nelia- Arien, welche durchweg den warmen Gebieten Amerikas angehören, befinden sich einzelne, welche Gebrauchs- fasern liefern, darunter auch die bekannte Ananas, Bromelia Ananas (Ananas sativa), welche vorzugsweise ihrer Fruchtstände halber fast in der ganzen Tropenwelt gebaut wird. Stets sind es die Fasern der Blätter, welche der Benutzung zu- geführt werden; aber die Fasern der Bromelia- Arien stimmen im äußeren Charakter nicht miteinander überein; einzelne Arten geben überaus feine Fasern, welche zu den zartesten Gespinsten und Geweben Verwendung finden, während andere nur zu Seilerwaren dienen oder in der Bürsten- fabrikation gebraucht werden. Übrigens kann auch, wie wir sehen werden, die Art der Kultur einen beträchtlichen Einfluß auf die Qualität der Faser ausüben. Gerade über die Fasern der bekanntesten Bromeliaart (Bronielia Ananas) finden sich in der Literatur die widersprechendsten Angaben. Oft erwähnt wird der durch seine Feinheit ausgezeichnete »Ananas- batist«, welcher aus den Blättern der genannten Bromeliaart erzeugt werden soll 2). Nach den Angaben von Watt findet die Ananasfaser Ver- wendung als Ersatz für Seide. Hingegen soll nach Sem 1er 3) diese Faser kurz und zur Darstellung von feinen Geweben nicht benutzbar sein, während andere sie wieder zur Herstellung gröberer Artikel (Seilerwaren) \) V. Höhnel, Mikroskopie der Faserstoffe, 2. Aufl. 1905. Auf das Auftreten spärlicher, schief verlaufender, spaltenförmiger Poren habe ich schon früher (1. Aufl. dieses Werkes p. 431) aufmerksam gemacht, v. Höhnel bildet (I.e., p. 67) diese Poren auch ab. 2) S. z.B. Sadebeck, Die Kulturpflanzen der deutschen Kolonien und ihre Er- zeugnisse. Jena 1899, p. 312. Watt, Comm. Prod. (1908), p. 69. 3) 1. c, p. 707. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 321 für geeignet erklären ^). Am beachtenswertesten scheinen mir in betrefl' der Ananasfaser die Angaben Labharts-) zu sein, welcher die vegetabi- lischen Faserstoffe mit Sachkenntnis verfolgte und durch langjährigen Aufenthalt auf den Philippinen Gelegenheit hatte, die dortigen Textilroh- stoffe genau kennen zu lernen. Labhart berichtet, daß die auf den Philippinen gewonnene Piiiafaser nichts anderes als die Blattfaser der Ananaspflanze sei, deren Früchte dort nur unter dem Namen Pina be- kannt sind. Die Visayaner der Insel Panay gewinnen die Pinafaser und erzeugen daraus glatte und broschierte Gewebe. Als Broschiergarn be- nutzen sie teils Baumwolle, teils Seide. Die Gewebe dienen in der Heimat als Tücher und Hemdenstoffe. Die aus ungefärbten Piüafasern und ge- färbter Seide erzeugten Gewebe werden dort Jusi genannt. Es wurde oft der Versuch gemacht, die Ananasfasern in der europäischen Industrie einzubürgern. Nach Lab hart hatten diese Versuche keinen Erfolg, weil die Faser grau, nicht schön und nicht färbbar ist. Die neuesten Berichte bestätigen diese Angaben. Wenn auch Ver- suche, eine exportfähige Faser herzustellen, im Gange sind (Watt), so ist die Nachfrage nach dieser Faser noch sehr ungewiß (Dewey) und es befindet sich die Erzeugung derselben noch immer im Stadium des Experiments^). Die Ananasfaser hat je nach der Kultur eine verschiedene Güte. Kultiviert man die Pflanze in der Weise, daß man sowohl aus der Frucht als auch aus den Blättern Nutzen zu ziehen beabsichtigt, so fallen die Blätter klein aus und die Faser ist nicht nur kurz, sondern auch steif und hart. feucht gehalten werden. Auch muß die Fruchtbildung durch Wegschneiden der Fruchtanlagen unterdrückt werden. Die Blätter werden dann lang und breit und die Faser ist fein und weich und zu Gespinsten geeignet. . Die Menge von Ananasfaser, welche jährlich auf den Philippinen gewonnen wird, beträgt nahezu 300 000 kg4). Nach V. HöhneP) ist die Faser von Bromelia Ananas folgender- 1) Vgl. die Angaben bei Dodge, 1. c, p. 57. 2) Österr. Monatsschrift für den Orient. 1882, p. 174. 3) Daily Consular Tread Rep. Washington. Okt. 1911, enthaltend den Bericht übei den Faserkongreß in Soerabaja (IQH). Daß die trockene Ananasfaser doch zeit- weilig nach Europa kommt, wurde auf dem genannten Faserkongreß mehrfach be- tont, u. a. wurde angeführt, daß das Rohmaterial nach der Schweiz exportiert werde, wo eine Raffinierung der Faser stattfinde, welche diese zur Verspinnung geeignet mache. Die Ananasgewebe werden dort zu Blusen verarbeitet. S. auch Brück, 1. c, p. 594. 4) Census of the Philippine Islands Vol. IV (1905). Daselbst sind die Mengen angegeben, welche die einzelnen Provinzen erzeugen. 5) 1. c., p. 68. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Anfl. 21 322 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. maßen beschaffen. Von anderen Monokotylenfasern unterscheidet sieb dieselbe durch die besondere Feinheit der Sklerenchymelemente (Bast- fasern). Dieselben haben eine Länge von 3 — 9, meist 5 mm und einen Durchmesser von 4 — 8, meist 6 /<. Ihr Lumen ist sehr schmal bis linien förmig. Die inneren Schichten der Zellhaut sind gänzlich unver- holzt, aber die äußeren Partien derselben, insbesondere die dicken Mittel- lamellen (gemeinsame Außenhäute) sind stark verholzt. Jod und Schwefel- säure färben die Querschnitte nie blau, sondern grünlich, selbst gelb. Neben diesen sehr spitz endenden Fasern treten kurze, dicke, steife, gänzlich verholzte Fasern auf. — Was die Fasern der sog. wilden Ananas-Arten anlangt, nämlich jener Spezies von Bromelia, welche keine genießbaren Früchte hervor- bringen, so werden einige Arten derselben der Faser wegen kultiviert. Diese Fasern haben aber je nach der Art, nach den Kulturbedingungen und nach dem Entwicklungszustand, in welchem die Blätter der Faser- gewinnung zugeführt werden, sehr verschiedene Eigenschaften. Als Faserpflanzen scheinen folgende B7vmelia- Arien am wichtigsten zu sein: B. süvestris, B. pigna, B. pinguis, B. Karatas. Nach Semler bringt die auf felsigem und sonnigem Standorte ge- wachsene Pflanze eine grobe, steife und harte Faser hervor, während aus der auf schattigem, humusreichem Boden entwickelten Pflanze eine feine, elastische und glänzende Faser abgeschieden werden kann. Es herrscht in der Benennung der Bromeliafaser eine große Ver- wirrung, indem man dieselbe auch mit Namen belegt, welche auf andern Ursprung hindeuten, z. B. mit dem Namen Pite, Ixtle oder Silkgrass, womit zahlreiche andere Monokotylenfasern belegt werden. Auch heißt sie pine apple fibre, Pinnilla, Penguin usw. Ich beschreibe im nachfolgenden zunächst die Faser von Bromelia Karatas^ weil ich in Besitz von verläßlichem Untersuchungsmaterial ge- langt bin. Bromelia Karatas ist eine in vielen Gegenden Südamerikas sehr häufig vorkommende Pflanze. Ihre Blätter werden in Guayana, aber auch in anderen Ländern Südamerikas, ferner in Zentralamerika auf Faser ausgewertet. Im Handel fand ich diese Faser nur unter dem vieldeutigen Namen Silkgrass (Seidengras). Die Faser ist weißlich, ziemlich glänzend; sie kommt der des Manila- hanfs im Aussehen sehr nahe, ist aber etwas gröber und steifer, auch minder fest. Die Fasern sind rund und ziemlich glatt und fast ohne Nebenfasern. Ihre Länge steigt bis auf 1,2 m. Die Dicke variiert im ganzen Verlaufe der einzelnen Faser nur wenig; aber auch untereinander zeigen die Fasern in dieser Beziehung nur wenig Unterschiede. Die Dicke schwankt zwischen 0,15 — 1,2 mm. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 323 Wassergehalt der lufttrockenen Faser: 6,82 Proz. Die mit Wasserdampf gesättigte Faser enthält 28,19 Proz. Völlig getrocknet gibt sie 1,34 Proz. Asche. Jodlösung färbt die Faser gelb. Auf Zusatz von Schwefelsäure wird sie rotbraun. Kupferoxydammoniak färbt sie bläulich und bringt eine schwache Quellung hervor. Schwefelsaures Anilin ruft eine intensiv gold- gelbe, Phlorogluzin + Salzsäure eine tief rotviolette Färbung hervor. Diese Faser ist also stark verholzt. Die Faser dieser Bromelia setzt sich zum größten Teil aus Bast- zellen zusammen. In den dicksten Fasern treten aber zudem noch kleine Mengen von Spiralgefäßen auf. Die Bastzellen sind dünnwandig. Die Breite des Lumens verhält sich zur Zellbreite zumeist wie 1 : 1,4 oder 1 :1,6. Die maximale Breite der Zellen beträgt 27 — 42//. Kalilauge isoliert die Zellen der Fasern ausgezeichnet und ohne die Zellwände stark zur Quellung zu bringen. Die Länge der Zellen beträgt 1,4— 6,7 mm. Im ganzen ist die Form der Bastzellen zylindrisch mit spitzen Enden; im Verlaufe kommen aber viele Unregelmäßigkeiten vor. Die Membran der mit Kalilauge isolierten Zelle läßt sehr viele spalten förmige, schief verlaufende Poren erkennen. Spiralstreifung ist jedoch selbst nach Quetschung der Faser nicht wahrzunehmen. Die Bastzellen werden durch Jod gelb, auf Zusatz von Schwefel- säure rostrot; sie sind in allen ihren Schichten verholzt. Kupferoxyd- ammoniak färbt die Zellwand bläulich und ruft eine schwache Aufquellung hervor. Diese Faser ist ihrer Steifheit und geringen Feinheit wegen wohl nur zur Herstellung von gröberen Seilerwaren und zur Bürstenfabrikation geeignet. 30. Sausevieria-Faser^). Sansevieria'^) ist eine etwa zwanzig Arten umfassende Liliaceen- gattung. Die größere Zahl der Arten wächst in Afrika 3), die geringere 1) Dodge, 1. c, p. 287ff. Sadebeck, ]. c, p. 283 ff. 0. Warburg, Tropen- pflanzer, III (-1899), p, 21. Axel Preyer, Die Sansevierafaser. Beihefte zum Tropen- pflanzer, Bd. I (1900). p, 18 — 24. H. Greilach, Zur Anatomie des Blattes der San- seviera und über die Sansevierafaser. Österr. bot. Zeitschrift 1901, Nr. 4. Weitere Literatur s. oben p. 72 und unten in diesem Artikel. Über neuere Literatur, die indische Sansevieriafaser betreffend, s. auch Watt, The commercial Products of India, London (1908), p. 973 — 976. 2) In der technischen Literatur wird diese Faser verschieden genannt; bei Preyer Sanseviera, bei Sem 1er und anderen Sanseveria. Der ergänzende Bearbeiter ge- braucht den nach den Nomenkl. -Regeln gerechtfertigten Namen Sansevieria Thunb. 3) Über die afrikanischen Spezies s. Gürcke in Engler, Pflanzenwelt Ostafrikas. Berlin 1895, A, p. 364 ff"., B, Nutzpflanzen p. 359 ff. 21* 324 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. in Indien wild. An verschiedenen Punkten der Tropen wird die Blatt- faser mehrerer Sansevieria-Arien von alters her wegen großer Festigkeit und ausreichender Länge zur Herstellung von Fangstricken, Bogensehnen (deshalb Bowstring Hemp) usw. verwendet. So in Indien (Ridley^) und auf Ceylon (Dodge), in Deulsch-Südwestafrika (Warburg), in Deutsch- Ostafrika 2), am Pangani in Südostafrika, in der italienisch-afrikanischen Kolonie'), in Java usw. Die Kolonisten haben die guten Eigenschaften und die leichte Her- stellbarkeit dieser Faser wohl erkannt und es wurden in neuerer Zeit viele Versuche unternommen, die Sansevieriafaser der Industrie dienstbar zu machen, teils durch Ausnutzung der wildwachsenden Pflanzen in »natür- lichen Plantagen«, aufweichen man wie im Forstbetriebe auf Nachwuchs Bedacht nimmt, teils durch Kultur. Die Abscheidung der Faser gelingt leicht auf rein mechanische Weise durch Handarbeit, noch leichter allerdings durch Anwendung eines Rüst- verfahrens. Aber die rein mechanisch abgeschiedene Faser ist schöner und fester (War bürg). Es wird mehrfach angegeben, daß die maschinelle Entfaserung der Sansevieriafaser insofern Schwierigkeiten macht, als die Entfaserung ohne vorhergegangene Quetschung kaum durchzuführen ist*). Mehr oder minder gut hergestellte Sansevieriafaser gelangt in kleinen Quantitäten auf den europäischen und amerikanischen Markt. So aus Guinea der Konjehemp oder african bowstring hemp, welcher von San- serieria gidneensis abstammt, der Pangane hemp von 8. KirJdi, der Florida bowstring hemp von in Südcarolina kultivierter S. lo?igißora, deren Heimat in Südost- und Südafrika gelegen ist, u. a, m. Nach den im Wiener pflanzenphysiologischen Institut von H. Grei- lach ausgeführten Untersuchungen (1. c.) ist der Querschnitt der Faser in bezug auf seine histologische Zusammensetzung sehr verschiedenartig, was im Bau der Stranggewebe des Sansevieriablattes seinen Grund hat (Fig. 78 bis 8i). Das Sansevieriablatt enthält kollaterale mit mehr oder minder mäch- i) Agric. Bull, of the Straits and Feder. Malay States i904. 2) Über Kultur der Sansevieria-Arten und über die Gewinnung der Faser in Deutsch-Ostafrika berichtet ausführhchK. Braun, Der Pflanzer, Bd. 1(1905), p. 264fl'. und Bd. II (1906), p. 27.Sff. Für dieses Gebiet kommen in Betracht: S. loiigiflora, guineensis, cylmdrica, Ehrenbergii und Perottii. Kultur und Fasergewinnung liegen daselbst noch in den Händen der Eingeborenen. Doch werden Versuche angestellt, um die Faser maschinell zu gewinnen, namentlich mit Zuhilienahme der Molomaschine. Einen weiteren Bericht über den Erfolg der Versuche mit dem Anbau von Sansevieria- Arien in Deutsch-Ostafrika und über die dortige Erntebereitung erstattet K.Braun, ebendaselbst, Bd. III (1907), p 2fT, und p. 9üff. 3) Thovez, C, SuU' utilisazione della libra della Sanseveria dell Erithraea. Turin 1895. (Att. d. real. Accad. d. Agric.) 4) Brück, 1. c, p. 435. Siebzehnter Abscliniü, Fasern. 325 tigen Bastbelegen versehene Gefäßbündel, welche aber an einzelnen Stellen des Blattes zu einfachen Baststrängen reduziert sind. Wie die Fig. 78 lehrt, geht die Reduktion dieser einfachen Baststränge bis zur einzelnen Bastzelle. Alle Bastzellen sind mit einfachen, schraubig verlaufenden Tüpfeln versehen. Fig. 7S. Vergr. IdO. Zwei flefäßliiindel (/)// Pliloni. x Xylem), kleine isolierte Bastzellengruppen £>, £-' und isolierte Hastzellen {B) im Mesophyll (l') des Blattes von Sanaevitria fftßan/ca. Einzelne Zellen des Mesophylls sind mit weiten Poren (!■-), andere ( P^) mit netz- und schrauhenförmigen Verdickungen versehen, b Bastzellen des Phloems. Nach Greilach besteht die technische Faser *) zum Teil aus reinen Baststrängen mit rundlichem oder elliptischem Querschnitt. Andere Stränge sind symmetrisch, indem sie dort, wo im Blatte der Mestomstrang an- setzt, eine Einbuchtung aufweisen. Wenn ganze Gefäßbündel in der Faser auftreten, so ist das Phloem geschrumpft, und dadurch kommt die von 1) Zur Untersuchung dienten Sansevieriafasern aus den deutsch -afrikanischen Kolonien vom Berhner bot. Museum, welche Herr Prof. Engler freundlichst zur Ver- fügung stellte. 326 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Preyer gesehene, aber nicht erklärte Aushöhlung der Faser zustande (Fig. 80). Nach Greilach schwankt die Länge der Bastzellen von 2,8 — 6,2 mm, der maximale Durchmesser derselben zwischen 18 — 36 fj.. Stegmata fehlen. Die Faser nimmt im absolut feuchten Räume 23 Proz. Wasser auf, wovon sie rasch bei 100° 12 Proz. abgibt. Die Tragfähigkeit der Faser geht bis auf 24,29 kg per cm^. Merkwürdig ist die netz- und schraubenförmige Verdickung eines Teils der parenchymatischen Grund- gewebszellen (Fig. 78), welche manchmal auch der technischen Faser anhaften. Die bis jetzt erziel- ten praktischen Resul- tate sind noch gering, doch hofft man durch y^ Of^ i MJ^S' N^- rationelle Kultur der j>^SuJ^U\ w€h'y "'^ '^J T^' ^-y?\7Ä Fig. 79. Vergr. 300. Einfaches Bastbündel aus der Sansevieria- faser. 6 Bastzellen. F Paren- chymreste. Fig. 80. Vergr. 'im. Querschnitt durch eine Sansevieriafaser, welche aus einem ganzen Gefäßbüiidel besteht, x Xylem, ph Siebteil des Phlo6ms zum größten Teil eingetrocknet (wodurch die Aushöhlung der Faser zustande kam), 6 Bastzelle des dem Phloem zugehörigen Bastbelegs. P Reste vou Parenchymzellen aus dem Mesophyll des Blattes. Pflanze und billige maschinelle Gewinnung die Faser für die Industrie dauernd nutzbar zu machen. Zu Gespinsten und Geweben ist die Sansevieriafaser nicht verwendbar, sondern nur in der Seilerei, wie etwa Sisalhanf, welchem sie in bezug auf Tragfähigkeit und Hygroskopizität gleichkommt, aber kürzer ist, so daß sie also wie geringe Sorten von Sisalhanf zu verwenden ist (War- burg). Doch soll nach Versuchen, welche im Department of Agriculture in Washington (1892) mit sorgfältig dargestelltem Florida bowstring hemp angestellt wurden, letztere Faser dem Sisalhanf in jeder Beziehung, auch in bezug auf Länge, überlegen sein. Siebzehnter AbschniU. F.isern, 327 Nach Preyer (1. c.) hat die Faser eine Länge von 0,8 (Sansevieria Ehrenhergii) bis 1,4m (S. longiflora). Die Faser von 8. ceylanica er- reicht nach Preyer Meterlänge. Die guten Sorten sind weiß bis bräunlich- weiß, mindere hellbraun. Im Querschnitt erscheint die Faser nicht selten ausgehöhlt (Abbildung bei Preyer). Die Faser- zellen haben eine Länge von 2 — 5 mm, sind zylin- drisch, verschmälern sich nach oben und unten, €nden aber gewühnhch stumpf. Die Wand der mit spaltenförmigen Poren be- setzten Faserzellen zeigt Zellulosereaktion, aber die Bindesubstanz ist nach Aus- weis der Phlorogluzinprobe p.g 81 Vergr.3i0. Wie Fig. 80, nur ist der ganze Siebteil verholzt. des Phloems noch erhalten. Es sei noch bemerkt, daß die indische seit uralter Zeit im Gebrauch stehende Sansevieriafaser im Heimatlande die Namen Murwa, Murga, Mazul führt und im Sanskrit Goni heißt. Diese Faser wird gewöhnlich von S. ceylanica abgeleitet. Es scheint diese Ableitung nicht richtig zu sein, die Faser »Goni« viel- mehr von S. Roxburghii abzustammen i). 3L Espartofaser2). Das in neuerer Zeit so oft genannte und so vielfach verwendete Espartogras, die Blätter der in Spanien und Nordafrika (Algier, Tunis, Tripolis; Marokko liefert wenig) in außerordentlich großen Mengen wild- wachsenden Stipa tenadssima (= Macrochloa tenacissimaj^ steht schon seit alter Zeit in Verwendung. Dieses Gras ist das Spartuni der Römer (Plinius der ältere, Hist. nat.). Schon seit Jahrhunderten werden in Spanien die zähen Blätter dieses Grases zerrissen und aus den festen Fäden Gebirgsschuhe (calcei spart ei) verfertigt 3). Der Name Esparto — im Spanischen so viel wie trockenes Gras oder 1) Vgl. Watts Diclionary of the Economic Products of India, VI, p. 460 und Morris, Gantor Lectures. On commercial fibres. London 1893. 2) Wiesner, Wochenschrift des niederösterr. Gewerbevereins, 1865. Bastide, L'alfa; Vegetation, exploitation etc. Oranl877. Vivarez, L'halfa, etude industrielle -et botanique. Paris 1888. T. F. Hanausek, Zur Mikrosiiopie einiger Papierstoffe, Der Papierfabrikant, Berlin, 1912, p. 31 ff. 3) Böhmer, Techn. Gesch. d. Pflanzen, I, p. 530. 328 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. getrocknetes Gras, Heu — hat allgemeinen Eingang gefunden; das spanische Wort für Stipa tenacissima ist Atocha, welches aber für die Handelsware nicht benutzt wird. Häufiger hört man die Ausdrücke alfa oder halfa, womit in Algier das genannte Gras bezeichnet wird. Auch das Wort Sparto ist hin und wieder im Gebrauch. Wie nunmehr allgemein bekannt ist, wird das Espartogras in neuerer Zeit in der Korbflechterei (Spanien, Italien; seit 1870 auch in Österreich], vmd als Durchzugsstroh der Virginier- Zigarren (Italien, Österreich), die grobe Faser zu Seilerarbeiten (Spanien, England, Frankreich), die feine gebleichte Faser in der Papierfabrikation (England, Frankreich, Belgien, Spanien) usw. verwendet. Die Ware, welche unter dem Namen Esparto- stroh in den Handel kommt, besteht aus ganzen Blättern. Mit dem Namen Esparto, Sparto oder Alfa bezeichnet man aber nicht bloß Stipa tenacissima, bzw. deren Blätter, sondern auch das Gras Lygeum Spartum (es ist dies keine Stipacee, sondern eine Phalaridee) ein spanisches, namentlich in der weiten Umgebung von Barcelona massen- haft auftretendes, indes auch in Nordafrika verbreitetes Gras, welches als »Albardine« 1) oder Esparto basto^) exportiert wird, aber nur einen ungenügenden Ersatz für Esparto bildet. Auch Ampelodesmos tenax (siehe oben p. 65) soll als Esparto im Handel vorkommen. Diese Ware hat in neuerer Zeit — etwa seit fast 60 Jahren — eine große Bedeutung erlangt. Die Ausfuhr aus Algier (insbesondere Oran) begann im Jahre 1862 und betrug 30 Jahre später jährlich mehr als 60 Millionen Kilogramm. Halb so viel wird aus Tunis 3) und Tripolis, aus Spanien (Malaga, Murcia, Almeira) werden etwa 40 Millionen Kilo- gramm jährlich ausgeführt. Nach den Berichten des Kais. Deutschen Konsulats in Tripolis be- trug die Ausfuhr von Esparto im Jahre <9i0: Tripolis 24 385 Tonnen Tunis 34285 Algier 91300 Spanien 44 278 Die spanische Ware ist die beste, die tripolitanische die geringste. Aus ersterer gewinnt man 55, aus letzterer bloß 42 — 43 Proz. Papier- zellulose ^). 1) H. Müller, Deutscher Ausslellungsber. über die Wiener Ausstellung 1S"3^ III, p. 100. 2) T. F. Hanausek, Technische Mikroskopie. 1900, p. i06. 3) H. Tridon, L'alfa tunisien. Revue des Cult. Colon. II, 1898. 'f) Über Export von Esparto siehe auch Stuhlmann im Tropenpflanzer 1907, p. 243 ff. Daselbst die Angabe, daß in Algier 5 Millionen Hektar Landes mit Esparto- gras bedeckt sind und die Jahresausbeute noch einer weiteren Steigerung fähig sei. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 329 Alles im Handel erscheinende Espartogras ist Sammelprodukt wild- wachsender Gräser. Doch trachtet man den Ertrag in neuester Zeit durch Bewässerung zu steigern. Zur Abfuhr des in kolossalen Massen gesammelten Produktes erfolgte in einzelnen Gebieten die Anlage eigener Eisenbahnen. Der steigende Bedarf nach diesem Handelsartikel führte zu Versuchen, das Espartogras in Amerika einzubürgern ; aber weder die von Hooker in Vorschlag gebrachte Vermehrung durch Samen, noch die in Kalifornien in Angriff genommene Anpflanzung von »Wurzeln« (Rhizomen) hat bisher ein praktisches Resultat geliefert. »Dieser Fehl- schlag«; sagt Semleri), »sollte nicht abschrecken, die Einführung in solchen Gegenden der halbtropischen Zone zu versuchen, wo Boden und Klima das Gelingen wahrscheinlich machen. Als unfruchtbar betrachtetes, trockenes oder steiles Gelände kann durch die Anpflanzung der Alfa mit geringen Kosten und Mühen ertragreich gemacht werden. An einem Markte für Esparto fehlt es nicht, denn dieser Artikel wird in Massen verbraucht und der Begehr ist steigend.« Es sei noch bemerkt, daß aUe neueren Versuche, auf wüstem Boden warmer Erdgebiete das Esparto- gras anzupflanzen und so neue Bezugsquellen dieses Rohstoffes zu ge- winnen, gänzlich fehlschlugen, weil die Anpflanzung zu schwierig und kostspielig ist und die Konkurrenz mit dem algerischen Produkte aus- sichtslos erscheint 2). Die Einerntung wird am rationellsten im Beginn des Reifens der Früchte vorgenommen. Vor und nach diesem Zeitpunkt erhält man minderwertige Produkte. Die Blätter werden unter möglichster Schonung der »Wurzeln« abgepflückt. Die abgepflückten Blätter werden gebündelt und in Haufen zusammengeworfen, zwei Tage sich selbst überlassen, hierauf öffnet man die Bündel und breitet die Blätter aus, um sie an der Sonne zu trocknen, worauf sie neuerdings gebündelt werden. Nun- mehr kommen sie in den Handel. An den Küsten nimmt man auch eine schwache Röstung vor und klopft die Blätter, um die Faser ge- schmeidiger zu machen. In diesem Abschnitte handelt es sich vor allem um die aus den Blät- tern von Stipa tenacissima dargestellten Fasern und es sei nur zum Verständnis der die Faser selbst betreffenden Auseinandersetzungen hier kurz erwähnt, daß die sogenannten Espartohalme (Blätter) eine grünliche, nach längerem Liegen gelbliche Farbe zeigen, eine Länge von etwa 0,3 bis 0,5 m und eine mittlere Dicke von etwa 1,5 mm haben. Obgleich diese sogenannten Halme Blätter sind, sind sie doch nicht flächenförmig, ^) 1. c, III, p. 719. 2) Solche Versuche wurden vor wenigen Jahren in Deutsch-Ostafrika unter- nommen. Es konnte nach den angestellten Versuchen der Anbau des Espartograses nicht befürwortet werden. Stuhlmann, 1. c, p. 245. 330 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. vielmehr zylindrisch gestaltet, welche merkwürdige Form dadurch zu- stande kommt, daß sich die im Querschnitt etwa halbkreisförmigen Blalthälften dicht aneinanderlegen. Nur an der Basis jedes »Esparto- halmes« kann man schon durch die Form nachweisen, daß er ein Blatt ist. Die grobe, zu Seilerwaren dienliche Espartofaser wird einfach durch Zerreißen der Blätter auf dem Wolf ohne jede Vorbehandlung erhalten. Früher scheint man sie in Spanien durch Bearbeitung auf den llanf- brechen und Hanfhecheln ähnlichen Vorrichtungen dargestellt zu haben') und vielleicht steht auch jetzt noch diese Bereitungsweise hier und dort in Anwendung. G " Die Faser hat eine Länge von 1 0 bis 40 cm und eine Dicke von 90—500/1. Die feinen Fasern sind kurz, die groben lang. Von den einzelnen Fasern gehen noch überaus zarte Fäser- chen, welche etwa eine Dicke von SO f^t haben, aus, die sich jedoch nur in einer Länge von i — 2 cm abziehen lassen. Die Faser ist grüngelb- lich gefärbt, glanz- los, rauh im Anfüh- len und im Vergleich mit den gewöhnlichen Spinnfasern steif. Lufttrocken führt die Espartofaser 6,95, mit Wasserdampf völlig gesättigt 13,32 Proz. Wasser. Völlig getrocknet liefert sie 2,20 Proz. Asche. Diese Asche ist wohl völlig kristallfrei, hat aber doch ein sehr charakteristisches Gepräge, indem sie der Hauptmasse nach aus gestaltlich vollkommen wohlerhaltenen Oberhautstücken des Espartohalmes besteht, an denen man die durchweg stark verkieselten Oberhautzellen und Spaltöffnungszellen mit überraschender Schärfe erkennt. In diesen Ober- hautstücken findet man zwei Arten von Oberhautzellen, gewöhnliche, seitlich wellenförmig konturierte (siehe die unten bei Besprechung der Strohpapiere abgebildeten Oberhautzellen des Espartoblattes; vgl. auch Fig. 82. Vergr. 80. Querschnitt durch einen Teil des Blattes von Slipn tenncissitna (Esparto). o. Oberseite, u. Unterseite, G Gefäßbundel. dessen Bast sich bis nahe zur Oberhaut fortsetzt (bei 6'). oo Ober- hautzellen, s Spaltöffnung (bloß oberseits', 7i Haare, b Bastring, nnter- seits geschlossen. P Parenchym. 1) Böhmer, 1. c, T. p. 530. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 331 •Fig. 84) und überaus kleine, wegen ihrer starken Verkieselung Kiesel- zellen genannte Elemente. Jod und Schwefelsäure färben die Faser rostrot. Kupferoxyd- ammoniak färbt die Faser grün und nur die hier und dort freiliegenden Bastzellen unter Aufquellung blau. Schwefelsaures Anilin ruft eine eigelbe Farbe hervor; die Espartofaser ist also verholzt. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Espartofaser tritt das Oberhaut- und Gefäßbündelgewebe so sehr in den Vordergrund, daß es genügt, die morphologi- sche Charakteristik auf diese beiden Gewebe zu stützen. Das Paren- chymgewebe ist in so geringer Menge vorhan- den, daß man, auch mit Rücksicht auf den Um- stand, daß seine Zellen zerdrückt und zerrissen sind, Mühe hat, es auf- zufinden und sicher zu deuten. — Fast an jeder Espartofaser sieht man Stücke der Oberhaut, bestehendausOberhaut- und hin und wieder Spaltöffnungszelien, reichhch bedeckt mit , ^ c •* Fig. 83. Vergr. 80. Querschnitt durch einen Teil des Blattes von kurzen, an der Spitze lygetim Spartnm. o. ober-, u. Unterseite des Blattes, h Haare, meist hakenförmig * Spaltöffnungen (oben und unten), o Oberhautzellen, 6 einfache , . , , . Baststränge, G Geß,ßbündel, P grünes, P farbloses Parenchym, gekrümmten koni- ^, oefäßbündeischeide. sehen Haaren (Fig. 86). Die Länge der gewöhnlichen Oberhautzellen beträgt etwa 60, ihre Breite 12 ^i. Die Haare sind 36—60 i^i hoch; ihre Basis mißt etwa 9 f.1. — Die Hauptmasse der Fasern besteht indes aus Bastzellen. Die- selben sind kurz, nämlich meist unter, selten über \ mm lang, sehr regel- mäßig walzenförmig und lang zugespitzt, stark verdickt, fast so wie die Flachsbastzellen, 9— 15 ,u breit. — Die Bastzellen des Espartohalms werden durch Kupferoxydammoniak gebläut, quellen auf, stellenweise blasig und werden schließlich in Lösung übergeführt. Jod und Schwefel- säure rufen an der unveränderten Bastzelle eine grüngelbe, schwefel- saures Anilin eine deutliche gelbe, Phlorogluzin + Salzsäure eine rotviolette Färbung hervor. Die Bastzellen des Espartoblattes sind mithin verholzt. 332 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Wenn es darauf ankommen sollte, zu unterscheiden, ob eine be- stimmte Espartosorte von Stipa tenacissima oder Lygeum Spartum herrührt, so wird man den anatomischen Bau der Blätter dieser Gräser zu beachten haben. Sowohl wenn es sich um unverletzte Blätter han- delt, als auch wenn die Espartofaser in fein zerteilter Form, z. B. als Papierfaser vorliegt, wird die Unterscheidung leicht und sicher durch- zuführen sein. Handelt es sich um die ganzen Blätter oder um gröbere Fragmente derselben, so genügen für die Unterscheidung folgende Kennzeichen. Die Oberhaut des Blattes von Lygeum Spartum ist mit Haaren und Spalt- sSp'^iatl-v .*^rir^,,,:.,^. Fig. 84. Vergr. 460. Oberhaut von der Unterseite eines (jungen) Blattes von Stipa tenaritiaima. z z' Paare von Kieselzellen, von denen die eine stärker als die andere verdickt ist. Im reifen Blatte, wie es als » Esparto « vorliegt, sind die Oberhautzellen (e) stärlser verdickt, aber nicht länger als in der Figur. Fig. S5. Vergr. 460. Oberhau'. von der Unterseite eines Blattes von Li/r/enin Spartum. e Oberhautzellen, zz' Kieselzellen, s Spalt- öffnung mit Nebenzellen n. Öffnungen versehen. Die Haare kommen nur an der Oberseite des Blattes vor, sind entweder einzellig, dickwandig, weitlumig, oben fast immer abgestumpft (Fig. 83 und 87) oder zart, dünnwandig und zweizeilig. Zwischen den Oberhautzellen liegen kleine meist runde Kieselzellen. Spalt- vor. Das Grundgewebe besteht vorwiegend aus grünem Parenchym. In dieses ist ein Kreis von vollkommen getrennten einfachen Bast- bündeln und Gefäßbündeln eingebettet, welch letztere von einer großzelligen Gefäßbündelscheide umkleidet sind. Die Haare von Stipa tenacissima sind fast durchweg kegel- förmig, zugespitzt, häufig hakenförmig gekrümmt, sehr englumig (Fig. 82 und 86). Spaltöffnungen finden sich nur an der Oberseite des Blattes vor. An der Unterseite des Blattes befindet sich ein Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 333 kontinuierlicher Bastring, oberseits treten getrennte einfache Bast- stränge auf. Im Grundgewebe, welches fast ganz aus grünem Parenchym besteht, liegen Gefäßbündel, deren langgestreckte Bastbündel bis an die Peripherie des Blattes reichen. Die Fasern dieser Bastbündel sind auffal- lend dünnwandiger als die Fasern der schon genannten einfachen Bastbündel, bzw. des an der Unterseite des Blattes vorkommenden Bastringes. Gefäß - bündelscheide fehlt. Die Oberhautzellen und die Spalt- öffnungen des Blattes von Lygeuni Spartum sind auffällig grüßer als die von Stipa tenacissima. Es stehen die Zwergzellen bei beiden allerdings paarweise, haben aber bei jeder dieser beiden Spezies eine verschiedene Gestalt (Fig. 84 und 85) i). Die Espartofaser wird in Frankreich zur Herstellung von grobem Packtuch und zu Seilerarbeiten verwendet. Vielseitiger ist die Verwen- Vergr. 4(i0. Haare Yon Esparto (Blatt von Stipa tenacissima). in Spanien fertigung von Seilen für Berg- werke und von Sandalen Ver- wendung finden, welche im Lande benutzt, aber auch stark nach Westindien expor- tiert werden 2). Die Hauptver- wendung findet die Esparto- faser in der Papierfabrikation, insbesondere in England (siehe unten bei Papierfasern). Der Verwendung des intakten Blat- tes (Espartostroh) in der Korb- flechterei und als Durchzug- stroh der Virginier-Zigarren wurde schon früher (p. 328) Erwähnung getan. wo sie in großem Maßstabe zur Ver- ¥ig. 87. Vergr. 40i). Charakteristische Bestandteile der Espartozellulose von Lijgeuin Spurium. 0 0 Papillus ausgestülpte Obeihautzelle, h derb wandiges einzelliges Haar, h' Oberhautstück mit zarten zweizeiligen ^ „. Haaren. (Nach T. F. Hanausek.) \] tiine eingehende Unter- suchung der anatomischen Verhält- nisse des Blattes von Lygeuni Spartum und Stipa tenaeissima hat Dr. A. v. Hayek im Wiener pflanrenphysiol. Institut ausgeführt und in der österr. bot. Zeitschrift 1902, Nr. t, veröfTentlicht. Die Abbildungen 82 — 86 sind nach v. Hayeks Präparaten von J. Fleisch mann für die »Rohstoffe« gezeichnet worden. 2; S.emler, 1. c, p. 720. 334 Siebzehnter Abschnitt.. Fasern. 32. Piassave. Unter Piassave verstand man anfänglich bloß die von selbst an der Luft mazerierten, am Stamme frei stehenden oder hängenden Gefäß- bündel der Blattscheiden der brasilianischen Piassabapalmen. Diese charakteristische, nämlich dicke, braune, fischbeinartig biegsame und technisch sehr verwendbare Faser steht in Brasilien zur Herstellung von Matten, Seilen, Tauen usw. seit alter Zeit in Verwendung. Sie wurde als Piassave in Europa im Beginne der sechziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts bekannt und gelangte rasch zu ausgedehnter Benutzung i). Seitdem die brasilianische Piassave in Europa zu allgemeiner tech- nischer Verwendung kam, wurde die Aufmerksamkeit auf ähnliche, von anderen Palmen herrührende Blaltscheidenfasern gelenkt, welche im Aus- sehen und anscheinend in den Eigenschaften der echten Piassave gleichen. Auch diese Fasern fanden alsbald Verwendung und werden, ganz abge- sehen von der Abstammung und geographischen Provenienz, gleichfalls als Piassave bezeichnet. Gegenwärtig kommen als Piassave mehrere im Aussehen ähnliche, aber in der technischen Verwendbarkeit verschiedene Fasern vor, näm- lich die schon genannte in zwei Hauptsorten zerfallende brasilianische und die afrikanische Piassave. Letztere stammt von der im tropi- schen Afrika weit verbreiteten, in einzelnen Gebieten massenhaft auf- tretenden Bambou- oder Weinpalme, Raphia vinifera, und erscheint im Handel auch unter dem Namen bass fibre-) (Bassfaser, Bastfaser). Im europäischen Handel kennt man die bass fibre seit dem Jahre 1890 3). Im Wiener Handel erscheinen beide Fasern als ständige Marktprodukte. Auf einige von anderen Palmenarten herrührende, nunmehr häufig gleichfalls zu den Piassaven gerechnete Fasern komme ich später noch zurück. Vorerst sollen die beiden genannten, welche derzeit die wich- tigsten Sorten der Piassave repräsentieren, charakterisiert werden. A. Die brasilianischen Piassaven. Die ersten verläßlichen An- gaben über eine aus Brasilien stammende Piassave finden sich bei Mar- tius*), welcher zeigte, daß diese so höchst charakteristische Faser von einer Palme abstammt, die er als Attalea furifera beschrieb. Später \] Erste Auflage dieses Werkes, p. 445. Ihren Aufschwung als Handelsware verdankt die Piassave ihrer Verwendung in der Bürstenfabrikation. Ein Liverpooler Bürstenbinder kam zuerst auf den Gedanken, die Piassave zur Verfertigung von Bürsten zu verwenden. Gardeners Chronicle 1880, XIV, p. l^. 2) Kew Bullet. 1891. 0. Warburg, Die aus den deutschen Kolonien expor- tierten Produkte. Berlin 1896. 3) 0. Warburg, 1. c. 4) Reise in Brasilien 1817—1820, II, p. 625. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 335 wurde von A. R. Wallace im Gebiete des Rio negro (Nebenfluß des Amazonenstromes) eine von ihm als Leopoldinia Piassahe beschriebene Palme entdeckt, welche Piassave liefert. Er hielt diese Pflanze für die echte Piassavepalmei). So entstand eine Kontroverse, welche manche Unklarheit in die Frage der Abstammung der brasilianischen Piassaven brachte. Von einer Seite wurde behauptet, daß die beiden genannten Palmen identisch seien. Dies geschah durch Seemann 2) unter Berufung auf Hooker, und da die zufällig untersuchten brasilianischen Piassaven anatomisch unterein- ander übereinstimmten, so waren die an den betreffenden Untersuchungen beteiligten Forscher geneigt, die brasilianischen Piassaven von einer Palme abzuleiten 3). Das erneute Studium der käuflichen Piassaven lehrte aber, daß diese Ansicht nicht richtig sein könne, da die Qualitäten der im Handel er- scheinenden brasilianischen Piassaven zum mindesten auf zwei verschie- dene Stammpflanzen hinweisen. Man gewann hierfür auch botanischer- seits Anhaltspunkte, indem mit voller Sicherheit gezeigt werden konnte, daß nicht nur die von Martins aufgestellte Attalea furifera^ sondern auch die von Wallace beschriebene Leopoldinia Piassabe ganz selb- ständige Arten repräsentieren und Produkte liefern, welche man im Handel als Piassaven zusammenfaßte, wenngleich sie in ihren Qualitäten doch so verschieden sind, daß sie verschiedene Handelssorten bilden*). Sadebeck leitet in einer späteren Schrift^) die Bahia-Piassave von Attalea furifera, die Para-Piassave von Leopoldinia Piassabe ab^), was mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit bereits früher (-1894) von T. F. Hanausek ausgesprochen wurde''). Die Herleitung der Bahia- 1) Palm Trees of the Amazon. London 1853. S. auch die unten zitierte Ab- handlung von Archer. 2) Die Palmen. Deutsch von Bolle. Leipzig, Engelmann, 1853, p. 52 und <60. 3) Wiesner, Rohstoffe, erste Auflage 1873. Sadebeck, Kulturgewächse der Deutschen Kolonien. Jena 1899, p. 317. Wiesner, Rohstoffe, 2. Aufl., II, 1903, p. 406. 4) S. hierüber T. C. Archer, Note on Piassabe. Journ. of Botany, Vol. VII, dazu die Note von Hooker, p. 213. 5) Sadebeck, Über die südamerikanischen Piassavearten. Ber. der Deutschen Bot. Gesellschaft, XX (1902), p. 383. Auf diese Arbeit konnte ich in der 2. Aull. der Rohstoffe nicht mehr Rücksicht nehmen, da mein Artikel Piassave schon gedruckt war. 6) Sonderbarerweise sagt Sadebeck (I.e., p. 385), daß diese seine Ableitung mit der ursprünglichen Ableitung von Wallace übereinstimmt, was nach den obigen Angaben irrtümlich ist. Sadebeck beruft sich bei seiner Aussage auf eine angeb- liche Schrift von Wallace, betitelt >Reiseerinnerungen« und zitiert dabei den Just- schen Jahresbericht v. J. 1876, p. 1 158, wo allerdings die genannte Ableitung zu finden ist, die aber nicht von A. R. Wallace, sondern von G. Wallis herrührt. 7) T. F. Hanausek, Einige Bemerkungen zu R. Sadebeck, Über die südame- rikanischen Piassavearten. Ber. der Deutsch. Bot. Ges., XX (1902), p. 83 ff. 336 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Piassave ist gewiß richtig, da Sadebeck verläßliches, sicher von Attalea furifera herrührendes Material zur Hand hatte. Hingegen bezieht sich seine Aufstellung rücksichtlich der Para-Piassave nicht auf ein botanisch be- stimmtes Produkt, son- dern auf eine Handels- ware, die er von einer amerikanischen Firma erhielt!). Diese Aufstel- lung ist also, trotz ihrer Wahrscheinlichkeit, doch noch nicht völlig sichergestellt und erfor- dert noch eine genauere Prüfung. 2) a) Die Para- Piassave. Es ist dies die aus dem Ge- biete des Rio negro stammende Piassave, welche Wallace als Ab- kömmling der von ihm entdeckten Leopoldinia ..^«^v x^«»^^^,«!^.,^ . V. Picissaba 3) erkannte. Die 7" ^K /lA / 1) 1. c, p. 384. 2) Leider ist es mir, trotz vieler Bemühungen, niclit geglückt, authentische ßlattscheidenfasern von Leo- poldinia Piassahe zu be- kommen, so daß ich die Her- leitung der Para-Piassave auch nicht weiter als Sade- beck führen konnte; wie er hatte ich zur mikroskopi- schen Charakteristik dieser Piassave nur Handelsware. 3) T. F. Hanausek wollte für Wiesner die Frage nach der Abstammung der Para-Piassave durch Untersuchung authentischen Materials von Leo/)o/(^Mim Pi'assaia zur Entscheidung bringen. Er konnte leider nur ein Stück der Blattscheide von Leopoldinia pulchra Marl, erlangen, deren zusammen- gesetzte Faserbündel sich aber als genau so gebaut ei'wiesen wie die als Para-Piassave bezeichnete Ware. Nach Hanausek (Berichte d. Deutschen Botan. Gesellsch., -1916, 34. Bd., p. 247 — 249) stammt zweifelsohne der letztgenannte Faserstoff von einer Leopoldinia- Art ab, und es erscheint ihm sicher, daß zum mindesten der weitaus Fig. 88. Vergr. 1 (Jü. Querschnitt durch die Para-Piassave (von Leopoldinia Fiassabc]. Zahlreiche l6i kollaterale Gefäßbünflel {jili Phloem, X Xylem derselben) sind von Bastzellen (b) umgeben. P parenchymatisches Zwischengewebe. Siebzehnter Absclinitt. Fasern. 337 Para-Piassave erscheint im Handel in Längen bis zu -1,85 m, ist meist stark abgeplattet und gewöhnlich 0,8 — 2,5, doch auch hin und wieder bis 3,5 mm breit. Sie ist an einer oder an zwei Seiten scharfkantig. Die Kanten laufen entweder ganz geradlinig oder in steilen Schrauben- windungen. Die Farbe dieser Piassave liegt zwischen zimt- und schoko- ladebraun. Die einzelnen Fasern sind gewöhnlich gleichmäßig gefärbt oder aber mit helleren Streifen versehen, und zwar an jenen Stellen, wo das in kleiner Menge noch anhaftende Grundparenchym mit dem zwischen den Gefäßbündeln netzförmig verteilten Parenchym (Fig. 88 P) in Verbindung steht. Die Faser ist sehr elastisch, in höherem Grade als die nachfolgend beschriebene, doch läßt sie sich in der Hand brechen. Aus dem Querschnitt erkennt man unter dem Mikroskop (Fig. 88), daß diese Faser aus mehreren Gefäßbündeln besteht, wodurch sie sich sofort von der Bahia-Piassave, welche stets nur ein Gefäßbündel ent- hält, unterscheiden läßt. Die in jeder einzelnen Faser auftretenden, von mächtigen Bastbündeln umhüllten Mestomstränge (in Fig. 88 sechs) lassen deutlich Phloem (Siebteil) und Xylem unterscheiden. Um die Bastmäntel herum und stellenweise zwischen dieselben hindurch, bis zum Mestom reichend, treten Parenchymelemente in mehr oder minder geschlossenen Zügen auf, den Querschnitt unregelmäßig netzförmig durchziehend. Dieses netzförmige Zwischengewebe ist für die Para-Piassave gleichfalls charak- teristisch i). Die Bastzellen haben eine Länge von 0,3 — 0,9 mm, die Parenchym- zellen messen im Längsschnitt im Mittel 75, der Breite nach 25 //. Die Gefäßbreite beträgt im Mittel 54 u. Nach im Wiener pflanzenphysiol. Institute von P. Hugo Greilach angestellten Beobachtungen rollen sich die Schraubenbänder der Gefäße nach Behandlung in heißer Kalilauge ab (vgl. bei afrikanischer Piassave). In der Peripherie der Fasern treten sehr auffällig »Stegmata« mit morgensternförmigen Kieselsäureeinschlüssen (Fig. 89) auf. Lufttrocken führt diese Piassave 9,26, in mit Wasserdampf gesät- tigtem Räume 1 6,98 Proz. Wasser. In einzelnen Sorten steigt der maxi- male Wassergehalt bis auf 20,06 Proz. (Greilach). Getrocknet liefert sie 0,506 Proz. Asche, welche reich an Kieselsäureeinschlüssen der Steg- mata ist. b) Die Bahia-Piassave stammt von Ättalea funifera; sie stimmt im Aussehen und in der Länge so ziemlich mit der früheren überein. größte Teil der im Handel befindlichen Para-Piassave von Leopoldinia Piassaba ge- liefert wird. ■1) Über die physiologische Bedeutung dieser parenchymatischen Zwischengewebe vgl. Schwendener, Das mechanische Prinzip im anatomischen Bau der Monocotyjen. Leipzig, 1874, p. 65 und 107. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. :5. Aufl. 22 338 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. abgerundet 3 — 4 eckig, fast isodiametrisch. Doch ist sie merklich dunkler, der Querdurchmesser gewöhnlich unter 1,5 mm. Diese Faser spaltet leicht, und deshalb findet man in der Ware auch Fasern von roßhaarähnlicher Dicke. Sie ist stielrund oder Jede Faser enthält nur einen Gefäßbündelstrang mit einem mächtigen Bastbeleg an der Phloem- und einem schwäche- ren Bastbeleg an der Xylem- seite des Gefäßbündels. Steg- mata mit Kieselsäureeinschlüs- sen wie bei der früheren. Auch in betreff der Hygro- skopizität und des Aschen- zwischen Bahia- und Para- Fig. S9. Vergr. 50O. KieseleioscWüsse der Stegmata von afrikanischer (1) und brasilianischer {S) l'iassave, nach Behandlung dieser Fasern mit Chromsänre zurückbleibend. sind keine anderen Sorten gehaltes ist kein auffälliger Unterschied Piassave i). Außer Para- und Bahia-Piassaven brasilianischer Piassaven bekannt geworden. Die Piassave der Attalea funifera kommt indes auch aus andern südamerikanischen Gebieten in den Handel. So aus Venezuela. Die dortselbst seit i882 in nicht unbe- trächtlicher Menge gewonnene, Ghique-chique genannte Faser ist nach Ernst 2) eine Piassave, welche von Attalea funifera abstammt, also mit der Bahia - Piassave iden- tisch ist. B. Afrikanische Pias- save. Die Stammpflanze dieser Piassave , Eaphia vinifera, ist im tropischen Afrika sehr verbreitet, wird aber nicht überall auf Faser ausgebeutet. Es ist derselbe Baum, dessen Blätter den sogenannten westafrikanischen »Raphiabast« liefern (siehe p. 346). Die grüßten Massen dieser Piassave liefert Westafrika, und zwar von Fig. 90. Querschnitt durch die Bahia-Piassave (von Attalea funifera). X Xylem des Gefößbündels, J Siebteil des Phloems des Gefäßbündels, R Bast des Phloems, 6 Bast des Xylems. (Schematisch, nach Sadebeck.) \) Über Gewinnung dieser Piassave s. L'exploitation du piassave dans l'etat Bahia, Journ. Agric. tropic. IX (1909). Die Piassave wird von wild wachsenden Bäumen gewonnen. Ein Baum hefert durch 30 Jahre jährlich 5—10 kg Fasern. 2) La exposicion nacional de Venezuela en 1883. Caracas 1886, p. 430. Siebzehnter Abschnitl. Fasern. 339 Sierra Leone an bis Benin, besonders Liberia. Auch die deutsch-west- ißerem Maße Kamerun, in geringerem Togo, ging nicht über 60 cm. Sie ist ^f-ffiftCr. % b afrikanischen Gebiete sind am Export dieser Faser beteiligt. Die Länge der untersuchten Faser abgeplattet, \ — 3 mm breit, selten breiter. Die Färbung ist verschieden und reicht gewöhnlich von strohgelb bis zimtbraun. Die tieferen Töne überwiegen. Eine Sorte __ von Sierra Leone (von der Berliner Kolonial- ausstellung 1896) hatte eine noch tiefere Fär- bung. Auch die einzelnen Fasern sind nicht selten ungleichartig. Häufig er- scheint die Faser auf einer flachen Seite dicht, glatt und dunkelfarbig, auf der entgegengesetz- ten rissig bis schwam- mig und heller gefärbt. Die dichte Seite ist nach den Beobachtungen H. Greilachs manchmal noch mit einer spalt- üfTnungsf ührenden Ober- haut bedeckt, während die schwammige Seite noch Reste des paren- chymatischen Grund- gewebes enthält. Die einzelne Faser besteht, abgesehen von den eben erwähnten Gewebs- resten, aus einem ein- zigen Gefäßbündel, wodurch sie sich von der Para-Piassave unterscheidet. Das Gefäßbündel ist hemikonzentrisch gebaut (Fig. 91), besteht nämlich aus einem kollateral gebauten Mestomstrang, welcher von einem massiven, i w ,^i Fig. 91. Vergr. 100. Querschnitt durch afrikanische Piassave (von Rriphia tinifera). pli Phloem, a; Xylem des Gefäßbündels, 6 Zellen des Bastmantels, welcher das kollaterale Gefäßbündel rings umgibt 1) Zur Untersuchung dienten einige Sorten afriiianischer Piassave aus dem Berliner bot. Museum, welche ich Herrn Prof. Engler verdaniie, ferner die im Wiener Handel vorkommenden Sorten dieser Piassave. Alle diese Sorten stimmten im wesentlichen miteinander überein, insbesondere im anatomischen Verhalten. 340 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. unterhalb der Mitte eingeschnürten Bastmantel umgeben ist. An der Einschnürungsstelle (Fig. 91) ist der Mestomstrang durch Parenchym- zellen mit dem Grundgewebe verbunden, was auf dem Längsschnitt klar hervortritt, während auf dem Querschnitt diese Verbindung leicht übersehen werden kann*), da nicht selten im Längsverlaufe des Bündels dieses parenchymatische, der Stoffleitung dienende Gewebe stellenweise fehlt. — Die Bastfasern der Randpartien sind kurz (im Mittel 510 /< lang) und englumig, die inneren Bastfasern hingegen lang (im Mittel 2525 /.i) und weitlumig. Die Gefäße haben eine mittlere Weile von 77 i-i. Die Gefäße sind netzför- mig verdickt; nach Mazeration in Kali erscheinen keine abrollbaren Gefäß- Schraubenbänder (Grei- lach). Stegmata wie bei der bra- silianischen Piassave, nur etwas größer. Im Innern der Stegmata erscheinen gleichfalls morgenstern- förmige Kieselkörper (Fig. 89). Nach Greilach enthält diese Faser im lufttrockenen Zustande 15,4, im mit Wasserdampf ge- sättigten Zustande bis 50,04 Proz. Wasser. Die afrikanische Piassave ist im Vergleich zur brasilianischen sehr brüchig und hygroskopi- scher, deshalb bedeutend gering- wertiger 2). Außer den drei genannten Piassaven erscheinen unter dem- selben Namen in neuester Zeit auch die Blattfasern einiger anderer Palmen [Borassus flahdlifer, Caryota urens und Dictyosperma fibrosum im Handel 3). Die Borassus-Piassave (Bassine) kommt hauptsächlich aus Ceylon Fig. 92. Vergr. 50. Querschnitt durch Borassus- Piassave. ph Phlocm (Siebteil), x Xylem des Me- stoms. h Bastzellen der an den Siebteil, V Bast- zellen des an das Xylem angrenzenden Bastkörpers. DD die dünnwandigen Dnrchlaßzellen, welche die Verbindung mit dem parenchymatischen Gmndgewebe des Stammes herstL-Uen. (Nach Sadebeck.) 1) Dieses parenchymatische Gewebe entspricht funktionell dem bei der brasiha- nischen Piassave beschriebenen, am Querschnitt nelzi'örmig erscheinenden Zwischen- gewebe. 2) Nach dem Bulletin van hetKoloniahnuseum te Haarlem betrug 1897 der Preis der Bahia-Piassave für 50 kg 35—60, der von Liberia-Piassave hingegen bloß 22—27 Jl. 3) Über diese Piassavesorten s. Dodge, 1. c, p. 92, 112 und 151; ferner Sade- beck, Die Kullurgewächse der deutschen Kolonien. Jena 1899^ p. 31 3 ff. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 341 und Indien in den Handel i). Sie scheint in der Güte der bass fibre gleichzukommen 2). Im anatomischen Bau stimmt sie nach meinen Be- obachtungen der Hauptsache nach mit der Faser von Raphia vinifera überein: jede Faser repräsentiert nämhch ein Gefäßbündel mit geringen Anhängen 3) (Fig. 92). Die Caryota-Piassave ist die als Kitul (Kitool) *) lange bekannte, in die Kategorie des vegetabilischen Roßhaars gestellte Faser. Sie unter- scheidet sich von den drei genannten Piassaven durch ihre geringe, nur etwa 0,5 mm betragende Dicke, tiefschwarze Färbung und ihr den Roß- schweifhaaren ähnliches Aussehen ^j. Im anatomischen Bau ordnet sie sich dem Typus der Raphia-Piassave unter, enthält nämlich nur ein Gefäßbündel 6). Diese Faser kommt aus Indien und Ceylon, Die Dictyosperma-Piassave kommt aus Madagaskar. Diese Faser auch noch zu den Piassaven zu rechnen (Madagaskar-Piassave nach S ade heck) scheint mir noch weniger erlaubt zu sein, als die altbekannte Kitulfaser in diese Kategorie zu stellen. Unter Piassaven verstand man jahrelang die eigenartige dicke, fischbeinartige braune Faser der oben genannten brasilianischen Palmen. Mit dieser Faser hat die afrikanische Piassave (bass fibre) eine auffallende Ähnlichkeit und auch die Bassine (von Borassus flabelHfe?'] kann man noch naturgemäß zu den Piassaven zählen. Während die Kitulfaser nach Aussehen und Verwendung der Tillandsiafaser und überhaupt dem vegetabilischen Roßhaar anzureihen i) Herrn Prof. Engler verdanke ich eine Bassine - Probe aus den deutschen Kolonien, welche von der Berliner Kolonialausstellung (1 896) herrührt. 2) Nach dem oben zitierten Bericht desHaailemerKolonialmuseums erzielte Bassine denselben Preis wie Bass fibre. 3) Über den anatomischen Bau dieser Faser s. Sadebeck, 1. c. 4) Ohne Angabe einer verläßlichen Quelle verwirft Sadebeck (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. XX, p. 394) die festbegründete Ableitung der Kitoolfaser von Caryota urens und führte'diese altbekannte, ofterwähnte Faser auf das Blattgefäßbündel von J.reM^a saccharifera zurück. Ich habe während meines Aufenthaltes in Ceylon und in Indien mich durch den Augenschein überzeugt, daß die Faser Kitool von Caryota urens abstammt. Ich berufe mich bei meiner, soviel ich weiß, von keiner Seite noch angezweifelten Herleitung von Kitool auf einen der genauesten Kenner der indischen Produkte, auf Sir G. Watt, welcher in seinem neuesten Werke (The commercial products of India, London 1908) an vier verschiedenen Stellen seines Werkes des Kitool (Kittul) Erwähnung tut, aber diese Faser [stets von Caryota urens ableitete. Die Faser von Ärenga saccharifera hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Kitoolfaser, auch im anatomischen Bau, aber in Indien ist diese Faser als Eju oder Gomuta fibre bekannt und wird dort nirgends mit Kitool identifiziert. — Über Kitool und andere Produkte der »Kitulpalmec s. M. Fesca, Der Pflanzenbau in den Tropen und Sub- tropen, Berlin, Bd. \l (1907), p. 188. 5) Royle, 1. c, p. 99. Squier, 1. c, p. 5-2. In den englischen Quellen black fibre genannt. Im Catal. des col. frang. 1867, p. 81, als crin vegetale bezeichnet. 6) Näheres über den anatomischen Bau der Kitulfaser s. Sadebeck, 1. c. 342 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. ist, weicht die Dictyosperma-Piassave schon durch ihr (makroskopisch) netzartiges Gefüge von dem, was man bisher unter Piassave verstand, doch sehr beträchtlich ab. Zerlegt man für den Gebrauch das Faser- netz in einzelne Fasern, so sind diese nicht so dick, um wie Piassave verwendet werden zu können. Man kann sie nur zur Herstellung grober Seilerwaren verwenden. Gegen Coir steht sie in Homogenität und Festig- keit zurück. Die brasilianische, die afrikanische Piassave und die Bassine finden ausgedehnte Verwendung zur Herstellung von Besen zur Straßenreinigung und in der Bürstenfabrikation. Die elastischere brasilianische Piassave, insbesondere die Para-Piassave, dient auch zu Matten- und anderen Flechtarbeiten und in der brasilianischen Marine zu haltbaren auf dem Wasser schwimmenden Tauen. Die Kitulfaser wird zur Herstellung feinerer Bürsten (statt Borsten) und gröberer Pinsel benutzt. 33. Panilauusfaser. Die Blätter der in vielen Tropengegenden kultivierten Pandanus- Arten enthalten Gefäßbündel, welche sich leicht abscheiden lassen und fest genug sind, um zu grobem Sacktuch versponnen werden zu können. Am häufigsten scheinen die Biälter von Pandanus odoratissimus und utilis zur Fasergewinnung benutzt zu werden. Beide Arten sind zur Variation geneigt und namentlich die erstere bildet in der Kultur zahl- reiche Spielarten 1). In den französischen Kolonien bezeichnet man die Pandanusfaser mit dem Namen Vacoa^), in Brasilien als Garapichofaser^]. Doch scheinen in dem letztgenannten Lande noch die Fasern anderer Pflanzen, selbst die Bastfasern einiger dikotyler Gewächse, mit demselben Namen bezeichnet zu werden^). Von den beiden genannten Arten liefert Pandanus utilis die festere Faser, Auf Mauritius, wo diese Pflanze in großem Älaßstabe kultiviert wird, erntet man die Blätter drei Jahre nach der Anpflanzung zum ersten Male und schneidet die reifen Blätter behufs Fasergewinnung sodann jedes zweite Jahr. Nach Semler wird auf Mauritius das geerntete Blatt in 3 cm breite Streifen geschnitten. Aus diesen Streifen wird ohne \) Nach Gürclve ist der »Pandang« [Pandanus odoratissimus) auf den Marshall- Inseln in einer erstaunhch großen Zahl von Varietäten angeptlanzt. Bericht über die Kolonialausslellung in Berhn 1896. 2) Gat. des col. frani;. 1873, p. 39, Nach dieser Quelle sollen auf Reunion allein aus den Blättern von Pandanus titilis jährlich 3 Millionen Säcke erzeugt werden. Nach Dodgc, 1. c, wird sie auch Bacona genannt. Nach Semler heißt die Faser auf Mauritius auch Vacona. 3) Ofüz. österr. Ausstellungsber. (1867;, V, p. 354. 4) Über andere Charapicho genannte Pflanzenfasern s. oben p. 234. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 343 vorhergehende Mazeration, durch bloße mechanische Bearbeitung, die Faser gewonnen. Ich gebe hier eine kurze Beschreibung der Faser von Pandmius odoratissimus. Die Pandanusfaser ist graugelblich gefärbt, glanzlos, 40 — 70 cm lang, höchst ungleich in der Dicke. Die feinsten Fasern sind haarförmig, die gröbsten haben eine Dicke bis zu 1 mm. Die Festigkeit ist gegenüber Manilahanf, Pite und neuseeländischem Flachs nur eine geringe. Durch Jod und Schwefelsäure wird die Faser licht bräunlich, durch schwefelsaures Anilin eigelb, durch Kupferoxydammoniak, ohne auf- zuquellen, blau gefärbt. Unvollkommen gereinigte, reichlich mit Paren- chymgewebe versehene Pandanusfasern werden durch Kalilauge gelblich, durch Kupferoxydammoniak grünlich blau gefärbt. Sowohl Kalilauge als auch Chromsäure isolieren die Zellen der Fasern sehr gut und rasch. Vorwiegend besteht die Faser aus Bastzellen; außer- dem enthält sie Netzgefäße und ein kleinzelliges mit schief prismatischen Kristallen von oxalsaurem Kalk erfülltes Parenchym. In der Peripherie der Bündel treten mit Kalkoxalat gefüllte Stegmata auf^). Die Bastzellen haben eine Länge von \ — 4,2 mm und sind außer- ordentlich, verschieden gestaltet. Die maximale Breite dieser Zellen be- trägt etwa 20 /*. Die Wände der Bastzellen sind höchst ungleichförmig verdickt, so daß diese Zellen stellenweise dünn-, stellenweise dickwandig erscheinen, in der Form an die Bastzellen von Gnidia eriocepkala (= Lasiosiphon speciosus) erinnernd (s. oben p. 274). Lufttrocken führt die Faser 7, 02, mit Wasserdampf gesättigt I8,35Proz_ Wasser und liefert 1,95 Proz. kristallreiche Asche. Die Fasern von Pandaniis odoratissimus dienen zur Herstellung von Matten und Seilen 2)^ während die von P. utilis (vornehmlich auf Mauritius und Heunion) hauptsächlich zur Erzeugung von Säcken benutzt werden. Die Blätter der Pcmdanus-Arten (Schraubenpalmen) bilden eines der wichtigsten Flechtmaterialien des malayischen Archipels von Polynesien, der Maskarenen und von Madagaskar. Pandanusmatten sind in den ge- nannten Gebieten sehr verbreitet^). 1) Die Stegnfiata der Pandanen wurden zuerst von Kohl (Anatomisch-physio- logische Untersuchung der Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze. Marburg 1889, p. 275] beobachtet. 2) Watt,' Dictionary ofthe Economic Products oflndia. Calcutta i 889. Semler, 1. c, p. 728. Nach Watt, Commerc. Prod. of India (4 908), p. 188, wird die Faser von Pandanus odoratissimus (Keura, Kendi) auch versponnen. 3) Warburg, Tropenpflanzer, I, p. 141. Daselbst auch eine Notiz von Ad. F. Moller, der zufolge auf St. Thome die Blätter von Pandanus thomensis Henr. stark zur Erzeugung von Matten dienen. 344 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 34. ßaphiafaser (Raphiabast). Hierunter ist die leicht abziehbare Haut der Blätter bestimmter, der Gattung i^a/pÄ^'a angehüriger Palmen zu verstehen. Diese Faser hat äußerlich die grüßte Ähnlichkeit mit dem Baste der Bäume, z. B. mit Lindenbast, weshalb sie im Handel den Namen Raphiabast — die deutsche Handelsbezeichnung ist gewöhnlich Raffiabast — führt. Was im deutschen und österreichischen Handel unter dem Namen Raffiabast vorkommt und einen nicht unbeträchtlichea Handelsartikel bildet, kommt aus Madagaskar und wird von den Blättern der Raphia pedunculata (= Raphia Ruffia Mart.) und einer anderen noch nicht festgestellten Raphia-Spezies gewonnen. Man unterscheidet zwei sehr ver- schiedene Handelssorten: den Raffiabast von der Westküste und den von der Ostküste von Madagaskar. Die erstere Sorte ist die bessere und stammt sicher von Raphia pedunculata. Die letztere stammt von -einer andern noch nicht ermittelten Raphia-kvi ab. Ich beschreibe diese bei- den Sorten nach dem im Wiener Handel vorkommenden und nach dem mir von der Hamburger Firma Steidtmann & Nagel gütigst zuge- sendeten Materiale. Beide Sorten erscheinen im Handel in Form von mehrfach zusammen- gelegten, mit Fasern des gleichen Materials zusammengeschnürten Bün- deln. Geradegestreckt hatten die Bündel eine Länge von 1,7 — 1,85 m. Viele Fasern weisen dieselbe Länge auf, viele sind allerdings kürzer, aber da jedes Büschel an seinem unteren Ende abgeschnitten ist, so müssen viele Rohfasern die obengenannten Längten überschreiten. Die Fasern der besseren Sorte (von der Westküste von Madagaskar) sind am oberen schmäleren Ende zusammengerollt, am unteren Ende haben sie eine Breite bis zu 2,5 cm. An vielen Stellen sieht man die ganze Breite der Faser; sie ist flach ausgebreitet und mißt nicht selten etwa 2 cm. Die Farbe dieser Sorte ist beinahe weiß, mit einem Stich ins Gelbliche. Der Länge nach läßt sich die Faser leicht zerreißen. Bei aufmerksamer Beobachtung sieht man, daß beim Zerreißen des Bastes in der Längsrichtung feine Fäden zum Vorschein kommen, die man in einer Länge bis zu 25 cm aus dem Baste herausziehen kann. Es sind dies die später zu betrachtenden Bastbündel des Raphiabastes. Dieses Hervortreten der freien Bastbündel beim vorsichtigen Zer- reißen des Raphiabastes nach der Länge ist sehr charakte- ristisch und weist mit ziemlicher Sicherheit auf Raphiabast; jedenfalls kann man dadurch den Raphiabast von den anderen Bastarten des Han- dels leicht unterscheiden. Der Hauptsache nach ist der Raphiabast von der Westküste Madagaskars fast weiß; aber an der Basis ist die gut konservierte Faser nicht selten grün, was mit der Erntebereitung dieser Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 345 Faser zusammenhängt. Es werden zur Gewinnung des Raphiabastes junge Blätter genommen und von der Basis der Fiederblätter gegen die Spitze zu wird die »Haut« abgezogen, nachdem man vorher einen ober- flächlichen Querschnitt durch die Fiederblätter führte. Hierbei wird in der Nähe der Schnittfläche etwas grünes Gewebe (Mesophyll) mitgenom- men, während die Hauptmasse der Haut frei von diesem Gewebe ist. Unterm Mikroskop betrachtet, erscheinen an der querdurchschnittenen Faser einerseits die Oberhaut, andererseits dicht nebeneinanderliegende Bast- bündel, welche nur durch je eine, höchstens zwei Parenchymzellen voneinander getrennt sind (Fig. 93, 94). Die Bastzellen schließen un- mittelbar an die Oberhaut an. Sie sind sehr dickwandig. Läßt man die Rohfaser durch län- gere Zeit in Salzsäure liegen, so nimmt sie eine intensiv gelbe Farbe an; taucht man dann die Rohfaser in eineLösungvon Phloro- gluzin, so wird sie nach einiger Zeit ganz Fig. 93. Yergr. 350. »Eaphiabast« von Raphia pulwiculuta, von der Westküste von Madagaskar, c Epidermis, ö Bastbündel, welche der Epidermis unmittelbar anliegen, p p Parenchyragewebe, welches zwischen den Bastbündeln auftritt. b P r Fig. !I4. Vergr. 350. »Raphiabast« von ä/;>/(m s;*., von der Ostküste von Madagaskar, e Epidermis, h h Bastbündel, welche der Epidermis unmittelbar anliegen, pp Parenchymgewebe, welches zwischen den ßastbündeln auftritt. färbt. Bei mikrosko- pischer Untersuchung erkennt man, daß die genannten Färbungen nur an den Bastzel- len auftreten, diesel- ben sind deshalb schwach verholzt. Es wurde der Grad der Verholzung nach dem Gräfe sehen Verfahren ge- prüft; es stellte sich dabei heraus, daß, wenn man den Verholzungsgrad der Jute = 1 setzt, der des Raphiabastes (von der Westküste Mada- gaskars) = 0,125 ist. — Der Raphiabast von der Ostküste Madagaskars hat wohl dieselben Längen- und Breitendimensionen wie der von der Westküste; er ist aber stets stark zusammengerollt, an keiner Stelle flach ausgebreitet. Er spaltet gleichfalls sehr leicht nach der Länge und läßt bei vorsichtiger Spaltung die Baststränge in Form von feinen Fäden er- kennen. Diese Fäden lassen sich, wenn sie reine Bastbündel sind, ge- wöhnlich nicht in der Längsrichtung wie bei der früher genannten Sorte herausziehen. Haftet an diesen Fäden aber noch Oberhaut, so können Fasern von beträchtlicher Länge von solchem Baste abgezogen werden. Diese Sorte ist durchgängig leicht bräunlich gefärbt und zeigt dieselben 346 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Farbenänderungen, welche Salzsäure + Phlorogluzin bei der besseren Sorte hervorbringen, nur treten begreiflicherweise die Farbentöne wegen der starken Eigenfärbung der Faser nicht mit solcher Deutlichkeit wie bei jener hervor. Wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, so ist die von der Ostküste Madagaskars kommende Sorte von jener verschieden, welche von der Westküste kommt (Fig. 93, 94). Die Bastbündel der ersteren sind reicher an Bastzellen und differenzieren sich schärfer gegen- über den diese Bündel trennenden Grundgewebszellen. Der Raphiabast von Madagaskar wird im Gartenbau verwendet, wo er sich wegen größerer Geschmeidigkeit zum Binden mehr als Lindenbast bewährt. Zu diesem Zwecke können beide Sorten von Raphiabast verwendet werden. Zu Flechtarbeit, leichten Hüten läßt sich bloß die bessere, von der West- in den Heimatländern dient der Raphiabast seit alter Zeit den Eingeborenen als Bekleidungsstoff. Gewöhnlich findet man angegeben, da,ß Rajjhia vini- fera^) den Raphiabast liefere. Diese Palme kommt im äqua- Fig.95. Vergr. 350. Querschnitt durch die Faser von Än^Äj« torialen Teile WestafrikaS vinifera. cp Epidermis, bb Bastbündel. sh unterhalb der häufiff VOr fKonffO Loan^'O Oberhaut und zwischen den Bastbündeln gelegenes Parenchym. (Nach T. F. Hanausek.) Gabun) ; scit alters her Wird dort von den Eingeborenen die Haut der Blätter abgezogen, in feine Fäden gespalten und zur Her- stellung von Geweben verwendet. Eine mikroskopische Charakteristik des von Raphia vinifera ab- stammenden Raphiabastes verdanken wir T. F. Hanausek^). Im wesent- lichen ist dieser sogenannte Bast so wie der von R. pedunculata gebaut, doch ist das Mesophyll reicher entwickelt, was sich in den breiten, parenchymatischen Zellmassen ausspricht, welche sich zwischen den Bast- bündeln ausbreiten (Fig. 95), und in dem parenchymatischen Gewebe, welches zwischen der Epidermis und den Bastbündeln gelegen ist. Nach SadebeckS) kommt der afrikanische Raphiabast im Handel vor. Hingegen bezweifelt Zimmermann^), ob der Bast von Raphia \) Auch Raphia taetigera wird als Stammpflanze des Raphiabastes genannt. Nach Drude ist aber diese gleich der R. nicaraguensis nur als Varietät von R. vini- fera aufzufassen. Die Heimat der R. taetigera ist Brasilien, woher meines Wissens kein Raphiabast in den Handel kommt. 2) Die Raphiafaser. Ber. der Deutsch. Bot. Ges. HI (1885), p. 152fl". 3) Die Kulturgewächse der deutschen Kolonien. Jena (1 899), p. 9 ff. 4) A.Zimmermann, Die Raphiapalmen und ihre Verwendung. Der Pflanzer, Bd. III (1907), p. 162. Nach Erkundigungen, die ich bei der Großhandlungsfirma Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 347 mnifera als Rohstoff im europäischen Handel erscheine. In Form von ordinärem Gewebe, insbesondere als Packtuch, kommt gespaltener Bast von Raphia vinifera auch nach Europa i). Gerade an diesem Material konstatierte E. Hanausek2) die auffallend hohe absolute Festigkeit der Raphiafaser, welche auch an der Ware von Madagaskar sich auffällig bemerkbar macht; so leicht die Faser in der Längsrichtung spaltet, so schwer ist sie in der darauf senkrechten Richtung zu zerreißen. In Deutsch-Ostafrika hat man versucht, Raphia Monbuttorum so- wohl auf >Bast« als auf Piassave auszubeuten; aber beide Produkte wurden von zu geringer Qualität befunden, als daß man hoffen könnte, dieselben zu exportieren-^). 35. Posidoniafaser. Unter diesem und unter anderen Namen (Marinefaser, Meer-Jute) er- scheint in neuester Zeit eine Faser, welche in den Kreisen der Textil-Inter- essenten viel besprochen und zum Gegenstand technischer Untersuchungen gemacht wird. Es ist dies die natürlich mazerierte Bastfaser von Posi- donia australis Hook, f., welche an den südaustralischen Küsten (ins- besondere in der Spencerbai) in enormen Quantitäten am Meeresgrunde vorkommt. Der Meeresboden ist hier gebildet von einer Schlammschichte, welche S — 2,5 m dick und mit Seegräsern in einer Höhe von 0,3 m überdeckt ist. Im Schlamme, der zum großen Teil aus Schalen von Seetieren be- steht, befindet sich die Faser, welche nach der Verwesung der Pflanzen zurückgeblieben ist. Diese Faser wurde mir vor einiger Zeit aus böhmischen Spinnereien mit dem Ersuchen um deren botanische Bestimmung und eventuell um Beurteilung ihres Wertes als Spinn- und Webematerial zugesendet. Aus genauen vergleichenden Untersuchungen ergab sich, daß diese Fasern aus den Bastbündeln von Posidonia australis bestehen und es konnten die überaus charakteristischen Formen der diese Bündel zusammensetzenden Bastzellen als Unterscheidungsmerkmal der Posidoniafaser festgestellt werden (Fig. 96). Die Faser hat in dem Zustande, in welchem ich sie erhielt, ein wergartiges Aussehen und ist als Polstermaterial verwendbar; aber die zahllosen darin enthaltenen, sehr gleichartig erscheinenden (3 — 1 3 cm langen) Fasern lassen die Möglichkeit offen, dieses Rohmaterial Steidtmann & Nagel in Hamburg einzog (April 1914), kommt westatrikanischer Raffiabast im europäischen Handcl'nicht vor. i) Zeitschr. des ailg. österr. Apothekervereins 1879. 2) T. F. Hanausek, 1. c, p. -134. 3) Busse, Beihefte zum Tropunpllanzer, 4 902, p. 93. 348 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. etwa nach dem Verfahren, welches der Erzeugung der Kosmosfaser (s. oben p. 183) zugrunde liegt, zu veredeln. Herr Professor v. Iterson in Delft hat sich mit eingehenden Studien über die Faser von Posidonia australis beschäftigt; ihm verdanke ich die nachfolgenden Daten über Vorkommen, Gewinnung und Reinigung dieser Faser. Die mazerierte Pflcinzenmasse, welche die Posidoniafaser bildet und der Hauptmasse nach aus den Bast- bündeln der Pflanze besteht, findet sich im Meeresschlamme vor und bildet Der faserhaltige Schlamm wird vom Meeresgrunde mittels Baggermaschi- nen emporgehoben und durch Meei'- wasser gewaschen, wodurch ein Roh- material entsteht, welches behufs Raffinierung nach Port Pirie geschafft wird. Diese Raffinierung besteht bloß in sorgfältigem Auswaschen, anfangs mit Meer-, schließlich mit süßem Wasser. Nun wird die Faser ge- trocknet und exportiert. In diesem Zustande ist die Faser als Polstermaterial verwendbar. Es erfolgt aber in Europa eine bisher geheim gehaltene Veredlungsmethode, welche teils chemischer, teils mecha- nischer Art ist, die diese Faser dann zu textilen Zwecken geeignet macht. Sie soll dann zur Erzeugung von Säcken und gemischt mit Wolle zur Herstellung billiger Teppiche und Fig. 96. av^itaUs Veigr. 400. Faserbündel von Foaidonia i V charaktenstisclie Auszackungen der Zellhaut. ordinärem Tuche verwendbar sein i). Die mir zugekommenen Urteile über die Verwendbarkeit der Posidoniafaser zu textilen Zwecken lauten sehr verschieden; im günstigsten Falle heßen sich — sehr billigen Preis vorausgesetzt — nur geringwertige Gewebe aus diesem Material erzeugen. Das massenhafte Vorkommen und die relativ geringen Kosten der Her- ]) Nach Winterbottom (J. Soc. Chem. Ind., 36. Bd., p. 542; Neue Faserstoffe. ■19'I9, p. 1 41) soll die industrielle Verwertung der Faser noch nicht lohnend sein. Sehr geeignet soll die Faser für Isolationszwecke sein. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 349 -Stellung einer marktgerechten Ware lassen annehmen, daß die Voraus- setzungen eines niederen Preises gegeben sind. Die mir zugekommenen Proben der Rohware hatten eine licht- bräunliche Farbe, ein wergartiges Aussehen und enthielten eine große Menge von glatten Fasern, deren Längen oben bereits angegeben wurden. Die Fasern bestehen aus Bastzellen, welche meist zu 4 — 12 vereint einen dichtgefügten Strang bilden. Höchst charakteristisch sind die Ausbuch- tungen dieser Bastzellen (Fig. 96), welche ich bisher an keiner anderen Faser wahrgenommen habe. Auch die analogen Faserzellen von Posi- donia oceanica zeigen diese Ausbuchtungen nicht, so daß diese letzteren zur Unterscheidung unserer Fasern von anderen vegetabilischen Fasern benutzt werden können. Die Bastzellen erreichen, soviel ich gesehen habe, nie die Länge von 2 mm. Die Wandverdickung ist eine gleichmäßige, doch sind einzelne Zellen verhältnismäßig dünn-, andere relativ dickwandig. Der maximale Querschnittsdurchmesser liegt zwischen 8 und 1 4 ii. Die Posidoniafaser ist stark verholzt. Nach dem Grafeschen Verfahren geprüft, ist der Verholzungsgrad dieser Faser sogar höher als der der Jute. Setzt man den Verholzungsgrad der Jute = 1 , so ist der der Posidoniafaser = 1,4 (s. oben p. 44). Einige Monate nach meiner mikroskopischen Untersuchung des mir aus den böhmischen Fabriken zugesendeten Materials teilte mir Prof. V. Iterson die Resultate seiner mikroskopischen Untersuchungen der Posidoniafaser mit, welche im wesenthchen mit meinen Beobachtungen übereinstimmen. Auch die charakteristischen Ausbuchtungen der Fasern waren ihm aufgefallen. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß die aus Böhmen mir zur Untersuchung zugekommene Ware mit der von ihm untersuchten vollkommen identisch ist. Ich möchte nur bemerken, daß mir die botanische Provenienz der mir aus Böhmen zugeschickten Ware vollkommen unbekannt war, während Prof. v. Iterson wußte, daß es sich um die Faser von Posidonia australis handelte. Die Faser läßt sich gut bleichen. Prof. v. Iterson übersandte mir gebleichte Fasern von licht flachsblonder Farbe. Die mir gleichfalls von hm zugeschickte veredelte Faser hatte ein sehr gleichartiges Aussehen und erinnerte nicht mehr an das wergartige Aussehen der Rohware. Die älteste Angabe über die Faser von Posidonia australis, welche mir vorgekommen ist, stammt aus dem Jahre 1909*). \) A new fibre [Posidonia australis). Journ. Dep. Agr. West Austral. XVIII 4 909). Ferner: Tropenpflanzer, 1909, p. 193; Neue Faserstoffe, München 1919, p. 61, 350 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 36. Tillaudsiafasei-i). Unter allen jenen Pflanzenfasern, welche im Handel mit dem Namen »vegetabilisches Roßhaar« [crin vegetale^)] bezeichnet werden, existiert keine, welche als sogenanntes Polstergut so sehr diesen Namen ver- dient, wie die Faser von Tülandsia tcsneoides, da sie nicht nur im Aussehen dem gekrempelten oder gesponnenen Roßhaare sehr nahe kommt, sondern sich auch durch relativ große Festigkeit, Elastizität und Dauerhaftigkeit über die anderen als Postermaterial benutzten Pflanzen- fasern erhebt. Tülandsia usneoides^) ist eine auf Bäumen als Epiphyt auftretende Bromeliacee, welche in Südamerika (Brasilien, Guayana usw.), in Nord- amerika (Südcarolina und von Florida bis Louisiana) und in Westindien gebietweise massenhaft vorkommt. Die Zweige dieses Epiphyten hängen schlaff von den Bäumen herab. Man findet gewöhnlich angegeben, daß die Zweige eine Länge bis 0,5 m erreichen, v. Hühnel meinte, daß die Länge der Zweige auch 1 m be- tragen kann. Nach den zuverlässigen Angaben von A. F. W. Schimper*) erreichen die Zweige eine Länge von 3 m. Der Stengel der Tülandsia usneoides ist etwa wie ein Grashalm gegliedert, besteht nämlich aus Nodien (Knoten) und Internodien, welche regelmäßig abwechseln. Die Knoten sind weniger deutlich als bei ge- wöhnlichen Gräsern ausgebildet, die Internodien erreichen eine Länge von 4 — 10 cm. Von den Knoten gehen die mit langen Blattscheiden ver- sehenen Blätter aus, in deren Achseln gleichfalls hängende Seitenzweige 1) Außer der ersten Aullage dieses Werkes p. 442—443 s. noch: v. Höhne!,. Über den Bau und die Abstammung der Tillandsiafaser, Dinglers polytechn. Journal, Bd. 234 (1879), p. 407— 4<0. Derselbe, Mikroskopie der technisch verwendeten Faserstoffe (1887). Abbildung der Pflanze: Wittmacks Bearbeitung der Bromeliaceen in Engler und Prantl, Pflanzenlamilien, II, 4 (1888), p. 56. 2) Die häufigste Handelssorte von vegetabilischem Roßhaar ist das sogenannte >crin d'Afrique« — in Wien kurzweg »Afrik« genannt — , welches aus den Blättern von Chamaerops humilis erzeugt wird. In Wien und in allen europäischen Industrie- orten, welche sich mit Möbelfabrikation befassen, wird dieser Faserstoff sehr stark benutzt. Andere Palmen, deren Blätter bzw. Blattgefäßbündel vegetabilisches Roß- haar liefern, sind Chamaerops Tlitchiana und G. hystrix, Phoenix: reclinata, Ärenga saccharifera, Caryota urens und C. mitis (s. oben p. 68). Während das vegetabi- lische Roßhaar gewöhnlich als Polstermaterial verwendet wird, dient die Faser der beiden letztgenannten Palmenarten als Ersatz für mindere Sorten von geradfaserigen Roßschweifhaaren für grobe Pinsel, für Bürsten, Flechtarbeiten usw. 3) Nach T. und G. Peckolt soll Tülandsia reeurvata L. in Brasilien wie T. usneoides verwendet werden. S. hierüber: T. et S. Peckolt, Historia das plantas medicinaes e uteis do Brazil. Rio de Janeiro 1895 ff. 4) Epiphyten Westindiens. Botan. Zentralblatt, 1884, p, 320. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 351 Fig. 97. i/i Tillandsiafaser: Eohfaser (d. i. ungeschält) in na- türlicher Größe. 2.ä/i Rohfaser in zweieinhalbfacher Ver- größerung. A' Knoten (Auszweigungsstellel, i durch zwei Knoten begrenzte Stengelglieder (Internodien). Fig. 98. Geschälte Tillandsia- faser. i/i Dieselbe in natürlicher Größe. A' Knoten lAuszweigungs- stelle), li Internodien. 3/, Ein Kno- ten der geschäl ten Faser. 3fach vergrößert. 352 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. zur Ausbildung gelangen. An der Bildung der Faser nehmen, wie später noch näher dargelegt werden wird, die Gefäßbündel der Zweige und der letzterwähnten Seitenzweige Anteil. Im Handel erscheint die Tillandsiafaser in zweierlei Form: ungeschält und geschält. Die ungeschälte Faser entspricht dem gewöhnlich zer- kleinerten, von den Blättern befreiten Stengel der Pflanze. Sie wird nach Europa gebracht, um hier entweder direkt verwendet oder in die »geschälte« oder »gereinigte« Faser umgewandelt zu werden. Aus den Heimatländern kommt aber auch schon geschälte Ware auf den Markt. Die ungeschälte Faser enthält noch die sehr charakteristisch gebaute Rinde der Stengel, während die geschälte bloß aus den zu einem dicht- gefügten Strang vereinigten Gefäßbündeln besteht. Fig. 9't. Schwach vergr. Fig. lüO. Querschnitt durch eine Schuppe von TtUandsia usneoides (Fig. 99) Schuppe von Tülandsia stärker vergrößert. Der Zellinhalt ist nur in den drei axilen Zellen ge- umeoides. zeichnet. (Nach Schimper.) (Nach Schimper.) Die Tillandsiafaser ist sowie der Stengel der Pflanze ge- gliedert und verzweigt, und zwar sowohl die rohe als auch die ge- reinigte Faser, und dadurch unterscheidet sie sich sofort und augenfällig nicht nur vom echten Roßhaar, sondern von allen übrigen Sorten des vegetabilischen Roßhaares (s. Fig. 97 u. 98). In Europa kennt man die Tillandsiafaser schon seit dem 18. Jahr- hundert i). Durch die ersten Weltausstellungen (London 1862, Paris 1867) ist sie bekannt geworden und kommt seit etwa 50 Jahren als ständiger Artikel im europäischen und amerikanischen Handel vor 2). i) Böhmer, 1. c, I, p. S51. 2) Offiz. österr. Bericht über die Pariser Weltausstellung (1867), V, p. 355. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 353 Man hat diese Sorte von vegetabilischem Roßhaar mit den ver- schiedensten Namen belegt. Im deutschen Handel heißt sie auch Baum- haar oder Louisianamoos 1), in Frankreich crin vegetale (z. T.) oder Gara- gate^), im Handel Englands und der Vereinigten Staaten Spanish moss New Orleans moss, Old man's beard, Vegetable hair^). In Venezuela wird die Faser Barba di Palo*), in Argentinien Igan genannt^). Die Rohfaser (ungeschälte Faser) besteht, wie schon erwähnt, aus den Stengeln der Stammpflanze, ist in der schon angegebenen Weise gegliedert und verzweigt, besitzt einen Durchmesser von etwa 0,3 bis 0,5 mm, ist graulich oder grünlich weiß und mit zarten, etwas ab- stehenden, silberglänzenden Schuppen (Fig. 99) bedeckt, welche schon mit freiem Auge gut zu sehen sind. Mit der Lupe werden noch zahl- reiche feine braune Punkte kenntlich. Diese charakteristischen Schuppen gehen von einer aus wellenförmig konturierten Elementen bestehenden Epidermis aus. Mit einem Teile ihres Körpers (dem Stiele) sind diese Schuppen in die Epidermis eingesenkt, mit einem anderen größeren Teile liegen sie in Gestalt eines Schildes der Epidermis auf (Fig. 100). Von der Oberseite gesehen, besteht der schildförmige Teil aus radial verlaufenden Zellen (Fig. 99 und 1012)); an der Unterseite erkennt man jenen Gewebekörper, welcher in den ein- gesenkten Stiel übergeht^). Nach v. Höhnel sind die radial angeordneten Zellen des schildförmigen Teils der Schuppen gar nicht, nach Schimper nur schwach, doch immerhin erkennbar, kutikularisiert. Nach innen zu schließt sich an die Epidermis eine Rinde an, welche aus i— 5 Lagen dünnwandiger Parenchymzellen besteht. Oberhaut und Rinde bilden eine zarte Gewebsmasse, welche den festen Kern der Faser, nämlich die zu einem kompakten Strang vereinigten Gefäßbündel, des Stengels sackartig umhüllt. Dieser feste Kern ist es, welcher die gereinigte oder geschälte Faser bildet. Nach den eingehenden Untersuchungen v. Höhn eis besteht die ge- schälte Faser aus einem Bastfaserstrang (Sklerenchymstrang), in welchem acht Gefäßbündel eingebettet sind. Die äußeren Elemente des Sklerenchym-. Stranges sind dunkelbraun gefärbt, die inneren erscheinen hell. Die äußeren 1) Wittmack in Engler-Prantls Pflanzoniamilien, II, 4, p. 5ßff. 2) Cat. des col. frang. (1867), p. 79. 3) Dodge, 1. c, p. 3U. 4) A. Ernst, Exp. nac. Caracas, 1886, p. 431. 5) Dodge, 1. c, p. 314. 6) Schacht hat diese Gebilde als sternlörmig zusammengesetzte Haare abge- bildet; ich bildete sie, ihrem wahren Charakter entsprechend (»Rohstoffe«, 1. Aufl., p. 444) und später Schimper (1. c, Tafel IV; s. auch Fig. 99), als Schuppen ab. Wiesner, Rohstoife. III. Band. 3. Aufl. 9^ 354 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. sind durchschnittlich auch merklich dicker als die inneren. DieGefäßhündel ziehen parallel durch die Internodien. Die einzelnen aus deutlich ge- trenntem Xylem- und Phloemteile bestehenden Gefäßbündel sind durch Sklerenchymbrücken miteinander verbunden. Da die Xyleme zweier der genannten acht Gefäßbündel miteinander verschmolzen sind, so sind auf dem Querschnitt der Faser 15 Stränge zu unterscheiden, v^relche, wie A Fig. 101. Vergr. 300. A. Bastzellen, B Bruchstück eines Spiralgefäßes aus dem Gefäßbündel der Til- landsiafaser. C Oberhautzellen. D Schuppe vom Hautgewebe der rohen Faser. schon bemerkt, zu einem kompakten Strange (Kern der Rohfaser) ver- Nach Präparaten, welche von F. Hugo Greilach angefertigt wurden, erkennt man auf dem Querschnitt der Tillandsiafaser die Xyleme der Gefäßbündel sehr deutlich, während an Stelle der Phloeme sich meist Lücken vorfinden, da das zarte Siebteilgewebe eintrocknete. Es treten also hier ähnliche Aushöhlungen der Faser ein, wie wir sie bei der Kokosnußfaser (s. Fig. 105, p. 360) und noch einigen anderen Fasern (z. B. bei Agaven und Sansevieria, s. p. 326) kennen gelernt haben Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 355 Spuren von Phloem sind hin und wieder noch zu erkennen (Fig. 103). Nach diesen Präparaten erscheinen auf dem Querschnitt auch mehr (16) und auch weniger als 1 5 Bündel. In der Mitte des Stengels treten ent- weder zwei einander genäherte oder miteinander verschmolzene Gefäß- bündel (Fig. 103) auf. Durch Kalilauge läßt sich dieser »Kern«, nämhch die geschälte Faser, leicht in seine Elementarbestandteile zerlegen. Die Hauptmasse der letzteren bilden Bastzellen, welche gewöhnlich nicht die Länge eines Millimeters erreichen (meist 0,i — 0,8 mm). Doch steigt ihre Länge nach V. Höhnel bis auf 3 mm. Sie sind von Porenkanälen durchsetzt und lassen nach Behand- lung mit Schwefelsäure 2—3 Schichtensysteme hervortreten. In den ^T \ Fig. 1U2. Vergr. 270. Querschnitt durch eine Rohfaser der Til- Uvndxia mit 6 peripher gestellten und zwei einander genäherten zentral t;elegenen Gefäßhümieln. Es erscheinen hier S Xyleme {xx') und an Stelle von 8 Phlocmen (Siebteilen) 8 Lücken {ph, ph') in der Faser, b Bastzellin der Bastmäntel der Gefäßbündel, h' Bast- zellen der dunklen peripheren Bastschicht. ten histologischen Be- standteilen erkennt man ferner Gefäße (Schrau- bengefäße, nach V. Höh- nel auch Netz- und Ringgefäße), dünnwan- dige Holzparenchymzel- len, endlich — als Be- standteile des fast ganz zerstörten Phloems — Kambiformelemente und nur wenig ausgeprägte Siebröhren, welche nach dem zuletztgenannten Autor gänzlich zu fehlen scheinen. Die sehr auf- fälligen Schraubengefäße haben zumeist nur einen Durchmesser von 1 2 j«. Die Gewinnung der reinen Faser ist gewiß eine sehr einfache, da sich die sackförmig den »Kern« umhüllenden Gewebsreste von diesem leicht trennen lassen; sie soll nach mündlichen Angaben, die ich bei der Pariser Weltausstellung im Jahre 1867 erhielt, in einem Röstprozesse bestehen, welcher die peripheren Gewebe auflockert und zum Teil zer- stört, so daß schon ein einfaches Durchziehen der gerösteten Faser zwischen den Fingern genügt, um die Faser in genügend reinem Zustande zu erhalten. Dieselben Angaben über die Gewinnung der Reinfaser finden 356 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. sich auch bei Semler i). Nach Schimper^) sind die Äste der Pflanze an ihrem unleren Ende abgestorben, sehen »roßhaarähnlich« aus, da sich daselbst die Rinde bereits abgelöst hat; aus diesem Grunde findet man an der ungeschälten Faser oft den freiliegenden »Kern«. Jede Faser (Reinfaser) erscheint geghedert, entsprechend den Inter- nodien des Stengels. Von den deutlich an der Faser erkennbaren Knoten gehen Seitenfasern aus, die hin und wieder selbst noch verzweigt er- scheinen (Fig. 97). Den Fasern haften manchmal noch Reste der Rinde und selbst der Epidermis an. :^ ^ z .^^ y Fig. 103. Vergr. 270. Querschnitt durch eine Rohfaser der Tülandsia mit 6 peripher und 2 zentral gestellten Gefäßhündeln, deren Xyleme (x') miteinander verschmolzen sind. Von den 8 Phloemen ist nur eins erhalten, an Stelle der anderen erscheinen Lücken (ph, pli'). b b' wie in Fig. 102. Erwähnung getan; es ist zu bemerken, daß die Tillandsiafaser, wie sie im Handel erscheint, nämlich der Hauptstrang der Faser, niemals natürliche Enden besitzt. Die Dicke der Faser ist im Gesamtverlaufe überhaupt, abgesehen von den Knoten, eine sehr gleichmäßige, beträgt 120—210;«, sehr häufig 4 50—160.«. Lufttrocken enthält diese Faser 9,00 Proz. Wasser. In mit Wasser- dampf völlig gesättigtem Räume erhebt sich der Wassergehalt bis auf 20,5 Proz. Die Aschenmenge beträgt, auf die völlig getrocknete Substanz bezogen, 3,21 Proz. Die Asche ist kristallfrei. Jod und Schwefelsäure, ferner schwefelsaures Anilin, lassen sich auf 1) 1. c, p. 726. 2) 1. c, p. 320, Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 357 diese Faser wegen der dunkeln Färbung nicht anwenden. Kupferoxyd- ammoniak übt keinerlei Wirkung auf diese Faser aus. Die Faser ist bräunlich bis schwärzlich gefärbt und glänzend. Da man eine rein schwarze Faser einer heller gefärbten vorzieht, so wird häufig eine künstliche Schwarzfärbung der Reinfaser vorgenommen. Im europäischen Handel erscheint zumeist die geschälte oder ge- reinigte Faser und bildet die beste Sorte von vegetabilischem Roßhaar^), welches als Polstermaterial für Möbel, Matratzen, Sattelkissen usw. sehr gesucht ist. Auch die rohe ungeschälte Faser findet als Packmaterial für Glas und Porzellan Verwendung. 37. Kokosfaser (Kokosnußfaser, Coir, Coir^)]. Die Kokospalme (Cocos nucifera L.) ist durch die Kultur wohl über die Küstengegenden der ganzen Tropen weit verbreitet worden. Am häufigsten findet sie sich in den Küstenländern Südasiens und auf den sie umgebenden Inseln. Über die Heimat dieses außerordentlich nütz- fichen Kulturgewächses herrscht, wie auch über die ursprüngliche Ver- breitung der meisten von alters her wichtigen. Nutzpflanzen, keine Gewiß- keit. Das häufige Vorkommen in Südasien hat schon vor langem dahin geführt, daselbst die Heimat der Kokospalme anzunehmen. Aber ebenso berechtigt, vielleicht wegen des alleinigen Vorkommens der übrigen Cocos- Arten in Südamerika, ist die Hypothese vom südamerikanischen Ursprünge dieses Baumes 3). Am stärksten wird die Kultur der Kokospalme auf Ceylon, wo -1) Das in neuester Zeit in den Handel kommende künstliche Roßhaar ist auch vegetabilischen Ursprungs. Es wird nämlich wie die Kunstseide (s. oben p. -132) aus Baumwolle oder anderen »Zellulosen« (z. B. Holzzellulose) dargestellt. Dieses künstliche Roßhaar, welches sogar als Ersatz für Menschenhaar zu Zöpfen, Perücken u. dgl. verarbeitet wird, erscheint im Handel unter den Namen Sirius, Meteor, Pan- Seide. A. Herzog, Zur Kenntnis der Eigenschaften einiger künstlicher Roßhaar- ersatzstoffe (Kunststoffe, I, i9ii) und K. Stirm, Chem. Technologie der Gespinst- faser, Berlin (1913), p. 257. 2) Über die in den verschiedenen Heimatländern üblichen Namen für diese Faser s. Dodge, 1. c, p. 12. Die gebräuchlichsten sind außer den oben angegebenen koir, kair und cocos fibre. Sanskrit: Kera. Die heute übliche Handelsbezeichnung Coir oder Coir tauchte erst im 1 9. Jahrhundert auf. Das Wort stammt aus dem Malay- ischen (käyäru), welches zunächst in das portugiesische Wort cairo umgebildet wurde. 3) Martins, Historia palmarum, I, p. 188. Miquel, Flora von Nederl. Indie, HI, p. 65. Nach Drude (Engler- Prantl , Pflanzenfamilien, II, 3, p. 81) kommt Coeos nucifera wildwachsend an den Gestaden des tropischen Amerika zerstreut vor, so daß nach des Autors Auffassung sowohl das tropische Amerika als auch Südasien als Heimat der Kokospalme zu betrachten sind. 358 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 650 000 Acres mit diesem Baume bepflanzt sind^), ferner in Britisch- Ostindien und Südamerika betrieben. Aber auch andere tropische Küstenstriche liefern Coir. U. a. wird neuestens an der Küste von Sansibar Coir in erheblicher Menge als Nebennutzung der Kopra- und Kokosnußülgewinnung erzeugt 2). Die Deutsch-Ostafrikanische Kokosgesellschaft versucht in Daressalam die Kokosfasergewinnung im großen Maßstabe zu betreiben 3). Die Früchte der Kokospalme sind von einem derben Epidermoidal- gewebe umschlossen, unterhalb welchem in einer bräunhchen, pareu- chymatischen Grundmasse in mächtigen Schichten die zahlreichen Ge- fäßbündel liegen, welche die Kokosnußfaser ausmachen^). Hieran, nach innen zu, schließt sich die Steinschale (Kokosschale), welche den öligen Kern der Nuß umgibt. Die Gefäßbündel der Fruchtrinde der Kokosnuß kommen nicht bei allen Formen der Cocos nucifera in genügender Masse und Festigkeit vor, so daß nicht die Früchte aller Varietäten dieser Palme zur Ge- winnung der Faser Coir sich eignen. Von den 19 Varietäten sind es bloß die mit sehr faserreichen Fruchtrinden versehenen, hauptsäch- lich Cocos nucifera var. rutila, C. n. v. cupuliformis und C n. r. stupposa, welche zur Darstellung der Kokosfaser benutzt werden können. Die erstgenannte Varietät gibt die beste, die zuletztgenannte die geringste, nämhch eine sehr steife und starre Faser s). In Indien wird die Kokosfaser seit undenklichen Zeiten verwendet, besonders zu Stricken und Bindematerial im Haushalte, zu Tauen in der Schiffahrt. Das alte primitive Verfahren zur Erzeugung des Coir be- steht in Folgendem. Die faserigen Fruchthüllen werden einem Röst- prozeße unterworfen, ähnlich wie bei uns der Flachs. Der Prozeß wird so geleitet, daß die Fruchthüllen zeitweise unter Wasser stehen. Fluß- wasser gibt ein schöneres, helleres Produkt als brackiges Wasser. Je grüßer der Salzgehalt des letzteren, desto dunkler, in Rot fallend, ist die Farbe. Die Angabe, daß die Verwendung von Salzwasser schädigend auf die 1) Die Gesamtbodenfläche, welche mit der Kokospahne bepflanzt ist, wird auf 2 780 000 Acres geschätzt, wovon auf Vorder- und Hinterindien und den Archipel 920 000 und auf Südamerika 500000 Acres kommen. Vgl. Fergusons Ceylon Hand- book, 1893— 1896 und Semler, 1. c, I, 2. Aufl., p. 618. 2) Tropenpflanzer, IV (1900), p. 232. Deutsches Kolonialblatt, 1900, Nr. 1. 3) Tropenpflanzer, III (1899), p. 117. 4) Die derben Mittelrippen der Blätter dieser Palme geben allerdings auch eine, freilich sehr grobe Faser, welche nur zur Herstellung von Besen u. dgl. verwendbar ist. Im europäischen Handel kommt diese Faser nicht vor. 5) Miquel, 1. c, p. 70 ff. Über die Formen von Cocos nucifera, welche an den Küsten Ostindiens zur Gewinnung der Kokosnußfaser dienen, s. Watt, The com- merc. prod. of India, 1908, p. 332, 354 ff. Siebzehnter Abschniit. Fasern. 359 Faser wirke, ist nicht gerechtfertigt i). Die geröstete Faser wird mit Keulen "•eklopft und die nicht faserigen Anteile werden mit der Hand entfernt. Die so erhaltene rohe Faser wird verpackt und versendet oder sie wird vorher in die Form langer dünner Seile gebracht. Tausend Kokosnüsse liefern 45 — 60 kg lange, feine und 7,5 — 12,5 kg kurze Fasern (Bürstenfaser). Die Produktion des Co'ir ist in fortwährender Steigerung begriffen; vom Jahre 1880 auf 1894 ist die Ausfuhr von Coir in Ceylon auf das Zwölffache gestiegen (68 000 Ztr.) und die Ausfuhr von Kokosstricken hat sich innerhalb dieses Zeitraums etwa vordoppelt (92 000 Ztr.) 2). Die gesteigerte Nachfrage nach Coir hat zu einer rationelleren Er- zeugung geführt, welche in starker Abkürzung des Röstverfahrens und in maschineller Abscheidung der gerösteten Faser besteht. Die letztere wird auf Rollmühlen gebracht, gebrochen und. auf Hechelmaschinen gereinigt 3). Neuestens verwendet man Maschinen, welche zur Abscheidung von Sisal dienen, mit Vorteil auch zur Go'irgewinnung^). Durch Maschinen- arbeit gelingt es, das Fasermaterial in zwei Sorten zu scheiden: in eine grobe (Madras fibre) und in eine feine (Bristle fibre)^). Um der Faser eine hellere Farbe zu geben, wird dieselbe häufig gebleicht, was ent- weder an der Sonne oder durch Einwirkung von schwefliger Säure erfolgt. Die reine Faser wird in Ballen gepreßt dem Handel übergeben. Nach Europa und Nordamerika kommt nicht nur die nach dem alten Verfahren erzeugte rohe Kokosfaser, sondern auch die nach dem zuletzt genannten Verfahren hergestelte veredelte Ware. . Diese wird aber auch in europäischen und amerikanischen Fabriken aus der faserigen Frucht- hülle (»Roya«) erzeugt. Die rohe Kokosfaser hat eine Länge von 15 — 33 cm und eine maximale Dicke von 50—300 u. An den Enden ist sie dünn, in der Mitte dick. Der Querschnitt ist rundlich oder elliptisch. Sie ist außer- ordentlich fest., widerstandsfähig im Wasser und schwimmt, selbst in dicke Taue gedreht, ähnlich wie die Piassavefaser, mit Leichtigkeit auf dem. Wasser. Nach Grothe ist sie unter allen zur Verfertigung von Schiffs- tauen dienlichen Fasern die leichteste. Das geringe mittlere spezifische Gewicht dieser Faser wird hauptsächlich dadurch bedingt, daß die Faser hohl ist. 1) Tropenpflanzer, XIII (i909), p. 461. 2) Semler, 1. c, p. 620. 3) Näheres über die Maschinen zur Coi'rgewinnung und über die bei der Rein- gewinnung durchzuführenden Prozesse s. Semler, 1. c, p. 637. Siehe auch Tropen- pflanzer, II (1898), p. 319. S. auch M. Fesca, Der Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen. Berlin, Bd. II (1907) p. 138—159. 4) Tropenpflanzer, II (1898), p. 319. 3) G. Röder in Tropenpflanzer, XIII (1909), p. 461. 360 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Lufttrocken führt die Kokosnußfaser 11,28 Proz., mit Wasserdampf völlig gesättigt 1 7,99 Proz. Wasser. Völlig getrocknet liefert sie 1 ,49 Proz. .^i Fig. 104. Vergr. 300. Querschnitt durch die Kokosfaser einer eben gereiften Frucht, p Parencliy- matisches Grundgewebe, b konzentrisch das Gefäßbündel (Mestom) umgehende Bastzellen, x Xylem, [ih Phloem des Gefäßbündels (Mestom). Asche, welche fast gänzlich aus den Kieselkörpern der Stegmata (siehe unten) besteht. ^ *\ Fig. 105. Vergr. 300. Querschnitt durch eine käufliche Kokosnußfaser. h Bastzelle, x Xylem, ph Hohlraum an Stelle des vertrockneten Phloems. Fig. 106. Vergr. 300. Querschnitt durch die Faser einer käuflichen Kokosnußfaser, p Reste von parenchyma- tischem Grundgewebe, b Bastzellen, x Xylem, nach innen zu mit Schraubengefäßen, deren Schrauben sich teilweise losgelöst haben, ph Hohlraum an Stelle des eingetrockneten Phloems. Die Farbe der Faser ist braunrötlich in verschiedenen Nuancen. Immerhin tritt die Färbuns; so auffällis; hervor, daß die zu Farben- Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 361 reaktionen auf Fasern dienlichen Reagenzien auf sie meist keine Anwen- dung haben können. Mit Kupferoxydammonik behandelt, nimmt indes die Faser unter merklichem Aufquellen eine ausgesprochen blaue Farbe an. Infolge künstlicher Bleichung erscheint die Faser auch in helleren als den natürlichen Farben und ist dann leichter als die unveränderte Faser zu färben. Die Kokosfaser stellt ein verzweigtes, hemikonzentrisch gebautes Bündel dar, welches aus einem kollateralen^ von einem derben Bastmantel umkleideten Mestomstrang besteht. Von dem Mestomstrang ist in der »Faser« nur das Xylem (Holzteil des Gefäßbündels) erhalten. Das Phloem (Siebteil des Gefäßbündels) ist mehr oder weniger vollständig zerstört und an seiner Stelle erscheint ein Hohlraum (Fig. 105 und 106; vgl. auch Fig. 104). Daß die Kokosfaser hohl ist, wurde zuerst von v. Höhnel i) betont. Der Autor sagt, daß die Faser von einem Kanal durchzogen sei, welcher Gefäße enthält. Ich habe die Ursache der Aushöhlung der Kokosfaser ausfindig zu machen gesucht. Ich untersuchte die Frucht von ihrer Entstehung bis zur Fruchtreife 2). Es stellte sich hierbei her- aus, daß in keinem Entwicklungsstadium jener die Kokosschale umklei- denden Gefäßbündel, welche die Faser Goir bilden, sich die Entstehung eines Kanals im Innern dieses Bündels bemerklich macht (s. Fig. 104); diese Aushöhlung kommt also weder durch Resorption innerer Gewebs- partien, noch durch ungleiches Wachstum der konstituierenden Gewebe zustande, sondern vollzieht sich erst nach der Fruchtreife beim Eintrocknen der gerösteten und geklopften Faser und beruht auf Eintrocknung und Zerstörung des zarten, mitten im derben Gewebe des Gefäßbündels ge- legenen Phloems. Dadurch erklärt sich auch die Lage der Gefäße im Innern der Faser. Die Gefäße und überhaupt das Xylem begrenzen einseitig den Kanal (Fig. \ 05) und der Hohlraum bezeichnet jene Stelle im Gefäßbündel, an welcher das Phloem (des Mestoms) lag. Der Holz- teil enthält als charakteristische Bestandteile Gefäße, welche eine Weite von 40 1.1 erreichen. Die Gefäße sind teils abrollbare Schrauben-, teils Tüpfelgefäße, welche nach dem Typus der Treppengefäße gebaut sind. Der den Mestomstrang umhüllende Bastmantel setzt sich aus mäßig, deutlich porös verdickten Bastzellen zusammen, welche eine Länge von 400 — 960 /< erreichen. Ihre Breite schwankt zwischen 12 — 20 ^u und beträgt meist 16^«. Die Wanddicke beträgt gewöhnlich 1/3 des Zell- durchmessers. Die Wandverdickung ist eine ungleichmäßige. Alle Ele- i) V. Höhnel, Die Mikroskopie der technisch verwendeten Faserstoffe, 1887, p. 53. 2) Herr Dr. M. Treub, Direktor des botan. Gartens in Buitenzorg (Java), hatte die Güte, mir das erforderliche Untersuchungsmaterial, in Alkohol konserviert, zu übersenden. 362 Siebzehnter Abschnitt. Fasern, mente des Gefäßbündels sind nach Ausweis der Phlorogluzinprobe verholzt. Über das merkwürdige optische Verhalten der Bastzellen der Kokosnuß- faser s. oben p. 1 4. Der Bastmantel ist außen von papillös gestalteten, je einen Kiesel- körper einschließenden Zellen mit dick- warzig aussehendem Ende bedeckt. / \ 2 Nach Mazeration der Faser treten diese -ß ß eigentümlichen Deckzellen (»Stegmata«) mit großer Schärfe hervor (Fig. 1 07). In der Asche der Faser bleiben die Kieselkörper der Deckzellen, oft in Reihen angeordnet, zurück. Das Go'ir hat sich in neuester Ä-' y-V ^^^^ ^^ einer der wichtigsten groben Pflanzenfasern, welche die europäische Industrie aus den warmen Ländern be- zieht, emporgeschwungen. Es wird zu I ; w/ Schnüren, Seilen, Teppichen, Bürsten, groben Pinseln, plüschartig gewoben zu Fußdecken, in neuerer Zeit auch zu Maschinentreibriemen verwendet. Die Kokosfaser wird auch mit Woll- garnen zu schön gemusterten Matten, M i Fig. 107. Vergr. 400. Bruchstücke von Bast- aellen (B) der Kokosnußfaser mit Stegmata (A', K'). In 1 sind die Stegmata im Profil, in 2 in der Fläehenansicht Läufern und dergleichen verwoben. Sehr ausgedehnt ist die Verwendung zur Herstellung von Schiffstauen, welche sich nicht nur durch große Elastizität und Haltbarkeit, sondern auch dadurch auszeichnen, daß sie auf dem Wasser schwimmen. GoTr und dessen Abfälle werden neuestens auch in der Papierfabrikation an- gewendet^). 38. Torffaser. In neuester Zeit ist man vielfach und zum großen Teil erfolgreich mit der wirtschaftlich immer wichtiger werdenden rationellen Aus- wertung des Torfes beschäftigt. Die Bodenfläche der Erde, welche von Moorland eingenommen wird, ist von enormer Größe. In Deutschland beträgt sie etwa 500 Quadratmeilen, d. i. 5 Prozent der Gesamtfläche, in manchen andern europäischen Ländern ist sie noch größer und steigt in Irland bis auf 10 Prozent. \) Tropenpflanzer, XV (1911). Daselbst die Notiz, daß nach den Berichten des Deutschen Generalkonsulats in Singapore in den Straits Settlements (Provinz Welles- ey) eine französische Aktiengesellschaft neben Kopra auch Kokosfaser zur Papier- erzeugung gewinnt. Siebzehnter Abschnitt. Fusern. 363 Die Moorböden sind nur zum Teil und schwer der land- und forst- wirtschaftlichen Verwertung (Moorkultur) zugänglich. In dieser Rich- tung sind, durch die fast in allen europäischen Ländern eingerichteten Kulturslationen, große Fortschritte zu verzeichnen. Die meisten Moore sind aber der Moorkultur nicht zugänglich und müssen in anderer Weise dem Volkswohle dienstbar gemacht werden. Die alte Torfstecherei behufs Gewinnung von Brennmaterial wirft nur ein geringes Erträgnis ab. Auch ist bereits vielfach dieser Zweig der Torfverwendung in rationeller Umgestaltung begriffen. Es gelang die Herstellung von Torfbriketts zur Heizung von Maschinen, von Torfkohle, die Scheidung des getrockneten Torfs in Fasermasse und fein verteilten staubartigen Torf (Torfmull), welcher sich als gutes Desinfektionsmittel benutzen läßt. Die rohe Torffaser wird stark als Stallstreu (Torfstreu) verwendet, welche sich gegenüber dem Stroh durch größeres Aufsaugungsvermögen für Jauche und die Fähigkeit, Ammonstickstoff zu binden, vorteilhaft auszeichnet!). Nunmehr wird eine noch bessere Verwertung der Torf- faser angestrebt, nämlich als Rohmaterial für textile Zwecke und zur Papierfabrikation. Wenn von älteren unsicheren Angaben über Erfindungen, aus Torf spinnbare Faser zu erzeugen, abgesehen wird, so muß wohl Georges Henry Beraud (zu Bucklersbury bei London) als derjenige bezeichnet werden, welcher den faserigen Torf zuerst zu textilen Zwecken nutzbar zu machen suchte. Er nahm im Jahre 1890 in England ein Patent auf eine Art Torfwolle, Beraudine genannt. Später wurden rationellere Ver- fahren zur Gewinnung von Torfwolle in Deutschland von Geige und in Osterreich von Zschörner erfunden, wenn auch die Rentabilität noch keineswegs sichergestellt erscheint. Das Geige sehe Verfahren 2) besteht darin, die Rohfaser, mechanisch von den anhängenden nichtfaserigen Bestandteilen befreit, zuerst einer alkoholischen Gärung behufs Beseitigung von Stärke und Zucker 3) zu -1) C. Fürst, Torfstreu, 2. Aufi., ^1892; M. Fleischer, Torfstreu, 2. Aufl., 1S90; O. Jünger, Torfstreu, 1890. 2) Über Torfwolle, von August Förster. Zeitschrift für die gesamte Textil- industrie, 1898/1899, Nr. 9, 10 und 11. Über Torffaser und über die Technologie dieses Faserstoffes siehe auch Marschik in »Neue Faserstoffe«, I, 1919, p. 61 und S üvern, ebenda, p. 169. 3) Da Stärke und Zucker bei dem Vertorfungsprozeß bald zerstört werden, diese Körper übrigens in den Bastzellen, welche die Hauptmasse der Torffaser aus- machen, überhaupt nicht vorkommen, so scheint es wohl zwecklos zu sein, die Torf- faser einer alkoholischen Gärung zu unterwerfen. Nach den Untersuchungen von 364 Siebzehnter Absclinilt. Fasern. unterwerfen, sodann mit Entfettungsmitteln (Benzin usw.), hierauf mit Säuren und Alkalien zu behandeln, endlich mit Wasser zu waschen und zu trocknen, eventuell auch zu bleichen. Viel einfacher ist das Zschörnersche Verfahren i). Der Fasertorf wird getrocknet, mechanisch gereinigt und auf der Zschörn ersehen Krempel bearbeitet. Es gelingt, die Fasermasse sofort als Faden ab- zuwickeln. Beide Produkte zeigen gegenüber der »Beraudine« einen bedeutenden Fortschritt. Trotz der Verschie- denheit der Gewinnungs- methoden sind beiderlei Produkte im Aussehen sich sehr ähnlich. Beide sind braun, die Geige- sche Faser neigtins Grau- braune, die Zschörn er- sehe ist hellbraun ge- färbt. Erstere ist feiner, letztere bedeutend lang- faseriger. Die Torffaser wurde aus jenen Torfsorten ge- nommen, welche sich für die Fasergewinnung am geeignetsten erwiesen. Danunsowohldie mikro- skopische Untersuchung der deutschen^) als auch der österreichischen 3) Torffaser ergab, daß die- selbe der Hauptmasse nach von Eriophorum vaginatum herrührte, so scheint wohl das von Wollgras gebildete Torfmoor (das >Eriophoretum« der Pflanzengeographen) Pig. 108. Vergr. 36. Querschnitt durch den Vaginalteil des Blattes von Eriophorum vaginatvm (schematisch). 0 Oher-, ?7 Unterseite des Blattes, & Bastbündel, fbv Fibrovasalstränge (Gefäßbündel), i Interzellularraum. (Nach K. Linsbauer.) Schatz enthält die Zschörnersche TorlTaser nur Spuren von fettartigen Sub- stanzen, so daß auch die Vorbehandlung der Rohfaser mit Entfettungsmitteln unnötig erscheint. 1) Der Torf als Spinn- und Webestoff, von Desiderius Schatz. Zeitschrift für die gesamte Textilindustrie, 1899/1900, Nr. 5 und 6. 2) Die Geigesche Torffaser wurde von M. Gürcke mikroskopisch untersucht. S. die Abhandlung von A. Förster, 1. c. 3) K. Linsbauer, Mikr. Unters, über Torifaser und deren Produkte. Ding- lers polytechn. Journal, Bd. 315 (1900). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 365 für die Fasergewinnung am meisten empfehlenswert zu sein. In diesem Torfmoor erhalten sich von dem oberirdischen Pflanzenteile die Scheiden- teile der Wollgrasblätter am läng- sten, während die Blattspreiten frühzeitig zugrunde gehen. Diese Tatsache findet ihre Erklärung in der von K. Linsbauer gemachten Auffindung, daß Oberhaut und Ge- fäßbündel der Scheidenteile verholzt sind und aus diesem Grunde bei der Vertorfung erhalten bleiben, wäh- rend die korrespondierenden Ge- webe der Spreite unverholzt sind und bei der Vertorfung zugrunde gehen. Die Hauptmasse der Torffaser besteht aus den ßastteilen der Blatt- gefäßbündel von Eriophorum vaginatum, und zwar jener Gefäßbündel, welche dem Scheiden- oder Vaginalteil der Wollgrasblätter angehören, was nach dem über die Vertorfung des Blattes von Eriophoi'um bereits Außer den Blatteilen der genannten Gefäß- fir. Fig. 109. Vergr. 36. Querschnitt durch den oberen Blatteil von Eriophorum vaginatum. Bezeichnung wie in Fig. 108. (Nath K. Linsbauer.) Fig. 110. Vergr. 860. Querschnitt durch ein größeres subepidermales Bastbündel von der Unterseite des Blattes von Eriophorum vaginatum. E E' Epidermis, i Interzellnlargänge. Das Bastbündel zeigt die Abnahme der Zellenquerschnitte gegen die Epidermis zu. (Nach K. Linsbauer.) 366 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. bündel nehmen auch die reichlich unter der Oberhaut auftretenden einfachen, bloß aus Bastzellen bestehenden Baststränge an der Faser- bildung Anteil. In feinen Torffasern, wie sie namentlich in der Torfwatte vorliegen, findet man fast nur Bastbündel des Wollgrases. In gröberer Torffaser, in gröberem Gespinste hat K. Linsbauer auch E)'iophorum-\Y nrzeln, Blattoberhautstücke vom Wollgrase, Stämmchen von Torfmoosarten fSphagnmn), ferner dünnere Zweige von Calhma vulgaris und von Andromeda polifolia gefunden. — Die Torffaser hat eine Länge von 2 — 118, meist von 40 — 60 mm, eine beiläufige Dicke von 10 — 100 //, manchmal auch darüber oder darunter. Die > Faser« besteht haupt- sächlich aus Bastzellen, doch haften auch Oberhautpartien oder Gefäß- reste an. Die Bastzellen erscheinen unter dem Mikroskop gelbbraun und sind nach Ausweis der Phlorogluzinprobe zumeist verholzt. Sehr be- zeichnend für die Torffaser ist es, daß die fast nie feh- lenden Oberhautstüoke gleichfalls die Verholzungsreaktion zeigen i). Sehr eingehend wurden die physikalischen und technischen Eigen- schaften der nach dem Zschörn ersehen Verfahren gewonnenen Torf- faser von Schatz (1. c.) ermittelt. Aus seinen Bestimmungen sei Folgendes hervorgehoben. Das spezifische Gewicht beträgt im Mittel 1,334, die absolute Festigkeit 1,87 kg/mm 2), die Reißlänge 1,4 km, die Wassermenge im lufttrockenen Zustande 9,49 Proz., die Aschenmenge 2,04 Proz. Die Torffaser glimmt nur schwer und verbrennt, ohne zu flammen. Von besonderer Wichtigkeit ist die hohe Absorptionsfähigkeit der Torf- faser, welche nicht in den natürlichen Eigenschaften der Bastfaser begründet ist, sich vielmehr erst infolge des Vertorfungsprozesses einstellt und wohl auf eine partielle Humifizierung der Zellhaut zurück- zuführen sein dürfte. Die aseptischen, ja sogar antiseptischen Eigen- schaften des Torfes gehen auch auf die Torffaser über, namentlich auf die nach dem Zschörn ersehen Verfahren erzeugte, da dieselbe ohne jede chemische Einwirkung, nämlich auf rein mechanischem Wege ab- geschieden wurde. Die Torffaser kann für sich versponnen und verwebt werden. Sie wird aber auch mit anderen Fasern (Wolle, Baumwolle usw.) gemengt verarbeitet. Sie wird verwendet zur Herstellung von Teppichen, Läufern, Decken (Pferdedecken), hygienischen BekleidungsstofTen usw., ferner \) Da hier auf die feineren Details der milirosliopischen Charakteristik der Torf- faser und ihre Unterscheidung von anderen Fasern nicht näher eingegangen werden kann, so sei auf die betreffenden Abhandlungen von Gürcke, insbesondere auf die- ausführhchen Untersuchungen K. Linsbauers verwiesen. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 367 zu Torfwatte, welche als solche oder mit Karbolsäure imprägniert als Verbandstoff dient. Über die Anwendung der Torffaser in der Papierfabrikation siehe unten bei Papierfasern. Papierfasern. An dieser Stelle sollen vor allem jene Pflanzenfasern, die zur Herstellung von Papier dienen, besprochen werden. Eine erschöpfende Darstellung der mikroskopischen Untersuchung des Papiers 1) ginge hier weit über den Rahmen dieses Werkes hinaus. Dies bildet ja eine Aufgabe der technischen Mikroskopie, welche nicht nur auf den Nachweis der Faser, sondern auch auf den Zustand, in welchem die Faser im Papier auftritt, ferner auf die Art der Leimung, Füllung, 'Färbung usw. des Papiers Bedacht zu nehmen hat. Noch weniger können hier die gewöhnUchen (makroskopischen) Prüfungsmelhoden des Papiers (auf Festigkeit, Dauerhaftigkeit, Verhalten gegen natürliche und künstliche Lichtquellen usw.) berücksichtigt werden; dies sind ja durch- aus Gegenstände, mit welchen sich die mechanische, bez. chemische Technologie zu befassen hat. Der historische Teil dieses Abschnitts erfordert es, hier auch auf einige Papiermaterialien einzugehen, welche nicht eigenthche Pflanzen- fasern sind, sondern, obgleich die Hauptmasse der Substanz des Papiers- bildend wie gewisse Rinden oder der Papierstoff des Papyrus der Alten, anderweitigen Rohstoffen des Pflanzenreiches zuzuzählen sind. Als Papier im modernen Sinne sind nur jene Beschreibstoffe zu ver- stehen, welche aus mehr oder minder feinen Fasern zusammengesetzt i) Über die mikrosk. Untersuchung des Papiers s. Wiesner, Techn. Mikro- skopie (Wien 1867). Wiesner, Die mikrosk. Untersuchung des Papiers mit beson- derer Berücksichtigung der ältesten orientalischen und europäischen Papiere. Wien, k. k. Hof- und Staatsdruckerei, 4 887. Sonderabdruck der unter dem Titel: Die Fai- jümer und Uschmüneiner Papiere im II. und III. Bd., p. 179—260 der »Mitteilungen aus der Sammlung des Papyrus Erzherzog Rainer« (1887) erschienenen Abhandlung. V. Höhnel, Die Mikroskopie der techn. verwendeten Faserstoffe, Wien 1887. Abschnitt: Mikr. Unters, des Papiers, p. 72—85. Zweite Auflage, 1905, p. 99—146. v. Höhnel, Beitrag zur Mikroskopie der Holzzellulosen. Mitteil, des k. k. tcchnol. Gewerbemuseums, 1891. Herzberg in den »Mitteilungen aus der mech. techn. Versuchsanstalt in Charlottenburg«, 1887 und später; weiters »Papierprüfung«, IV. Aufl., Berlin 1915. T. F. Hanausek, Lehrbuch der teclmischen Mikroskopie. Stuttgart 1901, p. 94ff. Über mikroskopische Papieruntersuchung erschienen in den letzten Jahren mehrere Aufsätze von T. F. Hanausek in der Berliner Zeitschrift, »Der Papierfabrikant«, auf die später noch zurückzukommen sein wird. 368 Siebzehnter AbscliniK. Fasern. sind und die in der Technologie genauer als »gefilzte Papiere« be- zeichnet werden. Papier in diesem Sinne ist von allen anderen, namentlich in früheren Zeiten benutzten Beschreibstoffen (Tierhäuten, Leder, Rinden, Papyrus usw.) leicht zu unterscheiden. Die Anfänge der Papierbereitung sind mehrfach noch in Dunkel gehüllt. Einige sich klärende einschlägige Tatsachen werden später, im geschichtUchen Teile dieses Abschnittes, erörtert werden. Der enorme und sich immer noch steigernde Bedarf i) an Papier hat längst dahin geführt, nach Ersatzmitteln für das früher ausschließlich in der Papierfabrikation benutzte Rohmaterial, die Hadern oder Lumpen, zu suchen, und so wurden nach und nach die verschiedensten Pflanzen- fasern diesem Zwecke dienstbar gemacht. Damit hat man auf Grund selbständiger Entdeckungen dasselbe getan, was zuerst von den Chinesen und Japanern ausgeführt wurde, welche seit alter Zeit die Bastfasern des Bambushalmes, des Reisstrohes, der Papiermaulbeerbaum- Rinde' und noch andere fibröse Pflanzenteile zu Papier verarbeiten. Auch auf diesen Gegenstand komme ich im historischen Teile dieses Paragraphen noch zurück. Hier sollen nur die in der modernen Papier- fabrikation anzuwendenden Pflanzenfasern besprochen werden. Es sind dies in erster Linie die Fasern von Stroh, Esparto und Holz. Ehe ich die große Zahl anderer Pflanzenfasern hervorhebe^ welche in neuerer und neuester Zeit der Papierfabrikation zugeführt werden 2) und in mehr oder minder großer Menge neben Holz-, Stroh- und Esparto- fasern in Verwendung stehen, seien folgende allgemeine Bemerkungen über die Anforderungen, welche eine praktisch zu benutzende Papier- faser besitzen muß, in den Vordergrund gestellt. Daß aus allen Pflanzenfasern Papier erzeugt werden kann, ist nicht nur von vornherein klar; eine große Zahl von Versuchen, welche mit den verschiedenartigsten Pflanzenfasern in dieser Richtung angestellt wurden, hat dies auch bewiesen. Da die in der Papierbereitung zu ver- wendenden Fasern keine hohe Festigkeit haben müssen und auch kurze, nur wenige Millimeter lange Fasern ganz brauchbare Papiere liefern, so ist die Verwendbarkeit der faserigen Pflanzenstoffe als Papierrohstofi'e begreiflicherweise eine noch ausgedehntere als deren Benutzbarkeit zum Spinnen und Weben. Aber nicht jeder PflanzenstofT, aus dem sich Papier bereiten läßt, eignet sich auch schon zur fabrikmäßigen Darstellung desselben. Das Material, aus welchem Papier hergestellt werden soll, 1) Dieser Bedarf hat sich durch die neueste Verwendung des Papieres zu Garnen (als Ersatz für verschiedene fehlende, oder in ungenügenden Mengen vorhandene Faserstoffe, wie Jute, Lein, Hanf) außerordentlich erhöht. 2) S. hierüber das Verzeichnis der faserliefernden Pflanzen p. 62 ff. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 369 muß vor allem anderen in großen Massen zu Gebote stehen und niedrig im Preise sein. Es dürfen ferner der Isolierung der in den Pflanzen- organen mit anderen Geweben innig verbundenen Fasern nicht zu große Hindernisse im Wege stehen. Das Rohmaterial muß auch im einzelnen besondere Eigenschaften haben, auf die hier im Detail nicht eingegangen werden kann. Beispielsweise muß, wenn es sich um Herstellung von weißen Papieren handelt, die Faser ohne energische Bleichmittel, welche die Faser stark mechanisch angreifen, reinweiß zu machen sein. In manchen Fällen fordert man weiche, geschmeidige Fasern, in anderen sehr lange sich leicht innig bindende Fasern usw. Durch diese Forderungen wird allerdings das natürliche für die Papier- fabrikation disponible Pflanzenmaterial stark eingeschränkt; nichtsdesto- weniger ist die Zahl der allen diesen Ansprüchen genügenden Rohstoffe des Pflanzenreiches noch immer eine enorm große. Außer den schon genannten wichtigsten Rohmaterialien der Papier- fabrikation, Stroh, Esparto und Holz wäre hier noch eine lange Reihe von Pflanzenfasern zu nennen, welche in England und Nordamerika in ausgedehntem Maße in der Papierfabrikation Verwendung finden oder auf dem Kontinente in einzelnen Fabriken benutzt werden oder in ent- legenen Ländern (Indien, China, Japan i) usw.) in mehr oder minder großem Maßstabe diesem Zwecke dienen, aber, dem großen Weltverkehr entzogen, für uns mehr in den Hintergrund treten. Eine auf Voll- ständigkeit Anspruch machende Zusammenstellung aller dieser Roh- materialien würde hier zu weit führen. Um aber wenigstens einiger- maßen anzudeuten, welche relativ große Zahl von Pflanzen für die Zwecke der Papierfabrikation gegenwärtig schon herangezogen wird, und welcher Art diese Pflanzen und ihre faserliefernden Teile sind, mögen folgende Daten dienen. Nicht nur das Stroh der Getreidearten und des Espartograses, sondern auch die reifen Halme anderer Gräser werden in der Papierfabrikation verwendet, z. B. ausgepreßtes Zuckerrohr, ferner: Ämpelodesmus tenax, Ärundinaria maci'optera und tecta, Ischaemum angzistifolium^), Festuca ■I) Watt (The commerc. prod. of India, 1908, p. 868) hat eine Zusammenstellung der wichtigsten derzeit in Indien verwendeten Papiermaterialien gegeben, welche von den folgenden Pflanzenarten abstammen: Adansonia digitata, Agave sp., Antiaris toxiearia, Bambusa sp., Broussonetia papyrdfera, Gorchorus sp., Crotalaria juncea, Daphne cannabina, Edgetoorthia Qardiieri, Helicteres Isora, Hibiscus cannabinus, Ischaemum angusfifolium, Musa sp., Opuntia Dillenii, Phoenix paludosa, Saccha- rum arundinaceum, Sansevieria %eylanica. Auf chinesische und japanische Papier- fasern wird unten mehrfach näher eingegangen werden. 2) T. F. Hanausek, Papierfabrikant, \9^^. Zur Mikroskopie einiger Papier- stoffe. 8. Bharburgras (Ischaemum angustifolium). Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 24 370 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. patula, Zizania aquatica, Panicum müiaceutn (in Frankreich), Hyme- nachne Myurus^) u. v. a. Beispielsweise werden große Quantitäten von aus dem letztgenannten Grase bereitetem Halbzeug aus Venezuela nach den Vereinigten Staaten gesendet. In neuester Zeit ist viel die Rede von zwei Strohzellulosen, näm- lich von der Ullagras-Zellulose und von der Kainggras-Zellulose. Erstere stammt von mehreren Anthistiria- (Themeda-) Arien, Andropo- goneen, welche in den wärmeren Ländern der alten Welt weitverbreitet und z. T. durch Massenhaftigkeit der Vorkommen ausgezeichnet sind 2). Die Kainggras-Zellulose wird von Phragmites Karka Irin, abgeleitet, dem Schilfrohr des indischen Monsungebietes. Nach dem Index Kewensis ist aber Phragmites Karka mit Ph. communis, also mit unserem ge- meinen Schilfrohr identisch. Nach Hanausek (1. c.) ist das Papier mikro- skopisch von dem Schilfrohrpapier nicht zu unterscheiden. Von monokotylen Spinnfasern dienen einige auch in der Papier- fabrikation, z. B. Sisal (zu Pappe und Papier), Ixtle, Musafasern und Yuccafasern, hauptsächlich, wie es scheint, Yucca brevifolia (Südcarolina, Arizona und nördliches Mexiko). Was die Musafaser anlangt, so wird weniger der teure Manilahanf (von Musa textiUs) als die Bananen- faser (von Musa paradisiaca) in der Papierfabrikation benutzt 3). In betreff der Yucca-FaseT ist zu bemerken, daß dieselbe in großen Mengen zum Zwecke der Papierfabrikation nach England gebracht wird*). Von Bastfasern dikotyler Pflanzen, welche nach Aussagen ver- läßlicher Quellen (Royle, Dodge, Semler u. a.) in der Papierfabri- kation Verwendung finden, nenne ich die folgenden: Hibiscus canna- hinus und andere Hibiscus-Arien, Äbutilon Bedfoi-dianum und andere Äbutilon-kvien, Althaea rosea, Daphne cannabina (Nepal paper plant) ^), Lagetta Lintearia, neben Edgeworthia chrysantha (s. oben) noch E. Gardneri,. Wickstroemia canescens, Lecythis Ollaria, L. grandiflara. Cehnisia coriaria, Broussonetia papyrifera^). i) Über die Produktionsgebiete dieser und nachfolgend genannter Fasern siehe- Übersicht der Pflanzenfasern (p. 62 — 97) bzw. die spezielle Betrachtung der Fasern. 2) Raitt, Fest- und Auslandsheft des >Papierfabrikant<, Berlin <9H. T. F. Hanausek, Zur Mikroskopie der Papierstoffe. 14. ÜUagras-Zellulose, Ebenda. Heft 46. 3) Über Papier aus Musa paradisiaca s. E. Hanausek, Jahresb. der Wiener Handelsakademie 1889. Daselbst auch die mikroskopische Charakteristik des Bananen- papiers nebst Abbildungen. 4) s. oben p. 71. 5) Royle, 1. c, p. 392, Dodge, 1. c, p. 146. 6) Die Bastfasern von Flachs, Hanf und Jute werden gewöhnlich im Gewebe ausgenutzt und erst dann auf Papier verarbeitet. In neuerer Zeit verwendet man außerdem Abfälle der genannten Faserstofl'e, ja selbst die frischen Fasern, z. B. gute Hanfsorten, zur Herstellung von festen dauerhaften Papieren (Wertpapieren) und benutzt die schwer verspinnbaren unteren Enden der Jute mehrfach in der Papierfabrikation. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 371 Damit ist die Zahl der Papierfaserpflanzen nicht erschöpft. Man wird aber aus der bisher vorgeführten Liste schon entnehmen können, wie schwierig die mikroskopische Papieruntersuchung geworden ist, namentHch, wenn man erwägt, welche weitgehende Zerstörung die Faser bei der Papierfabrikation häufig erfährt. Zu der vorgeführten Liste möchte ich nur bemerken, daß in derselben alle jene Gewächse fehlen, deren Haare praktisch verwendet werden, wie Baumwolle, Wolle der Wollbäume und vegetabilische Seide. Baumwolle als solche dient derzeit nicht der Papierbereitung, wohl aber Baumwollen- lumpen, und es wird im historischen Teile dieses Abschnittes nachgewiesen werden, daß das früher allgemein angenommene »Baumwollenpapier« (Charta bombycina) niemals existiert hat.' Mit Kapok und auch mit den Fasern »vegetabilischer Seide < von Asclepias Cornuti wurden allerdings Versuche behufs Papierbereitung angestellt, welche aber ein unbefrie- digendes Resultat ergeben haben. Im nachfolgenden sollen zunächst die wichtigsten Pflanzenstoffe, welche zur Herstellung von Papierstoff dienen, abgehandelt werden, so- fern sie nicht schon in früheren Paragraphen (Musafajsern, Agave- fasern usw.) zur Sprache gekommen sind. Es sind dies: Stroh-, Esparto-, Holz-, Bambusfaser, die Faser des Papiermaulbeerbaumes und die Bast- faser der Edgeivor-thia ehrysantha. Anschließend daran sollen auch die in neuerer Zeit als Papierstoff etwas mehr beachtete »Torffaser« und einige andere charakteristische oder sonst ein größeres Interesse in An- spruch nehmende, zur Erzeugung eines Papierstoffes dienende Pflanzen- rohstoffe, endlich das chinesische Markpapier abgehandelt werden. 39. Strohfaser. Die ältesten aus Stroh verfertigten Papiere dürften wohl die chinesischen Papiere sein. Es ist lange bekannt und läßt sich mikro- skopisch erweisen, daß die chinesischen Buntpapiere zumeist aus Reis- stroh angefertigt wurden. Schäffer hat schon im 18. Jahrhundert Papier aus verschiedenen Stroharten, u. a. aus Maisstroh dargestellt. Gegenwärtig werden sehr zahlreiche Papiersorten teils aus Stroh allein, teils aus einem Gemenge von Hadern und Stroh oder von Hadern, Stroh und Holzzellulose bereitet. Zahlreiche Fabriken in England, Frankreich, Belgien und Deutschland verfertigen Strohpapier, und zwar vorzugs- weise aus Roggenstroh. Doch wird, wenn auch mit geringerem Vor- teil, Weizen-, Hafer- und Gerstenstroh zu Papier verarbeitet. Aus den Kolbenblättern (Lieschen) des Mais wurden längere Zeit in der Nähe von Wien (Schlögelmühle) ausgezeichnete Schreib-, Zeichen- und Pause- papiere bereitet, die aber jetzt schon ganz aus dem Handel verschwunden sind. Die Fabrikation dieser Maispapiere, von Auer v. Welsbach sen. 24* 372 Siebzelinter Absclinitt. Fasern. ins Leben gerufen, wurde dort wieder aufgegeben, angeblich weil der Rohstoff nicht in jenen Massen zu beschaffen war, als es eine rationelle Verarbeitung desselben forderte. Jetzt werden aber in den Vereinigten Staaten MaislieschenpKpiere in großen Mengen erzeugt. Fig. 111. Vergr. 5Ü0. Elemente von Strohstoff. 6 Bastzellen (Fragmente), ( Epidermiszellen mit Spalt- öffnungen ap, g Tüpfelgefäßstück, r/' Spiralgefäßfragment, r aus den Ringgefäßen herausgefallene Ringe, tr, tr' Tcacheiden, /> Parenchyrazellen. (Nach T. F. Hanausek.) Aus den verschiedenen Stroharten verfertigt man teils ganz ordinäre, ungebleichte Papiere von ziemlich sprödem Charakter, teils Druck- und Schreibpapiere von großer Festigkeit und genügender Weiße. Die aus Roggen-, Gersten-, Weizen- und Haferstroh an- gefertigten Papiere bestehen wohl der Hauptmasse nach aus bastartigen Zellen; aber neben diesen kommen doch stets erhebliche Quantitäten von sehr wohlerhaltenen Oberhautzellen und Bruchstücke von Ring-, Siebzehnter AbschniU. Fasern. 373 Spiral- und Netzgefäßen, aus dem Stammgefäßbündel der genannten Ge- treidearten herrührend, in den Strohpapieren vor. Aus den Gefäßen her- ausgefallene Ringe und Spiralfragmente sind in den Strohpapieren keine Seltenheit. Auch große leere Parenchymzellen sind in diesen Papieren, besonders in ordinären Sorten, zu finden (s. Fig. i 1 1 ). Die Bastzellen der genannten Stroharten bieten wenig Charakte- ristisches dar; in den Querschnittsdimensionen stimmen sie untereinander uud mit der Bastzelle des Flachses, von welcher sie sich jedoch durch eine geringere Wandverdickung unterscheiden, sehr nahe überein. Auf eine genaue Unterscheidung der Strohbastzelle von der Flachsbast- zelle soll hier nicht näher einge- gangen werden; ich muß mich hier mit der kurzen Angabe begnügen, Fig. 112. Vergr. 250. A Oberhautzellen {a, b] vom Espaa-tostroh (Blatt), B vom Roggenstroh (Halm) p Poren der Zellhaut; nach Behandlung mit Chrom- säure, wobei die Zellhäute Schichtung annehmen und die Zellen aus dem Gewebeverbande treten. (Aus Wiesner, Techn. Mikroskopie.) B Fig. 113. Vergr. 250. Ä Fragment eines Schrau- ben-, B eines Ringgefäßes aus Roggenstroh im Längsschnitte, s abgelöstes Schraubenband, r los- gelöster Ring. (Aus Wiesner, Techn. Mikroskopie.) daß Kupferoxydammoniak die ungebleichte Strohbastfaser smaragdgrün färbt, ohne sie zu lösen, während die Flachsbastzelle auch im unge- bleichten Zustande durch dieses Reagens gebläut und darauf rasch gelöst wird, und daß die Erscheinungen, mechanischer Zerstörungen, wie solche an der Papierfaser stets vorkommen, bei der Strohfaser gänzhch verschieden von jenen der Flachsbastzelle sind. Auch ist die Strohbastzelle bedeutend kürzer als die Flachsbastzelle. Nach v. Höhnel kommen an den Bastzellen der zur Papiermasse geformten Strohmasse, bez. des Strohpapiers häufig »Verschiebungen« vor, welche aber nach ausdrücklichen Angaben des Autors nicht während der Entwicklung der 374 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Zellen sich einstellen, sondern Folgen der mechanischen Angriffe sind, welche bei der Zubereitung des Strohstoffes stattfanden i). Die Bastzellen der vier aufgezählten Stroharten stimmen unter- einander so nahe überein, daß sich auf deren morphologische Charaktere wenigstens keine sichere Unterscheidung basieren läßt. Nur wäre viel- leicht hervorzuheben, daß die Bastzellen des Haferstrohs manchmal ver- zweigte Enden aufweisen, was ich an den Bastzellen der übrigen Stroharten nicht beobachtet habe. Auch die Gefäße und deren Verdickungen stimmen bei den vier genannten Getreidearten so sehr überein, daß auch deren morpho- logisches Verhalten keine Anhaltspunkte zur Unterscheidung darbietet. Hingegen zeigen die selbst im Papier noch in ganz unverletztem Zustande vorhandenen Oberhautzellen der vier genannten Stroharten, wie ich schon früher nachgewiesen habe 2), so sichere Unterscheidungs- merkmale, daß die Größen und Formen dieser Zellen zur Erkennung der zur Papierbereitung verwendeten Strohsorten völlig ausreichen. Für die mikroskopische Papieruntersuchung sind die Oberhautzellen wahre »Leitelemente« (s. oben p. 60). Die Oberhautzellen des Roggen-, Weizen- und Haferstrohes zeigen einen ziemlich regelmäßig rechteckigen Hauptumriß. Die Epidermis- zellen des Roggenstrohes haben stark wellenförmig gekrümmte Grenz- linien, während denen des Weizenstrohes geradlinige, hingegen denen des Hafers nur ganz seicht ausgebogene Grenzlinien zukommen. Die Oberhautzellen des Gerstenstrohes sind rhomboidisch oder trapezoidal konturiert. Alle Oberhautzellen der genannten Stroharten sind mit Poren- kanälen versehen. In den Oberhautgeweben aller Getreidearten kann man neben den gewöhnlichen langen Oberhautzellen, deren Maße unten folgen, noch auffallend kleine Zellen (Zwerg- oder Kieselzellen), welche, wie ich früher schon zeigte, relativ stark verkieselt sind, bemerken. Diese Kieselzellen sind in der Asche der Faser, bez. des Papiers stets leicht nachzuweisen. Länge der Oberhautzelien Stroh der Gerste 103—224 // » des Roggens 86—345 > » > Weizens 152—449 » » » Hafers 186—448 » Brei te der Oberhautzelien Stroh der Gerste 12— 17}!. > des Roggens 12—16 » > Weizens 18—24 » * Hafers 12—17 » 1) Mikroskopie der techn. verw. Faserstoffe, 4. Aufl., p. 75. 2) Technische Mikroskopie (1867), p. 224 fl. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 375 Die älteren aus Maisfasern bereiteten Papiere wurden aus dem ge- samten Maisstroh verfertigt. Die neuen ausgezeichneten Maispapiere werden hingegen bloß aus den ^ Kolbenblättern (Lieschen) der ge- Fig. 114. Vergr. 250. Oberhautzellen (A, 5) von der Ujnterseite der Maisliesche nach kurzer Einwir- kung von Chromsäure, a Poren, ö Schichtung der Zellhaut. (Aus Wiesner, Techn. Mikroskopie.) Fig. 116. Vergr. 250. Oberhautzellen des Reis- halmes aus chinesischem Tapetenpapier, a von der Seite, 6 von der Fläche gesehen, c Warzen- förmige Erhabenheit der Außenflächen, ent- sprechend w der Fig. 119. (Aus Wiesner, Techn. Mikroskopie.) nannten Pflanze dargestellt. Die aus diesem Rohmaterial hervorgegangenen Papierhalbzeuge und die fertigen Papiere enthalten die Gefäßbündel der Kolbenblätter in Form feiner Fa- sern, ferner die untere Oberhaut Tig. 115. Vergr. 380. Fragmente von Bastzelleu aus der Maisliesche nach kurzer Einwirkung von Chrom- säure, wobei die Oberhautzellen abgelöst wurden, und die Kieselzellen (A) an den Bastzellen B noch haften bleiben, t spaltenförmige Poren, mn Zell- haut im optischen Längsdurchschnitt. (Aus Wiesner, Techn. Mikroskopie.) ) 1 0 M Fig. 117. Vergr. 570. Oberhautstück vom Halm der Reispflanze, o Oberbautzelle mit Höckern w an den Außenseiten, s ein Paar von Kieselzellen, von denen die eine stärker verdickte fast lumenlos ist. A' Kieselzelle mit Kieselkörper i;. In der Mitte eine Spaltöffnung mit Nebenzellen A'^. «»'.Höcker auf den Außenseiten der Schließzellen. 376 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. der Blätter in ziemlicher Menge. Dieser Teil der Blattoberhaut haftet nämlich dem Gefäßbündel so innig an, daß er sich davon nur schwer trennen läßt. Die übrigen histologischen Bestandteile der 3Iaislieschen (Zellen der oberen Oberhaut, Haare, Parenchymzellen) finden sich im Papier und Papierhalbzeuge nur in kleiner Menge oder nur spuren- weise vor. Die Oberhautzellen liegen in der Papiermasse teils vereinzelt, teils in Gruppen, welche eine Größe bis zu einem Quadratmillimeter haben. Die genannten Oberhautzellen sind durch ihre Grüße und ihre charak- teristischen Verdickungen sehr leicht von den Oberhautzellen der anderen Getreidearten zu unterscheiden. Ihre Länge beträgt 108 — 252, ihre Breite 36 — 90 n. Die Bastzellen sind sehr gut erhalten und bilden wohl die Hauptmasse des Papierstoffes. Diese Bastzellen sind durch ihre große Dicke von den Bastzellen aller übrigen Stroharten und durch ihre charakteristische Struktur von anderen ähnlichen Pflanzenfasern zu unter- scheiden. Die Enden der Zellen sind häufig geweihartig gestaltet. Die Dicke dieser Zellen steigt bis 82 ii. Die Dicke der Zellwand ist in der Regel eine für Bastzellen geringe, da das Lumen gewöhnlich 2/3 bis ^5 "ißs gesamten Zellendurchmessers mißt. Die Wände dieser Zellen sind in einfachen oder doppelten Reihen von spaltenförmigen, spiralig verlaufenden Poren durchzogen. An den im Papierstoff vor- kommenden Bastzellen haften häufig noch Reste der Oberhaut, in welchen man fast immer gewöhnliche und Kieselzellen antrifft. Behandelt man derartige Fasern mit Chromsäure, so lösen sich die gewöhnlichen Ober- hautzellen früher von den Bastzellen ab als die Kieselzellen (Fig. liöi?). Außerdem enthalten die Maispapiere noch Bruchstücke von Netz-, Ring- und Spiralgefäßen 1). Die aus Reisstroh verfertigten Papiere und Papierzeuge bestehen, wie die aus anderen Stroharten bereiteten, der Hauptmasse nach aus Bastzellen. Außerdem finden sich aber auch hier nicht unbeträchtliche Mengen sehr wohl erhaltener Oberhautzellen und gut ausgeprägte Bruch- stücke von Gefäßen vor. Auch bei den Reispapieren sind es wieder die Oberhautzellen, welche die sichersten Erkennungsmerkmale für das Rohmaterial der Papiermasse abgeben, also wahre Leitelemente darstellen. Übrigens lassen die im Reispapierzeug häufigen zarten Netzgefäße und die schmalen, meist nur 72 /.i im Querschnitt haltenden Bastzellen nicht leicht eine Verwechslung mit dem Papierzeuge einer anderen Strohart zu. Die Oberhautzellen sind klein, mit warzenförmigen Erhaben- 1) Weitere Daten über die mikroskopisciien Kennzeichen der Maisfaserproduivte s. Wiesner, Mikroskopische Untersuchung der Maisliesche und der Maisi'aserprodukte in Dinglers polytechn. Journal, Bd. 175 (1865), p. 226 ff. Siebzehnter Abschnitt. Fasern, 377 heilen versehen, viele von ihnen seiüich plattgedrückt. Die letzteren erscheinen im Mikroskop im Profil (s. Fig. 1 1 6a) auf einer Seite gerad- linig oder nur wenig ausgebogen, auf der anderen wellenförmig kon- turiert. Die flache Seite entspricht dem unteren, die wellenförmige Seite dem oberen Teile der Oberhautzelle i). Auch die Schließzellen der Spaltöffnungen sind mit warzenförmigen Erhabenheiten versehen. Reis- stroh läßt sich also von unsern Stroharten im Papier sehr leicht und sicher unterscheiden 2). 40. Espartofaser. Über die aus den Blättern von Stvpa te- tiv. ^flii- grobe Faser, welche zur Verfertigung von Seiler- artikeln usw. dient, ist das Nötige schon früher (p. 327 ff.) mitgeteilt worden. Hier soll nur von der aus Esparto erzeugten Papierfaser die Rede sein. Es wurde schon erwähnt (p. 333), daß die Hauptverwen- dung der Espartofaser in der Erzeugung von Papierstoff besteht. Über die histologi- schen Bestandteile der Baststränge Espartofaser und über die hieraus abgeleiteten Kennzeichen der Espartopapiere habe ich schon vor vielen Jahren die erforderlichen Daten veröffentlicht 3). Der aus Esparto hergestellte Papier- 1 ) Über die aus Reisstroh verfertigten chinesischen Papiere s. Techn. Mikroskopie, p. 235. 2) Über die Unterschiede zwischen Padi-Stroh- und Feldstrohzellulose siehe T. F. Hanausek im Papierfabrikant, Festheft -igil, p. 35. — Padi-Stroh ist der abgeschnittene (Ähren tragende) Reishalm, Feldstroh sind die auf den Feldern zurück- gebliebenen Stoppeln. a) Wiesner, Mikroskopische Erkennung der Espartopapiere. Wochenschrift des niederösterreichischen Gewerbevereins 1865, Nr. 28. Über Espartopapier siehe auch V. Höhnel, Mikroskopie der Faserstoffe (1887), p. 54 und 77, und T. F. Hanausek, Techn. Mikroskopie (1900), p. 106. Derselbe, Zur Mikroskopie einiger Papierstoffe. 16. Espartozellulosen. Der Papierfabrikant, Berlin, 191^2. Fig. 118. Vergr. hO. Querschnitt durch einen Teil des Blattes von Lygetmi Sparttim. o. Ober-, u. Unterseite des Blattes. /; Haare, s Spaltöffnungen (oben und unten), o Oberhautzellen, b einfache Gefäßbündel, P grünes, P farbloses Parenchym, Gs Gefäßbündelscheide. 378 Siebzennter Abschnitt. Fasern. istoff besteht der Hauptmasse nach aus Bastzellen, welche, abgesehen von der Länge, im Bau und in den Dimensionen mit den Leinenfasern übereinstimmen. Die Bastzellen des Esparto sind aber so kurz, daß ■Fig. 119. Vergr. 460. Oberhaut von der Unterseite eines (jungen) Blattes von Stipa tenacissima. zi' Paare von Kieselzellen, von denen die eine stärker als die andere verdickt ist. Im reifen Blatte, -wie es als »Esparto« vorliegt, sind die Oberhautzellen ie) stärker verdickt, alier nicht länger als in der Figur. '^, \:f 1 ' c' ^ " t j , Innenschlauch als einen schlangen- j ?! förmig gewundenen Schlauch her- vortreten lassen (Fig. 124). Zur Erkennung der Bambus- , -i 17- 1 -i 1 J- Fig. 125 Vei^i n ol i h nt in jugendlichen, papiere kann mit Vorteil auch die ^..^^^^^ ^^^^ waa.endeu ^i imme dei Bambusa Oberhaut herangezogen werden, ai-unduincca. O Oberhautzelle, deren nach außen , , . _, ... , gewendete Wände mit Poren (») versehen sind. welche in Form von kleinen SChlip- .y Spaltöffnung mit Nebenzeilen. KR" Zwergzellen. penfürmigen Fragmenten stets in Jedes Paar der Zwergzelleu besteht aus einer in- , „ , . 1 i-p • 1 haltslosen (A'') und einer mit einem Kieselkörper Ver- den Bambuspapieren anzutreffen ist. ^^^enen KieselzeUe (A). Der Kieselkörper ist er.t- In diesen Fragmenten erscheinen wedersolidoderhesitzt einen schmalen Hohlraum. die histologischen Elemente in sehr wohlerhaltenem Zustande. Die Charaktere der Oberhaut sind der Fig. 1 25 und der zugehörigen Figurenerklärung zu entnehmen. Die dünnwandigen Grundgewebszellen des Bambusstammes finden sich nur spärlich und in stark demoliertem Zustande im Papier wieder. Besser sind die dickwandigen Elemente des Grundgewebes erhalten 3). 42. Holzfaser. Seit den sechziger Jahren des 1 9. Jahrhunderts wird die Holzpapier- fabrikation im großen betrieben, und gegenwärtig schon ist Holz für ^ ) Ich habe diese charakteristischen, bandförmigen Zellen der Banibuspapiere i. J. 1866 (Technische Mikroskopie, p. 236) zuerst beschrieben, später (1901) hat sie K. Saito (Anat. Studien der wichtigsten Faserpflanzen Japans) angegeben und T. F. Hanausek (1. c.) eingehend charakterisiert und abgebildet. 2) S. oben p. 380. 3; Eingehendere Daten über die Mikroskopie des ßambuspapiers enthält die oben genannte und zitierte Abhandlung von T. F. Hanausek, »Bambus-Zellulosen*. 382 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. die meisten Länder Europas eines der wichtigsten Rohmaterialien zur Papiererzeugung. Es eignen sich nicht alle Holzarten in gleicher Weise für diesen Zweck. Weiche, faserige Hölzer von lichter Farbe sind hierfür die tauglichsten. Am häufigsten kommt jetzt Tannen-, Fichten- und Zitterpappelholz zur Anwendung. Doch werden erwiesenermaßen in der europäischen Zellulosefabrikation — von der nordamerikanischen soll hier ganz abgesehen werden — auch noch das Holz der Legführe (Pimis Pu)?iüio), Weißführe, Schwarzführe, Lärche, Erle (Älnus gluti- nosa), Esche, Weide, (Salix fragiUs und Caprea)^ Rotbuche, Vogelbeere fSorbus Äuciiparia), Birke und Silberpappel (Populus alba) verwendet i). Neuestens findet das zu Zwecken der Gerbstoffgewinnung extrahierte Edelkastanienholz in Frankreich ausgedehnte Verwendung zur Erzeugung der Holzzellulose. Aus Holz wird bekanntlich in zweierlei Art Papierfaser bereitet, entweder durch bloße mechanische Zerkleinerung oder durch chemische Prozesse, indem man das Holz durch Einwirkung bestimmter Stoffe in seine Elementarfasern zerlegt. Im ersteren Falle entsteht der > Holz- schliff«, im letzteren Falle die »Holzzellulose«. Holzschliff (Holzstoff) ist vollkommen unverändertes Holz, nur mechanisch in sehr kleine faserige Teilchen, in feine Spänchen zerlegt. Holzschliff als solcher läßt sich nicht auf Papier verarbeiten, es muß stets noch ein feinfaseriger Papierstoff (z. B. Hadernzeug) zugesetzt werden. Wohl aber läßt sich aus Holzschliff allein Pappe erzeugen. Holzschliff zeigt begreiflicherweise alle Reaktionen auf Holzsubstanz,^ z. B. mit schwefelsaurem Anilin und mit Phlorogluzin + Salzsäure. In den »Spänchen« wird man nicht nur die Holzfasern (Libriformfasern und Tracheiden bez. Gefäße), sondern auch andere histologische Elemente des Holzkürpers, z. B. Markstrahlen oder Holzparenchym auffinden. Es wird hier besonders leicht zu entscheiden sein, ob ein Nadel- oder ein Laubholz zur Erzeugung des Holzschliffes diente. Da bisher nur eine kleine Zahl gemeiner Laub- und Nadelhülzer der Papierfabrikation diente, so machte es keine Schwierigkeiten, auf Grund der charakte- ristischen mikroskopischen Eigentümlichkeiten der Holzarten (s. Kap. Hülzer; s. auch Fig. 126) festzustellen, aus welchem Rohmaterial der »Holzschliff« bereitet wurde. Da aber die Zahl der zur Bereitung des Holzschliffes gebrauchten Holzarten immer mehr zunimmt, steigern sich begreiflicherweise die Schwierigkeiten, die betreffende Baumart mit Sicherheit zu ermitteln. Die »Holzzellulose« hat einen ganz anderen Charakter als der Holzschliff. In ihr erscheint die Holzfaser isoliert, sie ist nämlich au& 1) S. hierüber v. Höhnel in der weiter unten zitierten Abhandlung. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 383 dem Gewebeverbande durch bestimmte Mittel herausgelöst worden, und bei diesem Mazerationsprozesse wurde aus der Zellhaut der Faser alle& ausgezogen, was nicht Zellulose ist. Es blieb also nur Zellulose zurück, und deshalb ist der für diesen »Papierstoff« gewählte Ausdruck Holz- zellulose oder kurzweg Zellulose berechtigt i). Diese »Holzzellulose« (nach dem speziellen Mazerations verfahren als^ Sulfitzellulose, Natronzellulose usw. bezeichnet) gibt also keine jener Reaktionen, welche als Holzstoffreaktionen bekannt sind. Aber auch der Nachweis der Holzart, aus welcher sie bereitet wurde, ist wegen der Mazeration erschwert und noch mehr da- durch, daß durch die Waschung der maze- rierten Masse die nicht fibrösen Ele- mente, z. B. Mark- strahlen, aus dem Holzstoff mehr oder minder vollständig entfernt wurden 2) oder zum mindesten ziemlich weitgehende Deformierungen er- fahrenhaben. Da die Nadelhölzer gerade durch die Markstrah- len sich leicht unter- scheiden lassen, so ist ersichtlich daß ^^^- ^^^' ^^^S^'- 300. Bestandteile von aus Nadelholz bereiteten Pa- ' pieren. ab Bruchstücke von Holzzellen; c—e Bruchstücke von Mark- in der Holzzellulose strahlen; c von der Tanne, Hüllen« der Bastzellen auch a.n Ficus-Avten von Aue r nachgewiesen wurden, so ist ersichtlich, daß die »Hüllen« kein Mittel bilden, um die Bastzellen der Moraceen (im engeren Sinne) von jenen der Artpcarpeen zu unterscheiden. Kommen im Papier neben mit »Hüllen« versehenen Bastzellen noch Milchsaftschläuche vor, so spricht dieses Kennzeichen sowohl für ein aus Moraceenbast hergestelltes Papier, als auch iür ein Produkt, welches aus Ficus oder einer anderen Artocarpee erzeugte wurde. (Gallert- hüllen kommen aber auch bei Papilionaceenfasern und anderen vor. — J. Weese.) Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 387 auf. Die japanischen Papiere bestehen der Hauptmasse nach aus Bast- zellen, nebenher führen sie auch Parenchymzellen (Markstrahlen- und Bastparenchymzellen; s. Fig. 127). In der Asche finden sich die in Kalk umgewandelten Metamorphosen der Kalkoxalatkristalle vor. Nach T. F. Hanausek treten neben den genannten Elementen auch aus der Rinde der Broussonetia stammende Milchsaftschläuche in den japanischen Papieren auf. 44. Edgeworthia-Faser. Die Bastfaser der japanischen Thymelaeacee Edgeivorthia papyri- fera^]^ in Japan Mitsumata genannt, wird gegenwärtig, wie schon seit alter Zeit (siehe unten: »Geschichtliches«) dort in großem Maßstabe zur Papierfabrikation verwendet. Die vorzüghchen Qualitäten des Mit- sumatapapiers sind Veranlassung gewesen, die Mitsumata anderweitig an- zupflanzen. So wurde in Deutsch-Ostafrika der Versuch gemacht, zum Zwecke der Erlangung eines ausgezeichneten Papierstoffes diese Pflanze zu kultivieren 2). Das Mitsumatapapier unterscheidet sich äußerhch nur wenig von dem japanischen Broussonetiapapier; es ist in derselben Manier wie dieses bereitet und wie dieses im Vergleich zu unseren gewöhnlichen europäischen Papieren sehr langfaserig. Mikroskopisch ist es mit Leichtigkeit von dem Broussonetiapapier wegen der ganz eigenartig gestalteten und gebauten Bastzellen der Stammpflanze zu unterscheiden. Der Bast der Edgeivorthia pajjyrifera^) und die aus demselben be- reiteten Papiere wurden im Wiener pflanzenphysiologischen Institute von A. Jencic untersucht. Auf seine Beobachtungen stützen sich die nach- folgenden Daten. Die Bastzellen haben eine Länge von 2,9 — 4,5 mm und einen Durchmesser von 3,75 — 18,75 /.i. Selbst eine und dieselbe Faser zeigt große Verschiedenheit in der Dicke und einen oft sehr raschen Wechsel in diesen Dimensionen", was sich besonders an den Enden der Bastzellen zu erkennen gibt, welche nur selten zugespitzt, öfter ab- gestutzt, meist keulenförmig angeschwollen sind. Ein- und Ausbuch- tungen, häufig nur nach einer Seite hin ausgebildet, sind etwas Gewöhn- liches. Durch diese Unregelmäßigkeit des äußeren Konturs gewinnen i) Als Heimat der Edgeworihia papyrifera (= E. chrysantha) wird gewöhnlich China angegeben. 2) Zimmermann, Der Pflanzer, Bd. II (<906), p. 168. 3) Zur Untersuchung dienten teils Stengel der Stammpflanze aus dem Wiener botanischen Hofmuseum und dem Berliner botan. Museum, teils Mitsumatapapiere, welche ich Herrn Prof. Engler zu verdanken habe. Die Bastfaser ist in den letz- teren so wohl erhalten, daß man den mikroskopischen Charakter der Faser sofort zur Erkennung dieses Papieres benutzen kann. 25* 388 Siebzehnter Abschnitt, Fasern. die Bastzellen der Edgeicorthia papijrifera ein höchst charakteristisches Aussehen, welches aber noch dadurch gesteigert wird, daß auch ihr Lumen im Längsverlaufe höchst verschieden gestaltet ist, häufig un- gemein weit, verschmälert es sich oft ganz plötzlich oder verschwindet stellenweise auch vollständig. Selbstverständlich beruht die Form des Lumens auf der Ausbildungsweise der Verdickungsmasse der Zell- wand, welche häufig sehr unregelmäßig gestallet ist und förmhch »innere Vorsprungsbildungen« darbietet. Das Lumen bricht im Längs- Fig. 128. Vergr. 350. Enden und Bruchstücke von Bastzellen der Edgeworthia papi/rifera. l Stellen, wo das Lumen verschwunden ist. verlaufe der Zelle oft mehrmals plötzlich ab, so daß dieselbe gefächert erscheint. Manchmal sind die Bastzellen auch verzweigt (Fig. 128). Diese merkwürdig gestalteten Bastzellen kommen auch bei Wickstroemia und anderen Thymelaeaceen vor. Man muß bei der genauen mikro- skopischen Prüfung des Papiers auch auf die nebenher auftretenden histologischen' Bestandteile und auf die Dimensionen der Zellen achten. Bei aufmerksamer Betrachtung kann es nicht entgehen, daß ein Teil der Bastzellen durchschnittlich dünnwandig, ein Teil hingegen dickwandig ist. Nur an diesen dickwandigen Zellen verschwindet stellen- weise das Lumen. Die ersteren sind jüngere in der Nähe des Kambium Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 389 gebildete, die letzteren ältere im natürlichen Baste nach außen gekehrte Bastzellen. Ina Querschnitt erscheinen die Zellen abgerundet-polygonal, nicht selten tiefbuchtig oder eingefaltet. Die Außenhaut (Mittellamelle) der Zelle ist mächtig entwickelt, differenziert sich scharf von den übrigen Zellhaut- schichten und löst sich nicht selten von diesen ab. Die Mächtigkeit der Außenhaut erinnert an die Sunnfaser, welche ja auch sehr stark ent- wickelte Außenhäute besitzt. Während aber diese relativ stark ver- holzt sind, zeigen jene direkt die Zellulosereaktion. Die Bastzellen der Edgeivorthia papyrifera sind ihrer ganzen Dicke nach unverholzt und werden durch Jod und Schwefelsäure rein blau gefärbt. Die Membranen sind geschichtet. Auf Zusatz von Chromsäure tritt die Schichtung noch deutlicher hervor. Poren sind in der Zellhaut nur selten anzutreffen. In den Mitsumatapapieren findet man neben den Bastzellen auch noch Markstrahlen- und Bastparenchymzellen und Kristalldrusen von oxal- saurem Kalk. 45. Torflaser. Versuche, aus Torf Papier oder Pappe zu erzeugen, reichen ins 18. Jahrhundert zurück (siehe > Geschichtliches« am Ende dieses Para- graphen). Aber erst in neuester Zeit ist es gelungen, brauchbares Papier aus Fasertorf herzustellen i). Es sind dies Fließpapiere, also Papiere, denen jegliche Leimung fehlt. Sie sind, wenn nicht aus ge- Fig. 129. Vergr. 300. Fragment eines Blattes von Sphagnnm iiiibn'catum aus Schaf ferschem Torf- papier (XVHI.Jhdt.). a Zellen (Ässimilationszellen). p Pore in der Zellwand. (Nach K. Linsbauer.) Fig. 130. Vergr. 300. Fragment eines Blattes von Sphagnum sp. aus einem modernen Torfpapier. ap wie in Fig. 132. (Nach K. Linsbauer.) bleichten Fasern bereitet, schon makrochemisch gut charakterisiert und von anderen Papieren leicht zu unterscheiden. Mit konzentrierter Soda- lösung gekocht, geben nämlich diese Papiere eine schwarzbraune Lösung, aus welcher durch Salzsäure Huminsubstanzen in Form eines rotbraun flockigen voluminösen Niederschlags ausfallen. Gebleichte Torfpapiere 1) Hausding, Industrielle Torfgewinnung und Torfverwertung, Berlin 1876. K. Linsbauer, 1. c. (s. oben p. 364), p. 441. 390 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. sind nur mikroskopisch zu erkennen. K. Linsbauer hat bei Unter- suchungen der Zschörnerschen Torfpappen gefunden, daß dieselben hauptsächlich aus den Blättern des Torfmooses (Sphagnum) bestehen, welche sich zumeist in Fragmenten in solchen Pappen leicht nachweisen lassen (Fig. 130). In den nach Zschörners Verfahren hergestellten Papieren fand K. Linsbauer an charakteristischen Bestandteilen Bast- stränge und Oberhautfragmente von Eriophorwn (siehe oben p. 362 bis 367), Fragmente von Sphagyium-^YkÜQvn^ Gefäßbruchstücke verschiedener Pflanzen, zarte Stengelteilchen von Calluna vulgaris (Heidekraut) usw. Die Bastzellen der Eriophorum-Arien herrschen vor. Für die Erkennung der Torfpapiere sind die Blattfragmente von Sphagnum und die ver- holzten Oberhautzellen \on Er iophormn (s. oben 1. c.) besonders wichtig. In den bis jetzt untersuchten Torfpapieren wurde stets noch Sulfitzel- lulose (von Fichte usw.) nachgewiesen. Anhang. Araliamark (sog. cMnesisclies Reispapier). Das sog. chinesische Reispapier (papier de riz, rice-paper) ist in Europa sehr lange bekannt. Es dient in China als Malgrund für Gouache- Bilder, bei uns zur Erzeugung künstlicher Blumen, auch in der graphischen Technik und zum Enveloppieren verschiedener Gegenstände. Dieses Papier ist aus dem Marke der Aralia papyrifera Hook, ge- schnitten, wie von Hooker 1) zuerst konstatiert wurde. Die älteren An- gaben, denen zufolge Äeschynomene aspera Willd. (= Ä. lagenaria Lour. = Hedysarum lagenarium Roxb.), Ä. paludosa und andere verwandte Leguminosen als Stammpflanzen des chinesischen Markpapiers zu gelten haben, sind wohl endgültig widerlegt^). Die genannte Stammpflanze, jetzt als Tetrapanax papyrifer K. Koch 3) (= Fatsia papyrifera Miq.) bezeichnet, wächst auf Formosa wild und wird in China, daselbst Tung tsaou genannt, kultiviert. Der anatomische Bau dieses Markpapiers lehrt, daß es der Länge nach aus dem Marke geschnitten wird. Um demselben aber eine möglichst große Oberfläche zu geben, wird aus dem Mark das Papierblatt nahezu tangential ge- schnitten, in der Weise, daß jeder horizontale Durchschnitt der Richtung einer Spirale folgt. Die so geschnittenen Markblätter erreichen eine Ober- {) Journ. of Bot. II, p. 27 und 250, IV, p. 50 und 347. 2) J. Moeller, Bot. Zelt., 1879, p. 723fr. Miquöl, Flora vaa NiJerl. Iniiö, p. 749, hat auf einige andere indische Araliaceen hingewiesen, nämlich auf Trevisia sundaiea Miq. und T. moluccana Miq., deren Mark ähnlich wie das der Aralia pa- pyrifera benutzt werden könnte. 3) Engler-Prantls Pflanzenfamilien, III, 8, p. 34. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 391 fläche von 200 — 350 cm^. Diese tangential geschnittenen Blätter er- scheinen sehr homogen. Kleine, ebenfalls der Länge nach oder radial aus dem Marke geschnittene Papierstücke erscheinen breit gestreift. Solche Stücke haben eine quadratische Fläche von etwa 1 00 cm^, selten darüber. Nicht nur diese, sondern auch die großen Papierblätter bilden stets nur ein zusammenhängendes natürliches Markstück und sind niemals aus mehreren kleinen Stücken zusammengesetzt. Der streifige Charakter der radial geschnittenen Blätter hat also nicht, wie mehrfach behauptet wurde, seinen Grund in einer Zu- sammenfügung kleiner Markstreifen, sondern ist im geschichteten Bau ■des Araliamarkes begründet. Das chinesische Markpapier hat eine schneeweiße Farbe und ein zartes gewebeartiges Gefüge, welches bei .Betrachtung im durchfallenden Lichte deutlich hervortritt. Es kann in bezug auf seine Eigenschaften am besten mit feingeschnittenem Hol- lundermark verglichen werden. Die Dicke der Stücke beträgt 250— 300 ^it. Mikroskopisches Verhal- ten i) (Fig. 131). Mit der Lupe er- kennt man sofort den zelligen Bau dieser Markpapiere (Fig. 131a). Im Oewebeverbande sind die Zellen von- einander durch zarte, im Durch- schnitt dreiseitige Luftgänge geschie- den (Fig. 131 ö). Im Mikroskop er- scheinen die Zellen (polyedrische Parenchymzellen) mit großer Schärfe, wenn man früher durch Alkohol die Luft verdrängt hat. Alle Zellen sind dann etwas in die Länge gestreckt, ein Zeichen, daß diese Sorte chinesischer Papiere stets der Länge nach durchschnittene Markplatten repräsentiert. Die Zellen zeigen «inen sechsseitigen Umriß. Ihre Länge beträgt 135 — 180, meist 150, ihre Breite 54 — 92, meist etwa 60 /<. Die Zellwand hat eine Dicke von etwa 1 ^2 — 2 j.i'^). An den Zonengrenzen der aus radial durchschnittenem Fig. 131. Flächenansicht des sog. chinesischen Reispapiers (Mark von Äralia papyrifera). Diese Flächenansicht entspricht dem tangentialen Längsschnitt. « Vergr. 25; b Vergr. 90, porös verdickte Parenchymzellen. Zwischen den Zellen die im Durchschnitt dreiseitig erscheinenden. Interzellulargänge. 4) Wiesner, Technische' Mikroskopie, p. 234. Rohstoffe, erste Aufl., p. 461. 2) Die unrichtige Angabe in der 2. Aufl. dieses Werkes, die noch dem Manu- skript dieser Auflage zugrunde lag, beruhte, wie ich mich durch mikroskopische Nach- 392 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Marke bestehenden Papiere sind die Zellen stark tangential abgeplattet und nicht stärker als an anderen Stellen verdickt. In den Zellwänden, besonders deutlich an den Zellen der Zonengrenzen, erscheinen kleine, etwa 3 j(t breite Poren. Manche Zellen enthalten Kristallaggregate von oxalsaurem Kalk. Geschichtliches. Das große Gebiet der Geschichte des Papiers^) soll hier nicht be- treten werden. Dem Zwecke dieses Werkes kann es nur entsprechen, die im Laufe der Zeiten bei den Kulturvölkern zum Papier bereits in Gebrauch gekommenen rohen Pflanzen stoffe in Kürze vorzuführen, um zu zeigen, wie in Rücksicht auf das Rohmaterial sich nach und nach aus den ersten Anfängen und durch weitere Fortschritte der heutige Stand der Papierfabrikation herausgebildet hat. Zweck dieses Paragraphen ist es auch, die wichtigsten Kennzeichen der alten Papiere, natürlich nur im Sinne unserer Rohstofflehre vor- zuführen. Aber selbst innerhalb der hier so enge gezogenen Grenzen stößt man auf große Lücken in unseren Kenntnissen, da die materielle Unter- suchung alter Papiere sich doch noch in ihren Anfängen befindet. Welche Wichtigkeit aber gerade diese Art der Prüfung alter Papiere für die paläographische und kulturhistorische Forschung besitzt, haben die über- raschenden Resultate der mikroskopischen Untersuchung der ältesten orientalischen Hadernpapiere gezeigt. Die Fortschritte des Schrifttums forderten den Ersatz der alten Be- schreibstoffe: Tierhäute, Leder, Pergamente, Holztafeln usw. durch zweckmäßigere Materialien. Diese gegenüber den alten Wachsschreibtafeln auf lange Dauer berechneten BeschreibstofTe waren für ausgedehnten Ge- brauch zu massig und zu kostspielig. Man suchte frühzeitig nach dünneren flächenartigen (blattartigen) Beschreibstoffen und hat dieselben zunächst in den Blättern verschiedener, wohl durchweg monokotyler Pflanzen gefunden. Dem gefilzten chinesischen Papier ist das Blatt des Bambus- rohres vorangegangen, auf welchem mit glühenden Nadeln geschrieben wurde. In Indien sind Palmblätter seit alter Zeit als BeschreihstotTe in Gebrauch. Sehr eingehende Untersuchungen über die Verwendung des Palmblattes als Beschreibstoff" in Indien wurden vom paläographischen Prüfung des Markpapieres überzeugen konnte, auf einem Versehen bei der seiner- zeitigen Korrektur. — J. Weese. 1) Über die Geschichte des Papiers s. Karabaczek. Das arabische Papier. Wien 1887 (aus Mitt. aus der Samnalung des Papyrus Erzherzog Rainer, 11 u. III bes. abgedruckt). Wiesner, ebendaselbst (s. oben p. 367, Anraerkg. 1). A. Blan- chet, Essai sur l'histoire du papier. Paris i900. Sehr reich an einschlägigen Lite- raturangaben. S. auch R. Raab, Die Schreibmateriahen. Hamburg und Leipzig 1888. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 393 Standpunkt aus von dem bekannten Orientalisien Prof. A. F. R. Hoernle (Oxford) angestellt. Die ältesten von dem genannten Forscher geprüften indischen Palmblattmanuskripte stammen aus dem Jahre 450 n. Chr. und reichen bis zum Jahre 18151). ßig Mitte des 1 6. Jahrhunderts wurden nach Hoernle in Indien fast ausschließlich die Blätter der Talipotpalme (Corypha umhmeulifera) als Beschreibstoff verwendet. In einzelnen Teilen Indiens (z. B. Bengalen) wurden von dem genannten Zeitraum an auch die Blätter der Palmyrapalme (Borassus flabelliformis) benutzt und findet sich dieser Beschreibstoff auch in indischen Manuskripten aus älterer und neuerer Zeit 2). Auch derzeit wird das Palmblatt noch in Indien als Beschreibstoff benutzt, aber auch heute, wie früher, dient hierzu in erster Linie das Blatt der Corypha'^). Nach mündlichen auf Autopsie beruhenden Mitteilungen, welche ich Herrn Prof. Hoernle (Oxford, Juni 1901) verdanke, werden die Blätter der beiden genannten Palmen der Länge nach in Segmente zerlegt. Jedes Segment ist von einem derberen Gefäßbündel (Mittelrippe) durchzogen. Von jedem Segment wird nur das Mittelstück verwendet, indem man das obere und untere Ende entfernt, und auch dieses Mittelstück wird weiter längs der Mittelrippe in seine Hälften zerlegt. Für den Schul- und Tagesgebrauch wird das so gespaltene Blatt einfach getrocknet und so- dann zum Schreiben verwendet. Für literarische Zwecke wird jeder Palmblattstreifen, bevor er als Beschreibmaterial in Verwendung kommt, bestimmten Prozeduren unterworfen, nämlich zuerst in Wasser oder Milch leicht gesotten und dann zwischen Walzen gepreßt. Es gewinnt da- durch das Blatt eine demselben im natürlichen Zustande nicht zukommende Glätte, die auch an den alten Manuskripten zu finden ist, weshalb man annehmen darf, daß der Beschreibstoff der alten Palmblatt-Manuskripte in ähnlicher Weise vorbearbeitet wurde. \) An Epigraphical Note on Palm-leaf, Paper and Birch-bark. ylsiatic Society of Bengal, Journal, Vol. 69, Part I, No. 2 (1900). 2) Die ältesten auf 5orassMS-Blätter geschriebenen indischen Manuskripte, welche Prof. Hoernle untersuchte, stammen aus den Jahren 1550 und 1587 (Hoernle, 1. c, p. 9 und 10). 3) Ich brachte aus Kandy (Ceylon) Palmblattmanuskripte mit, welche dort auf den Straßen feilgeboten wurden. Es sind dies Nachahmungen alter singhalischer Schriften. Doch wird jetzt noch auf Ceylon für den täglichen Verkehr auf Palmblätter geschrieben. Die enghsche Regierung gestattet dort und wahrscheinlich auch sonst in Indien die Annahme von auf Palmblättern geschriebenen Briefen bei ihren Postämtern. Die von mir aus Ceylon mitgebrachten Palmblatt-Manuskripte rühren durchweg von Corypha her. Wie mir Herr Prof. Hoernle (Oxford, 4. Mai 1901) schrieb, wird in den »Lower Provinces« Indiens (Bengal, Bihar und Orissa) in den Elementarschulen für Eingeborene und zum gewöhnlichen Tagesgebrauch oft noch auf Palmblättern geschrie- ben. In den Städten nimmt aber der Gebrauch des Papiers zu, besonders in Bengalen. 394 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. Im frischen Zustande sind die als Beschreibstoffe dienlichen Blatt- stücke der Palmen leicht als solche zu erkennen und es ist das Relief dieser beiden Blätter ein so verschiedenes, daß man unschwer ent- scheiden kann, ob man es mit dem Blatte der Talipot- oder Palmyra- palme zu tun habe. Die Fig. 135 u. 133 zeigen diese Unterschiede, wie sie sich im Lupenbilde zu erkennen geben. Sehr charakteristisch sind auch die braunen Punkte, welche in ganzen Reihen am Blatte der Palmyra- palme zu finden sind. Es schien mir aber doch nicht unnütz, schärfere Unterschiede zwischen den Blättern von Corypha und Borassus ausfindig zu machen, als diejenigen sind, welche mit freiem Auge oder auch mit der Lupe konstatiert werden können. Das Kochen und Glätten der Blätter verwischt doch mehr oder weniger die Oberflächenbeschaffenheit des Blattes und insbesondere bei Prüfung alter Manuskripte, welche durch die Zeit gelitten haben, muß es doch erwünscht erscheinen, scharfe Fig. 132. Lupeubild des Eeliefs der Unterseite Fig. 133. Lupenbild des Reliefs der Unterseite eines Blattstückes der Talipotpalme {Cortji)ha um- eines Blattstückes der Palmyrapalme {Borassus Iraculiformis). Der Pfeil gibt die Richtung des flabdliformis). Der Pfeil gibt die Kichtnng des Hauptnervs des Blattes an. Hauptnervs des Blattes an. und zuverlässige Kriterien behufs Unterscheidung zu besitzen. Auch möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß nach einem reichen mir zu Ge- bote gestandenen Vergleichsmaterial das Relief des Blattes der beiden genannten Palmen, insbesondere das von Corypha^ insofern variiert, als die Nervatur in sehr verschiedenem Grade ausgeprägt ist. Ein Blick auf die Fig. 134 und 135 zeigt, daß die Oberhaut der Blätter von Corypha im Bau von jener der Blätter von Borassus auffälligst verschieden ist. Ich lasse hier eine kurze Beschreibung der genannten Oberhäute folgen ij. Corypha umhracidifera. Die Oberhaut der Blattoberseite stimmt \) Ich gehe auf die Charakteristik der Oberhäute des Talipot- und Palmyrablattes oben nur insoweit ein, als es für die Unterscheidung notwendig ist. Eine eingehende Darstellung der anatomischen Verhältnisse dieser beiden Palmenblätter enthält eine Abhandlung, welche Herr R. Eberwein auf Grund von im Wiener pflanzenphysio- logischen Institute ausgeführten Untersuchungen in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wiss., Bd. \M (<903), veröffentlicht hat. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 395 im Bau fast gänzlich mit der Unterseite überein. Oberhautzellen zu- meist länglich, wellig konturiert. Längste Oberhautzelle oberseits im Mittel 24,3 ^t, unterseits 35,1 f.i, kürzeste oberseits im Mittel 10,8 /<, unterseils 8,1 7^ Kieselzellen fehlen. Die Spaltöffnungen stehen in Doppelreihen, die einzelnen Spalt- öffnungen sind aber nicht in Paaren angeordnet, sondern Fig. 134. Vergr. 200. Oberhaut vom Blatte der Palmyra- Fig. l:!5. Vergr. 210. Oberhaut vom Blatte palme (Borassus flahelUformis). T als Drüsen ausgebildete der Talipotpalrae (Corypha umbraculifera). Trichome. sSpaltöifnungen mit zwei Paaren vonNebenzellen. o Oberhautzelle, s Spaltöffnungen mit K derbwandige Oberhautzellen mit Kieseleinschlüssen. Nebenzellen n. zwei Spaltöffnungen der einen Reihe eine Spaltöffnung der anderen Reihe, Jede Spaltöffnung besitzt nur ein Paar von Nebenzellen. Längsdurch- messer der Spaltöffnung 35 /«. Auf das Quadratmillimeter kommen WM Fig. 136. Vergr. 400. Oberhaut vom Blatte von Borassus flahelUformis. s'Spaltöffnung mit zwei Paaren von Nebenzellen n. T als Drüsen ausgebildete Trichome. 6 Bastzellen. oberseits 34, unterseits 69 Spaltöffnungen. Trichome und Zwergzellen fehlen. Borassus flahelUformis. Auch hier weicht die Oberhaut der Blatt- oberseite von der der Blattunterseite nicht wesentlich ab. Oberhautzelle 396 Siebzehnter Abschnitt Fasern. variabel in der Größe, nicht buchtig. Längste Oberhautzelle oberseits im Mittel 59 u, unterseits 67 f.i, kürzeste (abgesehen von den »Zwergzellen«) oben und unten im Mittel 13,5 ^i. Es kommen hier eigentümliche dickwandige Kieselzellen vor, welche von einem kugeligen, warzigen Kieselkürper erfüllt sind. Es Fig. 137. Vergr. lUO. Querschnitt durch den Schaft von Cyperus Papyrus, o Oherhaut, B einfache Bast- hündel, g' reduzierte Gefäßbündel, g kleine Gefäßbündel mit nach innen gewendeten Bastbelegen. 6 Gefäßbündel mit nach innen und außen gekehrten Bastbelegen bh, x Sylem, s Siebteil des Gefäß- bündels. Dieses Gefäßbündel liegt im parencliymatischen, von großen luftführenden Interzellular- gängen (j) durchsetzten Grundgewebe (Mark). Dieses Grundgewebe bildet die Hauptmasse des Papyrus, in welchem aber auch die Gefäßbündel 6 erscheinen. K Kristalle von osalsaurem Kalk (in den Parenchymzellen). stimmen diese Kieselzellen im Aussehen mit den im Innern des Blattes vorkommenden Deckzellen (»Stegmata«) überein. In der Längsrich- tung des Blattes treten reihenweise mehrzellige Trichome auf (Fig. 132 und 134T); es sind die schon mit freiem Auge sichtbaren braunen Punkte. Zwischen den Trichomreihen stehen die Spaltöffnungen in meist vierfacher Reihe. Jede Spaltöffnung ist mit zwei Paaren von Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 397 Nebenzellen versehen und an jedem der beiden Pole einer Spalt- öffnung tritt eine Zwergzelle auf. Der Längsdurchmesser der Spalt- öffnung beträgt im Mittel 65 ii. Auf dem Quadratmillimeter liegen sowohl oben als unten im Mittel 22 Spaltöffnungen. — Ein weiteres Stadium der Papiererzeugung bildet die Herstellung flächenförmig ausgebreiteter Kunstprodukte durch künstlich geschnittene Pflanzenstoffe. Hierher gehört das oben bereits beschriebene Mark- papier der Chinesen (sog. Reispapier; s. oben p. 390) und der Papyrus der Alten. Die große Bedeutung des Papyrus bei den alten Ägyptern, Griechen und Römern ist allgemein bekannt. Die ältesten Papyrusrollen wurden vor nahezu 4000 Jahren beschrieben. Mit dem Auftreten des arabischen (ge- filzten) Papiers (800 n. Chr.) verschwand nach und nach die Erzeugung des Papyrus. Die berühmte ägyptische Papyrusfabrikation erlosch in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts i). Die der ägyptischen gefolgte sizilianische Papyrus- fabrikation stand weit gegen die ägyptische zurück und scheint im 13. Jahrhundert ihr Ende gefunden zu haben. Die Papyrusrollen 2) der Alten wurden bekanntUch aus den krautigen Schäften der Papyrusstaude (Cyperus papyrus L.) be- reitet. Schon ein oberflächlicher Vergleich der Papyrusrollen mit dem Rohstoffe lehrt, daß nicht etwa die Oberhaut und die daran haftenden Gewebe, welche mit ersterer aller- dings eine dichte Haut bilden, sondern das von Gefäßbündeln reichlich durchsetzte Markgewebe zur Darstellung des Papiers diente. Das die dicken, abgerundet dreiseitigen Schäfte der Papyruspflanze bis ins Innere erfüllende Mark hat eine schneeweiße Farbe und ist nahezu so gut schneidbar wie HoUundermark. Dieses Mark ist von zahlreichen, der Achse parallelen Gefäßbündeln und weiten luftführenden Interzellularräumen (Luftgängen) durchsetzt, welche be- sonders deutlich auf dem Querschnitt hervortreten. Zarte Querzüge von Gefäßbündeln verbinden stellenweise die der Länge nach verlaufenden derben Gefäßbündel (Fig. 138). Die Interzellularräume sind der Länge Fig. 138. Vergr. 30. Längsschnitt durch Papyrusmark, um die im Pa- pyrus auftretenden seitlichen Verbin - duugen der Gefäßbündel (6 0) zu zeigen. iP wie in Fig. 142. ^) Raab, 1. c, p. 5. 2) Über die mikroskopischen Kennzeichen des Papyrus der Alten s. Wiesner, Technische Mikroskopie (4 867), p. 237 ff.; ferner Wiesner, Die Faijiimer und Usch- müneiner Papiere, 1. c, p. 24. 398 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. nach gestreckt. Die Parenchymzellen sind groß, dünnwandig; fast jede Zelle führt einen oder mehrere Kristalle von oxalsaurera Kalk. Die Papyrusrollen sind in der Weise angefertigt worden, daß man das Mark der Länge nach in dünne Blätter zerschnitt und mehrere der- selben — soviel ich an ägyptischen Papyrusrollen gesehen habe, drei — mittels einer in Wasser löslichen Substanz aneinanderklebte. Die Papyrusrollen zeigen stets zwei aufeinander senkrecht stehende Streifen- systeme, welche von den das Mark durchsetzenden Gefdßbündeln herrühren. Da nun die Gefäßbündel, wie schon gesagt wurde, im paren- chymatischen Grundgewebe, wenn von den zarten schon erwähnten Quer- Fig. 139. Vergr. 100. Längsschnitt durch das Mark von Cyperus Papyrus. PP Parenchym, i Interzellularräume. G Gefäßbündel, zugleich mikroskopisches Bild von Papyrus. Zügen abgesehen wird, nur in einer der Achse parallelen Richtung auf- treten, so folgt, daß man bei Verfertigung der Papyrusrollen die einzelnen Markblätter, um 90*^ verwendet, aufeinander klebte. Die Markblätter haben eine Dicke von etwa 80 «. Es wird gewöhnlich angegeben, daß die Verbindung der einzelnen Blattstreifen der Papyrusstengel durch Nilwasser und spätere Pressung oder anderweitige mechanische Bearbeitung erfolgte. Nach meinen Unter- suchungen wurde aber hierzu ein Kleister benutzt. Stärke, vielleicht aus Mehl bereitet wurde i). der aus unreiner 1) Näheres über die direkt gewöhnlich nicht nachweisbare Stärke im Papyrus s. die oben genannten Abhandlungen aus dem Papyrus Erzherzog Rainer. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 399 Die alten Papyruszellen sind nicht weiß, wie das frische Mark, sondern isabellgelb bis tiefbraun gefärbt. Die Farbe rührt von einer partiellen Umsetzung der Zellulosewände in Huminkörper her. Die Paren- chymzellen haben mehr oder weniger stark gelitten; sie sind teils ab- gewittert, teils stark zerknittert und nur hier und dort, besonders in den mittleren Blättern der Papiere, sind deren Struklurverhältnisse besser erhalten, so daß man noch einzelne wohlerhaltene Zellen mit ihren Fig. 140. Natüiliclie Größe. Fragment eines auf Birkenperiderm in der alt-kaschmirscben yäradä- schrift gescliriebenen Bhürja- (Birken-) Manuskriptes. II Lentizellen des Periderms. kristallisierten Einschlüssen darin auffinden kann. Die Bestandteile des Gefäßbündels, weite, prismatische netz- oder treppenfürmig verdickte Gefäße und Bastzellen, sind in allen Lagen der Papyrusrollen noch gut erhalten. Mehrfach sind im Altertum auch fläch enfürmige Rindenbestand- teile als Beschreibstoff verwendet worden. Was aber lange Zeit von den Paläographen als Charta corticea^ ^vloyäQtiov^ Baumbastpapier be- zeichnet wurde, ist durchweg Papyrus. Hingegen ist es jetzt wohl zweifellos, daß Griechen und Römer für kürzere Aufzeichnungen sich eines Be- schreibstoffes bedienten, der etwa kartenblattgroß war und durch Über- 400 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. • einanderkleben von Baststücken (wahrscheinlich der Linde [tilia, (pilvqa]) erhalten wurde ^). Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts wurde in Kashmir Birkenrinde als Beschreibstoff benutzt. Die bis auf den heutigen Tag erhaltenen Bhiirja-Manuskripte bezeugen dies. Diese Manuskripte, auf welchen vornehmlich die Zeichen der (läradä-Schrift erscheinen 2), sind zweifellos aus Birkenrinde angefertigt worden, und zwar aus der bekannten feinen, papierähnlichen Außenrinde (Periderm), welche gerade bei der Birke so charakteristisch aussieht, daß sie sofort mit freiem Auge zu erkennen ist. Das Periderm der Birkenrinde ist durch sehr große, am Stamme querliegende Lentizellen von dunkler Farbe ausgezeichnet, welche sich vom hellen (häufig, z. B. bei Betula verrucosa und B. imbescens kreide- weißen) Peridermgewebe scharf abheben. Die alten Bhürja-Manuskripte sind allerdings stark nachgedunkelt; allein auf denselben sind die Lenti- zellen dennoch auffällig dunkler gefärbt und treten mit großer Deutlichkeit hervor. Nach Bunges Angaben sind die kaschmirischen Bhürja-Manu- skripte auf dem Periderm der in Zentral- und Ostasien verbreiteten Betula Bhojpattra Wall, geschrieben. Mit der Erfindung des gefilzten Papiers verschwanden nach und nach alle anderen Beschreibmaterialien vegetabilischen Ursprungs. Die gefilzten Papiere, welche heute in der ganzen zivilisierten Welt in aus- schließlicher Verwendung stehen, sind eine Erfindung der Chinesen =5). ^) Wiesner, Studien über angebUche Baumbastpapiere. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wiss. in Wien, philos.-histor. Klasse, Bd. 76 (-1892). 2) Nach gefälhgen Mitteilungen meines Kollegen, Herrn Prof. Leopold von Schroeder, welchem ich auch das zur obigen Illustration benutzte Manuskript ver- danke. 3) Die gefilzten Papiere der Maya-Codices. Unter den Menschenstämmen, welche anfänglich, nämlich noch vor den Azteken, Mittelamerika bevölkerten, zeich- neten sich die Maya-Indianer, den Inka und Azteken voran, durch besondere Intelli- genz aus. Sie bewohnten weite Strecken des jetzigen Mexiko: Yucatan, Chiapas, Tabesco usw. Für ihre hohe Intelligenz spricht die Tatsache, daß sie einen später von den Azteken übernommenen Kalender besaßen, welcher an Genauigkeit den Ju- hanischen übertraf. Im alten Amerika waren die Maya-Indianer allein im Besitz einer Schrift. Es war dies eine Hicroglyphenschrift, welche mit der ägyptischen manche Ähnlichkeit hatte und auf dem Wege war, zu einer Lautschrift zu werden. Ihre Aufzeichnungen sind in vier aus dem Ende des 14. bis zur Mitte des 4 6. Jahr- hunderts stammenden Handschriften enthalten (Dresdner Maya-Codex, Codex pere- sianus in Paris, Codex Troano und Codex Cortesianus, beide in Madrid), welche Gegenstand eingehender Studien geworden sind. Das Papier dieser Handschriften gehört schon in die Kategorie der »geOlzten Papiere«, als deren erste Erfinder mit Recht die Chinesen gelten. Wie man aber sieht, haben die Maya-Indianer später, zweifellos ganz unabhängig von den Chinesen, ein »gefilztes« Papier erfunden, welches früh dem Untergang geweiht war und des- halb für die menschliche Kultur nicht -ene Bedeutung erlangte, wie die chinesische Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 401 Die Angaben über die erste Erzeugung des chinesischen Papiers (gefilztes Pflanzenfaserpapier) schwanken. Als erster Erzeuger des chinesischen Papiers wird Ts'ai-Loun genannt, welcher diese in kulturhistorischer Beziehung so bedeutungsvolle Erfindung etwa 100 Jahre nach Chr. G. machte i). Auch über die zur Bereitung des Papiers verwendeten Mate- rialien gehen die Ansichten auseinander. Es wurden Baumrinden (Baste), andere Pflanzenfasern und Lumpen als Erzeugungsstoffe genannt. Bis in die neueste Zeit wurde an der Ansicht festgehalten, daß die Lumpen (Hadern) erst im Jahre 940 n. Chr. von den Chinesen zur Papierbereitung benutzt wurden, also in einer Zeit, in welcher die arabische Erfindung des Hadernpapiers schon in Europa und insbesondere im Orient bekannt geworden war2). Aber die neueren Ausgrabungen chinesischer Schrift- Erfindung, -welche ja den unbestrittenen Ausgangspunkt unserer heutigen Papier- bereitung bildet. Durch Alexander v. Humboldt wurden die Maya-Codices und die altmexika- nischen Bilderhandschriften sehr bekannt und auf seine Autorität hin wurde bis auf die jüngste Zeit angenommen, daß das Papier dieser Manuskripte aus Agave-Fasern bestehe. In neuester Zeit wurden sowohl die Maya-Codices als auch die altmexika- nischen Bilderhandschriften durch Dr. R. Schwede an der Technischen Hochschule in Dresden einer gründlichen mikroskopischen Untersuchung unterzogen, durch welche zunächst festgestellt wurde, daß die Herleitung all dieser Papiere von Agcwe-F asern irrtümlich sei*). Im übrigen wurde auf die Hülle der Bastzellen, auf begleitende Milchsaftschläuche, auf Parenchymzellen mit charakteristischen Stärke- und Kalk- oxalatkristallen hingewiesen und hieraus abgeleitet, daß diese Papiere aus der Rinde von FicifS-Avtcn erzeugt wurden. Wenn man nun beachtet, daß alle zur Lösung der Frage herangezogenen mikro- skopischen Charaktere nicht nur für Moraceen im engeren Sinne, sondern auch für Moraceen im weiteren Sinne sprechen, zu welchen die Artocarpeen mit allen ihren Ga.ttungen [Ficus, usw.) gehören, so scheint es wohl berechtigt, aus den Schwede- schen Befunden nur abzuleiten, ^daß in den genannten Papieren die Bestandteile einer Moraceen-Rinde (Moraceen im weiten Sinne genommen, nämhch mit Einschluß der Artocarpeen, also auch der Gattung Ficus) vorliege. Ob diese Rinde gerade von einer Ficus-Xri abstammt, scheint mir noch nicht endgültig beantwortet. Es könnte ebensogut eine Monis -Art sein. Prof. E. Seier schreibt mir (-23. April igU), daß die mexikanischen und Maya-Papiere, welche nach A. v. Humboldt aus Agave- Fasern zusammengesetzt sein sollen, aus sprachhchen Gründen aus dem Baste eines Maulbeerbaumes herzuleiten wären. Schwede hat bewiesen, daß die Maya-Handschriften nicht von Agaven her- rühren und daß der Bast einer Moracee (im weiteren Sinne genommen) das Material zur Erzeugung dieses Papieres gebildet habe. "Welcher Gattung und Spezies der zur Papiererzeugung benutzte Bast angehörte, scheint mir noch eine offene Frage zu sein. ■1) Blanchet, 1. c, p. i2. 1) Karabaczek, 1. c, p. 31. *) R. Schwede, Über das Papier der Maya-Codices und einiger altmexikanischer Bilderhand- schriften. Dresden 1912. S. auch oben p. 380. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Autt. 26 402 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. stücke und die daran geknüpften historischen und naturwissenschaftlichen Studien führten zu der Anschauung, daß in allen Perioden der chine- sischen Erzeugung von Pflanzenfaserpapier der Gebrauch von schon benutzten Pflanzenfasern, also von Hadern oder Lumpen, stets eine ge- wisse Rolle gespielt habe. Nach Chavannesi) wurden schon in der ersten Zeit der Ts ai-Lounschen Erfindung Hadern (»de vieux chiffons de toile«) neben Fasern von Baumrinde als Papiermaterialien genannt. Mit Sicherheit wurden in den ostturkestanischen Ausgrabungen chine- sischer Manuskripte aus dem 4. — 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung Papiere gefunden, welche neben Hadern durch Mazeration gewonnene Rohfasern (insbesondere von Broiissonetia papyrifera) enthielten 2), In diesen Papieren erschienen die Hadern gewissermaßen als Surrogat neben der edleren durch Mazeration gewonnenen Bastfaser. Damit er- scheint erwiesen, daß die Chinesen die Hadern in die Papierfabrikation, einführten, wenn auch nicht als ausschließlichen PapierstofT. Dieser große Fortschritt ist, wie wir gleich sehen werden, den Arabern zu danken 3). Von den Chinesen lernten zuerst die Japaner und dann die Araber die Kunst der Erzeugung des gefilzten Papiers. Es entstanden durch eigenartige Umbildung des chinesischen Verfahrens zwei wichtige, aber ganz verschiedene Papiererzeugungen, die japanische und die arabische, welche sich im wesentlichen voneinander dadurch unterschieden, daß die erstere ohne jede Verwendung von Hadern einherging, hingegen die letztere die Verwendung der Hadern zum Grundprinzip erhob. Die für Europa so wichtig gewordene Erzeugung der Hadernpapiere ist un- mittelbar auf die arabische Papiermacherkunst zurückzuführen, wenn auch die Erfindung des Hadernpapiers den Chinesen zugesprochen werden muß. Der japanische Weise Doncho und der japanische Prinz Shotoku werden als diejenigen genannt, welche den Bast des Papiermaulbeer- baums (siehe oben p. 384) zur Papierbereitung zuerst in Anwendung 1) Les Uvres chinois avant l'invention du papier. Journ. Asiatique, Paris 1905. 2) "Wiesner, Mikrosk. Unters, alter ostturkestanischer und anderer asiatischer Papiere nebst histologischen Beiträgen zur mikroskopischen Papieruntersuchung. Mit •18 Textfiguren. Denkschriften der Wiener Akademie der Wiss., math.-nat. Kl, Bd. 72 (1902). 3) Eine Ausgrabung Sir Aurel Steins aus jüngster Zeit (Explorations in Central Asia, 1906—4908, Geogr. Journ. for Sept. 1909) förderte ein Papier zutage, welches aus der ersten Zeit der Ts'ai Lounschen Erfindung der chinesischen Pflanzenfaser- papiere stammt und nach meinen Untersuchungen ein Papier darstellt, welches ganz und gar aus Hadernmasse besteht, in der die Textur des ursprünglichen Gewebes noch nachweisbar ist. Wiesner, Über die ältesten bis jetzt aufgefundenen Hadern- papiere. Sitzungsber. der Wiener Akademie der Wissenschaften, philos.-hist. Klasse, Bd. 168. S.Abhandl. (1911). Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 403 brachten. Doch wird andererseits angegeben, daß die Chinesen die Bastfaser von Broussoyietia pa'pyrifera vor den Japanern zur Erzeugung des Papiers benutzt haben sollen *). Die mikroskopische Untersuchung wies in altem chinesischen Papier die Bastfaser des Bambusrohres und die Faser des Reisstrohes nach, welche Rohmaterialien auch noch in dem heutigen chinesischen Papier zu erkennen sind 2). Im Anfang des 9. Jahrhunderts bereiteten die Japaner Papier aus roher Hanffaser (die Papiersorten »mafushi« und »mashishi«), aus Papiermaulbeerbast (»ko- kushi« und »danshi«) und aus den Bastfasern der Pflanze mitsumata (Edgeivorthia papijrifera) die Sorte »hishi«; s. oben p. 3873), welche beiden letzteren Fasern, namentlich die Fasern des Papiermaulbeer- baums, noch jetzt in Japan in ausgedehntem Maße zu Papier verarbeitet werden. Wann die Japaner mit dem von den Chinesen erfundenen gefilzten Pflanzenfaserpapiere bekannt wurden, scheint noch nicht vollkommen sichergestellt zu sein. Es wird angegeben, daß der Beginn der japa- nischen Papiererzeugung nach chinesischem Verfahren im Ausgange des 6. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung erfolgte. Hingegen ist historisch sichergestellt, daß die arabische Papierfabrikation mit dem Jahre 751 n. Chr. begann und Samarkand den Ausgangspunkt der islamitischen Papier- erzeugung bildet^). Durch kriegsgefangene Chinesen wurden die Araber mit dem Ts'ai Lounschen Verfahren bekannt. Ob die Araber (bzw. Perser) die Verwendung der Hadern zur Papierbereitung erfanden oder von den Chinesen übernahmen, ist noch nicht sichergestellt; aber jedenfalls waren die Araber, welche die Hadern zum ausschließlichen Papier- Rohstofl" erhoben, diejenigen, welche die Hadernpapierfabrikation auf jene Höhe brachten, auf welcher sie sich bis auf den heutigen Tag er- halten hat. Lange galt das Hadernpapier als eine deutsche, italienische oder sonstige europäische Erfindung; nunmehr ist aber sichergestellt, daß die arabische Papiererzeugung sich nach und nach über Europa verbreitete^). Durch elf Jahrhunderte herrschte das Hadernpapier ■1) Siehe z. B. Raab, 1. c, p. 155. Nach Karabaczek (1. c, p. 29) wurde im 8. Jahrhundert in China viel Papier aus dieser Faser bereitet. 2) "Wiesner, Technische Mikroskopie (1868), p. 234 — 237. 3) Blanchet, 1. c, p. 21, 22. 4) Karabaczek, Das arabische Papier. Wien 1887, p. 28. 5) Karabaczek, 1. c, 28fr. Wiesner, Die mikrosk. Unters, des Papieres mit besonderer Berücksichtigung der ältesten orientalischen und europäischen Papiere, 1. c. In diesen beiden Schriften erfolgte auch der Nachweis, daß die bis in die Mitte der achtziger Jahre aufrechterhaltene Lehre: dem Hadernpapier wäre ein angeblich von den Chinesen erfundenes Baumwollenpapier (die charta bombyeina der Paläographen) vorangegangen, auf Irrtum beruhe. Die Beseitigung dieses tief eingewurzelten Irr- 26* 404 Siebzehnter Abschnitt. Fasern. in allen zivilisierten Ländern, fast war es identisch mit Papier ge- worden. Das Hadernpapier behauptete sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als fast ausschließlich verwendeter Beschreibstoff. Der sich immer mehr steigernde Bedarf an Papier drängte aber immer mehr und mehr zur Verwendung anderer billigerer Papiermaterialien. Schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts stellte J. C. Schaff er sehr ausgedehnte Versuche mit zahlreichen verschiedenartigen Papierstoffen an und faßte die Resultate seiner Experimente in ein Werk zusammen, welchem Muster der er- zeugten Papiere beilageni). Vergleicht man die damals in Vorschlag gebrachten Pflanzenstoffe mit den heute zur Papierfabrikation wirklich benutzten, so ergibt sich, daß Schäffer von einem durchaus rationellen Gedanken ausging, wenngleich seine Versuche nur einen geringen un- mittelbaren praktischen Erfolg hatten. Spätere Erfolge lehrten, daß nicht jeder Pflanzenstoff, aus dem sich Papier bereiten läßt, auch schon zur fabrikmäßigen Erzeugung des Papiers geeignet ist fs. oben p. 368). Erst ein Jahrhundert später gewann die Idee, frische, d. h. im Gewebe noch nicht ausgenutzte Pflanzenfasern zur Papierbereitung zu benutzen, praktische Bedeutung. Die teuren Hadern treten immer mehr in den Hintergrund und der kolossale Papierbedarf der Erde wird heute haupt- sächlich durch Holzfasern und Bastfasern (in erster Linie von Stroh und Esparto, aber, wie wir gesehen haben, auch von zahlreichen anderen Pflanzen) gedeckt. Die zuerst in Europa angewendete moderne Art der Papiererzeugung hat in allen Kulturländern Eingang gefunden und wird jetzt auch in Japan neben der dortigen alten Erzeugungs weise, die noch immer in Blüte steht, praktiziert^). Die Erfindung des »Holzschliffs« ist F. G. Keller in Kühnhaida im sächsischen Erzgebirge und H. Vülter in Heidenheim (1852), die der »Natronzellulose« A. Ungerer in Semmering bei Wien (1869 — 1871) zu danken. Die so bedeutungsvoll gewordene Erfindung der »Sulfitzellulose« wurde von dem amerikanischen Chemiker Tilghman (1866) gemacht; die praktische Durchführung dieser Erfindung (anfangs der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts) ist an die Namen A. Ekmann (Barwik in Schweden), tums erfolgte um so rascher, als der von Karabaczek geführte historische Nach- weis mit, dem von mir aul naturwissenschaftlichem Wege gefundenen vollkommen übereinstimmte und jeder von uns beiden, unabhängig von ilem anderen, zu dem gleichen Resultate gelangte. -1) J. C. Schäffer, Neue Versuche und Muster das Pflanzenreich zum Papier- machen und anderen Sachen wirtschaftsnützlich zu verwerten. Regensburg 1 766. 2 Bde. 2) A. Rudel, 1. c, p. V60. Siebzehnter Abschnitt. Fasern. 405 C, Kellner (Theresienstadt in Niederösterreich) und A. Mitscherlich (Hannoversch Minden) geknüpft, welche unabhängig voneinander das Sulfitverfahren erfanden i). Das erste Verfahren zur Herstellung eines brauchbaren Strohstoffes wurde von A. Estler in Wien (1815)2) angegeben; aber erst M. A. C. Melier in Paris (1854) gelang die fabrikmäßige Verarbeitung des Strohs zur Papierbereitung nach einem im Prinzip dem Estler sehen gleichen Verfahren, 1) Zentralbiatt für die österr.-ungar. Papierindustrie. Wien 1900, p. 418. 2) Die Estlersche Privilegiumbeschreibung ist im 9. Bd. p. 405ff. der Jahrbücher des polytechn. Institutes in Wien (1826) enthalten. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile i), Dieser Abschnitt enthält zunächst eine Übersicht jener Gewächse, deren unterirdische Teile ausschließlich oder vorwiegend technische und ökonomisch-technische Verwendung finden. Die meisten stehen auch als Heilmittel, zumal als Volksheilmittel im Gebrauche. Der Übersicht der Stammpflanzen, geordnet nach Englers Pflanzensystem 2), folgt die eingehendere Erörterung der wichtigeren Drogen. Bei ihrer Auswahl war der Gesichtspunkt maßgebend, daß nicht bloß die tatsächlich bei uns benutzten Drogen in die Übersicht aufzu- nehmen sind, sondern auch solche, die, wenn auch vorläufig nur in ihren Heimatländern im Gebrauche, möglicherweise oder voraussichtlich früher oder später auch bei uns Beachtung finden könnten, wobei auch darauf Rücksicht genommen wurde, daß es sich empfehle, auch solche Pflanzen namhaft zu machen, die in ihren unterirdischen Teilen be- stimmte wichtige oder interessante Stoff'e enthalten, wenn auch deren Verwertung vorläufig keine hervorragende ist. Die meisten der hier untergebrachten Drogen sind Färbe- und Gerbemittel oder dienen unmittelbar als Parfüm oder zu anderen kosmetischen Zwecken, zur fabrikmäßigen Gewinnung von ätherischen Ölen, von für die Heilkunde besonders wichtigen chemischen Stoffen (wie Alkaloiden, Glykosiden), von Zucker, Inulin und anderen indiffe- renten Substanzen, von harz- und extraktartigen Substanzen. Ziemlich zahlreich sind auch unterirdische Teile, die Sapon in Substanzen führen und deshalb unmittelbar als Reinigungsmittel, nach Art der Seife, zum Teil auch als Heilmittel Verwendung finden. Eine beschränktere Anzahl dient als Konsiste-nz-, Binde- und Klebemittel, als Material zur Fasergewinnung und zur Papierfabrikation, als Füllungs- i) Abgesehen von dem Artikel >Zuckerrübe< (s. d. p. 473) neu bearbeitet von Dr. J. Moeller, o. ö. Professor der Pharmakognosie an der Wiener Universität. 2) A. Engler, Syllabus der Pflanzenfamilien. 7. Aufl. Berlin 1912. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 407 material für Polster, Betten, Möbel usw., zur Anfertigung von allerlei kleinen Schnitz- oder Drechslerarbeiten. Die unterirdischen Teile sind bald echte Wurzeln, bald unter- irdische Achsenorgane: Rhizome, Wurzelstöcke, Ausläufer (Stolonen), Knollen und Zwiebeln. Oft sind sie Kombinationen, z. B. ein Rhizom besetzt mit Wurzeln, oder eine Hauptwurzel, welche oben einen mehr- köpfigen Stock trägt, aus dem allenfalls auch Ausläufer abgehen, u. dgl. Dann macht es Schwierigkeiten, die vorliegende Droge in einer der obigen Kategorien unterzubringen. Es empfiehlt sich daher, alle unterirdischen Teile, mit Ausnahme der unverkennbaren echten Zwiebeln, ohne Rücksicht auf ihren morphologischen Charakter als >Wurzeln« zu bezeichnen. I. Übersicht. 1. Filices. Der Wurzelstock, der Stamm und die Wedelbasen der Baumfarne sind bedeckt mit haarförmigen Spreuschuppen, die in Masse ein weiches, seidig-wolliges, seiden- bis fast metallisch-glänzendes Haufwerk von gold- gelber oder bronzebrauner Farbe bilden. Als Paleae haemostaticae haben diese Haargebilde in mehrere Pharmakopoen Aufnahme gefunden, sind aber gegenwärtig gegenüber der allgemein verwendeten Baumwolle fast obsolet geworden. Als Füllungsmaterial für Polster, Betten, Möbel u. dgl. sind sie Gegenstand eines ausgedehnten Handels (in Amerika). Die Stamm- pflanzen dieses nach der Provenienz verschieden benannten Materials sind hauptsächlich Cibotium-, Älsophüa-, Chnoophora- und Balatitium- Arten, und zwar liefern Cihotiu7n Barometx Kx., C. glaucescens Kz. u. a. auf Sumatra den sog. Pennawar-Djambi; Cibotium glaucum Hook. u. a. Cibotium-sp. auf den Sandwichs-Inseln den sog. Pulu und Älsophüa lurida Bl, Chnoophora tomentosa Bl., Balantium chryso- trichum Hask. u. a. auf Java den sog. Pakoe-Kidangi). 2. Typhaceae. Typha latifolia L., T. Shuttleivorthii Koch u. Sonder^ T. angusti- folia L. und T. minima Funk. Rhizome wurden während des Krieges als Nahrungs- und Futtermittel verwendet. 3. (Iramineae. Panicum junceum Nees. Das Rhizom wird in Argentinien statt Seife zum Reinigen von Wollstoffen benutzt 2). 4) A. Vogl, Über blutstillend wirkende Spreuhaare der Farne. Mediz. Jahrb. Wien -1864; Pharmakognosie 1892, 413; Atlas z. Pharmak. 1887, Taf. 60. 2) Greshoff, Mededeehngen uit'slands plantentuin, XXIX (1900). 408 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Vetiveria xizanioides Stapf (Andropogon squairosus L. fil., Ä. muricatus Retx., Änatherum Diuricatuin Beauv.). — Siehe Veti ver- Wurzel p. 429. Auch von Cymbopogon citratiis Stapf werden die unterirdischen Teile auf Java destiUiert. Sie liefern 0,2 Pruz. ätherisches Öl, dessen Zitral- gehalt in den Wurzelknollen 82 Proz., in den Rhizomen 11 Proz. be- trägt i). Andere Andropogonüle stammen von den oberirdischen Teilen verschiedener, nicht immer bekannter Gräser 2). — S. auch p. 494. Chrysopogon Gfyllus Trin. (Andropogon Gryllus L.J, in Italien wild, wird als » Quadro < auch in Mexiko und Brasilien im großen ange- baut. Aus den sehr zähen gelblichen, hin- und hergebogenen, bis 1 m langen Wurzeln wird eine Faser gewonnen (Petri, Bullet, van het Kolon. Mus. te Harlem 1897). Agropyrum repens PB. Die Rhizome liefern die offizinelle Radix Graminis. Während des Krieges Futtermittel und Surrogat für die Bier- erzeugung. 4. Cyperaceae. Cyperus scariosus R. Br. (C. pertenuis Roxb.), C. stoloniferus Ret;,., C. hexastachys Rotth. und einige andere Arten in Indien. Ihre aromatischen Rhizome werden dort getrocknet und gepulvert, gleich den aus ihnen durch Destillation erhaltenen Ölen zum Parfürmieren der Kleider usw., als Zusatz zu Färbemitteln, von den Frauen zum Balsa- mieren der Haare, sowie auch medizinisch benutzt (Geiger^), Dymock^), Holmes^), Watt«). Auch die früher bei uns als Radix Gyperi longi und Rad. Cyperi rotundi offizineilen Rhizome von den europäischen : Cyperus longus L. und C. rotwidus L., getrocknet von einem angenehmen, fast veilchen- artigen Geruch, finden in Indien die gleiche Anwendung, wie die oben ge- ^) E. Gildemeister, Die äther. Öle, 2. Aufl., II. Bd., p. 216. 2) Über die Stammpflanzen s. P. Watt, The commerc. prod. of India, London 1908 und 0, Stapf, Kew Bull. 1906; über ihre Öle s. Gildemeister, 1. c. 3) Geiger, Pharmaz. Botanik. 2. Aufl. Neu bearb. von Nees v. Esenbeck und Dierbach. Heidelberg 1839. — Suppl. 1843. 4) Dymock, The vegetable materia medica of Western India. Bombay, London, ohne Jahreszahl. 5) Holmes, Catalogue of the collection in the niuseum of the Pharmac. So- ciety of Great Britain. London 1878. 6) Watt, Diclionary of the economic products of India. Vol. I — VI. London, Galcutta 1889—1893. — Economic products of India. Calcutta 1883. — The com- mercial Products of India. London 1908. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 409 nannten. Der Wurzelstock von C. longus wird in Frankreich von Par- fümeuren und Handschuhmachern verwendet i). Cyperus esculentus L., in Südeuropa, Vorderasien, Afrika, Uefert in seinen Knollen die genießbaren Erd man dein, welche 27 Proz. Amylum, 12 Proz. Zucker und 17 Proz. fettes Öl enthalten. Dieses soll im Ge- schmack alle gebräuchlichen fetten Öle übertreffen (F. v. Müll er 2)). Die Knollen dienen manchenorts auch als Kaffeesurrogat 3). Kyllingia triceps L. und K. moiiocephala L., wohl auch noch an- dere X.- Arten in Ostindien, haben aromatische unterirdische Teile, welche medizinisch, sowie zu Parfümeriez wecken benutzt werden (Watt). 5. Palmae. Sabal serrulatum Xutt, in den südöstlichen Staaten Nordamerikas, Uefert in seinem Stamme das fälschlich als Palmettowurzel bezeichnete GerbmateriaH). 6. Araceae. Acorus Calamus L. Siehe Kalmuswurzel, p. 431. Acorus graniineus L. in China und Japan. Der Wurzelstock gleicht unserem Kalmus. Arum maculatutn L. , einheimisch. Das Rhizom, früher offizinell (Radix Ari), soll Sapionin enthalten gleich jenem des südeuropäischen Arum italicum Mill. (Spica, Jahrb. f. Pharm. 1885). Arisarum vulgare Targ. Toxx.^ im Mittelmeergebiete, enthält in den Knollen Saponin (Ghauliaget, Hebert und Heim, 1897). Amo7'phophallus- Arten ^ Hydronie- Arten, Colocasia antiquorum Schott, Asien, Afrika. Die stärkereichen Knollen werden im gekochten Zustande gegessen. 7. Liliaceae. Asphodelus ramosüs L., A. microcarpus Salxm. et Vir., A. albus L. und andere Arten, in Südeuropa und Kleinasien zu Hause, in Griechen- land als Klebemittel von Buchbindern, Schuhmachern u. a. , sowie zur Branntweinbereitung benutzt. In Persien macht man aus den Rhizomen 1) Pomet, Hist. generale des drogues. Paris 1694. 2) Baron F. v. Müller, Select plants readily eligible for Industrial Culture etc. Victoria 1876. 3) A. Vogl, Die wichtigsten Nahrungs- und Genußmittel aus dem Pflanzen- reiche usw. Wien 1899. 4) K. Oettinger, Neuere Gerbmaterialien. Leipzig u. Wien 1914. 410 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. einen Leim (Böhmer^), Merat et de Lens2), I, p. 473); auch zur Papierfabrikation wurden sie herangezogen 3). Äsphodelus- und Aspliodeline-kviQn werden vielseitig als Stamna- pflanzen einer Droge angeführt^), die vor etwa 50 Jahren als »Nourtoak« (von nourrir und dem türkischen toak = Wurzel), Radix Garnioloe, Siris oder Siras nach Europa kam und als Ersatz für Salep empfohlen wurdet). Nach T. F. Hanausek^) sind jedoch die ebenfalls zu den Äsphodelinen gehörigen und auf den Gebirgen West- und Zentralasiens verbreiteten E?'emt(r US- Arien, inshesonder e E. spectabüis M. B., als Mutterpflanzen der Nourtoakwurzel anzusehen. Diese ist kleinfingerdick, rotbraun, getrocknet hornig hart. Ihr Parenchym enthält Schleimkörper, die sich mil Jod prachtvoll gelbrot, später intensiv rot färben (Hanausek). Das sog. Perugummi, das aber nach v. Höhnel richtig Beru- gummi heißt ^), ist höchstwahrscheinlich mit Nourtoak identisch. Smilax sp., Süd- und Zentralamerika, Mexiko, liefern die offizinelle Rad. Sarsaparillae. Sie enthält verschiedene Saponinsubstanzen ^j. Convallaria majalisL., Maiglöckchen, in einigen Ländern offizi- neil, enthält glykosidische Herzgifte. Asparagus ascendens Roxh. und andere Arten in Indien sollen in ihren unterirdischen Teilen guten Ersatz für Salep bieten. Yucca filamentosa L., Y. flaccida Haiv. und andere Arten aus Nordamerika enthalten in ihren unterirdischen Teilen Saponin^), werden daher wie Seifenwurzeln benutzt. Saponinsubstanzen sollen auch die Zwiebeln von Muscari comosum Mill., M. racemosum Mill. und von M. mo- schatum Willd. enthalten (Waage, Pharmac. Zentralhalle, 1892 u. 1893). Trillimn erectum L., Nordamerika. Die als Heilmittel benutzten unterirdischen Teile (Bethroot, Wake-robin) sollen ein dem Gonvalla- <) Böhmer, Technische Geschichte der Pflanzen, welche bei Handwerken, Künsten und Manufakturen bereits im Gebrauch sind oder noch gebraucht werden können. I u. II. Leipzig 1794. 2) MeratetdeLens, Dictionaire univers. de matiere medicale etc. Paris 1829. 3) Penandel de la Bertache, L'Asphodele, Asphod. ramosus, sa culture et ses applicat. industr. Paris 1835. 4) Die Ableitung von Ä. Kotschii ist nach Ascherson falsch; diese angeblich im Libanon heimische Art existiert gar nicht. 5) Vogl, Kommentar zur 7. Ausg. d. österr. Pharm. II. Wien 1892. 6) T. F. Hanausek, Über ein Tragantsurrogal nebst Mitteilungen über die Nourtoakwurzel und das Perugummi. Arch. f. Chemie u. Mikrosk. 1 91 6, 3. Heft. 7) In Algier wird Äsphodelus >berouak€ genannt. Österr. Chem. Ztg. 1900. p. 108. 8) Schulz, Arb. d. Dorpater pharm. Inst. XIV. (1896). Achtzehnter Abschnitt, Unterirdische Pflanzenteile. 411 marin ähnliches Glykosid (Prendergast, 1887) und 4,86 Proz. Sa- ponin enthalten!). Veratrum albu7n L., weißer Nieswurz, enthält im Wurzelstock, Radix [Rhixoma] Veratri albi, fünf Alkaloide: Protoveratrin, Jervin, Pseudojervin, Rubijervin und Protoveratridin^). Die gleichen Bestandteile dürfte die nordamerikanische Form: V. viride Alton [Rad. Veratri viridis) haben. Colchicum aiitumnale L., die Herbstzeitlose, früher als Radix Colchici offizinell, enthält das höchst giftige Alkaloid Co 1 chicin. . Chlorogalum pomeridianmn Ktinth, Kalifornien. Die getrocknete Zwiebel wird in Amerika wie die Seifenwurzel benutzt^). Chamaelirium carolinianum Willd. (Ch. luteum A. Gray, Helo- nias dioica Pursli). Das in Nordamerika medizinisch benutzte Rhizom enthält das saponinartige Ghamälirin und Helonin*). 8. Amarjllidaceae. Agave mexicana Lam., »Amole de raiz«^)^ im Staate Michoacän >Ehpuqua« genannt, und andere Ixtleagaven besitzen saponinreiche Wurzelköpfe, die deshalb zum Waschen verwendet werden 6). 9. Taccaceae. Tacca pinnatifolia Forst, Ostindien, und andere T.- Arten werden kultiviert. Die Knollen liefern Stärke (Arrow-root von Tahiti). 10. Dioscoreaceae. Dioscorea Tokoro Makino, Japan, und D. villosa L. , Nordamerika, enthalten im Rhizom giftige Saponinsubstanzen^). Dioscorea Batatas Ducne., China, Japan, vielfach kultiviert, D. alata L., Mittel- und Südamerika, D. villosa L., N.-Amerika, u. a. liefern in den Knollen Stärke. 11. Iridaceae. Iris germanica L., I. florentina L. und I. pallida Lam. — Siehe Veilchenwurzel, p. 435. 1) Reid, Amer. Journ. of Pharm. 1892. 2) Salzberger, Archiv d. Pharmac. 1890. 3) Trimble, Amer. Journ. of Pharm. 1890. 4) Greene, Amer. Journ. of Pharm. 1878; Kruskal, Arb. d. Dorpater pharm. Inst. VI (-1891). 5) Wurzelseife. 6) Rud. Endlicher, Der Ixtle und seine Stammpflanzen. Beiheft 3 zum >Tropen- pflanzer« IX (1908). 7) C. W. Kalteyer, Amer. Journ. of Pharm. 1888. 412 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Iris Pseud-AeortisL., einheimische Sumpfpflanze (Wa sserschwertel). Der Wurzelstock (Radix Acori vulgaris s. palustris) wurde auch als Gerbemateral und zur Tintenbereitung benutzt (Böhmer, Duchesne). 12. Zingiberaceae. Curcuma longa L. — Siehe Gelbwurzel, p. 443. .Curcuma Zedoaria Rose. (C. Zerumhet Roxb.J, Ostindien. Der meist in Querscheiben zerschnittöne Knollstock, Radix (Rhixoma) Ze- doariae, wird in Indien als Heilmittel und in der Parfümerie benutzt. Curcuma aromatica Salisb. (Curcuma Zedoaria Roxb.) Der Wurzel- stock, >Wild Turmeric« wird in Indien von den Eingeborenen medi- zinisch und als Parfüm, namentlich zur Bereitung des »Abir-Powder« (Holy-Powder) gebraucht i). Alpinia officinarum Hanc, in China heimisch, in manchen Ländern als Radix Galangae (minoris) oflizinell. Als Stammpflanzen des Gal- gants werden auch genannt: Alpinia calcarata Roxb. in China und A. xingiberina Hook, in Slam. Alpinia Galanga Willd., auf Java und Sumatra, kultiviert in Üst- bengalen und Südindien (Watt, I), wird als Stammpflanze des großen Galgants, Radix Galangae majoris., betrachtet 2). Alpinia nutans Roscoe und A. malaccensis Roscoe, in Südasien, liefern ebenfalls aromatische Rhizome. Kaempferia rotunda L., in Ostindien, ist die Stammpflanze des Rhixoma Zedoariae rotundae. Es gibt 0,2 Proz. eines hellgelben, an- genehm, zuerst kampferartig, später estragonähnlich riechenden Öles von 0,886—0,894 spez. Gew. 3). Kaempfe7'ia Galanga L., in Java von den Eingeborenen für medi- zinische und kulinarische Zwecke gebaut, enthält ein flüchtiges Öl*). Zingiber officinale Roxb. — Siehe Ingwer, p. 439. Hedychiwn spicatuiu 8m., im westlichen Himalaja und Nepal. Der aromatische Wurzelstock findet in Indien die gleiche Anwendung wie Curcuma aromatica (siehe oben). Costus speciosus Sm., in Ostindien, galt als die Stammpflanze des 1) Dymock, Tlie vegetable mat. med. of Western India. Bombay. •■>) Flückiger and Hanbury, Pharmacographia, edit. II. London 1879. — Über die ätherischen Öle der Zingiberaceen s. Gildemeister, 2. Aufl. II, 1913 u. die Berichte von Schimmel & Co. 3) Verslag van's Lands Plantentuin. Buitenzorg 1,s93; Gil dem eist er, Die äther. Öle IL 2. Aufl. 1913. 4) P. vanRomburgh, On the crystallised const. of the essential oil oi' Kaem- pferia Oalanga L. Kon. Akad. van Wetenschappen te Amsterdam 1900; Gilde- meister, Die äther. Öle, Aufl. 1913. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 413 schon im Altertume bekannten Kostuswurzelüles (s. Saussui'ea^ p. 428]. Mehrere in den Tropen verbreitete Arten dienen als Heilmittel. 13. Cannaceae. Canna-kviQn in warmen Ländern liefern in den Wurzelstücken Stärke. 14. Marantaceae. Maranta arundinacea L., Westindien. Wurzelstock liefert Stärke. 15. Orchidaceae. Orchis sp., Ophrys sp., Änacajnptis pyramidalis Rieh., Gymna- denia wie auch Piatanthera, Eulophia und Coeloglossum liefern in ihren sehr schleimreichen Knollen den S a 1 e p , der medizinisch (Radix, Tuhera Salep) und technisch benutzt wird (Watt). Pholidota inibricata Hook., in Indien, wird als Stammpflanze des Künigs-Salep genannt, der anderseits von Allium-kv\Qn (Liliaceae) oder TJngernia trisphaera Bleng. (Amaryllidaeeae) abgeleitet wird. Paphiopedilum javanicuni Pfitx. enthält in der Wurzel Saponin- substanzen (Boorsma 1902). lö. Piperaceae. Piper methysticum Forst, Südseeinseln. In den unterirdischen Organen ein Harz (Resina Kawa), das medizinisch verwendet wird. 17. Moraceae. Ärtocarpus Lakoocha Roxb., Indien. Die Wurzel liefert einen gelben Farbstoff (Watt, Biet., I, Drury, Useful plants). Maclura aurantiaca Nutt., Nordamerika. Die Wurzel gibt einen schönen gelben Farbstoff, ebenso jene von Maclura Calcar galli A. Ciin- ningham im außertropischen Ost-Australien (Fd. v. Müller, Select plants) und noch andere Maclura-(Morus-) Arten. 18. Santalaceae. Santalum album L. ist die Stammpflanze des ostindischen gelben oder weißen Sandelholzes^ aus dem das als Heilmittel ge- schätzte Sandelholzül destilliert wird i). Das westindische Sandelholz stammt von der Rutacee Amyris balsamifera L., deren Öl sich wesent- lich von dem echten Sandelül unterscheidet 2]. 19. Aristolochiaceae. Asarum europaeum L., Haselwurz. Das Rhizom (Radix Asari) war früher offizinell (Vogl, Gomm. zur Ph. [1892] H. p. 367), enthält \) Petersen, Pharm. Journ. and Trans. XVI (1886;. 2) Holmes, Pharm. Journ. LXII (1899), p. r>3 und ä05. 414 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. ätherisches Öl, aus dem Asaron sich in Kristallen ausscheidet (Schimmel & Co., April 1897). Asarum canadense L., Wild Ginger. Das Rhizom ist viel aromatischer als das unserer Haselwurz (Schimmel & Co. , 1897 und 1900) und wird in Nordamerika in der Parfümerie verwendet i). Aristolochia Serpentaria L., in Virginia und Aristolochia reticulata Nutt., in Texas. Das Rhizom ist in den Vereinigten Staaten offizinell (Serpentaria). Es enthält ätherisches Öl von baldrianartigem Gerüche (Schimmel & Co., April 1897). 20. Hydnoraceae. Rijdnora longicollis Weliv., in Deutsch-Süd westafrika »Ganib« genannt, besitzt unterirdische knollige Auswüchse, die bis über 30 Proz. Gerbstoff enthalten 2). Nach Baillon werden auch die Rhizome anderer Hydnora- Arien, die sämtlich afrikanische Schmarotzerpflanzen sind, zum Gerben verwendet. Die Früchte sollen von den Eingeborenen gegessen werden. 21. Polygonaceae. Polygonum Bistorta L. Der Wurzelstock dieser einheimischen Pflanze, als Radix Bistortae einst offizinell, ist reich an Gerbstoff und fand in der Gerberei und Färberei Verwendung, (Böhmer, Geiger). Polygonum amphibmm L. Die gerbstoffreichen (22 Proz.) unter- irdischen Teile werden in Nordamerika benutzt (Bernardin, Classiflc. de 250 mat. tannant. Gand, 1872). Polygonum cuspidatum Sieb, et Zucc. Die Wurzelrinde wird in Ostasien zum Gelbfärben verwendet. Sie enthält (Perkin, 1895) ein Glykosid, welches durch Spaltung Emodin gibt. Als Färbemittel benutzt man auch die unterirdischen Teile ver- schiedener Rwyiex-Arien, die noch als Volksheilmittel gelten, so von Rumex acetosa L., Sauerampfer (Oseille der Franzosen), R. Pa- tientia L., Gemüse-Ampfer, und R. alpinus L., als Münchsrha- barber (Radix Rhei Monachorum) ; ferner R. ohtusifolius L., R. cris- pus L. und R. conglomeratus Murr., die ehemals als Rad. Lapathi acuti, R. crispus, das als Yellow Dock offizinell war. Die Wurzeln aller dieser Pflanzen enthalten reichlich Gerbstoff und gelbe Farbstoffe, die mit AlkaUen prachtvoll purpurne Lösungen geben 3). 1) Maisch, A manual of organic mater. medic. V. ed. Philadelphia 1892. 2) Paeßler, Zehn Jahre Deutsche Lederversuchsanstalt. Freiberg i. S. -»907. — H. Bodenstab, Die wichtigsten GerbstolTpflanzen der deutsch-afrikanischen Schutz- gebiete. Tropenpflanzer XVII (1913). 3) Über ihre technische Benutzung siehe Böhmer, Techn. Gesch. d. Pfl., II. Achtzehntel" Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 415 Bumex hymenosepalus Torr.^ N.-Amerika, liefert die in neuester Zeit als Gerbmaterial viel begehrte Ganaigrewurzel (s. d. p. 447). Rumex nepale?isis, Ostindien. Die Wurzel enthält nach 0. Hesse (Liebigs Annal., Bd. 309 [1899] p. 291) drei kristallisierbare färbende Bestandteile: Rumicin (Ghrysophansäure), Nepodin und Lapodin. Die Wurzel findet in Indien medizinische und technische Anwendung. Rheum-Arien, aus Asien stammend und an vielen Orten kultiviert, liefern den europäischen Rhabarber, der als Medikament, aber auch wegen seines Farbstoff- und meist reichen Gerbstoffgehaltes technische Anwendung findet. Die bemerkenswertesten sind: Rheum rhaponticum L., Rh. compactum L., Rh. undulatum L. Rh. Emodi Wallich wird in Indien zum Rotfärben (Watt, Econ.), Rh. Moorcroftinanum Royle, im westlichen Himalaja, zum Gelbfärben von Wollstoffen verwendet (Watt, VI.). Als Stammpflanzen des echten chinesischen Rhabarber, der als Rhixoma (Radix) Rhei allgemein offizinell ist, gelten Rheum palmatum L. var. tanguticum Maxim.., Rh. tanguticum Tschirch und Rh. officinale Baill. Alle drei Arten wachsen in den Ge- birgen des westlichen und nordwestlichen China und dem angrenzenden Gebiete Tibets i). Ihre Rhizome enthalten glykosidischen Gerbstoff und glykosidische Abkömmlige des Anthrachinon (Ghrysophansäure, Emodin und Rhein), die von Tschirch als Rheoanthraglykoside zusammengefaßt werden, 22. Chenopodiaceae. Chenopodium mexicanum Moq. liefert die kalifornische Seife n- wurzeP). Beta vulgaris L. siehe Zuckerrübe, p. 473. 23. Phytolaccaceae. Phytolacca decandra L., Ph. dioica L., Ph. Kaempferi A, Gray, in Asien, enthalten in den Wurzeln und Samen eine Saponinsubstanz^). 24. Caryopliyllaceae. Saponaria officinalis L. liefert die rote Seifenwurzel (s, d. p. 450). Saponaria Vaccaria L. (Vaccaria segetalis Garcke, V. parviflora Moench), einheimisch. Die einjährige spindelförmige Wurzel findet in 1) Tschirch, Studien über Rheum u. seine Stammpfl., Festschr. f. A. v, Vogl, 1904 ferner: Schw. Wochenschr. f. Ch. u. Ph. 1904, 1910, Arch. d. Pharm. 1907. 2) Greshoff, Bull, of misc. information of the royal bot. gardens Kew, 1909. 3) Pharm. Ztg. Berlin 1886, Nr. 16. 416 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Indien wie die Seifenwurzel Verwendung (Watt, VI.). Arth. Meyer hat darin (1884) das Kohlehydrat Laktosin gefunden. Saponaria multiflora (?) , S. ocymoides L. enthalten ebenfalls Sa- ponine (Waage 1892, Rosenthaler 1905). Gypsophila Arrostii Gussone liefert die spanische oder ägyp- tische, Gypsophila pa7iiculata L. die levantische weiße Seifen- wurzel (s. d, p. 454). Gypsophila Strutiuni L., von der man früher die weiße Seifen- wurzel abgeleitet hat, G. fastigiata L. , G. altissima L., G. angusti- folia Fisch, und andere Arten enthalten ebenfalls Saponine. Agj'ostemma Githago L. und A. coeli rosa L. sind einheimische Ackerunkräuter, saponinhaltig (Rosenthaler). Si/ene inflata Sm. (Cucuhahis Behen L., Silene Cucuhalus WilldJ. Einheimisch. Die Wurzel war als Radix Behen nostratis gebräuchlich i) und wie Seifen wurzeln verwendet (Bernardin, Classification de 40 sa- vons veget. Gand 1 875). Melandrium silvestre Röhl. (Lyclmis diurna Sibth., L. dioica a L.J. M. album L. und M. pratense Röhl. (Lychnis vespertina Sibth., L. dioica ß L.), einheimische Pflanzen, lieferten Radix Saponariae albae^). Lychnis chalcedonica L. , Croix de Malte, aus dem nördlichen Asien stammende Zierpflanze. Ihre Wurzel schmeckt wie Senega und scheint ähnliche Heilkräfte wie diese zu besitzen. Die ganze Pflanze wird (nach Pallas) in Rußland als Reinigungsmittel für Hände und Wäsche verwendet (Kuckucks- oder Tartarenseife). Als saponinhaltig werden auch die unterirdischen Teile von Lyclmis flos Cuculi L., Arenaria serpyüifolia L., Dianthus Carthnsianorum L. und anderen Garyophyllaceen angeführt. 25. Ranunculaceae. Paeonia Moutan Sims, in Japan. Die scharf aromatische Wurzel- rinde wird medizinisch gebraucht. Das ätherische Öl enthält Päonol (Nagai 1891), welches sich in Kristallen ausgeschieden in der Droge findet. Es ist p-Methoxyl-o-hydroxyphenylmethylketon und wurde von Tahara (1891) auch synthetisch dargestellt 2). Helleboriis viridis L., H. niger L. und der südeuropäische H. orien^ talis Lam. (H. officinalis Sm.) liefern die sehr giftige schwarze Nieswurzel, Radix (Rhixoma) He]lebo7'i fnigri, viridis). Ihre Avirk- samen Bestandteile sind die Glykoside Helleborein und Helleborin. 1) 0. Berg, Pharmakognos. des Pflanzen- und Tierreichs. 4. Aufl. v. Garcki Berlin iS69. -2) E. Gildemeister, Die äther. Öle. 2. Aufl. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 417 Nach Robert bildet das Helleborein die Brücke von den Saponinsub- stanzen zu denen der Digitalisgruppe i). Coptis Teeta Wallich ^ in Indien und China, und Coptis trifolia Salisb., in Nordasien und Nordamerika. Der beim Kauen den Speichel gelb färbende Wurzelstock enthält Berberin. Die ganze Pflanze wird zum Gelbfärben benutzt (Geiger, IL). Xanthorrhiza apUfolia L'Herit., in Nordamerika Yellow-root, enthält ebenfalls Berberin (Maisch). Aconitum?,^., Sturmhut, in Europa, Asien und Nordamerika heimisch und als Zierpflanzen gezogen ; bei uns sind das blaublühende Aconitum. Napellus L. und das gelbblühende A. Lycoctonum L. die verbreiletsten Arten, in Asien A. ferox Wallich im Himalaja, A. Fischeri Reich. und A. japonicum Thunh. in Ostasien, Aconitum columhianum Nuttall in den Rocky Mountains und der Sierra Nevada. Sie enthalten an Aco- nitsäure gebunden Alkalo'ide, welche Aconitin in A. Napellus^ Pseudaconitinin A. ferox, JapaconitininJ.. Fischeri undi japonicum, Lycaconitin und Mycoctonin in A. Lycoctonum genannt werden. Sie gehören zu den giftigsten Pflanzenstoffen. Doch gibt es auch un- giftige Arten, so das asiatische A. hetcrophyllum, dessen Alkaloid Ate sin nicht giftig ist. Das » Aconit < der Homöopathen ist ein galenisches Präparat. Thalictnim flavum L. und Th. minus L., Wiesenraute, wurde ehemals wie Rhabarber benutzt (Böhmer). Thalictrum foliolosum Wallich, im Himalaja, in China; das Rhi- zom enthält an 8 Proz. Berber in und soll als Substitution für Coptis Teeta (siehe oben) vorkommen (Dymock, Watt). 26. Berberidaceae. Hydrastis canadensis L., Golden Seal, Nordamerika. Der Wurzel- stock (Radix [Rhixoma] Hydrastis) enthält die Alkaloide: Berberin, Hydrastin und Canadin. Berheris vulgaris L., Berberitze, Sauerdorn, enthält in der Wurzel und Rinde Berberin, Oxyacanthin, Berbamin und ein viertes nicht näher studiertes Alkaloid. Außer medizinisch wird Berberil auch zum Gerben und Gelbfärben verwendet-). Dieselbe Anwendung finden mehrere indische Arten, so Berberis aristata DC. (B. tinctoria Lesch.) mit \ 7 Proz. an Farbstoff (Drury), B. asiatica Roxb., B. Lycium Royle, B. nepa- lensis Spreng. (Watt, Dymock), ferner die nordamerikanischen Arten: Berberis (Mahonia) Aquifolium Pursh, B. nervosa Pursh und B. re- pens Lindl., welche mehr oder weniger Berberin enthalten. 1) E. Sieburg, Über Helleborein. Arch. d. Pharm. CCLI (1913). 2) Murray, Apparatus medicam. tarn simpl. quam praeparatar. et compos. I— VI. Göttingen 1793. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 27 418 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Nandina domestica Thunb.^ eine japanische Art, enthält neben Berberin das Alkaloid Nandinin (Eykmann 1884). CaulophyUum (Leontice) thalictroldes Michx. in Nordamerika und L. Leontopetcdum L. in Süd-Europa und im Orient dienen wegen ihres Saponingehaltes (Waage) zum Reinigen der Kleider, feinerer Zeuge (Cash- mir-Shawls) und dgl., sowie angeblich als Antidot seitens der Opio- phageni). Power fand in ersterer das Alkaloid Methylcytigin und zwei kristallisierbare Saponine^). Nach MartiusS) sammelt man die knollige Wurzel in Spanien (Jabonera) und in Neapel (Lanaria). Podophyllum peltatum L. , May apple, in Nordamerika, liefert Radix Podophylli deren Harz, Podophyllin (Podwisotzki, 1880), drastisch wirkt. Gehaltvoller (bis 12 Proz.) ist das in P. Emodi Wall. 27. Menispermaceae. Menispermimt canadense L., Yellow Parilla, Canadian Moon- seed. Das Rhizom war in den Vereinigten Staaten offizinell; es ent- hält Berberin (Maisch). Fihraurea Trotterii Watt, Ostindien. Mit der Wurzel, die Berberin enthalten soll, wird gelb gefärbt (Watt). latrori'hixa pahnata Miers (I. Calumba Miers^ Cocculus palma- tus DC); Schlingstrauch des südostafrikanischen Küstengebietes, ist die Stammpflanze der Radix Calumbae, die neben dem Bitterstoffe Calumbin und Galumbasäure die Alkaloide latrorrhizin, Galumba- min und Palmatin*), aber kein Berberin enthält. Cosciniuni fenestratum Colebr., Indien, Geylon. Das Holz und die Wurzel (sog. Golomboholz) sind reich an Berberin, werden medi- zinisch und angeblich auch zum Färben gebraucht (Drury, Watt). 28. Lauraceae. Sassaf?'as ofßcinalis Nees, in Nordamerika, liefert das offizineile, an ätherischem Öle reiche (6 — 9 Proz.) Fenchelholz (Radix Sassafras). Ocotea caiidata Mex, (Licaria guyanensis AublJ, Bois de rose femelle, liefert das Linaloeöl aus Guayana, während das mexikanische Linaloeül von Bursera Delpechiana Poisson stammt s). \) Leonharti Rauwolfen, Aigenthche Beschreib, der Raiss, so er vor dieser Zeit gegen Aufgang in die Morgenländer etc. vollbracht. 1583. 2) F. B. Power and A. H. Galway in Wellcome, Chem. Res, Labor. 1913 (No. 147). 3) Grundriß der Pharmakognosie, Erlangen 1832. 4) K. Feist, Arch. d. Pharm., 1907. 5) J. Mo eil er. Pharm. Post 1896. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzcnteile. 419 29. Saxifragaceae. Bergenia crassifolia (L.) Engl.^ im Altai und an der Nordgrenze der Mongolei, liefert die Boda- oder Bodanwurzel (s. d.)/ 30. Eosaceae. Riibus sp. Die Wurzeln verschiedener Arten enthalten reichlich Gerbstoff und können gleich dem Rhizom unserer Erdbeeren, Fragaria vesca L., als Gerbe- und Färbemittel verwendet werden (Böhmer, Duchesne). Potentilla silvestris Neck. (P. Tormentüla Sehr., Tormeiitüla erecta L.J, Blutwurzeh Der Wurzelstock ist sehr gerbstoffreich (17,4 Proz.) und als Gerbe- und Färbematerial (Böhmer, Duchesne, Murray) sowie zur Tintenbereitung (Geiger) verwendbar. Er war als Radix Tormen- tillae offizinell. In Indien dient die Wurzel von P. nepalensis Hook. zum Rotfärben von Holz und wird auch medizinisch benutzt (Watt). Acaena-kvien, Cepa caballo, enthalten in ihrer Rinde viel Gerb- stoff, sie sollen der Ratanhia (s. Krameria, p. 419) sehr gleichen und wie diese benutzt werden (Hartwich 1896). Geum urbanurn L., einheimisch. Der Wurzelstock, früher als Radix Caryophyllatae offizinell, ist sehr reich an Gerbstoff (30 Proz.), daher als Gerbe- und Färbemittel verwertbar (Duchesne). Ägrimofäa Eupatoria L., Odermennig. Alchemilla vulgaris L., Frauenmantel. Sanguisorha officinalis L., Wiesenknopf, und Sanguisorha minor Scop. fPoteriimi Sanguisorba L.J, Nagelkraut, einheimische Pflanzen, sind ebenfalls gerbstoffreich und verwendbar (Böhmer). Ulmaria palustris Moench (Spiraea ülmaria L., Ulmaria penta- petala Oilib.), Spierstaude, einheimisch. Der Wurzelstock kann zum Gerben und Schwarzfärben dienen (Böhmer, Merat et de Lens). Er enthält auch ätherisches Öl (Gildemeister). 31. Leguminosae. Krameria triandra Ruiz et Pav., in Peru und Bolivien. Wurzel als Radix Ratanhiae offizinell; sie enthält an 10 Proz. Gerbsäure und wird als Färbe- und Gerbemittel benutzt (Duchesne, Bernardin). Neben dieser als Payta- Ratanhia bezeichneten Sorte kommen auch die Wurzeln anderer Krameria- Arien in den Handel (v. Schroff, 1869, Holmes, 1886). Rafnia amplexicaulis Thunb., Südafrika, soll eine dem Süßholz ähnlich schmeckende Wurzel besitzen (F. v. Müller). 27* 420 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Medicago sativa L., Luzerne. Die Wurzel wird in Spanien zu Zahnbürsten gebraucht (Böhmer) und wurde zur Papierfabrikation emp- fohlen i). Olycyrrhixa glahra L. — Siehe Süßholz, p. 457. Äbrus precatorius L., in den Tropen. Die "Wurzel, Indian Li- quorice, wird als schlechter Ersatz des Süßholzes gebraucht und soll in den Straßen von Kalkutta als Süßholz verkauft werden (Merat et de Lens, Dymock, Watt, Econ. Med.). Nach Hooper (Ph. Z., 1895) enthält sie nur 1,5 Proz. Glycyrrhizin ; dagegen sind die Blätter der Pflanze reich daran (9 — 1 0 Proz., fast doppelt so viel als in Rad. Liquiritiae). Butea monosperma Taub. (B. frondosa Roxb.) und B. superba Roxb.^ Indien. Die Wurzel soll einen roten und gelben Farbstoff geben (Watt, Econ.). Periandra dulcis Mart., in Brasilien, Paraguay. Die Wurzel wird (»Alcassuz«) wie Süßholz gebraucht (F. v. Müller, Select plants). Albixxia lophantha Benth. (Aeacia lophantha Willd.J, Südwest- australien. In der Wurzel wurden neben 8 Proz. Gerbstoff 10 Proz. einer Sapon in Substanz gefunden (F. v. Müller, Select plants; Bernardin, Classification de 40 savons veget. Gand 1875; Watt, Econ.). 32. Geraniaceae. Geranium-ATien, wie O. pratense L., G. silvaticn?n L.^ G. phaeum, L., G. sanguineum L., G. pijrenaicum L., G. macrorrhixon L., G. maculatum L. (Nord- amerika) besitzen gerbstoffreiche Wurzeln (Duchesne, Geiger) 2). Die Wurzel einer Geranium-Art im Himalaja (vielleicht G. nepa- lense Siveet) soll einen roten Farbstoff geben (Watt, Econ.). 33. Polygalaceae. Polygala Sencga L., Nordamerika, liefert Radix Senegae. Sie ent- hält Saponinsubstanzen und ein ätherisches Öl, das aus Methyl- sali cylat und einem Ester der Baldriansäure besteht (Reuter, Arch. Ph. 1 889). Auch andere Polygala-Arien, wie die als Ersatz der Senega genannten, gleichfalls Nordamerika angehörenden Polygala alba Nutt. und P. Boykinii Nutt., führen gleichfalls Saponinstoffe (Maisch). Monnina-Avten , wie M. polystachya R. et P., M. salicifolia R. et P. und M. ptcrocarpa R. et P., in Südamerika, sollen gleichfalls Saponin-(Monninin-)haltige Wurzeln liefern (Bernardin). 1) Expose des avantages financiers de l'apphcation de la racine de Luzerne ä la päte de papier. Orleans 1867, u. Applic. de la racine de Luzerne ä la pate de pap. Orleans et "Paris 1866. 2) R. Wasicky, Pharm. Post 1917. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 421 34. Eupliorbiaceae. Phyllanthus distichus Müll. Arg., im tropischen Asien, enthält in der Wurzelrinde eine Saponinsubstanz^). Manihot idiUssima Pohl, M. palmata Müll. Arg. und M. Janipha Kth., in warmen Ländern kultiviert, liefern in den Rhizomen Stärke. 35. Anacardiaceae. Rhus oxyacanthoides Dum. Cours. Die Wurzelrinde dieses im ganzen nördlichen Saharagebiete verbreiteten Strauches dient in Ägypten zum Gerben und Färben 2). 36. Sapindaceae. Deinbollea nyikensis Baker., im tropischen Afrika, enthält in der Wurzel eine Saponinsubstanz3). Serjania ichthyoctona Radlk., in Brasilien, enthält in der Wurzel- rinde eine giftige Saponinsubstanz (Peckolt, 1901). 37. Malvaceae. Althaea officinalis L., Eibisch. Südeuropa, bei uns kultiviert. Die schleim- und stärkemehlreiche Wurzel, als Radix Älthaeae offizinell, kann auch technisch, wie Salep, benützt werden (Böhmer). Die Wurzeln mehrerer Althaea- Arten, so von A. narhonnensis L. und A. cannabina L., wurden zur Papierfabrikation herangezogen (Duchesne, Merat et de Lens). 38. Tlieaceae. Camellia theifera Griff. (C. Thea lÄndl.), China, enthält in Wurzel und Samen mehrere Saponinsubstanzen^). 39. Coclilospermaceae. Cochlospermum tinctorium A. Rieh., Senegambien. Die Wurzel, Racine de Fayar, dient zum Färben^). 40. Lythraceae. Lawsonia inermis L. (L. alba La7n.J, Orient, Indien. Die Wurzel, Orcanette de Constantinople, wurde als Radix Alkannae verae s. Orientalis bezeichnet, als solche aber meist die Wurzel von Älcanna ^) J. Dekker, Pharm. Weekblad XLV. 2) P. Ascherson, Sitzb, d. Gesellsch. naturf. Freunde. Berlin 1882, Nr. 2. 3) Gadel, Pharm. Journ. and Trans., 1909. 4) L. Weil, Beitr. z. Kenntn. der Saponinsubst. Diss., Straßburg, -1901. 5) J. Moeller, Ber. über die Weltausstellung, Paris 1878, 8. Hft. 1. Gerbe- u. Färbemat. 422 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. tinctoria (s. d. p. 463). Geiger hebt hervor, daß die damals (d. i. vor \ 00 Jahren) gebräuchliche Wurzel gelb färbt, aber in deutschen Apo- theken nicht zu finden sei. Auf Grund von Reiseberichten gibt Böhmer an, daß aus der Wurzel mit Kalk eine braunrote Farbe verfertigt werde, mit der man im Orient Zähne, Nägel, Gesicht, Schweif der Pferde, Tücher, Leder, Holz und dergleichen anstreicht; man erhalte jedoch selten die echte Wurzel, sondern jene von Alcanna tinctoria. 41. Lecylhidaceae. Barringtonia insignis Miq.^ Malasien, enthält in der Wurzelrinde eine Saponinsubstanzi). 42. Halorrhagidaceae. Qunnera chilensis Lam. (Q. scabra R. et P.) , von Caracas bis Patagonien, bei uns kultiviert. Die Wurzel (Palo Pangue) wird in Chile als Gerbe- und Färbematerial und medizinisch benützt, enthält 9,34 Proz. Gerbstoff^). 43. Araliaceae. Aralia spinosa L., Nordamerika, enthält in Rinde und Wurzel Saponinsubstanzen 3). Panax fruticosum L., im tropischen Asien, P. Ginseng CA. Mey.^) und P. repens Max.^) enthalten in ihren Rhizomen Saponinsubstanzen. 44. Umbelliferae. Angelica Archangelica L. (Archangelica offi-cinalis Hoffm.), im nördlichen Europa und Asien, bei uns als Arzneipflanze kultiviert. Die Engelwurz, Radix Angelicae^ e,n\häM 0,35 — 1,0 Proz. ätherisches Öl. Dieselbe Anwendung findet die Wurzel der nordamerikanischen Angelica atropurpurea L. (Maisch) und die der japanischen Angelica refracta Fr. ScJwi.^]. Levisticum officinale Koch (Ligusticum Levisticum L.), eine alte Kulturpflanze unbekannter Herkunft, Radix Levistici, Liebstöckel- 1) L. Weil, Beitr. z. Kenntn. d. Saponinsubst. Diss., Straßburg, 1901. — Gres- hoff, Meded. XXV (1898). 2) Hartwich, Ztschr. des allg. Ost. Ap.-V. 1896; Bernardin, Glassif. de mat. tannant. 3) Greshoff, Mededeehngen XXIX (1900). 4) Asahina, Yakuga Kushi und Taguchi, Journ. of Pharm. Soc. of Ja- pan 1006. 5) F. Wentrup, Diss., Straßburg 1908. 6) Schimmel & Co., Berichte April 1897 u. 1911. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 423 würz, liefert ein ätherisches Öl (Essence de Liveche) vom Gerüche des Angelicaölesi). Peucedanum officinale L., einheimisch. Die Wurzel, Hadix Peu- cedani^ enthält 0,2 Proz, ätherisches Öl von wenig angenehmem Geruch 2). Peucedanum Ostruthiiim Koch (Imperatoria Ostruthium L.), Mittel- und Südeuropa, bei uns kultiviert. Der aromatische Wurzelstock, Radix Imperatoriae, Meister würz, wird bei Böhmer unter den Loh- und Gerbematerialien angeführt^). Ferula Sumbul Hook. f. (Euryangium Sumbul Kauffm.), in Zentral- asien. Ihre meist in Scheiben zerschnittene Wurzel kam als Moschus- wurzel, Radix Sumbul, zuerst 1835 nach Rußland, als Substitution des Moschus imd als Mittel gegen Cholera asiatica. Mit dem (arabischen) Namen Sumbul bezeichnet man übrigens nach Vogl in Indien noch andere stark riechende Drogen, so den Wurzelstock von Nardostachys Jata?nansi DC. (s. a. p. 427), als Sumbul Hindi, jenen von Valeriana eeltica L. (s. d. p. 428), als Sumbul Ekleti und die als Fälschung der echten Sumbulwurzel genannte Wurzel von Dorema Aminoniacum Bon, der Stammpflanze des Ammoniak-Gummiharzes, als Bombay-Sumbul oder Boi (Dymock). Watt nennt neben Ferula Sumbul auch Ferida suaveolens Äitch. et Hansl. in Khorassan als Stammpflanze der echten Moschuswurzel. Diese gibt 0,2 — 0,4 Proz. eines dicken, dunkel gefärbten Öles von starkem Moschusgeruch *). J. Hahn 5) extrahierte aus der Wurzel 17,25 Proz. eines fetten Öles. Meum athamanticum Jacq., einheimisch, ein beliebtes Volksheil- mittel (Bärwurz), gibt 0,67 Proz. eines dunkelgelben an Liebstöckel im Geruch erinnernden ätherischen Öles''). Pimpinella Saxifraga L. und P. magna L., einheimisch. Radix Pimpinellae, Biberneil wurzel, gibt ein ätherisches Öl von peter- silieartigem Geruch. Die Wurzel der als Pimpinella nigra Willd. be- schriebenen Form, welche frisch einen blauen Gummiharzsaft enthält, liefert ein bereits von Böhmer erwähntes schön hellblaues Öl. Thapsia garganica L. , mediterran, in Algier >Bou Nefa« (pöre de la sante) genannt. Aus der Wurzelrinde wird in Frankreich das medi- zinisch verwendete Thapsia- Harz (Resine de Thapsia) fabrikmäßig hergestellt. ^) Schimmel & Co., April -1897 u. 1909; R. Braun, Arch. de Ph. 1897. 2) Schimmel & Co., 1895 und 1897. 3) Schimmel & Co., 1897. 4) Schimmel & Co., April 1897. 5) Americ. Journ, of Pharmac, 1896. '6) Schimmel & Co., April 1897. 424 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 45. Primulaceae. Cyclamen europaeum L., Saubrot, Erdscheibe, enthält in den Knollen das Saponin Gyclamini). Primula officinalis L. enthrdt in der Wurzel das Saponin Pri- mulin^j. 46. Plumbaginaceae. Plumbago europaea L., Südfrankreich. Die ganze Pflanze, beson- ders aber die Wurzel ist reich an Gerbstoff (Bernardin, Classif. de 280 mat. tannantes, Gand 1872). Statice Limonium L., im Mediterrangebiete. Die Wurzel war früher als Beben rubrum medizinisch gebräuchlich 3) (Geiger). In Rußland wird sie zum Gerben benutzt (Bern ardin, Böhmer). Statice caroliniana Walt, in Nordamerika. Die Wurzel enthält U— 18 Proz. Gerbstoff (Maisch). Statice hrasiliensis Boiss., »Baycuru«, in Südbrasilien *), Statice latifolia Smith (St. coriaria Hoffm.), in Südrußland, Kau- kasus, Rumelien. Die Wurzel dient im Kaukasus zum Gerben (Duchesne, Bernardin). Statice Omelini., Kermeswurzel. Gerbmaterial mit 17,5 Proz. Tanniden, die Gallussäure enthalten und bei der Hydrolyse rote und braune Phlobaphene geben ^). Ooniolimon tataricum Boiss. (Statice tatarica L. , St. trigona Pallas), in Südeuropa, Kaukasien, Sibirien. Die Wurzel in Sibirien zum Gerben benutzt (Duchesne). 47. Asclepiadaceae. Asclepias Vincetoxicum L. Im Rhizom fand G. Maßon^) die zu den Saponinen gehörige Asklepiasäure. 48. Convolvulaceae. Exogoniiim Purga Benth. (Ipomaea Purga WeMer.), in Mexiko. Die Knollen sind als Radix (Tuhera) Jalapae offizinell, gleichwie das aus ihnen dargestellte Harz (Resina Jalapae). 4) A. Klinger, Sitzb. d. med.-phys. Soc, Erlangen, II; F. Plzak, Ber. d. D. ehem. Ges. XXXVI (1903); Mutschier, Ann. d. Chem., 1877. 2) Hünefeld, Journ. f. prakt. Chemie, VII (1836). 3) Planchon et Collin, Les drogues simples d'origine vegetale. Paris 1896. 4) J. Mo eller, Pharm. Centralhalle, 1883. 5) G. Powarnin und A. Ssekretow, Journ. Russ. Phys. Chem. Ges., 1910, p. 1024. 6) Bull, des sc. pharmacol. XVIII. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 425 Operculina Turpethum Peter (Ipomaea Tiirpethum R. Br.), in Indien, liefert die ehemals offizinelle harzreiche Turbith-Wurzel, Radix Turpethi. Convolvulus Scammonia L., im Orient. Ihre Wurzel liefert das Scammonium und das aus ihr dargestellte Harz, Resina Scammoniae. Ähnliche Harze finden sich auch in anderen Convolvulaceen, so in Convol- vulus panduratus L., in Nordamerika, deren Wurzel, »Wild Rhabarber«, medizinisch benutzt wird (Maisch). Convolvidus scoparius L. und C. floridus L. , auf den Canaren. Das Wurzelholz, Lignuni Rhodii, fälschlich Rosenholz, war früher medizinisch gebräuchlich; es enthält ätherisches Ül^). 49. Boraginaceae. Älcan?ia tifictoria Tausch (Anchusa t. L.J. Siehe Alkanna- wurzel, p. 463. Roten Farbstoff enthalten noch zahlreiche Boraginaceen in ihren unterirdischen Teilen: Alcanna sijriaca Boiss. et H. und Ä. cappadocica Boiss., im Orient 2). Asperugo procumbens L., durch Europa und Asien verbreitet. Wurzel zum Rotfärben (Duchesne). Anchusa virginica L., in Nordamerika, wird wie die echte Orca- netfe zum Rotfärben benutzt (Merat et de Lens, Duchesne, Böhmer). Lycopsis nigricans Lam. (L. vesicaria L.j, in Südeuropa. Ihre Wurzel kann die Alkanna ersetzen (Duchesne). Lithospermum arvense L., Ackersteinsamen. Die Wurzelrinde dieser und anderer Arten enthält roten Farbstoff und findet deshalb (als Schminke, zum Färben der Butter usw.) hier und da Verwendung (Böhmer, Duchesne, Geiger). Lithospennum ei^ythrorrhixon Sieb, et Ziicc, Japan, soll eine alkan- ninhaltige Wurzel besitzen 3). Macrotoniia cephalotes DC. liefert nach Vogtherr die syrische Alkannawurzel (s. p. 465). Macrotoniia perennis Boiss., Indien. Die Wurzel wird in Tibet und Indien medizinisch und zum Färben der Wolle verwendet. Arnebia tinctoria Forsk. (Lithospermum Arnebia Lehm. , L. tinc- torium Vahl)., in Vorderasien, Ägypten,. Afghanistan. Die Wurzel kommt aus Afghanistan als Substitution der Alkannawurzel auf den Markt von Bombay (Dymock, Watt). \) Schinamel & Co., Bericht, April -ISQQ. 2) Yogtherr, Pharm. Centralh., -1896. 3) Kuhara, Pharmac. J. a. Tr., 1878. 426 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Onosma echioides L., in Mittel- und Südeuropa, auch in Asien. Die Wurzel wird nach Decandolle in Südfrankreich gesammelt und statt der echten >Orcanette< zum Rotfärben benutzt i). Onosma Emodi Wall. (Maharanga Emodi DC), in Nepal. Die dunkelrote Wurzel wird in Ostindien als Färbemittel für Seide und Wolle benutzt^). 0. Hookeri Clarke, in Ostindien, 0. tinctorium M. Bieb., in Südrußland, werden auch als Färbemittel erwähnt. Echium sp., so Echiuni violaceuni L. (E. creticum Lam.), E. jpyra- midatum DC. (E. italicum L., E. asperrinmm Lam.), im Mediterran - gebiet, Echium rubrum Jacq. (E. italicum Gmel.J, in Ungarn, Sieben- bürgen, Südrußland, E. tinctoriwn Oliv. (E. Rauivolßi Del.), in Ägypten > dienen zum Rotfärben. Plagiobotrys rufescens Fisch, et M. (Eritrichium fulvum DC.) und andere nordamerikanische Arten enthalten nicht nur in der Wurzel, sondern auch in Stengel und Blättern Alkannin^). Myosotis-kvien habe rote, wie es scheint, alkanninhaltige Wurzeln. 50. Labiatae. Collinsonia canadensis L. enthält im Rhizom eine Saponinsubstanz*). 51. Solanaceae. Atropa Belladoiuia L., Tollkirsche, einheimisch, Scopolia carniolica Jacq. (Scopolina atropoides Schidt.), einheimisch, Scopolia japonica Maxim. , eine japanische Art, Mandragora officinarum Vis. (M. acaulis Oärtn.) und andere Jf. -Arten im Gebiete des Mittelmeeres, M. caulescens Clarke, Himalaja, enthalten mydriatisch wirkende Alkaloide (Atropin, Hyoscin [Scopo- lamin] und Hyoscyamin] und dienen zu deren Darstellung. Solanum Dulcamara L., einheimisch, 8. sodomeum L. , im Medi- terrangebiete, 8. mammosum L., in Westindien, sollen in den Wurzeln Saponinsubstanzen enthalten (Waage). Acnistus cauliflorus 8chott, im tropischen Amerika, enthält in der Wurzel eine Saponinsubstanz^). 52. Scrophulariaceae. Escobedia scabrifolia R. et P. und E. linearis Schlecht, Palillo, Azafran oder Azafranillo, im tropischen Amerika. Die Wurzeln beider 1) Nees u. Ebermeyer, Handb. d. mediz.-pharm. Botanik, Düsseldorf 1831. 2) ibid. 3) Norton, Americ. Journ. of Pharm., 189S. 4) Chevalier et Abel, Bull, de sc. pharmacolog. XIV, p. 513. 5) Peckolt, Ber. d. D. pharm. Ges., XIX (H909). Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 427 dienen zum Färben von Fett^). Der Farbstoff, nach Hart wich in den Interzellularen enthalten 2), ist unlöslich in Wasser, Glyzerin-, Terpentin- und Vaselinül, löslich in Alkohol, Äther, fettem Öl. Er kann wie Alkanna zum Nachweis von Fett in Samen gebraucht werden. 53. ßubiaceae. Oaliu7n-sp.j Labkräuter, enthalten in ihren unterirdischen Teilen roten Farbstoff und finden deshalb technische und ökonomische, meist auch als Volksheilmittel Anwendung (Böhmer, Duchesne). Asper ida-&\).^ Waldmeister, dienen zu gleichen Zwecken. Rubia tinctorum L. , R. ijeregrina L., R. coi'difoUa L. (R. cordata Tliunb.^ R. Mmijista Rxb.J. Siehe Krapp, p. 467. Rubia sikkimensis Kurz, Indien. Nach Watt ist diese Art die Hauptquelle der schönen roten Farbe, welche von den Bergstämmen der Naga-Hills und Manipur benutzt wird. Relbunium hypocarpium Hemsl. (Rubia Relbun Cham, et Schi), von Mexiko bis Chile und Argentina. Unter dem Namen »Relbun« werden die unterirdischen Teile als Färbemittel benutzt. Oldenlandia umbellata Roxb., Ostindien. Die fußlange orange- farbige Wurzel »Chayaver« wird als Heilmittel benutzt und gibt dauer- haften roten Farbstoff für Baumwollzeuge. Die berühmten roten Turbane von Madura werden damit gefärbt (Drury, Dymock). Oldenlandia corymbosa L., Ostindien, Ceylon und Philippinen, liefert nach Campbell »Chayroot«. Hedyotis herbacea TF., in Ostindien, wird von einigen Autoren ebenfalls als Quelle der »Chayroot« angeführt. Morinda sp. s. d., p. 470. Danais fragrans Commers.^ Madagaskar, Mauritius. Die Wurzel soll einen halfbaren roten Farbstoff geben (Duchesne); sie wird auch als Chinasurrogat benutzt. Cephaelis Ipecacuanha A. Rieh, (üragoga Ipecacuanha Baillo7i, Psychotria Ipecacuanha Müller Arg.)^ in Südamerika, ist die Stamm- pflanze der allgemein offizinellen Brechwurzel, Radix Ipecacuanhae. 54. Valeriauaceae. Nardostachys Jatama^isi DC. und N . grandiflora DC. Spikenard, Indian-Nard, Nordindien. Der aromatische Wurzelstock war ehemals 1) A. Lendner, Une racine tinctoriale. Schweiz. Wochenschr. f. Ch. u. Ph. 191-2, Nr. 18. 2) C. Hartwich, »Über eine Sammlung bolivianischer Drogen. < 12; A. Rueger, Palillo. Schweizerische Ap.-Ztg. LH (1914), Nr. 21. 428 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. auch in Europa als Heilmittel geschätzt (Martiny, Geiger, Merat et de Lens, Guibourt, Planchon) und wird noch gegenwärtig in Indien benutzt (Watt, Dymock). Valeriana officinalis L., einheimisch, liefert die aromatische Bal- drianwurzel, Radix Valerianae. Sie liefert etwa \ Proz. ätherisches Öl. Die japanische Baldrianwurzel liefert 6 — 6,5 Proz., die mexika- kanische Baldrianwurzel kein ätherisches Öl, sondern nur freie Baldriansäure (0,91 Proz.)i). Valeriana Hardivickii Wall, wird in Ostindien als Parfüm und arzneilich verwendet (Dymock). Valeriana celtica L., Speik, ist noch jetzt ein hochgeschätztes Volksheilmittel. 55. Compositae. Eupatorium chilense Molin. , Südamerika. Die unterirdischen Teile dienen zum Gerben, das Kraut zum Gelbfärben (Merat et de Lens.) Imila Helenium L., Ost- und Mitteleuropa und Mittelasien, auch kultiviert. Radix Enulae (R. Helenii) war als Heilmittel gebräuchlich. Sie enthält \ — 2 Proz. Allantöl und soll einen blauen Farbstoff geben (Merat et de Lens). Wedelia calendulacea Less. , im tropischen Asien. Die Wurzel dient zum Schwarzfärben (Watt). Helianthus tuberosus L., Topinambur, Nordamerika , 1617 in Europa eingeführt und seither bei uns kultiviert. Die den Kartoffeln ähnlichen Knollen (Erdbirnen) dienen als Viehfutter und zur Darstellung des Inulin. Petasites officinalis Moench, einheimisch, jetzt noch Volksmittel (Pestwurz). Arnica montana L., Wohlverlei, Fallkraut, einheimisch. Der aromatische Wurzelstock ist ein beliebtes Volksheilmittel. Carlina acaulis L., einheimisch, als Eberwurzel Volksheilmittel. Atractylis acaulis Desf. (Ä. gummifera L.., Carlina gummifera Less.), Chamaeleon albus der Alten (Geiger), Mediterrangebiet. Aus den Blütenkürbchen und aus dem Kopfe der veilchenartig riechenden Wurzel (Planchon) soll ein rotbraunes klebriges Gummiharz heraustreten, das von den orientalischen Frauen angeblich als Kaumittel benutzt wird 2). Saussurea Lappa Clarke (Haplotaxis oder Aplotaxis Lappa DC, Aucklandia Costiis Falconer), im nordwestlichen Himalaja. Die Wurzel steht in China als »Putschuk« in großem Ansehen als Heilmittel (Watt, Dymock, D. Hanbury). Sie ist ehemals als Kostuswurzel, -1) Ber. V. Schimmel & Co., April 1897. 2) Krämer, Am. J. of Ph., 1895. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 429 Radix CosU, auch in unsern Apotheken vorgekommen (Guibourt, Geiger), stand bis zum Anfange des vorigen Jahrhunderts in Europa in großem Rufe, ist aber derzeit aus dem europäischen Handel ver- schwunden. Sie wird als Heilmittel, in der Parfümerie und als Motten- mittel gebraucht (Watt, Comm., Dymock). Schimmel & Co. erhielten aus der Wurzel 1 Proz. ätherisches Öl von kräftigem Veilchen- geruchi). Jurinea macrocephala Benth. , im westlichen Himalaja. Die wohl- riechende Wurzel scheint ähnlich wie Kostuswurzel benutzt zu werden (Watt, Econom.) Centaurea cer intime folia Sibth. (C. Behen Lani. , Serratula Beken DC), Vorderasien. Die Wurzel soll die Radix Behen albi der älteren Pharmakognosten sein. Sie wird jetzt noch in Indien, wohin sie vom persischen Meerbusen auf den Markt kommt (Dymock), als Heil- mittel geschätzt. Chondrilla graminea M. Bieberst. (Ch. /prenanthoides Vill.^ Pre- 7ianthes chondrilloides Ärd.), Vorderasien. Die Wurzel soll eine Art Kautschuk, »Tschingel« genannt, liefern 2). IL Besonderer Teil. 1. Vetiverwiirzel, von Andropogon squarrosus L. fil.^ einer sumpf liebenden, aus- dauernden, in Indien (Khus-Khus, tamul. Veti-ver) massenhaft, auch auf den Philippinen und Maskarenen, wie auf Jamaika (kultiviert) vorkom- menden Grasart mit einem lang bewurzelten aromatischen Rhizom. Die Handelsware stellt gewöhnlich ein Haufwerk dar von dünnen, zum Teil mit zarten Fasern besetzten, glatten, hellgelbbräunlichen oder etwas rütlichbräunlicben Wurzeln. Der Geruch ist angenehm balsamisch, etwas kampferartig. Mit verdünnter Kalilauge erwärmt, gibt sie eine orangegelbe bis orangebräunliche Flüssigkeit. Hin und wieder findet sich ein kleines Stück des harten, holzigen, dicken Rhizoms mit einigen daraus entspringenden Wurzeln. Der Wurzelquerschnitt zeigt eine etwa 1/2 des Kerndurchmessers betragende Rinde (Fig. 141), die von großen Lufträumen durchbrochen ist. Der Kern besteht aus einem schmalen gelben Holzringe mit weiten ^) Berichte April 1896 und April 1897. 2) Bernardin, Classif. de 100 Gautchoucs et guttaperchas, Gand 1872. 430 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische PflanzenLeile. Gefäßöffnungen im Kreise in einem dichten Grundgewebe; er schließt ein weites weißes, stärkemehlreiches Mark ein. Mikroskopischer Bau. Die meist zu dünnwandigen, einzelligen Haaren (Wurzelhaaren) ausgewachsene, an vielen Stellen abgescheuerte Oberhaut (Fig. 141) bedeckt ein Hypoderm aus 2 — 3 Reihen axil gestreckter, derbwandiger Elemente. Darunter folgt ein großzelliges Parenchym, von dem die meist zwei Zellen breiten Scheidewände der weiten Luftkanäle abgehen. Zwischen den größtenteils inhaltslosen und kollabierten Zellen dieses Rindenparenchyms liegen eingeschaltet meist etwas größere sphäroidale Zellen mit einem krümeligen oder ölig har- zigen, in Chloral oder in Kalilauge gelb sich lösenden Inhalt. Einen solchen führt auch eine geschlossene Schicht unmittelbar vor der Endo- dermis gelegener Parenchymzellen. Fig. 141. Querschnitt durch die Veti verwurzel. (Orig. v. J. Moellei Die Endodermis (Kernscheide) besteht aus einer einfachen Lage von axil gestreckten (90 ^k), am Querschnitte stark radial zusammen- gedrückten, gerundet- 4 seitigen oder etwas nierenförmigen , seitlich und besonders an der Innenwand sehr stark verdickten und von Porenkanälen durchsetzten verholzten Elementen. Am Längenschnitt erscheint ihre gelbe Innenwand mächtig verdickt, lappig in das Zellenlumen vorspringend. Der Holzzylinder enthält mäßig dickwandige Libriformfasern, weite (54 fi), außerordentlich fein und dicht getüpfelte, dickwandige Tracheen mit einfach perforierten Gliedern, stark verdickte Tracheiden, stärke- mehlführende Holzparenchymzellen (15 u). Das Mark ist mit grobkörniger Stärke dicht gefüllt, deren Körner regelmäßig komponiert sind. Die Vetiverwurzel soll schon 1781 nach Europa gelangt sein, sie wurde später (1830) von Frankreich aus als Badix Ivarancusae oder Rad. Vetiveriae^ Racine de Vetiver, Cuscus-root, Gholerawurzel Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 431 zu medizinischen Zwecken empfohlen. Ihr Geruch und Geschmack sind bedingt durch ein ätherisches Öl, das in der Parfümerie sich Eingang verschafft hat. Es findet sich hauptsächhch in einer der Endodermis vorgelagerten und ihr innig angeschmiegten Schicht parenchymatischer Zellen, sowie in zerstreuten und gruppierten Zellen des Rindenparenchyms. Auch in vielen Gefäßen beobachtet, man eine gelbbräunliche Masse, die bei Kali- behandlung in ülig-harzigen Tropfen sich darstellt. Das ätherische Öl wird durch Dampfdestillation in einer Ausbeute von 0,4 — 0,9 Proz. gewonnen. Es hat ein spez. Gew. von 1,02 — 1,03 und löst sich leicht in 80 Proz. Weingeist (Schimmel & Co., April 1897); es ist das dickste und zähflüssigste aller ätherischen Öle (Gildemeister). Nach Schimmel & Co. (April 1893) ist nur das in Indien oder in Europa aus der Vetiverwurzel destillierte Öl zulässig, nicht das weit billigere, von Reunion in den Handel gelangende Produkt, welches zum Teil andere Eigenschaften besitzt (spez. Gew. 0,968, unlüslich in 80 proz. Weingeist), auch gelegentlich mit fettem Öl verfälscht vorkommt. In der Parfümerie findet das Öl hauptsächlich Anwendung wegen seiner Schwerflüchtigkeit, zum Fixieren des Geruches leicht flüchtiger Öle, um andere Gerüche also beständiger zu machen. Auch zur Ver- fälschung des Geranium- oder Palmarosa- Öles (von Aiidropogon Schoe- nanthus L.) wird es benutzt. Aus den langen Nebenwurzeln des Vetivergrases verfertigt man in Indien Körbchen und Matten, Fächer und Schirme, welche befeuchtet einen angenehmen Geruch verbreiten; auch bedient man sich der ganzen und der gepulverten Droge zum Einlegen in die Wäsche, um sie zu par- fümieren, zur Konservierung von Kleidern, Möbelstoffen usw. gegen Motten, sowie als Heilmittel (Drury, Dymock, Watt). Die Ableitung einer zweiten Sorte der Vetiverwurzel von Ändro- pogon Ivarancusa Blane ist zweifelhaft. Eine ähnliche Wurzel soll auch Andropogon Parancusa Blane in Ostindien Hefern (Martiny). — Siehe auch p. 407. 2. Kalmiiswiirzel ist der von seinen Nebenwurzeln befreite Wurzelstock von Acorus Ca- lamus L., einer an Fluß- und Teichufern, in Sümpfen in einem großen Teil von Asien, Nordamerika und in fast ganz Europa (hier aus Klein- asien in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts eingeführt) wachsenden, in Burma und auf Ceylon kultivierten Pflanze. Der horizontale, bis mehrere Dezimeter lange, hin und her ge- bogene, nur unterseits bewurzelte Wurzelstock wird im Spätherbste herausgeholt, von den Wurzeln, Stengeln und Schäften befreit und bei 432 Achtzehnter Abschnitt, unterirdische Pflanzenteile. gelinder Wärme getrocknet. Im Handel kommt er sowohl ungeschält wie geschält vor. Der ungeschälte (bei uns offizi- nelle) bildet verschieden lange, 1 bis 1 1/2 cm dicke, etwas flachgedrückte Stücke, welche (Fig. 142) oberseits abwechselnd dreieckige Blattnarben, unterseits kleine, vertiefte Wurzelnarben, zickzackfürmig angeordnet, zeigen. Die Stücke des geschälten Kalmus haben meist eine gleichförmig blaßrütliche Farbe; gewöhnlich sind nur die Wurzel- narben deutlich. Der Kalmus besitzt eigenartig aroma- Fig. 142. Ungeschälter Wurzelstock von Acorus Calanms; A von der Oberseite mit abwechselnden keilförmigen Blattnarhenu.Internodien; B von der Unterseite mit den Wurzel- narben. Etwas verkleinert. (A. Vogl.) Geschmack. Der Querschnitt ist ei- oder kreis- rund, blaßrötlich oder rötlichweiß, die Rinde (etwa 1/4 des Durchmessers) gleich dem durch eine feine Linie (Endodermis) porös mit zerstreuten, an der Innenseite der Endodermis gehäuften Pünktchen (Gefäßbündeln). Die Epidermis mit dünner Kutikula besteht aus polygonalen, an r^ Fig. 143. Vergr. 100/1. Querschnitt aus dem Rhizom des Kalmus, k Endodermis, s Stärkemehl füh- rendes Grundpareiichym, i Lufträume, o Ölzellen, (jfh Gefäßbündel. (Tschirch.) den Seiten knotigen Zellen. Das Grundgewebe ist zunächst von kollen- chymatischem Charakter. Weiterhin (Fig. 143) stellt es in Rinde und Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 433 Kern ein durch viele Luftgänge unterbrochenes, lockeres Parenchym dar aus rundlich-polyedrischen Zellen (24 — 45 /.t)^ deren farblose Membran grob getüpfelt ist und nach Kalibehandlung mit Chlorzinkjod sich bläut. Die Luftgänge sind fast durchweg nur durch eine einfache Zellschicht voneinander getrennt (Fig. 143). Die Endo dermis bildet eine einfache Schicht vorwiegend tangential gestreckter, in der Fläche polygonaler Zellen mit verkorkten Seitenwänden. Das Grundgewebe ist von zerstreuten, nur an der Innenseite der Endodermis genäherten kollateralen (Rinde) oder konzentrischen (Kern) Leitbündeln (Fig. 143) durchzogen. SP = jpr I'ig. 144. Vergr. 200/1. Kalmus. Längensclinitt aus den inneren Teilea des Wurzelstockes; ?;>■ Stärke- mehl führendes Grundgewebe (Parenchym) mit axil gestreckten Lufträumen {L} und eingeschalteten Ölzellen (0); fv Leitbündel mit Kambiform {cbf) und Treppentracheiden {sp). (A. Vogl.) In den äußeren Teilen der Rinde treten zunächst kleinere Bündel auf, der Hauptsache nach aus Bastfasern bestehend und oft ringsum von Kristallkammer fasern umgeben^). Weiter einwärts gesellen sich dazu immer reichlicher Gefäße und werden daher die Bündel umfang- reicher (bis 300 1.1 im Durchmesser). Den Leitbündeln im Zentralzylinder fehlen im allgemeinen die Bastfasern, doch trifft man auch hier ab und zu ein Bündel aus dickwandigen Bastfasern wie in den äußeren Rinden- teilen. Die konzentrischen Leitbündel zeigen am Querschnitt einen peripheren Kreis von weiten und engeren Tracheiden um den zentralen Neben kleinkörniger Stärke (Fig. 145) mit eirunden, länglichen. i) In manchen Rhizomstücken finden sich nur spärliche Kristalle, in anderen sind sie fast an jedem Bündel massenhaft. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 28 434 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. unregelmäßig-höckerigen, auch zu 2 — 4 zusammengesetzten, meist 3 — 6 /< großen Körnern führen die Parenchymzellen geringe Mengen plasmatischer Masse und einen auf Gerbstoff reagierenden Inhalt. Dieser ist nach Vogl reichlicher vorhanden in den peripheren Gewebslagen und in Zell- gruppen des Grundparenchyms^ meist um die Sekretzellen herum. Zer- streute Elemente enthalten eine klumpige oder krümelige, mit Eisenchlorid schmutzighraun sich färbende Masse. Kalilauge färbt sie braun- oder rütlichgelb, nach Zusatz von Essigsäure orange; beim Erwärmen tritt größtenteils Lösung ein. Durch diese Färbung fallen an mit Kalilauge erwärmten Präparaten die Gerbstoffzellen zwischen den ungefärbten Parenchymzellen auf. Durch Zusatz von Naphthylenblau zu dem mit Essigsäure neutralisierten Kalipräparate werden diese Zellen ganz blau gefärbt. Eine schöne Übersicht über die Ver- teilung der Gerbstoffzellen an Schnitten erhält man auch mit diesem Farbstoff oder mit Methylenblau direkt (tief vio- lette, bzw. blaue Färbung des Inhalts, bei ersterem auch der Membran). Die Gerbstoffschläuche in den Phloembün- deln bilden axile Reihen (A. v. Vogl). Zerstreut kommen zahlreiche, die Stärkemehlzellen fast durchweg an Größe übertreffende Sekret-(Öl-)Zellen (Fig. 144, 145) vor, mit farblosem, in älterer Ware gelblichem ätherischen Öl oder mit einem rotbraunen Harz- klumpen als Inhalt. Ihre dünne, unter Wasser farblose, in Kalilauge gelbliche Membran ist verkorkt i). Der frische Wurzelstock kommt mundiert, in Zucker gesotten und in Querscheiben zerschnitten, als populäres Magenmittel in den Handel. Die Droge (Radix oder Rhixoma Calami, Radix Acori) spielt als Heil- mittel (als Stomachicum und Carminativum , als Zusatz zu Bädern), in der Likör- und Schnupftabakfabrikation eine Rolle. Böhmer (II, p. 415) führt sie auch unter den Loh- und Gerbmaterialien an. Ihr wichtigster Bestandteil ist ein ätherisches Ol (Oleum Calami), welches durch Dampfdestillation aus deutscher, frischer Kalmuswurzel in einer Menge von 0,8 Proz., aus deutscher getrockneter Ware in einer solchen Fig. 145. Vergr. 200/1. K a 1 m u s ; Elemente des Pulvers; pr Fragment des Grnndparen- chyms mit Stärkemehl als Inhalt und mit einer Ölzelle (o); sp Gefäßfragment nnd daneben Bruchstücke eines Spiralbandes. a Stärkekörner. (A. Vogl.) 1) Tschirch u. Oesterle, Anatom. Atlas d. Pharmakogn. u. Nahrungsmittel- kunde. Leipzig 4900. — Tschirch, Handb. d. Pharmakognosie, Bd. II. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pilanzenteile. 435 von 1,5 — 3,5 Proz. erhalten wurde. Japanischer Kalmus, \on Acorus gramitieus Äit., gab sogar 5 Proz. ätherisches ÖH). Die ungeschälte Droge gibt mehr Öl als die geschälte. Das Kalmus öl ist etwas dick- flüssig. Sein spez. Gew. 0,960—0,970; au = + 10« bis + 31°. Ver- seifungszahl 16 — 20, nach dem Azetylieren 40 — 50. Siedep. 170—300 unter Hinterlassung eines Rückstandes. Mit 90 Proz. Alkohol ist es fast in jedem Verhältnis klar mischbar, in verdünntem ziemlich schwer lös- lich. Seine Bestandteile untersuchten neuerlich Thoms und Beck- stroem^). Der Bitterstoff der Wurzel (Acorin) ist bezüglich seiner Natur noch zweifelhaft. Faust (1867) hat ihn für ein Glykosid angesprochen, F lückiger erhielt 3) ihn in sehr geringer Menge in Kristallen. Nach Thoms (1886) ist er indifferent, von der Zusammensetzung CseHßoOe, Geuther (1887) fand ihn stickstoffhaltig. Kunz^) wies die Anwesenheit von Chol in in der Wurzel nach. Ihr Gerbstoff soll ein ähnliches Ver- halten zeigen wie die Filix-, China- und Ratanhiagerbsäure und Kal- musrot liefern (Geuther). 3. Veilchenwiirzel ist der geschälte, von den Nebenwurzeln befreite und getrocknete Wurzel- stock von Iris germanica L., I. pallida Lam. und I. florentina L. aus der Familie der Iridaceaß^). Von den drei angeführten Arten ist /. germa^iica die bei weitem verbreitetste (von Nordindien durch Vorderäsien und die Mittelmeerländer bis Marokko) und wird auch bei uns sehr häufig als Zierpflanze angebaut. L pallida kommt von Istrien und Dalmatien bis nach Vorderasien, Iris florentina in Mazedonien und Kleinasien wild vor. Des Wurzelstockes wegen werden sie hauptsächlich bei Florenz und bei Verona kultiviert 6). Sie haben einen horizontalen, etwas flachgedrückten, am hinteren Ende absterbenden, vorn meist gabehg verzweigten, an den Jahrestrieben eingeschnürten gegliederten Wurzelstock. Die einzelnen Glieder sind an beiden Enden etwas verschmälert, an der oberen etwas gewölbten Seite 1) Ber. von Schimmel & Co., April 1897. 2) Ber. d. D. ehem. Ges. 1902. — Vgl. auch Gildemeister, Die äther. Öle, 2. Aufl. (1913), II, p. 263. 3) Pharmakognosie, 3. Aufl., 1891. 4) Beiträge zur Kenntnis der ehem. Bestandteile von Acorus Calamus. Arch. d. Pharm., Bd. 226 (1888), 5) Tschirch, Handb. d. Pharmakognosie, II, p. 1143. 6) Aus der nordamerikanischen Iris versicolor L. haben Power undGalway (Amer. Journ. Pharm, 1911) ein übelriechendes, furfurolhaltiges ätherisches Öl dar- gestellt. 28* 436 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. durch Blattnarben geringelt, an der unteren Seite mit fleischigen Neben- wurzeln besetzt, an der Oberfläche braungelb, im Innern weiß, fleischig, von widrigem Geruch und scharfem kratzendem Geschmack. Der Hauptsitz der Produktion von Florentiner Veilchenwurzel sind die Gemeinden in der Provinz Toskana. Die beste Ware soll in S. Polo und Castellina in der Gemeinde Greve erhalten werden. Auch in der Provinz Arezzo wird eine der florentinischen gleichwertige Ware erzielt. Der Gesamtertrag dieser Gegenden bewegt sich um 6 — 700 000 kg. Als minder gute Qualität gilt die Veroneser Sorte, hauptsächlich in den Gemeinden von Tregnago , Cazzano, Illasi und Monteforte erzielt : Fig. 146. Yeilclienwurzel. Nat. Gr. (W. Mitlach er.) ihr Gesamtertrag wird auf 1 50 — 200 000 kg geschätzt (Schimmel & Co., Bericht Oktober 1897). Auch in der Provinz Vicenza und in Bozen soll Veilchen Wurzel produziert werden, und in neuerer Zeit kommt sie auch aus Marokko und Indien in den Handel; es sind klein stückige, kaum verwendbare Sorten. Eine aus Sta. Catarina in Brasilien angebotene Iris- wurzel soll dagegen vortrefflich seini). Die Hauptausfuhrplätze sind Livorno, Verona und Triest; aus Livorno wurden i. J. 1911 690 t aus- geführt. Die Kultur soll in Italien schon seit mehr denn 200 Jahren bestehen. h) Bericht v. Schimmel 6: Co., Oktober 1911 und Oktober 1912. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 437 Meist findet der Anbau statt an Abhängen, in sonnigen Waldblüßen und zwischen Weingeländen, selten auf ausgedehnten Feldern, denn die Pflanzen lieben trockenen, steinigen Boden. Ist die Pflanzung erfolgt, so erfordert sie gar keine Pflege; man überläßt sie 2 — 3 Jahre lang ihrem Schicksal. Gewöhnlich nimmt man die Wurzelstücke nach 3, selten nach 21 Jahren heraus. <£'^' % , |^A< j' i ^^«ö® Fig. 147. Parenchym der Yeilclienwurzel im Längsschnitt mit Stärke und einem gebetteten Kristall. (J. Mo eller.) d. h. von den äußeren Gewebsschichten und von den Nebenwurzeln be- freit, ins Wasser gelegt, um sie zu reinigen und um das Schälen zu er- leichtern. Die geschälten Wurzelstücke werden dann auf Terrassen in der Sonne getrocknet, was etwa H Tage in Anspruch nimmt. 100 kg grüne zweijährige Wurzeln geben 40 kg trockene, 100 kg grüne drei- jährige Wurzeln nur 30 — 35 kg trockene. Die Aufbereitung der Droge soll sehr mühevoll sein. 438 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Die gewöhnliche Handelsware (Fig. 146) besteht aus daumenlangen, 2 — 3 cm breiten weißen oder gelblichweißen, schweren, harten, ebenbrüchigen Stücken, welche oberseits wenig deutlich gerunzelt, unter- seits mit kreisrunden Wurzelnarben versehen sind und einen lieblichen veilchenartigen Geruch besitzen. Der Querschnitt ist elliptisch oder fast kreisrund, die Rinde (etwa Yio des längeren Durchmessers) weiß mit spärlichen, zerstreuten Leit- bündeln, durch eine feine Endodermislinie getrennt von dem meist gelblich-weißen Kern, der besonders in seinem peripheren, an die Endo- dermis sich anschließenden Teile zahlreiche Leitbündel aufweist. Das Grundgewebe besteht aus einem lückigen Parenchyra aus großen, gerundet-polyedrischen Zellen mit farbloser, grobgetüpfelter, in Wasser quellender, daher dickwandig erscheinender Membran, die durch Ghlor- zinkjod blau gefärbt wird. Die meisten Zellen sind dicht gefüllt mit Stärkekörnern, welche am häufigsten (Fig. 147) länglich, an einem Ende abgestutzt, am andern abgerundet sind und hier eine meist mehrstrahlige Spalte, besonders charakteristisch in Zangenform zeigen; seltener sind eirunde und eiförmige, sowie hier und da zusammengesetzte Körner, Die meisten von 25 — 40, allenfalls bis 50 // Länge. Im Herbst enthalten die Zellen reichlich Leukoplasten als kleine farblose scheiben- förmige Gebilde mit ansitzendem Stärkekorn (Tschirch). Zwischen den Stärkezellen finden sich allenthalben dünnwandige Schläuche, die einen 200 — 500 n langen, bis über 30 u breiten einfachen oder Zwillingskristall von Kalkoxalat einschließen i). Diese Kristalle und die Stärkekörner sind für das Irispulver (Fig. 148) charakteristisch. Die Endodermis ist zartzellig und wird dadurch kenntlich, daß sie stärkemehlfrei ist. Die Leitbündel zeigen zumeist am Querschnitt einen Kreis von Gefäßen in der Peripherie und einen starken Siebteil in der Mitte. Die untere Seite des Wurzelstockes ist leitbündelreicher. Das ätherische Öl kommt nicht in besonderen Sekretzellen vor, sondern ist neben Amylum in den Parenchymzellen verteilt. Es ist in dem lebenden Rhizom nicht vorhanden, sondern bildet sich erst beim Trocknen. Das durch Dampfdestillation oder durch Extraktion aus der Droge in einer Menge von 0,1 — 0,2 Proz. gewonnene Irisöl ist eine gelblich- weiße oder gelbe, butterartige Masse von intensivem A'eilchengeruch. ^) Tschirch (Anal. Atlas) betrachtet diese Kristallschläuche als Membran- säcke, entstanden durch Einstülpung einer Menobranpartie in einen Interzellularraum In dem so entstandenen, keinen Plasmaschlauch beherbergenden Sacke ersteht dann, wie es scheint, in einer verschleimten Wandpartie der Kristall. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 439 Sein Hauptbeslandteil (85 Proz.) ist die ganz geruchlose Myristinsäurei). Der den Geruch bedingende Körper ist ein Keton (C,3H2oO), das Iron^). Tiemann und Krüger gewannen es durch Wasserdampfdestillation des Iriswurzelextraktes. Seitdem flüssiges Irisül erhältlich ist, stellt man es aus diesem durch fraktionierte Destillation dar 3). Neuestens ist es von Merling und Weide*) synthetisch dargestellt worden. S'ig.US. Pulver der Veilchenwurzel. Vergr. 200/1 ; ;jr Gruppe von Stärkemehl führenden Zellen ■des Grundparenchyms ; pr' Fragmente der getüpfelten Grundparenehymzellen; sp Gefäßfragmente; A' Kalkoxalatkristalle; a Stärkekörner. (Vogl.) Der Geruch des Irons ist von dem der Veilchen ganz verschieden, tritt aber deutlich hervor, wenn es mit viel Alkohol verdünnt wird 5), Das Isomere des Iron, das lonon, von F. Tiemann zuerst synthetisch dargestellt, kommt als künstliches Veilchenaroma in den Handel. Weitere Bestandteile des Irisöles sind: Furfurol, Benzaldehyd, Nonylaldehyd, Naphthalin u. a, m.ß). 2,0 g des Öles entsprechen ungefähr dem Parfüm aus 1 kg feinster florentinischer Wurzel^). 4. Ingwer, franz. Gingembre, engl. Ginger, Radix (Rhiwma) Zingiberis, ist der gewaschene, von Blattscheidenresten und Wurzeln befreite, in der Sonne getrocknete, oder vorher durch Schälen von den äußeren Gewebs- schichten teilweise oder ganz befreite Wurzelstock von Zingiber offid- 1) Flückiger, Über das Öl der Iriswurzel. Arch. Pharm. -(876. 2) Tiemann u. Krüger, Ber. d. D. ehem. Ges. XXVI (4893). 3) E. Gildemeister, Die äther. Öle, ä. Aufl., I. Bd., p. 487, 4) Liebigs Ann., 366. Bd. (1909), p. 119. 5) E. Gildemeister, Die äther. Öle, 2. Aufl., II. Bd., p. 278. 6) Schimmel & Co., Ber. April 1907, p. 53 und Oktober 1908, p. 62. 7) Schimmel & Co., Bericht Oktober 1896, p. 44. 440 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. nale Rose, einer aus dem tropischen Asien stamnnenden, in den meisten heißen Gegenden der Erde kultivierten Zingiberaceei). Im Handel unterscheidet man ungeschälten (bedeckten), halb- geschälten und geschälten (gekalkten und gebleichten) Ingwer. Von den nach den Produktionsländern bezeichneten Sorten des Ingwers sind bei uns die gebräuchlichsten Bengal-, Jamaika- und Gochin-Ingwer. Ersterer gehurt zu den halb geschälten, die beiden anderen gehören zu den ganz geschälten Sorten. Als ein in manchen Ländern beliebtes Magenmittel kommt aus Westindien und China auch der frisch in Zucker eingemachte Wurzelstock in den Handel. i im V ii / ^y-- ■ Fig. 149. Ingwer in nat. Größe, links geschält, rechts halb geschält. (W. Mitlacher.J Die gewöhnliche Handelsware besteht aus bis 1 dm, selten darüber langen, mehr oder weniger flachen, ein- oder zweiseitig verzweigten oder mehr handförmig geteilten Stücken (Fig. 149). Die Oberfläche ist am ungeschälten Ingwer mit gelblichbraunem grobrunzeligen Kork be- deckt, an den beim halbgeschälten Ingwer davon entblößten Stellen (entsprechend den Breitseiten) schiefergrau, ziemlich eben, am geschälten Ingwer gelblich bis rötlichbraun, längsrunzelig und längsstreifig, häufig von Kalk weiß bestäubt und abfärbend; der Querbruch der Stücke ist bald körnig-mehlig (Cochin-, Jamaika-Ingwer), bald fast hornartig (Bengal- ingwer) und wenig oder stark faserig (letzteres besonders bei Gochin- und Jamaika-Ingwer). 1) Tschirch, Handb. d. Pharmakognosie, Bd. II, p. 1044. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 441 Der Querschnitt ist elliptisch, gelblichweiß, gleichmäßig punktiert. Eine bräunliche Linie (Kernscheide) trennt die schmale (etwa 1/2 mm) Rinde von dem Kern. An den nicht geschälten Teilen befindet sich eine Epidermis mit einigen wenigen Lagen farblosen Parenchyms (Hypoderm) und darunter Fig. 150. Querschnitt durct Ingwer in der Gegend der Kernscheide. (J. Moeller.) eine starke Kork schiebt, auf welche eine breite bräunhche Zone aus. kollabierten Parenchymzellen mit eingelagerten, stellenweise reichlichen Sekretzellen und mit einzelnen Leitbündeln zu folgen pflegt. An den schiefergrauen Schälflächen liegt dieses zusammengefallene Gewebe zu äußerst; an ganz geschälten Stücken fehlen alle diese äußeren Gewebs- schichten. 442 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzeuteile. Das parenchymatische Grundgewebe (Fig. 150) ist dicht mit Stärke- mehl gefüllt. Zerstreut kommen darin zahlreiche Sekretzellen vor, von der Form und Größe der Stärkezellen, mit dünner, verkorkter Membran und zitronen- oder goldgelbem ätherischem Ol oder einem Harzballen als Inhalt. Die Endodermis ist eine einfache, stärkemehlfreie, wenig hervor- tretende Gewebsschicht aus am Querschnitte vorwaltend tangential ge- streckten, dünnwandigen Zellen. An ihrer Innenseite finden sich dicht gedrängte, am Querschnitt eine fast geschlossene Zone bildende, sonst ziemlich gleichmäßig verteilte Leitbündel. Sie enthalten gewöhnlich (Fig. 150) nur eine kleine Gruppe von Netz-, Treppen-, Ring- oder Spiral-Netzgefäßen, welchen seitlich der Phloemteil angelagert ist. Die zentral gelagerten stärkeren Gefäßbündel sind von Bastfasern begleitet oder umscheidet. Diese sind weitlichtig bis 600 u lang, bis 60 f( und darüber breit, hin und wieder durch mäm Fig. 151. Stärkemehl aus dem Bengal-Ingwer. Vergr. 350 1. (A. v. Vogl.) eine zarte Querwand gefächert. In Begleitung der Leitbündel kom- men Pigmentzellen in axilen Reihen vor; sie sind 60 — 90 n lang, 9 — 12 n breit, dünnwandig, von einem orange- bis rotbraunen homogenen, auf Gerbstoff reagierenden Inhalt erfüllt. Das Stärkemehl des Bengal-Ingwers besteht aus einfachen, flachen, meist 24 — 32 //, ausnahmsweise bis 45 // langen, 5 — 20 u breiten Kör- nern (Fig. 151). Am häufigsten sind sie eiförmig, am schmalen Ende in eine kurze Spitze vorgezogen, daher einem zugebundenen Sacke ver- gleichbar. Auf der Kante stehend, erscheinen sie lineal, oft zu mehreren aneinandergelagert. Der kleine oft undeutliche Kern liegt stark exzen- trisch, die Schichtung dicht, flach, selten deutlich. Übrigens zeigen die Stärkekörner von manchen Ingwersorten kleine Abweichungen vom Typus. Ganz verschieden ist das Stärkemehl des japanischen Ingwers i), dessen Bau sonst mit jenem des gewöhnlichen Ingwers übereinstimmt. Die Stärke besteht hier in den weichen, mehligen Stücken aus einfachen ■I) T. F. Hanausek, Nähr.- u. Genußniittel. Wien Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 443 und zusammengesetzten Kürnern, in den hornig harten, offenbar vor dem Trocknen abgebrühten Stücken i), liegt ein Kleisterballen in den Zellen. Die einfachen Körner weichen vom Typus wenig ab, die zusammen- gesetzten sind meist Zwillinge und Drillinge mit ungleich großen Teil- körnern, auch solche mit drei Kürnern in einer Bogenreihe, nicht flach, mit Kernspalte. Zwischen ihnen mitunter Kalkoxalatoktaeder. Die Menge der Stärke des Ingwers wird mit 20 Proz. angegeben. Der Träger des scharfen Geschmackes ist nach Thresh (Pharm. Journ. 1879) eine halbflüssige hellrote Substanz (Ginge rol); es ist ein Gemisch von phenolischen Verbindungen 2). Der Geruch ist bedingt durch ein etwas dickflüssiges ätherisches Ol von grünlichgelber Farbe und 0,877 — 0,88G spez. Gew., von dem man durch Dampfdestillation 2—3 Proz. erhält 3). Der Aschengehalt des Ingwers soll 8 Proz. nicht überschreiten und nicht weniger als 1,5 Proz. betragen. Bengal-Ingwer gab 6,27 Proz. Asche (mit 1,67 Proz. Sand). Zwei Proben von ungeschälten Wurzel- stöcken, je eine aus dem botanischen Garten Kalkutta und Viktoria, gaben 4,36 bzw. 6,60 Proz. Asche (A. v. Vogl). Die Hauptanwendung findet der Ingwer als Küchengewürz, in der Medizin, zur Darstellung des ätherischen Öles und in der Likör- und Kanditen fabrikation. 5. Oelbwurzel, , Curcuma, Turnieric, ist der von den Wurzeln befreite, dann ab- gebrühte und getrocknete Wurzelstock von Curcuma longa L., einer aus Südasien stammenden, dort sowie in anderen Tropenländern kulti- vierten Zingiberacee. Die geschätzteste Gelbwurzsl ist die chinesische, dann folgt die Bengalsorte, die bei uns gewöhnliche, weiter die Madras-, Gochin- und Java-Curcuma. Die Handelsware besteht (Fig. 1 52) aus ei- oder birnförmigen, nuß- großen, von Blattscheidenresten quer geringelten Stücken, oft mit ein- zelnen dünnen Wurzeln und großen runden Narben, den abgeschnittenen Seitenlrieben (Curcuma rotunda). Häufiger sind fingerlange, oft walzen- runde, mit wenigen kurzen stumpfen Ästen oder deren Narben versehene, wenig deutlich geringelte, längsrunzelige Stücke (Curcuma longa). Es sind die Seitentriebe oder Nebenwurzelstöcke, während die zuerst be- schriebenen Stücke dem Hauptwurzelstock angehörten. \] Solche, von verkleisterter Stärke harte Stücke finden sich übrigens auch ab und zu beim gewöhnlichen Bengal-Ingwer. -2) Hiroshi Namura, Ghem. Zeutralbl. -1918, I, 619. 3) Gildemeister, Die äther. Öle. -2. Aufl. (-1913), II. p. -29^ 444 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Die Wurzeln sind mit gelblichgrauem oder grünlichgelbem Kork be- deckt, dicht und schwer, hart, fast hornartig, ebenbrüchig, auf der Bruch- fläche wachsartig, orange- oder gultigelb. Sie haben einen ingwerartigen Geruch, einen feurig-gewürzhaften, zugleich etwas bitteren Geschmack und färben^ gekaut, den Speichel gelb. Der Querschnitt, meist kreisrund, ist wachsglänzend, orangegelb messers) ist durch eine hellgelbe, scharf gezeichnete Kreislinie (Endo- dermis) vom Kern getrennt. Die selten vorhandene Oberhaut aus polygonalen Zellen trägt mit- unter Spaltöffnungen und stellenweise ziemlich reichlich einzellige, 120 bis 600 ,u lange, dickwandige Haare. An Stelle der meist abgestoßenen Ober- haut findet sich eine ver- schieden starke, zartzellige Korkschicht(Fig. 153, 154). Das Grundgewebe der Droge (Fig. 153) ist groß- zellig (45—150 .«); die gelbwandigen Parenchym- zellen sind gefüllt mit Stärke, größtenteils in Form gelber Kleisterballen, die leicht aus den zerris- senen Zellen herausfallen. Sie sind oft deutlich genetzt von dem die Stärkekörner einhüllenden Protoplasma. Setzt man vor- sichtig Jodlösung zu, so färbt sich die Kleistermasse schön blau, das Netz goldgelb. In einzelnen Zellen finden sich noch wohlerhaltene Stärkekörner, die daher auch im Pulver niemals fehlen. Sie sind (Fig. 1 55) jenen des Ingwers ähnlich, nämlich flach, länglich, mit vorgezogener Spitze, einem zugebundenen Sacke vergleichbar, 15 — 30, einzelne bis 45 /< lang, mit stark exzentrischem Kern, mit wenig deutlicher Schichtung. Hier und da findet man in den Parenchymzellen des Grundgewebes, häufiger im Gewebe der Niederblätter, hier sogar in den Schließzellen der Spaltöffnungen und in den Haaren kleine, zum Teil gut ausgebildete oktaedrische Kalkoxalatkristalle (A, v. Vogl). Zwischen den Stärkezellen zerstreut kommen in der Größe kaum verschiedene Sekretzellen vor, deren Membran verkorkt ist. Sie ent- halten orangegelbes ätherisches Ol oder einen Harzklumpen. Ur- sprünglich bilden farbloses Öl und ein gelber Farbstoff, das Curcumin, Fig. 152. Typische Formen der Gelbwurz« Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 445 den Zellinhalt. Infolge des Abbrühens diffundiert der Farbstoff und färbt alle Teile des Rhizoms gelb. Die Endodermis ist zartzellig und tritt auf mikroskopischen Schnitten wenig hervor. An ihrer Innenseite sind die kollateralen Gefäß- bündel gehäuft. Sie sind wenig umfangreich, enthalten eine Gruppe von engeren und weiten gelbwandigen Treppen-, Spiral- begleitet von Pigmentzellen, Bastfasern fehlen. Fig. 153. Querschnitt aus der Gelb Wurzel. A'Kork, oe Seiretzelle, p' Leitbündel, p Rindenparenchym mit Kleisterballen. (J. Mo eller.) Das Curcuma-Vn\\QV ist charakteristisch gelb, gewürzhaft. Mit Alkalien färbt es sich braunrot (Fig. 155). Es besteht hauptsächlich aus gelben Kleisterklumpen, neben denen die wenig charakteristischen Ge- webereste fast verschwinden. Das aus der Curcuma in einer Menge von 3 — 5,5 Proz. erhaltene ätherische Öl (Schimmel & Co.] ist orangegelb, etwas fluoreszierend, von schwachem Cz Gerber «4) ausführlich referierten Monographie finden sich zuverlässige Angaben über die Geschichte dieses Gerbmaterials, über die Stammpflanze, ihre geographische Verbreitung, über die Wurzel, ihren Gerbstoffgehalt aus verschiedenen Provenienzen und über ihre Kultur. Dieser Quelle zufolge dürfte die Bezeichnung Canaigre aus dem französischen Canne aigre (saurer Stock oder Stengel) in das spanische Cana agria korrumpiert worden sein. Die Mexikaner benutzten die Pflanze schon lange als Gerb- und Heilmittel, aber erst 1882 wurde die Wurzel ein Handelsartikel, nachdem 1874 R. VäIcker aus Galveston (Texas) ihren Gerbstoffgehalt auf 23,16 Proz. ermittelt hatte. Die Pflanze wird meterhoch und entwickelt sich aus einem Bündel Fig.156. Canaigre in nat. Gr. (C. Hart wich. 1) G. Watt, Dict. of the Econom Prod. of India 1889, II, p. 652. ■i] W. Eitner, Canaigre, ein neues Gerbmaterial. Der Gerber ISSi, Nr. 401. 3) A.scherson-Graebner, Synopsis d. mitteleurop. Flora, IV, p. 788. 4) XIX. Jahrg. (1893), Nr. 451 u. 432. 448 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. (3 — 12) kartoffel- oder dahliaähnlicher, außen rotbrauner, innen zitronen- gelber Knollen, die beim Trocknen hart wie Holz werden. Sie ist schnell- wüchsig und durchläuft ihre Entwicklung in 5 Monaten. Die Vermehrung scheint nur durch Knollen und deren Ausläufer stattzufinden. Für die Kultur eignen sich verschiedene Gegenden und Bodenarten, auch in außertropischen Gebieten i), doch scheint in diesen der Gerbstofigehalt nicht so groß zu werden wie in der Heimat. Der Gehalt an Gerbstoff (Rheo-Gerbsäure) übersteigt in manchen Wurzeln 35 Proz. und beträgt im Durchschnitt 30,5 Proz. Klinger Fig. 157. Cauaigre im Querscknitt. — Orig.-Photogr. (J. Mo eller.) und Bujard2) bestimmten den Wassergehalt der frischen Knollen mit 61,08 Proz., den Gerbstoffgehalt der bei 100° getrockneten mit 33,62 Proz. Oettinger!*) erhielt folgende Mittelwerte: Wasser 10,0-1 Proz, Gerbende Stoffe 21,68 > Nichtgerbende Stoffe .... 21,46 » Unlösliches 46,85 > 100,00 Proz. 1) E. Andreis, »II Canaigre«, Raccolta di Studi e Memorie. Torino 1897; D. Sakellario, »Über die Kultur der Canaigrewurzel.« Publikationen der k. k. Samenkontrollstation in Wien, Nr. 280. 2) Zeitschr. f. angew. Chemie 1891. 3) Karl Oettinger, »Neuere Gerbmateriahen.« Leipzig u. Wien 1914. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 449 Trockensubstanz 89,99 Proz. Asche 3,50 » Org. Extraktstoffe 40,61 » ] Extraktasche 2,53 » j '^^'''^ ^''^^• Nach Zimmermann!) enthält die Conaigre auch ^0 Proz. Zucker, darunter 8 Proz. Saccharose. CUfford Richard son 2) will in ihr Derivate der Ghrysophansäure gefunden haben. Der anatomische Bau der Knollen ist der typische eines Reserve- stoffbehälters: es überwiegt weitaus das Parenchym (Fig. 157). Ein brauner, ilachzelliger Kork bedeckt die Knollen und dringt auch, flache Borkeschuppen bildend, in dasRindengewebeein. ^ ^ Dieses ist ein unge- r '--:■' \ X -^ \\'\ wohnlich zartzelliges, '•^äf>^ V^' j ^^'^^nuI lückiges, stellenweise zerrissenes Parenchym _ (^ mit vereinzelten Stein- x^iij!.. ^x' ; (' f^ / Zellen. 2 — 3 mm vom ^i<^^ _ '^^ Kork entfernt liegen die / .'^ Leitbündel, in einem mit ^-j- ^'"' freiem Auge sichtbaren v,^ ,Q '^ /^^'^ Kreis (Fig. '157). Die /p"^- ^ Phloemteile, an den ob- f7^.. ^ä^i^i^s^ m literierten Siebrühren /f^ ' "^ kenntlich, entbehren der h Bastfasern. Die Xylem- Hi^ ' C~^^^^^ \ /" teile sind auffallend ver- w""*^"''*«^!!^' ^ schieden an Mächtigkeit; ^.^^ ^,^ Canaigre-Stärke. (J.Moeller.) mitunter enthalten sie nur ein oder auch kein Gefäß, ein benachbartes Bündel kann 12 und mehr Gefäße aufweisen. Sie sind kurzgliedrig, ihr Lumen ist enge, die gelbe Wand mäßig verdickt, genetzt. Spärliche Gefäßgruppen finden sich radial gereiht im Grundgewebe. Das Gewebe ist von Stärke erfüllt. Die Körner sind (Fig. 158) von ansehnlicher Größe, von 6 — 55 {.i, vorwiegend um 35 in schwankend, zumeist einfach von sehr variabler Form, doch sind Zwillinge und Dril- linge oder ihre Bruchkörner nicht gerade selten. Kernspalten ebenfalls verschieden in Form und Lage, einfach oder strahlig, bald im spitzen, bald im stumpfen Ende, bald in der Mitte. Schichtung undeutlich. 1) Zentralblatt f. d. Zuckerindustrie 1905, Nr. 20. 2) Americ. Journ. of Pharm. 1886, ref. in Pharm. Ztg. 1886, Nr. 49. iesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 29 ' 450 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdisclie Pflanzenteilc. Reichlich finden sich auch Kristallzellen mit großen Drusen. Einzelne Zellen enthalten einen in Wasser nicht vollständig löslichen Farbstoff, der mit Kaliumbichromat einen fast schwarzen Nieder- schlag gibti). Die Canaigre wird zumeist in ihrer Heimat an Ort und Stelle zu Extrakt verarbeitet, der größtenteils in Amerika Verwendung findet. Für die europäische Lederindustrie ist er zu teuer (W. Eitner, 1914). 7. Seifeiiwurzel. Zahlreiche Pflanzen 2) aus verschiedenen Familien enthalten glyko- sidische, in ihrer Konstitution und pharmakodynamischen Wirkung ver- schiedene Stoffe, welche man als Saponine bezeichnet, weil sie mit Wasser stark schäumende Lösungen geben und im Wasser unlösliche Stoffe aufzunehmen vermögen. Dadurch werden diese Pflanzenteile be- fähigt, als Reinigungsmittel statt Seife benutzt zu werden. Zu diesem Zwecke dienen bei uns hauptsächlich die Seifenrinde (s. d.) und die Seifenwurzeln. In unserem Handel unterscheidet man zwei Arten von Seifenwurzeln: die gemeine oder rote und die sog. Levantiner (ägyptische] oder weiße Seifenwurzel. 1. Rote Seifenwurzel, Radix Saponariae (rubrae) der Apotheken, stammt von Sapoiiaria officinalis L., einer besonders auf sandigen Örtlichkeiten, an Flußufern, in Auen und Hecken durch fast ganz Eu- ropa verbreiteten ausdauernden Caryophyllacee. Die Handelsware besteht aus zerschnittenen Wurzeln und Aus- läufern. Hier und da finden sich darunter mehrköpfig-ästige , mit Knospen und Stengelresten besetzte Wurzelstöcke. Die Wurzeln sind bis 10 mm dick, grob längs-runzelig und furchig, ebenbrüchig mit harter, spröder Rinde. Die knotig-gegliederten stielrunden oder ver wisch t-vierkantigen Aus- läufer tragen stellenweise noch die Oberhaut oder sind an der rot- braunen Oberfläche von dem zerrissenen dünnen Kork etwas schil- ferig-rauh. Die beigemengten oberirdischen Stengel sind an den langen Inter- nodien und der hellen Oberflächenfarbe zu erkennen. I) Anonymus, >Neue Drogen«, Cham. Ztg. 1895, Nr. M. Dieser fand auch Steinzellen in der Rinde. -2) Eine umfassende Übersicht der »Seifenpflanzen« und der Saponine gibt L. Rosenthaler in Real-Enzyklop. d. ges. Pharm., 2. Aull., von J. Moeller und H. Thoms, XI. Bd., und im Ergänzungsbd. (lOU). Daselbst auch die neueste Lite- ratur. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 451 Der Querschnitt zeigt unter dem papierdünnen Kork eine schmale weiße Rinde, einen zitronengelben Holzring und ein weißes Mark. Je dicker (älter) Wurzel oder Ausläufer sind, um so mächtiger ist der Holz- ring im Verhältnis zur Rindß entwickelt. An kleinfmgerdicken Stücken ist die Rinde kaum \ mm, der Holzring 2 — 3 mm, das Mark 4 — 5 mm breit. Markstrahlen sind auch unter der Lupe nicht erkennbar. Der anatomische Bau (Fig. 159) ist wenig charakteristisch. Der Kork besteht aus mehreren Reihen flacher, in den äußeren (älteren) . ^^ c: mem '■-:>i%^^;^,'Jß.^f^? Fig. 15!). Junge Seifenwurzel (.■-■•iiiiouiirin). — Orig.-Photogr. (J. Moellev.) Schichten brauner Zellen. Die primäre Rinde geht ohne scharfe Grenze in die nur aus Phloemparenchym und Siebröhren bestehende, von un- scharfen Markstrahlen durchzogene sekundäre Rinde über. Im Holzkürper sind die Gefäße einzeln oder gruppenweise regellos oder in kurzen radialen Reihen angeordnet. Junge Wurzeln scheinen frei von Libriform zu sein. Die Verdickung der Holzfasern findet gruppenweise statt, breitet sich allmählich aus und führt schließlich zur Bildung eines geschlos- senen Holzringes (Fig. 1 60). Längsschnitte durch den Holzring zeigen, daß die Gefäße (mit Ausnahme der primären Spiroiden und Netzgefäße) dicht behüft getüpfelt, kurzgliedrig und ihre Querwände vollständig perforiert 452 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. sind. Die Grundmase des Holzes besteht nicht, wie es auf Querschnitten den Arischein hat, aus Libriform, sondern aus Tracheiden und Ersatz- fasern; Parenchym fehlt. Im Marke der Ausläufer fehlen natürlich auch die den primären Leitbündeln angehörigen Spiroiden. Im Grundgewebe der primären Rinde und des Markes, vereinzelt auch im Phloemparenchym, finden sich spärliche, " aber durch ihre Größe auffallende Kristallschläuche mit Oxalatdrusen i). Unter Glyzerin erscheint die Membran aller nicht verholzten Ge- webselemente der Seifen wurzel farblos; in Wasser, noch mehr in ver- dünnten Säuren und Kalilauge quillt sie mehr oder weniger auf; Chlor- zinkjod färbt sie unmittelbar blau (Zellulose). Als Inhalt findet sich (unter Öl oder Alkohol be- sehen) in allen Parenchym- zellen (von den Kristallen abgesehen) eine weiße ho- mogene Masse; läßt man Wasser zutreten, so löst sich die Masse farblos, und in den meisten Zellen bleibt ein von der Zellwand ab- gehobener, mit Koschenille sich rot färbender Schlauch, zurück. Die mikrochemi- sche Reaktion weist darauf hin, daß dieser formlose Zellinhalt im wesentlichen aus Saponin besteht. Fig. Alte Seif en-\vurzel mit entwickeltem lluUriug. Orig.-Photogr. (J. Mo eller.) W. V. Schulz2) nennt das Saponin der roten Seifenwurzel Saporubrin (GisHggOio). Er er- hielt davon 3,45 Proz. Es löst sich in konzentrierter Schwefelsäure mit rotbrauner Farbe, welche an der Luft oder bei Zusatz eines Tropfens Wasser und Erwärmen vom Rande aus in Rotviolett und bei Zusatz von Kaliumdichromatlösung in Smaragdgrün übergeht 3). Die Lafonsche Reaktion gibt in der Rinde beim Erwärmen eine rosenrot- 1) Vogl beobachtete auch Kristallsand. 2) Ein Beitrag zur Kenntnis der roten Seifenwurzel. Arb. d. Dorpater pharma- kolog. Inst. XIV (1896)'. 3) A. Rosoll, »Über d. mikrochem. Nachweis d. Glykoside u. Alkal. in den veget. Geweben.« 2ö. Jahresb. Gymnas. Stockerau (N. Oe.), 1890. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische PHanzenteile. 453 violette Färbung, mit verdünntem Eisenchlorid einen rötlichen Nieder- schlagt). Eine zweite, praktisch belanglose, aber wissenschaftlich interessante Substanz ist das Saponarin G2iH240i2- Mit Jodjodkalium färbt es sich wie Stärke blau bis violett und wurde deshalb von seinem Entdecker Dufour2) lösliche Stärke genannt. Es ist aber kein Kohlehydrat, sondern nach Barger 3) ein Glykosid. Es kristallisiert in Nadeln, die in Alkalien Fig. 161. Weiße Seifenwurzel (Gypsophila). {J. Moeller.) und Pyridin leicht, in Wasser und kaltem Alkohol schwer löslich sind. Es findet sich vorzüglich in der Blattoberhaut, nicht in der Wurzel, und wurde in Pflanzen verschiedener Familien nachgewiesen^). 1) T. F. Hanau Sek, >Zur Kenntnis des Vorkommens u. Nachw. d. Saponin- subst.« Chem. Ztg. 1892. 2) J. Dufour, Rech, sur Tamidon soluble etc. Bull. Soc. vaudoise des sc. nat. XXI (1886). 3) C. Barger, Ber. chem. Ges. XXXV (1902). 4) H. Molisch, >Mikrochemie und Pflanze«, Jena 1913 und 0. Tunmann, >Pflanzenmikrochemie«, Berhn 1913. 454 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 2. Weiße (Levantiner, ägyptische, spanische, ungarische) Seifen- wurzel stammt von Gypsophüa-Arien. Flückigeri) hat gezeigt, daß die in SiziHen und Unteritalien gesammelte Seifenwurzel von Oypsopkila Arrostii Oussone^ die aus dem Orient in den Handel gelangende von Oyp- sophila paniculata L. stammt. Möglicherweise liefern aber auch noch andere Gypsophila-ATien diese Droge. Sie besteht aus 10 — 20 cm langen oder aus quer- und schräg- geschnittenen Stücken einer geschälten zylindrischen Wurzel von 1 — 4 cm Dicke. Außen sind sie weiß oder graulich- bis rötlich-weiß, stellenweise bräunlich von Resten des Korkes, an stärker geschälten Stücken schräg gestreift von graubräunlichen Bast- und weißen Markstrahlen, im Innern mit weißer lückiger Rinde und strahlig zerklüftetem Holzkürper. Benetzt man die Schälfläche mit konzentrierter Schwefelsäure, so tritt gelbe, rasch in Orange oder Orangebraun gehende, später rote und endlich vom Rande der benetzten Stelle ausgehend eine schön blaue und nach einigen Stunden eine lauchgrüne Färbung ein. Am Querschnitt der im Wasser aufgeweichten Wurzel (Fig. 161) beträgt die Rinde etwa den .halben Radius des Holzkörpers und zeigt die als Zacken vorspringenden braunen Baststrahlen. Der Holzkörper ist bleichgelb, von weißen Markstrahlen radial gestreift und durch Jahres- ringe gezont. Die Mittelrinde ist bald ganz erhalten, bald durch die an einzelnen Stücken bis tief in die Innenrinde eingreifende Schälung vollständig entfernt. Die mehr als doppelt so breite Innenrinde zeigt meist 5 — 6 Zellen breite, nach außen stark erweiterte Markstrahlen, die reichlich Kalkoxalat teils in Drusen, teils in Sphäriten, teils in Einzelkristallen führen. Die Baststrahlen bestehen aus Parenchym und Siebröhren; Bast- fasern fehlen. Im Holze sind die Gefäße mit dicken gelben Membranen und die in ihnen hier und da vorkommenden Stopfzellen bemerkenswert. Im Holzparenchym findet sich reichlich Kalkoxalat als Sand, in Drusen und Einzelkristallen. Die Inhal tsstofle der weißen Seifenwurzel sind nicht genau die gleichen wie in der roten. Die erstere enthält neben Saporubrin das sog. Levan- tische Sapotoxin (G17H28O11 oder C17H26O2 + H20)2) und vielleicht noch andere Saponine^). Eine persische Seifenwurzel von Acanthophyllum squarrosum ^) Zur Kenntnis der weißen Seifenwurzel. Arch. d. Pharm. (Bd. 228) 1i 2) L. Rosenlhaler, Arch. d. Pharm. Bd. 243 (1905). 3) F. Wentrup, Diss., Straßburg 1908. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 455 Boiss., ebenfalls einer Caryophyllacee, beschreibt A. v. VogU) als Segment eines umfangreichen Wurzelstockes , zum großen Teil von der Außen- rinde befreit, zum Teil aber mit wenig umfangreichen Fetzen einer braunen Borke bedeckt, sonst schmutzig graugelblich oder gelblich weiß; das Stück ist hart, kompakt, schwer, im Bruche grob-körnig. Die ge- glättete Schnittfläche erscheint grob- oder fast netzig-marmoriert mit weißen Adern oder Strängen und bleichgelben Maschenräumen oder mit unregelmäßig verteilten und gebogenen bleichgelben und weißen Adern und Strängen von verschiedener Breite. Die gelblichen Partien gehören im wesentlichen Gefäßsträngen, die Gewebe mit massenhaften Kristall- zellen an. Fig. 162. Vergr. 300/1. Partie eines Querschnitts der persischen Seifenwurzel. Tr Weites Netzgefäß mit Thyllen, darunter eine Kristallzelle (A'). G Enge Spi- raltracheen inmitten des kollenchymähnlichen paren- chymatischen Grundgewehes (p). (A. Vogl.) weißen dem parenchymatischen Fig. 104. Fig. 163. Vergr. 300/1. Längsschnitt eines weiten Netzgefäßes mit zwei eingeschlossenen Kristallzellen. (A. Vogl.) Fig. 164. Vergr. 300/1. Kristallzelle mit un- gewöhnlich langgestreckter, fast walzenför- miger Kristalldrnse. (A. Vogl.) Schnittfläche mit konzentrierter Schwefelsäure, so tritt sehr rasch eine lauchgrüne Farbe an den gelblichen Partien ein, während die weißen Stellen eine gelbliche oder rötlich-gelbe Farbe annehmen. Das ganze Gewebe, mit Ausnahme der Gefäße, hat einen koUenchymatischen Cha- rakter (Fig. 162^); die derbe hyaline farblose Zellmembran quillt in Wasser, noch mehr in Chloral und in Kalilauge stark auf. Es ist außer- ordentlich reich an Kalkoxalat teils in Gestalt von Drusen (45 — 75 (,i), teils als Kristallsand; stellenweise sind die ersteren in förmlichen Nestern vorhanden. Das Markstrahlgewebe zeigt relativ große, am Querschnitte radial gestreckte, am Längsschnitte rundlich-polygonale Parenchymzellen. Die überaus zahlreichen Gefäße sind größtenteils weite (bis 75 /.i) Netz-, bzw. Spiralgefäße. In den weiten Gefäßen nicht selten Thyllenbildung, häufig mit Kalkoxalatdrusen (Fig. 162 und 163). J) 2. Aufl. dieses Werkes, II, p. 524. 456 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. y& ;«^^v*^5 X Ein prächtiges Bild gewährt ein mit Chlorzinkjod behandelter Schnitt. Alle unverholzten Elemente färben sich in ihrer Membran direkt schön blau, die Gefäße goldgelb. Der Inhalt der Parenchymzellen verhält sich hier wie in der roten. Seifen Wurzel. 8. Bodawurzel. Ein für Europa neues Gerbmaterial ist die Boda- oder Bodan- wurzel. Sie stammt von Bergenia crassifolia (L.) Engl., einer im Altai und in dem Gebirge an der '^^'''7^^!^?vr7~T::=5:=s Nordgrenze der Mongolei verbrei- r~" teten Staude aus der Familie der Saxifragaceae. Sie kommt in fingergroßen Stücken (Fig. 166) in den Handel. Oberflächlich sind sie braun, längsrunzelig oder quergeringelt mit den Spuren von Nebenwurzeln. Sie brechen glatt, ihr Querschnitt innerhalb des dünnen rotbraunen Korkes ist rötlich. Schon mit unbewaffnetem Auge erkennt man einen Kreis stecknadelkopfgroßer weißer Ge- webegruppen in dem weichen Grundgewebe. Das mikroskopische Bild des Querschnittes (Fig. 165) zeigt einen dünnen, leicht abfallenden Kork, darunter ein rundzellige& Parenchym, das durch kleinzel- lige Markstrahlen mit dem gleich- artigen, lückigen und stellenweise zerrissenen Markgewebe verbun- den ist. Leitbündel von un- gleicher Mächtigkeit bilden, der Peripherie genähert, einen Kreis. Die in radialen Reihen angeord- neten Gefäße sind, mit Ausnahme der primären Spiroiden, netzartig verdickt. An geformten Inhaltsstoffen enthält das Grundgewebe reichlich Stärke in winzigen einfachen Körnern und Oxalatdrusen. ^cP> Fig. 165. Querschnitt durch die Bodawurzel (Nach Oettinger.) Vereinzelte Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 457 Zellen enthalten unlöslichen gelben oder braunen Farbstoff (Phloba- phen?). Die Bodawurzel ist reich an Gerbstoff. Oettinger erhielt folgende Mittelwerte 1): Wasser 10,66 Proz. Gerbende Stoffe 24,26 . Nichtgerbende Stoffe .... 28,19 » Unlöshches 36,89 » 100,00 Proz. Trockensubstanz SP, 34 Proz. Asche 5,67 » Extraktivstoffe 52,45 » odawurzeln in nat. Größe. (Nach Oettinger.) In Sibirien benutzt man die Bodawurzel meist mit Weidenrinde vermischt zur Bereitung von Sohlenleder. Die Blätter der Pflanze dienen als adstringierendes Heilmittel und werden auch als »Tschagorischer Tee« genossen. 9. Süßholz, Lakrizwurzel, franz. bois de reglisse, engl. Liquorice root, nennt man die Wurzeln und Ausläufer von Ghjcyrrhixa glahra L. , einer ausdauernden Pflanze aus der Familie der Leguminosen, Unterfam. Papilionatae, mit vielen Abarten. Im europäischen Handel unterscheidet man zwei Arten Süßholz: das spanische und das russische. Das erstere kommt aber keines- wegs nur aus Spanien, sondern man bezeichnet das ungeschälte Süß- holz ohne Rücksicht auf seine Provenienz als spanisches und im Gegen- satz hierzu alles geschälte Süßholz als russisches. Außer diesen beiden den europäischen Markt beherrschenden Sorten gibt es noch persisches, 1) Karl Oettinger, »Neuere Gerbmaterialien.« Leipzig u. Wien 1914. 458 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. kleinasiatisches, syrisches, chinesisches, kalifornisches und australisches Süßholz i). 1. Das spanische Süßholz stammt von der Variatät typica Reg. et Herd., einer mannshohen, fast kahlen Staude, die im südlichen Fig. Iü7. Ulis ■li-iltes lussiscbes Süßholz in Originalpackung. (A. Tscliirch. Europa und in Vorderasien bis Afghanistan wild wächst und in großem Maßslabe in Spanien und Italien, aber auch an vielen anderen Orten kultiviert wird. Die beste Droge kommt aus Tortosa, Alicante und Gordova und besteht fast nur aus Ausläufern. Die Wurzeln dienen zur ■1) Tschircli, »Handb. d. Pharmakognosie.« Leipzig 1912, II. I.Abt., p. 77. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 459 Bereitung des Lakritzes. Zu gleichem Zwecke dient in Italien fast alles im Lande erzielte Süßholz. Das spanische Süßholz kommt gebündelt in den Handel. Die Stücke sind verschieden lang, einfach, zylindrisch, 1 1/2 — 2"~cm dick, schwer, dicht, zäh, im Bruche langfaserig, auf der Oberfläche grau- bis rotbraun, glatt, längsrunzelig und querrissig, nicht selten von Rinden- hückerchen warzig, im Innern gelb, mit regelmäßig angeordneten Knospen. Fig. I6S. RuE Süßholz in Originalpackung. (A. Tschirch.) 2. Das russische Süßholz stammt von der Varietät glandulifera Reg. et Herd., die niedriger ist und deren Stengel behaart, deren Hülsen drüsig sind. Sie ist im südöstlichen Europa, über das westliche Asien bis nach China hin verbreitet und wird im großen nicht kultiviert. Für unseren Handel werden die Wurzeln besonders bei Sarepta und auf den Inseln der Wolga-Mündungen ausgepflügt, roh über Astrachan nach Moskau und Petersburg gebracht und hier oder erst weiterhin mundiert (geschält). Die abfallenden Schnitzel bilden einen besonderen Handelsartikel zur Bereitung eines minderwertigen Lakritz. In neuester Zeit (seit 1908) kommt sehr viel Süßholz aus dem südlichen Ural und über Batum aus dem Kaukasus nach Nischni-Nowgorod und von da 460 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. nach Moskau und Petersburg. Es ist von vorzüglicher Qualität und stammt vielleicht von Glycyirhixa uralensis Fisch. -), derselben Art, die wahrscheinlich das chinesische Süßholz liefert (Tschirch). Viel russisches Süßholz' wird ungeschält zur Succusfabrikation an Ort und Stelle verwendet oder auch zu großen Ballen gepreßt (Fig. 1 67) nach England ausgeführt, wo es zur Fabrikation von Porter und Ale gebraucht wird. Wir erhalten es nur geschält in Ballen (Fig. 168), die Wurzeln und Ausläufer enthalten und durch ihre gelbe Farbe sich sofort vom spanischen Süßholz unterscheiden. '^^^^ Fig. ol^ (Vllsl. hnitt. Orig.-Photogr. fj. Mo eil er.) spindelförmig und zylindrisch, 2 — 5 cm und darüber dick, meist einfach, an einem Ende ebenfalls zu einem knorrigen Kopf verbreitert, hellgelb, an der Oberfläche faserig-rauh, hier und da noch kleine Reste des braunen Korks tragend. Das russische Süßholz ist leichter und lockerer (im Wasser zunächst nicht untersinkend) als das spanische (im Wasser so- fort untersinkend), läßt sich daher besser pulvern. Am Querschnitt ist das Süßholz (Fig. 169) kreisrund; die Rinde zerklüftet. Die Ausläufer besitzen ein Mark, das an einzelnen Stücken braun (durch Korkbildung) ist. ■1) Kowalejew, Pharm. Journ Ruf Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 461 Phelloderm gebildet hat, dessen Zellen Einzelkristalle führen. Der Kork ist oft unterbrochen durch zartzellige Trennungsschichten, deren Zer- reißung die schuppige Oberfläche bedingt (Tschirch), Schuppenborke bildet sich nicht, aber es kommt (nach A. v. VogU)) >an einzelnen Stücken eine eigentümliche, stellenweise tief in das Holz und selbst bis in das Mark eindringende Binnenkorkbildung vor, oft ansehnliche, am Querschnitte meist keilförmige Segmente des Holzes und nicht selten auch das ganze Markgewebe umfassend, an Durchschnitten durch die Fig. 170. Süßholz im Längsschnitt; 6 Holzfasern, km Kristallkammerfaser, //^ Holzparenchym,^/ Gefäße; tr Tracheiden. (A. Tschirch.) orange- bis dunkelbraune Färbung kenntlich. Diese Korkschichten stimmen mit jenen des Oberflächenkorkes überein; auch hier findet man in ihrer Begleitung und zwar an der Außenseite gegen das Holzparenchyra zu Anhäufungen von Kalkoxalatkristallen, förmliche Nester derselben«. Dem geschälten, richtiger mit dem Messer mundierten russischen Süßholz fehlt natürlich der Kork und ein Teil der Innenrinde. Die mächtige Innenrinde zeigt am Querschnitt (Fig. 169) breite, nach außen sich erweiternde Markstrahlen und dazwischen die Baststrahlen, in denen Bastfaserbündel mit Weichbast (Phloemparenchym und Sieb- röhren) schichtenweise wechseln. i) 2. Aufl. dieses Werkes, Bd. I, p. 529. 462 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenteiie. Die Siebrührengruppen sind mit Ausnahme der jüngsten, dem Kambium zunächst liegenden, zu Strängen obliteriert und bilden soge- nanntes » Hornprosenchym «. Die Bastfaserbündel setzen sich aus sehr langen und stark ver- dickten Elementen zusammen; ihre primäre Membran ist verholzt, unter Wasser gelblich, der übrige Teil ihrer Wand nicht oder wenig verholzt, farblos. Ghlorzinkjod färbt letzteren unter starker Quellung unmittelbar blau oder violett ; am Querschnitt zeigt alsdann das Bastbündel ein zier- liches gelbes Netz (die primären Membranen) mit violetten oder blauen Verdickungs- schichten. Die Bastfaserbündel (Fig. 1 70) sind rings- um von Kammerfasern umgeben, die große Einzelkristalle, häutig Zwillinge des mono- klinen Systems, führen. Ähnliche Kristalle finden sich vereinzelt auch im Parenchym. Sie stecken in Zellu- losetaschen, die nach Tschirch vor der Oxalatbildung entstehen. Die aus ihren Taschen herausgefallenen Kristalle, unter denen besonders die beiderseits gestutzten Oktaeder häufig sind, bilden einen auffälligen Bestandteil des Süßholzpulvers (Fig. 171); ihre Grüße schwankt zwischen 15 — 36 u. Im Ilolzkürper wiederholt sich der Bau der Innenrinde, nur treten an Stelle der Siebrühren Gefäße von verschiedener Weite, einzeln oder in Gruppen von 2 — 3 beisammenstehend (von 20— 180 «), dickwandig, deutlich ge- gliedert, dicht behüft getüpfelt, z. T. netzfürmig verdickt. Der Inhalt in allen Parenchymzellen ist eine hellgelbe, formlose, auf Zusatz von Wasser fast spurlos sich lüsende Masse, in welcher kleine Stärkekürnchen (Fig. 171) eingebettet sind. Diese sind fast durchaus einfach, rundlich, birn-, spindel-, stab-, sichel-, auch höhnen förmig, die kleineren 1,5 — 1 f,i, die meisten größeren 10 — 12«, einzelne bis 30« lang. Kalilauge lüst den formlosen Inhalt mit guttigelber, Schwefelsäure mit braunroter Farbe, Eisensalze färben ihn schmutzig-grünlich. Das Süßholz hat einen schwachen süßlichen Geruch und einen an- genehm süßen, zugleich etwas schleimigen, mitunter kratzenden Ge- schmack. Die Süßholzwurzel enthält neben Amylum, Kalkoxalat, vielleicht auch etwas Gerbstoff, vier Süßstoffe: Glyzyrrhizin, Saccharose, d-Glu- a sp Fig. 171. Vergr. 300/1. Elemente des Süßholzpulvers; bh Fragmente von Bastfaserbündeln, das eine mit Kammerfaser; sp Gefäßfragmente; A'Kalkoxalat-Einzelkristall; a Stärke. (Nach Vogl.) Achtzehnter Absclinitt. Unterirdische Pflanzenteile. 463 kose und Mannit^). Der wesentliche Bestandteil ist das Glyzyrrhizin. Es findet sich in der Wurzel an Kalium und Kalzium gebunden, in Mengen von 5 — 7 Proz. Der Zuckergehalt im spanischen Süßholz wird mit 9,57 Proz., im russischen mit 16,39 Proz. angpgeben2), der Gehalt an Saccharose mit 2,13, bzw. 1 0,38 Proz. 3). Es gibt noch mehrere nach Süßholz schmeckende Pflanzenteile, so die Wurzel und Blätter des Paternosterbaumes (Äbrus precatorius L.), Ästragahts glycyphyUus L., Trifolium alpimim L. , (Reglisse des mon- tagnes), die Monesiarinde {Chrysophyllum glycyphloeum Cäsar.) ^ den Wurzelstock des »Engelsüß« (Polypodium vulgare L.), Myrrhis odo- rafa L. u. a. m. Mit Sicherheit ist aber Glyzyrrhizin nur nachge- wiesen in der Wurzel von Periandra dulcis und in der Monesiarinde (Tschirch). Außer diesen Stoffen enthält das Süßholz noch Gummi, 2 — 4 Proz. Asparagin, Fett, Harz und einen gelben Farbstoff, ätherisches Öl (0,03 Proz.) und Salizylmethylat (Desmouliere). Der Wasser- gehalt beträgt nach Dieterich (Helfenberger Annal. 1890) 6,45 — 9,8, der Aschengehalt 3,2—6,15 Proz. Das Süßholz ist seit dem Altertum ein geschätztes Heilmittel und wird noch jetzt viel gebraucht zur fabrikmäßigen Herstellung des Süß- holzpulvers und Bärenzuckers oder Lakritz (Succus Liquiritiae). In beschränktem Maße findet das Süßholz Anwendung zur Bereitung englischer und amerikanischer Biere, die für Südamerika bestimmten Zigarettenpapiere werden mit einer Süßholzlösung bestrichen, in der Aquarellmalerei, Tinten- und Tuschebereitung*). 10. AlkaiHiawurzel^). Rote Ochsenwurzel, Alhenna, Orcanette, Alcana root, Radix Älcannae stammt von Älcanna tinctoria Tausch (Anchusa tinctoria Lam.^ Litliospermum tinctorium L.), einer auf sandigen Orten in Süd- europa, in Ungarn und Kleinasien vorkommenden Boraginacee. Die Wurzel \) Tschirch, Handb. d. Pharm., 11, 1, Abtlg., p. 88. 2) Arnt und Hart, Zeitschr. f. angew. Chemie 1893. 3) König, Nähr.- und Genußm. IL 4) Merat et de Lens (III, p. 387) erwähnen den ehemals sehr verbreiteten Konsum dieses Artikels in Paris, nach Art eines in der heißen Jahreszeit auf den Straßen in Kokosschalen (daher » Koko « genannt) dargebotenen erfrischenden Ge- tränkes. 5)- Der Name Alk an na entstand aus dem arabischen Hennah, Alhennah. So heißt jetzt noch Laivsonia alba Lam. [Lyihraceae], deren Blätter (s. d.) im Orient allgemein als Färbemittel zu kosmetischen Zwecken benutzt werden. Man nannte die "Wurzel dieses Strauches, die aber keine rote Farbe besitzen soll, Radix Älcannae vera, während man unsere AJkanna als Radix Älcannae sjpuria bezeichnete. Sehr 464 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. ist meist mehrköpfig, einfach oder wenigästig, \ — 2 dm lang, im oberen Teile an 6 — 10 mm dick. Die meist etwas auseinanderstrebenden Wurzel- köpfe tragen die Reste rauhhaariger Stengel und Blätter. Die eigentliche Wurzel ist meist gedreht und infolge der Drehung tief zerklüftet, häufig in mehrere Streifen zerfallen und von einer schalig-schuppigen, schwarz- violetten, brüchigen Rindenhülle locker umgeben. Der Querschnitt zeigt im oberen Teile einen weißlichen oder gelb- lichen, ein weites braunrülliches Mark einschließenden Kern, von der geschichtet schaligen schwarzvioletten Rinde umgeben. Weiter abwärls ist der Kern durch von der Rinde aus in das Mark vordringende rotbraune Streifen in meh- rere Teile gesondert. Die schalig-blättrigen Teile der Wurzel ge- hören der Außen- und der Miltelrinde an. Sie bestehen größtenteils aus abgestorbenem Ge- webe, in den inneren Lagen Pigment führend. Die noch lebenden Teile der Wurzel, am Quer- schnitt als weißer Kern erscheinend, bestehen aus der Innenrinde und dem Holzkörper. Das Phloem besieht aus durchaus unverholzten Elementen. Die äußerste Parenchymschicht enthält rote Pigmenttröpfchen, ist daher unter der Lupe als roter Streifen bemerkbar. Der Holzteil besteht vorwiegend aus dünnwan- digem Parenchym und ist längs der breiten Markstrahlen wie die Rinde zerklüftet. Enge Gefäße bilden radiale Reihen. An den jüngsten Wurzeln ist noch die Oberhaut mit den Wurzel- haaren erhalten. Der rote Farbstoff entsteht nach Eriks - soni) zunächst in der Oberhaut. Schon in den Keimwurzeln findet man die Oberhautzellen und die Wurzelhaare von Farbstoff erfüllt. Wenn dann die Epidermis und ein Teil der primären Rinde abgeworfen wird, verkorken die Wände der zurückgebliebenen äußersten Zellenreihe, es bildet sich Farbstoff in ihnen und dann erst entsteht normaler Kork, der frei von Farbstoff bleibt. Auch bei fortschreitender Borkebildung Fig 172. Syrische AI in halber Größe. Orig.-Photogr. (J. Moeller.) wahrscheinlich, meint Vogl, war die einst als Alcanna vera bei uns eingeführte Droge gar nicht die Wurzel von Lawsonia, sondern, da man sie doch zum Rotfärben verwendete, die Wurzel einer orientalischen Boraginacee, vielleicht die syrische Alkanna. \) E. Eriksson, »Über d. Alkannawurzel und die Entstehung ihres Farbstoffes«. Ber. d. Deutschen Pharm. Ges. XX (1910), Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische l'flanzenteile. 465 soll in der primären Rinde immer zuerst die Schicht verkorkter Pigment- zellen, dann erst die trennende Korkplatte entstehen. In der sekundären Rinde findet die zur Abschuppung führende Borkebildung in normaler Weise statt. Auch die durch Zerreißung des Gewebes entstehenden Spalten und Höhlen werden an den Rändern pigmentiert; es entsteht hier aber kein Kork, so daß es scheint, als würde der Farbstoff die Funktion des Wundkorkes übernehmen, wobei noch weiter auffallend ist, daß, wie Eriksson angibt, die Pigmentbildung erst nach der Verletzung einsetzt i). Das Pigment, in einer Menge von 5 — 6 Proz. aus der Alkanna- wurzel erhältlich (Thomson 1886), ist das amorphe Alkannin, C15H14O4, (Anchusin, Alkannarot). Es ist unlöslich in Wasser, lüshch in Weingeist, Äther, in fetten und ätherischen Ölen, besser noch in Chloroform, Chloralhydrat und Eisessig. Das Alkannin läßt sich aus der Wurzel leicht sublimieren. Man erhält tiefrote Tropfen, die mit Alkalien blau, bei nachfolgendem Säure- zusatz rot werden. Nach einiger Zeit schießen aus den Tropfen lange Spieße hervor^). Nach Gawalowski-^) ist das Alkannin kein einheit- licher Körper, sondern besteht aus zwei Pigmenten: der AlkaH grün färbenden Anchusasäure und der Alkali, blau färbenden Alkanna- säure. Man verwendet die Wurzel zum Rotfärben von Fetten, Pomaden, Salben, Haarölen usw., besonders in der Pharmazie und Parfümerie auch wohl zum Färben von Weingeist, Seide, Leinen und Baumwolle. Das käufliche hierzu ebenfalls benutzte Alkannin ist eine harz- oder salbenartige, durch Extraktion der Wurzel mit Petroläther und Ab- destillieren des letzteren erhaltene Masse*). Gehaltvoller dem Aussehen nach ist die in unserem Handel nicht regel- mäßig vorkommende syrische oder türkische Alkanna, die Vogt- herr 5) eingehend beschreibt und abbildet. Sie stammt von Macrototnix cephalotes DC, einer in der alpinen Region von Griechenland bis Trans- 1 ) Durch die vorstehend skizzierten Untersuchungen sind die älteren Angaben über die Entstehung. des Alkannafarbstoffes berichtigt. Zwar'fand Vogl sclion, daß er »ursprünglich in den äußersten Rindenschichten als Desorganisationsprodukt sich zu bilden scheint«, aber er meint, daß die Zellen absterben und verkorken (Komment, z. österr. Pharm., Wien -1892). Tschirch meinte, daß der Farbstoff in die Inter- zellularräume sezerniert werde (Angew. Pflanzenanatomie, Wien 1889). 2) 0. Tunmann, Pflanzenmikrochemie. Berlin 1913. 3) A. Gawalowski, >Über d. Rotpigmente der Alkannawurzel. Zeitschr. d. AUg. österr. Ap.-Ver. XL (1902), Nr. 37. 4) Schmidt, Lehrb. d. pharmac. Chemie, 4. Auflage, 1901, II, p. 1737. 3) M. Vogtherr, »Über Alkanna und ihre Verwandten.« Pharm. Zentralh. XXXVII (1896), Nr. 11. Wiesner, Rohstoife. III. Band. 3. Aufl. 30 466 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. kaukasien verbreiteten, unserem Litltospermuni nächst verwandten Bora- ginoidee. Es sind bis 50 cm lange, zylindrische oder nach unten allmählich verschmälerte, 2 — 5 cm dicke, gerade, meist aber spiral- oder bogen- förmig gekrümmte, oben zum Teil vielköpfig ästige Wurzeln, nicht selten mit gerade abstehenden Ästen, an den meist stark auseinanderstrebenden Köpfen dicht bedeckt von Blattresten, welche einen sehr dichten graulich- weißen Filz von angedrückten Haaren tragen und von der in Wasser mazerierten Wurzel leicht abgestreift werden können. Die Wurzeln selbst erscheinen bis ins Innere zerklüftet, förmlich aufgelöst in rinnen- oder schalenförmige Stücke von schwärzlichroter oder schwarz violetter Farbe und fast metallischem Glänze, an Rolltabak erinnernd (Fig. Mi). An Wasser gibt die syrische Alkanna fast gar keinen Farbstoff ab; sie quillt darin selbst nach langer Zeit nur unbedeutend. Vogtherr (1. c.) bestimmte ihren Alkanningehalt mit 9,13 Proz. Der Aschengehalt der ganzen Wurzel beträgt nach Vogl 8,9 Proz., jener der peripheren Schalen für sich 10,8 Proz., jener des Wurzelrestes (nach Entfernung der äußeren Schalen) 8,46 Proz. Ähnliche Aschengehalte ergab eine Radix Akannae electa, während die gewöhnliche Handels- ware weit größere Werte liefert, nämlich \ 4,1 Proz. für die ganze Wurzel, 17,1 Proz. (davon 9 Proz. unlöslich) für die Schalen und 10,5 Proz. (da- von unlöslich 3,5 Proz.) für den Wurzelrest. Als Verfälschung der Alkannawurzel wird schon von älteren Autoren (Murray, Böhmer) erwähnt die mit einer Abkochung von Brasilholz durchtränkte Wurzel der Ochsenzunge (Anclmsa officinalis L.) Gegenwärtig dürften bei der geringfügigen Verwendung der Alkanna- wurzel Substitutionen kaum mehr vorkommen, obwohl Alkannin oder ein ihm ähnlicher Farbstoff in der Familie der Boraginaceen sehr ver- breitet ist, Vogtherr (1. c.) fand es auch in Alcatma cappadocica Boiss., Onosma echioides, Megacaryon Orientale Boiss. und in Litho- spermu7n-Avien. Holmes i) führt folgende an: Arnebia thibetana Krx. und tinctoria Vahl., Litliospermum erytkrorhixon., Macrotomia Ben- thami BC. wndi perennis Benth.., Onosma Encodi Wall, und 0. Hookeri Clarke\ Norton 2) fand Alkannin in mehreren Plagiobothrys-., Krynitxnia- und Lithospermtitn- Arten, in Echium vidgare L. und Erytrichum glome- ratum, Hartwich«^) ergänzt die Liste durch Alcanna Matthioli Tausch und Arnebia tingens BC. I) E. M. Holm IS, »Alkanet root«, Pharm. Journ. -1897, I. i) Amer. Journ. of Pharm. 1898 durch Beckurts Jahresb. XXXIII. 3) Real-Enzykl. d. ges. Pharm., 2. Aufl., 1. Bd., Art. »Alkanna«. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenleile. 467 11. Krapp, Röte, franz. Garance, engl. Madder, eines der ältesten und bis. in die neueste Zeit zur Erzielung von »Türkischrot« verwendeten Färbemittel, ist die Wurzel von Rubia Unctorum L. und verwandter Arteni). Die Inder, Perser und Ägypter des Altertums benutzten schon den Krapp, und in der Levante wurde er angebaut. Von dort kam er als >Lizari« oder »Alizari« nach Italien, im 16. Jahrhundert fingen die Holländer, dann die Franzosen an, ihn zu kultivieren, und im vorigen Jahrhundert zählte er zu den wichtigsten Kulturpflanzen der gemäßigten Klimate. In den sechziger Jahren betrug die jährliche Produktion 70 000 t im Werte von 60 — 70 Millionen Mark, zu Ende der siebziger Jahre waren fast alle Kulturen eingegangen j weil sie sich nicht mehr lohnten. In Frankreich allein betrug der Ertrag der Krappkullur 34 Mil- lionen, und die Ausfuhr an natürlichem, aus Krapp dargestelltem Alizarin, die 1868 noch 25 Millionen Mark betragen hatte, war 1876 auf 3,5 Millionen gesunken und hat jetzt ganz aufgehört. Nachdem Graebe und Liebermann 1869 das Alizarin aus Anthrazen dargestellt hatten, war der natürliche Farbstoff des Krapps entbehrlich geworden. Jetzt beschränkt sich seine Verwendung auf einige Spezialitäten in der Woll- färberei und zur Herstellung von Krapplacken für die Kunstmalerei 2). Die unterirdischen Teile der Färberröte bestehen aus einem meist kurzen, etwas knorrigen Wurzelstocke (oder einem Wurzelkopfe), aus dem einige Wurzeln und mehr oder weniger zahlreiche gegliederte Ausläufer entspringen, die reichlich oberirdische Sprosse treiben. Die Wurzeln werden im November ausgehoben, von anhängender Erde befreit, an der Luft oder mit künstlicher Wärme getrocknet und entweder, in größere Stücke zerschnitten, als Krappwurzel in den Handel gebracht oder zu einem gröblichen, leicht zusammenbackenden Pulver gemahlen, als Krapp (im engeren Sinne) der Färberei zugeführt. Nach der Provenienz, der Behandlung der Wurzel u. a. Umständen unterschied man mehrere Sorten, wie Levantiner (türkischen) Krapp (Alizari, Lizari), Holländer (Seeländer) Krapp, Elsässer, in zu einem graulich- oder hellrotbraunen Pulver zerreiblichen zusammengebackenen Massen, die in mehreren Untersorten (0, f., mf., ff., slf.) unterschieden werden, französischen (Avignon-), schlesischen oder Breslauer Krapp u. a. m. 1) Als solche werden genannt: liuhia peregrina L., Rubia eordifolia L. [R. Munjista Roxb.) und Rubia sikkimensis. Die beiden letztgenannten asiatischen Arten enthalten neben Purpurin und Purpuroxanthin das Munj istin, CisHgOfi, die Karbon- säure des Purpuroxanthin. 2) E. Grandmougin, »Lehrb. d. Farbencheraie«, 4. Aufl., 1913. 30* 468 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Die im Drogenhandel vorkommende Krapp würz ei (Radix Rubiae tinctorum) besteht aus Stücken von 3, höchstens 5 mm Dicke und einigen Zentimetern Länge, an der Oberfläche grob-längsrunzelig und meist auch fein querrissig, mit weichem, oft schuppig-blättrigem, leicht abblätterndem, braunem Korke oder mit Borke bedeckt, im Bruche eben. Die Ausläufer (Stolonen) sind an den Knospen und an dem Mark von den Wurzeln zu unterscheiden. Der schwache Geruch ist eigentümlich, der Geschmack zusammenziehen dj etwas bitterlich. Der kreisrunde Querschnitt zeigt eine schmale dunkelrotbraune oder fast schwarzbraune Rinde, die einen mäch- tigen Holzkürper von orange- oder ziegel- roter Farbe umgibt. Dieser ist von sehr zahlreichen Gefäßüifnungen dicht porös und läßt bei Mangel einer radialen Strei- fung an stärkeren Wurzeln Jahresschichten erkennen (Fig. 173). In Wasser quillt die Rinde stark auf und erscheint alsdann braunrot, das Holz gelb; mit Kalilauge benetzt, färbt sich der Schnitt prächtig violettrot oder purpurn. Das Periderm und der Borke bil- dende Kork sind zartzellig. Die stark entwickelte Innenrinde zeigt am Quer- schnitt eine Zelle breite Markstrahlen. In der Mittelrinde und im Phloemparen- chjm finden sich Raphidenschläuche mitten im pigmentführenden , amylum- freien Gewebe. Bastfasern fehlen. Im Holze treten Markstrahlen nicht hervor. In dem Grundgewebe aus Holz- parenchym und Ersatzfasern sind sehr zahlreiche, meist einzeln, seltener zu zwei beisammenstehende dickwandige, dicht klein behöft getüpfelte Gefäße mit einfach perforierten Gliedern eingestreut. Hier und da finden sich Gruppen stärker verdickter Libriformfasern. Früher unterwarf man die Krappwurzel, um ihr Färbungsvermögen zu steigern oder zu verbessern, verschiedenen Behandlungsweisen und erzielte dadurch die sog. Krapppräparate und Krappextrakte. Mull oder Krappkleie nannte man die durch Dreschen der trockenen Wurzeln erhaltenen und abgesiebten Abfälle, wesentlich aus den äußeren Fig. 173. Querschnitt eines 5jährigen Ausläufers der Krappwurzel. Orig.- Photogr. (J. Mo eil er.) Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenteile. 469 Rindenschichten und Wurzelfasern bestehend. Die hierauf vermahlenen Wurzeln bildeten den höher bewerteten beraubten Krapp. Die naturell, also ungedroschen vermahlenen Wurzeln ergeben den ordinären oder unberaubten Krapp. Unter Krapp blumen verstand man den mit angesäuertem Wasser mazerierten, durch Zusatz von Hefe (zur Zerstörung des Zuckers) ver- gorenen und schließlich abgepreßten und getrockneten Krapp. Azale ist rohes Alizarin, durch Ausziehen des Krapp mit Holzgeist erhalten. Gar an ein wird folgendermaßen dargestellt: fein gemahlenes Krapp- pulver wird mit Wasser befeuchtet, mit einem halben Teil konzentrierter Schwefelsäure und einem Teil Wasser übergössen und das Gemisch bis auf 100° erhitzt. Sodann wird die Masse durch Auswaschen von der Säure- befreit, gepreßt und getrocknet. Kolorin ist ein alkoholischer, bis zum Trocknen verdunsteter Aus- zug des Garancin. P in k offin gewinnt man durch Auslaugen von Krapp oder Garancin, Zur Aufjiellung dient am besten Chloralhydrat, zur Isolierung der Gewebselemente Kalilauge, welche den Farbstoff mit violettroter oder pur- purner Farbe löst unter vorübergehender Rotfärbung der Zellmembran und tiefroter Färbung der Masse, in welche das Raphidenbündel in den Raphidenschläuchen eingebettet ist. Der wichtigste Bestandteil der Krappwurzel ist die glykosidische Ruberythrinsäure, die unter Einwirkung von Säuren zerfällt in Ali- zarin und Traubenzucker. GoßHssOu + 2H2O = C14H8O4 + SCßHisOe. Sie wurde zuerst von Robiquet und Colin in reinem Zustande und von Rochleder kristallisiert dargestellt. Außerdem enthält der Krapp: Purpurin, Pseudopurpurin, (Purpurinkarbonsäure), Munj istin (im indischen Krapp), Xanthin, Chlo- rogenin (Schunk) oder Rubichlorsäure (Rochleder), eine Substanz, die bei der Zersetzung einen grünen Farbstoff liefert, ferner Glykoside, Zucker, Gummi u. a. m. ^). Die größere Echtheit der Krapplacke gegenüber den aus künstlichem Alizarin hergestellten Lacken führt man auf das Pseudopurpurin zurück, das jedoch neuestens ebenfalls künstlich hergestellt wird. Der Aschengehalt einer guten Ware soll 8 — 10 Proz. nicht über- schreiten. Wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, finden sich die Pig- mente in allen Parenchymzellen. In der frischen Wurzel sind sie von t) E. Schmidt, Lehrb. d. pharm. Chemie, Bd. II, 4. Aufl., -1901. 470 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. einer gelben, wässerigen Flüssigkeit (Zellsaft) erfüllt, die eingetrocknet eine formlose, goldgelbe, in Wasser rasch und fast spurlos sich lösende Masse darstellt (Rubierythrinsäure). In länger aufbewahrten getrock- neten Wurzeln, wie in der Handelsware, findet man in den Parenchym- zellen der Rinde und zum Teil auch des Holzes gelbe, orangegelbe bis rote oder braunrote Schollen, Klümpchen, körnige Bildungen und Körnchen- haufen, Stäbchen- oder spindelförmige Pigmentkörper, die sich in Wasser zum Teil lösen, zum Teil aber als rundliche feinkörnige Klümpchen, schlauchförmige Gebilde u. dgl. zurückbleiben; Kalilauge löst sie spur- los oder fast spurlos mit violettroter oder purpurner Farbe. Der Zell- inhalt besteht hier also bereits im wesentlichen aus Alizarin. Die schmutzigbraune Färbung der Zellinhaltmassen mit Eisenchlorid deutet auf die Anwesenheit eines Gerbstoffes hin, wenn nicht diese Reaktion vielleicht einem der Mutterglykoside der Pigmente angehört. Der mikroskopische Befund ist geeignet, auch die bei der Zube- reitung des Krapps geübte Praxis zu erklären. Man wendet nicht frische, sondern längere Zeit gelagerte trockne Wurzeln an, in denen bereits die Rubierythrinsäure zum großen Teil in Alizarin umgewandelt ist. Weil das Pigment am reichlichsten im Rindenparenchym, spärlicher im Holze, am spärlichsten in der Borke enthalten ist, befreit man in der Regel zunächst die Wurzeln vom Kork und den Borkeschichten, sowie von den etwa vorhandenen Wurzelfasern, wobei auch diesen anhaftende fremdartige Dinge, wie Erde, Sand, Schimmelbildung usw. beseitigt werden. So erhält man den Mull, die schlechteste Sorte, und anderer- seits die verschiedenen Sorten des »beraubten« Krapps, indem bei dem Stampf- und Mahlverfahren von Zeit zu Zeit das zerkleinerte Material abgesiebt und der Rückstand von neuem auf die Mühle gebracht wird. Auf diesem Wege werden zuerst die Gewebsschichten der Rinde, später jene des Holzzylinders zermalmt, und die jedesmal abgesiebten Partien stellen ebensoviele Krappsorten dar, von denen das zuerst abgesiebte Pulver als das farbstoffreichste, wertvollste gilt. Verfälschungen, sowohl mit mineralischen Substanzen (Ocker, Bolus, Sand, Lehm, Ziegelmehl u. a.) als auch mit verschiedenen Vege- tabilien (Rot- oder Blauholz, Sägespäne u. a.) waren früher lohnend, kommen aber jetzt kaum mehr vor. Durch die mikroskopische Unter- suchung und Aschenbestimmung sind sie übrigens leicht nachweisbar. 12. Morinda. Die Rubiaceengattung Morinda L. zählt etwa 40 Arten, die über den ganzen Tropengürtel, zumeist aber in Ostindien und Polynesien verbreitet sind. In ihrer Heimat benutzt man die Wurzel als Färbe- Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenleile. 471 und Heilmittel. G. Watt berichtet ausführiich über die Stammpflanzen und deren Kultur, über die Bereitung des »A'l« genannten Farbstoffes und dessen Verwendung'). Nach E. A. Duchesne besitzt die Wurzel der im tropischen Amerika heimischen M. Eoijok L. purgierende Wir- kung und heißt deshalb »Rhubarbe des Garaibes«2). Am gebräuchlichsten ist Morinda citri folia L., Indian Mulberrj-, Togari wood of Madras, deren festes Holz von Insekten nicht an- gegriffen wird, deren Blätter ^,. . eine rote, deren Wurzeln eine '• "^' *' ' ' ^ -^' gelbe Farbe liefern 3). ^;' /' > Die Wurzel besteht aus ? - etwa 5 — i 2 mm dicken stiel- ^ , - v' - runden Stücken von gelb- .? brauner Farbe, zum Teil be- deckt von einem dünnen, grauweißlichen Kork (Fig. 174). '.' Querscheiben quellen in ^:- Wasser auf das Doppelte auf. ^, Die dünne rötlichgelbe Rinde ^l wird mit Kalilauge befeuchtet I^^ purpurn, der marklose, an ^ manchen Stücken exzentrisch |* gebaute Holzkürper braun- rot; er ist fein radial ge- streift und zerstreut punk- tiert. DasPeriderm aus dünn- wandigen Elementen enthält in stärkeren Stücken Schich- ten von Steinkork. Im Rindenparenchym sind viele Raphidenzellen zerstreut. In älteren Rinden finden sich tangential gestreckte Nester von polymorphen gelben Steinzellen (Fig. 175 u. 176). Die Innenrinde ist von 1 — 4 Zellen Fig. 174. Querschnitt der Wurzel von JIo Orig.-Photogr. (J. MoeUer 1) Dictionary oT the economic products of India, Vol. V. London u. Kalkutta 1891. -i) Repert. des plantes utiles. Paris 1836. — S. auch W. Dymock, The vege- table Mat. medica of western India. Bombay und London (ohne Jahreszahl). — Heber Drury, The useful plants of India. Madras 1858. 3) Eine auf Kaiser Wilhelmsland wachsende Form wurde als M. bracteata Roxb. beschrieben. 472 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. breiten Markstrahlen durchzogen. Auch in ihr liegen gelbe Steinzellen- gruppen, deren Elemente jedoch axil gestreckt und oft bis zum Schwinden des Lumens verdickt sind. Raphidenzellen sind spärlich. Der Holzkörper (Fig. 176) zeigt wie die Rinde 1 — 4 reihige Mark- strahlen (Mk). Die Holzstrahlen bestehen aus den typischen drei Ele- Fig. 175. Querschnitt aus der Mitteliinde der Wurzel von Morinda citrifoh'a; pp Grundparencbym St Steinzellennest, 7,- Raphidenzellen. Vergr. 250/1. (Nach Vogl.) menten. In der Grundmasse sind die dickwandigen, klein und dicht behüft getüpfelten, einfach perforierten Gefäße von verschiedener Weite (30 — \ 80 //) in radialen Reihen oder in mehr weniger umfangreichen Ä rrfVdf i-^^-x "Fig. 176. Querschnitt aus dem Holzkörper der Wurzel von Jfo)i*irfo Ci^nYo^!«; J/fc Markstrahl, 6' f/ Weite Tracheen, Z/Lihriform und Tracheiden, hp Holzparenchyra, k Raphidenzellen. Vergr. 250/1. (Nach Vogl.) Gruppen oder auch einzeln zerstreut. In den weitesten Gefäßen fand Vogl mitunter Thyllen. Holz- und Rindenparenchyra ist dicht erfüllt von klein- körniger, 6 — 18// großer, zusammengesetzter Stärke. Neben der Stärke findet sich in den Zellen eine orangegelbe, in Lauge sich purpurn lösende Masse. Raphidenschläuche kommen auch im Holze vor. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenteile. 473 Die Wurzein von Morinda tinctoria Roxb. und M. macrophylla Desf., die A. v. Vogl nach Mustern von der Pariser Weltausstellung 1878 untersuchte, sind im anatomischen Bau von M. citrifoUa nicht wesent- lich verschieden. Der Farbstoff der Wurzelrinde ist das Glykosid Morindin (Thorpe). Schwefelsäure gekocht, spaltet es sich in Glykose und Morindon: C17H30O15 H- 2H2O = SCßHiaOe + C15H10O5. Das Morindon scheint ein Trioxylmethylanthrachinon zu sein^), wor- aus sich die abführende Wirkung der Morindawurzel erklären würde. Zuckerrübe 2). rt angestellten zahln europäischen Pflanze ebenso süßen Zucker zu gewinnen, wie er aus dem Zuckerrohr dargestellt wird, führten zur Entdeckung des »süßen Salzes« in der Wurzel des Mangold durch Andreas Sigismund Marggraf im Jahre 1747. Er berichtet u. a.3), daß er aus einem halben Pfund ge- trockneter weißer Mangold wurzel eine halbe Unze, aus einem halben Pfund roter Mangoldwurzel zwei und ein halbes Quentchen gereinigten Zucker erhalten habe. Der praktische Rübenbau wurde zwar allerorten probiert, aber nur die zielbewußten Versuche von Franz Carl Achard, der schon 1786 auf seinem Gute Carlsdorff (bei Berlin) nebst vielen an- deren zuckerhaltigen Pflanzen 22 Spielarten der Runkelrübe auf seinem Versuchsfelde anbaute, haben schließlich zur europäischen Zuckerindustrie geführt. Achard hat nicht nur durch vergleichende Versuche die > Runkel- rübe mit weißem Fleisch und weißer Schale« (Schlesische Rübe) als die beste erkannt und gezüchtet, sondern auch die erste betriebsfähige Zuckerfabrik (1 802 in Kunnern in Schlesien) errichtet. Um 1902 dienten in Europa fast 2 800 000 Hektar dem Zucker- rübenbau. Nach Verlautbarung der Internationalen Vereinigung für Zucker- industrie betrug 1913/14 die gesamte Rübenbaufläche 2 213 749 Hektar. Die Zuckerrübe bauenden Länder Europasj reihen sich danach folgendermaßen : ■1) E. Schmidt, Ausführl. Lehrb. d. pharm. Chemie, II. Bd. Braunschweig -1901. 2) In der vorliegenden, wie in der 2. Auflage bearbeitet von Dr. F. Krasser, o.ö. Professor der deutschen Technik in Prag. 3) Ber. der Berliner Akad. d. Wissensch. 1747. 474 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenteile. Rußland: 724 782, Deutschland: 530 782, Österreich- Ungarn: 431 100 (davon entfallen auf Ungarn und Bosnien 1 71300), Frankreich: 216200, Holland: ei700, Italien: 60000, Belgien: 55300, Spanien: 50966, Däne- mark: 30 900, Schweden: 28 715, Rumänien: 13 014, Bulgarien: 4 820, Serbien: 3 000, England: 1600, Schweiz: 970 Hektar. Im letzten Jahrzehnt hat sich die Rübenkultur auch außerhalb Europas eingebürgert, und insbesondere Kalifornien hat Aussicht, den Weltmarkt zu beeinflussen i). Auch in Ägypten und im südlichen Indien ist der Rübenbau zu erfolgreichem Aufschwung gediehen. Die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung der Zuckerrübe macht es erklärlich, daß diese Kulturpflanze in physiologischer und biologischer Beziehung immer wieder studiert wird, doch ist eine wissenschaftliche Monographie noch heute ausständig. Hier handelt es sich vornehmlich um eine Betrachtung vom naturgeschichtlichen Standpunkte. Kultur, Aufbewahrung, Chemie können nur insoweit, als es sich um prinzipiell wichtige Fragen handelt, die in Technologien und zusammenfassenden Werken über die Zuckerfabrikation oft vernachlässigt werden, erörtert werden 2). 1) 18 79 waren in den Vereinigten Staaten von Nordamerika erst vier Rüben- zuckerfaktoreien, 1900 bereits 37, welche zusammen 22 310 Tonnen Zuckerrüben ver- arbeiteten. 1894/1895 übertraf die Weltproduktion von Zucker aus der Zuckerrübe (Rübenzucker) beträchtlich die Produktion von Zucker aus dem Zuckerrohr (Koloniai- zucker). 4730000 Tonnen gegen 3370000 Tonnen nach der Schätzung vonWillet und Gray, wovon in Europa 20 000 Tonnen Kolonialzucker in Spanien erzeugt wurden. 1912 wurde die Rübenzuckerproduktion jedoch von der Kolonialzucker- produktion wieder überholt. In Java waren zuerst außerordentliche Fortschritte in Anzucht und Auslese der Zuckerrohrrassen erzielt worden, welche im Verein mit der Einführung moderner Maschinenanlagen in den Kolonialzuckerfabriken, planmäßiger Bekämpfung der Zuckerrohrkrankheiten und des in den Plantagen endemischen gelben Fiebers, welches die Arbeiter dezimiert hatte, den Wettkampf zwischen Rübe und Rohr zugunsten des letzteren wendeten. A. L. Hickmanns Geogr. Statist. Universal- Taschenatlas entnehme ich folgende Daten: 1813 betrug die Weltproduktion an Rüben- zucker 86 Millionen Meterzentner, während Kolonialzucker für 1912 mit 96 Millionen Meterzentner angegeben wird. Wegen des Vergleiches mit den Anbauflächen seien die näheren Angaben über die Rübenzuckerproduktion der einzelnen Länder hierhergesetzt, ausgedrückt in MilUonen Meterzentner: Deutsches Reich: 25,6, Rußland: 17,3, Österreich-Ungarn: 16,9 (wovon Ungarn : 5,3), Frankreich: 7,5, Vereinigte Staaten von Nordamerika: 4,6, Rallen: 3,2, Nieder- lande: 2,3, Belgien: 2,2, Spanien: 1,8, Schweden: 1,3, Dänemark: 1,1, Rumänien: 0,4. — Die Kolonialzuckerproduktion gliedert sich folgendermaßen: Britisch Indien: 24,9, Kuba: 24, Java: 13,9, Vereinigte Staaten von Nordamerika und seine Kolonien : 13,6, Japan: 8,7, Englische Kolonien mit Ausnahme von Britisch Indien: 7,4, Brasi- hen: 2,4, Mexiko: 1,6, Argentinien u. Peru: 1,4, Französisclie Kolonien: 1,1, China: 0,6. 2) Die Literatur über die Zuckerrübe ist sehr groß H. Briem hat in seinem Werke »Der praktische Rübenbau«, Wien 1895, p. 39 — 48 u. 527—529 auch die Lite- Achtzehnter Abschnitt. Unlerirdischo Pllanzenleile. 475 Abstammuug, Auslese und Rasseu. Die Zuckerrübe gehört in den Formenkreis der Beta ndgaris L. (Ghenopodiaceae), welche in der modernen Systematik i) in drei Varie- täten: 1. Cicla L. (= Beta hortensis 3Iill.), Mangold, Reißkohl; 2. Rapa Dum. (= rapacea Hegetschw., = campestris Lange, == esculenta Salisb., = sativa Bernh.), Runkelrübe und 3. altissima DG. {=^ saccharifera Lange), Zuckerrübe 2)^ zerfällt wird. Als Stammpflanze der Beta vul- garis L. in allen Kulturvarietäten wird die wilde Beta maritima L. [B. viilg. var. maritima Koch), Seestrandsmangold, aufgefaßt, welche nach den experimentellen Untersuchungen von F. Schindler und E. von Proskowetz jun.3) die spezifische Salzform der Beta vulgaris darstellt. Sie kommt außer im westlichen und östlichen Mittelmeergebiet nach Bunge^) auch im Becken des Roten Meeres und im westkaspisch-trans- kaukasischen Gebiete vor. Da die Varietäten Rapa (Runkelrübe, Runkel) und altissima (Zuckerrübe) namentlich in der populären, kber auch in der technolo- gischen Literatur vielfach durcheinandergeworfen werden, seien sie hier kurz charakterisiert. 1. Beta vulgaris v. Gicla (Mangold, Beißkohl): Wurzel ziemlich hart, zylindrisch-walzlich, unterirdisch. Blätter und fleischige Blattstiele als Gemüse für die Küche und Futter für Schweine und Kühe. ratur der Rübe von ihrem Anfang bis zum Jahre -1895 zusammengestellt. An dieser Stelle sei nur auf einige Hauptwerke und auf eine Reihe von technologischen Schriften hingewiesen. Achard, F. C, Die europäische Zuckerfabrikation aus Runicelrüben, in Verbindung mit der Bereitung des Branntweines, des Rums, des Essigs und eines Kaffeesurrogates aus ihren Abfällen, beschrieben und mit Kupfern erläutert durch ihi'en Urheber. Leipzig 1809. — Hloubek, F. X., Die Runkelrübe, ihr Anbau und die Gewinnung des Zuckers aus derselben. Laibach 1839. — Fühling, Der prak- tische Rübenbauer. Gekrönte Preisschrift. Bonn 1863. — Lippmann, E. v., Die beiden Grundschriften der Rübenfabrikation von Marggraf und Achard. Leipzig 1907. — Osts Lehrbuch der chemischen Technologie. 8. Aufl. Leipzig 19U. — Ciaassen, H., Die Zuckerfabrikation. 4. Aufl. 1918. — Bezüglich Rübenzucht und Rübenbau kommen namentlich in Betracht: Knauer, F. und M. HoUrung, Rüben- bau. 9. Aufl. 1906. — Fruwirth, C, Die Züchtung der landw. Kulturpflanzen. IV. Bd. (1908). 1) Siehe insbesondere Hegi, G., Illustrierte Flora von Mitteleuropa, III. Bd., p. 214. 2) Endlicher, Enchiridion botan., Wien 1841, p. 183, nennt sie »saccharina seu silesiaca«. Mangold ist die deutsche Gattungsbezeichnung für Beta. 3) F. Schindler, Über die Stammpflanze der Runkel- und Zuckerrüben. Bot. Zentralbl., Bd. 46 (1891). — E. von Proskowetz jun.. Über die Kulturversuche mit Beta im Jahre 1900. Österr.-ung. Zeitschr. f. Zuckerindustrie 1901. 4) Bunge, A., Pflanzengeographische Betrachtungen über die Familie der Cheno- podiaceen. Mem. de l'Acad. d. sc. de St. Petersbourg, T. XXVII, Nr. 8. 476 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 2. V. Rajjci (Runkelrübe): Wurzel dick, spindel- oder rübenförmig, fleischig, saftig, zuckerführend, z. T. aus dem Boden hervorragend. In zahlreichen Formen gebaut. Ihre Hauptformen sind: 1'. alba DC. (weiße Rübe, weiße Runkel). Nicht besonders zuckerhaltig. Wich- tige Futterpflanze. f. lutea DC. (Teller-, ßurgunderrübe). Wurzel dick, fleischig, ungenießbar, gelb. Futterpflanze. f. incarnata Meissn. Wurzel rot, ungenießbar, Blätter grün, zuweilen mit roten Rippen. f. rubra DC. (rote Rübe, Ranne). Wurzel innen rot bis blutrot. Stengel und Blätter rot überlaufen, Wurzelgemüse. Runkeln, welche äußerlich rot erscheinen, am Querschnitt aber weiße und rote Ringe zeigen, werden als f. xonata bezeichnet. 3. V. altissima DC. (Zuckerrübö). Wurzel dick, fleischig^ innen weiß, sehr zuckerreich, nur wenig aus dem Boden hervorragend. Die Kulturrübe ist eine zweijährige Pflanze, deren Gedeihen von einem gemäßigten Klima mit mäßiger Regenmenge abhängig ist. Sie bedarf der sehr tiefgehenden Wurzeln i) halber der Tiefkultur. Im schweren Boden ist daher gute Düngung nötig. Im ersten Jahre werden die Rüben ausgebildet. Ihre Reife tritt je nach der Rasse im September oder Oktober ein und gibt sich durch Gelbwerden und Abfallen der unteren Blätter zu erkennen. Bei der Ernte werden die Pflanzen mög- lichst unbeschädigt ausgehoben, da sonst bei der bis zur Verarbeitung während der Kampagne oder behufs Überwinterung nötigen Aufbe- wahrung 2) um so größere Zuckerverluste durch gesteigerte Atmung eintreten. Die zur Samenzucht ausgelesenen Rüben werden im zweiten Jahr wieder ausgesetzt. Selbst auf guten Äckern finden sich meist ± \ Proz. Aufschußrüben, d. h. Exemplare, welche bereits im ersten Jahr einen Stengel treiben, blühen und Samen tragen. Es ist von Rimpau^) der experimentelle Nachweis geführt worden, daß diese Variation von den Nachtfrösten des Frühjahrs ausgelöst wird. Auch »Trotzer« kommen vor, d. h. Exemplare, welche im zweiten Jahre noch nicht blühen. Merkwürdig ist auch die Fähigkeit der Zuckerrübe, mehrjährig zu werden. So überwinterte Briem 4) Zuckerrüben nach dem Samentragen und ließ \) Kraus, C, Das Wurzelsystem der Runkelrüben. Wollnys Forschungen a. d. Geb. der Agrikulturphysik, -1888. 2) Die Aufbewahrung erfolgt in langen mit Erde bedeckten Haufen oder flachen Gruben (Mieten oder Feimen). 3) Rimpau, W., Das Aufschießen der Runkelrüben. Landw. Jahrb. ■1880, p. 192. Siehe auch De Vries-Klebahn, Arten und Varietäten. Berlin -1906. p. 484. 4) Strohmer, F., Briem, H. und Stift, A., Über mehrjährige Zuckerrüben und deren Nachzucht. Österr. - ungar. Zeitschr. f. Zuckerindust., 1900, 4. Hft. mit Taf XY. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische PtUmzenteile. 477 SO dieselbe Pflanze zum zweiten, ja bisweilen zum dritten oder vierten Male Samen tragen. Es war dazu wesentlich nur erforderlich, daß die samentragende Rübe auch noch in die Dicke wuchst) und in ihren neuen Geweberingen die erforderlichen Mengen von Zucker und anderen Nähr- stoffen in sich anhäufte. Am Körper der Zuckerrübe kann man den »Kopf«, den »Hals« und die eigentliche Wurzel unterscheiden. Der Kopf trägt die Blätter in schraubiger Anordnung (^/jg Stellung). Unter dem Kopfe befindet sich der Hals, welcher dem Hypokotyl der Keimpflanze entspricht. Er trägt keine Blätter. An ihn schließt sich die Wurzel, kenntlich an den beiden einander gegenüberliegenden, als ziemlich breite Streifen erscheinenden Längsreihen von Nebenwurzeln. In diesen Längsreihen sitzen die Neben- wurzeln zu Gruppen vereinigt in Querreihen von verschiedener Länge. Der Längsstreifen bildet namentlich im unteren Teile der Wurzel häufig einen halben Schraubenumgang oder mehr um die Achse. Das Wurzel- ende wird von den Praktikern Schwanz genannt. Dieser dünne Teil der Pfahlwurzel geht beim Roden und in der Wäsche verloren. Er kann je nach dem Rübentypus 1,5 — 2,5 Proz. betragen. Mit Rücksicht auf die Farbe, Form und Grüße der Wurzel hat schon F. X. Hlubek^) fünf ^> Hauptvarietäten« der > Runkelrübe« unter- schieden, von denen jedoch nur seine ^Beta vulgaris alba, schlesische oder weiße Rübe, die zur Zuckerfabrikation geeignetste, sie gibt weniger Saft, dagegen ist derselbe zuckerreicher als bei den übrigen« sich auf die Zuckerrübe bezieht und der gesamten var. altissima DG. (Zucker- rübe) entspricht. Wie bereits früher erwähnt, hatte der Begründer der Rübenzucker- industrie, Franz Carl Achard, auf Grund vergleichender Versuche die Runkelrübe »mit weißem Fleisch und weißer Schale« als die für die Zucker- industrie geeignetste erkannt; als die zweitbeste bezeichnete er die Spielart, welche spindelförmig wächst, eine hellrote Rinde und weißes Fleisch hat. Es sind die Rassen, welche später als »schlesische Rübe« bezeichnet wurden und die erwiesenermaßen den Ausgangspunkt späterer Züchtungen bil- deten^). Vorerst war man bemüht, eine möglichst zuckerreiche Rübe 1) Hugo de Vries, Die abnormale Entstehung sekundärer Gewebe. Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot. XXII, 1890, p. 35 u. Taf. III, Fig. 4 4. 2) Hlubek, F. X., Die Runkelrübe, ihr Anbau und die Gewinnung des Zuckers aus derselben. Laibach 1839. Eine größere Zahl von Abänderungen ist in G. W. Bischoff, Lehrbuch der Botanik, III, 1 (Stuttgart 1840), p. 302 kurz beschrieben. Ich bemerke an dieser Stelle, daß die Nomenklatur dieser »Varietäten«, »Rassen«, »Spielarten« bei den verschiedenen Autoren nicht einheithch ist, ein Umstand, welcher bei weiteren Literaturstudien zu beobachten ist. 3) Breitenlohner hat den Nachweis erbracht, daß alle deutschen Rüben ent- weder direkt oder indirekt (durch Kreuzung) aus der schlesischen Rübe geworden sind. 478 Aclitzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenteile. ZU erzielen, dann erst ging man daran, mit Berücksichtigung der physio- logischen und morphologischen Eigenschaften, also unter Berücksichtigung der Korrelationsverhältnisse, eine Rübe zu schaffen, die pro Bodenfläche den höchsten Zuckerertrag liefert. Es ist hier wohl nicht der Ort, auf Es genügt Fig. 179. Blattstielquerschnitte, d Kleinwanzlebener, 6 Vilmorin blanche am^liore'e, (■ Vilmorin rose hätive, d weiße Futterrühe. (Sach Proskowetz jun.) ob die Rüben nun Magdeburger, Salzmündner, Erfurter, Wanzlebener, Quedlinburger, Imperial, russische oder österreichische hießen. Siehe H. Briem, Der praktische Rübenbau, I.Hft. Wien 1895, p. 23 und E. v. Proskowetz jun., Zur Charakteristik typischer Zuckerrübenvarietäten. Österr.-ungar. Zeitschr. f. Zuckerindustrie, XVIII (4889), p. 382. Vilmorin jun. (Journ. des fabricants de sucre, 1876) hat auch die verbesserte »weiße Vilmorinc als eine unmittelbar aus der weißen schlesischen Rübe durch Zuchtwahl hervorgebrachte Sorte erklärt. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenfeile. 479 hier zu bemerken, daß die Zuckerrübenauslese ^) Deutschlands in den überwiegend meisten Fällen auf der physikalischen Methode der Zucker- polarisation mit Berücksichtigung der Form von Wurzel und Blättern, des absoluten Gewichtes der Rübe, der Reinheit der Säfte, des Saftge- haltes, der Haltbarkeit und der möglichst geringen Neigung zum Auf- schießen beruht, mitunter auch mit Hilfe der vegetativen Vermehrung der wertvollsten Elekte durch bloße Teilung oder durch Herstellung wirklicher Stecklinge (Nowoczek-Knauer-Briem)^]. Zwischen der Ernte der Samen der polarisierten Rüben und dem Verkauf der Samen wird eine oder werden bisweilen zwei Generationen eingeschoben. Der Zweck ist, die Samen so stark zu vermehren, daß die hohen Kosten des Polarisationsverfahrens und der Auslese den Preis des Saatgutes nicht übermäßig erhöhen. Die Samenträger werden nicht in den übUchen Entfernungen kulti- viert, sondern so dicht nebeneinander, daß ihre Rüben etwa nur finger- dick werden. Sie treiben dann nur wenig verzweigte Stengel und bilden nur die besten Samen aus, denn die Samen der schwächeren, an nor- malen Samenrüben so überaus zahlreichen Nebenzweige sind bekanntlich minderwertig. Im großen wird die Samenzucht hauptsächlich in Deutschland, Frankreich und Osterreich betrieben. Die Zuckerrübe wurde nach zwei Richtungen gezüchtet, wie bereits oben bemerkt wurde, daraus ergaben sich zwei Typen: 1. Vilmorin-Typus. Er stammt von der Quedlinburger Rübe. Züchtung auf hohen Zuckergehalt (Fig. 178). 2. Kleinwanzlebener Typus. Er stammt von der weißen schle- sischen Rübe. Züchtung auf Masse bei hervorragender Berücksichtigung des Zuckergehaltes. Mehr abgehärtet als der Vilmorin-Typus und aus- gesprochen spätreif (Fig. 177). Die Sorten der Zückerrübe unterscheiden sich oft auch an den Blattstielquerschnitten (Fig. 179). Obzwar die Beschreibung verschiedener Sorten heutzutage, wo die Zuckerrübe nach streng wissenschafthchen Grundsätzen unter steter Auslese gezüchtet und auch nur nach Feststellung des Zuckergehaltes verarbeitet wird, weniger Wert hat, so mögen doch die von F. Knauer^) unterschiedenen fünf Formen der Zuckerrübe an- 1) Originelle Gesichtspunkte entwickelt Hugo deVries, Die Mutationstheorie, I, Leipzig -1901, § 11, p. 72 und an anderen Stellen. 2) K. V. Rümker, Die Rassenzüchtung landwirtschaftlicher Kulturpflanzen in: Die deutsche Landwirtschaft auf der Weltausstellung in Paris 1900 (Bonn 1900), p. 366/367. — >Die Zuckerrübenzucht der Gogenwarts Bl. f. Zuckerrübenbau 1894, p. 1 ff. 3) Zeitschrift d. Verein, f. Zuckerrübenindustrie, 1866. 480 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. geführt werden, weil sie sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als in den Be- richten der Praktiker oft vorkommen. 1. Die französische Rübe. Wurzel spindelförmig, Rinde weiß, Fleisch weiß und fein. Kopf klein, befindet sich unter der Erde. Ausgezeichnete Sorte. 2. Die Quedlinburger Rübe. Die Gestalt der Wurzel wie bei der vorigen. Rinde stets mit rötlichem Anflug. Fleisch fein, weiß, häufig auch rötlich. Kopf klein, gewöhnlich nicht über der Erde stehend. Früh reifend, sehr zuckerreich. 3. Die schlesische Rübe. Am häufigsten von allen Spielarten der Runkelrübe als Zuckerrübe gebaut. Wurzel birnförmig, mit etwa den halben Durchmesser der Rübe breitem, über dem Boden stehendem Kopfe. Fleisch weiß, etwas ins grünliche fallend, grob, spröde. Der Boden liefert einen hohen Ertrag an dieser Rübensorte, welcher indes zuckerärmer als die beiden vorigen ist. 4. Die sibirische Rübe. Wurzel birnförmig, Kopf ebenfalls über dem Erd- boden, breiter als bei der vorhergehenden. Fleisch grob, spröde, gelblich. Die zuckerärmste von den vier genannten Sorten. Bodenertrag an dieser Rübensorte ebenfalls bedeutend. 5. Die Imperialrübe. Wurzel lang, birnförmig; Kopf klein, meist unter der Erde, Fleisch reinweiß, zart. Die Pflanze, welche diese zuckerreichste aller Rüben liefert, ist an den stark krausen Blättern leicht kenntlich. Die von Knauer sehr empfohlene Elektoralrübe ist aus der Imperialrübe durch Züchtung entstanden und unterscheidet sich von ihr durch einen weniger schlanken, mehr gedrungenen Bau, und hat den Vorteil, auch auf geringem Boden gut fortzukommen. Heute verlangt man möglichst hohen Zuckergehalt bei nicht zu geringem Ernteertrag, regelmäßige kegel- oder birn förmige Gestalt mit wenig Seitenwurzeln und Vertiefungen (erschweren die Reinigung!), dichtes und weißes Fleisch (zuckerreich und gut zu verarbeiten!), möglichst kleinen, nur wenig aus der Erde hervorragenden Kopf (ist arm an Zucker und vor der Verarbeitung zu entfernen!) Das mittlere Gewicht soll 3/4 — 1 kg nicht überschreiten, da zu große Rüben zuckerarmen Saft von geringerer Reinheit enthalten. Den Anforderungen entsprechen am besten die »Kleinwanzlebener«, die »Vilmorin blanche amehoree« und die »Vilmorin rose hätive«. Diese Typen wurden eingehend untersucht. Eine vergleichende Übersicht ihrer Merkmale, nach den Untersuchungen von E. v. Proskowetz jun. i) als Beispiel einer wissenschaftUch genauen Beschreibung entworfen, habe ich in der 2. Auflage dieses Werkes, p. 560 — 561 geboten. Histologischer Bau der Zuckerrübe'^). Zum Verständnis des histologischen Baues der ausgewachsenen Zuckerrübe ist die Kenntnis einiger Punkte ihrer Entwicklungs- geschichte nötig. 1) Österr.-ungar. Zeitschr. f. Zuckerrübenindustrie 1889. 2) Wiesner, J., Untersuchung über das Auftreten von Pektinkörpern in den Geweben der Runkelrübe. Sitzgsber. kais. Akad. d. Wissensch. Wien, I, 1865. — Ein- leitung in die technische Mikroskopie. Wien 1867, p. 240 fr. — Rohstoffe des Pflan- Achlzehnter Abschnitt. Unterirdische IMlanzenleile. 481 Der Querschnitt durch den Wurzelkürper ausgewachsener Keim- pflanzen zeigt einen von großzelligem Rindengewebe umgebenen zentralen Strang. In der Mitte liegt eine Platte von porüs verdickten Holzgefäßen. Sie wird von einem großzelligen, parenchymatischen Füllgewebe begrenzt, und an dieses schließen sich die Phloemgruppen an, welche aus dünn- wandigen, etwas gestreckten eiweißführenden Zellen bestehen. Aus dem Füllgewebe bildet sich die erste Kambiumschicht, aus welcher der zen- trale sternförmige Holzkörper der späteren Rübe hervorgeht. Der Gefäß- und Phloemteil des zentralen Stranges wird umgeben vom Perikambium und dieses umschlossen von der Strang- oder Stärke- scheide, welche anfangs — aber nicht später — Stärke führt. Das Perikambium vermittelt das Dickenwachstum der Rübe. Es verwandelt sich zunächst durch Teilung seiner Zellen in das sekundäre Rindengewebe, durch dessen ^ ^ Entwicklung die äußere primäre Rinde mit- /fv^^-'^^^M^J'' samt der Strangscheide zersprengt und abge- |h ^^ i^>*^f "^^ worfen wird. In dem sekundären Rindengewebe bilden sich nun nacheinander die konzentrischen Kambiumschichten des Rübenkörpers, aus ihnen die konzentrischen Gefäßbündelringe, welche anfänglich dicht aneinandergerückt sind, später jedoch infolge des Dickenwachstums der da- Y^^.m. Querschnitt der zucker- zwischenliegenden Parenchymzonen ausein- ^"''/ '"^^ ^l\ konzentr. Kreisen der ° "^ Gefaßbundel. c zentraler stern- anderrücken. Die Zunahme an Masse beruht förmiger Heizkörper, yr Gefaß- _ . . c • TT n 1 liundelring, va Parenchymzone, m erster Lmie auf einer Vergrößerung der „, saugwurzein. Parenchymzellen. An der Keimpflanze entstehen bereits die Nebenwurzeln, und zwar im Perikambium. Sie durchbrechen die primäre Rinde. Am Querschnitt der ausgebildeten Wurzel stehen die Gefäßbündel in konzentrischen Kreisen, und zwar die inneren in größeren, die äußeren in kleineren Entfernungen voneinander. Je weiter ein Kreis vom Zentrum entfernt ist, um so zahlreicher sind seine Stränge, aber um so schwächer sind sie ausgebildet. Die Kreise werden nur an zwei gegenüberliegenden Stellen durch die radial verlaufenden Bündel der Nebenwurzeln gestört. Die Stränge verlaufen im Grundgewebe in 6 — 12 Mänteln von mehr zenreiches, ■!. Aufl. (ISTS), p. 6400'. — De Vries, Hugo, Wachstumsgeschichte der Zuckerrübe, Landw. Jahrb., VIII, p. -13 u. 4d7. — Schindler, F., Zur Charakteristik typischer Zuckerrübenvarietäten aul' anatom. Grundlage. Österr.-ungar. Zeitschr. f. Zuckerindustrie. Wien 1889, p. 351 fl". — Strasburger, E., Das botanische Prak- tikum. Abschn. XII. In allen Auflagen! — Eine Reihe populärer Artikel über den histologischen Bau von Wurzel, Blatt und Sproß haben insbesondere Hermann Erlern, A. Frank, ,1. Schneider verfaßt. Wiesner, Eohstoft'e. III. Band. 3. Aiitl. 31 482 Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenteile. oder weniger kegelfürmiger Gestalt, entsprechend der Form des Wurzel- kürpers. Sie sind in jedem Mantel zu einem gleichmäßigen Netz ver- bunden. Die Mäntel selbst anastomosieren teils an ihren oberen Enden. Fig. ISl. Vergr. 50. Radialsclinitt. j) Periderm, sp Korkmutterzellen, pa Parenthj mzone, c Kamtiumzone, G Gefäße, 7t Holzzellen. teils an über ihren ganzen Verlauf zerstreuten Stellen. Eine sehr voll- kommene Verbindung zwischen den einzelnen Teilen des Gefäßbündel- systems wird durch die Art hergestellt, wie die Mäntel nach unten enden. Fig. 1S2. Vergr. 250. Parenchym aus den peripheren Schichten mit Kristallsandzelle. }) poröse Verdickungsschicht, A' Kristallsand. Die äußersten enden zuerst, die inneren später, indem die Maschen ihres Netzes allmählich seltener werden und die schließlich übrig blei- benden Stränge sich an den nächst inneren Mantel anlegen. Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pßanzenteile. 483 Im Halse (Hypokotyl) ist der Gefäßbündelverlauf wie in der Wurzel, nur fehlen die radialen Stränge wegen Mangels von Seitenwurzeln. Auch im Kopfe der Rübe herrscht Gesetzmäßigkeit im Gefäßbündelverlauf Die Blattspurstränge verschmelzen mit dem Gefäßbündelsystem des Wurzelkörpers , bzw. Halses. Die ausgewachsene Rübe^) ist von einem Periderm umschlossen, welches sich aus 2 bis 6 Lagen tangential ab- geplatteter Zellen zu- sammensetzt und makro- skopisch entweder weißlich bis gelblich (weißes Periderm) oder bräunlich (braunes P.) erscheint. Braunes Peri- derm findet sich an allen Wund stellen, ferner an dem den Boden über- ragenden Kopf der Rübe. Runkelrüben, welche sich völlig im Boden entwickeln, sind deshalb stets relativ arm an braunem Periderm. — Die Zellen dieses Ge- webes sind plättchen- förmig und parallel zur Achse des Organs stark in die Länge gestreckt. Ihre mittlere Länge be- trägt 0,054, ihre Breite etwa 0,039, ihre Dicke beiläufig 0,009 mm. Im Mikroskop erscheinen ihre Zellen gelblich (weißes Periderm) oder bräunlich (braunes P.). Im Inhalte tritt eine größere oder geringere Menge einer feinkörnigen bräunlichen Masse auf. Mit Jod und Schwefelsäure behandelt, nehmen Fig. 183. Vergr. 50. Gefäßtündel der Zuckerrübe im Querschnitt, s Siebröhre, cum Kambium, Q Gefäß, m Markslrahlzelle. 1) Die Darstellung der histologischen Verhältnisse der ausgewachsenen Zucker- rübe beruht ganz auf den Arbeiten Wiesners, dessen grundlegende Untersuchungen über den Bau und die Mikrochemie dieser Industriepflanze heute noch in allen wesent- lichen Punkten vollgültig sind. 31* 484 Achlzehnter Abschnitt. Unterirdische Pllanzenleih die Membranen und der Inhalt der Zellen eine hellbraune Farbe an. — Die Zellen des braunen Periderms sind reicher an Korksubstanz, als die des weißen. Das Grundgewebe der Runkelrübe trägt durchweg einen parenchy- matischen Charakter. Im Innern der Rübe bildet es das Mark und durch- schneidet die unten zu besprechenden Gefäßbündelzonen in Form von Markstrahlen , welche unmittelbar in das dem Periderm benachbarte Rindenparenchym übergehen. Ein dem Mark und den Markstrahlen Fig. 184. Vergr. 61). Tangentiakclmitt aus der Xylemzone eines Bündelringes. pa Markstrahlparenchym, h Holzzellen, (,' Gefäße. analoges Parenchymgewebe alterniert mit den Gefäßbündelzonen. Alle drei Gewebe werden hier als Parenchym zusammengefaßt. Das Rindenparenchym besteht stets aus zwei Schichten. Die äußerste Lage setzt sich aus stark abgeplatteten Zellen zusammen, aus denen zweifellos die Zellen des Periderms hervorgehen. Diese Zellen sind also Korkmutterzellen. Hieran reihen sich wenig abgeplattete Zellen, welche entweder Chlorophyll (Kopf der Rübe), oder statt dessen einen rötlichen oder ungefärbten Zellsaft führen. Die Wände sämtlicher Rindenparenchymzellen zeigen die Reaktion der Zellulose. Die äußersten Wandpartien bestehen aus Pektose. Das Parenchym besteht aus rundlichen bis polyedrisch abge- platteten, dünnwandigen, mehr oder minder in die Länge gestreckten Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische IMlanzenleile. 485 Zellen, deren innere Wandteile aus Zellulose, deren äußere Wandpartien aus Pektose bestehen. Im Inhalte der Zellen findet sich ein wässeriger Zellsaft, ein feinkörniges Protoplasma mit dem Zellkern i). Die im Rüben- safte gelöst vorkommenden Substanzen (Rohzucker, Oxalsäure, Zitron- säure usw.) treten im Zellsafte auf. Darin ist auch eine durch Alkalien sich gelb-, durch Eisenchlorid sich schmutzig grün färbende Substanz (Gerbstoff) nachweisbar, einzelne Zellen, besonders in den peripheren Zonen, enthalten Kristallsand. — Über den Sitz des Gummi, des As- paragins, des oben genannten Alkaloides und ätherischen Ols in den Geweben der Rübe ist noch nichts bekannt. Die kleinen in der Rübe auftretenden Fettmengen haben merkwürdigerweise ihren Sitz iu der Zellwand. Die das Mark bildenden Par- enchymzellen sind ziemlich gleich- mäßig nach den drei Richtungen des Raumes hin ausgebildet. Die Zellen der mit den Gefäßbündeln alternierenden Parenchymzonen zei- gen aber bereits die Tendenz, sich parallel zur Achse der Rübe zu strecken; diese Tendenz tritt desto mehr hervor, je mehr diese Zellen dem Kambium des Gefäßbündels sich nähern. Die an das Kambium an- gelehnten Elemente des Parenchyms sind sehr auffällig in die Länge gezogen. Diese Zellen sind als Hauptsitz des Zuckers anzusehen. De Vries hat später diese Ent- deckung Wiesners bestätigt und dieses Gewebe als »Zuckerscheide« bezeichnet. Die Markstrahlenzellen zeigen hier und dort sehr stark die Neigung zur radialen Streckung und radialen Abplattung. — Die nahezu isodiaraetrischen Parenchymzellen haben einen Durchmesser von 0,025 bis 0,252, meist von nahezu 0,052 mm. Die zuckerreichen, dem Kambium benachbarten Parenchymzellen weisen eine Länge von 0,054 — 0,089 und eine Dicke von 0,014 — 0,022 mm auf. Das Gefäßbündelgewebe (Prosenchymgewebe) tritt in der Runkel- rübe, wie schon erwähnt, in Zonen auf, welche mit Parenchymschichten alternieren und radial von Markstrahlen durchsetzt werden. i"ig. 185. Vergr. 300. Gefäßfragmente aus einem Mazeiationspräparat. A Porengefäß. B Netzgefäß. 1) In besonders zuckerreichen Rüben wurden von J. Peklo (Österr.-ung. Zeit- schrift r. Zuckerind, und Landw. loog, 2. Heft^ Stärkebildner und Stärkekörner nach- gewiesen. 486 Aclitzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. Jede Gefäßbündelzone besteht aus einem nach außen gekehrten Phloem- und einem gegen die Achse zugekehrten Xylem. Die äußerste, jüngste Prosenchymzone besteht häufig bloß aus dem Phloemteile. Die Siebröhren und Geleitzellen sind in die Länge gestreckt (ihre Länge beträgt 0,090 — 0,176, ihre Dicke 0,009—0,015 mm), sehr dünn- wandig, mit feinkörnigem Plasma gefüllt. Sie sind als Hauptsitz des Ei-weißes der Rübe anzusehen. Die Wand dieser Zellen besteht bis auf die äußerste aus Pektose zusammengesetzte Schicht aus Zellulose. Im Holzteil des Gefäßbündels sind Holzzellen und Gefäße zu unter- scheiden. — Die nur schwach verholzten, in ihren Membranen Zellulose, Holzsubstanz und Pektose enthaltenden Holzzellen führen gleich den Gefäßen Luft, daher die querdurchschnittenen Holzgewebszonen der Rübe schneeweiß erscheinen. Die Länge dieser Zellen beträgt im Mittel 0,036, die Dicke 0,014 — 0,026 mm. — Die Gefäße sind porös verdickt (Poren- und Netzgefäße); ihre Wände zeigen chemisch das gleiche Verhalten wie die Holzzellenmembranen der Rübe. Ihr Querdurchmesser beträgt 0,025—0,075 mm. Chemische Zusammensetzung. Wenige Pflanzen sind chemisch so oft untersucht worden wie die Zuckerrübe. Sie besteht aus dem in Wasser löslichen Teil, dem »Saft« und dem in Wasser unlöslichen Teil, dem »Mark«. Die durchschnitt- liche Zusammensetzung ist*): Mark 4 — 5 Proz., Saft 95 — 96 Proz. und zwar Zucker 13 — 14 Proz., löslicher Nichtzucker 2 — 3 Proz., Wasser 78—80 Proz. Der Zuckergehalt schwankt bei den einzelnen Individuen derselben Varietät oft innerhalb weiterer Grenzen (10 — 20 Proz.). Berücksichtigt man das im Mark gebundene Wasser, so hat man Mark 9,7 Proz., wovon 4,7 Proz. auf Marktrockensubstanz, 5 Proz. auf gebundenes Wasser entfallen, dazu Saft 90,3 Proz. Das »Mark« enthält: Zellulose, Arabinsäure, Pararabin (bis 54 Proz., Pektin- stoffe, Proteide, Fett, Asche. — Der Saft 2) enthält durchschnitthch: Wasser 84 Proz., 1) Vgl. z. B, Medicus, Technologie -1897, p. 685fr. 2) Von der Beschaffenheit des Saftes hängt die Bewertung der Bube ab, da aufJer dem Zuckergehalt auch der Gehalt an Nichtzucker, d. h. die Reinheit des Saftes in Betracht kommt. Diese wird ausgedrückt durch den sogenannten Reinheits- quotienten, d. i. die Zahl, welche angibt, wie viel Zucker in 100 Teilen Safttrocken- substanz vorhanden ist. — Im Betriebe gelingt es, vermöge der hoch ausgebildeten Saftgewinnungsmethoden (Diffusionsverfahren) einen Saft zu gewinnen, der fast die gleiche Konzentration wie der Zellsaft (1 2 — 1 5 Proz. Zucker) besitzt. Der Zucker wird hierbei der Rübe fast vollständig (bis etwa 1/4 Proz.) ausgezogen. Die dann im Rück- stande verbliebenen Rübensclmittlinge bestehen fast durchaus aus unverletzten Zellen, die noch im innigsten Verbände , stehen. Wie Wiesner schon 1864 (Pektinkörper Achtzehnter Abschnitt. Unterirdische Pflanzenteile. 487 Zucker (fast reine Saccharose) U Proz., Nichtzucker organisch -1,3 und anorganisch 0,3 Proz. Der organische Nichtzucker enthält 1. von N-haltigen Körpern (0,5 bis 4,0 Proz.): Eiweiß, Asparagin, Glutamin, Betain (Trimethylglykokoll), dann, z. T. erst im Betrieb gebildet: Leuzin, Turosin, verschiedene Xanthine. 2. von N- freien Kör- pern: organische Säuren, wie Oxalsäure, Weinsäure, Zitronensäure, Mellonsäure, Trikarbellylsäure, Akonitsäure als Salze. Ferner sind nachgewiesen: Koniferin, Va- nillin, Gerbstoff, Saccharose, Dextran (Gärungsgummi), Galaktan, Rafflnose (nicht regelmäßig und nach Stohmer und Pellet, Öst.-ung. Zeitschr. f. Zuckerind, und Ldw. 1910, Bd. 39, p. 649 und 942 nur zu 0,056 Proz.), Invertzucker (in frischem Saft höchstens in Spuren, in größerer Menge in eingemieteten Rüben). Hierzu kommen noch verschiedene Enzyme, etwas Fetti), Farbstoffe und Saponin. Der Farbstoff mancher Zuckerrübensorten, z. B, der Quedlinburger, scheint gleich dem der roten Rübe (Ranne), wie schon Reinke^) lehrte, ein dem Alkannarot nahestehender Körper. Das Saponin (Rübenglykuronoid) ist ein sehr stark wirkendes saures Saponin aus der Gruppe der Galakturonoide und hat- die Bedeutung eines »Genußmitt^ls im Sinne der Gewürze« 3i. Die Asche der Zuckerrübe ist reich an Kohlensäure. Ihre mittlere Zusammensetzung (auf kohlensäurefreie Asche berechnet) ist nach E.Wolf: KaU 55,13; Natron 8,92; Kalk 6,08; Magnesia 7,86; Eisenoxyd 1,14; Phos- phorsäure 12,18; Schwefelsäure 4,20; Kieselsäure 2,28; Chlor 4,81; außerdem wech- selnde, 0,09—13,9 Proz., Mengen von Salpeter, besonders bei auf Rieselfeldern ge- bauten Zuckerrüben beträchtlich. Im Anschluß an diese Orientierung über die chemische Zusammen- setzung der Zuckerrübe möge mit Rücksicht auf den Umstand, daß es sich um die Hauptzuckerpflanze der Welt handelt, noch eingegangen werden auf Ursprung, physiologische Bedeutung und Verteilung der Saccharose^). Durch die Arbeiten von Siegfried Strakosch^) ist die Entstehung und physiologische Bedeutung der Saccharose für die Zuckerrübe nun- in den Geweben der Runkelrübe, I.e., p. 11) nachgewiesen hat, quellen die Pektose- membranen bei der im Diffusionsverfahren angewandten Temperatur noch nicht, und es sind die im Safte vorhandenen geringen Mengen Eiweißkörper und Pektinstoffe ledighch auf die kleine Zahl von zerrissenen Zellen zurückzuführen, welche die Um- grenzung der Rübenschnitthnge bilden. 1) Neville, A., Ghem. Zentralbl. 1912, II, p. 843. — Siehe auch Abderhalden, Biochem. Handwörterb., Bd. VllI, p. 431. 2) Hoppe-Seylers Zeitschr. f. phys. Ghem., VII, p. 263. Vgl. auch Weigert, L., Beitr. zur Chemie der roten Pflanzenfarbstoffe. Jahresber. und Programm Kloster- neuburg 1893. 3) Kobert in Heil- und Gewürzpflanzen, I. Jahrg., Heft 8 (Februar 1918), p. 215. 4) Bezüglich aller chemischen Fragen über Saccharose sei auf E. von Lipp- mann, Die Chemie der Zuckerarten, Braunschweig 1895, verwiesen. 5) Strakosch, S., Über den Einfluß des Sonnen- und des diffusen Lichtes auf die Entwicklung von Beta vulgaris (Zuckerrübe). Österr.-ung. Zeitschr. f. Zuckerind, u. Ldw. 1900, Heft 1. — Ein Beitr. z. Kenntn. des Kohlehydratstoffwechsels von B. v. (Zuckerr.) Sitzungsber. Akad. Wissensch. Wien, m.-n. Kl., 1907, Bd. CXVI. 488 Achtzehnter Abschnitt. Unlerirdische Püiinzenteile. mehr vollkommen geklärt. Im Mesophyll der gesamten Blattfläche bildet sich Dextrose und es kommt keine andere Zuckerart darin vor. Die Dextrose wandert in die Blattnerven, dort erst tritt Lävulose auf. Dann erst bildet sich die Saccharose aus ihren Komponenten. Dieser Prozeß ist vom Lichte abhängig. Sie wandert als solche in die Wurzel. Autochthone Stärke erst nach der Saccharose und nach Anhäufung von Dextrose im Mesophyll. Nach Stoklasa') entfallen auf ein Gewicht von 400 g reiner Blattsubstanz in 30 Tagen aus der Einwirkung der Radiation der Sonne 34 g Saccharose. Wie man schon lange weiß, wandert nachts ungefähr die Hälfte der am Tage gebildeten Saccharose in die Wurzel. Die Wanderung geht in der Richtung stets wachsender Konzentration vor sich, das ist durch die Blattnerven und Blattstiele hindurch in den Rübenkopf und sodann in den Rübenkürper. Wie Proskowetz2) ge- funden hat, ist in der Rüben wurzel schon sehr frühzeitig Rohrzucker vorhanden; z. B. schon 11 Tage nach dem Aufgang der Samen bereits bis 1 Proz. Der Rohrzucker ist in der Rübe nicht gleichmäßig ver- teilt^). In der normalen Rübe wächst der Zuckergehalt vom Kopfe und vom Schwanz aus gegen die Mitte zu, so daß sich das Mittel desselben an zwei verschiedenen Stellen vorfindet. Der Zuckergehalt wächst auch, und zwar ringsum gleichmäßig, von der Hauptachse aus nach außen zu, wird in den zentralen Gefäßbündelkreisen am grüßten und nimmt dann gegen die Rindenschichte zu wieder etwas ab^). Eine Rübe ist um so zuckerreicher, je mehr Gefäßbündel und Parenchymzonen sie besitzt. Zwischen den Mengen des Rohrzuckers und den mineralischen Be- standteilen der Rübe besteht ein gewisser Zusammenhang. Schon Pellet gibt an, daß zur Bildung von 100 kg. Zucker in der Rübe im Mittel 18 kg mineralische Stoffe nötig sind, wovon 5 — 6 kg auf Kohlensäure, 1 — 1,2 kg auf Phosphorsäure, 3 — 4 kg auf Stickstoff und 4,5 kg auf Kali kommen. Die Asche zuckerreicher Rüben enthält mehr K, Ca, Mg, P2O5, als die von zuckerarmen, hingegen weniger Na, SO3 und Gl. Jüngst erst hat Stoklasa'') auf die besondere Bedeutung des K-Jons für die 1) Stoklasa, Die deutsche Zuckerindustrie 1895, Nr. 35. 2) Proskowetz, E. jun. v., Zur Charakteristik typ. Zuckerrüben Varietäten. Österr.-ung. Zeitschr. f. Zuckerind., XVIII (1889), p. 375. 3) Schubart, Zentralbl. f. d. Zuckerindustrie 1906, Nr. 36. 4) Die Differenz im Zuckergehalt verschiedener Teilstücke oder verschiedener konzentrischer Schichten der nämhchen Rübe kann erfahrungsgemäß sogar mehr als 2 Proz. betragen. Ein Schema der Verteilung des Zuckergehaltes siehe bei Kraf It- Fruwirth, Pflanzenbaulehre, p. 164, E'ig. 153. 5) Stoklasa, J. und A. Matousek, Beitr. z. Ei-nährung der Zuckerrübe. .Jena 1917. Achlzehnter Abschnitt. Unlerinlische Plliinzenfeile. 489 Entwicklung der Zuckerrübe und die in ihr verlaufenden Photosynthesen hingewiesen. Verwendung der Rübenabfälle. Die entzuckerten Schnitzel werden ausgepreßt und als Viehfutter verwendet, auch durch sofortiges Trocknen i) unveränderlich haltbar ge- macht. Bei der Herstellung von Surrogatkaffee werden die Rüben- schnitzel durch Rüsten und Zerkleinern zu einem grobkörnigen, ungleich- mäßigen Pulver verarbeitet, welches von reinbrauner Farbe ist und brenzlichen Geruch 2) besitzt. Die Blätter der Zuckerrübe dienen in der Tabakindustrie als Surrogat, freilich nur in jenen Ländern, welche kein Tabakmonopol besitzen. Wie jede Kulturpflanze wird auch die Zuckerrübe von vielen Krank- heiten befallen. Auf diese kann jedoch hier nicht eingegangen werden 3). 1) Müller, M. und Ohlmcr, Zeitschr. 1'. angew. Chem. 1893, p. U2. 2) Über die Mikroskopie des Zuckerrübenmehles siehe Vogl, A. E. von. Die wichtigsten vegetabilischen Nahrungs- und Genußmittel, Wien 1899, S. 399 u. Fig. 170 (Gewebsl'ragmnnte) und Moeller, ,1., Mikroskopie der Nahrungs- und Genußmittel a. d. Pflanzenreiche, 2. Auflage, Berlin 190;i, p. 557 u. Fig. 372 (Kork), Fig. 573 (Längs- schnitt). 3) Eine für Praktiker berechnete, mit ausgezeichneten Farbendrucken versehene Darstellung hat A. Stift gegeben. »Die Krankheiten und tierischen Feinde der Zucker- rübe.« Wien 1900. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter i). Nur die technisch verwendeten grünen Blätter (Laubblätter) und Kräuter werden im folgenden behandelt. Bezüglich der zahlreichen vor- nehmUch zu medizinischen und pharmazeutischen Zwecken verwendeten »folia« und »herbae«, sowie des »Tee« und »Mate« muß also auf die Hand- und Lehrbücher der Pharmakognosie und die Werke über Nah- rungs- und Genußmittelkunde verwiesen werden 2). Die Blätter und Kräuter sind teils in frischem, teils in getrock- netem Zustande Handelsgegenstand. Während die Blätter meist zerkleinert oder gar gepulvert (z. B. die Sumacharten) im Handel erscheinen, pflegen die Kräuter in einem Zustande gehandelt zu werden, in dem sie ohne Aufwand feinerer Untersuchungsmethoden bestimmbar sind. Gepulverte Ware erfordert, wie oft auch bloß zerkleinerte, die sorgsamste mikro- skopische Untersuchung, da die botanische Abstammung in diesen Fällen nur mit Hilfe der histologischen Merkmale festgestellt werden kann. Wiesner hat schon in der ersten Auflage der »Rohstoffe« eine kurze histologische Charakteristik des Laubblattes gegeben, die, als den Zwecken des Werkes noch heute entsprechend, mit geringfügigen Ände- rungen wiedergegeben sei. ■1) Auf Grund der Bearbeitung von F. Krasser in der II, Auflage neu bearbeitet von Reg.-Rat Dr. T. F. Hanansek, Wien; nach dessen Tode ergänzt von Professor Jos. Weese, Wien. 2) Vgl. insbesondere F. A. F lückig er, Pharmakognosie des Pflanzenreieiies. 3. Aufl. Berhn 1891, p. 623— 773; A.Meyer, Wissenschaftl. Drogenkunde. 2. Teil. Berlin -1892, p. 194—241 und 467—473. A. v. Vogl, Pharmakognosie. Wien 1892, p. 18 — 107. Hirsch, Universalpharmakopöe. 2. Aufl. Göttingen (1902, erschienen Nov. 1901), p. 382 — 895 und 434—446. — Dragendorf, Die Heilpflanzen usw. Stuttgart 1898. — J. Moeller, Lehrb. d. Pharmakognosie. 2. Aufl. Wien 1906. — Moeller-Thoms, Realenzyklopädie d. ges. Pharmazie. Berlin-Wien, 2. Auflage, 1904 — 1912. — J. Moeller, Mikroskopie der Nahrungs- und Genußmittel. 2. Aufl. Berlin 1905. — A. v. Vogl, Die wichtigsten vegetab. Nahrungs- und Genußmittel. Wien 1899. — Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie. Leipzig 1909 ff. — C. Hart wich. Die menschlichen Genußmittel. Leipzig 1911. Neunzehnter Abschnitt. Blätter uhd Kräuter. 491 Die Blätter zeigen trotz großer Mannigfaltigkeit in Einzelheiten im allgemeinen einen sehr übereinstimmenden Baui). An der Oberseite sind sie von einer spaltüffnungsarmen , manchmal sogar spaltüffnungs- freien, an der Unterseite von einer gewöhnlich spaltülfnungsreichen Oberhaut (Epidermis) überdeckt. Die Oberhautzellen der Blätter sind fast stets parallel der Oberiläche des Blattes abgeplattet, die der oberen Blatthälfte angehörigen gewöhnlich polygonal, die an der Unterseite des Blattes stehenden häufig buchtig oder wellenförmig konturiert. Einzelne Oberhautzellen oder ganze Gruppen von solchen erheben sich zu Papillen, Haaren, Drüsen oder Schuppen. Über allen Oberhautgebilden lagert ein zartes, homogenes Häutchen, die Kutikula, die gewöhnlich an den oberen Blattseiten stärker als an den unteren entwickelt ist. Die Außen- wände der Oberhautzellen sind normal stets stärker als die übrigen Wände verdickt. Die Kutikula unterscheidet sich chemisch von der darunter- liegenden Zellwand schon durch ihre größere Resistenz gegen Lösungs- mittel und stark oxydierende Reagenzien. Oberhäute von Pllanzenteilen, die wie die Stengel von Equise tum- Arien zum Polieren, Scheuern usw. verwendet werden, führen in den Membranen so viel Kieselsäure, daß die Zellen nach der Veraschung in morphologisch ungeändertem Zustande als sogenannte Kieselskelette zurückbleiben. Im Inhalte der Oberhaut- zellen findet sich gewöhnlich kaum mehr als ein farbloser oder gefärbter Zellsaft. Getrocknete Blätter besitzen lufthaltige, saftfreie Oberhautzellen, deren Wände nicht selten durch einen etwa vorhanden gewesenen ge- färbten Zellsaft fingiert sind. — Die Oberhaut umschließt an allen Blättern ein eigenartiges, von Gefäßbündeln durchzogenes Grundgewebe, Älesophyll genannt, in welchem in der Regel zwei Schichten unter- schieden werden können. Die obere Schicht setzt sich gewöhnlich aus zylindrischen, senkrecht zur Oberhaut gestreckten Zellen zusammen (Pali- saden; die untere Schicht besteht hingegen aus einem von großen, luft- führenden Interzellularräumen durchsetzten Parenchym (Schwanmiparen- chym). So gebaute Blätter nennt man bifazial. Finden sich unter jeder Oberhautlamelle Palisaden, so heißt das Blatt konzentrisch. Die Zellen des Mesophylls führen reichlich Ghlorophyllkörner, sie sind gewöhnlich dünnwandig, nur in manchen Blättern treten, namentlich in der Nähe des Gefäßbündels, auch Sklerenchymzellen auf. Manche Blätter führen 1) Die eingehendste Behandlung der Histologie der Blätter findet sich bei H. Solercder, Systematische Anatomie der Dikotyledonen. Stuttgart 1899 und Er- gänzungsband, Stuttgart 1908. — Zahlreiche Pflanzen sind bezgl. ihrer Blattanatomie und des Vorkommens von Kristallen von F. Netolitzky (Bestiramungsschlüssel und Beschreibung von Dikotyledonenblättern. Kennzeichen der Gruppe : Raphidenkristalle, Wien 1905; Kennzeichen der Gruppe II: Drusenkristalle, Wien 1908; Anatomie der Dikolyledonenblätter mit Kristallsandzellen. Berlin und Wien, 1911) bearbeitet. 492 Neunzehnter Abschnitt. Bläller und Krauler. in einem Teile der Mesophyllzellen Schleim oder Kristalle von oxal- saiirem Kalk oder ätherische Öle und erscheinen im letzteren Falle, im durchfallenden Lichte betrachtet, häufig schon^für das freie Auge punktiert. Für die Charakteristik der Rohstoffe dieser Kategorie sind derartige Vor- kommnisse oft von hohem Werte. — Die Gefüßbündel bieten für die Charakteristik zerkleinerter Blätter weniger Anhaltspunkte dar als die Oberhaut und das Mesophyll; ganze Blätter lassen sich hingegen geradezu am sichersten durch die Ausbildungsweise des Gefäßbündels im Blatte (Nervatur) charakterisieren i). Bei der Untersuchung von Blattfragmenten haben sich Form- und Strukturverhältnisse der Blattzähne und insbesondere der Verlauf der Nerven in denselben in schwierigen Fällen als wichtige diagnostische Merk- male bewährt 2). Auch die Histologie der Blattstiele, insbesondere die Art des Vorkommens der Gefüßbündel in denselben bietet gute Anhaltspunkt^ für die Definition einer nur in Fragmenten vorliegenden Blattdroge. Übersicht der technisch verwendeten Blätter und Kräuter. 1. Pinaceen. a) Abieteen. Pinus Pumilio Haenke (Pinus montana Mill.p. p.)^ P. Mughus Scop. Latschen-, Zwergkiefer, Legföhre und Bergführe. In den österreichischen Alpen, besonders in Tirol (Pustertal, Imst, Fernpaß, Kalkbachtal, Ampezzo- tal, Val Popena), im südlichen Niederösterreich imd angrenzenden Steier- mark, ferner auch in Ungarn (in der Tatra) und Siebenbürgen wird aus den frischen Nadeln und jüngeren Zweigspitzen das »Latschenkieferöl« oder »Krummholzöl« gewonnen 3), welches als Oleum Pini Pumilionis in Österreich offizineil ist. Pinus silvestris L., Gemeine Kiefer oder Föhre. Im Handel kommt ein in Schweden (Distrikt Jönköping) aus den Nadeln durch Dampf- I) Vgl. insbesondere C. v. Ettingshausen, Die Blattskelette der Dikotyledonen. Wien 1861. i.] A. Tschirch und 0. Oesterle, Anatomischer Atlas der Pharmakognosie und Nahrungsmittel künde. Leipzig 1893 — 1900, p. 10. — H. Virchow, Über Bau und Nervatur der Blattzähne und Blattspitzen, mit Rücksicht aut diagnostische Zweckt' im Gebiete der Pharmakognosie Inaug.-Diss. Bern 1893. 3i Unter der Brzeichnung »Latschenöl« werden verschiedene ätherische Öle ver- kauft, insbesondere Destillate von Nadeln, Zwiigspitzen und Zapfen der Edeltanne, Zirbel und anderer Koniferen. Vgl. A. v. Vogl, Pharmakognosie 1892, p. 472. i Neunzehnter Abschnitt. Biälter und Krauler. 49B destillation gewonnenes Öl »Scliwedisches Fichtennadelül« vor. Auch aus den Föhren Mitteleuropas läßt sich ein Nadelül (»Deutsches Kiefern- nadelül) destilUeren, welches im balsamischen Dufte wenig dem » Lat- schen ül« nachsteht. Picea excelsa Lk. (Picea vulgaris Lk.J, Fichte, Rottanne. Aus den frischen Nadeln und jungen Zweigspitzen läßt sich durch Dampfdestil- lation in einer Ausbeute von 0/15 Proz. ein ebenso angenehm aroma- tisches ()\ wie das Edeltannen-Nadel- und Zapfenül gewinnen. Dieses eigentliche »Fichtennadelöli)« scheint indes zu Handelszwecken nirgends dargestellt zu werden. Äbies Sibirica Ledeb.^ [= A. Pichta (Fisch.) Forbes] Sibirische Tanne, russisch Pichta. Nördliches Rußland (Gouv. Wjatka), Sibirien. Aus Nadeln und jungen Zweigspitzen wird das »sibirische Fichtennadelül« in großen Mengen destiUiert und wegen seines kräftigen balsamischen Duftes zur Aromatisierung von Fichtennadelseifen und billigen Tannen- duftpräparaten verwendet. — Schimmel & Co. Ber. April 1886, p. 15. Gildemeister u. Hoffmann (s. Fußnote 1), p. 113. Älbies alba Mill. (A. pectinata DC), Edeltanne. Von dieser Pflanze stammt das »Edeltannenül*, das aus den Nadeln und Zweigspitzen be- sonders im Thüringer Walde, in der Schweiz und Tirol (im Pustertale) destilliert wird. — Gildemeister, 1. c. H. p. 117. Tsuga Canadensis Carriere (Abies canadensis Mckx.J Spruce-, Hemlock- oder Schierlingstanne (Nordamerika). Durch Destillation der Nadeln und jungen Zweige wird das echte »Hemlock- oder Spruceöl« gewonnen. Auch die Nadelüle von Picea alba Lk. und Picea nigra Lk. gehen unter diesem Namen. Die Destillate sind in ihren Eigenschaften und Bestandteilen qualitativ und quantitativ nahezu identisch. b) Cupresseen. Thuja occidentalis L. , Lebensbaum, weiße Zeder, Sumpfzeder. Davon stammt, aus den Blättern und Zweigen mit Wasserdampf destilliert, das vornehmlich in Nordamerika produzierte »Thujaöl, Oil of Thuja«. Kommt auch als »Zedernblätteröl, Oil of Cedar leaves« im Handel vor. 1) Unter » Fichtennadelöl « versteht man im Handel dir wohlriechenden, aus Irischen Blättern und jungen Zweigen, sowie aus den einjährigen Kruchtzapfen der Tannen, Fichten, Kiefern und Lärchen destillierten Öle. Sie finden wegen ihres balsamischen und erfrischenden Tannenduftes zur Herstellung verschiedener Tannen- duftessenzen, Koniferensprit, zum Zwecke der Zerstäubung in "Wohn- und Kranken- zimmern, zur Bereitung aromatischer Bäder, ferner auch in der feineren Parfümerie und Seifenindustrie stets wachsende Verwendung. Vgl. E. Gildemeister und Fr. Hoffmann, Die ätherischen Öle. Leipzig 1913. IL Bd., p. 116. IJber ein amerik »Fichtenöl-t zur Erzaufbereitung s. Schimmel & Co., Ber. 1919, p. 91. 494 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Ciqyressus sempervirens L. ("= C. fastigiata DC), Zypresse und C. lusitanica Mill. (= C. glauca Lam.^ C. pendula VHerit., C. ühdeana Gord., C. sinensis Hort.) — C. sempervirens stammt aus dem Orient und wird in allen Mittelmeerländern kultiviert; C. lusitanica wird in Spanien, Portugal, Italien, im südlichen Frankreich in Gärten gezogen. Aus den Blättern und jungen Zweigen wird das Zypressenül destilliert, das gegen Keuchhusten angewendet wird. Die Ole der beiden Arten sind etwas verschieden, auch ist C. lusitanica ülreicher. (Schimmel & Co., Ber. Okt. 1894, p. 70; April 1895, p. 22; 1912, Oktober, p. 48. E. G. und A. Camus, Berichte von Roure-Bertrand fils, April 1912, 8. Juniperus Sabina L,, Sadebaum. In den gemäßigten Zonen der alten Welt einheimisch. Durch Dampfdestillation der Blätter und Zweig- enden wird das Sadebaumül dargestellt, welches schon in der Taxord- nung der Stadt Frankfurt a. M. vom Jahre 1587 erwähnt wird. Das in Südfrankreich destillierte Sadebaumül wird mit Terpentinöl verfälscht. Zu den in Deutschland produzierten Mengen wird der Rohstoff vor- nehmlich aus Tirol bezogen. Zur Verfälschung dient besonders das Blätteröl von Juniperus phoenicea L., in Südfrankreich als »Sabine« bezeichnet. Juniperus virginiana L. , Virginische Zeder. Nordamerika. Aus den Blättern dieses Wacholders allein sollte das »Zedernblätteröl destilliert werden. Das »Oil of Cedar leaves« des amerikanischen Handels wird jedoch aus den Blättern des »red cedar« (J. vii'giniana) und »white cedar« (Thuja occidentalis L.J, häufig auch zusammen mit denen anderer Koniferen gewonnen; die Zedernblätteröle des Handels weisen daher be- trächtliche Verschiedenheiten auf. 2. Gramineeu. Cymbopogon Martini Stapf (Cymh. Martinianus Schult., Ändro- pogon Martini Roxb., A. pachnodes Trin., A. Schoenanihus Flück. et Hanb., non Z/., A. Schoenanthus var. genuinus Hack., A. Schoenan- ihus var. Martini Hook. f.)^). Indien, vom Ganges bis Afghanistan und von der subtropischen Zone des Himalaja bis zum 12"n. B. — >Rusa- gras«, »Rosha«, »Nimar«. Kommt in zwei Varietäten »Motia« (= Perle, kostbar) und »Sofia« [= minderwertig) vor, die sich nur im Habitus und in der Zusammensetzung ihrer Ole unterscheiden. »Motia« hefert das Palmarosaöl (indisches Grasül, Rusaöl, indisches oder türkisches <) Hierzu bemerkt der ergänzende Bearbeiter, daß bei Hackel in Engler- Prantl, Natürl. Ptlanzenfamilien, II, 2(1887), p. 28 und in Dalla Torre et Harms, Genera Syphonogarum, 1900 — -1907, p. 12, Cymbopogon nur als Untergattung von Andropogon L. angeführt wird. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 495 Geraniumülj. Es wird hauptsächlich im Distrikt Khandesh destilliert, auch in Nimar (daher dieses »Nimar-Ül« genannt wird) und kommt über Bombay in den Handel. Es ist farblos, hellgelb, bisweilen durch Kupfer grün gefärbt, duftet angenehm nach Rosen und enthält hauptsächlich den Alkohol Geraniol QoHisO, etwa 75 — 95 Proz. ; ferner Dipenten und Methyl- heptenon; Citronellol ist darin nicht enthalten. Es dient zu feinen Parfüms und zur Verfälschung des Rosenöles. Die Ausfuhr betrug 1905 bis 1906 23 436 Gallonen (davon ein Viertel Gingergrasül). In Indien wird es zu den »Attars« (alkoholfreie Parfüms) verwendet. Die Varietät »Sofia« liefert das Gingergrasül. Es löst sich in TOprozentigem Alkohol klar auf, ist im Geruch und in der Zusammensetzung von vorigem verschieden. Es enthält Geraniol und einen Dihydrocumin- alkohol (im Geruch an Linalool und Terpineol erinnernd), ferner Phel- landren, Dipenten und Limonen. Im Handel tritt es fast nur verfälscht auf, und zwar mit Terpentinöl, Mineralöl, Gurjunbalsamöl. — 0. Stapf, Kew Bull. 1906, p. 335. — Schimmel & Co. Ber. April 1907, p. 50 und April— Oktober 1917, p. 35. — Gildemeister, 1. c, IL, p. 187—200. Cymhopogon flexuosus Stapf [ÄfidrojJogoji flexuosus Nees ex Steud., A. Nardiis var. flexuosus Hack.), Indien: Tinnevelly-Distrikt, Travancore; wild und kultiviert. — »Malabargras«, »Kotuhingras«. Liefert das ost- indische Lemongrasöl (schlechtweg Lemongrasül des Handels, Mala- bar-, Travancore-, Kotuhin-Lemongrasöl, Oleum Andropogonis citrati, Essence de Verveine des Indes, Indisches Verbenaül). Es ist eine rülhch- gelbe bis braunrote, leicht bewegliche Flüssigkeit, riecht und schmeckt intensiv zitronenartig und enthält als Hauptbestandteil den Aldehyd Citral GioHißO, ferner Geraniol und vielleicht auch Citronellal. Maßgebend für die Güte des i>les ist der Gehalt an Citral, dem es den Geruch verdankt (70 — 85 Proz.) Es ist in 1,5— 3 Vol. 70prozentigen Alkohols löslich. Die Produktion (im südlichen Vorderindien) ist seit 1906 enorm gestiegen, aus dem Hauptverschiffungshafen Kotuhin wurden 1911/12 7500 Kisten (zu 7,3 kg Inhalt) exportiert. — 0. Stapf, Kew BulL 1906, p. 297. — Gildemeister, 1. c. , IL, S. 200. — In Madras kommen zwei Varietäten, eine weißstengelige C. flex. f. albescens und eine rotstengelige vor, von denen erstere ein mehr an Citronellol erinnerndes Öl liefert. Schimmel & Co. Ber. April— Oktober 1917, p. 32. Cymhopogon sennaarensis Chiov. Britischer Sudan. — »Mahareb«. Liefert ein nach Poleiöl riechendes Ol, das das auch im japanischen Pfefferminzöl und im Kampferöl vor- kommende Menthenon enthält. Schimmel & Co. Ber. Oktober 1916, p. 16. Cymhopogon citratus Stapf (Aridmpogon citratus DC, Andropogon Schoenanthiis L., A. citriodorum Desf, A. Roxburghii Nees, A. Nardus var. ceriferus Hack.). Nur kultiviert, in den meisten tropischen Ländern, 496 Neunzehnter Abschnitt. Bläüer und Kräuter. besonders auf Ceylon, in den Straits Settlements, Nieder-Burma, Kanton, auf Java, in Afrika, Mexiko, Brasilien, Westindien usw. — »Lemongras«. »Citronengras«, malayisch »Sereh betoel«. Liefert ein Lemongrasül, das, solange man dessen Abstammung nicht kannte, westindisches Lemongrasül genannt wurde und diesen Namen behalten hat. Es unterscheidet sich von dem ostindischen Öl durch seine Schwerlüslichkeit in Alkohol; so wurden westindische Lemongrasüle untersucht, die sich selbst in 10 Vol. 90prozentigen Alkohols nicht klar lösten. Der wich- tigste Bestandteil ist Gitral (53—83 Proz.). Ein ähnliches Öl liefert Cymbojjogon pendulus Stapf (in Nordbengalen). Gildemeister, 1. c, II, p. 210. — Schimmel & Co., Bericht April— Oktober 1917, p. 30. Cymhopogon Nardus Renale (Andropogon Nardus L.). Soll auf Ceylon wild vorkommen, sonst nur im Süden Ceylons, auf Malakka und Java gebaut. — »Citronellgras«. Als Mutterpflanze aller Citronellgräser auf Ceylon wird Cymhopogon Xardiis confertiflorus Stapf, »Managras», angesehen. Das kultivierte Gras tritt in zwei Varietäten auf: »Maha Pengiri« (Maha Pangiri, »groß« und »Oldampf«) und »Lenabatu« (Lana Batu). Die erste Varietät ist das »alte Citronellgras« oder »Winters Gras« (nach einem Destillateur Winter) und wird auf Malakka und besonders auf Java gebaut. Durch Kreuzung dieser Varietät mit dem Managras ist vielleicht die Varietät Lenabatu hervorgegangen. Beide sind nur im Habitus und in der Beschaffenheit ihrer Öle verschieden. Man hat daher Maha Pengiri als Cymhopogon Winterianus Jowitt (= Andropogon Nardus Java de Jong), Lenabatu als Cymhopogon Nardus Bendle Unahatu (= Andropogon Nardus Ceylon de Jong^ »neues Citronell- gras«) bezeichnet. Dieses letztere liefert das Ceylon-Citronellöl oder Lenabatuül, eine gelbe bis gelbbraune, mitunter durch Kupfer grün gefärbte Flüssigkeit mit eigenartigem, sehr angenehmem anhaltendem Geruch, der von den wichtigsten Bestandteilen, dem Geraniol, Nerol, Gitronellol, Bor- neol und Citronellal stammt; die genannten Stoffe werden unter dem Namen Gesamtgeraniol zusammengefaßt, ihr Gehalt soll bei guten Ölen nicht unter 57 Proz. sinken. Der an der Hervorbringung des Citronell- geruches am stärksten beteiligte Bestandteil ist das Citronellal, ein Aldehyd von der Formel CjoHisO, zu 5,4 — 10, 5 Proz. im Ol enthalten. Aus Ceylon wurden 1910 1747 934, 1911 1524 275 englische Pfund exportiert. Das Java-Citronellüi (Singapore-Citronellül) wird von der Varietät Maha Pengiri gewonnen und besitzt eine ähnliche Zusammensetzung wie das Ceylonül ; Citronellal und Geraniol sind aber im Javaül viel reich- licher enthalten (nach Schimmel & Co. 1914 April Geraniol 26 bis 44,4 Proz., Citronellal 23,4—50,1 Proz.), daher duftet es vier kräftiger und auch feiner. Gildemeister, 1. c, II, p. 228fr. I Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 497 Die Citronellüle gehören zu den wichtigsten Artikeln der Ülbranche, sie finden unter anderem zur Parfümierung weißer und hellgelber Trans- parentseifen ausgebreitete Verwendung. Die Ausfuhr von Gitronellöl von Niederländisch Indien wurde für das Jahr 1916 auf 429 000 kg, für 1917 auf 5 763 kg geschätzt (Bericht Schimmel & Co., 1918, p. 18; 1919, p. 88). Das oben erwähnte »Managras«, das nach Stapf ebenfalls in zwei Varietäten: Cymbopogon Nardus var. Li7inaei (typicus) und C. Nardus var. confertiflorus Stapf auftritt, gibt ebenfalls citronellartig riechende Öle (Managrasül). Cymbopogon Schoenajithus Spreng. (Andropogon Schoenanthus L.), A. laniger Des f.., A. Iivarancusa subsp. laniger Hook. f. In Nordafrika, Arabien, sowie Nordindien bis Tibet verbreitet. »Kamelgras«, arabisch »Izkhir«. Bildet die Hauptnahrung der Kamele in den Wüsten. Die Pflanze wurde als Herba Schoenanthi, Hej-ba SquinantJd^ Jiincus odo- ratus, Foenum Canielorum seit Dioscorides bis zum 1 9. Jahrhundert in den Apotheken geführt. Das Kamelgrasül riecht wegen seines Phellan- drengehaltes nach Elemiül und ist im trockenen Gras zu 1 Proz. ent- halten. Cymbopogon coloratus Stapf (Andropogon coloratus Nees, A. Nar- dus var. coloratus Hook. f.). Malabardistrikt, Fidschiinseln. Liefert eine Sorte Lemongrasül, enthält 23 Proz. Geraniol und Citronellal. Schimmel & Co., Ber. Okt. 1912 und April 1914. — Gildemeister, I. c. II, p. 256. Cymbopogon polyneuros Stapf (Andropogon polyneuros Steud., A. versicolor Nees, A. Schoenanthus var. versicolor Hack.). Nilgiris im Südwesten von Vorderindien, Ceylon, Insel Delft in der Adamstraße , — »Delftgras«. Riecht nach Anis oder Fenchel; die Destillate eigentümhch süßlich, ganz verschieden von denen der übrigen Cymbopogon- Arien. Gilde- meister, 1. c. II, p. 255. Andropogon odoratus Lisboa. Westküste von Vorderindien. Das Ül besitzt einen Geruch wie das Fichtennadelül. Saccharum officinarum L. s. Zuckerrohr. 3. Cjperaceen. Cyperus Haspan L. Tropen. — In Ostafrika wird durch Aus- laugen der Asche ein Buschsalz (zum Salzen der Speisen) gewonnen, das nach W. Lenz (Ber. d. D. Pharmaz. Geseilsch. 1911, p. 270) "18,48 Proz. Kaliumsulfat und 77,77 Proz. Kaliumchlorid enthält. Er- scheint als eine vorzügliche Quelle für Kalidüngesalz. Sorghum sp. Die Spelzen einer Sorghum-Ari (Sorgho now) dienen in Indien zum Schwarzfärben. Wiesner, Rohst. 1. Aufl. p. 668. Vgl. den Abschnitt > Früchte«. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 32 498 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 4. Araceeii. Äcoi'us Calamus L.^ Kalmus. In den gemäßigten Klimaten der nördlichen Hemisphäre einheimisch. Auch die frischen grünen Teile enthalten ein dem Öle des Rhizoms (s. d. p. 431) sehr ähnliches ätherisches ÖL. (Schimmel & Co., Ber. April 1897, Tabelle p. 8.) Cyrtosperma senegalense (Schott) Engl. Am Senegal, >Ebangabunga«. Die Asche zu »Buschsalz«. W. Lenz, 1. c. 1910, p. 226. 5. Liliaceen. ÄlUuni sativum L. | enthalten in der ganzen Pflanze die charakteri- > Cepä L. stischen ätherischen Öle. Der Träger des Knob- » ursinum L. I lauchgeruches im Öl von Allium sativuin ist ein Disulfid (C6Hi(jS2); im Öl von Allium ursinum (Bärenlauch) das Vinyl- sulfid (€2113)2 S. 6. Marantaceeu. Halopegia axurea K. Schiim. Zentral- und VVestafrika. — »Nkon«. — (Vgl.Engler-Prantl, Pflanzenfamilen, Nachträge II— III [1908], p. 69.) Die Asche zu »Buschsalz« W. Lenz, 1. c. 7. Piperaceen. Piper angustifolium R. et Pav. (Artanthe geniculata Miqu.)^ P. angustifolium var. cordulatum und var. Oskanum C. DC, P. line- atum R. et P., P. camphorifei'iim C. DC. und noch andere Arten. Südamerika, Aus den Blättern wird das Matikoöl dargestellt. Thoms im Arch. d. Pharm. 247, (1909), p. 591—612. Piper Belle L. (Chavica Bette Miqu.). In Indien und im malay- ischen Gebiete einheimisch. Enthält in den Blättern ein ätherisches Öl von gewürzhaft brennendem Geschmack, welches als charakteristischer Bestandteil das Betelphenol (Chavibetol) Q0H12O2, einen dem Eugenol isomeren Körper (Gildemeister, 1. c, II, p. 323) enthält. Im ganzen malayischen Archipel sowie im südlichen China herrscht der uralte Ge- brauch des Betelkauen s*). 8. Salicaceen. Populus nigi'a L. Pappelknospenöl, wird zu wohlriechenden Essenzen und zu Haarsalben verwendet. Gildemeister, 1. c, II, p. 315. 1) Über die Einzelheiten des Betelkauens vgl. A. Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflanzen, Beriin 1892, p. 138 und besonders G. Hartwich, Die menschlichen Genußmittel, Leipzig igil, p. 531 ff., wo' auch die "Varietäten des Betelpfeffers be- schrieben sind. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 499 9. Myricaceen. Myrica Gate L. Gem. nördl. Hemisph. Gagelöl. Mijrica cerifera L. Üstl. Nord. -Am. Wachsmyrtenöl. M. asplenifolia Endl. (Comptonia asiilenifolia Aiton). Nordamerika. Comptoniaül mit zimtähnlichem Gerüche. Hartwich, Die neuen Arznei- drogen, Berlin 1897, p. 224. 10. Juglandaceen. Juglans regia L. Orient und kultiviert. Walnußblätterül. 11. Moraceen. Ficus politoria Lou7\ Cochinchina, Die Blätter dienen zum Scheuern und Polieren. Cannahis sativa L. Cannahis indica Lam. Ostindien. Im zentralen und westlichen Asien heimisch, durch Kultur weit verbreitet. Die ätherischen Öle dieser Pflanze sind noch zu wenig untersucht, daher weichen die Angaben der verschiedenen Autoren sehr vonein- ander ab. 12. ürticaceen. Colpoon compressum Berg. Südafrika. >Kaysumach«. ■— Die ei- förmigen, starren, ziemlich dicken Blätter enthalten bis 23 Proz. Gerbstoff und werden als Gerbmaterial eingeführt. F. Netolitzky, Gerbeblätter als typische Fälschungsmittel, Arch. f. Chemie u. Mikrosk., 1913, Heft 3. 13. Proteaceen. Leucadendron argenteum R. Br. Südafrika. >Silverboom«, »Witte- boom«. Die prachtvoll silbergrauen Blätter werden im Kapland zu Schmuckarbeiten verwendet und bilden einen Handelsartikel. Engler- Prantl, Pflanzenfam. III, i, p. 139. 14. Chenopodiaceen. Chenopodium amhrosioides L. und Ch. atlielminticum L. Nord- amerika. Erstere Pflanze als the du Mexique in Gebrauch. Aus Ch. anthelminticum wird in der Gegend von Baltimore das »Goasfoot oil< oder amerikanische Wurmsamenül destilliert. T. Holm in Mercks Rep. XXI, p. 178—181, Juli 1912, New York. (Nach Bot. Centralb. 122, [1913], p. 334.). Netolitzky, Anat. d. Dikotyledonenblätter, Wien 1911, p. 2. — Gildemeister, 1. c. , II, p. 373. Halogeton sativus C. A. Mey. (= Salsola sativa L.). In Südspanien, Nordafrika einhei- 32* 500 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. misch, im Mittelmeergebiet als Gemüsepflanze und zur Sodagewinnung kultiviert. — »Bariila«. — Ascherson u. Graebner, Syn. d. mitteleurop. Flora, V, p. 217, (1913). 15. Nyctaginaceen. Pisonia tomentosa Lam. Brasilien. Die Blätter ^Pao lepra<^ dienen in Minas Geraes zum Schwarzfärben. Wiesner, Rohst. 1. Aufl., p. 668. Neea theifera Örstedt. Brasilien. >Caparrosa«. Die Blätter dienen zum Schwarzfärben; sie sollen Coffein enthalten, was jetzt bezweifelt wird. — Heimerl in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien, III, 1b, p. 31. Hartwich, Arzneidrogen, p. 384. 16. Carjophyllaceeu. Saponaria ofßcinalis L. Die Blätter sind ihres Saponingehaltes wegen zum Waschen verwendbar. Wiesner, Rohst. 1. Aufl., 664. — Über die Seifenwurzel s. p. 450. Lychnis chalcedonica L. Sibirien. Das Kraut dieser Pflanze dient zum Waschen. Wiesner, 1. c. , p. 664. 17. Ranunculaceeu. Delphinium cmnptocarpujn C. Koch. Nordpersien. Die blühenden Stengel der Pflanze, die in Persien Gul-i-zalil, im indischen Handel Sparak, Isparik genannte Farbware. Wiesner, 1. c, p. 664. 18. Anoiiaceen. Popoivia Capea E. G. et Ä. Camus. Elfenbeinküste, (in Attie und Agnis). »Gapeblätter«. Die Blätter liefern 0,59 Proz. wohlriechendes ätherisches Öl. Die Droge ist sehr teuer, in der Heimat kosten 200 g trockene Blätter 20 Cents. Ber. von Roure-Bertrand Fils, Okt. 1911, p. 43; April 1912, p. 25; Oktober 1913, p. 3 (zit. nach Ber. von Schimmel & Co., April 1914, p. 39). — Vgl. auch Tunmann und Senft, Pharmakognostische Rundschau in Pharmaz. Post 1914, 47., p. 906. 19. Monimiaceen. Peumus Boldus Mol. (Boldoa fragrans Juss.). Chile. Die Blätter dienen in Chile als Gewürz und enthalten gegen 2 Proz. ätherisches, nach Pfefferminz riechendes Öl, ferner das Alkaloid Boldin und das Glykosid Boldoglucin. Das Boldoblätteröl wird medizinisch verwendet. Über Anatomie des Blattes s. T. F. Hanausek, Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. 1880, Nr. 10, p. 155—159, über das Öl, derselbe, 1. c, 1877, Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 501 Nr. 17. — F. Neger, Über Folia Boldo, Pharmaz. Centralb. XLII, 1901, Nr. 31. Gildemeister, 1. c, II, p. 431. 0. Tunmann, Folia Boldo, Südd. Apotb.-Ztg. 1908, p. 108. Siparima (Citriosma) oUgandra Jul. Brasilien. Die bockartig riechenden Blätter entbalten nach Peckolti) ein aromatisches Öl von dem Bergamottöl ähnlichem Dufte. Gildemeister, 1, c, 433. 20. Lauraceen. Cinnamomum Camphora Fr. Nees et Eberm. (Laurus Cam- phora L.) Auch die Blätter dieses Baumes enthalten Kampferöl mit oft hohem Kampfergehalt (75 Proz.)2). Cinnamomum xeylanicuni Breyne. Ceylon. Aus den Blättern wird das >ZimtblätteröI« gewonnen, welches auf Ceylon selbst sehr häufig zur Verfälschung des Zimtüles verwendet wird. Es enthält bis 90 Proz. Eugenol und, wie es scheint, nur Spuren von Zimtaldehyd. Im Handel ging es anfangs als »Zimtwurzelül« 3). Echtes Zimtwurzelöl aus der frischen Wurzelrinde von C xeylanicum enthält nach A. Pil- gram^) hauptsächlich Kampfer, außerdem Pinen, Cineol u. a. Cinnamomum Cassia Bl. In den chinesischen Provinzen Kwang-si und Kwang-tung. »Cassiaöl, Chinesisches Zimtöl, Zimtblütenül« wird, wie durch 0. Struckmeyer^) in den Cassiadistrikten selbst festgestellt wurde, ausschließlich aus Blättern, Blattstielen und jungen Zweigen des Cassiastrauches gewonnen, welche bei der Gewinnung der Cassia lignea abfallen. Das Öl wird in zahlreichen kleinen primitiven Destillationen ge- wonnen, die in wasserreichen Schluchten errichtet werden, um natürliches Kühlwasser zur Hand zu haben. Zu alte wie zu junge Bäume liefern weniger kräftige Blätter und ein großes Blatt ist besser als ein kleines junges; daher ergibt das Material des Frühjahres und späten Winters weniger gutes Öl als das des Hochsommers und Herbstes. Öl aus dem Gemisch von Blättern und Zweigen ist im allgemeinen weniger gut als das nur aus Blättern hergestellte. \) Ber. d. deutsch, pharm. Gesellsch., Bd. 6 (1896), p. 93. 2) Hooper, Pharm. Journ. (London), Bd. 56 (1896), p. 21, und Schimmel & Co., Ber. Okt. 194 3, p. 29 ff. 3) Schimmel & Co., Ber. Okt. 1895, p. 48 und Ber. Okt. 1902. — Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie, 11, p. 1121. 4) Pharm. Weekbl. 1909, 46, p. 51 nach Apoth.-Ztg. 1909, p. 229. 5) Schimmel & Co., Ber. Okt. 1896, p. 11. 502 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Reines unverfälschtes Cassiaön) ist ziemlich dünnflüssig, gelb bis bräunlich und von starkem Lichtbrechungsvermügen, von zimtartigem Duft und brennendem zimtartigem Geschmack. Der wichtigste, für den Wert des Öles ausschlaggebende Bestandteil ist der Zimtaldehyd, wovon in guten Ölen 75 — 90 Proz. enthalten sind. Das Gassiaöl wurde namentlich früher schon in den Cassiadistiikten vielfach gefälscht, be- sonders mit Gurjunbalsafnöl und mit Kolophonium und Petroleum; es gibt daher schon im Erzeugungsgebiet verschiedene Sorten. Jährlich werden 3— 4 000 000 kg Cassiaül erzeugt. Der Hauptstapelplatz für alle Produkte des Gassiabaumes ist Loting- Chow, von wo sie zur Verschiffung nach Kanton, bzw. Makao gelangen. Gassiaöl gehört zu den Hauptartikeln der Parfümeriebranche^). Laurus nobilis L. Von Kleinasien aus durch Kultur verbreitet. Lorbeerblätteröl. Thoms und Molle, Arch. d. Pharm. 1904, Heft 3 und Arbeiten aus dem Pharmaz. Inst, der Univ. Berlin I, Berlin 1904, p. 97—116; Gildemeister, 1. c, II, p. 524. ümhellularia califoniica (Hook, ei Arn.) Niitt. (Oreodaphne cali- fornica Nees, Tetmnthera califoniica Hook.). Kalifornien. Aus den Blättern 2,4 — 4 Proz. aromatisches Öl, an Muskat und Cardamomum er- innernd. Kalifornisches Lorbeeröl. — Gildemeister, 1. c, II, p. 504. 21. Cruciferen. Cochlearia officinalis L. Löffelkraut. Wild in der Nähe der Meeresgestade der nördlichen Kontinente und in einzelnen Höhengebieten der mitteleuropäischen Alpen, auch vielfach kultiviert. Von alters her als Arzneipflanze angesehen. Schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Löffelkrautöl destilliert. Nach A. W. Hoff mann 3) ist das Löfl'elkrautöl mit dem Isosulfocyanat des sekundären Butylalkohols identisch. 22. Resedaceen. Reseda luteola L. S. AVau. 23. Crassulaceeu. Crassula pi)i7iata L. fil. Die Pflanze, wird in China und Gochin- china nach Loureiro zum Schwarzfärben verwendet. Wiesner, Rohst. 1. Aufl., p. 664. 1) Gildemeister, 1. c, II, p. 445. 2) Das sog. »künstliche Gassiaöl« mit 98 Proz. Zimtaldehyd, vom Benzaldehyd als Ausgangspunkt dargestellt, dient als Ersatz (Schimmel & Go., Ber. Okt. '1896). 3) Berl. Ber. 2. Bd. (i869), p. 102; 7. Bd. (i874), p. 508. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 503 24. Saxifragaceeu. Deutzia scabra Thunh. Südliches Japan. Die Blätter dienen zum Scheuern und Polieren. Hydrangea Thunhergii Siebold. Japan. »Ama-tscha« (Süßer Tee). Die Blätter schmecken süß und dienen als Tee. Der Süßstoff ist d-Phyllo- dulcin, ein Metoxylderivat des in der Gartenhortensie enthaltenen Hydrangenols. Arch. d. Pharm. 223, p. 823; Apoth.-Ztg. 1917, 32, p. 542. 25. Rosaceen. Spiraea idmaria L. Die Blätter dieser europäischen Pflanze werden in Irland zum Gerben und Schwarzfärben benutzt. Wiesner, Rohst. \. Aufl., p. 662. Toi'menülla erecta L. Die ganze Pflanze soll in Lappland zum Gerben, die Wurzel zum Rotfärben benutzt werden. Duchesne 1. c, p. 256. Nach anderen Angaben dient nicht das Kraut, sondern die Wurzel (vgl. p. 419) zum Gerben. Wiesner, Rohst. I. Aufl., p. 662. Prunus persica (L.) Stokes. Pfirsichbaum. Orient, sonst kulti- viert. Die Blätter dienen als »Dagestaner Tee« im Kaukasus als Surro- gat des chinesischen Tees. — Walta, Die Teekultur im Kaukasus, Tropenpflanzer 1906, p. 790. Prunus cerasus L. S. Weichselblätter. Prunus aspera Thunb. Japan. Die Blätter dienen zum Scheuern und Polieren. Prmius Laurocerasus L. In Persien und den Kaukasusländern einheimisch, im südlichen Europa seit dem 16. Jahrhundert kultiviert. Kirschlorbeer. Das aus den Blättern gewonnene >Kirschlorbeerül« ist vom Bittermandelöl nur durch den Duft zu unterscheiden. Es entsteht durch Spaltung des Glykosides Prulaurasin (GuHiyNOß) bei Berührung, mit Emulsin, wobei Traubenzucker, Amygdalinsäure, Benzaldehyd, Blau- säure und die Verbindung dieser beiden Stoffe, das Benzaldehydcyan- hydrin gebildet werden. Es wird durch Zusatz von Benzaldehyd ver- fälscht. Zur Destillation gelangen die zerschnittenen mit Wasser ein- gemaischten Blätter 1). Das Destillat kam in der ersten Hälfte des 16. Jahr- hunderts in Gebrauch, und auch schon damals wurden giftige Wirkungen beobachtet 2). 1) Umnay, Pharm. Journ. (London), III, 3 (4873), p. 76i. 2) Abr. Vater, Dissertatio de Laurocerasi indole venenata. Wittembergae 1737. Süd-Afrika. 504 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 26. Leguminosen. Caesalpinia melanocarpa Gr. Südamerika (Argentina). Diese »Guajacan< oder Quajacan« genannte Pflanze enthält in den Blättern 21 Proz. Gerbstoff»). Oenista tinctoria L. Siehe Färbeginster. Stixolobium (Mucuna) pritriens DC. (M. prurita Hook.). Juck- fasel. Die Blätter dienen auf Java zum Schwarzfärben. Wiesner, Bohst., 1. Aufl., p. 662. 27. Geraniaceen. Pelargoniimi odoratissimum Wüld. P. capitatum Ait. P. roseum Wüld. P. graveolens Ait. (P. terehinthinaceum Cav.). Aus den grünen Teilen, namentlich aus den Blättern, wird das »Geraniumül« (Pelargoniumöl) destilliert. Die Blätter werden vor der Blüte zu diesem Zwecke geerntet. In Frankreich, Algier, Spanien und auf der Insel Reunion, sowie auf Korsika sind bedeutende Kulturen. Algier und Reunion produzieren das meiste, Spanien das am hüchsten geschätzte Öl. Das Geraniumül ist eine blaßgelbe, grüne oder bräunliche Flüssigkeit von angenehmem, rosenähnlichem Duft 2); seine Hauptbestandteile sind das Geraniol und das Citronellol, die im afrikanischen Öl zu 75 Proz. (Yö Geraniol, 1/5 Citronellol), im spanischen Öl zu 70 Proz. (2/3 Geraniol, Y3 Citronellol) und im Reunionöl zu 80 Proz. (je zur Hälfte aus Geraniol und Citronellol) enthalten sind; übrigens sind auch noch andere Alkohole, wie Linlool, Terpineol, Menthol usw. vorhanden. Terpentinöl, Zedern- holzöl und fettes Öl wurden als Verfälschungen nachgewiesen und sind durch ihre Unlüslichkeit in 70prozentigem Alkohol leicht zu erkennen. Wegen des rosenähnlichen Duftes findet Geraniumül in der Parfümerie große Anwendung. Gildemeister, 1. c, II, p. 637. Über Pelargoniuni- Arten s. E. M. Holmes in Perfum Records 4, 1913, p. 239ff. Nach Ducellier soll zur Gewinnung des Geraniumüls ausschließlich Pelargonium graveolens Ait. gebaut werden. Ber. Schimmel & Co., 1918, p. 28. 28. Erytliroxylaceen. Erythroxylon Coca Lam. Cordilleren. Die Blätter dienten den Peruanern schon in uralter Zeit als Genußmittel. Sie werden unter \) Siewert, Tanning materials of South America. Pharm. Journ. and Transact. 1878, p. 548. 2) Analyse der Handelssorten: Tiemann und Schmidt, Berl. Berichte, Bd. 29 (1896), p. 924. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 505 Zusatz von Asche, Kalk oder Kalziumkarbonat gekaut. In der Sierra de Santa Marta werden die Cocablätter gerüstet und mit gebrannten Muscheln zu einem Pulver gemischt. In der chemischen Industrie dienen sie zur Darstellung des Cocain, welches wegen seiner Eigenschaft, auf Schleimhäuten lokale Gefühllosigkeit hervorzurufen, in der Medizin viel- fache Verwendung findet'). 29. Rutaceen. Ruta graveolens L. und andere Ruta-kvien. In den Mittelmeer- ländern einheimisch, sonst angebaut oder verwildert. Die zur Destillation dienenden Pflanzen stammen vorwiegend aus Spanien und Algier. In Algier wird »Sommerrautenöl« von Ruta ynontana L. und »Winter- rautenül« von Ruta bracteosa L. destilliert. W. Brandt, Zur Anatomie u. Chemie der Ruta graveolens, Arb. a. d. Pharm. Institute Berlin 1914, 11, p. 82—95. Das ätherische Öl, »Rautenül«, ist in der ganzen Pflanze vor- handen. Es ist eine farblose bis gelbe Flüssigkeit von sehr intensivem, anhaftendem charakteristischem Dufte (Rautenduft), der nur in starker Verdünnung angenehm ist. Es enthält 90 Proz. Methylheptylketon (CHg- CO-(CH2)8 •CHg)^), in geringer Menge Methylheptylketon und ein Gemisch freier Fettsäuren (darunter Pelargonsäure nach Thoms.). Barosma hetulinum Bartl. B. crenulatum L. Hook. B. crenatu7n Kunze. B. serratifolium Willd. Das in diesen in die meisten Pharmakopoen aufgenommenen Blättern vorhandene ätherische Öl enthält ein Stearopten, Diosphenol CioHi602^). Toddalia aculeata Lam. Tropisches Asien bis China, auf Mada- gaskar, Comoren und Maskarenen. Das Ol der Blätter enthält Citronellal. Clausena Anisum-oleus (Bianca) Merill. Philippinen. Die stark anisduftenden Blätter dienen zur Herstellung von alkoholischen Extrakten für Liköre. Auf den Philippinen wird Zigarettentabak mit den Blättern Südafrika. Buccoblätter. \) Über Coca s. Flückiger, Pharmakognosie, 3. Aufl., p. 634 — 638, J. Moeller, Lehrb. d. Pharmakognosie, 2. Aufl., p. 104, und besonders C. Hartwich, Die mensch- lichen Genußmittel, Leipzig iGH, p. 475 ff. — Über Anatomie s. auch T. F. Hanausek, Zur Charakteristik des Gocablattes, Pharmaz. Rundschau (New York) III, 1885, p. 71 — 73. 2) E. V. Gorup-Besanez und Grimm, Licbigs Annal., Bd. 157 (1871), p. 275. — Thoms, Ber. d. Pharmaz. Gesellsch., XI, 1901, p. 3. 3) Flückiger, Pharm. Journ. (London), III, 11 (1880), p. 174 u. 219. — Beck- stroem in Moeller-Thoms, Realenzyklopädie d. ges. Pharm., II. Aufl., Bd. III (1904), p. 216. — Gildemeister, I. c, II, p. 664, 506 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter, parfümiert. Sie enthalten 1,16 Proz. ätherisches Öl (mit 90 — 95 Proz. Methylchavicol). Schimmel & Co., Ber. April 1912. Clausena Wampi Blanco (= Cookia punctata Sonnerat). China. Die Blätter riechen ebenfalls kräftig nach Anis. Engler-Prantl, 1. c, III, 4, p. 189. Citrus Bigaradia Risso. Bittere Pomeranze. Früher vornehmlich in Südfrankreich, jetzt in Paraguay wird aus den Blättern, Zweigen und jungen Früchten das »Petitgrainöl« durch Destillation mit Wasser gewonnen. Die charakteristischen Bestandteile i) sind 1-LinalooI und Geraniol. Citrus Ldmonum Risso. Zitronenbaum. Auf dieselbe Art wie von C. Bigaradia das Petitgrainöl wird hiervon das »Petitgrain citronnier« gewonnen. 30. Simarubaceeo. Ailanthus glandulosa Desf. In China einheimisch, allgemein als Parkbaum verbreitet. — Götterbaum. Die Blätter enthalten nach Coli in 1 1 Proz. Gerbstoff, dienen auch zum Verfälschen der Senna- und der Belladonnablätter. Mitlacher, Zeitschr. d. Allg. österr. Apoth.-Ver. 191 1, p. 149. — Netolitzky, Arch. f. Chem. u. Mikrosk. 1913, Heft 3. 31. Euphorhiaceen. Croxophora tinctoria Juss. (== Croton tinctorium L.). Südeuropa, insbesondere Südfrankreich. Über die schon seit langer Zeit geübte Methode, mit dem Saft der grünen Teile dieser Pflanze reine Zeuglappen anfänglich grün und durch darauf folgende Einwirkung von Ammoniak- dämpfen rot zu färben, wodurch die noch jetzt in großer Menge im Handel vorkommenden Bezetten (Tournesol) entstehen, s. Nissol, M6ra. de l'Academie ä Paris 1712. Nach neueren Angaben wird nur der Saft der Früchte und der Blumenblätter verwendet oder einfach durch Brasilin (nach T. F. Hanausek) ersetzt. In Holland wird der Käse mit Bezetten gefärbt. 32. Coriariaceen. Coriaria tnyrtifolia L. s. S um ach. 33. Anacardiaceen. Rhus Coriaria L. 1 _ , ^ \ s. Sumach. » copailina L. \) Charabot-Pillet, Bull. soc. chim. III, 21 (1899), p. 74. — Beckstroem in Realenzyklopädie d, ges. Pharm., t. Aufl., Bd. X (1908), p. 130. — Schimmel & Co., Ber. Okt. 1912, p. 90. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 507 Rhus qlabra L. ] o . •\ , . T- .Ti 7 • Ti^-77 ^ ; s. öumach. > typhma L. (R. canadensis Mill.) j Rhus pentajjhylla Desf. Mediterrangebiet und tropisches Afrika. Die Blätter dienen in Algier zum Gerben. Wiesner, Rohst., 1. Aufl., p. 662. Cotinus coggygria Scop. s. Sumach. Lithraea Güiesii Griseb. Südamerika. 8,5 Proz. Gerbstoff. Schinus dependens Orteg. (Vuvaua dependens DC). Südamerika. 19—20 Proz. Gerbstoff. Die Blätter beider Arten werden von Sie wert (Tanning materials of South America, Pharm. Journ. and Transact. 1878, p. 548) als Gerb- material empfohlen. Schinus Molle L. Südamerika, Mexiko. Pfefferbaum, Aroeira. Die Blätter zum Gelbfärben. Engler- Prantl, 1. c, III, 5, p. 164. Pistacia lentiscus L. s. Schiniablätter. Mangifei^a indica L. Als Kulturpflanze in allen Tropenländern ver- breitet. — Mangobaum. Die Mangoblätter enthalten Euxanthon und Euxanthinsäure und dienen zum Gelbfärben. Nach Boorsma ist der Farbstoff nicht Euxanthon selbst, aber ein nahe verwandter Körper, wohl das Euxanthin. In Indien werden Kühe mit Mangoblättern gefüttert und aus ihrem Harn stellt man Püree, Piuri, Indischgelb her, ein aus faustgroßen, außen braunen oder schmutzig dunkelgrünen, im Innern gelben Kugeln bestehendes Farbmaterial. Das Euxanthin ist gewisser- maßen ein im Tierkörper gebildetes Glykosid, dessen Xanthonkern die Pflanze, dessen Glykuronsäure das Tier hefert. Tschirch, Handb., II, p. U47. — W. Wiechowski, Über das Indischgelb, Lotos LVI, 1908, p. 61 — 62. — Derselbe, Pharmakognosie des Laubblattes von Mangi- fera indica, I.e., 1908, p. 141— 150. — Apoth.-Ztg. (Berlin), 1908, p. 439. — W. G. Boorsma, Pharmakologische Mitteilungen IV. — Bull du Depart. de l'Agricult. des Indes Neerland. XVI, 1908. Nach Just, Bot. Jahresber. 36, 1908, 3. Abt., p. 447. 34. Aquifoliaceen. Hex Paraguayensis St. Hilaire und andere Arten liefern »Mate«. 35. Celastraceen. Catha edidis Forskai. Arabien, Ostafrika, Abessinien. »Kath«, »Tschad«. " Genußmittel, wird gekaut oder auch als Aufguß ange- wendet. Beiter, Pharmakognostisch-chemische Untersuchung der Catha edulis. Straßburg 1900. — Hartwich, Diemenschlichen Genußmittel, p. 470. 508 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 36. Icacinaceen. ViUaresia congonha Miers. Brasilien. » Gongonha « , » Yapon < , liefert eine Sorte Mate. 37. EhamnaceeD. Rhamnus prinoides L'Her. Südafrika und tropisches Ostafrika. »Genho«. Die Blätter dienen in Abessinien als erregende Genußniittel. Tropenpflanzer, Beihefte 1913, p. 233. Rhamnus pauciflorus Höchst Abessinien. »Geschaubaum«, Die Blätter finden bei den aus Honig hergestellten alkoholischen Getränken Verwendung. Rh. theezans L. Die Blätter werden in Japan und auf Java unter echten Tee gemengt. Ceanothus americanus L. Nordamerika. New-Jersey-Tee, Ersatz- mittel des echten Tees. 38. Tiliaceen. Luehea speciosa Wülcl. Von Südbrasilien bis Mittelamerika. »Azeito cavallo«. Pferdepeitsche. Die Blätter dienen in Brasilien zum Schwarz- färben baumwollener Zeuge; die mit dem Dekokte getränkten Zeuge werden mit roter eisenhaltiger Erde eingerieben. Peckolt, Heil- und Nutzpflanzen Brasiliens, Ber. d. Pharm. Gesellsch. 1898, p. 284. (Nach K, Schumann, Engler-Prantl, Pflanzenfamilien HI, 6, p. 22, führt L. divaricata M. et Ziicc. den Namen Aceito de cavalho wegen des sehr zähen Holzes.) 39. Malvaceen. TJrena lohata L. var. sinuata Hook. Kommt häufig in Patschuli vor. S. Patschuli. 40. DiUeuiaceen. Die rauhen Blätter von Tetracera (Delima) sarmentosa (L.) Vahl dienen auf Sumatra zum Polieren von Holz und Elfenbein, wie bei uns die Schachtelhalme. Miquel, Sumatra, p. 101. Wiesner, Rohst., 1. Aufl., p. 665. 41. Theaceeu. Thea chinensis L. und Th. assamica Mast, sind die Stammpflanzen des >Tee«. Vgl. hierüber die Lehrbücher der Pharmakognosie und Hart wich, Die menschlichen Genußmittel, p. 396 ff. 42. Fraukeniaceen. Frankenia Berteroa7ia Gay. Chile. Die Blätter scheiden Salz aus, das von der Bevölkerung gesammelt und als Kochsalz verwendet wird. Niedenzu in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien HI, 6, p. 286. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 509 Beatsonia portulacoides Roxb. St. Helena. Gibt den The de St. Helene. Niedenzu, 1. c, p. 289. 43. Tamaricaceen. Tamarix gallica L. Die jungen Zweige werden in Nordafrika als Gerbmaterial in Verwendung gezogen. Die Blätter dieser Art und von T. africana Poir. dienen zur Verfälschung des Sumachs; sie enthalten einen gelben Farbstoff (Methyläther des Quercetins, GigHi^O;) und 8,4 Proz. Gerbstoff. Perkin und Wood, Chem. Centralbl. 1898, I, p. 1300. Reaumuria hypericoides Willd. (Vorderasien), R. hirteUa Jaiib. (Arabien, Ägypten), R. mucronata Jaub. et 8p. (Nordafrika) u. a. Arten dienen zur Salzgewinnung. 44. Cistaceen. Cistus salvifolius L. Mittelmeerländer, Einst als Herha et flores cisti foeminae gebräuchlich, »Berber« oder »Burber« der Araber. Mit Granatfruchtschalen als Gerbmittel verwendet. Nach Ascherson, 1882, Realenzyklopädie, 2. Aufl., IV, p. 14. C. albidiis L. Wie voriger als Gerbemittel und zur Verfälschung des Sumachs. Netolitzky, Arch. d. Chem. u. Mikrosk. 1913, Hft. 3. 45. Flacourtiaceeu. Neumannia theiformis A. Rieh. (= Aphloia theiformis Benth.). Madagaskar, Maskarenen, Seychellen, Comoren, Minderwertiges Gerb- material (8,55 Proz. Gerbstoff). Pharmakognostische Rundschau in Pharmaz. Post 1912, p. 1081. 46. Datiscaceen. Datisca cannabina L. Kleinasien und auf Kreta bis nach Nord- indien. Färbt intensiv und dauerhaft gelb und wird in Labore zum Färben der Seide verwendet. Das in der ganzen Pflanze vorkommende Glykosid Datiscin (ein Xanthonderivat) gibt mit Alkalien tiefgelbe Lösungen, welche den Farbstofl" darstellen. Wiesner, Rohst., 1. Aufl., p. 668. 47. Lythraceen. Lawsonia alba Lam. (L. inermis L.). Nordafrika bis Ostindien. S. Henna. Lafoensia Pacari St. HU. BrasiUen. »Pacari«, »Pacari do Mato«. Die Blätter (und Rinde) liefern eine sehr schöne gelbe Farbe. Koehne in Engler-Prantl, Pflanzenfaiitiilien HI, 7, p. 11. 510 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 48. Lecythidaceen. Barringtonia speciosa Forst. Von den Komoren bis Queensland, Neukaledonien und Gesellschaftsinseln. Aus den Blättern wird in Java eine Art Firnis gepreßt; die zu Brei zerkleinerten jungen Sprossen dienen zum Fischfang. — Niedenzu in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien III, 7, p. 33. 49. Rhizoplioraceen. RJiixophora Mangle L. Westindien, Südamerika. Auf Martinique und Guadeloupe zum Gerben benutzt. Wiesner, Offiz, österr. Aus- stellungsbericht, V, p. 345; Rohst. 1. Aufl., p. 66i. 50. Comhretaceen. Terminalia helerica Roxb. Ostindien und malayisches Gebiet. Auch die Blätter dienen in Indien zum Gerben. Watt, Diction. econ. prod. Ind. VI, 4. (1893), p. 20. — Heiden, Botan. Zentralbl. 1893, 56, p. 66. Terminalia Chebula Metz. Die Blätter waren auf Ausstellungen (Paris 1867) unter den indischen Gerbmaterialien. Wiesner, Rohst. 1. Aufl., p. 663. — Heiden, Bot. Zentralbl. 1893, 56, p. 67. Laguncularia 7-acemosa Oaertn. fConocarpus racemosus L. , Schous- bea commutata DC). An den Küsten des tropischen Amerika ver- breitet. In Brasilien werden fast sämtliche Teile der Pflanze unter dem Namen Manga branca zum Gerben benützt. Die als Mangle, Mango, Mangoblätter, neuestens als Mangueblätter bezeichnete Ware besteht aus kleineren oder größeren Bruchstücken von Blättern, aus Blattstielen, Zweigstücken mit Rinde, Holzstückchen und unreifen Früchten, die mit kurzen anliegenden Haaren bedeckt, seidenartig schimmern. Der Gerbstoffgehalt entspricht dem besserer Sumachsorten und beträgt nach . Oettinger im Mittel 26,19 Proz. Auch das Extrakt mit 56,87 Proz. Gerbstoff (Oettinger) ist Handelsgegenstand. Mango erteilt jedoch dem Leder eine sehr unerwünschte Färbung, ist also nur unter Umständen vorteilhaft zu verwenden i). Combretum Bamhaultii (?). Senegambien. Die Blätter enthalten 1 1 Proz. Gerbstoff. 51. Mjrtaceen. Myrtus communis L., Myrte. Aus den frischen Blättern wird das »Myrtenöl« gewonnen. Myrtenöl ist eine gelbe bis grünliche Flüssigkeit \) F. V. Höhn el, Dinglers Polytechn. Journ., Bd. 24 0, p. 388 (1881); Ö. Heiden, Anat. Char. der Combretaceen im Bot. Zentralbl. 1893, 56, p. 163. — Eine ausführ- liche, die mikroskopischen und chemischen Eigenschaften eingehend behandelnde Be- schreibung der »Mangueblätter« ist in Carl Oettinger, Neuere Gerbmaterialien, Leipzig U.Wien 1914 (p. 79—90), enthalten. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 511 von angenehmem und erfrischendem Wohlgeruch. Die um 160 bis 180° siedende Fraktion wird als »Myrtol« bezeichnet, sie enthält Gineol. Auf dieses wird die antizymotische und desodorisierende Wirkung!) des früher vielgebrauchten Myrtol zurückgeführt. Südfrankreich und Spanien liefern die Hauptmasse der Handelsware, die beste kommt von Korsika. Myrtus Cheken Spi'. Chili. Das Öl der Blätter ist dem gewöhn- lichen Myrtenöl sehr ähnlich. Pimenta acris Wigth (Eugenia acris W. et A.}. Westindische Inseln. Auf Montserrat, einer Insel der Kleinen Antillen wird der Baystrauch im großen angebaut. Aus den Blättern wird das »Bayül« dargestellt, eine gelbe, an der Luft bald braun werdende Flüssigkeit, die angenehmen, an Nelkenöl erinnerden Duft und scharfen würzigen Geschmack besitzt. Es enthält Eugenol (CioH,202), Myrcen (CjoHie), Chavicol (CgHigO), Methyl- eugenol (C11H14O2), Methylchavicol (CioHijO), Phellandren (GioHie) und Citral (CioHi60)2). — Schimmel & Co. Ber. Oktober 1916, p. 5. Die Bayblätter des Handels sollen Mischungen von Blättern mehrerer Arten sein 3). Melaleuca Leiicadendron L.^ M. minor Sm. (M. Cajeputi Roxb., M. viridiflora Gaertn.). Hinterindien, Inseln der indischen Meere, (be- sonders auf den Molukkeninseln Buru und Geram), Nordaustralien, Queens- land und Neu-Süd-Wales. Von den Eingeborenen einiger Inseln der Molukken wird aus den frischen Blättern und Zweigspitzen der ge- nannten und einiger anderer nicht näher bekannten Arten in primitiver Weise das »Gajeputöl« destilliert. Das Gajeputöl ist in rohem Zustande durch Kupfer grün bis blaugrün gefärbt, im rektifizierten aber farblos oder gelbUch; es duftet angenehm nach Gineol und besitzt einen aromatischen, etwas brennenden, hintennach kühlenden Geschmack. Seine Hauptbe- standteile sind GineoH) und Terpineol. In Ostasien wird es als ein uni- verselles Heilmittel angesehen. Makassar auf Celebes ist der Hauptstapelplatz für Gajeputöl, der größte Teil der Produktion wird in der nordamerikanischen Union, im Orient und in Brit. Indien konsumiert. Siehe auch Schimmel & Go., Ber. 1919, p. 7 u. 86. Backhousia citriodora F. v. Muell. Queensland. Das Öl der Blätter enthält 0,703 Proz., nach Gildemeister dagegen 4 Proz. Gitral; seine Bedeutung als Gitralquelle geht sehr zurück. Tropenpflanzer 1906, p. 403; Schimmel &Go., Ber. April 1913, p. 23. 1) Bräutigam und Nowak, Pharm. Zeitg., Bd. 33 (1890), p. 224. 2) Gildem. und Hoffm. II. Aufl., III. Bd., p. 202. 3) Sawer, Odorographia, Vol. II (London 4894), p. 56. 4) Wallach, Liebigs Annalen, Bd. 225 (1884), p. 315. 512 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Eucalyptus globulus Lab. Australien und vielfach kultiviert; dieses Öl wurde zuerst in Südfrankreich, Algier und Kalifornien im großen gewonnen und bildet seit fast 40 Jahren einen regelmäßigen Handels- artikel. Reclaire (Tabelle d. äther. Öle, Berhn 1919) erscheint es aber fraglich, ob das Handelsöl auch wirklich von dieser Art abstammt. Eucalyptus odorata Behr. Australien, » oleosa F. v. M. Australien, » cjieorifolia DC. Südaustralien, » dumosa Maiden. Australien, » amygdalina Lab. Australien sind die wichtigsten Arten, aus deren Blättern die Cineol- (Eukalyptol-) haltigen Eukalyptusöle des Handels dargestellt werden. Die sogenannten Amygdalina-Öle sind stark phellandrenhaltig, während das Öl von E. cneori- folia DC. von Phellandren frei ist (Schimmel & Co., Ber. Okt. 1913, p. 51). Eucalyptus citriodora Hook. (Eucalyptus maculata Hook. var. citriodora). Queensland. Citronellalhaltiges Öl. Eucalyptus 2^iperita Sm. Australien. Das Öl der Blätter riecht pfefferminzartig. Es enthält an charakteristischen Körpern Phellandren, Cineol und Eudesmol. Es ist das am längsten bekannte Eukalyptusöl; es wurde schon 1790 erwähnt (Reclaire, 1. c, p. 16). Eukalyptusöl gelangt von Australien, Indien, Algier und Kalifornien in den Welthandel. Besonders in Australien hat sich eine blühende Eukalyptusöl-Industrie entwickelt i). Auch in Südfrankreich, Spanien, Portugal und etwas auch in Britisch-Indien (Nilgiri-Gebirge) wird Euka- lyptusöl produziert. Die Handelsöle stammen teils von bestimmten Euka- lyptusarten, teils werden sie aus einem wechselnden Gemisch der Blätter verschiedener Arten destilliert^). In AustraUen wird die Destillation so ausgeführt, daß man durch die ohne Wasser in die Destillierblasen ge- füllten Blätter Dampf strömen läßt. Das Rohöl ist entweder hellgelb (E. 1) In Australien werden jetzt am meisten die Blätter von Eucalyptus polyhractea, E. australiana und E. dives destiüiert. (Ber. Schimmel & Co., 1919, p. 28.) Euca- lyptus australiana Baker et Smith = E. amygdalina var. Australiaila wächst in den Gebirgen in Neusüdwales und Viktoria und in erstgenanntem Gebiet ist in den letzten Jahren sehr viel ausgezeichnetes Öl destilliert worden; das aus in tiefer gele- genen Gegenden auftretenden Pflanzen gewonnene Öl enthält fast kein Phellandren mehr, dafür um so mehr Cineol. 2) Dieses Öl wird als bulk oil (Durchschnittsöl) bezeichnet. Außer den in der Übersicht genannten Arten, deren Öle genauer bekannt sind, seien hier noch an- geführt E. sideroxylon A. Cwin. = Leucoxylon F. v. M., melliodora A. Cunn., poly- anthemos Schau.., goniocalyx F. v. M. und inc7-assata Labill. Bisher sind die Öle von etwa 140 Eucalyptus- Arten beschi-ieben. (Reclaire, Tabelle der bis Januar i9M beschriebenen ätherischen Öle, Berhn 1919.) Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 513 odorata) oder von dunkler Farbe. Es wird mit Natronlauge gemischt rektifiziert, wobei die zum Husten reizenden Aldehyde und verseifbaren Körper entfernt werden. Das Rektifikat ist das Eukalyptusöl des Han- dels. Der Destillationsrückstand (eine Art Seife von tiefdunkelbrauner Farbe und syrupartiger Konsistenz, Eucalyptus tar, Resin oil) wird zum Teil als billiges Desinfektionsmittel oder zum Parfümieren gewöhnlicher Seifen verwendet. In den letzten Jahren sollen die Destillationsmethoden für die Ge- winnung der Eukalyptusöle in Australien sehr verbessert worden sein und dort jetzt mehr Gewicht darauf gelegt werden, das Öl aus einheit- lichem Material zu gewinnen, um ein gleichmäßigeres Produkt zu er- halten. Die Eukalyptusöle zeigen große Unterschiede in der Zusammen- setzung. Neben geringen Mengen verschiedenartiger Verbindungen wurden Cineol, Gitral, Citronellal, Guminaldehyd, die Kohlenwasserstoffe Cymol, Pinen und Phellandren und kürzlich zwei Sesquiterpenalkohole, das Glo- bulol und das Eudesmol, nachgewiesen. Die cineolhaltigen Öle sind die wichtigsten; sie enthalten geringe Mengen Pinen, kein Phellandren, während die phellandrenhaltigen cineolärmer sind. Die Qualität wird nach dem Gineolgehalt beurteilt. In der Medizin finden nur die cineol- reichen Öle Verwendung, die zugleich phellandren frei sind. Eukalyptusöl wird als Hausmittel vertrieben, zur Herstellung medizinischer Seifen, Tinkturen usw., das Ol von E. citriodora speziell vielfach als Seifen- parfüm benützt 1). Manche Öle finden auch im Hüttenbetrieb bei der Erz Verarbeitung (Verfahren von de Bavay) Verwendung, so vor allem das von E. dives, welche Art früher als Varietät von E. amygdalina betrachtet wurde. (Ber. Schimmel & Co., 1919, p. 27.) 52. Melastomaceeu. Mememjlon tinctorium Willd., M. capitellatum L. und M. grande Retz. Die Blätter enthalten einen safrangelben Farbstoff und werden auf Ceylon als Grocus xeylanicus zum Gelbfärben benutzt. Wiesner, Rohst., \. Aufl., p. 663. Miconia müleflora Naud. [= Tamonea theexans (Bonpl.) Krasser]. In Peru als Tee verwendet. 1) Bezüglich der Literatur \ih&T Eucalyptus und Eukalyptusöle sei hier nur ver- wiesen auf: F. von Müller, Eucalyptographia, Melbourne < 879— 1 883; Select Extra- tropical plants. 9. Aufl., Melbourne 1895; Maiden, The useful native plants of Australia. London and Sydney 4889. Schimmel & Co., Ber. April Sorrel- tree«. Die Zweige können zum Schwarzfärjaen Verwendung finden; wurden in Nordamerika verwendet. Wiesner, 1. c. Arctostaphylos uva ursi 8pr. Die oberirdischen Pflanzenteile der Bärentraube werden nach Pallas, Flora ross., I, 2, p. 91, in Schweden und Rußland zum Schwarzfärben benutzt. Arthur Meyer, Wissenschaft. Drogenkunde, II, p. 219. — Adolph Meyer, Anatom. Charakt. off. Blätter, Halle, 1882. Vaccinium Myrtillus L. \ Die grünen Teile wurden früher als » Vitis Idaea L. Gerbmaterial inVerwendunggenommen. » Arctostaphylos L. als Batumtee und kaukasischer Tee zur Verfälschung des echten Tees verwendet. Anatomie des Blattes, s. Niedenzu, in Englers Bot. Jahrb., 1 889, H, Heft 3, u. T. F. Hanausek, Ghem. Ztg., 1897, 21, Nr. 14. Gaultheria procumhens L. Nordamerika. Kanadischer Tee, Labra- dortee. Die Blätter dienen als Ersatz des Tees und werden auch medi- al ) Enthält ein Öl, in welchem ein stark auf das Zentralnervensystem wirkendes Gift (Ledumkampfer, ein tertiärer Alkohol) enthalten ist. I Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 515 zinisch verwendet. Sie enthalten Arbutin, Ericolin und ätherisches Öl, das Wintergrünül (Oil of Wintergreen) , das seit Anfang des 19. Jahr- hunderts als volkstümHches Heilmittel seit dem Auftauchen des Geheim- mittels »Swaim's Panacea« stark begehrt wird. Es ist eine farblose, gelbe oder rötliche Flüssigkeit von charakteristischem, stark aromatischem Geruch. Der Hauptbestandteil ist Methylsalicylati). J. Brakeley, Arch. d. Pharm., 216, (1880), p. 47. Oaultheria punctata BL, Java, und andere Gaultheria-Arien. Das Öl dieser Pflanzen entspricht dem Wintergreenöl. 55. Symplocaceen. Symplocos spicata Roxb. Süd- und Ostasien. Wird in Cochin- china angebaut; die getrockneten Blätter »La Dung« dienen zum Gelb- färben. S. tinctoria (L.) L'Herit. Nordamerika, von Delaware bis Loui- siana und Florida. Die Blätter ebenfalls zum Gelbfärben. Müller, Praktische Pflanzenkunde, p. \ 88. Die Blätter anderer Sy?nplocos- Arien sollen dem Mate beigemischt werden. 56. Apocynaceen. Aspidosperma Quebracho Schlechtd, Die Blätter dieses als >Que- bracho blanco« oder »White Quebracho« bezeichneten in den westlichen Provinzen Argentiniens häufigen Baumes, dessen Rinde bekanntlich medi- zinische Verwendung findet, enthalten 27,5 Proz. Gerbstoff. Der Auszug der Blätter ist fast farblos 2). 57. Verbenaceen. Lippia citriodora Kunth (Aloysia citriodora Lam., Verbena fri- phyUa UHerit.). Südamerika. In Spanien, Südfrankreich und Zentral- amerika als Zierpflanze kultiviert. Das aromatische, dem Lemongrasöl ähnliche Öl kommt zeitweilig in den Handel. Spanisches VerbenaöP). Lippia dulcis Thev. (L. mexicana). Kuba, Zentralamerika, Ko- lumbien. Mexikanisches, kubanisches Süßholz. Blätter und Stengelchen werden während und nach der Blütezeit gesammelt und an Stelle des 1) Procter, W., Americ. Journ. Pharm., Vol. 14 (1842), p. 211. über die Ent- stehung des Methylsalicylates durch Spaltung des Glykosids Gaultherin naittels des Fermentes Betulase siehe Schneegans und Gerock (Arch. d. Pharm., Bd. 232 (1894), p. 439. 2) J. Moeller, Dinglers Polyt. Journ., Bd. 230, p. S45. 3) Vgl. Schimmel & Co., Ber. Oktober 1913, p. 103. — Spanisches V. zum Unterschiede vom Lemongrasöl, das auch ostindisches Verbenaöl heißt. 33* 516 Neunzehnter Abschnitt. Bliitter und Kräuter. Süßholzes verwendet. Sie besitzen getrocknet einen sehr angenehmen Geruch und schmecken stark süß. Ein kampferartiger flüchtiger Körper wurde daraus dargestellt und als Lippiol bezeichnet. ■ — Therapie der Gegenwart 19U, p. 334, nach Apoth.-Ztg. 1914, 29, p. 687. Vitex pubescens Vahl. Blätter und Rinde werden auf Java zum Grünfärben verwendet. Wiesner, Rohst., I.Aufl., p. 667. Vitex divaricatus L. Indochina. Die Blätter enthalten 14 Proz. Gerbstoff und dienen als Gerbmaterial. Bocquillon, Nouv. Remed. 1912. Avicennia officinalis L. (A. tomentosa Jacq.). Die Blätter des »Mangle prieto« dienen in Venezuela als Gerbmateriali). Tamonea verhenacea Spreng. Tropisches Amerika, Westindien. Wird als Tee gebraucht. Bouchea Pseudogervao Cham. Tropisches Amerika. Dient als Tee, ebenso Stachytarpheta jamaicensis Vahl.., ebenfalls im tropischen Amerika. 58. Labiaten. Rosniarinus officinalis L. Siehe Rosmarin. Nepeta Cataria L. Katzenminze. Das Ol des Krautes wird in Nordamerika als Hausmittel angewendet. Salvia officinalis L. Salbei. Zur Gewinnung des Salbeiöles im großen wird die wilde Pflanze dalmatinischer Provenienz verwendet. Pinen, Cineol, Thujon und Borneol sind darin sicher nachgewiesen. Der charakteristische Geruch der Pflanze und des Öles ist durch das Thujon (Tanaceton, Salviol) GioIlieO bedingt. Monarda punctata L. Nordamerika. »Horse Mint«. Das Ol dieses Krautes wurde zeitweise zur Thymolgewinnung im großen verwendet. Schimmel & Co., April— Oktober 1917, p. 104; 1919, p. 80. Monarda fistidosa L. Nordamerika. »Wild Bergamot«. Das Ol enthält unter anderen Garvacrol, Cymol, d- und 1 — a-Pinen, Thymohydro- chinon. Ber. Schimmel & Co., 1919, p. 37. M. citriodora Cerv. Nordamerika. Das Öl enthält außer den obengenannten Bestandteilen noch etwas Citral2). Mosla jajjonica Maxim. Japan. Wegen ihres Reichtums an Thymol (58 Proz.) als Thymolpflanze bezeichnet. Wurde von Hada (Orient. Drugg. 1907, p. 15) wieder aufgefunden und soll im großen angebaut werden. Melissa officinalis L. In den nördlichen Mittelmeerländern von Spanien bis zum Kaukasus einheimisch, als Garten- und Arzneipflanze 1) A. Ernst, Die Pflanzen von Los Roques. Botan. Zeitg., 1872, p. 540. 2) Beckstroem in Realenzyklopädie IX. p. 554. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 517 in Europa und Nordamerika kultiviert, »Das »Melissenol« des Handels ist kein reines Destillat der Melisse (da die Ülausbeute bei dieser Pflanze so gering ist, daß das reine Ol viel zu teuer wäre), sondern teils über Melissenkraut destilliertes Zitronenöl oder Gitronellöl, teils lediglich frak- tioniertes Gitronellöl (Gildemeister u. Hoffm., Äth. nie, 2. Aufl., III, 1916, p. 501). — Tschirsch, Handbuch, II, p. 879. Hedeoma pulegioides Per s. Nordamerika. Insbesondere die blühende Pflanze ist sehr reich an einem ätherischen Öl, welches mit einfachen Apparaten hauptsächlich in Nordkarolina und Ohio gewonnen wird und unter der Bezeichnung »Pennyroyal- oder amerikanisches Poleiöl« im Handel vorkommt. Das Pennyroyalol wird dem europäischen Poleiöl von Mentha Pidegkmi L. oft substituiert. Es ist eine hellgelbe Flüssig- keit von charakteristischem, minzenartigem, süßlichem Duft und aroma- tischem Geschmack. Das Pulegon i) ist der charakteristische Bestandteil. Verfälschungen: Petroleum, Terpentinöl, Harzöl. Hyssopus officinalis L. Ysop, In Europa und den gemäßigten Zonen Asiens einheimisch. Das aromatische Öl dieser Pflanze scheint im Handel öfter mit Fenchelöl- Vorlauf gemischt zu werden 2). Satureja hortensis L. Bohnen- oder Pfefferkraut. Das ätherische Öl enthält Garvacrol und Gymol. Satureja Thymhra L. wird in Spanien allgemein als Gewürz ver- wendet. Das Kraut steht im Rufe eines kräftigen Stimulans und Des- inficiens. Diese Wirkungen verdankt es einem ätherischen Ol, welches Thymol (etwa 19Proz.), Pinen, Cymol, Dipenten, Bornylazetat enthält 3) und so die größte Änhnlichkeit mit Thymianöl besitzt. Origanum vulgare L. Dosten. Europa, Asien und Nordafrika. Wird bei uns als Wintermajoran kultiviert. Von dieser Pflanze stammt das echte Dostenöl, das aber ohne praktische Bedeutung ist. (Ber. Schimmel & Co., Okt. 1913, p. 77). Origanum vulgare var. alhiflorum C. Koch. Subalpine Gebiete Anatoliens. Die Blätter werden wie chinesischer Tee zubereitet. Das Infusum in Kleinasien und Konstantinopel als Tee genossen. T. F. Ha- nausek, Z. f. U. N. G., 1914, 28, p. 259. Aus Origanumarten wird auch das »Spanisch Hopfenöl« oder »Kre- tisch Dostenöle destilliert. Von den Handelssorten stammt das Triester Origanumöl von Origanum hirtum Lk., das Smyrnaer Origanumöl aber von 0. Onites L. (0. smyrnaeum L.J, das cyprische Origanumöl leitet i) Habhegger, Americ. Journ. Pharm., Bd. 65 (1893), p. 4-17, u. Beckstroem, I.e., X, p. 457. Gildem. u. Hoffm., I.e., p. 498; Schimmel & Co., Ber. Okt. 4919, p. 39. 2) Gildem. und Hoffm., 1. c., p. 508. 3) Schimmel & Co., Ber. Okt. -1889, p. 55. 518 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Holmboe von 0. dubium Boiss. ab, während Holmes als dessen Stamm- pflanze 0. majoranoides Wüld. betrachtet, welche Art O. Majorana L. botanisch sehr nahe steht. Die beiden letztgenannten Origanumüle sind carvacrolreich, während das erstgenannte nur Thymol als Hauptbestand- teil enthalten soll. Die diesbezügliche Literatur weist aber noch ver- schiedene Widersprüche auf, die wahrscheinlich in der Schwierigkeit und ungenügenden Klärung der Origanum-Systemsiük die Ursache hat. S. Ber. Schimmel & Co., Okt. 1913, p. 75 u. 1918, p. 38. Majorana hortensis Mönch. Majoran. Europa. Aus dem frischen blühenden Kraut wird namentlich in Spanien das Majoranöl destilliert. Es besitzt den angenehmen, gleichzeitig an Gardamomen erinnernden Majoranduft, dessen Träger noch nicht isoliert wurde. An Stelle des echten Majoranüles kommt vielfach das Ol von Satureja Nepeta Scheele (= Calamintha Nepeta Link et Hoffm. = Melissa Nepeta L.) in den Händen). Thymus vulgaris L. Thymian. Mittelmeerländer und kultiviert in den meisten Ländern mit gemäßigtem KHma. Dieses schon im Alter- tum als Küchengewürz verwendete Kraut dient in frischem Zustande zur Zeit der Blüte zur Darstellung von Thymianöl, welches haupt- sächlich in Südfrankreich und in Deutschland 2) produziert wird. Das sogenannte »weiße Thymianöl« ist in den meisten Fällen nichts anderes als ein mit wenig Thymianöl destilliertes Terpentinöl von 1 — 5 Proz. Phenolgehalt. Die rohen echten Thymianöle sind schmutzig-dunkel- rotbraune Flüssigkeiten von angenehmem, kräftigem Thymianduft und beißend scharfem, lange anhaltendem Geschmack. Rektifiziertes Öl ist farblos oder hellgelb, das spanische Thymianöl besitzt oft eine tief dunkel- grüne Färbung. Thymol und Garvacrol sind die charakteristischen Be- standteile 3). Thymus Serpyllum L. [Th. ovatus Mill., Th. praecox Opix u. a. Arten). Quendel, Feldthymian. Europa, Nordamerika, Mittel- und Nord- asien, Das farblose Öl dieser Pflanze besitzt sehr angenehmen, etwas melissenartigen, schwach an Thymian erinnernden Duft. Die Haupt- menge des Öles besteht aus GymoH). Gemische von Spanisch-Hopfenöl, Poleiöl und Thymianöl gehen in Südfrankreich als Quendelöl unter der Bezeichnung »Essence de serpoUet«^). Thymus h/emalis Lange (= Thymus sparsifolius var. hyemalis i) Schimmel & Co., Ber. Okt. 1913, p. 75. 2) Das »spanische Thymianöl« enthält kein Thymol. Die Stammpflanze ist nicht sichergestellt! 3) Gildem. und Hoffm., 1. c, p. 523. 4) Febre, Gompt. rend., 92. Bd. (1881), p. 1290. 5) Gildem. und Hoffm., 1. c, p. 532. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 519 Pourret). Spanien. Ist nach E. M. Holmes die Stammpflanze einer Sorte des spanischen Verbenaöles. Schimmel & Co., Ber. Okt. 1942, p. 113. Vgl. oben Lippia citriodora. ■»Mentha piperita^. In Europa und Nordamerika werden unter diesem Namen eine Reihe von einander sehr nahestehenden Arten und Varietäten kultiviert. Aus ihnen wird die Hauptmasse des »Pfefferminzöl« dargestellt. Siehe Pfefferminze. M. canadensis var. piperascens Briq. Japan. Siehe Pfeffer- minze. M. viridis L. Europa, Asien und Nordafrika. In Nordamerika in ausgedehntem Maße kultiviert. Liefert das amerikanische Krause- minzöl (Grünminzöl). Siehe unter Pfefferminze. M. crispa L. Siehe Krauseminze. M. pulegium L. (Pulegium vulgare L.). Europa, Asien und Nord- afrika. Aus der frischen Pflanze wird in Spanien, Südfrankreich und Algier das »Poleiül« destilliert, dessen charakteristischer Bestandteil (etwa 80 Proz.) das Pulegon i) (ein Keton von der Formel CjoHieO) ist. Poleiöl besitzt stark aromatischen minzenartigen Duft und ist von gelber bis rötlicher Farbe. Verfälschungen: Terpentinöl, Eukalyptusöl. Wird in der Seifenindustrie verwendet. Das Öl wird schon in der Frankfurter Taxe vom Jahre 1582 erwähnt. Pogostemum Heyneamts Benth. (P. Patclioidy Pellet.). Ost- indien, Burma. Siehe Patchouly. P. suavis Ten. Siehe Patchouly. P. menthoides Bl. Java. Siehe Patchouly. Ocimum Basilicum L. Basilikumkraut. Im westlichen und tropi- schen Asien einheimisch, sonst kultiviert. In Südfrankreich und Spanien, auch in Deutschland wird aus dem frischen Kraut durch Destillation mit Wasserdämpfen das Basilikumöl gewonnen. Auf R6union wird ein Basilikumöl von abweichender Beschafl"enheit produziert. Methylchavicol, Linalool und Cineol sind die Hauptbestandteile des aromatischen, durch- dringenden, esdragonähnlich riechenden Öles. Die Öle aus den Tropen, teilweise von Varietäten von Ocymurn Basilicum abstammend, unter- scheiden sich durch ihre Eigenschaften und Zusammensetzung. Destil- liertes Basilikum wasser wurde schon im 15. Jahrhundert gebraucht 2). Ocimum canum Sims (0. americanum L.). Tropisches Asien, Afrika, auch kultiviert. Das ätherische Öl enthält Methylcinnamats). 1) Beckmann & Pleissner, Liebigs Annalen, Bd. 262 (1891), p. 1. Gildem. u. Hoffm., 1. c, I. Bd., 1909, p. 206; III. Bd., 1916, p. 535. 2) Hieronymus Brunschwig, Liber de arte destillandi. De simpHcibus 1 500, fol. 27. Gildem. und Hoffm., 1. c, I, 1909, p. 206; III, 1916, p. 614. 3) Gildem. u. Hoffm., III. Bd., 1916, p. 618. 520 Neunzehnter Abschnitt. Blatter und Kräuter. 0. gratissimum L. Ostindien, Ceylon, Java, tropisches Afrika und Amerika. Ätherisches Öl zeigt hohen Thymolgehalt und riecht wie Ajowanöl von Ptychotis Ajoivan. (Ber. Schimmel & Co., lOlO, p. 38.) 0. viride Willd. Trop. Westafrika, in Indien, Cypern eingeführt. Das Öl könnte für die Gewinnung von Thymol im großen in Betracht kommen, (Bull. Imp. Inst., London, 15, 1917, p. 322; Ber. Schimmel & Co., 1918, p. 37.) 59. Solanaceen. Nicotiana Tabacu^n L.\ N. rustica L. \ siehe Tabak, und andere Arten ] 60. Bignoniaceen. Arrahidaea Chica Bar. (:= Bignonia Chica H. et B.) Venezuela. Die Blätter liefern einen im amerikanischen Handel vorkommenden roten Farbstoff, Chika, Zika, Karukru, Kurukuru, Karajuru oder Vermeilon ameri- canum genannten Farbstoff. Eine nahe verwandte Pflanze soll eine blaue Chika geben 1). Die Chika wird durch Auskochen (nach anderen An- gaben durch Gärung) der Blätter gewonnen; die Fällung des Farb- stoffes aus der Lösung soll mittels der Rinde eines »Arayane« genannten Baumes bewirkt werden. Die Ware kommt in 15 — 20 cm im Durch- messer haltenden, 7 — 10 cm hohen Kuchen oder Kugeln von ziegel- bis zinnoberroter Farbe, in Palmholzkästchen verpackt, in den Handel, dient den Indianern Venezuelas und Brasiliens zum Bemalen des Körpers (wohl zum Schutze gegen Mückenstiche) und wird bei uns zuweilen zum Rot- und Gelbfärben von Baumwollgeweben benutzt. Chika enthält das Chika- rot^) CgHgOg, das mit kochendem Alkohol oder Äther aus der Rohware extrahiert wird; es ist unlöslich in Wasser,- wenig löslich in Äther, lös- lich in Alkohol, Alkalien und Ammoniak, Die alkoholische Lösung wird durch Säuren gelb, durch Eisensalze braun, durch Bleizucker fleischfarbig gefärbt; mit schwefeliger Säure behandelt, entwickelt sich Schwefelwasser- stoff, — T, F. Hanau sek. Über die Reaktionsverhältnisse dreier roter Farbstoffe: Malven-, Heidelbeer-, Chikarot, Zeitschr. f. landwirtsch. Gewerbe, 1885, Nr. 17. 61. Acantliaceen. Nelsonia Pohlii N. ab E. Brasilien. »Manacan do mato«, wilder Manacan. Die Blätter werden zum Blaufärben baumwollener Gewebe 1) Wiesner, Rohstoffe. \. Aufl., p. 666. 2) Erdmann, Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 71, p. 198. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 521 verwendet. Peckolt, Heil- und Nutzpflanzen Brasiliens, Ber. d. Pharm. Gesell., 1912, p. 389. 62. Plantaginaceen. Plantago squarrosa. Ägypten, Syrien. Die Pflanze wird in Ägypten zur Sodagewinnung benutzt. 63. Rubiaceen. Palicourea sulphurea DC. (Psychotria sulplmrea Ruiz et Pav.J. Die Blätter dienl-n nach Duchesne in Peru zum Gelbfärben von Zeugen. Wiesner, Rohst., 1. Aufl., p. 665. Morinda citrifoUa L. Tropen. Die Blätter geben eine rote Farbe. K. Schumann in Engler-Prantl, 1. c, IV, 4a, p. 138, 64. Compositen. Trilisa odoratissima (W.) Cass. Siehe Trilisablätter. Piqueria trinervia (Jacq.) Cav. Bolivia bis Mexiko, Antillen. Auf Kuba zu aromatisierenden Tahastunken verwendet. Erigeron canadense L. Nordamerika, sonst eingewandert. In den Pfefferminzfeldern Nordamerikas ist Erigeron cmiadense ein gemeines Unkraut. Es wird zur Darstellung des Erigeronöles verwendet, welches in die Unit. States Pharmakopoeia aufgenommen wurde. Erigeronol (Oil of Fleabane) besteht zum grüßten Teil aus d-Limonen und Terpineol. Es verharzt schnell an der Luft und seine ursprünglich hellgelbe Färbung wird dunkel. Die Handelsüle sind amerikanischer Provenienz. Blumea balsamifera DC. Vom Himalaja bis nach Singapore und im Malayischen Archipel verbreitet, auch in China, auf Hainan und Formosa. Durch Destillation dieser halbstrauchigen Komposite wird der Ngaikampfer (Ngai-fen) in beträchtlichen Mengen gewonnen. Das Roh- produkt wird in Kanton raffiniert und dann als Ngai-p-'ien i) bezeichnet. Chemisch ist der Ngaikampfer mit linksdrehendem Borneol identisch 2). In China wird er zu rituellen Zwecken, sowie medizinisch, doch auch technisch als Zusatz zu den feinen Sorten Tusche gebraucht 3). Vgl. Bd. I, p. 574. Osmitopsis asteriscoides Cass. (Osrnites Bellidiastrum Thbg.J. Süd- afrika. Mit Weingeist infundiert, wird diese Pflanze im Kaplande als Heilmittel gegen Lähmung angewendet. Das ätherische Öl duftet nach i) Holmes, Pharm. Journ. (London), Ser. III, Bd. 2-1 (1891), p. 1130. 2) Flückiger, Pharm. Journ., Ser. III, Bd. 4 (1874), p. 829. 3) Flückiger und Hanbury, Pharmacographia. London 1879, p. 511 522 Neunzehnter Abschnitt. Blütler und Kräuter. Gorup-Besanezi) nicht angenehm und erinnert an Kampfer und Caje- putöl zugleich. Eupatorium Rebaudianum Bertoni. Paraguay. »Caa hee«, Azuia caa«, »Eira caa«, süße Yerba, Zucker- Yerba, Honig-Yerba. Süßstoff- pflanze von Paraguay. Ist seit 1907 in Europa bekannt. Wenige Blätter genügen, eine große Tasse Tee oder Kaffee zu süßen. Enthält das Gly- kosid Eupatorin und Rebaudin, die nach Kobert echte Saponine sind und charakteristische Sapogenine liefern. Bertoni, Eine Süßstoff ent- haltende Pflanze in Paraguay, Pharm. Zeitung, 47, 1902, Nr. 1.2. — Rasenack, Über die Süßstoffe des Eupatorium Reh., Arb. a. d. Kaiserl. Gesundh., 1908, 28, p. 420. — Kobert, Über zwei süßschraeckende Drogen, Ber. d. D. Pharm. Gesell., 1915, 25, p. 166. Achülea moschata L. Alpen. Das Ivakraut wird zur Fabrikation des Ivalikürs verwendet. Das ätherische Öl, von dessen Bestandteilen hier nur Gineol und 1-Campher erwähnt werden sollen, ist von grün- blauer bis dunkelblauer Färbung^). Chriisanthemum Parthenium Bernh. (Matricaria PartJienium L.; Pyrethrum Parthenium Sm.J. Europa. Als Herba malricariae Medizinalkraut. Das ätherische Öl enthält gleich dem Rainfarnöl l-Kampfer. Artemisia Dracunculus L. Esdragon. Osteuropa, Orient, Hinia- lajagebiet. Das ätherische Öl, aus dem blühenden Kraut gewonnen, ist eine farblose bis gelbgrüne Flüssigkeit von eigentümlichem, anisartigem Duft und kräftig aromatischem, aber nicht süßem Geschmack und besteht zum grüßten Teil aus Methylchavicol. Siehe Schimmel & Co.; Ber. April 1892, p. 17 und Gildem. u. Iloffm., Äther. Öle, IL Aufl., III. Bd., 1916, p. 677. Esdragonöl findet in der Konserven- und Kräuteressigfabrikation Anwendung. Artemisia tridentata Nutt. Westliches Nordamerika, Missouri. Aus der Pflanze wird durch Destillation ein kampferähnlich riechendes ätheri- sches Öl gewonnen, das im Hüttenbetrieb als Flotationsül Verwendung findet. Schimmel & Co., Ber. April-Oktober 1917, p. 9. Artemisia Absinthium L. Wermut. Europa. In Nordamerika ein- gewandert. Die Pflanze wird für Handelszwecke vielfach kultiviert und teils als Hei'ba Absinthii medizinisch, teils zur Destillation des Wermut- üles verwendet. Letzteres besitzt in hohem Grade den Duft und das Aroma des Krautes und eine grünliche oder dunkelgrüne Farbe (manch- ^) Liebigs Annalen, Bd. 89 (-1854), p. 214. 2) Gildem. u. Hoffm., I.e., III, 19i6, p. 662, I Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 523 mal blau). Der Hauptbestandteil ist das Thujon (CioHigO)!), ferner sind nachgewiesen: Thujylalkohol (CioHigO) in freier Form und als Ester der Essig-, Isovalerian- und Palmitinsäure, Phellandren und ? Pinen, Cadinen, sowie blaues Öl noch fraglicher Zusammensetzung. Das Wermutöl hat toxische Eigenschaften, welche sich auch beim reichlichen Genuß alko- holischer, mit Wermutöl gemischter Getränke fühlbar machen. Den Markt beherrscht das amerikanische Produkt, die beste Qualität ist jedoch die französische Ware, an welche die spanischen, algierischen und korsi- kanischen Destillate heranreichen. Wermutöl ist schon um das Jahr 1570 bekannt gewesen. (Reclaire, 1. c, p. 39.) — Tschirch, Hand- buch, n, p. 995. Eclipta erecta L. (Cotula alba L.). Kosmopolit. Dient in Cochinchina zum Schwarzfärben (der Haare). Bidens leucantha Willd. (Abart von B. pilosa L.) und B. tetra- gmia DC. Nordamerika. Die Blätter werden in Mexiko wie chinesischer Tee aufgerollt und als »Te de milpa« verbraucht. — Hartwich, Arznei- drogen, p. 69. Centipeda (Myriogyne) 7ninuta C. B. Clarke. Neu-Südwales. Nies- kraut. Die gepulverten Blätter sollen als Schnupftabak angewendet werden. — Hartwich, 1. c, p. 95. SantoUna Chamaecyparissus L. Südwestliches Europa, geht bis Steiermark. Heiligenpflanze, Zypressenkraut. Die stark riechenden Blätter dienen als Mottenmittel, medizinisch als Anthelminthicum, auch miß- bräuchlich als Abortivum. — J. Hockauf, Zeitschr. d. AUg. österr. Apoth.-Ver. 1903, Nr. 4. Zum Gelbfärben dienen oder wurden dazu verwendet: Fkiveria Contrayerva Pers. (Ewpatorium chilense Mol.). Chile. Solidago canadensis L. Nordamerika. Serratida tinctoria L. Färberscharte, Europa. Früher zum Gelb- färben und zur Darstellung des Schüttgelbs verwendet. Die grünen Teile der frischen (lebenden) Pflanzen enthalten eine farblose (oder nahezu farblose) Substanz, von Molisch Serratulan genannt, die erst post- mortal unter der Einwirkung gewisser Stoffe (Alkalien) einen intensiv gelben Körper, das Serratulin, liefert; die var. integrifolia Pers. (= var. lancifolia Gray = Serratida austriaca Wiesh.) soll reicher an der Mutter- substanz des Farbstoffes sein. Wiesner, Rohstoffe, 1. Aufl., p. 688. — Molisch, Beiträge zur Mikrochemie der Pflanze, Nr. 7: Über das Serra- tulin, Ber. Deutsch. Bot. Gesellsch. 1916, 34, p. 554. \) Von Beilstein und Kupffer zuerst Absinthol benannt, von Semmler als Thujon erkannt. Berlin. Berichte, Bd. 25 (1892), p. 3350. Glidern, u. Hoffm., 1. c, III, igie, p. 683. 524 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Xanthium Strumarium L. (X. indicum Koen.) Kosmopolit. Wurde in Europa verwendet und dient vielleicht noch in Cochinchina zum Gelbfärhen. X. spinosum L. Kosmopolit. AVurde schon von den alten Römern benutzt!). Anmerkung. Die zur Indigogewinnung dienenden Pflanzen s. Bd. I, p. 573fr. Besonderer Teil. 1. Wau. Der Wau, Reseda Luteola L., auch Färberresede, Gelbkraut, roma- nisches Kraut genannt, wird nachweisbar seit der Römer Zeiten zum Gelbfärben benützt. Das »Lutum« bei Plinius, Virgil und A^itruv ist unser Wau 2). Im südlichen und mittleren Europa wächst er wild, für die Zwecke der Färberei wird er kultiviert. Nach den Ursprungsländern werden die Handelssorten unterschieden. Französischer Wau: beste Qualität von Cette, weniger gut aus der Umgegend von Paris, Hävre, Ronen. Englischer Wau: steht dem französischen Wau nach. Gebaut wird er in der Grafschaft Essex und nur selten exportiert. Deutscher Wau: von wechselnder Güte, wird insbesondere in Thü- ringen, Sachsen, Bayern und Württemberg gebaut. Die wilde Pflanze wird fast meterhoch, ist dickstengelig und stark grün. Der kultivierte Wau ist hingegen nur halb so groß oder kleiner und stark gelbgrün. Kleine, dünnstengelige, reich mit Blüten besetzte, stark ins Gelbe fallende Exemplare sind gesucht. Die im Herbste gesäten Samen liefern im nächstkommenden Sommer Wau, den man während des Verblühens aus der Erde zieht. Die Wurzeln sind wertlos; wurzellose Ware ist deshalb besser. Die Stengel des Waus sind gerade, gerippt, mit schmalen, kaum zentimeterbreiten, langgestreckten, lanzetthchen, an der Basis einzäh- nigen, kahlen, wechselständigen Blättern besetzt. Die Blüte besteht aus einem vierblättrigen Kelch, aus einer gelben Blumenkrone mit fünf, durch Verwachsung der beiden oberen scheinbar vier Blumenblättern (und einer 1) Die Angabe von Bischof, Lehrb.III, 2, p. 698 X. macrocarpum DC, welches uacli Ind. Kew. mit X canadense Mill. (Nord- und Südamerika) synonym ist, bezieht sich wohl auf X. spinosum L. 2) Nach dem Cornu Gopiae linguae lat. von Kirsch (Wien 1775), p. 1695 heißt der Wau auch Brustkraut, Stärkkraut, Strich kraut, lat. Lutea, Luteola, lutum, auch »unquis milvinus« (Geierkralle, Weihe-Kralle). Neunzehnter Abschnitt, Blätter und Kräuter. 525 schüsselfürmigen Schuppe), aus zehn und mehr Staubblättern und einem aus drei Blättern gebildeten Fruchtknoten mit drei Griffeln. Die Blüten stehen in langen, rutenfürmigen Trauben. Gute Ware darf nur aus vollkommen reifen bluten- und blätterreichen, gelblich-grünen Pflanzen bestehen. Der Farbstoff ist in allen grünen Teilen und in den Blüten enthalten. Ein Querschnitt durch die Rinde des Stengels zeigt die Epidermis, deren Zellen an den Außenwänden und an den tangential verlaufenden Innen- wänden mächtig verdickt sind, an allen denjenigen Stellen, die den Stengel- rippen entsprechen, durch darunterliegende Kollenchymsäulen empor- gehoben. Im Blatteil liegen Gruppen von auffallend weitlichtigen Bast- fasern. Mit Kalilauge behandelt, erscheinen Oberhaut und Mittelrinde goldgelb, die Innenrinde dagegen schwächer gelb gefärbt, Holz und Mark bleiben farblos. Das dünne Blatt ist bifazial gebaut, Zwischen den beiden Ober- hautplatten, deren Zellen gebuchtet sind und zahlreiche rundliche Spalt- öffnungen umschließen, liegt ein schmales Mesophyll, das in ein zwei- reihiges Palisadenparenchym und in ein Schwammparenchym differenziert ist. Einzelne Oberhautzellen, besonders an der Unterseite, ragen durch ihre Größe und kugelige Gestalt hervor. Präparate in Wasser oder in Alkohol erscheinen farblos. In welcher Form der Farbstoff, das Luteolin, in der Pflanze enthalten ist, konnte bisher nicht festgestellt werden. Präparate in Wasser erscheinen deshalb farblos, weil das Luteolin in Wasser fast nicht löslich ist. Auch Alkoholpräparate bleiben farblos, obwohl der Farbstoff in Alkohol gelöst wird, freilich ohne Farbwirkung. Denn versetzt man den Alkohol nach Entfernung des Präparates mit Kalilauge, so wird er sofort tief gelb gefärbt. Diese Gelbfärbung tritt auch im ganzen Blattquerschnitte mit Kalilauge ein, nur die Gefäßbündel bleiben frei davon. In Eisenchlorid werden einzelne Partien des Inhaltes der Mesophyllzellen dunkelbraun. Seit Einführung der Querzitronrinde hat die Verwendung des Wau wohl abgenommen; aber zum Färben der Seide und zur Darstellung von Schüttgelb wird er immerhin noch angewendet. Unter allen zum Gelb- färben benutzten Kräutern steht der Wau noch am meisten in Ansehen und findet noch die stärkste Verwendung. Die Anwendung als Farb- material verdankt der Wau dem Umstände, daß beim Zusammenbringen einer Wauabkochung mit Tonerdesalzen unter geeigneten Verhältnissen ein lebhaft gelb gefärbter Tonerdelack entsteht. Mit Chrom gibt Luteolin bräunlichgelbe, mit Eisen bräunlich olivenfarbige, mit Zinn rein gelbe Lacke. Die Färbungen sind lichtecht und walkecht. Durch Kombination mit Indigkarmin und Orlean kann die Seide auch grün (»Waugrün«) bzw. orange gefärbt werden. 526 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Der gelbe Farbstoff des Waus, das Luteolin, wurde von Chevreuli) entdeckt und später von Moldenhauer^)^ von Schützenberger und Paraf^), Rochleder und Breuer^) genauer untersucht. Das Luteolin 5) oder Digitoflavon (GisHioOg + 2H2O) bildet gelbe, seidenglänzende Nadeln, welche sich in kaltem und heißem Wasser nur sehr schwer, leichter in Äther und Alkohol auflösen. Diese Lösungen des Körpers reagieren schwach sauer und schmecken etwas bitter. Ammoniak, ätzende und kohlensaure Alkalien lösen es mit tiefgelber Farbe ß). 2. Weichselblätter'). Die Blätter der Weichselkirsche, Prunus Cerasus L. (= Cerasus vulgaris MilL), die beim Trocknen einen schwachen Kumaringeruch wahrnehmen lassen, werden außer als gewürzhafte Zutat zu Einmach- gemüse (Gurken u. a.) hauptsächlich als aromatisierende Beimischung zu Rauchtabak (Deutschland) und zu Schnupftabak (Österreich-Ungarn) ver- wendet. Da der Tabak in diesem Werke behandelt wird, so erscheint es angezeigt, auch einige der gebräuchlichen Zusätze zu berücksichtigen. Prunus Cerasus L. zerfällt in zwei Unterarten §), deren Verschieden- heit in den Blättern, schärfer aber in den Früchten ausgeprägt ist: a) P. eucerasus Asch, et Gr. besitzt ein- bis zweidrüsige oder drüsen- lose Blattstiele (und große Früchte mit rundlichem Steinkern) ; b) P. acida Koch, Strauchweichsel, mit kurzen, stets drüsentragenden Blattstielen (und kugeligen kleinen Früchten mit eiförmigen, schwach gestieltem Steinkern). Von diesen Unterarten werden der Früchte wegen zahlreiche Kultur- formen gezogen. Im allgemeinen ist das Weichselblatt bis 1 2 cm lang, 3 — 5 cm breit, länglich-verkehrteifürmig bis breitelliptisch, am Grunde verschmälert, am freien Ende zugespitzt oder stumpflich, bis zur Spitze klein- und doppel- kerbsägig, stets gestielt. Der Stiel ist 1 — 3 cm lang und trägt eine oder 1) Journ. de Ghim. med. 6. p. 157. 2) Ann. Ghem. Pharm. Bd. 100, p, 180. 3) Compt. rend. t. 52, p. 92. 4) Journ. pract Gh. 99. Bd., p. 433. 5) Denselben Namen führt auch ein gelber AzofarbstofT. 6) Husemann-Hilger, Pflanzenstoffe. 2. Aufl. II, p. 809. — Rupe, Die Chemie der natürhchen Farbstoffe, p. 76. — Ganswindt in Realenzyklop. d. Pharm. 2. Aufl. VIII, p. 362. 7) T. F. Hanausek, Zur Mikroskopie des Schnupftabaks und seiner Bei- mischungen, zweite Mitteilung: Das Blatt der Weichsel- oder Sauerkirsche. Archiv f. Chemie und Mikroskopie (Wien) V, 1912, p. 188—194. — F. Netolitzky, Bestim- mungsschlüssel und Anatomie der einheimischen Dikotyledonenblätter. Kennzeichen der Gruppe II: Drusenkristalle. Wien 1908, p. 135. 8) Ascherson und Graebner, Synopsis der mitteleurop. Flora VI, 2, p. 147. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 527 zwei Drüsen oder ist drüsenlos. Die Blattoberseite ist glatt und glcän- zend, die Unterseite des .jugendlichen Blattes mit zerstreuten Härchen besetzt, die des völlig ausgewachsenen Blattes größtenteils glatt; nur der Hauptnerv und die Nebennerven erster Ordnung tragen kurze, kräftige Haare. Die acht bis zehn Nebennerven erster Ordnung zweigen vom Hauptnerven unter Winkeln von 40 — 50" ab. Auf den Kerbzähnen sitzen kurze konische Spitzen, Drüsenzotten, zu denen ein Nerv mit pinsel- förmiger Endigung hinzieht i). Das bifazial gebaute Weichselblatt besitzt im Mesophyll eine zwei- reihige (Fig. iSGj^a), in. der unmittelbaren Nähe des Hauptnervs sogar dreireihige Palisadenschichte und ein lockeres, reichlich durchlüftetes seh! Fig. 186. Weichselblatt. Qnerschnittspartie. 1- Kutikula, f^ Epidermis der Oberseite, «p' der Unter- seite, schl Schleimschicbt, pa erste, pa' zweite Palisadenzellreihe, schio Schwammparenchym, te Kalzium- oxalatkristallroeetten, g durchschnittener Tertiärnerv, sp Spaltöffnung. Vergr. 400. Schwammparenchym an der Blattunterseite (Fig. 1 87^a, pa'; Fig. i 865c/^^^). Ziemlich häufig sind rundliche Zellen mit je einer großen, wohlausge- bildeten Kristallrosette von Kalziumoxalat eingeschaltet (Fig. \ 86, \ Slkr). Als Begleiter der Gefäßbündel treten Kammerfaserzellen auf, die zum größten Teil ebenfalls Kristalldrüsen führen, mitunter aber auch Einzel- kristalle enthalten. Auch in den Oberhautzellen der Blattoberseite treten mitunter Kristallrosetten auf (Fig. 186 rechts). Die Oberhaut der Oberseite setzt sich aus verhältnismäßig großen Zellen zusammen (Fig. 188, Länge 46 — 69 u, Breite 23 — 36,5 /<), die einen unregelmäßig 4 — 5 seifigen Umriß, fast gerade Wände und bezüg- lich ihrer Längsrichtung verschiedene Orientierung besitzen. An ihrer i) Vgl, auch Hans Virchow, Über Bau und Nervatur der Blattzähne und Blattspitzen mit Rücksicht auf diagnostische Zwecke im Gebiete der Pharmakognosie. Arch, d. Pharmazie 23 4 (1896), Heft 2 (p. ö7 des Sonderabdruckes). 528 Neunzehnter Abschnitt. lütter und Kräuter. Außenseite sind sie durch starke Kutikularfalten gestreift oder gestrichelt. In Kalilauge eingelegt zeigen diese Zellen innerhalb der scharf abge- grenzten Wände noch eine zarte, uneben verlaufende Wand (Fig. 188 bei x), deren Erklärung im Querschnittsbilde zu finden ist. Die über Blattnerven gelagerten Oberhautzellen sind langgestreckt mit rechteckigem Umriß. Im Querschnitt zeigt sich die Außenwand mächtig verdickt und ^0 ej, ep fü Pig. 1S7. Weichselblatt. Querschnitt durch den Hanptnerven, g Gefäßteil, s, s' Siebteile, h Bast- fasergrnppen, fco, );.<>' Kollenchym, hf Kristallrosetten, hei x neben einer solchen ein kleiner Einzel- tristall, jü Füllgewebe. Vergr. 400. an ihrer Innenseite mit einer starken SchJeimschicht (Fig. 186scÄ/) be- deckt, die sich bei einzelnen Zellen auch an den übrigen Wänden nach- weisen läßt. Durch Erwärmen in Kalilauge wird der größte Teil des Schleimes gelöst und es bleiben sehr dünne Lamellen ungelöst zurück, die eine Art Abgliederung der Epidermiszelle hervorrufen und eine zweite (äußere) Epidermis vortäuschen i). Spaltöffnungen scheinen nach meinen 1) Nach Solereder, System. Anatomie der Diiiotyledonen, p. 343. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter 529 i r— \ i i Fig. 188. Weichselblatt. Epidermis der Blattoberseite, bei a: innere Schleimschichte. Vergr. 400. f^f ( i %vi /4; 1_ ^p Fig. 189. Weichselblatt. Epidermis der Unterseite, sp Spaltöffnungen. Vergr. 400. 1 es n er, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 34 530 Neunzehnter Abschnitt. (tter und Kräuter. von verhältnismäßig kleinen, Beobachtungen an der Oberseite zu fehlen; Virchow (1. c.) gibt dagegen an, daß nur wenige vorhanden seien. An der Oberhaut der Unterseite lassen sich zwei Formen von Epi- dermiszellen unterscheiden. Die zahlreich vorkommenden Stomata sind mit mehr oder weniger geraden Wänden versehenen Zellen umgeben; außerdem treten große Epidermiszellen mit halb- kreisförmig gebuchteten AVänden (Fig. i 89) auf, deren Umriß wie rund gekerbt aus- sieht. Die Spaltöffnungen (Fig. 189s^) haben zumeist eine schmal elliptische Ge- stalt und besitzen an den Polenden kurze Verdickungen. Die über den Blattnerven liegenden Oberhautzellen sind langge- streckt, verdickt und porös; die dazwi- schen eingeschalteten Haare (Fig. \90tr) sind einzellig, derb- bis dickwandig, spitz, bis über i mm lang, über der Basis bis über 23 u breit; sie enthalten meist bräun- liche, kugelige Inhaltskörper. Über den Bau der Blattnerven orien- tiert Fig. 1 87, ein Querschnitt durch den Hauptnerven des Weichselblattes. Die muldenartig vertiefte Oberseite enthält unter der Epidermis eine KoUenchym- schicht (Fig. 187 /iO), die vorgewölbte Unterseite einen koUenchymatischen Man- tel (Fig. \S1 ko') und ein Füllgewebe rund- licher Zellen (Fig. 187/%). Das bikolla- terale Leitbündel führt im Gefäßteil (Fig. 1 87^) Tracheiden und reichlich Spi- roiden, an den Rändern der Siebteile vereinzelte oder zu kleinen Bündeln vereinigte Bastfasern (Fig. 1876). Über besondere Inhaltskörper des Weichsel blattes ist nichts bekannt. Der schon erwähnte Geruch nach Kumarin, der beim Trocknen der Blätter sich bemerkbar macht, deutet auf das Vorkommen der Substanz hin, aus der sich beim Welken des Blattes wie beim Waldmeister, bei Ageratum u. a. das Kumarin ent- wickelt. 0. Färberginster. Bevor Gelbholz und Querzitron in unseren Färbereien eingeführt worden waren, wurde häufig mit dem Färberginster gelb gefärbt. Heute wird er nur mehr lokal verwendet. Fig. 190. Weich selblatt. Epidermis- sttck von der Unterseite, das den Hanpt- nerven überlagert, mit einem Haar fi: Vergr. 400. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kriiuter. 531 Der Färberginster, Oenista tinctoria L., ist eine auf trockenen Wiesen, auf sonnigen, kahlen oder licht bewaldeten Hügeln häufig vor- kommende, fast über ganz Europa und über das gemäßigte Asien ver- breitete, strauchartige Pflanze. Diese gelbblütige Papilionate treibt bei uns jährlich Stengel, die eine Höhe von 0,3 — I m erreichen. Die Jahrestriebe sind aufrecht, rutenförmig, die Stengel stielrund, fein gerieft, I — 3 mm dick, stachellos, kahl, nur an den oberen Enden etwas ange- drückt flaumig. Die wechselständigen Blätter sind lanzettlich oder läng- lich eiförmig, ungestielt, mit pfriemenförmigen, deutlich erst durch die Lupe erkennbaren Nebenblättern versehen. Das nur am Rande etwas behaarte Blatt läßt außer dem Hauptnerv nur wenige [1- — 3) Sekundär- nerven erkennen, die am oberen Blattende anastomosierend sich ver- zweigen. Die Länge des Blattes beträgt 2,5 — 4 cm, die Breite 4 — 7 mm. Beim Trocknen schrumpft es nur wenig, verliert aber seinen lebhaften Glanz und gewöhnlich auch die grüne Farbe. In einigen Gegenden, z. B. im Banat, wird auch G. ovata W. et K. im kleinen als Färberkraut angewendet, in England auch Q. anglica L. Außerdem werden noch Genista ynonospei'ma Lam. (= Retama mono- spe7'ma Boiss.), in Spanien einheimisch, die südfranzösische Genista purgans L. (=^ Cytisus purgans Benth.) und Genista sagittalis L. als Färbpflanzen genannt. Der Färberginster kann im trockenen Zustande ebensogut als im frischen zum Gelbfärben benutzt werden. Er färbt minder stark und weniger schön als Scharte und Wau und wird nur zum Färben gröberer Garne und Zeuge verwendet. Für die Erzeugung von Schüttgelb scheint der Ginster wohl überall durch den Wau verdrängt worden zu sein, welcher wieder durch die Querzitronrinde abgelöst wird. Der Farbstoff des Ginsters soll mit dem Luteolin des Wau identisch sein i), 4. Sumacb. Der Sumach oder Schmack^) ist eines der wichtigsten Materialien zum Gerben und Schwarzfärben. Dieses Gerbmaterial besteht aus den getrockneten und gemahlenen Blättern mehrerer Sumachgewächse und enthält gewöhnlich, mitunter sogar reichlich, Blattstiele, Bruchstücke junger Zweige und selbst Blüten beigemischt. 1) Über die Farbstoffe aus Oenista tinctoria vgl. Roscoe-Schorlemmer, Lehrbuch d. org. Chem., VIII, p. 779. 2) Beide Namen kommen (nach Wittstein, Handwörterbuch der Pharma- kognosie, p. 822) von Schemacha, Schamakhie oder Sumacha, einem russisch-asiati- schen, an das Kaspische Meer und Daghestan grenzenden Distrikte, wo der Gerber- sumach viel gebaut wird. 34* 532 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Es existieren im wärmeren Europa drei verschiedene Holzgewächse, die diese Ware liefern; der Gerbersumach, Rhus coriaria L., ein in den Mittelmeerländern und in Kleinasien vorkommender Baum ; der Perückenbaum, Cotinus coggygria Scop. (= Rhus cotinus L.J, im mitt- leren und wärmeren Europa und im gemäßigten Asien vorkommend; endlich der Gerberstrauch oder Redoul, Coriaria myrtifolia L., der den Küstenländern des Mittelländischen Meeres angehört und besonders häufig im Südwesten Europas und in Nordafrika wächst. — Der amerikanische Sumach stammt von Rlins glabra L., R. canadensis und R. typhina L. und R. copallina L. Fig. 191. Rhus coriaria L. Nach Engler Fig. 192. fi 'iijrtifolia L. Nach Englei Der ausgezeichnete sizilianische, der italienische, der spanische, por- tugiesische und griechische Sumach stammen zweifelsohne von Rhiis coriaria (Fig. 191) ab; ebenso die besseren Sorten des französischen Sumach. Der norditalienische, der Triester, der Tiroler Sumach, sowie der Sumach von Ungarn stammen von Cotinus coggygria. Coriaria myrtifolia (Fig. 192) liefert einige Sorten von französischem Sumach, welche im Handel unter dem Namen provenzalischer Sumach vor- kommen. Der Wert einer Sumachsorte hängt in erster Linie von der Art der Pflanze ab, von der er gewonnen wurde. Wiesnefi) hat den Wei ,'iesen, die botanische Abstammung einer Sumachsorte mit Hilfe des Mikroskopes schnell und sicher festzu- V] Wiesner, Rohstoffe. 1. AuH., p. 671. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 533 Blätter sind die der Oberhaut angehürigen am besten geeignet, eine Sumachsorte zu erkennen, da die Morphologie der Oberhaut an den Blättern der drei- genannten Holzgewächse eine so verschiedene ist, daß sich hierauf eine sichere Unterscheidung der Sumacharten stützen läßt. a) Sizilianischer Sumachi). Die Blätter von Rhus coriaria L. (Fig. 191) liefern diese an Gerb- stoff reichste Sorte. Auf Sizilien findet die Ernte anfangs August statt. Da man nur die Schößlinge wachsen läßt, so gestaltet sich die Ernte ziemlich summarisch; die Schößlinge werden nahe dem Boden mit der Sichel abgemäht, an der Sonne getrocknet und entweder mit der Hand oder durch Dreschen entblättert. Aus dem so gewon- nenen Material wird in eigenen Mühlen ein gröbliches Pulver hergestellt, das in drei Grüßensorten gesiebt wird, und zwar als: \. feiner Sumach, I. Qualität; 2. feine Rippen und grobgemahlene Blattstiele; 3. grobe Rippen und Stiele. Das letzte Produkt wird nicht verwendet; das zweite dagegen noch einmal gemahlen und als feiner Sumach H. Hualität, in Umlauf gesetzt. Nach An- dreasch wird auch eine Sorte, »Sommaco feminella« genannt, mit weit geringerem Gerbstoffgehalt als die gute Ware besitzt, unterschieden. Auch Veitch^) gibt an, daß man von Rhus coriaria zwei Varietäten kennt, den »Masculino«, mit einem Gerb- stoffgehalt von 25—35 Proz. und den »Fe- minella« mit weniger als 25 Proz. Die Stengel führen den Namen »Gambazzo«. Fig. 193. Rhus coriaria. L. 2 Blättchen in natürl. Gr. (Krasser.) \) T. F. Hanausek in Realenzyklopädie d. ges. Pharmazie, I. Aull., IX, p. 542; II. Aufl., XI, S. 699. — Derselbe, Lehrbuch der techh. Mikroskopie, 1901, p. 283. — Semler, Tropische Agrikultur, \. Aufl., Bd. 2, p. 538. — F. Andreasch, Sizilian. Sumach und seine Verfälschungen, Gerber, 1898, p. 189. Zeitschr. f. angew. Chemie, 1898, p. 1154. — CoUins, Des Sumacs et de leurs succedanes, Journ. de Pharm, et de Chem., 6. ser., XXV, 1907, p. 603— 610. — F. Netolitzky, Gerbeblätter als typische Fälschungsmittel, Arch. f. Chem. u. Mikrosk., 1913, p. 145 u. 148. — Der- selbe, Anatomie der Dikotyledonenblätter, II (1908), p. 171 u. 173. (Daselbst aus- führliche Literaturangaben.) 2) F. P. Veitch, Commercial Sicilian Sumac including notes on the micro- scopical examination of Sicilian sumac and its adulterants. Bull. 117, ü. S. Dep. of Agric, Bur. of Chemistry, Washington 1908. 534 •Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Feiner Sumacli ist ein graugrünes, verschieden feines, eigentümlich schwach riechendes, zusammenziehend schmeckendes Pulver, in dem sich stets kleine, stielrunde, ocker- oder rötlichgelbe Stengelfragmente befinden, durch deren Anwesenheit, wie es scheint, die Echtheit der Ware doku- mentiert werden soll. Das einfach und unpaarig gefiederte Blatt von Ritus coriaria (Fig. i 93) trägt an einem stark behaarten gemeinschaftlichen Stiel 5 — 8 Paare von Fiederblättchen (meistens 5 — 6 Paare) und ein unpaares Endblättchen. die 2 — 4 cm lang, \ — 2 cm breit, m^ist eiförmig, länglich eiförmig, kurz spitz und gesägt oder kerbig -gezähnt sind (Fig. 193). Die untersten Fiederblättchen sind häufig ganzrandig, breit eiförmig oder eirundlich und abgestutzt. Sie sind beiderseits, an der Oberseite wenig, an der Fig. 194. Rhiis coriaria L. Partie eines Blattquersclmittes. cn Kutikula, (p Epidermis der Oberseite, rp' der Unterseite, pa Palisaden-, seh Schwammparenehym, Ar Kristallrosette, A:> ' eine solche an einer Art Stiel, sp Spaltöft'nung, rf Drüsenliaar, h Deckhaar. Vergr. 400. (Orig. v. T. F. Hanausek n. Weese.l Unterseite dicht behaart. Das Fiederblättchen besitzt einen mäßig starken Mittelnerv, von dem 7 — 12 dünne, gerade oder nur sehr schwach ge- bogene Sekundärnerven abzweigen. Diese geben nahe dem Blattrande einen deutlich hervortretenden Ast ab, der zu dem Innenrande der Zähne verläuft, während der Sekundärnerv selbst in der Zahnspitze endet. 180 f.1 (je nach der Entfernung vom Ilauptnerven, wo die [angrenzende] Lamina am dicksten ist). Davon entfallen auf das Palisadenparenchym, d. h. auf die Länge der Palisadenzelien bis 80 ii (Fig. 194^«). Diese sind fast gleich lang, stellenweise unterbrochen durch Kristallzellen ; häufig sind letztere gefächerte Parenchj^mzellen mit je einer Kalziumoxalat- rosette in jedem Zellenfache (Fig. 1 94). Besonders große Rosetten nehmen einen die ganze Palisadenzellänge beanspruchenden Raum ein und es Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 535 fand sich auch eine Rosette (Fig. \9ikr'j, die wie ein Zystolith an einem Stiel hing. Im Schwammparenchym, das aus rundhchen oder gestreckten ■sp (Fig. \9isch, kr). Der Hauptnerv bildet im Querschnitt an der Blattoberseite eine kegelige, von Kollenchym ausgefüllte Hervorragung, an der Blattunter- seite eine weit vorspringende sackartige Erweiterung. Er enthält drei Leitbündel, im Siebteil drei Sekretgänge; Bastfasern sind nicht vorhanden. Die zur Erkennung des Sumachs wichtigsten Gewebearten sind die Epidermen der beiden Blattseiten. Die Epidermis der Oberseite (Fig. 195, Fig. 1 94 e^j) ist von polygonalen, ziem- lich scharfeckig begrenzten Zellen ge- bildet, die von einer fein, aber scharf gestreiften Kutikula bedeckt sind (Fig. 194, 195cm). Die Streifen laufen in der Richtung der Blattlängsachse. Sehr spärlich kommen schmale Spaltöffnun- gen (Fig. 195«/?), ferner mit einer stark erweiterten Basis versehene , kurze, 40 — 70 (.1 messende, einzellige und stark verdickte Haare (Fig. 195/^) vor. Im Querschnitt (Fig. 194ej9) erscheint die dicke Außenwand von der starken, deuthch abgesetzten Kutikula über- zogen, das Lumen gerundet vierseitig; die Innenwände sind dünn. Die Ober- haut der Unterseite (Fig. 196) besteht aus weit kleineren, ebenfalls polygonal, aber minder scharfeckig und häufig mit krummen Seitenwänden begrenzten Zellen und führt zahlreiche schmale Spaltöffnungen (Fig. 194 und 196sp), große, 300 bis 400 /< messende, auf breiter Basis sitzende, ein- oder zweizeilige, außen warzigrauhe, starkwandige Deckhaare (Fig. 194 und 196) und endlich mehrzellige Drüsenhaare (Fig. 194 u. 196cZ), die aus einer langen Stiel- zelle und aus mehreren zu einem Köpfchen vereinigten Sekretzellen zu- sammengesetzt sind. Die um die borstenförmigen Deckhaare stehenden Zellen erscheinen in der Flächenansicht rosettenförmig angeordnet, sind aber, wie sich im Querschnitt erweist, wulstartig über die Epidermis emporgehoben (Fig. 194 bei h); besonders mächtig sind diese Wülste an dem Blattstiel, der ebenfalls reichlich Haare führt. Die Epidermiszellen, die über den Hauptnerven liegen, sind langgestreckt und zeigen, wie die der Blattlamina, eine ausgezeichnete Kutikularstreifung (Fig. 196c?7). Fig. 195. Bin Epidermis der Blatt- oberseite, Flächenanslclit. Bezeichnung wie in Fig. 194, 6a Haarbasis. Vergr. 4(l0. (Aus: Realenzyklopädie d. ges. Pliarmazie, Bd. 11.) 536 Neunzehnter Abschnitt. itter und Kräuter. Der sizilianische Sumach dürfte von allen Sumachsorten den größten Gehalt an Gerbstoff besitzen. Doch schwankt die Menge desselben sehr bedeutend; kurz vor der Blüte gesammelte Biälter sind am gerbstoff- reichslen. In altem Sumach soll die größere Menge des Gerbstoffes durch Gärung in Gallussäure und Zucker umgewandelt sein'). Stenhouse^) hat den Sumachgerbstoff mit dem der Galläpfel als identisch erklärt, was von Löwe3) für Rhus coriaria bestätigt worden ist. Fig. 19(1. Rli>'s coriaria. Epidermis der Blattnnterseite, Flächenansicht. Bezeichnung wie in Fig. 19s. 6a Insertions- stelle eines (abgefallenen) Deckhaares. Vergr. 40(1. (Aus: Realenzyklopädie d. ges. Pharmazie, Bd. 11.) Über den Gerbstoffgehalt der Sumachsorten von verschie- denen Rkus-krlcn orientiert fol- gende Zusammenstellung: Prozent Gerbstoff Rhus copallina (Juni- ernte) 22,75 Ehus copallina (Juli- ernte) 27,38 Ehus copallina (Augusternte) . . 16,99 Elnis glabra (Virgi- nien, Augusternte) . 23,56 Ehus glabra (Colum- bia, Augusternte) . 16,50 Ehus glabra (Java, Augusternte) . . . \ 6,87 Ehus tijphina (Java, Augusternte). . . 16,18 Ehus sp. aus Carolina 5,00 Rhus sp. aus Yirgi- nien 10,00 Ehus coriaria (Sizi- lien) 16—24,374) In den Blättern der Rhiis-kviQn ist auch ein gelber Farbstoff enthalten, der mit dem Rindenfarbstoff von Myrica Nagi Thunb. (China, Japan) identisch sein soll und Myricetin (CisHjoOs)^) genannt worden ist. Auch in den Stengeln kommt der Farbstoff vor. 1) Muspratts Chemie, 4. Aufl., III (1891), p. 1209. 2) Ann. der Chem. u. Pharm., Bd. 1 1, p. 328. Dinglers Polytechn. Journ., Bd. 165. p. 150. 3) Zeitschr. f. analyt. Chemie, Bd. 12, p. 128. 4) Nach Gintl (Karmarsch-Heeren, Techn. Wörterbuch, 3. Aufl., VIII, p. 689) haben schlechte Sorten mitunter nur 5 Proz. ■V] Perkin und Hummel, The Chemical News, 1896, Vol. 74, Nr. 1919, p. 220. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 537 Der sizilianische Sumach unterliegt mannigfachen und recht aus- giebigen Verfälschungen, worüber unten am Schluß dieses Artikels be- richtet wird. b) Triester (Tiroler, ungarischer) Sumach, Schmack oder Barosch. Diese Sumachsorte stellt die Blätter des Perückenstrauches (Scotano oder Scotanello der Italiener) Cotinus coggygria Scop. dar, dessen Holz ein bekanntes Farbmaterial, das Triester Gelbholz (jungen Fustik), liefert. Das Blatt ist einfach, viel größer als ein Fiederblatt von Rkus, ganz- randig, gestielt, verkehrt eifürmig, ei- rimdlich oder rundlich, vollständig kahl, auf der Unterseite hellgrün, auf der Oberseite dunkler. Von der kräf- tigen Mittelrippe zweigen unter rechten Winkeln oder diesen sich nähernden Winkeln feine, gelbliche Sekundär- nerven ab, die sich gegen den Blatt- rand etwa dreimal in Gabeläste teilen. Sieht man durch das Blatt auf eine belichtete Stelle , so kann man die zahlreichen kurzen, senkrecht von den Sekundärnerven abzweigenden Tertiär- nerven wahrnehmen (Fig. 197). Das bifazial gebaute Blatt i) be- sitzt eine Reihe von Palisadenzellen, deren Länge gegen 36,5 i^i beträgt, bei einer Blattstärke von etwa 0,115 mm. Sowohl im Palisadenteil als auch im Schwammparenchym sind reichlich Kalziumoxalatrosetten vorhanden; diese begleiten auch die Blattnerven in langen Zügen, ein recht auffälliges Ver- halten. Der Hauptnerv zeigt in der Anordnung seiner histologischen Bestand- teile Verwandtschaft mit dem von Rhus coriaria, es fehlen auch die Bast- fasern, doch kommen nur zwei Sekretgänge im Phloem vor; in den Neben- nerven ist nur je ein Sekretgang vorhanden. Der Bau der beiden Epidermen zeigt wenig charakteristische Eigenschaften. Die Oberhaut der Oberseite setzt sich aus mit einer glatten Kutikula überzogenen, unregelmäßig kon- turierten, gebuchteten Zellen zusammen. Spaltöffnungen und Haare fehlen "s ioyyijfjria Scop. (Krasser.) \] Netolitzky, Sumachblätter als Fälschungsmittel für Pfefferpulver. Arch. f. Chemie u. Mikrosk., I, 1908, p. 239, bzw. p. 242. — Derselbe, 1. c, 1913, p. 150. — T. F. Hanausek, Lehrb. d. techn. Mikrosk., p. 286. 538 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. gänzlich (Fig. \ 98). Im Querschnitt erscheint die Außenwand stark ver- dickt, während die übrigen Zellwände nur dünn sind.. An der Epidermis der Unterseite fallen die zahlreichen SpaltüfTnungen auf, denen nicht selten schmale Epidermiszellen angelagert sind (Fig. '199a;j, die sich an- scheinend wie »Nebenzellen« verhalten: da sie aber nicht immer vor- kommen, so wird man wohl von eigentlichen Nebenzellen nicht sprechen können. Die Epidermiszellen sind kleiner als die der Oberseite, gerundet polygonal und etwas vorgewölbt, was sich mitunter auch in der Flächen- ansicht in Form einer kreisförmigen Schattierung (Fig. 199) beobachten läßt. Auch hier fehlt jede Kutikularstreifung. Vereinzelt finden sich sind und als ein charakteristisches anatomisches Merkmal der Anacardia- ceen zu gelten haben. Fig. 198. Cotinus corjgijgria Scop. Epidermis der Blattoberseite in Chloralhydrat, Flächenansichfc. Vergr. 400. (Original von We es e.) Fig. 199. Cotiiivs coggyf/ria. Epidermis der Blatt- unterseite in Chloralhydrat, hei x Spaltöffnung mit (scheinbaren?) Nehenzellen. Vergr. 320. (Original von T. F. Hanausek und Weese.l Der Triester Sumach ist nicht sonderlich reich an Gerbstoff und dessen Gehalt scheint bedeutenden Schwankungen unterworfen zu sein. Nach Morpurgoi) enthält der Sumach des Triester Gebietes oft kaum 3 Proz. Gerbstoff, der aus Dalmatien stammende 7 — 10 Proz. Wie C ollin 2) berichtet, sind in montenegrinischen Sorten 28—29 Proz. Gerb- stoffenthalten. Außer zum Gerben und Schwarzfärben wird dieser Sumach auch zur Verfälschung des Pfefferpulvers verwendet. Neuestens wird aus den Blättern (und Blüten) ein ätherisches Öl, »Essence de Fustet«, dargestellt, dessen Geruch schwach an Neroliöl erinnert. Es besteht fast nur aus Terpenen'^). 1) Netolitzky, Arch. f. Cheni. u. Mikrosk. 't9'13, p. töO. 2) Bull, des Guirs et Peaux de France, 9, 1907, p. 438; zitiert nach Netolitzky. 3) Schimmer& Co., Ber. 'lölO, April, p. 89 und 1913, April, p. 84. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 539 c) Provenzalischer Sumach (Redoul). Coriaria myrUfolia L., der Gerberstrauch, die Gerbermyrte oder der Led erbau m ist schon seit alter Zeit von dem Menschen ver- wertet worden. Als Gerbmittel werden die Blätter schon von Plinius (Naturg. 24. Buch, Kap. 54] genannt und als solche, sowie zum Schwarz- färben, sind sie auch heute noch unter den Namen provenzalischer Sumach, Sumach von Montpellier, ital. Stinco, franz. Redoul oder Redoui) in Gebrauch. Auch als Heilmittel haben sie gedient und neuestens ist eine besondere Art der Verwendung bekannt geworden, aus der die Seidenzucht Nutzen ziehen kann. Die Raupe des Ailanthusspinners, Bombyx Cynthia^ läßt sich mit den Coriariablättern, trotzdem diese giftig sind, gut aufziehen 2). Nicht unerwähnt mag bleiben, daß mit dieser Sumachsorte die Senna und neuestens auch Ma- joran^) verfälscht worden sind, was in Anbe- tracht der giftigen Eigenschaften der Goriaria- blätter nicht unbedenklich erscheint 4). Über die technische Verwendung des Re- douls haben schon Du Hamel und Böhmer ausführliche Angaben gebracht. Nach Böh- mer 5) liefert Redoul mit Eisenvitriol auf Tuch und Seide violette Farben; wichtiger ist aber sein Gebrauch zum Schwarzfärben und Gerben. Es werden nicht allein die Blätter, sondern auch die jungen Zweige und zwar meist im Gemisch mit Eichenrinde 6j verwendet, denn für sich allein verarbeitet, geben sie kein genügend weiches Leder, beschleunigen aber den Gerbe- prozeß. Die darauf bezugnehmende Äußerung Böhmers 7) lautet: »Das Pulver der Blätter soll eine viel stärkere Lohe geben, als das von Fig. 200. Coriaria uujrtifoUn L. Nat. Gr. (Krasser.) \] T. F. Hanau Sek, Redoul (folia Goriariae), Pharmaz. Post, 1892, p. 1338 11'. und Lehrhuch der techn. Mikrosk., p. 286. — Leopold Villeneuve, Etüde sur le Redoul, These, Montpellier 1893. — Veitch, I.e. — Martiny, Enzyklopädie der med. -pharm. Materialien- und Rohwarenkunde ('1843), I, p. 724. 2) Baillon, Sur un nouvel usage du Redoul. Bull. mens, de la Societe Linne- enne de Paris 1880, p. 236. — Die Raupe geht auch auf das zu den Rutaceen ge- hörige Xanthoxylum fraxineum L. 3) Nestler, Arch. f. Chem.u. Mikrosk., 1913, p. 91T. und Net o li tzk y, ebenda, 1913, p. 153. 4) Vgl. Pages, Vergiftung durch die Blätter von Cor. niyrt. Bull, de Pharm, de Sud-Est, 1910, p. 29 (Apoth.-Ztg. 1910). 5) Technische Geschichte der Pflanzen (1794), II, p. 224. 6) Du Hamel, Arbres, I, p. 130. 7) I. c. II. p. 410. 540 Neunzehnter Abschnitt. Blatter und Kräuter. ( Eichenrinde. Wenn die Rotgerber in der Provence und Languedoc ge- nötigt sind, das Leder zu verkaufen, ohne daß sie Zeit haben, dasselbe mit der Steineiche, Quercus Hex, einzulegen, so mengen sie das Pulver von Redoul darunter, welches dem Leder eine Festigkeit beibringt, so die Käufer einnimmt.« Nach Du Ha- rn eP) werde das Leder wohl früher gar, aber zum Gebrauch schlechter. Übrigens dient Redoul auch zum Gerben der Schaffelle und Ziegen- häute, und dazu wird er auch heute noch verwendet 2). Das Coriariablatt (Fig. 192) ist einfach, kreuzständig und tritt in einer breiten und schmalen Form aufS). /' Fig. 201 iijiii/olia l. Epidermis der Blattoberseite in Wasser, Flächenansicht, ErsterC ist breit-eiförmig-lanzettlich * Sil Spaltöttnuneen, n Nebenzellen, cu kürnig- ,. i i t-i ^t-i- ,->nrvv -,■ ^ .. streifige Kuti/ula. Vergr. 250. (Original von ^16 SChmalc Form (Flg. 200), dlC hau- weese.) figcre, ist eiförmig-lanzettlich; mit- unter sind die Blätter schwach aniso- phyll, stets ganzrandig, spitz, glatt, sitzend oder sehr kurz gestielt, ober- seits dunkel-, unterseits lichtgrün und durch eine strahlenförmige und bogenläufige Nervatur charakteri- siert, indem außer einem starken Mittelnerv beiderseits noch je ein fast gleichstarker Nerv in flachem Bogen bis zur Spitze verläuft. 1) 1. C, p, 130. 2] Auch andere Cormria- Arten las- sen ähnliche Verwendungen zu. Die Jintenpllanze in Neu-Granada ist Co- riaria thymifolia Humb., deren anfäng- lich roter, an der Luft bald schwarz werdender Saft, Chami genannt, ohne weitere Zubereitung eine unauslöschliche Tinte liefert (Pechuel-Lösche, Hum- boldt 1886, V, p. 37). Die gleiche Ver- wendung ist übrigens von Bhns radicans und von Anacardium- und Semecarpiis- Früchten längst bekannt Böhmer, 1. c, II, p. 299). Von Coriaria ruscifolia L. [C. sarmentosa Forst.) wird eine schwarze Farbe gewonnen; auf Neuseeland heißt diese Pflanze Toot und die Blätter sind für Rind und Schaf ein tödhches Gift (T. H. Huswick, Amer. Apoth.-Ztg., 1884, Nr. 1,2). 3) T. F. Hanausek, Pharmaz. Post, 1892, p. 1337. Fig. 202. Coriaria niijrtifoUa. Epidermis der Blatt- unterseite in Wasser, po Poren in der Zellmembran, Sji Spaltüttnnngen, n Nebenzellen, mit der scharfen Kutikularstreifung , cu körnigstreifige Kutiknla. Vergr. 250. [Original von Weese.i Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Krauter. 541 Auch dieses Blatt ist bifazial gebaut. Das Palisadenparenchyni setzt sich zumeist aus zwei PalisadenzeUreihen zusammen; die Zellen der zweiten (inneren) Reihe sind entweder gleich lang oder kürzer als die der äußeren Reihe. Sie enthalten, wie die des Schwammparenchyms, gut ausgebildete monokline Einzelkristalle des Kalziumsoxalats oder rund- liche, wie korrodiert aussehende Konkretionen. Ein Querschnitt durch ^ den Hauptnerven zeigt die von kollenchymatischem Füllgewebe umlagerten Leitbündel, die von einem einreihigen Kranze von auf der Innenseite verholzten Zellen — einer Art Schutz- oder Strangscheide — unmittelbar umschlossen sind. Man kann drei oder vier Gefäßbündel mit je fünf bis zehn Spiroiden unterscheiden. An den beiden Epidermen finden wir wieder diejenigen Merkmale, durch die sich das Redoulpulver vorzüglich erkennen läßt. Die Oberhaut der Oberseite (Fig. 201) setzt sich aus polygonal -scharfkantig begrenzten Zellen zusammen, deren Ober- fläche durch den Kutikularüberzug eine körnige, mitunter etwas streifige Beschaffenheit erhält. Die nicht seltenen Spaltöffnungen sind schmal elliptisch und werden von zwei halbmondförmigen Nebenzellen (Fig. 20 \n) begleitet, die eine deutliche, senkrecht zur Spaltöffnung verlaufende Kuti- kularstreifung besitzen. Viel, schärfer sind die Oberhautzellen der Unterseite (Fig. 202) charakterisiert; sie sind unregelmäßig polygonal mit meist krummen, stark porösen Wänden und von einer streifigen Kutikula überzogen. Die zahlreichen Spaltöffnungen sind von zwei meist etwas längsgezogenen Nebenzelien begleitet, deren Kutikula sehr scharf hervor- tretende dicht parallel laufende und zur Spaltöffnung senkrecht stehende Streifen bildet (Fig. 202^1). Durch Eisenchlorid wird der Inhalt aller Zellen blauschwarz; nur die Oberhaut der Unterseite scheint gerbstoffarm zu sein. Mit ver- dünnter Schwefelsäure behandelte Präparate zeigen reichliches Anschießen von Gipsnadeln, durch Kalilauge, besonders aber bei vorhergehender Behandlung mit Alkohol, färbt sich das Mesophyll braunrot, und es tritt ein ebenso gefärbter Niederschlag auf. Das im Coriariablatt enthaltene giftige Prinzip ist das Glykosid Coriamyrtin, das nach der Jodwasserstoff-Natronprobe i) in allen Teilen des Mesophylls enthalten ist. Das KoUenchym und die Leitbündel scheinen davon frei zu sein. ■1) Ein in eine ältere, immer JodwasserstofTsäure enthaltende Jodjodkaliumlösung eingelegter Querschnitt wird in kurzer Zeit schwarz durch einen dunklen Nieder- schlag; nach Entfernung der Jodlösung und Einlegen in Alkohol wird das Präparat wieder grün und auf Zusatz eines Tropfen konz. Natronlauge augenblicklich purpur- violett; es scheiden sich tiefrote Körnchen aus, nach 10 — 15 Minuten verschwindet die auffällige Färbung und es bleibt ein gelber Niederschlag zurück. Durch die purpur- violette Färbung und den gelben Niederschlag ist das Coriamyrtin charakterisiert (T. F. Hanausek, Pharmaz. Post, 1892, p. 1343). 542 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Handelssorten. Verfälschungen, Verwendung der Sumachsorten. Wie schon oben bemerkt wurde, wird unter der Handelsware i) der sizilianische Sumach als der beste angesehen und von diesem die von Militello kommende Sorte am meisten geschätzt. Hieran reiht sich der spanische Sumach (von Priego, Valladolid, Malaga und Molina). Fran- zösischer (von Avignon und Montpeüierj, portugiesischer, elsässischer, italienischer, Tiroler und ungarischer stehen ziemlich gleich im Werte ■■^). Gegenwärtig zeigt der Sumachhandel keine Steigerung, da die tropi- schen Ersatzprodukte ihn verdrängen. Die Einfuhr in Deutschland und Österreich-Ungarn betrug: 1908 5,47, 1910 3,76 Mill. Kilogramm, 1911 für Österreich- Ungarn allein 1,39 Mill. Kilogramm im Werte von 247,552 Kronen. Die meiste Ware liefert Italien, geringe Mengen kommen aus Bulgarien, Rumänien und Kleinasien 3). Der sizilianische Sumach unterliegt als die wertvollste Sorte mancher- lei Verfälschungen. Eine Zusammenstellung der in der Literatur an- geführten Substitute für Sumach hat Netolitzky (1. c, p. 174) gegeben, von denen unter anderen genannt werden: Blätter von Ceratonia Süiqua L., Cistus salvifolius L., Ailanthüs glandulosa L., Tamarix africana Poir., Pistacia Lenüscus L. (s. d.), Af'ctostajjhylos uva ursi Spreng. (Bergsumach). Der Sumach dient zum Gerben leichter, feiner Ledersorten, nament- lich solcher, welche gefärbt werden sollen, (z. B. Saffian), und zum Schwarzfärben; auch rote Farben können erhalten, braune und grüne mit Sumach nuanciert werden. Das Gerben mit Sumach 4) geschieht nach der französischen, italienischen oder türkischen Methode: bei ersterer werden die »Blößen« in einer Reihe von »Sumachfarben« gar gemacht, bei der zweiten werden sie in einer schwachen Sumachfarbe angegerbt und mit einer starken Sumachbrühe fertig gemacht: bei der türkischen Methode endlich wird jedes Fell in einen mit Sumachbrühe gefüllten Sack gebracht und starkem Drucke ausgesetzt; die Operation muß mehr- mals wiederholt werden. Auch zum Färben von Chromleder 5) und zum ^) Vgl. Jahresber. d. ehem. Technologie, 1871, p. 389 und Muspratts Chemie, III. (iSgi), p. 284. 3) Bolley, Technologie der Spinnfasern, p. 185. 3) Tunmann, Apoth.-Ztg., ■1914, p. 41. Es ist aus den statistischen Angaben nicht ersichtlich, um welche Sumachsorte es sich handelt, vorwiegend ist es wohl Rhits coriaria, das den Sumachhandel beherrscht. 4) Vgl. Päßler, Artikel Leder in Luegers Lexikon der ges. Technik. 2. Aufl., IM. VI, p. 102. 5) Päßler, Artikel Lederfärberei, 1. c, p. 1 II. — Tropenpflanzer, 1 7 (191 3), p. 4Gü. Neunzehnter Abschnitt. Blatter und Krauter. 543 vegetabilischen Nachfärben desselben findet Sumach Verwendung. Als Ersatz von Eichen- oder Fichtenrinde kommt er nicht in Betfacht. 5. Shiniablätter (Lentisque). Die Mastixpistazie, Pistacia Lentiscus L., deren auf Chios vor- kommende Varietät bekanntlich den Mastix liefert, heißt auf Cypern Shinia^) und ihre Blätter werden daselbst seit altersher zum Färben und Gerben verwendet. Daselbst kommt auch eine Varietät mit breiteren Blättern vor, die Mastiches genannt wird. Auf Cypern2) werden die Blätter vom April bis September geerntet. Man schneidet die beblätterten Zweige ab und stellt sie zum Trocknen so auf, daß die Sonnenstrahlen so wenig wie möglich auf sie fallen, denn die Erfahrung hatte gezeigt, daß die direkte Besonnung auf die Konservierung des Gerbstoffes un- günstig einwirkt. Bis zur völligen Trocknung sind 4 — 5 Tage nötig. Hierauf werden die obersten von der Sonne getroffenen und dadurch verdorbenen Blätter entfernt, die übrigen abgeschlagen und, soweit sie für den Export bestimmt sind, in Ballen oder Säcke verpackt nach Palermo gesandt, wo sich der Hauptmarkt befindet. (In Italien führt die Mastixpistazie den Namen Lentisco, Lentischio, Sondrio.) Auch von Tunis gelangen größere Mengen der Shiniablätter — angeblich jährlich 10 000 Tonnen — nach Palermo und nach Südfrankreich, wo sie als »len- tisque« bezeichnet werden. Auf Sizilien dienen sie vorzugsweise zur Verfälschung des Sumachs, in Algier und Frankreich zum Gerben und Färben. In Lyon werden gewisse Seidenzeuge mit Shiniablättern gefärbt. Übrigens ist auch in Frankreich die Verfälschung des Sumachs mit diesen Blättern gang und gäbe und auch unter den medizinisch verwendeten Jaborandiblättern (von mehreren Pilocarpus-Arlen] hat man sie gefunden. Die nachfolgende Beschreibung des Shiniablattes ist einer Arbeit entnommen, die ich in den Berichten der D. Bot. Gesellschafts) veröffent- licht habe. Zum Unterschiede von Pistacia Terehi^ithus L., deren Blätter sommergrün sind, besitzt Pistacia Lentiscus lederige, wintergrüne Blätter. 1) Der Nanae stammt von dem Homer sehen Hyluos, womit im antiken Griechen- land die Mastixpistazie bezeichnet wurde. Später wurde so die Meerzwiebel genannt. Die Römer nannten den Baum Lentiscus, das von lentescere, weich, klebrig machen auf das Harz oder auf das zähe Holz hinweisend?) abgeleitet wird. — Pistacia von Tiiaaa, Pech, Harz und ay.eo/.i(ci^ heilen, also ein Gewächs mit heilsamem Balsam. Nach Wittstein, Handwörterbuch der Pharmakognosie, p, 524. 2) Kew Bulletin 1897, Nr. 132. Vgl. auch Wiesner, Offiz. österr. Ausstellungs- bericht V, p. 345. 3) Über ein neues Vorkommen der >Inklusen< in dem Blatte von Pistacia len- tiscus L. nebst Bemerkungen über den anatomischen Bau dieses Blattes. Ber. d. D. Bot. Gesell. ISU, Februar. 544 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Sie sind paarig gefiedert, der gemeinsame Blattstiel ist geflügelt (Fig. 203). Die Zahl der Fiederblättchen beträgt 6—10, meist 8; der Form nach sind sie eilanzettlich bis elliptisch, stumpf mit aufgesetzten Stachelspitz- chen, ganzrandig, durch die unterseits hervortretende Hauptrippe in zwei ziemlich gleiche Hälften geteilt. Die Sekundärrippen treten aber nicht hervor und sind daher weniger scharf zu sehen, da sie gänzlich in dem stark entwickelten Mesophyll eingebettet sind (»eingebettete« Nerven). Über die Blattanatomie Hegen Untersuchungen von Briquet\l und von .\etoIitzky2) vor. Auch von Guttenberg^) behandelt in seinen »Anatomisch-physiologischen Untersuchungen über das immergrüne Laub- blatt der Mediterranflora« das Lentiscus-Blali. Im allgemeinen kann man den Bau des Blattes als bifazial bezeich- nen, da eine zwei- bis dreischichtige Palisadenschicht und ein Meren- chym sich unterscheiden lassen. Doch ist zu bemerken, daß an vielen Stellen die Zellen des letzteren, zumal die unmittelbar an die Ober- haut der Unterseite stoßenden, Z^^"^.^. lückenlose Reihen bilden und zudem noch wie die Palisaden- zellen gestreckt sind, so daß man für diese Stellen sehr x^ t ^ wohl von einem konzentri- "" -^ ' sehen Bau sprechen könnte. '^ Die beiden Oberhaut- platten sind durch die mäch- Fig. 203. Pistacia Ltntiscus L. Ein Paar Fiederblättchen von der Unterseite in naturlicher Größe. tlg entwickelten AußcnwandC ihrer Zellen ausgezeichnet(Fig. 204 ep und 'ep), dabei ist als besonders charakteristisch hervorzuheben, daß diese Membranverdickung über jeder Zelle gewissermaßen abgegrenzt ist, daß also die verdickte Decke jeder Oberhautzelle eine bikonvexe Linse bildet. Diese »Linse« ist zudem völlig farblos und durchsichtig. (In Kalilauge werden beide Epidermen zitronengelb gefärbt.) Abgesehen von der Bedeutung dieser Decken als xerophiles Schutzmittel, wird man unwillkürlich an eine lichtbrechende und lichtsammelnde Eigenschaft der- selben im Sinne Haberlandts erinnert. — Von der Fläche gesehen, er- scheinen die Oberhautzellen der Oberseite polygonal, meist mit geraden Wänden versehen, nicht selten um eine größere rundliche Zelle gruppiert -1) Anatomie comp, de la louille choz les Pistacia Lentiscus etc. Bull, de THer- bier Boissier. Ser. 2, T. \. ■190'), p. 1 301 —l 305. 2) Bestimmungsschlüssel und Anatomie der einheimischen Dikotyledonenblätter (Gruppe II). Wien 1908, p. 172. 3) Bot. .Jahrbücher lür Systematik, Pflanzengeschichte und Pllanzengeographie, XXXVm, 1907, p. 425. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter, 545 (Fig. 204) und auch paarig gestellt, zu zweien gekuppelt. Sie enthalten farblose, stark lichtbrechende, teils rundliche, teils kantige Körper (Fig. 204, ^■), die in Alkohol unlöslich sind, in Chloroform sich teilweise lösen, in heißer Salzsäure sich in große farblose Tropfen umwandeln und in Schwefelsäure bräunliche gequollene Massen bilden. Es dürften wohl fetthaltige Substanzen sein. — Spaltöffnungen fehlen der oberseitigen Epidermis völlig, ebenso auch Trichome. Fig. 204. Pistacia Lentisctts L. Partie eines Querschnittes durct das Blatt (in Chloralhydrat). ep Epi- dermis der Oberseite, ep' die der Unterseite, pa Palisadenparenchym, tu Schwammparenchym, i Inhalts- körper der Oberhautzellen, in Inklusen, hr Kalziumoxalat, l schwacher, eingebetteter Blattnerv, sp Spalt- öffnungen. Vergr. 400. (Gez. v. T. F. Hanausek u. Weese.) Die Oberhaut der Blattunterseite besteht aus sehr ähnlich gebauten Zellen (Fig. 204 j/), nur sind sie häufiger gerundet und kleiner, ja ein- zelne so auffallend klein (Fig. 204 ejy'), daß man sie als Insertionsstellen von Trichomen auffassen könnte. Doch lassen sich Haare nicht auf- finden und ganz jugendliche Blätter, die solche vielleicht besitzen, standen mir nicht zur Verfügung. Die reichlich vorhandenen Spaltöffnungen sind breit- elliptisch bis rundlich und zeigen bezüglich ihrer Niveauebene verschiedene Lagen; einige liegen mit den Epidermiszellen in der gleichen Ebene, andere ragen wieder darüber etwas hervor (Fig. 204 sp), auch Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 3Ö 546 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Tieflageii scheinen vorzukommen. Nebenzellen sind nicht vorhanden, doch ist jede Spaltöffnung von einem deutlich distinkten Kranze von 6 — 9 Epiderraiszellen umgeben. Das Mesophyll besitzt, wie oben bemerkt, 2 — 3 Reihen langgestreckter schmaler Pahsadenzellen (Fig. 204 ^a); das Merenchym besteht aus eben- falls gestreckten, aber weit kürzeren Zellen und ist nur in der Quer- schnittsmitte stärker lückig, an der unterseitigen Oberhaut dagegen größten- teils geschlossen. Das in der Hauptrippe liegende Bündelsystem ist bikollateral und enthält drei LeitbündeU). Die Gefäßteile zeigen eine strahlenförmige Anordnung der Gefäße ; in den unteren stark entwickelten Siebteilen sind je i, im ganzen 3 Sekretgänge, von blaßgelblichem Sekret erfüllt, ent- halten. Mitunter sieht man an einer Seite ein viertes kleines Gefäß- bündel angeschlossen, das den Beginn eines Sekundärnerven andeutet. Ein geschlossener Bastbelag umgibt ringförmig das Leitbündelsystem; diesem sind als Begleitgewebe Parenchym und Kollenchym angeschlossen. Wir haben es daher mit einem »durchgehenden« Nerven zu tun; die Nebennerven dagegen sind allseitig von Assimilationsgewebe umgeben und daher als »eingebettet« zu bezeichnen. Mit Ausnahme der Kalziumoxalat führenden Mesophyllzellen ent- halten alle übrigen jene eigentümlichen braunen Körper, die zum ersten Male Flückiger2) in der Frucht von Geratonia Siliqua L. und von Rhamnus cathartica L. aufgefunden und die Tichomirow Inklusionen oder Inklusen genannt hat. Der Reichtum des Blattes an diesen Zell- inhaltskörpern ist geradezu staunenerregend und findet seine Analogie nur in den Früchten von Hyphaene und den Sorbus-Arten, Da jede Inkluse das Lumen der Mesophyllzelle völlig ausfüllt, so ist ihre Gestalt von der der Zelle abhängig. Dementsprechend bilden die in der ersten Palisadenzeil reihe enthaltenen Inklusen (Fig. 204 jj«, in) lange wurst- förmige, quer gefaltete und quer gestreifte, dicht aneinander parallel gelagerte Körper; in der zweiten Reihe sind sie naturgemäß kürzer, in den Zellen des Schwammparenchyms weisen sie verschiedene Größen und Formen auf. Auch in gewissen Zellen der Leitbündel sind sie zu finden. Zwischen dem Bastbelag und dem Siebteil liegt eine Reihe In- klusenzellen ; im Siebteil selbst enthalten die Phloemmarkstrahlzellen In- klusen, während die Markstrahlzellen des Xylems davon frei sind. Auch das den Bastbelag außen umgebende Gewebe ist inklusenreich. Die Inklusenfolge in der ersten Palisadenzellreihe ist stellenweise durch zwei bis drei kristallführende Zellen unterbrochen (Fig. 204 pa), i] Netolitzky, 1. c, -173, gibt zwei Bündel an, 2) Pharmakognosie, 1, Aufl., 1867, p. 585—586. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 547 außerdem enthalten viele Merenchymzellen, insbesondere aber die den Blatt- nerven anliegenden, mitunter wie Kristallkammerfasern entwickelten Zellen das Kalziumoxalat in großen Rosetten (häufig durch die Präparation zer- trümmert) und weniger häufig in rhomboederartigen Einzelkristallen Fig. 204 hr). Im Blatte von Pistacia Terebinthus LA\ das keine In- klusen enthält, scheint das Oxalat vorwiegend in Einzelkristallen ent- wickelt zu sein. Die Inklusensubstanz ist ein bassorinartiger Körper, der mit dem Gerbstoff getränkt ist 2). Bezüglich des mikrochemischen Verhaltens ist zu bemerken, daß die Inklusen in Eisenchlorid dunkelgrün bis schwarz werden und dadurch ihre gerbstoff haltige Natur kennzeichnen. Der GerbstofTgehalt der Blätter soll übrigens nur bis 121 Proz. betragen. In Kalilauge werden sie blaßviolett und lösen sich beim Erwärmen mit brauner Farbe, wobei in jeder Zelle ein farbloser, einem Häutchen gleichender Rückstand übrigbleibt. In konz. Schwefelsäure sind sie nur zum Teil löshch, in Vanillin-Salzsäure färben sie sich rot. Ein gutes Reagens auf Phlorogluzin (und auf Katechin) ist p-Dimethyl- aminobenzaldehyd, das die genannten Körper und die Inklusen intensiv rot färbt 3), Aus den Shiniablättern ist auch ein gelber Farbstoff, das Myricetin (s. Sumach, p. 536) isoliert worden. Er scheint vorwiegend in den Epidermen enthalten zu sein, die durch Kalilauge intpnsiv gelb gefärbt werden. 6. Henna. Die Blätter der Lawsonia inermis L. (L. alba Lam.), eines Strauches des südlichen Asiens und der afrikanischen Küsten, bilden für viele Völker des Orients und Afrikas ein als Kosmetikum stark verwendetes Farbmaterial, mit dem die Finger- und Fußnägel, die inneren Handflächen und Fußsohlen und auch Haare rot gefärbt werden-*). Sie sind unter den Namen Henna, Alhenna, Tamr-el Hinna u. a. bekannt. Unter der- selben Bezeichnung geht auch die Wurzel. In Indien wird die Henna auch zum Färben von Leder verwendet. In Europa wurde sie in die \) Auch die >Terebinthenblätterc dienen als Gerbmaterial. Vgl. Tropenpflanzer, 1915, 18, p. 644. 2) Tunmann, Pflanzenmikrochemie, p. 381, und Apoth.-Ztg. 1913. 3) Marianne Jo achimovitz, Ein neues Reagens auf Phlorogluzin, Katechin und ihre Derivate, sowie über die Verbreitung derselben im Pflanzenreiche. Biochem. Zeitschr. 1917, 82, p. 324 fi'. Nach den Untersuchungen der Verfasserin ist der Be- griff der Inklusen insofern zu erweitern, als nicht Phloroglukotannoide vorhanden sein müssen, sondern auch Tannoide mit Katechinderivaten die gleiche Rolle spielen. 4) Vgl. Loureiro, Flora Cochin. I, p. 229 (zitiert nach Wiesner, Rohstoffe, 1. Aufl., p. 674, Anm. 3). 35* 548 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Seidenfärberei 1) eingeführt, wird jedoch kaum mehr in Anwendung ge- bracht. In Indien wird besonders viel Henna kultiviert und in den Handel gebracht. Das Hennablatt (Fig. 205) ist meist 3 — 4 cm lang (im Maxim. 6 cm), 1 ,5 — 2,5 cm breit, eirund, eiförmig, eilanzettlich bis fast spatelfürmig, zugespitzt oder mit gerundetem Blattende, dem ein Spitzchen aufgesetzt ist, am Grunde stielartig verschmälert, ganzrandig, glatt. Von dem ziemlich kräftigen, gerade verlaufenden Hauptnerven zweigen (meist 4 — 5) Nebennerven unter einem Winkel von beiläufig 50° ab, um nahe dem Blattrande sich mit dem nächst höheren Nerven bogenförmig zu ver- einigen. Der anatomische Bau des Blattes ist von Paschkis^), Hartwich^) und Netolitzky^) beschrieben worden. Das bifazial gebaute Blatt be- sitzt eine zwei- oder mehrreihige Palisaden- schicht und ein Schwammparenchym, dessen Zellen sich auch mitunter in senkrechter Rich- tung strecken. Letzteres enthält auch große Oxalatrosetten. Die »oben eingesunkenen Ner- ven besitzen auf der Unterseite des bikoUate- ralen Bündels Gruppen von Sklerenchymfasern^ (Netolitzky). Die Epidermiszellen beider Seiten sind in der Flächenansicht geradlinig- oder schwach bogig-polygonal; zahlreiche sind ver- größert und mit verschleimten Innenwänden ausgestattet. Beide Blattseiten führen reichlich Spaltöffnungen mit drei oder vier Nebenzellen. Die besseren Handelssorten bestehen fast nur aus dem Blätterpulver, sind jedoch gewöhnUch durch Sand verun- reinigt^). Die Hauptmasse des Farbstoffes ist jedoch nicht in den Blät- tern, sondern in den Stengeln enthalten. Wie bereits Wiesner^) fest- Fig. 205. Lawsonia inermis L. Blätter in Ägypten kultivierter Pflanzen. (Krasser.) 1) In Algier gebaute Henna wurde in den Lyoner Seidenfärbereien zur Her- vorbringung tief azurblauer und schwarzer Farben benutzt. Wiesner, Rohstoffe, \. Aufl., p. 674, Anm. 5. 2) Zeitschr. d. österr. Apoth.-Ver. 1879, p. 433. 3) Die neuen Arzneidrogen, p. 193. 4) Anatomie der Dikotyledonenblätter, U, p. 214. 5) In Indien wird die Henna vielfach unter dem Namen Mehndi und davon ab- geleiteten Bezeichnungen verkauft, so nach Wiesner, 1. c, p. 674 in den Bazaren von Bombay. Diese Sorten bestanden aus den beblätterten Trieben, abgebrochenen Blättern und Blattbruchstücken. Mit Katechu zu einem Teig verarbeitet, heißt Henna in Indien Mayndie; der Teig dient zum Färben von Leder. Semler, Trop. Agri- kultur, 1. Aufl., Bd. II, p. 534. — Über Henna vgl. auch A. Giu, Le Henne. Paris -1909. 6) Wiesner, Rohstoffe, 1. Aufl., p. 675. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 549 gestellt hat, gibt die Henna mit Wasser gekocht eine gelbrötliche Flüs- sigkeit, welche auf Zusatz von Alkalien desto mehr an Rot zunimmt, je mehr Stengel vorhanden sind. Die Stengel geben, für sich mit Kalilauge gekocht, eine beinahe karminrote, die Blcätter in der gleichen Weise be- handelt, eine bräunliche Lösung i). Der zum Bemalen der Fingernägel dienende Farbstoff wird wahrscheinlich durch Einwirkung von Kalk auf die Blätter dargestellt. Die Blätter finden gleich der Wurzel auch medi- zinische Verwendung bei den Hindu 2), Arabern und Persern. Gegenwärtig erscheinen auf dem Markt der Kosmetika Präparate zum Haarfärben, die aus Hennablättern dargestellt werden, wie die »Feuilles Jerusalem«, »Tein- ture vegötale ä base de Henne d'Orient^). Mit »Reng« (Indigo) gemengt, färbt Henna die Haare schwarz oder braun. Der Gebrauch der Henna als Kosmetikum ist uralt. Nach Alphonse de Candolle^) weisen schon die altägyptischen Wandgemälde und die Mumien Belege für das hohe Alter dieser Verwendung auf. Sie wird in der Bibel erwähnt, die griechischen Ärzte nannten sie Kypros (»Cyprus in Ägypten« bei Plinius), bei den römischen Ärzten führte sie den Namen Ligustrum. Nach Dioskorides war insbesondere die von As^ kalon und Kanopus kommende Henna von vortrefflicher Güte und als Adstringens geschätzt ^j. 7. Rosmarin. Rosmarinus officinalis L., ein starker bis 2 m hoher Strauch, kommt im Mittelmeergebiet an den felsigen Küsten von Griechenland bis Spanien vor. Im westlichen Teile seines Verbreitungsbezirkes (Spanien und Italien) ist er häufiger als im östUchen, auf den dalmatinischen Inseln kommt er massenhaft vor, an der dalmatinischen Küste jedoch nicht; in Griechenland wächst er nur spärlich wild, wird jedoch nach Heldreichß) dort häufig kultiviert. Die Blätter^) dieser Pflanze, im Handel als Folia Rosmarini oder Folia Anthos bekannt, sind im frischen Zustande lineal, \ — 3,9 cm lang, I — 5 mm breit; trocken nehmen sie infolge starker seitlicher Schrumpfung etwa fast nadeiförmige Gestalt an, indem die Breite des Blattes auf etwa \] Vgl. auch Paschkis, 1. c, p. 436. 2) Vgl. Watt, Diction. econ. prod. of India, Vol. IV (ISQO), p. 600. 3) Netolitzky, 1. c., p. 215. 4) Ursprung der Kulturpflanzen, übersetzt von E. Götze (1884), p. 174. 5) Wittstein, Handwörterbuch der Pharmakognosie, p. 309. 6) Die Nutzpflanzen Griechenlands, p. 33. 7) Vgl. Wiesner, Rohstoffe, 4. Aufl., p. 684. — Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie, H, 2, p. 1029 ff. (mit zahlreichen Literaturangaben). — Delpy, Bei- träge z. Kenntnis pharm, verw. Labiaten. Diss., Zürich 1909. 550 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 2 mm gesunken ist, während die Länge desselben sich kaum geändert hat. ' Die Blätter sind stumpf, ungestielt, ganzrandig, lederartig, im trockenen Zustande hart und spröde, am Rande eingerollt, oben kahl, dunkelgrün, mit einer Längsfurche versehen, unten netzaderig, mit weißem Filz bedeckt. Dieser Filz besteht vornehmlich aus ästigen, ge- weihartig verzweigten Haaren und teils mehrzelligen, teils einfacheren kurz gestielten Drüsenhaaren i), welche der Sitz des ätherischen Öles sind. Das Rosmarinblatt besitzt unter der spaltüfTnungsfreien Epidermis der Oberseite ein 1 — 3 schichtiges dickwandiges Hypoderm, das sich über den Nerven verbreitert und das 2 — 3 schichtige Palisadengewebe gewissermaßen in bogenförmige Abteilungen abgliedert 2], Die klein- zellige Oberhaut der Unterseite führt zahlreiche kleine, kreisrunde Spalt- öffnungen 3) mit zwei Nebenzellen. Rosmarin schmeckt und riecht frisch kampfer-terpentinartig; getrocknet verliert sich der spezifische Geschmack und ist dann aromatisch, etwas bitter. Durch Destillation der Blätter erhält man 1,4 — 2 Proz. ätherisches Öl, das Rosmarinül. Auch die Blüten geben über 1 Proz. ÖL Das Rosmarinül ist eine farblose oder schwach grünlichgelbe Flüssig- keit von durchdringend kampferartigem Geruch und gewürzhaft bitterem, kühlendem Geschmack. Es enthält Pinen, Camphen, Cineol, Kampfer, Borneol. Im Handel wird italienisches (richtiger dalmatinisches) und franzö- sisches Rosmarinül unterschieden. Das letztere ist die feinere Sorte. Dieselbe wird in Südfrankreich destilliert 4). Das italienische Rosmarinül wird auf den ehemals österreichischen dalmatinischen Inseln gewonnen. Am parfümreichsten ist Rosmarin auf der Insel Solta. Hier wird er jedoch nur wenig verwertet, da er durch die Weinkultur verdrängt wird. Auch auf Lissa wird wenig produziert. Das Hauptproduktionsgebiet ist die Insel Lesina, wo sich auch der Handel konzentriert. Die Destillation findet im Juli und August, früher primitiv, statt. Der Ertrag an reinem Öl wird für normale Jahre auf 20 000 kg beziffert. Nach einjähriger Totalausnutzung der sogenannten »Rosraarinwälderc folgen landesgesetz- lich 2 Jahre progressiver Schonzeit^). 1) Mitlacher, Anatom. Yerh. d. Labiaten. Zeitschr. österr. Apoth.-Ver. 1908, 46, p. 3, Taf. II (Deckhaare und Drüsen). 2) Karsten-Oltmanns, Lehi-buch d. Pharmakognosie, Fig. 246 u. 255. 3) J. Mo eller, Pharmakognostischer Atlas (1892), p. 79, Taf. XX. 4) Die spanische und englische Ware spielt im Handel keine Rolle. 5) Franz Unger hat in seinen »Botan. Streifzügen a. d, Gebiete der Kultur- geschichte«, Sitzungsb. d. Wiener Akad. Bd. 56 (1867) p. 586 auch die primitive dal- matinische Verwertung des Rosmarin besprochen. — Abbildungen der Rosmarinernte und der Öldestillation auf Lesina siehe in Schimmel & Co. Ber. 1905 (reproduziert in Tschirchs Handbuch). Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 551 Im Zwischenhandel erfährt das dalmatinische Rosmarinül oft arge Verfälschung (70—75 Proz. Terpentinöl oder Petroleum !)i). Es kommt über Triest in den Handel. Rosmarinül wird stark zu Denaturierungs- zwecken benützt. 8. Pfefferminze. Die natürliche Systematik der Gattung [Mentha gehört zu den schwierigsten Problemen. Gerade die technisch wichtigen Minzen lassen in systematischer Beziehung verschiedene Auffassungen zu. NachBriquet^), dem Monographen der Gattung, ist Mentha piperita ein Bastard (M. viridis X aquatica), der durch die Kultur gewissermaßen Speziescharakter erhalten hat und selbst wieder in zahlreichen Varietäten auftritt. Solche sind nach der jüngsten Mitteilung von Briquet^) Mentha piperita (L> p. p.) var. officinalis Sole, M. p. var. inarimensis Briq., M. p. var. citrata [Ehrh.) Briq. u. a. Von diesen wird in Deutschland und Eng- land M. p. var, officinalis kultiviert, in England in den zwei Formen »white mint« und »black mint«. Die japanische Pfefferminze gehört zu Mentha canadensis L. Auch M. gentilis L. (^= M. viridis X arvensis)^ M. dalmatica Tausch (= M. longifolia X arvensis), sowie M. rubra Huds. (= M. viridis X (aquatica X arvensis))^ welche alle ihres Duftes und ätheri- schen Öles wegen kultiviert werden, erklärt der genannte Forscher für Bastarde. Bei dieser Sachlage ist es um so erfreulicher, daß sich für die technisch und medizinisch wichtigen Menthen im Bau und in der Nervatur der Blattzähne diagnostisch wichtige Merkmale ergeben haben, welche vor allem von Tschirch und Oesterle*), dann von H. Vir- chow^) festgestellt wurden. Die Pfefferminze Mentha piperita gehört zu den ältesten Kultur- pflanzen ß); in England soll sie wild vorkommen, verwildert findet sie sich vielfach. In großem Maßstabe wird sie in England (Mitcham), in Nordamerika (Michigan und Indiana) und in Japan gebaut, auch in Deutsch- land (Kölleda a. d. Unstrut, Miltitz b. Leipzig, in der Pfalz), Frankreich, Italien und Rußland, im ehemaligen Österreich-Ungarn, hauptsächlich be- hufs Destillation des PfefCerminzöles^). <) Schimmel & Co., Ber. Okt. 1896, p. 69. 2) Engler-Prantl, Nat. Pflanzenfam. IV, 3a, p. 317, 323. 3) Tschirch, Handbuch usw., II, 2, p. 921 und Nachtrag (von Briquet) zu p. 921 (in Heft 35, August 1913). 4) Anatom. Atlas d. Pharmakogn. usw. I. Bd., p. 73—77, Taf. 19. 5) Über Bau u. Nerv. d. Blattzähne usw. Inaug.-Diss., Bern 1895. 6) Schweinfurth (Ber. d. D. botan. Gesellsch., II [1884], p. 366) hat sie in einem ägyptischen Grabe aus den Zeiten der 20.— 26. Dynastie (1000—600 v. Chr.) konstatiert. 7) Eine ausführliche Zusammenstellung der Pfefferminzkulturen in den einzelnen Ländern nebst Literatur gibt Tschirch im Handbuch, II, p. 928 — 932, 552 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Zur Destillation gelangt das getrocknete, frisch geschnittene Kraut. Je nach der Erntebereitung unterscheidet man > Blattware«, d. s. die durch Abstreifen erhaltenen Blätter^ von der »Schnittware«, die natur- gemäß auch die (zerschnittenen) Stengel enthält. Handelsgegenstand sind hauptsächlich die Blätter (Folia Menlhae piperitae). Mentha piperita besitzt einen am oberen Teile verzweigten Stengel von 0,3 — 1 m Höhe. An der Grundachse entwickeln sich violette Aus- läufer, die sich, an die Oberfläche gelangt, häufig bewurzeln und zu beblätterten Stengeln auswachsen. Nur durch diese Ausläufer vermag sich die Pfefferminze zu vermehren; als ursprünglicher Bastard ent- wickelt sie in der Regel keine Sa- men. Die Blätter sind an dem vierkantigen Stengel, wie bei allen Labiaten, gekreuzt gegenständig. Die Blüten bilden Scheinquirle, welche einen gipfelständigen, ähren- fürmigen Strauß bilden. Die oberen Deckblätter sind lanzettförmig. Die Zähne des rührigen Kelches, 5 an Zahl, sind lanzettlich-pfriemlich. Die Blätter erreichen eine Länge von 7 und eine Breite von 3 cm. Ihr Hauptumriß ist eiförmig oder länglich eiförmig zugespitzt; es kom- men aber auch schmal lanzettliche und elliptisch-lanzettförmige Blätter vor. Am Rande, besonders gegen die Spitze hin, sind sie scharf ge- sägt, an der abgerundeten Basis Der Blattrand ist wenig oder gar nicht umgebogen und unbehaart — was für Mentha piperita sehr charakteristisch ist. Nur einige sehr kleine Kegelhaare sind an ihm aufzufinden i).« In ge- trocknetem Zustande erscheint die Blattoberseite dunkelgrün, die Unter- seite etwas heller; mehr oder weniger auf beiden Seiten, besonders auf der Unterseite längs der Nerven ist die Blattspreite mit vereinzelten kurzen Haaren besetzt, so daß das Blatt fast kahl erscheint. Beiderseits, vorzüglich an der Unterseite, finden sich die kleinen gelblichen, etwas vertieften Öldrüsen. Die Blätter sind deutlich gestielt. Der Blattstiel erreicht eine Länge von 1 cm. Vom Mittelnerv entspringen mehrere (5—7) Sekundärnerven unter spitzem Winkel, die sich bogenförmig nach Fig. 206. JUentha piperita L. 1 Blatt, nat. Größe, 2 Blattzahn. Vergr. 10. (1 nach Vogl, 2 nach Virchow.) j:aDzrandii I) Tschirch-Oesterle, Anatom. Atl., p. 75, Taf. 19, Fig. 2. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter, 553 dem Blattrande hinziehen, sich dann nach oben umkrümmen, Schlingen bilden und so miteinander anastomosieren. Besonders charakteristisch ist auch die zu den Blattzähnen in Beziehung stehende Nervatur. Die Blattzähne haben eine dreieckige, kegelförmige Gestalt, sie werden von einem kräftigen Nerv durchzogen, welcher sich unter der Wasserspalten tragenden Zahnspitze stark pinselförmig verbreitert (siehe Fig. 206). Der Zahnnerv setzt sich mit dem nächsten stärkeren Bogennerven durch einen kurzen Ast in Verbindung, er selbst läuft als innerer Randnerv weiter fort und bildet mit dem äußeren Randnerv, der sich etwas tiefer an den Zahnnerv ansetzt, ein unteres zusammengedrücktes Viereck i). Von den Blättern der Mentha viridis L. unterscheiden sich die ganzen Blätter der Pfefferminze schon durch den Blattstiel, da M. virir- dis ungestielte Blätter hat. Zudem ist auch die Blattoberfläche der M. viridis hell gefärbt und die viridis-^VAÜQV besitzen nicht den eigentüm- lichen Pfefferminzölduft der piperita. Überdies ist der Blattrand bei M. viridis kräftig umgebogen und die Zähne sind schlank, nähern sich denen von M. crispa L. Über die Anatomie 2) des Pfefferminzblattes ist folgendes zu be- merken. Das bifazial gebaute Blatt enthält eine Reihe Palisadenzellen und eine schmälere Schwammparenchymschicht. Im Hauptnerv ist ein großes strahlig gebautes kollaterales Leitbündel, in kollenchymatischem Füllge- webe eingebettet, vorhanden. Die Epidermiszellen beider Blattseiten sind unregelmäßig konturiert mit stark wellig-gebuchteten Wänden. Spalt- öffnungszellen, meist mit zwei Nebenzellen, treten auf der Unterseite reichlich auf, auf der Oberseite sind sie nur selten. Nach Tschirch besitzt das Blatt vornehmlich auf der Oberseite offene Wasserspalten. Mehrzellige Deckhaare sind nur an jugendlichen Blättern reichlicher vor- handen, an ausgewachsenen selten. Am Blattrande findet man einzellige Kegelhaare und Köpfchen- oder Kolbenhaare mit ein- oder mehrzelligem Kopf. Die Träger des ätherischen Öles sind »die bis 65 /< breiten, reich- lich vorhandenen, etwas eingesenkten Drüsenhaare vom Typus der Labiatenblüten, d. h, mit acht Sezernierungszellen«, hauptsächlich auf der Unterseite (Tschirch). Echtes Pfefferminzöl ist farblos, gelblich oder grüngelb gefärbt, von angenehmem, erfrischendem Duft und kühlendem, lang anhaltendem Geschmack. Es ist ziemlich dünnflüssig und wird mit zunehmendem Alter dunkler und dicker 3]. Als charakteristischer Bestandteil ist das <) Virchow, H., 1. c, p. 6 und Abb. 2) Vgl. die Pharmakognosien von Yogi, Kraemer, Moelleru. a. Ferner Tschirch, Handbuch, II, p. 933; Hartwich in Realenzyklopädie d. gas. Pharm., 2. Aufl., VIII, p. 606. 3) Gildemeister und Hoffmann, Äth. Öle, p. 837. 554 Neunzehnter Abschnitt, Blätter und Kräuter. Menthol anzusehen. Die Pfefferminzöle verschiedener Provenienz weichen oft bedeutend in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften ab. Überdies werden sie vielfach verfälscht und es wurden namentlich früher auch die in den Pfefferminzkulturen befindlichen Unkräuter mit verar- beitet^). In den Welthandel gelangt Pfefferminzöl vornehmlich aus Amerika, England (»Mitchamül«), und nicht zum geringsten Teile, viel- mehr in einer an die amerikanische Produktion heranreichenden Menge, aus Japan 2) j welches Land die ältesten Kulturen besitzt. Französisches Öl wird in Frankreich selbst verbraucht; von in deutschen Kulturen ge- wonnenen Ölen ist die sächsische (Miltitzer) Sorte die beste und teuerste. Die Stammpflanze des japanischen Pfefferminzöles wird als Mentha canadensis var. piperascens Briq. bezeichnet. Nach den Untersuchungen von Tschirch^) hat die in Japan gebaute Pflanze große langgestielte Blätter von länglich-ovalem Umriß, mit scharf gesägtem Rand und in den Blattstiel verschmälerter Spreite, weicht in der Blattform und im Bau der mittelgroßen Sägezähne von M. piperita (und von M. arvensis) ab. Hingegen kommt in Japan wildwachsend eine Mentha vor, die sich zwar in den Details des Leitbündelverlaufes von unserer M. arvensis entfernt*), jedoch in der Art der Behaarung mit ihr übereinstimmt 5). Das japanische Pfefferminzöl^) ist so reich an RIenthol, daß es selbst bei gewöhnlicher Temperatur eine feste mit Ol getränkte Kristallmasse bildet, während amerikanisches Öl zwar im Kältegemisch vollständig er- starrt, die englischen, sowie die ausgezeichneten sächsischen Öle oft erst ■1) F lückig er (Pharmakognosie, 3. Aufl., p. 725, zählt als solche Unkräuter der großartigen amerikanischen Pflanzungen auf; Mentha arvensis L., Erigeron cana- dense L., Erechthites hieraeifolia Raf. und Ambrosia trifida L. 2) Nach Gildemeister und Hoffmann, I. c, p. 836, beträgt die jährliche Weltproduktion an Pfefferminzöl unter normalen Verhältnissen etwa 175 000 kg, wo- von Nordamerika allein etwa 90 000 kg, Japan 70 000 kg, England 9000 kg erzeugen. 3) Tschirch-Oesterle, 1. c, I, p. 76. 4) Virchow, H., 1. c, p. U und Fig. 9; Tschirch-Oesterle, 1. c, p. 77. 5) Von der kultivierten japanischen Pfefferminze werden zwei Varietäten, die Aomaru- und die Akamaru-Minze, unterschieden; nur letztere wird wegen der bes- seren Qualität des Öles angepflanzt. »Die Ölausbeute ist 2 — 3 Jahre nach der An- pflanzung am größten und wird dann allmählich kleiner, so daß die Äcker nach 4 oder 5 Jahren neu bepflanzt werden müssen. Die Ernte findet an einem sonnigen Septembertage statt, vor dem Einsetzen der Fröste. Das geschnittene Kraut wird, zu Bündeln vereinigt, mit Strohhalmen zu kleinen Garben zusammengebunden und auf den Dächern der Häuser zum Trocknen aufgehängt, was 3—4 Wochen in An- spruch nimmt. \ Acre liefert 2200 — 3300 Ibs. trockenes Kraut.< Schimmel & Co., Ber. -1913, Oktober, p. 83. 6) Über die japanische Pfefferminzölindustrie s. Schimmel & Co., Ber. 1908 Oktober, p. 219 und 1913, Oktober, p. 83; über Ausfuhr, I.e., April-Oktober 1917 p. 4 3. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 555 bei langem Verweilen im Kältegemisch kristallinische Ausscheidungen zeigen. Pfefferminzöl , namentlich das japanische, wird vielfach zur Dar- stellung des Menthols, eines gesättigten sekundären Alkohols, von der Formel /CHj - GH(OH). /GH, QoHigOH = CH3 • CH< >GH • GH< \GH2 - GH2 -/ \GH3 verwendet, welches moderne Heilmittel vielfache Verwendung findet. Auf die Ghemie der verschiedenen Handelssorten des Pfefferminz- öles kann hier nicht eingegangen werden, es sei deshalb auf die ein- gehende Darstellung dieser Frage von Gildemeister und Hoffmann (1. c, IH, p. 555) verwiesen. Nur das eine sei hervorgehoben, daß die trotz reinen Rohmateriales so differenten physikalischen und chemi- schen Eigenschaften der Pfefferminzöle wohl kaum anders zu erklären sind, als dadurch, daß die in den verschiedenen Produktionsländern ge- bauten Pfefferminzpflanzen verschiedene Kulturrassen darstellen ; nur die japanische Pfefferminze ist als artlich verschieden anzusehen, 9. Krauseminze. Die Krauseminzen des Handels gehören verschiedenen Arten und Varietäten von Mentha an, deren gemeinsames Merkmal die blasig-runze- lige, am Rande krause Beschaffenheit der Blätter und der bekannte »Krauseminzgeruch« sind. Als wichtigste Arten i) sind Mentha longi- folia Hudson (M. süvestris L.) und die nahe verwandte Mentha spi- cata Hudson (=^ M. viridis L.J, beide außerordentlich formenreich, zu bezeichnen. Doch sind nur zwei Varietäten dieser Arten hauptsächlich in Kultur; von den deutschen Krauseminzen stammen nach Tschirch 95 Proz. von Mentha spicata Hicds. var. crispata (Schrad.) Briq. (== M. crispata Schrad.) ; weit weniger wird Mentha longifolia Huds. var. undulata Briq. kultiviert. Mentha crispa L. ist ein Gemisch ver- schiedener Minzen mit krausen Blättern. Kulturen finden sich in Thüringen, in Korneuburg bei Wien und in Ungarn, außerdem in den Bauerngärten, besonders der Alpenländer. Die russische Krauseminze stammt von Mentha verticillata L. var. strabala Briq.; Varietäten der Mentha spicata Huds. geben die Spearmint oder Grünminze der Engländer und Amerikaner, und zwar liefert M. s. var. trichoura Briq. die englische Spearmint, M. s. var. tenuis (Michx.) Briq. die amerikanische. 1) Nach der treffhchen Bearbeitung dieser Droge von Tschirch im Handbuch d. Pharm., II, 2, p. 11 00 ff. 556 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Die Krauseminze erscheint entweder als getrocknetes, zur Blütezeit gesammeltes Kraut im Handel oder es werden bloß die Blätter zur Droge verwendet. Das Blatt der Mentha spicata Huds. var. crispata Briq. ist beider- seits grün, blasig, am Rande kraus-runzelig, kurz gestielt, breit-eirund, ungleich gesägt, auf der Unterseite mit zahlreichen Öldrüsen versehen. Mentha longifolia Huds, var. iindulata Briq. besitzt unten kurz- gestielte, oben sitzende und halbumfassende Blätter. Diese »besitzen eine bis 1 0 cm lange und fast ebenso breite, beiderseits, besonders aber unterseits auf den Nerven behaarte, rundlich-eiförmige, am Grunde ab- gerundet bis herzförmige, etwas krause Spreite, die in eine kurze Spitze ausläuft und am Rande je 8 — 10 grobe, ungleiche, verbogene Sägezähne trägt. Sie ist beiderseits vom Mittelnerven von 5 — 6 am Grunde sehr genäherten Seitennerven durchzogen, zwischen den Nervenmaschen ist die Lamina blasig aufgetrieben«, (Tschirch). Das Blatt der amerikanischen Spearmint wird von Virchow^) nach authentischem Material folgendermaßen beschrieben: »Die Blätter sind klein, länglich lanzettlich, kurz gestielt oder sitzend, auf der Oberseite tief grün, unterseits hellgrün. Bau und Nervatur der Zähne näherte sich sehr unserer viridis. Ein direkt von der Spitze des Zahnnervs auslaufender äußerer Randnerv bildet mit dem inneren Rand- nerv ein herabgezogenes Viereck. Die Blätter trugen ganz vereinzelte, gekrümmte Haare auf den Nerven und am Blattrande, welcher umge- bogen war. Öldrüsen waren zahlreich.« Mit diesem Befund stimmen auch die Herbarexemplare. Aus der Krauseminze wird das Krauseminzöl gewonnen, von dem es im Handel drei Sorten gibt, das deutsche, das aus der deutschen Krauseminze dargestellt wird, das englische und amerikanische aus der Spearmint und das russische. Deutsches Krauseminzöl wird nur noch in Thüringen, und zwar aus dem beim Trocknen der für den Medizinalgebrauch daselbst gebauten Pflanze sich ergebenden Blätterabfall dargestellt. Das amerikanische Krauseminzöl oder Grünminzöl wird in den Staaten New York und Michigan aus dem frischen Kraut destilliert. Krauseminzöl 2) bildet eine farblose, gelbliche oder grünlichgelbe Flüssigkeit von dem charakteristischen, durchdringenden anhaftenden widerlichen Geruch der Krauseminze. Durch Alter und durch Stehen an der Luft wird das Ol dicker und dunkler. Deutsches Öl enthält 45 — 56 Proz. 1-Carvon (der wertvollste Bestandteil des Öles), ferner Di- \) Virchow, 1. c, p. H und Fig. 5. 2) Gildemeister und Hoffmann, 1. c, II. Aufl., III. Bd., p. 590. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 557 penten, Cineol und Phellandren. Das aus ungarischer Minze destillierte Öl ist reicher an Carvon (bis 72 Proz.). Spearmintöl enthält außer Carvon (56 — 66 Proz.) nach Power auch 1-Pinen und I-Limonen. Das in Ruß- land produzierte Krauseminzöl riecht nur schwach krauseminzartig, ist arm an Carvon (o — 1 0 Proz,), dagegen sehr reich an I-Linalool (50 bis 60 Proz.) und an Cineol (20 Proz.). Über den den eigentümlichen Geruch bedingenden Körper des Öles herrscht noch nicht völlige Klarheit. Der Geruchsträger des deutschen Krauseminzöles (der aber dem amerikani- schen fehlt!) ist ein essigsaurer Alkohol, das Dihydrokuminylazetat (nach Elze). Krauseminzöl wird neuerdings von den amerikanischen Kaugummi- fabrikanten viel benutzt i). 10. Patschuli. In Europa wurde der Patschuliduft zuerst durch die damit parfü- mierten ostindischen Schals bekannt. Seit den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wird das Patschulikraut nach Europa gebracht und bildet gegenwärtig immer noch einen der wichtigsten Artikel der Parfümeriebranche^). Echter Patschuli (Patchouli, Patchouly) besteht nach den Unter- suchungen von P eilet ier3) aus den Blättern einer Labiate, welche er als Pogostemon Patchouly neu beschrieb. J. D. Hooker*) hat später die Identität dieser Art mit dem Pogostemon Hayneanus Benth. nach- gewiesen. Durch die Kultur dieser Art sind verschiedene Formen ent- standen. Die Eingeborenen Indiens bezeichnen im Gegensatz zum wilden Patschulikraut »Dhelum Outan« die in den an den Küsten gelegenen Ländern Indiens gezogenen Kulturpflanzen als > Dhelum wangi«. J. Mur- ray &) bezeichnet die Kulturpflanze als var. suavis. Briquet^) sieht diese als gute Art, Pogostemon suave Ten.^ an und bemerkt hierzu, daß diese Pflanze den einheimischen Namen »Pucha-pat« führt, nur kultiviert vorzukommen scheint und einen großen Teil des im Handel sich befindlichen Patschuliöles liefert. Daß der käufliche Patschuli nicht allein von P. Patchouli abstammt, hat schon Wiesner^) nachgewiesen. 1) Tschirch, I.e., p. 1-104; daselbst auch ausführliches Literatur-Verzeichnis über die verschiedenen Krauseminzöle. 2) Nach Tromp de Haas (Patschuly und Patschulykultur, Teysmannia, XV (1904), p. 474, zit. nach Just, Bot. Jahrb. 1905) wurde Patschuly erst 1850 in Eng- land eingeführt. 3) Mem. Soc. Sc. Orleans, V, p. 5. Mit Abbildung. 4) Hooker, J. D., Flora of British India, IV (1885), p. 634. 5) Watt, Diction. econ. prod. of India, VI, 1 (1892), p. 307. 6) Labiatae in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien, IV, 3a, p. 330. 7) Wiesner, Rohstoffe, 1. Aufl., p. 685. 558 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Die echte Patschulipflanze, Pogostemon Haijneanus, wird haupt- sächlich in Ostindien^), wo sie nach Hooker von Bombay südwärts auch wild vorkommen soll, in ausgedehntem Maße kultiviert 2), haupt- sächlich in den Straits Settlements, auf Penang, sowie in der Provinz Wellesley (Hinterindien). Die besten Sorten von Patschuli gelangen von Singapore in den Handel, von Calcutta und Bombay kommen schlechte, namentlich stengelreiche Qualitäten in den Handel. Wahrscheinlich über Calcutta kommt auch der Patschuli von Assam (im Silhet- und Khasia- gebirge gebaut) in den Verkehr, Er stammt von JSIicrotoena insiiavis, Prain (Gomphostemyna insuave Hance^ M. cymosa Prain^). Plectran- thus Patschouli Clarke) ab. Diese Pflanze kommt in China, Tonking, Siam, Birmah, Assam und in Java vor. In letztere Gebiete wurde sie wahr- scheinlich verschleppt. E. M. Holmes^) unterscheidet 5 Sorten von Patschuli und gibt auch ihre Stammpflanzen an. Hierbei scheint er übersehen zu haben, daß P. Pat- schouli synonym mit P. Hayne- anus ist: 1. Patöchuli des europäischen Handels: Pogoste?non Patchouli Pellet. 2. Patschuli von Bombay (>Pat- cha«): P. Hayneanus Benth. Der einheimische Name Patcha hat mit dem oben bei P. suave erwähnten einige Ähnlichkeit, so daß wahrscheinlich P. suave Ten. hier gemeint ist. 3. Patschuli von Java (»Dilem«): P. comosiis Jliq. 4. Blüten loser Patschuli von Java: P. Patchouli Pellet. PatschuU von Nordindien und Assam: Microtoena cymosa Prain. Fig. 207. A natürliche Größe. Ein Blatt von I ogostemon Patchuli. B Yergr. 300. Ein Haar Ton der Unterseite des Blattes, a Zusammen- gefallene Zelle, c Kutiknla. (Wiesner.) 1 Auf Mauritius und Reunion, sowie auf Java wird ebenfalls Patschuli produ- ziert. In Paraguay, sowie auf den westindischen Inseln Dominica, Guadeloupe und Martinique werden Anbauversuche gemacht. Gildemeister und Hoffmann, Äth. Öle, p. 855. 2) Über den Anbau und die Destillation (Patschuliöl) von Patschuli auf Malakka Tgl. Kew Bull. 1889 (Juni). 3) Holmes, Pharm. Journ. (London), Vol. 56 (1896;, p. 222. 4) Pharm. Journ. LXXX (1908), p. 349. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 559 ) Was den Patschuli von Java betrifft, der von P. comosus MiqJ) abgeleitet wird, so ist hierzu anzuführen, daß die genannte Pflanze zu den von den Malayen als »Dilem« bezeichneten Pflanzen gehört, worunter sie eine Anzahl patschuliähnlich riechender Pflanzen verstehen. Zu diesen gehört auch der gleichfalls auf Java vorkommende P. mentho- ides Bl., dessen ätherisches Öl schon Wiesner^) als gleich oder ähnlich dem von P. Hayneanus be- zeichnet hat. Das echte Patschuliblatt (Fig. 207 und 208) ist lang- gestielt, eiförmig, spitz oder zugespitzt und zeigt am Blatt- grunde ein verschiedenes Verhalten. Es ist entweder in den Blattstiel verschmä- lert (wie in Fig. 207) oder es verläuft nur sehr kurz in den Blattstiel oder es ist endlich fast abgerundet; die mir aus dem Handel vor- liegende Ware zeigt durch- weg dieses Verhalten, das auch in Fig. 208 gezeichnet ist. Der Blattrand ist ge- kerbt, die Kerben sind ge- zähnt, hier und da auch gesägt. Bei P. suave wer- den die Kerben so tief, daß das Blatt als gelappt be- zeichnet werden kann. Die Nervatur verhält sich folgen- dermaßen: von dem mäßig starken, auf der Unterseite hervortretenden Mittelnerv zweigen beiderseits je 5—6, ziemhch kräftige Sekundärnerven unter einem Winkel von 45° ab; vor dem Blattrande teilen sie sich in zwei Äste, von denen der untere zu dem nächsten größeren Kerbzahne zieht und sich mit dem vorhergehenden Sekundärnerv verbindet; der obere Ast bildet mit dem nächsten oberen Sekundärnerv eine Schlinge, Fig. 208. Pogostemou Hayneanus Benth. Großes Blatt i indischen Exemplares. Natürl. Größe. (Krasser.) 1) Ein daraus gewonnenes Öl (Dilemblätteröl) hat nach Schimmel &Go., Ber. Okt. ■ISSS, p. 42 einen wesentheh feineren und weniger dumpfigen Geruch als echtes Patschuliöl. 2) Rohstoßfe, \. Aufl., p. 667. 560 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. indem er sich mit dessen unterem Gabelast verbindet. — Beide Blatt- flächen sind behaart, die untere ist gelblich graufllzig. Die Handelsv/are besteht aus Knäueln der zusammengeballten, zerknitterten Blätter und aus abgebrochenen Blattstielen; in den schlechteren Sorten sind auch zahlreiche Stengelstücke enthalten; die Ballen sind gelbbräunlich, sinken nach Einweichen in Wasser nach einiger Zeit unter und färben es in- tensiv gelbbräunlich, auch der charakteristische Patschuliduft wird dem S rf^to '^ii4Af>/t1V¥ WYY n r (?(K.:.- :\d' Fig. 209. Patschnliblatt des Handels. Partie eines Querschnittes, tp Oberhaut der Oberseite, is Sockelzellen des Haares Ji, pa Palisadenparenchym, seh Schwammparenchym, g Gefäße, 6 Bastfasern, kr Kristallrosette, cp' Epidermis der Unterseite, d Kopfdrüsenhaar mit karrer, dl solches mit langer quergeteilter Stielzelle, d 7/ Köpfchendrüsenhaar mit zweizeiligem Köpfchen, d HI blasige Hautdrüsen mit ku Kntikula und s Sekret, d IV innere Drüsenhaare. Vergr. 400. bewahrt. Am frischen Blatte kann man an der Unterseite schon mit freiem Auge, deutlicher mit der Lupe, eingedrückte Punktstellen wahrnehmen, die von den in Vertiefungen sitzenden Hautdrüsen herrühren. Nach Solereder^) werden bei der Betrachtung des lebenden Blattes von der Oberseite her im durchfallenden Licht durchscheinende Stellen sichtbar, während sie von der Unter- seite her nicht beobachtet werden können. Die Histologie des Blattes gibt hierüber Aufklärung. 1) Bemerkenswerte anatomische Vorkommnisse bei einigen Drogen. Arch. Pharmazie 245 (1907), p. 407. Neunzehnter Abschnitt. ätter und Kräuter. 561 Der anatomische Baui) des Patschuliblattes bietet einige sehr inter- essante Einzelheiten, darunter ein höchst selten im Pflanzenreich auf- tretendes Vorkommnis. Das bifazial gebaute Blatt besitzt eine Reihe ziemhch kurzer Palisadenzellen (Fig. 209joa) und ein liickiges Merenchym, alle Zellen dicht von Inhaltskörpern (vor- waltend Chlorophyllkörnern) erfüllt. In einzelnen Zellen findet sich Kalziumoxalat in Häufchen von Kristallnadeln, sehr selten kommen Rosetten vor (Fig. 209 /er). Schon bei flüchtiger Beobachtung fallen im Querschnitt zahlreiche, verschieden große lichte Stellen auf, in denen in einem mit heißer Kalilauge behandelten Präparate blaßgelb- liche, stark lichtbrechende Körper aufleuchten. Es bedarf einer sehr sorgfältigen auf- hellenden Behandlung, um sich über die Beschaffenheit dieser Stellen klar zu werden. Den eingehenden Untersuchungen Solered er s (I.e.) erst verdanken wir eine genaue Darstellung dieser merkwürdigen Verhältnisse. In den großen Interzellularräumen befinden sich Sekretzellen von der Art der blasigen Haut- h k drüsen, die mit einigen kurzen und schmalen Stielzellefl ver- sehen sind, also echte in- nere Drüsenhaare bilden {Fig. 209 f^^*'). Als >zusam- mengefallene , in Kalilauge aufquellende bräunliche Drü- sen< hat sie übrigens schon W i e s n e r (1. c.) erkannt, wäh- rend sie Paschkis ganz übersehen zu haben scheint, weil er sie gar nicht erwähnt. Diese inneren Drüsen >sitzen mit einem Stiel aus 2 — 3 verkorktwandigen und zuweilen noch Chlorophyll enthaltenden Zellen Meso- phyllzellen auf und ragen mit ihrem kugeligen, schlauch- förmigen oder unregelmäßig gelappten einzelligen Drüsenköpfchen in die Interzellu- laren des Mesophylls oder drängen sich mit demselben zwischen die Mesophyllzellen ein. Der Stiel entspringt an der unteren Wand von Zellen des einschichtigen Palisadenparenchyms oder seitlich an Zellen der zweiten Mesophyllschicht. Die Drüsen finden sich übrigens noch in den größeren Nerven, dort in dem unterseitigen paren- chymatischen Begleitgewebe und haben dort gewöhnlich ein schlauchförmiges, in Richtung der Nerven gestrecktes Köpfchen< (Soler eder^) ). Sie sind es, die auf der Fig. 210. Patschuliblatt. Epidermis der Blattoberseite von der Fläche, h Deckhaar, i Insertionsstellen von Deckhaaren, s Sockelzellen, Ic Kappen der Epidermiszellen. Vergr. 350. 1) Wiesner, Rohstoffe, i.Aufl., p. 686. — Paschkis, Folia Patchouli des Handels, Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. 17, 1879, p. 415 — 420; daselbst auch Abbildungen der zur Verfälschung des Patschuli dienenden Blätter. — Sole reder, 1. c, p. 406 ff. — Zornig, Arzneidrogen II (1911) p. 205. 2) Wie Solered er (1. c.) bemerkt, zeigt sich hier (und bei den bekannten inneren Drüsenhaaren in den Rhizomen der Polypodiaceen) deutlich, »daß die Mesophyllzellen zuweilen dieselben Gebilde hervorzubringen imstande sind, wie die Zellen des Haut- gewebes«. Wiesner, Rohstoife. III. Band. 3. Aufl. 36 562 Neunzehnter-Abselmilt. lälter und Krauter. Oberseile des Blattes im durchfallenden Lichte sich als helle Stellen bemerkbar machen. Über die Zusammensetzung der Blattnerven ist anzugeben, daß diese kollaterale Leitbündel enthalten und daß auch in den zarten Nerven (Fig. 209^, b) ein Bastfaser- belag vorhanden ist. Wir wenden uns nun den Epidermen und den reich gegUederten Epidermal- bildungen zu. Die Oberhaut der Oberseite besteht aus unregelmäßig konturierten, mit gebuchteten Wänden versehenen Zellen, auf denen beiläufig in der Mitte der Zellenoberfläche ein mehr oder weniger deuthcher Ring oder eine elliptische Falte aufzusitzen scheint (Fig. 2-1 0^). Im Querschnitt (209 ep) zeigen sich die Außenwände der Epidermiszellen stark verdickt und kuppenförmig wie Papillen emporgewölbt, ein für das Patschuhblatt sehr charakteristi- t-i ^-n,.., -»^ ^ sches Verhalten; die Kuppenscheitel sind es, f r^ ^) " ' ' die in der Flächenansicht als oben aufsitzende I p.- - Ringe (Fig. 209Ä;) erscheinen. Die Oberhautzellen der Blattunterseite a sind viel stärker wellenförmig gebuchtet (Fig. 21 1 ) als die dfer Oberseite, im Quer- schnitt kleiner, die nur wenig verdickten Außenwände sind auch nicht kuppenförmig hervorgewölbt. An der Unterseite treten auch zahlreiche kleine, breitelliptische Spaltöffnun. gen (Fig. 209 sp) auf, während an der Ober- seite nur sehr selten eine Spaltöffnung auf- zufinden ist; zumeist sucht man eine solche vergebens. Die Spaltöffnungen entsprechen dem Labiatentypus: sie sind von zwei quer zum Spalte gestellten Nebenzellen begleitet. Auf beiden Epidermen findet man ge- ghederte, d. h. einzellreihige, dickwandige Deckhaare. Sie sitzen fast immer auf sockelartig emporgehobenen Epidermiszellen (Fig. 209 — 21-18, h), und zwar anscheinend in Relation mit der Größenentwicklung des Haares, auf je zwei, drei oder mehreren (im Kreise angeordneten) Zellen. Die Insertions- sich als dickwandige Ringe dar (Fig. 210«'). die Teilzellen meist in der Längsmitte ver- n '^^^^j^U j' Fig.211. Patsehuliblatt. Epidermis der Blattunterseite von der Fläche, sp Spalt- öifnungen, n n NeVienzellen derselben, /( Deck- Laar, s Sockelzellen, d, d 11 Drüsenhaare. Vergr. 350. stellen der (abgefallenen) Haare stellen Die Haare sind \ — 3-, selten mehrzellig, schmälert, an den Enden verbreitert, in ihrem Verlaufe daher schenkelknochenförmig, die Endzelle läuft in eine scharfe Spitze aus. Die Oberfläche ist durch Kutikular- verdickungen fein gestrichelt. Weiter trägt die Oberhaut beider Blattseiten Köpfchendrüsenhaare, die aus einer auf der Oberhautzelle aufsitzenden Stielzelle und einem ein- oder zwei- zelhgen Köpfchen bestehen (Fig. 209, 211^, cU, d^^); mitunter ist die Stielzelle be- deutend verlängert und kann auch durch eine Querwand in zwei Zellen geteilt sein (Fig. äOg^Z-f). Die Teilungswand des zweizeiligen Köpfchens steht immer senkrecht zur Blattoberfläche, also parallel zur Längsachse des Drüsenhaares. Die Köpfchen- zellen sind dicht von einem (homogenen?) Inhaltskörper erfüllt; ein Abheben der Kutikula (behufs Deponierung des Sekrets) findet nicht statt. Endhch finden sich an der Oberhaut beider Blattseiten blasige Hautdrüsen, Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Krauter. 563 die in Vertiefungen des Blattes sitzen. An der Blattoberseite sind diese Vertiefungen nur durch eine geringe Einsenkung der betreffenden (kuppenfreien) Epidermisstelle gebildet, da schon die Zellkuppen der Nachbarzellen über die Drüse hervorragen (Fig. Baumknaster« (Fig. 21 7, i). Blätter lanzettlich bis eiförmig,, in den schmal oder breit geflügelten Blattstiel verschmälert. Blüte ähnlich wie di& vorige. War im ^ 7. und \ 8. Jahrhundert fast ausschließhch in Asien und Ozeanien in Kultur und läßt drei Formen unterscheiden: «) f. subpetiolata. Blattstiele schmal geflügelt. Liefert einige kleinasiatische und mehrere chinesische und japanische Tabaksorten. ß) f. migustifolia [Mill.]. Blattstiele breiter geflügelt. Hierher gehören Latakia Syrien), Pursitschan (Mazedonien), Szuloker (Ungarn), die älteren Virginy-Tabake,. mehrere Formen aus Deli (Sumatra) und einige alte Tabaksorten in Ozeanien. y) f. lancifolia [Willd.) (Fig. 2-17, 2). Blätter lanzettlich zugespitzt, am Rande gewellt. Man rechnet hierzu Burley, Kentucky und neuere Virginy, Brasile beneven- tano (Italien), dann verschiedene deutsche (Elsässer, Pfälzer), französische und indische Tabaksorten. c) var. havanensis Lag. [N. brasiliensis Lk. et Otto, N. Tabaeum var. brasi- liensis und va.T. havanensis Com. [Fig. 217, s, 4, Fig. 21 8, i]). Brasiltabak. Blätter lang- elliptisch, kurz zugespitzt. Hierher Brasil, Havanna aus den Vuelta abajo-, Partido- und Remeiosdistrikten, dann die meisten Havanna-Seedleafs, d, s. aus Havannasamen in New-England gezogene Tabake, ferner Amersfoorter, Veluwe, Betuwe (Holland),. Gundi (Deutschland), Verpeleter, Csetneker (Ungarn), Idzumi (Japan), Bezoeki (Java), Aya-Soluk (Kleinasien) u. a. d) var. latissima [Mill.), (var. maerophylla Sehr, und var. maerophylla f. rosei- flora Com.), »großblättriger Maryland-Tabak«. Blätter groß, breit, länglich-oval, spitz» mit breiter Basis sitzend, breit geöhrelt. Blumenkrone heller rot als bei den anderen» oft ganz weiß [N. alba Mill.). Hierher gehören Kuba, Uchaty kuczerawy (Galizien), Nostrano del Brenta (Südtirol), Theiß und andere ungarische. 2. Nicotiana purpurea [Anast.), [N. Tabaeum' L. var. maerophylla Sehr. f. rubri- flora Com., N. atropurpurea gra?idiflora hört. [Fig. 218, 2]). Blätter breit elliptisch oder nahezu kreisrund mit kurzem, geflügeltem Stiele, breit stengelumfassend ge- öhrelt. Seitennerven erster Ordnung weniger zahlreich als bei der ersten Art, unter 1) Über var. chinensis s. Preißecker inVierhappcr, Beiträge zur Kenntnis der Flora Südarabiens usw. Denkschriften der Wiener Akademie, 71, 1907. J Neunzehnter Abschnitt, Blätter und Kräuter. 569 weniger spitzen Winkeln von der Mittelrippe abzweigend. Blumenkrone dunkel- purpurrot mit einem weißlichen Stern im Schlünde. Heimat wahrscheinlich Mexiko. Hierher gehören Varinas (Venezuela), einige griechische und mazedonische Tabake, Debröer- und Gartenblatt-Tabak. Bei den Kulturformen ist die Purpurfarbe der Blüten verlorengegangen. H. Sektion: Sairanthus Preißccker. Blüten in einfacher, endständiger, ein- seitswendiger Traube. Blumenkrone rötlich, rachenförmig. Nicotiana glutinosa L. aus Peru soll ehenaals auch zu Rauchtabak verarbeitet worden sein. HI. Sektion: Petunioides O. Bon. Blumenkrone meist weiß, selten rot, rosa oder anders gefärbt, mehr oder weniger deutlich zygomorph. Nicotiana alata Lk. et Otto [N. afßnis Moore, N. persica Lind.). Große, weiße Blumenkrone mit weiter Röhre. Brasilien. Die verbreitete Meinung, daß die Blätter dieser Pflanze den Tumbeki- oder Schirastabak liefern, ist irrig. (Siehe oben N. Tabacum var. chinensis.) Preißecker hat eine ausführliche Beschreibung i) dieser Art publiziert, in der er den Nachweis bringt, daß die von Lindley als N. persica bezeichnete Pflanze keine neue Art, sondern N. alata dar- stellt. Diese wird als Zierpflanze (als N. afßnis) allenthalben gebaut. Zur Erzeu- gung von Rauchtabak ist sie nicht geeignet; der Nikotingehalt beträgt 0,048 bis 0,078 Proz. Von den übrigen dieser Sektion angehörenden Arten, die meistenteils nicht zur Tabakgewinnung dienen, sollen nur N. repanda Willd. (Heimat Mexiko), N. suaveo- lens Lehm., die einzige nicht in Amerika, sondern in Australien beheimatete Art, ferner die argentinische N. silvestris Specj., deren Blätter von den Eingeborenen ge- raucht werden, die mexikanische, gleichfalls von den Eingeborenen verwendete N. trigonophylla Dun. [N. ipomopsiflora Dun.) und N. Sanderiana hört, erwähnt werden. IV. Sektion: Bustica O. Don. Blumenkrone meist grünlichgelb bis gelb. \. Nicotiana rustica L. (Fig. 219, A — G). Veilchentabak, fälschlich auch »Brasil« genannt. Blätter gestielt, dicklich, rundlich, eiförmig-länglich oder herzförmig, stumpf, oberseits glänzend. Diese Art wird in vier Varietäten geschieden. a) var. texana (Naud.) mit bläulich überlaufenen Blumenkronen. Hierher nach Com es der Kalkuttatabak (?). b) var. senegalensis hört. Blätter rundlich oder herzförmig, alle Teile sehr stark behaart. c) var. brasilia Sehr., Bauemtabak, großblättriger Veilchentabak. Blätter der Mitte schief herzförmig, obere oval. Hierher gehören Machorska panska, grüner Bakun (Rußland) und Cserbel oder Kapa (Ungarn). d) var. humilis Sehr., kleinblättriger Veilchentabak, Lauskraut. In allen Teilen kleiner. Hierher der gelbe Bakun oder Schwitzent (Rußland) und das Lauskraut (Süd- deutschland). 2. Nicotiana paniculata L. Blätter herzförmig-rundlich, Kronenröhre 6 mal länger als der Kelch. Peru. Soll den echten Varinas liefern. 3. Nicotiana glauca Orah. Eine kahle, ausdauernde Art. Blätter graugrün, eiförmig-länglich. Buenos-Aires. Wird nach Sadebeck in Deutsch-Südwestafrika gebaut. [N. arborea Dietr.) \) Über die zum freien Anbau erlaubten Tabakpflanzen- Arten. Fachl. Mittlgn. d. k. k. österr. Tabakregie, Wien 1902, Heft 1, p. 2. Mit zahlreichen Literatur- angaben. 570 Neunzehnter Abschnitt. Blatter und Kräuter. 4. Nicotiana Langsdorfii Weinm. Zipfel undeutlich, Staubbeutel bläulich, raucht worden sein. Die übrigen Arten dieser Sektion sind für die Tabakgewinnung ohne Bedeutung. Kronensaum so breit wie bei N. rustina, Brasilien. Soli von den Eingeborenen ge- ß. Polydiclya. 1. Nicotiana quaclrivahis Piirsh. Fruchtknoten vierfächerig. Heimat Missouri. Soll von den Rothäuten im Nordwesten der nordamerikanischen Union kultiviert worden sein und einen sehr aromatischen Tabak (Missouritabak) liefern. 2. Nicotiana multivalis Gray. Fruchtknoten achtfächerig. Die Form der Tabakblätter variiert, wie aus dem Vorhergebenden ersicbtlich, von der länglich lanzettförmigen Gestalt (typische Form von B Pig. 217. Vergr. 250. Oberhaut (Epidermis) des Tabakblattes {N. rustica). A Oberseite. B Unterseite. Mit Glieder- und Drttsenhaaren. (Nach Moeller.) N. Tahacum) bis zur eiförmigen (N. rustica). Das obere Ende der Blätter ist lang zugespitzt bis stumpf. Die Länge der Blätter beträgt 15 bis 75 cm. Die Blätter aller gebauten Tabakarten sind ganzrandig und beiderseits etwas behaart. Die Hauptnerven sind an den Blättern der N. rustica gewöhnlch dick, sonst erheben sie sich weniger stark über die Oberfläche des Blattes. Vom Hauptnerven zweigen die Sekun- därnerven unter Winkeln von 40 — 80° ab. Sie kommen an Mächtigkeit dem Hauptnerv am nächsten und sind schlingläufig entwickelt. Der histologische Aufbau des Blattes der verschiedenen Arten stimmt so ziemlich überein. Die Epidermis besteht aus ziemlich großen, namentlich an der Unter- seite des Blattes stark wellig konturierten Zellen, zwischen welchen Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 571 sich in der oberen wie in der unteren Epidermis zahlreiche Spaltöff- nungen einschieben. Die Anzahl der SpaltülTnungen ist an der unteren Fläche eines bestimmten Blattes, wie schon Wiesneri) nachgewiesen hat, etwas größer als an der oberen und schwankt zwischen 130 bis 235 pro mm2. Bei den verschiedenen Tabaken ist die elliptische Form der Spaltöffnungen und das Größenverhältnis 7 : 5 zwar nach MoeIler2) am häufigsten, doch sind, wie aus den Untersuchungen von Wiesner (I.e., p, 104) hervorgeht und von Preißecker^) bestätigt wird, für Nicotiana Tabacum die Spaltöffnungen von elliptischem Umriß, für N. rustica solche von fast kreisförmigem Umriß charakteristisch. Einzelne Epidermiszellen sind als Haare entwickelt. Man kann unterscheiden: 1. schmale, zugespitzte Haare, aus einer Zellreihe bestehend (einfache Gliederhaare), 2. verästelte Gliederhaare, 3. schmale aus einer Zell- reihe bestehende Haare mit einem schmalen , ein- bis mehrzelligen Köpfchen, 4. kurze, auf einem breiten einzelligen Stiel sitzende Drüsen- haare mit mehrzelligem breitem Köpfchen 4). Von diesen Haarformen sind nur die verästelten Gliederhaare selten, während sich die übrigen in großer Zahl finden (Fig. 217). Bemerkenswert ist, daß die Basal- zellen gewöhnlich sehr groß sind und Ausstülpungen einer noch größeren Epidermiszelle darstellen. Die kleinen Drüsenhaare kommen hauptsäch- lich auf der Oberseite und auf der Unterseite nahe den starken Nerven vor, während die langstieligen Drüsenhaare hauptsächlich auf den Nerven beiderseits auftreten &). An der Blattunterseite ist die Behaarung nach Moeller entschieden spärlicher. Am trockenen Blatte sind namentlich die Drüsenhaare zusammengefallen. Die Struktur der Oberhaut des Blattes ist nach Preißecker^) in zweifacher Hinsicht für die Tabakkultur und die Tabakindustrie von Bedeutung; zunächst bezüglich der Zugfestigkeit, des Aromas und der Brenn- oder Glimmfähigkeit des Blattes, ferner, wie schon vorhin an- gegeben wurde, als diagnostisches Mittel, da aus der Verschiedenheit 1) Wiesner, Rolistoffe, \. Aufl., p. 678. — Preißecker bestimmte die Zahl der Spaltöfl'nungen auf der Blattunterseite auf 1 mm2 bei N. macrophylla auf 71 , bei N. rustica var. humilis auf -ISI, bei Manila auf 212, bei Virginy auf 134, bei Havanna auf 159. 2) Moeller, J., Miki-oskopie der Nahrungs- und Genußmittel aus dem Pflanzen- reiche. Berlin, 2. Aufl., 1905, p. 78. 3) Bedeutung der Oberhaut-Struktur des Tabakblattes für Pflanzer und Fabri- kanten, 1. c, 1908, Heft 2, p. 69: 4) Vgl. Moeller, I.e., p. 48; Molisch, Histochemie, p. 34. 5) Ad. Meyer, Anatomische Charakteristik offizineller Blätter und Kräuter. Abb. Naturf. Ges. zu Halle, XV, p. 27, Sonderabdr. 6) 1. c, 1908, Heft 2, p. 66. Daselbst auch Abbildungen der unterseitigen Epi- dermen verschiedener Sorten. 572 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. der Gestalt, Grüße und relativen Anzahl der einzelnen Elemente und dem Grad der Verdickung der Oberhaut nicht nur die Art oder Varietät, sondern auch die Provenienz des Tabaks und schließlich auch das Alter und die Insertionshühe des Blattes zu erkennen sei. Je stärker die Undulierung der Oberhautzellen entwickelt ist, bei annähernd gleicher Grüße und Form derselben, desto geeigneter ist das Fig 218 Vergr 100 Querschnitt durch einen Sekundarnerren des Tabakblattes epo Epidermis der Oberseite, p Palisadenschicht, ni Schwammparenchym, epi Epidermis der Unterseite, t Eiifitallsandschlänche, dh Drüsenhaare, h einfache und ästige Gliederhaare, ^r Gefäßbündel mit strahlig angeordneten Gefäßen, umgeben von KoUenchymsträngen c. (Nach Mo eil er.) Blatt zur Verwendung als Decke der Zigarren; als Beispiel seien Ha- vanna- und Sumatrablälter genannt, die zu den edelsten Kulturformen des Tabaks zu zählen sind. Das Mesophyll des Tabakblattes besteht, entsprechend der bifazialen Ausbildung, aus zwei scharf geschiedenen Teilen. Die der oberen Blatt- seite zugewendete Partie (Palisadenschicht) setzt sich aus einer Schicht zylindrischer, auf der Oberhaut senkrecht stehender^ langgestreckter Zellen zusammen (Fig. 218/?); die untere Partie (Schwammparenchym) Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter, 573 ist mehrschichtig und besteht aus sternförmigen Elementen, welche ziem- lich weite Lufträume zwischen sich frei lassen (Fig. 218 m). Die Pali- sadenzellen sind chlorophyllreicher als die sternförmigen. Einzelne Zellen des Schwammparenchyms und des Parenchyms der Blattrippen sind fast ganz erfüllt mit sehr kleinen Kriställchen von oxalsaurem Kalk (Kristallsand) (Fig. 218 K). Diese Kristallsandzellen gehören neben den Haaren und den unten (p. 578) erwähnten Malatsphäriten zu den besten Merkmalen echter Tabake i). Die Blattnerven enthalten bikollaterale Ge- fäßbündel. Im Querschnitt (Fig. 218) zeigt sich, daß sowohl die Ober- seite als auch die Unterseite der über den Nerven liegenden Blattpartie emporgewölbt sind; dies wird durch Kollenchymstränge, in denen die Leitbündel eingebettet sind, bewirkt. Die Gefäße sind radial angeordnet; in den kleinen Bündeln sind sie ausschließlich Spiroideri, in den großen kommen auch Treppen- und Tüpfelgefäße dazu, deren Weite nicht selten 0,1 mm erreicht. Ein Bast- faserbelag ist nur in den stärksten Blattnerven entwickelt (Moeller). Klima, Boden und Kultur üben einen sehr tiefgreifenden Einfluß auf die Art des Tabakblattes aus, wie die sowohl in morphologischer als chemischer Beziehung fast ins Unendliche variierenden rohen Tabak- sorten lehren. Es geht daraus hervor, daß es angezeigt ist, auch die Tabakpflanze durch sorgfältige fortgesetzte Auslese auf bestimmte Eigen- schaften zu züchten 2). Humusreicher Boden und Feuchtigkeit steigern die Entwicklung des. Mesophylls und bedingen infolgedessen große und dicke Blätter. Die besten Tabaksorten sind aber nicht reich an Mesophyll und deshalb dünn. Solche Blätter bringt die Tabakpflanze hervor, wenn sie in sonniger Lage, auf leichtem, sandigem Lehmboden steht. Im feuchten, kalten Boden, im schweren Tonboden, aber auch im trockenen Sand- boden kommt der Tabak nicht fort. Die Düngung wirkt auf die che- mische Beschaffenheit des Tabaks sehr mächtig ein. Starke, stickstofl"- haltige Düngung steigert den Gehalt an Nikotin und Eiweißkörpern; es werden auf diese Weise starke Tabake erzielt, wie sich solche zur Er- zeugung von Schnupftabaken eignen. Auf einem mit Lauberde gedüngten Boden erhält man hingegen Pflanzen, welche ein leichteres, nikotianin- reiches und wohlriechendes Blatt liefern, das sich zur Gewinnung von Rauchtabak eij^net^). Einen besonderen Einfluß haben aber auch die 1) Molisch, H., Histochenaie der pflanzlichen Genußmittel. Jena 1891, p. 36. 2) Vgl. hierzu Preißecker, Kulturrassen des Tabaks in Dalmatien und die jüngsten Zuchtversuche in Imoski und Sinj, I.e., 1911,. Heft 2, p. 63. 3) Über Kultur des Tabaks s. Babo und Hofacker, Der Tabak und sein Anbau. Karlsruhe 1832. Sehr wertvolle Mitteilungen hierüber, ferner über die chemische Beschaffenheit und Behandlung des Tabaksblattes enthält eine ältere Schrift Hermb- 574 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 4« Abslände der Pflanzen voneinander auf die Entwicklung des Blattes und dessen Inhaltsstoffe. »Enge Distanzen liefern hohe Pflanzen mit kleineren, aber aromatischeren Blätter, weite jedoch Pflanzen von mehr gedrungenem Habitus und großspreitigen, harzärmeren Blättern« (Preißecker). Auch der Nikotingehalt wird nach Schlüßing von der Pflanzendistanz be- einflußt. Zur gedeihlichen Entwicklung der Blätter werden die Pflanzen i) ge- köpft, d. h. ihrer Gipfelsprosse (mit den Blütenknospen) beraubt; auch die alsbald darauf sich entwickelnden Seitentriebe müssen entfernt werden (Geizen). Die Ernte erfolgt in verschiedener Weise. In Nordamerika und in Persien werden die ganzen Pflanzen geernlet und die Blätter an den Stämmen einer Nachreife überlassen. Zumeist werden die auf dem Felde stehenden Pflanzen entblättert, was übrigens immer geschehen muß, wenn die Pflanzen bzw. die Blätter sehr verschiedene Reifezu- stände zeigen. Mit der Blatternte wird zugleich die erste und wichtigste Sortierung unternommen. Gewöhnlich werden drei Qualitäten unter- schieden: die untersten Blätter als Erd-, Sandblatt oder Sandgut, die mittleren als Bestgut, die obersten, am wenigsten ausgereiften als Mittel- gut. In Deli (Sumatra) heißt das unterste Blatt Sandblatt, hierauf folgt das Fußblatt, das Mittelblatt und das Spitzblatt. In der Türkei und Dalmatien teilt man die Qualitäten ein in untere und obere Sandblätter, untere, mittlere und obere Mutterblätter und in untere und obere Spitzblätter (Ableidinger in Fachl. Mittlgn. usw. 1905, 2. H., p. 59). Auf Kuba kennt man vier Quahtäten: Desecho (oberste Blätter), Desechito (die nächst unteren), Libra (die kleinsten) und Injuriado (unser Sandgut). Connecticut sortiert in Wrappers (Bestgut), Seconds und Fillers (die untersten zwei Blätter). In Maryland und Virginien sortiert man long, short und lugs, in anderen Südstaalen in bright, yeUow und duU. Die gesammelten Tabakblätter werden vor ihrer Verarbeitung 2) zu städts, Gründhche Anweisung zur Kultur der Tabakpflanzen usw. Berlin 1822. Nessler, J., Über den Bau und die Behandlung des Tabaks. Landw. Vers. Stat. XL., 1892. — Sadebeck, R., Die Kulturgewächse der deutschen Kolonien. Jena 1899, p. 206 — 225 (Tabak). — Koning, C. J., Der Tabak, Studien über seine Kultur und Biologie. Leipzig 1900. — Rouant, E., Le Tabac, culture et Industrie. Paris 1901. — Preißecker, verschiedene Arbeiten in Fachl. Mitt. d. k. k. österr. Tabak- regie 1904ff. 1) Dieser Absatz nach T. F. Hanauseks Artikel »Tabak« in Moeller und Thoms, Realenzyklopädie der ges. Pharmazie, 2. Aufl., XII (1909), p. 5. 2) Über »Verarbeitung« siehe W. Gintl, Tabak in Karmarsch-Heeren, Techn. Wörterb., 3. Aufl., 8. Bd., p. 719ff. — R. Kißling, Handbuch der Tabakkunde, des Tabakbaues und der Tabakfabrikation. 3. Aufl., Berlin (Parey). Neunzehnter Abschnitt. lilälter und Kräuter. 575 Kau-, Schnupf- und Rauchtabak zuerst getrocknet. Das Trocknen^) ge- schieht gewöhnlich in luftigen Schuppen oder im Freien unter einfacher Bedachung. Die von den Stengeln abgelösten Blätter werden mit den Stengelenden, an Schnüre gereiht, zum Trocknen aufgehängt. Hierbei verliert sich fast immer die grüne Farbe des Tabakblattes. Die Blätter von Nicotiana Tahacuyn sind im getrockneten Zustande meist schwärz- lich, die von N. macrophijlla gewöhnlich gelbbraun; die verhältnismäßig parenchymreichen Blätter von N. riistica behalten häufig noch zum Teil ihre ursprüngliche grüne Färbung. Die an der Luft getrockneten Blätter werden unter bestimmten Verhältnissen auf Haufen (Stuben) ge- legt, wobei sie eine Art Gärung oder Fermentation durchmachen, wo- durch der Tabak seinen charakteristischen Duft und die dem Raucher wünschenswerten Eigenschaften erhält. Die Fermentation wird unter- brochen, wenn die Temperatur 50° erreicht hat. Von der Sorte hängt es ab, ob dann die Stube umgebaut oder allmählich auseinanderge- nommen wird. Als Ursache der Fermentation werden spezifische Bak- terien betrachtet^). Um feinste (Zigarren-) Tabake zu erzeugen, wendet man auf Kuba nach Semler ein »Petunieren« 3) genanntes Verfahren an: Man wählt einige beschädigte Blätter aus, die aber von untadelhaftem Aroma sein müssen, und legt sie in reines Wasser, bis sie verfaulen, was ungefähr 8 Tage in Anspruch nimmt. Wenn die Ernte die Gärung durchgemacht hat und trocken geworden ist, öffnet man die Bündel und besprengt die Blätter nur leicht mit dem erwähnten Wasser. Dann werden die Bündel noch über 12 Stunden in das Trockenhaus gebracht. Das Tabakblatt liefert, wie alle Blätter, viel Asche, was wohl haupt- sächlich in der relativ großen Menge an Oberhaut gelegen ist. Paren- -1) Vgl. die eingehende Beschreibung des ganzen Trocknungsprozesses von Preißecker, 1. c, 1910, Heft 1, p. eff. 2) Den Fermentationsprozeß hat namentüch J. Behrens (Landw. Vers. Stat., Bd. 43 (1893) studiert. Die Tabakbakterien wurden von Suchsland entdeckt, vgl. insbesondere Suchsland, Über das Wesen der Tabakfermentation und über die sich daraus ergebende Möglichkeit, den Fermentationsprozeß behufs Veredlung der Tabake zu beeinflussen. Period. Mitt. des Tabakvereines Mannheim 1892. Nach 0. Loew, Curing and fermentation of cigar leaf tabaco, ist jedoch die Fermentation im wesent- lichen als ein nicht durch Mikroorganismen, sondern durch Enzyme (Oxydasen) be- wirkter Oxydationsprozeß aufzufassen. (Bull. U. S. Departm. of Agriculture 1899.) — Eine vortreffUche Zusammenfassung aller einschlägigen Untersuchungen bietet J. Beh- rens im Handbuch der technischen Mykologie von Lafar, Bd. V, p. 1 ff. (Mykologie der Tabakfabrikation). Siehe auch F. L öhni s, Handbuch der Landwirtschaft!. Bakterio- logie, Berlin 1910 und A. Kossowicz, Einführung in die Mykologie der Genußmittel und in die Gärungsphysiologie, Berlin 1911, p. 169. 3) >Petun«, »Petum<, die alte brasihanische Bezeichnung für Tabak. Hartwich, Die menschlichen Genußmittel, p. 40 und 47. 8,5- -23 Proz Kali 0,0- -11,1 Natron 18- -36 Kalziumoxyd 0,7- -15,7 Magnesiumoxyd 0,0- -13,1 Eisenoxyd 1,2- -10,4 Phosphorsäure 1,8- -12,4 Schwefelsäure 0,3- -32,4 Kieselsäure 0,4- -17,6 Chlor 576 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. chymreiche, dicke Blätter geben weniger Asche als parenchymarme, dünne Blätter. Aschenbestandteile. Die Gesamtmenge schwankt zwischen 10 bis 24 Proz., in extremen Fällen bis zu 30 Proz. Es finden sichi) in 100 Teilen reiner Tabakasche im Mittel V Spuren von Lithium, Rubidium, Caesium. Bei Berücksichtigung der Kohlensäure werden in nordamerikanischen Tabaken (im Mittel von 10 Aschenanalysen) gefunden in Prozenten: Kaliumkarbonat 21,42, Ghlorkalium 3,1, Natriumkarbonat 1,25, Ghlor- natrium 5,11, Schwefelsäure 4,06, Phosphorsäure 3,26, Eisenoxyd 4,41, Magnesia 12,18, Kalziumoxyd 33,66, Kieselsäure 9,55. Ein wesentlicher unorganischer Bestandteil der Tabakblätter ist die Salpetersäure, welche ursprünglich in den Blättern und in größter Menge in den Blattrippen wohl als salpetersaures Kali enthalten ist, zum Teil aber auch erst während des Gärungsprozesses gebildet wird. Der Sal- petergehalt der Tabakblätter schwankt zwischen 0,71 — 3,3 Proz. Die Tabakpflanze ist in der Tat zu den »Salpeterpflanzen« 2) zu zählen. Sie ist aber zugleich eine ausgesprochene Kalipflanze. Kaliarme Blätter ver- aschen, wie Schlösing zuerst nachwies, schwer. Durch Beizen solcher Blätter mit Weinstein- oder Pottaschelüsung glimmen sie besser und ver- aschen leichter. Von organischen Körpern wurden im Tabak aufgefunden: Nikotin nebst drei Nebenalkaloiden, (Nikotein, Nikotellin und Nikotimin), Gummi (0,2 — 1" Proz.), Harz, Wachs, Zellulose, Stärke, Glykose, Huminkürper, Eiweißstofl'e (1,3 Proz.), Apfelsäure, Zitronensäure, Oxalsäure, Essigsäure, aromatische Stofl'e (Nikotianin?). Das Nikotin (C10H14N2) ist ein äußerst giftiges, stark alkalisch re- agierendes Alkaloid der Pyridingruppe, das bei gewöhnlicher Temperatur flüssig ist, bei 250° G. siedet, links dreht (Laurent) und dessen Dichte 1,033 (Barral) beträgt. Die Menge des Nikotins beträgt in grünen Blättern gewöhnlich 1 — 3 Proz., variiert jedoch sehr nach der Kultur 1) E. V. Wolf, Aschenanalysen. 2. Teil 1880. 2) Über den mikrochemischen Nachweis von Nitraten mit Diphenylaminlösunc vgl. Molisch, Berichte der deutsch, bot. Gesellsch., I, p. 150. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 577 und Rasse. Nach Schlüsing steigt der Nikotingehalt entrippter Blätter bis auf 1 0 Proz. Im Tabakblatte ist es an Apfelsäure und Zitronensäure gebunden^). — Das Nikotianin (C23H32N2O3) oder der Tabakkampfer soll ein farbloser, kristallisierender Körper sein von angenehmem Gerüche, bitterem Geschmacke und neutraler Reaktion, leicht löslich in Äther und Weingeist, schwer löslich in Wasser. Von ihm soll der angenehme Geruch des Tabaks 2) herrühren. Es kommt jedoch in den frischen Blättern nicht vor 3) und soll sich erst beim Rauchen entwickeln. In neuerer Zeit wird es für ein Gemenge von flüchtigen Harzbestandteilen (Harzsäuren), Fettsäuren und Nikotin gehalten (Kißling). Die Tabakharze und die darin enthaltenen ätherischen Öle be- dürfen noch eingehender Untersuchung; sie und beim Brennen erst entstehende Körper der aromatischen Reihe bedingen den Wohl- geschmack. Im Tabakrauch kommen Pyridin, Lecithin, Blausäure vor, aber kein Nikotin oder nur eine sehr geringe Menge desselben *). Auf diese Körper werden die toxischen Wirkungen zurückgeführt^). Die Reizwirkung des Rauches auf die Schleimhäute (das »Beißende« des Tabaks) dürfte dem Furfurol zuzuschreiben sein^). Die Stärke findet sich in allen chlorophyllhaltigen Zellen des frischen Blattes, im fermentierten Tabak jedoch in der Regel nicht mehr, ebenso keine Glykose. Eine organische Verbindung sind auch die von Schimper entdeckten, in den Mesophyllzellen des käuflichen Tabaks vorkommenden größeren und kleineren gelben Klumpen. Sie sind nach > 1) Über Nikotin, welches von Posselt und Reimann 1828 entdeckt wurde, s. Posselt und Reimann, Chemische Untersuchungen des Tabaks usw., eine von der medizinischen Fakultät zu Heidelberg gekrönte Preisschrift 4 828 ; auch im Magazin für Pharm. 24, p. -138. Planta und Kekule, Ann. der Chem. und Pharm. 87, p. i. Schjösing, Ann. de Ghim. et de Phys. XIX, p. 230. Roscoe-Schorlemmer,Ausf. Lehrb. d. Chem., VIII (IQOI), p. 55. — H. Thoms, Ber. d. D. Pharm. Gesellsch, X, 1900 und Anselmino, ebenda, XIV, 1904, p. 139. — Degrazia, Das Nikotin und seine Eigenschaften, Facht. Mitt., XI, 1911, p. 161 und XII, 1912, p. 57 u. 122. 2) Über das Nikotianin, welches Herrabstädt 1823 entdeckte, siehe Barral, Compt. rend. 21, p. 1376. 3) Siehe Landerer, Repert. Pharm., Bd. 53, p. 205. 4) Paschkis in Realenzykl. d. ges. Pharm., 2. Aufl., XII, p. 9. — Haberraann, Beiträge zur Kenntnis des Zigaretten- und des Pfeifenrauches, Hoppe-Seylers Ztschr. f. physiol. Chemie 1902 — 1903. — Der Blausäuregehalt betrug im Rauche ungarischer Zigaretten 0,00366, egyptischer (III. S.) 0,00235 Proz., des Knasters 0. 5) Der Tabakrauch besitzt desinfizierende Wirkung, da er auch für Schizomy- zeten toxisch ist (Tassinari, Bakter. Zentralbl. IV, Nr. 15). 6) The Lancet, 1912, I, p. 944 und II, 547, zit. nach Preißecker, Der Tabak- bau usw., I, p. 32. Wiesn er, Rohstoffe. III. Bd. 3. Aufl. ' 37 578 Neunzehnter Abschnitt. Bhiller und Kräuter. den Untersuchungen von Molischi) im frischen Blatt nicht vorhanden, erweisen sich als Sphärokristalle und stellen wahrscheinlich irgendein Malat dar. Produktionsgebiete^). In Europa wurde der meiste Tabak in Österreich-Ungarn produziert. Deutschland, Rußland, Frankreich, Italien und Holland, sowie die Türkei schlössen sich an. Die wichtigsten außer- europäischen Produktionsgebiete sind die Vereinigten Staaten von Nord- amerika 3), Kuba und Brasilien, Sumatra und Java, diese besonders für Deck- und Wickelblätter (Zigarren). Auch die Philippinen, Persien, Syrien und Kleinasien sind von Bedeutung. Die Menge des Tabaks, welche gegenwärtig jährlich auf der Erde gewonnen wird, veranschlagt man auf mehr als 1000 Millionen Kilogramm. Von diesen gelangt ein Viertel in den Welthandel. An der Gesamtproduktion partizipieren Europa mit 246, Asien mit 435, Afrika mit 50, Amerika mit 300, Australien und Polynesien mit 3 Millionen Kilogramm. Gegenwärtig bildet die Tabak- industrie bei den Kulturvölkern einen so bedeutenden national-ökonomi- schen Faktor, daß sie in Österreich, Ungarn, Tschechien, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Rumänien, Südslavien, in der Türkei und in Japan monopolisiert ist, in England und Rußland und Türkei staatlicher Kontrolle unterliegt. Verwendung. Wie schon bemerkt, werden die Tabakblätter zu Rauch-, Schneide- oder Pfeifentabak, zu Zigarren und Zigaretten, zu Schnupf- und Kautabak und zu Soße oder Tabaklauge verarbeitet. In letzterer Zeit hat insbesondere die Zigarren- und Zigarettenfabrikation einen enormen Aufschwung erfahren. Die ut-sprüngliche Zigarre besteht aus einem oder mehreren zusammengerollten Blättern, wie sie noch die heutige, um ein Stück Espartograsblatt gewickelte Virginiazigarre dar- stellt. Die Zigarre schlechtweg besteht aus der Puppe oder Einlage, ferner aus dem Wickel oder Umblatt und aus dem einer viel edleren Sorte ahgehörigen Deckblatt. In monopolfreien Ländern werden auch Blätter anderer Pflanzen, z. B. Weichselblätter, deren Gebrauch übrigens gestattet ist, zur Einlage verwendet. Zu Schnupftabak gebraucht man schwere, dicke, dunkle Blätter, Rippen und Abfälle der Rauchtabak- 1) Molisch, H., Grundriß einer Histochcnaie der pflanzHchen Genußmittel. Jena 1891, p; 34 — 38 (Chemie des Tabakblattes) 2) An Literatur vergleiche: T. F. Hanausek, Tabak, Realenzyklop. d. ges. Pharm., 2. Aufl., 1912, p, 6—8. — W. Gintl, Tabak; Karmarsch-Heeren, Techn. Wörterb., 4. Aufl., VIII, p. 696 — 746. — Eine vorzügliche sehr ausführliche Darstel- lung aller auf Tabakproduktion und Tabakverbrauch sich beziehenden Verhältnisse enthält C. Hartwich, Die menschlichen Genußmittel, Leipzig 1911, p. 27fr. .3) Eine Geschichte der Tabakindustrie Amerikas ist im Yearb. of the Agric. Dep. U. S. 1900, p, 429 fr. enthalten. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 579 blätter, behandelt sie mit verschiedenen SoJßen und mischt aromati- sierende Vegetabilien usw., wie Trilisablätter, Tonkabohnen, Gewürze u. dgl. bei. Zur Fertigstellung wird ein Gärungsverfahren angewendet. Den Kautabak stellt man besonders aus Kentuckytabak in Gestalt fingerdicker gepreßter oder gesponnener Rollen (Ardouillen) her. Tabaks- laugen dienen als Reinigungsmittel des Viehes, um es von Ungeziefer zu befreien, ferner gegen Pflanzenschädlinge in Obst- und Hopfen- kulturen. — In Merida, Trujillo und der ganzen West-Kordillera Vene- zuelas bildet das mit Urao (Natriumsesquikarbonat) vermischte, zu fester Konsistenz eingekochte Tabakextrakt unter dem Namen Chimö^), in Horndosen oder Maisblättern aufbewahrt, ein fast unentbehrliches Genuß- mittel der Indianer und Mestizzen, das mit dem Zeigefinger auf das Zahnfleisch gebracht, durch den Speichel nach und nach gelöst und mit demselben verschluckt wird. Das glänzend schwarze Extrakt riecht schwach nach Tabak, hat einen anfangs süßlichen, dann aber bitteren und ekelhaften, kratzenden Geschmack und färbt den Speichel braun. Beim Verbrennen entwickelt sich starker Tabakgeruch. Die mikroskopi- sche Untersuchung weist Stärkekörnchen, Gewebedetritus, Pilzschläuche und Sporen auf. Tabakverfälschungen können nur in Ländern vorkommen, in denen kein Monopol der Tabakindustrie besteht. Die wichtigste geschieht durch Substitution von Blättern anderer Pflanzen. Als solche »Surro- gate« werden angeführt 2) Runkelrübe, Ampfer, Kartoffel, Zichorie, Rha- barber, Huflattich, Kirsche, Rose und Weichselkirsche. Als »Tabak- ersatz« werden auch Waldmeister, Steinklee (Meliloius)^ Buchenlaub, das Blatt von Sälvia glutinosa L,, Fruchtzapfen des Hopfens, Eibisch- und Malvenblätter verwendet. Aus der Geschichte des Tabaks^) seien nur folgende Momente hervorgehoben: Kolumbus sah bei seiner Landung an der Insel Guana- hani (1492) die Indianer den Tabak aus Maisblattrollen (Tabaco) rauchen. Auch die Bewohner Ilispaniolas, Mexikos und Nordamerikas rauchten zur Zeit der Entdeckung dieser Länder durch die Europäer. Das Rauchen aus Pfeifen ist ein uralter Gebrauch der nordamerikanischen Indianer, wie die Auffindungen von Rauchgeräten in ihren alten Gräbern belegen. \) T, F. Hanausek, Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. 1877, Nr, 12, — Der- selbe, Nahrungs- und Genußmittel, p. 367. — C. Hartwich, I.e., p. 41. 2) Kißling, Tabak, in Damme rs Illustr. Lexikon der Verfälschungen. Leipzig 1887, p. 882. Daselbst finden sich die histologischen Charaktere der genannten Blätter durch Abbildungen veranschaulicht. S, auch Diels, Ersatzstoffe, 1918, p. 261, 3) Tiedemann, Geschichte des Tabaks. Frankfurt a. M. 1854. — Hartwich 1. c, p. 37 ff. 580 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Der Gebrauch des Tabaks hat sich über Europa von Spanien aus verbreitet. Die Pflanze (N. Tab.) wurde dort in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von Gonzalo Fernandez de Oviedo (1525) und von Franzisco Hernandez de Toledo (1559) eingeführt, aber anfänglich nur der schönen roten Blüten wegen in Gärten gezogen; später wurden dort ihre Blätter zu Heilzwecken benutzt. Etwa zu derselben Zeit wurde der Tabak durch Thevet und J. Nicot in Frankreich, durch Geßner in Deutschland') und durch den päpstlichen Nuntius in Lissabon Pros- pero Santa Croce in Italien bekannt. Kurz nach der Einführung des Krautes nach Frankreich wurde dort daraus Schnupftabak erzeugt. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde in Spanien und Portugal bereits geraucht.. Innerhalb eines Jahrhunderts verbreitete sich die Sitte des Rauchens, trotz vieler strenger Verbote, über ganz Europa; von Konstantinopel aus, wo der Rauchtabak bereits im Anfang des 1 7. Jahr- hunderts bekannt war, über die -asiatische Türkei und später über den größten Teil Asiens. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war in den damals bekannten Ländern Afrikas das Tabakrauchen ziem- lich allgemein. Die Angabe, daß die Bewohner dieses Weltteils den Tabak vor der Entdeckung Amerikas kannten und das Rauchen desselben selbständig erfanden, hat sich als unrichtig herausgestellt. Am spätesten lernten die Bewohner Australiens den Rauchtabak kennen und erst im vorigen Jahrhundert wurde sein Gebrauch durch amerikanische Seefahrer und europäische Kolonisten dort eingeführt. 12. Trilisablätter. Trilisa odoratissima (W.) Cass. (Liatris odoratissima W.) ist eine zur Tribus der Eupatorieae-Adenostylinae gehörige Komposite, die in ihrer Heimat, den atlantischen Küstenländern der nordamerikanischen Union, in großen Mengen gesammelt wird. Schon im Jahre 1860 hat Proeter^) wegen des bedeutenden Gehaltes der Blätter dieser Pflanze an Cumarin auf ihre Verwendung als Aromatisierungsmittel hingewiesen, und gegenwärtig werden sie in der Tat als solches, wie die Tonka- bohnen, besonders für Schnupftabak angewendet. In ihrer Heimat führt die Pflanze den Namen »Deers tongue« oder »Dog tongue« (Hirschzunge, Hundszunge), angeblich auch den Namen »Vanilla plant«; da sie aber nicht den spezifischen Vanilleduft besitzt, so dürfte dieser Name eher für eine Liatris-Art selten, wie denn z. B. die Blätter von Liatris i) Der Augsburger Stadtphysikus Adolf Occo erhielt die ihm unbekannten Tabakblätter aus Frankreich, die Geßner in Zürich als solche erkannte (1565). 2) Wiggers Jahresber. d. Pharm. 1860, p. 9. Neunzehnter Abschnitt, Blätter und Kräuter. 581 scariosa (L.) W. als Ersatz für Vanille in Gebrauch sindi). Den Indianern des östlichen Nordamerikas dienten Trilisablätter als Schutz- mittel gegen die Moskitos 2). An der Pflanze kann man zweierlei Blätter, grundständige und stengelständige, unterscheiden. Die Handelsware 3) enthält beide Formen, die letzteren häufig noch an Stengelstücken haftend. Gestalt und Größe sind sehr bedeutenden Schwankungen unterworfen. Die grundständigen Blätter sind -12 — 24 cm lang, an den breitesten Stellen 2 — 6 cm breit, verkehrt-lanzettlich bis schmal-eiförmig, allmählich in den geflügelten Fig. 219. Trilisa odoratissima (W.) Cass. Partie eines Blattquerschnittes. 7 Oberhaut der Oberseite, 2 die der Unterseite, 3 Palisaden-, i Schwammparenchym, d Drüsentrichom, sp Spaltöffnung, s Sekret- raum, g Gefäßbündel, p Parenchymscheide. Vergr. 400. Blattstiel verlaufend, am freien Ende abgerundet oder mit stumpfer Spitze versehen, ganzrandig oder sehr schwach wellig-gekerbt. Das Stengelblatt erinnert an das Blatt des mittleren Wegerich (Plantago \) Hoff mann in Engler-Pr antl , Pflanzenfamilien, IV, 5, p. -142. — Lo- j ander gibt als Kumarinpflanze noch Liatris spicata Willd. an. Journ. d. Pharm. d'Alsace-Lorraine nach Ztschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. -1887, p. 438. 2) Arch. Pharm, 1876, V, p. 282, zitiert nach Paschkis. 3) Paschkis, Zeitschr, d, allg. österr. Apoth.-Ver. 1879, p. 481—484, — T. F. Hanausek, Zur Mikroskopie des Schnupftabaks und seiner Beimischungen (erste Mitteilung). Arch. f. Chemie u. Mikroskopie (Wien) 'I9'12, p. 66 — 70. Eine von Hig- ley in den New Rem. 1883, p. 260 veröffentlichte Arbeit über Trilisa stand mir nicht zur Verfügung. Ein kurzes Referat von Fl ückiger s. Bot. Jahresber. 1883, 2, p. 405. 582 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. media L.)^ ist sitzend, oval bis breitoval, stumpf, stets viel kürzer als das grundständige und bis 3,5 cm breit. An der kräftigen Mittelrippe entspringen wenige, weit schwächere Sekundärrippen unter sehr spitzen Winkeln, die längs des Blattrandes verlaufen. Die Blätter der Handels- ware sind je nach den bei der Trocknung einwirkenden Faktoren und wohl auch nach dem Grade der Reife schmutzig-dunkelgrün, gelblich oder braun; sie sind vollkommen kahl, auf beiden Oberflächen mit winzigen Grübchen versehen und zeigen im durchfallenden Lichte durch- scheinende Pünktchen; hier und da lagern farblose glänzende Blättchen — Gumarinkristalle — auf und die Blätter riechen kräftig nach Cumarin i) ; der Geruch tritt wahrscheinHch erst nach dem Abwelken der Blätter auf oder wird erst dann so kräftig, wie dies von anderen cumarin- haltigen Pflanzen bekannt ist. Fig 220. Trilisa odoratissima. Oberhaut der Oberseite von der Fläche. Bezeichnung wie Fig. 219. Links die gestreckten Epidermiszellen, die über dem Blattnerven liegen. Vergr. 400. Das Trilisablatt ist nach meinen Untersuchungen bifazial gebaut, enthält also nur an der Oberseite ein Palisadenparenchym, während der übrige Teil des Mesophylls vom Schwammparenchym gebildet ist. Da Paschkis (1. c). die Blätter anscheinend für isolateral hält, so habe ich beide Blattformen in dieser Beziehung genau geprüft und gefunden, daß die Stengelblätter ohne Zweifel deutlich bifazial gebaut sind, während diese Eigenschaft bei den grundständigen Blättern deshalb nicht so scharf 4) Auch andere Kompositen enthalten Cumarin in ihren (getrockneten) Blättern, wie Eupatorium Ayapana Vent. [E. triplinerve Vahl), die, in Brasilien einheimisch, daselbst und in Ostindien kultiviert und medizinisch benutzt werden. Vgl. C. Hart- wich, Die neuen Arzneidrogen, p. U8; ferner Ageratum mexieanum Sims nach Molisch. Neunzehnter Abschnitt. Blatter und Ivräuter. 583 hervortritt, da manche der an die Oberhaut der Unterseite anstößenden Zellen die gestreckte Palisadenform besitzen; aber der lockere Zusammen- hang, die verschieden großen Lücken und die in viel größerer Anzahl auftretenden kurzen, häufig auch rundlichen Zellen lassen die Annahme des bifazialen Blattbaues als richtig erscheinen. Die beiden Oberhautplatten sehen im Querschnitt (Fig. 219 1, 2) einander ziemlich ähnlich, ihre Zellen sind gerundet-quadratisch mit ge- wölbten Außen- und Innenwänden, erstere stark verdickt und kutiku- larisiert. Einzelne der Oberhautzellen ragen vor den übrigen durch besondere Größe hervor. In der Flächenansicht erscheinen die der Ober- seite unregelmäßig polygonal, meist mit geraden, seltener mit schwach undulierten Wänden (Fig. 220). Dagegen sind die Oberhaut- zellen der Unterseite meist stark wellen- förmig gebuchtet (Fig. 221). Die ellip- tischen Spaltöffnun- gen (sp) sind auf bei- den Seiten reichlich entwickelt und zu- meist von dreiNeben- zellen (n) umgeben. Von besonderem Interesse sind die in Gruben eingesenkten Drüsentrichome (Fig. 219 u. 220c?]. Sie kommen an beiden Epidermen vor, bestehen aus einer Reihe aufeinanderfolgender dünnwandiger Zellen, deren unterste sich zwischen die beiden in die Grube sich niedersenken- den Oberhautzellen einkeilt. Die Innenwände dieser Epidermiszellen bilden (im Querschnitt) einen sehr auffälligen, vom anstoßenden Mesophyll sich scharf abhebenden Bogen. Die Drüsenzellen sind mit feinkörnigem Inhalt erfüllt. Von der Fläche gesehen, erscheint die Grube polygonal, von sternförmig angeordneten Zellen umgeben (Fig. 220c?), das Trichom fast kreisrund, die eingesenkten Oberhautzellen schimmern durch, so daß es aussieht, als ob das Drüsenhaar noch von einem zweiten Kreis schmaler Zellen umgeben wäre; diese sind aber die eingesenkten Zellen, die unter den die Grube oben berandenden Zellen liegen (Fig. 21 9 a?). Die Hauptrippe und die stärkeren Nebenrippen sind bikollateral ge- baut mit zwei äußeren Siebteilen und Bastbelägen (Fig. 222 Z?) und einem zentralen Gefäßteil (Fig. 222(/). Die umgebenden Parenchymzellen sind Fig. 221. Trilisa odoratissima. Oberhaut der Unterseite von der Fläche, «t Nehenzellen der Spaltöffnung sy. 584 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. rundlich und gehen in echte Kollenchymzellen über (Fig. 'il'ikol.). Die schwachen Blattnerven sind nur kollateral entwickelt und stets von einer großzelligen Parenchymscheide umgeben (Fig. 219jj), deren Zellen nur spärlichen Inhalt führen und sich daher von den übrigen reichlich Chlorophyll enthaltenden Mesophyllzellen scharf abheben. Innerhalb dieser Parenchymscheide ist jedem Gefäßbündel ein von schmalen Epi- thelzellen begrenzter Sekretraum (Fig. 219s) angelagert; mitunter sind Fig. 222. Trüisa odoratissima. Querschnitt dnruii einen stärkeren bikollateralen Blattnerven, das KoUenchym ist nicht vollständig, die Oberhaut der Blattunterseite gar nicht gezeichnet. 6 Bastteil, g Gefäßteil, s Sekretranm, kol KoUenchym, tp Epidermis (der Oberseite). Vergr. 400. auch zwei solche Räume vorhanden und auch die großen Gefäßbündel zeigen dieses Verhalten (Fig. 2195). Es ist diese Korrelation der Sekret- räume mit den Gefäßbündeln als eine besondere Eigentümlichkeit zu beachten. Das Sekret ist ein hellgelber, stark lichtbrechender Körper, anscheinend verharztes ätherisches Öl, zu dessen Bestandteilen das Cumarin gehört. Der Gehalt der Blätter an Cumarin i) wird mit 1,5 Proz. angegeben. -1) Falkenhainer, Proximate Analysis of the Leaves oi Liatris odorai. Americ. Journ. of Pharmac. 4 899, LXXI, p. 133. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. » 585 Zuckerrohr 1). 1. Bedeutung des Zuckerrohres als Rohstoff. Während in den Jahren um 1900 die Zuckerproduktion aus der Rübe mehr als 60 Proz. vom Weltertrag an Rohrzucker bildete, ist seit diesem Jahre die Gewinnung von Zucker aus dem Rohre im Verhältnis viel stärker, und zwar ganz regelmäßig, gestiegen. Für 1917 bis 1918 war die Quantität Rübenzucker sogar bis 27 Proz. der Welternte zurück- gegangen. In demselben Jahre betrug die Quantität Rohrzucker mehr als 12 Millionen Tonnen, während sie 1900 bis 1901 noch nicht 4 Millionen Tonnen ausmachte. 2. Varietäten des Zuckerrohres. Die Herkunft dieser Kulturpflanze, über welche die ersten Nach- richten aus der Zeit Alexanders des Großen stammen, ist nicht bekannt. Die Zahl der Varietäten des Saccharwu officinarwn L. ist sehr groß, obschon wahrscheinhch kleiner als man gewöhnlich annimmt, weil viele unter verschiedenen Namen angetroffen werden. Eine Form von einem Lande nach dem anderen überbracht, erhielt einen neuen Namen nach der Herkunft oder nach dem Importeur, während daneben noch zahlreiche Namen der Eingeborenen gebraucht werden. Es hat an Ver- suchen nicht gefehlt, Ordnung in diese Verwirrung zu bringen. Wir nennen hier die alten Arbeiten von Hasskarl und Roxburg, die neueren von Soltwedel^), Harrison und Jenman, Moquette und Wakker, und verweisen besonders auf die Übersicht bei Noel Deerr^). Gewiß- heit über Identitätsfragen konnte jedoch für zahlreiche wichtige Fälle nicht gegeben werden. Schlimmer noch war es, daß infolge ungenü- gender Unterscheidungsmerkmale öfter Vermischung der zum Auspflanzen gebrauchten Stecklinge eintrat. Besonders durch die Einführung der aus ^] Von Prof. Dr. G. van Itersou jr. in Delft. — Man betrachte diese Mittei- lungen als eine Einleitung zum Studium dieses wichtigen Rohstoffes. Als allgemeine Pubhkationen über Zuckerrohr seien hier genannt: W. Krüger, Das Zuckerrohr und seine Kultur, Magdeburg und Wien, 1899; Handboek ten dienste van de Suikerrietcultuur en de Suikerrietfabricage op Java (5 Bände von W. van Deventer, H. G. Prinsen Geerligs und H. A. P. M. Tervooren), Amster- dam 4906 — ig-ig; >Archief voor de Suikerindustrie in Ned.-Indie«, worin die für die angewandte Botanik wichtigen Mitteilungen der Kulturabteilung der Ver- suchsstation für die Zuckerindustrie auf Java (heutiger Direktor dieser Abteilung Dr. Ph. van Harreveld) aufgenommen sind. 2) Vormen en Kleuren von Saceharum ofßcmarum, herausgegeben von Benecke, Berlin 1892. 3) Sugar and the Sugar Cane, Manchester 1905. 586 Neunzehnter Abschnitt. ätter und Kräuter. Samen gezogenen Formen nahm die Verwirrung noch zu, während eben dadurch der Mangel an kennzeichnenden Beschreibungen noch stärker hervortrat. Einen wichtigen Fortschritt in dieser Hinsicht bedeutet die Arbeit von J. Jeswiet^) an der Versuchsstation in Pasoeroean (Java). Jeswiet fand im Bau und besonders in den Haarbildungen auf den Stengelaugen und den Blattscheiden charakteristische Eigenschaften der Varietäten. Er stellte fest , daß sich für verschiedene Formen des edlen Zuckerrohres (und auch für andere Arten der Gattung Saccharum) kennzeichnende Haarbüschelchen unterscheiden lassen, die (zwar nicht immer gleich stark ausgebildet) an bestimmten Stellen der äußeren Knospenschuppe und der Blattscheide angetroffen werden. Nach ihrer Stellung werden sie mit einer Ziffer bezeichnet. Für die Augen beschrieb Fig. 223. Haargruppen auf der äußeren Knospenschuppe der Zuckerrohrvarietät P. 0. J. 100; links Vorderseite der Schuppe, rechts Unterseite. (Nach J. Jeswiet.) Jeswiet bereits 30 solcher Haargruppen, für die Blattscheiden deren 7< . Es genügt nun eine Zahlenreihe für die Beschreibung der Behaarungs- weise von Knospe oder Blattscheide. Von Wichtigkeit ist dabei, daß die Bestimmung der Form nach dieser Methode bereits mit einem Teile des Stengels, wenn er nur Knospen besitzt (z. B. an Stecklingen), mög- lich ist (Fig. 223). Bedenkt man, daß das Zuckerrohr — abgesehen von den für Ver- edlungszwecke aus Samen gewonnenen neuen Formen — ausschließlich vegetativ vermehrt wird, so leuchtet ein, daß Jeswiet seine Beschrei- bungsweise mit Recht mit dem Bertillonsystem vergleicht. Schon heute ist diese Methode zur Determination von Wichtigkeit für die statistische Bearbeitung der Verbreitung und der Ausbeute an Zucker von den ver- schiedenen Varietäten auf Java. Von noch allgemeinerer Bedeutung wird sie werden, wenn die kürzlich angemeldete Beschreibung der in andern Ländern gebauten Varietäten erscheinen wird. 1) Archief 1916 und folgende Jahre, im ganzen bis heute acht Beiträge. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 587 Der meiste Zucker der Welt stammt wohl von den alten Spielarten Crystallina (Kuba), anderwärts White Transparent und La Pice genannt, von Yellow Caledonia (Hawaii-Inseln) oder Tanna Bianca (Mauritius) und von Lahaina (Hawaii-Inseln), welche wahrscheinlich identisch ist mit der Bourbonvarietät (Britisch-West-Indien) oder der Otaheite (d. i. ein alter Name für die Insel Bourbon). Von den durch Kreuzung aus Samen gewonnenen Formen sind wohl P. 0. J. 100, B. 247, E. K. 28 (alle drei für Java), D. 74 (für Britisch-West-Indien und Louisi- ana) und B. 1 47 (für die französischen Antillen) die meist angetroffenen. r^i 3. Morphologie der vegetativen Organe. Der ausgewachsene Stengel, dessen Länge für einige Varietäten 6 — 7 m erreichen kann — meistens 2,5 — 3,5 m beträgt — und dessen Dicke zwischen 7 und 1,5 cm variiert, zeigt eine deutliche Glie- derung in Knoten und Internodien (Fig. 224). Nur der obere Teil trägt dann noch gegenständige Blätter, mit einer langen Scheide den Stengel um- greifend. Der untere Teil des Stengels befindet sich im Boden und ist durch Nebenwurzeln be- festigt. Hauptwurzel fehlt. Die allgemein übliche vegetative Vermehrung geschieht durch Stecklinge, die man in oder auf den Boden legt. Im letzten Falle muß man, wenn sich die junge Pflanze entwickelt, Erde zuführen; sie bestockt sich. Lange bleiben die Nebensprosse mit dem Hauptstengel verbunden, aber der Ver- band wird allmählich loser und geht schließlich ganz verloren. Wird der Stengel nicht im ganzen geerntet (wie es meist auf Java geschieht), sondern oberhalb des Bodens geschnitten, so bildet sich ein neuer Stock, welcher nach gewisser Zeit wieder geschnitten werden kann. Dies läßt sich oft wiederholen. Man neunt die neuen Stengel vielfach >Ratoons«. Der beblätterte Stengel zeigt den dorsiventralen Bau der Gräser i). Dieser äußert sich auch in der Asymmetrie der Blatthälften und in der ungleichen Entwicklung der sogenannten Öhrchen 2). Man findet immer Fig. 224. Stengelabschnitt der Zuckerrohrvarietät »Schwarz Cheribon« ; a Narbe, h Knospe, c Wachstumzone; zwischen a und c Wurzelring mit Wurzel- anlagen. 1) C. B. Bremekamp, De d orsiventrale bouw van den rietstengel, Archief 1914, p. 41. 2) Jeswiet, Archief 1916. 588 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. auch eine Ligula und am Grunde der Blattspreile zwei meist dunkler gefärbte Gelenkdreiecke i). 4. Blüte und Fruchtbildung. Das Rohr braucht 10 bis 1 4 Monate, bisweilen sogar 2 oder mehr Jahre, zum Reifen. Schon vorher kann sich eine pyramidenförmige, zusammengesetzte Rispe bilden 2). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts galt als feststehend, daß Zuckerrohr keinen Samen hervorbringt, und es blieb sogar unbeachtet, daß 1850 auf Barbados und 1861 auf Java Zuckerrohr aus Samen ge- zogen wurde. Es konnte denn auch als eine wichtige Entdeckung gelten, als F. Soltwedel auf Java 1887 und unabhängig von ihm Harrison und Bovell auf Barbados 1888 die Wahrnehmung machten, daß diese alte Kulturpflanze keimungsfähigen Samen, hervorzubringen vermag^). Fr. Benecke-^) (1890) hat den Bau der Frucht und die^^Keimung genau beschrieben, J. P. Moquette (1892) die Gewinnung von Rohrvarieläten aus Samen ausgearbeitet. Die Versuchsstation Honolulu allein gewann in den Jahren 1906 bis 1915 sogar 15721 Varietäten aus Samen s). 5. Züchtung. Oft hat man Veredlungszüchtung versucht, wie sie für die Zucker- rübe mit so großem Erfolge gelang. Und wirklich zeigt auch das Zuckerrohr eine nicht geringere Variabilität. Einer Arbeit von J. E. van der Stok^) entnehmen wir als Beispiel eine Frequenztabelle für den Gehalt an Rohrzucker bei 250 Stengeln (der Varietät B. 247), welche unter gleichen Umständen gewachsen waren: Prozente Rohrzucker 4—5 5 — 6 6—7 7—8 8 — 9 9—10 10—11 11—12 12—13 13—14 Frequenz 10 16 18 25 30 64 33 26 17 11 Beachtet man jedoch, daß es sich bei einer sogenannten Zuckerrohr- varietät in WirkUchkeit um ein einziges Individuum handelt, so wird es 1) Abbildungen bei J. M. Geerts, Plantkunde van het suikerriet, Pasoe- roean 1916. 2) Über den Bau der Rispe sowie über den Befruchtungsvorgang siehe: G. Wil- brink und F. Ledeboer: De geslachtelijke voortplanting bij het suikei- riet, Archief 1911, p. 369. 3) W. J. Frank, Somatische Kern- en Celdeeling en Microsporo- genese bij suikerriet, Amsterdam 1911. 4) Siehe Krüger, Das Zuckerrohr, 1899. 5) The Cane Sugar Industry, Dop. of. Commerce, Washington 1917. 6) Zuckerrohr in Bd. V von L. Fruwirth: Die Züchtung der landwirt- schaftlichen Kulturpflanzen, Berhn 1912. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 589 nicht wundernehmen, daß diese Versuche das gewünschte Resultat nicht ergaben. Hiermit soll nicht gesagt sein, daß Züchtung keinen günstigen Erfolg bringen kann. Im Gegenteil, man wird öfter eine »Nachwirkung« günstiger Lebensverhältnisse der elterlichen Pflanzen bemerken. Für die Kultur auf Java ist z. B. die Verwendung von in hohen, kühlen Gegenden erzogenen, widerstandsfähigen Stecklingen, sowie die Entfernung krank- hafter Stecklinge von der grüßten Bedeutung i). Bei der Fortpflanzung aus Samen ergibt sich in der Nachkommen- schaft eine sehr große, bei vegetativer Vermehrung der Sämlinge auch bleibende Verschiedenheit aller Eigenschaften. Hier kann also die Selek- tion' zu wichtigen Ergebnissen führen. Keineswegs ist bei der zu tref- fenden Auswahl allein der Zuckergehalt maßgebend, sondern man zieht dabei auch verschiedene wichtige Eigenschaften, besonders die Wider- standsfähigkeit gegen Krankheiten in Betracht. Die richtige Beurteilung neuer Varietäten ist nur durch planmäßig, unter verschiedenen Um- ständen ausgeführte, Versuche möglich 2). Dabei dauert es ziemlich lange, ehe man aus der ursprünglichen Samenpflanze eine genügende Anzahl Stecklinge gezüchtet hat. 6. Krankheiten und Schädlinge. Es ist hier nicht der Ort zu Betrachtungen über die zahlreichen Krankheiten 3) und die tierischen Feinde^) oder die sonstigen Schädlinge des Zuckerrohres. Wir können jedoch nicht unterlassen, hier die rätsel- hafte Serehkrankheit hervorzuheben, welche zum ersten Male i882l auf Java beobachtet wurde, sich innerhalb 1 0 Jahren über die ganze Insel verbreitet hatte und die dortige Zuckerrohrkultur mit Untergang bedrohte 5). Der Namen dieser Krankheit stammt von der Gestalt der sehr kranken Pflanzen, welche an das Riechgras (javanisch »Sereh«) erinnert. Es hat besonders diese Krankheit die Einführung von aus Samen er- zeugten Formen erzwungen, und auch jetzt hat die Kultur einen unab- 1) Siehe R. A. Quintus, Archief 1915. 2) Man sehe die acht Beiträge von J. M. Geerts, Archief 1915 — 1918, und die Fortsetzung dieser sehr umfangreichen Arbeit von J. Kuyper, Archief 1919, p. 2245. 3) Eine wichtige Zusammenfassung größtenteils origineller Arbeiten auf diesem Gebiete gaben Went und Wakker in De Ziekten van het Suikerriet, Leiden 1895. Man sehe weiter: J. R. Johnston, West-Indian Bulletin, Vol. CVI, 1918. p. 275. 4) Man sehe den zweiten Teil des oben zitierten Handbuches (von W. vanDe- venter). 5) Es ist auch über das Vorkommen dieser Krankheit in anderen Ländern be- richtet worden, sicherlich hat sie nirgendwo so stark um sich gegriffen wie auf Java, 590 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. lässigen Kampf gegen sie zuführen^). Die sogenannte Phloemkrank- heit ist eine leichte Form und ein Anfangsstadium der Serehkrankheit. Nach einer vorläufigen Mitteilung der Versuchsstation in Pasoeroean^) hat G, A. H. von Wolzogen Kuhr den bakteriellen Ursprung dieser Krankheit sichergestellt und als Erreger dieselbe allgemein verbreitete Mikrobe erkannt, welche die Gummikrankheit des Zuckerrohres ver- ursacht. Es ließen sich durch diese Entdeckung bereits wichtige Vor- schläge zur Bekämpfung und Vorbeugung der Krankheit machen. 7. Anatomie^). Wir geben hier den Querschnitt eines Blattes (Fig. 225), an dem das fächerförmige Wassergewebe der Oberseite auffällt. Dieses funk- Fig. 225. Teil eines Blattquerschnittes von Saccharnm officiuariim. An der Blattoberseite großzelliges, fächerförmiges Wassergewelie ; nm die Gefäßbündel Stärkescheiden, umgeben von chlorophyllführendem Parenchym; Sklerenchymstränge oberhalb und unterhalb der Qefäßbündel. Stomata und Haare reich- licher an der Unterseite (Fig. 227). tioniert als Gelenk beim Einrollen des Blattes nach Eintrocknen. Die Stomata sind zahlreicher an der Unterseite, die Oberseite zeigt auch spärlichere Behaarung (vgl. Fig. 226 und 227). Besonders am Stengel \) Die kostspiehge Verwendung von in den Bergen gezogenen Stecküngen ge- schieht nur aus diesem Grunde, Man vergleiche Ph. van Harreveld, Archief i917, p. 557 und p. 334. 2) Archief -1918, p. 527. 3) S. die Mikrophotographien und Zeichnungen von W. C. Dickhoff (5. Teil des zitierten Handbuches [1915]) und die Zeichnungen von J. M. Geerts (Plant- kunde van het suikerriet, Pasoeroean 4916), sowie die Mitteilung von C. E. B. Bremekamp (Archief 49U, p. 499) über den Verlauf der Gefäßbündel und die von J. Kuyper.( Archief 1914, p. 1679) über Bau und Funktion der Stomata. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 591 Fig. 226. BlMoheiseite Yon Succhaiumofficiuaium. Reihenweise geordnete Stomata; zwischen diesen Reihen solche mit abgerundeten Haaren (über den Nerven) und breitere Zellen (über dem Wasser- gewebe). Fi 227. Blattunterseite von Saccharum officinarum in gleicher Vergrößerung wie Fig. 226. Zahlreiche Stomata und nach oben gerichtete scharfe Haare vereinzelt längere zweizeilige Haare. 592 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. (aber auch auf den Blättern und Blattscheiden) trifft man Wachsüber- züge an, am reichsten unterhalb der Knoten (Fig. 228 und 229) i). Der Zucker befindet sich im Zellsaft des Parenchyms, das mit den zahlreichen, unregelmäßig angeordneten Gefäßbündeln samt ihren Skleren- chymscheiden und dem selbständig vorkommenden Sklerenchym den Interzellularräume, mit Luft gefüllt, verleihen dem Mark- gewebe die weiße Farbe. Dieses wird bei der Reife Fig. 228. Queiechnitt der Außenrinde eines Stengel- internodiums (12 cm lang), etwa 2 cm .unterhalb des Knotens (an der Stelle stärkster Wachsbildung); Wachsstäbchen stark entwickelt auf der Epidermis. Fig. 229. Außenansicht der Stengelepidermis derselben Pflanze wie Fig. 228 und an gleicher Stelle. Die Wachsschicht entfernt. Man unter- scheidet die Laiigzellen, Kurzzellen und Kiesel- zellen der Gramineenepidermis. durch Infiltration des Zellsaftes speckig oder glasig. Bei Überreife tritt Luft ein und veranlaßt die sogenannte Schwammigkeit des Rohres 2). Im >Ampas< (auch als »Bagasse« und »Pomace« bezeichnet), das sind die Preßrückstände, finden sich alle Elemente des Stengels, z. T. auch in dem bei der Saftreinisfuns; auftretenden Filterschmutz. 8. Kultur. Man baut das Zuckerrohr in den verschiedenen Ländern nicht mit der gleichen Sorgfalt. Der extensiven Kulturmethode, nach der u. m. die gewaltige Kubaernte größtenteils erzeugt wird (80 Proz. werden dort von kleinen Landbesitzern, Colonos, angebaut), gegenüber steht die höchst intensive Kulturweise auf den Hawaii-Inseln und besonders auf Java, wo der Anbau fast ganz in den Händen großer Fabriken liegt. Während 1913 bis 1914 die mittlere Ausbeute für Kuba etwa 5500 kg Zucker 1) Siehe J. Wiesner, Technische Mikroskopie, Wien 1867, p. 252. 2) Archief 19-13, p. 592, 715 und 716. Neunzehnter Abschnitt. Blatter und Kräuter. 593 pro Hektar betrug, erzeugte Java 1918 im Mittel ungefähr 11000 kg auf der gleichen Fläche i). Der Unterschied zwischen diesen beiden Ex- tremen geht auch daraus hervor, daß auf Kuba fünf Schnitte auf einer normal sind und sogar Fälle von 20 Schnitten vorkommen, während auf Java 2) selten mehr als eine Ernte gewonnen wird — es ist ja die erste zu- gleich die reichste — und ein regelmäßiger Fruchtwechsel eingehalten wird^). Das Zuckerrohr stellt hohe Forderungen an den Boden und verlangt öfter Düngung. Obwohl es am besten in tropischen Gegenden gedeiht, läßt sich der Anbau für fabrikmäßige Zuckergewinnung noch in Spanien und den südöstlichen Staaten von Nord-Amerika ausführen 4). In ausgesprochen kühlen Gegenden ist man oft gezwungen, mit der Ernte anzufangen, bevor der Stengel seinen höchsten Zuckergehalt er- reicht hat. Wenn man aber bei gleichmäßigem, tropischem Klima da- nach strebt, den Zuckerertrag so hoch wie möglich zu steigern, wird die richtige Wahl der Erntezeit von großer Bedeutung. Tritt Überreife ein, so geht nicht nur ein Teil der Saccharose verloren, sondern es wird auch deren Gewinnung durch Zunahme an Invertzucker erschwert. Ein ausgedehntes Studium von F. A. F. G. Went ergab s), daß die Reifung unten am Stengel anfängt und regelmäßig nach oben fortschreitet. Der Züchter 0. F. Müller von Czernicki hat darauf eine Methode zur Beurteilung des Reifegrades gegründet, welche darauf hinausläuft, daß Probestengel vom Felde genommen und in eine bestimmte Anzahl von Teilen zerschnitten werden. Die korrespondierenden Stücke werden zusammen analysiert. Man nimmt dann an, daß die maximale Reife erreicht ist, wenn die älteren Teile keine Steigerung des Zuckergehaltes mehr aufweisen und sich der Gehalt der jüngsten Teile dem der nächst- jüngeren nähert 6). 9. Chemische Bestandteile. Während der unreife Stengel außer Saccharose auch Glukose und Lävulose enthält, verschwindet die letztgenannte Zuckerart beim 1) Die Zuckerrübenkuhur ergab 1913—1914 für Deutschland im Mittel etwa 4900 kg Zucker pro ha. 2) Die Kultur auf Java beschrieb J. Sibinga Mulder in dem kleinen Buch De Rietsuikerindustrie op Java, Haarlem 1912, während H. G. Prinsen Geer- ligs darüber eine ausführlichere Abhandlung schrieb in Dr. W, K. van Gorkoms Oost-Indische Cultures, 2. Teil, 2. Aull., Amsterdam 1918, p. 73— 179. 3) Man vergleiche H. C. Prinsen Geerligs im 4. Teil des Handbuchs und auch TheCaneSugarlndustry. 4) P. A. Yoder, Sug-ar-Cane Culture for Sirup Production in the U. S., Bulletin Dep. Agric. Nr. 486, 1917. 5) Archief 1896, p. 542 und Jahrb. wiss. Bot., Bd. 31 (1898), p. 677. 6) Siehe auch "Went in »De Indische Mercuur« 1917, p. 677. Wiesner, RohstoiFe. III. Band. 3. Aufl. 38 594 -Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. Reifungsprozesse fast vollständig und nimmt auch die Glukose stetig ab. Winter (l 890) gelang es nicht, auch nur Spuren von Lävulose im aus- gereiften Rohre nachzuweisen. Die Quantität des Rohrzuckers wechselt von 12 bis 18 Proz., wäh- rend von Glukose meistens nur 1 Proz. und weniger, selten über 2 Proz. vorkommt. Von Lävulose ist in unreifen Stadien maximal 1,6 Proz. auf- gefunden i). Andere Zuckerarten sind bis jetzt nicht nachgewiesen, speziell hat Winter die Abwesenheit von Raffinose (bekanntlich in der Zuckerrübe vorhanden) dargetan. Ein weiteres Kohlehydrat ist die Stärke, die sich in den Gefäßbündelscheiden unreifer Rohrstengel vor- findet. Im serehkranken Rohre nimmt die Menge der Stärke nicht un- beträchtlich zu. Von den sonstigen organischen Substanzen seien die organischen Säuren genannt. Nach Winter werden Apfelsäure, Bernstein- säure, Glyk Ölsäure wohl, aber Weinsäure, Oxalsäure und Zitronen- säure nicht angetroffen. Nach anderen Angaben 2) soll Oxalsäure in der Form von Kalziumoxalat anwesend sein. Die von älteren Unter- suchern im Fabrikationssaft nachgewiesenen Säuren, wie Glucin-, Apo- glucin-, Saccharum-, Gannasäure usw., werden nach Prinsen Geerligs erst bei der Einwirkung von Kalk auf Glukose gebildet. Schließlich findet sich in den jüngeren Teilen des Rohres in geringer Menge eine noch unbekannte Gerbsäure^). Besonders im unreifen Rohre sind reichlich Pektinstoffe {>gums«) vorhanden, doch werden diese Substanzen auch teilweise bei der Fabri- kation durch die Einwirkung von Kalk auf die Zellwand neu gebildet*). Merkwürdigerweise entsteht bei der Hydrolyse dieser Pektine kein Zucker und konnte bei der Destillation mit Salzsäure kein Furfurol nachgewiesen werden, so daß die Natur dieser Substanzen als fraglich betrachtet werden muß. Während man im Stengel eine geringe Menge Fett (0,5 Proz.) an- trifft, kommen als Ausscheidungsprodukt auf der Oberfläche oft nicht unbeträchtliche Quantitäten Wachs vor. Nach dem Verfahren von A. Wijnberg^) kann es als Nebenprodukt bei der Rohrzuckerfabrikation gewonnen werden, was sich jedoch nur in kälteren Ländern (u. a. in i) Über die Verteilung dieser Zuckerarten im Blatt und Stengel verweisen wir außer der zitierten Abhandlung Wen ts auf Z. Kamerling (Archief 1904), J. Kuyper (Archief 1915, p. 1285, und 1918, p. 1665) und J. G. J. A. Maas und J. van Dijk De Indische Mercuur, 1917, p. 2-27). 2) H. C. Prinsen Geerligs, 3. teil des Handbuches, 3. Aufl. 1916, p. 49. 3) F. A. F. C. Went, Jahrb. f. wissensch. Botanik, Bd. 31 (1898), p. 289. 4) H. C. Prinsen Geerligs, Archief 1893. 5)Het rietwas en de mogelijkheid zijner technische winning, Dissertation, DeJft 1909. Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. 595 Natal), wo mehr Wachs ausgeschieden wird, lohnend gemacht zu haben scheint. Dieses Wachs ist ein Gemisch eines primären Alkohols CsoHßoO, eines noch unbekannten Körpers CjaHßsO und vielleicht noch anderer Substanzen. Die festen, nicht zum Saft gehörigen Teile des Rohres, die man ge- wöhnlich als Rohfaser zusammenfaßt (10 — i7Proz., im Mittel 13 Proz. des frischen Rohres), enthalten z. B. bei der Rohrvarietät »Schwarz Gheribon« nach Analysen von Geerligs 55,94 Proz. Zellulose, 22,33 Proz. Pentosane, 2 Proz. Eiweiß, 1,98 Proz. Asche. G. A. Browne!) schUeßt aus seinen Hydrolyseversuchen auf die folgende Zu- sammensetzung: 55 Proz. Zellulose (bzw. Oxyzellulose), 20 Proz. Xylan, 4 Proz. Araban, 15 Proz. Lignin und 6 Proz, Essigsäure. Unter den stickstoffhaltigen Substanzen sind in erster Linie ver- schiedene Amine und Aminosäuren zu nennen. Winters Angabe, daß Asparagin nicht vorhanden sei, wurde von Maxwell und Beeson angezweifelt, und Zerba^) konnte Asparagin neben kleinen Quantitäten Tyrosin und Glutamin nachweisen. Shorey*) gelang es, GlykokoU und Guanin unter den im Rohrsafte vorkommenden Basen zu identifi- zieren. Über die Eiweißkörper, die bis zu etwa 2 Proz. im Rohr vorhanden sind, ist noch nichts Näheres bekannt. Schließlich mögen hier die im Rohre auftretenden Farbstoffe, na- mentlich das Ghlorophyll und Anthokyan erwähnt werden. Beide finden sich in der Außenrinde des Stengels, das letztgenannte in sehr wechselnder Menge. Der gelbe Farbstoff in den Zellwänden wurde von L. G. Languth Steuerwald'*) Saccharetin genannt. Die Substanz gab bei der Kalischmelzung u. m. Pyrokatechin und Protokatechusäure, bei Hydrolyse mit verdünnten Säuren Vanillin und Vanillinsäure. Da sie außerdem die Holzstoffreaktionen zeigt, soll sie identisch sein mit den aromatischen Bestandteilen des Lignins. Die Analyse der Asche (3—5 Proz.) ergab im Mittel: 42 — 55 Proz. Si02, 6—9 Proz. GaO, 2—5 Proz. ^a^O, 13—21 Proz. HjO, einige Prozente P2O5, MgO und Gl^). 10. Zuckergewinnung. Der zuckerhaltige Saft wird in der Regel nicht — wie bei der Zuckerrübe — durch Diffusion, sondern durch starke Pressung gewonnen, 1) Journal of the Amer. Cham. Soc, Vol. 26 (-190 4), p. 1221. 2) Archief 1912, p. 1785. 3) Journal of the Amer. Chem. Soc, Vol. 19 (1897), p. 881 ; Vol. 20 (1898), p. 133, Vol. 21 (1899), p. 45. 4) Archief 1911, p. 1543, 5) C. Wehmer, Die Pflanzenstoffe, 1911. 38* 596 Neunzehnter Abschnitt. Blätter und Kräuter. obwohl in letzter Zeit die DifTusionsmethode wieder Beachtung findet. Neben ganz einfachen Kleinbetrieben finden sich Fabriken, die zu den vollkommensten der Welt gehören. Die Klärung des Saftes geschieht mittels Kalk, schwefeliger Säure oder Kohle, wobei das richtige Erwärmen, Abfiltrieren usw. eine große Rolle spielt. Der Ampas dient oft als wert- volles Brennmaterial. Der Zucker wird entweder als rohe Ware geliefert (so aus Kuba und den Hawaii-Inseln) und wird dann in speziellen Betrieben raffi- niert i), oder unmittelbar als weißer Zucker in den Konsum gebracht. Für diese Arbeitsweise wurden neuerlich zahlreiche Verfahren aus- gearbeitet 2). Im Jahre 19l4/i5 war der Weltertrag gut \\ Millionen Tonnen, davon kommen auf Kuba 2967000, Britisch-Indien 2651 000, Java 1437000, die Hawaii-Inseln 646000, die Philippinen 421000, Portorico 346000, Mauritius 222000 Tonnen. 1) Die Methoden sind beschrieben von George P. Meade in A Handbook for Gane Sugar Manufactuie by Guilford L. Spencer, 5. Aufl., New York <916, p. 106. 2) H. G. Prinsen Geerligs, Practica! White Sugar Manufacture, London 1913, und W. H. Th. Harloff und H. Schmidt, Handleiding' voor tropische Witsuikerfabricatie, 3. Aufl., Amsterdam 1917. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Bltttenteile^). Die Anzahl der technisch verwendeten Blüten, Blütenstände und Blütenteile ist zwar eine beträchtliche, doch haben nur verhältnismäßig wenige dieser Drogen eine größere praktische Bedeutung erlangt. Die hierher gehörigen vegetabilischen Rohstoffe weisen untereinander weit- gehende Verschiedenheiten auf, so daß eine Zusammenfassung ihrer Charaktere in Form einer einleitenden Übersicht von keinem erheb- lichen Nutzen wäre. Die unten folgenden Beschreibungen der einzelnen technisch verwerteten Blüten werden gewiß ausreichen, um sie von- einander unterscheiden und ihre Eigentümlichkeiten erfassen zu können. Es sei hier nur bemerkt, daß kaum bei einer anderen Gruppe vege- tabilischer Rohstoffe die gewöhnliche systematisch-botanische Beschrei- bung für ihre Unterscheidung so sehr in Betracht kommt, als gerade bei dieser. Zur Darlegung ihrer Eigenschaften ist es indessen auch wie bei allen übrigen vegetabilischen Rohstoffen notwendig, histologische und chemische Eigentümlichkeiten heranzuziehen 2). Übersicht der Gewächse, deren Blüten technisch verwendet werden^). 1. Pandanaceae. Panda7ius odoratissimus L. fd. Südliches Asien, Australien. Die Blüten dieses vielfach kultivierten Baumes dienen zur Gewinnung äthe- rischen Öles und anderer Parfümerien (»Keora«). Dymock, Warden \) Neu bearbeitet von Dr. Karl Linsbauer, Professor am pflanzenphysiol. Institut der Grazer Universität. 2) Über die Chemie der ätherischen Blütenöle konnten hier dem Plane des ge- samten Werkes entsprechend nur die wichtigsten Daten gebracht werden. Eine er- schöpfende Darstellung dieser Seite unseres Gegenstandes findet sich in Gilde meist er und Hoffmann, Die ätherischen Öle, II. Aufl., I. Bd. 1910; II. Bd. 1913. (Die Zitate beziehen sich, wo nichts anderes bemerkt, auf die II. Aufl.) 3) In der Übersicht fanden auch jene Pflanzen Aufnahme, deren Blüten nur 598 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. and Hooper, Pharmacographia indica, Part III, 1893, p. 535. — Gilde- meister u. Hoffmann, 1. c, II, p. 186. 2. Liliaceae. Hyacinthus orientalis L. Dalmatien, Griechenland, Kleinasien (Engler-Prantl, Pflanzenfamilien, II, 5, p. 68). In Südfrankreich als Parfümeriepflanze kultiviert. (J. G. Beer, Bericht üb. d. Weltausstellung. Paris 1867, V.) In neuerer Zeit werden daselbst >wilde«i) und kulti- vierte Formen (letztere namentlich aus der Gegend von Toulon) ver- wendet. Ölausbeute 0,016 Proz. Über die ehem. Zusammensetzung des äther. Öles vgl. Euklaar, Chem. Weekblad, VII, 1910; Gildemeister u. Hoffmann, H, p. 271. 3. AmarjlUdaceae. werden in Südfrankreich zu Parfü- meriezwecken kultiviert. D u c h e s ne , Plantes utiles, p. 41. Beer, 1. c, p. 56. — Die Jahresernte beträgt in der Provence etwa 50 000 kg Nar- zissen u. 12 — 15 000 kg Jonquillen. (Nach den Ber. von Roure- Bert- rand Fils [Grasse]). Polyanthes tuberosa L. Mittelamerika. In Südfrankreich (Beer I. c.) u. Tunis als Parfümeriepflanze kultiviert. Jahresernte in Südfrank- reich etwa 20 000 kg Blüten (Hannov. Gewerbebl. 1884, p. 244), wobei 1000 Pflanzen etwa 25—30 kg Bit. liefern (Schimmel, Ber. Apr. 1909). Ölausbeute aus frischen Bit. 0,0066 Proz. Das allein geeignete Enfleurage- Verfahren hefert mehr als 12 mal soviel äther. Öl als die Extraktion. Das bei jenem Verfahren gewonnene blau fluoreszierende ätherische Öl enthält u. a. Salizylsäure- und Anthranilsäuremethylester. Über die weitere Zusammensetzung u. die Konstanten des Öls s. Hesse, Berl. Ber. Bd. 36, 1903, 1459. 4. Iridaceae (Crocoideae). Crocus sativus Sjnith. ^=C. sativiis L. a. autumnalis) C. vernus All. (= C. sativus L. ß. vernus) C. Pallasii M. Bieh. (= C. sativ. var. ß. Pallasii Maw. C. speciosus M. Bieb. Narcissus poeticus L. Südeuropa N. Jonquüla L. N. calatkinus L. (= N. odorus L. N. Tazetta L.{=N. multiflorus Lam. s. Safran medizinische Verwendung finden (z.B. verschiedener Kompositen), sofern daraus gewisse Substanzen (zumeist ätherische Öle) auf technischem Wege isohert werden, ohne Rücksicht darauf, ob diese wieder im Dienste der Medizin oder Technik stehen. \) Nach Rouy, Flore de France, XII, p. 431, handelt es sich um eine verwilderte Kulturform: H. provincialis Jord. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 599 5. Iridaceae (Ixioideae). Tritonia aurea Pappe (= Crocosma aurea Planck.). Süd- und tropisches Afrika. Das Perianth enthält dem Safran ähnliche Stoffe (Grocin, ätherisches Öl) und kann als Surrogat verwendet werden. Heim, F., Journ. de pharm, et chim. L. nouv. remedes, XII (1896), p. 217. 6. Zingiberaceae. Kaempferia Hedychium Lam. (^= Hed. coronarium Koen.). Mo- lukken, Brasilien, daselbst verwildert. Die Blüten (»lacrima di moza«) liefern wohlriechendes ätherisches Öl. Peckolt, Brasilianische Nutz- pflanzen (Rf. in Pharm. Ztg., XXXIX [1894], p. 151). — Schimmel & Co., Berichte, Apr. 1894, p. 58. 7. Chlorauthaceae. Chloranthus officinalis Blume. Malayisches Gebiet, Ostindien. Die Blüten (sowie die Blätter) dienen in China zum Aromatisieren des Tees. Dragendorf f, Heilpflanzen, p. 159. Flückiger, Pharmakognosie, 3. Aufl. (1891), p. 644. Die gleiche Verwendung findet Chi. inconspicuus Siv. China, Japan. Planchon-CoUin, Les drogues simples d'origine veg6t. Paris 1896, H, p. 738, 8. Myricaceae. Hedyosmum sp. Tropisches Amerika, Antillen. Parfümeriepflanze. Askinson, 1. c, p. 40. Myrica Oale L. West- und Nordeuropa, Nördliches Asien, Nord- amerika. — Die Blütenknospen dienen zum Gelbfärben. Engler u. Prantl, Pflanzenfamilien, III, 1, p. 27. Über den Farbstoff »Myricetin« (=;Oxyquercetin) vgl. Perkin, Proc. ehem. Soc. 1900, Bd. 16, p. 45. — Euklaar gewann aus den Kätzchen ein ätherisches Öl. (Chem. Week- blad, Bd. 9, 1912.) 9. Proteaceae. Persoonia saccata E. Br. Austrahen. Die schwefelgelben Blüten finden zur Bereitung einer gelben Farbe Anwendung. Engler u. Prantl, III, 1, p. 131. — Dragendorff, 1. c, p. 181. 10. Caryophyllaceae. Dianthus Caryophyllus L. Westasien, Europa. Aus den frischen Blüten gewinnt man durch Destillation ätherisches Wasser. In Südfrankreich werden jährlich 120 000—200 000 kg Bit. der Parfümeriefabrikation zu- geführt. (Ber. von Roure-Bertr. Fils.) Planchon et CoUin, 1. c. 600 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und BlQtenteiie. II., p. 769. Zur Darstellung der Essenzen verwendet man die unter dem Namen »Grenadins« bekannte Spielart. Söbire, Les plantes uliles du Senegal. Paris 1899, p. 198. 11. Ranunculaceae. Delphiniuyn Zahl Aitch. et Hemsley. Persien, Afghanistan. Die Blüten (»Zaiil«) werden in Indien zum Färben benutzt. Aitch i- son, J., Pharm. Journ. and Tr., XVII ('1886), p. 465. — Burkill and Perkins, Agric. Lodger 1908 [1909], 2, p. 27. 12. Magno] iaceae. Michelia ckaiupaca L. \ ^, , ,.. . ,, , .. ,.. i.T ; s. Champacabluten. M. longifolia Bl. j 13. Anonaceae. Cafianga o clor ata [Lam.) Hook, fll et Thoms. ^= üvai'ia odorata Lam. = Unona odorata Diui.)^). Siehe Vlang-Ylang. 14. Laiiraceae. Cinnamomum Loureirii Nees. Burma, China. Die nach dem Ver- blühen gesammelten Blüten dieser (Engler-Prantl, III, 2, p. 114) und wohl auch anderer Arten, welche das als »Zimmet<- oder >Cassiablüten< bekannte Gewürz liefern, kommen bisweilen zur Destillation des >Zimmet- blütenüles« in Verwendung. (Mausbeute aus Knospen 1,9 Proz., aus den Blütenstielen 1,07 Proz.; Aldehydgehalt 80,4 bzw. 92 Proz. (Schim- mel & Co., Berichte, Apr. 1897, p. 10). Über Anatomie der Zimmet- blüten s. Moeller, Nahrungs- u. Genußm., II. Aufl., Berlin 1905, p. 122. — Vogl, Kommentar, p, 126. 15. llesedaceae. Reseda odorata L. Nordafrika (?), Die frischen Blüten liefern ein dunkles, bei gewöhnlicher Temperatur festes ätherisches Ül. Jahresernte in Südfrankreich etwa 20 — 25000 kg. Blüten-Ausbeute durch Destillation etwa 0,002 Proz, Auch getrocknete und pulverisierte Blüten kommen ge- legentlich in Handel. Gildem'. u, Hoffm., 1. c, II, p. 556; H. v. Soden, Journ. prakt. Chem. Bd. 69, 1904, p. 264. 16. Saxifragaceae. Fhüadelphus coronarius L. Südeuropa, Asien. Südfranzüsische Parfümeriepflanze. Beer, 1. c, p. 56. 1) Vgl. hierzu Anm. 1 auf p. 6"iü. Siehe Rosenblätter. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütentcile. 601 17. Rosaceae (Rosoideae — Ulmarieae). ülmaria palustris Moench (== Spiraea TJlmaria L.). Euroi)a, Nordamerika, Nordasien. Das ätherische Blütenöl (Menow-west-oil) ist schwerer als Wasser. Dragendorff, 1. c, p. 272. — Gildem. und Hoffm., 1. c. II., p. 566. 18. Rosaceae (Rosoideae — Roseae). Rosa gallica L. R. damascena Mill. R. alba L. R. cenUfolia L. R. turhinata Alt. R. moschata Mill. R. semper'virens L. R. indica L. u. a. 19. Leguminosae (Mimosoideae). Acacia Farnesiana Willd. Westindien , Westafrika (?) In tro- pischen und subtropischen Gebieten häufig kultiviert und verwildernd; wird in Indien, namentlich aber in Südfrankreich und Tunis i), versuchs- weise auch in Syrien, unter dem Namen >Cassier vrai« (Gassier du Levant, G. de Farnese) als Parfümeriepflanze in großem Maßstabe ge- baut. Ein mittlerer Strauch liefert jährlich etwa 000 g Blüten (fleurs de Gassie, Gassie-Blüten-), Akazienblüten). Über die äußerst komplexe Zu- sammensetzung des Blütenüles s. insbesondere Walbaum, Journ. f. prakt. Ghem. (2), LXVIII (1903), p. 424. Acacia Cavenia Hook, et Arn. In der Provence als »Gassie Ro- maine« von der vorigen Art unterschieden; die Blüten beider Arten werden jedoch zumeist gemeinschaftlich destilliert, doch sind die Blütendestillate keineswegs identisch. Vgl. Walbaum, Journ. f. prakt. Ghem, (2), LXVIII (1903), p. 235. Acacia pycnautlia Bentli. findet gelegentlich dieselbe Verwendung. Acacia dealhata (Aut.?)'^). Die Blüten der in der Provence kulti- vierten Bäume finden unter dem Namen > Mimosenblüten« Verwendung zu Parfümeriez wecken. \) In Tunis soll neben einer dultentlen Rasse eine mit geruchlosen Blüten aul- tretcn, (Schimmel & Co., Ber. Apr. 1909, p. 108.) 2) Nicht zu verwechseln mit Gassienblüten von Cassia-Arten und mit den sog. Cassiablüten (p. 600). 3) Andere Mimosen, wi(^ A. floribunda, A. melanoxylo7i, lielern merkwürdiger- weise kein brauchbares Produkt. 602 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 20. Leguminosae (Papilionatae). Sophora japonica L. Japan, China. Die getrockneten Blütenknospen (»Hwaishii«) bilden die chinesischen Gelbbeeren i) (Waifa, Natalkörner), welche in China vielfach, bei uns selten zum Gelbfärben benutzt werden. Bolley, Ghem. Technologie d. Spinnfasern. Braunschweig 1867, p. 70. — Sie enthalten das Glykosid >Sophorin«, das mit Rutin (Phytomelin, Pflanzengelb) identifiziert wurde. Lit. bei Wehmer, Pflanzenstoffe, p. 329. Genista tinctoria L. Europa, Mittelasien. Die Blüten geben wie die ganze Pflanze einen gelben Farbstoff an Wasser ab, der in der Malerei Anwendung findet. Planchon-Gollin, 1. c, II, p. 514. Über den Farbstoff Luteolin und Genistein siehe Perkin u. Newbury, Journ. Ghem. Soc. 1899, t. 75 u. 1900, t. 77. Genista hispanica L. Südfrankreich, Spanien, Ligurien. Die Bit. der namentlich in den Alpes-Maritimes wildwachsenden Pflanze werden neuestens in Südfrankreich in bedeutenden Mengen zu Parfümeriezwecken verwendet. (Nach den Ber. von Roure-Bertrand-Fils [Grasse.]). Lathyrus tuherosus L. Europa. Die Blüten finden Anwendung in der Parfümeriefabrikation. Askinson, 1. c, p. 54, Clitoria Ternatea L. Südasien. Vielfach als Zierpflanze kultiviert und verwildert (Tropenkosmopolit). Die blauen Blüten dienen zum Färben von Speisen und Getränken. Rosenthal, Syn. plant, diaph. Erlangen 1862, p. 1013. Engler-Prantl, 1. c, III, 3, p. 358. Butea frondosa Roxb. (== Erythrina monosperma Lam.). Ost- indien, Burma. Die hellorangeroten Blüten, im indischen Handel »tesü, palask6phul oder kesü« genannt, dienen in Indien zum Gelbfärben. Miquel, Fl. V. Nederl. Indie, II, p. 206. — Wiesner in Scherzer, Fachm. Ber. üb. d. öst.-ung. Exped. n. Slam, China u. Japan. Stuttgart 1872, Anhang, p. 313. — Watt, Dict. of the econom. prod. of India 1889,1, p. 548.' Der Farbstoff wird durch Auspressen des gelben Saftes der frischen Blüten oder als Dekokt oder Infusion der getrockneten Blüten gewonnen. Nach neueren Untersuchungen enthalten die Blüten gelbes Butein (G15II12O5) und damit isomeres farbloses Butin; beide Stoffe treten im Safte der lebenden Pflanze als farblose -Glykoside auf, Perkin, Proc. Ghem. Soc. 1904, t. 20, p. 169 u. Perkin u. Hummel, J. Ghem. Soc. 1904, t. 85, p. 1459. Burkill u. Perkin, Agric. Ledger 1908, Nr. 2. Butea parvifiora Roxb. findet nach Wehmer (1. c, p. 366) die- selbe Verwendung. Desgleichen B. superba Roxb. Ostindien. (Gat. d. col. franc., 1867, p. 102.) i) Nicht zu verwechseln mit den >Gelbbeeren€ von Oardenia (>chines. Gelb- beeren in Schoten<) und der Droge gleichen Namens von Rhamnus. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 603 21. Rutaceae. Citrus Bigaradia Duh. ] C. Aurantium Risso C. medica L. Siehe Oransrenblüten. Blighia sapida Kon. Trop. Westafrika und Westindien i). Lecaniodiscus cupaiiioides Planch. Tropisches Afrika. 22. Sapiiulaceae. Aus den Blüten werden durch De- stillation aromatische Wässer darge- stellt. Engl.-Prantl, III, 5, p. 299; Volkens in Notizbl. d. K. bot. G. u. Mus. Berlin, App. XXII, i910, p. 70. 23. Tiliaceae. Tilia cor data Mill. {= T.parvi- folia Ehrh. = T. ulmifolia Scop.) Europa. T. platyphylla Scop . = (T. gran- difolia Ehrh.). Europa. T. tomentosa Mönch (= T. ar- gentea Desf.). Südeuropa, Südost- ungarn. Aus den Blüten 2) (Anat. bei Vogl, Kommentar, p. i 1 0) wird ein äußerst kostbares, farbloses ätherisches Öl destilliert. Ausbeute 0,04 Proz. Winkler, Pharm. Zentralh. 1837, > p. 781. — Haensel, Berichte 1894. Üb. das äther. Öl siehe Klobl, Garnier u. Ehrwein (Bull. Soc. Chim. (IV.) 7, 1910, p. 940 u. Ann. de Chim. et Phys. (8) t. 24, 1911, p. 41 0 (zit. nach Ghem. Gtrbl. 191 2). 24. Malvaceae. Althaea rosea Cav. (= Älcea rosea L.) s. Malvenblüten. Hibiscus Rosa-si7iensis L. China. In den Tropen überall gebaut. Die Blüten dienen zum Färben. Dragendorff, 1. c, p. 424. 25. Guttiferae. Mesua ferrea L. Ostindien, Ceylon, Philippinen. Die getrockneten, veilchenartig duftenden Blüten oder Blütenteile (namentlich Antheren) werden in Ceylon unter dem Namen >Näg Kesar« oder »Nag-Kassar^) zu Parfümeriezwecken benutzt. Dymock, Pharm. Journ. and Tr. 1877 (nach 1) Liefert überdies >Akeöl« aus dem Arillus. (Nach Wehmer, I.e., p. 464.) 2) In Amerika werden die Arten aus dem Verwandtschaftskreise der T. ameri- cana L. substituierend verwendet. Dragendorff, I.e., p. 418. 3) Nag Kassar ist eine allgemeine Bezeichnung der aromatischen Blütenteile aller Guttiferen. Sadebeck in Haensel, Ber. 4 896, IV. 604 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. Just, Bot. J. 1878, II, p. MIO). Ascherson, P., Sitzungsber. d. Ges. naturf. Fr. Berl., 1888. — Boorsma, Bull. Inst. Bot. Buitenzorg 1904, t. 21, p. 4. Anatomie bei Hanausek, Pharm. Post 1888, p. 293 u. 421. — Siehe auch die bei der folgenden Art zitierte Literatur. M. salicina Planck, et Triana (n. Ind. Kew. = M. ferrea L.). Die Droge (Namal-renn der Singhalesen) besteht bloß aus Antheren und Pollen und unterscheidet sich von der vorhergehenden Art durch das Fehlen von Harzgängen im Konnektiv. Sadebeck, Sitzgsber. d. Ges. f. Bot. zu Hamburg 1887, III. — Über das ätherische Öl s. Haensel, Ber. 1894. Ochrocarpus longifolius Benth. et Hook. (= Calysaccion longi- folium Wight). Ostasien. Die aromatischen Blütenknospen finden An- wendung zum Gelbfärben von Seide. Dymock, Pharm. Journ. 1877 (s. oben). Dymock, The veg. mat. med. of Western India, p. 68. — Engler-Prantl, III, 6, p. 220. 26. Violaceae. Viola odorata L. Europa. In Südfrankreich (Dep. Val und Alpes Mari- times werden namentlich die Blüten des Parma- und insbesondere des Viktoriaveilchens (Jahresernte 191 1 etwa 200 000 kg) der Parfümeriefabri- kation zugeführt i). Aus dem Petrolätherextrakt von 1 000 kg Blüten gewann V. Soden (Journ. prakt. Chem. Bd. 96, 1904, p. 256) 31 g ätherisches Öl, welches erst in Verdünnungen von 1 : 5000 bis 10 000 das charak- teristische Veilchenaroma erkennen Heß. Die Blüten enthalten wahr- scheinlich das dem Jonon nahestehende Keton »Iron« (G13H20O2). Zur Her- stellung von 1 kg Extraktül sind 33 000 kg Blüten erforderlich. Tiemann u. König, Ber. D. Chem. Ges. 1893, Bd. 26, p. 2675 u. Tiemann, ebendort, 1898, Bd. 31 p. 876; H. v. Soden Journ. f. prakt. Ch. N. F. LXIX, 1904, p. 260. 27. Lythraceae. Woodfordia floribunda Salisb. (= Grislea tomeutosa Roxb. = Ly- thrum fruticosum L.J. Ost- und Südasien, Madagaskar. Die Blüten dienen zum Gelb- und Botfärben von Baumwollzeugen, doch ist die Haltbarkeit der Farbe gering. Unter dem Namen Dhäya-phül (nach Wiesner) oder Dhaiphul kommt diese Ware in den Bazaren Bombays vor. Wiesner, Fachm. Ber. üb. d. öst.-ung. Exp., 1. c, p. 314. — Dymock, The veg. mat. med., 1. c, p. 253. Lawsonia alba Lam. ("= L. inermis L. = L. spinosa L.). Orient, häufig kultiviert. Die Blüten des >Hennah< -Strauches liefern Vj Die Hauptmenge des sogenannten Veilchenparfüms wird jedoch aus der Iris- (= Veilchen-)wurzel oder synthetisch (>Jonon«) gewonnen. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 60^ das Parfüm >Mehudi<. Dragendorff, I.e., p. 462. Das ätherische Öl duftet nach Teerosen. Holmes, Pharm. Journ. and Tr., (III) X (1880), p. 635. 28. Punicaceae. . Punica Granatuni L. Balkan bis Himalaja; im subtropischen und tropischen Gebiet kultiviert (Engler-Prantl, III, 7, p. 25). Die Blüten (balaustia der Alten nach Blümner, Techn. u. Termin, d. Gewerbe u. Künste b. Griechen u. Uümern I, Leipzig 1875, p. 247)^ werden bisweilen zum Schwarzfärben verwendet. Dragendorff, 1. c, p. 463. 29. Myrtaceae. Myrtus communis L. Mittelmeergebiet. Die Blüten liefern aro- matisches Wasser. Engler-Prantl, III, 7, p. 67. Eugenia caryophyllus Thunh. (= Jambosa Caroph. (Spreng.) Ndx . = Cai'yophyllus aromaticus L.) s. Gewürznelken. 30. Sapotaceae. Bassia latifolia Roxb. Indien, namentlich Bengalen. Nach dem Verstäuben der Antheren (März, April) schwellen die Blumenblätter an und speichern reichlich Zucker. Die Blüten (mahu;i, mohra) werden von den Indern gesammelt und in der Sonne getrocknet, da sie nicht bloß ein wichtiges Nahrungsmittel bilden (ein Baum liefert 100 — 150 kg), sondern auch zur Destillation eines j>daru« genannten Alkohols dienen, welcher wie die Blüten bisweilen nach Europa (Frankreich, England) exportiert wird. Diese enthalten u. a. etwa 58 Proz. Zucker (und zwar 40 — 50 Proz. Invertzucker gegen 5 — 17 Proz. Saccharose), freie Wein- und Zitronensäure (nach Poisson sogar 63 Proz. Zucker. Bull, de la soc. bot. France, 1881, p. 18). N. N. The sugar-tree or Mahwa, Amer. Journ. of Pharm. 4. ser., XVIII. — Dymock, Warden and Hooper, 1. c, II, p. 358. — Watt, 1. c, p. 406. Semler, 1. c, II, p. 538. — Elworth, Chem. Soc. Ind. 1887, Bd. 5, p. 21. B. longifolia Willd. Indien. Verwendung wie bei voriger Art. Jackson, Pharm. Journ. and Tr., (III) VHI (1878), p. 638 f. — Watt, 1. c, p. 415. 31. Oleaceae (Oleoideae). Syringa vulgaris L. Nord!. Balkan, Orient. Bisweilen in der Par- fümeriefabrikation angewendet. Askinson, 1. c, p. 131. Osmanthus fragrans Lour. (=^ Otea fragrans Thunh.). Nordindien, China, Japan. Wird in der Umgebung von Canton kultiviert und stellt 606 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. eines der wichtigsten Aromata zum Beduften des Tees dar. Scherz er, Statist. Commerz. Ergebnisse einer Reise um die Erde, 2. Aufl. Wien 1867, p. 369. — Rein, 1. c, II, p. 146. — Parfüm. Record, IX, 1918, p. 272. 32. Oleaceae (Jasminoideae). Jasniinum grandiflorum L. \ J. officinale L. \ s. Jasminblüten. J. odoratissi'mui7i L. j J. Sambac Ait. (= Nyctanthes Sambac L. = Mogorium Sambac Lam.). Ostindien, häufig in den Tropen kultiviert. Die Blüten (flores Manorae) werden abends vor der Anthese gesammelt und zum Aromati- sieren von Tee verwendet. Duchesne, 1. c, p. 76. — Rein, 1. c, II, p. 145. — Engler-Prantl, IV, 2, p. 16. J. paniculatu7n Roxb. China. Verwendung wie bei voriger Art. Rein, 1. c. Nyctanthes Arbor-tristis L. Indien; tropischer Zierstrauch. Die nur nachts geüfl"neten Blüten dienen zu Parfümeriezwecken und zum Orangefärben. Duchesne, 1. c, p. 76. — Bancroft, Unters, üb. d. Natur der beständigen Farben. Nürnberg 1817—1818, I, p. 388. — Watt, 1. c, V, p. 434. Die Blüten enthalten nach Hill u. Sirkar (J. Chem. Soc. 1907, t. 91, p. 150) Mannit u. krist. Nyctanthin (C20H27O4), 33. Apocynaceae. Plumeria alba L. i) Westindien. Die Blüten des unter dem Namen »Frangipane« bekannten Strauches dienen zur Herstellung von Parfüme- rien (parfum eternel). Duchesne, 1. c, p. 111. — Cat. des col. frang., p. 108. — Semler, 1. c, II, p. 577. PI. acutifolia Poir. Zentralamerika, kult. in Indien, auf den Philippinen gleiche Verwendung wie bei voriger Art. (Ber. Roure- Bertrand-Fils, Apr. 1909, p. 33.) 34. Borragiiiaceae. HeUotropium peruvianum L. Peru. Blüten in der Parfümerie- fabrikation verwendet. Askinson, 1. c, p. 133. Parfümeriepflanzen R. Combs, Tournefortia gnaphaloides R. Br. Pharm. Review, 1897. — Jah- Tropisches Amerika. Iresb. üb. d. Entw. d. deutsch. T. bicolor Sw. Tropisches Amerika. Schutzgeb. im Jahre 1895/1896. (Beil. z. d. Colonialbl. 1897.) \) PI. alba Hort. = acutifolia nach Ind. Kew. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 607 35. Labiatae. Lavandula officinalis Chaix. (= L. spica L. = L. Vera DC). L. la Ufo Ha Vill. ^= L. Spica All. (non L.) =L. vulgaris Lain.) i.s. Lavendelblüten. L. dentata L. L. Stoechas L. L. pedunculata Cav. 36. Scrophulariaceae. Lyperia crocea Eckl. = (L. atropiirpiirea Benth.). Südafrika. Die Blüten kommen bisweilen als Kapsafran (Flores Manulaeji) in Handel. Sie enthalten einen dem Krokus ähnlichen Farbstoff und werden wie dieser benutzt. Jackson, Pharm. Journ. and Tr., i872, p. 904. — Vogl, Kommentar, p. 134, 37. Rubiaceae. Gardenia florida L. = (G. jasminoides EH.). China. Die Blüten finden Verwendung zum Parfümieren des Tees und zur Darstellung von Parfümerien. Scherzer, 1. c. — Rein, 1. c, II, p. 146; Pharm. Ztg., 1892, p. 44 0. Im äther. Öl hauptsächlich Benzylazetat u. Styrolyl- azetat (spez. Aroma). E. Parone, nach Chem. Gentralbl. 1902, II, p. 703. 38. Caprifoliaceae. Sambucus nigra L. Europa, Vorderasien. Die medizinisch viel- fach verwerteten Blüten (flores Sambuci) liefern durch Destillation ein bei gewöhnlicher Temperatur meist festes ätherisches Öl. Ausbeute aus frischen Blüten 0,037 Proz. Gildem. u. Hoffm., 1. c, I. Aufl. p. 863. — Haensel, Ber. 1895, III, p. 12. — Flückiger, I. c, p. 816. — Tschirch u. Oesterle, 1. c, p. 43. — Vogl, Komm. p. 111. Die gleiche Ver- wendung findet 8. canadensis L. Nordamerika. Frank Lyons, Amer. Journ. Pharm., Jan. 1892, p. 1 (zit. nach Pharm. Ztg., XXXVII, p. 190). 30. Dipsaceae. Dipsacus fullonum L. Europa. Eine Kulturform von D. ferox Lois. (Engler-Prantl, IV, 4, p. 188). Die unter dem Namen Karden bekannten Blütenstände dienen zum Kardätschen in der Tuchfabrikation. 1) Nach einem aus dem pharmakognostischen Institut der Wiener Universität stammenden Material. 608 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteiie. 40. Compositae (Tubiflorae-Antliemideae). Anihejnis nohilis L. Westeuropa, Italien. In Frankreich, England und Deutschland in großem Maßstabe gebaut. Die Blütenküpfchen (flores Ghamomillae romanae) dienen außer zu medizinischen Zwecken zur Destillation eines ätherischen ( )les. Die hellblaue Farbe desselben geht bald in grün und braun über. Nach Hart wich u. Jama (Apoth. Ztg. Bd. 24., p. 585) unterscheiden sich die ätherischen Öle aus den Trichomdrüsen der Blüten und den schizogenen Sekretbehältern des Blütenbodens beträchtlich; nur ersteres (0,35 Proz.) ist intensiv blau'), letzteres hingegen zunächst grünlich, später gelbgrün. Über die che- mische Zusammensetzung des ätherischen Öles vgl. Blaise, Bull. soc. chim. in, 29, 1903, p. 327; Klobb, Garnier u. Ehrwein, ebenda IV, 7, 1910, p, 940; Power u. Browning, Journ. ehem. Soc. 1914, p. 2280. AchiUea Millefolium L. Nördliche Hemisphäre. Die Destillation frischer Blüten liefert wie die des Krautes ein dunkelblaues aromatisches Öl. Ausbeute aus frischen Blüten 0,07- — 0,13 Proz. Bley, Tromms- dorf N. Journ. d. Pharm. XVI (II), 1828, p. 96. — Schimmel & Co., Berichte, Okt. 1894, p. 55. — Weppen u. Lüders, Ztschr. d. Deutsch. Apoth.-Ver., 1884, p. 117. — A. Sievers, Pharm. Review. Bd. 25, 1907, p. 215. Matricaria Chamomilla L. (= Chrysa)ithe??iiwi Chamomiüa Beruh.). Hauptsächlich in Mittel- und Südeuropa. Die Blütenköpfchen (flores Ghamomillae vulgaris, deutsche Kamille) werden in Ungarn in großen Mengen gesammelt. Man destilliert daraus ein dunkelblaues, bald in Grün und Braun übergehendes dickflüssiges, ätherisches Öl. Ausbeute 0,13 bis 0,3 Proz. Gildem. u. Hoffm., 1. c, I. Aufl. p. 883. — Klobb, Garnier u. Ehrwein, 1. c. Matricaria discoidea dürfte gleiche Verwendung finden können. Schimmel, Ber. Okt. 1911, p. 106. Chrysanthemum einer ariaefolium (Trev.). Boec. Pyrethrum rose um M. B. {= Chrys. "Mar- schallü Aschers.). P. carneum M. B. (= Chr. roseum Weh. et Mohr.). InseJiten pulver- blüten. \) Die Blaufärbung beruht auf Anwesenheit eines den Sesquiterpenen nahe- stehenden Kohlenwasserstoffes »Azulen« (A. E. Sherndal, Journ. Araeric. ehem. Soc. Bd. 37 [-tgiS], p, 167 u. 1537). Eine genetische Beziehung zu Karotinen (Bot. Not. 1916, p. 263) ist wohl von vornherein wenig wahrscheinlich. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. • 609 Artemisia maritima L. i). Turkestan, namentlich im Bezirke von Tschimkent und Aulicata, wo die Pflanze einen Flächenraum von etwa 500 000 ha 2) bedeckt. Die noch geschlossenen Blütenköpfchen bilden den sogenannten Wurm- oder Zitwersamen (sem. oder flores Ginae), der als Anthelminthicum häufig angewendet wird. Der wertvolle Bestand- teil, das Santonin (GisHjsOg) wird derzeit fabrikmäßig dargestellt. Jahresernte 2340000 kg Blüten (Naturwiss. Rundschau 1898). Über das ätherische Öl s. Schimmel & Co., Berichte, Apr. 1897, p. 52 u. insbes. Okt. 1908, p. 143, ferner Klobb, Garnier u. Ehrwein, 1. c. 41. Compositae (Tubiflorae-Senecioneae). Arnica montana L. Hauptsächlich in den Gebirgen von Mittel- und Westeuropa. Die frisch der Destillation unterworfenen Blüten geben ein stark aromatisches rotbraunes bis braunes, zumeist festes ätherisches Öl. Ausbeute 0,04—0,07 Proz. Gildem. u. Hoffm., 1. c, I. Aufl. p. 901, — Klobb, Garnier u. Ehrwein, 1. c. 42. Compositae (Tubiflorae-Calenduleae). Calendula officinalis L. s. Safran (Anhang). 43. Compositae (Tubiflorae-Cynareae) . Carthamus tinctorius L. s. Saflor. Spezielle Betrachtung der wichtigeren technisch verwerteten Blüten. 1. Safran. Unter Safran versteht man die Narben der Safranpflanze, Crocus sativus L. var. autumnalis L. Nach Heldreich^) kommt Crocus sa- tivus wild in Griechenland (Attika) und auf den Inseln Syros und Tenos vor. Von diesen Inseln soll auch Safran in Handel kommen. Nach neueren Angaben 4) findet sich die genannte Art wildwachsend auf den Bergen von Smyrna, auf Kreta, den Zykladen und um Athen, in einer 1) Die Frage nach der Stammpflanze ist noch kontrovers, doch gehört sie jeden- falls dem Formenkreis der genannten Art an. Sie wird meist als Art. maritima L. var. Stechmanniana Bess. oder als Art. Cina Willk. bezeichnet. Nach A. Meyer, 1. c, p. 308, handelt es sich vielleicht um eine von beiden verschiedene Art. 2) Durch unrationelles Sammeln, Steppenbrände usw. wird sie bereits seltener. 3) Nutzpflanzen Griechenlands. Athen 1862, p. 8. 4) Engler in Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere. VI. Aufl., isgi, p. 261. Wiesner, Eolistoffe. III. Band. 3. Aufl. 39 610 • Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. anderen Varietät auch in Taurien, Thrazien und Dalmatien. Aus den Untersuchungen von Chappellieri] und insbesondere von Maw^) geht jedoch hervor, daß keine der wildwachsenden Formen mit dem > Safran- krokus völlig identisch ist, dieser vielmehr eine durch Zucht (Bastardierung?) erzielte Kulturvarietät darstellt, die sich vor ihren wildwachsenden Ver- wandten unter anderem durch große Formbeständigkeit und Sterilität (außer bei Befruchtung mit fremdem Pollen) auszeichnet. Die Vermeh- rung erfolgt daher ausschließüch vegetativ durch die Knollen 3). Der »russische« Safran, der in der Umgebung von Elisabethpol, Tiflis, Der- bend, Baku am Kaspischen Meere und in Nordpersien kultiviert und im Inlande verbraucht wird, stammt nach Tichomirow^) teils von der obengenannten Art, teils von C. sativus ß. Pallasii Maw. f= C. Pallasü Marsch. Bieb.)^ der ein vollkommen ebenbürtiges Produkt liefert, während die Narben des gleichfalls im Krim-Kaukasus-Gebiete wildwachsenden C. speciosus Marsch. Bieb. als minderwertig zu bezeichnen sind. Die gleichfalls Grocin führenden Narben von C. variegatus Hopp, und C. reticulatus Stev. sollen gelegentlich als Ersatz oder zur Fälschung von echtem Safran Verwendung finden s). Für den europäischen Markt ist der spanische Safran ß) von größter Bedeutung. Das Zentrum des Safranhandels ist Valencia. Die jährliche Ausfuhr beträgt nach Semler etwa 45000 kg^). Besonders geschätzt wird die in geringer Menge produzierte französische Ware (aus Gätinais), doch ist im Handel unter der Bezeichnung > französischer Safran« auch vielfach spanische Ware anzutreffen. In beiden Sorten haften den rot- braunen Narben häufig noch die helleren Griffelenden an. Der italienische Safran ist durch eine hellere Farbe ausgezeichnet. Des besten Rufes erfreute sich schon seit dem Mittelalter der niederösterreichische Safran, der aber derzeit nur mehr in verschwindender Menge produziert wird \) Bull, de la Soc. bot. Fr. XX, 1873. 2) A monograph of the genus Croeus (with an appendix on the etymology of the words Croeus and Saffron, by Lacaita), London -ISSG. — Vgl. auch Kron- feld, M., Geschichte des Safrans [Croeus sativus L. var. culta autumnalis) und seine Kultur in Europa. Wien -1892. 3) Nach W. R. Lawrence (Pharm. Journ. (IV) 11 (1896), p. 272) wird in Kashmir Safran aus Samen gezogen. Vielleicht handelt es sich hier um eine andere Spezies. 4) Arch. d. Pharm. 1903, p. 656. 3) Nach Wehmer, I.e., p. 108. Vgl. Dragendorff, D. Heilpfl. der versch, Völker u. Länder, Stuttg. 1898, p. 139. 6) Es sei hier darauf hingewiesen, daß die häufig gebrauchten Bezeichnungen Croeus hispanicus, gallicus, austriacus, Orientalis usw. nur das Produktionsgebiet, nicht aber eine Varietät der Pflanze bedeuten. 7) Tropische Agrikultur, 2. Aufl., II, p. 641. k Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 611 und so gut wie keine komerzielle Bedeutung besitzt i). Er ist einfarbig, rotbraun, da die Griffelenden sorgfältig entfernt werden. Weniger ge- schätzt wird der englische (Essex, Cambridge) und türkische (orienta- lische) Safran, welcher die geringste und unreinste Sorte darstellt. Er enthält neben Narben und Griffelfragmenten noch Teile von Staubfäden und Perigonblättern und stammt nach A. VogP) vielleicht von C. ver- nus All. ab. Von außereuropäischen Produktionsländern seien in erster Linie Marokko und Tunis genannt. Der in einigen Gebieten Asiens (Anatolien, KashmirS), China usw. gewonnene Safran kommt nicht in europäischen Handel. In Zentralamerika 4) und Pennsylvanien^) wird gleichfalls Sa- franbau mit Erfolg betrieben. Die Gewinnungsweise des Safrans ist äußerst mühevoll. Die Ernte beginnt im September oder Oktober und dauert 2 — 3 Wochen. Es werden täglich morgens die sich öffnenden Blüten gepflückt, hierauf die Narben entfernt und auf Haarsieben über schwachem Kohlenfeuer oder in der Sonne getrocknet, wobei sie etwa ^5 ihres Gewichtes verlieren. Die Ausbeute ist dabei sehr gering, indem ein Hektar etwa 1,5 Millionen Wurzelstücke produziert 6), die je 1 — 2, selten mehr Blüten treiben, und 70 000—80 000 (nach anderen Angaben sogar 120—350 000) [Kuräz, 1. c.l Blüten erforderlich sind, um 1 kg trockenen Safrans zu erhalten. -1) Der völlige Niedergang der österreichischen Safrankultur ist hauptsächlich auf die ausländische Konkurrenz zurückzuführen. Während nach Kronfeld im Jahre 4 776 auf dem Sämereimarkt zu Krems etwa 4480,5 kg Safran zum Verkaufe kamen, wurden 1877 nur mehr 35 kg geerntet. Vgl. A. Senoner 1847 (Ref. Flora 1848, p. 221). Im Jahre 1873 wurde Safranbau noch in Meissau, Oberravelsbach, Paris- dorf, Münichhofen, Dürrbach, Wartberg und Kirchberg am Wagram botrieben (Wiesner, nach Originalberichten in der 1. Aufl. dieses Werkes, p. 706, Anm.). Nach dem Statist. Jahrb. des k. k. Ackerbauministeriums (1899, Hft. 1, p. 126) betrug die Anbaufläche im Jahre 1899 bloß mehr 2 ha, welche einen Gesamtertrag von 8,4 kg heferten. Siehe ferner Kronfeld, 1. c. und Bl. d. Ver. f. Landeskunde v. N.-Öst_ XXVI (1892), p. 69 ff. — In Ungarn, wo in früheren Jahrhunderlen gleichfalls Safran gebaut wurde, ist die Kultur heute gleichfalls erloschen. Augustin in Österr. Jahresb. f. Pharmazie, XV (1914). — Über Safrankultur: R. Kuräz in Mittig. 37 d. Komitees zur staatl. Förderg. d. Kultur u. Arzneipfl. in Österr. 2) Kommentar zur 7. Aufl. d. österr. Pharm. Wien 1892, II, p. 133. 3) Über Kultur und Ernte daselbst s. Lawrence, 1. c, Downes, The growth of Croeus sativus, the source of hay saffron in Kashmir [Pharm. J. and Tr. (III) XII (1881), p. 9]. 4) Oppel, Übers, d. Wirtschaftsgeogr. (Geogr. Zeitschr. II. 1896). 5) Americ. Journ. of Pharmac. 1884, p. 88. Nach Lemberger (Americ. Journ. of Pharmac. 1905) ist hier jedoch die Kultur bereits wieder aufgegeben worden. Weitere Literatur über Safrankultur bei Flückiger, Pharmakognosie, p. 774 f. 6) Semler, I.e., II, p. 642. Bedeutend höhere Werte erhielt C. Hassack, siehe Vogl, Nahrungs- und Genußmittel (1898), p. 353, Anm. 39* 612 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. Die violette Blüte des Safrans führt einen bis 10 cm langen, unten weißlichen, oben gelblichen Griffel, an welchem drei sehr charakteristisch gestaltete Narben auftreten. Die Narben (Fig. 230) sind 2,5 — 3 cm ang, röhrenförmig, unten schmal, am oberen Ende keulenförmig er- weitert, daselbst 2 — 4 mm dick und an der nach innen gekehrten Seite aufgeschlitzt, fettglänzend, braunrot und nur am Grunde blaß orange- rot. Der obere Rand der Narbe ist gezähnt. Im lufttrockenen Zustande sind die Narben elastisch und nicht pulverisierbar i). Ihr Geruch ist intensiv, fast betäubend, der Geschmack bitter gewürzhaft. Der anatomische Bau der Safrannarbe ist sehr einfach (Fig. 231). Die Oberhaut wird von einem zarten Epithel gebildet, dessen Elemente parallel zur Längsachse der Narbe gestreckt und auf der Außenseite derselben papillös vorgewölbt sind. Die Oberhautzellen der inneren (morphologischen oberen) Seite hingegen sind in ihren Dimensionen kleiner und entbehren der Papillen. Gegen das freie Ende der Narbe werden diese bedeutend größer und nehmen gleichzeitig eine zylin- drische bis keulenförmige Gestalt an. Ihre Länge steigt hier bis 150, ihre Breite bis 40 /ti. Die Kutikula er- scheint zart granuliert bis gestreift. Sie hebt sich na- mentlich nach Einwirkung von Quellungsmitteln sehr leicht ab, da die darunterliegenden Membranen ver- schleimen. Unter dem Epithel liegt ein gegen die Narbenbasis hin an Breite zunehmendes Parenchym- gewebe, bestehend aus gleichfalls axial gestreckten, im Querschnitt rundlichen Zellen. In jede Narbe tritt ein Gefäßbündel ein, das sich in zahlreiche, sehr schmächtige gabelige Äste teilt, deren Xylem aus eng- lumigen, ring- oder schraubenförmig verdickten Elementen besteht. Sie röten sich auf Zusatz von Phlorogluzin und Salzsäure nur schwach und färben sich dementsprechend mit Ghlorzinkjod anfangs bräunlich, nach einiger Zeit hingegen violett 2). Epidermis- und Parenchymzellen der im Wasser untersuchten Handels- ware erscheinen — die fast farblosen Narbenpapillen ausgenommen — gleichmäßig lebhaft gelbrot. Dabei geht der Farbstoff schnell und nahe- zu gänzlich in Lösung; in manchen Zellen bleiben jedoch nach Molisch^) körnige, rotbraune, in Alkohol lösliche Pigmentmassen zurück. Ich fand Fig. 230. Vergr. 2. Krokusnarbe aus der Handelsware. -l) Sehr altes Material ist hart und spröde und daher zerbrechlich. Um Safran pulverisieren zu können, wird er bei höherer Temperatur getrocknet. 2) Nach Vogl (Die wichtigsten Nahrungs- und Genußmittel. Wien 1898, p. 357) wird die Membran der Gefäße durch Chlorzinkjod direkt gebläut. 3) Grundriß einer Histochemie der pflanzlichen Genußmittel. Jena -1891, p. 37. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 613 gleichfalls, daß selbst in durch vielstündiges Kochen mazerierten Narben noch ungelöste Klümpchen erhalten blieben, welche sich in Schwefel- säure mit blauer Farbe auflösten. Dieselbe Färbung tritt überhaupt vor der Extraktion des Farbstoffes in allen Teilen der Narbe auf, schlägt aber bald in Violett und Braun um. Nach Moli seh kommt der Farb- Fig. 231. Querschnitt durch die Safrannarbe. E Epithel, p Parenchym, g Gefäßbündel. (Nach A. Meyer.) Stoff im Zellsafte gelöst vor, fingiert aber nach dem Absterben des Ge- webes auch Plasma und Zellwand i). Tschirch2) und A. Meyer 3) konnten im Parenchym kleine, schlecht ausgebildete Kristalle von oxalsaurem Kalk auffinden. R. Müller hält \) Nach Tschirch und Oesterle lassen sich jedoch bei der Untersuchung in Olivenöl oder nach Fixierung in Alkohol außerdem verhältnismäßig große Chro- matophoren erkennen. 2) Tschirch und Oesterle, 1. c, p. 92. 3) Die Grundlagen und Methoden für die mikrosk. Untersuchung von Pflanzen- pulvern. Jena 1901, p. 223. 614 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. sie gleichfalls für eine Kalziumverbindung, jedenfalls aber nicht für ein Oxalat!). Zwischen den Narbenpapillen findet man regelmäßig noch die kuge- ligen, bisweilen schon ausgekeimten Pollenkürner, deren Durchmesser zwischen 75 — 90 « schwankt. Ihre Membran besteht aus einer mächtigen, schön geschichteten Innenlamelle (Intine) und einer zarteren Außenhaut (Exine) (Fig. 232 5). Dieselbe wird meist als glatt angegeben. Nach Behandlung mit Schwefelsäure, deren Einwirkung sie widersteht, erkennt man, daß sie anscheinend mit zahlreichen kleinen Wärzchen bedeckt ist, wie es Fig. 232 J. zum Ausdruck bringt. Nach Tschirch und Oesterle^) besteht die Exine aus zwei Lamellen, deren äußere als Stäbchen- schicht entwickelt ist und die »Punktierung« der Oberfläche bewirkt. Im Inhalt der Pollenkürner läßt sich Stärke nachweisen, welche den Narben vollständig fehlt. Fig. 232. Vergr. 600. Fragmente des Safranpollenkorns. A Exine von ol)en gesehen, nach Behandlung mit Schwefelsäure. B Optischer Querschnitt durch das Pollenkorn in Wasser untersucht. ex Exine. i Intine. In der Droge findet man öfter auch die heller gefärbten Griffel- reste, die bisweilen noch mit den Narben in Verbindung stehen. Die Griffel kamen früher als solche unter dem Namen »Feminell« in Handel^]. Der Wassergehalt des Safrans beträgt nach J. Bar kl ay 4) im Mittel 12,37 Proz, (bezogen auf Trockengewicht). Den geringsten Wassergehalt gibt Vogl^) bei einer Probe von österreichischem Safran mit 4,9 Proz. an. Die Narben liefern beim Glühen eine rein weiße Asche. Der Aschengehalt beträgt nach Flückiger 4,4 — 7 Proz. (zulässige Grenze 8 Proz.) bezogen auf bei 100° getrocknete Ware. Die in Salzsäure un- löslichen Rückstände schwanken zwischen 0,35 — 1,15 Proz. 6). ^) R. Müller, Zeitschr. d. österr. Apoth.-Ver. 1903, Nr. 29. 2) 1. c, p. 92. 3) Eine größere Beimengung derselben gilt als Verfälschung des Safrans. Bis- weilen werden auch Verfälschungen, z. B. mit Calendula-^\\i.iBn, als »Feminell« be- zeichnet. 4) Pharm. Journ. and Tr. (III) XXIV (■1894), p. 692. 3) 1. c, p. 358. 6) Hockauf, J., Zeitschr. d. Allg. öst. Apoth.-Ver., 1898, Nr. 1—3. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 615 Den wertvollsten Bestandteil des Safrans bildet der gelbe Farbstoff, Safrangelb, der in Wasser leicht, in Alkohol und namentlich in Äther schwerer löslich ist. Seine Tinktionskraft ist enorm. Nach Flückiger^) ist eine wässerige Lösung von 1:200 000 noch deutlich gefärbt. Der Abdampfungsrückstand nimmt auf Zusatz von Schwefelsäure eine kobalt- blaue (in dickeren Schichten dunkelblaue) Farbe an, die sich bald in rotviolett und braun verändert 2) (daher die ältere Bezeichnung Poly- chroit). Der wichtigste Bestandteil der Safrannarbe ist der zu den Caroti- noiden (im Sinne von Tswett-^)) gehörige gelbe Farbstoff, das Crocetin, welches das Aglykon des Crocins darstellt. Nach den neuesten Unter- suchungen von F. Decker^) scheint das Crocetin (G10H14O2) in naher Beziehung zu dem in den Narben auftretenden ätherischen Safranöl zu stehen. Hilger^) äußerte die Vermutung, daß das Crocetin in der Pflanze in glykosidischer Bindung mit Zucker (Glykose)^) und ätheri- schem Öle auftritt. Die in den Narben aufgefundenen höheren Fett- säuren haben entgegen einer älteren Anschauung mit dem Farbstoffe nichts zu tun^). Von Mineralbestandteilen sind hervorzuheben Kiesel- säure, Kalium und Phosphorsäure. Durch Destillation der Narben im Kohlensäurestrom erhält man etwa 1 Proz. ätherischen Öles von hellgelber Farbe, das sich an der Luft bräunt und dabei eine dickliche Konsistenz annimmt. Sein Geruch ist intensiv safranartig. Als Träger desselben ist ein 0-haltiger Körper 4) 1. c, p. 776. 2) Die Blaufärbung an sich ist nicht für Safranfarbstoff allein charakteristisch. Sämtliche Karotine (Karotin, Etiolin usw.), auch synthetisch dargestellte Farbstoffe (z. B. Tropäolin) geben mit konz. Schwefelsäure gleichfalls eine Blaufärbung. Vgl. die Zusammenstellung der hierdurch auftretenden Farbentöne bei Tschirch und Oesterle, 1. c, p. 93. 3) M. Tswett, Ber. deutsch, bot. Ges., Bd. XXIX (igi-l), p. 630. 4) F. Decker, Arch. d. Pharm., Bd. CCLII (19U), p. 139, A. Verda, Chem. Ztg. XXXVIII (19U), p. 325. 5) Hilger, Chem. Zentralbl. -1900, II, p. 576. 6) E. Fischer (Ber. d. Deutschen bot. Ges., Bd. 21 [1888], p. 988) konstatierte bereits, daß der » Safranzucker c, Crocose, wenigstens z. T. aus Glykose besteht. — Die schon von Vogl beobachteten Kristallaggregate, die bisweilen einen schon makro- skopisch sichtbaren weißlicheu Anflug auf der Droge bilden, erwiesen sich gleichfalls als eine Zuckerart und sollen einen natürlichen Bestandteil der Safrannarbe bilden (A. Nestler, Z. f. Unters, d. N. u. G. 1903, Nr. 22). 7) Über die Chemie des Safranfarbstoffes seien von älteren Arbeiten nament- lich noch erwähnt: Kayser, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XVII [1884], p. 2228; 0. Schüler, Üb. d. Bestandtl. d. Safrans, Inaug.-Diss., München 1899; Psyl und Scheitz, Chem. Ztg. 1906, p. 299 und Z. f. Unters, d. N. u. G. XVI (1908), p. 337. 616 Zwanzigster Abschnitt. Blüten, und Blütenteile. (CioHigO) anzusehen, was bereits Gildemeister und Hoffmann i) ver- muteten. Crocin kommt auch sonst im Pflanzenreiche vor. Es wurde von Meyer und Rochleder2) in den chinesischen Gelbschoten (Gardenia grandiflora) aufgefunden und soll auch in Ltjperia crocea^) und Tri- tonia aurea^) enthalten sein. Die Verwendung des Safrans zum Würzen und Färben der Speisen ist bekannt. Seine gewerbliche Anwendung ist jedoch eine sehr be- schränkte. Zum Färben von Stoffen usw. wird Safran nur bisweilen in der Hausindustrie benutzt. In der Färberei ist er wegen seiner leichten Lüslichkeit, welche die Haltbarkeit beeinträchtigt, nicht in Verwendung ■*). Er findet jedoch zur Herstellung von Goldfirnissen Anwendung. Die Safrannarben, namentlich aber das Safranpulver, sind zahllosen Verfälschungen 5) ausgesetzt. Sie bestehen in der künstlichen Färbung der extrahierten Narben (mit Dinitrokresolkali, Martiusgelb, Naphtholgelb, Tropäolin usw.), in der Beschwerung der Droge (mit Pulver von Baryt 6), Gips, Kreide, welches mit Glyzerin, Leim usw. fixiert wird) und endlich in dem mehr oder minder vollständigen Ersatz durch andere oft künst- lich fingierte Pflanzenbestandteile. Unter diesen spielen die Blüten von Calendula'') und Carthamus^) die größte Rolle. Außerdem sind als Surrogate noch besonders hervorzuheben die Narben von Zea, Keimlinge von FiCM-Arten, Wurzeln von Allium, Grasblätter u. v. a. Getrocknete Fleischfasern wurden als Verfälschung in den letzten Dezennien nicht beobachtet, wohl aber gefärbte Kollodiumfäden. Historisches*^). Im Altertum war Safran von viel größerer Bedeutung als in der Jetztzeit, da er sich nicht nur als Gewürz, sondern auch als Parfüm und Farbstoff großer Beliebtheit erfreute. Der Name Krokus stammt aus dem semitischen Sprachschatze (karköm), woher ■1) 1. c, p. 392fr. Daselbst ausführlicher Literaturnachweis über Salranöl. 2) Journal für prakt. Chemie, Bd. 74 (1838), p. 1 ff. 3) Siehe »Übersichtt p. 60 7 bzw. p. 599. 4) Über Versuche mit Safran zu färben s. Bancroft, 1. c, I, p. 525. 5) Die Safranverfälschungen haben eine ausgedehnte Literatur veranlaßt, auf welche hier einzugehen auch nicht annähernd möglich ist. Die wichtigsten Surrogate und deren Kennzeichen finden sich zusammengestellt in T. F. Hanausek, Die Safran- verfälschungen (in Kronfeld, Geschichte des Safrans, 1. c, p. 68— ■IIO), Vogl, Nah- rungs- und Genußmittel, p.359£f., Moeller, Nähr.- u. Genußm., H. Aufl., 1905, p. 1 02fr. 6) Ranwez verwendet zur Erkennung dieser Verfälschungen die Röntgenstrahlen (Ann. d. pharm. 11, Nr. 5, Compt. rend. CXXII [1896], p. 4 81). 7) Siehe unten p. 617. 8) Vgl. unten, Nr. 11, p. 636. 9) S. hierüber C. Lacaita in Maws Monographie (I.e.), Flückiger, I.e., p. 778, ausführlicher in 2. Aufl., 1883, p. 736 ff. — DeCandoUe, Origine des plantes cultivees, Paris 1883, p. 132. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 617 ihn Griechen und Römer übernahmen. Die modernen europäischen Sprachen haben jedoch allgemein die arabische Bezeichnung za' ferän (= gelb) ihrem Sprachschatze eingereiht. Von Arabern wurde auch die Safrankultur nach Spanien gebracht'). In Mitteleuropa hingegen soll sie durch die Kreuzzüge (1198) bekannt geworden sein 2). Anhang. Calenclula-Blüten. Da die Blüten der Komposite Calendula officinalis das wichtigste Verfälschungsmittel des Safrans darstellen, so sollen sie an dieser Stelle einer kurzen Besprechung gewürdigt werden. Die genannte Art ist in Südeuropa und im Oriente heimisch, wird aber bei uns vielfach in Gärten gebaut. Die Hülle (Involukrum) der an- sehnlichen Blütenköpfchen besteht aus zwei bis drei Reihen lanzettlicher, mit kurzen Drüsenhaaren besetzter Blättchen. Auf dem nackten Blüten- boden stehen zwei Arten von Blüten 3). Die äußeren hell- bis orange- gelben weiblichen Blüten sind zungenförmig (Rand- oder Strahlblüten, die inneren meist dunkelbraunen (Scheibenblüten) dagegen regelmäßig trichterförmig, 5 zähnig und zwitterig, dabei aber unfruchtbar. Nur die äußeren Blüten werden verwertet. Sie sind in Wasser erweicht schon ihrer Gestalt nach mit Safrannarben nicht zu verwechseln. Ihre zygo- morphe, bis 2,5 cm lange Blumenkrone ist flach, nur an der Basis röhrenförmig geschlossen und an der Spitze dreizähnig. Sie wird von vier Hauptnerven durchzogen, welche unterhalb der Zähne zu drei Spitzbogen verbunden sind. Der unterständige Fruchtknoten ist nach innen gekrümmt und trägt, einen Griffel mit zweischenkliger Narbe. Der Kelch fehlt. Auch der anatomische Bau"*) der Blüte ist so charakteristisch, daß selbst Fragmente derselben mit Sicherheit erkannt werden können. Die zarten Epithelzellen sind im allgemeinen rechteckig, in der Längsrichtung des Blumenblattes gestreckt; die Kutikula zeigt eine scharf ausgeprägte Längsstreifung. Höchst auffallend und von besonderem diagnostischen Werte ist der schon bei mittlerer Vergrößerung leicht erkennbare Inhalt \) Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere, p. 260. 2) Endlicher, St., Die Medizinalpflanzen der österr. Pharmakopoe. Wien 1842, p. 65. 3) Bisweilen flndet man Kulturvarietäten, deren Blütenköpfchen nur aus Zungen- blüten zusammengesetzt sind. 4) Vgl. vor allem Tschirch und Oesterle, 1. c, p. 95, Tat. XXIII, Moeller, 1. c, u. a. Q\Q Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. dieser Zellelemente: zahlreiche, kugelige oder ellipsoidische, gelb tingierte Öltropfen. Im frischen Zustande sind in diesen Zellen nach Tschirch zahlreiche rötliche Chromatophoren zu erkennen. Der obere Kronen- abschnitt führt unterseits einige wenige Spaltöffnungen. Gegen die Basis hin wird die Krone durch Vermehrung des Parenchymgewebes dicker i). Dieser Teil trägt auf der Außenseite zahlreiche mehrzellige, ein- bis zweireihige Trichome, welche zum Teil ein vielzelliges Drüsenköpfchen tragen. Der Fruchtknoten, der von gleichgestalteten Haaren bedeckt ist, fehlt zumeist an der Handelsware. Bisweilen findet man in der Droge auch die (von den Scheiben- blüten stammenden) 35 — 40 ,« dicken, rundlichen Pollenkörner. Sie unterscheiden sich von denen des Safrans durch zahlreiche spitze Stacheln und drei Poren, welche die Austrittsöffnungen für den Pollenschlauch darstellen. Die Anwesenheit von Scheibenblüten ist an den faserig ver- dickten Zellen der Antherensäcke zu erkennen. Der Aschengehalt der Flores Calendulae ist höher als der des Safrans. Hockauf 2) fand in zwei Proben 8,7 bzw. 9,13 Proz. Gesamtasche und 1,181 bezw. 1,107 Proz. in Salzsäure unlöslichen Rückstand. Die Blüten enthalten u. a. neben einem gelben Farbstoff einen Bitterstoff (Calendulin), ein flüchtiges und festes Öl, Harz, Zucker, Gummi 3) und etwa 8 Proz. Asche. Auch dieser gelbe Farbstoff ist als Karotin erkannt geworden^). 2. Ohampaca-Blüteu. Das ätherische Öl der Ghampaca-Blüten^), das zwar nur in geringer Menge, aber in neuerer Zeit regelmäßig auf den europäischen Markt kommt, stellt eine wertvolle Bereicherung des Parfümerieschatzes dar. Es sind vor allem zwei Arten, welche als Stammpflanzen in Betracht kommen: Michelia Champaca L. f= M. rufmervis B. C. M. = M. aurantiaca Wall.) mit gelben und M. longifolia L. mit weißen Blüten. -1) Schimper (Anleitung zur mikroskopischen Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel. Jena -1886, p. -103) gibt irrtümlich an, daß die Krone im allgemeinen nur zweischichtig ist, also nur aus den beiden Epidermen besteht. 2) 1. c, p. 5. 3) Nach Pharmac. Journ. Juni -igoi, p. 803. Über die Bestandteile der Calen- dulablüten s. ferner Wirth, Inaug.-Diss. (Erlangen), Wesel ^S'ä^. Tielke, Amer. Journ. Pharm. 1891, p. 477 (Ref. in Pharm. Ztg., 1891, XXXVI, p. 764). 4) Tine Tammes, Flora, LXXXVII (1900), p. 226. 5) Das »Champacac-Blütenöl ist nicht zu verwechseln mit dem ätherischen Öle aus dem Holze der Zygophyllacee Bulnesia Sarmienti Lorent'X, (Argentinien, Paraguay), das im Handel denselben Namen führt. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 619 Brooksi) führt außerdem M. fuscata und 31. nigalirica an, die aber vielleicht nur Standortsformen darstellen; jedenfalls soll das ätherische Öl jeder der genannten Pflanzen deutliche Verschiedenheiten aufweisen. Am hüchsten geschätzt und am genauesten bekannt ist das Öl aus »gelben Champaca-Blüten«. Die oben genannte Stammpflanze, ein ziem- lich mächtiger, immergrüner Baum, ist in Indien heimisch und findet sich namentlich in Nepal, Assam und Bengalen, reicht aber im Norden bis ins Gebiet des Himalaja. Sie wird hauptsächlich im tropischen Indien und auf den Philippinen kultiviert und erfreut sich bei den Ein- geborenen eines besonderen Rufes als Heilpflanze. Die großen gelben Blüten, welche an den Enden der Zweige in größerer Zahl auftreten, sind durch abgerundete Kelchblätter und zugespitzte Petalen ausgezeichnet. Die Blüten, deren gelber Farbstoff lokal auch zum Färben verwendet wird, entfalten sich zweimal des Jahres. Die Champaca-Blüten von den Philippinen sollen stärker und angenehmer duften als die von Singapore, Penang, Colombo oder Peradeniya^). Zur Gewinnung des ätherischen Öles, welche auf den Philippinen geübt wird, müssen die Blüten wegen ihres reichen Oxydasegehaltes unmittelbar nach der Pflücke der Destillation unterworfen werden. Die Ölausbeute beträgt 0,37 Proz. Bisher wurden in demselben mit Sicher- heit nachgewiesen: Phenyläthylalkohol, Benzylalkohol, Benzaldehyd, Gineol, Isoeugenpl, Benzoesäure und Essigsäure; die schwache Fluoreszenz des ätherischen Öles ist auf einen geringen Gehalt von Anthranilsäure- Methylester zurückzuführen 3]. Das ätherische Öl der weißen Blüten von M. longifolia ist weniger geschätzt, wird aber gewöhnlich mit der anderen Art destilliert. Es enthält nach Brooks u. a. Linalool, Methyleugenol, Methyläthylessigsäure und Essigsäure. Die Ölausbeute beträgt nur 0,0125 Proz. 3. Ylang-Ylang. Cananga odorata Hook, ist die Stammpflanze zweier wesentlich ver- schiedener ätherischer Öle, des Ylang-Ylang- und des Gananga-Öls, welche zu den wertvollsten Parfümerieprodukten der Tropen gehören. Neben der genannten Art sollen auch die Blüten von C. latifolia (Aut. ?) gelegentlich zur Destillation des Canangaöls herangezogen werden. Da die Erzeugnisse 1) B. T. Brooks, Journ. Am. Chem. Soc, Bd. 33, p. 1763 u. Philipp. Journ. of Sc. A VI, -1911, p. 33. (Nach Wiss. Ber. v. Roure-Bertr. Fils. (Grasse), Apr. 1912, p. 101.) 2) Nach Ber. von Roure-Bertrand Fils. Abbildung u. Beschreibung in II. Ser., Nr. 9 (Apr. 1909) u. III. Ser., Nr. 5 (Apr. 1912). 3) Siehe Brooks, 1. c. u. R. F. Bacon, Philipp. Journ. of Sc. IV, 1909, A. 131 u. V, 1910, A. 262 (Ref. in Schimmel & Co., Ber. Okt. 1909 u. Apr. 1911). 620 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Bliitenteile. verschiedener Provenienz ziemlich auffällig voneinander abweichen, läßt sich die Vermutung nicht abweisen, daß noch andere nahestehende Arten oder Lokalrassen für die Riechstoffgewinnung in Betracht kommen ; doch können die beobachteten Differenzen auch auf die größere oder geringere Sorgfalt beim Einsammeln der Blüten oder auf die Art der oft recht primitiven Destillation, vielleicht auch auf Beeinflussung durch Klima und Boden zurückzuführen sein. . Als Heimat des Ganangabaumes gilt der Malaiische Archipel. Die ältesten von den Holländern angelegten Kulturen befinden sich auf den Philippinen, die auch heute noch zu den wichtigsten Produktionsländern gehören. Ende des \ 8. Jahrhunderts wurden die Kulturen auf Reunion übertragen 1), von wo sie sich auf die benachbarten Inseln ausbreiteten, wie auf Ile de France, Madagaskar, Nossi Be, Mayotte u. a. Überdies wird er als Zierbaum in vielen tropischen Gebieten (Indien, Indochina, Seychellen, Jamaika) kultiviert. Neuestens wurden auch Kulturversuche in Deutsch-Ostafrika (Amani)^) eingeleitet. Merkwürdig erscheint die bereits von Blume berichtete Beobachtung, daß der wildwachsende Baum fast geruchlose Blüten besitzen soll, die sich daher zur Ölgewinnung nicht eignen, während die in Kultur stehenden Bäume gerade wegen ihres Wohlgeruches geschätzt sind. Der bis 20 m hohe Canangabaum trägt gelbe, zu mehreren auf ver- zweigtem Stiel stehende Blüten, deren Perianth aus 9 in 3 Quirlen an- geordneten fleischigen Blütenblättern besteht, von denen die drei äußeren kelchartig und etwa 1 cm lang, die inneren petaloid, lineal lanzettlich und bis 7 cm lang sind. Der anatomische Bau der verschiedenen Blütenblätter ist ziemlich different. StangerS) unterscheidet drei Typen: \. Das Mesophyll ist beider- seits gleichartig, ebenso die Epidermis, die aus isodiametrischen, poly- gonalen Zeflen besteht und 1 — 2 zellige Trichome sowie Stomata führt, welche beiderseits von einem Paar Nebenzellen flankiert sind. 2. Meso- phyll aus ungleich großen und kollenchymatisch verdickten Zellen; Epi- dermen beiderseits gleichgestaltet. 3. Mesophyll mit zahlreichen Ölzellen, Kristalldrusen und sklerenchymatischen Idioblasten; Epidermis der Ober- t) Über Anzucht, Kultur u. Destillation der Gananga vgl. Desruisseaux (Bull, du Jard. Colonial). Ausfuhr!. Ref. in Ber. von Roure-Bertr. Fils., Apr. 1"9i1, p. 37 und Okt. 1913, p. 92. — W. Holtz, Der Pflanzer, Bd. IX, 1913, Beih. 1, p. 19. Der Autor betont hier, daß Gananga odorata Hook. fil. et Thoms. und Unona odorata Dun. nicht synonym, aber nahe verwandt wären; diese finde jedoch dieselbe Ver- wendung und werde z. B. auf Reunion gebaut. 2) M. Mücke, Der Pflanzer, IV, 1908, p. 257. 3) R. Stanger, Pharm. Post., Bd. 45, Nr. 53, 1912, p. 594. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 621 Seite palisadenartig mit Sekretzellen, die durch den Besitz großer Zell- kerne charakterisiert sind. Die unterseitige Epidermis besteht aus iso- diametrischen Zellen. Die Canangabäume werden schon im dritten Jahre blühfähig i). Nach Ozoux2) trägt ein erwachsener Baum auf Reunion 10 — 15 kg, selten 40 — 50 kg Blüten; pro Hektar kann auf eine Blütenernte von 2000 kg gerechnet werden. Die Blütezeit beginnt auf Reunion bereits im Januar, doch ist die beste Ölausbeute in den Monaten Mai bis Juni oder noch später zu gewärtigen. Auf Manila sind zwei Hauptperioden der Blüten- entfaltung zu unterscheiden, und zwar März — Mai und Juli — Oktober^). Die Blüten, welche unmittelbar vor der Anthese gepflückt werden, müssen möglichst frisch der Destillation unterworfen werden. Die ersten Fraktionen liefern das kostbare Ylang-Ylangöl , während der restliche Teil des Destillates als Ganangaül bezeichnet wird. In den Bantamländern Javas wird ausschließlich das geringwertigere Ganangaül gewonnen, wo- bei die Blüten vorerst zerstampft und bei unzulänglicher Kühlung mit Wasser destilliert werden. Die Ausbeute schwankt zwischen 1,5 und 2,5 Proz. Ein erstklassiges Destillat liefern nur die zuerst übergehenden Fraktionen, wobei man sich mit einer Ausbeute von etwa 1 Proz. be- gnügen muß. Das hell bernsteingelbe, gegen Licht und Sauerstoffzutritt sehr empfindliche Ylangöl weist eine außerordentlich komplizierte Zusammen- setzung auf. Bisher wurden folgende Bestandteile nachgewiesen: Benzoe- und Essigsäure (Ameisensäure wohl nur als Verunreinigung), 1-Linalool, Geraniol, Methyläther des Parakresols, Kadinen, ein Pinen(?) und ein Phenol, ferner Safrol, Isosafrol, Nerol, Farnesol, Eugenol und Isoeugenol, Eugenolmethyläther, Benzylazetat und -Benzoat, Benzoesäure-, Anthranil- säure und Salizylsäuremethylester sowie ein bei 138° schmelzender Ses- quiterpenalkohol. Das Ganangaül ist hingegen ärmer an Ester und Alkoholen, jedoch reicher an Sesquiterpenen. Elze^) isolierte ferner aus einem javanischen Öle Nerol und Farnesol. -t) In Indien (Bautam) wird der Baum im 5. Jaiire blühfähig, blüht jährlich zwei- mal und liefert etwa 60 kg Blüten. Zur Gewinnung von -1 kg Öl sind wenigstens 350 kg Blüten erforderlich. (Handelsberichten [Den Haag), XII, -ig-IS, p. 340; nach Schimmel, Ber. igig, p. 86.) 2) L. Ozoux, Journ. d'Agric. trop. IX, 1909, p. 131. S. ferner Bacon, R. F., Philipp. Journ. of sc. III, 1908, A, p. 63 (zit. nach Schimmel & Co., Ber.). Nach Bacon ist bei den »echten« Blüten die Wasserdampidestillation zur Öl- gewinnung ungeeignet, während Mazeration mit Paraffinöl ein sehr gutes Produkt liefere. 3) Gildem. u. Hoffm, 1. c, II, p. 410. 4 Chem, Ztg., Bd. 34, 1910, p. 837. 622 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. Der jährliche Export von den Philippinen (Manila-)-Ylang beträgt in günstigen Jahren über 2000 kg. Ylangül wurde zum ersten Male in den 60 er Jahren des vorigen Jahrhunderts vom deutschen Apotheker Steck auf der Insel Luzon destilliert und durch die Pariser Weltausstellung im Jahre 1878 in Europa bekannt i). 4. Rosenbltätter. Von den zahlreichen Rosen und ihren Varietäten 2) finden nur wenige eine technische Verwertung. Die zur Verwendung kommenden Arten gehören zunächst dem Formenkreis der Rosa gaUica L. und R. mo- schata MiU. an. Die Heimat^) der ersteren ist Südeuropa und der Orient, während letztere in Nordafrika, Nordindien und Abessinien zu Hause ist. Nach einigen Angaben sollen auch R. sempervirens L. (Heimat im Mittelmeergebiete) und R. indiea L., welche die Stammform der ostasiatischen Rosen darstellt, in größerem Maßstabe Anwendung finden. Die wichtigsten Rosen entstammen jedenfalls dem Verwandtschaftskreise der erstgenannten Art (Gallicanae). Hierher gehören in erster Linie: R. damascena MiU. (Bastard R. gallica X R- ccmiiia mit dominierenden Merkmalen der ersteren), R. alba L. [R. gallica X R. canina [weiß- blühende Form]), R. centifolia L. und R. turhinata Ait. Diese Rosen galten früher als selbständige Arten, stellen sich jedoch in neuerer Zeit als Bastarde oder in der Kultur entstandene Varietäten heraus, die zwar bisweilen verwildert, aber niemals an natürlichen Standorten aufgefunden wurden. In Südfrankreich versuchte man in neuester Zeit die bulgarische Ölrose durch Neuzüchtungen zu ersetzen. Man kreuzte zu diesem Zwecke R. rugosa Thunb., die japanische Rose, mit einem Bastard der R. da- mascena und der Remontantrose, »General Jacqueminot». Zwei auf diesem AVege erzielte Sorten »Rose ä parfum de l'Hay« und »Roseraie de l'Hay« berechtigten zu den besten Erwartungen, doch scheint die Qualität des Blütenöles bisher den Anforderungen nicht zu genügen *). Das wertvollste Produkt der frischen Rosenblätter (Blumenblätter) ist das Rosenöl, eins der wichtigsten in der Parfümerie (auch in der Pharmazie) angewandten ätherischen Öle. Es wird nur in wenigen Ländern destilliert. Bis vor kurzem wurde der europäische Markt aus- \) Gildemeister u. Hoffmann, I. c, p. 131. 2) Auf die in Betracht kommenden Spielarten kann hier nicht eingegangen werden. Hierüber finden sich Aufschlüsse in Waage, Th., Pharm. Ztg., 1 893, XXXVIII, p. 621fr. und in den Katalogen des National- Arboretums von G. Di eck. 3) Über Heimat und systematische Stellung vgl. Pocke in Engler u. Prantl, Pllanzenfamihen, III, 3, p. 4 9 f. und die dort zitierte Literatur. 4] Wiss. Ber. von Roure-Bertrand Fils ;Grasse;, Okt. 1908, p. öS und Okt. I9M, p. 74. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 623 schließlich mit bulgarischem (»türkischem«) Rosenöle versorgt. Das vorzügliche Öl, welches in Südfrankreich (Grasse, Cannes) aus R. damas- cena^) (Rasse »Muscadine«) gewonnen wird, reicht für den Bedarf des eigenen Landes nicht aus. Von außereuropäischen Ländern kommen für die Erzeugung von Rosenöl nur Indien (Ghazipore am Ganges, La- bore usw. 2), Ägypten (Medinet Fayum) und Tunis in Betracht. Doch kommen auch von diesen Ölen höchstens vorübergehend und dann nur geringe Quantitäten in europäischen ' Handel. Das seiner Rosenzucht halber altberühmte Persien (Schiras) soll nach den Berichten Brugschs^) überhaupt kein Rosenöl produzieren, sondern dasselbe aus Indien ein- führen, was nach neueren Angaben allerdings nicht zutrifft. Doch soll hiernach die Gewinnung von Öl hauptsächlich mehr in Fümän (Prov. Gilan) erfolgen*). Das Öl selbst gilt als minderwertig &), dagegen ver- dient die Gewinnung von Rosenwasser Beachtung. In neuerer Zeit wurde von mehreren Seiten der Versuch gemacht, die Kultur der Ölrosen in Deutschland einzuführen. Hauptsächlich war es die Firma Schimmel & Co. 6), welche mit Erfolg die Rosenkultur (R. damascena) und Öldestillation , die ein überraschend günstiges Resultat ergab, in großem Maßstabe aufnahm. Im Jahre 1899 dehnten sich ihre Rosenfelder bei Miltitz bereits über 35ha aus und lieferten über 260 000 kg Blüten 'j. Auch in Rußland hat man mit vielem Erfolge Rosenpflanzungen im Kaukasus (Napareuli in Katechien) angelegt (1898)8). In der Reihe der erst seit neuerer Zeit Rosenöl produzierenden Länder ist endlich noch Kleinasien (Anatolien) zu nennen, wo rumelische Aus- \) B. gallica (»Rose de Provins«) u. R. centif. werden hauptsächlich auf Rosen- wasser verarbeitet; das als Nebenprodukt gewonnene Öl ist für den Handel ohne Bedeutung (La revue de Grasse 1907, Nr. 13, nach Schimmel & Co., Ber.). Die jährliche Blütenernte beträgt in der Grasser Gegend etwa 2—500 000 kg und darüber; in Südfrankreich werden in günstigen Jahren etwa 3 Millionen Kilogramm Rosen der Verarbeitung zugeführt. (Ber. v. Roure-Bertr. Fils., Okt. 1907, p. 59.) 2) Man gewinnt hier hauptsächlich Rosenwasser, und zwar angeblich von R. alba. Watt, Econom. prod. of India (Calcutta Exhib. 1883—1884), 1, p. 62. 3) Reise der preuß. Gesandtschaft nach Persien, 1863, II, p. 181. 4) Stolze, F. und Andreas, F. C, Die Handelsverhältnisse Persiens. Peter- manns Mitt. Gotha 1885, Ergzhft. Nr. 77. 5) Schimmel & Co., Berichte, Okt. 1897, p. 54; Apr. 1914, p. 84. 6) Nach brieflicher Mitteilung der genannten Firma wurden anfangs Versuche mit der »Centifolie« und »Marechal Niel« gemacht, während derzeit ausschließlich R. damascena kultiviert wird. 7) Vgl. Flückiger, Die Geschäfts- und Fabrikstätte von Schimmel & Co., 1895, Auszug in Siedler, Ber. d. pharm. Ges., V, 1895, p. 227 ff. — Über Ölrosen- kultur in Deutschland s. ferner Dieck, G., Wittmack, Garten-Flora, XXXVIH (1889), p. 98, Waage, Th., 1. c. 8) Chemiker-Ztg., 1898, Nr. 26, p. 262; Chem. and Drugg. LXX, 1907, p. 813. 624 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und. Blütenteile. Wanderer namentlich in der Gegend von Isparta und Brussa sehr günstige Resultate mit dem Anbau der Balkanrosen erzielten i). Auch in Spanien hat man in bescheidenem Umfange Ülrosenkulturen angelegt, die bereits ein allerdings unbedeutendes Erträgnis hefern sollen. Kulturen bei Klausenburg in Ungarn 2), zu denen R. damasceiia trigintipetala^ R. gallica, R. moschata trigintipetala^ R. canina und R. rugosa heran- gezogen wurden, befinden sich noch im Versuchsstadium. Da die bulgarische Rosenkultur und Destillation für den Welthandel die wichtigste ist, sei sie hier eingehender besprochen'^), obgleich sie noch nicht den modernen Anforderungen entsprechend ausgestaltet wurde. Die ani meisten gebaute Rose ist die rote, reich blühende, halb gefüllte R. damascena, als welche sie schon H. v. Mo hl erkannte. Die minderwertige weiße Kazanlikrose (R. alba) dient nur zur Abgrenzung der Felder. In manchen Gegenden soll nach Dl eck die gleichfalls weiße R. moschata und nach Hochstetter und Kanitz auch R. sempei'- virens gebaut werden, was jedoch Christoff bestreitet. Die Rosen- kultur wird hauptsächlich auf den Südabhängen des Balkans und der Sredna-Gora betrieben und umfaßt den Oberlauf der Flüsse Tundza und Strema, zwei Nebenflüsse der Marica. Nach Kanitz b'eteiligen sich 123 Orte an der Ölgewinnung, die namentlich in den Distrikten Kazanlik (Kasanlik, Kesanlyck), Giopca (Karlovo), Cirpan, Philippopel, Karadza dagh, Kojim tepe, Eski-, Jeni-Sagra und Pazardzik betrieben wird. Mehr als die Hälfte des Rosenöles wird im Tale von Kazanlik selbst ge- wonnen^]. Die Kultur erfolgt derart, daß fußlange Reiser in bestimmten Ab- ständen in Ackerfurchen gelegt und mit Erde bedeckt werden. Die aus- treibenden Reiser bilden mannshohe Hecken, die bereits nach 2 Jahren blühen und nach 4 — 5 Jahren vollen Ertrag liefern. Die Ernte erfolgt je nach der Höhenlage im Mai bis Juni und dauert 2 — 6 Wochen. Die aufbrechenden Blüten sollen in den ersten Morgenstunden, wo der (Jl- gehalt am grüßten ist, gepflückt und möglichst frisch destilliert werden. Die größte Gefahr für die Ernte bilden schöne, sonnige Tage, da sie 1) Dieck, 1. c; Bredemann in Schimmels Berichten 1917, p. 45. 2) K. Irk, Pharmaz. Zentralh., Bd. 54, 19-13, p. 591. 3) Vgl. hierüber: Baur, N. Jahrb. f. Pharm, und verwandte Fächer, XXVII, 1867. — F. V. Hochstetter, Reise durch Rumelien, Mitt. d. Wiener geogr. Ges. 1869. — Kanitz, Donau-Bulgarien und der Balkan, 2. Aufl. Leipzig 1882. — Blon- del, Les produits odoi-ants des rosiers etc. Paris 1889. -^ Dieck, 1. c. — Christo ff, Gh., Die Rosenindustrie in Bulgarien. Kazanlik 1889 (Ausz. in Pharm. Ztg., XXXV, 1890, p. 423). — Petit, J., La culture des rosiers en Turquie, Rev. gen. d. sc. pures et appl. XXXVIII, 1891 (nicht gesehen). — P. Siedler, Ber. d. deutsch, pharm. Ges., Bd. 22, 1912, p. 476. — Gildemeister u. Hoffmann, I. c, II, p. 575. 4) Karte der Oldistrikte in Gildemeister u. Hoffmann, II, p. 274. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 625 eine überreiche Entfaltung des Rosenflors zur Folge haben. Ein Hektar liefert durchschnittlich 3 Millionen Blüten oder 3000 kg Blätter i). So primitiv wie die Kultur ist auch die Olgewinnung. Die Rosen kommen samt den Kelchen 2) in konische, kupferne Destillierblasen (alambic), welche durch ein meist gerades Kühlrohr, das durch ein Holzfaß läuft, mit der Auffangflasche in Verbindung steht. Es werden etwa i 0 Oka frischer Rosen (1 Oka = '1283 g) mit der 7 — 8 fachen Gewichtsmenge Wassers übergössen (die Angaben in den verschiedenen Berichten variieren hierin) und etwa 10 1 über offenem Feuer abdestilliert 3). Die D^tillations- produkte von 4- Blasen (40 1) werden einer neuerlichen Destillation unter- worfen, bei der man nur etwa Y^ der eingebrachten Gewichtsmenge in Flaschen zu 5 1 Inhalt auffängt. Das zweite Destillat stellt eine trübe Flüssigkeit dar, welche sich nach längerem Stehen klärt, indem sich das Rosenöl auf der Oberfläche in dünner Schicht ansammelt. Es wird hierauf durch Trichter mit sehr enger Mündung vom Rosenwasser ge- trennt. 3000 — ^40004) Gewichtsteile Blüten liefern auf diese Weise etwa I Teil Rosenöl. Die Anbaufläche beträgt in Bulgarien über 65 000 Dekar (1904), die Blütenernte beläuft sich in guten Jahren auf etwa 20 Millionen Kilogramm. Die französische Ernte liefert jährlich 2 bis 3 Millionen Kilogramm Blüten. Die Gesamtproduktion Bulgariens be- trägt ungefähr 3700 kgS) Rosenöl. Das vom Öle getrennte Wasser kommt als Nebenprodukt, Rosen- wasser genannt, in Handel. Es wird auch in manchen Gegenden namentlich in vielen außereuropäischen Gebieten) für sich gewonnen, wenn sich das Ol nicht für den Handel eignet. Man verwendet hierzu frische oder durch Einsalzen konservierte Blüten (1 kg Salz auf 6 kg Blüten). 6 kg Blüten liefern 11 kg Rosenwasser 6). Die frischen Blüten 1) In Frankreich rechnet man eineh Ertrag von 2 — 300 g Blüten per Rosen- stock; gelegentlich werden jedoch auch 1000 g erzielt. (Ber. Roure, Bertr. fils. 1900, Okt., p. 49.) 2) Nur bei R. centifolia müssen die Kelche entfernt werden. 3) In Deutschland und Frankreich ist das Destillationsverfahren natürlich in rationeller Weise umgestaltet. So werden die kupfernen Blasen, die 4 500 kg Rosen- blätter fassen, mit Wasserdampf, nicht mit direktem Feuer, angeheizt. 4) Nach Gildemeister u. Hoffmann (1. c, II, p. 582) geben in Deutschland 5000 — 6000 kg Blüten 1 kg Rosenöl. — Wird das Hauptgewicht auf die Gewinnung von Rosenwasser gelegt, so ist die Ölausbeute wesentlich geringer. In Südfrankreich liefern 10 — 11000 kg Rosen (»Ulrich Brunner Rose«, >Rose de Mai«) 1 kg Öl und 10000 1 Rosenwasser. (Gattefosse, Parfüm. Record V [1914], p. 316.) 5) 16jähriger Durchschnitt (1890 — 1905). Die Rekordernte 1903 betrug angeb- lich 6250 kg. 6) Musspratt, Enzyklop. Handb. d. techn. Chemie, 4. Aufl., 1891. Nach Christoff (1. c.) geben in Bulgarien 10 kg Blüten 10 1 Rosen wasser. Wie 8 n er, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 40 626 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. werden auch zur Gewinnung von Rosenpomaden i) und -essenzen ver- wendet. Rosenblätter kommen auch getrocknet in Handel, und zwar in toto oder pulverisiert. Man verwendet hierzu nur die Blumenblätter von R. gallica, R. centifolia und R. damascena^). Von der erstgenannten sammelt man bloß die Blütenblätter der halbgefüllten, dunkelroten Spiel- art (Flores Rosae gallicae, Petala Rosarufn rubrarum). Die Petala sind flach, tiefrot, mit gelbem Nagel. Rasch im Schatten getrocknet, wird ihre't'arbe noch dunkler und lebhafter rot, wobei sie ein sammet- artiges Aussehen annehmen. Die Blätter haben einen herben, gerbstofT- artigen Geschmack und starken Rosengeruch. R. centifolia hat breite, häufig herzförmig gestaltete, im trockenen Zustande blaß rosenrote Fe- talen, welche gleichfalls einen herben Geschmack, aber schwächeren Ge- ruch besitzen (Petala Rosarum incarnatarum s. pallidarum)^). Beide werden mit oder ohne Kelch in Handel gebracht. Die Rosenblätter kommen hauptsächlich aus 'Frankreich, wo jährlich etwa V2 Million Kilo ^j geerntet werden, und aus Holland. Besonders hoch werden die Rosen aus den Vierlanden geschätzt^). Die Fetalen der Rosen zeigen einen sehr einfachen anatomischen Bau 6). Das Epithel der Oberseite derselben besteht aus polygonalen Zellen, die sich papillüs vorwölben. Die nur im basalen Teile fehlenden Papillen, welchen die Rosenblüten ihren sammetartigen Schimmer ver- danken, sind an der Spitze frei und besitzen eine, namentlich bei R. centifolia und R. darnascena deutlich zart gestreifte Kutikula. Bei R. gallica sind diese Kutikularstreifen nur schwach angedeutet (Fig. 233). Das Mesophyll besteht aus 4 — 8 Zellschichten eines gleichförmigen, an Interzellularen reichen Schwammparenchyms, dessen Elemente namentlich parallel zur Oberfläche durch astartige Fortsätze verbunden sind. Im Farenchym liegen die zarten, reich verzweigten Gefäßbündel eingebettet. Die Oberhautelemente der Unterseite sind rektangulär bis polygonal mit geraden oder wenig gebuchteten Wänden. Sie sind nach außen nicht vorgewölbt. Die Kutikula, welche sich beim Kochen in Wasser infolge \) In Süd-Frankreich verwundet man zur Mazeration (enfleurage ä chaud) haupt- sächlich heißes Fett oder Paraffin. 2) Die pulverisierten Blüten habrn eine hellbräunliche Farbe und intensiven Geruch. 3) Vgl. auch Vogl, Kommentar, p. \^\. k) Hannoveranisches Gewerbeblatt, 1884, p. 244. 5) In Holland geht die Rosenkultur stark zurück. Die Ernte an Rosenblättern betrug 1899 nur 2500 kg. Die Vierlande lieferten bloß 50 kg (Gehe, Handelsber.). ß] Über Anatomie von Ti. cefitifolia s. Blondel, 1. c., p. 66 ff. und A. Meyer, Wissenschaftliche Drogenkunde. Berlin 1892, II, p, 337. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und BKitenteile. 627 starker Quellung der darunter liegenden Membranen leicht abhebt, ist hier durch zierliche, parallel geschlängelte Falten ausgezeichnet, die bei R. gallica am zartesten ausgebildet sind. Auf dieser Blattseite treten namentlich im unteren Teile auch einzellige, dickwandige Haare auf. Das Epithel der Korolle ist der Sitz des roten Farbstoffes^). Das ätherische Öl findet sich fast nur in der Oberhaut von Korolle, Antheren und Griffel, namentlich in dessen Papillen der Blattoberseite; es ist in Form feinster Tröpfchen im Plasma, speziell in den Ilautschichten (?) suspen- diert^). Außer den gewöhnlichen Pflanzenbestandteilen wurde in den Petalen von Rosa gallica'^) noch Quercitrin und etwa 20 Proz. Invert- zucker nachgewiesen'*). Die Quantität der adstringierenden Substanz soll aocöQtBör- } ^1 Fig. 23:;. Vergr. 200. Querschnitt durch ein Korollenblatt Fig. 234. Vergr. 600. Wellig gestreifte von Ros(t gallica. e, e' Epithel der Ober- bzw. Unterseite. Katitula der Korollenunterseite von Rosa [1 Schwammparenchym, bei a ein Zellast durchschnitten. ceittifolia. i Interzellularen, y Gefäßbündel. nach Filhol und Frebault^) 17 Proz. betragen. Bemerkenswert ist endlich ein beträchtlicher Gehalt ein Phenyläthylalkohol^). Das Rosenöl besteht aus einem wechselnden Gemenge eines festen und eines flüssigen Körpers. Je nach dem Überwiegen des einen von beiden ist es bei normaler Temperatur flüssig oder butterförmig weich. Die Menge des festen, nicht riechenden Bestandteiles (Stearopten) hängt \] Nach den neuesten Untersuchungen Willstätters stellt das Rosenanthozyan, das Cyanin, ein Diglykosid der Cyanidingruppe (Cyanidin CisHioOg) dar. Lit. bei Schröder, Zeitschr. f. Bot. IX (1917), p. 546. 2) Bull, de la soc. bot. de France, II. ser. XI (1889), p. I07ff. ; Mesnard, Compt. rend. Paris CXV (1892), Ann. sc. nat. 1894, p. 257; Mazurkiewicz, Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. LI (1913), p. 271. 3) Die Bestandteile der Zentifolien untersuchte Enz, Vjschr. f. pr. Pharm., 1867, p. 16. 4) Filhol, Journ. de pharm., XLIV (1863), p. 134. — Boussingault gewann aus Rosenblättern nur 3,4 Proz. Zucker. Journ. de pharm. XXV (1877), p. 528. 5) Journ. de pharm. XXX (1879), p. 204. 6) Siehe Anm. 7 auf p. 628. 40» 628 Zwanzigster Absclmitt. Blüten und Blütenteile. wesentlich von den klimatischen Verhältnissen ab. Damit ändert sich, wenn auch nicht proportional, der Erstarrungspunkt (d. h. der Beginn des Erstarrens). Stearoptengehält in Proz. Erstarrungspunkt Australisches Rosenöl ^) ■ • — niedriger als 5" Bulgarisches - . . 10—15 15—22" Deutsches > . . 26—34 27—37° Französisches » . . 26 — 35 — Englisches 2) » . . 68 32° Das Stearopten (fälschlich Rosenkampfer) ist ein Paraffin {C^ßti-^i)-^]. Es besteht aus mindestens zwei homologen Kohlenwasserstoffen mit den Schmelzpunkten 22 und 40 — 41°^) und einem Siedepunkt zwischen 350 und 380°. Beim Erkalten scheidet sich das Stearopten in Form von zarten, spießförmigen, irisierenden Kristallen an der Oberfläche ab. Nach Tunmann ^) ist das Rosenstearopten kein Bestandteil des Öles der leben- den Zellen, entstammt vielmehr den kutinisierten Membranschichten der Epidermis. Der flüssige, riechende Anteil (Elaeopten) wurde in den letzten De- zennien zum Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gemacht. Er be- steht der Hauptmenge nach aus zwei Alkoholen: Geraniol (CioHigO) und in geringerer Menge 1-Gitronellol (C10H20O), die teils frei, teils als Ester vorhanden sind. Die Gesamtmenge beider Alkohole (Gesamtgeraniol) be- trägt 66 — 74 Proz. (ausnahmsweise 76 Proz.), wovon auf Citronellol 26 bis 37 Proz. entfallen 6). Außerdem wurden im Ole aufgefunden norm. Phenyläthylalkohol, der den Hauptbestandteil der Riechstoffe darstellt, Nerol (5 — 10 Proz.), Eugenol (etwa 1 Proz.), Farnesol (etwa 1 Proz.), sowie verschiedene saure Bestandteile; Äthylalkohol tritt nur auf, wenn die Blüten nicht sofort der Destillation unterworfen werden. Im deutschen Destillationsöle wurden überdies nachgewiesen: n-Nonylaldehyd, Gitral, 1-Linalool und in geringer Menge Phenyläthylalkohol, der im Extraktöl einen Hauptbestandteil darstellt^). 1) Umney, Pharm. Journ., (IV) III (1896), p. 256. 2) Hanbury zitiert nach Flückiger, 1. c, p. 169. — Der Stearoptengehält der Teerose {R. fragrans] steigt bis 74 Proz. 3) Flückiger, Pharm. Journ. and Tr. II (1869), p. 147. — Zeitschr. f. Chemie, Bd. 13, 1870, p. 126. 4) Schimmel & Co., Ber. Okt. 1889. — Dypont. .1. et Guerlain, -J., Cr., l. 123 (1896), p. 700. 5) 0. Tunmann, Ber. d. deutsch, pharm. Ges.. Bd. 24 (1914;, p. 262. 6) Schimmel & Co., Ber. Okt. 1904, p. 81. 7) Übersichten über die ausgedehnte Literatur: Gildemeister u. Hoftmannj 1. c, II, p. öSSff. — Ferner M. v. Waldheim, Z. allg. österr. Apoth.-Ver., Bd. 43, 1905, p. 633 u. 657. Zwanzigster Abschnitt. Bliilen und Bliitenteile. 629 Bezüglich des Rosenwassers sei nur hervorgehoben, daß es stets sauer reagiert. Das Rosenöl ist vielfachen Verfälschungen unterworfen, die oft kaum nachgewiesen werden können. Das >türkische« Ol soll überhaupt fast regelmäßig mit dem ätherischen Ule von Andropogon Schoenanthiis (Geraniumgrasöl oder Palmarosaöl), das vor oder nach der Destillation zugesetzt wird, verfälscht sein, wogegen allerdings in neuerer Zeit von Seiten der Regierung energischere Maßnahmen ergriffen werden. Das Stearopten wird durch Walrat oder Paraffin ersetzt. Historisches^). Die Verwendung der Rosen zur Herstellung von Rosenöl war schon im Altertum, namentlich im Orient üblich, doch beschränkte man sich nach dem Zeugnis des Dioscorides darauf, fette Öle mit Rosenblüten zu aromatisieren (Oleum rosatum). Orientalische Quellen des 8. Jahrhunderts sprechen jedoch schon von der Destillation des Rosenwassers, welches einen wichtigen Ausfuhrartikel Persiens bil- dete und seine Bedeutung auch das Mittelalter hindurch beibehielt. Erst im 16. Jahrhundert finden sich bestimmte Angaben über die Destillation von Rosenöl. Von Persien verbreitete sich die Rosenkultur über Indien, Arabien und Nordafrika einerseits und Kleinasien und Bulgarien anderer- seits. Die Anfänge der bulgarischen Rosenindustrie, welche seit dem vorigen Jahrhundert den Weltmarkt beherrscht, scheinen in die Zeit der Türkenherrschaft zu fallen : in der ersten Hälfte des XVH. Jahrhunderts befanden sich ausgedehnte Rosenfelder in der Gegend von Adrianopel. Erst über 100 Jahre später werden in Kazanlik Rosenkulturen ange- troffen. 5. Orangenhlüten. Die Blüten verschiedener Citrus- kvien'^) werden in der Regel frisch gepflückt zur Gewinnung von dem in der Parfümeriefabrikation hoch- geschätzten Neroliöl und Orangenblütenwasser verarbeitet, das, ähnlich dem Rosenwasser, meist als Nebenprodukt gewonnen wird. Die Blüten werden \) Ausführlicher Quellennachweis bei Flückiger, 1. c, p. -17311. und Gildem. u. Hoifm., 1. c, I, p. U7. — P. Martell, Seifensiederztg., XLIII (1916), p. 325 ff. 2) In der »Übersicht« und im Texte Averden die verschiedenen hier In Betracht kommenden C« sinensis [Qall.) = C. Aurantium var. dulcis L. = C. Aurantium Risso, frz. »Oranger«. C. mediea L. Subsp. Limonum [Risso] Hook. f. frz. »Limonier, Citronnier«. 530 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Bliitenteile. auch zum Teil trocken (als Flores naphae) in Handel gebracht und- zum Aromatisieren verwendet i). In Salz- oder Meerwasser konserviertes Material kann noch nach längerer Zeit der Destillation unterworfen wer- den, wobei allerdings ein Öl gewonnen wird, das vom Neroliöl aus fri- schen Blüten einigermaßen abweicht 2]. Die besten, wohlriechendsten Blüten kommen von Citrus Bigaradia, dem bitteren Pomeranzenbaume. Sie liefern das eigentliche Neroli- oder Nafaöl (Essence de Neroli 3) oder »Bigarade«) und Orangenblüten wasser (>Eau de Naphe«). Die Blüten von Citrus Aurantium^ dem echten Orangenbaume, deren Öl selten in reinem Zustande, sondern stets ge- mischt mit verschiedenen Aurantieenülen in Handel kommt, sind wenig geschätzt. Sie liefern das »süße Orangenblütenül« (»Ess. volatil de Neroli«, Portugalöl), das übrigens als Handelsöl nicht in Betracht kommt. Auch die Blüten von Citrus medica^) und anderen s) finden ab und zu Verwendung zur Öldestillation. Die Blüten von Citrus Bigaradia sind 1 0 — 1 5 mm lang, der Kelch ist verwachsen, mit fünf kurzen, spitzen Kelchzipfeln versehen, daher fünfeckig (bei den Blüten von C. Äurantiwn oval). Die im frischen Zustande weiße, fleischige, fünf blätterige Blumenkrone ist im trocknen Zustande dünn und pergamentartig, schmutziggelb, an der oberen Seite mit bräunlichen, punktförmigen Drüsen besetzt. Die Zahl der Staubfäden beträgt 33 — 34 (die Blüten von C. Aurantium besitzen bloß 20 — 22 Sta- mina): sie stehen teils einzeln, teils gruppieren sie sich in 5 — 8 flache Bündel: der obere freie Teü trägt die beiden Antherensäcke. Frucht- knoten 2 — 3 mm dick, 1 2—1 i fächerig (bei C. Aurantium 9 — 1 1 fächerig); im trocknen Zustande gewöhnlich wie der Griffel und die kopflge Narbe bräunlich bis schwarz gefärbt 6). Der in Massen vorhandene Blüten- staub besteht aus länglichen, glatt begrenzten, 0,036 mm dicken Pollen- körnern. Ein Querschnitt durch das Blumenblatt^) zeigt ein papillöses Epithel \) Die Blüten dienen auch zum Bedutten des Tees, Scherz er, 1. c. 2) Schimmel & Co., Berichte, Okt. 1891, p. 26 u. Okt. 1894, p. 40. 3) Der Name ist zurückzulühren auf eine Prinzessin von Neroli (bei Rom), Her- zogin Flavlo Orsini, welche um 1680 die Blütenessenz zum Lieblingsparium erwählte. (Gildem. u. Holini., I. p. 162.1 4) Nach Sebire, 1. c, p. 65. ö) Ein aus Messina stammendes Limetteblütenöl wurde untersucht von Ernest T. Parry, Chemist and Druggist, LVI (1900), p. 933 und Walbaum, H.. Journ. f. Chemie (N. F.), LXH (1900), p. 135. 6) A. Risse, Memoire sur Thistoire naturelle des Oranges etc. Annales du Mus. d'hist. nat. 1 81 3, p. 1 69. 7) Siehe Tschirch u. Oesterle, 1. c, p. 3011. und Tat. 69. Daselbst auch Anatomie der übrigen Blütenorgane. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 631 mit vereinzelten Spaltöffnungen auf der Oberseite; die Oberhaut der Gegen- seite besteht aus länglich polygonalen, nicht vorgewölbten Zellen. Die Kutikula ist durchweg gestreift. Das lockere Mesophyll erreicht in der Blattmitte eine Mächtigkeit von etwa 40 Zellschichten. Es enthält ziem- lich knapp unter dem Epithel Ölräume, welche durch Resorption von Parenchymzellen entstanden sind. Das ätherische Öl hat aber nicht bloß in diesen Sekretbehältern, wo es in großer Menge auftritt, seinen Sitz, sondern kommt auch im Epithel der Ober- und Unterseite der Blumenblätter, sowie in der Peri- pherie der Stamina vor. Gerade das ätherische Öl des Kronenepithels soll den feinsten Geruch nach Neroli besitzen, während das Aroma des Öles aus den interzellularen Ölbehältern dem »Petit grain« (ätherisches Ol aus den Blättern und jungen Trieben) analog sein soll^). Die Blüten haben auch im trockenen Zustande einen lieblichen und kräftigen Geruch und einen bitter-aromatischen Geschmack. Der Hauptsitz der Orangenkultur zum Zwecke der Blütengewinnung ist Algier^) (Boufarik) und namentlich Südfrankreich, am Fuße der See- alpen und der Küstenzone-'). In Vallauris allein beträgt die Jahresernte etwa 1 Million Kilo*). Die Pflücke beginnt hier Ende April und dauert 4 — 5 Wochen. Gelegentlich kann noch eine genügend ausgiebige Herbst- blüte zur Destillation herangezogen werden. Der Ölgehalt der Blüten, der bei Beginn der Pflücke am geringsten ist, nimmt mit dem Fortschreiten der Saison bedeutend zu, so daß die grüßte Ausbeute bei gutem Wetter Ende Mai zu erwarten ist-^). Bei schlechtem Wetter nimmt die Olmenge ab (also umgekehrt wie bei den Rosen). Durchschnittlich werden jährlich 2,5 Mil- lionen Kilo Orangenblüten verbraucht 6). Noch höher im Preise als das französische steht nach Semler^) das nur in geringer Menge pro- duzierte türkische Orangenblütenöl. Die spanischen Öle gelten hin- gegen als minderwertig und kommen kaum zum Export. Die Blüten- ernte wird namentlich in Andalusien nur nebenher betrieben, wobei man sich auf das Einsammeln abgefallener Blüten beschränkt. Das Haupt- kontingent der Blüten liefert überdies die >süße« Orange, die in man- 'I) Mesnard, Comptes rcndus, CXV (1892), p. 894. 2) Gros, P., 1. c, p. 8. 3) Über die Produktionsgebiete s. insbes. die Abb. in Ber. Roure, Bertr. fils., Apr. 1908, p. 30. 4) Planchon, Drog. simpl. d'orig. veg. T. II, Paris 1896, p. eölfT. 5) Nach Beobachtungen von Jean Gras in Schimmel «Si Co., Berichte, Ok- tober 1899, p. 42 und Jeancard u. Satie, Sur les essences de neroU et de pctit grain. Bull. soc. chim. (1900), p. 603 und III (1901), Bd. 25, p. 934. 6) Nach der »Revue de statistique» (zitiert n. Zeitschr. f. Kosm., Parlümerii- wesen u. verw. Fächer. Wien, III (1899), p. 160). 7) 1. c, II, p. 388. 632 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. chen Gegenden sogar ausschließlich kultiviert wird. Die Destillation wird hauptsächlich in Barcelona betrieben. Die Ausbeute an Neroliöl beträgt etwa I Proz. Das bitter aromatische Ol ist farblos bis gelblich, ausgezeichnet durch schwache Fluoreszenz. Es löst sich in 1 — 4^2 Volumteilen SOproz. Alkohols. Die Lösung fluores- ziert stark blauviolett. Das Neroliöl explodiert in Berührung mit Jod. Die chemische Zusammensetzung des Neroliöls wurde in neuerer Zeit eingehend untersucht i). Es wurden hauptsächlich folgende Bestand- teile mit Sicherheit nachgewiesen : 1-Pinen, 1-Camphen, Dipenten, Paraffin (Nerolikampfer), ferner die Terpenalkohole 1-Linalool, d-Terpineol, Gera- niol, Nerol und deren Azetate, Anthranilsäuremethylester und Indol, ein Sesquiterpenalkohol Neridol, neuestens auch Farnesol u. a. Während der Blütenentwicklung wird das Öl reicher an Estern der Terpenalkohole, an Anthranilsäuremethylester und an Gesamtalkohol. Während die Esterifikation langsam fortschreitet, nimmt die Menge des Geraniols zu, während das Linalool eine Verminderung erfährt. Nach völliger Entfaltung ist kaum mehr eine Differenz zwischen dem äthe- rischen,Öl aus den Korollen und den übrigen Blütenteilen. Nach Jean- card u. Satie (1. c.) wird durch Destillation ein Teil der Ester im Neroliöl zerstört, so daß ein durch Mazeration mit Vaselinöl und nachfolgende Extraktion mit Alkohol erhaltenes Öl einen ganz verschiedenen Geruch aufweist. Im Handel erscheint auch ein »synthetisches Neroliöl«. 6. Malvenblüten. Die Blüten der in Griechenland und Kleinasien wildwachsenden, bei uns in Gärten häufig gezogenen Stock- oder Pappelrose, Althaea rosea Cav., werden zum Färben, namentlich von Weinen und anderen Genußmitteln verwendet. Die Pflanze wird zu diesem Zwecke in einigen Gegenden Deutschlands und in Ungarn eigens kultiviert. Mittel- franken hat eine jährliche Ausfuhr bis 50 000 kg; der Versand erfolgt hauptsächlich nach Frankreich, England und der Türkei 2). In Griechen- 1) Über die ehem. Zusammensetzung des Neroliöles s. insbes.: Tiemann u. Semler, Ber. d. D. ehem. Ges., XXVI (1893), p. 2711 ff. — Walbaum, Journ. f. prakt. Chemie (N. F.), LIX (1899), p. 350 ff. — Erdmann, E. u. H., Ber. d. D. ehem. Ges. XXXII (1899), p. 1213. — Charabot und Pillet, Bull. soc. chim., III (1898), Bd. 19, p. 853 u. (1899), Bd. 21, p. 73. — Hesse, A. u. Zeitschel, 0., Ber. d. D. ehem. Ges., XXXIV (1901/), p. 297 ff. und Journ. f. pr. Chemie, Bd. 64 (1901), p. 245, Bd. 66, p. 481. — Hesse, Ber. d. D. ehem. Ges., Bd. 32, p. 2612. — Schimmel & Co., Berichte Apr. 1914, p. 71. 2) Glan, R., Über den Farbstolt der schw. Malve, Inaug.-Diss. Erlangen 1892 (Ret. in Beitr. z. B. C. 1893, p. 292). i^ Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Bliitenteile. 633 land sollen nach Heldreichi) auch die Blüten wildwachsender Pflanzen gesammelt werden. Zur Erzielung verkäuflicher Malvenblüten kultiviert man bloß die schwärzlich blühenden, halbgefüllten Spielarten. Im Handel erscheinen die ganzen Blüten mit oder ohne Kelch oder die abgetrennten Kronenblätter. Ein konzentrierter Blütenextrakt kommt neuestens unter dem Namen »Vegetalin« in den Handel. Die großen bis handbreiten Blüten besitzen einen doppelten Kelch. Der Außenkelch ist 6 — 9 blätterig, der eigentliche (innere) Kelch 5 blätterig. Die Blätter des etwa um 1/4 kleineren Außenkelches sind von der Mitte an, die des inneren etwa vom unteren Drittel an verwachsen. Beide Kelche erscheinen oberseits kahl, unterseits zottig 2). Das Mikroskop lehrt, daß die obere Ober- haut sämtlicher Kelchblät- ter mit einfachen Haaren besetzt ist, welche nur sel- ten Übergänge zu Büschel- haaren zeigen, während die untere Epidermis, von spär- lichen Drüsenhaaren abge- sehen, durchweg typische, kräftige Büschel- oder Sternhaare aufweist, die am Grunde von einem Kranz von Nebenzellen umgeben sind. Die Oberhautzellen selbst zeigen in der Flächen- ansicht mehr oder minder grobe Tüpfelung. Stomata finden sich in ge- ringer Zahl auf beiden Seiten. Unterhalb der oberen Epidermis liegt eine an Kristalldrusen von oxalsaurem Kalk reiche Zellschicht, welche durch die Oberhaut hindurch sichtbar ist. — Die Blumenkrone besteht aus 5 oder mehr freien, breit herzförmigen oder abgerundet dreieckigen, bis 5 cm breiten, bis 4 cm langen, am Grunde gewöhnlich gelben und daselbst zottig behaarten Blumenblättern, welche von dichotom verzweigten Gefäßbündeln durchzogen werden. Das untere Ende der sonst dünnen Blumenblätter ist fleischig. An der Seite sind die Blumenblätter ganzrandig, an der oberen Grenze hingegen stets mehr oder minder deutlich buchtig. Ein Fig. 235. Vergr. 400. Flächenschnitt von der Oberseite des Kelches, e getüpfelte Oberhautzellen, at Spaltöffnung, ni Kri- stalle {kr) führende Mesophyllschicht (durchschimmernd). 11 1. c, p. 52. -2) Die Blüten unterscheiden sich von der sehr nahestehenden A. pallida W. et Kit. dadurch, daß der innere Kelch den äußeren überragt, daß die Petala breiter als lang und weniger ausgerandet sind als bei der letztgenannten Art. 634 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. zartes, stärkeführendes, aus polygonalen, etwa 0,024 mm breiten Zellen zusammengesetztes Epithel bedeckt die Blütenblätter beiderseits. Die Zellen des unteren Epithels sind fast immer, die des oberen auf der Basis der Blumenblätter und über den Nerven gerade, im übrigen mehr oder weniger deutlich wellenförmig konturiert. Hier und da trifft man zylindrische bis keulenförmige Drüsenhaare an, die aus einer Reihe von mehreren Zellen (meist 5 — 7) bestehen. Das Mesophyll der Blütenblätter ist sehr schleimreich. Die Basis der Blumenblätter steht im Zusammenhang mit der Antheren- röhre, zu welcher die Filamente der zahlreichen Staubgefäße bei allen Malvaceen verwachsen sind. Die Pollenkörner, kugelförmig gestaltet, mit stacheliger Oberfläche versehen, messen 0,148 mm im Durchmesser. Das Gynöceum hat im wesentlichen denselben Bau wie bei allen verwandten Malvaceen. Trockene Malvenblätter sind zusammengeknittert und häufig eingerollt. Der Malvenfarbstoff, der in Alkohol und warmem Wasser sehr leicht löslich ist, gibt im allgemeinen die Reaktionen des Anthozyans. Der alkoholische Extrakt besitzt eine violett- rote Farbe. Alkalien geben einen grünen Niederschlag und farbloses Filtrat. Wird die mit Alaun versetzte Lösung mit kohlensaurem Kalk geschüttelt, so tritt eine schön blaue Färbung aufi); desgleichen bewirkt Kupfersulfat eine intensiv blaue Tinktion der Lösung. Der zu den Anthozyaninen gehörige natürliche Malvenfarbstoff, das Malvin ist nach Willstätter ein Diglykosid des Malvidins, welches seinerseits als Dimethyläther des Delphinidins CisHkjO; (aus Delphinium Consolida) aufzufassen ist 2). Die spektroskopische Untersuchung 3) zeigt eine einseitige Endabsorption, die mit zunehmender Konzentration von rechts nach links bis C fortschreitet^). 7. (jewürziielken. Die Gewürznelken (clous de girofle) sind die im Knospenzustande befindlichen Blüten von Jambosa Caryophullus (Spreng.) Ndx. Die Heimat dieses jetzt in den Tropen häufig kultivierten s) Baumes sind die 1) Siehe Flückiger, 1. c, p. 794. Rotwein wird, auf gleiche Weise beüandelt, mißi'ärbig. 2) Vgl. die Ergebnisse der Anthozyaninl'orschung bei Schröder, Zeitschr. f. Bot. IX (1917), p. 546. 3) Glan, 1. c , und H. W. Vogel, Dinglers Polytechn. Journ., p. 219. 4) Wenn es sich um gleichzeitige Anwesenheit von Rotwein handelt, dann ist die optische Untersuchung unzuverlässig. A. Hasterlik, Mitt. aus dem pharm. Inst, u. Labor, f. angew. Chemie d. Univ. Erlangen, 1890, Hft. 2. 5) Musspratt, Enzykl. Handb. d. techn. Chemie, 4. Aufl., VI, p. 242. — Opel, A„ 1. c. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 635 Molukken, nach Rumphius speziell die Insel Makiani). Derzeit kommen die »ostindischen« Nelken des Handels zumeist aus Amboina, welches durch Größe und Olreichtum ausgezeichnete Ware liefert, während Penang, Sumatra usw. für den europäischen Handel von geringer Be- deutung sind. Die überwiegende Quantität der Handelsware bilden die »afrikanischen« Nelken, die zumeist von den Inseln Sansibar und Pemba, zum kleineren Teil auch von Mauritius, Reunion und Madagaskar 2) stam- men. Die »amerikanischen« oder »Cayenne« -Nelken kommen daneben für den europäischen Markt kaum in Betracht. Die Sansibar-Nelken (aus Sansibar und Pemba) allein machen Ys der Gesamtproduktion der Erde aus 3). Die Nelkenplantagen bilden hier ausgedehnte Kulturen auf der Westseite der Inseln. Die Bäume sind etwa zwischen dem 6. und 15. Jahre ertragsfähig und liefern durchschnitthch 2,5 — 4 kg (trockene) Nelken. Die anfangs grüne Farbe derselben verfärbt sich allmählich über Gelb in Rot; in diesem Stadium, in welchem das Öl in größter Menge vorkommt und den feinsten Geruch besitzt, schreitet man zur Pflücke, die mit besonderer Sorgfalt vorgenommen werden soll. Die Ernte beginnt je nach der Örtlichkeit im August bis November und währt mit Unterbrechungen etwa 6 Monate. Die Nelken Werden samt den Stielen (Infloreszenzachsen) mit der Hand abgenommen oder auf wenig rationelle Weise mit Bambusstangen abgeschlagen. Die Blüten- knospen werden hierauf von den Stielen befreit drei Tage in der Sonne oder eine Woche hindurch auf Bambushürden über rauchendem Feuer und dann erst in der Sonne getrocknet ''). Nach Semler werden sie bis- weilen vor dem Trocknungsprozeß für wenige Sekunden in heißes Wasser gebracht. Die Nelkenstiele, welche wie alle oberirdischen Teile von Jam- bosa ätherisches Öl in geringer Menge enthalten, kommen als Nelkenstengel oder Nelkenholz (Stipites oder Fusti Garyophyllorum, griffes de girofle) in beträchtlichen Quantitäten in Handel 5). Die Jahresernte an Sansibar- Nelken ist bedeutenden Schwankungen unterworfen. Aus einem 16 jäh- rigen Durchschnitt ergibt sich eine mittlere Jahresernte von 385 771 Frasi- 1) Niedenzu in Engier-Prantl, 1. c, III, 7, p. 85. — Flückiger, 1. c, p. 796. 2) Die Plantagen von Madagaskar umfassen heute bereits 400 000 Bäume. (Phar- maz. Journ., Bd. 89, 1912, p. 571.) 3) 0. ßaumann, Wiss. Veröllentl. d. Ver. f. Erdkunde zu Leipzig, III, Hft. 2 u. 3. — Konsularber. in Pharm. Journ. and Tr., 1893 (Ref. in Pharm. Ztg., XXXVII (1893), p. 337). — Semler, 1. c, p. 351. — Caster, Ghemist and Druggist, Bd. 83 (1913), p. 825. — Eine kartographische Darstellung des Produktionsgebietes in Schimmel & Co., Berichte, Okt. 1900. Vgl. auch die unten zitierte Literatur. 4) Verschiedene in neuerer Zeit zur künstUchen Trocknung in Anwendung ge- brachte Apparate haben sich nicht bewährt. Tropenpflanzer, II (1898), p, 257. 5) Die Zufuhr betrug 1909 etwa 1,3 Mill. Kilogramm (Schimmel & Co., Ber. Apr. 1910, p. 78). 636 Zwanzigster Abschnitt. Riten und Blütentei lahi) (über 6 Mill, Kilogramm), wovon 284 059 Frs. (etwa 4,6 Mill. Kilo- gramm) auf Pemba, 101 712 Frs., (etwa 1,6 Mill. Kilogramm) auf Sansibar entfallen. Die wichtigsten europäischen Handelsemporien für Nelken sind Rotterdam, London, Hamburg und Marseille. Die Blüten von Jambosa stehen in endständigen, fast regelmäßig 3-teiligen Schirmrispen und besitzen je zwei schuppenfürmige Vorblätter. Die Kelche der abgenommenen Knospen sind in frischem Zustande rot, die Korollen weiß. Nach dem Trocknen erscheinen jene dunkler, diese heller »nelkenbraun« 2). Die Amboina- Nelken sind vor den Sansibar- Nelken durch ihre bisweilen fast doppelte Größe und ihre hellere Farbe ausgezeichnet. An den käuflichen Gewürznelken untei- scheidet man ein 10 — 14 mm langes, am Querschnitte etwa rhombisches Rezeptakulum (Unterkelch oder Hypanthium), das vier dick- liche, dreieckige Kelchblätter trägt, mit welchen die vier zu einer Halbkugel zusammenneigen- den, fast kreisrunden Korollenblätter 3) alter- nieren. Diese umschließen zahlreiche, ein- wärts gekrümmte Antheren und einen Griffel mit einfacher Narbe. Auf dem Grunde der Blüte erblickt man einen fast quadratischen Wulst (Diskus), der als Nektarium anzu- sprechen ist (Fig. 236). — Das an seiner Oberseite runzelige Rezeptakulum umschließt in seinem oberen Ende den zweifächerigen, vieleiigen Fruchtknoten. Unterhalb dieser Fruchtknotenhühle zeigt es folgenden anatomischen Bau (Fig. 237). Auf eine mächtig verdickte Epidermis (die Außenwand ist 13 — 14 // stark), die in geringer Zahl Spaltöffnungen (Fig. 238 s^) führt, folgt ein dünnwandiges in radialer Richtung etwas gestrecktes Parenchym (p'J, in welchem man schon mit bloßem Auge die zahlreichen, in ein bis drei Reihen angeordneten schizogenen^) Ölbehälter (Interzellularlücken i) wahrnehmen kann. ■I) 1 Frasilah = 16,128 kg. 2) Daß die Bräunung nicht auf die Trocknung im Rauche zurückzulühren ist, wurde schon von Wiesner (1. Aufl., p. 697) nachgewiesen. Tschirch u. Oesterle (I.e., p. 47) führen sie auf ein Phlobaphen (Nelkenrot), Gildem. u. Hoffm. (1. c, I. Aufl., p. 676) wenigstens teilweise auf Furfurol zurück. 3) Beim Aufblühen wird die Blumenkrone durch die sich streckenden Antheren als Kappe abgehoben. Diese Köpfchen kamen im Mittelalter als »Cappelletti« in den Handel. Heyd, Gesch. d. Levantehandels. Stuttgart -1879, II, p. 397. 4) Genauer gesagt oblitoschizogen (im Sinne Tschirchs) wie bei allen Myr- taceen. da die Sezernierungszellen bald obliterieren. Siehe Lutz, G., Bot. Zentralbl., LXIV, 1890, p. 292 f. Fig. 236. Lupenvergr. Längsschnitt durch die Gewürznelke. Kr Korolle, K Kelch. A Antheren, g Griffel. D Diskus, fa Fruchtknotenfächer. L Interzellnlarenreiches Parenchym, PI Fortsetzung d. Plazenta, /)■ Öl- behälter. (Nach A. Meyer.) Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Bliitenteile. 63'i Diese sind am Querschnitte elliptisch mit radial gestellter Haupt- achse. Ihre größte Länge schwankt zwischen 100 — '230 /<, meistens v^__. ■■?^' Fig. 237. Vergr. 21. Querschnitt durch das Rezeptakulum der Gewürznelke. ( Oberhaut, y' Parencliym mit ölführenden Interzellularlücken (i). p- Parenehym mit Gruppen von Gefäßbündeln (g^. p"' lockeres Parenehym. C Coluraella. jedoch nur zwischen 170 — 215 f.i (Tschirch). Das ä- fassende zartwandige Sezernierungsepithel färbt sich bei Behandlung mit Phlorosrluzin-Salzsäure deutlich rot^). fach getüpfelte Parenehym eine mehr isodiametrische Gestalt an (jß). In diesem Teile verlaufen zahlreiche Gruppen von Gefäßbündeln, die von einem schwach kollenchymatischen ^) Es ist von vornherein nicht zu entscheiden, ob es sich im vorhegenden Falle um > Verholzung« oder um Imbibi- tion der Zellwand mit Nelkenöl oder einem ähnlichen aldehydartigen aromatischen Körper handelt. Ich finde nämlich, daß mit Nelkenöl durchtränktes Filterpapier mit Phlorogluzin + Salzsäure, sowie mit Anilinsulfat ganz ähnliche Farbenreak- tionen gibt wie »verholzte Membranen« (s. auch Tschirch u. Oesterle, 1. c). Fig. 23S Vergr. 110. Querschnitt durch den peri- pheren Teil des Rezeptakulums. st Spaltöffnung, sc Sezernierungszellen. Kr Kri- stalldruae. Die der Epidermis zunächst liegende Interzellularlücke ist nur angeschnitten. Die übri- gen Bezeichnungen wie in Fig. 237. 638 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Biiitenteile. Gewebe (Fig. 239 c) begleitet werden. Diese Gefäßbündel (Fig. 239^) werden in der Regel als konzentrische bezeichnet. Nach meiner Meinung handelt es sich hier aber nicht um einzelne, sondern um eine Anzahl zu einer Gruppe vereinigter Gefäßbündel. Die kleinen Bündel wären hiernach ursprünglich als bikoliateral aufzufassen, zeigen jedoch bisweilen eine weitgehende Reduktion, indem der innere (s"j, seltener auch der äußere Phloemanteil (s) der einzelnen Gefäße fehlen kann, wie es in Fig. 239 zum Ausdruck kommt. Indem dieselben zu fächerförmigen oder radien- (strahlen-) förmigen Gruppen zusammentreten, ist es be- # ^'^ 0 x^- '''t^^^ er^ ^> ^ - /. %: 4Bi ^ #— vTz. M # Fig. 239. Vergr. 270. Querschnitt durch ein Gefäßbündel des Rezeptakulums. X Xylem. s äußere, s' innere Gruppe Ton Siehelementen. e Kollenchym. h Bastzellen. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. "237. greiflich, daß die Siebteile in der Peripherie und im Zentrum einer jeden Gruppe anzutreffen sind. Das Xylem wird aus zarten Schrauben- gefäßen gebildet. Die Phloemteile werden von Kristallfasern sowie von vereinzelten stark verdickten und verholzten Bastzellen (b) begleitet, welche durch eine unregelmäßig knorrige Gestalt ausgezeichnet sind und eine Länge von 0,3 — 0,4 mm erreichen. Weiter nach innen vorschreitend folgt ein weitmaschiges an Inter- zellularen reiches Parenchym fp^J, dessen Zellen rundlich oder länglich gestaltet sind. Dem unbewaffneten Auge erscheint diese Zone hellbraun gefärbt. Die Mitte des Rezeptakulums nimmt eine >CoIumella«, die Fort- setzung der Plazenta nach unten, ein, welche in ihrer Peripherie zahl- Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Bliitenteile. 639 reiche kleine bikollaterale Gefäßbündel, selten auch einzelne Bastzellen führt. Der mittlere Teil besteht aus parenchymatischen Elementen, die durch den massenhaften Besitz von Kalkoxalatdrusen, wie sie im übrigen Parenchym nur spärlich auftreten, ausgezeichnet sind. Eisenchlorid färbt sämtliche Gewebselemente schwarz. Behandelt man Schnitte mit Kalilauge, so treten nach längerer Zeit im ganzen Präparate zahlreiche nadelfürmige Kristalle von eugenolsaurem Kali auf^). Ölbehälter finden sich auch in allen übrigen Blütenleilen , selbst in den Antheren, worauf jedoch hier nicht näher eingegangen werden kann 2). Die Gewürznelken führen außer den gewöhnlichen Pflanzenbestand- teilen (unter denen Stärke fehlt), Tannin^), Gummi^j und große Quan- titäten Nelkenöl (Sansibarnelken enthalten 15 — 20 Proz.), das in der Handelsware nicht bloß in den Ölbehältern, sondern in Tropfenform auch im Parenchymgewebe auftritt. Der Aschengehalt bei 100° C. ge- trockneter Nelken schwankt zwischen 4 — 7,5 Proz. &). Das Nelkenöl wird am besten durch Wasserdampfdestillation der ganzen oder zerkleinerten Nelken gewonnen. Es ist stark lichtbrechend, gelblich, an der Luft aber braun werdend. Spez. Gew. 1,07 — 1,045 (bei 15"C)ö). Sein Geruch ist stark gewürzhaft, der Geschmack brennend. Ferrisalze bewirken eine Grün- oder Blaufärbung der alkoholischen Lösung. Den wertvollsten Bestandteil des Nelkenöls bildet Eugenol, ein Phenol von der Formel C]oHi20, von dem es 70 bis über 90 Proz. ent- hält. Außerdem treten in geringerer Menge auf: Azeteugenol (Erd- mann), Caryophyllen C15H24 (Church, Wallach], Salizylsäure in Form von Azetsalizylsäureester des Eugenols (Scheuch, Erdmann), Methyl- alkohol, Methylamylketon, Furfurol (Schimmel, Erdmann), Benzoe- V, Moli seil, Grundriß einer Histochemie usw. Jena iigemeinen Jasmin« [J. ofßeinale?) gepfropft. 2) Jedenfalls würden sich auch andere Arten in gleicher Weise verwenden lassen; so lenkt Volkens die Aufmerksamkeit auf das weißblühende, nach Gardenien duftende J. gardeniodorum (Notizbl. d. k. bot. Gart. u. Mus. Berl., App. XXII, 4 910). 3) Nach Knoblauch in Engler-Prantl, IV, 2, p. 1 6. 4) In Algier, wo Jasmin vorzüglich gedeiht, kann die Kultur wegen der allein in Südfrankreich erzielten Überproduktion nicht festen Fuß fassen. Vgl. P. Gros, I. c. 5) Nach V^iss. Ber. v. Roure-Bertr.-Fls., Okt. 1905, p. 51. 6) Das Enfleurageverfahren soll nach A. Hesse (Ber. d. Deutsch. Ghem. Ges., XXXVII [1904], p. 1457) eine 45mal größere Ausbeute liefern als die Extraktions- methode. Wiesn er, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 41 642 Zwanzigster Abschnitt. Bliiten und Blütenteile. das zur Absorption verwendete Fett oft nicht hinreichend gereinigt wirdi). Das ätherische Extraktül (Ausbeute 0,077 Proz.) ist von rötlich- gelber Farbe. Die chemische Untersuchung 2) ergab bisher folgende Bestandteile des Jasminöles: Jasmon (CuHigO), ein hellgelbes Öl von intensivem Jasmingeruch, 60 — 95 Proz. Benzyl- und Linalylazetat, 6 Proz. Benzyl- alkohol, 15,5 Proz. Linalool, ferner Indol und Anthranylsäuremethylester; von F. Elze wurde neuestens die Anwesenheit von p-Kresol und Geraniol erwiesen. Tsuchihashi und Tasaki führen überdies Methylanthra- nilat an 3). Anthranylsäure und Indol treten nach Hesse nicht frei in den Blüten auf, sondern in Form komplexer Verbindungen, die erst bei der Wasserdampfdestillation oder bei der Enfleurage gespalten werden; sie fehlen daher im Petrolätherextrakt aus frischen Blüten 4). 9. Lavendelblüten. Die Blüten einiger Lavendelarten kommen getrocknet in Handel oder werden im frischen Zustande der Destillation zur Darstellung äthe- rischer Öle unterworfen. Die hier in Betracht kommenden Lavendelarten haben ihre Heimat in den westlichen Mittelmeerländern, Spanien und Frankreich. Der meiste Lavendel ^j kommt aus den französischen Beständen (la- vandieres), die sich auf die Dep. Alpes maritimes, Basses Alpes, Dröme, Vaucluse, Gard und Herault verteilen. Im Ventouxgebirge allein be- decken die Bestände etwa i \ 000 ha, die einen jährlichen Blütenertrag von etwa 1,7 Millionen kg liefern ^j. 1) Jeancard u. Satie (Bull. soc. chim. III, t. 23 [1900], p. 555) fanden in 1 kg Jasminpamode 0,05 g Benzoe, 0,250 g Orangenblütenöl und 3 g Jasminöl. Siehe auch Schimmel & Co., Berichte, Apr. 1900, p. 28 und Okt. p. 34. Vgl. dagegen Hesse (s. unten). 2) H. u. M., Ber. d. Deutsch. Chem. Ges., XXXII (1899), p. 565 u. 765. — Hesse, Ebenda, p. 2611, XXXHI (1900\ p. 1585, XXXIV (1901), p. 291, 2916 u. XXXVH (1904), p. 1457. — Erdmann, Ebenda, XXXIV (1901), p. 2281 und XXXV, 1902, p. 27. — H.V.Soden, Journ. f. prakt. Chem. II, Bd. 69, 1904, p. 267. — F. Elze , Chem. Ztg., XXXIV, 912. — Vgl. auch Verley, Comptes rendus, t. 128, p. 314 und Bull. soc. chim. (HI), XXI, p. 226. 3) Journ. Chem. Ind., Tokjo, Bd. 21, 1918; Journ. Soc. chem. Industry, Bd. 38, 1919. 4) Vgl. dagegen H. v. Soden, I. c. 5) Der Name Lavendel hängt zusammen mit dem lat. lavare = waschen, baden. Die Pflanze (L. Sfoechas?) wurde im Altertum zu wohlriechenden Bädern verwendet. 6) H. Laval, Journ. Pharm, et Chim., 1886, p. 593 u. 649. — Eine Karte des Produktionsgebietes in Schimmel & Co., Ber. Apr. 1902. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blülenteile. 643 Lavendelüle liefern ferner Spanien und die großangelegten Kulturen Englands in Mitcham, Hitchin und Amphill, die aber in neuerer Zeit an Bedeutung eingebüßt haben i). Auch sonst wird gelegentlich, wo es Klima und Boden zulassen, Lavendel kultiviert, doch haben derartige Kulturen nur lokale Bedeutung 2). Die französischen Destillateure unterscheiden dreierlei Lavendel- sorten: petite, moyenne und grosse Lavande. Diese verteilen sich auf folgende botanische Arten: i. L. officinalis Chaix, Lavendel, lavande v^ritable od. femelle subsp. fragrans Jordan^ 1. moyenne > Delphinensis Jordan, petite od. fme 1. 2. L. latifolia Vill., Spik, grande 1., 1. male. 3. L. latifolia X L. offic, fragrans, Chat., Lava-ndin, grosse 1., 1. batarde. 1. L. officinalis ist ein bis \ m hoher Halbstrauch mit linealen, wenigstens in der Jugend weißfilzigen, am Rande zurückgerollten Blättern und rutenförmigen Zweigen. Die kurz gestielten Blüten stehen in oben dichten, unten lockeren, etwa 5 — 7 cm langen unterbrochenen Ähren, welche sich gewöhnlich aus 6 — 1 0 blutigen Scheinquirlen zusammen- setzen. Die in jedem Quirl von zwei spitz-ovalen, trockenhäutigen Deck- blättern gestützten Blüten erreichen eine Länge von 10 — 13 mm. Der im oberen Teile bläuliche Kelch ist röhrig, oben verengt mit 1 0 — 1 3 nach außen vorspringenden Längsrippen versehen und durch verästelte Haare filzig. Von den fünf Zähnen sind vier sehr klein, der fünfte gegen die Oberlippe gewendete hingegen groß, breit und lebhaft blau gefärbt. Blumenkrone blauviolett (»lavendelblau«), im unteren Teile gelblich, zwei- lippig, doppelt so lang als der Kelch. Oberlippe zwei-, Unterlippe dreilappig, namentlich außen von verästelten Haaren bedeckt. Die vier kurzen, fast gleich langen Antheren ragen aus dem Schlünde nicht her- vor. Das Gynözeum zeigt den für Labiaten typischen Bau. Ein mikroskopischer Querschnitt durch den Kelch (Fig. 240) zeigt in den Längsrippen verlaufende, aus wenigen Xylem- und Phloemele- menten bestehende Gefäßbündel, zwischen welche sich ein im basalen 1) In England geht die Kultui' in neuerer Zeit stark zurück. The Brit. and Col. Drugg., XXI (1897), Nr. -16. Über Art der Kultur und Gewinnung siehe Holmes, Pharm. Journ. and Tr. 1890, p. 196. Brit. and Col. Drugg., XXXIV (ISgS), Nr. 12 (n. Jahresb. üb. d. Fortschr. d. Pharm., 1898, p. 140). — Auch in Australien (Par- fum-Farm in Donolly) gewinnt man u. a. Lavendelöl, das aber wohl nicht in euro- päischen Handel kommt. Pharm. Ztg., Bd. 37 (1892), p. 541. Die Eigenschaften des- selben untersuchte Umney, Pharm. Journ. (IV) III (1896), p. 200. 2) So wird L. vera in ziemlich bedeutendem Umfange auf den Abhängen dos Bisamberges bei "Wien kultiviert. 41* 644 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. Teile mächtiger Baststrang, (b) einschiebt, der sich gegen den oberen Kelchrand hin verliert. Er besteht aus kurz spindelförmigen, reichlich getüpfelten Zellen. Das Mesophyll wird durch mehrere Lagen kristall- führender Parenchymzellen gebildet. Die stark verdickte Epidermis der Außen-(Unter-)seite ist durch mannigfache Haarbildungen ausgezeichnet. Die Hauptmenge bilden mehrzellige, oft etagenförmige Sternhaare mit feinwarziger Kutikula (Fig. 240/? u. 241^); im oberen Kelchabschnitte Fig. 2)0. Vergr. 170. Querschnitt durch eine Rippe des Kelches von Luv. vera. e Epidermis der Außenseite, e' dickwandige, «2 dünnwandige Epidermiszellen der Innenseite, h etagen- förmige Sternhaare, K kleines, I) großes Drüsenhaar, / Fuß-, s Stielzelle, c Kutikula, sp SpaltöiFnung, X Xylem, ph Phloem, h Bast. führen sie häufig einen hellblauen Zellsaft. Zwischen den beschriebenen Trichomen treten kleine Küpfchenhaare (Kleindrüsen« Fig. 240 Z;), in den Riefen zerstreut große Drüsen i) (»Großdrüsen« Fig. 241 i? u. Fig. 240Z)) mit 8-zelligem Köpfchen und blasenförmig abgehobener Kutikula, sowie über das Niveau der Epidermiszellen emporgehobene Spaltöffnungen (sp) auf. Die Oberhaut der Kelchinnenseite besteht gleichfalls aus mächtig 1) Gleichgestellte Drüsen treten auch in geringer Zahl auf den Deckblättern und der Korolle auf. Über den Bau der Labiatendrüsen s. Tschirch, Angew. Pllanzen- anat., 1889, p. 462. Zwanzigster Abschnitt. lüten und Blütenteile. 645 verdickten und verholzten (e^), unter den Gefäßbündeln jedoch zart- wandigeren und un verholzten Elementen (e^). Von der Fläche gesehen erscheinen sie schwach gewellt und ausgezeichnet durch den reichen Besitz an Kalkoxalatkristallen. Die Korolle ist hinreichend zart, um nach geringer Aufhellung in toto die wichtigsten anatomischen Verhältnisse erkennen zu lassen. Auch hier treten verschiedene Haartypen auf. Außen befinden sich Stern- haare von der oben beschriebenen Gestalt, auf der Innenseite trifft man im basalen Teile lange, einzellige Haare an, die mit zahlreichen Höckern (Aussackungen) besetzt sind; daneben stehen namentlich im mittleren Teile der Krone Küpfchenhaare, deren Fußzelle mit ähnlichen Höckern bedeckt (Fig. 241, C, /), seltener glatt ist. Die Oberhautzellen sind auf der Außenseite im oberen Teile der Korolle, auf der Innenseite hingegen Fifj. 241. Vergr. 200. Trichome von Lav. vera. A Sternhaare v&n obeu. B Großdrüse von oben, c ge- sprengte Kutikula. C Köpfchenhaar, p papillöse Epithelzellen; / Fnßzelle, si Stielzelle. A' Köpfchen des Haares. A und B von der Außenseite des Kelches, C von der inneren Seite der Korolle. durchweg zu kegelförmigen Papillen vorgewölbt. In dieser Partie treten überdies häufig kurze innere Vorsprungsbildungen auf^). Der Sitz des ätherischen Öles ist vorzugsweise in den Drüsenhaaren zu suchen. Die ßlütezeit des Lavendels währt in Frankreich und Italien von Juli bis August; in höheren Lagen tritt sie natürlich entsprechend später ein. Im Handel unterscheidet man bisweilen Fl. Lav. hortensis und Fl. Lav. gallicae^). Jene bestehen fast nur aus den noch nicht völlig ge- öffneten Blüten, während diese daneben noch Fragmente von Blüten, Stielen und Blättern enthalten. Zuweilen sollen auch die von den Kelchen befreiten Korollen in den Handel gebracht werden, die besonders feines 1) Morphologie und Anatomie der Blüte ist sehr ausführlich in Tschirch u. Oesterle (1. c, p. 290 ff. ii. Taf, 66) und A. Meyer (1. c, p. 318ff.) abgehandelt. 2) z. B. Katalog der Firma Fritz (Wien). 646 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. Ol enthalten, aber nicht zur Darstellung desselben, sondern zur Her- stellung anderer Parfüraerieartikel verwendet werden i). Die beiden einleitend genannten Unterarten unterscheiden sich von- einander in mehrfacher Hinsicht, doch scheint es nicht an Zwischen- formen zu fehlen. L. flne (L. Delphinensis), dessen Blüten das wertvollste Destillat liefern, bewohnt die höheren Lagen des Gebietes; kräftige Stengel mit biegsamen Zweigen, länglich lanzettliche ausgebreitete Blätter und lockere Ähren charakterisieren diese Form. Die weit verbreitete L. moyenne (L. fragrans) besiedelt die niedrigeren dürren Berg- und Hügelketten; sie unterscheidet sich von jener durch zahlreiche sehr dünne nicht biegsame Zweige mit aufgerichteten, schmalen stark gerollten Blättern und dichten Blütenähren. Zur Destillation des Lavendelöls werden die Infloreszenzen — am gewöhnlich der Wasserdampfdestillation an Stelle der weniger rationellen, in Frankreich allerdings bis vor kurzem am meisten angewandten, alt- hergebrachten Destillationsweise mit Wasser. In diesem Falle bringt man das frische Blütenmaterial in tragbare Destillierblasen (distillerie ambu- lante), die möglichst nahe dem Gewinnungsorte aufgestellt und über offenem Feuer erhitzt werden 2). Man beginnt etwa anfangs August mit der Verarbeitung des Materials in den niedriger gelegenen Gebieten und schreitet in dem Maße, als die Blüten sich entfalten, in immer höhere Lagen aufwärts. Das in den höchstgelegenen Teilen (Alpen, Cevennen) gewonnene Öl ist besonders geschätzt und zeichnet sich durch seinen hohen Estergehalt (40, ausnahmsweise sogar über 50 Proz.) aus. Die Ölausbeute beträgt etwa 0,5 — \ Proz. Aus getrockneten französischen Blüten wurden 1,2 Proz.s), aus frischen, in Deutschland gezogenen '1 ,5 Proz. gewonnen. Blüten englischer Provenienz, die von den Stielen befreit waren, lieferten 1,2 — 1,6 Proz, ätherisches ÜH). — Die Jahres- produktion an Öl schwankt etwa zwischen 25 und 60 000 kg. In An- betracht der zu erwartenden Rentabilität tritt man neuestens namentlich in Frankreich für die Anlage von Lavendelkulturen ein, wobei pro Hektar etwa 14 000 Pflanzen gerechnet werden^). Lavendelöl stellt eine Flüssigkeit von leicht gelblicher oder grünlich- gelber Farbe dar, die einen stark aromatischen bitterlichen Geschmack 1) "Wiesner, \. Aufl., p. 699. 2) Einen ausführlichen Bericht über Einsammlung und Destillation lieferte H. Laval in der eingangs zitierten Arbeit. 3) Schimmel & Co., Berichte, Okt. 1893, p. 24. 4) Flückiger, Pharmacographia, p. 477. 5) Lamothe, Lavande et Spie. 2. Aufl. Le Grand-Serre (Dröme) 1908. Zwanzigster Abschaitt. Blüten und BlüLenteile. 647 und intensiven Geruch nach den Blüten besitzt. Spez. Gew. 0,885 — 0,895, bei Lavendelülen englischer Provenienz nach Umney selbst bis 0,900 ^j. Es ist in 2,5 — 3 Volumteilen 70 proz. Alkohols klar löslich 2); Jodzusatz bewirkt Explosion 3). In chemischer Hinsicht wurden die Lavendelüle französischer Provenienz am eingehendsten untersucht ^j. Sie enthalten Linalool (frei, hauptsächlich aber als Azetat 5), ferner als Butyrat, Valerianat-) Geraniol und d-Borneol (frei sowie als Ester der Essig- und Kapronsäure) Gineol, Furfurol, Kuraarin, Karyophyllen^) ein Keton (Äthylamylketon?) und in Spuren noch andere nicht völlig sicher identifizierte Stoffe. Den wert- vollsten unter diesen stellt das Linalylazetat dar. In neuerer Zeit erfolgt daher die Wertbestimmung des Lavendelöles auf Vorschlag der Firma Schimmel & Co. außer durch die Geruchsprüfung meistens auch durch Bestimmung des Estergehaltes. Er beträgt für gute französische Öle 30 — 45 Proz. (Grenzwerte 26 — 60 Proz.). Öle englischer Herkunft lassen sich nicht vergleichen. Sie sind wegen ihres Aromas sehr geschätzt, obgleich sie nur einen Estergehalt von 5 — 1 0 Proz. aufweisen '). Sie haben eine abweichende chemische Zusammensetzung, namentlich einen hohen Cineolgehalt, der auch das Aroma modifiziert. Spanische Öle zeigten gleichfalls niedrigen Estergehalt, wiesen aber auch sonst völlig andere physikalische Eigenschaften auf^). 1) Pharm. Journ., (IV) I (1895), p. 199 und Pharm. Ztg., XL (1895), p. 456 f. 2) Über die Abhängigkeit der Löslichkeit vom Estergehalt s. Schimmel & Co., Berichte, Okt. 1901, p. 34. — Das von H. Haensel in Handel gebrachte »terpenlreie« Lavendelöl zeichnet sich in erster Linie durch die große Löslichkeit in Alkohol aus. Es ist in 90 proz. Alkohol in allen Verhältnissen löslich. Von 60 proz. Alkohol sind nur 3,7 Teile zur Lösung von 1 Teil Öl nötig. Vgl. R. Hefelraann, Über das terpen- freie Lavendelöl von H. Haensel, Pirna (Beil. zu Haensels Bericht, 1895, Nr. 4) u. E. J. Parrey, Terpeneless essential oils, Verl. Haensel. Pirna 1900. 3) Barenthin, C, Arch, d. Pharm., Bd. 224, p. 848. 4) Namentlich von Bertram u. Walbaum, Journ. f. pr. Chemie (H), Bd. 45 (1892), p. 590 und Semmler u, Tiemann, Ber. d. Deutsch, ehem. Ges., XXV (1892), p. 1187. Schimmel & Co., Ber. Okt. 1900, p. 40, Apr. 1903, p. 40. Siehe auch Gildem. u. Hoffm., 1. c, \. Aufl., p. 789; daselbst auch weitere Literatur, desgl. bei Flückiger, Pharmakognosie, p. 811 ff. 5) Nach Gharabot wird das ursprünglich vorhandene Linalool durch freie Essigsäure in das Azetat umgewandelt, dessen Quantität zur Blütezeit ihr Maximum erreicht. (C. r. Paris, t. 103, p. 257.) 6) Schimmel & Co., Ber. Apr. 1913, p. 66. 7) Siehe auch Umney, 1. c. ; Ref. in Pharm. Ztg., XL (1895), p. 456 f. 8) E. Gharabot fand für spanische Öle: Spez. Gew. 0,912— 0,916, aD= + 13°20' bis 16''25', Estergehalt 3,15—3,4 Proz. (Bull. Soc. Chim., (HI) XVII, p. 378f.). Sie stammten vielleicht von anderen Lavendelarten. — Auch in itahenischen Ölen kann der Estergehalt auf 25 Proz. sinken. 648 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 2. Lav. Spica ist von der vorigen Art durch einen meist höheren, reicher verzweigten Stamm unterschieden. Die Infloreszenzen sind ge- drängter, die Deckblätter schmal-lineal, pfriemlich, aber krautig, so lang wie die weißlichen Kelche, die von dichtanliegenden Sternhaaren bedeckt sind; Korollen viel kürzer als bei der vorigen Art. Die Blüten entfalten sich etwa Ende August. Die Pflanze ist in Frankreich (Dep. Dröme, Hautes Alpes, Basses Alpes, Var, Alpes maritimes usw.) und Spanien weit verbreitet und wird seit kurzem auch in Dalmatien mit Erfolg kultiviert. Die Destillation hefert eine Ausbeute von etwa 0,4 — 0,6 Proz. Die Gesamtproduktion beträgt in Frankreich etwa 25000 kg Öl. Unter Spikül versteht man entweder ein nicht einheitliches Produkt aus verschiedenen Lavendelarten (L. officinaUs und L. Spica) oder im engeren Sinne das Öl, welches aus den Infloreszenzen von L. Spica durch Destillation gewonnen wird. Das sogenannte »spanische Lavendelöl« ist in der Regel nichts anderes als ein Spikül. Dieses gelbliche ätherische Öl besitzt kampferartigen Geruch, der zwischen Lavendel und Rosmarin steht. Spez. Gew. 0,905 — 0,915, Estergehalt etwa 5 Proz.; klar löslich in 2—3 Teilen 70 proz. Alkohols. Bisher wurden als Bestandteile aufgefunden i); d-Kampfer, d-Pinen(?), Cineol, ferner in der höher siedenden Fraktion (um 200°) 1-Linalool, d- Borneol, Terpineol(?), Geraniol(?) und endlich ein Sesquiterpen. 3. Lavandin. Seiner Bastardnatur entsprechend nimmt er in seinen Eigenschaften eine Zwischenstellung zwischen Lavendel und Spik ein. Er tritt namentlich in der Zone der Steineiche auf; hier verdrängt er den wertvolleren Lavendel, dem er jedoch in höheren Lagen das Feld räumen muß. Auch in der Blütezeit hält er sich annähernd zwischen seinen Stammeltern, die er an Blütenmenge und Ölgehalt übertrifl't 70 — 80 kg Blüten liefern bereits \ kg Destillat, wozu etwa 145 kg La- vendelblüten erforderlich sind. Das ätherische Öl ist jedoch wegen seines kampferähnlichen an Spik erinnernden krautartigen Geruches weniger wertvoll. Der Estergehalt liegt niedrig und beträgt im Mittel etwa 24 Proz.- Die Blüten werden nicht gesondert, sondern gemeinschaftlich mit echtem Lavendel geerntet und destilliert, worunter natürlich die Qualität der Öle stark beeinträchtigt wird. 4. Von anderen Lavendelarten, deren ätherische Öle bisweilen dar- gestellt werden, seien noch erwähnt L. Stoechas L., L. dentata L.^) und L. pedunculata CavJ), die sowie die vorigen im Mittelmeergebiete hei- 1) Nach den neueren Arbeiten von Voiry u. Bouchardat, Gomptes rendus^ 106 (1888), p. n^i. — Bouchardat, Ebenda, Bd. 11? (1893), p. 53 u, 1094. 2) Über das äther. Blütenöl s. Gildem. u. Hoffm., 1. c, I. Aufl., p. 798. 3) Schimmel & Co., Berichte, Okt. 1898, p. 32. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 649 misch sind. Sie sind derzeit für den Handel von keiner Bedeutung, sollen daher hier nur nehenbei Erwähnung finden. Lav. Stoeckas L. besitzt dunkelpurpurne kleine Blüten, die in dichten kurzen Scheinähren angeordnet sind, an deren Spitze die violetten Deck- blätter schopfig gehäuft stehen. Die Blüten kommen ziemlich selten im trockenen Zustande als Flores Stoechadis arahicae^) in Handel. Nach Burkill werden sie heute vollständig ersetzt durch L. dentata (»Astuk- hudu«), dessen Kraut im Orient als \ Heilmittel und in der Parfümerie Verwendung findet 2), 10. Insektenpulverhlüteu. Die Blüten einiger Kompositen besitzen in mehr oder minder hohem Grade die Eigenschaft, im getrockneten und pulverisierten Zustande auf Insekten tödfich zu wirken. Die Insektizide Wirkung ist jedoch nur bei wenigen Arten 3) in genügend starkem Maße vorhanden, um praktische Bedeutung zu haben. Der Umstand, daß das Vermählen der Blüten einen nicht unbedeutenden Industriezweig bildet, rechtfertige die Auf- nahme derselben in diesem Buche. Die in Verwendung kommenden Arten sind: Chrysanthemum cine- rariaefolium (Trev.J Bocc, Pyrethrum roseum M. B. und das davon kaum verschiedene Pyr. carneum M. B. Die erstgenannte Pflanze be- wohnt die felsigen Gebiete von Dalmatien, Montenegro und Herzegowina, wo sie bis zur Höhe von 1000 m aufsteigt; sie liefert die dalmatiner Insektenblüte oder Flores Chrysanthemi. Die beiden letztgenannten Arten gedeihen im ganzen Kaukasusgebiete (bis 2000 m Seehühe), vor- züglich in der Gegend von Alexandropol und Elisavetpol. Von ihnen stammt das kaukasische (fälschlich persische) Insektenpulver. Im Kau- kasus werden nur Köpfchen der wildwachsenden Pflanzen eingesammelt'*). Eine Desjatine (0,925ha) liefert etwa 10 Pud (=163 kg) Blüten, die durch Trocknen und Pulverisieren 3/4 ihres Gewichtes verlieren. Die Ernte betrug im Jahre 1878 bloß 6000 Pud gegen 20 000 Pud in den 1) Vogl, Kommentar, p. 124. 2) Nach Schimmel & Co., Ber. Apr. ig-IO, p. 66. 3) Außer den angeführten Arten sollen noch die Blüten folgender Kompositen Insektizide Eigenschaften besitzen: Chrys. caucasicuTn Willd,, Chr. corymbosum L. u. Chr. macrophyllum Waldst. u. Kitaibel (Lit. bei Flückiger, Pharmakogn., p. 826, Anm. 2), ferner Chr. Parihenium Pers., Chr. inodorum L. u. Tanacetum vidgare L. (Nach Kallbruner, Zeitschr. d. österr. Apoth.-Ver., 1874, p. 543). Einige weitere Arten bei Dragendorff, 1. c, p. 676. Siehe auch Böhmer, Über Chr. corymbosum, Pharm. Ztg., XL (1895), p. 523. 4) Semenoff, Beobachtungen üb. d, Wirkung d. kaukas. roten Camille usw. Inaug.-Diss., Petersburg 1877. 650 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. fünfziger Jahren, da die kaukasischen Blüten durch die dalmatiner immer mehr zurückgedrängt werden. Von diesen finden sich die ausgedehntesten Kulturen ') im südUchen Dalmatien und Montenegro, zu welchen Gebieten in neuerer Zeit auch Brazza, Lussin u. a. dalmatinische Inseln hinzu- getreten sind. Die Anbaufläche ist vom Jahre 1875 — 1896 von 0,2 Proz. auf 0,45 Proz. gestiegen ^j. Die Anbaufläche beträgt derzeit in Dalmatien etwa 700 ha, die eine durchschnittliche Jahresernte von 7000 bis 10 000 Zentner trockener Blüten liefern 3). Die Blütezeit dauert vom Mai bis September. Die Wirksamkeit der Blüten ist am größten, wenn sie zur Zeit des Aufblühens gesammelt werden, tritt aber erst mit dem Trocknen und Pulverisieren ein. Man unterscheidet im Handel zwischen nicht oder wenig aufgeblühten (»geschlossenen« und »halbgeschlossenen«) und ganz geüff"neten oder abgeblühten (»ofl"enen«) Blüten. Die toxische Wirkung der letzteren ist nur gering *). Besondere Sorgfalt ist auf das Stadium des Einsammelns, das nur bei trockenem Wetter geschehen soll, und auf das Trocknen zu verwenden. Dieser Prozeß wird daher im Schatten oder bei den kaukasischen Blüten erst in der Sonne, dann im Schatten vorgenommen. Das Kraut ist ganz unwirksam^). Die Dalmatiner Blüten kommen hauptsächlich über Triest in toto oder pulverisiert in Handel. Zur Zerkleinerung dienen eigene Mühlen, von denen sich die grüßte in Sebenico, mehrere in Triest befinden. Die kaukasischen Blüten werden zumeist über P(3ti am Schwarzen Meere nach Europa verschifft. Der Anbau beider Arten, in neuerer Zeit namentlich von Chrys. ein., wurde schon wiederholt in verschiedenen Gegenden versucht. So existieren Kulturen von P. roseum und C/w. einer ariaefolium in Frank- 1) Die überwiegende Masse des Dalmatiner Insektenpulvers stammt von kulti- vierten Pflanzen, die sich vor den wilden durch etwas größere Blüten auszeichnen. Auch die sogenannten >wilden« Blüten sind zumeist nichts anderes als geschlossene, daher kleiner aussehende Blüten gebauter Pflanzen. 2) V. Beck, Die Vegetationsverhältnisse der illyrischen Länder (aus: Die Vege- tation der Erde von Engler u. Drude, IV). Leipzig 1901. — Baldacci, A., Re- lazioni interno al Piretro insetticida di Dalmazio o Pyr. ein. Bologna, Soc. agr. 1894. 3) Slaus-Kantschieder (Versuchsanst. Spalato) , Pharm. Post. 1913, p. 463. 4) Nach Vogl (Kommentar, p. 117) besteht die beste Sorte aus den geschlos- senen Körbchen wildgewachsener Pflanzen (Montenegriner); mindere Sorten sind die halb und ganz geöff'neten Köpfchen wild gewachsener (Ragusaner, Albaneser), sowie jene kultivierter Pflanzen (Starigrader, Kastei usw.). 5) Nach B. Reis (Pharm. Ztg., XXXIII, 1888, p. 132) dienen die Stiele nicht allein >ls Fälschungsmittel, sondern auch als grobes Pulver für Felle und Pelzwerk. Daß aber diesem Pulver Insektizide Wirkung zukommt, muß bezweifelt werden. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 651 reich, solche von Dalmatiner Insektenblüten in Kalifornien i), in neuester Zeit auch in Algier 2). Auf den Berliner Rieselfeldern führte man seiner- zeit gleichfalls versuchsweise den Anbau von Insektenpulverpflanzen ein. Die morphologischen und anatomischen Verhältnisse beider Arten sollen getrennt behandelt werden. a) Flores Ghrysanthemi^). Die Droge besteht aus den köpfchenfürmigen mehr oder minder entwickelten Blütenständen, die zumeist noch mit einem 1/9 — ^ cm langen Rest des hohlen gerippten Blütenstieles (Infloreszenzachse) in Verbindung stehen. Der Querschnitt durch denselben zeigt entsprechend den Rippen isolierte Kollenchymstränge, unter denen die Gefäßbündel verlaufen. In den Riefen stehen neben einfachen Trichomen T- förmige Haare mit 2 — 4 zelligem Stiel und spindelförmiger, dickwandiger Endzelle. Die Ober- hautzellen besitzen eine deutlich gestreifte Kutikula. Das geschlossene Köpfchen hat eine etwa eiförmige, das entfaltete eine halbkugelige Ge- stalt; sein Durchmesser beträgt im geschlossenen trockenen Zustande 0,5 — 0,8 cm, offen bis 1,2 cm (ohne Zungenblüten). Der Durchmesser des offenen Köpfchens mißt im lebenden Zustande (einschließUch der Randblüten) etwa 5 cm. Die dasselbe einschließenden, sich dachziegelig deckenden Hüllblätter haben außen eine gelblichbraune, auf ihrer Innen- seite eine gelblichweiße Färbung. Die äußeren sind kurz, lanzettlich, gekielt, die folgenden dagegen spatelig und nahezu flach. Der Blattrand wird durchweg von einem trockenhäutigen, weißlichen Saume gebildet. Die unterseits bedeutend verdickte Epidermis ist durch den Besitz von Spaltöffnungen und T- förmigen Haaren von dem oben erwähnten Bau ausgezeichnet. Im »Mittelgewebe« (Vogl) der Hüllblätter liegt zu beiden Seiten des Gefäßbündels je eine Gruppe grob getüpfelter kurzer Skleren- chymfasern^), die in den pulverisierten Blüten leicht aufzufinden sind. Die Anzahl der nur eingeschlechtlichen und zwar weiblichen Rand- oder Strahlblüten beträgt weniger als 20. Ihr Pappus (bleibender Kelch) ist trockenhäutig, undeutlich gezähnt. Die bis 16 mm lange, 4 — 6 mm 1) Boisse, Rev. d sc. nat. appl. 1894, Nr. 25. — Feil, New Reraedies 1881, p. 116 (n. Just, Bot. Jahresber., 1881, 11, p. 664). — Kew Bull. 1899, p. 297f. 2) Pharm. Ztg., 1900, p. 81. 3) Flückiger, Pharmakognosie, p. 825ff. — Tschirch und Oesterle, I.e., p. -172fr. u. T. 40. — Vogl, Kommentar, p. 116. — Ferner Unger, H., Pharm. Ztg., XXXIII (1888), p. 81, 131, 166. — Kirkby, W., Pharm. Journ. and Tr., XIX, 1889. — T. F. Hanausek, Pharm. Post, 1892; dasselbe teilweise ergänzt und berichtigt im Lehrb. d. techn. Mikroskopie. Stuttgart 1900, p. 293. — Gollin, E., Pharm. Journ. (IV) XIII, 1901, p. 474. 4) Sehr ausführlich mitgeteilt von T. F. Hanausek, 1. c. 652 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. breite weiße Korolle endigt in 3 Zähnchen, unter denen die 4 wenig verzweigten Hauptnerven zu 3 Spitzbogen zusammenschließen. Rand- maschen werden von den Nerven nicht gebildet i). Der 3 mm lange, fast keulenförmige, unterständige Fruchtknoten besitzt 5 vorspringende Rippen. Der Griffel ist in zwei mit Papillen' besetzte Narbenschenkel ge- teilt. Der anatomische Bau der Blüte ist im wesentlichsten folgender: Der nur wenige Zellagen dicke Pappus (Fig. 242) besteht aus ziemlich derbwandigen polygonalen Zellen, unter denen einzelne eine schraubige Verdickung aufweisen. Dazwischen kommen auch grob getüpfelte Skie- reiden vor. Die oberseitige Epidermis der Korolle setzt sich aus recht- eckigen bis polygonalen Zellen mit geraden Seitenmembranen zusammen. Ihre Außenwände sind zu kuppei- förmigen Papillen vorgewölbt, die an ihrer Spitze einen Winkel von 55 — 60° einschließen (Kirkby) und eine starke Kutikularstreifung auf- weisen. Die Oberhaut der Unter- seite besitzt nicht papillöse, gewellte Epidermiszellen, die durch eine ziem- lich derb gestreifte Kutikula aus- gezeichnet sind. Im oberen Teile finden sich elliche Stomata' aus- gebildet. Gegen die Basis hin treten Drüsenhaare auf, welche aus zwei Fußzellen und drei übereinander stehenden Zellenpaaren gebildet werden (Fig. 243). Die Kutikula ist blasig abgehoben. Von oben ge- sehen ist der Gesamtumriß der Drüse oval (Fig. 244). Den fünf Rippen des Fruchtknotens entsprechen ebensoviele Gefäßbündel; in den Kostal- partien, sowie in den Interkostalräumen verlaufen Sekretgänge 2). Die Außenwand der Oberhautzellen ist hier sehr mächtig entwickelt, jedoch nur von einer zarten Kutikula bedeckt. In den Riefen finden sich Drüsenhaare von der oben beschriebenen Form in großer Anzahl, mit ihrer größeren Achse (von oben gesehen) immer annähernd parallel zur Längsachse des Fruchtknotens gestellt. In den Epidermiszellen und dem darunterliegenden Parenchym treten fast in jeder Zelle einfache oder wenig zusammengesetzte klinorhombische Kristalle von oxalsaurem Kalk auf. Im Parenchym findet sich ein Kranz von interzellularen Fig. 242. Vergr. 430. Pappusrand der Zungen' bluten von Chr. cineruriaefoUuin. p porös ver- dickte, t schraubenförmigr verdickte Zellen. 1) Vogtherr, Deutsche Pharm. Ges., VII (1897), Nr. 2. 2) Vgl. die Darstellung bei Tschirch, I.e., und Hanausek, 1. c. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 653 Sekretgängen (siehe oben), die in der Droge einen gelblichen, festen In- halt führen. Die in großer Zahl auftretenden Scheibenblüten sind zwitterig und er- ^Xoji Fig. 243. Vergr. 280. 'DrnseTiha,a,T von Chr. cineraiiac- foliuiii am Längsschnitt durch den Fruchtknoten. /Fuß- zelle, c abgehobene Kutikula, e Oberhaut-, p Pareni;hym- zelle, Ar Oxalatkristalle, s Zwillingskristall. Fig. 244. Vergr. 2S0. Drüsenhaare (D) von Chr. cinerariaefolium von oben gesehen. Bezeich- nung wie in Fig. 24]. reichen eine Länge von höchstens 5 mm. Die fünflappige gelbe Korolle umschließt ebensoviele durch ein zartes Parenchym verwachsene An- thereni), deren Pollensäcke sich durch einen Längsspalt öffnen. Sie sind durch ^^ einen blattartigen Konnektivfortsatz aus- gezeichnet. Die Pollensäcke sind in der Droge Fig. 245. Vergr. 40. Anthere von C7i;-. c«/i«- Fig. 246. Vergr. 400. Teil der Antherenwand (in Fig. 245 rariaefolium (halbschematisch). / Fila- mit x bezeichnet), p porös verdickte Zellen, ment, th Pollensäcke (thecae), c/Eonnektiv. stets geöffnet. Die Zellen der fibrösen Schichte der Antherenwandung sind auch im Drogenpulver stets leicht auffindbar, da sie durch eigen- ^) Tschirch u. Oesterle, 1. c, p. 172 u. Taf. 40, Fig. 7. 554 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. lümliche Verdickungsleisten ausgezeichnet sind, welche zum Teil ring- förmig geschlossen, zumeist jedoch nach einer Seite hin offen, etwa fingerförmig ausgebildet sindi). Ihre Gestalt geht am deutlichsten aus der Abbildung hervor. Die runden, etwa 28 u dicken Pollenkörner haben eine stachelige Exine und drei Austrittsöffnungen für den Keim- schlauch. Der Fruchtknoten und die Basis der Korolle führen Drüsenhaare von derselben Ausbildung wie bei den Randblüten. Die Blüten stehen auf einem flach gewölbten Blütenboden. b) Flores Pyrethri rosei^). Die Blütenkörbchen von P. roseum sind leicht von den dalmatini- schen »Blüten« zu unterscheiden. Ihre Gestalt ist niedergedrückt kreisei- förmig (Vogl), ihr Durchmesser mißt im frischen Zustande einschließ- lich der Zungenblüten bis 6 cm, ohne diese getrocknet 0,8 — 1,2 cm. Die Hüllblätter sind braungrün, durch einen trockenhäutigen schwarzbraunen oben gefransten Saum ausgezeichnet. Die Anzahl der Zungenblüten beträgt mehr als 20. Die rosenrote Korolle erreicht eine Länge von 2,2 cm, eine Breite von 7 cm. Sie ist gleichfalls von vier Hauptnerven durchzogen, die an der Spitze mehrere Nebenäste abgeben. Aus Ästen 1 . und 2. Ordnung entstehen sechs spitz- bogenförmige Randmaschen. Die Spreite erscheint daher vielnervig 3). Fruchtknoten 1 0-rippig. Die übrigen morphologischen Verhältnisse weichen nicht wesentlich von denen der Fl. Chr7jsantkemi ab. Ebenso weist der anatomische Bau nur geringe Anhaltspunkte zur Unterscheidung auf. Von diagnostischem Werte sind hauptsächlich die folgenden Eigenschaften. Dem Pappus von P. roseum fehlen sowohl die schraubenförmig verdickten Zellen sowie zumeist die oben erwähnten Skiereiden. Die Papillen auf der Oberseite der Zungenblüten sind schlank kegelförmig und schließen an ihrem Scheitel einen Winkel von 20 bis höchstens 50° ein (Kirkby). Endlich finden sich im Fruchtknotengewebe keine Einzelkristalle, sondern nur kleine Drusen von oxalsaurem Kalk vor. ^ ) Der diagnostische Wert dieser Elemente ist ein geringer, da viele verwandte Kompositen einen ganz ähnlichen Bau der Antherenwand aufweisen. Der mikro- skopische Nachweis einer Beimengung gewisser wertloser Kompositenblüten ist über- haupt in der pulverisierten Ware nur äußerst schwierig durchführbar. S. hierüber J. Slaus-Kantschieder, Z. f. d. landw. Versuchsw. in Österr., Bd. XVI, 1913, p. 1. 2) Vgl. außer der auf p. 651, Anm. 3 angegebenen Literatur: Malfatti, Phar- mazeutische Post, 1893, p. 165. — Planchon et Collin, Les drogues simpl. d'orig. veget., T. II. Paris 1896, p. 45fr. — M. Owen, Brit. and Col. Drugg., 1896, Nr. 24. 3) Vogtherr, 1. c. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 655 Eine Unterscheidung der Köpfchen von P. roseum und P. carneum untereinander ist von keiner praktischen Bedeutung und auch schwie- rig, im zerkleinerten Zustande überhaupt kaum durchführbar. Es mag nur erwähnt werden, daß die Farbe der Zungenblüten det letzteren blasser ist und die Antheren der Scheibenblüten über die Korolle hinausragen. Die Asche der dalmatinischen und kaukasischen Insektenblüte ist manganhaltigi). Der Aschengehalt 2) schwankt zwischen 6 Proz. und höchstens 8 Proz. ; ein höherer Gehalt gilt als verdächtig. Der Wasser- gehalt beträgt nach Dieterich 8,8 — 12,7 Proz. Worauf die Insektizide Wirkung der Blüten beruht, ist noch nicht mit Sicherheit ermittelt. Daß sie nicht bloß auf einer mechanischen Verstopfung der Tracheen beruht, geht schon daraus hervor, daß ein auf Insekten toxisch wirkender Körper in Äther, Petroläther, Chloroform usw., nicht aber in Wasser in Lösung geht, während das extrahierte Pulver unwirksam erscheint. Die chemische Untersuchung^) führte zur Isolierung einer ganzen Reihe verschiedener Stoffe, die aber zum Teil als toxisch nicht in Betracht kommen. Erwähnenswert wäre insbeson- dere ein Paraffin, ein nicht näher bekanntes Glykosid, ein ätherisches ÖH) (Pyretbrosinsäure), das Alkaloid »Chrysanthemin« (G]4H28N203)^) u. a. Von S. Sato wurde die toxische Wirkung einem syrupösen Harz »Pyre- tol« zugeschrieben. Neuestens scheint J. Fujitani dem Ziele am näch- sten gekommen zu sein, indem es ihm gelang, im Ätherextrakt einen schon beim Liegen an der Luft sich zersetzenden Ester, Pyrethron, nachzu- weisen, der sich im Tierexperiment als ein Nervenmuskelgift erwies, für welches speziell Fische und Insekten eine besondere Empfindlichkeit zeigten. Die beste Wertbestimmung des Pulvers bleibt noch immer der Ausfall des physiologischen Experiments f*). 1) Die Asche der »Blütenstiele« weist hingegen keinen oder einen nur geringen Mangangehalt auf. 2) Unger, Pharm. Ztg., XXXII (ISS?), p. 685; XXXIV (1889), p. 552, — Thoms, Pharm. Ztg., XXXV (1890), p. 242. — Dieterich, Helf. Ann., 1889 u. 1890. — Vogl, Kommentar, p. 117. 3) Von neueren Arbeiten wären insbesondere zu nennen: Marino Zuco, Rendic. Lincei, 1889, p. 527; 1890, p. 571; 1 895, p. 247 und an anderen Orten. — Durrant, George, Reynold, Pharm. Journ., Ser. IV (1 897), Nr. 1 407. — Gerard, R., Journ. de Pharm, et Chim., VIII (1898), 8. — S. Sato, Journ. of Pharm. Soc. of Japan (1907), Nr. 304. — J. Fujitani, Arch. f. exper. Pharmakologie u. Pathol. LXI (1909), Hft. 1. — P. Siedler, Ber. deutsch, pharm. Ges., XXV (1915), p. 297. 4) Die Firma Haensel gewann aus Flores Chrys. 0,39 Proz. eines ätherischen Öles, das braun gefärbt und bei gewöhnhcher Temperatur fest war. Berichte, Herbst 4 898, 5) Siehe auch Pictet, Pflanzenalkaloide. Berlin 1900, p. 426. 6) Üb. Wertbestimmung vgl.: Caesar und Loretz, Handelsber., Sept. 1898 p. 727. — Dietze, F., Pharm. Ztg., XLIV (1899), p. 196f. — Dowzard, Chem. and ß56 Zwanzigster Abschnitt, Blüten und Blütenteile. 11. Saflor. Die Saflorpflanze, Carthamus tmctorius, ist zweifellos neben Indigo die wichtigste Färbepflanze, obgleich auch sie durch die zunehmende Einführung künstlicher Farbstoffe immer mehr an Bedeutung verliert. Die Heimat des Saflors ist nicht sicher ermittelt i), doch kann mit größter Wahrscheinlichkeit Ostindien (wenn auch nicht ausschließlich) als Urheimat angesehen werden. S emier 2j hält sie möglicherweise für eine vorderasiatische Steppenpflanze. Die Angabe, daß Saflor aus Ägypten stammt, ist nach Wiesner'^) darauf zurückzuführen, daß er dort seit alters her gebaut^) und nach Europa exportiert wird, während ostindische Ware erst Ende des XVIII. Jahrhunderts nach Europa (England) gebracht w^urde^). Die Saflorkultur ist derzeit weit verbreitet, doch sind für den Welthandel nur Indien, Bengalen, Persien und Ägypten als Produktionsländer erwähnenswert. Von anderen Gebieten, welche Saflorbau betreiben, sind noch China, Japan, Süd- und Mittelamerika, Columbien und Austra- lien (Neu-Südwales) zu nennen. In Europa wird Saflor vorzüglich in Spanien, Italien, Frankreich, Ungarn (Umgebung von Debrezin)^) und in einigen Gegenden Deutschlands^) kultiviert. Die produzierte Menge ist jedoch in keinem der europäischen Länder eine beträchtliche. Drugg., 1899, p. 93(). — Grieb, ebenda, 1908, p. 648. — Slaus-Kantschieder i (zit. auf p. 654), p. 7. 1) De Candollc, I.e., p. 130. — 0. Hoffmann in Engler-Prantl, IV, 5, p. 332. — Hehn, Kulturpflanzen 'und Haustiere, p. 261. 2) Tropische Agrikultur, H, p. 644. 3) Wiesner, 1 . Aufl. dieses Werkes, p. 700. 4) Nach neueren Funden in Pharaonengräbern wurde Saflor sicher schon vor mehr als 3500 Jahren in Ägypten kultiviert. Schwein furth, G.. in Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1885 und Englers Bot. Jahrb., V. 5) Bancroft, 1. c, I, p. 395. 6) Daß auch, wie oft angegeben wird, in der Umgebung von Wien Saflorkultur betrieben wird, ist nur insofern richtig, als er hin und wieder in Gärten gebaut wird. Siehe Beck, G., Flora von Niederösterreich. Wien 1893, p. 1264. 7) Wiesner sagt hierüber in der 1. Auflage dieses Werkes: »In Deutschland, ■wo man im 17. Jahrhundert, und zwar namentlich in Elsaß und Thüringen, so viel Saflor baute, daß damit ein beträchtlicher Export nach England betrieben werden konnte, wird gegenwärtig nur wenig von diesem Farbmaterial produziert. Im 1 8. Jahr- hundert konnte der deutsche Saflorbau nicht mehr gedeihen, da der levantinische Handel viel und billigen Saflor nach Europa brachte. Die Verfälschungen, denen das deutsch-e Produkt, um es möglichst billig zu machen, damals unterlag, und denen man durch gesetzliche Bestimmungen vergebens Einhalt zu tun strebte, brachten die deutsche Ware in Verruf und beschleunigten den Verfall des deutschen Saflorbaues (Beckmann, Warenkunde, II, p. 289). Den späteren Bemühungen des um Land- wirtschaft und Industrie hochverdienten Hermbstädt gelang es allerdings, die Kultur dieser Farbpflanze in Deutschland wieder etwas zu heben. Gegenwärtig wird in Thüringen und in der Pfalz Saflor gebaut.« Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 657 Der Saflor ist eine einjährige Pflanze. In der Kultur hält man ihn manchmal zweijährig. Die Pflanze wird 1 m, manchmal 1,3 m hoch. Es existieren mehrere Kulturvarietäten des Saflors, wie schon die Ver- schiedenartigkeit in den Dimensionen der Blumenblätter ergibt; es ist bekannt, daß in Ägypten eine schmalblätterige Varietät (Carth. tinct. angustifolius) kultiviert wird. In Thüringen unterschied man früher eine großblätterige, stachelige Form, der man den Namen Münch gab, und eine kleinblätterige, schwachbewehrte Form, Nonne genannt. Für die wari). Auch in Bengalen kultiviert man eine stachelige und eine stachel- lose Form, welch letztere die ge- schätztere Farbe liefert 2). Die Blüten des Saflors stehen auf einem fleischigen Blütenboden zwischen zahlreichen Spreublätt- chen, in ein etwa 2 — 3 cm Durch- messer aufweisendes Köpfchen zu- sammengefügt, welches von einem Hüllkelch (Involucrum) aus großen, dornig bewehrten Hochblättern um- schlossen wird. Die frische Blüte läßt leicht eine genauere Unter- suchung zu. Schwerer ist es, an zubereitetem Saflor des Handels die morphologischen Verhältnisse der denselben zusammensetzenden Blü- ten zu erkennen. Durch Aufweichen einer Probe in Wasser wird es je- doch stets gelingen, sich hierüber Klarheit zu verschaffen, wenn man auch oft aus Bruchstücken die ganze Blüte konstruieren muß. — Die Blüte des Saflors ist zwittrig. Fünf Staubfäden, deren gelbe Antheren zu einer Rühre verwachsen sind, um- geben den an seinem oberen Ende verdickten zweinarbigen Griffel. An der Blüte erkennt man ferner einen unterständigen Fruchtknoten, eine dünne, über 2 cm lange lichtgelbe Blumenrohre mit fünf, etwa 5 — 7 mm langen und etwa 0,5 — 0,7 mm breiten, anfänglich goldgelben, später safrangelben, schließlich roten Blumenblättern. Der Kelch ist verküm- mert oder fehlt völlig. Die weißlichen, seidenglänzenden Spreublättchen sind fast fadenförmig, über \ cm lang und etwa 0,20—0,25 mm breit. Fig. 247. Lupenbild. Isolierte Blüte von Cartha- mus tinct. Die sehr lange KoroUenrötire ist nicht vollständig gezeiclinet. P Korolle, A Antheren, N Narbe, fk Fruchtknoten. (Nach Tschirch u. Oesterle.) \) Beckmann, 1. c, p. 290. 2) Watt, Dictionary etc., II, 1889, p. ■184. Hesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 42 658 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. Die Korollen von Carthamus tinctorius sind von einem zarten Epithel bedeckt^), dessen längliche, schwach wellenförmig konturierte Zellen eine Breite von 0,012 — 0,018 mm aufweisen. An den Enden der Kronenzipfel führt die Oberhaut papillenförmige oder kegelförmige ein- zellige Haare. Das Parenchym der Korolle nimmt gegen den Blattrand an Mächtigkeit etwas zu, wodurch der Rand des Kronenblattes die Mitte an Dicke übertrifft. In dieser Region der Kronenzipfel verlaufen je zwei aus zarten Spiroiden bestehende Randnerven, die sehr charakteristisch von Sekretschläuchen begleitet werden. Gleiche Schläuche begleiten auch die Gefäßbündel des Griffels. Das braune brüchige Sekret tritt nament- lich in Chloralhydrat scharf hervor. Das Gewebe der Antheren setzt sich hauptsächlich aus gleichmäßi- gen, annähernd kubischen Parenchymzellen (Mauerparenchym) und porös verdickten, der Faserschicht angehörigen Zellen zusammen. Die warzigen, etwa 0,05—0,07 mm dicken Pollen- körner, welche innerhalb der Staub- fadenröhre namentlich in nicht ge- waschenen Sorten häufig anzutreffen sind, haben rundliche Gestalt und drei große Poren als Austrittsöff- nungen für den Pollenschlauch. Der Griffel ist durch lange Papillen fast zottig. Die zweischichtigen Spreublätt- chen sind auch in Bruchstücken, welche sich selbst bei sorgfältiger Ernte den Blüten beimengen, an den mehr oder minder geneigten, netzförmig verdickten Querwänden ihrer Zellelemente zu erkennen. In großer Menge vorhanden sind sie schon makroskopisch wahrnehmbar. Gröbere Beimengungen wie Teile des Hüllkelches usw. geben sich stets leicht zu erkennen. Das Einsammeln erfolgt bei trockenem Wetter bei voller Entfaltung oder bei beginnendem Welken der Blüten. Beginn und Dauer der Ernte ist daher natürlich nach den klimatischen Verhältnissen verschieden. So währt die Ernteperiode in Bengalen 2) (in günstigen Jahren) von Februar bis Ende Mai, während sie in unseren Gegenden im Juli bis September stattfindet. Die ersten und die letzten Blüten jeder Ernleperiode sind verhält- nismäßig ärmer an Farbstoff^). Das Trocknen des Saflors erfolgt ent- Fig. 248. Querschnitt durch die Eandschicht eines Korollenzipfels von Carth. tinct. e Oberhaut, s Sekretbehälter, 6 Gefäßbündel. (Nach Tschirch u. Oesterle.) 1) Über Anatomie des Saflors siehe: Mo eller, Nahrungs- u. Genußmittel, p. 64, Tschirch u. Oesterle, 1. c, p. 96. 2) Watt, Dictionary of the econ. prod. of India, p. 183 ff. 3) Semler, 1. c, p. 646. Zwanzigster Abschnitt. Bliilen und Blütenteile. 659 weder unter leichter Pressung bei schwacher Wärme ina Ofen oder im Schatten, da Sonnenlicht erfahrungsgemäß einen Teil des wertvollen roten Farbstoffs zerstört. Im ersteren Falle werden durch verstärkte Pressung linsenförmige Kuchen von etwa 4 cm Durchmesser geformt. Bei der zweiten Methode geht dem endgültigen Trocknungsprozeß das > Waschen« voraus, wodurch der gelbe Farbstoff der Blüten entfernt wird (siehe unten). Das Auswaschen wird in verschiedener Weise geübt. In Ägypten werden die Blüten zwischen Mühlsteinen zerdrückt, so daß der Saft abläuft, und hierauf der dadurch gebildete Brei mit Brunnen- wasser 1) ausgewaschen. Die Masse wird mit der Hand ausgedrückt, auf Tücher, Schilfmatten u. dgl. ausgebreitet und im Schatten getrocknet (Wiesner). In anderen Gegenden werden nach Semler^) (1. c.) die trockenen Blüten in Säcke gefüllt und diese in Tröge gebracht, welche von fließendem Wasser durchströmt werden. Das Auswaschen wird unter fortwährendem Treten mit bloßen Füßen so lange fortgesetzt, bis das Wasser völlig ungefärbt abfließt. Die feuchte Masse wird hierauf im Schatten getrocknet, nachdem man in der Begel vorher ebenfalls Kuchen daraus geknetet hat. Je nach der Art der Zubereitung besteht der Saflor des Handels aus zerrissenen Blütenteilen (Saflor aus Ägypten, Bombay) oder aus wohlerhaltenen Blüten (zubereiteter, d. h. gewaschener persischer und bengalischer Saflor). Die Zubereitung des Saflors hat den Zweck, den gelben, in Wasser leicht löslichen, fast wertlosen Farbstoff der Carthamus -Blüten zu beseitigen. Unzubereiteter Saflor gibt, mit kaltem Wasser geschüttelt, eine ziemlich intensiv gelb gefärbte Flüssigkeit, während zubereiteter, je nach der Sorgfalt, mit welcher das Auswaschen vorgenommen wurde, gar keinen oder nur eine kleine Menge von gelbem Farbstoff an das Wasser abgibt. Persischer Saflor ist nach Wiesner^) wohl immer gewaschen, von den übrigen Sorten kommen jedoch gewaschene und ungewaschene in Handel. So ist z. B. der Saflor aus den Basaren von Bombay, daselbst Kassumbä genannt, ungewaschen^), der bengalische hingegen sehr schön zubereitet. Guter Saflor bildet fest geschlossene Kuchen von heller Fleisch- 1 ) Die oft reproduzierte Angabe, daß das Auswaschen in Ägypten mit Salzwasser erfolgt, ist nach Wiesner auf eine Stelle in Beckmanns Werk (1. c, p. 285) zurück- zuführen, worin von Brunnenwasser die Rede ist, »welches dort immer salzig ist<. 2) Daselbst noch andere ähnliche Methoden der Zubereitung. 3) Wiesner, i. Aufl., p. 703. 4) Wiesner, Die techn. verw. Faserstoffe Indiens. Fachmännische Berichte üb. d. ostas. Exped. Anhang, p. 3U. 42* ß60 Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. färbe und tabakartigem Gerüche^). Als beste Sorte gilt mit Recht der Saflor von Persien, welchem sich zunächst der bengalische anreiht. Der gewaschene Saflor von Ägypten soll den gewaschenen ungarischen nicht übertrefi'en. Die ungewaschenen europäischen Saflorsorten stehen den genannten außereuropäischen ungewaschenen Sorten nach 2). Zur Unterscheidung einiger käuflichen Saflorsorten können nach Wiesner folgende Merkmale dienen: Ungewaschene Saflore erscheinen im Mikroskop braun oder gelbbraun, gewaschene rot bis violett. — Gemahlener Saflor besteht aus zerrissenen Blüten. — Die Breite der Blumenblätter ist bei verschiedenen Sorten ungleich und hängt nicht, wie man vermuten konnte, mit dem Grade der Feinheit zusammen. Ungarischer Saflor gilt als grob, ägyptischer (Alexandriner) als fein, und dennoch stimmen die Werte für die Breite der Blumenblätter dieser beiden Sorten fast genau überein. Wiesner hat für diese Größe, die an in Wasser gelegenen und dann sorgfältig ausgebreiteten Blumen- blättern bestimmt wurde, folgende Werte gefunden: Sorte. Mittlere Breite der Blumenblätter. Bombay 0,546 mm Bengal 0,550 » Alexandrien 0,756 » Ungarn 0,760 » Chemische Beschaffenheit des Saflors^). Nach Salvötat hat ungewaschener Saflor beiläufig folgende chemische Zusammensetzung: Wasser, bei 20° G entweichend 4,5— 1 1,5 Proz. Gelber Farbstoff, in Wasser löslich, und lösliche Salze 20,0 — 30,0 > Gelber in Alkalien löslicher Farbstoff 2,1 — 6,1 » Karthamin 0,3— 0,6 > Eiweiß 1,7— 8,0 « Wachsartige Substanz 0,6 — 1,5 > Extraktivstoffe 3,6— 6,5 » Zellulose 38,4—50,4 » Die im Mittel etwa 2 Proz. betragende Aschenmenge*) besteht vor- nehmlich aus Kieselsäure, Eisenoxyd, Tonerde und Manganoxyd. H) Semler, 1. c, p. 648. 2) Bolley, Technologie d. Spinnfasern, p. 80. (Zit. n. Wiesner, 1. Aufl., p. 703.) 3) A. Schlieper, Ann. der Chemie und Pharmazie, Bd. 38 (1846), p. .S57. — Salvetat, Ann. de Chim. et Phys. 3, T. 25, p. 337 und Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 46 (1849), p. 473. — Malin, Ann. der Chemie und Pharmazie, Bd. 136 (1863), p. 115. 4) Ilockauf, 1. c, p. 3, gibt einen Aschengehall von etwa 3,6 Proz. an; in Salzsäure unlöslich waren 1,022 — 1,133 Proz. Zwanzigster Abschnitt. Blüten und Blütenteile. 661 Der gelbe in Wasser lösliche Farbstoff, Saflorgelb (C24H30O15), wurde von Salvetat und Schlieper untersucht. Die Lösung dieses Körpers in Wasser reagiert sauer, schmeckt bitter, riecht eigentümlich und färbt stark, aber nicht dauernd, da sich an der Luft schnell Zersetzung ein- stellt. — Beim Waschen des Saflors wird das Saflorgelb preisgegeben. In neuerer Zeit macht man bisweilen das Saflorgelb insofern nutzbar, als man ungewaschenen Saflor zum Gelbfärben von Likören verwendet. Der wertvollste Bestandteil des Saflors ist das Saflorrot (rouge vegetale), spanisch Rot, oder das Karthamin. Dieser Körper bildet nach Schlieper ein tief rötlich-braunes, amorphes Pulver von grünlichem Schiller. In Wasser, Äther und ätherischen Ölen ist er unlösUch, in Weingeist leicht löslich und gibt eine schön purpurn gefärbte Flüssigkeit. Die Zusammensetzung des Karthamins entspricht nach neueren Angaben der Formel C25H240i2^). Das Saflorgelb kommt, im Zellsafte aufgelöst, in den Geweben des Saflors vor. Der in Alkalien lösliche, gelbe Farbstoff tritt in Form von Körnern auf. Das Karthamin fingiert in der Handelsware die Proto- plasmareste der Z-ellen und die Zellwände, wie die Betrachtung von ge- waschenem Saflor lehrt. Saflor und karthaminhaltige Farbstoffextrakte wurden früher, wenn- gleich wenig haltbar, zum Färben, besonders von Seide (Lyon), jetzt nur mehr zur Darstellung von Malerfarben und Schminke benutzt. Durch Zusatz verschiedener Substanzen (Alaun, Kali usw.) werden verschiedene rote Farbennuancen erzielt. 4) Kametaka u. A. G. Perkin, J. Chem. Soc, 1910, Bd. 97, p. U15. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen % Übersicht der Gewächse, deren Samen technisch verwertet werden ^j. 1. Conif ereil. Die Samen von Picea excelsa LL, Ahus alba MüL, Pinus sü- vestris L., P. cembra L. usw. können zur Ölgewinnung verwertet werden. Siehe I. Bd. dieses Werkes, Ol 4, p. 630. Weiteres Tubeuf in Naturw. Ztschr, f. Forst- und Landw., XV, 1917, p. U— 30; 209—215; Paul, 1. e., p. 31—33; 209—210; 239—251; Diels, Ersatzstoffe aus dem Pflanzenreich, Stuttgart 1918, p. 199. 2. Palmen. Phytelephas sp. s. Vegetabilisches Elfenbein. Coelococcus sp. s. Vegetabilisches Elfenbein. Hyphaene thebaica Mart. s. Vegetabilisches Elfenbein. Hyphaene coriacea Oärtn. s. Vegetabilisches Elfenbein. Cocos nucifera L. s. Kokosnußkerne. Elaeis guineensis L. und E. melanococca Oärtn. s. Palm- kerne. Über andere fettliefernde Palmensamen s. I, p. 631. Leopoldinia major Wallace. Brasilien. »Jarä-uassu«, >Jarci-assu<. Aus der Asche der Samen wird durch Auslaugen und Abdampfen ein wie Kochsalz verwendeter Rückstand gewonnen. Hartwich, Arznei- drogen, p. 382. Areca Catechu L. Areka-, Pinangpalme, im Malaiischen Archipel, in Ostindien und auf den Philippinen kultiviert. Die Samen bilden die 1) Neu bearbeitet von Reg. -Rat Dr. T. F. Hanansek; ergänzt von Prof. J. Weese. 2) Auf die in dem Abschnitte > Pflanzenfette« angeführten Pflanzen -wird hier nur kurz hingewiesen. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 663 bekannten Areka- oder Betelnüsse, die beim Betelkauen in Süd- und Ostasien, besonders in China Verwendung finden. Früchte und Samen werden ihres Färb- und Gerbstoffes wegen zum Baumwollfärben und zur Tintenbereitung benutzt. Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflanzen, Berlin 1892. — Tunmann, Zur Mikrochemie der Arekanuß, Pharmaz. Post. 1911, p. 703. — Hart wich, Die menschlichen Genußmittel, Leipzig 1911, p. 524 fr. — Moeller-Thoms, Realenzyklopädie d. ges. Pharm. 2. Aufl. I, p. 172. Corypha umbraculifera L. Ceylon, Malabar. »Talipot Palm<. Die Kerne sollen zu Knöpfen verarbeitet werden. Agric. News VIII, 1909, p. 39, nach Just, Jahresber. 1909. Raphia kmgiflora (Wendl.). Weinpalme, Kamerun. Die Samen, Bamboo- oder Bambeonuß genannt, werden auch als Steinnuß von Kamerun bezeichnet. Eine technische Verwendung ist wegen des rumi- nierten Endosperms nicht gut möglich. Chem. 74, 1887, p. 54. 3. Liliaceen. Äsparagus ofßcinalis L. Aus den Samen kann Öl gewonnen werden. Diels, I.e., p. 201. Früchte und Samen werden auch als Kaffee-Ersatz benutzt. Anatomie: Griebel, Ztschr. f. U. N. u. Genußm., 34, 1917, p. 187. 4. Juglandaceen. Die Samen von Juglans und Car^/a-Arten dienen zur Ölgewinnung. I, p. 632. 5. Moraceeii. Treculia africmia Decaisne. Senegambien; der Okwabaum. Die Samen werden nach Engler (Nat. Pflanzenfamilien, 3. Tl., 1. Abt., p. 82) zur Mehlgewinnung verwendet; nach Möller (Tropenpflanzer, 1900, p. 189) soll man daraus Öl darstellen. Wird in Kamerun zu dem Nah- rungsmittel »Pembe« verarbeitet. Tropenpflanzer, 1906, p. 574. 6. Santalaceen. Fusanus acuminatus R. Br. Australien. Die Samen, >Quadang- Nüsse«, werden wie Mandeln benutzt. Hieronymus in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien III, 1., p. 217. 7. Olacaceen. Ximenia americana L. Espinha de meicha oder Ameixero in Brasilien, Heymassoli in Guayana, Croc auf S. Domingo ; in allen Tropen- 664 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. ländern. Die Samen liefern Öl. Schröder, Beitrag zur Kenntnis der ölhaltigen Samen von Ximenia americana. Arb. des kaiserl. Gesund- heitsamtes, XLIII, p. 454—474. — S. auch Rohstoffe, Bd. I, p. 633. 8. Chenopodiaceen. Chenopodium Quinoa L. Reismelde, auf den Hochebenen von Peru, Bolivia, Chile kultiviert; die Samen dienen zur Mehlbereitung. Über den Bau der Frucht- und Samenteile siehe T. F. Hanausek in Zeitschr. f. d. Unters, d. Nahrgs.- u. Genußm., 35, 1918, p. 228—233 und die teil- weise Richtigstellung durch C. Griebel, a. a. 0., 36. Bd., 1918, p. 177 bis 180. Während des Krieges wurde der Anbau der Reismelde bei uns empfohlen. Die bei der Kultur gemachten Erfahrungen sprechen aber durchaus nicht dafür. Nach Fruwirth (»Neue Pflanzen auf dem Acker«, Wien, 1919) kann man »mit Sicherheit behaupten, daß die Reismelde keine Rolle auf dem Acker spielen wird«. Chenopodium cdhum L. Die Samen in Rußland zu Mehl (Russi- sches Hungerbrot). — T. F. Hanausek, Über die Samen von Cheno- podium album. Zeitschr. f. U. d. N. u. G. 1915, 29, p. 17. 9. Magnoliaceen. Michelia Champaca L. > Minjak, Tjempaka«, in Java einheimisch, in den Tropen kultiviert. Die Samen liefern butterartiges Fett und werden auch medizinisch benutzt. J. Sack, Pharm. Weekbl. 1903, Nr. 6, Apoth.-Ztg. (Berlin) 1903, p. 135. — S. I, p. 633. 10. Aüonaceen. Monodora Myristica Dun.^ in Westafrika und auf den Antillen, hefert »Muscades de Calabash* oder Macisbohnen, die wie Muskatnüsse verwendeten Samen. Sadebeck, Die Kulturgewächse der deutschen Kolonien, 1899, p. 186. Die Samen enthalten neben Fett ein äthe- risches Ol, das nach Schimmel & Co. (Ber. April 1904, p. 65) haupt- sächlich Phellandren enthält. Thoms (Ber. d. D. Pharm. Ges. 1904, p. 24) fand Limonen. 11. Myristicaceen. Myristica fragrans Houtt. (= Myristica moschata Thunbg.), Myristica fatua Houtt. ^= M. tomentosa Thunbg.)^ M. argentea Wrbg., M. malabarica Lam. s. Muskatnuß und Macis. Virola venexuelensis Warb. Über die Gewinnung von My- ristinsäure s. Thoms und Mannich, Ber. d. pharm. Gesellsch., 1901, p. 263. Über andere fettliefernde Arten siehe I, p. 633. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 665 12. Laiiraceen. Persea, Tetkranthera und Litsea s. I, p. 634. 13. Papaveraceen. Papaver somniferum L. s. Mohnsamen. A7'gemo?ie, Glaucium s. I, p. 635. 14. Cruciferen. Sinapis alba L.^ Slnapis juncea Hook. fil. et Thojns., Brassica Besserimia Änd/rx. s. Senfsamen. Brassica nigra Koch., Br. lanceolata Lange s Senfsamen. Brassica Napus L., B. rapa L., B. glaiica Eoxb., Br. trilocu- cularis Boxh. usw. s. Raps- und Rübsensamen. Über andere Arten siehe I, p. 635. 15. Moringaceen. Mori7iga oleife7'a Lam. (^^ M. pterygosperma Gärtn., vgl. Nor- man Rudolf, The Horseradish Tree. Bull, of Pharmacy, Vol. XI, 1894, Nr. 8) und Moringa arahica Fers. (^= M. aptera Gärtn.) liefern das Ben- Öl. Siehe I, p. 636. Van Italie u. Neuwland, Über die Samen von M. pterygospe7'7na. Arch. der Pharmazie 244, H. 2, p. 159. — Th. W^aage, Mori7iga pterygosperma, Pharmac. Centralhalle 1892, Nr. 36 (mit zahl- reichen Literaturangaben). Anatomie der Samen s. Hartwich, Die neuen Arzneidrogen, p. 219. 16. Rosaceen. Cydonia vidgaris Pers. Asien, Europa. Die ihres Reichtums an Schleim wegen wohlbekannten Quittenkerne werden nur selten zum Appretieren von Zeugen, häufiger medizinisch benutzt. Siehe A. v. Vogl, Kommentar zur 7. Ausgabe der österr. Pharmakopoe, II, 1892, p. 184. — Tschirch, Handbuch der Pharmakognosie II, 1912, p. 328, (daselbst auch ausführliche Literaturangaben). Prunus Amygdalus Stokes s. Mandeln. Priuius Ar7ne7iiaca L. Aprikose. Die Samen zu Bittermandelöl. Siehe Mandeln. Moquila tomentosa Bentham. Brasilien. Was bezüglich der Samen dieser Pflanze im L Bd., p. 637, ausgesagt wurde, soll sich nach Grimme (Ghem. Umschau, 1919, p. 89) auf Pleu7'ogyne umbrasissima Aaruada Gamara (Guity-iba, Oiti-iba, Giti-cica-Harzoiti) beziehen. Der große, öl- reiche Samen soll ein unangenehm riechendes, fettes Öl liefern, das ge- 665 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Über andere Arten s. I, p. 636. In der Kriegszeit hat man die Obstkerne gesammelt und daraus das Öl gewonnen, doch fielen die er- zielten Mengen für die Ölversorgung nicht viel ins Gewicht. 17. Leguminosen. Acacia sp. Die Samen mehrerer Arten dienen als Waschmittel. Wiesner, Rohstoffe, 1. Aufl., p. 708. Adenanthera pavonitia L. Tropen. Die scharlachroten, glänzenden Samen (Korallenerbsen, Condari) werden als Schmuck verwendet, auch geröstet oder mit Reis gekocht genossen. Parkia africmta R. Br. Tropisches Afrika. Die Samen geben den Sudankaffee; sie werden auch unreif genossen und sollen schlechtem, fauligem Wasser den unangenehmen Geschmack benehmen. Anatomie: Moeller, Mikroskopie der Nahrungs- und Genußmittel, II. Aufl., 1905, p. 283. Ceratonia siliqua L. Bockshorn, Johannisbrot. Mittelmeer- länder. Die Samen dienen zur Erzeugung des Tragasols, dessen schleimige Beschaffenheit es als Appreturmittel für Gewebe geeignet macht. Cutiloid ist Tragasol mit Tannin und Eiweiß. Anatomie des Samens: Moeller, 1. c, p. 294. Oymnocladus chinensis BaüL, mittleres China. Die Samen ent- halten einen technisch verwendbaren Schleim (Dialose). Nach anderen Angaben soll die Dialose auch von den Samen von Dialium sp. geliefert werden. Die Samen von Oymnocladus cldnensis Baill. sollen Saponin enthalten und daher zum Waschen verwendet werden. Beschreibung bei Ebert, Beiträge zur Kenntnis des chinesischen Arzneischatzes. Früchte und Samen. Zürich, 1907, p. 44. Amhurana Claudii Schwacke et Taubert. Brasilien (Minas Geraes). Die geflügelten, schwärzlichen, runzeligen Samen besitzen einen starken Kumaringeruch und dienen zum Parfümieren des Tabaks. Engler- Prantl, Pflanzenfamilien III, 3, p. 387 (Taubert). Castanospermum australe Cunn. Über die Stärke der Samen siehe II, p. 404. Trigonella foenum graecum L. Hornklee, Bockshornsame. Die Samen werden ihres Schleimes wegen in der Tuchfabrikation verwendet; hauptsächlich dienen sie als Tierarzneimittel. Anatomie: Tschirch u. Oesterle, Atlas d. Pharmakogn., p. 323, Taf. 75. Anatomische Lite- ratur: Moeller, 1. c, p. 287. Robinia pseudaeacia L., Robinie, falsche Akazie, Nordamerika, in Europa eingebürgert. Die Samen enthalten große Mengen von Ureas e; dieses Enzym vermag den Harnstoff des Harnes in Ammoniumkarbonat Einundzwanzigster Abschnitt. Sanoen. 667 überzuführen. (Vgl. unten- Oly eine.) Die technische Darstellung von Ammoniumsulfatdünger aus Harn mittels Robiniensamen erscheint öko- nomisch und rationell, da aus \ cbm Harn 35 kg Ammoniumsulfat, als Nebenprodukt noch ein phosphorhaltiger Dünger gewonnen werden können. Zemplen G., Versuche zur techn. Anwendung der Urease aus Robiniensamen. Zeitschr. f. angewandte Chemie XXV, 1912, p. 1560. Die Samen wurden auch als Kaffee-Ersatzstoff verwertet. Griebel, Ztschr. f. d. Unt. d. Nahrungs- u. Genußm., 35., 1918, p. 275. Auch zur ÖI- gewinnung wurden sie gesammelt. Di eis, 1. c, p. 201.{ Ärachis hypogaea L. (= A. africana Loii?: = Ä. americana Ten.) s. Erdnußsamen. Coumarouna odorata Auhl. (== Dipteryx odorata Willd. = Baryosma Tongo Oärtn.) , C. oppositifolia Taub. C. pteropus Taub. s. Tonkabohnen. Cicer arietinum L., Lens esculenta Mnch., Arten von Vicia^ Lathyrus, Pisum wegen des hohen Gehaltes an Legumin und Stärke wichtige Nahrungsmittel. Anatomische Literatur außer der bei Mo eil er, 1. c, p. 262—280 angeführten: Kondo in Ztschr. f. d. Unters, d. Nahrgs.- u. Genußmittel, 25., 1913, p. 1 — 56 und Weese in Fruwirth, Land- wirtschaftlich wichtige Hülsenfrüchte, H. Heft, IL Aufl., Berlin 1919. — Die Lupinensamen, die als Rassensurrogat verwertet und wenn entblät- tert auch verfüttert werden, enthalten keine Stärke. Über die Zukunft der Lupine als Feldfrucht siehe Fruwirth, Neue Pflanzen auf dem Acker, Wien 1919, H, 88. Äbriis precatorius L. Ostindien, doch fast in allen Tropenländern die roten, giftigen Samen (»Jequiriti«) werden zu Rosenkränzen (daher Paternostererbse) und zu Schmucksachen verwertet. Anatomie: Ticho- mirow, Bull. Moscou, 1883, p. 133—159, Tab. HI, IV. Glycine hispida Maxim. (Soja hispida Mönch ^ Soja max. [L.] Piper ^).) Sojabohne, Japan, China. Die Samen, deren Gehalt an Rohprotein zwischen 27,7 und 43,4 Proz. und in Fett zwischen 15,2 und 22,7 Proz. der Trockensubstanz schwanken soll, enthalten (wie die Samen von Robinia) reichlich Urease und werden in Yokohama bereits zur Überführung des Harnstoffes (des Harns) in Ammoniumkarbonat ver- wendet. In China und Japan dienen sie zur Ölbereitung. Über die Eigen- schaften und die Verwertung des Sojabohnenöls siehe !., p. 689, die Preßrückstände bei der Ölgewinnung können als Nahrungsmittel trefflich verwendet werden. In Ostasien werden die Samen vor allem zur Her- i) Dieser Name soll nach Harms (Notizbl. Bot. Gart, und Mus. Berlin-Dahlem, VII, 1917, p. 104) der Berechtigung entbehren. Harms bezeichnet Phaseolus Tnax. L. als Synonym .von Phaseolus radiatus L. 6ßg Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Stellung verschiedener Gärungsprodukte benutzt, so z. B. zu den gegorenen Breien Misa und Chiang, zu den pflanzlichen Käsen Tolu und Nattos und weiter zu Tunken (Schoyu, Taoyu). Die Schoyu-Tunke, die auch nach Europa gebracht wurde, gehurt zu den wichtigsten Genußmitteln Japans. Aus den Sojabohnen wird auch eine Art Milch dargestellt. Auch als Kaffeesurrogat wurden die Sojasamen verwertet. Die vielfache Ver- wendungsmöglichkeit der Samen erklärt das lebhafte Bestreben, die Bohne auch bei uns zu bauen. Doch sind die bisherigen Ergebnisse der Anbauversuche infolge des mäßigen Ertrages von frühreifen Sorten nicht sehr erfolgversprechend. Siehe Fruwirth, 1. c, p. 20; Tropenpflanzer, 1920, p. 62. Weiteres: S. F. Honkamp, Die Sojabohne und ihre Ver- wertung, Tropenpflanzer i910, p. 613. Fruwirth, Die Sojabohne in Fühlings Landwirtsch. Ztg., 1915, Heft 3, 4; Fürstenberg, Die Soja, eine Kulturpflanze der Zukunft und ihre Verwertungsmöglichkeiten, Berlin 1917; Heinze, B. in Jahresber. Ver. f. ang. Botanik, 1915, 2. Teil, p. 56 bis 76, Mitt. Ver. z. Fürd. d. Moorkult. Deutsch. Reich, 1917, Heft 6/7. Josef Weese, Über einige ausländ. Hülsenfruchtersamen. 2. Mittig., Arch. f. Chem. u. Mikr. 1917, 10, p. 161, (mit anatomischen Angaben und Literaturzusammenstellung). Über die Einfuhr von Sojaprodukten in Amerika f. Tropenpflanzer, 1919, p. 344. Phaseolus vulgaris L. u. Ph. coccineus L. Bohne, Fisole, als Nahrungsmittel bekannte »Hülsenfrucht«. Ph. lunatiis L. Mondbohne, indische Bohne usw. Die Samen enthalten das Glykosid Phaseo- lunatin (= Linamarin), das Blausäure gibt. L. Guignard^ Die Blau- säurebohne. Bull. Scienc. Pharm. 1906, 13, p. 193—213 und 337—352. — W. Busse, Über die giftige Mondbohne, Zeitschr. f. Unters, d. Nahr.- u. Genußm. XIII, 1907, p. 737. — C. Hartwich, Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm. 1907, Nr. 6. — Morpurgo, Archiv für Chem. u. Mikr. 1912, H. 3. — T. F. Hanausek, ebenda, 1912, H. 4. — (S. auch den Artikel »Leinsamen«). Voandzeia suhterranea Thouars (=^ Arachis africana Burm. = Glycine suhterranea L. := Cryptolobus suhterraneus Spreng.), Erd- erbse, Angolaerbse. Tropisches Afrika und Südamerika. Stärke- reiche, als Nahrungsmittel dienende Samen. Duchesne, Plantes utiles, p. 270, Miquel, Flor. Neederl., I, p. 175. — M. Zagorodsky, Die Erderbse (Voandxeia subt. Th.) und ihre Verwertung als Futtermittel. Tropenpflanzer 15, 1912, p. 413 — 436 (mit mikroskopischen und che- mischen Angaben). Der früher angenommene Ölreichtum der Samen hat sich als irrig erwiesen, sie enthalten nur 4,8 — 8,39 Proz. Fett. — Vgl. auch Tropenpflanzer 1912, p. 610. — Josef Weese, Über einige aus- ländische Hülsenfruchtersamen, 3. 3Iittlg., Archiv f. Chem. u. Mikroskopie 1917, 10, p. 199 (mit sehr ausführlicher Anatomie). Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 669 Kerstingiella geocarpa Harms (Voandxeia Poissoni A. Chev.). Togo, Dahomey, Nigerien. »Kandela«. 3 Sorten mit weißlichen, schwarzen und hell-rötlichbraunen Samen. Harms im Tropenpflanzer XV, 1911, p, 273 und in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien, Ergänzungsheft III, 1914, p. 149. Stixolohium deeringianum Bort. Florida. »Samtbohne«, »vel- vet bean«. Die Samen als menschliche und tierische Nahrungsmittel verwendet. Ebenso St. hassjoo Piper et Tracy^ Japan. »Yokohama- bohne«, St. pachylohium Piper et Tracy., Indien, »fleischhülsige Bohne«; St. niveum Kuntxe, Indien. »Lyonbohne«. Anatomie bei Josef Weese, 1. c, Heft 2—4. Canavalia ensiformis DC. Nordamerika. »Jackbohne«. — C. gladiata DC. Indien, Japan, China, »Schwertbohne«, Josef Weese, 1. c, Heft. 5. Über die Stärke-Arten verschiedener Leguminosen s. Planchon et Juillet, Etüde de quelques fecules coloniales, Marseille 1910, p. 35 bis 46. Über fettliefernde Arten s. I, 637. 18. Linaceen. Linum usitatissimum L. s. Leinsamen. 19. Zygophyllaceen. Peganum Earmala L. Harmelstaude, syrische Raute, Steppen- und Wüstengebiete der alten Welt, von Spanien durch Südrußland bis Tibet. Die Samen dienen zur Darstellung einer roten Farbe, auch als Gewürz und zum Abtreiben der Würmer, sollen auch berauschend wirken; sie enthalten zwei Alkaloide, das Harmalin und das Harmin. Von dem roten Farbstoff (Harmalarot) wird angenommen, daß er durch Zersetzung des Harmalins, das sich in den Zellen der mittleren Samen- schalenschicht befindet, entstehe. Dymock, Warden and Hooper, Pharmacographia indica, I, p. 252; Klein in Realenzyklopädie der ges. Pharmazie, 2. Aufl., VI, p. 191; Hartwich, Die neuen Arzneidrogen. Berlin 1897, p. 245. Dragendorff, Heilpflanzen, p. 345. Über eine fettliefernde Art s. I, p. 638. 20. Simarubaceen. Über die fettliefernden Irvingia- Arten siehe I, p. 638; ferner Na- tional Druggist St. Louis, Vol. 27, 1897, Nr. 12 (The Indo-Ghinese Wax- Tree). 670 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 21. Burseraceen. Canarium polyphyllum E. Schum. Neu-Guinea. Die Samen liefern Öl. Tropenpflanzer i913, p. 147. — Über andere ülliefernde Canarium- Arten s. Engler-Prantl, Pflanzenfamilien III, 4, p. 244, und Rohstoffe, III. Aufl., I, p. 639. 22. Meliaceen. Melia Toosendan S. et Z. China. Die Samen enthalten 50 — 60 Proz. fettes Öl (Vappamfett, Margosöl, Nimbül, Kohomböl, Vippöl; dieselben Namen führt auch das Öl von Axadirachta indica Juss.^ Rohstoffe I, p. 639). F. Ebert, 1. c. p. 62. Trichüia emetica Vahl. s. I, 639. Trichilia suhcordata Gurke. Deutsch-Ostafrika. >Msukuliobaum«. Die Samen liefern Fett, das sich zur Kerzen- und Seifen fabrikation eignet. Ber. D. Pharm. Ges. 1913, 23, p. 667. 23. Polygalaceen. XanthophyUum Imiceatum J. J. 8. {= Skophium lanceatum Miqu.). Palembang auf Sumatra. >Siver«. Das Samenfett als Speisefett und gegen Mundkrankheiten (Aphten) in Verwendung. 24. Euphorbiaceen. Ricinus communis L. und Varietäten s. Rizinussamen. Ricinodendro7i Rautanenii Schinz. Deutsch-Südwestafrika. Liefert die Omkete- oder Uankettinüsse. Der Samen enthält bis 32,3 Proz. (der Kern allein 51,5 Proz.) trocknendes, dem Mohnöl nahestehendes Öl. R. Heudeloti (Baill.) Pierre. Kamerun. »Ojok«. Die haselnuß- großen Samen dienen als Speise und zur Ölgewinnung; sie enthalten 52,24 Proz. fettes Öl. — M. Krause, Chem.-Ztg. 1913, 37, p. 1254. Plukenetia conophora Müll. Arg. Tropisches Westafrika. »Ngart«. Die Samen liefern ein dem Leinöl sehr nahe stehendes, trocknendes Öl. Tropenpflanzer 1909, p. 282. Aleuritis cor data Müll. Arg. (^=I)ryandra cor data Tkunh.) Ostasien. Die Samen wurden in China schon 2000 Jahre vor Chr. zu Rußschwarz verarbeitet, aus dem die chinesische Tusche dargestellt wird. Als Bindemittel dienen Hausenblase und Hautleim, ferner kommen dazu Ab- kochungen von Aconitum und Anchusa nebst Kampfer und Moschus. — A. Eibner, Farben im Handwörterbuch der Naturwissenschaften, Bd. III, (Jena 1913) p. 860. Über andere fettliefernde Arten s. I., p. 640. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 671 25. Anacardiaceen. Über die fettliefernden Arten s. I, p, 642. Anacardium occidentale L. Die Acajousamen werden als Ersatz der Mandeln, auch bei der Kakaoverarbeitung verwendet. W. Theopold, Pharm. Centralh. 49, 1908, p. 1057. — Apoth.-Ztg. (Berlin) 1909, p. 61. (»Ostindische Mandeln«, vielleicht auch von Semecarpus Ana- cardium Lt.) Sie enthalten neben Fett auch Stärke, dadurch von echten Mandeln zu unterscheiden. Pharm. Post, 47, 1914, p. 375. Über die Verwendung, Bezeichnung, Morphologie und Anatomie der Früchte und Samen der Semecarpus Anacardium und Anacardium occidentale siehe Desider Weber, Beiträge zur Anatomie einiger pharmakognostisch wichtiger Samen und Früchte. Budapest, 1907, p. 38—55, Taf. VI— VII. 26. Celastraceen. Evonymus sp. Der Arillus einiger ostindischer Arten wird unter dem Namen »Kunku« von den Hindufrauen zum Putze, zum Bemalen derStirnemit einem roten Fleck, benutzt. Loesener in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien III, 5, p. 201. Celastrus paniculata Willd. Indien. Die Samen liefern in Indien viel verwendetes Öl. Loesener, 1. c, p. 205. 27. Hippocastanaceen. Aesculus hippocastanum L. (Über die Stärke s. II, p. 93.) Die Samen enthalten bei 1 3 Proz. Saponin, das zur Herstellung von Toilette- seifen benutzt wird. Die Samen können zum Waschen benutzt werden. S. L. Weil, Beitr. z. Kenntn. d. Saponinsubstanzen u. ihrer Verbreitung. Inaug.-Dissert. Straßburg 1901. Über die chemische Zusammensetzung s. E, Laves, Über Untersuchung und Verwertung der Samen der Roß- kastanien, Apoth.-Ztg. (Berlin) 1903, p. 36. Serger, Ghem. Ztg., XI, 1916, p. 221. — Thoms in Gartenflora, 1916, p. 361. — Tropenpflanzer 1916, p. 429. — Bester in Ztschr. f. ges. Getreide vers., 1916, p. 119. — Tschirch, Schweiz. Apoth.-Ztg. 1917. Die entblätterten Samen wurden während der Kriegszeit auch zur Erzeugung eines Zusatzmehles für die Brotbäckerei verwertet. Auch Öl wurde aus den Samen gewonnen. Diels, 1. c, p. 117 u. 213. Geschabte Samen sind (mit pulverisierten Blüten von Convallaria majalis L.) ein Hauptbestandteil des »Schnee- berger Schnupftabaks«. Frank-Leunis, Synopsis, 1885, II, p. 377. 28. Sapindaceen. Über die Öl liefernden Pflanzen s. I, p. 642. Sapindus saponaria L. — Llagunoa sp. (Südamerika) und Koel- 672 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. reuteria paniculata Laxm. Die Samen sind überaus hart und fest und dienen zu Rosenkränzen. PauUinia Cupana Kunth (P. sorhiUs Mart.) Aus den koffein- haltigen Samen wird die Pasta Guarana bereitet. Cupania americana^L. Westindien. »Guara«. Aus den kastanien- artigen^Samen (»Krabbenaugen«, >Zieux crabe«) soll ein Likör bereitet werden. Radlkofer in Engler-Prantl, Pflanzenfamilien III, 5, p. 299. 29. Yitaceen. Vitis vinifera L. S. I, p. 643. Über Ölgewinnung aus den Samen s. auch Muth in Jahresber. Ver. f. angew. Botanik, 1917, p. 23 — 30. Über Kaffee-Ersatzmittel aus Weintrestern siehe Griebel in Ztschr. f. d. Unt. d. Nähr.- u. Genußm., 38, 1919, p. 138. 30. Tiliaceen. Über fettliefernde Arten s. I, p. 643. Auch die Samen von Tilia platyphylla Scop. und T. cordata Mill. enthalten Öl, dessen Gewinnung sich aber beim Preßverfahren als nicht sehr rentabel erwies. Siehe Diels, 1. c, p. 214. 31. Malvaceen. Qossypium sp. s. Baumwollsamen. Ahelmoschus moschatus Moench (= Hihiscus Abelmoschus L). Ein- heimisch in Ostindien und Ägypten, in vielen Tropengegenden kultiviert. Bisamstrauch, Argalie. Die Samen, Bisam-, Moschuskörner kommen aus West- und Ostindien in den Handel und werden wegen ihres an Moschus erinnernden Geruches in der Parfümindustrie verwendet. Man stellt daraus einen Sesquiterpenalkohol, Farnesol genannt, dar, der zu 0,12 Proz. in den Samen enthalten ist. Dieser merkwürdige Körper (auch in den Blütenölen von Reseda, Cojivallaria majalis, Sijringa usw. enthalten) scheint fast geruchlos zu sein; erst wenn man eine sehr verdünnte alko- holische Lösung an der Luft verdampfen läßt, nimmt man nach einiger Zeit einen an Maiglöckchen erinnernden Geruch wahr. Das ätherische Öl ist in den Samenschalen enthalten. Hartwich in Realenzyklopädie d. ges. Pharm., 2. Aufl., I, p. 12. — Schimmel & Co., Ber. Okt. 1913, p. 139. — Gildemeister u. Hoffmann, Die ätherischen Öle, II. Aufl., IIL Bd., 1916, p. 170. Über Anatomie der Samen s. D. Weber, 1, c, p. 7—1 6, Taf. I. 32. Bombacaceen. Ceiba jJentandra (L.) Gärtn. (= Eriodendron anfractuosum DC). Kapokbaum, silk cotton-tree, die Kapoksamen dienen zur Gewinnung Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 673 des Kapoköles, die Rückstände als Tierfutter. In Togo w^d daraus Mehl dargestellt, v. Bretfeld, Journ. f. Landwirtschaft, Berlin 1887, XXXV, p. 51 (Mikroskopie des Samens). — Van Pesh, Kapokkuchen, Landw. Vers.-Stat. 1896, 47, p. 471. — S. auch'J, p. 644. — Mathes und Holtz, Über Kapoksamen und Kapokül, Arch. d. Pharm. 251, 1913, p. 376 — 396, — Sprinkmeyer u. Diedrichs, Beitr. z. Kenntn. des Kapoksamens und des daraus gewonnenen Öles. Zeitschr. f. Unt. d. Nahrungs- u. Genußm. 26, 1913, p. 86 — 102. — Über Verwertung der Kapoksamen siehe auch Tropenpflanzer, 1919, p. 308. Eriodendron occidentalis Kostet und E. aescidifotius DC. Mexiko. »Pochate«. Die Samen liefern halbtrocknendes Öl. Tropenflanzer, 1913, p. 97. Bombax aquaticum (Äubt.) K. Seh. (= Pachira aquatica Aubt.) liefert Stärke. Siehe II, p. 23. Bombax matabaricum DC. Ostindien. Aus den Samen wird Kapoköl gewonnen. — H. Sprinkmeyer und A. Diedrichs, Beiträge zur Kenntnis des Kapoksamens und des daraus gewonnenen Öles. Ztschr. f. U. d. Nähr.- u. Gen. 1913, 26, p. 86. 33. Sterculiaceen. Theobroma Cacao L., Th. bicolor Humb. et Bonpt.^ Th. an- gustifotium Moq. et Sess., Th. ovatifolium Moq. et 8ess.^ Th. guyaneiise Äubl.^ Th. viicrocarpum Mart.., Th. speciosum Willd.^ Th. süvestris Mart.^ s. Kakaobohnen. Über Fett hefernde Sterculiaceen siehe I, p. 644. 34. Oclinaceen, Über Öl liefernde Arten siehe I, p. 644. 35. Theaceen. Über Öl hefernde Arten siehe I, p. 645. 36. Guttiferen. Über Fett Hefernde Arten siehe I, p. 645. 37. Dipterocarpaceen. Über Fett liefernde Arten siehe I, p. 647. 38. Bixaceen. Bixa oreltana L., Urucu, Rocou, Roucou, Bixa, Bicha, Achiote; Brasilien, Jamaika, Guayana, Java, Ceylon. Aus der äußeren Wiesner, Eohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 43 674 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Schicht d^ Samenschale (Epidermis) erhält man den roten Farbstoff Annatto (Arnatto, Arnotto, Orlean). Hartwich in Realenzyklopädie d. ges. Pharmazie. II. Aufl., IX, 647. — Hart wich. Über den Orlean. Arch. d. Pharm. 1890, 228, p. 415. — Peckolt, Heil- und Nutzpflanzen Brasiliens. Ber. d. pharm. Gesellsch., 1899, IX, p. 73. Engler-Prantl, Pflanzenfam., III, 6, p. 311. — Zimmermann, Kultur und Gewinnung des Annatto. Der Pflanzer IV, 1908, p. 231. — Tropenpflanzer 1909, p. 197. — Conner, The Annato plant, Tropic. Agric. and Magazine XXXII, 1909, p. 517— 518. — A. Heiduschka u. H. Riffart, Über Bixin, Arch. d. Pharm. 191'1, p. 43. — Pharmaz. Post (Wien) 1912, p. 299. — Molisch, Mikrochemie der Pflanze, 1913, p. 242. 39. riacourtiaceen. Die Samen von Hydnocarpus sp. liefern das giftige Gardamom- oder Marattifett (Marottyfett), das, zu einer Margarine verarbeitet, tödliche Vergiftungsfälle verursachte. Engler-Prantl, Pflanzenfamilien III, 6a, p. 22; Arch. f. Chemie u. Mikroskopie (Wien) 1912, p. 349. 40. Cactaceen. Cereus pecten ahorigijiuni Engelm. Mexiko. Die Samen enthalten reichlich Ol, das als Speiseöl und zu medizinischen Zwecken verwendet wird. G. Heyl, Über das Vorkommen von Alkaloiden und Saponinen in Kakteen. Archiv der Pharmazie, 1901, Bd. 239, Hft. 6, p. 460. 41. Lecytliidaceen. Über die Öl liefernden Arten siehe I, p. 648. 42. Rhizoplioraceen. Poga oleosa Pierre. »M'poga«. Die Samen »Njore-Njole« liefern Öl. Engler-Prantl, Pflanzenfamilien, Nachträge p. 262; Tropenpflänzer, 1909, p. 184. 43. Sapotaceen. Über die Fett liefernden Arten siehe I, p. 649. Über Illipe lati- folia Engl. (Bassia) s. J. König. Die Untersuchung landw. u. gewerbl. wichtiger Stoffe, IV. (1911) p. 421 — 422. — Hon camp, Reich und Zimmermann, Über Perillakuchen und Mowrahmehl, Landwirtsch, Ver- suchsstat. Rostock 1912. 44. Pedaliaceen. Sesamum indicum (quadridentatum DC, subdentatum DC, siihindivisum DC. = S. Orientale L.), S. radiatum Schum. et Thonn. (= 8. occidentale Heer et Regel) s. Sesam. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 675 45. Acanthaceen. Ruellia pavale Roxb. Der Samen zu Stärke, siehe II, p. 23. 46. Plantaginaceen. Plantago Psyllium L., PL ramosa Äsch., PL cynops L. und PL ispaghula Roxh. f-= PL decumhens Forsk. == P. ovata Forsk.J s. Flohsamen. 47. Curcubitaceen. Fevillea (Feuillea) cordifoliaL. u. F. trilohataL. Tropisches Amerika. Liefern die Nhandirobasamen, von welchen das Secuaül gewonnen wird. Dieses dient als Brennol und zum Anstrich für Eisenwaren, um sie vor dem Rosten zu schützen. T, F. Hanausek, Zeitschr. d. allgem. österr. Apoth.-Ver., 1877, Nr. 17 und Realenzyklopädie d. ges. Pharm., 2. Aufl. IX, p. 233. A. Ernst, Die Beteiligung der Ver. Staaten v. Venezuela usw., 1873, p. 36. Hart wich, Die neuen Arzneidrogen. 1897, p. 153. Über andere Cucurbitaceen siehe I, p. 652. Besonderer Teil. 1. Vegetabilisches Elfenbein. Ursprünglich verstand man darunter die Samen mehrerer Arten der südamerikanischen Palmengattung Phytelephas, die in den Heimatländern seit alter Zeit zu verschiedenen Beinarbeiten benutzt werden und der europäischen Industrie wahrscheinlich zuerst im Jahre 1826 als vorzüg- liches Ersatzmittel für Elfenbein zugeführt worden sind^). Auch jetzt noch bilden dieselben unter den Namen: Elfenbeinnüsse, Steinnüsse (Wien), Taguanüsse, Gorusconüsse die Hauptmasse des vegetabilischen Elfenbeines; doch werden seit mehr als 40 Jahren auch die Samen einiger polynesischer Arten von Metroxylon (Coelococcus) als Tahiti-, Fidschi-, Salomons- oder Karolinennüsse usw. und gegenwärtig auch die Samen der ostafrikanischen (abessinischen) Dumpalme in den Handel gebracht, um in gleicher oder ähnlicher Weise Verwendung zu finden. Wir können demnach südamerikanisches, polynesisches und abessinisches vegetabilisches Elfenbein unterscheiden. a) Südamerikanisches vegetabilisches Elfenbein. Im Index Kewensis sind 1 5 Pkytelephas-Arien angeführt, von denen jedoch nur vier bezüglich ihrer Wohnorte näher bekannt sind, und ^) Seemann, Die Palmen, deutsche Übersetzung von Bolle. 2. Aufl. Leipzig -1863, p. 224. 43* 676 Einundzwanziffster Abschnitt. Samen. zwar: Phytehphas macrocarpa Buix et Pavon, Ph. microcarpa Ruix et Paron, Ph. auj'eo-costata Linden, Ph. aequatorialis Spruce (Ecuador). Hauptsächlich sind es die beiden ersten, die den wertvollen Rohstoff liefern; ferner werden noch besonders Ph. Ruixii Gaudich. und Ph. Pa- vonii Oaudich. genannt, deren Samen gesammelt werden. Den Verbreitungsbezirk der Ph. macrocarpa (und wohl auch der meisten übrigen Arten) bilden die Ufergebiete des Magdalenenstromes und seiner Neben- und Zuflüsse in Kolumbien, zwischen 9° nürdl. und 8° südl. Breite und zwischen 70° und 79° westl. Länge. Phytelcphas macrocarpa., durch Ruiz und Pavon im Jahre 1798 in Europa bekannt geworden, besitzt einen bis 2 m hohen Stamm und über kopfgroße Fig. 249. Phytelephas microcarpa. F Frucht quer geschnitten. G Same ans der dünnen SteLnschale herausgenommen mit danebenliegendem, die Embryogrube bedeckenden Keimdeckel. (Nach Karsten aus Engler-Prantl, Pflanzenfamilien.) Frucht kolben; Ph. microcarpa ist stammlos und gleicht mit ihren präch- tigen, großen, regelmäßig gefiederten Blättern einer jungen Weinpalme (Oenocarpus). Der Fruchtkolben der Elfenbeinpalmen stellt ein Synkarpium dar, das aus sechs oder mehr aneinandergepreßten und verwachsenen beeren- artigen Einzelfrüchten zusammengesetzt ist. Jede Einzelfrucht ist vier- bis sechsfächerig mit je einem Samen in jedem Fache (Fig. 249i^). Das Perika^rp besteht aus einem trockenen, mit holzig-harten Höckern und Stacheln versehenen Epikarp, einem saftigen, süß schmeckenden, genieß- baren und zur Bereitung eines Getränkes dienlichen Mesokarp und einem dünnen, jedes Fach auskleidenden Endokarp. Bei der Fruchtreife zer- fällt das Endokarp in so viele selbständige Schalen, als Fächer vorhanden sind, und da jede dieser Schalen einen Samen umschließt, so erscheint es begreiflich, daß man dieselben früher als Samenschalen bezeichnet hat, und dies um so mehr, als die unmittelbar den Samenkern um- Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 677 gebende Hülle auch mit der Steinschale in (lockerem) Zusammenhange steht. Sie sind aber als wahre Endokarpteile der Frucht anzusehen, und insofern stellt die Handelsware eigentlich die Steinkerne (Putamina) dar^). Die zahlreichen Sorten der Steinnüsse zeigen in bezug auf Gestalt und Grüße bedeutende Verschiedenheiten. Im allgemeinen ist die typi- sche Form der Steinnuß ein mehr oder weniger regelmäßiger Kugelaus- schnitt; die Grüße bewegt sich zwischen der einer Walnuß und der eines mittleren Kartoffelknollens 2). Im Großhandel werden insbesondere Guayaquil (mit kleinem Spalt) und Savanilla (mit großem Spalt) unterschieden. Der Export erfolgt diesen Sorten entsprechend von Ekuador (aus Guayaquil und Manta) und von Kolumbien (aus Colon). Die Steinschale ist 0,4 — 1 mm dick, steinhart, sehr sprüde, schwarz- braun und zumeist mit einer mehr oder weniger mächtigen lehmfarbigen, weichen und abreibbaren Deckschicht versehen, die wahrscheinlich einen Überrest des Mesokarps darstellt, bzw. jene innersten Schichten des- selben, die durch ihre Obliterierung die Lostrennung des Endokarps vom Mesokarp ermüglicheo. An der von den beiden Planflächen gebildeten 1) Vgl. Drude in Engler-Prantl, Natürliche Pflanzeni'amilien, 2. Teil, 3. Ab- teilung, p. 89. 2) Einer ausführlichen Beschreibung der Sorten von J. Moeller*) ist folgende Zusammenstellung entnommen, i. Marcellino. Walnußgroße, etwa 23 g wiegende, rundliche, plankonvexe oder gerundet dreikantige Samen. Steinschale graugelb, 1 mm dick, Endosperm hellblaugrau. 2. Panama. Größer als vorige, etwa 53 g schwer. 3. Tumaco von SanLorenzo. Samen in Kugelaiisschnittform ; Nabelwarze eiför- mig; die äußere kartoCfelbraune Schicht der Steinschale häufig aligelöst, so daß die glatte schwarzbraune Schicht sichtbar wird. Endosperm weißlichgrau. Gewicht 70 g. 4. Palmyra. Den vorigen sehr ähnlich, etwas kleiner, der Kern viel dunkler, grau- bläulich. 5. Cartagena. Steinschale dunkelschwarzbraun, ohne braune Deckschicht Samen mit Tumaco gleichgroß, aber flacher, 50—35 g schwer. Endosperm hell gelb- lichweiß. 6. Guayaquil. Verschieden große, mehr gestreckte, 45 — 25 g wiegende Samen; Oberfläche der Schale lehmfarbig, kreidig; Kern hellgelblichweiß. 7) Esme- ralda. Große Nüsse von kaffeebrauner Farbe und verschiedener, mehr rundlicher oder mehr gestreckter Gestalt mit zwei benachbarten, plattgedrückten Flächen und einer diese überwölbenden, stark gekrümmten Fläche. Gewicht 80 g. Kern gelblich- oder bläulichweiß. 8. Colon. Samen mittelgroßen Kartoffeln sehr ähnlich, 80 g schwer, Kern oberflächhch gelb; in den tieferen Schichten graublau. 9. Anaazonas. Samen taubeneigroß, eiförmig, 35 g schwer, Kern rein elfenbeinweiß. 10. Sava- nilla. In vier Sortimenten: kleine, mittelgroße, Bastard-Savanilla und Savanilla mit Ambalema-Charakter. Kleine Savanilla taubeneigroß, den Amazonas ähnlich. Kern schiefergrau. Mittelgroße Savanilla, rundlichen Kartoffeln gleichend, 50 g schwer, Kern ebenfalls schiefergrau. Bastard-Savanilla größer als vorige, sonst dieser gleich ; Gewicht 93 g. Kern weiß. Savanilla mit Ambalema-Charakter, kugelig, 60 g schwer, Kern gelblich, wie gebrauchtes Elfeni)ein. *) Mitteilungen des k. k. teclinolog. G-ewerbemuseums. Wien 1880, Nr. (i. 678 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Kante befindet sich eine hervorragende runde oder breitelliptische, porüs- schwammige Scheibe, welche den Zusammenhang mit den übrigen Endo- karpteilen (einer und derselben .Frucht) vermittelt. In der Steinschale liegt, von einer braunen schuppigen Samenhaut umkleidet, lose der Same. In der Samenhaut verläuft ein Netz von Gefäßbündeln (das »Raphenetz«), das auf dem Samenkern sich in Gestalt eines zarten Furchennetzes abdrückt. Die von der Samenhaut abstehen- den Schuppen sind mit den innersten Schichten der Steinschale in Ver- bindung, so daß eine scharfe Abgrenzung der Samenhaut und Steinschale makroskopisch nicht wahrzunehmen ist. Den Zusammenhang der Schuppen mit der Steinschale kann man aber nur an ganz unversehrten Objekten sehen, an welchen auch der Samenkern beim Eintrocknen nicht zu stark geschwunden ist. An dem Samen ist ein breiter, flacher Nabel und seitlich von dem- selben eine helle konische Warze, der Keimdeckel, zu bemerken. Da bei der Keimung das Würzelchen nicht imstande wäre, die festen und harten Gewebe zu durchbrechen, so wird das Keimlager von einem selbständigen, kurzkegeligen Stück verschlossen, das den Keimdeckel dar- stellt und bei der Keimung abgeworfen wird (Fig. 249 G). Der größte Teil des außerordentlich festen und harten Samenkernes besteht aus dem Nährgewebe (Endosperm); der kleine Keim liegt in einer von dem Keimdeckel verschlossenen Höhlung. Sehr häufig zeigt das Nährgewebe im Innern Risse, Spalten oder einen Hohlraum, die wohl erst beim Eintrocknen des Samens entstanden sind. Von Interesse ist, daß die feinen Savanilla- und Tumacosorten viel weniger durch diese Zusammenhangsstörungen beschädigt werden als die großen Colon- und Guayaquilsteinnüsse. Der anatomische Bau der Steinschale und des Samens ist zuerst von Morren^) studiert worden. An der Schale lassen sich die Kiesel- säureausfüllungen der Zellen, an dem Endosperm, die bei zahlreichen Palmensamen auftretende Eigentümlichkeit demonstrieren, daß die Pflanze die Reservenährstoffe für den Keim in Form enormer Zellwandver- dickungen und zwar als Hydrozellulose aufspeichert. Dadurch erhält aber der Same jene Festigkeit, Härte und, was von ganz besonderer Bedeutung ist, jene Homogenität, die ihn zur technischen Verwendbar- keit so außerordentlich gut befähigt. Das Vorkommen von Kieselsäurekörpern in der Steinschale hat zu- erst Molisch2) erkannt, dem wir auch eine gute Darstellung der histo- -1) Dodonaea, Recucil d'observ. de Botanique, I, 2, p. 74 (zit. n. Wiesner, 1. Aufl., p. 792). 2) Molisch, Die Kieselzellen in der Steinschale derSie\nnuß{Phyielephas). Zentral- organ für Warenkunde und Technologie, 1891, Hit. 3, p. 103— 105. Mit Abbildungen. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 679 logischen Zusammensetzung der Schale verdanken; seine Ausführungen sind im folgenden wiedergegeben. Auf der Bruchfläche der Steinschale lassen sich drei scharf geschiedene Zonen beobachten : eine äußere, die von der lehmgrauen Deckschicht ge- bildet ist, eine mittlere, durch die schwarze Farbe und bedeutenden Glanz ausgezeichnete und eine innere braune Schicht. Die graue Deck- schicht setzt sich aus porös-netzartig verdickten, wie Korkzellen radial angeordneten, aber verholzten, nur Luft enthaltenden Parenchymzellen zusammen, deren wahrscheinliche Aufgabe schon oben angedeutet wurde.' Die schwarze Zone ist die Kieselzellenschicht. Dieselbe stellt eine einzige Lage mächtiger, senkrecht zur Oberfläche gestellter Zellen dar, welche die Form von fünf- bis sechsseitigen, 500 /.i hohen, 40 — 90 fi breiten Prismen besitzen; man kann daher dieses Gewebe als eine Pali- sadenzellenschicht bezeichnen, wie sie z. B. an der Samenschale vieler Leguminosen zu beobachten ist. Die Zellwände sind geschichtet, von zahlreichen feinen Porenkanälen durchzogen und in ihrer Mächtigkeit ungleich entwickelt — derart, daß das Lumen nach oben sich breit trichterförmig öffnet, nach unten sich zu einem engen Kanal verschmälert, der sich am untersten Ende wieder ein wenig ausweitet. Das ganze Lumen ist von einem homogenen Kieselsäurekörper ausgefüllt, der nach der Veraschung des Gewebes als ein Abguß des Zellinnern zurückbleibt; seine Oberfläche ist mit zahlreichen zarten Zäpfchen bedeckt, die die Kieselausfüllung der Porenkanäle andeuten. Unterhalb der vorspringenden Scheibe, die auch als Nabel ange- sprochen wird, ist die Palisadenschicht durch braune, ebenfalls mit Kieselkörpern zum Teil oder ganz erfüllte Steinzellen ersetzt. An die Palisadenschicht schließt sich eine hellgelbe Linie von nicht erkennbar zellulärer Struktur, an diese eine Lage von kleinen Steinzellen. Die braune Zone besteht aus mehreren Lagen verschieden langer und ver- schieden orientierter Faserzellen, die auch die braune dem Samenkern anhaftende Samenhaut zusammensetzen. Die Faserzellen führen einen braunen Inhalt. Die keulenförmigen Kieselkörper der Steinschale haben in bezug auf Gestalt und Größe kaum ihresgleichen im Pflanzenreiche, wenn man ihre Herkunft als Ausgüsse des Zellumens berücksichtigt. Die Zellwände selbst sind, wie Moli seh angibt, nur im geringen Grade verkieselt. Die Ver- kieselung bleibt in der Regel beschränkt auf das dünne, den Scheitel der Zelle bildende Membranstück und auf die das trichterförmig erweiterte Lumen umkleidende Wandpartie. Doch ist auch noch die unmittelbar an die Palisadenschicht anstoßende Zellreihe des peripheren Parenchyms verkieselt und in der Asche lassen sich die Membranskelette mit schön erhaltener Skulptur leicht auffinden. 680 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Die äußersten Zellagen des Endosperms bestehen aus kleinen, rund- lichen, verdickten Parenchymzellen. Nach einwärts nehmen die Zellen an Grüße bedeutend zu und strecken sich senkrecht zur Peripherie des Samens beträchtlich in die Länge; ihre mittlere Länge beträgt dann über 250;«, der Querdurchmesser 60 — 80 /.t und kann bis 102,« steigen. (Fig. 250 B). Wir werden sehen, daß diese Grüßenverhältnisse für die Unterscheidung der Gewebe dieser Steinnuß von denen der polynesischen Steinnüsse nicht ohne Bedeutung sind. Die Zellwände sind außerordent- Fig. 250. Phytelephas inicrocatpa. A Stück eines Querschnittes durch den Samen. B Längsschnitt w Zellwand, l Lumen, a nicht aufgelöste Keste von Aleuronkörnern. Wasserpräparat. Vergr. 350. (Original von T. F. Hanausek und Weese.) lieh verdickt^), so daß das Lumen im Querschnitt nur 38 — 60,8 ^t breit ist; sie sind außerdem so innig miteinander verschmolzen, daß man — bei der Präparation in Wasser — weder am Längs- noch am Quer- schnitt die Zellkonturen wahrnehmen kann (Fig. 250^, B). Doch läßt sich die Abgrenzung jeder Zelle nach den blinden (?) Enden der eigentümlich verlaufenden Porenkanäle leicht konstruieren. Diese bilden ziemlich breite, gerade und normal zur Zellenlängsachse ziehende Erweiterungen des Lumens und dehnen sich am Ende kolbig oder keulig aus; da nun je 1) Die (bei der Herstellung von Längsschnitten entstehenden) eigentümhchen Risse und Spalten in der Zellwand werden unten bei den polynesischen Steinnüssen des näheren erörtert. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 681 zwei Kolbenenden der Porenkanäle benachbarter Zellen einander gegenüber liegen, so müssen die Zellgrenzen zwischen den Kolbenenden verlaufen. Dies beweist auch die Einwirkung der Kalilauge; in derselben zeigt das Präparat die Zellkonturen scharf abgegrenzt, die Wände deutlich ge- schichtet und auch die innerste, das Lumen [l] und die Porenkanäle auskleidende Zellwandschicht tritt mit großer Schärfe hervor. Jod und Schwefelsäure färben die Zellwand blau. Der ZeUinhalt eines in Öl liegenden Präparates macht den Eindruck, als ob er ein farbloser das Lumen fast ausfüllender Körper wäre, der durch scheinbare Querbrüche in kantige Stücke geteilt ist. Nach Tschirch^) sind diese Stücke große Aleuronkürner. In Jodjodkalium färbt sich die Zellwand zitronengelb, der Inhalt tiefbraun und ein solches Präparat ist ganz besonders ge- eignet, das Lumen mit seinen die Wand durchsetzenden Porenkanälen scharf hervorzuheben. In Ghlorzinkjod wird die Zellwand violett, der Inhalt goldgelb gefärbt; die Aleuronkürner sind zum Teil erhalten (Fig. 250 a), zum Teil in eine feinstkornige Masse verwandelt. Auch in Wasser zer- fällt der Inhalt in eine solche und beim Erwärmen treten Fetttropfen hervor. Heiße Kalilauge löst den Inhalt vollständig 2). Kristallartige Ein- schlüsse sind nicht zu beobachten. Steinnüsse lassen sich schwer schneiden, aber trocken sehr leicht auf der Drehbank bearbeiten. Durch Einlegen in Wasser wird das Schneiden erleichtert. Aber selbst nach 24 stündigem Liegen in Wasser tritt keine weitere Erweichung des Gewebes ein. Wohl aber erweicht es beim Keimen. Die Härte der Steinnuß beträgt nach Harz 2,6 (tieri- sches Elfenbein 2,8). Das Gewebe der Steinnuß enthält 8,8 Proz. Wasser, 4,2 — 7,31 Proz. Proteinkörper und 74 — 75 Proz. Zellulose. Diese ist eine Hemizellulose und zwar vorwiegend ein Fruktomannan, das auf einen Teil d-Fruktose (Lävulose) 20 Teile Mannose liefert 3). Der Aschengehalt beträgt 1,4 bis 1,7 Proz., wovon auf die Kieselsäure allein 33,58 Proz. entfallen. Die Verwendung der Steinnüsse ist gegenwärtig eine sehr umfang- reiche, insbesondere zu Knöpfen. Da sie sich gut färben lassen, so können auch künstliche Korallen, Türkise usw. daraus verfertigt werden. Die bei der Verarbeitung sich ergebenden Abfälle dienen als Fälschuners- -1) Tschircii, Handbucii der Pharmakognosie (Leipzig lOlä), II, p. 261. 2) Nach F. G. Kohl (Ber. d. deutsch. Bot. Ges., 1900, XYIII, p. 364) stehen die Plasmainhalte der einzelnen Zellen durch zarte Piasmaiaden in Verl)indung; diese Fäden durchsetzen einzeln die ungetüpl'elte Membran (solitäre Verbindungen) und finden sich gehäuft in der Tüpfelmembran (aggregierte Verbindungen). 3) Vgl. auch Bourquelot ctHerissey, Sur lo mecanisme du la saccharifica- tion des mannanes du corrozo par la seminase de la Luzerne. Corapt. rend. d. seanc. de l'Acad. d. scienc. d. Paris 1903, p. 1404 — 1406. 682 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. mittel gepulverter Gewürze und Kaffeesurrogale ; sie wurden auch als Verfälschungsmittel des Mehles, des Knochenmehles und Palmkernmehles, sowie als Beimischung in gepulverten Brechnüssen (Semen Strychni) von L. Planchen beobachtet i). Mit Traubenzuckerlösung getränkt und geröstet und mit Zichorienmehl gemischt, kommen sie als »aromatischer Kaffee-Ersatz« (Patent Gebr. v. Nießen) in den Handel. Unreife Stein- nüsse sind eßbar und sollen auch wegen ihres Fettgehaltes, mit Wachs gemischt, zu tropensicheren Kerzen verarbeitet werden 2). Liebscher hat 1 885 den Vorschlag gemacht, die Abfälle auch zur Darstellung von Albumin (zu Färbereizwecken) zu verwenden, da der schleimige Zell- inhalt aus 87,5 Proz. in Wasser leicht löslichem Pflanzenalbumin besteht. Nach diesem Autor sollen die Steinnüsse ein Alkaloid, das er Phytele- phantin nannte, enthalten. b) Polynesisches vegetabilisches Elfenbein. Im Jahre 187 6 kamen Palmensamen unter dem Namen Tahiti- nüsse nach Europa, die zur Knopffabrikation sich geeignet zeigten, aber nach Angabe des Fabrikanten , Bure seh in Linden bei Hannover zur Bearbeitung eines besonders gehärteten Stahles bedurften. WendlandS) schlug für die noch unbekannte Stammpflanze, die mit 8agus Vitiensis Wendl. verwandt sein mußte, den Namen Sagus amicarum vor. Die- selben oder ähnliche Samen waren auch auf der Leipziger Rohstoff'aus- stellung im Jahre 1880 unter dem Namen Fidschi- oder Vitschinüsse zu sehen. Die erste Beschreibung des Samens rührt von Wendland her, die anatomischen Verhältnisse sind zuerst von Hanausek*) kurz besprochen worden. Eine später erschienene Abhandlung &) stellt die anatomischen Unterschiede zwischen der Stein- und Tahitinuß fest. Unterdessen hatte Dingler 6) Früchte und Samen einer Palme beschrieben, die von den Karolinen stammten, und er stellte fest, daß dieser Same von der Tahiti- nuß sich so gut wie gar nicht unterscheide. Dingler bezeichnete daher einstweilen die Palme der von den Karolinen stammenden Samen als 1) Bull. Pharm. Sud-Est 1909, 14, p. 133 nach Apoth.-Ztg. (Berlin) 1909, p. 477, und L. Plane hon et A. Juillet, A Propos d'une falsification. Le Corozo, Mont- pellier 1909. 2) H. Courtot, La noix de Corozo ou ivoire vegetal et ses apphcations. Bull. Soc. Nation. d'Acclim. France, LVI, 1909, p. 66. 3) Beiträge zur Kenntnis der Palmen. Bot. Ztg., 1878, Nr. 36, p. 114. 4) Zeitschrift d. allgem. österr. Apotheker- Vereins, 1880, Nr. 23, p. 360. ö) Zur Anatomie der Tahitinuß. Zeitschr. f. Nahrungsmittel-Untersuchung, Hygiene und Warenkunde, 1893, VII, p. 197. 6) Über eine von den Carolinen stammende Goelococms-¥md\i. Botan. Central- blatt, 1887, XXXII, p. 347. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 683 Coelococcus Carolinensis, wobei er die Gattung Coeloeoccus, die Drudei) als Subgenus der Gattung Mettvxylon (Sagus) aufstellt, wieder restituierte. Hatte schon die Mitteilung Dinglers von der Ähnlichkeit der von den Karolinen stammenden Samen mit der Tahitinuß Bedenken über die Herkunft der letzteren erregt, so wurden durch die Nachforschungen 0. Warburgs^) endlich alle Zweifel gelöst: die sogenannten Tahitinüsse stammen weder von Tahiti, noch von anderen Freundschaftsinseln 3). Der Name ist übrigens gegenwärtig im Handel nicht mehr allein ge- bräuchlich, denn die Ware wird auch »australische Nüsse«, »Wasser- nüsse« genannt. Weitere Erkundigungen ergaben, daß zwei Hauptgebiete von Poly- nesien die Steinnüsse liefern, nämlich die Karolinen und die Salo- monsinseln. Und hierbei zeigte sich die interessante Tatsache, daß die von den Karolinen stammende Ware von der »Salomons-Steinnuß« völlig verschieden war, und daß letztere von einer noch unbekannten Palmen- art herrühre. Letztere heißt auch im Handel »ivory-nuts«. Warburg nennt die neue Palme Coelococcus salomonensis. Beide Steinnußarten haben die Form und Größe eines Apfels, doch lassen sie sich auf den ersten Blick unterscheiden, indem die Karolinen- nuß (Tahitinuß) an der Oberfläche glatt und glänzend oder fein und dicht gestreift und bräunlichschwarz ist, die Salomonsnuß dagegen mit zehn auffälligen, meridional verlaufenden Wülsten (Rippen) versehen und meist dunkelrostbraun und matt ist^). Über die erstere, welche offenbar Wendland unter der Hand hatte, liegt dessen Beschreibung vor, die folgendermaßen lautet: »Die mir in verschiedenen Größen vorliegenden Samen sind schwarzbraun, haben eine niedergedrückt kugelförmige, etwas schiefe Gestalt und sind namentlich unterhalb des Scheitels an der Stelle etwas abgeflacht oder vertieft, wo die Embryohöhlung liegt; sie sind 5 — 6 cm hoch und haben einen Durchmesser von 6 — 8 cm, die größten derselben sind im Gewicht 220 — 240 g schwer und möchten mit Aus- ^) Palmae in Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenl'aniilien, 2. Tl., 3. Ab- teilung, p. 47. 2) Über Verbreitung, Systematik und Verwertung der polynesischen Steinnuß- palmen. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch., -1896, XIV, p. 133. 3) In betreff des falschen Handelsnamens zitiert Warburg, 1. c, die Äußerung eines Kenners der Südsee: >Die Kaufleute pflegten und pflegen der Konkurrenz halber die Provenienz eines neuen Handelsartikels geheim zu halten oder absichtlich falsch anzugeben.« 4) Der Hauptunterschied ist an dem Schuppenpanzer der Früchte festzustellen: Der der Karolinennuß ist braun und matt, der der Salomonsnuß strohgelb; die sicht- baren Schuppen der ersteren sind breiter als lang und der ganzen Länge nach ge- furcht, die von der Salomonsnuß ebenso lang wie breit und nur oben längsgefurcht. Vgl. Warburg, 1. c, p. 136. 684 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. nähme der Cocos nucifera und Lodoicea sechellaj'wn wohl die größten und schwersten Samen aus der ganzen Familie der Palmen sein. In- folge der von der Basis in das Innere des Samens hineinreichenden, sehr vertieften und im Innern sich verbreitenden Raphe zeigt ein verti- kal durchschnittenes Albumen eine Hufeisenform. Das außerordentlich harte gelblichweiße Albumen hat eine Dicke von 20 — 25 mm und die Raphehöhle hat im Innern einen Durchmesser von 20 — 35 mm und ist am Grunde des Samens um einige Millimeter verengt. Die Mündung der Raphehöhle ist an der der Embryo- grube zunächst liegenden Seite meistens etwas mehr erweitert.« Diese Beschrei- bung ist noch dahin zu ergänzen, daß in der Mitte der Grube, unter welcher der Keim liegt, ein nabeiförmig sich erheben- der Keimdeckel liegt. , ' Die Salomonsnuß besitzt, wie schon /-3r-/fr angegeben, eine matte, rauhe, dunkelrost- :^^ 1 s ^ [ ! braune, mit 1 0 Rippen versehene Ober- > V l ^ f ^T'^ fläche, einen viel schmäleren Chalazamund m und eine schmale, tief eingesenkte Grube oberhalb des Keimes ; der Keimdeckel fällt leicht aus und fehlt den meisten mir vorliegenden Samen. Auch in der Größe und im Gewichte stehen die Salomons- nüsse zurück; die Höhe beträgt 5 — 6 cm, der Querdurchmesser 6 — 6,5 cm; das Ge- wicht im Durchschnitt 98,5 g. Auch was von der größeren Härte — sie wurde von Harz mit 2,82 be- stimmt — gesagt wird, stimmt mit meinen Beobachtungen nicht völlig überein. Beide Arten lassen sich gut mit dem Messer schneiden, ohne daß letzteres das dem Kratzen ähnliche Geräusch hervorruft, wie dies bei den Phytelephas- Samen der Fall ist. Freilich kann dies auch in einem verschiedenen physikalischen (und chemischen) Verhalten der Zellwand seinen Grund haben. Eine dritte Art, Coelococcus vitiensis Wendl. von den Fidschiinseln, besitzt zwar nur kleine Samen, die mitunter aber auch in den Handel gelangen. L. Planchon und Juillet bringen im Bull, de Pharm, d. Sud- Est (1910, p. 3 des Sonderabdruckes) eine Abbildung von dem Samen dieser Art, der sich von der Salomonsnuß in Größe nicht wesentlich unterscheidet. Der Bau der Endospermzellen gleicht völlig dem der Fig. 251. , Coelococcus sulomonensis. Längsschnitt durch den Samen, l Lumen, )/( Mittellamelle, kr Kalziumoxalatpris- men, S Spalten in der Zellwand, in dieser Reproduktion aber nicht deutlich sicht- bar. Wasserpräparat. Vergr. 350. (Ori- ginal von T. F. Hanausek u. Weese.) Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 685 anderen Coe/ococci^s- Samen. Von Heim i) ist im Jahre 1903 eine vierte Art, Coelococcus Warhurgi Heim, beschrieben worden, die auf den Neuen Hebriden einheimisch ist und deren Samen ebenfalls als » Elfenbein nuß« (noix d'ivoire) zu uns kommen. Die allgemeine anatomische Struktur der Coe/ococcws-Samen gleicht jener der echten Steinnuß. Gestreckte Zellen mit enorm verdickten Zellu- losewänden und deutlichen, am freien Ende kolbig erweiterten Poren- kanälen sind die Elemente des ganzen Keimnährgewebes. (Fig. 551). Die Unterschiede liegen zunächst in den Grüßenverhältnissen, wie aus der Fig. 250, J. u. ^ im Vergleich zu Fig. 251 erkannt werden kann. Während die Phytelepkas-ZeWen breiter und kürzer sind, erscheinen die von Coelococcus länger und schmäler; dementsprechend sind die Poren der ersteren länger, die der letzteren kürzer und etwas breiter; der Quer- durchmesser der Goelococcus-ZeWen mißt 28 — 48, die Lumenbreite 19 bis 32 /<. Eine weitere Verschiedenheit bildet die Deutlichkeit der Zell- konturen. Bei der echten Steinnuß ist eine so innige Verschmelzung der Zellmembranen vor sich gegangen, daß weder am Längs- noch am Quer- schnitt die Zellgrenzen gesehen werden können. Hingegen finden wir an den polynesischen Samen die Zellkonturen im Längsschnitt ohne weitere Be- handlung (also schon im Wasser) an vielen Stellen deutlich hervortreten (Fig. 251, m); im Querschnitt werden sie nach Behandlung mit Kalilauge sichtbar. Außerdem zeigen die Zellwände noch ein besonderes Ver- halten. Am Längsschnitt erscheint die Zellmembran von sehr schmalen, parallelen, ein wenig gewundenen und anscheinend leeren Spalten durch- setzt, die schief zur Längsachse der Zelle gerichtet sind. Die Spalten machen den Eindruck von Rissen, die aber nicht bis zur innersten, das Lumen auskleidenden Membran vorgedrungen sind. (Fig. 251, S). In ähn- hcher Ausbildung, aber minder regelmäßig in der Anordnung, finden sich diese Spalten auch im Phytelephas- und Hijphaene-Samen. J. Grüß 2) hat das gleiche Verhalten an dem Endosperm des Dattelsamens ge- funden und als eine Folge der Einwirkung des schneidenden Messers erklärt. Er findet parallel laufende, ein scheinbares Streifensystem bildende Linien und die in derselben Richtung verlaufenden Spalten. »Die Streifen sind als Schrammen zu betrachten, die durch die Unebenheiten des Messers auf der verdickten Wandung hervorgerufen werden. Die Spalten entstehen durch ein Zerbersten oder Zerreißen der Älasse infolge der 1) Heim, Un nouveau Coelococcus "Wendland des Nouvelles Hebrides. Bull. Soc. bot. de France, L, 1903, p. 572 — 576. 2) Über die Einwirkung der Diastase-Fermente auf Reservezeliulose. Ber. d. Deutsch, bot. Gesellsch., 1894, p. (60)ff. Die Spalten sind auf Taf. XIV, nach ver- schiedenen Schnittführungen des Messers abgebildet. 686 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. geübt ^yird; man kann den Spalten daher eine beliebige Richtung geben.« Sie können aber nur an Schnitten von gut ausgetrockneten Samen her- vorgerufen werden, denn an wasserreichen Samen sind die Spalten in der Zellwand nur sehr selten zu beobachten. Die wichtigste Differenz^ die sich an beiden Steinnußarten kon- statieren läßt, liegt in dem Vorhandensein von Kristallen in den poly- nesischen Nüssen, die der echten Steinnuß völlig fehlen. (Fig. 251, kr.) Man findet in einzelnen Zellen je einen, meist einem schmalen Zell- ende nahe gelagerten kleinen tetragonalen, prismatischen Kristall. Verdünnte Schwefelsäure bewirkt langsamen Zerfall der Kristalle, aber keine Bildung von Gipsnadeln. Kocht man aber die Schnitte zuvor in Alkohol und dann in Wasser, so lösen sich die Kristalle alsbald in Schwefelsäure und sofort schießen die Gipsnadeln in voller Deutlichkeit an. Es läßt sich das Ausbleiben der Gipsnadelbildung, wenn das Aus- kochen unterlassen wird, dahin erklären, daß die Kristalle in einer fetten oder gelatinösen Masse eingebettet liegen, welche die Kristallisation des neugebildeten Kalziumsulfates verhindert. Ist aber dieselbe durch den heißen Alkohol und das heiße Wasser gelöst und entfernt worden, so steht der Kristallbildung kein Hindernis im Wege. Bekanntlich sind in vielen Pflanzen Kristalle in besonderen Hüllen beobachtet worden. Die Kristalle bestehen aus Kalziumoxalat und das Auftreten derselben in Samen, deren Reservenährstoffe nicht durch Fett oder Stärke, sondern durch die Zellulose der verdickten Zellmembranen repräsentiert sind, zählt wohl zu sehr seltenen Vorkommnissen im Pflanzenreich. Der Keimdeckel besteht aus langen Palisadenzellen, an denen sich kurze Skiereiden ansetzen. Die Coelococcus-'^üsse werden wie die echten Steinnüsse hauptsäch- lich zu Knöpfen verwendet; es lassen sich daraus besonders große Sorti- mente herstellen. Nach Ferd. Kugelmanni) sind 1893 6100 Zentner, 1895 13 000 Zentner polynesischer Samen nach Europa importiert worden; von Fhytelepkas-Ssimen kamen 383 000 bzw. 369 950 Zentner nach Hamburg. Im Jahre 1 91 1 wurden von Neuguinea 1 4 221 kg polynes. Nüsse exportiert. Die schlechte Beschaffenheit der Nüsse des Jahres 1 895 hatte ihren Grund darin, daß bei vielen Samen die Keimung begonnen hatte und das Nährgewebe erweicht worden war. »Bei den meisten Nüssen fehlte der Keimdeckel, bei vielen war die Keimhöhlung schon bedeutend erweitert und die Umgebung derselben durch das Ferment des Keimlings unregelmäßig zackig angefressen« (Warburg). Wahr- scheinlich waren es ältere im Schlamme aufgelesene Nüsse, die beim Mangel guten Materiales zur Verwendung gelangt sind. 1) "Warburg, 1. c, p. 142. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 687 c) Ostafrikanisches (abessinisches) vegetabilisches Elfenbein. Als abessinisches vegetabilisches Elfenbein, franz. Corozo d'Abyssinie, werden seit einigen^ahren die Samenkerne der Daumpalme, Hyphaene thehaica Ma?'t., als ein billiger Ersatz der südamerikani- schen Steinnüsse in großen Mengen in den Handel gebracht i). Die Daumpalme ist in ganz Oberägypten und im Sudan bis zum Äquator verbreitet; sehr umfangreiche Hyphaeiie-Besiände geben unter anderem der großen Salzsteppe in Ugogo einen besonderen Vegetationscharakter 2). Die Palme ist der verschiedenartigen nützlichen Produkte halber, die sie liefert, den Bewohnern dieser Gebiete ein überaus wertvolles Natur- geschenk. Die Blätter dienen zu verschiedenem Flechtwerk, zu Matten und Hüten, der Stamm zum Kahnbau und als Bauholz. Das genießbare, süß schmeckende Fruchtfleisch wird zu einer ArtHonigbrot^) verwendet, das nach Seraler*) einen gewürzhaften, an Ingwer erinnernden Geschmack besitzen soll und daher 'auch von den Engländern als »Ingwerbrot« ^) bezeichnet wird. Außer dieser Hyphaene-Art, die bis zum Niltal vor- dringt, ist noch eine zweite ebenfalls als Daum- oder Dumpalme (auch Miapalrae) bezeichnete Spezies, Hyphaene coriacea Oaertn.^ anzuführen, die in der Küstenregion von tropisch Ostafrika bis zum Sambesi ver- breitet ist 6). Die Frucht derselben erfährt die gleiche Anwendung von den Eingeborenen wie die von H. thehaica. Nach einem Zitat in War- burg (Die Palmen Ostafrikas, p. 26) gleicht die Frucht »einer harten, grobhaarigen Flaschenbürste, zwischen deren Borsten ein wenig Pfeffer- kuchenteig eingerieben und deren Oberfläche mit einem bräunlichen Leder überzogen worden ist«. Von Interesse ist der Vergleich des Geschmackes der Früchte mit Johannisbrot (J. Meyer). Der bläulichweiße Samenkern dürfte wohl dieselbe Verwendung finden wie der der H. thehaica. In der »Erithrea«, der bekannten italienischen Kolonie, wird der Pflege der Dumpalme besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Der Export \) Tropenpflanzer, 1941, p. 392 (G. R. Rein). 2) Tropenpflanzer, igiä, Beihefte, p. 109. Es dürfte dies H. coriacea Gaertn. oder E. erinita Gaertn. sein. Warburg-, Die Palmen Ostafrikas, p. 25. 3) Drude in »Pflanzenfamihen« II, 3, p. 39. 4) Tropische Agrikultur, 1. Aufl., I, p. 649. 5) An den trockenen Früchten der Sammlungen ist davon allerdings wenig zu bemerken. Dieselbe Bezeichnung gilt auch für das von H. coriacea gewonnene Pro- dukt. (War bürg.) 6) Abbildung eines Fruchtstandes in Sadebeck, Die Kulturgewächse der deut- schen Kolonien und ihre Erzeugnisse. Jena 1899, p. 24, Fig. 14. Daselbst werden die Dumpalmen als »Pfefferkuchenpalmen« bezeichnet. 688 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. der Samen 1) begann im Jahre 1907 mit 5403 Doppelzentner und hat sich aUmählich bis 1913 auf 37138 Zentner erhöht. »Man unter- scheidet eiförmige und längUche Früchte, erstere mit regelmäßiger Ober- fläche, letztere von unregelmäßiger buckeliger Form; diese werden höher geschätzt. Bei beiden unterscheidet man rote Früchte mit süßem Fleisch und bittere fast fleischlose, die besseres vegetabilisches Elfenbein liefern« (Tropenpflanzer). 100 — 120 weibliche Palmen geben einen Ertrag von 52—86 Zentner auf den Hektar. Nach Planchon und Juillet, die eine ausführliche Abhandlung 2) über Frucht und Samen der Daumpalme veröffentlichten, soll auch ein »ägyptisches Bdellium«, seiner diuretischen Eigenschaft wegen als Heil- mittel geschätzt, von Hyphaene stammen. Die unregelmäßig birnförmige, etwas plattgedrückte, bis faustgroße Frucht ist außen lederbraun, glatt, besitzt ein dünnes Exokarp und ein grobfaseriges Mesokarp, das durch reichliche Faserstränge mit dem Endokarp, dem Steinkern oder Putamen, innig verbunden ist 3). Nach Drude (1. c.) ist der Same »auf breiter Platte am Grunde des Putamens sitzend, an der ganzen Oberfläche wollig-faserig, eirund, mit dem Embryo an der Spitze des gleichförmigen Nährgewebes«. Bezüglich des anatomischen Baues des Perikarpes soll hier bemerkt werden, daß das Mesokarp aus einem großzelligen dünnwandigen Parenchym (mit einzelnen kleinen Gruppen echter Steinzellen) besteht, das von Fasersträngen durchzogen ist. Diese sind entweder reine Faser- sklereidenbündel, begleitet von Parenchymzellen , die Kieselkörper ein- schUeßen, oder es sind Gefäßbündel mit schmalen Spiroiden. Das Paren- chymgewebe ist durch seinen Inhalt besonders bemerkenswert. Die meisten Parenchymzellen enthalten die sogenarlnten »Inklusen«, spindelige oder eiförmige Körper, nach Tschirch aus einem in Wasser unlöslichen Phloroglukotanoid bestehend, die u. a. auch im Dattelmesokarp^), Johannisbrot u. a. reichlich enthalten sind und die Ähnlichkeit im Ge- schmack dieser Früchte bedingen. Die Steinschale setzt sich aus einem sehr dichten Gewebe von mächtig verdickten, spindeligen (im Querschnitt kreisrunden) Skleren- chymfasern zusammen. 1) Ausfuhr und Kultur der Dumpalmnüsse in der Eritrea. Tropenpflanzer, Dezember 1915, p. 694. 2) Planchon et Juillet, Corozo d'Abyssinie. Bull. mens. d. l'Acad. d. scienc. et lett. d. Montpelher, Juin-Juillet IG-IO, No. 6 — 7, p. 165—175. 3) So an den mir vorliegenden, dem k. u. k. naturhistor. Hol'museum in Wien entstammenden Früchten. 4; Vgl. hierzu Hanausek, Zur Kenntnis der Anatomie der Dattel u. ihrer Inklusen. Pharmazeut. Post, 43, 1910, p, 1041 — 1044. Daselbst eine Zusammenstellung der in den Blättern, Früchten oder Samen »Inklusen« enthaltenden damals bekannten Pflanzen. Einundzwanzigster Absclinitt. Samen. 689 Die Gestalt des Samens läßt sich schwer beschreiben; er ist un- regelmäßig birnfürmig, in der Partie des Nabels abgeflacht, an der Embryogrube verschmälert und daselbst durch eine kreisrunde, von einem Walle umgebene Warze ausgezeichnet, im Längsschnitt abgerundet- 3-, 4- bis öseitig (Fig. 252), 3,5 cm hoch und breit. Die Samenschale stellt eine ziemlich weiche, rauhe, zimtbraune mit dunkleren Pünktchen und Streifen gesprenkelte Decke dar^), — als »faserig-wollig« möchte ich sie nach den mir vorliegenden Mustern nicht bezeichnen — , die in den Außenpartien locker-schwammig, sich abschuppend in der inneren an den Samenkern unmittelbar anschließenden Schicht dagegen dicht und fest zusammenhängend erscheint (Fig. 252, as, is). Das Endosperm ist bläulichweiß, homogen, dicht, äußerlich von dem der südamerikanischen Steinnuß nicht verschieden, aber leich- ter zu schneiden und etwas weicher ^^ als das der letzteren, was sich auch / V aus dem anatomischen Bau erklären ' ^*^ läßt. Das Endosperm schließt mit ~ W: J..^^ einer etwa 7 — 8 mm dicken Wand f s ^W' --est de couleur brun cunnelle, finement tachetee de mouchetures plus foncees, brunes, plus serrees vers le somniet que vers la base«. 2) Abbildung bei Planchon et Juillet, 1. c, p. 172, Fig. 3. — Auch die Be- schreibung der Endospermzellen (p. 173 und Fig. 4 u. 5) stimmt mit meinen Beob- achtungen völlig überein. Wiesner, Rohstoife. III. Band. 3. Aufl. 44 690 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Der Bau des Endosperms gleicht dem der Coelocoecus-Samen. Wir finden wieder die langgestreckten, dickwandigen Zellen mit senkrecht vom Lumen abstehenden, an ihren Enden etwas verbreiterten Poren- kanälen (Fig. 253), mit einem im Querschnitt rundlichen, in der Längs- ansicht spindeligen oder ellipsoidischen Lumen. Dieses ist häufig an einem Ende in einen schmalen langen Schlauch ausgezogen. Während bei Phytelepkas die Lumenbegrenzungen in der Längsansicht als parallele Linien erscheinen, ist bei Hyphaene von einem solchen Parallelismus nichts zu sehen; schon dadurch und durch die viel seltener vorkommen- den und sehr kurzen Porenkanäle läßt sich das iJ?/p/mewe-Endosperm auf den ersten Blick von dem der Phytelephas unterscheiden. Sowohl im Quer- wie im Längs- schnitt kann man die Mit- tellamelle (Fig. 253m), somit die Abgrenzung der einzelnen Zellen be- obachten, wie dies bei Coelococcus der Fall ist ; bei Anwendung von Kali- lauge quillt die Zellwand (im Querschnitt) fast wulstartig auf und die Abgrenzung wird da- durch überaus deutlich. In bezug auf die Grüßen- verhältnisse ist zu be- merken, daß die Länge der (ganzen) Zellen von etwa 36,8 — 57,5 ^< Daraus ergibt sich, daß bei Phytelephas ist, der pv a Fig. 263. Hyphame thebaica. Längsschnittspartie durch den Samen. In Jodkalium und Glyzerin, l Lumen, m Mittellamelle, a Aleuron- körner. Vergr. 350. (Original von T. F. Hanausek u. Weese.) schwankt, die Lumenbreite 23 — 24 p beträgt, die Dicke der Zellwand erheblich kleiner als von Coelococcus gleich kommt oder sie übertrifft und daß auf ein be- stimmtes Flächenstück viel mehr Zellen und viel mehr Lumen (also Hohlräume) entfallen als bei Phytelephas; es können nach Zählungen 8—9 Zellen von letzterer auf i 5 Hyjjhaene-ZeWen kommen. Es enthält daher Hyphaene auf dieselbe Raumeinheit bezogen weniger Masse als Phytelephas. Von Coelococcus unterscheidet sich diese Art durch das Fehlen der Kalziumoxalatkristalle. Der Inhalt der Endospermzellen setzt sich aus kugeligen oder ei- förmigen Aleuronkörnern (Fig. 253«) zusammen, die oft in großer Anzahl das Lumen ausfüllen. Recht deutlich sind sie zu beobachten, wenn man Einundzwanzigster Abschnitt, Samen. 691 den Schnitt vorübergehend in Jodjodkalium — das die Aleuronkörner goldgelb färbt — legt und in Glyzerin suspendiert. Was die Verwendung i) der Dumpalmsamen anlangt, so ist zu be- merken, daß sie zuvor gebleicht und entfettet werden müssen. Letzteres geschieht durch Behandlung mit einer 0,2proz. Lösung von Marseiller Seife, zur Bleichung bedient man sich einer Natriumaluminatlüsung von 1/4° B6, worauf eine Nachbleichung mit Wasserstoffsuperoxyd oder mit warmer 1 — 3 proz. Kaliumpermanganatlösung zu erfolgen hat; die durch diese Lösung hervorgerufene schwarze Färbung der Samen wird durch angesäuerte Natriumbisulfatlösung von 1/2° ß^ aufgehoben. Die nun rein weißen Samen lassen sich zu Knöpfen, Perlen usw. ausgezeichnet ver- arbeiten. In 10 proz. Phosphorsäurebädern bekommen die daraus ge- fertigten Waren einen gelblichen Stich, erweichen vorübergehend und können Prägeverzierungen u. dgl. erhalten. 2. Kokosnußkerne. Die Samen der Kokospalme bilden sowohl im ganzen, wie im zer- kleinerten Zustande einen wichtigen technischen Rohstoff. Die Kopra^) (Coperah), wie die zerschnittene Ware heißt, bildet gegenwärtig den Hauptausfuhrartikel der Südseeinseln 3) und wird in Indien und in Europa auf Kokosnußfett (und »Kokosbutter«) verarbeitet *). Die Rückstände der Ölfabrikation sind als Mastfutter von hoher Bedeutung s), (Über das Kokosnußfett s. I, p. 659.) Auf Samoa, Neuguinea und dem Bismarckarchipel ist die Kokos- palme die erste und wertvollste Kulturpflanze. Auch Ceylon und die Malabarküste (Cochin) sind überaus reich an Kokospalmen, auf Ceylon befinden sich Wälder von Kokospalmen (Tschirch). Die älte- sten Plantagen im Bismarckarchipel sind auf der Herberthöhe; im ganzen dürften daselbst 15 000 ha mit Kokospalmen bepflanzt sein. Die Palme 1) Tropenpflanzer, Dezember 19-15, p. 695. 2) Über die Etymologie dieses Wortes s. Tschirch, Handbuch der Pharma- kognosie, III, p. 700. Daselbst auch ausführliche Beschreibungen der Palme und Frucht. 3) Finsch, Über Naturprodukte der westlichen Südsee. Berhn 1887, Kolonial- verein, p. 3ff. — Vgl. auch Warburg, Die Palmen Ostafrikas, p. 3, und idem, Die aus den deutschen Kolonien exportierten Produkte und deren Verwertung in der In- dustrie.. Berlin 1896, p. 17. — Am ausführlichsten handelt über Kopra Dr. Max Birk, Kopraproduktion und Koprahandel. Jena 1913. (Bd. 1 5 der »Probleme der Weltwirtschaft«.) Hunger, Cocos nucifera, Amsterdam 1916. 4) Die Kokosnußölbereitung in den Produktionsländern selbst erlangt aber immer größere Bedeutung (Tropenpflanzer, 1920, p. 28). 5) L. Gebek, Über Kokosnußkuchen und Kokosnußmehl. Landw. Versuchs- Stat, 1893, XLIII, p. 427. 44* 692 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. beginnt im 7. Jahre ertragsfähig zu werden; 100 8jährige Palmen geben i/,Q — 1/5 t, ebensoviele 10jährige schon 1/2 t und volltragende Palmen, 1 4 — 1 5 Jahre alt, geben ^4 — Vs ^ Kopra per ha ^). Der Export beträgt etwa 6000 t. Samoa exportierte 1905 8603 t Kopra 2), Niederländisch- indien (1908) 229 4913]^ die Straits Settlements 76 732, Ceylon 33 994, Manilla 89 731 t. Aus 6000 bis 7000 frischen Früchten erhält man 1000 kg Kopra. Das Verfahren, die Samen zu zerschneiden und zu trocknen, wurde zu- erst von den Franzosen in Ostafrika angewendet und von der Ham- burger Firma G. Godeffroy auf den Südseeinseln eingeführt. Nach Finsch (1. c, p. 5) wird die reife Nuß mit einem Axthieb in zwei Hälften gespalten und dann der Kern mittels eines großen Messers in nicht zu kleinen Stücken herausgestochen und an der Sonne zum Trock- nen ausgebreitet; unter günstigen Verhältnissen dauert dieses drei Tage. Größere Stationen besitzen rationellere Vorrichtungen, um die Ware vor plötzlichem Regen zu schützen. Gedeckte Trockenräume enthalten mehrere übereinander stehende, verschiebbare Horden, die bei Sonnen- schein ins Freie gezogen werden. Als Nebenprodukte dienen die Husks (Fruchtfaserschicht, s. p. 358) und die Steinschalen. Nach Zaepernick (Die Kultur der Kokospalme, Beiheft z. Tropen- pflanzer Nr. 10, 1911, p. 580) geschieht das Öffnen der Nuß mittels eines in die Erde gerammten, oben zugespitzten Eisenstabes, auf den die Frucht aufgeschlagen wird. Gegenwärtig beginnt die Anwendung des künstlichen Trocknungs- verfahrens immer mehr Verbreitung zu finden. In Goch in werden die Samen an der Sonne, auf Ceylon, das im Süden ziemlich regenreich ist, nur auf Darren getrocknet. Man erhält drei Sorten, eine weiße, eine gelbe und eine schwarze Kopra; letztere stammt von aufgesprungenen Nüssen, in denen sich Schimmelpilze u. dgl. angesiedelt haben. Ob weiße oder gelbe Kopra erhalten wird, hängt von dem Reifezustand der Nüsse ab, da nur von Vollreifen das geschätzte weiße Kokosfett gewonnen werden kann*). Nach Roeder darf das Feuer zur Darren- trocknung nur mit Kokosschalen unterhalten werden, da es mit diesem 1) P. Preuß, Die wirtschaftlichen Verhältnisse der deutschen Kolonien in der Südsce. Ber. d. D. pharmaz. Gesellsch., 19, 1909, p. 26. 2) D e r s e 1 b e , Über Kakaobau und andere Plantagenkulturen auf Samoa. Tropen- pflanzer, Beihefte, Nr. 3, 1907, p. Uff. 3) 1913 wird die Ausfuhr mit 230 085 Tonnen angegeben. Über die Kokos- palme in Niederländisch -Indien siehe Preuß in Tiopenpüanzer, 1919, p. 169 — 187. 4) G. Roeder, Aus Indiens Kolonialtechnik. Tropenpflanzer, 1 909, p. 41 6. Über die Bedeutung der Darrentrocknung vgl. auch A. Dommes, ebenda, 1910, p. 288. — Otto Marr, Kopratrocknung, Tropenpflanzer, 1913, 17, p. 380. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen, 693 Brennmaterial rauchlos bleibt, die Kopra nicht verräuchert und ver- dirbt. Da trotz der gut durchgeführten Trocknung die Kopra häufig von Schimmelpilzen überzogen wird, so suchte man ein Sterilisierungs- verfahren ausfindig zu machen, um die Verschimmelung hintan- zuhalten. Nach Dybowski erweist sich hierzu das Schwefeln der Nüsse geeignet. Sie werden in zwei Hälften zerschnitten und mittels des Mar ot sehen Apparates der Einwirkung der schwefligen Säure aus- gesetzt. Der der Steinschale entnommene Same*) ist im allgemeinen kugelig und läuft gegen den Grund, wo sich das Keimlager befindet, in einen sehr kurzen, stumpfen Kegel aus. Der Durchmesser beträgt im Mittel 10 — 12 cm. Die Oberfläche ist braun oder röllichbraun, mit einem dichten, vertieften Adernetz versehen, in dem die Gefäßbündel oder Teile desselben liegen; die Abdrücke des Adernetzes und die ergänzenden Teile der Bündel befinden sich an der Innenseite der Steinschale. Daraus er- gibt sich schon , daß eine scharfe Abgrenzung der Samenschale und der Steinschale nicht vorhanden ist. Sobald der Same trockenreif wird, löst sich die als Samenschale zu bezeichnende Deckschicht von dem Endokarp in der Weise los, daß noch Teile des letzteren an der Samen- schale haften bleiben. Diese ist sehr dünn, im Innern dunkelbraun und so innig mit dem Samenkern verbunden, daß sowohl an gekochten, wie an mechanisch zerkleinerten Präparaten die Partikel der inneren Samen- hautschicht stets im Zusammenhang mit der äußersten Endospermzell- reihe gefunden werden. Der Samenkern besteht aus dem großen, ölig-knorpeligen, an Bruchflächen radialfaserigen, weißen, innen hohlen Keimnährgewebe, das am Grunde in einem kegelförmigen Hohlräume den relativ kleinen Kern trägt. Die Mächtigkeit der Endospermwand beträgt an den getrockneten Samen 1 — 3 cm; die von dieser umschlossene Höhle enthält (im frischen Samen) eine wässerige Flüssigkeit, die Kokosmilch, die genießbar ist. Nach König^) hat sie einen Gehalt von 0,46 Proz. Stickstoffsubstanz und 6,78 Proz. stickstofffreien Extraktstoffen; das übrige ist Wasser (91,5 Proz.), Salze und Fett. Über die Quantitäts- verhältnisse gibt eine Analyse von v. Ollech^) Auskunft. Er fand in einer lufttrockenen Kokosnuß von 1133 g Totalgewicht 30,45 Proz. Husk (Faser), 19,59 Proz. Steinschale und 46,96 Proz. Same. Letzterer ergab: <) Harz, Landw. Samenkunde, II, p. W2^ — 1124; Sadebeck, Die Kultur- gewächse der deutschen Kolonien, 1899. 2) Die menschlichen Nahrungs- und Genußmittel. 3) Zitiert nach König, 1. c. 694 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. im Mittel zweier \ Exemplar (1133 g) Exemplare Feste Samenmasse (Endosperm, Samenschale, Keim) .... 428 g = 37,78 Proz. 417,9 g Flüssigkeit im Innern des Kernes (Kokosmilch) 138 » = 12,-18 > 566 g = 49,96 Proz. 151,9 g Nach Bachofen ^) beträgt das Mesokarp 30 — 57,3 Proz., die Stein- schale 11,6— 19,6 Proz., das Endosperm 18,5— 37,8 Proz., die Kokos- milch (bei unreifen Früchten) 12 — 13 Proz. Bei einer so bedeutenden Menge freier Flüssigkeit im Innern des Samens ist es erklärlich, daß behufs Aufbewahrung und mit Rücksicht auf den Transport eine sorgfältige Trocknung des Samens notwendig ist; es ist daher die Zerteilung vor der Trocknung jedenfalls ein sehr rationelles Verfahren. Von der Samenschale lassen sich mit dem Messer graubraune Schüpp- chen sehr leicht ablösen; sie bestehen aus fast farblosen, sehr verschieden gestalteten, sklerosierten und reichlich getüpfelten Zellen, die auch an der Innenseite der Steinschale (Endokarp) vorkommen und daselbst meist eine kräftigere Verdickung aufweisen. Diese Steinzellen dringen auch noch in die oberflächüchen Schichten der eigenthchen Samenschale ein, darin verschieden große Nester bildend; da sie farblos sind, eines In- haltes entbehren und von Phlorogluzin-Salzsäure rot gefärbt werden, wäh- rend die Samenschalenzellen sich in dieser Beziehung ganz anders ver- halten, so können sie außerordentlich scharf von den letzteren auseinander- gehalten werden; ihr lockerer Zusammenhang an der Außenseite des Samens macht die leichte Lostrennung derselben von der Innenseite der Steinschale erklärlich. An der eigentlichen Samenschale 2), deren Zellen durch ihre braunen oder gelben, ziemlich derben, nicht verholzten Wände sehr gut charakte- risiert sind, lassen sich drei Schichten unterscheiden, von welchen die beiden ersten nicht scharf geschieden sind, während die innerste ziem- lich deutlich von den anderen sich abhebt. Die äußeren Samenhaut- zellen sind langgestreckt, in der Fläche meist rechteckig, seltener etwas gekrümmt, zu 3 — 4 oder mehreren parallel gestellt, diese Gruppen aber wieder verschieden orientiert, daher ein sehr wechselvolles Bild gebend ; 1) Tschirch, Handbuch usw., II, p. 702. 2) Abbildung siehe in Realenzyklop. d. ges. Pharm., 2. Aufl., IX, p. 473. — Eine vorzügliche Darstellung der Anatomie der Frucht und des Samens hat A. L. "Winton gegeben: Anat. of the fruit of Coc. nuc. Amer. Journ. sc. 1 2 (1 901), p. 538. Am. Journ. pharm. 1901, p. 523. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 695 weiter nach innen verkürzen sich die Zellen, werden mehr oder weniger isodiametrisch, rundlich, gerundet polyedrisch, sind in trockenem Zustande (in Glyzerin) zusammengepreßt mit gefalteten Wänden und mitunter schmalem, oft gewundenem Lumen; in Wasser quellen sie auf, der In- halt erscheint als ein brauner, massiver Klumpen. Ein in Kalilauge er- wärmtes Präparat zeigt die Zellwände aufgequollen, mit Tüpfeln versehen, den Inhalt den Wänden angelagert, die Zellmitte gewöhnlich leer. Diese Lücken im Zellinnern machen einen sehr eigentümlichen Eindruck; sie sind nicht selten kantig oder wie große Poren abgerundet. Ein Teil des Inhaltes löst sich in Kali mit roter Farbe; damit angesaugtes Fließpapier wird rosenrot gefärbt. In einzelnen größeren Zellen bildet der Zellinhalt dunkelbraune, kugelige Tropfen (oder Körner?). In Jod und Schwefel- säure werden die Zellwände rotbraun, in Ghlorzinkjod, in Phlorogluzin und Salzsäure bleiben sie unverändert gelbbraun; erst das zuvor mit Kali behandelte Präparat zeigt eine deutliche Zellulosereaktion, indem die an die gelb bleibende Mittellamelle angelagerte Zellwandschicht mit blauer Farbe aufquillt. Die auf der Außenseite verlaufenden Gefäß- bündel besteben aus Spiraltracheen. Die innerste Schicht der Samenhaut, in dickeren Querschnitten als ein schmaler, dunkler Streifen erscheinend, setzt sich aus einer, selten aus zwei Reihen etwas gestreckter Zellen zusammen, deren Wände stärker verdickt sind; im übrigen zeigen die Zellen dieser Schicht dasselbe Ver- halten wie die vorher beschriebenen. Welche Substanz das Eintreten der Zellulosereaktion in den Zellwänden der Samenhaut verhindert, ist durch die angestellten Versuche nicht ausfindig zu machen; freies Fett, das in winzigen Mengen in den Zellen vorzukommen scheint, ist es nicht, weil auch nach Behandlung mit entfettenden Mitteln die Blaufärbung aus- bleibt; vielleicht sind die Zellwände verkorkt. Der braune, feste Inhalts- körper gehört in die Gruppe der Phlobaphene. Das Endosperm beginnt mit einer Reihe von nahezu isodiamelrischen Zellen, deren Außenseite eine starke, in Chlorzinkjod goldgelb gefärbte Kutikula überzieht. Im allgemeinen sind die Endospermzellen radial ge- stellte, fünf- bis sechsseitige, sehr dünnwandige Prismen von enormer Ausdehnung; die Länge derselben beträgt 160 — 300^ die Breite 40 — 60 /r, dadurch wird auch die eigentümliche faserige Beschaffenheit der Bruch- fläche des Samenkernes erklärt. Im trockenen Zustande (z. B. in Öl eingelegt) erscheinen die Zellwände faltig, zerknittert, die Zellräume in- soweit zusammengezogen, als es der reiche Zellinhalt gestattet; im Quer- schnitt erscheinen die Zellen nach Behandlung mit Lauge oder nach Erwärmen in Wasser mit gerundet-polygonalen Konturen. Zugleich kann man an besonders gelungenen Schnitten beobachten, daß die Querwände der prismatischen Zellen sehr zarte, große Tüpfel besitzen, während die 696 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Längswände davon frei sindi). Mit Jod und Schwefelsäure behandelt, färben sich die Zellwände blau und zeigen eine charakteristische schief- spiralige Streifung. Der reiche Zellinhalt besitzt folgende eigentümliche Beschaffenheit. In einem Glyzerinpräparat erscheint die Hauptmasse desselben in Ge- stalt großer, unregelmäßiger Klumpen, die ein Gemisch von Fett und Eiweiß darstellen; daneben sind rundliche oder länghche Aleuronkürner, Bündel von Fetlkrislallnadeln, sowie größere und kleinere Kristalloide in der Zelle enthalten. In den Aleuronkürnern werden nach Einwirkung von Jod und sehr verdünnter Schwefelsäure prachtvolle Kristalloidein- schlüsse sichtbar: besonders schön treten letztere in Millons Reagens hervor, wobei auch zahlreiche kleine Globoide zur Wahrnehmung ge- langen. Die innersten Schichten des Endosperms, die den großen Hohlraum begrenzen, sind ebenfalls aus prismatischen Zellen zusammengesetzt, die aber nur einen spärlichen Inhalt und sehr dünne, faltige Wände be- sitzen. Die Kokosnußsamen enthalten im Mittel aus fünf Analysen nach König (1. c, p. 500) 5,81 Proz. Wasser, 8,88 Proz. Stickstoffsubstanz, 67 Proz. Fett, 12,44 Proz. stickstofffreie Substanz, 4,06 Proz. Rohfaser und 1,81 Proz. Asche; letztere ist durch den hohen Gehalt an Kali (42,05 Proz.) und Chlor (13,97 Proz.) ausgezeichnet. Nach F. Bachofen 2) enthält die Kopraasche 3 Proz. Kalk, 45,86 Proz. Kali und 20,3 Proz. Phosphorsäure. Auch die nach Abscheidung des Fettes zurückbleibenden »Kokoskuchen« ^), deren Rohproteingehalt 10,4 — 37,2 Proz. beträgt, bilden eine geschätzte Tierfutterware und werden auch zur Fütterung der Fische verwendet*). 3. Palmkerne. Als Palmkerne bezeichnet man, wie schon Bd. I, p. 631 und 653 (Artikel »Palmfett«) angegeben ist, die Samen der Ölpalme (Elaeis guineensis L.). Mitunter kommen auch die schwarzen Samen der ameri- kanischen Ölpalme (Elaeis melanococca Gärtn.) auf den europä- ischen Markt. Über die Verbreitung der Ölpalme, worüber schon im \) Vgl. Hanausek in Moeller-Thoms, Realenzyklopädie d. ges. Pharmazie, 2. Aufl., IX, p. 472. 2) Aschenanalyse einer Kokosnuß, Chem.-Ztg., 1900, Nr. :24, p. 16. 3) Über Zusammensetzung, Verdaulichkeit, mikroskopische Charakteristik und Verwendung der Kokoskuchen und -mehle siehe G. Böhmer, Die Kraltfuttermitlel, Berlin 1903, p. 373—383. 4) Vgl. J. Wittmann, »Über den Einkauf von Fischfuttermitteln mit beson- derer Berücksichtigung der Verdaulichkeit« in Österr. Fischerei-Zeitung, p. 7 des Sonderabdruckes. Einundzwanzigster Absclinitt. Samen. 697 I.Bande einige Mitteilungen gebracht worden sind, haben Aschersoni) und Arthur Meyer 2) sehr ausführlich berichtet. Das Hauptgebiet der Ölpalme in Afrika 3), in welchem dieselbe so- wohl wild wie kultiviert vorkommt, ist durch eine Linie begrenzt, »welche sich, mitten zwischen Kap Blanko und Kap Verde beginnend, bis Ben- guela an der ganzen Westküste von Afrika hinzieht und die Guinea- inseln einschließt; von Benguela verläuft die Grenzlinie etwa nach dem Njassasee, von da nach dem Ostufer des Tanganjikasees*), dann in etwa gleicher Richtung weiter nach dem oberen Gebiete des Uelleflusses, von da nach dem Tsadsee und zuletzt von dem-Tsadsee nach ihrem Aus- gangspunkt zurück« (A. Meyer). Den größten Reichtum an Ölpalmen besitzt nach Soyaux^) die Insel Fernando-Po, wo sie sogar den Pic stellenweise bis zu einem Drittel seiner Höhe, also bis 900 m bedecken; in den dichtesten, fortlaufenden Beständen kommt die Ölpalme auch in Loango und besonders am Kuansastrome vor. Sie war auch die wich- tigste Nutzpflanze aller deutschafrikanischen Kolonien. »Der Wert der aus ihren Früchten gewonnenen Produkte, Palmöl und Palmkerne, belief sich im Jahre 1901 für Togo auf 3,28 Mill. und für Kamerun auf 2,7 Mill. Mark und stellte in Togo 80 Proz., in Kamerun 45 Proz. des Gesamt- exportes dar. « 6) Von der Goldküste wurden 1907 Palmkerne im Werte von 495 533 Dollar ausgeführt. In Kamerun kann der jährliche Ertrag einer Ölpalme mit 7 kg Palmöl und bei 1 5 kg Kerne bemessen werden. Im allgemeinen gelangen jährlich nach Semler') 1200 000 bis 1 300 000 dz Palmkerne im Werte von etwa 50 Millionen Mark in den Welthandel. ^).Die Ölpalme, Globus, XXV, p. 209—215. i) Über die Ölpalme. Beiträge zur Kenntnis pharm.-wiclitiger Gewächse. Arch. d. Pharmaz., 1884, Bd. 22, Hft. 19. 3) Vgl. auch Preuß, Ergebn. u. Aussichten der deutsch-afrikan. Tropenkulturen. Ber. d. D. Pharm. Gesellsch., 1903, p. 108— 110; ferner: Derselbe, Die wirtschaft- liche Bedeutung der Ölpalme, Tropenpflanzer, 1902, p. 450 — 478. — Bezüglich der Produktivität der Ölpalmen hat Rutgers in Ost-Sumatra festgestellt, daß dort die Hektarerträge der Ölpalmpflanzungen die der Kokosptlanzungen bedeutend übertreffen. (Tropenpflanzer, 1920, p. 29.) Über die Rentabilität der Ölpalmkultur in Kamerun siehe Picht im Tropenpflanzer 1919, p. 317 — 325. 4) Am Westufer des Tanganjikasces soll die Ölpalme wegen des steinigen Bodens nicht vorkommen, wohl aber nach Livingstone am Südzipfel des Sees. Schad, Tropenpflanzer, 1914, 18, p. 451. 5) Aus Westafrika. Leipzig 1879; zitiert nach A. Meyer. 6) Preuß, Tropenpflanzer, 1903, p. 108. 7) Tropische Agrikultur, 2. Aufl., I, 1897, p. 667. * Einundzwanzigster Abschnilt. Sameu. Bemerkenswert ist auch, daß im Innern des afrikanischen Kontinentes die Ölpalme nur im kultivierten oder höchstens im verwilderten Zustande angetroffen wird; ein spontanes Vorkommen scheint nur für das west- liche Küstengebiet anzunehmen zu sein. 0. Drudei) hat die Anschau- ung vertreten, daß die Ölpalme urspünglich in Amerika ihre Heimat gehabt, aber, vor Jahrtausenden nach Afrika »verschlagen«, dort eine scheinbare Spontaneität erlangt habe2). Das Palmkern öl wird aus- schließlich in Europa gewonnen, und zwar durch Extraktion oder Auspressen der Kerne, die bis 50 Proz. davon enthalten. Die in dem steinharten Endokarp eingeschlossenen Kerne werden von den Negern in primitiver Weise durch Aufklopfen der Steinkerne mit Steinen oder Hämmern ausgelöst. Doch gibt es Spielarten, wie die »Lisombe« oder »Isombe«, deren Stein- schale von den Negern mit den Zähnen aufgeknacktwerdenkann. In Togo kennt man vier Varie- täten der Ölpalme, von denen eine wohl auch die ausgezeich- nete Form »Lisombe« darstellen dürfte 3). Die Samen ^) der Ölpalme sind eilänglich, ei- oder bohnenförmig, mitunter abgerundet dreiseitig Fig. 251. Palmkern. Partie eines Querschnittes, mit Jodalkohol und sehr verdünnter Schwefelsäure be- handelt, sc SklereWen, sa Sameuhaut mit homogenem, hräunem Inhalt; 6a' die innersten Zellreihen mit hel- lerem, etwas körnigem Inhalt; en Endosperm, bei x auch eine Wand von der Fläche mit den großen wie Löcher erscheinenden Tüpfeln. Pgroße, p kleine Aleu- ronkörner mit Kristalloideinschlüssen; / radiär ge- büschelte Kristallnadeln der Fettsäuren. (Vergr. 4U0.) 1) Über Trennung der Palmen Amerikas von denen der alten Welt. Bot. Ztg., 1876, Spalte 801—807 (zit. nach A. Meyer). 2) Über das Vorkommen vgl. auch Warburg, Palmen, p. 8 und die Produkte usw., p. 17. 3) G. Pendler, Zur Kenntnis der Fruchte von Eladis guineensis und der daraus gewonnenen Öle, des Palmöles und Palmkernöles. Ber. d. D. Pharm. Gesellsch., 1903, p. 115ff. — Dr. Soskin, Die Ölpalme, Tropenpflanzer, Beiheft, Nr. 10, 1909. Be- handelt hauptsächhch die Varietäten der Ölpalme (p. 320) und ihre Kultur (p. 325/1.). 4) T. F. Hanausek, Über die Frucht der Ölpalme. Zeitschr, d. allg. österr. Apoth.-Ver., 1882, Nr. 24, p. 325—328. — Arthur Meyer, 1. c, p. 16 des Separ.- Abdruckes. — J. Mo eil er, Mikroskopie der Nahrungs- und Genußmittel, 2. Aufl., p. 483. — Harz, 1. c, p. 1125. — G. Hartwich, Chemiker-Ztg., 1888, p. 57. — T. Eiliundzwanzigster Abschnitt. Samen. 699 oder unregelmäßig, 1—1,5 cm lang, bis 1 cm breit und dick, an der Oberfläche graubraun bis schwarzbraun mit einem vertieften Adernetz überzogen, das den Abdruck der vom Nabelstrang ausgehenden, ver- zweigten Gefäßbündel darstellt; die dünne, etwa UO— 220 ^i im Quer- schnitt messende Samenhaut ist mit dem Samenkern innig verbunden; letzterer besteht aus dem meist gelblichweißen, ülig-fleischigen, in der Längsmitte mit einer schmalen Spalte versehenen Endosperm, das oben in einer kleinen Höhlung den keulenförmigen Keim birgt. An der Samenschale findet man wieder jene reichgetüpfelten, in der Fläche polygonalen Skiereiden in größeren und kleineren Partien entwickelt, auch nestartig oberflächlich eingelagert, wie sie bei dem Kokosnußsamen vorkommen (Fig. 254 und 255 sc). A. Meyer findet unter und neben diesen Gruppen einige Schichten weniger verdickter Zellen mit hellbraunen, grobgetüpfelten Wänden; es dürfte aber auch hier der Sachverhalt wie bei Kokos liegen: indem nämlich die Skiereiden ihre Verdickungen verringern, je näher sie zu der eigentlichen Samenschale kommen, so bilden sie gewissermaßen die Übergangsschicht von dem Endokarp (Steinschale) zur Samenhaut. Die Samenhaut besteht aus einer Schicht im Querschnitt etwas gestreckter (Fig. 254sa), in der Flächen- ansicht gerundet-polygonaler oder längsgestreckter, fast stabähnlicher Zellen mit hellen Wänden und dunkelbraunem, homogenem Inhalt. Die gestreckten Zellen liegen (von der Fläche gesehen) partienweise parallel, die einzelnen Partien dagegen folgen' ganz regellos, einander schief kreuzend, aufeinander (Fig. 255 Jsa). Der braune Inhalt färbt sich in Kali- lauge dunkler; nur die Zellen der innersten (1 — 2) Reihen (Fig. 254sa') weichen durch das Aussehen und Verhalten des Inhaltes von den darüber- stehenden ab; der Zellinhalt ist nicht mehr so homogen und wird durch Kalilauge zitronengelb gefärbt. Das Gewebe des Endosperms setzt sich aus gerundet-prismatischen, radiär gestellten Zellen zusammen; die der ersten Reihe sind noch kurz, im Querschnitt fast quadratisch, nach innen zu werden sie bis 80 {.i lang und 40 fj. breit (Fig. 254m u. 255 II n. III). Die Zellwände bestehen aus Zellulose, sind farblos, ziemlich derb und durch 6—8 große, kreisrunde Tüpfel (Fig. 254 u. 255 IZu,. IZIo;) aus- gezeichnet; letztere erscheinen an den in der Fläche wahrnehmbaren Zell- wänden als runde Lücher. Der überaus reiche Inhalt besteht aus scholligen, Stricheligen und fein strahligen Massen (Fett bzw. Fettsäure -Raphiden, F. Hanausek in Moeller-Thoms, Realenzyklopädie usw., 2. Aufl., IX, p. 477. — A. V. Vogl, Die wicht. Nahrungsm., p. 550. — Winton-Moeller, The Microscopy of Vegetable foods, New York 1906, p. 290. — Tschirch, Handbuch usw., II, p. 716 (mit ausfühdichen Literaturangaben). — Bücher u. Fickenday, Die Schildkröten- ölpalme. Tropenpflanzer 1919, p. 246—249. — Bücher u. Fickenday, Die Ölpalme, BerHn 1920, konnte nicht mehr verwertet werden. 700 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Fig. 254/) und aus verschieden großen, rundlichen Aleuronkörnern, die, mit Zuckerlüsung und Schwefelsäure behandelt, sich prachtvoll rosenrot färben. Die peripherisch gelegenen Endospermzellen führen nur kleine Aleuronkürner, die übrigen zumeist je ein großes Korn und mehrere kleine Körner (Fig. 255 IVPu. p). In Alkohol liegende Präparate zeigen diese Kürner stark lichtbrechend, schwach gelblich gefärbt und an der Ober- fläche strichelig oder feinkörnig; ihr Durchmesser beträgt 24 — 27,«; in fettem Öle erscheinen sie wie von einem zarten Netz überzogen, die Fig. 255. Vergr. 400. Palmkern. / Schaleneleraente von der Fläche, sc Skiereiden, sa Samenschale II und III stücke des Endosperms (aus dem Palmkernknchen, // in der Längsansicht, /// in der Auf- sicht der Zellen; Bezeichnung wie in Fig. 251; e Endospermzellen). IV. Einzelne Alenronkörner P und p mit Kristalloiden. kleinen Aleuronkürner von mehr eckigen Formen. Entfernt man aus einem Schnitte das Fett mit Benzin und behandelt hierauf mit Jodglyzerin, so werden die Aleuronkürner infolge der Aufspeicherung des Jods gelb- braun und zeigen ein großes rhomboederähnliches Kristalloid (Fig. 2557/2); noch deutlicher werden die Einschlüsse in einem mit Jodkalium und sehr verdünnter Schwefelsäure behandelten Präparate. Nebst Büscheln radiär gestellter Fettsäureraphiden (Fig. 254/") sieht man die goldgelben Aleuron- kürner mit vollkommen transparentem Eiweiß, aus dem das Kristalloid in hellgelber Farbe hervorleuchtet (P). Auch mit Chloralhydrat erhält Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 701 man gute Präparate ; nach 1 2 — 1 Sstündiger Einwirkung erscheinen die Aleuronkörner blaßgelb und an der Oberfläche feingekürnelt. Der Ülgehalt des Endosperms beträgt 45 — 54 Proz. Über das Öl siehe I, p. 653. ■ — Die Preß- oder Extraktionsrückstände enthalten noch einige Prozent Fett (die ersteren sogar bis 15 Proz.) und 15 — 17 Proz. Proteinstoffe ; sie bilden ein viel verwendetes Futter-i) und ein nicht minder häufig gebrauchtes Verfälschungsmittel gepulverter Gewürze, insbesondere des Pfeffers, der, mit Palmkuchen gemischt, früher als »Mischpfeffer< in den Handel gebracht worden ist. 4. Muskatnuß und Macis. Die Muskatnuß des Handels stammt von dem echten Muskatnuß- baum, Myristica fragrans Houtt., der auf den südlichen Molukken ein- heimisch ist und gegenwärtig insbesondere auf den Bandainseln, ferner auf Sumatra, der malaiischen Halbinsel, auf Minahassa (Celebes), auf Reunion und Sansibar und im tropischen Amerika kultiviert wird. Die Frucht (Fig. 256 J.) dieses schönen, immergrünen, diüzischen Baumes ist eine überhängende, kugelige, ockergelbe Springbeere von der Grüße einer Aprikose und besitzt ein anfänglich fleischiges, zur Reifezeit lederartig erhärtendes, in zwei Klappen sich öffnendes Perikarp, das einen einzigen Samen enthält. Der Same (Fig. 256 £") ist von einem im frischen Zustande karminroten, zerschlitzten Samenmantel (Arillus, Fig. 256 ar) umgeben; von diesem und von der beinharten, zerbrechlichen, kastanien- braunen, glänzenden Samenschale befreit, stellt er die Muskatnuß des Handels vor; der Samenmantel ist die als Macis oder Muskatblüte bekannte Ware. Die aus dem Perikarp ausgelösten Samen werden an einem stark rauchenden Feuer getrocknet, bis die Samenkerne von der Samenschale sich abgetrennt und ihr Volumen so verringert haben, daß sie beim Schütteln der Samen klappern. Hierauf werden die Stein- schalen zerschlagen, die Samenkerne in Kalkmilch gelegt und zuletzt endgültig getrocknet^). Die dünne Schicht Kalk, die die Oberfläche der Kerne überzieht, schützt dieselben gegen die Angriß'e von Insekten. Die Muskatnuß hat eine eiförmige Gestalt (Längsachse 20 — 30, Querdurchmesser 15 — 20 mm), ist an der Oberfläche schmutziggrauweiß, abgewaschen leder- bis dunkelbraun, unregelmäßig netzaderig-runzelig; in den Vertiefungen, in denen die Gefäßbündel verlaufen, lagert sich 'l ) Über Zusammensetzung, Verdaulichkeit, mikroskopische Charakteristik und Verfälschungen der Palmkernkuchen und -mehle siehe Böhmer, 1. c, p. 359 — 373. 2) Über die Gewinnung enthalten Ausführliches: A. Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflanzen. Berlin 1892, und Warburg, Die Muskatnuß, ihre Geschichte, Botanik usw. Leipzig 1897. 702 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. am meisten der Kalk ab. An einem Ende seitwärts liegt der stumpf- kegelig hervorragende, durch eine seichte Kreisrinne deutlich abgesetzte hellbräunliche Nabel (Hilum, Fig. 256 Ä), am anderen, ebenfalls seitwärts, aber entgegengesetzt, befindet sich eine dunkle Vertiefung, die Chalaza, aus der ein Zäpfchen (das abgebrochene Raphebündel) heraussieht. Von Fig. 256. Myristica fragnms. A fruchttragender Zweig (V-O, E Same (i/i), Arillus {ar), der das Hilum (h) umgibt, i^ derselbe im Längsschnitt, t Samenschale, e Nährgewebe, em Embryo. (A nach Baillon, £ und i^ nach Luerssen.) dem Nabel zieht eine wenig deutliche Furche — die Raphe — aufwärts zur Qialaza. Im Innern ist der Samenkern gelblich oder gelblichgrau und von dunkelbraunen, strahlig von der Peripherie nach einwärts eindringen- den und verzweigten Streifen marmoriert (Fig. 256 F). Die Hauptmasse des Kernes besteht aus dem Nährgewebe (Endosperm), das von der braunen Samenhülle umschlossen ist; diese ruft auch durch Abgliederung von Falten oder Zapfen jene braunen, die Marmorierung erzeugenden Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 703 Streifen hervor, eine Erscheinung, die in der beschreibenden Botanik die Rumination des Nährgewebes genannt wird. Dicht unter dem Nabel liegt eine ziemlich umfangreiche Höhlung, die den Keim (Fig. 256 F^ em) enthält. In der Handelsware findet man denselben meistens verschrumpft und klein; im entwickelten Zustande läßt er zwei auseinanderstehende, ge- faltete Kotyledonen und ein dem Nabel zugewendetes kurzes Würzelchen erkennen. Der histologische Bau des Nährgewebesi) ist, seiner Aufgabe als Speicherorgan entsprechend, ein sehr einfacher. Es setzt sich aus polyedrischen, dünnwandigen Parenchymzellen zusammen, deren Inhalt aus Stärkekörnern, Fett und Eiweißkörpern besteht. In jeder Zelle läßt sich auch ein Zellkern nachweisen. Die Stärkekörner sind entweder ein- fach, kugelig, oder zu 6 — 12 (nach Tschirch bis 20) zusammengesetzt, messen 7 — iS /< und zeigen an Stelle des Kernes einen Spalt oder eine rundliche, mitunter auch strahlige Kernhöhle. Beiläufig in der Mitte jeder Zelle liegt ein Aleuronkorn, von dem in der Regel nur der Einschluß, ein Eiweißkristalloid, in Gestalt eines Rhomboeders oder einer hexa- gonalen Tafel deutlich zu sehen ist. Das Fett bildet eine homogene Masse, in der die Stärkekörner und das Kristalloid eingebettet hegen, oder es tritt in Büscheln von Kristallnadeln und Blättchen auf. Einige bemerkenswerte Verschiedenheiten von dem angegebenen Verhalten zeigen jene Partien des Endosperms, die zwischen den braunen Rumi- nationsstrahlen liegen; die an letztere angrenzenden Endospermzellen enthalten Pigmente und sind braun gefärbt. Die in der Mitte dieser Partien liegenden sind nahezu fettfrei und führen reichlich sehr klein- körnige Stärke. Die Ursache dieses differenten Verhaltens liegt in einer besonderen Aufgabe dieser Endospermpartien bei der Keimung: sie sind die Leitbahnen (Tschirch), in die die stark wuchernden Kotyledonar- lappen eindringen, um die Nährstoffe aufzusaugen und dem Keime zuzu- führen. — Braune Pigmentkörper finden sich auch sonst in einzelnen Zellen des Endosperms vor. An der braunen Samenhülle lassen sich zwei ziemlich deutlich ab- gesetzte Gewebsschichten unterscheiden, von denen die äußere gleich einer Samenhaut den Samenkern umhüllt, die innere dagegen mit ihren braunen Ruminations falten in das Endospermgewebe eindringt. Die äußere Schicht besteht aus tangential gestreckten, Interzellularräume freilassenden und verholzten Zellen, die teils Pigment, teils eigentümliche prismatische, tafel- oder schwalbenschwanzförmige Kristalle enthalten. Nach den 1) Vgl. auch Hallström, Anatomische Sludien über die Samen der Myristi- caeeen und ihrer Arillen. Arch. der Pharm., 1895, Hft. 6 u. 7 und Busse, Arbeiten aus dem kais. Gesundheitsamte 4 895, p. 390. Tschirch, Handbuch, H, p. 678. 704 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Lüsungsverhältnissen können diese Kristalle weder ein Fett oder eine Fettsäure, noch ein Kalksalz sein, wahrscheinlich stellen sie ein Kalisalz (Weinstein 1)) vor. Die innere Gewebeschicht enthält kleine Bündel von engen Spiral- gefäßen und ein braunes Parenchym, das dort, wo sich die Schicht als Platte oder Falte in das Endosperm einschiebt, Ölzellen führt. Die Öl- zellen häufen sich in der Ruminationsplatte selbst so reichlich an, daß das Parenchym ganz zurücktritt und nur mehr an den Rändern der Falte als ein geschlossenes Gewebe sichtbar wird 2). Die Zell wände sind durch Phlobaphen tiefbraun gefärbt. Wenn auch morphologisch die soeben beschriebene Samenhülle als eine (innere) Samenhaut aufgefaßt werden kann, entwicklungsgeschicht- lich ist sie aber nicht eine solche, da sie nicht von den Integumenten des Ovulums ihren Ursprung nimmt, sondern ursprünglich dem Nuzellar- gewebe angehört, das sich nach den Untersuchungen von Albert Voigt 3), Arthur Meyer^) und A. Tschirch^) an der Peripherie in ein Dauer- gewebe und in ein Meristem sondert. Somit hat jener Teil der Hülle, welcher als äußei-e Gewebeschicht bezeichnet worden ist und der direkt aus dem Nucellus hervorgegangen ist, den Charakter eines Peri- sperms (Hüllperisperm A. Meyers, Primärperisperm Tschirchs); die innere, Falten bildende Schicht entstammt dem Meristem und ist demnach ein neues, eigenartiges Gewebe, dem auch nicht die Eigenschaft eines Perisperms zugeschrieben werden kann; damit erklärt sich auch das Vorkommen von Prokambiumsträngen in demselben, während in echtem Perisperm Gefäßbündel bekanntlich nicht vorkommen. Tschirch nennt es ein Sekundärperisperm. An den Geweben der Muskatnuß kann man mit Naphtylen- oder Methylenblau schöne Färbungen erzielen. »Ersteres bewirkt violette Färbung der Membran und des Inhaltes der Pigmentzellen des Endo- sperms, des Gewebes der Falten und der Samenhaut. Methylenblau färbt die ersteren prächtig blau, die Faltenzellen grün oder grünblau« (Vogl). Erhitzt man das Pulver der Muskatnuß mit ChloraJhydrat, so erscheint das ganze Präparat mit Öltropfen übersät, die beim Erkalten kristalli- nisch erstarren. An Stelle der echten Muskatnüsse linden sich im Handel mitunter die Samenkerne von Myristica ai^gentea Warburg vor; sie sind länglich 1) Tschirch-Oesterle, Anatomischer Atlas, p. 250. 2) A. V. Vogl, Die wichtigsten Nahrungs- und Genußmittel, p. 486. 3) Bau und Entwicklung des Samens und des Samenmantels von Myristica fragrans. Dissertation. Göttingen 1885. 4) Wissenschaftliche Drogenkunde. Berlin iSOI, 1. Tl., p. 168. 5) Tschirch-Oesterle, 1. c, p. 246. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 705 eiförmig oder fast zylindrisch, 27 — 35 mm lang, 12 — 15 mm dick, sehr grobnetzig runzelig, lederbraun, etwas leichter und weniger aromatisch als die echten Nüsse. Sie werden Papuanüssc genannt. Andere Arten, wie die Samen von Mijristica fatua Houtt. (= M. tomentosa Thunbg.) u. a. m. dürften jetzt im Handel nicht vorkommen. Die Muskatnuß enthält 31 — 37,3 Proz Fett (siehe Muskatbutter, I, p. 663) und ätherisches Öl. Ersteres" bildet nebst Stärke den Haupt- inhalt des Endosperms, das ätherische Öl ist nur im Hüilperisperm ent- halten (7 — 15 Proz.)i). Der Aschengehalt der Muskatnuß beträgt im Mittel 2,41 Proz. (nach König 1—4 Proz.). Die Macis, Muskatblüte, im Handel gegenwärtig Bandamacis genannt, wird nach dem Auslösen aus der Frucht an der Sonne ge- trocknet, wobei die rote Farbe in ein mattes Orangegelb übergeht und das ursprünglich etwas knorpelig-fleischige Gewebe einen fast hornartigen Charakter annimmt. Die Macis (Fig. 256) ist 4 — 5 cm lang, an der Basis glockenförmig, vom ersten Drittel der Höhe an vielfach in verschieden breite Zipfel zerschlitzt, zerbrechlich und von schwachem Feltglanze. In der nicht zerschlitzten Basis ist eine rundliche Öffnung vorhanden; die oberen, oft wellenförmig gekrümmten linealen Zipfel entspringen breiteren Bändern, lassen zwischen sich elliptische oder schmal zweieckige Felder frei und laufen am Scheitel zu einer flachen Krause zusammen, Geruch und Ge- schmack sind kräftig aromatisch, letzterer auch stark bitter. Die Macis besitzt unter der von prosenchymatischen Zellen gebil- deten Oberhaut eine subepidermale Gewebeschicht und ein Grundparen- chym, in dem zahlreiche 40 — 90 ^it im Durchmesser haltende rund- liche Sekretzellen eingebettet sind. Letztere enthalten ein farbloses ätherisches Öl oder einen gelben Balsam, der häufig verharzt ist und dann nur mehr einen bräunlichen VVandbelag bildet. Die Parenchymzellen des Grundgewebes sind durch ihren eigentümlichen Inhalt sehr ausgezeich- net; sie sind nämlich mit unregelmäßig gestalteten, meist gestreckten und gelappten, 2 — \^ (.i langen Körnern erfüllt, die einige Ähnlichkeit mit Stärkekörnern besitzen, aber von diesen dadurch unterschieden sind, daß sie sich mit Jodlösung weinrot färben. Tschirch^) bezeichnet sie als Amylodextrinslärke, die wahrscheinlich der Formel 6 (CßtlioOs) • 2 H2O entspricht und sich aus dem Wasserauszug durch öfteres Ausfällen mit Alkohol und abermaliges Lösen in Wasser rein darstellen läßt 3). In neuerer Zeit wird die Bandamacis durch die Arilli anderer My- ristica- krien und zwar durch die Bombay- und die Papuamacis ■1) Gildemeister, I. c, II, p. 425. 2) Tageblatt der 58. Versammlung deutscher Nalurforsclicr und Ärzte 1885 in Straßburg i. E., p. 88 und Ber. deutsch. Bot. Ges., 1888, p. 138. 3) Tschirch und Schklowsky, Arch. d. Pharm., 1915, 253, p. 10211. Wie sn er, Rohstoffe. LH. Band. 3. Aufl. 45 706 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. substituiert. Nur die letztere kanb als ein brauchbarer Ersatz der echten Ware angesehen werden, da sie mit dieser Geruch und Geschmack^ wenn auch nur in geringerem Maße, teilt; sie ist der Arillus von My~ ristica argentea Warburg. Die Bombaymacisi) dagegen ist geruch- und geschmacklos und gänzlich ohne Wert. Sie stammt von Mijristica nialaharica Lam., ist bis 5,5 cm lang, schmäler als die echte Macis und purpurbraun. Die Epidermiszellen sind im Querschnitt schmal und hoch, die Sekretzellen hauptsächlich nur in den der beiderseitigen Epidermis zunächst gelegenen Zonen des Grundgewebes in dichtgedrängter Anord- nung enthalten, während die mittlere Zone dieses Gewebes hiervon nahezu frei ist. Als Inhalt führen die Sekretzellen eine orangefarbige oder braune harzige Masse, die in Alkohol safrangelb, in Kalilauge oder Ammoniak mit tieforangeroter Farbe sich löst. Die alkalische Lösung wird durch Zusatz einer Säure sofort wieder safrangelb gefärbt. Dieser Farben- wechsel ist an einem mit der alkoholischen Lösung getränkten Papier schön zu demonstrieren. Auch Kaliiunbichromat ruft eine tiefbraune Färbung des Sekretes hervor. W. Busse 2) wendet zum Nachweise der Bombaymacis gesättigtes Barytwasser an. Taucht man ein mit der alko- holischen Bombaymacislösung getränktes Fließpapier in kochendes Baryt- wasser, so wird dasselbe (schon bei 5 Proz. Macis) ziegelrot, die Rand- gürtelstreifen erscheinen dunkelziegelrot; bei echter Macis erhält man eine nur blaßrötliche Lösung. Tschirch (1. c. p. 691) hält die spektralanalytische Untersuchung der alkalischen Auszüge beider Macisarten für das beste Unterscheidungs- mittel. Die alkalische Lösung des Sekretes der Bombaymacis gibt im Spektralapparat ein breites Absorptionsband in Grün und Blau, das den alkalischen Auszügen der Bandamacis fehlt. Nach den Untersuchungen von Held 3) ist der gelbrote Farbstoff der Bombaymacis das Oxydationsprodukt eines mittels Benzols erhal- tenen gelblichweißen kristallinischen Pulvers, das schon beim Schmelzen in die harzige Farbstoffmasse der Bombaymacis übergeht; nach dem chemischen Verhalten zeigt der Farbstoff Phenolcharakter. Die Mole- kularformel des Farbstoffes ist nach Held (vorläufig) CjgHa^Oy, die sich 4) Tschirch, Pharm. Ztg., 1881, p. S56. — T. F. Hanausek, Jahresber. d. Wiener Handelsakademie 1887; Zeitschr. d. allg. österr. Apolh.-Ver., 1887, p. 551; Zeitschr, f. Nahrungsmittel-Untersuchung und Hygiene, 1890, p. 76. — Tschirch- Oesterle, Anatomischer Atlas, p. 252. — A. v. Vogl, Die wicht, veget. Nahrungs- und Genußmittel usw., p. 481. — Tschirch, Handbuch usw., H, p. 690. 2) Über Gewürze. HI. Macis. Arbeiten des kais. Gesundheitsamtes, 1896, XII, p. 628. 3) Zur chemischen Charakteristik des Samenmantels >Macis« der Myristica- Arten. Inaug.-Diss. Erlangen 1893. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 707 (bei der Oxydation des farblosen Körpers) nach folgender Gleichung er- gibt : C29H42O5 + 40 = C29H38 O7 + 2 H2O. Sehr bemerkenswert ist auch der verschiedene Fettgehalt der bei- den Macissorten. Die Bandamacis enthält 21,9 Proz., die Bombaymacis 56,75 Proz. Fett. Nach anderen Angaben beträgt der Fettgehalt der Bombaymacis nur 29,59 — 34,2 Proz. Nach Tschirch u. Schklowsky (Arch. d. Pharm. '19'15, 253, p. 102) ist aber in der Bandamacis kein eigentliches Fett vorhanden, dagegen zwei Säuren und reichlich Phyto- sterine. Wie E. Späth*) nachgewiesen hat, weist auch die chemische Zusammensetzung der beiden Fette große Verschiedenheiten auf; letztere beziehen sich insbesondere auf die Menge des gebundenen Jods und auf das physikalische Verhalten. Das Fett der Bombaymacis ist hellgelb, das der Bandasorte gelbbraun. Die Papua-Macis2) ist bis 5 cm lang, weniger zerschlitzt als die echte Macis, schmutzig braungelb, in Geruch und Geschmack mit dieser übereinstimmend. Nach Griebel läßt sich Papua-Macis folgendermaßen nachweisen. Das Pulver wird mit Petroläther übergössen, das Filtrat mit Eisessig gemischt und dann mit Schwefelsäure unterschichtet bei sorgfältiger Vermeidung einer Vermischung der Flüssigkeiten. Es ent- steht an der Berührungsgrenze ein deutlicher rötlicher Ring, bei Banda- Macis dagegen ein gelber Ring. Die Muskatnuß dient zur Bereitung der Muskatbutter und findet gleich der Macis nur eine beschränkte Anwendung in der Parfümerie. Häufiger werden beide als Gewürz und medizinisch benutzt. 5. Mohnsamen. Die Mohnpflanze, Papaver somniferum L., ist in den östlichen Ländern des Mittelmeergebietes einheimisch, wird aber seit alter Zeit her in vielen Gegenden Europas, Asiens und Afrikas, in neuerer Zeit auch in Nordamerika und Australien (Neusüdwales), teils der Opiumgewinnung halber, teils der ölreichen Samen wegen im großen angebaut 3). Man unterscheidet drei Varietäten des Mohns, Papaver somnif. ct. seti- gerum (DC.J mit borstig bespitzten Blattlappen und borstigen Kelch- blättern; P. s. ß. nigrum DC. mit blauschwärzlichen oder grauen Samen und P. s. y. alhum DC, der weiße Blumen und weiße Samen trägt. 1) Zur chemischen Untersuchung verschiedener Macisarten. Forschungsberichte über Lebensmittel, 1895, p. 148. — Vgl. auch Arnst und Hart, Zusammensetzung einiger Gewürze. Zeitschr. f. angew. Chemie, 1893, p. 136. 2) Waage, Pharm, Zentralh. 1893. — Vogl, I.e., p. 483. — C. Griebel Über den Nachweis der Papua-Macis. Z. f. U. d, N.- u. G. 1909, 18, p. 202. 3) W. Hartmann, Der Mohn, seine Kultur, Geschichte und geographische Ver- breitung, sowie Art und Ausdehnung des Opiumgenusses. Jena 1916. 45* 708 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Als Urform gilt die im Mitlelmeergebiet vorkommende, von De Gandolle auch als Art angesehene Form P. setigerum^ die übrigens auch in Nord- frankreich neben den anderen Formen angebaut wird (Tschirch). Als Kulturformen unterscheidet man Schließ- oder Dreschmohn, dessen Kapseln geschlossen bleiben, und Schutt- oder Schüttelmohn mit sich öffnenden Kapseln. Weißer Mohn gibt feineres Öl; seine Samen sind es auch, die zu medizinischen Zwecken benutzt werden; für die Ölgewinnung wird je- doch meist schwarzer Mohn genommen, da dessen Kultur mehr verlohnt. Im Ölgehalte stimmen beide Mohnsorten miteinander überein, sie ent- halten nämlich etwa 60 Proz. fettes Öl. Die Mohnsamen sind 1 — 1,5 mm lang, nierenfärmig, an einer Seite breit abgerundet, an der entgegengesetzten etwas spitz i). Die Oberfläche Fig. 257. Vergr. 400. Partie eines Quersebnittes der Samenschale des Molinsamens. ep Epidermis, fcr Kristallsandzellen, / Faserschicht, q einreihiges Parenchym (Yogis Queizellen) p PigmentscMcht (in zwei Zellen das opake Pigment eingezeiclinetj, i innerste Zellreihe der Samen- schale, end Endosperm. ist gelblich weiß (Medizinalsorte) oder graublau, schwärzlichblau, zierlich netzig gerunzelt; unter der Lupe nimmt man zarte Rippen wahr, die sechsseilige Felder oder Maschen bilden. 200 Mohnsamen wiegen im Mittel 0,1 g, was also 0,5 mg für das Gewicht eines Mohnkornes ergibt. In der Mitte der eingebuchteten Seite liegt der etwas erhabene Nabel, gegen das breite Ende hin zeigt sich eine gelbliche Erhöhung, die Cha- laza. Die dünne Samenschale umhüllt ein weißes, fettreiches Nährgewebe, in dessen Mitte der im Sinne der Samenachse gekrümmte, fast zylin- drische, zur Hälfte aus dem Würzelchen, zur anderen aus den beiden nicht viel dickeren Kotyledonen gebildete Keim liegt. Das Würzelchen sieht nach dem spitzen Samenende. Die Mohnsamen sind geruchlos und besitzen einen angenehmen, ölig müden Geschmack. Die Untersuchuns: des anatomischen Baues der Mohnsamen- 1) Vgl. C. Hartwich, Über Papaver somniferum und spez. dessen in den Pfahlbauten vorkommenden Reste. Apoth.-Ztg. (Berlin) 1899, p. 278, 289, 300. Einundzwanziffster Abschnitt. Samen. 709 schale bietet nicht unbedeutende Schwierigkeiten, weil die einzelnen Schichten derselben sehr stark zusammengefallen und -geschrumpft sind und sich nur schwer in die Einzelelemente zerlegen lassen. Daher weisen auch die Angaben der einzelnen Untersucher des Mohnsamens sehr auf- fällige Verschiedenheiten auf. Während nach Harzi) die Samenschale aus vier Schichten zusammengesetzt ist, werden von J. Michalowski'-^) deren fünf, von den neueren Autoren, A. Meyer, Tschirch, und Vogl', deren sechs angegeben. Die Epidermis (Fig. 257 u. 258 ep) besteht aus sehr großen, von der Fläche gesehen polygonalen, meist sechsseitigen Tafelzellen, deren Seitenwände breit und dick sind und, da die Außen- wand beim Eintrocknen des Samens muldenförmig einsinkt, als jene er- •L-_^T^3^ \ encV Fig. 258. Verer. 400. Partie der Samenschale des Mohnsamens von der Fläche, ep Epidermis, kr Kristallsandzellen, / Faserschicht, p Pigmentechicht (in den zwei untersten Zellen ist das Pigment nicht eingezeichnet), end Endospeim. Es sind nur jene Zellschichten dargestellt, die in der Flächenansicht ohne weitere Präparation deutlich zu heobachten sind; es fehlen also die Schichten q und i (der Fig. 257). habenen Rippen hervortreten, die an dem Mohnsamen das oberfläch- liche Maschennetz erzeugen (Fig. 258 ep). Nach dieser Darstellung,' die auch A. Meyer 3) und A. v. VogH) bringen, setzt sich die Epidermis nur aus einerlei Zellen zusammen. Es hat allerdings den Anschein, als ob die Rippen oder Leisten von sehr schmalen und gestreckten Zellen gebildet werden, so daß also in der Epidermis zweierlei Zellen vorhanden wären; bei genauerer Untersuchung zeigt sich aber, daß die 1) Landwirtschaftliche Samenkunde, II, p. 994. 2) Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Papaver somniferum L., ^. Tl. Inaug.-Diss. Breslau (Grälz 1881). 3) "Wissenschaftliche Drogenkunde, I, p. 159. 4) Vogl, Die wicht. Nahrungs- und Genußmittel, p. .547. 710 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Rippen nur Verdickungsschichten darstellen ^j. Behandelt man Quer- und Längsschnitte mit Jav eil escher Lauge, so zeigen sich in den kielartig emporgewölbten Leisten Lamellen, die allerdings an Zellwände erinnern. Die Epidermis ist von einer starken Kutikula bedeckt, deren Lostrennung mit warmem Kali leicht gelingt. Zu diesen schon in der zweiten Auflage dieses Werkes zu findenden Ausführungen T. F. Hanauseks (mit denen die beiden beigegebenen Hanausekschen Originalzeichnungen in Fig. 257 und 258 übereinstim- men) bemerkt der ergänzende Bearbeiter, daß Tschirch, der in seinem > Atlas der Pharmakognosie« die Samenschale des Mohns aus sechs Schichten zusammengesetzt auffaßt, in einer späteren Berichtigung an- gibt, daß die erste von ihm unterschiedene Zellreihe, die Hanausek hier als Epidermis bezeichnete, in Wirklichkeit keine Zellreihe, sondern eine verdickte Membran sei, die nur eine Zellschichte vertäusche, die Testa besteht somit nur aus fünf Schichten. Tschirchs Berichtigung wurde zwar von Karsten (Lehrb. d. Pharmakognosie) nicht akzeptiert, aber durch neuerliche entwicklungsgeschichthche Studien von D. Weber^) wurde die Richtigkeit der Tschirchschen Revision bestätigt. Was also Hanausek als Epidermis bezeichnete soll nur die ver- dickte Außenwand der von ihm als zweite Samenschalenschicht bezeich- neten Kristallzellen- oder Oxalatschicht (Fig. 257A-r) sein, die aus einer Lage bei der Flächenbetrachtung dünnwandig erscheinender, mit Kristall- sandzellen dicht erfüllten, aber auch größere rhomboederähnliche Kristalle enthaltender Parenchymzellen besteht und die aus der ersten Schichte des äußeren Integumentes direkt ohne tangentiale Teilung hervorgegangen sein soll. Die dünnen Querwände dieser Sandzellen sind wegen des reich- lichen Kristallinhaltes nur selten deutlich sichtbar, meist gleicht die Schicht einem kontinuierlichen Streifen. Hingegen ist die nachderersten Tschirch- schen Auffassung dritte, aber nach zweiter Auffassung zweite Schicht^) (Fig. 257 und 258/") als die Hartschicht der Samenschale, sehr scharf differenziert. Sie setzt sich aus Faserzellen zusammen, die stark verdickt. -1) Tschirch, Kleine Beiträge zur Pharmakobotanik und Pharmakochemie (I), Schweizer Wochenschrift f. Chemie u. Pharm., 1897, Nr. 17. 2) Desider Weber, Beiträge zur Anatomie einiger pharmakognostisch wich- tiger Samen und Fruchte. Budapest 1907, p. 71, Tat. X, Fig. 142. 3) In neuerer Zeit scheint allerdings Tschirch wieder zu seiner ersten Ansicht zurückgekehrt zu sein, denn er sagt in seinem >Handbuch der Pharmakognosie«, II. Bd., 1. Abt., Leipzig 1912, p. 566: »Die äußerste Schicht, die die meisten Autoren für eine sehr schmale zusammengefallene Zellreihe halten, was sie wohl auch ist (und nicht eine verdickte Wand), erscheint in regelmäßigen Abständen kielartig empor- gezogen.« Endgültig scheint also die Frage der ersten Zellschicht der Mohnsamen- schale noch nicht entschieden zu sein. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 711 nen (Fig. 258/"), am Querschnitte flachgedrückt, schön geschichtet und mit einem spaltenförmigen Lumen versehen sind. In KaUlauge quellen sie «twas, in Chlorzinkjod werden sie schön violett gefärbt. Unter der Faserschicht liegt ein von A. v. Vogl als eine Art Querzellenschicht be- zeichnetes Parenchym (p)^ dem dann eine Lage von Zellen mit ausge- zeichneter Netzleistenverdickung folgt. Diese enthält bei den dunklen Samen hauptsächlich das Pigment (Fig. 257 und 258jj). Verf. hat aber auch in der vorangehenden Schicht Pigmentkörper gefunden, und das gleiche geben A. Meyer und Tschirch an. Den Abschluß der Samenschale bildet eine farblose, zarte Parenchymzellenschicht (Fig. 257^). Das auffallendste Element der gefärbten Mohnsamen sind die Pig- mentzellen und ihr Inhalt. Das Pigment erfüllt die ganze Zelle in Ge- stalt eines homogenen, braunen, einen Abguß des Zellumens bildenden Körpers, der auch nach dem Herausfallen seine Gestalt behält, gegen Reagenzien ziemlich widerstandsfähig ist und keine Gerbstoffreaktion gibt. Die Schicht bildet für die mikroskopische Determinierung des Mohnsamen- pulvers (z. B. in Ölkuchen 1)) das spezifische Leitgewebe. Wie kommt nun bei Gegenwart eines einzigen tiefbraunen Farbstoff- körpers die graublaue Farbe des dunkleq Mohnsamens zustande? Legt man die Samen in Salzsäure, so verschwindet in kurzer Zeit der blaue Schimmer und die Samen erscheinen rotbraun. Auch in Kalilauge ein- gelegte Samen lassen die braune Farbe sofort hervortreten. Es unter- liegt wohl keinem Zweifel, daß die blaue Farbe nur ein Interferenz- phänomen ist — dasselbe, was uns die Iris des Auges oder den Himmel (Luft) blau erscheinen läßt. Ein farbloses, aber getrübtes Me- dium erscheint auf einem dunklen Hintergrund blau. Letzterer ist an den Mohnsamen durch die Pigmentschicht repräsentiert. Das getrübte farblose Medium bildet die Kristallsandschicht (Kristalle und Luft) ; nach Entfernung der Kristalle (durch die Salzsäure) oder nach Ausfüllung der Lufträume mit Flüssigkeit wird die Trübung aufgehoben und die Schale in ihrer natürlichen braunen Farbe erscheinen. Das Gewebe des Endosperms ist ein typisches, zartwandiges Paren- chym, dessen Inhalt vornehmlich von Öl und Aleuronkörnern gebildet wird. Die letzteren sind in den peripherischen Zellreihen sehr klein, im Innern bis 7 (.i groß und enthalten zahlreiche Globoide und kleine Kri- stalloide. Noch kleiner und zarter sind die Parenchymzellen des Keimes, dessen Kotyledonen noch keine Differenzierung des Gewebes (in Palisaden- zellen) aufweisen. Die Mohnsamen dienen bekanntlich außer zur Gewinnung des Mohn- öles auch als Gewürz und Zutat zu Backwerk. In neuerer Zeit sind 1) Böhmer, 1. c, p. 472—480. 712 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. grobe Verfälschungen des Mohnsanaens (russischer Herkunft) mit den giftigen Samen des Bilsenkrautes (Hyoscyamus niger L.) heobachtet worden ^). Der Ölgehalt der Mohnsamen wurde von Sacc^) mit 54,61. von Kuhn mit 41,0, von HoffmannS) mit 48,4, von Mack (1901) mit 47,4— 51,4 Proz. bestimmt. Außerdem enthalten die Mohnsamen 21 bis 23,2 Proz. stickstofffreie Extraktstoffe, 12 — 13 Proz. Protein und 6 Proz. Rohfaser. Der Aschengehalt beträgt 6 — 7 Proz., die Asche 4) ist reich an Kalk (35,36 Proz.) und Phosphorsäure (31,36 Proz.). Die Angabe, daß sich in den Mohnsamen Morphin s) vorfindet, hat, sich als irrig herausgestellt. Über das Mohnöl s. I, p. 696. 6, Senfsamen. Die käuflichen Senfsamen stammen vorwiegend von Brassica nigra Koch (= Sinapis nigra L. = Brassica sinapioides Both), einer über den größten Teil Europas verbreiteten, auch in Kleinasien vorkommenden, in vielen Ländern unseres Erdteiles, in Nordamerika und Indien kulti- vierten Pflanze. Im Handel kommen ferner die Samen der im westlichen und nördlichen Europa gebauten Sinapis alba L. vor, deren Heimat das wärmere Europa ist. Von Sinapis dissccta Lagasca stammt der »Gardalsenf«. Die Pflanze ist in Südeuropa einheimisch, wird aber in Rußland kultiviert. Wie Hartwich und Vuillemin^) in ihrer ausführlichen Abhandlung über die Senfsamen mitteilen, ist die Herkunft dieser Senfsorte unklar. »Gardal« ist die arabische Bezeichnung für Senf und daraus könnte man auf Herkunft aus dem Mittelmeergebiete schließen. Da aber unter den zahlreichen (in der Ware enthaltenen) Unkrautsamen sich charakteristische aus osteuropäischen Saaten befinden, wie Aniaranthus retroflexus und Vacca?ia segetalis, so wird es wohl richtiger sein, die Heimat der Sorte in Rußland zu suchen. Der ausgezeichnete und sehr rationell bearbeitete Senf von Sa- repta wird von den Samen einer Pflanze gewonnen, die gewöhnlich ■1) A. V. Degen, Bilsenkrautsamen im Mohne. Ztsch. f. Unters, d. N.- u. Genußm., XIX, 1910, p. 705—720. — Griebel u. Jacobsen, Über Bilsenkrautsamen enthal- tenden Mohn. Ebenda, XXV. Bd., 1913, p. 552 — 554. 2) Ann. de Chim. et de Phys. 3, XXVII (1849), p. 473. 3) Zitiert von Harz, 1. c., p. 995. 4) Wolff, Aschenanalysen, I, p. 105. 5) Accarie, Journ. Chim. med. 1833, p. 431, und Meurein, Journ. de Pharm., XXUI, p. 339. 6) Beiträge zur Kenntnis des Senfsamen. Apolh.-Ztg. (Berlin), 1905, Nr. 18^ p. 162— 164,<.Nr. 19, p. 175—178, Nr, 20, p. 188—139, Nr. 199—202. Ein undzwanzigster Abschnitt. Samen. 713 als Brassica juncea Hook fil. et Thoms. bezeichnet wird. Ausgedehnte Kulturversuche von Prain mit den zahlreichen indischen Bmssica- Arten haben aber gezeigt, daß Brassica juncea Hook. fd. et Thoms. unter dem indischen Namen Rai^) nur in Indien gebaut wird und daselbst unsere Senfarten vertritt. Wie W. KinzeP) mitteilt, scheint eine mit der indischen Br. juncea identische Art nach der mikro- skopischen Untersuchung der Samen in Europa nicht kultiviert zu werden. Nach dem Index Kewensis ist die alte Linnesche Sinapis juncea identisch mit Brassica juncea und mit einer russischen Art, Bras- sica Besseriana Andrx.^)\ letzteres Synonym kommt weder bei Hooker*) noch bei Boissier^), wohl aber in Schmahlhausens Flora von Ruß- land 6) vor. Es ist nun in hohem Grade wahrscheinlich, daß die in- dische Br. juncea und die bisher als Sareptasenf ebenfalls mit dem Namen Br. juncea bezeichnete Senfart zwei verschiedene Pflanzen vorstellen, daher es einstweilen, bis zur vollständigen Klarlegung dieser Frage an- gezeigt erscheint, für die russische Pflanze den Namen Brassica Besse- riana anzunehmen, wie dies auch schon von Kinzel (1. c.) tatsächlich geschehen ist. Diese in den Gouvernements Saratow, Tamow und Stavro- pol angebaute Pflanze hat mit einer in Dänemark kultivierten Senfart, Brassica lanceolata Lange"^) in betreff der Samenhistologie eine große Ähnlichkeit 8). Der schwarze Senf (Brassica nigra) läßt sich schon äußerlich leicht von den übrigen Senfarten unterscheiden. Die Samen der genannten Pflanze sind kugelig oder ellipsoidisch, ziemlich gleich in der Grüße; ihr Durchmesser beträgt etwa 1 mm, das durchschnittliche Gewicht eines Körnchens etwa \ mg. Die Samen sind nicht schwarz, sondern ver- schieden tiefbraun gefärbt. Mit der Lupe betrachtet, erscheint ihre Ober- \) Agricultur Ledger., 1898, Nr. 1. A Note on the Mustards cultivated in Bengal. 2) Über die Samen einiger Brassica- und Smapis-Arien, mit besonderer Be- rücksichtigung der ostindischen. Landwirtsch. Versuchs-Stat., 1899, LH, 3, p. IGQff. 3) Bull. Soc. Nat. Mose, 33, ISSO, I, p. 134; zitiert nach dem Index Kew. 4) The Flora of British India, I, 1875, p. 1ö7 {Brassica juncea H. f. et Th. = Br. Willdenotvii Boiss. = Sinapis juncea L. = S. integrifolia Willd. = S. rugosa, ramosa, cuneifolia Eoxbg.). 5) Flora orientalis, 1867, I, p. 394. 6) Schmahlhausens Flora, Kiew 1895, p. 77 [Brassica Besseriana Ändrz. = Sinapis juncea L. = Brassica juncea Czern.?). 7) Eine Brassica lanceolata DC. ist nach Index Kew. identisch mit Brassica juncea H. f. et Tk. 8) Die russischen und die indischen Senfpflanzen werden auch als Varietäten der Brassica juncea und zwar als Brassica juncea var. rossica Hook. fil. et Th. und Brassica juncea var. ostindica (richtiger wohl »indica*) bezeichnet. Vgl. A. Oliva, Vergleichend-anatomische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen über die Cruciferensamen. Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver., 4 3, 1905, Nr. 41- — 52. 714 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. fläche durch vorspringende, zu Maschen vereinigte, kurze Leisten netzig- grubig; hin und wieder blättert sich die äußerste Gewebeschicht (Oberhaut der Samenschale) in kleinen, grauen Schüppchen ab. Der weiße Senf (Smapis alba) besteht aus viel größeren, kuge- ligen, etwa 2 — 2,5 mm im Durchmesser haltenden, im Mittel 5 mgi) schweren gelben Samen 2), deren Oberfläche erst bei starker Lupenver- größerung eine der Skulptur der Samenhaut des schwarzen Senfs ähn- liche Bildung erkennen läßt. Eine Ablösung der Oberhaut ist wohl auch an diesem Samen zu bemerken, doch tritt dieselbe wohl nie mit solcher Schärfe wie an den Körnern des schwarzen Senfs hervor. Als wichtige Handelssorten gelten der holländische und der mährische weiße Senf. Nicht selten sind dieselben mit verschiedenen Unkrautsamen und -fruch- ten, z. B. mit Wicken, Hirse, Labkraut- und Umbelliferenfrüchten ver- unreinigt. Der Sa,repia,seni (Brassica Besseriana) besitzt den schwarzen Senf- körnern ähnliche Samen. Ihr Durchmesser beträgt 1,2 — 1,7 mm, ihr durchschnittUches Gewicht 2,1 mg. Sie sind in der Größe viel ungleich- artiger und auch merklich heller braun gefärbt als die Samen von Brassica nigra^ ihre Oberfläche ist ebenfalls netzig-grubig. Die Rai genannten indischen Senfsamen (Indian Mustard^), Brassica juncea) sind kugelig, braun, feinnetzig-aderig und kommen in drei (hauptsächlich nach dem verschiedenen Eintreten der Reife bzw. nach der Dauer der Kultur differierenden) Formen auf den Markt. Die Samen desGardalsenfs, Sinapis dissecta Lagasca*) besitzen eine schokoladen- oder dunkelzimtbraune Farbe, sind »rund oder wenig zu- sammengedrückt«, messen im Durchschnitt 1,8 mm und wiegen durch- schnittlich 4,5 mg. Die Samenschale zeigt unter der Lupe deutliche Maschenzeichnung. Der japanische und chinesische Senf stammt von Sinapsis cer- nua Thunh. Die Samen aller Senfarten lassen mit der Lupe den Nabel als deut- lichen Vorsprung erkennen. In der Nähe desselben macht sich eine Aus- glättung der Samenschalen bemerklich. Alle Arten des Senfs schmecken anfangs ölig, später scharf bis brennend. Den kräftigsten Geschmack dürfte wohl der Sareptasenf besitzen. Zerreibt man schwarze oder Sareptasenfsamen im Wasser, so tritt der charakteristische Geruch nach \) Nach Harz (Uhlworm, Bot. Zentralbl. ■1887, XXX, p. 250) wiegen 1000 Stück weißer Senfsamen im Mittel 4,855 g. 2) Eine Varietät mit braunvioletten Samen [S. alba ß. phaeosperma) ist von G. Beck (Flora von Niederösterreich, 1893, p. 486) beschrieben worden. 3) Kinzel, 1. c, p. 184. 4) Hartwich und Vuillemin, 1. c, p. 164. Einundzwanziester Abschnitt. Samen. 715 ätherischem Senföl auf; die aus weißem Senf hergestellte Emulsion ist geruchlos. Die Senfsamen bestehen bloß aus der Samenschale und einem mit deutlichem Würzelchen versehenen Keim. Die beiden Keimblätter (Fig. 259 J.) sind in ihrem Mittelnerv der Länge nach zusammengefaltet, so daß von dem größeren äußeren Kotyledon der innere umfaßt wird. Die gekrümmte Radikula (Fig. 259 rc?) schiebt sich teilweise zwischen die Ränder des inneren Keimblattes hinein. In Wasser eingeweichte Samen werden an der Oberfläche schleimig-schlüpfrig. Im anatomischen Bau der Senfsamen herrscht eine große Über- einstimmung. Bemerkenswerte Verschiedenheiten weisen nur die Samen- schalen') auf, deren histologische Zusammensetzung im Folgenden mitgeteilt wird. Die Samenschale des schwarzen Senfs setzt sich aus sechs Schichten zusammen. Als Epidermis fungiert eine in Öl oder dickem Glyzerin fast strukturlos erscheinende farblose Schleimschicht; sie quillt in Was- ser auf, ohne den Schleim hervor- treten zu lassen (Fig. 260 C, epd). Die in der Flächenansicht poly- gonalen, im Querschnitt recht- eckigen Epidermiszellen sind mit einer sekundären Schleimver- dickung versehen, die hauptsäch- Uch an der Außenwand und an den Seitenwänden abgelagert ist und den Innenraum der Zellen bis auf ein schmales, der Innenseite (Basis) genähertes Lumen ausfüllt. Die Fig. 259. Lupenbild. A Querschnitt durch einen Sa- men von Brassica nif/ra. tsl Testa, 1 äußeres, 2 in- neres Keimblatt, rd Radiculi, ß. vs Prokambiumstränge. B Keimpflanzen vom Sareptasenf;«; b von der Seite, c von vorn. Bezeichnung wie bei 4; hp hypokotyles Stengelglied. (Aus W. A. Tichomirow, Lehrbuch der Pharmakognosie. Russisch.) 1) Sempolowski, Beiträge zur Kenntnis der Samenschale. Inaug.-Diss. Leipzig -1874, p. 49. — V. Höhne 1, Bau der Samenschale der kultivierten Brassica- Arten. Wissensch.-prakt. Untersuchungen von Haberlandt, 1875, I, p. 171—202. — T. F. Hanausek, Nahrungs- und Genußmittel aus dem Pflanzenreiche, 1884, p. 334. — Harz, Landwirtsch. Samenkunde, 1885, H, p. 926 und 941. — J. Moeller, Mikro- skopie der Nahrungs- und Genußmittel, 1886, p. 260. — A. Meyer, I.e., p. 1 46. Tschirch-Oesterle, Atlas, p. 17 und Tafel 5. — A. v. Vogl, 1. c, p. 490. — Einen analytischen Bestimmungsschlüssel von Brassica- und Sinapis-krten nach den ana- tomischen Merkmalen der Samenschale bietet 0. Burchard im Journ. f. Landwirt- schaft, 1896, 44, p. 337—341. (Über den Bau der Samenschale einiger Brassica- und Smapis-Arien, U.) — Vgl. auch W. Kinzel, 1. c. — Hartwich und Vuille- min, 1. c. — Oliva, 1. c. 716 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Außenwand besitzt spaltenfürmige Tüpfel. Unter der Epidermis liegen sehr große, polyedrische, inhaltsleere, zusammengefallene Zellen, die die sogenannte subepidermale Großzellenschicht bilden (Fig. 260 C, par). Von besonders charakteristischer Ausbildung ist die dritte Gewebe- lage., die Skiereiden-, Säulen-, Palisaden- oder Becherzellen- schicht (Fig. 260 C, sclrd). Sie enthält eine Reihe radial gestreckter, säulenartiger Zellen, die ungleich lang sind und eigentümliche lokalisierte Verdickungen aufweisen. Dort wo sie an die Seitenwände (Ränder) jicvr- sdrd ol- m^^uM^^ nn/itN Tnh.lmt tr. jit§ Fig. 260. Vergr. 400. Schwarzer und Sareptasenf. A Partie eines Querschnittes der Samenschale vom Sareptasenf. B Die Sklereidenscbicht in der Aufsicht. C Partie eines Querschnittes der Samen- schale vom schwarzen Senf. f;;d Epidermis, par Großzellenschicht, sclrd Sklereidenschicht, pgm Pig- mentschicht, atr.pls Aleuronschicht mit Öltropfen {ol), mb. Imt hyaline Schicht, Im und cv Lumen, y Mittellamelle. (Aus W. A. Tichomirow, Lehrbuch der Pharmakognosie.) der Großzellen sich ansetzen, besitzen sie die grüßte Länge; innerhalb dieser Ränder der Großzellen, also unter der Tafelfläche derselben, sind die Sklereiden viel kürzer; dadurch wird es eben möglich, daß die sich innig anschmiegenden Großzellen und die angelagerte Oberhaut die be- kannten Mulden bilden; am Querschnitt erscheint die äußere (obere) Begrenzung der Sklereidenschicht wellenförmig und die Wellenberge ent- sprechen den hervorragenden Leisten der Samenschale, die Wellentäler den grubigen Vertiefungen (Mulden). Diese Schicht ist daher die eigent- liche Ursache der Skulptur der Samenschale. Bis auf die Außenwand, die an die Großzellen stößt, und bis auf die oberen Partien der radialen Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 717 Seitenwände sind die Membranen der Skiereiden ziemlich stark, aber ungleich verdickt und mit einem braunen Pigment imprägniert; die verdickten Teile der Seitenwände zweier aneinanderstoßender Zellen bilden ein homogenes Ganzes. Da die Verdickung nach aufwärts so- wohl, wie nach abwärts in der Nähe der Basis wieder abnimmt, so erscheint der verdickte Teil der gemeinsamen Seilenwand im Samen- schalenquerschnitt als ein spindelförmiger Körper. In der Flächenansicht dagegen bilden die Skiereiden scharf abgegrenzte dunkle Polygone, die bei tiefer Einstellung ein sehr enges Lumen zeigen; ihr Querdurchmesser beträgt 5 — 9 /<, die Länge 13 — 20 jt«. Im isolierten Zustande^) sind sie »urnen-, krug- bis flaschen förmig, vorn zum Teil schief mit trichter- förmiger Erweiterung des Lumens, an der Innenseite (am Grunde) ab- gerundet«. Unter der Sklereidenschicht folgt als sogenannte Pigmentschicht (pgm) eine Reihe dünnwandiger, meist gestreckter, ziemlich unregel- mäßiger Zellen mit kurzen Radialwänden, deren Inhalt ein braunes, auf Gerbstoff reagierendes Pigment ist. Die nächste Abteilung der Samen- schale (Fig. 260 C) wird als Aleuron-, Kleber- oder Ölschicht bezeich- net und zeigt eine ähnliche Ausbildung, wie die analoge Gewebelage im Getreidekorn. Die im Querschnitt fast quadratischen, in der Fläche poly- gonalen, dickwandigen und eng zusammenschließenden Zellen enthalten in einer mit fettem Öle reichUch gemischten plasmatischen Grundsubstanz kleine, in Wasser lösliche Eiweißkörper eingebettet. Kleber ist darin ebensowenig enthalten, wie in der Aleuronschicht des Gelreidekornes. Tschirch (1. c, p. 18) vermutet, daß der Wasserlösliche Körper ein Ferment ist. Den Abschluß der Samenschale bildet ein schmaler, stark lichtbrechender, hyaliner Streifen (Fig. 260 C), dessen zelluläre Natur nur undeutlich wahrzunehmen ist, da die obliterierten und zusammengepreßten Zellen ihre Lumina nur mehr als zarte Strichelchen zeigen. Diese Schicht ist mit den Aleuronzellen der Rest des Endosperms^); es ist also nicht richtig, wenn die Senfsamen und überhaupt die Gruciferensamen als endo- spermlos bezeichnet werden. Zwischen der Skiereiden- und Pigmentschicht findet sich bisweilen eine sehr schmale Zone ganz zusammengefallener Zellen vor; diese und die Pigmentzellen sind aus dem inneren (zweiten) Inlegument der Samen- anlage hervorgegangen und werden als Nährschichl3) der Samenschale bezeichnet. 1) VogI, 1. c, p. 493. 2) Tschirch, Kleine Beiträge. Schweizer Wochenschr. f. Chemie u. Pharmaz. 1897, Nr. 17. 3) Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie, p. 459. — Unter Nährschicht der Samenschale werden alle diejenigen parenchymatischen Schichten der letzteren be- 718 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Die Samenschale des Sareptasenfes zeigt im allgemeinen die- selbe Ausbildung und Aufeinanderfolge der Schichten, wie die des schwarzen Senfs. Nach Vogl und 0. Burchard fehlt die Großzellenschicht, nach Tschirch sind die Skiereiden weit mächtiger entwickelt, indem ihr Querdurchmesser 10 — 15^< beträgt. Im Querschnitt (der Samenschale) erscheinen sie nicht geradlinig, sondern wellig begrenzt (Fig. 260^). Die oberflächliche Schleimschicht ist glashell und nicht gestreift (geschichtet). M. Wol ff 1) findet unter der Oberhaut ein großzelliges, unter der Aleuronschicht ein kleinzelliges Parenchym. Auch Kinzel, 1. c, bildet eine Großzellenschicht ab. Eine vollständige Aufklärung über den Bau des Sareptasenfes hat Tichomirow^) gegeben, der auch die Entwick- lungsgeschichte der Samenschale zu verfolgen in der Lage war. Die mh. bnt Fig. 201. Veigr. 400. Sareptasenf. Partie eines Querschnittes durch die Samenschale und des Endo- spernis des unreifen Samens in Chloralhydrat. Bezeichnung wie Fig. 260. am Stärkekömer, nc Zellkern» in Interzellularen, prt protoplasmatischer Inhalt. (Aus W. A. Tichomirow, Lehrbuch der Pharmakognosie.) Samenschale besitzt (Fig. 260^) eine (unter der Epidermis liegende) Großzellenschicht, im unreifen Samen wie die Epidermis mit Stärke- griffen, die anfangs Stärke enthalten, später nach der Ausbildung der derben Samen- schalenschichten, für die sie die Stärke hergeben, zusammenfallen oder ganz bzw. teilweise zugrunde gehen. 1) Zur Kenntnis der Senfsorten des Handels. Pharm. Ztg., 1893, 38, p, 761. 2) Lehrbuch der Pharmakognosie. Moskau, 1900, I, p. 463 ff. (russisch). Um die durch die verschiedenen Angaben der Autoren entstandenen Widersprüche zu be- seitigen, habe ich mich an Herrn Prof. Dr. W. A. Tichomirow in Moskau, den besten Kenner dieser Ware, gewendet und derselbe hat mir mit größter Bereitwilligkeit die Resultate seiner Untersuchungen mitgeteilt; sie sind auszüglich oben wiedergegeben. Außerdem übermittelte Prof. Tichomirow mir freundhchst die Klischees der Ab- bildimgen vom Sarepta- und schwarzen Senf aus seinem Lehrbuche. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 719 kornern reichlich angefüllt (Fig. 261), im reifen dagegen leer und sehr zusammengepreßt. Die Sklereidenschicht (Fig. 260i?) ist im unreifen Samen aus (im Querschnitt) rektangulären Zellen gebildet, die bei der enthalten einen großen Zellkern mit Kernkürperchen, die übrigen Zellen des Endosperms stellen im unreifen Samen Stärkebehälter vor, im reifen bilden sie die innere Grenzlinie der hyalinen Schicht (Membrana limitans). Auch von Oliva (I. c, p. 1198) ist die Entwicklungsgeschichte des Besseriana-Sa.mens studiert worden und sie macht die verschiedenen An- gaben der Autoren über die Großzellenschicht erklärlich. Die Großzellen sind ursprünglich vorhanden, obliterieren aber oft. An der Sklereiden- schicht findet Oliva, daß die unverdickten Teile der Radialwände der stark radial gestreckten, an der Grenze der Mulden liegenden^Sklereiden zu langen oft scheinbar verflochtenen Bündeln vereinigt sind. Dadurch unterscheidet sich der Sareptasenf von dem indischen Seni (Bess. juncea var. indica), an dem die »unverdickten Teile der Sklere'iden-Radialwände niemals sehr lang« sind. Die Samenschale des Gardalsenfs zeigt in ihrem Bau eine große Ähnlichkeit mit dem von Sinajns alba und unterscheidet sich von dieser durch die Färbung der Sklere'iden und der Pigmentschicht und durch die ungleiche Höhe der Skiereiden. In unserem Handel scheinen die Sareptasenfsamen nur sehr selten vorzukommen, dagegen ist das daraus bereitete Senfmehl als »englischer« oder »russischer« Senf eine gangbare Ware. Nach Waage^) soll der Sareptasenf des Handels nur gewöhnlicher schwarzer Senf von bester Qualität und russischer Provenienz sein. An der Samenschale des weißen Senfs können ebenfalls sechs Schichten unterschieden werden. Die Schleimepidermis (Fig. 'i62E) besitzt (in der Aufsicht sehr regelmäßig polygonale) Zellen, deren sekun- däre Verdickungen aus einer deutlich geschichteten mächtigen Schleim- masse bestehen, die ein längliches, in der Zellmitte gelegenes Lumen freiläßt. Nach Zusatz von verdünnter Kalilauge quillt die Schleimmasse unter Sprengung der epidermalen Außenschicht und der Kutikula kegel- förmig hervor. Die Großzellenschicht (Fig. 262 G^r) besteht aus zwei Reihen dünnwandiger, unregelmäßig-polyedrischer, an den Ecken kollen- chymatisch verdickter Zellen, die an der trockenen Schale zusammen- gefallen sind; in jeder Ecke ist ein kleiner Interzellularraum wahrzu- nehmen. Die Skiereiden der dritten Schicht (Fig. 262Ps) sind wie i) Ber. Pharm. Gesellsch. 1893, p. 168. 720 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. beim schwarzen Senf entwickelt, nur ziemlich gleich hoch; die Wände sind frei von Farbstoff. In der nächstfolgenden Parenchymschicht fehlt das Pigment; die Aleuronschicht und die hyaline Zone sind nicht von den analogen Geweben des schwarzen Senfes verschieden (Fig. 262 p^r, Äl, S). Der Keim, der bekanntlich allein den Samenkern ausmacht, zeigt bei allen Senfarten den gleichen Bau. Die Keimblätter besitzen auf jener Seite, auf welcher sie einander zugekehrt sind, die also bei der Ent- Fig. 262. Vergr.400. Querschnitt durch die Randpartie des Samens voa Sinapis alba. E Schlei mepiilermis, Gr Großzelleuschicht, Ps SklereiJenschicht, pg Pareiichyrazellenschicht an Stelle der Pigmentschicht, A2 Aleuronschicht, S hyaline Schicht, CKotyledonargewebe, «;; Epidermis, pr Par- euchym. (A. Vogl.) faltung die morphologische Blattoberseite darstellt, ein ein- bis mehr- reihiges Palisadenparenchym; das im Querschnitt runde Würzelchen führt in der Mitte eine Gefäßbündelanlage und besitzt im übrigen ein sehr regelmäßig-polyedrisches Gewebe. Die Zellen enthalten Ölplasma und große Aleuronkürner, die zum größeren Teile winzige Globoide, vereinzelt je ein Kristalloid enthalten. Oliva weist besonders auf die Fähigkeit der Aleuronkürner hin, zur mikroskopischen Differentialdiagnose der Gruciferensamen brauchbar zu sein; aus seiner übersichtlichen Zu- sammenstellung (1. c. p. 1343) hebe ich die auf die Senf-, Raps- und Rübsensamen bezüglichen Angaben heraus: Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 721 II. Die Aleuronkörner bestehen aus Grundmasse und Globoiden. A) Die Zellen enthalten nebst kleinen Körnern große Solitäre. 1. Die Solitäre messen meist 25 — 30 ^ti: Brassica Napus hiennis. 2. Die Solitäre messen weniger als 25 /<. a) Solitäre, meist 20 — 24 /t lang: Brassica Rapa hiennis, b) Solitäre, meist i 4 — lö^tlang; » Besseriana. B) Jn einer Zelle sind mehrere, gleichwertige oder verschieden große Kürner enthalten. 1. Die Mehrzahl der Aleuronkörner (oder alle) sind lappig oder eckig, nur wenige (oder keine) sind rund. Die größeren Körner messen über 3 /.i; wenige Körner sind rund. a) Die großen Körner sind nicht über 12 /.i lang: Brassica Napus amiua, Sinapis alba. ß) Die großen Körner sind über 12 fi lang: Sinapis juncea var. ostindica, Brassica Rapa annua, Sinapis arven- sis, Brassica nig7'a, Brassica campestris. Im weißen Senf finden sich das von Henry und Garat^) entdeckte, von Babo und Hirschbrunn^) genauer untersuchte Rhodansinapin (GieHasNOg-HSCN) und das Sinaibin, ein glykosidischer Körper von der Formel C30H44N2S2O16 3) vor. Das lufttrockene Sinaibin enthält aber fünf Moleküle Kristallwasser, von welchen vier sich leicht entfernen lassen, während das fünfte nach Gadamer^) erst nach sechs wöchent- lichem Trocknen über Schwefelsäure ausgeschieden wird. Für wasser- loses Sinaibin gibt dieser Forscher die Formel C30H42N2S2O15 an. — Weißer Senf enthält ferner über 30 Proz. fettes Öl und reichliche Mengen eines als Myrosin bezeichneten Eiweißkörpers, der die Rolle eines En- zyms spielt. Durch die Einwirkung des Myrosins wird das (in 3,3 Teilen siedendem Alkohol lösliche) Sinaibin in Gegenwart von Wasser nach folgender Gleichung zerlegt: C3oH44N2S20,6 = C7H7O . NCS -}- C,6H24N05 • HSO4 + C6H,206 Sinaibin = Sinalbinsenföl -{- Sinapinhydrosulfat + Traubenzucker. Das Sinalbinsenföl ist ein gelbes, in Alkohol und Äther leicht lösliches, scharfes und blasenziehendes, aber geruchloses Ol. 1) Journ. de Pharm. 2, M, p. 1 u. 2, 20, p. 63. 2) Annal. de Chem. u. Pharm. 84, p. 1 0. 3) Will und Laubenheimer in Annal. d. Chem. u. Pharm., 119, p. 376 u. 125, p. 257. Über den mikrochemischen Nachweis des Sinalbins und Sinigrins vgl. Tunmann, Pflanzenmikrochemie (1913), p. 393 u. 394, und Molisch, Mikrochemie der Pflanze (1913), p. 166. 4) 68. Versamml. deutscher Naturforsch. 1896; Apoth.-Ztg., 1896, p. 752. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 46 722 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Die wesentlichen Bestandteile des schwarzen und Sareptasenfs sind das Glykosid Sinigrin oder myronsaures Kali^), das nach Ga- damer bei 100° im Vakuum getrocknet, die Formel Q0H16NKS2O9 besitzt, ferner fettes Öl und kleine Mengen von Myrosin. Das in bestimmten Zellen auftretende Myrosin weisen L. Guignard und A. Tichomirow^) mit Millonschem Reagens nach, das den gesamten Inhalt der »Myrosin- zellen« ziegelrot färbt (Fig. 263 mrs). Die Schnitte müssen vorher mit Äther und verdünnter Essigsäure behandelt werden^). — Guignard an, die eine Violettfärbung des Fermentes hervorruft. Das Glykosid wird von dem Myrosin unter Aufnahme von Wasser in Allylsenföl, Kalium- hydrosulfat und Glykose gespalten , wobei als Nebenprodukte Schwefel, Gyanallyl und Schwefel- kohlenstoff auftreten ; das Allylsenföl oder ätheri- sches Senföl (C3H5SCN) ist eine fast farblose oder schwach gelblich gefärbte Flüssigkeit von durch- dringend scharfem Ge- ruch und brennendem Geschmack. Die Behauptung, daß die Menge des Myrosins im schwarzen Senf oft nur eine so g eringe sei daß nicht das ganze im Samen enthaltene Glykosid gespalten werden könne, hat sich als irrig erwiesen. Nach Greenish und Bartlett^) kann das vorhandene Myrosin ein Vielfaches des im Samen vorkommenden Sinigrins zerlegen. Die Senfsamen dienen zur Bereitung der bekannten Würzen (Senf), zur Darstellung eines fetten Öls un(i zu medizinischem Gebrauche. Die Bereitung des Senfs wird in verschiedenen Ländern in sehr verschiedener Fig. 263. Vergr. 1200. Partie eines Quersclinittes durch ein Keimtlatt des Sareptasenfs mit Millons Beagens behan- delt, e Epidermis der Oberseite, alr polyedriscie. Aleuronkörner, gtt Globoide, mrs Myrosinzellen (ziegelrot gefärbt). (Original von A. Ti cbomir o w.| \) Bussy, Journ. d. Pharm. 4 839, 2, 26, p. 39. 2; Nach briefhchen" Mitteilungen. 3) Hartwich und Vuillemin, I.e., p..l89. — Über andere mikrochemische Myrosinnachweise, die wie der mit dem Millonschen Reagens als Eiweißreaktionen bekannt sind, vgl. Molisch, Mikrochemie, p. 289; ferner K. Peche, Mikrochemischer Nachweis des Myrosins, Ber. d. D. Bot. Ges. 'ISIS, 31, p. 458. 4) Pharmaz. Journ. 19-12, p. 203, zit. nach Gildemeister, 1. c, II, p. 340. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 723 Weise vorgenommen i). Am rationellsten wird die Fabrikation dieses Artikels in England betrieben, wo man dem aus den früher enthülsten Körpern bereiteten Mehl das Öl entzieht und als Nebenprodukt ein vor- zügliches ßrennül bekommt. Auch in Sarepta preßt man das fette Öl vom Senfmehl ab. In Indien wird der Senf meist nur der Ülgewinnung wegen kultiviert. Früher bezog England bedeutende Quantitäten von Senfsamen aus Ostindien. Später verarbeiteten die großen englischen Senffabriken vorwiegend den einheimischen Rohstoff, unter dem sich besonders der weiße Senf von Cambridge und der schwarze von York- shire auszeichnete 2). Eine größere Anzahl von Handelssorten haben Hart- wich und Vuillemin (1. c. p. 1 75) untersucht und hierbei sehr interessante Feststellungen gemacht. So besteht russischer Braunsenf aus den Samen von Brassica Bapa mit wenig Ackersenfsamen oder aus Ackersenfsamen. Im rumänischen Braunsenf wurden auch die Samen des Bilsenkrautes (Hyoscyamus niger L.) gefunden. Persischer Senf besteht ausschließ- lich aus dem Samen der Rucke, Eruca sativa Lamk. Diese sind oval, etwas flachgedrückt, rötlichgelb bis dunkelrotgelb, auch grünlich blau- gefleckt. Sie sind 1,37 — 1,5 mm lang und 2,23—3,3 mg schwer. Sowohl der schwarze wie der weiße Senf unterhegen im Handel nicht selten verschiedenen Substitutionen. Solche sind für weißen Senf die sogenannten indischen Gelbsaaten, z. B. von Brassica indica nach Steffeck^), die Guzeratsaat, die nach Wittmack*) von Sinapis glauca Roxh. stammt (vgl. p. 725 »Sarson«), ein falscher weißer von Harz^) beschriebener Senf (Br. iherifolia Harx)\ für schwarzen Senf die Samen des Ackersenfs, Br. Sinapistrum Boiss. (== Sinapis arvensis L.J, der im Westen der nordamerilcanischen Union vielfach zu Mostrich Ver- wendung findet. Nach A. L. Winton sollen jähriich gegen 100 Waggon- ladungen von Ackersenf von Minneapolis in den Handel kommen. Die Samenschale des letzteren wird von Ghloralhydrat blutrot gefärbt ß). 1) Hasterlik, Der Tafelsenf (Mostrich), Wien-Leipzig -191 0. — Eine zusammen- hängende Darstellung der Mykologie der Senffabrikation gibt A. Kossowicz, Ein- führung in die Mykologie der Genußmittel und in die Gärungsphysiologie, Berlin 194'], p. 149— te«. 2) Offiz, österr. Bericht usw., III, 7, p. 73. 3) Landwirtschaftliche Versuchsstationen, 4 887, 33, p. 41 1. 4) Sitzgsber. d. Gesellsch. naturf. Freunde Berlin, 1877, 16. Januarheft. 3) Bot. Zentralbl. 1887, XXX, p. 249 und Zeitschr. d. allg. öst. Apolh.-Ver., 1887, XXV, p. 435, 431, 467. — Vgl. auch Hj almar Kiaerskou, Sur la structure du Test de quelques sortes de »colza indien«. Botanisk Tidsskrift, 14, 1885, (Extrait frangais). 6) Zuerst von Th. Waage (Über neuerdings beobachtete Verunreinigungen, Verwechslungen, Verfälschungen und minderwertige Sorten von Drogen, Ber. d. Phar- maz. Gesellsch. III, 1893, p. 153, bzw. 168) beobachtet. Der in den Sklereiden (Becher- zellen) befindliche Farbstoff reagiert auf Ghloralhydrat mit blutroter Färbung. Vgl. 724 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 7. Raps- und Rübsensamen. Brassica Napus L., der Raps, und Brassica Rapa L., der Rübsen, liefern Samen, die schon seit langem zur Ölgewinnung dienen und gegen- wärtig noch sehr wichtige Rohstoffe für diesen Fabrikationszweig bilden. Von beiden Brassica-kvien gibt es mehrere nicht scharf unter- schiedene Varietäten, die wieder nach der Kulturzeit in mehrere Formen sich gliedern. Von Brassica Napus liefert die Varietät oleifera DC. den Ölraps und zwar als zweijährige Form: Brassica Napus oleifera hiennis Rchb. (= B. Napus ß. oleifera DC. = B. N oleifera hiemalis üöU), den Winterraps, den Winterkohlraps, Setzölsamen, Lewat, Kohl- raps, Kohlsaat oder Colza; als einjährige Form: Brassica Napus oleifera praecox Rchb. (= B. N. annua Koch = B. N oleifera annua Metzg.j, den Sommerreps, Sommerkohlreps, Sommerkohlsaat, Sommercolza. Auch Brassica Rapa L. f=^ Brassica asperifolia Lam. = Bi'assica campestris L.j, die Stammpflanze der bekannten weißen Rübe, wird als Winterfrucht {Brassica Rapa oleifera DC. = B. R. oleifera biennis Metxg. = Brassica campestris ß. oleifera DC. = Br. R. oleifera hie- malis Ifartens, Winterrübsen, Winterölrübe, Wintersaat, Rübsaat, Bi- witz, Awehl, Navette) und als Sommerfrucht [Brassica Rapa oleifera annua Metxg. (und Rchb.) = Br. campestris Koch = Br. campestris L. = Br. praecox Kitaibel = Br. R. oleifera praecox DC, Sommerrüben- reps, Sommerrübsen, Sommerlevat] angebaut. Die Kultur der genannten Ölpflanzen wird fast in allen europäischen Ländern betrieben. In Frankreich und Belgien ist es hauptsächlich der Winterreps, dessen Anbau noch bedeutenden Umfang besitzt. Der un- geheure Verbrauch an Fett von selten der Seifen- und Schmierölindustrien hat auch den außereuropäischen Ölsaaten unsere Märkte geöffnet und gegenwärtig beziehen nicht nur die englischen, sondern auch die kon- tinentalen Ölfabriken große Quantitäten von Rapssamen aus Ostindien, namentlich von Kalkutta, Madras, Bombay, Guzerate und Ferozepore i). Der indische Raps stammt von verschiedenen Brassica- Arien, sowie von besonderen Formen unseres Rapses und Rübsens. Eine Zusammen- stellung derselben haben 0. Burchardi) und Prain2) gegeben. Nach T. F. Hanausek und A. L. Winton, Über die Verwendung des Ackersenfs [Sinapis arvensis L.) in der nordamerikanischen Union, nebst Bemerkungen über die Bestim- mung desselben mit Chloralhydrat. Großeinkäufer f. Reederei und Industrie, '1913/'14, Nr. -13, p. 289. Daselbst auch der Nachweis, daß nur alte Chloralhydratlösung, die sauer reagiert (zufolge Bildung von Salzsäure) oder frisch bereitete Chloralhydrat- lösung, die mit Sftlzsäure oder mit Phosphorsäure oder Zitronensäure angesäuert wird, die Reaktion auf die Inhaltskörper der Ackersenf-Sklerei'den (Blutrotfärbung) gibt. 1) Journ. f. Landw., XLII, 4 894, p. 125 und XLIV, 1896, p. 338. 2) Zitiert von Kinzel, I.e., p. 171; vgl. auch Landwirtsch. Versuchsstat. L., p. 377—380. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 725 W. KinzeH), der sich auf die Ergebnisse der Untersuchungen und Kultur- versuche von Prain stützt, kommen von Bengalen drei Handelsformen der Brassica zum Export, und zwar: \. Rai. Stammt von Brassica juncea JB. f. et Thoms., wird aucti Asl-Rai oder Indian Mustard (Indischer Senf) genannt und vertritt in Indien, wie schon in dem Abschnitt > Senfsamen« ausgeführt worden ist, unsere Brassica nigra. 2. Sarson, Indian Colza, gilt als eine Varietät von Brassica campestris L- (= Brassica Rapa) und wird als Brassica campestris var. Sarson Prain in der Literatur bezeichnet. Sie ist die von Wittmack2) für Brassica glauca Roxb. ge- haltene >Guzerat-Rape«, schließt außerdem noch Brassica trüocularis Roxb. und Br. quadrivalvis ein und ist mit Brassica glauca Royle (— Br. dichotoma Roxb.) nicht identisch. Sarson wird in mehreren Rassen gebaut, die sich durch die Form, Stel- lung und Klappenbildung der Schoten voneinander unterscheiden. 3. Tori. Indian Rape, brauner indischer Raps. Ist Brassica Napus L. var. dichotoma Prain. Damit ist Brassica dichotoma =■ Sinapis dichotoma Roxb. (Flor. Ind., III, p. 117), die nach Kiaerskou^) einen wesentlichen Bestandteil der >Colza. de Ferozepore«, >Colza brun de Calcutta« bildet, identisch^). Mit Sinapis glauca Roxb. bildet sie eine Sorte von Cawnpure Raps. Die Samen unserer einheimischen Raps- und Rübsenpflanzen sind einander sehr ähnlich. Die Samen des Rapses sind kugelig, schwarz- braun bis rotbraun, von 1 — 2,8 mm Durchmesser, erscheinen dem freien Auge an der Oberfläche glatt, unter der Lupe höchst feinnetzig mit schwach angedeuteten Maschen. Der zitronengelbe Keim besteht aus zwei gefalteten Keimblättern und einem kaum 1 mm langen Würzelchen. Die Rübsensamen sind den vorigen an Gestalt und Farbe nahezu gleich, doch kommen mehr hellgefärbte Samen vor, während beim Raps die dunklen überwiegen. Zur besseren Unterscheidung wurden auch die Gewichtsverhältnisse herangezogen, ohne jedoch brauchbare Resultate zu liefern. 1 000 Körner von verschiedenen Rapsformen lieferten Gewichte, die von 2,915— 7,258 g schwankten^). Nach Gros s^) beträgt das Mittel für 1000 Körner 3,693 g. \) 1. C, p. 172, 173, 178 ff. 2) Sitzgsber. d. Gesellsch. naturf. Fr., 1877, 1 6. Januarheft. 3) Extrait du Journal de botanique, Kopenhagen 1858, Vol. 14, p. 2— 3 des Separatabdruckes. Die betreffende Stelle lautet: »Les graines de cette espöce fönt partie essentielle du »Colza de Ferozepore«, du »Colza brun de Calcutta . . .€. Aber auch Brassica ramosa = Sinapis ramosa Roxb. wird von Kiaerskou als ein Hauptbestandteil der genannten Colzasaaten (»partie principale«) angegeben: es erscheint nicht klar, welcher Unterschied zwischen »partie essentielle« und »partie principale« besteht. 4) Im Herbar des "Wiener Hofmuseums ist ein Exemplar dieser Pflanze von Prain eigenhändig signiert: Brassica Napus var. dichotoma Prain = Sinapis dicho- toma Roxb., indisch Tori, Maghi oder Lutni. 5) Harz, Landwirtsch. Samenkunde, II, p. 933. 6) Em. Gross, Studien über die Rapspflanze. Öst.-ung. Zeitschr. f. Zucker- industrie und Landwirtsch., XXIX, 1900, p. 659. 726 Einundzwanzigster AbscliniU. Samen. Wie das äußere morphologische Verhalten der verschiedenen Bras- s^m-SalTlen nur sehr geringe Unterschiede zeigt, so ist auch der mikro- skopische Bau " derselben ein gleichartiger und auch von dem der Senf- samen wenig verschieden. Die Samenschale i) des Rapses besitzt eine Epidermis und eine Subepidermalschicht, die so innig miteinander ver- schmolzen sind, daß sie im Querschnitt sich als ein farbloser, dünner Streifen zeigen (Fig. 264). Nur an noch jugendlichen Samen kann man bei sorgfältiger Präparation unter der Epidermis eine Reihe sehr verschieden großer Zellen beobachten, die den Großzellen des schwarzen Senfes entsprechen. Hier und da gelingt es auch an reifen Samen, die zelluläre Natur dieser Schichten nachzuweisen. Man erwärmt das Präparat in KaUlauge und bringt es nach sorgfältigem Auswaschen in Chlorzink- jod; der blaugrau gefärbte Streifen läßt dann einzelne Epidermis- und Großzellen erkennen. Übri- gens soll nach Sempo- lowski die Großzellen- sc scliicht aus mehreren Zell- reihen zusammengesetzt sein. Die nun folgende Skle- '^i reidenschicht besteht aus Ay den schon beim Senfsamen beschriebenen Becherzel- Fig. 264. Querschnitt durch die Samenschale vom Winterraps. len. Dieselben slnd braun ep Epidermis, sp subepidermale Schicht, sc SMereidenschicht, o-pßirht hpgroßen schwarzen Mani« aus der Provinz Corricute besitzen bis 5,5 cm lange Hülsen, die Samen haben eine schwarzbraune Schale. 8) Wittmack, Die Nutzpflanzen aller Zonen auf der Pariser Weltausstellung 1878. Berlin 1879. Einundzwanzigster Absclinitt. Samen. 737 Wie Flückiger (1. c.) berichtet, dürfte die erste Anregung zur Kultur der Arachis in Italien von Prof. Brioli (1810 in Novara) ausgegangen sein. Als die Heimat der Erdnuß wird gegenwärtig Brasilien angesehen, wo auch die übrigen sechs Arten der Gattung Arachis verbreitet sind. Daselbst existiert auch eine einheimische Bezeichnung für Erdnüsse, Mani, die schon Fernandez de Oviedo^) in Westindien am Beginn des 1 6. Jahrhunderts gekannt hat. Von Erdnußfunden in alten peruanischen Gräbern weiß De CandoUe zu berichten. Früher wurde bekanntlich — hauptsächlich nach Schweinfurth2) — die Herkunft der Arachis in Afrika gesucht. Arachis hypogaea ist eine krautige, niedrige PapilionaceeS), deren Blüten in den Achseln der unteren Blätter auf sehr kurzen Stielen sich entwickeln (Fig. 267). Nach dem Abblühen beginnt sich die Blütenachse (Carpopodium) unverhältnismäßig stark zu verlängern, krümmt sich zum Boden herab und drückt den zu einer Hülse heranwachsenden Frucht- knoten in die Erde. Dieser erhält nach dem Abfallen des sehr langen, fadenförmigen, eine kleine, endständige Narbe tragenden Griffels an dieser Stelle eine narbenartige Schwiele, die an der Frucht noch sehr auffällig erscheint und eine Schutz- und Festigungsvorrichtung darstellt. Die Hülsen reifen in der Erde und liegen zur Zeit der Fruchtreife 5—8 cm unter der Bodenoberfläche. Gewühnlich treten in der Hülse zwei, seltener drei Samen auf (Fig. 267 C). In argentinischen Sorten habe ich Hülsen mit vier Samen gefunden. Im ersteren Falle ist die Frucht- schale einfach, im letzteren doppelt oder dreimal eingeschnürt. Der ein- samigen Hülse fehlt eine Einschnürung. Verteilung und Ausbildung der Gefäßbündel in dem Perikarp ruft an letzterem eine derbe Aderung hervor, in welcher die der Länge nach verlaufenden Rippen mit be- sonderer Schärfe erkennbar sind. Scheidewände fehlen im Innern des Fruchtgehäuses. Den Früchten haften häufig noch kurze, etwa 2 mm dicke Stücke des Fruchtstieles an. Harz*) führt drei Varietäten an: 1. A. hypogaea var. vulgaris; »Frucht mäßig eingeschnürt, häufig fast zylindrisch, von blasser, weißUchgelber Farbe, mit stumpfen, undeutlichen, manchmal fast ganz verwischten Rippen und Feldern, so daß die netz- aderige Struktur der Oberfläche oft nur schwach zum Ausdruck gelangt. \) Schädler, Technologie der Fette und Ole, 1883. 2) Im Herzen von Afrika, I, p. 273. 3) Nach Taubert in Engler-Prantl, Pflanzenfämihen, III, 8, p. 322, zu den Papilionatae — Hedysareae — Stylosanthinae gehörend. De Candolle stellt sie zu den Caesalpiniaceen, Harz zu den Papilionaceae — Vicieae, Endlicher zu den Pa- pilionaceae — Hedysareae. 4) Landwirtsch. Samenkunde, II, p. 642. Wie sn er, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 47 738 Einundzwanziffster Abschnitt. Samen. Samen meist kurz eiförmig, rot, gelbrot bis bläulichrot«. — 2. A. hijpo- gaeavar. reticulata, netzfrüchtige Erdmandel, Rochet-Erdpistacie (Blanco, in Bull, de l'Acad. roy. des Sciences de Belg., No. 6, 1850). »Frucht Fig. 2C7. Arachis hypogaea in 1/2 i^*- G^'- ^ ganze Pflanze, C Hülse, der Länge nach durchschnitten. (Nach Taubert.) graugelblich bis goldgelb, die netzige Beschaffenheit der Oberfläche durch scharfe Längs- und Querrippen sehr deutlich ausgesprochen. Samen nach Blanco fleischfarbig«. — 3. A. hypogaea var. glahra DC. (= A. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 739 africana Lour.) ist eine Form mit kahlen Blättern. Nach M. Dubardi) läßt sich an den Sorten der Erdnuß ein peruvianischer und ein brasilianischer Typus unterscheiden. Ersterer ist durch meist dreisamige, etwas gekrümmte Hülsen ausgezeichnet und wurde von Peru aus längs der pazifischen Küste durch die Spanier bis Mexiko verbreitet; der brasilianische Typus zeigt vorwiegend zweisamige Hülsen ; sein Kultur- gebiet ist jetzt hauptsächlich die Westküste Afrikas, wohin er durch portugiesische Neger gebracht wurde. Die Kulturzeit der Erdnuß währt durchschnittlich 6 Monate. In Kiautschou findet die Aussaat im Mai, die Ernte Ende Oktober statt. Das Laub wird abgeschnitten und als Viehfutter verwendet, das Feld hierauf bis 1 G cm tief gepflügt, die Erde zu großen Haufen aufgeworfen und dann durch schräg gestellte Erdsiebe durchgeworfen, wodurch Früchte und die Erde voneinander getrennt werden; die Früchte müssen — auf Tennen ausgebreitet — sorgfältig getrocknet werden 2). In Kamerun er- folgt die Ernte erst, nachdem das »Stroh« vollständig abgestorben ist. 3 — 4 Wochen nach dem Einbringen werden erst die Hülsen von den Pflan- zen abgepflückt. Auf die richtige Erntebereitung ist ein besonderes Augenmerk zu nehmen, sie hängt vielfach von den klimatischen Verhält- nissen des Kulturgebietes ab. sind länglich-zylindrisch oder länglich-eiförmig, geschnäbelt, am anderen gewölbt oder schief abgeflacht. Das verschiedene, aber einer bestimmten Regel unter- liegende Verhalten der Samen in bezug auf ihre Gestalt, das bisher nicht näher untersucht worden zu sein scheint, ist folgendes. Der Same einer einsamigen Frucht ist länglich, an der Seite, die der Fruchtbasis (dem Fruchtstiel) zunächst liegt, gewölbt, an der gegenüberliegenden schief geschnäbelt. In einer zweisamigen Frucht verhalten sich die beiden Samen entgegengesetzt; dieselben sind an den Berührungsflächen schief abgeplattet, eine Folge der durch das Wachstum bedingten Druck- wirkung; daraus ergibt sich, daß die Abplattung an jedem der beiden Samen an einer anderen, d. h. entgegengesetzten Seite vor sich gegangen sein muß. Der auf der Seite der Fruchtbasis liegende (der untere oder erste) Same (Fig. 268 1.) ist auf der geschnäbelten Seite (Gegend des Nabels und des Würzelchens) abgeplattet, auf der entgegengesetzten (Gegend der Ghalaza) dagegen gewölbt. Die abgeplattete Stelle läuft nach aufwärts in den kurzen Schnabel aus. Der zweite Same (Fig. 265 //.) erscheint auf der Ghalazaseite schief abgeflacht und besitzt auf der anderen 1) De l'origine de l'arachide. Bull. Hist. nat., XII, 1906, p. 340. Zitiert nach Harms, Ergänzungsheft III zu Engler-Prantl, Pflanzenfamilien, 1914, p. UO. 2) Tropenpflanzer, 1910, p. 261. 47* 740 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Seite eine ziemlich scharfe Spitze. In dreisam igen Früchten ist selbstverständlich der mittlere Same an beiden Schmalseiten abge- plattet. Die dünne kupferrote, schwarzbraune, bräunliche oder violettbraune Samenschale läßt über der kurzen Spitze einen länglichen, weißen Nabel (Fig. 268 /?) erkennen, von welchem ein starkes Gefäßbündel — die Raphe — zum entgegengesetzten Ende des Samens zieht und daselbst die Ghalaza bildet (Fig. 268 r, ch); von dieser strahlen sechs dunkel- braune Nerven (Äste des starken Gefäßbündels) aus, die, wie v. Vogl sagt, meridianartig die Samentläche entlang zur Spitze zurückkehren. Der Samenkern besteht nur aus dem Keim, dessen Würzelchen die vorhin mehrfach erwähnte Spitze bildet und dessen fleischig-ülige, dicke Keim- blätter ein zierlich gefiedertes Knüspchen um- schließen. Das Knüspchenlager setzt sich auf der Innenseite der Keimblätter in deren Längs- mitte in Form einer schmalen, seichten Furche bis zum oberen Ende fort. Um die einzelnen Gewebeschichten der Samenschale am Querschnitte unterscheiden zu können, ist eine sorgfältige Behandlung des Querschnittspräparates mit verdünnter Salz- säure und Kalilauge notwendig; auch die Javellesche Lauge eignet sich zur Aufhellung. Die Oberhaut der Samenschale besteht aus kuti- kularisierten , in der Flächenansicht ziemlich scharfkantig-polygonalen, im Querschnitt vier- eckigen Tafelzellen (Fig. 269 u. 270 i), deren Außen- und Seitenwände stark verdickt, wäh- rend der unterste Teil der Seitenwände und die Innenwände frei von Verdickung sind. Die Verdickung der Außenmembran besteht aus zapfenartig in das Innere vorspringenden Leisten, die, von der Fläche gesehen, das Lumen wie die Zähne eines Kammes umsäumen und ein höchst charakteristisches, für die Diagnose besonders wertvolles Bild geben. In Quellungsmitteln erweitern sich die Leisten an ihrem freien Ende und werden daselbst breiter, dicker, so daß die spitze Zahnform verlorengeht. Die Seiten- wände erscheinen im Querschnitt dreieckig, indem die Verdickung nach abwärts allmählich abnimmt und der unterste an die Innenwand der Zelle grenzende Teil davon freibleibt. Einzelne kleinere Epidermis- zellen besitzen nur einfach verdickte Außen- und Seitenwände. Das unter der Epidermis liegende Gewebe zeigt sich in seiner äußersten Schicht als ein dichter, in den übrigen Teilen als ein lückiger, aus zarten, sehr Fig. 26S. Arachis hypogaea. Schematisclie Darstellung der bei- den Samenformen einer zweisami- gen Fruclit. /. Der auf der Seite der Fruchtbasis liegende (untere oder erste) Same, auf der Cbalaza- seite (ch) gewölbt, am Würzelcben U<') abgeplattet. — //. Der zweite Same, auf der Chalazaseite abge- plattet, ch Chalaza, »■ Kaphe, /( Na- bel, w Würzelchen. Nat. Größe. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 741 unregelmäßig verlaufenden Linien zusammengesetzter Streifen, der nach innen wieder in eine dichte, gelbbraune Schicht übergeht (Fig. 269 2); der äußere, dichtere Streifen ist von einer wenigreihigen Lage gestreckter Parenchymzellen gebildet (Fig. 269 2a); die Hauptmasse des Gewebes aber ist ein typisches, reich durchlüftetes Schwammparenchym (Fig. 269 u. 270 2), dessen Zellabgrenzungen an dem reifen Samen nicht mehr deutlich beobachtet werden können. Den Abschluß bildet eine mit gelb- braunem Inhalt erfüllte Zellreihe (Fig. 269 c? u. 270 5) als Innenepidermis. S^^^SmooQQPQQ^pQQe -^ Fig. 269. Vergr. 350. Aracliis hijpognea. Partie eines Querschnittes durct die Samenschale und die äußeren Schichten des Keimblattes. In J a v e 1 1 e scher Lauge. 1 Epidermis der Außenseite, 2 Schwamm- parenchym, 2a äußere Parenchymlage, g Gefäßbündel, 3 innere Epidermis der Samenschale, i ver- quellende hyaline Schicht (Nuzellarrest, Perisperm), ep Epidermis des Keimblattes, ko Keimblattzellen, in Interzellulairänme, po Poren in der Flächenansicht. In dem Schwammparenchym liegen die Gefäßbündel (Fig. 269 u. 270 O) mit zahlreichen, schmalen Spiralgefäßen. An die Innenepidermis schließt ein hyaliner Streifen an, der in Kalilauge stark aufquellende, geschichtete, farblose, tangential zusammengepreßte Zellen erkennen läßt (Fig. 269 4). In der Flächenansicht zeigt dieses Gewebe einen fast kollenchymatischen Charakter; die Zellen führen einen spärlichen, körnigen Inhalt; mitunter schien derselbe aus korrodierten Kriställchen zu bestehen. Dieses Ge- webe ist zweifelsohne ein Nuzellarrest und kann als Perisperm ange- sprochen werden. 742 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. ^^-A^; Die Kotyledonen besitzen eine Oberhaut und ein großzelliges Paren- chym. Die Oberhaut setzt sich aus gestreckten, 40 — 60 [^i langen und 16 — 23 1^1 breiten, auf der Außenseite stark verdickten Zellen (Fig. 269 ep) zusammen und besitzt zahlreiche rundliche oder breit elliptische Spalt- öffnungen, die von zwei meist auffallend größeren Zellen — Nebenzellen — umgeben sind. (Länge der Schließzellen 30 — 40 /<, Breite der beiden zu- sammen 20 — 24 ^i.) Wäh- »-STr" ^^^-xrJt^T ^tc-,,,^, rend alle übrigen Zellen der Epidermis Plasma und Öl y führen, enthalten die ^ Schließzellen nebst diesen auch kleine Stärkekürner, -^^ daher sie in einem mit Jod ,=^ behandelten Präparat sehr --''•«? auffällig hervortreten. Das Parenchym der Keimblätter (Fig. 269 Zo) ist in der sub- epidermalen Schicht klein- zellig, in dem übrigen Teil aus großen, rundlich-polye- drischen, getüpfelten Zellen zusammengesetzt, zwischen welchen kleine drei- und viereckig erscheinende, luft- führende Interzellularen eingeschaltet sind. In Ter- pentinöl ist von der Tüpfel- Ot)^ ^^ %=^ und die Wände sind ziem- lich dünn; behandelt man jedoch das Präparat mit Javellescher Lauge, so treten — bei mehr oder weniger umfangreicher Zerstörung des Zelhnhaltes — die Zellwände deutlich hervor, erscheinen in ihrer Queransicht knotig verdickt und zeigen in der Fläche runde oder elliptische Tüpfel (Fig. 269 j9o), die Fig. 270. Vergr. 400. Arachis hypogaea. Die Schichten der Samenschale mit dem Nuzellarrest, in ihrer Aufeinanderfolge von der Fläche gesehen, nach Behandlung mit Salzsäure und Kalilauge. 1 Epidermis der Außenseite, 2 Schwammparen- chym, 3 innere Epidermis, 4 hyaline Schicht (Nuzellarrest). G Spiroiden. großen Speicherzellen besteht aus Stärke, Aleuron und Öltropfen. Nach teilweiser Entfettung mit Äther — wobei übrigens noch genügend Öl- tropfen zurückbleiben — die Stärkekörner blau, blaßgelb gefärbt. Die Stärkekörner sind ■ und nach Behandlung mit Jodlösung findet man die Aleuronkörner goldgelb und die Öltropfen lig und messen 3 — 12 ^r, Einundzwanzigster Absclmitt. Samen. 743 an größeren, mehr eirunden Stärkekürnern läßt sich auch ein zentraler Kern beobachten. Die Aleuronkürner haben eine runde, eiförmige oder ganz unregelmäßige Gestalt und treten in zwei Größen auf; als kleine, 4 — 8 /< messende Formen und als große Körner mit 10 — 13 /t Durch- messer. Diese letzteren enthalten häufig zahlreiche kugelige Globoide; A. V. VogP) beobachtete auch Aleuronkörner von knolliger, höckeriger und stäbchenförmiger Gestalt. Die Erdnußsamen haben einen bohnenartigen und zugleich öligen Geschmack; geröstet schmecken sie nach Mandeln. Nach König enthalten sie im Mittel in Prozenten: Wasser Stickstoffsubstanz Fett Stickstofffreie Extraktstoffe Rohfaser Asche 6,95 27,65 45,80 16,75 2,2l' 2,64 Der Ölgehalt der Arachis-Samen ist, wie schon eingangs bemerkt wurde, von dem Kulturlande in hohem Grade abhängig; aber auch die Qualität des Öles scheint von den klimatischen und Bodenverhältnissen stark beeinflußt zu werden. Es enthalten nach Sadtler^) Erdnußsamen vom Senegal 51 Proz. » » Kongo 49 » » von Ostafrika 49 » » Bombay 44 » » Madras 43 » » Amerika 42 » In Kamerun geerntete Samen enthielten in der Trockensubstanz bis 65,74 Proz. Fett und bis 32 Proz. Stickstoffsubstanzen^). Das beste Öl wird aus den afrikanischen, das schlechteste aus den ostindischen Samen gewonnen. Wie andere Samen der Leguminosae enthält die Erdnuß auch eine als Agglutinin wirksame Albuminose (Phasin), die aber zum Unter- schiede vom Ricin (s. Rizinussamen, p. 756) nicht giftig ist. — Die Erdnußkuchen mit 33,0 — 54,6 Proz. Rohprotein (geschält) dienen als Futtermittel (vgl. Wittmann, 1. c). Die Erdnuß, auch Erdeichel, Erdmandel, Mani, Mandubinuß, Man- carra*), Aschantinuß, Pea-nut, Manila-nut, Earth-nut, Ground-nut, Pistaches de terre genannt, ist nicht nur ein wegen seines hohen Ölgehaltes höchst wertvoller technischer Rohstoff, sondern auch ein stickstoffreiches Nahrungs- 1) Die wicht, veg. Nalirungs- und Genußmittel, p. 323. 2) S. P. Sadtler, Peanut-Oil and its uses in Pharmacy and the arts. Americ. Druggist and Pharm. Record, XXXI, 1897, No. 5. 3) Erdnußkultur in Kamerun. Tropenpflanzer, 1911, p, 503. 4) So auf den Capverdischen Inseln und Bolama genannt. Globus, XLVI, 1884, Nr. 9, p. 137. 744 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. mittel, das, sowohl roh, wie gerüstet, jetzt auch als eine Art Trocken- obst eine weite Verbreitung erlangt hat. Eine aus den ausgepreßten Samen hergestellte Grütze i), die 47,26 Proz. Stickstoffsubstanz und noch lOjSTProz. Fett enthält, gilt als ein wertvolles Nahrungsmittel (»vege- tabilisches Fleisch«). Ebenso bilden die Erdnußkuchen, wie bereits oben hervorgehoben wurde, ein viel verwendetes und nicht selten verfälschtes Mastfutter^). Hingegen ist der Gebrauch der gerösteten Erdnußsamen als Kaffeesurrogat (»Austriabohnenkaffee«) wohl nur wenig empfehlenswert. In Spanien dienen die Kuchen mit Kakao vermischt als gewöhnliches Nahrungsmittel). Über das Erdnußöl siehe I, p. 683 (Arachisöl). 10. Tonkabohnen (Touca-, Touco-, Tongabohneii). Die Tonkabohnen unseres Handels, früher auch als holländische Tonkabohnen bezeichnet, sind die zufolge ihres großen Kumaringehaltes sehr wohlriechenden Samen von Coumaruna odorata Äubl. (Dipteryx odorata Willd.) und kommen hauptsächlich von Venezuela (Angostura), Surinam und Nordbrasilien (Para) nach Europa. Eine geringe Menge liefert auch Martinique. Die Angosturabohnen aus dem Flußgebiet des Rio Gaura (Orinoko) kommen für den Weltbedarf in erster Linie in Betracht; die Durchschnittsernte beträgt 100 000 kg (1909 fast das Vierfache^)). Nach Hamburg kamen 1909 nur 3280 kg, wovon ein großer Teil wieder ausgeführt wurde, und zwar vorzüglich nach Italien, Frankreich und England. In den Preislisten ist die Angosturasorte stets höher als die beiden anderen Sorten bewertet und gilt als die bessere s). Die englischen Tonkabohnen werden von C. oppositifolia (Aubl.) Taub, abgeleitet; in 1) Nördlinger, Über Erdnußgrütze, ein neues fett- und stickstoffreiches Nähr- mittel. Zeitschr. f. angew. Chemie, 1892, p. 689. 2) Hiltner, Über ein einfaches Verfahren, Verfälschungen von Erdnußkuchen und Erdnußmehlen, annähernd zu bestimmen. Landwirtschaft!. Versuchsstat., XL, 1892, p. 351 — 355; ferner R. v. Tuson, Earthnut or ground-nut cake. The Pharm_ Journ. and Transact., VII, 1876, p. 332. — Uhlitzsch, Rückstände der Erdnußöl- fabrikation. Landwirtsch. Versuchsstat. 1892, XLI, p. 385. — Böhmer, Kraftfutter- mittel, 1903, p. 514—536. 3) Ascherson u. Graebner, Synopsis usw. VI, 2, p. 898 und Taubert in Engler-Prantl, Paanzenfamilien III, 3, p. 324. 4) Vgl. Tunmann in Apoth.-Ztg. (Berlin) 1911, p. 580 und TropenpQanzer 1910, p. 315. Ferner C. Ghalot, La föve Tonka, L'Agriculture prat, pays chauds, IX, 11, 1909, p. 505—508. 5) Nach gütiger Mitteilung der Firma Caesar &Loretz in Halle a. d. S. kostete 1913 1 kg Angostura etwa 15 J(, Surinam 14 J( und Para 12 .// (fast das Doppelte des Preises vom Jahre 1900). Tonkabohnen von Martinique und wilde Tonkabohnen kommen im deutschen Handel nicht vor. — Vgl. auch Tschirch, Handb. d. Pharm., II, p. 1310. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 745 neuerer Zeit sind auch sogenannte wilde Tonkabohneni) aus Brasilien auf den Markt gekommen, die angeblich auch von einer Coumaruna- Art herrühren, aber viel kleiner sind als die echten und nur einen schwachen Kumaringeruch besitzen^). Nach Hartwich erscheint es nicht unmöglich, daß diese auf eine Copaiba zurückzuführen sind, welche Gattung mehrere Arten mit wohlriechenden Samen enthält 3). In Venezuela heißt der Tonkabohnenbaum Sarrapia, die die Ernte der Früchte besorgenden Arbeiter Sarrapieros. Die steinfruchtartige, einer kleinen Melone gleichende Hülse, deren lederigzähes Fleisch von den Eingeborenen genossen wird, wird zwischen zwei Steinen, zerschlagen, der einzige Same dann an der Sonne getrocknet. Die weitere Zuberei- tung (s. unten) erfolgt in Giudad-Bolivar und auf Trinidad. Die Samen von Coumaruna odorata^) sind, wie sie in der Handels- ware vorliegen, von sehr verschiedenen Größenverhältnissen ; man kann füglich durch Auslese zwei Größen gewinnen: solche, welche 3,4 — 5 cm in der Länge und 1— '1,2 cm in der Breite messen, und ferner weit kleinere mit 2,6 — 3 cm Länge und 0,7 — 0,8 cm Breite. In der Gestalt dagegen herrscht im allgemeinen große Übereinstimmung. Die Samen sind länglich, flachgedrückt (der stärkste Dickendurchmesser beträgt 0,5 bis 0,7 cm), an den Enden stumpf und abgerundet, an der Rückenseite scharf kantig, an der Bauchseite stumpf gekielt oder abgeflacht, mit einer die Bauchfläche der Länge nach halbierenden schmalen Leiste; nahe dem einen Ende ist daselbst der höcker- oder zapfenartig hervorragende braune Nabel. Die Oberfläche der Samen ist schwarz, fettglänzend, längsrunzelig und meist mit farblosen, sehr kleinen Gumarinkristallen mehr oder minder reichlich besetzt. Das Austreten des Cumarins aus dem Inhalt der Samen erfolgt auf ein besonderes, »Kristallisation« genanntes Verfahren. Die getrockneten Bohnen, werden in Fässer von 300 1 Inhalt bis unter den Rand gefüllt; darauf wird Rum bis zum Faßrande aufgegossen und nach 24 Stunden (soweit er nicht ab- sorbiert ist) wieder abgezogen. Die an der Luft getrockneten Bohnen sind nun von den Kristallen bedeckt (Andrö, 1905)^). Die Samen riechen 1) G. Hartwicli, Die neuen Arzneidrogen aus dem Pflanzenreiche, ^897, p. i17. — Chem.-Ztg. (Cöthen), 1887, p. 693. 2) Der Index Kewensis führt acht Dipteryx- Arten, von denen für folgende vier Arten: D. pteropus Marl, midipes Ttcl, rosea Spruce und tetraphylla Benth. Bra- siUen als Heimatsland angegeben ist. Doch wird hauptsächlich D. pteropus als eine Tonkabohnen liefernde Sorte bezeichnet. 3) Von diesen ist insbesondere Copaiba [Copaifera] Jacquini Desfont. hervor- zuheben; vgl. Hanausek in Zeitschr. d. allg. öst. Apoth.-Ver., 1881, p. 332. 4) Über die Kultur dieser Art s. Preuss im Tropenpflanzer, 4899, p. 574. 5) Siehe auch Schimmel & Co., Ber. Oktober 1916, p. 68 (Auszug aus einer Abhandlung von Albes). 746 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. kräftig nach Steinklee oder Heu und haben einen bitteren und scharfen Geschmack. Erweicht man einen Samen in Wasser, so läßt sich die schwarze, nur 0.,2 — 0,3 mm dicke, dem Kerne nur lose aufsitzende Samenschale von diesem leicht abheben. Das Was- ser wird in kurzer Zeit gelbbraun ge- färbt. Der von der Schale befreite Samen- kern besteht nur aus dem bräunlichen, ülig-fleischigen Keim, dessen beide Keimblätter an der Außenfläche eben- falls Runzelfalten besitzen; es sind daher die Runzeln der Samenschale nur die Abdrücke der Keimblätterfalten. Das Würzelchen ist kurz und dick, fast kugelig, die Plumula zeigt zwei ge- fiederte, gelbbraune Blättchen, die einer In dem anatomischen Bau der Samenschale ist die Zugehörigkeit der Tonkabohnen zu dem Typus der Legu- i7iinosae- Papüionatae unverkennbar zum Ausdruck gekommen. Von den sechs unterscheidbaren Schichten der Schale ist die Oberhaut in Palisaden- form, die subepidermale als einreihige Säulenschicht entwickelt. Einige Eigen- tümlichkeiten der diese Schichten zu- sammensetzenden Zellen bieten eine gute spezifische Charakteristik dieser Ware und zugleich ein interessantes Thema für die mikroskopische Beob- Fig.271. Vergr. 300. Tonkaboline. Partie eines Querschnittes durch die Samen- schale. 1 Palisadenoherhaut mit c Kntikula; la die obere Hälfte der Palisadenzellen mit den Yerdickungsleisten (es sind der Deutlich- keit halber nur zwei seitliche und eine mitt- lere gezeichnet), Ib der dünnwandige Fußteü der Palisaden; 2 Spulenzellen, 3 Schwamm- parenehym, bei 3a sehr zusammengepreßt und zum Teil obliteriert (Nährschicht) ; 4 Pigment- schicht (Innenepidermis); 5 Aleuronschicht (Nuzellarrest); G hyaline Schicht (Endosperm). achtung. Die Epidermis der Samenschale (Fig. 271) besteht aus einer Reihe Palisadensklereiden 1), die fünf- oder sechsseitige, mit der Achse senk- recht auf die Schalenoberfläche gestellte Prismen bilden; die Länge der Zellen beträgt 40 — 43 ^Jt, der Querdurchmesser 20 — 22 f.i. Besonders bemerkenswert ist die Art der Zellwandverdickung; an der Innenseite der Zellwand treten parallel zur Prismenachse gerichtete Leisten hervor, ; \) A. V. Vogl, Kommentar zur 7. Ausgabe usw., II, p. 601, Fig. -183. 186 und die Abbildungen, Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 747 (Fig. 27 1 la—lb], die über die Hälfte der Zelle hinabreichen und sich daselbst verflachen. Es müssen daher die Palisaden in der Aufsicht ein je nach der Tiefe der Einstellung verschiedenes Bild zeigen, indem nahe der Außenfläche die Zellwand mit den Leisten (Fig. 273 la), hin- gegen in einer tieferen Partie die glatte Zellwand (Fig. 273 Ib) beobachtet werden kann. Das Fußende der Palisaden ist nur schwach verdickt, die Zellmembran daselbst etwas gefaltet. Alle Membranteile sind von einem dunkelbraunen Farbstoff infiltriert, auch der spärliche Zellinhalt besteht aus einer braunen Masse. Dieser Schicht verdankt die Samen- schale hauptsächlich ihre schwarze Färbung. Die zweite Schicht entspricht der Säulen- (Träger-, Sanduhr-, Spulen-, I-)zellenschicht der Leguminosen und setzt sich wie diese aus einer Reihe stark sklerosierter Zellen zusammen (Fig. 271 u. 273 2). Manche derselben lassen noch recht gut den typischen Bau der Spulenzelle — mit einem verbreiterten Scheitel- und ebensolchen Fußteil und einem engeren Mittelstück — erkennen; die meisten dagegen weisen aber sehr eigentümliche, kreisel-, pilzförmige oder ganz unregelmäßige Gestalten auf, die einen breiten, unregelmäßig konturierten Fußteil und im Mittelstück eine mäch- tige , ringförmige Verdickungsquerleiste besitzen ; letztere kann so stark entwickelt sein, daß sie das Lumen in zwei geson- derte Abteilungen scheidet und die Zelle scheinbar zwei Lumina besitzt. Der Durchmesser dieser von oben ge- sehenen rundlichen oder elliptischen Elemente beträgt 40 — 53 .t<. Nun folgt ein reich durchlüftetes Schwammparenchym (Fig. 271 u. 273 5), dessen farblose, inhaltsleere, verhältnismäßig dünnwandige, quer zur Zellachse etwas gestreckte Zellen zahlreiche, verschieden große Inter- zellularen zwischen sich frei lassen. Nach innen zu sind sie stark zusammen- gepreßt und zum Teil obliteriert (Fig. 271 und 272 3a). In dieser Schicht verlaufen auch die Spiroidenbündel. Ghlorzinkjod färbt dieselbe blauviolett. Unmittelbar an das Schwammparenchym legt sich ein schmaler, brauner Streifen an (Fig. 271, 272, 273 4), die Pigmentschicht, die aus einer Reihe parallel zur Oberfläche gestreckter, senkrecht auf die Längs- achse des Samens, also gürtelförmig verlaufender, dünnwandiger und mit tief braunem, homogenem Inhalte erfüllter Zellen besteht, mit denen die eigentliche Samenschale abschließt; die Pigmentschicht stellt daher die Innenepidermis der Samenschale dar. Fig. 272. Vergr. 300. T o n k a b o h n e. Die innersten Schichten der Samenschale im radialen Längsschnitt, äa Die innere sehr zusammengepreßte Schicht des Schwamm- parenchyms, i Pigmentschicht, 5 Alenron- schicht, '; hyaline Schicht. 748 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Die folgenden Schichten lassen sich von der erweichten Schale leicht abziehen, wobei noch Teile der Pigmentschicht und des Schwamm- parenchyms mit abgehoben werden; Fig. 273. Vergr.300. Tonkabohne. Die Scliichten der Samenschale in ihrer Aufeinanderfolge in der Flächen- ansicht. 1 Palisadenoberhaut, la Die Palisaden von außen gesehen, Ib innerer, leistenfreier Teil derselben; 2 Spulen- zellen, die Fußteile licht gehalten; 5 Schwammparenchym, ■i Pigmentschicht, 5 Aleuronschicht, ij hyaline Schicht. im Querschnitte können dieselben durch Behandlung mit Ghlor- zinkjod, das sie violett färbt, sehr klar veranschaulicht werden. Die fünfte Schicht ist aus einer Reihe im Quer- schnitte quadratischer (Fig. 271, 272, 273 5), in der Flächenansicht polygonaler, mäßig verdickter Zellen zu- sammengesetzt, die einen an Plasma und Öl reichen Inhalt führen und eine Aleuron- schicht darstellen. Diese bildet den Rest des Nuzellus und kann daher als ein Perisperm angesprochen werden. In stark quellenden Mitteln, z. B. in heißer Kalilauge läßt sich noch eine innerste Schicht isolieren, die im Querschnitt einem hyalinen, nahezu struk- turlosen Streifen deicht, in noch hier und da durch zarte Längs- und Querlinien die einstigen Zellbegrenzungen er- kennen läßt. Sie ist der Rest des Endosperms (Fig. 271, 272, 273 6). Das Gefäßbündel des Na- bels ist in einem aus farblosen, rundlichen, dünnwandigen Zel- len gebildeten Parenchym ein- gebettet und enthält zahlreiche sehr schmale Spiroiden mit abrollbarera Spiralbande; längs des Kieles der Bauchseite sind die Pali- saden- und Säulenzellen weit schmäler als an den übrigen Teilen der Schale entwickelt. Die braunen Keimblätter setzen sich aus einem dünnwandigen, Einundzwanzigster Absclinitt. Samen. 749 rundzelligen Parenchym zusammen, in dem zarte Spiroidenbündel ein- gebettet sind; die Epidermis der Keimblätter wird von sehr schmalen, auf der Außenseite verhältnismäßig dickwandigen Zellen gebildet. Eine Differenzierung des Parenchyms in Palisaden- und Rundzellen findet nicht statt. Der reiche Inhalt der Parenchymzellen läßt ohne vorhergehende Präparation die Abgrenzung derselben gar nicht wahrnehmen; erst wenn man die Schnitte mit Äther und Alkohol unter Erwärmen entfettet und mit Jod behandelt hat, treten die Zellmembranen deutlich hervor. In dem Zellinhalt kann man — selbst schon an in Wasser liegenden Prä- paraten — drei verschiedene Körper unterscheiden: eine farblose, glänzende, fast homogene, nur hier und da mit zarten Sprüngen oder Spalten versehene Grundmasse, zahlreiche rundliche Körper und eine oder mehrere gelbliche klumpenartige Massen. Die Eigenschaften dieser Substanzen werden durch ihr Verhalten gegen gewisse Reagenzien klar gelegt. Legt man einen Schnitt in Alkohol und nach Verdunsten des- selben in Jodjodkaliumlösung, so werden die rundlichen Körper allmählich bräunlich-violett, die gelblichen Klumpen stärker gelb. Behandelt man einen Schnitt hingegen zuerst mit Wasser und dann erst mit Jodlösung, so wird derselbe schon dem freien Auge sichtbar blauschwarz und das mikroskopische Bild zeigt die rundlichen Körper tiefblau; außerdem noch zahlreiche aus dem Präparat herausgetretene Fetttropfen und kleine Bläs- chen in der Grundmasse. Die homogene Grundmasse ist ein Gemisch von fettem Öl und wenig Plasma; die rundlichen oder abgerundet-poly- edrischen Körper von 3 — 7 /< Durchmesser sind Stärkekörner. Daß die Jodreaktion in dem zuerst angeführten Falle nur allmählich und schwächer eintritt, ist dahin zu erklären, daß die von der Grundmasse gebildeten Überzüge über die Stärkekörner eine intensive Einwirkung der Jodlösung nicht zulassen; wird aber durch Einlegen in Wasser ein teilweiser Zer- fall des Ölplasmagemisches, wofür ja das Austreten der Fetttropfen und die Bläschenbildung in der Grundmasse spricht, bewirkt, so kann alsbald die Blaufärbung der Stärke durch Jod herbeigeführt werden. Wird ein entfetteter Schnitt mit Millons Reagens erwärmt, so färben sich die (ursprünglich) gelben Massen intensiv ziegelrot und lassen ihre Konturen deutlich wahrnehmen ; sie erscheinen als eirundliche, längliche, zylindrische, selbst stabartige Körper, deren Länge i 6 — 27 // beträgt. In Salz- und Schwefelsäure zerfallen sie allmählich, in Kalilauge quellen sie und werden blasser. Die angegebenen Reaktionen zeigen, daß wir es hier mit in Wasser und Alkalien unlöslichen, in Säuren löslichen Aleuronkörnerni) zu tun haben, die — im trockenen Samen wenigstens — eine dauer- hafte, sehr widerstandsfähige gelbe Färbung besitzen. 1) In Wasser lösliche Aleuronkörner kommen sehr selten vor. Vgl. Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie, 1889, p. 45. 750 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Einen ähnlichen Inhalt besitzt auch das zartzellige Gewebe des Würzelchens; neben sehr bedeutenden Eiweiß- und Fettmengen findet man in demselben kleinkörnige Stärke. In dem zentralen Prokambiumstrang, der schon makroskopisch an Längs- und Querschnitten sichtbar ist, sind zahlreiche elliptisch-konturierte oder rundliche Lücken enthalten, an- scheinend lysigene Sekreträume, die ein farbloses, scholliges Sekret führen. Von dem wichtigsten Inhaltskürper der Tonkabohnen, dem Cumarin, ist bei der mikroskopischen und mikrochemischen Untersuchung nichts wahrzunehmen. Dagegen findet man es an der Handelsware in Form kleiner, farbloser, seidenglänzender Blättchen oder Prismen und zwar auf der Samenschale, auf und zwischen den Kotyledonen. Wie Wiesner i) angibt, führen völlig gereifte, aber noch nicht getrocknete Samen von Coumaruna noch keine Gumarinkristalle ; es scheint in ihnen dieser Körper im fetten Öle aufgelöst enthalten zu sein. Erst infolge des »Kristallisationsverfahrens« (s. p. 751) scheidet das Cumarin sich aus und bedeckt die Samen in der angegebenen Weise. Molisch und ZeiseP) haben an der Komposite Ageratum mexicanum Sims beobachtet, daß dieselbe niemals im lebenden, wohl aber im toten Zustande nach Cumarin rieche. Von anderen Cumarinpflanzen, z. B. vom Waldmeister, Ruch- gras u. a. ist bekannt, daß sie wohl auch im frischen Zustande Cumarin- geruch besitzen, der aber viel kräftiger wird, wenn sie welk oder trocken geworden sind. Für den ersten Fall ist wohl mit den genannten Autoren anzunehmen, daß das Cumarin als solches nicht in der lebenden Pflanze präexistiert, sondern erst nach dem Tode aus irgendeiner leicht zer- setzlichen Verbindung gebildet wird^). Von schon in lebendem Zustande riechenden Pflanzen weiß man, daß sie, wie der Steinklee, das Cumarin an andere chemische Individuen gebunden enthalten; im Steinklee kommt es an Melilotsäure gebunden vor. In bezug auf die Art des Vorkommens des Cumarins in den To'nkabohnen scheint die Annahme, daß freies Cumarin im fetten Öle gelöst enthalten sei, bei der verhältnismäßig leichten Darstellungsweise desselben aus den Tonkabohnen viel Wahr- scheinlichkeit für sich zu haben. Nach E. Senft*) ist dies tatsächlich der Fall; der Gehalt der einzelnen Bohne an Cumarin kann nach Senft 1) Rohstoffe, 1. Aufl., 1873, p. 717. 2) Ein neues Vorkommen von Cumarin. Ber. d. deutschen bot. Gesellschaft, 1888, VI, p. 353. 3) Doch bleibt die Cumarinbildung aus beim Abtöten der Pflanze durch starken Alkohol, durch Abbrühen mit 90° warmem Wasser, durch starke Subhmat- und Sodalösung, sowie durch wässerige Schwefelsäure (1:10). J.Behrens, Der Tropen- pflanzer, 3. Jhg., 1899, p. 302. 4) Über das Vorkommen und den Nachweis des Cumarins in der Tonkabohne, Pharmaz. Praxis 1904, p. 77. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 751 bis 10 Proz. betragen. Der mikrochemische Nachweis des Cumarins gelingt mit Ghlorzinkjod, das mit Cumarin eine kristallisierte Verbindung eingeht. — Über den direkten Nachweis des Cumarins in den Samen s. Nestler, Ber. d. D. Bot. Gesellsch. 1901, XIX, p. 351. Das Cumarin 1), früher auch cumarylige Säure, Cumarinsäureanhy- drid, Tonkabohnenkampfer genannt, wurde zuerst von Vogel (1820) in den Tonkabohnen aufgefunden und für Benzoesäure gehalten. Guibourt^) hat es als selbständige Verbindung erkannt, Pechmann seine Konstitu- tion festgestellt. 0 —CO Formel CgHeO, = C6H4< I • Es wird in größeren Mengen aus den Tonkabohnen gewonnen, kann aber auch synthetisch (nach Perkin) aus sahzyliger Säure aus Natrium- salizylaldehyd (durch Erwärmen mit Essigsäureanhydrid) dargestellt werden. Zur Gewinnung aus den Tonkabohnen erhitzt man die fein zerschnittenen Bohnen mit etwa dem gleichen Volumen SOprozentigem Alkohol längere Zeit bis nahe zum Sieden, filtriert die Flüssigkeit und wiederholt dieses Verfahren nochmals mit dem Rückstand. »Von den vereinigten Lösungen wird dann so viel Alkohol abdestilliert, bis der Rückstand sich zu trüben beginnt. Dann mischt man ungefähr das vierfache Volumen Wasser zu, wodurch das Cumarin kristallinisch gefällt wird. Man erhitzt dann das Gemisch zum Sieden und läßt die Lösung durch ein mit Wasser be- netztes Filter laufen. Auf diesem bleibt das Fett zurück, während aus der Lösung beim Erkalten reines Cumarin auskristallisiert« (Zärnik). Von 1 kg Bohnen erhält man 1 4 g Cumarin. Das Cumarin kristallisiert in harten, seideglänzenden, rhombischen Blättchen und Prismen, riecht angenehm gewürzhaft, schmeckt bitter, schmilzt bei 67°, siedet nach Delalande bei 270°, nach Perkin bei 290°, verflüchtigt sich aber schon bei niedrigeren Temperaturen mit bittermandelartigem Geruch und ist in Äther, fetten und flüchtigen Ülen, in heißer Kalilauge, in Essig- säure und wässeriger Weinsäure löslich; es löst sich ferner in 45 Teilen kochenden und in 400 Teilen kalten Wassers. Es ist giftig. Die Tonkabohnen finden eine ausgedehnte Anwendung in der Par- fümerie, als wohlriechende Beigabe zum Schnupftabak und werden ferner zur Bereitung der Maitrankessenz und zur Parfümierung von sogenannten künstlichen, aus Kirschbaumtrieben dargestellten Weichselrohren benutzt; auch als Geruchskorrigens für Jodoform sind sie empfohlen worden. 1) Husemann-Hilger, Die Pflanzenstoffe, 2. Aufl., 1884, II, p. 1036. Simonis, Die Kumarine, Stuttgart lOlö. 2) Histoire des Drogues simples, zit. in Husemann-Hilger, 1. c. 752 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen, Als Zusatz zu Tabak sollen sie nach H. Schelenz (Pharm. Post. 1917, 189) um 1600 in England als »french beans« verwendet worden sein. Auch das Tonkabohnenfett ist besonders in Holland ein Handels- artikel. Über dessen Konstanten vgl. Duyk, Rep, de Pharm. XX, 1908, p. 193. 11. Leinsamen. Der Lein wird vorwiegend als Gespinstpflanze gebaut. Nur wenige Länder kultivieren dieses Gewächs seiner ölreichen Samen wegen i). Die bedeutendsten Lein bauenden Länder, z. B. Südrußland, die russischen Ostseeprovinzen (baltischer Leinsamen, die reinste Sorte), Indien, Argentinien (»La Plata-Saat«), Marokko, Ägypten und Nord- amerika, liefern auch die größten Quantitäten von Leinsamen für den Handel. Neuestens bringt Argentinien sehr schöne Sorten von Lein- samen auf den Markt; daselbst wird in der Provinz Santa Fe der Lein im großen angebaut^). Die käuflichen Leinsamen sind entweder für die Aussaat oder zur Ölpressung bestimmt. Die schweren, ausgereiften, frischen und noch keimfähigen, als Saatgut für den Flachsbau bestimm- ten Samen nennt man Leinsaat, Unter Schlagsaat versteht man alle geringen, bloß zur Ölgewinnung dienlichen Leinsamen, mögen sie im noch unreifen Zustande vom Felde gebracht worden sein oder infolge längerer oder schlechter Aufbewahrung ihr Keimvermögen verloren haben. Vorwiegend erscheinen als Schlagsaat im Handel unausgereifte Leinsamen, die man gewissermaßen nur als Nebenprodukt der Flachsgewinnung erhielt. Es ist nämlich daran zu erinnern, daß die Flachspflanzen nur dann eine brauchbare Faser liefern, wenn ihre Einerntung noch vor der Samenreife vorgenommen wurde 3), Die hierbei resultierenden Samen sind wohl zur Ölgewinnung, nicht aber mehr für die Aussaat tauglich'*). In technischer Beziehung kommt wohl nur die Schlagsaat in Betracht, da frische Leinsaat nur in kleinerem Maßstabe und zwar nur in jenen Gegenden auf Öl verarbeitet wird, wo Leinöl Genußmittel ist 5). Für feinste Ölsorten werden nebst der frischen Leinsaat auch die Samen eines eigens zu diesem Zwecke gebauten Springleins verwendet. 1) Vgl. diesen Band, p. 154. 2) Im argentinischen Museum in Wien sind Leinsamen ausgestellt; die an Größe und Egalität mit den besten baltischen und indischen Sorten wetteifern. 3) Siehe hierüber III, p. lea. 4) Es wurde physiologischerseits wohl für viele Samen nachgewiesen, daß ihre Keimfähigkeit noch vor der Samenreife eintritt. Aber unreif geerntete, wenn auch völlig keimfähige Samen verlieren ihre Keimkraft außerordentlich rasch. 5) Über die Sorten, sowie über die Verpackungsweisen der käuflichen Lein- samen s. Nobbe, Handbuch der Samenkunde, p. 439, und Dammers Lexikon der Verfälschungen, p. 510. Einundzwanzjgster Abschnitt. Samen. 753 Jede Frucht der Leinpflanze (Linum usitatissimum)^) beherbergt zehn Leinsamen. Die Samen erreichen eine Länge von 3,5 — 5,5 mm, sind stark plattgedrückt, im Umriß eiförmig, äußerlich glatt, grünlich- braun bis braun gefärbt, von unangenehmem, wenn auch schwachem Gerüche. Am schmalen Ende liegt der Nabel. Mit der Lupe betrachtet, erscheint die Überfläche nicht mehr glatt, sondern mit sehr zarten Vertiefungen versehen. Das mittlere Gewicht der einzelnen Samen beträgt 0,3 — 0,5 mg; iOO gut ausgereifte vollgewichtige Samen wiegen 0,5-0,6 g. Die Samen von guter Leinsaat sind etwa 5 mm lang und über 0,4 mg •schwer. Ebensolang und schwer sind Samen von keimunfähig ge- wordenen guten Leinsamen, und eine derartige Schlagsaat ist als Material für die Ölgewinnung stets einer aus unausgereiften Samen bestehenden vorzuziehen, deren Körnchen kleiner, leichter und meist auch stärker grünlich gefärbt sind. Die in neuerer Zeit in größeren Posten auf den europäischen Markt kommenden indischen Leinsamen sind in der Sorte »white seeds< hellgelb, ziemlich schmal und weichen auch in dem Bau der Samen- schale etwas von den braunen Leinsamen ab. Die indischen »red seeds« sind licht bräunlich. Kunz-Krause und G. Brandes (Arch. d. Pharm. 254, p. 33) stellten an gelben aus dem Oriente stammenden Leinsamen fest, daß diese größer als die braunen sind, einen höheren Gehalt an ätherlöslichen Bestandteilen und an Protein besitzen und somit sich zum mindesten ebenso gebrauchsfähig erweisen wie die letzteren. Am Leinsamen kann man drei Teile, die Samenschale, das Keim- nährgewebe (Endosperm) und den Keim unterscheiden. Die dünne, spröde Samenschale umschließt das eng anliegende, nur spärlich entwickelte, daher einer dünnen, weißen Haut gleichende Endosperm, das wieder den grünlichweißen, aus zwei großen, öligfleischigen Keimblättern und «inem kurzen Würzelchen gebildeten Keim umgibt. Der anatomische Bau der Samenschale^) ist in Kürze folgender. Die von einer glashellen Kutikula überlagerte Epidermis bildet, in Alkohol betrachtet, einen farblosen Streifen, an dem keine Struktur wahrgenommen \) Über die Abstammung und die Rassen des kultivierten Leins s. oben Ab- schnitt Fasern, p. -15511. 2) A. V. Vogl, 1. c, p. 538ff. — Harz, 1. c, p. 952. — Tschirch-Oesterle , Anat. Atlas, p. 257 und Tafel 58. — Flückiger, Pharmakognosie, 2. Aufl., p. 919. — Sempolowski, Beiträge' usw., p. 8. — Moeller in Realenzyklopädie d. ges. Pharm., 2. Aufl., VIII, p. 229. — Tschirch, Handbuch usw. II, p, 3U. — Die Mikro- skopie des Pulvers behandeln Kraemer, Proc. Am. pharm, ass. 1898, p. 831, und Koch, Mikroskop. Analyse d. Drogenpulver (1906), IV, t. 3. Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 48 754 Einundzwanzigsler Abschnilt. Samen. werden kann. Nach Zusatz von Wasser quellen die Oberhautzellen mächtig auf, erscheinen im Querschnitt rechteckig, in der Fläche poly- gonal, nach einer Richtung ein wenig gestreckt und zeigen die Seiten- und Außenwände durch eine Schleimmembran so stark verdickt, daß das Lumen auf einen kleinen, nahe der Innenseite gelegenen Raum reduziert ist. Die Schleimmembran erscheint scharf geschichtet; nach längerem Einwirken des Wassers löst sich der Schleim. Mit Bismarck- braun oder Böhmers Ilämatoxylin läßt sich der Schleim sehr deutlich sichtbar machen. Der Austritt des Schleimes aus den Zellen erfolgt nach den Untersuchungen von Koran i) durch Auseinanderweichen der äußeren Zellmembran und der aufliegenden Kutikula an den Stellen, an welchen die Querwände (die radial laufenden Wände der Epidermiszellen) sich abgliedern ; schließlich lösen sich die Außenzellwände mit der Kuti- kula unter Einrollen ab 2) und die Zelle entleert sich völlig; es bleiben nur mehr die Querwände und schuppenförmige Reste der Außenmembran zurück. Unter der Epidermis liegt eine ein- bis zweireihige Parenchym- schicht mit gerundet-vierseitigen, Interzellularen zwischen sich freilassen- den Zellen; an den Samenkanten sind zumeist fünf Reihen entwickelt; diese Schicht enthält auch das Spiroidenbündel. Wie Tunmann^)^ Schürhoff*) und Ebert^) gefunden haben, enthält diese Schicht Stärke- körner, die einfach, eiförmig-rundlich und bis 40 /t groß sind. Als dritte Schicht zeigt sich eine Reihe sehr charakteristischer Skiereiden, die bis I5(),u lange, im Sinne der Längsachse des Samens gestreckte, reich getüpfelte und ziemlich stark verdickte Fasern darstellen. Die nächst- folgende Schicht, am Querschnitt nicht besonders deutlich, hängt innigst mit der Sklereidenlage zusammen, besteht zum mindesten aus zwei Reihen, einer äußeren Querzellenreihe mit längsgestreckten, senkrecht auf die Sklereiden verlaufenden Zellen und einer inneren, deren Zellen wieder mit den Sklereiden gleichsinnig angeordnet sind. Diese Schicht, aus dem inneren Integument entstanden, bildet die ursprüngliche Nährschicht und führt als solche reichlich transitorische Stärke; im reifen Samen ist sie stark obliteriert und verschleimt. Nun folgt der für die Diagnose des Leinsamenmehles (Leinsamenkuchenmehles) wichtigste Abschnitt der Samenschale, die Pigmentschicht, die sich aus einer Reihe vier- bis sechseckiger, im Querschnitt rechteckiger, an den Seitenwänden reich getüpfelter, ziemlich derbwandiger Zellen zusammensetzt. Ihr Inhalt ist 1) Koi-an, Der Austritt des Schleimes aus den Leinsamen. Pharm. Post. 1899 XXXII, Nr. 16, p. 221. 2) Schon von Flückiger, I.e., angegeben. 3) Pharm. Zentralh. 1906, p. 725. 4) Zur Kenntnis des Leinsamens. Pharm. Ztg. 1906, 57, p. 658. 5) Chines. Arzneischatz. Diss., Zürich 1907. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 755 ein homogener, rotbrauner, das ganze Lumen ausfüllender, in Wasser und Alkohol unlöslicher Körper, der leicht aus der Zelle, einen Abguß ihres Innenraumes darstellend, herausfällt und im Pulver häufig aufzu- finden ist. Er steht mit Gerbstoffen in Zusammenhang, da er von Eisen- chlorid blauschwarz gefärbt wird, und bedingt die Färbung der Samen- schale; er fehlt demnach der Samenschale des indischen Leinsamens und das die Pigmentschicht in derselben vertretende Gewebe ist ob- literiert. Das Endosperm schließt unmittelbar an die Pigmentschicht an, ist an den Kanten des Samens schmal, an den Flächen bis sechs Zellen breit und wird an der Radikula am dicksten. Seine polyedrischen, farb- losen, derbwandigen Zellen führen Ölplasma und Aleuronkörner. Die Aleuronkörner werden durch Vanillinsalzsäure nach einigen Stunden rot- violett gefärbt^). Das Gewebe der Keimblätter bildet ein von einer kleinzelligen Epidermis gedecktes Parenchym, dessen dünnwandige, am Querschnitt sechsseitige Zellen ebenfalls Ölplasma und deutliche Aleuron- körner mit Kristalloiden enthalten. Die von den Leinsamen gelieferte Schleimmenge beträgt nachUloth 3, nach Kirchner und Tollens^] 5,1 — 5,9 Proz. Die Formel für die Schleimmasse wird mit C12H20O10 oder CgHioOg angegeben. Mit Jod und Schwefelsäure behandelt, zeigt der Schleim keine Blaufärbung; Kupfer- oxydammoniak bildet mit Leinsamenschleim eine feste Gallerte, Säuren führen ihn in Zucker über (etwa 60 Proz. c?-Glukose). Er enthält ein Galakto-Gluko-Arabino-Xylan. »Der gereinigte Schleim hat (nach Hilger) die Zusammensetzung 2 (C6H10O5) • 2 (C5H8O4), dreht rechts, ist schwach sauer und gibt bei der Destillation mit Salzsäure Furol* (Tschirch). Nebst Schleim enthalten die Leinsamen 16,83— 30,77 Proz. stickstoffhaltige Körper, 22,4—40,48 Proz. fettes Öl und im Mittel 4 Proz. Asche. Bei längerem Aufbewahren wird gepulverter Leinsamen sauer, wo- bei sich Blausäure entwickelt. Aus keimenden Leinsamen isolierten Jorissen und Hairs ein Glykosid, das sie Linamarin nannten und das sich als identisch mit dem aus der giftigen Mondbohne (Phaseolus lunatus L.) dargestellten Phaseolunatin erwiesS). Durch das in den \) Tunmann, Unters, üb. d. Aleuronkörner einiger Samen. Piiarm. Zentralh. 1909, Nr. 26. 2) Untersuchungen über Pflanzenschleim. Journ. f. Landw., 1874, p. 502; Ann. d. Chem. u. Pharm., 1874, Bd. 17,';, p. 205. 3) Literatur bei Tschirch, Handbuch usw., II, p. 323 und Anmerkung p. 774. Nach Jonck lautet die Formel für Linamarin C30II50N3O7. 48* 756 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Leinsamen enthaltene Enzym wird das Glykosid in Dextrose, Blausäure und Azeton gespalten nach der Gleichung: CioHnOßN + H2O = CßHiaOe + HCN + (CHglsCO (Phaseolunatin = (Dextrose) (Blau- (Azeton). Linamarin) säure) Über das Leinöl siehe I, p. 693. Die Rückstände der Leinülfabri- kation^), die Leinsamenmehle und -kuchen sind ein ausgezeichnetes Futter für Jung- und Zuchtvieh. Die besten Kuchen geben die südrussischen Leinsamen. Leinsamenschleim dient als mildes Appreturmittel, z. B. für Satinappretur, als Verdickungsmittel in der Zeugdruckerei wird er nur selten angewendet. 12. Eizinussamen. Der Wunderbaum, Ricinus communis L., liefert Samen, die seit alters her in vielen Ländern zur Ölgewinnung verwendet werden. Gegenwärtig wird Afrika als die Heimat dieser Pflanze angesehen; sehr früh muß ihre Kultur nach Indien verpflanzt worden sein, da daselbst, sowie auch in anderen Gebieten, zahlreiche Varietäten unterschieden werden, die man ehedem als Arten aufgefaßt, aber nach Müller- Argov. 2) zu einer Hauptart vereinigt hat. Müller gliedert diese in \ 6 Formen, die sich durch die Form und Größe der Kapseln, die Form, Größe und Farbe der Samen usw. unterscheiden 3). \) Haselhof , Über die Fabrikation und Beschaffenheit des Leinkuchens bzw. des Leinmehles. Landwirtsch. Versuchsstat., 1892, XLT, p. 55, und von Pesch, Ebenda, p. 73. Weiter: Böhmer, Die Kraftfuttermittel, ihre Rohstoffe, Herstellung, Zusammensetzung, Verdaulichkeit und Verwendung mit bes. Berücksichtigung der Verfälschungen u. der mikrosk. Untersuchung. Berhn 1903, p. 434 — 460. 2) De Gandolle, Prodromus, XVI, 2, p. 1016. 3) Die in verschiedenen Werken angegebenen Rizinussamen liefernden Pflanzen gehören nur zum Teil der Gattung Ricinus an und sind, wie oben bemerkt, fast nur Formen von Bicinus communis, z. B. R. tunisensis Desf., armatus Ändr., livi- dus Jacq., speeiosus Burm., inermis MilL, viridis Willd., americanus Mill., tri- lohus Reinw. — Dagegen sind R. sanguineus {Hort, ex Oroenland), dinicus Roxb. nach dem Index Kewensis besondere Arten; Pax in Engler-Prantl, Pflanzen- familien, III, 5, p. 71, nimmt aber nur eine Art für Rizinus an. Nach Tschirch /Handbuch, II, p. 625 — 626) wird auch R. Zanxibaricnsis, von dem er aus Amani zahl- reiche Spielarten mit verschieden gefärbten Samen erhalten hatte, als Art betrachtet. — Die Namen R. giganteus, Bourbonensis, lividus Willd., ruber Rumph kommen im Ind. Kew. nicht vor. Die im folgenden aufgezählten Pflanzen werden anderen Gattungen zugezählt: R. Tanarius L. = Macaranga Tanarius Müller-Arg., R. Ta- narius Lour. = Mallotus floribundus Müll.- Arg., R. Mappa L. = Macaranga 'Mappa Müller-Arg., R. Mappa Roxb. = Macaranga Tanarius Müll.-Arg., R. Mappa Wall. = Macaranga Roxburghii Wight, R. Apelta Lour. = Mallotus Apelta Müll.- Arg., R. integrifolius Willd. = Mallotus integrifolius Müll.-Arg., R. inermis Wall. — Macaranga hypoleuca Müll.-Arg. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 757 Die ausgebreitetste Kultur der Rizinuspflanzen findet in Ostindien und in den tropischen Gebieten der nordamerikanischen Union statt. Aui3er- dem liefern noch andere wärmere Länder große Mengen der Samen, wie das tropische Westafrika, Mittel- und Südamerika, (Argentinien be- saß große Rizinuskulturen, die aber wegen Überproduktion zurückge- gangen sind), Sizilien, Süditalien u. a. In Indien unterscheidet man die großsamige perennierende »Large seeded form« und die kleinsamige ein- jährige »Small seeded form«; die beste Qualität heißt »Paintyseed« i). Die Rizinussamen sind eirund, am Rücken schwach gewölbt, auf der Bauchseite abgeflacht, am breiten Ende etwas abgerundet, an dem entgegengesetzten mit einer kurzen Spitze versehen, an welcher seitlich, zur Bauchfläche geneigt, eine lichtbräunliche, leicht abtrennbare, wulstig hervorragende Samenschwiele (Garuncula) liegt: An ihrer Stelle befinden sich bei jenen Samen, die die Garuncula verloren haben, zwei kleine Ver- tiefungen, die durch eine zarte Kante voneinander getrennt sind. Mit dieser Kante steht die längs der Bauchfläche verlaufende Raphe in Ver- bindung, während sie am breiten Ende in einem nur wenig angedeuteten Nabelfleck endet. Die Oberfläche der Samen ist glatt, glänzend, grau, von licht- oder dunkelbraunen Linien, Flecken oder Punkten scheckig; manche Samen sind fast schwarz. Die Länge schwankt nach den Sorten und der Provenienz sehr bedeutend, von 9 — 22 mm, so daß man im allgemeinen eine var. major und var. minor unterscheidet. Nach A. V. VogP) besitzen die Samen von Angola eine Länge von 8 — 10 oder i 6 — 1 8 mm, solche von der Levante, Indien, Ägypten eine Länge von 10 — 12 mm, von Sizilien, Gürz und Gap Verden 12 — 15 mm. Wiesner^) beschreibt Samen von Ricinus americanus aus Martinique, die eine fast schwarze, nur mit spärlichen, hellgrauen Flecken besetzte Samen- haut' besitzen. Indische Samen von Ricinus iner?nis sind 1 2 mm lang, 9 mm breit, wenig plattgedrückt, mit kaum vorspringender Naht und kleinem grünlichen Nabel versehen und besitzen eine rotbraune, licht- bräunlich gefleckte Samenschale. Samen von Ricinus viridis vom Kongo sind nach Wiesner 9 mm lang, 6 mm breit, durch einen schwärzlichen Nabel und eine grünlichbraune Samenschale mit reichlichen lichtgrauen Flecken gekennzeichnet. Die pefgamentartige, spröde Samenschale, von der sich auf der Innen- seite eine dünne, weißliche Schicht ablösen läßt, umschließt ein mäch- tiges, öligfleischiges, weißes Endosperm, das den aus zwei flachen, 1) Tropenpflanzer, 1909, p. 415. — Exportwert ostindischer Rizinussamen nach dem deutschen Handelsarchiv 16 800000 J( (1912). 2) Kommentar usw., p. 204. 3) Rohstoffe, 1 . Aufl., p. 722. 758 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. eirunden Keimblättern und einem kurzen Würzelchen bestehenden Keim enthält. Die Samenschale ^) setzt sich aus fünf Schichten zusammen. Die stark kutikularisierte Epidermis ist von 5— 6seitigen Zellen gebildet, die an der Außenwand unregelmäßige »gekrüseartige« (Moeller) Ver- dickungen besitzen und bei den gefärbten Stellen der Schale den Farb- stoff enthalten; letzterer bedingt die Marmorierung der Samenschale. Unter der Epidermis liegt ein Schwammparenchym, das stark ob- literiert ist; darauf folgt eine Reihe radial gestreckter, am Querschnitt rechteckiger, von der Fläche gesehen scheinbar koUenchymatischer, tat- sächlich aber dünnwandiger Zellen, deren Seitenwände bisweilen wellige Verbiegungen zeigen. Diese Schichten- n ^ A folge läßt sich am eingeweichten Samen ')d=^,r ziemlich leicht von den inneren abziehen. 1' Die Härte der Schale bedingt die nächste Schicht, eine Reihe radial gestellter, auch schief verlaufender, sehr dicht aneinan- der schließender, langgestreckter, ver- holzter Palisadensklereiden. Das nun folgende, als Innentesta zu bezeichnende weiße Häutchen besteht aus den inner- sten Schichten der Samenschale (der Gefäßbündel führenden »Nährschicht«) und den Resten des Nucellus; die Zellen sind sehr dünnwandig, groß und ge- rundet-polyedrisch. Das Endosperm ist fast lalg weich, läßt sich leicht zerreiben und enthält in den dünnwandigen, polyedrischen Par- enchymzellen reichliches Ülplasma und charakteristische Aleuronkörner (Fig. 274 J., B). Sie sind sowohl durch ihre Größe (8—10 /<), als auch durch die wohlausgebildeten Kristalloide ausgezeichnet 2). Die Aleuronkörner sind breiteiförmig und besitzen neben i Fig. 274. Zellen aus dem Nährgewebe von Ricinus communis. (Vergr. 800; nach Sachs.) A frisch in dickem Glyzerin, B'va. verdünntem Glyzerin, C in Glyzerin erwärmt; D nach Behandlung mit Jodalkohol sind die Aleuronkörner durch Schwefelsäure zer- stört, die plasmatische Grundsuhsta,nz als Netz zurückgehliehen. \) Georg Keyser, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Samendecken bei den Euphorbiaceen, mit besonderer Berücksichtigung von Ricinus communis. Ber. Pharmaz. Gesellsch., 1892, II, p. 5-19. — J. 0. Schlotterbeck, Beiträge zur Ent- wicklungsgesciüchte pharmakognostisch wichtiger Samen. Inaug.-Diss. Bern 1896, p. 41 (mit vorzüglichen Abbildungen). — Tichomirow, I.e., I, p. 494— 501 und Fig. 139. — Moeller, Mikroskopie, 2. Aufl., p. 325. — Tschirch, Handbuch usw., II, p. 631. 2) Ausführliches darüber bei H.Kritzler, Mikrochemische Untersuchungen über die Aleuronkörner. Inaug.-Diss. Bern 1900, p. 43 — 52. Einundzwanzigsler Abschnitt. Samen. 759 einem oder mehreren Weißkernen ein großes Krystalloid. Ihr Verhalten in Glyzerin und Jodalkohol ist aus Fig. 274 zu ersehen. In Vanillinsalz- «äure werden sie nach einigen Stunden violett gefärbt, wobei die Ein- schlüsse gelöst werden (Tun mann). Der Hauptbestandteil der Rizinussamen ist das fette Öl, das so- wohl medizinisch wie technisch eine ausgebreitete Verwendung i) findet. Siehe darüber I, p. 685. Außerdem enthalten sie nebst einigen (nicht giftigen) Enzymen (Lipase, Chymosin) ein heftig wirkendes Gift, das nach Kobert und Stillmark^) eine a-Phytoalbuminose ist und Ricin genannt wird. Dasselbe löst sich leicht in verdünnten Säuren, in wässerigen Salzlösungen, nicht in Alkohol, Äther, Chloroform, Benzol, reagiert neutral und ist geschmack- und ge- ruchlos. Seine Giftwirkung äußert sich im Gerinnenmachen des (auch defibrinierten) Blutes. Diese Gerinnung ist aber nur scheinbar der Fibrin- gerinnung ähnlich, tatsächlich ist sie eine Agglutination. Daher ist die Giftwirkung des Ricins der durch die bakteriellen Toxine hervor- gerufenen in hohem Grade nahestehend. Nach Robert (1. c. 656) ge- nügten drei Rizinussamen, einen erwachsenen Menschen an den Rand des Grabes zu bringen; die tödliche Dosis des Ricins für den erwachsenen Menschen bei innerlichem Einnehmen dürfte unter 30 mg betragen. In den trocken aufbewahrten Samen bleibt das Ricin jahrelang unver- ändert. In das Öl geht Ricin nicht über, es verbleibt in den Preßkuchen. Diese sind daher als Viehfutter nicht zu verwenden. Sie gelten gleich denen der Illipe-Samen als eine Verfälschung der Futter- Ölkuchen^). 1) Infolge der Verwendung des Rizinusöles als Schmieröl bei den Flugzeug- motoren, wozu es sich infolge der hohen Viskosität, der großen Kältebeständigkeit und der Unlöslichkeit in Benzin sehr eignet, hat dieses während des Krieges eine große Bedeutung erlangt. Der Anbau der Rizinuspflanze hat sich daher schnell ge- steigert. In Britisch-Indien steigerte sich die Ausfuhr von 14 000 t (l 91 4/'1915) auf 20 000 t (1916) und 1917 auf 25 000 t. Auch in Indochina, Venezuela, Brasihen, Westindien usw. hat der Anbau zugenommen (Chemische Umschau auf dem Gebiete der Fette, Öle, Wachse und Harze, 26, 1919, p. 93 und .Tropenpflanzer, 1919, p. 131). 2) Kobert in Realenzyklopädie der ges. Pharmazie, 2. Aufl., X, p. 653, woselbst auch die umfangreiche Literatur über das Rizinusgift angeführt ist; ferner Kobert, Beiträge zur Kenntnis der vegetabihschen Hämagglutinine, Landw. Versuchsst. 79 — 80, 1913, p. 97—206. 3) A. Schulte im Hofe, Die Fabrikation und Verwendung von Rizinusöl in Indien, Apolh.-Ztg., 1900, Nr. 95, p. 824. — Ber. des nor.damerik. Generalkonsuls in Calcutta. Siehe Tropenpflanzer, 1900, Novemberheft. — Vgl. auch Schaffnit, Vor- trag, im Jahresber. d. Vereinig, f. angew. Botanik (Berlin 1912), IX, p. XXIV. Durch Erhitzen der Kuchen mit strömendem Dampf wird das Gift zerstört und der Kuchen " entgiftet. 760 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 13. Baumwollsameii ^). Die Samen der BauniwolIarten2) bilden bei der Gewinnung von Spinnstoffen ein Nebenprodukt, das man lange Zeit als wertlosen Abfall ansah, das aber in neuerer Zeit als Rohstoff zur Ölgewinnung eine um so größere Wichtigkeit erlangt hat, als derselbe in außerordent- lich großer Menge beschafft werden kann. »Die Zeit liegt noch nicht weit zurück«, sagt Semler, »wo selbst der nordamerikanische Pflanzer den Samen als eine lästige Beigabe der Ernte betrachtete, und sich ihn vom Halse schaffte, indem er ihn in den nächsten Fluß warf. Der Mississippi hat im Laufe der Jahrzehnte Millionen Zentner dieser Einschültungen dem atlantischen Ozean zugetragen.« Heute ist der Baumwollsame ein so wertvoller Rohstoff 3) geworden, daß unter gewissen Umständen die Samenernte nutzbringender als die der Baumwolle werden kann. Bei einer mustergültigen Kultur kann man ctuf 1 ha 1000 kg Samen ernten. Die ägyptischen und Bombay-Samen*) gelten als die ölreichsten. Nebst dem heute viel verwendeten Baumwollsamenöl, über dessen Ge- winnung in diesem Werke, I, p. 692, das Nötige bemerkt worden ist, liefern die Samen aus den sogenannten Harzdrüsen einen Farbstoff,, namens Gossypin, der als Nebenprodukt bei der Raffination des Öles folgendermaßen dargestellt wird^): »Das aus der Presse tretende rohe 'I) Wiesner, Rohstoffe, I.Aufl., p. 7-26. — Harz, i.e., p. 740. — Kobus,, Kraftfutter und seine Fälschung. Landw. Jahrbücher, Bd. 13, 18S4. — v. Bretfeld,. Anatomie der Baumwolle- und Kapoksamen. Journal f. Landwirtschaft, XXXV, '1887^ p. 29 — S6. — T. F. Hanausek, Zur mikroskopischen Charakteristik der Baumwoll- samenprodukte. Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver., XXVI, -1888, p. 569— 572 und p. 591—595, und Realenzyklopädie d. ges. Pharm., VII, -1889, p. 404 (Ölkuchen). Diese Arbeit war ohne Kenntnis der Bretfeldschen verfaßt und publiziert worden, zeigt aber in ihren Hauptergebnissen eine erfreuliche Übereinstimmung mit jener. — Winton, The Anatomy of certain oil seeds with especial reference to the micro- scopic examinalion of calUe foods. Conn. Agr. Exp. Stat. Rep. -1903, p. 175. — Idem, The microscopic examination of American Cotton seed cake. Analyst. 1904,, 29, p. 44. — Moeller, Mikroskopie, 2. Aufl., p. 315. — Greenish, Note on the structure of cotton seed. Festschrift A. v. Vogl (Wien), 1904, p. 45. — H. Wagner und J. Clement, Zur Kenntnis des Baumwollsamens und des daraus gewonnenen Öles. Zeitschr. f. U. d. Nähr.- u. Genußm. 15, 1908, p. 326. 2) Siehe HI, p. 182. 3) In den russischen mittelasiatischen Besitzungen dienen Baumwollsamen zu Heizzwecken. Kasernen, Garnisonsküchen, Privathäuser werden fast ausschließlich damit geheizt; jeder gewöhnliche Ofen ist für dieses Heizmaterial geeignet, nur muß eine besondere Zugvorrichtung angebracht werden, da ohne diese die Samen langsam verkohlen. 1 dz Baumwollsamen kostete 25 — 60 S^; 7 Pfund Samen werden benötigt,. um einen gewöhnlichen Backofen zu erwärmen. V. Walta, Der Baumwollbau i. d. russ. mittelas. Besitzungen. Tropenpflanzer, 1907, p. 095. 4) Exportwert ostindischer Baumwollsamen 2 700 000 Jt (1912). 5) Semler, 1. c, 2. Aufl., p. 492. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 761 Öl wird in einen eisernen, mit einem Agitator ausgerüsteten Bottich geleitet, der eine Fassungskraft von 1 0 Tonnen Rohöl und 1 Y2 Tonnen kaustischer Sodalauge von 10—12° (Twaddel) besitzt. ^.Die auf 15° G erwärmte Lauge wird mittels durchlöcherter Röhren, welche über den Bottich laufen, allmählich und gleichmäßig verteilt, dem Öl zugeführt. Durch die Tätigkeit des Agitators vermischen sich Lauge und Öl, die beide kalt sind, und das letztere sondert nach und nach schwarze, seifige Flecken ab, ein Vorgang welcher in einer teilweisen Verseifung des Öles durch die Sodalauge seine Ursache hat. Das Agitieren wird etwa eine halbe Stunde fortgesetzt, nach welcher Zeit eine Probe der Mischung entnommen und ruhig gestellt wird. Schlagen sich die seifigen Flocken nieder und zeigt sich das Öl nahezu farblos, so wird das Ver- fahren unterbrochen, andernfalls aber, und zwar unter Zuführung von frischer Sodalauge, fortgesetzt, bis die gewünschte Farblosigkeit er- zielt ist.« Nachdem man das Öl abgezogen hat, werden die Rückstände erhitzt und wieder mit starker Sodalauge behandelt. Nun tritt eine Lösung (?) des als Gossypin bezeichneten Farbstoffes ein. Durchschnitt- lich enthält eine Metertonne Rohöl 7 kg Gossypin. Getrocknet bildet der Farbstoff ein braunes, stechend riechendes Pulver, das in Säuren unlös- lich ist, in Wasser schwer, in Alkohol und Alkalien leicht gelöst werden kann. Die Färbkraft des Gossypins ist wohl recht bedeutend, doch seine Haltbarkeit und Lichtechtheit leider nur gering; seine Fixierung auf der Faser scheint bisher nicht gelungen zu seini). Endlich sind auch das Baumwollsamenmehl und die Baum- wollsamenkuchen sehr schätzbare Kraftfuttermitte], nachdem es ge- lungen ist, diese Produkte frei von Schalen und Haaren darzustellen. Die amerikanischen Provenienzen liefern gewöhnlich Mehl, die ägyptischen gelangen nach England und werden dort mit den Schalen zerkleinert und ausgepreßt 2). Mitunter hat man bei der Verfütterung derselben Vergiftungserscheinungen beobachtet und der wässerige Auszug aus den Produkten scheint das noch nicht näher bekannte Gift zu enthalten; das Öl ist nicht giftig 3). Die Baumwollsamen haben eine etwas unregelmäßig-eiförmige Ge- stalt, eine Länge von etwa 6 — 9 und eine größte Breite von 4 — 5 mm. Die derbe, etwas spröde Samenhaut ist entweder gänzlich oder am spitzen i) Vgl. Karmarsch und Heeren, Technisches Wörterbuch, I, p. 320. 2) Vgl. Gebek, Über Baumwollsaatniehl und Baumwollsamenkuchen. Land- wirtschaftliche Versuchs-Stat., -1893, XLII, p. 279, 3) Gornevin, Studie über das Gift der Baumwollsamen und Baumwollsamen- kuchen. Annal. agron. 22, p. 353; Chem. Centralbl., 1897, I, p. 515. — Auch andere Teile der Baumwollpflanzen enthalten Gifte; so dient z. B. die Wurzelrinde als Ersatz des Mutterkornes. (Morgan, Amer. Journ. of Pharm., Vol. LXX, 1898, Nr. 9.) 762 Einundzwanziffster Abschnitt. Samen. Ende mit weißlicher, gelblicher oder grüner Grundwolle bedeckt. An einer Seite der Samenschale läuft der Länge nach eine scharf hervor- tretende, gegen das breite Ende kantig vorspringende Naht. Die Mikro- pyle liegt am spitzen Ende, fast immer von Grundwolle verdeckt. Der Kern besteht, abgesehen von den Nuzellarresten, nur aus dem Keim. Dieser läßt ein dickes, ziemlich langes Würzelchen erkennen, das nach oben in das hypokotyle Stengelglied übergeht und sich von diesem durch das Fehlen schwärzhcher Pünktchen unterscheidet. Die beiden Keimblätter (Fig. 275) sind vielfach eingerollt und gefaltet und zeigen aufgerollt einen 1 cm breiten, breitnierenfürmigen Umriß. Gleich dem hypokotylen Stengelglied sind auch die Keimblätter reichlich schwarz punktiert. Die schwarzen Punkte sind Sekreträume. Die 300 — 400 u dicke Samenschale ist folgendermaßen zusammen- gesetzt: Die Epidermis (Fig. 276a) wird von ziemlich großen, gelb- und dickwan- digen, ausgezeichnet geschichteten und mit einem schwarzbraunen Inhalt ver- sehenen Zellen gebildet, von welchen zahlreiche zu Haaren ausgewachsen sind; an Samen, denen die Grundwolle fehlt, sind die haarfreien Epidermiszellen um die Haarzellen konzentrisch ange- ordnet; an Samen mit Grund wolle findet man größtenteils nur Haarzellen, deren Basisteile dickwandig und fest aneinander- gefügt sind. Unter der Epidermis hegt ein aus drei bis vier Reihen zusammen- gesetztes Gewebe mit tangential zusammengepreßten, dünnwandigen, vollständig mit braunem Farbstoff erfüllten, daher fast undurchsich- tigen Zellen, die in der Aufsicht unregelmäßig gerundet- polygonal, im Querschnitt mehr oder weniger rechteckig erscheinen (Fig. 276 6). In dieser Schicht verlaufen^ auch die gut entwickelten Gefäßbündel. Die dritte Lage, die farblose oder Kristallschicht genannt (Fig. 276c), setzt sich aus einer bis zwei (höchst selten drei) Reihen kubischer oder polyedrischer, derb wandiger, glatter, farbloser oder gelbhcher, etwas verholzter Parenchymzellen zusammen, die hier und da einen rhombo- ederähnhchen Kalziumoxalatkristall oder eine körnige Masse enthalten. Als vierte und mächtigste Abteilung der Testa ist die Palisaden- oder Prismenschicht (Fig. 276c?) zu nennen, die die Festigkeit der Samen- schale bedingt. Sie besteht aus radial gestellten, bis über 200 /< langen, fünf- bis sechsseitigen Prismen, die in ihrer Längsansicht (im Samen- schalenquerschnitt) die unrichtige Auffassung veranlassen können, daß Fig. 275. Lupenbild eines querdurchsclinit- tenen BaumwoUsamens. a Samenschale. bb' Keimblätter, dd Sekretbehälter (Harz- drüsen), r Würzelchen. (Wiesner.) lie erste Pigmentschicht, Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 763 die Palisadenschicht doppelreihig sei. Jede Prismenzelle besitzt nur im obersten (äußersten) Dritteil ihrer Länge ein mit braunem Inhalt ver- sehenes Lumen {d bei *), während der übrige Teil der Zelle fast voll- ständig verdickt ist. Der das Lumen umgrenzende Wandteil besteht aus Zellulose, der mittlere wird von Phloro- gluzin-Salzsäure tiefrot, der unterste Basis- teil gelbbraun gefärbt. Die eigentliche Verholzung umfaßt also nur die mittlere Partie der Zelle. Dadurch kommt nun eine scheinbare Abgrenzung zustande, die den Eindruck von zwei Zellreihen macht. In der Aufsicht erscheint die Zellwand in der Gegend des Lumens mit zahlreichen zahnartigen Vorsprüngen versehen, die demnach einer Längsleistenverdickung entsprechen i). Unter der Palisadenschicht liegt die zweite Pigmentschicht, aus wenigen Reihen dunkelbrauner, in der Flächenansicht polygonaler Zellen zusam- mengesetzt. In der Chalazagegend ist die Samenschale wie mit einem Pölster- chen verdickt und daselbst nimmt die Pigmentschicht den Charakter eines Schwamm- oder Sternparenchyms mit zahlreichen Interzellularen an; die unregelmäßig-sternförmigen Zellen be- sitzen dicke, helle Wände und tiefbraunen Inhalt (Fig. 276 e). Ein dünner, heller Streifen bildet den Abschluß der Samen- schale. Die folgenden Schichten sind im reifen Samen mit den beschriebenen nicht im Verbände. Von dem Samenkern läßt sich ein dünnes Häutchen ablösen, das aus zwei Gewebelagen gebildet wird. Die äußere besteht aus einer Reihe von Zellen, die in der Flächenansicht polygonal sind, im Querschnitt einen viereckigen Umriß besitzen und deren Wände durch höchst eigentümliche Verdickungsformen k Fig. 276. Vergr. 300. Gossypinm herba- ceunl. Partie eines Querschnittes durch die Samenschale und das Endosperm. ffl Epidermis mit Haar h, h (erste) Pigment- schicht, c farblose oder Kristallschicht, d Palisadenschicht, bei * das Lumen, e zweite Pigmentschicht (die großen Inter- zellularräume sind nur an einer bestimmten, inselartig isolierten Stelle der Samenschale vorhanden), sa Fransenzellen (Nucellar- epithel), ep erste Schicht des Endosperms, k dünnwandige Endospermzellen. d) Über das Verhalten dieser Zellen im polarisierten Lichte und über die an ihnen wahrnehmbare Lichtlinie vgl. v. Bretfeld, 1. c, p. 46—47. 764 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. ausgezeichnet sind. Die Wände zeigen nämlich fein verästelte, fransen- artige Fortsätze, die, insbesondere im Querschnitt, an die von einem Pilzlager abstehenden Hyphen erinnern. Das Vorkommen dieser Fransen- zellen ist aber nicht vereinzelt und etwa nur der Gattung Gossypkmi eigen; sie sind auch am Kapoksamen (von Bombax sp.) fast ebenso entwickelt und an den Samen der Malvacee.n und Bombacaceen stets nachzuweisen 1). Nach Lohde^) ist diese Schicht ursprünglich die Epi- dermis des Nucellus und stellt somit einen Perispermrest dar. Mit ihr verbunden ist das Endosperm; dort, wo dieses die Keimblätter um- gibt, ist nur eine Reihe derbwandiger, farbloser, kubischer oder ge- rundet-polyedrischer Zellen entwickelt. In der Gegend der Würzelchen ist die Schicht vielreihig; daselbst enthalten die Zellen nebst Ölplasma noch Häufchen kleiner Stärkekürnchen. Die Keimblätter besitzen ein bifaziales Mesophyll, das von einer kleinzelligen, mit Spaltöffnungsanlagen und Trichomen versehenen Ober- haut gedeckt ist. Die Trichome sind kurze, mehrzellige, mit einer schmalen Fußzelle beginnende Gebilde, die den Mitscherlichschen Kürperchen des Kakaosamens ähnlich sehen. Am reichlichsten treten sie auf der Achse an jener Stelle auf, wo die Keimblätter inseriert sind 3). Das Mesophyll hat zwei Palisadenzelheihen und im Parenchym rundliche, mit sehr kurzen Fortsätzen versehene Zellen, Prokambium- stränge und zahlreiche bis 400 /< im Durchmesser haltende, kugelrunde, lysigene Sekretbehälter (»Harzdrüsen« 4), Letztere besitzen ein Epi- thel, das in seiner äußeren Partie aus tangential-abgeplatteten , sehr dünnwandigen Zellen, in seiner inneren, das Sekret umhüllenden aus einer verschleimten Schicht besteht, in welcher noch Zellwandreste be- obachtet werden können; durch Behandlung mit Salzsäure und Kalilauge läßt sich die verschleimte Schicht als ein gelbliches, faltig-geschichtetes Gewebe sichtbar machen. Die Sekretbehälter sind gänzlich mit einem grünlichschwarzen, opaken Inhalt erfüllt, der schon makroskopisch als schwarzes Pünktchen wahrgenommen wird. Da die Schleimschicht in Wasser löshch ist, so fließt das Sekret in Wasser in Gestalt einer dicken Emulsion aus, die in einer farblosen Masse dunkle Körnchen in lebhaf- tester Molekularhewegung zeigt. In Chlorzinkjod wird das Sekret rot- -)) Hanausek in Moeller u. Thoms, Realenzyklopädie usw., 2. Aufl., IX, p. 467. 2) Über die Entwicklungsgeschichte und den Bau einiger Samenschalen. Inaug.- Diss. Leipzig, -1874, p. 35. 3) Abbildgn. s. in T. F. Hanausek, Techn. Mikr., p. 365—366, Fig. 201—203. 4) Den lysigenen Charakter der >Drüsen< hat auch v. Höhnel nachgewiesen; "Vgl. dessen Anatomische Untersuchungen über einige Sekretionsorgane der Pflanzen. Sitzgsber. d. Wiener Akademie, 1881, I, 84, p. 566 und 578. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 765 braun, in konzentrierter Schwefelsäure löst es sich zu einer dicken Flüssigkeit von trüb blutroter Farbe, in Ammoniak und in Kalilauge wird es grün oder grünlichgelb gefärbt. Die Mesophyllzellen sind reich an Ölplasma und Aleuronkürnern • zahlreiche Zellen führen auch je eine große Kalziumoxalatdruse. Die Baumwollsamen enthalten 19 — 23 Proz. Stickstoffsubslanz, nach König im Mittel 20,86, nach Völker i) 30 Proz. fettes 012). Der Gehalt an Asche beträgt 6,7 — 7,8 Proz., nach Wagner-Clement nur 3,8 Proz. 14. Kakaobohnen. Die Hauptmasse der im Handel vorkommenden Kakaobohnen stammt von Theohroma Cacao L. ab. Die Heimat dieses Baumes, der, wie es scheint, bisher allein von allen Theobroma-Arien in Kultur genommen worden ist, sind die Küstenländer des mexikanischen Golfes und des nördlichen Südamerika bis zum Amazonenstrom. Gegenwärtig ist die Kakaokultur in allen Tropenländern verbreitet, wenngleich auch die Be- deutung der einzelnen Produktionsgebiete eine nach der Menge und Güte ihrer Erzeugnisse höchst verschiedene ist. Zu den ersten Kakaokultur- gebieten gehört Ecuador, das mehr als ein Drittel des Gesamtexportes liefert und somit auch auf die Preisstellung des Kakaos den wesent- lichsten Einfluß ausübt. Bis vor dreißig Jahren waren größere Plantagen in diesem Lande nicht angelegt, sondern es wurde nur ein Anbau in Gärten getrieben, während größere Bestände von Kakaobäumen gewisser- maßen Wälder bildeten, die nicht einmal rationell geforstet wurden. Damals war die Umgebung der Stadt Guayaquil, die die Hauptsorte unseres Marktes liefert, mit Kakaowäldern 3) bedeckt, deren Ertrag aber wegen des dichten Standes der Bäume nur ein mittelmäßiger war; zehn Bäume sollen nicht mehr Früchte gegeben haben als ein Baum von Venezuela. Gegenwärtig gibt es in Ecuador großartige Plantagen; die Provinz Los Rios allein besitzt etwa 30 Mill. Bäume. Die Ausfuhr erfolgt zum größten Teile aus Guayaquil, die bekannten Handelssorten sind Arriba- Balao-, Machala- und Bahla-Kakao, letzterer nicht mit Bahia in Brasilien zu verwechseln. (Über die Produktionsmengen s. unten.) Weitere wich- tige Produzenten des Kakaos sind die westindischen Inseln, vor allem Trinidad und Grenada, dann noch Jamaika, und San Domingo. Die feinste, am höchsten geschätzte Ware liefert Venezuela; die Sorten werden nach den Ausfuhrhäfen Puerto Cabello und La Guayra (früher 1) Zitiert nacli Harz, 1. c, p. 472. 2) Diese Zahl dürfte sich auf geschälte Samen beziehen.- 3) Globus, 1884, XLV, Nr. 6. 766 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. auch nach der Hauptstadt Caracas) benannt. Wiewohl man daselbst das ganze Jahr hindurch Früchte einsammelt, so erfolgt die Haupternte doch nur zweimal, im Juni und im Dezember. Man unterscheidet drei Varietäten, den Griallo, mit hellfarbigen Samen, den Forastero, dessen Samen in der Farbe variieren und dessen Frucht uneben und stark gefurcht ist; und endlich den Calabacillo mit kleiner ovaler Frucht und dunklen Samen. Von den beiden ersten werden wieder je drei Untervarietäten unterschieden (Agric. News, VIH, 1909, p. 260 , nach Just, Bot. Jahrb.). Große Quantitäten produzieren Brasilien, Saö Thome im Golf von Guinea, Britisch Westafrika. Von Brasilien kommen mehrere nicht besonders geschätzte Sorten zu uns, wie die Rio negro-, Para- und Bahiabohne. Das uralte Stammland der »Scho- kolade«, Mexiko, das die berühmte Soconuscabohne liefert, hat seine einstige Bedeutung gänzlich eingebüßt; sein Anbau deckt nicht einmal den eigenen Bedarf. Die mittelamerikanischen Republiken haben gleich- falls für den Welthandel keine Bedeutung. Von den übrigen Kulturgebieten sind Französisch und Holländisch Guayana, Ceylon, die Philippinen, die Sundainseln und die ehemals deutschen Kolonialbesitze in Westafrika und auf Samoa (Preuß, Bei- hefte Tropenpflanzer 1907) zu nennen. Über die Kakaokultur auf Ceylon schreibt dem Verfasser Herr P, Keutmann folgendes. »Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hat sich diese Kultur, die bedeutend lohnender als der Tee-Anbau ist, mehr und mehr ent- wickelt. Die Plantagen liegen etwa 2000 Fuß hoch; die Bäume beginnen mit dem 4. oder 5. Jahre zu tragen und sollen ungefähr 2 — 3, auf sehr gutem Boden, aber auch bis 5 Cwts Ertrag per acre liefern. Die drei Haupternlen fallen in den Frühling, Herbst und November — Dezember. Es werden auf Ceylon vier Sorten gebaut: I.Plumbago, 2. Cundeamar, (beide besitzen erst grüne, in der Vollreife gelbe Früchte); 3. Forestero, 4. Caracas; die Früchte dieser Sorten sind rot und werden schließlich gelb. Die Sorte Forestero soll am meisten gebaut werden, obwohl sie an Güte der Caracas-Sorte nachsteht, aber die Samen sind grüßer, fester und schwerer als die der vierten Sorte und somit vorteilhafter für den Verkauf.« In Kameruni) sind im Jahre 1911 2,9 Millionen Kilogramm Pflanzungskakao und 649 000 Kilogramm Handelskakao geerntet worden^). i) Tropenpflanzer, 1912, p. 437. Demandt, E. , Samoanische Kakaokultur. Beihefte d. Tropenpflanzer, 1914, XVIII, p. 135—307. 2) Sehr eingehende Darstellung der Kulturgebiete, Produktion usw. enthält Hartwich, Die menschhchen Genußmittel, Leipzig 1911, p. 342ff.; ferner H. Wright, Theobroma Cacao or Cocoa, its botany, cultivation, chemistry and diseases. London 1907. — Über die Rentabilität der Kakaokultur in Kamerun siehe Picht in Tropen- pflanzer, 1919, p. 356—364. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 767 Aus der folgenden Zusammenstellung der Ernten der wichtigsten Kakaoländer läßt sich deren Bedeutung als Kulturgebiete ermessen: Es produzierten im Jahre lOH in Millionen Kilogramm: Goldküste 40,35, Ecuador 39,5, Saö Thome 35,0 , Brasilien 34,99, Trinidad 21,2, Do- mingo 19,8, Venezuela 17,38, Grenada 5,94, Deutsche Kolonien 4,4, Ceylon 3,0, Fernando Po 3,0, Jamaika 2,78, Holl.-Ostindien 2,46, Franzö- sische Kolonien 1,36. Die Kakao-Welternte 1911 betrug 244,54 Mill. Kilogramm. Davon fielen als Verbrauch auf die nordamerikanische Union 58,9, auf Deutschland 50,85, auf Frankreich 24,3, auf England 25,39, Holland 23,5, Österreich-Ungarn 5,9 Millionen Kilogramm. Der Weltverbrauch 1911 belief sich auf 229,98 Millionen Kilogramm i). Außer der genannten Art liefern noch andere Spezies der Gattung Theohroma Samen, die als Kakaobohnen verwendet werden. Als solche werden genannt: Th. bicolor Humb. et BjjL, eine in Kolumbien, Ecuador und am Rio negro (Nord- Amazonas) einheimische Art, von der die Guayaquilsorten Arriba und Machala2) hergeleitet wurden. Nach Hartwich heißt diese Art in Zentralamerika »Pataste« oder »Pataschte«, in Ecuador »Cacao blanco«, in Kolumbien »Bacao«. Die Samen schmecken fast rein süß, ihr Fett ist von dem von Th. Cacao verschieden ; ferner Th. pentagonwn Bern., die in Zentralamerika den »Lagarlo-Kakao«, Alli- gator-Kakao liefert, an Güte dem echten Kakao gleich; Th. angusti- foliuni MoQ. et Sess..^ in Mittelamerika und Mexiko einheimisch, und Th. ovalifolium Moq. et Sess. von denen die Soconuscobohne herstammen soll, was aber nach Preuß^) unrichtig ist. Neben Th. Cacao hat nur noch Th. angustifoliuin (»Cacao mico«) Bedeutung, ferner Th. guaya- nense Äuhl. (im Kakao von Cayenne), Th. microcarpum Mart., Th. specioswn Willd.*). Die in Brasilien gesammelten Kakaosamen stammen zumeist von nicht kultivierten Bäumen (Cacao bravo) und es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß diese nicht der kultivierten Art Th. Cacao, sondern anderen Arten angehören. Die Kakaofrucht ist eine längliche oder eilängliche, mit zehn (aus- nahmsweise mit acht) Längsrippen versehene, im frischen Zustande gelbe oder gelblichrütliche, trocken braune, gurkenähnliche, holzige, nicht auf- 1) Über die Weltvorräte an Kakao und über den Verbrauch während des Krieges siehe Tropenpflanzer, -1919, p. 40 und p. 126. Warburg beurteilt .die Lage günstig und glaubt an einen Überfluß an Kakao in der Welt. — Die Welternte wird für -1917 mit 335 080 Tonnen gegen 295 000, 298 000 und 277 300 Tonnen in den drei Jahren vorher angegeben. (Tropenpflanzer 1920, p. 87.) 2) Bull. Roy. Gard. Kew, 1899, No. 147—148. 3) Preuß, Expedition nach Zentral- und Südamerika 1899— 1900. Berlin 1901, p. 258. 4) Vgl. Wiesner, Rohstofl'e, 1. Aufl., p. 728. 768 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. springende Kapsel i) von 10 — 15 cm Länge und einem Durchmesser von € — 7 cm (Fig. 277 Ä^ B). P. Keutmann fand auf Ceylon auch viel größere Früchte, bis zu 26 cm Länge und 1 1 cm Durchmesser. Die Frucht enthält 40 — 60, seltener bis 80 Samen, die in fünf Reihen angeordnet und in ein weiches, schleimigsüßes Mus eingebettet sind (Fig. Tll B). Die Ernte erfolgt (in Ecuador) mit Hilfe langer Stangen, die am Ende ein mit der Schneide nach oben gekehrtes Quermesser tragen ; mit einem kurzen Schnitte in den Fruchtstiel wird die Frucht abgetrennt, fällt zur Erde und wird von Jungen in Säcken gesammelt. Das Entkernen geschieht entweder sofort oder nach 3^ — 4 Tagen, was für die Güte der Bohne nicht ohne günstigen Einfluß sein soll. Die Früchte werden mit Holzstücken oder auch mit dem Messer geöffnet, die Samen heraus- genommen und von der anhängenden Pulpa, mitunter auch mit Hilfe von Sieben befreit und nun auf verschiedene Weise behandelt. Das süße Mus wird in Brasilien zu Gelees und zur Darstellung von Branntwein und Essig verwendet. Die Samen der geringeren Sorten (Brasilien, Cayenne) werden sofort nach der Herausnahme aus der Frucht einem Trocknungsprozeß unterworfen und geben den ungerotteten Kakao, dessen Geschmack bitter und herbe ist. Die feinen Sorten hingegen unterliegen zunächst einer Gärung 2), wodurch ein angenehmer, milder Geschmack und ein besseres Aroma erzielt wird; dieselbe dauert im Mittel sechs Tage; in der einfachsten Form besteht die Behandlung darin, daß man die Samen in Bananenblätter einhüllt und etwas beschwert, oder die Samen werden auf größere Haufen geschüttet und diese durch mehrere Tage fleißig umgeschaufelt, um eine zu starke Selbsterhitzung zu verhindern. Rohere Methoden, die Gärung einzuleiten, bedienen sich des Eingrabens der Bohnen in die Erde oder des EinfüUens derselben in zementierte Gruben. So geschieht es auch auf Java 3). Die Samen werden in gemauerte »Fermentierungskisten« bis auf zwei Drittel Höhe 1) T. Garuel nennt die Frucht ein Peponium (pericarpio extus coriaceo etc.). Nuovo Giornale Botanico Italiano, 1888, XVIII, p. 3H— 313; nach Bot. Zentralbl., 4 888, XXXIV, p. 11. 2) Nach Fickendey (Tropenpflanzer, 1909, p. 87) hat die Gärung, bei der eine Oxydase auftritt, den Zweck, die Kakaobohne abzutöten, aber so, daß die in ihr ent- haltenen Enzyme nicht vernichtet werden. Denn die Veränderungen, die in der Bohne hierbei vor sich gehen, die ßraunfärbung der Nips und die Geschmacksmilderung können auch ohne Gärung erreicht werden, z. B. durch Alkohol oder durch Gefrieren. — Sehr ausführlich handelt über die Fermentation A. Schulte im Hofe, Die Kakao- fermentation und die Verarbeitung des Kakaos von der Ernte bis zum Versand, so- wie Kaffee- und Tabakfermentationsstudien, Berlin 1908; ferner 0. Loew, The fer- mentation of Gacao, Tropic. Agric. and Magazine, XXXII, 1909, p. 35 — 37. — Luh- mann, Kakao und Schokolade, Hannover 1909. 3) Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflc Einundzwanzigsler Abschnitt. Samen. 769 gefüllt, mit Bananenblättern bedeckt und mit Steinen beschwert. Die Gärung bewirkt im Innern der Masse eine Temperaturzunahme bis zu 40°. Fig. 277. Nat. Größe. Theohroma Cacao. il Frucht, von der eine Hälfte der Schale weggenommen ist; B Frucht im Querschnitt; C Same von der Seite, J) von vorn; E Keim, i*' Keimblatt mit den Rippen auf der Berührungsfläche, G Same im Querschnitt. (Nach K. Schumann.) Wiesner, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 49 770 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Die gerotteten Samen werden abgewaschen und getrocknet. Die mikro- skopische Untersuchung hat gelehrt, daß Hefepilze und (später auf- tretende) Bakterien bei der Fermentation beteiligt sind. 'tenden Fruchtresi hierauf der Alkohol durch die Bak- terien zu Essigsäure oxydiert, wobei sich ein bedeutendes Ansteigen der Temperatur einstellt; dadurch wird wohl die Keimfähigkeit der Samen vernichtet. Wie der Autor zuerst angegeben hat, bewirkt die Gärung eine un- schöne Farbenveränderung der braunen Samenschale; sie wird schwarz gefleckt und sehr unansehnlich. Das mag auch der Grund gewesen sein, daß der gerottete Kakao zumeist einer künstlichen Färbung mit roter Farbe unterzogen wird. Gerade die feinsten Sorten, Caracas usw., sind stets mit dem Farbüberzug versehen. Es hat das Färben den Zweck, die unansehnliche Ware zu verschönern, eine betrügerische Absicht ist damit durchaus nicht verbunden ; der sachkundige Käufer weiß übrigens, daß er die Güte der Bohne nur nach dem Geschmack zu beurteilen hat. Auch mag der Tonüberzug gegen Feuchtigkeit und Schimmel- bildung, welcher die Ware so leicht unterliegt, einigermaßen Schutz ge- währen i). Schließlich müssen die Samen getrocknet werden, was am rationellsten mit geeigneten Dörrapparaten vorgenommen wird. Auf Ceylon nimmt nach dreitägigem Lagern der mit Blättern zugedeckten und mit Erde überschütteten Bohnen die Trocknung 4 — 5 Tage in An- spruch. Tagsüber benutzt man die Sonnenwärme, indem die Bohnen unter freiem Himmel ausgebreitet werden; in der Nacht oder bei be- decktem Himmel erfolgt die Trocknung in geschlossenen Räumen, in denen durch besonders konstruierte Öfen und durch künstlich her- gestellten Luftzug eine gleichbleibende, höhere Temperatur erhalten wird (P. Keutmann). Die Kakaosamen 2) sind ziemlich unregelmäßige, plattgedrückt- ei- förmige Körper (Fig. 277 C — G) von 16— 27 mm Länge, 10 — 15 mm Breite und 4 — 7 mm Dicke. An dem stumpferen und breiteren Ende 1) Nach G. Hart wich (Die menschl. Genußmittel, p. 341) ist das Färben auf folgenden Umstand zurückzuführen: >In früherer Zeit war es allgemein gebräuchhch, die Samen in der Erde zu rotten, dabei werden sie von der eisenhaltigen, also roten Erde überzogen und gefärbt und man war es so gewohnt, sie mit diesem färbenden Überzug im Handel zu haben, daß man neuerdings, wo man das Rotten nicht mehr in der Erde vornimmt, ihnen doch diesen dem Käufer gewohnten Überzug gibt.« 2) A. Mitscherlich, Der Kakao und die Schokolade. Berlin 1859. — Flückiger, Pharmakognosie. — A. v. Vogl, Die wicht. Nahrungs- und Genußmittel, p. 277. — J. Moeller, Nähr.- und Genußm., 2. Aufl., 1905. — T. F. Hanausek, Nahrungs- und Genußmittel, p. 437. I Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 771 befindet sich der glatte, kreisförmige und häufig etwas vertiefte Nabel, von dem aus eine mäßig erhabene Raphe über die stärker gewölbte Schmalfläche zu dem schmäleren Scheitelende des Samens zieht; hier endet sie in der Chalaza, die meist paarweise entspringende und etwa bis zur Hälfte des Samens parallel ziehende, später sich ausbreitende Gefäßbündel aussendet. Der Same besteht aus der Schale und dem großen Keim. Die Samenschale ist papierdünn, zerbrechlich, leder- bis rotbraun, feinstreifig, mitunter etwas rauh (von anliegendem, trockenem Fruchtmus), sonst glatt und sehr häufig mit schwarzbraunen, verwaschenen Flecken versehen: an gerotteten Samen fast immer mit gelbrotem oder rotbraunem Ton bedeckt; im feuchten Zustande ist sie schlüpfrig. An ihrer Innenseite liegt ein zartes, farbloses, trockenes Häutchen, Silber- haut genannt, das mit vielen ziemlich unregelmäßig verteilten Falten in das Gewebe der Keimblätter eindringt und diese dadurch in kantige Stücke zerklüftet. Bei gelindem Druck zerfallen daher die Keimblätter in zahlreiche scharfkantige Teile, welchen das Silberhäutchen stellen- weise noch anhaftet. Der Keim besteht aus den zwei dunkelbraunen oder dunkelrotvioletten, kernigöligen, ineinander gefalteten Keimblättern und einem von diesen am Grunde eingeschlossenen, gegen den Nabel gerichteten, stielrunden, auffallend spröden und harten Würzelchen i). Die Innenflächen der Keimblätter sind durch die scharfkantig vorragenden Rippen — eine Mittel- und zwei seitliche, fast parallele Nebenrippen — stark gebuchtet (Fig. 277 i^), denn die Rippen des einen Blattes greifen in die entsprechenden Vertiefungen des zweiten derart ein, daß der Rand im Querschnitt dadurch einen wellenförmigen Verlauf erhält (Fig. 277 G). Gestalt, Größe und Gewicht sind nach den einzelnen Sorten sehr verschieden und die Erkennung der letzteren daher nicht leicht^). Das Volumgewicht bezw, das Gewicht einer bestimmten Stückanzahl zeigt, wie der Autor 3) nachgewiesen hat, eine bestimmte Korrelation zur Qualität und zur Preisstellung, indem die schwersten Bohnen auch am höchsten bewertet werden. So wiegen 20 Stück von Puerto Cabello 35,3, Ca- racas I 31,7, Bahia 23—25,4, Trinidad 27, Ceylon i8,G9— 20,9 g. Die Kakaosamen sind vielfältig Gegenstand der anatomischen Unter- suchung gewesen^). Am ausführlichsten haben A. Tschirch und A. 1) Wegen ihrer Härte müssen daher die Würzelchen bei der Verarbeitung der Bohnen sorgfältig entfernt werden. 2) Einzelbeschreibung s. in des Autors »Nahrungs- und Genußmitteln«, p. 44-1. 3) Chem.-Ztg., 1894, Jhg. iS, p. 441. 4) Mitscherlich, 1. c. — Trojanowsky, Beitr. z. pharmakogn. u. ehem. Kenntnis des Kakaos. Inaug.-Diss. Dorpat -1875. — Flückiger, Pharmakognosie, 2. Aufl., p, 914. — Moeller, Mikroskopie, 2, Aufl., p. 44 3 (daselbst noch weitere 772 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. V. Vogl das mikroskopische Verhalten der Samen beschrieben. Da die Samen wohl als Genußmittel eine große Rolle im Welthandel spielen, in bezug auf ihre technische Verwendung als fetthefernder Rohstoff da- gegen nur geringe Redeutung besitzen, so erscheint eine nur kurze Mit- teilung über den anatomischen Rau der Samen wohl gerechtfertigt. Die dem Samen stellenweise anhaftenden Reste des Fruchtbreies bestehen aus hyphenartig gestreckten und verzweigten Zellen, die große Zwischenräume zwischen sich frei lassen. Diese Pulpareste sind vor- trefflich geeignet, gerotteten Kakao von ungerottetem (mikroskopisch) zu unterscheiden. Rei ersterem findet man die Pulpa ganz durchsetzt von sehr kleinen, länglich- elliptischen Körnchen, die sich sofort als Zellen eines Pilzes, wahrscheinlich einer Saccliaromyces-Axi erkennen lassen; durch diese wird die Rottung, i. e. Gärung (s. o.) eingeleitet. An un- gerotteten Sorten sind sie niemals zu finden. Der innere Abschluß des Perikarps und daher auch der Pulpa wird von der inneren Fruchtepi- dermis gebildet, welche eng an die Epidermis der Samenschale angelagert ist und auf derselben als ein schräg laufendes Liniensystem erscheint; sie besteht nämlich aus gestreckten, ziemlich großen, dünnwandigen Zellen, deren Längswände parallel laufen und die Epidermiszellen schief schneiden. Die Epidermis der Samenschale setzt sich aus großen, derb- wandigen, polyedrischen, meist etwas gestreckten, auf der Außenseite verdickten und kutikularisierten Zellen zusammen. Unter der Epidermis liegen die zu verschieden großen Gruppen vereinigten Schleimzellen, welche nach Rehandlung mit Wasser zu großen Schleimhöhlen ver- schmelzen, indem die zarten Querwände der Zellen jeder Gruppe all- mählich aufgelöst werden oder reißen^). Die nun folgende Schicht ist ein echtes Schwammparenchym mit rundlichen Interzellularen; in ihr eingebettet liegen große Gefäßbündel, deren überaus zahlreiche Spiral- gefäße (mit sehr leicht ablösbaren Spiralbändern) ein recht charakte- ristisches Merkmal für Kakaoschalenpulver abgeben. Nun folgt eine einreihige Sklereidenschicht, deren Zellen in der Fläche scharfkantig- polygonal (mit rundem Lumen), im Querschnitt kubisch mit einseitiger Verdickung erscheinen, indem die Außenmembranen dünnwandig bleiben. Literaturangaben). — Tschirch, ITber den anatomischen Bau des Kakaosamens. Arch. d. Pharmazie, <887, Bd. 25, Hft. 44. — Tschirch-0 esterle, Anat. Atlas, Taf. 6, p. 21—24. — Vogl, I.e., p. 278. — Tichomirow, 1. c., I, p. 314. — Lagerheim Mikrosk. Untersuchungen V. Kakao usw. (Schwedisch), Svensk farmac. Tidskrift, igoi, Nr. 9. 1 ) Über die große diagnostische Bedeutung der Schleimzellen behufs Erkennung einer Verfälschung von gepulverten Lebensmitteln mit Kakaoschalen vgl. T. F. Ha- nauseks Abhandlung >Zur Fälschung des Piments« in Zeitschr. f. Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel (Berlin), 1898, 1. Jhg., p. 243, worin auch die Pulver- partikel der Schleimschicht ausführlich beschrieben sind. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 773 während die Seiten- und Innenwände verdickt und verholzt sind. Unter dieser Schicht befindet sich eine mehrreihige Lage obliterierter Zellen, deren letzte Reihe als Innenepidermis die Samenschale beschließt. Das sogenannte Silberhäutchen, früher als innere Samenhaut bezeichnet, stellt nach Tschirchi) einen Perispermrest dar, dessen Epi- dermis aus dünnwandigen, isodiametrischen Zellen gebildet ist und zahl- reiche nadelfürmige und rundliche Fettkristalle, sowie auch Kalziumoxalat aufgelagert enthält; das übrige Perispermgewebe ist nur in den Falten der Silberhaut erhalten geblieben und bewirkt die schon angegebene Zerklüftung der Keimblätter. — Die Kotyledonen besitzen eine gut ent- wickelte Epidermis, deren Zellen stellenweise zu eigentümlichen Tri- chomen, den sogenannten Mitscherlichschen Körpern (Mitscherlich, 1. c, p. 51) umgewandelt sind (Fig. 278 Jl^, d). Da sie leicht von ihrer Unterlage sich ablösen und dann auf der Silberhaut zerstreut liegen, wurden sie früher als dieser angehörig angesehen. Sie sind keulen- förmig, bis über 100 ^i lang und aus einer Reihe etwas tonnenförmig aufgetriebener Zellen zusammengesetzt; die Endzelle ist oft zugespitzt, nicht selten auch gepaart. Sowohl die Epidermiszellen wie die Drüsen- haare enthalten sehr kleine, braune Körner, die in kaltem Kali und in Schwefelsäure unlöslich sind, in heißem Kali dagegen mit braunroter Farbe gelöst werden. Das Gewebe der Keimblätter besteht aus zwei Arten von Zellen: Fettstärkezellen und Pigmentzellen. Erstere bilden die weitaus größte Mehrzahl und sind durch ihren reichen Inhalt ausgezeichnet, dessen einzelne Bestandteile nur durch besondere Behandlung mit bestimmten Reagenzien deutlich wahrnehmbar gemacht werden können. In Glyzerin gelegte Schnitte zeigen die polyedrischen Zellen mit Fettkristallbüscheln und Stärkekörnern angefüllt (Fig. 278 C). Das schönste und klarste Bild erhält man 2), wenn man einen Schnitt in Chloroform legt, anwärmt, hierauf in starken Alkohol bringt, dann in Wasser mit einer Spur von Jodjodkaliumlösung färbt, schließlich alle Flüssigkeit absaugt, in Glyzerin einlegt und schwach erwärmt. Es ist alles Fett entfernt, die dünnen Zellwände sind blaßgelb gefärbt, an dieselben lagert sich feinstkörniges Plasma an, das auch durch das ganze Zellumen ein sehr zartes und zierliches Netz mit meist sechsseitigen Maschen bildet (Fig. 278jB). Ein- gelagert sind in demselben (durch Jod gebläute) größtenteils einfache, selten komponierte Stärkekörner und außerdem findet sich in jeder \) Tschirch-Oesterle, Anat. Atlas, Schlußheft, Zusätze und Berichtigungen sub Kakao. 2) Hanausek, Beiträge zur Histochemie der Kakaosamen. Apoth.-Ztg. (Berlin), 1894, Nr. 15, p. 145. 774 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Kristalloid einschließt. Durch Kali wird das Aleuronkorn bzw. das Kristalloid dunkelbraun i) (Fig. 278 J.,«^]. Die in weit geringerer, aber nach den Kakaosorten in verschiedener Anzahl im Gewebe vorkommenden Pigmentzellen haben Veranlassung zu einer noch nicht gelösten Streitfrage gegeben. In der (trockenen) Handelsware sind sie durch ihre Färbung zu erkennen ; sie liegen häufig einzeln und regellos zerstreut oder in Reihen zu 3 — 4 Zellen vereinigt 2) und enthalten meistens — aber nicht immer, denn hier und da ist eine Pigmentzelle leer — eine gelbbräunliche, rotbraune oder violette, teils körnige, teils homogene Masse, die in Ammoniak blau, in Eisenchlorid fast schwarzblau sich löst; in Ätzkali ist ein Farbenwechsel zu beobach- ten, indem die durch dieses Rea- gens bewirkte Färbung zuerst eine Fig. 278. Vergr. 3ö0. Aus dem Gewebe der Kakaobohne. A Partie eines Quersctnittes durch ein Keimblatt mit Epidermis ep und Trichom d, in Kali gekocht, c Kutiknla, al Kristalloid, / Fettsäure- nadeln. £ Ein ebensolches Stück entfettet (s. Text, p. 773). p Plasmauetz. C Kotyledonarzellen (Fett- stärkezellen) aus reifen, frischen Samen in Glyzerin, am Stärkekörner, / Fottsäurenadeln. rein blaue ist, aber rasch durch Grün in Gelb übergeht, so daß die Endreaktion immer mit Gelb abschließt. Die Pigmentreaktionen (mit Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Silbernitrat usw.) wurden auch zur Unterscheidung von Kakaostandardmustern 3) herbeigezogen, sind aber nach den genauen Untersuchungen von Hartwich'*) hierzu nicht 1) Die Asche der Kakaobohne erhält durch diese >Globoide« nach Molisch ein äußerst charakteristisches Aussehen; sie ist von zahllosen farblosen, grauen und schwarzen Kügelchen durchsetzt. 2) Hartwich hat bei Ceylon, Bahia, Caracas und Porto Cabello die Pigment- zellen niemals in Reihen auftreten sehen. 3) PaulZipperer, Untersuchungen über Kakao und dessen Präparate. Preis- gekrönte Schrift. Hamburg und Leipzig ISS?, p. 58—61. 4) Über die Pigmentzellen des Kakaosamens. Arch. d. Pharmazie, 1887, 25. Bd., Hft. 21. — Beckurts und Hartwich, Beitr. zur ehem. und pharmakogn. Kenntnis des Kakao. 1. c, 1893, p. 589. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 775 geeignet; ebensowenig läßt sich die Grüße der Stärkekürner, die von 3 — 9 j(t schwankt, zur Unterscheidung sicher anwenden. Die eigentliche, oben berührte Streitfrage dreht sich um das erste Auftreten des Pig- mentes. Nach älteren Angaben von Mitscherlich, Berg, Luerssen sind die frischen Kakaosamen im Innern farblos bzw. weiß und ent- wickeln erst während des Trocknens das Pigment. Tichomirow^) hingegen, der in der Lage war, auf Ceylon und Java frische, reife Kakaosamen vom Baume weg zu untersuchen, hat gefunden, daß sie stets von gelb-rot-violetter Färbung waren; aber auch verhältnismäßig sehr junge Samen zeigten schon gefärbte Zellen. Auch P. Keutmann bestätigt diese Angaben. Nach Öffnung einer frischen Frucht besaßen die Samen (nach Entfernung des weißen Muses) eine hellbräunliche fast weiße Oberfläche, der Kern war dagegen außen violett bis auf das weiße Würzelchen, im Innern hellbräunlich.; die untersten Samen als die reifsten erscheinen schon mehr braun. Gegen die Richtigkeit dieser an Ort und Stelle gemachten Beobachtungen läßt sich nichts einwenden, wohl aber muß bemerkt werden, daß Tschirch^) und der Autor^) konservierte, reife Samen untersuchten, die noch farblos waren. Es scheinen dem- nach Kakaosorten vorzukommen, die in bezug auf das Eintreten der Pigmentbildung sich verschieden verhalten. Tichomirow hat auch die interessante Erscheinung beobachtet, daß das Fett in flüssigem Zustande in den Kotyledonarzellen der frischen Samen enthalten ist; vielleicht hängt dies mit den Temperaturverhältnissen des tropischen Klimas zu- sammen. Aus den Kakaobohnen ist das Alkaloid Theobromin (C7H8N4O2) in einer wechselnden Menge von 0,88 — 2,34 Proz., ferner etwas Coffein (0,05 — 0,36 Proz.) und Asparagin (0,2 Proz.) dargestellt worden*). Hilger^) und Wilhelm Lazarus <*) geben an, daß Kakao ein Glykosid enthält, das durch die Einwirkung eines Fermentes oder durch Kochen in Wasser und Säuren in die (nebst dem Fett) wichtigsten Inhaltskörper der Samen zerfällt: in Theobromin, Coffein, Dextrose und Kakaorot. Das Theobromin läßt sich nach der Methode von Molisch^) mit Salzsäure i] Pharmazeut. Zeitschr. f. Rußland, 1892, XXXI, Nr. 18, p. 273—375. 2) Tschirch-Oesterle, Anat. Atlas, p. 23. 3) Beiträge zur Histochemie usw., p. 3 — 4 d. Separat. 4) Über die quantitative Bestimmung der Xanthinbasen im Kakao s. J. Decker, Über einige Bestandteile des Kakao und ihre Bestimmung. Amsterdam 1902. Da- selbst auch eine Zusammenstellung der Literatur über Kakao von 1836 bis 1902. 5) Zur ehem. Gharakt. der Coffein und Theobromin enthaltenden Nahrungs- und Genußmittel. Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspflege, 25, p. 559—562; Apoth.-Ztg., 1892, VII, p. 469. 6) Das Glykosid der Kakaosamen. Düsseldorf 1893. 7) Grundriß einer Histochemie der pflanzlichen Genußmittel, 1891, p. 23. 776 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. und Goldchlorid nachweisen, wobei baumartige Kristallbildungen ent- stehen. Auch die Schalen, die als Kakaotee und zur Verfälschung von Gewürzpulvern Verwendung finden, enthalten bis 1 Proz, Theobromini). Der technisch wertvollste Inhaltskürper ist das Kakao fett (s. Kakao- butter, I, p. 662). Der Gehalt an Stärke beträgt nach Mitscherlich iO — H Proz., nach A. v. Vogl 8,9 Proz. — Die Hauptverwendung der Kakaosamen ist die zu den verschiedenen Kakaopräparaten, insbesondere zu der Schokolade, die als Genuß- und Nahrungsmittel eine hervor- ragende Bedeutung erlangt hat. 15. Sesam. Der Sesam des Handels besteht aus den Samen von Sesamum indi- cum DC. Die vieltausendjährige, im Papyrus Ebers schon erwähnte und den Völkern des klassischen Altertums wohlbekannte Kultur 2) dieser höchst wertvollen Ölpflanze hat die Bildung zahlloser Abarten und Rassen zur Folge gehabt, die sich hauptsächlich durch die Farbe der Samen und durch die verschiedene Beschaffenheit des Blattrandes charak- terisieren. Linne hatte ursprünglich die Pflanze mit lichten (weißen oder gelben) Samen als Sesamum indicum von der mit dunklen (roten, braunen oder schwarzen) Samen, die er Sesamum Orientale nannte, unterschieden. De Gandolle vereinigte die beiden Linn eschen Arten zu seinem Sesamum indicum und gliederte dieses in drei Hauptformen 3): a) grandi- dentatum, = Ses. indicum- L., ß) suhdentatum = Ses. indicum Sitns und y) subindivisum = Ses. Orientale L.^). Am reichsten an Spielarten -1) Die Existenz eines Glykosids im Kakao erscheint nach neuesten Untersuchungen sehr zweifelhaft, da eine andere, wie es scheint, nicht glykosidisclie Muttersubstanz des Theobromins aufgefunden wurde. Nach L. Reutter erhält man aus frischen, mit überhitztem Wasserdampf behandelten' hierauf entölten und gepulverten Kakao- samen durch Extraktion mit heißem, verdünntem Methylalkohol eine violettrote Lösung, die bei freiwilliger Kristallisation mikroskopische Kristalle abscheidet. Diese Kristalle stellen einen neuen Kakaobestandteil, das Kakaorin (GieHoßOeNg) dar, das bei der Hydrolyse Theobromin und einen bräunlichroten Niederschlag in einer violett- roten Flüssigkeit liefert. Aus letzterer scheidet sich Kakaorot (C40H611O27N) ab*). 2) Stapf in Engler-Prantl , Pflanzenfamilien, 4. Tl., Illb, p. 262. — Wie Schweinfurth {Englers Bot. Jahrb., 1880, VIII, \, p. -Iff.) berichtet, hat Schiapa- relli in den Gräbern von Dra-Abu'n-Begga in Ägypten Reste von 40 Pflanzen ge- funden, unter welchen auch Kapseln von Sesam ohne Samen, aber mit Stengeln, an denen Spuren des Dreschens zu sehen waren, sich vorfanden. Er bemerkt aber hierzu, daß diese Pflanzen erst in neuerer Zeit in die Höhlen dieser uralten Gräber gebracht worden sein dürften. 3) Prodromus syst, nat., pars IX, p. 250. 4) Stapf, 1. c, bezeichnet die Gesamtart wieder mit Sesamum indicum L. ") Compt. rendus 156, p. 1842if. nach Apotli.-Ztg., (Berlin) 1913, p. 579. Einundzwanzigster Aljschnitt. Samen. 777 ist wohl das indische Kulturgebiet, wo die weiße indische, in Scinde gebaute Sesamsaat, Suffe t-til (Safed-til) genannt, wegen der aus- gezeichneten Beschaffenheit ihres Öles als die hervorragendste gilt, während die schwarze indische, unter dem Namen Tille e bekannt, wegen des größten Ölreichtums am meisten der Kultur gewürdigt wird. Auch die rotsamige Saat — Kala-til — wird viel gebaut. Da die schwarzen Samen ein dunkelfarbiges und daher weniger brauchbares Öl ergeben, so werden sie vor dem Auspressen in Wasser gekocht, bis der grüßte Teil des Farbstoffes entfernt ist, und hierauf getrocknet i). Außer den Samen von Sesamum indicum kommt gegenwärtig aus Afrika ein Sesam auf den Markt, der von einer daselbst einheimischen Art, von Sesamum radiatum Schum. et Thonn. (Sesamum occidentale Heer et Regele Ses. foetidum Afxel.) abstammt und nicht selten auch unter der gewöhnlichen Ware beigemischt gefunden wird. Bei den Suaheli heißt er »ufuta muita«, s. v. w. »wilder Sesam«. Doch ist die merkantile Bedeutung dieser Samensorte einstweilen noch eine geringe. Eine dritte Art, Sesamum angustifoUum (OUv.J Engl., ist in Deutsch- Ostafrika und in Sansibar einheimisch, durch kleinere Samen gekenn- zeichnet, die aber auch eine brauchbare Ölsaat liefern. Wie von den meisten Kulturpflanzen der alten Welt, so ist auch von Sesamum indicum die ursprüngliche Heimat nicht sicher ermittelt. Nach A. de Gandolle^) stammt der Sesam von den Sundainseln her und ist vor 2000 oder 3000 Jahren nach Indien und in die Euphrat- region eingeführt worden, von wo er nach Ägypten kam. Watt hält Behar und das nordwestliche Himalajagebiet für die Heimat des Sesams, Aschers on nimmt Afrika als diese an 3), Tatsächlich sind von den 1 2 Arten der Gattung Sesamum 1 0 in Afrika autochthon. Sesamum, indicum wird im ganzen Tropengürtel, in China und Japan und in den Mediterranländern angebaut. In Indien und auf Java, wo die Kultur uralt ist*), muß die Ausdehnung der Kulturflächen des Sesams eine ungeheure sein, denn Vorderindien allein lieferte vor etwa 20 Jahren 60 Mill. Kilogramm Samen für den Export nach Marseille, und in der Präsidentschaft Madras sind 400000 ha diesem Anbau ge- widmet ^j. Das Gesamtareal der Sesamkultur in Indien betrug '19M/'12 \) Semler, Die tropische Agrikultur. II, \. Aufl., 1887, p. 482. 2) Der Ursprung der Kulturpflanzen. Internat, wissensch. Bibliothek, 64. Bd., Leipzig 1884; übersetzt von E. Goeze. 3) Angeführt nach Sadebeck, Die Kulturgewächse der deutschen Kolonien und ihre Erzeugnisse. Jena 1899, p. 241. Vgl. auch Harms in Engler, Pflanzenwelt Ostafrikas, Berlin 1895, und Tschirch, Handbuch d. Pharmakognosie, 11, p. 574. 4) Miquel, Flora Nederl. Indie, II, p. 760. 5) Semler, 1. c, p. 478. 778 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 4,164 700 Acres (ungefähr 1,6 Mill. Hektar), die Gesamternte 311,3 Mill. Kilogramm 1), Dabei ist aber noch zu berücksichtigen, daß der Sesam die tägliche Nahrung in Form von Mehl und Öl und selbst als Ölkuchen für die große Mehrzahl der indischen Bevölkerung bildet und daß außer- dem das Öl noch zu vielen gewerblichen Zwecken und zur Beleuchtung daselbst Verwendung findet. Ebenso produziert Hinterindien, hauptsäch- lich Tonkin2) und Slam, gewaltige Mengen, wovon auch mehrere Millionen Kilogramm zur Ausfuhr gelangen. Für China und Japan ist der Sesam eine höchst wichtige Kulturpflanze und der Eigenbedarf ist so groß, daß der Export ganz ohne Belang ist. Das Mediterrangebiet, das Sesamkulturen enthält, umfaßt Kleinasien, Griechenland (Livadien, Boeotien, Messenien)^), Ägypten und Algier. Sehr bemerkenswert ist der Anbau in Syrien und Palästina*), wo die beste, das feinste Öl liefernde Sorte gedeiht. Nach Ruppin^) wird Sesam in Syrien »bei Homs und Hama, in der Küstenzone bei Lattakie und zwischen Haifa und Gaza sowie in der Esdrelonebene und in der Sarona- ebene als Sommerfrucht angebaut«. Die beiden letztgenannten Ebenen liefern die besten Sorten. In Palästina und in Ägypten bildet der Sesam nicht nur ein Nahrungsmittel, sondern auch eine Art Gewürz, »Nur ein geringer Bruchteil der vorderasiatischen Produktion«, schreibt Semler (1. c, p. 479), »gelangt zur Ausfuhr, weil der laeimische Ver- brauch nicht mehr übrig läßt. Verhältnismäßig ist hier der Verbrauch an Sesammehl vielleicht am stärksten; dasselbe dient zur Bereitung mancher täglicher Gerichte, außerdem zu der berühmten Fastenspeise Chalba [xaXßäg), einer Art Kuchen, die aus feinem Sesammehl mit Honig, zuweilen außerdem mit Zitronat, bereitet wird. Sowohl in Vorderasien wie in Ägypten würzt man Brot und Kuchen mit Sesamsamen in der Weise, wie wir es mit Kümmel und Mohn tun. Aus dem grobgestoßenen Samen wird eine nahrhafte Suppe bereitet, die auch Europäern zu munden pflegt. Für diese beiden Länder ist der Sesamsamen mehr eine Brot- ais eine Ölfrucht.« Die gesamte amerikanische Produktion von Sesam dürfte nicht ein- mal den ei'genen Bedarf decken. In Südamerika produzieren Brasilien i) Tropenpflanzer 1912. Die Sesamausfuhr Indiens war während des Krieges sehr wechselnd : 1914/15 46700, 1915/16 13 700, 1916/17 84200, 1917/18 16200 und 1918/19 nur 2 400 Tonnen (Tropenpflanzer 1919, p. 344.) 2) Aus allen Weltteilen, XVI, 1885, p. 274. 3) Heldreich, Die Nutzpflanzen Griechenlands, p. 57. 4) V. Klinggräff, Palästina und seine Vegetation. Ost. Bot. Ztg., XXX, 1880. 5) A. Ruppin, Syrien als Wirtschaftsgebiet. Beihefte zum Tropenpflanzer 1916, XVI, Nr. 3/5, p. 217. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 779 und Venezuela diese wertvolle Ölsaat. In Venezuela i), wo der Sesam Ajonjoli (nach dem arabischen aldjol-djolan) heißt, wird aus dem Sesam das Ül und ein Getränk bereitet, welches Garoto de Ajonjoli genannt wird. (Garoto = ungegorenes Getränk). In den Südstaaten Nord- amerikas 2), sowie auf einzelnen westindischen Inseln scheint der Anbau des Sesams in Aufschwung zu kommen. Sehr wichtige und immer größere Bedeutung erlangende Anbau- gebiete des Sesams stellen die Länder an der Ost- und Westküste Afrikas dar. Die französischen Kolonien an der Westküste führen reichlich Sesam, aus, von Lagos kommen 750 000 kg nach Marseille. Das ehemals deutsche Togogebiet kultiviert einen Sesam von sehr bedeutendem Ölgehalte^) und die Kolonialregierung machte energische Anstrengungen, den Anbau zu fördern. Nach Warburg"*) werden im Innern von Togo und bei Kete kratje beide Sesamarten, S. indicum und radiatum, angebaut. In Ostafrika sind Sansibar und Mozambique als Exportländer zu bezeichnen. Die Kulturen auf Sansibar liefern helle und dunkle Samen; die hellen kommen südlich von Sansibar, Ugao und Kiloa, die dunklen aus den Küstengebieten nördlich von Sansibar''). Im Handel kommen vorwiegend indischer und Levantiner Sesam vor. Der Levantiner Kurrachee und Sansibar-Sesam ist gelblich-weiß, der ägyptische und Smyrna-Sesam braun, der indische meist schwarz, nur der Bombay-Sesam zeigt ein Gemisch von weißen und grauen Samen. (Tschirch). Die Frucht von Sesamum indicum (Fig. 279 J.) ist eine oblonge, stumpf vierkantige, kurz bespitzte, zweiklappige, vierfächerige, etwa 2 cm lange und 5 mm dicke Kapsel, die in jedem Fache eine Reihe Samen enthält. Die Samen (Fig. 2795) sind weißlich, hellgelb, bräunlich, röt- lich bis schwarz, eiförmig, stark plattgedrückt, im Mittel 3 mm lang, 2 mm breit und 1 mm dick, matt, unter der Lupe sehr feinkörnig, auf einer der beiden Breitflächen mit einer kaum hervorragenden, geraden, die Fläche der Länge nach halbierenden Linie (ähnlich einer Raphe), an dem Rande einer jeden der beiden Breitflächen mit einer zarten Leiste versehen, die vom Nabel rund um die Breitfläche zieht und auf der stärker abgeplatteten Seite stärker ausgeprägt ist. Man findet aber auch Samen, die nur eine Randleiste haben, wobei die leistenfreie Breitfläche 1) A. Ernst, Die Beteiligung der Vereinigten Staaten von Venezuela a. d. Wiener Welt-Ausstellung 1873. Caracas 1873, p. 33. 2) Vgl. offiz. österr. Ausstellungsber., 1867, V, p. 341. 3) Thoms in Tropenpflanzer, II, 1898, Nr. 2. 4) Warburg, Sesamkultur in unseren Kolonien. Tropenpflanzer, II, 1898, Nr. 1, p. 31. 5) Sadebeck, Die tropischen Nutzpflanzen Ostafrikas. Hamburg 1891, p. 20. 780 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. nicht eben, sondern gewölbt ist. Diese Samen sind die obersten oder untersten einer Reihe des Kapselfaches, und daraus ergibt sich, daß die Abplattung und die Leistenbildung ursprünglich das Produkt des gegenseitigen Druckes der Samen sind. Auch in der Handelsware findet man noch häufig zwei oder drei zusammenhängende Samen, wie sie in dem Kapselfache aneinandergereiht waren, nebenbei bemerkt, für die Erzeugung von Querschnitten der Samenschale äußerst bequeme und erwünschte Objekte. Der Nabel liegt an dem spitzen Ende und ist eine teils heller, teils dunkler gefärbte, schwach wulstige Erhabenheit. Von ihm aus zieht die oben erwähnte gerade Linie über das breite Feld des Samens. Der Samendurchschnitt (Fig. 279 C) zeigt eine sehr dünne Schale, darunter ein feines, farbloses Häutchen, das nach seinem Bau einem Keimnährgewebe (Endosperm) ent- spricht, und den großen, geraden, mit zwei flachen Kotyledonen versehenen Keim. Dieser verrät seinen Ülreichtum schon dadurch, daß sich die Schnitt- fläche nach einem leisen Drucke sofort mit einem Tropfen fetten Öles be- deckt. Die mikroskopische Untersuchung') der Samenschale zeigt, daß dieselbe zwar einen sehr einfachen Bau besitzt. Fig. 279. A Nat. Gröne., B—I) Lnpeubilder. A Offene Kapsel von Scsamnm indicum, £Sanie von 8. indicttiii, C derselbe im Längssclmitt, D Same von Sesamuiu radiahtiu. Art des Vorkommens von Kalzium- oxalat ausgezeichnet ist. Diese bietet auch ein vollkommen sicheres und absolut verläßliches diagnostisches Merkmal zur Erkennung von Sesam- mehl und Sesamkuchen. Die äußere Schicht, der wesentUche Teil der Samenschale, Oberhaut und Kristall- bzw. Pigmentbehälter zugleich, besteht aus (in allen Teilen) dünnwandigen Pali- sadenzellen, die im Querschnitt (Fig. 280 i) eine rechteckige Kontur besitzen und an der freien Außenfläche fast kugelig gewölbt sind. Die Zellen sind am trockenen Samen zusammengeschrumpft, die dünnen Radialwände vielfach zerknittert und ge- 1) Flückiger, Zur Kenntnis des Sesamsamens. Schweizerische Wochenschrift für Pharmazie, -1865, Nr. 37, p. 282 ff. — Harz, Landwirtschaftliche Samenkunde, 1885, II, p. 960. — Benecke, Anleitung zur mikroskopischen Untersuchung der Kraftfuttermittel. Berhn 1886, p. 57. — Idem, Die verschiedenen Sesamarten und -kuchen des Handels. Pharmazeut. Zentralhalle, VIII, 1887, Nr. 44, p. 545 ff. — A. Hebebrand, Über den Sesam. Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen, 1899, 51, p. 4öff. — Winton, The Anatomy of certain Oil Seeds etc. Conn. Agr, Exp. Stat. Rep. 1903, p. 175. — Moeller, Mikroskopie, 2. Aufl., p. 323. — Tschirch, Handbuch, IT, p. 575. Einundzwanziffster Abschnitt Samen. 781 faltet; nach Einwirkung von Wasser, Kali usw. strecken sie sich auswärts, zeigen aber noch häufig eine leichte, wellenförmige Krümmung. Diese Zellen sind in allen ihi"en Teilen gänzlich unverholzt. In der Fläche präsentieren sie sich als dünnwan- dige, scharfkantige Polygone mit fünf bis sechs, selten mit mehr Seiten. Als Inhalt führt jede Zelle eine große, rundhche, 13 bis 33, höchst selten sogar bis 49 fi, im Fig. 280. Vergr. 350. Stsamnm tndicnm, weißer Same. Partie eines Querschnittes in der Leisten- gegend, sa Samenscliale: 1 Palisadenschicht, AVKalziumoxalatdrusen, l Leiste, 2 einreihiges Parenchym, 3 obliteriertes Gewebe (in Chlorzinkjod gelb). — e« Endosperm: ve stark verdickte Außenmembran der ersten Zellreihe, der dicke Strich die gut entwickelte Kutikula. — Ko Keimblatt: ep Epidermis der Außen-, ep' solche der Innenseite, pa Palisadenparenchym, r typisches Parenchym. Durchmesser haltende, an der Oberfläche mit verschieden orientierten Linien gezeich- nete Kalziumoxalatmasse (Fig. ^80 Kr), die gewöhnlich als eine Druse bezeichnet wird; von den bekannten, mit spitzen Emergenzen versehenen, morgensternähnlichen Kristall- drusen weicht diese Kristallkonkretion sehr auffällig ab und an geeigneten Bruch- stücken läßt sich ein strahliger Bau beobachten. Besonders bemerkenswert erscheint nun, daß jede Kristallmasse dem freien, kugehg gewölbten Außenrande der Zelle fest 782 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. anliegt und somit eine ganz bestimmte Lokalisation zeigt. Bei S. radiatum ist die Kristalldruse gerade am entgegengesetzten Ende der Zelle gelagert. An gut gelun- genen, mit Chlorzinkjod behandelten Schnitten zeigt sich hier und da eine sehr zarte Querfalte, die sich an das Kugelkonkrement anschließt; es ist daher wahrscheinlich, daß letzteres in einer Membrantasche eingebettet ist, die aber in den seltensten Fällen zur Beobachtung gelangt. Nicht minder charakteristisch erscheint das Flächenbild der Palisadenschicht mit den runden, plastisch hervortretenden Oxalatmassen. Diese sind auch die Ursache der unter der Lupe wahrnehmbaren feinstkörnigen BeschaCfen- heit der Schalenoberfläche. In den dunkel gefärbten Schalen sind außerdem noch schwarze Pigmentkörper in so reicher Menge enthalten, daß sie das Lumen der Zelle fast gänzlich ausfüllen. Die Zusammensetzung der Leiste, die zuerst von Beneckei) aufgeklärt worden ist, bestätigt die oben angegebene Druckwirkung als Ursache der Leistenbildung. Die die Leiste zusammensetzenden Zellen (Fig. 280 Z) sind empor- gehoben und > stehen nicht parallel nebeneinander, sondern sie sind angeordnet, wie bei einer Feder die Fahne an dem Kiel« (Benecke). Die Außenwände sind stärker kutikularisiert als an den übrigen Palisaden, die Kristalldrusen fehlen fast durchweg oder sind nur von einzelnen Kristallplättchen vertreten; in der Flächenansicht sind die Zellen schmal rechteckig bzw. im Sinne der Leistenrichtung gestreckt. Aus der Fig. 280/ ist deutlich zu ersehen, daß die Oberhaut in der Leiste eine Falte bildet, wobei die Basisteile der Zellen so aneinander zu liegen kommen, daß dadurch der >Kiel der Feder < erzeugt wird. Die zweite Schicht der Samenhaut (Fig. 2805) erscheint im Querschnitt so zu- sammengepreßt, daß sie keine deutlichen Zellkonturen erkennen läßt. Erst nach Be- handlung mit Chlorzinkjod, nachdem vorher durch heiße Kalilauge Aufhellung und Quellung bewerkstelligt worden ist, kann man eine Reihe dünnwandiger, in der Tan- gente gestreckter, radial kurzwandiger, durch das Reagens tiefviolett gefärbter, also nur aus Zellulose bestehender Zellen beobachten. Noch klarer wird diese Schicht an Flächenpräparaten, die man von vorher eingeweichten Samen durch vorsichtiges Ab- schaben der Innenseite der Samenschale erhält. Wir finden nun ziemhch große, blasenförraige, faltige, sehr dünnwandige, ziemlich unregelmäßige Parenchymzellen, deren geringfügiger Inhalt nur aus einzelnen Kristallplättchen oder Büscheln von Kristallstäbchen und Nadeln des Kalziumoxalates besteht. Nach Harz 2) ist diese Schicht, wie aus seiner Abbildung zu ersehen, aus mehreren Zellreihen zusammen- gesetzt. Derselbe Autor findet ferner unter dieser Schicht, unmittelbar vor dem Endosperm ein »sehr feines Häutchen, das hin und wieder selbst % — 3 schmale, hinter- einanderliegende Spalten erkennen läßt, gallertiges, glänzendes Aussehen besitzt«, welches Häutchen er als Rest des Nucellus deutet 3). Diese Beobachtung ist ganz zutreffend. Um aber dieses »Häutchen« in klarer Weise zur Anschauung bringen zu können, muß der Querschnitt einer sehr sorgsamen Präparation unterworfen werden. Da an demselben immer Partien des fettreichen Kernes haften, muß er zuvor mit Äther und Alkohol entfettet werden; hierauf legt man ihn in Kalilauge, erhitzt, wäscht mit Wasser gut aus, saugt dieses mit Fließpapier ab und bringt nun Chlorzinkjod hinzu. Nun zeigen sich die Palisadenschicht (Fig. 280 2) und die Parenchymlage (2) schön violett; an der Innenseite der letzteren liegt ein hellgelber, glänzender Streifen, das von Harz angeführte »Häutchen«; an diesem wieder ein auffallend gelbbrauner Streifen, der die Kutikula der äußersten Zellreihe des Endosperms darstellt. Die Farbenunter- 1) Pharmaz. Zentralhalle, 1887, p.548. 2) Landwirtsch. Samenkunde, II, Fig. 82, IX, i. 3) 1. c, p. 961. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 783 schiede dieser beiden Streifen sind so auffällig, daß die letzteren aufs schärfste von- einander unterschieden werden können. Da das Häutchen (Fig. 280 5) von Chlorzinkjod nicht gebläut wird, demnach keine Zellulosereaktion zeigt, so ist es entweder ver- holzt oder verkorkt; die Reaktionen auf Lignin sind nicht leicht zu beobachten. "Was diese Schicht nun darstellt, ist ohne Kenntnis der Entwicklungsgeschichte nicht zu entscheiden. Gegen die Deutung als Nucellusrest, wie Harz vermutet, spricht die Abwesenheit von Zellulosemembranen, eher könnte sie mit einer Innenepidermis der Samenschale, die dann dreischichtig wäre, verglichen werden. In der Flächenansicht findet man nur unregelmäßig verlaufende Strichelchen und keine zellulären Konturen. Die auf einer der Breitflächen der Samenschale oberflächlich verlaufende gerade Linie rührt von einem strangartigen Gewebezuge her, der unter der Palisadenschicht in dem Parenchym (2) liegt und aus ganz undeutlichen, sehr schmalen, dunkler ge- färbten Zellen besteht, jedoch keine Gefäße besitzt. Gefäße sind überhaupt in der Schale nicht aufzufinden. Der Samen kern besteht, wie schon bemerkt, aus einem schmalen, farblosen Keimnährgewebe (Endosperm) und dem Keim. Das erstere setzt sich aus drei (selten vier) Reihen großer, polyedrischer Par- enchymzellen zusammen (Fig. 280 e;?,), die voll- ständig mit Fett und Aleuron erfüllt sind. Die äußerste an die Samenschale grenzende Zell- reihe besitzt eine außerordentlich mächtig ver- JJ dickte Außenmembran (Fig. 280 t'e), die einen Fig.28i. vergr.eoo. Sesamnm ,. , ... , n 1 1 r^, -n i "1 j i indicum. Eine Zelle aus dem dicken, glanzenden, farblosen Streifen bildet, Endosperm in Terpentinöl mit nach Behandlung mit Ghlorzinkjod tiefviolett er- den Aleuronkömem nnd deren ,., ,. -1. 1.. OL.-U Einschlüssen, k Kristalloide, scheint und eine ausgezeichnete, schone Schieb- ^^ Gioboide. tung zeigt; eine dicke (in Ghlorzinkjod gelb- braune) Kutikula überragt dieselbe. An dem Ghlorzinkjodpräparate kann man bemerken, daß die Zellwände zahlreiche einfache, verschieden große Tüpfel besitzen. Die Keimblätter sind nach dem bifazialen Typus ge- baut, besitzen eine kleinzellige Epidermis (Fig. 280 ep und ep% an den Innen-(Ober-)Seiten, an welchen sich die beiden Keimblätter berühren, ein hohes Palisaden-, im übrigen ein typisches Parenchym mit rundlich- polyedrischen, sehr dünnwandigen Zellen. Die Zellwände werden von Ghlorzinkjod ohne weitere Vorbehandlung nicht violett gefärbt; erst nach Entfettung und Kochen in Kali tritt die Zellulosereaktion ein. Jedes Keim- blatt ist von drei bis fünf sehr zarten Prokambiumsträngen durchzogen. Endosperm und Keimblätter bilden ein Reservoir für eine be- deutende Menge Fett und Aleuron. Die Aleuronkörner werden am besten in Terpentinöl zur Anschauung gebracht. Sie sind rundlich oder eirund, farblos, bis 1 0 ^l groß und schließen entweder ein Kristalloid (mit quadratischer Grundfläche) oder ein rundliches Globoid ein, das an einem Pole des Kernes sitzt (Fig. 281 k und gl.). 784 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. Der Same von Sesamum radiatwn (Fig. 279 D) gleicht in Gestalt und Grüße dem von 8. indicwn, nur sind die Leisten in der Regel stärker ausgeprägt i) und die Oberfläche der Breitseiten zeigt zahlreiche von den Leisten beginnende, radial laufende Runzeln oder Falten, die entweder wieder verstreichen oder bei besonders guter Ausbildung sich in der Mitte (der Breitfläche) zu einem Netz vereinigen. Nach den Mustern, die dem Autor vorgelegen haben, sind die angegebenen Kennzeichen nicht immer ausreichend, um die Radiatuin-Samen sicher zu diagnosti- zieren; denn mitunter sind die Leisten nicht stärker als bei S. indicum und auch die Runzeln nur sehr schwach angedeutet. Das sicherste Merkmal bietet, wie wir sehen werden, die Palisadenschicht. Die Samen- schale ist meist grünhchbraun oder schwarz, weiße Sorten scheinen seltener zu sein. Abgesehen von der Palisadenschicht, ist in keinem Teile des Ra- Fig. 282. Vergr. 350. Sesamum radiaUim, grünlichbrauner Same. Partie eines Querschnittes durch die Samenschale. Bezeichnung wie in Fig. 2S0. zustellen. Die Palisadenschicht aber ist allerdings so charakteristisch ausgebildet, daß selbst der geringste Zusatz dieses Samens zum gemeinen Sesammehl oder -kuchen sofort erkannt werden kann. Im allgemeinen ist die Form der Zellen die gleiche: senkrecht zur Oberfläche der Schale stehende sechsseitig-prismatische Zellen; aber diese Zellen sind in ihrem Fußteile etwa bis zu einem Drittel ihrer Hübe stark und in der Weise sklerosiert, daß die gemeinsame Membran zweier aneinanderstoßender Zellen in diesem Teile breit spindelförmig im Querschnitt erscheint (Fig. 282) oder, wenn das verdickte Stück sehr kurz ist, einem stumpfen Kegel gleicht. Von der Spitze dieses gelbgefärbten und stark verholzten Membranteiles setzt sich die Zellwand im unverholzten und nicht ver- dickten Zustande — im Querschnitt der Schale einem Faden gleichend — nach aufwärts fort; es ist also der ganze übrige Teil der Zellmembran aus Zellulose gebaut. Die freie Außenfläche wird von einer ziemHch 1) Daher gehört Ses. radiatum zur 2. Sektion [Sesamopteris] der Gattung Sesa- mum: »Die Samen ringsum oder an den Enden schmal flügelartig berandet und meist radial gestreift«. Stapf, 1. c, p. 262. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 785 starken Kutikula gedeckt. Diesem Bau der Palisadenzelle entsprechend, muß die Flächenansicht je nach der Höhe der Einstellung verschiedene Bilder ergeben: bei der höchsten Einstellung dünnwandige Polygone, bei niederer eine dicke, gelb gefärbte, geschichtete Zellmembran mit einem runden, nach unten sich wieder erweiternden Lumen. Die Miltellamelle ist in dem sklerosierten Membranteil gut zu beobachten. Ist schon durch diese teilweise Sklerosierung der Palisadenzellen ein diagnostisch wertvolles und zur Unterscheidung der beiden Samen- arten sehr brauchbares Merkmal geschaffen, so geschieht dies nicht minder durch die entgegengesetzte Lagerung der Kalziumoxalatdrusen; diese, von gleichem Bau und annähernd derselben Grüße wie bei S. mdi- cum, befinden sich in dem sklerosierten Fußteile der Zelle, das Lumen daselbst vollständig ausfüllend. Der übrige von der Zellulosemembran umkleidete Teil des Zellumens ist bei weißen Samen leer, bei schwarzen dicht mit dem Pigment erfüllt; hier und da lassen sich in dem oberen Zellraume einzelne Kristallplättchen beobachten. Es wird daher begreif- lich sein müssen, warum man an Flächenstücken der Schale von schwarzen RadiatmnSo.mQxv keine Oxalatdrusen, sondern eine schwarze, undurchsichtige Masse (von oben) wahrnimmt und erst nach Kochen im Wasser die Drusen hervortreten sieht i). Der schwarze Farbstoff löst sich in heißem Kali mit grünlichblauschwarzer Farbe. Wird ein Querschnitt des Kernes mit Salzsäure und alkoholischer FurfuroUösung behandelt, so werden Embryo- und Keimblättergewebe schön rosenrot; die (modifizierte) Baudouinsche Reaktion läßt sich da- her auch mikrochemisch ausführen. Sesam enthält nach den Analysen von Dietrich und Künig2) im Mittel in Prozenten: Wasser Protein Fett N-freie ExtraktivstofTe Rohfaser Asche 5,50 20,30 45,60 14,98 7,15 6,47 Der ülgehalt ist je nach der Sorte verschieden; Hebebrand (1. c, p. 52) fand für weißen ostindischen 52,75, für schwarzen ostindischen -1) Be necke (Anleitung usw., p. 57) unterschied Sesam kuchen aus doppel- hülsiger Saat und gewöhnlichen Sesamkuchen und meinte, daß beide von S. indicum herrührten, bei ersteren aber noch die Hüllen (Fruchthüllcn?) vorhanden seien. In einer später erschienenen Abhandlung über den Sesam (Pharmazeut. Zen- tralhalle, 4 887, p. 546) gibt der Verfasser an, daß der erstgenannte Kuchen von S. ra- diatum stamme, und er bezeichnet ihn nun als dickschaligen Sesam kuchen. Zu demselben Resultat kommt auch Hebebrand (1899, 1. c, p. 63), dem aber die (schon 1887 veröffentlichte) Selbstkorrektur Beneckes entgangen war. — Die Sklerose der Palisaden hat Benecke (1. c, Fig. 10) wohl richtig erkannt, er sah aber nicht, daß die Zellwand in nichtsklerosierlem Zustande sich fortsetzt und daß die Kristall- drusen an der Zellbasis gelagert sind. 2) Die Zusammensetzung usw. der Futtermittel. Berhn 1891. Wie sn er, Rohstoffe. III. Band. 3. Aufl. 50 786 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 51,40, für gelblichen levantinischen Sesam 56,75 Proz. Nach demselben Autor beträgt der Rohfasergehalt für die gleichen Provenienzen 2,88 bzw. 1,70 und 3,71 Proz. Die Proteine des Samens sind nach Ritt- haus eni) Globulide und Legumin. Von sonstigen Bestandteilen des Sesams sind noch hervorzuheben: das Lecithin (0,56 Proz. nach Schulze und Frankfurt; 0,7635 Proz. nach Hebebrand); das Sesa- min; ein Phytosterin mit der Formel C25H44O -f- H2O; endlich der Träger der bekannten Baudouinschen Reaktion, ein dickes, geruchloses, in Al- kohol, Äther, Eisessig leicht lösliches, in Wasser und Mineralsäuren un- lösliches Öl, das von Benedikt als ein Harz bezeichnet wird. . Sesam dient zur Gewinnung des Sesamüles, siehe I, p. 690; auch zur Darstellung von Getränken, z. B. des Takhun, eines süßen Getränkes in Salonich, das gemahlene Sesamsamen und Walnüsse enthält; ferner des Sasoir, das in Abessinien gebräuchlich ist. 16. Flohsameu. Die Flohsamen (Semen Psyllii) werden ihres hohen Schleimgehaltes wegen seit langer Zeit^j vorwiegend technisch verwendet. Sie stammen von mehreren Arten der Gattung Plantago ab. Die weitaus größte Menge der im Handel erscheinenden Ware leitet ihre Herkunft von dem kleinen Flohsamenkraut, Plantago Psyllium L. ab, das an den sandigen Küsten des wärmeren Europa verbreitet ist und in den Mittelmeer- gebieten Frankreichs in größerer Menge angebaut wird; von Südfrank- reich kommt auch die meiste Ware in den Handel. Aber auch die im Aussehen sehr nahestehenden Samen von PL ramosa Asch. (= PL are- naria W. et K.), dem in West- und Mitteleuropa vorkommenden Sand- flohsamenkraut, sollen eine Sorte von Flohsamen bilden, wie schon Guibort^) für die Ware des französischen Handels angegeben hat. Manchen Sorten findet man auffallend größere Samen beigemischt, die von PL Cynops L. herrühren. Endlich kommen auch indische Floh- samen auf den europäischen Markt, die von PL Ispaghula Roxb. (= PL decumbens Forsk. = PL ovata ForskJ)) stammen und auch medizinisch (gegen Katarrhe des Darmes und der Luftwege) benutzt werden. Eine praktische Bedeutung dürfte die Unterscheidung der Flohsamen nach ihrer Abstammung im allgemeinen wohl nicht haben, weil sie nach den Untersuchungen Hanauseks in bezug auf die Mengen des gelieferten Schleimes und auf dessen Eigenschaften fast gar nicht differieren. 1) Landwirtschaft!. Versuchs-Stat., 1896, Bd. 47, p. 394. 2) Böhmer, Techn. Geschichte, II, p. 334. 3) 1. c, p. 448. 4) De Candolle, Prod. XIII, 1, p. 692. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 787 Die Samen von Plantago Psyllium sind 2 — 3 mm lang, 0,9 — \ mm breit, länglich, eilänglich bis elliptisch, etwas flach, am Rücken gewölbt, auf der Bauchseite durch Einbiegung der Längsränder tief furchig, fast ausgehöhlt; sie besitzen eine dunkelbraune Farbe und eine lebhaft glän- zende, glatte Oberfläche, einzelne Samen sind dunkler, fast schwarz- braun. Das mittlere Gewicht beträgt nach Wiesner^) 0,95 mg. Die Samen von PL ramosa lassen sich von den echten Flohsamen kaum unterscheiden, nur sind sie im allgemeinen kleiner und meist nur 2 bis 2,5 mm lang; hingegen unterscheiden sich die Samen von PI. Cynops sowohl durch die Größe — sie messen durchweg 3 mm und darüber — als auch durch die Gestalt, indem sie keine auffällige Einbiegung der Längsränder zeigen und im Querschnitt fast sichelförmig erscheinen 2). Die indischen Flohsamen (Ispaghul-Samen , arab. bazre gatunä) sind nach Hartwich 3) »3 mm lang, 1 — 1,5 mm breit, zugespitzt, oval, Fig. 283. Vergr. 20. Querschnitt durch einen im Wasser aufquellenden Samen Ton Plantago FsylUum (halbschematisch). ss' aufquellende Epidermis der Samenschale, t Pigmentschicht, i^Endosperm, A'Keim (Wiesner). auf der Bauchseite von den beiden Längsseiten her zusammengebogen, in der Mitte der Rinne findet sich die kleine Chalaza. Die Farbe ist matt graubraun, auf dem Rücken findet sich eine länglich ovale, lebhaft rotbraune Stelle«. Ein mir vorliegendes Muster besteht aus rötlichgrauen (»drap« -farbigen) matten Samen; der braune Rückenfleck rührt wohl von dem durchscheinenden Keim her. Die Flohsamen bestehen aus einer dünnen Samenschale, einem hor- nigen Nährgewebe und einem kleinen, aus Würzelchen und zwei Keim- blättern zusammengesetzten Keim (Fig. 283). Im Querschnitt zeigt das Nährgewebe die Gestalt eines C und die Berührungsfläche der Keim- blätter ist senkrecht zum Rücken des Samens gestellt (Fig. 283 *). \) Rohstoffe, 1. Aufl., p. 744. 2) Vgl. auch Harz, Samenkunde, II, p. 985. 3) C. Hartwich, Die neuen Arzneidrogen, Berlin -1897, p. 266. 4) Bei Plantago media und PI major verläuft die Berührungsfläche parallel zu dem Rücken des Samens. 60* 788 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. An der Samenschale des reifen Samens von Plantago Psyllium lassen sich nur zwei Zellschichten unterscheiden. Die äußere Schicht, die Epidermis der Samenschale, erscheint im Querschnitt — in Alkohol oder in sehr dickem Glyzerin beobachtet — als ein dicker, farbloser, strukturloser, stark lichtbrechender Streifen; bringt man ein Präparat in starke Kalilauge, so bemerkt man noch auf der Außenseite des Streifens eine zarte, gelbe Linie, die alsbald in Körnchen zerfällt; diese stellt die Kutikula dar; eine Quellung tritt nicht ein. Bringt man jedoch zu dem Alkoholpräparat Wasser, so entsteht eine mächtige Quellung, die Ulothi) an Plantago maritima sehr ausführlich beschrieben hat. Der früher strukturlos erschienene Streifen differenziert sich in prismatische, von der Fläche gesehen 5 — 6seitige Zellen, die sich in radialer Richtung strecken, an der Außenseite kuppenfürmig sich emporwölben, sehr dünne, fadenförmige Radialwände zeigen und im Innern eine Schleimmasse be- sitzen, die endlich an der Außenseite austritt, während die Radialwände und die etwas stärkeren Basisteile der Schleimzellen zurückbleiben. Ein Innenschlauch, wie ihn Uloth2) für PL maritima nachgewiesen hat, ist nicht vorhanden, auch hebt die Schleimbildung nicht von den Radial- seiten, sondern von der Außenseite an und stellt eine sekundäre Wand- verdickung vor. Die zweite Gewebeschicht wird von Zellen gebildet, die in der Fläche gestreckt polygonal, im Querschnitt rechteckig und dort, wo die Radial- wände an die Außenmembran stoßen, emporgewölbt erscheinen. Diese Zellen sind starr, gebrechlich, vollkommen mit einem braunen, homo- genen, gegen Reagenzien äußerst widerstandsfähigen Pigment erfüllt. Die Pigmentschicht ist einreihig, nur auf der Bauchseite, wo der Funi- kulus entspringt, treten mehrere Lagen auf. Das Endosperm ist aus dickwandigen, porösen, aus Zellulose ^j bestehenden polyedrischen Zellen zusammengesetzt, deren äußerste Reihe radial gestreckt ist und einen palisadenartigen Charakter hat; sie sehen im Querschnitt den Endosperm- zellen der Dattel ähnlich. Die das Keimlager umgrenzenden Nährgewebe- \) W. Uloth, Über Pflanzenschleim und seine Entstehung in der Samenepi- dermis von PlantaffO ma7-itima und Lepidiiim sativum. Flora, 58. Jhg., 1875, Nr. 1 3 und U, p. 193 — 200 und p. 209 — 216. 2) I.e., p. 195 — 196. Nach Uloth entsteht bei PI. maritima der Schleim an der Radialseile der Zelle zwischen der primären und der schon angelegten sekun- dären Zellmembran, so daß beiai Quellen letztere in das Zellinnere gepreßt und als ein sanduhrähnlicher Schlauch abgehoben wird. Die Epidermiszellen enthalten vor der Entwicklung des Schleimes Stärkekörner, die mit der Entstehung des letzteren allmählich verschwinden. Über die Schleimbildung vgl. auch Zimmermann, Die Morph, u. Phys. d. Pfianzenzelle, p. 127. 3) Nach Schellenberg (Ber. D. Bot. Ges. 1904, XXII, p. 15) ist die Membran, aus 2/3 Hemizellulose und 1/3 Zellulose zusammengesetzt. Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. 789 Zellen sind tangential abgeplattet und undeutlich konturiert (Sauggewebe). Der Inhalt besteht nur aus kleinen, runden Aleuronkürnern i), Stärke fehlt den reifen Samen. Durch Kalilauge wird die Pigmentschicht purpur- braun, der Endosperminhalt grüngelb, der Keim gelb gefärbt. Der anatomische Bau der Ispaghul-Samen weist keine wesentlichen Abweichungen auf; die Schleimepidermis zeigt das gleiche Verhalten. Die Basisteile der Schleimzellen bleiben nach Verquellung des Schleimes als farblose, stark lichtbrechende Membranen zurück und gleichen in der Aufsicht einem spitzmaschigen Flechtwerk. Die innere Samenhaut- schichte stellt sich als ein schmaler bräunlicher Streifen dar, dessen Zellen wenig deutlich sind und einen besonderen Farbstoffkürper nicht nachweisen lassen. In Chlorzinkjod wird die Schleimepidermis blaßblau, die das Keimlager bildende Saugschicht, sowie die Membranen der Endo- spermzellen dunkelblau. Gibt man dem Alkoholpräparat Jodjodkalium hinzu, so beginnen die Zellen zu quellen unter Bildung von kuppenartig gewölbten Schleimkappen, von denen eine mittlere bedeutend stärker ist als die übrigen. Der Flohsamenschleim 2) ist in Alkohol unlöslich und kann mit diesem aus W^asser in Form einer weißen Masse niedergeschlagen werden. Durch Jod, Ghlorzinkjod und Jod und Schwefelsäure wird er nicht gefärbt^). Durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure geht er in Traubenzucker über. Die von den Samen gewonnene Schleimmenge wird sehr ver- schieden angegeben, was wahrscheinlich mit der Darstellungsweise zu- sammenhängt. Wiegand^) bezeichnet den Schleim als Bassorin und gibt die Menge mit 15 Proz. an; Uloth hat nur 0,3 Proz. gefunden. Die Elementaranalyse führt nach Kirchner zur Formel C36H58O29 oder 6(C6Hio05) — H2O, nach Fiehe^) zur Formel (C5H804)9 • CeH^oOs. Nach Fi ehe (1. c, p. 38) zeigt der Schleimkörper neutrale Reaktion, enthält etwa 2,64 Proz. Zellulose und liefert mit Salzsäure erhitzt reichliche Mengen Furfurol und mit Salpetersäure geringe Mengen Schleimsäure. Bei der Hydrolyse des Schleims entstehen Xylose und Arabinose in i) Schellenberg (1. c, p. 9) gibt als Inhalt der Endospermzellen von Plantago- Arten »reichlich Eiweißstoffe sowohl in Form von kleinen Kristallen oder Globoiden, als auch in Form eines kleinkörnigen Niedersclilages« an. 2) Kirchner undTollens, Untersuchungen über den Pflanzenschleim. Journ. f. Landwirtsch., 1874, p. 502. — Annalen der Chemie u. Pharm., Bd. 175, p. 205. — Kirchner, Untersuchungen über den Pflanzenschleim. Inaug.-Diss. Göttingen 1 874. 3) Doch tritt nach Kirchner und To Ileus mitunter braunviolette Färbung auf, die wahrscheinhch von dem Grade der Samenreife bzw. der Verschleimung ab- hängt. 4) Lehrbuch der Pharmakognosie, 4. Aufl., 1887, p. 317. 5) Der Schleimkörper des Samens von Plantago Psyllium. Inaug.-Diss. München 1904. 790 Einundzwanzigster Abschnitt. Samen. großer, Dextrose und Galaktose in geringerer Menge. Er ist als eine Verbindung von Pentane und Hexane aufzufassen, gibt bei unvollkommener Hydrolyse ein sauer reagierendes, ebenfalls aus Pentane und Hexane bestehendes Zwischenprodukt zwischen Schleim und Zucker, dessen Zu- sammensetzung durch die Formel (G26H44022)x ausgedrückt werden kann. — Flohsamen enthalten außerdem das Glykosid Aucubin und die Enzyme Invertin und Emulsin. Der Flohsamenschleim dient zum Appretieren von Seidenzeugen und Mousselins, zum Steifmachen verschiedener Gewebe, zum Glänzend- machen von gefärbtem Papier und als Verdickungsmittel im Zeugdruck. Zvveiundzvvanzigster Abschnitt. Früchte^). Übersicht der Gewächse, deren Früchte technisch verwertet werden. 1. Piiiaceen. Juniperus communis L. Nördliche gemäßigte Zone. Wacholder, Kranabitterstrauch. Die Beerenzapfen, »Wacholderbeeren« werden medi- zinisch und als Gewürz verwendet und dienen zur Darstellung des Wacholderbeerüles, das zu Branntwein Verwendung findet. Vgl. die Pharmakognosien; Tschirch, Handbuch, 11 1, p. 44; über das Öl, Gilde- meister u. Hoffmann, Die ätherischen Öle, 2. Aufl. von Gildemeister, 4 913, I. Bd., p. 166. 2. Gramineen. Über die Stärke der Getreidearten siehe H, p. 63. Aus den Keimlingen der Getreidekörner kann Öl gewonnen werden. Beim Mais (Zea Mays L.) wird die Entkeimung schon lange durchgeführt, da der Keimling 33—36 1/2 Proz. Öl und 14—20 Proz. Eiweiß enthält. Bei Roggen (Seeale cereale) und Weizen (Trlticum vulgare) ist der Gehalt zwar geringer, aber für die rentable Gewinnung des Öles in Zeiten des Fettmangels noch immer genügend. Leider ist aber das Öl größtenteils chemisch verändert, so daß die Extraktion und Raffination einige Schwierigkeiten bereitet. (Fahrion in Ghem. Umschau, 1919, p. 81.) Ändi'opogon cernuus Roxh. (= Holcus cernuus Ärd., Sorghum cernuus Host.), wichtige Kulturpflanze für Mehl und Brot; die Hüll- spelzen der reifen Ährchen dienen in Indien zur Gewinnung eines Farb- stoffes. Ascherson-Graebner, Synopsis der mitteleurop. Flora, H, p.51. In Argentinien wird eine rotspelzige Sorte unter dem Namen »Guinea- Mais« angebaut. Coix lacryma L. (= Coix lacrimae Johi L.). Die porzellanähnlichen Fruchtgehäuse, Hiobstränen, dienen zu Rosenkränzen und in den Tropen 1 ) Neu bearbeitet von Reg.-Rat Dr. T. F. Hanausek, ergänzt von Prof. J. Weese. 792 Zweiundz wanzigster Abschnitt. Früchte. als Schmuck. Ascherson-Graebner, 1. c, p. 60. Über die Mikro- skopie derselben siehe Hartwich, Chem.-Ztg., 1886 und Mitlacher^ Zeitschr. d. allg. üslerr. Apoth.-Ver., 1901, p. 814. — Hartwich, Die neuen Arzneidrogen. Berlin 1897, p. 104. 3. Palmen. Phoenix dactylifera L., Dattelpalme, Sahara-Oasen, Arabien, Süd- westasien. Die Datteln werden ihres hohen Zuckergehaltes wegen zur Branntweinbereitung benutzt. Cocos nucifera L. Siehe Kokosnußschalen. Ättalea funifera Marl, A. Cohune Mart., A. excelsa Mart., s. Kokosnußschalen. Attalea indaya Dr. Brasilien; Goqueiro indaio, Indaia assu. Die Fruchthülle enthält 1 0,5 Pioz. hellbraunes Fett von Talgkonsistenz. Pharm. Rundschau (New- York), 1889, p. 112. — Hartwich, 1. c, p. 373. Bactris speciosa Drude (= Ouilielma speciosa Maj't.J, Piritu oder Pirijao in Venezuela, Pupunha am Amazonas. Die einer Aprikose gleichen- den Früchte sind sehr reich an Stärke und werden gerüstet und gekocht gegessen. Drude in E.-Pr. Pflanzenfam. H, 3, p. 86. Elaeis guineensis L. Die harte Schale der Steinkerne dient in Ost- afrika zu Ringen, Halsbändern und anderen Schmuckgegenständen. 0, Warburg, Die Palmen Ostafrikas, aus Engler, Ostafrika V, Pflanzen- welt B. Maximüiana regia Mart. Brasilien. Tuajapalme. Die Früchte dienen zum Räuchern des Kautschuks. Tropenpflanzer 1911, p. 529. Serenaea serrulata Hook f. (= Sabal serridata Boem. et Schult.). Florida — Südkarolina. Die Früchte, Sabalfrüchte, »Bayas negros« ge- nannt, finden medizinische Verwendung (das Fluidextrakt heißt Saw palmetto) und dienen in Frankreich zur »Typage«, d. h. zur Aromatisierung des. Kognaks. — Hartwich, Arzneidrogen, p. 290. — C. Griebel u. E. Barnes, Über eine zur Aromatisierung des Kognaks dienende Palm- frucht. Zeitschr. f. Unt. d. Nähr.- u. Genußm. 1916, 31, 282. Über die Fett liefernden Palmenarten vgl. I, p. 631. 4. Musaceen. Musa paradisiaca L. Über die aus den Früchten gewonnene Ba- nanenstärke siehe H, p. 80. — T. F. Hanausek, Über das Bananen- mehl und seine mikroskopische Bestimmung. Zeitschr. f. Unt. d. Nahr.- u. Genußm. 1910, 10, p. 215. — G. Baumert, Polarimetrische Be- stimmung der Bananenstärke. Ebenda. 1912, 2. p. 449. — Planchon et Juillet, 1. c, p. 77. — M. Zagorodsky, Die Banane usw., Beiheft Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 793 zum Tropenpflanzer Nr. 7. 1911, p. 283 ff. (Ausführliche Mitteilungen über die Verwendung der Früchte.) — Van der Laat, Le bananier ä Costa-Rica. Bananes seches et farine de banane. Journ-. d'Agricuiture tropicale VIII, 1908, p. 267— 270. 5. Zingiheraceae. Amomum Car'damomum L., liefert die Slam- Cardamomen (»Gamphor seeds«). A. xanthioides WaUich, Siam, Tenasserirn; liefert Bastard-Card. A. aromaticum Roxb., Sikkim, Nepal; liefert die Bengalischen oder Nepal- Cardamomen. A. maximum Roxb., liefert die Java-Card. — Vgl. die Pharnna- kognosien von Flückiger, v. Vogl u. a.; Moeller in Realenzyklopädie der Pharmazie, 2. Aufl., III, p. 362. Aframomimi Meleguetta (Roscoe) K. Schum., westl. Afrika. —Paradies- kürner, Meleguettapfeffer. — J. Pereira, The Elements of Mater, med. and Ther. London 1855, II. — Flückiger-Hanbury, Pharmacographia. London 1879. — Planchon et Collin, Les Drogues simples. Paris 1895. — T. F. Hanausek, Chem.-Ztg. (Küthen) 1893 Nr. 96. — A. Schad, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen über Malabar-Card. und vergl.- anat. Studien über d. Samen einiger anderer Amonum- und Elettaria- Arten. Inaug.-Diss. Bern 1897, p. 52. — W. Busse, Arbeiten aus dem kais. Gesundheitsamte. Berlin 1897. — A. v. Vogl, Die wicht, veg. Nahrungs- u. Genußmittel, p. 454. — Tschirch, Kleine Beiträge zur Pharmakobotanik und Pharmakochemie (III), Cardamomen, Schweiz. Wochenschr. f. Chemie u. Pharmazie, 1897, Nr. 43. — Tschirch, Handbuch, II. Aframomum angustifoliimi (Sonn.) K. Schum. Ostafrika (Usam- bara), Madagaskar, Seychellen. Die Samen liefern 4,5 Proz. farbloses äther. Öl, das wegen seines starken Cineolgehaltes nach Cajeputöl riecht. Aframomum DanieUü K. Schum. (Amomum DanielU Hook, f.) liefert die Kameruncardamomen; das Öl ist dem der vorigen Art sehr ähnlich. Schimmel & Co., Berichte. April 1912. Aframomum Hanburyü K. Seh. liefert ebenfalls wie die vorige Art das Kamerun-Cardamomenül. Die Korarima-Cardamomen, früher als Cardamomum majus be- zeichnet, von der Größe und Gestalt einer kleinen Feige, kommen aus den südlich von Abessinien gelegenen Gebieten; ihre Stammpflanze ist von Pereira Amomum Kararima genannt wurden. Nach Schumann gehurt sie zu Aframomum. Elettaria Cardamo^num White et Maton (= Alpinia Cardani. Roxb. = Amomum Cardamomum DC), Indien. Malabar- oder kleine 794 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Gardamomen. Früher nur von der Malabarküste, jetzt auch von Ceylon, daher auch als Ceylon-Malabar-Gardamomen bezeichnet. E. major. Smith {= E. media Link)^ nach Petersen in Engler- Prantl, Pflanzenfamilien, II, Abt. 6, p. 28, [eine Varietät der vorigen Art, in Bergwäldern des südlichen und zentralen Ceylons, liefert die langen oder Ceylon-Cardamomen. Elettaria alba Blume (Ämomum medium Lour., Älpiiiia alba Rose, Hellenia alba Willd.), in China gebräuchlich. F. Ebert, Bei- träge zur Kenntnis des chinesischen Arzneischatzes. Früchte und Samen. Dissert. Zürich 1907, p. 20. Die Cardamomen kommen meist als Früchte in den Handel und enthalten gewürzhaft riechende und scharf schmeckende Samen; letztere dienen in der Medizin, als Gewürz und finden auch in der Likörfabri- kation und in der Parfümerie Verwendung. Vgl. darüber besonders noch Hanbury, Pharmaceutical Journal, XIV, p. 352. — Guibort, Hist. nat. d. drog. simpl. VI. edit., p. 251. — A. Schad, 1. c, und A, v. Vogl, 1. c, p. 445. — .Walther Busse, Über eine ' neue Cardamomum-kvi aus Kamerun. Arbeiten a. d. k. Gesundheitsamte, 1898, p. 139. — Über die ätherischen Öle der angeführten Arten vgl. insbesondere E. Gilde- meister und F. Hoffmann, Die ätherischen Öle. 2. Auflage von E. Gildemeister. 1913, H. Band, p. 295ff. 6. Orchidaceen. Vanilla planifolia Andrews, V. pompona Schied, u. a. Arten, siehe Vanille. 7. Myricaceen. Über die Wachs liefernden Früchte der verschiedenen Myrica-Avten siehe I, p. 702. 8. Juglandaceen. Juglans regia L., Walnußbaum. Allgemein kultiviert. Die grünen Schalen der unreifen Früchte (Walnußschalen) enthalten Juglon (Nucin), das chrom-, eisen- oder tonerdegebeizte Wolle bräunlichgelb, ungeheizte Wolle orangegelb, tonerdegebeizte Baumwolle rosarot färbt. Wird syn- thetisch aus Dioxynaphthalin dargestellt. Mylius, Habilitationsschrift. Freiburg 1885. — Die unreifen Früchte werden auch bei der Likör- erzeugung verwertet. 9. Betulaceen. Alnus incana Willd. Grauerle. Die Fruchtstände dienen in Ru- mänien als Gerbematerial und enthalten nach W. Eitner 17,5 Proz. Gerbsäure, nach G. Klemp (D. Gerberztg., 1895, Nr. 108 u. 110) aber nur 12,8 — 15,59 Proz. Gerbsäure, die der Sumach-Gerbsäure nahesteht. Zvveiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 795 A. firma Sieb, et Zucc. Japan. A. maritima Nutt. (= A. japonica S. et Z.). Ostasien und atlan- tisches Nordamerika. Die Fruchtkätzchen als Gerbematerial. Beschreibung bei F. Ebert, 1. c, p. 24. 10. Fagaceen. Fagus sylvatica L. Siehe Buchenkerne. Fagus ferruginea Ait. Nordamerika. Zur Ölgewinnung. Castanea vesca Oärtn. Über die Kastanienstärke siehe II, p. 85. — Die stachelige Kupula enthält nach Eitner i1,64Proz. Gerbstoff. Quercus Valonea Kotschy und Q. macrolepis Kotschy, siehe Valonea. 11. Moraceen. Artocarpus incisa L. fil. Über die Stärke siehe II, p. 86. Ficus Carica L. Die Feigen werden ihres hohen Zuckergehaltes wegen technisch zur Branntweinbereitung verwendet. Gerüstet dienen sie als Kaffeesurrogat. Cannabis sativa L. Die Hanffrüchte liefern das Hanföl, siehe I, p. 633. Anatomie der Früchte: Briosi e Tognini, Int. alla anat. d. Canapa I (1894); Tschirch-Oesterle, Atlas, Taf. 15, p. 55; Winton in Ztschr. f. U. d. N.- u. Gen., 1904, 7, p. 385 u. Gönn. Agr. Exp. Sta. Rep. 1903, p. 175; Böhmer, Kraftfuttermittel, 1903, p. 383—391. Humulus Lupulus L., siehe Hopfen. Humulus Lupulus var. cordifolius Miquel und H. japo?iicus Sieb, et Zucc, siehe Hopfen. 12. Lorantliaceen. Viscum album L., Leimmistel. Die Viscin schiebt der Früchte wird von der becherartigen Blütenachse (und dem Perikarp) gebildet; daher sind die Vogelleimbeeren Schein- oder Halbfrüchte; sie wurden früher zu Vogelleim verwendet, wozu jetzt aber vorzugsweise die Rinde von Viscum (mittels Stampfen und Auswaschen) verarbeitet wird. (Siehe darüber T. F. Hanausek in Pharmaz. Post 1918.) Der Schleim be- steht nach Tomann aus zwei Schichten, einer äußeren, die Zellulose- schleim, und einer inneren, die Pektinschleim enthält. In Griechenland wird die Pflanze zum Gelbfärben des Branntweines verwendet. Landerer, Flora. 1863, p. 156. — Van Tieghem, Anatomie des fleurs et du fruit du gui. Paris 1870(?). — G. Gjokic, Zur Anatomie der Frucht und des Samens von Viscum. Sitzgsber. Wiener Akademie, 105, 1896. — Tomann, Vergleichende Untersuchungen über die Beschaffenheit des Fruchtschleimes von Viscum album. Ebenda 1906, Nr. 5 (Februar 1906), 796 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Struthanthus sp., Phthirusa sp. und PJwradendiwi sp. in Venezuela, die Kautschukmisteln, enthalten in den Halbfrüchten bis 20 Proz. des Trockengewichtes guten Kautschuk. S. Kautschuk, Bd. I, p. 478. — Iltis, H., Über das Vorkommen u. d. Entstehung des Kautschuks in den Kautschukmisteln. Silzgsber. d. Wiener Akademie, Bd. 120, Abt. 1 , März 19 H, p. 217 — 264 (3 Tafeln). 13. Polygonaceen. Polygonum Fagopyrum L. Über Buchweizenstärke siehe II, p. 87. 14. Phytolaccaceeu. Phytolacca decandra L. (= Ph. vulgaris MüL), Alkermes, Kermes- beere. Stammt aus Nordamerika, wird im Mittelmeergebiet, bei uns in Gärten kultiviert; die roten Beeren enthalten einen unschädlichen, dunkel- roten Farbstoff, der zur Färbung von flüssigen Genußmitteln und Zucker- waren dient. Über den Farbstoff siehe Americ. Journ. Pharm. 1 898 und Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver., 1898, p. 267. — Hartwich, Die neuen Arzneidrogen, p. 255. 15. Menispermaceen. Cocculus pendidus (== C. laeba DC). Steppen Nordafrikas, Arabiens und Vorderindiens. Aus den Früchten bereiten die Araber das alkohol- haltige Getränk »Chamr el Madjnüne«. Anamirta Cocculus (L.) Wight et Arn. Südostasien und Indien, liefert die bekannten Kokkelskörner. 16. Magnoliaceen. Uli dum verum Hook. fil. (I. anisatum j Laur.) Sternanis. • i o^ TT- o- X. ^ ry /x " / , sieliB Stemanis. i. religiosuni ISieb. et Zucc. (1. amsatum L.) Sikkimi. I 17. Lauraceen. Über Fett liefernde Lauraceenfrüchte siehe I, p. 634. 18. Rosaceen. Prunus Mahaleb L. Weichselrohrkirsche. Die Früchte werden im Orient zur Bereitung von Parfüms verwendet und bis Zentralafrika versendet. Nachtigall, Sahara und Sudan. I, 100. — Ascherson- Graebner, Synopsis VI, 2, p. 155. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 797 19. Leguminosen. Pithecolohium jparvifolium Benth., Westindien und nördliches Süd- amerika. Die Früchte liefern eine schöne, örangegelbe Farbe, Algaro- villa genannt. Taubert in Engler-Prantl, Die nat. Ptlanzenfamilien, Tl. III, Abt. 3, p. 106. Acacia concinnaDC. Vorderindien. Die Hülsen enthalten 11,2 Proz. Saponin und dienen als Seife. L. Weil, Beitr. z. Kenntnis der Saponin- substanzen. Inaug.-Diss. Straßburg 1901, p. 37. Acacia Qiraffae Willd. (Camelthorn). Südafrika. Die Hülsen können als Gerbmaterial verwertet werden. Acacia suhalata. Deutsch- Westafrika. Die Hülsen enthalten 28,8 Proz. Gerbstoff. Tropenpflanzer, 1913 (17), p. 628. Acacia at'abica u. andere Arten, s. Bablah. Prosopis, Sect. Algarohia Benth. Die stark traubenzuckerhaltigen Hülsen der hierher gehörigen Arten dienen als Nahrungsmittel im sub- tropischen Amerika; aus den Früchten von P. alba Hieron. wird in Argentinien das alkoholhaltige Getränk aloja oder chieha de allgor- roba bereitet. Ceratonia Siliqua L., Mittelmeerländer. Die zuckerreichen Früchte {Johannisbrot, Bockshörndl) dienen zur Branntweinbereitung. Sie enthalten 50 Proz. Rohrzucker und 7,76 Proz. Fruchtzucker. Vgl. Tschirch in Realenzykl. der ges. Pharm. 2. Aufl. HI, p. 445. Caesalpinia coriaria Willd. (— Poinciana coriaria Jacq.)., C. Paipae Ruix,. et Pav. und C. tinctoria (H. B. K.) Benth.., siehe Dividivi. Caesalpinia digyna Rott, s. Tari, Teri. Caesalpinia brevifolia Benth. (^ Balsamocarpon b7'evifolium Clos.), siehe Algarobillo. Gymnocladus chinensis Baill., mittleres China. Fei-tsao-tou, soap tree; die Hülsen werden wie Seife verwendet. Taubert (nach Baillon)» in Engler-Prantl, Die nat. Pflanzenfam., Tl. HI, Abt. 3, p. 170. Vgl. auch F. Ebert, 1. c. p. 44. Myr'ospermum frutescens Jacq. Zentralamerika, Venezuela, Tri- nidad. Die Früchte heißen Sereipo und enthalten einen hellen Balsam, welcher nach Kumarin riecht. T. F. Hanausek in Zeitschr. d. allg. öst. Apoth.-Ver., 1878, Nr. 22 u. 23. — Hart wich. Die neuen Arznei- drogen, p. 229. Moghania 7'hodocarpa (Bak.) 0. Ktze. (= Flemingia, i'hodocarpa Bake?'), Ostafrika. Die an Kamala (s. Mallotus bei den Euphorbiaceen, p. 800) erinnernden roten Drüsen, die die Hülsen bedecken, bilden eine unter den Namen Waras, Wurus, Wars, neue Kamala, falscher 798 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Safran, seit alter Zeit so wie die Kamala verwendete Ware. Flückiger, Pharmakognosie, 3. Aufl., p. SGi. — Flückiger, Pharmaceutical Journ., 1868, II, p. 279. M. congesta (Roxb.) 0. Ktxe., Tom Himalaja durch Südasien bis zu den Philippinen. Soll nach Flückiger (1. c.) ebenfalls Waras liefern, was aber nach Taubert, 1. c, p. 377, nicht erwiesen ist. Dagegen fand A, G. Perkins (Proceed. Chem. Soc., 1897, p. 162), daß die Drüsen von M. congesta sich genau so verhalten, wie die von 31. rkod. ; der rote Farbstoff besteht aus Flemingin (C12H12O3); außerdem sind noch ein gelber Farbstoff, das Homoflemingin, und mehrere Harze vorhanden. Schon Niebuhr fand 1763 Waras als Farbstoff verwendet (Beschreibung von Arabien. Kopenhagen 1772, p. 151). Coumarouma odorata Aubl. Südamerika. Aus den Früchten wird ein kopalähnliches Harz gewonnen. — Wiesner, Rohstoffe, 3. Aufl., Bd. I, p. 354. Psoralea corylifolia L., Vorderindien. Die aromatischen Hülsen finden in der Parfümerie Verwendung. Taubert in Engler-Prantl, Pflanzen- fam., m, 3, p. 264. 20. ßntaceen. Citrus nohilis Loiireiro, echte Mandarine, Gochinchina, China. Die Früchte genießbar. C. Äurantiu7n L. (= C. vulgaris RissqJ, Orangenbaum. Dazu gehören : a) C. amara L. (= C. Bigaradia Duhamel)^ bittere Orange, Pome- ranze. Im wärmeren Europa häufig kultiviert. Die Blätter und die unreifen Früchtchen werden zur Darstellung des Petit-grain- Öles verwendet; die reifen Früchte geben ein ausgezeichnetes Orangenöl, das dem aus der Apfelsine gewonnenen vorgezogen wird. Die Schalen sind als Cortex Aurantiorum offizinell. b) C. Bergamia (Risso et Foiteau) Wight ei Arn. (= C.Limetta var. DC.)^ Bergamotte. Südeuropa, Westindien. Die reifen Früchte geben das Bergamottöl. c) C. sinensis (Gall.) = C. Aurantium sinensis GaUesio = C. Auran- tium dulcis L. z. T. ; süße Orange, Apfelsine. Aus der Frucht- schale wird Orangenöl gewonnen. — Dazu die Varietäten C. s. sanguinea Engl, Blutorange, und C. s. decumana (L.) Bonavia, Pompelmoes. C tnedica Zv., Zitrone. Gliedert sich in: a) C. lÄmonum (Risso) Hook. /*., Limone, mit dünnschaligen Früch- ten. Aus den Fruchtschalen wird das Zitronenöl (Limonenül, Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 799 Essenza di limone, Essence de citron, Lemon oil, oil of Lemon; Berichte von Schimmel & Co., 1901, April), aus dem Fleische Zitronensäure gewonnen. Die dickschalige Varietät der Zitrone (Citrus medica Risso) wird wie vorige benutzt, liefert das Cedro- oder Cedratül (Essenza di cedro v. cedrino, Essence de cedrat, Citron oil). Dieses wird auch aus der dünnschaligen Cedrolimone, C. medica cedro Gcdlesio dargestellt. b) C. medica genuina Eugler, Zitronatzitrone, besitzt große bis 1 kg schwere Früchte, die mit Zucker eingekocht den Zitronat geben. c) C. Limetta (Risso) Engl.^ süße Zitrone, Ostindien, liefert das Limettöl, wird auch zur Gewinnung der Zitronensäure ver- wendet. Literatur: Risso et Poiteau, Hist. nat. des orangers; 1 09 Planches in folio. Paris 1818 — 1819. — Bona via, The cultivated oranges and lemons etc. London 1890. — Engler in Engler-Prahtl, Pflanzenfam., III, 4, p. 195 — 201. — Max Biermann, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der Früchte von Citrus vulgaris Risso und an- deren Zitronenarten. Inaug.-Diss. Bern, Minden 1896. — Über die Gewinnung des Zitronensaftes siehe H. v. Wuntsch, Zeitschr. f. d. ges. Kohlensäure-Industrie (M. Brandt, Berlin), 1901, Bd. 7, p. 40 ff. — Über die Anatomie der offizineilen Früchte (Fruchtschalen) s. die pharmako- gnostischen Werke von Fl ückiger, v. Vogl, J. Moeller, ferner Arthur Meyer, Wissenschaftliche Drogenkunde, II, p. 408 (1892). — Tschirch, Handbuch, II, 2, p. 841 (hier die Citrusdrogen sehr ausführlich abge- handelt). — Über die ätherischen Öle der Agrumenfrüchte s. Gilde- meister, 1. c, III, p. 7ff. Xantlioxylum acanthopodium DC. u. JC. alatum Roxb. Indien, China. Die Früchte heißen in Indien »Wartara-seeds«, werden als Ge- würz und Heilmittel angewendet; die der erstgenannten Art enthalten 2 Proz. nach Koriander riechenden Öles. Die Früchte von X. alatum heißen auch > Chinese Wild-Pepper«, das daraus destillierte Öl riecht nach Wasserfenchel. — Gildemeister, 1. c. II, p. 651. Xantlioxylum piperatum DC. Japan. — Japanischer Pfeffer. Das äth. Öl der Früchte enthält Dipenten, d-Limonen, Cuminaldehyd u. a. — H. Thoms, Arb. a. d. pharm. Instit. d. Univ. Berlin 1914, XI, p. 58. — Schimmel & Co., Ber. Oktober 1916, p. 33. 21. Zygopliyllaceae. Balanites aegyptiaca Delile. Nördliches tropisches Afrika bis Vorder- indien und Birma. Zachunbaum. Aus den Früchten (Samen) fettes Öl (Semler, Trop. Agricultur). — Weil, 1. c, p. 40—43. ^00 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 22. Burseraceen. Canarium ßchweinfurthü Engl. Die Früchte zu Öl, I, p. 639. 23. Eupliorbiaceeii. Phyllanthus Emblica L. (Emblica ofßcinalis Gaertn.). Maskarenen, Ostindien, Sundainseln, China, Japan. Amba-, Myrobalanenbaum, liefert die grauen Myrobalanen, Myrobalani Emblicae, früher offl- zinell. Mallotus 'philippinensis (Lam.J Müll.- Arg. (Rottlera tiiictoria Roxb.). Von Ostindien bis Australien, Die die Frucht bedeckenden Drüsen heißen Kamala und dienen zum Gelbfärben der Seide. Anderson, Ghem. Zentralbl., 1855, p. 372. — A. v. Vogl, Kommentar usw., 1892, p. 409. — Husemann-Hilger, Pflanzenstoffe, 1884, p. 892. — Hartwich in Moeller-Thoms, Realenzyklopädie d. ges. Pharm. 2. Aufl. VII, p. 329. Chroxophora plicata (Vahl) Juss. Ostindien, Arabien, Ägypten, Sudan. Im englischen Sudan wird aus den Früchten eine blaue Farbe hergestellt. Tropenpflanzer 1909, p. 538. 24. Auacardiaceeu. Änaca?'dium occidentale L., Kaschou- oder Acajoubaum, Tropen. Die nierenfürmigen Früchte, westindische Elefantenläuse, enthalten im Mesokarp einen brennend scharfen, an der Luft schwarz werdenden öligen Saft, der auf der Haut Entzündungen hervorruft; man verwendet ihn als Tinte zu unauslöschlicher Schrift auf Leinwand. Das Dekokt der Früchte gilt als Anstrichfarbe, als Beize beim Schwarzfärben von Stoffen usw. Der ölige Saft besteht nach E. Schmidt aus 90 Proz. Anacard- säure (G.22H32O3) und 10 Proz. Gardol (C21H30O2) und entwickelt, mit konz. Ammoniak behandelt, prachtvolle Myelin formen, die auf das Vorkommen einer Fettsäure schheßen lassen. Vgl. E. Kratzmann, Zur Anatomie und Mikrochemie der Acajounuß (Anacardium occidentale L.J. Pharma- zeutische Post (Wien) 47, 1914, p. 375 ff. — Der fleischige, süßlichsaure, sehr dicke Fruchtstiel dient zur Bereitung von Branntwein und Essig. Theodor Peckolt, Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver., 1893, XXXI, Nr. /|9 — 22. Über die Morphologie und Anatomie der Frucht s. D. Weber, Beiträge zur Anatomie einiger pharmakognostisch wichtiger Samen und Früchte. Budapest, 1907, p. 40—55, Taf. VI, VII. Schmus Molle L., Aroeira, peruanischer Pfefferbaum, Molle; Mexiko bis Chile. — Die Früchte dienen zur Bereitung von Sirup und Essig. Schinus dependens Ortega, Schinus latifolius (Oillies) Engl. Argen- tinien, Chile, Peru. Aus den Früchten beider Arten wird in Chile das berauschende Getränk Chicha dargestellt. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 801 Uhus succedanea L. und andere Rhus-kvien. Siehe Japanisches Wachs, I, p. 721. Rhus glabra L., Nordamerika. Die Früchte dienen zur Essig- bereitung. Engler-Prantl, Pflanzenfam., III, 5, p. M\. Semecarpiis Anacardium L. (Oiiocarpus Asa Oraij), ostindischer Tintenbaum, nordwestl. Indien. Die Früchte, ostindische Elefanten- läuse, geben eine schwarze, unauslöschliche Tinte und den Firnis von Silhet zum Lackieren eiserner und steinerner Gerätschaften. Engler- Prantl, 1. c, III, 5, p. 177. Die Samen, ostindische Mandeln, werden als Zusatz zu Kakao und Schokolade verwendet. Apoth.-Ztg. (Berlin) 1909, p. 61. Weber, 1. c, p. 28—39, Taf. IV, V. S. Cassuvium Spreng., Hinterindien, Molukken. Verwendung wie vorige. 25. Aquifoliaceen. Hex sp. In Japan wird aus den Früchten von //ea:;-Arten i) ein Rohviscin gewonnen, das unter dem Namen >japanischer Vogelleim< nach Europa gelangt und daselbst auf ziemlich umständliche Weise (D. R.-P. 175383, Dr. W. Loebell, Klein-Zschachwitz a. E.) gereinigt wird. Das reine Viscin läßt sich mit fettem Öl mischen und eignet sich zur Herstellung von Pflaster- und Salbengrundlagen. Chem.-Ztg. Rep. 1906, p. 338. 26. Sapindaceen. Sapindus saponariaL. und andere Ä-Arten, siehe Seifenbeeren. Paullinia Cupana Knuth (P. sorbiUs Mart.), Brasilien. Aus den Fruchtschalen wird eine gelbe Farbe dargestellt. Radlkofer in Engler- Prantl, Pflanzenfam. III, 5, p. 299. — Die Samen geben die Guarana. Pseudima frutescens Radlk. Brasilien. Die zwei- oder durch Fehl- schlagen einlappigen Früchte dienen als Ersatz der Seife. Th. Peckolt, Ber. d. deutsch. Pharm. Gesellschaft, 1902, 12, p. 111. 27. ßhamnaceeu. Rhamnus sp. Siehe Gelbbeeren. 28. Vitaceen. Vitis vinifera L. und andere Arten. Die Früchte zu Wein- und Essigbereitung. 29. Elaeocarpaceen. Aristotelia Maqui VHerit. Chile. Die Beeren, Maqui oder Clou de Maque genannt, enthalten einen roten Farbstoff und werden in ihrer 1) Japanische 7/ex- Arten sind unter anderen I. erenata Thioib., I. rotunda T/mnb., I. mierocarpa Maxim., I. serrata Tlmnb., I. geniculata Maxim. Wiesner, Eohstofife. III. Band. 3. Aufl. 51 802 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Heimat zum Färben von Likören, Zuckerwaren, in Frankreich zum Färben des Weines verwendet. G. Ochsenius, Über Maqui. Bot. Zentralbl.^ 1889, Bd. 38, N. 8 u. 9, p. 689 u. TSI. (Die anatomische Untersuchung der Früchte von H. Warlich.) — Pharmac. Ztg., 1890, p. 228 u. 493. — Hart wich, Die neuen Arzneidrogen, 1897, p. 58. 30. Tiliaceen. Tilia ulmifolia Scop. Die Früchte (Samen) enthalten Fett, siehe I, p. 478. Äpeiba Tiboiirbou Auhl. Südamerika. Die Früchte (Samen) ent- halten ein rubinfarbenes, fettes Öl, das 1 873 von Venezuela ausgestellt worden war. Es wird in Brasihen durch Auskochen der Früchte mit Wasser gewonnen. Über die technische Verwendung ist nichts bekannt; das Volk benutzt es zu Einreibungen gegen Rheumatismus. T. F. Ha- nausek, Ztschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver., 1877, p. 202. — Tb. Peckolt, Heil- und Nutzpflanzen Brasiliens. Her. d. D. Pharm. Gesellsch. 1898, p. 283. Orewia flava DC. Südwestafrika, Kalahariwüste. Die steinfrucht- artigen, mit mehreren zweizeiligen Steinen versehenen Früchte dienen als Obst und zur Bereitung eines vorzüghchen Bieres. Math es, Ber. d. D. Pharm. Gesellsch., 17, 1907, p. 308. 31. Caryocaraceen. Über die Fett hefernden Arten siehe I, p. 644. 32. Guttiferen. Pentadesma hutyraceum Dan., siehe I, p. 646. Garcinia Cambogia Desrouss. Ostindien. >Garaka«, die getrock- neten dunkelbraunen Fruchtschalen von süßsäuerlichem Geschmack werden wie Zitronenschale als Gewürz, ferner als Tamarindenersatz verwendet. Nachrichtenblatt für die Zollstellen (Deutsches Reich) 1914. 33. Caricaceeu. Carica Papaya Z/., Melonenbaum, über die ganze Tropenwelt als Obstbaum verbreitet. Die wilde Form ist nicht bekannt. Alle Teile des Baumes, V^urzel, Stamm, Blätter und Früchte führen einen Milchsaft, der das peptonisierende und Milch zur Gerinnung bringende Papayacin oder Papain enthält. Die an der Luft aus dem Milchsaft sich ab- scheidende weiße, rahmartige Masse heißt Papayotin. H. F. Kessler in K. Koch, Wochenschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues (Kassel), 1863, VI, p. 259. — Wittmack in Bot. Ztg., 1878, p. 532.— Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 803 Griffith Hughes, Nat. bist, of Barbados, 1750, Book VII, p. 181 (zit. nach Wittmack). — Ztschr. d. allg. öst. Apotb.-Ver., 1874, XII, p. 613, nach G. Roy in Journ. de m^dec, chir. et pharm, de Bruxelles, 1874, LIX, p. 252. — Tb, Peckolt in Zeitschr. d. allg. österr. Apotb.-Ver., 1879, p. 361. — Sidney,H. G. Martin, Pharm. Journ. and Transact., 1885. — AI. Niobey, Papaina. Rio de Janeiro 1887. — Hartwich, 1. c, p. 86. — Helbing, Pharmac. Ztg., 1891, p. 168. — F. B. Kilmer, Americ. Journ. Pharm., 1901, Bd. 73, p. 272, 336, 383. — Francis Watt, Gewinnung des Papains. Agricult. News 1902, nach Ap.-Ztg. (Berlin), 1903, p. 20. — Über die gegliederten Milchsaftröhren s. Theo Holm, Medicinal plants of North America. 90. — Carica Papaya L. Mercks Report. XXIV, 176 (23. Juni 1915). 34. Pimicaceen. Punica Granatum L., Granatapfelbaum. Im ganzen tropischen und subtropischen Gebiete und in den Mittelmeerländern verbreitet. Das Fruchtfleisch wird gegessen. Die Schalen enthalten nach W. Eitner 26,6 Proz. Gerbstoff und werden zum Gerben feiner Ledersorten empfohlen. (Von der ganzen Frucht machen die Schalen nur einige 20 Proz. aus.) Trimble (Amer. Journ. of Pharm., 1897, Vol. 69, No. 12) gibt den Gerb- stoffgehalt mit 28,38 Proz. an. In Nordafrika vielfach zum Gerben ver- wendet. — Eitner, Der Gerber, 1902, 28. Jahrg., p. 231. 35. Myrtaceen. Pimenta officinalis Berg. Westindien und Zentralamerika. Die Früchte sind als Neugewürz, Nelken-, Jamaikapfeffer, Gewürzkörner, Piment, All spiee zu Gewürz und zur Darstellung des ätherischen Öles in Verwendung. Siehe die Pharmakognosien und A. v. Vogl, Nahrungs- mittel, 1899, p. 426; Moeller, Mikroskopie usw., II. Aufl., 1905, p. 359. Jambosa Caryophyllus (Spreng.) Ndz. (Caryophyllus aromaticus L.). Die Früchte dienen als Nelken zu Gewürz. Über die ätherischen Öle s. Gildemeister u. Hoffmann, 1. c, III, p. 223. 36. Combretaceeu. Terminalia sp. Siehe Myrobalanen. 37. Melastomaceen. Tamonea albicans (Sw.) Krasser .^ T. ceramicarpa (Schrank et Martins) Krasser, T. ciliata (L. C. Rieh.) Krasser und andere Arten. Tropisches Amerika. Die Früchte liefern den schwarzen Farbstoff »Tinta de Zapeteiro«. Auch Melastorna malahathrica Iv., Tococa guianensis Auhl. liefern schwarzen Farbstoff. E. — P. Pflanzenfam. III, 7, p. 192. Blakea sp. Die Beeren geben roten Farbstoff. öl* 804 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte, 38. Hydrocaryaceen (Oenotlieraceen). Die steinfruchtartigen Halbfrüchte enthaltenjel stärkereichen Samen und dienen (z. B. in Serbien, Indien, China) zur Nahrung; auch wird Mehl daraus dargestellt. Schenk, Zur Kenntnis der Struk- turverhältnisse fossiler Pflanzen, Bot. Ztg. 1877, p. 393— 40i. Enthält die Anatomie der Früchte von T. natans und T. hicornis. { J. Jäggi, Die Wassernuß. Zürich Trapa natans L., die Wassernuß, Europa. T. hicornis L., China. >Ling«. T. bispinosa Roxb.^ Indien. >Sin- ghara Nut«. 1883. Raimann in Engler- Prantl, Pflanzenfam., III, 7, p. 223. — Über die ehem. Zu- sammensetzung s. A. Zega und Dobr.Knez-MilojkoviCjChem.- Ztg., i901,p.45. — W.H. Harri- son, The Singhara nut. Agric. Journ. of India IV, 1909, p. 93 bis 94. 39. Umhelliferen. Coriandrum sativum L., Gori- ander. Cwninum Cyminum L., Mut- terkümmel. Carum Carvi L., Kümmel. Pimpinella Anisum L., Anis. Foeniculum vulgare Mill. (= F. officinale All. und F. capil- laeum Gilib.), Fenchel. Foeniculum vulgare var, dulce Mill, Römischer Fenchel. Über diese seit altersher als Gewürze und auch medizinisch verwendeten Früchte vgl. die Pharmakognosien vonFlückiger, v.Vogl, Moeller, Tschirch, sowie die Schriften über Nahrungs- und Genußmittel. E. Bartsch, Zur Anatomie u. Ent- wicklung der Umbelliferen, Breslau ,|882. — Über Koriander s. T. ( F. Hanausek. Z. U. N. G. 1898, p. 490. — Über Mutterkümmel und die persische Sorte von Ca- rum gi'acile Lindl. s. Sage in Perfum. and Essent. Oil Record, 4 (1913), p. 46, nach Schimmel & Co. Ber. April 1913, p. 43. Über die ätherischen Öle s. Gildem. u. Hoffmann, 1. c, p. 327ff. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 805 40. Cornaceen. Comus sanguinea L. Roter Hartriegel, Europa, Westasien. Der wässerige Auszug aus den Früchten dient zum Taubengraufärben des Glacehandschuhleders. Die Früchte enthalten ein fettes Öl, das schon im Mittelalter als Brennöl verwertet wurde. Diels, Ersatzstoffe, 1918, p. 212, — Über die Anatomie der Früchte von Comus mas L. siehe Griebel, Ztschr. f. d. U. d. N.- u. G., 34-, 1917, p. 233. 41. Myrsinaceen. Jacquinia raceinosa DC.^ Tropisches Südamerika. J. armillaris Jacq.^ Westindien. J. aurantiaca Äit, Sandwich-Inseln. Die stein- fruchtartigen Früchte dienen beim Fischfang zum Betäuben der Fische, trocken werden sie zu Armbändern verwendet, daher der französische Name der Bäume »Bois bracelets«. Pax in Pflanzenfamilien, IV, 1, p. 89. 42. Ehenaceen. Diospyros Kala L. fil.^ Kakibaüm. Japan. Die gelben Früchte, von der Größe einer Orange (jap. Kaki, chin. Shitse, engl. Persimon, franz. Raguemine), als Obst beliebt. Der Saft derselben, Kaki-Shibu genannt, dient in Japan zum Dauerhaftmachen der Fischnetze und Angelschnüre, des Packpapieres und der Anstrichfarben ; enthält einen eigentümlichen, in Alkohol und Wasser unlöslichen, dagegen in verdünnten Säuren lös- lichen Gerbstoff, der angeblich unlöslich wird, wenn die im Fruchtsafte enthaltene flüchtige Säure verdampft. Es bildet sich ein Häutchen, das die genannten Stoffe überzieht und konserviert. M. Tsukamoto in Bull. Coli. Agr. Tokyo 1902, p. 329. — Ghem. Ztg., Rep. 1902, p. 159. Vgl. auch Gurke in Engler-Prantl, Pflanzenfam. IV, 1, p. 164. Von Diospyros peregfina (Gilrtn.) Gurke (= D. Embryopteris Pers. = Embryopteris gelatinofera Don) wird (liach Don) angegeben, daß das klebrige Fett der Frucht in Indien zum Kalfatern der Schiffe Ver- wendung findet. Die unreife Frucht ist reich an Tannin. 43. Oleaceen. Olea europaea L. Die Früchte geben das Olivenöl, siehe I, p. 678. 44. Labiaten. Lallemantia iberica (Marsch.-Bieb.) Fisch, et Mey. (L. sulphurea C. Koch). Orient. Die Früchte dienen zur Darstellung eines fetten Öles, das in Persien, Syrien und Kurdistan als Speiseöl und zur Beleuchtung verwendet wird; in neuerer Zeit wird die Pflanze auch in Südrußland 806 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. angebaut. — E. Wildt, Landwirtsch. Centralbl. f. Posen, 1878, p. 132. — Fühlings Landwirtsch. Ztg., 1880, p. 77 (nach Just, Bot. Jahresb.) — L. Richter, Über Lallemantia iberica. Landwirtsch. Versuchsanst., 1887, Bd. 33, p. 455. — T. F. Hanausek, Über eine neue Ölpflanze, Ztschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver., 1887, 25. Jhg., p. 483. — F. Be- necke, Lallemantia iberica^ eine neue Ölpflanze. Hegers Zeitschr. f. Nahrungsmittelunters, u. Hyg., 1887, Nr. 12, p. 237. — Schenk, Zur Kenntnis des Baues der Früchte der Kompositen und Labiaten. Bot. Ztg., 1877, p. 409. Perilla ocymoides L., Ostindien, Japan. Die Nüßchen liefern Öl, das dem Japantalg zugesetzt wird. Wittmack, Monatsschr. d. Ver. z. Bef. d. Gartenb., 1879, p. 51. — Just, Bot. Jahresb. 1879, II, p. 345 u. 421. — Bredemann, Über Preßkuchen der Perillasaat. Landw. Versuchsstat. 1912, 78, p. 349. — Honcamp, Reich u. Zimmer- mann, Über Perillakuchen u. Mowrahmehl, ebenda 1912, 78, p. 321. 45. Solanaceen. Withania coagukms (Stocks.) Dun., Ostindien, Beludschistan und Afghanistan. Die Früchte machen die Milch gerinnen und werden in der Heimat zur Käsebereitung benutzt. Das Ferment scheint in den Samen enthalten zu sein. — Pharm. Journ. and Trans. 1884, p. 606. — Hartwich, Neue Arzneidrogen, p. 358. 46. Bignoniaceen. Crescentia Cujete L., Westindien, Südamerika. Die harte Frucht- schale, Tecomates, dieser und verwandter Arten ist die echte Cala- basse, zu kleinen Gefäßen verwendet, vgl. Rohstoffe, I., p. 387. 47. Rubiaceen. Gardenia florida L r, j.n i siehe chin. Gelbschoten. G. grandtflora Randia dummeto7'um (Retx.) Lam.^ Südliches China, Sundainseln, Vorderindien bis Abessinien. Die Früchte sind reich an Saponin. Vogtherr, Arch. d. Pharm., 1894, p. 489. — Hartwich, 1. c, p. 283. 48. Caprifoliaceen. Sambucus nigra L., Europa, Kaukasus. Schwarzer Holunder, »Holler«, Flieder. Der Fruchtsaft dient zum Färben des Glaceleders. Sambucus racemosa L. Die Früchte enthalten Öl für die Seifen- fabrikation. Literatur bei Diels, 1. c, p. 212. Zweiundzwanzigster Absclinilt. Früchte. 807 49. Cucurbitaceen. Luffa cijlindrica (L.) Rom. (^= L. aegyptiaca Mill.) und L. acutan- gula Roxb. In den Tropen der alten Welt heimisch, in Ägypten, Japan und in Amerika kultiviert. Das feste Fasernetz der Früchte liefert die Luffaschwämme, die auch zu Schuheinlagen, Tropenhelmen verwendet werden. Weber in Zeitschr. d. allg. üsterr. Apoth.-Ver., 1883, p. 471. — Über Kultur und Präparation der Luffa s. The Ghemist and Druggist 1911, p. 145. Pharmazeut. Post (Wien) 1911, p. 460. — Peckolt in Ber. d. D. Pharm. Gesellsch. 1904, p. 175. Lagenaria vulgaris 8er. (Cucurbita Lagenaria L.J^ Flaschenkürbis, Galebasse. Tropen und wärmere Striche. Die birn-, zylinder- oder flaschenfürmigen, trockenen holzigen Früchte werden zu Flaschen und anderen Gefäßen verarbeitet. Äcanthosicyos horrida Wehv., Naraspflanze. Südwestafrika. Aus dem Fruchtfleisch wird Sirup und Zuckerbier bereitet; Tropenpflanzer 1910, p. 297 u. 1912, p. 613. — Durch den Saft des Fruchtfleisches kann Milch gerinnen gemacht werden. Ferner wird aus der Frucht mit Fett der nahrhafte, süß und aromatisch schmeckende Narakuchen bereitet. H. Mathes, Ber. d. D. Pharm. Gesellsch. XVII, 1907, p. 414 fi". 50. Kompositen. Helianthus annuus L. Siehe Sonnenblumenkerne. Ouixotia ahyssinica (L.) Cars., siehe Niger-, Nigger-, Gingelli-, Ramtillkörner. Madia sativa Mal., siehe Madifrüchte. Carthamus tinctorius L., siehe Saflorkerne. Besonderer Teil. 1. Kokosnußsclialen. Das Endokarp der Kokosnuß (vgl. p. 691) bildet eine sehr harte und feste Steinschale und wird (in den Heimatländern der Kokospalme) zu Gefäßen und zu kleineren Dreharbeiten verwendet. Die zahlreichen und höchst verschiedenen Drechslerwaren, die im Handel als Kokosnuß- arbeiten vorkommen, stammen aber zum großen Teil von den harten Schalen der Früchte mehrerer Ättalea- Arien. Nach Wiesner *) ist es i) Rohstoffe, -t. Aufl., p. 789. 808 Zweiundzwanzigsler Abschnitt. Früchte. hauptsächlich die Piassavepalme, Attalea funifera Mart.^ nach Drude') aber Attalea Cohime Mart. von Honduras, die die »Gocos lapidea«- hefert. Eine andere Verwendung finden die Früchte von Attalea excelsa (Urucurypalme), die wie die Früchte von Maximüiana regia zum Räuchern des Kautschuks dienen. Die Steinschale der Kokosnuß ist stets ellipsoidisch gestaltet, aber häufig nahezu kugelförmig, am oberen Ende etwas zugespitzt, am unteren abgerundeten Ende mit drei, in den Eckpunkten eines gleichseitigen Dreieckes stehenden kreisförmigen Lochern versehen. Von diesem durch- bohrt nur eines die Schale, die beiden anderen enden blind. Die Achse der Schale mißt stets mehrere Dezimeter, die Dicke der Schale beträgt hingegen bloß 5 — 9 mm. Schon hieraus ergibt sich, daß die genannte Steinschale wegen ibrer Dünnheit nur eine sehr be- schränkte Verwendung zu Dreharbeiten finden kann. Außen ist die Schale uneben faserig, innen glatt. Die Substanz der Schale ist ungemein fest und hart, aber in Farbe und Gefüge nicht sehr homogen. In einer homogenen, bräunhchen, häufig schokoladebraunen bis fast schwärzlichen Grundmasse sind feine, heller gefärbte Fasern (Gefäßbündel) und größere, inselförmige, lichtbräunliche, weichere Gewebspartien eingesprengt. — Die Kernschale aus der Frucht von Attalea spec. — im Handel Lissa- boner oder kleine Kokosnuß, auch Coquilla genannt — ist eiförmig oder eilänglicb, nach dem schmalen (oberen) Ende bin etwas zugespitzt, am breiten Ende dreispaltig; die Enden der aufgespalten erscheinenden Schalenteile werden von innen her mit lockeren, sehr starren und rauh sich anfühlenden Faserbüscheln überdeckt. Die Steinschale ist ein-, zwei- oder dreifächerig, sehr häufig nur ein- oder zweifächerig. Die zur Auf- nahme der Samen dienlichen Hohlräume haben im Querschnitt eine plan- konvexe Form und sind bloß durch eine 2 — 3 mm dicke Scheidewand von- einander getrennt. Die lange Achse der Schale mißt bloß 6—7, die Querachse 4,5 — 5,5 cm. Die Dicke der Schale beträgt aber 9 — 18 mm; an der Spitze und in der Fortsetzung der Scheidewand ist die Schale am dicksten. Außen ist die Schale von einer verhältnismäßig weichen, leicht schneidbaren, kaum papierdünnen, von gut erkennbaren Gefäß- bündeln durchbrochenen, gelblichen, außen braunen bis schwärzlichen Schicht bedeckt. Die eigentliche beinharte Substanz der Schale ist von eigentümlicher, lichtbräunlicher Farbe, auf dem Bruche matt, im Längs- 1) Engler-Prantl, Pflanzenfam., II, 3, p. 81. Nacli Tunmann (Apoth.-Ztg., ■1916, 31, p. 263) dienen die zerkleinerten Früchte bzw. die Steinschalen von Attalea Cohune zur Verfälschung des Jalapenpulvers. — Das Pulver der verkohlten, harten Schale der Gorozonuß {Attalea Cohune) soll ein ausgezeiclmetes Mittel zur Aufsaugung giftiger Gase und somit für die Anfertigung von Gasmasken wichtig sein. (Tropen- pflanzer, 1920, p. 63.) Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früciite. 809 schnitt stellenweise von Fasern (Gefäßbündeln) durchsetzt, die auch im Querschnitt als helle Punkte erkennbar sind. — Die Steinschalen beider genannten Palmenarten sinken im Wasser unter. Das harte Gewebe der Kokosnußschale i) besteht hauptsächlich aus einem sklerenchymatischen Grundgewebe, das von teilweise obliterierten Gefäßbündeln durchsetzt ist. Die Sklerenchymzellen sind höchst ver- schieden gestaltet, rundUch, eiförmig, eilänglich, ellipsoidisch, spindelig, in der Nähe der Gefäßbündel gestreckt bis stabförmig (Fig. 284); einzelne zeichnen sich durch besondere Größe aus und messen in der Länge bis 80, in der Breite bis 40 /.i. Alle Steinzellen sind überaus stark verdickt, besitzen demnach ein kleines Lumen, die Wände sind von einfachen und verzweigten Porenkanälen reichlich durchsetzt. Ihre Lagerung ist partienweise verschieden, auf eine Gruppe scheitelwärts ziehender Skle- re'iden folgt eine Zone quergelagerter Zel- len, wodurch dem Prinzip der allseitigen Festigung der Schale Rechnung getragen wird. Die Gefäßbündel enthalten sehr schmale Spiralgefäße und Prosenchym- zellen. Auf der Innenseite der Steinschale lassen sich, wie schon Wiesner gezeigt hat, zwei Schichten unterscheiden; die eigentliche Hartschicht geht nach innen zu in eine dunkelbraune Zone über, deren lang- gestreckte, mit der Längsachse tangential angeordnete, tiefbraunwandige Skleren- chymzellen lockerer aneinander gereiht sind, daher diese Schicht weniger hart ist. die innerste Gewebslage, die aus gelblich weißen grobgetüpfelten, nur mehr derbwandigen , mit großen Lumen versehenen Zellen zusammen- gesetzt ist. Einzelne Züge der braunen Zellschicht führen einen tief- braunen, opaken, homogenen, in Kalilauge rotbraunen, wahrscheinlich den Phlobaphenen angehörenden Inhalt. Auch die innerste Schicht zeigt zwischen den prosenchymatisch entwickelten gelblichweißen Zellen solche Zellen oder Zellkomplexe mit braunem Inhalt, der häufig in verschieden Fig. 2S4. Vergr. 200. Längsschliif aus der Steinschale der Kokosnuß. Es ist eine Stelle gezeichnet, an wel- cher ein Leitbundel durchläuft, und größere Verschiedenheit in den Formen der stark getüpfelten Zellen herrscht. (Nach Drude.) An sie schließt allmählich ]) Eine ausführliche Darstellung der histologischen Verliältnisse des Kokosnuß- perikarps gibt A. L. Win ton in den »Report of Ihe Connecticut Agricultural Experi- ment Station« for the Year ending October 31, 1901, Part II, Food products, p. 208 bis 216 (the anatomy of the fruit of Cocos nucifera). Mit 11 Abbildungen. gj^O Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. große kugelige Körper differenziert ist. Teile dieser Gewebsschicht finden sich auch auf der Samenschale des Kokosnußkernes (vgl. p. 693). Die Länge dieser sehr verschieden orientierten Zellen beträgt 100 — 150 /.i, die Breite bis 20 ^i. Die Wände aller Zellen sind verholzt. In der Asche findet man keine geformten Körper. Die Steinschale von Attalea gehört zu den härtesten Geweben im Pflanzenreiche. Die dieselbe zusammensetzenden Skiereiden (Fig. 285 sc) sind so stark verdickt, daß das Lumen nur auf einen winzigen Raum reduziert ist; außerdem schließen sie vollständig lückenlos aneinander. r-i-n Fig. 285. Vergr. 135. Aus der Coquilla (Attalea sp|. QuerscMiff eines Gefäßbündels. 6 Bastfaserbelag, sc Sklerenchym, st Stegmata mit den Kieselkörpern; G Gefäßteil; die Lücke über demselben der obliterierte Siebteil. Die Zellwände sind hellgelb, in dünnen Schliffen farblos, sehr reichlich von verzweigten Porenkanälen durchzogen; in einzelnen Zellen ist ein sehr kleiner, das Licht stärker brechender Körper enthalten. Durch die Einwirkung der Kalilauge werden die Zellen der eigentlichen Hartschicht in ihrer Farbe nur wenig verändert, während die der innersten Schicht eine tiefgelbe Färbung erfahren. Diese innerste Schicht ist wieder, wie die analoge der Kokosschale, aus stabartigen oder bastfaserähnlichen, in verschiedenen Richtungen sich kreuzenden, tangential gelagerten, grob- porösen und derbwandigen Elementen zusammengesetzt (Fig. 286 A). Eine besondere Beachtung verdient das Auftreten und der Bau der bündelartigen Teile der Schale. Man kann zweierlei derselben unter- Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 811 scheiden, einfache Bastbündel, die nur aus Bastfasern bestehen, und vollständige GefäJßbündel. Beide durchziehen, wie schon oben bemerkt, zumeist parallel zur Längsachse der Schale das Sklerenchym und treten an dem aufgespalten erscbeinenden Ende frei heraus. Die Bastbündel haben einen geringeren Umfang als die Gefäßbündel, stehen einzeln oder treten nicht selten zu zweien zu einem Gefäßbündel hinzu, dieses von zwei Seiten einschliefJend. Die Gefäßbündel bestehen aus einem einige Spiroiden führenden Xylem und dem (meist obliterierten) Siebteil; beide sind von einem mächtigen Bastfaserbelag umgeben, liegen aber nicht im Zentrum desselben , sondern näher der Peripherie (vgl. Fig. 285 b und 0)\ außerdem finden sich noch Parenchymzellen vor, die kleine abgerundete Kieselkörper enthalten. Von besonderem Interesse ist nun, daß jedes Bündel von einer Reihe verhältnismäßig großer Zellen um- Fig. 28G. Aus der Coquilla (Ättalea sp.) A Partie aus deu inneren Schichten der Steinschale; bei a die Skiereiden in der Aufsicht, die übrigen im Längsschnitt. — B Die in der Asche zurückbleibenden, zu Perlen zusammengeschmolzenen und rosenkranzartig aneinandergereihten Kieselkörper. — C Teile von Bastfaserzellen aus dem Gefäßbündel mit rippenartigen Verdickungsleisten. A, B 200mal, C 40ümal vergrößert. hüllt (vgl. Fig. 285 s^) wird, die je einen runden, mit kurzen Zapfen und Höckern versehenen Kieselkörper enthalten; es sind dies die Stegmata^). Am Querschnitt bilden die Stegmata einen Kranz um die Bündel und bieten mit ihren mächtigen, lebhaft glänzenden Kiesel- körpern ein überraschendes Bild. Die Zellwände werden nach Behand- lung mit Phlorogluzin-Salzsäure rot; sie sind demnach verholzt (und nicht verkieselt). Die Kieselkörper sind nicht kristallartiger Natur, sie brechen das Licht einfach und stellen Ausgüsse des Zeil-Lumens aus amorpher Kieselsäure dar, wobei die Zapfen und Höcker wohl den Porenkanälen der Zellwand entsprechen dürften. Verascht man kleine Fragmente der Steinschale, so schmelzen die Kieselkörper zu runden, höckerlosen, zusammenhängenden Perlen (Fig. 286^) zusammen ■1) S. p. 59 und die Fig. 16 ebendaselbst. 812 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. und bilden ein vortreffliches Kennzeichen der Coquillaschale, worauf schon Wiesner aufmerksam gemacht hat. Durch Zerquetschen eines Stückes der frei hervorstehenden Bündelteile lassen sich die Kiesel- körper leicht isolieren. Die peripherisch gelagerten Fasern der Bastbelage sind durch ihre äußere Skulptur sehr ausgezeichnet; neben gebuchteten und zackig kon- turierten Formen kommen auch solche vor, die auf der Außenseite deutliche rippenartige Verdickungsleisten besitzen (Fig. 286 G). 2. Yanille. Die Stammpflanze der echten Vanille ist Vanilla planifolia An- drews^ eine im östlichen Mexiko einheimische epiphytische Orchidee. Wegen des beträchtlichen Wertes dieser durch einen besonderen Wohl- geruch ausgezeichneten Ware wurde die Pflanze schon in früher Zeit der Kultur unterworfen, wodurch die Früchte an Größe und x\roma gegenüber jenen der wilden Form (V. cimarrona^ V. süvestris) bedeutend zugenommen haben. Gegenwärtig wird die Vanille außer in ihrem Heimatland vornehmlich auf Reunion (Bourbon), Mauritius, Madagaskar, den Seychellen, auf den westindischen Inseln Martinique und Guadeloupe, ferner auf Java und Ceylon und neuestens auch in Ostafrika mit Erfolg gebaut 1). Das Zentrum der Vanillegewinnung in Mexiko liegt in den nörd- lichen Küstenstrichen des Staates Veracmz, besonders bei Papantla und Misantla; außerhalb dieser Gebiete scheint die Vanille kaum in größerem Maßstabe angebaut zu werden, und nur die Früchte der wildwachsenden Form und vielleicht auch anderer Spezies werden für den lokalen Bedarf gesammelt. Die beste Sorte soll beim Dorfe Zentilla' in der Nähe der Stadt Oaxaca gezogen werden (Sadebeck). Der grüßte Teil der mexi- kanischen Ernte findet seinen Absatz in der nordamerikanischen Union. Im Jahre IQH ergab die mexikanische Ernte '145000 kg. Während die Kultur der Vanille auf Java, wo diese zuerst außer- halb Mexikos versucht worden war, niemals eine besondere Bedeutung hat erringen können2) — die Produktion betrug 1886 nur 83 kg, 1888 129 kg — ist sie auf Reunion auf eine so ansehnliche Höhe gediehen, \) Sehr ausführhche Mitteilungen über die Geschichte, Kultur und Gewinnung der Vanille sind in der trefflichen Monographie »Studien über die Vanillec von Walther Busse (Arbeiten aus dem kais. Gesundheitsamte, 1898, XV, p. 1 — 113) enthalten, ferner auch in Tschirch, Handb. d. Pharm., II, p. 1288 — 1300. 2) In einer Mitteilung einer amtlichen niederländischen Zeitung über die Vanille- kultur auf Java wird diese allerdings als noch jetzt sehr lohnend bezeichnet. Die Ausfuhr aus Java und Madura soll 1913 2457 kg, 1914 3227 kg, 1915 777 kg und 1916 nur 748 kg betragen haben. (Ber. Schimmel & Co., 1919, p. 81.) Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 813 daß daselbst Ernten mit 94 000 kg (1892—1893) und 82 000 kg (1894 bis 1895) zu verzeichnen waren, und »die Vanille schon seit einiger Zeit unter den Ausfuhrprodukten der Insel den zweiten Platz einnimmt« (Busse). In neuerer Zeit ist ein Rückgang wahrzunehmen; die Ernte be- trug 1911 65 000 kg. Die im mitteleuropäischen Handel erscheinende Ware ist fast durchweg diese >Bourbon-« Vanille. Auf Mauritius hat die Kultur in den Jahren 1870 — 1880 die grüßte Ausdehnung erreicht und ist seitdem in einem auffallenden Niedergang begriffen. Auf den Seychellen bildet die Vanille nebst den Produkten der Kokospalme den wichtigsten Ausfuhrartikel. Diese beiden Sorten, sowie die von Mada- gaskar gehen vorwiegend nach England; Seychellen-Vanille kommt auch auf den deutschen Markt. In Ostafrika i) hat die Kultur an Bedeutung gewonnen, zumal die daselbst produzierte Ware von vortrefflicher Güte sein soll. Einer Zusammenstellung der Ernten der Vanilleländer im Jahre 1911 von H. Mayer2) entnehme ich folgende Zahlen: Bourbon 65, Sey- chellen 13, Komoren (und Mayotte) 70, Madagaskar 60, Nossi B6 10, Mauritius, Java, Fitschi und Ceylon 15, Guadeloupe und Martinique 16, Mexiko 145, Tahiti 195 Tonnen. Die gesamte Vanilleproduktion beläuft sich auf 590 Tonnen 3). Daß durch die Verpflanzung der Vanille in fremde Gebiete ihre Eigenschaften, insbesondere die Qualität des Geruches, sehr wesentliche Veränderungen erfahren können, soll durch die in den letzten Jahren auch zu uns gekommene Tahiti-Vanille bewiesen worden sein. Die ersten Zufuhren derselben fanden guten Absatz; bald aber trat an dieser Sorte die Eigentümlichkeit hervor, hinsichtlich des Aromas den helio- tropartig riechenden Vanillons nahe zu kommen, so daß sie als Gewürz nicht mehr verwendet werden konnte und nur zu Parfümeriezwecken sich tauglich erwies^). Sie wurde auch zur Verfälschung der echten Vanille verwendet, indem man sie zur Verdeckung ihres Geruches mit Vanillinkristallen bestreute. Gegenwärtig werden auf Tahiti vier Vanille- Sorten gebaut, die nach Constantin und Bois^) als Vanille Mexique (von Vanüla planifolia)^ Vanille Tahiti (von Vanilla planifoUa var. 1) 0. Warburg, Die aus den deutschen Kolonien exportierten Produkte usw. Berlin -1896, p. 10 und idem, Die Genußmittel Ostafrikas und ihre Verwertung, in Englers Ostafrika, V, Pflanzenwelt B, p. 265. 2) Chem. et Drugg, June 1, 1912, p. 59. 3) Vanille soll zu den Waren gehören, die durch den Krieg auf dem Welt- markt an Bedeutung verloren haben. (Ber. Schimmel & Co., 1019, p. 82.) 4) W. Busse, 1. c, p. 57. 5) Gompt. rend. löl (1915), p. 196 nach Schimmel & Co., Ber. Oktober 1916, p. 84 und April— Oktober 1917, p. 106. 814 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. angusta Constafitiii ei Bois), Vanille Tiarei, V. Haapape bezeichnet werden. Die letztgenannten Sorten sind erst vor einigen Jahren auf Tahiti erschienen und erstere soll eine eigene Art (Vanilla Tiarei Con- stantin et Bois) darstellen. Ihre Früchte erreichen eine Größe bis 25 cm und zeichnen sich durch einen angenehmen und milden, aber schwachen Geruch aus. Die Spielart Haapape trägt zweimal im Jahre zahlreiche Blüten. Die Vanillepflanzen werden auf Bäumen, vornehmlich auf Kakao- bäumen gezogen, indem man die Setzreiser mit Lianen an den Bäumen befestigt. In neuerer Zeit verwendet man aber auch hohe Spaliere, die in 3 m voneinander entfernten Reihen stehen; an diesen werden die Pflanzen aufgezogen, wobei aber für den nötigen Schatten gesorgt werden muß^). Der Fruchtertrag beginnt mit dem 3. Jahre und dauert höchstens bis zum 8. oder 9. Jahre. Zur sicheren Gewinnung der Früchte muß in den außermexikanischen Kulturgebieten die künstliche Befruch- tung 2) ausgeübt werden, da daselbst die in Mexiko einheimischen, die Befruchtung besorgenden Insekten fehlen. Die frischen reifen Früchte sind nahezu geruchlos und enthalten von dem aromatischen Körper, dem Vanillin, wohl nur höchst geringe Mengen. Erst durch eine eigentümliche Behandlung der Früchte gelingt es, das Vanillin frei zu machen, und die Zubereitung der Ernte ist demnach eine der wichtigsten, auf den Wert der Ware sehr wesent- lichen Einfluß nehmenden Operationen. Gegenwärtig kann man zwei Hauptarten der Erntezubereitung, das trockene oder mexikanische Verfahren und das Heißwasserverfahren unterscheiden, zu denen noch in neuester Zeit die Chlorkalzium-Trocknung gekommen ist. Bei dem mexikanischen Trocknungsverfahren bedient man sich der Sonnenwärme oder eines in der richtigen Temperatur befindhchen Backofens und verbindet damit einen sogenannten Schwitzprozeß. Die geernteten Früchte werden auf aus Holz bestehende Gitterroste ausgelegt, um durch 24 Stunden zu »welken« und »auszutropfen«. »Am zweiten Tage werden die Früchte der Sonne ausgesetzt. Auf der Sonnenseite des Hauses oder Hofes, am besten an einer hellen, die Strahlen stark reflektierenden Mauer werden auf einem geneigten Estrich Matten und darüber dunkle Wolldecken ausgebreitet und auf diese »asoleaderos< die Kapseln in Reihen ausgelegt. Bevor die Sonne untergeht, wird der Schwitzprozeß eingeleitet. Die etwa 3/4 Elle langen und ebenso hohen Schwitzkästen werden vorher in der Sonne \) Sadebeck, Die wichtigeren Nutzpflanzen und die Erzeugnisse aus den deut- schen Kolonien. Hamburg \&^1, p. 61. — Derselbe, Die Kulturgewächse der deut- schen Kolonien und ihre Erzeugnisse. Jena 1899, p. 164. 2) Die künstliche Befruchtung der Vanille wurde zuerst von Morren ausgeführt. Ann. Soc. Royale d'Horticulture de Paris, XX, 1837, p. 331 — 334 und Bull. Acad. Royale de sciences etc. de Belgique, T. XVII, P. I (Bruxelles 1850), p. 108—133. Zit. nach Busse. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. ' 815 erwärmt, dann mit ebenfalls erwärmten Decken ausgelegt, deren Enden über die Ränder der Kästen heraushängen; die Kapseln, die noch so heiß sein müssen, daß man sie kaum in der Hand halten kann, werden möglichst schnell in die Kästen gelegt. Man ordnet sie so an, daß die Stielenden nach innen zu liegen kommen, — in dem Glauben, der untere Teil der Frucht sei deren wertvollster Teil und müsse daher am gleichmäßigsten, also im Zentrum der Kiste erwärmt werden. Die Enden der Decken werden nun über den Früchten doppelt zusammengelegt und noch andere Decken darauf gepackt, um jeden Wärmeverlust zu verhindern.« >Wenn der Schwitzprozeß regelrecht verläuft, hat die Vanille nach Ablauf von 16 — 22 Stunden eine dunkelbraune Farbe angenommen.« (Busse.) Sie wird hierauf wieder der Sonne ausgesetzt und braucht 20 — 30 Tage, um zu »kristallisieren«, d. h. mit den ausgetretenen Vanillinkristallen überzogen zu sein. Bei ungünstiger "Witte- rung muß die Behandlung mit dem Backofen durchgeführt werden, dessen Tempe- ratur bis auf 100" G und darüber gebracht werden muß. Bei dieser Zubereitung werden zugleich auch die von dem Schimmel befallenen Stücke (>engarrada<) und die fleckig gewordenen, sowie die aufgesprungenen Kapseln entfernt. Die ordentlich getrockneten dunklen Früchte werden zu je 50 Stück in Bündel (»mazos«) zusammengebunden; je 60 solcher mazos bilden den Inhalt einer Blechkiste, in der die Ware zur Versendung kommt. Eine Ölung der Früchte kommt jetzt in der Regel nicht vor; es wird nur angegeben, daß man die allzu reifen, leicht sich öffnenden Früchte [mit Rizinusöl einreibt, um die Ware vor dem Verlust der Geschmeidigkeit zu bewahren. Das zweite Verfahren, die Vanille zuzubereiten, ist das Heißwasserverfahren. Dieses besteht darin, daß man die Früchte statt an der Sonne oder im Ofen zu er- hitzen, in siedendes oder nahezu siedendes Wasser taucht, was einmal geschehen kann und dann etwa 10 — 20 Sekunden währt, oder auch mehrmals, aber jedesmal nur von ganz kurzer Dauer. Die so abgebrühten Früchte werden in Haufen auf- geschichtet, schwitzen gelassen, hierauf ausgebreitet, mit Wolldecken belegt, der Sonnenwärme ausgesetzt und wieder in Decken gewickelt i). Diese Erntebereitung wird unter anderem auf den Seychellen 2) geübt. Die Früchte werden nach der Größe und dem Reifezustande in fünf Qualitäten geschieden (zu 6, 4 und unter 4 Zoll Länge, ferner die aufgesprungenen und die zerbrochenen Früchte), in durchbrochenen Körben in heißes Wasser von 188,6° F getaucht und zwar zweimal je 1 0 Sekunden, hierauf nach kurzem Trocknen abermals bis 5 Minuten, bis sie schwarzgrün geworden sind. Der Trocknungsprozeß erfordert viel Sorgfalt. Das Chlorkalziumverfahren'') wird seit neuerer Zeit auf Reunion geübt. Nachdem die in Blechkisten verwahrten Früchte durch heißes Wasser welk gemacht und an der Sonne getrocknet worden sind, kommen sie in Eisenschränke, in welchen Chlorkalzium enthalten ist; je 100 Pfund Vanille bedürfen 40 Pfund Chlorkalzium, das das Austrocknen in 25 — 30 Tagen bewirkt. Die Vorzüge dieses Verfahrens sollen die Vermeidung schädlicher Einflüsse von außen, Ersparnis vieler teurer Handarbeit 1 ) Über die verschiedenen Einzelheiten des Zubereitungsverfahrens (in Guayana, Peru, Mexiko und auf Reunion) orientiert sehr ausführhch J. C. Swarz, Zubereitung der Vanille in Bull, of the Botan. Dep. Jamaica. — Berichte über die pharmakogno- stische Literatur aller Länder, 1900, p. 60. Ferner A. D elteil, La Vanille, sa culture et sa preparation. 4. ed. avec 2 planches. Paris 1896/97. 2) Pharm. Journ. a. Pharm. Sept. 1912, p. 338. Zitiert nach Pharmakogn. Rund- schau in Pharm. Post 1912, p. 1117. 3) Tropenpflanzer, II, p. 24. Q\Q Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. und bessere Konservierung des Aromas sein. Mit Recht bemerkt hierzu Busse (1. c, p. 79), daß man noch weitere Mitteilungen wird abwarten müssen, um sich ein sicheres Urteil über den Wert dieser Neuerung bilden zu können. Die in den Handel kommende Vanille stellt eine 18—22 cm lange, 6—8 mm breite, flachgedrückte, etwa 2,5—3,5 mm dicke, einfächerige, biegsame und zähe Kapsel dar, die am unteren Ende eine kleine ver- tiefte, am oberen Stielende eine flache, rundliche Narbe trägt, dunkel- rotbraun bis schwarzbraun gefärbt ist und eine stark längsfurchige oder gestreifte, fettglänzende, mitunter mit farblosen Kristallen bedeckte Oberfläche 1) besitzt. Die Wanddicke beträgt durchschnittlich '1,5 mm. Der Inhalt der Fruchthöhle besteht aus schwarzen, glänzenden, schieß- pul verkornähnlichen, 0,25 — 0,3 mm im Durchmesser haltenden Samen, die in einer hellgelben, balsamartigen Masse eingebettet sind. Läßt man auf einen dünnen Fruchtquerschnitt Wasser einwirken, so quillt er zu einem Dreieck mit gewölbten Seiten auf. Jede der drei Innen- fruchtwände trägt ein Paar gegabelter Plazenten, auf welchen mittels zarter Nabelstränge die Samen haften. Mitunter beobachtet man mit der Lupe zwei dunkle Streifen, die die Trennungslinien der bei der Vollreife sich voneinander loslösenden beiden Klappen andeuten. Denn obwohl die Frucht aus drei Blättern entstanden ist, öffnet sie sich doch nur mit einer größeren gewölbten und einer flachen schmäleren Klappe. Zu jedem Fruchtblatt gehören zwei Plazenten, aber nicht das auf einer Fruchtwand sitzende Paar, sondern die beiden durch einen größeren Zwischenraum getrennten Samenträger. Über den anatomischen Bau der Vanille soll hier nur in Kürze berichtet werden; bezüglich des Details sei auf die reiche Literatur 2) ver- wiesen. Das Perikarp besitzt eine stark kutikularisierte äußere Epidermis, die aus, in der Fläc^ie gesehen, polygonalen, mitunter etwas längs- gestreckten derbwandigen Tafelzellen zusammengesetzt ist und auch ver- einzelte Spaltöffnungen enthält. Die Seitenwände der Oberhautzellen sind getüpfelt. Als Inhalt findet man je einen Zellkern und sehr häufig einen Kalziumoxalatkristall. Interessant ist das Auftreten von Körnchen 1) Häufig trägt die Oberhaut in Reihen angeordnete, kreisrunde Marken, welche nach Tschirch von den Pflanzern auf Reunion durch Nadelstiche (in die noch un- reifen Früchte) hervorgerufen werden und Handelszeichen darstellen. Siehe auch Pharm. Ztg., 1 888, p. 692. 2) J. Moeller, Mikroskopie, II. AuH., 1905, p. 376. — A. F. W. Schimper, Anleitung z. mikrosk. Untersuchung d. Nahrungs- und Genußmiltel, p. 109. — Arthur Meyer, Wiss. Drogenkunde. Berlin 1892, II, p. 385. — H. Molisch, Histochemie, p. 46. — Tschirch-Oesterle, Atlas, Taf. 16, p. 59 und Tschirch, Handbuch, II, p. 1302. — Busse, I. c, p. 90. — A. v. Vogl, Nahrungsmittel, p. 457. — Hartwich in Realenzyklopädie d. ges. Pharm., 2. Aufl., Bd. 12, p. 437. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 817 in den zwischen der Kutikula und der inneren Membran der Oberhaut- zellen liegenden Hautschichlen, von welchen Hart wich i) (bei Vanilla guianensis Splittgerber) nachgewiesen hat, daß sie als lokale knötchen- artige Ausbildungen von echter Kutikula aufzufassen sind. Unter der Epidermis liegen zwei Reihen von Zellen mit dicken, fast koUenchyma- tischen Wänden und denselben Inhaltskürpern, wie sie in der Oberhaut vorkommen. Das nun folgende Parenchym ist von großen dünnwandigen, unregelmäßig-gerundet-polyedrischen Zellen mit gebräuntem Plasma- inhalt gebildet. Diese enthalten außerdem Zucker, Öllropfen und Häuf- chen von Chromatophoren. Einzelne im äußeren Teile des Parenchyms liegende Gruppen von Zellen sind durch eine eigentümliche Netzleisten- verdickung ausgezeichnet; ferner finden sich im Parenchym zahlreiche, oft in Reihen angeordnete, sehr verschieden lange, mitunter sogar röhrenförmige Raphidenzellen, die je ein in Schleim gebettetes Bündel bis 400 1^1 langer Nadelkristalle von Kalziumoxalat 2) enthalten. Nach A. V. Vogl scheinen die abnorm langen Raphidenschläuche durch Zell- fusion aus den axilen Zellreihen entstanden zu sein. Im Mesokarpparenchym liegen auch die Gefäßbündel: drei Median- bündel und je zwei unterhalb der ersteren verlaufende Begleitbündel; ferner neun Bündel zwischen, den drei medianen und noch kleinere zwischen und vor den Plazenten; es können aber auch Abweichungen von dieser Norm vorkommen. Die Gefäßbündel haben einen kollateralen Bau, führen im Gefäßteil Ring-, Spiral-, Leiter- und Netztracheen und «ind von dickwandigen, getüpfelten, bastfaserartigen (mechanischen) Ele- menten begleitet. Die innere Epidermis, die Abgrenzung des Perikarps zur Frucht- höhle, ist dort, wo sie den Medianbündeln der Fruchtblätter entspricht, also in der breiteren, von den Plazenten freien Zone, von haarförmigen Papillen zusammengesetzt, die ein öliges, gelbes, die Samen ein- hüllendes Sekret produzieren. Die übrigen Partien der Innenwand an und zwischen den Plazenten besitzen eine obliterierte Epidermis und darunter ein verschleimtes Gewebe, das als das (die Pollenschläuche) leitende Gewebe bezeichnet wird 3). Zahlreiche an Längsschnitten deut- \) Hartwich, Über die Frucht der Vanilla guianensis Splitg. Ber. d. pharm. Gesellsch., -1895, p. 381. 2) Ob die Raphiden tatsächlich aus Kalziumoxalat bestehen, ist durchaus nicht sicher; Wehmer (Ber. D. Bot. Ges. 1892, XI, p. 333) spricht die Vermutung aus, daß die Raphiden (und Sphärokristalle! bei Phanerogamen aus Kalziumcitrat bestehen. Vgl. auch Tunnnann, Pflanzenmikrochemie, p. UO— U1. 3) Nach Busse, 1. c, legen sich die in die Fruchthöhlo hineinwachsenden Pollen- schläuche an dieses Gewebe nur an (vgl. auch' Guignard, Ann. des Sciences nat., Vlleme Serie, Bot., T. IV. Paris 1886, p. 205, zit. nach Busse), während Tschirch Wiesner, Rohstoffe. IN. Band. 3. Anfl. 52 gl 8 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. lieh zu beobachtende, Pilzhyphen gleichende zarte Fäden an und in diesem Gewebe sind die restierenden Pollenschläuche. Die eirunden Samen besitzen eine mit einer sklerosierten Epidermis versehene Testa und einen kleinzelligen, nicht weiter differenzierten Keim; ein Keimnährgewebe fehlt. Der wichtigste Bestandteil der getrockneten Vanille' ist das von Bleyi) entdeckte Vanillin, das, wie schon bemerkt, die Oberfläche der »kristallisierten« Früchte in Gestalt farbloser Tafeln, Prismen und Nadeln überzieht, aber nicht in den Früchten präexistiert. Ein in denselben vorhandenes Glykosid, wahrscheinlich das Goniferin, wird durch zwei ebenfalls in den Früchten (aber auch in anderen Teilen der Vanille- pflanze) vorkommende Fermente, ein hydrolysierend wirkendes Ferment und eine Oxydase, in der Weise verändert, daß ersteres das Glykosid in Coniferylalkohol und Glykose spaltet, worauf durch die Wirkung der Oxydase der Coniferylalkohol zu Vanillin oxydiert wird 2). Nur diesem Körper verdankt die Vanille ihren charakteristischen Geruch. Nach Tiemann und Haarmann^) sind in der mexikanischen Vanille 1,69 Proz., in der Bourbon-Vanille 1,91 — 2,48 und in der Java-Sorte 2,75 Proz. enthalten. Leutner*) gibt die Menge des Vanillins mit 0,965 Proz., Denn er 5), der die in Marburg gezogenen Früchte untersuchte, mit 4,3 Proz. an. Das Vanillin ist ein Aldehyd ß) und zwar der 3-Methyläther des Protokatechualdehyds mit der Formel H THO E^^r-CHO. HO\/H OCH, Es vereinigt in sich die Eigenschaften eines aromatischen Aldehyds mit sie innerhalb der Kutiivula bzw. im Leitgewebe selbst verlaufen läßt. Tschirch- Oesterle, Atlas, p. 61 und Tschirch in Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm., 1898, Nr. 52 (Fig. i und 2). 1) Arch. f. Pharmaz., Bd. 38, p. 132. — Siehe auch die ausführlichen Literatur- angaben in Husemann-Hilger, Pflanzenstoffe, p. 424. 2) Ber. v. Schimmel & Co., 1902. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch., 1875, Bd. 8 , p. 1115 und 1876, Bd. 9, p. 1287. 4) Pharmaz. Zeitschr. f. Rußland, X, p. 641 ff. 5) Tagebl. der 60. Vers, deutscher Naturf. u. Ärzte. Wiesbaden 1887. 6) J. Behrens (Über das Vorkommen des V,.in der Vanille. Tropenpflanzer, 1899, 3, p. 299) nimmt ebenfalls eine glykosidische Abstammung des Vanillins an, da der geruchlose Saft frischer Blätter beim Erhitzen mit verdünnten Mineralsäuren einen deutlichen Geruch nach Vanillin erhält. — Vgl. auch die Note bei Vanilla Pompona. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 819 denen eines Phenols, schmilzt bei 80—81", löst sich in 90—100 Teilen Wasser von 14° und in 20 Teilen von 75—80°, ist in Alkohol, Äther, Schwefelkohlenstoff und Chloroform leicht löslich und gibt mit den be- kannten Holzstoffreagenzien dieselben Färbungen, wie das als Lignin be- zeichnete Gemisch. Diese Eigenschaft benutzt Molischi) zum mikro- chemischen Nachweise des Vanillins in der Frucht. Nach seinen Unter- suchungen durchtränkt das Vanillin alle Zellen des Perikarps (der Handelsware). Auch mittels Sublimation 2) kann man Vanillin, selbst in winzigen Fruchtfragmenten, nachweisen; das Sublimat zeigt lamellenartige Kristallmassen und Klumpen von faseriger Struktur. — Von den übrigen in der Vanille enthaltenen Stoffen sind noch die geruchlose Vanillinsäure, Fett (5,71 Proz.), Wachs, Harz, Zucker (10 Proz.), Gummi und Gerbstoff zu nennen. Der Aschengehalt beträgt 4,6 — 4,7 Proz. Obwohl das Vanillin gegenwärtig in bedeutenden Mengen synthetisch (aus Coniferin, aus Guajakol oder aus Nelkenöl) dargestellt wird und als Ersatz der Vanille dient, hat der Gebrauch der Vanille als Gewürz, als Zusatz zur Kakaomasse bei der Erzeugung der Schokolade und in der Parfümerie eher zu- als abgenommen. Denn die Schokoladefabriken verwenden Vanillin nur für geringe Ware, für feine Schokolade nur die Frucht selbst. In der Frucht finden sich neben Vanillin noch andere riechende Stoffe vor, die die physiologische Geruchs- und Geschmacks- empfindung beeinflussen. Tschirch (Handb. H, p. 1304) weist auf das dem Vanillin nahestehende Piperonal hin, das ja auch sonst (in Nigri- tella, Spiraea TJlmaria [Füipendula ulmaria Maxif7i.]) das Vanillin begleitet. Außer der echten Vanille, die in zwei Handelssorten als »feine Vanille« und als »Waldvanille« (unreife Früchte) auftritt, kommen auch die Früchte anderer Variüla- Arien in den Handel. Die der echten Ware höchst ähnlichen, aber geruchlosen Kapseln von Vanilla aromatica 8iv.^ welche Art früher als die Stammpflanze der echten Vanillas angesehen worden war, sind in Mexiko den echten Früchten betrügerischerweise beigemengt worden; gegenwärtig scheint dies nicht mehr der Fall zu sein. Dagegen bilden die sog. Vanillons, die zum größten Teil von Vanilla Pompona Schiede (= V. grandiflora Lindl.) abstammen und auch die La Guayra-Vanille des Handels vorstellen, eine in der Par- fümerie-Industrie vielfach verwendete Ware, da sie sich durch einen heliotropartigen, vielleicht von dem als Inhaltskörper allerdings noch nicht nachgewiesenen Piperonal (Heliotropin, CgHeOs) herrührenden \] Histochemie, p. 48. 2) Nestler in Ber. D. Bot. Ges. ISOI, XIX, p. 361 und Tunmann, Pflanzen- mikrochemie, p. 399. 52* 820 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Geruch auszeichnen; als Gewürz sind sie unbrauchbar. Die oben an- geführte Tahiti-Vanille enthält nach H. Walbaumi) außer Vanillin hauptsächlich Anisalkohol, Anisaldehyd (und freie Anissäure). Piperonal konnte darin nicht aufgefunden werden. Ein von Hanausek^) beschriebenes (angeblich von V. Pompona herstammendes) Vanillon war 1 4 cm lang, bis auf die verschmälerten Endteile, also in einer Länge von 1 0 cm gleichmäßig 1 4 mm breit, flachgedrückt, daher nur 3 — 4 mm dick, sehr stark längsfurchig, schwarzbraun, fettglänzend, von starkem Heliotropgeruch 3) und mit den herausgetretenen Samen teilweise bedeckt. — Außer der genannten Art soll auch Vanilla guianensis Splitg. eine Vanillonsorte liefern. Die meisten Vanillonsorten kommen von Guayana, Brasilien und Westindien; die von Britisch-Guayana zu uns gelangenden Früchte zeigen meist spiralig gewundene Einschnürungen, indem sie von den Eingeborenen mit Baststreifen oder Baumwollfäden zur Verhinderung des Aufspringens umwunden werden. Auch in Westindien wird dieses Verfahren geübt (Busse, 1. c, p. 88). In der Vanilla Pompona ist auch etwas Vanillin enthalten. W. Busse^) hat an einer unreifen, frischen, geruchlosen Pomponafrucht durch Behandlung mit Schwefelsäure, ferner mit Salzsäure und auch mit Emulsin das Auftreten des Vanillins nachweisen können. Auch in dieser Frucht ist demnach das Vanillin erst durch Einwirkung der ge- nannten Reagenzien aus dem in der unreifen Frucht vorhandenen Gly- koside abgespalten worden. 3. Buchnüsse (Bucheckern, Buclielkerne). Wie schon im ersten Bande p. 688 mitgeteilt wird, werden die Früchte der Rotbuche, Fagiis süvatica, seit langem zur Gewinnung eines fetten Öles verwendet ^j. Die hierbei sich ergebenden Preßrück- 1) Über das Vorkommen von Anisalkohol und Anisaldehyd in der Tahiti-Vanille. Wallach-Festschrift, Götlingen IGOg, p. 649. Zitiert nach Gildemeister, I.e., II, p. 306. 2) T. F. Hanausek, Nahrungs- und Genußmittel (1884), p. 287. 3) Vgl. hierzu die schönen Abbildungen in Busses Monographie, Tafel I. Die in Fig. 2 daselbst abgebildete Frucht von V. Pompona nach dem Originalmaterial von Schiede (Busse, 1. c, p. 27) stimmt mit der von Hanausek beschriebenen Sorte fast vollständig überein. 4) W. Busse, Über die Bildung des Vanillins in der Vanillefrucht. Zeitschr. f. Untersuch, d. Nähr.- und Genußmittel (Berlin), 1900, p. 21 — 25. 5) Während des Krieges wurde wieder nachdrücklichst auf diese Ölquelle hin- gewiesen. Doch infolge der Schwierigkeiten der Aufsammlung sind die auf diese Ölfrüchte gesetzten Hoffnungen nicht ganz in Erfüllung gegangen. (Siehe Fahrion, Chem. Umschau auf d. Geb. der Fette, Öle, Wachse u. Harze, 1919, p. 81.) Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 821 stände sind als Viehfutter nicht zu empfehlen, da sie nach Bühm^) das giftige Chol in 2] enthalten, das den Pferden schädlich ist, während Wieder- käuer und Schweine gegen die toxische Wirkung desselben unempfindlich sein sollen. Die Früchte der Buche treten bekanntlich nicht einzeln auf, sondern werden gruppenweise durch eine aus Blütendeckblättern entstandene, sich vierklappig öffnende Scheinfruchthülle (Kupula) zusammengehalten. Die eigentlichen Früchte (Buchelkerne) sind gewöhnlich einsamige Nüsse. Im Fruchtknoten erscheinen sechs Samenknospen angelegt, von denen jedoch zumeist nur eine zur Entwicklung gelangt. Nicht selten tritt in einer Frucht neben einem großen noch ein unentwickelter Same auf. Seltener erscheinen zwei gleich große oder mehr als zwei Samen in einer Frucht. Die Fruchtschale läßt sich leicht von dem Samen trennen. ' Die Frucht der Buche hat die Form einer an der Basis zugerundeten, dreiseitigen Pyramide, mit nach der Spitze hin stark geflügelten Kanten. Die am Grunde der Nuß befindliche Befestigungsstelle springt wegen ihrer Größe, ihrer scharf dreiseitigen Form und ihrer dunkeln Farbe halber deutlich ins Auge. Die stark ausgezogene Spitze der Frucht ist dicht mit bräunlichen Wollhaaren bedeckt. Die Länge der Frucht be- trägt 1,2 — 1,8, die größte Breite der Begrenzungsflächen 0,7 — \ cm 3). Die Außenseite der Fruchtschale besitzt eine hell- bis dunkelbraune Farbe und deutlichen Glanz. Die Innenseite ist graubraun, glanzlos, auf jeder Fläche treten drei längs und konvergierend verlaufende Streifen hervor. Bei vorsichtigem Öffnen des Perikarps gewahrt man, daß die Kanten des Samens von je einer Leiste mit gelbem Haarfilze bedeckt sind. Diese- Leisten, die sich leicht abheben lassen, sind die Reste der ehemaligen Scheidewände des dreifächerigen Fruchtknotens. Die Samen haben die Gestalt der Frucht, falls diese wie gewöhnlich nur einsamig ist, besitzen eine sehr dünne, spröde, entweder rotbraune oder schwarzbraune Testa, die den gelblichweißen Samenkern umschließt. Dieser besteht nur aus dem großen, fettreichen Keim, dessen Kotyledonen der Länge nach mehrmals gefaltet sind; die Mittelfalte ist am stärksten ausgebildet. Schon beim Zerbrechen der Fruchtschale lassen sich zwei durch Farbe und Struktur wesentlich verschiedene Schichten derselben beob- i) Arch. f. exp. Path. und Pharmaz., XIX, p. 87. Vgl. auch Harz, 1. c, II, p. 886. 2) Die Giftigkeit des Cholins wurde nach Ptister zuerst von Gaethgens 1870 nachgewiesen. 3) Bei der typischen Form der Buche beträgt die Länge der Fruchthülle i ,5 bis 2,5 cm; eine seltene kleinfrüchtige Form, Fagiis silmtica B. microcarpa Asch. u. Graebn. (Synopsis IV, iGl-l, p. 439) besitzt Fruchthüllen von i — 1,5 cm Länge und diesem entsprechend auch kleinere Früchte. 822 Zvveiundzwanziffster Absehniü. Früchte. achten; eine äußere, viel härtere braune und glatte und eine innere, graubraune, gestreifte Schicht. Durch die mikroskopische Untersuchung wird dieses Verhalten aufgeklärt. Die äußere Schicht besteht aus der Oberhaut der Außenseite und einer ziemlich mächtigen Sklerenchym- platte. Die Oberhaut setzt sich — von der Fläche gesehen — aus polygonalen, im Querschnitte gerundet-quadratischen, außen verdickten, bräunlichen Zellen zusammen, zwischen denen einzellige, derbwandige, sehr spitze Haare eingeschaltet sind. Unter der Epidermis liegt die aus stark verdickten und porösen, typischen Steinzellen gebildete Skleren- chymplatte 1). Die innere Schicht des Perikarps besteht im wesentlichen aus einem Parenchym mit braunen, porösen, meist tangential etwas ge- streckten Zellen, in dem die Gefäßbündel liegen; Spiroiden, Tracheiden, Bastfasern sind die Elemente derselben, wozu noch Kristallkammerfaser- zellen mit ziemlich großen Einzelkristallen von Kalziumoxalat kommen. Die innere Schicht wird durch Eisensalze schwarz gefärbt und ist daher reich an Gerbstoff. An der Samenschale lassen sich drei Schichten unterscheiden (Fig. 287). Zu äußerst hegt die Oberhaut, die von auffallend großen, derbwandigen, tiefbraunen, oft wie Blasen aussehenden Zellen zusammengesetzt wird; in der Regel treten diese eigentümlichen Zellen in einer Reihe auf, doch finden sich auch zwei und sogar drei Reihen; die dünnen Scheidewände lassen auf eine nachträgliche Entstehung, bzw. Zellteilung schließen. Der Inhalt dieser Zellen ist ein tiefbrauner, homogener, in Kalilauge löslicher Körper, die Zellwände werden von Jod und Schwefel- säure nicht blau gefärbt und geben auch keine Reaktion mit Phloro- gluzin und Salzsäure. Das nun folgende farblose Gewebe ist reich an Interzellularen (Fig. 287, 2), nach Pfister^) ein echtes Schwammparen- chym; die innerste Schicht ist ein bräunlicher Streifen, der aus zu- sammmengepreßten obliterierten Zellen mit strichligem Lumen *besteht (Fig. 287, 3). An die Samenschale legt sich eine Reihe dickwandiger, S^^aCHL Fig. 2S7. Partie eines Querschnittes durch die Samenschale der Buchnuß. 7 Epidermis, 2 Schwammparenchym, o ohlite- riertes Gewebe. e;i Endospermrest. Vergr. 400. Die Inhalts- körper sind in 1 nicht gezeichnet. . 1) Abbildungen s. in Hanauseks Lehrbuch der techn. Mikr., p. 393, sowie bei Harz, 1. c, Fig. 64, III. — Vgl. auch Böhmer in König, Die Untersuchung land- wirtsch. u. gewerbl. wicht. Stoffe, 2. Aufl., Berlin 1 898. 2) Rudolf Pfister, Buchnußkuchen. Die landwirtsch. Versuchs -Stationen, 1894, XLIII, Taf. VII, Fig. 2 und p. 7 des Separatabdruckes. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 823 stark lichtbrechender, farbloser, in Kalilauge etwas gallertig quellender Zellen an, die Eiweiß und Öl enthalten und den Rest des Endosperms darstellen (Fig. 287 e/z-). Die Keimblätter sind nach dem bifazialen Typus gebaut; unter der kutikularisierten Oberhaut der Innenseite liegt das Palisadenparenchym; dieses wie das übrige polyedrische Mesophyllgewebe ist durch den reichen, aus 4 — 8 /< großen Aleuronkürnern, Olplasma und kleinkörniger Stärke bestehenden Inhalt ausgezeichnet. Behandelt man einen Schnitt mit wässeriger Schwefelsäure, so schießen reichlich Gipsrosetten an; werden aus dem Präparat durch Kochen in Kali Öl und Aleuron entfernt, so bleibt in jeder Zelle eine Kalziumoxalatdruse zurück. Die Früchte der amerikanischen Buche Fagus ferruginea Ait. werden gleich unseren Bucheckern verwendet i). 4. Valonea. Unter diesem und einigen anderen ähnlich gebildeten Namen (Wal- lonen, Valonia, Velani, Velandia^) usw.), wohl auch manchmal als Acker- doppen, türkische, levantinische oder kleinasiatische Knoppern, kommt ein Gerbematerial in den Handel, das sich aus den Fruchtbechern mehrerer Eichenarten zusammensetzt. Beckmann^) bezeichnete als Stammpflanze der Valonea Qaercus Aegüops L., welche Spezies später aber in mehrere Arten aufgelöst worden ist. Kotschy^), der eine eingehende Beschreibung der europäischen und orientalischen Quercus-kviQxx geliefert hat, vereinigt jene Arten, deren Becher dicke hervorstehende Schuppen besitzen, zur Gruppe der Pachylepten, die wieder in drei Untergruppen 5) zerfällt 4) Harz, 1. c, p. 887. 2) Neugriechisch ßaXärtor = ßalccvifhov = ßa7.äi'og = Eichel. Handwörter- buch der neugriech. u. deutsch. Sprache. Tauchnitz 1841; vgl. auch Heldreich, Die Nutzpflanzen Griechenlands, p. 16. 3) Vorher, zur Warenkunde, HI, p. 294. 4) Die Eichen Europas und des Orients. Wien 1859 — 1.S62. ^^0 Taf. 5) Die Gruppierung Kotschys ist folgende (Gruppe Pachylepten): I. Aegilops (Schuppen flach und aufrecht). Quereus graeea Kotschy. Griechenland. Liefert Valonea. Q. Elirenhergii » Kleinasien. Q. macrolepis » Griechenland. Liefert Valonea. Q. oophora » Kleinasien. > » Q. Brantii Limll. Kleinasien. H. Aegilospidurn (Schuppen kantig, nach außen gebogen). Q. Vallonea Kotschy. Kleinasien. Liefert Valonea. Q. Ithaburensis Dcsne. Kleinasien. Q. Pyrami Kotschy. Kleinasien. Q. Ungeri » » Unreife Früchte als Valonen im Handel nach Wiesner. HI. Mikroaegilops (Schuppen nur an den Spitzen frei, sonst verwachsen). Q. persica Jaub. Siidpersien. 824 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. wird; von diesen zum Teil stammt die Valonea des Handels. Eine neuere Bearbeitung der Gattung Quercus von Prantli) unterscheidet drei Sek- tionen, deren dritte, Lepidohalanus Endl, zum Teil den Pachylepten Kotschys entspricht. Die zur dritten Sektion gehörige Gruppe Cerris Spach. enthält u. a. jene zwei Arten, von welchen zweifelsohne der größte Teil der Valonea herstammt: Quercus Valonea Kotschy, die das östliche Verbreitungsgebiet (Kleinasien) beherrscht und breite, kantige Schuppen der Kupula besitzt; ferner Quercus rnacrolepis Kolschy^ die dem west- lichen Verbreitungsgebiet (Griechenland, Süditalien) angehört und durch breite, flache Schuppen gekennzeichnet' ist. Allerdings ist anzunehmen, daß noch andere Arten, wie Q. graeca Kotschy, Q. oojjhora Kotschy^ vielleicht auch Q. TJngeri Kotschy Valonea liefern; Wiesner^) gibt an, daß er die Früchte der lertztgenannten Art, sowie die von Q. coccifera L. (die aber nach Prantl nicht mehr der Gruppe Cerris , sondern der Gruppe Silber angehört) als Valoneasorten im Handel gefunden hat; Q. coccifera soll nach demselben Autor die albanesische Valonea liefern. Ascherson und Graebner (Synopsis IV, p. 459) stellen wieder die alte Linnesche Art Quercus Äegüops auf, zu der als Abänderungen -ge- hören: A. Quere, aeg. var. graeca Kotschy und var. Portugalussa Orph.; B. Quere, aeg. var. rnacrolepis Boiss.., hierzu die Form Taygetea Orph.\. C. Quere, aeg. var. Cretica Bai. — Die von Kotschy als Qu. Vallonea bezeichnete Form wird von den genannten Autoren (1. c. 451) als eine Rasse von Qu. Tournefortii Willd. (= Q. Cotis var. Tournefoo'tü K Koch) angegeben, deren Früchte die echten Smyrna-Valonen sind. Syno- nym mit Qu. Vallonea Kotschy ist Q. pseudocerris Boiss. (Qu. Cerris ß. pseudocerris Boiss.) Nach der Tabelle von H. Mendel 3) sind 60 Handelssorten und Unter- sorten der Valonea 4) bekannt, die sich nach der geographischen Ver- \) Engler-Prantl, Pflanzenfam., III, 1, p. 57. 2) Rohstoffe, \. Aufl., p. 783. 3) Valonea-Typen 1877. Triest. 4) Dieselben sind: Durazzo (Erstlingsware), Valona, Murto, Parga, Corfu (Erst- lingsware, do. Mittel, Secunda, Prevesa prima, do. Mittel, St. Quarannta, St. Maura Prima, do. Mittel, Cimara, Patrasso, Dragomestra, Astaco, Aetohco-Achaja, Misso- lunghi, Caravasscra, Arcadia, Navarino, Maina Marathonissi Githion Prima, do. Mittel,, do. Secunda, Zea, Oropo, Candia Erstlingsw., do. Relhymo Prima, Candia Mittel, Enos, Dedeagh, Rodosto, Makri, Dardanellen, Troja, Giovata, Antifilos, Rodi, Adalia Prima, do. Secunda, Caramania Prima, do. Secunda, Metelino Hochprima, do. Prima, do. Mittel, do. Secunda, Smyrna Hochprima, do. Prima (mezzana), do. Barlo .un acqua, do. Aidin, do. Aivah, do. Aivagik, do. Demirgik, do. Uschak, do. Mittel (uso inglese), do. Scasto Refus, do. Imitation, Maina canattina, do. Erstlingsware, Arcadia Erst- lingsware. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 825 breitung zu etwa vier Haupttypen zusammenfassen lassen. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß dieselben vier systematischen Spezies ange- hören. — Diese vier Typen sind: I. Typus: Kleinasiatische oder Smyrna-Valonen, umfaßt die besten Sorten (siehe die Aufzählung in Note 4, p. 82i). II. Typus: Griechische Insel- und Griechische Festland- Valonea; dazu gehören Prevesa, Patrasso, Dragomestra, Caravassera, Gorfu, Dardanellen, Zea usw. , die ebenfalls hierher gerechneten Pro- venienzien Candia, Metilino und die Morea-Sorten weichen von dem allgemeinen Typus etwas ab; Metilino (Mytilene) vereinigt den Insel- und den Candiatypus; die Morea-Sorten, wozu Maina, Arcadia, Navarino ge- hören, bilden gewissermaßen Bastard- oder Cbergangsformen, indem sie die Eigenschaften des IL Typus mit denen des III. vereinigen '). III. Typus: Albanesische oder (zum Teil auch) Golfo-Valonea, die untergeordnetste Sortengruppe; dazu Durazzo, Valona, Parga usw. IV. Typus: Karamania-Valonea, die östlichste Sortengruppe, von welchen die Adalia-Sorte den Übergang zum Smyrna-Typus bildet. Jene Sorten, die noch geschlossene Becher (mit aufwärts und zu- sammengeneiglen Schuppen) mit den Früchten enthalten, werden mit dem Namen Camata^) bezeichnet; sind die Früchte zugleich noch un- reif und klein (haselnußgroß), so heißen sie Camattina^); diese kommen insbesondere beim II. Typus vor. Sogenannte unreife Valonea wird in die Qualitäten Rabdista (Schuppen noch nach aufwärts gerichtet) und Chondra (Schuppen horizontal oder umgeschlagen) geschieden. Bevor wir die einzelnen Typen und deren wichtigste Vertreter näher charakterisieren, soll zuerst eine allgemeine Beschreibung der Valonea- Kupula gegeben werden. An der Valonea unterscheidet man den Becher (Kupula) und — wenn vorhanden — die Frucht (Eichel). Der Becher besteht aus dem eigentlichen Becherteil mit der Becherhöhle und den auf der Außenseite desselben sitzenden Schuppen, die morphologisch Blätter darstellen und, wie wir sehen werden, auch anatomisch ihre Blattnatur bekunden. Die Becherhöhle, in welcher die Frucht sitzt, wird von einer mit dichtem, kurzem und weichem Flaum bekleideten Wand gebildet; im Grunde der Höhle, wo die Frucht angewachsen ist, fehlt der Haarüberzug. Der Rand kann dick oder dünn, schmalkantig sein; es ist nach W. Eitner^) durchaus kein Kennzeichen einer guten Ware, wenn derselbe dick ist; auch sehr gerbsto ff reiche Sorten haben einen dünnen Rand. Die Höhle -1) Nach Mitteilungen des seinerzeitigen Direktors der Versuchsstation für Leder- industrie in Wien, Herrn Regierungsrat W. Eitner. 2) Es wird auch Chamada, bzw. Chamadina geschrieben. 3) Einiges über Valonea im allgemeinen. Der Gerber, iS??, Nr. 72. 826 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. kann flach oder tief, oben am Rande schmal oder ausgeweitet sein; nicht selten findet man gelbe abstäubende Häufchen von Pilzsporen, die den grauen Haarüberzug fast schwefelgelb färben. Entsprechend dem Kontur der Höhle ist auch der Umriß des Bechers sehr verschieden; man findet flach-kreiselförmige, halbkugelige, ellipsoidische, selbst ei- förmige Becher. Ein wichtiges Kennzeichen zur Unterscheidung der Sorten, sowie zur beiläufigen Bestimmung ihrer Güte bieten die Schuppen. Größe, Gestalt, Richtung, Verhalten der freien Enden sind einer großen Verschiedenheit unterworfen, wobei auch der Reifezustand, in dem die Früchte geerntet worden sind, wohl zu beachten ist. Sind die Schuppen über die Höhle geschlossen, wobei sie oft auffällig den Invo- lukralschuppen eines Kompositenblütenköpfchens gleichen, so war die Frucht in der Regel nicht reif oder nicht vollreif. Die Schuppen sind flach, inserieren dann mit breitem Basisteil oder sie sind dreikantig, wobei eine starke Mittelrippe auf der Oberseite eine scharfe Kante bildet; bei einigen Sorten sind sie fast zylindrisch oder zylindrisch-prismatisch; sie sind in einer sehr flachen Spirale angeordnet, stehen sehr dicht, dicht oder nur locker aneinander und lassen sich im letzten Falle leicht ab- lösen, wobei die Insertionsstellen entweder flache und schmale gerundet rhombische Vertiefungen bilden oder an flache Zellen einer Honigwabe erinnern; die Schuppen können endlich dem Becherkörper anliegen und nach aufwärts orientiert sein oder sie sind scharf abgewendet, fast senkrecht zur Becherwand gestellt, an der Spitze gerade oder haken- förmig gekrümmt. Es muß aber hier gleich bemerkt werden, daß nach den Untersuchungen des Autors diesen Richtungsverhältnissen viel zu viel Wert beigelegt worden ist, da anliegende und abstehende Schuppen in einer und derselben Warensorte vorkommen können; es hängt näm- lich die Richtung vielfach vom Reifezustand ab; doch kann im allgemeinen behauptet werden, daß flache Becher zumeist abstehende, ovoide Becher dagegen anliegende Schuppen besitzen. Auch die Größenverhältnisse, zum Teil von der Sorte, zum Teil aber auch vom Reifezustand bedingt, sind bedeutenden Schwankungen unterworfen; man findet Stücke von Haselnußgröße bis zu der einer großen Pferdenuß; im Handel gilt die Regel, daß die gute Ware »im Korn«' (d. h. im ganzen, nicht ver- kleinerten Zustande) groß und egal sein muß. Da die Schuppen, wie wir sehen werden, die Hauptträger des Gerbstoffes sind, so wird die schuppenreiche Ware im Werte höher stehen, als eine solche mit wenigen oder kleinen »fleischarmen« Schuppen. Die Schuppen für sich führen den Namen Drilo^) oder Quillat. -I) Die Abstammung des Wortes Drilo (Drillo, Drylo, Dryllo, Trillo) ist unklar. In albanesisch-epirotischen und in neugriechischen Wörterbüchern, die ich nachge- Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 827 ?fffl^ Der erste Typus, die kleinasiatische oder Smyrna-Valonea, charakteri- siert sich im allgemeinen durch die Größe der Becher, die Weife des Höhlenrandes und durch aufwärts stehende Schuppen. Der größte Durchmesser (inkl. Schuppen) ist im Mittel 3,3 cm, steigt aber bis 6,25 cm; der Becherrand ist meist dick, bei 3 mm, mitunter auch dünn und scharfkantig; die Schuppen sind 2 mm dick, 8—6 mm breit und nicht über 10 mm lang, stehen aufwärts mit eingebogenen Spitzen; sie sind mit einem hellgrauen Haarüberzug versehen, unter welchem sie rötlich durchschimmern; noch deutlicher tritt der rötliche Stich nach Abreiben des HaaranQuges hervor (Fig. 288 a u. b). Die Smyrna-Prima-Sorte besitzt die größten Becher; die Höhlenweite (Durchmesser) beträgt am Rande 18—23 mm, die Höhe des Bechers 23—28 mm, die Dicke der Wand über 1 cm. Die Schuppen sind mit breiter Basis inseriert, flach, breit, gegen die Spitze oft plötzüch abgesetzt und verschmälert, aufrecht-anliegend oder halbanhegend oder auch abstehend mit haken- förmig zurückgekrümmten Spitzen; als Merk- würdigkeit ist zu verzeichnen, daß hier und da auch schmale und dünne Schuppen vom Rande in die Becherhöhle hinabgebogen sind und der Innenwand des Bechers anliegen. Der Gerbstoö"- gehalt der Smyrna-Valonea schwankt von 20 bis 35 Proz.; Primasorten, deren Auslesen den Namen Mezzana führen, sollen nach Mendel 30 — 35, niedere Qualitäten 20 — 26. Proz. besitzen, W. Eitneri) gibt dagegen den Prozentgehalt mit 22,9 — 25,18 Proz. an; derselbe Autor fand, daß an den Bechern nicht selten Zuckerausscheidungen (die bekannte Manna quercina) auftreten, die den Gerbstolfgehalt, und zwar in günstigem Sinne be- einflussen; die mit Zucker bedeckte Ware hat stets eine größere Menge Gerbstoff, bis zu 23,18 Proz.; zuckerfreie dagegen nur 22 — 23 Proz. Die hohen, von Mendel angegebenen Zahlen dürften sich in der Weise erklären lassen, daß hauptsächlich der Gerbstoffgehalt der Schuppen in Rechnung ge- zogen wurde, denn der Unterschied im Gehalt an Gerbstoff, den die Becher und die davon isolierten Schuppen aufweisen, ist ein sehr beträchtlicher. Fig. 2S8. Smyrna -V al o n e a. 3/4 nat. Gr. a Primasorte mit nur aufreclit stehenden Scliuppen; von der Seite. — b Schuppen am Rande abstehend; von oben. schlagen habe, ist es nicht angegeben. Nach gütigen Mitteilungen von Herrn Prof. Kretschmar (Wien) an Prof. Wiesner scheint es mit d()v^- = Eiche oder mit dem altmazedonischen (fccovU.oi' = Eiche zusammenzuhängen. Hr. Prof. Jirecek (Wien weist in an Prof. Wiesner gerichteten Mitteilungen auf das lateinische trua, truella, truUa = Kelle, Pfanne, Schöpfgefäß und trulleum, trullium = Becken, Waschbecken hin, von welchem wieder das byzantinische toovX'Aos- abstammt, das Kuppel heißt. Herrn Prof. Heldreich in Athen, an den ich mich gewendet, ist das Wort unbekannt. Quillat wohl nach dem französischen quille (Kegel) oder dem englischen »quill« (Kiel, Falte; das Zeitwort »quill« bedeutet »abschälen«), 1) Zur Valoneafrage. Der Gerber, 1876, Nr. 36, p. 430. 828 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Nach W. Eitner zeigten, nach H. Jahni, Proz. Gerbstoff Proz. Gerbstoff Becher, vollständig abgeschuppt 23;87, 22,615 der Drilo davon (die Schuppen allein) 34,6, 36,60 Becher allein, von Smyrna, hoch prima 30,3, der Drilo davon 41,09. Man kann also feststellen, daß bei Smyrna der Unterschied bei und über 1 0 Proz. beträgt. Bei Inselware, welche kleinere und »fleischarme« Schuppen besitzt, ist die Diffe- renz weit geringer; es besaßen von einer Camata-Sorte die Becher allein 20,9 Proz. Gerbstoff, der Drilo davon 21,817 » » Es darf übrigens nicht außer acht gelassen werden, daß die Gerbstoffmenge nach den verschiedenen Methoden, die bei der Bestimmung des Gerbstoffes in An- wendung kommen, verschieden hoch ausfällt. Nach Hermann Bodenstab2) erhält man aus Valonea (aus welcher?) nach der Filtermethode 32,1 Proz., nach, der Schüttelmethode aber nur 29,4 Proz. Gerbstoff, aus dem Drilo 42,5, bzw. 38,6 Proz. Solche nicht unbedeutende Differenzen zeigen auch andere Gerbmaterialien (vgl. Myro- balanen, Dividivi, Sumach). Durch die Verpackung, den Transport, die Sortierung usw. fällt gewöhnlich eine gewisse Menge Drilo ab, die bei Mezzana (Smyrna Prima-Auslese) bis 33 Proz., bei naturellen Qualitäten selbst bis 40 Proz. betragen kann. Der sogenannte künstliche Drilo3) besteht aus schlechter Valonea, Eicheln und dünnen Eichenzweigen. Der Charakter des zweiten Typus, der griechischen Insel- und Fest- land-Valonea, liegt in dem Verhalten der Schuppen: diese sind weniger regelmäßig, lang, dünner und weniger fleischig, die Spitzen häufig hakig gekrümmt, das Aussehen der Becher ein krauses; hierher gehören viele Sorten mit geschlossenen Bechern (Camata und Camattina). Einige Beispiele: Candia: mittelgroße, ziemlich tiefe Becher mit 20 mm "Weite des Höhlenrandes und 15 — 20 mm Höhe. Schuppen sehr lang, aufgerichtet und abstehend, schmal, kantig, mit stark vorspringender Mittel- kante auf der Ober- (Vorder-)Fläche, die Spitzen hakenförmig rückwärts gekrümmt; Gerbstoffgehalt bei Erstlingsware 27,80 Proz., bei reifer Ware 32,19 Proz. — Prevesa: große halbrunde Becher von 24 — 25 mm Höhe, die Höhlenweite bis 25 bis 26 mm. Schuppen üach, sehr lang, locker gestellt, abstehend, leicht abzu- brechen, die Insertionsstellen flachen Bienenwabenzellen vergleichbar; Gerbstoffgehalt r 25,42 Proz. Eine Prevesa camattina (die unreifen Früchte) hat sehr verschieden große, oben von den Schuppen geschlossene Becher, die Schuppen sehr flach, auf- fallend stark grauweiß behaart und daher seidig glänzend. — Patrasso: Becher klein bis mittelgroß, BecherhöHlenweite 1 5 — 20 mm, Schuppen abstehend oder halb aufrecht, flach; Gerbstoffgehalt: 25,8 Proz. — Metilino prima: große und sehr große Becher, die Höhlenweite meist 23 — 25 mm, die Becherhöhe 15 — 20 mm; Schuppen abstehend, flach, sehr dicht aneinandergereiht, aber kurz, meist nur 1/2 bis 3/4 cm, dadurch von dem Typus etwas abweichend , wahrscheinlich eine Übergangs- form; Gerbstoffgehalt: 27,57 Proz. — Ganz anders hierzu verhält sich Maina (eine 1) H. Jahn, Notiz über einige griechische Gerbmaterialien. Ber. Deutsch, ehem. Gesellsch., 4 878, p. 2107. 2) Die wichtigsten Gerbstoffpflanzen der deutsch-afrikanischen Schutzgebiete. Tropenpflanzer, 17, 4 913, p. 465. 3) Der Gerber, 1895. p. 61. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 829 Morea-Sorte): kleine bis mittelgroße, aber niedere Becher (Becherhöhe IS — 15 mm, Höhlenweite 20 mm); die Schuppen fast immer abstehend, auch zurüdigekrummt, sehr lang (1 cm und darüber), dreikantig; Gerbstoffgehalt: 27,26 Proz. Eine zur Maina-Sorte gehörige Camata nach Jahn 33,48 Proz., eine Camatlina 35,45, Rhab- tiista 30,08, Chondra 27.03 Proz. Die Sorten Ghia und Achaia sind weit ärmer an Gerbstoff. Für den dritten Typus, die albanesische Valonea (Golfo-Typus), lassen sich als wesentliche Merkmale angeben: die Becher sind langgestreckt, die Becher- höhle ist oft ellipsoidisch, der Querdurchmesser im Maximum 2 cm, die Schuppen sind lang, fleischlos, am Ende zugespitzt, zurückgekrümmt und hakenförmig umge- bogen. Zu den besseren hierher gehörigen Qualitälen, die im allgemeinen nur wenig geschätzt sind, da die Becherwand zumeist dünn ist, gehört Golfo Durazzo ca- mattina. Wie schon die letzte Bezeichnung erkennen läßt, enthält diese Sorte viele unreife Früchte und ist daher nicht egal. Becher sehr klein- bis mittelgroß, die Schuppen schließen die Becherhöhle zu; an den offenen beträgt die Höhlen weite 10 bis 17 mm, die Becherhöhe 15 — 18 mm. Die Schuppen sind mittelbreit, dreikantig oder etwas abgeflacht, ziemlich lang. Der Gerbstoffgehalt wird mit 26,9 Proz. angegeben. — Dagegen hat die Sorte Valona nur 21 — 22, Parga 22 — 23 Proz. Der vierte oder Caramania -Typus ist durch dünnwandige Becher und schmale, kantige, selbst zylindrische Schuppen gekennzeichnet. Caramania Prima besitzt kleine und große Becher; Becherhöhe 12—20 mm, Höhlenweite 22, ausnahms- weise bis 25 mm; die Schuppen sind kantig, abstehend, zurückgekrümmt oder selbst eingerollt, auffallend dünn und schmal. — Caramania camattina besteht aus haselnußgroßen Bechern, deren Höhlung nicht durch Schuppen verschlossen ist; diese sind fast bis zur Hälfte miteinander verwachsen, die freien Enden entweder kurz- hakig oder zylindrisch, stielrund, aufgerichlet-anliegend. Becherhöhe 14 — 16 mm, Höhlenweite 8 — 10 mm. — Adalia enthält nur flache und breite Becher (Becherhöhe 14 — 15 mm) mit ziemlich großer Höhlenweite (16 — 25 mm); die Schuppen sind (aus- nahmsweise) flach und nicht stielrund, daher die Sorte den Übergang zum Smyrna- Typus bildet, was auch in der geographischen Lage begründet ist. Gerbstoffgchalt: 23 Proz. Wahrscheinlich gehört hierher auch die syrische, aus dem Hinterlande von Alexandrette stammende Sorte. Unter dem Namen kaukasische Valonea ist eine Ware in den Handel ge- bracht worden, deren Becher schmutziggrau aussehen, keine Schuppen tragen, son- dern außen kurz und stumpf höckerig sind und eine Höhe von 10 mm besitzen. Sie stammt von einer Quercus-kvl, die einer ganz anderen Sektion angehört, und ist gänzlich wertlos, da der Gerbstoffgehalt nur 2,98 Proz. beträgt. Da die Valonea zum grüßten Teil aus den leeren Bechern besteht und nur die Camata- und Camattina-Sorten Früchte in größerer Menge enthalten, so ist in der nun folgenden Besprechung des anato- mischen Baues der Valonea vornehmlich auf die Becher Rücksicht ge- nommen worden. Diese und insbesondere die Schuppen sind es ja, die als Träger des Gerbstoffes den Wert der Ware bedingen. Die Schuppen sind (reduzierte) Blätter und besitzen den Bau eines isolateralen Blattes, worunter man ein solches versteht, dessen Mesophyll zwei- gliedrig ist, also aus Palisaden- und Lückenparenchym zusammengesetzt ist, wobei aber die Palisadenschicht auf beiden Blattseiten entwickelt 830 Zweiundzwanzigster Abschnilt. Früchte. ist und das Lückenparenchym umschließt. Der größte Teil der Ober- haut (Fig. 289ep,h) wird von den 100 — 200 f.i langen, selten längeren, Fig. 289. Vergr. 400. Partie eines Querschnittes durch die Valonea-Schuppe an der Außenseite. rp Epidermis, größtenteils zu Haaren {h) umgewandelt, pa großzelliges Parenchym, dem Pulisaden- parenchym entsprechend; seh Schwammparenchym mit großen Interzellularen t; sei Sklerenchymzellen- gruppe, st weitlichtige Steinzellen, g Teil eines Gefäßbnndels. In pa zwei Zellen mit der getüpfelten Wand von der Fläche. Die Inhaltskörper (zumeist GerbstoiF) durch Auswaschen entfernt. walzenförmigen, am freien Ende spitzen oder abgestumpften einzelligen, sehr stark verdickten, mitunter gewundenen, nicht verholzten Haaren Zweiundzwanzigster Abscimitt. Früchte. 831 gebildet; das Lumen der Haare ist mit Ausnahme des Basisteiles auf eine Linie reduziert; häufig stehen mehrere Haare unmittelbar neben- einander und werden in diesem Falle als »gebüschelte Haare« bezeichnet. Vereinzelt linden sich auch kurze, dünnwandige Haare vor. Nicht zu Haaren verlängerte Oberhautzellen sind weit seltener. Das Palisaden- parenchym (Fig. 289j9«) ist selbstredend nicht so typisch ausgebildet, wie an einem grünen Laubblatt, doch ist der Palisadencharakter noch hinlänglich deutlich ausgeprägt; es besteht aus senkrecht zur Oberfläche gestellten und ebenso gestreckten ziemlich starkwandigen und verholzten Zellen, die aber häufig mit kürzeren und mehr oder weniger rundlichen Zellen abwechseln. Das Lückenparenchym setzt sich aus auffallend runden oder abgerundeten Zellen zusammen und ist reich an sehr ver- schieden großen Interzellularen (Fig. 289 sc/?, i). In diesem Gewebe sind einzelne Sklerenchymzellen und Gruppen (sc) derselben eingebettet: dort, wo die Gefäßbündel sich vorfinden, ist das Parenchym kleinzellig und fast nicht lückig. Die Gefäßbündel führen sehr schmale Spiroiden und langgestreckte poröse Zellen (g). Die nicht reichlich auftretenden Skleren- chymzellen sind entweder weitlichtig, sehr reichlich getüpfelt, verschieden gestaltet, aber im allgemeinen isodiametrisch oder sie sind nach der Längsachse der Schuppe ausgedehnt, stabfürmig, spindelig, am Querschnitt nach Einwirkung von Kalilauge schön geschichtet, mit kleinem, unregel- mäßigem Lumen versehen, Bastfasern im Querschnitt sehr ähnlich. Die Sklerenchymzellen sind in Längszügen angeordnet und bilden gewisser- maßen Stützen zur Aufrechthaltung der Schuppe; die sehr auffällige Verholzung des Palisadenparenchyms soll offenbar eine Starrheit der oberflächlichen Decke bewirken, damit die inneren Gewebeteile beim Eintrocknen der Schuppe nicht zusammengepreßt werden. Um die Ver- teilung dieses mechanischen Stützensystems gut zu beobachten, müssen die Längsschnitte der Schuppen zuerst durch Behandlung mit Kalilauge und Auswaschen mit Wasser von dem Gerbstoff, der das mikroskopische Bild sehr undeutlich macht, befreit w^erden, worauf man sie mit Phloro- gluzin-Salzsäure versetzt. Das rotgefärbte Palisadenparenchym und die ebenso gefärbten Sklerenchymsäulen stechen von dem farblosen Lücken- parenchym lebhaft ab. Alle Parenchymzellen, die das »Fleisch« der Gerber bilden, führen eisenbläuenden Gerbstoff, der sich in Kali mit tiefrotbrauner Farbe löst. Die die Becherwand zusammensetzenden Gewebe sind von denen der Schuppen in bezug auf Art, Größe und Anordnung der Zellen wesent- lich verschieden. Im allgemeinen lassen sich zwei ziemlich scharf differen- zierte Schichten unterscheiden (Fig. 290). Die innerste, die Becherhöhle umgrenzende Schicht bildet einen 6 — 12 Reihen mächtigen Streifen, dessen Zellen tangential zusammengepreßt sind und einen kollenchy- 832 Zweiundzwanzisster Abschnitt. Früchte. matischen Charakter haben; sie enthalten Gerbstoff und vereinzelt sehr kleine Kristallrosetten. Gegen die Becherhöhle ist dieser Streifen durch eine Oberhaut abgeschlossen, deren Zellen wieder größtenteils zu 200 bis 600 1.1 langen Haaren i) ausgewachsen sind, während die plattenförmigen eigentlichen Oberhautzellen nur in geringer Zahl vorkommen und schmäler sind als die des kollenchymatischen Streifens. Die Ilaare haben den- selben Charakter wie die der Schuppen, nur sind sie viel größer und stärker. Das sehr mächtige Mittelgewebe, das »Fleisch« des Bechers, besteht aus einem kleinzelligen, dünnwandigen Paren- chym und aus sehr mächtigen Steinzellen- komplexen, gegen die das Parenchym oft sehr zurücktritt. So sind z. B. die Becher der albanischen Valonea fast nur aus sklero- sierten Zellen zusam- mengesetzt, daher sehr spröde. Solche Skle- re'idenmassen finden sich schon — eine unterbrochene Grenz- scheide bildend — zwischen Kollenchym und Mittelschicht, ja selbst in dem Kollen- chym findet man skle- rosierte Zellen in tan- gentialer Aneinander- reihung. Diese Steinzellen sind von denen der Schuppen durch geringere Größe und viel stärkere Verdickung unterschieden (Fig. 290 s^). Es ist nun erklärlich, warum das Bechergewebe verhältnismäßig weniger Gerb- stoff enthalten muß als die Schuppen, da die Hauptmasse des Bechers aus Steinzellen, die der Schuppen dagegen aus gerbstoffreichen Paren- chymzellen besteht; ebenso begreiflich ist es, daß eine schuppenreiche Fig. 290. Vergr. 300. Partie eines Quersclinittes vom Innenrande des Valonea-Bechers. pn Parencliym mit Steinzellgruppen st; ko innerste, einem zusammengepreßten Kollenchym gleichende Schicht mit zuhl- reichen Haaren (//). Der KoUenchymstreifen durch dunklere Färbung ziemlich scharf vom Paienchym abgegrenzt. 1) Die Sorte Prevesa hat bis \ mm lange, sehr dünne Haare. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 833 Valonea (mit dichtgestellten breiten Schuppen) eine wertvollere Ware darstellt als die schuppenarme, und daß der Drilo stets einen höheren GerbstofTgehalt aufweisen muß als die entschuppten Becher. Das Mittelgewebe wird von Gefäßbündeln, die aus zarten Spiroiden und sehr stark verdickten, porösen, spindeligen Bastfasern bestehen, durchzogen. In den Parenchymzellen sind nebst Gerbstoffmassen Kri- stallrosetten von Kalziumoxalat enthalten, an denen schon Wiesner i) eine eigentümliche Rotfärbung durch Kalilauge beobachtet hat; sie sind nämlich mit Gerbstoff imprägniert. Der Gerbstoff der Valonea wird durch Eisenchlorid grünlichblau gefärbt. Eine von Wiesner untersuchte albanesische Valonea gab mit Wasser gekocht auf Zusatz von Eisenchlorid olivgrüne Niederschläge. Die Früchte der Valonea gleichen den Eicheln unserer heimischen Quercus-Arten'^) , sind aber großer, ziemlich hellgefärbt und besitzen eine dicke Schale. Diese setzt sich im wesentlichen aus Oberhaut, Sklerenchym und Parenchymschicht zusammen. Auf einige bemerkens- werte Eigentümlichkeiten hat J. Mo eller 3) aufmerksam gemacht. »Die Oberhaut besteht aus unregelmäßig polygonalen (nicht wie bei unseren Eicheln reihenweise geordneten) kleinen (meist 12 — 15 /.i im Durch- messer) Zellen, deren Wände in der Aufsicht ungleichmäßig verdickt sind und deren Lumen fast vollständig von einem kompakten glänzen- den Körper eingenommen ist. Der Querschnitt gibt die Aufklärung: die Oberhaut ist von einer außerordentlich mächtigen Kutikula bedeckt und die Außenwand jeder Oberhautzelle ist zu einem Zapfen verdickt, der das Lumen zu einer muldenförmigen Spalte verengt. — Die Kristallzellen unter der Oberhaut bilden streckenweise eine zusammenhängende Schicht und die folgende Sklerenchymschicht setzt sich aus vielgestaltigen, zum Teil wellig buchtigen Zellen zusammen, die nicht so stark verdickt sind wie bei der heimischen Eichel. Innerhalb dieser Sklerenchymschicht, nur wenige Zellen von ihr getrennt, liegt eine zweite, stellenweise unter- brochene aus schwach verdickten Zellen und weiter nach innen kommen auch noch einzelne Steinzellengruppen vor. Das Parenchym ist farblos« (J. Moeller). Die Valonea kommt nicht nur in ganzem Zustande, »im Korn«, sondern auch in verschiedener Feinheit gemahlen im Handel vor. Die Unterscheidung des Valoneapulvers von Knoppernmehl ist eine sehr schwierige und J. Moeller hat in seiner oben zitierten Studie eine 1) Rohstoffe, 1. Aufl., p. 786. 2) Vgl. darüber insbesondere Mit lach er, Die Fruchthüllen der Eichel usw. Zeitsch. d. allg. öst. Apoth.-Ver., 1901 und Österr. Jahreshefte f. Pharmazie, 2. Hft., 1901, p. 1—7. 3) Knoppern und Valonea. Chera. Ztg., 1901, Nr. 73. Wiesner, Eolistoflfe. III. Band. 3. Aufl. 53 334 Zweiundzwanzigster Abschnitt, Früchte. Diagnostik der beiden Materialien zu geben versucht. Im Valoneamehl fallen insbesondere die langen einzelnen oder gebüschelten Haare, die Steinzellgruppen und das Parenchym, sowie auch der koUenchymatische Innenstreifen auf, dagegen fehlt Stärke fast völlig; auch die Verschieden- heit der Oberhautzellen der Valoneafrucht und der heimischen Eichel bietet ein brauchbares Unterscheidungsmerkmal. Seit welcher Zeit die Valonea als Gerbmaterial zur Verwendung kam, ist noch nicht ermittelt worden i); daß sie schon im 18. Jahrhundert Handelsgegenstand war, ist indes sicher2). Sie wird hauptsächlich zum Gerben des Sohlenleders (für sich allein oder im Gemisch mit anderen Gerbmaterialien) sowie zum Schwarzfärben (z. B. der Seidenhüte) ange- wendet. Wie Semler angibt, verhält sich die Valonea bezüglich ihrer Gerbungseigenschaften wie die Dividivi; sie macht das Leder hart, gibt ihm gutes Gewicht und helle Farbe. Der Ernteertrag in Griechenland schwankt von 5000 — 7400 t. Valonea ist auch ein Bestandteil des chinesischen Arzneischatzes 3). 5. Hopfen. Die Gattung Humulus enthält nur zwei Arten: die europäische Hopfenpflanze Humulus Liqmlus L. und die in China und Japan ver- breitete einjährige Art H. jcqjonicus Sieb, et Zuec. Humulus Lupulus, eine zweihäusige, rechtswindende, sehr charak- teristische Schlingpflanze unserer Gebüsche und Auwälder ist in ganz Europa, im nördlichen und mittleren Asien einheimisch, scheint aber in gewissen Gebieten eine besonders starke Verbreitung erlangt zu haben. Als solche sind einige südliche ehem. Österreich, und ungarische Provinzen, wie Istrien, Krain, Dalmatien, ferner Kroatien und Slavonien, zu nennen, wo nach C. 0. Czech*) der wilde Hopfen in einer enormen Individuen- zahl auftritt. Von dieser Art stammt der Kulturhopfen, dessen Frucht- stände oder Kätzchen seit alter Zeit das zur Würzung des Bieres ver- wendete Rohmaterial darstellen. Ob eine in Japan vorkommende Varietät, der herzblättrige Hopfen [Humulus Liqmlus var, cm-difolius Miquely auch als Art betrachtet), daselbst zu Brauereizwecken dient, ist nicht sicher festgestellt, wohl aber sehr wahrscheinlich, da die Fruchtzapfen h) Die Früchte der Valonea-Eichen dienten schon im Altertum in Griechenland als Nahrungsmittel {cp7jyo^] und werden auch jetzt noch in den Heimatländern roh oder geröstet genossen. Unger, Bot. Streifzüge auf dem Gebiete der Kulturgeschichte (Sitzgsber. d. Wiener Akademie). 2) Böhmer, 1. c, II, p. 294. 3) F. Ebert, 1. c, p. 24. 4) Allg. Hopfen-Zeitung, -1878, II, p. 497, zit. nach Braungart, s. Note 2 auf p. 836. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 835 dieselben würzenden Bestandteile aufweisen wie unser Hopfen. Dagegen ist der Gebrauch der Zapfen von H. japonicus wegen ihrer großen Armut an den spezifischen sekretführenden Drüsen wohl nahezu aus- geschlossen. Die Kultur des Hopfens umfaßt in Europa und Nordamerika eine Anbaufläche von 118000 hai] mit einem Ernteertrag von über 1 Million Meterzentner. An der Anbaufläche nehmen das Deutsche Reich mit 27, das ehem. Österreich-Ungarn mit 8,3, England mit 26, Belgien, Holland, Ruß- land und Frankreich zusammen mit 12,6, die Union mit 25 und Australien 1 Proz. teil. Bestimmte Bezirke der hopfenbauenden Länder haben sich infolge der daselbst gewonnenen ausgezeichneten Produkte zu wahren Zentren dieser Kultur herangebildet, und dies gilt vor allem von Böhmen und Bayern. In Böhmen 2) sind es die Gebiete von Saaz-Rakonitz (Saazer Kreis-, Bezirks- und Stadthopfen), Auscha-Leitmeritz (der berühmte Rothopfen, Dauba-Melnik (Grünhopfen) und Auscha-Polepper Platte; in Bayern die Gebiete von Spalt (Spalt Land, Spalt Stadt), Kinding und Betzenstein, die den vorzüglichsten Hopfen produzieren und deren Qualitäten den Weltmarkt beherrschen. Die nicht minder vortreffliche englische Ware bleibt im Erzeugungslande, das für seinen großen Bier- bedarf noch fremden Hopfen importieren muß. Die Mittelpunkte des Hopfenhandels sind den Kulturstätten entsprechend die Städte Saaz, Nürnberg, London und New- York. Nach einer von B. Erben 3) auf- gestellten Wertschätzungsskala rangieren die Hopfen quali täten in bezug auf ihre Güte folgendermaßen: altböhmischer Rothopfen, Spalt, Kent, Auscha, Neutomischl, Württemberg, Baden, Dauba, Aischgrund und Hers- bruck, Sussex, Burgund, Elsaß, Aloest (Belgien), Rußland. Zur Kultur M werden selbstverständlich nur die weiblichen Pflanzen -1) Frant. Chodounsky, Über die "Wertschätzung des Hopfens nach dessen äußeren Eigenschaften. Verlag des Ver. z. Gründg. u. Erhaltg. der Versuchsanstalt f. Brauindustrie in Böhmen. Prag 1898, p. 5. 2) Außer Böhmen sind in Österreich noch als Hopfenproduktionsgebiete zu be- zeichnen: das Mühlviertel in Oberösterreich (Lembach, Neufelden, Rohrbach), Oststeier- mark (Fehring, Feldbach, Fürstenfeld usw.) und Südsteiermark-Sanntal (Cilli, Fraaz, Oberburg), ehemals auch das Gebiet Trschitz in Mähren (Leipnik, Olmütz und Prerau). Nach der Min.-Verordnung 1907 (Anhang zum Kapitel Hopfen und Malz im Codex alimentarius austriacus, Bd. HI). Daselbst ist die Abgrenzung der böhmischen Hopfen- produktionsgebiete anders angegeben, als oben im Texte, wo die wichtigsten Stadt- gebiete angeführt sind. 3) Nach Chodounsky, 1. c, p. 7. 4) E. Große, Der Hopfen in botanischer, landwirtschaftlicher und technischer Beziehung. Mit 78 Fig. Wien 1899 und 1909. H. Myrick, The Hop, its culture, eure, marketing and manufacture, London (n. d.). — Günzel, Der Saazer Hopfenbau, Saaz ,1904. Fr. Wagner, Die bayrischen Hopfensorten. Mit 33 Taf. u. Abbild. Stuttgart 1905. — Fruwirth, Hopfenbau und Hopfenbehandlung, 2. Aufl., Berlin 1908. 53* 335 Zweiundz\Yanzigster Abschnitt. Früchte. genommen; den Gegenstand der Ernte bilden die Fruchtstände mit voll- kommen erwachsenen Blättchen i). Die einzelnen Fruchtstände (botan. Kätzchen, im Handel Hopfenzapfen, Hopfendolden, Trollen, Köpfe, Kolben^ Häupter 2) genannt), erreichen eine Länge von 2 — 5 cm und eine Breite von 1,5 — 2,5 cm; feine Sorten sollen nicht mehr als 3,5 cm lang werden^). Die Farbe des Hopfens w'wd nach Ghodounsky durch die Witterung zur Zeit der Reife und der Ernte, durch den Reifegrad, durch die Art des Trocknens und der Lagerung bedingt. »Ein reifer Edelhopfen hat eine gelbliche Grundfarbe, ist rötlich-goldgelb mit sattgrünem Stich. Reingrüne Hopfen mit satterem Stich verraten eine vorzeitige Ernte, worauf auch die geringere Menge Hopfenmehl hinweist. Wenn die Dolde in- folge schlechten Wetters und Wind durch An- schlagen an die Drähte oder Stangen (oder durch Hagelwetter) Verletzungen erlitten hat, dann zeigt sie Flecken von rötlicher bis ziegelroter Farbe, wodurch die Qualität des Hopfens wohl nicht be- einträchtigt wird, doch hat ein Hopfen mit vielen solchen Dolden ein etwas mangelhaftes Aussehen« Fig. 291. Ein Fruchtstand (Gho d ounsky). Fig. 291 Zeigt einen Fruchtstaud (»Hopfendolde«) von Saazer (jgj. besten böhmischen Hopfeusortc (Säazer Stadt- (Chtdlunsky.) hopfcu). An dem Fruchtstand des Hopfens 1) Sowohl in wissenschafthchen, wie in den meisten praktischen Werken wird das Ernteprodukt als »Blütenstand« bezeichnet. Strenggenommen ist das unrichtig, denn zur Blütezeit sind die Deck- und Vorblätter noch sehr klein und die Sekretdrüsen nicht entwickelt. Nur die Frachtstände mit ausgewachsenen Blättchen sind das Objekt der Ernte. 2) Richard Braungart, Der Hopfen aller hopfenbauenden Länder der Erde als Braumaterial, nach seinen geschichtlichen, botanischen, chemischen, brautechnischen physiologisch-medizinischen und landwirtschaftlich-technischen Beziehungen, wie nach seiner Konservierung und Packung. München, Leipzig, R. Oldenburg, 1901. Das sehr umfangreiche Werk enthält so ziemlich, die Gesamtliteratur über den Hopfen und zahlreiche Abbildungen von verschiedenen Hopfensorten. Aus dem geschichtlichen Teile ist hervorzuheben, daß der Verfasser die Osseten, ein kaukasisches Gebirgs- volk, angeblich germanischen Ursprungs, als diejenigen bezeichnet, die zuerst ein unserem Biere nahe verwandtes Getränk dargestellt und zuerst hierzu den (wilden) Hopfen verwendet haben. — Andererseits wird angegeben, daß die Slawen zuerst Hopfen als Bierwürze anwendeten, und nach einer Annahme Linnes die Einführung des Hopfens von Osten her in der Zeit der Völkerwanderung erfolgte. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts war der Gebrauch des Hopfens in Rußland allgemein bekannt. Vgl. Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere, 7. Aufl. (1902). 3) Nach G. Marek sind die mittelgroßen Zapfen stets die wertvollsten. Mit- teilungen aus dem landwirtsch.-physiol. Laboratorium und landwirtsch. Garten der Universität Königsberg, 1889, Hft. H, p. 166—187. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 837 lassen sich folgende Bestandteile unterscheiden: 1. die Fruchtspindel (Zapfenspindel, von den Praktikern Kamm, Stiel, Rippe genannt; Fig. 292sp). Sie stellt einen Zweig (vorletzter Ordnung) dar und ist nach den Hopfensorten sehr verschieden gestaltet i); sie verläuft niemals gerade, sondern in stumpfen oder fast rechten Winkeln 5 — 9 mal knie- förmig hin- und hergebogen, sogenannte Spindelglieder bildend, und ist von einem dichten Filz weißer Haare bedeckt. Unterhalb eines jeden Gliedgipfels, also unter dem Knie, befinden sich zwei Insertiotisstellen (Fig. 2d2sp, i) für zwei Deckschuppen; an jedem Giiedgipfel, das ist also an dem oberen Ende eines Spindel- gliedes, entspringen (auf einem rudi- mentären letzten Zweig, der Priman- achse) zwei Arme mit je zwei Stielchen ; von diesen stehen die zwei kürzeren (Fig. 292 5^, a u. ß) an der Spindelseile, die zwei längeren [ß' u. /i,) an der Deckblattseite; mitunter kommen nur zwei Stielchen oder beim wilden Hopfen auch sechs vor. An den Stielchen sitzen die Vorblätter mit den Blüten, bzw. Früchten. 2. Deckschuppen. An je- der Insertionsstelle des Spindelgliedes (i) haften zwei Blätter, die aber nichts anderes sind als die beiden Neben- blätter (stipulae, Stipeln) eines in sei- nem Hauptteile nicht entwickelten Blat- tes; letzteres kann bei den sogenannten Verlaubungen des Zapfens 2) oft in an- sehnlicher Größe auftreten. Diese Deck- nebenblätter, kurz als Deckschuppen be- zeichnet, sind eiförmig, je nach der Seite, an der sie stehen, also nach rechts oder nach links stärker ent- wickelt und ausgeweitet (Fig. 292 c?^ d')^ spitz, seltener abgerundet, mit 10 — 12 auf der Innenseite hervortretenden ziemlich kräftigen Nerven versehen, die, enge aneinander parallel verlaufend, dem Blatte ein auf- fällig streifiges Aussehen verleihen; gewöhnlich sind die Deckschuppen an einer außerhalb der Längsachse gelegenen, ebenfalls der Länge nach verlaufenden Partie etwas faltig verknittert, was in der Zeichnung durch Fig. 292. Hopfen. Bestandteile der Hopfen- zapfen. /und/'Fruchtschnppen (Vorblätter) mit der spatliaähnlichen, die Frucht einhül- lenden Falte; d, d', d"Deckscliuppen(Stipula oder Nebenblätter eines nicht entwickelten Hochblattes), d" ein verwachsenes Deck- schnppenpaar; sp Teil einer Zapfenspindel; i Insertionsstelle einer Deckschuppe (d); a, ß', jh und ß, ß', ßi die Zweige letzter Ordnung, aufweichen die Fruchtschuppen (/) mit den Früchten sitzen; von dem inneren Paar ist immer nur ein Ästclien (« oder ß) sichtbar. Die Bezeichnung von sp nach dem Eichler sehen Diagramm (Blüten- diagramme, I, p. 61). — Etwas vergrößert. 1) Vgl. die Abbildungen in Chodounsky, 1. c., Fig. 3 und 10 — 13; ferner iraungart, Fig. XV — XX nach Holzner u. Lermer. 2) Abbildungen bei Braungart, I. c, Fig. XXVIII— XXXIII. 838 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. dunkle Schattierung angegeben ist, und mitunter findet man ein Paar verwachsen (Fig. 292c?"), wodurch auch der Nebenblattcharakter ange- deutet wird. Schlägt man die beiden Deckschuppen zurück, so findet man 3. die Fruchtschuppen, die auf den Stielchen a, /i, ß' u. ßi sitzen, und von welchen je ein Paar jeder der zwei Deckschuppen entspricht. Die Fruchtschuppen (auch Deckblätter, Stützblätter genannt) sind Vor- blätter und sind an einem Längsrande umgeschlagen, wodurch eine das zu unterst befindliche Früchtchen einhüllende Falte entsteht (Fig. 292/" u. /"'); nach diesem Verhalten kann man daher die Fruchtschuppen mit einer Spatha vergleichen. An Größe und Gestalt gleichen sie den Deck- schuppen, lassen sich jedoch von diesen sofort dadurch unterscheiden, daß sie stets, auch wenn die Frucht nicht entwickelt ist, die spathaartige Randfalte zeigen und ferner nur 5 — 7 Nerven besitzen, die gleichfalls auf der Innenseite des Blattes stärker hervortreten. Je höher die Stellung der Blattarten auf der Spindel, desto schmäler und kürzer werden die Blätter. Endlich ist noch 4. die Frucht zu erwähnen, die ein rundes, bespitztes Nüßchen darstellt und von dem persistierenden glockenförmigen, häutigen Perigon umhüllt ist. Das Nüßchen ist meist samenlos, oft nur rudimentär oder fehlt auch gänzlich. Nachdem wir nun die einzelnen Bestandteile des Fruchtstandes kennen gelernt haben, wollen wir diesen in toto und die Anordnung der Blätter betrachten. Da die Spindelglieder in ihrer Richtung abwechseln, so ist der Fruchtstand aus einer Anzahl zweizeilig angeordneter Deck- schuppenpaare zusammengesetzt, in deren Achseln der rudimentäre Primanzweig entspringt; dieser trägt nach der eingehenden Disposition von Eichleri) zwei seitliche Vorblätter au. ß, die zu Deckblättern der Frucht, also zu Fruchtschuppen werden 2). Zuweilen bleibt es hierbei und dann sind nur zweiblütige Gruppen vorhanden; an den Kultur- formeh entwickelt sich aber stets auf der dem Nebenblattpaare zuge- kehrten Seite noch je ein neues Vorblatt ß' u. /ij , von denen jedes wieder eine Frucht enthält. Diese vierblütige, bzw. vierfrüchtige Gruppe entspricht sonach einem Doppel wickel mit rudimentärer Primanachse, von welchem jeder Arm zweifrüchtig ist. Wenn sich der Vorgang nochmals wiederholt, entstehen die sechsfrüchtigen Gruppen 3), die mit- unter beim Wildhopfen auftreten. Sowohl die Nüßchen und die sie umhüllenden Perigone, als auch die Basalteile der beiden Blattarten sind mehr oder weniger reichUch 4) Eichler, Bliitendiagramme, II, p. 61; daselbst auch Abbildungen der Hopfen- blQten und eines sechsblütigen Wickels. 2) Die Fig. 292 sjo zeigt links nur das Stielchen ß, da a nicht sichtbar ist; da- gegen rechts das Stielchen «, welches das dazugehörige ß verdeckt. 3) Eichler, 1. c, p. 62, Zweiimdzwanzigster Abschnitt. Früchte. 839 mit sehr kleinen, goldgelben, glänzenden Körnchen, den spezifischen Hopfendrüsen, bestreut, die durch Ausschütteln (und Abbürsten) der Hopfenzapfen gesammelt werden und das Hopfenmehl oder Lupulin geben. Im anatomischen Bau verhalten sich Deck- und Fruchtschuppen nahezu gleich i). Die Fruchtschuppe setzt sich aus den beiden Epidermis- platten und dem an Randflächen einschichtigen Mesophyll zusammen. Die Epidermis der Innenseite (Fig. 293 ep) besitzt stark kutikularisierte, wellig buchtige Zellen, die im Querschnitt (Fig. 294 ep) quadratisch Fig. 293. Vergr. 400. Flächenansicht einer Partie der FrncMscliuppe des Hopfens von der Innenseite. ep Oberiaut, me Schwamraparencliym mit Chlorophyllkörnclien, h Haare, // Ansatzstellen von (abge- fallenen) Haaren, d Drüse, d' Änsatzstelle einer solclien. oder — dort, wo sie einen Nerv überziehen — radialgestreckt er- scheinen; die Außenwand ist konvex emporgewölbt und stärker als die anderen Wände. Die Zellwände sind verholzt. An zahlreichen Stellen entspringen kürzere oder längere, dünn- bis derbwandige, einzellige, nicht verholzte Haare mit breitem Fußteil (Fig. 293 u. 294/^), ferner Drüsen, über welche unten Genaueres mitgeteilt wird. Die Epidermiszellen der Außenseite sind ebenfalls wellig buchtig, im Querschnitt länger und schmäler, mehr rechteckig, an der Außenwand nicht hervorgewölbt, mit i) Über Anatomie des Perigons, der Decii- und Fruchtschuppen vgl. Lermer und Holzner, Beiträge zur Kenntnis des Hopfens. Zeitschr. f. d. ges. Brauwesen, XV, i&9^. 840 ZweiundzwanziKster Abschnitt. Früchte. dünneren Wänden versehen (Fig. 294 ep'). Haare und Drüsen, erstere oft rechtwinkelig abgebogen, sind ebenfalls vorhanden. Die an der Innen- seite vorspringenden Nerven enthalten nebst dickwandigen, gestreckten Zellen Bastfasern und Spiralgefäße; die Anordnung der Strangteile ist an Fig. 294 O ersichtlich. Jene (gewöhnlich 3—4) Oberhautzellen der Außenseite, die dem Gefäßbündel anliegen, sind durch Verholzung aus- gezeichnet, die übrigen geben die Phlorogluzin -Salzsäurereaktion nicht. Spaltöffnungen treten nur höch'st selten auf. Das Mesophyll ist ein dünn- wandiges, großlückiges Schwammparenchym, das Chlorophyll, Gerb- stoff und Kalziumoxalatdrusen führt; letztere sind in den Deckschuppen viel reichlicher enthalten. Von Braungart (1. c, p. 191) wird auch das Vorkommen von zahlreichen Milchröhren, bzw. Sekretgängen ange- geben; ich finde nur, daß schmälere dünnwandige Zellen, die als Sekret- zellen aufzufassen sind, die Gefäßbündel begleiten; in der Spindel sind { Fig. 294. Vergr. 400. Partie eines Querschnittes durch eine Fruclitschuppe (VorWatt) des Hopfens mit einem Hauptnerven. ep Oberhaut der Innenseite, ep' die Skt Außenseite, /; Haare, d Drüsen, 6 Bast- fasern, s Siebteil, G Gefäßteil. In Kalilauge erwärmt. Der Gerbstoff kommt in einzelnen Zellen oder in Zellgruppen vor, auch in der Oberhaut scheint Gerbstoff vorhanden zu sein. Das Perigon besitzt zartwandige, buchtige Oberhautzellen, am Basal- teile aber gestreckte, gerade, derbwandige und reich getüpfelte Zellen; das innere Gewebe ist nur mehr undeutlich, geschrumpft. Die Frucht- schale des Niißchens ist von Steinzellen gebildet, die darmähnlich ge- wundene Wände (wie die Früchte der Labiaten) besitzen. Der nur selten entwickelte Same hat ein zartzelliges, ölführendes Nährgewebe und einen ebenfalls ölführenden Keim. Holzner unterscheidet drei Hauptdrüsenformen des Hopfens: die Köpfchendrüsen auf den Deck- und Fruchtschuppen (auch auf Laub- blättern), die scheibenförmigen' und die becherförmigen Drüsen. Die wichtigsten derselben, die in dem Fruchtstand des Hopfens vor- kommen, sind die becherförmigen Drüsen. Diese großen Hopfendrüsen Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 841 oder Lupulinkörner 1] (Fig. 295) sind 130 — 250 /< im Durchmesser be- tragende, im eingetrockneten Zustande unregelmäßige Körper, deren Bau nach Entfernung des Sekretes durch Einlegen in Alkohol (und Erwärmen) oder in Äther, Chloroform klar wird. Diese Drüsen entstehen durch Ver- größerung und Ausstülpung einer Epidermiszelle, die durch eine Querwand 2) in zwei Zellen geteilt wird. Daraufgliedern sich die Fußzellen ab; in der oberen größeren Abteilung entsteht durch Längs- und Querteilungen ein aus Zellen gebildeter flacher Becher. Nun erfolgt die Bildung und Aufspeiche- rung des Sekretes; die auf den Becherzellen liegende Kutikula wird von dem neuentstandenen Sekret aufgehoben, emporgewülbt und auf diese Weise ein Körper geschaffen, der aus zwei Halbkugeln oder sehr -'*' \ stumpfen Kegeln zusam- mengesetzt erscheint; die /' '"^ untere Hälfte entspricht : den Becherzellen, die obere, mitunter noch die Zellab- drücke^) zeigend, stellt die ^_ abgehobene zarte Kutikula dar, die durch Einwirkung von Kali sofort zerplatzt und eine dichte, feinkör- nige Emulsion ausfließen läßt; in den trockenen Drüsen, deren Inhalt schon dicker und kleiner gewor- den ist, ist die KutikularhüUe eingebogen, eingestülpt, ja man beobachtet sogar anscheinend leere Becher. Der Inhalt der Drüsen ist goldgelb. Solche goldgelbe Massen findet man aber auch auf den Frucht- P'PcM Fig. 2U5. Vergr. 200. Hopfendrüsen (Lupulin) in Alkohol. i) Flückiger and Hanbury, Pharmacographia, p. 554. — Flückiger, Pharmakognosie, 2. Aull., p. 229. Vog!, Kommentar usw., p. 4-10 und Atlas zur Pharmakognosie, Taf. 59. — J. Moeller, Pharmakognoslischer Atlas (1892), Taf. X, p. 39 und in Realenzyklopädie d. ges. Pharm., 2. Aufl., VI, p. 417; VIII, p. 359. — Homann, Allg. Hopfen-Ztg., 1875, p. 106, zit. nach Braungart. — Braungart, 1. c. — Arthur Meyer, Wissensch. Drogenkunde, II, p. 458 — 461. — • Über die Ent- wicklungsgeschichte: Trecul, Ann. d. scienc. nat. ser. 3, vol. I, p. 299. — Rauter, Denkschr. d. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. Kl., XXXI. — Holzner und Lermer, Beiträge zur Kenntnis des Hopfens. Zeitschr. f, d. ges. Brauwesen, 1893, XVI (Separatabdr., p. 1—4). — De Bary, Vergl. Anatomie, p. 101. 2) Nach Holzner; nicht durch eine Längswand, wie Rauter angibt. 3) Braungart findet »keine Spuren von Zellenlinien darin, wie man sie immer in Bildern dargestellt findet« (1. c, p. 226). In den Alkoholpräparaten sind sie aber sehr deutlich zu sehen. 842 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. schuppen unter der Oberhaut; es ist daher die Angabe Braungartsi), daß die Hopfenschuppen innere Flächendrüsen besitzen (deren Sekret wahrscheinUch dem der Lupulinkürner gleich ist), vollständig richtig. Ob die mitunter auf der Oberhaut liegenden Sekretmassen von einer äußeren sezernierenden Fläche herrühren oder aus Lupulinkornern aus- geflossen sind, kann ich nicht entscheiden. Eine über die gelbe Masse gelagerte (durch sie emporgehobene) Kutikula ist nicht zu beobachten. Das eigentümliche,' goldgelbe Sekret der Becherdrüsen (und wohl auch der Flächendrüsen) ist aus mehreren, noch nicht durchweg genau bestimmten Substanzen zusammengesetzt. Nach Payen und Chevalier^] enthält es 2,0 Proz. ätherischen Öls, 55 Proz. Hopfenharz, -10,39 Proz. Hopfenbitter, 5 Proz. Gerbsäure und 32,7 Proz. andere Stoffe; Joes hat noch i 0 Proz. Wachs gefunden. Durch Destillation, gewinnt man aus dem Hopfen 0,5 — i Proz., aus dem Lupulin 3 Proz. ätherischen Öls^); das aus dem Lupulin gewonnene ist wegen seines weniger angenehmen Geruches minderwertig. Das ätherische Öl ist farblos oder hellgelb bis rotbraun, dünnflüssig, verdickt sich nach längerer Zeit, besitzt einen aromatischen Geruch und schmeckt nicht bitter, aber brennend. Spez. Gew. = 0,855 — 0,880, Drehungswinkel an, fast inaktiv oder schwach links- oder rechtsdrehend. In Alkohol sehr schwer löslich. Chapman^) bezeichnet als Bestandteil des ätherischen Öles das Humuli n, von dem Semler und Mayer nachwiesen, daß es Myrcen ist; zwei Drittel des Hopfenöles bestehen aus Garyophyllen (von Chapman Humulen genannt); daneben sind noch sauerstoffhaltige Anteile vorhanden und aus diesen (von Personne 1854 Valerol genannt) soll Valeriansäure^) entstehen, die dem alten Hopfen den bekannten unangenehmen Geruch verleiht. Der zweite wichtige Bestandteil des Hopfens ist das Hopfen- bitter oder die Hopfenbittersäureß), C2gH460io, die durch Säuren in Lupuliretin (C10H16O4) und in Lupulinsäure (C48H82O19) gespalten wird; sie ist giftig, doch ist der daraus durch Oxydation entstandene, im Bier enthaltene Körper ohne giftige Wirkung; diesem Körper verdankt das Bier den bitteren Geschmack. Nicht minder wichtig für das Bier ist das Hopfenharz (CioHieOg -{- H2O). Hayduk, Foth und Windisch^) >l) I. c, p. 22-1 u. Fig. LXV. 2) Journ. de Chim. med. 2, p. 527. 3) Gildemeister, 1. c, li, p. Slig, Das Öl scheint zuerst im Jahre -1821 destil- liert worden zu sein. 4) Journ. ehem. Soc. ■»903, p. 505; zit. nach Gildemeister. 5) Personne, Compt. rend. 38, p. 309. 6) Lermer in Dinglers polytechn. Journal, 169, p. 54. Ausführliche Mittei- lungen über die Hopfenbittersäuren bringt R. Silier, Zur Chemie des Hopfens, Zeitschr. f. Unt. d. Nähr. u. Gen. XVm, 1909, p. 241—271. 7) König, Die menschl. Nahrungs- und Genußmiltel, p. 833; daselbst auch aus- führliche Literaturangaben. — Braungart, 1. c, p. 290 ff. Über die zahlreichen Hopfensurrogate siehe ebendaselbst p. 308 ff. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 843 haben drei Sorten von Harz, ein weiches a-, ein weiches /^-Harz und ein festes Harz unterschieden; die beiden weichen Harze verhindern die Entwicklung der Milchsäurebakterien, die die Güte des Bieres ungünstig beeinflussen. Diese drei Harze hat W. Wülmer^) näher untersucht. Das a-Harz wird Humulon genannt, ist zu 2 — 6 Proz. enthalten und hat die Formel C21H30O5. Das /^-Harz heißt Lupulon, zu 8 — 12 Proz. mit der Formel G25H36O5. Das dritte Harz (y-Harz), zu 2 — 4 Proz., dürfte ein Gemenge von Oxydationsprodukten und vielleicht auch von Poly- merisationsprodukten der beiden ersten sein. Wülmer gibt auch ein- gehenden Aufschluß über das Humulon. Außerdem enthält der Hopfen Gerbsäure, Asparagin, Lecithin (woraus das Cholin entsteht) und angeblich ein Alkaloid Hop ein, welches narkotisch wirkt, aber nur in sehr geringen Mengen (0,05 Proz.) im Hopfen vorkommt. Nach neueren Untersuchungen soll das Alkaloid nur in dem Samen enthalten sein 2). Im Jahre i 91 3 veröffentlichten Fr. B. Power, Fr. Tutin und H. Rogerson^) Unter- suchungen über die Bestandteile des Hopfens, deren Ergebnisse von denen früherer Untersucher bedeutend abweichen und auch zur Auf- stellung neuer chemischer Individuen Veranlassung gaben. Das alko- holische Extrakt ergab ein dunkelgrünes öliges Harz (14,1 Proz. von dem Gewicht des verwendeten Hopfens), aus dem folgende Verbindungen isoliert werden konnten: 1 . Cerylalkohol (G07H56O), bekanntlich der Haupt- bestandteil des chinesischen Wachses. — 2. Hentriakontan [C^iH^i)^]. — 3. Phytosterol (C27H46O). — 4. Phytosterolin (Phytosterolglykosid, C.;3H5g02). — 5. Mischung von flüchtigen Fettsäuren, wie Ameisen-, Essig-, Butter-, Valerian säure usw. — 6. Gesättigte und nicht gesättigte nichtflüchtige Säuren, wie Palmitin-, Stearinsäure, auch Cluytinsäure (C21H42O2). — 7. Eine neue kristallisierte Phenol Verbindung von lichter Rehfarbe und bitterem Geschmack, die die Verfasser Humulol (C17H18O4) nennen, und aus der durch Hydrolyse eine Säure (C15HJ4O5) und p-Hydroxy- benzaldehyd gewonnen wurde. — 8. Eine neue, ebenfalls kristallisierte 1) Über die Bitterstoffe des Hopfens. Ber. Deutsch. chem.'Gesellsch., IL, -1916, p. 780—794. 2) Handtke und Kremer (»Enthält der Brauhopfen ein Alkaloid?«. Sett of Brewing, 1900, p. 83. — Apoth.-Ztg., Berlin, XV, -1900, p. 747) haben die Bestand- teile des Hopfens, und zwar die Samen, die Deck- und Fruchtschuppen und das Lupulin einzeln für sich untersucht und nur in den Samen ein nicht flüchtiges Alka- loid in Form nadeiförmiger, leicht zerfließliclier Kinstalle vom Schmelzpunkte 90 — 92" gefunden. In den übrigen Teilen des Hopfens ließ sich kein Alkaloid nachweisen. 3) The Constituents of Hops. The Wellcome Chem. Res. Laborat, London No. 154, Transact. of the Chem. Soc, Vol. 103, 1913, p. 1267, die zitierte Stelle p. 1291. 4) Vgl. darüber Journ. of the Chem. Soc, London 1902, nach Index Phyto- chemicus 1905, p. 78. 344 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Phenolverbindung, Xanthohumol (C13H14O3), geschmacklos und von orangegelber Farbe. — Der bittere Geschmack des Hopfens rührt nicht von einer Substanz her, etwa von der sogenannten Hopfenbittersäure oder Lupulinsäure, sondern von mehreren, meist amorphen Produkten, von denen einige im Wasser lüslich sind, während andere Bestandteile des Harzes sind, wie das bitter schmeckende Humulol. Die Unter- scheidung des gesamten Harzmaterials in «-, ß- und 7- Harz halten die Autoren für irreführend, weil das »Harz« sich aus einem viel größeren Komplex von verschieden charakterisierten Stoffen zusammensetzt. Die größte Verwendung erfährt der Hopfen bei der Bierbereitung, Die Wirkungen bei der Bierbereitung bestehen nach König in folgendem: 1 . Die Gerbsäure des Hopfens fällt die Eiweißstoffe aus der Würze und wirkt dadurch konservierend auf das Bier. 2. Das Hopfenharz verhindert die Milchsäuregärung. 3. Das Hopfenöl erteilt dem Biere einen angenehmen Hopfengeruch, das Harz und das Hopfenbitter einen angenehmen bitteren Geschmack. Die abgesiebten Hopfendrüsen (glandulae Lupuli, Lupulin) werden medizinisch benutzt. 6. Steriianis. Der Sternanis oder Badian i) ist eine in Europa seit dem sechzehnten Jahrhundert bekannte Droge, die von dem englischen Reisenden Sir Thomas Cavendish um das Jahr 1588 von den Philippinen nach London gebracht worden war. Anfänglich wurde sie vornehmlich nur medizinisch benutzt, von den Holländern auch bei der Bereitung des Tees und »Sorbec« verwendet. Gegenwärtig kommen große Mengen dieser gewürzhaften Frucht in der Likörfabrikation und überhaupt zur Darstellung des ätherischen Öles in Gebrauch. Die Ausfuhrhäfen sind Wutschan oberhalb Canton für chinesischen, Haiphong in Tonkin für tonkinesischen Sternanis. Der Weltmarkt dieser Droge ist Hongkong, wa in den letzten Jahren 180 000—780 000 kg (pro Jahr; 1910: 12465 cwt; 1911: 15 314 cwt = 777 941 kg) zur Ausfuhr gelangten; noch größere Quantitäten werden zur Destillation verwendet. Der Sternanis ist die getrocknete Sammelfrucht von Illiciimi verum Hook. fil. (I. anisatiim Loiir.J, einem in dem Gebiete Lang-son der französischen Kolonie Tonkin und in den benachbarten südchinesischen Provinzen Yünnan und Kuangsi^) kultivierten Baume. Die Sammelfrucht 1 ) Als die Früchte in Europa bekannt geworden waren, wurden sie Anis de la Chine, Anis de la Siberie, Badian, lat. Foeniculum sinense genannt. Badian ent- stammt der arabischen Bezeichnung Badiyan für Fenchel; diesen Namen gebrauchte bereits Pomet in seiner Histoire generale des Drogues, 1G94, livre 1, fol. 34. — S. Flückiger, Pharmakognosie, 2. Aull., p.- 883. , 2i R. Blondel, Journ. de Pharm, et Chim., 1889, XX, zit. nach A. v. Vogl, Kommenlar usw., p. 'I3G. Daselbst noch weitere Literaturangaben über Vorkommen Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 845 setzt sich aus 6 — 12, zumeist aber aus 8, nach oben oft mit einem Längsspalt geöffneten, rosettenartig um ein Mittelsäulchen gestellten, steinfruchtartigen, einsamigen Fruchtblättern zusammen^); das 6 — 9 mm hohe und etwa 4 mm dicke Mittelsäulchen ist mit vorspringenden Kanten besetzt und hat die Gestalt eines mit einer konkaven Fläche endigenden achtseitigen Prismas. Die Fruchtblätter sind kahnförmig, seitlich zu- sammengedrückt, laufen nach dem freien Ende hin in eine fast gerade, kurze Spitze aus, besitzen eine Länge von 13 — 20 mm, eine Hübe von 6^ — 1 0 mm^ eine holzige Konsistenz und sind rotbraun, an der freien Außenfläche grobrunzelig, dort aber, wo sich die Früchte gegenseitig berühren, fast glatt; die Fruchthühle ist glatt, hellbraun und zeigt eine Vertiefung, das Samenlager. Der Same ist flach, eiförmig, rotbraun, seltener gelbbraun, an der Oberfläche glatt und glänzend; eine vertiefte eirundliche graue Stelle zeigt den Nabel an, von dem eine hervorragende Nabelleiste über den oberen Samenrand verläuft. Er besteht aus einer spröden Samenschale und einem mächtig entwickelten Keimnährgewebe- (Endosperm), das den sehr kleinen Keim umschließt. Der an dem Mittel- säulchen haftende Fruchtstiel ist bis 30 mm lang, an dem oberen keulen- förmigen, verdickten Teile hakenförmig gekrümmt, längsrunzelig und ebenfalls rotbraun. Die Fruchtblätter, als die Träger des ätherischen Öles, haben einen sehr angenehmen aromatischen Geruch nach Anis und einen angenehmen süßlichen Geschmack; die Samen sind geruchlos. Sehr ähnlich sehen dem beschriebenen echten oder chinesischen Sternanis die Früchte einer in Japan vorkommenden Art von Illicium, welche Art deshalb, weil sie in der Nähe der buddhistischen Tempel häufig gepflanzt wird, I. religlosum Sieh, et Ziicc. (I. anisatum L.^ I. japo- nicum Sieh.) genannt worden ist. Der japanische Name lautet Skimmi, Sikimmi, Sikkimi noki2). Der japanische Sternanis ist giftig ^j und Ver- wechslungen des echten mit der japanischen Frucht sind wiederholt be- obachtet worden 4). Solche Verwechslungen sind nun leicht möglich, weil und Verbreitung des Sternanisbauines. — Ausführliches über den Anbau usw. be- richtet A. Chevalier im Journ. d'Agricultur« tropicale, 14, 1914, p. 40. (Zit. nach Schimmel & Co., Der. April igiA, p. 91.) \) In Engler-Prantl, Pflanzenfamilien (III, 2, Fig. MC) ist eine Frucht mit 1 3 Karpellen abgebildet. 2) Nach Eykman soviel als »schädliche Frucht«. 3) Auch die übrigen Arten von Illicium sind giftig. 4) Solche Verwechslungen sind in Tokio, Leuwarden und Altona vorgekommen; die toxische Wirkung zeigt sich in dem Auftreten tetanischer Krämpfe. Vgl. darüber Eykman, Illicimyi religioswn Sieh., its poisonous constituent, and essential and fixed oils. The Pharm. Journ. and Transact., XI, -1046 u. 1066. — Seit 1908 kommt wieder Sternanis mit den giftigen Früchten vermischt im Handel vor und Plahl konnte sogar einen Gehalt von 47 Proz. derselben in der Handelsware feststellen. 846 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. sowohl die äußeren Kennzeichen der beiden Fruchtarten nur sehr geringe Unterschiede bieten, als auch die histologischen Merkmale keine besonders auffälligen Anhaltspunkte geben, um die beiden Arten mit hinlänglicher Sicherheit auseinanderhalten zu können. Hat man von beiden Früchten größere Mengen zum Vergleich zur Verfügung, so ist es allerdings nicht schwierig, den echten Sternanis von dem japanischen zu unterscheiden. Im allgemeinen ist der letztere kleiner, weniger hol.zig, die Karpelle sind nur 12 — 13 mm lang und bis 8 mm hoch, meist etwas dicker und bauchig, sie klaffen stärker und ihre Spitze ist stärker und fast haken- förmig aufwärts gebogen; der Same ist weniger zusammengedrückt, meist hellbräunlichgelb und besitzt eine warzen- oder knopfförmig endigende Samenleiste. Das beste Unterscheidungsmittel bieten die physiologischen Kennzeichen: die Sikimmifrüchte riechen nicht nach Anis, sondern eigentümlich aromatisch-balsamisch, an Kardamomen erinnernd, und schmecken zuerst sauer, dann bitter i). Aus dem hier Mitgeteilten ergibt sich, daß es nicht gut möglich ist, einzelne Sikimmi- karpelle unter echtem Sternanis an ihren morphologischen Merkmalen zu erkennen. Tschirch und Laur6n geben ein Verfahren an, um aus dem Vorhandensein des Anethöls, aus dem das ätherische Sternanisöl größtenteils besteht, auf echten Sternanis schließen zu können; denn die Sikimmi enthalten kein Anethol. »Man zerbricht die zu untersuchen- den Karpelle in kleine Stückchen, entfernt die Samen, bringt die zer- kleinerten Karpelle in ein Probiergläschen und kocht mit 1 — 2 ccm Alkohol einige Minuten. Dann dekantiert man in ein anderes Probierglas und verdünnt mit Wasser. Die Sikimmifrüchte geben hierbei eine klare Flüssigkeit, während der alkoholische Auszug des echten Sternanis vom ausfallenden Anethol milchig trübe ist. Läßt man die alkoholischen Auszüge auf zwei Uhrgläsern verdampfen, so gibt Sikkimi schön aus- gebildete Kristalle von Sikkiminsäure(?) in großer Menge, der echte Sternanis dagegen nur sehr kleine undeutliche Kristalle oder gar keine. «2) Die Histologie des Sternanis und seines giftigen Surrogats 3) ist viel- fach studiert worden; die ausführlichen Arbeiten von Tschirch und 1 ) Von anderen Forschern wird der Geruch der Sikkimi mit dem des Kampfers und Lorbeeröles verglichen. S. Geerts, Jahresber. über Pharmakognosie von Wulfs- berg, 1880, p. 50. 2) Tschirch-Oesterle, Atlas, Taf. 55, p. 244. — Über eine allerdings un- sichere Reaktion des Anethöls mit Schwefelsäure vgl. Plahl (Note 3). 3) Flückiger, Pharmakognosie, 3. Aufl., 1891, p. 937. — A. v. Vogl, Kom- mentar usw., p. 187. — Idem, Nahrungsmittel, p. 465. — Planchon et G ollin, Les drogues simples d'origine vegetal II, p. 892. — E. Co Hin, Comptes rendus du XII congres international de medecine, Moscou 7 (19) — 14 (26) aoüt 1897, publie par le Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 847 Das Perikarp des echten Sternanis besitzt eine faltigkutikularisierte, aus großen, in der Fläche polygonalen Tafelzellen zusammengesetzte äußere Epidermis und eine parenchymatische Mittelschicht, deren braun- wandige, grobgetüpfelte, ziemlich unregelmäßige Zellen zusammen- geschrumpft und faltig verbogen sind; zwischen ihnen sind sehr zahlreiche Sekretzellen mit ätherischem Öl und höchst eigentümlich gestaltete, mit Fortsätzen versehene getüpfelte Steinzellen eingestreut; in dieser Schicht verlaufen auch verschieden starke Gefäßbündel. Unter der inneren Epi- dermis der Dehiszenzfläche besitzt das Mesokarp eine starke Schicht porös verdickter, aber weitlichtiger Faser- und Stabzellen mit schwachen Gefäßbündeln. Der Abschluß des Perikarps auf der Innenseite bildet ein Endokarp, das an der Dehiszenzfläche und am Samenlager ein ver- schiedenes Verhalten zeigt. Am letzteren besteht es nur aus einer Palisadenepidermis, deren Zellen säulenartig, zur Perikarpfläche senk- recht gestellt, bis 600 /( lang sind und dünne verholzte Wände besitzen. An der Dehiszenzdäche hingegen ist die innere Epidermis aus einer Reihe von Sklerenchymzellen zusammengesetzt, die am Querschnitte fast quadratisch oder wenig radial gestreckt-vierseitig sind, eine stark verdickte Außenwand und ebensolche Seitenwände, aber auf der Innen- seite, wo sie an die Faser- und Stabzellen angrenzen, nur eine sehr dünne Wand besitzen. Die verdickten Wände sind von zahlreichen Tüpfelkanälen durchsetzt. Der Übergang von den Palisadenzellen zu der Sklerenchymepidermis ist ein allmählicher (zum Unterschied von den Sikkimifrüchten). Die Wände der Sklerenchymzellen werden nach und nach dünner, die Zellen werden länger und schmäler und schließlich tritt die typische Palisade auf (Lauren). comite executif. Sect. IVc, Matiöre medicale et pharmacie Moscou. Societe de l'im- primerie S. P. Yakovlev Sallykowski pereoulok, 9, 1898. — Waage, Über Verun- reinigungen der Drogen. Ber. Pharmaz. Gesellschaft, i893, p. 161. — R. P fister. Zur Kenntnis des echten und giftigen Sternanis. Vierteljahrsschr. d. naturforsch. Ge- sellschaft in Zürich, XXXVII, p. 313 (1892) und idem, Zur Unterscheidung von echtem und giftigem Sternanis. Schweiz. Wochenschr. f. Chemie und Pharmaz., 1899. — W. Lauren, Über den Unterschied des echten und giftigen Sternanis. Schweiz. Wochenschr. f. Chemie und Pharmazie, 1896, Nr. 31. — R. Bi ermann. Über Bau und Entwicklungsgeschichte der Ölzellen und die Ölbildung in ihnen. Inaug.-Diss. Bern 1898, p. 46. — Tschirch u. Oesterle, Atlas. — W. Lenz, Über die Er- kennung der giftigen Sikkimifrüchte im Sternanis. Schweiz. Wochenschr. f. Cham, und Pharm., 1899, Nr. 5 und Pharm. Ztg., 1899, Nr. 6. — Hartwich, Über den giftigen Sternanis. Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm., 1900, p. 104 und 1907, Nr. 31. — Mo eller, Mikroskopie, 2. Aufl., p. 381. — E. Beuttner, Giftiger Stern- anis. Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm., XLV, 1907, p. 277—282. — Wil- helm Plahl, Einiges über die Früchte von Illicium anisatiim Loiir. und Illicium religiosum Sieb. Arch. f. Chemie u. Mikroskopie (Wien) 1911, IV, p. 109— 125. — Tschirch, Handbuch d. Pharm., II, 2, p. 1205ff. 348 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Auch die Gewebe des gemeinsamen Fruchtstieles bieten einige charakteristische Merkmale. Unter der großzelligen Epidermis liegt ein braunes Parenchym, das an den eigentümlichen polymorphen Steinzellen (Astrosklereiden Tschirchs) außerordentlich reich ist. Hierauf folgt eine Reihe von Bast- und Stabzellen, der stark geschrumpfte Siebteil und das an Spiralgefäßen reiche Xylem; das Zentrum wird von dem Mark eingenommen. In der Mittelrinde sind auch vereinzelte Ölzellen anzutreffen. An der Samenschale lassen sich drei Schichten unterscheiden, eine äußere Partie, eine braune und eine farblose Haut (hyaline Schicht). Die äußere Partie besteht aus einer dicken, harten und sehr spröden Skleren- chymepidermis, deren Zellen kurze, radialgestellte, sehr stark verdickte Palisaden vorstellen. Unter dieser Epidermis liegt eine Reihe tangential gestreckter, an der Außenseite stark verdickter Zellen, darauf folgen braune, flachgedrückte, grobgetüpfelte Zellen mit wellig buchtigen Seiten, an welchen sie durch die Vorstülpungen und durch kurze, dünne oder breitere, zapfenartige Membranfortsätze verbunden (konjugiert) sind, so daß überall meist kleine, rundliche Interzellularen entstehen (v. Vogl). Die dünne, braune Haut, die auf die äußere Partie folgt, ist ein oblite- riertes Gewebe großer, zusammengedrückter, von der Fläche gesehen polygonaler Zellen mit braunem Inhalt. Das hyaline Häutchen liegt dem Endosperm unmittelbar auf, besteht ebenfalls aus obliterierten Zellen und enthält zahlreiche farblose, tetragonale Prismen, sehr selten Drusen von Kalziumoxalat. Das Endosperm setzt sich aus polyedrischen, sehr dünnwandigen, farblosen Zellen zusammen, die mit Fett, Plasma und Aleuronkürnern erfüllt sind. Von R. Pfister (1. c.) wurde zuerst auf die Aleuronkörner als Unterscheidungsmittel der beiden Fruchtarten hin- gewiesen und spätere Untersuchungen haben dies bestätigt. Allerdings darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Samen nicht selten unentwickelt, geschrumpft oder verdorben sind, was besonders bei den Sikkimi recht oft der Fall ist. Um die Aleuronkörner gut beobachten zu können, legt man die Schnitte in absoluten Alkohol ein, durch den das fette Ül entfernt und die Aleuronkörner gehärtet werden, oder man extrahiert die Schnitte mit kochendem Petroläther und färbt mit Koschenille- Glyzerin, auch mit Jod-Glyzerin oder mit Kongorot. Dem Alkohol- präparat läßt man bei der Beobachtung allmähUch Wasser hinzufließen. Beim echten Sternanis sind die Aleuronkörner rundlich, gerundet eckig, seltener in die Länge gestreckt, stets lappig-höckerig, mit sehr rauher Oberfläche; jedes Korn hat zahlreiche Globoide, einzelne Körner enthalten mitunter je ein großes Kristalloid. Die Größe der Körner schwankt zwischen G und 22 m^ die meisten sind 13 — 17 u lang; einzelne gestreckte Formen luessen bis 26 ,« (Laurön). In bezug auf das Vorkommen in Zweiiindzwanzigster Abschnitt. Früchte. 849 den Zellen findet A. v. Vogl, daß entweder nur einzelne relativ große Aleuronkürner in einer Zelle enthalten sind oder daß die Endosperm- zellen dicht gefüllt sind mit diskreten oder zusammenhängenden Aleuron- kürnern. Die geringen Abweichungen, die sich im anatomischen Bau der Sikkimi gegenüber dem des echten Sternanis ergeben, sind im folgenden angeführt. Die Oberhautzellen (und Spaltöffnungen) des Perikarps sind kleiner. Das Mesokarp enthält große, weniger unregelmäßig konturierte Parenchymzellen und Komplexe von grobgetüpfelten Sklerenchymzellen, die aber nicht die auffälligen, mit Fortsätzen versehenen Formen auf- weisen wie die des echten Sternanis; eine einigermaßen brauchbare Differentialdiagnose ermöglicht die Innenepidermis. Die Säulenzellen des Samenlagers sind bei den Sikkimi kürzer, nur bis 400 /li, meist 375 /< lang, etwas breiter und erreichen die größte Länge am Grunde des Samenlagers (bei /. verum am Übergange zur Sklereidenepidermis der Dehiszenzfläche). Plahl (I.e., p. 115) fand in zahlreichen Messungen, daß die Länge der Sklereiden (Palisadenzellen) bei dem echten Stern- anis im Maximum 616, im Minimum 360 und im Mittel 485 // beträgt. »Die meisten Zellen hatten in dem vorliegenden Falle die Länge von 465 «. Nach diesen konnten in größerer Anzahl Zellen in der Länge von 418, 441, 476, 488, 511 und 581 u festgestellt werden.« »Bei den Früchten von lUicium i'eligiosum zeigten die größten Zellen 500, die kleinsten 174//. Im Mittel ergab sich die Größe von 365//. Die Längen von 348 und 360 // wiesen die meisten Zellen auf.« Die Skiereiden der inneren Epidermis an der klaffenden Partie sind schwächer verdickt und der Übergang zu der Säulenepidermis ist ein unvermittelter, plötzlicher. Der anatomische Bau des Samens zeigt nur sehr geringe Verschiedenheiten, dagegen sind die Aleuronkörner ganz anders beschaffen. Sie sind kugelig, eirund, eiförmig, länglich, ellipso- idisch, glatt, glänzend und enthalten zwei oder drei große Kristalloide und mehrere kleine Globoide, die an dem einen Ende des Kornes das Kristalloid wie ein Mantel umgeben; außerdem kommen auffällig große Aleuronkürner, . sogenannte Solitäre mit mehreren großen Kristalloiden und einzelnen kleinen Globoiden vor (Lauren). Die Körner messen nur 7,5 — 15//, meistens 11 — 13/<; nur die Solitäre erreichen eine Größe von 26 //. Der Sternanis (Perikarp) enthält 4—5 Proz. ätherischen Öles, dessen Hauptbestandteil das Anethol ist. Reines SternanisöH) ist eine farblose \) Bericht von Schimmel & Co., Leipzig, April 1897, p. 41 — 42. — Siehe auch Oswald, Tageblatt der 60. Naturforscher -Vers., -1887, nach Bot. Zentralbl., 1887, XXXn, p. 96. Die ausführlichsten Bestimmungen über das Sternanisöl enthält Gilde- Wiesner, RohstofFe. III. Band. 3. Aufl. 54 850 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. oder gelbliche Flüssigkeit, die einen niedrigeren Erstarrungspunkt als + 15° C nicht zeigen darf; sie besitzt das spez. Gew. 0,98 — 0,99 bei 15" und löst sich in drei Teilen OOprozentigem Alkohol. Verfälschungen mit Petroleum, die beobachtet worden sind, lassen sich an der Ver- minderung des spezifischen Gewichtes und Löslichkeit in Alkohol erkennen. — Das Vorkommen von Anethol wird, wie oben angegeben wurde, zur Erkennung des echten Sternanis verwendet. Lenz^) hat die aus dem alkoholischen Auszug erhaltenen Rückstände der Sikkimi näher studiert und gefunden, daß die Kristallnadeln tatsächlich Sikkiminsäure^) dar- stellen; die Sikkiminsäure ist aber auch im echten Sternanis, allerdings in geringerer Menge, enthalten. Der Aschengehalt der ganzen Frucht beträgt nach v. Vogl 3,6 Proz. 7. Bablali. Unter diesem Namen, versteht man die Hülsenfrüchte mehrerer ^cacm-Arten, die ihres trotz der wenig voluminösen Perikarpwände immerhin bedeutenden Gerbstoffgehaltes wegen zum Gerben und Schwarz- färben benutzt werden. In den Nilländern werden sie als Garrat^) oder Neb-Neb, im europäischen Handel nebst Bablah auch Galles meister, 1. c, II, p. 393 ff. — Daselbst (p. 401, Note ö) auch die Angabe, daß unter dem Namen Blumenöle die Destillate der unreifen Früchte (oder der Blätter?) in> Handel erscheinen, die aber als minderwertig bezeichnet werden müssen. 1) Derselbe Autor hat auch die Tschirchsche Anetholprobe folgendermaßen erweitert: »Schüttelt man die trübe Mischung von einem alkoholischen Sternanis- auszuge und Wasser mit Äther, so verschwindet die Trübung. Man trennt den Äther ab, trocknet 24 Stunden lang über Chlorkalzium und läßt den getrockneten Äther im Uhrschälchen über Schwefelsäure verdunsten. Der trübe Verdunstungs- rückstand besteht hauptsächlich aus ätherischem Öl, welches wenige undeutliche Kristalle abgeschieden enthält. Ein Sikkimiauszug läßt bei gleicher Behandlung kein ätherisches Öl, sondern nur undeutliche Kristalle gewinnen, die eigentümlich wanzen- artig riechen. Bessere Ergebnisse erhält man beim Schütteln unserer durch Wasser verdünnten alkoholischen Auszüge mit frisch rektifiziertem Petroläther, der keine über 60" G siedenden Bestandteile enthalten darf. Auch dieser löst bei Sternanis die trü- bende Substanz. Beim Verdunsten der Petrolälherauszüge erhält man, wenn echter Sternanis vorliegt und man eine ganze Frucht angewendet hatte, das ätherische Öl von gelblicher Färbung und starkem, reinem Geruch in Tropfen. Sikkimi gibt nur einen kaum sichtbaren Rückstand von kennzeichnendem, an Wanzen erinnerndeoi Geruch.« 2) Über die Sikkiminsäure siehe Berichte der Deutsch, ehem. Gesellsch. Üb, p. 1720, ISc, p. 281; 20c, p. 67; 21, I, p. 474; 22, II, p. 2748; 24, I, p. 1278; zit. nach Lenz. 3) Daß die zum Gerben dienenden Früchte von Acaeia nilotica dort Garrat (Garad) genannt werden, ist durch Schweinfurth (Linnaea 1867) bekannt ge- worden. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 85X Gallus genannt!); aus Westafrika kommen sie unter dem Namen »Gambia pods« zu uns 2). In Ägypten, Ostindien und am Senegal scheint die Bablahfrucht seit alter Zeit zum Gerben benutzt zu werden, in Europa ist dieser Rohstoff jedoch erst seit dem Jahre '1825 bekannt^). Einen sehr bedeutenden Handelsartikel machen diese Hülsen im englischen Sudan aus, wo sie auch zum Braunfärben Verwendung finden*). Über die Abstammung der Bablah hat Wiesner^) auf Grund eines reichlichen Handelsmateriales ausführliche Untersuchungen angestellt, deren Resultate auch heute noch volle Gültigkeit haben. Die Hauptmasse der im Handel erscheinenden Bablah stammt von Acacia arahica Wüld., die eine Sammelspezies darstetlt und mehrere durch Übergänge ver- bundene Subspezies in sich vereinigt. Von diesen ist zuvörderst Acacia arahica Wüld. d) indica Benth. (=■ Mimosa arahica Roxh.) zu nennen, welche die dicht graubehaarten indischen Hülsen liefert; ferner Ä. nilotica Dein, von der die ägyptischen Sorten stammen, was auch von Kotschy und Schweinfurth bestätigt wird; eine dritte Form, Ä. vera (DC.) Willd. soll nach Guibourt«) ebenfalls Bablah liefern. Von anderen Akazien, welche Bablahsorten des Handels liefern sollen, werden genannt: A. Farnesiana Willd., A. Senegal Willd. (= A. Verek Quill, et Pet'ott.), A. Sing Quill, et Perott., A. Adansonii Quill, et Perott., A. Seyal Del. und A. cineraria Willd. — U. Dammer') führt 4) Martius, Pharmakognosie, p. 246. 2) Paeßler, Die Lederindustrie, 1911, Nr. 259. 3) Guibourt, Histoire naturelle des drogues simples. ,IV. ed., Tom. III, p. 361. 4) Tropenpflanzer 1909, p. 537. 5) Rohstoffe, i. Aufl., p. 750—752. Wiesner zeigt daselbst auch, daß die in den meisten Werken über Technologie und Warenkunde (selbst noch in dem 1891 erschienenen Werke: >Les Tannoi'des, Introduction critique ä l'histoire physiologique des tannins et des principes immediats vegetaux qui leur sont chimiquement allies« von L. Braemer, Toulouse, p. 64) angegebene Ableitung der Bablah von der Spezies A. Bambolak Roxburgh irrig sein muß, weil diese Spezies gar nicht zu existieren scheint. Sie fehlt sowohl in den bekannten erschöpfenden Sammelwerken über die botanische Literatur von De CandoUe, W alpers und Steudel, als auch in den Schriften Roxburghs. In der Flora indica (II, p. 58) führt Roxburgh an, daß Mimosa arabiea {= Acacia arabica), über deren gerbstoffreiche Hülsen der Autor schon in der Beschreibung der auf der Küste von Coromandel wachsenden Pflanzen berichtet, den indischen Namen Babool oder Babula (im Sanskrit: Burbura) führt, von welchem Worte der Name Bablah wohl abstammt. 6) 1. c, p. 361. — Die Zusammenfassung der drei genannten Arten unter A arabiea Willd. hat zuerst Benth am (Notes on Mimoseae in Hookers Journ. of Botany, I, p, 494 ff. und Mimoseae, p. 506) vorgenommen. Im Index Kew. sind A. nilotica, arabica, vera und Adansonii zu A. arabica Willd. vereinigt. 7) Deutsch-Ostafrika von Engler, V (1895), Gerbstoffe, p. 407. 54* 852 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. außerdem noch Ä. horrida Willd. an. Früchte von A. Farnesicma sollen gleichzeitig mit ostindischen Bablah, und zwar aus Mauritius in den europäischen Handel gebracht worden sein (Guibourt) und in Bengalen, sowie in Neukaledonien zum Gerben Verwendung finden ^l. Im Kongo werden dieselben tatsächlich gesammelt und kommen als Gerbmittel in den Handel. Acacia subalata in Deutsch-Ostafrika liefert Hülsen mit einem Gerbstoffgehalt von 28,8 Proz. 2) — A. Adansonü wird in Senegal als gutes Gerbmaterial benützt, dagegen scheinen die Angaben über die Verwendung der Hülsen von A. Senegal^ A. Sing und A. cineraria wohl auf einem Irrtum oder auf Verwechselungen zu be- ruhea, denn die Früchte dieser Arten sind sehr arm an Gerbstoff. Die Früchte der Akazien sind entweder ungegliedert (A. Senegal) oder sie sind Gliederhülsen (A. arahica). Die Mitte zwischen diesen Fruchtformen hält die nur unvollständig gegliederte Hülse von A. Farne- siana, deren Samen aber noch durch Scheidewände voneinander ge- trennt sind 3), Alle gerbstoffreichen Akazienfrüchte sind dadurch aus- gezeichnet, daß sie hart und spröde sind und auf dem Querbruch eine harzartige, rote, gelbbraune und selbst braunschwarze, glänzende, homo- gene Schicht erkennen lassen, die vorwiegend aus eisenbläuendem Gerb- stoff besteht, in Wasser, besonders aber in Kali mit tiefrotbrauner Farbe sich auflöst und (in Wasser) einen unlöslichen, aus fast molekularen Harz- kügelchen bestehenden Rückstand zeigt. i. Hülsen von A. arahica indica (ostind. Bablah). Hülse ge- gliedert, stark eingeschnürt bis perlschnurartig. Glieder \ — 1,5 cm lang und breit, aber nur 3 — 4 mm (in der Mitte) dick, im Umriß nahezu kreisrund, meist jedoch etwas schief, scharfrandig, fein geädert, mit dichtem, staubgrauem Wollüberzug bedeckt. Es gibt aber auch Formen, bei welchen der Ilaarüberzug nur stellenweise entwickelt ist. Die Glieder lassen sich leicht in ihre beiden Teile trennen; die Oberfläche der Innen- seite ist bräunlichgelb. Jedes Glied enthält einen Samen. — Samen breitelliptisch, abgeplattet, 5 — 7 mm lang, 4 — 6 mm breit, braun, am Rande mit einer hellbräunlichen, rötlichen, abstreifbaren, etwas fase- rigen Masse — einem Samenmantel oder Arillus — bekleidet. Die Breit- flächen des Samens sind in folgender charakteristischer Weise gezeichnet: Der zentrale Teil der Breitfläche ist dunkelbraun und von einer dem Kontur des Samens parallelen weißlichen Linie begrenzt; die periphe- \) Siehe die Note über Ac. Farnes., p. 838. 2) Auch die großen, breiten, flachen, sichelförmig gekrümmten, lichten, schwach samtigen Perikarpien von Acacia Oiraffae Willd. werden, wie dem ergänzenden Be- arbeiter dieses Abschnittes bekannt ist, als Gerbmittel praktisch verwertet. 3) So an den von mir untersuchten Mustern. Wiesner (1. c, p. 751) fand da- gegen keine geschlossene Scheidewand zwisclien den Samen, Zweiundzwanzi"ster Abschnitt. Früclite. 853 rische, bis zum Schmalrand reichende Partie ist heller braun. An dem Samen liaftet noch der sehr kurze, braune Nabelstrang und an demselben liegt eine länglichrunde, erhabene, weiße Schwiele. Die Samen besitzen eine beinharte, dicke Schale, die den großen Keim umschließt. Die Hülse ist vielgliedrig; nach Royles Zeichnung bis I2gliedrig, an Her- barexemplaren zählte ich 10 und 11 Glieder; die Handelsware be- steht gewöhnlich nur aus einzelnen oder zu 2 — 3 vereinigten Hülsen- gliedern. Die histologische Zu- sammensetzung desPerikarpsi) igt folgende: Die Epidermis der Außen- seite (Fig. 296, 1) wird größtenteils von einzelligen, derbwandigen, bis 200 f.1 langen, geraden oder ge- krümmten Haaren gebildet; haar- lose Stellen finden sich fast nur um die Spaltöffnungen, deren Zel- len im Querschnitt kurz gehörnt erscheinen; in der. trockenen Frucht ist die unter den Spalt- öffnungen liegende Atemhöhle auf einen sehr kleinen Raum reduziert. Unmittelbar darunter liegt eine Reihe von schmalen Zellen, die je einen länglichen Kristall (wahr- scheinlich einen ZwilUng) von Kalziumoxalat führen; die nun folgenden Zellen haben einen koll- enchymatischen Charakter (Fig. 296, 2), gehen aber' bald in große, dickwandige, getüpfelte, tangential gestreckte Parenchymzellen über (Fig. 296, 2'), die den Hauptbestand- teil dieser Perikarpabteilung aus- machen; die innersten Zellen dieses Parenchyms nehmen an Größe des Lumens und an Wanddicke bedeutend Fig. 286. Vergr. 300. Acacia arabica {indica). Partie eines Quersclinittes durch die Hülse, in Kali erwärmt. 1 Epidermis, größtenteils aus Haaren bestehend, sp SpaltöiFnung , 2 kollenchymatisches Gewebe, 2' dickwandiges, reich getüpfeltes Paren- chym, 3 Sklereidenzone, 1 obliteriertes Parenchym, 5 dünnwandiges, gleichfalls teilweise obliteriertes Gewebe, tf Fasernschicht (Endokarp), darunter eine Reihe Kristallzellen. \] Die Anatomie der Bablahhülsen entspricht vollkommen dem den Legurainosen- irüchten eigentümlichen Bauplan. Vgl. hierzu Arthur Meyer, Wissenschaft!. Drogen- kunde, II, p. 370. 854 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. ab und grenzen unvermittelt an eine Zone echter, verholzter und poröser, gerundeter Steinzellen (Fig. 296,5), die in 1 — 4 und noch mehr Reihen entwickelt sind; bei den meisten dieser Steinzellen ist das Lumen breiter als die Wandstärke. Die nun folgende Abteilung stellt die Gerbstoffschicht dar. Von dem ursprünglichen Gewebe sind nur mehr einige Reste erhalten, die nur dort, wo sich ein Gefäßbündel vorfindet, noch den zellulären Cha- rakter besitzen. In einer sehr jugendlichen Frucht von Ä. nüotica^ deren Glieder erst 2 — 3 mm maßen, konnte ich dieses Gewebe als ein großzelliges, sehr dünnwandiges Parenchym erkennen, das durch den daselbst auftretenden Gerbstoff allmählich zum Verschwinden ge- bracht wird. Der Gerbstoff bildet in der reifen Frucht eine mäch- tige zusammenhängende, harzig aussehende Masse, die nach innen zu wieder von einem Gewebe- rest, an dem sich aber die Par- enchymzellen mitunter noch gut erkennen lassen, begrenzt wird (Fig. 296, 4-5). Den Abschluß des Perikarps bildet eine Faser- schicht, dem alten Endokarp- begriff entsprechend, die aus mehreren, teils schief, teils senk- ;. 297. Vergr. 700. Äcacia arahica. Die Zellen der recht sich krCUZCUden Fascrzell- Faserschicht(Endokarp) von der Fläche mit aufliegen- . hp<;tpht /Fio- S)Qfi „ 9q7\ den Kristallzellen, Ideell uesieilL (ri_,. ^yo U. S\) i } Zellen besitzt. Die Kristallzellen zeigen in ihrem Zusammenhang den Cha- rakter der Kristallkammerfaserzellen, jede Zelle führt einen schün entwickel- ten, monoklinen Oxalatkristall (Fig. 296 /fr u. 297)i). Die Innenepidermis des Perikarps ist nur sehr schwer zu beobachten, sie scheint mitunter obliteriert zu sein und nur in Flächenpräparaten läßt sie sich als sehr dünne, aus rundlichen, zarten Zellen gebildete Haut demonstrieren. Die Endokarpfasern (Fig. 297) sind derbwandig, getüpfelt und verholzt. Der Same besitzt eine ziemlich dicke Schale, deren Epidermis von den für die Leguminosen charakteristischen Palisadenzellen gebildet wird. Die Lichtlinie ist an denselben deutlich zu beobachten. Unter der Epidermis liegt eine Reihe der sogenannten Spulen- oder Sanduhrzellen mit 1) Die Kristalle liegen anscheinend in einer Tasche der Zellwand, was man recht deutlich an Querschnittspräparaten bei A. Farnesiana sieht. Auch bei Pisum hat A. Meyer, 1. c, diese Taschen beobachtet. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 355 elliptischen Interzellularräumen. Nun folgt ein sehr mächtiges Parenchym, das aus dickwandigen, porösen, gerundetpolyedrischen Zellen zusammen- gesetzt ist und teils braunen, homogenen Inhalt, teils große Einzel- kristalle aufweist. An den Keimblättern beobachtet man ein zwei- bis dreireihiges Palisadenparenchym; in dem vorwiegend plasmatischen Inhalt fehlt die Stärke. 2. Hülsen von Ä. nilotica (ägypt. Bablah, Neb-Neb, Garrat). Hülsen so geformt wie die vorigen, häufig etwas dicker, die Glieder teils rund, teils schiefrund, an der Oberfläche geädert, völlig kahl, grünlichbraun, die erhabene Mitte meist glänzend , dunkelbraun bis grünlich-schwarz. Gerbstoffmasse je nach der Dicke der Glieder ver- schieden mächtig. Samen ähnlich wie die vorigen, entweder rund- lich und stark plattgedrückt mit deutlicher, weißer Linie auf der Breitfläche oder — in den dicken Gliedern — weniger plattgedrückt und dicker, mit undeutlicher Zeich- nung. Von beiden Arten lassen sich die Hülsen, bzw. die Glieder leicht öffnen und zeigen schon außen deutlich die Dehiszenzstellen. Die Oberhaut des Perikarps ist aus kleinen, auf der Außen- seite sehr stark verdickten, da- selbst farblosen und glänzenden, kutikularisierten, in der Fläche polygonalen, mit dünnen Radial- wänden versehenen Zellen zusam- mengesetzt (Fig. 298, 1). Darunter liegt ein Collenchym, dessen Zell- wände in Kali bedeutend aufquellen und die schmalen tangential gestreckten Lumina an Breite weif überragen; es enthält längliche Kristalle (Zwil- linge?) von Kalziumoxalat. Diese Schicht geht in ein nur aus wenigen Reihen bestehendes Parenchym über, das wieder von der 2 — 4 reihigen Sklerenchymzone abgeschlossen wird; letzterer sind Kristalle führende Zellen vorgelagert (Fig. 298, 3). Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Bablahsorten ist demnach in der Trichomentwicklung (bei der indischen Bablah) und in der verschiedenen Mächtigkeit der subepidermalen Gewebe- schichten gelegen; bei A. nilotica finden wir ein in Kali besonders stark \) i Ä^ Fig. 298. Yergr. 300. JLcacia nilotica. Partie eines Querschnittes durcli die Hülse, in Kali erwärmt. 1 Epidermis mit Kutikula c, 2 kollenchyraatisches Gewebe (in Kali stark quelleml), 2' derbwandiges Parenchym; 3 Sklereidenzone mit vorgelagerten Kri- stallzellen; i obliteriertes und zusammengepreßtes Gewebe (Gerbstoifgewebe), Qe ein Gerbstoffschollen. Die darauf folgende innerste Schicht ist nicht ge- zeichnet. 856 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. quellendes, breites Collenchym und nur wenige Reihen dickwandiger Parenchymzellen, bei Ä. arabica ist das Verhältnis umgekehrt. Auch die Skiereiden sind bei A. nilotica etwas anders gestaltet als bei A. ara- bica] sie sind bei ersterer meistens sehr dickwandig und besitzen ein sehr kleines Lumen; freihch finden sich Abänderungen vor, denn die Grüße und Gestalt der Steinzellen, sowie der Durchmesser des Lumens ist sehr variabel. An die Steinzellenschicht schließt die obliterierte Gerb- stoffschicht mit den mächtigen Gerbstoffschollen an (Fig. 298'). Das an die Gefäßbündel sich anlehnende Parenchym ist großzellig und stellt die Gerbstoffschicht dar, daher es nach innen zu obliteriert ist. Das oben erwähnte weiße markähnliche Gewebe bildet an dieser Bablah- sorte die innerste Perikarpschicht und ist ein an großen, meist tangential gestreckten Interzellularen sehr reiches Schwammparenchym, dessen unregelmäßig-sternförmig verästelte Zellen nur Luft enthalten. Eine Ab- grenzung gegen die Fruchthöhle in Gestalt einer inneren Epidermis läßt sich an der reifen Frucht nicht beobachten. Das Schwammparenchym übertrifft die übrigen Gewebe um mehr als das Dreifache an Mächtigkeit. Der Same bietet in seinem anatomischen Bau keine bemerkenswerte Abänderung. Die Gerbstoffmenge derBablahhülsen wird mit 1 1 — 1 6 Proz., neuestens mit 20 — 25 Proz. angegeben. Sie dienen zum Gerben und Schwarzfärben und kommen hauptsächlich bei Schaffellen zur Zubereitung des Glace- leders in Verwendung, wozu sie (gleichzeitig zum Gerben und zum Färben) Anmerkung. In der Sammlung der Wiener Versuchsstation für Lederindustrie befindet sich ein Muster von GerbstofTfrüchten mit der Signatur »Ruprechtia viraru, Argentinienc. Abgesehen davon, daß von der zu den Polygonaceen gehörigen Gat- tung Ruprechtia (= Magonia Vell.) keine Art bekannt ist, die eine technische Ver- wendung erfährt, ist auch diese Bestimmung der Früchte gänzhch unrichtig. Die Muster in der genannten Sammlung sind gegliederte, dicke, hellisabellgelbe, zart bräunlich gefleckte und stark glänzende Hülsen mit fast vierkantigen, an den ßreit- flächen emporgewölbten Gliedern; das Perikarp ist sehr mächtig entwickelt. Die sehr dünnen, linsenförmigen, braunen Samen haben dieselbe Zeichnung wie die der Bablah. Nach der von Herrn Dr. Harms in Berlin freundlichst angestellten Untersuchung gehören die Hülsen wahrscheinlich zu Prosopis Algarobilla Qriseb. oder einer nahe verwandten Prosopis-Art. Daß Prosopis-Üülsen als Gerbematerial dienen sollen, ist bisher nicht bekannt geworden. 8. Dividivi. Mit diesem Namen bezeichnet man die gerbstoffreichen Früchte der in Venezuela, Honduras, Guatemala, Mexiko und auf den westindischen Inseln einheimischen Caesalpinia coriaria Willd. (Libidibia coriaria Schlecht.). Auf Gura^ao und in Venezuela nennt man die Bäume »los dividivos«, von welchem Worte der Handelsname, der manchmal auch Libidibi lautet, herrührt. In Mexiko und Honduras heißen die Früchte Gascalote, Nanacascalote, andere Bezeichnungen sind Samak, Quatta pana. In den genannten Ländern benutzt man die Hülsen 1) Tropenpflanzer 17, 1913, p. 628. Zweiiindzwanzigster Abschnitt. Früchte. 859 schon seit langem bei der Lederbereitung i], in Europa dagegen scheint dieser Rohstoff erst seit Anfang des 1 9. Jahrhunderts zum Gerben und Schwarzfärben benutzt zu werden 2). Die gute Verwendbarkeit der Früchte und die geringen Produktionskosten gaben Veranlassung, die Kultur der C. coriaria auch in anderen Tropengebieten zu versuchen. Nach Semler sind mehrere große Pflanzungen in Vorderindien (Madras), in Britisch Burmah und auf Ceylon angelegt worden ; auch auf Java und in Austra- lien hat man den Anbau versucht. Die indische Ware kommt der ameri- kanischen an Gerbstoffgehalt gleich (Bull. Imp. Instit. 1904, II, p. 92). Im Küstengebiet von Deutschostafrika wurden vor einiger Zeit Ver- suchspflanzungen angelegt, die günstige Erfolge erzielten. Die Früchte wiesen einen Reichtum, von Gerbstoffen von 42,2 Proz. auf^). Die Dividivi werden im reifen Zu- stande gesammelt und kommen aus Cara- cas, Maracaybo, La Hacha, Paraiba, von mexikanischen Häfen und von der Insel Curagao in den Handel. Im Jahre i 872 bis 1873 betrug der Export von Venezuela (nach A. Ernst) 753 728 kg, im Jahre 1873 — 74 dagegen schon 824 815 kg. Die deutsche Einfuhr betrug im Jahre 1909 77 422, 1911 58 565 m/Ztn.4). Yi'iQYvwohidiQV Caesalpinia coriaria^] "^ ^ Fig. 300. Nat. Größe. Früchte von Caes- ist eine Schnecken- oder S-förmig einge- o.ipinia coriaria (sog. Dividivischoten). rollte, trockene und spröde, an beiden ^ LupenbUd eines Querschnittes durch ' ^ die Frucht und den Samen (sj. Enden stumpf zugespitzte Hülse (Fig. 300). (Wiesnen. -1) In Honduras stellt man aus ihnen mit einem naturlich vorkommenden Eisen- sulfat Tinte dar, die als Nacascalo zum Färben dient. Hart wich in Realenzyklo- pädie der ges. Pharm., HI, p. 51 6. — Daß die Gascalote zur Tinlenbereitung dienen, gibt schon Chappe d'Autoroche (Voyage en Galifornie. Paris 1772, IV, p. 57) an. 2) Vgl. Jacquin, Select. stirp. americ. bist., p. 175. — Bancroft, Unter- suchungen über die Natur der beständigen Farben, II, p. 604 und Duchesne, 1. c. p. 261, zit. nach Wiesner, Rohstoffe, 1. Aufl. — Die älteste Mitteilung über diese Früchte findet sich in Jakob Breyns Exoticarum plantarum centuria I (Danzig 1678) vor, worin auf Tab. 56, Fig. 5 eine Hülse und Samen unter dem Namen »siliqua arboris Guatapunae ex Goracao insula« abgebildet sind. Weitere interessante ge- schichtliche Angaben in Beckmanns Vorbereitung zur Warenkunde. Göttingen 1794, p. 383. 3) Tropenpflanzer 1909, p. 444. — Nach Engler, Die Pflanzenwelt Ostafrikas und der Nachbarstaaten, Teil B, p. 407, kommt der Dividivibaum in Ostafrika vor. 4) H. Bodenstab, I.e., Tropenpflanzer 1913, p. 466, 630 und 631. 5) Wiesner, Rohstoffe, -1. Aufl., p. 754. 860 Zweiundzwanzigsler Abschnitt. Früchte. Die zusammengerollte Frucht ist etwa 1 ,5 bis 3 cm lang, völlig gerade gelegt würde ihre Länge 3 — 10 cm betragen. Die Breite beläuft sich auf 2 — 3 cm, die Dicke auf 3 — 5 mm. Die beiden Klappen sind bis auf die zur Berherbergung der Samen dienenden linsenförmigen Räume völlig verwachsen. Die Außenfläche der Hülse ist glatt, schwach glänzend, kastanienbraun gefärbt. An der Fruchtwand lassen sich mit freiem Auge drei Schichten unterscheiden : die äußere bildet eine dünne, sehr spröde, braune Haut, die von den trockenen Hülsen sich leicht ablöst, daher diese daselbst eine matte, ockergelbe Färbung und eine rauhe, gelb abstäu- bende Oberfläche be- sitzen; die mittlere Schicht, die als die eigent- liche Gerbstoffschicht be- zeichnet werden kann, ist ockergelb und am stärksten entwickelt. Die innerste Schicht ist eine gelblichweiße, sehr zähe Haut. In jeder Frucht sind 2 — 8, gewöhnlich 2 — 4 länglich-linsenför- mige, 6 — 8 mm lange, i — 5 mm breite, mit harter, brauner, glän- zender Schale versehene Samen enthalten. Die äußere Ober- haut der Hülsen besteht aus — in der Fläche gesehen — polygonal begrenzten, stark kutikularisierten Zellen, deren Umriß im Querschnitt rechteckig und mitunter fast radial gestreckt er- scheint. Die Wand der Oberhautzellen besitzt eine sekundäre Anlagerung, die in Kalilauge und auch in Salzsäure so stark aufquillt, daß das ursprüngliche Lumen um ein sehr Bedeutendes eingeengt wird (Fig. 301 ep; 301 ?;«. und Sil/]; von diesen sekundären Verdickungen hebt sich die pri- märe Zell wand (mit der Mittellamelle) deutlich ab. Sowohl die Zellwände als auch der kleinkörnige Inhalt sind braun gefärbt und verursachen (mit der unter der Oberhaut liegenden Zellreihe) die braune Färbung der Hülse. In Salzsäure erscheinen die Wände gelb. Die Oberhaut enthält nicht gerade spärliche, schmal-elliptische (mit der Längsachse meist in der Richtung ^^^Ü^lj^fe^ Fig. 301. Yergr. 400. Caesalpinia coriaria. Partie eines radialen Längsschnittes der Dividivihulse. ep Oberhaut, sp eine Spaltöff- nungszelle an der (inneren) Längsseite, sep sntepidermale, hraun- gefärbte Zellen, ^a dünnwandiges Parenchym, 6 Bastbelag, s Sieb- teil, obliteriert; 6 Gefäßteil; bezüglich m u. sM siehe Fig. 302. Zweiundzwanzigster Aloschnilt. Früchte. 861 der Fruchtachse orientierte), farblose, etwas vertiefte Spaltöffnungen (Fig. 301 sp), die von einem Kranze schmaler, gekrümmter, zu zwei, selbst zu drei konzentrischen Kreisen angeordneter Oberhautzellen (Fig. 302) um- geben sind. Unter der Oberhaut liegen eine oder zwei Reihen von Zellen, deren Wände noch ziemlich derb und ebenfalls braun gefärbt sind; einzelne derselben führen als Inhalt Oxalatdrusen (Fig. 301 sej)). Aus diesen histologischen Elementen setzt sich die oben angegebene äußere Schicht des Perikarps zusammen. Teils plötzlich, teils allmählich gehen diese Gewebe in ein sehr dünnwandiges, farbloses, mit kleinen Inter- zellularen ausgestattetes Parenchym über, in welchem die Gefäßbündel verlaufen; die Parenchymzellen zwischen der äußeren Schicht und der Gefäßbündelzone sind gerundetpolyedrisch , sehr dünnwandig und viel kleiner als die jenseits der Gefäßbündel folgenden; diese letzteren sind bedeutend größer, in radialer Richtung besonders ausgedehnt , ihre Wände sind schon zum Teil in Wasser, fast vollständig in heißer Kalilauge löslich; jede Zelle enthält einen goldgelb glänzenden, glasig brechenden, strukturlosen, das Lumen nahe- zu ausfüllenden Körper, der von Eisenchlorid tief indigo- blau gefärbt und gelöst wird; außer diesen Gerbstoffkörpern findet man in dem Parenchym noch sehr reichlich Oxalatkristalle, sowohl Einzelgestalten wie Zwillingsformen und Drusen. Dieses Gerb- stoffparenchym entspricht der mittleren Schicht der Fruchtschale. Beim Zerbröckeln der Frucht erhält man die Gerbstoffkörper in Gestalt eines grobkörnigen, gelbbraunen Pulvers. Die Gefäßbündel (Fig. 301 O) besitzen einen starken, auf der Außenseite liegenden Bastbelag, einen (in der Längsansicht nur zarlfaserig erscheinenden) Siebteil und ein Xylem, in welchem Spiralgefäße und getüpfelte, gefäßartige Elemente auftreten. Der Bastbelag ist von Kristalizellen umsäumt, die Kristalle sind Einzel- formen und liegen wahrscheinlich in Membranfalten. Die Bastelemente sind relativ kurze, an der Außenseite des Belags buchtige oder knorrige, gabelig oder ästig endigende, sehr stark verdickte, aber schwach ver- holzte Fasern; einzelne sehr verkürzte Individuen gleichen wahren Stein- zellen. Gruppen sklerosierter, poröser, aber weitlichtiger, polyedrischer Zellen treten vereinzelt in dem Gerbstoffparenchym nahe der inneren Fig. 302. Vergr. 400. Caesalpi Dividivihülse von der Fläche, sp SpaltöiFnung, m Mittel- lamelle und Primärwand, s.ü/ sekundäre, in Kali quellende Anlagerung, l Lumen. 862 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Haut auf. Die innerste Schicht bildet eine lichtholzfarbige Haut, die aus stark verholzten und bis auf ein linienfürmiges Lumen verdickten Fasern zusammengesetzt ist. Der Querschnitt der Fasern ist rund, elliptisch, rhombisch, der Längsverlauf teils gerade, teils gewunden; die Fasern haben mäßig zahlreiche Porenkanäle und sind reichlich mit Kristallzellen umsponnen. Das Gewebe, das die Häute der beiden Klappen verbindet, ist eine dünnfaserige, farblose, nicht verholzte Schicht, in der auch Kristalle und Gerbstoff auftreten. Die Dividivihülsen enthalten 30 — 50 Proz., im Mittel 42 Proz. Gerb- stoffe; davon ist besonders die Ellaggerbsäure (Ellagengerbsäure Ci4H,oO]o) zu nennen, die neben der Ellagsäurei) (C14H16O8 + 2H2O) und Gallus- säure den Hauptbestandteil der Inhaltskürper ausmacht. Die Ellagsäure verursacht auch das mikrochemische Verhalten der Gerbstoffschicht: Ein in Kalilauge gelegter Schnitt wird zuerst tiefgelb gefärbt, die entstehende gelbe Lösung wird allmählich gelbrot bis rotviolett. Neuere Unter- suchungen über den Dividivi-Gerbstoff liegen von Proeter^), Stiassny^) und Philp"*) vor. Über die Gerbungseigenschaften der Dividivi berichtet Sem 1er, daß sie das Leder hart machen^ ihm viel Gewicht und helle Farbe geben; sie stehen daher in diesen Belangen den Valonea recht nahe. Nach anderen Mitteilungen &) färben sie das Leder rötlich und eignen sich in Verbindung mit anderen Gerbemitteln mehr zur Gerbung von Unterleder. In neuerer Zeit sind auch falsche Dividivi auf den Markt ge- kommen. Dieselben sind gerade oder schwach gekrümmte, lederbraune oder bräunlichgelbe, etwas glänzende, 6 — 9 cm lange, 1 — 1,8 cm breite, flache, durch die etwas vorspringenden Samenfächer quer gerippte Hülsen, die nach ihrem anatomischen Bau eine nahe Verwandtschaft mit den Dividivihülsen zeigen und wahrscheinlich auch von einer Caesalpinia- Ari^) abstammen dürften. Sie sind ebenfalls reich an Gerbstoffen. Die Dividivi von Bogota stellen große, flache Hülsen vor, deren 4) L. Barth und G. Goldschmiedt, Über die Reduktion der Ellagsäure durch Zinkstaub. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch., 1880, p. 846. — G. Zölffel, Über die Ellagsäure und Ellaggerbsäure. Arch. d. Pharmaz., 1891, Bd. 229, p. 123—160. 2) Leitfaden f. gerbereichemische Untersuchungen, 1901, p. 88. 3) Gerber, 1905, p. 187. 4) Kollegium 1909, p. 249. Zitiert nach Oettinger, s. Note 1 d. folg. S. 5) Tropenpflanzer, 17, 1913, p. 630. ; 6) Vielleicht gehören sie zu Caesalpinia Paipae Euiz. et Pav., deren Hülsen in Peru (und Chile?) unter dem Vulgärnamen Pi-pi als Gerb- und Farbmittel Ver- wendung fmden. Im Ind. Kew. ist für diese Art »Flor. Peruv., IV, t. 375« zitiert, was aber unrichtig ist, wenn damit Ruiz etPavon, Flora Peruviana et chilensis gemeint ist. Denn in diesem Werk ist die genannte Art nicht enthalten. Zweiundzwanzigster Absclmitt. Früchte. 863 äußere Schicht eine fuchsrote oder hellbraunrote, dünne, sehr spröde Haut bildet; die mittlere und innere Schicht ist wie bei der echten Ware gebaut. Die Samen sind plattgedrückt, gerundet trapezförmig oder un- regelmäßig-breiteifürmig, kastanienbraun. Diese Hülsen stammen wahr- scheinlich von Caesalpmia tinctoria (H. B. K.) Benth. = Poinciana spinosa Molina, die unter dem Namen Tara in Chile und Peru zum Gerben und Schwarzfärben verwendet werden i). 9. Tari (Teri). Die Hülsen der in Vorderindien und im malayischen Archipel ein- heimischen Caesalpmia digyna Rottl."^) (= C. oleosperma Roxb. = C. gracilis Miqu.) werden daselbst unter dem Namen Tarihülsen, Tari- oder Terischoten^) als Gerbmittel verwendet und sind in den letzten Jahren auch auf den europäischen Markt gelangt. Sollte dieser Rohstoff, der 33,25 Proz. Gerb- stoff*) liefert, in genügender Menge beschafft werden können, so wird seine Verwendung gleich der der Dividivi eine sehr umfang- reiche werden. Die Tarihülsen 5) sind (je nach der Samenanzahl) 3—4,8 cm lang, 2—2,5 cm breit, flach und an den Enden infolge der emporstehenden Klappenränder vertieft; nur wo die \ — 3 Samen liegen, sind die Früchte hochbuckelig (torulos nach Hook er) aufge- trieben. Die Basis der Hülse zeigt eine seit- Fig. 303. V'i nat. Gr. Terihülsen oder Tarischoten, Früchte von Caesalpinia digyna Rottl. a 3 sämige, 6 1 sämige Frucht. -1) Schon in Feuillee, Beschreibung der Arzneipflanzen des mittägigen Amerika. Nürnberg 1756, p. 56, T. 39 angegeben. Siehe Beckmanns Vorbereitung usw. (Göttingen 1794), p. 390. C. Oettinger (Neue Gerbmaterialien, 1914, p. 90) be- schreibt ein als Cuerorinde (Guararinde) bezeichnetes, aus Mexiko stammendes Pulver mit 47 Proz. Gerbstoff, das sich nach der mikroskopischen und chemischen Untersuchung als verkleinerte Dividivifrüchte erwies. Eine früher von W. Eitner (Gerber, 1899, p. 116) beschriebene >Curerorinde«, auch unter dem Namen »Palo blanco- oder Casea blanca-Rinde importiert, besaß nur ca. 20 Proz. Gerbstoff und dürfte die Rinde einer Malpighiacee [Malpighia faginea) sein. 2) Rottler, Botan. Bemerkgn. a. d. Hin- und Rückreise von Trankenbar nach Madras. Der Gesellsch. naturf. Freunde Neue Sehr. Berlin 1803, p. 200. — Hierzu auf Tab. HI eine sehr schöne Abbildung mit Früchten, die nur 1 , 2 oder 3 Samen enthalten. 3) Tari heißt in Indien auch der aus Phoenix silvestris Roxb. bereitete Palm- wein. Drude in »Pflanzenfamilien« H, 3, p. 30. 4) Hartwich, Neue Arzneidrogen, p. 27 (unter Acaeia digyna?). 5) Die untersuchten Objekte stammen aus der Sammlung des Herrn Rgr. Eitner. 864 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. •lieh schief hervortretende Ansatzstelle des Fruchtstieles, der Scheitel ist spitz oder stumpf, die Ränder der fest verschmolzenen Klappen sind wulstig vergrößert (Fig. 303). Die Oberfläche ist kastanien-, leder- oder gelbbraun, glatt, glänzend; im Inneren findet man unter der braunen Außenschicht eine weiße, weiche, schwammige Mittelschicht, die an den Klappenrändern mächtig entwickelt ist, an den Breitseiten am Samenlager nur eine dünne Lage bildet. Die innerste Schicht des einfächerigen ifZ-?. U^ r^ : "jckkt^ et WcAVi Fig. 304. Caesalpuiia digtjna Rottl. Partie eines Querschnittes durch das Perikarp. rp Oberha (die Außenwand der Zellen stark aufgequollen), h Sekretzellen, seh Schwammparencliym ; Vergr. 6( Perikarps ist eine gelblich weiße, dünne, spröde Haut, der an der freien (inneren) Oberfläche eine feste glasglänzende, farblose, durchsichtige Masse, oft erstarrte Tröpfchen bildend, anhaftet, oft in solchen Mengen, daß sie den Hohlraum zwischen den Fruchtwänden und den Samen voll- ständig ausfüllt. Dieser Überzug zeigt, mikroskopisch betrachtet, ein oberflächliches Sprungliniennetz, ist in Wasser, aber nicht in Alkohol löslich, wird von Eisensalzen nicht gefärbt und stellt ein Gummi dar, über dessen Herkunft weiter unten berichtet wird. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 865 Die Hülsen beherbergen 1 — 3 Samen; mehr- als dreisamige Früchte Fig. 305. Citesalpinia digyna Rottl. Lücke in der Oberhaut mit den umgebenden, in zwei Kreisen an- geordneten Oberliautzellen. ' Der die Lücke ausfüllende Pfropf durch Kochen in Kali entfernt; darunter eine (nicht gezeichnete) Spalt- öffnung. Vergr. GOO. breit und dick, unregelmäßig rundlich-eiförmig, an einer Stelle konkav, an der Oberfläche olivbraun, matt; auf die äußere Schicht (Palisaden- epidermis) der Samenschale folgt ein weiches, kastanienbraunes Gewebe (Parenchym) ; der gelblich weiße , weiche Samenkern liegt lose in der Schale. Die Anatomie des Perikarps^) weist einige sehr bemerkenswerte Eigentümlichkeiten auf. Die Epidermis der Außenseite ist aus poly- edrischen Tafelzellen gebildet, die mit einem tiefbraunen Inhaltskörper erfüllt sind und an der Außenwand schon in Wasser, besonders aber in Kali so mächtig aufquellen, daß das Lumen auf einen Spalt reduziert wird (Fig. 304ej9), wobei der Inhalt sich kontrahiert oder zum Teil löst; auch die Kutikula ist stark ent- wickelt. An Querschnitten läßt sich folgende Zusammensetzung der Zell wand erkennen: eine stattliche gemeinsame Außenwand, die keine Zellulosereaktion gibt, sendet ebenso beschaffene Radial wände nach einwärts (Fig. 306 Z); an diese Membranteile legt sich eine sekundäre an der Außenseite viel stärker entwickelte Wand an (Fig. 306/'), die deutlich auf Zellu- lose reagiert, schon in Wasser, viel mehr aber in Kali aufcpillt und den dunkelbraunen Inhalt nach abwärts drängt (Fig. 306 w). Diesem Inhalt, sowie dem dunkel gefärbten sub- epidermalen Gewebe verdankt das Perikarp seine braune Farbe. Zer- stört man mit Schwefelsäure die Zelluloselamellen, so bleibt die ge- meinsame Außenwand mit den als Zapfen fim Querschnitt) erschei- nenden Radialwandieilen zurück. Die zahlreichen farblosen Spaltöffnungen zeigen häufig einen aus einer grauen, körnigen, in Wasser und Alkohol nicht, wohl aber in Kali löslichen Masse bestehenden Pfropf; nach &i^'^ Fig. 30B. Tarifrucht iC'acsalpinia digyna). Quer- schnitt durch eine Spaltöffnung, Vergr. 600. — c Kutikula, ep Epidermis, l Außenlamelle, M se- kundäre ( Zellulose- 1 Membran, m Inhaltskörper, sp Spaltöifnungszellen, pf Kutikularpfropf. (Original von Hauausek und Weese.) 1) Hooker, Flora of British India, II ( Dieselbe nach Einwirkung von Wasser. E in Kali gequollene und isolierte Gummizellen, a nach kürzerer, 6 nach längerer Einwirkung des Kali. F Gnmmizellen in Jod und Schwefelsäure, bei x die farblose Umwandlungszone. auf, und am Querschnitte sieht man, daß diese Quellung nur auf der freien Außenseite stattfindet (Fig. 301 gmx und Fig. 308 D). Läßt man Kalilauge einwirken, so lösen sich die Zellen gänzlich aus dem Verbände und erscheinen nun als eiförmige Körper, deren Zellwand an der Außen- seite mächtig gequollen, an der entgegengesetzten dagegen dünn geblieben ist. In Fig. 308 E zeigt a diese Zellen nach kürzerer, b nach längerer Einwirkung des Kali, Ein ganz anderes Verhalten zeigen diese Zellen nach Behandlung mit Jod und Schwefelsäure. Da quillt die ganze Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 869 Schicht stark auf, die äußersten Zellen schießen papillenartig hervor und nicht selten sieht man zwei oder drei solcher Zellen im Verbände, ähnlich zwei- oder dreizelligen Haaren (Fig. 308 ^""j; die Membran ist blaugrau, zeigt also noch Zellulose-Reaktion und besitzt eine fast farb- lose unregelmäßig begrenzte, bald breitere, bald schmälere Haube (Fig. 308 i^ bei x), die die Grenzzone andeutet, in welcher der Übergang, die Umwandlung der Zellulose in Gummi staltfindet. Hierbei ist noch besonders hervorzuheben, daß die radiale Verbindung der Zellen eine viel schwächere sein muß als die tangentiale, denn in radialer Richtung sind dieselben voneinander vollständig geschieden, während die zwei oder drei übeinanderstehenden Zellen im Verband bleiben. Nach dem Mitgeteilten unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß das- Gummi von der Zell wand der »Gummizellen« herrührt. Die Gummi- zellen der Tarihülsen lassen somit auf eine sehr deutliche Weise den Übergang der Zellulosemembran in Gummi beobachten und geben wieder einen Beweis von der Bildung des Gummis durch Metamorphose der Zellmembran. Von der Tragantbildung unterscheidet sich dieser Entstehungsmodus aber doch sehr weseiitlich dadurch, daß bei der Ent- stehung des Tragants die ganze Zellmembran in den Vergummungs- prozeß einbezogen wird und der zelluläre Charakter allmählich verloren- geht, mithin also eine Lysigenesis eines Gewebes stattfindet, bei den Tari aber der Prozeß die Erzeugungsstätte bis zu einem gewissen Grade intakt läßt und hauptsächlich nur die Membranen der freien Außenseite das Material für das Gummi abzugeben scheinen. Der Inhalt der Gummizellen ist von eigentümlicher, nicht gut zu definierender Beschaffenheit. Im trockenen Zustande ist er hart, in Wasser erweicht er ohne Formveränderung, in Kalilauge bildet er einen faltigen, teilweise mit Luft gefüllten Sack, wie die darin befindlichen Luftblasen erweisen, auf Eiweiß reagiert er nicht und in Schwefelsäure restiert er als eine braune, löcherige, netz- oder gitterförmige Masse. Von der Anatomie des Samens sei nur erwäbnt, daß die Keim- blätter reich an kleinkörniger Stärke und an großen Sekretbehältern sind, die ein in heißem Alkohol leichtlösliches Produkt, anscheinend ein ätherisches Öl, enthalten. iO. Algarohillo 1). Die unter dem Namen Algarobillo oder Algarobito in den Handel kommenden Früchte von Caesalpinia hrevifolia Benth. (= Bal- 1) Diesen Namen, das Diminutivum von Aigarobo, vom arab. al und garub, Schote, herrührend (danach auch die Johannisbrotfrüchte von Ceratonia Siliqua L. Carobben heißen), führen auch die Früchte mehrerer anderer Leguminosen, wie die 870 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. samocarpon h'evifolium Glos.) sind in Chile als Gerbe- und Schwarz- färbemittel in Gebrauch. Hierzu erscheinen sie auch vortrefflich ge- eignet, denn sie reichen mit dem Gehalt an Gerbstoff an die besten technisch ver- wendeten Gallen heran. Im Geh eschen Handelsbericht vom November 1 878 wird ihr Gerbstoffgehalt mit 67,45 Proz. an- gegeben; Godeffroyi) fand 59,2 bis Fig. 309. Caesalpinia hrevifolia Benth. Algarobillo. Fruclit in nat. Größe. (Original.) 68,4 Proz., Dr. Fol 2) 65 Proz., nach Hart wich 3) beträgt derselbe höchstens 64 Proz., oft weniger, einmal auch nur 49,6 Proz. Da der Gerbstoff Fig. 310. Caesalpinia hrevifolia Benth., Algarobillo. Längsansicht der Anßenepidermis ep. — sp Spaltöffnung, t Inirze Trichome von der Seite, tr von oben, t' längere Tricbome, D Drüse von oben. (Original.) von Inga Marthae Spr., Prosopis juliflora DG., Prosopis alba Hier. (Algarrobo blanca), Hymenaea Courbaril L., von Äcacia-Arien u. a. 4) Zeitschr, d. allg. österr. Apoth.-Ver. 1879, p. 132. 2) Verb, d. bot. Ver. d. Prov. Brandenburg 1879, zit. nach Hart wich. 3) Arch, d. Pharm., 1880, Bd. CCXVI, p. 286. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 871 mit roten oder braunen Farbstoffen innig verbunden ist, deren Entfer- nung, wie es scheint, nicht zu erreichen ist, so ist es erklärlich, daß die Anwendung der Algarobillo bisher nicht mit dem hohen Gerbstoffgehalt entsprechend umfangreicher geworden ist. Die Früchte 1) sind walzenrunde, 3 — 5 cm lange, 1 — 2,5 cm dicke Hülsen, die an der Rücken- und an der Bauchseite je eine Längsfurche besitzen. Die Oberfläche ist gelb, bräunlich, selbst dunkelbraun, an einer Seite mitunter rosen- bis morgenrot gefärbt, glänzend, längs- und quer- gerunzelt, an den Samenlagern etwas aufgetrieben (Fig. 309). In den Früchten sind zwei bis sechs dicken Linsen ähnliche, im Durchmesser 8 — 9 mm haltende, braune, an der Oberfläche matte Samen enthalten, häufig durch leistenartige Vorsprünge der Fruchtwand an den Rändern voneinander geschieden. An den trockenen Früchten ist nicht selten an einzelnen Stellen die spröde oberflächliche Schicht des Perikarps ab- gerieben und läßt das dar- unter liegende reich ver- "^ zweigte Fasemetz sichtbar werden. Dieses zeigt einige in der Längsrichtung der Frucht verlaufende Haupt- stränge, von denen fast rechtwinklig zahlreiche . Fig. 311. Partie eines Querschnittes durct die Oberhaut, ep Nebenstränge abzweigen, Epidermiszellen, t kurze Trichome, p Parenehym. (Original.) die wieder durch Anasto- mosen miteinander verbunden sind. Der größte Teil des Raumes zwi- schen Oberhaut und dem dünnen, zähen Endokarp ist von einer gelben oder gelbroten, glasigen, kantig brechenden, glänzenden, harzartigen Masse erfüllt, die zum größten Teil aus dem Gerbstoff besteht. Sie löst sich in Kalilauge mit prächtig orangeroter Farbe, wobei mitunter sehr zarte Netze zurückbleiben, die Reste des ursprünglichen Perikarp- Parenchyms. Über die anatomischen Verhältnisse 2) ist folgendes zu berichten. Die Außenepidermis des Perikarps besteht aus kleinen, stark kutikulari- sierten, an den Radialwänden getüpfelten Zellen von unregelmäßig-poly- gonalem, meist viereckigem Umriß (Fig. 3106^). Im Querschnitt erscheint die Außenwand viel mächtiger als die übrigen Wände (Fig. 3i\ep). i) T. F. Hanausek, Zeitschr. d. allg. österr. Apoth.-Ver. -1879, p. i66. — Ascherson, Sitzgsber. d. bot. Ver. d. Prov. Brand., 4879, p. 15. — Hartwich, 1. c, p. 281ff. — Georg Zölffel, Über die Gerbstoffe der Algarobilla und der Myro- balanen, Arch. d. Pharm., 1891, Bd. CCXXIX, p. 123— 160. — Arnaudon, Monit. scient., 1893, p. 107. — Chem.-Ztg. 1894, p. 1241. 2) Vgl. Hartwich, 1. c, p. 282. 872 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Fig. 312. Teil einer Drüse von der Seite. (Original.) pq^Pfl'!l[l Ziemlich reichlich kommen Spallüffnungen vor, die zumeist tiefer als die Epidermiszellen liegen und von einem Kranze schmaler Nebenzellen um- geben sind, ein den Caesal'pinia-FTüth.Xen eigentümlicher Typus (Fig. 3'l Osj?). Außer- dem enthält die Epidermis einzellige Tri- chome, von denen ich dreierlei Formen unterscheiden konnte. Am verbreitetsten sind sehr kurze (23 — 27,6 /<), stumpf- kegelige Bürstchen (Fig. 310^), die häufig in der Autsicht zu sehen sind und sich da als kleine Kreise mit einem Radienstern (die gestreifte Kutikula Fig. SlO^r) präsen- tieren. Eine zweite Form sind die län- geren, bis 122 n messenden dickwandigen spitzen Haare (^ ), von denen sich die dritte Form nur durch die dünnen Wände unterscheidet. Die Verschiedenheit ist daher nur eine graduelle, die in der verschiedenen Mächtigkeit der Zellwand beruht. Besonderes Interesse erregen die Drüsen. Diese stellen viel- zellige Gewebehöcker dar, die je nach ihrer Ent- wicklung als halbkugelförmige Erhebungen der Epidermis oder auf dickem Stiel sitzende Kopf- drüsen erscheinen (Fig. 31 OD u. Fig. 312). Die derbwandigen Zellen umschließen einen mit einem gelben Sekret erfüllten Hohlraum, mitunter sind sie auch in spitze Haare verlängert. Unter der Oberhaut lassen sich noch einige Reihen zartwandiger, zusammengepreßter Paren- chymzellen beobachten (Fig. 311 p), deren weitere Folgen durch das in gewaltigen Massen angehäufte Gerbstoffsekret verdrängt worden sind und nur, wie schon erwähnt, nach Lösung des Sekretes mitunter als zarte Netze beobachtet werden können. Das Fasernetz besteht aus Bündeln von Bast- fasern (Fig. 313) und Gefäßteilen; diese enthalten schmale Spiroiden; außerdem kommen Kristall- kammerfasern mit massigen Einzelkristallen von Kalziumoxalat vor (Fig. 313Zt). Hartwich, 1. c, p. 283, beschreibt und bildet sehr große, meist in Gruppen auftretende Kristalle ab, deren Natur nicht erkannt werden konnte. Ich habe sie nicht gesehen und möchte sie nach den Abbildungen als Fettsäurekristalle be- zeichnen. »:! ä^ Fig. 313. Bastfasern und Kri- stallzellen kr. Das Präparat liegt in Kalilauge und zeigt . die gequollenen Mittella- mellen m. (Original.) Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 873 Behandelt man Flächenschnilte des Bastfaserbündels mit Kalilauge, so quillt die Mittellamelle (Fig. 313 ??^) stark auf und läßt die Fasern ge- wissermaßen isoliert erscheinen. Die dünne Endokarpplatte ist aus ziemlich weitlumigen Faserzellen zusammengesetzt, hier und da bemerkte ich auch eine Reihe dünn- wandiger Parenchymzellen, die wahrscheinlich der Epidermis der Innen- seite angehören. Die Samen enthalten in ihren Keimblättern Aleuronkürner und Fett, aber keine Stärke. Die Samenschale ist durch das Vorkommen einer mächtigen Quellschicht ausgezeichnet, worüber Hart wich und der Autor ausführlich berichtet haben. Über den Gerbstoff ist der betreffende Absatz in dem Artikel über die Myrobalanen nachzusehen. 11. Seifenheeren. Die saponinreichen Früchte der Sapindus- Arien ^) sind seit den ältesten Zeiten im tropischen Asien als Detergentien in Verwendung. Wie Weil 2] mitteilt, sind auch aus den Gräbern des römischen Alter- tums Seifenbeeren ans Tageslicht gefördert werden. Unter den alt- ägyptischen Gräbern entnommenen Pflanzenresten befanden sich auch Seifenbeeren 3). Ebenso muß der Gebrauch der Seifenbeeren bei den Indianern Südamerikas als Waschmittel ein uralter gewesen sein, weil die Portugiesen bei ihrer Ankunft in Brasilien die Benutzung der Früchte allgemein verbreitet fanden^). Nach Dymoek (1878) sind Seifenbeeren auch als Wurmmittel verwendet worden, in Südamerika gegen Bleich- sucht und Fieber, unter dem Namen Barbasco als Fischgift ^). Auch der Gebrauch der sehr harten Samen zu Knöpfen ist sehr alt und hat in England Eingang gefunden, wie Philipp Miller^) um die Mitte des 18. Jahrhunderts mitteilt. Die Samen wurden zu Westenknöpfen ver- 1) ^Sapindtis, quasi Sapo Indus (Indus-Seife), propter fructus corticem qui Saponis usum praebet«. Tournefort, Institut, rei herb., 1700, p. 659. Über die schon im 1 8. Jahrhundert bekannt gewordene Verwendung der Früchte verschiedener Sapindus- krlen in den Tropenländern siehe Labat. Afrikan. Reise, IV, p. 183 und Böhmer, 1. c, I, p. 775 (Wiesner). 2) Ludwig Weil, Beiträge zur Kenntnis der Saponinsubstanzen und ihrer Ver- breitung. Inaug.-Diss. Straßburg 1901, p. 35. 3) A. Braun, Zeitschr. f. Ethnologie, Berlin 1877, IX, p. 289 ff.; zit. nach Just, Botan. Jahresber. 1878, p. 476. 4) Th. Peckolt, Heil- und Nutzpflanzen Brasiliens. Ber. d. Deutsch. Pharmaz. Gesellsch., XII, 1902, Hft. 2, p. 105, 5) Hartwich, Neue Arzneidrogen, Berlin 1897, p. 296. 6) Allgem. Gärtner-Lexikon usw. Nach der 8. Ausgabe aus dem Engl, über- setzt. Nürnberg 1776, 4. T., p. 73. 874 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. wendet und hierzu mit Silber oder anderen Metallen eingefaßt, wie dies heute noch in Brasilien üblich isti). Auf eine neue Art der Ver- wendung weist Dr. Gastin e2) hin. Die Früchte (es wird speziell auf die Früchte des in Algier seit langer Zeit angepflanzten Seifenbeerbaums, Sapindus utilis Trab., hingewiesen) eignen sich zur Herstellung insekten- tütender Flüssigkeiten, und die Benutzung derselben zum Vertilgen der Pflanzenläuse wird angelegentlich empfohlen. Der Monograph der Sapindaceen, Professor Radlkofer, der die etwas verworrene Nomenklatur und Synonymik des Genus Sapindus auf- geklärt hat 3), nimmt elf Arten-*) an, während Weil von mehr als vierzig Arten spricht, deren Früchte in den Tropen im Gebrauch sind. In Nord- indien ist es insbesondere Sapindus trifoliatus L. (^= S. emarginafus Vahl), in Südindien, China und Japan dagegen S. Mukkorossi Gaertn. (= S. abruptus Lour. = S. acuminatus Wall. = S. emargitiatus Tenore = S. detergens Roxb.)^ deren Früchte (ind. Rithä oder Riteh, arab. fmduck-i-hindi = indische Haselnüsse) im zerquetschten Zustande wie Seife zur Reinigung des Körpers, der Wäsche, der Schmucksachen usw. dienen. Nach Wiesner^) werden die Beeren angeblich in Frankreich zum Reinigen gefärbter Seidenwaren verwendet, wozu sie ausgezeichnet befähigt sind; denn das Saponin^) besitzt nicht nur die Eigenschaft, als vortreflliches Reinigungsmittel zu dienen, sondern läßt auch an den ge- färbten Stoffen die Farbe unverändert und greift die Appretur der Gewebe nicht an; es vermag außerdem den Schaum (in Schaumweinen, Brause- limonaden) [konsistenter zu machen und eine (bisher nicht bekannte) Klebewirkung zu äußern. Mit konzentrierten Saponinlösungen lassen sich Papier, Holz, Kork, Stanniol und dergleichen so fest zusammen- kleben, daß unter gewühnhchen Umständen eine Trennung nicht mehr möglich ist 7). Es ist eigentümlich, daß die Seifenbeeren trotz ihres hohen Gehaltes an Saponin in der europäischen Industrie bisher eine nur geringfügige Verwendung gefunden haben; vielleicht liegt der Grund darin, daß sie in den Tropen als unentbehrliche natürliche Seife den größten Absatz finden und der Export geringerer Mengen nicht rentabel erscheint. Gegenwärtig scheint ihr Wert doch endlich erkannt worden -1) Th. Peckolt, Heil- u. Nutzpflanzen Brasiliens. Ber. d. D. Pharm. Gesellsch- 1902, XII, p. 105. 2) Tropenpflanzer, 1911, p. 459. 3) Radlkofer, Sitzgsber. d. k. bayr. Akademie, 1878, p. 316. — Ferner >Über die Gliederung der Familie der Sapindaceen«, ebenda, 1890, Bd. XX, Heft 1, p. 233. 4) Radlkofer in Engler-Prantl, Pflanzenfam., III, 5. Abt., p. 315. 5) Rohstofl'e, 1. Ajifl., p. 760. 6) Über die Saponinkörper siehe den Schlußabsatz dieses Artikels. 7) Weil, 1. c, p. 81. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 875 ZU sein. Wie im »Tropenpflanzer« (1916, p. 371) berichtet wird, kommen die zerstampften Früchte in Sacken verpackt in den Handel (als >Roh- saponin«) oder werden in viereckige Stangen gepreßt und in seifenartige, etwa 1/4 Pfund schwere Stücke zerschnitten; sie dienen hauptsächlich zu Seifenbädern für Appretur, zum Entfetten in der Wollfärberei oder im Zeugdruck, in Verbindung mit Kokosfett und Oliven- oder Erdnußöl zu vortrefflichem Rasierpulver oder Rasierseifenextrakt. Außer den oben angeführten Arten liefern hauptsächlich noch S. Saponaria L.^) und S. Rarak DC. {= S. deterge?is Kat. Keiv. [non Roxb.]P) Seifenbeeren. Die Sapindus-Y vxxchi ist eine drei- bis einknöpfige drupöse Spaltfrucht, deren fast kugelige Knöpfe seitlich etwas verbunden sind und ohne Zurücklassung einer Fruchtachse sich trennen. Jedes Karpell enthält einen Samen. Wiesner^) beschreibt die Frucht von 8. trifoliatus (= S. emarginatus Vahl) folgendermaßen: »Die genannten Seifenbeeren messen etwa 1 cm im Diameter, sind nahezu kugelig, seit- lich etwa in einer Breite von 5 — 8 mm keilförmig zugeschärft. Ein Ende der Keilkante verbreitert sich zum Fruchtstiele. Der kugelig ab- gerundete Teil der Fruchthaut hat etwa die Konsistenz einer getrock- neten Pflaume, ist grobgerunzelt, braunschwarz gefärbt, etwas glänzend.« Hier ist noch hinzuzufügen, daß die reifen Früchte kurze Borsten- haare besitzen, die jedoch mit freiem Auge nicht sichtbar sind; am Rande der Berührungsstelle der Fruchtnopfe findet sich ein auch mit freiem Auge sichtbarer Anflug von graugelben oder graubräun- lichen Haaren vor. »Die keilförmig gestaltete Partie der' Fruchthaut (die einem geschlossenen Helmvisier gleicht und den Berührungsflächen der drei Knöpfe entspricht) besitzt eine hellbraune Farbe, eine holzige Konsistenz, ist senkrecht auf die Keilkante geädert und von einem innen grünlichen, außen tiefbraunen Rand umgeben. Im Inneren der etwa 2 — 3 mm dicken Fruchthaut liegt je ein beiläufig 6 mm dicker, runder Same, welcher von einer steinharten, 1 mm dicken, braunschwarzen, außen glatten und glänzenden Samenhaut umschlossen ist und einen öl- reichen Embryo enthält.« 100 Sapindusfrüchte wiegen im Mittel 348 g, wovon auf die Fruchtschalen 240 g fallen. Der Sitz des Saponins ist der fleischige Teil des Perikarps. Ein hirsekorngroßes Stück desselben gibt (nach Wies n er) mit 1 0 ccm Wasser schon eine stark schäumende Flüssig- keit; der Geschmack des Perikarps ist süßlich und schwach aromatisch. 1) M. Elfstrand, Brasihanska och paraguayiska droger, medicinal- och hus- hällsväiter. Sonderabdruck aus »Upsala Läkareförenings Förhandlingar, XXX, 7 u. 8, p. 7. Die Frucht von S. Saponaria heißt in Brasihen »Casita«, in Paraguay »Ibarö«. 2) 0. May, Chemisch-pharmakognostische Untersuchung der Früchte von Sa- pindus Rarak DG. Arch. d. Pharm., Bd. 244, 1906, Heft \, p. 25. 3) Rohstoffe, 1. Aufl., p. 760, 876 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Sapindus Saponaria L. gehört dem tropischen Amerika an. Die von Radlkofer gegebene eingehende Beschreibung der Frucht (Fig. 314), die auch die anatomischen Verhältnisse berücksichtigt, lautet folgender- maßen: »Die Frucht von Sapindus Saponaria geht aus einer ober- ständigen dreifächerigen (ausnahmsweise auch vierfächerigen) Frucht- Fig. 314. Sapindus Saponaria L. A Frnchtzweig i/i, B Frucht im Längsschnitt Vi. C Samen von unten, D im Längsschnitt i/i- Nach Kadlkofer, ans Engler-Prantl, Pflanzenfamilien. anläge hervor, deren Fächer je einem Fruchtfache entsprechen und je eine Samenknospe enthalten. Reif stellt sie eine Spaltfrucht von drupöser Beschaffenheit dar, mit seitlich vorspringenden, nahezu ihrer ganzen Höhe nach miteinander verbundenen, einsamigen sphäroidischen Frucht- knöpfen (cocci), deren jeder einem Fruchtfache entspricht und auch nach seiner Ablösung geschlossen bleibt (Fig. 314^). Häufig sind einzelne Zweiundzwanzigsler Abschnitt. Früchte. 877 Cocci verkümmert. Das Perikarp läßt dreierlei Partien unterscheiden: ein dünnes Epikarp, vorzugsweise aus der derbwandigen und. stark kutikularisierten Epidermis gebildet, dem ein paar nächst liegende, stärker als die inneren koUenchymatüs entwickelte Zellagen beigezählt werden können; ein die Hauptmasse der Fruchtwandung bildendes Sarkokarpium, dessen mittlere, allseitig beträchtlich vergrößerte Paren- chymzellen ganz von Sa- ponin erfüllt sind; endlich _,-..™™...-™™_-^ ;), im zentralen AVinkel des Faches, nahe an dessen Basis befe- stigt und aus einer gekrümm- ten, mit ihrer organischen Spitze (Mikropyle) nach außen und unten gekehrten Samenknospe hervorgehend, besitzt eine beinharte, dicke, aus zahlreichen Lagen radiär gestellter sechs- seitig prismatischer, dickwandiger Zellen bestehende, in ihren inneren Lagen durch Verkürzung, Rundung und endlich selbst Querdehnung der Zellen eine Art Endopleura bildende dunkelgefärbte Schale, einen als senkrecht in der Frucht stehende Furche sich darstellenden Samennabel und im Innern zwischen Samennabel und Mikropyle als Rest des gekrümmten Knospen- kerns eine sackartig vertiefte Querfalte, in der das Würzelchen des Embryo ruht. Der Embryo ist gekrümmt, das Würzelchen nach unten Fig. 315. Partie eines Quersclinittes durch die reife Frucht von Sapindus trifoliatus L., in Kalilauge, c Kutiknla, ep Oberhaut, p Pigmentparenchym, s« Saponinschicht, 6 Baet- faserbündel, g Gefäßteil, / Endokarp (Pergamentplatte), ep Oberhaut der Innenseite. Vergr. 300. 878 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. gekehrt, die Kotyledonen dick, fast halbkugelig, in senkrechter Rich- tung (mit horizontal stehenden Berührungsflächen) übereinander gelagert reich an Öl neben mäßigem Gehalt an Stärke« (Fig. 31 4 D). Das Perikarp der Seifenbeeren setzt sich, wie soeben bemerkt, aus drei, den typischen Fruchtwandschichten — Exo-, Meso- und Endokarp — entsprechenden Gewebefolgen zusammen. Unter der Oberhaut liegt ein Kollenchym (Fig. 3i5ep, p), darauf folgt die saponinführende Mittelschicht mmmm f c Fig. 316. Sapindus trifoliatus L. A Borsten, B Epidermis von der Fläche. Vergr. 300. (Fig. 315sa), in der auch die Leitbündel (Fig. 31 5^, g) liegen; das Endo- karp, eine dünne Gewebeplatte, ist nach innen zu durch die Epidermis der Innenseite (Fig. 315ep') abgeschlossen. Die Epidermis (Fig. 31 6 i?) besteht aus — in der Fläche — poly- gonalen, etwas derbwandigen Tafelzellen, die von einer dicken^ farb- losen Kutikula überdeckt sind und einen homogenen, braunen, weder in Kali, noch in Säuren löslichen Inhalt führen; außerdem enthält dieselbe vereinzelt große, runde Spaltöffnungen und an der Frucht von Sap. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 879 trifoliatus zahlreiche Borsten (Fig. 316 J.), die dort, wo sie abgefallen sind, eine runde, kleine, von radiär gestellten Epidermiszellen umgebene'' Insertionsstelle zeigen. Die Borsten sind walzlich oder spindelig, seltener kegelig, spitz oder stumpf, sehr stark verdickt, schwach verholzt, dicht warzig gestrichelt, 1 5— 3 1 3 ^tt lang, gerade oder schwach gekrümmt; der zwischen den Epidermiszellen steckende Fußteil ist viel schmäler als . die freie Borstenpartie. Die mit der Oberhaut fest verbundenen kollen- chymatischen Parenchymzellen sind tangential abgeplattet, ebenfalls mit braunem Inhalt versehen, ihre Wände bestehen aus reiner Zellulose (Fig. 31 5^). Im Perikarp von 8. Rarak bilden diese kollenchymatisch rig. 317. Sapindtts trifoliatvs L. Querschnitt durch eine halhreife Frucht, tr Borsten, ep Oberhaut p suhepidermales Parenchym, s Saponinschicht, ca Oxalatdrusen. Vergr. 400. verdickten Zellen 7 — 9 Reihen (May). Scharf geschieden von der Außen- schicht ist die nächste Abteilung des Perikarps, die sich als ein groß- maschiges, mit wulstigen Wänden versehenes Netz präsentiert (Fig. 2\^sa). In den Lücken des Netzes ist das Saponin als ein farbloser oder gelb- lich-rötlicher, homogener Körper abgelagert. Die die Maschen bildenden Wülste quellen in Wasser auf und lösen sich in Kupferoxydammoniak in zarteStreifen oder Lamellen, von welchen mitunter Fortsätze in die Maschen- lücken hineinragen; nebst Saponin finden sich auch Stärkekörnchen (einfache runde, auch Zwillingskörner) und stark glänzende, farblose Tropfen vor. Wie die Entwicklungsgeschichte i) zeigt, sind die großen Saponin i) T. F. Hanausek, Die Seifenbeeren. Pharmaz. Post (Wien) 1907, p. 359—362, p. 375 und Nachtrag, p. 582. Zweiundzwanzigster Absciinitt. Früchte. führenden Räume Zellen, die schon bald — nach dem Abblühen, wenn die junge Frucht die Größe eines Weintraubenkernes erlangt hat — von den übrigen Zellen des Parenchyms sich durch ein überragendes Grüßen- wachstum auszeichnen (Fig. 317s), was nur auf Kosten der letzteren geschehen kann. Es entstehen so die großen Räume, die als Speicher für das Saponin dienen (Fig. 315sa). Die zusammengepreßten Paren- chymlagen bilden (mit den Zellwänden der Saponinzellen) gewissermaßen Brücken für die kollateralen Leitbündel (Fig. 315 (7), die im Querschnitt einen ovalen Umriß haben, nach außen zu aus einem Bastbündel (Fig. 3'I5Z^), dessen Elemente denen der Endokarpplatte ähn- lich, nur etwas größer und derber sind, aus dem Siebteil und auf der Innenseite aus dem Gefäßteil (mit Spiroiden) be- stehen. Die innerste an das Endokarp anschließende Lage der Saponinschicht ist frei von Saponinzellen und bildet eine Art Decke um diese. Das Endokarp, eine pergament- ähnliche Platte, setzt sich aus mäßig verdickten Faserzellen zu- sammen (Fig. 315/'), die, wie schon Radlkofer angibt, ver- schiedene, sich kreuzende Züge bilden und unregelmäßig ge- rundet-mehrseitige mit gebuch- teten und gefalteten Wänden versehene Querschnitte zeigen. Die Endokarpzellen von S. Rarak be- sitzen nach May (1. c. p. 875) ring- und schraubenförmige Verdickungen und sind teilweise mit quadratischen Kristallen von Kalziumoxalat erfüllt. Die Epidermis der Innenseite besteht aus langgestreckten, schmal- rechteckigen, meist parallel angeordneten Tafeln (Fig. 3l8j, die braunes Pigment enthalten. Über das Vorkommen und Verhalten des Sapindus-Saponin ist folgendes zu bemerken. In jugendlichen Früchten von der Größe eines halben Pfefferkornes läßt sich in den Saponinzellen das Saponin schon beobachten. Die reife Frucht enthält es, wie oben bemerkt, als eine glasige, durchsichtige, glänzende Masse, die mitunter wie gestuft erscheint und bei der Lösung Figi 318. Sapimltts tiifoUiiiiis L. Epidermis der Innen- seite des Perikarps von der Fläche , in einigen Zellen der Pigmentinhalt gezeichnet. Vergr. 40ü. Zweiundzwanzigster Absclinitt. Früciite. 381 in Wasser auch in stufenarligen Umrissen gewissermaßen abschmilzt. In absolutem Alkohol ist ein größerer Teil löslich; man sieht nämlich aus den Zellen eine aus farblosen, runden, stark lichtbrechenden Körnchen (oder Tropfen?) bestehende Masse ausströmen, die schheßlich sich zu größeren Häufchen zusammenballt; auch gelbliche Tropfen treten auf, die aber wahrscheinlich Fett darstellen. Die Lösung des Saponins be- obachtet man am schönsten, wenn man einem Glyzerinpräparat Wasser zusetzt; zuerst werden die glasigen Körper an den Bruchrändern, falls solche vorhanden sind, angenagt, dann entstehen auf der Oberfläche Längs- und Querlinien, die wie ein zartes Zellnetz den Körper über- ziehen, die Ränder werden nun dünner und zerfließen. Ob die Saponin- körper durchweg amorpher Natur sind, ist nicht sicher ausgemacht. Daß Saponin auch in kristallinischer Form auftreten kann, hat A. VogH) an einer aus Mexiko stammenden, vielleicht einer Polygalacee angehörigen Wurzel nachgewiesen, deren wesentlich aus Saponin bestehender Inhalt das Aussehen von Sphärokristallen zeigt. An dem Sapindus-Saponin kann man folgendes beobachten. Ein in Alkohol-Schwefelsäuregemisch (1:1) erwärmtes Präparat läßt den Inhalt einzelner Saponinzellen als verschiedenartig erkennen. Der mittlere Teil des Inhaltes erscheint in rundlichen oder abgerundet kantigen, teils isolierten, teils aneinander haftenden, lebhaft glänzenden Bröckchen, die anscheinend eine kristal- linische Struktur besitzen. Die periphere Partie dagegen besteht aus sehr kleinen, losen Körnchen. Daß dieser Unterschied nicht etwa eine Folge der (von außen nach innen fortschreitenden) Lösung ist, zeigt sich klar an angebrochenen Stücken, deren mittlere Partie frei ist und direkt von dem Reagens umspült wird. Nach kurzer Einwirkung des Ge- misches wird das in Lösung gegangene Saponin gelb, darauf rosenrot und schließlich violett. Bei darauf folgender Behandlung mit Eisen- chlorid (Lafonsche Reaktion) tritt zuerst ein bräunlicher Niederschlag auf, der sich allmählich mit gelblicher Farbe löst 2). Das Auftreten so bedeutender Saponinmengen in einer bestimmten Zone der Frucht und in bestimmten Zellen eines Gewebes, deren Wachs- tum das ihrer nach der Abstammung gleichwertigen Nachbarn so sehr übertrifft, ist eine Tatsache von hohem Interesse; die physiologische Seite derselben bedarf noch eingehender Würdigung. Ich möchte noch auf eine Erscheinung hinweisen, die mir sehr bemerkenswert erscheint. Die schon im Fruchtknoten vorhandene, durch das sehr resistente, auf Gerbstoff reagierende Pigment undurchsichtig gemachte äußere Gewebe- 1) Arzneiiförper 1892, p. 546. 2) T. F. Hanaus ek, Zur Kenntnis des Vorkommens und Nachweises der Saponin- substanzen im Pflanzenkörper. Chem.-Ztg. 1892, XVI, p. 1295. Wies u er, Rohstoffe. 11 1. Band. 3. Anfl. 56 882 Zweiundzwanzigsler Abschnitt. Früchte. Schicht bildet einen für Licht nahezu undurchdringlichen Schirm ; wahr- scheinlich ist auch dies für die Genesis des Saponins nicht ohne Be- deutung. Die Unterschiede im anatomischen Bau des Perikarps von S. tri- foUatus und S. Saponaria sind — von den Trichomen abgesehen — nur geringfügig. Im Gewebe von S. trifoliaü(s fand ich zahlreiche Kristalle in der bekannten Briefkuvertform, aber auch Drusen; bei 8. Sap07iaria scheinen Kristalle nur selten aufzutreten. Bei S. trifoliatus kommt mitunter zwischen dem Endokarp und der Innenepidermis noch eine Reihe von Parenchymzellen vor, die den gleichen Inhalt wie die Innenepidermiszellen führen. Außer Saponin enthalten die Früchte von S. Rarak, S. Mukorossi und 8. trifoliatus relativ viel saures phosphorsaures Salz (wahrschein- lich KH2PO4), wie 0. May (1. c.) gefunden hat; der Phosphorsäuregehalt der Asche (von 8. Barak) beträgt nach diesem Autor 22,16 Proz. Der Gehalt der Früchte von 8. Barak an Saponin beläuft sich im Mittel auf 13,5 Proz. Die Samen beider Arten sind schwarz oder schwarzbraun, glänzend und sehr hart. In Brasilien werden die Samen von 8. 8aponaria durch- löchert zu Rosenkränzen, Hals- und Armbändern oder, in Silber und Gold gefaßt, zu Hemdknüpfen usw. verwendet 1). Die überaus harte Samenschale verdankt diese Eigenschaft fast nur der starken Verdickung der Zellwände, die mit Ausnahme der Wände von eingestreuten echten Steinzellen nicht verholzt sind. Dies ist wieder ein Beweis, daß die Verholzung zum Hartwerden eines Organes nicht notwendig ist, auch wenn es sich nicht um Reservezellulose, wie beim vegetabilischen Elfenbein handelt. Die Epidermis der Samenschale ist von langen, stark verdickten, fest aneinanderschließenden Palisadenzellen gebildet, denen auf der Außenseite eine starke Kutikula vorgelagert ist. Die an der Innenseite liegenden Fußteile der radial gestellten Palisaden sind so innig mit den nächstfolgenden Zellen verbunden, daß sie nur nach Mazeration mit Schulzeschem Gemische deutlich gemacht werden können. Sie laufen einseitig spitz zu und zwei benachbarte Palisaden ergänzen sich zu- meist derart, daß ihre Fußteile einen Rund- oder Spitzbogen bilden, in dem der Scheitelteil der der nächstfolgenden Reihe angehörigen Zelle Platz findet. Längs der Scheitel, nur wenig unterhalb der Außenseite der Palisaden, verläuft eine schwache Lichtlinie. Das schmale Lumen enthält braunes Pigment. Die zweite Schicht ist aus einem vielreihigen Parenchym zusammen- 1) Peckolt, 1. c, p. 105. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 883 gesetzt, dessen Zellen sehr dickwandig und getüpfelt sind, in den ersten Reihen noch eine radiale Streckung aufweisen, in den mittleren und inneren Reihen gleichdimensionale, rundliche, polyedrische oder unregel- mäßige Konturen besitzen, in den innersten Reihen aber tangential ge- streckt und zusammengepreßt sind. Alle Zellen enthalten ein tiefbraunes, undurchsichtiges, in Säure rot werdendes Pigment. Stellenweise sind Inseln inhaltsloser, meist rund- licher, stark verdickter, poröser und verholzter (Sklerenchym-)Zellen eingeschaltet. Ohne Vermittlung tritt als nächste Schicht ein Schwammparenchym mit derben Zellwänden und braunem Inhalt auf, das allmählich in ein zartes, ebenfalls lückiges, farbloses und inhaltsloses Gewebe übergeht; in diesem verlaufen die Spiroidenbündel. Den Samenkern umkleidet noch eine trockene, braune, sehr brüchige Haut, die vermutlich als der Rest des Keimnährgewebes anzusehen ist und der Hauptsache nach aus einem mauerförmigen Parenchym mit braunen, getüpfelten Zellwänden besteht. Den Abschluß bildet ein lichter Streifen aus zusammen- gepreßten Zellen, deren Lumina nur als Strichelchen wahrzunehmen sind; eine farblose, anscheinend homogene Lamelle grenzt das Gewebe nach innen ab. Der ölig-fleischige Samenkern stellt nur den Keim dar. Die sehr dünnwandigen, farblosen Zellen desselben enthalten reichlich fettes Öl und zahlreiche verschieden große, ganz unregelmäßig konturierte Aleuron- körner. Die Einschlüsse der letzteren sind teils zahlreiche sehr kleine Körnchen (Globoide), teils ein oder zwei größere, stark lichtbrechende, aber nicht regelmäßig wie Kristalle ausgebildete Körper nebst Glo- boiden; recht deutlich werden die Einschlüsse in entfetteten und mit Jodlösung behandelten Schnitten. Im Samen von S. Barak fand May auch Stärke. Der wichtigste Bestandteil der Seifenbeeren gehört der Saponin- gruppe an. Darunter versteht man nach Kobert^) kolloide Stoffe gly- kosidischer Natur, die in Wasser starkes Schäumen verursachen. Dem Sapindus-Saponin kommt nach Weil (1. c, p. 37) die Formel C^HseOio zu, welche genau in die von Kobert aufgestellte Reihe C^Hj^-gOio hineinpaßt. Eine eingehende Untersuchung der chemischen Eigenschaften des Saponins von 8. Barak haben 0. May (in der angezogenen Arbeit), von S. Mukorosi Gaert. zwei Japaner gegeben (Ap. Ztg. 1917, 32, p. 542). Nach diesen kommt das Saponin an Kalium oder Natrium ge- bunden vor. i) Lehrbuch der Intoxikationen, 1893. — Kobert in Realenzyklopädie der Pharmazie, 2. AuH., XI, p. 4 04 ff.; daselbst auch zahlreiche Literaturnachweise. 56* gg4 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 12. GeMeereu. Die Gelbbeeren bilden einen schon seit langem zum Färben und zur Darstellung von Farben benutzten Rohstoff^). Sie stellen die getrockneten unreifen Früchte verschiedener Arten der Gattung Rhamnus^) dar, die hauptsächlich in der nördlich gemäßigten Zone, im Mittelmeer- gebiet und in Vorderasien verbreitet ist und in zwei Untergattungen, Eurhamnus und Frangula (diese auch als selbständiges Genus) ge- schieden wird. Die Früchte der zur ersteren gehörenden Arten, von denen die Gelbbeeren stammen, sind steinfruchtartige Beeren mit 2 — 4 geschlossen bleibenden oder an der Innenseite mit einer Spalte sich öffnenden, pergamentartig-dünnschaligen, dreiseitigen, einsamigen Stein- kernen. Der Same besitzt einen sehr charakteristischen Bau. Derselbe ist an beiden Seiten der Länge nach eingerollt und zeigt daher auf der Raphenfläche eine Längsfurche, nach deren Verhalten die einzelnen Arten der Untergattung Eiirhaimius zu unterscheiden sind und die Abstammung der Gelbbeeren festgestellt werden kann. Der Same setzt sich aus einer knorpeligen Schale, einem fast ringförmig gebogenen (»ausgehöhlten«) Nährgewebe und einem aufrechten Keim zusammen, dessen Keimblätter im Querschnitt eine hufeisenförmige Krümmung zeigen 3). Nach den eingehenden Untersuchungen Wiesners*) und nach eigenen Beobachtungen werden die im europäischen Handel auftretenden Gelb- beeren von folgenden Rhamnus- Arien geliefert: a) Bhaninus eathartieus L. (Kreuzdorn), ein Strauch, der an Waldrändern und als Unterholz in Laubwäldern durch fast ganz Europa, Nordafrika und Asien ver- breitet ist. Die frischen, reifen Früchte werden als Kreuzbeeren medizinisch verwendet. Die unreifen bilden eine Sorte Gelbbeeren. Im reifen Zustande sind sie nach v. Vogl (1. c, p. 142) kugehg, erbsengroß, am Grunde von dem gestielten, kleinen, scheibenrunden ünterkelch gestützt, glänzend schwarz mit bräunlichgrünem, saftigem Fleische, das vier kreuzweise gestellte braune, pergamentartige, ver- kehrt-eiförmig-stumpfdreiseitige, an der äußeren gewölbten Seite mit einer Längs- furche, an der kantigen inneren Seite mit einer Naht versehene einsamige Steinfächer einschließt. Die unreifen Früchte sind in frischem Zustande grün, getrocknet grünlichbraun, grobrunzelig, deutUch vierknöpfig. Die Innenseite des Perikarps ist bräunlich- oder rötlich gelb, glänzend; der dreikantige Same ist braun, glatt und besitzt auf jener Seite, die der Wölbfläche des Steinkernes entspricht, infolge der Einrollung der Längsseiten eine Furche; die Seitenränder schließen eng anein- ander und lassen nur an dem spitzen Ende eine Spalte frei; der die Ritze umklei- 1 1) Böhmer, 1. c, II, p. 192. 2) Ehamjius, gr. qccui'os, bei Plinius »weißer Dornstrauch«, ist gen. mascul. (daher nicht B. cathartica, sondern eathartieus). 3) Vgl. V. Vogl, Kommentar, p. 142. — Arthur Meyer, Wiss. Drogenkunde, II, p. ;J97. 4) Rohstoffe, 1. Aufl., p. 756, I Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 885 4 'Ti (i w dende glänzende Wulst tritt am oberen und unteren Ende der Ritze deutlich hervor (Fig. 3i9#). Die reifen Kreuzbeeren werden auch technisch verwendet. Sie dienen zur Dar- stellung des Saftgrüns (Beerengrün, Blasengrün, weil der Farbstoff in einer Tier- blase verwahrt wird), im gereinigten Zustande Chemischgrün genannt, das als Wasserfarbe eine beschränkte Anwendung findet. b) Ehamnus infectorius L. Gebirge Südeuropas. Die unreifen Früchte — wie sie im Handel erscheinen — sind sehr verschieden groß, meist zwei-, seltener drei- oder vierknöpfig, im ersteren Falle etwas plattgedrückt, bräunlichgelb, feinkörnig- runzelig, stets kurz gestielt; das trockene Fleisch ist sehr spröde, die Innenseite der Fruchtwand rotgelb und lebhaft glänzend; der Same strohgelb oder dunkelbraun, die Ritze der ganzen Länge nach schmal-klaffend, da die Seitenwände sich im Ver- laufe der Ritze nirgends berühren; am unteren Ende stehen sie etwas weiter von- einander ab; ein deutlicher, hellbräunlicher, erhabener und stark glänzender Wulst umgibt die Spalte, ist aber am oberen und unteren Ende stärker als in der Mitte entwickelt, so daß es an manchen Sa- men den Anschein hat, als wäre er nur an den Enden der Ritze vorhanden (Fig. 319 2). c) Ehamnus saxcäilis L. Gebirge Mittel- und Südeuropas, Vorderasien, China. Früchte in den Größenverhält- nissen nicht wesentlich verschieden, bräunlichgelb oder bräunlich, dunkler als vorige, feingerunzelt, meist zwei- knöpfig, Innenseite des Perikarps pur- purbraun. Die Samen besitzen eine weit klaffende Spalte, sind im Querschnitt daher halbmondförmig gleichfarbigem, breitem Wulst (Fig. 31 9 s). Eine Varietät, die als Eh. tinctorius Wald, et Kit. bezeichnet wird, ist in der Frucht- und Samenform hiervon nicht verschieden. d) Ehamnus graecus Boiss. et Eeut., Griechenland. Früchte klein, bräunlich- grün. Innenseite des Perikarps purpurbraun, Same bräunlichgelb. Ritze wie bei Eh. infectorius, der ganzen Länge nach klaffend, ziemlich schmal, fast ohne wulstige Umrandung. e) Ehamnus öleoides L. Mittelmeergebiet. Früchte denen von Eh. infectorius sehr ähnlich, aber viel gleichmäßiger in der Größe, zwei- bis vierknöpfig, hellgelb- braun, oft die gelbe Farbe stärker hervortretend, Innenseite des Perikarps hellrot- braun. Same bräunlich, Ritze etwas breiter als bei Eh. infectorius, überall gleich weit, von einem starken Wulst umrandet. Die Angaben in der Literatur, daß auch Ehamnus Alaternus L. eine Sorte von Gelbbeeren hefere, hat schon Wiesner (1. c, 1. Aufl., p. 756) als unrichtig bezeichnet. Die an den sehr charakteristisch gebauten Samen (Fig. 319 i) leicht zu erkennenden Früchte wurden auch von dem Autor in keiner Gelbbeerensorte aufgefunden. Fig. 319. Samen von 1 Bliamnif.s Alaternus, 2 K infectorius, 3 Rh. saxatüis, i Rh. catharticus. w Wulst, r Ritze des Samens. Lnpenbilder. ■ (Wiesner.) gelbbraun , mit Die im Handel erscheinenden Sorten sind teils aus den Früchten einer Art zusammengesetzt, teils bestehen sie aus einem Gemisch der Früchte mehrerer Arten: 886 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. I. Die Avignonkörner, französische Gelbbeeren, bestehen haupt- sächlich aus den Früchten von Rh. infectorius\ beigemengt finden sich die Früchte von Rh. saxatilis, meist nur in geringer Anzahl. II. Persische Gelbbeeren, eine ausgezeichnete Sorte, stammen von Rh. oleoides; die von Wiesner untersuchte Sorte bestand aus kuge- ligen, 4 — 5 mm im Durchmesser haltenden vierknüpfigen Früchten, deren Oberfläche gelblich gefärbt und grobnetzfürmig gerunzelt war; der Same war häufig keimlos. III. Ungarische Gelbbeeren, ein Gemisch der Früchte von Rh. catharticus und Rh. saxatilis. IV. Levantinische und türkische Gelbberen stammen von Rh. infectorius und Rh. saxatilis. Hierher auch die syrischen Gelb- beeren (aus dem Hinterlande von Alexandrettei). V. Griechische Gelbbeeren von Rh. graecus. VI. Deutsche Gelbbeeren von Rh. catharticus. Im anatomischen Bau der verschiedenen Gelbbeerenarten scheinen nur sehr geringe Verschiedenheiten zu bestehen, die — soweit ich nach meinen Untersuchungen aussprechen kann — durchaus nicht hinreichen, irgendwelche Differentialdiagnosen aufstellen zu können. In der folgen- den Beschreibung ist hauptsächlich die Frucht von Rh. infectorius be- rücksichtigt worden 2). An dem Perikarp lassen sich drei Abteilungen, die Epidermis mit dem damit fest verbundenen KoUenchym, das großzellige Parenchym (»die Fleischschicht«) und die Hartschicht oder das Endokarp erkennen. Die Epidermis (Fig. 320 i) besteht aus kleinen, mehrseitigen Tafelzellen und spärlichen größeren, runden Spaltöffnungen. Die Kutikula ist an den (unreifen] Früchten durch eine reichliche Faltung sehr ausgezeichnet, im Querschnitt bildet sie einen vielfach gewundenen Belag (Fig. 320c); sie trennt sich auch leicht von der Oberhaut los. Das subepidermale KoUenchym enthält mehrere Reihen von tangential gestreckten und ge- preßten Zellen, deren Tangentialwände (in Kali) als mächtige Balken erscheinen, während die radialen Wände nur dünn und kurz sind (Fig. 320 2). Zwischen KoUenchym und Großzellengewebe verlaufen die Gefäßbündel, die einen peripheren Belag von kurzen, stab artigen, axial aneinandergereihten, sehr verdickten, getüpfelten und ver- \) A. Ruppin, Syrien als Wirtschaftsgebiet. Beihefte zum Tropenpflanzer, 4 916, Nr. 3/5, p. 4 28. — Die Ausfuhr betrug 1910/41 428 255 kg im Werte von etwa 400000 Fr., 2) Vgl. die sehr ausfülirliche Beschreibung von Rhamnus catharticus bei A. Meyer, 1. c, p. 401—403. Über die Entwicklungsgeschichte s. G. Lindau, Zur Entwicklungsgeschichte einiger Samen. Ber. d. D. Bot. Gesellsch. 1891, IX, p. 274. Zweiiindzwanzigster Abschnitt. Früchte. 887 holzten prosenchymatischen Zellen besitzen und reichlich sehr schmale Spiroiden führen (Fig. 320^). Das Parenchym setzt sich aus dünnwandigen, unregelmäßigen, ver- , schieden großen Zellen zusammen, die entweder je einen Oxalatkristall (auch eine Kristalldruse) oder sehr eigentümliche, ^^-^ r\ j^^ v^ . längliche, drei- bis vier- eckige, faltigstreifige, röt- lichgelbe Körper enthal- ten. Es sind »Inklusen«, Körper der gleichen oder ähnlichen Zusammen- setzung, die im Shinia- blatte (siehe p. 545), im Fruchtfleisch von Hy- phaene thehaica (s. p. 688), im Mesokarp verschie- dener Pirus-kviQn und in Früchten von Prunus baccata und P. spinosa^), in der Testa des Piments, in der Johannisbrotfrucht u. a. enthalten sind; sie verändern sich in Wasser wenig oder gar nicht, werden in Kalilauge hel- ler und lösen sich beim Kochen darin auf; in Eisenchlorid nehmen sie trübgrüne Färbung an. Die beiden beschrie- benen Perikarpschichten geben schon in Wasser, bedeutend mehr aber in Kalilauge eine zitronen- gelb färbende Substanz ab, die aber, wie es scheint, nicht von den in- dividualisierten Inhaltskörpern herrührt, weil auch Partikel des Perikarps, in welchen letztere nicht vorhanden sind, die Kalilauge intensiv gelb färben. Fig. 320. Vergr. 400. Partie eines Querschnittes durch das (un- reife) Perikarp von Bhamnus infectorius, in Kalilauge, c Kuti- kula. 1 Epidermis mit einer Spaltöffnung; 2 Kollenchym, 3 Par- enchym (Großzellengewebe), 4 Sklerenchymschicht und 4' Faser- schicht des Endokarps, 5 Innenepidermis. Kr Kristalldrusen, Kr' Einzelkristalle, se faltige, rötliche Inhaltskörper; 6 Bast- fasern, s Siehteil, G Gefäßteil eines Gefäßhündels. \) G. Griebel und A. Schäfer, Zur Zusammensetzung der Inklusen, gleich- zeitig ein Beitrag zur Kenntnis der Vorgänge beim Teigigwerden der Früchte. (Zeitschr. f. d. Unters, d. Nahrungs- u. Genußmittel, 37. Bd., 1919, p. 97—111. 888 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Das Endokarp beginnt mit einer Schicht echter Steinzellen, denen an der Außengrenze eine Kristallzellenlage vorangeht; auch in dem Stein- zellengewebe sind zahlreiche Kristallzellen (nur mit Einzelkristallen) ein- geschaltet. Darauf folgen mehrere Reihen von Bastfasern, die gürtel- förmig senkrecht zur Längsachse des Endokarps angeordnet sind, so daß man sie im Fruchtquerschnitt in der Längsansicht, dagegen in einem Fruchtradialschnitt in ihrem Querschnitt beobachtet. Den Abschluß der ganzen Fruchtwand bildet eine Innenepidermis, die aus in der Fläche gestreckten, vier- bis sechsseitigen, verschieden orientierten, dünnwandigen, ziemhch großen Zellen besteht. Ihr brauner Inhalt löst sich schon in Wasser mit sehr intensiver, prächtiger gelbroter, in Kali mit anfänglich blutroter und dann verblassender Farbe. Die Samenschale besitzt eine Sklereidenepidermis, aus großen, grob- buchtigen, sehr stark verdickten und reich getüpfelten, verholzten Zellen zusammengesetzt; ferner eine Schicht obliterierter Zellen und eine ein- reihige Schicht derbwandiger, getüpfelter Zellen. Endosperm und Keim enthalten in den sehr dünnwandigen Zellen Fett und Aleuronkörner. In den Gelbbeeren (sowie auch in anderen Teilen der Rhamnus- Arten) sind zwei Glykoside gefunden worden, das Xanthorhamnin i) und das Rhamnazinglykosid. Das Xanthorhamnin (Rhamnin nach Stein2), a-Rhamnegin nach Schützenberger^), Cascarin nach Leprince*) besitzt die Formel Cä4H4.202o + HjO und kristallisiert in goldgelben, mikroskopische» Nadeln, die in Wasser und Alkohol, nicht aber in Äther, Benzol und Chloro- form löslich sind. Alkalien lösen es ohne Zersetzung mit gelber Farbe. Durch längeres Erhitzen mit Wasser auf 50" wird es in /i?-Xantho- rhamnin übergeführt; bei der Spaltung mit verdünnter Schwefelsäure (bei Erwärmen) entsteht Rhamninose (die weiter in die Zuckerart Rhamnose und Galaktose zerfällt) und das Rhamnetin, CißHijO; (Rhamnin nach Fleury et Lefort^), Chrysorhamnin nach Kane^), welches der eigentliche färbende Bestandteil der Gelbbeeren ist; es bildet ein intensiv gelbes, in Wasser gänzlich unlösliches, sehr wenig in Alkohol \) Bolley, Ann.. der Chem. u. Pharm., 115, p. 54. — Liebermfinn u. Hör- mann, ibidem, p. 196, 299. — Herzig, Ber. d. Wiener Akadem. 92, p. 1046. — Daß das Xanthorhamnin auch in den Früchten von Rh. catharticus enthalten ist, hat Tschirch nachgewiesen (Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm., XXXV, 1898, Nr. 40). 2) Stein, Ann. d. Chem. u. Pharm., 105, p. 97, 3) Ann. de Chim. et Phys. (4), 15, p. 118. 4) Compt. rend. 115, p. 474. 5) Lefort, Compt. rend., 63, p. 840, 1081; 67, p. 343. 6) Kane, Journ. f. prakt. Chemie, 26, p. 226. Zweiundzwanzigster Absclinitt. Früchte. 889 und Äther, dagegen reichlich in heißem Phenol lösliches Pulver; Alkalien geben eine gelbe Lösung. Neben Rhamnetin ist auch noch Quercetin (als Glykosid) enthalten. Das Rhamnetin stellt den Monomethyläther des Quercetins dar. Es ist ein adjektiver WoUfarbstoff, der mit Thonerde- salzen gebeizte Wolle gelb, mit Eisensalzen gebeizte schwarz färbt i). Das Rhamnacinglykosid^) ist aus den Gelbbeeren noch nicht isoliert worden, muß aber als bestehend angenommen werden, weil man dessen Spaltungsprodukt, das Rhamnacin, leicht darstellen kann. Dieses scheint durch Fermentwirkung aus der (hypothetischen) Verbindung ab- gespalten zu werden und wird durch Extraktion mit Toluol in langen, gelben Kristallnadeln erhalten; Formel Q7H14O7. Es hat nur schwaches Färbungsvermögen. Aus den Früchten von Rh. catliarücus haben Tschirch und Po- lacco3) mehrere neue Körper, wie das Rhamnocitrin (C13H10O5), das Rhamnolutin(Ci-Hio06), dasRhamnochrysin(Ci3Hi207), dasRhamno- Emodin und das Rhamnonigrin (G22H18OS) isoliert, von welchen die drei erstgenannten gelbe Farbkörper darstellen. Dem Emodin verdanken die Kreuzbeeren ihre therapeutische Wirkung. IB. Myrobalanen. Die gegenwärtig im europäischen Handel vorkommenden, als Gerbe- material verwendeten Myrobalanen sind die reifen, getrockneten Stein- früchte*) von Terminalia Chehula Retzius {= T. tomentosa Wight et Arn. = Myrohalanus Chebida Gaertn.), einem vielgestaltigen, besonders in der Fruchtbildung formenreichen Baume, dessen Verbreitungsgebiet ganz Vorderindien (bis zum Fuße des Himalaya), Hinterindien, Ceylon 1) In den Blütenblättern des Goldlackes, Erysimum Cheiri (L.) Cr., und des in- dischen (persischen) Rittersporns, Delpliinium Zalil Auch, et Hemsley, ist eine mit Rhamnetin isomere Verbindung, das Isorhamnetin enthalten; die Blüten der ge- nannten Delphiniumart werden in Indien zur Seidenfärberei verwendet. 2) Perkin und Geldard, Journ. of the Chem. Soc, 1895, I, p. 496. Siehe auch van Rijn, Die Glykoside. Berlin 1900, p. 299—304, worin die Rham7ius-G\ykoside ausführlich abgehandelt sind und die Literatur angegeben ist. 3) Tschirch und Polacco, Über die Früchte von Rhamnus cathartieus. Arch. der Pharmazie, 238, 1900, p. 4 59 ff. 4) Auch die unreifen Früchte desselben Baumes, die keinen Samen besitzen, und deren Steinkern nur sehr wenig entwickelt ist, sind Gegenstand des Handels und werden als schwarze oder indische Myrobalanen medizinisch als mildes Adstrin- gens verwendet. Graue Myrobalanen nannte man die Früchte von Pliyllanthus Em- hlica L. (s. III, p. 800), die übrigens auch jetzt noch im tropischen Asien zum Gerben dienen. — Ausführliches über die medizinische Verwendung enthält Pierre Apery, Les Myrobalans, Remöde heroique etc. Paris 1887. 890 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. und den südostasiatischen Archipel umfaßt. Im indischen Jungle ist der Baum so häufig, daß trotz der umfangreichen Verwendung der Früöhte im Ileimatlande die Ernte den Bedarf weit übertrifft und einen be- deutenden Export (1907/8 für 8 Millionen Mark) ermöglicht. Abnehmer sind England, Deutschland und Belgien i). Da die Fruchtschalen aller Tej'nmialia -Arien mehr oder minder reich an Gerbstoff sind, so erscheint es begreiflich, daß noch manche von ihnen in ihren Heimatländern eine technische Verwendung finden. T. bellerica Bob. ("= T. chebula Wülcl.) sind als bellerische Myrobalanen bekannt und T. catappa L. {= T. Myrobalanus Roth.), deren ölreiche Samen genossen werden, liefert Fruchtschalen, die man ihres GerbstofF- gehaltes wegen auf Reunion zum Schwarz- f s^ färben verwendet 2). Im Handel treten die Myrobalanen in zwei Sorten auf: kleine oder Madras- Myrobalanen und große oder Bombay- Myrobalanen. Letztere dürften nach Wies- ner 3) von einer als T. citrina Roxb. unterschiedenen Varietät der T. chebula ab- stammen, obwohl es auch Übergänge in den Größen gibt. Die Bombaysorte umfaßt alle Früchte von 4,5 — 5 cm Länge und 2,5 cm Dicke, die Madras-ÄIyrobalanen mes- sen nur 2,5 — 3 cm bzw. 1,5 cm. Auch Fig. 321. Nat. Gr. Frucht einer klei- nen Myrobalane im Querschnitt. me Mesokarp, end Endokarp, Tr Tren- nungsstreifen, se Sekretbehälter, sa Sa- menhaut, k Keim (die umeinander ge- rollten Keimblätter). Die fünf lich- teren stelleil in me entsprechen fünf Gefäßbündeln. schied, wie unten angegeben wird. Nach dem Indian Forester 1907 ist auch eine dritte Sortengruppe, die Kal- kutta-Myrobalanen, im indischen Handel. Die Bombay-Myrobalanen werden nach ihrer Provenienz (d. h. nach den indischen Distrikten, denen sie entstammen), in Bhimbes, Jubbulpore (Dshabbalpur), Rajapure und Vingorlas unterschieden. In Indien führen die Myrobalanen den Namen >hirda« (Mahrattadialekt). Im allgemeinen sind die Myrobalanen*) länglich birnförmig oder unregelmäßig länglich eiförmig, meist nach den beiden Enden ver- \] Tropenpflanzer IQOg, p. 470. — Vgl. auch Kew Bull. 1909, p. 209—2^2. 2) Catal. des col. frang., p. 101. — Die Arbeit von T. E. C. Turner, Note on Terminaüa Chebula and its fruit the Myrobalam of Commerce, Indian Forester XXXIII, 1907, p. 362 — 365, war mir nicht zugänghch. 3) Rohstoffe, 1. Aufl., p. 762. 4] A. Vogl, Kommentar usw., II, p. . — Autor, Lehrbuch der techn. Mikro- skopie, p. 402. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 891 schmälert, an der unteren Hälfte häufig stielartig verlängert, daselbst mit dem runden vertieften Fruchtstielansatz versehen, mehr oder weniger deutlich fünfkantig und stumpf gerippt, grünlichgelb oder gelbbraun (gelbe M.) oder rötlichbraun bis schwarzbraun und stärker grob ge- runzelt (große schwarzbraune M.). Das Perikarp besteht aus zwei Schichten , die man an der quer . durchschnittenen Frucht mit freiem Auge beobachten kann (Fig. 32i). Die äußere ist grünUch- bis schwarz- braun, 3—5 mm dick, leicht zu schneiden und zu zerbröckeln, die innere dagegen ist ein bis 7 mm dickes, beinhartes, gelbes, ebenfalls gerundet fünf- kantiges, außen höckeriges und gefurchtes Endokarp, An der gekochten Frucht läßt sich der Steinkern leicht aus der weichen Fruchtschicht herausschälen. Schon äußerlich nimmt man, besonders am Scheitel, eine den Steinkern in zwei ungleiche Längshälften teilende Furche wahr, die am Querschnitt als ein brauner, querlaufender Trennungsstreifen er- scheint. Dieser könnte nach Brandis') auf zwei mit der Blütenachse verwachsene Fruchtblätter deuten (Fig. 321 Tr.). In der schmalen zylin- drischen Höhle des Steinkernes liegt der von einer dünnen, gelbbräun- lichen, gefäßbündelreichen Samenhaut bedeckte längliche Keim, der zwei umeinandergerollte, das kurze Würzelchen zum Teil umschließende Keim- blätter besitzt. Die Steinschale zeigt, nach beliebiger Richtung durch- schnitten, hauptsächlich an der Innenseite zahlreiche, sehr verschieden große, in maximo bis über 500 u im Durchmesser haltende runde Lücken, die mit einer gelben, glänzenden, leicht zerbröckelnden Masse angefüllt sind; diese Masse sowohl, wie das ganze Mesokarp wird durch Eisensalze dunkelblau gefärbt (Fig. 32156). Die vollständig haarlose, stark kutikularisierte Oberhaut des Peri- karps besteht aus etwas radial gestreckten Zellen, die in der Aufsicht scharfkantig polygonal erscheinen und somit eine prismatische Gestalt haben; sie sind innig mit dem darunterliegenden vier- bis sechsreihigen KoUenchym verbunden (Fig. 322 i, 2), dessen Zellen im Querschnitt tangential gestreckt, von der Fläche gesehen rundlich sind, von Chlor- zinkjod gebläut werden und bräunUche Inhaltskörper führen. Das KoUenchym geht in ein durchlüftetes, lockeres Parenchym mit rund- lichen Zellen über, das kleine Stärkekörner enthält (Fig. 322 3). Dem Parenchym ist eine verschieden mächtige Zone quergestellter, aber gürtelförmig die Frucht umgebender Sklerenchymfasern angelagert, von welchen nach einwärts in kurzen Zwischenräumen Züge sowohl radial, als auch, und zwar häufiger, axial (d. h. parallel zur Fruchtlängsachse) gestellter Sklerenchymfasern (Fig. 3226) verlaufen, die entweder nach Reduktion bis auf eine einzige Reihe plötzlich aufhören oder, indem sie 4) Engler-Prantl, Pflanzenfamihen, III, 7, p. 112. 892 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. Brücken und Verspreizungen des Mesokarps bilden, bis zu den im Innern des letzteren befindlichen Gefäßbündeln vordringen; unterstützt werden sie in ihrer mechanischen Ar- laufende, verdickte, zu schma- len Reihen geordnete Zellen (ohne prosenchymatischen Charakter). Der erst erwähn- ten Gürtelzone liegt meistens noch eine Reihe axial gestell- ter Sklerenchymfasern an, so daß auch für die Längsrich- tung eine Festigungseinrich- tung vorhanden ist. Die Hauptmasse der inne- ren Schicht ist ein Parenchym großer, radial gestreckter, in der Aufsicht rundlicher, sehr dünnwandiger Zellen (mit klei- nen Interzellularen), die als Speicher des Gerbstoffes fun- gieren. In Glyzerin beobachtet, zeigen sie sich gänzlich mit einer gelblichen , struktur- losen, zerklüfteten Masse er- füllt, die sich in warmem Wasser und in Kalilauge voll- ständig (mit brauner Farbe) löst, in Salzsäure einige Zeit in Gestalt gelber Schollen er- halten bleibt und mit Eisen- chlorid die GerbstofTreaktion gibt. Außer den oben beschrie- benen Sklerenchymfaser- brücken finden sich im Frucht- fleische Nester sehr verschie- den gestalteter, verholzter und dicht getüpfelter Zellen vor, wie denn überhaupt das Ge- webe, je mehr es sich dem Endokarp nähert, die Tendenz Fig. 322. Vergr. 350. Partie eines Querachnittes durch das Perikarp von Terminalia C'hebtila. 1 Epidermis mit Euti- kula, 2 Kollenchym, 3 Übergangsparenchym, i quergela- gerte Sklerenchyrnfaserzoiie, 5 großzelliges (Gerbstoif-) Parenchym (nur zum geringsten Teil gezeichnet), h Brücke von axial gestellten Sklerenchymfasern; 6' innerste Meso- karpschicht mit einem Gefäßbündel .• 7 die äußersten La- gen des Steinkernes, sc verholzte, reichgetüpfelte Zellen sc' Sklerenchymfasern in der Läugsansicht. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 893 besitzt, zu sklerosieren. Die innersten Schichten des Mesokarps (Fig. 322 6] sind stark tangential zusammengepreßt und schließen kleine Spiroidenbündel ein. Das Endokarp beginnt mit einer Schicht verdickter, verholzter und reichlichst getüpfelter, weitlichtiger Zellen, wie solche schon im Mesokarp gruppenweise auftreten. Der grüßte Teil des Stein- kernes besteht aber aus stark verdickten und getüpfelten Sklerenchym- fasern, von welchen man infolge ihrer verschiedenen Orientierung im Querschnitte sowohl Längs- als Queransichten wahrnehmen kann. In dieser Faserschicht liegen die rundlichen Sekretbehälter, von welchen oben die Rede war. Brandis^) bezeichnet sie als Gummigänge, nach A. VogP) sind sie Riesenzellen, deren schmale Membran mit Chlor- zinkjod auf Zellulose reagieren soll. Bemerkenswert ist, daß die die Sekretbehälter umgrenzenden Sklerenchymfasern an ihren Enden sich mitunter desorganisiert zeigen. Die Fruchtschale schließt mit einem Häutchen ab, das aus gestreckt-vierseitigen, dünnwandigen, nicht ver- holzten Zellen besteht. Die Samenschale setzt sich aus vier (oder fünf?) Schichten zu- sammen, an die eine Aleuronschicht anschließt. Die Oberhautzellen sind zusammengefallen, flach, dünnwandig, quellen in Kalilauge stark auf und erscheinen im Querschnitt (nach der Quellung) fast quadratisch mit etwas vorgewölbter Außenwand. Darunter liegt eine, wie es scheint, unterbrochene Reihe tangential gestreckter, mitunter mit runden oder spaltenförmigen Tüpfeln versehener Zellen, denen eine hellgelbe Zone gänzlich kollabierter Zellen mit den tangential sehr ausgedehnten Spiroiden- bündeln folgt. Die nächste Schicht besteht aus Zellen mit braunem Pigment, die letzte erscheint als ein aus kollabierten Zellen zusammen- gesetzter Streifen. Die Aleuronschicht hat die bekannte typische Aus- bildung. Die dünnen Keimblätter führen in ihren gerundet-polyedrischen, sehr dünnwandigen Zellen Ölplasma, Aleuronkörner und hier und da je eine große Oxalatkristalldruse. Der Gehalt der Myrobalanen an Gerbstoff wurde von Hennig^) mit 45 Proz. bestimmt. Bodenstab (1. c, p. 465) gibt 36,6 Proz. (Filter- methode) bzw. 30,5 Proz. (Schüttelmethode) an. Günther^) identifizierte den Gerbstoff mit dem der Dividivi, Zölffel^) mit dem der AlgarobiJla, i) 1. c, p. 115. 2) Kommentar usw., p. 160. 3) Pharmaz. Zentralhalle, 1869, p. 370. 4) Günther, Dissert. Dorpat 1871. — Zeitschr. f. analyt. Chemie, X, p. 359. 5) G. Zölffel, Über die Gerbstoffe der Algarobilla und der Myrobalanen. Archiv der Pharmazie, Bd. 229, 1891, Heft 2, p. 123—160. 894 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. und Loewei) erkannte ihn als Ellagengerbsäure. Fridolin^) erhielt durch fraktionierte Fällung verschiedene Gerbsäuren von glykosidischem Charakter, für die er die Formeln C54H46O34 und C54H48O35 angibt. Bei der Spaltung mit verdünnter Schwefelsäure geben die Gerbsäuren neben Glykose zum grüßten Teil Gallussäure und nur geringe Mengen von Ellagsäure. Zölffel stellte fest, daß der Gerbstoff der Myrobalanen, wie der der Algarobilla ein Gemisch von Gallusgerbsäureglykosid und Ellagen- gerbsäure ist, wobei letztere in weitaus größerer Menge vertreten ist. Es wurde aber auch ein kristallisierter Gerbstoff, die Chebulinsäure^) C2sH240,9 + H2O zu 3,5 Proz. aufgefunden, der sich mit Wasser erhitzt in Gallussäure und Ellagensäure spaltet. Aus den verschieden lautenden Angaben der Autoren scheint hervorzugehen, daß die Ellagensäure (C14H6O8 -j- 2H2O) der wichtigste Bestandteil der Myrobalanengerbstoffe ist. Die Myrobalanen werden zum Gerben und Schwarzfärben verwendet, und zwar im zerkleinerten Zustande, v. Schröter*) will auf Grund praktischer Versuche gefunden haben, daß es rationeller ist, die unzer- kleinerten Früchte in geschlossenen Metallapparaten auszuziehen, indem die Myrobalanen, die vor der Extraktion einen Gehalt von \ 3 Proz. Wasser, 32,14 Proz. gerbender Substanzen, 11,05 Proz. organischer Nicht- gerbstoffe, 2,27 Proz. Extraktasche und 41,54 Proz. in Wasser unlös- licher Bestandteile aufwiesen, nach der Extraktion (nach viermaligem Auskochen der ganzen Früchte) nur mehr 3,18 Proz. gerbender Stoffe und 82,5 Proz. in Wasser unlöslicher Teile enthielten. Da der Haupt- träger des Gerbstoffes das Mesokarp ist, so hat man dieses vom Stein- kern abgelöst und als > entkernte Myrobalanen« in den Handel gebracht; dieses Produkt weist einen Gerbstoffgehalt von 45 Proz. im Mittel auf; es wurden aber schon 55 Proz. gefunden. Im allgemeinen kann man den Gerbstoffgehalt der Myrobalanen mit 25 — 46 Proz. angeben. Mit Ausnahme des schweren Sohlenleders kann man mit Myrobalanen alle Ledersorten gerben; sie machen das Leder weich, hellfarbig und sind daher auch sehr zur Kombination mit rot- färbenden Gerbmaterialien wie z. B. mit Mangroverinden geeignet; auch beschweren sie das Leder nicht (Bodenstab, 1. c, p. 685). 4) Zeitschr. f. analyt. Chemie, XIV, p. 35. 2) Dissertation, Dorpat 1884. — Pharmaz. Zeitschr. f. Rußland, 1884, Nr. 34. Vgl. auch van Rijn, I.e., p. 329 und L. Braemer, Les Tannoides. Toulouse 1891, p. €6—67 (die Noten 3, 4, 6, zitiert nach Braemer). 3) Über die Chebulinsäure vgl. Thoms, Apoth.-Ztg. 1906, p. 354. Der im Handel unter dem Namen Eutannin vorkommende Gerbstoff ist krist. Chebulinsäure. 4) Dinglers Polvtechn. Journ., 1894, 75, p. 213. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 895 14. Chinesisclie Gelbschoten. Die chinesischen Gelbschoten (chinesische Gelbberen, chine- sisch: Whongshi, Wangihi, japanisch: Kutsjinasi), Kuchinashi, Sansisi oder Sang-shih-see, Misuktjinasi) sind die getrockneten Früchte mehrerer Gar denia- Arien. Ihre Verwendung in China und Japan zum Gelbfärben scheint schon sehr alt zu sein; für die europäische Industrie sind sie aber niemals von Belang gewesen und dürften auch kaum jemals eine Bedeutung erlangen, zumal uns die Teerfarbenfabriken mit weit schöneren und billigeren Farben zu versorgen imstande sind. Immerhin dürfen sie hier nicht übergangen werden, weil sie sowohl in morphologischer wie in chemischer Beziehung einen sehr bemerkenswerten Rohstoff darstellen. Über die Verwendung der Gelbschoten machte zuerst Thunberg2)^ der zwei Arten, Gardenia florida L. und G. radicans DJuped^), beschreibt, die Angabe, daß die Früchte der erstgenannten Art als gelbfärbendes Mittel in den meisten Kaufläden Japans feilgeboten werden'*). In Cochin- china werden nach Loureiro^) die Früchte von G. grandiflora Low. und wohl auch die von G. florida zum Gelbfärben der Seide benützt; außerdem sind sie aber auch als Emeticum, Stimulans und Diureticum in der chinesischen und japanischen Heilkunde in Gebrauch. Die in den europäischen Sammlungen enthaltenen Gelbschoten ge- hören wohl größtenteils G. florida an; im englischen Drogenhandel ß) fand man im Jahre 1898 nur die Früchte dieser Art; es mögen aber auch die Früchte von G. gra7idifloi'a^ die sich übrigens nach der Diagnose von Loureiro nur durch die Größe von denen der G. florida unter- scheiden — sie sind doppelt so» groß — bei uns als Gelbschoten vor- kommen, und in der Tat trifft man in einem Posten der Ware Stücke der verschiedensten Größe an. Die Heimat dieser beiden Arten ist Südostasien, vorzugsweise China; G. florida wird aber überall in den Tropen kultiviert und ist im tropischen Amerika verwildert anzutreffen. G. radicans ist in Japan zu Hause. Die chinesischen Gelbschoten bilden einfächerige, trockene, stark in die Länge gezogene, eiförmige, mitunter fast keulenförmige, mit 4—6, sehr selten 7 vorspringenden Kanten (oder schmalen Flügeln) versehene Früchte, die an dem unteren Ende sich in den Fruchtstiel verschmä- i) Kämpfer, Amoenitates exoticae, V, p. 808, 2) Flora japonica (1784), p. 108—109 und dessen Reisen, II, 1, p. 94. 3) Djuped, Dissert. de Garden. Upsala 1780, zit. nach Thunberg. 4) Thunberg, I.e.: >Fructus luteo tingendo adhibentur in plurimis tabernis renales«. 5) Hortus Cochinchin. (Berolini 1793), I, p. 182—183. 6) »Unusual Drugs«, The Chemist and Druggist, Vol. LH, 1898, No. 932. 896 Zweiundzwanziofster Abschnitt. Früchte. lern, an dem oberen von den 4 — 6 persistenten, spitzen Kelchzipfeln — den Fortsetzungen der Fruchtkanten — gekrönt sind. Die Kelchzipfel besitzen * etwa zwei Dritteile der Länge der ganzen Frucht, sind aber an der Droge gewöhnlich bis auf kurze Reste abgebrochen (Fig. 323x1). Die Länge der Früchte beträgt 30 — 45 mm, der breiteste Querdurchmesser 8 — 1 7,5 mm. Die Wände des Perikarps sind dünn, zerbrechlich, außen glänzend, rotbraun, innen orangegelb; auf den Außen- flächen zwischen je zwei Kan- ten verläuft ein starker Nerv, von dem nur wenige zarte Nebennerven unter sehr spitzen Winkeln abzweigen. An zwei gegenüberhegenden Stellen der Innenseite, beiläufig der Lage des Hauptnerves entsprechend, entspringen zwei schmale, trockene, ebenfalls gelbe Lei- sten, die die Samenträger dar- stellen. Die sehr zahlreichen, 3 — 5 mm langen, plattgedrück- ten, mit einer dunkelrotbrau- nen, grubigen Samenhaut ver- sehenen, endospermhaltigen Sa- men sind in eine orangegelbe, in Wasser aufquellende Gewebs- masse{die »pulpa« der Autoren) eingebettet und bilden mit dieser in der Droge einen kompakten, länglichrunden Körper. Die Frucht schmeckt bitter und gewürzhaft und entwickelt beim Zerkleinern einen kräfti- gen Geruch nach Safran, der von einem unangenehmen, laugenartigen Geruch begleitet ist. Die histologischen Verhältnisse der Gelbschoten sind zuerst von A. VogH), später von Schenk^) gelegentlich der Bestimmung fossiler Pflanzen untersucht worden. An der Fruchtschale lassen sich zwei scharf gesonderte Schichten unterscheiden, die äußere besteht aus der Epider- ■^^- Fig. 323. A Natürl. Größe. Chinesische Gelbbeere, stark geschrumpft, die Kelchzipfel abgebrochen. B Vergr. 20U. Saraenoberhaut von der Fläche gesehen. C Vergr. 200. Partie eines Querschnittes durch die Samenhaut und einen Teil des Endosperms. e Oberhaut, s kollabierte Schicht der Samenhaut, £ Endosperm. (Nach A. Yogi.) i) Lot OS, Zeitschr. f. Naturwissenschaften, 1871, p. 182 ff. 2) Zur Kenntnis der Strukturverhältnisse fossiler Pflanzen. Bot. Ztg. 1877, p. 393—401. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. 897 Ulis und dem Parenchym, die zweite aus einer sehr dünnen Steinscliale. Die Epidermis setzt sich aus derbwandigen, mit mäßig dicker Kutikula überzogenen, in der Flächenansicht polygonalen, im Querschnitt schmal- rechteckigen, tangential gestreckten Zellen zusammen; das Parenchym besitzt in den äußeren Partien ebenfalls tangential gestreckte, dünn- wandige, in den inneren nur locker zusammenhängende, größere Zellen mit gelblichem, im Wasser zum größeren Teil löslichem Inhalt. Die hier auftretenden (iefäßbündel zeigen die bekannte, in den Früchten am häufigsten vorkommende Ausbildung; eine periphere, der Außenseite zugewendete Reihe von kurzen, sehr stark verdickten Bastfasern um- schließt den zarten Siebteil, an der Innenseite lagert der Gefäßteil mit Ring- und Spiralgefäßen. Den Abschluß des Perikarps bildet eine aus drei Reihen bestehende Steinzellenschicht. Die orangerote, die Samen beherbergende Pulpa wird ihrer morphologischen Bedeutung nach von verschiedenen Autoren als das verschleimte Gewebe der Samenträger be- zeichnet, was sie aber nur zum Teil sein kann, da ja die beiden inneren Leisten, von denen oben die Rede war, ebenfalls dazu zu rechnen sind. Diese Masse ist größtenteils desorganisiert, und nur in Glyzerin kann man in sehr lockerem Zusammenhange stehende dünnwandige, rundliche oder schlauchförmige Zellen beobachten; die in Wasser verteilte Pulpa zeigt reichliche Fetttropfen, gelbe Farbstoffmassen und Oxalatdrusen ; sie ist vornehmlich der Sitz des gelben Farbstoffes der Gelbschoten. Die Oberhaut der Samenschale besitzt ziemlich große Zeilen, deren Wände folgenden eigentümlichen Bau aufweisen: die Fußteile und die angrenzen- den Radialpartien der Zellwand sind stark und unregelmäßig- wulstig ver- dickt und verholzt und besitzen große, lochartige Poren; die an die Außenwand der Zelle grenzenden Teile der Radialwände, sowie die Außen- wand selbst sind dünn, nicht verholzt, im trockenen Zustande und im Glyzerinpräparat zusammengedrückt; in Wasser quellen sie mächtig hervor und geben dann beiläufig das Bild, das die Fig. 323f' zeigt. Als Inhalt der Epidermiszellen finde ich faltige, rotgelbe Körper, die in Kah dunkelbraun werden und an die ähnlichen Gebilde in den Gelbbeeren erinnern. Unter der Oberhaut liegt eine Schicht koUabierter Zellen. In dem Endosperm des Samens, dessen Zellen ziemlich derbe, farblose Wände besitzen (Fig. 323 6'), sind eirundbche Aleuronkörner und sehr reichlich Fett enthalten; auch soll darin Stärke vorkommen. Die zarten, dünnwandigen Zellen des Keimes führen nur Öl und Plasma. Über den Farbstoff der Gelbschoten sind einige ältere Arbeiten von Steini), von Orth2) und von Rochleder und Mager^) vorhanden; 1) Journ. f. prakt. Chemie, 48, i^ 328. 2) Ebenda, 64, p. 10. 3) Ebenda, 74, p. 1 und Jahresber. d. Cliemie, 58, p. 475. i e s n e r , Eotstofte. III. Band. :i. Auü. 57 898 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früchte. die beiden letztgenannten Autoren bezeichneten den Farbstoff identisch mit dem Grocin, dem Farbstoffe des Safrans. Diese Angabe konnte F. Isernhagen*) bestätigen und er fand weiter, daß der reine Farlo- stoffkürper sich durch Abscheidung mittels Baryumhydroxyd und Zer- legung des Niederschlages mit Salzsäure gewinnen- läßt. Der Farbstoff (aus den Gelbschoten oder aus Safran abgeschieden) ist ein sehr be- ständiges, intensiv rotes, glänzendes Pulver vom Schmelzpunkt 295" und besitzt im Mittel folgende elementare Zusammensetzung: C = 72,öl Proz., H = 8,86 Proz., 0 = 18,63 Proz. Durch Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure erhält man ein Stoff- gemisch, das nebst dem reinen Farbstoff ein Phytosterinestergemenge der Palmitin- und der Stearinsäure und einen Kohlenwasserstoff der Methanreihe vom Schmelzpunkt 70, ö" enthält; außerdem ist Dextrose nachzuweisen. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Gelbschoten ist Mannit. 15. Sonnen blumeiikeriie. Die Sonnenblume. Helianth?is amiKUs L., stammt vermutlich aus Mexiko und wird schon seit langer Zeit als Zierpflanze in den Gärten Europas gehalten. In der Heimat wird aus den Kernen ein Ol gewonnen und schon im 18. Jahrhundert hat man in Deutschland versucht, dieses Gewächs als Ölpflanze der Industrie dienstbar zu machen, jedoch keines- wegs mit günstigem Erfolge 2). Gegenwärtig wird die Sonnenblume in mehr als hundert Sorten im südlichen und südöstlichen Rußland (Gouv. Saratow), in Ungarn und Italien, ferner auch in Ostindien =^) in großem Maßstabe gebaut. Man unterscheidet eßbare Sorten und solche, die nur auf Ol ausgel)eutet werden. In Rußland werden die Sonnenblumen häufig von Oral in liehe eumaua befallen und die Kulturen sehr geschädigt. Nach Sazyperow^) gibt es sogenannte »Panzersonnenblumen«, deren Achaenien dicke Schalen {Panzerschicht) besitzen und einer Infektion durch Oro- hanche erfolgreichen Widerstand leisten können. \] Friedrich Isernliagen, Über den Farbslod der chinesischen Gelbschoten und dessen Beziehungen zum Safranfarbstoffe. Diss.. München (Erlangen, 1902). 2) Böhmer, Technische Geschichte der Pflanzen. I. 1794. p. 671 ff. Während der Kriegszeit wurde der feldm/iljige Anb.iu der Sonnenbkmien in Deutschland und Österreich wieder versuclit, der Erfolg war infolge der vielen > tauben« Früchte wenig zufriedenstellend. »Die Sonnenblume wird sich bei uns nicht als Ackerpflanze er- halten.« (Fruwirlh, Neue Pflanzen auf dem Acker, Wien 1919.) 3) T. F. Hanausek, Lehrb. d. techn. Mikroskopie, p. 37."). Vi Die Widerstandsfähigkeit der Panzerseiten von Heliantlms annims gegen Orobanche cumana. Bull, angew. Bot., VI, p. 251— 2ßl, Petersburg, 1913. — Bot. Zentralbl., 1913, 123, p. 5 49. Zweiundzwanzigster Absclinilt. Früchte. g99 Die Kerne der ölreichen Sorten werden vor der Pressung geschält, die Rückstände der Ölbereitung sind als gute Futtermittel in Verwendung i). Die Randblüten der Sonnenblume sind unfruchtbar, die Scheiben- blüten fruchtbar. Die letzteren bilden fast durchgängig Früchte, die den fleischigen Fruchtboden dicht bedecken und in regelmäßigen Spirallinien angeordnet sind. Die Früchte (Sonnenblumenkerne) sind schwarz, schwarz- braun, strohgelb, grau oder porzellanweiß, oft mit schmalen schwarzen, grauen, bzw. weißen Streifen und Bändern versehen. Im trockenen Zu- stande bilden sie verkehrt-eiförmige oder -eilängliche, seitlich zusammen- gedrückte, fein längsrippige, dicht und kurzflaumig behaarte, am Scheitel abgestutzte, an der Basis zugespitzte Kerne. Nach der sehr variablen Größe unterscheidet man nach Harz^): |. kurzfrüchtige, deren Früchte nicht doppelt so lang als breit sind, z. B. 8 mm lang. 5 mm breit; i. gewöhnliche, deren Früchte doppelt so lang als breit sind; Länge 16 — 17 mm, Breite 7 — 8,5 mm; 3. langfrüchtige, deren Früchte über zweimal so lang als breit sind; Länge M — 17 mm, Breite 4,5 — 6,5 mm. In der Regel sind die Früchte nicht symmetrisch. Die am breiten (oberen) Fruchtende stets deutlich wahrnehmbare Griffelnarbe gleicht in der Form dem durch die Mitte der Frucht geführten Querschnitt. Minder deutlich ist die an der Basis befindliche Insertionsstelle der Frucht erkennbar. Die holzigharte, spröde, im lufttrockenen Zustande zerbrechliche, der Länge nach leicht spaltbare, im Innern weiße Fruchtschale hat eine Dicke von 0,5 — 0,7 mm und enthält einen einzigen Samen. Dieser be- steht nur aus dem von einer dünnen Samenhaut umhüllten Keim, der eine plattgedrückt eiförmige, am Wurzelrande deutlich eingeschnürte und von da ab zugespitzte Form zeigt. Das Gewicht des Fruchtgehäuses verhält sich nach Wiesner zu jeneni der Samen, beide im lufttrockenen Zustande vorausgesetzt, etwa wie 53: 47. — Da sich aus den trockenen Kernen 15 Proz. fettes Öl gewinnen lassen, so müssen die Samen hier- von etwa 32 Proz. enthalten. Wittstein ■') dagegen fand, daß die Früchte 41—60 Proz. Fruchtschalen und 59 — 40 Proz. Samen enthalten; er gibt auch den Ülgehalt der Samen mit 40—50,5 Proz. an (s. I, p. 696). Die Histologie der Sonnenblumenkerne ist schon öfters dargestellt worden, doch zeigen die Angaben der einzelnen Autoren-") manche oft recht bedeutende Verschiedenheiten. Die Oberhaut des Perikarps besteht 1) Th. Kosutang, Über Sonnenblumenkuchen. Landwirtsch. Versuchsstat., XLIII, p. 233—263. 2) Landwirtsch. Samenkunde, II, p. 850. 3) Arch. d. Pharmaz., 1876, zit. nach Harz. — Vgl. hierzu I, p. 696. 4) Wiesner, Rohstoffe, 1. Aull., p. 779. — Gr. Kraus, Über den Bau trockener Perikarpien, p. 6i u. 62. — Harz, 1. c, p. 851-853 u. Fig. :i3, IV— Vf. — J. Moeller', Mikroskopie, 2. Aufl., 1903, p. 329. 57* 900 Zweiuiidzwan/igster Abschnitt. Früchte. aus langgestreckten, vier- bis sechsseitigen, abgeplatteten, an der Außen- seite stark verdickten Zellen, deren Membranen farblos sind. Im Quer- schnitt (Fig. 324 e^j) erscheinen sie fast quadratisch mit dünnen Radial- und Basiswänden. Viele dieser Zellen — bei den schwarzen Früchten nahezu alle — enthalten ein schwärzlichbraunes, festes, undurchsichtiges, harzartiges Pigment. Außerdem sind ziemlich reichlich einzeln stehende, einzellige, zugespitzte, derbwandige, ziemlich starre Haare und sogenannte Zwillingshaare entwickelt; letztere, für Helianthus ein sehr charakte- ristisches Leitelement, entstehen nach Kraus (1. c, p. 61) in der Weise, »daß zwei gestreckte Zellen (der Oberhaut) ihrer ganzen Länge nach. Mrr-4-:\-^!^. - i sep m m Fig. 324. Helianthus annmts L. Partie eines Querschnittes durch das reife Perikari). c Kutikula ep Oberhaut, sep subepidermales Gewebe, hb Phytomelanschicht, h Bastfaserschicht, m markstrahlähn- liche Parenchymzellzüge. Vergr. 400. miteinander verbunden sind (und an dieser A'erbindungsstelle Poren be- sitzen) und nur an der Spitze gabelig auseinander weichen«. Diese > Zwillingshaare « 1) sind in Wirklichkeit dreizellig, denn die »Haar- zellen« sind mit einer Fußzelle in der Art verbunden, daß der ver- längerte Basisteil der einen Haarzelle an die Fußzelle sich seitlich anlagert, während die andere Haarzelle auf der Fußzelle aufsitzt. Das Lumen der Fußzelle ist durch eine Verdickungsschicht der der Frucht zugekehrten Wand zum Teil ausgefüllt; diese Verdickungsschicht quillt in Wasser auf \) Vgl. T. F. Hanausek, Ueiträge zur Kenntnis der Trichombildungen aiu Perikdi|> der Kompositen. Österr. botan. Zeitschr., 1910, Nr. 4 und 5. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Früclite. 901 und stellt das Haar, das im Trocknen, in der Ruheläge, flach an die Frucht angedrückt ist, fast senkrecht zur Fruchtlängsachse. Wir haben es sonach hier mit einem Quellgelenk zu tun. Unter der Epidermis liegt eine vier- bis sechsreihige Schicht, deren Zellen leer sind, eine deutlich radiale Anordnung zeigen, dünne Wände und sehr zahlreiche, zarte Tüpfel besitzen; in der Flächenansicht sind sie recht- eckig. Dieses Gewebe erinnert an ein Periderm und da die Zellwände weder die Zellulose- noch die Ligninreaktion geben, so scheinen sie in der Tat verkorkt zu sein. Die Zellen der ersten Reihe sind etwas stärker verdickt und schließen nicht überall dicht an die Epidermis an (Fig. 324 sej)). Die Hauptmasse des Perikarps bildet die Hartschicht, große Skler- enchymfaserbündel, die durch radialziehende Streifen (Fig. 324 6, m) in einer Reihe angeordneter radial gestreckter, mit gelblichem Inhalt ver- sehener Zellen voneinander getrennt sind. Die Sklerenchyni fasern sind sehr stark verdickt, porös und verholzt, vergrößern sich nach dem Innern zu und erhalten weitere Lumina; zwischen ihnen sind kürzere, stabartige, nicht spitz endigende Skiereiden eingeschlossen. Die Faser- bündel verschmälern sich an der Innenseite das Perikarps und daselbst sind kleine Gefäßbündel mit Spiroiden angelagert. Das nun folgende Parenchym der Fruchtinnenseite besitzt dünn- wandige, rundliche oder tangential gestreckte, leere, locker aneinander haftende Zellen; die periphere Reihe derselben soll nach Kraus eine netzförmige Verdickung aufweisen. Eine Innenepidermis des Perikarps läßt sich an der reifen, trockenen Frucht nicht auffinden. Unmittelbar an das Parenchym grenzt ein größtenteils aus kollabierten Zellen be- stehender Streifen, an dem nur eine peripherisch gelegene Reihe tangential gedehnter Zellen deutlich hervortritt i). Dieser Streifen ent- spricht der Samenhaut, und die innerste Schicht derselben, die eine Reihe gut abgegrenzter, mit dicken, farblosen Wänden versehener Zellen bildet, ist der Aleuron führende Endospermrest. In Flächenansichten ist ein großlückiges Schwammparenchym und darunter eine Schicht poly- gonaler Zellen zu beobachten; in letzterer verlaufen die Spiroidenbündel. Setzt man einem zuvor mit Kalilauge behandelten und gut ausgewaschenen Querschnitt Jodjodkalium hinzu, so treten die Schichten der Samenhaut durch ihre rötlich-violette Färbung scharf hervor und grenzen sich deutlich gegen die gelbgefärbten Aleuronzellen ab. Die Keimblätter be- i) Harz (I. c, p. 853) unterscheidet an der Samenschale vier Scliichten (vgl. I. c, Fig. 53, V), von welchen insbesondere die Oberhaut durch die Bildung von Inter- zellularen bemerkenswert erscheint. Die betreffende Stelle lautet: »Ihre äußere Epi- dermis besteht aus, von oben gesehen, weiten, quadratischen, rhombischen bis ver- schiedenartig anderweitig gestalteten Zellen von 20 — 30 // Durchmesser, welche sich innen kegellörmig verschmälern und so größere Interzellularräume bilden.« 902 Zweiundzwanzis Abschnitt. Früchte. sitzen rlrei Palisadenzellreihen und ein zartwandiges Parenchym von isodiametrischen, polyedrischen. Zellen; die Wände derselben werden nach der Behandlung mit Kali und Jodlüsung ebenfalls violett. Der überaus reiche Zellinhalt besteht aus Fett und rundlichen oder gerundet mehr- seitigen, ziemlich gleich großen Aleuronkörnern. Der Inhalt der Ober- hautzellen der Keimblätter ist zwar auch körnig, aber von dem des Mesophylls verschieden. Wir kehren wieder zum Perikarp zurück. Zwischen dem periderm- artigen subepidermalen Gewebe und der Hartschicht finden wir eine schwarze, abbröckelnde Masse (Fig. 324 ^ 6). die in keinem der in der Mikrochemie zur Anwendung gelangenden Reagenzien irgendeine Ver- änderung erfährt. Legt man einen Sonnenblumenkern in das Wiesner- sche Ghromsäure-Schwefelsäuregemisch. das alle organisierten Körper zerstört, so ist derselbe nach etwa eintägiger Einwirkung verschwunden, nur die schwarze Masse ist in Ge- stalt eines Netzes, das aus breiteren mit schmäleren Anastomosen verbun- denen Längsstreifen besteht (Fig. 325) ^\\i m%3i}jm^^%'^ i Fig. 32.5. Helianthus annuus L. Phytomelan Schicht von der Fläche. (Original von Hanausek und Weese.) ben. hl einer 1 1102 erschienenen Ab- handlung i) habe ich diese Masse mit der Kohle vergUchen und diese über- aus merkwürdige Erscheinung gab Veranlassung, das Vorkommen der in den Früchten anderer Kompositen zu Masse und ihre Entstehung untersuchen"^). Es konnte nun festgestellt werden, daß wir es mit einer neuen Gruppe von Pflanzensloffen zu tun haben, die von Dafert und Miklauz^) Phytomelane genannt worden sind. Sie erkannten, daß die Phyto- \) T. F. Hauausek, Zur Entwicklungsgeschichte des Perikarps von Helianthus annuus. Ber. d. D. Bot. Gesellsch., 190-2, XX, p. 449 ff. In Helianthus hat zuerst R. Pfister (Ölliefernde Kompositanfrüchte, Landw. Versuchsstat., XLIII, 9) die Masse gefunden. 2) T. F. Hanausek, Die »Kohleschicht« im Perikarp der Kompositen. Sitzgsber diT Wiener Akademie, Bd. CXVI, Abt. 1, 1907, p. Iff. — Derselbe, Untersuchungen über die kohleähnliche Masse der Kompositen (Botanischer Teil). Denkschriften der Wiener Akademie, LXXXVII. Bd., 1911, p. 93fr. Mit 3 Tafeln. — Derselbe, Neue Mitteilungen über die sogenannte Kohleschicht der Kompositen in v. Wiesner-Fest- schrift, Wien 1908, p. 130— 150 (Taf. III und IV). — Die ersten Entdecker der Plni,omelane sind Thomas Greenish (1884) und C. Hartwich (1885). 3) Dafert und Miklauz, Untersuchungen über die kohleähnUche Masse der Kompositen (Chemischer Teil). Denkschriften der Wiener Akademie, LXXXVII. Bd., 1911, p. 143—152. Zweiiiriilzwanziyster Abschnitt. Früchte. 903 melane komplizierLe stickstofffreie organische Verbindungen darstellen, den Wasserstoff sehr annähernd in gleichem Atomverhältnis wie Kohle- hydrate besitzen, aber viel kohlenstoffreicher als diese sind. Der Kohlen- stoffgehalt beträgt bei Helianthus animus 61», 76 Proz. (bei iJaJdia rariabüis sogar 76,47 Proz.j. Das einzige chemische Reagens, das die Phytomelane anzugreifen vermag, ist die Jodv^asserstoffsäure. Läßt man auf Phyto- melane im Einschlußrohr mehrere Stunden hindurch • in Gegenwart von rotem Phosphor Jodwasserstoffsäure von der Dichte 1,75 einwirken, so erhält man je nach der Herkunft der Phytomelane Produkte von grün- lichgelber bis dunkelbrauner Farbe. Die Entstehung des Phytomelans hat mit den Entwicklungsprozessen der gummi- oder harzartigen Sekrete keine Ähnlichkeit. Zumeist ist sie an sklerenchyraatische Elemente (Bastfasern, Skiereiden) gebunden ^j; als die erzeugende (melanogene) Stätte ist die Mittellamelle anzusehen. Mit Rücksicht auf diese Genesis und beim Vergleiche des Atomverhält- nisses bei den Phytomelanen mit jenem ihrer vermutlichen Stammsubstanz (Zellulose) nehmen Dafert und Miklauz an, »daß der Prozeß, dem sie Phytomelane) ihre Entstehung verdanken dürften, allem Anscheine nach jenem ähnelt, den Gross und Bevan für die Entstehung des Lignins und Teilens für die Bildung der Pentosane annehmen, also einer regressiven Stoffmetamorphose durch Wasseraustritt nach dem Schema: xiGßHjoOs) — yH-iO. Es muß noch hervorgehoben werden, daß nicht alle Sonnenblumenkerne das Phytomelan enthalten. In den beinweißen Früchten, aber auch in schwarzen Sorten fehlt es und die schwarze Farbe der letzteren rührt von einem in der Epidermis und der subepidermalen Schicht vorkommenden Farbstoff her. Hingegen führen alle grünlich weißen oder grünlichgrauen Früchte Phytomelan. Ki. Saflorkeriie. Die Saflorpilanze, Cartlmmus tinctorius L. , der Ssuff (Schuf) der Abessinier. Gurdum und Asfar der Araber, liefert nicht nur einen, zum Färben benutzten Rohstoff 2), sondern kann auch auf fettös Ol 3) ausgenutzt werden. In Ägypten wird aus den Früchten (Satlorkerne) ein Öl gepreßt, das sich als Brennöl , weniger als Speiseöl eignet-*). 1) Die neuerhche Aut'lindung von Phytomelanen in den Wurzeln von Inula- Arten, angebhch auch in einer Flechte und im Samen von Chenopodium album zeigt, daß die Phytomelane weit verbreitet sind. Es dürfte übrigens, wie bei den Harzen, phy.«iologische und pathologische Phytomelane geben. 2) Siehe p. 656. 3) Siehe I, p. 697. 4) Savory, Egypten. 1, p. 19(); siehe auch Böhmer, 1. c. I, p. 66811. 904 Zweiundzwanzigster Absdinitt. Früchte. In Abessinien dagegen gilt es als gutes Speiseöl i). Nach Harz 2) wird es auch zur Seifenfabrikation verwendet: wenn es auch bis jetzt in der europäischen Industrie keine Wichtigkeit erlangt hat 3), so ist es immer- hin möghch, daß bei dem gesteigerten Bedarf an Fettmitteln auch das Safloröl, gleich dem Nigeröl eine größere Verbreitung erfahren werde. In Indien wird es auch beim Kalfatern der Schiffe verwendet. Die Saflorfruchfi) hat einen verkehrt-eiförmigen oder birnfürmigen Hauptumriß, ist nach abwärts zur Fruchtbasis schief keilförmig zugestutzt und mit hervortretenden Längsrippen versehen (Fig. 326). Dadurch er- scheint das obere, stumpfe Ende, wo sich — etwas seitlich — die kreisförmig umschriebene Narbe des (iriffels bzw. des Korollenansatzes befindet, von oben gesehen fast vierseitig; auf der Innenseite des unteren, schmäleren und zusammengedrückten Endes befindet sich der Fruchtnabel, d. i. die Insertionsstelle der Frucht. Die Obertläche ist weiß, ziemlich glänzend und nur in der Nähe der Griffelnarbe macht sich ein hellbräunlicher Far- benton bemerklich. Die Länge der Frucht beträgt 6 — 8, die größte Breite 3 — 5, die größte Dicke 2 — 5 mm. Die bis 0,5 mm dicke Fruchtschale ist hart und zerbrechUch, nur der Länge nach gut spaltbar: sie umschließt einen bis 7 mm langen, gelblichgrauen oder schmutzigweißen Samen, der aus einer dünnen, vig.-.m. (jarthumustinr- spFödcu Sameuschalc und einem verhältnismäßig torius L. Frucht p/i), großcu Keime besteht: ein nennenswert entwickeltes n. Hoffmann, a. Eng- ^. . 01, i ■ 1 • 1 t- • 1 ler-Pranti, Pflanzen- Nahrgewcbc fehlt. Die beiden Keimblätter zcigcu an famiiien. fign Flächcu , an welchen sie sich berühren, ver- schieden tiefe Faltungen und Furchen. Die Fruchtgehäuse machen etwa 50 Proz. vom Gesamtgewichte der Saflorkerne aus. Fendler^) erhielt von Früchten, die aus Mombo (Deutschostafrika) stammten, 46,15 Proz. Scbalen und 58,80 Proz. Kerne. Die Oberhaut der Fruchtschale besteht aus parallel zur Frucht- längsachse gestreckten, in der Flächenansicht vier- bis sechsseitigen, reichlich getüpfelten, stark kutikularisierten, nur wenig abgeplatteten Zellen, die an der Außenseite sehr stark verdickt sind (Fig. 327 u. 328 1]. Gleich der Oberhaut sind auch die übrigen Schichten des Perikarps 1) A. Kostlan, Die Landwirtschaft in Abessinien, Tropenpflanzer 1913, Beihefte Nr. .3, p. 231. 2) Landwirtschafthche Samenlainde, II, p. 8 64. 3) Siehe österr. offiz. Ausstellungsber., V, p. 34 0 und 34:2. 4) Harz, 1. c, p. 862. 5) Tropenpflanzer 1904, p. .511. Zweiundzwanzigster Absdinitt. Früi.lite. 905 sklerenchymatischer Natur. Die subepidermalen Zell reihen setzen sich aus wellig konturierten, verholzten und porösen Skiereiden zusammen, die verschieden große Interzellularen zwischen sich freilassen und ihrer Gestalt nach sich schon der nächsten (iewebelage anschließen (Fig. 327 u. 32N 2); diese besteht aus enge aneinanderschließenden, mächtig ver- dickten, gestreckten, im Querschnitt polygonalen Zellen, deren Längswände wellenförmig gebuchtet verlaufen; sie (Fig. 327 u. 328 .v) nehmen an der Bildung der Fruchtschale den größten Anteil und enthalten auch Prismen von Kalziumoxalat fkj. Ohne scharfe Abgrenzung geht diese Schicht in die nächste über, die aus echten, teils kurzen, isodiametrischen, teils gestreckten, mitunter selbst faserartigen Skleren- chymzellen zusammengesetzt ist (Fig. 327 5). In dieser Schicht finden wir in einer Zone, beiläufig einer Zell- hühe entsprechend, eine dun- kelbraune feste Masse (Fig. 327 u. 328^) eingeschaltet, deren Flächenansicht den Konturen der Sklereiden ent- spricht, an einzelnen Stellen, wo noch wellenförmig ge- buchtete Zellen vorhanden sind, kann man deutlich den Abguß einer Sklereide in dem Sekret erkennen. Nach der ->^'- Fig. '.yil. Viulliaiii/'ü tiiictoiius L. l'ame eines Querschnitte^* durch die Frucht- und Samenschale. 1 Epidermis, 2 Hy- poderm, .; Mittlere Sklereidenschicht , » Sekret, '/ Innen- sklerenchym, .si mehrschichtige Epidermis der Samenschale, >:; Schwammparenchym. Vergr. 400. ■igiual von Hanausek und Weest unterscheidet sich das Car- tJfamus-Sekret sehr wesent- fich von den echten Phytomelanen, da es zuerst als Zellinhalt auftritt und sich auf lysigenetischem Wege in der oben beschriebenen Zone ver- mehrt. Mit den Skiereiden schließt nun das Perikarp ab. Eng angeschmiegt folgt ein aus drei bis vier Zellreihen gebildetes Gewebe, das aus gelb- 1) T. F. Hanausek, Über das Perikarp und das Perikarpsekret der Üaltung Carthamus. ßer. d. D. Bot. Gesellsch., 19^1, Bd. XXIX, p. 13 und Untersuchungen üb. d. kohleähnliche Masse usw., 1. c, p. 41. — Auch das Carthamus -^eki-eX hat Pfister (I.e., p. 1 d. Sep.) zuerst beschrieben. 906 Zweiundzwanzigsler Abschnitt. Früchte. lieh gelärbten, mit ausgezeichnet deutlicher Wandschiehtung versehenen, im Querschnitt scharfkantig-polygonalen, längsgestreckten, verdickten Zellen besteht; das an einem Ende verbreiterte Lumen enthält einen gelb- lichen krümligen Inhalt. Die Zellen sind nicht verholzt (Fig. 327 und 328 61). Ich kann sie mit Harz^j wohl nur als eine mehrreihige Oberhaut der Samenschale ansehen, da eine andere Bezeichnung C^' geben ist. Es folgt dies auch aus der Beschaffen- heit des darunterliegenden Gewebes, das ein weiches durchlüftetes Schwamm- parenchym darstellt; seine Zellwände besitzen netzförmig verdickte Plat- ten. Außer vereinzelten Drusen von Kalziumoxalat scheint diese Schicht keinen Zellmhalt zu führen. Als letzte Schicht findet man eine Reihe tafelförmiger, mit farblosen, etwas derben Wänden versehener Zellen, an die sich die Reste ähn- licher, aber dünnwandiger ansöhließen; diese können auch fehlen. Diese letzte Schicht ist als dem Endo- sperm angehörig zu be- zeichnen. Die Keimblätter zeigen in Glyzerin betrach- tet in ihren zarten, polye- drischen Zellen meist ein großes Aleuronkorn und zahlreiche kleine Aleuronkürner; in ersterem ist ein unregelmäßig-flächiger Einschluß enthalten. In Wasser zerfallen die Aleuronkörner gänzlich. Außerdem führen die Zellen noch sehr reichlich Fett. f ig. 32b. C'aithaiuuii tuictoriusX. Frucht- und Samenschalen- gewebe in der Flächenansiclit. Bezeichnung wie Fig. 327. < Ilundbiich der Samenkunde, II, p. 863. Zweiundzwunzigster Abschnitt. Früchte. 9Q7 Der Gehalt der Satlorkerne an ("U wird mit 18 — 24 Proz., nach anderien Angaben mit 30—50 Proz. angenommen. Diese bedeutenden Unterschiede in den Gehaltsangaben dürften sich wohl in der Weise er- klären, daß es sich in ersterem Falle um ungeschälte, im zweiten um geschälte Ware handelt. Dies zeigt sich auch aus den Untersuchungen von Fendler, nach denen ostafrikanische Saflorfrüchte 25,82 Proz. Fett, die Kerne allein 50,37 Proz. enthielten. — S. auch I. p 697. 17. Nigerfrüchte. Die Niger- oder Ramtillfrüchte (Niggersamen, Ramtellasamen, Werinnuasamen , Gingellisamen, abess. Nuhk) stammen von GuüoUa ahyssinica (L.) Cass. (= G. oleifera DC), einer einjährigen, in Abes- sinien einheimischen, in ganz Ostafrika und in Ostindien im großen kultivierten Komposite. In Abessinien geht der Anbau bis auf 2600 m Höhe; die Aussaat erfolgt im Juni — Juli, die Ernte Oktober — November. Die Früchte liefern 43 — 45 Proz. ÖH) und die Rückstände der Ölpressung sind als Nigerkuchen (mit etwa 33 Proz. Stickstoffsubstanzgehalt) sehr geschätzte Futtermittel 2). Nebst dem Sesamöl ist das Nigerül in Abes- sinien als Speiseöl in ausgedehnter Verwendung; aus den Rückständen werden in manchen Gegenden unter Zusatz von Honig Brotkuchen bereitet. Die Nigerfrüchte 3) sind 4 — 5 mm lang, drei- oder vierkantig^) verkehrt-eilänglich, häufig schwach gekrümmt, die dreiseitigen am Rücken gewölbt; am Scheitel sind sie abgerundet, mit der kreisrunden GrifTel- narbe versehen, an der Basis spitz zulaufend; der daselbst befindliche helle, dreieckige Fleck deutet die Insertionsstelle der Frucht an. Die Oberfläche ist hellbraun bis schwarz, fettglänzend, unter der Lupe fein gestreift (von den Faserbündeln), die Innenseite der dünnen Fruchtschale ist grau. Der einzige Same besteht aus einer sehr zarten, fast immer an der Fruchtschale hafteti bleibenden Samenhaut und dem Keim, dessen beide Blätter mit je einer tiefen Furche auf der Berührungsseite ver- sehen sind. Im anatomischen Bau schließen sich diese ()lfrüchte den beiden vorher beschriebenen an. Die sehr deutlich kutikularisierte Oberhaut besteht aus langgestreckten, nach der Fruchtachse orientierten, farblosen \) Siehe I, p. 698. 2) Dietrich u, König, Zusammensetzung usw. der Futterstoffe, 1874, p. 50. '— Böhmer, Kraftfuttermittel, Berlin 1903, p. 464— 467. 3). T. F. Hanausek, Lehrb. d. techn. Mikroskopie, p. 374. — IMister, 1. c, p. -2 des Separ.-Abdr. — Harz, I. c, II, p. 856. 4) Die dreikantigen Früchte entstammen den (weibhclien) Strahlblüten, die vier- kantiL^en den ^zwitteriseni Seheibenblüten. 908 Zweiundzwanzigster Absrlinitt. Früchte. Zellen, deren Außenwände enorm verdickt sind; in Ja v ellescher Lauge erscheint die Außenwand schön geschichtet. An Stelle des korkähnlichen Gewebes, wie es Helianthus besitzt, findet sich unter der Oberhaut nur eine Reihe von Zellen vor, deren eigentümlicher Bau von Pfisteri) aufgeklärt wurde. Im Querschnitt zeigen sie das gleiche Verhalten wie die Spulenzellen der Papilionaten-Samenschale; sie sind nämlich- am Scheitel und an der Basis erweitert, in der Mitte verengert, wodurch elliptische Interzellularen gebildet werden. In der Flächenansicht (tangen- tial) dagegen sind sie rechteckig, und da sie stets fest an der Epidermis haften, so kann irrigerweise ihr lichtbrauner Inhalt der letzteren zu- gerechnet werden. Ihre Gestalt entspricht sonach in der Flächenansicht den Abschnitten eines Doppel-T-Eisens. Die darunter liegenden Skler- enchymfaserbündel sind ziemlich flach, also in tangentialer Richtung etwas stärker ausgedehnt als in radialer, die Fasern sind sehr schmal und bis auf ein linienförmiges Lumen verdickt. An der Außenseite der Skler- enchymfaserbündel ist eine starke Schicht von Phytomelan angelagert; den Faserbündeln entsprechend bildet das Phytomelan schmale Platten mit helleren und dunkleren Stellen, von denen letztere mitunter in Ouer- binden geordnet sind'-^). Die markstrahlähnliche Trennungszellrcihe geht auf der Innenseite in tangential gestreckte, mit einem orangeroten Inhalt erfüllte, ziemlich dickwandige Zellen über. Den Abschluß der Frucht- leeren Zellen. Die Ober- flachen, an den Radialwänden rosenkranzartig verdickten, gestrichelten Zellen zusammen, die ein gutes Kennzeichen für den Ölkuchen darbieten. Der darunter liegende gelbliche Streifen ist ein kollabiertes Parenchym ohne deutliche Zellkonturen; eine farblose, einreihige Aleuronschicht, deren derbwandige, in der Fläche rechteckige Zellen Fett und Aleuron enthalten, entspricht dem Endosperm und ist mit der Samenschale fest verbunden. Die Kotyle- donen zeigen denselben Bau, wie die der Sonnenblumenkerne. Das Palisadenparenchym ist zumeist dreireihig, der Inhalt der zartwandigen Zellen besteht aus Fett und kleinen, rundlichen, mit Einschlüssen ver- sehenen Aleuronkörnern. Durch Kalilause werden die Keimblätter intensiv ^) Ffister, 1. c, p. 3. Winton, The Anatomy ol certain oil seeds with especial reierence to the microscopic examination of cattle foods. Conn. Agr. Exp. Stat. Rep. 1903, p. 170 (mit vorzüglichen Abbildungen). — Moeller. Mikroskopie," 2. Aufl., p. 333. — Abbildungen der Gewebe (aus dem Nigerkuchen) s. bei König, Untersuchung landw. u. gewerbl. neuer Stoffe, p. 309. Fig. 81. 2) T. F. Hanausek, Untersuchungen über die kohleähnliche Masse, 1. c, p. 116. Zweiunilzwanzigster Abschnitt. Früchte. 9(j9 18. MacUMclite. Madia sativa Molin., die Ülmadie, Melosa, chilenisch Madi, wird in Chile, wo sie wahrscheinlich einheimisch ist, ferner in Kali- fornien und Oregon wegen der ülhaltigen Früchte (Madifrüchte, Madi- samen) angebaut und ist eine alte Kulturpflanze. Zu wiederholten Malen wurde ihr Anbau in Europa, und zwar in klimatisch entsprechen- den Gebieten, wie in Hessen, Frankreich, (")sterreich (Baden bei ^^'ien) versucht, da die geringen Ansprüche der Pflanze an Boden und Kultur dazu geradezu einluden und auch die Akklimatisation vollen Erfolg zu versprechen schien. Trotzdem hat sich die Madie in Europa nicht einzu- bürgern vermocht und als die wichtigsten Gründe hierfür sind nach Schenk!) das ungleiche Reifen der Früchte und die Schwierigkeit des Einerntens der Frucht bei feuchtem Wetter anzunehmen. Auch der Ausdrusch wird dadurch, daß die Früchte an dem stark klebrigen Kraut haften bleiben, sehr beeinträchtigt. Dazu kommt noch, daß der Geruch der Pflanze recht widerwärtig ist — daher der amerikanisch-englische Name für dieselbe: »Tarweed«, Teerunkraut — und daß auch der Ol- gehalt, der übrigens mit 37,3 Proz. (in der Trockensubstanz 49,4 Proz.) angegeben wird, als zu gering angesehen worden sein mag. Die Angabe, daß die Madie giftig ist, hat bisher keine Bestätigung gefunden. Die Madifrucht (Fig. 3i>9) ist 5 — 7,5 mm lang und mißt im Ouer- schnitt am oberen Ende 2 — ^,5 mm und 1 — 1,5 mm in Breite und Tiefe. Sie ist im allgemeinen unsymmetrisch verkehrteilänglich, zumeist ge- krümmt, seitlich flachgedrückt, vier- bis fünfkantig und mit vier bis fünf fadenförmigen Rippen (Fig. 329 r) versehen. Am Scheitel ist die runde Insertionsstelle der Korolle (i), an der viel schmäleren Basis der Frucht- nabel (n) wahrnehmbar. Die Oberfläche erscheint gelblich- oder grünlich- grau, an einzelnen Kürnern schwärzlich. Die helle Farbe ist nicht un- mittelbar von einem Pigriient verursacht, sondern ein Interferenzphänomen, wie bei den blaugrauen Mohnsamen. Die unreife Frucht ist, wie schon Harz2) bemerkt, bräunlich oder schwärzlich; diese Farbe wird durch die Phytomelanschicht bewirkt, die durch die noch dünnwandigen und mit Zellsaft erfüllten Oberhautzellen (und durch die subepidermale Zell- lage) durchschimmert. Ist die Frucht reif geworden, so bilden die nun lufthaltigen, an der Außenwand stark verdickten Oberhautzellen ein ge- trübtes Medium auf dem dunklen Phytomelanhintergrund; daher die unbestimmte graue Färbung. Feuchtet man kräftig die Frucht an. so 1) Akkhmatisationsversuclie mit Madia sativa. Ztschr. f. d. landwirt. Verein des Großherzogtums Hessen, 1873, p. 231. 2) Landwirtsch. Samenkunde, II, p. 855. 910 ZAveiundzwaiJziester Absclinilt. Früclite. wird sie fast schwarz, da nun das getrübte Medium einem durchsichtigen (Wasser in den Zellen) Platz macht. Im anatomischen Bau\) entspricht die Madifrucht dem am häutig- sten bei den Kompositenfrüchten vertretenen Typus 2). Das Perikarp setzt sich aus der Oberhaut (Fig. 330), der subepidermalen Zellage, den Bastfaserbündeln mit der vorgelagerten Phytomelanschicht (Fig. 330 ph) und dem Innenparenchyni zusammen. Die Oberhaut besteht aus axial gestreckten Zellen, die in der Flächenansicht gleichgerichtete Rechtecke bilden, im Querschnitte meist höher als breit, also in radialer Richtung gestreckt erscheinen, eine kuppenfürmig gewölbte, stark verdickte Außen- seite ,und schwächere, getüpfelte Radialwände besitzen und inhaltsleer f Fig. 3-2i). Mwlia sativa L. Frucht (Vil. /■ Rippen , i Inseitionsstelle der Korolle, /( Frnchtnatel. (Original v. Hanau sek u. Weese ) t'^-^P^ Fig. 330. Mddia aathii l. Querschnitt durch die Frucht, («Vi). »Rippen, « Exokarp, /(/(Phytomelanschicht, i Bast- faserhündel, K Kotyledonen, G Gefäßbündelanlagen, // Palisadenparenchym. (Orig. v. Han a n sek u. Weese. l sind (Fig. 33 1 e). Sie zeigen oft auch bedeutende Größenunterschiede; neben einer größeren Epidermiszelle befinden sich mehrere weit kleinere. Die subepidermale Schicht zeigt meist nur eine Reihe dünnwandiger Zellen, die übrigens auch von der mächtigen Phytomelanschicht(Fig.33'iy^) unterdrückt sein können. Die Bastfaserbüiidel (Fig. 3316) sind wie bei Helianthus durch markstrahlartige Zellzüge voneinander geschieden, die sich an der Innenseite mit dem Parenchym (Fig. 331_/j) vereinigen, mit dem das Perikarp abschließt. A'on der Samenschale (sa) läßt sich eine \) Böhmer, Die KrarHnUermiUel, ihre Rohstoffe 464. — Pfister, 1. c, p. 441. — Winton, 1. c, p. ^' p. 330. i: S. ,lic Fußnoten ä) und 3) auf p. 902. ßerlir M 0 e 1 1903, p. 461 bis :r, Mikroskopie, Zweiundzwanzigsler Absclinitt. Früchte. V)ll großzellige Epidermis und eine kollabierte Schicht, in der die Gefäi;- bündel mit sehr schmalen Spiroiden verlaufen, im Ouerschnitt wahr- nehmen. In Flächenstücken treten die unmittelbar an die Gefäßbündel angrenzenden Parenchymzellen recht deutlich hervor. Eine Reihe dick- wandiger Zellen mit Aleuron (en) stellt den Rest des Endosperms dar. Untersucht man die an der Basis des Samens liegenden Partien der Samenschale, so findet man noch eine dritte Gewebeschicht, die aus derbwandigen, rundlichen oder gestreckten, sehr dicht getüpfelten, fast Fig. 3ol. Madia autua L. Partie eines Querschnittes durch die Fruchtsamenschale, e Epidermis, S( subepidermale Schicht, ph Phytomelanschieht,, b Bastfaserbündel, sa Samenschale mit Spiroideu- bündel g, (ii Endosperm. Es wurde eine Stelle gewählt, an der zwei Bastfaserhündel etwas weiter voneinander abstehen, um das dazwischenliegende Parenchym in seinem Übergang zum Innenparenchym p zu zeigen. Yergr. 400. (Original von Hanausek und Weese.l grob porösen Zellen besteht. Nach aufwärts gehen diese in schmale langgestreckte, unregelmäßig gestaltete, verästelte, dünnwandige, fein ge- tüpfelte, wie punktiert aussehende Zellen über, die wie es scheint, im Der Samenkern besteht nur aus dem Embryo mit zwei kräftigen Keimblättern, die eine drei- bis vierreihige Palisadenschicht besitzen. Die Zellen der Keimblätter enthalten reichlich Fett und 2—5 u messende Aleuronkürner. Üreiundzwanzigster Abschnitt. Hefe'. Der Begriff Hefe im wissenschaftlichen Sinne war bis vor wenigen Jahrzehnten recht inhaltsarm; er bedeutete eben bloß Gärerreger über- haupt. So sprach Pasteur von der Hefe der Milchsäuregärung und Nägeli noch im Jahre 1879 von der Hefe des faulenden Harnes; in beiden Fällen waren aber Spaltpilze gemeint. Aus dieser weitsinnigen entwickelte sich dann eine engere Fassung des Begriffes, nämlich Er- reger für Alkohol-Gärung. Aber auch bei dieser Einschränkung blieb es noch nicht; man schied, ohne daß darüber eine genaue Zeitangabe ge- macht werden könnte, sowohl die alkoholbildenden Spaltpilze (Schizo- myzeten) wie auch all jene Fadenpilze aus, welche, wie z. B. gewisse Mucor-Arten, unter ungewöhnlichen Ernährungs-Bedingungen nicht ein normales fädiges Myzel, sondern ein Sproßmyzel (sogen. Mucorhefe) her- vorbringen. Auf Grund dieser Abgrenzung war der Begriff Hefe dann auf jene (einzelligen) Sproßpilze beschränkt, welche fähig sind, Alkohol- gärung zu erregen. Er erfuhr jedoch später wieder eine Erweiterung und Veränderung, als zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahr- hunderts P. Lindner an dem Erreger der Alkoholgärung des Hirse- bieres (Pombe) der Eingeborenen Mittel- und Südafrikas bemerkt hatte, daß dessen Individuen so wie diejenigen all der bis dahin bekannten Hefen einzellig waren, jedoch nicht auch, wie diese, durch Sprossung, sondern durch Spaltung (also wie die Schizomyzeten) sich vegetativ vermehrten, so daß für diese »Spalthefe« eine neue Gattung (Schixosacckaromyces) aufgestellt werden mußte, welche derzeit im Pilzsystem noch nicht gut unterzubringen ist und als Bindeglied zwischen den Reichen der Schizo- myzeten und der Ascomyzeten steht, mit welch letzteren sie die Art der Sporenbildung gemein hat. Dieser Gattung gehören bis jetzt außer jener ersten Spezies (Seh. Pombe) noch mehrere andere an, von denen die eine (Seh. oetosporus) ein gewöhnlicher Bestandteil der ' Pilzflora der Rosinen und Korinthen ist und noch andere (Seh. meUacei und Seh. ^ Neu bearbeitet von Dr. Franz Lnfar. Dreimulzwanzigster Abschnitt. Heie. 9X3 Voidermani) bei der Gärung der Zuckerrohr-Melasse in der Rum- und Arrak- Bereitung wirksam sind. Die Entdeckung dieser (hier nicht weiter zu betrachtenden) Schizosaccharomyzeten ist nun in der erweiterten, heute gültigen Bestimmung des Begriffes Hefe im wissenschaftlichen Sinne berücksichtigt: Hefen sind einzellige Eumyzeten, welche Alkohel- Gäiung erregen. ' Abgesehen von den Schizosaccharomyzeten, gehören alle übrigen Hefen in das Formenreich der Sproßpilze. Das Merkmal, welches für diese große Gruppe kennzeichnend ist, hat ausschließlich morphologischen Charakter: es ist die besondere (als Sprossung bezeichnete) Art der vegetativen Zellvermehrung, welche in der Weise verläuft, daß die Tochter- zelle von der Mutterzelle nicht (wie bei den übrigen Eumyzeten) auf dem Wege der Streckung und (Juerwand-Einschaltung hervorgetrieben und abgegrenzt wird, sondern derart zustande kommt, daß die (meist kugelige oder eiförmige oder ellipsoidische) Älutterzelle, wenn sie zur Vermehrung sich anschickt, an irgendeiner Stelle ihres Umfanges eine knospige Aus- stülpung (Sproß) hervortreibt, welche dann zu Gestalt und Größe der Mutterzelle aus wächst und schließlich entweder sich abtrennt, um als selbständiges Wesen weiterzuleben und sich seinerseits wieder durch Sprossung zu vermehren, oder aber sowohl mit der Mutterzelle als auch mit ihren eigenen Tochterzellen in Zusammenhang bleibt und also einen vielgliedrigen Sproßverband bildet, welcher als solcher, je nach der Spezies und den Züchtungsbedingungen, recht lange sich erhalten kann. Das Reich der Sproßpilze oder Blastomyzeten ist recht an- sehnlich. Vom Standpunkt der Systematik und Entwicklungsgeschichte aus wird es in zwei Gruppen gegliedert. Die Angehörigen der einen Gruppe sind durch die Fähigkeit ausgezeichnet, Ascosporen zu bilden: das ist die Familie der Saccharomycetaceen, welche als die einfachst gebauten und im Pilzsystem zu unterst stehenden Vertreter der Ordnung der Ascomyzeten aufzufassen sind. Alle übrigen Sproßpilze hingegen entbehren der Möglichkeit der endogenen Vermehrung und werden nach anderen Merkmalen zu Untergruppen gesondert, von denen die der Myco- dermen und die der Torulaceen hier erwähnt seien, weil .\ngehürige dieser zwei Familien in den Gärungsbetrieben als Schädlinge auftreten können, so insbesondere die ersteren, die in der Sprache des Gärungs- technikers seit langem Kahmhefen heißen, weil ihre auf Wein, Bier, Hefenmaische u. dgl. m. auftretenden Wucherungen gemeinhin als Kahm oder auch Kühnen bezeichnet werden. Auch in der sogen. Lufthefe (s. p. 945) sind Mycodermen reichlich vorhanden. Wenngleich die meisten Saccharomycetaceen imstande sind, Alkohol- gärung zu erregen und also im Sinne der zuvor gegebenen Begriffs- Wiesner. Kohstotte. HI. Band. 3. Aull. 58 914 Dreiundzwanzigster Ah^ gekennzeichnete Endotryptase. Dieses Enzym macht sich insbesondere dann auffällig geltend, wenn die Hefe, bei Anwesenheit der für die Hydrolyse erforderlichen Mengen von Wasser, sich selbst überlassen wird: die bis dahin dickbreiige Hefenprobe wird nach und nach tlüssig, die Spaltprodukte des Abbaues der Proteine, also liauptsächlich die Aminosäuren, treten in steigendem Maße auf; man bezeichnet diesen Vorgang, der zuerst durch A. Bechamp*) unter- sucht und von der bis dahin mit ihm zusammengeworfenen Selbst- gärung (s. p. '.)2ö) scharf unterschieden worden ist nach E. Salkowskis*) Vorschlag als Selbstverdauung (Autolyse, Autodigestion). Über die hierbei auftretenden Produkte der Spaltung der Proteine der Hefe haben in letzter Zeit auch Tb. Bokorny»*) und F. Kutscher^) qualitative und 1) Ber. d. Ü. Gheni. Ges., 1897, Bd. 30, p. H7 u. HO). 2; Jahresbericht ü. d. Fortscliritto in d. Lelirc v. d. Garungsorganismen, -1900, Bd. 9, p. 307; 1901, Bd. 10, p. 310. h; Ber. d. D. Chem. Ges., 1898, Bd. 31, p. 202 u. 2335. t,] Comptes rendus usw., Paris, 1865, Bd. 61, p. 689. 5, Zeitsclirift f. physiolog. Chemie, 1889, Bd. 13, p. 50 (i f. Pliarmaz. Zentralhalle, 1900, Bd. 41, p. 737. 7) Zeitschrift f. physiolog. Cliemie, 1901, Bd. 3-2, p. 59 u. 4i;t; 190i. Bd. 34, p. 517; 1903, Bd. 39, p. 159 u. 313. 924 Dreiundzwanzigster Abschnitt. Hefe. R. Schroederi), K. Shiga^) und A. J. J. Vandevelde-^) quantitative Untersuchungen angestellt. Ein Enzym vom Charakter des Labes ist durch R. Rapp^) in verschiedenen Bierhefen und Preßhefen nach- gewiesen worden; es wird in den unter Zusatz von Milch bereiteten und durch Hefe aufzutreibenden Teigen für Milchbrot und Kuchen sich be- tätigen können. . ' Die Enzyme sind gegen schädliche Einflüsse weniger empfindlich als das Gesamtplasma; man vermag durch behutsam durchgeführtes Ent- ziehen des Wassers die Zelltätigkeit der Hefen und deren Vermehrungs- vermögen vollständig und dauernd verschwinden zu machen, ohne daß dadurch auch die Wirkungsfähigkeit der Enzyme wesentlich beeinträchtigt würde. Man nennt derart erhaltene Präparate, in denen die Zellen als Ganzes also abgetütet (steril sind, allgemein Dauerhefe. Man ^bereitet solche entweder durch Trocknen bei niederer Temperatur und darauf folgendes Erhitzen oder durch Behandeln mit wasserentziehenden Stoffen. Von letzteren ist durch R. Albert^) zuerst ein Gemisch von Alkohol und Äther versucht worden. Später haben R. Albert, Ed. Buchner und R. Rapp*^) gemeinsam das Aceton für tauglicher erkannt; die da- mit nach patentiertem Verfahren hergestellte, pulverige Aceton-Dauer- hefe ist, unter dem Namen Zymin, ein Gegenstand des Handels. Sie findet als Heilmittel (s. p. 936) Verwendung und kann vermöge ihres Gehaltes an wirkungskräftiger Zymase auch, wie Iv. Komers und E. von Haunalter'^j gezeigt haben, als Gärerreger für die Brotberei- tung in jenen Fällen dienen, in denen frische Hefe nicht zu beschaffen ist, also auf Schiffen, auf Expeditionen oder in Feldzügen. Von den zwei wichtigsten Speicherstoffen (Reservestoifenj der Hefen- zellen ist der eine, das Glykogen, zuerst durch 1^. Errera^) bemerkt und dann durch M. Cremer''), E. Laurenfi";, E. Salkowski t'j, M. Glautriaui-) und A. Ilarden und W. J. Youngi^) eingehend unter- 1) Beiträge zur ehem. Pliysiologie u. Pathologie, 1902, Bd. -2. p. 389. 2) Zeitsclirift 1. physiolog. Chemie, 1904, Bd. 42, p. 502. 3; Bulletin Soc. chimique de Belgique, 1912, Bd. 26, p. 107. 4) Zentralblatt f. Bakteriologie, 2. Abt., 1902, Bd. 9, p. 625. 5) Ber. d. D. Chem. Ges., 1900, Bd. 33, p. 3775. 6) Ber. d. D. Chem. Ges., 1902, Bd. 35, p. 2376; D. R. P. 135 535 v. 1901. 7) Zeitschrift i. d. landw. Vorsuchswesen in Österreich, 1902, Bd. 5, p. 1225. 8) These d'agregation, Brüssel 1882; Comptes rendus usw., 1883, Bd. 101, p. 233. 9) Münchener medizin. Wochenschrift, 1894, Bd. 41, p. 325. 10) Annales Institut Pasteur, 1888, Bd. 3, p. 113; Annales Soc. beige de Micro- scopie, 1890, Bd. 14, p. 29. 11) Archiv d. Anatomie u. Physiologie, Physiolog. Abt., 1890, p. 334. 12) Memoires etc. Acad. Roy. des Sciences etc. de Belgique, Coli, in 8'', 1895 — 96, Bd. 53, p. 1. 13 Journal Chemical Society, 1902, Bd.^Sl, p. 1224; 1912, B 1. 101, p. 1928. Ureiundzwanzigster Absclinill. Ilule. 925 sucht worden. Clautriau hatte dessen Menge, auf Trockenrücksland bezogen, zu 31 Proz.. Laurent einmal sogar zu 32,6 Proz. ermittelt. Dieses Kohlenhydrat liefert, nach vorausgegangener Umwandlung in Zucker (durch das Enzym GlykogCnase). das Material für die soge- nannte Selbstgärung der Hefe, d. h. die Entstehung von Alkohol und Kohlensäure bei Abwesenheit vergärbaren Zuckers im Nährboden; sie tritt in der sich selbst überlassenen liefe, also z. B. auch in der Preß- hefe, ein, sofern dafür die übrigen Bedingungen gegeben sind. Bei reich- lichem Zutritt von Luft wird dieses Kohlenhydrat jedoch bald zu Kohlensäure oxydiert; man macht von diesem Verhalten dann Gebrauch, wenn es sich um die Gewinnung glykogen freier Hefe, z. B. für medi- zinische Zwecke (s. p. 935), handelt. Das Fett, als der andere wichtige Speicherstoff, war in der Hefe schon durch H. Braconnot^) bemerkt worden. A. Payen^) versuchte zum ersten Male dessen Menge zu bestimmen. C. Nägeli und 0. Loew^) ermittelten sie dann zu 2 — 3 Proz., auf Trockenrückstand bezogen. Tb. Sedlmayr') schätzte sie auf 1,5 — 2 Prozent. Die chemische Be- schaffenheit prüften zuerst P. Darexy'*) und E. Gerard und P. Darexy^) genauer; ihnen zufolge enthält das Hefenfett ungefähr gleichviel Pal- mitinsi'iure und Stearinsäure neben etwas Buttersäure. 0. Hinsberg und E. Roos') hingegen fanden als feste Fettsäure wesentlich nur Pal- mitinsäure vor, neben dieser aber auch ungesättigte Säuren aus der 01- säure-Reihe. Das Fett kommt im Plasma in zweierlei Gestalt und Ver- teilung vor: einerseits als reine Einschlüsse für sich, als sogenannte Fett- oder « »Itrüpfchen, und anderseits in den Granula (Mikrosomata), die nach H. V^ills*) Untersuchungen aus einem die Eiweiß-Reaktionen zeigen- den maschigen Grundgerüste und dem in dieses eingebetteten Fett auf- gebaut sind. Neben Fett ist in der Hefe auch ein (oder sogar mehrere) Vertreter aus der Gruppe der Lezithin e vorhanden, deren große Lite- ratur man. bei E. Merck 'j) gesammelt findet. In der Hefe ist solches 1) Journal de physique et de chimie, 1811, Bd. 73, p. 130. 2) Memoires de lAcademie des Sciences de France, 1846, Bd. 9, p. ät. 3) .Journal 1. prakt. Chemie, 1878, Bd. 125, p. /.03; Liebigs Annalen, 1878, B.l. 193, p. 322. 4) Zeitschrilt f. d. ges. Brauwesen, 1903, Bd. 26, p. 381. 5) Recherches sur la matiere grasse de la levure de biere. Toulouse 1896. 6) Bulletin Soc. mycologique de France, 1897, Bd. 13, p. 183; Journal de phar- niacie et de chimie, 1897, 6« serie, Bd. 5, p. 275. 7) Zeitschrift f. physiolog. Chemie, 1903, Bd. 38, p. 1; 1904, Bd. 42, p. 189. 8) In: Lafar, Handbuch der Techn. Mykologie, Bd. IV, Kap. 2. 9) Jahresbericht über Neuerungen aui den Gebieten der Pliarmakotherapio und Pharmazie Cur 1912, j). 1. 926 Dreiundzwaiizigster Ab.>^) Allgem. Zeitschrift f. Bierbrauerei u. Malzfabriiiation , 1910, Bd. 38. p. 37'» u. 523. 3) Engl. Patent 20 365 von 1903. 4) Engl. Patent 22 116 von 1903. 5) D. R. P. 130 072 v. 1900; Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1903, Bd. 26, p. 25. 6) Zeitschrift f. d. landw. Versuchswesen in Österreich, 1904, Bd. 7, p. 495. Wiesner, Eohstoffe. III. Band. 3. Autl. 59 V)30 Dreiumlzwanzigster Ab.schnitt. Hel'e. teigigen Ilefenextrakt zu, den er durch Selbstverdauung (s. p. 923) hopfen- harzhaltiger Abfallhefe gewinnt. Gleichem Zwecke dient, und zwar auch für das Hefengut der Rohfrucht-Brennereien, das durch K. Kruisi; erprobte, pulvrig-trockene Präparat von W. Kues^), welches durch die proteolysierende Einwirkung zugeniischter saurer Phosphate (Doppelsuper- phosphat) auf entwässerte Abfallhefe zustande kommt. Die fabrikmäßige Bereitung von Nährpräparaten ist eine viel ver- suchte Art der Verwertung der Abfallhefe. Die in den Brauereien sich ergebenden Überschüsse an Kernhefe (s. p. 927), die also von tadelloser Beschaffenheit ist, werden für diesen Zweck herangezogen, während hingegen die Bodenhefe und der Unterzeug wegen ihrer geringeren Rein- heit besser nur zur Bereitung von Viehfutter (s. p, 937) dienen. Aber auch die Kernhefe muß, bevor sie auf Nährpräparate verarbeitet werden soll, einer Reinigung unterworfen werden, damit die ihr (s. p. 927) bei- gemengten bitter schmeckenden Hopfenharzkügelchen, Eiweißflocken usw. abgesondert werden. Letztere beseitigt man durch wiederholtes nasses Sieben. Das Entbittern hingegen (s. p. 929) wird durch Waschen mit verdünnten Lösungen von Alkalien (am besten Soda, oder aber kohlen- saures Ammoniak u. dgl. m.) erreicht. J. Peeters^) empfiehlt Ojl-proz. Essigsäure. Die Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin be- handelt nach ihrem D. R. P. 245 038 v. '1910 bzw. 248561 v. 1912 entweder mit oxydierenden Mitteln (Ozon u. a.) oder nacheinander mit Säure, mit Alkali und wieder mit Säure. Die mit solchem entbittern den Waschen unvermeidlich verbundenen Verluste an Hefe belaufen sich nach Fr. Hayducks^) Erfahrungen auf 10 Proz. bei Verarbeitung frischer und bis 50 Proz. bei alter Hefe. Die entbitterte Hefe ist dann erst der eigentliche Rohstoff für die Bereitung der Nährpräparate. Diese kann nach zweierlei Richtungen hin vorgenommen werden: entweder gelangen die Zellen als solche, allerdings manchmal stark verändert, in das Präparat, oder man zieht aus ihnen bloß die löslichen oder durch Abbauen lüs- lich gemachten Zellbestandteile heraus, die dann, allenfalls noch einge- dickt oder in anderer Weise zubereitet, als Hefenextrakte in den Handel kommen. Jene ersteren Verfahren sind roher und billiger. Zu ihnen gehören dasjenige H. Wegeners^), der durch schwaches Rösten der Hefe und darauffolgendes Imprägnieren mit den beim Kaffeerösten entweichenden 1) In: Lalar, Handbuch der Techn. Mykologie, Bd. 5, p. 306. 2) D.R.P. -158655 v. 1904; Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1904, Bd. 27, p. 174. 3) D.R.P. -121 579 von 1897; Chem. Zentralbl., 190-1, Bd. II, p. 155. 4) .Jahrbuch d. Versuchs- und Lehranstalt C Brauerei in Berlin, 1910, Bd. 13, 388. ö) D.R.P. 108 707 von 1S98; Chem. Zentralbl., 1900, Bd. I, p. 1149. - Dreiundzwanzigslcr Absclinilt. Hole. tjHl aromatischen Dämpfen ein Kaffee-Surrogat bereitet, und die der Yei- suchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin durch die D. R. P. 244285 V. 1910, 2()4 996 v. 1912 und 266 001 v. 1913 geschützten Verfahren zur Gewinnung einer Hefe mit Röstaroma, dasjenige K. Kleinschmidts i), der die Hefe mit Fett und Kochsalz bei 150° zu einem aromatischen Teige zusammenschmilzt, der anstatt Butler aufs Brot gestrichen werden kann, dasjenige J. M. W. Müllers^), der ein Gemisch von verflüssigter Hefe und verkleisterter Stärke trocknet und zu einem Speise mehl zur Bereitung von Suppen usw. vermahlt, dasjenige J. E. Siebeis 3), der die gepreßte Hefe durch Verreiben mit ein Viertel ihres Gewichtes Trauben- zucker und etwas Stärke zu einem als Hefenzucker bezeichneten, der kondensierten Milch ähnlichen Sirup verflüssigt, welcher durch Trocknen und Rüsten dann Aroma annimmt und ein der Schokolade oder dem Kaffee ähnlich schmeckendes Getränk zu liefern vermag. 0. Reinke^) fügte mit gutem Erfolge den in Büchsen eingefüllten Spinatkonserven 10 Proz. gepreßter Brauereihefe vor dem Sterilisieren bei. Die Hefenextrakte, über die man zusammenfassende Angaben bei R. Heinzelmann^), L. Aubry^) und J. Brand^) findet, werden nach mannigfaltigen Verfahren gewonnen, welche sich zu vier Untergruppen sondern lassen. Diejenigen der ersten Untergruppe versuchen, durch verschiedene (zum Teil auch abbauende) Lösungsmittel den Zellinhalt herauszuziehen. Durch Auskochen der Hefe in Wasser (allenfalls sogar unter Druck) bezwecken dies Emil Bauer»), R. V^ahl und M. Henius^), C. Dormeyeri^) und D. WatsonH). Das durch Lebbini^), K. Micko'^), J. Graf f 14) und C. Arnold und G. Mentzeli^) untersuchte Präparat Ovos wird derart gewonnen. Auf bloßes Auslaugen in warmem oder 1) D.R. P. -105 573 von 1898; Chem. Zentralbl., 1900, Bd. I, p. 160. 2) D.R.P. 140 863 von 1902; Chem. Zentralbl., 1903, Bd. I, p. -1012. 3) Allgem. Brauer- ii. lioplen-Zeitg., 1890, Itd. I, p. 1109. 4) Woclienschrift f. Brauerei, 1910, Bd. 27, p. 581. 5) Wochenschrift f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 307. 6) Zeitschrift f. d. ges. Brauwesen, 1899, Bd. 22, p. 699. 7) In: Lafar, Handbuch der Techn. Mykologie, Bd. 5, p. 122. 8) Brennerei-Ztg., Bonn, 1895, p. 1614. 9) Amerikan. Patent 54 0 471 von 1895; Wochenschrift f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 307. 10) D.R.P. IM 915 von 1899; Chem. Zentralbl., 1900, Bd. II, p. 607. 11) Engl. Patent 22 846 von 1897; Wochenschrift f. Brauerei, 1S99, Bd. 16, p. 309. 12) Medizin. Woche, 1901, p. 195. 13) Zeitschrift f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1902, Bd. 5, p. 193; 1903, Bd. 6, p. 781; 1904, Bd. 7, p. 257, u. Bd. 8, p. 225. 14) Zeitschrift f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 19o4, Bd. 7, p. 389. 15) Pharmazeut. Ztg., 1904, Bd. 49, p. 176. 59* 932 Dreiundzwanzigster Abschnitt. Hele. heißem Wasser beschränken sich E. Kresseli), R. Rückforth^; und M. Elbs). Auf solche Weise kommt zufolge H. Zellner^j (ja,s durch eine Dresdener Firma vertriebene und durch K. Micko^j und G. Arnold imd G. Mentzel**) untersuchte Präparat Wuk zustande. Mit heißen verdünnten Säuren (Salzsäure, Phosphorsäure, Weinsäure, Borsäure) arbeiten E. Johnson^), J. Peeters^), A. Denaeyer^) und van der Stiechele^''). Das Ausfrieren und darauffolgende rasche Auftauen emp- fiehlt R. Rückforthii). Die zweite Untergruppe von Verfahren ruft Plasmolyse und dadurch das Austreten von Zellinhalt hervor. Schon T. A. Quevennei2) hatte im Jahre 1838 den Vorgang richtig erkannt, welcher sich beim Verreiben dicker Hefe mit der gleichen Menge Zucker abspielt: die teigige Masse wandelte sich sehr rasch in eine Flüssigkeit um; die Zellen wurden dabei nicht, wie Dübereiner vordem gemeint hatte, aufgelöst, sondern nur etwas schrumpfen gemacht. Sehr ver- schiedene Substanzen mit dem Vermögen zur Plasmolyse sind für die Bereitung von Hefenextrakten vorgeschlagen worden: arabisches Gummi durch E. de Meulemeesteris), Kochsalz (^urch L. Aubry^*), der so sein durch J. Graff'^) untersuchtes Obron erzeugt, und die letztgenannten und auch noch andere Hilfsmittel durch G. Marks ^6) und A. Schmidt i^), Äther, Chloroform, Toluol, Essigester u. dgl. m. durch H. Buch n er und M. Gruberis), Ransfordi^), HeßS"). L. W. Gans2i,. Auch das Ver- -t) D. R. P. 89819 von iSgO: Wochenschrift t. Brauerei, 1899, ßd. 16, p. 307. 2) D. R. P. 112 099. 3) D. R. P. 130 362 von 1902. 4) Zeitschrilt f. Hygiene, 1903, Bd. 42, p. 461. 5) Zeitschrilt f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1902. Bd. 5, p. 193; 1903, Bd. 6, p. 781, 1904, Bd. 7, p. 257, u. Bd. 8. p. 22:i. 6) Pharmazeut. Zeilg., 1904, Bd. 49, p. 176. 7) Engl. Patent 29183 von 1897; Wochenschrift f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 308. 8) Belg. Patent 131-55Ö von 1897, ref. in Annales de la Brasserie et de la Bist., 1898, Nr. 5, p. 118; D. R. P. 12498.5 von 1898, ref. in Chem. Zentralbl., 1901. Bd. II, p. 1032; D. R. P. 142 302 von 1901, ref. in Chem. Zentralbl., 1903, Bd. II, p. 170/ 9) Engl. Patent 13 032 von 1898; Wochenschrift f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p 308. 10) Belg. Patente vom 3. u. 25. September 1898; cit. n. Wiebold, 1. c. 11) D. R. P. 107 249 von 1899; Chem. Zentralbl., 1900, Bd. I. p. 882. 12) Journal de Pharmacie, 1838, Bd. 24, p. 265 u. 271. 13) D. R. P. 10Ö629 von 1898; Chem. Zentralbl., 1900, Bd. I, p. 492. 14) D. R. P. 120 346. 15) Zeitschrift f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1904, Bd. 7, p. 389. 16) Engl. Patent 211153 von 1900. 17) Russ. Privileg 6200 von 1902; Chemiker-Ztg., 1902, Bd. I, p. 971. 18) D. R. P. 113 181 von 1899, 137 643 von 1901, 137 993 von 1901'; ref. in Chem. Zentralbl., 1900, Bd. II, p. 829; 1903, Bd. I, p. 211 u. 212. 19) Engl. Patent 8722 von 1901. 20) Amerikan. Patent 783 733/34. 21) D. R. P. 151561 von 1902; Chem. Zentralbl., 1904, Bd. I, p. 1507. Dreiiinclzwanzigster Absrlinitt. liefe. 933 fahren von R. Schroederi) zur Gewinnung des Hefenalbumins bedient sich des Äthers. Mittels dieses letzteren bereitet man zufolge H. Zellner2) auch das durch J. Graff^) und durch G. Arnold und C. MentzeH) untersuchte Präparat Siris. Die dritte Untergruppe von Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß der zuvor abgetüteten Hefe proteolytische Enzyme zwecks Abbaues und Löslichmachung der Proteine zugesetzt werden. Derartige Enzyme (Pepin, Trypsin) als solche verwenden die Verfahren von J. Peeters^), Th. Hill-Jones^), E. KresseF), A. Denaeyer^) und J. Goodfellow^); nach des letzteren Patent erzeugt zufolge A. Eichengrün 10) eine belgische Firma das durch K. Micko'-) und J. Graffi2) untersuchte Präparat Bios und die ihm ähnliche Eurostose. 0. Overbecki3) bietet die proteolytischen Enzyme in Gestalt von Malz- keimen: derart bereitet man zufolge A. Eichengrün i^) das Präparat Carnos in einer englischen Brauerei. A. Denaeyeri"») läßt die an Pro- teasen sehr ergiebigen Schimmelpilze Aspergillus Oryxae und Asp. Wentii auf der Hefe wachsen. Die vierte und wichtigste Untergruppe schließ- lich erzielt den Abbau der Hefenproteine durch das Wirken des in der Hefenzelle selbst enthaltenen tryptischen Enzymes (s. p. 023), das in der in dickbreiigem Zustande sich selbst überlassenen Hefe bald zur Geltung kommt, so daß also Selbstverdauung (Autodigestion: der Zell- proteine und dadurch Austreten der Verdauungsprodukte aus der Zelle und somit Verflüssigung sich nach und nach einstellen. Diese Umsetzung ist das Wesen und Ziel der Verfahren von H. van Laer^^) C. 0. Sulli- 1) Beiträge z. ehem. Physiologie u. Pathologie, I90ä, 1kl. •>, p. 389. 2) Zeitschrift 1'. Hygiene, 4 903, Bd. 42, p. 461. 3) ZeitschriR für Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel, 1904, IUI. 7, p. 389. 4) Pharmazeut. Ztg., 4 904, Bd. 49, p. 176. 5) Belg. Patent 131 555 von iSG?; Annales de la Brasserie et de la Dist.. 1898, Nr. 5, p. 118. 6) Engl. Patent 15145 von 1897; Wochenschrift f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 30,s. 7) Engl. Patent 18 714. 8) Engl. Patent 13 032 von 1898; Wochenschrift f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 308. 9) Französ. Patent 269 939 von 1897; Engl. Patent 13 722 von 1897; Wochen- schrift f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 308. 10) Zeitschrift f. angewandte Chemie, 1899, p. 1147. 11) Zeitschrift f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1902, Hd. 5, p. 193; 1903, Bd. 6, p. 781; 1904, Bd. 7, p. 257, u. Bd. 8, p. 225. 12) Zeitschrift f. Untersuchung der Nahrungs- u. Genußmittel. 1904, Bd. 7, p. 389. 13) D. R. P. 107 737 von 1898; Chem. Zentralbl., 1900, Hd. I, p. 1008. 14) .Zeitschrift f. angewandte Chemie, 1899, p. 1147. 15) Engl. Patent 13032 von 1898; Wochenschrift für Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 308. 16) D. K. P. 117 303 von 1898; Chom. Zentralbl., 1901. IJd. 1, p. 352. 934 Dreiundzwnnzigster Abschnitt. Hefe. vani), der Aktiengesellschaft Force2). Nach A. Wiebolds'^) vergleichen- den Untersuchungen sind die durch bloße Selbstverdauung und ohne jeglichen Zusatz gewonnenen Extrakte die am reinsten schmeckenden unter allen. Auf ein Verfahren zur vollkommenen Befreiung der Hefen- extrakte von Eiweiß hat L. W. Gans^) ein Patent erhalten. J. Peeters^) will aus dem Hefenextrakt durch Auslaugen mit hochgradigem Alkohol übelschmeckende, wertlose oder schädliche Bestandteile absondern, unter diesen die reichlich vorhandenen Kaliumsalze, welch letztere man nach J. Peeters^) durch Behandeln mit Weinsäure als Bitartrat ausscheiden könne. Wohlfeile Ersatzmittel für Fleischextrakt zu bieten, war von Anfang an das Ziel bei der Herstellung der Hefenextrakte, über deren physiologischen Nutzwert als Eiweißsparer man M. Wintgen^) vergleiche. Tatsächlich kommen manche von ihnen dem Vorbilde recht nahe, so- weit der Geruch und der Geschmack das Maßgebende ist, und bieten also den Nahrungsmittelfälschern einigen Anreiz zur Betätigung. Für die Erkennung der Hefenextrakte als solche und als betrügerischen Zu- satz in Fleischextrakt hat K. Micko^) einen Analysengang ausgearbeitet, welcher über die durch A. SearP), H. E. Davies^^), G. M. W. Griebii), G. Arnold und C. MentzeP^j ^nd M. Wintgen^^^) angegebenen quali- tativen Reaktionen weit hinausgreift. Wie K. Micko festgestellt und F. C. Cookie) bestätigt hat, kennzeichnet den Fleischextrakt der nur ihm zukommende Gehalt an Kreatinin und Kreatin (etwa 1 0 Proz. der organischen Substanz, bzw. 50 Proz. des Gesaratstickstoffes ausmachend). Dessen Nukleinbasen bestehen hauptsächlich aus Hypoxanthin ; von Xanthin ist wenig und von Adenin und Guanin, wie vorher schon A. KossePsj erkannt hatte, sehr wenig oder gar nichts vorhanden. Die 1) Engl. Patent 19 161 von 1897; Wochenschriit 1. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 309. 2) D.R.P. 122168 von 1900; Chem. Zentralbl., 1901, Bd. II, p. 328. 3) Archiv der Pharmazie, 1907, Bd. 245, p. 291. 4) Amerikan. Patente 785 733 u. 785 734. 5) D.R.P. 142 302 von 1901; Chem. Zentralbl, 1903, Bd. II, p. 170. 6) D.R.P. 124985 von 1898; Chem. Zentralbl., 1901, Bd. II, p. 1032. 7) Pharmazeut. Ztg., 1905, Bd. 50, p. 432. 8) Zeitschrift f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1902, Bd. 5, p. 193 ; 1903, Bd. 6, p. 781; 1904, Bd. 7, p. 237, u. Bd. 8, p. 225. 9) Pharmaceutical Journal, 1903, Bd. 71, p. 1737 u. 1742; 1S04, Bd. 72, p. 86. 10) Pharmaceutical Journal, 1904, Bd. 72, p. 86. 11) Pharmaceutical Journal, 1908, Bd. 26, p. 441. 12) Pharmazeut. Ztg., 1904, M. 49, p. 176. 13) Archiv der Pharmazie, 4 904, Bd. 242, p. 337. 14) The Brewer and Mattster, 1910, Nr. 11; Wochenschrift i. Brauerei, 1911, Bd. 28, p. 32. 15) Zeitschrift f. physiolog. Chemie, 1884, Hd. 8, p. 404; 1886, Bd. 10, p. 248, Dreiundzwanzigster Absilinilt. liefe. 935 Hefenextrakte hingegen, deren Gehalt an Mukleinbasen (s. p. 921) nacii Chapmani) ebenso groß und nach Micko und nach Gamgee2) sogar noch grüßer als derjenige des Fleischextraktes ist, sind reich an Adenin und an Guanin, gegen welche das Hypoxanthin und das Xanthin weit zurückstehen und das Kreatin und Kreatinin ganz fehlen, und enthalten als auszeichnenden Bestandteil das Ilefengummi (s. p. 919), durch dessen Nachweisung in einer Probe angeblich reinen Fleischextraktes man die Verfälschung außer Zweifel zu stellen vermag. Auf Grund dieses letzteren Merkmals sind durch K. Micko^) das Bovos und das durch F. Filsinger^), A. Beythien^), J. Graffß), F. E. Lott und C. G. Mat- thews^) und W. Plahl») untersuchte Sitogen als Hefenextrakte erkannt worden. Die unter dem Namen Karna vertriebenen Produkte (wie Suppenextrakt, Appetitwürstchen u. dgl. m.) bestehen zufolge M. Älans- feld'J) und K. Micko'") hauptsächlich aus gesalzenem und mit Fett ver- setztem Hefenextrakt. 0. Gürth^i) will aus Hefe durch weitgehende Selbstverdauung einen Färbeextrakt herstellen, der als Ersatz für Zuckercouleur in der Braun- bier-Brauerei dienen soll. Durch Auskochen eines Gemisches von Hefe und Hopfen unter Druck gewinnen S. Davidson und P. Burra'^) einen (eingedickten) Hopfen- und Hefenextrakt. Als Heilmittel war die Hefe schon dem Hippokrates und dem Dioscorides bekannt und wurde seit zwei Jahrzehnten neuerdings und oft gegen vielerlei Krankheiten und in verschiedenartiger Zubereitung empfohlen; die darüber vorliegende Literatur sowohl therapeutischer als auch pharmakologischer Richtung findet man seit 1899 in E. iMercks Jahresberichten '3) unter dem Schlagwort Fa ex medicinalis (liquida et 1j British Medical Journal, 1908, p. 1741. -2) British Medical Journal. 1908, p. 449. 3) Zeitschrilt 1'. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußniittei, 190:2, Bd. j, p. 193; 1903, Bd. 6, p. 781 ; 1904, Bd. 7, p. 257, u. Bd. 8, p. 225. 4) Pharmazeut. Zentralhalle, 1901, Bd. 42, S. 134. 5) Zeitschrilt 1. Untersuchung d. Nahryngs- u. Genußmittel, 1901, Bd. 4. p. 446. 6) Zeitschritt 1. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1904, Bd. 7, p. 389. 7) Journal Society Ciiemical Industry, 1906, Bd. 25, p. 566. 8) Zeitschrift f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1906, Bd. 11, p. 329. 9) Zeitschrift d. allgem. österr. Apotheker- Vereines, 1912, Bd. 50, p. 616. 10) Zeitschrift f. Untersuchung der Nahrungs- u. Genußmittel, 1913. Bd. 26, p. 321. 11) D. R. P. 118 535 von 1901; Der Bierbrauer, 1901, p. 183. 12) Amerikan. Patent 883174 von 1908. 13) Jahresbericht über Neuerungen auf den Gebieten der Pharmakognosie u. Pharmazie, für 1899, p. 77; für 1900, p. 94; für 1901, p. 87; für 1902, p. 66; für 1903, p. 74; für 1904, p. 71; für 1905, p. 78; für 1906, p. 114; für 1908, p. 216; für 1909, p. 215; für 1910, p. 193; für 19M, p. 270; für 1912. p. 213; für 1913, p. -244; für 1916, p. 311. 936 Dreiiindzwanzigster Abschnitt. Hefe. sicca) gesammelt. Die erreichten Erfolge hat man zum Teil auf die ja schon lange bekannte Bakterienfeindlichkeit der Hefe zurückführen zu sollen gemeint und verwendet diese demnach in frischem (lebendigem) Zustande. Andere Forscher wieder suchen in der Enzymwirkung die Erklärung und empfehlen also Dauerhefen, so insbesondere das Zymin ts. p. 924), wie auch die (meist durch behutsames Trocknen der Hefe hergestellten und jenem ähnlichen) Präparate Furunculine, Leviirine, Levuretine, Levurinose, Xerase, Biozyme, Bajuvarin, Fer- mentin, Fermocyl, Mycodermin, Rheol, Hefanol, wozu noch be- merkt sei, daß A. Stephan i) derlei Handelspräparate von Dauerhefen niemals steril im strengen Sinne des Wortes befunden hat. Noch andere Forscher meinten, daß die Heilkraft der Hefe deren hohem Gehalt an Nukleinen, bzw. Nukleinsäuren (s. p. 920) zu danken sei, zu deren Dar- stellung die Verfahren von K. Schwickerath-] und SchmolP) heran- gezogen werden können, nach denen auch das Präparat NucleoH) gewonnen wird. Und noch andere Forscher halten für das eigentlich Wirksame der Hefe deren Fett (s. p. 925). Im wesentlichen aus solchem besteht das durch 0. Hinsberg und E. Roos^) empfohlene Cerolin, dessen Literatur bei E. Merck^) zusammengestellt ist. Ihm anzureihen ist schließlich noch die nur zu äußerlichem Gebrauche bestimmte Hefenseife, über die man Dreuw'^) vergleiche. Auch für die Herstellung eisenhaltiger Heilmittel ist die Hefe ein RohstolT. Das durch A. Ascoli^) zuerst bemerkte Vorkommen von (maskiertem^ Eisen im Molekül der Hefen-Nukleinsäure, der Reichtum der Hefe an dieser letzteren und deren leichte und billige Gewinnung haben zu dem Versuche geführt, durch Züchten der Hefe auf eisenreichen Nährböden dann Nuklein- präparate mit hohem Gehalte an organisch gebundenem und also resor- bierbarem Eisen darzustellen; ein derartiges Präparat ist das von der Baseler Chemischen Fabrik in den Handel gebrachte und durch M. Cloetta'-*) günstig beurteilte Ferra togen, welches ungefähr I Proz. Eisen enthält. Ein anderer Weg ist durch die Eisenschaft des aus der Hefe abge- ", p. 653. Bd . 5a, p. 799. 14. Hd. 42, P- 189 für 4905, P- 49; 1) Apotheker-Zeitg., '19'H, Bd. 26, p. 754. 2) D. R. P. 1 13 464 von 1899; Chem. Zentralbl., 1900, Bd. 3) Zeitschrift d. allgem. österr. Apotheker-Vereines, 1903, 4) Pharmazeut. Ztg., 1900, Bd. 45, p. 346. ;i) Zeitschrift f. physiolog. Chemie, 1903, Bd. 38, p. 1; 19i 6) Jahresbericht usw. für 1903, p. 75; für 1904, p. 71; 1906, p. 83. 7; Deutsche medizin. Wochenschrift, 1904. Bd. 30, Teil i. p. 991; Seifensieder- Zeitg.. 1903, p. 531. 8) Zeitschrift f. physiolog. Chemie, 1899, Bd. 28, p. 426. 9; Münchener medizin. Wochenschrift, 1900, Nr. 22, p. 760; Pharmazeut. Ztg., 1900, Bd. 45, p. 434. Dreiiindzwanzigster AbM-linilt. Mete. i|37 schiedenen Nukleines (Nukleol) gewiesen, sich mit frisch gefällten Metall- oxyden zu verbinden; mit Eisenoxyd erhält man so das FerrinoP;, das 6 Proz. Eisen enthält, mit anderen Oxyden gewinnt man die ent- sprechenden, gleichfalls in der Medizin verwendeten Mittel CuproP) mit 6 Proz. Cu, MercuroT^) mit 10 Proz. Hg, Nargol') mit 10 Proz. Ag, die alle "durch Parke, Davis & Co. in Detroit in Nordamerika, zum Teil nach K. Schwickeraths^) Patent, hergestellt werden. Das nach A. Ascolis^) Patent bereitete Präparat soll angeblich 6,6 Proz. Eisen enthalten. Die Verwendung der Abfallhefe als Viehfutter verspricht zu einer ergiebigen Einnahmequelle zu werden, die um so mehr zu schätzen ist, als nur ein geringer Anteil der überschüssigen Brauereihefe auf Extrakte verarbeitet werden kann ; denn die Nachfrage nach diesen letzteren bleibt weit "unterhalb des möglichen Angebotes. Wie zuerst gelegentlich der Erforschung der Ursache der durch hefentrübes Bier verschuldeten Ver- dauungsstörungen beim Menschen durch die Untersuchungen von N. P. Simanowsky ^), R. Schwanhaeuser*), J. Neumayer^) und später durch J. Tsuru'") und P. Nobecourt^i) festgestellt worden ist, sterben die Hefen im Magen und Darm des Menschen nicht ab; T. Kudo*-) hat diese Widerstandsfähigkeit auch bei Versuchen an Tieren beobachtet. Die der Verfütterung zuzuführende Hefe muß also zuvor abgetötet werden. Die älteren Verfahren, so die von C. Bruckeri^)^ E. Pott^*), J. Steickeli") und J. ten Doornkaat-Koolman^^j bewirkten das Abtöten durch Auf- kochen und waren also nur für den Verbrauch der Hefe an Ort und Stelle berechnet. Für die Aufarbeitung großer Mengen von Abfallhefe auf Viehfutter und dessen Versand auf weite Entfernung stellt man Trockenhefe her, welche, zum Unterschied von der früher (s. p. 924) 1) Pharmazeut. Zeitung, 1900, Hd. 45, p. 346. 2) Mercks Jahresbericht usw., l'iir igOS, p. 47; für 1903, p. 56; für 1904, p. 127. 3) Mercks Jahresbericht usw., l'ür 1901, p. 130; für 1904, p. 127. 4) Mercks Jahresbericht usw., für 1902, p. 121; für 1904, p. 127; für 1905, p. 29. 3) D.R. P. 118050 von 1899; Chem. Zentralbh, 1901, Bd. I, p. 600. 6) D. R. P. 194 930 von 1906; Chem. Zentralbl., 1908, Bd. I, p. 1347. 7) Archiv f. Hygiene, 1886, Bd. 4, p. 1. 8) Dissert., Greifswald 1890; Zentral!)!, f. Bakteriologie, I. Abt., 1891, Bd. 9, \>. 100. 9) Dissert., München 1890; Zeitschrift f. d. ges. Brauwesen. 1890, Bd. 13, p. 297. 10) Wiener klin. Rundschau, 1909, Nr. 50. 11) La semaine medicale, 1901, p. 9. 12) Biochem. Zeitschrift, 1909, Bd. 16, p. 221. 13) Allgem. Brauer- u. Hopfen-Ztg., 1898, Bd. 38, p. 1280. 4 4) Die landw. Futtermittel. 1898. 15) Engl. Patent 5124 von 1895; Wochenschrilt f. Brauerei, 1899, Bd. 16, p. 310. 16) Wochenschrift f. Brauerei, 1903, Bd. 20, p. 596. 938 Dreiundzwanzigster Absi-iniitt. Hefe. besprochenen Dauerhefe mit ihren noch wirkungskräfligen Enzymen, bloß noch als Träger von Nährstoffen in Betracht kommt, für die also schärfere mid rohere und demnach wohlfeilere Trocknungsverfahren zu- lässig sind, bei denen zudem auch das Entbittern entfallen kann. Nach dem englischen Patent 20 060 von 1893 läßt man die durch vorgängiges" Pressen auf einen Wassergehalt von 75 — 80 Proz. gebracht-e Abfallhefe durch enggestelite heiße Walzen hindurchgehen und so in dünne, trockene Blatt eben sich umwandeln. Die auf ein im Jahre 1910 durch die Ver- suchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin erlassenes Preisausschreiben hin in Berlin ausgestellten fünferlei Systeme von Hefentrocknern für den Großbetrieb sind auf p. 189 u. f. des Jahrgangs 1911 der »Wochen- schrift für Brauerei« beschrieben und begutachtet. Der Marktpreis für 100 kg Trockenhefe stellte sich 191 I auf 16Mk. W. Vültz, J.Paechtner und A. BaudrexeH) erklären auf Grund der durch sie wie auch' vor- her schon durch W. Yültz^), durch F. Honcamp, M. Popp und J. Vol- hardS) und durch 0. Kellner, E. Weiniger und R. Neumann^) an verschiedenen Haustieren angestellten Fütterungsversuche die Trocken- hefe für ein hochverdauli^es Kraftfuttermittel, von dessen organischem Anteil 93,8 Proz. und von dessen Rohprotein 87,7 Proz. resorbiert wurden. Eine aus einer Wiener Fabrik stammende Probe von Trocken- hefe enthielt nach einer durch 0. Fallada^j ausgeführten Analyse: Wasser 9,46 Proz., Rohprotein 43,38 Proz., andere stickstoffhaltige Ver- bindungen 5,37 Proz., Rohfett 3,12 Proz., stickstofflose Extraktivstoffe 31,77 Proz., Asche 6,9 Proz.; vom Protein waren 90,1 Proz. durch salz- saures Pepsin verdaubar. Fallada hat auch versucht, den Reichtum der Trockenhefe an Protein dadurch noch besser auszunutzen, daß er sie mit der an letzterem Nährstoff armen, dafür aber an Zucker reichen (etwa 50 Proz.) Melasse vermischte und so bei einem Mengenverhältnis von 8:10 ein Melassenfutter bereiten konnte, das sich wochenlang auch bei Luftzutritt tadellos und frei von Schimmelwucherung hielt. Nach dem Verfahren von ^Y. Wardle'^) gewinnt man ein haltbares Vieh- futter durch Trocknen eines Gemisches gleicher Teile trockenen Hopfens und frischer Hefe. Nach dem Patente der Wissenschaftl. Station für Brauerei in ^lünchen'^) wird ein haltbares Trockenfutter dadurch her- 1) Landw. Jahrbücher, 1912, Bd. 42, p. 193. 2) Pflügers Archiv, 1905, Bd. 107, p. 360; Zeitsciirift f. Spiritusindustrie, 1910, Bd. 33, p. 579 u. ;iS8. 3) Landw. Versuchsstationen, 190Ö, Bd. G3, p. 263. 4) Milchwirtschaft!. Zentralbl., 1910, Bd. 17, p. 317. 5] Österr.-Ungar. Zeitschrift f. Zuckerindustrie u. Landwirtschaft, 1911, l!d. 40, p. 709. 6) Engl. Patent 6971 von 1901. 7) D. R. P. 174 864 von 1905; Chem. Zentralbl., 1906, Bd. II, p. 1151. Drekindzwanzigster Aljsclinilt. Hefe. (.)39 gestellt, daß man die gepreßte Abfallhefe mit I Proz. Kochsalz versetzt, das man durch 5 Minuten einwirken läßt, und dann auf 75° C anwärmt, worauf sie dann klebrig-gallertig und zur Bindung durch aufsaugende trockene Mittel, wie Malzkeime, Biertrebern, Rübenschnitzel u. dgl. m., an denen sie sich rasch antrocknen läßt, sehr geeignet geworden ist. Wie 0. von Czadek^) hervorhebt, ist die Trockenhefe als Futterbeigabc für wachsende Tiere oder als Zusatz zu phosphorarmen Futtermitteln besonders geeignet, weil sie vermöge ihres Reichtums an Nukleinen (s. p. 920) viel Phosphorsäure enthält, so in der durch ihn untersuchten Probe 4,5 Proz. P2O5, von denen 83,8 Proz. verdaulich waren. W. Vnltz^) hat sehr befriedigende Ergebnisse bei der Schnellmast von Schweinen erzielt, welche ausschließlich mit gekochten Kartoffeln, Trockenhefe (bis 600 g täglich) und ein wenig Gerste, nebst Kochsalz und phosphorsaurem Kalk, gefüttert wurden. .\uch als Nahrungsmittel für den Menschen, als teilweiser Ersatz des viel teureren Fleisches, kommt die (entbitterte) Trockenhefe in Betracht. Sie wird, wie W. Vültz und A. Baudrexel-') festgestellt haben, auch im Verdauungsrohr des Menschen gut ausgenützt. Die Analyse einer durch sie geprüften Trockenhefe ergab: 6,87 Proz. Feuchtigkeit und 93,13 Proz. Trockenrückstand, welch letzterer sich auf 7,04 Proz. Asche und 86,09 organische Substanz aufteilte. Von dieser entfielen auf Fett 3,1älProz.. auf Rohfaser 1.44 Proz., auf Rohprotein 53,44 Proz. (davon 50,04 Proz. Reinprotein) und auf stickstofflose Extraktstoffe 28,09 Proz. Als Verdauungskoeffizient ergab sich für die organische Substanz 90 Proz., für das Rohfett 70 Proz., für die Rohfaser 40 Proz., für das Rohprotein 86 Proz., für die stickstofflosen Extraktstoffe 1 00 Prozent. Bei Verar- beitung der Bierhefe auf trockene Nahrungshefe erzielt man zufolge F. Hayduck-*) eine Verwertung mit 32 Mark für 100 kg gepreßte Hefe (mit etwa 75 Proz. Wassergehalt). Die Verwendung derartiger Trockenhefe in der Küche ist recht mannigfaltig, so zwar, daß die Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin auf Grund der durch sie im Jahr»' 1910 ausgeschriebenen Preisbewerbung für Kochrezepte dann ein Hefenkoch- buch hat herausgeben können. Als Düngemittel findet die Hefe, dank ihrem hohen Gehalt an Kali und leicht assimilierbarer Phosphorsäure, gleichfalls Verwertung. Dazu verwendet man sowohl die für bessere Zwecke nicht tauglichen 1) Zeitschrift f. d. landw. Versuchswesen in Österreicii, 1911, Bd. 14, p. 214. 2) Wochenschrift f. Brauerei, 1911, Bd. 28, p. 537; 1912, Bd. 29, p. 209. 3) Biochem. Zeitschrift, 1911, Bd. 30, p. 4:i7, und Bd. 31, p. 355; Wochenschrift f. Brauerei, 1911, Bd. 28, p. 85. 4) Jahrbuch d. Versuchs- u. Lehranstalt f. Brauerei in Berlin, 1910, Bd. 13, p. 388. 940 Dieiimdzwiiii/.igstei AI)S.lmitt. Hefe. "Die Handelsmarken Plasmit, Protorex und Triterfex stellt man zu- folge F. E. Lott und C. G. Matthews') durch Zumischen von Gips oder Kalk her. Andere A'erfahren der Zubereitung sind durch Backer und durch G. Valentine^] vorgeschlagen worden. H. Blücher und E. Krause^) stellen sowohl aus den Rückständen von der Verarbeitung der Abfallhefe auf Extrakte (s. p. 931) wie auch aus Abfallhefe selbst durch Einwirken gewisser Aldehyde, insbesondere des Formaldehyds, plastische Massen her, welche unter dem Namen Ernolith als Ersatz für Ebonit, Galalith, Zelluloid u. dgl. m. mannig- faltige Verwendung finden. C. Beyer^) stellt Klebstoffe und Anstrich- mittel aus Abfallhefe her. Unter Hefe im engsten Sinne des Wortes versteht der Handel immer Bäckerhefe, also die zur Teiggärung verwendete Preßhefe, in Süd- deutschland auch Germ genannt. Abgesehen von den auf rein che- mischem Wege wirkenden Backpulvern, die in England und Nordamerika unzutreffend yeast-powder (Hefenpulver) heißen, wird das Aufgehen des Teiges entweder durch den hier nicht weiter zu betrachtenden Sauer- teig, dessen treibender Bestandteil Hefenzellen sind, oder durch Hefe selbst erzielt. Malouin^j bewertete die Erfindung des Gebrauches der Bierhefe zur Teigbereitung als einen »merkw^ürdigen Zeitpunkt« in der Geschichte des Bäckereiwesens. In Paris geschah dies zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts, und zwar zunächst bloß für Milchbrot. Die medizinische Fakultät zu Paris mißbilligte in ihrer Sitzung vom 24. März 1668 durch Mehrheitsbeschluß diese Neuerung, und erst durch die Verfügung des zur Entscheidung angerufenen Parlaments zu Paris vom 21. März 1670 wurde sie zugelassen, jedoch unter der Bedingung, daß die Hefe aus einer Pariser Brauerei bezogen werde, daß sie frisch sei und gemischt mit Sauerteig verwendet werden müsse. In Deutsch- land hingegen reicht der Gebrauch in eine weit frühere Zeit zurück. Aber sowohl hier wie dort kam immer nur obergärige Bierhefe in Be- tracht. Denn bis in das erste Drittel des neunzehnten Jahrhunderts war der Betrieb fast überall obergärig, ausgenommen gewisse Teile Bayerns und Böhmens, in denen das untergärige Brau- Verfahren einheimisch ist. Dieses letztere griff dann von jenem Zeitpunkte an um sich und ver- t) Journal Society Chemical Industry, 4 906, Bd. 25, p. :iG6. 2) Engl. Patent 9991 von igoo. 3) D.R.P. 273857 von 1913 und D. R. P. 289597 von 1915; Chemiker-Zeitg., 1915, Bd. 39, p. 934. 4) D.R.P. 224 443 von 1909; Ghem. Zentnilbl., 1910, Bd. II, p. 612. ö) Descriptions et Details des Arts du Meunier, du Vermicelier et du Boulenger. 2. Aufl., Paris 1779. Üiciundzwanzigslei Absrhiiili. Udo. 94]^ drängte immer weiter und weiter das obergärige Verfahren; eingehende geschichtliche Angaben darüber findet man bei H. von der Planitz^j. In demselben Maße schwand den Bäckern die Möglichkeit des Bezuges obergäriger Bierhefe. Die Satzhefe der untergärigen Brauereien aber konnten sie nicht gut brauchen: denn diese macht durch ihren Gehalt an beigemengtem braunen Hopfenharz (s. p. 927) das Gebäck mißfarben und entfaltet zudem ungenügende Triebkraft. Aus dieser Not heraus entwickelte sich das neue Gewerbe der Preßhefen-Erzeugung, also die Gewinnung der. Hefe nicht als Abfall, sondern deren Züchtung als Haupt- zweck, wobei die geerntete Hefe von dem anhaftenden Wasser durch Auspressen so stark befreit wird, daß diese Preßhefe dann auch einö längere Dauer des Versandes nach einem fernen Orte des Verbrauches . ohne empfmdhche , Minderung ihrer Tauglichkeit zu ertragen vermag. Aus den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts liegen die ersten Berichte über den Vertrieb von Preßhefe in Holland, Preußen und Sachsen vor, und aus diesen letzteren Ländern kam sie um das Jahr 1840 herum in einzelnen Proben auch nach Österreich und wurde da um so freudiger aufgenommen, als der Weltruf des Wiener Feingebäckes gerade in diesen Jahren durch den insbesondere durch Anton Drehers Be- mühung sich vollziehenden Übergang der Wiener Brauereien vom ober- gärigen zum untergärigen Betrieb ernstlich bedroht war. Auf Antrag des Bäckermeisters Leop. Wimmer beschloß der Niederösterreichische Gewerbeverein im Dezember 1846 eine im Mai 1847 dann genauer be- stimmte Preisausschreibung auf ein Verfahren zur Erzeugung brauch- barer Bäckerhefe. Daraufhin ließ im folgenden Winter Ign. Mautner, damals Braumeister und Brennerei-Besitzer zu St. Marx, einem Vororte Wiens, durch seinen Chemiker Reininghaus Versuche im kleinen an- stellen. Auf deren erfolgreiches Ergebnis gestützt, konnte Mautner (als der einzige Bewerber) dann im November 1849 unter seinem eigenen Namen ein neues Verfahren vorlegen, das allen Bedingungen entsprach, den ausgesetzten Preis erhielt und alsbald als das Wiener Verfahren der Preßhefen-Fabrikation seinen Eroberungszug antrat, der es zunächst nach Deutschland, • weiterhin nach Frankreich usw. führte. Über die Prioritätsfrage darüber, ob Mautner oder aber Reininghaus als eigentlicher Erfinder zu gelten habe, vergleiche man die auf Akten aus den beiderseitigen Familien-Archiven beruhenden Darlegungen durch A. Schrohe^) und Ed. Jalowetz^). Später entstand diesem Verfahren ein Mitbewerber in dem sogen. Lüftungs-Verfahren, das ursprünglich 1) Zeitschrift t. d. ges. Brauwesen, 1879. Bd. 2, p. 13. 2) Zeitschrilt f. Spiritusindustrie, 1909, Bd. 32, p. 280 u. 602. 3) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1910. Bd. 33, p. 287 u. 295. 942 Dreiundzwanzigstei- Absrimid. Hefe. aus Schweden stammt, seine Ausbildung jedoch durch die Berliner \er- suchsstation erhalten hat. Eingehende Darlegungen über beide in tech- niscJier Hinsicht findet man bei 0. Durste) und W. Kiby2); hier sollen nur einige kurze Angaben gemacht werden. Das Wiener Verfahren heißt auch Abschöpf- Verfahren, so be- nannt nach seinem wichtigsten Teile, das ist das Abschöpfen der durch den Auftrieb (s. p. 917) an die Oberfläche der gärenden Maische ge- hobenen Hefenernte. Weil diese Maische viel Hefe liefern soll, muß sie reich an den zu deren Zellaufbau erforderhchen Proteinen sein und wird aus einem Gemisch von (verzuckerndem) Malze und Rohfrucht (Roggen u. a.) hergestellt. Nach vollzogener Verzuckerung wird ihr der sogen. Ansatz zugefügt. Dieser letztere ist eine ähnlich bereitete, kleinere Menge von Maische (llefengut genannt), die man eine Milchsäuregärung hat durchmachen lassen, um ein Schutzmittel gegen unvermeidliche Fremd- keime zu schaffen, worauf sie mit Hefe beimpft wird, um schließlich, nach deren Reife, in die Hauptmaische eingetragen zu werden. Ungefähr ■i bis 4 Stunden später beginnt dann in dieser der sogen. Hefenauftrieb. Die Oberfläche der Maische wird durch einen von unten her vordringenden weißen Schaum durchbrochen, der, unter lebhafter wälzender Bewegung, binnen 12 Stunden eine Mächtigkeit von 30 — 40 cm erreicht. Er ist der Träger des größten Teiles der Nachkommenschaft der durch den An- satz eingebrachten Hefenzellen und wird nach weiteren 3 — 4 Stunden, während deren die Zellen in ihm ihre Reife erlangen, mittels großer Löffel abgeschöpft und durch Sieben in Hefe einerseits und die ihr bei- gemengten gröberen Treberteilchen (Schalenstücke des Maischmateriales) anderseits zerlegt. Durch Waschen mit Wasser wird weitere Reinigung der Hefe erzielt, worauf man diese dann absitzen läßt, durch Pressen sammelt und entwässert und schließlich zu handelsgerechten Stücken ge- staltet. Solche wurden früher in Deutschland im Gewichte eines Pfundes hergestellt und verkauft, womit der hier und da auch heute noch ge- brauchte Name Pfundhefe für Preßhefe sich erklärt. Die einzelnen Stücke werden, jedes in Pergamentpapier gewickelt, in handelsüblicher Anzahl in Kisten verpackt und versandt. Für eineii weiteren Weg, so z. B. aus Österreich nach der Levante, wird die gepreßte Hefe in Fässer eingestampft. Die chemische und mykologische Beschaffenheit des Per- gamentpapiers ist von Einfluß auf die Haltbarkeit der Hefe; man ver- gleiche über jene die Abhandlung von A. Burr, A. Wolff und F. M. BerberichS). Vj Handbuch der Preßhefe-Fabrikation. 2. Aufl., Herhn -1896. i) Handbuch der Preßhefen-Fabrikation. Braunschweig 1912. H) Zeitschrift f. Untersuchung der Nahrungs- u. Genußmittel, 1912, Bd. 24, p. 197- Dreiuntizvvanzigstei- Absclmilt. Hele. 943 Das Würze-Verfahren oder Lüftungs-Verfahren der Preß- hefen-Bereitung unterscheidet sich, wie schon seine Namen besagen, von dem Abschüpf-Verfahren dadurch, daß es nicht, wie dieses letztere, eine dickliche Maische, sondern eine lautere Würze verwendet und diese kräftig und anhaltend lüftet. Auch hier wird die Maische nach erreichter Ver- zuckerung, ähnlich wie beim Wiener Verfahren, zunächst der Milchsäure- gärung überlassen. Sobald diese die erforderliche Säuremenge hervor- gebracht hat, wird zwecks Abtötung der Säuerungserreger die Maische aufgehitzt und aus ihr auf dem Läuterbottich die lautere Würze ab- geschieden, die man in das Vermehrungs-Gefäß (Gärbottich; überführt und mit der zu vermehrenden Hefe zusammenbringt (anstellt). Nun bläst man in die Flüssigkeit einen Strom gereinigter Luft ein, durch welche die Vermehrung der Zellen angeregt, beschleunigt und (auf das mehr als Zwanzigfache der Aussaat) erhöht wird. Nach beendeter Entwicklung und Gärung sondert man den (zuvor noch gekühlten) Inhalt des Bottichs mittels Zentrifuge oder Klärschiffes in die dem Destillierapparate zu- zuführende alkoholische Flüssigkeit einerseits und die Hefenernte ander- seits, welch letztere mittels Wasser gewaschen und schließlich in Filter- pressen getrieben und in versandbereiten Zustand gebracht wird. Bei diesem Verfahren wird die gesamte Hefenernte als solche gewonnen Bei dem Abschöpfverfahren hingegen ist nur jener Anteil praktisch er- reichbar, welcher in der Schaumdecke über die dicke Maische hinaus- gehoben worden ist; alle anderen Zellen, die in der letzteren verbleiben, entgehen hier dem Hefenfabrikanten. Die Ausbeute ist demnach beim Würzeverfahren schon aus diesem Grunde und zudem auch noch dank dem Lüften weit höher als beim Wiener Verfahren: zufolge M. Del- brücki) liefern 100 Teile Malz in Form von (dicker) Maische in der Praxis 10 — 11 Teile Preßhefe, in Form von Würze ohne Lüftung 21—23 Teile und in Form von Würze mit Lüftung 30 Teile Hefe. Die Größe des Trockenrückstandes der Preßhefe wird selbst- verständlich auch durch die Stärke des vorausgegangenen Pressens be- stimmt, das sich, infolge mancherlei Einflüsse, nicht immer gleich weit treiben läßt. R. Kusserow^) hat acht verschiedene, stärkefreie Proben aus dem Handel daraufhin geprüft, wodurch 22,1 Proz. als Geringst- befund, 29,9 Proz. als Höchstbefund und 25,6 Proz. als Durchschnitts- wert sich ergaben. In der Praxis rechnet man gewöhnlich mit 26 Proz. Trockenrückstand und also 74 Proz. Wassergehalt. Das spezifische Ge- wicht jener acht Proben wurde zu 1,082 — 1,109 und dasjenige des Trockenrückstandes zu 1,491 — 1,580, durchschnittlich zu 1,509, be- 1) Zeitschrift L Spiritusindustrie, 1890, Ergünzungsiieft, p. 37 2) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1897, Bd. 20, p. 106. 944 DieiiiMil/wanzigster Abschnitt. Hefe. funden. Von diesem entfällt ungefähr ein Drittel auf Kohlenhydrate (Zell wand, Hefengummi, Glykogen u. a.), das zweite Drittel auf stick- stoffhaltige Stoffe (Proteine, Nukleine, Amide u. a.), und in das dritte Drittel teilen sich Fett, Asche u. a. Gute Preßhefe muß dreierlei Eigenschaften aufweisen: schöne Farbe, ausreichende Haltbarkeit und hohe Triebkraft. Schön heißt die Farbe dann, wenn sie gelblich- weiß bis gelblich ist. Minderwertig ist graue oder graugelbe oder aber blau gewordene Hefe. In letzterem Falle trägt die Schuld ein Gehalt an Eisensalzen, welche bei Benutzung eiserner Bottiche und unrichtig durchgeführter Säuerung der Maischen in über- großer Menge aufgenommen wurden. In den beiden andern Fällen weist die Mißfarbe auf einen Gehalt entweder von unreifer Hefe oder aber von Maische-Schleimstoffen hin, welche nicht genügend durch das Waschen aus der Hefenernte fortgeschafft worden sind. Die Haltbarkeit der Preßhefe ist nicht bloß für den Handel nach fernen Gegenden von Wichtigkeit, sondern kommt auch im Binnenlande in Betracht. Die Tageserzeugung einer Fabrik muß, wenn der Betrieb wirtschaftlich sein soll, auf ein Mittelmaß des Bedarfes eingerichtet sein. Dieser jedoch schwillt kurz vor hohen Festtagen rasch und weit über jenes Maß hinaps an, so daß also die Fabriken, um ihm dennoch ent- sprechen zu können, gezwungen sind, schon einige Zeit vorher auf Vorrat zu arbeiten und der Hefe ihre Tauglichkeit dadurch zu wahren, daß man sie kühl hält und gelinde austrocknen läßt; vor dem Versand wird sie dann mit frisch gewonnener Hefe verknetet. Einfluß auf die Halt- barkeit nehmen außer der Besonderheit der Rasse, der Bereitung und der Aufbewahrung auch die Fremdkeime in der Preßhefe. Deren Anwesenheit gibt sich schon bei Prüfung unter dem Mikroskop und um- fassend durch biologische Untersuchung (Plattenverfahren, Tröpfchen- verfahren u. dgl. m.) zu erkennen. Das durch W. Henneberg i) und M. W. Beijerinck^) eingehend geprüfte reichliche Vorkommen von Milchsäurebakterien erklärt sich leicht aus der Tatsache, daß die Preßhefe in einem Nährboden herangewachsen ist, den man vor dessen Beimpfung mit Hefe absichtlich eine Milchsäuregärung hat durchmachen lassen; eine solche tritt dann, wie W. Ho 11 ig er 3) dargetan hat, auch im Hefenteig wieder ein, in welchem sie neben der gasbildenden Alko- holgärung der Hefenzellen einhergeht und diese letzteren vor Schädigung durch andere Bakterien, insbesondere fäulniserregende, beschützt. Denn 1) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1901, Bd. 24, p. 371 ; 4903, Bd. 26, p. 226; 1904, Bd. 27, p. 85. 2) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1902, Bd. 25, p. 531. 3) Zentralbl. f. Bakteriologie. 2. Abt., 1902, Bd. 9, p. 305. Dreiundzwanzigster Abschnitt. Hefe. 945 Fäulnisbakterien sind nicht bloß im Mehl, sondern auch in der Preßhefe selbst vorhanden, in die sie zum Teil aus der Maische und von den Geräten und zu einem anderen Teile aus dem Waschwasser hineingelangt sind; über deren Vorkommen in Preßhefe hat W. Henne - bergi) eingehend berichtet. Mycodermen (s. p. 913) sind insbesondere m Lufthefe, durch deren Bereitungsweise begünstigt, manchmal reichlich vorhanden. Um sie leicht aufzufinden, stampft man nach Hennebergs^) Vorschlag die Probe in eine flache Deckelschale (Petri-Schale) ein und ebnet die Oberfläche der Schicht; auf dieser werden sich dann binnen wenigen Tagen des Zuwartens die zu oberst liegenden Zellen der (luft- bedüiftigen) Mycodermen zu je einer trockenen, weißen Pustel (Kolonie) vermehren. ^Der an der Oberfläche der lagernden Hefenstücke sich ent- wickelnde sammetähnliche, weißliche, flaumige Überzug ist meist aus dem Myzel des Oidium lactis aufgebaut. Das Weich wer den bedeutet das Ende der Haltbarkeit einer Hefenprobe und kommt im Wesen da- durch zustande, daß viele Hefenzellen absterben und so ihren Zellsaft austreten lassen, der nun den zerstörenden und schließlich zur Fäulnis führenden Fremdkeimen als Nährstoff und Mittel zu reichlicher Ver- mehrung dient. Verursacht wird das Weichwerden, welches nach und nach bis zur Verflüssigung (Autolyse) vorschreitet, durch das Wirken der Endotryptase (siehe p.^923), das mit dem Schwinden des Glykogen- Vorrates der Zellen und der durch ihn ermöglichten Selbstgärung (s. p. 925) merklich beginnt. Abgestorbene Zellen können unter dem Mikroskop mittels wässeriger Farbstofflösungen (s. p. 928) erkannt und gezählt werden. Unter Triebkraft versteht der Bäcker das Vermögen der Hefe, den mit dieser bereiteten Teig innerhalb einer gegebenen Zeitdauer zu einem gewünschten Umfang aufgehen zu machen (aufzulockern), welcher dann während des Backens nicht geringer werden darf, sondern ^im Gegenteil noch durch eine Nachwirkung (den sogenannten Ofentrieb) etwas zunehmen soll. Dieses Vermögen ist nicht von der Hefe allein, sondern auch von der Beschaffenheit des Teiges und Mehles abhängig; das letztere enthält, wie hier bloß angedeutet werden darf, zufolge neuerer Untersuchungen hefenfeindliche Stoffe, die zuerst durch H. Lange 3) be- merkt und später durch Fr. Hayduck^), W. Henneberg^) u. a. näher untersucht worden sind. In Unkenntnis' dieser Einflüsse hatte man \) Wochenschrift f. Brauerei, 1904, Bd. 21, p. 260 u. 747; Zeitschrift f. Spiritus- industrie, 1904, Bd. 27, p. 96. 2) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1903, Bd. 26, p. 51. 3) Wochenschrift f. Brauerei, 1906, Bd. 23, p. 513; 1907, Bd. 24, p. 417. 4) Wochenschrift f. Brauerei, 1907, Bd. 24, p. 673. ö) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1908. Bd. 31, p. 77. Wies ner, Rohstoffe. IN. Band. 3. Aufl. fiO 946 Dieiundzwanzigster Abschnitt. Hefe. y früher bei der vergleichenden Prüfung zweier Bäckerhefen diejenige als die Iriebkiäfligere bezeichnet, welche in einem künstlichen Nährboden (gezuckerte Mineralsalzlüsung) in der Zeiteinheit die größere Menge an Kohlensäure entwickelte; in Wirklichkeit aber hatte man damit nur die Gärkraft gemessen, zu deren Feststellung die Verfahren von M. Hay- duck, E. Meißl u. a. dienen, die eine Sache des Nahrungsmiltel- chemikers sind. Heute steht man auf dem Standpunkt, daß die Frage zuverlässig nur durch den praktischen Backversuch zu entschei- den ist, bei dem allein auch der wichtige Ofentrieb beurteilt werden kann. Von Verfälschungen der Preßhefe kommen hauptsächlich zwei in Betracht: Zusatz von Stärke oder von Bierhefe. Ein Zusatz von Stärke^ und zwar fast ausschließlich Kartoffelstärke, selten Weizen- stärke, zur Preßhefe war in früherer Zeit erforderlich, um das Pressen gut durchführen zu können und angeblich auch, um die Haltbarkeit zu erhöhen. Heutzutage, bei den vervollkommneten Preßvorrichtungen und der verbesserten Arbeitsweise, ist er überflüssig und also, wenn er dem Käufer verheimlicht wird, als Verfälschung zu beurteilen. F. Dafert und K. Kornauthi) haben dies durch eingehende Untersuchung fest- gestellt und damit die sachliche Berechtigung des sogenannten Mischver- botes dargetan. Die qualitative Nachweisung der Stärke ist mit Hilfe des Mikroskopes leicht auszuführen, wenn man eine Lösung von Jod anwendet, welch letzteres vor allem durch die proteinreichen Hefenzellen, die sich dadurch gelb färben, gebunden wird, so daß man also, wenn- gleich nur nach und nach, eine beträchtlichere Menge bieten muß. Die quantitative Bestimmung ist Sache des Chemikers, dem dazu eine Reihe von Verfahren empfohlen worden sind, die jedoch wohl alle ein nur annähernd richtiges Ergebnis liefern, so z. B. die von G. Bruylants und H. Druyts^j, von Crispo^), von E. Geißler''), von M. Hayduck^), von A. Hebebrand^), von Ed. Jalowetz^), von Neumann Wender^), 1) Experimentelle Beiträge zur Lösung der Frage nach der zweckmäßigsten gesetzhchen Regelung des Verkehrs mit Hefe. Wien 1908; Archiv f, Chemie u. Mikro- skopie, 1908, Bd. 1, p. 1. 2) Bulletin Assoc. beige des Chimistes, -1899, p. 20. 3) Ref. in Chem. Zenlraibl., 1899, Bd. H, p. 852. 4) Pharmazeut. Zentralhalle, 1880, Bd. 1, p. 456. 5) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1881, Bd. 4, p. 18 u. 201. 6) Zeitschrift für Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel, 1902, Bd. 3, p. 58. 7) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1910, Bd. 33, p. 567 u. 615. 8) Verhandlungen d. Versammlung Deutscher Naturforscher u. Ärzte, 1902. Bd. II, 1. Hälfte, p. 96. Dreiiinclzwaiizigster Abschnitt. Hel'c. 947 von S. Rohn*), von A. von Schwarz^), von P. Soltsien'^) u. a. Eine geringe Menge (Spuren) von Stärke wird man in Preßhefe nicht beanstanden dürfen, weil solche aus der (im technischen Betriebe nicht bis auf das letzte Stärkekorn verzuckerten) Maische herstammt. Diese wird, wie gesagt, gewöhnlich aus Getreidefrüchten hergestellt, deren Stärkekörner von denjenigen zugesetzter Kartoffelstärke stark verschieden sind, jedoch auch, was nicht vergessen werden darf, durch den Maisch- vorgang eine Änderung im Aussehen (Quellung, Schichtenbildung) erlitten haben. Eine nach dem Verfahren von Kruis mittels Kartoffelsaftes (als Abfalles von der .Slärkebereitung durch Ausschleudern) gewonnene Preßhefe kann freilich auch Spuren von Kartoffelstärke als normalen Bestandteil aufweisen, so daß also der Gutachter in solchem Falle sich nach dem Betriebsverfahren wird erkundigen müssen. Der Zusatz von Bierhefe ist nicht einmal geschichtlich durch den Entwicklungsgang der Preßhefenerzeugung zu erklären, sondern ist be- wußte Fälschung, die, ungleich jenem ersteren Zusatz, auch heute nuch oft unternommen wird. Die zu verhältnismüßig geringem Preise erhält- Uche Abfallhefe (s. p. 929) der untergärigon Brauereien wandert zum Teil in das Magazin manches Preßhefenhändlers, der sie, nach zuvor durchgeführtem Entbittern (s. p. 929 und 930), dann mit der aus der Preßhefen fabrik bezogenen reinen Getreidepreßhefe mittels Knetmaschine vermischt. Insoweit dieser verschlechternde Zusatz dem (mehr auf Preis- niedrigkeit denn auf Preiswertigkeit sehenden) Käufer angegeben wird, läßt sich gegen solchen Selbstbetrug nichts tun; gegenteiligen Falles ist er als Verfälschung zu bestrafen. Dessen Nachweisung ist entweder auf physiologisch-chemischem oder auf morpb'ologisch-bolanischem Wege zu führen. Jener ist zuerst durch A. Bau^) angegeben worden und gründet sich im Wesen darauf, daß die Raffinose durch die untergärigen Hefen vollständig vergoren (beseitigt) wird, hingegen durch die obergärigen Hefen, also auch die Preßhefen, nur zu einem Drittel, und zwar so, daß von jenem Trisaccharid dann das Disaccharid Melibiose (s. p. 923) zwar auch abgespalten, jedoch nicht auch angegriffen wird und also übrig bleibt; auf dessen Anwesenheit oder Abwesenheit wird schließlich mit Fehling-Lösung geprüft. Die Ausführung der heiklen Untersuchung ist Sache des Gärungsphysiologen. Das durch P. Lindner^) angegebene \) Zeitschrift f. Untersuchung d. Nahrungs- u. Genußmittel, 1900, Bd. 3, p. 756. 2) Bericht ü. d. 5. Internat. Kongreß f. angewandte Chemie zu Berlin, 1903, Bd. 3, p. 586. 3) Pharmazeut. Zeitung, 1902, Bd. 47, p. 491. 4) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1894, Bd. 17, p. 374; 1895, Bd. 18, p. 372; Wochenschrift f. Brauerei, 1898, Bd. 15, p. 389. 5) Zeitschrift f. Spiritusindustrie, 1903, Bd. 26, p. 229; 1904, Bd. 27, p. 156 u. 225. 60* 948 Dreiundzwanzigster Abscbnitt. Hefe. botanisch-morphologische Verfahren verwertet die Verschiedenartigkeit der Sproßbildung, die bei den Preßhefen zu, einem sparrigen, monopo- dialen Zell verbände führt, bei den untergärigen Bierhefen hingegen nach dein Vorbilde des Sympodiums verläuft und einen weit weniger festen und rascher vergänglichen Zusammenhang schafft. Preßhefe, die nach dem Lüftungs verfahren gewonnen worden ist, kann, ohne absichtlichen Zusatz, schon von Haus aus eine merkliche Menge von Unterhefe als Verunreinigung enthalten, die sich im Verlaufe der Bereitung eingeschlichen und vermehrt hatte, so daß also auch hier der Gutachter bis auf die Erzeugungsstätte wird zurückgreifen müssen. Hefenkonserven für Bäckereizwecke sind trockene Gemische von Hefe mit Zusätzen, welche die Haltbarkeit für den Fall langer Auf- bewahrung sichern sollen. 0. Reinke'j beschrieb eine solche, die unter der Bezeichnung Wunderhefe (niagic yeast) in Gestalt dünner Scheiben in Amerika im Handel vorkommt und Maisschrot als Zusatz enthielt. H. VViH2: l)erichtete über eine .'ihnlichc Probe von Dauerhefe, die in biskuitähnliche Stücke von 5 : )<» cm Kläclie und t cm Dicke abgeteilt war und sich im Gebrauche bewälirtr. Für die Versorgung der See- schiffe, insbesonders Segelschiffe langer Fahrt, für Ileereszwecke u. dgl. kommen derartige Hilfsmittel in Betracht und Verwendung. Die sogenannte chinesische Hefe Sdll bloli erwähnt werden, um zu betonen, daß sie ihren Namen zu Unreclil führt. Sie spielt in Ost- asien eine wichtige Rolle bei der Bereitung des chinesischen Reisbrannt- weini und mittelbar auch des javanischen Ariaks und kommt als Rohstoff im Handel vor in Gestalt talergroßer. trockener, weißlicher Kuchen, die, nebst Reismehl als Träger, die Myzelstücke und Gemmen gewisser Mucor- ar'ten und Rhizopus-.\rten enthalten, welche, anstatt des Malzes, in jenen Gärungsbetrieben die Verzuckerung der aus Rei.< hergestellten Maischen zu besorgen haben. Näheres darüber hat ('.. W'ehmer^ berichtet. Ausführlichere Angaben über flefe ündet man in dem durch den Verfasser vorliegenden Abschnittes herausgegebenen fünf bändigen »Hand- buch der Technischen Mykologie, Jena, G. Fischer«, und zwar über die Morphologie und Physiologie insbesondere im vierten und über die tech- nische Anwendung im fünften Bande. r Wocheiiscluift r. Brauerei, 1888, Bd. 9, p. 1009. ■^] Handbuch der Tecbn. Mykologie. Bd. :>, p. 117. •V In: Lalar. Huiidlmcb der Tc r.lmne 78. Boehmeria Gasiadn W ^ll. 78. Boehmeria macrosl,i(:i;,ya Wall. 78. Boehmeria nivea Gauti. 77. Boehmeria nivea Hook, et Arn. 24, 45, 62, 77, 98, 210, 214, 215, 216. Boehmeria nivea var. candicans Sadebeck 77, 210. Boehmeria nivea Hook, et Arn. forma chinensis Wiesn. 77, 210, 212. Boehmeria nivea Hook, et Arn. forma indica Wiesner 77, 210, 211, 212. Boehmeria Piiya Hook. 78. Boehmeria salicifolia Don. 78. Boehmeria sanguinea Haßk. 78. Boehmeria spicata Thunb. 78. Boehmeria tenacissima Gaud. 5'J, 77. Boehmeria utilis Bl. 77. Boehmeriafaser 97, 208—223. Boehmeriafaser, kotonisierte 221. Boehmeriastengel, Anatomie 21'!, 215, 216. Boehmeriastengel, Oberhaut 215. Bogensehne 324. Bohne 668. Bohne, fleischig-hülsige 669. Bohne, indische 668. Bohnenfaser 225. Bohnenkraut 517. Boi 423. Bois bracelets 805. Bois de reglisse 457. Bois de rose femelle 418. Bola 85. Boldin 500. Boldoa fragrans Juss. 500. Boldoblätteröl 500. Boldoglucin 500. Bologneser Hanf 187, 188. Bomiaacaceenwolle 97. Bombaceen 89, 139, 672, 673. Bombax sp. 764. Bombax aquaticum (Aubl.) K. Seh. 673. Bombax buonopozense Pal. B. '89, 145. Bombax carolinum Vellos 89, 139, 141. Bombax Ceiba L. 89. Bombax Ceiba Lun. 89. Bombax cumanense H. B. K. 89, 139. Bombax grandiflorum Sonner. 91. Bombax heptaphyllum L. 89, 139, 141. Bombax malabaricum DG. 89, 139, 145, 384, 673. Bombax pentandrum L. 89. Bombax pubescens 89. Bombax quinatum Jacq. 89. Bombax rhodognaphalon K. Schum. 89, 139. Bombax septenatum Jacq. 89. Bombaxwolle 1, 26, 40. 42, 'i.i, 44, 45, 46, 47, 50, 63, 140, l'il, 142, 143, 144. Bombay aloe 297. Bombay aloe fibre 303, 318. Bombay hemp 201. Bombaybaumwollsamen 760. Bombayhanf 201. Bombaymacis 705, 706, 707. Bombaymacisfarbstoff 706, 707. Bombaymyrobalanen 890. Bombaysesam 779. Bombaysumbul 423. Bombyx Cynthia 539. Borassus flabellifer 340. Borassus flabelliformis L. 68, 393, 394, 395. Borassuspiassave 340, 341. Borke 455, 468, 470. Borneol 496, 516. d-Borneol 647, 648. Bornylazetat 517. Borraginaceen 96, 425, 606. Borsäure 447. Borstenhaare 875, 879. Bösling 185. Bouchea F^seudogi-rvao Cham. ."jIG. Bou Nefa 4 23. Bouea niarr.,|,|,yll;, Criff. 82. Bourbonbaiiniwollr 126. Bourbonvanille 818. Bourbonzuckerrohrvarietät 587. Bovos (Hefenextrakt) 935. I'.nwstring hemp 324. r.ialiiiianenschnur 133. i^rahniinensfhnur 103. Brahminirai stiing 103. Brahminical thivad 103. Branntweinerzeii-niig iii'.i. 768. 791, 792, 795, 797, 800. BranntweinfärJH'iiiali'i'ial 795. Brasile beneventano (Tabak) 568. BrasiLholz 406. Brasilin 506. Brasiltabak 568. Brassica asperifolia Lam. 724. Brassica Besseriana Andrz. 665, 713, 714, 719, 721. Brassica campestris Koch 724. Brassica campestris L. 721, 724, 725, 728. Brassica campestris L. var. Sarson Prain 725. Brassica cuneifolia Roxb. 713. Bra.ssica dichotoma Roxb. 725. Brassica glauca Roxb. 665. Brassica glauca Royle 725. Brassica iberifolia Harz 721. Brassica indica 723. Brassica juncea Czern. 713. Brassica juncea Hook. fil. et Thoms. 713, 725, 727. Namen- und Sachregister. 959 Brassica juncea Hook. fil. et Thoms. var. ostindica 713, 719. Brassica juncea var. rossica Hook. fil. el Th. 713. Brassica lanceolata DG. 713. Brassica lanceolata Lange 66,5, 713. Brassica Napus L. 665, 721, 728. Brassica Napus annua Koch 721, 724. Brassica Napus oleifera annua Metzg. 724, 728. Brassica Napus oleifera biennis Rchb. 724, 727, 728. Brassica Napus oleifera hienialis 724. Brassica Napus oleifera praecox Rchb. 724. Brassica Napus L. var. dichotoma Prain 725. Brassica Napus var. oleifera DG. 724. Brassica nigra Koch 665, 712, 713, 714, 715, 721, 725. Brassica praecox Kitaibel 724. Brassica quadi'ivalvis 725. Brassica ramosa 725. Brassica Rapa L. 665, 724, 725, 727, 72H. Brassica Rapa annua 721. Brassica Rapa biennis 721. Brassica rapa campestris 727. Brassica Rapa oleifera DG. 724. Brassica Rapa oleifera annua Metzg. 724. Brassica Rapa oleifera hiemalis Martens 724. Brassica Rapa oleifera praecox DG. 724. Brassica rugosa Prain 728. Brassica sinapioides Roth 712. Brassica Sinapistrum Boiss. 723. Brassica trilocularis Roxb. 665, 725. Brassica Willdenowii Boiss. 713. Brauereibetrieb, obergäriger 917, 918, 929, 940, 941. Brauereibetrieb, untergäriger 917, 918, 927, 929, 940, 941, 947. Brauereihefe 915, 918. Braunbierbrauerei 935. Braunsenf, rumänischer 723. Braunsenf, russischer 723. Brausepulverdarstellung 916. Brechen des Flachses und Hanfes 51. Brechen des Leines 163. Brechnuß 682. Brechwurzel 427. Brennereihefe 915, 918, 926. Brennereipreßhefe 926. Brennessel 76. Brennöl 675, 723, 729, 805, 903. Breslauer Krapp 467. Bristle fibre 359. Bromelia sp. 39, 98. Bromelia Ananas L. 70, 320, 321. Bromelia argentea Bak. 71. Bromelia Karatas 17, 42, 43, 45, 47, 48, 50, 70, 322. Bromelia Pigna Perott. 71, 322. Bromclia Pinguin L. 71, 322. Bromelia Sagenaria L. 70. Bromelia silvestris Tuss. 71, 322. Bromeliaceen 70, 71. Bromeliafaser 38, 98, 286, 320—823. Bromwasser 267. Broschiergarn 321. Broterzeugung 791. Brotkuchen 907. Broussonetia Kaenipferi Sieb, et Zucc. 75. Broussonetia Kasinoki Sieb. 75. Broussonetia papyrifera 100, 264, 273, 369, 370, 384, 385, 387, 402,' 403. Broussonetiabastfaser 384—387. Brown Hemp 196, 201. Brunnenseile 264. Brun.ssche Watte 131. Brustkraut 524. Buazefiber 82. Buccoblätter 505. Buche 32. Buchecker 820—823. Buchenkerne 795, 820—823. Buchenlaub 579. Buchnüsse 820—823. Büchsenhefe 916. Burhweizenstärke 796. Bulbillen 298. Bulk oil 512. Bulnesia Sarniienti Lorentz 618. Bulousgras 67. Bulubafaser 96. Bun-ochra 88, 254, 256. Buntpapier, chinesisches 371. Burber 509. Burbura 851. Burgunderrübe 476. Burleytabak 568. Burseraceen 670, 800. Bursera Delpechiana Poisson 418. Bürslenfabrikation 320, 334, 342, 362. Buschsalz 497, 498. Butea frondosa Roxburgh 81, 420, G02. Butea monosperma Taub. 81, 420. Butea parviflora Roxb. 81, 602. Butea superba Roxb. 81, 420, 602. Buteazellulose 384. Butein 602. Butin 602. Buttersäure 843, 925. Butylalkohol 502. Byssus 134. Caa hee 522. Cacao hlanco 767. Cacao bravo 767. Cacao mico 767. Cactaceen 674. Cadillo 88. Cadinen 523, 564. 960 Namen- umJ Saclireirister. Cacsalpinia brevifolia Benth. 707, 869, 870. Caesalpinia coriaria Willd. 797, 858, 859, 860, 861. Caesalpinia digynaRott. 797, 863, 864, 865, 866. Caesalpinia gracilis Miq. 863. Caesalpinia melanocarpa Gr. 504. Caesalpinia oleosperma Roxb. 863. Caesalpinia Paipae Ruiz. et Pav. 797, 862. Caesalpinia timorensis DC. 52, 81. Caesalpinia tinctoria (H. B. K.) Benth. 797, 863. Caesium 576. Cäiro 357. Cajeputöl 511, 522. 793 Cajun 73. Calabacillokakao 766. Calabasse 806. Caladium giganteum Blume 70. Calamintha Nepeta Link et Hoffm. 518. Calamus sp. 70. Calamus Rotang Willd. 2'). :n Calamus Royleanus Criff. 70 Calamus rudentum Lour. 70. Calcei spartei 327. Calcuttahanf 238. Calebasse 807. Calendula officinalis 1>. riU'.i. illT Calendulablüten 614, 615. (517, «IS. Calendulin 618. Calluna vulgaris 366. 390. 514. Calotropis gigantea R. Y\v. '.>. 17. 'A'.K 40, 42, 43, 44, 46. 50. ',i'i. 'r;. r,9. l.'.O, 207, 208. Calotropis Hamiltonii Wight 95. Calotropis herbacea Roxi). 95. Calotropis procera R. P>r. 17. 95, 150. 151, 154. Calumbanin 418. Calumbasänre 418 Calnmbin 418. Calyptranthes aroniatic:i Sl. Hü. ('.40. Calysaccion longifolium Wight 60'i. Camatavalonen 825, 828. 829. Camattiiiavalonen 825, 828. 829. Camellia Thea Lindl. '.21. Camellia theifei'a CrilT. j21. Camelthorn 797. I-Campfer 522. I-Camphen 632. Camphor seeds 793. C-ana 194 200. Cana agria 447. Canadian Moonseed 41K. Canadin 417. Canaigrcwurzel 415. 447— 4.')(>. Cananga latifolia 619. Cananga odorata (Lam.) Hoek. fil. ei Thoms. 600, 619. Canangnbaum 620, 621. 670. 185, 499. 99, 184, 185 77^ Canangaöl 619, 621. Canarium-Arten 670. Canarium polyphylium K. Schum. Canarium Schweinfurthii Engl. 800 Caaavalia ensiformis DC. 669. Canavaüa gladiata DC. 669. Gandagang 86. Candiavalonea 824, 828. Canna sp. 413. Cannabis iiulica Lam. 184, .Gannabis sativa L. 76, 97, 193, 196, 499, 795, Cannaceen 413. Cannasäure 594. Canne aigre 447. Canscora diffusa R. Br. 93 Canseish (Baumwolle) 128. Caparrosa 500, Capeblätter 500. Cappelletti 636. Caprifoliaceen 607, 806. Caracaskakao 766, 770, 771 Cäradäschrift lOO. Garagate 353. Caraguata fibre 71. Caramaniavalonen 824, 825. Carapichofaser 342. Garavasseravalonen 824, 825. Garavonicabaumwolle 110, 130. Garavonicawolle, »Seide« 130. Garavonicawolle, »Wolle» 130. Carbasa 135. Cardamomen 793, 974, Cardamomen, bengalische 793. Cardamomfett 673. Gardamomum 502, 518.. Cardamomum mi;ijus 793. Gardol 800. Garex bryzoidos L. 2, 67. Careya arborea Roxb. 93. Garica Papaya L. 802, 803. Garicaceen 802, 803. Carlina a.juili.-^ L. 428. Carlina gunimirer.t l-ess. 428. Carludovica iialinata Ruiz et Pav. 70. Carminativum 434. Garnes (Ifofenpräparat) 933. Garobben 869. Carotinoide 615. Garoto de Ajonjoli 779. Garpinus betulus 205. Garpopodium 737. Garrapicho 254. Cartagenasteimiuß 677. Garthamusblüten 616. Garthamussekret 905. Carthamus tinctorius L. 609, (J56, 657 658, 659. 807. 903, 904, 905. Carthamus tinctorius angustifolius 657. Carum Carvi L. 804. Caruncula 756. -Namen- und Sachregisler. 961 tarvacrol ol(>. 517. 018. Carvon 557. 1-Gai'von 556. Carya sp. 663. Caryocaraceen 802. Caryophyllaceen 415, 416, 500, 599. Caiyophyllen 639. 842. Caryophyllus aromaticus L. 605, 803. Caryota mitis Lour. 69, 350. Caryota urens L. 69, 340, 341, 350. Garyotapiassave y, 341. Gascalole 858. Ca.scarin 888. Gasea blanca-Rinde 863. Gaslimirshawl 418. Casita 875. Gassia auriculata L. 81. Gassia lignea 501. Gassiabaum 502. Gassiablüten 600, 601. Gassiaöl 501, 502. Gassiaöl, künstliches 503. €assieblüten 601. Cassie Romaine 601. Cassier de Farnese 601. Cassier du Levant 601. Cassier vrai 601. Castanea Gärtn. 384, 795. Castanospermum australe Cunn. 666. Gastellamarebaumwolle 130. Cat tail 64. Gatha edulis Forskai 507. Gaulophyllum thalictroides Michx. 418. Gawnpure Raps 725. GayennebaumwoUe 126. Cayennenelken 635. Geanothus americanus L. 508. Cebu hemp 280, 283. Gedratöl 799. Cedrolimone 799. Cedroöl 799. Ceiba pentandra (L.) Gärtn. 89, 672. Geibawolle 139. Celastraceen 507, 671. Gelastrus paniculatus Willd. 671. Gelmisia coriacea Hook. fil. 97, 370. Geltis Roxburghii Miq. 75. Gentaurea Beben Larn. 429. Gentaurea cerinthaefolia Sibth. 429. Gentaurea salmantica L. 97. Gentefolierose 623. Centipeda minuta G. B. Glarke 523. Gepa caballo 419. Cephaelis Ipecacuanha A. Rieh. 427. Gerasus vulgaris Mill. 526. Geratonia Siliqua L. 542, 546, 666, 797, 869. Cereus pecten aboriginum Engelm. 673. Gerevisin 922. Gerolin 936. Gerris Spach. 824. Wiesner, Rohstoffe. III. Bd . 3. Aufl. Gerylalkohol 843. Geyloncardamomen 794. Geyloncitronellöl 496. Chalaza 684, 730, 739, 740, 763, 787. Ghalba 778. Chamadavalonen 825. Ghamadinavalonen 825. Ghamaeleon albus 428. Chamaelirium carolinianum Willd. 411. Ghainaelirium luteum A. Gray 411. Ghamaenerium sp. 68, 74. Chamaenerium angustifolium Scop. 93. Ghamaerops humilis L. 68, 350. Ghamaerops hystrix Fräs. 68, 350. Ghamaerops Ritchiana Griff. 68, 350. Ghamälirin 411. Chami 540. Ghampacablüten 600, 618, 619. Ghampacablütenöl 618, 6.19. Ghamr el Madjnüne 796. Ghandul 75. Chanvre 184. Chanvre de Mahot 85. Chardonnetseide 131, 132. Charta bombycina 135. 371, 403. Charta corticea 399. Ghavlbetol 498. Chavico Betle Miqu. 498. Chavicol 511. Chayaver 427. Chayroot 427. Chebulinsäure 894. Chemischgrün 885. Chenopodiaceen 415, 499, 500, 664. Ghenopodium album L. 664, 903. Chenopodium ambrosioides L. 499. Ghenopodium anthelminticum L. 499. Chenopodium mexicanum Moq. 415. Chenopodium Quinoa L. 664. eher 84. Chiang 668. Chica 520. Chican Kadia 87, 97, 204—207. Chicha 800. Chieha de allgoroba 797. Chikan Kadia 87, 97, 204—207. Chikarot 520. Chimö 579. Chinagerbsäure 435. Chinagras 17, 22, S6, 77, 78, 79. 9«. 2fl!< —223, 226, 227, 240. Chinagras, kotonisiertes 218. Chinagras, Abstammung 201, 210. Chinagras, Aufschließung des Bastes 214. Chinagras, Beurteilung der Eigenschaften der Faser 223. Chinagras, Faserdimensionen 219, 220. Chinagras, Festigkeit 217. Chinagras, Feuchtigkeitsgehalt 221. Chinagras, Gewinnung der Faser 213. 61 962 Namen- und Sachregister. Chinagras, Kotonisierung der Faser 213, 214, 21-8. Chinagras, Kultur 211, 212. Chinagras, Rohfaser 217. Chinagras, Stengeloberhaut 215. Chinagras, Torsionsfestigkeit 218. Chinagras, Verschiebungen der Faser 220. China grass 210, 211. Ghinajute 86, 87, 250. Chinasurrogat 427. Chinese Wild-Pepper 799. Chinesische Gelbschoten 896—898. Chinesische Nessel 210. Chinesischer Tabak 568. Chinonchlorid 31. Chique-chique 338. Chitin 920. Chitrangfaser 275—277. Chlor 487, 576. Chloranthaceen 599. Chloranthus inconspicuus Sw. 599. Chloranthus officinalis Blume 599. Chlorkalziumverfahren bei der Vanille- zubereitung 814, 815, 816. Chlorogalum pomeridianum Kunth 411. Chlorogenin 469. Chlorophyll 217, 595. Chnoophora tomentosa Bl. 407. Cholera asiatica 423. Gholerawurzel 431. Cholesterin 926. Cholin 435, 843. Chondravalonen 825, 829. Chondrilla graminea M. Bieberst. 429. Chondrilla prenanthoides Vill. 429. Chor Putta 76. Chorisia sp. 139, 140. Chorisia crispifolia Kunth 89. Chorisia Pecholiana 89. Chorisia speciosa St. Hil. 89. Choti (Jute) 248, Chouma 210. Chromatinsubstanz des Zellkernes 920. Chromatophor 618, 817. Chrozophora plicata (Vahl) Juss. 800. Chrysopogon Gryllus Trin. 67. Chrysorhamnin 888. Chu-ma 209. Churrus 185. Chrysanthemin 655. Chrysanthemum caucasicum Willd. 649. Chrysanthemum Chamomilla Bernh. 608. Chrysanthemum cinerariaefolium (Trev.) Bocc. 608, 649, 650, 652, 653. Chrysanthemum corymbosum L. 649. Chrysanthemum inodorum L. 649. Chrysanthemum macrophyllum Waldst. et Kitaibel 649. Chrysanthemum Marschallii Aschers. 608. Chrysanthemum Parthenium Bernh. 522. Chrysanthemum Parthenium Pers. 649. Chrysanthemum roseum Web. et Mohr 608. Chrysophansäure 415, 449. Chrysophyllum glycyphloeum Cäsar. 463. Chrysopogon Grillus Trin. 408. Chrysopogonfaser 408. Chymosin 759. Ci 296. Cibotium sp. 1. Cibotium Barometz Kz. 63, 407. Cibotium glaucescens Kz. 63, 407. Cibotium glaucum Hook. 63, 407. Cicer arietinum L. 667. Cienfuegosia anomala Gurke 84, 104. Cimaravalonen 824. Cineol 501, 510, 511, 512, 513, 516. öl^-. 522, 557, 619, 647, 648, 793. Cinnamomum Camphora Fr. Nees ei Eberm. 501. Cinnamomum Cassia Bl. 501. Cinnamomum Loureirii Nees 600. Cinnamomum zeylanicum Breyne 501. Cistaceen 509. Cistus salvifolius 509, 542. Citral 408, 495, 496, 511, 513, 516. ^ii-. Citriosma oligandra Jul. 501. Citron oil 799. Citronellal 495, 496, 497, 505, 518. Citronellgras, altes 496. Citronellgras, neues 496. Citronellol 495, 496, 504. 1-Citronellol 628. Citronellol 495, 497, 517. Citronengras 496. Citronnier 629. Citrus sp. 629. Citrus amara L. 798. Citrus Aurantium L. 629, 630, 798. Citrus Aurantium Risso 603, 629. Citrus Aurantium subsp. amara L. 62i». Citrus Aurantium dulcis L. 629, 798. Citrus Aurantium sinensis Gallesio 625i, 798. Citrus Bergamia (Risso et Poiteau) Wight et Arn. 798. Citrus Bigaradia Duhamel 603, 629, 630. 798. Citrus Bigaradia Risso 506. Citrus Limetta (Risso) Engler 799. Citrus Limetta var. DC. 798. Citrus Limonum (Risso) Hook. f. 506, 978. Citrus medica L. 603, 629, 630, 798. Citrus medica cedro Gallesio 799. Citrus medica genuina Engler 799. Citrus medica L. subsp. Limonum (RissoJ Hook. f. 629. Citrus medica Risso 799. Citrus nobilis Loureiro 798. Citrus sinensis (Gall.) 798. Citrus sinensis decumana (L.) Bon. 798- Citrus sinensis sanguinea Engl. 798. Namen- und Sachregister. 963 Citrus vulgaris Risso 629, 798, 799. Cladosporium herbarum Link 161, 169. Clarkemaschine 282. ClausenaAnisum-oleus (Blanco) MerillSOo. Clausena Wampi Blanco 506. Clitoria Ternatea L. 602. Clou de Maque (Beeren) 801. Clous de girofle 634. Cluytinsäure 843. Cocablatt 505. Cocain 505. Cocci 876, 877. Coccinia indica W. et Arn. 97. Cocoa 766. Cocculus cordifolius DC. 79. Cücculus laeba DC. 796. Cocculus palmatus DC. 418. Cocculus pendulus 796. Cochiningwer 440. Cochlearia officinalis L. 502. Cochlospermaceen 91, 421. Cochlospermum Gossypitim DC. 91, 141. Cochlospermum tinctorium A. Rieh. 421. Coco de mono 92. Cocos crispa H. B. K. 70. Cocos lapidea 808. Cocos nucifera L. 24, 70, 98, 99, 357, 358, 662, 684, 691, 792, 809. Cocos nucifera var. cupuliformis 358. Cocos nucifera var. rutila 358. Cocos nucifera L. var. stupposa 358. Cocos fibre 357. Codex Cortesianus 400. Codex peresianus 400. Codex Troano 400. Coelococcus sp. 662, 675, 683, 684, 686, 690. Coelococcus Carolinensis 683. Coelococcus salomonensis Warb. 683, 684. Coelococcus Warbiirgi Helm 685. Coelococcussamenanatomie 685. Coeloglossum sp. 413. Coerulein 564. Coffein 500, 775. Coirfaser 8, 10, 62, 70, 98, 342, 357—362. Coix lacrimae Jobi L. 791. Coix lacryma L. 24, 791. Colchicin 411. Colchicum autumnale L. 411. Gollinsonia canadensis L. 426. Colocasia antiquorum Schott 409. Colomboholz 418. Golonsteinnuß 677, 678. Colpoon compressum Berg. 499. Columella 637, 638. Colza 724, 728. Colza brun de Calcutta 725. Colza de Ferozepore 725. Colzakuchen 728. Colzaöl 728. Combretaceen 92, 510, 803. Combretum Bambaultii 510. Compositen 97, 428, 429, 521—524, 608, 609, 807. Comptonia asplenifolia Aiton 499. Comptoniaöl 499. t Condari 666. I Coniferen 662. : Coniferin 487, 818, 819. Coniferylalkohol 818. Gonocarpus racemosus L. 510. I Gonvallaramin 410, 411. Convallaria majalis L. 410. 671, 672. Convolvulaceen 424, 425. Convolvulus floridus L. 425. Convolvulus panduratus L. 425. Convolvulus Scammonia L. .425. Convolvulus scoparius L. 425. Cookia punctata Sonnerat 506. Copaiba sp. 745. I Copaiba Jacquini Desfont. 745. i Copaifera Jacquini Desfont. 745. Coperah 691. Coptis Teeta Wallich 417. Coptis trifolia Salisb. 417. Coqueiro indaio 792. Coquilla 808, 810, 811, 812. j Gorchorus sp. 369. Corchorus aestuans L. 83. I Corchorus capsularis L. 23, 49, 82, 98, 99, 239, 240, 242, 246, 247, 248, 249, 253. Corchorus decemangulatus L. 82. Corchorus decemangulatus Roxb. 239. Corchorus fascicularis L. 83. j Corchorus fuscus L. 239. j Corchorus fuscus Roxb. 82. Corchorus olitorius L. 50, 82, 98, 99, 239, I 240, 242, 246, 247, 248. Corchorus siliquosus L. 83. Corchorus tridens L. 83. Corchorus trilocularis 83. Corchorusfaser 252. Cordia angustifolia Roxb. 96. Gordia cylindristachya Kom. 96. Cordia latifolia Roxb. 17, 39, 41, 42, 44, I 45, 48, 49, 62, 96, 98, 261—263, 264. , Cordia obliqua Willd. 96. I Cordia Rotthii R. et Seh. 96, 261. Cordiabast 261. Cordiafaser 38, 96, 261—268. Corfuvalonen 824, 825. Coriander 804. Coriandrum sativum L. 804. Coriamyrtin 541. Coriaria myrtifolia L. 506, 532, 539. Coriaria ruscifolia L. 540. Coriaria sarmentosa Forst. 540. Coriaria thymifolia Humb. 540. Coriariaceen 506. Corite textile 239. Cornaceen 805. • Gornus mas L. 805. 61* 1)04 ,\amen- und Sacliregister. Cornus .-aiiguinea L. 805. Coroscomiß 675, 808. Corozo crAbyssinie 687. Coitex Aiirantioruni 798. Coiypha sp. 393, 394. Corypha umbraculifera L. 68, 393, 394, 663. Coscinium fenestratum Colebr. 418. Costns speciosus Sm. 412. Cotinus coggygria Scöp. 507. 532, 537, 538. Colon (franz.) 100. Coton nanking ä courle soie 103, 130. Coton pierre 103, 104. Cotton (engl.) 100. Cot ton grass 68. Cottongumzellulose 384. Cotula alba L. 523. Coumaiouna odorata Aubl. 667, 744, 745. 798. Coumarouna oppositifolia (Aubl.) Taub. 667, 744. Coumarouna pteropus Taub. 667, 745. Courtrayflachs 166. Grassula pinnata L. fil. 502. Crassulaceen 502. Craveiro da terra 640. Cremor tartari 916. Crescentia Cujete L. 806. Criallokakao 766. Crin d'Afrique 68, 350. Crin vegetale 68, 69, 350, 353. Croc 663. Crocetin 615. Crocin 599, 610. 615, 898. Crocoideeii .''i'.i!^, Croco.se 61-') Crocosma üumm rianch. .".'.i'.i. Crocus austiinrus 61(> Crocus galliriis diu Crocus hispanicLiJ^ 610 Crocus indicus 447. Crocus Orient alis 61U. Crocus Pallasii M Bidi. .v.is. r.li). Crocus reticulaln,^ sir\ r,i(i Crocus sativiis Smiih .",'js. r.ii'i. r, in, 611. Crocus salivns i., \;ii ;iul mnnulis L. 5'tS. 609. 610. lilJ. <:rocus Siilivns ji l',ill;,sii \l.,u .".-.iS. 610. Crorus s.-iliviis L. /;. \, riiii> .'.'.is, Crocus si.r.iiisiis M. liii'l,. .-,'.)S. 610. Crocii.s viinci^iihis lliipii, i'.io. Crocus vfi-iins All. .".'.IS. cl i. Crocus zeyliiiiii ii> :,\:;. Croix de Alallr ', IC Crotalari;! t'.iirliin so. -Joo. Crotalariii in Irnnr.li;, Kul.srhx T'i. .Crotalaria jniKr.i -j.:;. :;',i. ',i\. .Mi. 79, 97 194. 196', 200-204. r.'.i. :;6',i. Crotalaria juncea Bastras.r -20(1 204. Crotalaria retusa 80. 200 Crotalaria tenuifolia Roxb. 79, 200. Croton tinctorium L. 506. Crozophora tinctoria Juss. 506. Cruciferen 502, 665. Cryptolobus subterraneus Spreng. 668. Crystallina (Zuckerrohrvarietät) 587. Cserbeltabak 569. Csetnekertabak 568. C.n.uhjdus Beben L. 416. Ciniirliila Lagenaria L. 807. Cucurbitaceen 97. 675, 807. Cuerorinde 863. Cumarin 526, 530, 580, 581, 582, 584, 647, 666. 744, 745, 750, 751, 797. Cumarinsäureanhydrid 751. Cumarinsynthese 751. Cumarylige Säure 751. Cuminaldehyd 513, 799. Cuminum Cyminum 804. Cuminum Cyminum L. 804. Cundeamar- Kakao 766. Cupania americana L. 672. Cupresseen 493, 494. Cupressus fastigiata DC. 494. Cupressus glauca Lam. 494. Cupressus lusitanica Mill. 494. Cupressus pendula THerit. 494. Cupressus sempervirens L. 494. Cupressus sinensis Hort. 494. Cupressus Uhdeana Gord. 494. Cupripektat 33. Cuprol 937. Curculigo latifolia Dryand. 73. Curculigo seychellarum Baker 73. Curcuma 443. Curcuma aromalica Salisb. 412. Curcuma longa L. 74, 412, 443. Curcuma rotunda 443. Curcuma Zedoaria Rose. 412. Curcuma Zedoaria Roxb. 412. Curcuma Zerumbet Roxb. 412. Curcumapapier 447. (jircumin 444, 446. Curerorinde 863. Curi'y powder 447. tluscus-root 430. Cuscula ejulinum Weihe 161. Cutiloid 666. Cutin 11. Cuttings (Jute) 249. Cyanidin 627. Cyanin 627. Cyatheaceen 63. Cycadaceen 63. Cycas circinalis L. 63. Cyclamen europaeum L. 424. Cyclamin 424. Cydonia vulgaris Pers. 665. Cymbopogon coloratus Stapf 497. Cymbopogon citratus Stapf 408, 495. Cymbopogon flexuosus Stapf 495. Namen- und Socli 96; Cymbopogon l'lexuosus Stapf f. albescens , 495. • Cymbopogon Martinianii-^ Srlmll. i94. Cymhopogou Martini Sl;i|ir ','.i'i. Cym])opog-on Nardus Krndli- 'i'.m>. <:ymbopogon Nardns Rendlu lunabatu 496. Cymbopogon Nardns var. c.onfertiflorus Stapf 496. >:ymbopogon Nardus var. Linnaei (typi- oiis) 497. cymbopogon pendulns Staiil" VJ*',. ilymbopogon polynenins Sl;i|.r '.'j;. Cymbopogon Schoenantluis Spreng. 497. Cymbopogon sennaarensis Chiov. 495. Cymbopogon Winterianus Jowitt 496. Cymol 513, 516, 517. Gynanchum extensum Ait. 95. Cyperaceen 67, 68, 408, 409, 497. Cyperus esculentus L. 409. Cyperus Haspan L. 497. Cyperns hexastachys Rottb. 408. Cy|.ci'us longus L. 408, 409. Cyperus Papyrus L. 7, 67, 100, 396, 397, 398. Cyperus pertenuis Roxb. 408. Cyperus rotnndus L. 408. Cypei'us scariosns R. Br. 408. Cyperus Schimperianus Steud. 67. typerus stoloniferus 408. Cyperus textibs Thunberg 67. Cyprus 549. Cyrtospernia senegalense (Schott) Engler 498. Gystolith 231. • Cytisus scoparius Lk. SO, 224, 251. Cytosin 921. Daccajute 249. Dagestaner Tee 503. Dahlia variabiHs 903. Daiseejute 249. Dakotaflachs 176. Dampfröste 167. Danais fragans Commers. 427. Dangdoer gedeh 90. Danshi 403. Daphne Bholua Don. 91. Daphne cannabina Wall. 91, 369, 370. Daphne Lagetta Sw. 91. Daphne papyracea Wall. 91, 92. Daphne pendula Sm. 91. Daphne pseudomezereum A. Gr. 91. Daphne Wallichii Meisn. 91. Daphnopsis brasiliensis Mart. 91. Dardanellenvalonen 824, 825. Daru 605. Datisca cannabina L, 90, 509. Datiscaceen, 94, 509. DatLscin 509. Dattel 792. Dattelmesokarp 688. Koc Dattelpalme 792. Datteisamenoudosperm 685, Dauerhefe 924, 936, 938. Daumpalme 687. Debregeasia hypoleuca Wedrl Debröertabak 569. Deccan hemp 196. Deckblätter (Zigarren) 578. Deckhaar 534, 535, 536, 562 Deckzellen 59. Deckzellenkieselkörper 362. Dedeaghvalonen 824. Deers tongue 580. Degummierungs verfahren iNf Dehnungsmodul der Fasern i Deinbollea nyikensis Baker 4 Dekortikationsmaschine 213. Delftgras 497. Delhibaumwolle 128. Delima sarmentosa 508. Delphinidin 634. Delphinium camptocarpum C Delphinium Consolida' 634. Delphinium Zalil Aitch. et H 889. Denaturierungsmittel 551. Denje 87. Depot (Satzhefe) 927. Desechito (Tabak) 573. Desecho (Tabak) 574. Desinfektionsmittel 363, 513, Deter-euti;. ,S7:;. Deuls,-Ie's Kiereniii.hlelol 4y3. Deul/i,, s;.!,r;, Tliuiil.. 2i. 503. Devil nefUe 77. Dexlrai, ^S- Dextrui -7. Dextrose 27, '188, 756, 775, 790, 923. Dhaiphul 604. Dhak 81. Dharwar (Baumwolle) 128. Dhäya-phül 604. Dhelum Outan 557. Dhelum wangi 557. Dhollerahbaumwolle 124, 128. Dhunchee fibre 80. Diagnostische Merkmale für die \j suchung von Blattfragmenten i9; Dlalium sp. 666. Dialose 666. Dianthus Carthusianorum L. 4Ii'.. Dianthus Caryophyllus L. 5'.)".). Diastaseferment 685. Dicksonia Menziesii Hook. 63. Dictyosperma filinisinu Wrjelit Dictyosperm;i|ii;iss;ive :r, L .{',ii, Didiclya (AlileilmiL: \"u \!r,.ii, 568. Diffusionsve]'!', ihren |,,.i (■■■wim Zuckerrübensaftes ',^i._ ',>- • h 500, v 600, .17, 577. 340. 566, des 966 Namen- und Sachregister. Digitoflavon 526. Dihydrocuminalkohol 495. Dihydrokuminylazetat 557. Dilem (Patschuli) 558, 559. Dilemblätteröl 559. Dill 514. Dilleniaceen 508. Dillöl 514. p-Dimethylaminobenzaldehyd 547. Dinitrokresolkali 616. Dioscorea alata L. 411. Dioscorea Batatas Ducne. 411. Dioscorea Tokoro Makino 411. Dioscorea villosa L. 411. Dioscoreaceen 411. Diosphenol 505. Diospyros Embryopteris Pers. 805. Diospyros Kaki L. fil. 805. Diospyros peregrina (Gärtn.) Gurke 805. Dioxynaphthalin 794. Dipalmitin-Cholin-Lezithin 926. Dipenten 495, 517, 557, 632, 799. Dipsaceen 607. Dipsacus ferox Lois. 607. Dipsacus fullonum L. 607. Dipterocarpaceen 673. Dipteryx nudipes Tul. 745. Dipteryx odorata Willd. 667, 744. Dipteryx pteropus Mart. 745. Dipteryx rosea Spruce 745. Dipteryx tetraphylla Benth. 745. Dirca palustris L. 91. Dispopofaser 43, 291, 311, 312. Distillerie ambulante 646. Diureticum 688, 895. Dividivi 797, 828, 834, 858—863. 893. Dividivi, falsche 862. Dividivi von Bogota 862, 863. Dividivihülsenanatomie 860 — 862. Dividivischoten 859. Docht 250. Dog tongue 580. Dombeya sp. 90. Doppelbrechung von Fasern 9, 311. Dorema Ammoniacum Don 423. Dosten 517. Dostenöl 517. Dowrajute 241, 249. Dracaena sp. 5. Dragomestrovalonen 824, 825. Dreschlein 156. Dreschmohn 708. Dresdner Mayacodex 400. Drillo 826, 828. Drilo 826, 828, 833. Drogen 406. Drüsen 491, 797, 800, 872. Drüse, innere 561. Drusenbranntv/ein 917. Drüsenhaar 534, 535, 550. 553, 560, 571, 617, 633. 634, 654. 'Drüsenhaar, inneres 561, 563, 773. Drusenöl 917. Drüsentrichome 583. Dryandra cordata Thunb. 670. Dryllo 826. Drylo 826. Dshabbalpurmyrobalanen 890. Duggal fibre 79. Dumpalme, ostafrikanische 675, 687, 688, 691. Düngemittel 939, 940. Durazzovalonen 824, 825. Durchzugsstroh der Virginierzigarren 328. Durrha 67. Duvaua dependens ,DC. 507. Earth-nut 743. East Africa Sisal 297. Ebangabunga 498. Ebenaceen 805. Eberwurzel 428. Ebonitersatz 940. Echites grandiflora Hook, et Arn. 94, 154. Echites grandiflora Roxb. 94. Echites longiflora Desf. 94. Echium asperrimum Lam. 426. Echium creticum Lam. 426. Echium italicum Gmel. 426. Echium italicum L. 426. Echium pyramidatum DC. 426. Echium Rauwolfii Del. 426. Echium rubrum Jacq. 426. Echium tinctorium Oliv. 426 Echium violaceum L. 426. Echium vulgare L. 466. Eclypta erecta L. 523. Edelkastanie 382. Edelkastanienholzzellulose 384. Edeltanne 493. Edeltannennadelöl 493. Edeltannenöl 493. Edeltannenzapfenöl 493. Edgeworthia chrysantha Lindl. 92, 370, 371, 387. Edgewrorthia Gardneri Meisn. 92, 369, 370. Edgeworthia papyrifera Salzm. 46. 47, 92, 100, 387, 388, 389, 403. Edgeworthiafaser 92, 387—389. Edredon vegötale 139, 140. Egerer Nessel 235. Egreniermaschine 106, 107. Egyptian brown (Baumwolle) 129.. Ehpuqua 411. Eibisch 421. Eibischblätter 579. Eichel 823, 825. 833, 834. Eichenrinde 539, 540. Eichenrindenersatzmittel 543. Einreibungen gegen Rheumatismus 802. Eintrocknen des Faserweichbastes 307. Einzellzucht (Hefen) 914. 915. >'amen- und Sachrosister. 967 Eira caa 522. Eisenchlorid 245, 258. Eisenoxyd 487, 576, 660. Eiweißreaktionen 722. Eiweißstoffe 481, 487, 573, 576, 595, 660, '>66, 667, 681, 696, 700, 701, 703, 712, 717, 721, 728, 743, 750, 753, 789, 791, y27, 930. Ejoo 69. Eju 341. Elaeis guineensis L. 662, 696, 698, 792. Elaeis melanococca Gärtn. 662, 696. Elaeocarpaceen 801. Elaeopten 628. Elastizitätsmodul der Fasern 21. Elefantenläuse, ostindische 801. Elefantenläuse, westindische 800. Elektorälrübe 480. Elemiöl 497. Elettaria alba Blume 794. Elettaria Gardamomum White et Maton 793. Elettaria major Smith 794. Elettaria media Link 794. Eleusine coracana Gärt. 65. Elfenbein, vegetabilisches 662, 675 — 691, 882. Elfenbein, vegetabilisches abessinisches 675, 687—691. Elfenbein, vegetabilisches ostafrikanisches 675, 687—691. Elfenbein, vegetabilisches polynesisches 675, 680, 682—686. Elfenbein, vegetabilisches südamerika- nisches 675—682, 687. Elfenbeinnuß 675, 685. Elfenbeinpalme 676. Elfenbeinpalmenfruchtkolben 676. Ellagengerbsäure 862, 894. Ellaggerbsäure 862. Ellagsäure 862, 894. Elsässer Krapp 467. Elsässer Tabak 568. Embira brenca 91. Emblica officinalis Gärtn. 800. Embryo (Keim) 791, 875, 877, 878, 884, 888, 890, 898, 907, 911. Embryogrube 676, 684, 689. Embryopteris gelatinofera Don 805. Emeticum 895. Emmendinger Ramiegesellschaft 212. Emodin 414, 415. Emulsin 503, 732, 733, 790. Enalus acoroides Steud. 65. Endodermis 430, 431, 432, 433, 438, 442, 44 i. 445. Endokarp 676, 677, 678, 688, 693, 694, 698, 699, 729, 807, 847, 853, 854, 867, 873, 877, 878, 880, 882. 886. 888, 890, 891, 893. Endopleura 877. Endosperm 663, 678, 680, 684, 685, 689, 690, 693, 694, 695, 696, 698, 699, 701, 702, 704, 711, 717, 718, 719, 732, 748. 753, 755, 757, 758, 764, 780, 781, 782, 783, 787, 788, 789, 818, 822, 845, 848, 849, 883, 884, 888, 896, 897, 901. 904, 906, 908. Endosperm, ruminiertes 663. Endotryptase 923, 945. Enfleurage ä chaud (bei Rosenpomade- gewinnung) 626. Enfleurageverfahren 598, 641, 642. Engarrada (Vanille) 815. Engelsüß 463. Engelwurz 422. Enhalus Koenigii L. C. Rieh. 65. Enosvalonen 824. Entbittern der Abfallhefe 929. 930. 947. Entfaserungsmaschine 282, 300, 304. Entkeimung der Getreidekörner 791. Entkörnungsmaschine 106, 107. Enzym 666, 733, 759, 790, 916, 922, 923, 924, 933, 938. Enzym, tryptisches 923, 933. Epicampes sp. 67. Epidermis 61, 182, 190, 203, 205, 231, 353, 354, 372—376, 378, 491, 535, 536, 537, 540, 541, 544, 545, 548, 553, 561, 726, 731, 740, 741, 746, 758, 762, 816, 817, 839, 847, 849, 853, 855, 857, 860, 861, 865, 866, 870, 871, 872, 877, 878, 879, 882, 886, 888, 891, 892, 893, 897, 900, 901, 904, 906, 907, 908, 910, 911. Epikarp 676, 729, 877. Epilobium angustifolium L. 93. Epithel 627, 630, 631, 634, 657. Equisetum sp. 491. Equisetum hiemale 24. Equisetum pratense 23. Equisetum silvaticum 23. Equisetum Telmateja 24. Equisetum variegatum 23. Erdbirne 428. Erdeichel 743. Erderbse 668. Erdnuß 734—744. Erdnuß, brasilianische 735. Erdnuß, peruanische 735. Erdnußgrütze 744. Erdnußhülse 737, 738, 739. Erdnußkeimblätter 740, 741, 742. Erdnußkuchen 743. Erdnußöl 875. Erdnußsamen 667, 734—744. Erdnußsamenschalen-Anatomie 740, 741, 742, 743. Erdmandel 409, 743. Erdmandel, netzfrüchtige 738. Erdscheibe 423. Erechthites hieracifolia Raf. 554. Eremurus spectabilis M. B. 410. -Xaiiien- und Sachregister. Ericaceen 514, 515. Ericolin 515. Erigeron canadense L. 521, 554. Erigeronöl 521. Erinocarpus Knimonii Hassk. 84. Eriodendron aesculifolius DC. 673. Eriodendron anfractuosum DC. 89, 139, 140, 141, 143, 144, 672. Eriodendron occidentalis Kostel 673. Eriolaena montana DC. 90. Eriolaena spectabilis PI. 90. Eriophoretum 364. Eriophorum sp. 68, 74, 390. Eriophorum angustifolium L. 68. Eriophorum latifolium Hoppe 68. Eriophorum vaginatum 364, 365. Eritrichium fulvum DC. 426. Erle 382. Ernolith 940. Ersatzfasern 74, 223, 468, Eruca sativa Lamk. 723. Erysimum Cheiri (L.) Cr. 889. Erythrina indica L. 81. Erythrina lithosperma Bl. 81. Erythrina monosperma Lam. 602. Erythrina suberosa Roxb. 80. Erythroxylaceen 504. Erythroxylon Coca Lam. 504. Erythrozellulose 919. Erytrichum glomeratum 466. Erzverarbeitungsöl 513. Esche 382. Escoba 87, 97, 205. Escobedia linearis Schlecht. 426. Escobedia scabrifolia R. et P. 426. Esdragon 522. Esmeraldasteinnuß 677. Espadinin 291. Esparto basto 328. Espartofaser 10, 11, 17, 26, 30, 35, 38, 39, 41, 42, 43, 44, 46, 48, 49, 61, 65, 98, 100, 195, 327—333, 368, 369, 377—379, 404. Espartogras 327, 328, 329, 369, 377. Espartograsblatt 578. Espartopapier 377, 378, 379. Espartostroh 373, 377. Espartozellulose 30. Espinha de meicha 663. Essence de Bigarade 630. Essence de cedrat 799. Essence de citron 799. Essence de Fustet 538. Essence de Livöche 423. Esence de Neroli 630. Essence de serpollet 518. Essence de Verveine des Indes 495. Essence volatil de Neroli 630. Essenza di cedrino 799. Essenza di cedro 799. Essenza di limone 799. Essigerzeugung 800, 801. Essigsäure 523, 595, 619, 621, 647, 770, 843. Etiolin 615. Eucalyptol 512. Eucalyptus amygdalina Lab. 512, 513. Eucalyptus amygdalina var. Australiana 512. Eucalyptus australiana Baker et Smith 512. Eucalyptus citriodora Hook. 512, 513. Eucalyptus cneorifolia DC. 512. Eucalyptus dives 512, 513. Eucalyptus dumosa Maiden. 512. Eucalyptus globulus Lab. 512. Eucalyptus goniocalyx F. v. M. 512. Eucalyptus incrassata Labill. 512. Eucalyptus Leucoxylon F. v. M. 512. Eucalyptus maculata Hook. var. citri- odora 512. Eucalyptus melliodora A. Cunn. 512. Eucalyptus odorata Behr. 512, 513. Eucalyptus oleosa F. v. M. 512. Eucalyptus piperata Sm. 512. Eucalyptus polyanthemos Schau. 512. Eucalyptus polybractea 512. Eucalyptus sideroxylon A. Cunn. 512. / Eucalyptus tar 513. Eucalyptusöl 512, 513, 519. Eudesmol 512, 513. Eugenia acris W. et A. 510. Eugenia caryophyllus Thunb. 605. Eugenol 498, 501, 511, 621, 628, 639, 640. Eugenolazetsalizylsäureester 639. Eugenolmethyläther 621. Eulophia sp. 413. Eumyzeten 913. Eupatorin 522. Eupatorium Ayapana Vent. 582. Eupatorium chilense Molin. 428, 523. Eupatorium Rebaudianum Bertoni 522. Eupatorium triplinerve Vahl 582. Euphorbiaceen 82, 421, 506, 670, 800. Eurhamnus (Untergattung) 884. Eurostose (Hefenpräparat) 933. Euryangium Sumbul Kauffm. 423. Eutannin 894. Euxanthin 507. Euxanthinsäure 507. Euxanthon 507. Evonymus sp. 671. Exine 614. Exogonium Purga Benth. 424. Exokarp 688, 878, 910. Experiment, physiologisches bei Wert- bestimmung von Insektenpulver 655. Extraktionsmethode 641. Fächererzeugung 431. Fadenpilze 912. Faex medicinalis 935. Namen- und Sacliref 969 Fagaceen 795. Fagus atropunicea 384. Fagus ferruginea Ait. 795, 823. Fagus silvatica L. 795, 820. Fagus silvatica var. microcarpa Asch, et Üräbn. 821. Fallkraut 428. Fangstricke 324. Farbe der Mohnsamen, Entstehung 711. Färbeextrakt aus Hefe 935. Färbematerial 406, 414, 421, 422, 425, 426, 427, 428, 465, 467, 470, 471, 500, 502, 503, 504, 506, 507, 508, 509, 513, 514, 515, 520, 521, 524, 525, 526, 531, 537, 538, 539, 543, 547, 549, 599, 602, 604, 605, 606, 616, 632, 656, 657, 661, 663, 669, 67i; 673, 794, 795, 796. "'is. 800, 801, 802, 803, 805, 806, 85s, s,,m. 862, 870, 884, 889, 890, 894, 895. .S',)7, 898, 903. Färbemittelzusatz 408. Färberginster 504, 514, 530, 531. Färberresede 524. Färberröte 467—470. Farbstoff 413, 414, 415, 425, 450, 487, 520, 525, 536, 547, 548, 549, 627, 657, 659, 660, 661, 663, 669, 791, 796, 797, 798, 800, 801, 802, 803, 805, 871, 897, 898, 903, 909. Farnesol 621, 628, 632, 672. Farnspreuhaare 407. Fasergehaltbestimmungsmethode, mikro- skopisch-graphische 236. Faserkongreß in Soerabeya 223. Fasern 1 — 405. Fasern, Abhängigkeit der Größenverhält- nisse von der Faserpflanzengröße 47. Fasern, Additionsfarben 13. Fasern, anatomischer Bau 2. Fasern, auffällige, auf dem anatomischen Bau beruhende Kennzeichen 45. Fasern, Brechiingsexponent 14. Fasern, chemische Charakteristik 25. Fasern, Deckzellen 59. Fasern, Dehnungsmodul 21. Fasern, Dichroismus 14. Fasern, Dimensionsänderungen nach den Achsenrichtungen infolge des Quellens 18. Fasern, Dimensionen der dieselben zu- sammensetzenden Zellen 47, 49. Fasern, Doppelbrechung 9.' Fasern, Elastizität 20. Fasern, Elastizitätsmodul 21. Fasern, Farbe 9. Fasern, Festigkeit 20. Fasern, Formänderungen bei Quellung 53. Fasern für die Papierfabrikation 367 — 390. Fasern, gebleichte 39. Fasern, Gestaltsveränderungen df^r Zell- haut infolge ungleicher Quellung der Zellhautschichten 53. Fasern, Glanz 9. Fasern, Härte 2:i. Fasern, Hygrosko|ii/iliil IG. Fasern, Innenhaul bei der Quellung 56. Fasern, Innenschlauch und sein Verhalten bei der Quellung 54, 55, öij. Fasern, Kennzeichen 37. Fasern, Kutikula bei X'crknivimu' der Zellulosemasse 55. Fasern, Länge der rohen 44. Fasern, Leitelemente 60. Faser, magnetisches Verhalten 24. Fasern, Maximalbreiten 49. Fasern, mikrochemische Reaktionen 38. fasern, mikroskopische Charakteristik 9, 60. Fasern, Morphologie der Asche 61. Fasern, Nachweis der Kristalle in der Asche 61. Fasern, optische Hauptachse 13. Fasern, physikalische Eigenschaften 9. Fasern, Polarisationsfarben 10. Fasern, Poren in den Zellwänden 47. Fasern, Quellbarkeit 18. Fasern, Quellung, ungleiche der Zellhaut - schichten 53. Fasern, Quellungsmittel 54. Fasern, Querschnittformen der Elemente 52. Fasern, Reißlänge 22. Fasern, Schichtung der Zellwände 47. Fasern, schraubenförmige Ablösung dei- Mittellamelle 57. Fasern, spezifische Doppelbrechung 39. Fasern, Stegmata 59. Fasern, Streifung der Zellwände 47. Fasern, Subtraktionsfarben 13. Fasern, Tragvermögen 21. Fasern, Übersicht der abgehandelten tech- nisch verwendeten Pflanzenfasern 97. Fasern, Übersicht der dieselben liefernden Pflanzen 62. Fasern, Unterscheidung auf mikrosko- pischem Wege 37. Fasern, Verdickung der Zellwände 46. Fasern, Verhalten der Kutikula bei der Quellung 54. Fasern, Verhalten gegen .Jod und Schwefel- säure 39. Fasern, Verhalten gegen Verholzung an- zeigende Reagenzien 43. Fasern, Verhalten geui^n K niifi'i'uxyd- ammoniak 41. Fasern, Verholzungsgrad narh .Iriu ('.rafe- schen Verfahren 44. Fasern, Verkürzung bei Quellung 19, 55. Fasern, Verlängerung der Kutikula,Mittel- lamelle und des Innenschlanches bei Quellung 55. 970 >'amen- und Sachiegister Fasern, Verlängerung innerhalb der Elasti- zitätsgrenze 22. Fasern, Verschiebungen in den Membran- schichten 50, 52. Fasern, Volumsänderungen bei Quellung 54. Fasern, Wärmeleitung 16. Fasern, Weltproduktion der wichtigsten Pflanzenfasern 99. Fasern, Zellulosen derselben 26. Faserpflanzen, Übersicht 62. Fäulnisbakterien 945. Feige 795. Fei-tsao-tou 797. Feldstrohzellulose 377. Feldthymian 518. Femel (Hanf) 185. Feminellasumach 533. Feminellsafran 614. Fenchel 497, 804, 844. Fenchel, römischer 804. Fenchelholz 418. Fenchelöl 517. Ferment 515, 775, 806, 818, 889. Fermentin 936. Fermentorganismen 168. Fermocyl 936. Ferratogen 936. Ferricyankalium 245. Ferrinol 937. Ferula suaveolens Aitch. et Hansl. 423. Ferula Sumbul Hook. f. 423. Festuca patula Desf. 65, 370. Fett 26, 145, 447, 463, 485, 487, 594, 662, 664, 669, 670, 671, 672, 673, 674, 686, 696, 699, 703, 704, 707, 743, 750, 775, 783, 785, 792, 796, 802, 819, 848, 873, 881, 897, 902, 908, 911, 923, 925, 926, 936, 938, 939, 944. Fettkristall 773. Fettkristallnadeln 696, 698, 699, 701, 703, 774. Fettsäure 25, 505, 698, 704, 800, 843, 925. Fettsäurekristalle 872. Fettsäureraphide 696, 698, 699, 701, 703, 774. Feuillea cordifolia L. 675. Feuillea trilobata L. 675. Feuilles Jerusalem 549. Feve Tonka 744. Fevillea cordifolia L. 675. Fevillea trilobata L. 675. ' Fibraurea Trotterii Watt 418. Fibre of the roselle 196. Fibres des baniers 279. Fibris 296. Fichte 400, 493. Fichtenholz 382, 383. Fichtennadelöl 497. Fichtennadelöl, schwedisches 493. Fichtennadelöl, sibirisches 493. Fichtennadelseife 493. Fichtenöl 493. Fichtenrindeersatzmittel 543. Ficus sp. 75, 290, 386, 401. Ficus Carica L. 795. Ficus coronata Reinw. 52, 75. Ficus elastica Roxb. 75. Ficus indica L. 75. Ficus mysorensis Heyne 75. Ficus obtusifolia Roxb. 75. Ficus politoria Lour. 499. Ficus prolixa Forst. 75. Ficus religiosa L. 75. Ficus tomentosa Roxb. 75. Fidschinuß 675. Filices 407. Filipendula ulmaria Maxim. 819. Filixgerbsäure 435. Fillers (Tabak) 574. Filtermethode der Gerbstoffgehaltsbe- stimmung 893. Fimmelhanf 185. Finduck-i-hindi 874. Firminia -platanifolia L. 90. Firnis 510, 665. Firnis von Silhet 801. Fiscbernetze 201, 257, 290. Fischernetze, Dauerhaftmachen 80o. Fischfangmittel 510. Fisole 668. Flachs 2, 6, 10, 11, 14, 15, 18, 20, 22, 24, 26, 27, 32, 36, 38, 39, 40, 42, 43, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 59, 60, 82, 97, 99, 122, 154—184, 190, 191, 193, 195, 199, 202, 204, 218, 223, 234, 236, 238, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 249, 250. 318, 358, 368, 370, 372, 373, 378. Flachs, ägyptischer 18, 171, 174, 176, 183. Flachs, belgischer 17, 170, 171, 176. Flachs, böhmischer 170. Flachs, flandrischer 171. Flachs, holländischer 170. Flachs, irischer 176. Flachs, neuholländischer 1. Flachs, neuseeländischer 25, 26, 36, 41, 42, 45, 46, 48, 49, 72, 98, 99, 314—318- Flachs, russischer Steppenflachs 183. Flachs, schlesischer 170, 171, 173. Flachs, westfälischer 171. Flachs, Anbau 157. Flachs, Aschengehalt 175. Flachs, Bassinröste 165. Flachs, Bereitungsanstalten 170. Flachs, Bleiche der Fasern 171. Flachs, Brechen 170. Flachs, Dampfröste 167. Flachs, Dimensionen der Faser 171, 180. Flachs, Eigenschaften der Fasern 171. Flachs, Einfluß der Stengelhöhe und -dicke auf die Festigkeit 172, 173. . -Xaiiien- und Sacliie"isler. 971 Flachs, Ernte 162. Flachs, Farbe 173. Flachs, Faserabscheidung ohne Röste 165. Flachs, Feinheit der Fasern 171. Flachs, Festigkeit der Faser 172. Flachs, gemischte Röste 165. Flachs, Geschichtliches 184. Flachs, Glanz der Faser 174. Flachs, Handelssorten 176. Flachs, Haupthandelsplätze 177. Flachs, Hecheln 170. Flachs, Holzmenge des geriffelten 170. Flachs, Innenschlauch der Faser 181. Flachs, Kaltwasserröste 165. Flachs, Kanalröste 165. Flachs, Klopfen 170. Flachs, Knotenbildungen 178. Flachs, Konditionierung 174, 175. Flachs, Kotonisierung 184. Flachs, Lysröste 165, 166. Flachs, Mikroskopie der Faser 177. Flachs, Oberhaut des Stengels 182. Flachs, Pilzmyzelien im Baste 173, 174. Flachs, »Protoplasmaknötchen« 181. Flachs, Reinflachsfaser 179. Flachs, Reißlänge 172, 173. Flachs, Riffeln 163, 164. Flachs, Röste nach System Courtray 165. Flachs, Rösten 163—169. Flachs, Röstreife 166. Flachs, Saatgut 159. Flachs, Schädlinge 161. Flachs, Schlammröste 166. Flachs, Schwarzröste 166. Flachs, Schwingen 170. Flachs, spezif. Doppelbrechung der Bast- zelle 9, 182. Flachs, Tauröste 164, 165. Flachs, Trocknung künstliche 163. Flachs, Verbaumwollung 184. Flachs, Verholzung 182. Flachs, «Verschiebungen« 178. Flachs, Verwendung 183. Flachs, Warm wasserröste 167. Flachs, Welthandelsobjekt 184. Flachs, wertbestimmende Faktoren 170. Flachs, westfälischer 171. Flachs, Winterröste 166. Flachs, Wurzelbastzellen 178, 179. Flachs, Zellulosegehalt nach verschiedenen Röstverfahren 169. Flachsfransenfliege 161. Flachsgärung 168. Flachslilie, neuseeländische 314, 315. Flachsrost 161. Flachsseide 161. Flachsstengelquerschnitt 4. Flachswachs 175. Flachswelke 161. Flachszellulose 27. Flacourtiaceen 509, 674. Flaveria Contrayerva Pers. 523. Flax 154. Flechte 903. Flechtwerk 687. Fleisch, vegetabilisches 744. Fleischersatz 735, 939. Fleischextrakt 934, 935. Fleischextraktersatzmittel 934. Fleischfasern 616. Fleischschicht (Perikarp) 886. Flemingia rhodocarpa Baker 797. Flemingin 798. Fleurs de Cassie 601. Fleurva aestuans Gaud. var. Linneana Wedd. 77. Flieder 806. Fließpapier 389. Flohsamen 675, 786—790. Flohsamen, indische 786, 787. Flohsamenkraut 786. Flohsamenschleim 786, 789, 790. Flores Calendulae 618. Flores Chamomillae romanae 608. Flores Chamomillae vulgaris 608. Flores Chrysanthemi 651—654, 649, 655. Flores Cinae 609. Flores cisti foeminae 509. Flores Lavandul. gallicae 645. Flores Lavandul. hortensis 645. Flores Manorae 606. Flores Manulae 607. Flores naphae 630. Flores Pyrethri rosei 654. Flores Rosae gallicae 626. Flores Sambuci 607. Flores Stoechadis arabicae 649. Floridabaumwolle 126. Florida bowstring hemp 324, 326. Florideen 62, 63. Flotationsöl 522. Foeniculum capillaeum Gilib. 804. Foeniculum officinale All. 804. Foeniculum sinense 844. Foeniculum vulgare Mill. 804. Foeniculum vulgare var. dulce Mill. 804. Foenum Camelorum 497. Föhre, gemeine 100, 492. Föhrenholz 383. Folia 490. Folia Anthos 549. Folia Boldo 500, 501. Folia Menthae piperitae 552. Folia Rosmarini 549. Forasterokakao 766. Forest wool 63. Formaldehyd 29. Formänderungen der Fasern bei Quellung 53. Fourcraea cantala Haw. 72. Fourcraea gigantea 313. Fourcroya cubensis Jacq. 73, 313. 972 Namen- und Sacl Fourcroya foetida 73, 313. Fourcroya gigantea Vert. 73, 313. Fragaria vesca L. 419. Franuipane 606. Fi;in-ula (Untergattung) 884. liaiikenia Berteroana Gay. 508. I liinkeniaceen 508, 509. 1 liiiikfurter Taxe 519. iMaiisenzelle 763, 764. I'rauenmantel 419. French bean 752. Früchte 791—911. Fruchtknoten 630, 634, 636, 657. Fruclitmittelsäulchen 845. I'nirhtnabel 904, 909. I'ruchtwechsel 593. Fruchtzucker 797. Frühleiu 160. Fruktomannan 6.81. Fruktose 923. d-Fruktose 681. Füllstoff (Streichgarnabfallspinnerei) 225. Fungose 920. Funtumia elastrca Stapf. 94. Fnrfurol 28, 29, 32, 439, 594, 577, 630, 639, 647, 789. Furoide 29. Furol 755. Furunculine 936. Fusanus acuminatus R. Br. 663. Fusarium lini Bolley 161. Fusti Caryophyllorum 635. Fustik, junger 537. Futtermittel 407, 408, 428, 475, 489, 668, 673, 691, 696, 701, 743, 761, 821. 898, 908, 930. (jagelöl 499. Galaktan 487. Galaktose 30, 35, 790, 920, 923. Galakturonoid 487. Galalithersatz 940. Galgant 412. Galgant, großer 412. Galium sp. 427. Galläpfel 536. Galläpfelgerbsäure 639. Ciallerthülle bei Fasern 386. Galles d'Indes 850, 851. Gallini (Baumwolle) 129. Gallus, indischer 851. Gallusgerbsäureglykosid 894. Gallussäure 424, 536, 862, 894. Gambazzo (Sumach) 533. Gambia pods 851. Gambohanf 44, 84, 97, 195—200, 202. Gamelote 66. Gammaeule 161. Ganja 185. Ganib 414. Garad 850. Garaka 802. Garance 467. Garancin 469. (^iaivinia C.ambogia Desrouss. 802. ilanlal 712. Cardalsciif 712, 714, 719. i'.arilfnia sp. 602, 895. r.ardenia florida L. 607, 806, 895. Gardenia grandiflora Lour. 616, 806, 895. Gardenia jasminoides Ell. 607. 5 — 776. Kakao, ungerotteter 768. Kakaobohnen 673, 765 — 776. Kakaobutter 776. Kakaofermentation 768, 769, 770. Kakaofermentierungskisten 768. Kakaofett 776. Kakaofrucht 767, 768, 769. Kakaofruchtmus 768. Kakaokultur 765, 767. Kakaomassezusatz 819. Kakaorot 775. Kakaorottung 768, 769, 770, 772. Kakaosamenanatomie 772, 773, 774, 775. Kakaosamenkeimblätter 771, 773, 774. Kakaosamenschalen, Silberhaut 771. Kakaoschalenpulver 772, 776. Kakaotee 776. Kakaoverarbeitung 671. Kakaozusatz 801. Kakhibaumwolle 245. Kakibaum 805. Kaki-Shibu 805. Kalango 736. Kala-til 775. Kalfatern der Schiffe 805, 904. Kalidüngesalz 497. Kalium 487, 488, 576, 615, 696. Kalium, myronsaures 722. Kaliumchlorid 497. Kaliumhydrosulfat 722. Kaliumoxalat 446. Kaliumsulfat 497. Kalk 487, 505, 696, 926. Kalkoxalatkristalldrusen 389, 456, 633, 639, 654, 731, 732, 780, 781, 782, 785, 823, 840, 848, 861, 887, 893, 897, 906. Kalkoxalatkristallsand 573. Kalkpseudokristalle 61, 311. Kalkuttahanf 249. Kalkuttamyrobalanen 890. Kalkuttatabak 569. Kalmus 409, 431—435, 498. Kalmus, geschält 432. Kalmus, japanischer 435. Kalmus, ungeschält 432. Kalmusöl 435. Kalmusrot 435. Kalmuswurzel 409, 431 — 435. Kaltwasserröste 165, 241, 265, 308, 317. Kalziumcitrat 817. Kalziumkarbonat 505. Kalziumoxalatkristalle 61, 62, 215, 217, 231, 253, 256, 258, 261, 263, 269, 270, 272, 310, 343, 386, 387, 401, 438, 439, 443, 444, 452, 454, 455, 461, 462, 492, 527, 534, 535. 537, 541, 545, 546, 547, 548, 594, 613, 644, 645, 652, 684, 686, 690, 762, 765, 773, 786, 816, 817, 822, 853, 854. 855, 856, 857, 861, 867, 872, 880, 886, 905, 927. Kalziumoxalatkristalldrusen siehe Kalk- oxalatkristalldrusen. Kalziumoxalatkristallnadeln 561, 817. Kalziumoxyd 576. Kalziumpektat 34. Kamala 797, 798, 800. Kamelgras 497. Kamelgrasöl 497. Kameruncardamomen 793. Kamille, deutsche 608. Kamille, kaukasische rote 649. Kammerfaserzelle 527. Kampfer 501, 522, 670, 846. Kampferöl 495. 501. Kanab 87. Kanaf 87. Kanaff 196. Kanal in der Faser 302, 307. Kanalröste des Flachses 165. Kandela 669. Naraen- und Sachregister. 981 Kanditenfabrikation 443. Kankura 209. Kantala (Faser) 43, 44, 72, 73, 98, 290, 297, 302—308, 309, 310, 311. Käpas mori 103. Kapas oetan 88. Kapatabak 569. »Kapellen« des Leines 163. Kapok 17. 18, 26, 36, 94, 139, 140, 141, 142, 144, 145, 146, 150, 371. Kapok, Methylzahl 36. Kapokbaum 144, 672. Kapokersatz (Typhafaser) 225. Kapokgarne 146. Kapokgewebe 146. Kapokkuchen 673. Kapoköl 673. Kapoksamen 672, 673, 674. Kapokzwirne 146. Kapronsäure 647. Kapsel 768, 779, 780, 816. Karajuru 520. Karavonicawolle 122. Karbolsäure 250. Kardätschen in der Tuchfabrikation 607. Karden 607. Kariful 640. Karipipali 640. Karkom 616. Karnaprodukte 935. Karnasuppenextrakt 935. Karolinabaumwolle 126. Karolinensteinnuß 675, 683. Karotin 26, 609, 615, 618. Kärpäsa 133, 135. Kärpäsi 135. Karthamin 660, 661. Kartoffel 579. Kartoffelstärke 946, 947. Kartoffelstengelfaser 225. Karukru 520. Karyophyllen 647. Karyophyllon 640. Kaschoubaum 800. Käsebereitung 806. Kasein 922. Kashki 86. Kassumbä 659. Kastanienkupula 795. Kastanienstärke 795. Katan 94. Katechin 547. Kath .507. Kattun 134. Katzenminze 516. Kaugummifabrikation 557. Kaumittel 428. Kauriegras 72. Kautabak 575, 578. Kautschuk 429, 796. Kautschukbäume 278. Kautschukmistel 796. Kautschukräucherung 792, 808. Käyäru 357. Kaysumach 499. Kazanlikrose 624. Keimblätter 703, 708, 715, 720, 725, 732, 740, 741, 742, 746, 748, 749, 753, 755, 758, 762, 764, 771, 773, 775, 780, 781, 783, 787, 821, 823, 855, 869, 873, 878. 884, 890, 891, 902, 904, 906, 908, 910, 911. Keimdeckel 676, 678, 684, 686. Keimling 791, 875, 877, 878, 888, 890, 898, 907, 911. Keimnährgewebe 780, 783, 818, 883, 884, 904. Kel 75. Kelch 630, 633, 636, 643, 644, 648, 657, 896. Kendi 343. Kendir 93, 94. Kenna 201. Kentuckytabak 568, 579. Keora 597. Kepirit 78. Kera 357. Kermesbeere 796. Kermes Wurzel 424. Kern der Tillandsiafaser 355. Kern des Stärkekornes 703. Kernhefe 927, 929, 930. Kernhöhle des Stärkekornes 703. Kernscheide 430, 441. Kerstingiella geocarpa Harms 669. KerzenfabrikatioD 670 K6su 602. Ketmia mutabilis L. 86. Keton 134, 439, 604. Kettän 134. Keuchhusten 494. Keura 343. Khäus 90. Khavon 90. Khuskhus 67, 429. Kickxia elastica Preuß 94. Kiefer, gemeine 492. Kiefernholz 32. Kiefernnadelöl, deutsches 493. Kieseleinschlüsse der Stegmata 337, 338, 340, 360, 362, 810, 811. Kieselgur 916, 922. Kieselsäure 62, 343, 487, 491, 615, 660, 678, 679. Kieselsäurekörper 678, 679. Kieselskelette 61, 371, 491. Kieselzellen 331, 374, 375, 376, 379, 395, 396, 450, 455, 677, 678. King ma 87. Kinfal 92. Kirsche 576. Kirschlorbeer 503. 982 -Vainen- und Sachregister. Kirschlorbeeröl 503. Kitoolfaser 9, (59, 341. Kitulf aser 69, 341, 342. Kitulpalme 341. Klanglein 156. Klebemittel 406, 409, 874, 940. Kleberschichte 717, 748. Kleindrüsen 643. Kleinwanzlebentr Rübe 478, 479. Kleisterballen 444, 445. Knoblauch 498. Knochenmehlverfälschungsmittel 682. Knolle 407, 448, 449. Knollstock 412. Knöpfe-Erzeugung 663, 682, 686, 691, 873, 882. Knoppern, kleinasiatische 823. Knoppern, levantinische 823. Knoppern, türkische 823. Knoppernmehl 833. Kochsalzgewinnung 508. 662. Kodille 188. Koelreuteria paniculata Laxni. 672. Koffein 672. Kognakaromatisierung 792. Ko hemp 81. Kohlehydrat 25, 453. Kohlendioxyd 29, 770, 946. Kohlensäure 29, 770, 946. Kohleschicht (Perikarp) 902, 903. Kohlraps 724. Kohlsaat 724, 728. Kohlsaatöl 728. Kohomböl 670. Koir 357. Kokkelskörner 796. Koko 463. Kokosbutter 691. Kokosfaser 1, 6, 10, 14, 20, 22, 24, 44, 46, 47, 59, 60, 98, 99, 354, 357—362. Kokosfett 691, 692, 875. Kokoskuchen 696. Kokosmilch 693, 694. Kokosnuß 6, 8, 358, 359, 691—696, 808. Kokosnußendosperm 695, 696. Kokosnußfaser 1, 6, 10, 14, 20, 22, 24, 44, 46, 47, 59, 60, 98, 99, 354, 357—362. Kokosnußfett 691, 692, 875. Kokosnußkerne 662, 691—696, 810. Kokosnußsamenkern 693. Kokosnußsamenschale 358, 693, 694, 792. Kokosnußsamenschalenanatomie 694, 695. Kokosnußschalen 807—812. Kokosnußseifenparfümierungsmittel 734. Kokosnußsteinschalen 692, 693, 694, 808, 809, 810. Kokospalme 357, 358, 691, 692, 697, 807, 813. Kokospalmensamen 691—696. 699. Kokosstricke 359. Kokushi 403. Kollenchym 878, 886, 891, 892. Kollodium 131, 616. Kolonialzucker 474. Kolophonium 502. Kolorin 469. Kompositenblüten als Beimischung zu Insektenpulver 654. Konditionierungsanstalten 16. Kongorot 15. Koniferen 5. Koniferennadeln 63. Koniferensprit 493. Koniferin 487. Königslein 157. Königssalep 413. Konjehemp 324. Konkanee hemp 201. Konoplja 195. Konservenfabrikation 522, Konsistenzmittel 406. Köpfchendrüsen 840. Köpfchendrüsenhaare 562, 563. Köpfchenhaare 644, Kopf flachs 172. Kopierpapier 385. Ko-pou-Faser 81. Kopra 358, 362, 691, 692, 693 Kopratrocknung 692, Korallenerbsen 666, Korallen, künstliche 681. Korarima-Cardamomen 793, Korbweide 74, Kordiabast 9, Korinthen- Pilzflora 912, Kork 146, 440, 441, 444, 446, 449, 450, 451, 454, 456, 460, 461. 465, 468, 470. 471. Korkmutterzelle 482, 484. Korksubstanz 484. Korksurrogat 291. Korolle 645, 648, 652, 653, 654, 655, 657, 658, 909. Kortrykflachs 166. Kosmetikum 447, 463, 547, 549. Kosmosfaser 183, 250. Kosteletzkya pentacarpa Led. 87, Kostuswurzel 428, 429. Kostuswurzelöl 413, Kotonisierung 184, 218. Kotonisierung von Ramie 213, 214. Kotuhingras 495. Kotuhin-Lemongrasöl 495. Kotyledonen 703, 708, 715, 720, 725, 732, 740, 741, 742, 746, 748, 749, 753, 755, 758, 762, 764, 773, 775, 780, 781, 7ö3, 787, 821, 823, 855, 869, 873, 878, 884, 890, 891, 902, 904", 906, 908. 910, 911. Kozo 75. Krabbenaugen 672. Krachmandeln 730. Kraftfuttermittel 761, 938. .Namen- und Sachregister. 983 Krameria sp. 419. Krameria triandra Ruiz et Pav. 419. Kranabitterstrauch 791. Krankheitserscheinungen im Bier 915. Krankheitshefen 915, 928. Krapp 427, 467—470. Krapp, beraubter 469, 470. Krapp, französischer 467. Krapp, schlesischer 467. Krapp, türkischer 467. Krapp, unberaubter 469. Krappblumen 469. Krappextrakt 468. Krappkleie 468. Krapplack 467, 469. Krappmull 468, 470. Krapp-Präparate 468. Krappverfälschungsmittel 470 Krappwurzel 467, 468. Krauseminze 519, 555 — 557. Krauseminzöl 556, 557. Krauseminzöl, amerikanisches 519. Kraut, romanisches 524. Kräuter 490—596. Kräuteressigfabrikation 522. Kreatin 934, 935. Kreatinin 934. 935. p-Kresol 642. Kretisch Dostenöl 517. Kreuzbeeren 884. 885. Kreuzdorn 884. Kristalle 231. 256. 258, 261, 263, 269, 270, 272, 310, 343, 437, 703, 711, 741, 789. Kristallisation des Cumarins der Tonka- bohnen 745, 750. 751. Kristallkammerfaserzelle 267, 433, 461, 462, 731, 822, 854. Kristalloid 696, 698, 700, 703, 711, 720, 7.32. 755, 759, 774, 783, 848, 849. Kristallrosette 527, 528. Kristallsandzelle 482, 485, 573. Kristallschicht 762. Kristallschlauch 452. Kristallzellen 710. 833. 857, 858, 861, 862, 867, 872. 888. Krokus 607. 616. Krotonylsenföl 728. Krummholzöl 492. Krynitznia sp. 466. Kubatabak 568. Kuchinashi 895. Kuckuckseife 416. Kühnen 913. Kulturhefen 914. 915. Kumarin 526, 530, 580, 581. 582, 584, 647, 666, 744, 745, 750, 751, 797. Kümmel 804. Kunku 671. Kunstbuttererzeugung 729. Kunsthefe 929. Kunstseide 131, 132, 357. j Kupferoxydammoniak 19. 42. t Kupula 821, 825. ■ Kürbispflanze 4. Kurukuru 520. ! Kutikula 54, 57, 113, 115, 116, 117, 118, i 119, 120, 491, 535, 537, 541, 562, 563, ! 612, 617, 626, 627, 644, 651, 652, 710, I 753, 754, 758, 781, 782, 816, 817, 833, . 841, 855. 860. 865, 866, 871, 875, 876, 882, 892, 897. 907. Kutikulargürtel 57. 117. Kutikularpfropf 865, 866. Kutikularstreifung 535, 538, 541. 626, j 627, 631, 872. t Kutin 26. I Kutsjinas 895. j Kydia calycina Roxb. 41. 90. 98. 247, i 264, 271, 272. Kydiabast 90, 271, 272. Kyllingia monocephala L. 409. Kyllingia triceps 409. Kypros 549. j La Dung 515. i La Guayrakakao 765. I La Guayravanille 819. La Pice (Zuckerrohrvarietät) 587. i »La Ramie francaise« 211. I Lab 924. [ Labiatae 426, 516—520, 607, 805, 806. ! Labiatendrüsen 644. I Labkraut 427. Labkrautfrüchte 714. 1 Labradortee 514. I Lace-bark 91. Lacrima di moza 599. Lafoensia Pacari St. Hil. 509. i Lafonsche Reaktion 452, 881. , Lagartokakao 767. ! Lagenaria vulgaris Ser. 806. I Lagerstroemia parviflora Roxb. 92. Lagetta sp. 91. Lagetta funifera Mart. 91. Lagetta lintearia Lam. 91, 370. i Laguncularia racemosa Gaertn. 510. ! Lahaina (Zuckerrohrvarietät) 587. ■ Laine de bois 63. Lakritz 459. 463. Lakrizwurzel 457. i Laktase 923. I Laktose 923. Laktosin 416. Lallemantia iberica (.Marsch. -Bieberst.) Fisch, et Mey. 805, 806. Lallemantia sulphurea C. Koch 805. Lalüng 66. I.ana Batu 496. Lana de Enea 64. Lana vejetale 139. Lanaria 418. 984 Namen- und Sachrej^ister. »Ländern" des Leins 160. Langhaare der Baumwolle 1L3. Langnadelkiefer 384. Lanieres 218. Lapodin 415. Laportea canadensis Wedd. 77. Laportea crenulata Gaud. 77. Laportea pustulata Wedd. 77. Lärche .382, 493. Large seeded form (Rizinuspflanze) 757. Lasiosiphon Fres. sp. 273. Lasiosiphon eriocephalus Decne. 91. Lasiosiphon speciosus 91, 98, 264, 272 — 275, 343. Lasiösiphonbast 91, 272 — 275. Latakiatabak 568. Lathyrusarten 667. Lathyrus tuberosus L. 602. Latschenföhre 492. Latschenkieferöl 492. Latschenöl 492, 493. Laubblattanatomie 490 — 492. Laubholzschliff 382. Laubholzzellulose 384. Lauraceen 418, 501, 502, 600, 665, 796. Laurus Camphora L. 501. Laurus nobilis L. 502. Lauskraut 569. Lavande bätarde 643. Lavande femelle 643. Lavande fine 643, 646. Lavande grande 643. Lavande male 643. Lavande moyenne 643, 646. Lavande petite 643. Lavande veritable 643. Lavandin 643, 648. Lavandula Delphinensis 646. Lavandula dentata L. 607, 648, 649. Lavandula fragrans 643, 646, Lavandula latifolia Vill. 607, 643. Lavandula officinalis Chaix. 607, 643. Lavandula officinalis subsp. fragrans Jord. 643. Lavandula officinalis subsp. Delphinensis Jord. 643. Lavandula pedunculata Gav. 607, 648. Lavandula Spica All. non L. 607, 648. Lavandula spica L. 607. Lavandula Stoechas L. 607, 642, 648, 649. Lavandula vera DC. 607, 643, 644, 645. Lavandula vulgaris Lam. 607. Lavatera Olbia L. 564. Lavendel 642, 643. Lavendelblüten 607, 642—649. Lavendelblütenkelchanatomie 644. Lavendelöl 643, 646, 647. Lavendelöl, spani.sches 648. Lävulose 488, 593, 594, 681, 923. Lawsonia alba Lam. 421, 463, 509, 547, 604. Lawsonia inermis L. 421, 509, 547, 548, 604. Lawsonia spinosa L. 604. Layasonfaser 277. Lebensbaum 493. Lecaniodiscus cupanioides Planch. 603. Lecheguilla 44. Lecithin 577, 786, 843, 925. Lecythidaceen 92, 422, 510, 674. Lecythis grandiflora Aubl. 92, 370. Lecythis longifolia H. B. K. 92. Lecythis Ollaria L. 92, 370. Leder 447. Leder als Beschreibstoff 368, 392. Lederbaum 539. Ledum palustre L. 514. Ledumkampfer 514. Legföhre 382, 492. Legumin 667, 786. Leguminosen 79—82, 419, 420, 504, 601, 602, 666—669, 797, 798. Leguminosensamenstärke 669. Leim 409. Leinenfaser 10, 14, 20, 24, 51, 121, 122, 133, 134, 154—184, 191, 193, 233, 378. Leinenhadern 135. Leinenwerg 250. Leinöl 670. Leinpflanze 155, 753. Leinsaat 752, 753. Leinsamen 668, 669, 752—756. Leinsamen, argentinischer 752. Leinsamen, baltischer 752. Leinsamen, indischer 753, 755. Leinsamenendosperm 753, 755. Leinsamenkeimblätter 753. Leinsamenkuchenmehl 754, 756. Leinsamenmehl 754, 756. Leinsamenschlagsaat 752, 753. Leinsamenschleim 755, 756. Leitbahnen im Endosperm 703. Leitelemente für die Fasernunterscheidung 60, 183, 191, 204, 374, 376. Lemongrasöl 496, 515. Lemongrasöl, ostindisches 495. Lemongrasöl, westindisches 496. Lemon oil 799. Lenabatu 496. Lenabatuöl 496. Lens esculenta Mnch. 667. Lentischio 543. Lentisco 543. Lentisque 543 — 547. Lentizellen 216, 399. Leontice Leontopetalum L. 418. Leontice thalictroides Michx. 418. Leopoldinia major Wallace 662. Leopoldinia Piassaba Wallace 70, 98, 335, 336, 337. Leopoldinia pulchra Mart. 336. Lepidium sativum 788. Xamen- uinl Sachresislei 98Ö Lepidobalanus Endl. 824. Lepidosperma elatiiis Labill. 68. Lepidosperma gladiatum Labill. 68. Leptadenia spartum Wight 96. Lepuranda saccidora Nimmo. 75. Leucadendron argenteum R. Br. 499. Leucin 487, 922. Leucocnide alba Miq. 78. Leucocnide candidissima Miq. 78. Leukoplast 438. Leuzin 487, 922. LeVantiner Krapp 467. Levantiner Kuracheese.sam 779. Levantiner Seifenwurzel 450, 454. Levisticum officinale Koch 422, 514. Levuretine 936. Levurine 936. Levurinose 936. Lewat 724. Lezithalbumin 926. Lezithin 577, 786, 843, 925. Liane, südafrikanische 82. Liatris odoratissima W. 580. Liatris scariosa (L.) W. 581. Liatris spicata Willd. 58 L Liberia- Piassave 340. Libidibia coriaria Schlecht. 858. Libidivi 858. Libocedrus decurrens 384. Libra (Tabak) 574. Libriformfasern 5, 382, 384, 430, 451, 45? 468. Licaria guyanensis Aubl. 419. Lichtlinie bei Palisadenzellen 882. Liebstock 514. Liebstöckel 423. Liebstöckehvurz 422. Liebstocköl 514. Lieschkolben 64. Ligeum Spartum 328, 331, 332, 333. Ligninchlorid 31. Lignin.substanz 25, 26, 31, 595. Ligninsubstanz, Furfurulkomplex dersel- ben 32. Ligninsubstanzen, Nachweis 32. Lignon 31. Lignozellulose 26, 32. Lignum Rhodii 425. Ligula 588. Ligusticum Levisticum L. 422. Ligustrum 549. Likörfabrikation 434, 443, .505, 672, 734, 794, 844. Likörfärbematerial 661. Liliaceen 71, 72, 409—411, 498, 598, 663. Lilium auratum 21, 22. Limettöl 799. Limonen 495, 664, 798. d-Limonen 521, 799. 1-Limonen 557. Limonenöl 798. Limonier 629. Lin 154. Lin rame 160. Linaceen 82, 669. Linaloeöl 418. Linalool 495, 519, 619, 642, 647. 1-Linalool 506, 557, 621, 628, 632, 648. Linaloolazetat 647. Linaloolbutyrat 647. Linaloolvalerianat 647. Linalylazetat 642, 647. Linamarin 668, 755, 756. Lindenbast 16, 82, 98, 247, 259, 261. 263, 264—267, 268, 270, 271, 276,344,400. Ling 804. Linlool 504. Linosoie 218. Lint 106, 107. Lintbaumwolle 106. Lintwolle 106. Linum 184. Linum ambiguum Jord. 156. Linum angustifolium Huds. 156. Linum austriacum 156, 157. Linum bienne Mill. 157. Linum cribrosum Reichb. 156. Linum decumbens Desf. 156. Linum humile 155. Linum Levisii Pursh. 82. Linum perenne 157. Linum Reuteri Boiss. et Haussk. 156. Linum usitatissimum L. 82, 97, 99, 155, 156, 669. Linum usitatissimum americanum album 157. Linum usitatissimum crepitans Böningh. 156. Linum usitatissimum humile Mill. 156. Linum usitatissimum regale 157. Linum usitatissimum forma hiemalis 157. Linum. usitatissimum forma indehLscens Neilr. 156. Linum usitatissimum forma vulgare Schub, et Hart. 156. Linum vulgare 155. Lipase 759, 923. Lipoide 25, 26. Lippia citriodora Kunth 515, 519. Lippia dulcis Theo. 515. Lippia mexicana 515. Lippiol 516. Liquorice root 457. Liriodendron tulipifera 384. Lisombepalmkerne 698. Lissaboner Kokosnuß 808. Lithium 576. Lithospermum sp. 466. Lithospermum Arnebia Lehm. 425. Lithospermum arvense L. 425. Lithospermum erythrorhizon 466. Lithospermum tinctorium L. 463. 986 Namen- und Sachregister. Lithospermum tinctorium Vahl 425. Lithraea Giliesii Gri.seb. 507. Litsea sp. 665. Litzenfabrikation 222. Lizari 467. Llagunoa sp. 671. Lodoicea sechellarurn 684. Löffelkraut 502. Löffelkrautöl 502, Lohmaterial 423, 434. Lontarus domestica Rumph. 68. Loranthaceen 795, 796. Lorbeerblätteröl 502. Lorbeeröl 846. Lorbeeröl, kalifornisches 502. Los dividivos 858. Loiiisianabaumwolle 126. Louisianamoos 353. Lowland-Georgia (Baumwolle) 126. Lückenparenchym 831. Luehea divaricata M. et Zucc. 508. Luehea speciosa Willd. 508. Luffa acutangula Roxb. 97, 806. Luffa aegyptica Mill. 97, 806. Luffa cylindrica (L.) Roem. 97, 807. Luffafrüchte 4. Luffaschwämme 97, 806. Luftgang 397, 432. Luftgänge im Papyrusstaudenmark 397. Lufthefe 913, 945. Lüftungsverfahren der Preßhefefabrika- tion 941, 942, 943, 948. Lumpen 135, 368, 401. 402. Lunaria biennis 24. Lupine 80, 225, 251, 667. Lupinenfaser 224, 225, 251. Lupinensamen 667. Lupinus angustifolius L. 80. Lupinus luteus L. 80. Lupinus perennis L. 80. Lupinus polyphyllos Lindl. 80. Lupis (Manilahanfsorte) 282. 283, 285, 286. Lupulin 839, 841, 842, 843, 844. Lupulinkörner 927. Lupulinsäure 842, 844. Lupuliretin 842. Lupulon 843. Lutea 524. Luteola 524. Luteolin 525. 526, 531. 602, Lutni 725. Lutum 524. Luzerne 420. Lycaconitin 417. Lychnis chalcedonica L. 416. Lychnis dioica a. L. 416. Lychnis dioica ß. L. 416. Lychnis diurna Sibth. 416. Lychnis flos Cuculi L. 416. Lychnis vespertina Sibth. 416. Lycopsis nigricans Lam. 425. Lycopsis vesicaria L. 425. Lygeum spartum Löffl. 65, 377, 378, 379. Lygeum spathaceum L. 65. Lyonbohne 669. Lyperia atropurpurea Benth. 607. Lyperia crocea Eckl. 607, 616. Lysröste (Flachs) 165, 166, 168. Lythospermum erythrorrhizon Sieb, et Zuccar. 425. Lythraceen 92, 421, 422, 509, 604. Lythrum fruticosum L. 604. Macaranga hypoleuca Müll. -Arg. 756. Macaranga Mappa Müll. -Arg. 756. Macaranga RoxlDurghii Wight 756. Macaranga Tanarius Müller-Arg. 756. Machal 81. Machalakakao 765, 767. Machorska panska (Tabak) 569. Macis 664. 701—707, 746. Macisbohne 664. Maclura aurantiaca Nutt. 413. Maclura Calcar galli A. Cunningham 4i3. Macrochloa tenacissima Kunth. 65, 327. Macrotomia Benthami DG. 466. Macrotomia cephalotes DG. 425, 465. Macrotomia perennis Benth. 466. Macrotomia perennis Boiss. 425. Madagaskarpiassave 341. Madar fibre 207. Madder 467. Madi 909. Madia sativa Molin. 807. 909, 910, 911. Madifrüchte 807, 909—911. Madisamen 909. Madragora acaulis Gaertn. 426. Madragora caulescens Clarke 426. Madragora officinarum Vis. 426. Madrasbaumwolle 128. Madras fibre 359. Madras goni 249. Madras hemp 201. Madrasmyrobalanen 890. mafushi 403. Maghi 725. Magnesia 487, 926. Magnesiumoxyd 576. Magnoliaceen 600, 664. 796. Magonia Vell. 858. Magueyfaser 289. Mahagoniholz 32. Maha Pangiri 496. Maha Pengiri 496. Maharanga Emodi DG. i25. Mahareb 495. Mahonia Aquifolium Pursh 417 Mahot 90. Mahot piment '.tl. Mahuä 605. Mahwa 605. Namen- und Sachregister 987 Maiglöckchen 410. 672. Maina camattina - Valonen 82'i. 828, 829. Maina Marathonissi Githon-Vaionen 82 i. Mairogallol 31. Mais 299. Maisblattrolle 579. Maische 942, 943, 944, 945, 947. Maischeschleimstoffe 944. Maiskolbenblätter 371. Maisliesche 371. Maislieschenpapier 371. 372, 375, 376. xMaispapier 371, 372, 375, 376. Mais.schrot 948. Maisstroh 35. 60. 67. Maitrankessenz 751. Majagua 85. Majorana hortensis Moench 518. Majoranöl 518. Majoranverfälschungsmittel 539. Makobaumwolle 129. Makrivalonen 824. Malabarcardamomen 794. Malabargras 495. Malabarlemongrasöl 495. Malachra capitata L. 88. Malachra ovata L. 88. Malagamandel 730. Malerfarbendarstellung 661. Malgrund für Gouachebilder 390. Mallotus Apelta Müll.-Arg. 756. Mallotus cochinchinensis Lam. 82. Mallotus floribundus Müll.-Arg. 756. Mallotus integrifolius Müll.-Arg. 756. Mallotus philippinensis (Lam.) MüU.-ArL'. 800. Maloofaser 257, 258- Malpighia faginea 863. Maltase 733, 923. Maltose 923. Malva arborea St. Hil. 85. . Malva blanca 90. Malva crispa L. 88. Malva limensis L. 88. Malva mauritana L. 88. Malva peruviana L. 88. Malvaceen 84—89, 421, 508, 603, 672. Malvenblätter 579. Malvenblüten 603, 632—634. Malvenblütenextrakt 633. Malvenfarbstoff 634. Malvenrot 520. Malvidin 634. Malvin 634. Malz 927, 942, 948. Malzkeime 939. Manacan do mato 520. Manacan, wilder 520. Managras 496, 497. Managrasöl 497. Mancarra 743. Mandarine, echte 798. Mandelbaum 729. Mandelanatomie 731. 732. Mandelkleie 731. Mandeln 663, 665, 729—734. Mandeln, bittere 729, 732, 733. Mandeln, ostindische 671, 801. Mandeln, süße 729, 732. Mandelnersatzmittel 671. Mandelnitrilglukosid 733, Mandelöl 734. Mandelsäurenitrilglukosid 733. Mandelsteinschale 729, 730. Mandubinuß 743. Manga branca 5J(i. Mangan 655. Mangaiioxyd KCd, Mangifera imiiiii ].. 507. Mangle 510. Mangle prieto 516. Mango 510. Mangobaum 507. Mangoblatt 507. 510. Mangold 473. 475, Mangrovi-i-imk' .S',>'4. Manguebliittri' .".lii. Mani 743. Mani, große schwarze (Erdnüsse) 736. Manihot Janipha Kth. 421. Manihot palmata Müll.-Arg. 421. Manihot utilissima Pohl 421. Manilahanf 1, 7, 11, 17, 20, 22, 24, 25, 26, 36. 39. 43, 45, 46, 59, 60, 62, 73, 74, 98, 99, 189, 195, 277—286. 311, 370. Manilahanf. Charakteristik 283. Manilahanfkultur 278. Manila-hemp 277, 280. Manila-Magney 297, 303. Manila-nut 743. Manilapapiei' 286. Manila- Ylang 622. Manna quercina 827. Mannit 463, 606, 898. Mannose 39, 681, 919, 920, 923. Mao 210. Maoutia Puya Wedd. 78. Maqui 801. Maranhaobaumwolle 127. Maranta arundinacea L. 413. Marantaceen 74, 413, 498. Marattifett 673. Marcellinosteinnuß 677. Marechal Niel-Rose 623. Margarine 673. Margosöl 670. Marinefaser 347. »Mark« der Zuckerrübe 486. Markpapier, chinesisches 371, 390—392, 397. Markstrahlen 4, 206. Markstrahlenräume 206, 259. 988 Namen- und Sachi^eeister. Marotscher Apparat zur Kokosnußschwe- felung 693. Marottyfett 6:3. Marram grass 66. Marsdenia sp. 95, 150, 151. Marsdenia Condurango 95. Marsdenia tenacissima W. et Arn.-Roxb. 23, 95, 207. Martiusgelb 616. Marylandtabak, großblättriger 568. Maschinenspindel 164. Maschinentreibriemen-Material 362. Masculino-Sumach 533. -Mashishi 403. Mastfutter 691, 744. Mastiches 543. Mastix 543. Mastixpistazie 543. Mate 490, 507, 508, 515. Matikoöl 498. Matricaria Ghamomilla L. 608. Matricaria dLscoidea 608. Matricaria Parthenium L. 522. Mattenerzeugung 334, 343, 431. Maulbeerbaumbast 401. -Mauritia flexuosa L. 69. Mauritiushanf 73, 286, 313, 314. Maximiliana regia Mart. 792, 808. May apple 418. Maya 290. Maya-Codices 290, 292, 296, 400, 401. Mayafasern 296. Mayaindianer 400. Mayapapiere 296. Mayndie 548. Mechanisches Verfahren bei der Nessel - fasergewinnung 232. Medar 207. Medemia argun P. G. v. Württemberg 68. Medicago sativa L. 420. Medizinalartikel 791, 792, 794. Medizinalkraut 522. Meerjute 347. Meerrettichfaser 225. Meesta pat 201. Megacaryon Orientale Boiss. 466. Megila (Jute) 248. Mehlgewinnung 398, 663, 664, 791, 804 Mehlverfälschungsmittel 682. Mehndi 548. Mehudi 605. Meisterwurz 423. Mclaleuca armillaris Wendl. 93. Melaleuca Cajeputi Roxb. 511. Melaleuca leucodendron L. 93. 511. Melaleuca minor Sm. 511. Melaleuca viridiflora Gaertn. 511. Melampsora lini (Pers.) Tul. 161. Melandriuni alburn L. 416. Mplandriiim pratense Roch). 416. Melandrium siivestre Rühl. 416. Melanogene Schichte 903. Melassenbrennerei 917, 918, 929. Melassenfutter 938. Melastoma malabathrica L. 803. Meleguettapfeffer 793. Melia Toosendan S. et Z. 670. Meliaceen 670. Melibiase 923. Melibiose 923, 947. Melilote blanc de Siberie 80. Melilotsäure 750. Melilotus sp. 579. Melilotus albus Desr. 80. Melilotus alti.ssimus Thuill. 80. Melilotus officinalis Lam. 80. Melissa Nepeta L. 518. Melissa officinalis L. 516, 517. Melisse 517. Melissenkraut 517. Melissenöl 517. Mellonsäure 487. Melochia corchorifolia L. 90. Melomastaceen 513, 803. Melonenbaiim 802. Melosa 909. Membrana limitans 719. Memecylon capitellatum L. 513. Memecylon grande Retz. 513. Memecylon tinctorium Willd. 513. Menado hemp 280. Menispermaceen 79, 418, 796. Menispermum canadense L. 418. Menow-west-oil 601. Menschenhaarersatz 357. Mentha sp. 551, 555. Mentha arvensis L. 554. Mentha canadensis L. 551. Mentha canadensis var. pipera.scens Briq. 519, 554. Mentha crispa L. 519, 553, 555. Mentha crispata Schrad. 555. Mentha dalmatica Tausch 551. Mentha gentilis L. 551. Mentha longifolia Hnds. 555. Mentha longifolia var. undulata Briq. 555, 556. Mentha longifolia x arvensis 551. Mentha piperita 519, 551, 552, 554. Mentha piperita var. citrata (Ehrh.) Briq. 551. Mentha piperita (L. p. p.) var. inarimensis Briq. 551. Mentha piperita (L. p. p.) var. officinalis Sole 551. Mentha Pulegium L. 517, 519. Mentha rubra Huds. 551. Mentha silvestris L. 555. Mentha spicata Huds. 555. Mentha spicata Huds. vnr. crispata (Schrad.) Briq. 555, 556. Namen^ und Sachregister. 989 Mentha spicala Huds. var. tenuis (Michx.) Briq. 555. Mentha spicata Huds. var. trichoura Briq. 555. Mentha verticillata L. var. strabala Briq. 555. -Mentha viridis L. 519, 55.3, 555, 556. Mentha viridis x aquatica 551. Mentha viridis x (aquatica x arvensis) 551. Mentha viridis x arvensis 551. Menthenon 495. Menthol 504, 554, 555. Mercurol 937. Merenchym 561. Meristem 704. Merzerisieren der Baumwolle llf3. Mescal 287. Mesokarp 676, 677, 688, 694, 729, 800, 817, 847, 849, 878, 887, 890, 891, 892J 894. Mesophyll 491, 527, 561, 572, 620. Mesta pate 196. Mestom 3, 316. Mesua ferrea L. 603, 604. Mesua salicina Pianch. et Triana 604. Metapektin 34. Metapektinsäure 34. Metelinovalonen 824, 825, 828. Meteor (künstliches Roßhaar) 357. Methode zur Bestimmung des Faserge- haltes 236. p-Methoxyl-o-hydroxypheylmethylketon 416. Methylalkohol 639. Methylamylketon 639. Methylanthranilat 642. Methyläthylessigsäure 619. Methylchavicol 506, 511, 519, 522. Methylcinnamat 519. Methylcytisin 418. Methyleugenol 511, 619. Methylfurfurol 31. Methylheptenon 495. Methylheptylketon 505. Methylpentosane 31. Methylsalicylat 420, 515. Metroxylon sp. 675, 683. Metroxylon filare Mart. 69. Meum athamanticum Jacqu. 423. Mexican Sisal 297. Miapalme 687. Michelia aurantiaca Wall. 618. Michelia champaca L. 600, 618, 664. Michelia fuscata 619. Michelia longifolia Bl. 600, 618, 619. Michelia nigalirica 619. Michelia rufinervis D.C.M. 618. Miconia milleflora Naud. 513. Microaegilops (Sekt. v. Quercus) 823. Microtoena cymosa Prain 558. Microtoena insuavis Prain 558. Mikropyle 762, 877. Mikroskopie, technische 367. Mikroskopisch-graphische Methode der Fasergehaltsbestimmung bei einer Pflanze 236. Mikrosomata 925. Milchgerinnungsmittel 806, 807. Milchröhren 840. Milchsaft 802. Milchsaftröhren, gegliederte 803. Milchsaftschläuche 386, 387, 401. Milchsäurebakterien 928, 944. Milchsäuregärung 912, 942, 943, 944. Mimosa arabica Roxb. 851. Mimosenblüten 601. Minas novas (Baumwolle) 127. Mineralöl 495. Minjak 664. Minnesotaflaclis 176. Mint 551. Mirbanöl 73». Misa 668. Mischpfeffer 701. Missolunghivalonen 824. Misuktjinasi 895. Mitaffibaumwolle 1 29. -Mitchamöl 554. Mitscherlichsche Körperchen 764, 773. Mitsumata 387, 403. Mitsumatapapier 387. Mittellamelle 54, 189, 192, 322, 389, 873, 903. Möbelplüsche 222. Möbelrips 250. Möbelstoffe 222. Mobile (Baumwolle) 126. Moghania congesta (Roxb.) O. Ktze. 798. Moghania rhodocarpa (Bak.) O. Ktze. 797, 798. Mogorium Sambac Lam. 606. Mohnöl 670, 711, 712. Mohnpflanze 707. Mohnsamen 665, 707 — 712, 909. Mohnsamenendospcrm 711. Mohnsamenepidermis 709, 710. Mohnsamenfarbstoff 711. Alohnsamenkristallsandschicht 710, 711. Mohnsamenschalenanatomie 708 — 71 1 . Mohra 605. Molinia coerulea 21. Mololia 85. Monarda citriodora Cerv. ."ilfi. Monarda fistulosa L. 516. Monarda punctata L. 516. Mönch (Saflorvarietät 657. Mönchsrhabarber 414. Mondbohne 668, 755. Monesiarinde 463. Monimiaceen 500, 501. Monnina polystachya R. et P. 420. Monnina pterocarpa R. et P. 420. 990 Namen- und Sachregister. Monnina salicifolia R. et P. 420. Monninin 420. Monodora Myristica Dun. 664. Moorkultur 363. Moorkultur-stationen 363. Moquila tomentosa Bentham 665. Moraceen 75, 76, 413, 499, 663, 795. Moraceenbastzellen 385. Moraceenrinde 401. Morinda 470—473.. Morinda sp. 427, 470. Morinda bracteata Roxb. 471. .VIorinda citrifolia L. 471, 472, 473, 521. Morinda macrophylla Desf. 473. Morinda Royok L. 471. Morinda tinctoria Roxb. 473. Morindin 473. Morindon 473. Moringa aptera Gaertn. 665. Moringa arabica Pers. 665. Moringa oleifera Lam. 665. Moringa pterygo-sperma Gaertn. 665. Moringaceen 665. Morphin 712. Morus sp. 385, 386, 401, 'il3. Moschus 423, 670, 672. Mo.schuskörner 672. Moschuswurzel 423. Mosette 64. Moskitoschutzmittel 581. Mosla japonica Maxim. 516. / Mostrich 723. aMotia 494. MotrilbaumwoUe 130. .Mottenbekämpfungsmittel 431, 523. Mousselinappretur 790. Mowrahmehl 674. M'poga 674. Mucin 922. Mückenstichschutzmittel 520. Mucorarten 912, 948. Mucorhefe 912. Mucuna pruriens DC. 504. Mucuna prurita Hook. 504. Mudar 207. Mukuge 85. Mull 468, 470. -Vlumienbinden 134. Munjistin 467, 469. -Vlurtovalonen 824. Musa sp. 369. Musa basjoo 279. Musa Cavendishi Paxt. 73, 279. .Musa Ensete Gm. 74, 279. Musa Holstii K. Schum. 74, 279, 280. Musa mindanensis' Rumph. 73. Musa paradisiaca L. 73, 279, 285, 370 792, 793. Musa sapientum L. 73, 279. .Musa textilis Luis Nee 24, 25, 73, 98, 99, 277, 278, 279, 28T), 370. Musa troglodytarum 12. Musa ulugurensis O. Warb. 74, 279, 280. Musaceen 73, 74. 792, 793. Musafasern 98, 277—286, 370, 371. Musanga Smithii R. Br. 75. Muscades de Calabash 664. Muscadine-Nose 623. Muscari comosum Mill. 410. Muscari moschatum Wild. 410. Muscari racemosum Mill. 410. Muschelseide 134. ' Muskat 502. Muskatblüte 701—707. Muskatbutter 707. Muskatnuß 664, 701—707. Muskatnußbaum 701. Muskatnußendosperm 702, 703, 704. Mutterkümmel 804. Mycoctonin 417. Mycodermen 913, 945. Mycodermin 936. Myelin 800. Mykoprotein 922. Myosotis sp. 426. Myrcen 511, 842. Myrica sp. 794. Myrica asplenifolia Endl. 499. Myrica cerifera L. 499. j Myrica Gale L. 499, 599. j Myrica Nagi Thunb. 536. i Myricaceen 499, 599, 794. Myricetin 536, 547, 599.. Myristica argentea Warburg 664, 704, 706. Myristica fatua Houtt. 664, 705. Myristica fragrans Houtt. 664, 701, 704. Myristica malabarica Lam. 664. Myristica moschata Thunb. 664. Myristica tomentosa Thunb. 664, 705. i Myristicaceen 664. j Myristinsäure 439, 664. j Myrobalanen 803, 828, 889—894. I Myrobalanen bellerische 890. i Myrobalanen, entkernte 894. Myrobalanen, gelbe 891. Myrobalanen, graue 800, 889. Myrobalanen, große 890. Myrobalanen, indische 889. Myrobalanen, kleine 890. Myrobalanen, schwarze 889. Myrobalanenbaum 800. Myrobalanengerbstoff 893. 894. Myrobalani Emblicae 800. Myrobalanus Chebula Gaertn. 889, 892. Myrosin 721, 722. Myrosinzelle 722. Myrospermum frutescens Jacq. 797. Myrrhis odorata L. 463. Myrsinaceen 805. -Myrtaceen 93, 510—513, 605, 803. Myrte 510. Mvrtenöl 510, 511. Namen- und Sachregister. ^)91 Myrtol 511. Myrtus Cheken Spr. 510. Myrtus communis L. 510, 605. Myzel 912. Nabel (Samen) 730, 845. Nabelstrang 816. Nacascalo 859. Nachenbirkenholzzellulose 384. Nachröste des Flachses 166. Nadelhölzer 5. Nadelholzschliff 382. Nadelholzzellulose 383, 384. Nafaöl 630. Nagal 641. Nagelkraut 419. Nag-Kassar 603. Näg Kesar 603. Nährgewebe 678, 702, 703, 708, 840. Nährpräparate aus entbitterter Hefe 930. Nährschicht 754, 758. Nahrungshefe 939. Nahrungsmittel 407, 605, 663, 667, 668, 735, 744, 776, 778, 797, 80i, 939. Nahrungsmittelkunde 490. Nalita (Jute) 195, 240. Naltajute 248. Namal-renn 604. Nanacascalote 858. Nanas 297. Nanas sabrang 303. Nandina domestica Thuob. 418. Nandinin 418. Nandrukh 75. Nankingbaumwolle 103, 123, 130, 141, 144. Nankingwolle 123, 125, 141, 144. Naphthalin 439. Naphtholgelb 616. Narakuchen 807. Narawalif ihres 96, 261. Narbe 609, 610, 611, 612, 613, 614, 615, 630, 636, 657, 898, 904. Narbenpapillen 612, 613, 614. Narcissus calathinus L. 598. Narcissus Jonquilla L. 598. Narcissus multiflorus Lam. 598. Narcissus odorus L. 598. Narcissus poeticus L. 598. Narcissus Tazetta L. 598. Nardostachys grandiflora DC. 427. Nardostachys .Jatamansi DC. 423, 427. Narejganjejute 249. Nargol 937. Natalkörner 602. Natriumsesquikarbonat 579. Natron 576. Natron Zellulose 404. Natto 668. Navarinovalonen 824, 825. Navette 724. Nebenblatt 837. Nebenzelle (Spaltöffnung) 538, 546, 54* 550, 553, 742. Neb-Neb 850, 855. Neea theifera Örstedt 500. Nelken 803. Nelken, afrikanische 635. Nelken, amerikanische 635. Nelken, ostindische 635. Nelkenholz 635. Nelkenöl 511, 637, 639, 640, 819. Nelkenpfeffer 803. Nelkenrot 636. Nelkenstengel 635. Nelkenstiele 635, 640. Nelkenstielöl 640. Nelsonia Pohlii N. ab E. 520. Nelumbium speciosum Willd. 79. Nelumbo nucifera Gaertn. 79. Nepalcardamomen 793. Nepal paper plant 91, 370. Nepalpapier 92. Nepeta Cataria L. 516. Nepodin 415. Neridol 632. Nerium piscidium Roxb. 94. Nerol 496, 621, 628, 632. Nerolikampfer 632. Neroliöl 538, 629, 630, 631, 632. Neroliöl, synthetisches 632. Nerven, eingebettete 544, 546. Nessel 79, 208, 223—238. Nessel als Ruderalpflanze 228. Nessel, chinesische 210. Nessel, Egerer 235. Nessel, gemeine 76. Nessel, ostasiatische 226. Nessel, TuUner 235. Nessel, weiße 210. Nessel, zweihäusige 76, 224. Nesselfaser 97, 209, 223—238, 251. Nesselfaser, Geschichte 225. Nesselfaser, Gewinnung nach dem Richter- schen Verfahren 230. Nesselfaser, Mikroskopie 231, 237. Nesselfaser, Spinnwert 238. Nesselgarn 209, 226. Nesselkommission, deutsche 227, 228. Nesselkultur 226, 227, 230, 233. Nesselsamenkeimung 234. Nesselstengel-Fasergehalt 236. Nesseltuch 209. Neugewürz 803. Neumannia theiformi^s A. Rieh. 509. Neuseeländischer Flachs 26, 314—318. New-Jersey-Tee 508. New Orleans moss 353. Ngai-fen 521. Njaikampfer 521. Ngai-p'-ien 521. Ngart 670. 992 Namen- und Sachregister. Nhandirobasamen. 675. Nicotiana affinis Moore 569. Nicotiana alata Lk. et Otto 569. Nicotiana arborea Dietr. 569. Nicotiana atropurpurea grandiflora hört. 568. Nicotiana brasiliensis Lk. et Otto 568. Nicotiana glauca Grab. 569. Nicotiana ipomopsiflora Dun. 569. Nicotiana Langsdorfii Weinm. 570. Nicotiana macrophylla 571, 575. Nicotiana multivalvis Gray 570. Nicotiana persica Lind. 569. Nicotiana purpurea (Anast.) 566, 568. Nicotiana quadrivalvis Pursh. 570. Nicotiana repanda Willd. 569. Nicotiana rustica L. 520, 567, 569, 570, 571. Nicotiana rustica L. var. brasilia Sehr. 569. Nicotiana rustica L. var. hurailis Sehr. 569, 571. Nicotiana rustica L. var. senegalensis hört. 569. Nicotiana rustica L. var. texana (Naud.) 569. Nicotiana Sanderiana hört. 569. Nicotiana silvestris Speg. 569. Nicotiana suaveolens Lehm. 569. Nicotiana Tabacum L. 520, 565, 566, 567, 568, 570, 571, 575, 580. Nicotiana Tabacum L. var. brasiliensis 568. Nicotiana Tabacum L. var. chinensis (Fisch.) 568. Nicotiana Tabacum var. fruticosa (L.) 568. Nicotiana Tabacum L. var. havanensis Lag. 568. Nicotiana Tabacum L. var. latissima (Mill.) 568. Nicotiana Tabacum var. macrophvUa Sehr. 568. Nicotiana trigonophylla Dun. 569. Nicotin 573, 574, 576, 577. Nieskraut 523. Nieswurz, schwarzer 416. Nieswurz, weißer 411. Nigerrrüchte 907—908. Nigerkörner 807. Nigeröl 904, 907, 908. Niggerkörner 807. Niggersamen 907. Nigno 96. Nigritella sp. 819. Nikotein 576. Nikotellin 576. Nikotianin 573, 576. Nikotimin 576. .\imar 494. Nimaröl 495. Nimböl 670. Nimü-Erdnüsse 735. Nipiszeuge 286. Nitrobenzol 734. Nitrozellulose 132. Njore-Njole 674. Nkön 498. Noix d'ivoire 685. Nonne (Saflorvarietät) 657. Nonylaldehyd 439. n-Nonylaldehyd 628. Nostrano del Brenta-Tabak 568. Nourtoak 410. NuceJlus 704, 732, 741, 748, 758, 762, 763, 782, 783. Nucin 794. Nucleol (Hefenpraparat) 936. Nuhk 907. Nuklein 920, 921, 922, 936, 937, 939, 944. Nukleinbasen 920, 921, 922, 934, 985. Nukleinsäure 920, 921, 936. Nukleol 937. Nüßchen' 838, 839. 840. Nüsse, australische. 683. Nuzellargewebe 704, 758, 762, 763, 782, 783. Nuzellargeweberest 732, 741, 748. Nyctaginaceen 500. Nyctanthes Arbor-tristis L. 60G. Nyctanthes Sambac L. 606. Nyctanthin 606. Nymphaeaceen 79. Nyssa uniflora 384. Nzonogwe 83. Oberhaut 61, 182, 190, 203, 215, 231, .353, 354, 372, 373, 374, 375, 376, 378, 491, 535, 536. 537, 540, 541, 544, 545, 548, 553, 561, 726, 731, 740, 741, 746, 758, 762, 816. 817, 830, 833, 839, 847, 849, 853, 855, 857, 860, 861, 865, 866, 870, 871, 872, 877, 878, 879, 882, 886, 888, 891, 892, 893, 897, 900, 901. 904, 906, 907, 908, 910, 911. Oberhefen 917. 918. Oberzeug 927. Obronhefenextrakt 932. Obst 802, 805, 914. Obstkerne 666. Ochnaceen 673. Ochrocarpus longifolius Bentli. et Hook. 604. Ochroma 139. Ochromalagopus Sw.62, 89, 140, 141, 143. Ochsenwurzel, rote 463. Ochsenzunge 466. Ocimum americanum L. 519. Ocimum Basilicum L. 519. Ocimum Basilicum L. var. pilosum 564. Ocimum canum Sims 519. Ocimum gratissimum L. 519. Ocimum viride Willd. 520. Ocotea caudata Mez 418. JN'aiiien- und Sachregister. 993 •Ocyraum Basilicum 519. Odermennig 419. Odina Barteri Oliv. 82. Oenocarpus sp. 676. Oenotheraceen 93, 804. Olentrieb der Bäckerhefe 945: 946. Oidium lactis 945. Oil of Cedar leaves 493, 494. Oil of Fleabane 521. Oil of Lemon 799. Oil of Thuja 493. Oil of Wintergreen 514. Oiti-cica 665. oiti-iba 665. ■l).jnk 670. «Jkru fibre 85. Okrapflanze 85. Okwabaum 663. Öl 409, 412, 423, 431, 504, 662, 663. 664, 665, 666, 667, 670, 671, 672, 673, 674, 700, 701, 704, 708, 711, 712. 717, 721, 722. 723, 728, 731, 732, 735, 742, 749, -52, 759, 760, 761, 765, 777, 778, 779, 780, 786, 791, 795, 799, 800, 801, 802, 805, 806, 817, 820, 840, 875, 878, 883, 890, 897, 898, 899, 903, 907, 909. ÖL aromatisches 501, 502, 608, 609. öl, ätherisches 406, 408, 414, 416, 417, 418, 419, 422, 423, 425, 428, 429, 431, 434, 438, 442, 443, 444, 463, 485, 492, 498, 499, 500, 501, 502, 505, 506, 512, Ö14, 515, 517, 522, 538, 550, 553, 556, 559. 577, 584, 597, 598, 599, 600, 601, 603, 604, 605, 607, 608, 609, 615, 618, 619, 627, 629, 630, 631, 635, 642, 648, 655, 664, 672, 705, 728, 793, 794, 798, 799, 803, 842, 844, 845, 846, 847, 849, 869, 917. Öl, fettes 409, 423, 431, 504, 721, 722, 723, 728, 731', 732, 735, '801, 802, 805, 806, 890, 897, 898, 899, 903. 907, 909. Öl, halbtrocknendes 673. Öl, trocknendes 670. Olacaceen 663. Ölbehälter, oblitoschizogene 636. Ölbehälter, schizogene 636, 637, 639. Öldampf 496. Oldenlandia corymbosa L. 427. Oldenlandia umbellata Roxb. 427. OKI man's beard 353. Öldrüse 552, 556. Olea europaea L. 805. Olea fragrans Thunb. 605. " Oleaceen 605, 606, 805. Oleum Andropogonis citrati 495. Oleum Calami 434. Oleum Pini Pumilionis 492. Oleum rosatum 629. Ölgewinnung 662, 663, 665, 666, 667, 670, 671, 672, 691, 708, 722, 724, 731, 734, 752, 756, 760, 795, 898. Wiesner, Rohstoffe. III. Bd. ;i. Aufl. Olivenöl 805, 875. Ölkuchen 908. Ölmadie 909. Ölpalme 696, 697, 698. Ölpalme, amerikanische 696. Ölpalmensame 696—701. Ölpalmensamenendosperm 699, 700, 701. Ölpalmensamenschalen-Anatomie 699. Ölplasma 755, 758, 765, 823. Ölraffination 791. Ölraps 724. Ölrose, bulgarische 622. Ölrosenkultur 623, 624. Ölsäure 925. Ölschichte 717. Ölzellen 432, 433, 43 i, 704. Omketenuß 670. Onocarpus Asa Gray 801. Onosma echioides L. 426, 466. Onosma Emodi Wall. 426, 466. Onosma Hookeri Clarke 426, 466. Onosma tinctorium M. Bieb. 426. Oodalfaser 267. Operculina Turpethum Peter 425. Ophris sp. 413. Opiophage 418. Opium 707. Opuntia Dillenii 369. Orange, bittere 798. Orange, süße 631, 798. Orangenbaum 798. Orangenblüten 603, 629—632. Orangenblütenöl 642. Orangenblütenöl, süßes 630. Orangenblütenwasser 629. Oranger 629. Orcanette 425, 426, 463. Orcanette de Gonstantinoplc 421. Orchidaceen 413, 794. Orchis sp. 413. Oregonerle 384. Oreodaphne californica Nees 502. Origanum dubium Boiss. 518. Origanum hirtum Lk. 517. Origanum Majorana L. 518. Origanum majoranoides Willd. 518. Origanum Onites L. 517. Origanum smyrnaeum L. 517. Origanum vulgare L. 517. Origanum vulgare L. var. albiflorum G. Koch 517. Origanumöl, cyprisches 517, 518. Origanumöl, Smyrnaer 517. Origanumöl, Triester 517. Orlean 525. Orobanche cumana 898. Oropo-Valonen 824. Orthanthera viminea Wight 96. Ortiga 77. Oseille 414. Osmanthus fragrans Lour. 605. 63 994 Namen- und Sachregister. Osmites Bellidiastrum Thbg. 521. Osmitopsis asteriscoides Cass. 521. Otaheite (Zuckerrohrvarietät) 587. Otöto grande 88. Ouate vegetale 140. Ovoshefenextrakt 931. Ovovitellin 922. Ovulumintegumente 704. Oxalatschicht beim Mohnsamen 710. Oxalsäure 485, 487, 576, 594. Oxyacanthin 418. Oxydase 619, 768, 818. Oxydendron arboreum DC. 514- Oxynitrilase 733. Oxyquercetin 599. Oxyzellulose 25, 595. Paat (Jute) 238, 240. Paathanf 238. Pacari 509. Pacari do Mäto 509. Pachira aquatica Aubl. 673. Pachira Barrigon Seem. 90. Pachyra aquatica Aubl. 90. Pachyrrhizus angulatus Rieh. 82. Pachyrrhizus montanus DC. 81. Packleinen 197, 198. Packmateri^l 357. Packtuch 249, 333, 347. Padang 342. Padistroh 377. Padistrohzellulose 377. Paederia foetida L. 97. Paeonia Moutan Sims 416. Pahari Rai 728. Paina limpa 139, 141. Paintyseed (Ricinussamen) 757. Pakoe-Kidang 407. Palai 728. Palangi 728. Paläskephul 602. Paleae haemostaticae 407. Palicourea sulphurea DC. 520. Palillo 426. Palisadenparenchym 525, 534, 537, 540, 541, 544, 546, 548, 550, 553, 560, 582, 829, 830, 831, 885. Palisadensklereiden 746, 747, 758. Palisadenzellen 491, 527, 561, 572, 679, 686, 711, 716, 746, 747, 748, 749, 758, 762, 763, 780, 782, 783, 784, 785, 847, 848, 849, 854, 882, 902, 911. Palisadenzellenlichtlinie 882. Palmarosaöl 431, 494, 629. Palmblätter als Beschreibstoff 100, SdS~ 397. Palmblattmanuskripte, indische 393. Palmen 68—70, 409, 662, 663, 792. Palmettowurzel 409. Palmfett 696. Palmholz 520. Palmitin 418. Palmitinsäure 523, 843, 898, 925. Palmkerne 662, 696—701. Palmkernkuchen 700, 701. Palmkernmehlverfälschungsmittel 682. Palmkernöl 697, 698. Palmwein 863. Palmyra nar 68. Palmyrapalme 393, 394. Palmyrasteinnuß 677. Palo blanco- Rinde 863. Palo Pangue 422. Palshin 81. Palungo 196. Palungor 197. Pa-ma 209. Pan-Seide 357. Panamahüte 70. Panamasteinnuß 677. Panax fruticosum L. 422. Panax Ginseng C. A. Mey. 422. Panax repens Max. 422. Pandanaceen 64, 597. Pandanus sp. 98, 342, 343. Pandanus furcatus Roxb. 64. Pandanus odoratissimus 39, 48, 64, 342. 343, 597. I Pandanus Thomensis Henr. 64, 343. ! Pandanus utilis Bory 64, 342, 343. j Pandanusfaser 41, 42, 43, 44, 46, 62, 64. j 98, 254, 342, 343. I Pangane hemp 324. i Panicum junceum Nees 407. I Panicum miliaceum 370. Panzerschicht 898. Panzersonnenblume 898. Pao lepra 500. Päonol 416. j Papain 802. Papaver setig'erum DC. 708. Papaver somniferum L. 155, 665, 707. 709. Papaver somniferum L. var. album DC. I 707. Papaver somniferum L. var. nigrum DC. 707. Papaver somniferum L. var. setigerum (DC.) 707. j Papaveraceen 665. ' Papayacin 802. Papayotin 802. I Paphiopedtlum javanicum Pfitz. 413. Papier 447. Papier, chinesisches 371, 391, 392. Papier de riz 390. Papier, gefilztes 368. Papier, gefilztes, Erfindung desselben 400. 401, 402. Papier, Geschichte desselben 391—405. Papier, japanisches 385, 387. Papiererzeugung, arabische 402. Namen- und Saclnegistei 995 Papiererzeugung, japanische 402. Papierfabrikation 201, 205, 273, 279, 280, 286, 328, 333, 362, 363, 367—402, 405, 406, 420, 421. Papierfärbung 367. Papierfasern 63, 65, 67, 68, 70, 71, 81, 85, 87, 88, 89, 91, 92, 367—390. Papierfasern, chinesische 369. Papierfasern, japanische 369. Papierfasern, »Räumigkeit« 146. Papierfüllung 367. Papiergarn 368. Papierhalbzeug 376. Papierleimung 367. Papiermaterialien, indische 369. Papiermaulbeerbaum 100, 402, 403. Papiermaulbeerbaumbastfaser 384 — 387. Papiermaulbeerbaumrinde 368, 371. Papierprüfungsmethoden 367. Papieruntersuchung, mikroskopische 367. Papierzellulose 328. Papierzeug 376. Papilionaceenfasern 386. Papille 491. Pappe 370, 382, 389. Pappelknospenöl 498. Pappelrose 632. Pappelwolle 74, 93. Pappus 651, 652, 654. Papuamacis 705, 706, 707. Papuanuß 705. Papyrus 7, 100, 367, 368, 397—399. Papyrus Ebers 776. Papyruskleister 398. Papyrusmark 397, 398. Papyrusstaude 67, 397. Paradieskörner 793. Paraffin 626, 628, 629, 632. Parakresol 621. Paranukleoprote'id 922. Parapektin 34. Parapektinsäure 34. Parapiassave 336, 337, 338, 339; 342. Pararabin 486. Paretaniwa (neuseeländischer Flachs) 316. Parfüm 406, 428, 429. Parfüm 6ternel 606. Parfümeriematerial 409, 412, 493, 495, 502, 504, 513, 550, 557, 564, 597, 598, 599, 600, 601, 602, 603, 605, 606, 607, 616, 618, 640, 649, 672, 707, 751, 794, 796, 798, 813, 819. Parfümeriepflanze 550. Parfümierung von Kirschbaumtrieben (Weichselrohr) 751. Pargavalonen 824, 825. Parietaria debilis G. Forst. 79. Parietaria officinalis 79. Paritanewha (neuseeländischer Flachs) 316, 318. Paritium tiliaceum Juss. 85. Parkia africana R. Br. 81, 666. Parkinsonia aculeata L. 81. Parmaveilchen 604. Passerina hirsuta L. 92. Pasta Guarana 672. Pataschte 767. Pataste 767. Patcha 558. Patchouli 557. Patchouly 519, 557. Patent Gebr. v. Nießen »Kaffee-Ersatz, aromatischer« 682. Paternosterbaum 463. Paternostererbse 667. Patrassovalonen 824, 825, 828. Patschulen 564. Patschuli 508, o57— 564. Patschulialkohol 564. Patschuliblatt, Anatomie 561. Patschulikraut 557. Patschuliöl 557, 564. Patte de lievre 139, 140. Paullinia Cupana Kunth 672, 801. Paullinia sorbilis Mart. .SOI, 672. Paulysche Seide 131. Pavonia ceylonica Cav. 89. Pavonia Weldenii 564. Päyar 75. Payta-Ratanhia 419. Peanut 734, 743. Pedaliaceen 674. Pediokokken 928. Peganum Harmala L. 669. Pektase 34. Pektin 25, 26, 30. Pektingärung 33, 167, 168. 186. Pektinsäure 33. Pektinschleim 795. Pektinstoffe 33, 169, 486, -V.i ', Pektose 25, 33, 167, is;, 'is:,. '.sc,. Pektosinase 34. Pektozellulose 26. Pelargonium capitatum Ait. 504. Pelargonium graveolens Ait. 504. Pelargonium odoratissimum Willd. 504. Pelargonium roseum Willd. 504. Pelargonium terebinthinaceum Cav. 504. Pelargoniumöl 504. Pelargonsäure 505. Pellhanf 187. Pembe 663. Penguin 322. Pennawar Djambi 63, 407. Pennyroyalöl 517. Pentadesma butyraceum Dan. 802. Pentosane 25, 30, 595, 903. Pentose 30, 920. Pentosemonoformal 29. Peponium 768. Pepsin 922, 933, 938. Pepton 168, 922. il<)(i A'aiuen- und Sachregister. Pere de ia sante 423. Perennial Indian Hemp 90. Pergament 392. Pfiiandra dulcis Mart. 420, 463. Puriderm 100, 461, 468, 471. 482, 483, 901. Periderm von Betula Bhojpattra 100. Perigon 838, 840. \ Perikambium 481. Perikarp 676, 688. 701, 737, 795, 816, 817, 819, 821, 847, 849, 850, 852, 853, 855, 857, 858, 861, 864—868, 871, 875, 876, 878, 879, 880, 885, 886, 887, 890, 896, 897, 899, 900, 901, 902, 904, 905, 910, 911. Peiiila ocymoides L. 806. Perillakuchen 674, 806. Periploca aphylla Decsne. 96. Periploca indica Willd. 96. Periploca silvestris Retz. 96. Perisperm 704, 741, 748. 764. 77:!. Pernambuk (Baumwolle) 12ri. Perpulut 564. Persea sp. 665. Persimon 805. Persoonia saccäta R. Br. 599. Perubaumwolle 130. Perückenbaum 532. Perückenstrauch 532, 537. Perugummi 410. Pestwurz 428. Petala Rosarum incarnalum 626. Petala Rosarum pallidarum 626. Petala Rosarum rubrarum 626. Petasites officinalis Moench 428. Petersilie 514. Petersilienblätteröl 514. Petitgrain citronnier 500. Petitgrainöl 506, 631, 798. Petroleum 517. Petroselinum hortense Hoffm. 514. Petunieren des Tabaks 575. Petunioides G. Don. (Sektion von Nico- tiana) 569. Peucedanum officinale L. 423. Peucedanum Ostruthium Koch 423. Peumus Boldus Mol. 500. Pfahlbaulein von Robenhausen 156. Pfälzertabak 568. Pfees 68. Pfeffer, japanischer 799. Pfefferbaum 507. Pfefferkraut 517. Pfefferkuchenpalme 687. Pfefferminze 500, 519, 551—555. Pfefferminzöl 495, 519, 551, 553, 554, 555. Pfefferminzöl, japanisches 554. Pfefferpulververfälschungsmittel 538. Pfefferverfälschungsmittel 701. Pferdedecken 366. Pferdepeitsche 508. Pfirsichbaum 503. Pfirsichkerne 733, 734. Pflanzendunen 139. Pflanzendunen, indische 139. Pflanzenfasern, Übersicht der abgehandel- ten technisch verwerteten 97. Pflanzengelb 602. Pflanzenhaare 1, 2, 20, 97. Pflanzenläusevertilgungsmittel 874. Pflanzenschädlingbekämpfungsmittel 579. Pflanzenschleime 33. Pflanzenseide 146 — 154. Pflanzenteile, unterirdische 406 — 489. Pflastergrundlage 801. Pfundhefe 942. Pharmakognosie 490. Pharmakopoe 407, 505. Phaseolunatin 668, 755, 756. Phaseolus coccineus L. 82, 156, 668. Phaseolus lunatus L. 668, 775. Phaseolus max L. 667. ' ' Phaseolus radiatus L. 667. Phaseolus vulgaris L. 82, 668. Phasin 743. Phellandren 495, 497, 511. .^.12, 513, 523, 557, 664. Phelloderm 461. Phellogen 216, 461. Phenyläthylalkohol 619, 627, 628. Phenyljute 250. Phenylosazon 28. Phenylxylosazon 29. Philadelphus coronarius L. 600. Philippine Magney 302. Philippinenylang 622. Phlobaphene 424, 457, 636, 689, 695, 704, 809. Phloem 3, 4, 216, 217, 283, 284, 361. Phloem, zerstörtes bei Fasern 361. Phloemkrankheit des Zuckerrohres 590. Phloemmarkstrahlen 546. Phloemparenchymzellen 8, 267, 451, 452, 461, 468. Phloroglukotannoide 547, 668. Phlorogluzin 244, 547. Phlorogluzinreaktion 32. Phoenix dactylifera L. 69, 792. Phoenix paludosa 369. Phoenix reclinata Jacqu. 69, 350. Phoenix silvestris Roxb. 69, 863. Pholidota imbricata Hook. 413. Phoradendron 796. Phormium tenax Forst. 10. 21, 22, 25, 72, 98, 99, 314, 315, 316. Phormiumblattanatomie 316. Phormiumfaser 314—318. Phormiumfaser. Abstammung 314. Phormiumfaser, Gewinnung 317. Phormiumfaser, mikroskopische Charakte- ristik 317. Phosphorsäure 487, 488, 576, 615, 696, 712, 882, 926. Namen- und Sacluemstef. 997 Phragmites sp. 64. Phragniites communis Trin. 66, 370. Phragmites Karka Trin. 66, 370. Phrynium dichotomum Roxb. 74. Phthirusa sp. 796. Pliyllanthus distichus Müll. -Arg. 421. Phyllanthus Emblica L. 800, 889. ■ i-Phyllodulcin 503. Phytelephas sp. 662, 675, 684, 685, 686, 690. Phytelephas aequatorialis Spruce 676. Phytelephas aureo-costata Linden 676. Phytelephas macrocarpa Ruiz et Pavon 676. Phytelephas microcarpa Ruiz et Pavon 676, 680. Phytelephas Pavonii Gaudich. 676. Phytelephas Ruizii Gaudich. 676. a-Phytoalbuminose 759. Phytolacca decandra L. 796. Phytolacca vulgaris Mill. 796. Phytolaccaceen 415, 796. Phytomelane 900, 902, 903, 905, 908, 909, 910, 911. Phytomelane, pathologische 903. Phytomelane, physiologische 903. Phytomelin 602. Phytosterine 25, 786. Phytosterol 843. Phytosterolglykosid 843. Phytosterolin 843. Phytovitellin 734. Pia.ssabepalme 334. Piassave 17, 24, 25, 45, 46, 48, 60, 62, 68, 69, 70, 98, 99. Piassave, afrikanische 9, 14, 17, 39, 338 —340, 341, 342. Piassave, brasilianische 9, 14, 17, 334 — 338, 340, 342. Piassavefaser 283, 334—342, 359. Piassavepalmblattscheiden 334. Piassavepalme 335, 808. Picea alba Lk. 493. Picea excelsa Link 63, 493, 662. Picea morinda 384. Picea nigra Lk. 493. Picea vulgaris Lk. 492. Pichiaarten 914. Pichta 493. Pigmentreaktionen zur Unterscheidung von Kakaostandardmustern 774, 775. Pigmentschichte 711, 717, 719, 727, 747, 748, 754, 762, 763, 787, 788. Pigmentzelle 445, 774, 775. Pilocarpusarten 543. Piment 640, 803, 887- Pimenta acris Wight 511. Pimenta officinalis Berg. 803. Pimpal 75. Pimpinella Anisum L. 804. Pimpinella magna 423. Pimpinella nigra Willd. 423. Pimpinella Saxifraga L. 423. Pinaceen 63, 492—494, 791. Pinafaser 286, 321. Pinangpalme 662. Pincenectia recurvata 21, liJ. Pine apple fibre 822. Pine wool 63. Pinen .501, 513, 516, .H7, .';23. 1-a-Pinen 516. d-Pinen 516. 1-Pinen 557, 632. Pinkoffin 469. Pinnilla 322. Pinsel 342, 362. Pinus cembra L. 662. Pinus excelsa 384. Pinus longifolia 384. Pinus montana Mill. 492. Pinus Mughus Scop. 492. Pinus Pinea 24. Pinus Pumilio Haenke 382, 492. Pinus silvestris L. 492, 662. Piper angustifolium R. et Pav. 498. Piper angustifolium var. cordulatum 498. Piper angustifolium var. Oskanum C. DG. 498. Piper Betle L. 498. Piper camphoriferum G. DG. 498. Piper lineatum R. et P. 498. Piper methysticum Forst 413. Piperaceen 413, 498. Piperonal 819, 820. Pi-pi 862. Pippali 640. Pipturus argenteus Wedd. 78. Pipturus hypoleuca 78. Pipturus pentandra Benn. 79. Pipturus propinquus Wedd. 78. Pipturus velutinus Wedd. 78. Pipturus viminea Wedd. 79. Piqueria trinervia (Jacq.) Cav. 521. Pirijao 792. Piritu 792. Pirus sp. 887. Pisonia tomentosa Lam. 500. Pistaches de terre 743. Pistacia Lentiscus L. 507, 542, 543, 544. Pistacia Terebinthus L. 543, 547. Pistim 134. Pisumarten 667. Pit 296. Pita 289, 290, 296. Pita de Corojo 69. Pitefaser 14, 17, 44, 46, 286, 289, 296, 322. Pithecolobium parvifolium Benth. 797. Piuri 507. Pladera virgata Roxb. 93. Plagianthus pulchellus A. Gray 87. Plagiobothrys sp. 466. Plagiobotrys rufescens Fisch, et M. 426. 998 Namen- und SachiegisLei Plantaginaceen 521, 675. Plantago arenaria W. et K. 786. Plantago cynops L. 675, 786, 787. Plantago decumbens Forsk. 675, 786. Plantago ispaghula Roxb. 675, 786. Plantago major 787. Plantago maritima 788. Plantago media L. 581, 582, 787. Plantago ovata Forsk. 675, 786. Plantago Psyllium L. 675, 786, 788. Plantago ramosa Asch. 675, 786, 787. Plantago squarrosa 521. Plasmaverbindungen, aggregierte 681. Plasmaverbindungen, solitäre 681. Plasmit (Düngemittel) 940. Plasmodesmen 681. Platainfibre 73, 279. Piatanthera sp. 413. Platanus occidentalis 384. Plattenverfahren der biologischen Hefe- untersuchung 944. Plazenta 636, 638, 816, 817. Plectranthus fruticosus Wight 564. Plectranthus Patschouli Clarke 558. Pleurogyne umbrasissima Aaruada Ca- mara 665. Plukenetia coronophora Müll. -Arg. 670. Plumbaginaceen 424. . Plumbago europaea L. 424. Plumbagokakao 766. Plumeria acutifolia Poir. 606. Plumeria alba Hort. 606. Plumeria alba L. 606. Plusia gamma L. 161. Pochata 673. Podophyllin 418. Podophyllum Emodi Wall. 418. Podophyllum peltatum L. 418. Poga oleosa Pierre 674. Pogostemon comosus Miq. 559. Pogostemon Hayneanus Benth. 557, 558. 559. Pogostemon menthoides Bl. 559. Pogostemon Patchouly Pelletier 557, 558. Pogostemon suave Ten. 557, 558, 559. Pogostemum Heyneanus Benth. 519. Pogostemum menthoides Bl. 519. Pogostemum Patchouly Pjellet. 519. Pogostemum suavis Ten. 519. Poinciana spinosa Molina 863. Poincina coriaria Jacq. 797. Poleiöl 495, 518, 519. Poleiöl, amerikanisches 517. Poleiöl, europäisches 517. Poliermittel 499, 503, 508. Pollensack 653. Pollenschlauch 817, «18. Pollenschlauchaustrittsiillimntj 057. Polsterfüllungsmaten;il idiiitbului(.' 66y. San 200. Sandalenerzeugung 333. Sandelholz, gelbes 413. Sandelholz, weißes 413. Sandelholz, westindisches 'il.3. Saudelöl 413. Sanduhrzellenschicht 747, 8.ji. Sandzelle 710. Sang-shih-see 895. Sanguisorba minor Scop. 4iy. Sanguisorba officinalis L. 419. .Sanseveria sp. 323. Sanseviera sp. 323. Sansevieria sp. 7, 9, 24, 98, 323. Sansevieria ceylanica 39, 72, 325, 327, 369. Sansevieria cylindrica Boj. 72, 324. Sansevieria Ehrenbergiana Schweinf. 72. 324, 327. Sansevieria guineensis Willd. 72, 324. Sansevieria Kirkii Bak. 72, 324. Sansevieria Laurentii E. de Wild. 72. Sansevieria longiflora Sims. 72, 324, 327. Sansevieria nilotica Bak. 72. Sansevieria Perottii Warb. 72, 324. Sansevieria Roxburghü 327. Sansevieria senegambensis Bak. 72. Sansevieria subspicata Bak. 72. Sansevieria thyrsiflora Thunb. 72. Sansevieria Volkensii Gurke 72. Sansevieria zeylanica Willd. 39, 72, 325, 327, 369. Sansevieriablätter 300, 325. Sansevieriafaser 7, 9, 45, 72, 98,323—327, 354. Sansibarnelken 635, 636, 639. Sansibarsesam 779. Sansisi 895. Santalaceen 413, 663. Santalum album L. 413. Santolina Chamaecyparissus L. 523. Santonin 609. Sapindaceen 82, 421, 603, 671, 672, 801. Sapindus sp. 873. Sapindus abruptus Lour. 874. Sapindus detergens Kat. Kew. non Roxb. 875. Sapindus detergens Roxb. 874. Sapindus emarginatus Tenore 874. -Sapindus emarginatus Vahl 874, 875. Sapindus Mukkorossi Gaertn. 874, 882, 883. Sapindus Rarak DC. 875, 879, 880, 882, 883. Sapindus saponaria L. 82, 671, 801, 875, 876, 882. Sapindus trifoliatus L. 874, 875, 877, 878, 879, 882. Sapindus utilis Trab. 874. Sapindusfruchtwandanatomie 876^880. Sapindussamenschalenanatomie 881 — 883. Sapindus-Saponin 880, 881, 883. Sapo Indus 873. Sapogenine 522. Saponaria multiflora 416.' I Saponaria ocymoides L. 416. ! Saponaria officinalis L, 415, 450, 500. Saponaria Vaccaria L. 415. ' Saponarin 453. i Saponin 406, 409, 410, 411, 413, 415, 416, 417, 418, 420, 421, 422, 424, 426, 450, 452, 454, 487, 500, 522, 666, 671, 797, 806, 873, 874, 875, 877, 878, 879, 880, 881, 882, 883. [ Saponinzellen 880. 1 Saporubrin 452, 454. Sapotaceen 605, 674. Sapotoxin, Levantisches 454. Sarcinakrankheit des Bieres 928. Sarcochlamys pulcherrima Gaud. 79. ' Sareptasenf 712, 713, 714, 715, 716, 718, 719, 722, 723. Sareptasenfkeimpflanze 715. Sareptasenfsamenschalenanatomie 718, I 719. j Sarkokarpium 877. I Sarmdal 81. j Särothamnus scoparius Wimm. 80. [ Sarrapia 745. ! Sarrapiero 745. ! Sarsonsenf 727. Sasoir 786. Sassafras officinalis Nees 418. Satin-Appretur 756. Satureja hortensis L. 517. Satureja Nepeta Scheele 518. Satureja Thymbra L. 517. Satzhefe 915*, 917, 926, 941. Saubrot 424. Sauerampfer 414. Sauerdorn 417. Sauerkirsche 526. Sauerteig 940. Sauggewebe 789. Säulenschichte 716, 746. Säure, cumarylige 751. Saussurea sp. 413. ■ Saussurea Lappa Clarke 428. Savanillasteinnuß 677, 678. ; Saw palmetto 792. Saxifragaceen 419, 503. Scammonium 425. , Schabe 186. Schachtelhalm 508. Schafwolle 63. I Schafwollersatz (Nesselfaser) 230. I Schamakhie 531. I Scharte 531. I Schaumfestigungsmittel 874. j Scheibenblüten 617, 618, 653, 655, 898, 907. Scheinachse 281, 282. Scheinkristalle in Fasernasche 61. 1006 >.'anien- und Sachregister. Scheinstamm 281, 282. Schemacha 531. Scheuermittel 503. Schicht, hyaline 719, 741. Schierlingstanne 493. Schießwolle 147. Schiffstaue 285, 286, 314, 359, 362. Schildkrötenölpalme 699. Schilffaser 64. Schilfrohr 66, 370. Schilfrohrpapier 370. Schimmelpilze 933. Schiniablätter 507. Schinus dependens Orteg. 507, 800. Schinus latifolius (Gillies) Engl. 800. Schinus Molle L. 507, 800. Schirastabak 568, 569. Schirmbaum, Kameruner 75. Schirmerzeugung 431. Schizomyceten 912. Schizosaccharomyces sp. 912. Schizosaccharomyces mellacei 912. Schizosaccharomyces octosporus 912. Schizosaccharomyces Pombe 912. Schizosaccharomyces Vordermanni 912, 913. Schizosaccharomyzeten 913. Schlammröste des Flachses 166. Schleim 410, 491, 665, 666, 786, 787, 789, 790, 927, 944. Schleimepidermis 715, 719, 728, 787, 788. 789. Schleimkörper 410, 789. Schleimmembran 754. Schleimsäure 789. Schleimschicht 527, 528, 529, 715, 718, 719. Schleimstoffe 927, 944. Schleimzelle 772, 788, 789. Schleißhanf 187. Schließlein 156, 157. Schließmohn 708. Schließzelle (Spaltöffnung) 742. Schmack 531, 537, 538. Schmieröl 724, 728. Schminkeerzeugung 425, 661. Schmuckgegenständeerzeugung 666, 667, 792. Schneeberger Schnupftabak 671. Schneidetabak 578. Schnippmaschine 242. Schnupftabak 523, 526, 575, 578, 671, 751. Schnupftabak, Schneeberger 671. Schokoladeerzeugung 766, 776, 801, 819. Schousbea coramutata DG. 510. Schoyu 668. Schraubenbänder der Gefäße der Para- piassave 337. Schuf 903. Schuheinlage 807. Schuppen 352, 353, 354, 491. Schuppenborke 461. Schusterhanf 188. Schüttelmethode der Gerbstoffgehalts- bestimmung 893. Schüttelmohn 708. Schüttgelb 523, 525, 531. Schüttmohn 708. Schwammparenchym 491, 525, 527, 534, 535, 545, 549, 553, 560, 572, 582, 626, 627, 741, 747, 748, 758, 763, 772, 822, 840, 856, 864, 867, 883, 906. Schwarz Cheribon (Zuckerrohrvarietät) 587, 595. Schwarzföhre 382. Schwarzhanf 186. Schwarzröste (Flachs) 166, 173. Schwedisches Fichtennadelöl 493. Schwefeln der Kokosnüsse 693. Schwefelsäure 487, 576. Schwellungsgewebe, subepidermales 866. Schwertbohne 669. Schwimmgürtel 145, 146. Schwingen des Leines 163. Scinde (Baumwolle) 128. Scopolamin 426. Scopolia carniolica Jacq. 426. Scopolia japonica Maxim. 426. Scopolina atropoides Schult. 426. Scotanello 537. Scotano 537. Scrophulariaceen 426, 427, 607. Sea Island (Baumwolle) 102, 105, 114, 120, 124, 126, 127, 130. Sea Island Peruvian (Baumwolle) 127. Seeale cereale 21, 22, 791. Secuaöl 675. Securidaca longepedunculata Fres. 82. Seegras 64, 68, 225. Seeländer Krapp 467. Seestrandsmangold 475. Segeltuch 195. Seide 134, 286, 321, 447, 509. »Seide« der Caravonicawolle 130. Seide, vegetabilisch 1, 3, 9, 24, 40, 42, 44, 46, 47, 50, 53, 94, 95, 97, 141, 142, 146—154, 247, 371. Seidenbaumwolle 116. Seidenersatz 320. Seid?nfärbematerial 548. Seidengras 322. Seidenpapier 385. Seidenpflanze, syrische 147. Seidenzeugappretur 790. Seidenzucht 539. Seife 406, 450, 513, 797. Seifenbad 231, 232, 875. Seifenbeerbaum 874. Seifenbeeren 801, 873—883. Seifenersatz 407, 801. Seifenerzeugung 493, 519, 640, 670, 671, 724, 806, 904. Namen- und Sachie"islci 1(307 Seifenpflanzen 450. Seifenrinde 450. Seifenwiirzel 410, 411, 416, 450—456, 500. Seifenwurzel, ägyptische 406, 454. Seifenwurzel, gemeine 450. Seifenwurzel, kalifornische 415. Seifenwurzel, levantinische weiße 416. Seifenwurzel, persische 454. Seifenwurzel, rote 415, 450, 452. Seifenwurzel, spanische 416, 454. Seifenwurzel, ungarische 454. Seifenwurzel, weiße 450, 453, 454. Seile, Verkürzung derselben nach Wasser- besprengung 19. Seilerzeugung 207, 213, 257, 262, 267, 276, 277, 279, 280, 285, 290, 314, 320, 323, 328, 333, 334, 342, 362, 377. Sekretbehälter 608, 764, 890, 893. Sekretgang 535, 537, 546, 652, 653, 840. Sekretschlauch 657. Sekretzelle 434, 441, 442, 444, 446, 561, 705, 706, 847, 864, 866. Sekundärperisperm 704. Selbstgärung bei Hefen 916, 923, 925. Selbstverdauung bei Hefen 916, 919, 923, 930, 933, 934, 935. Selene 80. Sellerie 514. Sellerieblätteröl 514. Semecarpus sp. 540. Semecarpus Anacardium L. 671, 801. Semecarpus Cassuvium Spreng. 801. Semen Cinae 609. Semen Psyllii 786—790. Semen Strychni 682. Senega 416. Senf, chinesischer 714. Senf, englischer 719. Senf, indischer 714. Senf, japanischer 714. Senf, persischer 723. Senf, schwarzer 713, 714, 716, 718, 720, 722, 723. Senf von Sarepta 712, 713, 714. Senf, weißer 714, 715, 719, 720, 721, 723. Senfbereitung 722, 723. Senfmehl 719, 723. SenM 715, 722. Senfsamen 665, 712—723. Senfsamenendospermrest 717, 718, 719. Senfsamenkeimblätter 720. Sennablatt 506. Sennaverfälschungsmittel 539. Sereh 589. Sereh betoel 496. Serehkrankheit des Zuckerrohrs 589. Sereipo 797. Serenaea serrulata Hook. f. 792. Serjania ichthyoctona Radlk. 421. Serratula austriaca Wiesb. 523. Serratula Behen DC. 429. Serratula tinctoria L. 523. Serratula tinctoria L. var. integrifolia Pers. 523. Serratula tinctoria L. var. lancifolia Gray 523. Serratulan 523. Serratulin 523. Sesam 674, 776—786. Sesam, wilder 777. Sesamin 786. Sesamkuchen 780, 785. Sesamkuchen aus doppelhülsiger Saat 785. Sesamkuchen, dickschaliger 785. Sesamkuchen, gewöhnlicher 785. Sesammehl 778, 780. Sesamöl 777, 778, 779, 780, 785, 786, 907. Sesamopteris (Sektion von Sesamuni) 784. Sesamsamenkern 783. Sesamsamenschalenanatomie 780, 781, 782, 783. Sesamum angustifolium (Oliv.) Engl. 777. Sesamum foetidum Afzel. 777. Sesamum indicum DG. 674, 776, 777, 779, 780, 783, 784, 785. Sesamum indicum var. grandidentatum 776. Sesamum indicum var. subdentatum 776. Sesamum indicum var. subindivisum 776. Sesamum indicum L. 776. Sesamum indicum Sims 775. Sesamum occidentale Heer et Regel 67'j. 775. Sesamum Orientale L. 674, 776. Sesamum quadridentatum DG. 674. Sesamum radiatum Schum. et Thonn. 674, 777, 779, 780, 782, 784, 785. Sesamum subdentatum DG. 674. Sesamum subindivisum DG. 674. Sesbania aculeata Pers. 80. Sesbania cannabina Retz 80. Sesquiterpenalkohol 672. Sesquiterpene 608, 621, 648. ^■•es 134. Setzölsamen 724. Shanapum 201. Shawlerzeugung 286. Shelti 261. . Shiniablätter 543—547, 887. Shitse 805. Shola 81. Siam-Gardamomen. 793. Siamfaser 69. Siam hemp 280. Sida sp. 251. Sida alba L. 87. Sida asiatica Gav. 88. Sida graveolens Roxb. 88. Sida humilis Gav. 88. Sida indica L. 88. Sida periplocifolia Willd. 87. Sida pulchella Bonpl. 87. 1C08 Namen- und Sacluegister. Sida retusa L. 17, 41, 42, 43. 44, 45, 48, 50, 87, 97, 204—207. Sida ihombifolia L. 87. Sida rhomboidea Roxb. 87. Sida tiliaefolia Fisch. 87, 205. Sida urens L. 88. Sida veronicaefolia Lam. 88. Sidafaser 38, 204—207. Siebparenchym 4. Siebröhren 3, 4, 8, 267, 294, 449, 451, 461, 462, 486, 867. Sieb teil des Gefäßbündels 4. Siebteil, obliterierter 810, 811. Sikimmifrüchte 796, 845, 846, 847, 848, 849, 850. Sikkimi 796, 845, 846, 847, 8 48, 849, 850. Sikkimi noki 845. Sikkiminsäure 846, 850. Silberhaut 771, 773. Silberpappel 382. Silene Cucubalus Willd. 416. Silene inflata Sm. 416. Siliqua arboris Guatapunae ex Coracao insula 859. Silk-cotton-tree 140, 672. Silkgrass 320—323. Silverboom 499. Simarubaceen 506, 669. Sinaba (Manilahanfsorte) 280. Sinaibin 721. Sinalbinsenföl 721. Sinamaystoffe 286. Sinapinhydrosulfat 721. Sinapis alba L. 665, 712, 714, 719, 720, . 721. Sinapis alba var. phaeosperma G. Beck 714. Sinapis arvensis L 721, 723. Sinapis cernua Thunb. 714. Sinapis dichotoma Roxb. 725. Sinapis dissecta Lagasca 712, 714. Sinapis glauca Roxb. 723, 725. Sinapis integrifolia Willd. 713. Sinapis juncea Hook. fil. et Thoms. 665, 713. Sinapis juncea var. ostindica 721. Sinapis nigra L. 712. Sinapis ramosa Roxb. 713, 725. Sinapis rugosa 713. Singaporecitronellöl 496. Singhara Nut 8t)4. Sinigrin 721, 722. Siparuna oligandra Jul. 501. Sirajganj-Jute 249. Siras 410. Siris (Hefenextrakt) 933. Siris (Nourtoakwurzel) 410. Sirius 357. Sirupbereitung 800, 807. Sisal, echter 298. Sisal, falscher 298. Sisalagaven 298. Sisalfaser 1, 7, 25, 43, 44, 46, 72, 73, 98, 188, 195, 286, 289, 290, 296, 297, 297 —302, 303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310, 311, 313, 326; 359, 370. Sisalhanf 99, 289, 297—302, 313, 326. Sisal hemp 297. Sitogen (Hefenextrakt) 935. Siver 670. Skimmi 845. Sklereidenepiderrais 847, 849, 888. Sklereidenschichte 716, 717, 718, 719, 726, 727, 754, 772, 809, 810, 811. Sklerenchymfasern 3, 891. 892, 893, 901, 905, 908. Sklerenchymzeilen 491. Skophium lanceotum Miq. 670. Small seeded form (Rizinuspflanze) 757. Smilax sp. 410. Smyrna Aidinvalonen 824. Smyrna Aivagikvalonen 824. Smyrna AivaJivalonen 824. Smyrna Barlo un acqua-Valonen 824. Smyrnabaumwolle 128. Smyrna Demirgikvalonen 824. Smyrna-Sesam 779. Smyrna Uschakvalonen 824. Smyrnavalonen 824, 825, 827. Snipping machines 242. Soap tree 797. Sockelzelle 562. Soconuscaböhne 766, 767. Sodagewinnung 500, 520. Sofia 494. Sogat 82. vSoie v6g6tale 94, 147. Soie vegetale de fafetone 154. Soie v6g^tale de Thiock 154. Soja hispida Mönch 667. Soja max (L.) Piper 667. Sojabohne 667, 668. Sojabohnenmilch 668. Sojabohnenöl 667. Sola 81. Solanaceen 96, 426, 520, 806. Solanum Dulcamara L. 426. Solanum mammosum L." 426. Solanum sodomeum L. 426. Solidago canadensis L. 523. Solitär 721, 732, 849. Sommaco feminella-Sumach 533. Sommercolza 724. Sommergerstenstroh 35. Sommerhanf 185. Sommerkohlreps 724. Sommerkohlsaat 724. Sommerlevat 724. Sommerrautenöl 505. Sommerreps 724, 728. Sommerrübenreps 724. Sommerrübsen 724. Namen- und Sachregister. 1009 Sondrio 543. Sonnenblume 898. Sonnenblumenkerne 817, 898—903. Sonnenblumenmark 14G. Sonnenrosenmark 146. Sophora japonica L. 602. Sophorin 602. Sorbec 844. Sorbus sp. 546. Sorbus Aucuparia 382. Sorgho noir 497. Sorghum sp. 497. Sorghum cernuus Host. 791. Sorghum halepense Pers. 67. Sorghum vulgare Pers. 67. Sorrel-tree 514. Soyeuse 147. Spaltfi-ucht 875, 876. Spalthefe 912, 914. Spaltöffnung 527, 528, 529, 530, 535, 537, 541, 544, 545, 546, 548, 550, 553, 562, 582, 583, 584, 636, 651, 652, 742, 853, 861, 865, 866, 870, 872, 878, 886. Spaltpilze 912, 928. Spaltungen bei der Henequenfaser 309. Spanisch Hopfenöl 517. Spanischrot 661. Spanish mo5s 353. Sparak 500. Sparmannia africana Linn. f. 83. Spartium incarnatum Lodd. 80. Spartium junceum L. 80. Spartium monospermum Desf. 80. Spartium multiflorum Ait. 80. Sparto 328. Spartum 195, 327. Spätlein 160. Spearmint 555, 556. Spearmintöl 556, 557. Speik 428. . Speisefett 670. Speiseöl 673, 805, 903, 904, 907. Sphagnum sp. 366, 389, 390. Sphagnum imbricatum 389. Sphärokristall 454, 578. Spierstaude 419. Spik 693. Spikenard 427. Spiköl 648. Spinnhanf 188. Spinnrad 164. Spinnsporen 238. Spinnstruktur (Fasern) 238. Spinnwert der Nesselfaser 238. Spiraea Ulmaria L. 419, 503, 601, 819, Spiritusbrennerei 914, 915. Sponia Wightii 47, 98, 264, 275—277. Sporenanalyse bei Hefen 915, 928. Spreublättchen 657, 658. Spreuhaare 63. Spreuschuppen 407. Wiesner, Robstofte. III. Bd. 3. Aufl. Springlein 156, 157, 752.' Sproßmyzel 912. Sproßpilze 913, 914, 928, 948. Sprossung (Hefe) 913. Sproßverband (Hefe) 913. Spruceöl 493. Sprucetanne 493. Spulenzellenschicht 747, 854, 908. Ssuff 903. St. Mauravalonen 824. St. Quaranntavalonen 824. Stabzellen 847. Stachytarpheta jamaicensis Vahl. 510. Stallstreu 363. Stamm, falscher 281. Stapel 113, 114. Stärke 25, 205, 207, 217, 269, 277, 363, 398, 401, 409, 411, 413, 421, 430, 432, 433, 437, 438, 439, 442, 443, 444, 449, 453, 462, 472, 481, 485, 576, 577, 579, 594, 614, 639, 666, 667, 668, 669, 671, 673, 675, 686, 703, 705, 718, 735, 742, 743, 749, 750, 754, 764, 773, 775, 776, 788, 791, 792, 795, 796, 823, 834, 855, 878, 879, 883, 891, 897, 931, 946, 947. Stärkescheide 481, 590. Stärkkraut 524. Statice brasiliensis Boiss. 424. Statice caroliniana Walt. 424. Statice coriaria Hoffm. 424. Statice Gmelini 424. Statice latifolia Smith 424. Statice Limonium L. 424. Statice tatarica L. 424. Statice trigona Pallas 424. Staubhanf 185. Stearinsäure 843, 898, 925. Stearopten.505, 627, 628, 629. Stecklinge 234, 479, 585, 587, 589, 596. Stecklingsvermehrung 234, 479. Stegmata 59, 62, 283, 285, 311, 326, 337, 340, 343, 360, 362, 396, 810, 811. Steineiche 539. Steinfrucht 889. Steinkern 677, 688, 884, 891, 893. Steinklee 579, 750. Steinkork 471. Steinnuß 663, 675, 677, 679, 680, 681, 682, 683, 685, 686, 687. Steinnuß von Kamerun 663. Steinschalenanatomie beim südamerika- nischen' vegetabilischen Elfenbein 678, 679, 689. Steinzelle 471, 472, 694, 809, 810, 830, 832, 833, 847, 848, 854, 855, 856. Stellhefe 927, 928. Stengel der Dikotylen 6. Stephanotis floribunda A. Brongn. 95. Steppenflachs 183. Sterculia sp. 264. Sterculia cinerea 90. 64 1010 Namen- und Sachregistei-. Sterculia colorata Roxb. 90. Sterculia foetida L. 90. Sterculia guttata Roxb. 90. Sterculia tomentosa G. et P. 90. Sterculia villosa Roxb. 41, 42, 47, 90, 98, 267—269. Sterculiabast 90, 267—269. Sterculiaceen 90, 673. Sterilisierungsverfahren bei der Kopra- trocknung 693. Sternanis 844—850. Sternanis, chinesischer 844, 845, 846. Sternanis, echter 844, 845, 846, 847, 849, 850. Sternanis, japanischer 845, 846. Sternanisöl 846, 849, 850. Sternhaar 633, 644, 645. Sternparenchym 763. Stickstoffsubstanz 696, 732, 743, 744, 765. Stimulans 517, 895. Stinco (Sumach) 539. Stipa tenacissima L. 24, 65, 98, 100, 327, 328, 329, 330, 332, 333, 377, 378, 379. Stipites Caryophyllorum 635. Stipulae 837. Stizolobium deeringianum Bort. 669. Stizolobium hassjoo Piper et Tracy 669. Stizolobium niveum Kuntze 669. Stizolobium pachylobium Piper et Tracy 669. Stizolobium pruriens DC. 504. Stockrose 632. Stolonen 407. Stomachicum 434. Stomata 590, 591, 592, 620. Strahlblüten 617, 907. Strandhafer 66. Stranfa 224. Strangscheide 481, 541. Stratiotes acoroides L. fil. 65. Streblus sp. 385. Streblus asper Lour. 75. Streppatura 189. Strichkraut 524. Stricke 204. Strickstrumpferzeugung 230. Strippen 218. Stroh 10, 15, 99, 404, 405. Strohtaser 99, 368, 369, 371—377. Strohpapier 371—377. Strohstoff 371—377, 405. Strohzellulose 28, 29, 370. Strophantus sp. 52, 94, 149, 151, 152, 153, 154. Struthanthus sp. 796. Sturmhut 417. »Stützen« des Leins 160. Styrolylazetat 607. Suberin 11. Substanz, extraktartige 406. Substanz, harzartige 406. Subtraktionsfarben 13. SubudjabaumwoUe 128. Succus Liquiritiae 463. Sudankatfee 666. Sufet 87. Sufet Bariala 205. Suffet-til 777. Sugar-tree 605. Sulfithefen 917. Sulfitzellulose 390, 404. Sumach 490, 506, 507, 509, 531—543, 828. Sumach, französischer 532, 542. Sumach, griechischer 532. Sumach, italienischer 532, 542. Sumach, portugiesischer 532, 542. Sumach, provenzalischer 532, 539 — 541. Sumach, sizilianischer 532, 533—537, 542. Sumach, spanischer 532, 542. Sumach, Tiroler 532, 537—538, 542. Sumach, Triester 532, 537, 538. Sumach, ungarischer 532, 537, 538, 542. Sumach von Montpellier 539. Sumachfarben 542. Sumachgerbsäure 794. Sumachverfälschungsmittel 542. Sumbul 423. Sumbul Ekleti 423. Sumbul Hindi 423. Summitates Cannabis indicae 185. Sumpfzeder 493. Sumpfzypresse, virginische 384. Sun 200. Sunn (Faser) 2, 17, 18, 36, 43, 44, 48, 61, 79, 97, 194, 196, 200—204, 249, 259, 389. Sunn hemp 201. Sunnstengel 203, 204. Suppenwürze 514. Surate(Baumwolle) 126, 128. Surrogatkaffee 489. »Süßes Salz« 473. Süßholz 419, 420, 457—463. Süßholz, australisches 458. Süßholz, chinesisches 458, 460. Süßholz, geschältes 457, 460. Süßholz, kalifornisches 458. Süßholz, kleinasiatisches 458. Süßholz, kubanisches 515. Süßholz, mexikanisches 515. Süßholz, persisches 457. Süßholz, russisches 457, 459, 460. Süßholz, spanisches 457, 458, 459, 460. Süßholz, syrisches 458. Süßholz, ungeschältes 457. Süßholzersatz 420. Süßstoffpflanze von Paraguay 522. Swaims Panacea 515. Swet Bariala 205. Sycomore 384. Symplocaceen 515. Namen- und Sachi 1011 Symplocos spicata Roxb. 515. Symplocos tinctoria (L.) L'Herit 515. Synaptase 733. Synkarpium 676. Syringa vulgaris L. 605. Syringablütenöl 672. Szuloker Tabak 568. Taarweed 909. Tabac d'or 568. Tabaco 579. Tabacum G. Don. (Sektion von Nicotiana) 567, 568. Tabak 520, 3^5—580. Tabak, chinesischer 568. Tabak, gemeiner virginischer 568. Tabak, griechischer 569. Tabak, mazedonischer 569. Tabak, Geschichte desselben 579. Tabak, Oberhautstruktur 571. Tabakanbau 573. Tabakblattanatomie 571, 572, 573. Tabakersatz 489, 579. Tabakfermentation 575. Tabakindustrie 578. Tabakkampfer 577. Tabaklauge 578, 579. Tabakmatten 265. Tabakpapier 96. Tabakparfümierungsmittel 666. Tabakproduktionsgebiete 578. Tabaksoße 578, 579. Tabakspfeifen 579. Tabaksurrogate 489, 579. Tabakverfälschungen 579. Tabakverwendung 578, 579. Tacca pinnatifolia Forst 411. Taccaceen 411. Taguanüsse 675. Tahastunke 521. Tahiti-Arrow-root 411. Tahitinuß 675, 682, 683. Tahitivanille 813, 820. Talipotpalmblätter als Beschreibstoff 393. Talipotpalme 393, 394, 663. Tamaricaeeen 509. Tamarindenersatz 802. Tamarix africana Poir. 509, 542. Tamarix gallica L. 509. Tamonea albicans (Sw.) Krasser 803. Tamonea ceramicarpa (Schrank et Mar- tius) Krasser 803. Tamonea ciliata (L. C. Rieh.) Krasser 803. Tamonea verbenacea Spreng. 516. Tamonea theezans (Bonpl.) Krasser 513, Tampicofaser 291. Tampicohanf 297. Tamr-el Hinna 547. Tanaceton 516. Tanacetum vulgare L. 649. Tangofigonsorte des Manilahanfs 280. Tanna Bianca (Zuckerrohrvarietät) 587. Tanne 100. Tanne, sibirische 493. Tannenduftpräparate 493. Tannenholz 382, 383. Tannide 424. j Tannin 639, 666, 805. j Tannoide 547. I Taoyu 668. Tapetenpapier, chinesisches 375. Tapetenpapier, japanisches 63. Tara 863. Tari 797, 863—869. Tarihülsen 863. Tarischoten 863. Tartarenseife 416. Tat (Jute) 248. Taubengraufärben von Glacehandschuh- leder 805. Taumaterial 195, 204, 257, 262, 286, 290, 334, 342, 358. Tauröste 18, 164, 165, 169, 241. Tau werk 286. Taxodium distichum 384. Taxordnung von Frankfurt 494. Te de milpa 523. Technische Mikroskopie 367. Technologie, chemische 367. Technologie, mechanische 367. Tecomates 806. Tee 490, 508, 513, 516, 844. Tee, chinesischer 517, 523. Tee, Dagestaner 503. Tee, kanadischer 514. Tee, kaukasischer 514. Tee, süßer 503. Tee, tschagorischer 457. Teeersatzmittel 508, 514. Teerose 605. Teesurrogat 503. Teerunkraut 909. Teinture vegetale ä base de Henne d'Orient 549. Tellerrübe 476. Tenasserimbaumwolle 128. j Teppicherzeugung 250, 362, 366. Tequilafaser 291, 312. Teri 797, 863—869. Terischoten 863. Terminalia sp. 803, 890. Terminalia belerica Roxb. 510, 890. Terminalia catappa L. 890. Terminalia Chebula Retzius 510, 889. Terminalia chebula Willd. 890. Terminalia citrina Roxb. 890. Terminalia glabrata Forsk. 92. Terminalia Myrobalanus Roth. 890. Terminalia paniculata L. 92. Terminalia tomentosa Wight et Arn. 889. Terpene 538. Terpentineol 511, 648. 64* 1012 Namen- und Sachregister. Terpentinöl 49'*, 495, 504, 517, 518, 519, 551. Terpineol 495, 504, 521. d-Terpineol 632. Testa 818. Tesi'i 602. Tethranthera sp. 665. Tethranthera californica Hook. 502. Tetracera sarmentosa (L.) Vahl 508. Textilose 224, 230. Thalictrum flavum L. 417. Thalictrum foliolosum Wallich 417. Thalictrum minus L. 417. Thallophyten als Faserpflanzen 2. Thapsia garganica L. 423. Thapsiaharz 423. The de St. Helene 509. Thea assamica Mast. 508. Thea chinensis L. 508. Theaceen 421, 508, 673. Theißtakab 568. Themeda sp. 370. Themeda gigantea Hackel 67. Theobroma angustifolium M05. et Sess. 673, 767. Theobroma bicolor Humb. et Bonpl. 673, 767. Theobroma Cacao L. 90, 673, 765, 767. Theobroma guyanense Aubl. 673, 767. Theobroma microcarpum Mart. 673, 767. Theobroma ovatifolium Mog. et Sess. 673, 767. Theobroma pentagonum Bern. 767. Theobroma silvestris Mart. 673. Theobroma speciosum Willd. 673, 767. Theobromin 775, 776. Thespesiafasei- 88, 258—261. Thespesia Lampas Dulz. 17, 42, 43, 45, 46, 47, 48, 49, 62, 88, 98, 247, 256, 258 —261, 264. Thespesia macrophylla Bl. 88. Thespesia populnea Corr. 86, 88, 258. Thrips lini Lad. 161. Thuja occidentalis L. 493. Thujaöl 493. Thujon 516, 523. Thujylalkohol 523. Thyllenbildung 455, 472. Thymelaeaceen 91, 92. Thymian 518. Thymianöl 517, 518. Thymianöl, spanisches 518. Thymianöl, weißes 518. Thynün 921. Thymobydrochinon 516. Thymol 516, 517, 518, 520. Thymolpflanze 516. Thymus hiemalis Lange 518. Thymus ovatus Mill. 518. Thymus praecox Opiz 518. Thymus Serpyllum L. 518. Thymus sparsifolius var. hyemalis Pourret 519. Thymus vulgaris L. 518. Tierarzneimittel 666. Tierfuttermittel 407, 408, 428, 475, 489, 668, 673, 691, 696, 701, 743, 761, 821, 898. 908, 930. Tierhäute als Beschreibstoff 368, 392. Tihore (neuseeländischer Flachs) 315, 318. Tilia sp. 98. Tilia americana L. 83, 264, 603. Tilia argentea Desf. 603. Tilia cordata Mill. 603, 672. Tilia cordata Mill. var. japifnica Miq. 83. Tilia grandifolia Ehrh. 603. Tilia grandifolia L. 83, 264. Tilia parvifolia Ehrh. 83, 264, 603. Tilia platyphylla Scop. 603, 672. Tilia tomentosa Mönch 603. Tilia ulmifoha Scop. 603, 802. Tiliaceen 82—84, 508, 603, 672, 802. Tillandsia recurvata L. 350. Tillandsia usneoides L. 71, 98. 350. Tillandsiafaser 2, 6, 9, 13, 14, 17, 44, 46, 48, 49, 71, 98, 341, 350—357. Tillee 777. Timonius Rumphii DC. 97. Tinnevellybaumwolle 128. Tinta de Zapeteiro 803. Tintenbaum, ostindischer 801. Tintenbereitung 412, 419, 463, 540, 663, 800, 801, 859. Tintenpflanze 540. Tjempaka 664. Toak 410. Tococa guianensis Aubl. 803. Toddalia aculeata Lam. 505. Tofu 668. Togolandkapok 146. Tojari wood of Madras 471. Tollkirsche 426. Toncabohnen 744 — 752. Toncobohnen 744 — 752. Tonerde 660. Tonerdclack 525. Tongabohnen 744—752. Tonkabohnen 579, 667, 744—752. Tonkabohnen, englische 744. Tonkabohnen, wilde 745. Tonkabohnenbaum 745. Tonkabohnenfett 752. Tonkabohnenkampfer 751. Tonkafjohnenkeimblätter 746, 748, 749. Tonkabohnensamenschalenanatomie 746, 747, 748. Toot 540. Topinambur 428. Torf 2, 389. Torfbrikett 363. Torffaser 2, 68, 100, 362—267, 371, 389, Namen- und Sachregister. 1013 Torfkohle 363. Torfmoos 366. Torfmull 363. Torfpapier 389, 390. Torfpappe 390. Torfstreu 363. Torfwatte 366, 367. Torfwolle 363, 364. Tori 725. Tormentilla erecta L. 419, 503. Tors 188. Torulaceen 913, 914. Totora 04. Tournefortia bicolor Sw. 606. Tournefortia gnaphaloides R. Br. 606. Tournefortia hirsutissima Sw. 96. Tournesol 506. Towö;arn 183. Tracheide 5, 382. 383, 384, 430, 433, 452. Tragantsurrogat 410. Tragasol 666. Trägerzellenschichte 747. Tragia cannabina L. F. 82. Tragia involucrata L. 82. Tragvermögen von Fasern 21. Tran 243. Tranenkiefer 384. Transparentseife 497. Trapa bicornis L. 804. Trapa bispinosa Roxb. 804. Trapa natans L. 804. Traubenfarbstoff 916. Traubenzucker 30, 469, 503, 721, 797, 930. Travancore-Lemongrasöl 495. Trawellers grass 65. Treculia africana Decaisne 663. Trema orientalis 264, 275—277. Tremella fimbriata Pers. 9. Treppentracheide 433. Trevisia moluccana Miq. 390. Trevisia sundaica Miq. 390. Trewia nudiflora 384. Trichilia emetica Vahl. 670. Trichilia subcordata Gurke 670. Trichmopolybaumwolle 128. Trichomdrüse 608. Trichome 3, 395, 396, 397, 870, 871. Triebkraft der Bäckerhefe 945, 946. Triester Gelbholz 537. Trifolium alpinum L. 463. Trifolium pratense L. 80. Trigonella foenum graecum L. 666, Trikarbellylsäure 487. Trikotagenerzeugung 230, 237. Trilisablätter 521, 579, 580—584. Trilisa odoratissima (W.) Cass. 521, 580. 581, 582, 583, 584. Trillium erectum L. 410. Trillo 826. Trimpthylglykokoll 487. Trioxyliiiethylanthrachinon 473. Wifsner. Ruhstoffe. III. Bd. 11. Aufl. Triterfex (Düngemittel) 940. Triticum vulgare 791. Tritonia aurea Pappe 599, 616. Triumfetta sp. 251. Triumfetta lappula L. 83. Triumfetta rhomboidea Jacq. 83. Triumfetta semitriloba L. 83. Trochon 97. Trockenfutter 938, 939. Trockenhefe 937, 938, 939. Trockensrhnüre in der Papierfabrikation 264. Trocknungsverfahren, mexikanisches bei der Vanillezubereitung 814, 815. Trojavalonen 824. Tiopäolin 615, 616. Tropenhelm 807. Tropenkosmopolit 602. Trotzer (Zuckerrübe) 476. Trua 827. Trüb 916. Trübwerden des Bieres 915, 928. Truella 827. Trulleum 827. Trypsin 922, 933. Ts'ai-Loun 401. Tschad 507. Tschagorischer Tee 457. Tschingel 429. Tschou-ma 210. Tschu-ma 209. Tsuga Canadensis Carriere 493. Tuajapalme 792. Tubera Jalapae 424. Tubera Salep 413. Tuccumfaser 69. Tula Ixtle 291, 312. Tullner Nessel 235. Tulpenbaumzellulose 384. Tumaco von San Lorenzo-Steinauß 677, 678. Tumbekitabak 568, 569. Tumbulaerdnüsse 735. Tüpfel in der Zellmembran 742. Tupkhadia 98, 254—256. Tupoz (Manilahanfsorte) 282, 286. Turbane von Madura 427. Turbithwurzel 425. Turka 94. Türkis, künstlicher 681. Türkischrot 467. Turmeric 443. Turosin 487. Tuscarorareis 66. Tuschbereitung 463, 521, 670. Tusche, chinesische, Erzeugung 670. Tylophora asthmatica W. et Arn. 95. Typage (des Kognaks) 792. Typha angustifolia L. 64, 224, 407. Typha latifolia L. 64, 224, 407. Typha minima Funk. 407. 1014 .\amen- und Sachregister. Typha Shuttleworthü Koch et Sonder 407. Typhaceen 64, 407. Typhafaser 224, 225, 236, 251. Typhafruchthalm 1, 3. Typhonodorum madagascariensis Engl. 70. Tyrosin 595, 922. Uankettinuß 670. Uchaty kuczerawy (Tabak) 568. Udalifaser 267. Ufuta muita 777. Ullagras 67. Ullagraszellulose 370. Ulmaceen 75. Ulmaria palustris Moench 419, 601. Ulmaria pentapetala Gilib. 419. Ulmenbast 263, 265. Ulmus campestris 265. Ulmus effusa 265. Ulmus montana 263. Ulmus montana Sm. var. laciniata 75. Ulrich Brunner Rose 625. Umbellifereae 422, 423, 514, 804. Umbelliferenfrüchte 714, 804. Umbellularia californica (Hook, et Arn.) Nutt. 502. Uncaria Gambir Roxb. 97. Ungernia trisphaera Bleng. 413. Unona odorata Dun. 600, 620. Unquis milvinus 524. Unterhefen 917, 918, 948. Unterirdische Pflanzenteile 406—489. Unterkelch 636. Untersuchung gepulverter Blätter und Kräuter 490. Unterzeug {Bodenhefe) 927, 930. Upavita 103, 133. Uplandbaumwolle 105. Upland-Georgia (Baumwolle) 126. Uracil 921. Uragoga Ipecacuanha Baillon 427. Urao 579. Uraria lagopodioides DC. 81. Urease 666, 667. Urena sp. 251. Urena lobata Cav. 88, 254. Urena lobata L. var. sinuata Hook. 508. Urena lobata L. var. sinuosa Miqu. 564. Urena sinuata L. 17, 39, 40, 42, 43, 45, 46, 47, 48, 49, 62, 88, 98, 246, 247, 253, 264—256, 564. Urenafaser 18, 88, 264—256. , Urostigma benghalense Gusp. 75. Urostigma infectoria Miq. 75. Urostigma pseudo-Tjela Miq. 75. Urostigma religiosum Miq. 75. Urostigma retusum Miq. 75. Urtica alineata L. 76. Urtica argontea Forst. 76. Urtica baccifera L. 76. Urtica canadensis L. 77. Urtica candicans Burm. 77. Urtica cannabina L. 76. Urtica .Caracassana Jacq. 76. Urtica crenulata Roxb. 77. Urtica dioeca L. 235. l^rtica dioica L. 76, 97, 209, 224, 226, 228. 231, 233, 235, 237. Urtica gigas Moore 77. Urtica heterophylla Roxb. 76. Urtica japonica Thunb. 76. Urtica major Kanitz 235. Urtica nivea L. 77. Urtica nivea tenacissima L. 77. Urtica pustulata L. 77. Urtica rubra 77. Urtica tenacissima Roxb. 23, 77. Urtica Thunbergiana Sieb, et Zucc. 77. Urtica urens L. 76. Urtica virulenta Wall. 77. Urticaceen 76—79, 499. Urucu 673. Urucurypalme 808. Usegopapier 92. Uttariya-Jute 240, 249. Uvaria odorata Lara. 600. Vaccaria parviflora Moench 415. Vaccaria segetalis Garcke 415, 712. Vaccinium Arctostaphylos L. 514. Vaccinium Myrtillus L. 514. Vaccinium Vitis Idaea L. 514. Vacoafaser 342. Vaconafaser 342. Valeriana celtica L. 423, 428. Valeriana Hardwickii Wall. 428. Valeriana officinalis L. 428. Valerianaceen 427, 428. Valeriansäure 842, 843. Valerol 842. Valonea 795, 823—834, 862. Valoneabecheranatomie 831, 832. Valoneabecherfleisch 831, 832. Valoneapulver 833, 834. Valoneaschuppenanatomie 829, 830, 831. Valonen, albanesische 824, 825, 829. Valonen, kaukasische 829. Valonen, kleinasiatische 825, 827. Valonen, unreife 825. Valonia 823. Vanilla aromatica Sw. 819. Vanilla cimarrona 812. Vanilla grandiflora Lindl. 819. Vanilla guianensis Splittgerber 817, 820. Vanilla Haapape 814. Vanilla planifolia Andrews 794, 812, 813. Vanilla planifolia Andrews var. angusta Constantin et Bois 814. Vanilla plant 580, Vanilla pompona Schied. 794, 818,819, 820. Namen- und Sachregister. 1015 Vanilla silvestris 812. Vanilla Tiarei Constantin et Bois 814. Vanille 794, 812—820. Vanille Mexique 813. Vanille Tahiti 813. Vanille Tiarei 814. Vanilleerntezubereitung 814, 815, 816. Vanilleperikarpanatomie 816, 817. Vanillin 487, .59.5, 640, 814, 815, 818, 819, 820. Vanillinfabrikation 640. Vanillinkristalle 815. Vanillinsäure 595, 819. Vanillon 813, 820. Vappamfett 670. Varinasbaum wolle 127. Varinastabak 569. Vegetabilische Seide 207, 223. Vegetabilisches Elfenbein 662, 676—691. Vegetable hair 353. Vegetalin (Malvenblütenextrakt) 633. Veilchengeruch- 408. Veilchenparfüm 604. Veilchentabak 569. Veilchentabak, großblättriger 569. Veilchentabak, kleinblättriger 569. Veilchen Wurzel 411, 435—439. Velandia 823. Velani 823. Veluwetabak 568. Velvet bean 669. Veratrum album L. 411. Veratrum viride Alton 411. Verbaumwollung 184. Verbena triphylla L'Hörit. 515. Verbenaceen 515, 516. Verbenaöl, indisches 495. Verbenaöl, ostindisches 515. Verbenaöl, spanisches 515, 519. Verdickungsmittel für Zeugdruck 790. Verdickungsschichten der Sunnfaser 203. Veredlungszüchtung 588. Verkürzung der Fasern infolge Quellung 54. Vermeilon americanum 520. Veroneser Veilchenwurzel 436. Verpeletertabak 568. Verschiebungen bei Fasern 50, 52, 178, 191, 220, 247, 317, 373, 385. Verschiebungen von Flachs 178. Verschiebungen von Hanf 191. Verschiebungen der Ramiefaser 220. Verseif ung 761. Vetiver 66. Vetiveria zizanioides Stapf 408. Vetiverwurzel 408, 429—431. Vettiveyr 67. Viciaarten 667. Viciakeimling 616. Victoria Hemp 87. Viehfuttermittel 489, 930, 937, 938, 939. Vieux Chiffons 402. Vigna sinensis (L.) End.. f. textilis 82. Viktoriaveilchen 604. Villaresia congonha Miers 508. Villebrunea frutescens Blume 77. Villebrunia integrifolia Gaud. 77. Vilmorin blanche am61ior6e (Zuckerrübe) 478, 480. Vilmorin rose hätive (Zuckerrübe) 478, 480. Vilmoriiirübe 478, 479. Vingorlasmyrobalanen 890. Vinylsulfid''498. Viola odorata L. 604. Violaceen 604. Vippöl 670. Virginiabaumwolle 126. Virginierzigarre 578. Virginierzigarrendurchzugsstroh 328, 333. Virginytabak 568. Virgofasern 132. Virola venezuelensis Warb. 664. Viscin 795. Viscuni album L. 795. Visenia corchorifolia Spreng. 90. Vitaceen 672, 801. Vitex divaricatus L. 516. Vitex pubescens Vahl. 516. Vitis vinifera L. 672, 801.' Vi-uta 239. Voandzeia Poissoni A. Chev. 669. Voandzeia subterranea Thouars 668. Vogelbeere 382. Vogelleim 795. Vogelleim, japanischer 801. Vogelleimbeere 795. Volksheilmittel 406, 428, 513, 516. Vorröste des Flachses 166. Vorsprungsbildungen, innere bei Fasern 388. Vyuta 239. Wacholder 791. Wacholderbeere 791. Wacholderbeeröl 791. Wachs 25, 145, 447, 576, 592, 594, 595, 794, 801, 819, 843. Wachs, chinesisches 843. Wachs, japanisches 801. Wachsalkohol 25. Wachsmyrtenöl 499. Wachsschreibtafeln 392. Wachsüberzug 592. Wad 75. Wadgundi 261. Waifa 602. Wake-robin 410. Waldmeister 427, 530, 579, 750. Waldvanille 819. Waldwolle 63. Wallnuß 786. 1016 Namen- und Sachregister. Wallnußbaum 794. Wallnußblätteröl 499. Wallnußschalen 794. Wallonen 823. Walrat 629. Waltheria americana L. 90. Wangihi 895. Wärangbast 271. Waras 797, 798. Wärmeleitung der Pflanzenfasern 16. Warm wasserröste 167, 317. Wars 797. Wartara-seed 799. Warwe 85. Waschen des Saflor 659. Waschmittel 500, 666, 671, 873, 874. Wässer, aromatische 603. Wasserfenchel 799. Wassergewebe 590. Wassernuß 683, 804. Wasserreis 66. Wasserröste (Fasern) 18, 168. Wasserschwertel 412. Wasserspalten 553. Watte 140. Wau 502, 524—526, 531. Waugrün 525. Wawlafaser 269. Webstuhl, mechanischer 164. Wedelia calendulacea Less. 428. Weichbast 8, 302, 307, 461. Weichselblätter 526—530, 503, 578. Weichselkirsche 579. Weichselrohrkirsche 796. Weide 382. Weidenbast 263, 265. Weidenrinde 457. Weidenröschenfaser 225. W^eidensamenwolle 74. Weidenwolle 93. Weihekralle 524. Weinbereitung 801. Weinfärbemittel 632. Weinhefe 915, 916, 917, 918, 929. Weinmost 914. Weinmostgärung 914, 916, 917. Weinöl 917. Weinpalme 334, $63, 676. Weinsäure 487, 594, 916. Weinstein 704, 916, 917. Weintrester 672. Weißbier 928. Weißbuchenholz 205. Weißföhre 382. Weißzeder 384. Weizen 101, 791. Weizenstroh 60, 99, 371, 372, 373, 374. Werg 48, 170, 179, 181, 183, 186, 188. Werinnuasamen 907. Wermut 522. Wermutöl 522. 523. Wertpapiere 370. Wharariki (neuseeländischer Flachs) 318. White cedar 494. White mint 551. White Quebracho 515. White rope 280. White seeds (Leinsamen) 753. White Transparent (Zuckerrohrvarietät) 587. Whongshi 895. Wicke 714. Wickelblätter (Zigarren) 578. Wickstroemia canescens 370. Wiener Verfahren der Preßhefenfabrika- tion 941, 942. Wiesenknopf 419. Wiesenraute 417. Wiesners Chromsäure-Schwefelsäurege- misch 902. Wikstroemia canescens (Wall.) Meisn. 92, 370. Wikstroemia indica C. A. Mey. 92. Wikstroemia sikokianum Fr. et Sav. 92. Wild Bergamot 516. Wild Ginger 414. Wild Hemp 78. Wild Rhabarber 425. Wild Rhea 77. Wild Turmeric 412. Wildhanf 94. Wiliabast 271. Williaarten 914. Wintergerstenstroh 35. Wintergrünöl 515. Winterhanf 185. Wintermajoran 517. Winterkohlraps 724, 728. Winterölrübe 724. Winterraps 724. Winterrautenöl 505. Winterreps 728. Winterroggenstroh 35. Winterröste 166. Winterrübsen 724. Winters Gras 496. Wintersaat 724. Winterweizenstroh 35. Wissadula periplocifolia Thw. 87. Wissadula rostrata Planch. 87. Wistaria chinensis S. et Z. 80 Withania coagulans (Stocks.) Dun. 806. Witteboom 499. Woetiwear 66. Wohlverlei 428. Wollbäume 89, 97, 139—146. Wollbaumholzzellulose 384. Wolle der Wollbäume 1, 3, 24, 89, 97, 139—146, 371. Wolle, tierische 15, 366, 447. Wollentfettungsmittel 875. Wollersatz (Typhafaser) 224. Namen- und Sachregister. 1017 Wollgras 68, 225, 364, 365, 366. Wollgrasfaser 225. Woodfordia floribunda Salisb. 604. Woolet comul 90. Wrappers (Tabak) 574. Wrightia tinctoria R. Br. 94. Wuk (Hefenextrakt) 932. Wunderbaum 756. Wunderhefe 948. Wundkork 465. Würmerabtreibemittel 669, 873. Wurmsamen 609. Wurus 797. Wurzel 2, 407, 450, 451, 453, 463, 464, 466, 468, 469, 470, 471, 503. Wurzelknolle 447, 448, 449. Wurzelköpfe, saponinreiche 411. Wurzelschößlinge 298, 304, 308. Wurzelstock 407, 431, 434, 435, 437, 439, 440, 443, 450, 455, 467. Wurzeln als Fasern 2. Würzeverfahren der Preßhefenfabrikation 943. Xanthin 469, 487, 921, 935. Xanthium canadense Mill. 524. Xanthium indicum Koen. 524. Xanthium macrocarpum DC. 524. Xanthium spinosum L. 524. Xanthium Strumarium L. 524. Xanthohumol 844. Xanthophyllum lanceatum J. J. S. 670. Xanthorhamnin 888. Xanthorrhiza apiifolia L'Herit. 417. Xanthoxylum acanthopodinm DC. 799. Xanthoxylum alatum Roxb. 799. Xanthoxylum fraxineum L. 539. Xanthoxylum piperatum DC. 799. Xerase 936. Xeranthemum sp. 1. Ximenia americana L. 663, 664. Xvlan 30, 595. Xylem 3, 5, 283, 284. Xylopia frutescens DC. 79. Xylopia sericea St. Hil. 79. Xylose 30, 789. Yapon 508. Yaquilla 78. Yax ci 296. Yaxi 297. Yeast-powder 940. Yellow Caledonia (Zuckerrohrvarietät) 587. Yellow dock 414. Yellow Pariila 418. Yellow-root 417. Yerba, süße 522. Yercumfaser 95, 97, 207, 208. Yercum fibre 97, 207, 208. Yerkum 95. Ylang-Ylang 600, 619—622. Ylang- Ylangöl 621, 622. Yokohamabohne 669. Ysop 51,7. Yucatan Sisal 297. Yucca sp. 24. Yucca aloifolia L. 71. Yucca angustifolia Pursh. 71. Yucca brevifolia 370. Yucca filamentosa Lam. 71, 410. Yucca flaccida Haw. 410. Yucca gloriosa L. 39, 71. Yuccafaser 71, 370. Yuta 238. Zachunbaum 799. Za'ferän 617. Zahnbürsten 420. Zakaton 67. Zahl 600. Zambara 290. Zambesi-Buaze 82. Zapupe 297. Zapupe Azul 312. Zapupe fina 291, 312. Zapupe fuerta 291. Zapupe larga 291. Zeanarben 616. Zeavalonen 824, 825. Zeder, virginische 494. Zeder, weiße 493. Zedernblätteröl 493, 494. Zedernholz 564. Zedernholzöl 504. Zeeländer Saatgut vom Lein 159. Zellen, mechanische 3, 20. Zellhaut, Härte derselben 23. Zellkern der Hefen 918, 920, 922. Zellsaft 491. Zellstoff, aufgeschlossener 75. Zellstoffreaktion 26, 193. Zelluloidersatz 940. Zellulose 25, 245, 357, 383, 452, 484, 486, 595, 596, 660, 681, 695, 699, 763, 783, 788, 869, 903, 919. a-Zellulose 25, 28, 32. ^-Zellulose 25, 28, 32. Zellulose, Umwandlung in Gummi 869. Zellulosereaktionen 26, 193. Zelluloseschleim 795. Zellulosetaschen mit Kalkoxalatkristallen 462. Zeltstoffe 237. Zerreißverfahren bei der Nesselfaser- gewinnung 232. Zeug (Hefe)^ 926. Zeugdruckerei 756. Zichorie 579. Zichorienmehl 682. Zierbaum 620. Zierpflanze 898. 1018 Namen- und Sachregister. Zierstrauch 606, 641. Zieux crabe 672. Zigarettentabak 505. Zigarrendeckblätter 578. Zigarreneinlage 578. Zigarrenerzeugung 578, 579. ' Zigarrenpuppe 578. Zigarrenumblatt 578. Zigarrenwickelblätter 578. Zika 520. Zimmetblüten 600. Zimmetblütenöl 600. Zimtaldehyd 501, 502. Zimtblätteröl 501. Zimtblütenöl 501. Zimtöl 501. Zimtöl, chinesisches 501. Zimtvvurzelöl 501. Zingiber officinale Rose. 412, 440. Zingiberaceen 74, 412, 599, 793, 794. Zitronat 778, 799. Zitrone 798. Zitrone, süße 799. Zitronenbaum 506. Zitronenöl 517, 798. Zitronensäure 485, 487, 576, 577, 594, 799. Zitterpappelholz 382. Zitwersamen 609. Zizania aquatica L. 66, 370. Zostera 2. Zostera marina L. 64. Zouti rouge 77. Zoz-ci 296. Zschörnersche Torfpappe 390. Zschörnersches Verfahren zur Gewinnung der Torffaser 364, 366. Zucker 25, 363, 406, 409, 449, 463, 469, 473, 477, 479, 480, 486, 487, 488, 536, 605, 615, 618, 755, 790, 817, 819, 925. Zuckerbiererzeugung 807. Zuckercouleurersatz 935. Zuckerpolarisation 479. Zuckerrohr 65, 278, 369, 473, 497, 585— 596. Zuckerrohr, Bedeutung als Rohstoff 585. Zuckerrohr, Blüte und Fruchtbildung 588. Zuckerrohr, chemische Bestandteile 593. Zuckerrohr, Haarbildungen auf den Sten-: gelaugen 586. Zuckerrohr, Morphologie der vegetativen Organe 587. Zuckerrohr, Zuckergewinnung 595, 596. Zuckerrohranatomie 590. Zuckerrohrblattquerschnitt 590. Zuckerrohrblattscheide 586. Zuckerrohrknospenscheide 586. Zuckerrohrkrankheiten 589. Zuckerrohrkultur 592, 593. Zuckerrohrmelassegärung 913. Zuckerrohrrohfaser 595. Zuckerrohrsamen 588, 589. Zuckerrohrschädlinge 589. Zuckerrohrstengelaugen 586. Zuckerrohrvariabilität 588. Zuckerrohrvarietäten 585. Zuckerrohrzüchtung 588. Zuckerrübe 415, 473—489, 588. Zuckerrübenabfälle 489. Zuckerrübenabstammung 475. Zuckerrübenauslese 479. Zuckerrübenchemie 486 — 489. Zuckerrübenhals 477, 483. Zuckerrübenhistologie 480 — 486. Zuckerrübenkultur 473, 474. Zuckerrübenmark 486. Zuckerrübenra.ssen 476 — 480. Zuckerrübensaft 486. Zuckerrübensaftgewinnungsmethoden 486, 487. Zuckerrübenzüchtung 478, 479. Zuckerscheide 485. Zuckervvarenfärbematerial 796. Zucker- Yerba 522. Zungenblüte 651, 654, 655. Zürgelbaumholz 271. Zwergkiefer 492. Zwergzelle 374, 395, 396, 397. Zwiebel 407. Zwillingshaare 900. Zwillingsstärkekörner 879. Zwischenkultur bei der Kantalapflanzc- 304. Zwischenkulturen bei Sisalpflanzen 298. Zygophyllaceen 669, 799. Zymase 923, 924. Zymin 924, 936. Zypresse 494. Zypressenkraut 523. Zypressenöl 494. Druck von Breitkopf .V Härtel in Leipzi«. Berichtigungen. 67, Zeile G von unten lies C. Schiraperianus statt C. Schimperianum. 74, » 21 > oben lies Salix pentandra statt Salix pentanara. 81, » 7 » > » Prosopis statt Prosopsis. 139, » 17 » » » Edredon statt Edrdon. UO, . 7 » * » 154, » I der Fußnote lies Gomphocarpus fructicosus statt Gompho- carpus fructicosa, 234. • 3 der Fußnote lies Nesselsamen statt Nesselfasern. 286, 27 von oben ist Mauritiushanf im Titel zu streichen. 318, » 18 » » hes Harakake statt Harakeka. 322, > 18 » » » Broraelia pinguin statt Bromelia pinguis. 334, letzte Zeile über der Fußnote hes Attalea funifera statt Attalea furifera. 335, Zeile 18 und Zeile 24 von oben lies Attalea funifera statt Attalea furifera. 336, Zeile 2 von oben Hes Attalea funifera statt Attalea furifera. 369, letzte Zeile über der Fußnote hes Arundinaria macrosperma statt Arundinaria macroptera. 412, Zeile 3 von oben lies Gerbmaterial statt Gerbmateral. 412, » 28 > » » Rose, statt Roxb. 458, » 3 » » » Varietät statt Variatät. 465, » 30 » » » Macrotomia statt Macrotomix. 466, » 33 » > » Onosma Emodi Wall, statt Onosma Encodi Wall. 588, » 10 der Fußnote lies K. Fruwirth statt L. Fruwirth. G62, » 6 von oben lies Abies alba statt Abus alba. 665, » 1 1 > » » Brassica trilocularis statt Br. trilocucularis. 665, » 3 von unten lies Oiti-cica = Harzoiti statt Oiti-cica-Harzoiti. 667, » 21 > oben hes KafTeesurrogat statt Rassensurrogat. 667, » 24 » » ist II, 88 zu streichen und bezieht sich auf die Zeile 18 zitierte Arbeit. 667, » 29 > » lies Soja max (L.) Piper statt Soja max. (L.) 667, » 2 der Fußnote hes Phaseolus max L. statt Phas. max. L. 668, X, 2 von oben hes Tofu statt Tolu. 767, > 23 » » » Th. ovatifolium statt Th. ovalifolium. 886, » 11 . » » Gelbbeeren statt Gelbberen. 890, > 10 > . > T. belerica Roxb. statt T. bellerica Rob. VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Friedrich Dannemann Die Naturwissenschaften in ihrer Entwicklung und in ihrem Zusammenhange Zweite vermehrte und verbesserte Auflage In vier Bänden. Gr.- Oktav 1 Band.! ^^^'^ ^^^ Anfängen bis zum Wiederaufleben der Wissenschaften. ! 1 Mit 64 Abbildungen im Text und einem Bildnis von Aristoteles. (XII, 486 S.) M.30.— ; gebunden M. 36.— . 2. Band: Von Galilei bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. (Im Druck.) Q Band* ^^^ Emporblühen der modernen Naturwissenschaften bis zur _J 1 Entdeckung des Energieprinzipes. (In Vorbereitung.) A- Band' -^^^ Emporblühen der modernen Naturwissenschaften seit der _I 1 Entdeckung des Energieprinzipes. (In Vorbereitung.) Jeder Band ist in sich abgeschlossen und einzeln käuflich. Band 2, 3 und 4 werden rasch folgen. Sie sind gleichfalls vermehrt, ver- bessert und reichlicher mit Abbildungen versehen. Das Werk gehört fraglos zu den besten, bestgeschriebenen, ori- ginellsten und nutzbringendsten der neueren naturwissenschaft- lichen Literatur. Prof. Dr. Edmund 0. von Lippmann, Halle a. d. S. i. d. Chemiker-Zeitg., Jahrg. 1913. Man muß darüber staunen, daß es dem Verfasser möglich gewesen ist, eine so gründliche Darstellung zu liefern. Etwas Gleiches ist diesem Werke nicht an die Seite zu stellen. Köln. Zeitg. v. 4. Januar 1914. Ähnlich wie Cantors Vorlesungen über Geschichte der Mathematik ein „Standard work" allerersten Ranges bleiben werden, so wird auch D anne- mann s Werk von bleibendem Wert sein, das für den Geschichtsforscher wie für den Mediziner, für den Lehrer wie für den Techniker großen Nutzen haben und dessen Lektüre für jeden, der sich für die Naturwissenschaften interessiert, eine Quelle hohen Genusses bilden wird. Monatsschrift für höhere Schulen, 1911, 6. Heft. i